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Full text of "Vierteljahrsschrift der Naturforschenden Gesellschaft in Zürich"

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THE  UNIVERSITY 

OF  ILLINOIS 

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Viertelj  alirssclirift 


Naturforschenden  Gesellschaft 


Zürich. 


Unlei'  Mitwii-knng  der  Herren 

Prof.  Dr.  A.  HEIM  und  Prof.  Dr.  A.  LANG 

herausgegeben 

von 

Dr.  FERDINAND  RUDIO, 

Professor  am  Eidgenössischen  Polyteclinikum. 


Z-weiundfünfzigster  Jahrgang.    1907.    Drittes  und  viertes  Heft. 
Hierzu  Tafel  XHI  bis  XX. 

Ausgegeben  am  4.  April  1908. 


Zürich, 

in  Kommission  bei  Fäsi  »t-  Beer 

1908. 


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HEU  4   FUKHEII 


Inlialt. 


Seite 
249 

266 


279 
283 
289 


H.  Zuppinger.  Zur  Absorption  der  Röntgenstrahlen  .... 
A.  Beck.  Über  die  mehrfachen  Sekanten  algebraischer  Raumkurven  . 
TJ.  Grubenmann.    Vorläufige  Mitteilung  über  einen  schweizerischen  Silli- 

manitgneiss 

K.  Hescheler.     Reste  von  Ovibos  moschatus  Zimm.  aus  der  Gegend  des 

Bodensees.     Hierzu  Tafel  XIII  

A.  Ernst.     Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.   Hierzu  Tafel  XIV 

bis  XIX        ... 

J.  Hilflker.  Ein  neues  Präzisionsnivellement  auf  den  Grossen  St.  Bernhard  364 
H.  Stierlin.  Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes  382 
H.  Schinz.     Mitteilungen  aus  dem  botanischen  Museum  der  Universität 

Zürich  (XXXVI). 

1.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  afrikanischen  Flora   (XX).   (Neue  Folge). 
Mit  Beiträgen  von  E.  Hackel  (Attensee),   A.  Cogniaux  (Nivelles)  und 

H.  Schinz  (Zürich) 419 

2.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Schweizerflora   (VIII). 

1.  Beiträge  zur  Adventivflora  der  Schweiz.  Von  A.  Thellung  (Zürich)        434 

2.  Trapa  nalans  L.  in  der  Schweiz  und  in  Oberitalien.  Von  H.  Schinz 
(Zürich).     Hierzu  Tafel  XX 474 

A.  Heim.     Gliederung  und   Facies   der   Berrias-Valangien-Sedimente   in 

den  helvetischen  Alpen 484 

H.  Zangger.     Über  Membranen  II.     Die  Bedeutung  der  Membranen  und 

Membranfunktionen  in  Physiologie  und  Pathologie  .        .         .         500 

F.  Kudio  und  C.  Schröter.    Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte 

21.  Der  zweihundertjährige  Geburtstag  von  Leonhard  Euler     .         .        537 

22.  Der  Plan  einer  Gesamtausgabe  von  Eulers  Werken    .         .         .        542 

23.  Nekrologe.     Charles    Mayer-Eymar,     Evariste    Mertens,   Ludwig 
Fischer,  Gustav  Zeuner,  Georg  Sidler  .....        546 


E.  Schoch.     Sitzungsberichte  von  1907 559 

H.  Schinz.     Bibliotheksbericht  von  1907 567 

Verzeichnis  der  Mitglieder  auf  31.  Dezember  1907 585 


Grlindnng-sjalir  der  Gesellscliaft 
1746. 


Inhalt. 


Seite 
A.  Beck,  über  die  mehrfachen  Sekanten  algebraischer  Raumkurven  .  266 
L.  G.  Du  Pasquier.     Zur  Theorie  der  Tettarionenideale  .         .         .        24-3 

A.  Ernst.     Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.   Hierzu  Tafel  XIV 

bis  XIX        ... 289 

U.  Grubenmann.    Vorläufige  Mitteilung  über  einen  schweizerischen  Silli- 

manitgneiss 279 

Alb.  Heim.     Nebensonnen  und  Ringe  vom  10.  Februar  1907,  gesehen  in  der 

Nordostschweiz     ...........         232 

Arn.  Heim.     Gliederung  und  Facies  der  Berrias-Valangien-Sedimente  in 

den  helvetischen  Alpen .        484 

K.  Hescheler.     Reste  von  Ovibos  moschatus  Zimm.  aus  der  Gegend  des 

Bodensees.     Hierzu  Tafel  XIII  283 

J.  Hilfiker.  Ein  neues  Präzisionsnivellement  auf  den  Grossen  St.  Bernhard  364 
R.  Höber.     Eine  neue  Theorie  der  Narkose      ......         226 

E.  Meissner.  Über  die  zahlentheoretischen  Formeln  Liouville's  .  .  156 
M.  Bikli.  Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste  mit 

besonderer  Berücksichtigung  der  Litoralsteppe.    Hierzu  Tafel  I — XII  1 

F.  Rudio  und  C.  Schröter.    Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte 

21.  Der  zweihundertjährige  Geburtstag  von  Leonhard  Euler     .         .         537 

22.  Der  Plan  einer  Gesamtausgabe  von  Eulers  Werken     .         .         .        542 

23.  Nekrologe.     Charles    Mayer-Eymar,     Evariste    Mertens,    Ludwig 
Fischer,  Gustav  Zeuner,  Georg  Sidler  .....         546 

H.  Schinz.     Mitteilungen  aus  dem  botanischen  Museum  der  Universität 
Zürich  (XXXVI). 

1.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  afrikanischen  Flora   (XX).   (Neue  Folge). 
Mit  Beiträgen  von  E.  Hackel  (Attensee),   A.  Cogniaux  (Nivelles)  und 

H.  Schinz  (Zürich) 419 

2.  Beiträge  zur  Kenntnis   der  Schweizerflora   (VIII). 

1.  Beiträge  zur  Adventivflora  der  Schweiz.  Von  A.  Thellung  (Zürich)         434 

2.  Trapa  natans  L.  in  der  Schweiz  und  in  Überitalien.  Von  H.  Schinz 
(Zürich).    Hierzu  Tafel  XX 474 

H.  Stierlin.  Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes  382 
R.  Willstätter.  Über  Chlorophyll  und  Xanthophyll  .  .  .  .  217 
H.  Zangger.     Über  Membranen  II.     Die  Bedeutung  der  Membranen  und 

Membranfunktionen  in  Physiologie  und  Pathologie  .         .         .         500 

H.  Zuppinger.     Zur  Absorption  der  Röntgenstrahlen       ....         249 


E.  Schoch.     Sitzungsberichte  von  1907 559 

H.  Schinz.     Bibliotheksbericht  von  1907  ......         567 

Verzeichnis  der  Mitglieder  auf  31.  Dezember  1907 585 


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Vierteljahrsschrilt  dtr  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.     1907. 


Taf. 


rtiot.:  r.     Bohny. 

Fiy.  1.     Monserrat:  Eiiifjaiif;  ins  Val  Malo. 

Im   Hintergrund   die   Felspyramiden  ,|ios  Gigantesii.      Vegetation;    Macchien   (pag.  26),      Blick  vom   Kloster    nach   Nordwesten. 


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Arbeiten  aus  dem  botanischen  Museum  des  eidg.  Polytechnikums. 

XV. 
Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste 

mit 

besonderer  Berücksichtigung-  der  Litoralsteppe. 

Von 
M.  RiKLI. 

Hiezu  Tafel  I— XII. 

Einleitung  und  Geschichte  akademischer  Studienreisen 
ins  Mittelmeergebiet. 

Unter  dem  Titel  „Kultur-  und  Naturbilder  von  der 
spanischen  Riviera''  habe  ich  im  Neujahrsblatt  der  Naturfor- 
schenden Gesellschaft  in  Zürich  für  das  Jahr  1907  einen  zusammen- 
fassenden Bericht  über  meine  beiden  in  den  Jahren  1905  und  1906  aus- 
geführten spanischen  Reisen  gegeben,  wenigstens  soweit  dieselben  das 
Oebiet  von  Südfrankreich  und  der  spanischen  Ostküstenregion  bis 
Murcia  und  Guadix  betrafen.  Der  Umfang  des  Neujahrblattes  gestattete 
leider  nur  eine  Schilderung  von  Land  und  Leuten,  einschliesslich 
der  Besprechung  der  Kulturgewächse  und  Kulturlandschaften.  Vor- 
liegende Arbeit  erörtert  nun,  hauptsächlich  an  Hand  von  Exkursions- 
berichten, die  botanischen  Ergebnisse  der  beiden  spanischen 
Reisen ;  das  Naturland  steht  daher  im  Vordergrunde  des  Literesses, 
dem  Kulturland  ist  nur  noch  ein  kleiner  zusammenfassender  Ab- 
schnitt gewidmet.  In  den  südlichen  Teilen  von  Valencia  und  in 
Murcia,  im  östlichen  Granada  und  Andalusien  wird  der  Botaniker 
dem  Studium  der  Litoralsteppe  seine  ganze  Aufmerksamkeit  zuwenden. 
Die  an  die  Steppe  sich  knüpfenden  allgemeinen  Gesichtspunkte  sind 
daher  in  drei  besonderen  Abschnitten :  „Beiträge  zur  Kenntnis  der  Litoral- 
steppe" und  .Die  Urbarmachung  des  Naturlandes"  behandelt.  Der 
Schlussabschnitt  über  die  Litoralsteppe  gliedert  endlich  die  Pflanzen- 
welt nach  Verbreitungstypen,  es  sind  Bausteine  und  Vorstudien  zur 
Florengeschichte  Süd-Ost-Spaniens. 

Die  auf  den  beiden  Reisen  gesammelten  Pflanzen  sind  zum  grössten 
Teil  dem  Herbarium  generale  des  eidg.  Polytechnikums  in  Zürich  über- 
geben worden  (über  600  Bogen),  eine  Auswahl  besonders  charakteri- 
stischer Typen    habe   ich    meiner  Vorlesungsdemonstrationssammlung 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52.     1907.  | 


SJ  M.  Rikli. 

eingeordnet.  Ferner  hatte  ich  auch  Gelegenheit,  die  von  Herrn  Prof. 
Dr.Woodhead  (Huddenfield)  und  von  Herrn  Assistent  G.  GeiHnger  ge- 
sammelte Ausbeute  durchzusehen  und  so  meine  Aufzeichnungen  zu  ver- 
vollständigen. Die  Herren  Prof.  H.  Wegelin  in  Frauenfeld  und  Dr. 
H.  Brockmann  in  Zürich  waren  so  freundlich,  mir  ihre,  auf  einer 
in  der  zweiten  Hälfte  April  1905,  teils  allein,  teils  unter  Leitung  des 
Laboratoire  Arago  in  Banyuls-sur-Mer,  in  die  gleichen  Gebiete  aus- 
geführten Studienreise  gesammelten  Pflanzen  zur  Revision  und  Be- 
stimmung einzusenden  und  mir  einige  Notizen  zu  überlassen.  Ausser 
den  eigenen  umfangreichen,  stets  an  Ort  und  Stelle  aufgenommenen 
Aufzeichnungen,  standen  mir  endlich  auch  noch  die  Pflanzenlisten 
von  Herrn  Assistent  G.  Geilinger  zur  Verfügung. 

Bei  der  Bearbeitung  der  auf  den  beiden  lieisen  gesammelten 
Pflanzen  konnte  ich  ausser  den  unter  der  Literatur  aufgeführten 
Florenwerken  die  Herbarien  des  bot.  Museums  der  Universität  und 
des  eidg.  Polytechnikums  in  Zürich  benützen;  den  beiden  Direktoren 
Prof.  Dr.  H.  Schinz  undProf  Dr.  C.  Schröter  bin  ich  daher  sehr  zuDank 
verpflichtet.  Ein  kleiner  Rest  der  botanischen  Ausbeute  wurde  endlich 
mit  Herrn  Dr.  W.  Bernoulli  in  Basel  an  Hand  von  dessen  reich- 
haltigem Herbarium  festgestellt.  Die  nur  spärlich  vorgefundenen 
Pilze  bestimmten  die  Herren  Prof  Dr.  Ed.  Fischer  (^Bern)  und  Dr. 
A.  Volkart  von  der  eidg.  Samenkontrollstation  (Zürich),  letzterer 
auch  noch  einige  Gräser;  Dr.  Th.  Herzog  (Zürich)  verdanke  ich  die 
Bestimmung  mehrerer  Moose,  Dr.  J.  Briquet,  Direktor  des  botanischen 
Gartens  der  Console  bei  Genf,  die  Revision  der  Labiaten  und  die  Be- 
stimmung einiger  weiterer  Pflanzen,  zu  deren  sicherer  Diagnostizierung 
in  Zürich  das  nötige  Vergleichsmaterial  fehlt;  darunter  fanden  sich 
drei  Novitäten.  Prof.  Dr.  Flahault  in  Montpellier  übernahm  die 
Bestimmung  dreier  nur  im  vegetativen  Zustand  gesammelten  Pflanzen 
der  Strandfelsenflora  von  Banyuls.  Möge  es  mir  auch  an  dieser 
Stelle  gestattet  sein,  für  all'  diese  mir  zu  Teil  gewordene  sehr  w^ert- 
volle  Unterstützung,  meinen  verbindlichsten  Dank  auszusprechen. 

Bereits  im  Vorwort  zum  Neujahrsblatt  ist  die  so  junge  Geschichte 
der  akademischen  Studienreisen  ins  Mittelmeergebiet  gestreift  und 
der  hohe  bildende  Wert  dieser  Unternehmungen  hervorgehoben 
worden.  Es  dürfte  sich  aber  hier  empfehlen  noch  etwas  eingehender 
auf  diese  Studienreisen  einzugehen.  Nachdem  Prof.  Flahault  1881 
einem  Ruf  an  die  Universität  Montpellier  gefolgt  war,  unternahm 
er  mit  Studierenden  seines  Instituts  bereits  im  Frühjahr  1882  die 
erste  botanische  Studienreise  nach  der  Riviera;  er  wählte  damals 
Antibes   als   Ausgangspunkt   seiner    Exkursionen.       Schon    ein    Jahr 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Millelmeerküsle.  -       3 

später  leitete  Flahault  eine  zehntägige  Exkursion  der  französischen 
botanischen  Gesellschaft  nach  denselben  Gebieten,  dieser  Reise  schloss 
sich  jedoch  auch  wieder  eine  grössere  Zahl  von  Studierenden  der 
Universität  Montpellier  an.  Von  1883/1886  wurden  besonders  die 
hohen  Cevennen  und  das  Kalkgebiet  der  Gausses  besucht  und  damit 
den  Praktikanten  eine  vortreffliche  Gelegenheit  gegeben,  den  Wechsel 
der  Pflanzenwelt  und  der  Formationen  von  der  Meeresküste  mit  ihrer 
mediterranen  Flora  bis  zu  den  alpinen  Charakter  tragenden  Hochflächen 
der  Cevennen  kennen  zu  lernen.  Während  dreier  Sommer  (1887/1889) 
verlegte  der  unermüdliche  Gelehrte  sein  Laboratorium,  je  während 
zwei  Monaten,  nach  le  Croisic,  nordwestlich  von  St.  Nazaire,  an 
die  Südküste  der  Bretagne.  Um  dieselbe  Zeit  erweiterte  er  die 
grosse  Schlussexkursion  des  Sommersemesters  bis  in  die  französischen 
und  spanischen  Pyrenäen.  Seit  1894  legt  Flahault  einen  noch 
grösseren  Wert  auf  diese  Exkursionen.  Von  jetzt  an  werden  sogar 
alle  Ferien  dazu  verwendet.  Zur  Osterzeit  führt  eine  17  Tage  um- 
fassende Studienreise  bald  in  die  Cevennen,  bald  ins  Roussillon,  wo 
das  Laboratoire  Arago  in  Banyuls  als  Zentrum  dient,  oder  die  wiss- 
begierige Schar  durchwandert  die  unteren  Regionen  der  französischen 
und  spanischen  Pyrenäen.  Um  Pfingsten  wird  gewöhnlich  eine  zehn- 
tägige Exkursion  ausgeführt  und  zwar  in  die  Alpen  der  Provence 
(1895/1897),  in  die  Montagnes  des  Maures  (1898),  in  die  Voralpen 
der  Provence  und  auf  den  Mont  Ventoux  (1899/1901)  oder  endlich 
nach  den  spanischen  Teilen  der  östlichen  Pyrenäen  (1903).  Ja  selbst 
die  Weihnachtsferien  sind  gelegentlich  zu  botanischen  Studien  geopfert 
worden.  Wiederholt  wurden  in  dieser  Zeit  zehn  Tage  in  Hyeres  und 
auf  den  Stöchaden  (lies  de  Hyeres)  zugebracht,  eine  seltene  Gele- 
genheit, die  Biologie  der  Überwinterung  vieler  Pflanzen  kennen  zu 
lernen.  So  ausgedehnt  das  Studienfeld  von  Flahault  und  seiner 
Schüler  bereits  vor  1900  war,  so  betraf  dasselbe  doch  immerhin  nur 
Gebiete,  die  von  der  Ausgangsstation  in  einer  halbtägigen  Reise 
erreichbar  waren,  einzig  le  Croisic  in  der  Bretagne  (1887/1889) 
macht  in  dieser  Hinsicht  eine  Ausnahme,  doch  liegt  diese  Station  ausser- 
halb des  Mittelmeerbeckens,  zudem  handelt  es  sich  in  diesem  Fall  um 
einen  längeren  Aufenthalt  behufs  Studium  der  marinen  Algenvegetation. 
Prof.  Dr.  R.  Chodat  von  Genf,  der  eigentliche  Pionier  der 
grossen  akademischen  Studienreisen  ins  Mittelmeergebiet,  veranstaltete 
zuerst  1896  eine  botanische  Exkursion  nach  der  Camargue  und  auf  den 
Mont  Ventoux.  Im  folgenden  Jahre  wurde  die  Maurienne,  der  Mont 
Cenis  und  Susa  besucht.  Von  nun  an  werden  mit  kleinen  Abände- 
rungen alljährlich  verschiedene  Teile  der  französischen  Riviera  bereist. 
Das  Studium  der  Garigues  und  der  mediterranen  Kulturpflanzen  steht 


4  M.  Rikli. 

an  erster  Stelle  auf  dem  Arbeitsprogramm.  Eine  der  schönsten  und 
lehiTeichsten  Studienreisen  ist  die  nach  der  Küstenregion  des  Depar- 
tement du  Var,  östlich  von  Toulon :  Halbinsel  de  Giens,  Hyeres,  ile 
de  Porquerolles,  Bai  von  Bormes,  le  Larandon.  le  Cavalaire,  Cap  negre 
und  gelegentlich  die  Montagnes  des  Maures.  Diese  wiederholt  aus- 
geführte Reise  beansprucht  eine  Woche  und  kommt  von  Genf  aus 
auf  nur  65  Franken  zu  stehen. 

Die  erste  grössere  akademische  Mittelmeerreise  fällt  in  die  Monate 
März  und  April  des  Jahres  1899.  Während  drei  Wochen  wird  die 
Insel  Korsika  von  der  Küstenregion  bis  hoch  ins  Gebirge  mit  14 
Studenten  durchwandert.  Die  Exkursion  geht  von  Ajaccio  über  Cargese 
und  Piana  nach  Evisa,  über  den  Col  de  Yergio  ins  Niolo  nach 
Albertacce  und  Corte,  dann  neuerdings  über  das  Gebirge,  auf  den 
Col  de  Vizzavona  und  endlich  nach  Bastia,  von  wo  aus  die  wunder- 
bare Tour  um  das  Cap  Corse  gemacht  und  endlich  noch  Belgodere 
und  Calvi  besucht  werden.  Mit  acht  Spezialschülern  bereist  Chodat 
1903  während  22  Tagen  Mallorca,  die  Hauptinsel  der  Balearen.  Von 
Palma  ausgehend  wird  grösstenteils  zu  Fuss  die  mallorquinische  Sierra 
von  Andraixt  bis  Cap  Formentor  durchwandert  und  die  höchste  Er- 
hebung, der  Puig  Major  (1445  m)  bestiegen:  auch  der  südliche, 
botanisch  weniger  interessante  Teil  der  Insel  wird  besucht.  Über 
diese  Reise  publizierte  Chodat  zwei  Jahre  später,  unter  dem  Titel 
,Une  excursion  botanique  ä  Majorque"  einen  sehr  anziehenden 
und  lehrreichen  Bericht  (14\  Schon  ein  Jahr  später  folgt  Flahault. 
Als  Reiseziel  seiner  ersten  grossen  mit  Studierenden  unternommenen 
Mittelmeerreise  wählt  auch  er  Mallorca.  Ebenfalls  1904  unternimmt 
Prof.  Dr.  M.  Fünf  stück  von  der  technischen  Hochschule  in  Stuttgart  in 
den  Pfingstferien-  (vom  21.  bis  30.  Mai)  in  Begleitung  von  19  Studie- 
renden seine  erste  akademische  Studienreise  ins  Mittelmeergebiet, 
das  Reiseziel  war  die  Riviera  von  Genua  bis  Marseille.  Eine  bessere 
Zeit  als  Pfingsten  kann  man  für  eine  derartige  Exkursion  nicht  wohl 
wählen.  Ostern  ist  zu  früh,  die  Vegetation  noch  zu  sehr  zurück, 
dazu  das  Wetter  unbeständiger  und  das  Reisen  in  grösserer  Gesell- 
schaft infolge  des  Fremdenverkehrs  schwierig  und  teuer.  Um  Pfingsten 
sind  die  Hotel  schwach  besetzt,  sodass  man  überall  billige  Unter- 
kunft findet  und  ein  gern  gesehener  Gast  ist. 

Im  Frühjahr  1905  wurden  zwei  grössere  akademische  Studien- 
reisen nach  der  spanischen  Ostküstenregion  und  nach  den  Balearen 
ausgeführt.  Chodat  veranstaltete  mit  15  Teilnehmern,  unter  denen 
sich  auch  der  Schreiber  dieser  Zeilen  befand,  seine  dritte  dreiwöchent- 
liche Mittelmeerreise.  Das  Studium  der  berühmten  Huerta  von  Valencia 
und  Murcia,  sowie  der  Litoral  steppe  Südostspaniens  und  der  Dattelpalmen- 


Kotanisclie  Reisestutlien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  5 

oasen  von  Elche,  Orihuela  und  Cartagena  war  die  Hauptaufgabe 
dieser  sehr  lehrreichen  Reise.  Fast  gleichzeitig  (vom  15.  bis  30.  April), 
wurde  von  G.  Pruvot  von  der  Sorbonne  wiederum  eine  Studienreise 
nach  Mallorca  geleitet.  Die  Gesellschaft  bestand  aus  etwa  80  Fran- 
zosen, Herren  und  Damen;  in  Barcelona  schlössen  sich  noch  35 
Spanier  unter  der  Führung  von  Odon  de  Buen,  Professor  der  Natur- 
wissenschaften an  der  Universität  an.  Unter  den  Teilnehmern  befanden 
sich  auch  zwei  Schweizer  Prof.  H.  Wegelin  von  Frauenfeld  und  Dr. 
H.  Brockmann  von  Zürich;  die  botanische  Führung  übernahm  Professor 
Flahault.  Die  eigentliche  Reiseleitung  lag  dagegen  in  den 
Händen  von  Dr.  Rakovitza,  dem  zweiten  Direktor  von  Banyuls.  In 
Palma  veranstalteten  die  Herren  eine  ausserordentliche  Versammlung 
der  societe  zoologique  de  France.  Es  sprachen  Prof.  De  Buen  über: 
La  region  mediterraneenne  des  Baleares'),  Dr.  Rakovitza  über  die 
Höhlenfauna  der  Cueva  del  Drach  bei  Manacor  und  auf  der  Rück- 
reise hielt  Flahault  auf  dem  Schiff  einen  zusammenfassenden  Vortrag 
über  die  Flora  von  Mallorca. 

Das  Jahr  1906  verzeichnet  sogar  drei  grössere  akademische 
Studienreisen.  Der  Andrang  zu  denselben  war  so  gross,  dass  nur  ein 
Teil  der  Anmeldungen  berücksichtigt  werden  konnte;  zum  erstenmal  wird 
das  Reiseziel  bis  nach  Nord-Afrijia  ausgedehnt.  Prof.  Dr.  M.  Fünfstück 
verlässt  am  12.  März  in  Begleitung  von  25  Studierenden  Stuttgart. 
Über  Marseille  geht  es  nach  Algier,  das  während  fünf  Tagen  als 
Standquartier  zu  Exkursionen  in  die  Umgebung  dieser  Stadt  und  bis 
in  den  Atlas  dient.  Auf  der  Rückreise  wird  noch  ein  Abstecher 
nach  Nizza,  Mentone  und  Mortola  gemacht  und  am  26.  März  ist  die 
ganze  Reisegesellschaft  bereits  wieder  in  München.  —  Im  April 
unternahm  die  französische  botanische  Gesellschaft  unter  Leitung  der 
Professoren  Battandier  und  Trabut,  den  beiden  vorzüglichen  Kennern 
der  Flora  Nord-Afrikas  (1),  eine  Studienreise  nach  dem  westlichen 
Algerien.  Die  54  Teilnehmer,  meistens  Professoren,  Assistenten, 
Präparatoren  und  Studierende  verschiedener  französischer  Hochschulen, 
schifften  sich  am  7.  April  in  Marseille  ein,  am  9.  April  wurde  in 
Oran  gelandet  und  zunächst  mehrere  Exkursionen  in  der  Umgebung 
dieser  Stadt  ausgeführt;  dann  ging  es  mit  der  Bahn  nach  Süden, 
durch  die  Steppenlandschaften  der  Hochflächen  der  Schotts  bis  in  das 
südliche  Oranais  und  auf  der  strategischen  Bahnlinie,  längs  der 
marokkanischen  Grenze,  bis  nach  dem  unter  dem  32. "^  n.  Br.  gelegenen 
Ben  Zireg.  Unter  militärischer  Bedeckung  wurde  sogar  die  marok- 
kanische  Oase  Tiguig  besucht.      Am    22.  April   erfolgt   die   Landung 


')  Odon  de  Buen.  Excursiones  per  Mallorca.  —  Barcelona  (19ü5)  Pedro  Toll.  37  S. 


6  M.  Rikli. 

in  Marseille.  An  dieser  Reise  beteiligten  sich  auch  einige  Schweizer  : 
Prof.  Dr.  A.  Heim  und  die  Dr.  Dr.  P.  Arbenz,  H.  Brockmann, 
A.  Thellung.  In  der  Zahl  von  25  Teilnehmern  verliess  die  dritte 
Reisegesellschaft,  meistens  Dozenten  und  Studierende  des  eidg.  Poly- 
technikums in  Zürich,  am  16.  März  die  Schweiz.  Das  Reiseziel  war 
der  nördliche  Teil  Mallorcas,  die  Litoralsteppen.  die  Palmenoasen 
Südostspaniens  und  die  Hochsteppen  der  nördlichen  Abdachung  der 
Sierra  Nevada.  Die  Rückreise  erfolgte  über  Granada  und  Madrid- 
Barcelona. 

Nach   vierwöchentlicher    Abwesenheit   traf   die   Reisegesellschaft 
am  Abend  des  13.  April  wieder  in  Zürich  ein. 


Itiuerarinm. 


ü  atuna 

1905 

1906 

März 

16. 

Genf  —  Lyon 

Zürich  —  Baden 

17. 

Lyon  —  Cette  —  Barcelona            Baden  —  Genf  —  Lyon  —  Montpellier    | 

18. 

Tibidabo  bei  Barcelona 

Cette  —  Barcelona 

19. 

Tarragona                         Tibidabo.  Überfahrt  nach  Mallorca    | 

20. 

Tarragona  —  Valencia  (Grao) 

Palma,  Exkursion  nach  Genova 

21. 

Valencia—  Denia  (Castellberg.) 

Palma 

22. 

Exkursion  zum  Cabo  S.Antonio    ' 

Monte  Mongo                       i 

Palma  —  Valldemosa — Miramar 

23. 

Mira  mar  —  Soller 

24. 

Denia                              * 

Puerta  und  Barranco  v.  Soller 

25. 

Denia  —  Benisa                    ^ 

Soller  —  Santa   Maria  —  PoUensa 

26. 

Felsen  von  Ifach,  Calpe.  Altea       ^ 

Atalaya  de  Albercuitx 

27. 

Altea  —  Villajoyosa  —  Alicante       "■ 

Pollensa  —  Palma 

28. 

Elche 

Fort  Bellver  bei  Palma 

29. 

Alicante  —  Cartagena 

Palma  —  Ibiza  (Pithyusen) 

30. 

La  Union  bei   Cartagena              I 

3iza  —  Alicante  —  Besuch  v.  Elche 

31. 

Mar  Menor 

Orihnela,  Sierra.  Felsensteppe,  Hnerta 

April 

1. 

Cartagena  —  Monte  Agudo  (Murcia) 

Orihuela  (Haifasteppe)  —  Murcia 

2. 

Orihuela  (Sierra) 

Murcia  —  Baza 

3. 

(_)i-ihuela  (Steppe)  —  AHcante 

Baza  —  Guadix  —  Granada 

4. 

Alicante  —  Valencia 

Granada 

5. 

Valencia  —  Barcelona 

^ 

6. 

Barcelona  —  Banyuls  —  Perpignan 

Granada  —  Cordoba  —  Madrid 

7. 
8. 

Perpignan  —  Lyon  —  Genf 

Madrid 

9. 
10. 

Madrid  —  Saragosa  —  Reus  —  Barcflomi 

11. 

Montserrat 

12. 

Barcelona  —  Lyon 

13. 

Lyon  —  Zürich 

Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  7 

Literatur. 

I.  FlorenioerliC 

1.  Battandier  et  Trabut,  Flore  de  l'Algerie.  Vol.  II  (1888/1890). 

2.  Boissier  Ed.,  Folra  orientalis.  Bd.  I  (18fi7)  bis  Bd.  V(1S84),  Suppl.  1S88. 

3.  Bonnier  et  de  Layens,  Flore  de  France.  Tal)ellarische  Flora  mit  5291  kleineren 

Figuren  im  Text. 

4.  Fiori  Adr.  e  Faoletti  G.,  Flora  anahtica  d'Italia,  Padova  3  Bde.  1896/1905  e 

Iconogra|)hia, 
h.  Grenier  et  Godron,  Flore  de  France.  3  Bde.  (1848/1856). 

6.  Halacsy  E.,  de  Conspectus  florae  graecae,  vol.  I  (1901)  bis  111  (1904). 

7.  Lazaro  et  Ibiza,   Botanica   discriptive.    2   Bde.  Lisboa  1896.  Compendio  della 

flora  espaöola,  mit  Abbildungen. 

8.  Loret  et  Barran.don,  Flore  de  Montpellier.  2  Bde.  (1876). 

9.  Mares  F.  et  Vigineix  G.,  Catalogue   raisonne  des   plantes  vasculaires  des  lies 

Baleares  (1880). 

10.  Xyman  C.  Frid.,  Conspectus  florae  europaeae  (1878/1882). 

11.  Rouy  G.,  Flore  de  France,  vol.  I  (1893)  bis  VIII  (1903). 

12.  Willkomm    M.  et   Lange   J.,  Prodromus   florae  hispanicae,   3  vol.  und   Suppl. 

(1861/1880). 

II.  Eeiseberlchte,  Botanische  Motiograplüen  etc. 

13.  Boissier  E  d.,  Voyage  botanique  dans  le  midi  de  l'Espagne,  2  vol.,  Paris  1839/1845. 

14.  Chodat  R.,  Une  excursion  botanique  ä  Majorque,   Bulletin    des   travails   de   la 

societe  botanique  de  Geneve,  XI  p.  19  bis  199  (1905). 

15.  Fischer  Theobald,    Die   Dattelpalme,    Petermanns   Mitteilungen,  Ergänzungs- 

heft 64  (1881). 

16.  Fischer  Th.,  Der  Ölbaum,  seine  geographische  Verbreitung,  seine  wissenschaft- 

liche und  kulturhistorische  Bedeutung,  Petermanns    Mitteilungen,    Ergänzungs- 
heft 174  (1904). 

17.  Hartwich  C,  Frühlingsferien  in   Spanien,    ein  paar  Tagebuchblätter,  Apotheker- 

Zeitung  1906. 

18.  Keller  C.,  Eine  Frühlingsfahrt  nach  den  Balearen,  N.  Z.  Z.  1906,  47  S. 

19.  Müller  Eug.,  Über  die  Korkeiche,  Abh.  d.  k.  k.  geographischen   Gesellschaft   in 

Wien,  Bd.  II  (1900)  239  ff.  mit  einer  Karte  und  zwei  Tafeln. 

20.  Oettli  Max,  Über  den  Wurzelort  von   Poterium   ancistroides   Desf.  Bericht  IX 

der  zürch.  bot.  Gesellschaft  (1903/1905). 

21.  Rein  J.,  Geographische  und  naturwissenschaftliche  Abhandlungen  zur  400  jährigen 

Feier  der  Entdeckung  Amerikas.  Leipzig,  W.  Engelmann  fl892). 

Besonders  beachtenswert  sind  folgende  Kapitel : 
a)  Kork  und  Korkeiche,  p.  137  bis  157,  b)  Die  Steineiche  und  die  spanische 
Schweinezucht,  p.  158  bis  168,  c)  Die  Albufera  von  Valencia,  das  Mar  Menor 
und  die  Sierra  de  Cartagena,  p.  169  bis  181,  d)  Grundlagen  und  Eigenart  der 
spanischen  Landwirtschaft,  p.  182  bis  219,  e)  Über  den  Reisbau  und  einige 
andere  bemerkenswerte  Kulturen  der  Provinz  Valencia,  p.  220  ff. 

22.  Rikli    M.,    Botanische    Reisestudien    auf   einer    Frühlingsfahrt    durch    Korsika, 

Vierteljahrsschrift   der   naturforsch.  Gesellsch.  in    Zürich,  Jahrg.  XLVII  (1!>()2), 
Heft  3/4. 

23.  Rikli  M.,  Spanische  Reiseerinnerungen.  Feuilleton  N.  Z.  Z.,  Oktober   1906. 


8  M.  Rikli. 

24.  Rikli  M.,  Kultur-  und  Naturbilder  von  der  spanischen  Riviera  mit  sechs  Tafeln 

und  einer  Textillustration,  Neujahrsblalt  der  naturforschenden   Gesellschaft  in 
Zürich  auf  das  Jahr  1907,  109  Stück  (1907). 

25.  Rikli  M.,  Spanien,  Vegetationsbilder,  herausgegeben  von  G.  Karsten  und  H.  Schenk. 

Fünfte  Reihe,  Heft  6  (1907). 

26.  Ross massier  E.  A.,  Reiseerinnerungen  aus  Spanien.  Bd.  I/II,  Leipzig  1854. 

27.  Rouy  M.  G..  Excursions  botaniques  ä  Jativa,  ä  Valldigna,  ä  la   Sierra  Mariola. 

Bulletin  de  la  societe  botanique  de  France.  XXYIII  (1881)  et  XXIX  (1882). 

28.  Rouy  M.  G.,  Excursions  a  Orihuela,  Murcia,   Hellin,  Yelez  —  Rubio,    Madrid    et 

Irun.  Revue  des  sc.  nat.  vol.  1882  et  1883. 

29.  Rouy  M.  G.,  Excursions  botaniques  en  Espagne  —  Denia,  Bulletin  de  la  societe 

botanique  de  France.  T.  XXXI  (1884)  p.  33  bis  41  und  52  bis  56. 

30.  Tili enen- Adle rfly cht   Karl,  Freiherr  von.   In   das   Land  voll   Sonnenschein, 

Bilder  aus  Spanien.  Berlin  1861. 

31.  Trabut  L..  Etüde  sur  l'Halfa  (Stipa  tenacissima),  Alger  1889. 

32.  Unter  Palmen  :  Über  Elche  mit  acht  Abbildungen.  -  Die  Welt.  Bd.  X.  No.  26- 

vom  19.  März  1905. 

33.  Willkomm    M..    Die    Strand-    und    Steppengebiete    der    iberischen    HalbinseL 
Leipzig  1852. 

34.  Willkomm  M.,  Spanien  und  die  Balearen  (mit  botanischen  Notizen  im  Anhang). 

Bibliothek  für  Wissenschaft  und  Literatur,  Bd.  II,  Leipzig  (1878). 

35.  Willkomm  M.,  Die  pyrenäische  Halbinsel,  3  Bde.,  1884  bis  1886. 

36.  Willkomm  M.,  Grundzüge  der  Pflanzenverbreitung  auf  der  iberischen  HalbinseL 

Bd.  I  von  Engler  und  Drude:  Vegetation  der  Erde  (1896). 

Zeichenerklärung. 

Ein  Dreieck  (^)  vor  einem  Pflanzennamen  bezeichnet  die  Arten,  welche  durch 
das  ganze  Mittelmeergebiet  verbreitet  sind ;  ein  fetter  Punkt  (•)  bezieht  sich  auf 
Pflanzen,  welche  im  Mittelmeergebiet  und  in  Mitteleuropa  vorkommen.  Ein  fettes  Dreieck 
-(^)  kennzeichnet  diejenigen  Mittelmeerpflanzen,  die  bis  in  den  äussersten  Orient, 
Arabien,  Mesopotamien,  eventuell  bis  Persien  und  Vorderindien  verbreitet  sind. 

Ein  Ausrufungszeichen  (!)  verweist  auf  die  anthropochoren  Elemente,  jedoch  wird 
dieses  Zeichen  nur  innerhalb  des  fortlaufenden  Textes,  nicht  aber  bei  Pflanzenlisten, 
in  denen  die  Ruderalflora  immer  gesondert  aufgeführt  ist,  verwendet. 

(fol.)  =  nur  im  vegetativen  Zustand,  ohne  Blüten  und  Frucht  beobachtet  oder 
gesammelt;  (fr.)  —  in  Frucht;  (fl.)  =  blühend,  im  Text  jedoch  meist  nicht  be- 
sonders hervorgehoben,  sodass  eine  Pflanze,  die  weder  mit  (fol.)  noch  mit  (fr.)  be- 
zeichnet ist,  von  uns  blühend  beobachtet  Avurde.  Die  Bezeichnung  (fl.)  fr.  bedeutet 
somit,  dass  die  betreffende  Pflanze  am  verblühen  war  und  bereits  schon  mehr  oder 
weniger  entwickelte  Früchte  besass. 

Die  eingeklammerten  Zahlen  (1)  bis  (36)  verweisen  auf  die  Literatur. 


Vierteljahrsschritt  der  Naturf.  Ges.  Zürich,    Jahrg.  52.     1907. 


Taf.  II. 


Fhot  :  S.  eil  will  l. 

Fi(j.  '2.     Fel.SLMiheide  bei  Denia. 

Windformen   vom  Johannisbrolbaum   (pag.  39). 


Pliul.:  R.  Cliodnt. 


Fig.  3.     Verkarsteter  Gipfel  des  Mt^  Mongo 
bei  Denia  (pag.  45). 


/•/,„(..■   /;.  riiuihU. 

Fig.  4.    Punta  de  Ifacli  bei  Calpe. 

Blick  von  Calpe  gegen   Südosten  (pag,  57). 


I.  Das  Naturland. 
A.  Spezieller  Teil:  —  Exkursionsberichte. 

1.  Mont  St.  Clair  von  Cette.*) 

17.  111.  19Ü.Ö. 

Der  Mont  St.  Clair  ist  ein  durch  Dünen  landfest  gewordenes 
Felsenriff,  welches  sich  unmittelbar  südwestlich  über  Cette  auf  der 
Nehrung  zwischen  dem  fischreichen  Etang  de  Thau  und  dem  Golf 
du  Lion  erhebt;  er  erreicht  eine  Meereshöhe  von  180  m.  An  seinem 
Nordostabhang  baut  sich  die  Villenvorstadt  von  Cette  amphithea- 
tralisch  auf.  Die  zahlreichen  Landhäuser  liegen  mitten  in  üppigen 
Gärten,  welche  leider  von  hohen  epheubekleideten  Mauern  umgeben 
und  so  zum  grössten  Teil  den  Blicken  entzogen  sind.  Nur  einzelne 
Gruppen  von  Steineichen  (^Quercus  Hex  L.)  und  Lorbeergebüsche, 
die  dunkle,  düstere  Säule  einer  Cy]^r  esse (^Cupressus  sempervirensh.), 
die  schirmförmig  ausgebreitete  Krone  einer  Pinie  (^Pinus  pitiea  L.) 
oder  wieder  ein  kleines  Wäldchen  von  Aleppoföhren  (-P.  halepensis 
Mill.;  mit  ihrem  aufgelösten,  lockeren  Nadelwerk  ragen  über  das 
Gemäuer  empor. 

Ein  gepflasterter  Weg  führt  zu  einem  kleinen,  den  Gipfel  des 
Hügels  krönenden  Wallfahrtskirchlein,  in  dessen  Umgebung  noch  einige 
spärliche  Reste  der  ursprünglichen  Flora  erhalten  geblieben  sind. 
Der  Boden  ist  flachgründig  und  steinig,  überall  tritt  der  anstehende 
Fels  zutage.  Vor  der  immer  mehr  anstürmenden  Kultur  hat  sich 
hier  nur  noch  eine  kümmerliche,  sehr  verarmte  Garigue  und  eine 
kaum  weniger  dürftige  Felsenheide  zu  behaupten  vermocht. 

Unter  den  Sträuchern  überwiegt  die  Kermes-Eiche  (^Que)'cus 
coccifera  L.>,  eine  durch  das  ganze  Mittelmeergebiet  verbreitete 
immergrüne  Holzpflanze,  die  meistens  sparrige  nur  wenige  Fuss  hohe 
Gestrüppe  bildet,  dagegen  selten  baumartig  entwickelt  ist.  Öfters 
sind  sogar  die  Zweige  mit  ihren  kleinen,  kahlen,  dornig  gezähnelten 
Blättchen  mehr  oder  weniger  dem  Boden  angepresst.  Dazwischen  er- 
hebt sich  bereits  in  voller  Blüte  derSchwarzdorn  (Prunus  spinosa  h.) 
und  das  Harnkraut  (^Osijris  alba  L.)  entwickelt  schon  seine  langen, 
dünnen,  rutenartigen  Sprosse;  dagegen  sind  von  Lavamlula  latifoUa 
Vill,  und  der  Filzpflanze  Helichrysum  stoechas  DC.  erst  die  Blätter 
vorhanden.  Zwischen  den  Steinen,  aus  allen  Felsritzen,  ganz  be- 
sonders aber  aus  dem  immergrünen  Kleingebüsch  sprosst  die  ver- 
zweigte Zwenke  ('Braclujpodiunt  raniosuni  [L.]  Rom.  et  Schult.^ 

*)  Literatur  Nr.  8. 


10  M.  Rikli. 

jfol.Jyi  empor.  In  mehr  oder  weniger  gedrängten  Scharen  entsendet 
die  unterirdisch  kriechende,  stark  verzweigte  Grundachse  dünne  aber 
steifliche  Äste  mit  dicht  zweizeilig  gestellten,  derben  und  glauken 
Blättern,  Zwei  Schlinggewächse,  die  Stechwinde-  (Smilax  aspera 
L.  [fol.],  mit  ihren  Nebenblattranken  und  die  spitzblätterige  Spargel  ^ 
{Asparagus  acutifolius  L.  [fol.]>,  ein  unbewehrter  Spreitzklimmer 
mit  kurzen,  derben,  fast  stechenden,  nadelartigen  Phyllokladien  durch- 
setzen das  niedere  Gebüsch.  Dazu  gesellen  sich  zahlreiche  Kräuter, 
die  jedoch  meistens  noch  nicht  in  Blüte  stehen,  dagegen  öfters  Reste 
der  vorjährigen  Fruchtstände  tragen.  Es  dominiert  entschieden  die 
Frühblütler-Familie  der  Cruciferen.  Viele  Vertreter  dieser  Familie 
sind  sogar  schon  im  jungen  Fruchtzustand,  so  die  einjährige  * Hut- 
chinsia  petraert  (L.)  R.  Brown  und  eine  der  allgemein  verbreitetsten 
und  gemeinsten  Mittelmeerpflanzen,  -Lobidaria  maritiina  Desv.,  eine 
Pflanze  von  grosser  Anspruchslosigkeit  und  Anpassungsfähigkeit, 
ursprünglich  ein  Bestandteil  der  Strandflora  und  der  Felsenheide, 
wird  sie  jedoch  häufig  als  apophy tischer  Ansiedler  angetroffen ;  die 
Kreuzblütler  sind  ferner  noch  vertreten  durch  *Eroj)hila  verna  (L.) 
E.  Mey  !,  CapseJla  bnrsa  pastoris  (L.)  Mönch!,  * Sisymbrium  ofß- 
cinale  (L.)  Scop. !  *DipJotaxis  niuralis  (L.)  DC.  !  *Erucastrum 
obtusanyuJiu}»  (Schleich.)  Rchb. !  ^Cltpeola  Jo/ifhiasjji  L.l,  dazu  ge- 
sellen sich  zwei  Zwiebelpflanzen:  **'Mi(scan'  comosum  (L.)  Mill. 
und  *^M.  neglecium  Guss.  und  die  Blattbüschel  des  Wurzelknollen- 
gewächses ^Aruni  ifalicii?)i  Mill.,  dann  die  stattlichen  Büsche  der 
Euphorbia  characias\  L.  und  ruderal  *^E.  peplis  L.  und  *^ E.helio- 
scopia  L. !  An  Mauern  wuchert,  ähnlich  wie  bei  uns  das  Cymbelkraut, 
die  ^Veronica  cymbalaria  Bod.  mit  ihren  kleinen  weisslichen  Blüten 
und  den  ebenfalls  negativ  heliotropen  Fruchtstielen,  auch  das  Glaskraut 
*^Parietaria  officinalis  L.  v.  rafiiifiora  Mönch!  hält  sich  an  das 
Gemäuer.  Zwischen  Steinen  haben  sich  angesiedelt:  Phoitago  cynops 
L.!  und*^P.  coronopus  L. !,  der  schierlingsblätterige  Reiherschnabel 
{*^  ErodiuDi  ciciifariifni  (L.)  L'Herit!),  die  sukkulenten  Blattrosetten 
einer  Fetthenne  {^Seduni  alfissimiDu  Poir.  [fol.])  und  die  Filzpflanze 
*  ^  Marrubiwn  vulgare  L. !,  auch  die  Kompositen  fehlen  nicht,  sie 
sind  vertreten  durch  -Inula  viscosa  Ait. !  und  -  Carlina  corymbosa 
L.,  beide  tragen  noch  vorjährige  Fruchtköpfchen,  ferner  **'  Senecio 
vulgaris  L. !,  Layoseris  nemausensis  K. !  und  die  Mariendistel 
{*  ^  SilybuniMarianwn  [L.]  Gärtn. !)  welche  obwohl  noch  nicht  blühend, 
leicht  an  den  schön  gezeichneten,  weissgefleckten  grundständigen  Blatt- 
rosetten zu  erkennen  ist. 

Diese   Liste   umfasst    somit    34    Arten,    davon    sind    19    typisch 
mediterran,    immerhin    erreichen  ^Aruni    italicuin   Mill.    und  *  Hut- 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanisclien  Mittelmeerküste.  11 

dünsUi  petraea  (L.)  R.  Brown,  auch  noch  die  Südschweiz.  Von  diesen 
mediterranen  Pflanzen  sind  14  Species  (73, 57o)  durch  das  ganze 
Mittelmeerbecken  verbreitet,  ja  mehrere  derselben  besitzen  sogar 
noch  ein  grösseres  Verbreitungsareal,  indem  sie  zum  Teil  längs  der 
Küste  Westeuropas  bis  nach  England  ausstrahlen,  (Hutchi)isi(i.  Phm- 
tayo  coronopus  L.j  oder  westlich  die  kanarischen  Inseln  erreichen 
(^Asparagus  acutifoUus  L.,  ^Lobularia  maritima  Desv.,  Plantago 
coronopus  L.>;  elf  Arten  (*)  dringen  bis  weit  in  den  Orient  vor. 
HeUdinjsum  stoechas  DC.  und  Lacandula  latifolia  Vill.  sind 
dagegen  westlich  mediterrane  Arten,  deren  Ostgrenze  in  Dalmatien 
erreicht  wird,  letztere  Pflanze  fehlt  auch  in  Nord-Afrika.  Schon  in 
Italien  erreichen  dagegen  ihre  Ostgrenze:  Euphorbia  characins  L. 
aus  dem  Verwandtschaftskreis  unsere  E.  cnnygdcdoides  L.,  diese  im 
Süden  ersetzend  und  Plantago  cynops  L ;  beide  fehlen  ebenfalls  in 
Nord- Afrika,  finden  sich  dagegen  merkwürdigerweise  wieder  in  einem 
weit  vorgeschoben  östlichen  Vorposten,  auf  der  Insel  Kreta.  Einzig 
Lagoseris  noiiausensis  K.  (=  Pterotheca  nem.  Cass.)  besitzt  ein 
engbegrenztes  Verbreitungsgebiet,  dessen  Zentrum  in  Südfrankreich  zu 
suchen  ist,  von  hier  strahlt  die  Pflanze  einerseits  nach  Catalonien, 
anderseits  bis  nach  Ligurien  und  Korsika  aus.  —  Ruderal,  auf  dem 
Pflasterweg  oder  auf  Schuttstellen,  an  Mauern  etc..  treten  nicht 
weniger  als  18  Arten  auf. 

Als  Gesamtcharakter  dieser  Florula  ergibt  sich  somit:  es  ist 
eine  ausgesprochene  Mischflora:  mitteleuropäische  und  mediterrane 
Elemente  sind  nahezu  gleich  stark  vertreten.  Der  mediterrane  Floren- 
bestandteil umfasst  zudem  hauptsächlich  nur  allgemein  verbreitete 
Mittelmeerpflanzen,  der  spezifische  Charakter  der  Florula  wird  durch 
die  ^äer  westlich  mediterranen  Arten  und  Lagoseris  nemausensis  K. 
bestimmt.  Besonders  bezeichnend  ist  endlich  die  ungewöhnlich  grosse 
Zahl  von  Ruderalpflanzen.  sie  umfasst  mehr  als  die  Hälfte  der  auf- 
genommenen Pflanzenliste  (53  ^o),  den  Hauptkontingent  stellen  die 
mitteleuropäischen  Arten.  Dieses  Hineinfluten  von  Anthropochoren 
in  die  ursprünglichen  Formationen  der  Felsenheide  und  Garigue  ist 
«in  ganz  rezenter  Vorgang,  eine  Folge  der  Ausbreitung  der  Stadt 
nnd  des  Kulturlandes  in  deren  Umgebung.  Dieser  Vorgang  hat  nicht 
nur  eine  Verarmung  der  ursprünglichen  Flora  zur  Folge;  an  Stelle 
mediterraner  Arten  stellen  sich  nordische  Elemente  ( Senecio  ruigaris. 
Erophila,  Capsella,  Euphorbia  helioscopia  etc.)  ein  und  anpassungs- 
fähige Pflanzen  von  grossem  Verbreitungsareal  gewinnen  mehr  und 
mehr  die  Oberhand.  So  verändert  sich  das  gesamte  pflanzengeogra- 
phische Fazit.  Die  Flora  wird  trivialer  und  erhält  ein  mehr  nordisches 
Gepräge. 


12  M.  Rikli. 

2.  Banyuls-sur-Mer. 

6.  IV.  1905. 

Banyuls-sur-Mer  liegt  am  Ostende  der  Pyrenäen,  in  nächster 
Nähe  der  spanischen  Grenze.  Am  Hafen  befindet  sich,  als  Zweig- 
anstalt der  Sorbonne,  eine  maritime  Versuchsstation,  deren  Besichti- 
gung in  erster  Linie  unser  Aufenthalt  -galt.  Die  zur  Verfügung 
stehende  Zeit  erlaubte  jedoch  noch  einige  kleinere  Exkursionen  in 
die  nächste  Umgebung,  die  nach  drei  Richtungen  von  Interesse  waren. 

a)  Vor  den  Verheerungen  durch  die  Phylloxera  war  der  Wein- 
bau die  Haupterwerbsquelle  von  Banyuls,  auch  neuerdings  wird  die 
Rebe  wieder  in  grösserem  Masstab  angepflanzt;  doch  sieht  man. 
überall  an  den  Gehängen  der  Hügel  viele  ehemalige  Rebterrassen 
noch  völlig  brach  liegen.  Aus  den  benachbarten  Felsenheiden  und 
Garigues  wanderten  nun  Elemente  der  einheimischen  Flora  aus  und 
besiedelten  den  frei  gewordenen  Boden.  ^Lavandula  stoechas  (L.)' 
Cav.,  eine  ein  bis  anderthalb  Fuss  hohe  graufilzige  Staude  hat  oft  in 
beinahe  reinen  Beständen  vom  Boden  Besitz  genommen  und  befindet 
sich  nun  vielfach  im  Alleinbesitz  der  ursprünglich  für  den  Weinbau 
errichteten  Terrassen.  Grosse  Teile  des  ehemaligen  Reblandes  sind 
von  der  Lavendel  so  dicht  bedeckt,  dass  man  beinahe  an  Reinkulturen 
erinnert  wird.  Einzig  ^'Lepidiiim  Draha  L.  gesellt  sich  stellenweise 
noch  in  grösserer  Menge  bei.  Diese  gewaltige  Invasion  der  ^Lavan- 
dida  stoechas  (L.)  Cav.  nach  den  verlassenen  Rebterrassen  ist  ge- 
radezu ein  klassisches  Beispiel  für  eine  Apophyte;  d.  h.  für  eine 
Pflanze,  welche  ursprünglich  einen  autochthonen  Florenbestandteil 
natürlicher  Formationen  bildete  und  nun  auf  Kulturland  übergegangen 
ist.     Die  Lavendel  ist  hier  somit  zur  Anthropochore^)  geworden. 

Diese  Pflanze  verdient  aber  noch  in  anderer  Hinsicht  Beachtung. 
Sie  verbreitet  einen  angenehmen  süsslich- aromatischen  Geruch  und 
die  unscheinbaren  Blütenähren  werden  von  einem  Schopf  stark  ver- 
grösserter,  intensiv  gefärbter  Deckblätter  überragt.  Dieser  auffällige 
Schauapparat  dient  zur  Anlockung  von  Bienen,  denn  die  Lavendel  ist 
eine  vorzügliche  Bienenblume.  Dass  unter  den  Exportartikeln  von 
Banyuls  in  zweiter  Linie  der  Honig  steht,  verdankt  der  Ort  wohl 
hauptsächlich  dem-  massenhaften  Auftreten  der  ^Lavandida  stoechas 
(L.)  Cav. 

h)  Die  umgel)enden  Hügel  sind  teilweise  noch  mit  lichten  immer- 
erünen    Eichenaehölzen    bedeckt.      Neben   der    Steineiche    tritt    zum 


^)  Siehe  Rikli  M.,  Die  Anthropochoren  und  der  Formenkreis  des  Nasturtium 
palustre  DC.  Bericht  VIII  der  Zürcher,  botanischen  Gesellschaft  1901/1903,  p.  71  bis  S-2. 

Woodhead  T.  W.,  Classification  of  ahen  plants  according  to  origin.  The 
naturalist.  April  1906. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittehneerküste.  13 

erstenmal  die  Korkeiche  (Quercus  suher  L.J  auf.  Die  beiden 
Eichen  bilden  bald  reine  Bestände,  bald  treten  sie  zu  Mischwäldern 
vereinigt  auf,  gelegentlich  mengt  sich  denselben  auch  die  Aleppo- 
kiefer  bei.  Diese  Korkeichenwaldungen  der  Landschaft  Roussillon 
umfassen  1928  ha.,  d.  h.  ca.  13"  o  der  Korkwälder  Frankreichs.  Gegen- 
über der  Provence  mit  113,600  ha.,  der  Gascogne  mit  24,100  ha. 
und  Korsika  mit  ca.  9000  ha.  Korkeichenwälder  kommt  somit  das 
De'p.  des  Pyrenees  orientales  in  vierter  und  letzter  Linie:  dagegen 
soll  nach  dem  Annuaire  statistique  de  la  France  (1880)  dieses  Gebiet 
den  besten  französischen  Kork  liefern  (19). 

Im  Unterholz  dieser  Wälder  breitet  sich  die  Garigueformation 
aus.  Der  -Rosmarin  steht  schon  in  Blüte,  dort  prangt  das  inten- 
sive Gelb  des  Stechginsters  (LUex  australis  Clem.^,  hier  das  leuch- 
tende Orange  der  westmediterranen  Genisfa  candicans  L. ;  beide 
sind  bereits  in  v-oller  Anthese  und  in  so  verschw^enderischer  Weise 
mit  Blüten  überdeckt,  dass  das  Laubwerk  fast  ganz  verschwindet. 
Dr.  H.  Brockmann  sammelte,  ebenfalls  im  April  1905,  auch  noch 
^  Cistus  sali'ifoUus  L.  und  die  zierliche  ^Linaria  PeJUserinJin  MilL; 
in  Weinbergen  ^^Liuarla  arvensis  Desf.  und  an  frischen  Orten  die 
^Arisfoloch/a  rotuuda  L.  Auch  ^Lavaudula  stoechas  (L.)  Cav. 
fehlt  nicht.  Von  diesen  Begleitpflanzen  der  Korkeichenwaldungen 
beansprucht  einzig  der  kleinblütige  Stechginster  besonderes  Interesse. 
Die  Gattung  Ulex  hat  ihr  Bildungs-  und  Massenzentrum  auf  der 
iberischen  Halbinsel.  Von  ca.  24  Arten  sind  15  in  Portugal  und 
Spanien  endemisch  und  nur  vier  Arten  überschreiten  im  Norden  die 
Pyrenäen.  Von  diesen  dringt  unsere  Art  am  wenigsten  weit  vor, 
sie  hält  sich  streng  an  den  Küstensaum  Südfrankreichs,  ihre  Ost- 
grenze wird  schon  auf  der  Insel  St.  Marguerite  bei  Cannes  erreicht. 
Ulex  australis  Clem.  ist  hauptsächlich  ost-  und  südspanisch,  wo  sie 
überall  massenhaft  auftritt.  Wir  haben  sie  auf  unserer  Reise  durch 
die  spanische  Riviera  in  allen  Garigues  und  in  den  meisten  Mac- 
chien  angetroffen  und  selbst  auf  der  Felsenheide  fehlt  sie  vieler- 
orts nicht.  Im  Süden  geht  diese  Art  bis  hoch  ins  Gebirge.  Auf 
unserer  Fahrt  von  Baza  nach  Guadix  trafen  wir  Ulex  australis  Clem. 
noch  auf  den  der  Sierra  Nevada  vorgelagerten  Hochsteppen  bei  1220  m. 
Nach  Boissier  und  Willkomm  soll  dieser  Stechginster  in  der  Sierra 
Nevada  sogar  bis  gegen  1800  m  ansteigen. 

c)  Ein  überaus  heftiger  Mistral,  gegen  den  nur  mit  Anstrengung 
aller  Kräfte  anzukämpfen  war,  hält  uns  jedoch  nicht  ab,  die  Strand- 
felsen abzusuchen.  Die  Flora  der  Aussenküste  w^ar  zwar  noch  sehr 
zurück,  aber  die  alte  Erfahrung,  dass  die  Strandfelsenflora  reich  an 
biologisch    und    pflanzengeographisch    interessanten    Arten    ist,    hat 


14  M.  Rikli. 

diese  kleine  Exkursion  neuerdings  bestätigt.  Die  Florula  besteht  fast 
nur  aus  drei  Arten,  welche  jedoch  in  grosser  Menge  spalierartig  den 
Boden  überziehen  oder  selbst  grössere  kompakte  Polster  bilden.  Alle 
drei  Arten  besitzen  grasartige,  derbe  Blätter  und  gestaute  verholzte 
Grundachsen  oder  längere  holzige  Kriechtriebe.  Diese  drei  Arten 
sind:  ^Camphorosma  monspeliaca  L.  (fol.),  in  einer  sehr  xerophy- 
tischen,  auffallend  stark  wollig-filzigen  Ausbildung.  Prof.  Flahault 
hatte  die  Güte  uns  mitzuteilen,  dass  die  gesammelten  Belegexemplare 
noch  der  Winterform  der  Pflanze  entsprechen.  Diese  eigentümliche 
Chenopodiacee  ist  reich  verzweigt,  die  zahlreichen  holzigen  Seiten- 
triebe sind  spalierartig  über  den  Boden  ausgebreitet.  Die  schmal- 
linealen,  nadelartigen,  ca.  5  mm  langen,  graugrünen,  etwas  fleischig 
und  wolligzottigen  Blättchen  stehen  dicht  gedrängt,  zu  kleinen  kuge- 
ligen Knöspchen  und  Rosetten  vereinigt,  welche  sich  gelegentlich  vom 
Mutterstock  loslösen  und  selbständig  bewurzeln.  Das  Kampferkraut 
hat  eine  zirkummediterran-orientalische  Verbreitung;  die  sechs  übrigen 
Arten  der  Gattung  sind  alles  Steppen-  und  Strandpflanzen  Vorder- 
asiens, welche  bereits  in  Griechenland  ihre  Westgrenze  erreichen. 
Plantago  subulata  L.  hat  schon  junge  Blütentriebe  entwickelt,  sie 
gehört  zum  Verwandtschaftskreis  der  P.  serpentina  Vill.  und  besitzt 
ein  sehr  zerrissenes  Verbreitungsareal.  Innerhalb  desselben  zeigt  sie 
Neigung,  lokale  Rassen  von  mehr  oder  weniger  abweichendem  Aus- 
sehen zu  bilden.  Die  als  Typus  betrachtete  Pflanze  findet  sich 
einerseits  in  den  Küstengebieten  der  östlichen  Pyrenäen,  zwei  isolierte 
Fundorte  sind  noch  in  Catalonien  (Montjuich  bei  Barcelona)  und  im 
südöstlichen  Zipfel  Neu-Castiliens  (Sierra  de  Alcaraz,  im  Quellgebiet 
des  Quadalquivir)  bekannt;  anderseits  ist  sie  auch  in  Süd-Italien, 
Sizilien  und  Sardinien  verbreitet.  Ein  var.  granatensis  Willk.  gehört 
der  Sierra  Nevada  und  der  Sierra  d'Estrella  an  und  die  var.  insularis 
G.  G.  der  Berge  Korsikas  soll  auch  in  den  Gebirgen  Griechenlands 
wiederkehren.  Die  letzte  Art  Plantago  recurvata  L.  (fol.)  =  P.  ca- 
ri/iafa  Schrad.  endlich  ist  ein  verbreiteter  Bestandteil  der  Strand- 
felsenflora der  nördlicheren  Teile  des  Mittelmeergebietes,  sie  geht  bis 
ca.  1500  m  in  die  Bergregion,  fehlt  aber  Nord- Afrika. 

3.  Zur  Flora  des  nördlichen  Cataloniens. 

(Port-Bou   —    Barcelona) 

17.  III.  190.5;  18.  III.  1906. 

Ohne  die  menschliche  Kulturarbeit  wäre  das  nördliche  Catat 
lonien  ein  ausgedehntes  Waldland.  Selbst  heute  sind  noch 
grosse  Teile  dieser  Provinz  mit  Wald  bedeckt  und  zwar  hauptsächlich 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  15 

mit  lichten  Mischwäldern,  in  denen  verschiedene  Eichen  und 
Kieferarten  vorherrschen.  Die  fünf  Hauptvertreter  dieser  Waldungen 
sind:  Die  Korkeiche,  (Quercus  suhcr  Lj,  die  Steineiche  (-^Quercus 
ih'.r  li.}.  die  Flaumeiche  (*Quercii.s  huniyinosd  Lam.^),  die  einen 
wesentlichen  Gemengteil  fast  aller  Waldungen  Kataloniens  bildet  und 
endlich  zwei  Nadelhölzer:  die  Aleppokiefer  (-Piniis  ]i(tlepensisM\\\.) 
und  die  Pinie  (^Pinus  pinca  Lj,  welche  oft  als  Einzelbaum,  nicht 
selten  auch  horstweise,  jedoch  nur  ausnahmsweise  in  grösseren  Beständen 
auftritt.  Diese  „ Naturwälder "  bekleiden  die  oberen  Teile  fast 
aller  Berge  und  Hügel  des  nördlichen  Cataloniens.  In  den  feuch- 
teren Niederungen  längs  der  Küste  und  zu  beiden  Seiten  der  Fluss- 
täler erstreckt  sich  das  Kulturland ;  doch  fehlt  selbst  hier  der  Wald 
nicht  ganz.  Von  den  Olivenhainen,  die  aus  einiger  Entfernung 
einen  völlig  waldartigen  Eindruck  erwecken,  abgesehen,  erheben  sich 
hier  zahlreiche,  grössere  und  kleinere  Pappel  Wäldchen  (^Populus 
albahj.  Es  sind  das  jedoch  keine  „Naturvvälder"  mehr,  denn  dieselben 
werden  in  regelmässiger  Betriebsweise  abgeholzt  und  wiederum  aufge- 
forstet. Die  Pappeln  stocken  besonders  auf  Schwemmlandsboden,  sie 
werden  in  langen  Reihen  angepflanzt;  ihr  Holz  findet  in  der  Tischlerei 
mannigfache  Verwendung.  Im  ersten  Frühling,  wenn  die  Weisspappeln 
noch  nicht  belaubt  sind,  ist  der  Blick  von  einem  der  höheren  Berge 
Cataloniens.  etwa  vom  Montseni  oder  vom  Montserrat  sehr  eigenartig. 
Die  vielen  dunklen  Flecke,  welche  über  das  noch  kahle  oder  durch 
hellgrüne  Töne  gekennzeichnete  Kulturland  zerstreut  sind,  nehmen 
sich  von  unserer  hohen  Warte  wie  ein  Panterfell  aus. 

In  allen  „Naturwäldern "  Cataloniens  wird  das  Unterholz  von  sehr 
artenreichen  Macchien,  in  Spanien  moute  bajo  genannt,  gebildet: 
dieselben  erreichen  jedoch  nie  die  Üppigkeit  der  korsischen  Macchien, 
wie  ich  sie  auf  meiner  Reise  im  Frühjahr  1900  kennen  gelernt  habe  (22). 
Diese  Mischmacchien  stehen  in  der  zweiten  Hälfte  März  schon  in 
schönster  Blüte,  um  diese  Zeit  überwiegen  die  Gelbblütler.  sowohl 
nach  der  Art-,  als  auch  nach  Individuenzahl.  Reine  Macchien  als 
selbständige  Formation  haben  wir  in  Catalonien  nur  am  Mont- 
serrat angetrofi'eu.  Im  Bergland,  nördlich  von  der  Mündung  des  Ebro, 
scheint  der  monte  bajo  fast  nur  als  Unterholz  der  Wälder  aufzutreten. 
Die  Hauptmasse  dieser  Macchien  bilden  immergrüne,  mediterrane 
Arten.  Hieher  gehören:  Die  Baumheide  ('Erica  (trbored  L.;  fl.  III/IV, 
rötlich-weiss ;  die  Besenheide  (Erica  scoparia  L.;  fl.  XII — VI,  gelb- 
lich-grün: der  Mucchio  fol.,  (^Cistus  mouspeliensis  L.)  fl.  IV/V» 
weiss;  der  Erdbeerbaum.  fol.  ( -Arhutus  unedo  L.>  fl.  X— II,  weiss; 
der  Rosmarin  (  Rosmariuus  officinalis  h.)  fl.  III  V.  blau;  der  vor- 
wiegend westmediterrane  lorbeerartige  Schneeball  (  Vibiirnuin  fin/isL.} 


16  M.  Rikli. 

fl,  III — VI,  weiss;  die  schmalblätterige  Steinlinde,  fol.  (^PhiUyrea 
angustifolia  h.)  fl.  IV/V,  gelblich  grün ;  seltener  sind  die  Myrte,  fol. 
(^Myrtus  coniniunis  lt.)  fl.  VI— X,  weiss  und  der  Granatapfelbaum, 
fol.  (^Punica  granatum  L.j  fl.  V/VI,  rot.  Dazu  gesellt  sich  nun 
eine  ganze  Reihe  von  Pflanzen,  von  ebenfalls  hauptsächlich  medi- 
terraner Verbreitung,  aber  mit  sommergrüner  Belaubung.  Es  sind 
fast  alles  gelbblütige  Papilionaceen :  der  Besenstrauch,  fol.  (*Saro- 
tliamnus  scoparius  (L.),  Wimmer .^  fl.  V/VI;  der  stachelige  Ginster 
(Genista  sco?j)ius  DC.)  fl.  II — VI ;  diese  beiden  Pflanzen  sind  be- 
sonders häufig,  dann:  der  Dornginster  (Calycotome  spinosa  Link.^ 
fl.  III — VIII  und  der  kleinblütige  Stechginster  (Ulex  australis  Clem.^ 
fl.  III— VI. 

Eine  ganz  besonders  auffallende  Erscheinung  ist  nun  aber,  dass 
diesen  Macchien  eine  stattliche  Zahl  sommergrüner  Arten 
Mitteleuropas  beigemengt  sind.  Nach  der  Zahl  der  Arten  erreicht 
die  Liste  derselben  beinahe  die  Zahl  der  immergrünen,  mediterranen 
Bestandteile  des  Unterholzes,  an  Individuenzahl  treten  sie  jedoch 
meistens  stark  zurück.  Nur  der  sparrige  Schwarzdorn  (^* Prunus 
spi)iosa  L.)  fl.  III,  der  bereits  Mitte  März  über  und  über  mit  seinen 
weissen  Blüten  bedeckt  ist  und  sich  aus  der  dunklen  Umgebung  der 
immergrünen  Hartlaubgehölze  besonders  wirkungsvoll  abhebt  und 
Gebüsche  der  Flaumeiche  (*Quercus  lanuginosa  Lam.>  sind  in  so 
grosser  Menge  vorhanden,  dass  sie  wenigstens  stellenweise  geradezu 
zu  physiognomischer  Bedeutung  gelangen.  Eine  untergeordnetere  Rolle 
spielen  dagegen  die  Besenheide  (Calluna  vulgaris  Salisb.^,  die 
Stechpalme  (^*Ilex  aquifoUum  L.y,  der  Flieder  (^*Ligustrum 
vulgare  L.j,  der  Hornstrauch  (Cornus  sanguinea  L.J  und  der  Weiss- 
dorn (* Crataegus  monogyiia  Jacq.^. 

Ja  selbst  den  Wäldern  mischen  sich,  besonders  in  der  Küsten- 
region, sommergrüne  Elemente  bei:  Fraxinus  excelsior  L.,  Ulmus 
campestris  L.,  *Sorbus  domestica  L.,  *Populus  canesceus  Sm.  und 
selbst  Fagus  silvatica  L.  fehlt  nicht;  in  einiger  Entfernung  von  der 
Küste  dringt  die  Buche  sogar  bis  zum  Becken  von  Teruel  (40"  10,  n.  Br.) 
nach  Süden  vor.  Die  Mengung  immergrüner  mediterraner 
und  sommergrüner  mitteleuropäischer  Arten  ist  somit  für 
die  Waldungen  der  Provinz  Gerona  geradezu  bezeichnend. 
Schon  in  der  Umgebung  von  Barcelona  treten,  wie  wir  bald  sehen 
werden,  die  mitteleuropäischen  Elemente  stark  zurück.  Übergänge 
vom  sommergrünen  zum  immergrünen  Typus  sind  übrigens  nicht 
gerade  selten.  *  ^  Ligustrum  vulgare  L.  überwintert  selbst  bei  uns 
öfters  mit  grünen  Blättei'n,  die  erst  mit  der  Entfaltung  der  neuen 
Blattgeneration  im  nächsten  Frühjahr  abgeworfen  werden.    In  Villa- 


Clh 


O! 


Botanische  Reise^sludien  von  der  spanischen  Mittelmeerküsle.  17 

joyosa  sahen  wir  an  einer  Weisspappel  (Populus  alba  L.)  einen  Zweig, 
der  neben  den  jungen  zarten  diesjährigen,  noch  einige  derbe  vor- 
jährige Blätter  trug. 

Die  befriedigenden  Bewaldungsverhältnisse  und  das  zahlreiche 
Auftreten  sommergrüner  Bäume  und  Sträucher  verdankt  Nord-Cata- 
lonien  seinen  verhältnismässig  reichlichen  Niederschlägen.  Die  mittlere 
jährliche  Regenmenge  schwankt  zwischen  60  und  90  cm,  schon  in 
Barcelona  beträgt  dieselbe  nur  noch  57  cm.  Diese  ausreichenden  Nieder- 
schläge machen  auch  Bewässerungsanlagen,  wie  sie  für  die  Provinzen 
Valencia,  Alicante  und  Murcia  so  bezeichnend  sind,  überflüssig  oder 
doch  nur  stellenweise  notwendig.  Auch  das  Vorkommen  der  Macchien 
selbst  bringt  den  relativen  Regenreichtum  zum  Ausdruck;  im  Süden 
fehlen  an  der  Ostküste  bis  nach  Andalusien  typische  Buschwälder 
fast  ganz.  Einzig  der  Südabfall  der  Sierra  Nevada  und  das  süd- 
liche Portugal  besitzen  wieder  ähnliche  Niederschlagsverhältnisse  wie 
das  nördliche  catalonische  Bergland,  sie  haben  dementsprechend  auch 
einen  ähnlichen  Vegetationscharakter.  In  diesen  beiden  Gebieten  finden 
sich  denn  auch  die  übrigen  Korkeichen distrikte  der  iberischen  Halbinsel, 
nämlich  um  Malaga,  Cadix,  Sevilla,  Huelva  und  besonders  in  der  Sierra 
Aracena,  im  westlichen  Teil  der  Sierra  Morena. 

Mit  Ausnahme  der  nordatlantischen  Klimaprovinz  (nördliche  Ab- 
dachung des  cantabrischen  Gebirges,  Galizien,  Nord-  und  Mittel- 
portugal; mittlere  jährliche  Regenmenge  90  bis  160  cm)  leidet  dagegen 
der  grösste  Teil  der  iberischen  Halbinsel  an  grosser  Trockenheit 
{mittlere  jährliche  Regenmenge  nur  25  bis  50  cm).  Diese  ungenü- 
genden Niederschläge  verhindern  das  Aufkommen  des  Waldes,  das 
Land   nimmt   daher   mehr   und   mehr    Steppencharakter   an. 

Bei  der  Zusammensetzung  der  Pflanzenwelt  des  nördlichen  Cata- 
loniens  sind  folgende  Florenelemente  beteiligt:  es  überwiegen  die 
allgemein  verbreiteten  mediterranen  Arten,  denen  jedoch  noch  zahl- 
reiche mitteleuropäische  Pflanzen  beigemengt  sind ;  spärlich  vertreten 
sind  die  westlich-mediterranen  Elemente.  Pyrenäenpflanzen  finden 
sich  besonders  auf  den  höheren  Bergen  in  grösserer  Menge,  doch 
nimmt  ihre  Zahl  nach  Süden  rasch  ab.  Ganz  besonders  tritt  jedoch 
gegenüber  den  südlichen  Provinzen  der  endemische  und  nordafri- 
kanische Florenbestandteil  sehr  stark  zurück. 

4.  Exkursion  auf  den  Tibidabo  bei  Barcelona. 

18.  III.  19U5  und  19.  III.  190G. 

Nordwestlich  von  Barcelona  erhebt  sich  der  Tibidabo,  ein  Vorberg 
des  catalonischen  Berglandes  zu  einer  Meereshöhe  von  532  m.  Der 
Tibidabo  ist  ein  sehr  beliebter,  vielbesuchter  Ausflugsort   der   Barce- 

Vierteljahrsschrlft  <\.  Xaturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52.     1907.  -2 


18  M.  Rikli. 

lonesen  und  für  uns  in  doppelter  Hinsicht  lohnend,  weil  diese  halb- 
tägige  Exkursion  uns  einen  Einblick  in  den  Florencharakter  der 
Umgebung  von  Barcelona  gestattete  und  weil  dessen  Gipfel  eine 
weite  Aussicht  auf  das  Fruchtbecken  des  Llobregat,  auf  die  Gross- 
stadt und  deren  Hafen,  sowie  auf  das  sich  im  Westen  und  Nbrden 
ausdehnende  Gebirgsland  eröffnet.  Bis  an  den  fernen  Horizont  reiht 
sich  in  dieser  Richtung  Gebirgswelle  an  Gebirgswelle.  alles  ausge- 
glichene, abgerundete  Formen,  dem  Typus  einer  alten  Gebirgslandschaft 
entsprechend.  Doch  dort  erhebt  sich  der  Montserrat  als  ein  ganz 
fremdes  Element  im  Landschaftsbild,  einem  aus  dem  monotonen 
Gebirgsmeer  emporragenden,  wildzerrissenen,  zackigen  Kalkriffe  ver- 
gleichbar, das  alles  weit  überragt  und  das  unwillkürlich  zum  Fix- 
punkt wird,  auf  dem  der  Blick  haften  bleibt.  Diesem  berühmten 
Klosterberg,  diesem  Zentralpunkte  des  catalonischen  Berglandes  wird 
unsere  nächste  Tagesexkursion  gelten. 

Die  Vorstadt  Gracia  von  Barcelona  dehnt  sich  bereits  bis  an 
den  Fuss  des  Tibidabo  aus,  an  den  unteren  Gehängen  des  Berges 
macht  sich  schon  eine  lebhafte  Bautätigkeit  bemerkbar;  eine  ganze 
Villenstadt  San  Gervasio  ist  in  Entstehung  begriffen.  Zwischen 
den  bebauten  Grundstücken  liefern  zahlreiche  Brachäcker  und  Ruderal- 
plätze eine  ansehnliche  Ausbeute.  Einst  scheint  hier  am  Fuss  des 
Berges  der  Johannisbrotbaum  (Ceratonia  siliqua  L.j  ziemlich  viel 
angepflanzt  gewesen  zu  sein.  Zwischen  dem  Bauland  sind  überall 
noch  einzelne,  meist  jedoch  elend  zerzauste,  über  und  über  mit  Strassen- 
staub  bedeckte  Exemplare  dieses  Baumes  zu  sehen.  So  hat  die  Flora, 
des  Tibidabo,  ähnlich  derjenigen  des  Mont  St.  Clair  bei  Cette,  schon 
viel  von  ihrer  Ursprünglichkeit  eingebüsst. 

Unter  diesen  Umständen  hat  sich,  besonders  im  unteren  Teil  des^ 
Berges,  eine  an  Arten  reiche  Ruderal-  und  Ackerflora  ansiedeln 
können.  Nach  unseren  Aufzeichnungen  umfasst  diese  Florula  36  Arten. 
Versuchen  wir  dieselbe  nach  der  Herkunft  ihrer  einzelnen  Bestand- 
teile zu  zergliedern. 

aj  Auch  in  Mitteleuropa  allgemein  verbreitete  Ruderalpflanzen(10)r 
*AIyssum  calydnum  L.,  Capsella  hiirsa  pastoris  (L.)  Mönch  meist 
in  einer  auffallend  kleinen,  nur  4  bis  8  cm  grossen,  sehr  starkhaarigett 
(Stern-  und  Borstenhaare !)  teilweise  schon  fruchtenden  Zwergform 
(i.  pygmaea  Rikli^,  *^ Stellaria  media  (L.)  Cirillo,  *^Beseda  lutea  L.,. 
*^Geranium  moUe  L.  und  G.  Rohertianum  L.,  *^ Euphorbia 
pejjlusL.,  ^^  Sherardia  arvensis'L.,  *^  Anagallis  arvensis  L.,  ssp.. 
caerulea  Schreb.  und  **'Muscari  racemosum  L. 

b)  Arten,  die  bei  uns  nur  stellenweise,  besonders  in  der  West- 
und    Südschweiz   verbreitet   sind:   es   handelt   sich    hauptsächlich    um 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittehneei'küste.  19 

einen  neueren,  in  der  Schweiz  noch  nicht  völlig  eingebürgerten  Floren- 
bestandteil (8):  *  Erucastnoti  obtusangultDn  (Schleich.)  Rchb., 
*  Fumaria  capreolata  L.,  '-'Reseda  phyteiima  L.,  *^Erodium 
moschntum  (L.)  L'Herit.,  ^Mercunah's  annmi  L.,  *  ^Parietaria 
officinalis  L.  vor.  ramifloni  Mönch  =  P.  diffusa  M,  et  V.,  *^An- 
tirrhinum  orontiuui  L.  und  die  bei  uns  nur  im  Wallis  vorkommende 
Distel,* ^Silybtrtn  Maria/) um  (L.)  Gärtn. 

c)  In  der  Schweiz  nur  als  Ephemerophyten  auftretend  (2): 
^Salvia  verbenaca  L.,  und  ^('aletidula  arreftsis  L. 

d)  Spezifisch  mediterrane  Arten  (15).  a)  die  meisten  sind  durch 
das  ganze  Mittelmeergebiet  verbreitet  oder  gehen  selbst  über  dasselbe 
hinaus,  bis  nach  Madeira  und  den  Canaren  (12):  ^Lohularia.  maritima 
Desv,,  ^Diplotaxis  eruco'ides  (L.)DC.,  ^*Beseda  alba  L.,  ^Lathyrus 
Clymenum  L.,  und  L.  arficulafus  L.,  ^ Plantago  Jacfopus  L., 
^'Paronychia  argentea  Lam.,  '^Convolvulus  alfhaeoides  (L.)  Sm., 
^Veromca  cymbalaria  Bod.,  ^Linaria  supina(L.)  Desf.,  ^Galactites 
tomentosa  Mönch,  fol.  und  ^Asphodelus  fistulosus  L. ;  dieser  Aspho- 
dill  ist  eigentlich  eine  Pflanze  der  Felsenheide,  geht  aber  sehr  gerne 
auf  Ruderalsteilen  über  und  ist  bereits  Mitte  März  am  verblühen 
und  absterben.  —  ß)  Nur  drei  Euphorbien  zeigen  ein  etwas  ausge- 
prägteres, pflanzengeographisches  Verbreitungsgebiet:  E.  biumbellata 
Poir.  ist  eine  westlich-mediterrane  Pflanze  und  findet  sich  nur  in 
Südfrankreich,  Catalonien  (selten),  auf  den  Balearen  und  auf  Korsika,  so- 
wie auch  noch  in  Algerien,  E.  serrata  L.  ist  ebenfalls  westmediterran,  er- 
reicht jedoch  noch  Neapel  und  Sardinien,  und  E.  characias  L.^ 
(siehe  p.  11). 

e)  Dazu  gesellen  sich  endlich  noch  zwei  exotische  Neophyten : 
die  Agave  {Agave  americana  L.)  hat  sich  auf  der  Ost-  und 
Südseite  des  Tibidabo  in  einzelnen  Exemplaren,  die  zum  Teil  noch 
die  abgestorbenen,  vorjährigen  5  —  6  m  hohen  Fruchtstände  tragen, 
angesiedelt.  Häufiger  wird  jedoch  die  Agave,  da  sie  durch  ihre  ge- 
waltigen, sukkulenten  und  bestachelten  Blätter  einen  wirksamen 
Schutz  des  Kulturlandes  abgibt,  längs  den  Feld-  und  Hohlwegen 
(caminos.)  angepflanzt.  Auch  ein  anderer  Fremdling,  eine  Pflanze 
Südafrikas,  wird  unwillkürlich  die  Aufmerksamkeit  des  Wanderers 
erregen;  es  ist  das  Mesembt-yanthemum  aciiiacifonne  L.,  das  bereits 
in  voller  Blüte  steht.  Der  Abhang  bei  der  unteren  Station  der 
Tibidabobahn  ist  damit  ganz  bedeckt  und  leuchtet  in  seinem  dunkel- 
roten Schmuck.  Dieses  Mesembryanthemum  ist  zwar  hier  ange- 
pflanzt, verwildert  jedoch  leicht  und  dringt  öfters  mit  Erfolg  zwi- 
schen die  Bestandteile  der  einheimischen  Pflanzenwelt  ein.  In  einem 
Bauerngarten  bemerkten  wir  auch  eine  kleine  Safrankultur. 


20 


M.  Rikli. 


Die  folgende  Zusammenstellung  bringt  einen  Vergleich  zwischen 
der  Anthropochorenflora  des  M"-  St-Clair  bei  Cette  und  derjenigen 
des  Tibidabo  bei  Barcelona. 


Gesammtzahl 

der 
Anthropochoren 

In  Mitteleuropa 
heimisch  und               "/o 
eingebürgert 

Mediterrane  Arten 

od.imMittelmeer    :            "/o 
eingebürgert 

.Bt.  St.  Clairb.  Cette 

18 

12  spec. 

6fi  2/3  ö/o 

G 

33  Vs  Vo 

Tibidabo 
bei  Barcelona 

37 

18  spec. 

4970 

19 

51  Vo 

Aus  diesen  Zahlen  ergibt  sich,  dass  nun  auch  in  der  Ruderalflora 
das  mediterrane  Florenelement  das  Übergewicht  erhalten  hat,  immerhin 
ist  der  Unterschied  noch  sehr  gering.*) 

Der  oberste  Teil  des  Tibidabo  ist  mit  lichten  Pinien-  und 
Aleppoföhrengehölzen  bestockt,  einzelne  der  umgebenden  Hügel 
sind  sogar  noch  fast  ganz  mit  Nadelwald  bedeckt ;  z.  T.  ist  es  nahezu 
reiner  Pinienwald,  demselben  ist  jedoch  stellenweise  reichlich  ^P. 
halepensis  Mill.  beigemengt;  andere  Partien  tragen  dagegen  fast 
reine  Aleppoföhrenbestände.  Im  Unterholz  all  dieser  Waldungen 
treten  wiederum  Macchien  oder,  wo  der  Boden  zu  steinig  und  trocken 
wird,  was  besonders  auf  der  Seite  von  Barcelona  der  Fall  ist,  stellen 
sich  neuerdings  Garigues  ein,  die  bei  sehr  dürftiger  Ausbildung  stellen- 
weise Uebergänge  nach  der  Felsenheide  zeigen. 

Macchien.  Die  Macchie  ist  am  reichlichsten  und  üppigsten  auf 
den  etwas  feuchteren  und  weniger  stark  der  Insolation  ausgesetzten 
Nordwestseiten  der  Berge  entwickelt.  In  der  Umgebung  der  dunklen, 
immergrünen  Buschwälder  nehmen  sich  die  kleinen,  jetzt  noch  un- 
belaubten, aber  ihrer  Rinde  wegen  weisslichen  Pappel  Wäldchen 
^(Populus  alba  L.J,  welche  sich  längs  den  feuchten,  im  Norden  ge- 
legenen Talfurchen  hinziehen  oder  inselartig  in  den  muldenförmigen 
Vertiefungen  angepflanzt  sind,  besonders  eigentümlich  aus.  Diese 
Macchien  zeigen  folgende  Zusammensetzung: 

"-  Erica  arborea  L.  (fl.) 

-  Arbutus  unedo  L.  (fol.) 

^  Cistus  monspelieihsis  L.,  domi- 
niert auf  der  Nordseite  (fol.) 

^  C.salvifoUus  L.  stellenweise  vor- 
herrschend. 


^'  RJuDiinus  alateruuslj.,  spärlich. 

^Rosniarinus  officinalis  L.  (fl.) 

^  Lavandula  stoechas  (L.)  Cav., 

an  lichten  Stellen ;  gelegentlich 

aus  denGrarigues  in  die  Macchien 


eingewandert. 


*)  Auf   der   PJattfofm    des    Turmes    der    Kathedrale    von   Barcelona    fand    sich 
zwischen  den  Steinen  reichlich:  *^  Solanum  nigrum  h.  v.rtthvum  Mill. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittehneerküste.  21 

^  C.  albidus  L.  Diese  weissfilzige  Calycotome  spiiiosa  Lk.,  spärlich 
Pflanze  entwickelt  bereitsein-  ^  Si)artiu))ijunceinnlj.h\\diQisMc\\ 
zelne  ihrer  grossen  rosaroten.  ausserhalb    der    Macchien,   am 

rasch  vergänglichen  Blüten.  Rand  von  Torrenten,  für  sich 

^  Pistacia  lentiscits  L.:  Gebüsche  (fl.); 

^  Querciis  coccifera  h.  reichlich;  Ule.r  australis  Clem.,  stellen- 
weise sehr  reichlich  und  in 
voller  Blüte; 
und  als  häufige  Begieitpflanze  ~  Rubia  peregn'na  L.,  eine  Pflanze, 
welche  längs  der  atlantischen  Küste  nach  Norden  bis  nach  England 
und    Irland  vordringt. 

Mit  Ausnahme  von  Cahjrotoiue  spiiiosa  Lk.,  einer  westlich- 
mediterranen Art,  welche  bereits  in  Italien-Sizilien  ihre  Ostgrenze 
erreicht,  und  Ulex  australis  Clem.  einer  vorwiegend  iberischen  Pflanze, 
beides  übrigens  keine  typischen  Macchien-,  sondern  eher  Gariguepflanzen, 
—  sind  alle  übrigen  12  Arten  durch  das  ganze  Mittelmeergebiet  all- 
gemein verbreitet.  Die  Macchie  ist  nicht  nur  die  bezeichnendste 
Formation  der  Mittelmeerländer,  sondern  gleichzeitig  auch  diejenige, 
welche  sich  unter  den  verschiedensten  Breite-  und  Längengraden  des 
weiten  Mittelmeergebietes  am  wenigsten  ändert. 

Öfters  wird  der  Wald  abgeholzt,  dann  bleibt  die  Macchie  allein 
übrig.  Dasselbe  Resultat  ergeben  Waldbrände  und  Kahl  schlage,  in 
beiden  Fällen  ist  das  betroff'ene  Areal  für  den  Hochwald  verloren ; 
der  immergrüne  Buschwald  jedoch  erneuert  sich  aus  den  unterirdischen, 
verschont  gebliebenen  Teilen  durch  Stockausschläge.  Einzelne  Autoren 
(Chodat.  Flahault).  betrachten  daher  die  Macchie  überhaupt  nur  als 
das  übrig  gebliebene  Unterholz  verschwundener  Wälder.  Diese  Auf- 
fassung ist  gewiss  oft  zutretfend.  das  wollen  wir  nicht  bestreiten. 
Unsere  eigenen  Beobachtungen  auf  Korsika,  dem  klassischen  Land 
der  Macchien,  lassen  es  aber  zum  mindesten  als  wahrscheinlich  er- 
scheinen, dass  der  mediterrane  Buschwald  auch  noch  eine  andere 
Genesis  besitzen  kann.  Einförmige  Cistusmacchien  bestocken  gelegent- 
lich Quadratkilometer  weit  mit  Kies  und  Geröll  bedeckte  Alluvial- 
ebenen, jugendliche,  stets  noch  im  Fluss  befimdliche  Bildungen,  die 
sicher  nie  mit  Wald  bestanden  waren.  Anderseits  haben  Avir  wieder- 
holt beobachtet,  wie  in  Getreideäckern,  in  der  Nähe  von  Macchien. 
die  Stockausschläge  der  Maquissträucher  überall  hervorsprossen  und 
durch  ihre  Menge  die  Kulturarbeit  geradezu  in  Frage  stellen.  Der 
Erdbeerbaum  (-  Arbutus  unedo  L.)  ist  in  dieser  Hinsicht  ein 
ganz  besonders  lästiger  Geselle.  Angesichts  dieser  Tatsachen  dürfte 
der  Entwicklungsgang  oft  gerade  den  umgekehrten  Weg  einschlagen. 
Ich  halte  dafür,  dass  die  Macchien  genetisch  auch  eine  selbständige, 


i^2  M.  Rikli. 

nicht  an  den  Wald  gebundene  Formation  darstellen.  Wenn  sie  sich 
selbst  überlassen  bleiben,  gewähren  sie  jedoch  in  der  Kulturregion 
der  Mittelmeerländer  weitaus  die  günstigsten  Lebensbedingungen  zur 
natürlichen  Entwicklung  von  Wald;  hat  sich  der  Wald  dann  einge- 
stellt, so  wird  damit  die  ursprünglich  reine  Macchie  mehr  und  mehr 
zum  Unterholz  des  neu  entstandenen  Waldes.  Das  Ursprüngliche 
wäre  demnach  die  Macchie,  das  Sekundäre  der  Wald. 

Serauder  hat  kürzlich  in  seinem  fundamentalen  Werk  über  die 
Myrmekochoren  ')  auch  diese  Macchienfrage  berührt  und  sich  eben- 
falls für  die  Flahault'sche  Theorie  erklärt.  Er  sagt:  Garigues  sind 
Überreste  des  auf  Kalkboden  stehenden  W^aldes,  Maquis  desjenigen, 
der  auf  Kieselboden  wuchs.  Es  ist  allerdings  richtig,  dass  die 
Garigues  hauptsächlich  auf  Kalk-,  die  Macchien  auf  Urgebirge  auf- 
treten, doch  nicht  immer.  Um  Miramar,  nördlich  von  Palma  auf 
Mallorca,  treten  üppige  Macchien  auf  Jurakalken  auf,  ebenso  sah  ich 
typische  Macchien  an  der  Westküste  des  Cap  Corse,  nördlich  von 
St.  Florent  auf  Korsika:  dieselben  stocken  ebenfalls  auf  Kalk  (Sarmatien, 
Helvetien  der  Karte):  am  Montserrat  bedecken  Macchien  das  zwischen 
900  und  1200  m  gelegene  Val  Malo,  das  sich  aus  kalkhaltigen  eocänen 
Konglomeraten  aufbaut.-)  Das  Gipfelplateau  des  Monte  Argentario 
bei  Orbetello,  nördlich   von  Civita  vecchia  und  der  grösste  Teil    der 

')  Serander  R.  Entwurf  einer  Monographie  der  europäischen 
Myrmekochoren,  Kuns^l.  Svenska  Vetenskapsakademiens  Handlingar.  Band  41 
Nr.  7,  pag.  349  (1906). 

^)  Auf  unserer  2.  Frühjahrsfahrt  nach  Spanien  (1906)  fanden  sich  in  unserer 
Reisegesellschaft  auch  mehrere  jüngere  Geologen,  die  Herren  R.  Beder.  Dr.  P. 
Bohny,  G.  Escher  und  W.  Staub.  Der  Freundlichkeit  derselben  verdanke  ich  noch 
folgende  Mitteilungen  über  Geologie  und  Gesteinsbeschaffenheit  von  Miramar,  Bellver 
bei  Palma  und  vom  Montserrat: 

a)  Miramar  (Mallorca).  Der  ganze  Norden  der  Insel  besteht  vorherrschend 
aus  Jura.  Die  mitgenommenen  Handstücke  zeigen  bei  Behandlung  mit  verdünnter 
Schwefelsäure  starkes  Aufbrausen.  Bei  Valldemosa  tritt  ein  Kalkstein  aut,  der  sehr 
an  unseren  Malmkalk  erinnert;  bei  Soller  ist  der  Kalk  von  mehr  mergeliger  Be- 
schaffenheit und  enthält  Einlagerungen  von  gefaltetem  Gips.  Die  nordmallorcpiinische 
Sierra  wird  hin  und  wieder  von  Eruptionsgängen  durchbrochen,  solche  sind  auch 
im  Jura  um  Miramar  angegeben,  doch  gelang  es  uns  trotz  nachhaltigem  Suchen 
nur  einige  Bruchstücke  aufzufinden.  Die  Stützmauern  der  Strasse  bestanden  da- 
gegen fast  ausschliesslich  aus  Kalk. 

bj  Bellver  bei  Palma.  Die  Umgebung  des  Schlosses  von  Bellver  besteht  aus 
einem  tertiären  KalktufT,  der  nach  der  Karte  miocänen  Alters  ist.  Auf  diesem  Ge- 
stein stockt  ein  Pinus  halepensis  Bestand  mit  Macchien  als  Unterholz. 

c)  Montserrat.  Der  Gipfel  des  Montserrat  (über  dem  Kloster)  baut  sich  aus 
flachgelagerten  eocänen  Konglomeraten  auf,  die  wohl  —  wie  die  Rigi  Nagelfluh  von 
den  Alpen  —  von  den  Pyrenäen  durch  mächtige  Flüsse  in  dem  Ebrosenkungs- 
becken  abgelagert  worden  sind.  Das  Montserratkonglomerat  ist  polygen,  es  enthält 
Kie.sel-  und  Kalkgerölle;  das  Bindemittel  ist  Kalk.  Exponierte  Felsköpfe  zeigen  oft 
wunderbar  schön  die  erodierende  Tätigkeit  des  Windgebläses  in  Form  zahlreicher 
mehr  oder  Aveniger  parallel-verlaufender  Furchen. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerköste.  23 

Westseite  des  Berges  ist  weithin  mit  dichtem  Maechiengestrüpp  be- 
deckt. Die  geologische  Karte  gibt  Rhät,  bestehend  aus  Kalk  und 
Dolomit,  an.  An  Ort  und  Stelle,  am  4.  April  1900,  aufgenommene 
Aufzeichnungen  geben  folgendes  Bild:  Allgemeiner  Charakter  wie 
unser  Jura,  überall  tritt  der  nackte  oft  eigentümlich  in  Säulenform 
•oder  als  bizarre  Türme  ausgewitterte  Kalk  zu  Tage,  dazwischen  er- 
strecken sich  mit  Kalkblöcken  besetzte  Blockmeere;  der  Gipfel  des 
Berges  bildet  eine  mit  Macchien  dicht  verwachsene  Hochfläche.  Wir 
versuchten  einmal  den  Weg  zu  verlassen  und  den  Buschwald  zu  durch- 
wandern, mussten  aber  unser  Vorhaben  bald  aufgeben,  denn  die 
Macchie  war  zu  dicht.  Ja  der  Juracharakter  zeigt  sich  selbst  in  der 
Begleitflora,  denn  im  Geröll  steht  Helleborus  foetidus  L.und  zwischen 
«und  unter  den  typischen  Macchiensträuchern,  von  denen  ganz  besonders 
Arbutus  ufiedoL.  und  Viburnum  f//??/s  L.,  vorherrschen,  sammeln  wir 
Daphne  laureoJa  L.,  Coronilla  emerus  L.  Anderseits  finden  sich 
öfters  auch  Garigues  auf  Urgebirge,  so  in  den  bei  Corte,  im  zen- 
tralen Korsika,  mündenden  Tälern  Restonica  und  Tavignano,  in  denen 
Macchien  und  Garigues  wiederholt  miteinander  abwechseln.  Am 
Tibidabo  ist  der  Xordwesthang,  die  Schattenseite  des  Berges,  vor- 
wiegend mit  Macchien,  der  sonnige  Südosthang  mit  Garigues  bewachsen. 
Die  Grosszahl  der  Arten  der  Macchien  treten  bekanntlich  auch  wieder 
in  den  Garigues  auf,  nur  viel  dürftiger  und  kümmerlicher  entwickelt. 
Unter  den  Macchien-  beziehungsweise  Gariguespflanzen  finden  sich  zudem 
nur  wenige  bodenstete  Arten,  so  ist  Rostnarinus  kalkliebend,  Saro- 
thamnus  kieselhold,  dagegen  sind  viele  Macchienpflanzen  mehr  oder 
weniger  ausgesprochen  humikol.     (Erica,  Arbutus). 

Wenn  die  Macchie  somit  hauptsächlich  auf  Kieselboden  auftritt, 
so  ist  dies  nicht  deshalb,  weil  sich  diese  Formation  vorwiegend  aus 
kieselholden  Pflanzen  aufbaut,  sondern  nur  deshalb,  weil  die  Macchie 
als  anspruchsvollere  Vergesellschaftung  eine  frischere,  tiefgründigere 
Unterlage,  wie  dieselbe  der  verwitterte  Urgebirgsboden  häufig  liefert, 
verlangt.  Bei  flachgründigerem  Boden  werden  die  Sträucher  sofort 
kleiner  und  die  Macchie  offener,  in  die  Zwischenräume  fluten  nun  die 
Vertreter  der  Felsenheide  hinein,  das  ist  die  Garigue,  diejenige 
Vergesellschaftung,  welche  unter  allen  Formationen  der  Mittelmeer- 
länder wohl  das  grösste  Areal  in  Anspruch  nimmt.  Nehmen  Trocken- 
heit und  Flachgründigkeit  weiter  zu,  so  erreichen  die  Sträucher  bald 
kaum  noch  Fusshöhe,  der  nackte,  steinbesäte  Boden  gewinnt  immer 
mehr  die  Oberhand,  die  Zahl  der  einjährigen  Arten  nimmt  sehr  stark 
zu,  perennierende  Kräuter,  Zwiebel-  und  Knollengewächse  und  xero- 
phytische  Gräser  werden  mehr  und  mehr  vorherrschend,  —  vor  uns 
breitet  sich  die  Felsenheide  aus.     Die  Garigue,  obwohl  ihrer  Ver- 


24  M.  Rikli. 

breitung  und  Bedeutung  nach  die  Hauptformation  der  Mittelmeer- 
länder, ist  demnach  ökologisch  doch  nur  als  eine  Zwischenformation 
zwischen  Macchie  und  Felsenheide  aufzufassen. 

Die  Macchie  macht  übrigens  nicht  nur  an  die  Bodenbeschaffen- 
heit verhältnismässig  grosse  Ansprüche,  sie  verlangt,  um  sich  üppiger 
entwickeln  zu  können,  eine  feuchtere,  windgeschützte  Lage.  Auf  dem 
nur  541  m  hohen,  aber  den  heftigsten  Winden  ausgesetzten  Col  de 
Teghime  ob  Bastia  besteht  die  Macchie  nur  aus  1 — 3  Fuss  hohem  Gestrüpp 
von  gipfeldürrem  A?^bufKs  und  ebenso  kümmerlicher  Erica;  nur 
einige  hundert  Schritte  weiter,  am  Westhang  gegen  Patrimonio,  bil- 
den die  beiden  Arten  in  windgeschützter  Lage,  in  beinahezu  gleicher 
Meereshöhe,  wieder  zwei  bis  vier  Meter  hohe,  freudig  grüne  Gebüsche. 
Ln  windgeschützten  Val  Malo  am  Montserrat  wird  Arbutus  und  Erica 
noch  bei  1200  m  über  mannshoch.  Wie  sehr  endlich  die  Nieder- 
schläge für  die  Entwicklung  der  Macchien  von  grosser  Bedeutung 
sind,  ergibt  schon  ein  Vergleich  der  West-  und  Ostküste  von  Korsika. 
Macchien  von  der  Dichtigkeit  imd  Üppigkeit  wie  am  Golf  von 
Porto,  nördlich  von  Ajaccio,  finden  sich  an  der  Ostküste  der  Insel 
nirgends  (Lit.  22).  Dasselbe  Bild  zeigt  der  M"'  Argentario;  auf  der  dem 
Meer  zugewendeten  Seite  ist  er  mit  dichten,  immergrünen  Busch- 
wäldern, auf  der  Landseite  dagegen  nur  mit  dürftigen  Macchien  oder 
Garigues  bewachsen. 

Garig ues.  Am  Tibidabo  sind  die  Garigues  viel  verbreiteter  als 
die  Macchien,  sie  sind  auf  dem  gegen  Barcelona  geneigten,  südöst- 
lichen Bergabhang  vorherrschend.  Je  nach  der  Bodenbeschaffenheit 
ist  diese  Formation  mehr  oder  weniger  offen,  ohne  je  vollständig  ge- 
schlossen zu  sein.  Das  Hauptkontingent  stellt  eine  grössere  Zahl 
ein  bis  etwa  drei  Fuss  hoher  Kleinsträucher;  in  den  vorhandenen 
Lücken  siedeln  sich  dann  als  Begleitpflanzen  zahlreiche  Kräuter  an, 
sehr  oft  sind  es  Charakter-  oder  selbst  Leitpflanzen  der  Felsenheide. 
a)  Hauptbestandteile:  Ulex  aust?^alis  Clem.  (ß.-),  steWen- 

■-■  Quercus  coccifera  L.  (fol.)  vor-  weise  massenhaft,  so  besonder» 

herrschend.  in  lichten  Pineten. 

-^Bhamnus  alaternus  L.  (fl.).  ^  Cisfus  salvifoUus  L. 

^ Daphne  cj)üdiHui  L.  (fol.),  die      ^  Cistus  albidus  L. 

kurzen  Blattstiele  drehen  sich      Thymus  vulgaris  L.  spärlich. 

stets  so,   dass    die  Blattfläche      -  Lavandula   stoechas  (L.)   Cav. 

parallel  zum  einfallenden  Son-  reichlich. 

nenlicht  eingestellt  ist;  häufig.      ^  Safureia  graeca  L.,  beginnt  zu 
*^  Fumana    procunibens    Gren.  blühen. 

Godr.  ^  Glohularia  alypum  L. 

Calycofoiuc  spi/tosa  Lk.  spärlich. 


Botanische  Reise-studien  von  <ler  spanischen  Mittelmeerküste. 


Der  interessanteste  Vertreter,  die  einzige  europäische  Art  der 
sonst  tropischen,  südamerikanisch-  und  südasiatischen  Familie  der 
Coriariaceen  ist  der  myrtenblättrige  Gerberstrauch  (Con'aria  nnjrti- 
folia  L.).  Die  in  Trauben  vereinigten  gelblich-grünen  Blüten  er- 
inneren einigermassen  an  diejenigen  der  Reseda;  die  Pflanze  gehört 
jedoch  in  den  Verwandtschaftskreis  der  Empetreen.  Die  jetzige  Ver- 
breitung ist  auch  von  Interesse,  sie  erstreckt  sich  von  den  Atlasländern 
durch  die  iberische  Halbinsel  bis  nach  Südfrankreich  und  Ligurien, 
sie  fehlt  jedoch  dem  übrigen  Italien,  dagegen  tritt  sie  noch  in  einem 
kleinern  Gebiet  des  östlichen  Mittelmeerbeckens,  im  Peloponnes,  auf. 
Eine  sehr  nahverwandte,  vielleicht  sogar  identische  Art,  ('.  longaeva 
Sap.,  ist  aus  dem  Miocän  von  Narbonne  bekannt. 

Z>)  Begleitflora:  Die  pflanzengeographisch  nicht  näher  charak- 
terisierten Arten  sind  durch   das  ganze  Mittelmeergebiet  verbreitet. 


^Brachypodium  rnmosinn  (L.) 
Roem.  et  Schult,  (fol.),  sehr 
reichlich. 

*^Care.r  gynohasis  Vill.  =  C. 
Halleriana  Asso.  (fl.),  Begleiter 
der  Pineten. 

Allium  triquetnim  L.  (fl.)  in  Ge- 
büsch ;  ist  im  östlichen  Mittel- 
meergebiet selten. 

^  Asphodelus  fistulosus  L.,  mas- 
senhaft. 

•  ^  Ononis  natrixL.  (fl.)  allgemein 
mediterran  mit  Nordgrenze  in 
der  West-  u.  Südschweiz,  Grau- 
bünden, Tirol,  Kärnten. 

Astragalus  sesameus  L.  west- 
lich-mediterran, bis  nach  Dal- 
matien  und  Bosnien  verbreitet. 

Astragalus  monspessulanu^  L. 
v.  chlorocyaneus  Costa  mit 
hell  schmutzig-grünlich- violet- 
ten Blüten,  eine  nur  in  Süd-, 
Zentral-  und  Ostspanien  vor- 


kommende Abart  der  westlich- 
mediterranen, bis  nach  Dal- 
matien  verbreiteten  Pflanze. 

'  Sedion  alfissinntni  Poir.  (fol.). 

^  Pla/itago  psylliuni  L.  (fol.). 

*■  PL  aWicans  L.  (fl.),  filzig,  ver- 
breitete Steppenpflanze. 

*^  Marruhium  vulgare  L.  (fol.) 
reichlich,  hat  Filzblätter. 

"^  Scrophularia  peregrina  L. 

Phagnalon  sa.vatile  Cass.  mit 
Schmallinealen  Blättern  und 
zurückgeschlagenen  äusseren 
Involukralblättchen,  westlich- 
mediterran :  östlich  nur  bis  nach 
Süditalien  (fl.). 

^Ph.  rupestre  DC,  die  Blättchen 
dieser  Art  sind  lanzettlich,  ge- 
schweift gezähnt.  Involukrum 
mit  stumpfen,  anliegenden  äus- 
seren Hüllblättchen;  fehlt  in 
Südfi-ankreich  (fl.). 


Den  Grundstock  dieser  Garigues  liefern  somit  auch  die  allgemein 
verbreiteten  Mittelmeerpflanzen,  dazu  gesellen  sich  aber  mehrere  aus- 


^6  M.  Rikli. 

gesprochen  westlich-mediterrane  Typen :  Coriaria  myrtifolia,  Astra- 
(jalus  sesameus,  Phaynalon  saxafile,  ferner  Ulex  australis  Clem. 
mit  dem  Hauptzentrum  in  Süd-  und  Ostspanien,  und  endlich  Astra- 
galus  chlot^ocyaneus  R.Br.,  eine  spezifisch  iberische  Pflanze. 

Diese  pflanzengeographische  Analyse  der  Flora  des  Tibidabo  hat 
somit  ergeben:  Die  Anthropochoren  umfassen  eine  Mischflora  von 
weit  verbreiteten  mitteleuropäischen  und  mediterranen  Arten,  Pflanzen 
von  grosser  Anpassungs-  und  Expansionsfähigkeit;  die  Macchien 
sind  nur  aus  allgemein  verbreiteten  Mittelmeerpflanzen  zusammenge- 
setzt, die  pflanzengeographisch  interessanteste  Formation  ist  die 
Oarigue,  ihre  Flora  besitzt  einen  ausgesprochen  westmediterranen 
Charakter,  zwei  Arten  sind  sogar  ganz  oder  vorwiegend  iberisch. 


5.  Der  Montserrat. 

11.  IV.  1906. 

Der  Besuch  des  Montserrat  nimmt  wenigstens  einen  ganzen  Tag 
in  Anspruch;  zweckmässiger  ist  es  jedoch  zwei  Tage  zu  verwenden 
und  in  dem  in  zwei  Drittel  Höhe  gelegenen,  berühmten  Benediktiner- 
kloster zu  übernachten.  Leider  nötigte  uns  die  beschränkte  Zeit  die 
Exkursion  in  einer  Tagestour  auszuführen ;  so  mussten  wir  darauf  ver- 
zichten, den  Berg  von  der  Sohle  des  Llobregattales  aus  zu  besteigen;  wir 
benützten  daher  die  Bergbahn  von  der  Station  Monistroi  zum  Kloster, 
Unsere  Beobachtungen  über  die  sehr  interessante  Flora  des  Montserrat 
beziehen  sich  somit  nur  auf  den  oberen  Teil  des  Berges,  d.  h.  von 
ca.  880  m  bis  zum  Gipfelpunkt  des  ganzen  Gebirgsstockes,  dem  El 
Mirador  de  S.  Jeronimo,  der  eine  Meereshöhe  von  1241  m  erreicht 
(Tafel  I). 

Prof.  H.  W egelin  von  Frauenfeld  und  Dr.  H.  Brockmann  haben 
am  30.  April  1905  den  Montserrat  von  dem  auf  der  Südseite  gelegenen 
Oollbato  aus  bestiegen.  Die  beiden  Herren  hatten  die  Freundlichkeit, 
mir  die  gesammelten  Pflanzen  zur  Einsicht  einzusenden  und  mir  einige 
Notizen  über  den  Vegetationscharakter  der  unteren  Bergregion  zu 
überlassen;  ich  spreche  ihnen  auch  an  dieser  Stelle  meinen  verbind- 
lichsten Dank  aus.     In  der  Umgebung  von  Collbato  finden  sich: 

Aphyllanthes  motispeliensis  L.,  eine  Liliacee,  welche  übrigens 
von  mehreren  Autoren  als  eigene  Familie  unterschieden  wird.  Die 
Pflanze  hat  einen  binsenartigen,  sehr  xerophy tischen  Habitus.  Die 
grossen  einzelnen  oder  gezweiten  endständigen  Blüten  sind  von  tief 
azurblauer  Färbung.  Westlich-mediterran:  nur  in  Nordafrika,  Spanien, 
Südfrankreich  bis  Lyon  und  Savoyen  und  in  Ligurien  verbreitet. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerkiiste. 


27 


^  Coris  monspeliensis  L.  Obwohl  eine  Primulacee,  erinnert  doch 
die  Pflanze  wegen  ihrer  zygomorphen  Blüten  an  eine  Labiate;  sie  trägt 
zahlreiche  kleine  nadelartige  Blätter,  die  derbborstigen  rötlichen  Kelch- 
zähne bilden  am  Ende  der  Blütentrauben  einen  eigentlichen  Schopf; 
^  Plantag 0  albicans  L.  überzieht  den  Boden  und  bildet  weissliche 
Teppiche;  bei  Collbato  tritt  diese  Pflanze  in  einer  auffallend  breit- 
blättrigen Abart  auf.  Zu  ihr  gesellt  sich  als  weitere  Filzpflanze  Con- 
volvulus  lanuginosus  Desr.  c.  sericeus  Boiss.  (Olesa),  sowie  Bronius 
rubens   L.,    Euphorbia   polygalaefolia    Boiss.    et   Reut.      ^Bupleu- 

runi  fruticosuni  L.  und 
Helichrysuni  stoechas 
DC.  Auf  denheissen  dürren 
Südabhängen  blühen  be- 
reits Linuni  narbonense 
L.  und  Li num  strictum  L. 
(La  Puda  Banos)  und  dort 
entfaltet  im  steinigsten 
Boden  UropetaJum  sero- 
tiniini  Ker.ihre  eigentüm- 
lich orangebraunen  Blü- 
tentrauben; das  Verbrei- 
tungsareal dieser  hyacin- 
thenartigen  Liliacee  er- 
streckt sich  nur  von 
Nordafrika  über  die  pyre- 
näische  Halbinsel  bis  ins 
südliche  Frankreich;  ein 
abgesprengter  Vorposten 
flndet  sich  noch  in  Ligu- 
rien.  Genista  hispanica 
L.  V.  hirsuta  WK.  ist  ein 
sparriges  Kleinsträuchlein 
aus  dem  Verwandtschafts- 
kreis unserer  Genista  ger- 
manica L,  und  von  durch- 
aus west- mediterraner  Verbreitung;  die  Ostgrenze  wird  bereits  in 
Ligurien  und  Korsika  erreicht.  Und  endlich  fand  sich  unter  der 
Ausbeute  von  Dr.  Brockmann  noch  eine  Novität:  Galiuni  Brock- 
manii  Briq.  spec.  nov.  1907  (Textfigur  1). 

Die  Vegetation  zwischen  dem  Kloster  (887  m)  und  dem  Gipfel 
(1241  m)  umfasst  hauptsächlich  vier  pflanzliche  Vergesellschaftungen: 
Macchien,  Wiesen,  die  Formation  der  Felsenflur  und  die  Geröllflora. 


gez.  L.  Schröter. 


Fig.  1 :  Galiiim  Brockmannii  Briq.  spec.  nov. 

Annuaire  du  conserv.  et  jard.  bot.  Geneve  XL  (1907) 

p.  107.  Vergr.  a  =  2 : 1 ;  b  u.  c  =  (j :  1  (Orig.). 


28  M.  Rikli. 

1.  Die  Macchien.  Sie  erfüllen  den  grössten  Teil  des  im  Wind- 
schatten gelegenen  Yalle  Malo,  jenes  merkwürdigen  Hochtales,  welches 
den  höchsten  Teil  des  Gebirgsstockes  in  seiner  ganzen  Länge  von 
NNW.  nach  SSO.  durchzieht  und  vom  Torrente  de  S"  Maria  durch- 
flössen wird.  Diese  2  bis  3  m  hohe  Macchie  breitet  sich  nicht  nur 
über  den  ganzen  Talgi'und  aus,  sondern  sie  steigt  auch  noch  weit 
an  den  beiden  Talflanken  empor.  Einzelne  graubraune,  phantastische 
Felszacken,  die  sog.  Penascos,  bald  pyramiden-,  bald  kegelförmig  oder 
auch  ganze  kompakte  Felsmauern  erheben  sich  hin  und  wieder  aus 
dem  herrlich  dunkelgrünen  Buschwald,  der  sonst  nur  noch  an  wenigen 
Stellen  durch  Geröllhalden  unterbrochen  wird.  Steineiche.  Buchs  und 
lorbeerartiger  Schneeball  sind  die  drei  tonangebenden  Arten.  Der 
Buschwaid  geht  bis  über  die  Ermita  de  S.  Jeronimo,  welche  sich  nur 
ca.  50  m  unter  dem  Gipfelpunkt  befindet.  Offenbar  ist  es  nur  die 
windoffene  Lage,  welche  die  Macchie  abhält  bis  zum  höchsten  Punkt 
vorzudringen.  So  findet  am  Montserrat  eigentlich  keine  regionale 
Gliederung  der  Flora  statt,  die  Verteilung  der  Pflanzenwelt  ist  ein- 
fach eine  Folge  der  Standortsverhältnisse. 

Die  Macchie  des  Valle  Malo  hat  folgende  Zusammensetzung: 

^  Quercus  Hex  L.  meistens  buschartig,  öfters  aber  auch  als 
Kleinbaum  entwickelt. 

*^Buxt(s  setnpervireus  L.,  besonders  im  mittleren  Teil  des  Valle- 
Malo  massenhaft  und  sehr  oft  stark  von  Puccinia  Buxi  DC.  be- 
fallen (fl.). 

Vihurmim  fiuus  L.  (fl.)  vorwiegend  westlich-mediterran,  mit 
Ostgrenze  in  Dalmatien,  im  östlichen  Mittelmeer  nur  sehr  selten,  so^ 
z.  B.  in  der  unteren  Region  des  Libanon. 

^  Olea  europaea  L.  v.  oleaster  DC. 

Philhjrea  latifoUa  L.  und  ^Ph.  angustifolia  L.  (fl.) 

'  Erica  arhorea  L.  (fl.)  und  E.  multiflora  L.,  bereits  verblüht^ 
und  E.  cinerea  L.  (fl.). 

-  Cistus  monspeJiensis  L.,  beginnt  zu  blühen  und  ^  C.  alhidus 
L.  (fol.)  spärlicher. 

^  Arhiitus  iinedo  L.  (fol.)  selten. 

^  Juniperus  oxycedrus  L.  und  ,/.  phoenicea  L. 

^ Pinus  halepensisMiW.,  ganz  vereinzelt,  in  sehr  kümmerlichen 
Exemplaren. 

^  Osyris  alba  L.  (fol.). 

*^Ilex  axpiifolium  L.  (fol.). 

Auch  die  drei  charakteristischen  Schlingpflanzen  der  Macchien: 
^Smilax  asper a  L.,  ^  Ruhia  peregrina  L.,  ^  Asparagus  acufi- 
foliiis  L.,  fehlen  nicht.    Die  Begleitflora   des  Unterholzes   setzt   sich 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittehneerküste.  29 

:aus  folgenden  Arten  zusammen:  ^* Huscus  (tculeatus  L.  * Daphne 
Inurcola  L.,  ziemlich  häufig,  (Jettisfa  scorpixs  DC.  (fl.),  ~  Globularia 
alf/puni  L.,  Bosa  spec.  (fr.),  wie  mir  Dr.  W.  Bernoulli  mitteilt,  ähneln 
die  Belegexemplare  einer  Rose  von  der  Sierra  de  Pina  (Valencia),  die 
von  Pau  1888  als  R.  Pouzini  Trait.X  tnirranfha  Sm.  bezeichnet 
wurde.  Diese  letzteren  Arten  treten  immer  an  offenen,  steinig-felsigen 
Stellen  auf.  Im  Gebüsch  blüht  in  Menge  Ä//emone  hepaticd  L., 
V.  Iiisjja/iica  Wk.,  eine  entoiberische  Varietät  des  durch  ganz  Europa 
bis  Nordafrika,  durch  Nordasien  und  Nordamerika  verbreiteten  Leber- 
blümchens. 

Gegenüber  den  Macchien  und  Garigues  des  Tibidabo  ergeben  sich 
einige  bezeichnende  Unterschiede.  Dort  Vorherrschen  von  -  Querciis 
rocrifera  L.  und  Ulex  austraUs  Clem.,  hier  dagegen  '-  Quercus  Hex 
L.  und  Genista  scorpius  DC.  Neu  sind  gegenüber  unseren  Auf- 
zeichnungen von  Tibidabo :  -  Juniperus  oxijcedrus  L.  und  J.  phoenicea 
L,,  Phillijrea,  ^  Olea  europaea  L.  var.  oleasfer  DC,  Viburnuni 
ti/ius  L.,  Erica  niultißora  L.,  ^  Osyris,  sowie  einige  atlantische 
Arten:  ^ Hex,  ^ Buxus,  * Daphiie  UiureoUi  L.  und  die  vorwiegend 
atlantische  Geröllpflanze  HeUehorus  foetiduss  L.  Dagegen  vermissten 
wir  am  Montserrat :  ^  Cistus  sa Ivifoliush.,  ^  Pistacia,  ^  Rosftiarinus, 
Cahjcotome  spinosa  Lk.,  ^ Rhamnu.s  alatenius  L.  Die  andere 
Gesteinsbeschaffenheit,  die  Höhenlage,  der  Windschutz  und  gewiss 
auch  die  reichlicheren  Niederschläge,  auf  die  wir  die  üppige  Entfaltung 
dieser  Buschwälder  und  das  Vorkommen  der  atlantischen  Bestandteile 
zurückzuführen  geneigt  sind,  veranlassen  diesen  ziemlich  auffälligen 
Wechsel  in  der  Zusammensetzung  der  Macchien  des  Montserrat  gegen- 
über denjenigen  des  Tibidabo. 

2.  Die  Wiesenformation.  Wir  haben  diese  Formation  nur  in 
der  Umgebung  der  Ermita  de  S.  Jeronimo  in  sehr  windoffenen  Lagen 
zwischen  den  obersten  Vorposten  der  Macchien  angetroffen.  Auf 
diesen  kurzrasigen  Wiesen  entfaltete  eben  der  zierliche  Narcissus 
juncifoUus  Lag.  in  grosser  Menge  seine  kleinen,  gelben  Blütensterne, 
auch  Gladiolus  illyricus  Koch  (fol.)  und  -  BruneUa  fp^andiflora  (L.) 
Jacq.  finden  sich  noch  hier  oben.  Die  schönste  Flora  entfalten  je- 
doch diese  Wiesen  erst  Ende  April  oder  Anfang  Mai,  zur  Zeit  der 
Orchideenblüte. 

3.  Geröllflora:  Hieher  Helleborus  foetidus  L.  (fl.);  *^Sapo- 
naria  ocymoides  L.  (fol.),  Astragalus  monspessulanus  L.  v.  chloro- 
cyaneuH  Costa  (fl.);  ^  Teucrium  polium  L.  (fl.);  auch  N^arcissus 
juncifolius  Lag.  tritt  als  Geröllpflanze  auf.  An  heissen.  direkter  Be- 
sonnung ausgesetzten  Standorten  finden  sich:  Bupleuruf)i  frutices- 
rens  L.  mit  steifen,  stark  verlängerten  Ästen  und  lineal-lanzettlichen 


^'8 


M.  Rikli. 


schatten  _,  - 
den  höchst) 
NNW. 
flössen  wiü 
über  den    i: 
an  den  ' 
Felszackeii 


Äcchien.     Sie  erfüllen  den  g 

}en  Valle  Malo,  jenes  merkwür 
eil  des   Gebirgsstockes  in   seiner 
SO.  durchzieht    und  vom   Torrente  d 

i)iesc  2  bis  3  m  hoho  Macchie   breitoi 
n  Talgrund  aus,  sondern   sie   steigt 
iCalflanken  empor.     Einzelne  graubrauii| 
,   sog.  Pcriascos,  bald  pyraniiden-,  bald 
auch   ganzi      mpakte  Felsmauern    erheben  sich  hin 
dem  herrliti    i  nkelgrünen  Buschwald.  der  sonst  nur 
Stellen  du r.      eröllhalden  unterbrochen  wird.     Steinol 
lorbeer;-  Schneeball    sind    die    drei  tonangeben( 

Buschw...       4  bis  über  die  Hrmita  de  S.  .leroninu». 
ca.  50  m  iii,|  dem   Gipfelpunkt   betindet.     (offenbar 
windoft'  4v.  welche  die  Macchie  abliUlt  bis  zum 

vorzudi  So   findet   am    Montserrat    eigentli»b 

Gliedern         »Flora  statt,  die  Vt^tfilung   dw  IMlani 
fach  eine  1  »§  der  Standortsverliältniss. 

e  des  Valle  Malo  hat  folgende  Zusanil 
ili'.r    L.    meistens    buschartig,    öfters 
■ickelt. 
■tiinijxrriirns   \...  besonders  im  niittlerej 
ift    und    s«.'hr    oft    stark    von    Pnrrim'< 


Die^MiH 

(Jtfc/ 
Kleinbauiii 

Malo    1 
fallen  (h.i 
Vibit/ 


.  .V,..,     0    liniis    L.  (tl.)    vorwiegend    westlich-u 
Ostgrenze  i    lalmatien.  im  östlichen  Miitelmeer  nur 
"  ^    '      ^         ;eren  Kegion  des  Libanon. 

<)l><ie<i  L.  V.  (ticfistrr  jx". 

hitifolid   L.  und      l'li.  (iiif/ustifitlid 

borea   L.  (fi.)  und    /.'.  nniltijlnni   L..  b 

'  L.  (fl.). 

lonsjullrnxi^   \.  .   l>eginnt    /n   bliib»'n   nn 


z.  B.  in  dei 
*  Olru 
r/u/h/ri 

und    l\    (in 
( 'isti 
L.  (fol.)  spi.ilhei 


\rh>, 


Exemplare 

f 

Auch 
'^  Smilax 


ii/u'do  h.  {Jo\.)  selten. 
ts  o.rf/rcdru.s  L.  und  ./.  jthorniii n   L. 

a/<'/)i/).sis  Mill..   uanz   vm-m/clt     ii 


hrl 


ilha  L.  (fol). 
iuifoUum  L.  (fol.). 
ildrei  charakteristischen  Schlingptlanzen 
mra    L.,      Hubia   peregrimi   L.,        \sp 
foJius  L.,  tcln  nicht.    Die  Begleitflora   des   Unterhoj 


I 


T 


id  ^  . 


««  ir  ?W'r 


aus  folgenden  Art»  ■""» 

laureolo  l..  nemtiekk* 

alypuni  L..  / 

die  BeleiTt-X' 

von  Paii  1""'  •'  -   ' ' 

wurde.    Diese  leUtere«  kium  tnM» 

Stellen  auf.    Im  Geb^ick 

V.  liisjHifiiro  Wk..  eine 

bis  Xordafrika.  durch 

blümchens. 

Gei:  "accfticii  «UM  y«ncp* 

einige  U^ l  nler*rlj»«^    Iv^  T 

rocri/era  L.  und  Her  an- 

L.  und  Geninta  srorpim*  iK 

zeichnuntren  von  Tibüibo:  "^«im/*/ «Ji'/f  ?*«'*•  i_ 4, 

L..  Fhillyrta.  -  Ofiti  rtmfm*^   1.    «»/    *i»fh 

tinus  L..   £nra  miUhßcm  I 

Arten:  '///-j-.  ^Btmu,  *tkifkm  im 

atlantische  G«r5Updant  HrilAtrm 

wir  am  MonUemt:  ^Oiilte  mhifm 

Calyrofomr  spimom  \JL,     Rkm 

Gesteinsbe^-haffer.  HAk— f^ 

auch  die  reichlicker» o  >i«cndiWi.  x^  ^  «^ 

dieser  Busjcbvilder  ia4  4m  V«t 

zurückzufuhmi 

Wechsel  in  der 

über  den' 

der  ümgebniig  4tr  Err 
zwischen  dca  p^mn       ^ 
iliesen  karg«ita  Witaa 

auch  Gla-  -        -   «.«mr«,  ^^^ 

Jacq.  «.ten  «aa  »«*  fc^    ^     ^^     A^-H. 
doch  (ficM  WiMM  ...i«  r  ^     . 


soiui: 


„    >i  _      Tr 


I 


«ftOUf; 


30  M.  Rikli. 

Blättern  (fol.).  eine  iberische  Pflanze,  die  ausserhalb  Spanien  nur  noch 
von  einem  südfranzösischen  Standort,  zwischen  Narbonne  und  Perpignan 
bekannt  ist.  Helianthemum  origanifolhim  (Lam.)  P,  v.  lanceolatum 
Wk.  von  ganz  analogem  Verbreitungsareal,  nur  geht  die  Art  westlich 
bis  Portugal  und  östlich  bis  in  die  Gegend  von  Marseille,  endlich 
Globularia  Cambessedesii  Wk.  v.  hispanica  Willk.,  eine  nur  in 
Spanien  auftretende  Pflanze,  ferner  Eanunculus  gramineus  L.  v, 
scorzoneraefolius   Freijn,    von    ca.  1000  m  an,  an   steinigen    Orten. 

An  steinigen  Stellen  zwischen  dem  Rasen  des  Gipfelkegels  tritt 
endlich  PolygaJa  calcareiim  F.  Schultz  und  PotentiUa  opaca  L.  auf. 
letztere  in  einer  Form.  die.  wie  mir  Dr.  W.  Bernoulli  mitteilte,  der 
P.  pseudorubens  Siegfrd.  von  der  Ravellenfluh  nahe  steht.  Im  Unter- 
schied zur  Macchie  und  Bergwiese  macht  sich  mithin  in  der  Geröll- 
flora bereits  auch  das  endemische  Element  bemerkbar. 

4.  Die  Felsenflur.  Aus  allen  Spalten  und  Ritzen  der  Fels- 
pyramiden und  Felsmauem  wachsen  an  den  schattigen  Standorten 
Pflanzen  hervor,  die  stellenweise,  besonders  an  feuchten  Xord- 
lagen,  die  Felsen  mit  einem  zusammenhängenden,  saftig-grünen  Tep- 
pich förmlich  bekleiden.  '^Hedera  helix  überzieht  oft  ganze  Fels- 
mauern und  gewährt  anderen  Arten  festen  Halt  zur  erfolgreichen 
Ansiedelung,  auch  Moose  stellen  sich  ein  und  bilden  schwellende 
Polster.  Es  sind  diese  Felsfluren  der  biologisch  wde  pflanzengeo- 
graphisch interessanteste  Bestandteil  der  Flora  des  Montserrat,  reich 
an  pyrenäischen,  noch  reicher  an  endemischen  Arten.  Leider  sind  es 
meistens  Sommerpflanzen,  die  daher  bei  unserem  Besuch  noch  nicht 
in  Blüte  standen.  Immerhin  war  es  uns  doch  vergönnt  beim  Abstieg 
durch  den  steilen,  schmalen  Barranco.  der  von  der  Ermita  S.  Miguel 
direkt  auf  das  Kloster  herabführt,  einen  Einblick  in  die  eigenartigen 
Lebensbedingungen  dieser  Flora  zu  erhalten;  sie  vegetiert  in  den  mit 
dunkler  humöser  Erde  ausgefüllten  Felsritzen  und  entwickelt  fast 
durchgehend  grosse,  dünne  Blattflächen.  Die  auf  Seite  31  folgende 
Zusammenstellung  gliedert  die  auf  den  Felsfluren  auftretenden  Arten 
und  Abarten  nach  Florenelementen,  teils  auf  Grund  unserer  Auf- 
zeichnungen, teils  nach  Willkomm.    (36  p.  115.) 

Auf  dem  Gipfel  des  Montserrat  fand  Dr.  H.  Broclxmanu  bei 
1230  m  die  Bärentraube  [*  Arctostaphylos  uva  ursi  (L.)  Spreng]. 
Brockmann  bemerkt  zu  diesem  neuen  Fundort  der  Bärentraube:  „Dieser 
wenige  Exemplare  umfassende  Standort  dürfte  wohl  als  ein  Beweis 
gelten,  wie  beerentragende  Pflanzen  durch  Vögel  weit  verschleppt 
werden".  Der  Montserrat  ist  ca.  70  km  von  den  Pyrenäen  entfernt 
und  hat  wohl  von  dort  diese  Pflanze,  bei  der  ein  „schrittweises 
Wandern"   in  diesem  Fall  gänzlich  ausgeschlossen  ist.  erhalten.   Dieses 


Vierteljahrsschrift  der   Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52.     1907. 


Taf.  IV. 


Phot.:  P.  Suhni/. 


Ficj.  6.     Oriliuela,  auf  haibor  Höhe  der  Sierra  das  Sciniuario  de  S.  ISh'guel. 

Blick  vom    Ufer  der  Segura   oberhalb  der    Stadt   nach^ Nordosten   (pag.   /1). 


•  ,^  \'ß)^. 


Phot.:  li.  Cho'lat 


Ficj.  7.     Hah^a.stepiJG  bei  Orihuela. 

Im    Hintergrund   Olivenhaine  als   Pioniere  der  Kultur  (pag.  78,    137) 


7'hnt.:  Ä.  Choilat. 

Fifj.  8.    hl  Getreidefhiren  iiiul  OUveniiaiiie 
unujewaiidelte.s  Steijpeiihiiid. 

Tal  des   Rio  duice  bei  Orihuela  (pag.  138). 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerkiiste.  33 

IL  Felsenheiden.  Sie  lassen  zwei  Facies  unterscheiden,  je 
nachdem  -Asjjhodelus  fistulosus  L.  oder  ^Passerina  hirsufa  L. 
die  führende  Rolle  beansprucht.  Auffallend  gross  ist  die  Zahl  von 
Filzpflanzen:  Cynoglossum  cheirifolium  L.  geht  zwar  nördlich 
bis  nach  Südfrankreich,  ist  aber  hauptsächlich  im  südlichen  Teile  des 
westlichen  Mittelmeerbeckens  verbreitet;  sie  ist  mit  ihren,  ein  dicht- 
weisses  Indument  tragenden  Blättern  und  den  zuerst  rötlichen,  beim 
Abblühen  jedoch  dunkelviolett  werdenden  Blüten,  eine  reizende  Er- 
scheinung; dazu  gesellen  sich  die  kleinen,  wollig-filzigen  Kugeln  der 
^  Evax  pygmaea  (L.)  Pers..  ferner  *Helianthemum  appeninnm  (L.) 
Lam.  V.  angnstifolium  Koch  mit  lineallanzettlichen,  am  Rande  um- 
gerollten Blättern.  Von  ^Ajuga  iva  Schreb.,  ^*Marruhium  vulgare 
L.,  ^Verhascum  siimatinn  L.  sind  erst  die  Blätter  entwickelt.  Die 
folgenden  Species  sind  zwar  keine  eigentlichen  Filzpflanzen,  doch  werden 
die  Laubblätter  durch  eine  reichliche,  seidige  oder  wollige  Behaarung 
geschützt:  Euphorbia  chairicias  L.,'  ^ Lobidaria  maritima  Desv., 
^  Planta go  albicans  L.  und  ^Phagnalon  rupestre  DC. 

Viele  Arten  der  Felsenheide  sind  ein-  oder  zweijährig. 
Von  den  Filzpflanzen  gehören  hierher:  Cynoglossum  cheirifolium  L., 
*  Verbascum  sinuatum  L.,  ^Evax  pygmaea  (L.)  Pers.,  dazu  kommen 
ferner:  *Mercurialis  annua  L.  in  einer  sehr  eigentümlichen,  nur 
6 — 12  cm  hohen  Kümmerform  mit  stark  gestauten  Internodien. 
^  Scorpiurus  subvillosa  L.,  ^Echiuni  calycinum  Viv.,  ^ Belli s 
annua  L.  und  * Scorzonera  lacimata  L.  Oft  stellt  sich  auch 
^  Asphodelus  fistulosus  L.  massenhaft  ein,  doch  der  Asphodill  ist 
schon  Anfang  April  verblüht,  bald  sterben  dann  die  oberirdischen 
Teile  ab,  so  dass  demselben  im  Vegetationsbild  eine  ähnliche  Rolle  zu- 
kommt wie  den  Einjährigen.  Bereits  gegen  Ende  April  sind  all'  diese 
Pflanzen  meistens  schon  von  der  Bildfläche  verschwunden,  die  Lücken 
im  Vegetationsteppich  werden  immer  grösser  und  das  Vorwiegen  der 
Filzpflanzen  in  dem  mehr  und  mehr  vorherrschenden  grauen  Farben- 
ton der  Felsenheide  immer  auffälliger. 

Auch  einige  Gräser  sind  vorhanden :  ^Andropogo)i  hirtum  L. 
und  '^Brachypodium  ratnosum  (L.)  R.  et  S.;  endlich  fehlen  auch 
die  Kleinsträucher ,  Stauden  und  mehrjährigen  Kräuter  nicht  ganz: 
Thymus  rulgaris  h,.  ^  Satureia  graeca  L.,  ^  Salria  rerbenaca  L.. 
* Helianthemum  alpestre  (Jacq.)  Dunal,  ^Paronychia  argentea 
Lam.  —  Die  Leitpflanze  der  Passerinaheide,  ^Passe?ina  hirsuta  L. 
mit  ihren  kleinen,  immergrünen,  schuppenartigen,  sich  mehr  oder 
weniger  dachziegelartig  deckenden  Blättern  und  den  zierlich  über- 
hängenden Zweigenden,  haben  wir  nur  an  einer  Stelle  reichlich  ange- 
troffen.    So  interessant  biologisch  diese  Felsenheiden  von  Tarragona 

Yierteljahrsschrilt  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  .52.    1907.  3    ■ 


34  M.  Rikli. 

sind,  so  geringes  Interesse  beanspruchen  sie  in  pflanzengeographischer 
Hinsicht,  handelt  es  sich  doch  fast  ausschliesslich  wieder  um  Pflanzen, 
die  durch  das  ganze  Mittelmeergebiet  verbreitet  sind. 

III.  Tomillares.  Unter  diesem  Namen  versteht  man  Felsen- 
heiden mit  vorherrschend  verholzten  Labiaten,  wie  sie  für  grosse  Teile 
Spaniens  so  bezeichnend  sind;  es  ist  eine  äusserst  monotone  Ver- 
gesellschaftung von  xerophilen  Kleinsträuchern,  —  eine  Übergangs- 
formation zur  Garigue.  Auf  dem  sehr  trockenen  und  steinigen,  ebenen 
bis  schwach  welligen  Gelände  um  den  Alto  del  Olivo,  Ruinenreste 
einer  1811  von  den  Franzosen  zerstörten  Befestigung,  bedecken  die 
Tomillares  grössere  Flächen.  Leitpflanze  ist  Thymus  vulgaris  L., 
sehr  häufig  sind  auch  vertreten:  der  ^Rosmarin,  die  Laranduln 
latifolia  Vill.  (fol.)?  und  Heliclirysu7n  stoechas  DC.  (fl.)  Aus  den 
benachbarten  Felsenheiden  hat  sich  ^Asphodelus  ßstulosus  L.  ein- 
gestellt und  längs  dem  Flurwege  sammeln  wir  noch  ^Vaülaiitia 
muralis  L.  und    ^Clematis  flamimda  L. 

IV.  Garigues.     Formationsliste: 

^  Quercus  coccifera  L.  (fol.).  Leitpflanze,  aber  niedrig,  nur  1—2'  hoch. 

Chamaerops  humilis  L.  (fol.),  stellenweise  sehr  reichlich,  jedoch  klein 
und  niedrig,  mehr  oder  weniger  dem  Boden  angepresst. 

Ulex  australis  dem.,    sehr  häufig,  bildet  öfters ' kugelige  Büsche. 

^  Rosmarinus  officinalis  L.  reichlich. 

Thymelaea  tinctoria  Endl.     bildet  ebenfalls  Kugelbüsche. 

^ Rhamnus  alaternus  L.  in  einer  auffallend  kleinblätterigen  Aus- 
bildung, deren  Zweige  dem  Boden  angepresst  sind,  —  eine 
Annäherungsform  an  die  v.  balearica  Wk. 

Rhamnus  hjcioides  L.  (fol.),  ein  sparriger  Kleinstrauch  mit  nach 
allen  Seiten  abstehenden,  mehr  oder  weniger  verkürzten  Zweig- 
dornen und  dünnen,  lineallanzettlichen,  leicht  abfälligen  Blättchen. 

■*  Olea  europaea  L.  v.  oleaster  DC.  (fol.),  knorrige.  2 — 3'  hohe  Büsche 
bildend. 

^  PhiUyrea  media  L.  (fol.)  ^Pistacia  lentiscus  L,  spärlich. 

^  Cistus  monspeliensis  L.  ■*  Cistus  salvifolius  L. 

^  Cistus  albidus  L.,  doch  hauptsächlich  im  nordwestlichen  Gebiet 
verbreitet. 

C.  Clusii  Dun.  mit  schmal-linealen,  fast  nadelartigen  Blättern. 

Die    Cistrosen   beginnen   bereits   zu   blühen,    am  weitesten    vor- 
geschritten ist  C.  Clusii. 

Erica  multiflora  L.  (fol.),  bereits     Lavandula  latifolia  (?)  Vill.  (fol.) 
verblüht.  ^*Ruscus  aculeatus  L. 

Bupleuruin  /'/■uficescens  L.  (fol.)     Thymus  vulgaris  L. 


Botanische  Reisestuclien  von  der  spanischen  Mittehneerküste.  35 

Die  Garigue  ist  ziemlich  dicht  geschlossen,  so  dass  für  die  Be- 
gleitflora nicht  mehr  viel  Raum  übrig  bleibt.  Auf  dem  Rosmarin 
und  den  verschiedenen  Cistusarten  schmarotzt  eine  rotbraune  Orobanche. 
Ceratocalyx  macrolepis  Coss.;  im  Gebüsch  klimmt  auch  hier  überall 
wieder  das  ^BrarhiipodÜDU  raniosuni  (L.)  R.  et  IS.;  dazu  gesellen 
sich  zwei  Schlingpflanzen:  ^ Asparayiis  acutifoUus  L.  und  'Sniila.r 
(ispera  L.  Die  Jonquille  {Narcisaus  juncifolius  Lag.)  lässt  ihre 
graziösen,  kleinen  gelben  Blütensterne  dem  steinigen  Boden  ent- 
sprossen; dort  entfaltet  Eupliorhia  characias  L.  ihre  reichblütigen 
Cymen  und  hier  erhebt  sich  der  schlanken  Blütentrieb  der  ^Euta 
chalepensis  L.,  rar.  angustifoJid  (Pers.),  Wk.,  leicht  kenntlich  an 
den  tiefzerschlitzten  Blütenblättern. 

Der  auffallendste  Bestandteil  dieser  Garigue  ist  die  europäische 
Zwergpalme,  eine  typisch  westmediterrane  Pflanze,  die  vom 
südlichen  Portugal,  durch  Süd-  und  Ostspanien  und  über  die  Balearen 
bis  Sardinien,  Sizilien  und  das  westliche  Italien  verbreitet  ist  und 
auch  in  Nordafrika  vielfach  bestandbildend  auftritt.  Die  Polargrenze 
der  Zwergpalme  liegt  um  Nizza  bei  43°  44',  in  Spanien  dagegen  er- 
reicht sie  nicht  einmal  die  Breite  von  Barcelona.  Wir  haben  sie  zu- 
erst an  der  Steilküste  bei  Sitges  beobachtet,  daselbst  krönt  sie  Fels- 
köpfe und  Erdpyramiden.  Nur  selten  kommt  es  zur  Entwicklung 
eines  eigentlichen  Stammes,  wohl  nur  deshalb  nicht,  weil  die  Palmito- 
formation  zu  sehr  ausgebeutet  wird.  Man  gewinnt  daraus  den  Palm- 
kohl, der  einen  sehr  angenehmen,  haselnussartigen  Geschmack  besitzen 
soll,  und  die  Blätter  werden  massenhaft  abgeschnitten,  um  aus  ihnen 
allerlei  Flechtwerke  herzustellen.  Am  Fuss  der  Atalaya  de  Alber- 
cuitx,  östlich  von  Pollensa  auf  Mallorca  beobachteten  wir  immerhin 
Stämme,  welche  1,70  m  massen.  Westmediterran  ist  auch  Thymus 
i'ulgaris  L.  mit  der  Ostgrenze  im  westlichen  Italien,  und  Larandula 
latifolia  Vill.,  welche  jedoch  noch  Dalmatien  erreicht.  Diese  beiden 
letzten  Pflanzen  fehlen  dagegen  Nordafrika.  Weitere  drei  Arten  sind 
iberisch-mauritanisch:  Ceratocalyx  macrolepis  Coss.,  Rham- 
fiiis  lycioides  L.  (auch  noch  auf  den  Balearen)  und  Cistus  Cltisn 
Dun.  (noch  auf  den  Balearen  und  Sizilien);  —  JSlai'cissus  jmicifolius 
Lag.  ist  hauptsächlich  iberisch;  Verbreitung:  Selten  in  Südportugal, 
häufig  in  Zentral-  und  Ostspanien,  in  den  Pyrenäen  und  von  da  durch 
Südfrankreich  bis  zum  Mont  Ventoux  ausstrahlend ;  eine  merkwürdig 
versprengte  Station  findet  sich  in  Korsika,  auf  dem  Monte  Renoso. 
Als  iberisches  Element,  obwohl  teilweise  noch  nach  Südfrankreich 
übergreifend,  haben  wir  bereits  Ulex  australis  Clem.  (in  Südfrank- 
reich verbreitet  und  häufig)  und  Biipleur^im  fruficescens  L.  (mit 
einer  französischen  Station)  kennen   gelernt,    dazu   kommt  nun  noch 

3 


36  M.  Rikli. 

die  Thymelaea  tinctoria  Endl.,  von  der  in  Frankreich  auch  nur  ein 
einziger  Standort  im  Departement  le  Gard  bekannt  geworden  ist. 

7.  Denia  und  Umgebung. 

21. /22.,  24.  III.  1905. 

Denia,  ein  kleineres  Küstenstädtchen,  ist  nordwestlich  vom  Cabo 
de  la  Nao,  am  südlichen  Ufer  des  Golfes  von  Valencia  gelegen.  Auf 
mehreren  teils  ganz-,  teils  halbtägigen  Exkursionen  hatten  wir  reich- 
lich Gelegenheit,  uns  mit  dem  Vegetationscharakter  der  Umgebung 
bekannt  zu  machen. 

a)  Flora  des  Felsenriifes  des  Castillo  de  Denia. 

Mitten  aus  dem  etwa  12  000  Einwohner  zählenden,  reizend  ge- 
legenen Denia  erhebt  sich,  gerade  über  dem  Hafen,  ein  Felshügel  mit 
einer  zerfallenen  Burgruine.  Von  der  Höhe  schweift  der  Blick  auf 
den  mit  Barken  belebten  Hafen,  dessen  sehr  seichte  Gewässer  durch 
eine  üppige  Algenvegetation  [Ulva  lactuca  L.,  Padina  jxironia  (L.) 
GailL,  Cystoseira  erucoides  Ag.)  fast  verlandet  sind  und  jetzt  zur 
Ebbezeit  sich  wie  eine  üppig  grüne  Wiese  ausnehmen.  Zu  unseren 
Füssen  liegt  das  malerische  Städtchen  mit  seinen  kleinen,  schmuck- 
losen Häuschen  und  den  schmalen,  planlos  verlaufenden  Gässchen. 
Im  Norden  dehnt  sich  in  weitem  Bogen  der  Golf  von  Valencia,  eine 
ganze  Farbenskala  entfaltend,  aus.  Vom  dunkelgrünen  Hafenbecken 
geht  es  zum  tiefen  Azurblau  des  offenen  Meeres,  das  endlich  gegen 
den  Horizont  allmählich  in  ein  verschwommenes  Blaugrau  übergeht. 
Diese  Flachküste  wird  nur  vom  Felsen  von  Sagunt  unterbrochen.  Im 
Osten  ist  das  Bild  dagegen  bis  zum  Cabo  de  S.  Antonio  von  einer 
reichgegliederten  Steilküste  begrenzt,  koulissenartig  verläuft  ein  um- 
brandeter  Felsenvorsprung  hinter  dem  anderen,  öfters  gekrönt  von 
halbzerfallenen  Windmühlen  oder  Warttürmen  und,  kaum  mehr  wahr- 
nehmbar, erheben  sich  in  weiter  Ferne  die  Berginseln  der  Pithyusen 
aus  der  mit  einer  ganzen  Flotille  von  Segelschiffen  belebten  See,  Im 
Süden  aber  liegt  das  Bergland  der  Halbinsel  von  Alcoy,  das  Kalkriff' 
des  Monte  Monge  beherrscht  hier  das  Landschaftsbild  und  im  Westen 
erstreckt  sich  längs  der  Küste  die  fruchtbare  Huerta.  Parallel  zur 
Strandlinie  verläuft,  in  der  Richtung  auf  Oliva  und  Gandia,  eine  statt- 
liche Palmenallee;  ein  Garten,  mit  Granatapfelbäumen  bepflanzt,  liegt 
unmittelbar  vor  der  alten,  zerfallenen  Stadtmauer.  Hohe,  schlanke 
Arundo  Donax-Hecken  begrenzen  die  einzelnen  Grundstücke  und  ge- 
währen gleichzeitig  einigen  Schutz  gegen  die  ungestümen  Seewinde. 
Dort  erfreut  das  Auge  das  dunkle  Grün  eines  Orangengartens,   aber 


Botanisclie  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  37 

als  wichtigste  Kulturpflanze  beherrscht  die  Rebe  die  Umgebung  der 
Stadt.  Die  ganze  Strandebene,  die  umgebenden  Hügel  und  selbst  am 
unteren  Teile  des  Mongo  hat  der  Mensch  z.  T.  im  steinig  terrassierten 
Gelände  seine  Weinfelder  und  Weinberge  angelegt ;  erst  die  senkrecht 
abstürzenden  Felswände  dieses  Berges  haben  der  Kulturarbeit  ein 
unüberwindliches  Hindernis  entgegengestellt.  Das  ist  Denia,  das  wir 
für  dreieinhalb  Tage  zu  unserem  Standquartier  gewählt  haben. 

An  dem  Kastellberg  hat  sich  eine  sehr  reiche  Vegetation  an- 
gesiedelt. Gross  ist  naturgemäss  die  Zahl  der  auf  Schuttplätzen  und 
zwischen  den  gewaltigen  Mauerresten  angesiedelten  Anthropochoren, 
nicht  unbeträchtlich  ist  aber  auch  die  Felsenheide  —  und  die  eigent- 
liche Felsflora,  doch  ist  es  oft  schwierig,  diese  Florenbestandteile  aus- 
einander zu  halten,  da  die  Standorte  öfters  sehr  rasch  wechseln. 

a)  Ruderalflora. 
~  Lag II r US  ovatus  L.  0  ^  Mercurialis  annua  L.  O 

-  Urtica  membranacea  Poir.  O        ^  Plantago  psyUiufn  L.  0 
^*Parietaria  officinalis   L.  var.      ^  Co?ivolvidusaIthaeoides(L.)Sm. 

ramiflor-a  Mönch.  ^Borrago  officinalis  L,  0 

Eniex  sjiinosa  Campd.  O  ^  Echium  calycinum  Viv.  0 

-  Paronychia  argentea  Lam.  ^  Echium  plantagineum  L.  0 

*  Polycarpon  tetraphyllumh.  0     ^  Verhascum  sinuatum  L.  0 

^ Diplotaxis  erucoides  {L.)T)C.  Q  ^^Antirrhimwi   orontium  L.  0 

* Lejndium  graminifolium  L.  ^  Hyoscyamus  albus  L.  0 

-  Ranunculus  pa)-viflorus  L.  0  ^^Sherardia  arvensis  L.  0 
*Fumaria  capreolafa  L.  0  ^* Anagaliis  arvensis  L.  s.  sjjec. 
^  Lotus  ornithopodioides  L.  0  coerulea  Schreb.  0 

*  Trifolium  stellatum  L.  0  ^  Galium  saccharatum  All.  0 

*  Vicia  hijhrida  L.  0  ^  Sonchus  tenerrimus  L.  0 
*■  Foeniculum  vulgare  Mill.              *  Centaurea  calcitrapa  L.  0 

^  Unihilicus  penduJinusT)Vj.{io\.)     ^'Picridium,  tingitanum  Desf. 
*■* Euphorbia    helioscopia    L.    v.      ^  Hyoseris  scahra  L.  0 

atrorubens  Rikli  nov.  v.,  mit     ^*Silybum     MaHanum     (L.) 

roten  Drüsen.  0  Gärtn.  0 

'  E.  pinea  L.  0  ^  ^Carduus  pycuocephalus  L.  0 

Diese  Liste  umfasst  35  Arten,  davon  erreichen  nur  noch  12  Spezies 
(34  7o)  Mitteleuropa;  es  handelt  sich  zudem  um  Pflanzen,  die  in  Mittel- 
europa meist  nur  selten,  oft  sogar  nur  ruderal  und  zudem  fast  nur 
in  den  südlicheren  Teilen  auftreten. 

Zwei  Arten  sind  vorwiegend  südlich  mediterran  (Emex,  Picridium 
tingitanum).  Den  Grundstock  bilden  die  allgemein  verbreiteten  Mittel- 
meerpflanzen, welche  in  Mitteleuropa  ganz  fehlen,  dagegen  z.  T.  bis 
weit  in  Orient  verbreitet  sind  (15spec.  =  43  7o),  und  teilweise  längs 


38  M.  Rikli. 

der  atlantischen  Küste  bis  nach  Nordfrankreich,  England,  Belgien,, 
ja  selbst  bis  nach  Norddeutschland  vordringen ,  es  sind  20  Arten 
(ca.  60%);  —  Arten,  die  ihr  Hauptverbreitungszentrum  in  Mittel- 
europa haben,  fehlen  fast  ganz.  In  Denia,  dessen  Breitenlage  der- 
jenigen Kalabriens  entspricht,  hat  das  mediterrane  Florenelement  so- 
mit auch  in  der  Ruderalflora  den  vollständigen  Sieg  davon  getragen. 

Noch  eine  andere  Veränderung  hat  sich  vollzogen:  das  Kontingent 
der  Anuellen  und  Bisanuellen  (0)  hat  wiederum  stark  zugenommen. 
Von  den  35  Arten  sind  28  species  (80  7o)  ein-  oder  zweijährig ;  in 
Tarragona  waren  es  nur  64  7o,  am  Tibidabo  nur  58  7«. 

ß)  Felsenheiden:  Vorherrschend  ist  ^Asphodelus  fistulosus  L., 
doch  ist  diese  Leitpflanze  bereits  meistens  verblüht  und  am  Absterben. 
Auf  der  Westseite  der  Burgruine  tritt  an  einer  Stelle  unter  verwil- 
derten Oliven  auch  Asphodelus  albus  Mill.  massenhaft  auf,  er  steht 
zurzeit  in  voller  Blüte.  Dem  dürren  Boden  entsprossen  überall  die 
saftigen,  dunkelgrünen  Blattbüschel  der  gemeinen  Meerzwiebel  (^  Ur- 
ginea  scilla  Steinh.);  ^  Ophrys  tenthredinifera  W.  entfaltet  ihre 
eigentümlichen  Blüten  und  ^Ansarum  vulgare  Targ.-Tozz.  vegetiert 
im  Schutz  des  stacheligen  Rhamnus  lycioides  L.  oder  im  Granat- 
apfelgebüsch (^  Piinica  granatum  L.).  Dazwischen  sind  zahlreiche 
einjährige  Kräuter,  die  durch  das  ganze  Mittelmeergebiet  verbreitet 
sind,  angesiedelt,  so:  ^Silene  col or ata  Voiv.,  ^Hippocrepis  multisi- 
liquosa,  L.,  ^Astragalus  hamosus  L. ,  ^Trifolium  Boccofii  Sav., 
^  Gynoglossum  pictum  Ait. ,  ^  Scabiosa  maritima,  L, ,  auch  das 
Kleinsträuchlein  ^Satureia  graeca  L.  gehört  hierher.  Den  pflanzen- 
geographischen Stempel  erhält  aber  diese  Florula  durch  das  Auftreten 
von  vier  ausgesprochen  südlich-mediterranen  Arten.  Alsine. 
procumbens  Frzl.,  eine  Pflanze  mit  stark  verlängertem,  dem  Boden 
angeschmiegtem  oder  aufsteigendem  Stengel;  sie  erinnert  sehr  an  eine 
Spergula,  doch  fehlen  die  häutigen  Nebenblätter,  dann  Bha/nnus 
lycioides  L.  und  zwei  Lavendel,  Lavandula  dentata  L.  und  L.  /uul- 
tißda  L.  Diese  Arten  sind  sogar  vorwiegend  iberisch-mauritanisch. 
immerhin  wird  im  Osten  dieses  Verbreitungsgebiet  noch  etwas  über- 
schritten: Alsine  2)f^ocumbens  ^ndet  sich  auch  auf  Sardinien,  Sizilien, 
im  südlichen  Italien  und,  als  einzige  Stelle  in  Griechenland,  auf  Aegina; 
Lavandula,  dentata  ist  auch  noch  auf  Malta,  Sizilien  und  am  Monte 
Gargano  vorhanden  und  L.  niulfifida  hat  ihre  östlichsten  Vorposten 
in  Ostsizilien  und  im  östlichen  Kalabrien. 

b)  Strandflora  westlich  von  Denia. 

Die  Strandflora  ist  an  der  Flachküste  westlich  von  Denia  nur 
sehr  dürftig  entwickelt.     Auf  der  breiten,  zur  Ebbezeit  trocken  ge- 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  39 

legten  Sandzone  liegen  in  grossen  Mengen  Posidonienkugeln.  Gelegent- 
lich wird  auch  ein  ganzes  Rhizom  der  Posidonia  oceanica  (L.)  Del. 
auf  den  Strand  geworfen.  Der  Tintenfisch  (Octopiis  vulgaris  Lam.) 
befestigt  mit  Vorliebe  an  diesen  Wurzelstöcken  seine  traubenartigen 
Eierklurapen,  die  sich  dann  wie  die  Früchte  der  Pflanze  ausnehmen, 
denn  durch  ein  gallertiges  Band  werden  sie  kunstgerecht  um  das 
Rhizom  gewickelt.  ^Hijpecoum  procumbens  L.  und  ^Lobuldria 
maritima  Desv.  sind  die  einzigen  Strandpflanzen.  Etwas  weiter 
landeinwärts  begleiten  einige  bereits  in  Blüte  stehenden  Sträucher  die 
üferzone:  Tamarix  gallica  L.  und  T.  africana  Poir.,  beides  west- 
lich mediterrane  Arten  mit  Ostgrenze  in  Dalmatien  und  ^Lycium 
vulgare  Dun. 

c)  Exkursion  von  Denia  zum  Cabo  de  S.  Antonio. 

Auf  dieser  Tagestour,  die  so  recht  geeignet  ist,  den  Floren- 
charakter des  Landes  kennen  zu  lernen,  haben  wir  immer  wieder  nur 
zwei  Formationen:  Felsenheiden  und  dürftige  Garigues  angetroffen. 

Felsenheiden.  Sie  besiedeln  die  felsig -dürren,  steinbesäten 
Hügel.  Einige  Trümmer  eines  ehemaligen  Kastells  oder  Mauerreste 
von  Warttürmen  und  Windmühlen  krönen  fast  jeden  dieser  Hügel, 
hin  und  wieder  sind  auf  denselben  auch  noch  einige  anspruchslose, 
verkrüppelte  Ceratonien,  welche  hier  an  der  Küste  immer  typische 
Windformen  zeigen,  vorhanden  (Tafel  II  Fig.  3).  Obwohl  erst  Ende 
März,  so  trägt  doch  die  Vegetation  weniger  den  Charakter  einer 
Frühlingsflora,  sie  macht  eher  den  Eindruck  einer  verfrühten  und 
verkümmerten  Sommerflora,  wohl  eine  Folge  der  dieses  Jahr  fast 
ganz  ausgebliebenen  Winterregen.  Die  vielen  kleinen  Gewächse,  das 
Auftreten  einiger  typischen  Geröllpflanzen  und  hauptsächlich  die 
äusserst  dünne  Bewachsung  des  Bodens  bedingen  Vegetationsbilder, 
die  oft  beinahe  an  alpine  Verhältnisse  erinnern.  Doch  trotz  der  überall 
vorherrschenden  Bodenfarbe,  trotzdem  diese  Hügel  mit  Steinen  förm- 
lich übersät  sind,  welch  reiche  Flora  I  Und  vergessen  wir  nicht,  der 
wirkliche  Reichtum  kann  nur  zeitlich,  nie  momentan  auf  Grund  einer 
noch  so  sorgfältig  durchgeführten  Exkursion  erfasst  werden,  denn  der 
Erdboden  ist  voll  ruhender  Samen,  voll  von  Zwiebeln  und  Rhizomen, 
deren  vegetative  Tätigkeit  noch  nicht  erwacht  ist.  und  die  vielleicht 
durch  die  nächsten  warmen  Regen  zu  neuem  Leben  erwachen,  um 
über  Nacht  dem  scheinbar  nackten  Boden  in  grösster  Menge  zu  ent- 
spriessen. 

Es  dominieren:  -Brachypodium  rai)iosum  (L.)  R.  et  Seh.  (fol.), 
Thymus  vulgaris  L..    -Rosmarinus  officinalis  L.     Der   Rosmarin 


40  M.  Rikli. 

gedeiht  hier  auf  dem  Kalk  in  grösster  Menge,   doch  nur  in  kleinen 
verkrüppelten  und  bereits  meist  verblühten  Exemplaren. 

Dazu  gesellt  sich  eine  grössere  Zahl  von  Kleinsträuchern  die, 
wenn  reichlicher  vorhanden  und  üppiger  entwickelt,  allmählich  zu 
der  typischen  Garigue  fuhren  :  ^Cistus  monspeliensis  L.,  ^Quercus 
coccifera  L.  (fol.),  Ulex  australis  Clem.,  Chamaerops  humilis  L. 
(fol.),  die  Zwergpalme  spielt  jedoch  nur  eine  sehr  untergeordnete 
Rolle  und  tritt  immer  nur  als  kleiner,  dem  Boden  angepresster  Strauch 
auf.  ^Daphne  gnidium  L.  (fol.),  Calycotoine  spinosa  Lk.,  dann  die 
beiden  Zwergsträuchlein  ^Fumana  viscida  Spach.  und  *HeUanthe- 
imnn  appenitium  (L.)  Lam.;  auch  die  ^Urginea  Scilla  Steinh.  mit 
ihren  stattlichen,  halb  aus  dem  Boden  hervorragenden,  grossen  Zwiebeln 
und  den  üppigen  Blattbüscheln,  das  einzig  saftige  Grün,  fehlt  nicht. 
In  grosser  Menge  ist  ^Ophrys  tenthredimfera  W.  vertreten,  viel 
spärlicher  dagegen  ^0.  lutea  Cav.  Von  Filzpflanzen  sind  uns  bereits 
bekannt  Cynoglossum  cheirifolium  L.,  ^C.  pictum  Ait.,  ^Ajuga 
Iva  Schreb.  (fol.),  dazu  kommt  eine  neue,  vollständig  mit  einem  dichten 
weiss- wolligen  Indument  bedeckte  Pflanze,  die  Mercurialis  tomen- 
tosa  L.     Ferner : 

^  Hippocrepis  ciliata  Willd.  ^  Orobanche  Mutelii  F.  Schz. 

^  Riita  chalepensislj.v.angusti-     ^  E  elvi  um  ealyeinum  Viv. 

folia  Fers.  Euphorbia  serrata  L. 

•  Eryngium    maritimum     L.         *  Galmm  parisiense  L.  v.  leioear- 

(fol.)  ?  pum  Tausch. 

Gladiolus  illyricus  Koch.  *  Sherardia  arvensis  L. 

^*Anagallis  arvensis  L.  s.spee.      *  Asperula  cynanchica  L. 

coerulea  Schreb.  ^  Asteriscus  mariti^nus  Less. 

^*Marrubium  vulgare  L.  ^ Bellis  annua  L. 

Teucriumpseudochamaepitys  L.      ■*  Carduus  pycnocephalus  L. 
^  Salvia  verhenaca  L.  Centaurea  pullata  L. 

Pflanzengeographisch  sind  nun  aber  noch  die  folgenden  Arten 
von  besonderer  Bedeutung:  a)  iberisch-mauritanisch:  Rhamnus 
lycioides  L.,  Lavandula  den f ata  L.,  Polygala  rupestris  Pourr., 
Teucrium  pseudochamaepitys.  L.,  Centaurea  pullata  L.,  letztere 
drei  Pflanzen  erreichen  auch  noch  Südfrankreich,  sind  daselbst  aber 
selten;  ß)  südlich-mediterran  ist  der  sparrige,  1  —  2'  hohe,  dornig- 
stechende Büsche  bildende  Asjmragus  horridus  L.;  y)  makro- 
iberisch, Pflanzen,  deren  Hauptverbreitungszentrum  auf  der  iberischen 
Halbinsel  zu  suchen  und  die  von  da  nach  dem  mediterranen,  beziehungs- 
weise atlantischen  Frankreich  ausstrahlen:  PIilo)))is  lychnitis  L.,  eine 
stattliche,  wirklich  dekorative  wollig -filzige  Pflanze  mit  grossen, 
leuchtend  gelben  Blüten,   erreicht  ihre  Nordgrenze  nordwestlich  von 


Botanische  Rei.sestudien  von  der  spanischen  Mittehneerküste.  41 

Toulon.  Arenaria  tnontana  L.  geht  besonders  längs  der  franzö- 
sischen Westküste  bis  nach  le  Mans  und  Paris,  sie  findet  sich  auch 
wieder,  jedoch  selten,  im  Departement  Herault.  Ulex  austraUs 
Clem.,  MercuriaUs  fotnentosaL.  ö)  westlich-mediterran:  Linum 
narbone/ise  L.,  Chamaerops  hiimilis  L,  e)  mikro-iberisch:  Bis- 
rutella  ste)iophijUa  Duff.  tritt  nur  im  Gebiet  der  Provinz  Valencia 
auf.  Mit  den  nördlicheren  Felsenheiden  verglichen,  ergibt  sich  somit 
eine  ganz  bedeutende  Bereicherung  an  südlich-  und  westlich-medi- 
terranen sowie  an  iberischen  Pflanzen. 

Wir  verlassen  das  eigentliche  Hügelland  und  steigen  auf  das 
Kalkplateau  (ca.  120  m),  das  in  der  Fortsetzung  des  Monte  Mongo 
liegt  und  sich  bis  zum  Cabo  de  S.  Antonio  hinzieht.  Die  Bebauung 
des  Bodens  nimmt  sofort  stark  ab.  Die  kleinen  Caserios,  jeweilen 
von  Opuntienhecken  {Opuntia  Ficus  indica  Mill.)  umgeben,  liegen 
weit  voneinander:  Feigenbäume,  knorrige,  hin  und  her  gebogene 
Ceratonien,  das  jugendliche,  rötliche  Blattwerk  des  Granatapfel- 
baumes und,  als  einziges  frisches  Grün,  wohl  auch  noch  einige 
Mandelbäume,  verraten  schon  aus  der  Ferne  diese  primitiven  An- 
siedelungen; auf  der  mit  dürren  Garigues  bestandenen  Hochfläche 
sind  es  die  einzigen  Kulturträger.  Diese  kleinen  Häuschen  sind  bald 
ohne  jeglichen  Verputz,  bald  wieder  blendend  geweisselt;  in  ihrer 
nächsten  Nähe  findet  sich  stets  eine  Cisterne,  in  die  zur  Regenzeit 
jeder  Tropfen  Regen  sorgfältig  geführt  wird.  Kleinere  Rebenparzellen 
oder  gar  ein  armseliges  Getreideäckerchen  werden  gelegentlich  auch 
noch  um  dieselben  angelegt.  Etwas  besser  scheinen  Saatlinsen  [Ervwn 
lens  L.),  Saubohnen  [Vicia  faba  L.)  oder  die  Würfelerbse  {Vicia 
ervilia.  [L.J  Willd.)  zu  gedeihen.  Hin  und  wieder,  besonders  in  der 
Nähe  des  Meeres,  sahen  wir  Posidonienblätter  als  Dünger  verwendet; 
vereinzelt  bemerkt  man  auch  noch  einige  Agaven,  welche  zur 
Gewinnung  der  Agavefasern  angepflanzt  wurden.  Bei  der  Urbar- 
machung dieser  kleinen  Kulturzentren  musste  der  Boden  zuerst  von 
den  massenhaft  herumliegenden  Steinen  gesäubert  werden,  dieselben 
werden  jeweilen  zu  breiten  Steinhaufen,  richtiger  gesagt  Steinwällen, 
aufgehäuft,  welche  nun  die  natürlichen  Schutzmauern  des  Kultur- 
landes bilden.  Diese  sogen,  „talayots"  sind  oft  von  so  gewaltigen 
Dimensionen,  dass  sie  für  paläolithische  Monumente  erklärt  wurden, 
so  z.  B.  im  südlichen  Teil  von  Mallorca.  Arteffakten  sind  darin  je- 
doch noch  nie  gefunden  worden;  heute  noch  kann  man  ihre  Ent- 
stehung und  ihren  Ausbau  verfolgen. 

Die  Hochfläche  ist  eine  Karstlandschaft,  welche  stellenweise  starke 
Neigung  zur  Karrenbildung  zeigt.  Sie  ist  fast  ausschliesslich  mit 
einförmigen,    niederen   Garigues    besetzt.     Wenn   Thymus  rul- 


A-2 


M.  Rikli. 


f/aris  L.  und  andere  Labiaten  vorherrschend  werden,  so  treten  die 
noch  einförmigeren  Tomillares,  die  sich  meistens  nur  aus  wenigen 
Arten  zusammensetzen,  an  ihre  Stelle. 


A.  Leitpflanzen  (6) 

'-Brachijpodiinii  rfunosiun  (L.), 
R.  et  Seh.  zwischen  Steinen  und 
Gebüsch,  aus  den  durchlöcher- 
ten Kalkblöcken  überall  her- 
vorragend. 

Chamaerops  huinilis  L.,  sehr 
viel. 

Erica  multiflora  L.,  sehr  reich- 


lich, tragen  noch  die  verblühten, 
abgedorrten  Blütenstände. 
Ulex   australis   Clem.,    reichlich 

(fi.);  fr. 

Thij Ullis  vulgaris  L.,  stellenweise 
sehr  häufig. 

^  Rosmarinus  oßicinrilisL.,  reich- 
lich (fl.). 


B.  Charakter 

Asparayus  horridus  L. 

^  Smilax  asjmra  L. 

^Jimiperus  oxijcedrus  L. 

^  Quercus  coccifera  L. 

^Pis facta  hntiscus  L.,  spärlich. 

^Daphiie  (//lidium  L. 

Rhamnus  hjcioides  L.,  spalier- 
artig dem  felsigen  Boden  an- 
gepresst. 

Cneonim  tricocciini  L.  (fol.). 

^  Olea  eiiropaea  L.,  v.  oleaster 
DC. 

Fmna/ia  laevipes  Spach. 

Heliauthemum     niarifoliuni 
(Cav.)  DC. 


pflanzen  (23). 

^*Rubus  amooius  Port. 
Dorycnium  suffructicosum  VilL 
^  Cistus  monspeliensis  L.(fl.) 
^      „         albidus   L.,    beginnt   zu 

blühen. 
Cistiis  Clusii  Dun. 
Teucrium  maruiti  L. 
^  „        pol i um  L. 

^  Satiireia  graeca  L.,  v.  niicran- 

tha  (Brot.)  Briq.  (1895  ). 
Lacaudida  doitata  L. 
^  Glohularia  alypuni  L. 
^Riibia  peregri)ia   L.,   überzieht 

mit  Vorliebe  die  talayots. 
Helichrysum  stoechas  DC. 


C.  Begleitpflanzen  (31). 
Machrochloa    ten((cissima   Kth.      Viola  arhoresceus  L. 


(fl.),  spärlich. 
*  Aiidropofjon  pubescois  Vis. 
^  Melica  niinuta  L. 
'-Ophrijs  fenthredifiifera  W. 
^  Arisarum  vulgare  Targ.-Tozz. 
^  Urginea  scilla  Steinh.  (fol.) 
^  (ifjnaudriris sisijrinch /^/;y^Parl. 


Polijgala  rupestris  Pourr. 
-  Silene  colorata  Poir. 
Biscutella  stenophylla  Duff. 
Lotus  creticus  L. 
^  Scorpiurus  subrillosa  L. 
Argyrolobium      Linnaeanum 
Walp. 


Botanische  Rei<estiidien  von  der  spanischen  Mittehneeiküste. 


43 


*  Trifolium  stellafu/x  L. 
^  AuthijUis      ridner<t)-i((     L.     l\ 

>'nbrifl(»'(i  Ser. 

^  Eryngiuni  canipestre  L,  (fol.) 

^ Sediun  alfissiiniini  Poir.  (fol.) 

Linum  na/'bofie/tse  L. 

Plantayo  cynops  L. 

^Cynoglossum  jjictiun  Ait. 

LithospeDtiuin  fruficosu/n  h., 
ein  kleines,  dem  Boden  spalier- 
artig angepresstes  Sträuchlein, 
mit  lebhaft  tief  blauen  Blüten. 

^*Marrubiu)ii  vulgare  L. 

^  Satureia  graeca  L.,  v.  micrcni- 
tha  (Brot.)  Briq.  (1895). 

Ceratocalyx  inao'oJepis  Coss.  auf 
Cistus  Clusii  Dun. 

^  Galium  saccharatu)u  All. 

*  Vaillantia  hispida  L. 
-  Eva.v  pymaea  (L.)  Pers. 
'Asferiscus  tnrtritiinus  Less. 
^Galactifes  tonwntosa  Mch. 
^  Urosp>ennuui  picroides  Desf. 

Auch  unter  dieser  Liste  finden 
sich  wieder  einige  weitere  Arten 
von  vorwiegend  westlich-  und 
südlich  -  mediterraner  oder  von 
iberischer  Verbreitung. 

a)  Westlich-mediterrane 
Arten:  T euer  i  um  mar  um  L.  bis 
Korsika- Sardinien.  —  Argyrolo- 
bium  Linnaea/ium  Walp.  mit 
Ostgrenze  in  Dalmatien-Kroatien. 
Plantago  cynops  L.  geht  im  Mit- 
telmeergebiet östlich  bis  nach  Ita- 
lien. Lotus  creticus  bis  Sizilien, 
die  Angabe  auf  Kreta  ist  fraglich: 
Cneorum  tricoccum  L.  bis  Norditalien  und  Sardinien;  Dorycnium 
suffruticosum   Vill.  bis  Ligurien,  Korsika-Sardinien. 

ß)  Südlich -mediterran:     VailUnitia    hispida    L.      Von    Süd- 
spanien   und   Nordafrika   nach   Kalabrien,    Südgriechenland    bis  nach 


Fig.  '2.     Macrochloa   tenacissima  Kth. 

(Orip.).     Grundständige   Blätter   mit   der 

stranssenfederartigen  ä'/2  bis  4  cm  langen 

Ligula.     Natural.  Grösse. 


44  M.  Kikli. 

Persien   und    Gyjiandnris   sisyrinchium  Pari,    von    Südspanien    bis 
Crriechenland,  mit  einem  sehr  vorgeschobenen  Posten  in  Ligurien. 

y)  Iberisch-mauritanisch:  Zum  erstenmal  begegnet  uns,  aller- 
dings nur  spärlich,  das  Haifagras  {Macrochloa  tenacissima  Kth.), 
jenes  bis  über  mannshohe,  äusserst  xerophytische  Steppengras  mit  den 
langen  harten,  eingerollten  Blättern.  Die  grundständigen  Blätter  sind 
ferner  durch  eine  gewaltig  entwickelte,  bis  40  mm  lange,  straussen- 
federartige  Ligula  ausgezeichnet  (Textfigur  2).  Die  Halme  werden 
über  2  m  hoch  und  endigen  in  einer  stattlichen  langbegrannten 
Blütenrispe;  die  bis  7  cm  langen  Grannen  sind  gekniet^  der  untere  Teil 
abstehend  seidig  behaart,  der  distale,  etwa  4V2  cm  lange  abgebogene 
Abschnitt  ist  dagegen  kahl.  Das  Gras  tritt  immer  büschelartig  auf; 
es  ist  die  Leitpflanze  der  Haifasteppe,  welche  in  Nordafrika  von 
Marokko  bis  Tunesien,  besonders  auf  den  Hochflächen  der  Schotts 
und  in  Süd-  und  Zentralspanien  gewaltige  Gebiete  in  Anspruch  nimmt. 
Auch  in  Südportugal  und  in  der  Litoralsteppe  von  Murcia  und  Ali- 
cante  sind  diese  Grassteppen  einst  allgemein  verbreitet  gewesen,  jetzt 
aber  durch  die  fortschreitende  Kultur  vielfach  zurückgedrängt. 

ö)  Makroiberisch:  Viola  arborescens  L.,  jedoch  in  Südfrank- 
reich selten.  HeUcmthemum  juarifolnini  {Ca.Y.),'DC.,  v.fomentosum 
Wk. ,  in  Südfrankreich  bei  Marseille  und  Arles.  Lifhosjjermum 
fruticosum  L.  in  Südfrankreich  bis  Marseille.  —  An  den  Felsen  beim 
Cabo  S.  Antonio  fanden  sich  endlich  noch:  Ephedra  fragiUs  Desf., 
ein  südlich-mediterranes  bis  über  2  m  hohes  Rutengewächs  mit  ge- 
gliedertem, sehr  brüchigem  Stengel ;  die  Larafef^a  ))iarifi»ia  Goua.n, 
ein  westmediterraner  Kleinstrauch,  der  sich  mit  besonderer  Vorliebe 
an  Strandfelsen  ansiedelt.  Zwischen  Steinen  und  Felsen  hat  sich 
wieder  massenhaft  die  Arenaria  ))iontana  L.  angesiedelt,  auch  das 
zarte  gelblich-grün  blühende  ^Galiuni  i^arisiense  L.  fehlt  nicht,  dazu 
gesellen  sich  die  dichten  gläuken  Büschel  von  DiafifJius  lusifauiciis 
Brot.  fr.  (fol.)  und  endlich  eine  ganz  kleine  Linaria  mit  sukkulenten 
Blättchen  und  sackartigem  Sporn  (Lifiaria  origanifolia  [L.]  DC), 
deren  Verbreitungsareal  sich  von  Aragonien  bis  in  die  Sierra  Nevada 
erstreckt,  aber  nirgends  über  die  iberische  Halbinsel  hinausgeht. 

Auf  dem  Kalkplateau  des  Cabo  S.  Antonio  erheben  sich  noch 
ganz  vereinzelte  Aleppoföhren  {^Pinus  haJepensis  Mill.);  sie  zeigen 
alle  ein  krüppelhaftes  Aussehen.  Die  Krone  ist  von  den  heftigen 
Seewinden  ganz  zerzaust,  das  Kadelwerk  meist  stark  von  Prozessions- 
raupen befallen  und  zudem  das  Geäst  oft  noch  von  den  Ziegenhirten 
elend  verstümmelt,  —  es  sind  die  einzigen  kümmerlichen  Vertreter 
des  Baumwuchses. 


Botanische  Reisesludien  von  der  spanischen  Mittehneerküste.  45 

d)  Flora  der  Scliuttplätze  und  >Vegl)orde  der  Umgebung  von  Denia. 

^  Arisaruin  rulc/are  Targ.-Tozz.  ^  Plantago    »larififua    L.    (vor- 

^*Fu)naria  p(iri'iflo)-<i  Lam.  wiegend  atlantisch). 

*  Glaucium  flavuui  Crantz  ^  Verbascum  sinuatuui  L. 

^^Stellaria  media  (L.)  Cirillo  ^*La))uiun  amplexicaule  L. 

* Sedutn  dasyphijUum  L.  ^  Vaillantia    hispid((    L. .     süd- 

Medicayo  truncatula  Gaertn.  v.  mediterran. 

longeaculeata  Urb.  *  A)ithemis  cotula  L. 

^ MesembrijanthemuDi     )wdißo-  ^Calendula  arre/isis  L. 

runi  L.  Centaurea  aspera  L.,  westniedi- 

^*Scandix  i)ecten  Lwnen's  L.  terran. 

^ Phnitago  lofjopus  L.  '^Cynara  carduuculus  L. 


8.  Der  Monte  Mongo. 

>23.  III.  1905. 

Der  Monte  Mongo  erhebt  sich  im  Süden  von  Denia  zu  einer  Höhe 
von  nur  761  m,  es  ist  ein  wildes  Kalkriff  (obere  Kreide),  welches  sich 
fast  unvermittelt  aus  dem  weinbepflanzten  Hügelland  erhebt.  Die  senk- 
recht abstürzenden  Felswände  erinnern  einigermassen  an  den  Saleve 
bei  Grenf  oder  an  den  Südabfall  der  Curfirsten  gegen  den  Walensee. 
Trotz  der  geringen  Erhebung  erforderte  die  Besteigung  einen  ganzen 
vollen  Tag  und  wir  mussten  schliesslich  froh  sein,  noch  vor  völliger 
Dunkelheit  das  Felsenrevier  des  Berges  verlassen  zu  können.  Welch 
abscheulicher  Berg,  dieser  Mongo!  Kein  Baum  gibt  Schatten;  am 
ganzen  Berg,  in  einer  abgelegenen  Felsenhöhle  eine  einzige  Quelle, 
um  deretwillen  uns  der  Führer  zu  einem  gewaltigen  Umweg  veran- 
lasste. Nicht  einmal  ein  Saumpfad  führt  auf  den  Gipfel,  unser  Weg 
geht  über  Stein  und  Geröll,  an  senkrechten  Felswänden  vorbei  und 
der  intensivsten  Insolation  ausgesetzt,  auf  das  Gipfelplateau  Das- 
selbe ist  ganz  verkarstet  (Taf.  H  Fig.  3),  der  Kalk  von  unzähligen, 
tief  einschneidenden  Rinnen  durchzogen;  glücklich  schätzen  wir  uns, 
wenn  zwischen  den  Rinnen  noch  mehr  oder  weniger  zusammen- 
hängende Felsplatten  erhalten  geblieben  sind,  aber  zur  Qual  wird  die 
Wanderung,  wenn  die  Rinnen  dicht  gedrängt  verlaufen  und  nur 
messerscharfe  Rippen  und  Leisten  zwischen  sich  lassen.  Alle  Sinne 
sind  auf  das  äusserste  angestrengt,  es  ist  ein  kontinuierlicher  Kampf 
um  das  Gleichgewicht.  Die  erhitzte  Luft  ist  in  zitternder  Bewegung, 
halb  betäubt  strebt  man  dem  nächsten  Vorsprung  zu,  in  der  Hoffnung, 
nun  endlich  am  Ziele  zu  sein,  doch  es  ist  wiederum  nur  eine  Täuschung, 
denn   vor   uns   liegt    ein    tiefer  Einschnitt    und  dann  folgt  ein  neuer 


4ß 


M.  Rikli. 


Gipfel.  Wird  es  wohl  der  letzte  sein?  Wir  haben  schliesslich  das 
grausame  Spiel  aufgegeben,  ohne  den  vordersten  Gipfel  erreicht 
zu  haben. 

Auch  der  Florencharakter  des  Mongo  zeigt  dasselbe  Bild  trost- 
losester Dürre  und  Monotonie,  ein  allgemeiner  Charakterzug  beinahe 
aller  ost-  und  südspanischen  Sierren.  Der  Monte  Mongo  ist  ein  aus- 
gesprochener „Geisberg",  bedeckt  mit  dürftigen  Garigues  oder  stellen- 
weise auch  mit  Felsenheiden.  Da  aber  die  umliegenden  Ortschaften 
ihre  Ziegen  und  Schafe  auf  dem  Berge  weiden  lassen,  so  sind  alle 
Pflanzen  verstümmelt  und  verfressen.  Trotzdem  gewährt  die  Flora 
durch  ihre  vielen  seltenen  Arten  und  das  Vorkommen  einiger  Ende- 
mismen  ein  ganz  besonderes  Interesse.  Dies  gilt  allerdings  fast  nur 
von  der  Felsflora,  wie  sie  besonders  schön  in  der  Umgebung  der 
Mongoquelle  entwickelt  ist. 

A.  Flora  von  Denia  bis  zur  Mongoquelle. 

Diese  Strecke  liegt  beinahe  ganz  in  der  Region  der  Rebe;  ein- 
gestreut sind  hin  und  wieder  einzelne,  bereits  ziemlich  belaubte 
Feigenbäume.  Sobald  der  eigentliche  Aufstieg  beginnt,  löst  sich  die 
Rebkultur  in  einzelne  Parzellen  auf,  zwischen  diesen  Rebterrassen 
erscheint  die  Felsenheide. 

(/)  Acker-  und  Ruderalflora  (Wegränder). 

^ LaDiarclia  aiirea  Mönch.  ^*Senecio  vulgaris  L. /.  viUosus 
Carex  divulsa  Huds.  f.  Rikli  nov. 

Eiq)horbia  characias  L.  Centaurea  pullata  L. 

Mercurialis  tomentosa  L.  ^ Sonchus  tenerrimus  L. 

^EchiuDi  cahjdnum  Viv.  ^ Hyoseris  scahra  L. 


h)  Felsenheide. 

^  Brachyi^odium    ramosum    (L.) 

R.  et  S.,  vorherrschend. 
Chamaerops  humilis  L. 
•  Orchis  mono  L. 
-  Qu  er  CHS  cocdfera  L. 
Rhammis  lydoides  L. 
Pohjfjala  rupesfris  Pourr. 
Arenaria  montana  L. 
^  Psoralea  bitwninosa  L. 
Fffnunculus  gramineus  L.,  west- 


mediterran. 

Cynoglossum  cheirifoUum  L. 

ConvoJv}dus  kr/niginosusDesr.,  r. 
sericeus  Boiss.,  makroiberisch. 

Phlomis  hjchnitis  L. 

Thymus   vulgaris  L.    (oft   Leit- 
pflanze). 

Lavandula  dentata  L. 
,,  .        tnultifida  L. 

Helichrysum  stoechas  DC. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittehneei'küste.  47 

B.   Flora   der  Felsabstürze  des  Monte  Mongo   (ca.  350  m). 
(Von  der  Mongoquelle  bis  zum  Kamin.) 

(/)  Felsflora.  Potcriiim  (oicistroides  Desf.  Die  kräftigen, 
stark  verholzten  Pfahlwurzeln  dieser  Pflanze  sitzen  tief  in  den  Fels- 
ritzen und  tragen  grosse,  bis  20  cm  im  Durchmesser  erreichende 
kompakte,  mehr  oder  weniger  kugelige  Polster.  Die  fünf-  bis  sieben- 
paarig gefiederten  Blätter  besitzen  kleine  rundliche,  vorn  gleichmässig 
eingeschnitten-gezähnelte  Blättchen;  später  fallen  die  Fiederblättchen 
ab,  die  alten  Blattspindeln  bleiben  aber  noch  lange  als  schützende 
Hülle  stehen.  Die  Fruchtstiele  krümmen  sich  beim  Verblühen  ganz 
wie  bei  unserer  Linaria  cijnibalaria  (L.)  Mill,  negativ  heliotropisch 
gegen  die  Felswand.  Im  Wurzelort  stimmt,  wie  Max  Oettli  gezeigt 
hat  (20),  dieses  an  den  scheinbar  nahezu  spaltenlosen,  senkrechten 
oder  selbst  überhängenden  Felsen  auftretende  Poterium  ganz  mit 
unserer  Paten tilla  caulescois  L.  überein.  Die  Pflanze  gehört  dem 
iberisch-mauritanischen  Florenbestandteil  an.  In  Oran  findet 
sie  sich  mehrfach,  dagegen  ist  sie  in  Spanien  nur  von  der  Sierra  de 
Gador  und  aus  der  Provinz  Valencia  bekannt. 

Diplotaxis  brassicoides  Rouy  v.  maritima  Rouij  in  Willkomm 
Illustrationes  florae  Hispaniae  insularumque  balearicum  T.  I  (1881 — 85) 
t.  LXXXV.  Text  p.  Ul.  Durch  Süd-  (Sierra  Nevada)  und  Südost- 
spanien verbreitet,  die  var.  maritima  Rouy  nur  am  Mongo  und  an 
Strandfelsen  bei  Denia.  Biscutella  montana  Cav.  gehört  zum  Formen- 
kreis unserer  Biscutella  laevigata  L.,  unterscheidet  sich  aber  sofort 
durch  die  breiteren,  dichtwollig -zottig  behaarten  Blätter,  das  Ver- 
breitungsareal dieser  schönen  Pflanze  ist  sehr  beschränkt,  denn  sie 
findet  sich  nur  auf  einigen  Sierren  von  Valencia  bis  Granada. 

Hippocrepis  valentina  Boiss.  ist  ein  eigentlicher  Felsenstrauch. 
An  der  Mongoquelle  hat  er  sich  in  Felsspalten  angesiedelt,  er  ent- 
wickelt lange,  graziös  herabhängende,  an  den  Enden  wieder  etwas 
aufsteigende  Äste  und  ist  über  und  über  mit  goldgelben  Blüten  be- 
deckt. Diese  Art  besitzt  im  Süden  der  Provinz  Valencia  eine  sehr 
lokale  Verbreitung;  nahe  verwandt  ist  die  auf  den  Balearen  (Mallorca) 
endemische  Hippocrepis  balearica  Wulf. 

Scahiosa  saxatilis  Cav.  (fol.)  hat  grosse,  wollig -filzige  Blatt- 
rosetten, welche  dicht  gedrängt  aus  einer  verholzten  Grundachse  ent- 
springen und  so  auch  eigentliche  Polster  bilden.  Die  elliptisch-lan- 
zettlichen Blätter  sind  ganzrandig.  Prächtig  muss  der  Anblick  dieser 
Pflanze  zur  Blütezeit  sein,  wenn  sich  auf  dem  fusshohen  Stengel  die 
grossen  blendend  weissen  Blütenköpfe  erheben.  Auch  diese  Art  ist 
wiederum  ein  montaner  Endemismus  der  Provinz  Valencia. 


48  M.  Rikli. 

HijDienostemma  Fofifa/tesii  Wk.  =^  Chrysanthemum  setabense 
Duf.  =  Leucanthemum  glabrum  Boiss.  et  Reut. ,  eine  kleine ,  kahle, 
einjährige  Mararethenblume  mit  etwas  sukkulenten,  spatelig,  grob 
eingeschnitten  gezähnten  Blättern.  Das  Hauptverbreitungszentrum 
von  H.  Fontanesii  Wk.  liegt  in  den  Atlasländern,  wo  die  ausser- 
ordentlich vielgestaltige  Pflanze  von  der  Küste  bis  in  die  Bergregion 
sehr  verbreitet  ist.  Die  Art  zerfällt  in  eine  grössere  Anzahl  von 
Varietäten,  die  z.  T.  eine  recht  beschränkte  Verbreitung  aufweisen. 
In  Spanien  ist  diese  Pflanze  nur  südlich  von  Valencia  vertreten  und 
zwar  in  Murcia  und  Granada  einzig  in  der  ra/\  miüxicum  Gay,  einer 
Abart  mit  tief  zerschlitzten  Blättern. 

Dianthus  Jiisitanicus  Brot,  (fr.)  fol. 

Lavatera  marifinia  Gouan,  westlich -mediterran;  Rhammis 
hjcioides  L.,  spärlich.  Rh.  alatenms  L.  versum  v.  balearicus  Wk.. 
Annäherungsform  mit  dem  Boden  angepressten  Zweigen  und  kleineren, 
schwach  gezähnelten  Blättern;  ^*Hedera  helix  L.  (fol.),  überzieht 
ganze  Felspartien  und  zeigt  in  der  Ausbildung  der  Blätter  eine  grosse 
Vielgestaltigkeit;  ^Crataegus  )no/iogij?ia  Jacq.  und,  auf  vorspringenden 
Felsen,  jedoch  immer  spärlich:  ^Ficus  carica  L.  (foL). 

Von  Gefässkryptogamen :  ^  Selaginella  denticulata  Spring., 
^^Asplenum  trichomanes  L.,  ^*A.  adianium  nigrum  L.;  feuchte, 
überhängende  Felsen  bedeckt  das  Venushaar  i^ Adiantuni  capillus 
veneris  L.)  und  an  heissen  Stellen  wuchert  der  xerophytische  ^'J-ä'- 
pleniDU  ceterach  L.  Stellenweise  sind  die  Felswände  von  Tham- 
nolia  vernücularis  Ach.,  einer  grauweisslichen ,  lange,  wurmartige 
Thallome  bildenden  Flechte  ganz  überzogen,  und  dazwischen  zieht 
eine  Cyanophycee  breite  schwarze  Tintenstriche. 

h)  Garigues.  —  Unter  dem  sich  in  einer  Höhe  von  200—250  m 
über  ca.  2  km  hinziehenden  Felsband  breitet  sich  eine  dürftige  Gari- 
gue  aus: 

ChüDKierops  huniil/'s  L.,  vorherrschend  (fol.). 

Erica  /fiulfißora  L.  (fr.)  fol.,  reichlich  und  zuweilen  auch  als  Fels- 
pflanze auftretend. 
^Cisius  albidus  L.  (fl.)  fol.  ^Ju/uperus  oxycedrus  L.,  spär- 

,,        Chisii  Dun.,  reichlich.  lieh. 

^  Bosniarinus  o^'n'//aJisL., reich-      Ephedra  fragilis  Desf. 
lieh.  ^  Pinus  halepteusis  Mill. 

Die  Aleppoföhre  ist  nur  spärlich,  meist  in  niederen,  vom  Schmal- 
vieh verbissenen  Büschen  vertreten;  vereinzelt  finden  sich  hin  und 
wieder  auch  kleine  verkrüppelte  Bäumchen.  Dazu  gesellen  sich 
nun   noch   einige    klimmende  und   schlingende  Pflanzen,    die  sich  ge- 


x 


CO 
CO 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  49 

legentlich  auch  in  grosser  Menge  auf  den  Felsköpfen  ansiedeln: 
tSniila.r  a sperrt  L.,  in  einer  Form,  deren  Blätter  auffallend  ver- 
längert (Spreite  bis  5,2  cm  lang  und  nur  6  bis  8  mm  breit),  schmal- 
länglich-lanzett  und  weisslich  gefleckt  sind,  ferner  ^Asparagus  acuti- 
folius  L. ,  ^Rubia  peregrhia  L. ,  -  Lonicera  implexa  Ait. ,  auch 
'Rosa  sempervirens  L.  fehlt  nicht  ganz,  häufiger  nistet  sich  dagegen 
zwischen  den  Felsblöcken  ^*Ruhus  amoenus  Port.  ein. 

Zwischen  diesem  Gesträuch  und  Gebüsch  treten  die  Blattbüschel 
der  ^Urginea  sciJJa  Steinh.,  sowie  ^Arum  italicitui  Mill.  und  AspJio- 
(lelus  albus  Mill.  auf.  Von  den  dicotyledonen  Stauden  und  Kräutern 
sind  vorhanden:  ^ Teuer ium  poliuni  L.  (fol.),  der  sukkulente  ^Uni- 
bilicus  penduUnus  DC.  (fol.)  mit  seinen  schildförmigen  Blättern  ist 
sehr  häufig;  ferner  Liiuini  narhonense  L.,  ^Silene  colorata  Poir.. 
Arenaria  niontana  L.,  ^Ruta  chalepensis  L.  v.  angustifoUa  (Pers.) 
Wk.,  dazwischen  sprosst  das  zarte  Thalictrmn  tuberosum  L.,  auch 
wieder  eine  makroiberische  Art  und  das  nicht  weniger  zierliche  Cofto- 
j)0(Uu//i   niajjis  (Gouan)  Loret  hervor. 

C.    Das  verkarstete   Gipfelplateau   des  Mongo  (600  bis  761  m). 

Ende  März  ist  die  Vegetation  auf  dem  verkarsteten  Gipfelplateau 
des  Mongo  noch  sehr  zurück,  Die  langandauernde  Trockenperiode 
hat  wesentlich  dazu  beigetragen,  die  Entwicklung  der  Pflanzenwelt 
zu  verzögern.  So  ist  uns  wohl  mancher  interessante  Vertreter  der 
i-eichen  Flora  des  Mongo  entgangen;  viele  Pflanzen  haben  wir  auch 
nur  im  vegetativen  Zustande  gesammelt,  so  dass  die  Bestimmung 
mit  viel  Schwierigkeit  verbunden  war  und  leider  nicht  immer  zu 
der  wünschenswerten  Sicherheit  führen  konnte. 

a)  Nordseite.  Rhamiius  alaternus  L.  versus  var.  balearirus 
Willk.,  Äste  spalierartig,  dicht  dem  Boden  angepresst. 
L  lex austral IS Clem.(fY.)Yeich\ich.      ^  Teuc)-iu)ti  poJiuiti  L.  (,fol.) 
Erica  multiflora  L.  (fr.)  ^ Pistacia  Jentiscus  L.,  spärlich. 

Dapline  g/tidiuni  L.  (fol.)  reich-      CaJycotonie  spinosa  Lk.,  spärlich, 
lieh.  "^  Asparagus  acufifolius  L.  (fol.) 

Tlnjiuus  vulgaris  L.  ^* Ruscus  aculeatus  L.  (fr.) 

Sniilax  asper((  L.  bedeckt  besonders  an  den  typischen  Karren- 
stellen in  grösster  Menge  das  Kalkplateau  und  zwar  in  einer  höchst 
eigentümlichen  Ausbildung  {var.  balearica  Wk.^),  wie  ich  sie  auch 
massenhaft  auf  der  Atalaya  de  Albercuitx  gegen  das  Kap  Formentor, 

')  Hartwich,  G.  \]heY  Smilax  aspera  (mit  zahlreichen  Abbildungen).  Sclnveiz. 
Wochenschrift  für  Chemie  u.  Pharmazie.     1907.   No.  10. 

Vierteljahrssohrift  d.  Naturf.  Gps.  Zürich.     Jahrg.  52.     1907.  4 


50  M.  Rikli. 

an  der  Nordostküste  Mallorcas,  angetroffen  habe.  Die  Pflanze  klettert 
nicht  mehr,  sie  wird  nur  etwa  1  Fuss  hoch,  die  Blätter  sind  grössten- 
teils abgeworfen  und  die  eigentümlich  hin  und  her  gebogenen,  starren 
und  stacheligen  Verzweigungen  ineinander  verflochten  (34),  —  ein  Scrub 
en  miniature. 

^*  Hedera  helix  L.  (fol.)  überzieht  öfters  die  Nordseite  der 
Felsen. 

Dazu  gesellen  sich  nun  noch  eine  Reihe  Gräser,  Stauden  und 
Kräuter.  ^Bracliijpodium  ramosiim  (L.)  R.  et  S.,  die  häufigste  Art, 
mit  der  Smilax  überall  massenhaft,  zwischen  und  aus  den  durch- 
löcherten Kalkblöcken,  hervortretend. 

BiscuteUa  laevigata  L.   var  .  .  .     ^  Sedum  dasyphyUum  L. 

eine  Mikroform  der  sehr  viel-      *"*  AnagalUs  arvensis  L.,  s.  sp. 

gestaltigen     Art,     weil    ohne  coerulea  Schreb. 

Frucht   nicht  näher  bestimm-     *"  Galium  saccharatum  All. 

bar;  gleicht  der  B. pt/renaica      HeUchrysum  stoechas  DC. 

jjuet.  HeJichrysum  deciimbens  Camb., 

*H2itchinsiapetraea(L.)^.^Y.{iv.)  von    vorwiegend   makroibe- 

^Sedmn  altissimum   Poir.   (fol.)  rischer  Verbreitung. 

Eine  besondere  Zierde  sind  die  sehr  reichlich  vorhandenen  und 
im  schönsten  Flor  stehenden  Jonquillen  {Narcissus  serotinus  L.) 
und  die  hin  und  wieder  aus  der  trostlosen  Umgebung  emporragenden 
zierlichen  Glocken  der  Fritillaria  messet nensis  Raf.,  beides  vor- 
wiegend südlich  mediterrane  Arten.  Die  Felsblöcke  selbst  sind  end- 
lich mit  Funaria  hygrometrica  (L.)  Sibth.  und  TorteUa  squarrosa 
(Brid.)  Limp.  besetzt.  Das  letztere  Moos  ist  im  Mittelmeergebiet  all- 
gemein verbreitet  und  tritt  oft  sogar  in  grösster  Menge  auf,  neuer- 
dings wurde  dasselbe  auch  in  der  Schweiz  bei  Bex  nachgewiesen; 
eine  der  nördlichsten  Stationen  dieses  südlichen  Mooses  ist  die  Garides 
des  Kaiserstuhls  bei  Freiburg  im  Grossherzogtum  Baden. 

Nur  um  und  an  den  Felsen  des  Grates  und  zwar  einzig  auf  deren 
Nordseite  wachsen  folgende  Arten :  ^*Bu.rus  sem2)ervirens  L.,  ^Ju/ti- 
perus  phoenicea  L.;  Bupleuruiu  s2)iuosum  Gouan  bildet  kleine, 
stachelige  Sträuchlein,  welche  noch  die  vorjährigen  Infloreszenzen 
tragen;  Phlouiis  lychnitis  L.  hat  hier  oben  noch  keine  Blütentriebe 
entwickelt,  die  filzigen  länglich-ovalen,  in  den  Blattstiel  verschmälerten, 
grundständigen  Blätter  entsprossen  da  und  dort  dem  steinigen  Boden : 
auch  das  Poteriiun  ancistroides  Desf.  (fl.)  findet  sich  am  Gipfelgrat: 
endlich  haben  sich  zwischen  den  Felsritzen  noch  zwei  seltene,  ento- 
iberische  Linarien:  Linaria  origanifolia  (L.)  DC.  und  die  gelb- 
blühende Linaria,  Haenseleri  Boiss.  et  Reut,  angesiedelt. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  51 

ß)  Südseite.  Vorherrschend  sind:  ^Brachypodium  raniosum 
(L.)  R.  et  S.  und  Chamaerops  humilis  L.,  auch  ^Quercus  coccifera 
L.  spielt  stellenweise  eine  führende  Rolle.  Reichlich  vertreten,  ohne 
jedoch  Leitpflanzen  zu  sein,  sind :  Asjjaragus  horridiis  L.,  ^Cishis 
(ilhidus  L.,  Helianthemiini  marifolium  (Cav.)  DC,  Lavandula 
dentata  L.,  ^l^eucriuni  polUun  L.  und  Ranuncidus  gratnineus  L. 
rar.  In ziilaefolius  Boiss.  Nur  vereinzelt  treten  auf :  ^Urginea  Scilla 
Steinh.,  ^Arisarum  vulgare  Targg.-Tozz.,  ^*Tamus  communis  L., 
^  Ophrys  fenthrcdiniferaW.  und  endlich  Arenaria  niontaiia  L. 

Von  einer  regionalen  Gliederung  der  Flora  des  Monte  Mongo 
kann,  wie  diese  Pflanzenlisten  zeigen,  kaum  gesprochen  werden.  Wohl 
haben  wir  auf  dem  Grat  einige  Arten  angetroffen,  die  wir  in  der  unteren 
Region  des  Berges  nicht  beobachtet  haben:  Fritillaria  messanensis 
Raf. ,  ^^Buxus  senipervirens  L.,  ^ Juniperus  phoenicea  L,,  die 
beiden  Linarien  usw.  Mehrere  dieser  Arten  haben  wir  jedoch  in  Ost- 
spanien wiederholt  auch  in  der  eigentlichen  Kulturregion  angetroffen. 
Die  wenigen  übrigen  Arten  können  ebenfalls  kaum  als  montane  Pflanzen 
gelten,  zudem  treten  sie  auch  nicht  in  solchen  Mengen  auf,  dass  sie 
den  Gesamtcharakter  der  Flora  des  Gipfelplateaus  in  erheblicher 
Weise  beeinflussen.  Dasselbe  gilt  für  die  beiden  verschiedenen  Ex- 
positionen des  Berges.  Auf  beiden  Seiten  dominiert  ^Brachypodiuin 
ramosuni  (L.)  R.  et  S.,  auf  der  Nordseite  gesellt  sich  hauptsächlich 
^Sniilax  aspera  L.  und  ^Daphne  gnidiuni  L.  dazu,  auf  der  Süd- 
seite sind  es  in  erster  Linie  Chamaerops  humilis  L.  und  ^Quercus 
coccifera  L.,  alles  Pflanzen,  die  wir  erst  gestern  am  Meere  zwischen 
Denia  und  dem  Cabo  de  S.  Antonio  gesammelt  haben.  Da  zudem  der 
ganze  Mongo  aus  Kalk  besteht,  so  gewährt  auch  die  geognostische 
Unterlage  keine  Möglichkeit  einer  Abwechslung  in  der  Zusammen- 
setzung der  Flora.  Verschiedenheiten  gestattet  einzig  der  Wechsel 
der  Standortsverhältnisse:  Anstehender  Fels,  Geröllhalden,  trockene 
Karfluren,  steinige,  flachgründige  Abhänge.  Da  aber  diese  Standorts- 
bedingungen stets  wiederkehren,  so  bleibt  sich  auch  der  Vegetations- 
charakter gleich.  Grösste  Monotonie  ist  daher  das  Wahr- 
zeichen der  Flora  des  Mongo. 


9.  Benisa  und  Umgebung. 

25.  III.  1905. 

Benisa  liegt  im  Bergland  der  Halbinsel  von  Alcoy,  etwa  drei 
bis  vier  Wegstunden  von  der  Küste,  gegen  die  sich  Hügel  an 
Hügel  hinzieht.  Auch  Benisa  ist  wiederum  von  Kulturgelände  um- 
geben.    Der  Weinbau,    wie  in  Denia  hauptsächlich  für  den  Rosinen- 

4 


52  M.  Rikli. 

export  bestimmt,  bildet  die  Haupterwerbsquelle  der  Bevölkerung.  Es 
ist  wirklich  bewunderungswürdig,  mit  wie  viel  Fleiss  und  Ausdauer 
dieselbe  den  steinigen  und  ausgetrockneten  Boden  bebaut.  Die  ganze 
Landschaft  ist  terrassiert,  nur  wenige  Stellen  sind  der  ursprünglichen 
Pflanzenwelt  erhalten  geblieben;  es  ist  um  Benisa  hauptsächlich  die 
Felsenheide,  wohl  weil  der  Anbau  dieser  unproduktivsten  Stellen 
zuletzt  in  Angriff  genommen  wird.  In  grösserer  Entfernung  vom  Ort, 
am  Weg  zum  kleinen  Hafenstädtchen  Calpe,  sind  jedoch  auch  noch 
typische  Garigues  und  dürftige  Monte  bajo  vorhanden. 

Da  zur  Zeit  unserer  Anwesenheit  in  Benisa  die  Weinreben  ihr 
Laub  noch  nicht  entfaltet  hatten,  überwog  überall  die  Erdfarbe.  So 
ist  denn  das  Bergland  von  Benisa  ausserordentlich  kahl,  beinahe  von 
afrikanischem  Gepräge,  Die  Berge  sind  noch  kahler,  sie  nehmen  viel- 
fach den  Charakter  eigentlicher  Felswüsten  an.  In  diese  Landschaft 
passt  ganz  vorzüglich  das  düstere  Benisa,  dessen  Häuser  mit  flachen 
Dächern  aus  Rinnenziegeln  bedeckt  und  deren  Mauern  meist  ohne 
jeglichen  Verputz  sind.  Der  Ort  erinnert  so  lebhaft  an  Bilder,  wie 
man  sie  etwa  aus  den  wilden  Bergen  Albaniens  zu  sehen  bekommt. 
Die  Bevölkerung  lebt  ausserordentlich  dicht  zusammengedrängt,  — 
eine  Erinnerung  an  frühere  unsichere  Zeiten.  Reizvoller  muss  diese 
Landschaft  sein,  wenn  wenigstens  das  Kulturland  bis  zur  Küste  be- 
laubt ist  und  alle  Hügel  mit  anmutig  erfrischendem  Grün  bedeckt 
sind;  doch  von  langer  Dauer  wird  diese  Herrlichkeit  nicht  sein. 

Die  nähere  Umgebung  von  Benisa  besteht  aus  dürren,  lehmigen 
Kalkhügeln,  in  welche  Gewitterregen  tiefe  Erosionsfurchen,  ja  z.  T. 
förmliche  Schluchten  gezogen  haben.  An  diesen  beständig  in  Be- 
wegung befindlichen  Abhängen  sind  noch  in  sehr  lückenhaften,  offenen 
Formationen  die  letzten  Überreste  der  ursprünglichen  Pflanzenwelt 
erhalten  geblieben.  Neben  Felsenheiden  finden  sich  auch  noch  einige 
licht  bestockte  ^Pinus  halepensis -Wäldchen  mit  macchienartigem 
Unterholz,  jedoch  beinahe  nur  an  den  Nordhängen  kleiner  Erosions- 
schluchten. Neben  dem  stadtähnlichen  Benisa  sind  über  das  ganze 
weite  Land  nur  noch  einzelne  Häuser  zerstreut.  Auch  diese  Caserios 
liegen  meistens  am  Abhang  einer  Erosionsfurche,  sie  sind  umgeben 
von  Ä(/aveN-  und  ^  Ojninfia  Ficus  i/idica -Hecken  und  werden  fast 
stets  von  einigen  knorrigen  Ceratonien  beschattet.  Ein  kleiner 
Obstgarten  mit  einigen  Citronen-  und  Orangenbäumen,  mit  einzelnen 
Granatapfelbäumen  und  japanesischen  Misteln  {Mespilus  japonica 
Thunb.)  liegt  innerhalb  der  Umzäunung;  gelegentlich  sind  sogar 
noch  einige  Birnbäume  angepflanzt,  ein  Ackerchen  mit  Saubohnen  fehlt 
wohl  nie. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  53 

a)  "^Piniis  JialepensisAN'iXAchQxi  mit  macchienartigem  Unterholz, 
südlich  von  Benisa,  am  Abhang  einer  kleineren  Erosionsschlucht. 
Exposition  Ost.     Das  Unterbolz  besteht  aus : 

a)  Hauptbestandteile:  ^Quercus  cocdfera  L.  (foL),  ^Ros- 
marinus  offici/ialis  L.  (fl.)  fr.,  Ulex  australis  Clem.  und  ^Cistus 
saicifolius  L.  (fl.). 

|S)  Charakterpflanzen:  Calycotome  spinosa  Lk.,  -C.  villosa 
Lk.,  ^Crataegus  nwnogijna  Jacq.,  ^CorijJus  aveUfoia  L.,  ^Globu- 
laria  alypu/n  L.  (fl.)  fr.,  Erica  multiflora  L.  (fr.),  Thymus  vul- 
garis L.,  Rhamnus  alaternus  L.  versus  var.  balenricus  Wk.  und  sub- 
spontan ein  Exemplar  von  Opuntia  Ficus  indica  Mill.,  sowie  einige 
verwilderte  Granatapfelbäumchen. 

y)  Schlingpflanzen  durchwachsen  das  Gehölz  und  machen  das- 
selbe durcli  ihre  Menge  stellenweise  fast  undurchdringlich :  Aspara- 
gus  acutifoUus  L.,  ^Clematis  flamjnula  L. ,  ^*Rubus  atnoenus 
Port.,  ^Lonicera  implexa  Ait.  und  ^Rubia  peregrina  L. 

ö)  ünterflora  (Begleitflora):  ^Brachypodiuni  raniosum  (L.) 
R.  et  S.,  ^Audropogon  pubescetis  Vis.,  ^Oplirys  tenthredinifera  VV.; 
Onobrychis  saxatiUs  All.  mit  kleinen  blassroten  Blüten  und  feinen 
linealen  Fiederblättchen,  Argyrolobium  Linnaeanum  Walp.,  An- 
thyllis  cytisoides  L.  mit  etwas  sukkulenten,  aber  seidenhaarigen 
Blättern  und  langen  goldgelben  Blütentrauben,  eine  Prachtpflanze,  die 
jedoch  um  Benisa  nur  spärlich  vertreten  ist.  Moricandia  arrensis 
(L.)  DC,  eine  schwach  sukkulente,  kahle  Crucifere  mit  violetten  Blüten, 
^  Sedufn  alfissinium  Poir.  (fol.),  Eryngium  spec.  (fol.),  Ceratocalyx 
fuacrolepis  Coss.  (fl.),  Phagnalon  sordidum  DC.  und  ^ InuJa  vis- 
cosa  Ait.  (fr.)  fol.  mit  abgedorrten,  letztjährigen  Fruchtachsen.  Es 
sind  somit  meistens  Bestandteile  der  benachbarten  Felsenheiden,  welche 
in  die  Lücken  des  Unterholzes  hineinfluten. 

b)  Felsenheide flora  (45  spec).  —  In  dieser  sehr  offenen  For- 
mation sind  wiederum  vorherrschend:  ^Brachypodiuni  raniosum  (L.) 
R.  et  S.,    Ulex.  ausfralis  Clem.  und  Thymus  vulgaris  L. 

Dazu  kommen  noch  folgende  Arten: 
^* Poa  bulbosa  L.  Euphorbia  serrata  L. 

^  Urginea  Scilla  Steinh.  Polygala  riipestris  Pourr. 

^Cistus     salvifolius     L.,     spar-      Viola  arborescensL.  (ir.) 


lieh.  •  V.  odorata  L. 

Fumana  laevipes  Spach  ^Reseda  alba  L, 

Biscutella  stenophylla  Duf.  Euphorbia  sulcata  De  Lens.  var. 
Moricattdia  arvensis  (L.)  DC.  tubercidata  nov.  var. 

^  Rufa  chalepensis'L.  V.  angusti-  *  Eryngium  canipcstre  L. 

folia  (Pers.)  Wk.  Asper ula    cynanrhica    L.    s.   sp. 
^  Sedum  altissimum  Poir.  (fol.).  aristafa  (L.)  Briq. 


54 


M.  Rikli. 


gez.  L.  Schröter. 

Fig.  3  (Orig.)  1,5  :  1.  —  Sideritis  Eiklii  Briq.  nov.  spec.  1907. 

Originaldiagnose  in  J.  Briquet  Plantarum  novarum  vel  minus  cognitarum  decades, 

Annuaire  du  Conserv.  et  du  jard.  bot.  de  Geneve  vol.  X  (1907)  p.  105. 

Ganz  besonders  stark  sind  die  Papilionaceen  vertreten: 


^  Ononis  natrix  L. 

^  Ononis  reclinata  L. 

Anthyllis  cytisoides  L. 

^        ,,         tethraphyUa  L. 

^        ,,        vulneraria'L.v.rubri- 

flora  Ser. 
Asfragalus   nwnspessulanus  L. 


Asfragalus  Glaux  L. 
Onohrychis  saxatilis  All. 
Hedysarum  sjJt/iosissnuum  L. 
humile  L.  v.  major 
Lange  =  H.  Fontanesü  Boiss. 
Calycotome  spinosa  Lk. 
'^  Scorinunis  suhvUIosa  L. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittehneerküste.  5ö 

Und  von  Gamopetalen: 
^  Pla)itago  albicans  L.  z.T.  fl.       '^  Eosmarinus  ojficinalislj.,  sehr 

-  Globulan'a  ahjiiiim  L.  spärlich. 

~  Daphne  gnidium  L.  ^  Salvia  verbenaca   L.,   spärlich. 

-  Rubia  peregrina  L.  Sideritis  Biklii  Briq.   spec.  nov. 
Liniim  narbonense  L.  (1907)  [Textfigur  3]. 

Coris  monspeliensis  L.  (fol.).  Teucrium pseudochaniaepitijsli. 

^*  Anagallis  arvensis  L.  s.   sp.      Asperula    cynanchica    L.  s.   sp. 
roerulea  Schreb.  aristata  (L.)  Briq. 

Dazu  gesellen  sich  endlich  auch  noch  mehrere  Kompositen: 

-^  Inula  viscosa  Ait.  (foL).  Senecio  Unifolius  L. 

^  Phagnalon  rupestre  DC.  SantoUna  chamaecyparissus  L. 

Hei ichrij sinn  stoechas  DC.  ^  Asteriscus  spinosus(j(.G.  =  Pal- 
angustifolium  DC.  lenis  spinosa  Cass. 

In  dieser  Liste  ist  das  westmediterrane  Element  durch  vier 
neue  Arten  vertreten:  Asperula  aristata  L.  und  Santolifia  chaniae- 
cijparissus  L.  erreichen  noch  Dalmatien,  Anthyllis  cytisoides  L.  geht 
über  die  Balearen  bis  nach  Korsika  und  Onobrychis  saxatilis  All. 
folgt  den  mediterranen  Küstenlandschaften  von  der  Provinz  Alicante 
über  Südfranki^eich  bis  nach  Ligurien,  ohne  jedoch  auf  die  tyrrhenischen 
Inseln  überzugehen;  sie  findet  sich  auch  noch  in  Südtirol.  Moricandia 
arvensis  (L.)  DC.  ist  schon  eher  eine  südmediterrane  Pflanze, 
in  den  nördlichen  Teilen  des  Mittelmeerbeckens  fehlt  sie  grossen 
Strecken  und  wo  sie  hier  vorhanden  ist,  da  ist  sie  selten  (z.  B.  in 
Südfrankreich  einzig  bei  Marseille).  Senecio  Unifolius  L.  und 
Euphorbia  sulcata  De  Lens.  sind  iberisch-mauritanische 
Arten,  erstere  erreicht  auch  noch  die  Balearen;  letztere  Südfrank- 
reich (Montpellier.  Marseille). 

cj  Ruderalflora:  Um  Benisa  gibt  es  endlich  auch  noch  zahl- 
reiche Brachäcker,  die  eine  ziemlich  reichhaltige  Adventivflora  auf- 
weisen : 

^ La/narckia  aurea  Mch.  O  ^*  Vicia    sativa    L.    v.    oborata 
^  Allium  roseum  L.  2|.  Ser.,  in  Calpe.  O 

^Reseda  alba  L.  O  *•  Yicia  lutea  L.  v.  hirta  (Bal- 
Platycapnos     sj)icatus      Beruh.  bis)  Boiss.  O 

(westmediterran)  0  *  Yicia  peregrina  L.  O 

-Anthyllis  tetraphylla  L.  0  ^* Asperula  arvensis  L.  0 

-  Scorpiurus  subvillosa  L.  ©  -  Hyoscyanius  albus  L.  0 

^  Coronilla     scorpioides     (L.)  ^  Cynoglossum  pictuni  Ait.  0 

Koch  0  ^Anchusa  italica  Ftetz  2|. 


56  M.  Rikli. 

*  Linaria  simplex  DC.  (fr.)  O         ^  Inula  viscosa  Ait.  2|. 
Plantago  cynops  L.  2|.  ^  Bellis  annua  L.  O 

*-       „         lagopus  L.  O  ^ Rhagadiolus stellatus(L.)'DC.O 

•  Centaurea  calcitrapa  L.  O  Thrincia  hispida  Roth  O 

Von  diesen  22  Arten  sind  mithin  18  einjährig;  das  sind  86 ^o- 

10.  Von  Benisa  nach  Calpe  und  die  Punta  de  Ifach. 

26.  m.  1905. 

Von  Benisa  erstreckt  sich  bis  zur  Küste  eine  reichgegliederte^ 
jedoch  wenig  übersichtliche  Hügellandschaft.  Garigues  und  Felsen- 
heiden bedecken  dieselbe,  doch  gehen  die  beiden  Formationen  öfters 
ineinander  über.  Stellenweise  nehmen  die  Grarigues  beinahe  macchien- 
artigen  Charakter  an,  immerhin  werden  dieselben  nicht  über  andert- 
halb Meter  hoch.  Auf  der  ganzen  mehrstündigen  Strecke  begegneten 
wir,  jeweilen  von  Hundegebell  begrüsst,  nur  vier  primitiven  Caserios. 
Bei  einer  dieser  Niederlassungen  fand  sich  eine  junge  Kultur  von 
Haifagras,  bei  einer  anderen  ein  ganzes  Feld  von  ^*Iris  germanica 
L.  in  voller  Blüte.  Um  diese  Caserios  waren  je  einige  Mandelbäume 
und  knorrige  Ceratonien,  aber  keine  Orangenbäume  angepflanzt.  Ausser 
diesen  inmitten  der  ursprünglichen  Vegetation  gelegenen  Einsiedeleien, 
geben  nur  noch  vereinzelte  Windmühlen,  und  hin  und  wieder  ein 
kurzer,  flüchtiger  Blick  auf  das  ferne  Benisa  oder  auf  Calpe  Zeugnis 
von  der  Anwesenheit  des  Menschen. 

a)  Garigues: 
^Cistus  salvifolius  L.,  viel.  Dorijcnium  suffruticosum  Vill.^, 

'^  G.  monspeliensis  L.,  gegen  die  stellenweise  sehr  reichlich. 

Küste  häuflger  werdend.  *  Crataegus  monogijna  Jacq. 

^  G.  albidus  L.  „  brevispina  Kze.  (fl.). 

G.  Glusii  Dun.,   als  Kleinstrauch      ^  Globularia  ahjpuni  L.,    zuerst 
mit  öfters   dem   Boden    ange-  selten,  gegen  die  Küste  häufiger 

schmiegten  Zweigen.  werdend. 

^  Erica  arborea  L.,  reichlich.  Rhanmus  lycioides  L. 

E.  multiflora  L.  ^  Quercus  coccifera  L. 

^  Arbid  US  unedo  L.,    sehr  selten      ^  Pistacia  lentiscus  L. 

(es  wurde   nur  ein  Exemplar      Garlina  racemosa  L.  fr.  (fol.) 
beobachtet).  Ghamaerops  hmnilis  L.,  selten. 

^Ros7tiarinusoffidnalisL.{ü.)ir.     ^ Smilax  aspera  L.  (fol.) 
Ulex  australis  Clem.  ^  Pinus  halepensis  Mill.,  in  ver- 

AnthyUis  cytisoides  L.  (fl.)  mas-  einzelten,  dürftigen, vonMensch 

senhaft,     oft     geradezu     ton-  und  Tier   meistens  elend  ver- 

angebend, krüppelten  Exemplaren. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittehneerküste.  57 

Aus  diesen  Garigues  ragt  hin  und  wieder  ein  schlanker  bis  über 
Meter  hoher,  an  der  Basis  verholzter  Fingerhut  mit  höchst  eigen- 
tümlich dunkel  gelbbraunen  Blüten  empor,  es  ist  Digitalis  obsnira 
L.,  eine  auf  Zentral-,  Ost-  und  Südspanien  beschränkte  Art. 

b)  Felsenheiden.  Nach  der  Leitpflanze  lassen  sich  drei  Typen 
unterscheiden:  die  Passerinaheide  {^ Passerina  hirsuta  L,),  die 
Asphodillflur  {AspJwdelus  ßsfulosus  L.,  es  fehlt  A.  albus  Mill.) 
und  die  Thymiantomillares  mit  Thymus  vulgaris  L.  (fl.)  fr.  — 
Die  Begleitpflanzen  dieser  drei  Facies  sind: 

^  Brachypodium   raniosum   [h.)  schlangenartigen  Kriechtrieben. 

R.  et  S.  Matthiola  parriflora  (Schousb.), 

*■  Köleria  phleoides  (Vill.)  Pers.  R.  Br. 

Mercurialis  tomentosa  L  Li /mm  narbonense  L 

Polyyala  rupestris  Pourr.  *  Verbascum  siuuatum-  L. 

Viola  arboresceiis  L.  ^*  Marrubium  vulgare  L, 

'^  Fumana  viscida  Spach  ^  Teurriu))i  polium  L.    c.    capi- 

•  Ononis  mitrix  L.  tatum  (L.)  Briq. 
Onobrychis  saxatilis  All.                 Senecio  lim'folius  L. 

'^ Dorycnium  hirsutum  Ser.,  ver-     ^  Urospermum  Dalecha/npiKJj.) 

einzelt.  Desf. 

^*  Trifolium  fragiferum  L.  ^Bellis  a/uiua  L.,  massenhaft. 

Astragalus   monspessulanus  L.      ^  Inula  viscosa  Ait.  (fr.)  fl. 
Hedysarum  spinosissimum  L.        ^  Phagtialon  riipestre  DC. 
^  Coronilla  scorp)ioides  (L.)  Koch      ^  Asteriscus  maritim  us  Less, 
Medicago  spec.  (fl.),  mit  langen,      Carlina  racemosa  L.  (fr.)  fol. 
^*  Onopordon  acanthium  L.  (fl.) 
Eine   Überraschung   wird   uns   zu  teil,    da  fliesst  wahrhaftig  ein 
frisches  munteres  Bächlein  mit  klarem  Wasser.    Im  Sande  breitet  sich 

*  Carex  glauca  Mmv.  und  über  fusshoher  ^* Holoschooaus  vulgaris 
Link  aus  und  längs  den  Ufern  erstrecken  sich  Röhrichte  des  Pfahl- 
rohres {^  Arundo  dornt x  L.)  mit  vorjährigen,  abgedorrten,  bis  7  m 
hohen  Riesenhalmen. 


Das  landfest  gewordene  Felsenriff  von  Ifach  bei  Calpe 
(Taf.  II  Fig.  4)  ist  durch  eine  flaciie  Niederung  mit  dem  Festland 
verbunden,  dann  erhebt  sich  terrassenartig  das  Gelände,  um  plötzlich, 
ganz  unvermittelt  in  den  kompakten,  von  senkrechten  Felswä'/'iden 
begrenzten  Kalkkoloss  der  Punta  de  Ifach,  einer  weit  ins  Meer  vor- 
springenden Halbinsel,  überzugehen.  In  diesem  Gebiet  erfolgt  ein 
rascher  Formationswechsel.  Es  lassen  sich  fünf  Vegetationszonen 
unterscheiden : 


58  M.  Rikli. 

1.  Die  Kultur  Zone.  Sie  erstreckt  sich  über  das  Flachland. 
Getreideäcker  wechseln  mit  Mandel-,  Öl-  und  Johannisbeerbäumen 
ab.    Die  Bewirtschaftung  erfolgt  vom  nordwestlich  gelegenen  Calpe  aus. 

2.  Strand-  und  Dünenzone.  Erstere  erstreckt  sich  längs  der 
Flachküste  zu  beiden  Seiten  der  Halbinsel.  Der  ganze  Strand  ist 
mit  Posidonienkugeln,  welche  durch  den  Wind  weit  landeinwärts  ver- 
schleppt werden,  ganz  bedeckt.     Als  Dünenpflanzen  treten  auf: 

^' Asphodelus  fistidosus  h.,  mas-  *  Cakile  maritima  Scop.  (S.) 

senhaft  (S.)')  ^  Lobularia  maritima  Desv, 

Gynaiidriris  sisyrinchium  Pari.  ^  Frankenia  pidverulenta  L. 

^  Urginea  Scilla  Steinh.  fol.  (S.)  *  Ouonis  natrix  L. 

^  Plantago  maritima  L.  (S.)  ^  Lotus  creticus  L. 

^  Atriplex  halimus  L.  (S.)  Fagonia  cretica  L.  (fl.) 

^  Passerina  hirsuta  L.  ^  Imda  crithmoides  L.  (fol.)  (S.) 

3.  Tomillares  und  Garigues  beanspruchen  die  unteren  Teile 
der  Vorhügelzone  des  Felsenriffes.  Die  stellenweise  dominierenden 
Tomillares  bestehen  wieder  fast  ausschliesslich  aus  Thymus  vul- 
garis L.  In  den  Garigues  herrscht  Cistus  Clusii  Dun.,  öfters 
schmarotzt  die  Rafflesiacee  ^Cytinus  hypocistis  L.  auf  ihren  Wur- 
zeln; reichlich  vertreten  ist  ^C.  albidus  L.  (fl.)  und  ^ Rosmarinus 
officinalis  L.  (fl.)  fr.,  auch  Chainaerops  hu)nilis  L.  (fol.)  findet  sich 
hier  an  der  Küste  wiederum  reichlich,  doch  immer  nur  in  niedrigen, 
dem  Boden  angepressten  Exemplaren. 

4.  Felsenheiden  bedecken  die  höheren  Teile  der  Vorhügel  bis 
zu  den  Felswänden  der  Punta  de  Ifach,  in  den  oberen  Lagen  werden 
sie  immer  steiniger  und  felsiger.  Zur  Passerinaheide  und  As- 
phodillflur  (^  Asphodelus  ßsinlosus  L.,  meistens  bereits  verblüht), 
gesellt  sich  als  dritter  Typus  noch  die  Euphorbiaheide  hinzu,  sie 
besteht  hauptsächlich  aus  Euphorbia  pitliyusa  L.,  welche  an  ihren 
derben  glauken,  schwach  sukkulenten  Blättern  leicht  zu  erkennen  ist. 
Dazu  kommen  als  weitere  Begleitpflanzen : 

Asparagus  horridus  L.  f.  folium  (Lam.)  DC. 

^Köleria  phleoides  (Vill.)  Pers,  *  Ononis  natrix  L. 

Macrochloa  tennacissima   Kth.,  ^  Antliyllis  tetraphylla  L, 

spärlich.  Coronilla   juncea    L. ,    west- 
Lygeum  sjjartuni  L.  mediterran. 

^  Fumana  viscida  Spach  iJorycnium   suffruticosum   Vill. 

Helia nthemum      lavandulae-  *  Teucrium  p>olium  L. 


1)  (S.)  ^=  Saftptlanzeu. 


Botanische  Reisestndien  von  der  spanisclien  Mittelmeerküste.  59 

LdvanduUi  dcntata  L.  Co/t rolrn Ins   Idnufjinosus   Desr. 

Coridothytrius    capitatus    Rchb.     ^*  AnagaUis  arvensisli.,  s.  spec. 
f.  (fol.)  coerulf^a  Schreb. 

Artetnisia  Barrdieri  Bess. 
5.  Die  Felsflora.  Die  Felsflora  der  Punta  de  Ifach  ist  berühmt 
durch  ihren  ausserordentlichen  Reichtum  an  seltenen,  z.  T.  für  diesen 
Teil  der  Provinz  Valencia  endemischen  Arten.  Leider  war  aber  diese 
Flora  zur  Zeit  unseres  Besuches  noch  sehr  zurück,  so  dass  unsere 
Ausbeute  ziemlich  bescheiden  war.  Vom  Festland  aus  ist  überhaupt 
nur  die  Schattenseite  des  Felsens,  die  Nord  Westseite,  einigermassen 
zugänglich. 

^ Ficus  carica  L.  Satureia  ohovata  Lag.  (fol.).? 

Osyris     qnadripdrtita      Decsne  HtpjJocrepis  caleutina  Boiss. 

(1836).  *'•  Heder  a  hei  ix  L.  (fol.) 

-  Matthiola  ineana  (L.)  R.  Br.  ^  Lonicera  implexa  Ait.  (fol.) 

Biscutella  fnonfa/ia  Cav.  Scabiosrt  sa.rafilis  Cav.  (fol.) 

Biscittella  stenophylla  Duff.  Euphorbia  rupicola  Boiss. 

Dianthus  lusitanicus  Brot.  ^  Smilax  aspera  L. 

Lavatera  maritima  Gouan  ^*Asple/mm  ceterach  L. 

Lavandula  dentata  L.  * Asjjlenum fontan7(}N(L.)Bevnh. 

Von  ganz  besonderer  Bedeutung  sind  endlich  zwei  Filzpflanzen, 
die  mit  tiefen  Pfahlwurzeln  in  den  Ritzen  der  Felsplatten  bei  der 
Zollstätte  von  Calpe  vorkommen.  Es  ist  zunächst  das  Helianthe- 
mum  Caput  felis  Boiss.,  welches  bald  kleine  knorrige,  dem  Boden 
dicht  angepresste  Spaliersträuchchen,  bald  eigentliche  bis  über  10  cm 
im  Durchmesser  erreichende  Polster  bildet.  Aus  dem  schneeweissen 
Indument  heben  sich  die  leuchtend  goldgelben  Blüten  prächtig  ab. 
Von  dieser  Pflanze  sind  bisher  nur  drei  weit  auseinander  liegende 
Standorte  bekannt  geworden.  Ausser  an  der  Punta  de  Ifach  findet 
sie  sich  noch  je  an  einer  Stelle  in  Oran  (Ai'n-el-Turk.)  und  auf 
Mallorca  (La  Salinas  de  Campos).  Von  ganz  ähnlichem  Aussehen  ist 
das  Helichrijsu))i  decumbois  Camb.;  doch  besitzt  diese  Art  im  süd- 
westlichen Mittelmeerbecken  ein  viel  grösseres  Verbreitungsareal  und 
zudem  hat  sie  noch  an  der  französischen  Riviera  einige  vorgeschobene 
Aussenposten  (Port  Vendres,  Ile  St.  Lucio,  Marseille). 

Bevor  wir  weiter  nach  Süden  ziehen,  wollen  wir  noch  einen  Blick 
auf  die  Floren  von  Denia  und  Benisa  werfen.  Das  physiognomische 
Vegetationsbild  ist  von  grösster  Einförmigkeit,  immer  nur  Garigues 
und  Felsenheiden,  Felsenheiden  und  Garigues;  andere  Formationen 
kommen  kaum  in  Betracht.  Trotzdem  hat  sich  die  Flora  in  un- 
geahnter Weise  bereichert  und  zwar  nach  zwei  Richtungen. 


60  M.  Rikli. 

Sehen  wir  von  den,  gegenüber  den  nördlichen  Teilen  der  spanischen 
Riviera  nun  bedeutend  grösseren  Zahl  südlich-  und  westlich-medi- 
terranen Arten,  welche  besonders  der  Felsenheide  und  der  Felsflora 
angehören,  ab,  so  sind  es  in  erster  Linie  die  Sierren,  welche  zahl- 
reiche Pflanzen  von  recht  beschränktem  Verbreitungsareal  aufzuweisen 
haben.  Es  sind  zumeist  Arten,  die  nur  innerhalb  der  iberischen  Halb- 
insel auftreten,  einige  erreichen  auch  noch  die  Balearen  oder  finden 
sich  wieder  in  Nordafrika,  doch  meist  nur  an  wenigen  Standorten; 
wieder  andere  sind  sogar  valencinisch.  Diese  Liste  umfasst  folgende 
27  Arten: 

Diplofaxis  brassicoides  Rouy 
W) Biscutella  nio/ffana  Cav.    Sierren  von  Valencia  bis  Granada  und 
Gibraltar. 

B.  stenophylla  Duff.     Gebirge  von  Granada  und  Valencia,  auch 
an  einer  Stelle  in  Aragonien  (Sierra  de  Moncayo). 

Thalicfnnn  fubecosinn  L.    Ost-  und  Nordspanien,  Süd-  und  Süd- 
westfrankreich. 

Viola  ar^borescens  L.    Von  Nordafrika  durch  Süd-  und  Ostspanien 
bis  Südfrankreich,  Balearen. 

Polygala  rupestris  Pourr.     Von  ähnlicher  Verbreitung,    wie  die 
vorige  Art. 
N)  Helianthemmn  caput  felis  Boiss.,  Verbreitung  siehe  pag.  59. 

H.   )iiarifolium  (Cav.)    DC.    /'.  tomentosiuii  Wk.,  westlich-medi- 
terran bis  Südfrankreich,  Sardinien,  Süditalien. 

N)  Euphorbia    rupicola    Boiss.      Südostspanien    (Valencia,    Murcia, 
Granada,  Gibraltar). 
E.  sulcata  De  Lens.    Von  Nordafrika  durch  Süd-  und  Ostspanien 
bis  Südfrankreich. 

N)  Osyris   quadripartita  Decsne    Marokko,   Algerien    (Teil),    Süd- 
portugal, Süd-  und  Südostspanien. 
Bupleiirum   spi)wsu)}i  Gou.     Nordafrika,    Süd-   und    Ostspanien, 
nördlich  bis  Aragonien,  Korsika. 

N)  Jlippocrepis   valentina.  Boiss.     Einzig  Provinz  Valencia   und  da- 
selbst von  sehr  beschränkter  Verbreitung. 

N)  Mafthiola  parciflora  (Schousb.)  R.  Br.  Nordafrika,  Süd-  und  Süd- 
ostspanien. 

N)  Pofe/'iitm    (uicistroides    Desf.      Nordafrika,     Sierra     de    Gador 
(Granada)  und  Valencia. 


')  Die  mit  N)  Ijezeiclmeten  Arten  erreichen  in  Spanien  auf  der  Halbinsel  von 
Alcoy  oder  in  den  Sierren  westlich  von  Valencia  ihre  Nordgrenze. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittehneerküste.  61 

Cr<it(i('(jtis    brcn'spi/ta    Kze.      Süd-    und    Südostspanien,    südlich 

Aragonien,  Balearen. 
Digitalis  ohscurd  L.     Ost-,  Zentral-  und  Südspanien. 
Linaria  oricjanifolia  (L.)  DC.    Felsenpflanze:  Portugal,  Spanien, 

Pyrenäen  bis  Südfrankreich. 
hiiKtria  crassifolia    Cav.  (Kze.).     Felsenpflanze:    Ost-   und   Süd- 
spanien, nördlich  bis  in  die  Pyrenäen. 
LifKnid  HacuseUni  Boiss.     Sierren    von    Zentral-,    Südost-  und 

Südspanien,  ein  Standort  in  Alt-Kastilien. 
Lithospermum  fruticosum  L.,  makroiberisch,  doch  in  einer  nah- 
verwandten  Art  (L.  ronsobrimim  Pomel.)  in  Nordafrika 
vertreten. 
CoJirolruIus  /(Uiuffi/iosus  Desr.    Durch  Spanien  bis  Südfrankreich. 
N)  Satnreja  ohorata  Lag.     Süd-  und  Südostspanien. 
N)  CoridotJnjiiius  capitafus  Rchb.  f.,  südmediterran. 
N)  Scfiecio  linifolius  L.  Nordafrika,  Süd-  und  Südostspanien,  Balearen. 
N)  Hymenostemma  Fontanesii  Wk.    Nordafrika,  Süd-  und  Südost - 

Spanien. 
N)  Scahiosa  saxatilis  Cav.     Nur  in  Valencia. 

Aber  auch  noch  in  einer  anderen  Hinsicht  gewährt  die  Flora 
der  Halbinsel  Alcoy  ein  ganz  besonderes  Interesse,  denn  dieser 
Florenbezirk  ist  ein  Vorposten  der  Steppenflora.  Da  und 
dort,  allerdings  nur  vereinzelt  und  so  ihren  fremden  Ursprung  ver- 
ratend, treten  schon  zwischen  Denia  und  Calpe  einzelne  typische 
Steppenpflanzen  auf.  Es  sind:  Atriplex  halimus  L.,  allerdings 
nicht  nur  Steppen-,  sondern  auch  Strandpflanze,  HeliaNthemini/ 
laraftdidaefolium  (Lam.)  DC. ,  HelichnjsiDii  decumbe/is  Camb.. 
LygeiDii  S2>artum  L.,  dann  das  Esparto-  oder  Haifagras,  Macro- 
cliloa  tenaeissima  Kth.  und  die  Zygophyllacee  Fagonia  cretica  L. 
Alle  diese  Steppenpflanzen  treten  im  Gebiet  als  Bestandteile  der 
Felsenheide  auf.  Schon  in  den  nächsten  Tagen  sollten  wir  Gelegen- 
heit haben,  die  eigentliche  Litoralsteppe  kennen  zu  lernen. 


11.   Stepp enin sein  zwischen  Benidorm  nnd  Alicante. 

^21.  III.   l'JUö. 

Die  folgenden  Tage  reisten  wir  immer  der  Küste  entlang  über 
Altea  und  Villajoyosa  nach  Alicante.  An  zwei  Stellen  durchquerten 
wir  Steppeninseln,  die  erste  südlich  von  Benidorm  und  dann  ein 
zweites  ausgedehnteres  Steppengebiet,  welches  bald  nach  Villajoyosa 
beginnt  und  sich  bis  zur  Mündung  des  Rio  de  Monnegre  (=  Rio 
Castalla)  nordöstlich  von  Alicante,  d.  h.  über  ca.  15  km.  erstreckt. 


«2  M.  Rikli. 

Benidorm  ist  eine  kleine,  malerisch  auf  einem  kahlen  Felsen- 
vorsprung am  Meere  gelegene  Ortschaft.  Die  niederen,  fast  fenster- 
losen Häuschen  mit  ihren  ganz  flachen  Dächern  haben  beinahe  die 
Farbe  des  Gesteins  auf  dem  sie  aufgebaut  sind;  so  entzieht  sich  das 
kleine  Küstenstädtchen  unseren  Blicken,  bis  wir  in  dessen  nächster 
Nähe  sind.  Für  die  grosse  Trockenheit  der  Gegend  sprechen  schon 
die  zahlreichen  Norias,  die  überall  sichtbar  sind.  Da  und  dort  er- 
heben sich  einige  schlanke  Dattelpalmen  oder  auch  eine  vereinzelte 
Pinie  mit  ihrer  schirmförmigen  Krone.  Die  Kirche  besitzt  eine  grosse 
Kuppel,  welche  mit  blauglasierten  Ziegeln,  den  sog.  Azuleyos,  bedeckt 
ist ;  darüber  breitet  sich  der  azurblaue  Himmel  aus,  und  vor  uns  liegt 
das  weite  Meer,  dessen  Farbe  mit  der  des  Firmamentes  an  Intensität 
und  Lichtfülle  zu  wetteifern  scheint. 

Kaum  liegt  Benidorm  hinter  uns,  so  hören  die  Kulturen  auf  und 
die  ersten  inselartigen  Vorläufer  der  Steppe  umgeben  uns.  Es  ist 
eine  hügelige  Lösslandschaft  von  unglaublicher  Kahlheit  und  Un- 
fruchtbarkeit. Der  Baumwuchs  ist  nur  noch  in  kümmerlichster  Form 
im  Hintergrund  von  Meerbuchten  oder  in  kleinen  Depressionen  er- 
halten geblieben,  so  dass  derselbe  einen  ganz  oasenartigen  Eindruck 
macht.  Es  sind  für  einige  Zeit  die  letzten  Vertreter  der  Holzgewächse. 
Diese  elenden,  über  und  über  mit  Staub  bedeckten  Palmen-  und  Granat- 
apfelbäume gewähren  einen  geradezu  trostlosen  Anblick.  Verhältnis- 
mässig am  besten  scheint  noch  der  Ölbaum  {Olea  europaea  L.)  zu 
gedeihen,  er  ist  auch  am  häufigsten.  Grau  die  Landschaft,  grau 
die  wenigen  Bäume,  das  ist  das  Wahrzeichen  dieser  Steppeninsel. 
Fürchterlich  trocken  und  heiss,  die  umgebenden  Hügel  vollständig 
kahl,  nur  die  nackte  Erdfarbe  zeigend;  von  einem  „Vegetationsbild" 
kann  kaum  mehr  die  Rede  sein.  Wenn  die  Strasse  einen  Torrenten 
überbrückt,  so  hat  derselbe  keinen  Tropfen  Wasser  und  doch  stehen 
wir  erst  am  Beginn  der  eigentlichen  Trockenperiode.  Wenn  es  zur 
Seltenheit  einmal  regnet,  so  ist  der  Niederschlag  gewöhnlich  kurz, 
aber  dafür  oft  von  sündflutartiger  Heftigkeit.  Das  Wasser  vermag 
dann  nicht  in  den  von  der  Sonnenglut  steinhart  gewordenen  Boden 
einzusickern,  aber  die  sich  sammelnden  und  rasch  abfliessenden  Wasser 
reissen  tiefe  Rinnen  in  den  Löss,  so  dass  die  Landschaft  eigentümlich 
zerrissen  und  zerfurcht  wird.  Wie  in  Vorpostenstellung  stehen  an 
der  Landstrasse  noch  einige  Agaven  und  verkrüppelte  Ceratonien. 

Ein  etwas  anderes  Bild  gewährt  die  Steppe  südlich  von  Villa- 
joyosa.  Nackte,  ausgetrocknete  Erde,  untermischt  mit  vielen  Steinen 
und  Felsblöcken,  beanspruchen  reichlich  vier  Fünftel  des  uns  um- 
gebenden Landes.  Dazwischen  stehen  einige  Kleinsträucher  und  hin 
und  wieder   einige  Horste  des  Espartograses.     Die  wenigen  Pflanzen 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  03 

zeigen  ausgeprägte  xerophytische  Anpassungen.  Die  Sukkulenten 
überwiegen,  dann  folgen  die  Rutenpflanzen  und  sparrig-dornige  Halb- 
sträucher.  Obwohl  erst  Ende  März,  so  besitzt  doch  die  Vegetation 
ganz  den  Charakter  einer  verkümmerten  Sommerflora.  Wegen  des 
Ausbleibens  der  Winterregen  ist  die  Frühlingsflora  nur  in  wenigen 
dürftigen  Vertretern  zur  Entwicklung  gekommen.  Auf  der  Nordseite 
der  Hügel,  welche  vor  den  austrocknenden  Seewinden  etwas  besser 
geschützt  und  weniger  lang  der  intensiven  Besonnung  ausgesetzt  sind, 
ist  die  Pflanzenwelt  reichlicher  vertreten,  die  Formation  etwas  ge- 
schlossener. Hier  treten  die  letzten,  allerdings  recht  kümmerlichen 
Garigues  auf,  doch  den  grössten  Teil  des  Bodens  beansprucht  die 
Felsensteppe: 

a)  Die  letzten  Garigues. 
^  Quercus  coccifera  L.,  vorherrschend.  | 

Thymus  vulgaris  L.,  sehr  viel,  aber  bereits  verblüht.  )  Leitpflanzen- 
Brachijijodium  rrmiosu/u  (L.)  R.  et  S.  J 


A 


Spärlicher  sind  vertreten: 

Chamaerops  humilis  L.,   selten  ^  Globularia  aUjpuin  L. 

und  kümmerlich.  ^* Euhus  (onoenus  Port. 

^ Pistacia  le/ifiscus  L.  Bhannius  lijcioides  L. 

Erica  multiflora  L. 

und  von  Kräutern:   ^ Phagnalou   rupestre  DC.   und   Pli.  sordidu/n 
DC;  ^  Inula  riscosa  Ait.  (fr.)  fl. 

b)  Flora  der  Felsensteppe  (27  Arten). 

Macrochloa    tenacissiiua     Kth.,  Pi^iiduUna  iutricata  Wk. 

horstweise.  .,  Lagasca  na  (I)C.)Wk. 

Lijyeuni  spartum  L.  HapJophijUum  hispanicum    (L.) 
^  Andropogon  puhescens  Vis.  Spach 

Juniperus  oxijcedrus  L.  ^ Sedum  altissimum  Poir.    (fol.) 

Ephedra  fragilis  Desf.  Helianthemu?npilosum  (L.)  Fers. 
'  Asphodchis  fistulosus  L.,  mas-  ^,^,.    tomentellum  Wk. 

senhaft,  iedoch  meist  verblüht,  tt  i-     4.1  7  77 

.,.'•'-,       ,  ,       '  Hella  nfliemuni      lavaudulac- 

mit  sich  verfärbenden  und  ab-  ,.  ,.         ,^        .  -^.^ 

,     ,      j         1      •  j-    1       m  •  jolntm  (Lam.)  Dt. 

sterbenden  oberirdischen  Trie-  -'  ^         ^ 

]3gj^  H.    Fu Diana    Mill.    /•.    rricoides 
Moricajidia  arcensis  (L.)  DC.  Dun.  =  F.  Spaclii  G.  G. 

^Matthiola  tristis  (L.)  R.  Br.  Atilhijllis  rijtisoides  L.,  stellen- 
Brassira    Tourneforlii  Gou.  weise  reichlich. 

Erura  ccsicaria  (L.)  Cav.  ^  Coroitilla  glatica  L. 


L 


«4  M.  Rikli. 

Astragahis  hifipanicus  Coss.  Helichrysiim  storchas  DC. 
IJofijrNiftfn    suffruticosiDU   Vill.  /'.  caespitosion   Wk. 

/".  cHiieatinn  Rikli  v.   mariti)num  Lge. 

Fagonia  cretica  L.  ^  Passeri/ia  hirsitta  L.,  ziemlich 
Thymus  lougiflorus  Boiss.  häufig. 

^  PaUenis  spinosa  Cass.  ^  AMplex  hnlinms  L. 

Nach  dieser  ersten  Bekanntschaft  mit  der  Steppe  drängt  sich 
uns  die  Frage  auf :  Was  ist  die  Steppe  ?  Nach  ihrem  physiognomischen 
Gesamtcharakter  könnte  man  geneigt  sein,  die  Steppe  als  eine  ver- 
armte Felsenheide  zu  erklären.  Diese  Definition  würde  aber  insofern 
ganz  irrige  Vorstellungen  wachrufen,  als  damit  auch  Steppen-  und 
Felsenheideflora  indentifiziert  werden.  Schon  unser  erster  flüchtiger 
Eindruck  der  Steppe  hat  uns  aber  gezeigt,  dass  dieselbe  mit  der 
Felsenheide  nur  wenige  Arten  gemeinsam  hat.  Das  Hauptkontingent 
der  Steppenflora  stellt  nicht  die  Felsenheide,  es  ist  vielmehr  eine 
Pflanzenwelt  für  sich,  deren  Biologie,  Pflanzengeographie  und  Her- 
kunft wir  am  Schluss  der  Exkursionsberichte  einen  eigenen  Abschnitt 
widmen  wollen.  Wir  verzichten  daher  hier  auf  eine  weitere  Analyse 
der  Flora  der  Felsensteppe. 


12.  Elche  (Tafel  HI  Fig.  5). 

38.  III.   1905:   30.  III.   1900. 

Das  Hauptinteresse  von  Elche  nimmt  das  Kulturland,  besonders 
das  Studium  des  Palmenwaldes  in  Anspruch.  Wir  haben  denselben 
im  Neujahrsblatt  (25)  einer  eingehenderen  Besprechung  unterzogen, 
so  dass  wir  hier  nur  vom  Naturland  zu  sprechen  haben,  Elche 
—  eine  intensiv  betriebene  Kulturoase,  —  wo  bleibt  da  noch  Raum 
für  die  ursprüngliche  Flora?  Bei  unserem  ersten  Besuch,  am 
28.  März  1905,  dachten  wir  daher  überhaupt  nicht  an  die  Möglich- 
keit, dass  in  nächster  Nähe  der  Stadt  noch  Steppenreste  vor- 
handen sein  könnten.  Am  30.  März  1906  kam  ich  zum  zweiten  Male 
nach  Elche.  Da  die  Zeit  etwas  weniger  knapp  bemessen  ist.  so  unter- 
nehmen wir  auch  eine  Exkursion  vor  die  Stadt.  Wir  verlassen  Elche 
auf  der  massiven  Steinbrücke,  welche  von  der  Fahrstrasse  nach 
Crevillente  und  Murcia  benützt  wird  und  gehen  auf  einem  Flurweg 
längs  des  rechten  Ufers  des  Vinalupo  bis  zur  Eisenbahnbrücke,  um 
über  dieselbe  nach  der  Stadt  zurückzugehen.  Der  Weg  von  Brücke 
zu  Brücke  ist  ohne  Anstrengung  in  zwanzig  Minuten  zurückzulegen; 
die  Flora  war  jedoch  so  reich,  dass  die  Exkursion  gegen  drei  Stunden 


Botanische  Reisesturlien  von  der   s|)aiiisclien  Mittel meerküste. 


65 


in  Anspruch  nahm.  Diese  Wanderung  war  in  botanischer,  wie  in  kul- 
turhistorischer Hinsicht  von  allergrösstem  Interesse,  denn  zwischen 
den  Kulturen  sind  noch  überall  Reste  der  ehemaligen  Steppe 
erhalten  geblieben.  Zu  beiden  Seiten  des  Flurweges,  am  Abhang 
zum  Trockenbett  des  Vinalupo,  auf  den  schmalen,  oft  nur  einige  Meter 
oder  gar  nur  wenige  Fuss  breiten  Landstteifen  zwischen  den  einzelnen 
Feldern  und  Äckern  hatten  wir  reiche  Ausbeute.  Fast  jeder  Schritt 
brachte  eine  neue  ÜbeiTaschung.  Neben  den  Steppenpflanzen  war 
aber  auch  die  Adventivflora,  auf  einzelnen  brach  liegenden  Ackern 
und  Ruderalplätzen,  wiederum  reichlich  vertreten. 

a)  Flora  der  Brachäcker  und  Schuttplätze. 
^  Koeleria  phleoides  (Vill.)  Pers.     ^  *  Spergularia  viedia  (L).  Pers. 
^  Lamarckia-aurea  Mönch  Silene  riibella  L.    (unter   Gerste 


^  Splienopns  divaricafus  (Gouan) 
Rchb.,  unter  Luzerne. 

^  Phalaris  ininor  Retz.,  Riesen- 
exemplare bis  45  cm  hoch,  auf 
sehr   stickstoffreichem    Boden. 

^ AJIiu)?i  roseumlt.  v.  carnemn 
Bertol.,  besonders  häufig  im 
Palmen wald,  als  Unkraut  unter 
Gerste ;  vertritt  im  Vegetations- 
bild ganz  unsere  Cardamine 
pratensis  L. 

Hypecouni  grcnidifloruni  Bth. 

^  Fimiaria  parviflora  Lam. 

Platycapnos  spicatus  Beruh., 
(westmediterran). 

^ Roemeria  hybrida  (L.)  DC. 

*  Reseda  phyteuma  L. 

^ Paronychia  argentea  Lam. 


im  Palmenwald). 
^* Lepidiinii  draba  L.,  auch  viel 

unter  Gerste. 
^*  Sisymbriu/n  irio  L. 
* Diplotaxls  niuralis  (L.)  DC. 
^ Lathyrus  sativus  L. 
^  Melilotus  sulcata  Desf. 
^  Scorpiurus  siibvillosa  L. 

•  Onoiiis  na f rix  L. 

^  Coronilla     scorpioides     (L.) 

Koch 
^* Phnüago  coronopus  L. 
^  Convolvulus  althaeoides  L. 

*  Calendula  arrensis  L. 

^  PicridiiDn  vulgare  Desf. 
^  Hedypnois  polymorpha  DC. 
Anacyclus  valentinus   L.,   auch 
in  La  Union  bei  Cartagena. 


Vergleichen  wir  diese  Liste  mit  den  bei  Cette  und  Barcelona 
gesammelten  Ruderalpflanzen,  so  muss  auffallen,  dass  nun  auch  in 
der  Ruderalflora  das  mitteleuropäische  Florenelement  ganz  aus- 
gemerzt ist.  Abgesehen  von  dem,  als  verwilderte  Kulturpflanze  auf- 
zufassenden Lathyrus  sativus  L.,  sind  von  den  27  Arten  nur 
6  Arten  (ca.  22*^/0)  auch  noch  in  der  Schweizerflora  vertreten.  Alle 
6  Pflanzen  sind  Arten,  deren  südliche  Herkunft  nicht  in  Frage  steht: 
^* Sisymhrium  irio  li.,  '^ Reseda  jjJiyteutna  h.,  ^Calendula  arven- 
sis  L.  sind  zudem  seltene  Gäste  (Ephemerophyten),  etwas  verbreiteter 
und  häufiger  ist  * Diplotaxis  inuralis  (L.)  DC;    ^^Le^jidium  draba 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.    1907.  5 


66  M.  Rikli. 

L.  ist  ein  Neophyt,  jetzt  zwar  verbreitet  und  stellenweise  häufig, 
aber  doch  erst  seit  einigen  Dezennien  eingebürgert;  nur  *  Onouis 
natrix  L.  bildet  einen  eigentlich  integrierenden  Bestandteil  der  Flora 
der  wärmeren  Landesteile.  Tast  all'  diese  Arten  sind  durch  das  ganze 
Mittelmeerbecken  verbreitet;  einzig  Platycapnos  spicatus  Bernh. 
und  Anacydus  valentinus  L.  besitzen  vorwiegend  westmediterrane 
Areale.  Die  Zusammensetzung  der  Ruderalflora  von  Elche  bedeutet 
somit,  auch  für  diese  sonst  so  ausserordentlich  heterogen  zusammen- 
gesetzte ubiquistische  Vergesellschaftung,  einen  vollständigen  Sieg  des 
mediterranen  Florenelementes. 

b)  Reste  der  Steppenflora  zwischen  Kulturland. 
Lijgeum  simrtum  L.  ^  Carrichtera  vellae  (L.)  DC. 

^  StujKi  parviflora  Desf.  Penduli?ia  Lagasca?ia  (DC.)Wk. 

^ Sfiq)a    tortilis    Desf.,    normale     Motncandia  arvensis  (L.)  DC. 

und   sehr   stark  verkümmerte     Matthiola  parviflora  (Schousb.) 

Exemplare.  R.  Br. 

^  Atriplex  halimus  L.  *'  Vicia     augustifoJia     All.     v. 

^  Suaeda  fruticosa  (L.)  Forsk.  amphicarpa  Boiss. 

^  Peganum  harmala  L.  (fol.)  Fagonia  cretica  L. 

^  Aizoon  hispamcum  L.  Lijcium,  intricatum  Boiss. 

^ Mesemhrijanthemum     nodi-         Convolvidus  lanuginosiis  Desv. 

florum  L.  ^  *  Marrubium  vidgare  L. 

Peseda  Gayana  Boiss.  ^  Marrubium  allyson  L. 

^ Plantag 0  albicans  L.  Teucriunipseudochamaepityslj. 

^  Statice  Thouini  Viv.  ^  Evax  pygmaea  (L.)  Pers. 

^  Statice  Limofiuni  L.,  v.macro-     Phagnalon  sordidum  (L.)  DC. 

clada   Boiss.  ==  St.   serotina     Senecio  linifolius  L. 

Rchb.,  an  Bewässerungskanälen.  Atractylis  canceUata  L. 
Mit  Ausnahme  von  drei  Pflanzen  der  Felsenheide  ^*Mar7^ubium 
vulgare  L.,  Teucrium  pseudochamaepitys  L.  und  Phagnalon 
sordidum  (L.)  DC.  besteht  die  ganze  übrige  Florula  somit  aus 
typischen  Steppenpflanzen;  auch  ^Plantago  albicans  L.,  Moricandia 
arvensis  (L.)  DC.  und  ^Evax  pygtnaea  (L.)  Pers.  sind  wohl  ur- 
sprünglich Steppenbewohner;  denn  obwohl  öfters  als  Bestandteile  der 
Felsenheide  angetroffen,  erreichen  sie  doch  in  der  Steppe  ihre  Massen- 
entfaltung. 

13.  Exkursion  am  Westufer  des  Fjordes  von  Cartagena. 

39./30.  III.  1905. 

Willkomm   spricht  von  der  Steppe  von  Cartagena.     Die  Vege- 
tation  der  von   uns   besuchten  Abhänge  und  Hügel  verdient  jedoch 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste. 


67 


den  Namen  „Steppe"  nicht.  AVas  wir  gesehen  haben,  war  nur  eine 
verarmte  Felsenheide,  da  und  dort  mit  dürftigen  Anklängen  an 
Garigues.  Von  Steppenpflanzen  sammelten  wir  nur :  ^Äfrtplex  hali- 
mus  L.,  ^Suaeda  fruticosa  (L.)  Forsk.  und  Faijonia  cretica  L., 
die  beiden  ersten  Arten  sind  zudem  nicht  ausschliesslich  Steppen-, 
sondern  auch  Strandpflanzen.  Natürlicher  Baumwuchs  fehlt  ganz. 
Einzig  aus  der  im  Norden  der  Stadt  gelegenen  Huerta  erheben  sich 
grössere  Palmenhaine. 

a)  Reste  der  Garigueformation:  Chamaerojjs  /lutnilis  L., 
^ Daphne  gnidium  L.,  Calycotome  spinosa  Lk.  und  ^C.  villosa  Lk. 
sowie  ein  ephedroider  Ginster 
mauritanische  Pflanze. 


Genista  umhellata  Poir.,  eine  iberisch- 


b)  F  e  1  s  e  n  h  e  i  d  e  (55  spec).  Überall  trat  massenhaft,  zwischen 
den  Steinen  und  dem  die  Hügel  bedeckenden  Geröll,  auch  wieder 
^  BracJujpodium  ramosum  (L.)  R.  et  S.  auf  und  zwar  trafen  wir 
diese  Pflanze  hier  zum  ersten  Male  in  Blüte.  Neben  Brachypodium 
ist  der  Thymian  {Tlujnius  nihjaris  L.)  noch  reichlich  vertreten. 
Alle  anderen  Arten  treten  gegenüber  diesen  beiden  Leitpflanzen  stark 
zurück.     Es  sind: 


*  Brachypodium  distachyon  (L.) 
R.  et  Schult.,  f.pentastachyon 
(Tin.)  A.  et  G. 

^  Bromus  matritensis  L. 

^ Lamaix'kia  aurea  L. 

^  Lüfjurus  ovatus  L. 

^  Aegilopis  ovata  L. 

-  Ophrys  tenthredinifera  W. 

^  Arisarum  vulgare  Targ.-Tozz. 

Asparagus  horridus  L. 

^  Asphodelus  fistidosus  L.,  reich- 
lich, aber  meist  verblühtundmit 
bereits  ausgereiften  Früchten. 

Gynandriris  sisyrinchium  Pari. 

^  Mesembrya  nthomwi     nodi- 
floruni  L. 

'^  Par Onychia  argentea  Lam. 

^ Frankenia  pulve7^identa  L. 

^  Silene  colorata  Poir. 

^*  Spergularia  rubra  (L.)  Pers. 


*■*  Spergulnria     media    (L.) 
Pers. 

*  Reseda  phyteutna  L. 

^  Polygala  motispeliaca  L. 

Polygala  rupestris  Pourr. 

^ Passeriiia  hirsuia  L. 

At^istolochia  baetica  L.,  spärlich, 
iberisch  -  mauritanisch  (nörd- 
lich bis  Tarragona). 

Viola  arborescens  L. 

^  Ruta  chalepensis  L.,  v.  aiigusti- 

folia  (Pers.)  Wk. 
^  Lobularia  maritima  Desv. 

•  Cakile  maritima  Scop. 

^  Psoralea  bitumiuosa  L, 

*  Trifolium  stellatum  L. 
Astragalus  sesameus  L. 
Ononis  ornifhojjodioides  L.,  süd- 
lich-mediterran. 

•  Eryngium  cajupestre  L. 


()S 


M.  Rildi. 


^*  Torilis  )iodosa  (L.)  Gärtn. 
■*  Tf'urriuni  poliinn  L.  (fl.)  s.  spec. 

capitatum  (L.)  Briq. 
Lifhosjjermutn   fruficosinn    L., 

vaf\  iiitricatum  Briq.  var.  nov. 

(1907'). 
Sideritis  leuccnitha  Cav.  v.  pau- 

cidentata  Willk.  u.  Lge.,  ibe- 

risch-mauritanisch. 
TeucriuinpseudochamaepiUjs  L. 
Teucrium     huxifoliuni    Schieb., 

entoiberisch. 
Teucrium    Freynii    Reverchon, 

nächst  verwandt  mit  T.  ciner- 

euin  Boiss. 
^  Ajuga  ica  Schreb.  (fol.) 


^* Marruhium  vulgare  L. 

-■  Convolvulus  aIfhaeoides{L.)Sm. 

^*  Plantag 0  coronopus  L. 

*  ,,  Jagopus  L. 

^  Vaillantia  muralis  L. 

^^  Sherardia  arvensis  L. 

^  Galiuni  saccharatum  All. 

^  Galactites  tomentosa  Mönch 

^  Carduus  pycuocephalus  L. 

^  ürospermum     picroides     (L.) 

Desf. 
Senecio  li/iifolius  L. 
^  Calendula  arvensis  L. 
^'  Evax  pyginaea  (L.)  Pers. 
^  Asteriscus  maritimus  Less. 
Anacyclus  valentinus  L. 


14.  Zur  Flora  der  Umgebung  von  Murcia. 

I.  IV.  1905. 

Murcia  liegt  mitten  in  einer  weiten  Ebene,  deren  Boden  aus 
feinstem,  sandigem  Lehm  besteht.  Vom  Turme  der  Kathedrale  über- 
blickt man  die  Stadt  und  die  sie  umgebende  gewaltige,  üppig  grüne 
Huerta.  Getreidefluren,  auf  denen  auch  noch  Mandelbäume  und  be- 
sonders viel  Maulbeerbäume  angepflanzt  sind,  erstrecken  sich  über 
beinahe  unabsehbare  Flächen.  Murcia  ist  ein  Zentrum  der  Seiden- 
raupenzucht. Am  Rande  dieser  Gartenlandschaft  werden  auch  viel 
Johannisbrot-  und  Olivenbäume  gehalten.  In  der  Ferne  schliessen 
sich  die  Bäume  mehr  und  mehr  zusammen  und  täuschen  so  eine  Wald- 
landschaft vor.  Hin  und  wieder  erhebt  sich,  alles  überragend,  eine 
vereinzelte  Dattelpalme.  Staubige  Strassenzüge  verbinden  die  meist 
am  Gebirgsrande  gelegenen  Ortschaften  und  in  unzähligen  Windungen 
durchzieht  die  gelbbraune  Segura  befruchtend  das  Gelände.  Begrenzt 
wird  das  Bild  durch  einen  gewaltigen  Kranz  kahler  Sierren.  Wie  ein 
feiner  Nebel  zieht  sich  ein  heller  Streifen  längs  dem  Rande  der  Berge 
—  es  ist  der  Hitzedunst,  die  calina,  und  die  aufgewirbelte,  feine 
Staubwolke,  welche  fast  stets  über  der  Steppe  lagert. 

Um  Murcia  ist  das  kleinste  Stück  Land  der  Kultur  unterworfen, 
so   dass  die  ursprüngliche  Flora   ganz  verschwunden  ist.     Will  man 


Briquet  1.  c.  paif.  10-5. 


Botanische  Reisesludien  von  der  spanisclicn  Millelmeerküste.  09 

dieselbe  kennen  lernen,  so  muss  man  die  kahlen  Berglandschaften 
der  weiteren  Umgebung  durchwandern  oder  man  besucht  den  ca.  7  km 
im  Nordosten  der  Stadt  gelegenen  Monteagudo,  der  sich  ähnlich 
Valeria  und  Tourbillon  bei  Sitten,  aus  der  umgebenden  Ebene  erhebt. 
Koss massier  vergleicht  ihn  mit  einem  spitzen  Maulwurfshügel, 
mitten  in  einer  grünen  Wiesenfläche.  Der  untere  Teil  des  Hügels 
ist  völlig  mit  einem  eigentlichen  Wald  von  Opuntia  Ficus  indica 
Mill.  und  Agaven  bedeckt,  zwischen  dem  stacheligen  Gestrüpp  muss 
man  sich  förmlich  durchwinden  und  verliert  dabei  jedes  Orientierungs- 
vermögen ;  dann  folgt  über  einige  Felsen  eine  kurze  Kletterei  zu 
einer  den  Gipfel  krönenden  maurischen  Burgruine.  Hier  oben  ist 
anfangs  A.pril  bereits  alles  dürr  und  verbrannt,  wie  etwa  die  Walliser 
Felsenheide  gegen  Ende  des  Hochsommers.  Am  Fuss  des  Monte- 
agudo stehen  in  fürchterlich  heisser  Lage  einige  ärmliche  Häuschen, 
zum  Teil  unter  Opuntien  ganz  versteckt,  zum  Teil  wie  Schwalben- 
nester an  den  Felsen  angeklebt. 

Die  Ausbeute  war  nicht  gross,  aber  um  so  reicher  an  biologisch 
und  pflanzengeographisch  interessanten  Arten.  Im  Opuntiengestrüpp 
entfaltet  bereits  an  steinig-felsigen  Stellen  der  Kappernstrauch  {Cap- 
paris  spinosa  L.)  seine  grossen  Blüten,  und  eine  strauchige  Solanacee 
mit  verhältnismässig  grossen  Blattflächen  (Wifhaniafrufescens  Pauq.) 
sucht  zwischen  dem  stacheligen  Gebüsch  Schutz,  sowohl  gegen  die 
sengende  Hitze,  als  auch  gegen  die  Nachstellungen  der  Ziegen.  Unter 
ähnlichen  Verhältnissen  vegetiert  die  einzige  Nyctaginee  Europas, 
eine  sonst  ganz  subtropische  Familie,  die  ^Boerhaavia  plumhaginea 
Cav.  Auf  den  felsigen  Stellen  sammeln  wir:  Lavaiera  maritima 
Guoan;  der  Blattfilz  dieser  Pflanze  ist  hier  dichter  und  die  Blattfläche 
selbst  kleiner  als  anderswo,  dann  die  schon  in  voller  Blüte  stehenden 
sparrigen  Kleinsträucher  von  Asparagus  horridus  L.  Biologisch 
wohl  der  interessanteste  Vertreter  ist  aber  Lycium  intricatiiin  Boiss., 
ein  2  bis  4  Fuss  hoher  Strauch  mit  zahlreichen,  allseits  abstehenden, 
verdornten,  bis  10  cm  langen  Zweigen,  welche  an  Kurztrieben  kleine, 
spatelige,  leicht  abfällige,  sukkulente  Blättchen  tragen.  Jeder  Kurz- 
trieb trägt  an  seinem  Ende  eine  einzige  langgestielte  röhrenförmige, 
violette  Blüte.  Auf  dieser  sonnenverbrannten  Steppeninsel  sind  von 
Steppenpflanzen  auch  noch  ^  Carrichtera  vellae  (L.)  DC,  ^Andro- 
pogon  puhescens  Vis.,  ^Stupa  parviflora  Desf.  und  endlich  ^Sfiipa 
forfilis  Desf.  und  Brassica  Cossoneaua   Boiss   et  Reut,  vorhanden. 

Eine  nicht  weniger  interessante  Exkursion  ist  die  nach  Fuen- 
santa,  einer  Quelle,  die  am  Südrande  der  Huerta  von  Murcia,  eine 
gute  Wegstunde  von  der  Stadt,  aus  dem  Berghang  der  Sierra  de 
Columbares  hervortritt.    Prof.  Weg  el in  in  Frauenfeld  hat  dieselbe  am 


70  M.  Rikli. 

16,  April  1905  besucht  und  ist  so  freundlich  gewesen,  mir  die  ge- 
sammelte Ausbeute  zur  Einsicht  und  zur  Bestimmung  zuzusenden. 
Ro  SS  massier  berichtet,  dass  die  Fuensanta  die  einzige  Quelle 
der  umliegenden  Berge  sei.  Das  Wasser  floss  nach  einer  längeren 
Trockenperiode  so  spärlich,  dass,  um  ein  Glas  zu  füllen,  fast  eine 
halbe  Minute  erforderlich  war.  Doch  diese  Feuchtigkeit  genügt 
immerhin,  um  in  der  schattigen  Felsschlucht  die  Ansiedelung  einiger 
hygrophiler  Pflanzen  zu  ermöglichen,  so  z.  B.  der  äusserst  zierlichen 
Sarcocapnos  eiineajihylla  DC,  deren  blaugrüne,  neunfach  zusammen- 
gesetzte Blättchen  an  den  feuchten  Felswänden,  aus  denen  die  Fuen- 
santa herab  träufelt,  grünen.  Aus  der  Mitte  der  kreisrunden  Polster 
entsprossen  die  zarten  Blüten.  In  Felsritzen  finden  sich  hin  und  wieder 
auch  Büsche  der  klebrigen,  brüchigen  Lafuentea  rotundifoUa  L.,  ein 
südlicher  Gebirgsendemismus,  der  nur  von  wenigen  Sierren  von  Murcia 
und  Granada  bekannt  ist.  In  Murcia  kommt  dieses  monotypische  Genus 
an  vier  Stellen  vor:  S.  Miguel  bei  Orihuela,  Fuensanta  und  Santa 
Catalina  bei  Murcia  und  bei  Cartagena.  Und  in  Granada  gibt  es  so- 
gar nur  drei  Fundstellen:  Velez  de  Benandalla,  um  Almeria  und 
Malaga.  Diese  Scrophulariacee ,  welche  gewöhnlich  dem  Verwand- 
schaftskreis  der  Gattung  Digitalis  zugezählt  wird,  hat  weisse  Blüten, 
die  in  dichten,  vielblütigen,  verlängerten  Ähren  stehen.  An  schattigen 
Stellen  der  Schlucht  schliessen  sich  ^Lagurus  ovatus  L.,  ^Vaülantia 
muralis  L.,  ^  Trifolium  steUatuni  L.,  ^  Galium  saccharatum  AU., 
^Rumex  hucephalophorus  L.,  ^Ajuga  iva  Schreb.  und  Teucrium 
pseudocha/fiaepitys  L.  zu  wirklichem  Rasen  zusammen.  An  den  etwas 
frischeren  Abhängen  kommt  es  sogar  zur  Entwicklung  eines  spärlichen 
Monte  bajo,  doch  die  vorherrschende  Formation  ist  Felsenheide  mit 
Einstrahlungen  einzelner  Steppenelemente: 
*' Bromus  7uibe/is  L.  Sideritis  leucantha  Cav. 

^*  Cynodon  dactylon  (L.)   Pers.      Ballota  hirsuta  Benth. 
^Aegilops  ovata  L,  ^  Marrubium    vulgare    L.    var. 

*  Stupa  parviflora  Desf,  lanatwn  Benth, 

*•      ,,      tortilis  Desf.  ^  Marruhium  alyssoii  L. 

Coronüla  juncea  L.  Convolvulus  lanuginosus  Desr. 

^  Peganum  harmala  L,  ^  Asteriscus  maritimus  Less, 

Phlomis  lychnitis  L,  Andryala  ragusina  L. 

Willkomm  erwähnt  von  der  Fuensanta  auch  noch:  Kentro- 
2)hyllum  arhorescens  Hook.,  eine  strauchige  Distel  mit  bis  4  cm  dicken 
Holzstämmen;  wir  haben  die  Pflanze  bei  Orihuela  gesammelt.  Auf 
ihr  und  auf  anderen  Kompositenwurzeln  schmarotzt  die  *  Orohanclie 
Muteli  F.  Schultz.  An  steinig -felsigen  Orten  und  in  Felsspalten 
treffen  wir  Linaria  crassifolia  (Cav.)  Kze.  und  die  Sinti ce  echioides 


Botanische  Reisesludien  von  der  spanischen  Mittelmeerküsle.  71 

L.,  auch  die  seltenen  Galium  miircicum  Boiss.  et  Reut.^  Erucästrum 
haeticum  (Boiss.)  Nym.  und  Brassica  fruticulosa  Cyr.  wachsen  um 
die  Fuensanta;  die  beiden  ersten  Pflanzen  sind  mikroiberische  Arten 
(Murcia,  Granada,  Jaen),  letztere  besitzt  ein  südwestmediterranes 
(Spanien,  Nordafrika,  Sizilien,  Neapel)  Verbreitungsareal. 


15.  Die  Steppen  um  und  die  Flora  der  Sierra  von  Orihuela. 

2./3.  IV.  1905;  31.  JII.  u.  1.  IV.  1906. 

Orihuela  liegt  ebenfalls  an  der  Segura,  22  km  nordöstlich  von 
Murcia.  Im  Süden  des  Städtchens  breitet  sich  die  fruchtbare  Huerta 
aus,  sie  steht  mit  derjenigen  von  Murcia  in  direkter  Verbindung. 
Da  sich  unmittelbar  im  Norden  der  Stadt  die  vollständig  kahle 
Sierra  von  Orihuela  erhebt  (Tafel  IV  Fig.  6)  und  nur  wenige  Kilo- 
meter entfernt  im  Nordwesten  und  Nordosten  sich  Fels-  und  Gras- 
steppen, sowie  junges  Kulturland  ausbreiten,  so  eignet  sich  Orihuela 
vorzüglich  als  Standquartier  zum  Studium  der  Steppenflora.  Will- 
komm sagt  ganz  zutreffend:  Am  Ausgang  der  Stadt  auf  der  mur- 
cianischen  Seite  wird  man  plötzlich  von  dem  Anblick  der  das  weite 
Seguratal  erfüllenden,  von  24  Ortschaften  übersäten  Huerta  überrascht, 
deren  dunkles,  saftiges  Grün  mit  den  angrenzenden  graugelben  Steppen- 
fluren und  der  entsetzlich  dürren  Sierra  einen  dem  Auge  sehr  wohl- 
tuenden Kontrast  bildet.  Auf  unseren  beiden  spanischen  Reisen  haben 
wir  in  Orihuela  je  einige  Tage  zugebracht. 

I.   Zur   Flora  der  Vorhöhe   der   Sierra  von  Orihuela. 
(Tafel  IV  Fig.  6.) 

Von  der  Stadt  führt  eine  schöne  Strasse  zu  den,  etwa  120  m 
höher  gelegenen,  ausgedehnten  Gebäulichkeiten  des  Seminario  de  San 
Miguel;  dann  aber  geht  es  ohne  Weg  über  Steingeröll  und  nackte 
Kalkfelsen  bis  zu  der  den  Gipfel  krönenden  maurischen  Burgruine, 
wo  wir,  von  der  drückenden  Aprilhitze  ganz  erschlafft,  im  Schatten 
des  Gemäuers  Schutz  vor  der  direkten  Besonnung  suchen. 

Wer  je  eine  solche  Sierra  bei  klarem  Wetter  besucht  hat,  dem 
wird  sich  dieses  Bild  wohl  für  immer  eingeprägt  haben.  Jede 
hat  ihre  Spezialflora ,  der  Endemismus  ist  ein  ganz  gewaltiger. 
Doch  es  braucht  oft  eine  beinahe  übermenschliche  Anstrengung,  um 
der  so  hoch  interessanten  Flora  nachzugehen,  denn  der  nackte  Fels 
strahlt  alle  Wärme  und  alles  Licht  zurück.  Kein  Schatten  weit  und 
breit,  kein  Luftzug  erfrischt  den  Wanderer.  Geröll,  Schutt  und  an- 
stehender Fels  beanspruchen  wohl    95^0  der  Oberfläche  des  Bodens; 


72  M.  Rikli. 

die  Vegetation  ist  daher  sehr  offen,  so  offen,  dass  man  beinahe  von 
Felswüsten  sprechen  könnte.  Wenn  diese  Berge  endlich  noch  von 
Ziegenherden  abgesucht  worden  sind,  und  das  ist  fast  immer  der  Fall, 
so  kann  man  sich  leicht  eine  Vorstellung  davon  machen,  was  dem 
sammelnden  Botaniker  noch  einzuheimsen  übrig  bleibt,  —  es  ist  herz- 
lich wenig.  Von  den  physischen  Anstrengungen  ganz  in  Schweiss  ge- 
badet, werden  die  Sinne  förmlich  betäubt  und  abgestumpft;  ganz 
mechanisch  zieht  der  Wanderer  weiter.  Der  fast  in  ewigem  Blau 
prangende  Himmel,  einer  der  klarsten  Europas,  breitet  sich  über 
ihm  aus. 

a)  Flora  zwischen  der  Stadt  und  dem  Seniiuario  de  San  Mig-ael. 

Diese   Flora  ist  ziemlich   unansehnlich,    sie  besteht  zumeist  aus 
verbreiteten  Arten  der  Felsenheide  oder  es  sind  Ruderalpflanzen. 
^  Asphodelus  ßsfulosus  L.,   reichlich,  jedoch  bereits  in  Frucht  und 

am  Absterben. 
Uropetalum   serotimun    Ker.  fl.      ^  Vaülantia  hisjnda  L. 

(fr.)  ^  Galium  saccharatum  All. 

^Mesemhryanthemum     nodi-         ^  Sideritis  roniana  L. 

florum  L.  *•* Mamibiiim  vulgare  L. 

^ Lobidaria  maritima  Desv.  *■  Echium  italicum  L. 

^  Paromjchia  argentea  Lam.  ^        ,,       plantagineimi  L. 

^  Psoimlea  bituminosa  L.  ^  Co?irolndusaIfhaeo'ides(L.)Sm. 

* Erijngium  campestre  L.  *■*  Anagallis  arvensis  L.,  s.  s^ec. 

^* Erodium    cicutarium     (L.)  caerulea  Schreb. 

L'Herit.  ^  Picridium   tingitanum  Desf. 

b)   Vegetation  über  dem  Seminario  de  San  Miguel. 

a)  Typische  Felsenpflanzen:  Centaurea  ornaia  W.,  eine 
Prachtspflanze  mit  grossen,  intensiv  orangegelben  Köpfchen,  deren 
Hüllkelche  zierlich  regelmässig  bewimpert  sind  und  in  einen  langen, 
abstehenden  Dorn  endigen.  Die  basalen  Teile  der  Blätter  und  der 
untere  Stengelabschnitt  sind  stark  weisswollig,  die  Blattflächen  da- 
gegen nur  spärlich  behaart.  Centaurea  ornata  W.  ist  eine  auf  die 
Gebirge  Zentral-,  Ost-  und  Südspanien  beschränkte  Pflanze,  die  nörd- 
lichsten Standorte  gehören  Aragonien  an.  Teucrium  buxifolium 
Schreb.  ist  ein  kleines  Felssträuchlein;  die  bis  fingerdicken  Pfahl- 
wurzeln sitzen  tief  in  den  Felsspalten  und  entwickeln  eine  Reihe 
kleiner,  hin  und  her  gebogener,  knorrig-weissfilziger  Astchen,  welche 
mit  zahlreichen  lanzettlichen,  am  Rande  eingerollten  und  auf  der 
Unterseite  durch  Filzhaare  weisslichen  Blättchen  besetzt  sind.    Diese 


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Botanische  Reisestudien  von  der  sjjanischen  Mittelmeerküste.  73 

Art  hat  noch  ein  beschränkteres  Verbreitungsareal,  denn  sie  findet 
sich  nur  in  Valencia,  Murcia  und  Granada.  Witluniia  frutescens 
Pauq.  ist  ebenfalls  hier  wieder  anzutreffen,  aber  nur  in  kleinen,  ver- 
bissenen, krüppeligen  Exemplaren,  deren  Zweiglein  an  den  heissen, 
nach  Süden  exponierten  Felsen  angepresst  sind.  Die  Blätter  sind 
viel  kleiner  als  bei  der  Schattenform  der  Opuntia  Ficus  indica-Be- 
stände,  wie  sie  uns  vom  Monteagudo  bekannt  ist.  Diese  Withania 
ist  auch  eine  iberisch-mauritanische  Pflanze,  deren  Hauptverbreitungs- 
zentrum in  Nordafrika  liegt,  europäischen  Boden  erreicht  diese  Art 
nur  im  südlichen  Spanien;  Orihuela  bezeichnet  ihre  Nordgrenze.  Auch 
die  Lavatera  maritima  Guoan  fehlt  nicht  und  ^Capparis  spinosa  L. 
entwickelt  soeben  ihre  diesjährigen  Triebe. 

ß)  An  Felsblöcken  und  zwischen  Geröll  und  Schutt  wachsen: 
^  Notolaena  vellea  Desv.  Tomillares  bildend. 

^  Piptatherum,coer^lescetis  P.B.  ^  Teucrium  polium  L.  s.  spec. 
Asparagus  albus  L.  capitatum  (L.)  Briq. 

,,  horridus  L.  f.  Teucriumpseudochaniaepifijslj., 

^  Asphodelus  ßstulosus  L.,  mas-  vereinzelt,  zwischen  Gestrüpp, 

senhaft,  jedoch  schon  vergilbt      Sideritis    leucatitha     Cav.     var. 
und  absterbend.  paucidentaia  Willk. 

PoUjgala  rupestris  Pourr.  Sideritis  glauca  Cav.,  mit  langen 

i?Ä«mnwsZ?/aozc?esL.,  als  Spalier-  rutenartigen  Trieben  und  ent- 

artig dem  Boden  angepresster  fernt  schuppenförmigen  Blätt- 

Kleinstrauch.  eben,  ist  den  Felsen  angepresst 

•  Ononis  natrix  L.  und  bildet  eigentliche  Polster, 

^Riita  chalepensislj.  \.  angusti-  doch   sind    dieselben   von    den 

folia.  (Pers.)  Wk.  Ziegen  meist  ganz  verfressen. 

Fumana  laevipes  Spach  Lavandula  multifida  L. 

^  Plantag 0  albicans  L.  Phagnalon  saxatile  Cass. 

ThyfRus  vulgaris  L.,  steWenweise     Zollikoferia  pumila  (Cav.)   DC. 
sehr   reichlich,    beinahe   reine      ^  ,,  resedifoUa  Coss. 

Die  für  uns  neuen  Arten  sind  entweder  südlich -mediterrane 
Elemente  oder  Pflanzen  von  iberisch -mauritanischer  Verbreitung. 
Die  genauere  pflanzengeographische  Analyse  soll  im  folgenden  Ab- 
schnitt erörtert  werden. 

II.  Steppen  nordwestlich  von  Orihuela. 

Steinig  dürre  Hügel,  wiederholt  von  Felsbändern  oder  von  Fels- 
riffen unterbrochen,  breiten  sich  unmittelbar  am  Fuss  der  Sierra  von 
Orihuela,  nordwestlich  von  der  Stadt,  aus.  Die  grosse  Fahrstrasse 
nach  Murcia  verläuft  längere  Zeit   zwischen  der  fruchtbaren  Huerta 


74 


M.  Rikli. 


und  diesen  trostlosen,  jedoch  immer  eine  reiche  Flora  aufweisenden 
Felssteppen,  Unmittelbar  vor  Orihuela  ist  der  Versuch  gemacht 
worden,  dieses  Gelände  durch  Anpflanzen  von  Opuntien  der  Kultur 
zugänglich  zu  machen.  Gegen  den  Frass  des  Kleinviehs  trefflich  ge- 
schützt, gedeiht  im  Schatten  der  indischen  Feige  wieder  die  Withania 
frutescens  Pauq.  und  ^  Hijoscyamus  albus  L. 

Die  Vegetation  besteht  hauptsächlich  aus  Steppenpflanzen,   doch 
sind  auch  Arten  der  Felsenheide  in  grösserer  Zahl  vorhanden  (60  spec). 


Lygeum  spartum  L. 
^  Brachypodium   rnmosum   (L.) 
R.  et  S. 

*  Köleria  jihleoides  (Vill.)  Pers. 
^  Phalaris  minor  Retz 
Bromus  ruhens  L. 

^ Melica  minuta  L. 
Asparagus  albus  L. 

j,  horridus  L.  f. 

Uropetalum  serotinum  Ker.,  eine 

hyacinten artige  Zwiebelpflanze 

mit     eigentümlich     schmutzig 

braungelben  Blüten. 
Gynandriris  sisyrinchhim  Pari. 
^  Asphodelus  fistulosus  L. 
Reseda  leucantha  Hegelm. 
Alsine  jirocumbens  Frzl. 
Ononis  minutissima  L. 
^  Psoralaea  bituminosa  L. 
^  Scorpiurus  suhviUosa  L. 
^  Hippocrepis  multisüiquosa.  L. 
Genista  murcia  Coss.,  Felsen. 
Matthiola  parviflora  (Schousb.) 

DC. 
Biscutella  auriculata  L. 

,,         V.  erigerifoUa  DC. 

•  Ononis  nafrix  L. 

*■  Buta  chalepensis  L.  v.  angusti- 

folia  (Pers.)  p.  sp.  Willk. 
'^  Rumex  bucephaJophorus  L. 
Euphorbia  sulcata  De  Lens. 
,,  falcata  L. 


^  Thesium  divaricatum{Jam)DG., 

Felsen. 
Pohjgala  rupestris  Pourr. 
^  Bar  Onychia  nivea  DC. 
Herniaria  polygonoides  Cav. 
*■* Fumana  procumbens  (Dunal) 

Gren.  Godr. 
Fumana  laevipes  Spach 
^       „         viscida  Spach 
Helian  themum  p  ilosuni  (L .)  Pers. 

var.  tonientelluyn  Wk. 
^  Beseda  alba  L. 
^  Co}ivolvulusalthaeoides(L.)Sm. 
,,  lafiuginosus    Desr. 

V.  sericeus  Boiss. 
*  Teucrium  poliuni  L. 
Teucriu  m  pseudochamaepitys  L. 
^  •  Marrubiutn  vulgare  L.  fol.  (fl.) 
^  Marrubium  alysson  L. 
^Sideritis  romana  L. 

„  leucantha    Cav.    var. 

paucidentata  Willk.  et  Lge. 
Bhlomis  lychnitis  L. 
Thymus  vulgaris  L. 

Zygis  L. 
Lavandula  multifida  L. 
Cynoglossum  cheirifoUum  L. 
'^  Sfafice  limonum  L.  mit  jungen 

Blütentri^ben. 
*■  Blanfago  albicans  L. 
Andryala  ragusina  L. 
*■  Airactylis  caucellata  L. 
Helichrysum  stoechas  DC. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mitlelmeerküste.  75 

Helichrysinn   stoechas  v.   caes-  ^  Phaynalon     mipestre    DC.    v. 

piiosum  Wk.  pediuiculare  Wk. 

^  Evax  pijgmaea  (L.)  Pers.  ^ Picridiuni  thigitanum  Desf, 

Microp>us  bombycinus  Lag.  ZoUikoferia  pumile  (Cav.)  DC. 

^ Falle nis  spinosa  Cass.  ^ZoUikoferia  resedifoUd  Coss, 


III.  Reste  von  Grassteppen  am  unteren   Rio  Dulce  nördlich 

von  Orihuela. 

Wir  verlassen  Orihuela  auf  der  Landstrasse  nach  Callosa.  Natur- 
hecken aus  stacheligen  Mimosen  oder  aus  den  knorrigen,  weiden- 
ähnlicben  Gestalten  der  T<ini(irix  yalUca  L.  mit  ihren  zarten,  schuppen- 
artigen Laubblättern  und  schlanken  Blütenkätzchen  umzäumen  das 
auf  beiden  Seiten  der  Strasse  liegende  Kulturland. 

Das  Vegetationsbild  zeigt  folgenden  Wechsel: 

1.  Palmenhain,  ziemlich  grosse,  etwa  50  bis  60  Jahre  alte 
Anlage  mit  zahlreichen  Norias.  Die  Bewässerung  erfolgt  demnach 
hauptsächlich  durch  das  Grundwasser.  Im  Palmenhain  wird  massen- 
haft Gerste  angepflanzt,  dieselbe  ist  schon  beinahe  schnittreif. 

2.  Olive nkulturen  und  daneben  auf  demselben  Boden  stets 
noch  eine  zweite  Feldfrucht:  Gerste  oder  seltener  Hafer.  Die 
Gerste  {Hordeum  distichon  L.)  ist  öfters  von  Ustilago  Jensenü 
Rostr.  befallen  und  der  Hafer  {Avena  sativa  L.)  wird  vom  Hafer- 
brand {Ustilago  Aveuae  Pers.)  heimgesucht.  Zwischen  den  Getreide- 
fluren finden  sich  auch  noch  einige  kleinere  Parzellen  der  Gemüse- 
Platterbse  {^  Lathijrus  sativus  L.). 

3.  Reine  Kulturen  von  Ölbaum  oder  Getreide.  Der  Öl- 
baum tritt  öfters  in  einer  auffallend  lang-  und  schmalblätterigen  Form 
auf  (Blattspreite  bis  8  cm  lang  und  nur  8  mm  breit).  In  diesen  Kul- 
turen, wie  auch  längs  dem  Feldweg  fand  sich  eine  grössere  Zahl 
von  Unkräutern: 

Nigella  damascena  L.  v,  minor  ^  Sisymhrium  polyceratium  L. 

Boiss.  =  N.  Bourgaei  Jord.  ^  * Rapistrum    rugosum     (L.) 
^  Adonis    niicrocarpa    DC.    var.  Bergeret. 

dentataCoss.==  A.cupaniajia  *  Vicia  hybrida  L. 

Guss.  ^  Coronilla  scotpioides  (L.)  Koch 

^  Roemeria  hybrida  (L.)  DC.  ^  Lathyrus  cicera  L. 

*'*  Glaucium    corrnculatum    (L.)  Oxalis  cernua  Thunh.  —  0.  liby- 

Curtis.  ca  Viv. 

Notoceras  bicorne  (Ait.)  Amo.  Euphorbia  serrata  L. 

*"* Lepidium  draba  L.  Euphorbia  Lagascae  Spach 


76  M.  Rikli. 

^ Momordica  elaterium  L.  "^  Convolvulus    althaeoides    (L.) 

^  Antirrhinum  majus  L.  Sm.,  auffallend  kleinblütig. 

^  Anacyclus  chivatus  Pers. 

4.  Felsenheiden,  z.  T.  vom  Typus  der 

a)  Passerinaheide  mit  ^ Passerina  hirsuta  L.  als  Leitpfianze. 
Begleitpflanzen:  ^* Fiona/ia  prociimhens  (Dunal)  Gr.  Godr.,  F.  Jae- 
vipes  Spach,  F.  viscida  Spach,  ^* Helianthemum  salicifolium  (L.) 
MilL,  Biscutella  auriculata  L.,  ^Futa  chaiepeusis  L.  var.  angusti- 
folia  (Pers.)  Wk.,  ^*A)iügaUis  a)'vensis  L.  s.  spec.  coerulea  Schreb., 
^ Lithospermum  apulum  Vahl. ,  Cijnoglossum  cheirifolium  L., 
^  Teuer ium  polium  L.,  ^  Phagiialon  rupestre  DC. 

|3)  Tomillares  mit  Vorherrschen  der  Labiaten,  besonders  Thy- 
mus vulgaris  L.  und  ^ Teuer iu/n  ptoUum  t. 

5.  Steppen inse In.  Die  Steppeninseln  sind  Überreste  der  Litoral- 
steppe,  welche  jedoch  in  der  Umgebung  von  Orihuela  mehr  und  mehr 
durch  ausgedehnte  Olivenkulturen  oder  durch  unabsehbare  Getreide- 
fluren verdrängt  wird.  Am  besten  hat  sich  die  Steppe  noch,  in  etwas 
erhöhter  Lage,  in  einzelnen  inselartigen  Parzellen,  an  den  rechts- 
seitigen Vorbergen  des  Rio  Dulce  erhalten;  doch  schieben  sich  selbst 
hier  überall  die  Anpflanzungen  der  Oliven,  sowie  auch  einige  kleine 
Wäldchen  von  Aleppokiefern  (f'Pi/ius  halepensis  Mill.)  zwischen  die 
Reste  der  ursprünglichen  Pflanzenwelt  ein.  Durch  diese  Olivenhaine 
verlaufen  Feldwege;  an  denselben,  wie  auch  auf  den  schmalen,  meist 
nur  1  bis  3  m  breiten  Landstreifen,  welche  die  einzelnen  Besitzungen 
voneinander  trennen,  treten  jedoch  überall  Steppenpflanzen  auf.  In 
diesem  Grenzgebiet  zwischen  Natur-  und  Kulturland  werden  gelegent- 
lich auch  noch  kleine  Ackerchen  mit  Linsen  {Lens  eseulenfa  Mönch), 
Kichernerbsen  {Cieer  arietiiuun  L.)  oder  linsenartiger  Wicke  ("F/c/r? 
ervilia  [L.]  Wild.)  bestellt. 

Stundenweit  voneinander  entfernt  liegen  einige  Caserios'),  sie 
sind  stets  umgeben  von  Agaven,    deren  vorjährige  verholzte  Blüten- 


')  Uebersicht  der  Besiedelungsverhältnisse  im  Gebiete  der  Litoralsieppe. 

A.  Einzelsiedelungen. 

I.  Schilfhiitten  (Tafel  X  Fig.  17).  Es  sind  die  primitivsten  Niederlassungen 
der  Hirtenbevöllverung.  Die  Hütte  ist  rasch  gebaut.  Einige  Pfosten  aus  Ölbaum- 
oder Aleppoföbrenholz,  nur  dürftig  zugehauen,  bilden  das  Gerippe:  die  Wände  be- 
stehen aus  verflochtenen  Matten  der  Halme  des  italienischen  Rohres  (Arundo  Donax  L.). 
Zur  Bedeckung  des  Daches  wird  Haifa  oder  wo  dasselbe  fehlt,  die  Albardine  ver- 
wendet. Gegen  die  brennende  Hitze  des  Tages  gewährt  diese  Hütte  den  Steppen- 
bewohnern einigen  Schutz;  solid  braucht  sie  nicht  zu  sein,  denn  mit  der  Herde 
führt  auch  der  Hirte  ein  Nomadenleben. 

II.  Lehmhütten  (Tafel  VIII  Fig.  12).  Der  Bau  stimmt  ganz  mit  der  Schilf- 
hütte überein,  doch  sind  die  Wände  mit  Lehm  verdichtet  und  verstrichen.  Solche 
Lehmhütten   sieht   man   öfters    in    der   Huerta.     Bald  werden  sie   nur  als  vorüber- 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanisc-lieii  MiUelnieerküste.  77 

kandelaber  noch  stellen  und  bis  über  8  m  Höhe  erreichen.  Neben 
diesen  primitiven  Niederlassungen  fehlt  wohl  auch  nie  ein  kreisrunder, 
ausgeebneter,  ca.  25  bis  oO  m  im  Durchmesser  messender  Platz,  der 
zur  Erntezeit  als  Tenne  dient,  denn  das  Getreide  wird  hier  immer 
in  der  freien  Natur  gedroschen.  Regen  kennt  man  zu  dieser  Jahres- 
zeit nicht.  Diese  Caserios  sind  die  eigentlichen  Pioniere  der  Kultur. 
Der  Boden  dieser  Steppeninseln  ist  nicht  felsig,  sondern  bald 
steinig,  bald  sandig-mergelig.  Die  Flora  ist  arm  an  Arten,  besteht 
sie  doch  nur  aus  verhältnismässig  wenigen,  allerdings  meist  massen- 


gehende Sommeri^ilze  benutzt,  zur  Zeit  der  BewirtschafLung  der  öfters  in  einiger 
Entfernung  von  der  Stadt  gelegenen  Huerta ;  die  ärmere  Bevölkerung  lebt  aber 
öfters  auch  ständig  in  denselben. 

III.  Höhlen  Wohnungen  (Tafel  XII  Fig.  ;20).  Iin  Gebiet  der  Litoralsteppe 
und  in  Andalusien  sind  oft  am  Fuss  der  Gebirgszüge  oder  am  oberen  Rande  von 
Plateaus  Höhlen  in  den  anstehenden  Kalk-  oder  Sandstein  ausgehauen.  Tausende 
von  Menschen  leben  noch  heute  in  Südspanien  in  solchen  Höhlenwohnungen.  Es 
ist  das  nur  in  einem  Lande  mit  mediterranem  Klima  und  mit  wenig  Niederschlägen 
möglich.  In  der  heissen  Jahreszeit  sind  diese  Wohnungen  kühl,  im  milden  Winter 
dagegen  verhältnismässig  warm.  Der  Eingang  zu  diesen  Wohnstätten  ist  gemauert; 
nur  durch  eine  schmale  Türe  gelangt  man  ins  Innere.  Von  der  Wohnung  sieht 
man  sonst  nichts  als  den  Schornstein,  Avelcher  in  einiger  Entfernung  vom  Plateau- 
rand direkt  aus  dem  Boden  entspringt.  Bei  Callosa  vor  Orihuela  sahen  wir  zuerst 
solche  Höhlenwohnungen.  Es  sind  nicht  immer  Einzelansiedeiungen,  selbst  in 
grösseren  Städten  gibt  es  zuweilen  ganze  Quartiere,  so  in  Guadix  und  ein  Teil  des 
Zigeunerviertels  in  Granada. 

IV.  Caserios  (Tafel  VII  u.  XI)  sind  ursprünglich  immer  als  die  ersten 
bleibenden  Ansiedelungen  in  dem  in  Kultur  genommenen  Steppenland  aufzufassen. 
Die  Caserio  besteht  immer  nur  aus  einem  Erdgeschoss,  welches  selten  über  3  m 
Höhe  erreicht;  das  flache  Dach  ist  mit  Rinnenziegeln  bedeckt,  eine  Öffnung,  welche 
durch  eine  schwere  Holztüre  geschlossen  werden  kann,  führt  in  das  Innere,  das 
meist  nur  zwei  Räume  umfasst:  einen  Schlafraum  und  einen  Wohnraum  mit  Herd. 
Der  Boden  besteht  aus  gestampfter  Erde.  Fensteröffnungen  sieht  man  nur  wenige, 
zuweilen  sogar  gar  keine;  so  wird  dafür  gesorgt,  dass  die  Hitze  nicht  so  leicht  in 
die  Wohnung  dringen  kann.  Die  Fenster  sind  zudem  oft  vergittert;  die  Abgelegen- 
heit  dieser  Wohnungen  lässt  diesen  Schutz  als  vollständig  gerechtfertigt  erscheinen. 
Vor  denselben  befindet  sich  zuweilen  ein  primitiver  Backofen;  die  äusseren  Mauer- 
flächen sind  bald  ohne  Verputz,  bald  blendend  weiss.  Die  Caserios  finden  sich  be- 
sonders an  der  Peripherie  der  Huertas,  im  sog.  Secano,  d.  h.  im  nicht  bewässerten 
Kulturland,  im  Grenzgebiet  zwischen  Huerta  und  Naturland.  Die  Caserios  sind  stets 
umgeben  von  jungen  Anpflanzungen  von  Oliven  und  Ceratonien;  auch  Gruppen 
von  Feigen-  oder  Mandelbäumen  fehlen  selten;  öfters  sieht  man  in  der  Nähe  dieser 
Wohnungen  auch  noch  Wintergetreide,  dagegen  werden  Reben  nur  ausnahmsweise 
angepflanzt.  Ein  ovaler,  etwa  30  m  im  Durchmesser  erreichender,  ausgeebneter 
Platz  dient  unter  freiem  Himmel  zur  Erntezeit  als  Tenne  (Tafel  VII).  Längs  der 
mit  Agaven  besetzten  Flurwege  und  zwischen  den  Kulturen  begegnen  uns  noch 
überall  die  Reste  der- Steppenflora. 

V.  Posadas  (Tafel  V).  Es  sind  grössei'e  Gebäudekomplexe,  die,  wenn  innuer 
möglich,  an  den  Kreuzungspunktea  wichtiger  Strassenzüge  errichtet  werden,  zuweilen 
liegen  sie  aber  auch  mehr  oder  weniger  abseits  von  den  grossen  Verkehrsadern, 
denn  die  Anlage  derselben  richtet  sich  in  erster  Linie  nach  dem  Vorhandensein  von 
Wasser.    Die  Posadas  enthalten  Unterkunflsräume  und  Stallungen  für  die  Zug-  und 


78  M.  Rikli. 

haft  auftretenden  Pflanzen.  Die  vorherrschenden  Arten  dieser  Steppen 
sind  fast  alles  Saftpflanzen,  Rutengewächse  oder  Pflanzen  mit  mehr 
oder  weniger  verkümmerten  Schuppen-  oder  Nadelblättern ;  auch  Filz- 
pflanzen sind  ziemlich  häufig. 

Im  Gebiet  des  Rio  Dulce  waren  offenbar  einst  ausgedehnte  Gras- 
steppen vorhanden.  Selbst  heute  noch  lassen  sich  zwei  Typen  unter- 
scheiden : 

a)  Die  Haifasteppe  (Tafel  IV  Fig.  7),  besonders  an  den  Tal- 
hängen und  auf  den  Hügeln  mit  steinig-dürrem  Boden.  Macrochloa 
tenacissima  Kth.,  das  Esparto-  oder  Haifagras  ist  Leitpflanze.  Dieses 
stattliche  Gras  bildet  immer  Horste.  Aus  einiger  Entfernung  sehen 
daher  die  mit  Haifa  bedeckten  Hügel  wie  das  Fell  eines  Panters  aus. 
Zwischen  den  mehr  oder  weniger  entfernt  stehenden  Stöcken  und 
zwischen  den  Halmen  der  Büschel  finden  sich  stets  massenhaft 
Steppenschnecken,  besonders  die  weisse  Helix  alhida. 

Die  Begleitpflanzen  der  Haifasteppe  sind: 
^  Stupa  tortilis  Desf.  ^ Brachypodium   ramosum   (L.) 

^  Andropogon  pubescens  Vis.  R.  et  S.,  beginnt  zu  blühen. 

Avena  fllifolia  Lag.  Asparagus  hof^ridus  L.  f. 


Saumtiere,  die  oft  zu  grossen  Karawanen  vereinigt  den  Transport  der  Nahrungs- 
mittel und  anderer  Bedürfnisgegenstände  des  täglichen  Lebens  vermitteln.  Posadas 
sind  demnach  Fuhrhaltereien,  die  in  einem  Lande  wie  Spanien,  wo  das  Eisenbahn- 
netz noch  so  wenig  ausgebaut  ist,  im  Verkehrsleben  immer  noch  eine  sehr  bedeut- 
same Rolle  spielen.  Posadas  finden  sich  auch  in  allen  grösseren  Städten,  in  kleineren 
Orten  sind  es  nicht  selten  die  einzigen  Unterkunflsmöglichkeiten.  In  jeder  Posada 
Hegt  im  Mittelpunkt  der  Anlage  ein  grosser  Hof,  in. dem  ein  ganzer  Wagenpark 
Aufstellung  finden  kann  und  der  rings  von  Stallungen,  Wohn-  und  Vorratsräumen 
umgeben  ist.  Nachts  wird  die  Einfahrt  durch  ein  gewaltiges  hölzernes  Tor  ge- 
schlossen.    Textfigur  4  gibt  den  Grundriss  einer  Posada. 

B.    Geschlossene  Niederlassungen. 

Dörfer  oder  Weiler  mit  offener  Bauweise  und  mit  nur  einigen  Hundert  oder 
sogar  weniger  als  hundert  Einwohner  zählenden  Bevölkerung  haben  wir  in  dem  von 
uns  bereisten  Teil  Südostspaniens  keine  angetroffen.  Neben  den  Einzehvohnungen 
gibt  es  im  Gebiet  der  Litoralsteppe  nur  noch  kleinere  oder  grössere  Städte  mit 
wenigstens  tausend  Einwohnern.  Die  Bauweise  dieser  Städte  ist  immer  eng,  eine 
Erinnerung  an  einst  oft  unruhige  Zeiten.  Die  fast  immer  mit  einer  Azulejoskuppel 
versehene  Kirche  oder  die  weitläufige  Anlage  einer  Posada  bilden  den  Mittelpunkt 
der  öfter  nur  aus  wenigen  langen,  parallelen  Gassen  und  einigen  Querstrassen  be- 
stehenden Ortschaft.  Die  Regenarmut  des  Landes  findet  in  den  flachen  Dächern 
der  Häuser  ihren  beredten  Ausdruck.  Wenigstens  in  der  Hauptstrasse  hat  fast 
jedes  Fenster  seinen  kleinen  Balkon.  Im  Zentrum  jeder  Huerta  liegt  eine  grössere 
Stadt,  nach  der  die  Huerta  ihren  Namen  erhalten  hat.  Ist 'die  Huerta  gross,  so 
umfasst  dieselbe  ausser  der  Hauptstadt  noch  eine  mehr  oder  weniger  grosse  Zahl 
von  Nebenstädten,  die  sich  im  Kreis  um  die  Metropole  anordnen.  Die  Huerta 
V.  Elche  besteht  nur  aus  der  ca.  34000  Einwohner  zählenden  Stadt  (Tafel  III  Fig.  5); 
die  Huerta  v.  Valencia  umfasst  ausser  der  gleichnamigen  Stadt  (mit  ca.  200000  Ein- 
wohnern) einige  dreissig  Nebenstädte. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanisclien  Miltelmeerküste. 


79 


F  u  I  I  e  r  —  I  I-  »  u 


Stallungen   für    Pferde    und    Esel 


r.    K® 


Schwe  in  e 
Stall 


'■^^       I    °  Sodbrunnen. 

1  -^ 


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H  o  f 

WaJen_Park 


Offen  er  Schuppen 
für 
Holz  IL  Fu  cter 


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Schafstall 

darüber 

Tauben  schlag. 

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Gesinde 

Wohnungen . 

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1 

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Wohnraum 

gedeckte 

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Vorhalle 

4, 

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nacK         Benidorum  Strasse  nach 

Fi?.  4.    Grundriss  einer  Posada. 


A  1 1 can te   -^ 


Eine  breite,  durch  ein  gewaltiges,  hölzernes  Tor  verschliessbare  Einfahrt  führt 
unter  dem  Wohnhaus  in  den  grossen,  rings  von  Stallungen  und  Vorratsräumen  um- 
gebenen Hof;  ein  ganzer  Wagenpark  kann  in  demselben  Aufstellung  finden.  Neben 
Lebensmitteln  (Orangen,  Oliven,  Getreide  etc.)  und  Baumaterialien  lagern  hier  zeit= 
weise  grosse  Mengen  von  Haifagras,  welche  aus  den  Steppengebieten  nach  den 
Bahnstationen  oder  direkt  nach  den  Einschiffungshäfen  verfrachtet  werden.  Viele 
Wagen  sind  wieder  mit  Korbwaaren  oder  mit  Seilen,  die  aus  Haifa  hergestellt 
worden  sind,  beladen.  Je  nach  der  Grösse  der  Posada  enthalten  dieselben  Unter- 
kunftsräume für  50  bis  200  Zugtiere,  Pferde,  Maultiere  und  Esel.  Die  Stallungen 
sind  oft  fürchterlich  schmutzig,  aber  dafür  gelegentlich  mit  elektrischer  Beleuchtung 
versehen.  Wer  das  spanische  Volksleben  kennen  lernen  will,  daif  nicht  versäumen, 
solche  Posadas  als  Nachtquartier  zu  benutzen. 


80 


M.  Rikli. 


Gladiolus  illyficus  Koch,  reich- 
lich und  in  voller  Blüte. 

^  Passerina  hirsuta  L. 

Mernirialis  tomentosa,  L. 

^  Planta go  albicans  L. 

Polygala  rupestris  Pourr. 

*  Eryngium  campestre  L.  (fol.)? 

Funiana  laevipes  Spach 

Heliaiithemum  p)ilosu)n  (L.)  Pers. 
var.  tomentellum  Wk.,  reich- 
lich. 


Astragalus  sesameus  L. 

,,  sinaicus  Boiss. 

Thymus  vulgaris  L.  (fl.) 
Thymus  Zygis  L.,  reichlich. 
^ Rosmarinus  officinalisL.,  z.  T. 

fl.  albo. 
*'  Artemisia  herba  alba  Asso 

,,  Barrelieri  Bess. 

^  Evax  pygmaea  (L.)  Pers. 
Helichrysuni  stoechas  DC. 
^  Zollikoferia  resedifolia  Coss. 

b)  Die  Lygeumsteppe  (Albardine)  dominiert  besonders  auf  dem 
feinsandig-mergeligen  Boden  der  weiten  Niederung  des  unteren  Rio 
Dulcetales,  soweit  die  Kultur  noch  nicht  vom  Land  Besitz  genommen 
hat.  Öfters  ist  der  Boden  auch  salzhaltig.  Die  Flora  besteht  teil- 
weise aus  den  gleichen  Arten,  wie  diejenige  der  Haifasteppe,  als 
neue  Elemente  stellen  sich  jedoch  eine  grössere  Anzahl  von  Sukku- 
lenten ein,  die  in  der  Haifasteppe  entweder  fehlen  oder  jedenfalls 
doch  nur  eine  sehr  untergeordnete  Rolle  spielen : 

Lygeum  sjxirtum  L.,   ein   ausserordentlich  zähes  Steppengras,   tritt 

als  Leitpflanze  massenhaft  auf. 
Phalaris  paradoxa  L. 
^Erianthus  Ravennae  P.  B,,  nächst  verwandt  mit  dem  Zuckerrohr; 

alle   Pflanzen    sind    befallen   und    deformiert    durch    Ustilago 

Sacchari  Rabenhorst  (teste  Dr.  A.  Volkart!). 
Ephedra  fragiUs   Desf. ,    entwickelt  bereits   die    diesjährigen,    noch 

zarten  Triebe. 


Beta  Bourgaei  Coss.  =  B.  mari- 
tima L.  V.  macrocarpa 
Guss. 

Haloxylön  articulatum  (Cav.) 
Bunge. 

^ Atriplex  halimus  L. 

^  Suaeda  fruticosa  (L.)  Forsk. 

^  Peganum  ha r mala  L. 

^  Passerina  hi/sufa  h.,  diöcisch. 

^  Osyris  alba  L.,  sehr  viel,  überall 
sprossen  dessen  diesjährige 
junge  Triebe  hervor. 

^  Polygonum     equi  setiforme 
Sibth. 


^  Planta go  albicans  L. 

Statice  caesia  Gird. 

Tamarix  gallica  L. 

Eruca  satica  L.  v.  stenoccupa 
Coss.  =  E.  stenocarpa  Boiss. 
et  Reut. 

Moricandia  arvensis  (L.)  DC. 

Anthyllis  cytisoides  L.,  häufig. 

Dorycnium  sujfruticosum  Vill. 
v.cM/ie*/bZm^?«' Rikli,  vereinzelt, 
in  sehr  schlanken  bis  über 
IV2  m  hohen  Exemplaren. 

Coronilla  juncea  L. 

Lavatera  maritima  Gouan 


Vierteljahrsschrift  der   Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52.     1907. 


Tat.  VIII 


/'/,„c..-   /■.  Bolmi). 


Fifj.  l"2.    Lcliiuhütto  mit  ßedaclmiuj  aus  Haltayra.s  am  Rand  der  Hiiorta, 
nordöstlich  von  Orihuela. 

Im   Hintergrund  die  völlig   kahle  Sierra  (pag.  76), 


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riinl.:  R.  Clw<lal. 


'i(j.  I;l.    \oria.  umfjeboii  v(»n  cinor  i<ioinon  Kidtnroaso. 

SIeppe,    westlich   Carlagena  (pag.  134). 


-CINOIS 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittehiieerküste.  81 

^  Teucrinm  poliioii  L.  var.  capi-     Scorzonera  laciniata  L.  v.  inter- 

fatinu  (L.)  Briq.  media  (Gr.  Godr.). 

Koitrophijlhnti  arboresccms  Hook. 


B.  Allgemeiner  Teil:  —  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Litoralsteppe. 

Auf  einer  Reihe  von  Exkursionen  haben  wir  einen  Einblick  in 
den  Vegetationscharakter  und  in  den  Florenbestand  der  spanischen 
Litoralsteppe  zwischen  Villajoyosa  und  Murcia  erhalten.  Unser  Bild 
<ier  südostspanischen  Steppengebiete  wäre  jedoch  ohne  Kenntnis  der 
klimatischen  Faktoren  und  der  biologischen  Anpassungserscheinungen 
der  Pflanzenwelt  an  die  ihr  gebotenen  eigenartigen  Lebensverhältnisse 
sehr  unvollständig,  endlich  drängt  sich  uns  die  Frage  nach  dem  Ur- 
sprung dieser  Steppenflora  auf.  Im  Anschluss  an  unsere  Exkursions- 
berichte soll  daher  noch  je  in  einem  Abschnitt  Klima,  Biologie  und 
Pflanzengeographie  der  iberischen  Litoralsteppe  erörtert  werden. 


a)  Klima.  ^) 

Zuverlässige ,  über  eine  Reihe  von  Jahren  sich  erstreckende 
meteorologische  Daten,  die  allen  Anforderungen  der  exakten  modernen 
Meteorologie  entsprechen  würden,  gibt  es  für  Spanien  kaum.  Das 
Netz  meteorologischer  Stationen  ist  zudem  sehr  lückenhaft,  die  an- 
gewendeten Methoden  und  Instrumente  meistens  ungenügend,  so  dass 
das  Bild  des  mittleren  jährlichen  Klimaganges,  das  wir  auf  Grund 
dieser  Daten  entwerfen,  nur  einen  sehr  relativen  Wert  beanspruchen 
kann;  dies  um  so  mehr,  als  ja  zum  Charakter  der  Steppe  gehört, 
dass  die  Temperatur-  und  Niederschlagskurven  in  den  einzelnen 
Jahren  oft  ganz  gewaltige  Unterschiede  aufweisen.  Aus  dem  Gebiet 
der  Litoralsteppe  liegen  uns  nur  von  Murcia,  Cartagena  und  Alicante 


^)    a)    Zeitschrift    der    österreichischen    Gesellschaft    für    Meteorologie    Bd.  IX 
(1874)  p.  6  ff.  —  Khma  von  Murcia. 

b)  Helhnann,  G.,  Feuchtigkeit  und  Bewölkung  auf  der  iberischen 

Halbinsel.     Niederländisch   meteorologisches  Jahrbuch  187(5.     48  S. 

c)  JResümen  de  las  observaciones  meteorolögicas,  efectuadas  en  la  penin- 

sula  y  algunas  de  sus  islas  adyacentes  durante  1876  ff.  bis  1896. 

d)  Hann,  J.,  Handbuch  der  Meteorologie,     ed  II.    Bd.  III  (1897)  pg.  77 

bis  88. 

e)  Fischer,   Th.,  Studien  über  das  Klima  der  Mittermeerländer.     Er- 

gänzungsheft No.  .58  zu  Petermanns  Mitteilungen  1879.     4".    64  S.  mit 
7  Karten  auf  3  Tafeln. 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52.     1907.  6 


82  M.  Rikli. 

einigermassen  brauchbare  Daten  vor,  dieselben  werden  durch  die- 
jenigen von  Valencia  ergänzt.  Sehr  wünschenswert  wären  auch  noch 
meteorologische  Stationen  in  Elche,  Orihuela  und  Lorca.  Um  einen 
Einblick  in  das  Klima  der  spanischen  Litoralsteppe  zu  erhalten,  sind 
wir  daher  neben  diesen  Daten  wesentlich  noch  auf  die  Berichte  an- 
gewiesen, die  uns  fremde  Forscher,  welche  längere  Zeit  in  diesen 
Gebieten  zugebracht  haben,  entwerfen.  So  wertvoll  diese  Berichte 
sind,  30  tragen  sie  eben  doch  den  Stempel  der  Subjektivität. 

Auf  Grund  der  im  „Resümen  de  las  observaciones  meteorolögicas" 
erschienenen  meteorologischen  Beobachtungen  haben  wir  für  die 
Jahre  1876  bis  1895  die  wichtigsten  klimatischen  Daten  berechnet. 
Es  ist  jedoch  hervorzuheben,  dass  in  Cartagena  die  Temperaturen  erst 
seit  1877,  die  Regenmengen  sogar  erst  seit  1880  notiert  wurden. 
In  Alicante  wurde  im  Jahre  1880  eine  zweite  meteorologische  Be- 
obachtungsstation gegründet.  Die  beiden  Stationen  werden  als 
Instituto  und  Mareografo  unterschieden  und  ergeben  ziemlich  ver- 
schiedene Daten.  Wir  haben  bis  1888  nur  die  Angaben  des  Instituto 
verwertet.  Von  1889  ist  jedoch  diese  Beobachtungsserie  sehr  unvoll- 
ständig, so  dass  wir  uns  genötigt  sahen,  nun  die  vom  Mareografo 
publizierten  Angaben  zu  benützen  und  zwar  von  1889  bis  1893. 
Von  1893  an  ist  dann  Alicante  im  „Resumen"  nur  noch  durch  eine 
Anstalt,  die  jedoch  nicht  näher  bezeichnet  ist,  vertreten.  Um  die 
folgenden  Zusammenstellungen  besser  beurteilen  zu  können,  geben 
wir  zuerst  eine  kurze  Übersicht  der  entsprechenden  Daten  von  Zürich. 
Wir  verdanken  dieselben,  wie  auch  die  Einsicht  in  die  Spezialliteratur 
der  Güte  von  Herrn  Dr.  Maurer,  Direktor  der  eidg.  meteorologischen 
Zentral  anstalt. 

Meteorologische  Daten  von  Zürich. 

Mittlere   Jahrestemperatur  37-jähriges  Mittel:    (1864— 1900)  =  S^5  C. 
Mittlere  Monatstemperaturen : 
I.  =  —  1,4  V.  =  12,9  IX.  =       14,2 

II.  0,8  VI.         16,5  X.  8,4 

III.  3,8  VIT.         18,4  XL  3,6 

IV.  8,8  VIII.         17,3  XII.         —  0,6. 
Absolutes  Maximum      34,5  C  (Lufttemperatur  im  Schatten.)  \         Aus  den  Termin- 

'  J-        Beobachtungen   von 

Absolutes  Minimum  —  18,5  C  I      T'/oh,    v/^h,    91,2 h. 

Mittlere  jährliche  Regenmenge       1138  mm   (1864—1903). 

Grösste  „  „  1988  mm   (1876). 

Kleinste         „  „  737  mm    (1865). 

Grösste  an  einem  Tage  gefallene  Regenmenge  171  mm    (11.  VI.  1876). 
Mittlere  jährliche  Sonnenscheindauer        1693  Stunden  (1886-1900). 
Mittlere  jährliche  Bewölkung  6,3  „ 

Grösste  mittlere,  monatliche  Bewölkung     8,0  ,,         (Dezember). 

Kleinste         „  „  „  5,1  „         (August). 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste. 


83 


a)  Thermische  Verhältnisse. 

I.  Mittlere  Monatstemperaturen  in  C 
1.  Cartagena. 


Beoljach- 

' 

tungs- 
periode 

I. 

II. 

III.      IV. 

V. 

VI. 

VII. 

VIII.     IX. 

X. 

XI. 

XII. 

1877—85 

12,8 
9,8 

13,1 
10,5 

13,8     16,5 
12,6     14,6 

18,3 
17,4 

21,9 
21,1 

25,3 
24,- 

26,3 

23,3 
22,3 

19,3 
18,5 

1.5,7 
14,7 

11,8 

1886—95 

24,1 

11,3 

In  diesen   19  Beobaelitungsjahren  war   der  Juli  1880  mit  einem 

Monatsmittel  von  28",  1  der  wärmste,  der  Januar  1891  mit  nur  7°, 7 

der  kälteste  Monat.    Auffallend  sind  die  bedeutend  höheren  Mittel  in 

den   Jahren  1877 — 85   gegenüber  der  zweiten  Beobachtungsperiode. 

Dieses  Verhältnis  kehrt  bei  allen  vier  Stationen  wieder  und  ist  den 

fünf  aussergewöhnlich  warmen  Jahren  1876—1880  zuzuschreiben. 

2.  Murcia  (43  m  Meereshöhe). 

1876—85 

10,3 
9,6 

12,7 
11,1 

13,7 
13,2 

16,5 
15,7 

19,3 

18,9 

22,8 
23,1 

25,9 
26,2 

27,3 

23,9 
23,5 

18,7 
19,2 

14,7 
14,6 

10,— 

1886—95 

25,9 

11,1 

Die  wärmsten  Monate  waren  der  August  1877  und  1878  mit  einem 

Mittel  von  je  28°,8  und  der  kälteste  Monat,  der  Januar  1891,  erreichte 

nur  ein  Mittel  von    7°,6.     Gegenüber  Cartagena  zeigt  mithin  Murcia 

ein  entschieden  kontinentaleres  Klima  mit  erhebhch  kälterem  Winter 

und   heisserem    Sommer,    —    eine   Folge   der   grösseren   Entfernung 

dieser   Stadt  von   der  Küste   (50  km)  und  der  Umgebung  durch  Ge- 

birgszüge. 

3.  Alicante. 

1876—85 

11,- 
10,3 

12,8 
11,1 

13,4 
13,4 

16,4 
15,6 

18,9 

18,4 

22,4 

22  1 

1      ' 

25,4 
24,9 

25,9 

22,9 
53, 

18,7 
19,3 

14,8 
1.5,3 

11,2 

1886—95 

24,8 

12,— 

Wärmster  Monat:  Juli  1877  =  28",8;  kältester  Monat:    Dezember 

1876  =  8".     Alicante    nimmt    demnach    thermisch   eine    Art   Mittel- 

stellung zwischen  Cartagena  und  Murcia   ein;    die  Winter  sind  fast 

noch  milder  als  die  von  Cartagena,  die  Gluthitze  des  Sommers  bleibt 

dag 

egen  l 

.aum  1 

linter 

der  VC 

)n  Mui 

•cia  zi 

rück. 

1876—85 
1886-95 


4.  Valencia. 


10,- 

12,3 

9,8 

12,9 
12,- 

1.5,4 
14,2 

17,4 
17,1 

20,8 
21,- 

24.2 

25.3 

8,8 

23,7 

23,9 

22,2     18,2 
21,7     18,- 


14,3 
14,- 


10,3 
10,4 


84 


M.  Rikli. 


Wärmster  Monat:  August  1878  =  27°,3;  kältester  Monat:  Januar  1891  =  5°,8. 
Valencia  beansprucht  somit  innerhalb  unserer  vier  Beobachtungsslationen  eine  ge- 
wisse Sonderstelhing.  Die  Sommer  sind  etwas  weniger  heiss,  die  Winter  dagegen 
ganz  erheblich  kühler  (1  bis  nahezu  3"  C)  als  in  den  Provinzen  Alicante  und  Murcia. 

Das  aus  den  mittleren  Monatstemperaturen  abgeleitete  thermische  Fazit  von 
Cartagena,  Murcia,  Alicante  und  Valencia  wird  auch  durch  die  folgenden  Beobach- 
tungsserien bestätigt. 

II.   Mittlere   Jahrestemperaturen  in  C". 


Beobacli- 
tungs- 
periode 

Jahres- 
mittel 

Jahr  mit 

a)  d.  höchst en      b)  d.  niedrigsten 

mittleren  Jahrestemperatur 

Differenz 

1.  Cartagena 

1877—85 
1886—95 

18,2 
16,7 

19,5  (1877) 

16,3    (1891) 

3,2 

2.  Murcia 

1876-85 
1886—95 

18,— 

17,7 

18,9  (1877) 

17,-  (1891) 

1,9 

3.  Alicante 

1876-85 
1886-95 

17,8 
17,5 

19,4  (1877) 

16,6    (1895) 

2,8 

4.  Valencia 

1876—85 
1886-95 

16,9 
16,2 

18,2  (1877) 

15,2(1886u.l891) 

3,— 

Auch  diese  Tabelle  bringt  die  Sonderstellung  von  Valencia,  dessen  Jahresmittel 
0,5 — 2"  niedriger  ist  als  dasjenige  der  Stationen  1 — 3  zum  Ausdruck.  Von  ganz 
besonderer  Wichtigkeit  für  die  Pflanzenwelt  sind  die  absoluten  Temperaturextreme. 


III.   Absolute   Temperaturextreme   in  C*. 


a) 

M  a  X  i  m  a 

b) 

Minima 

c)  Differenz 

(Lufttemperatur  im  Schatten) 

1.  Cartagena 

40,— 

Im  Juli  1880 

—    % — 

Im  Januar  1878 

42- 

2.  Murcia 

47,8 

,       ,     1876 

f—    4,3 
1—    5,5 

.       1878 
.       1871 

53,3 

3.  Alicante 

45,- 

Im  August  1881 

/-    6,- 
l—    6,2 

,      1876 

(nach  Th.  Fischer) 

•51,2 

4.  Valencia 

43,- 

Im  Juli  1881 

—    7,— 

„       1885 

50,— 

zum  Vergleich 

Zaragoza 

43,2 

(nach    Fischer) 

—  14,9 

(nach  Fischer) 

(Ebrostreppen) 

Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittehneerkiiste.  85 

Die  abnorm  hohen,  über  35"  C.  erreichenden  Temperaturen  sind 
wohl  zum  grössten  Teil  das  Ergebnis  eines  afrikanischen  Glut- 
windes, der  in  den  östlichen  Teilen  der  Provinz  Granada  und  in 
Murcia  keine  Seltenheit  ist,  glücklicherweise  aber  meistens  nicht  lange 
anhält.  Die  Andalusier  nennen  ihn  „Solano",  in  Murcia  ist  er  unter 
dem  Namen  Leveche  bekannt.  Dieser  Wind  erschöpft  sich  gewöhnlich 
in  einigen  Stössen,  die  jedoch  hinreichen,  um  die  Wein-  und  Oliven- 
ernte der  Gegenden,  über  welche  sie  hinstreifen,  zu  vernichten. 
Hellmann  beobachtete  im  August  1876  wie  innerhalb  sechs  Stunden 
durch  einzelne  seiner  Glutwellen  an  der  Sierra  Contraviesa,  zwischen 
Malaga  und  Almeria,  etwa  10  km  von  der  Küste  und  in  einer  Meeres- 
höhe von  700  m,  mehrere  Quadratkilometer  Weinpflanzungen  kurz 
vor  der  Weinlese  völlig  vernichtet  wurden.  „Das  Weinlaub  sah  nach 
dem  Passieren  des  Windes  so  aus,  als  ob  man  es  mit  siedendem 
Wasser  begossen  hätte." 

Nirgends  tritt  der  Leveche  so  häufig  und  verheerend  auf,  wie  in 
den  Küstengegenden  zwischen  dem  Cabo  de  Gaba  und  dem  Cabo  de 
la  Näo.  Der  Glutwind  kündet  sich  durch  einen  bräunlich-roten  Dunst 
an,  welcher  am  südöstlichen  und  südlichen  Horizont  emporsteigt  und 
allmählich  das  Blau  des  ganzen  Himmels  trübt.  Dabei  herrscht 
Windstille,  dann  fängt  das  Meer  an  unruhig  zu  werden,  es  erhebt 
sich  ein  südlicher  Wind,  der  von  Sekunde  zu  Sekunde  heftiger  und 
heisser  wird,  bis  er  zuletzt  zu  einem  Sturm  sich  steigert,  der  wirbelnd 
über  das  Land  hinbraust  und  die  ganze  Atmosphäre  mit  Staub  und 
Sand  erfüllt.  Das  Laub  der  Bäume  und  Sträucher  krümmt  sich  so- 
gleich unter  dem  Gluthauch  dieses  Windes  und  ist  wenige  Tage 
später  völlig  verdorrt.  Der  Leveche  zeigt  somit  den  Charakter  und 
alle  Eigenschaften  des  echten  Sirocco,  auch  die  Wirkung  auf  Mensch 
und  Tier  ist  die  gleiche.  Bei  der  Berührung  mit  diesem  Glutsturm 
wird  der  Mensch  wie  gelähmt,  es  stellen  sich  heftige  Kopfschmerzen 
ein  und  selbst  dem  gesundesten  Eingeborenen  „liegt  es  wie  Blei  in 
den  Gliedern". 

Die  beiden  Tabellen  auf  der  folgenden  Seite  über  die  mittleren 
und  absoluten  Monatsschwankungen  der  Temperaturextreme  vervoll- 
ständigen das  thermische  Bild   der  Litoralsteppenregion. 


86  M.  Rikli. 

IV.  Mittlere  Monatsschwankungen  der  Temperaturextreme  in  G**. 


Beobach- 
tungs- 
periode 

I. 

II. 

III. 

lY. 

V. 

VI. 

VII. 

VIII. 

IX. 

X. 

IX. 

XII. 

Cartagena 

1877-85 
1886-95 

21,2 
17,9 

20,8 
17,5 

20,9 
18,1 

20,1 
16.7 

20,7 
16,8 

18,9 

17,6 

19,8 
15,7 

19  — 
15,2 

20,6 
14,9 

21,2 

18,3 

20,8 
18,1 

21,9 
17,5 

Murcia 

1876-85 
1886-95 

22,3 

22,— 

24,4 
24,- 

25,9 

24,2 

23,6 
23,4 

25,5 

22,5 

24,3 
23,5 

23,1 
22,3 

24,— 
22,4 

24,5 
21,7 

24,9 
25,- 

23,7 
22,5 

24,5 
20,9 

Alicante 

1876-85 
1886-95 

24,3 
20,9 

24,4 
21,7 

25,2 
20,6 

24,5 
20,4 

25,7 
20,7 

24,- 
22,4 

24,7 
20,5 

24,3 
19,5 

25,9 

19,7 

24,8 
22,1 

23,2 
21,5 

23,1 

19,9 

Valencia 

1876-85 
1886-95 

21,7 
23,3 

22,4 
22,7 

23,8 

23,8 

23,6 
21,2 

21,5 
21,5 

21,4 

20,7 

20,5 
20,1 

22,2 
19,8 

22,6 
24,2 

20,5 

23,— 

21,2 

23,4 

22,8 

20,8 

V.  Absolute  Monatsschwankungen  der  Temperatur  extreme  in  C*'. 


- 

Beobach- 
tungs- 
periode 

a)  st 

Monat  mit 
ärkster          |        b)  geringster 
Temperaturschwankung 

Differenz 

1.  Cartagena 

1877-85 
1886-95 

27,4 
23,3 

IX.    79 
XL   90 

11,9 
9,5 

VIII.  85 
VI.   88 

15.5 
13,8 

2.  Murcia 

1876-85 

1886-95 

31,8 
29,7 

VII.   76 
XL    90 

13,3 
15,8 

VII.   82 
XII.   88 

18.5 

13,9 

3.  Alicante 

1876-85 
1886—95 

33,8 

29,- 

VII.  ■  SO 
VI.   93 

18,2 
14,2 

IV.   84 
IV.    90 

15,6 
14,8 

4.  Valencia 

1876-85 
1886-95 

30,- 
32,- 

VI.   76 
XL  90 

12.- 
10,9 

VIII.  79 
IX.  92 

18,- 
21,1 

Murcia,  das  mitten  im  Gebiet  der  südostspanischen  Litoralsteppe  liegt,  besitzt 
nach  einer  Zusammenstellung  in  der  Zeitschrift  der  östreichischen  Gesellschaft  für 
Meteorologie  Bd.  IX  (1874)  folgendes  Klima: 


Monate 

Temperatur- 
Mittel 

Tägliche 
Amplitude 

Mittlere 
Maxima 

Extreme 
Minima 

Differenz 

I. 

9,3 

12,2 

22,4 

—  2,8 

25,2 

IL 

H,- 

13,4 

24,2 

0,8 

23,4 

III. 

12,4 

13,4 

26,5 

1,2 

25,3 

Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste. 


Monate 

Temperatur- 
Mittel 

Tägliche 
Amplitude 

Mittlere 
Maxima 

Extreme 
Minima 

Differenz 

IV. 

15,7 

14,9 

30,4 

3,1 

27,3 

V. 

18,8 

14,2 

32,4 

8,2 

24,2 

VI. 

22,7 

14.9 

37,1 

11,7 

25,4 

VII. 

20,1 

15,6 

40.5 

14,9 

25,6 

VIII.          i 

2.5,4 

1.5,1 

39,— 

14,8 

24,2 

IX. 

22,3 

14,3 

35,6 

11.9 

23,7 

X. 

18,— 

13,3 

32,— 

6,4 

25,6 

XI. 

12,8 

12,- 

25,5 

1,8 

23,7 

XII. 

9,9 

12,2 

22,4 

-  1.3 

23,7 

Jahr 

17- 

13,8 

41,4 

—  3.1 

44,5 

b)  Niederschläge. 


Viel  wichtiger  als  die  Temperaturen  sind  für  die  Ausbildung 
■der  Steppe  die  Niederschlagsverhältnisse.  In  allen  Zonen  können 
bei  eintretendem  Niederschlagsmangel  Steppen  entstehen.  Die  eigent- 
lich regenlosen  Gebiete  der  Litoralsteppe  sind  die  nordwestlich  von 
Murcia  gelegenen  Einöden  „los  despoblados"  des  oberen  Segurabassins. 
Hier  vergehen  oft  drei,  vier  und  mehr  Jahre,  ohne  dass  es  ein  einziges 
Mal  anhaltend  regnet.  Nicht  viel  ergiebiger  dürften  die  Nieder- 
schläge in  den  Ländereien  östlich  von  Lorca  bis  Baza  und  Guadix 
sein.  Den  Einblick,  den  uns  die  Reise  von  Murcia  nach  Granada  in 
diese  Landschaften  mit  ihren  Felsen-  und  Wüstensteppen  verschaffte, 
war  für  uns  ein  sprechendes  Zeugnis  für  die  überaus  grosse  Regen- 
armut dieser  Teile  der  Provinz  Murcia  und  Ostgranadas.  Leider 
gibt  es  in  diesen  Gebieten  keine  meteorologischen  Stationen,  die  uns 
genauere  Daten  über  die  jährliche  Regenmenge  und  die  jahreszeitliche 
Verteilung  der  Niederschläge  geben  könnten,  so  viel  ist  aber  aus 
dem  Vegetationscharakter  zu  entnehmen,  dass  die  Niederschläge  er- 
heblich hinter  Murcia,  Cartagena  und  Alicante  zurückbleiben.  Aber 
selbst  in  der  Stadt  Murcia,  die  doch  in  einem  weiten,  mit  Tausenden 
von  Bäumen  erfüllten  und  folglich  stark  ausdünstenden  Tale  liegt, 
gehört  ein  mehrere  Stunden  oder  ein  paar  Tage  anhaltendes  Regen- 
wetter zu  den  Seltenheiten,  so  dass  von  einem  solchen  ausserordent- 
lichen Ereignis  wochenlang  gesprochen  wird. 


88  M.  Rikli. 

Yl.  Mittlere  monatliche  Regenmengen  in  mm. 


Periode 
von 

1. 

IL 

III. 

IV. 

V. 

VI. 

VII. 

VIII.    IX. 

X. 

XL 

XIL 

1.  Carta- 
gena 

1880-85 
1886-95 

34,4 
52,3 

23,6 
43,6 

38,1 
51,8 

28,8 
38,5 

42,5 
20,2 

20,7 
11,6 

1,2 
3- 

0,3 

6,5 

45,4 
26,1 

53,3 

47,3 

38,- 
52,3 

76,4 
63,6 

2.  Murcia 

1876-85 
1886-95 

37,3 
30,7 

24,9 

42,8 

25,5 
52,2 

28,8 
45,8 

40,3 
30,9 

25,2 
16,4 

1,6 
3,5 

4  — 
12,1 

59,8 
51,3 

40,2 
44,9 

28,5 
48,7 

41,4 
53,9 

S.Alicante 

1876-85 
1886-95 

37,7 
164 

24,1 

29,8 

30,2 
30,4 

39,4 
30,6 

40,1 
39,4 

23,— 
20,5 

0,9 
3- 

5,9 
8,1 

81,5 
68,2 

59,2 
26,— 

50,3 
44,7 

39,1 
37,7 

4.Valencia 

1876-85 
1886-95 

38,8 
30,9 

27,4 
51,5 

42,4 
46,4 

39,3 

40,8 

34,1 
43,6 

25,1 

20,2 

5- 

18,3 

9,2 
10,- 

79,1 
80,8 

93,— 

49,2 

60,1 
63,7 

34,6 
65,5 

Noch   lehrreicher  ist  die   folgende   Zusammenstellung   der  Niederschläge 
Jahreszeiten. 


nach 


VIL  Mittl 

ere  jahresz  e 

tliche  F 

legenmengen 

m  mm. 

Periode 
von 

Winter 

XII.— II. 

7o 

Frühling 

III.-V. 

o/o 

Sommer 

VI.  -VIII. 

"/o 

Herbst 

IX. -XI. 

°/o 

1.  Cartagena 

1880-85 
1886—95 

134,4 
1.59,5 

33,4 

38,2 

109,4 
110,5 

27,2 
26,5 

22,2 
21,1 

5,5 
5,1 

136,7 
125,7 

33,9 

30,2 

2.  Murcia 

1876—85 
1886—95 

103,6 

127,4 

28,2 
29,— 

94,6 
128,9 

25,7 
29,4 

30,8 

32,- 

7,8 

7,2 

138,5 
150,9 

39,4 
34,4 

3.  Alicante 

1876-85 
1886-95 

100,9 
83,6 

23,3 
23,6 

109,7 
100,4 

25,4 

28,3 

29,8 
31,6 

7,- 
9,1 

191,- 
138,9 

44,3 
39,1 

4.  Valencia 

1876-85 
1886—95 

100,8 
147,9 

20,6 

28,4 

115,8 
130,8 

23,7 
25,1 

39,3 

48,5 

8,9 
9,3 

232,2 

193,7 

47,5 
37,2 

Über  die    gewaltigen  Verschiedenheiten   der  jährlichen  Regenmenge   der  ein- 
zelnen Jahre  gibt  Tabelle  VIII  Aufschluss. 

VIII.   Jährliche  Regenmengen  in  mm. 


Cartagena 

Murcia 

Alicante 

Valencia 

1876 

— 

319,2 

463,9 

347,2 

1877 

— 

342,5 

470,8 

223,4 

1878 

— 

230,1 

244.3 

198,6 

Botanische  Reisestudien  von  der  spanisclien  Mittelmeerküste. 


89' 


Cartagena 

Murcia 

Alicante 

Valencia 

1879 

— 

175,2 

271,6 

328,8 

1880 

325,6 

298,— 

364,2 

494,8 

1881 

405,— 

456,— 

527,- 

461,— 

1882 

390,- 

336,— 

329,— 

425,— 

1883 

333,- 

297,— 

273,- 

439,- 

1884 

647.- 

765,— 

936,— 

1288,— 

1885 

315,- 

353,— 

444,— 

685,— 

1886 

223,- 

294,— 

290,- 

400,— 

1887 

633,— 

588,- 

619,— 

676,— 

1888 

315,- 

571,— 

571,— 

478,- 

1889 

423,— 

324,— 

165,— 

328,— 

1890 

569,— 

571,- 

177,- 

578,— 

1891 

426,— 

426,- 

184,— 

681,— 

1892  ; 

379,— 

354,- 

155,— 

541,- 

1893 

313,— 

251,- 

300,— 

347,- 

1894 

575,— 

568,- 

513,— 

700,— 

1895 

312,- 

445,— 

580,— 

482,— 

1896 

319,— 

273,— 

328,— 

338,- 

1897 

191,- 

273,- 

488,— 

824,- 

1898 

366,— 

328,- 

449,- 

655, — 

Die  Gegenüberstellung  der  grössten  und  geringsten  jährlichen 
Regenmenge  der  einzelnen  Beobachtungsstationen  ergibt  folgende 
gewaltige  Unterschiede,  die  besonders  im  Verhältnis  der  Minima  zu 
der  Maxima  zum  Ausdruck  kommen. 


Cartagena:  Max.  647  mm;  Minim.  191      mm;  Diff.  456     mm;  Verhältnis:  1:3,4 

Murcia:  „  765     „           „  175,2      ,         ,     589,2    „    ;            ,           1:4,4 

Alicante:  ,  936     „            „  155        „         ,     781       „    ;            „           1:6 

Valencia:  .,  1288     „           ,  198,6     „         „     989,4    „    ;            „           1:6,5. 


;90 


M.  Rikli. 


Bei  einer  bedeutend  längeren  Beobachtungsperiode  (40  Jahre)  hat 
Zürich  ein  Maximum  von  1988  mm  und  ein  Minimum  von  737  mm; 
das  Verhältnis  ist  somit  nur  1  :  2,7. 

Aus  Tabelle  VIII  erhalten  wir  die  mittlere  jährliche  Regenmenge  in  den 
Dezennien  1876 — 85  und  1886 — 95,  sowie  das  Gesamtmittel  aus  19  beziehungsweise 
23  Beobachtungsjahren: 

IX.  Mittlere  jährliche  Regenmengen  in  mm. 


1876—95 


1886—95 


1896—98 


1.  Cartagena 

2.  Murcia 

3.  Alicante 

4.  Valencia 


402,6  (1880—85) 

357,2 

432,4 


416,8 
439,2 
354,5 


488,0 


521,1 


292^ 

291,3 
455,— 


602,3 


Gesamt  mittel  in  mm. 


nach  Th.  Fischer. 

Cartagena 

1880-1898 

392,6 

— 

Murcia 

1876—1898 

380,3 

362 

Alicante 

1876-1898 

401,5 

430  (1855—74) 

Valencia 

1876—1898 

517,3 

476  (1857—74) 

Noch  geringere  Regenmengen  besitzen  nach  Hann  Zaragoza  und 
Valladolid  mit  je  ca.  310  mm  und  Almeria  mit  sogar  nur  260  mm; 
doch  fehlt  die  Angabe  über  die  Beobachtungsdauer,  so  dass  es  sich 
möglicherweise  doch  nur  um  eine  kürzere  Periode  handelt. 

Ganz  besonders  sind  nun  aber  noch  die  monatlichen  maximalen 
Regenmengen  und  die  Perioden  von  Regenlosigkeit  oder  grosser 
Regenarmut  für  die  Pflanzenwelt  von  grosser  Bedeutung. 


X.  M 

aximale  monatliche  Regenmengen  in  mm. 

Beobachtungs- 
periode 

Monatliches 
Maximum 

Zeit 

1.  Cartagena 

1880—85 

155 

Oktober  81. 

1886-95 

180 

Dezember  89. 

1896—98 

143 

Januar  98. 

2.  Murcia 

1880—85 

212,7 

September  77. 

1886—95 

216 

September  88. 

1896—98 

114 

Januar  98. 

Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelnieerküste. 


91 


3.  Alicante 


4.  Valencia 


Beobachtungs 
periode 


1876-85 
1886—95 
1896-98 


1876—85 
1885—95 
1896—98 


Monatliches 
Maximum 


351 
213 
509 


Zeit 


September  77. 
September  88. 
November   97. 


September  84. 
September  94. 
November  97. 


Diese  monatlichen  Maxima  überschreiten  öfters  erheblich  die  in 
trockenen  Jahren  beobachteten  Gesamtregenmengen.  So  beträgt  die 
im  September  1888  in  Murcia  gefallene  Regenmenge  216  mm,  das 
Trockenjahr  1879  lieferte  dagegen  nur  175,2  mm.  In  Alicante  brachte 
der  September  1877  sogar  374  mm  Regen;  folgende  Jahre  dieser 
Station  blieben  z.  T.  erheblich  hinter  diesem  Betrag  zurück :  1878/79, 
1880,  1882/83,  1889—1893,  1856  (vide  Tabelle  VIII).  In  Valencia 
erreichte  die  im  November  1897  gefallene  Regenmenge  annähernd  die 
mittlere  Regenmenge  dieses  Ortes.  Die  Niederschläge  erfolgen  sehr 
oft  in  Form  von  Platzregen.  Wenn  dann  der  Boden  von  der  an- 
haltenden Trockenheit  steinhart  geworden  ist,  so  vermag  das  Wasser 
nicht  einzusickern.  Die  gewaltigen  Regenmengen  fliessen  rasch  ab, 
die  langersehnte  Feuchtigkeit  kommt  der  Pflanzenwelt  nicht  zugute; 
die  Flüsse  treten  über  ihre  Ufer  und  ergiessen  sich  verheerend  über 
das  Kulturland.  Neben  lang  andauernden  Zeiten  der  Dürre  plötzliche 
Wassernot  ist  eine  in  der  spanischen  Litoralsteppe  öfters  wieder- 
kehrende Erscheinung  und  zeigt  uns,  dass  Spanien  auch  in  dieser 
Hinsicht  ein  Land  der  Gegensätze  ist.  Im  September  1906  haben 
sündflutartige  Regen  in  der  Provinz  Murcia  enormen  Schaden  ver- 
ursacht, selbst  Menschen  sind  denselben  zum  Opfer  gefallen. 

Diese  Regengüsse  beeinflussen  natürlich  in  hohem  Grad  die  mitt- 
leren monatlichen,  beziehungsweise  sogar  jährlichen  Regenmengen. 
Nur  ein  Beispiel.  Im  Juli  1869  bringt  ein  heftiger  Gewitterregen 
in  Murcia  einen  Tag  71  mm  Regen,  während  unser  20-jähriges  Mitte 
für  den  Juli  nur  2,5  mm  Regenmenge  ergibt;  es  ist  also  an  diesem 
einzigen  Tag  so  viel  Regen  gefallen  wie  normalerweise  erst 
die  Juli-Niederschläge  von  28  Jahren  ergeben. 


92  M.  Rikli. 

XI.  Monate  ohne  oder  mit  ganz  ungenügenden  Niederschlägen. 


Beobachtungs- 

Zahl 

Keine 

Nur  0,1—6  mm 

periode 

der  Monate 

Niederschläge 

Niederschläge 

1.  Cartagena 

1880-85 

72 

11  Monate 

13  Monate 

1886-95 

120 

19        „ 

15        „ 

1896-98 

36 

11        „ 

5       „ 

2.  Murcia 

1876—85 

120 

9 

33 

1886—95 

120 

13        „ 

15        „ 

1896—98 

36 

o 

ö 

8 

3.  Alicante 

1876—85 

120 

20       „ 

27 

1886—95 

120 

19 

19 

1896—98 

36 

8        ,, 

5        ,, 

4.  Valencia 

1876-85 

120 

8 

30 

1886—95 

120 

3 

15 

1895-96 

36 

4 

3        „ 

Wenn  Willkomm  ([36],  zitiert  nach  a)  sagt:  „Es  gibt  Jahre,  in 
denen  es  nicht  oder  fast  nicht  regnet",  so  trifft  dies  jedenfalls  für  die 
von  uns  bereisten  Teile  der  Litoralsteppe  nicht  zu;  immerhin  kann 
—  wie  aus  dem  Vergleich  der  in  den  „Resümen"  aufgeführten  Zahlen 
hervorgeht  —  in  keinem  Monat  auf  genügende  Regenmengen  un- 
bedingt gezählt  werden.  Besonders  die  Zeit  der  grössten  Hitze  von 
Anfang  Juni  bis  Ende  August  ist  oft  ganz  ohne  Niederschläge; 
die  Verdunstung  in  diesen  Sommermonaten  ist  zudem  ausserordentlich 
gross,  wird  doch  als  mittleres  Maximum  der  Evaporation  eines  Tages 
der  hohe  Betrag  von  15  mm  angegeben. 

c)  Bewölkung. 

Von  grösster  Bedeutung  für  die  Pflanzenwelt  sind  die  Bewöl- 
kungsverhältnisse. Leider  lassen  gerade  in  dieser  Hinsicht  die  An- 
gaben der  meteorologischen  Stationen  im  Stich.  Das  zuverlässigste 
Vergleichsmaterial  ergeben  die  Sonnenscheinautographen,  die  uns  die 
jährliche  Sonnenscheindauer  eines  Ortes  liefern.  Diese  einfache  Methode 
scheint  man  in  Spanien  noch  nicht  anzuwenden,  denn  alle  Angaben 
beruhen  auf  der,  der  subjektiven  Schätzung  unterworfenen  Skala  von 
0 — 10,  wobei  0  ganz  klare,  10  ganz  bedeckte  Tage  bezeichnet. 

Nebel  kennt  das  Land  kaum,  selbst  Wolkenbildung  ist  selten; 
der  Himmel  prangt  meistens  im  durchsichtigsten,  prächtigsten  Azur- 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen   Mittelmeerkiiste. 


93 


blau.  Nur  während  des  Hochsommers  lagert  sich  öfters  über  die 
Landschaft,  einem  Schleier  vergleichbar,  die  Calina,  eine  Art 
Hitzenebe],  der  wohl  auch  sonst  heisseren,  trockenen  Gegenden, 
namentlich  Tafelländern,  nicht  fehlen  dürfte.  Theobald  Fischer 
schreibt  von  der  Calina:  „Der  Hitzedunst  ist  ein  trockener  Nebel,  ein 
aus  feinstem  Staub  gebildeter  Dunst,  der  nicht  etwa  Wasserdämpfen 
seinen  Ursprung  verdankt:  er  beginnt  sich  im  Juli  über  die  Land- 
schaft zu  lagern,  wird  mit  steigender  Hitze  dichter  und  erreicht  im 
August  sein  Maximum,  so  dass  dann  die  Sonne  eine  rotbraune  Farbe 
annimmt,  und  man  in  sie  hineinsehen  kann.  Oft  ist  die  ganze  Land- 
schaft in  düsteres  Grau  gehüllt,  das  erst  bei  grösserer  Annäherung 
die  Gegenstände  zu  erkennen  erlaubt,  dann  aber  auch  mit  um  so 
grösserer  Schärfe.  Selbst  plötzlich  eintretende  Gewitterschauer  pflegen 
die  Calina  nicht  ganz  zu  beseitigen,  so  sehr  sie  die  Luft  reinigen  und 
abkühlen,  aber  sie  beschränken  sie  und  lassen  sie  weniger  intensiv 
erscheinen.  Erst  im  September  nach  den  ersten  Herbstregen  ver- 
schwindet sie  allmählich."  Die  grosse  Lufttrockenheit,  der  Staub,  der 
über  der  Steppe  schwebt,  und  der  sich  bildende  aufsteigende  Luft- 
strom,  der  die  feinsten  Staubmassen  in  höhere  Lagen  der  Atmosphäre 
führt,  sind  wohl  als  die  Hauptursachen  dieser  Erscheinung  anzusehen. 
Nach  einem  ungewöhnlich  heissen  März  haben  w^ir  im  Frühjahr  1905 
sogar  Gelegenheit  gehabt,  schon  Anfang  März  die  Erscheinung  auf 
der  Sierra  bei  Orihuela  zu  beobachten.  Von  unserer  hohen  Warte 
aus  überblicken  wir  die  unabsehbare,  fruchtbare  Huerta  von  Murcia: 
begrenzt  wird  das  Bild  durch  einen  gewaltigen  Kranz  kahler  Sierren 
und  wie  ein  feiner  Nebel  zieht  sich  einen  Streifen  längs  dem  Rand  der 
Berge  hin,  es  ist  der  Hitzedunst,  die  aufgewirbelte  feine  Staubwolke, 
welche  sich  in  den  trockenen  Jahreszeiten  fast  stets  über  der  Steppe 
lagert. 

In  ganz  Spanien  wird  Murcia  ,,el  reino  serenisimo"  genannt. 
Übertroffen  wird  die  Klarheit  des  murcianischen  Himmels  noch  durch 
denjenigen  Valencias.  Nach  der  Arbeit  von  Hellmann  (b),  die  sich 
jedoch  leider  nur  auf  die  Aufzeichnungen  eines  Zeitraums  von  acht 
Jahren  erstreckt,  wäre  Valencia  diejenige  Gegend  Europas,  welche 
den  klarsten  Himmel  besitzt. 


Jahresmittel  der  Tage 

Jahresmittel  der  Tage 

mit  ganz  bedecktem  Himmel 

mit  ganz  klarem  Himmel 

Valencia 

50 

'260 

Alicante 

42 

139 

Murcia 

89 

138 

94 


M.  Rikli. 


Über  den  täglichen  Gang  der  Bewölkung  sagt  Hell  mann:  In 
den  Stunden  vor  und  nach  Mittag,  wenn  die  Luft  vom  Meer  nach 
dem  Lande  weht,  ist  der  Himmel  bewölkter  als  in  der  Nacht,  wo 
die  trockene  und  aufheiternde  Luft  vom  Lande  nach  der  See  abfliesst. 
Die  grösste  Heiterkeit  fällt  auf  die  ersten  Nachtstunden  von  9  bis 
12  Uhr.  Mit  untergehender  Sonne  fangen  gewöhnlich  die  Cumuli  im 
Zenit  an  sich  zu  senken  und  aufzulösen,  die  im  westlichen  Horizont 
ziehen  sich  in  Strati  oder  Cumuli-Strati  aus  und  verschwinden  eben- 
falls später;  selbst  hochstehende  Cirri  werden  von  diesem  täglichen 
Wechsel  berührt,  sie  lösen  sich  in  einen  weisslichen  Dunst  auf,  indem 
sie  bei  Mondschein  prachtvolle  Halos  bilden  und  von  denen  gegen 
Mitternacht  gewöhnlich  nichts  mehr  übrig  bleibt.  Um  Mitternacht  ist 
dann  der  Himmel  am  klarsten.  Die  Nächte  der  algarbischen  und 
andalusischen  Küsten  verdanken  diesem  Umstände  und  der  nur  ge- 
ringen nächtlichen  Abkühlung  gegenüber  dem  zentralen  Plateau,  ihre 
allbekannte  Milde,  ihren  poetischen  Reiz  und  Zauber. 

Und  der  jährliche  Gang  der  Bewölkung  auf  der  iberischen  Halb- 
insel ergibt,  dass  die  heitersten  Gegenden  Spaniens  der  mittlere  Teil 
der  Ostküste,  Andalusien  nebst  Algarbien  und  dem  mittleren  Ebro- 
becken  sind.     An  erster  Stelle  steht  Valencia. 


Mittlere  jährliche 

Geringste  monatliche 

Grösste  monatliche 

Bewölkung 

Bewölkung 

Valencia 

2,1 

0,1  (Juni) 

2,9  (Oktober) 

Alicante 

P,,7 

2,4  (Juli) 

4,7  (Dezember) 

Murcia 

4,3 

2,-  (Juni) 

5,3  (März) 

Fassen  wir  zusammen,  so  ergibt  sich  als  klimatisches  Fazit 
unserer  kleinen  Studie  über  das  Klima  Südostspaniens:  Das  Gebiet 
der  Litoralsteppe  umfasst  den  heissesten  Teil  Spaniens.  Auffallend 
spärliche  Niederschläge,  verbunden  mit  grosser  Trockenheit  der  Luft 
und  intensivster  Besonnung  bedingen  ein  durchaus  nordafrikanisches 
Klima. 

Die  hohen  Temperaturen  können -jedoch  nur  von  der  Pflanzenwelt 
des  bewässerten  Kulturlandes  ausgenutzt  werden,  für  das  Naturland 
müssen  sie  nachteilig  wirken,  weil  zur  Zeit  der  grössten  Hitze  das 
nötige  Betriebswasser  fehlt  und  so  die  vegetative  Tätigkeit  der  Pflanze 
zum  Stillstand  verurteilt  wird.  Die  Flora  der  Steppe  kann  daher 
die  vermehrte  Energiezufuhr  nicht  nur  nicht  ausnützen,  sie  muss  sich 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  9.> 

sogar  in  ausgiebigster  Weise  gegen  die  schädlichen  Folgen  dieses 
Missverhältnisses  zwischen  hoher  Temperatur  und  grösster  Insolation 
bei  gleichzeitigem  Wassermangel  schützen.  Während  in  der  Huerta 
der  feine,  durchfeuchtete,  äusserst  fruchtbare  Schwemmlandboden  die 
Entwicklung  einer  üppigen,  stellenweise  beinahe  subtropischen  Pflanzen- 
welt ermöglicht,  werden  diese  Gartenlandschaften  überall  von  öden 
Steppen,  die  stellenweise  fast  Wüstencharakter  annehmen,  umgeben. 
Grosse  Hitze,  verbunden  mit  noch  grösserer  Wasserarmut  bei  gleich- 
zeitiger, tagtäglich  sich  wiederholender  intensivster  Besonnung,  geben 
der  Flora  der  Steppe  einen  ausgesprochen  xerophytischen  Charakter. 
Diesen  näher  kennen  zu  lernen  ist  die  Aufgabe  des  folgenden  Abschnittes. 


b)  Biologie. 

Auf  unseren  verschiedenen  Steppenexkursionen  haben  wir  184 
verschiedene  Pflanzen  gesammelt,  von  denen  die  meisten,  teils  in  ihrem 
Entwicklungsgang,  teils  in  ihrer  Tracht,  die  extremen  Verhältnisse, 
die  durch  den  Wassermangel  geschaffen  werden,  erkennen  lassen. 
Diese  Flora  setzt  sich   aus  folgenden  biologischen  Typen  zusammen: 

1.  Einjährige  Pflanzen,  sie  treten  in  sehr  grosser  Zahl  auf.  Von 
184  Arten  sind  62  species,  d.  h.  33,6  7»»  einjährig.  Diese  vergängliche 
Florula  besitzt  wenig  ausgesprochene,  z.  T.  sogar  gar  keine  xerophile 
Anpassungsmerkmale,  denn  ihre  Hauptentwicklung  fällt  in  die  Zeit 
der  Winterregen  und  der  ersten  Frühjahrsmonate,  wo  die  Erde  noch 
genügend  durchfeuchtet  ist.  Bei  Eintritt  der  Sommerdürre  sterben  sie 
ab  und  überdauern  als  sehr  restistenzfähige  Samen  die  Trockenperiode. 
Schon  Ende  März  und  Anfang  April  trugen  bei  unserem  Besuch  der 
Litoralsteppe  eine  stattliche  Zahl  von  einjährigen  Arten  reife  Samen, 
einzelne  Pflanzen  waren  sogar  bereits  versamt.  Die  offene  Pflanzen- 
decke der  Steppe  wird  so  immer  offener  und  damit  wird  der  xerophile 
Gesamtcharakter  derselben  immer  ausgesprochener.  Aber  selbst  unter 
den  einjährigen  Gewächsen  gibt  es  einige  Arten,  welche  xerophile 
Anpassungsmerkmale  zeigen,  sei  es  Neigung  zur  Sukkulenz,  wie  z.  B. 
Moricaudia  arre/isis;  Aizoon  hisjjanicu/n  und  2Iesenibrtja/ifhenu(/ii 
sind  sogar  typische  Sukkulenten.  Andere  Arten  verkleinern  ihre  Blatt- 
flächen und  übertragen  die  Assimilation  mehr  und  mehr  dem  Stengel; 
so  mehrere  Statice.  Auch  Arten  mit  einem  dichteren  Indument,  be- 
ziehungsweise mit  einem  derben  Borstenkleid  {PenduUna  itifricafa, 
P.  Lagascana,  Matthiola  parviflora,  Trifolium  sfellafum,  Cijno- 
(jJossum  cheirifolium,  Evax  liygniacft  etc.)  fehlen  nicht.  Diese  mehr 
oder  weniger  xerophile  Merkmale  tragende  Annuellen  sind  Arten,  deren- 


•S6 


M.  Kikli. 


Samenreife  mehr  Zeit  in  Anspruch  nimmt  und  daher  vor  Eintritt  der 
Trockenperiode  oft  noch  nicht  abgeschlossen  ist,  auch  muss  sich  die 
Pflanze  vorsehen  für  die  Jahrgänge,  in  denen  selbst  die  Winterregen 
ungenügend  sind,  —  ein  Fall,  der  bekanntlich  gar  nicht  so  selten 
eintritt.  Die  Ausbildung  unterirdisch  ausreifender  Samen,  welche  aus 
kleistogamen  Blüten  an  subterranen  Ausläufern  bei  Vicia  angustifolia 
V.  amphicarpa  gebildet  werden,  ist  wohl  auch  ein  Mittel,  die  Samen- 
reife zu  beschleunigen  durch  Ausnützung  der  Bodenwärme,  welche 
noch  erheblich  grösser  ist,  als  die  Lufttemperatur.  Vicia  amphi- 
carpa ist  eine  Pflanze  heisser,  dürrer  Orte,  besonders  der  Steppe; 
ihr  Verbreitungsareal  erstreckt  sich  von  Südfrankreich  durch  die 
iberische  Halbinsel  nach  Nordafrika.  In  den  Atlasländern  ist  sie 
ziemlich  verbreitet  und  tritt  bald  ganz  kahl,  bald  in  einer  sehr  zottigen, 
hauptsächlich  der  Steppe  angehörigen  Form  auf. 

Ein-  beziehungsweise  zweijährig  sind: 
Stupa  tortilis  Desf.  Beta  Bourgaei  Coss. 

Lagurus  ovatus  L.  Euphorhia  sulcata  De  Leus 

Brachypodium    cUstachyon   (L.)  „  falcata  L. 


R.  et  S. 
Bromus  rubeiis  L. 
Bromus  niatritensis  L. 
Aegilops  ovata  L. 
Phalaris  minor  Retz. 
Lamarckia  aurea  Mönch 
Moricandia  arvensis  L. 
Eruca  vesicaria  (L.)  Cav. 
Pendidina  intricata  Wk. 
Peudidina  Lagascana  Wk. 
Carrichtera  vellae  DC. 
Matthiola  parviflora  R.  Br. 
Brassica  Tournefortii  Gou. 
„        frutictdosa  Cyr. 
,,     Cossonia  naBoiss.  etReut. 
Biscutella  aurictdata  L. 
Cakile  maritima  Scop. 
Reseda  alba  L. 

,,        Gayana  Boiss. 

„        leucantha  Hegelm. 

;,        lutea  L. 

,,       phyteuma  L, 
Polygala  monspeliaca  L. 
Erodium  cicutarium  (L.)L'Herit. 


Pumex  hucephalophorus  L. 

Statice  Thouini  L. 
,,       echioides  L. 

Plantago  coronop)Us  L. 
,,  lag  opus  L. 

Aizoon  hispanicum  L. 

Mesemhryanthem  um     nodi- 
florwu  L. 

Vicia  angustifolia  All.  v.  amphi- 
carpa Boiss. 

Trifolium  stellatum  L. 

Scorpiurus  suhviUosa  L. 

Astragalus  sinaicus  Boiss. 
^^  sesameus  L. 

Hippocrepis  multisiliquosa  L. 

Ononis  ornithopodioides  L. 

Eryngium  spec. 

Sideritis  romcDia  L. 

Orobanche  Muteli  F.  Schultz. 

Echiuni  italicum  L. 

„        plantagineum  L. 

Cynoglossum  cheirifolium  L. 

Anagallis  arrensis  L.  v.  coerulea 
Schreb. 


Botanische  Reisesfudien  von  der  spanischen  MiUelnieerküste.  97 

'Galium  saceharatmn  All.  Atractylis  cancellata  L. 

Vaillfuitin  hispida  L.  Galactifes  tomentosa  Mönch 

/HN/rdis  L.  Carduus  pycnocephalus  L. 

Sherardid  arre?isis  L.  Urospermmn  picroidefi  Desf. 

Ecd.r  pijfjinacd  Pers.  Calendula  arvcnsis  L. 

Pallenis  spinosa  Cass.  Anacijclus  valcntinus  L. 

2.  Zwiebel-  und  Knollengewächse.  Die  Zahl  dieser  Arten 
ist  nach  unserer  Erfahrung  auffallend  gering.  Wir  haben  nur  drei 
Zwiebelgewächse:  Gladiolus  illyricus  L.,  Uropetalum  serotinuni 
Ker.  und  Gynaitdriris  sisyclirinuuj  Pari,  angetroffen.  Wichtiger  ist 
AspJiodelus  ßstulosus  L,  mit  ihren  büschelig  angeordneten  Wurzel- 
knollen, auch  Ophrys  tenthredinifera  W.  hat  Wurzelknollen;  end- 
lich besitzen  Arisarum  und  Aristolochia  baetica  L.  verdickte  Rhizome. 
Diese  unterirdischen  Stengel-  und  Wurzelorgane  sind  mit  Reserve- 
stojffen  angefüllt  und  vermögen  so  die  Trockenperiode  ohne  Nachteil 
zu  überdauern,  um  dann  in  der  folgenden  Vegetationszeit  die  Stoffe  zum 
raschen  Aufbau  der  oberirdischen,  belaubten  und  blühenden  Sprosse 
zur  Verfügung  zu  halten.  Auch  auf  der  Steppe  ist  AspliodeJus 
ßstulosus  L.  zuweilen  tonangebend.  Physiognomisch  verhalten  sich 
jedoch  diese  Pflanzen  wie  die  einjährigen  Arten,  ihre  oberirdischen 
Teile  sind  von  kurzer  Dauer,  bei  eintretender  Hitze  vergilben  sie  und 
sterben  ab.  Schon  Anfang  April  verschwindet  der  Asphodill  von  der 
Bildfläche;  entsprechend  seiner  Massenhaftigkeit  bedeutet  dies  für  das 
Vegetationsbild  der  Steppe  wieder  einen  erheblichen  Verlust  an  Indi- 
viduen und  damit  eine  weitere  Lockerung  der  sowieso  schon  offenen 
Vegetationsdecke.  Die  Gesamtzahl  der  ephemeren  Pflanzen  der 
Steppenflora  ist  somit  69  (=  37,5  7o)- 

3.  Bäume  und  Sträucher  fehlen  fast  ganz,  dagegen  ist 
die  Zahl  der  Kleinsträucher  ausserordentlich  gross,  so  dass 
einzelne  Steppentypen  geradezu  den  Charakter  einer  Klein-  und 
Zwergstrauchformation  besitzen.  Die  Neigung  zur  Verholzung 
der  Triebe  ist  sehr  stark,  selbst  in  Gattungen  und  sogar  in  Familien, 
deren  Arten  sonst  fast  ausschliesslich  krautig  entwickelt  sind.  Die 
Solaneen  liefern  zwei  Holzgewächse:  das  höchst  eigentümliche 
Lyciuni  intricafuin  Boiss.,  dessen  zahlreiche  Seitentriebe  zu  kurzen, 
IV2  bis  3  cm  langen  Zweigdornen,  die  nach  allen  Seiten  abstehen, 
ausgebildet  sind  und  die  Withania  frutescens  Pauq.  Mehrere  Com- 
positen  sind  ebenfalls  verholzt,  so  die  verschiedenen  Helichrysu'm- 
Arten,  die  öfters  vorherrschenden  Artemisien,  Asteriscus  niaritimus 
Mönch.,  PJiagnalo)i  rujjestre  DG.  \.  j^edunculare  Wk.,  ja  sogar  eine 
Distel:    Kenirophyllum   arborescens   Hook.     Die  Gattung  Sideritis 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52.     1907.  7 


98  M.  Rikli. 

liefert  nicht  weniger  als  drei  Holzgewächse:  S.  glauca  Cav.,  S.  leu- 
cantha  Cav.  und  S.  spinosa  Lam.  Verhältnismässig  klein  und  jeden- 
falls an  Individuen  immer  stark  zurücktretend  ist  dagegen  die  Zahl 
derjenigen  Kleinsträucher,  die  sonst  in  den  Macchien  und  Garigues  ihre 
Massenentfaltung  finden,  in  der  Steppe  dagegen  immer  nur  in  Kümmer- 
gestalten, welche  selten  über  einen  Fuss  hoch  werden,  auftreten. 
Hierher  gehören  z.  B.  Juniperus  oxycedrus  L.,  Chamaerops  humi- 
lis  L.  Quercus  coccifera  L.,  Pistacia  lentiscus  L.;  Rhanmus 
lycioides  L.  bildet  ebenfalls  sehr  spitzige,  stechende  Zweigdornen; 
ferner  Doryc?iiu?n  sujfruticosum  Vill.  v.  cuneaturn,  Rosmarinus 
officinalis  L.  und  Erica  multiflora  L.  Die  meisten  Holzpflanzen  der 
Steppe  sind  entweder  Sklerophyten,  Ruten-,  Filzpflanzen  oder  Suk- 
kulenten; alle  sind  durch  kräftige,  sehr  tiefe  Pfahlwurzeln  aus- 
gezeichnet. Nicht  weniger  als  72  Arten,  d.  h.  39 7o  der  von  uns 
gesammelten  Steppenpflanzen  sind  verholzt. 

4.  Grössere  Zahl  starrer,  sehr  xerophytisch  gebauter- 
Steppengräser;  es  sind  folgende  18,  ungefähr  10 7«  unserer  Steppen- 
ausbeute umfassende  Arten: 

Andropogon  pubescens  Vis.  EricDithus  Ravennae  P.  B. 

Aegilops  ovata  L.  0  Lamarckia  aurea  Mönch  0 

Avena  filifolia  Lag.  Lagurus  ovatus  L.  0 

BracJiypodium    ramosum    (L.)  Lygeum  sjmrtutji  L. 

R.  et  S.  Macrochloa  tenacissima  Kth. 

Brachypodiumpolystachyon{h.)  Melica  rninuta  L. 

R.  et  S.  0  Phalaris  minor  Retz  0 

Bromus  rubens  L.  0  Piptatherium  coeriäescens  P.  B^ 

,,         matritensis  L.  0  Stupa  parviflora  Desf. 

Cyiiodon  dactylon  Pers.  Stupa  tortiUs  Desf.  0 

Von  den  18  Gräsern  sind  8  einjährig  (0)  und  zudem  mit  Aus- 
nahme von  Stupa  tortilis  Desf.  eigentlich  Bestandteile  der  Felsen- 
heide. In  ihrem  anatomischen  Bau  lassen  diese  acht  Arten  kaum  er- 
kennen, dass  sie  in  der  dürren  Steppe  gewachsen  sind.  Typische  Steppen- 
gräser sind  dagegen  Macrochloa  tenacissima  Kth.  und  Lygeum  spar- 
tum  L.  Durch  ihre  Massenhaftigkeit  sind  diese  beiden  Gräser  für 
bestimmte  Typen  der  Litoralsteppe  sehr  bezeichnend,  sie  zeigen  auch 
den  ausgesprochendsten  xerophytischen  Bau.  Wie  die  beiden  anderen 
Steppengräser  [Avena  filifolia  Lag.,  Stupa  parvifiora  Desf.)  sind  es 
mehrjährige  Rasenbildner  mit  mehr  oder  weniger  steif  stechenden  schma- 
len Rollblättern,  die  sogar  im  verwelkten  und  abgestorbenen  Zustand 
öfters  noch  lange  mit  dem  Stock  verbunden  bleiben,  um  als  schützende 
Hülle    die   lebenden  jugendlichen  Blätter  zu   umgeben.     Nur    Stupa 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  MittelmeerkOste. 


99 


tortilis  Desf.  macht  eine  Ausnahme.  Diese  einjährige  Art  hat  flache 
2,5  bis  3,5  mm  breite  Blätter,  die,  wie  Fig.  5  zeigt,  nur  schwache, 
isolierte  subepidermale  Rippen  besitzt.  Dieselben  erreichen  jedoch 
die  unter  ihnen  verlaufenden  Gefässbündel  nicht;  zwischen  sub- 
epidermaler   Rippe   und   Gefässbündel   schieben    sich  jeweilen    einige 


Fi£ 


Stupa  tortilis  Desf.  (Orig.^ 


collenchymatische ,  weniger  stark  lichtbrechende  und  weniger  stark 
verdickte  Zellen  ein.  Die  Oberfläche  des  Blattes  wird  von  8  bis  12 
flachen  Längsrinnen  durchzogen  und  auf  den  Rippen  entspringen  ein- 
zelne steifliche  Haare.  Nur  die  dicken  Wandungen  der  Epidermis 
und  der  kompakte  Aufbau  des  Assimilationsgewebes,  welche  nur  von 
spärlichen  Intercellularen  durchzogen  wird,  lassen  erkennen,  dass 
Stupa  tortilis  Desf.  unter  extremeren  Standortsverhältnissen  vege- 
tiert. Kaum  xerophytischer  ist  das  Blatt  von  Avena  filifolia  Lag. 
gebaut  (Fig.  6).  Die  Rillenbildung  der  Blattoberseite  ist  etwas  tiefer, 
die  Behaarung  reichlicher.  Die  Blattunterseite  wird  von  einer  ein-, 
stellenweise   zweischichtigen  Hypodermis  begleitet,    die  äussere  Epi- 


Fig.  6."  Avena  filifolia  Lag.  (Oiig.). 


100 


M.  Rikli. 


dermiswandung  ist  sehr  stark  verdickt  und  trägt  vereinzelte  zapfen- 
artige, kurze  Warzen.  Dagegen  fehlen  subepidermale  Rippen;  unter 
den  vorragenden  Leisten  der  Oberseite  treten  höchstens  kleine  Grup- 
pen wenig  stark  verdickter  Zellen  auf,  das  Assimilationsgewebe  ist 
zudem  reichlicher  von  kleineren  und  grösseren  Intercellularen  durch- 
setzt. Schon  erheblich  mehr  den  Charakter  eines  Xerophyten  zeigt 
das  Blatt  von  Stupa  parviflora  Desf.  (Fig.  7).  Die  Blattoberseite 
ist  nun  sehr  stark  und  tief  gerillt,    am  unteren  Ende  der  schmalen 


Fig.  7.    Stupa  2)arvifiora  Desf.  (Orig,). 

Furchen  sind  grosse,  dünnwandige  „Gelenkzellen"  ausgebildet.  Bei 
der  Einrollung  werden  die  Furchen  immer  enger  und  durch  die  an 
den  Seiten  der  Rippen  reichlich  auftretenden  Warzenhaare  fast  ganz 
geschlossen.  In  diesen  windgeschützten  Stellen  sitzen  die  Stomata. 
Im  Gegensatz  zu  Stupa  tortUis  Desf.  erreichen  die  nur  unter  den 
grösseren  Gefässbündeln  auftretenden,  aber  stärker  ausgebildeten  sub- 
epidermalen  Rippen  das  im  centralen  Teil  des  Blattes  verlaufende 
Leitungsgewebe :  zudem  treten,  auf  der  Blattunterseite  und  besonders 
am  seitlichen  Blattrand,  zwischen  den  Hauptrippen  noch  kleinere 
Bastbelege  auf.  Die  Blattanatomie  von  Lygeum  spartuin  L.  (Fig.  8) 
wurde  bereits  von  A.  Tschirsch')  eingehend  erörtert  und  abgebildet. 
Das  Blatt  wird  auf  der  Oberseite  von  sechs  oder  acht  tiefen  Längs- 
rinnen durchfurcht.  Der  Kopf  der  dazwischen  liegenden  Gewebeprismen 
ist  kegelförmig  und  besteht  nur  aus  einer  einzigen,  beziehungsweise 
Doppelreihe  mechanischer  Zellen.  Die  Hauptmenge  der  Sklerenchym- 
fasern  treten  als  mächtige  subepidermale  Rippen  unter  der  unteren 
Epidermis  auf  und  verbinden  diese  mit  den  Gefässbündeln.    Auch  hier 


*)  A.  Tschirsch,  Beiträge  zu  der  Anatomie  und  dem  Einrollungs- 
mechanismus  einiger  Grasblätter.  Priugsheims  Jahrb.  für  wissenschaftl. 
Botanik,  Bd.  XIII  (1882),  55  Seiten  und  3  Tafehi. 


Botanische  Reisestiulien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste. 


IUI 


verlaufen  zwischen  den  Hauptrippen  noch  kleinere  Zwischenrippen,  iso- 
lierte Gruppen  von  Bastfasern  durchziehen  gelegentlich  sogar  selbst  das 
Assiniilationsgewebe.  Die  chlorophyllhaltigen  Zellen  sind  sehr  reichlich 
vertreten  und  schliessen  dicht  aneinander;  die  Epidermis  der  Blatt- 
oberseite trägt  kurze  steife  Borstenhaare,   so  dass  bei  geschlossenem 


Blatt  hier  ganz  windgeschützte  Räume  vorhanden  sind.  Um  so  auffäl- 
liger ist,  dass  die  spärlichen  Spaltöffnungen  nicht  hier,  sondern  auf  der 
Blattunterseite  auftreten.  Den  Einrollungsmechanismus  hat  Tschirsch 
untersucht  und  kommt  zu  dem  Ergebnis,  dass  die  Ursache  der  Be- 
wegungserscheinungen hauptsächlich  in  den  Turgoränderungen  des 
Assimilationssystems  zu  suchen  ist.  „Da  jedoch  auch  im  trockenen 
Zustande  Bewegungen  sich  hervorrufen  lassen,  abgetrennte  Tangential- 
streifen  ebenfalls  Krümmungserscheinungen  zeigen,  so  muss  hier  wohl 
auch  die  Membranquellung  eine,  wenn  auch  untergeordnete  Rolle  bei 
dem  Mechanismus  spielen." 


102 


M.  Rikli. 


Weitaus  der  xerophytischste  Typus  ist  aber  das  Haifagras 
(Fig.  9).  Die  Ausbuchtungen  und  Erhebungen  der  Blattoberseite  sind 
viel  tiefer,  beziehungsweise  höher  als  bei  den  vorhergehenden  Arten. 
Die  Stomata  finden  sich  nur  in  den  hintersten  Teilen  der  Längs- 
rinnen und  die  mechanischen  Elemente  schliessen  sich  auf  der  Blatt- 
unterseite zu  einem  kontinuierlichen  Ring  zusammen,  der  sich  wie  ein 
dichter  Panzer  um  den  äusseren  Teil  des  Blattes  legt.  Die  mechanischen 
Belege  der  Blattoberseite  stehen  mit  dem  Bastring  in  direkter  Ver- 
bindung, so  dass  die  grösseren  Gefässbündel  ganz  von  mechanischem 


Fig.  9.    Macrochloa  tenacissima  Kth. 
Blattquerschnitt  (Orig.).  Tr.  =  Trichome  der  oberen  Epidermis ;  Ass.  =  Assi- 
milationsgewebe;  G.  =  Gefässbündel ;  Sc.  =  Sclerenchym;  St.  =  Spaltöffnungen; 
U.E.  =  Untere  Epidermis. 


Gewebe  umgeben  sind  und  das  Assimilationssystem,  in  einzelne  Par- 
zellen getrennt,  vollständig  nach  der  Blattoberseite  verlagert  ist. 
Beim  Einrollen  des  Blattes  greifen  die  Leisten  und  Vertiefungen  der 
Blattoberseite  so  ineinander,  dass  die  Spaltöffnungen  und  die  zarteren 
grünen  Teile  des  Blattes  fast  ganz  gegen  die  umgebende  Atmosphäre 
abgeschlossen  werden.  Durch  die  zahlreichen,  nur  auf  der  Blatt- 
oberseite auftretenden  Haare  werden  diese  windgeschützten  Abschnitte 
noch  weiter  gegen  Wasserverlust  geschützt. 

Wie  kommt  nun  das  Einrollen  des  Haifablattes  zustande?  Die 
Gelenkzellen  sind  so  klein,  dass  sie  Duval-Jouve  sogar  ganz  ent- 
gangen sind  und  für  den  Einrollungsmechanismus  jedenfalls  unmöglich 
von  entscheidender  Bedeutung  sein  können.  Das  Assimilationsgewebe 
tritt  im  Haifablatt  stark  zurück,  so  dass  Turgorschwankungen  der 
chlorophyllhaltigen  Zellen,  —  wie  dies  beim  Lygeumblatt  hauptsäch- 
lich der  Fall  ist  —  nicht  wohl  das  Auslösen  der  Bewesune  bewirken 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  103 

Tiönnen.  Gegen  die  Auffassung,  dass  Turgeszenzänderungen  das  Ein- 
rollen verursachen  können,  spricht  auch  die  Tatsache,  dass  diese 
Bewegungen  auch  am  toten  Blatt  noch  zu  beobachten  sind,  wenn 
-dasselbe  abwechselnd  befeuchtet  und  wieder  ausgetrocknet  wird.  Der 
Sitz  der  Bewegung  ist  hier  im  mechanischen  Gewebe  zu  suchen  und 
•darauf  zurückzuführen,  dass  die  inneren  Bastzellschichten  stärker  quell- 
bar sind  als  die  äusseren.  So  entstehen  bei  Abgabe  von  Wasser  durch 
Verdunstung  Spannurigsdifferenzen,  durch  welche  die  zweckentsprechen- 
den Bewegungen  ausgelöst  werden. 

5.  Sklerophyllie.  Das  heisst  die  Ausbildung  derblederiger 
Blätter  mit  stark  verdickter  äusserer  Epidermiswandung,  mit  un- 
gewöhnlich dicker  Kutikula,  mit  gewaltig  entwickeltem  mechanischem 
System,  bald  in  Form  von  einer  mehrschichtigen  Hypodermis  oder  als 
subepidermale  Bastrippen  oder  auch  in  Verbindung  mit  den  Gefässbündeln 
in  Form  von  T-trägern,  etc.  Dazu  kommt,  dass  der  Spaltöflfnungs- 
apparat  mit  grösster  Sorgfalt  ausgebildet  wird,  die  Stomata  erhalten 
meist  eine  versteckte  Lage  im  Grunde  von  Rillen.  Durch  Auswachsen 
bestimmter  Teile  der  Spaltöffnungs-  und  der  Nebenzellen  werden 
zwischen  die  äussere  Atmosphäre  und  das  Assimilationsgewebe  zwei, 
ja  drei  windgeschützte  Vorhöfe  eingeschaltet  und  zuweilen  die  Um- 
gebung der  Öffnung  durch  Wachsüberzüge  oder  durch  dichte  Be- 
haarung weiter  geschützt.  Ungefähr  20  7o  der  Steppenflora  sind 
Hartlaubgewächse,  darunter  ist  das  Formationselement  der  Macchien 
und  Garigues  sehr  stark  vertreten.  Hierher:  Juniperus  oxijcedrus, 
Chamaerops  humilis,  Quercus  coccifera,  Pistacia  lentiscus,  Glo- 
bularia  alijpum,  Fumana  laevipes,  Passerina  hirsilta,  Paronijchia 
argentea  und  nivea,  Coronilla  glauca,  Bosniari7ius  officinalis, 
Thymus  vulgaris,  Teucriuni  polium,  ferner  Thymus  zygis,  Thy- 
mus longiflorus,  Zollikoferia  resedifolia,  Sideritis  leucantha, 
Teucrium  huxifoUuni,  Herniaria  polygonioides  etc. 

Mit  der  Sklerophyllie  ist  sehr  oft 

6.  Mikrophyllie  verbunden,  d.  h,  die  transpierierende  Blattfläche 
wird   auf  die  Nadel-   oder  sogar  auf  die  Schuppenform  verkümmert. 

Nadelblätter  haben:  Juniperus  oxycedrus,  Fumana  laevipes, 
viscida,  F.procumbensyar.  ericoides,  Rosmarinus,  Thymus  vulgaris 
und  zygis;  Senecio  linifoUus,  Blätter  dünnlaubig,  aber  schmal  ver- 
längert lineal- lanzettlich,  Helichrysum  stoechas,  Erica  arhorea, 
Phagnalon  sordiduni  und  saxatile,  Arteniisia  herba  alba,  Rham- 
nus  lycioides,  Suaeda  fruticosa,  Helianthe??ium  jnlosum  v.  tomen- 
tellum.  Die  Ausbildung  des  Nadelblattes  zeigt  selbst  wieder  eine 
grosse  Mannigfaltigkeit,  indem  dasselbe  bald  stechend  ist  {Juniperus 


104  M.  Rikli. 

oxycedrus.  Erica),  bald  derb  filzig-behaart  {HelifDithemum pilosum, 
Artemisia  herha  alba),  bald  dünnlaubig  ombropliil  {Rhamnus  hjci- 
oides)  oder  selbst  sukkulent  (Suaeda). 

Schuppen  blatte r  besitzen  Passerina  hirsuta,  Haloxylon 
articulatum,   Tauiarix  gallica,  Salicornia. 

7.  Rutenpflanzen.  Sie  stellen  ein  weiteres  Glied  in  der  Yer- 
kümmerungsreihe  der  Blattgebilde  dar.  Es  sind  Pflanzen  mit  meist 
mehr  oder  weniger  verkümmerten  Schuppenblättern,  bei  denen  aber 
die  Internodien  stark  gestreckt  sind  und  die  Assimilation  hauptsäch- 
lich dem  Stengel  übertragen  worden  ist.  Obwohl  noch  mit  verhältnis- 
mässig gut  ausgebildeten  Blättern  versehen,  ist  Coronilla  juncea 
daher  doch  schon  den  Rutenpflanzen  zuzuzählen,  denn  an  der  Assi- 
milationstätigkeit ist  bereits  der  Stengel  sehr  stark  beteiligt  und  die 
Abschnitte  der  gefiederten  Blätter  sind  schmal  lanzett  bis  lineallanzett. 
Die  meisten  Staticearten  haben  sklerophy tische  basale  Blätter,  der 
Spross  dagegen  ist  rutenartig  ausgebildet.  Typische  Rutenpflanzen 
sind  ferner:  Ephedra  fragilis,  Asparagus  albus  und  horridus, 
Osijris  alba  und  Polygonuni  ecpiisetiforme^)  besitzen  noch  entfernt 
stehende,  dünnlaubige  und  hinfällige,  schmal  lanzettliche  Blätter,  dann 
Genista  unibellata  und  G.  murcica  (Fig.  10)  und  endlich  Sideritis 
glauca. 

8.  Filz  pflanzen.  Die  Zahl  der  Arten,  welche  mit  einem  dichten 
Indument  von  einfachen  Woll-  oder  Seidenhaaren  oder  auch  von 
Sternhaaren  bedeckt  sind,  ist  auffallend  gross,  einige  Pflanzen  sind 
von  ganz  edelweissartigem  Aussehen,  so  Mercurialis  tonienfosa, 
Cynoglossuni  cheirifolium,  Lavatera  maritima,  so  einige  Abarten 
von  Helichrysum  sfoechas,  ferner  Artemisia  herba  alba  und  auch 
die  Andryala  ragusina.  Marrubium  vulgare  findet  sich  in  der 
Steppe  in  einer  weisswolligen  Varietät  (v.  lanatum).  Eine  seiden- 
haarige Bekleidung  hat  Convolvulus  lanuginosus  v.  sericeus.  Stark 
behaart  sind  ferner:  Matthiola  tristis,  Plantago  albicans,  Helian- 
themum  pilosum  v.  tomentellum,  Teucrium  polium,  T.  pseudo- 
chamaepitys,  Ballota  hirsuta,  Phlomis  lychnitis,  Marrubium 
alysson,  Ajuga  iva,  Evax  p^ygmaea  etc. 

9.  Sukkulenten.  Auch  die  Sukkulenz  ist  innerhalb  der  Steppen- 
flora eine  recht  häufige  Erscheinung,  es  lässt  sich  mit  Leichtigkeit 
eine  Stufenleiter  von  „gelegentlichen  Sukkulenten"  bis  zu  den  aus- 
gesprochendsten  Saftpflanzen  zusammenstellen.  In  meiner  Arbeit  über 
die   Pflanzenwelt   Korsikas   (No.  23  pg.  27)   habe   ich    bereits   darauf 


')  Volkens,    G.,    Die  Flora   der  ägyptisch-arabischen  Wüste.     Berlin 
1887.    Gebr.  Bornträger;  Blaltquerschnitt :  Tafel  IX,  Fig.  7. 


Botanische  Reisestinlien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste. 


105 


hingewiesen,  dass  Silene  sericra.  gewöhnlich  eine  Ruderalpflanze,  und 
Lotus  coruiculatus.  am  Strande  mehr  oder  weniger  dickliche  Blätter 
haben,    währenddem  dies  an   anderen  Standorten  nicht  der  Fall  ist. 


Fig.  10.  Genista  mui-cica  Coss.  (Orig.).  Querschnitt  durch  den  Stengel. 
Retamatypus  mit  tiefer  Rillenbildung.  In  den  Rillen  stellenweise  Haar- 
büschel (Tr.).  dazwischen  die  Spaltöffnungen.  Im  Zentrum  der  Holzkörper 
mit  primären  und  sekundären  Markstrahlen.  Der  zentrale  Teil  der  Rippen 
ist  sehr  verschieden  gebaut,  kleine  Gefässbündel  sind  umgeben  von  dem 
mächtig  entwickelten  Collenchym  (Co )  oder  von  Sklerenchym  (Sc).  Eine, 
den  Ausbuchtungen  der  Rillen  folgende  Parenchymsclieide  (P.)  trennt  das 
mechanische  und  leitende  Gewebe  von  dem  unter  der  verdickten  Epidermis 
auftretenden  Assimilationssystem  (Ass.).  Die  chlorophyllhaltigen  Zellen  sind 
\venig  entwickelt,  mehr  oder  weniger  polyedrisch,  die  Interzellularen  spär- 
lich und  äusserst  klein.  Unter  der  konvexen  Aussenfläche  der  Rillen  ist  ein 
einschichtiges,  aus  4  bis  6  Zellen  bestehendes  Wassergewebe  vorhanden,  so 
wird  das  Assimilationssystem  in  so  viele  selbständige  Abschnitte  zergliedert 
als  Furchen  vorhanden  sind. 


Auch  Lobular ia  maritinia  ist  öfters  ein  solcher  Gelegenheitssukku- 
lent. Neignng  zur  Sukkulenz  zeigen  auch  viele  Zwiebelpflanzen,  durch 
Ausbildung  von  dicken  mastigen  Blättern  und  Stengeln;  so  besonders 
der    häufige    Asphodelus  fistulosus.     Die   meisten   Sukkulenten  der 


106  M.  Rikli. 

Steppe  sind  Blattsukkulenten,  daneben  kommen  jedoch  auch  Stamm- 
sukkulenten (Salicornien)  vor.  Bei  Mesemhryanthemum  nodiflorum 
und  Aizoon  hispanicum  ist  sowohl  Achse  als  Blatt  sukkulent.  Die 
meisten  Saftpflanzen  sind  Halophyten  (Halosukkulenten):  Atri- 
plex  halimus^),  Beta  Baurgaei,  Peganum  harmala,  Suaeda  fruti- 
cosa,  Aizoon  hispanicum,  Mesembryanthemum  nodiflorum^),  doch 
gibt  es  auch  eigentliche  Xerosukkulenten:  Moricandia  arvensis, 
Sedum  altissimum,  AnthyUis  cyfisoides,  Lycium  intricatum, 
Linaria  crassifolia ;  alles  Saftpflanzen,  die  entweder  nicht  oder  doch 
nur  ausnahmsweise  auf  Salzboden  auftreten. 


c)  Zur  Pflanzengeographie  der  Litoralsteppe. 

Das  Bild  der  Litoralsteppe  wäre  ohne  einen  Überblick  über  die 
verschiedene  Ausbildung  derselben  und  ihrer  Beziehungen  zu  den 
übrigen  Steppen  unvollständig.  Es  drängt  sich  uns  ferner  die  Frage 
auf,  in  wie  weit  bestimmte  Formationen  am  Aufbau  der  Steppe  be- 
teiligt sind  und  ob  von  eigentlichen  „Steppenelementen"  gesprochen 
werden  kann;  endlich  soll  noch  die  Frage  nach  der  Herkunft  der 
Steppenflora  erörtert  werden. 

I.   Die  Typen  der  Litoralsteppe. 

Je  nach  dem  die  Pflanzendecke  geschlossen  oder  offen,  aus  zer- 
streut wachsenden  Pflanzen  besteht,  unterscheidet  Drude^)  zwei 
Kategorien  von  Steppen.  Die  Steppen  mit  geschlossener  oder  an- 
nähernd geschlossener  Vegetationsdecke  betrachtet  dieser  Autor  als 
eine  Facies  der  Grasfluren.  Diese  sog.  Grassteppen  bilden  eine 
klimatisch  bedingte  Variante  unserer  Wiesen  und  treten  von  den 
sommerheissen  und.  winterkalten  Ländern  der  gemässigten  und  sub- 
tropischen Zone  bis  in  die  durch  regenlose  Trockenzeiten  unter- 
brochenen Tropengebiete  auf.  Die  Grassteppen  zeigen  in  den  einzelnen 
Ländern  eine  grosse  Mannigfaltigkeit,  welche  durch  die  zwischen 
den  Gräsern  wachsenden,  oft  zu  unentbehrlichen  Bestandteilen  werden- 
den anderen  Vegetationstypen  bedingt  wird.  Die  im  westlichen  Nord- 
amerika am  Fuss  der  Rocky  Mountains  herrschenden  „Prärien"  ge- 
hören hierher;  die  Puszta  (bedeutet  so  viel  wie  Öde)  Ungarns  ist 
ebenfalls  eine  solche  Grassteppe  und  auch  die  südrussischen  Steppen 
sind  meistens  Grassteppen. 

^)  Volkens,  1.  c,  Blattquerschnitt  Tafel  XI  Fig.  7. 
2)  Volkens,  G.,  1.  c.  Blattquerschnitt  Tafel  XIII  Fig.  3. 

')  Drude,  0.  —  in  G.  v.  Neumayers  Anleitung  zu  wissenschaftlichen  Beob- 
•:achtungen  auf  Reisen,  ed.  III  Bd.  II  (190.5)  pg.  359—36^2. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  107 

Doch  unsere  südostspanischen  Steppen  gewähren  ein  ganz  anderes 
Bild.  Die  Litoralsteppe  Willkomms  besteht  immer  nur  aus  sehr 
offenen  xerophytischen  Vergesellschaftungen  von  Pflanzen,  die  nach 
Drude  unter  den  Begriff  der  Wüstensteppen  fallen.  Die  Ent- 
wicklung einer  gegen  Dürre  geschützten  Vegetation  mit  kurzer,  auf 
Frühling  und  Frühsommer  beschränkten  Triebkraft,  fehlender  Anschluss 
der  Gewächse  zu  einer  zusammenhängenden  Decke,  daher  Kahlheit  des 
überall  durchschauenden  nackten  Bodens  sind  die  Merkmale  echter 
Wüstensteppen,  die  übrigens  mit  den  Grassteppen  durch  mancherlei 
Übergänge  verbunden  sind.  Gegenüber  Wüsten  unterscheiden  sich 
diese  Steppen  nach  Warming')  nur  dadurch,  dass  sie  individuenreicher 
sind,  denn  die  Pflanzendecke  ist  immerhin  noch  dichter  und  höher 
als  in  der  eigentlichen  Wüste.  Die  Steppen  westlich  von  Huercal 
Overa  gegen  Baza  nehmen  stellenweise  eigentlichen  Wüstencharakter 
an.  Uns  drängt  sich  aber  die  Frage  auf:  Welches  sind  die  Ursachen, 
die  hier  Grassteppen,    dort  Wüstensteppen  bedingen? 

Vergleichen  wir  z.  B.  die  südrussischen  Steppengebiete  mit  unserer 
Litoralsteppe.  Wie  wir  bereits  wissen,  schwankt  die  mittlere  jähr- 
liche Niederschlagsmenge  im  Gebiet  der  Litoralsteppe  zwischen  29  und 
45  cm.  Südrussland  zeigt  nach  J.  Hann^)  folgende  jährliche  Nieder- 
schlagsmengen: Kiew  53  cm,  Kursk  43  cm,  Samara  40  cm,  Odessa 
40  cm,  Nikolajew  und  Sewastopol  38  cm,  Astrachan  und  Novo  Petrowsk 
12  bis  15  cm.  Abgesehen  von  diesen  beiden  letzten  Stationen  sind 
mithin  die  jährlichen  Niederschlagsmengen  Südrusslands  nicht  wesent- 
lich erheblicher  als  diejenigen  der  Litoralsteppe.  Wenn  in  Bezug 
auf  die  Gesamtmenge  der  Niederschläge  das  pontische  Russland 
gegenüber  dem  murcianischen  Steppengebiet  etwas  begünstigt  ist,  so 
ist  nach  der  Verteilung  der  Niederschläge  das  Umgekehrte  der  Fall. 
Woeikof  sagt  darüber:  „In  der  Steppe  (Südrusslands)  fällt  das  Maxi- 
mum des  Regens  auf  den  Monat  Juni.  Die  zwar  bedeutenden  Regen- 
mengen des  Juni  haben  jedoch  keinen  befruchtenden  Einfluss  auf  das 
Erdreich,  weil  sie  in  Form  von  Gewittergüssen  jählings  herabstürzen 
und  an  der  Oberfläche,  ohne  tiefer  einzudringen,  abfliessen.  Herbst 
und  Winter  sind  arm  an  Niederschlägen,  und  überdies  gestattet  der 
in  der  Steppe  herrschende  Buran  keine  Ansammlung  einer  tiefen 
Schneelage,  weshalb  auch  die  Schneeschmelze  im  Frühling  dem  Boden 
keine  für  die  Vegetation  hinreichende  Wassermenge  zuzuführen 
vermaji;." 


')  Warming,  E.,   Ökologische  Pflanzengeographie,  1896.    pg.  255. 
2)  Kann,  J.,  1.  c.  vol.  III.  pg.  194. 


108  M.  Rikli. 

Grösser  und  einschneidender  sind  die  thermischen  Unterschiede, 
Die  Maxiraa  überschreiten  nur  wenig  und  ausnahmsweise  40 "  C, 
dagegen  besitzt  Südrussland  viel  extremere  Winter.  Gegenüber  den 
absoluten  Minima  von  Valencia  und  Murcia  mit  nur  —  3  ",  beziehungs- 
weise —  5,5"  C,  treffen  wir  hier  Zahlen  von  —  16,9^  C  (Sewastopol), 
—  34,4"  C  (Sarepta)  und  sogar  mit  —  37,1"  C  (Samara);  daher  bleibt 
denn  auch  die  mittlere  Jahrestemperatur  erheblich  hinter  derjenigen 
der  spanischen  Litoralsteppe  zurück.  Diese  grossen  klimatischen 
Unterschiede  bewirken,  dass  alle  Gewächse  mit  grösseren  thermischen 
Ansprüchen  von  den  südrussischen  Steppen  ausgeschlossen  werden, 
auch  die  Kultur  subtropischer  oder  gar  diejenige  tropischer  Nutz- 
pflanzen ist  daher  unmöglich.  Doch  weder  die  Unterschiede  im  Klima, 
noch  diejenigen  in  den  Niederschlagsverhältnissen  vermögen  zu  erklären, 
dass  in  Südrussland  Grassteppen,  in  Südostspanien  Wüstensteppen  vor- 
herrschen. Der  Hauptunterschied  beider  Steppengebiete  liegt  eben 
nicht  im  Klima,  sondern  in  der  Bodenbeschaffenheit. 

In  der  Abhandlung  „Die  südrussischen  Steppen"  bespricht 
G.  J.  Tanfiljew^)  hauptsächlich  die  Bodenfrage.  Der  Boden  der  rus- 
sischen Steppe  ist  tiefgründig  und  besteht  aus  hellgrauem  Löss  oder 
lössartigen  hellbraunen  Lehmen,  welche  oberflächlich  von  einer  mehr 
oder  weniger  dunkelgefärbten  Bodenschicht  bedeckt  sind.  Je  weiter 
nach  Süden,  desto  dunkler  gefärbt  erscheint  der  anfangs  graue  Boden, 
bis  er  eine  pechschwarze  Farbe  annimmt,  und  wir  in  das  Gebiet  der 
Schwarzerde  oder  des  Tschernosjöm  kommen.  Etwa  in  der  Mitte 
zwischen  der  Nordgrenze  des  Löss  und  dem  Schwarzen  und  Asowschen 
Meere  ist  die  Färbung  des  Bodens  am  dunkelsten,  südlicher  nimmt 
der  Boden  allmählich  eine  kastanienbraune  Farbe  an.  Pallas  hat 
bekanntlich  im  Jahre  1787  die  Ansicht  ausgesprochen,  dass  der 
Humusgehalt  des  Steppenbodens  auf  eine  ehemalige  Bewaldung  zurück- 
zuführen und  somit  zurückgebliebener  Wald-  und  Toifhumus  sei. 
Schon  1768  hat  Güldenstädt  in  seinem  Tagebuch  geschrieben,  dass 
der  schwarze  Stoff  von  Pflanzen  herrührt,  die  einst  auf  dem  schwach 
bewohnten  und  an  pflanzenfressenden  Tieren  armen  Boden  ungestört 
wuchsen  und  dann  verwesten.  Über  hundert  Jahre  hat  diese  Er- 
klärung keine  Beachtung  gefunden,  erst  Ruprecht  (1865)  und  dann 
besonders  Dokutschajef  (1883)  traten  mit  Entschiedenheit  für  die 
Güldenstädtsche  Auffassung  auf,  einer  Erklärung,  dei"  sich  der  grosse 
Steppenforscher  Tanfiljevv  ebenfalls  rückhaltlos  anschliesst.  Diese 
Erklärung  deckt  sich    mit  der  Theorie,    die  auch  durch  andere  Tat- 


^)  Tanfilje w,  G.  J.,  Die  südrussischen  Steppen.    Resultats  scientifiques- 
du  congres  international  de  botanique.     Vienne  1905.    pg.  381  —  388  (1906). 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittel meerküste.  109 

Sachen  bestätigt  wird,  dass  die  südrussische  Steppe  stets  waldlos  ge- 
wesen sei.  Auch  von  der  Puszta  sagt  Kerner'):  Der  Boden  wird 
gebildet  aus  einer  tiefgründigen,  bald  mehr,  bald  weniger  mit  Humus 
gemengten  Erde. 

Kehren  wir  zur  spanischen  Litoralsteppe  zurück.  Leider  haben 
wir  auf  unseren  beiden  spanischen  Reisen  versäumt,  die  Boden- 
beschaffenheit einer  eingehenden  Untersuchung  zu  unterziehen  und 
Bodenproben  behufs  deren  Analyse  mit  nach  Hause  zu  nehmen. 
Immerhin  entnehmen  wir  unseren  Aufzeichnungen,  dass  der  Boden 
der  Litoralsteppe  ganz  wesentlich  von  demjenigen  Südrusslands  ab- 
weicht. Der  Steppenboden  Südostspaniens  ist  fast  immer  flachgründig- 
steinig,  nicht  selten  tritt  sogar  der  anstehende  kahle,  meist  mehr  oder 
w^eniger  zerklüftete  Fels  zutage  und  dies  nicht  nur  in  den  Sierren, 
sondern  öfters  sogar  in  der  Niederung,  so  z.  B.  zwischen  Villajoyosa 
und  Alicante,  um  Cartagena,  am  nördlichen  Rand  der  Huerta  zwischen 
Orihuela  und  Murcia.  Die  zwischen  den  Steinen  und  in  den  Fels- 
spalten auftretende  Erde  scheint  reich  an  Mineralstoffen,  aber  fast 
immer  arm  an  Humus  zu  sein.  Dunklere  oder  sogar  schwarze  Erde 
haben  wir  nur  in  einigen  Felsritzen  der  Sierren  angetroffen.  Löss 
kommt  vor,  ist  aber  im  Steppengebiet  Alicante -Cartagena -Murcia 
offenbar  selten,  häufiger  dagegen  westlich  von  Huercal  Overa  gegen 
Baza  (im  östlichen  Andalusien);  auch  südlich  von  Benisa  gegen  Calpe 
haben  wir  Gelegenheit  gehabt,  typische  Lösslandschaften,  welche  hier 
jedoch  noch  mit  Felsenheiden,  Garigues  und  dürftigen  Macchien  be- 
standen waren,  kennen  zu  lernen.  Dieser  Löss  ist  fast  immer  nur 
von  hell  gelblichbrauner  Färbung  und  von  fein  mergeliger  Beschaffen- 
heit, nie  dunkelbraun  oder  gar  schwarz.  Häufiger  sind  Böden  von 
auffallend  rotbrauner  Färbung.  Schon  beim  Überschreiten  der  spanischen 
Grenze  fallen  diese  wohl  eisenschüssigen  Böden  in  Katalonien  auf, 
sie  dienen  meist  der  Ölbaumkultur.  Der  Steppenboden  ist  ferner  fast 
stets  salzig,  und  zwar  sowohl  im  Steppengebiet  Südrusslands  wie  in 
Spanien;  öfters  ist  der  Salzgehalt  so  gross,  dass  der  Boden  mit  Salz- 
ausblühungen  besetzt  ist. 

Die  ganz  andere  Bodenbeschaffenheit  verunmöglicht  also  haupt- 
sächlich die  Entwicklung  von  Grassteppen  im  Gebiet  der  spanischen 
Litoralsteppe.  Einzig  die  ausgedehnten  flachen  Niederungen  im 
Mündungsgebiet  der  grossen  Flusstäler  mit  ihrem  feinen  sandig- 
mergeligen, infolge  der  Auslaugung  nicht  oder  nur  schwach  salz- 
haltigen Böden  würden  stellenweise  Grassteppen  ermöglichen.  In 
diesen   bevorzugtesten   Gebieten   der  Provinzen  Valencia   und  Murcia 


')  Kerner,  A.,  Das  Pflanzenleben  der  Donauländer,  1893.    pg.  30. 


110  M.  Rikli. 

lässt  das  Kulturland  jedoch  den  ursprünglichen  Zustand  schon  längst 
nicht  mehr  erkennen. 

Die  Willkommsche  Litoralsteppe  umfasst  also  nur  Wüstensteppen. 
Je  nach  Bodenbeschaffenheit  und  Vegetationscharakter  lassen  sich 
folgende  Typen  unterscheiden: 

1.  Edapliisclie  Facies  der  Litoralsteppe. 

Ä.  Boden  sehr  salzhaltig,  in  der  Trockenperiode  oft 
mit  Salzausblühungen  bedeckt.  —  Salzsteppen. 

Mit  Salzsteppen  haben  wir  auf  unseren  Exkursionen  nur  flüchtige 
Bekanntschaft  gemacht,  so  bei  der  Station  Mbatera-Catral,  zwischen 
Elche  und  Orihuela  und  wieder  zwischen  Huercal  Overa  und  Zurgena 
im  östlichen  Andalusien,  an  beiden  Orten  war  der  Boden  mit  Salz- 
ausblühungen bedeckt.  Salzsteppen,  oft  von  grösserer  Ausdehnung, 
sind  auch  längs  der  Küste  von  Benidorm  bis  Cartagena  anzutreffen, 
so  um  das  Mar  Menor.  Salzhaltige  Strandsümpfe  werden  als  Marismas 
bezeichnet.  Nördlich  von  Bobadilla  haben  wir  die  Laguna  Salada 
bereits  Anfang  April  am  Rande  mit  einer  Salzkruste  bedeckt  gesehen. 

Die  Salzsteppe  von  Albatera-Catral  bis  gegen  Callosa  besteht  aus 
feinem  Flugsand,  sie  ist  in  sehr  offener  Formation  fast  nur  von 
Sukkulenten  bewachsen.  Als  Leitpflanze  tritt  massenhaft  SaUco?^/iia 
fruticosa  L.  auf,  oft  mit  eigentümlich  rötlicher  Färbung.  Dazu  ge- 
sellen sich  Afriplex  Jialimus  L.,  Beta  maritima  Ij.,  Suaeda  fruti- 
cosa Forsk ,  Inula  crithmoides  L.  und  als  einziger  Vertreter  des 
Baumwuchses  hin  und  wieder  eine  kümmerliche  Tamariske.  Bereits 
werden  Entwässerungskanäle  durch  die  Salzsteppe  gezogen  und  an 
einer  Stelle  ist  sogar  eine  kleine  Palmenpflanzung  angelegt. 

B.  Boden  wenig  oder  nicht  salzhaltig. 

a)  Löss- und  Sandsteppen.  Die  Unterlage  wird  gebildet  durch 
Lockerböden  von  meist  äolischer,  seltener  mariner  oder  limnischer 
Aufschüttung.  Das  Material  ist  bald  feiner  bis  feinster  Flugsand  und 
zwar  entweder  rein  oder  mit  lehmig-mergeligen  Beimengungen,  oder 
es  ist  Löss  und  dann  von  vorwiegend  mergeliger  Beschaffenheit.  Wo 
diese  Böden  nicht  salzhaltig  sind  und  das  nötige  Wasser  vorhanden 
ist,  sind  sie  von  hervorragender  Fruchtbarkeit  und  dann  regelmässig 
gut  bebaut.  Solche  Löss-  und  Sandsteppen  z.  T.  noch  mit  der  ur- 
sprünglichen Pflanzenwelt  bestanden,  trafen  wir  am  Mar  Menor  bei 
La  Union,  im  Tal  des  Rio  dulce,  nördlich  von  Orihuela  gegen  Benferri 
und  um  Huercal  Overa. 

b)  Grrussteppen.  Es  sind  Lockerböden,  die  aber  nicht  durch 
Aufschüttung  (Alluvium),  sondern  fast  immer  durch  Eluvium,  d.  h.  an 
Ort  und  Stelle    durch  Zerfallen  des  anstehenden  Gesteins  entstanden 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  111 

sind.  Es  ist  unverbundener  loser  Gebirgsschutt,  der  bald  Hügelland- 
schaften und  Hochflächen  mit  einem  schützenden  Mantel  überzieht 
und  so  vor  weiterer  rascher  Erosion  schützt,  bald  bei  steileren  Hängen 
abrutscht  und  dann  als  mehr  oder  weniger  breiter  Gürtel  den  Fuss 
der  Sierren  umsäumt.  Die  Grussteppen  bauen  sich  aus  erbsen-  bis 
haselnuss-,  seltener  bis  faustgrossen ,  meist  scharfeckigen  Gesteins- 
materialien auf.  Die  Zwischenräume  sind  von  einem  feineren  Material 
ausgefüllt,  das  öfters  sogar  erdige  Beschaffenheit  zeigt.  Dieser  Ge- 
birgsschutt besitzt  gewöhnlich  nur  eine  geringe  Mächtigkeit;  inselartig 
treten  hin  und  wieder  die  anstehenden  Gesteine,  meist  als  abgeflachte, 
wenig  vorragende  Felsköpfe  zutage.  Ein  schönes  Beispiel  von  Grus- 
steppen lernten  wir  am  Fuss  der  Sierren  von  Orihuela,  im  Westen 
dieser  Stadt  kennen. 

c)  Fels  steppen.  Die  Unterlage  bildet  anstehendes,  bald  mehr 
oder  weniger  kompaktes,  bald  zerklüftetes  Gestein.  All'  die  zahllosen 
Sierren  im  Gebiet  der  Litoralsteppe  sind  fast  ebensoviel  Beispiele  von 
Felssteppen.  Die  Vegetationsdecke  ist  natürlich  äusserst  offen  und 
besteht  fast  nur  aus  Chasmophyten,  d.h.  Spaltpflanzen,  die  in  den 
Spalten  des  Gesteins  wurzeln  und  die  z.  T.  auch  das  Geröll,  das 
natürlich  nie  fehlt,  besiedeln  oder  es  sind  Petrophyten,  echte  Fels- 
pflanzen, meistens  Algen  und  Flechten,  aber  auch  höhere  Spross- 
pflanzen, die  mit  zahlreichen  z.  T.  oberirdischen  Wurzeln  die  Gesteine 
umfassen. 

2.  Floristische  Facies  der  Litoralsteppe. 

Nach  der  Vegetation  haben  wir  auf  diesen  verschiedenen  Boden- 
arten 5  Typen  der  Litoralsteppe  kennen  gelernt. 

1.  Die  Lygeum steppe  (Lygetum).  Sie  scheint  besonders  mehr 
oder  weniger  salzhaltigen  Löss-  oder  Sandboden  zu  bevorzugen.  Ais- 
Begleiter  treten  immer  eine  grössere  Zahl  Halophyten  auf,  von  denen 
viele  Sukkulenten  sind.  Eine  typische  Lygeumsteppe  trafen  wir  in  den 
weiten  Niederungen  des  Rio  dulce,  nördlich  von  Orihuela.    Siehe  pg.  80. 

2.  Die  Haifasteppe  oder  Espartoformation  (Espartetum. 
Tafel  IV  Fig.  7).  Das  bis  mannshohe  Haifagras  tritt  immer  büschel- 
weise auf^  es  bevorzugt  Grusboden,  fehlt  aber  auch  auf  Löss-  und 
Sandboden  nicht.  Wenn  Willkomm  von  „Grassteppen"  spricht 
(Lit.  35  pg.  21.3),  so  denkt  er  an  diese  Formation.  Um  Verwechs- 
lungen mit  den  eigentlichen  Grassteppen,  die  wir  mit  Drude,  Kerner, 
Tanfiljew  etc.  in  ganz  anderem  Sinn  umschrieben  haben,  zu  ver- 
meiden, wird  man  daher  am  besten  diese  Willkommsche  Bezeichnung^ 
fallen  lassen.  Haifasteppen  sind  im  ganzen  Gebiet  der  Litoralsteppe 
sehr  verbreitet.    Wir  haben  sie  nördlich  von  Orihuela  kennen  selernt 


112  M.  Rikli. 

{siehe  pag.  78),  auch  um  Lorca,  Empalme,  Seron  bis  gegen  Baza 
finden  sich  viele  Haifasteppen.  Von  allen  Bahnstationen  zwischen 
Lorca  und  Baza  wird  Haifagras  exportiert;  auch  an  mehreren 
Stationen  zwischen  Granada  und  Bobadilla  sahen  wir  ganze  Eisen- 
bahnwagen mit  Haifa,  das  wohl  auf  der  granadinischen  und  bätischen 
Steppe  gesammelt  wurde,  beladen.  Nach  Willkomm  finden  sich 
grössere  Haifasteppen  auch  um  Cartagena  und  Mazarron  und  auf  den 
im  Norden  der  Gebirge  gelegenen  Plateaus.  Rossmässler  bildet  als 
Titelblatt  des  zweiten  Bandes  seiner  Reiseerinnerungen  aus  Spanien 
die  Espartoebene  bei  Baza  ab.  Auf  Karte  H  hat  Willkomm  in 
seinen  Grundzügen  der  Pflanzenverbreitung  auf  der  iberischen  Halb- 
insel auch  die  Verbreitungsareale  der  spanischen  Steppen  eingetragen. 
Die  Nordgrenze  der  Litoralsteppe  stimmt  recht  gut  mit  unserer  Beob- 
achtung, dagegen  sollte  das  Areal  in  westsüdwestlicher  Richtung  land- 
einwärts ziemlich  vergrössert  werden  und  sich  nicht  nur  in  einem 
schmalen  Streifen  längs  der  Küste  hinziehen.  Auf  der  Karte  sind 
die  Gebiete  von  Lorca  und  Baza  gar  nicht  mehr  der  Steppe  zugezählt. 

2.  Die  Kleinstrauchsteppe  ist  besonders  auf  Grus-  und  zer- 
klüftetem Felsboden  entwickelt.  Den  schönsten  Einblick  in  diesen 
Steppentypus  verschaffte  uns  eine  Exkursion  nordwestlich  von  Orihuela; 
aber  auch  am  Hafen  von  Cartagena  und  südwestlich  von  Villajoyosa 
ist  die  Steppe  hauptsächlich  als  Kleinstrauchsteppe  entwickelt.  Es 
ist  das  eine  sehr  offene  Wüstensteppe,  in  der  eine  ziemlich  grosse 
Anzahl  kleiner,  bald  dem  Boden  angepresster,  bald  ca.  10  bis  25  cm 
hoher,  knorriger  Sträucher  mit  meist  erikoiden  Blättern,  die  wesent- 
lichen Bestandteile  der  ausserordentlich  dürftigen  Vegetationsdecke 
bilden;  viele  dieser  Kleinsträucher  sind  als  Filz-  oder  Rutenpflanzen 
ausgebildet.  Die  Gräser  sind  von  untergeordneter  Bedeutung  und 
auch  die  Zwiebel-  und  Knollengewächse  treten  wenigstens  an  Arten- 
zahl sehr  stark  zurück.  Bezeichnend  ist,  dass  meistens  keine  einzige 
Art  vorherrschend  ist;  vermögen  jedoch  einzelne  Arten  zu  eigentlichen 
Leitpflanzen  zu  werden,  so  sind  es  öfters  nicht  die  eigentlichen 
.Steppenpflanzen,  sondern  Vertreter  der  Felsenheide,  vor  allem  der 
Asphodill  i^Asphodelus  ßstulosus  L.)  oder  der  Thymian  {Thymus 
vulgaris  L.,  seltener  Thymus  zygis  L.). 

4.  Die  Felsensteppe.  Unsere  erste  Begegnung  mit  der  Steppe, 
zwischen  Villajoyosa  und  Alicante,  gab  uns  schon  einen  Einblick  in 
den  Charakter  einer  Felssteppe.  Schöne  Beispiele  von  Felsensteppen 
verschafften  uns  dann  ferner  die  Exkursionen  auf  die  Sierra  von 
Orihuela  und  auf  den  Monte  Agudo  bei  Murcia.  Die  Felsensteppe 
ist  wohl  der  an  Individuen  ärmste,  an  Arten  aber  vielleicht  der 
reichste   Typus   der   Litoralsteppe,    die   besonders   durch   ihre   vielen 


lerleljahrsschrift  der  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52,     1907. 


Taf.  X, 


ritot.:  R.  Clwrlat. 


Fig.  15.     Noria  bei  La  Union,  westlich  Cartacjena. 

(pag.    133) 


P'iof..-  U.  Chodal. 


Fig.  16.  Gemauerter  Bewä.ssernngs- 
kanal  in  Elche  (pag.  132 ). 


f/iut.:  11.  CJwcliil. 


Mg.  17.     Hirtenhütte  ans  Arinulo 
donax,  in  der  Stei)[)c  (pag.  76). 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  113 

EndemismeD,  durch  zahlreiche  iberisch -mauritanische  oder  süd- 
mediterran- orientalische  Arten  ausgezeichnet  ist.  Von  einer  Leit- 
pflanze kann  man  auch  hier  nicht  sprechen,  denn  es  treten  oft  von 
Sierra  zu  Sierra  erhebliche  Wechsel  im  Florenbestande  auf. 

5.  Das  Salicornietum:  Haupttypus  der  Salzsteppe  (s.  pag,  110). 


IL  Aufbau  der  Litoralsteppe  nach  Formationselementen. 

Nach  Villajoyosa,  beim  Betreten  der  ersten  Steppeninsel,  voll- 
zog sich  wie  mit  einem  Schlage  ein  förmlicher  Wechsel,  nicht  nur 
im  Vegetationsbild,  sondern  auch  im  Florenbestand.  Eine  grosse 
Anzahl  von  Arten,  die  wir  vorher  entweder  gar  nicht  oder  höchstens 
nur  ganz  vereinzelt,  gewissermassen  als  Fremdlinge  angetroffen  hatten, 
fanden  sich  hier  nun  allgemein  vei'breitet.  Das  Vegetationsbild  war 
das  einer  verarmten  Felsenheide,  der  Vergleich  der  Florenbestandteile 
musste  aber  sofort  ergeben,  dass  dieser  erste  Eindruck  nur  nach  der 
physiognomischen  Seite  hin  berechtigt  war,  dass  aber  pflanzen- 
geographisch die  Steppe  etwas  vollständig  Neues  bedeutet,  das 
keiner  der  bisherigen  pflanzlichen  Vergesellschaftungen  der  spanischen 
Riviera,  nördlich  von  Benidorm,  gleichzustellen  oder  unterzuordnen 
ist.  Diese  Auffassung  ist  durch  unsere  weiteren  Exkursionen  in  der 
Litoralsteppe  nur  bestätigt  worden. 

Neben  dem  Hauptkontingent  der  eigentlichen  Steppenpflanzen 
fehlen  Vertreter  anderer  Formationen  nicht  ganz,  doch  diese  treten 
meistens  stark  zurück,  zwar  öfters  nicht  sowohl  an  Arten  —  als 
hauptsächlich  an  Individuenzahl.  Diese  Pflanzen  zeigen  zudem  gegen- 
über den  eigentlichen  Steppenpflanzen  oft  ein  kümmerliches,  zwerg- 
haftes Dasein,  das  im  Vergleich  zum  Vorkommen  in  ihrem  natür- 
lichen Formationsverband  erkennen  lässt,  dass  diese  Arten  hier  nur 
Eindringlinge  sind,  die  nicht  recht  Boden  zu  fassen  vermögen. 

Verhältnismässig  am  dürftigsten  ist  das  Formationselement 
der  Garigues  und  Macchien  in  der  Steppe  vertreten.  Dasselbe  um- 
fasst  folgende  24  Arten,  d.  h.  ca.   L3  7o  unserer  Steppenausbeute. 

Juniperus  oxijcedrus  L.  Globularia  alypum  L. 

Ephedra  fragüis  Desf.  Dapthne  gnidium  L. 

Chamaerop)s  humiUs  L.  Euhiis  amoenus  Port. 
Ai^sarum  vulgare  Targ.  Tozz.         AnthijUis  cytisoides  L. 

Qiiercus  coccifera  L.  Dorycniurn  sujfruticosum  L. 

Pistacia  leiitiscus  L.  Coronilla  glauca  L. 

Rhamnus  lycioides  L.  Coronilla  juncea  L. 

Osyris  alba  L.  Calycotome  spinosa  Lk. 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52.    1907.  8 


114  M.  Rikli. 

Cahjcotome  villosa  Lk.  Erica  niultiflora  L. 

Ros)narinus  officinalis  L.     .  Phagncdon  rupestre  DC. 

Thymus  vulgaris  L.  Phagiialon  saxatile  Cass. 

Lavandula  mnltißda  L.  Phagnalon  sordidum  DC. 

Die  Grosszahl  dieser  Arten  fand  sich  übrigens  hauptsächlich  nur- 
im  Grenzgebiet  der  Steppe  bei  Villajoyosa  und  auf  den  Hügeln  um  den 
Hafen  von  Cartagena;  einzig  Osijris  und  Thymus  vulgaris  L.  ver- 
mögen nach  unseren  Beobachtungen  gelegentlich  auch  in  der  eigent- 
lichen Steppe  eine  grössere  Bedeutung  zu  erlangen. 

Grösser  ist  der  Anteil  des  Formationselementes  der  Felsen- 
heide  in  der  Steppe.  In  unseren  Steppenlisten  figuriert  dieser  Be- 
standteil mit  65  Arten,  d.  h.  mit  35%-  Die  Mehrzahl  derselben 
treten  jedoch  auch  sehr  sporadisch  auf,  nur  wenige  sind  häufig,  oder 
vermögen  selbst  zu  charakteristischen  Bestandteilen  der  Steppe  zu 
werden.  Noch  seltener  erlangen  sie  die  Bedeutung  von  Leitpflanzen, 
dies  aber  immer  nur  auf  kleinen  Gebieten.  Diese  gelegentlich  in  der 
Steppe  dominierenden  Arten  der  Felsenheide  sind :  Asphodelus  fistu- 
losus  L.,  Passerina  hirsuta  L,,  Teucrium  polium  L.  v.  capitatum. 
(L.)  Briq.  und  HeUchrysum  stoechas  DC. 

Oft  häufig,  aber  doch  kaum  je  vorherrschend,  kommen  in  Be- 
tracht: Brachypodium  ramosum  (L.)  R.  et  S.,  Gladiolus  illyricus  L., 
üropetahun  scroti num  Ker.,  Ruta  chalepensis  L.  v.  angustifolia 
Pers.,  Fumana  laevipes  Spach  und  F.  uiscida  Spach,  Mercurialis 
totnentosa  L.,  Paronychia  argentea  Lam.,  Marrubium  vulgare  L., 
öfters  in  der  v.  lanatum  Bth.,  Phlomis  lychnitis  L.,  Convolvulus 
kniuginosus  Desv.  v.  sericeus  Boiss.,  Evax  pygmaea  (L.)  Pers.,  Aste- 
riscus  maritimus  Mönch  und  Senecio  Unifolius  L. 

Alle  übrigen  47  Arten  sind  von  ganz  untergeordneter  Bedeutung^ 

Von  der  eigentlichen  Steppenflora  ist  endlich  noch  das  Forma- 
tionselement der  Strandflora  zu  trennen.  Die  Ausscheidung  von 
Strand-  und  Steppenpflanzen  ist  jedoch  keine  leichte  Aufgabe,  denn 
wir  beobachten  vielfach,  w^ie  sich  diese  beiden  Bestandteile  vollständig 
mengen,  so  dass  Strandpflanzen  zu  charakteristischen,  häufigen  Steppen- 
pflanzen und  umgekehrt  Steppenelemente  auf  flachem,  sandigem  Boden 
an  der  Küste  zu  Strandpflanzen  werden.  Strand-  und  Steppenpflanzen 
neigen  eben  in  gleicher  Weise  zum  Halophytismus  und  damit  auch 
zum  Xerophytismus.  Einzig  die  Verbreitungsverhältnisse  können  uns 
einen  Fingerzeig  für  die  Ausscheidung  von  Steppen-  und  Strand- 
pflanzen liefern.  Als  Strandpflanzen  werden  wir  diejenigen  Arten 
bezeichnen  müssen,  welche  nicht  nur  im  Gebiet  der  Litoralsteppe, 
sondern  durch  das  ganze  Mittelmeerbecken  und  oft  noch  über  das- 
selbe hinaus  als  Strandbewohner  bekannt  sind. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  115 

In  dieser  Umgrenzung  ist  nach  unseren  Listen   die   Strandflora 
nur  mit  13  Arten,  d.h.  mit  ca.  7%,  vertreten.     Es  sind: 
Cakih  maritima  L.  Atriplex  halimus  L. 

Lobidaria  maritima  Desv.  Salicornia  fruticosa  L.,  Strand- 

Spergularia  marina  Wk.  sümpfe. 

Frankenia  pulveruleiita  L.  Suaeda  fruticosa  Forsk. 

Lavatera  maritima  L.,  Strand-      Beta  maritima  L. 
felsenpflanze.  Statice  sinuata  L. 

Statice  echioides  L. 
Was   diesem   Bestandteil   an  Artenzahl   abgeht,    das  wird  durch 
die  allgemeinere   Verbreitung,    das   häufigere   massenhafte  Auftreten 
und  das  frohwüchsige  Wachstum  desselben  nachgeholt. 

Die  drei  Formationsbestandteile  der  Garigue,  Felsenheide  und 
Strandflora  beanspruchen  somit  zusammen  ca.  55  V»  der  von  uns  in 
der  Steppe  gesammelten  Pflanzen.  Bringen  wir  noch  die  Euderal- 
pflanzen  (z.  B.  Reseda  alba  L.  und  R.  lutea  L.,  Erodium  cicutariiun 
LHerit,  Spergidaria  rubra  Pers.  etc.)  mit  weiteren  5^0  in  Rech- 
nung, so  bleiben  immernoch  40  7»  für  die  eigentliche  Steppen- 
flora übrig.  Da  aber  diese  Arten  meist  häufig,  ja  oft  massenhaft 
auftreten,  so  ist  das  Vorherrschen  des  Steppenelementes  noch  auf- 
fälliger als  diese  Zahl  erwarten  lässt.  Unsere  Listen  verzeichnen 
76  Steppenpflanzen,  nach  Willkomm  zählt  die  Litoralsteppe  161 
eigentliche  Steppenpflanzen.  Verhältnismässig  wenige  dieser  Pflanzen 
sind  durch  das  ganze  Gebiet  der  Litoralsteppe  ziemlich  gleichmässig 
und  dann  jeweilen  massenhaft  verbreitet,  so  vor  allem  Macrochloa 
tetiacissima  (L.)  Kth.,  Lygeum  spartum  L.,  Artemisia  herba  alba 
Asso.,  zuweilen  auch  Haloxylon  articulatum  (Cav.)  Bunge,  Fagoiiia 
cretica  L.,  Peganum  Jiarmala  L. ,  Marrubium  alysson  L.  und 
Thymus  zygis  L.  Die  Mehrzahl  der  Steppenpflanzen  zeigt  eine  Ver- 
breitung in  kleinen  und  kleinsten  Arealen,  einzelne  Arten  finden  sich 
gelegentlich  auch  in  mehreren  weit  auseinanderliegenden  Zentren,  dies 
gilt  besonders  für  die  Felsensteppenflora  der  Sierren.  Wo  aber  eine 
eigentliche  Steppenpflanze  vorkommt,  da  ist  sie  fast  immer  häufig. 
Nach  Willkomm  sind  von  den  161  Steppenpflanzen  69  (d.h.  43  7») 
auf  der  iberischen  Halbinsel  endemisch,  etwa  35  davon  (22°/o)  scheinen 
sogar  nur  in  der  Litoralsteppe  aufzutreten.  Der  Lebensweise  nach  sind 
89  (55  ^o)  halophil,  der  Rest  vorwiegend  xerophil  und  68  (ca.  42  7») 
finden  sich  in  Europa  überhaupt  nur  in  der  Litoralsteppe,  sei  es, 
dass  sie  hier  endemisch  oder  auch  noch  in  den  Steppengebieten  Nord- 
afrikas und  des  Orients  angetroffen  werden.  Im  folgenden  Kapitel 
soll  die  Flora  der  Litoralsteppe  noch  einer  pflanzengeographischen 
Analyse  unterzogen  werden. 


1 16  M.  Rikli. 

III.  Herkunft   der  Flora  der  Litoralsteppe. 
Nach    der  Verbreitung  ihrer   einzelnen  Bestandteile  zerfällt  die 
Flora  der  Litoralsteppe  in  folgende  Kategorien: 

1.  Perimediterrane  Arten.  In  unseren  Exkursionslisten  sind 
diese  Arten  mit  einem  lichten  Dreieck  (-)  bezeichnet,  sie  sollen  daher 
hier  nicht  nochmals  aufgeführt  werden.  Diese  Gruppe  umfasst  41  Arten, 
d.  h.  ca.  22,3  °/o.  Eigentliche  Steppenpflanzen  finden  wir  darunter 
nicht,  es  sind  alles  Formationselemente  der  Garigues,  der  Felsenheide 
oder  Strandflora.  Von  grösserer  Bedeutung  sind  nur:  BracJujjJodium 
ramosum  (L.)  R.  et  S.,  Passerina  hirsuta  L.,  Osyris  alba  L.,  Atri- 
2)lex  haJimus  L.  und  Evax  pygmaea  (L.)  Pers. 

2.  Mediterran-mitteleuropäische  Arten.  Pflanzen,  deren 
eigentliche  Heimat  auch  meist  im  Mittelmeergebiet  zu  suchen  ist, 
die  aber  eine  grössere  Feuchtigkeit  und  besonders  auch  niedere  Tem- 
peraturen gut  zu  ertragen  vermögen  und  daher  weit  nach  Mittel- 
ja  selbst  bis  nach  Nordeuropa  verbreitet  sind,  jedoch  dem  Orient 
fehlen.  Die  Zahl  dieser  Arten  ist  in  der  Steppe  sehr  klein,  es  sind 
deren  nur  5  (2,8  7^),  davon  hat  sich  einzig  Ononis  natrix  L.  in 
den  wärmeren  Teilen  des  südlichen  Mitteleuropas  eingebürgert,  auch 
Eryngium  campestre  L.  ist  nur  stellenweise  verbreitet;  Eeseda 
phyteuma  L.  und  Diplotaxis  muralis  DC.  sind  bei  uns  als  Anthro- 
pochoren  eingeschleppt  und  Cakile  maritima  Scop.  ist  endlich  eine 
nach  Norden  weit  verbreitete  Strandpflanze. 

3.  Mediterran-orientalische  Arten.  Arten,  deren  Verbrei- 
tungsareale nicht  nur  das  ganze  Mittelmeerbecken  umfassen,  sondern 
östlich  noch  über  die  mediterranen  Randlandschaften  hinausgehen,  sich 
nach  Armenien,  Syrien,  Mesopotamien,  z.  T.  auch  nach  Arabien  und 
nach  Persien,  ja  selbst  bis  nach  Affghanistan,  Belutschistan  und  bis  ins 
Indusgebiet  erstrecken.  Im  Mittelmeergebiet  sind  diese  Pflanzen  zum 
grösseren  Teil  von  südmediterraner  Verbreitung,  doch  erreicht  eine 
kleinere  Abteilung  auch  noch  Mitteleuropa.  Das  Kontingent  des 
mediterran-orientalischen  Verbreitungselementes  ist  sehr  bedeutend, 
umfasst  es  doch  58  Arten  unserer  Liste,  d.  h.  ca.  31,2  "/o,  und  was 
noch  wichtiger  ist,  diesem  Verbreitungselement  gehört  eine  stattliche 
Zahl  typischer  Steppenpflanzen  an.  (In  den  Exkursionsberichten  mit 
^  bezeichnet.) 

a)  Pflanzen  von  mediterran-orientalischer  Verbreitung, 
welche  auch  noch  Mitteleuropa  erreichen.  Diese  Gruppe  zählt 
nur  12  Arten,  darunter  finden  sich  keine  Steppenpflanzen.  Es  sind: 
Cynodoii  dactylon  (L.)  Pers.  Spergularia  media  Pers. 

Plantago  coronopus  L.  Erodium  cicutarium  L'Herit. 

Spergularia  ruba  Pers.  Torilis  nodosa  (L.)  Gaertn. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste. 


117 


Rubus  amoenus  Port.  Fumanaprocumbe/is(Dun.)(j.G. 

Helianthemum  saJicifolium  (L.)      AnagnlUs  coerulea  Schreb. 
Mill.  Slierardia  arvensis  L. 

Marruhiuni  vulgare  L. 

Mit  Ausnahme  von  Marruhiuni  vulgare  L.,  einer  Pflanze,  die 
in  der  Steppe  öfters  in  einer  sehr  stark  wollig-filzigen  Varietät  (v. 
hoiatuni  Bth.)  auftritt,  sind  diese  Pflanzen  in  der  Steppe  sonst  alle 
immer  von  untergeordneter  Bedeutung,  ja  sogar  meist  selten.  Dies 
ist  nicht  der  Fall  bei  der  folgenden  Abteilung. 

b)  Pflanzen  von  mediterran-orientalischer  Verbreitung, 
welche  aber  Mitteleuropa  nicht  erreichen.  Typische  oder  doch 
vorwiegend  als  Steppenpflanzen  auftretende  Arten  sind  mit  „St"  be- 
zeichnet. 


Sphenopus    divaricatus     (Gou.) 

Reh. 
Andropogon  pubesce?is  Vis. 
Koeleria  phleoides  (Vill.)  Pers. 
Lamarckia  aurea  Mönch 
PhaJaris  minor  Retz. 
Bromus  matritensis  L. 
Broinus  rubens  L. 
Brachijpodium   distichyon    (L.) 

R.  et  S. 
Aegilops  ovata  L. 
st/S'fMj9«2)aryz/b/mDesf.  (Arabien). 
^tStupa  tortiJis  Desf.  (S.  Persien, 

Belutschistan) 
st Piptatherum  coerulescens  P.  B. 

(Affghan.) 
stEria/ifhus     Ravennae     P.    B. 

(Pers.  occid.,  austr.) 
s,tKotolaena   vellea  Desv.  (Pers., 

Affghan.) 
Passerina  liirsuta  L. 
st  Polygonuni    equisetiforme 

Sibth.  (Mesop.,  Pers,,  Affghan.) 
stSuaeda  fruficosa  Forsk.  (Arab., 

Ind.) 
stHaloxylon  articulatuni  (Cav.) 

Bunge  (Arab.,   Nordafrika  bis 

Marokko ,    Süd-    und    Südost- 
Spanien) 


stPeganum  harniaJa  L.  (Arab., 

Pers.,  Turkest.) 
^iAizoon  ]iispa)ücuni  L.  (Palmyra, 

Arabien,  Pers.) 
st  Mesembryanthemu  m    nodi- 

ßorum  L.  (Arab.,  Mesopot.) 
stPIanfago  albicans   L.   (Arab., 

Pers.) 
Plantago  lag  opus  L. 
st  Statice  Thouini  Viv.  (Arabien, 

Pers.  austr.) 
Frankenia  j^i^li^erulenta  L. 
Reseda  alba  L. 
Ruta  chalepensis  L.  v.  angusti- 

folia  Pers. 
stCarrichfera  vellae  DC.  (Syrien, 

Mesop.,  Pers.) 
st  Vicia  amphicarpa  Boiss.  (Meso- 
pot.) 
Psoralea  bituminosa  L. 
Trifolium  stellatum  L. 
stBoerhaavia  plumbaginea  Cav. 

(Sinai,  Arab.,  Belutsch.,  Ind.) 
stMarrubium  alyssonlj.{kvdh\&n) 
Teucrium  poHum  L. 
Orobancke  Muteli  F.  Schultz. 
Lithospermuni  apuluni  Vahl. 
Echiuni  italicuni  L. 


118  M.  Rikli. 

VaUlantia  hispida  L,  Atractijlis  cancellata  L. 

Picridium  tingitanum  Desf.  stArfetnisia    herba    alba    Asso 

Calendula  arvensis  L.  (Damascus,  Pers.,  Affgh.) 

Urospeniuim  picroides  Desf.  ^^ZolUkoferia    resedifolia    Coss. 

Fallen is  spinosa  Cass.  (Arabien,  Mesopotamien,  Per- 

Phagnalon  rupestre  DC.  sien). 

4.  Westmediterrane  Arten:  Diese  Gruppe  umfasst  Arten, 
deren  Verbreitungszentrum  im  westlichen  Mittelmeerbecken  liegt  und 
die  entweder  bereits  schon  in  Ligurien,  Korsika -Sardinien,  Sizilien 
oder  dann  jedenfalls  in  Dalmatien  ihre  Ostgrenze  finden.  Von  diesem 
Verbreitungstypus  haben  wir  in  der  Litoralsteppe  noch  17  Arten 
(9,2  7o)  angetroffen;  es  sind: 

a)  Ostgrenze  in  Italien-Sizilien: 

Chamaerops  Juuuilis  L.  Lusit.  Hisp.  mer.,  Neapel,  Sicil.) 

Asparagus  albus  L.  Lavatera  niaritinia  L. 

Calycotome  spinosa  (L.)  Link  Thymus  vulgaris  L. 

Doryc?iiu7n  suffruticosum   Vill.  Gynoglossuni  cheirifoliutn  L. 

Fumana  laevipes  Spach  Phagnalon  saxatile  DC. 

Brassica  fruficulosa    Cyr.    (nur  Fhagnalon  sordidum  DC. 

Tamarix  gallica  L. 

b)  Ostgrenze  wird  erst  in  Dalmatien  erreicht: 
Coronilla  juncea  L.  Gladiolus  illyricus  Koch  (erreicht 
Biscutella  auriculata  L.  noch  Serbien) 
Helichrysum  stoechas  DC.  Astragalus  sesameus  L. 

Diese  Liste  enthält  somit  keine  einzige  eigentliche  Steppenpflanze, 
dagegen  vermögen  Helichrysum  stoechas  DC.  und  Thymus  vulgaris 
auch  in  der  Steppe  öfters  geradezu  tonangebend  zu  werden,  auch 
Gladiolus  illyricus  Koch  und  Cynoglossum  cheirifolium  L.  sind 
in  derselben  stellenweise  häufig. 

5.  Südmediterrane  Arten.  Pflanzen,  welche  nur  dem  süd- 
licheren Teil  des  Mittelmeerbeckens  angehören:  Südportugal,  Süd- 
und  Südostspanien,  Sardinien,  Sizilien,  südlichstes  Italien,  Griechen- 
land, Creta  und  Nordafrika.  Obwohl  diese  Gruppe  nur  11  Arten 
(6,170)  umfasst,  kommt  ihr  doch  eine  grosse  Bedeutung  zu,  indem 
ihr  eine  Reihe  sehr  wichtiger,  häufiger  und  allgemein  verbreiteter 
Steppenpflanzen  der  spanischen  Litoralsteppe  angehören.  Diese  Arten 
haben  off'enbar  in  Nordafrika  und  Südspanien  ihr  Massenzentrum,  in 
dem  übrigen  südlichen  Teil  des  Mittelmeers  sind  sie  meist  nur  spär- 
lich vertreten.  Hierher: 
stLygeu?n  spartuDi  L. 

Asp)aragus  horridus  L. 

Gynandriris  sisyrinchium  (L.)  Pari. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  119 

Ephedra  fragüis  Desf.  (vorwiegend  südwestmediterran,  östlich  bis 
Sizilien) 

^tHelianthemum  lavandulaefolium  DC.  (selten  in  Südfrankreich 
und  Ligurien) 

stBrasst'ca  TouDieforfii  Gou. 

stjlorica/idia  cfrrensis  DC.  (auch  noch  selten  in  Südfrankreich,  vor- 
wiegend südwestlich  mediterran  bis  Sizilien,   in  Griechen- 
land selten) 
Ononis  ornithopodioides  L. 

stSfafice  echioides  L. 

stCoridothymus  capitatus  Rchb.  f. 

stFagonia  crefica  (hauptsächlich  No^'dafrika,  Süd-  und  Südostspanien, 
selten  auf  Sizilien  [bei  Ficuzza],  ebenso  selten  auf  Melita 
und  Greta. 

Diese  Art  vermittelt  somit  den  Übergang  zum  siebenten  Ver- 
breitungselement. 

6.  Iberisch-orientalische  Arten.  Diese  Gruppe  umfasst  die- 
jenigen Pflanzen,  deren  Heimat  in  den  Steppen-  und  Wüstengebieten 
Yorderasiens  zu  suchen  ist,  die  aber  auch  noch  auf  der  iberischen 
Halbinsel  vorkommen,  in  den  Zwischengebieten  jedoch  meistens  ganz 
fehlen.  Von  diesem  Verbreitungstypus  haben  wir  nur  eine  Art  ge- 
sammelt, Astragalus  sinaicus  Boiss.  =  ^4..  pseudostella  Del.,  neu 
für  Spanien,  denn  der  einzige  spanische  Standort  ist  unsere  Fundstelle 
in  der  Haifasteppe,  nördlich  von  Orihuela.  Bisher  war  diese  Art  von 
der  Sinaihalbinsel,  von  Ägypten,  den  Inseln  Chios,  Syra,  Tinos  und 
als  Seltenheit  von  Südgriechenland  (Argolis,  Attica)  bekannt,  sowie 
von  einigen  vermittelnden  nordafrikanischen  Fundstellen  (Biskra,  Ain- 
Sefra,  Südtunesien). 

Die  Zahl  der  Arten  der  iberisch-orientalischen  Gruppe  ist  übrigens 
nicht  besonders  gross.  Willkomm  (Lit.  36  pg.  103)  erwähnt  immer- 
hin 40  orientalische  Pflanzen,  doch  deckt  sich  dieser  Begriff  nicht 
ganz  mit  unserem  Verbreitungselement,  indem  in  dessen  Artenliste 
eine  Reihe  von  Pflanzen  aufgeführt  werden,  die  auch  in  Nord- 
Afrika  oder  sogar  in  Süditalien  oder  Sizilien  vorkommen  und  somit 
unserem  mediterran -orientalischen,  beziehungsweise  südmediterranen 
Verbreitungselement  zuzuzählen  sind.  Wenn  wir  als  orientalische 
Arten  diejenigen  Pflanzen  verstehen,  die  von  ihrer  östlichen  Heimat 
(Persien,  Arabien,  Syrien,  Kaukasusländer)  nördlich  und  westlich  bis 
nach  Südrussland,  Ungarn,  Griechenland  und  Greta  ausstrahlen,  so 
gehören  folgende  22  Arten  der  Flora  der  iberischen  Halbinsel  der 
iberisch-orientalischen  Gruppe  an: 


120 


M.  Rikli. 


Verbreitung  in 
Spanien-Portugal 


Verbreitung  im  Orient 


Pholiurus     pannonicus 
Trin. 


Kalidium  foliatum  Moq. 

Eurotia   ceratoides  C.  A. 
Mey 

Eurotia  ferruginea  Boiss. 
Pharnaceum  cerviana  L. 


Visciim  cruciatum  Sieb. 
Lepidium  perfoliatum  L. 


Erucaria  allepica  Gaertn. 


Äethionema  ovalifolium 
Boiss.,  nur  s.  spec.  v.  Aeth. 
saxatile  (L.)  R.  Br. 

Ranunculus  demissus  UC. 


Cerastium  perfoliatum  L. 

HeHantheviwm    villosum 
Thib. 

Ononis  Idrta  Desf. 


o 


4 


% 


Spanien  (Castrillo). 


■f^,     Südspanien. 


Südspanien,    Arago- 


Südspanien. 
Zentralspanien. 


Südspanien. 

Zentralspanien 
(Castilien ,     Leon, 
Asturien). 


O'  Süd- u.  Südostspanien 


Südsüdostspanien. 


2|.     S.-Spanien(Granada). 


Süd-,    Ost-,   Zentral- 
spanien. 

Süd-     und     Zentral- 
spanien. 

Südspanien      (Nord- 
afrika ?). 


Transkaukasien ,  Südi-uss- 
land ,  unteres  Donauge- 
biet, Thracien,  üalmatien. 

Mongolei ,  Sungarei ,  Tur- 
kestan,  Südrussland. 

Vorderindien,  Belutschistan, 
Persien,  Arabien,  Arme- 
nien, Kaukasusländer,  S.- 
u.  S.O. -Russland. 

Turkestan.  Persien. 

Nubien,  Abessini  en.Arabien, 
Indusgebiet ,  S.  -  Sibirien, 
Kaukasusländer,  S. -Russ- 
land, Thessalien  (selten), 
Griechenland. 

Palästina. 

Belutschistan,  Affghanistan, 
Turkestan,  Persien,  Klein- 
asien, Chios,  Kaukasus- 
länder ,  Süd  -  Russland, 
Transsilvanien ,  Dalma- 
tien,  Croatien,  Ungarn, 
Österreich. 

Mesopotamien,  Arabien, 
Ägypten,  Palästina,  Sy- 
rien, Kleinasien,  Archipel, 
Greta,  Argolis,  Attika. 

Kleinasien  (Anatohen),  Gre- 
ta, Peloponnes  (selten). 

Südpersien,  Kleinasien,  Li- 
banon, Griechenland  (Pe- 
loponnes, Chelmos,  Kyl- 
lene). 

Kleinasien.  S.-Russland. 


Russisch-Armenien. 


Palästina , 
asien. 


Syrien ,    Klein- 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Miltelmeerküste. 


121: 


Verbreitung  in 
Spanien  -  Portugal 


Verbreitung  im  Orient 


Adenocarpus  viUosus 
Boiss. 

noch  verwandt  mit 

A.  intermedius  DG. 


Geum    umbrosum    Boiss. 

Malvella   Sherardiana 
Jaub. 


Salvia  piunata  L. 


Scutellaria   orientalis  L. 


Lycopsis  orientalis  L. 


Veronica  digitata  Vall. 
(sehr  nahestehend  d.  V. 
chamaepitys  Griseb. 

Myosotis   refracta  Boiss. 


Pulicaria  arabica  Cass. 


tl 


o 


2; 


o 


o 


o 


0 


Zentralspanien. 

Ganz  Spanien,  Por- 
tugal, Sizilien,  Süd- 
italien. 

Süd-  u.  Ostspanien 
(Dauphine). 

Zentralspanien. 


Südspanien. 


Südspanien. 


Murcia  (Nordafrika '?). 


Zentralspanien  (Alt- 
und  Neu-Castilien), 
selten. 


Südspanien. 


Südost-    u.    Zentral- 
spanien. 


Kleinasien. 


Xordsyrien,  Libanon,  Euböa^ 
Athos. 


Persien ,  Libanon ,  Klein- 
asien, Südrussland. 

Palästina,  Syrien,  Klein- 
asien, Armenien,  Trans- 
kaukasien,  Krim,  Thra- 
cien,  Macedonien,  Grie- 
chenland. 

Palästina,  Nordsyrien,  Klein- 
asien. 

Nordpersien ,  Kurdistan, 
Armenien ,  Kleinasien, 
Transkaukasien ,  Krim, 
Thracien ,  Griechenland, 
Dalmatien,  Kroatien. 

Affghanistan,  Persien,  Kur- 
distan, Armenien,  Klein- 
asien, Krim,  Südrussland. 

Kleinasien,  Thracien. 


Turkestan ,  Mesopotamien^ 
Syrien,  Palätsina,  Klein- 
asien ,  Cypern ,  Greta, 
Attica. 

Persien ,     Mesopotamien, 
Ägypten,  Syrien,  Cypern, 
Kleinasien,  Rhodos,  Greta. 


7.  Iberisch-mauritanische  Arten.  Das  Yerbreitungszentrum 
dieser  Gruppe  umfasst  das  südliche  Portugal,  Süd-  und  Südostspanien, 
sowie  die  gesamten  Atlasländer  vom  atlantischen  Ozean  (Marokko) 
bis  Tunesien.  Mehrere  Arten  erreichen  auch  die  Balearen :  sporadisch 
treten  einige  Pflanzen  dieser  Gruppe  noch  an  vereinzelten  Stellen 
Südfrankreichs  oder  selbst  in  Ligurien  auf.  Diese  Gruppe  ist  sehr 
wichtig,    denn    25  Arten   unserer  Steppenausbeute  (16,6*^/0)  besitzen. 


122 


M.  Rikli. 


diese  Verbreitung;  sie  unifasst  zudem  mehrere  der  wichtigsten  Step- 
penpflanzen, wie  z.  B.  das  Haifagras. 


st  Mao '0 ch  loa    teyiacissima    (L .) 

Kth. 
s,iAvena  filifolia  Lag. 

Uropetalum   scroti uuni    Ker., 
nördlich  bis  in  die  Pyrenäen 
und  Südfrankreich. 
^t Matthiola  parviflora  R.  Br, 
^tEruca  vesicaria  (L.)  Cav. 
s>tHer7Üaria  polijgonoides  Cav. 
stHeh'aufhemum  jjilosiun   Pers. 
Pohjgala  rupestris  Pourr. 
Viola  arhorescens  L. 
Bhanuuis  hjcioides  L. 
st  Haplophyllinn    hisjianicum 
Spach 


Genista  umbellata  Poir. 

Ay^istolochia  baetica  L. 

Euphorbia  sulcafa  (DC.)  Lens. 
stBefa  Bourgaei  Coss. 
^tBallota  hirsuta  Bth. 
stSideritis  leucaiitha  Cav. 

Teiicrium  pseudochamaeintijs 
L. 

Lavandula  multifida  L. 
st  Withania  frutescens  Pauq. 
stLgciimi  intricatum  Boiss. 
(^i)Andryala  ragusina  L. 
(^i)Ken  trophyllmn     arborescens 
Hook. 


Anacyclus  valentimis  L. 
(^t)Senecio  linifolius  L. 
8.  Makroiberische  Arten.  Unter  dieser  Bezeichnung  fassen 
wir  alle  diejenigen  Arten  zusammen,  deren  Hauptverbreitungszentrum 
-auf  der  iberischen  Halbinsel  liegt,  die  aber  über  die  Grenzen  Spaniens 
längs  der  mediterranen,  gelegentlich  auch  längs  der  atlantischen  Küste 
Frankreichs  ausstrahlen,  ohne  jedoch  weder  Ligurien  noch  England 
oder  Belgien  zu  erreichen;  einige  finden  sich  vereinzelt  auch  in  Nord- 
afrika. 

In  der  Litoralsteppe  haben  wir  nur  5  Arten  (2,8  7»)  von  diesem 
Verbreitungstypus  vorgefunden,  nämlich: 

Mercurialis  tomentosa  L.  Lithosperjnum   fruticosum    L., 

Anfkijllis  cytisoidesL.{siUchnoch  in  der  Steppe  durch  die  eigen- 


auf  den   Balearen,    vereinzelt 
auf  Korsika). 
Convolvulus  lanuginosus  Desr. 

9.   Entoiberische   Arten. 


tümlich  knorrige  V.  intricatum 
Briq.  vertreten. 
Phlomis  lychnitis  L. 

Pflanzen,    deren  Verbreitungsareal 


innerhalb  der  iberischen  Halbinsel  gelegen  ist,  sich  aber  hier  jeweilen 
über  mehrere   klimatische  Provinzen  erstreckt.     Die  Gruppe  umfasst 
folgende  7  Arten  (3,8  7o). 
Euphorbia  Lagascae  Sp.  Hisp.  mer.,  cent.  als  grosse  Seltenheit  auch 

noch  in  Sardinien. 
Reseda  Gayana  Boiss.,  Hisp.  centr.,  Orient.,  merid. 
Thymus  zygis  L.     Lusit.  Hisp.  merid.,  centr.,  Orient. 
Ldnaria  crassifolia  Kze.    Arag.  Cat.  Hisp.  Orient,  et  merid.,  centr. 


Botanische  Reisestudien  von  der   spanischen  Mittelmeerküste.  123 

Centaurea  ornata  Willk.     Arag.,  Zentral-,  Ost-,  Südspanien. 

ZoUikoferia  pumila  DC.     Arag.,  Navar.,  Ost-,  Südspanien. 

Arfeniisia  BarreUeri  Boiss.     Catal.  Ost-,  Südspanien. 

10.  Mikroiberische  Arten.     Pflanzen  von   ganz   beschränkter 

Verbreitung  innerhalb  Spaniens,  oft  nur  von  einem  oder  von  wenigen, 

innerhalb    der   gleichen  Klimaprovinz  liegenden   Standorten  bekannt. 

Es    sind    meistens    eigentliche    Charakterpflanzen    der    Litoralsteppe, 

z.  T.  finden  sie  sich  ausser  in  der  Litoralsteppe  auch  noch  in  Granada. 

Oft  schönste  Beispiele  von  Lokalendemismen.     Diese   Gruppe  ist  in 

unserer  Liste  mit  14  Arten  (7,6^0)  vertreten. 

PenduUna  Lagascana  (DC.)  Wk.,  Valencia  (Villajoyosa,  Alicante, 
Orihuela),  Murcia,  Granada. 

Penduli  na  intricata  Wk.,  Südvalencia,  Murcia,  Almeria. 

Es  sind  dies  zwei  nahverwandte  Arten  der  Willkommschen  Gat- 
tung Pendulina,   welche   von    vielen   Autoren   als  besonderer   Tribus 

dem    Genus    Diplotaxis    untergeordnet   werden.     Die    nächststehende 

D.  Harva  (Forsk.)  Boiss.  ist  eine  Wüstenpflanze  der  Sahara,  die  von 

Nordafrika  bis  nach  Persien  verbreitet  ist. 

Erucasttum  baeticum  (Boiss.)  Lge.  Murcia  (Fuensanta,  südlich  von 
Lorca)  und  einige  Standorte  in  Granada. 

Guirao  arvensis  Coss. ,  einzig  auf  mergelig -gipshaltigem  Boden  um 
Murcia,  ist  ein  monotypisches  Genus  von  so  eigenartigem 
Bau,  dass  dessen  systematische  Stellung  in  der  Familie 
der  Cruciferen  noch  nicht  abgeklärt  ist.  Wie  PrantP)  be- 
tont, dürfte  Guirao  wegen  des  zweifächerigen  vorderen 
Gliedes  der  Frucht  vielleicht  zu  den  Vellinae  zu  stellen 
sein;  zurzeit  wird  die  Pflanze  gewöhnlich  den  Brassicinae 
untergeordnet.  Die  nächststehenden  Genera  sind  Reboudia 
mit  zwei  Arten  in  Nordafrika  bis  Arabien  verbreitet,  das 
monotypische  nordafrikanische  Genus  Enarthrocarpus  mit 
6  dem  östlichen  Mittelmeerbecken  und  Nordafrika  ange- 
hörigen  Arten. 

Reseda  leucantha  Hegelm.  Unter  den  entoiberischen  Arten  haben 
wir  die  Reseda  Gayana  Boiss.  aufgeführt,  die  Reseda 
leucantha  Hegelm.  ist  mit  diesem  südspanischen  Endemis- 
mus  nahverwandt,  besitzt  jedoch  noch  ein  viel  kleineres 
Verbreitungsareal,  denn  sie  ist  nur  von  Süd  Valencia  (Elche, 
Orihuela)  und  Murcia  bekannt. 

Astragalus  hispanicus  Coss.,  einzig  von  zwei  entfernten  Standorten 


1)  Prantl,  K.  —  Cruciferae  in:  Engler.  A.  und  Prantl,  K.,  Die  natürlichen 
Pflanzenfamilien.    III.  2  (1891),  pg.  ISO. 


124  M.  Rikli. 

bekannt:  Valencia  (Alcoy,  Villajoyosa)  und  Granada  (Sierra 
de   Jarama),    steht    dem    Astrag alus    vesicarius    L.    am 
nächsten,    doch  ist   sie   immerhin   von    dieser   vorwiegend 
osteuropäischen  Art  spezifisch  verschieden. 
Genista  murcica  Coss.,    ein  ephedroider  Ginster,  wird  nur  von  der 

Sierra  bei  Orihuela  angegeben. 
Statice    caesia    Gird.,    nur    im    südlichen    Valencia    (Alicante    und 

Orihuela)  und  an  wenigen  Stellen  in  Murcia. 
Teucrium  Freijnii  Rev.     Südvalencia,  Murcia. 
TeucHum    huxifoliutn    Schreb.      Valencia,    Murcia    und    Granada 

(Almeria,  Monte  Muela). 
Sideritis  glaiica  Cav.,  höchst  eigentümliche  Rutenpflanze,  wie  Genista 
murcica  auf  die  nächste  Umgebung  von  Orihuela  (Sierra  de 
Callosa  und  S.  Miguel)  lokalisiert. 
Thymus  longiflorus  Boiss. ,    wiederum   eine   sehr  scharf  charakteri- 
sierte Art.    Das  stark  verzweigte  Kleinsträuchlein  ist  sehr 
kurz  weisslich  behaart,  hat  lineale,  am  Rande  umgerollte, 
schneeweisse    Blätter.      Im     gedrungen  -  ährigen     Blüten- 
köpfchen sind  die  Brakteen  sehr  gross  und  von  auffallend 
blauvioletter   Färbung,    so    erinnert    die   Pflanze    sehr   an 
Lavandiila    stoechas.      Diese   Art    hat    zwei   lokalisierte 
Verbreitangszentren,    das   eine   liegt   in   Südvalencia,    das 
andere  im  östlichen  Teile  von  Granada, 
Lafuentea   rotundifolia  Lag.     Es  ist   dies  wieder   ein   Endemismus 
von  ganz   besonderem  Interesse,   handelt  es   sich   doch  hier  um  eine 
monotypische  Scrophulariacee,   welche   die  Tracht   einer  Labiate  hat. 
Nicht    nur    die    zweilippige    Blütenkrone,    sondern    auch    die   gegen- 
ständigen, rundlich-gekerbten  Blätter  erinnern  an  Lippenblütler.    Die 
nächst  verwandten  Gattungen  dieses  niederliegenden  Halbsträuchleins 
sind:     Oreosolen   Hook;    ein    monotypisches    Genus    des    Himalaya; 
Cainpylanthus  Roth,  mit  5  Arten,  von  denen  je  eine  auf  den  Canaren, 
den  Capverden,  in  Westafrika,  auf  Sokotra  und  in  Arabien-Belutschistau 
auftritt   und   endlich    das  Genus  Oursia   mit   19  Arten,   die  alle  der 
südlichen   Hemisphäre    der   alten   und   neuen  Welt   angehören.      Die 
Lafuenta   kann   somit   geradezu   als    ein   klassisches  Beispiel  für  ab- 
soluten (alten)  Endemismus  \)  gelten. 

Galium  murcicu/n  Boiss.,  nur  auf  einigen  Sierren  um  Murcia  und  Jaen. 

Diese  14  Pflanzen  sind  somit  vollwertige,  nicht  sogenannte  „kleine 

Arten".    Unsere  Reise  hat  uns  jedoch  nur  mit  einem  kleinen  Teil  der 

')  Engler,  A.,  Die  Pflanzenformationen  und  die  pflanzengeogra- 
phische Gliederung  der  Alpenkette.  Notizblatt  des  Königl.  bot.  Gartens  und 
Museums  zu  Berlin.     Appendix  VII  (1901)  pg.  83  ff. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittehneerkäste. 


125 


Litoralsteppe  bekannt  gemacht.  Nach  Willkomm ^)  scheinen  35  Step- 
penpflanzen überhaupt  nur  in  der  Litoralsteppe  aufzutreten,  sind 
also  für  dieses  Gebiet  bezeichnende  Endemismen.  Damit  ist  aber  der 
grosse  Reichtum  noch  nicht  erschöpft,  denn  nicht  weniger  als 
68  Arten  sind  in  Spanien  und  ganz  Europa  überhaupt  nur  aus  der 
Litoralsteppe  bekannt,  d.  h.  neben  den  35  absoluten  Endemismen  be- 
sitzt dieselbe  noch  weitere  33  Arten,  die  ausser  in  Spanien  nur  noch 
in  Nordafrika  oder  im  Orient  wiederkehren,  mithin  als  relative  Ende- 
mismen-) gelten  dürfen. 

Wir  sind  am  Schlüsse  unserer  pflanzengeographischen  Analyse 
der  Litoralsteppe.  Was  ist  das  Ergebnis  derselben?  Die  folgende 
Tabelle  bringt  eine  übersichtliche  Zusammenstellung  über  die  Be- 
teiligung der  einzelnen  Verbreitungselemente  unserer  Ausbeute  in  der 
Litoralsteppe. 


Ve  )•  b  r  e  i  t  u  n  gs  e  1  e  m  e  n  t  e 

1 
o/o 

I. 

Perimediterrane  Arten 

22,3 

II. 

Mediterran-mitteleuropäische  Arten 

2,8 

I  =  34,3  7o 

IV. 

Westmediterrane  Arten 

9,2 

VI. 

III. 

Iberisch-orientahsclie  Arten 
Mediterran-orientahsche  Arten 

0,6 
31,2 

Orientalische  Gruppe 

•    II  =  31,87o 

V. 

Südmediterrane  Arten 

6,1 

Iberische  Gruppe 

VII. 

Iberisch-mauritanische  Arten 

13,6 

VIII. 

Makroiberische  Arten 

2,8 

■  III  =  33,9  7o 

IX. 

Enloiberische  Arten 

3,8 

X. 

Mikroiberische  Arten 

7,6 

Diese  zehn  Verbreitungselemente  lassen  sich  nun  in  drei  Kate- 
gorien zusammenfassen.  Gruppe  I  umfasst  .die  perimediterranen,  die 
mediterran-mitteleuropäischen  und  die  westmediterranen  Arten  in  der 
allerdings  stattlichen  Zahl  von  63  Arten  (34,3  7o).  Doch  lassen  wir 
uns  durch  diese  Zahl  nicht  täuschen,  es  findet  sich  darunter  keine 
einzige  typische  Steppenpflanze.    Atriplex  halimus  L.,  die  einzig  in 


')  Lit.  No.  36  pg.  213. 

*)  Diese  relativen  Endemismen  sind  zum  kleineren  Teil  mediterran-orientalische 
Arten,  die  Hauptmenge  stellt  das  südmediterrane,  das  iberisch-mauritanische  und 
das  makroiberische  Verbreitunsselement. 


126  M.  Rikli. 

Frage  kommen  könnte,  ist  wohl  eher  als  eine  gelegentlich  zur  Steppen- 
pflanze werdende  Strandpflanze  aufzufassen.  Die  Mehrzahl  der  Arten 
dieser  Gruppe  treten  in  der  Steppe  nur  vereinzelt  auf,  es  sind  fast 
alles  Eindringlinge  aus  den  Macchien,  Garigues,  Felsenheiden  oder 
von  den  Strandformationen.  Durch  diese  Momente  wird  die  tatsäch- 
liche Bedeutung  dieser  Gruppe  sehr  herabgesetzt. 

Ungleich  wichtiger  ist  die  Gruppe  II,  die  wir  als  die  orientalische 
Gruppe  bezeichnen  möchten,  denn  ihr  Hauptzentrum  liegt  entschieden 
in  den  grossen  Steppen-  und  Wüstengebieten  Vorderasiens.  Sie  um- 
fasst  59  Arten  (31,8  7«),  die  typischen  Steppenpflanzen  sind  mit  einem 
reichlichen  Drittel  beteiligt.  Noch  bedeutungsvoller  ist  aber  die 
III.  Gruppe,  ihr  Entwicklungszentrum  liegt  in  Südspanien  und  in  den 
gegenüberliegenden  Landschaften  Nordafrikas.  Die  Gruppe  enthält 
vorwiegend  nur  Steppenpflanzen,  darunter  die  häufigsten  Charakter- 
und  Leitpflanzen  der  Litoralsteppe:  das  Haifagras,  Lijgeum  spartum 
L.,  Fagoniü  cretica  L.,  Artemisia  herba  alba  Asso.,  HeUanthemiim 
jjilosum  Pers.,  H.  lavandulaefolium'DC.,  Ltjcium  intricatum  Boiss., 
Thijmus  zygis  L.  etc.     Hierher  gehören  61  Arten  (33,9  7o). 

Es  ergibt  sich  somit:  die  Flora  der  spanischen  Litoralsteppe  umfasst 
beinahe  ausschliesslich  Halophyten,  beziehungsweise  Xerophyten;  der 
Grundstock  besteht  aus  typischen  autochtonen  Steppenpflanzen,  deren 
Bildungsherd  entweder  die  Litoralsteppe  selbst  war  oder  deren  Ent- 
wicklungszentrum doch  im  südlichen  Iberien  und  im  benachbarten 
Mauritanien  zu  suchen  ist.  Dieser  Grundstock  liefert  die  wichtigsten 
Leit-  und  Charakterpflanzen  der  Litoralsteppe.  Das  zweite  Haupt- 
kontingent wird  vom  Orient  gestellt,  es  sind  wiederum  zum  grösseren 
Teil  Steppenpflanzen,  die  von  ihrem  meist  östlichen  Verbreitungs- 
zentrum, besonders  längs  den  Atlasländern  Nordafrikas  nach  Westen 
ausstrahlen  und  in  Europa  z.  T.  nur  in  den  Steppengebieten  Spaniens 
auftreten.  Andere  Arten  zeigen  wieder  eine  grössere  Expansionskraft 
und  erreichen  selbst  noch  Mittel-,  ja  ausnahmsweise  sogar  Nordeuropa. 
Die  eigentlichen  Steppengewächse  dieser  Gruppe  sind  zum  grössten 
Teil  sukkulente  Halophyten.  Zu  den  Steppenpflanzen  gesellen  sich 
nun  noch  zahlreiche  Pflanzen  der  Macchie,  der  Garigue,  der  Felsen- 
heide und  des  Strandes.  Obwohl  an  Artenzahl  ziemlich  bedeutend,  so 
tritt  doch  dieser  Bestandteil  in  der  Litoralsteppe  an  Individuenzahl 
meist  stark  zurück,  auch  nach  ihrer  oft  kümmerlichen  Ausbildung 
erweisen  sich  dieselben  als  fremde  Eindringlinge,  die  in  der  Litoral- 
steppe nur  ausnahmsweise  völlig  Boden  zu  fassen  vermögen.  —  Die 
Litoralsteppe  ist  somit  nicht  nur  physiognomisch  und  biologisch,  son- 
dern in  noch  ausgesprochenerem  Grad  ein  pflanzengeographisch  scharf 


Botanische  Reisestiidien  von  der  spanisclien  Mittelmeerküste.  127" 

charakterisiertes  Gebiet;  das  stattliche  Kontingent  absoluter  Endemis- 
men  von  z.  T.  recht  isolierter,  systematischer  Stellung,')  aber  auch 
die  kaum  geringere  Zahl  an  relativen  Endemismen  weisen  darauf 
hin,  dass  die  Flora  der  Litoralsteppe  bereits  eine  lange  Geschichte 
hinter  sich  haben  muss  und  daher  nicht  eine  relativ  junge  Bildung 
sein  kann. 

II.   Das  Kulturland. 
A.  Die  Kulturlandschaften. 

In  dem  auf  das  Jahr  1907  erschienenen  Neujahrsblatt  der  natur- 
forschenden Gesellschaft  in  Zürich  habe  ich  unter  dem  Titel  „  Kultur - 
und  Naturbilder  von  der  spanischen  Riviera"  die  Kulturland- 
schaften Cataloniens,  Valencias  und  der  Gebiete  zwischen  Alicante 
und  Murcia  geschildert;  wir  sehen  daher  hier  von  einer  nochmaligen 
eingehenden  Besprechung  ab  und  begnügen  uns  mit  einer  kurzen 
Zusammenfassung  der  betreffenden  Verhältnisse. 

Es  sind  an  der  Ostküste  Spaniens  drei  verschiedene  Typen  von 
Kulturlandschaften  zu  unterscheiden  : 

1.  Das  Waldkulturland.     Beispiel:    Nordcatalonien. 

Eine  Bewässerung  des  der  Bebauung  unterworfenen  Landes  ist 
meistens  nicht  notwendig,  denn  die  mittlere  jährliche  Niederschlags- 
menge beträgt  in  diesen  Gebieten  noch  60  bis  90  cm.  Bewässerungs- 
anlagen fehlen  daher  oder  sie  sind  doch  nur  von  lokaler  Bedeutung. 
Das  hügelige  Bergland  ist  noch  ziemlich  reichlich  mit  Wald  bedeckt. 
Diese  Waldungen  sind  teils  Naturwälder,  welche  aus  sommer-  und 
immergrünen  Laubhölzern  oder  auch  aus  Koniferen  bestehen  und  fast 
immer  ein  macchienartiges  Unterholz  besitzen;  teils  sind  es  regelrecht 
bewirtschaftete,  periodisch  abgeholzte  und  dann  wieder  aufgeforstete 
„Kunstwälder".  Von  grösstem  Wert  für  das  Land  sind  zwei  forst- 
liche Kulturpflanzen:  die  Korkeiche  (Quercus  suher  L.)  als  wich- 
tigster Vertreter  der  Natur wälder  und  die  Weisspappel  {Popidus 
alba  L.),  die  längs  den  Flüssen  und  auf  Schwemmlandsböden  im  grössten 
Masstab  angepflanzt  wird.  Weitere  verbreitete,  auf  den  Hügeln  und 
Bergen  Bestände  bildende  Baumarten  sind:  die  Steineiche  (^</erc?/s 
Hex  L.),  die  Flaumeiche  {Quercus  Umuginosa  Lam.),  die  Aleppo- 
kiefer  [Pinus  halepensis  Mill.)  und  die  Pinie  {Pimis  pinea  L.) 

Die  Niederungen ,  die  Flusstäler  und  die  Küstenzone  stehen 
grösstenteils  im  Dienste  der  Landwirtschaft.     Es  werden  verhältnis- 

')  Diese  dürfen  daher  z.T.  als  Relikten-Endemismen  gelten. 


128  M.  Rikli. 

massig  nur  wenige  Kulturpflanzen  angebaut,  diese  aber  im  Gross- 
betrieb gehalten.  Das  Rebland  gehört  zu  den  hervorragendsten, 
die  Physiognomie  der  Landschaft  am  meisten  bestimmenden  Kultur- 
formationen. Neben  der  Weinrebe  bedecken  unabsehbare  Getreide- 
fluren die  weiten  Fruchtbecken  (Figueras,  Gerona  etc.).  In  grösserer 
Entfernung  von  den  Ortschaften  überwiegt  immer  mehr  die  Ölbaum- 
kultur, die  Olivenhaine  bilden  die  wichtigste  Erwerbsquelle  ganzer 
Bezirke  und  da  aus  einiger  Entfernung  diese  Kulturen  einen  durch- 
aus waldartigen  Eindruck  erwecken,  so  erscheint  Catalonien  dem 
Reisenden,  ob  er  nun  von  Südfrankreich  oder  gar  von  Valencia,  Ara- 
gonien  oder  Castilien  kommt,  als  ein  waldreiches  Land. 

Gegenüber  Weinrebe,  Getreide  und  Ölbaum  treten  alle  anderen 
Kulturen  stark  zurück,  sie  sind  zudem  auf  die  nächste  Umgebung 
der  Niederlassungen  beschränkt.  Fast  jede  Ortschaft  ist  umgeben 
von  einem  kleinen  Obstgarten,  in  dem  Mandelbaum,  Feige  und 
Pfirsich  nie  fehlen.  Begünstigt  ist  ganz  besonders  die  Küstenzone, 
an  der,  südlich  von  Mataro,  der  Anbau  von  Orangenbäumen  im 
Grossbetrieb  beginnt,  zugleich  treten  die  ersten  Dattelpalmen  auf 
und  auch  der  Johannisbrotbaum  findet  sich  im  Küstenstrich  Cata- 
loniens.  Doch  besitzen  diese  drei  Gewächse  hier  noch  keine  grössere 
wirtschaftliche  Bedeutung.  Von  Futterpflanzen  haben  wir  wiederholt 
Blutklee  {Trifolium  incarnatum  L.)  und  Lupinen  {Lupimis 
albus  L.)  angetroffen. 

2.  Die  Huerta  oder  Gartenlandschaft  ist  der  Typus  der 
intensivsten  Bodenbebauung,  sie  ist  bezeichnend  für  das  südliche  Ost- 
spanien und  für  Südspanien.  Beispiele  sind :  die  Huertas  von  Valencia 
und  Murcia,  die  Vega  von  Granada.  Die  äusserst  fruchtbaren  Kultur- 
landschaften mit  ihrer  grossen  Üppigkeit  und  ihrer  dichten  Bevöl- 
kerung stehen  im  grössten  Gegensatz  zu  den  sie  umgebenden,  voll- 
ständig kahlen,  unproduktiven  und  z.  T.  fast  menschenleeren  Sierren 
und  Steppenländern.  Schwemmlandböden  von  feinster,  sandig-merge- 
liger Beschaffenheit  und  systematische  Bewässerung  sind  die  beiden 
durchaus  notwendigen  Vorbedingungen  der  Anlage  einer  Huerta,  denn 
die  mittlere  jährliche  Niederschlagsmenge  ist  durchaus  ungenügend, 
schwankt  sie  doch  zwischen  30  und  55  cm.  Die  hohe  mittlere  Jahres- 
temperatur von  17  bis  IS**  C,  ganz  besonders  aber  die  milden  Winter 
(mittlere  Wintertemperatur  10  bis  12°  C)  und,  was  für  die  Pflanzen- 
welt noch  entscheidender  ist,  die  seltenen  und  verhältnismässig  nicht 
sehr  tiefen  Minima  (—  3  bis  —  5,5"  C)  gestatten  die  Anpflanzung  vieler 
südlicher  Kulturgewächse. 

In  der  Huerta  überwiegen  immer  Obst-  und  Gemüsebau.  Die 
gleichzeitige  Bestellung  des  Bodens  mit  mehreren  Kulturpflanzen  und 


rteljahrsschrift  der  Naturf,  Ges.  Zürich.    Jahrg,  52,     1907. 


Taf.  XH. 


Xach  Mut!.  Postlctrte 


Fi(j.  19.    Wasserrad  an  der  Secjiira  bei  Murcia. 

(pag.  133). 


Fhot.:  P.  Bohn<j. 

Fi(j.  20.    Erdwohmuiyeu  auf  der  uördlieheu  Abdaclumy  der  JSierra  Nevada. 

Plateaurand  des  Barranco  de  Gor  (pag,  11), 


OF 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittehiieerküste.  129 

der  beständige  Wechsel  der  Feldfrüchte  bedingen  ein  Durch-  und 
Nebeneinander  der  verschiedensten  Kulturen.  In  Europa  gibt  es  wohl 
keine  intensiver  betriebene  Polykultur  als  die  Huerta. 

Die  beiden  grössten  Huertas  Ostspaniens  zeigen  immerhin  ein 
ziemlich  abweichendes  Bild. 

a)  Die  Huerta  von  Valencia  erstreckt  sich  ohne  Unter- 
brechung längs  der  Küste  von  der  Gegend  von  Castellon  de  la  Plana 
bis  nach  Denia,  d,  h.  über  eine  Entfernung  von  reichlich  150  km,  bei 
einer  wechselnden  Breite  von  2  bis  25  km;  sie  umfasst  ca.  140  000  ha 
bewässertes  Kulturland  (Campo  regadio).  Grosse  Flächen  sind  mit 
unabsehbaren  Orangenkulturen ,  welche  viele  Quadratkilometer  be- 
decken, bestanden;  so  besonders  um  Castellon  de  la  Plana,  um  Nules 
und  Valencia.  Aus  den  wie  ein  üppig  grüner  Wald  erscheinenden 
Orangenpflanzungen  erheben  sich  hin  und  wieder  eine  schlanke  Dattel- 
palme, die  schirmförmige  Krone  einiger  Pinien  oder  die  dunklen, 
düsteren  Gestalten  der  Säulencypressen.  Die  Obstbauzucht  erstreckt 
sich  ferner  auf  den  Anbau  des  Pfirsichbaums,  des  F  eigen - 
und  Granatapfelbaums;  aber  auch  Apfel-  und  Birnbaum  sieht 
man  öfters  in  grösserem  Masstab  angepflanzt,  dann  ganz  besonders 
der  Maulbeerbaum,  denn  Valencia  ist  der  Sitz  eines  blühenden 
Kohseidenhandels. 

Im  Gemüsebau  überwiegt  die  Kultur  der  Saubohne,  weniger 
häufig  scheinen  die  Artischoken  angepflanzt  zu  werden,  wichtiger 
sind  dagegen  die  Tomaten,  besonders  im  Süden  der  Huerta,  in  der 
Umgebung  von  Gandia  und  Oliva.  Häufig,  aber  doch  selten  grössere 
Flächen  in  Anspruch  nehmend,  werden  Kichererbsen  {Cicer  arieti- 
HU)nL.),  Gemüseplatterbsen  {Lafhijrus  sativits  L.),  spanischer 
Pfeffer  {Capsicum  aniuum  L,  v.  dulce),  ferner  Lauch  und  Busch- 
bohnen {Phaseolus  vulgaris  L.)  gehalten.  Eine  Spezialität  betreibt 
das  Städtchen  Benaguacil,  nordwestlich  von  Valencia,  es  ist  der  Anbau 
einer  ungewöhnlich  grossen  Rasse  von  Zwiebeln  (Cebolas  =  AUiunir 
cejjft  L.  V.  Diaxima  Griseb.  =  C.  hispanica  Park).  Erwähnenswert 
sind  endlich  noch  die  Eierpflanze  {Solanum  Melouyena  L.), 
Melonen  {Cucumis  melo  L.)  und  Wassermelonen  {Citrullus  vul- 
garis Schrad.). 

Der  Getreidebau  tritt  zurück;  es  werden  hauptsächlich  Gerste 
und  Hafer,  letzterer  als  Nahrung  für  Pferd  und  Maultier,  und  auch 
etwas  Mais  gehalten.  Im  Süden  von  Valencia,  an  der  Albufera,  an  den 
Ufern  des  Rio  Jucar  und  an  dessen  Nebenfluss  Albaida  ist  der  Haupt- 
sitz des  spanischen  Reisbaues,  derselbe  erstreckt  sich  südlich  bis 
über  Jativa,  auch  um  Tabernes,  Gandia,  Oliva  haben  wir  noch  einzelne 
Reisfelder  beobachtet,    ebenso    nördlich  von  Valencia  um  Puig  Pazol 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  .52.     1907.  9 


130  M.  Rikli. 

und  bei  Sagunt,  jedoch  hier  immer  nur  in  kleinen  Parzellen.  In  der 
Provinz  Valencia  sind  im  ganzen  ca.  24000  ha  dem  Reisbau  unterworfen^ 
es  entspricht  dies  ungefähr  86  7o  der  gesamten  spanischen  Reiskultur. 

Der  Viehzucht  dient  der  Anbau  von  Luzerne  und  Esparsette 
und  unter  den  Gespinstpflanzen  treffen  wir  den  Hanfund  die  Agave, 
letztere  wird  in  grossen  Mengen  zu  Agavefasern  verarbeitet. 

Endlich  soll  noch  einiger  Kulturpflanzen  gedacht  werden,  die  nur 
lokal  von  Bedeutung  sind;  Gewächse,  die  z.  T.  in  Europa  überhaupt 
nur  in  dieser  Huerta  angepflanzt  werden.  Es  sind:  die  Erdnuss 
{Arachis  hypogaea  L.),  eine  subtropische  Kulturpflanze;  sie  wird  be- 
sonders im  Süden  von  Valencia,  um  Benifayo,  Algemesi  und  bei  Barcheta 
(südlich  von  Jativa)  kultiviert.  Dann  die  Erdmandel  [Cijperus  escu- 
le/itus  L.),  deren  essbare  Knollen  im  trockenen  Zustand  sehr  an 
Morcheln  erinnern;  dieselben  werden  schon  seit  der  Maurenzeit,  be- 
sonders um  Alboraya  und  Almacera,  4  bis  6  km  nördlich  von  der 
Hauptstadt  angebaut,  und  endlich  sei  auch  noch  die  um  Gandia  in 
grossem  Masstab  betriebene  Erdbeerzucht  erwähnt.  Die  Erdbeere 
wird  hier  felderweise  angepflanzt. 

b)  Die  Huerta  von  Murcia.  Obwohl  ebenfalls  von  sprichwört- 
licher Fruchtbarkeit,  besitzt  dieselbe  jedoch  lange  nicht  eine  so  grosse 
Mannigfaltigkeit  an  Feldfrüchten,  wie  diejenige  Valencias.  Die  Huerta 
von  Murcia  ist  auch  bedeutend  kleiner,  indem  sie  sich  mit  der  im 
Osten  sich  unmittelbar  anschliessenden  Huerta  von  Orihuela  nur  über 
etwa  35  km  Länge  bei  einer  mittleren  Breite  von  5  bis  7  km  erstreckt. 
Die  bewässerte  Huerta  von  Murcia  und  Orihuela  umfasst  nur  ca.  33  000  ha, 
ist  also  kaum  ein  Viertel  so  gross  wie  diejenige  von  Valencia. 

Der  Getreidebau  beansprucht  unter  den  Feldfrücbten  der  Huerta 
von  Murcia -Orihuela  die  führende  Rolle.  Die  Hauptfrucht  ist  der 
Weizen  und  zwar  hauptsächlich  der  englische  Weizen  {Triticum 
turgidum  L.).  Die  gewaltigen  Weizenfelder  werden  jährlich  wenigstens 
zweimal  unter  Wasser  gesetzt,  zuerst  vor  der  Aussaat  des  Kornes 
und  dann  wieder  zur  Blütezeit.  Neben  Weizen  spielt  auch  der  Mais 
eine  nicht  unbedeutende  Rolle.  Als  zweitwichtigste  Nutzpflanze 
stocken  auf  dem  Getreideland  zahlreiche  Maulbeerbäume,  denn  die 
Seidenraupenzucht  gehört  zu  den  wichtigsten  Erwerbsquellen  der 
Murcianer.  Im  ersten  Frühjahrsschmuck,  zur  Zeit  wo  die  jungen, 
grünen  Saatfelder  unter  den  frisch  belaubten  Maulbeerpflanzungen 
prangen,  gleicht  die  Landschaft  einem  grossen  Parke  oder  einem  ge- 
waltigen Obstgarten.  Von  Gemüsen  sieht  man  in  grossen  Mengen  Sau- 
bohnen, die  sog.  Garbazanos  oder  Kichererbsen  angepflanzt,  Salat 
und  Kartoffeln  fehlen  auch  nicht,  unbedeutend  ist  dagegen  der  Anbau 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Miltelmeerküste.  131 

■von  Artischoken.  Die  Kultur  von  Südfrüchten:  Orangen,  Citronen, 
Mandarinen  tritt  stark  zurück,  denn  der  gefürchtete  „Solano"  wird 
ganz  besonders  diesen  Kulturen  verderblich.  Wie  um  Valencia  findet 
sich  um  Murcia  die  Dattelpalme  nur  ganz  vereinzelt,  seltener  auch 
gruppenweise.  Es  fehlt  die  Erdnuss-  und  Erdmandelkultur;  der 
Reisbau  ist  sehr  unbedeutend  (nur  ca.  470  ha),  dagegen  werden 
Bataten  {Ipomoea  batatas  Poir.)  gezogen  und  die  grosse  Trocken- 
heit ermöglichte  einst,  auf  Opuntia  Ficus  indica,  sogar  die  Zucht 
und  Akklimatisation  der  Cochenilleschildlaus;  doch  scheint  diese  Er- 
werbsquelle nun  wieder  aufgegeben  zu  sein;  trotz  Nachfrage  konnten 
wir  auf  unseren  beiden  Reisen  keine  Cochenillezucht  ausfindig  machen. 
Von  Gespinstpflanzen  sind  Flachs  und  Hanf  erwähnenswert. 

Für  jede  Huerta  ist  bezeichnend,  dass  sich  an  die  Regadio,  d.  h. 
an  das  bewässerte  Kulturland  die  Secano  oder  das  unbewässerte 
Kulturland  anschliesst.  Olea  eiiropaea  L.  und  Ceratonia  siliqua 
L.  sind  für  diese  Zone  charakteristisch;  so  wird  jede  Huerta  an  ihrer 
Peripherie  von  einem  mehr  oder  weniger  mächtigen  Gürtel  von  Öl- 
baum- und  Johannisbrothainen  umgeben.  Übrigens  gibt  es  eine  Reihe 
von  Kulturpflanzen,  die  je  nach  Lage  bald  der  Secano,  bald  der  Re- 
gadio zuzuzählen  sind.  Im  südlichen  Teil  von  Katalonien  und  im 
nördlichen  Teil  von  Valencia  wird  gewöhnlich  weder  das  Getreide, 
noch  die  Hülsenfrüchtler,  noch  der  Weinstock  bewässert,  im  trockeneren 
Süden  Valencias  und  in  den  Provinzen  Alicante  und  Murcia  gehören 
dagegen  auch  diese  Kulturpflanzen  meistens  zum  Regadio. 

3.  Die  Palmenoase.  Die  bedeutendste  Palmenoase,  diejenige 
von  Elche  (Tafel  HI  Fig.  5,  Tafel  VI  Fig.  10)  habe  ich  im  Neujahrs- 
blatt (25)  pg.  33  bis  37  geschildert;  grössere  Palmenoasen  besitzen 
auch  noch  Cartagena,  Callosa,  Orihuela  etc.  Wie  die  Huerta. 
so  werden  auch  die  Dattelpalmenoasen  regelmässig  bewässert.  Gegen- 
über der  Gartenlandschaft  unterscheiden  sie  sich  wesentlich  durch 
ihren  bedeutend  kleineren  Umfang,  durch  den  fast  unvermittelten 
Übergang  zu  den  sie  umgebenden  Steppengebieten  und  durch  die  \äel 
geringere  Zahl  der  in  ihr  angepflanzten  Kulturgewächse.  Neben  dem 
Granatapfelbaum  {Punica  g)-anatum  L.),  der  stellenweise  im 
Palmenwald  Unterholz  bildet,  kommt  nur  noch  der  Getreidebau  in 
Betracht,  es  wird  in  Elche  hauptsächlich  die  vierzeilige  Gerste 
(Trificum  vulgare  L.  v.  fefrasfijchon)  angepflanzt.  Alle  anderen 
Kulturgewächse  sind  dagegen  von  recht  untergeordneter  Bedeutung 
und  dienen  in  der  Hauptsache  nur  den  Bedürfnissen  der  Bevölkerung. 
Neben  den  bekannten  Gemüsepflanzungen  (Saubohnen,  Arti- 
schoken) sahen  wir  in  Elche  eine  kleinere  Parzelle  mit  Süssholz 
{Glycyrhiza  glabra   L.)  besetzt.     Obwohl  in   den  Palmenoasen   der 


132'  M.  Rikli. 

Litoralsteppe  die  Datteln  vollständig  ausreifen,  so  liefern  doch  nicht 
die  Früchte,  sondern  die  Palmwedel  die  Hauptnutzung  der  Dattel- 
palmen (Textfigur  11). 


B.  Die  Bewässerungsanlagen. 

Der  wertvollste  Teil  jeder  Huerta  ist  das  Regadio.  Wer  aus  der 
Steppe  in  eine  Palmenoase  kommt,  wird  von  deren  Üppigkeit  und 
Fruchtbarkeit  überrascht  sein,  —  Huerta  und  Palmen oase  verdanken 
einzig  der  Bewässerung  ihren  hohen  wirtschaftlichen  Wert.  Werfen 
wir  daher  noch  einen  Blick  auf  die  verschiedenen  Systeme  von  Be- 
wässerungsanlagen.    Wir  unterscheiden : 

1.  Stauwerke.  Es  sind  dies  die  Bewässerungsanlagen  erster 
Ordnung,  denen  in  erster  Linie  die  intensive  Kultur  von  Südvalencia,^ 
Alicante  und  Murcia  zu  verdanken  ist.  Die  ältesten  dieser  gewaltigen 
Unternehmungen  sind  wohl  bis  auf  die  Zeit  Roms  zurückzuführen, 
doch  gebührt  den  Arabern  das  grosse  Verdienst,  diese  hohe  Kultur- 
arbeit durch  zielbewussten  Ausbau,  durch  treffliche  Sachkenntnis  unter 
Benützung  der  gegebenen  Nivellierungsverhältnisse  mächtig  gefördert 
und  dadurch  den  Wohlstand  dieser  Teile  Spaniens  sehr  gehoben  zu 
haben.  Bei  all'  diesen  Bewässerungsanlagen  wird  im  Gebirge,  durch 
eine  gewaltige  Mauer,  ein  Flusstal  abgesperrt  und  so  ein  Stausee, 
ein  sogen.  Pantanos  oder  Sammelteich,  geschaffen.  Mit  mächtigen 
Quadern  ausgemauerte  oder  in  Cement  und  Beton  ausgeführte  Kanäle 
führen  das  Segen  spendende  Wasser,  oft  viele  Kilometer  weit,  zur 
Huerta  (Tafel  X  Fig.  16).  Seltener  wird  das  Wasser  in  undurch- 
lässigem Lehmboden  einfach  durch  mit  der  Hacke  ausgeworfene 
Gräben  geleitet.  In  allen  Fällen  verzweigen  sich  die  Kanäle  mehr 
und  mehr,  um  schliesslich  in  gesetzlich  geregelter  Weise  jeder  ein- 
zelnen Parzelle  zugeführt  zu  werden.  Südlich  vom  Ebrotal  ist  an 
der  Mediterranküste  Spaniens  jeder  grössere  Fluss  in  dieser  Weise 
der  Kulturarbeit  des  Menschen  dienstbar  gemacht  worden.  Nicht  nur 
die  erste  Anlage  dieser  Stauwerke,  auch  deren  Unterhalt  verschlingt 
jährlich  grosse  Summen.  Es  sind  gewissermassen  Nationalwerke,  die 
bald  auf  Kosten  grosser  Städte  oder  ganzer  Bezirke  und  Provinzen 
ausgeführt  wurden,  auch  mehrere  spanische  Könige,  ja  selbst  Klöster 
und  hohe  geistliche  Würdenträger  haben  sich  um  den  Ausbau  dieser 
Lebensadern  der  Ostküste  Spaniens  verdient  gemacht.  Die  „Pias 
fundaciones",  d.  h.  die  sog.  frommen  Stiftungen  zwischen  Elche  und 
Orihuela  sind  das  Werk  des  Kardinal  Belluga.  Der  Sammelteich  der 
Castalla  kann  eine  Wassermenge  von  3,7  Millionen  Raummeter  Wasser 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  133 

rsammeln,  welche  die  Huerta  von  Alicante  berieselt.  Dieses  Werk 
wurde  in  den  Jahren  1579 — 1594  von  Juan  de  Herrera,  dem  Erbauer 
des  Escorial  ausgeführt.  Die  grossartigen  Bewässerungsanlagen  im 
südlichen  Teil  der  Huerta  von  Valencia  stammen  zum  grössten  Teil 
aus  sehr  alter  Zeit.  Eine  der  jüngeren  Anlagen  ist  die  „Acequia  del 
Rey".  Ein  Denkstein  trägt  folgende  Inschrift :  „Debo  mi  principio  al 
Rey  D.  Jaime  (Jakob  I.  von  Aragonien,  1213 — 1276)  al  justo  D.  Martin 
•(Martin  L,  1395 — 1414),  mi  privilegio  y  la  gloria  de  verme  concluida 
al  monarca  mayor  Carlos  tercero"  (Karl  III.  1759  —  1788).  So  ar- 
beiteten öfters  Jahrhunderte  am  Ausbau  dieser  Kanalsysteme.  Zu  den 
grossartigsten  Sammelteichen  gehören  die  beiden  Puentes  von  Lorca. 
Sie  wurden  unter  Karl  III.  1785  begonnen  und  bereits  1791  beendigt. 
Die  Kosten  beliefen  sich  auf  2  Millionen  Pesetas,  für  jene  Zeit  eine 
bedeutende  Summe;  die  beiden  Behälter  konnten  zusammen  54  Mill. 
Raummeter  Wasser  fassen.  Der  Mauerdamm  des  Pantano  von  Lorca 
hatte  eine  Länge  von  282  m  und  eine  Höhe  von  50  m.  An  der  Basis 
war  die  Mauer  46  m  und  am  oberen  Ende  noch  10,89  m  dick.  Dass 
solche  gewaltige  Stauwerke  bei  ungenügender  Kontrolle  und  Unter- 
haltung auch  eine  grosse  Gefahr  werden  können,  liegt  auf  der  Hand. 
Die  Pantano  von  Lorca  bewährte  sich  nur  11  Jahre.  Am  30.  April  1802 
-durchbrach  sie,  die  gewaltige  Wassermasse  brachte  über  Lorca  und 
deren  Huerta  schreckliche  Verheerungen.  608  Personen  verloren  das 
Leben  und  der  Schaden  und  Verlust  an  Eigentum  wurde  auf  über 
5  Millionen  Pesetas  geschätzt. 

2.  Schöpfwerke.  Es  sind  lokale  Bewässerungsanlagen,  die  das 
Wasser  bald  Flüssen  und  Kanälen,  bald  dem  Grundwasser  oder  den 
zur  Regenzeit  in  Brunnschachten  angesammelten  Wasservorräten  ent- 
nehmen. 

Wir  unterscheiden  zwei  Typen: 

rt)  Das  Wasserrad  (Tafel  XII  Fig.  19)  kann  nur  an  Flüssen 
und  Kanälen  verwendet  werden,  denn  das  fliessende  Wasser  liefert 
die  motorische  Kraft,  welche  das  Rad  in  Bewegung  setzt  und  so  die 
gefüllten  Behälter  in  die  Höhe  hebt.  Beim  weiteren  Umdrehen  des 
Rades  wird  das  gehobene  Wasser  in  eine  Rinne  gegossen,  um  dann 
dem  Kulturland  zugeleitet  zu  werden.  Solche  Wasserräder  sind  nicht 
häufig,  wir  sahen  sie  an  der  Segura  bei  Murcia. 

b)  DieNoria,  es  sind  Schöpfbrunnen  arabischen  Ursprungs,  wie 
sie  in  den  südlichen  Teilen  des  Landes  überall  angetroffen  werden. 
Das  Wasser  wird  aus  der  Tiefe  eines  Brunnschachtes  in  die  Höhe 
gehoben,  indem  ein  Esel  oder  Maultier  an  den  Balken  des  Hebewerkes 
gebunden  beständig  im  Kreise  herumgeht  (Tafel  X  Fig.  15).    Mit  diesem 


134  M.  Hikli. 

Wasser  kann  ein  kleines  Stück  Land,  das  um  so  grösser  sein  wird, 
je  reichlicher  der  Wasservorrat  und  je  öfters  die  Noria  in  Betrieb 
gesetzt  werden  kann,  bewässert  werden.  Öfters  sieht  man  mitten  in 
der  Steppe  ein  einsames  Häuschen,  ein  sog.  Caserio  oder  Einzelhof, 
umgeben  von  einigen  schlanken  Dattelpalmen.  In  deren  nächster 
Umgebung  sind  einige  Getreideäckerchen  und  etwas  Gemüseland; 
vielleicht  findet  sich  auch  noch  ein  kleines  Obstgärtchen ,  in  dem 
Feige,  Granatapfel  und  Mandel  ganz  ordentlich  gedeihen.  Jede 
dieser  kleinsten  Kulturinselchen  verdankt  ihre  Existenz  einer  Noria 
(Tafel  VIII  Fig.  13).  Aber  auch  innerhalb  der  Huertas  bemerkt  man 
zuweilen  noch  viele  Schöpfbrunnen,  ihr  Wasser  ist  eine  wertvolle 
Bereicherung  der  aus  dem  nächsten  Kanal  bezogenen  Wassermenge. 
Zuweilen  wird  das  Wasser  der  Noria  zuerst  in  ein  Sammelbecken 
geleitet,  um  erst  von  hier  aus  den  Kulturen  zugeführt  zu  werden, 
doch  sind  solche  Anlagen  nicht  häufig.  Unsere  Tafel  IX  zeigt  eine 
Noria  mit  Sammelbecken  der  Huerta  von  Soller  auf  Mallorca. 

3.  Sickerwerke.  Westlich  von  Lorca,  gegen  Empalme  und 
Baza  ist  das  Land  ausserordentlich  trocken  und  dürr  und  die  Be- 
völkerungsdichte so  dünn,  dass  sich  grössere,  kostspielige  Bewässe- 
rungsanlagen nicht  wohl  ausführen  lassen.  Von  Kulturpflanzen  wird 
beinahe  nur  noch  Getreide  angetroffen.  In  diesem  Gebiet  sind  nun 
die  Felder  von  niederen,  halb-  bis  fusshohen  Dämmen  aus  mergelig- 
lehmiger, undurchlässiger  Erde  umzogen.  Auf  diese  Weise  wird  da- 
für gesorgt,  dass  die  während  der  Regenzeit  gefallenen  Niederschläge 
nicht  sofort  abfliessen,  sondern  allmählich  in  den  Boden  sickern  und 
denselben  gehörig  durchfeuchten.  Das  einer  bestimmten  Flächen- 
einheit zukommende  Wasser  wird  dadurch  dieser  erhalten.  Ohne  diese 
Umfassungsdämmchen  wäre  dies  nicht  möglich,  denn  der  Boden  ist 
nach  der  langen  Trockenperiode  steinhart,  so  dass  das  Wasser 
zuerst  einige  Zeit  liegen  muss,  bis  es  einsickern  kann.  Die  so  dem 
Boden  zugeführte  Feuchtigkeit  genügt  gerade,  um  dem  während  der 
Regenzeit  ausgesäten  Korn  seinen  normalen  Entwicklungsgang  zu 
ermöglichen.  Schon  Ende  April  oder  Anfang  Mai  ist  dasselbe 
schnittreif.  Das  ausgereifte  Getreide  steht  natürlich  sehr  dünn  und 
ist  selten  mehr  als  zwei  bis  drei  Fuss  hoch.  Das  Ausbleiben  der 
Regenzeit  oder  auch  nur  ungenügende  Niederschläge  bedeuten  eine 
völlige  Missernte  und  Hungersnot^,  wie  sie  leider  in  jenen  Landes- 
gegenden hin  und  wieder  vorkommen.  Nach  der  Ernte  bleiben  die 
Felder,  während  der  nun  eigentlich  erst  beginnenden  eigentlichen 
Trockenzeit,  brach  liegen;  über  den  weiten  Stoppelfeldern  erhitzt 
sich  die  Luft  und  nicht  gerade  selten  soll  dann  die  Erscheinung  der 
Fata  morgana  sein. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  135 

Neben  Stau-,  Schöpf-  und  Sickerwerken  gibt  es  endlich  in  Süd- 
ostspanien noch  andere  Kulturmöglichkeiten,  wo  der  Mensch  ohne 
seine  vorbereitende  Tätigkeit  günstige  Bedingungen  zur  Bebauung 
des  Bodens  vorfindet;  leider  sind  solche  Standortsverhältnisse  nicht 
häufig  und  immer  nur  von  lokaler  Bedeutung,  es  sind  einerseits  die 
Uberschwemmungszonen  von  Flusstälern  und  anderseits  die  kleineren 
muldenförmigen  Depressionen,  wie  sie  sich  zuweilen  sogar  auf  den 
verkarsteten  Hochflächen  finden. 

4.  Überschwemmungsgebiet  der  Flusstäler.  Viele  Flüsse 
der  spanischen  Mittelmeerküste  führen  wenig  Steine,  sondern  nur  einen 
feinen  Schlamm,  der  öfters  eine  chokoladebraune  Färbung  besitzt  und 
sich  zur  Hochwasserzeit  auf  das  umgebende  Land  absetzt,  dasselbe 
zugleich  düngt  und  durchfeuchtet.  Auf  unserer  Reise  nach  Baza  hatten 
wir  Huercal  Overa  bereits  hinter  uns.  Aus  der  Grassteppe  waren 
wir  in  die  Salzsteppe  gekommen,  —  die  Umgebung  von  Zurgena 
trug  sogar  mehr  Wüsten-  als  Steppencharakter,  —  ein  Stück  Afrika 
auf  europäischem  Boden.  Da  nähert  sich  die  Bahnlinie  bei  Alman- 
zora  dem  Plateaurand.  In  der  Tiefe  verläuft  ein  Fluss,  seine  Ufer 
begleiten  Pappelwäldchen,  Oleander-  und  Tamarixgebüsche.  Das  ebene, 
schmale  Land  längs  der  Uberschwemmungszone  prangt  im  Schmuck 
grüner  Saatfelder  und  die  trockeneren  Gehänge  sind  mit  Oliven- 
hainen bedeckt.  Doch  wie  ein  Phantom  zieht  dieses  Bild  rasch  an  uns 
vorüber,  und  bald  umgeben  uns  wieder  ausgedehnte  Wüstensteppen. 

5.  Muldenförmige  Depressionen.  Im  Gebiet  der  Litoral- 
steppe  zwischen  Huercal  Overa  und  Guadix  werden  die  kleinen  mulden- 
förmigen Vertiefungen  überall  angebaut.  Diese  Depressionen  sind 
nach  drei  Richtungen  bevorzugt.  Es  wirken  hier  zusammen:  die 
grössere  Feuchtigkeit  dieser  Depressionen,  der  Windschutz  und  die 
Ansammlung  feiner  äolisch  abgelagerter  Steppenerde.  Oft  weit  ent- 
fernt von  jeder  menschlichen  Ansiedelung  findet  sich  in  einer  solchen 
kesseiförmigen  Vertiefung  zuweilen  nur  ein  einziges  Getreideäckerchen 
oder  es  beherbergt  die  Mulde  einige  Öl-,  Feigen-  oder  Granatapfel- 
bäume. Es  ist  geradezu  bewunderungswürdig,  mit  welcher  Ausdauer 
die  Bevölkerung  jede  Kulturmöglichkeit  förmlich  wittert  und  gleich 
von  dem  auch  nur  einigermassen  geeigneten  Boden  Besitz  ergreift. 
Selbst  kleine,  nur  wenige  Quadratmeter  umfassende  Trichter  der  ver- 
karsteten Hochfläche  werden  nicht  verschmäht. 


III.  Die  Urbarmachung  des  Naturlandes. 

Unsere  Exkursionen  in  die  Steppengebiete  der  Provinzen  Valencia 
und  Murcia   brachten  uns  so   recht  zum  Bewusstsein,   wie  sehr  seit 


136  M.  Rikli. 

Rossmäslers  und  Willkomms  Zeiten,  d.  h.  seit  Mitte  des  19.  Jahr- 
hunderts das  Gebiet  der  Steppe  an  Areal  eingebüsst  hat.  Von  unseren 
Standquartieren  ausgehend,  mussten  wir  öfters  stundenweit  durch 
Kulturland  ziehen,  bis  es  uns  gelang,  noch  dürftige  Reste  der  Litoral- 
steppe  aufzufinden.  Die  Aufenthalte  in  Alicante,  Elche,  Orihuela, 
Cartagena,  Murcia  galten  alle  dem  Studium  der  Steppe  und  doch  sind 
wir  wiederholt  ausgezogen  and  wieder  zurückgekehrt,  ohne  typische 
Steppen  angetroffen  zu  haben.  „Auf  in  die  Steppe",  war  täglich 
unser  Losungswort,  bis  wir  uns  überzeugen  mussten,  dass  es  in  diesen 
Gebieten  eine  zusammenhängende,  grosse  Steppe  kaum  mehr  gibt,  und 
dass  nur  noch  von  mehr  oder  weniger  grossen  Steppeninseln  ge- 
sprochen werden  kann.  Erst  südwestlich  von  Lorca  beginnt  heute 
das  zusammenhängende  Steppenareal,  das  Gebiet,  wo  die  Steppe  über- 
wiegt und  das  Kulturland  nur  noch  streifen-  oder  inselartig  auf- 
zutreten vermag.  In  dem  Dreieck  Alicante-Cartagena-Murcia  halten 
sich  dagegen  gegenwärtig  Steppen  und  Kulturen  das  Gleichgewicht 
oder  es  überwiegen  die  letzteren.  Dieses  Land  steht  noch  mitten 
in  einem  kulturhistorischen  Prozess  von  grösster  Bedeutung:  der 
Urbarmachung  der  Steppengebiete,  ein  Prozess,  der  allerdings 
seit  Jahrhunderten  hin-  und  hertobt  und  in  dem  bald  der  Steppe 
Gebiete  entrissen  werden,  bald  von  ihr  wieder  Neueroberungen  zu 
verzeichnen  sind.  Von  Natur  ist  das  Land  Steppengebiet.  Nur  bei 
andauernder  intensivster  Einwirkung  des  Menschen  kann  das  Kultur- 
land sich  behaupten.  Jede  grössere  politische  Umwälzung,  welche  in 
ihren  Folgen  störend  auf  diese  Kulturarbeit  einwirken  musste,  jede 
zeitweise  Vernachlässigung  der  Stauwerke  und  Kanäle  wirkte  sofort 
auf  den  momentanen  Gleichgewichtszustand  zwischen  Kultur-  und 
Naturland  ein  und  brachte  der  zurückgedrängten  Steppe  erneuten 
Zuwachs.  Öfters  wurde  während  Jahrhunderten  der  Unterhalt  der 
Kanäle  unterlassen,  alle  Neuanlagen  unterblieben,  ja  noch  mehr, 
einzelne  Kanäle  brachen  durch,  so  entstanden  stellenweise  fieber- 
gebärende Sümpfe;  anderen  Länderstrichen  fehlte  wiederum  die  nötige 
Feuchtigkeit,  sie  nahmen  daher  neuerdings  mehr  und  mehr  Steppen-, 
ja  Wüstencharakter  an. 

Kann  man  sich  einen  grösseren  Gegensatz  denken  als  Wüsten- 
steppe und  Huerta?  In  dem  verhältnismässig  eng  begrenzten  Gebiet 
der  Küstenzone  von  Alicante  und  Murcia  wechseln  jedoch  diese  beiden 
grundverschiedenen  Landschaftstypen  wiederholt  und  dies  einzig  kraft 
des  Zwanges,  den  der  Mensch  hier  der  Natur  auferlegt  hat;  eines 
Zwanges,  der  so  einschneidend  ist,  dass  ein  Nachlassen  der  Macht- 
mittel dei"  Kultur  sich  sofort  geltend  machen  muss,  so  dass  dann  die 
Naturkräfte  wiederum   neue  Stosskraft  erhalten.     Das  Land  befindet 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste. 


137 


sich  so  gewissermassen  in  einem  labilen  Gleichgewichtszustand,  dies 
ermöglicht  auch  heute  noch  den  Entwicklungsprozess  der  Urbar- 
machung des  Landes  wenigstens  in  den  Hauptzügen  zu  erkennen, 
denn  in  einzelnen  Etappen  und  an  den  Aussenposten  ist  unter  diesen 
Umständen  der  Prozess  auch  heute  noch  in  vollem  Gang. 


Phot.  P.   BohtKj. 

Fic}.  11.    Madrid.     Verkauf  von  Palniwedel  von  Elche 

am   Palmsonntag  1906    (pag.   131,132). 


Es  lässt  sich  folgendes  Schema  aufstellen: 

A.   Ursprüngliches   Naturland:    Litoralsteppe    (Tafel   IV 
Fig.  7  und  Tafel  V,  VII)  vom  Typus   der  Wüstensteppen,   entweder 


138  M.  Rjkli. 

Salzsteppen  oder  Löss-,  Gruss-  und  Felssteppen,  mit  Haifa,  Lygeum, 
Salicornien,  Artemisien,  Thymian,  etc.  als  Leitpflanzen. 

Urbarmachung  und  Umwandlung  desselben  in: 

B.  Kulturland. 

Diese  Kulturarbeit  erfolgt  in  folgenden  Etappen: 

I.    Einzelkultur,    meist    ohne    Bewässerung    (campos    secanos. 
Tafel  ly  Eig.  8). 

^  Hg  ^  1.  Olivenhaine,  dieselben  werden  gelegentlich  vertreten 
m^  s  ci  j  durch  Johannisbrotkulturen  (Algarroba)  [als  Pferdefutter], 
-  -  ag  3  i       g^  besonders  im  südlichen  Catalonien  und  in  Valencia. 


Im  Süden  auch 
öfters  zeiüveise 
bewässert  und 
nur  dann  noch 
gute  Ernten 
sehend. 


2.  Getreidebau,  nur  Wintergetreide  und 
%  i.~  S.  /  ohne  Bewässerung,  im  Süden  nur  dürftig 
^  ^  I  I  ]  gedeihend  (Tafel  IV  Fig.  8). 
i^  ffi^/3.  Rebenkulturen.  Export  von  frischen 
o  n^  ?  Q. '  Trauben,  Rosinen  (Denia,  Almeria  etc.) 
^  ?  ^.  §  '       oder  Wein  (Alicante,  Malaga). 

IL  Polykultur.  Gartenlandschaft  oder  Huerta,  zunächst 
immer  nur  von  Oasencharakter,  —  dies  gilt  besonders  für  die  Dattel- 
palmenkultur. Das  Land  wird  stets  regelmässig  bewässert  (campos 
regadios). 

1.  Obstbau:  Feigen,  Pfirsiche,  Mandeln,  Aprikosen,  Maulbeeren, 
Granatapfel,  Äpfel,  Birnen,  Erdbeeren  (Gandia).  —  Erdnuss 
(Valencia). 

2.  Gemüsebau:  Saubohnen,  Kichern,  Tomaten,  Artischoken, 
Lauch,  Knoblauch,  Zwiebeln,  Gemüseplatterbse,  Buschbohnen, 
Pferdebohnen,  Eierpflanze,  Gurken,  Melonen,  Kürbisse.  Was- 
sermelonen; —  Bataten  (nur  in  Murcia),  —  Süssholz  (Elche)^ 
—  Erdmandel  (Valencia). 

3.  Futterbau:  Luzerne,  Esparsette,  Hafer,  Lupinen,  —  Maul- 
beer (Seidenraupenzucht). 

4.  Gespinstpflanzen:  Hanf,  Flachs,  Agave  behufs  Gewinnung 
der  Agavefasern.  (In  den  Steppengebieten  des  Espartograses 
[Haifa]  für  Papierfabrikation  und  Flechtereiarbeiten.) 

5.  Getreidebau:  Reisbau,  in  grösserem  Masstab  beinahe  nur 
in  Valencia  betrieben,  und  Weizenkultur  mit  Triticuni 
turgidiun  als  Hauptgetreide.  Zentrum  dieser  Kultur  in  der 
Huerta  von  Murcia;  Gerste  (Elche).  Untergeordnet  ist  der 
Anbau  von  Mais. 

6.  Orangenkultur  (einschliesslich  Citronen  und  andere  Süd- 
früchte) um  Castellon  de  la  Plana,  Nules,  Valencia  und  auch 
stellenweise  in  der  Huerta  von  Alicante  und  Murcia  be- 
sonders intensiv  betrieben. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste.  139 

Dattelkultur  (Tafel  III  und  VI),  nur  im  Süden  zwischen 
Alicante-Cartagena-Orihuela.  Das  Massenzentrum  dieser  Kul- 
tur liegt  in  Elche.  Als  Unterholz  wird  der  Granatapfel- 
baum angepflanzt  und  als  weitere  Frucht  fast  ausschliesslich 
Gerste  (Triticu/n   vulgare  v.   tetrastychon)  angebaut. 


Anhang. 
Zur  Organisation  akademischer  Studienreisen. 

Wiederholte  Anfragen  veranlassen  mich,  hier  noch  einiges  über  unsere  Er- 
fahrungen bei  der  Organisation  akademischer  Studienreisen  mitzuteilen.  Von  grösster 
Wichtigkeit  ist  die  Vorbereitung,  welche  allerdings  ein  grosses  Stück  Arbeit 
erfordert,  gilt  es  doch  zunächst  das  Reiseprogramm  zu  entwerfen  sowie  sich  über 
die  Verbindungsmöglichkeiten  und  Unterkunftsverhältnisse  zu  orientieren.  Zuver- 
lässige Angaben  zu  erhalten  ist  oft  recht  schwierig,  besonders  bei  den  nicht  selten 
rasch  wechselnden  Schiffs-  und  Postverbindungen.  Gleichzeitig  mit  dem  Entwurf 
des  Reiseprogramms  muss  auch,  und  zwar  möglichst  soigfähig,  der  Kosten  Vor- 
anschlag ausgearbeitet  werden.  Um  die  Mittel  der  Studierenden  nicht  zu  sehr  in 
Anspruch  zu  nehmen  und  um  so  einer  grösseren  Zahl  derselben  zu  ermöglichen, 
sich  an  diesen  Studienreisen  zu  beteiligen,  wird  man  bestrebt  sein,  das  Reisebudget 
innerhalb  bestimmter  Grenzen  zu  halten,  doch  darf  weder  Verpflegung  noch  die 
Annehmlichkeit  des  Reisens  darunter  leiden.  Der  Betrag  soll  jedenfalls  so  fest- 
gesetzt werden,  dass  eine  Überschreitung  desselben  nicht  wahrsclieinlich  ist.  Eine 
Hauptausgabe  erfordern  die  Transportkosten,  doch  gewähren  die  französischen  und 
spanischen  Bahngesellschaften  für  solche  Studienreisen  ganz  besondere  Vergünstigungen, 
sei  es  auf  direkte  schriftliche  Anfrage,  sei  es  durch  Vermittelung  von  Konsulen. 
So  erhielten  wir  gegenüber  den  gewöhnlichen  Fahrpreisen  auf  den  französischen 
•00%,  auf  den  spanischen  Bahnen  20  bis  50**/o  Rabatt  und  die  Compauia  Mallorquina 
de  Vapores  gewährte  uns  eine  Preisermässigung  von  25  "o.  Auch  mit  den  Hotels 
wird  man,  wo  immer  möglich,  mit  Vorteil  vorher  über  die  Preise  unterhandeln. 
Kommt  eine  Gesellschaft  von  20  bis  .30  Mann  abends  unangemeldet  an,  so  ist  es  oft 
schwierig,  genügend  Unterkunft  zu  finden  und  die  Hotelleitung  wird,  die  Zwangslage 
benützend,  hohe  Forderungen  machen.  Meldet  man  sich  jedoch  schon  einige  Wochen 
vorher  schriftlich  an,  so  Avird  man  mit  Leichtigkeit  Preise  zugesichert  erhalten,  die 
20  bis  30  "/o  unter  den  gewöhnlichen  Ansätzen  stehen.  Es  kann  aber  auch  vor- 
kommen, dass  man  seinen  Reiseplan  ändern  muss  und  genötigt  wird,  irgendwo  zu 
übernachten,  wo  man  nicht  angemeldet  ist.  In  diesem  Fall  ist  es  am  zweck- 
mässigsten,  mit  bezahlter  Antwort  telegraphisch  einen  mittleren  Preis  anzubieten. 
Das  Angebot  wird  fast  immer  angenommen. 

Die  billigsten  Reisen  hat  Prof.  Chodat  ausgeführt: 
Reise    nach    Korsika    (1899)  21  Tage  =  frcs.  150,  pro  Tag  frcs.    1,00. 

,       Mallorca  (1903)  .30     „      =     „     200,     „      „       ,.       6,65. 

„     Barcelona-Cartagena(1905)22     „      ::=^     .,     2.50,     „      „       „     11,40. 

Auf  unserer  vierwöchentlichen  Reise  (1906)  betrugen  die  allgemeinen  Reise- 
kosten per  Teilnehmer  frcs.  430  oder  frcs.  14,90  pro  Tag,  wobei  jedoch  bemerkt 
Averden  muss,  dass  wir  fast  immer  zweiter  Klasse  reisten  und,  was  noch  mehr  ins 
Gewicht  fällt,  viel  grössere  Entfernungen  zurückgelegt  haben.  In  diesem  Betrag 
sind  inbegriffen:  die  vorbereitenden  Auslagen,  alle  Reiseko.sten  (mit  Einschränkung 


140  M.  Rikli. 

in  Bezug  auf  das  Gepäck),  die  Hotelrechnungen.  Handgelder,  Führer;  wir  haben 
ferner  daraus  bestritten  den  Besuch  von  Theatern,  Stiergefechten  etc.  Dagegen  soll 
als  strenge  Regel  gehen,  dass  im  Hotel  alles  persönlich  Bestellte  sofort  bezahlt 
werden  muss;  denn  sonst  kann  die  Hotelleitung  auf  die  Rechnung  setzen,  was  sie 
will,  eine  Kontrolle  wäre  einfach  unmöglich  und  das  ganze  Reisebudget  würde  da- 
durch in  Frage  gestellt. 

Nur  wenig  ungünstiger  stellen  sich  die  Reisen  der  technischen  Hochschule  in 
München,  wobei  jedoch  hervorzuheben  ist,  dass  die  Gesellschaft  immer  in  der  dritten 
Klasse  reiste. 

1.  Reise  an  die  Riviera  (1904)  10  Tage  =  Mk.  120  =  frcs.  150  =  pro  Tag  frcs.  15.-. 

2.  Reise  nach  Algier  (1906)        14      „     =  ,,    180  =     „     225  =    „      „        „    16.10. 

Verhältnismässig  am  teuersten  stellen  sich  die  Reisen  der  Franzosen,  obwohl 
denselben  die  gleichen  Fahrvergünstigungen  zuteil  wurden ;  es  erklärt  sich  dies  aus 
dem  grossen  Freiheitsbedürfnis  derselben.  Jeder  Teilnehmer  sorgt  für  seinen  eigenen 
Unterhalt.  Der  Nachteil  ist  ein  doppelter,  es  ergeben  sich  daraus  nicht  nur  be- 
deutend grössere  Reisekosten,  sondern  naturgemäss  auch  ein  erheblicher  Verlust 
der  kostbaren  Zeit. 

Balearenreise  vom  Jahr  1905.  14  Tage;  ab  Paris  frs.  200,  wobei  sogar  ein  Auf- 
enthalt von  4  Tagen  in  Banyuls-sur-Mer,  der  keine  Reise-,  sondern  nur  Ver- 
pflegungskosten erforderte,  gemacht  wurde.  Kosten  pro  Tag  frs.  14,30,  also 
mehr  als  das  Doppelte  der  Reisekosten  von  Chodat  (1903). 

Nordafrikareise  vom  Jahre  1906.    17  Tage;  ab  Zürich  frs.  340,  pro  Tag  frs.  20. — . 

Von  grösster  Wichtigkeit  ist,  dass  der  Exkursionsleiter  mit  amtlichen  Em- 
pfehlungsschreiben versehen  ist  und  zwar  einerseits  zu  Händen  der  Zoll-, 
anderseits  an  die  höheren  Zivilbehörden.  Das  mitgeführte  Pflanzenpapier,  die 
Sammelgläser,  die  Konservierungsflüssigkeiten  (Alkohol,  Formol  etc.),  die  Pflanzen- 
pressen, die  verschiedenen  Instrumente  oder  gar  wenn  die  Gesellschaft  noch  Zelte 
und  Reiseproviant  mit  sich  führt,  das  alles  erregt  am  Zoll  natürlich  grosses  Auf- 
sehen und  veranlasst  das  den  Dienst  versehende  Personal,  seine  Aufgabe  ganz  be- 
sonders gründlich  vorzunehmen.  Schreiben  von  Konsulen  oder  von  der  Gesandt- 
schaft des  betreffenden  Landes  werden  entweder  eine  vollständige  Befreiung  von 
der  Zollrevision  bewirken  oder  doch  den  Zollvorstand  veranlassen,  nur  stichprobe- 
weise einige  Gepäckstücke  öffnen  zu  lassen  Die  Empfehlungsschreiben  an  die  Zoll- 
ämter geben  über  die  Teilnehmerzahl  und  über  den  wissenschaftlichen  Zweck  der 
Reisegesellschaft  Aufschluss.  Das  persönliche  Gepäck  muss  auf  das  allernot- 
Avendigste  beschränkt  werden,  der  einzelne  Teilnehmer  sollte  mit  einem  Rucksack 
oder  doch  mit  einem  kleinen  Handköfferchen,  das  im  Notfall  selbst  getragen  werden 
kann,  auskommen.  Eine  grössere  Belastung  beeinträchtigt  sehr  die  Bewegungsfähig- 
keit. Der  Exkursionsleiter  wird  daher  vor  der  Abreise  die  Erklärung  abgeben,  dass 
der  Gepäcktransport  von  der  Bahn,  beziehungsweise  vom  Schiff  ins  Hotel  nicht  aus 
der  allgemeinen  Reisekasse  gedeckt  wird,  sondern  zu  Lasten  jedes  einzelnen  fällt, 
und  dass  die  Reiseleitung  auch  die  Verantwortung  dafür  ablehnt,  dass  grössere  Ge- 
päckstücke immer  befördert  werden  können.  Durch  diese  Anordnung  wird  es  mög- 
lich sein,  das  Gepäck  auf  das. absolut  Notwendige  zu  beschränken. 

Der  amtliche  Ausweis  an  die  höheren  Zivilbehörden  (Gouverneure, 
Post-  und  Bahnhofvorstände,  Hafenämter  etc.)  wird  durch  Vermittlung  des  Departe- 
ments des  Äussern  in  Bern  auf  diplomatischem  Wege  erhalten ;  bei  kleineren  Reisen 
genügt  auch  wohl  das  Empfehlungsschreiben  eines  Konsuls.  Der  Wert  eines  solchen 
Handschreibens  ist  nicht  zu  unterschätzen.  Zunächst  ermöglicht  dasselbe  durch 
Vermittlung  der  Lokalbehörden  über  Verkehrs-  und  Unterkunftsverhältnisse  zuver- 
lässige Erkundigungen  einzuziehen  und  anderseits  ist  dasselbe  in  allen  möglichen 
Zwischenfällen  eine  wertvolle  Beruhigung,  es  ermöglicht  bei  unfreundlicher  oder 
-geradezu  schikanöser  Behandlung  durch  untergeordnete  Amtsstellen  mit  der  nötigen 
Energie   aufzutreten.     Man   denke   sich   z.  B.    den   Fall,    dass    ein  Teilnehmer  ohne 


Botanische  Reisestudieii  von  der  spanischen  Mittelmeeiküste.  141' 

"Wissen  an  verbotener  Stelle  eine  photographische  Aufnahme  macht  und  von  einer 
Wache  angehalten  wird.  Die  Verhaftung  kann  bei  den  schlechten  Schiff-  und  Bahn- 
verbindungen vielleicht  den  ganzen  Reiseplan  in  Frage  stellen.  Der  amthche  Aus- 
weis wird  in  einer  solchen  Lage  von  grossem  Nutzen  sein.  Auch  uns  hat  dieses 
Schreiben  wiederholt  wertvolle  Dienste  geleistet,  indem  wir  demselben  mannigfache 
Unterstützung  und  allerlei  Aufmerksamkeiten  von  Seiten  fremder  Behörden  zu  ver- 
danken hatten. 

Die  Reisekasse  selbst  wird  man  nur  zum  kleineren  Teil  in  Bargeld  mitführen; 
für  den  Hauptbetrag  sollte  man  sich  einen  Kreditbrief  und  zwar  nicht  in  unserer 
Währung,  sondern  in  der  üblichen  Landesmünze  (z.  B.  für  Spanien  in  Pesetas,  für 
Italien  in  Lire)  ausstellen  lassen.  Man  wird  so  viel  besser  den  vollen  Wert  der 
Kursdifferenz  ausnützen  können. 

Zur  Vorbereitung  gehören  ferner  auch  einige  Vorbesprechungen,  in  denen 
die  Teilnehmer  in  geographischer,  ethnographischer  und  naturhistorischer  Hinsicht 
über  die  zu  bereisenden  Gebiete  unterrichtet  werden.  Bei  dieser  Gelegenheit  wird 
sowohl  das  Kartenmaterial  wie  auch  die  wichtigste  Literatur  aufgelegt.  Wenn 
immer  möglich,  sollten  diese  vorbereitenden  Vorträge  durch  Projektionsbilder  er- 
gänzt werden.  In  diesen  Vorbesprechungen  wird  sich  auch  Gelegenheit  finden,  die 
gemeinsamen  geschäftlichen  Fragen :  Ausrüstung,  Kleidung,  Nachsendung  der  Post  etc. 
zu  besprechen. 

In  Anbetracht  der  in  den  Mittelmeerstaaten  oft  grossen  Unzuverlässigkeit  und 
Langsamkeit  der  Postverbindungen  sind,  um  Verluste  zu  vermeiden,  alle  Paket-  und 
Geldsendungen  am  besten  ganz  zu  unterlassen.  Die  Erfahrung  hat  uns  gelehrt,  dass 
bei  einer  grösseren  Gesellschaft  die  Erhebung  der  eingelaufenen  Briefe  auf  der  Post 
jeweilen  mit  einem  unverantwortlichen  Zeitverlust  verbunden  war.  Bei  der  geringen 
Schulung  der  meisten  niederen  Postbeamten  und  bei  den  öfters  unleserlichen  Schriften 
ist  man  zudem  nicht  einmal  sicher,  ob  alle  eingegangenen  Briefe  wirklich  abgegeben 
worden  sind.  Um  diesem  doppelten  Übelstande  abzuhelfen,  sind  alle  Briefe  an 
den  Exkursionsleiter  zu  adressieren;  auf  der  Rückseite  des  Briefumschlages  wird 
vom  Absender  der  eigentliche  Adressat  vermerkt. 

In  einem  besonderen  Reisekorb  führt  die  Exkursionsleitung  auch  noch  das 
allgemeine  Gepäck  mit.     Dasselbe  umfasst: 

a)  Die  Reiseapotheke:  «)  medizinische  Ausrüstung:  Opiumtink- 
tur, Wismut,  Phenacethin  in  Dosen  von  0,5  gr ;  Aspirin  ü,5gr-Dosen; 
Chinin  0,25  gr;  Calomel  0,2  +  0,5  sacch.  lact.  u.  Pilulae  laxantes,  Kalium 
chloricum;  Fuss- und  Insektenpulver,  Salmiakgeist.  ,5)  Chirurgische  Aus- 
rüstung: Verbandstoff,  Verbandwatte;  konzentrierte  Desinfektionsflüssig- 
keit; Bismut  oxyjodogallicum  für  offene  Wunden;  chirurgische  Reisetasche. 

b)  Die  photographischen  Platten.  (Durchschnitts verbrauch  pro  Tag 
ca.  6  Platten.) 

c)  Die  Reisebibliothek  umfasst  das  Kartenmaterial,  Florenwerke  und  die 
Reisebücher. 

d)  Die  wissenschaftliche  Ausrüstung:  Thermometer,  Horizontal  glas, 
Anäroid,  Formol,  Planktonnetz,  Düten,  Notes-blocs  etc. 

e)  Der  Reiseproviant.  Um  ganztägige  Exkursionen  ausführen  zu  können, 
wird  gelegentlich  im  Freien  abgekocht  und  daher  mitgeföhrt :  1  bis  2  Allu- 
miniumkochapparate,  Spiritus,  Tee,  Maggisuppenrollen,  Konserven,  Singersche 
Aleuronatbisquits  etc. 

In  ihrer  Aufgabe  wird  die  Reiseleitung  unterstützt  durch: 
1.  Den  Reise  ar Zt.  Die  unregelmässige  und  vollständig  veränderte  Lebens- 
weise, sowie  die  ganz  andere  Kost  verursachen  sehr  leicht  Darmstörungen,  die  im 
Frühjahr  oft  recht  empfindlichen  täglichen  Temperatui'schwankungen  bedingen  öfters 
Erkältungen.  Es  ist  daher  eine  Beruhigung  sowohl  für  die  Reiseleitung,  wie  auch 
für  jeden  einzelnen  Teilnehmer,  wenn  ein  erfahrener  Arzt  sich  in  der  Gesellschaft 
befindet. 


142  M.  Rikli. 

2.  Der  Photograph.  Ein  grosser  Reisephotographenapparat  (12  X  16j  und 
wo  möglich  noch  eine  Stereoskopkamera  (8  X  8j  sollten  immer  mitgeführt  werden, 
denn  die  selbstaufgenommenen  Landschafts-  und  Vegetationsbilder  bilden  eine  der 
schönsten  Reiseerinnerungen  und  sind  später  zur  Illustration  von  Publikationen  stets 
sehr  willkommen,  sie  liefern  ferner  die  Grundlage  zur  Herstellung  von  Diapositiven 
zur  Belebung  von  Vorträgen.  Die  photographischen  Platten  werden  auf  Kosten  der 
Reisekasse  angeschafft.  Dem  erfahrenen  Photographen  werden  stets  zwei  Mann  zur 
Beihilfe  beim  Aufstellen  und  Einpacken  des  Photographenapparates  zugeteilt. 

3.  Die  Kontrolleure.  Zwei  Teilnehmer  haben  auf  der  Reise  jeweilen  beim 
Verlassen  der  Bahnzüge,  der  Dampfboote  oder  Hotels  nachzusehen,  ob  nichts  liegen 
geblieben  ist. 

4.  Die  K  ü  c  h  e  s  e  k  t  i  0  n :  sie  besteht  in  der  Regel  aus  drei  Mann,  welche  das 
Abkochen  auf  ganztägigen  Exkursionen  zu  besorgen  hat;  in  ihren  Dienstkreis  fällt 
auch  noch  der  Einkauf  des  nötigen  Proviantes. 

5.  Die  Lokalführer.  Es  sind  teils  Konsulen  und  Landsleute,  teils  Pro- 
fessoren, Lehrer  der  Naturwissenschaften  etc.,  die  sich  meist  ein  Vergnügen  daraus 
machen,  mit  ihrer  genauen  Kenntnis  von  Land  und  Leuten  der  Studiengesellschaft 
in  jeder  Hinsicht  behilflich  zu  sein. 

Ist  die  Studienreise  auf  diese  Weise  vorbereitet,  so  kann  der  Erfolg  nicht 
fehlen.  Nur  aussergewöhnliche  Zwischenfälle,  die  für  den  Augenblick  vielleicht  recht 
unangenehm  sind,  jedoch  oft  gerade  wesentlich  dazu  beitragen,  den  Reiz  des  Reisens 
zu  erhöhen,  werden  das  wie  ein  Uhrwerk  ablaufende  Reiseprogramm  zu  beeinflussen 
vermögen.  Immerhin  wird  man  für  alle  Fälle  gut  tun,  schon  im  Programm  Varianten, 
wie  sie  sich  etwa  infolge  von  Witterungswechsel  oder  Veränderungen  in  den  Schiffs- 
verbindungen ergeben,  vorzusehen.  So  Avird  dafür  gesorgt,  dass  keine  Zeit  verloren 
geht,  und  dass  die  Reise  möglichst  nutzbringend  ausgestaltet  werden  kann. 

Auf  der  Reise  selbst  soll  das  Hauptgewicht  nicht  auf  das  Sammeln  von 
Pflanzen  gelegt  werden.  Man  kann  bei  dem  in  den  Mittelmeerländern  so  auffallend 
weitgehenden  Endemismus  und  dem  Vorkommen  vieler  Arten  mit  ausserordenthch 
zerrissenem  Verbreitungsareal  auch  nicht  verlangen,  dass  der  Botaniker  jede  Art 
gleich  mit  Namen  benennt.  Standort  und  Datum  jeder  gesammelten  Pflanze  soll 
jedoch  sofort  aufgeschrieben  und  die  Pflanze  dann  in  einen  Schnitt  der  Etiquette 
gesteckt  werden;  so  werden  A^erwechslungen  unmöglich  gemacht.  Wichtiger  als 
die  Kenntnis  einer  möglichst  grossen  Zahl  von  Arten  ist  das  Studium  des  gesamten 
Vegetationscharakters,  der  Formationen,  der  pflanzengeographischen  Verbreitungs- 
verhältnisse, welche  die  Grundlage  der  Florengeschichte  liefern.  Ganz  besondere 
Aufmerksamkeit  wird  man  den  Kulturpflanzen  und  Kulturmethoden  schenken  und 
immer,  ob  es  sich  nun  um  Kultur-  oder  um  Naturland  handelt,  den  Vergleich  mit 
den  heimatlichen  Verhältnissen  nicht  unterlassen,  -le  nach  Umständen  und  Bedürfnis 
wird  man  am  Abend  in  zusammenfassender  Weise  über  die  Tagesexkursion  be- 
richten und  daran  anschliessend  eine  allgemeine  Diskussion  eröffnen.  Da  diese 
Studienreisen  gewöhnlich  mehrere  Wochen  in  Anspruch  nehmen,  so  muss  für  eine 
möglichst  grosse  Abwechslung  gesorgt  werden,  damit  das  Interesse  nicht  vorzeitig 
versagt  und  eine  gewisse  Reisemüdigkeit  eintritt.  Man  suche  im  Programm  mög- 
lichst Land-  und  Meerreisen,  Bahn-,  Fuhrwerk-  und  Fusstouren  miteinander  ab- 
wechseln zu  lassen;  man  stelle  möglichst  verschiedene  Landschafts-  und  Vegetations- 
typen einander  gegenüber:  Üppige  Kulturlandschaften  und  öde,  dürre  Steppengebiete; 
Waldlandschaften,  Macchien,  Felsenheide;  Tiefland,  Hochland,  Hochgebirge;  xero- 
phytische  und  hygrophytische  Vergesellschaftungen  usw.  Dabei  richte  man  auch 
sein  Augenmerk  auf  Land  und  Leute  und  lasse  innerhalb  des  Reiseprogrammes  den 
Teilnehmern  so  viel  Freiheit  als  nur  immer  möglich.  Der  eine  wird  sich  vielleicht 
für  Gonchylien  interessieren,  ein  anderer  für  Heilpflanzen.  Den  Landwirt  wird  die 
Bebauung  des  Bodens  und  die  Viehzucht  anziehen,  der  Kulturingenieur  studiert  die 
Bewässerungsanlagen,  wieder  ein  anderer  Teilnehmer  entdeckt  in  sich  eine  historische 
■oder  gar  eine  prähistorische  Ader   und  wer  weiss,   vielleicht  bildet  sich  auch  noch 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerivüste.  143 

eine  Sektion  für  ethnograpliische  Studien  oder  Architektonik.  Für  all'  diese  ver- 
schiedenen Interessen  ist  auf  der  Reise  reichlich  Gelegenheit  vorhanden  und  die  dazu 
nötige  Zeit  soll  auch  nicht  fehlen :  nur  eigentliche  „Reisebummler"  suche  man,  bei 
der  Auswahl  der  Teilnehmer,  möglichst  auszuschliessen. 

Wollen  einige  Teilnehmer  eine  vom  Tagesprogramm  abweichende  Exkursion 
ausführen,  so  soll  auch  in  dieser  Hinsicht  das  möglichst  grösste  Entgegenkommen 
gezeigt  werden.  Doch  verlange  man  prinzipiell  immer  zweierlei:  einer  übernimmt 
die  verantwortliche  Führung  und  die  kleine  Spezialexpedition  reist  auf  eigene  Kosten, 
dadurch   wird  einer  zuweit  gehenden  Zersplitterung  vorgebeugt. 

Wenn  man  sich  so  bestrebt,  alles  was  geeignet  ist  erzieherisch  zu  wirken, 
alles  was  den  Gesichtskreis  erweitern  und  die  Beobachtungsgabe  und  Urteilsschärfe 
vertiefen  kann  als  letztes  und  wichtigstes  Ziel  solcher  Studienreisen  zu  betrachten, 
so  werden  sich  die  Teilnehmer  immer  mit  grösstem  Vergnügen  an  die  gemeinsam 
verbrachten  Reisetage  zurückerinnern  und  der  Wert  dieser  Mittelmeerfahrten  ist 
dann  nicht  genug  hoch  einzuschätzen:  sie  werden  zu  einer  Charakterschule,  denn 
in  kui'zer  Zeit  sammelt  der  junge  Mann  nicht  nur  viele  neue  Kenntnisse,  er  wird 
auch  selbständiger  und  ausgereifter  und  der  Vergleich  mit  den  fremden  Verhältnissen 
lässt  ihn  neuerdings  erkennen,  wie  sehr  unsere  Schweiz  von  der  Natur  begünstigt, 
wie  sehr  die  Institutionen  unseres  Landes  sich  gegenüber  denjenigen  der  Mittelmeer- 
staaten vorteilhaft  ausnehmen. 


Verzeichnis  der  Abbildungen. 


Tafel 

I  Fig.  1. 

>i 

11     „     2. 

,     3. 

.     'i'- 

^ 

III     ,     5. 

, 

IV     „     6. 

,     7. 

.     8. 

„ 

V     ,,     9. 

^ 

VI     „  10. 

- 

VII     ,   11. 

VIII     ,  12. 

,  13. 

^ 

IX     ,  14. 

, 

X     ,  15. 

,  16. 

.   17. 

^ 

XI     ,   18. 

j, 

XII     ,   19. 

„  20. 

a)  Tafeln. 

Montsen-at;  Eingang  ins  Val  Malo. 

Felsenheide  bei  Denia. 

Verkarsteter  Gipfel  des  Monte  Mongo. 

Punta  de  Ifach  bei  Calpe. 

Elche,  Teil  der  Stadt  mit  dem  Palmenwald. 

Orihuela. 

Haifasteppe  bei  Orihuela. 

In  Getreidefluren  und  Olivenhaine  umgewandeltes  Steppenland. 

Posada  im  Steppengebiet  des  Rio  dulce  bei  Orihuela. 

Partie  aus  dem  Palmenwald  von  Elche. 

Caserio  im  Tale  des  Rio  dulce,  nordösthch  von  Orihuela;  Kultm-- 

insel  umgeben  von  Steppenlandschaften, 
Lehmhütte  mit  Bedachung  aus  Haifagras. 
Noria,  umgeben  von  einer  kleinen  Kulturoase  bei  Gartagena. 
Huerta  von  Soller  (Mallorca);  Noria  mit  Sammelbecken. 
Noria  bei  La  Union  (Gartagena). 
Gemauei'ter  Bewässerungskanal  in  Elche. 
Hirtenhütte  aus  Arundo  donax. 
Gaserio  und  Volkstypen  bei  Orihuela. 
Wasserrad  an  der  Segura  bei  Murcia. 
Erdwohnungen  auf  der  nördlichen  Abdachung  der  Sierra  Nevada 

(Barranco  de  Gor). 


b)   Textfiguren. 

Fig.  1.  Galium  Brockmannii  Briq.  nov.  spec 

„     2.  Macrochloa  tenacissima  Kth.,  grundständige  Blätter  mit  der  strau 

federartigen  Ligula 

„     3.  Sideritis  Riklii  Briq.  nov.  spec. 

^     4.  Grundriss  einer  Posada 

,     5.  Stupa  tortilis  Desf.,  Blattquerschnitt 

,     6.  Avena  tihfolia  Lag.,  Blattquerschnitt     . 

„     7.  Stupa  parviflora  Desf.,  Blattquerschnitt 

„     8.  Lygeum  spartum  L.,  Blattquerschnitt    . 

^     9.  Macrochloa  tenacissima  Kth.,  Blattquerschnitt 

„    10.  Genista  murcica  Coss.,  Querschnitt  durch  den  Stengel 

,   11.  Madrid:   Verkauf  von  Palmenwedel  von  Elche  am  Palmsonntag  1906 


Seite 

27 

43 
54 
79 
99 
9^ 

loa 

101 
102 
105 
137 


Register. 


(Fettdruck  =  Hauptstellen;  *  verweist  auf  Tafeln  oder  Textdguren. 


Ackerflora  18.  46. 

Adiantum  capillus  veneris  L.  32.  48. 

Adenocarpus  intermedius  DC.  121. 

,  villosus  Boiss.  121. 

AdonismicrocarpaDC.v.dentataCoss.75. 

.,      cupaniana  Guss.  75. 
Adventivflora,  siehe  Acker-  u.  Ruderal- 

flora. 
Aegilops  ovata  L.  67.  70.  96.  98.  117. 
Aethionema  ovalifolium  Boiss.  120. 

saxatile  (L.)  R.  Br.  120. 
Agave  amerJcana  L.  19.  41.  52.  62.  69. 

130. 
Aizoon  hispanicum  L.  66. 95. 96. 106. 117. 
Ajuga  iva  Schreb.  33.  40.  68.  70.  104. 
Albardine  80. 
Algarroba  137. 

AUium  cepa  L.  v.  maxima  Griseb.  129. 
„      hispanica  Park.  129. 
.,      roseum  L.  55. 
,,  „       V.  carneum  Bert.  65. 

,,      triquetrum  L.  25. 
Alsine  procumbens  Frzl.  38.  74. 
Alyssum  calycinum  L.  18. 
Anacyclus  clavatus  Pers.  76. 

valentinus  L.  65.  66.  68.  97. 
122. 
Anagallis  arvensis  L.  s.   sp.  coerulea 
Schreb.  18.  37.  40.  50.  55.  59.  72.  76. 
96.  117. 
Anchusa  itaiica  Retz  55. 
Andropogon  hirtum  L.  33. 

„  pubescens  Vis.  42.  58.  63. 

69.  78.  98.  117. 
Andryaia  ragusina  L.  70.  74.  104.  122. 
Anemone  hepatica  L.  v.  hispanica  Wk. 

29.  31. 
Antheniis  cotula  L.  45. 


55.  58. 
rubriflora 


Anthropochoren  26. 

Anthyllis  cytisoides  L.   53.  54.  55.  56. 

63.  80.  106.  113.  122. 
Anthyllis  tetraphylla  L.  54. 
„         vulneraria    L.   v. 
Ser.  43.  54. 
Antirrhinum  majus  L.  76. 

,,  orontium  L.  18.  37. 

Apfelbaum  129- 

Aphyllanthes  monspeliensis  L.  26. 
Arachis  hypogaea  L.  130. 
Arbutus  unedo  L.   15.  20-  21.  23.  24. 

28.  56. 
Arctostaph3los  uva ursi  (L.) Spreng. 30- 
Arenaria  montana  L.  41.  44.  46.  49.  51. 
Argentario,  Monte  22. 
Argyrolobium  Linnaeanum  Walp.  42. 

43.  53. 
Arisarum  vulgare  Targ.-Tozz.  38.  42. 

45.  51.  67.  97.  113. 
Aristolochia  baetica  L.  67.  97.  122. 

„  rotunda  L.  13. 

Artemisia  97. 

„         Barrelieri  Bess.  59.  80.  123. 
„         herba   alba  Asso   80.    103. 
104.  115.  118.  126. 
Artischoken  129.  131. 
Arum  italicum  Mill.  10.  49. 
Arundo  donax  L.  57.  76. 
Asparagus  acutifolius  L.  10. 11.  28.  35. 

49.  53. 
Asparagus  albus  L.  73.  74.  104.  118. 
horridus  L.  f.  40.  42.  51.  58. 
67.  69.  73.  74.  78.  104.  118. 
Asperula  arvensis  L.  31.  55. 
.,         cynanchica  1j.  40. 
.,  „  s.  sp.  aristata(L.) 

Briq.  53.  55. 


Tierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52.     1907 


10 


146 


M.  Rikli. 


Asphodelus  albus  Mill.  38.  49.  57. 

üstulosus  L.  19.  25.  33.  34. 
38.   57.   58,   63.   67.    72.   73.  74.  97. 
105.  112.  114. 
Asphodillflur  57.  58. 
Asplenum  adiantum  nigrum  L.  48. 
„  ceterach  L.  48.  59. 

„  fontanum  (L.)  Beruh.  31.  59. 

„  tiichomanes  L.  48. 

Asteriscus  maritimus  Less.  40.  43.  57. 

68.  70.  97.  114. 
Asteriscus  spinosus  G.  G.  55. 
Astragalus  Glaux  L.  54. 
„  hamosus  L.  38. 

„  liispanicus  Coss.  64.  123. 

„  monspessulanus  L.  54.  57. 

\         '  „  V.  chloro- 

cyaneus  Costa  25.  26.  29. 
Astragalus  pseudoStella  Del.  119. 

„  sesameus  L.  25.  26.  67.  80. 

96.  118. 
Astragalus  sinaicus  Boiss.  80.  96.  119. 

„  vesicarius  L.  124. 

Atractylis  cancellata  L.  67.  74.  97.  118. 
Atriplex  halimus  L.  58.  61.  64.  66.  67. 

80.  106.  110.  115.  116.  125. 
Avena  filifolia  Lag.  78.  98.  99.*  122. 
,      sativa  L.  75. 

Ballota  hirsuta  Bentli.  70.  104.  122. 

Banyuls-sur-Mer  12  ff. 

Bataten  131. 

Bellis  annua  L.  33.  40.  56.  57. 

Benidorm-Alicante  61  ff. 

Benisa  51  ff. 

Beta  Bourgaei   Coss.  80.  96-  106.  115. 

122. 
Beta  maritima  L.  110. 

„  „         L.  V.  macrocarpa  L.  80. 

Bewässerungen  132.  Tafel  VIII— X,  XII 

Fig.  19.* 
Bewölkung  92  ff 
Birnbaum  129. 

Biscutella  auriculata  L.  74.  76.  96. 118. 
„  „  erigerifoIiaDC.74.. 

„        laevigata  L.  47.  50. 
„         montana  Cav.  47.  59.  60. 
stenophylla  Duff  41.  42.  53. 

59.  60. 
Boerhaavia  plumbaginea  Cav.   69.  117. 
Borrago  ofticinalis  L.  37. 


Bracliypodium   distachyon   (L.)   R.  et 

Schult.  117. 
Brachypodium  f.  pentastachyon  (Tin.) 

A.  et  G.  67.  96. 
Brachypodium  polytachyon  (L.)  R.  etS. 

98. 
Brachypodium  ramosum  (L.)  R.  et  S. 

9.  25.   33.  35.  39.  42.  46.  50.  51.  53. 

57.  63.  67.  74.  78.  98.  114.  116. 
Brassica   Cossoniana    Boiss    et    Reut. 

69.  96. 
Brassica  fruticulosa  Cyr.  71.  96.  118. 
Tournefortii  Gou.  63.  96.  119. 
Bromus  matritensis  L.  67.  96.  98.  117. 
rubens  L.  27.  70.  74.  96.  98. 117. 
Brunella  grandiflora  (L.)  Jacq.  29. 
Bupleurum  fruticescens  L.  29.  34.  35. 
„  fruticosum  L.  27. 

„  spinosum  Gouan  50.  60. 

Buxus  sempervirens  L.  28.  29.  50.  51. 

Cakile  maritima  Scop.  58.  67.  96,  115. 

116. 
Calendula  arvensis  L.    19.  31.  32.  45. 

65.  68.  97.  118. 
Calina  68.  93. 
Calpe  56. 

Calluna  vulgaris  Salisb.  16. 
Calycotome  spinosa  Link  16.  21.  24.  29. 

40.  49.  53.  54.  67.  113.  118. 
Calycotome  villosa  Link  53.  67.  114. 
Camphorosma  monspeliaca  L.  14. 
Campo  regadio  129. 
Campylanthus  Roth.  124. 
Capparis  spinosa  L.  69.  73. 
Capsella  bursa  pastoris  (L.)  Mönch  10. 

f.  pygmaea  Rikli  18. 
Capsicum  annuum  L.  129. 
Cardamine  pratensis  L.  65. 
Carduus  pycnocephalus  L.  37. 40.  68. 97. 
Carex  divulsa  Huds.  46. 
„     glauca  Murr.  57. 
„     gynobasis  Vill.  25.  31. 
„     Halleriana  Asso  25.  31. 
Carlina  cor3'mbosa  L.  10. 

„       racemosa  L.  56.  57. 
Carrichtera  vellae  (L.)  DC.  66. 69. 96. 117. 
Cartagena  66  ff. 

Caserios  76.  77.    Tafel  VII*,  XL* 
Catalonien,  Flora  14  ff. 
Cebolas  129. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste. 


147 


■Centaurea  aspera  L.  45. 

,  calcitrapa  L.  37.  56. 

ornata  W.  72.  123. 
„         pullata  L.  40.  46. 
Cerastium  perfoliatum  L.  120. 
Ceratocalyx  niacrolepis  Coss.  35.  43.  53. 
•Ceratonia  siliqua  L.  18.  41.  58.  62.  68. 

128.  131.  137. 
Cicer  arietinum  L.  76.  129. 
Cistus  albidus  L.  21.  24.  28.  34.  42.  48. 

56.  58. 
Cistus  Clusii  Dun.  34.  35.  42.  43.  48. 

56.  58. 
Cistus  monspeliensis  L.  15.  20.  28.  34. 

40.  42.  56. 
Cistus  salvifolius  L.  13.  20.  24.  29.  34. 

51.  53.  56. 
Citrullus  vulgaris  Schrad.  129. 
Chamaei-ops  humilis  L.  34.  35.  40.  41. 

42.  46.   48.   51.   56.   58.   63.  67.  98. 

103.  113.  118. 
Chasmophyten  111. 
Chrysanthemum  setabense  Duf.  48. 
Clematis  flammula  L.  34.  53. 
Clipeola  Jonthlaspi  L.  10. 
Cneorum  tricoccum  L.  42.  43. 
Coehenillezucht  131. 
Conopodium  majus  (Gouan)  Loret  49. 
Convolvulus  althaeoides  (L.)  Sm.  19. 

31.  37.  65.  68.  72.  74.  76. 
Convolvulus  lanuginosus  Desr.  59.  61. 

66.  70.  122. 
•Convolvulus  sericeus  Boiss.  27.  46.  74. 

104.  114. 

Coriaria  longaeva  Sap.  25. 

myrtifolia  L.  25.  26.  31. 
•Coridothymus  capitatus  Rchb.  f.  59. 61. 

119. 
Coris  monspeliensis  L.  27.  55. 
Cornus  sanguinea  L.  16. 

„       emerus  L.  23. 
Coronilla  glauca  L.  63.  103.  113. 

juncea  L.  58.    70.    80.    104. 
113.  118. 
Coronilla  scorpioides  (L.)  Koch  55.  57. 

65.  75. 
Corylus  avellana  L.  53. 
Crataegus  brevispina  Kze.  56.  61. 

„  monogvna  Jacq.  16.  48.  53. 

56. 


Crepis    albida    Vill.    v.   macrocephala 

Wk.  31. 
Cucumis  melo  L.  129. 
Cupressus  sempervirens  L.  9. 
Cynara  cardunculus  L.  45. 
Cynodon  dactylon  (L.)  Pers.  70.  98. 116. 
Cynoglossum   cheirifolium  L.   33.   40. 

46.  74.  76.  95.  96.  104.  118. 
Cynoglossum  pictum  Ait.  38.  40.  43.  55. 
Cyperus  esculentus  L.  130. 
Cytinus  hypocistis  L.  58. 
Cystoseira  erucoides  Ag.  36. 
Daphne  gnidium  L.  24.  40.  42   49.  51. 

55.  67.  113. 

Daphne  laureola  L.  23.  29. 
Dattelkultur  137.  138.    Tafel  III*,  VI.* 
Dattelpalme  =  Phoenix. 
Deuia  36  ff. 

Dianthus  lusitanicus  Brot.  44.  48.  59. 
Digitalis  obscura  L.  57.  61. 
Diplotaxis  brassicoides  Rouy  v.  mari- 
tima Rouy  47.  60. 
Diplotaxis  Harra  (Forsk.)  Boiss.  123. 
erucoides  (L.)  DC.  19. 32. 37. 
muralis  (L.)  DC.  10.  32.  65. 
116. 
Dorycnium  hirsutum  Ser.  57. 

,  suffruticosum  A'ill.  42.   43. 

56.  58.  113   118. 

Dorycnium  suffruticosum  v.  cuneatum 

Rikli  64.  80.  98. 
Echium  calycinum  Viv.  33.  37.  40.  46. 
„       italicum  L.  72.  96.  117. 
r.       plantagineum  37.  72.  96. 
Edaphische  Facies   der  Litoralsteppe 

110. 
Einjährige  Pflanzen  33.  95. 
Einzelkultur  137. 

Elche  64ff.    Tafel  IIP,  VI*,  X  Fig.  16.* 
Eluvium  110. 

Emex  spinosa  Campd.  37. 
Empetreen  25. 
Entoiberische  Arten  122. 
Ephedra  fragilis  Desf.   44.  48.  63.  80. 

104.  113.  119. 
Ephemerophyten  65. 
Erdbeerenzucht  130. 
Erianthus  Ravennae  P.  B.  80.  98.  117. 
Erica  arborea  L.  15.  20.  28.  56.  103. 
cinerea  L.  28. 


148 


M.  Rikli. 


Erica  multiflora  L.  28.  29.  34.  42.  48. 

49.  53.  56.  63.  98.  114. 
Erica  scoparia  L.  15. 
Erodium  cicutarium  L.  L'Herit  10.  72. 

96.  115.  116. 
Erodium  macradenum  L'Herit  31. 
„        moschatum  (L.)  L'Herit  19. 
„        petraeum  (Gou.)  W.  31. 
,        supracanum    (Cav.)    L'Herit 
31. 
Erophila  verna  (L.)  E.  Mey  10. 
Eruca  sativa  L.  v.  stenocarpa  Coss.  80. 
,      vesicaria  (L.)  Cav.  63.  96.  122. 
Erucaria  aleppica  Gaertn.  120. 
Erucastrum  baeticum  (Boiss.)  Nym.  71. 

123. 
Erucastrum   obtusangulum  (Schleich.) 

Rchb.  10.  19. 
Ervum  lens  L.  41. 
Eryngium  campestre  L.  43.  53.  67.  72. 

80.  116. 
Eryngium  maritimum  L.  40. 
Esparsette  130. 
Espartoformation  78.  111. 
Euphorbia  amygdaloides  L.  11. 
,  biumbellata  Poir.  19. 

,  characias  L.  10.  11.  19.  33. 

35.  46. 
Euphorbia  exigua  L.  32. 
,         falcata  L.  74.  96. 
,  helioscopia  L.  10.  11.  37. 

,  ,  V.     atrorubens 

Rikli  nov.  var.  37. 
Euphorbia  Lagascae  Spach  75.  122. 
peplus  L.  10.  18. 
pinea  L.  37. 
,  pithyusa  L.  58. 

,         polygalaefolia     Boiss.     et 
Reut.  27. 
Euphorbia  rupicola  Boiss.  59.  60. 

serrataL.  19.  3L  40.  53.  75. 
,  sulcata  De  Lens  53-  55.  60. 

74.  96.  122. 

Euphorbia  sulcata  v.  tuberculata  Rikli 

nov.  var.  53. 
Euphorbiaheide  58. 
Eurotia  ceratoides  C.  A.  Mey  120. 

,        ferruginea  Boiss.  120. 
Evax  pygmaea  (L.)  Pers.  33.  43.  66.  68. 

75.  80.  95.  97.  104.  114.  116. 


Fagonia  cretica  L.  58.  61.  64.  66.  67.- 

115.  119.  126. 
Fagus  silvatica  L.  16. 
Feigenbaum  =  Ficus. 
Felsenflur  30. 

Felsenheide  23.  32.  33.  38.  39.  46.  53, 
57.  58.  67.  76.  114.    Tafel  II  Fig.  2.* 
Felsensteppe  63.  111.  112. 
Felsflora  46.  47.  59. 
Ficus   carica  L.  41.  48.  59.  128.  129.- 

135. 
Filzpflanzen  33.  59.  104. 
Flachs  131. 
Floristische  Facies  der  Litoralsteppea 

111. 
Flusstäler  (Vegetation)  135. 
Foeniculum  vulgare  Mill.  37. 
Formationselemente  113. 
Frankenia  pulverulenta  L.  58.  67. 115. 

117. 
Fraxinus  excelsior  L.  16. 
Fritillaria  Boissieri  Costa  81. 

,  messanensis  Raf.  50.  51. 

Fuensanta  69/70. 
Fumana  laevipes  Spach  42.  53.  73.  74.. 

76.  80.  103.  114.  118. 
Fuinana    procumbens    (Dunal)    Gren. 

Godr.  24.  74.  76.  117. 
Fumana  procumbens  v.  ericoides  Dun. 

103. 
Fumana  Spachii  Gren.  Godr.  63. 

,        viscida  Spach  40.  57.  58.  74.. 
76.  103.  114. 
Fumaria  capreolata  L.  19.  37. 

,        parviflora  Lam.  45.  65. 
Frunaria  hygrometrica  (L.)  Sibth.  50.. 
Futterbau  137. 

(jalactites  tomentosa  Mönch  19.  43.  68. 

97. 
Galium  Brockmannii   Briq.   nov.   spec 

(1907)  27.* 
Galium  murcicum  Boiss.  et  Reut.  71. 124.. 
,        papillosum  Lap.  31. 
,       parisiense    L.    v.    leiocarpum 

Tausch  40.  44. 
Galium  saccharatum  All.  37.  43.  50.  68.. 

70.  72.  97. 
Garbazanos  130. 
Garigue  20.  23.  24.  26.  82.  34.  41.  46. 

48.  56.  58.  63.  67.  113. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste. 


149 


-Gartenlandschaft  128.  137. 
Gemüsebau  128.  137. 
Genista  candicans  L.  13. 

„        hispanica  L.  v.  hirsuta  Wk.  27. 
murcica  Coss.  74. 104. 105.*  124. 
scorpius  I)C.  16.  29. 
umbellata  Poir.  67.  104.  122. 
Geranitim  moUe  L.  18. 

„  Robertianum  L.  18. 

,  rotundifolium  L.  32. 

Gerölltlora  29. 
(ierste  75.  129. 
Gespinstpflanzen  137. 
Getreidebau  68. 75. 128. 130. 131. 135. 137. 
Geum  umbrosum  Boiss.  121. 
Gladiolus  illyricus  Koch  29.  40.  80.  97. 

114.  118. 
Glaucium  corniculatum  (L.)  Curtis  75. 

,         flavum  Crantz  45. 
Globularia  alypum  L.  24.  29.  42.  53- 

55.  56.  63.  103.  113. 
Globularia     Cambessedesii     Wk.      v. 

hispanica  Wk.  30. 
Glycyrhiza  glabra  L.  131. 
•Granatapfel  =  Punica. 
Gräser,  xerophytische  98—103. 
Grassteppen  75—106. 
Grussteppen  110. 
Guirao  arvensis  Coss.  123. 
•Gynandriris  sisyrinchium  Pari.  42.  44. 
58.  67.  74.  97.  118. 

Hafer  75.  129. 

Haifasteppe  78. 80. 111.  Tafel  IV  Fig.  7* 

Jlalosukkulenten  106. 

Haloxylon  articulatum  (Cav.)  Bunge  80. 

104.  115.  117. 
Hanf  130.  131. 
Haplophyllum  hispanicum  (L.)  Spach 

63.  122. 
Hedera  helix  L.  30.  48.  50.  59. 
Hedypnois  polymorpha  DC.  65. 
Hedysarum  Fontanesii  Boiss.  54. 

,  humileL.v.  major  Lange  54. 

„  spinosissimum  L.  54.  57. 

Helianthemum  alpestre  (Jacq.)  Dunal  33. 
,  appeninum     (L.)    Lam. 

33.  40. 
Helianthemum  caput  felis  Boiss.  59.  60. 
„  FumanaMill.v.  ericoides 

Dun.  63. 


Helianthemum  lavandulaefolium  (Lam.) 

DC.  58.  61.  63.  119.  126. 
Helianthemum  marifolium  (Cav.)  DC. . 

V.  tomentosum  Wk.  42.  44.  51.  60. 
Helianthemum  origanifolium  (Lam.)  P. 

V.  lanceolatum  Wk.  -30. 
Helianthemum   pilosum   (L.)   Pers.   v. 
tomentellum  Wk.  63.  74.  80. 103. 104. 
122.  126. 
Helianthemum   salicifolium   (L.)    Mill. 

76.  117. 
Helianthemum  villosum  Thib.  120. 
Helichrysum  angustifolium  DC.  55. 

„  decumbens  Camb.  50. 59. 61, 

stoechas  DC.  9.  11.  27.  34. 

42.  46.  50.  55.  74.  80.  103.  104.  114. 

118. 

Helichrysum  stoechas  DC.   v.  caespi- 

tosum  Wk.  64.  75. 
Helichrysum  stoechas  DC.  v.  maritima 

Lge.  64. 
Helix  albida  78. 
Helleborus  foetidus  L.  23.  29. 
Herniaria  polygonioides  Cav.  74.  103. 

122. 
Hieracium  candidum  Scheele  31. 
^  lychnitis  „        31. 

^  macrophyllum  Scheele  31. 

,  nitidum  Scheele  31. 

,  purpurasceus  Scheele  31. 

Hippocrepis  balearica  Wulf.  47. 
ciliata  Wild.  40. 
,  multisiliquosa  L.  38. 74. 96. 

,  valentina  Boiss.  47.  59. 60. 

Höhlenwohnungen  77.  Tafel  XII  Fig.20.* 
Holoschoenus  vulgaris  Link  57. 
Hordeum  distichon  L.  75. 
Huerta  71.  78.  128.  137. 
Hutchinsia  petraea(L.)  R.  Br.  10. 11. 50. 
Hymenostemma  Fontanesii  Wk.  48.  61. 
Hypecoum  grandiflorum  Bth.  65. 

,  procumbens  L.  39. 

Hyoscyamus  albus  L.  37.  55.  74. 
Hyoseris  scabra  L.  37.  46. 

Iberische  Arten  35. 
Iberisch-mauritanische  Arten  35.  40  44. 

55.  73.  121. 
Iberisch-orientalische  Arten  119. 
Ifach,  Punta  de  57..  Tafel  II  Fig.  4.* 
Hex  aquifolium  L.  16.  28.  29. 


150 


M.  Rikli. 


Inula  crithmoides  L.  58.  104. 

„      viscosa  Ait.  10.  32.  53.  55.  57.  63. 
•Tohannisbrotbaum  =  Ceratonia. 
Ipomaea  batatas  Poir.  131. 
Iris  germanica  L.  56. 
Jimiperus  oxycedrus  L.  28.  29.  42.  48. 

63.  98.  103.  104.  113. 
Juniperus  phoenicea  L.  28.  29.  50.  51. 
Kalidium  foliatum  Moq.  120. 
Karstlandschaft  41.  45. 
Kartoffeln  130. 
Kentrophyllum  arborescens  Hook.  70. 

81.  97.  122. 
Kichernerbsen  76.  130. 
Kleinstrauchsteppe  112. 
Kleinsträucher  97. 
Klima  80. 

Knollengewächse  97. 
Köleria  phleoides  (Vill.)  Pers.  57.  58. 

65.  74.  117. 
Korkeichengebiete  17. 
Korsika  22.  24. 
Kulturland  127.  137. 
Lafuentea  rotundifolia  Lag.  70.  124, 
Lagoseris  nemausensis  K.  10.  11. 
Lagurus  ovatus  L.  37.  67.  70.  96.  98. 
Lamarckia  aurea  Mönch  32.  46.  55.  65. 

67.  96.  98.  117. 
Lamium  amplexicaule  L.  45. 
Lathyrus  articulatus  L.  19. 
„         cicera  L.  75. 
,         clymenum  L.  19. 

sativus  L.  65.  75.  129. 
Lauch  129. 

Lavandula  dentata  L.  38. 40. 42. 46. 51. 59. 
latifolia  Vill.  9.  11.  34.  35. 
multifida  L.  38.  46.  73.  74. 

114.  122. 
Lavandula  stoechas  (L.)  Cav.  12.  13. 

20.  24. 
Lavatera  maritima  Gouan  44.  48.  59. 

69.  73.  80.  104.  115.  118. 
Lehmhütten  16.   Tafel  VIII  Fig.  12* 
Lens  esculenta  Mönch  76. 
Lepidium  draba  L.  12.  65.  75. 
„         graminifolium  L.  37. 
,         perfoliatum  120. 
Leveche  85. 
Leucanthemum  glabrum  Boiss.  et  Reut. 

48. 


Ligustrum  vulgare  L.  16. 
Linaria  arvensis  Desf.  13. 

crassifolia  (Cav.)  Ktze.  61.  70. 
106.  122. 
Linaria  cymbalaria  (L.)  Mill.  47. 

,       Haenseleri  Boiss.  et  Reut.  50. 
61. 
Linaria  origanifolia  (L.)  DC.  44.  50.  61. 
„       pelliseriana  Mill.  13. 
„       Simplex  DC.  56. 
„       supina  (L.)  Desf.  19. 
Linsen  76. 
Linum  narbonense  L.  27.  43.  49.  55.  57. 

,      strictum  L.  27. 
Lithospermum  apulum  Vahl.  76.  117. 
,        '     consobrinum  Pomel  61. 
„  fruticosum  L.  43.  44.61. 

122. 
Lithospermum  fruticosum  L.  v.  intri- 

catum  Briq.  var.  nov.  68. 
Litoralsteppe,  Biologie  95. 
,  Klima  81. 

,  Pflanzengeographie  106.- 

Typen  106. 
Lobularia  maritima  Desv.   10.  11.  19.. 

33.  39.  58.  67.  72.  105.  115. 
Lockerböden  110. 
Lösslandschaft  62. 
Lössteppen  110. 

Lonicera  implexa  Ait.  49.  53.  59. 
Lotus  corniculatus  105. 
,      creticus  L.  42.  43.  58. 
„      ornithopodioides  L.  37. 
Lupinus  albus  L.  128. 
Luzerne  130. 
Lycium  intricatum  Boiss.   66.   69,   97, 

106.  122.  126. 
Lycium  vulgare  Dun.  39. 
Lycopsis  Orientalis  L.  121. 
Lygeum  spartum  L.  58.  61.  63.  66.  74. 

80.  98.  100.  101.*  115.  118.  126. 
Lygeumsteppe  80,  111. 

Macchien  20  ff.  26,  28.  113. 
Macrochloa  tenacissima  Kth.  42.    43.* 

44.    58.    61.    63.   78.   98.   102.*   113. 

115.  122. 
Mais  129. 

Makroiberische  Arten  40.  44.  122, 
Malvella  Sherardiana  Taub.  121. 
Mandelbäume  41.  58.  68.  128. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeerküste. 


151 


Marrubium  alysson  L.  66.  70.  74.  104. 

115.  117. 
Marrubium  vulgare  L.   10.  25.  33.  40. 

43.  57.  66.  68.  72.  74.  114.  117. 
Marrubium  vulgare  L.  v.  lanatum  Benth. 

70.  104.  114.  117. 
Matthiola  incana  (L.)  R.Br.  59. 

„  parviflora  (Schousb.)  R.  Br. 

57.  60.  66.  74.  95.  96.  122. 
Matthiola  tristis  (L.)  R.  Br.  63.  104. 
Maulbeerbäume  68.  129.  1-30. 
Medicago  truncatula  Gaertn.  v.  longea- 

culeata  Urb.  45. 
Mediterran-orientalische  Arten  116. 
„         -mitteleuropäische       Arten 

116. 
Melica  minuta  L.  42.  74.  98. 
Melilotus  sulcata  Desf.  65. 
Mentha  rotundifolia  (L.)  Huds.  32. 
Mercurialis  aunua  L.  19.  33.  37. 

,  tomentosa   L.   40.  41.  46. 

57.  80.  104.  114.  122. 
Mesembryanthemum  acinaciforme  L.  19. 
nodiflorum  L.  45. 

66.  67.  72.  95.  96.  106.  117. 
Mespilus  japouica  Thunb.  52. 
Mikroiberische  Arten  41.  123. 
Micropus  bombycinus  Lag.  75. 
Microphyllie  103. 
Mimosen  75. 

Momordica  elaterium  L.  32.  76. 
Mongo,  klonte  45  ff.,    Tafel  II  Fig.  3.* 
Montserrat  26  tf.  Tafel  L* 
Monte  Agudo  69. 
Mont  St.  Clair  9. 
Moricandia  arvensis   (L.)  DC.  53.  55. 

63.  66.  80.  95.  96.  106.  119. 
Muldenförmige  Depressionen  135. 
Murcia  68  ff. 

Muscari  comosum  (L.)  Mill.  10. 
,        neglectum  Guss.  10. 
,        racemosum  L.  18. 
Myosotis  refracta  Boiss.  121. 
Myrtus  communis  L.  16. 

Jfadelblätter  103. 

Narcissus  juncifolius  Lag.  29.  35. 

„  serotinus  L.  50. 

Neophyten  66. 
Xigella  Bourgaei  Jord.  75. 

,       damascenaL.v.  minor  Boiss.  75. 


Niederschläge  87. 

Noria   62.    133.    Tafel  VIII   Fig.  13*, 

IX*,  X  Fig.  15.* 
Xotoceras  bicorne  (Ait.)  Arno  75. 
Notolaena  vellea  Desv.  73.  117. 
Obstbau  128.  129.  137. 
Olea  europaea  L.   58.   62.  68.  75.  76. 

131.  135. 
Olea  europaea  v.  oleaster  DC.  28.  29. 

34.  42. 
Oleander  135. 

Olivenkultur  15.  75.  128.  137. 
Onobrychis  saxatilis  All.  53.  54.  55.  57. 
Ononis  hirta  Desf.  120. 
„       minutissima  L.  74. 
,       natrix  L.  25.  54.  57.  58.  65.  66. 

TS.  74.  116. 
Ononis  ornithopodioides  L.  67.  96.  119. 

„      reclinata  L.  54. 
Onopordon  acanthium  L.  57. 
Ophrys  lutea  Cav.  40. 

, '     tenthredinifera  W.  38.  40.  42. 

51.  53.  67.  97. 
Opuntia  Ficus  indica  Müh  41.  52. 53.  69. 
Orangenkultur  128.  129.  137. 
Orchis  morio  L.  46. 
Oreosolen  Hook.  124. 
Orihuela  71  ff.  Tafel  IV  Fig.  6.* 
Orobanche  Muteli  F.  Schz.   40.  70.  96. 

117. 
Osyris  alba  L.   9.  28.  29.  80.  104.  113. 

il4.  116. 
Osyris  quadripartita  Decsne  59.  60. 
Oursia  124. 
Oxalis  cernua  Thunb.  75. 

„      corniculata  L.  32. 
,      libyca  Viv.  75. 
Padina  pavonia  (L.)  Gaill.  36. 
Pallenis  spinosa  Cass.   55.  64.  75.  97. 

118. 
Palmenoasen  (-haine)  64.  75.  131. 
Parietaria  diffusa  M.  et  K.  19. 

„  ofticinalis    L.    v.    ramiflora 

Mönch  10.  19.  37. 
Paronychia  argentea  Lam.  19.  33.  37. 

65.  67.  72.  103.  114. 
Paronychia  nivea  DC.  74.  103. 
Passerinaheide  33.  57.  58.  76. 
Passerina  hirsuta  L.  33.  57.  58.  64.  67. 

76.  80.  103.  104.  114.  117. 


152 


M.  Rikli. 


Peganum  harmala  L.  66.   70.  80.  106. 

115.  117. 
Pendulina  Lagascana  (DC.)  Wk.  63.  66. 

95.  96.  123. 
Pendulina  intricata  Wk.  63.  95.  96.  123. 
Perimediterrane  Arten  116. 
Petrophyten  111. 
Pfirsichbaum  128.  129. 
Phagnalon  rupestre  DC.  25.  33.  55.  57. 

63.  76.  114.  118. 
Phagnalon  rupestre  v.  pedunculare  Wk. 

75.  97. 
Phagnalon  saxatile  Cass,    25.    26.    73. 

103.  114.  118. 

Phagnalon  sordidum  (L.)  DC.  53.  63. 

66.  103.  114.  118. 
Phalaris   minor   Retz.  65.   74.  96.  98. 

117. 
Phalaris  paradoxa  L.  80. 
Pharnaceum  cerviana  L.  120. 
Phaseolus  vulgaris  L.  129. 
Phillyrea  29. 

„         angustifolia  L.  16.  28. 

„         latifolia  L.  28. 

,         media  L,  34. 
Phlomis  lychnitis  L.  40.  46.  50.  70.  74. 

104.  114.  122. 

Phoenix  dactylifera  L.  68.  128. 
Pholiurus  pannonicus  Trin.  120. 
Picridium  tingitanum  Desf.  37.  72.  75. 

118. 
Picridium  vulgare  Desf.  65. 
Pinus  halepensis  Mill.  9.  15.  20.  22.  28. 

44.  48.  52.  53.  56.  76.  127. 
Pinus  pinea  L.  9.  15.  127. 
Piptatherum  coerulescens  P.  B.  73.  98. 

117. 
Pistacia  lentiscus  L.  21.  29.  34.  42.  49. 

56.  63.  98.  103.  113. 
Plantago  albicans  L.  25.  27.  33.  55.  66. 

73.  74.  80.  104.  117. 

Plantago  carinata  Schrad.  14. 

r,        coronopus  L.  10.  11.  32.  65. 
68.  96.  116. 
Plantago  cynops  L.  10.  11.  43.  56. 

lagopus  L.  19. 45. 56. 68. 96. 117. 
„        maritima  L.  45.  58. 
„        Psyllium  L.  25.  37. 
„        recurvata  L.  14. 
„        subulata  L.  14. 


Platj'capnos  spicatus  Beruh.  55.  65.  66. 
Poa  bulbosa  L.  53. 
Polycarpon  tetraphyllum  L.  37. 
Polygala  calcareum  F.  Schultz  30. 
,        monspeliaca  L.  67.  96. 
„        rupestris  Pourr.   40.  42.  46. 
53.  57.  60.  67.  73.  74.  80.  122. 
Pol.ygonum    equisetiforme    Sibth.     80. 

104.  117. 
Polykultur  128.  137. 
Populus  alba  L.  15.  17.  20.  127. 

,        canescens  Sm.  16. 
Posadas  77.  79.*   Tafel  V.* 
Posidonia  oceanica  (L.)  Del.  39. 
Potentilla  anserina  L.  32. 

„         caulescens  L.  31.  47. 
,         opaca  L.  30. 
Poterium  ancistroides  Desf.  47.  50.  60. 
Prunus  spinosa  L.  9.  16. 
Psoralea  biturainosa  L.  46.  67.  72.  74. 

117. 
Puccinia  Buxi  DC.  28. 
Pulicaria  arabica  Cass.  121. 
Punica   granatum  L.    16.  38.  41.   129. 

131.  135.  138. 
Puszta  106.  109. 

Quercus  coccifera  L.  9.  21.  24.  29.  34. 
40.  42.  46.  51.  53.  56.  63.  97. 103. 113. 
Quercus  ilex  L.  9.  15.  28.  29.  127. 
„        lanuginosa  Lam.   15.  16.  127. 
suber  L.  13.  15.  127. 
Ramondia  pyrenaica  Rieh.  31. 
Ranunculus  demissus  DC.  120. 
„  gramineus  L.  46. 

„  V.  luzulaefolius    Boiss.  51. 

V.  V.  scorzoneraefolius 

Freyn  30. 
Ranunculus  parviflorus  L.  37. 
Rapistrum  rugosum  (L.)  Bergeret  75. 
Rebenkultur  127.  137. 
Regadio  131.  137. 
Reisbau  129. 
Reseda  25. 

,       alba  L.  19.  53.  55.  74.  96. 115. 
117. 
Reseda  Gayana  Boiss.  66.  96.  122. 
„       leucantha  Hegelm.  74.  96.  123. 
lutea  L.  18.  96.  115. 
phyteuma  L.  19.  31.  65.  67.  96. 
116. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittel meerküste. 


153 


Khagadiolus  stellatus  (L.)  DC.  56. 
Khamnus  alaternus  L.  20.  24.  29. 

,         v.balearicaWk.  34. 

48.  49.  53. 
Rhamnus  lycioides  L.  34.  35.  38.  40. 

42.  46.  48.  56.  63.  73.  98.  103.  104. 

113.  122. 
Roemeria  hybrida  (L.)  DC.  65.  75. 
Rosa  Pouzini  Tratt.  v.  micrantha  Sm.  29. 

,     sempervirens  L.  49. 
Rosmarinus  ofticinalis  L.  15.  20.  23.  29. 

34.  39.  42.  48.  53.  55.  56.  58.  80.  98. 

103.  114. 
Rosmarinus  ofticinalis  fl.  albo  80. 
Rubia  peregrina  L.  21. 28. 42.  49.  53.  55. 
Rubus  amoenus  Port.  42.  49.  53.  63. 

113.  117. 
Ruderalriora  31.  32.  37.  46.  55.  65. 
Rumex  bucephalophorus  L.  70.  74.  96. 
Ruscus  aculeatus  L.  29.  34.  49. 
Ruta    chalepensis    L.    v.    angustifolia 

(Pers.)  Wk.  35.  40.  49.  53.  67.  73.  74. 

76.  114.  117. 
Rutenptianzen  144. 

Satrankultur  19. 

Saftptlanzen  =  Sukkulenten  105. 

Salicornia  fruticosa  L.  104.  106.  110. 

115. 
Salicornietum  113. 
Salvia  pinnata  L.  121. 

r      verbenaca  L.  19.  35.  40.  55. 
Salzsteppen  110. 
Saudsteppen  110. 
San  Miguel  72.    Tafel  IV  Fig.  6.* 
Santolina  chamaecyparissus  L.  55. 
Saponaria  ocymoides  L.  29. 
Sarcocapnos  enneaphylla  DC.  31,  70. 
Sarothamnus  scoparius  (L.)  Wimmer 

16.  23. 
Satureia  graeca  L.  24.  33.  38. 

,  ,        V.    micrantha    (Brof.) 

Briq.  42.  43. 
Satureia  obovata  Lag.  59.  61. 
Saubohnen  =  Vicia  faba  L. 
Saxifraga  catalaunica  Boiss.  31. 
Scabiosa  maritima  L.  38. 

,        saxatilis  Cav.  47.  59.  61. 
Scandix  pccten  veneris  L.  45. 
Schiltliütten  76.*    Tafel  X  Fig.  17.* 
Schöpfwerke  133. 


Schuppenblätter  104. 

Scorpiuius  subvillosa  L.  .33.  42.  54.  55. 

65.  74.  96. 
Scorzonera  laciniata  L.  33. 

,        V.  intermedia  G.G. 

81. 
Scrophularia  peregrina  L.  25. 
Scutellaria  orientalis  L.  121. 
Secano  131.  137. 
Sedum  altissimum  Poir.  10.  25.  43.  50. 

53.  63.  106. 
Sedura  dasyphyllum  L.  45.  50. 
Selaginella  denticulata  Spring.  48. 
Senecio  linifolius  L.  55.  57.  61.  66.  68. 

103.  114.  122. 

Senecio  vulgaris  L.  10.  11.  46. 

,  „     f.  villosusRiklif.nov.46. 

Sesleria    coerulea    L.   s.  sp.  calcarea 

Celak.  31. 
Sherardia  arvensis   L,  18.  32.  37.  40. 

68.  97.  117. 
Sickerwerke  134. 
Sideritis  glauca  Cav.  73.  98.  104. 
Sideritis  leucantha  Cav.  v.  paucidentata 

Wk.  68.  70.  73.  74.  98.  103.  122. 
Sideritis  romana  L.  31.  72.  74.  96. 
,        Riklii  Briq.  spec.  nov.  (1907) 
54.*  55. 
Sideritis  spinosa  Lam.  98. 
Silene  colorata  Poir.  38.  42.  49.  67. 
„      crassicaulis  Wk.  31. 
,      rosularis  Coss.  31. 
,      rubella  L.  65. 
„      sericea  105. 
Silybum    Marianum    (L.)    Gaertn.    10. 

19.  37. 
Sklerophyllie  103. 
Smilax  aspera  L,  10.  28.   35.   42.   49. 

51.  56.  59. 
Smilax  balearica  Wk.  49. 
Sisymbrium  irio  L.  65. 

,  officinale  (L.)  Scop.  10. 

„  polyceratium  L.  75. 

Solano  85.  130.' 
Solanum  melongena  L.  129. 

„        nigrum  L.  v.  rubrum  Mill.  20. 
Sonchus  tenerrimus  L.  37.  46. 
Sorbus  domestica  L.  16. 
Spartium  junceum  L.  21. 
Spergularia  marina  Wk.  115. 


t54 


M.  Rikli. 


Spergularia  media  (L.)  Pers.  65.  67.  116. 

rubra(L.)Pers.  67. 115.116. 

Sphenopus  divaricatus  (Gouan)  Rchb. 

65.  117. 

Statice  caesia  Gird.  80.  124. 

,       echioides  L.  70.  96.  115.  119. 

,       liraonum  L.  74. 

„  ,        v.macrocladaBoiss.66. 

„       serotina  Rchb.  QQ. 

,       sinuata  L.  115. 

,       Thouini  Viv.  m.  96.  117. 
Stauwerke  132. 

Stellaria  media  (L.)  Cirillo  18.  45. 
Steppengräser  98. 
Steppenflora  61.  m.  71.  115. 

(Biologie)  95. 
Steppeninseln  61.  76. 
Steppenpflanzen  61. 
Steppenreste  64.  65.  QQ. 
Steppen  Südrusslands  107.  108. 
Strandfelsen  13. 
Strandflora  38.  58.  114. 
Stupa  parviflora  Desf.  m.  69.  70.  98. 

99.  100.*  117. 
Stupa  tortilis  Desf.  m.  69.  70.  78.  96. 

98.  99.*  117. 
Suaeda  fruticosa  (L.)  Forsk.  66.  67.  80. 

103.  106.  115.  117. 
Südfrüchte  130. 
Südmediterrane  Arten  38.  40.  43.  55. 

73.  118. 
Süssholz  131. 
Sukkulenten  58.  104. 

Talajots  41. 

Tamarix  africana  Poir.  39. 

gallica  L.  39.  75.  80. 104.  110. 
118. 
Tamus  communis  L.  51. 
Tarragona  32  ff. 
Teucrium  buxifolium  Sclireb.  72.  103. 

124. 
Teucrium  Freynii  Rev.  68.  124. 
r,         marum  L.  42.  43. 

polium  L.  29.  42.  49.  51.  58. 

74.  76.  103.  104.  117. 

Teucrium  polium  s.  sp.  capitatum  (L.) 

Briq.  57.  68.  73.  81.  114. 
Teucrium  pseudochamaepitys  L.  40.  55. 

66.  m.  70.  73.  74.  104.  122. 
Teucrium  pyrenaicum  L.  31. 


Thalictrum  tuberosum  L.  49.  60. 
Thamnolia  vermicularis  Ach.  48. 
Thesium  divaricatum  (Jan.)  DC.  74. 
Thrincia  hispida  Roth.  56. 
Thymelaea  tinctoria  Endl.  34.  36. 
Thymiantomillares  57. 
Thymus  longiflorus  ßoiss.  64.  124. 

vulgaris  L.  24.  33.  34.  35.  39, 
41.  42.  46.  49.  53.  57.  58.  63.  67.  73. 
74.  76.  80.  103.  112.  114.  118. 
Thymus  zygis  L.  74.  80.  103.  112. 115. 

122.  126. 
Tibidabo  17  ff. 
Tomaten  129. 

Tomillares  32.  34.  42.  58.  76. 
Torilis  nodosa  (L.)  Gaertn.  68.  116. 
Tortella  squarrosa  (Brid.)  Limp.  50. 
Trifolium  Bocconi  Sav.  38. 
,  fragiferum  L.  57. 

,  incarnatum  L.  128. 

stellatum  L.  37.  43.  67.  70. 
95.  96.  117. 
Triticum  turgidum  L.  130.  137. 

,        vulgare    L.    v.    tetrastychon 
131.  138. 
Tulipa  australis  Lk.  v.  montana  Wk.  31. 
Ulex  australis  Clem.  13.  16.  21.  24.  26. 

29.  34.  35.  40.  41.  42.  49.  53.  56. 
Ulmus  campestris  L.  16. 
ülva  lactuca  L.  36. 
Umbilicus  pendulinus  DC.  37.  49. 
Urbarmachung  der  Steppen  135. 
Urginea  scilla  Steinh.  40.  42.  49.  51. 

53.  58. 
Uropetalum  serotinum  Ker.  27.  72.  74. 

97.  114.  122. 
Urosperinum  Dalechampii  (L.)  Desf.  57. 
„  picroides    (L.)   Desf.  43. 

68.  97.  118. 
Urtica  membranacea  Poir.  37. 
Ustilago  Avenae  Pers.  75. 
„        Jensenii  Rostr.  75. 
,        Sacchori  Rabenh.  80.  , 

Vaillantia  muralis  L.  34.  68.  70.  97. 

hispida  L.  43.  45.  72.  97. 118. 
Verbascum  sinuatum  L.  33.  37.  45.  57. 
Verbreitungselemente  125. 
Veronica  chamaepitys  Griseb.  121. 
digitata  Vahl.  121. 
,         cymbalaria  Bod.  10.  19. 


Botanische  Reisestudien  von  der  spanischen  Mittelmeeiküste. 


155 


Yiburnum  tinus  L.  15.  23.  28.  29. 
Vicia  angustifolia  All.  v.  amphicarpa 

Boiss.  66.  96,  117. 
Vicia  ervilia  (L.)  Willd.  41.  76. 

,      faba  L.  41.  52.  129.  130.  131. 

,      hybrida  L.  37.  75. 

,      lutea  L.  V.  hirta  (Balbis)  Boiss.  55. 

„      peregrina  L.  55. 

,      sativa  L.  v.  obovata  Ser.  55. 
Viola  arborescens  L.  42.  44.  53.  57.  60. 

67.  122. 
Viola  odorata  L.  53. 

,      Willkomraii  Roera.  31. 
Viscum  cruciatum  Sieb.  120. 
Waldkulturland  127. 
Wälder  15. 


Wasserrad  133.   Tafel  XII  Fig.  19.* 
Westmediterranc  Arten  35.  41.  43.  55. 

118. 
Wicke  76. 
Wiesen  29. 
Withania  frutescens  Pauq.  69.  73.  74. 

97.  122. 
Wüstensteppen  107. 
Xerosukkulenten  106. 
Zollikoferia  pumila  (Cav.)  DC.  73.  75. 

123. 
Zollikoferia  resedifolia  Coss.  73.  75. 

80.  103.  118. 
Zwergpalme  35. 
Zwergstrauchformation  97. 
Zwiebelgewächse  97. 


über  die  zahlentheoretischen  Formeln  Liouville's. 

Von 

Ernst  Meissner. 


Einleitung. 

In  den  Bänden  III,  IV,  V,  IX  und  X  der  zweiten  Serie  des 
Journal  de  mathematiques  pures  et  appliquees  hat  J.  Liouville  unter 
•dem  Titel :  «  Sur  quelques  formules  generales  qui  peuvent  etre  utiles 
dans  la  theorie  des  nombres  »  eine  Reihe  von  18  Artikeln  veröffent- 
licht. Dieselben  enthalten  etwa  60  Formeln,  welche  zahlreiche  zahlen- 
theoretische Anwendungen  gestatten,  für  welche  aber  Liouville  selbst 
keine  Beweise  publiziert  hat.  Erst  über  zwanzig  Jahre  später  hat 
P.  Pepin  in  einer  eigenen  Abhandlung  einen  Teil  derselben  bewiesen 
(Formules  d'analyse  utiles  dans  la  theorie  des  nombres.  Journal  de 
math.  ser.  4,  T.  IV,  1888).  Es  sind  dies  im  wesentlichen  vier  Formeln, 
aus  denen  sich  aber  alle  Grleichungen  ableiten  lassen,  die  in  den  ersten 
fünf,  dem  17.  und  dem  18.  Artikel  angegeben  sind.  Auch  die  Formel 
(L)  des  6.  Artikels  ist  in  ihnen  enthalten. 

Die  vorliegende  Arbeit  hat  den  Zweck,  die  sämtlichen  in  den 
10  Artikeln  VII  bis  XVI  publizierten  Formeln  herzuleiten.  Uner- 
ledigt bleiben  wesentlich  nur  noch  die  zwei  Formeln  (N)  und  (Q) 
des  6.  Artikels,  welche  sehr  spezielle  Fälle  allgemeinerer  Relationen 
zu  sein  scheinen.  Ausser  den  erwähnten  beweise  ich  drei  weitere 
von  Liouville  angegebene  Gleichungen,  welche  mehrere  der  in  den 
« formules  generales »  enthaltenen  in  sich  schliessen. 

Um  die  Brauchbarkeit  der  Formeln  zu  zeigen,  wird  zum  Schluss 
in  §  10  eine  Klassenrelation  bewiesen.  Zwei  Sätze,  welche  Halphen 
im  Bulletin  de  la  societe  math.  de  France  (Bd.  6)  veröffentlicht  hat, 
lassen  sich  als  Spezialfälle  Liouville'scher  Formeln  (der  Gleichungen 
VIII  8  und  IX  g)  darstellen,  worauf  mich  Herr  Prof.  Hurwitz  auf- 
merksam machte. 


über  die  zahlentheoretischen  Formeln  Liouville's.  15T 

Um  den  Umfang  dieser  Arbeit  nicht  allzu  stark  auszudehnen,, 
habe  ich  aber  jene  Deduktion,  die  Herleitung  der  Jakobi-Eisen- 
stein'schen  Sätze  über  die  Zerlegungen  einer  beliebigen  Zahl  in  vier 
und  8  Quadrate,  sowie  weitere  auf  spezielle  quadratische  Formen 
von  3  und  4  Variablen  bezügliche  Anwendungen  Liouville'scher 
Gleichungen  unterdrückt. 

Herrn  Prof.  Dr.  Hurwitz,  meinem  hochverehrten  Lehrer,  sage 
ich  herzlichen  Dank  für  seine  Ratschläge,  sowie  für  das  wohlwollende 
Interesse,    mit   dem    er   das   Entstehen    dieser   Arbeit    begleitet   hat^ 


§  1. 

Der  Formel,  welche  Gegenstand  dieses  ersten  Paragraphen  sein 
soll,  liegen  zwei  verschiedene  Zerlegungsarten  der  positiven  Zahl  m 
zu  Grunde. 

Die  erste  derselben  ist  durch  die  Gleichungen 

m  =  m"^  -\-  m"  (!)• 

m"  =  2«"  •  d"  ■  d"  (l'> 

gekennzeichnet.  Hiebei  bedeuten,  wie  überall  im  folgenden,  alle 
Buchstaben  ganze  Zahlen,  m" ,  d"  und  d"  sind  positiv,  d"  und  d" 
ausserdem  ungerade,  sodass  a"  der  Exponent  der  höchsten  in  m" 
enthaltenen  Potenz  von  2  ist.  Die  Zahl  ni  unterliegt  keiner  weitern 
Bedingung. 
Unter 

5  (x,  A,  /i,  v) 

verstehen  wir  eine  Funktion  von  vier  Variablen,  welche  für  alle  zur 
Anwendung  gelangenden  (immer  ganzzahligen)  Argumentwerte  defi- 
niert ist,  und  den  Bedingungen 

5  (Jt.  ^1  ^,  1^)  =  i^  (—  ii^  K  ^,'^)  =  i^  (^,  —  ^,(^,v)  =  ^  (a,  A,  —  ^,  v) 

^  (x,  A,  fi,  —  v)  =  —  5  (>c,  X,  ^,  v)  (2> 

genügt. 

Nunmehr  summieren  wir  die  Ausdrücke 

(—  1)'""-'  •  ^  (2""  d"  +  m,  d"-2m',  2""  d"  +  m  -  6",  d")   (3> 

bei  festem  m  über  alle  Lösungen  der  Gleichung  (1'),  und  addieren 
alle  auf  diese  Weise  für  die  verschiedenen,  der  Gleichung  (1)  ge- 
nügenden Wertsysteme  {m  ,  m")  gebildeten  Summen. 


158  Ernst  Meissner. 

Das  Resultat  dieser  Operation  schreiben  wir  in  der  Form 

Ä,  =  ^  (-1)"'"-'  .  g:  (2""(Z"  +m',  d"-2m',  2^"'  d"^m-d",  d")  (4) 

?«  =  »»'■'' +  2°"-  d"  ■  ö" 

und  behalten  eine  entsprechende  Art  der  Bezeichnung  auch  für  das 
weitere  bei. 

Wir  betrachten  ferner  die  durch  die  Gleichung 

m  =  m^  -\-2d^-  d^  (5) 

gegebene  Zerlegung  der  Zahl  m.  Es  soll  hiebei  m^  irgend  eine 
positive,  negative  oder  verschwindende  ganze  Zahl  sein;  d^  und  d^ 
seien  positiv,  d^  ausserdem  nur  ungerade.  Zwei  Lösungen  (ni-^^,  d^,  ög) 
und  (m^,  d^,  d^)  von  (5)  sind  als  verschieden  zu  betrachten,  wenn 
nicht  gleichzeitig  die  drei  Gleichungen 

m^  =  m[ ;       d^^  =  d^',       ^2  "=  ^2 

erfüllt  sind.  Die  über  sämtliche  Lösungen  der  Gleichung  (5)  erstreckte 
Summe  der  Ausdrücke 

%  (?Hi,  2(^2  +  ^2,  2d^  —  w?i  —  Ö2,  —  2c?2  +  2)«!  +  da) 
ist  nach  vorigem  mit 

^2-=^^  0'*i ,  2  6/2  +  Ö2,  2  ^2  -  m,  -d„  -2d,-h2  m,  +  ^2)     (6) 

m  =911"  +  2<Z2Ö2 

zu  bezeichnen. 

Endlich  definieren  wir  noch   das  Symbol   «  (x)   durch  die  Fest- 
setzungen : 

co(x)  =  1,    wenn  x  Quadrat  einer  ganzen  Zahl, 
C3  (jf)  =  0,    wenn  dies  nicht  der  Fall  ist. 

Diese  Definition  soll  auch  für  die  folgenden  Paragraphen  Gültigkeit 
haben. 

Die  Liouville'sche  Formel,  die  hier  abgeleitet  werden  soll,  schreibt 
sich  nunmehr  in  der  Form : 

S=Si-hSo^  =  (o  (m)  .  2  ^•j^/^  2  VwT-  i,  i  -  im^  i)         (7) 

«•=1,3,5,  .  ..  (2  V«i  -1). 

Ihrem  Beweis  schicken  wir  zunächst  einige  Bemerkungen  voraus. 
Der  Anblick  der  Ausdrücke  (4)  und  (6)  lehrt,  dass  in  jedem 
Gliede  der  Summe  S  das  erste  Argument  der  Funktion  Q"  ('^>  ^,  ^1  v) 
gleich  der  Summe  der  beiden  letzten  Argumente  ist,  sodass  %  nur 
in  der  Form 


über  die  zahlentheoretischen  Formeln  Liouville's. 


159 


+  5  (/i  +  V,  A,  (i,  v) 

auftritt.  Aus  den  über  rfg  ^^^  ^"  gemachten  Voraussetzungen  folgt 
ferner,  dass  A  und  v  nur  ungerade  Werte  annehmen.  In  Si  ist  i' 
ausserdem  immer  positiv.  Die  Summe  S  soll  nun  dadurch  ausgewertet 
werden,  dass  untersucht  wird,  wie  oft  das  Glied 


Of  (?/  +  2,  X,  y,  z) 


(8) 


darin  auftritt,  wenn  x,  y,  z  irgend  welche  feste  ganze  Zahlen  bedeuten. 
Sind  X  und  z  gerade,  so  tritt  ein  Term.  (8)  überhaupt  nicht  auf; 
wir  nehmen  daher  gleich  an,  x  und  z  seien  ungerade,  d.  h. 

X  =  1     (mod  2)         s  =  1     (2)  (9) 

In    der   Summe   8^    tritt    das    Glied  i^  {y  -}-  z,  x,  y,  z)  so  oft  auf, 
als  das  Gleichungssystem 

ö"  —  2m'  =  X 

2  all    -,1t      1  /  et) 

d    -\-  m  —  0    =  y 

ö"  =  z 
m  =  m^  -\-  2°'"  d"  •  d" 

Lösungen  besitzt,  welche  den  anfangs  gestellten  Forderungen  d"  und 
d"  betreffend,  genügen.     Dieses  System  ist  äquivalent  mit 

2  m'  =  z  —  X 
d"  =  z 
2-2""  d"  =  X  +2?/  +  s 

4«!  =  x'-^iyz-^  32- 


also  mit  denjenigen  Lösungen  der  Gleichung 

4  m  =  X"  -\-  4:  y  ■  z  -{-  '^  z^ 


welche  die  Bedingungen 


2>  0  \ 


(A) 


(B) 


a:;  +  2  ?/  +  2  >  0  / 
erfüllen.    Umgekehrt  entspricht  jeder  solchen  Lösung  eine  Zerlegung 

m  =  in-  +  2°  '  d"  •  ö" 
für  w^elche  in  ^S*!   das  Summenglied 

{—iy""'^%{y^z,x,y,z) 
auftritt,  welches  wegen 

m"  ~  2""  .  d"  (2) 


160  Ernst  Meissner. 

die  Form 

i-iy^-^-'-^iy-h^,  X,  y,  z)  (10) 

annimmt. 

Wenn  keine  Lösungen  von  (A)  existieren,  für  welche  z>0  würde, 
so  tritt  kein  Glied  (8)  in  S^  auf.  Im  andern  Falle  gibt  es  sicher  eine 
Lösung  von  (A),  für  die  x  und  z  positive  ungerade  Zahlen  X  resp.  Z 
sind.  Ihr  ist  eindeutig  umkehrbar  die  Lösung  ( —  X,  y,  +  Z)  zuge- 
ordnet, und  die  Bedingungen  (B)  gehen  für  zwei  solche  korrespon- 
dierende Lösungen  über  in 

Z+2^  +  Z>0     resp.     —  Z+2z/  +  Z>0. 

Die  entsprechenden  Summenglieder  in  Sy  sind  wegen  (2)  von  der  Form 

und  zwar  tritt  das  Plus-Zeichen  auf,  wenn  die  Lösung  (X,  y,  Z)  von 
(A)  einem  der  Bedingungssysteme 

Z+2z/  +  Z>0         \.^.  —X-h2y-}-Z>0        Kg  x 

X-h2y-hZ=2{4:)  I  ^   '^  — Z-4-2?/  +  Z=2(4)  |  ^   '^' 

das  Minuszeichen,  wenn  sie  einer  der  Bedingungen 

Z+2y/4-Z>0         I    -gs  -X^2y-hZ>0        Ig. 

Z+2?/-hZ=0(4)  )  ^   '^  — Z+2y  +  Z=0(4)  I  ^   ' 

genügt. 

Die  Forderungen  (B^)  resp.  (Bg)  sind  aber  in  den  Forderungen 
(Bi)  resp.  (B3)  enthalten,  da  nach  (9) 

2X=2   (4), 

und  die  Glieder,  welche  durch  zwei  solche  Systeme  gleichzeitig  er- 
zeugt werden,  heben  sich  des  verschiedenen  Vorzeichens  wegen  fort. 
Man  kann  sich  also  auf  diejenigen  Lösungen  von  (A)  beschränken,  für 
welche  entweder 

X^2y-hZ>0        ]  X-^2y  +  Z>0        ] 

Z  +  2^  +  ^=2(4)     (B;)      oder    Z-f- 2^  +  ^=0  (4)     (B3) 

X  —  2y  —  Z>0        J  Z— 2^  — ^>0        I 

erfüllt  ist.  In  der  letzten  Ungleichung  von  (Bg)  ist  das  Gleichheits- 
zeichen weggelassen  worden,  da  es  wegen  der  darüber  stehenden  Kon- 
gruenz nicht  auftreten  kann.     Im   Falle  (B^')  tritt  in  S-^  das  Glied 

^{y-\-Z,X,y,Z) 

mit  dem  positiven,  im  Fall  (Bg)  mit  dem  negativen  Zeichen  auf. 


Ülier  die  zalilentheoretischen  Formeln  Liouville's.  161 

Dieselbe  Untersuchung  wie  für  S^  führen  wir  nun  auch  für  die 
Summe  (6)  aus. 

In  S.y  tritt  3"  (//  +  ~,  X,  ?/,  z)  so  oft  auf,  als  mit  den  Vorausset- 
zungen verträgliche  Lösungen  des  Systems 

2  cL  -hd^  =  x  I 

2  rf,  —  i^h  —  ^3  ="  Z/       ( 
—  2^  +  2  m,  -+-d,^z]  ^ 

vorhanden  sind.     Dieses  ist  aber  äquivalent  mit 

^'^1  =  //  +  < 

2  6,  =  x~  2//  —  ;- 

4:dc,  =  X  -\~  2y  -{-  z 

4:))i  ^=  x^  -r-  4  1/  z  -\-  '3  z^ 

d.  h.  mit  dem  Inbegriff  der  Lösungen  der  Gleichung  (A),  für  welche 

X  —  2//  —  z>{)        j 

ic  +  2?/-t-z->0  (C). 

,r-r-2.y  +  s  =  0(4)! 

Sind  X  und  Z  wieder  positive,  ungerade  Zahlen,  so  entspricht  der 
Lösung  (X,  y,  Z)  von  (A)  ein-eindeutig  die  Lösung  (X,  — //,  —  Z). 
Aus  (C)  ergibt  sich,  dass  x  überhaupt  nur  jDositive  Werte  X  an- 
nehmen kann.     Für  die  Lösungen 

{X,ij,Z)         resp.         (X,—y,—Z) 

werden  die  Bedingungen  (C)  zu 

X—2y  —  Z>0        I  X+2?/  +  ^>0        ] 

X-\-2y-^Z>0  (Ci)       resp.       X-  2y  —  Z>0        [  (Cg) 

X+2?/  +  ^=0(4)  J  X+2?/+Zee2(4)  I 

und  jeder  Lösung  (C, )  von  (A)  entspricht  in  So  der  Term 

^(y-^rZ,X,y,Z), 
jeder  Lösung  (C^,)  aber  das  Glied 

^i-y-Z,X,-!j,-Z)  =  -^^{y-^Z,X,y,Z). 

Vergleicht  man  nun  die  Bedingungen  (C^)  und  (Cg)  mit  den  bei  der 
Betrachtung  von  *S\  erhaltenen  Systemen  (Bj)  und  (Bg),  so  erkennt 
man,  dass  (Bg)  mit  (Cj)  identisch  ist,  und  dass  auch  (C.,)  mit  (Bj) 
übereinstimmt,  wenn  man  nur  in  (B^')  vom  Gleichheitszeichen  der 
letzten  Ungleichung  absieht.    Jede  Lösung  (X,  //,  Z)  von  (A),  für  die 

X— 2//  — Z=h  0 
genügt  also  keinem   oder  zweien  der  Systeme  (B^),  (C,);   (Bg),  (Cj), 
und   erzeugt  im   letztern  Falle   in  S  denselben  Term   zweimal,   aber 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  .52.     1907.  11 


162  Ernst  Meissner. 

mit  verschiedenen  Vorzeichen.  Ihr  Beitrag  an  die  Summe  S  ist  da- 
her in  allen  Fällen  gleich  null,  und  sie  braucht  nicht  weiter  berück- 
sichtigt zu  werden. 

In  aS*  bleiben  nur   noch   diejenigen  Glieder   übrig,    die    durch    die 
Lösungen  (B^)   von  (A)  erzeugt  werden,  für  welche 

X—2i/--Z=Q.  (11) 

(A)  geht  dann  aber  über  in 

m^iy-^^Zy  (AJ 

woraus  ersichtlich  ist,  dass  derartige  Lösungen  nur  dann  existieren, 
wenn  m  eine  Quadratzahl  ist.  Wenn  dies  nicht  der  Fall  ist  (w {m)  =  0) , 
so  zerstören  sich  sämtliche  Glieder  in  jS*,  und  die  Formel  (7)  ist  be- 
wiesen. 

Ist  aber  m  eine  Quadratzahl,  also  C3{m)  =  l,  so  geht  wegen  (11) 
das  Bedingungssystem  (B^')   über  in 


und  wegen  (A')  wird 


Z+2y/  +  ^>0l  ,ß„. 
X  —  2?j  —  Z>()l^   ^' 

X=2  im-  Z  ] 

y  =  im  —  Z     !•  (12) 

ij^-Z^im  J 

Man  erhält  aber  alle  Lösungen  von  (A'),  die  (B^')  erfüllen  und  jede 
nur  einmal,  wenn  Z  alle  ungeraden  Zahlen  i  von  1  bis  [2]  m — l) 
durchläuft.     Sie  Summe  8  wird  daher 

8  =^  S  (V^  2  V«r—  Z,  i'm  —  Z,  Z)     oder 
8  =  a  (^m)  -^  i^  (y>w,  2  ^»1  —  /,  ^m  —  i,  i) 

i=l,3,...(2V«<— l) 

womit  der  Beweis  der  Formel  (7)  auch  für  diesen  Fall  geleistet  ist. 
Mit  Benützung  der  Gleichungen  (2)  kann  sie  leicht  in  die  Form  ge- 
bracht werden: 

^  (_  i)'""-i  c^  (2«'  d"-\-  m,  d"~  2  m,  2""  d"-^  m-  Ö",  d")  - 

^  g  [ni^,  2  d.-,  -+-  d„,  2  fZ._.  —  vi^-  ö^,  2d„^-2  m^  -  ö,)  = 

=  a  {m)  •  te  Um',  2  ]'ni  —  1,  V^—  1,  l)  + 

^^{im,2]'m-3,im~3,S)-'r  •-■-h^{im,l,l-im,2im-l}]-     X(i;> 

Dies  ist  die  Hauptformel  des  10.  der  Liouville' sehen  Artikel.') 

')  Liouville :  Sur  quelques  formules  .  .  .  Journal  de  mat.  T.  IV,  ser.  "2.  pg.  195, 


über  die  Zahlentheoretischen  Forniehi  Liouville's.  163 

Durch  Spezialisieren  der  Funktion  [y  (/^^  ^^ ,"  i  ^)  entstehen  aus  *  ihr 
beliebig  viele  neue  Formeln,  von  denen  hier  jedoch  nur  die  in  den 
„formules  generales"   auftretenden  behandelt  werden  sollen. 

Man  erfüllt  die  Gleichungen  (2),  d.h.  die  einzigen  Beschränkungen, 
denen  die  Funktion  5  (^^  ^^ ."?  ^)  unterliegt,  wenn  man 

^{x,L^,v)  =  Fiv) 

setzt,  wo  F{v)  eine  für  alle  auftretenden  Argumentwerte  definierte, 
ungerade  Funktion  bedeutet.  Dann  aber  geht  die  Formel  (X  v)  über 
in  die  Formel  (x)  desselben  Artikels: 

_  2(-  ir"-'F{8")  -2f{^  d,-  2  m-  ÖJ  = 

,1/  =  „/  -+  2^'' '  d' '  d' '  m  =  «/j  +  2  rfg  ö, 

=  G,{m)  [F[\)  +  i^(3)  -^  •  .  •  -f  i^(2)  ;7-  1)}.  (X  x) 

Ist/(/£,A)  eine  für  alle  zur  Anwendung  gelangenden  Argumente 
definierte  gerade  Funktion  bezüglich  jeder  ihrer  Veränderlichen,  so 
befriedigt  der  Ansatz : 

5  (x,  i,  ft,  v)  =  vf% ;.) 

die  Bedingungen  (2).  Die  Formel  (X  v)  verwandelt  sich  dabei  in  die 
speziellere  Beziehung : 

^  2i-  ir""'-  Ö"./(2«'VZ"H-  m',  ö"-  2  )m')  -^  (2  d.,~8,^f{m^,  2  f/.^+  dj  == 

=  in'  -  -r  2"' '  (f '  ö  '  )ii  =  ;Mj  +  2  rf,  6., 

=  « (m)  {f{im,2]/m-  l)  -^-  3/(1^;  2 Vm  -  3)  H h  (2 Vm  -  l)/(V^ l)}     (Xri) 

welche  unter  [t])  ebenfalls  im  10.  Artikel  angegeben  ist.  Hiebei  ist 
die  Summe 

welche  zunächst  auf  der  linken  Seite  der  Gleichung  auftritt,  unter- 
drückt worden.  Ihr  Wert  ist  null,  da  sich  ihre  Glieder  des  doppelten 
Vorzeichens  von  ni^   wegen  gegenseitig  zerstören. 

Wenn  die  gerade  Funktion /(x,A)  in  Bezug  auf  das  erste  Argu- 
ment x  konstant  ist,  so  geht  [r])  in  die  ebenfalls  dem  10.  Artikel  an- 
gehörende Formel  (0)  über: 

(m)  |/(2 V,^-l)  +  3/(2V»r-3)  H h  (2V^-1)/(1)}-     (X  0) 


a 


unterdrückt  man  dagegen  in  (t])  das  zweite  Argument  von  /(x,  A), 
so  erhält  man  zunächst: 


164  Ernst  Meissner. 

^(-ly"-'-  6"./(2°'V?"  +  »0  -^(2  d-ö^)f{m^)  =  (oim)  •  m  -/(l'm). 
Nun  ist  aber 

und  wenn 

gesetzt  wird,  so  ergibt  sich 

2  {2ck-ö,)f{m,)  =^  t,  (m,)/(mO 

und  durch  Einsetzen  in  die  vorige  Gleichung 

ni  =  m  ■  +  2"     fV '  •  <y '  »i  =  M"  +  2  >«.^ 

^  Co  (w)  •  m  •  f  [\ni).  (IX  t) 

Diese  Formel  findet  sich  im   9.  Artikel   von  Liouville   unter   (t)    an- 
gegeben. 

Durch  die  Spezialisierung 

5(x,A,^,r')  =  v-/(ft) 

wo  /(fO  wie  vorhin  eine  gerade  Funktion  sein  soll,    erhält  man  aus 
der  Hauptformel  (v)  die  Formel  (i)  des  10.  Artikels  in  der  Form : 

^ {-!)'"'-'.  d".f{r" •  d"^m  -  ö")  - 

-2  (2  ^2-  2  »h  -  ^2) / (2  ck  -  m,  -  a.)  = 

=  '^("01/(1— V'i^)-f- 3/(3  -  im)  -I h  (2  im  —  l)/(V/i7—  l)j  •     i^X(.) 


Weniger  einfach  ergibt  sich  aus  der  Formel  (v)  ein  Spezialfall, 
in  welchem  die  Darstellungen  der  Zahl  m  als  Summe  dreier  Quadrate 
eine  Rolle  spielt,  und  den  wir  nunmehr  ableiten  wollen. 

Da  in  {v)  das  vierte  Argument  v  der  Funktion  ^  (x,  A,  u.  v)  nur 
ungerade  Werte  anninmit,  so  ist  der  Ausdruck 

(-1/'^"^/« 

worin  /(x)  wieder  eine  gerade  Funktion  ist,  eine  gerade  Funktion 
von  A  und  n,  dagegen  eine  ungerade  Funktion  von  v.  Er  erfüllt  so- 
mit die  Bedingungen  (2),  und  kann  in  (X  1')  eingesetzt  werden.  Dann 
wird  die  erste  Summe  S^  der  linken  Seite  unter  Beachtung  der  Kon- 
gruenzen 

2'"  d"  =  m"  (2) 
ö"=:l(2) 


über  die  zahleiitheoietit^clieii  Formeln  Liouville's.  165 


ZU 


S;  =2  (-  l)""'''^f(r"d"-h-  m).  (13) 

Die  2.  Summe  So  geht  nach  einer  leichten  Reduktion  über  in 

wo  bei  festem  ui^  zunächst  über  alle  Lösungen  der  Gleichung 

»«2  =  (h  '  ^2  (15) 

zu  addieren,  und  sodann  die  Summe  aller  so  erhaltenen  Ausdrücke  über 
die  Lösungen  von 

m  =  m'^  -\-  2  ?»2  (15') 

zu  bilden  ist.    Wegen 

cL  =  ni,  (2) 
wird  daher 

^^2  =2  [/("O  (-    1)"'^-^  (-   1)^]  •  (16) 

ni  =  in'  +  2  ;«.,  11/,^  =  f7,  •  6., 

Mit  Liouville  setzen  wir  abkürzend : 

öo-l 


9('"2)=^(-l)      ^^       . 

Nach  einem  bekannten  zahlentheoretischen  Satze  (der  sich  übrigens 
auch  aus  Liouville'schen  Formeln  herleiten  lässt)  bedeutet  dann 
4  •  Q  (tUo)  die  Anzahl  der  Darstellungen  der  Zahl  2  in^  durch  die 
quadratische  Form 

X-  4-  i/. 
Mit  dieser  Bezeichnung  ergibt  sich  aus  (16): 

m  —  tu'  +  2  /«2 

Es  ist  aber 

Q  (nu)  =  0, 
wenn  die  Gleichung 

9o      I  f  f  o 

-  m2  =  s-  -h  s  - 

keine  ganzzahligen  Lösungen  hat.     Es  wird  daher 

in  —  m'  +  s-  +  s"^ 


166  Ernst  Meissner. 

und    hierin    ist    die    Summe    über    alle    Lösungen    der    angegebenen 
Gleichung  zu  erstrecken,  für  welche 

(17) 


S'-  +  8"-  >  0 

s  =  s"      (2), 

Aus 

s  ^  s" 

(2) 

folgt  aber 

2s2  =  s2  + 

s"'     (4) 

oder 

s    —          2 

-^.     (2) 

und  es  wird 

daher 

^'^.'-^^(-ly./OHO.  (18) 

m  =  n/~  +  s'^+  s"- 

Nunmehr  lässt  sich  leicht  zeigen,   dass  die  in  (17)   auftretende  Be- 
dingung 

s  =  s"     (2) 

unterdrückt  werden  darf.     Ist  nämlich 

s  +  s"  =  1     (2), 
so  liefert  die  Zerlegung 

m  =  m^^  -\-  s-  -f-  s"^ 

in  (18)  viermal  den  Term  (—  if  ■  f  (nii).    Ihr  ist,  weil  s  und  s"  ver- 
schieden sind,  ein-eindeutig  die  Zerlegung 

2  I  o"2  I  r2 

m  =  m^  4-5  -  -h  6- 

zugeordnet,    welche    in    (18)    den    entgegengesetzt    gleichen    Term 
( — 1)*  f  (jn^)  ebenso   oft  erzeugt.     Die   Summe  aller  dieser  Glieder 
hat  den  Wert  null  und  darf  somit  der  Summe  (18)  beigefügt  werden. 
Aber  auch  die  Bedingung 

S2   _^  ,,"2    >    Q 

darf  bei  Seite  gelassen  werden,  wenn  m  keine  Quadratzahl  ist,  da  in 
diesem  Falle  die  Gleichung 

m  =  ;»^  H-  0 

keine  Lösung  besitzt.     Ist   aber  m  ein  Quadrat,   so  entsteht  für  die 
Zerlegung  s  =  s  =  0;  m^  =  +  ]/  m  in  (18)  der  Ausdruck 

/('"i)+/(-"0  =  2/(Vm). 

Man  kann  somit  die  Bedingungen  (17)  aufheben,   wenn  man  auf  der 
linken  Seite  von  (18)  noch  den  Ausdruck 


über  die  zahlentheoretischen  Forniehi  Liouville's.  167 

CO  (m)  .  2  •  /  (V  «7) 
addiert.     Es  wird  dann 

2  «  (m)  . /  Um)  +  4  .^2  =  ^  (-  1)V (mj,  (19) 

wo   nun   die  Summe  der  rechten  Seite  über  sämtliche  Lösungen  der 
•Gleichung 

7)1  =  m\  -\-  s^  +  &•"- 

auszudehnen  ist. 

Die  rechte  Seite  unserer  Hauptformel  (X  v)  geht  durch  den  Ansatz : 

5(x,A,^,i.)  =  (-iy'+'^/(x) 

über  in 


R 
und  weeen 


y  m  =  m     (2) 


wird 

4  i^  =  {  2  .  /  (V^  (-  1)'"  - '  +  2  /  (j/^) } .  09  (m).  (20) 

Die  Liouville'sche  Formel  (X  v): 

Si  -{-  So  =^  R 

geht  beim  Einsetzen  der  Ausdrücke  (18),  (19)  und  (20)  endlich  über 
in  die  Beziehung:' 

4^  (-  1)-'  +  ^^  .f{r"cl"^m')  -^(-1)^/(0  = 

11/  =3  m'^  +  2«"(?"6"  M  =  s2  +  s'2  4-  s"2^ 

=-t.  (m).2.(-l)'"-^/(Vm).  (XI(,) 

Dies  ist  die  Formel  (q)  des  11.  Artikels,  aus  welcher  sich  durch 
Spezialisierung  der  Funktion  /  (x)  weitere  interessante  Resultate  mit 
Leichtigkeit  ergeben,  wie  dies  von  Liouville  im  11.  Artikel  teilweise 
gezeigt  wird. 

Wir  schliessen  diesen  Paragraphen  mit  einigen  weiterhin  auch 
gültigen  Bemerkungen  über  die  in  den  Formeln  auftretenden  Funk- 
tionen. Dieselben  sind  im  hohen  Grade  willkürlich.  Sie  brauchen 
durchwegs  höchstens  für  das  Gebiet  der  ganzen  Zahlen  definiert  zu 
sein.  Über  ihr  Verhalten  für  nicht  ganzzahlige  Argumente  ist  keine 
Voraussetzung  gemacht  worden.  Natürlich  können  alle  stetigen 
Funktionen  angewendet  werden,  die  sich  bei  Vorzeichenwechsel  ihrer 
Argumente  ändern,  wie  die  Formel  jeweilen  vorschreibt.  Man  kann 
aber  mit  Vorteil  auch  unstetige  Funktionen  gebrauchen.    So  ergeben 


108  Ernst  Meissner. 

sich  bemerkenswerte  Resultate,  wenn  man  die  gerade  Funktion 
f  (ji)  =  1  oder  0  setzt,  je  nachdem  |  x  i  grösser  oder  kleiner  ist,  als 
eine  gegebene  positive  Zahl  a.  Oder  man  setzt  /  (jf)  =  1  oder  0, 
je  nachdem  x  durch  eine  vorgeschriebene  Zahl  ^j  teilbar  ist  oder 
nicht.  Eine  weitere  Klasse  von  Spezialformeln  resultiert  auch,  wenn 
man  geeignete  Kombinationen  trigonometrischer  Funktionen  einführt; 
mit  Hülfe  der  Additionstheoreme  können  dann  die  Funktionen  zu- 
sammengesetzter Argumente  durch  solche  mit  einfachen  Argumenten 
ersetzt  werden,  wodurch  die  Formeln  an  Übersichtlichkeit  gewinnen. 


§  2. 

Die  Hauptformel,  welche  in  diesem  Paragraphen  abgeleitet  wer- 
den soll,  enthält  wieder  eine  Funktion 

^'  (jt,  A,  ^,  i>) 

von  vier  Veränderlichen,  die  aber  nunmehr  für  alle  zur  Anw^endung 
kommenden  Argumentwerte  die  Bedingungsgleichungen 

erfüllt.  Sie  bezieht  sich  ferner  auf  die  Zerlegungen  einer  positiven 
geraden  oder  ungeraden  Zahl  m  nach  der  Gleichung 

m  =  »ij  -f-  jHg  +  f^2  ■  ^3  (2) 

worin  d.^  und  d.^  positive,  m^  und  iiio  irgendwelche  ganze  Zahlen  be- 
deuten.    Ö3  soll  nur  ungerade  Werte  annehmen. 

Die  über  sämtliche  Lösungen  von  (2)  erstreckte  Summe 

S  =^  0"  (Ö3  —  2  m^ ,  (^3  -h  tUo  —  m^ ,  d..  ~\-  m.^  -h  m^  ,0^+2  m^ )     ( 3)' 

(2) 

kann,  wenn  sie  überhaupt  einen  von  null  verschiedenen  Wert  hat,  in 
eine  viel  einfachere  umgeformt  werden. 

Man  sieht  zunächst,  dass  a  und  v  immer  ungerade  Zahlen  sind, 
insbesondere  also  nie  verschwinden.  Wegen  (1)  darf  auch  A  als  von 
null  verschieden  angenommen  werden,  während  ft  sehr  wohl  den  Wert 
null  haben  kann. 

Seien  nun  x,  1/,  t  feste,  von  null  verschiedene  Zahlen;  --  sei  positiv, 
negativ  oder  null.  Wenn  die  Zahlen  x  und  t  nicht  beide  ungerade 
sind,  so  tritt  der  Ausdruck 

Q  {x,  y,  z,  t) 


über  die  zahlentheoretischen  Formeln  Liouville's. 


169 


in  der  Summe  (3)  niemals  auf.     Wir  setzen  daher  x  und  t  als  un- 
gerade voraus. 

Dann  erscheint  in  S  das  Glied  %{x^y^z,i)  so  oft,  als  das  Gleichungs- 
system 


X  ='  d. 


Im, 


U 


cU 


3  ~r-  »io  +  "^1 


z  =  d.. 


oder  das  damit  äquivalente 


2  ,n,  =  z  —  y 

ö.,  =  y  —  z  +  t 
2  nie,  ^=  y  —  X  —  z-^- 1 
2d^  =  x-^'lz  —  t 


(4) 


Lösungen  besitzt,  die  den  gestellten  Bedingungen  entsprechen,  und 
der  Gleichung  (2)  genügen.  Diese  geht  vermöge  der  Gleichungen  (4) 
über  in 

4  m  =  2  {if  -z')^x^-^^z-t  —  t^  (5) 


und  die  Voraussetzungen 

d^  >  0  03  >  0  Ö3  =  1     (2) 

sind  erfüllt,  wenn  die  Lösungen  der  Gleichung  (5)  den  Bedingungen 


x-h2z—t>0 
y  —  z-\-t>0 
y-z-ht=l   (2) 


(6) 


genügen.     Jeder   solchen   Lösung   entspricht  vermöge    (4)    eine  Zer- 
legung (2)  der  Zahl  m,  welche  in  S  den  Term 

0=  (x,  y,  z,  t) 
erzeugt. 

Wenn  die  Gleichung  (5)   überhaupt  eine  Lösung  hat,    so  besitzt 
sie  auch  immer  eine  solche,  in  welcher  ./;,  y  und  t  positive  Werte 

.Y,  Y  resp.   T 

besitzen.    Durch  Andern  der  Vorzeichen  ergibt  sich  aus  einer  solchen 
das  System  der  acht  Lösungen 

1)  X,  F,  z,  T;        2)  -A',  F,  -r,  -T;  3)  A,  -  Y,  -z,  -T;  4)  -A,  -  Y,  z,  T 
o)  X,  Y,  - -., -T;  6)  -X,  Y, z,  T;        7)  A,  - F,  z,  T;       8)  -A, - F,  -z,  -T. 


170 


Ernst  Meissner. 


Sie  sind  alle  von  einander  verschieden,  und  das  ßedingungssystem  (6) 
nimmt  für  sie  der  Reihe  nach  die  Form  an: 


K) 


X-\-2z 

—  T>0 

Y—   z 

+  r>o 

Y-    z 

+  T=1(2) 

X—2z 

+  r>o 

r+  z 

-T>0 

r+  z 

-r=i(2) 

X—2z 

4-T>0 

r+  z 

—  T>0 

Y-\-   z 

-  T=  1  (2) 

X-\-2z 

—  r>o 

Y—   z 

-^T>Q) 

Y—   z 

+  7^-1(2) 

(«g)  — 


M 


Z— 2  0 

r+  z 

-r=i(2)|  ^ 

Z+2  0 
F—   0 

r—  s 

^T^l(2)      ^ 

z+2  0 

r—  0 
r-  0 

—  T>0 

-f-T=l(2) 

Z— 2  3 

r+  0 
r+  0 

+  r>o 

—  rEEEl(2) 

(«7) 


Jeder  Lösung  («i)  bis  («§)  korrespondiert  wegen  (1)  in  «S*  das  Glied 

±  %  {X,  r,  0,  T), 

und  zwar  tritt  für  die  Systeme  a^  .  . .  a^  das  Pluszeichen,  für  («5)  bis 
(ßg)  das  Minuszeichen  auf,  was  jeweilen  am  Fuss  der  Klammer  an- 
gedeutet worden  ist.  Wenn  aber  die  Bedingungen  («g),  («4),  («7) 
resp.  («§)  erfüllt  sind,  sind  es  auch  die  Bedingungen  («5),  («g),  («1) 
resp.  («2)-  Eine  Lösung,  die  gleichzeitig  2  solchen  Systemen  genügt, 
erzeugt  aber  in  der  Summe  8  den  Term  ^  (Z,  F,  0,  J")  zwei  mal  und 
mit  verschiedenen  Vorzeichen,  und  darf  sonach  unberücksichtigt 
bleiben.  Entfernt  man  sämtliche  derartige  Lösungen  aus  den  oben- 
stehenden Systemen,  so  gehen  sie  über  in  die  folgenden: 


Z+2z  —  T>0 

Y—  z  -f-r>o 
r—  0  4-2^=1(2) 

F+  z   —T>Q 

Z  —  2  s  -+-  r  >  0 

r+  0  —T>o 

F+   z   —  r;-l(2) 
F—   0   H-r>0 


(«;) 


«) 


Z— 20  +  T>O 

F-(-  0  —  r>o 
F+  0  —  r=i(2) 
F—  0  +  r>o 

z+2c-  — r>o 

F—   z  +2^>0 

F—  0  -f-r-i(2) 
F+  0  —  r>o 


(4) 


K)- 


Die  beiden  ersten  erzeugen  den  Term 

S  (Z,  F,  3,  T) 


über  die  zahlentlieoretischen  Formeln  Liouville's. 


171 


mit  dem  positiven,  die  beiden  letzten  mit  dem  negativen  Vorzeichen. 
Da  die  linken  Seiten  der  letzten  Ungleichungen  in  allen  4  Systemen 
ungerade  Zahlen  sind,  so  darf  dort  das  Gleichlieitszeichen  weggelassen 
werden. 

Nunmehr  tritt  eine  weitere  Reduktion  in  Evidenz.  Wenn  die 
Bedingungen  («3)  resp.  (ajj)  erfüllt  sind,  so  sind  es  um  so  mehr  die 
Bedingungen  («5)  resp.  {a[).  Wie  vorhin  zerstören  sich  die  solchen 
Lösungen  der  Gleichung  (5)  entsprechenden  Glieder  in  S  des  ver- 
schiedenen Vorzeichens  wegen  paarweise,  und  es  bleiben  von  (5)  nur 
noch  diejenigen  Lösungen  zu  betrachten,  für  welche  eines  der  Be- 
dingungssysteme 


Y—    z   +r>0 

r—  -.  -+-r=i(2) 


(«;') 


X— 2  2 

r4-  z 
r+  z 

Y—   z 

X^2z 


r>o 

T=l(2) 
T>0 


(«5) 


befriedigt  wird.  Wenn  aber  in  der  letzten  Ungleichung  nicht  das 
Gleichheitszeichen  gilt,  so  sind  diese  beiden  Systeme  immer  gleich- 
zeitig erfüllt,  und  jede  solche  Lösung  liefert  an  8  keinen  von  null 
verschiedenen  Beitrag.  Man  braucht  also  nur  die  Lösungen  von  (5) 
zu  berücksichtigen,  für  welche  entweder 


oder 


X  —  2  2  +  r 
z  -+-  2  s  —  r 


ist. 


In  beiden  Fällen  nimmt  jene  dann  die  Form  an: 

2  m  =  ]f-  +  2".  (5') 

AVenn  die  Zahl  2  m,  keine  Darstellung  als  Summe  von  2  Quadrat- 
zahlen gestattet,  so  hat  (5')  keine  Lösung,  und  der  Wert  der  Summe  8 
ist  gleich  null.  Ln  andern  Falle  geht  die  Gleichung  (5')  vermöge 
der  Beziehungen 


ij  =  d^-^  m^ 

z  =  (ig  4-  i'U 


m. 


m. 


und  der  Gleichung  (2)  über  in 
woraus,  da  d^  >  0,  die  Relation 


2  ujo)  =  0 


(Zo 


'^  ))U 


hervorgeht. 


(7) 


172 


Ernst  Meissner. 


Hieraus  folgt,  dass  x  nur  positive  Werte  annimmt.    Setzen  wir  daher 

,3  - ....  ■ . ;  (7') 


so  sind  a,  b  und  s  ganze  Zahlen,  für  die  die  Ungleichungen 

0  <  2  s  +  1  <  2  n  ( 
a  >  0  I 

gelten.     Aus  den  Gleichungen  (7),  (7')  folgt  aber: 


(8) 


X  =  d^  =  2a    —-2  s 


1 

y  ■=  (l^  -\-      JHg  —  )Hj   =  a  —  h 

z  =  f?3  -j-     ni^  +  Mii  =«--(-& 
i  =03  +  2  /«i  =  2  6  H-  2  s  +  1 


(9) 


und  dann  geht  (5')  über  in 

m  =  a'  +  &^  (5") 

Die  Summe  S  endlich  erscheint  nun  in  der  Gestalt 

'S'  =  ^^  5  (2  a  —  2  s  —  1,  a  -  6,  a  +  &,  2  &  +  2  s  +  1) 

7«  =  a-  +  6'- 

wo  Über  alle  mit  (8)  verträglichen  Lösungen   der  Gleichung  (5")  zu 
addieren  ist. 

Hat  letztere  gar  keine  Lösung,  was  z.  B.  immer  der  Fall  ist,  wenn 

m  =  3       (mod.  4), 

so   ist   der   Summe   der  Wert   null   beizulegen.     Unter    dieser   Fest- 
setzung erhält  man  die  für  jedes  m  gültige  Gleichung: 

^  i^  (^3  —  2  m.,  cl^  +  yy/2  —  "^>  ^-k  +  »'2  +  »'n  ^^3  +  2  m^)  = 
=  ^9^(2«. —  2s—  1,  a  — i,  a  +  &,  2Ö  +  2S  +  1). 

s  =  0 

»I  =  «'^  +  &2 

Sie  bildet  das  Hauptresultat  des  16.  Artikels  der  «formules  generales». 
Wenn   man   an   Stelle   der  Funktion   ^  {x,  y,  s,  t)  die  bezüglich 
jeder  Variablen  ungerade  Funktion 

F{x,y,-) 

einführt,   was  mit  den  Forderungen  (1)  verträglich  ist,    so   geht   aus 
der  Hauptformel  die  Formel  (1)  desselben  Artikels  hervor: 


1)  Joiirn.  de  math.  2^  ser.,  T.  •»,  p.  389. 


über  die  zahlentheoreüschen  Formeln  Liouville's.  173 

^  F{d.^  —  2  ?»2 ,  ^3  -f-  »?._,  —  J»i  ,  fZg  +  »?2  "+"  '"l  )  = 

=  "^  F(2  a  —  2s-l,a-h,a^  b).  (XVI 1) 

Dl  =  a-  -t-  h" 

Da  hier  das  1.  Argument  nur  ungerade  Werte   annimmt,    so   ist  die 


weitere  Spezialisierung 


^  — 1 


gestattet.     Die  rechte  Seite  der  Formel  (1)  wird  dann 


a  —  \ 

s  =  0 


s  =  0 

2F{a-  h,  a  +  h)  [(-  rf-'  4-  (-  1/'--  H-  •  +  (-  1)'] 


»i  =  a-  -T-h' 


und  es  verschwindet  somit  jedes  Glied,  welches  für  gerade  Werte  von  a 
auftritt.     Man  erhält  also  die  Gleichung 

^  (—  1)    '  '  'F  (d.,  +  J//2  —  Dil ,  d-i  -f-  (»2  —  »"l  )  = 

=  2F{a-b,a^h)  (XVI 4) 

7)1  =  a-  +  h- 

wobei  rechts  nur  über  diejenigen  Lösungen  der  Gleichung 

m  =  a  -'-  0- 

zu  summieren  ist,  in  denen  a  eine  positive  ungerade  Zahl  bedeutet. 
Dies  ist  die  Formel  (4)  des  Artikels  (16). 
Setzt  man  in  der  Hauptformel  (3) 

wo  wieder   F  eine   bezgl.  aller  Argumente   ungerade  Funktion   sein 
muss,  so  ergibt  sich  die  Relation  (2)  desselben  Artikels: 

^  ly  {ö-s  —  2  m^,  ds  +  m,  —  »«i ,  ög  -f-  2  m^^ )  = 

t)i  =  nr  +  IIII  +  d^  öj 
ff  — 1 

=  ^  i^(2  a  —  2  5  -  1.  rt  —  &,  2  .^  -^  2  ft  -t- 1)  (XVI  2) 

s  =  0 
VI  =  a-  +  b- 

Da  hier  die  beiden  äussern  Argumente  ungerade  sind,  darf  die  Funk- 
tion F{.i-,i/,t)  weiter  spezialisiert  werden  nach  der  Gleichung 


F(x,y,t)  =  (-l)    2    -Fii/), 


174  Ernst  Meissner. 

worin  F{y)  wieder  ungerade  Funktion  ist.  Die  Formel  (2)  geht  dann 
nach  einigen  Reduktionen  über  in  die  am  Schluss  des  16.  Artikels  von 
Liouville  angegebene  Gleichung  (5): 

2  (- 1)"'"'  ""•  F(d,^m,  -  m J  =  (- 1)"  .^  aF(h-al    (XVI  5> 

m  =  in'  +  }>'~,  +  d   f>  m  =  a-  +  Iß 

womit  sämtliche  Formeln  des  genannten  Artikels  erschöpft  sind. 


§  3. 

Die  in  diesem  Abschnitt  herzuleitende  Formel  steht  mit  der  vorigen 
im  engen  Zusammenhang,  und  die  Beweisführung  geht  derjenigen  des 
§  2  genau  parallel. 

Es  tritt  in  ihr  eine  für  alle  zur  Anwendung  kommende  Argument- 
werte  definierte  Funktion  auf,  welche  den'  Gleichungen 

genügt. 

Die  Formel  bezieht  sich  auf  die  Zerlegungen  einer  positiven  un- 
geraden Zahl  ni  nach  der  Gleichung 

/  m  =  m\  +  4  r}K  +  2"^  +  ^  •  ch  •  8^.  (2) 

i«2  ist  hiebei  eine  beliebige,  m^  eine  ungerade  Zahl,     t/^  und  Ö^   sind 
positiv  und  ungerade,  und  der  Exponent  «3  ist  grösser  oder  gleich  null. 
Die  über  alle  Lösungen  von  (2)  erstreckte  Summe 

S---2^  (2"'  Ö3  —  2  m^ ,  C/3+  2  n^  —  m,  ,d^+2  m.^-^m, .  2"^  ög-f- m, )     (3) 

soll  ausgewertet  werden. 

Wegen  (1)  darf  man  voraussetzen,  dass  in  der  Summe  -S*  nur 
solche  Glieder  auftreten,  in  denen  die  beiden  ersten  Argumente,  und 
von  den  zwei  übrigen  wenigstens  das  eine  von  null  verschieden  sind. 
Ferner  sind  die  beiden  innern  Argumente  immer  gerade  Zahlen,  so- 
dass 3"  ii^  ^  iiur  in  der  Form 

auftritt. 

Sind  X  und  y  zwei  von  null  verschiedene,  z  und  t  zwei  nicht 
gleichzeitig  verschwindende  ganze  Zahlen,  so  tritt 

S(*,2y,2^,0 

in  der  Summe  (3)  so  oft  auf,  als  das  Gleichungssystem 


über  die  zahlentheoretischen  Formehi  Liouville's. 


175 


eis- 
cL 


2"^  dg  —  2  ««2  =  ^^ 
2^2— "'i=  2  z/ 


-  2  »»2' 
9«3  A 


in. 


2z 


;>*!  —  t 


oder  das  damit  gleichwertige: 


(4) 


'ih  =-■  —  ?/ 

2  «?2  =  y  —  X  —  z-{-  t 
d^—-  X  -\-  2 z  —  t 

Lösungen  besitzt,  welche  die  gestellten  Anforderungen  befriedigen. 
Diese  Lösungen  entsprechen  aber  eindeutig  umkehrbar  den  Lösungen 
der  Gleichung 

m^  x''~\~2tr—2z''-h4.zt  —  r%  '  (5> 


für  welche  die  Bedingungen 


y 


^  4-  s  =  1     (mod  2) 
ic  H-  ?/  =  1     (mod  2) 

2z  —  t>0 


(6) 


erfüllt  sind.  Wie  im  vorigen  J^  gezeigt  wurde,  zerfallen  aber  alle 
Wertesysteme  {x,  y,  z,  t),  die  (5)  erfüllen,  in  Gruppen  von  je  8  ver- 
schiedenen, die  wir,  wenn  X  und  Y  die  absoluten  Werte  von  ./;  und  y 
bedeuten,  in  der  Form  angeben  können : 

1)  X,  Y,  z,  t         2)  -X,  Y,  -z,  -t    3)  X,  -Y,  -z,  -t    4)  -X  -Y,  z,  t 
5)  X,  F,  -s,  -t     6)  -X,  F,  z,  t         7)  X,  -Y,z,t         8)  -X, -F,  -z,  -t 

Die  2  ersten  Bedingungen  (6)  gehen  für  alle  Lösungen  über  in 


X+^  = 

F  +  r-  = 


1(2)1 

1  (2)  r 


(«> 


die  übrigen  werden  der  Reihe  nach  zu: 


F—    z  +  ^  >  0  1 

XH-2^  — i>0  I 


M 


-t>0  \ 


Y-\~       Z       (/   ^    V      I       /         N 


-F4-  z 
X—2z 

F+  z 
X  —2z 

—  Y—   z 


t>0\      r 


t>0     J. 

^  >  0  1 

^>o  I. 

t>0  \ 


(«3) 


(«5) 


X+2  2— i>0  (_ 


(«7) 


—  F—   z  +i>0  \ 
— X-4-2^— ^>0  ). 

F—   z  4-^>0  1 
— X+2s-^>0  |'_ 

— F-1-   :=   —  ^>0  I 
— X  — 2s  +  ^>0  I. 


(«4) 

h 

(«0) 
(«s) 


176 


Ernst  Meissner. 


Alle  8  Lösungen  erzeugen  in  der  Summe  3  den  Term 

±Q(X,2Y,2z,tl 

die  ersten  vier  mit  dem  Plus-,  die  letzten  vier  mit  dem  Minuszeichen. 
Die  Bedingungen  (a^),  (a^),  (a^),  («g)  sind  gleichzeitig  mit  den  resp. 
Bedingungen  (a^),  («g),  («3)  und  (a^)  erfüllt.  Die  2  Systemen  gleich- 
zeitig korrespondierenden  Glieder  in  S  zerstören  sich  wie  im  vorigen 
Paragraphen.  Die  acht  Bedingungssysteme  reduzieren  sich  auf  die 
vier  folgenden : 


Y—   z  -+-  t>0 

F-f-  z    -  t>i) 

=       + 

F+  z    —t>{) 

—  X— 2z  +  ^>0  .  («;) 
F—  s  +  ^>0 

F+  z   —t>0 

X—  20  +  i>o  (4) 

Y—   s  +^^0 

F—  z   H--  ^  >  0 

—  X+22  —  i>0  .  (4) 
FH-  s  —  ^>0 

F—  z  +  ^  >0 

F+  2  — / >  0 

X+2s  —  ^  >0 

K') 

X—  2s  +  ^  >0 

F+  s  —  ^  >0 

F  -  2  H-  ^  >  0 

X-f-  t    —  2  ^  >  0 

X  -f  -  2  s  —  ^  >  0 

wozu  in  allen  Fällen  noch  die  Bedingungen  («)  treten.  Die  Be- 
dingungen (ß'o)  sind  in  (ßj),  die  Bedingungen  {a^)  in  {a\)  enthalten, 
und  es  tritt  in  genauer  Analogie  zum  §  2  die  weitere  Reduktion  auf 
die  2  Systeme  ein : 


(«;')• 


Wegen  der  1.  Bedingung  von  (a)  ist  die  linke  Seite  der  letzten  Un- 
gleichung bei  beiden  Systemen  eine  ungerade  Zahl,  also  sicher  von 
null  verschieden.  Mit  Ausnahme  der  Fälle,  wo  in  den  dritten  Un- 
gleichungen der  Systeme  («'/)  und  (a/)  die  Gleichheitszeichen  auf- 
treten, sind  beide  Bedingungssysteme  identisch,  und  erzeugen  daher 
Summen,  die  sich  entgegengesetzt  gleich  sind,  und  deren  Gesamt- 
beitrag an  iS'  daher  null  ist.     Ist  aber 

z=t+  Y. 


so  geht  die  Gleichung  (5)  über  in 

m  =  X^  _|-  f  =  X-  +  f. 
Vermöge  der  Gleichungen  (2)  und  (4)  wird  hieraus 


(5') 


2"^ö-    (2°^ö,-cL 


2  nu 


m, 


0 


oder 


über  die  zahlentheoretisclien  Formeln  Liouville's. 


177 


2'''ö 


3  '^•'3 

Ä 


cL  =  2  i)h 


m. 


Setzt  man  nun 


so  wird 


2"^ö,  ^-4  =  «  I 


:i.( 


(7) 
(8) 


2  }Uo  -h  "« 


X  =  4-  («  -  ß) 
2  ?/  =  «  —  2  s  —  1 

22  =  /3  +  2s+  1 

^  =  -f  («  +  /3) 


(9) 


a  und  ß  sind  dann  ungerade  Zahlen,   die  wegen   (5')   der  Gleichung 

2  m  =  «•-  +  /3'  (5") 

genügen.     Die   Gleichungen  (7)  und  (8)  zeigen,   dass  s,  a  und  ß  den 
Beschränkungen 


0  <  2  5  +  1  <  a  I 


(10) 


unterworfen  sind.    Durch  die  zweite  dieser  Bedingungen  wird  das  Vor- 
zeichen, das  man  der  Zahl  ß  in  (5")  beizulegen  hat,  eindeutig  bestimmt. 
Die  Summe  S  geht  bei  dieser  Transformation  über  in  die  über 
alle  Lösungen  von  (5")  zu  erstreckende  Summe 

«  =  ^  5(^,  «  -  2.,  -  1,  ß  +  2s  +  1,  ii±i) 

wobei  a,  ß  und  s  den  Bedingungen  (10)  genügen  müssen.  Setzt  man 
noch  fest,  dass  der  Summe  der  Wert  null  beizulegen  ist,  wenn  gar 
keine  Lösung  (5")  möglich  ist,  so  erhält  man  die  Relation : 


^  5  (2"3  ^3  -  2  ^2,  rfs  +  2  u^  -  m, ,  (^3  -4-  2  m^  +  m, ,  2'^  8, 


in  =  jH"  +  4  ml  +  -l^'s  (li  03 
«-  1 


=  J  3  ( V-.  «  -  2«  -  1,  ^  +  2.,  +  1,  ^-). 


>><i       = 


(XV  3) 


;  =  I) 
2  in  =  a-  +  ß- 


Dies  ist  die  Formel  (3)  des  Artikels  15  ^). 

Ist  i^  wieder  eine  bezüglich  aller  Argumente  ungerade  Punktion, 
so  liefern  die  Ansätze 


')  Journal  de  mat.,  ser.  2,  T.  9,  pg.  3:21. 

Vierteljahrsschrift  d.  Natnrf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.    1907. 


12 


178  Ernst  Meissner. 

%{x,y,z,t)  =  F{x,ij,z) 
resp.  0^  {x,  y,  z,t)  =  F  {x,  y,  t) 

die  zwei  speziellen  Beziehungen: 

^  F  (2^*  Ö3  —  2  »12-  äz  +  2  »?2  —  "^ '  ^3  +  2  j>?2  +  >«i ' 


(2) 


=  2F  ["^,  a-2s-l,  ß  +  2s  +  l) 


s  =  0 


^  i^  (2«^ 63  -  2  «^2,  f?3  +  2  m,  —  m^,  2"^  ^3  +  m,)  = 

s<^  (XV2) 

welche  im  15.  Artikel  unter  (1)  und  (2)  angegeben  sind^). 

Wenn  die  der  Formel  (3)  zu  Grunde  liegende  Zahl  m  von  der 
Form  4  ,u  -|-  3  ist,  so  hat  die  Gleichung  (5")  kleine  Lösung,  und  da 
in  diesem  Fall  der  Exponent  «3  der  Gleichung 

m  =  m\  +  4  ml  +  2°^  +  ^  •  d^  •  Ö3 

den  Wert  null  hat,   nimmt   die   Gleichung  (XV  3)   die  folgende   Ge- 
stalt an: 

^  ^>  (^3  —  2  5^2,  d^  +  2  ^2  —  ^>'ir  4  +  2  m^  -r-  m^,  Ö3  +  m^)  =  0. 

m  =  »i\  +  4  ,„l  +  2  fZs  Ö3  (XIV  C) 

Dies  ist  die  Formel  (C)  des  14.  Artikels-). 
Der  spezielle  Ansatz 

%  {x,  y,  z,t)  =  F  ix,  y,  2), 

wo   F  bezüglich    aller  Variablen    ungerade   Funktion   ist,    liefert    die 
Formel  (A)  des  Artikels  13: 

^  F  (ßs  —  2  »?2,  c?3  -r  2  W2  —  ^'h-:  c^3  +  2  »i^  -r  ^»i)  =  0. 
w  =  „r+i  VI  l  +  2  ch  63  (XIII  A) 

Setzt  man  hier,  da  das  erste  Argument  ungerade  ist 

Fix,y,z)={-l)~^.F(y,z\ 
so  ei'gibt  sich  die  Formel  (AJ  des  Artikels  13^): 

^  (—  1)    ^        '"'•  F  {d^  +  2)»2  —  »«1,  ds  +  2  nio  +  wj  =  0. 

m  =  ml  +  i  »q  +  2  rfs  03  (XIII  Ai ) 


')  Journ.  de  math.,  ser.  2,  T.  9,  pg.  321. 
2)  Journ.  de  math.,  ser.  2,  T.  9,  pg.  281. 
^)  Journ.  de  math.,  ser.  2,  T.  9,  pg.  249. 


über  die  zahlentheoretischen  Formeln  Liouville's.  179 

Die  zwei  letzten  Argumente  der  Funktion  F  {x,  y,  z)  in  (A)  sind 
gerade.  Bedeutet  ^  (.r,  ii)  eine  für  alle  zur  Anwendung  kommenden 
Argumente  definierte  und  den  Gleichungen 

0  {x,  «)  =  —  0  (—  X,  n)  =  O  {x,  —  ii) 

genügende  Funktion,  so  hat  der  Ausdruck 

a>(.,i^)-*(.,i^) 

^anzzahlige  Argumente,  und  ist  sowohl  bezüglich  a-,  als  bezüglich  ij 
und  z  eine  ungerade  Funktion.  Setzt  man  ihn  für  F  (x-,  y,  z)  in  die 
Formel  (A)  ein,  so  ergibt  sich  die  unter  (Ag)  im  XIII.  Artikel  ge- 
gebene Beziehung 

2  [^  (Ö3  -  2  ^2,  ^3  +  2  m^)  -  0  (Ö3  -  2  ^2,  m,)]  =  0. 

VI  =  m\  +  4  ml  +  2  rfs  Ö3  (XIII  Ag) 

Setzt  man  hier  endlich  noch 

wo  /(«)  eine  gerade  Funktion  sein  muss,  so  erhält  man  die  Relation 
(A3)  desselben  Artikels: 

(5,-  1 

^  (-  l)^^"""'-  [/(fZ3  +  2mO  -/(»O]  =  0.       ^xill  A3) 

JH  =  vr  -I-  4»«.^  +  Zdib^ 

Endlich  resultiert  aus  der  Formel  XIV  (C)  durch  die  Speziali- 
sierung 

^  {x,  xj,  z,t)  =  F  {x,  ij,  t), 

wo  F  bezüglich  x,  y  und  t  ungerade  sein  muss,  die  Formel  (B)  des- 
selben Artikels : 

2  F  {0^  —  2  m^,  ds  +  2  m^  —  m^ ,  d^  +  m^)  =  0.      ,-j^jy  gx 

»i  =  »/'  +  inil  +  2  rfs  Ö3 

Hiemit  sind  alle  im  13.,  14.  und  15.  Artikel  angegebenen  Beziehungen 
abgeleitet. 

§  4. 

Die  Hauptgleichung  dieses  Abschnittes  enthält  eine  für  alle  ver- 
wendeten Argumente  definierte  Funktion 

F  (A,  fi,  v), 
welche  den  Gleichungen 


180 


Ernst  Meissner. 


Fik,^,v) 


F  (-  ;,  }i,v)=-F{k,-fx,v)=-F  {X,  y.,-v\ 


F  (0,  fi,v)  =F  (A,  {),v)  =  F  (L  ^,  0)  =  0 


( 


(1> 


genügt.    Sie  bezieht  sich  ferner  auf  die  Zerlegungen  einer  positiven, 


geraden  oder  ungeraden  Zahl  m  nach  der  Gleichung 


m 


m 


d"  '  d". 


(2> 


m    ist  irgend  eine  ganze  Zahl;  d"  und  d"  sind  ausschliesslich  positiv. 
Die  über  sämtliche  Lösungen  von  (2)  erstreckte  Summe 

S  =^  F{d"-hm',  d"  -  2m',  2d"-i-2m—d")  (3) 

m  =  ;m'2  +  d"  d" 

soll  ausgewertet  werden. 

Nach  (1)  dürfen  alle  Argumente  als  von  null  verschieden  voraus- 
gesetzt werden.     Sind  aber  x,  y,  z  drei  nicht  verschwindende  Zahlen, 

so  tritt 

F  {x,  ij,  z) 

in  (3)  jedesmal  dann  auf,  wenn  die  Gleichungen 


d"  -\-  m    =  X 
d"  —  2m  =  y 
2ö!"  +  2m'  —  ö"  =  2 
m   =  ni  -  +  rf    0 

eine  Lösano;  haben.     Aus  ihnen  folat 


(4> 


(5) 


2fZ"  =    y     -(-  z 
8"  =  2x   —z 
2  m  ^=  2x   —  y    —  z 
4  m  =  4:x'^  -{-  y-  —  z 

und  es  entsprechen  daher  die  Lösungen  (4)  eindeutig  und  umkehrbar 
denjenigen  der  Gleichung 


4  «it  =  4  jf" 


y 


für  welche 


/y  +  2  >  0  I 
2x  —  z>^  ) 


ist. 


Wenn  (X,  F,  Z)  eine  Lösung  von  (5')  ist,  so  ist  auch  [i,^  X, 
£2  y,  H  ^)  G^oe  solche,  sobald  die  e  den  Wert  +  1  haben.  Von  diesen 
acht  Lösungen  erfüllen  höchstens  vier  die  Bedingungen  (a),  und  wenn 
wir  die  Zahlen  X,  Y,  Z  als  positiv  voraus  setzen,  sind  es  die  vier 
Lösungen 

1)    X,  F,  Z;       2)    -X,  F,  —  Z;       3)    X,  -  F,  Z;       4)    X,  F  -  Z. 

Die  Bedingungen  (a)  werden  der  Reihe  nach  zu : 


über  die  zahlentheoretischen  Formeln  Liouville's.  181 

r+z>o\,  .         Y  —  z>o\        -r-f-^>oi  .  . 

Y-Z>0\ 
lind  alle  Lösungen  («i)  .  .  .  (a^)  erzeugen  in  der  Summe  S  den  Term 

±  F  (x,  r,  z). 

Es  ist  leicht  zu  sehen,  dass  in  den  Fällen  («i)  und  («2)  das  positive, 
in  den  Fällen  («3)  und  («4)  das  negative  Zeichen  zu  wählen  ist. 

Wenn  die  Systeme  («3)  resp.  («2)  erfüllt  sind,  sind  es  um  so 
mehr  die  Ungleichungen  («j)  resp.  («4);  eine  zwei  solchen  Systemen 
gleichzeitig  angehörende  Lösung  erzeugt  aber  in  S  zwei  sich  zer- 
störende Glieder,  und  kann  weggelassen  werden.  Die  Bedingungen 
(«4)  bis  («4)  reduzieren  sich  daher  auf  die  folgenden: 

2X—  Z>0\  ,  ,.  Y—  Z>0\  ,  ,. 

Wenn  kein  Gleichheitszeichen  auftritt,  so  sind  aber  auch  diese  zwei 
Bedingungssysteme  gleichzeitig  erfüllt  oder  nicht,  und  alle  derartigen 
Lösungen  von  (5')  liefern  an  S  den  Beitrag  null. 
Wenn  dagegen  in  (a[) 

Y  =  Z 

ist,  so  geht  (5')  über  in 

in  =  X-  =  X-.  (o  ) 

Dieser  Fall  tritt  nur  ein,  wenn  m  eine  Quadratzahl,   also  a  {m)  =  1 
ist.     Die  korrespondierenden  Lösungen  liefern  wegen  der  Bedingung 

2X—  Z>0 
die  Summe 

2  y  »7—  1       

-^1  =^^  F{im,s,s]  .«(m).  (6) 

s=  1 

Ist  endlich  in  (a'4) 

2X  =  Z, 

so  wird  die  Gleichung  (5')  zu: 

4w  =y'-  =   Y'  (5'") 

und  wegen  der  Einschränkung 

Y—Z>0 

tritt  nun  die  Summe 


182  Ernst  Meissner. 

Vw— 1  

S.^  —  co  im)  ^  F(t,2  im,  2  t)  (7> 

i  =  1 

in  S  auf.     Da  hiemit  alle  von  null  verschiedenen  Glieder  von  S  auf- 
gezählt sind,  ergibt  sich  die  Gleichung 

O   =    Ol    -t~    1^2 

oder 

^  F  {d"  -}-  m,  8"  —  2  m',  2  cl"  -\-  2  m  —  8")  = 

m  =  m'-  +  d"  b" 

yiiVi-\       V^-1  I        (XII  9)) 

=  «  (»»)  \    2  F  [im,  s,  s)  -  ^  F  [t,  2  im,  2  ^) 


1  ^  =  1 


Dies  ist  die  Formel  {(p)  des  12,  Artikels. 

Man  erhält  daraus  eine  weitere  Beziehung,  wenn  man  die  Funktion 

F  (x,  y,  z) 

gleich  null  definiert,  sobald  z  eine  gerade  Zahl  ist,  d.  h.  wenn  man 
aus  beiden  Seiten  der  Gleichung  (cp)  nur  die  Glieder  mit  ungeradem 
letztem  Argument  heraushebt.  Dann  hat  8"  für  alle  nicht  ver- 
schwindenden Glieder  nur  ungerade  Werte.  Setzt  man  ferner  statt 
d"  den  Ausdruck  2""  d" ,  indem  man  die  höchste  Potenz  von  2  ex- 
trahiert, und  unter  dem  neuen  d"  nur  ungerade  Zahlen  versteht,  so 
tritt  an  Stelle  der  Gleichung  (2)  die  neue  Zerlegung 

m  =  m  ^  -^  2      d    •  o     ^  m  ■'  -\-  in 

der  Exponent  a"  ist  irgend  eine  nicht  negative  ganze  Zahl.  Die  neue 
Formel,  die  sich  auf  die  Lösungen  dieser  Gleichung  bezieht,  lautet  dann: 

2  •  F{r"  d"  -h  m,  ö"  -  2  m',  2"" +' cZ"  +  2  jh  —  ö")  = 

2V^-1         (XII  v) 

=  oj (^m)  •  ^  F  [im,  s,  s). 

s=l,3,  .. 

Die  Zahl  s  ist  auf  ungerade  Werte  beschränkt ;  die  in  (9)  auftretende 
zweite  Summe  rechter  Hand  verschwindet. 

Dies  ist  die  Gleichung  (v)  des  12.  Artikels.  Weil  hierin  die 
beiden  letzten  Argumente  der  Funktion  F  {x,  y,  z)  ungerade  Zahlen 
sind,  so  ist  die  Spezialisierung 

F  {x,  y,  £)  =  (-  1)"^  +  -^  .  ^  ix,  £)  =  (-  ir^^  O  (x,  z) 

erlaubt,  sobald  0  (x,  z)  für  alle  zur  Anwendung  kommenden  Argu- 
mentwerte den  Gleichungen 

ö>  {:x,y)  =  -  0  i-^.y)  =  +  ^  C^',  -^);  ^  (0,2/)  =  0 


über  die  zahlentheoretischen  Formehi  Lioiiville's.  183 

genügt.  Unter  dieser  Voraussetzung,  und  mit  Beachtung  der  Kon- 
gruenz 

-J-  (y  +  3)  =  2""  d"  ^  m"     (mod  2) 

geht  dann  die  Formel  (v)  über  in  die  im  8.  Artikel  von  Liouville 
notierte  Gleichung  (y): 

^  (_  !)-"-!  .  o  (2«"  d"  +  m,  d"  -  2  m)  = 

m  =  in'-  +  •!"■"  d"  i\  " 

2y^-i  (VIII  y) 

=  aj(m)  •  ^  a>  (V)H,  s). 

s  =  1,3,  .  . 

Reduziert  man  noch  die  Funktion  ^  (j;,  y)  auf  eine  ungerade  Funktion 
F  {x)  ihres  ersten  Arguments,  so  ergibt  sich  die  Formel  (ß)  des 
7.  Artikels  in  der  Form: 

^  (-  1)""- '  •  F  {T"d"  +  m)  =  «  (m)  -im-  F  [im).    (VII  ß) 

1)1=  m"i  +  ■l"-"d"  <3" 

Wenn  in  der  Formel  [y) 

gesetzt  wird,  wo  f  {x,  y)  wie  gewöhnlich  eine  gerade  Funktion  beider 
Variablen  bedeutet,    so  erhält  man  die  Relation  (8)  des  8.  Artikels: 

^  (—  1)"^"-'  •  (2""  -d"  +  m)f{2'"'  d"  +  ni,  d"  -  2  m)  = 

m  =  m''  +  '!"■" d"  b" 

2V^-1  _  (VIII  ö) 

=  CO  {))i)  •  ^  im  •/  Um,  s). 

■s  =1,3,.. 

Endlich  liefert  noch  der  Ansatz 

0(x,y)  =  {^Vr^'.F(x,y) 

in  dem  F  (x,  y)  eine  bezügliche  beider  Argumente  ungerade  Funktion 
ist,  aus  der  Formel  (y)  die  Gleichung  (a)  desselben  Artikels : 


b"-\ 
^(-1)    2     .F{2'"'d"-^m\8"  —  2m)  = 

Dl  =/«'2  +  i"-"  d"  6" 

2  VT«  —  1  s  -  1  

=  «  (m)  (-  1)--^  .  ^  (-  1)^"  F  (Vm,  s\ 


(VIII 


1,3,. 

Hiebei  ist  noch  von  der  Kongruenz 

m'  —  );/  r=  m      (2) 
Gebrauch  gemacht  worden. 


184  Ernst  Meissner. 

Alle  angegebenen  Formeln  gestatten  eine  Reihe  von  mehr  oder 
weniger  interessanten  Spezialisierungen. 
Setzt  man  beispielsweise  in  (9) 

F  {x,  tj,  z)  =  X  '  y  •  z 

und  bezeichnet  man  mit  t,^  (x)  die  Summe  aller  Teiler  von  st,  so  er- 
gibt sich  nach  einigen  Umformungen  die  ebenfalls  von  Liouville  her- 
rührende Formel  *) 

m  l,  {m)  +  2  ^ {m  -  5  s^)  l,  {m  -  s'')  =--  a  (m)  •  '^^^'!~^^ 

s  =  1 

Die  Summation  ist  über  alle  positiven  ganzen  Zahlen  s  auszudehnen, 
für  welche  das  Argument  von  t^  nicht  null  oder  negativ  wird. 


In     diesem    Abschnitt    treten     zwei    verschiedene     Zerlegungs- 
gleichungen auf.     Die  erste  lautet 

,H   =   2w'2  +  cü"  .   ö".  (1) 

w,  d"  und  8"  sind  positive  ungerade  Zahlen,  m  hat  einen  festen  Wert. 
Die  Zahl  m  ist  positiv,  null  oder  negativ.  Über  alle  Lösungen  von 
(1)  ist  die  Summe 

2  8,=--  2^%  {d"  +  2  m,  d"  —  2  m,  2  m  +  d"  —  d")        (2) 
(1) 

zu  erstrecken.  Es  bedeutet  hier  3"  {'^^  K  ^)  eine  für  alle  auftretenden 
Argumentwerte  definierte,  und  den  Gleichungen 

3^  (^,  y,z)  =  —  g-  (—  X,  ij,z)  =  %  {x,  —y,  —  z)  (3) 

gehorchende  Funktion. 

Die  zweite  Zerlegungsgleichung  hat  die  Gestalt 

2  m  =  m\  +  dz  •  do  (4) 

^2  und  62  sind  positive  Zahlen,  und  beide  ungerade,  m^  ist  ungerade, 
positiv  oder  negativ.     Über  alle  Lösungen  (4)  ist  die  Summe 


«2  =  ^  3f  (-24^'-), '». ,  (-^^f^)  (5) 

auszudehnen. 


^)  Journal  de  math.  pures  et  app.    2«  ser.,  T.  VII,  1862.    Extrait  d'une  lettre  de 
M.  Liouville  ä  M.  Beseue. 


i'ber  die  zahlentheoretischen  Formeln  Liouville's 


185 


Dann  gilt,  wie  hier  bewiesen  werden  soll,  die  Relation 

2S,  =  S,  (6) 

in  allen  Fällen. 

In  der  Summe  (2)  kann,  da  die  2  ersten  Argumente  von  ^  un- 
gerade sind,  höchstens  das  letzte  versehwinden.  Wir  wollen  jedoch 
diesen  Fall  vorläufig  ausschliessen.  Ist  dann  x  resp.  y  eine  ungerade, 
s  irgend  eine  von  null  verschiedene  Zahl,  so  tritt  in  (2)  das  Summen- 
glied 

^  {x,  y,  2  z) 

so  oft  auf,  als  die  Gleichungen 

d"  -{-2  m'    =  X 
d"  —  2  7«'    =  y 
2  m' +  d"      —  ö"  =  ; 
m    =2m"-^d"  8" 

oder  die  ihnen  gleichwertigen : 

8"  =  X   —2z 

d!'  =  2j   ^2z 
2  m'  =^  X  —  y  —2z 

2  m  =  x^^  y-  —  4  2^ 


(7) 


(7') 


Lösungen  besitzen.    Die  Lösungen  von  (7)  entsprechen  also  eindeutig 
umkehrbar  den  Lösungen  der  Gleichung 


X-  +  ?/-  —  4  z-, 


(8) 


(«) 


2  m 
welche  die  Ungleichungen 

^'  —  2  z  >  0  \ 
?/  +  2  s  >  0  I 
befriedigen. 

Die  letztern  kann  man  in  Gruppen  von  je  acht  so  zusammen- 
fassen, dass  sich  die  Lösungen  einer  Gruppe  nur  durch  die  Vorzeichen 
der  Grössen  x,  y,  z  unterscheiden.  Sind  X,  Y  und  Z  die  absoluten 
Werte  der  Variablen,  so  können  von  den  8  Lösungen  einer  Gruppe 
höchstens  die  folgenden  vier  die  Bedingungen  («)  erfüllen: 

1)   X,  Y,  Z\      2)   X  F,  —  Z;      3)   X  —  F,  Z\      4)    —  X,  F,  Z. 

Jene  nehmen  dann  der  Reihe  nach  die  Form  an: 


X 
Y 


2Z>^\  X+2Z>01  X-2Z>01 

2Z>0j'^''^'      F-2Z>0)  '^''^^    -Y-v2Z>^\^'^ 


—  X-\-2Z>0\ 
F  —  2  Z  >  0  I 


186  Ernst  Meissner. 

Durch  die  Gleichungen  (7')  erhält  man  zu  jeder  solchen  Lösung  eine 
Zerlegung  (1),  und  damit  in  2  iSg  ein  Glied 

±  Q  (X,  Y,±2Z) 
zuseordnet,   und  zwar  erzeugt 


eine  Lösung  («i)  den  Term  ö"  (^»  ^'  2^) 

„        («3)     .       „      5'(X,-r,  2Z)     =      ^(X,Y,-2Z) 
«        («4)     .       .      5(-X,F,-2Z)  =  -0^(X,r,-2Z) 


(9) 


Aber  mit  den  Bedingungen  («4)  sind  gleichzeitig  auch  die  Forderungen 
(«o)  befriedigt;  eine  («J  erfüllende  Lösung  erzeugt  also  nach  (9) 
denselben  Term  in  So  zweimal,  aber  mit  verschiedenen  Vorzeichen, 
und  kann  daher  weggelassen  werden.  Die  Bedingungen  (0:2)  und  («4) 
dürfen  also  ersetzt  werden  durch  die  engern : 

X+2^>  0  ] 
Y~2Z>Q       («;). 
X—  2Z>  0  J 

Die  erste  davon  ist  von  selbst  erfüllt.  In  der  letzten  ist  die  linke 
Seite  ungerade,  ein  Gleichheitszeichen  also  unmöglich.  Eine  Lösung 
(«2)  erzeugt  das  Glied 

5'  (X,  F,  -  2  Z). 

Da  die  Bedingungen  («„)  und  («g)  in  die  eine  Ungleichung 

X  -  2  Z  >  0 

zusammengefasst  werden  können,  und  diese  wieder  mit  («j)  identisch 
ist,  so  ergibt  sich  endlich 

2  S[  =  2^'  [^  (X,  Y,  2  Z)  4-  %  (X,  F,  -  2  Z) },  (10) 

wo  die  Summe  über  alle  Lösungen  von 

2  m  ^  X'  +  Y"  -  4.Z^  (10') 

mit  der  Bedingung 

X— 2^>0  *  (10") 

auszudehnen  ist,  und  wo  der  Akzent  andeuten  soll,  dass  die  Glieder 
mit  verschwindendem  3.  Argument  unterdrückt  worden  sind. 

Nun  diskutieren  wir  in  gleicher  Weise  die  Summe  aSV 

Aus  (4)  folgt,  dass 

^2  "^  ^2  (mod  4), 
dass  also  -^— ; — -  =  x  eine  ungerade  Zahl  ist.     Setzen  wir 


über 

die 

zahlentheoretischen  Formeln 

Liouville's. 

do 

= 

2  X  ' 

y 

^ 

d^ 

-d^2 

= 

4s  . 

nii 

=  U 

^ 

d^ 

=  X 

+ 

1z    ■ 

1 

ö. 

=   X 

— 

2z. 

187 

(11) 
di  —  d'2  =  4  s  J 

also 

"«1  =  y  1 

(11') 

so  ist  ir;  wie  y  eine  ungerade  Zahl,  und  z  ist  sicher  ganz.  Wir  wollen 
einstweilen  aber  auch  annehmen,  z  sei  nicht  null.  Die  Gleichung  (4) 
wird  nun  zu 

2  m  =  if2  _|_  y2  _  4  ^2^  (^g>) 

d.  h.  geht  in  die  Gleichung  (8)  über;  umgekehrt  entspricht  jeder 
Lösung  von  (8),  für  die 

x±2z>  0  (12) 

eine  Lösung  von  (4),  die  durch  die  Gleichungen  (11')  berechnet  werden 
kann.     Von    den    8  Lösungen    einer    Gruppe    der   oben   diskutierten 
Gleichung  (8)  können  4  die  Bedingungen  (12)  nie  erfüllen. 
Für  die  4  übrigen,  nämlich 

1)   X,  y,  Z;        2)    X,  r,  -  Z;        3)    X,  -  Y,  Z;       4)    X,  -  Y,  -  Z 

wird  (12)  in  allen  Fällen  zu 

X-2Z>0.  (12') 

Einer  Lösung  1)  ...  4)  entspricht  wegen  (11')  je  eine  Zerlegung  (4) 
und  damit  ein  Glied  in  80  eindeutig,  und  zwar  entsteht 

für  eine  Lösung   1)  der  Term  %  (A^,  Y,       2  Z) 

»  „         «         2)     „       „  3-  (^^  Y,  —  2Z) 

»  »         »         3)     „       „  %  {X,  Y,  —  2  Z) 

.  „         «         4)     „       „  ^'{X^Y,       2Z) 

Daher  wird,  wenn  wieder  die  Glieder  mit  verschwindendem  letzten 
Argument  unterdrückt  werden,  die  Summe  ^'2  zu: 

'^X  =  2  ^'  {5  (X,  Y,  2  Z)  +  0=  (X,  F,  -  2  Z)}, 

wobei  über  alle  Lösungen  von  (10')  mit  der  Bedingung  (10")  zu 
summieren  ist. 

Vergleicht  man  mit  dem  unter  (10)  erhaltenen  Resultat,  so  folgt 

2  .9;  =  S:^  (13). 

und  es  bleibt  nur  noch  der  Nachweis  zu  leisten,  dass  auch  die  Glieder 


188  Ernst  Meissner. 

mit  verschwindendem  letztem  Argument  in  beiden  Summen  2  S^  resp. 
^2  Übereinstimmen. 

Für  sie  verwandelt  sich  die  Gleichung  (8)  in  die  Gleichung 

2  m  =  X'  +  r'  (8') 

und  die  Summe  2  S'^   aller  in   2  S  enthaltenen   solcher  Glieder  wird 

^S';  =^^{X,Y,0),  (14) 

wo  über  sämtliche  Lösungen  von  (8')  zu  summieren  ist. 

Die   in    S2    enthaltenen    Glieder    mit    dem    letzten    Argument  0 
bilden  die  über  alle  Lösungen  der  Gleichung 

2  m  =  X'  +  if  (8") 

auszudehnenden  Summe 

^;' = ^  0=  (x,  1/,  0), 

welche  wegen  ^  =  dz  ^H=  0 

und  wegen  ^^  (X,  —  T,  0)  =  ^'  (X,  Y,  0) 

offenbar  mit  der  Summe  (14)  genau  übereinstimmt. 
Daher  gilt  die  Gleichung 

2  (S[  +  S[')  =  2S,=^S',^  S','  =  S, 
oder : 

2^8^  (d"  +  2 m',  d"  —  2  m,  2  m'  +  er'  —  d")  = 

_  V  q^  /^  ^^2  +  ^2    ,,,     ^2  —  ^2  \  (A-) 

~  ^  u  1^ — 2 — '     1'  — 2 — / ' 

^welche  auch  von  Liouville  herrührt '). 

Beschränkt  man  m.^  auf  positive  Werte,  und  beachtet  man,  dass 

ü)  "  (4)  ^  ^ 

(4) 

SO  ergibt  sich  die  neue  Form  von  (A): 

^  0^  {d"  H-  2  m\  d"  —  2  w',  2  ?»'  +  rf"  —  d")  = 

m  =  2))i'-  +  d"b" 

2»«  =  m'  +  ^260 
'«1  >  0 


*)  Comptes  rendus,  T.  53,  1861  (2).    Brief  an  Hermite,   oder  auch  Journal  de 
math.  p.  et  a.,  2^  ser.,  T.  7,  1862,  pg.  42. 


über  die  zahlentlieoretischen  Formeln  Liouville's.  18^ 

Wenn  man  in  Übereinstimmung  mit  den  Bedingungen  (3)  die  Funktion 
F  {x,  //,  2  2),  die  bezüglich  aller  Argumente  ungerade  ist,  an  Stelle 
der  allgemeinern  Funktion  3"  0^'»  Ui  2  z)  in  (A)  einführt,  so  heben  sich 
auf  der  rechten  Seite  die  Glieder  weg,  welche  zu  entgegengesetzt 
gleichen  Werten  von  m^  gehören.  Da  m^  nie  null  ist,  verschwindet 
somit  die  Summe  rechter  Hand,  und  es  ergibt  sich  die  Formel  {%) 
des  12.  Artikels  der  «formules  generales»: 

_^F{d"  +  2  m,  d"  —2  m,  2  m  +  d"  —  ö")  =  0.      (XII  Z). 

11/  =  im'-  +  d"  ■  f)" 

Bedeutet  /  {u,  v)  eine  gerade  Funktion  beider  Veränderlichen  u 
und  r,  so  ist  auch  der  Ansatz 

5  {x,  y,2z)^  (-  lf-^  + V(^,  2^-) 

mit  den  Bedingungen  (3)  verträglich.  Führt  man  ihn  in  (A)  ein, 
und  beachtet  man,  dass 

d,  ^  dg  (mod  4), 

so  ergibt  sich  die  Gleichung : 

i"  -1 
^(—1)    2     .f(d"-2m,2d"-^4:m)  = 

Dies   ist   die  Formel  (tz)  des  Artikels  11,    die   sich    auch  leicht 
direkt  beweisen  lässt. 

Reduziert  man  f{u,  v)  auf  das  1.  Argument  u,  so  erhält  man 

^  (- i)'^'/(ö"- 2  »0  =  ^  (- ly"^  ./K) 

oder  mit  Anwendung  der  schon  früher  gebrauchten  Bezeichnung 

11/2  =  (I2  'h 

2  (-  1)'"'^ '  /  (ö"-  2  m)  =  ^/(»O  .  Q  K).         (XI  0 

Diese  Formel  erscheint  unter  (^)  im  11.  Artikel.     4  q  {m.^  be- 
deutet aber  die  Anzahl  der  Darstellungen  von  »«.,  durch  die  Form 

ir  4-  v, 


190  Ernst  Meissner. 

und  da  von  den  Zahlen  ?f  und  v  die  eine  gerade,  die  andere  ungerade 
ist,  so  kann  man  die  Summe 

auch  in  die  Gestalt 

2/(0 

bringen,  wenn  man  über  alle  Lösungen  der  Gleichung 

ir\  -2       1        •''       1  ^ 

2  m  =  ^  +  «■^  -{-  i> 

summiert,  wobei  i  und  i^  positive  ungerade  Worte  haben,  p  irgend 
«ine  gerade  Zahl  ist. 

An  Stelle  der  Formel  (|)  kann  daher  auch  die  gleichwertige 
Formel  (o)  des  11.  Artikels  treten: 

2  (-  l)^'-/(<5"  -2m')  =^/(0.  (XI  o) 

m  =  %m'-  +  d"b"  2  m  =  i'  +  /'2  +  p^ 

Wenn  man  den  mit  den  Bedingungen  (3)  verträglichen  Ansatz 
macht : 

%{x,y,2z)=F{x), 

worin  F  (x)  wie  gewöhnlich  eine  ungerade   Funktion  ist,    so  ergibt 
die  Formel  (Aj)  die  neue  Gleichung: 

m  =  2»«'  2  +  rf"  ö"  2  w^  =  VI-  +  ch  0-2  \-^2/ 

v/i  >  0 

welche  auch  direkt  bewiesen  worden  ist.^) 

Bezeichnet  man  mit  F  {x)  diejenige  ungerade  Funktion,  die  für 
positive  Argumente  den  Wert  -)-  1,  für  negative  den  Wert  ( —  1) 
besitzt;  ferner  mit 

Li  {d"-i-  2  m  >  0)     resp.     L,  (rf"+  2  m  <  0) 
die  Anzahl  der  Lösungen  der  Gleichung 

m  =  2  m'^  +  d"  d" , 
für  welche  d"-^  2  m  >  0     resp.     d"  -\-  2  m  <  0 

ist,  und  endlich  mit  L^   die  Gesamtanzahl  der  Lösungen  von 

2  m  =  ml  -\-  (?2  ^2     (^'h  -^  0), 
so  ergibt  sich  aus  (^2)  die  Relation: 


')  H.   J.   S.   Smith.     CoUected    papers.     Report    on    the    theory    of   numbers. 
Art.  136,  p.  348. 


über  die  zahlentheoretischen  Formehi  Liouville's.  191 

L,  {(t'+  2  m  >0)  —  L,  (d"-^  2  m  <  0)  =  L,  (A3) 

welche  beim  arithmetischen  Beweis  einer  Klassenzahlrelation  eine 
Rolle  spielt^). 

§  6. 

Es  sei  m  eine  positive  ganze  Zahl,  die  die  Kongruenz 

m  =  3     (mod  4)  (1) 

erfüllt.     Sie  soll  nach  den  Gleichungen 

m  =  m'l  +  2  (^2  •  ög  (2) 

w  =  4 /»'2-f-fZ"  ö"  (3) 

zerlegt  werden,  do,  do,  d"  und  d"  sind  positive  ungerade  Zahlen; 
Wj  ist  auch  ungerade,  aber  positiv  oder  negativ;  m'  ist  irgend  eine 
ganze  Zahl,  die  Null  eingeschlossen.     Ferner  sei  in  (3)  immer 

d"<d".  (4) 

Die  Funktion  g^  {x,  y,  z)  sei  für  alle  auftretenden  Werte   ihrer 
Argumente  definiert,  und  genüge  den  Gleichungen : 

^  (x,  y,z)  =  ^^  (—  X,  y,z)  =  Q  (./",  —  y,  z)  =  —  Q  {x,  y,  —  s).     (5) 

Man  bilde  die  über  alle  Lösungen  von  (2)  auszudehnende  Summe 

^^1=^1^  (.(k  —  nh '  ^2  +  »^1  —  (k,  »?i )  (6) 

(1) 


und  die  über  die  Gleichung  (3)  zu  erstreckenden  Ausdrücke 

,    8"~d" 

(3) 

Ul"-h8"     -8"+d" 

(3) 


^2  =^  5  (-  2  m',  ^V^'  ^"+  2  m)  (7) 

(3) 

S,  =2  %  f^,   -'"+"",  -d"-2  m).  (7-) 


Es    soll    gezeigt    werden,    dass    unter    den    erwähnten    Voraus- 
setzungen die  Gleichung  gilt: 

Si  =  So  +  S,  (B) 

Aus  (3)  folgt  wegen  (1)  zunächst,  dass 

d"-^d"^0     (4) 


')  Vergl.  Journal  de  math.,  ser.  2,  T.  7,  1862,   p.  46  und  §  10  dieser  Arbeit- 


19i' 


Ernst  Meissner. 


und   die  Ausdrücke   (6),   (7)  und  (7)  zeigen    dann,    dass   das   zweite 
und  dritte  Argument  von 

5  (x,  y,  z) 

in  allen  Gliedern  ungerade,  das  erste  dagegen  immer  gerade  ist. 
Es  tritt  also  %  nur  in  der  Form 


^5  (2  X,  y,  z) 


auf,  und  es  ist 


^  ^  s  =  1     (mod  2). 
In  der  Summe  8^  geschieht  dies  immer,  wenn 


^2  —  m^ 

Uli  —  d^  =  y 

m,  =  z 


2x  \ 


m  =  ur 


2d^8._ 


(8) 


(8') 


(9) 


(«) 


Die  Auflösungen  dieser  Gleichungen  ergeben 

dg  ==  ?/  +  2  x 

^2   =    Z  -\--  ^X 

>»i  =  z 

m  =^  8  x'^  -\-  4:  X  y  -{-  4  X  z  -}-  2  y  z  -\-  : 

Umgekehrt  entspricht  jeder  Lösung  der  Gleichung 

m  =  8  x^  -^  4c  xy  -\-  4  X  z  -j~  2  y  z  -i- 
eine  Zerlegung  (2),  wenn  sie  den  Bedingungen 

Ä  =  2x^  y>  0\ 

B  =  2x-\r  z  >  Q  \ 
genügt. 

In  der  Summe  So  tritt   das  Glied  fy  (2  x,  y,  z)  immer  dann  auf, 
wenn  die  Gleichungen 

—  2  m'  =  2  X' 
ö"  —d"    =2y 
d"  +  2)n  =  * 
Dl  =  4:)ii'~  +  d"  d" 

bestehen;  diese  aber  ergeben 

d"  =  2  X  +  z 

ö"  =  2x-h2y  +  z 
m    =  —  X 
m  =  8  X-  -^  i  X  y  -^  ix  z  -\-  2y  z  -h  z' 


über  die  zahlentheoretischen  Formeln  Liouville's. 


193 


Sie   entsprechen    mithin    eindeutig    umkehrbar    denjenigen    Lösungen 
von  (9),  welche  die  Ungleichungen 


ß  ^  2x-}-  z>  0  \ 


C=    y 


>0J 


(i^) 


befriedigen. 

In    8^    endlich    tritt    3"  (2  ^i  y,  z)    immer    dann    auf,    wenn    die 
Relationen 

d"  +  d"  =  4  ,/;   ) 

—  8"^d"  =2y 

—  d"  —  2  m  =  z 
m  ■=  4  m"^  -f-  d"  d" 

erfüllt  werden.     Aus  ihnen  folgt 

d"     =  2  x  -f-  y 
d"     =2x  —  y 

2  m  =  —  2  X  —  y  —  z 

m  =  ^  X-  -^'  -^  xy  -\-  4:  X  z  -\-  2y  z 

und   sie   entsprechen   somit    ein-eindeutig    denjenigen    Lösungen    der 
Gleichung  (9),  für  welche 


A  =  2x 
C=    y 


y>0 
<0 


(r) 


ist.     Jeder   Lösung   (a),    (ß)   oder   {y)    der   Gleichung    (9)   entspricht 
ein  Glied 

+  ^{2x,y,z) 

in  den  resp.  Summen  .Sj,  So  oder  63. 

Die  Grössen  A,  B  und  (J  sind  ungerade.  Die  Bedingungen  («) 
können  daher  zerlegt  werden  in  die  zwei  folgenden,  nie  gleichzeitig 
erfüllten  Systeme 

^  >  0,  ß  >  0,  00}  («,)  .4  >  0,  5  >0,  C  <  0  }  («2). 

Analog  zerlegt  man  die  Forderungen  (/3)  resp.  {y)  in   die  folgenden: 

J.  >  0,  5  >  0,  C  >  0  }  (/3J  .4  <  0,  5  >  0,  C  >  0  }  (/32) 

resp. 

^  >  0,  5  >  0,  r;  <  0 )  (>/0       .4  >  0,  £  <  0,  0  <  0 1  (y,). 

Da  die  Systeme  (/3,)  und  («,),  sowie  die  Systeme  (a,)  und  (yj  iden- 
tisch sind,  so  erzeugen  sie  in  der  Gleichung 


Ol    =    <S'2   H-   'S'3 
Vierteljahrsschrilt  <1.  Natnrl'.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.    1907. 


(B) 


13 


194  Ernst  Meissner. 

auf  beiden  Seiten  dieselbe  Anzahl  gleicher  Glieder.  Unterdrückt  'man 
sie,  so  ändert  sich  die  Richtigkeit  oder  Unrichtigkeit  von  (B)  also 
nicht,  und  es  genügt  daher,  die  dermassen  reduzierte  Gleichung  zu 
beweisen,  d.  h.  nachzuweisen,   dass  die  in 

O2  ~i~  03 

zurückbleibenden  Glieder  eine  Summe  null  ergeben.  Dies  ist  aber 
sehr  einfach.  Ist  nämlich  {x,  y,  z)  eine  Lösung  von  (9),  welche  einem 
der  Bedingungssysteme 

genügt,  so  erfüllt  die  ihr  eindeutig  umkehrbar  zugeordnete  und  von 
ihr  immer  verschiedene  zweite  Lösung  der  Gleichung  (9 ) :  - 

—  x,—y,  —  z 
das  andere  Bedingungssystem,  wie  die  Relationen 

A=  2x  -^  y;       B  =  2x  -^  z;       C  =  y: 
sofort  erkennen  lassen.     Die  erste  Lösung  erzeugt  aber  in 

*S'2  H-  S3 
das  Glied  5"  (ß  ^5  Pf  ^)» 

die  zweite  dagegen  den  Ausdruck 

^•{-2x,-y,-z)  =  -^^i2x,y,  2) 
und  es  zerstören  sich  sonach  alle  übrig  bleibenden  Glieder  in 

S2  -t-  Ss- 

Die  Relation  (B)  ist  damit  bewiesen. 

Mit  Hülfe  der  Gleichungen  (5)  erhält  sie  die  Gestalt: 

^  ly  ifh  —  "^1  ^2  +  »'1  ~  f^j  ^^'1)  = 
=2  %  (2  ^n,''^,  d"  +  2m'y2  %  e^,  '-^^  d"  +  2  m/)  , 

m  =  im'-  -T  d"  b"  m  =  Ami^  +d"  d" 

in  welcher  sie  von  Liouville  publiziert  worden  ist '). 
Wir  spezialisieren  hier: 


')    Comptes   rendus,    T.  53,    1861    {'■2),   oder   .Journal    de    niath..    p.  e.  a.,   T. 
(186'i),   pg.  4:3. 


über  die  zahlentheoretischen  Formeln  Liouville's.  l'.t.") 

Bezeichnen  wir  wie  früher  mit  q  {ni)  die  Summe : 

d  ■  d  =  7>l 

und  ferner  dieselbe  Summe  mit  q  (rn),  wenn  sie  nur  ijber  diejenigen 
Teiler  von  m  erstreckt  wird,  die  kleiner  sind  als  ihre  konjugierten, 
so  ergibt  sich  aus  (B)  unter  der  Annahme 

m  =  3      (mod  8) 

nach  einigeü  leichten  Umformungen  die  Gleichung: 

/  =  1,  3,  . . .    ^         "         ^  K  =  1,  2,  . . . 

Die  Öummatiou  ist  links  über  alle  positiven  ungeraden  Zahlen  z, 
rechts  über  alle  positiven  Zahlen  %  auszuführen,  für  welche  die  Argu- 
mente nicht  ilull  oder  negativ  werden.  Aus  dem  Ausdruck  der  linken 
Seite  liest  man  leicht  ab,  dass  der  gemeinsame  Wert  der  beiden 
Gleichungsseiten  der  Anzahl  der  Lösungen  der  Gleichung 

1)1  =  x'^  -{-  //"^  +  2- 

in  positiven  ungeraden  Zahlen  gleichkommt.  Diese  Formel  ist  von 
Liouville  der  Formel  (B)  beigefügt  worden. 


§  7. 

Die  positive  ungerade  Zahl  m  werde  nach  den  Gleichungen 

m  =  «2  _L  3  ß2  ^^^ 

4  m  =  i2  _|_  3  i2  ^2) 

zerlegt,  i  und  ij  bedeuten  positiv  ungerade,  a  und  ß  irgend  welche 
ganze  Zahlen.  Die  Funktion /(./',  ?/)  sei  bezüglich  beider  Argumente 
gerade.  Über  die  Lösungen  der  Gleichung  (1)  resp.  (2)  erstrecke 
man  die  Summe 

ßi  =2f{cc-^Sß,a-ß)  (3) 

resp.  die  Summe 

S2  =  22f{i,i,);  (4) 

dann  gilt  imaner  die  Relation 

S,  =  S,.  (5) 


196  Ernst  Meissner. 

Da  m  ungerade  ist,  so  ist  von  den  Zahlen  «,  ß  eine  gerade,  die 
andere  ungerade.  In  Si  treten  also  nur  ungerade,  insbesondere  von. 
null  verschiedene  Argumente  auf.  Bedeuten  x  und  y  ungerade  Zahlen, 
so  tritt  /  {x,  y)  jedesmal  dann  in  Si  auf,  wenn  die  Gleichungen 


erfüllt  sind.     Hieraus  folgt 


a  -j- 

3ß 

=  X 

a  — 

ß 

=  y 

m  = 

a' 

+  3ß 

Igt 

a  = 

X 

+  3?/ 
4 

/3== 

X 

-y 

4 

4  m  = 

--  x" 

+  3  y 

(6> 


Umgekehrt  entspricht  jeder  Lösung  der  Gleichung 

4  m  =  X-  +  3  ?/2  (6') 

eindeutig  eine  solche  von  (1),  sobald 

X  —  y  =  0,     (mod.  4)  (7) 

und  damit  in  S^  der  Term  /  {x,  y). 

Die   Lösungen   von   (6')   zerfallen   in   Gruppen   von   vieren.     Ist 
X,  y  irgend  eine  Lösung,  so  sind  die  vier  Lösungen  ihrer  Gruppe  durch 

±x,  ±y 

gegeben.  Die  absoluten  Werte  von  x  und  y  seien  i  und  ?i.  Die 
Kongruenz  (7)  ist  immer  von  zweien,  und  nur  von  zwei  Lösungen 
einer  Gruppe  erfüllt,    und  diesen  korrespondiert  in  .S*!  der  Term 

zweimal  genommen.     Die  Summe  8^  wird  also  zu 

wobei  über  alle  Lösungen  von  (6')  in  positiven  ungeraden  Zahlen  zu 
summieren  ist.  Dies  ist  aber  genau  die  Summe  82.  Es  gilt  also 
die  Relation 

Si  =  82 

oder  ^  /  («  +  3  /3,  «  -  ß)  =  2  ^ /(/,  i,), 

iie  =  a-  +  3ß^  A)u  =  r  +  3  /  J 

welche  ebenfalls  von  Liouville  herrührt  ^). 


')  Journal  de  math.,  T.  IS,  .ser.  -2  (1878). 


über  die  zahlentheoretischeu  Formeln  Liouville's.  197 


§  8. 

Es  bedeute  in  diesem  Paragraphen  m  eine  positive,  feste  Zahl, 
•die  der  Kongruenz 

m  =  1     (4)  (1) 

genügt.     Man  zerlege  sie  nach  der  Gleichung 

m  =  4:m"'-hd"  ö",  (2) 

wobei  ni  eine  beliebige  ganze  Zahl  bedeutet,  d"  und  d"  aber  positiv 
und  ungerade  sein  sollen. 

Unter  q)  (li)  soll  ferner  eine  für  alle  auftretenden  (immer  ganz- 
zahligen) Argumentwerte  definierte,  im  übrigen  ganz  willkürliche 
Funktion  verstanden  werden. 

Die  Summe 

S  =-^  ( -1)'"'  -''-^■cp  (m'+  '^)  (3) 

(2) 

ist  über  sämtliche  Lösungen  der  Gleichung  (2)  zu  erstrecken. 
Es  soll  nun  bewiesen  werden,  dass 

*  im  —  1        

S=<o  (m)  .  (—  1)  ^T—  •  V  m  ■  cp  (0)  (4) 

ist,  wenn  wie  früher  co  (»i)  =  1  oder  — -  0  ist,  je  nachdem  m  eine 
Quadratzahl  ist,  oder  nicht. 

Wir  erhalten  zunächst  für  die  Summen  8q  derjenigen  Glieder  in 
•(3),  für  welche  das  Argument  von  (p  den  Wert  null  hat,  den  Ausdruck : 

'^%=^'(-ir'^^-9'(o), 

wobei  die  Summation  auszudehnen  ist  über  die  gleichzeitig  die 
'Gleichungen 


=  4  m'^  +  d" •  ö"  I 

J"  Sil  \ 


m 


'  ,    d"-8'         . 


^befriedigenden  Wertekombinationen 

m' ,  d" ,  ö". 
Eliminiert  man  m    aus  denselben,  so  ergibt  sich 

»'^  =  (-1—)  (^) 

woraus  hervorgeht,  dass  Sq  =  0,  wenn  «  (m)  =  0.    Wenn  dagegen 
o  {m)  —  1  ist,  so  wird 


198 

Ernst  Meissner. 

'^o  =  9'(0)-^(- 

6" 

-ir 

'  -  d"       ö"-l 

.       +      2     --=9.(0).^  (- 

d"  +  ö"- 
-1)            4 

_  2 

oder  wegen  (5) 

1  /«  -  1  V  iit  —  1 

'So  =  qP  (0)  -^  l-  1)-^  =  9)  (0)  •  (-  1)-^"  •  Z 

wo  Z  die  Anzahl  der  Zerlegungen  (5)  bedeutet.  Da  d"  der  Reihe 
nach  alle  ungeraden  Zahlen  von  1  bis  (2  \  m  —  1)  durchlaufen  kann, 
und  ö"  dieselben  '\  ni  Zahlen  in  umgekehrter  Reihenfolge  durchläuft, 
so  ist  Z  =  I  m.     Daher  gilt  allgemein  die  Gleichung 

^0  =  «  {ni)  ■  (-  l)-2-  .  im  .  q>  (0)  (4') 

und  der  Vergleich  mit  (4)  lehrt,  dass  man  um  jene  Formel  zu  be- 
weisen, nur  noch  zu  zeigen  hat,  dass  sich  in  S  alle  Glieder  mit  von 
null  verschiedenem  Argument  wegheben. 

Fasst  man  alle  Glieder,  in  denen  das  Argument  von  q)  gleich  x 
ist,  zusammen  in  den  Ausdruck 

so  ist  somit  zu  zeigen,  dass 

^«  =  0,  .  '  (6) 

sobald  %  nicht  verschwindet. 

Zunächst  weisen  wir  nach,  dass  die  Zahl  a  auf  positive  Werte 
beschränkt  werden  darf. 

Es  sei  (m,  d'\  8")  irgend  eine  Lösung  der  Gleichung  (2),  für  die 

I    .    d" —  8"    I    ^ 

Wegen  (1)  ist  d"  =  8"     (4)  (7) 

und  dieser  Ausdruck  daher  immer  ganzzahlig. 

Ferner  ist  ( — m,  ö",  d")  eine  der  vorigen  eindeutig  unkehrbar 
zugeordnete  Lösung  von  (2),  und  zwar  ist  sie  von  jener  verschieden, 
weil  aus  der  Gleichheit  der  Lösungen  x  =  0  folgen  würde,  was  un- 
serer Voraussetzung  widerstreitet. 

Die  Lösung  (m',  d" ,  8")  erzeugt  in  S  aber  das  Glied 

(-l)-'  +  ^g.e/0, 
die  Lösung  ( —  m  ,  8" ,  d")  wegen  (7)  aber  das  Glied 

(-  1)-  '"'  +'^.fp[-  z)  =  (_  1)'«'  +  ^  •  9^  (-  ^), 
woraus  folgt,  dass  S  =  S_ 


über  die  zahleutheoretischen  Formeln  Liüuville's.  199 

ist.    Wenn  also  8^  null  ist,  verschwindet  auch  S_^^  und  wir  dürfen 
daher  a  als  positive  ganze  Zahl  voraussetzen. 
Nach  Definition  ist 

s.  =  ^{-^y"-''^  (8) 

wo  die  Summe  über  die  gemeinsamen  Lösungen  von 

m  =  4  m"^  -h  d"'  d"\ 

d"-8"_^         •  (9) 


m 


"    I 


auszudehnen  ist.     Durch  Elimination  von  m    wird 

m  =  4  x^  -  2  X  {d"  -  ö")  +  if^)''  (9') 

und  8^  wird  zu 

^^=^(-1)«+^^^  +  ^.  (8') 

(9') 


(10) 


(10') 


Nun  substituieren  wir: 

d"  -\-8"=  2u\ 
d"  —  8"  =  2g\' 
Es  wird  dann 

d"  =  u  -^  g  \ 
ö"=ic  —  g  J 

und  die  den  Grrössen  d",  d"  auferlegten  Bedingungen  werden  zu 

u  >g;  u>  —  g  \  . 

tt^l  (mod2);^  =  0(2))  '^     ^ 

die  Gleichung  (9')  geht  über  in 

und  es  wird  8^  gleich  der  über  alle  Lösungen  von  (12)  mit  den  Be- 
dingungen (11)  zu  erstreckenden  Summe 

'5«  =  (-l)"-^(-l)^.  (13) 

Nun  sei  {ti,  g)  eine  den  Forderungen  (11)  genügende  Lösung  der 
Gleichung  (12).    Wir  machen  den  Ansatz 

u'  =  —  it  -\~  4  %  •  a,  (14) 

wo  a  eine  ganze  Zahl  bedeutet.    Soll  (ii,  g')  eine  Lösung  der  Gleichung 
(12)  sein,  so  bestimmt  sich  g'  aus  der  Gleichung 

?;«  =  4  x^  —  4  3C  •  g'-^  u^  —  8  %  u  a  -\-  16  x-  a'^, 

oder  wegen  (12)  aus 

0  =  4 X  •  (g  —  (/')..—  8  X u  a  +  16  K^-cr.  (14') 


200  Ernst  Meissner. 

Da  X  =1=  0,  ergibt  sich  hieraus 

g  =  g  —  2  M  •  a  -h  4  X  er.  (14') 

Man  erhält  somit  vermittelst  (14)  und  (14')  zu  der  Lösung  {u,  g) 
von  (12)  nach  Fixierung  der  Zahl  a  die  Lösung  («',  g),  und  es  be- 
rechnen sich  u  und  g  rückwärts  aus  {ii  ,  g)  nach  den  Formeln: 

u  =  —  n'+4xf/.  I 

(/  =  —  g  —  2  ?^  •  a  +  4  ic  •  a^  I  ^      ' 

woraus    hervorgeht,    dass    die   Beziehung    der   beiden    Lösungen   auf 
einander  eindeutig  umkehrbar  ist. 
Ferner  ist  wegen  (14) 

■l(  —  1  7t'  —\ 

(-    1)^    =     -    (-    1)~^. 

Wenn  daher  die  Lösung  («',  g)  die  Bedingungen  (11)  erfüllt,  so 
zerstören  sich  die  in  (13)  auftretenden  Glieder,  welche  den  Lösungen 
(m,  g)  resp.  {ii  g)  entsprechen. 

Nun  zeigen  wir,  dass  über  den  bis  jetzt  willkürlichen  ganzzahligen 
Parameter  a  in  eindeutiger  Weise  so  verfügt  werden  kann,  dass  die 
Lösung  {ii\  g)  die  Forderungen  (11)  befriedigt.  Dann  zerstören  sich 
nach  vorigem  sämtliche  Glieder  in  (13)  paarweise,  es  ist  S^  =  0,  und 
der  Beweis  unserer  Formel  erledigt. 

Da  a  eine  ganze  Zahl  bedeutet,  so  sind  die  Bedingungen 

u  ^  1     (mod  2) 
g   =  0     (mod  2) 

in  (11)  immer  erfüllt.  Die  zwei  übrigen  Ungleichungen  werden  zu 
folgenden : 

(jp  («)  =  —  ?(  +  4  X  •  a  —  ^  —  4  X  a-  H-  2  a  «  >  0  I  ,  ^- 

i/^  (a)  =  —  w  +  4  X  •  a  4-  (/  +  4  jc  a-  —  2  a  ?f  >  0  )  '  ' 

Betrachtet  man  in  diesen  Ausdrücken  a  als  Variable,  so  sind  die 
Wurzeln  der  Gleichung 

qp  («)  =  0 
gleich  den  Ausdrücken 

«1  = Tz-^ — ;   "2  = TZ ;  (1'^ 


wobei    wir   unter   |  m    immer   den   positiven  Wert   der  Wurzel   ver- 
stehen wollen. 

Unter  derselben  Voraussetzung  ergeben  sich  die  Wurzeln  ßj  und 
^2  von  ip  (a)  =  0 

zu:  Si,  =  47--—;     ^2  =  4-,  (18) 


über  die  zahlentheoretischen  Formeln  Liouville's.  201 

Ferner  ergeben  sich  noch  die  Gleichungen 

«,  =  ß,  ^-  1 ;       Wo  =  Sl.2  +  1,  (19) 

sowie  die  Ungleichungen 

"i-«2=-^>0;        il,-Sl,  =  l^>o.  (19') 

Die  Funktion  (p  (li)  ist  im  Innern  des  Intervalles  (w,.  •  •  •  "i)  positiv, 
und  nur  dort;  ebenso  ist  i/.»  (u)  grösser  als  null  nur  ausserhalb  des 
Intervalles  (ii,  •  •  •  ^i)^  dort  aber  immer. 

Xunmehr    unterscheiden    wir    zwei    Fälle,    die    eine    gesonderte 
Behandlung  erfordern. 

1.  Fall.     Es  sei  ]'^>  2  x. 

Dann  ergibt  sich  aus  (^17)  und  (18): 

O]    >    iil    >    02    >    ^2- 

q)  (ii)  und  (ii)  (ii)  sind  dann  gleichzeitig  positiv  im  Innern  des  Inter- 
valles 

{Sil  .  .  .  Wi) 

und  nur  dort.  Nach  (19)  ist  die  Länge  desselben  gleich  der  Einheit, 
und  es  gibt  daher  eine  eindeutig  bestimmte  ganze  Zahl  a,  für  die 
gleichzeitig 

cp  (a)>0        i^  (a)  >  0 

wird,  wie  (16)  es  verlangt,  vorausgesetzt,  dass  die  Grenzen  Sl^  und  co^ 
keine  ganzen  Zahlen  seien.  Dass  dies  nie  der  Fall  ist,  können  wir 
leicht  nachweisen. 

Nehmen  wir  zu  diesem  Ende  an,  ß,  sei  gleich  der  ganzen  Zahl  z. 
Nach  (18)  ist  dann 

M  —  2>t  +  ^m 


4h 


woraus  hervorgeht,    dass  in  diesem   Fall   m   das  Quadrat  einer  (un- 
geraden) ganzen  Zahl  ^  sein  muss.     Dann  aber  wird 


m 


2x 

= 

2  - 

-T 

-1. 

^'  = 

4 

x' 

'  — 

4 

K(/ 

Aus 

folgt  aber  (-^^)  (^  -  n)  =  2  (x  -  g), 

oder  (2  ^  -fl)  [(2  2  -h  1)  .  2  X  —  2  w]  =  2  (x  —  g\ 


-2i)-2  Ernst  Meissner. 

Schreibt  man  dies  in  der  Form 

—  X  .  4  3  •  (.2  4-1)  +  ^K2  2  +  1)  =  ^. 

so  sieht  man,  dass  die  linke  Seite  dieser  Gleichung  eine  ungerade,  die 
rechte  Seite  eine  gerade  Zahl  ist.  Der  Widerspruch  löst  sich  nur 
durch  die  Annahme,  z  sei  keine  ganze  Zahl;  dann  gilt  dasselbe  aber 
auch  von  ßi   und  co^  =  Sl^  -i-  1. 

2.  Fall.     Es  sei  nun  |)»<2x. 
Dann  ist 

CO^  >  05o  >  ßi   >  ßo. 

Ferner  ist  nach  (18) 

und  wegen  (12)  und  (11) 

Es  ist  also  ßi  >  0  und  ^ßg  <  0,  und  daher  Wi  >  1  und  «g  <  1.  Die 
Funktionen  cp  (ii)  und  i^  (u)  sind  gleichzeitig  positiv  im  Innern  des 
Intervalles 

(«1    .   .   .    Mg) 

und  nur  dort.  Nach  (19')  ist  dasselbe  kleiner  als  die  Einheit,  enthält 
somit  höchstens  einen  ganzzahligen  Wert  a.  Nach  vorigem  enthält 
es  aber  immer  den  Wert 

a  =  1 

und  es  ist  daher  auch  in  diesem  Fall  die  Zahl  a  eindeutig  bestimmbar, 
so  dass  die  Bedingungen  (16)  erfüllt  werden. 

Andere  als  die  zwei  besprochenen  Fälle  kommen  nicht  vor,  da 
Dl  eine  ungerade  Zahl  ist. 

Die  Gleichung  (4)  ist  daher  in  allen  Fällen  richtig.     Sie  lautet 

ausführlich : 

^/       ,.m'+^^^^^^         (    .    .     cr-8"\ 
^  (-  1)  2      .cp  (^m  H ^-)  = 

m  =  4  iir-  +  d"  (V 

Vw— 1  

=  03  ()»)  •  (—  1)       -      •  yj  m  ■  cp  (0)  (XI  ö) 

und  bildet  in  dieser  Form  die  Formel  (ö)  des  11.  Artikels  von  Liou- 
ville  0- 

Aus  ihr  entsteht  die  Formel  (t)  desselben  Abschnittes,  wenn  man 
die  willkürliche  Funktion  (p  (n)  durch  eine  gerade  Funktion  /  ersetzt. 


')  Journ.  de  math.,  ser.  %  T.  4,  pg.  i>Sl  ff. 


über  die  zahleiitheoretischen  Formeln  Liouville's.  203 


§  9. 

Die  von  P.  Pepin  bewiesenen  Liouville'schen  Formeln  ')  redu- 
zieren sich  im  wesentlichen  auf  vier,  welche  wir  hier  der  Vollständig- 
keit wegen  zusammenstellen  wollen.  Zugleich  wollen  wir  zeigen, 
dass  die  Formel  (d)  des  fünften  Artikels,  für  die  Pepin  einen  eigenen 
Beweis  erbringt  (loc.  cit.),  in  der  allgemeineren  Formel  {/)  desselben 
Artikels  enthalten  ist. 

1)  Es  sei  m  eine  positive  ungerade,  a  irgend  eine  positive  Zahl. 
Wie  immer  bedeute  /  (x,  y)  eine  bezüglich  beider  Variabler  gerade, 
und  für  alle  auftretenden  Argumente  definierte  Funktion. 

Die  Summe 

^  =  ^  {/  (f^'  -  f^"'  ö'  +  ^")  -  /  (ß'  +  ^"'  ^^'  -  ^^") } 
erstrecken  wir  über  alle  verschiedenen  Lösungen  der  Gleichung 

2°  m  =  (V  ö'  -{-  d"  d" 

in  positiven  ungeraden  Zahlen.  Des  weitern  betrachten  wir  die 
Zerlegungen  der  Zahl  ni  in  zwei  positive  (ungerade)  Faktoren  d  und  d, 
und  dehnen  die  Summe 

S,  =  2«-^  .  ^  d  [/(O,  2^0  -  f(2^d,  0)] 

über  sämtliche  Lösungen  von 

m  =  d  '  d  aus. 

Es  ergibt  sich  dann  die  erste  der  vier  erwähnten  Beziehungen 
in  der  Form 

S  =--  S,  oder 

2  {fiel'  -  d",  6'  +  8")  -f[ß'-h  8%  d'  -  d")}  = 

=  2--'2.d  {/(O,  2«d)  -f{rd,  0)}.  (II  b) 

Dies  ist  die  Gleichung  (b)  des  zweiten  Artikels,  aus  welcher  sich 
alle  übrigen  Formeln  der  beiden  ersten  Artikel  von  Liouville  ergeben-). 

2)  Sei/(i(;,  y)  definiert  wie  vorhin,  m  sei  irgend  eine  positive  Zahl. 
Über  sämtliche  Lösungen  der  Gleichung 

m  =  d'  '  d'  —  d"  •  d"  (1> 

in  irgend  welchen  positiven  ganzen  Zahlen  d',  d',  d",  d"  erstrecken 
wir  die  Summe 


')  Journal  de  math.,   ser.  4,  T.  IV,  pg.  83. 
-)  Journal  de  math.,  T.  III,  pg.  193. 


:204  Ernst  Meissner. 

S  =  ^  {/(cV  —  d",  ö'+ö")  -f(cr-hd'\  d'  —  d")}. 
m  zerlegen  wir  nach  der  Gleichung 

m  ^=  d  '  d 
in  zwei  positive,  ungerade  Faktoren,  und  dehnen  die  Summen 

Sr  =  :S  (d-  l){f{d,  Q)  -  f{0,  d)} 

^3  =  ^'  { / (2,  d)  +/ (3,  ö)  H ^f(d-l,d)} 

über  alle  solchen  Zerlegungen  aus.  Der  in  S2  auftretende  Akzent 
.soll  andeuten,  dass  alle  Glieder  der  Klammer,  für  welche  das  zweite 
Argument  Teiler  der  in  derselben  Klammer  auftretenden  Zahl  d  ist, 
gleich  null  zu  setzen  sind.  Eine  entsprechende  Bedeutung  bezüglich 
des  ersten  Argumentes  hat  der  Akzent  in  der  Summe  S3. 

Die  Formel  (/)   des  fünften  Artikels   drückt   sich  nunmehr  aus 
in  der  Gleichung : 

S  =  Si  -f-  2i  80  —  2  8^1 
oder  ') 

y,{f{d'-d",  d'-+~d")-f{d'^d",  d'  —  d")}  = 

=  ^(^-i){/(o,cO-/(^,o)}  + 

+  2^^  {/(ö,  2)  +/(d,  3)  +  .  • .  +/(d,  (^  -  1)}  - 

-2^'{/(2,d)H hf{d~l,d)}.  (Vi) 

Nunmehr  nehmen  wir  an,  m  sei  ungerade. 
Von  den  zwei  Zahlen 

m'  =  d'  '  d'         m"  ^  d"  ■  Ö" 

ist  dann  immer  eine  gerade,  die  andere  ungerade,  m'  durchläuft 
-die  Werte 

m'  =  1,  2,  3,  .  .  .  m  —  1 

und  wegen  (1)  ist  jeweilen 

m"  =  m  —  1,  w  —  2,  ....  2,  1. 

Da  die  Funktion  /  (x,  y)  gerade  ist,  so  darf  in  der  Summe  8  von 
(V  f)  immer  d'  mit  d'\  und  6'  mit  ö"  vertauscht  werden,  ohne  dass 
sich  der  Wert  irgend  eines  Gliedes  änderte.  Dem  entspricht  aber 
in  der  Zerlegungsgleichung 

m  =  d'  •  d"  +  d"  •  d"  =  m'  +  m" 


»)  Journ.  de  math.,  T.  III,   1858,   pg.  284. 


über  die  zahlentheoretischen  Formeln  Liouville's.  205- 

eine  Vertauschimg  von  m'  mit  m".  Nehmen  wir  eine  solche  immer 
dann  vor,  wenn  m'  gerade  ist,  so  ändert  sich  sonach  in  S  nichts. 
Man  kann  also  die  Summe  S  statt  über  die  Lösungen  von  (1)  zwei- 
mal über  die  Lösungen  der  Gleichung 

m  =  m'  -\-  m"  =  d'  ö'  -\-  d"  d"         m'  =  1  (2) 

ausdehnen,  in  welcher  di'  nunmehr  nur  ungerade,  m"  also  nur  gerade 
positive  Zahlen  bedeutet.  Extrahieren  wir  aus  ni"  den  ungeraden 
Faktor,  indem  wir  setzen 

m"  =  2"- .  m^  =  2"'^  •  f/g  •  ^2         »h  =  1   iß) 

und  schreiben  wir  für  die  ungeraden  Faktoren  d'  und  ö'  von  m'  in 
der   Folge  fZ,   resp.  öj,   so   ergibt  sich   die  neue   Zerlegungsgleichung 

m  =  d,  '  ö,  +  2"-  d^  '  ^2  (2) 

und  die  Summe  S  ist  zweimal  über  die  Lösungen  dieser  Gleichung 
zu  erstrecken. 

Nun  definieren  wir 

/  (*',  y)  =  0, 

wenn  das  zweite  Argument  y  eine  ungerade  Zahl  ist.  Für  gerade 
Werte  ij  machen  wir  keine  neue  Voraussetzung. 

Hieraus  folgt  dann,  dass  wir  bloss  verschwindende  Glieder  ver- 
nachlässigen, wenn  wir  .S'  nur  über  diejenigen  Zerlegungen  ausdehnen,, 
für  welche 

ö'  +  8"  =  0.     (mod  2) 


Da  aber 

ist.  so  folgt,  dass  wir 


Ö'  =  dl  =  1      (mod  2) 


Ö"  =  ö,  -  1      (mod  2) 

setzen  dürfen,  was  die  neue  Gleichung 

d-'  =  2«^  •  d^ 

zur  Folge  hat.     Es  wird  dann  die  Summe  S  zu 

^S"  -  2 ^  {/(fZi  -  2-^  d„  8,  +  8,)  -f{d,  +  2«^  d„  d,  ~8,)},     (3). 

welche  Summe  einfach   über  die  Lösungen  von  (2)  auszudehnen  ist. 
In    der   Summe  «S'i    der   Formel   (f)   fallen,    da  d  Teiler  von  m,. 
also  ungerade  ist,  alle  Glieder  von  der  Form 

f  (0,  d) 
weg,  und  es  wird  *S'i  zu 

S\^-^{d-l)f{d,i)).  (4> 


206  Ernst  Meissner. 

In  der  Summe  ^2  sind  auch  nur  die  Glieder  zu  berücksichtigen,  deren 
zweites  Argument  gerade  ist,  und  da  ein  solches  nie  Teiler  der  un- 
geraden Zahl  d  sein  kann,  so  darf  man  den  Akzent,  resp.  die  hie- 
durch  angedeutete  Beschränkung  unterdrücken.    Es  wird  alsdann  So  zu 

^%  =  ^  {/  lö,  2)  +/  (ö,  4)  H h/  (ö,  d  -  1) }. 

Da  in  der  Summe  S^  alle  zweiten  Argumente,  weil  Teiler  der  un- 
geraden Zahl  m,  ungerade  Zahlen  bedeuten,  so  verschwindet  Glied 
für  Glied  jenes  Ausdruckes,  und  es  ist  also 

S,  =  0. 

Beachtet  man  noch,  dass  die  Gleichung 

m  =  d  ■  ö  VI  =  d  ■  ö 

besteht,  sobald  x  eine  konstante  Zahl  ist,  so  geht  die  Gleichung 

S  =  S,-h2  *%  -  2  63 
über  in 

S'  =  S[  -1-  2  .S'2 
oder  in  die  folgende  ^) : 

2  ^  { /  (f^i  -  2«^'  d,,d,-^  8,)  -  f  {d,  -4-  2°^  d,..  d,  -  ö,) }  =  (.y  ^^ 
=2.{f(d:  0)  +  2/(rf,  2)  +  2f(d,  4)  H h  2fid,  d-l)-d  -/(d,  0)} . 

Links  ist  über  die  Zerlegungen 

ni  =  d,  61  +  2"-  do  ■  Ö,, 

rechts  über  die  Lösungen  von 

m  =  d  '  d 

0 

zu  summieren.     Alle  Zahlen  fZ,  Ö  sind  positiv  ungerade. 

Dies  ist  aber,  abgesehen  von  der  Bezeichnung,  die  von  Liouville 
unter  (d)  im  fünften  Artikel  gegebene  Beziehung. 

3.  Die  zwei  übrigen  Formeln,  welche  von  Pepin  bewiesen  worden 
sind,  und  die  den  Inhalt  der  zwei  letzten  Artikel  der  <Äformules  generales» 
bilden,  beziehen  sich  beide  auf  dieselben  zwei  Zerlegungen  der  un- 
geraden Zahl  m,  resp.  des  doppelten  dieser  Zahl,  und  zwar  sind  es 
die  Zerlegungen 

m  =  d,  d,  +  2°-'  f?2  •  ö.,  (1) 

2  m  =  d'  ■  d'  +  d"  ■  d",  (2) 

^)  Journ.  de  math.,  i>«  ser.,  T.  III,  1858,  pg.  274  und  Pepin.  1.  c. 


über  die  zahlentheoretischen  Forniehi  Liouville's.  207 

in  welchen  mit  Ausnahme  der  beliebigen  positiven  Zahl  a^  alle  Grössen 
positiv  und  ungerade  sind. 

Bezeichnet  5  i^'^  V)  eine  für  alle  auftretenden  Werte  der  Argu- 
mente definierte  Funktion,  die  die  Bedingungen 

5  U-, y)  =  —%•  (-  J-',  ?/)  =  H-  ly  {X,  -ij);  5  (0,  ij)  =  0 

genügt,   so  kann   die  Hauptformel   des   18.  Artikels ')  in  der  Gestalt 
notiert  werden : 

d"  -  1 

2  y~  1)^'  "  {S  (^'  +  d%  d'  -  d")  4-  &  {d'  -  d%  ö'  +  d")}  - 

<V2-i  (XVIII) 

(3)  (1) 

wobei  die  erste  Summe  rechter  Hand  wie  früher  über  die  Lösungen  von 

m  =  d-  ö  (3) 

in  positiven  Zahlen  zu  erstrecken  ist. 

Es  sei  nun  ii  (x^y)  eine  für  sämtliche  zur  Anwendung  gelangenden 
Argumentwerte  definierte  Funktion,  für  welche 

^  {X,  y)  =  ii}{ij,x)  =  ip  (—  X,  ij)  =  t  (x,  —  y). 

Dann   stellt   sich   die   Hauptformel   des   Artikels  XVH-)   dar   in    der 
Gleichung 

ö'  - 1      (?"  - 1 

+ 


^(-1)    '^  2     .^,(rf'-rf.",ö'  +  d")  = 

(-'  (XVII) 

=  2  {-l)~^t  (0,  2  rf)  +  4^\-  1)"^  ""  ^^  .  1^  (2  d„  2^^^  +  Vg. 

(Ol  <!) 

Die  Summation  ist  jeweilen  über  die  unter  dem  Summenzeichen  an- 
gedeutete Zerlegungsgleichung  auszudehnen. 

Hiemit  ist  die  Zusammenstellung  der  Formeln  vollendet.  Wie 
man  aus  den  Gleichungen  (II  b)  und  (V  f)  sämtliche  übrigen  Relationen 
der  ersten  fünf  Liouville'schen  Artikel,  sowie  aus  (XVHI)  die  Formel 
(L)  des  sechsten  Artikels  herleiten  kann,  ist  teils  bei  Liouville,  teils 
bei  Pepin  nachzulesen,  teils  sind  diese  Herleitungen  so  einfach,  dass 
sie  sich  ohne  weiteres  darbieten. 


M  Journal  de  math.,  ^e  g^i.,^  t_  x,  1865,  pg.  169. 
-)  .Journal  de  math.,  2^  ser.,  T.  X,  pg.  135. 


208  Ei-nst  Meissner. 


§  10. 

Um  die  Anwendbarkeit  Liouvillescher  Formeln  auf  zahlentheo- 
retische Probleme  zu  demonstrieren,  wollen  wir  zum  Schluss  mit 
ihrer  Hülfe  eine  der  von  Kronecker  0  zuerst  aufgestellten  Klassen- 
zahlrelationen  auf  arithmetischem  Wege  herleiten.  Wir  stützen  uns 
dabei  auf  die  Angaben,  welche  Liouville^)  über  den  einzuschlagenden 
Weg  gemacht  hat,  und  beweisen  zunächst  einen  von  ihm  ausge- 
sprochenen Hülfssatz,  welcher  für  einen  einfachem  Fall  von  Hermite^) 
gegeben  worden  ist. 

Sei  n  eine  positive  Zahl  von  der  Form 

r^  =  4v-{-l.  (1) 

Die  Zahlen  d2,  82  und  d  seien  auch  positiv,  die  erstem  zwei 
ungerade.  F  {11)  sei  die  Anzahl  der  Klassen  quadratischer  Formen 
von  der  Determinante  (—  )i)  und  positiven  äussern  Koeffizienten,  von 
denen  wenigstens  einer  ungerade  sein  soll. 

Dann  gilt  der  Satz: 

Ist  31  die  Anzahl  der  Lösungen  der  Gleichung 

n  =  d^  •  ö.,  +  2  ^  (^2  +  Ö2),  (2) 

t,  (h)  die  Anzahl  der  Divisoren  von  n,   und  hat  a  {11)  die  frühere  Be- 
deutung, so  besteht  die  Relation : 

F  (>/)  =  51  +  y  {e  {n)  -h-  CO  {n)]'  (3) 

Aus  (2)  und  (1)  folgt  zunächst 

^2  ii;  <5o  (mod  4). 


^)  Kronecker:  Grelle,  Bd.  57,  pag.  248;  Journ.  de  math.,  ser.  2,  T.  V,  pag.  289. 
Über  Klassenzalilrelationen  vergleiche  man  ferner  die  Arbeiten  von: 

Gi erster:  Über  Relationen  zwischen  Klassenzahlen  etc.,  Math.  Ann.,  Bde.  XVII. 
XXI  u.  XXII  und  die  dort  gegebenen  Zitate,  ferner  die  unter  demselben  Titel  er- 
schienene Abhandlung  von : 

A.  Hurwitz  in  den  math.  Ann.,  Bd.  XXV.  sowie  die  zusammenfassende  Dar- 
stellung in : 

Klein-Fricke,  Theorie  der  ellipt.  Modulfunktionen,   Bd.  II,  Leipzig  1892. 

H.  J.  S.  Smith  in  seinem  Report  on  the  theory  of  numbers,  Art.  136,  leitet 
eine  zu  der  im  Text  gegebenen  verwandte  Relation  ab,  und  benutzt  dabei  nur  die 
auf  rein  arithmetischer  Basis  beruhenden  Liouville'schen  Formeln,  im  Gegensatz  zu 
den  übrigen  Autoren,  die  sich  durchwegs  der  Theorie  der  Modulfunktionen,  also 
hoch  transzendenter  Hülfsmittel  bedienen. 

^)  Liouville :    Journal  de  math.,  ser.  2,  T.  7,  pag.  46. 

^)  Hermite:  Gom])tes  rendus.  Vol.  .53,  1861;  Journal  de  math.,  ser.  2.  T.  V, 
pag.  32,  {L 


über  die  zahlentheoretischen  Formehi  Lioiiville's.  209 

Setzt  man  (^2  H-  ög  =  2  u| 

so  bedeutet  u  eine  ungerade,  s  irgend  eine  ganze  Zahl  und  weil 

do  =  u-i-2z>0 

ö,  =  w  ^  2  ^  >  0 

so  sind  z  und  u  durch  die  Ungleichung 

u>\2z\  (5) 

mit  einander  verbunden.     Die  Gleichung  (2)  geht  nun  über  in 

u  (u  +  4  fO  -  4  3^  =  w,  (2') 

aus  welcher  sich  der  Beweis  des  Satzes  ergibt. 

1.  Jeder  Lösung  von  (2'),  für  die 

\4:Z\<U  (1) 

ist,  ordnen  wir  die  Form 

(w,  2  z,  u  +  4  d)  (6) 

zu.     Sie  hat  die  Determinante  ( —  u),  und  ist  wegen 

2\2  z\<u<u  -\-  id 

reduziert.  Da  d  alle  positiven,  u  alle  positiven  ungeraden  mit  (2') 
verträglichen  Werte  annehmen  darf,  so  sind  durch  (6)  alle  reduzierten 
Formen  dargestellt,  deren  Determinante  =  —  u,  deren  mittlerer 
Koeffizient  gerade  oder  null  ist,  und  deren  äussere  Koeffizienten 
positiv,  ungerade  und  ungleich  sind.  Ihre  Anzahl,  die  mit  der  Zahl 
der  Lösungen  (I)  übereinstimmt,  sei  ^, . 

2.  Nun  ordnen  wir  ferner  den  Lösungen  von  (2'),  für  welche 

/  4  s  >  u 

ist,  die  quadratischen  Formen 

{II,  u  ~2z,2  u  ~  4  z-  +  4  d)  (6') 

zu,  deren  Determinante  ( —  >^)  ist.     Aus 

0  <u;  2z<  u<4:z 
folgt 

(Xu;  0<u  —  2z;  0<2u^id  —  4:Z; 
und 

«  —  2  (u  —  2  s)  >  0  ;  (2  M  —  4  5  +  4  fO  -  2  («f  —  2  3)  =  4  fZ  >  0. 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.   1907.  l^- 


^210  Ernst  Meissner. 

Es  ist  daher  (6')  der  Inbegriff  derjenigen  Formen 

{A.  B,  C), 
welche  den  Bedingungen 

A>0\  B>0;  C>0\  AC~B-  =  n\ 

2  5<^;  25<C;  £=l(mod  2)   )  ^^^ 

genügen. 

3.    In  dem  allein  noch  nicht  behandelten  Fall,  dass 

—  4:  z>  u 

ist,  lassen  wir  jeder  Lösung  von  (2')  die  Form 

(^*,  « -1-2.2,  2m  +  4s  +  4cO  (6") 

entsprechen,  welche  aus  6'  entsteht,  indem  man  z  in  ( —  2)  verwan- 
delt. Die  Anzahl  Z.^  der  Formen  (6")  ist  sonach  gleich  derjenigen 
der  Formen  (6'). 

Vertauscht  man  nun  in  (60  jedesmal  die  äussern  Koeffizienten, 
wenn  der  erste  grösser  ist,  als  der  dritte,  so  entsteht  ein  Formen- 
system 

U,  B,  C), 

für  welches  die  Bedingungen 

A>0;  B>0:  (7>0;  ^  =  l(mod2);  2B<A<C;  A  C  —  B^^  =  » 

erfüllt  sind,  und  das  Z.,  Glieder  enthält:  fügt  man  zu  diesem  noch 
das  aus  gleich  viel  Gliedern  bestehende  System,  welches  durch  Ver- 
tauschen von  B  mit  ( —  B)  aus  ihm  hervorgeht,  so  erfüllen  diese 
2  Zo  Formen  die  Bedingungen 

.4>0;  C>0;  5  =  1  (mod  2)  ;  \2B\<A<C\  AC~B-  =  h. 

Mit  den  Formen  (6)  bilden  diese  aber  das  System  aller  redu- 
zierten quadratischen  Formen  der  Determinante  ( —  n)  und  positiven 
und  nicht  gleichzeitig  geraden  äussern  Koeffizienten,  für  welche  keine 
der  Ungleichungen 

\2B\<A<C 

in  eine  Gleichung  übergeht.  Ihre  Anzahl  Z^  -\-  2  Zo  ist  gleich  der 
Zahl  %  der  Lösungen  von  (2')  resp.  (2). 

Um  sie  zu  der  Zahl  F  («)  sämtlicher  reduzierter  Formen  zu 
ergänzen,  haben  wir  noch  die  Formen 

(A,B,A)',\2B\<A;B>0  (8) 

und  {2B,B,C)',  0<2B<C  (9) 

ihrer  Zahl  nach  hinzuzufügen. 


t'ber  die  zahlentheoretischen  Formehi  Liouville's.  211 

Wenn  es  deren  im  ganzen  Z-^   gibt,  so  ist  dann 

Im  Falle  der  Formen  (8)  ist  aber 

w  =  (.-1  +  B)  (A  —  j5)  =  A^  —  B' 
und  da  beide  Faktoren  positiv  sind,  darf  man  setzen 


A  +  B  =  d\.  j    .. 


wo  (l  und  d  alle   konjugierten  Teiler  von   //  zu   durchlaufen    haben. 

Es  wird  2  A  =  d -\- Ö 

2B^d  —  d, 

und  wegen  0  <  2  B  <  A 

unterliegen  d  und  d  der  Beschränkung 

Ö<^<3Ö.  (10) 

Im  Falle  der  Formen  (9)  ist 

n  =  B{2C—B), 

und  da  wieder  beide  Faktoren  grösser  als  null  sind,  darf 

B  =  ö 


2C-B  =  d]^'=^''^'^^ 


gesetzt  werden. 

Die  Bedingung  A<  C  geht  dann  über  in 

3  Ö  <  d,  (10'^ 

und  die  Anzahl  der  Formen  (9)   ist  der  Zahl  der   diese  Ungleichung 
befriedigenden  Lösungen  von 

//  =  fZ-d       .  (11) 

gleich. 

Nun  kann  wegen  (1)  der  Fall 

d  =  -dd 

nicht   eintreten.     Jeder   Teiler  d  von    h    erfüllt   daher  eine    der   Be- 
dingungen 

fZ  <  3  ö         fZ  >  3  ö 

und  liefert  daher  eine  Lösung  (10)  oder  (10'),  ausser  wenn 

d<d 
sein  sollte. 


i21;2  Ernst  Meissner. 

Die  Anzahl  dieser  letztern  Lösungen  von  (11)  ist  aber 

die  Zahl  aller  Lösungen  von  (11)  ist  t  (*«)>  und  es  ergibt  sich  sonach 
für  die  Zahl  Z^  der  Formen  (8)  und  (9) 

Gemäss  der  Gleichung 

F  (/O  =  31  +  ^3 
wird  daher 

Wir  gehen  nunmehr  an  die  Herleitung  der  erwähnten  Klassen- 
zahlrelation. 

Sei  d^  eine  positive  ungerade  Zah],/(a;)  eine  gerade  Funktion. 
Dann  ist 

eine  ungerade  Funktion,  und 

3  (0)  =  0. 

Führen  wir  dieselbe  in  die  Formel  (A,)  pg.  37  ein,  so  ergibt  sich 
die  Gleichung 

^  {  /  (2  m'  +  d"  -  d,)  -  /  (2  m'  +  d"  +  d,) }  = 

Die  Summe  links  ist  über  die  Lösungen  von 

n  =  2  m'2  +  d"  d"        m'  |  0 ;  d",  6"  >  0 ;  d"  ^  d"  =  1  (2), 

die  zweite  über  diejenigen  von 

2  ><  =  7«"j  +  fZa  ^2 

zu  erstrecken,     n  bedeutet  eine  ungerade  Zahl. 
Setzen  wir 

n  =  m  —  2"3  •  ^3  •  ^3        «3  >  0,  ■  (13) 

wo  7n  eine  feste  und  wieder  ungerade  Zahl  sein  soll,  und  addieren 
wir  alle  für  sämtliche  Lösungen  von  (13)  in  positiv  ungeraden  Zahlen 
n,  f/3,  ^3  und  positiven  Werten  «3  gebildeten  Summengleichungen  (12), 
so  schreibt  sich  das  Resultat  in  derselben  Form  (12),  aber  die  linke 
Seite  ist  nun  über  alle  Lösungen  von 

m  —  2  m'^  =  d"  d"  +  2"^  d^  ö.,  (14) 

und  die  rechte  über  die  Lösungen  von 


über  die  zahlentheoretischen  Formehi  Liouville's.  2\3 

2  m  =  m-^  +  f/2  Ö2  +  2"^  +  ^  •  d^  •  d^  (15) 

.zu  summieren. 

Nun  kann  die  linke  Seite  der  Gleichung  (12)  nach  einer  aus  der 
Formel  (V  d)  pg.  54  deduzierbaren  Gleichung  vereinfacht  werden. 
Man  setze  in  (V  d)  statt  /  {x,  y)  eine  gerade  Funktion  /  {y)  des 
zweiten  Arguments.     So   ergibt  sich  mit  der  dortigen  Bezeichnung: 

2^{/(öi+Ö2)-/(ö,  -0^)}  = 

M  =  rfl  dl  +  2«-2  (72  Ö2  (16) 

=-  2  {/(O)  +  2/(2)  +  2/(4)  +  .  -f-  2/(ö  -  1)}  -^  ^  -/(O). 

II  —  d-d  II  =  d-f) 

Nun  beachte  man,  dass  auf  der  linken  Seite  S  der  Gleichung  (12) 
jeweilen  die  Glieder,  die  zu  entgegengesetzt  gleichen  Werten  von  m' 
gehören,  zusammengefasst  werden  können,  und  dass 

/(.r  +  7)1')  -\-f{x  —  m') 
und  im  Falle  in'  =  0 

/  (^  +  0) 
^ine  gerade  Funktion  von  x  ist.     Man  erhält  so  eine  Summe  S,  die 
gleich   gebaut  ist,   wie  diejenige  der  linken  Seite  von  (16),  und  sich 
:auf  dieselbe  Zerlegungsart  (14)  bezieht.     Nach  (16)  wird  also 

m' 

—  ^  (/(2  m') +  2/ (2  m' +  2)  H h  2/(2m'+f/*-l))} 

wo  (l^  alle  Teiler  der  Zahl  (m  —  2  w'"^)  zu  durchlaufen  hat,  und  wo 
das  vor  die  geschwungene  Klammer  gesetzte  Summenzeichen  andeutet, 
'dass  m'  der  Reihe  nach  alle  Zahlen  zu  durchlaufen  hat,  für  die 

m  —  2  m'^ 
positiv  ausfällt. 

Jetzt  definieren  wir 

/  (a?)  =  0       wenn  ^r  =j=  0  | 
/  {x)  =  1       wenn  x  =  0  \ 

Dann  werden  in  der  Summe  (14)  auf  der  rechten  Seite  R  alle  Glieder 
von  der  Form 

/  (A±i  +  ,^3) 

ZU  null.     Dasselbe  geschieht  mit  denjenigen  Gliedern 

/(^  -  rfs) 
für  welche 

(^2  +  0.3  4=  2  ^3      • 


214  Ernst  Meissner. 

während  so  oft  die  Zahl  1  auftritt,  als  Lösungen  von  (15)  existieren^ 
für  welche 

wird.     Dieselben  sind  aber  mit  den  Lösungen  von 

2  m  —  m;  =  cl  ■  d,  +  2'^^  ö,  (d^  +  §2)  (17) 

identisch,  und  da 

2  m  —  ml  =  1  (mod  4) 

ist,  so  stimmt  diese  letztere  Gleichung  mit  der  Gleichung  (2)  des 
anfangs  bewiesenen  Hülfssatzes  überein.  Die  Summe  R  in  (12)  wird 
sonach  gleich  der  Anzahl  der  Lösungen  von  (17),  oder  nach  (3)  gleich 

2F(2  m  -  ml )  -  I ^  e  (2  m  -  m; )  - 1  ^  «  (2  m  -  nir). 

Uli  "     '"i  "^     "'1 

Hiebei  ist  über  alle  positiven  ungeraden  Werte  von  m^,  für  die 

2  ni  —  Dil  >  0 

ist,  zu  summieren.     Aber 

^  CO  (2  m  —  ml ) 
»'1 

gibt  an,  wie  oft  2  m  als  Summe  zweier  Quadrate  darstellbar  ist,  und 

nach  bekannten  Sätzen  ist 

^  «  (2  m  -  ml)  =2  (-  ^)^  =  Q  ("0- 
Daher  wird 

R  =2  F  (2  m  -  ;«;)  - 1  ^'  t  (2  r>.  -  m?)  -  \  q  {m).       (18) 

Nun  ist  die  Definition  (a)  auch  im  Ausdruck  aS  der  linken  Seite 
von  (14)  einzuführen  und  nachher 

S=R 
zu  setzen.     Die  Summe 

^/(2«0-^'^^* 

m' 

wird  nur  für  m'  =  0  ein  von  null  verschiedenes  Glied  erzeugen,  und 
zwar  hat  jenes  den  Ausdruck : 

^d  =  i,  (m),  (19) 

m  =  ä-  ö 

da  die  Teiler  d^  in  die  Teiler  d  von  m  übergehen. 
Das  erste  Glied  /  (2  m')  in  der  Summe 

S,  =  2\2{f{^  »^')  +  2/(2  m'  +  2)  +  •  .  +  2/(2  m'^  +  ^*-  1))  l 
wird  nur  für  m'  =  0  zu  1,    und   zwar  tritt  es   dann  so   oft   auf,    als 


über  die  zahlentheoretischen  Fonnehi  Lionville's.  215 

Teiler  d'^  ^=  d  von  in  existieren;  es  liefert  sonach  an  Si  den  Beitrag 

^  ("0-  (19') 

Die  Argumente 

2  m'  +  2,  2  m'  -f-  4,  2  m'  -\- d*  ~  1 

der  übrigen  Glieder  in  Sy  sind  alle  positiv,  wenn  m'  >  0,  alle  negativ, 
wenn  2  m'  -}-  d*  <0  ist,  und  in  beiden  Fällen  verschwindet  die  ganze 
geschweifte  Klammer.     Ist  aber 

2m'  +  f^*>0,  m'<0, 

so  ist  immer  eines,  und  nur  eines  der  Argumente  gleich  null,  und 
die  Klammer  hat  jeweilen  den  Wert  2.     Es  wird  demnach 

S,  =  2.L('"''+:i'>'>)  +  ti.n)  (19") 

WO  L  die  Anzahl  der  Lösungen  der  Gleichung 

m  =  2  ni'"  -(-  fZ*  ö* 

mit  den  beigesetzten  Bedingungen  bedeutet.  Damit  geht  aber  der 
Ausdruck  für  S  über  in 

&  =  ^t,{m)-L[      ^.^^      j-^ei^>0-  (20) 

Wir  vereinfachen  weiter,  indem  wir  den  auf  pag.  39  in  §  5  ab- 
geleiteten Hülfssatz  verwenden,  wonach 

L  (2  m'  +  fi*  >  0)  —  Z  {2  m'  +  tZ*  <  0)  =  ^ ,  (21) 

und  Lj  die  Anzahl  der  Lösungen  von 

2  m  =  »?j  -L-  do  (^2 
in  ungeraden  positiven  Zahlen  bezeichnet.     Nun  ist  aber  wegen 

2  ))i  —  uq  =  d.2  •  ^2 
offenbar  A  =  ^  ^  ('^  ''*  —  '"i)- 

Dil 

Ferner  ergibt  sich  sofort  die  Relation: 

L  (2  „.+  d»  >  0^  =  i  c^  «;;^*,  > «) + L  (-  «;;^;> »)  + 1  (»o 

und  wenn  man  dies  in  [2\)  einsetzt,  folgt  die  neue  Gleichung 
i  C "':^<^  ")  =^  S  (2  «<  -  m;)  +  L  (2  ,«■  +  rf«  <  0)  - 

'«1 


\       m  >  0       /        '  V    / 


216  Ernst  Meissner. 

Ersetzt  man  in  (20)  die  Hälfte  von 


^[      m'<0       ) 
durch  die  Hälfte  dieses  Ausdrucks,  so  ergibt  sich : 

'S"  =  I  {^1  O'O  -  S  (m)  -^  t  (2  m  —  nil)  -L(2  m'  +  c^*  <  0)  + 
+  ^(      m'>0      )  +  e(m)-L(      ,^.^^      )|. 


(22) 


<^m'  +  d*<0\ 


Aber  die  ungerade  Zahl 

2  w'+6^* 
ist  nie  null,  und  es  ist  ferner 

L(2m'-\-d''<0)  =  l('        ,^^       , 
^  ^  \       m  <  0       / 

Dann  aber  kann  man 

\       m'  <  0       /  \       m  <  0       / 

zusammenfassen  zu 

L  (m'  <  0). 

Anderseits  darf  für 

^  /2w'  +  ^*>0\ 
V      w'  >  0      / 

der  einfachere  Ausdruck  L  (m'  >  0)  gesetzt  werden. 

Beachtet  man  endlich  noch,  dass 

L  {m'  >0)  =  L  (m'  <  0), 

so  geht  der  Ausdruck  (22)  über  in 

S  =  -ft,  (m)  —  -^^  ^1  (2  m  —  »i^)- 

Setzt  man  endlich  diesen  und  den  Ausdruck  (18)  in  die  Gleichung 

S  =  B 
ein,  so  erhält  dieselbe  die  definitive  Gestalt: 

m     <2  m 

^^__^^i^(2»-»;)  =  l{g, („,)  +  , («0}. 
Dies  ist  aber  die  Klassenzahlrelation,   welche  wir  herleiten  wollten. 


über  Chlorophyll  und  Xanthophyll. 

Von 
R.    WiLLSTÄTTER. 


Die  ältesten  Versuche  über  Blattgrün  von  Pelletier  und  Caventou 
und  von  Berzelius  haben  auf  die  Isolierung  von  Chlorophyll  hingezielt, 
ähnlich,  wie  sonst  pflanzliche  Farbstoffe  oder  auch  Alkalo'ide  gewonnen 
werden.  Die  Versuche  sind  fehlgeschlagen,  und  ihr  Ziel  ist  bis  heute 
nicht  erreicht  worden.  Es  liegen  da  besondere  Schwierigkeiten  vor : 
Chlorophyll  ist  indifferent,  es  gibt  keine  Verbindungen  ;  so  haben  wir 
kein  chemisches  Mittel,  es  aus  dem  Gemisch  mit  gelben  Verbindungen, 
mit  Phytosterinen,  Wachsen  u.  a.  herauszuholen,  die  sich  in  unseren 
Extrakten  finden,  und  namentlich  ist  das  Chlorophyll  auch  sehr  zer- 
setzlich.  Sobald  man  Verbindungen  von  Chlorophyll  herstellt,  z.  B. 
Salze,  so  hat  man  kein  Chlorophyll  mehr  in  Händen ;  so  hat  der 
Physiker  Hartley  bis  in  die  jüngste  Zeit  eine  Baryumverbindung 
benützt,  um  für  die  Spektralanalyse  Beinchlorophyll  darzustellen, 
sein  Produkt  ist  aber  verseiftes  Chlorophyll.  Deshalb  muss  man 
sich  darauf  beschränken,  grüne  Blätterextrakte  durch  Verteilung  der 
gelösten  Stoffe  zwischen  verschiedenen  Lösungsmitteln  zu  fraktio- 
nieren ;  nach  der  Methode  von  Gr.  Kraus  bringt  man  beim  Schütteln 
-des  alkoholischen  Extraktes  mit  Benzol  oder  Benzin  in  dieses  das 
Chlorophyll,  während  die  gelben  Begleiter  im  Alkohol  bleiben.  Ähn- 
lich verwendet  man  nach  Sorby  Schwefelkohlenstoff.  Auf  diese  Weise 
kann  man  Lösungen  bereiten,  in  denen  Chlorophyll  noch  nicht  ver- 
dorben sein  mag,  aber  auch  keineswegs  rein  sein  kann.  Wenn  man 
nun  auch  den  reinen  Stoff  als  Ausgangsmaterial  nicht  kennt,  ist  doch 
der  Abbau  des  Chlorophylls  in  Angriff  genommen  worden  in  lang- 
jährigen, mühevollen  Untersuchungen  von  Hoppe-Seyler,  Tschirch 
und  namentlich  von  Schunck  und  Marchlewski,  etwa  in  der  Zeit  von 
1879  bis  gegen  1900.    Und  der  Abbau  hat  mit  einer  Reihe  von  Ver- 


>21S  R.  Willstilttev. 

bindungen,  unter  denen  sich  schöne,  krystallisierende  Substanzen  finden, 
zu  einem  sehr  merkwürdigen  Resultat  geführt :  zur  Kenntnis  von 
Beziehungen  zwischen  Blatt-  und  Blutfarbstoff. 

Chlorophyll  wird  durch  alkoholische  Chlorwasserstoffsäure  in 
Phylloxanthin  umgewandelt,  dessen  Zusammensetzung  nicht  angegeben 
worden  ist,  und  weiterhin  durch  konzentrierte  Salzsäure  in  Phyllo- 
cyanin ;  durch  Alkalien  wird  dieses  in  das  krystallisierte  Phyllotaonin 
übergeführt.  Daraus  entstand  beim  Erhitzen  mit  alkoholischem  Kali 
auf  190*^  Phylloporphyrin. 

Phylloxanthin 

1 

Phyllocyanin 

1 

Phyllotaonin,  C^^  H^^  Og  Ng 

i 
Phylloporphyrin,  {C,,  H,g  0  N2)x 

Dieses  Endprodukt  steht  nun  einem  eisenfreien  Abbauprodukt 
des  Blutfarbstoffs  sehr  nahe,  dem  Hsematoporphyrin  (C,c  Hig  Oo  N,)  x 
von  Hoppe-Seyler  und  von  Nencki  und  Sieber.  Namentlich  in  den  Ab- 
sorptionsspektren stimmen  diese  Porphyrine  beinahe  überein.  Schliess- 
lich hat  im  Jahre  1901  Nencki  mit  Zaieski  und  Marchlewski  gemeinsam 
Hsemin  und  Phyllocyanin  sogar  wahrscheinlich  zu  identischen  Pro- 
dukten abbauen  können,  dem  Hsemopyrrol,  einer  Pyrrolbase,  der  (mit 
der  Voraussetzung,  dass  eine  einheitliche  Substanz  vorliegt)  die  Formel 
Cg  Hi3  N  zugeschrieben  worden  ist.  Nach  den  letzten  Untersuchungen 
von  Küster  liegt  übrigens  ein  Gemisch  mindestens  von  zwei  Verbin- 
dungen im  Hsemopyrrol  vor,  von  denen  die  eine  nur  basischen,  die 
andere  auch  saueren  Charakter  zeigt.  In  allen,  auch  in  den  letzten 
Phasen  dieses  Abbaus  liegen  noch  grosse  Unsicherheiten ;  immerhin 
steht  das  wichtige  Ergebnis  fest :  aus  Haematin  und  Chlorophyll  kann 
man  ähnliche  Spaltungsprodukte  erhalten. 

Über  die  Natur  des  ganzen  Chlorophyllmoleküles  gewinnen  wir 
aus  den  angeführten  Umwandlungen  noch  kein  Bild.  Aber  ange- 
deutet finden  wir  eine  Vorstellung  bei  Hoppe-Seyler.  Sein  Chloro- 
phyllan,  ein  durch  Säure  Wirkung  modifiziertes  Chlorophyll,  enthielt 
1.38  Proc.  Phosphor.  Anscheinend  handelte  es  sich  nicht  um  eine 
Verunreinigung,  sondern  es  erschien  wahrscheinlich,  dass  das  Chloro- 
phyll eine  Verbindung  des  Lecithins  oder  selbst  eine  lecithinartige 
Verbindung  sei.  Diese  Hypothese  hat  in  den  neunziger  Jahren  Stoklasa 
aufgegriffen  und  nachdrücklich  vertreten.  Er  hat  durch  Entmischen 
von  alkoholischen  Grasextrakten  mit  Benzol  ein  Chloropyllpräparat 
(Chlorolecithin)    hergestellt,    das  fast   so  viel    Phosphor  enthielt    als 


über  Chlorophyll  und  Xanthophyll.  219 

Lecithin.  Diese  Angaben  sind  aber  irrtümlich.  Wenn  man  nach  der 
Methode  von  Kraus,  am  besten  durch  Verteilung  zwischen  Holzgeist 
und  Benzin,  Chlorophyll  reinigt,  so  findet  man  gar  keinen  Phosphor 
darin  beim  Verarbeiten  getrockneter  Blätter  und  nur  Spuren  bei  Ex- 
trakten aus  frischem  Material.  Und  mit  einer  neuen  Methode  Cliloro- 
phylllüsungen  zu  reinigen,  findet  man  das  Resultat  bestätigt.  Ver- 
mischt man  alkoholische  Chlorophylllösungen  mit  Wasser,  so  erhält 
man  kolloidale  Lösungen,  die  an  Äther  ohne  weiteres  nichts  Grünes 
abgeben;  man  kann  aber  das  Chlorophyll  aussalzen  und  es  so  frei 
von  Phosphor  erhalten  Der  Satz  Stoklasas  „ohne  Phosphor  kein 
Chlorophyll"   ist  hinfällig. 

So  fehlt  es  also  an  einer  Vorstellung  von  der  chemischen  Natur 
des  Chlorophylls.  Man  sieht  leicht  (obwohl  auch  das  eine  vielum- 
strittene Frage  ist),  dass  es  weder  basische  noch  sauere  Eigenschaften 
besitzt.  Aber  es  wird  Base  und  Säure  bei  der  Hydrolyse,  sei  es 
durch  Alkali  oder  Säure.  Da  handelt  es  sich  um  zwei  Spaltungs- 
reaktionen, die  schon  äusserlich  ganz  verschieden  sind;  Alkalien 
machen  Chloroj)liyll  alkalilöslich  und  dabei  bleibt  die  Farbe  erhalten, 
chlorophyllgrün ;  Säuren  bewirken  ein  Umschlagen  der  Farbe  in 
Olivgrün. 

Was  die  Alkalien  vom  Chlorophyll  wegnehmen,  das  können  wir 
auffinden  in  den  durch  Säurewirkung  entstehenden  Umwandlungs- 
produkten; und  was  andererseits  schon  bei  der  gelindesten  Ein- 
wirkung von  Säure  am  Chlorophyll  zerstört  wird,  das  zeigt  sich 
intakt  an  den  in  alkalischen  Medien  gebildeten  Chlorophyllderivaten. 
Das  ist  die  Methode,  mit  der  wir  an  die  Untersuchung  des  Chloro- 
phylls herantreten,  ohne  das  Chlorophyll  selbst  zu  kennen. 

Die  Säurespaltung  des  Chlorophylls,  wofür  gewöhnlich  konzen- 
trierte wässrige  oder  alkoholische  Salzsäure  gedient  hat,  bewirken 
wir  durch  Versetzen  der  alkoholischen  Extrakte  mit  Oxalsäure.  So 
bekommt  man  leicht  ein  aschefreies  Produkt  von  konstanten  Eigen- 
schaften ;  es  ist  in  Alkohol  fast  unlöslich  und  kami  daher  gut  gereinigt 
werden.  Es  erinnert  an  das  mit  Salzsäure  dargestellten  Phyllo- 
xanthin,  aber  identisch  ist  es  nicht  damit;  es  soll  als  Phseophytin 
bezeichnet  werden  (im  Hinblick  auf  die  olivenbraune  Farbe  seiner 
Lösungen).  Für  ein  bestimmtes  Pflanzenmaterial  finden  wir  die  Zu- 
sammensetzung des  Phaeophytins  recht  konstant,  aber  etwas  differierend 
bei  Präparaten  aus  verschiedenen  Pflanzenklassen.  Brennesseln,  Pla- 
tanen, Gras  und  Grünalgen  haben  als  Ausgangsmaterial  gedient. 
Ein  Kilogramm  trockener  Blätter  liefert  zirka  3,5  g  Phteophytin;  man 
kann  Chlorophyll  mit  diesem  Präparat  annähernd  quantitativ  bestimmen. 


:220  •  R.  Willstätter. 

Das  Phseophytin  ist  ein  Wachs  und  somit  zählt  auch  das  Chlorophyll 
zu   den  Estern.     Durch  Lauge  wird    das  Wachs   leicht   verseift    und 
man   bekommt  den   spezifischen  Alkohol   des  Chlorophylls,    der  noch 
nicht  bekannt  ist.     Er  soll  Phytol  genannt  werden. 
Phseophytin  aus  Gras  gab     32.1  Prozent  Phytol 

Platanen  30.2 

Grünalgen  29.6        „  „ 

Brennesseln  29.3        „  „ 

wir   gewannen   z.  B.  300  g   aus  etwa  1100  g  Phseophytin,    d.  i.  ca. 
100  g  aus  100  kg  trockener  Blätter. 

Auf  den  ersten  Blick  könnte  man  zweifeln,  ob  das  Phytol 
wirklich  zum  Chlorophyll  gehört  und  ob  es  nicht  von  beigemengtem 
pflanzlichem  Wachs  herrührt.  Ähnliche  Alkohole  und  zwar  krystal- 
lisierende,  die  leichter  isolierbar  sind,  hat  Etard  als  Begleiter  von 
Chlorophyll  in  vielen  Pflanzen  angetroffen.  Der  Zweifel  ist  aber 
leicht  zu  heben.  Ein  Präparat  von  rohem  Phseophytin  gab  27.70 
Proc.  Phytol.  Dann  haben  wir  es  nochmal  tagelang  der  Einwirkung 
von  Oxalsäure  unterworfen  und  wieder  gab  es  nach  der  Isolierung 
27.99  Proc.  Phytol.  Eine  Portion  dieses  Phseophytins  wurde  aus 
Chloroform  mit  Alkohol  und  aus  Alkohol  allein  wiederholt  umgefällt 
und  dann  verseift.  Wir  erhielten  abermals  27.76  Proc.  Phytol.  Das 
ist  also  sicher  der  Alkohol  des  Chlorophylls. 

Phytol  ist  ein  Öl  vom  spezifischen  Gewicht  (D^)  =  0.864,  nicht 
krystallisierbar,  unter  üblichen  verminderten  Drucken  nur  mit  starker 
Zersetzung  destillierbar,  dagegen  unzersetzt  siedend  bei  145°  im 
Vakuum  des  Kathodenlichtes.  Die  Zusammensetzung  entspricht  genau 
der  Formel  Coo  H^^  0;  es  ist  ein  einwertiger  Alkohol  und  zwar  ein 
primärer  zufolge  der  Esterifizierungsgeschwindigkeit,  die  übrigens 
merkwürdige  Abweichungen  von  den  Regeln  Menschutkins  zeigt,  be- 
dingt durch  besonders  leicht  eintretende  Abspaltung  von  Wasser. 
Charakteristisch  .  für  das  Phytol  ist  sein  ätherlösliches  Natriumsalz ; 
im  übrigen  ist  der  Alkohol  sehr  schwierig  durch  Verbindungen  zu 
charakterisieren,  da  seine  Derivate  sehr  wenig  Neigung  zum  Krystal- 
lisieren  zeigen.  Sein  Aldehyd  und  dessen  Oxim,  seine  Säure,  andere 
Oxydationsprodukte  und  Abkömmlinge  sind  Öle;  aber  mit  Phenyl- 
cyanat  und  Naphtylcyanat  wurden  krystallisierende  Urethane  erhalten. 
Phyto]  addiert  ein  Molekül  Brom  und  Jodwasserstoff;  es  zeigt  sich, 
■dass  es  ein  Alkohol  der  Olefinreihe  ist. 

Viel  komplizierter  sind  die  anderen,  die  N-haltigen  Spaltungs- 
produkte des  Phseophytins.  Da  entsteht  nicht  ein  einzelnes  Produkt, 
:sondern    fast    unentwirrbare    Scharen    von    schwach    basischen    und 


über  Chlorophyll  und  Xanthophyll.  22f 

zugleich  saueren  Verbindungen.  Wir  ordnen  sie  in  zwei  Reihen.  Die 
Einen,  olivgrün  bis  grün  in  indifferenter  Lösung  nennen  wir  Phyto- 
chlorine,  die  Anderen,  rot  in  Äther,  Phytorhodine ;  beide  Reihen 
sind  in  saueren  Medien  blau  bis  blaugrün  oder  grün.  Es  wäre  aus- 
sichtslos gewesen,  eine  Untersuchung  dieser  Gemische  zu  wagen,  wenn 
nicht  die  ausserordentliche  Differenzierung  in  der  basischen  Natur 
dieser  Chlorophyllderivate  —  dafür  gibt  es  wohl  keine  Analogie  — 
zu  einer  Methode  der  Untersuchung  und  Fraktionierung  mit  Hilfe 
von  Salzsäure  verschiedener  Konzentration  geführt  hätte.  Hierüber 
ist  in  den  Annalen  der  Chemie  (Band  350)  schon  veröffentlicht  w^orden. 

So  haben  wir  neben  Phytol  aus  dem  Phseophytin  der  Brennesseln, 
von  Gras,  von  Grünalgen  Phytochlorine  und  Phytorhodine  vollkommen 
rein  dargestellt.  In  der  Zusammensetzung  zwar  ähnlich,  sind  doch 
die  Spaltungsprodukte  aus  verschiedenen  Pflanzen  durchaus  nicht 
identisch.  Und  bei  einem  und  demselben  Ausgangsmaterial  findet 
man  viel  Variationen  je  nach  den  angewandten  Methoden.  So  lässt 
es  sich  beweisen,  dass  es  nicht  einen  einzigen  bestimmten  Stoff 
Chlorophyll  gibt.  Das  Chlorophyll  der  verschiedenen  Pfianzenklassen, 
der  Dikotyledonen,  Monokotyledonen,  Gj'mnospermen  und  auch  von 
Kryptogamen  finden  w^ir  in  genau  definierten  Hauptmerkmalen  über- 
einstimmend. Aber  in  dem  riesigen  C  H  0  X-Komplex  sind  nun  zahl- 
reiche Variationen  nachgewiesen.  Wenn  wir  uns  erinnern,  dass  die 
wichtigsten  Alkalo'ide,  wie  Chinin,  Atropin,  Cocain,  Nikotin  von 
ganzen  Familien  der  Nebenalkaloi'de  verwandter  Konstitution  begleitet 
werden,  so  wird  uns  der  Nachweis  der  Variation  bei  dem  ungleich 
grösseren-  Molekül  des  Chlorophylls  nicht  überraschen. 

Phteophytin  ist  dem  Gewicht  nach  der  Hauptbestandteil  des 
Chlorophylls,  aber  seiner  Natur  nach  entfernt  es  sich  sehr  w^eit  von 
der  Muttersubstanz.  Die  Phytochlorine  vermögen  Metallsalze  komplex 
aufzunehmen  und  mit  dieser  Reaktion  werden  sie  mit  einem  Male  viel 
ähnlicher  dem  Chlorophyll,  namentlich  in  der  Farbe.  Dafür  findet  sich 
die  Erklärung,  wenn  man  die  Reaktion  des  Chlorophylls  mit  Alkalien 
betrachtet,  die  zu  einer  ganz  andersartigen  Reihe  von  Spaltungs- 
produkten führt.  Da  wird  Phytol  abgetrennt  und  es  entstehen  Ver- 
bindungen mit  sauerer  Funktion.  Sie  sind  chlorophyllgrün  und  sollen 
Chlorophylline  heissen. 

Ähnliche  Verbindungen  kommen  in  der  Literatur  schon  öfters 
vor  und  zwar  gewöhnlich  als  Alkachlorophyll  bezeichnet ;  aber  gegen- 
über den  älteren  Angaben  bestehen  in  analytischer  Hinsicht  wesentliche 
Abweichungen.  Namentlich  ist  das  Alkachlorophyll  früherer  Autoren 
(Schunck  und  Marchlewski)  als  aschefrei  beschrieben.  Die  Chloro- 
phylline   enthalten    hingegen    als    einen    wesentlichen    mineralischen 


■222  R.  ^Villstättel•. 

Bestandteil  Magnesium  und  zwar  geben  sie  eine  Asche  von  etwa 
3.5  Prozent  Magnesia.  Und  es  hat  sich  gezeigt,  dass  das  Magnesium 
dem  Chlorophyll  von  Land-  und  Seepflanzen  der  verschiedenen  Klassen 
gemeinsam  ist. 

Die  Chlorophylline  krystallisieren  leider  nicht,  und  sie  bestehen 
möglicherweise  so  wie  die  Derivate  der  Phseophytinspaltung  aus  Ge- 
mischen  ähnlicher  Verbindungen.     Immerhin    gelingt  es,    diese  kom- 
plexen Substanzen  zu    reinigen    und  dadurch   sicher  zu   stellen,    dass 
nicht  etwa  Magnesiumverbindungen  anderer  Art,  vielleicht  fettsauere 
Salze   oder  Alkoholate   beigemischt   sind.     Man  kann    nach  der  Ver- 
seifung   des   Chlorophylls   aus    der    rohen    ätherischen   Chlorophyllin- 
lösung  mit  Dinatriumphosphat  als  Alkali  die  Chlorophylline  extrahieren 
und   sie  durch  vorsichtigen  Zusatz  von  Mononatriumphosphat  wieder 
entbinden.     Fettsäuren,    Alkohole    und    dergleichen    sind    nun    nicht 
mehr  beigemischt;    es   ist  eine   vortreffliche    Reinigung.     Aber  auch 
hiernach  erschien  das  Auftreten  von  Magnesium  noch  nicht  genügend 
einwurfsfrei  festgestellt,    bis  es   endlich    gelang,    durch  den  weiteren 
Abbau  von  Chlorophyllin  ganz  einheitliche,  gut  krystallisierende  kom- 
plexe Magnesiumverbindungen  zu  isolieren.  Sie  entstehen  beim  Erhitzen 
der  grünen  Substanz  mit  einem  grossen  Überschuss  von  konzentriertem 
alkoholischem  Kali  auf  100,  140  und  200".  Zuerst  bilden  sich  prachtvoll 
blaugefärbte   und    ungeheuer   fluoreszierende  Verbindungen    (Glauko- 
phyllin).     Dann  bei  gegen  200"  intensiv  rot  gefärbte,    noch  ziemlich 
stark    fluoreszierende,    sehr    schön    krystallisierende    Abbauprodukte, 
Rhodophylline.     Mit   der  Untersuchung   dieser    Rhodophylline   haben 
wir  uns  beschäftigt  und  zunächst  eines  davon  (a)  rein  und  einheitlich 
dargestellt.    Als  eine  starke  Säure  lässt  es  sich  mit  sehr  verdünntem 
Ammoniak  von  einem   beigemischten    schwach  saueren    Rhodophyllin 
(/?)   abtrennen    und    dann    durch   mehrmaliges   Umkrystallisieren    aus 
Äther  vollends  reinigen.     Hierbei  erfährt  die  Verbindung  infolge  von 
Wasserabspaltung  wesentliche  Änderungen;  sie  enthält  dann  6  Prozent 
Magnesia  und  8.9  Prozent  Stickstoff.    Charakteristisch  für  das  Rhodo- 
phyllin a  ist  sein  prachtvolles  schwer  lösliches  Kaliumsalz.    So  wider- 
standsfähig das  Metall  gegen  den  Angrift'  von  Alkalien  ist,  so  leicht  wird 
es  von  Säuren  herausgeholt  z.  B.  schon  von  Eisessig  in  der  Kälte.    Die 
Entstehungsweise  des  Rhodophyllins  stellt  es  nun  sicher,  dass  das  Mag- 
nesium wirklich  zum    Chlorophyllmolekül   gehört  und   dass  es   darin 
komplex  gebunden  ist. 

Die  Spaltungsreaktionen  des  Chlorophylls  verlaufen  also  nach 
zwei  Richtungen :  in  alkalischen  Medien  wird  der  Ester  verseift,  in 
saueren  das  Metall  eliminiert,  dagegen  der  Ester  verschont. 


über  Chloropliyll  und  Xanthophyll.  223 

Kehren  wir  nun  zu  dem  Abbau  zurück,  der  von  Chlorophyll 
zu  anscheinend  demselben  Haemopyrrol  geführt  hat,  das  sich  aus 
Haemin  erhalten  lässt.  Auf  dieser  Tatsache  fussen  geistvolle  Hypo- 
thesen von  Nencki  über  die  Ähnlichkeit  des  Blatt-  und  Blutfarbstoffs, 
die  auch  hindeute  auf  einen  genetischen  Zusammenhang  zwischen 
pflanzlichem  und  tierischem  Leben.  Man  hätte  schon  früher  einwenden 
können,  dass  das  Haemopyrrol  doch  eigentlich  nur  einen  kleinen 
Bruchteil  des  ganzen  Moleküls  von  Chlorophyll  oder  Haemoglobin 
bedeutet,  zudem  mit  gewaltsamen  Reaktionen  herausgeschält.  So 
können  wir  Eiweiss  zum  Indol  abbauen  und  Indigo  gleichfalls ;  wir 
denken  aber  nicht  daran,  die  beiden  Stammkörper  in  besonders  enge 
Beziehungen  zu  bringen.  Wichtiger  als  dieser  Einwand  ist  nun  aber 
der  Beweis,  dass  die  beiden  grossen  Katalysatoren  verschiedenartige 
Metallkomplexe  gebunden  enthalten.  Ganz  ungleichartig  ist  die  Funk- 
tion von  Blatt-  und  Blutfarbstoff';  der  Funktion  scheint  die  Natur 
des  Metalles  zu  entsprechen.  Das  am  Transport,  an  der  Uebertragung 
des  Sauerstoffs  beteiligte  Haemoglobin  enthält  Eisen,  das  in  der  Re- 
duktion der  Kohlensäure  wirksame  Chlorophyll  enthält  Magnesium. 
Wir  dürfen  diese  hochmolekularen  Komplexe  mit  einfacheren  Analogen 
vergleichen.  Beim  gelben  Blutlaugensalz  finden  wir  die  reduzierende 
Wirkung  des  zweiwertigen  Eisens,  im  roten  Bhitlaugensalz  die  Oxy- 
dationswirkung der  Ferriform.  Die  organischen  Magnesium  Verbin- 
dungen, z.  B.  die  von  Grignard,  zeigen  die  Oxydierbarkeit  des  Metalls 
und  seine  Affinität  zur  Kohlensäure.  Die  Rolle  des  Chlorophylls  in  der 
Assimilation  ist  bisher  nur  nach  der  physikalischen  Seite  erörtert 
worden.  Wir  entfernen  uns  aber  wohl  nicht  zu  weit  von  den  Tat- 
sachen, wenn  wir  die  Vermutung  äussern,  dass  bei  der  Aufnahme 
von  Kohlensäure  in  der  grünen  Pflanze  das  reaktionsfähige  basische 
Metall  sich  betätigt. 

Neben  der  Assimilation  der  Kohlensäure  geht  ein  zweiter  Prozess 
in  der  Pflanze  einher,  der  weniger  erheblich  ist  für  den  Kreislauf 
des  Stoffes :  die  Sauerstoft'atmung,  welche  die  für  die  Lebenstätigkeit 
erforderliche  Energie  liefert.  Auch  dieser  Vorgang  ist  chemisch 
noch  nicht  erklärt.  Aber  eine  beachtenswerte  Idee  ist  geäussert 
worden,  die  sich  auf  die  Funktion  der  gelben  Chlorophyllbegleiter 
in  den  grünen  Blättern  bezieht :  Arnaud  hat  die  Hypothese  aufgestellt, 
dass  diese  gelben  Stoffe  an  der  Sauerstoffatmung  Anteil  nehmen. 

Mit  diesen  Chlorophyllbegleitern,  die  man  mit  dem  Sammelnamen 
Xanthophylle  zusammenfassen  kann,  haben  sich  viele  Chemiker  be- 
schäftigt, namentlich  Arnaud  und  Tschirch.  Arnaud  hat  es  sehr 
wahrscheinlich  gemacht,  dass  in  den  Blättern  dieselbe  gelbe  Verbindung 
enthalten  ist,  wie  in  der  gelben  Rübe,  das  Carotin.    Dieses  ist  schon 


224  R.  Willstätter. 

im  Jahre  1847  von  Zeise  als  Kohlenwasserstoff  angesprochen  worden. 
Die  Ansichten  haben  dann  geschwankt,  manche  Autoren  fanden  darin 
Sauerstoff,  andere  nicht.  Arnaud  hat  schliesslich  festgestellt,  dass- 
das  Carotin  wirklich  ein  Kohlenwasserstoff  ist  und  hat  auf  Grund 
sehr  eingehender  Versuche  ihm  die  Formel  Cjg  Hgg  zugeschrieben. 
Merkwürdigerweise  aber  sind  von  Arnaud  keine  Analysen  erbracht 
worden  für  das  Carotin  der  grünen  Blätter.  Viel  weiter  ist  die  spek- 
tralanalytische Untersuchung  geführt  worden,  namentlich  von  Monte- 
verde,  von  Tschirch  und  von  C.  A.  Schunck  und  Marchlewski,  mit 
dem  Ergebnis,  dass  wahrscheinlich  drei,  mindestens  aber  zwei  Carotine 
in  den  grünen  Blättern  vorliegen. 

Wir  haben  die  Analyse  der  gelben  Stoffe  in  Angriff  genommen 
und  die  Angabe  von  Arnaud  bestätigt  gefunden,  dass  der  Kohlen- 
wasserstoff Carotin  in  den  grünen  Blättern  enthalten  ist.  Wir  haben 
das  Carotin  aus  Daucus  Carota  mit  dem  Carotin  aus  Blättern  direkt 
verglichen  und  analytisch  identifiziert.  Aber  nicht  richtig  ist  es, 
nach  Arnaud  anzunehmen,  dass  alles  Gelbe  in  den  Blättern  oder 
auch  nur  die  Hauptmenge  davon  wirklich  Carotin  ist.  Eine  zweite 
schön  krystallisierende  Substanz  und  zwar  eine  sauerstoffhaltige  fand 
sich  viel  reichlicher:  sie  soll  nun  speziell  als  Xanthophyll  bezeichnet 
werden.  Wir  erhielten  z.  B.  aus  einer  Portion  von  100  kg  trockener 
Brennesselblätter  3.1  g  Carotin,  aber  über  12  g  Xanthophyll.  Es  lässt 
sich  nun  sehr  leicht  verstehen,  dass  die  Analysen  des  Blättercarotins 
nicht  befriedigend  ausgefallen  sind.  Einmal  beobachten  wir  an  Carotin 
sowie  an  Xanthophyll  die  Fähigkeit  mit  sehr  vielen  Solventien  zu 
krystallisieren  und  zwar  derart,  dass  die  Krystalllösungsmittel  in 
manchen  Fällen  gar  nicht  entfernt  werden  können,  und  dann  bekommt 
man  eben  im  allgemeinen  Gemische  der  beiden  krystallisierenden 
gelben  Stoffe.  Sie  sind  einander  sehr  ähnlich  im  Schmelzpunkt,  in  der 
Farbe,  in  der  Blaufärbung  mit  Schwefelsäure  und  in  vielen  anderen 
Eigenschaften.  Nur  ist  Carotin  auch  in  dünner  Schicht  mehr  rot, 
Xanthophyll  mehr  orangegelb  in  der  Durchsicht;  Carotin  ist  in  Al- 
kohol fast  unlöslich,  in  Petroläther  löslich,  Xanthophyll  umgekehrt 
in  Petroläther  unlöslich,  in  Alkohol  löslich. 

Die  Analyse  hat  ein  überraschendes  Resultat  gegeben.  Die 
Formel  von  Arnaud  (auf  1  C  :  1.46  H)  ist  abzuändern.  Carotin  enthält 
C:H=  1:1.40,  also  (C, qHj^)x,  und  zufolge  der  Bestimmung  des 
Molekulargewichtes  in  Chloroformlösung  nach  der  ebullioskopischen 
Methode  ist  die  Formel  C^o  ^5.;-  Und  Xanthophyll  ist  nach  Analyse, 
Molekulargewichtsbestimmung  und  Jodaddition  das  Oxyd  des  Carotins : 

^4  0  Häc  Og. 


über  Chlorophyll  und  Xanthophyll.  225 

Die  Hypothese  von  der  Rolle  des  Carotins  bei  der  Atmung 
gewinnt  vielleicht  an  Wahrscheinlichkeit  dadurch,  dass  das  Oxyd 
den  Kohlenwasserstoff  begleitet.  Arnaud  hat  die  Hypothese  dadurch 
gestützt,  dass  er  zeigte,  Carotin  oxydiere  sich  leicht;  bei  70°  soll 
es  21  Prozent  Sauerstoff  aufnehmen.  Nach  unseren  Beobachtungen  führt 
die  Sauerstoffaufnahme  noch  viel  weiter.  Xanthophyll  addiert  nämlich 
schon  bei  gewöhnlicher  Temperatur,  indem  es  ausbleicht,  über  36  Prozent 
seines  Gewichtes  Sauerstoff,  also  das  im  Xanthophyll  enthaltene  Carotin 
44.2  Prozent  seines  Gewichtes  an  Sauerstoff. 

Die  Untersuchung  der  Konstitution  dieser  schönen  gelben  Stoffe, 
die  ja  erst  im  Anbeginn  hält,  bietet  eine  lockende  Aufgabe;  insbe- 
sondere bietet  es  grossen  Reiz,  zu  prüfen,  ob  nicht  vielleicht  diese 
stickstofffreien  Begleiter  des  Chlorophylls  mit  diesem  selbst  genetisch 
verknüpft  sind;  ob  sie  nicht  vielleicht  hervorgegangen  sind  aus  dem 
Alkohol  Cgo  H^o  0  durch  einen  einfachen  Dehydrogenisationsprozess  ? 


Vierteljahrschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.     1907.  15 


Eine  neue  Theorie  der  Narkose. 

Von 

Rudolf  Höbek. 


Erst  vor  wenigen  Jabren  ist  von  Hans  Meyer ^)  und  0 verton^) 
eine  Theorie  der  Narkose  aufgestellt  worden,  welche  allgemeine  Aner- 
kennung gefunden  hat.  und  es  mag  deshalb  zunächst  befremdend  er- 
scheinen, dass  eine  neue  Theorie  zum  Gegenstand  der  folgenden  Mit- 
teilung gemacht  werden  soll.  Indessen  braucht  man  sich  nur  den 
Inhalt  der  Meyer-Overtouschen  Theorie  zu  vergegenwärtigen,  um 
zu  erkennen,  dass  diese  Theorie  noch  weit  davon  entfernt  ist,  die 
Frage  nach  dem  Verhältnis  der  narkotisierenden  Substanzen  zu  der 
Erregbarkeit  der  lebenden  Zellen  abschliessend  zu  beantworten^). 

Die  Theorie  von  Meyer  und  0 verton  besagt: 

Ein  Narkotikum  ist  ein  Stoff,  welcher  zugleich  im  Wasser  und 
in  den  Zell-Lipoiden  löslich  ist;  seine  narkotische  Kraft  ist  umso 
grösser,  je  grösser  der  Teilungskoeffizient  Lipoid  :  Wasser  ist. 

Danach  tritt  also  Narkose  dann  ein,  wenn  sich  irgend  eine  lipoid- 
lösliche  Substanz,  welche  in  der  die  Zelle  umspülenden  Lösung  ent- 
halten ist,  bis  zu  einer  bestimmten  Konzentration  in  den  Lipoiden  an- 
gesammelt hat;  ein  „starkes"  Narkotikum  braucht  in  der  umspülen- 
den Lösung  nur  in  relativ  geringer  Konzentration  vorhanden  zu 
sein,  um,  dank  seinem  hohen  Teilungskoeffizienten  Lipoid  :  Wasser, 
diese  bestimmte  Konzentration  im  Lipoid  zu  erreichen,  während  ein 
„schwaches"  Narkotikum  sich  erst  bei  einer  relativ  grossen  Konzen- 
tration im  wässerigen  Zellmedium  bis  zu  der  wirksamen  Konzen- 
tration im  Lipoid  häuft. 

Natürlich  fragt  man  nun  sofort  weiter:    was   hat   die  Tränkung 


')  Archiv  f.  experimentelle  Pathologie  und  Pharmakologie  42,   109  (1899). 

^)  Studien  über  Narkose.  Jan.  1901.  Ferner:  Vierteljahrsschrift  der  Naturforsch. 
Gesellsch.  in  Zürich  44,  88  (1899). 

^)  Siehe  dazu:  Höber,  Physikal.  Chemie  der  Zelle  und  der  Gewebe.  1.  Aufl. 
S.  119.  Leipzig,  1902. 


Eine  neue  Theorie  der  Narkose.  227 

der  Zell-Lipoide  mit  dem  narkotisierenden  Stoff  eigentlich  mit  der 
die  Narkose  kennzeichnenden  Aufhebung  der  Zellerregbarkeit  zu  tun  ? 
und  auf  diese  nächstliegende  Frage  gibt  die  Theorie  von  Meyer  und 
Overton  keine  Antwort  mehr.  Da  die  typischen  Narkotika  sich 
durch  grosse  chemische  Indifferenz  auszeichnen,  so  kann  man 
höchstens  noch  aus  der  Theorie  folgern,  dass  durch  die  Aufnahme 
der  Narkotika  die  Lipoide  eine  Änderung  ihres  physikalischen 
Verhaltens  erfahren,  welche  auf  die  Erregbarkeit  zurückwirken  muss; 
über  die  Natur  dieser  physikalischen  Änderung  kann  aber  auch  nichts 
ausgesagt  werden. 

Ich  bin  nun,  von  ganz  andern  Beobachtungen,  als  Meyer  und 
Overton,  nämlich  von  Studien  über  den  Erregungsprozess  ausgehend, 
zu  einer  Theorie  der  Narkose  gelangt,  welcher  zunächst  jeder  Zu- 
sammenhang mit  der  herrschenden  Theorie  zu  fehlen  scheint.  Ich 
habe  früher  auf  Grund  von  Versuchen  die  Ansicht  ausgesprochen, 
dass  eine  wesentliche  Phase  des  komplexen  Erregungs- 
vorgangs ein  Kolloidprozess  in  der  Plasmahaut  der  erregten 
Zellen  ist.  Ein  Narkotikum  ist  nun  als  ein  Stoff  anzu- 
sehen, welcher  diesen  Kolloidprozess  hemmt. 

Die  Kolloidhypothese  über  die  Erregung  stützt  sich  auf  folgende 
Gründe : 

1.  Ich  habe  gezeigt^),  dass  die  Erregbarkeit  der  Muskeln  von 
den  Jonen  der  Alkalisalze,  welche  in  isotonischer  Lösung  auf  die 
Muskeln  einwirken,  derart  abhängt,  dass  die  Erregbarkeit  durch  die 
Kationen  in  der  Reihenfolge  Li,  Na,  Cs,  NH^,  Rb,  K,  durch  die  Anionen 
in  der  Reihenfolge  SCN,  J,  Br,  Cl,  CH3COO,  SO^  beeinflusst  wird.  In 
ähnlicher  Weise  stuft  sich  die  eiweissfällende  und  die  gelatinequel- 
lende Wirkung  der  Jonen  ab ;  hier  lauten  die  Reihenfolgen  nach 
Hofmeister,  Posternak  und  Pauli:  Li,  Na,  K,  NH^,  und  J,  Br,  Cl, 
CH3COO,  SO4.  Danach  kann  man  die  Annahme  machen,  dass  die 
Erregbarkeit  etwas  mit  dem  Zustand  der  Protoplasma-  resp.  Plasma- 
haut-Kolloide zu  tun  hat. 

2.  Diese  Annahme  wird  unterstützt  durch  neue  Versuche  über 
die  Salzfällung  von  Eiweiss,  die  mir  zur  Ergänzung  des  vorliegenden 
Materials  notwendig  erschienen.  In  der  physiologischen  Reihe  der 
Kationen  fällt  nämlich  sofort  die  Stellung  von  Cs  zu  K  und  Rb  auf; 
das  Cs,  das  chemisch  mit  K  und  Rb  in  eine  Gruppe  rangiert,  ver- 
hält sich  physiologisch  ähnlich  wie  Na.  Nun  trifft  genau  dasselbe 
für  den  Einfluss  des  Cs  auf  genuines  Eiweiss  zu.  Ich  habe  u.  a. 
Fällungen   von  Hühnereiweiss   mit   3-,    4-  und  5-fach-normal-Alkali- 


')  Pflügers  Archiv  106,  .599  (1905). 


228  Rudolf  Höber. 

Sulfat  und  mit  3,5-,  4-  und  5-fach-normal-Alkalichlorid  vorgenommen 
und  festgestellt,  dass  die  Kationen-Reihenfolge  lautet:  Li,  Cs,  Na,  Rb,K. 

3.  Die  Erregbarkeit  der  peripheren  Nerven  ist  in  ähnlicher,  wenn 
auch,  wie  es  scheint,  nicht  identischer  Weise  von  den  Jonen  der 
Alkalisalze  abhängig,  wie  die  der  Muskeln  ')•  Daher  kann  man  an- 
nehmen, dass  auch  die  Nervenerregbarkeit  an  einen  bestimmten  Kol- 
loidzustand gebunden  ist.  Und  in  der  Tat  konnte  ich  zeigen,^)  dass 
das  mikroskopische  Bild  der  Nervenfasern,  das  als  Ausdruck  der 
Kolloidverteilung  in  ihnen  angesehen  werden  kann,  die  durch  ver- 
schiedene Alkalisalzlösungen  erzeugten  Erregbarkeitszustände  im  Aus- 
sehen der  Axenzylinder  und  der  Markscheiden  widerspiegelt. 

4.  Das  generelle  Erkennungszeichen  des  Erregungsprozesses  ist 
der  Aktionsstrom,  bestehend  in  der  flüchtigen  Negativitätswelle,  die 
über  die  erregte  Zelle  hinläuft.  Man  kann  diese  Negativität  lokal 
und  für  längere  Zeit,  aber  doch  reversibel,  auch  durch  lokale 
Salzbehandlung  erzeugen ;  dabei  ordnen  sich  die  Jonen  nach  der  Grösse 
der  elektromotorischen  Kraft  der  entstehenden  Ruheströme  wieder 
in  die  Reihenfolge  Li,  Na,  Cs,  NH,,  Rb,  K  und  SCN,  J,  Br,  Cl,  CH3COO, 
SO^*).  Diese  Tatsachen  lassen  sich  dahin  interpretieren,  dass  bei 
der  Erregung  eine  wellenförmige  reversible  Zustandsänderung  der 
Plasmahautkolloide  über  die  erregbaren  Gebilde  hinläuft,  welche  be- 
gleitet ist  von  einer  Änderung  der  Jonenpermeabilität  der  Plasmahaut 
der  Art,  dass  die  jeweilen  erregte  Stelle  sich  negativ  verhalten  muss 
gegen  die  unerregte.  — 

Wenn  nun  diese  Hypothese  über  den  Erregungsprozess  richtig 
ist,  d.  h.  wenn  ein  Kolloid  Vorgang  ein  wesentliches  Glied  des  Erre- 
gungsprozesses bildet,  so  muss  Aufhebung  des  Kolloidvorgangs  mit 
Aufhebung  der  Erregbarkeit  gleichbedeutend  sein.  Und  umgekehrt: 
wenn  sich  zeigen  lässt,  dass  mit  dem  Erlöschen  der  Erregbarkeit 
zugleich  der  Kolloidprozess  versagt,  so  kann  man  darin  ein  Zeichen 
dafür  erblicken,  dass  der  Kolloidvorgang  wirklich  zur  Erregung  dazu 
gehört.  In  der  Tat  hat  es  sich  nun  gezeigt,  dass,  wenn  man  die 
Erregbarkeit  von  Muskeln  durch  Narkotika  vermindert 
oder  aufhebt,  auch  der  typische  als  Kolloidvorgang  zu 
deutende  Salzeinfluss  alteriert  wird. 

Die  Versuche,  die  dies  beweisen,  sind  im  allgemeinen  so  ange- 
stellt^), dass  die  beiden  unverletzten  Sartorien  eines  kurarisierten 
Frosches  (Temporarien)   in  zwei  Lösungen    eingetaucht  wurden,    aus 


^)  Siehe:  Höber,  Physikal.  Chemie  der  Zelle u.  der  Gewebe,  2.  Aufl.  1906,  S.  277. 

2)  Zentralblatt  f.  Physiologie  19,  390  (1905). 

2)  Höber:  Pflügers  Archiv  106,  .599  (1905). 

*)  Zum  Teil  in  Gemeinschaft  mit  Privatdozent  Dr.  P.  Schatiloff  (Charkow). 


Eine  neue  Theorie  der  Naricose. 


229 


denen,  ebenso  wie  vom  „Längsschnitt"  der  Muskeln  mit  Ringer- 
Calomel-Elektroden  zu  einem  Galvanometer  abgeleitet  wurde.  Die 
beiden  Lösungen  unterschieden  sich  nur  dadurch  von  einander,  dass 
der  einen  ein  Narkotikum  zugesetzt  war,  der  andern  nicht.  Als 
Narkotika  wurden  verwendet:  Chloroform,  Chloralhydrat,  Acetal, 
Athylurethan  und  Phenylurethan.  Zu  weitaus  den  meisten  Versuchen 
diente  Phenylurethan  in  einer  Konzentration  von  0,04 — 0,05  7» ;  die 
Narkose  kann  bei  dieser  Konzentration  lange  ohne  Schädigung  auf- 
recht erhalten  werden,  was  sich  erstens  daran  erkennen  lässt,  dass 
Muskeln,  welche  einige  Stunden  in  Ringerscher  Lösung  mit  einem 
Zusatz  von  0,04  7«  Phenylurethan  gelegen  haben,  ihre  ursprüngliche 


Zeit: 

Zeil: 

2.20 

RlH(;er 

2.20 

Ringtr  +  OOfPlnn  Ur 

2.30 

/ 

2.:io 

/ 

2  40 

/ 

2.40 

1 

2.50 

/ 

2.50 

/ 

3.00 

/ 

300 

/ 

.1.10 

/ 

3.10 

/ 

3.20 

0.28  Rh  NO,  -1-0.77  Na  NOj 

3.20 
3.30 

]  0  28  Rb  NU,  -)-  an  Na  NO,  + 11.114  PiMn  Ui 

3.30 

^~^ 

V 

3.40 

1 

3  40 

^^ 

3.äü 

3.50 

\ 

4.00 

4.00 

\ 

4.10 

[ 

4.10 

\ 

Erregbarkeit  bei  Rückübertragung  in  reine  Ringer-Lösung  wieder- 
erlangen, zweitens  daran,  dass  Muskeln,  deren  eines  Ende  in  Ringer- 
Lösung  mit  Phenylurethan  eingetaucht  wird,  stundenlang  stromlos 
bleiben  können. 

Lässt  man  nun  auf  das  Ende  eines  Sartorius  die  Lösung  eines 
stromentwickelnden  Salzes,  etwa  NaNOg,  auf  den  andern  Sartorius 
in  genau  der  gleichen  Weise  NaNOg -|- 0,04  7»  Phenylurethan  ein- 
wirken, so  beginnt  im  ersten  Fall  sofort  die  Entwicklung  des  Ruhe- 
stroms, im  zweiten  bleibt  sie  aus,  wenigstens  zunächst.  Ganz  all- 
mählich bildet  sich  dann  aber  auch  hier  der  übliche  Strom  aus. 
Das  typische  Verhalten  illustriert  am  besten  das  obenstehende  Kurven- 
paar eines  Versuches,  in  dem  eine  Kombination  von  0,28  7«  Rb  NO3 
mit  0,7770  Na  NO3  mit  und  ohne  Phenylurethan  zur  Wirkung   kam. 

In  dieser  Weise  wurden  bisher  untersucht:  Li  Ol,  Li  Br,  NaJ,  NaNO.^, 
CsgSO,,  NH4CI,  NH.NOg,  (NHJa  SO^.  RbCl,  RbNO^,  KNO3,  KCl. 


230  Rudolf  Höber. 

Das  Resultat  war  in  allen  Fällen  das  gleiche,  nämlich:  die  Salz- 
wirkung, also  der  Kolloidprozess,  wird  durch  das  Narkoti- 
kum gehemmt.  Nicht  aufgehoben;  vielmehr  wird  offenbar  das 
Kolloid  nur  träger,  die  sonst  schnelle  Kolloidreaktion  verläuft  mit 
starker  Verzögerung.  Danach  hätte  man  sich  also  vorzustellen,  dass 
bei  narkotisierten  Muskeln  der  Erregungsprozess  dadurch  gestört  ist, 
dass  der  flüchtige  elektrolyt-chemische  Vorgang  im  erregbaren  Ge- 
bilde, der  als  Einleitung  des  ganzen  Erregungsvorganges  zu  denken 
ist,  auf  ein  reaktionsträges  Kolloid  wirkt,  das  seine  bei  der  Erregung 
notwendige  Zustandsänderung  infolge  seiner  Trägheit  noch  nicht  zu 
beginnen  vermochte,  wenn  der  anregende  flüchtige  chemische  Prozess 
bereits  beendet  ist. 

Man  könnte  nun  noch  einwenden,  dass  die  beobachteten  Hem- 
mungen des  Salzkolloidprozesses  auf  Zusatz  der  Narkotika  gar  nichts 
mit  deren  narkotisierender  Fähigkeit  zu  tun  haben,  da  organische 
Verbindungen,  auch  wenn  sie  nicht  narkotisch  wirken  können, 
wenigstens  gewisse  Kolloidvorgänge,  nämlich  einige  Vorgänge  an 
Gallerten  zu  hemmen  vermögen.  So  ist  z.  B.  bekannt,^)  dass  Trauben- 
zucker die  Durchlässigkeit  sowie  die  Quellbarkeit  von  Gelatine- 
Gallerte  vermindert,  während  Harnstoff  beide  umgekehrt  erhöht.  Man 
kann  sich  aber  davon  überzeugen,  dass  weder  Traubenzucker  noch 
Harnstoff  auf  die  ruhestromentwickelnden  Fähigkeiten  der  Salze 
einen  nennenswerten  Einfluss  ausüben.  Also  ist  die  Hemmung  des 
Salzkolloidprozesses  wirklich  Sache  der  Narkotika.  — 

In  welchem  Verhältnis  steht  nun  diese  neu  gewonnene  Anschauung 
über  die  Narkose  zu  der  Theorie  von  Meyer  und  Overton?  Meyer 
und  Overton  geben  an,  dass  Narkose  eintritt,  wenn  ein  narkotisieren- 
der Stoff  bis  zu  einer  gewissen  kritischen  Konzentration  in  den  Zell- 
Lipoiden  angesammelt  ist,  woraus  gefolgert  werden  kann,  dass  die 
Lipoide  wahrscheinlich  durch  die  Narkotika  eine  physikalische  (siehe 
oben)  Veränderung  erfahren,  welche  den  Erregungsprozess  unmöglich 
macht.  Auf  der  andern  Seite  komme  ich  zu  der  Annahme,  dass 
Narkose  eintritt,  wenn  ein  narkotisierender  Stoff  eine  zum  Erregungs- 
prozess gehörige  Kolloidzustandsänderung  zu  hemmen  vermag.  Da  nun 
von  den  Lipoiden  zumindest  das  Lecithin  in  Gegenwart  von  Wasser 
kolloidal  ist,  so  lassen  sich  beide  Theorien  an  einander  anschliessen, 
wenn  man  annimmt,  dass  der  hypothetische  physikalische  Vorgang, 
der  sich,  der  Meyer -Overton  sehen  Theorie  zufolge,  bei  der  Nar- 
kotisierung in  den  Lipoiden  abspielen  muss,  in  der  Änderung  der 
kolloidalen  Eigenschaften  der  Lipoide  besteht. 


1)  Bechhold  Ä-  Ziegler,  Zeitschr.  f.  physik.  Chem.  56.  105  (1906). 


Eine  neue  Theorie  der  Narkose.  231 

Indessen  kann  es  doch  aus  mehreren  Gründen  als  noch  verfrüht 
bezeichnet  werden,  die  beiden  Theorien  in  dieser  Art  mit  einander 
zu  verknüpfen.  Denn  erstens  kennt  man  bisher  nur  die  Abstufung 
der  Salzwirkungen  gegenüber  Eiweiss  und  Gelatine,  nicht  gegenüber 
dem  Lecithin,  wenn  auch  wahrscheinlich  ist,  dass  Lecithin  sich  gegen 
die  Salze  nicht  anders  verhält,  wie  jene,  da  die  Salzwirkungen  auf 
die  Kolloide  in  die  grosse  Kategorie  der  Löslichkeitsbeeinflussungen 
gehören,  in  der  die  genannten  Abstufungen  häufig  wiederkehren. 
Zweitens  ist  zu  bedenken,  dass  die  Plasmahaut,  in  die  der  Erregungs- 
vorgang gemäss  der  hier  gegebenen  Darstellung  mindestens  zum  Teil 
verlegt  wird,  gewiss  nicht  bloss  eine  Lipoidhaut  ist,  da  die  ganze 
komplizierte  regulative  Stoffaufnahme  von  ihren  veränderlichen  Eigen- 
schaften abhängt;  vielmehr  ist  es  wahrscheinlich,  dass  auch  Eiweiss 
zu  ihren  Bestandteilen  gehört,')  und  man  kommt  vielleicht  augen- 
blicklich am  weitesten  mit  der  Vorstellung,  dass  die  Plasmahaut  teils 
aus  rein  lipoiden  Elementen  zusammengesetzt  ist,  welche  für  Wasser 
undurchlässig  und  allein  für  lipoidlösliche  Stoffe,  wie  die  Narkotika, 
durchlässig  ist,  und  teils  aus  Elementen,  welche,  u.  a.  aus  Eiweiss 
und  Lecithin  gebildet,  im  allgemeinen  eine  semipermeable,  d.  h.  bloss 
wasserdurchlässige  Membian  bilden,  im  speziellen  aber  durch  bestimmte 
Stoffwechsel einÜüsse  vom  Innern  der  Zelle  her  in  ihrer  Permeabilität 
verschiedene  Änderungen  erfahren  können ;  in  diesen  letzteren  Elementen 
würde  sich  dann  der  die  Erregung  begleitende  und  in  der  Narkose 
gehemmte  physikochemische  Vorgang,  die  kolloidale  Zustandsänderung, 
abspielen.  Wie  weit  diese  Vorstellung  genügt,  darüber  wird  man 
nicht  eher  etwas  sagen  können,  als  bis  die  Beziehungen  der  Salze  zum 
Lecithin  studiert  sind,  und  bis  festgestellt  ist,  auf  welche  Plasmahaut- 
Bestandteile  die  Salze  wirken.  Im  übrigen  sei  nur  noch  erwähnt, 
dass  bereits  vor  längerer  Zeit  festgestellt  wurde,-)  dass  durch  Nar- 
kotika das  Fällungsvermögen  der  Salze  gegenüber  Lecithin  und  Ei- 
weiss gehemmt  werden  kann. 

Zürich,  den  18.  Februar  1907. 


>)  Höber.  Physikal.  Chemie  Jer  Zelle  u.  der  Gewebe,  ±  Autl.  S.  17«  ff  (1906) 
*)  Hob  er  und  Gordon,  Hofmeisters  Beiträge  5,  43^  (1904). 


Nebensonnen  und  Ringe  vom  10.  Februar  1907, 

gesehen  in  der  Nordostschweiz. 

Von 

Albert  Heim. 


Wir  waren  über  dem  das  Zürichseetal  erfüllenden  Nebelmeer  in 
den  Sonnenschein  getreten.  Die  Lufttemperatur  betrug  etwa  5*^  unter 
Null.  Aber  auch  in  der  Höhe  war  der  Himmel  nicht  klar,  sondern 
fein  verschleiert.  Immerhin  warf  die  Sonne  noch  kräftige  Schatten. 
Berge  bis  2300  m  Meerhöhe  waren  scharf  zu  sehen,  Berge  über  2500  m 
aber  in  weisslichen  Schleier  gehüllt  und  unsichtbar.  Gegen  Norden 
erschien  dem  Horizont  entlang  ein  blauer  Streifen  reinen  Himmels. 
Als  ich  mittags  12  V2  Uhr  aus  dem  Hotel  auf  den  Platz  in  Einsiedeln 
(etwa  900  m  Meerhöhe)  trat,  bemerkte  ich  einen  hellen  schmalen 
Streifen  durch  den  Himmel  und  in  demselben  beiderseits  der  Sonne 
in  gleichen  Abständen  zwei  helle  Flecken  und  überdies  einige  Stücke 
farbiger  Bogen.  Die  Erscheinung  hielt,  bald  etwas  an  Intensität  zu- 
nehmend,  dann  wieder  abnehmend,   mehr  als  drei  Stunden  lang  an. 

Weil  es  von  Wert  ist,  das  nicht  gerade  häufige  Phänomen  zu 
registrieren,  will  ich  in  dieser  Zeitschrift  berichten,  was  ich  selbst 
beobachtet  habe  und  was  andere  mir  darüber  mitgeteilt  haben.  Leider 
war  ich  mit  keinerlei  Hilfsmitteln  versehen,  um  Winkelmessungen 
vorzunehmen,  und  das  Abstecken  und  Schätzen  von  Winkeln  im  tiefen 
Schnee  ging  schlecht. 

Die  Sonne  stand  in  einem  weissen,  verschwommenen,  blendenden 
Hof  von  etwa  3  bis  4fachem  Sonnendurchmesser.  In  der  gleichen 
Horizonthöhe  wie  die  Sonne  und  in  gleichem  Abstand  von  etwa  22 " 
von  derselben  sowohl  westlich  wie  östlich  erschien  je  ein  hell  glänzender 
Fleck,  eine  sogenannte  Nebensonne.  Die  Nebensonnen  waren  nicht 
rund,  nicht  weiss  strahlend  wie  die  Sonne  zwischen  ihnen,  sondern 
hatten  mehr  die  Gestalt  eines  kurzen  Kreuzes  und  waren  schön 
spectralfarbig,  rot  auf  der  Seite  gegen  die  Sonne,   blau  nach  aussen. 


Nebensonnen  und  Ringe.  233 

Die  beiden  Nebensonnen  erwiesen  sich  immer  deutlicher  als  die  Schnitt- 
stellen zweier  Lichtringe,  daher  wohl  die  unrunde  Gestalt. 

Von  den  beiden  Nebensonnen  ging  ein  scharf  begrenzter,  ganz 
schmaler  silberweisser  horizontaler  Streifen  in  gleicher  Horizonthöhe 
nach  aussen.  Er  mochte  höchstens  die  Breite  eines  Sonnendurch- 
messers haben  und  war  ganz  farblos.  Der  Lichtstreifen  zog  sich 
ringsum  und  schloss  sich  im  Norden  zusammen  als  ein  Ring  mit 
dem  Zenit  als  Mittelpunkt.  Der  einzige  Unterbruch  war  das  Stück 
zwischen  den  Nebensonnen,  das  durch  die  Sonne  selbst  gehen  sollte. 
Die  Sonne  stand  aber  genau  in  der  Verlängerung  des  Lichtbandes. 
Es  ist  dies  der  schon  so  oft  beschriebene  Nebensonnenring  oder 
Horizontalkreis.') 

Um  die  Sonne  als  Mittelpunkt  erschien  ein  kleinerer,  verwischterer, 
breiterer,  aber  etwas  matterer  Ring  in  schwachen  Regenbogenfarben, 
ein  „Halo".  Ihm  gehören  die  Nebensonnen  an.  Sie  sind  die  Schnitt- 
stellen des  farbigen  Halo  mit  dem  nicht  farbigen  grossen  Horizontal- 
kreis. Die  Farben  der  Nebensonnen  erscheinen  bloss  als  eine  lokale 
Verstärkung  der  Farben  des  Halo  auf  nicht  nur  doppelte,  sondern 
mehrfache  Intensität.  Immerhin  blieb  die  Intensität  der  Farben  auch 
hier  noch  unter  derjenigen  eines  schönen  Regenbogens,  das  weissliche 
Licht  war  vorherrschend.  Ich  schätzte  den  Radius  des  Halo  und 
damit  den  Abstand  der  Nebensonnen  von  der  Sonne  auf  etwa  25°, 
es  handelt  sich  hier  offenbar  um  die  häufigste  Erscheinung  bei  Eis- 
nadelschleier in  der  Höhe,  den  sogenannten  „kleinen  Halo  von  22" 
Radius". 

Über  der  Sonne  gegen  den  Zenit  hin  erschienen  noch  zwei  Stücke 
farbiger  Ringe  mit  Mittelpunkt  im  Zenit  („Zirkumzenitale  Bogen"), 
Der  grössere,  der  „obere  Berührungsbogen",  schnitt  den  Halo  von 
22°  Radius  an,  und  die  Schnittstelle  sah  zeitweise  aus  wie  eine  etwas 
in  die  Länge  gezogene  obere  Nebensonne,  abermals  das  Rot  gegen 
die  Sonne,  das  Blau  gegen  den  Zenit.  Der  viel  kleinere  hoch  oben 
war  ziemlich  breit,  sehr  schön  und  zart  in  den  Farben,  und  hatte 
Rot  aussen,  Blau  innen.  Die  von  dem  kleineren  Zenitkreis  zwar  nicht 
ganz  umgrenzte  Kreisfläche  um  den  Zenit  erschien  nicht  wie  der 
übrige  Himmel  weisslich  verschleiert,  sondern  in  reinem,  tiefem  Blau. 

Eine  untere  Nebensonne  konnte  für  unsern  Standpunkt  wegen 
den  Bergen  und  dem  zu  tiefen  Sonnenstand  nicht  zu  stände  kommen, 
in  jener  Richtung  war  der  Wolkenschleier  leuchtend  gelblichweiss. 
Von  Gegensonnen  war  keine  Spur  zu  sehen. 


')  Ich  schliepse  mich  in  der  Besclu'eil)nng  soviel  :ils  möglich  dea  Hezeiciimintren 
an,  wie  sie  in  Peiuter  , Meteorologische  Optik"   verwendet  sind. 


234  Albert  Heim. 

Während  der  Dauer  der  Erscheinung  sank  der  Eiswolkenschleier 
tiefer,  so  dass  nachmittags  3  Uhr  auch  Berge  von  bloss  2000  m  Meer- 
höhe etwas  verschleiert  waren.  Die  Luft  auch  der  höchsten  Regionen 
schien  vollständig  bewegungslos  zu  sein.  Was  bei  dem  vorliegenden 
Fall  deutlicher  als  bei  manchen  anderen  beschriebenen  Beispielen,  aber 
ganz  übereinstimmend  mit  andern  Beobachtungen  hervortrat,  das  ist 
der  Umstand,  dass  der  22°- Kalo  und  die  beiden  engeren  Zenitringe 
farbig  und  zwar  gegen  die  Sonne  hin  rot,  nach  aussen  oder  gegen 
den  Zenit  blau  sind,  die  Farbfolge  also  bei  beiden  inneren  Zenitringen 
die  gleiche  ist.  Dagegen  ist  der  grosse  Horizontalkreis- durchaus  ohne 
Farben.  Die  Ringe  mit  Farben  müssen  durch  Brechung  oder 
Beugung  der  Lichtstrahlen  in  oder  an  den  Eisnadeln,  der  grosse 
Horizontalring  dagegen  kann,  weil  er  ohne  Farben  ist,  nur  durch 
Reflexion  der  Lichtstrahlen  an  den  Aussenflächen  der  Eisnadeln 
entstanden  sein.  Für  die  Ringe  waren  zwei  Zentren  —  Sonne  und 
Zenit  —  wirksam,  und  um  letzteres  Zentrum  stand  ein  Reflexions- 
kreis und  zwei  Brechungs-  oder  Beugungskreisbogen.  Der  Wolken- 
schleier in  der  Höhe  kann  bei  der  vorhandenen  niedrigen  Temperatur 
nur  aus  Eisnädelchen  bestanden  haben  und  der  Umstand,  dass  sich 
der  Schleier  bei  Windstille  während  der  Dauer  des  Phänomens  um 
einige  hundert  Meter  langsam  gesenkt  hat,  macht  es  sehr  begreiflich, 
dass  beim  Fall  durch  das  hindernde  Medium  der  Luft  eine  Stellungs- 
ordnung, und  zwar  ein  Vorherrschen  der  senkrechten  Nädelchen  zu 
stände  gekommen  war,  was  ja  die  theoretische  Bedingung  für  die 
Erscheinung  ist.  Der  farblose  grosse  Zenitring  ist  vollständig  er- 
klärt worden  aus  Reflexion  an  den  senkrechten  Prismenflächen,  der 
Halo  als  Hof  aus  Strahlenbrechung. 

Was  ich  beobachten  konnte  und  ebenso  was  andere  am  10.  H. 
beobachtet  haben,  bietet  also  nur  geringe  Variationen,  nichts  Neues, 
ist  aber  eine  Bestätigung  der  Angaben  vieler  anderer  und  im  be- 
sonderen auch  der  von  der  Theorie,  wie  sie  durch  Galle  und  Bravais 
durchgeführt  worden  ist,  angenommenen  Bedingungen  (vgl.  Peruter, 
Meteorolog.  Optik  1906). 

Das  Phänomen  vom  10.  Februar,  so  wie  ich  es  beobachtete, 
unterschied  sich  von  manchen  anderen  beschriebenen  Fällen  dadurch, 
dass  nur  zwei  Nebensonnen  sichtbar  waren,  Gegensonnen  fehlten. 
Ferner  dadurch,  dass  der  grössere  Halo  von  46 '^  Radius  gänzlich  fehlte, 
dagegen  ein  ziemlich  breiter  kleiner  zirkumzenitaler  Farbkreis  sehr 
deutlich  und  schön  farbig  war.  Der  weisse  Horizontalkreis  war  be- 
sonders scharf  begrenzt.  Zeitweise  nahm  der  (zirkumzenitale ?)  „obere 
Berührungsbogen  am  Halo  von  22'"'  die  Gestalt  von  zwei  farbigen 
Hörnern  an,  die  erst  auf-  und  auswärts,  dann  abwärts  gebogen  waren. 


Nebensonnen  und  Ringe.  !235 

und  deren  Verbindung  an  dem  Punkte  senkrecht  über  der  Sonne  den 
Halo  von  22"  etwas  eindrückte.  Manchmal  sah  es  fast  aus,  als  ob 
wir  es  in  diesen  Hörnern  mit  zwei  Asten  der  exzentrischen  Halos 
(Schult,  Norwegen,  27.  III.  1826,  ferner  Sieberg,  4.  Sept.  1900  in 
Aachen)  zu  tun  hätten.  Während  einiger  Zeit  erschienen  die  Hörner 
der  Art,  dass  ich  sie  als  Stücke  zweier  seitlicher  Halos  skizzierte, 
welche  die  Nebensonnen  zum  Zentrum  hatten.  Ich  lasse  noch  einige 
Mitteilungen  von  anderen  Beobachtern  über  das  Phänomen  vom 
10.  Februar  1907  folgen,  die  wieder  allerlei  Variationen  erkennen 
lassen.  Die  mit  (Dir.  M.)  bezeichneten  waren  der  meteorologischen 
Zentralanstalt  zugesendet  worden  und  sind  mir  durch  Hei-rn  Direktor 
Dr.  Maurer  gütigst  zur  Benutzung  übergeben  worden. 

Der  Himmel  hatte  weitherum  den  gleichen  feinen  Eisnadelschleier 
und  alle  Beobachter  erwähnen  denselben.  Weitherum  wurden  die 
Nebensonnen  gesehen. 

Vom  Wildkirchli  (Kt.  Appenzell)  aus  sah  Prof.  Dr.  Martin  in 
gleichen  Abständen  und  gleicher  Horizonthöhe  beiderseits  von  der 
Sonne  je  eine  Nebensonne  als  farbigen,  verschwommeften  Fleck,  alle 
Kreise  und  Bögen  fehlten. 

Herr  Chemieassistent  H.  Leemann  (Dir.  M.)  beobachtete  von  der 
Kreuzegg  östlich  Wald  aus.  Er  sah  den  Horizontalkreis  und  „auf  dem- 
selben verteilt  sechs  helle  Lichtpunkte",  von  denen  die  zwei  zunächst 
beiderseits  der  Sonne  am  hellsten  und  farbig  waren.  Über  der  Sonne 
befand  sich  eine  regenbogenfarbige  Linie  von  schlangenartiger  Form, 
die  deutlich  drei  gleiche  Radien  aufwies  —  die  „Hörner".  Noch  höher 
sah  der  Beobachter  zwei  kurze  gegeneinander  konvex  gestellte,  sich 
tangierende  Bogenstücke  —  er  meint  „im  Zentrum  des  Horizontal- 
kreises". Das  waren  aber  wohl  grosser  Halo  und  Zirkumzenitalkreis. 
Gegen   3  Uhr  hatte  sich   der  kleinere   Halo  vollständig  ausgebildet. 

In  Wernetshausen  am  Bachtel  (bei  Hinwil)  beobachtete  Herr 
Lehrer  Ed.  Benz,  von  Herrn  Lehrer  Stadiin  darauf  aufmerksam  ge- 
macht, 1  Uhr  15  Minuten  den  Horizontalkreis  und  in  demselben  ausser 
den  beiden  starken  farbigen  Nebensonnen  etwa  in  der  doppelten  Distanz 
von  der  Sonne  wie  diese  noch  zwei  bleichere  Nebensonnen.  Nach 
seiner  Skizze  erscheint  über  der  Sonne  der  22 ''-Halo  etwas  eingedrückt 
und  dort  die  Farben  am  stärksten.  Ausserdem  stand  hoch  oben  ein 
Stück  des  grossen  Halo,  der  von  Einsiedeln  gar  nicht  zu  sehen  war. 
Eine  Viertelstunde  später  bildete  sich  noch  ein  innerer,  milchweisser, 
zirkumzenitaler  Ring,  ungefähr  in  der  Mitte  zwischen  dem  Zenit  und 
dem  durch  die  Sonne  gehenden  Horizontalkreis.  Ob  das  derselbe, 
nur  mit  unkennbar  schwachen  Farben  war,  den  wir  von  Einsiedeln 
farbig  gesehen  haben  oder   ob  es  eine  Doppelung  des  Nebensonnen- 


236  Albert  Heim. 

kreises  —  ein  zweiter  Reflexionskreis  war,  muss  ich  dahingestellt 
sein  lassen.  Es  scheint,  dass  je  nach  der  Dichte  der  Eiswolke  der 
gleiche  Bogen  bald  farbig,  bald  bloss  weiss  erscheinen  kann. 

Ein  Zeitungsberichterstatter,  der  von  Wernetshausen  um  1  Uhr 
nach  dem  Bachtel  stieg,  sah  zwei  Nebensonnen  und  drei  Gegensonnen 
auf  dem  Horizontalkreis  und  eine  Anzahl  farbiger  Bogen,  bei  welchen 
allen  das  Rot  gegen  die  Sonne  gekehrt  war. 

Vom  Dorfe  Wald  brachten  die  Tagesblätter  einen  Bericht,  der 
Glanz  und  Farben  etwas  überschwenglich  schildert.  Darnach  sollte 
man  denken,  dass  der  Farbenglanz  den  schönsten  Regenbogen  über- 
troffen hätte.  Der  Berichterstatter  sah  den  Horizontalkreis  für  eine 
Ellipse  mit  der  grossen  Achse  S  —  N  an.  Die  Art  der  Eingrenzung 
des  Horizontes  mit  Bergen  mag  ihn  zu  dieser  subjektiven  Täuschung 
verführt  haben.  Er  sah  im  Norden  des  Horizontalkreises  eine  Gegen- 
sonne und  im  Osten  und  Westen  desselben  äussere  Nebensonnen. 
Die  gewöhnlichen  ersten  Nebensonnen  beschreibt  er  als  „ein  Strahlen- 
meer in  den  feurigsten  Irisfarben,  kometartig  sich  nach  aussen  er- 
weiternd, den  Ellipsenring  durchbrechend".  Das  sind  wohl  Stücke 
des  22*'-Halos  gewesen.  Auch  dieser  Beobachter  sah  die  Hörner 
und  beschreibt  sie  als  „ein  geschweiftes,  in  der  Ferne  an  ein  Joch 
erinnerndes  Band  von  spitzauslaufenden  Enden,  dessen  bauchig  er- 
weitertes Mittelstück  in  Regenbogenfarben  von  nie  geschauter  Rein- 
heit und  Leuchtkraft  schillerte".  Endlich  sah  der  Beobachter  von 
Wald  über  dem  „Joch",  von  diesem  durch  weisses  Lichtfeld  getrennt 
ein  mondsichelförmiges,  zirkumzenitales,  besonders  farbiges  Bogenstück. 

Die  zwei  gewöhnlichen  Nebensonnen  schienen  den  einen  Beob- 
achtern an  den  Schnittpunkten  des  22*^- Kalo  mit  dem  Horizontalkreis 
zu  liegen,  andere  geben  sie  dicht  innerhalb,  wieder  andere  ausdrück- 
lich als  ganz  wenig  ausserhalb  dieses  Halo  stehend  an  und  vielleicht 
steht  damit  in  Zusammenhang,  dass  sie  den  ersteren  vorherrschend 
rot,  anderen  blau,  anderen  mehr  weiss  erschienen. 

Herr  Dekorationsmaler  Jul.  Dübendorfer  von  Wald  (Dir.  M.)  gibt 
eine  farbige  Skizze.  Er  beobachtete  auf  dem  Wege  von  Wald  nach 
Pooalp  zwischen  Scheidegg  und  Schwarzenberg  von  1  bis  4  Uhr  und 
sah  den  Horizontalkreis  und  die  stark  farbigen  Nebensonnen,  letztere 
„gleichsam  aus  Wolkenöffnungen  hervorbrechend",  ferner  die  „eigen- 
tümliche, jochähnliche  Wellenlinie".  Letztere  wird  aber  anders  ge- 
krümmt gezeichnet,  als  wir  es  sahen:  der  mittlere  Teil  als  Kreis- 
stück mit  der  Sonne  als  Zentrum,  die  Hörner  von  der  Sonne  weg-, 
also  nach  aussen  und  oben,  gebogen.  Ferner  wurde  der  kleine 
Zenitalkreis  gesehen  —  überall  rot  gegen  die  Sonne,  blau  davon  weg. 
Der  22 "-Halo  war  schwach  und  weisslich. 


Nebensonnen  und  Ringe.  237 

Ein  offenbar  gut  vorbereiteter  Beobachter  (Neue  Zürcher  Zeitung) 
sah,  von  12  V2  bis  gegen  4  Uhr  über  den  Ricken  gehend,  den  Horizontal- 
kreis, darin  ausser  den  starken  Nebensonnen  etwas  ausserhalb  des  22^- 
Halo  noch  schwache  Nebengegensonnen.  Er  beschreibt  die  Hörner. 
den  Zirkumzenitalkreis  und  ein  Stück  des  grossen  4ß°-Halo. 

Herr  A.  Kurz,  Studierender  der  Naturwissenschaften  am  Poly- 
technikum, beobachtete  schon  am  9.  Februar ')  2  Uhr  30  Minuten  von 
Weissegg  bei  Trogen  das  Phänomen  und  ebenso  dann  wiederum  am 
10.  Februar  4  Uhr  abends.  Es  soll  das  erste  Mal  schöner  gewesen 
sein.  Herr  Kurz  sah  den  weissen  Horizontalkreis,  die  farbigen  Neben- 
sonnen auf  dem  Schnitt  des  22"-Halo  mit  dem  Horizontalkreis  und 
ausserdem  auf  dem  Horizontalkreis  noch  zwei  Gegensonnen.  Am 
10.  Februar  war  der  obere  Berührungsbogen  an  den  22''-Halo  deut- 
lich mit  Rot  gegen  die  Sonne,  also  nach  aussen.  Am  9.  hatten  sich 
die  beiden  Aste  des  Berührungsbogens  wieder  zu  den  sonderbaren 
Hörnern  abwärts  gekrümmt.  Der  grosse  Halo  war  senkrecht  über 
der  Sonne  in  einem  Viertelsbogen  mit  Rot  nach  innen  gut  entwickelt 
und  er  wurde  berührt  von  einem  Zirkumzenitalbogen  mit  Rot  nach 
aussen,  also  Rot  stets  auf  der  der  Sonne  zugekehrten  Seite  der  sämt- 
lichen Bögen. 

Von  Oberhelfenswil  bei  Bischofszell  sendet  Herr  F.  Schmid  an 
die  meteorologische  Zentralanstalt  (Dil-,  M.)  eine  Skfzze,  nach  welcher 
er  die  Nebensonnen,  den  kleinen  und  den  grossen  Halo  fast  voll- 
ständig gesehen  hat,  ausserdem  Zirkumzenitalbogenstücke,  das  eine 
an  den  kleinen,  das  andere  an  den  grossen  Halo  tangierend.  Von 
den  Nebensonnen  aus  gmgen  Horizontalschweife  nach  aussen  —  blosse 
verlaufende  Stücke  des  Horizontalkreises,  der  selbst,  wie  es  scheint, 
nicht  durchgehend  bemerkbar  war. 

Gehen  wir  in  die  Gegend  des  Rigi: 

Herr  Dr.  H.  Escher,  Stadtbibliothekar  in  Zürich,  sah  vom  Ageri- 
see  von  10  V-2  Uhr  an  den  weissen  Horizontalkreis  und  den  22  °-Halo. 
Senkrecht  über  der  Sonne  stand  im  22  "-Halo  eine  weitere  Nebensonne, 
da  wo  „nicht  sowohl  ein  Kreissegment  als  vielmehr  eine  jochförmig 
geschwungene  gewellte  Linie  tangierte".  Das  sind  wieder  die  Hörner I 
Ausserdem  sahen  Herr  Dr.  Escher  und  seine  Genossen  die  beiden 
gewöhnlichen  Nebensonnen  und  ausserhalb  zwei  gegen  die  Sonne 
konvexe,  den  22"- Halo  in  den  Nebensonnen  tangierende,  farbige 
Bogenstücke  von  annähernd  gleichem  Radius  wie  der  22 "-Halo. 

Sehr  Viele  haben  am  10.  Februar  vom  Rigi  aus  das  Phänomen 
gesehen.    Herr  Dr.  Paul  Mähly  berichtet  darüber  an  Herrn  Professor 

■)  Vom  9.11.  berichtet  die  ,Nature*  aus  England:  „An  aurora  was  observed 
in  most  parts  of  Ihe  united  kiiigdorn". 


238  Albert  Heim. 

Riggenbach.  Die  Nebensonnen  am  etwas  verschleierten  Himmel 
waren  fast  so  hell  wie  die  Sonne  selbst.  Herr  Dr.  Mähly  sah  morgens 
972  Uhr  den  weisslichen  Horizontalkreis;  er  war  zu  dieser  Zeit  einzig 
zwischen  den  Nebensonnen  unterbrochen.  An  den  farbigen  22"-Halo 
tangierten  in  den  Nebensonnen  farbige  Bogenstücke,  deren  Mittel- 
punkte ausserhalb  der  Nebensonnen  lagen  (ganz  wie  Dr.  Escher  es 
gesehen  hatte).  Senkrecht  über  der  Sonne  schwacher,  fast  farbloser 
äusserer  Berühruugsbogen,  dann  ein  Stück  vom  grossen  Halo  und 
daran  tangierend  ein  Zirkumzenitaler  farbiger  Ring.  Im  Gegensatz 
zu  Herrn  Kurz  und  anderen ,  notiert  Dr.  Mähly  beim  grossen  Halo 
Blau  nach  innen,  beim  zirkumzenitalen  auch  Blau  nach  innen,  das 
Gelb  beider  in  der  Tangentialregion  sehr  stark. 

Nach  den  Mitteilungen  aller  anderen  Beobachter  über  die  Farb- 
folge könnte  man  für  die  sämtlichen  farbigen  Stellen  des  komplexen 
Phänomens,  für  Halos-  und  zirkumzenitale  Ringe  das  Gesetz  aus- 
sprechen: Rot  gegen  die  Sonne,  Blau  und  Violett  gegen  den  Zenit  — 
oder  mit  anderen  Worten :  die  zirkumsolaren  Ringe  Rot  an  der  Innen- 
seite, die  zirkumzenitalen  Rot  an  der  Aussenseite.  Einzig  die  Notiz 
von  Herrn  Dr.  Mähly  ist  widersprechend.  Ob  sie  nicht  auf  einem 
Erinnerungsfehler  beruhen  könnte? 

Später,  nachmittags  12V2Uhr,  wird  die  Erscheinung,  vom  Rigi 
gesehen,  etwas  anders.  Der  weisse  Horizontalkreis  ist  lückenlos  aus- 
gebildet und,  was  sehr  selten  ist,  er  ist  auch  zwischen  den  Neben- 
sonnen und  bis  an  die  Sonne  sichtbar.  Die  äusseren  Tangential- 
bögen  an  den  Nebensonnen  sind  verschwunden,  dafür  erscheint  ein 
elliptisch  den  22°-Halo  umfassender  Bogen,  so  dass  die  Nebensonnen 
in  zwei  mondsichelförmigen  farbigen  Lichtfeldern  stehen,  deren  Innern 
und  äussern  Rand  Dr.  Mähly  als  blau  notiert  hat  —  der  Kern  war 
wohl  rot?  Statt  dem  oberen  Beiührungskreis  erscheinen  nun  die 
Hörner,  den  22 ''-Halo  eindrückend,  und  dort  darüber  ein  blaues  Feld: 
„Besonders  prägnant  war  hier  ein  intensiv  farbiger,  schlangenförmig 
gewundener  Regenbogen  an  der  Stelle,  wo  man  am  Morgen  nur  ganz 
schwach  einen  tangierenden  Bogen  sehen  konnte.  Über  dem  Schlangen- 
bogen erschien  ein  grösserer  schwach  farbiger  Bogen  und  der  Zwischen- 
raum zwischen  den  beiden  war  intensiv  blau  gefärbt." 

Herr  Prof.  Dr.  Riggenbach  selbst  sah  noch  von  Liestal  aus  die 
östliche  Nebensonne,  allein  den  22*'-Halo  nur  undeutlich  ausgebildet, 
und  den  Horizontalkreis  nicht  mehr. 

Herr  Hauser,  Chemiker  in  Wädenswil,  sah  vom  Wädenswiler 
Berg  aus  die  beiden  Nebensonnen  mit  ausserhalb  anliegendem,  kurzem, 
farbigem  Bogenstück  —  Bruchteile  des  22**-Halo.  Sehr  gut  aus- 
gebildet waren  oberhalb  jeder  Nebensonne  farbige  Bogenstücke  von 


Nebensonnen  und  Ringe, 


239 


Ringen  um  die  Nebensonnen  als  Centra  (den  Hörnern  entsprechend). 
Senkrecht  über  der  Sonne,  da  wo  diese  beiden  Bogenstücke  gegen- 
einander traten,  war  ein  horizontal  gestreckter  heller  Fleck.  Der- 
selbe entspricht  dem  Zwischenstück  der  Hörner  oder  der  oberen 
Nebensonne.  Über  dem  Ganzen  wölbte  sich  ein  Stück  des  grossen 
Halo  mit  der  Sonne  als  Zentrum.  Das  Rot  war  überall  gegen  die 
Sonne.  Den  weissen  Horizontalkreis  oder  farbige  Zirkumzenitalkreise 
sah  Herr  Hauser  nicht. 


I^ord. 


Süd. 
Fig.  1.     Sc/iema   der  sämtUehen  am  10.  Fehruai-  beobachteten  ErHcJieinungen. 


h  =  Berghorizont. 

S  :^  Sonne. 

Z  =  Zenit. 
N,  =  erste  Nebensonnen. 
N„  =  zweite  Nebensonnen. 

G  ^=:  Gegensonne. 

w  =  weisser  Horizontalring. 

f  =  farbige  Bogen, 

r  =  deren  rote  Seite, 


b  --  deren  blaue  Seite. 
46"H  -^  Halo  von  dO"  Radius. 
2i20H  =  Halo  von  i2Ü«  Radius. 

Z,  --^  kleiner     oberer    zirkumzenitaler 

Bogen. 
Z„  =  grösserer  zirkumzenitaler  Bogen, 
sog.  „oberer  Berührungsbogen". 
H  =  mathematischer  Horizont. 


Die  Erscheinung  vom  10.  Februar  war  also  mit  geringen  Modi- 
fikationen gleichzeitig  über  der  ganzen  Nordostschweiz  sichtbar.  Wir 
haben  Berichte  von  Einsiedeln,  Rigi,  Agerisee,  Wädenswilerberg, 
Bachtel-Kreuzegg-Gebiet,  Ricken,  Trogen,  bis  gegen  Bischofszell.  Die 
tieferen,  zwischenliegenden  Stellen  konnten  keine  Beobachtungen 
liefern,  weil  sie  unter  Nebelmeer  lagen.  Dagegen  wurden  im  Nebel- 
freien  Juragebiete    noch   die   letzten   Ausläufer   gesehen.      Der   Eis- 


240 


Albert  Heim. 


wolkeusclileier  lag  in  2000  bis  4000  m  Meerhöhe  und  war  von  grosser 
Ausdehnung  und  die  Luft  war  in  der  Höhe  ziemlich  ruhig.  Jeder 
Beobachter  sah  sich  selbst  senkrecht  unter  dem  Mittelpunkt  des 
Horizontalkreises.  Die  Modifikationen  in  der  Erscheinung  hängen 
offenbar  ab  vom  Standpunkte  des  Beobachters  im  Verhältnis  zu  der 
nach  Dichte  und  Ordnung  etwas  ungleichförmigen  Ausbildung  der 
über  ihm  stehenden  Eisnadelwolke,  und  von  dem  Zeitpunkt  der  Be- 
obachtung, indem  davon  die  Sonnenhöhe  wechselte  (10  Uhr  morgens 
bis  5  Uhr  abends). 


f^ord 


'Süd 
Fig.  2.  Schetna  der  vorherrschenden  am  10.  Februar  heohachteteu Erscheinungen. 


h  —  Berghorizont. 

S  =:  Sonne. 

Z  =  Zenit. 

N,  =  erste  Nebensonnen. 
N„  :=  zweite  Nebensonnen. 

G  ■-=  Gegensonne. 

w  =  weisser  Horizontalring. 

f  —  farbige  Bogen, 

r  =:=  deren  rote  Seite. 


b  =  deren  blaue  Seite. 
4(3''H  =  Kalo  von  4(3»  Radius. 
22"H  =  Kalo  von  22»  Radius. 

Z,  =  kleiner     oberer     zirkumzenitaler 

Bogen. 
Z„  =  grösserer  zirkumzenitaler  Bogen, 
sog.   „oberer  Berührungsbogen". 
H  ==  mathematischer  Horizont. 


Die  Erscheinung  der  Nebensonnen  ist  indessen  nicht  so  selten. 
Herr  Hauser  (Wädenswil)  sah  sie  schöner  als  am  10.  H.  1907  anfangs 
März  1905  vom  Albis  aus.  Ein  Herr  R.  berichtete  in  der  Neuen 
Zürcher  Zeitung  über  Nebensonnen,  die  er  am  17.  März  1901  morgens 
7  bis  9  Uhr  in   Gossau  (Kt.  Zürich)  beobachtet  hat.     Er  sah  damals 


Nebensonnen  und  Ringe.  241 

den  22"-Halo  mit  Rot  nach  innen,  den  46"-Halo  konzentrisch  dazu, 
den  weissen  Horizontalkreis  durch  die  Sonne.  Etwas  ausserhalb  der 
Schnittpunkte  des  22"-Halo  mit  dem  Horizontalkreis  sah  er  die  Neben- 
sonnen mit  Rot  nach  innen,  und  im  oberen  Scheitel  eine  obere  Neben- 
sonne mit  anhängendem  Berührungsbogen,  und  endlich  einen  oberen 
zirkumzenitalen  Kreis. 

Am  14.  März  1906  scheint  die  Erscheinung  in  weiter  Verbreitung 
ähnlich  wie  am  10.  Februar  1907  beobachtet  worden  zu  sein.  Herr 
Direktor  Maurer  übergab  mir  bezügliche  Berichte: 

Von  Zürich  8  bis  9  Uhr  vormittags  von  J.  Mettler  gesehen. 
Dieser  Beobachter  sah  Nebensonnen,  ein  Stück  des  grossen  Halo  und 
zwei  zirkumzenitale  Bogen,  letztere  den  kleinen  und  grossen  Halo 
tangierend. 

Von  St.  Gallen.  Dort  sah  Herr  E.  Germann  den  22*'-Halo  fast 
vollständig,  den  weissen  Horizontalkreis  durchgehend  durch  die  Sonne, 
den  grossen  Halo  als  oberen  Halbkreis,  und  ebenfalls  zwei  zirkum- 
zenitale farbige  Kreise,  deren  grösserer  den  kleineren  Halo,  der 
kleinere  den  grösseren  Halo  tangierte.  An  Stelle  der  Hörner  war 
noch  ein  flacher  Zwischenstreifen.  Herr  Germann  notiert  an  allen 
Bogenstücken  mit  Ausnahme  des  Horizontalkreises  Farben,  und  zwar 
stets  Rot  gegen  die  Sonne,  das  ist  bei  den  Halo  nach  innen,  bei  den 
zirkumzenitalen  Kreisen  nach  aussen. 

Herr  F.  Schmid  in  Oberhelfenschwyl  (Kt.  St.  Gallen)  sah  auch 
das  Phänomen  vom  14.  März  1906  von  9  74  bis  9  V2  Uhr.  Er  sah  die 
beiden  Nebensonnen,  den  grossen  Halo  und  die  beiden  Zirkumzenital- 
bogen. 

Fig.  1  ist  ein  Schema,  zusammengestellt  aus  allen  von  den  ver- 
schiedenen Beobachtern  am  10.  Februar  gesehenen  Erscheinungen. 
Fig.  2  dagegen  zeigt  nur  den  Teil  im  Stadium  der  „Hörner",  den 
fast  alle  in  gleicher  Weise  als  die  reduzierte  Erscheinung  oder  als 
den  intensivsten  Teil  derselben  notiert  haben.  In  der  letzteren  Figur 
sind  die  Lichtbogen  bloss  mit  dickem  Strich  und  in  beiden  Figuren 
die  Sonnen  mit  schwarzem  Fleck  bezeichnet. 

Aus  den  hier  zusammengestellten  Notizen  ergibt  sich  für  künftige 
Beobachter  besonders  die  Aufgabe:  Wiukelmessungen  der  Radien  der 
verschiedenen  zirkumzenitalen  Kreise  in  Zusammenhang  mit  der 
Sonnenhöhe  (Zeit).  Es  scheint,  dass  die  Radien  der  zirkumzenitalen 
Kreise  wie  derjenige  des  Horizontalkreises  mit  der  Sonnenhöhe  wechseln, 
während  die  Radien  der  Halo  (zirkumsolaren  Kreise)  konstant  sind. 
Ferner  ist  genau  die  Farbfolge  aller  verschiedenen  Kreise  zu  notieren, 
besonders  beim  grossen  Halo.  Über  manches  kann  ferner  die  an- 
dauernde   Beobachtung    der    Veränderungen    der    Erscheinung    im 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.    1907.  16 


2*^  Albert  Heim. 

Laufe  der  Zeit  von  einer  Stelle  aus  betrachtet  unter  genauer  Notiz- 
nahme  der  gleichzeitigen  Veränderungen  im  Eiswolkenschleier  und 
der  Sonnenhöhe  uns  aufklären. 

Es  führt  dies  letztere  vielleicht  zu  einer  Art  Genese  der  ver- 
schiedenen Teile  der  sehr  zusammengesetzten  Naturerscheinung  und 
dadurch  zu  einer  Aufklärung  über  manches,  das  jetzt  noch  nicht 
vollständig  aufgeklärt  ist. 


Zur  Theorie  der  Tettarionenideale. 


Von 


L.  Gustav  du  Pasquier. 


In  vorliegender  Arbeit  wird  die  Allgemeingültigkeit  des  folgen- 
den zahlentheoretisch  wichtigen  Satzes  nachgewiesen: 

Jedes  aus  rationalen  ganzen  fi-Tettarionen  gebildete  reclitsseitige  Ideal 

ist  Hauptideal  ^). 

Unter  „  ganzen  Tettarionen "  werden  solche  verstanden,  deren 
sämtliche  Komponenten  rationale  ganze  Zahlen  sind.  Da  in  diesen 
Zeilen  ausschliesslich  von  ganzen  Tettarionen  die  Rede  sein  wird, 
wollen  wir  diesen  Zusatz  unterdrücken,  und  „Tettarion"  schlecht  weg- 
soll hier  immer  ein  solches  bezeichnen,  dessen  Komponenten  rationale 
ganze  Zahlen  sind.  —  Nachdem  diese  Vereinbarung  getroffen,  schreiten 
wir  zunächst  zum  Beweise  folgenden  Hilfssatzes:  Jedes  rechtsseitige 
Tettarionenideal  besitzt  eine  endliche  Basis. 

Um  dies  einzusehen,  genügt  es  bekanntlich,  die  linksseitig  redu- 
zierten Tettarionen  des  Ideals  zu  betrachten,  d.  h.  diejenigen,  bei 
welchen  sämtliche  Komponenten  unterhalb  der  Hauptdiagonale  ver- 
schwinden.    Es  bedeute  nun  q  das  vorgelegte  Ideal  und 

«11,  »12,  «13 
0,  «22,  «23 
0,        0,        «33 

0,     0,     0 

ein  aus  o  beliebig  herausgegriffenes  linksseitig  reduziertes  jtf -Tettarion, 
Existieren  unter  diesen  linksseitig  reduzierten  ju-Tettarionen  aus  a 
solche,  bei  welchen  die  erste  Komponente  «n  ={=  0,  so  bedeute  a  eines 
derjenigen  unter  ihnen,  für  welches  diese  erste  Komponente  «n  positiv 


•  •  •  «1,^ 

•    •    .     «2,// 

.   .   .     «3,A 

•    •    .        «/<,,M 

')    Für  diesbezügliche  Definitionen  und  Sätze  vergl.  meine   „Zahlenlheorie  der 
Tettarionen"  in  der  , Viertel jahrsschrift  der  Naturf.  Gesellscli.  Zürich".  Jahrg.  .51.  1906. 


244 


L.  Gustav  Du  Pasquier. 


und  möglichst  klein,  aber  doch  nicht  Null  ist.  Nach  dieser  Annahme 
kann  dann  niemals  0  <  j  ctn  \  <  «n  sein,  sondern  es  ist  entweder 
(iii  =:  0,  oder  j  an  \  ^  «ii-  —  Man  erkennt  jetzt,  dass  alle  ersten 
Komponenten  ein  der  linksseitig  reduzierten  ji<-Tettarionen  aus  q  Viel- 
fache von  «11  sind.  Die  Zahlen  0,  1,  2,  ....  «n  —  1  bilden  nämlich 
ein  vollständiges  Restsystem  mod  «n ;  folglich  existiert  eine  rationale 
ganze  Zahl  /v  der  Art,  dass 

0  <  an  —  k  •  an  <  an- 

Da  aber  zugleich  mit  a  und  a  auch  a  —  k  •  a  im  Ideale  Q  auf- 
tritt, muss,  wegen  der  über  a  getroffenen  Annahme,  an  =  k  •  «n  sein. 
—  Jedem  linksseitig  reduzierten  ^^-Tettarion  a  aus  a  lässt  sich  dem- 
nach eine  ganze  Zahl  k  der  Art  zuordnen,  dass  die  erste  Komponente 
von  r  =  a  —  k  •  a  verschwindet.  —  Ein  beliebig  aus  a  herausgegriffenes 
it<-Tettarion  z  kann  somit  in  die  Gestalt 


(1) 


,(1) 


r-^-e-k-  a  =  r'" -^  k''' ■  a  =  k 


,(1) 


.(1) 


gebracht  werden,  wobei  s  ein  geeignet  gewähltes  Einheitstettarion 
vorstellt,  und  >*'^  höchstens  (f.i  —  1) -kolonnig  ist.  k^^^  und  r^^^  sind 
von  5  abhängig,  Viiriieren  zugleich  mit  z,  während  a  als  konstant, 
als  durch  das  vorgelegte  Ideal  a  gegeben,  betrachtet  werden  kann. 
Alle   Tettarionen    r      sind   in    a   enthalten,    und    man  überzeugt 


sich  leicht,  dass  ihre  Gesamtheit  wieder  ein  rechtsseitiges  Ideal  r 
bildet,  welches  höchstens  {f.i  —  1) -kolonnig  ist.  —  Auf  dieses  lässt 
sich  dieselbe  Schlussweise  anwenden:  jedes  Tettarion  r'  '  aus  r  hat 
die  Gestalt:  /^^  =  €^^^  •  h,  wo  e^^'  ein  geeignetes  Einheits-|tftettarion 
vorstellt  und  h  ein  linksseitig  reduziertes  von  der  Form : 


0, 

bi2, 

^^13, 

hu  .  . 

•  •  ^1,/' 

0, 

0, 

&23, 

hi  .  .' 

.  .    h,f< 

0, 

0, 

0, 

634  .  . 

■  •    h,f, 

0, 

0, 

0, 

0     .  . 

•  .    bf<-i,iu 

0, 

0, 

0, 

0     .  . 

.  .    0 

Enthält  nun  r  solche  linksseitig  reduzierten  Tettarionen  h,  bei  welchen 
^12  H=  0,  so  existiert  unter  ihnen,  aus  ähnlichen  Gründen  wie  oben, 
ein  gewisses  Tettarion  ß  und  rationale  ganze  Zahlen  l,  so  beschaffen, 
dass  &12  —  /  •  j5i2  =  0  wird,    dass   somit   in  h  —  /  •  /?  =  s,    also  auch 

=  l^^^  •  /?  +  s      die  sivei  ersten  Kolonnen 


m  £ 


(1) 


'D 


b  =£-^^ß-|_ 


,w 


(1) 


.w 


/(i) 


aus   lauter   Nullen    bestehen,    d.  h.  dass  s     ^=  r     —  l     ■  ß  höchstens 
{fi  —  2) -kolonnig    wird.     Die    Gesamtheit    der    Tettarionen  s^^  bildet 


Zur  Theorie  der  Tettarionenideale.  245 

wieder  ein  rechtsseitiges  Ideal  §,  das  höchstens  (/./  —  2) -kolonnig  ist, 
und  auf  welches  man  dieselbe  Schlussweise  anwenden  kann,  u.  s.  w. 
Durch  diese  Kette  von  Schlüssen  gelangt  man  nacheinander  zu  fol- 
genden Gleichungen : 


.(1)  7(1)  O       I        „(1) 


Die  Tettarionen  k^^\  l^^\  ;^/^*  ....  7>^^^  variieren  mit  z,  während 
a,  ß,  y  .  .  .  .  L  nur  von  der  Natur  des  vorgelegten  Ideals  a,  aber  nicht 
vom  speziellen,  aus  q  herausgehobenen  z  abhängig  sind.  —  Da  ferner 
a  höchstens  |i<kolonnig  ist,  ß  höchstens  (,« — ■  1) -kolonnig,  y  höchstens 
(,a  —  2) -kolonnig,  u.  s.  f.,  so  kommt  man,  nach  einer  endlichen  Anzahl 
von  Operationen,  auf  ein  einkolonniges  Tettarion  L  und  damit  auf 
eine  letzte  Gleichung.  Jedes  Tettarion  z  des  vorgelegten  Ideals  q  ist 
somit  in  der  Form 

darstellbar,  mit  andern  Worten :  Aus  dem  Ideale  a  kann  man  Tetta- 
rionen a,  /?,  j'  .  .  .  .  C  in  endlicher  Anzahl  so  auswählen,  dass  jedes 
Tettarion  z  aus  a  sich  als  lineare  homogene  Funktion  derselben  dar- 
stellen lässt.  Dies  ist  aber  gleichbedeutend  mit  der  Aussage:  das 
Ideal  Q  besitzt  die  endliche  Basis  [a,  /?,/..  .  l\. 

Aus  obigem  Beweise  geht  hervor,  dass  die  Glieder  a^  ß,  y  .  .  . 
der  Basis  so  gewählt  werden  können,  dass  ihre  Anzahl  höchstens  ^ 
beträgt.  Wir  wollen  jetzt  weiter  zeigen,  dass  diese  Anzahl  sich  immer 
auf  1  reduzieren  lässt: 

Angenommen,  es  sei  dies  für  jede  «-gliedrige  Basis  bereits  fest- 
gestellt {h  >  1) ;  dann  würde  es  auch  für  jede  (//.  +  1)  -gliedrige 
Basis  gelten ;  denn  das  aus  irgend  einer  y^-gliedrigen  Basis  [a,  /?,...  c] 
erzeugte  rechtsseitige  Tettarionenideal  enthält  den  Inbegriff  der  Tet- 
tarionen 

(/  '  •  a  -\-  ff    •  ß  -] \-  g      •  Q, 

welche  entstehen,  wenn  g  ,  ^  "*  .  .  .  .  (j  unabhängig  von  einander 
die  Gesamtheit  der  ganzen  Tettarionen  durchlaufen.  Nach  Voraus- 
setzung wäre  dieses  Ideal  mit  einem  rechtsseitigen  Hauptideale  [g  •  ;x] 
identisch,  d.  h.  die  ><-gliedrige  Basis  [a,  ß  .  .  .  l]  liesse  sich  durch 
eine   eingliedrige  Basis  [x]    ersetzen.     Jede   {n  -h  1)  -gliedrige  Basis 


246 


L.  Gustav  Du  Pasquier. 


[a,  ß  . . .  C,  jy]  könnte  man  also  durch  eine  zweigliedrige  [cc,  ?yj,  und 
diese  wieder  durch  eine  eingliedrige  [y]  ersetzen.  Es  genügt  somit, 
nachzuweisen,  dass  jedes  aus  irgend  zwei  ganzen  ^tt-Tettarionen  a  und  h 
erzeugte  rechtsseitige  Ideal  immer  Hauptideal  ist.  —  Dieser  Nach- 
weis ist  für  den  Fall,  dass  mindestens  eines  der  beiden  ;i<-Tettarionen 
a  und  b  eine  nicht  verschwindende  Norm  hat,  bereits  geliefert ').  Es 
bleibt  nur  noch  der  Fall  zu  erledigen  übrig,  in  welchem  a  und  h 
beide  Nullteiler  sind. 

Bekanntlich  ist  immer  a  —  e^^^  -  a  •  e^^*,  h  =  e^^^  •  ß  •  £^^\  wobei 
die  vier  e*'^^  (l  =  1,  2,  3,  4)  passend  gewählte  Einheits-^ttettarionen 
vorstellen,  während  a  und  ß  Diagonal -^/tettarionen  sind.  Die  Basis 
[a,  &]  darf  man  dann  durch  [a  •  e  \  ß  ■  s^^^]  ersetzen,  denn  linksseitig 
assoziierte  Tettarionen  erzeugen  dasselbe  rechtsseitige  Ideal.  Da  es 
sich  ferner  nur  darum  handelt,  zu  entscheiden,  ob  das  Ideal 


[ß 


(1) 


,(2) 


+  y"-/i-e'1  =  [? 


(1) 


y 


,(1) 


(1) 


a  •  e 

_(2) 


(2) 


-(2) 


■ß] 


M) 


Hauptideal  ist  oder  nicht,  hat  man  nur  nötig,  das  Ideal  [g  •  a  -\-  g"^  •  ß\ 
zu  untersuchen.  Aus  dieser  Überlegung  geht  hervor,  dass  es  nicht 
eine  Einschränkung  der  Allgemeinheit  bedeutet,  wenn  man  voraus- 
setzt, eines  der  beiden  erzeugenden  Tettarionen  ist  Diagonaltettarion. 
—  Demnach  sei  [«,  &]  die  Basis  unseres  Ideals,  wobei  h  ein  Diagonal- 
tettarion vorstellt.  Bedeutet  a  seinen  Rang  (vergl.  „Zahlentheorie 
der  Tettarionen"  §  8),  so  besitzt  es  genau  ö  nicht  verschwindende 
Komponenten,  und  von  diesen  dürfen  wir  voraussetzen,  dass  sie  die 
o  letzten  Stellen  der  Hauptdiagonale  einnehmen,  da  wir  eventuell  ß 
durch  y''  '  ß  •  y"  ersetzen  können,  wo  r  und  s  passend  gewählte  Ex- 
ponenten sind,  während  y  das  früher  definierte  Einheitstettaiion  vor- 
stellt, welches,  als  Faktor  gesetzt,  eine  cyklische  Vertauschung  der 
Kolonnen,  bezw.  der  Zeilen,  hervorbringt  (v.  1.  c.  §  8,  1).  Ohne  Ein- 
schränkune,'  der  Allgemeinheit  darf  somit  aesetzt  werden: 


0  . 



.  0 

0  . 

.  .0  .    .    . 

.  0 

0  . 

...  \. . 

.  0 

0  . 

...  b,. 

.  0 

0  .  . 


wo    &;.  >0    {1=   1,   2, 


o). 


*)  Vergl.  meine  „Zahlentheorie  der  Tettarionen"  §  11,  6.    Vierteljalirsschrift  der 
Naturf.  Gesellschaft  Zürich.   'Jahrgang  51.    1906. 


Zur  Theorie  der  Tettarionenideale. 


247 


Bedeutet  q  den  Rang  von  a,  so  ist  a  einem  linksseitig  reduzierten 
i<-Tettarion  äquivalent,  bei  welchem  die  q  ersten  Hauptdiagonal- 
komponenten  positiv  sind,  während  alle  andern  Diagonalkomponenten 
verschwinden.     AVir  dürfen  also  setzen: 


«11,  ai2,  «13 

0,  «22»  0^23 

0,  0,  «33 

0,  0,  0 

0,  0,  0 

0,  0,  0 


«l,i) 

«2,  (> 


^3,  /« 


«- 


O,  (J 


a. 


Q,fl 


0,      0 


0,      0, 


0 


wobei  die  (/li  —  q)  letzten  Zeilen  lauter  Nullen  enthalten,  cix,  a  >  0  ist 
(A  ^  1,  2,  ....  o),  unterhalb  der  Hauptdiagonale  nur  Nullen  stehen, 
oberhalb    derselben,    in  den  q  ersten  Zeilen,   beliebige  ganze  Zahlen. 

Jetzt  sind  zwei  Fälle  zu  unterscheiden: 
I.  Fall:  Q  +  o  >  fi.  Unser  Ideal  enthält,  zugleich  mit  a  und  b,  auch 
die  Summe  'a  -{-  b  —  s.  Dieses  x  hat  aber,  wegen  der  getroffenen 
Annahmen,  eine  von  Null  verschiedene  Norm  (dieselbe  ist  nämlich 
gleich  dem  Produkte  der  f.i  Diagonalkomponenten  von  .s);  infolge- 
dessen ist  das  betreffende  Ideal  sicher  Hauptideal,  denn  es  besteht 
dann  nicht  ausschliesslich  aus  Nullteilern. 
IL  Fall:  q  -\-  6  <  /a.  Damit  das  aus  a  und  b  erzeugte  rechtsseitige 
Ideal  Hauptideal  sei,  ist  notwendig  und  hinreichend,  dass  5  Tetta- 
rionen :  j:,  a,  ß,  f,  g,  von  solcher  Beschaffenheit  existieren,  dass 
gleichzeitig  a  •  x  =  a  (1) 

ß  '  x  =  b  (2) 

f-a-^(j-b  =  x,  (3) 

Dann  enthalten  nämlich  die  beiden  rechtsseitigen  Ideale:  \_g^^ -a  -f-  g  -  b] 
einerseits,  [jg  •  x\  andererseits,  genau  dieselben  Tettarionen,  sind  also 
identisch.  —  In  unserm  Falle  setze  man : 


A  =  l 


1,0.     ... 

0,  1,  0    0 

0,  0,  1,  0 0 


0 


9 


0    .    . 

1 . . 

.  0 

0    .    . 

.  0. 

.  0 

0    .    . 

.  0 

ß  =2  e<^-'^> 

A  =  /<  —  ö  +  1 


248  L.  Gustav  Du  Pasquier. 

In  a  sind  nur  die  q  ersten,  in  ß  nur  die  ö  letzten  Diagonalkompo- 
nenten jeweilen  gleich  1,  während  alle  übrigen  Komponenten  sämt- 
lich verschwinden.  Man  übersieht,  dass  dann  tatsächlich  die  obigen 
Gleichungen  (1),  (2)  und  (3)  bestehen. 

Mithin  ist  jedes  rechtsseitige  Ideal  mit  zweigliedriger  Basis 
Hauptideal,  also  auch  ein  solches  mit  endlicher  Basis,  somit  über- 
haupt jedes  rechtsseitige  Ideal,  infolge  des  oben  bewiesenen  Hilfssatzes. 

Der  entsprechende  Fundamentalsatz  gilt  für  linksseitige  Tetta- 
rionenideale. 


Zur  Absorption  der  Röntgenstrahlen. 

Von 
H.  ZUPPINGER. 


Die  Durchlässigkeit  der  Stoffe  für  Röntgenstrahlen  ist  der  Gegen- 
stand einer  Reihe  von  Untersuchungen  und  Publikationen  gewesen. 
Zum  Teil  war  die  Bestimmung  der  Durchlässigkeit  wissenschaftlicher 
Selbstzweck,  wie  bei  v.  Röntgen  selbst,  dann  bei  Benoist;  andere 
zeigten  ihren  Einfluss  auf  die  Bildqualität;  Perthes^)  studierte  die 
Durchlässigkeit  tierischer  Gewebe  zum  Zwecke,  die  therapeutische 
Tiefenwirkung  wissenschaftlich  zu  begründen.  Von  allen  Autoren 
wurde  bisher  als  Mass  der  Durchlässigkeit  benützt  der  Quotient 
zwischen  der  durch  Absorption  verminderten  und  der  unverminderten 
Strahlenmenge,  der  noch  mit  der  Dicke  der  durchstrahlten  Stoff- 
schicht zu  verbinden  war.  Schon  v.  Röntgen  hat  gefunden,  dass  die 
Durchlässigkeit  ebenso  wohl  durch  Eigenschaften  des  Stoffes  (Dichte) 
als  der  Strahlen  (Härte)  bestimmt  wird. 

Der  Begriff  und  die  Bemessung  der  Durchlässigkeit  ergibt  sich 
unmittelbar  aus  den  Untersuchungsmethoden,  d.  h.  aus  den  beob- 
achteten Strahlungsintensitäten.  Der  Teil  der  Strahlung,  der  bei 
der  Durchstrahlung  absorbiert  wird,  wird  nicht  direkt  bestimmt,  ist 
aber  durch  Subtraktion  leicht  zu  finden,  und  es  erzeugt  sich  so  auch 
der  Begriff  des  Absorptionsvermögens.  Ist  nämlich  in  einer  bestimmten 
Entfernung  vom  strahlenden  Punkte  die  Intensität  der  Strahlung 
gleich  J,  und  es  sinkt  durch  Zwischenschaltung  einer  absorbierenden 

Schicht   die  Intensität   an   der   nämlichen  Stelle   auf  i,   so   ist  -j  die 

Durchlässigkeit    eben    dieser    zwischengeschalteten   Schicht    von    be- 
stimmter Dicke  und    aus  dem   gegebenen  Material  und   zwar  für  die 


')  Fortschrilte,  Rötilgenstrahlen  VIII,  1. 
Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.    1907.  17 


250  H.  Zuppinger. 

verwendete   Strahlenqualität.     Für   diese    nämliche   Schicht    und    die 

nämliche  Strahlenqualität   ist   in  gleicher  Weise  —j-  oder  1 j  das 

Absorptionsvermögen.  Durchlässigkeit  und  Absorptionsvermögen  sind 
komplementäre  Grössen,  die  sich  zur  Einheit  ergänzen. 

Bereits  v.  Röntgen  hat  die  Durchlässigkeit  der  Stoffe  auf  ver- 
schiedene Arten  bestimmt  und  ausgedrückt.  Es  ist  einerseits  mög- 
lich, die  Durchlässigkeit  als  eine  abstrakte  Zahl  zu  erhalten,  und 
das  ist  ohne  Zweifel  am  ehesten  anzustreben.  Der  Weg  zu  diesem 
Ziele  ist  aber  auch  der  mühsamste,  und  er  wird  deshalb  nur  zur 
Schaffung  einer  Grundlage  beschritten  werden.  Andrerseits  kann 
auch  die  Durchlässigkeit  eines  Körpers  mit  derjenigen  eines  zweiten 
Körpers  verglichen,  mit  derselben  gemessen  werden ;  es  resultieren 
so  Relativzahlen,  ähnlich  den  spezifischen  Gewichten,  während  die 
abstrakten  Masszahlen  ihr  Analogen  in  den  Brechungsexponenten 
finden.  Sobald  übrigens  für  einen  Körper  die  absolute  Durchlässig- 
keit bekannt  ist,  können  die  Durchlässigkeiten  der  andern  Körper 
ebenfalls  in  absolute  Zahlen  umgerechnet  werden. 

Es  konnte  natürlich  nicht  genügen,  die  absolute  oder  relative 
Durchlässigkeit  eines  Körpers  aus  gegebenem  Stoffe  und  von  gegebener 
Dicke  zu  kennen ;  es  musste  weiter  der  Zusammenhang  zwischen 
Dicke  und  Durchlässigkeit  aufgesucht  werden.  Diese  Aufgabe  ist  in 
gewissem  Sinne  und  mit  sehr  bemerkenswertem  Resultat  durch 
v.  Röntgen  behandelt  worden.  Es  entstand  so  der  Begriff  der  äqui- 
valenten Dicke,  der  besonders  von  Benoist  gepflegt  worden  ist.  Diese 
Art  der  Behandlung,  die  den  Vorteil  einer  einfachem  Versuchs- 
anordnung gewährt,  entspricht  einer  Umkehrung  der  frühern  Frage- 
stellung, und  liefert  direkt  vergleichbare  Zahlen.  Dass  so  nur  re- 
lative Zahlen  gewonnen  werden  konnten,  ist  selbstverständlich.  Die 
Relation  zwischen  Schichtdicke  und  Durchlässigkeit  kann  aber  auf 
diese  Weise  nicht  gefunden  werden  ;  dazu  gehören  Durchlässigkeits- 
bestimraungen  am  nämlichen  Stoff  bei  verschiedenen  Dicken.  In 
dieser  Weise  ist  schon  v.  Röntgen  vorgegangen,  später  auch  Perthes. 
Bisher  sind,  so  viel  ich  sehe,  die  Ergebnisse  dieser  Untersuchungs- 
art einfach  registriert  worden,  und  zwar  als  absolute  Durchlässigkeiten. 

Die  rechnerische  Bearbeitung  zeigt  nun,  dass  die  Abhängigkeit 
der  Durchlässigkeit  von  der  Dicke  nicht  ganz  einfacher  Natur  ist, 
und  sie  führt  auf  eine  weitere  Grösse,  welche  ihrem  Wesen  nach 
Absorptionsindex  oder  -exponent  heissen  kann.  Die  Einführung  dieses 
Index  scheint  die  Rechnung  etwas  mühsam  zu  machen ;  das  ist  aber 
doch  nicht  der  Fall,  und  irgend  ins  Gewicht  fallen  könnte  eine  um- 
ständliche Rechnung   nicht,    wenn    dabei    die   Darstellung   richtig   ist 


Zur  Absorption  der  Röntgenstrahlen.  251 

und  umfassender  wird.  Der  Absorptionsindex  wird  diesen  Forderungen 
entsprechen,  wenn  die  Voraussetzung  zutrifft,  dass  in  dem  durch- 
strahlten Körper  jeder  Teil  der  Strahlung  nur  quantitativ,  nicht  aber 
qualitativ  sich  ändere.  Die  Richtigkeit  dieser  Prämisse  ist  nicht  er- 
wiesen, wird  aber  hier  in  Analogie  zur  Absorption  der  strahlenden 
Energie  vorausgesetzt. 

Bei  der  Aufsuchung  der  Absorptionsindices  erheben  sich  die 
gleichen  Schwierigkeiten,  wie  bei  allen  Untersuchungen  an  Röntgen- 
strahlen :  die  Sekundärstrahlen  und  das  gleichzeitige  Auftreten  pri- 
märer Strahlen  von  verschiedener  Härte.  Dadurch  werden  Störungen 
bedingt,  die  sich  nicht  vollständig  beseitigen,  aber  doch  so  klein 
halten  lassen,  dass  die  gefundenen  Werte  praktisch  verwendbar  sind. 
Durch  die  Sekundärstrahlen,  welche  in  der  durchstrahlten  Schicht 
entstehen,  wird  die  Grösse  i,  die  Intensität  der  austretenden  Strahlung 
zu  gross,  und  dadurch  fällt  die  Durchlässigkeit  der  Schicht  zu  hoch, 
ihr  Absorptionsvermögen  zu  niedrig  aus.  Die  Mischung  aus  härtern 
und  weichern  Strahlen,  wie  sie  von  der  Röhre  emittiert  wird,  erleidet 
auf  ihrem  Weg  durch  eine  absorbierende  Schicht  eine  Änderung  auch 
ihrer  Zusammensetzung;  es  tritt  eine  relative  Zunahme  der  harten 
Strahlen  ein,  weil  die  weicheren  stärker  absorbiert  werden.  Das 
austretende  Strahlengemisch  ist  deshalb  von  dem  eintretenden  nicht 
nur  nach  Intensität,  sondern  auch  nach  Zusammensetzung  verschieden, 
und  streng  genommen  können  sie  miteinander  nicht  gemessen  werden. 

Es  wird  aus  diesem  Grunde  der  Quotient  -y  ungenau  sein.    So  lange 

es  nicht  gelungen  ist,  die  zusammengesetzte  Strahlung  in  ihre  Teile 
zu  zerlegen,  muss  man  sich  mit  dieser  Ungenaugigkeit  zufrieden  geben. 

An  beiden  Schwierigkeiten  ändert  die  Einführung  eines  Ab- 
sorptionsindex gar  nichts,  derselbe  wird  vielmehr  von  denselben 
gerade  so  afficiert  wie  die  Durchlässigkeit;  er  wird  aber  trotzdem 
sich  nützlich  erweisen,  weil  er  die  Möglichkeit  gibt,  die  Relationen 
der  in  Betracht  kommenden  Faktoren  zu  einer  umfassenderen  Dar- 
stellung zu  bringen. 

Bei  der  medizinischen  Verwendung  der  Röntgenstrahlen  scheint 
es  nicht  von  merklicher  Bedeutung  zu  sein,  dass  die  Strahlen  stets 
gemischt  sind.  Es  herrschen  jeweilen  Strahlen  annähernd  gleicher 
Penetrationskraft  so  stark  vor,  dass  man  das  Gemenge  unter  Um- 
ständen als  etwas  Homogenes  betrachten  darf.  In  der  Röntgenpraxis 
ist  es  also  statthaft,  auf  die  strenge  Genauigkeit  zu  verzichten  und 
sich  mit  Annäherungen  zu  behelfen.  Aber  gerade  hier  besteht  ein 
starkes  Bedürfnis,  die  Durchlässigkeit  der  Untersuchungsobjekte  für 
die    verschiedenen   Strahlenhärten   und    ihre   Relation   zur   Dicke   zu 


252  H.  Zuppinger. 

kennen.  Eben  diese  Relation  lässt  sich  nur  unter  Zuhilfenahme  des 
Absorptionsindex  ausdrücken.  Und  unter  Beobachtung  der  nötigen 
Cautelen  ist  es  auch  möglich,  praktisch  brauchbare  Indices  aufzustellen. 
Vor  längerer  Zeit  habe  ich  mich  daran  gemacht,  die  Absorptions- 
verhältnisse zu  studieren.  Die  Grundformel,  die  im  folgenden  ab- 
geleitet wird,  ist,  wie  ich  sehe,^)  schon  längst  für  die  integrale  Ab- 
sorption gemischten  Lichtes  benützt  worden.  Ungünstige  äussere 
Verhältnisse  haben  mich  verhindert,  eine  Reihe  von  Stoffen  auf  ihren 
Absorptionsindex  hin  zu  bearbeiten ;  immerhin  habe  ich  einige  Be- 
stimmungen ausgeführt,  aus  denen  sich  wenigstens  die  Brauchbarkeit 
der  Methoden  und  die  Verwendbarkeit  der  gewonnenen  Resultate  zu 
ergeben  scheint.  Ich  hoffe,  dass  von  anderer  Seite  diese  Unter- 
suchung mit  bessern  Mitteln  aufgenommen  werde. 

L 

Emittiert  die  Röntgenröhre  ihre  Strahlen  in  den  leeren  Raum, 
so  ist  die  Intensität  der  Strahlung  an  einem  Punkte  abhängig  von 
der  Entfernung  dieses  Punktes  von  der  Strahlenquelle.  Die  Intensität, 
d.  h.  die  Strahlenmenge,  die  in  der  Zeiteinheit  auf  ein  zur  Strahlen- 
richtung senkrechtes  Flächenstück  vom  Inhalt  1  fällt,  ist  umgekehrt 
proportional  dem  Quadrate  des  Abstandes  dieses  Flächenstückes  vom 
strahlenden  Pimkt. 

Bedeutet  r    den  Abstand  von  der  Strahlenquelle, 
J    die  Intensität  im  Abstand  r, 
Jo  die  Intensität  im  Abstand  1, 

so  ist  J=^  =  J^r-'-  (1) 

Aus  der  Gleichung  ist  unmittelbar  ersichtlich,  dass  die  Intensität 
J  erst  bei  unendlich  grossem  Wert  von  r  gleich  Null  wird.  Setzt 
man  für  r  zunehmende  Zahlenwerte  ein,    so  nimmt  /  oder  auch  das 

Verhältnis  -j-  ab,  aber  diese  Abnahme  ist  nicht  proportional  der  Zu- 

nähme  von  r.     Folgende  Tabelle  veranschaulicht  dieses  Verhalten. 
/'  J  Differenz 

0,25  16  12.0 

0,5  4  2  22 

0,75  1,78  o,'78 

1  1  0,75 

2  0,25 

3  0,11  0,14 


Schmidt,  piiysische  und  matli.  Geographie.     Göttingen  1829. 


4 

0,063 

5 

0,04 

6 

0,028 

7 

0,02 

8 

0,016 

9 

0,012 

0 

0,01 

Zur  Absorption  der  Röntgenstrahlen.  253 

J  Differenz 

0,047 
0,023 
0,014 
0,008 
0,004 
0,004 
0,002 

Nahe  der  Strahlenquelle  nimmt  also  die  Intensität  rascher  ab 
als  in  grösserer  Entfernung. 

n. 

Beim  Durchgang  durch  ein  Medium  vermindert  sich  die  Intensität 
der  Strahlen  durch  Absorption.  Um  den  Einfluss  der  Absorption 
gesondert  untersuchen  zu  können,  wird  vorerst  angenommen,  es 
handle  sich  um  parallele  Strahlen,  d.  h.  es  trete  keine  Intensitäts- 
verminderung durch  Ausbreitung  ein.  Es  sei  nun  die  Intensität  der 
in  das  Medium  eintretenden  Strahlen  =  J,  in  der  Tiefe  x  bestehe 
die  Intensität  i.  Durchdringen  nun  in  der  Tiefe  x  die  Strahlen  eine 
Schicht  von  der  unendlich  kleinen  Dicke  d  x,  so  nimmt  die  Litensität 
i  ab  um  den  unendlich  kleinen  Betrag  d  i.  Da  dx  unendlich  klein 
ist,  so  ist  ihm  di  proportional;  sie  sind  aber  entgegengesetzte  Grössen, 
weil  dx  eine  Vergrösserung  der  Tiefe,  di  eine  Verminderung  (der 
Intensität)  bedeutet.  Ferner  ist  di  der  Grösse  i  proportional,  weil 
die  Intensität  sich  je  um  einen  bestimmten  Brachteil  vermindert. 
Endlich  ist  di  proportional  einem  Faktor  a,  welcher  durch  die  Eigen- 
schaften des  Mediums  und  durch  die  Qualität  der  Strahlen  bestimmt 
ist.     Es  besteht  also  die  Beziehung 

(2)  di=^  —  aidx  oder 

(3)  -^  ^  —  a  dx. 

Die  Grösse  a  ist  der  Absorptionsindex,  und  die  Formel  sagt  aus,  dass 

a  das  Mass  für  die  relative  Intensitätsabnahme  -^  ist,  welche  parallele 

Strahlen  beim  Passieren  der  unendlich  dünnen  Schicht  erleiden. 
Durch  Integration  kommt  aus  Gleichung  (3) 

Ig  i  =  —  ax-h  C, 

und  weil  für  x  =  0,  d.  h.  an  der  Oberfläche  des  Mediums  i  =  J,  so 
ist  C  =  lg  J.     Es  ist  also 

(4)  lg  i  =  lg  J" —  Di  X  oder  auch 

(5)  i  =  J.e-«-. 


^54 


H.  Zuppingei'. 


Da  X  die  Dicke  der  durchstrahlten  Schicht  bedeutet,  wird  es 
künftig  durch  den  Buchstaben  Ö  ersetzt  werden;  e  ist  die  Basis  der 
natürlichen  Logarithmen. 

Aus  der  Gleichung  (5)  ist  ersichtlich,  dass  die  Strahlungsintensität 
i  im  Sinne  einer  geometrischen  Progression  abnimmt,  wenn  die  Dicke 
ö  nach  einer  arithmetischen  Progression  wächst.  Ganz  verschwindet 
durch  die  Absorption  die  Strahlung  nicht,  bis  die  Dicke  ö  unendlich 
gross  ist. 

Wird  nach  Gleichung  (5)  eine  Tabelle  angefertigt,  so  sieht  man, 
dass  in  den  oberflächlichen  Schichten  die  Intensität  rascher  abnimmt 
als  in  den  tiefern.  Um  auch  den  Einfluss  von  «  zu  zeigen,  sind 
dafür  zwei  Werte,  nämlich  0,115  und  0,023  eingesetzt.  Bei  grösserem 
a  nimmt  die  Intensität  rascher  ab. 


ö 

i 

8 

/ 

a  =^          a   =: 

a  = 

Ci     = 

in  mm 

0,115        0,023 

in  mm 

0,115 

0,02.3 

0 

1,000 

1,000 

10 

0,316 

0,794 

1 

0,891 

0,977 

20 

0,100 

0,631 

2 

0,794 

0,955 

30 

0,032 

0,501 

3 

0,708 

0,933 

40 

0,010 

0,398 

4 

0,631 

0,912 

50 

0,003 

0,316 

5 

0,562 

0,891 

60 

0,001 

0,251 

6 

0,501 

0,871 

70 

— 

0,200 

7 

0,447 

0,851 

80 

— 

0,159 

8 

0,398 

0,832 

90  ■ 

— 

0,126 

9 

0,355 

0,813 

100 

0,100 

Bei  gegebener  Dicke  der  Schicht,  Absorptionsvermögen  des 
Stoffes  und  Härte  der  Strahlen  hat  das  Produkt  ad  einen  bestimmten 
Wert.  Es  ist  aber  d  eine  Masszahl,  also  abhängig  von  der  ge- 
wählten Masseinheit.  Wird  z.  B.  die  Dicke  von  5  cm  in  Millimeter 
ausgedrückt,  so  ist  ö  =  50 ;  wird  als  Einheit  der  Centimeter  ge- 
nommen, so  ist  ö  =  5.  Für  Centimeter  ist  deshalb  der  Index  zehn- 
mal so  gross  als  für  Millimeter;  allgemein  ist  der  Absorptionsindex 
der  Grösse  der  Masseinheit  direkt  proportional.  Darin  besteht  eine 
grosse  Bequemlichkeit  für  die  Rechnung. 

Schon  daraus  ergibt  sich  ohne  weiteres,  dass  der  Index  keines- 
wegs ein  echter  Bruch  sein  muss. 


Zur  Absorption  der  Röntgenstrahlen.  255 

in. 

Gehen  parallele  Strahlen  von  der  Intensität  J  nacheinander  durch 
mehrere  Medien  von  den  Dicken  d\,  ö^  ,  d\^^  u.  s.  w.  und  von  den  Indices 
«,,   «„,  «,,, ,   u.  s.  w.,  so  ist  die  Intensität  der  austretenden  Strahlen 

denn  beim  Austritt  aus  dem  ersten  Medium  ist  die  Intensität 

Für   den  Eintritt   in    die   zweite  Schicht   ist   diese  Intensität   an   die 
Stelle  von  /  zu  setzen,    und  es  kommt  für  die  Strahlen,    welche  die 
zweite  Schicht  verlassen 
(5")  i  „  =  J •  er"'  '^'-"■"  '^^  u.  s.  w. 

Die  Reihenfolge  der  Schichten  ist  gänzlich  ohne  Einfluss. 

IV. 

Tatsächlich  sind  die  Röntgenstrahlen  nicht  parallel,  sondern  sie 
divergieren  von  einem  Punkte  der  Antikathode  aus.  Gehen  sie  durch 
ein  Medium  hindurch,  so  vermindert  sich  ihre  Intensität  ebenso  wohl 
vermöge  der  Ausbreitung  als  durch  die  Absorption.  Der  Zusammen- 
hang beider  Schwächungen  kann  folgendermassen  gezeigt  werden: 

Ist  im  Abstand  =  1  vom  Focus  die  Strahlungsintensität  ^  J,,, 
so  ist  vermöge  der  Ausbreitung  allein  nach  Gleichung  (1)  im  Ab- 
stand =  ?•  die  Intensität  J  =  J^  r~l  Wird  eine  absorbierende  Schicht 
so  eingeschaltet,  dass  die  Strahlen  im  Abstände  =  r  aus  derselben 
austreten ,  so  entsteht  eine  zweite  Verminderung  der  Intensität. 
Genau  die  nämliche  Verminderung  könnte  aber  auch  hervorgebracht 
werden  durch  eine  unendlich  dünne  Schicht  mit  entsprechend  grossem 
Absorptionsindex.  Bedingung  ist  nur,  dass  die  Exponenten  beider 
Schichten  gleich  gross  sind;  ob  ein  Medium  mit  genügend  grossem 
Index  überhaupt  existiert,  ist  vollkommen  gleichgültig.  Die  Strahlung, 
welche  in  diese  unendlich  dünne  Schicht  eindringt,  hat,  wie  gesagt, 
die  Intensität  /=  ./q  ''''^-  ^^^-  ^-us  der  Schicht  austretenden  Strahlen 
sind  nach  Gleichung  (5)  von  der  Intensität 

i  =  J-e~"'^  oder  auch 

(6)  i=Jor-'e-'"' 

Das  ist  die  Grundgleichung  für  gleichzeitige  Absorption  und 
Ausbreitung,  mit  andern  Worten,  für  Strahlen,  die  von  einem  Punkte 
ausgehen. 

Bequemer  für  den  Gebrauch  kann  die  Gleichung  auch  geschrieben 
werden 

(7)  lg  i  =  lg  -7o  —  2  lg  r  —  a  ö  oder 

(8)  log  %  .--  log  Jo  -  2  log  y  —  0,43429  •  a  d. 


256  H.  Zuppinger. 

Durch  diese  Gleichung  wird  nicht  die  Intensität  der  aus  einem 
absorbierenden  Medium  austretenden  Strahlen  mit  der  Intensität  der 
eintretenden  verglichen;  sondern  es  gibt  die  Gleichung  an,  wie  viel 
Mal  in  gegebenem  Abstand  vom  Focus  die  Intensität  der  Strahlen, 
welche  eine  absorbierende  Schicht  passiert  haben,  kleiner  ist,  als  sie 
ohne  solche  absorptive  Wirkung  wäre.  Der  Abstand  der  absorbierenden 
Schicht  vom  Focus  ist  selbstverständlich  kleiner  als  r,  im  übrigen 
aber  ohne  Einfluss.  Sind  statt  einer  Schicht  ihrer  mehrere  mit  ver- 
schiedenen Dicken  und  Indices  zu  durchstrahlen,  so  ist  der  Exponent 
von  e  zu  erweitern  wie  in  Gleichung  (5^). 

V. 

Der  Absorptionsindex  u  drückt  keineswegs  nur  eine  Eigenschaft 
des  Mediums  aus,  sondern  vielmehr  das  Verhalten  zweier  Dinge 
gegen  einander.  Der  Index  wird  nicht  weniger  von  der  Penetrations- 
kraft der  Strahlen  bestimmt,  als  von  der  Dichte  des  Stoffes.  Der 
Index  eines  Stoffes  gilt  deshalb  nur  für  eine  bestimmte  Strahlen- 
qualität, und  diese  ist  jeweilen  anzugeben.  Es  sind  so  nicht  nur 
die  Indices  der  Stoffe  für  eine  Strahlenart,  sondern  auch  diejenigen 
eines  jeden  Stoffes  für  verschiedene  Strahlenarten  experimentell  zu 
bestimmen. 

Für  harte  Strahlen  und  leichte  Medien  ist  a  klein,  für  schwere 
Medien  und  weiche  Strahlen  ist  a  gross.  In  welcher  Weise  Strahlen- 
qualität und  Dichte  des  Mediums  zusammenwirken  oder  sich  kompen- 
sieren, wäre  noch  zu  erforschen. 

Wenn  der  Exponent  —  ad  eine  gegebene  Grösse  ist,  so  sind  die 
beiden  Faktoren  a  und  8  einander  umgekehrt  proportional ;  je  grösser 
also  a,  desto  kleiner  ist  d  und  umgekehrt.  Sind  die  relativen  Ab- 
sorptionen zweier  Schichten  aus  verschiedenen  Stoffen  einander  gleich, 

so  ist  auch 

g-a,  8,  __  g-«„  <5„  woraus 

(9)  a,  d,  ==  a„  d„ 

d.  h.  für  Schichten  aus  verschiedenen  Stoffen,  aber  mit  gleicher  Ab- 
sorption sind  die  Produkte  aus  Index  und  Dicke  einander  gleich, 
oder  es  verhalten  sich  die  Indices  zweier  solcher  Schichten  zu  ein- 
ander umgekehrt  wie  deren  Dicken. 

Daraus  ergibt  sich  von  selbst  der  Begriff  der  äquivalenten  Dicken 
der  Stoffe.  Mit  diesem  Begriffe  hat  bereits  v.  Röntgen  gearbeitet. 
Das  Äquivalent  der  Durchlässigkeit,  das  Benoist')  aufgestellt  hat, 
könnte    mit    einigem    Rechte    ebenfalls    äquivalente    Dicke    genannt 


')  Comptes  i-endus  T.  132,  1. 


Zur  Absorption  der  Röntgenstrahlen.  257 

werden;  Benoist  drückt  aber  sein  Äquivalent  in  Dezigrammen  aus, 
und  demgemäss  ist  es  als  äquivalente  Masse  aufzufassen.  Es  unter- 
scheidet sich  aber  von  der  obigen  äquivalenten  Dicke  ganz  wesent- 
lich: die  Äquivalente  der  Durchlässigkeit  nach  Benoist  sind  ihren 
Zahlen  werten  nach  von  einander  verschieden,  die  Produkte  aus 
Dicke  und  Absorptionsindex  aber  sind  für  gleiche  relative  Absorption 
immer  gleich  gross.  Und  doch  ist  das  Äquivalent  von  Benoist  eben- 
falls ein  Produkt  aus  Dicke  mit  einem  Faktor,  der  Dichte  des  Stoffes. 
Da  aber  die  Dichte  dem  Absorptionsvermögen  keineswegs  proportional 
ist,  so  kann  die  äquivalente  Masse  mit  dem  Exponenten  —ad  nicht 
verglichen  werden.  Wenn  die  Ausführungen  von  Benoist  richtig 
sind,  so  würde  man  den  Index  a  erhalten,  wenigstens  für  die  Ele- 
mente, wenn  die  Dichte  mit  einer,  übrigens  unbekannten  Funktion 
des  Atomgewichtes  multipliziert  wird.  Ferner  sind  die  Äquivalente 
der  Durchlässigkeit  ihrem  Wesen  nach  relative  Grössen  und  geben 
keinen  Aufschluss  über  die  Strahlungsabnahme  innerhalb  eines  Körpers, 
Der  Absorptionsindex  dagegen  ist  eine  absolute  Grösse,  die  äqui- 
valente Dicke  gestattet  ein  einfaches  Arbeiten  und  wohl  auch  die 
Lösung  weiterer  Fragen. 

VI. 

Die  Gleichung  (6),  welche  das  Absorptionsgesetz  der  Röntgen- 
strahlen ausdrücken  soll,  ist  abgeleitet  worden  unter  der  Voraus- 
setzung, dass  beim  Durchtritt  durch  ein  Medium  die  Strahlen  nur  an 
Intensität  verlieren,  ihre  Qualität  aber  nicht  ändern.  Diese  Annahme 
scheint  durch  meine,  allerdings  nicht  zahlreichen  Untersuchungen 
bestätigt  zu  werden.  Der  genauen  experimentellen  Prüfungen  stehen 
zwei  Umstände  hinderlich  im  Wege. 

Das  Absorptionsgesetz  gilt  nur  für  eine  homogene  Strahlung, 
d.  h.  für  Strahlen  gleichen  Durchdringungsvermögens.  Es  sendet 
aber  die  Röntgenröhre  immer  ein  Gemisch  von  verschieden  harten 
Strahlen  aus,  deren  vollständige  Trennung  bisher  nicht  gelungen  ist. 
Schon  V.  Röntgen  hat  beobachtet,  dass  die  X-Strahlen  nach  dem 
Austritt  aus  einem  absorbierenden  Medium  härter  sind  als  beim  Ein- 
tritt in  dasselbe.  Er  hat  daraus  geschlossen,  dass  die  Strahlung  eine 
zusammengesetzte  sei,  unter  der  Annahme,  eine  einfache  Strahlung 
ändere  bei  Absorptionsvorgängen  ihre  Härte  nicht.  Es  ist  ja  leicht 
verständlich,  dass  von  einem  Gemisch  aus  weichen  und  harten  Strahlen 
ein  absorbierender  Körper  mehr  weiche  Strahlen  zurückhält,  und 
dass  so  eine  Anreicherung  an  harten  Strahlen  entsteht.  Das  ist 
denn  auch  der  Vorgang,  welcher  dazu  benützt  werden  kann,  eine 
Strahlung  homogener  zu  machen,    freilich   unter  Verlust  an  Gesamt- 


258  H.  Zuppinger. 

Intensität.     An   Hand   der   obigen   Gleichung   ist   diese  Anreicherung 
an  harten  Strahlen  ersichtlich. 

In  seiner  III.  Mitteilung,  5.  sagt  v.  Röntgen  ^) : 
„Wenn  zwei  Platten  aus  verschiedenen  Körpern  gleich  durch- 
lässig sind,  so  braucht  diese  Gleichheit  nicht  mehr  zu  bestehen,  wenn 
die  Dicke  dieser  Platten  in  demselben  Verhältnis  und  sonst  nichts 
geändert  wird".  Auch  diese  Tatsache  hat  ihren  Grund  darin,  dass 
die  Strahlung  eine  zusammengesetzte  ist.  Hätte  man  es  mit  homo- 
genen Strahlen  zu  tun,  für  welche  die  beiden  Körper  die  Absorptions- 
indices  a  und  ß  hätten,  während  die  Plattendicken  ö,  und  8„  sind, 
so  ist  nach  Gleichung  (6) 

Werden  nun  beide  Dicken  mit  dem  beliebigen  Faktor  n  multi- 
pliziert, so  kommt  die  weitere  Gleichung 

j.g-«"ö,  ^  j.g-/y«<5„. 

Für  homogene  Strahlen  bliebe  demnach  die  Gleichheit  der  Durch- 
lässigkeit erhalten,  auch  wenn  die  Plattendicken  in  demselben  Ver- 
hältnis geändert  werden. 

Mit  einem  Strahlengemenge  wird  das  Resultat  ein  anderes.  Die 
Komponenten  mögen  die  Intensitäten  a,  b,  c  usw.  haben,  und  die  In- 
dices  des  einen  Körpers  für  die  Komponenten  seien  a, ,  a„,  a,,,  usw., 
die  des  andern  Körpers  /i,,  ß„,  ß,,,  etc.  Dann  ist  bei  gleicher  Durch- 
lässigkeit der  Platten 

Werden  nun  die  Plattendicken  mit  n  multipliziert,  so  kommt 
die  Ungleichheit 

Für  die  Richtigkeit  dieser  Erklärung  spricht  die  Beobachtung, 
dass  die  Ungleichheit  der  Durchlässigkeit  stark  vermindert  wird, 
wenn  durch  Einschaltung  eines  absorbierenden  Schirmes  die  Strahlung- 
homogener  gemacht  worden  ist. 

VH. 

Die  Absorption  vollzieht  sich  nicht  in  der  Weise,  dass  ein  Teil 
der  Röntgenstrahlung  das  Medium  unverändert  passiert,  der  übrige 
Teil  sich   in   eine   andere  Energieform,   z.  B.   in  Wärme    umwandelt. 


')  Sitzungsber.  der  k.  preussischen  Akad.  der  Wissenschaften   1897. 


Zur  Absorption  der  Röntgenstrahlen.  259 

Vielmehr  erregen  die  Strahlen,  die  von  der  Antikathode  ausgehen, 
in  dem  Medium  auch  Strahlen,  die  von  dessen  Molekeln  ausgehen. 
Diese  sekundären  Strahlen  sind  zu  dem  absorbierten  Teil  zu  rechnen, 
insofern  auf  ihre  Kosten  die  primären  Strahlen  an  Intensität  verloren 
haben ;  andrerseits  erhöhen  sie  die  nachweisbare  Gesamtintensität 
der  aus  dem  Medium  austretenden  Strahlen.  Für  alle  Untersuchungen 
muss  wegen  dieser  Unsicherheit  danach  gettachtet  werden,  die  Se- 
kundärstrahlen möglichst  zu  unterdrücken.  Das  kann  geschehen 
durch  Arbeiten  mit  dünnen  Schichten  und  durch  Abblenden  aller 
unbenutzten  Köhrenwand  und  der  ganzen  Umgebung  des  Objektes. 
Eine  gewisse  Ungenauigkeit  ist  durch  die  Sekundärstrahlen  immer 
bedingt,  das  hat  man  sich  gegenwärtig  zu  halten. 

VIII. 

Im  folgenden  habe  ich  mich  ausschliesslich  der  radiographischen 
Methode  bedient,  weil  eine  andere  mir  nicht  zu  Gebote  stand. 
Grundlage  ist,  dass,  wenn  zwei  Stellen  einer  photographischen  Platte 
nach  Bestrahlung  mit  der  nämlichen  Strahlenart  und  -intensität 
gleiche  Schwärzungen  annehmen,  die  einwirkenden  Strahlenmengen 
gleich  gross  gewesen  sind.  Unter  Strahlenmenge  ist  verstanden  die 
Intensität,  multipliziert  mit  der  Zeit  t. 

Bei  allen  vorzunehmenden  Prüfungen  haben  die  Röntgenstrahlen, 
nachdem  sie  die  Röhre  verlassen,  erst  die  atmosphärische  Luft  zu 
durchsetzen,  ehe  sie  zum  Objekt  oder  zur  photographischen  Platte 
gelangen.  Es  ist  deshalb  nötig,  den  Einfluss  oder  den  Absorptions- 
index der  Luft  festzustellen.  Nach  Gleichung  (6)  sollte  das  durch 
zwei  Bestrahlungen  einer  Photoplatte  zu  erreichen  sein.  Wird  die 
eine  Plattenhälfte  im  Abstände  r,  während  t,  Sekunden  der  Strahlung 
von  bestimmter  Intensität  und  Härte  ausgesetzt,  und  ist  R  der  Radius 
der  Röntgenröhre,  so  entsteht  eine  Schwärzung  entsprechend  dem 
Ausdruck 

J.rr'tre-"'-'-'''- 

Auf  der  andern  Plattenhälfte  ist  die  gleiche  Schwärzung  hervor- 
zurufen durch  eine  Exposition  über  die  Zeit  t„  beim  Abstand  r„ 
und  sonst  ungeänderten  Bedingungen.  Die  Schwärzung  entspricht 
nun  dem  Ausdruck 

welcher  mit  dem  ersten  gleichwertig  ist.  Wird  zu  den  Logarithmen 
übergegangen,  so  kommt 

log  t,  —  2  log  r,  —  0,4343  (r,  -  R)a  = 

=  log  t„  —  2  log  r„  —  0,4343  (r„  -  R)  cc. 


260  H.  Zuppinger. 

Nach  Vornahme  der  nötigen  Kürzungen  wird  auf  a  reduziert, 
und  es  ist  schliesslich 

2  log  ^^  +  log  *-f- 
"  ""  0,4343  (y,,  —  /■,; " 

Aus  einer  Reihe  von  Versuchen  bei  einer  Stromstärke  von  fünf 
Amperes  und  einem  Röhrenwiderstand,   der  einer  Funkenstrecke  von 
8  cm  gleich  war,  ergaben  sich  gleiche  Schwärzungen  bei 
r,  =    705  mm  t,  =    30  sec 

r„  =  1515  mm  t„  =  150  sec. 

Es  waren  also  r„  —  r,  =  810  mm        —  ^=  0,465 

'     II 

1=5, 

Werden  diese  Werte  eingesetzt,  so  ist 

9,3350  +  0,6990   ^  Q^QQQQgg. 
8  0,4343-810  — 

Dieser  Absorptionsindex  der  Luft  gilt  für  eine  Strahlenhärte, 
die  einer  Funkenstrecke  von  8  cm  entspricht,  und  wenn  der  Milli- 
meter die  Masseinheit  ist.  Wenn  also  Röntgenstrahlen  von  der  ge- 
nannten Härte  in  der  Luft  sich  fortpflanzen,  so  ist  im  Abstand  r 
vom  Focus  ihre  Intensität 

i   =   J     f-^  .  ^-0,000098  0-  -S). 

Die  Abnahme  der  Intensität  erfolgt  schneller  in  der  Luft  als  im 
leeren  Raum,  weil  g- ooooo^s r-- - b;  jederzeit  ein  echter  Bruch  ist;  dieser 
Bruch  wird  kleiner  mit  wachsendem  r. 

Darnach  ist   bei   einem  Röhrendurchmesser  von  20  cm  und  dem 

Focalabstand               die  Intensität  im  Vacuum  in  der  Luft 

10  cm                            1000  1000 

20    „                                 250  247,5 

30    „                                111  109 

40    „                                   62,5  60,7 

50    „                                 40  38,5 

60    „                                  27,8  26,5 

70    „                                  20,5  19,25 

80    „                                  15,6  14,6 

90    „                                  12,4  11,5 

100    „                                  10  9,15 

IX. 

Zur  Bestimmung  der  absoluten  Indices  fester  oder  flüssiger  Stoff"e 
kann  die  nämliche  Gleichung  (6)  dienen ;  es  werden  bei  gleichem 
Abstand  der  photographischen  Platte  zwei  verschieden  dicke  Schichten 


Zur  Absorption  der  Röntgenstrahlen.  261 

des  zu  prüfenden  Stoffes  bis  zur  gleichen  Schwärzung  durchstrahlt. 
Die  Luftschicht,  welche  zwischen  dem  Focus  und  dem  Objekt  sich 
befindet,  ist  zwar  bei  beiden  Bestrahlungen  nicht  genau  gleich  dick; 
ist  aber  der  Dickenunterschied  nicht  grösser  als  wenige  Zentimeter, 
so  kann  der  Einfluss  der  Luft  vernachlässigt  werden. 
Aus  der  Doppelaufnahme  ergibt  sich 

t^.e-'''"'  =  t„  -e- '"''■■  oder 

lg  t,  —  ad,  ^  lg  t„  —  aö„  woraus 

1      '" 


0,4343  {S„  —  S,) 
Für  Glas  (von  photographischen  Platten)  war 

d,  =  6,5    mm  t,  =    60  sec 

d„  =  9,75  mm        .  t„  =  120  sec 

der  Röhrenwiderstand  =  8  cm  Funkenstrecke. 
Diese  Werte  eingesetzt,  gibt 

0,30103        _Q^213. 


s         0,4343  •  3,25 

In  einem  andern  Versuch  waren 

d,  =  3,25    mm  t,  =  30  sec 

d„  =  8,125  mm  t„  =  85  sec. 

Daraus  gleicherweise 

«8  =  0,213 

Für  Wasser  war   bei  Röhrenwiderstand  =  4,5  cm  Funkenstrecke 
d,  =  20  mm  t,  =132  sec 

^„  ^  10  mm  t„  =    60  sec 

daraus  «^,-=0,077. 

Bei  längern  Versuchsreihen  mit  dem  nämlichen  Stoff  und  gleicher 
Röhrenhärte  zeigt  sich,  dass  die  Differenz  der  Schichtdicken  oder 
auch  diese  selbst  ohne  Einfluss  auf  den  Index  sind,  so  lange  die 
Schichten  nicht  sehr  dick  oder  sehr  dünn  genommen  werden.  Bei 
sehr  dicken  Schichten  wird  der  Index  etwas  kleiner,  wahrscheinlich 
durch  reichlichere  Sekundärstrahlen.  Sind  hingegen  die  Schichten 
sehr  dünn,  oder  gar  die  eine  =  0,  so  fällt  der  Index  grösser  aus. 
Die  Ursache  wird  in  den  weichen  Strahlen  zu  suchen  sein,  welche 
die  dünnen  Schichten  noch  durchdringen,  von  dickern  aber  fast  voll- 
ständig zurückgehalten  werden.  Wenigstens  hört  diese  Erscheinung 
auf,    wenn  ein  Schirm  zwischen  Röhre   und  Objekt  eingeschaltet  ist. 

Meine  bisherigen  Untersuchungen  lassen  mich  vermuten,  dass 
die  oben  abgeleitete  Grundgleichung  zutreffend  ist,  und  dass  mit 
ihrer  Hilfe  trotz  der  Sekundärstrahlen  und  dem  Auftreten  weicherer 


262  H.  Zupi^inger. 

Strahlen  brauchbare  Indices  geliefert  werden.  Die  Gleichung  sowohl 
als  die  Absorptionsindices  scheinen  mir  eine  Erleichterung  für  das 
Verständnis  und  auch  für  die  praktische  Anwendung  zu  sein.  Viel- 
fache Nachprüfung  ist  allerdings  geboten. 

X. 

Die  Bestimmung  eines  absoluten  Index  ist  immer  eine  mühsame 

Arbeit.     Wenn  aber  einmal  einige    absolute  Indices  festgestellt  sind, 

ermöglicht  die  Gleichung 

a,  d,  =^-  a„  d„ 

eine  grosse  Vereinfachung  des  Verfahrens.  Es  resultieren  dann  aller- 
dings nur  relative  Werte,  ihre  Umrechnung  in  absolute  Indices  ist 
aber  höchst  einfach. 

Besitzt  man  von  einem  Stoffe  mit  bekanntem  Index  einen  Keil 
mit  bekanntem  Zuschärfungswinkel ,  so  kann  derselbe  als  Mess- 
instrument dienen,  und  es  ist  dann  je  nur  eine  Aufnahme  nötig. 
Durch  die  Bestrahlung  entsteht  nämlich  unter  dem  Keil  ein  Feld, 
dessen  Schwärzung  von  der  Schneide  gegen  das  Haupt  hin  allmählich 
abnimmt.  Bei  entsprechenden  Dimensionen  des  Keils  und  genügender 
Exposition  gelingt  es  leicht,  eine  Abstufung  vom  dunkeln  Schwarz 
bis  zur  Durchsichtigkeit  zu  gewinnen.  Legt  man  neben  den  Keil 
während  der  Bestrahlung  den  zu  prüfenden  Körper,  der  entweder 
planparallel  begrenzt  oder  ebenfalls  keilförmig  ist,  so  erhält  man 
ein  zweites  Feld,  das  an  einer  oder  mehreren  Stellen  gleiche  Schwärze 
hat,  wie  sie  auch  im  ersten  Feld  vorkommt.  Das  Auffinden  und 
Vergleichen  der  gleichen  Tiefen  ist  nun  sehr  viel  leichter,  wenn  die 
fraglichen  Stellen  nebeneinander  liegen.  Das  ist  immer  der  Fall, 
wenn  der  zu  prüfende  Körper  eine  planparallele  Platte  ist,  oder, 
wenn  bei  Keilform  desselben  je  die  Schneide  des  einen  Keils  neben 
dem  Haupt  des  andern  liegt. 

Für  die  beiden  Stellen  gleicher  Schwärzung  ist  dann  die  Dicke 
zu  bestimmen.  Die  Dicken  der  beiden  Stoffe  verhalten  sich  um- 
gekehrt wie  die  Absorptionsindices.  Ist  also  der  Index  des  einen 
Stoffes  gegeben,  so  resultiert  sofort  auch  derjenige  des  andern ;  sonst 
aber  erhält  man  nur  das  Verhältnis  der  beiden  Indices. 

Aus  der  Beobachtung  v.  Röntgens,  dass  bei  Änderung  der  ab- 
soluten Dicken  auch  die  äquivalenten  Dicken  sich  ändern,  ergibt 
sich  die  Notwendigkeit,  bei  dieser  wie  bei  der  vorigen  Bestimmungs- 
methode die  Strahlen  durch  einen  vorgeschalteten  Schirm  möglichst 
homogen  zu  machen. 


Zur  Absorption  der  Röntgenstrahlen.  263 

XL 

Ebenso,  wie  die  Indices  verschiedener  Stoffe  für  eine  Strahlen- 
qualität, ist  nun  weiter  der  Index  eines  Stoffes  für  die  verschiedenen 
Härten  der  Strahlen  zu  untersuchen.  Ich  selbst  habe  dazu  keine 
Zeit  gefunden,  hoffe  aber,  dass  ein  anderer  diese  Aufgabe  übernehme. 
Es  wäre  praktisch  recht  wichtig,  über  die  Beziehung  des  Index  zur 
Härte  wenigstens  eine  empirische  Formel  zu  haben. 

Bei  dieser  Gelegenheit  könnte  auch  die  Zuverlässigkeit  der 
parallel  geschalteten  Funkenstrecke,  der  Härteskalen  und  der  durch- 
leuchteten Hand  einer  Untersuchung  unterzogen  werden, 

XIL 

Aus  der  Gleichung 

/  •    J-2 
t=       -  ^"■' 

geht  hervor,  dass  die  Expositionszeit  t  direkt  proportional  ist  der 
Intensität  der  aus  dem  Medium  austretenden  Strahlen,  dem  Quadrate 
des  Fokalabstandes  und  der  Potenz  c"'\  umgekehrt  proportional  der 
Strahlenintensität  im  Abstand  1  vom  Focus.  Einer  Besprechung  be- 
darf nur  die  Abhängigkeit  der  Zeit  t  vom  Index  a  und  von  der 
Dicke  d. 

Es  ist  ohne  weiteres  ersichtlich,  dass  zwischen  «  und  d  einer- 
seits, und  t  andrerseits  eine  Proportionalität  nicht  bestehen  wird. 
Nach  der  Formel  wächst  vielmehr  t  im  Sinne  einer  geometrischen 
Progression,  wenn  a  oder  ö  in  einer  arithmetischen  Progression  zu- 
nimmt. Bestätigt  das  Experiment  dieses  Gesetz,  so  darf  auch  die 
Grundgleichung  mit  grosser  Wahrscheinlichkeit  als  richtig  angesehen 
werden.  Für  zunehmendes  a  habe  ich  keine  Bestimmungen  gemacht, 
für  wachsendes  ö  bei  Glas  («g  —  0,213)  ergab  Rechnung  und  Ex- 
periment folgende  Werte :  ^) 


6- 

nach 

t 

Fol 

i-rnel 

gefunden 

1 

.1,625] 

mm 

15^gO,364)l 

21,21  sec 

20  sec 

2 

.1,625 

I) 

15(e«H' 

30,        „ 

30   „ 

3 

.1,625 

n 

15  (e"'3")3 

42,42    „ 

42   „ 

4 

.1,625 

!I 

I5(g0,34«y 

60, 

60  „ 

5 

.1,625 

11 

15  (eO'3iö)5 

84,84    „ 

85   „ 

6 

.1,625 

H 

15^gO,340^6 

120,        „ 

120   „ 

7 

.1,625 

n 

15(gO,34Gy 

169,65    „ 

170   ., 

Die  Übereinstimmung  darf  als  eine  ideale  bezeichnet  werden,  nur 
so  lange  ö  kleiner  als  2  mm,  fällt  t  kleiner  aus,  als  die  Formel  ver- 


1)  Es  ist  ganz  zufällig  e-o.au-  1,625  ^^-0,316  f.^g,^  ^^^^^^  ^  .2". 


264  H.  Zuppinger. 

langt.  Diese  kleine  Abweichung  wird  weichern  Strahlen  zuzuschreiben 
sein,  welche  von  so  dünnen  Schichten  noch  merklich  durchgelassen 
werden. 

Nebenbei  bemerkt,  ist  die  obige  Versuchsreihe  für  den  Praktiker 
sehr  instruktiv.  Eine  Glasplatte  von  1,625  mm  Dicke  macht,  als 
zweite  aufgelegt,  eine  Expositionsverlängerung  von  10  Sekunden,  als 
dritte  aufgelegt,  eine  solche  von  12  Sekunden.  Weiter  steigert  sich 
die  Expositionszeit  um  18,  25,  35,  50  Sekunden,  wenn  die  gleiche 
Glasplatte  zu  drei,  vier,  fünf,  sechs  hinzugefügt  wird.  Je  dicker 
also  das  Objekt  bereits  ist,  einen  um  so  grössern,  verzögernden  Ein- 
fluss  übt  die  gleiche  Dickenvermehrung  aus.  Der  Radiograph  hat 
deshalb  viel  eher  Veranlassung,  über  die  Tiefe  dicker  Körperteile 
sich  zu  vergewissern  als  über  diejenige  dünner. 

XIIL 

Die  photographische  Platte  kann  auch  dazu  dienen,  die  Strahlungs- 
intensitäten bei  verschiedenen  Belastungen  einer  Röhre  miteinander 
zu   vergleichen.     Für    gleiche   Schwärzung    und    im    übrigen    gleiche 

Verhältnisse  ist 

J,  t,  =  J„  t„ , 

d.  h.  die  Intensitäten  verhalten  sich  umgekehrt  wie  die  Expositions- 
zeiten. V.  Röntgen  sagt,  die  Intensität  der  Röntgenstrahlung  sei 
proportional  der  Stärke  des  primären  Stromes;  für  die  in  praxi  ver- 
wendeten Stromstärken  und  für  den  Quecksilberunterbrecher  kann 
ich  das  bestätigen.  Die  Spannung  im  primären  Stromkreis  scheint 
beim  Quecksilberunterbrecher  ohne  Einfluss  zu  sein. 

Für  die  zahlreichen  Bestimmungen  der  Intensität  oder  Strahlen - 
quantität,  wie  sie  in  der  Radiotherapie  nötig  sind,  eignet  sich  diese 
Methode  gleicher  Schwärzungen  einer  Doppelaufnahme  gar  nicht. 
Jede  Bestimmung  braucht  eine  Reihe  solcher  Doppelaufnahmen,  die 
dann  noch  zu  entwickeln  und  fixieren  sind. 

XIV. 

Da  hier  die  photographische  Schicht  als  Reagens  benützt  worden 
ist,  so  kann  es  interessieren,  zu  wissen,  wie  gross  die  Strahlenmenge 
ist,  die  bei  einer  Plattensorte,  oder  auch  bei  einer  bestimmten 
Strahlenqualität  eben  noch  keine  Schwärzung  hervorzubringen  vermag. 
Wird  ein  keilförmiger  Körper  auf  eine  photographische  Platte  gelegt 
und  durchstrahlt,  so  müsste  sich  ein  Feld  ergeben,  das  an  der  Keil- 
schneide am  dunkelsten  wäre  und  von  hier  nach  der  dicken  Partie 
hin  an  Helligkeit  zunähme,  ohne  dass  aber  die  vollständige  Klarheit 


Zur  Absorption  der  Röntgenslralilen.  265 

einer  nicht  exponierten  Platte  erreicht  würde.  Das  ergibt  sich  aus 
der  Gleichung 

in  welcher  ja  e""''*  niemals  gleich  Null  werden  kann. 

Die  Probe  zeigt  aber,  dass  bei  nicht  zu  langer  Exposition  das 
Feld  in  einem  gewissen  Abstand  von  der  Keilschneide  völlig  klar 
bleibt.  Daraus  muss  geschlossen  werden,  dass  eine  Strahlenmenge, 
die  unter  einem  bestimmten  Betrag  bleibt,  nicht  imstande  ist,  eine 
Schwärzung  zu  erzeugen.  Nennt  man  diesen  Strahlimgsbetrag,  der 
nach  Plattensorte  und  Strahlenhärte  variiert,  L,  so  ist 

worin  ö  die  Dicke  des  Keils  über  dem  Beginn  der  Schwärzung  be- 
deutet: a  ist  entweder  bekannt  oder  wird  durch  Verwendung  stets 
des  gleichen  Keils  elimiuierbar  gemacht.  Wenn  J^  durch  eine  Mass- 
zahl ausgedrückt  werden  kann,  wird  L  ebenfalls  eine  Masszahl  sein. 
Sonst  aber  kann  nur  die  Latenz  einer  Platte  mit  derjenigen  einer 
andern  verglichen  werden. 

Man  erkennt  sofort,  dass  L  gross  ausfällt,  wenn  J^  oder  t  gross 
oder  wenn  a  oder  8  klein  sind.  Kleines  8  aber  bedeutet  ein  Zu- 
sammendrängen der  dunkelsten  und  hellsten  Feldpartien,  eine  steile 
Graduation.  Kleines  a  entspricht  einem  durchlässigen  Medium  oder 
harten  Strahlen.  Die  praktische  Konsequenz  ist,  dass  mit  Platten 
hoher  Latenz  kontrastreiche  Bilder  auch  von  Gebilden  aus  stark 
durchlässigen  Stoffen  und  unter  Verwendung  harter  Strahlen  zu  er- 
zielen sind. 


Vierteljalirsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.     1907.  18 


über  die  mehrfachen  Sekanten  algebraischer  Raumkurven. 


Von 

A.  Beck. 


I.  Die  vorliegende  Untersuchung  bezieht  sich  auf  die  folgenden 
drei  Aufgaben  der  abzählenden  Geometrie :  Es  soll  bestimmt  werden 
1.  die  Ordnungszahl  der  Regelfläche  der  dreifachen  Sekanten  einer 
Raumkurve,  2.  die  Anzahl  der  vierfachen  Sekanten  einer  Raumkurve, 
3.  die  Anzahl  der  gemeinschaftlichen  Doppelsekanten  zweier  Raum- 
kurven.') Diese  Aufgaben  sollen  nach  einer  Methode  behandelt  werden, 
die  meines  Wissens  bis  jetzt  nicht  auf  dieselben  angewandt  worden 
ist.  Sie  kann  bezeichnet  werden  als  die  Methode  der  infinitesi- 
malen zentrischen  Kollineation. 

Eine  zentrische  Kollineation  zweier  Räume  ist  bestimmt  durch  das 
Kollineationszentrum,  die  Kollineationsebene  und  ein  Paar  entsprechen- 
der Punkte  auf  einem  Strahl  durch  das  Zentrum.  Rücken  diese 
beiden  entsprechenden  Punkte  unendlich  nahe  zusammen,  so  wird  die 
Kollineation  infinitesimal.  Als  spezieller  Fall  ist  die  infinitesimale 
Parallelverschiebung  hervorzuheben;  bei  ihr  liegen  die  Koliine- 
ationsebene  und  das  Zentrum  im  Unendlichen.  So  lange  im  Folgenden 
das  Zentrum  ganz  beliebig  ist,  können  wir  uns  die  Transformation 
als  eine  Verschiebung  vorstellen.  Gehen  wir  von  einer  Raumkurve  6 
zu  ihrer  entsprechenden  ©'  in  einer  infinitesimalen  Kollineation  mit 
dem  Zentrum  0  über,  so  werden  wir  sagen,  dass  die  Kurve  nach  0 
hin  infinitesimal  transformiert  worden  sei.  Die  Kollineationsebene 
ist  dabei  immer  willkürlich,  ß  und  QJ  liegen  auf  demselben  Kegel 
und  schneiden  sich  in  Punkten  der  Kollineationsebene;  andere  ge- 
meinschaftliche Punkte  haben  sie  im  allgemeinen  nicht. 


')  Man  vergleiche  über  den  Gegenstand:  Cayley,  Philos.  Transactions  Bd.  153 
(1863)  oder  Papers,  Bd.  5  ;  Salmon-Fiedler,  anal.  Geometrie  des  Raumes, 
Zeuthen,  Annali  di  Mat.  (2)  Bd.  3;  Picquet,  Comptes  rendus  Bd.  77;  Bull,  de  la 
soc.  math.  Bd.  1;  Schubert,  Kalkül  der  abzählenden  Geometrie,  1879;  Geiser, 
in  memoriam  Chelini,  1881;  Berzolari,  Palermo  Rend.  Bd.  9  (1895). 


über  die  mehrfachen  Sekanten  algebraischer  Raumkurven.  2G7 

Die  zu  betrachtenden  algebraischen  Raumkurven  sollen  keine 
besonderen  Singularitäten  haben,  keine  stationären  Punkte  und  keine 
wirklichen  Doppclpunkte.  Wir  haben  es  also  nur  mit  den  folgenden 
fünf  Singularitäten  zu  tun :  Ordnungszahl  ni,  Rang  r  (Klasse  des  pro- 
jizierenden Kegels),  Anzahl  Jt  der  scheinbaren  Doppelpunkte,  Klasse  n 
(Anzahl  der  Inflexionstangentialebenen  des  proj.  Kegels),  Anzahl  //  der 
Doppeltangentialebenen  des  proj.  Kegels.  Der  Charakter  der  Kurve 
ist  dann  durch  zwei  dieser  Singularitäten  bestimmt;  wir  wählen  dazu 
die  Zahlen  m  und  r.  Die  andern  Zahlen  werden  durch  sie  ausgedrückt 
nach  den  Cayley-Plückerschen  Formeln: 

(1)  r  =  m  {m  —l)  —  2h 

(2)  m  =  r  (r  —  1)  —  2  ?/  —  3  w 

(3)  n  =  3  (r  —  m). 

Mit  Benützung  von  3.  kann  2.  ersetzt  werden  durch: 
(2a)  2?/  =  8m  — 10  r  +  r^. 

Übrigens  werden  sich  diese  Formeln  im  Folgenden  nebenbei 
ergeben.^) 

Wir  benützen  zur  Bezeichnung  von  Regelflächen  und  gleich- 
zeitig ihrer  Ordnungszahl  den  Buchstaben  R  mit  beigefügten  Sym- 
bolen, ebenso  zur  Bezeichnung  bestimmter  Geraden  und  gleichzeitig 
ihrer  Anzahl  den  Buchstaben  G  mit  Symbolen.  —  Indem  wir  mit 
der  einfachsten  Aufgabe  über  Doppelsekanten  beginnen,  schreiten  wir 
systematisch  weiter  zu  den  komplizierteren  Aufgaben. 

n.  Anzahl  G  (P,  6^)  oder  h  der  Doppelsekanten  einer 
Raumkurve,  welche  durch  einen  beliebigen  Punkt  P  gehen. 
Wir  transformieren  d  infinitesimal  nach  einem  beliebigen  Punkt  0  hin. 
Dann  werden  wir  die  gesuchten  Doppelsekanten  erhalten,  indem  wir 
die  Geraden  durch  P  betrachten,  welche  S  und  die  transformierte 
Kurve  (i'  je  einmal  schneiden.  Aber  es  kommen  nur  diejenigen  dieser 
gemeinschaftlichen  Sekanten  in  Betracht,  für  welche  der  Punkt  auf  ß 
von  dem  Punkt  auf  ^  einen  endlichen  Abstand  hat.  Je  zwei  solche 
Gerade  sind  zu  einer  der  gesuchten  Doppelsekanten  von  (5  unendlich 
benachbart,  weil  die  beiden  Schnittpunkte  einer  solchen  Doppelsekante 
mit  S  auf  zwei  Arten  auf  die  beiden  Kurven  6,  6'  verteilt  werden 
können. 

Durch  jede  der  gesuchten  Doppelsekanten  gehen  zwei  Mäntel 
des  Kegels  P(5  und  der  eine  Schnittpunkt  der  Doppelsekante  mit  S 
ist  unendlich    benachbart    zu    einem    Schnittpunkt    von   ß'    mit   dem 


^)  Vergl.  meine  Aufsätze   in   Math.  Annalen  Bd.  14  und  Vierleljalirssclirin  der 
naturf.  Gesellschaft  in  Zürich,  Bd.  38  und  TA. 


208  A.  Beck. 

einen  Mantel,  der  andere  zu  einem  Schnittpunkt  von  6'  mit  dem 
andern  Mantel.  Von  den  m-  Schnittpunkten  der  Kurve  6'  mit  dem 
Kegel  P6  sind  also  die  folgenden  zwei  Arten  abzurechnen,  da  sie 
gemeinschaftliche  Sekanten  liefern,  für  welche  die  beiden  Punkte  auf 
^  und  6'  nicht  getrennt  sind: 

1.  Die  m  auf  der  Kollineationsebene  liegenden  Schnittpunkte  von 
S  und  6',  einfach  zu  rechnen,  weil  6'  in  diesen  Punkten  den  Kegel  P6 
nicht  berührt. 

2.  Diejenigen  Schnittpunkte,  welche  auf  der  betreffenden  Erzeu- 
genden des  Kegels  P(5  unendlich  benachbart  sind  zu  dem  Punkt  von  6, 
durch  welchen  die  Erzeugende  geht.  Diese  Erzeugenden  sind  also, 
da  ®  und  ß'  auf  dem  Kegel  0(^  liegen,  Tangenten  dieses  Kegels  06. 
Die  Anzahl  der  Geraden  durch  P,  welche  den  Kegel  06  in  einem 
Punkt  von  6  berühren,  ist  aber  offenbar  =  r.     Somit  haben  wir: 

(4)  2  O  (P,  6'^)  =  2h  =  m  (m  —  1)  —  r, 
wodurch  die  Formel  (1)  bestätigt  ist. 

Hätte  (5  noch  einen  wirklichen  Doppelpunkt,  so  wären  von  den 
Schnittpunkten  von  6'  mit  dem  Kegel  PS  noch  zwei  weitere  un- 
endlich benachbarte  Punkte  abzurechnen,  und  wenn  der  Doppelpunkt 
zur  Spitze  würde,  indem  die  Schleife  sich  bis  zum  Verschwinden 
verkleinerte,  so  würde  noch  ein  dritter  Punkt  zu  jenen  beiden  un- 
endlich benachbart  werden  und  abzurechnen  sein.  Man  würde  also, 
wenn  die  Kurve  ß  stationäre  Punkte,  aber  keine  wirklichen  Doppel- 
punkte hätte,  die  Formel  erhalten: 

(5)  2  /i  =  m  (m  -  1)  —  ?-  —  3  /?, 

und  aus  dieser  würde  sich  durch  dualistische  Übersetzung  die  Formel 
(2)  ergeben. 

Es  ist  noch  zu  untersuchen,  wie  sich  die  Anzahl  G  (P,  6'-)  modi- 
fiziert, wenn  P  auf  6  liegt.  Wie  viele  Gerade  /?*  gehen  durch  einen 
Punkt  von  6,  welche  6  ausserdem  noch  zweimal  schneiden?  —  Die 
Modifikation  der  obigen  Ableitung  durch  infinitesimale  Transformation 
von  6  nach  einem  beliebigen  Punkt  0  hin  ergibt  folgendes:  der 
Kegel  P6  ist  jetzt  von  der  Ordnung  m,  —  1  und  wird  also  von  6' 
in  771  {m  —  1)  Punkten  geschnitten.  Von  diesen  sind  aber  die 
folgenden  abzurechnen : 

1.  Die  in  Schnittpunkte  von  6  und  6'  auf  der  Kollineationsebene. 

2.  Diejenigen  Schnittpunkte,  welche  zu  P  unendlich  benachbart 
sind.  Sei  C  ein  solcher  Schnittpunkt  von  6'  mit  dem  Kegel  P6, 
dann  liegt  C  auf  einer  Erzeugenden  des  Kegels  P6,  die  nach  irgend 
einem  Punkt  A  von  6  geht.  Da  P  und  C  auf  dem  Kegel  06  liegen, 
so  ist  die  Gerade  PA  eine  Tangente  des  Kegels  06  im  Punkte  P  und 


über  die  mehrfachen  Sekanten  algebraischer  Ranmknrven.  269 

liegt  also  auf  der  Tangentialebene  dieses  Kegels  längs  OP.  Es  gibt 
also  so  viele  Punkte  .4,  als  es  Schnittpunkte  dieser  Tangentialebene 
mit  ©  gibt,  die  von  P  verschieden  sind.  Die  abzuziehende  Zahl  ist 
also  =  m  —  2. 

3.  Diejenigen  Schnittpunkte,  welche  auf  der  betreffenden  Erzeu- 
genden des  Kegels  P6  unendlich  benachbart  sind  zu  dem  Punkt  auf  6, 
durch  welchen  die  Erzeugende  ausser  dem  Punkt  P  geht.  Da  G  und  (£' 
auf  dem  Kegel  06  liegen,  so  ist  jene  Erzeugende  eine  Tangente 
dieses  Kegels,  deren  Berührungspunkt  nicht  in  P  liegt.  Die  Anzahl 
solcher  Tangenten  ist  offenbar  =  >•  —  2.     Wir  haben  also: 

2  /<*  =  m  {m  —  1)  —  m  —  (m  —  2)  -  (r  —2) 
(4  a)  =  (m  —  1)  {m  —  2)  —  r  +  2. 

Natürlich  hätte  sich  diese  Formel  aus  (4)  ableiten  lassen,  indem 
man  ni  und  /■  durch  m  —  1  und  r  —  2  ersetzte. 

III.  Ordnungszahl  R  (^,  6^..)  der  Regelfläche,  deren  Er- 
zeugende eine  Gerade  g  und  eine  Kurve  6  schneiden  und  in 
dem  letztern  Punkt  einen  projizierenden  Kegel  von  6  be- 
rühren. Eine  beliebige  Ebene  durch  [/  enthält  offenbar  i)i  Er- 
zeugende der  Regelfläche  und  die  Gerade  g  selbst  ist  auf  der  Fläche 
von  der  Vielfachheit  r,  weil  durch  einen  beliebigen  Punkt  von  g 
r  Erzeugende  der  Regelfläche  gelegt  werden  können.     Also  ist: 

(6)  Eig,&,)  =  m^r. 

Weil  alle  Erzeugenden  der  Regelfläche  den  Kegel  in  Punkten  von 
6  berühren,  so  berühren  sich  die  beiden  Flächen  längs  der  Kurve  6. 
Der  Kegel  und  die  Regelfläche  haben  gemeinschaftliche  Erzeugende, 
nämlich  diejenigen  Erzeugenden  des  Kegels,  welche  durch  die  m  Schnitt- 
punkte von  g  mit  dem  Kegel  gehen,  und  zwar  berühren  sich  die  beiden 
Flächen  längs  jeder  dieser  Erzeugenden.  Dies  erkennt  man,  indem 
man  einen  Punkt  G  die  Gerade  g  durchlaufen  lässt.  Von  den  r  Er- 
zeugenden der  Regelfläche,  die  durch  jeden  Punkt  G  gehen,  werden 
zwei  unendlich  benachbart,  wenn  G  unendlich  nahe  an  die  Kegelfläche 
rückt.  Die  Ebene  dieser  beiden  Erzeugenden  ist  Tangentialebene  der 
Regelfläche  in  jedem  Punkt  der  Erzeugenden  und  gleichzeitig  Tangen- 
tialebene des  Kegels.  Wenn  auf  dem  Kegel  irgend  eine  Kurve  liegt, 
so  berührt  dieselbe  also  die  Regelfläche  in  allen  den  Punkten,  in 
denen  sie  die  Kurve  6  oder  eine  jener  ni  Erzeugenden  schneidet,  die 
dem  Kegel  und  der  Regelfläche  gemeinsam  sind. 

IV.  Ordnungszahl  E  {g,  (i'-)  der  Regelfläche,  deren  Er- 
zeugende eine  Gerade  ^  treffen  und  eine  Raumkurve  zweimal 

schneiden.    In  jeder  Ebene  durch  g  liegen  v  '»*  ("^  —  1)  Erzeugende 


270  A.  Beck. 

und  g  ist  auf  der  Fläche  von  der  Vielfachheit  h,   weil  durch  jeden 
Punkt  von  g  h  Doppelsekanten  von  6  gehen.     Also  haben  wir: 

(7)  E(g,(i,')  =  \mim-l)-^h. 

Wir  können  aber  eine  zweite  Bestimmung  dieser  Ordnungszahl 
erhalten,  indem  wir  6  infinitesimal  transformieren  nach  einem  be- 
liebigen Punkt  0  hin.  Die  Regelfläche  mit  den  drei  Leitlinien  g,  ^,  6' 
hat  die  Ordnungszahl 

B(g,  6,  6')  =  2^2- m. 

Indem  die  Kollineation  infinitesimal  wird,  löst  sich  aber  von 
dieser  Regelfläche  ein  Teil  ab,  dessen  Erzeugende  6  und  6'  in  zwei 
unendlich  benachbarten  Punkten  treffen.  Der  übrig  bleibende  Teil 
ist  die  gesuchte  Regelfläche  B  (g,  ®^)  und  zwar  zweimal,  weil  jede 
Erzeugende  von  B  {g,  6")  zu  zwei  Erzeugenden  von  B  {g,  6,  6')  un- 
endlich benachbart  ist.  —  Der  abgelöste  Teil  von  B  (g,  (^,  6')  ist  die 
in  III.  betrachtete  Regelfläche  B  (g,  6^),  einfach  gerechnet.  Wir 
erhalten  also : 

2  B  (g,  62)  =  2  »i^  —  m  —  (m  +  r), 

(8)  B  (g,  ©2)  =  m  (m  —  1)  —  |  r. 

Durch  Vergleichung  von  (7)  und  (8)  ergibt  sich  noch  einmal  die 
Formel  (1).  —  Auf  der  Fläche  B  {g,  6'-)  ist  6  von  der  Vielfachheit  m  —  1. 

V.  Ordnungszahl  B  (ß,,  6^)  der  Regelfläche,  deren  Er- 
zeugende die  Kurve  6  zweimal  treffen  und  in  einem  der 
beiden  Punkte  einen  projizierenden  Kegel  von  ß  berühren. 
Wir  gehen  aus  von  der  Regelfläche  B  (g,  (^k)  [HL]  und  suchen  die 
Erzeugenden  derselben,  welche  6  zweimal  schneiden.  Dazu  machen 
wir  eine  infinitesimale  Transformation  von  (S  nach  dem  Punkt  P  hin, 
der  die  Spitze  jenes  projizierenden  Kegels  ist.  Q!  schneidet  die  Regel- 
fläche in  m  (m  -h  r)  Punkten.  Von  diesen  kommen  aber  nur  diejenigen 
in  Betracht,  welche  auf  der  betreffenden  Erzeugenden  der  Regelfläche 
endlich  getrennt  sind  von  dem  Punkt  von  6,  in  welchem  die  Erzeu- 
gende den  Kegel  berührt.  Von  den  Schnittpunkten  von  6'  mit  der 
Regelfläche  sind  also  nach  III.  abzurechnen : 

1.  Die  m  Schnittpunkte  von  6  und  6'  auf  der  Kollineationsebene 
und  zwar  jeder  doppelt,  weil  6'  die  Regelfläche  in  diesen  Punkten 
berührt  (IIL). 

2.  Die  m  Schnittpunkte  von  C  mit  den  m  Erzeugenden,  die  dem 
Kegel  und  der  Regelfläche  gemeinsam  sind,  und  zwar  jeder  doppelt 
aus  demselben  Grunde. 

3.  Die  übrigen  Schnittpunkte,  welche  auf  der  betreffenden  Er- 
zeugenden unendlich  benachbart  sind  zu  dem  Punkt  auf  6^,  in  welchem 


über  die  mehrfachen  Sekanten  algebraischer  Raumkurven.  271 

die  Erzeugende  den  Kegel  berührt.    Diese  Erzeugenden  liegen  offenbar 
in  den  n  Inflexionstangentialebenen  des  Kegels,  eine  in  jeder  Ebene. 
Auf  diese  Weise   erhalten   wir  die  Anzahl  O  (g,  ß,  (S^),   welche 
identisch  ist  mit  R  (6^,  6/,).     Es  wird: 

(9)  R  (e,  6.)  =  m  (m  +  r  —  4)  —  w. 

Nun  kann  man  aber  diese  Ordnungszahl  noch  auf  anderem, 
kürzerem  Wege  bestimmen,  nämlich  dadurch,  dass  man  durch  den 
Scheitel  P  des  Kegels  eine  beliebige  Gerade  p  legt  und  abzählt,  wie 
viele  Erzeugende  der  gesuchten  Regelfläche  diese  Gerade  schneiden. 
Zunächst  gehen  durch  die  Gerade  r  Tangentialebenen  an  den  Kegel 
und  jede  derselben  enthält  ni  —  2  Erzeugende  der  Regelfläche.  Ausser- 
dem aber  gehen  durch  den  Kegelscheitel  P  selbst  Erzeugende  der 
Regelfläche  von  besonderer  Art,  nämlich  die  Ji  Doppelsekanten  von  6, 
und  zwar  ist  jede  zweimal  zu  rechnen,  denn  jede  ist  auf  zwei  Arten  als 
eine  Gerade  zu  betrachten,  welche  jj  trifft,  ß  zweimal  schneidet  und  in 
der  Kegeltangentialebene  des  einen  Schnittpunktes  liegt.   Man  hat  also: 

R  (g,  g.)  =  r  {m  -  2)  +  2  h, 
oder,  wenn  man  für  h  seinen  Wert  aus  (4)  einsetzt: 

(10)  R  (6,  e.)  =  m  (m  —  1)  +  r  (;m  -  3). 
Durch  Vergleichung  von  (9)  und  (10)  erhält  man: 

9i  =  3  (r  —  m), 

wodurch  Formel  (3)  bewiesen  ist. 

In  bezug  auf  die  Regelfläche  R  (6,  6/,)  sind  noch  die  folgenden 
Bemerkungen  zu  machen :  Durch  jeden  Punkt  C  von  6  gehen  zweierlei 
Erzeugende:  a)  solche,  welche  in  C  den  Kegel  berühren,  b)  solche, 
welche  ihn  nicht  in  C,  sondern  in  dem  andern  Schnittpunkt  mit  6 
berühren.  Die  Anzahl  der  Erzeugenden  a)  ist  offenbar  =  m  —  2,  die- 
jenige der  Erzeugenden  b)  :=  r— 2.  Die  Erzeugenden  a)  liegen  alle 
in  derselben  Ebene,  nämlich  in  der  Tangentialebene  des  Kegels.  Lassen 
wir  den  Punkt  C  die  ganze  Kurve  ®  durchlaufen,  so  sehen  wir,  dass 
m  —  2  Mäntel  der  Regelfläche  den  Kegel  längs  ®  berühren,  während 
andere  r  ■ —  2  Mäntel  ihn  längs  6  schneiden.  Ferner  ist  schon  be- 
merkt worden,  dass  die  Doppelerzeugenden  des  Kegels  auch  Doppel- 
erzeugende der  Regelfläche  sind.  Für  jede  solche  Doppelerzeugende 
sind  die  beiden  Tangentialebenen  des  Kegels  auch  Tangentialebenen 
der  Regelfläche  längs  der  ganzen  Erzeugenden.  Man  erkennt  dies 
wieder,  wenn  man  einen  Punkt  C  die  Kurve  6  durchlaufen  lässt  und 
die  r  —  2  Erzeugenden  der  Regelfläche  betrachtet,  welche  durch  ihn 
gehen  und  den  Kegel  anderswo  berühren.  Rückt  C  unendlich  nahe 
an  eine  Doppelerzeugende  des  Kegels,  so  werden  von  den  r  —  2  Er- 


272  A.  Beck. 

zeugenden  zwei  unendlich  benachbart,  wobei  ihre  Ebene  mit  einer 
der  beiden  Tangentialebenen  des  Kegels  zusammenfällt.  —  Wenn  also 
auf  dem  Kegel  eine  Kurve  liegt,  so  berührt  sie  die  ni  —  2  Mäntel  der 
Kegelfläche,  welche  den  Kegel  längs  6  berühren,  in  jedem  Schnitt- 
punkt mit  6  und  ausserdem  berührt  sie  einen  Mantel  der  Regelfläche, 
wenn  sie  durch  eine  Doppelerzeugende  des  Kegels  hindurchgeht. 

VI.  Ordnungszahl  R  (6^)  der  Regelfläche  der  dreifachen 
Sekanten  einer  Raum  kurve.  Wir  gehen  aus  von  der  Regel- 
fläche R  {g,  6^)  [IV.]  und  transformieren  ß  infinitesimal  nach  einem 
beliebigen  Punkt  0  hin.  Jede  dreifache  Sekante  von  ®  ist  in  drei- 
facher Weise  als  eine  Gerade  aufzufassen,  welche  6  zweimal  und  6' 
einmal  schneidet.  Diejenigen  Erzeugenden  von  R  (g,  C"),  welche  drei- 
fache Sekanten  von  ß  sind,  ergeben  sich  also  aus  den  Schnittpunkten 
von  6'  mit  der  Regelfläche.  Aber  von  diesen  Schnittpunkten  sind 
abzurechnen : 

1.  Die  m  Schnittpunkte  von  6'  mit  (J,  von  denen  nach  IV.  jeder 
m  —  1  mal  zu  zählen  ist. 

2.  Diejenigen  Schnittpunkte,  welche  auf  der  betreffenden  Er- 
zeugenden unendlich  benachbart  sind  zu  einem  der  beiden  Punkte 
von  ©  auf  ihr.     Die  Anzahl   dieser  Schnittpunkte  ist  offenbar  die  in 

(10)  bestimmte  Ordnungszahl  R  (6,  6/,). 

Wir  erhalten  also,  da  G  (g,  6^)  =  R  {&^)  ist: 

3  R  (ß,^)  =  m  '^m  (;m  —  1)  — --^  r] — m  {m  —  1)  —  m  {m  —  1)  —  r  {in  —  3), 

(11)  R  (6^)  =  1  w  (m  —  1)  (»i  —  2)  —  i.r  {m  —  2). 

Auf  R  (6-')  ist  6  von  der  Vielfachheit  |  {m  —  1)  (»i  —  2)  —  |  r  +  1. 
Dies  ist  nämlich  die  in  (4  a)  bestimmte  Anzahl  A*  der  dreifachen 
Sekanten,  welche  durch  einen  beliebigen  Punkt  von  6  gehen. 

VII.  Zur  Bestimmung  von  R  (6^)  kann  man  auch  auf  folgende 
Weise  verfahren: 

Wenn  drei  Raumkurven  ®,  ^ ,  ß",  die  sich  paarweise  mp^p'^p" 
Punkten  schneiden,  die  Leitkurven  einer  Regelfläche  sind,  so  ist  die 
Ordnungszahl  der  letzteren  bekanntlich: 

R  (6,  6',  ©")  =  2m  m  m" — 2)m  — ^Vm' — p" m'. 

Wir  nehmen  nun  an,  6'  und  ®"  seien  die  entsprechenden  Kurven 
zu  6  in  zwei  zentrischen  Kollineationen,  die  dasselbe  Zentrum  0  haben, 
im  übrigen  aber  ganz  beliebig  sind.  Wie  modifiziert  sich  dann  die 
Ordnung  der  Regelfläche?  (5  und  ß'  schneiden  sich  in  m  Punkten  auf 
der  ersten  Kollineationsebene,  ®  und  6"  in  m  Punkten  auf  der  zweiten. 
Bekanntlich  besteht  aber  zwischen  dem  zweiten  und  dritten  System 
ebenfalls   eine   zentrische   Kollineation   mit    dem   Zentrum    0,    deren 


über  die  mehrfachen  Sekanten  algebraischer  Raumkurven.  273 

Kollineationsebene  durch  die  Schnittlinie  der  beiden  gegebenen  Kolli- 
neationsebenen  geht.  Folglich  schneiden  sich  auch  6'  und  d"  in 
m  Punkten. 

Ferner  liegen  alle  drei  Kurven  auf  demselben  Kegel  mit  dem 
Scheitel  0;  dieser  Kegel  ist  also  ein  Teil  der  Regelliäche,  den  wir 
abrechnen  M'ollen.  Er  ist  hierbei  aber  doppelt  zu  zählen.  Denn  wenn 
wir  die  Erzeugenden  der  Regelfläche  konstruieren  wollen,  welche 
durch  einen  Punkt  C  von  6  gehen,  so  haben  wir  die  beiden  Kegel  C%' 
und  Cd"  zu  bilden,  und  da  diese  sich  längs  der  Erzeugenden  CO 
berühren,  so  zählt  diese  im  Schnitt  beider  Kegel  für  zwei.  Wir  er- 
halten also  für  die  reduzierte  Ordnungszahl: 
(12)  B  iß,  d' ,  d")  ==  2  m^  —  3  m-  —  2  m. 

Nun  können  wir  zu  den  dreifachen  Sekanten  von  (5  gelangen, 
wenn  wir  die  beiden  angenommenen  Kollineationen  infinitesimal  werden 
lassen.  Jede  dreifache  Sekante  wird  dann  durch  sechs  ihr  unendlich 
benachbarte  Erzeugende  von  E(d,(i',d")  repräsentiert,  auf  welchen 
die  drei  Punkte  von  ©,  d'  6"  endliche  Abstände  voneinander  haben. 
Da  aber  auch  Erzeugende  vorkommen,  für  welche  diese  Abstände 
nicht  alle  drei  endlich  sind,  so  lösen  sich  von  der  vorigen  Fläche 
Teile  ab,  welche  abzurechnen  sind,  und  zwar  die  folgenden  zwei: 

1.  Von  den  drei  Punkten  auf  6,  d'  d"  fallen  zwei  unendlich 
nahe  zusammen.  Diese  Erzeugenden  sind  als  zweifache  Sekanten  von 
d  zu  betrachten,  welche  in  dem  einen  der  beiden  Punkte  den  Kegel  Od 
berühren,  und  zwar  ist  jede  solche  Erzeugende  dreifach  zu  rechnen, 
weil  der  Berührungspunkt  zu  d  und  d'  oder  zu  d  und  d' '  oder  zu  d' 
und  d"  gerechnet  werden  kann.  Die  von  diesen  Erzeugenden  ge- 
bildete Fläche  ist  die  Fläche  R  (d,  6/,)  von  V.,  dreifach  gerechnet  (10). 

2.  Alle  drei  Punkte  fallen  unendlich  nahe  zusammen.  Die  Er- 
zeugende liegt  dann  in  einer  Inflexionstangentialebene  des  Kegels. 
Es  lösen  sich  also  ab  die  Strahlbüschel,  die  in  den  w  =  3  (>•  —  m) 
Inflexionstangentialebenen  liegen  und  deren  Scheitel  Punkte  von  d 
sind.     Wir  erhalten  somit: 

6  B  (d^)  =  2  m^  —  3  m-  —  2  m  —  3  m  {m  —  1)  —  3  r  {m  —  3)  —  3  (/•—  m). 

Hieraus  folgt  für  E  (d^)  derselbe  Wert  wie  in  VI.  (11). 

VIII.  Anzahl  G  {d,d,di,)  der  Geraden,  welche  die  Kurve  (5; 
dreimal  treffen  und  in  einem  der  drei  Punkte  einen  durch  d 
gelegten  Kegel  berühren.  Wir  gehen  aus  von  der  Fläche  B  {d,d,.) 
(V.)  und  transformieren  d  infinitesimal  nach  dem  Scheitel  P  des  Kegels 
hin.  Jede  der  gesuchten  Geraden  kann  auf  doppelte  Weise  als  eine 
solche  Erzeugende  der  Regelfläche  betrachtet  werden,  welche  durch 
einen  Schnittpunkt  von  d'  mit  der  Regelfläche  geht,  weil  die  beiden 


274  A.  Beck. 

Punkte,  in  denen  jene  Gerade  ß  schneidet,  aber  den  Kegel  nicht  be- 
rührt, auf  zwei  Arten  auf  6  und  6'  verteilt  werden  können.  —  Von 
den  Schnittpunkten  von  6'  mit  E  (6,  6^)  sind  aber  die  folgenden  ab- 
zurechnen, welche  nicht  der  Aufgabe  genügen: 

1.  Die  m  Schnittpunkte  von  6  und  ß'  auf  der  Kollineationsebene, 
deren  jeder  nach  V.  die  Vielfacliheit  2  {m  —  2)  +  r  —  2  hat. 

2.  Die  Schnittpunkte,  welche  auf  den  gemeinschaftlichen  Doppel- 
erzeugenden des  Kegels  und  der  Eegelfläche  liegen,  6'  schneidet  jede 
dieser  Doj)pelerzeugenden  in  zwei  getrennten  Punkten,  deren  jeder 
dreifach  zu  rechnen  ist,  weil  6'  in  dem  einen  dieser  Punkte  den  einen, 
in  dem  andern  den  andern  der  beiden  Mäntel  der  Regelfläche  berührt, 
welche  durch  diese  Doppelerzeugenden  gehen  (V.).  Die  abzuziehende 
Zahl  beträgt  also  6  li  oder  3  ni  (in  —  1)  —  3  r  (1.). 

3.  Diejenigen  übrigen  Schnittpunkte,  welche  auf  der  betreffenden 
Erzeugenden  der  Regelfläche  unendlich  benachbart  sind  zu  dem  Punkte, 
in  welchem  die  Erzeugende  den  Kegel  berührt.  Dies  führt  offenbar 
auf  die  n  Inflexionstangentialebenen  des  Kegels,  w^elche  Schmiegungs- 
ebenen  von  6  sind.  In  jeder  derselben  liegen  m  —  3  Erzeugenden  der 
fraglichen  Art.  Die  abzuziehende  Zahl  beträgt  also  {m  —  3)  n  oder 
3  {m  —  3)  (r  —  m). 

4.  Diejenigen  Schnittpunkte,  welche  auf  der  betreffenden  Er- 
zeugenden der  Regelfläche  unendlich  benachbart  sind  zu  dem  Punkt, 
in  welchem  die  Erzeugende  die  Kurve  6  schneidet,  ohne  den  Kegel 
zu  berühren.  Dies  führt  auf  die  y  Doppeltangentialebenen  des  Kegels. 
In  jeder  derselben  liegt  eine  Erzeugende,  welche  doppelt  zu  rechnen 
ist,  da  der  eine  oder  der  andere  der  beiden  Berührungspunkte  zu  S' 
gerechnet  werden  kann.  Die  abzuziehende  Zahl  beträgt  also  2  y  oder 
8  w— 10r-4->".     (2a.) 

Auf  Grund  dieser  Abzahlung  ergibt  sich  das  Resultat: 

2  G  (6,  6,  6.)  =  m-  (m  —  1)  +  mr  (m  —  3)  —  2  <v«  {m  —  2)  —  m  (r  -  2) 
—  3m  (m  — 1)+3  r  —  3  (»i  —  3)  {r  —  m)  —  Sm-f-lO  r  —  r^. 
(13)    G  (6,  6,  6,)  =\m  (»r-3  m  —  8)  +  \y  {m-  —  7  »i  +  22  —  r). 

IX.  Anzahl  G  (6^)  der  vierfachen  Sekanten  einer  Raum- 
kurve. Wir  gehen  aus  von  der  Fläche  U  (6^)  (VI.)  und  trans- 
formieren ^  infinitesimal  nach  einem  beliebigen  Zentrum  hin.  Dann 
sind  die  gesuchten  vierfachen  Sekanten  unter  denjenigen  Erzeugenden 
enthalten,  welche  6'  schneiden  und  zwar  erscheint  jede  vierfache 
Sekante  viermal,  da  jeder  ihrer  vier  Punkte  auf  6  zu  6'  gerechnet 
werden  kann.  Von  den  Schnittpunkten  von  6'  mit  R  (6^)  sind  die 
folgenden  abzurechnen : 


über  die  mehrfachen  Sekanten  algebraischer  Raumkurven.  275 

1.  Die  m  Schnittpunkte  von  ®'  und  6  und  zwar  jeder  mit  der 
Vielfachheit  ^  (m  —  1)  (»u  —  2)  -  |  r  +  1  (VI.). 

2.  Diejenigen  Schnittpunkte,  welche  auf  der  betreffenden  Er- 
zeugenden unendlich  benachbart  sind  zu  einem  der  drei  Punkte  auf  (5. 
Die  Anzahl  dieser  Punkte  ist  aber  die  in  VIII.  gefundene  Anzahl 
O  (©,  6,  6a).     Somit  haben  wir  das  Resultat: 

4  G (60  =  ^m-  (m  -  1)  (m  -  2)  -^mr  {m  -  2)  -  ~m(m-l)(m-2) 

+  Y  ^'i  >'  —  "i  —  -ö"  '"*  ("^'  —  ^  "^  —  ^)  —  T  ^  ("^^  —  7  »i  +  22  —  r), 

(14)  G{(S,')  =  ~m(m-l)(m-2){m-S)'i-m-\r(m--bm+n)-i-\r\ 

X.  Anzahl  (?  (6^,62,*)  der  Geraden,  welche  eine  Kurve  6i 
zweimal  und  eine  Kurve  63  einmal  schneiden  und  im  letztern 
Punkt  einen  durch  63  gelegten  Kegel  berühren.  Wir  gehen 
aus  von  der  Fläche  B  {g,  6a)  von  III.,   für  welche  gefunden  wurde: 

R  (9,  6fc)  =  m  +  r. 

Bezeichnen  wir  jetzt  die  Kurve  mit  63  '^^^  ersetzen  wir  g  durch 
eine  Kurve  61,  so  ist  offenbar 

B  (6x,  62,  a)  =  m,  ■  R  (g,  6,.a.)  -  m,  (m,  +  r,). 

Auf  dieser  neuen  Regelfläche  ist  61  von  der  Vielfachheit  Vo,  63 
von  der  Vielfachheit  »ii ,  wobei  die  m^  Erzeugenden ,  welche  durch 
einen  Punkt  von  60  gehen,  alle  in  der  zu  diesem  Punkt  gehörenden 
Tangentialebene  des  Kegels  liegen.  Letzterer  wird  also  längs  63  von 
Dil  Mänteln  der  Regelfläche  berührt. 

Ferner  hat  die  Regelfläche  mit  dem  Kegel  diejenigen  nii  m^  Er- 
zeugenden des  letztern  gemein,  welche  durch  die  Schnittpunkte  von  61 
mit  dem  Kegel  gehen,  und  zwar  findet  längs  dieser  Erzeugenden 
Berührung  zwischen  beiden  Flächen  statt.  Letzteres  erkennt  man 
auf  dieselbe  Weise  wie  in  III.,  indem  man  einen  Punkt,  der  61  durch- 
läuft, unendlich  nahe  an  die  Kegelfläche  rücken  lässt. 

Nun  transformieren  wir  61  infinitesimal,  indem  wir  das  Kolline- 
ationszentrum  im  Scheitel  P  des  Kegels  über  63  wählen,  und  be- 
trachten die  Erzeugenden  der  Regelfläche,  welche  die  transformierte 
Kurve  6i  schneiden.  Unter  diesen  Erzeugenden  erscheint  zweimal 
jede  Gerade,  welche  Sj  zweimal  und  63  einmal  schneidet  und  im 
letztern  Punkt  den  Kegel  berührt;  denn  man  kann  den  einen  oder 
andern  der  beiden  Schnittpunkte  auf  61  als  Punkt  von  S'^  betrachten. 
Von  den  m\  (m^  -\-  r^)  Schnittpunkten  von  Sj  mit  der  Regelfläche 
sind  abzurechnen: 

1.  Die   nii  Schnittpunkte  von  6^  und  6^  und  zwar  jeder  rg  mal. 


276  A.  Beck, 

2.  Die  Schnittpunkte  auf  den  «i^  m^  gemeinschaftlichen  Erzeu- 
genden, einfach  gerechnet,  da  6i  nicht  auf  dem  Kegel  Pßo»  wohl 
aber  auf  dem  Kegel  Pßj  liegt. 

3.  Diejenigen  übrigen  Schnittpunkte,  welche  auf  der  betreffenden 
Erzeugenden  der  Kegelfläche  unendlich  benachbart  sind  zu  dem  auf 
ihr  liegenden  Punkt  von  6^.  Diese  Erzeugenden  werden  gefunden, 
indem  man  an  die  beiden  konzentrischen  Kegel  P(Si  und  Pßg  die 
gemeinschaftlichen  Tangentialebenen  legt.  Da  in  jeder  dieser  Ebenen 
eine  einfach  zu  rechnende  Erzeugende  dieser  Art  liegt,  so  ist  die  ab- 
zurechnende Zahl  =  rj  fg.     Man  findet  also: 

2  G  (©1,  ©2,  k)  =  m\  i^nu  +  r^  —  m^  r^  —  m^  m^  —  )\  )\. 

(15)  G  ((£?,  e,,  ,)  =  \  m,  {m,  -  1)  {m.^  -f  r^)  -  |  r,  r^. 

XL  Anzahl  G  {j&\,  C|)  der  gemeinschaftlichen  Doppel- 
sekanten zweier  Raumkurven.  Wir  gehen  aus  von  der  Fläche 
R  {g,  6"')  in  IV.  und  ersetzen  g  durch  ©2  und  6  durch  ßj.  Dann 
erhalten  wir  aus  IV.  sofort: 

E  (6j  62)  =  "*2  •  -ß  [9^  ®i)  =  "h  [>'h  0'*i  ~  1)  ~~  Y^"i]- 

Auf  dieser  neuen  Fläche  hat  63  die  Vielfachheit  /«j.  Nun  trans- 
formieren wir  62  infinitesimal  nach  einem  beliebigen  Zentrum  hin 
und  betrachten  die  Erzeugenden  der  Regelfläche,  welche  6',  schneiden. 
Je  zwei  derselben  sind  zu  einer  Geraden  G  (6'f,  6|)  unendlich  benach- 
bart. Von  der  Anzahl  m^  •  P  (©'1  ©2)  der  Schnittpunkte  von  60  i^^it 
der  Regelfläche  sind  abzurechnen: 

1.  Die  m.,  Schnittpunkte  von  ^o  und  ^'o,  jeder  \  mal  (4). 

2.  Diejenigen  Schnittpunkte,  welche  auf  der  betreffenden  Er- 
zeugenden unendlich  benachbart  sind  zu  dem  auf  ihr  liegenden  Punkt 
von  62.  Ihre  Anzahl  ist  G  ((^'1,  62,7.)  in  X.     Daher  wird: 

2  G  (6f,  6|)  =  inz  ^i  (:»h  —  1)  —  Y  ^"1^1  —  Y  i^h  '^^h  0"i  —  1)  +  y  "«2^1 
—  Y 1«!  in2  (»ii  —  1)  —  Y  roi;?!  Onj  — ^  1)  +  y  ^  r2, 

(16)  G  ((£2,  61)  =  i-  m^  m.,  {m,  —  1)  (^nio  -  1)  —  j  ^  ^'^2  0'^2  —  1) 

—  j  ra^i  (?»i  —  1)  +  j  ri'/-2. 

XII.  Wir  betrachten  noch  besonders  den  Fall,  wo  die  beiden 
Kurven  61,  62  zueinander  in  beliebiger  zentrischer  Kollineation  stehen. 
Beide  Kurven  haben  dann  dieselben  Charaktere  m,  r,  und  weil  sie 
gemeinschaftliche  Punkte  haben,  so  treten  gemeinschaftliche  Doppel- 
sekanten auf,  welche  abzurechnen  sind,  weil  sie  nicht  vier  getrennte 
Punkte  der  Kurven  enthalten. 


über  die  mehrfachen  Sekanten  algebraischer  Raumkurven.  277 

1.  Die  beiden  Kurven  schneiden  sich  in  m  Punkten  auf  der  Kol- 
lineationsebene.  Jede  der  2  ^'^  (j^i  —  1)  Verbindungslinien  dieser  Punkte 
ist  abzurechnen. 

2.  Durch  jeden  dieser  gemeinschaftlichen  Punkte  gehen  ausserdem 
[m  —  1)' — {)»' — 1)  andere  Gerade,  welche  diesen  Punkt  mit  zwei 
andern,  getrennten  Punkten  der  beiden  Kurven  verbinden. 

Bezeichnen  wir  die  Anzahl  der  gemeinschaftlichen  Doppelsekanten, 
welche  nach  Abzug  dieser  uneigentlichen  übrig  bleiben,  mit  G*  (ß'f,  65), 
so  haben  wir  (16): 

Ö*  (6f,  61)  =  I  nr  {ui  -  ly  -  |-  rm  {m  -  1)  -f  |  r'- 

—  Y  m  {m  —  1)  —  Dl  {ni  —  1)'-  +  m  {ni  —  1) 

(17)  =  Y  m  (ni  —  1)  {m-  —  3  m  H-  3)  —  |  rm  (w  —  1)  +  -^  r-. 

Es  ist  aber  zu  beachten,  dass  unter  diesen  gemeinschaftlichen 
Doppelsekanten  auch  die  h  durch  das  Kollineationszentrum  gehenden 
Geraden  enthalten  sind,  welche  jede  der  beiden  Kurven  zweimal 
schneiden. 

Das  zuletzt  gewonnene  Resultat  kann  dazu  benützt  werden,  die 
Anzahl  G  (6^)  der  vierfachen  Sekanten  einer  Raumkurve  noch 
auf  eine  zweite  Art  abzuleiten.  Lassen  wir  nämlich  die  soeben  be- 
trachtete zentrische  Kollineation  von  6^  und  d.,  infinitesimal  werden,  so 
sind  unter  den  gemeinschaftlichen  Doppelsekanten  G*  die  vierfachen 
Sekanten  von  6  jedenfalls  enthalten  und  zwar  jede  sechsmal,  weil 
die  vier  Schnittpunkte  einer  \ierfachen  Sekante  auf  sechs  Arten  paar- 
weise auf  6  und  6'  verteilt  werden  können.  Aber  von  der  Gesamt- 
heit G*  der  gemeinschaftlichen  Doppelsekanten  sind  die  folgenden 
abzurechnen : 

1.  Diejenigen,  bei  welchen  einer  und  nur  einer  der  beiden  Punkte 
auf  6  mit  einem  der  beiden  Punkte  auf  d'  unendlich  benachbart  ist. 
Dies  sind  dreifache  Sekanten  von  6,  welche  in  einem  der  drei  Schnitt- 
punkte den  projizierenden  Kegel  von  6  und  6'  berühren,  dessen 
Scheitel  das  Kollineationszentrum  ist,  und  zwar  wird  jede  dieser 
dreifachen  Sekanten  auf  zwei  Arten  erzeugt,  da  die  beiden  Schnitt- 
punkte, in  denen  .der  Kegel  nicht  berührt  wird,  auf  zwei  Arten  auf 
die  beiden  Kurven  verteilt  werden  können.  Die  abzuziehende  Zahl 
ist  also  =  2G  (ß,  6,  6,.)  [VIII]. 

2.  Diejenigen,  für  welche  die  beiden  Punkte  auf  6  unendlich 
benachbart  sind  zu  den  beiden  Punkten  auf  6'.  Solcher  Geraden 
gibt  es  aber  zwei  Arten : 


278  A.  Beck. 

a)  Die   h   Doppelsekaiiten   durch    das   Kollineationszentrum    (4), 

b)  Die  Geraden,  welche  in  den  Doppeltangentialebenen  des  Kegels 
liegen  und  die  zwei  Berührungspunkte  auf  6  miteinander  verbinden. 
Die  abzurechnende  Zahl  beträgt  also  ?/  =  4  «i  —  5  r  -[-  -^r-,  (2  a).  So 
erhalten  wir  schliesslich  das  Resultat: 

6  G  (gO  =  1 '»  ('»  —  1)  0"'  -  3  m  +  3)  -~rm  (m  -  1)  ^~r^ 
—  m{m-—3m  —  8)  —  r(^nr—7m-h22  —  r)—Y'm{m—l) 

+  y  r  —  4  5u  +  5  r  —  -|  r^, 
G!((S;4)=  i,n  (m— 1)  (m-2)  (m  — 3)4-m  -\r  (m^— 5  m+  ll)  +  |r2. 

Dieser  Wert  stimmt  mit  dem  in  IX.  gefundenen  überein. 
Zürich,  Juli  1907. 


Vorläufige  Mitteilung 


über  einen  schweizerischen  Sillimanitgneiss. 


Von 

U.  Grubenmann. 


Sillimanitgneiss  ist  bis  jetzt  aus  den  Alpen  nicht  bekannt  ge- 
worden und  konnte  auch  kaum  erwartet  werden,  weil  die  alpinen 
kristallinen  Schiefer  nur  selten  die  Charaktere  ganz  katogener  Um- 
wandlung aufweisen.  Nun  wurde  aber  auf  einer  Exkursion  in  den 
Weihnachtsferien  1906  unterhalb  Ronco  an  der  Landstrasse  zwischen 
Ascona  und  Brissago  am  Langensee  ein  dunkler,  biotitreicher,  grob- 
kristallinischer Schiefer  gefunden,  der,  von  hellen,  grosskörnigen 
Pegmatiten  durchsetzt,  zunächst  als  Belegstück  mitgenommen  wurde 
dafür,  dass  die  Gesteine  im  Kontakt  mit  Pegmatit  gerne  höhere 
Kristallinität  annehmen.  Der  Schiefer  gehört  zu  der  grossen  Zone 
ursprünglich  sedimentärer,  aber  stark  von  eruptivem,  saliscliem  Mate- 
rial injizierter  Gneisse,  welche  in  angenäherter  Ostwestrichtung  den 
nördlichen  Teil  des  Lago  Maggiore  überqueren  und  sich  in  ihrer 
typischen  Ausbildung  durch  eine  ausgesprochene  Lagentextur  aus- 
zeichnen. Diese  Lagentextur  ist  beim  dunklen  Schiefer  kaum  an- 
gedeutet, wohl  aber  sieht  man  vom  Pegmatit  aus  kurze  helle  Apo- 
physen  in  das  Gestein  eindringen,  dessen  Schieferung  sehr  deutlich  ist. 

Makroskopisch  kann  neben  dem  schwärzlichen  Biotit  nur  etwas 
Muskovit,  Quarz  und  in  obern  Lagen  auch  reichlich  Granat  unter- 
schieden werden.  Das  Vorhandensein  von  Feldspat  bleibt  zweifelhaft; 
ausserdem  wird  auf  den  Biotiten  vielfach  noch  ein  feiner,  pilzähnlicher, 
gelblich-weisser  Überzug  wahrgenommen,  den  das  Mikroskop  mit 
Sicherheit  als  Sillimanit  enthüllt.  Dieses  Mineral  ist  hier  reich- 
licher vorhanden,  als  in  irgend  einem  der  altbekannten  Sillimanit- 
gneisse  des  bayrischen  Waldes,  des  Schwarzwaldes,  Sachsens  oder 
des  niederösterreichischen  Waldviertels.  Es  tritt  für  sich  in  dicht 
gedrängten   Büscheln    geschart   auf  und   durchsetzt   auch   in    grosser 


2S0  U.  Grubenmann. 

Menge  einen  Teil  des  Quarzes,  besonders  aber  den  Biotit.  Der  letztere 
zeichnet  sich  in  Schnitten  parallel  der  Spaltbarkeit  durch  seine  tief 
rotbraune  Farbe  aus;  senkrecht  dazu  ist  er  mattgelb.  Sehr  häufig 
ist  er  chloritisiert  und  dann  zugleich  von  Rutilnadeln  erfüllt  (Ent- 
mischung!). Im  allgemeinen  bezeichnet  er  scharf  die  Ebene  der 
Paralleltextur;  einzelne  seiner  Blätter  jedoch  schneiden  diese  in  auf- 
fallender Weise.  Muskovit  ist  wenig  vorhanden,  mit  dem  dunklen 
Glimmer  verwachsen  und  vielleicht  durch  Ausbleichung  aus  diesem 
hervorgegangen.  Glimmer  und  Sillimanit  bilden  FJasern;  zwischen 
ihnen  erscheinen  Lagen  von  Quarz  und  solche  von  Quarz  und  Feld- 
spat (Orthoklas  und  basische  Oligoklase);  auch  Granat  wird  von  jenen 
Flasern  umschmiegt.  Ausserdem  ist  noch  Rutil  in  grösseren  Körnern 
und  ziemlich  viel  Zirkon  anwesend.  Ein  nach  Blau  und  Gelb  pleo- 
chroitischer,  kleiner  Einschluss  eines  Biotits  wurde  als  Cordierit 
gedeutet. 

Die  Struktur  des  Gesteins  ist  im  allgemeinen  kristalloblastisch ; 
nur  die  Quarz-Feldspataggregate  zeigen  in  ihrer  eigentümlich  zackigen 
Verzahnung,  in  ihren  myrmekitähnlichen  und  wurmförmigen  Durch- 
dringungen, sowie  in  ihrer  wolkig  verschwimmenden,  albitischen  und 
perthitischen  Lamellierung  Kennzeichen,  welche  neuerdings  als  typisch 
für  pneumatolytische  Injektion  angesehen  und  in  der  Regel  auch  bei 
Pegniatiten  angetroffen  werden. 

Es  wurden  durch  Frl.  Dr.  L.  Hezner  sowohl  von  einem  granat- 
führenden, als  einem  granatfreien  Stück  des  Sillimanitgneisses  chemische 
Analysen  ausgeführt  mit  nachfolgenden  Resultaten: 

I  (granätführend)  II  (granatfrei) 

SiO.  54,15  58,43 

TiOs  1,31  1,18 

■      AI2O3  27,38  25,06 

FcoOg  1,37  0,68 

Fe'o  4,65  4,57 

CaO  1,42  0,43 

Mg  0  2,80  2,48 

K2O                        ■  4,59  4,45 

Na-0  1,12  1,33 

H2O  unter  110"  0,16  0,31 

Glühverlust  0,95  1,42 

99,90  100,34 

s  =  2,95  s  -=  2,90 


Vorläufige  Mitteilung  über  einen   schweizerischen  Sillimanitgneiss.  281 

Molekularprozente: 


I 

II 

SiO., 

64,2 

68,4 

Al^O, 

18,8  ■ 

17,0 

FeO 

5,8 

5,0 

CaO 

1,8 

0,5 

MgO 

4,9 

4,3 

K2O 

3,3 

3,3 

NagO 

1,2 

1,5 

100,0 

100,0 

G] 

ruppenwerte; 

:0 

S 

64,2 

68,5 

A 

4,5 

4,8 

C 

1,8 

0,5 

F 

10,7 

9,3 

M 

0,0 

0,0 

T 

12,5 

11,7 

K 

1,6 

1,7 

Die  beiden  Analysen  und  die  daraus  berechneten  Werte  sind 
einander  sehr  ähnlich ;  nur  zeigt  die  granatführende  Varietät  etwas 
mehr  CaO  und  AI0O3,  wie  zu  erwarten  war,  und  etwas  weniger  SiOa- 
Der  chemische  Charakter  der  Proben  ist  wesentlich  durch  den  grossen 
Tonerdeüberschuss  (hohes  T)  bestimmt,  der  sich  mineralogisch  in 
Sillimanit-  und  Granatbildung  ausspricht,  sowie  durch  das  Über- 
wiegen von  Mg  0  und  Fe  0  über  die  Alkalien ;  dadurch  werden  die 
Gesteine  systematisch  unter  die  Tonerdesilikatgneisse  verwiesen 
(zweite,  sedimentäre  Gruppe). 

Für  den  Tonerdeüberschuss  wäre  eine  direkte  pneumatolytische 
Herkunft  denkbar,  etwa  nach  den  Gleichungen: 

AL  Fg  -h  3  Ho  0  =  AI2  O3  +  6  HF 
SiF,  +2H20  =  Sib2  +4HF 
AlaOa+SiOo    =A]2Si05. 

Wahrscheinlicher  aber  ist  der  grosse  Tonerdereichtum  dem  ur- 
sprünglich sedimentären  Anteil  des  Gneisses  zuzuschreiben ;  denn  der 
Silliminat  ist  als  Einschluss  hauptsächlich  im  Biotit  und  jenem  Quarz 
vorhanden,   welcher   nicht   mit  Feldspat   verbunden  ist  und  nicht  die 


*)  Vergl.  U.  Grubenmann,  kristalline  Schiefer,  IL  Teil,  Berhn  1907,  pg.  1:2 — 15, 

Vierteljahrssclirift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.     1907.  19 


282  U.  Grubenmann. 

Kennzeichen  der  Injektion  trägt,  d.  h.  also  in  jenen  Komponenten, 
welche  ohne  Zweifel  dem  ursprünglichen  tonigen  Sediment  ihren 
Stoff  verdanken. 

Ein  Einfluss  des  intrusiven  Materials  wird  aber  bei  der  Sillimanit- 
bildung  doch  stattgefunden  haben ;  nur  bestand  er  nicht  in  Substanz- 
zufuhr, sondern  in  Hitzewirkung,  nach  Art  der  Kontaktmetamorphose. 

Der  Sillimanitgneiss  von  Ronco  ist  also  aus  einem  ursprünglichen 
tonigen  Sediment  hervorgegangen,  bei  dessen  Umbildung  neben  meta- 
morphosierenden  Druckkräften  auch  pneumatolytische  Injektion  und 
Kontaktwirkung  zur  Geltung  gekommen  sind,  wodurch  ihm  der 
Charakter  der  tiefsten  Gneisse  aufgeprägt  worden  ist. 

Ende  Juli  1907. 

Mineralog.-petrograph.  Institut  des  Polytechnikums. 


Reste  von  Ovibos  moschatus  Zimm.  aus  der  Gegend 
des  Bodensees. 

Von 

K.  Hescheler. 


Hierzu  Tafel  XIII. 


Die  nachstehenden  Zeilen  sind  ein  wörtlicher  Abdruck  aus  dem 
Probeheft  der  projektierten,  aber  nicht  ins  Leben  tretenden  Zeitschrift 
der  Schweizerischen  naturforschenden  Gesellschaft,  das  am  28.  Juli  1907 
publiziert  wurde.  Neu  sind  noch  einige  Masse  und  Abbildungen  des 
unten  beschriebenen  Wirbels  am  Schlüsse  beigefügt  worden. 

Unter  den  Artefakten,  die  bei  der  ersten  Erforschung  der  Kessler- 
lochhöhle bei  Thayngen  gefunden  wurden,  spielt  die  Skulptur,  welche 
man  Moschusochsenkopf  genannt  hat,  eine  besondere  Rolle.  Die  Richtig- 
keit der  Deutung  ist  mehrfach  angezweifelt  worden,  so  auch  wieder 
in  neuerer  Zeit.  Körperliche  Überreste  von  Ovibos  fanden  sich  weder 
bei  der  ersten  Grabung,  noch  bei  der  zweiten,  die  von  Nüesch  vor- 
genommen wurde.  Die  letzte  Erforschung  der  Fundstelle,  von  Heierli 
im  Auftrage  der  Schaffhauser  antiquarischen  und  naturforschenden 
Gesellschaften  durchgeführt,  förderte  unter  dem  Tiermaterial  ein  Stück 
zutage,  das  dem  Moschusochsen  zugeschrieben  werden  kann,  so  dass 
dieser  jetzt  als  Mitglied  der  palaeolithischen  Thayngerfauna  aufgeführt 
werden  darf,  mit  einer  gewissen  Reserve  allerdings  nur.  Der  Nach- 
weis des  Vorkommens  stützt  sich  nämlich  bloss  auf  eine  Phalanx  I 
der  hinteren  Extremität.  Es  soll  hier  auf  eine  weitere  Diskussion 
verzichtet  werden,  die  zu  erwägen  hat,  ob  es  möglich  ist,  mit  Hilfe 
des  genannten  Knochenstückes  die  Spezies  zu  bestimmen,  und  es  sei 
auf  die  Abhandlung,  die  in  den  Denkschriften  der  Schweizerischen 
naturforschenden  Gesellschaft  erscheint,  verwiesen. 

Der  erwähnte  Fund  musste  nun  natürlich  anregen,  nach  weiteren 
Skelettresten  von  Ovibos  moschatus  unter  dem  Kesslerlochmaterial 
zu  suchen.  Die  bisher  angestellten  Nachforschungen,  die  sich  auch 
auf  die  in  den  Museen  von  Konstanz  und  Schaffhausen  aufbewahrten 


284  K.  Hescheler. 

Stücke  der  ersten  Ausgrabung  erstreckten,  blieben  bis  dahin  ohne  Er- 
folg; dagegen  spielte  mir  ein  eigentümlicher  Zufall  ein  unzweifelhaftes 
Skelettstück  des  fossilen  Moschusochsen  aus  der  Bodenseegegend  in 
die  Hände. 

Bei  einem  Besuche  im  Rosgartenmuseum  in  Konstanz  im  ver- 
gangenen Herbst  zeigte  mir  Herr  Stadtrat  Leiner,  dem  ich  seine 
ausserordentliche  Freundlichkeit,  mit  der  er  mir  in  jeder  Weise  be- 
hilflich war,  hier  vielmals  verdanke,  einige  Funde,  die  vor  kurzer 
Zeit  in  einer  Kiesgrube  beim  „Jakob"  gemacht  worden  waren,  also 
an  der  Spitze  der  bei  Konstanz  in  südöstlicher  Richtung  gegen  den 
Bodensee  vorspringenden  Halbinsel,  welche  den  Ueberlingersee  ab- 
trennt. Es  handelte  sich  um  ünterkieferfragmente  von  Equus  caballus, 
dazu  drei  untere  Backenzähne  vom  Pferd  (sie  stimmen  überein  mit 
den  Zähnen  des  Kesslerlochpferdes),  ferner  um  einen  mächtigen  Dorn- 
fortsatz, der  offenbar  einem  Wirbel  von  Elephas  primigenius  angehören 
musste  (wie  sich  nachher  herausstellte,  einem  vorderen  Rückenwirbel) 
und  schliesslich  um  einen  Halswirbel,  dessen  Zugehörigkeit  ich  nicht 
bestimmen  konnte  und  der  durch  verschiedene  Eigentümlichkeiten 
auffiel.  Er  stammte  jedenfalls  von  einem  grossen  Säugetiere;  auf- 
fallend erschienen  besonders  der  plumpe  Bau,  die  relative  Kürze  des 
Körpers  und  die  sehr  kleinen  Foramina  transversaria.  In  Zürich 
verglich  ich  das  Stück  mit  den  Wirbeln  der  Tiere,  die  etwa  in  Be- 
tracht kommen  konnten  —  ohne  Erfolg.  Der  Gedanke  an  Ovibos 
—  ich  möchte  dies  hervorheben  —  kam  mir  gar  nicht  in  den  Sinn. 
Beim  Durchblättern  der  Abhandlung  von  Tscherski  (Posttertiäre 
Säugetiere  d.  Janalandes  und  der  neusibir.  Inseln,  Mem.  Ac.  St.  Peters- 
bourg,  VII.  ser.  t.  XL.  1892)  erregten  die  Abbildungen  4  und  5  der 
Tafel  III  mein  grösstes  Interesse  —  das  musste  der  fragliche  Wirbel 
sein  —  die  Abbildungen  stellen  den  5.  Halswirbel  von  Ovibos  moschatus 
dar.  Ein  rezentes  Ovibosskelett  war  kurz  zuvor  von  der  zoologischen 
Sammlung  der  Hochschulen  in  Zürich  erworben  worden,  das  meiste 
davon  aber  noch  nicht  präpariert.  Es  stammt  vom  Gaasefjord,  Elles- 
meere Land.  Der  später  durchgeführte  Vergleich  ergab  sodann  eine* 
gute  Übereinstimmung,  zum  mindesten  zeigt  der  rezente  Halswirbel 
vom  Moschusochsen  dieselben  wesentlichen  Eigentümlichkeiten,  wie 
das  fossile  Stück.  Letzteres  gehört  aber  einem  grösseren  Individuum 
an  und  der  Bogenteil  des  Wirbels  ist  bei  ihm  relativ  stärker  gebaut. 

Um  bei  der  Bestimmung  des  Stückes  vollkommen  sicher  zu  gehen, 
habe  ich  mir  erlaubt,  dasselbe  Herrn  Dr.  H.  G.  Steht  in  in  Basel  zur 
Begutachtung  vorzulegen.  Er  schreibt:  „Ich  habe  das  Fundstück  aus 
der  Kiesgrube  ,beim  Jakob'  nach  allen  Richtungen  verglichen  und  bin 
schliesslich   in   der   angenehmen  Lage,    Ihrer  Deutung  desselben  mit 


Reste  von  Ovibos  moschatus  Zimm.  aus  der  Gegend  des  Bodensees.        285 

aller  Entschiedenheit  beipflichten  zu  können.  Alles,  was  der  Grösse 
nach  sonst  etwa  in  Betracht  fiele,  also  ßoviden,  Alces,  Cervus,  Hippo- 
potamus,  Equus,  Rhinoceros,  steht  in  jeglicher  Hinsicht  so  viel  ferner, 
dass  die  kleinen  Differenzen,  welche  das  Fossil  auch  gegenüber  den 
vorliegenden  Oviboswirbeln  aufweist,  keinen  Anlass  zu  ernsthaften 
Zweifeln  zu  bieten  vermögen."  Auf  Anregung  von  Herrn  Dr.  Stehlin, 
dem  ich  auch  hier  herzlich  danke,  habe  ich  mir  weiteres  Vergleichs- 
material aus  der  zoologischen  Sammlung  der  landwirtschaftlichen 
Hochschule  in  Berlin  erbeten  und  freundlicher  Weise  zugesandt  er- 
halten die  Halswirbel  des  Skelettes  Nr.  2822  (0.  m.  cf  von  den  Barren- 
Grounds  am  Mackenzieflusse)  und  des  Skelettes  Nr.  6043  (Bullen,  der 
5  Jahre  im  zoologischen  Garten  in  Berlin  lebte  und  angeblich  aus 
Nord -Ost -Grönland  stammen  soll).  Der  Vergleich  zeigte  nun  mit 
aller  Deutlichkeit,  dass  der  fossile  Wirbel  mit  seinen  Besonderheiten 
durchaus  innerhalb  die  Variationsbreite  fällt,  wie  sie  durch  die  Wirbel 
der  zwei  Berliner  und  des  Zürcher  Skelettes  gegeben  wird.  So  Hess 
sich  auch  mit  Sicherheit  konstatieren,  dass  es  sich  um  den  fünften 
Halswirbel  handelt. 

Über  die  geologischen  Verhältnisse  der  Fundstelle  ist  in  der 
soeben  erschienenen  Abhandlung  von  W.  Schmidle  (Zur  geologischen 
Geschichte  des  nordwestlichen  Bodensees  bis  zum  Maximalstand  der 
Würmeiszeit,  Schriften  des  Ver.  f.  Gesch.  des  Bodensees  und  seiner 
Umgebung,  35.  Heft,  1906)  genaueres  angegeben.  Die  Sand-  und 
Kiesschichten  beim  Jakob  gehören  nach  dem  Verfasser  in  die  von  ihm 
als  zweite  und  dritte  Phase  bezeichneten  Zeitabschnitte  nach  dem 
Maximum  der  Würmeiszeit,  d.  h.  in  Achenschwankung  und  Bühl- 
stadium nach  Penck,  das  Gros  der  Kiesbank  jedoch  in  die  dritte 
Phase  (pag.  107).  In  dem  Profil  auf  pag.  107  ist  auch  die  Fundstelle 
eines  Mammutstosszahnes  eingetragen,  der  kurz  nach  den  oben  be- 
schriebenen Stücken  ausgegraben  worden  war  und  auch  im  Rosgarten- 
museum liegt.  Schon  früher  sind  im  Kiesgebiet  der  „Flachhügel- 
länder" um  Konstanz  Tierreste  entdeckt  und  auch  Spuren  des  Menschen 
nachgewiesen  worden,  die  von  Penck  (Penck  und  Brückner,  Die  Alpen 
im  Eiszeitalter,  Liefg.  5,  pag.  426)  ins  Magdalenien  verwiesen  werden 
und  nach  ihm  ins  Bühlstadium  (dritte  Phase  nach  Schmidle)  fallen. 

Nach  dem  Erscheinen  der  Schmidleschen  Abhandlung  habe  ich 
Herrn  Leiner  nochmals  um  weiteren  Aufschluss  über  die  Fundstelle 
des  Moschusochsenwirbels  und  der  anderen  erwähnten  Fossilien  vom 
Jakob  gebeten.  Er  schreibt:  „Die  Knochenreste  aus  der  Kiesgrube 
beim  Jakob,  die  Sie  in  Händen  haben,  wurden  in  den  Jahren  1903 
oder  1904  gefunden.  Die  Zeit  weiss  ich  nicht  mehr  genau.  Der 
Mammutstosszahn  wurde  im  Sommer  1905  gefunden.    Ob  die  Sachen 


286  K.  Hescheler. 

alle  in  der  gleichen  Schicht  lagen,  ist  nicht  mehr  festzustellen,  da 
die  Kiesschichten  vollständig  abgegraben  sind.  Es  ist  aber  sehr 
wahrscheinlich,  da  die  Fundstelle  des  Mammutstosszahnes  ziemlich  in 
gleicher  Höhe  liegt  wie  diejenige,  wo  die  anderen  Knochenreste  her- 
stammen, so  viel  ich  mich  erinnern  kann.  Die  beiden  Fundstellen 
sind  auch  weit  auseinander,  an  den  entgegengesetzten  Enden  der 
grossen  Kiesgrube." 

Für  uns  kommt  als  wichtig  insbesondere  in  Betracht,  dass  diese 
Funde,  speziell  der  beschriebene  Moschusochsen  wirbel,  demnach  nicht 
älter  sind  als  die  Kesslerlochsiedelung,  die  nach  den  neuesten  Fest- 
stellungen von  Prof.  J.  Meister  in  die  Achenschwankung  zu  setzen 
ist.  Somit  hat  das  Vorkommen  von  Ovibos  in  der  Kesslerlochfauna 
weiter  an  Wahrscheinlichkeit  gewonnen.  Der  sichere  Nachweis  des 
Moschusochsen  im  Magdalenien  der  Bodenseegegend  ist  natürlich  für 
die  Beurteilung  der  klimatischen  Verhältnisse  dieser  palaeolithischen 
Kulturepoche  von  grösster  Bedeutung.  1878  schon  hat  Ecker  von 
Langenbrunn  im  Donautale  bei  Sigmaringen  Moschusochsenreste  be- 
schrieben (Arch.  f.  Anthrop.,  Bd.  X),  weiter  südlich  aber  in  der  Gegend 
der  Schweiz  war  er  bis  dahin  nicht  bekannt  geworden  (siehe  auch 
Verh.  d.  Schweiz,  naturf.  Ges.  1906,  Über  die  Tierreste  aus  der  Kessler- 
lochhöhle); in  Frankreich  freilich  ging  Ovibos  bis  zum  45.  Breiten- 
grad. Mortillet  (Le  prehistorique,  3.  ed.,  1900,  pag.  399)  sagt,  dass 
er  in  Zentraleuropa  in  der  Mousterienepoche  gelebt  habe.  Er  würde 
sich  also  in  der  Gegend  der  Schaffhauser  Höhlen  noch  im  Magdalenien 
nachweisen  lassen.  Als  parallele  Erscheinung  kann  die  Verbreitung 
des  Rhinoceros  tichorhinus  herangezogen  werden,  von  dem  Mortillet 
pag.  386  schreibt,  dass  „en  France,  bien  que  cite  a  la  base  des  depöts 
de  Solutre,  il  n'a  presque  pas  depasse  l'epoque  mousterienne" ;  in  der 
palaeolithischen  Kesslerlochfanna  spielte  das  Nashorn  als  Jagdtier  des 
Menschen  aber  sicher  noch  eine  Rolle  (S  tu  der,  Knochenreste  vom 
Kesslerloch,  Denkschr.  Schweiz,  naturf.  Ges.,  1904,  und  Verbreitung 
des  Rhinoceros  im  Diluvium  der  Schweiz,  Mitteilg.  d.  naturf.  Ges. 
Bern  a.  d.  Jahre  1904).  Siehe  übrigens  auch  Harle  (Un  cräne  de 
boeuf  musque,  des  Eyzies  (Dordogne),  Bull.  soc.  geol.  France,  IV.  ser. 
t.  1,  1901),  der  Ovibosreste  beschreibt,  die  aus  einer  Schicht  kommen 
mit  Silex,  „dont  la  plupart  sont  de  type  magdalenien,  mais  dont 
quelques-uns  se  rapprochent  des  racloirs  mousteriens." 

Der  oben  beschriebene  fossile  Wirbel  ist,  wie  die  Abbildungen 
auf  Tafel  XIII  zeigen,  lädiert,  die  Querfortsätze  und  der  Dornfortsatz 
sind  abgebrochen. 

Entsprechend  den  Angaben  von  Tscherski  (1.  c.  pag.  96)  Hessen 
sich  folgende  Messungen  ausführen: 


Reste  von  Ovibos  moschatus  Zimra.  aus  der  Gegend  des  Bodensees. 


287 


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288  K.  Hescheler. 

Die  Grösse  des  Lumens  der  Foramina  transversaria  (Gefässkanäle), 
die  bei  den  Halswirbeln  von  Ovibos  auffallend  gering  ist,  zeigt  bei 
den  verschiedenen  Individuen,  deren  Skeletteile  zu  dieser  Untersuchung 
vorlagen,  eine  ganz  bedeutende  Variabilität;  an  einzelnen  Wirbeln 
können  sich  diese  Kanäle  bis  zur  Obliteration  verengern;  der  Durch- 
messer wird  so  klein,  dass  offenbar  kein  Gefäss  mehr  durchziehen 
konnte;  es  wird  das  letztere  in  dem  Falle  ausserhalb  des  Wirbels 
seinen  Weg  genommen  haben. 


Vierteljahrsschrifl  der  Naturf.  Ges.,  Zürich.     Jahr/r,  52.  1907. 


Taf.  XIII. 


Fig.   I.     Ansicht  von  vorn. 


Fig.  2.     Ansicht  von  hinten. 


Halswirbel  von  Ovibos  iiioscliatus.  fossil  von  Konstanz. 


Reduktion  .Uli  ''/i 


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Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau. 

Von 

A.  Ernst. 


Hierzu  Tafeln  XIV -XIX. 


Inmitten  der  Sundastrasse,  zwischen  Java  und  Sumatra,  liegt  eine 
Gruppe  kleiner  Inseln,  welche  vor  einem  Vierteljahrhundert  Schauplatz 
des  grössten  vulkanischen  Ausbruchs  in  historischen  Zeiten  gewesen 
sind:  Krakatau^),  Verlaten  Eiland  und  Lang  Eiland.  Die  drei 
Inseln  umschliessen  ein  fast  kreisförmiges  Becken  von  etwa  vierzig 
Quadratkilometer  Fläche.  An  dessen  Stelle  dehnte  sich  vor  dem 
furchtbaren  Ausbruch  vom  26.  bis  28.  August  1883,  von  den  beiden 
anderen  Inseln  nur  durch  schmale  Meeresarme  getrennt,  der  nördliche 
Teil  der  damals  noch  9  km  langen  und  5  km  breiten  Krakatauinsel. 
In  ihrem  südlichen  Teil  erhob  sich  als  steiler  Kegel  der  832  m  hohe 
Rakäta,    an  welchen   sich  im  Zentrum  der  Insel  der  mehrgipfelige. 


*)  Die  offiziellen  inländischen  Bezeichnungen  sind  Poeloe  (Insel)  Rakäta  für 
Krakatau,  P.  Sertoeng  für  Verlaten  Eiland,  F.  Rakäta  ketjil  für  Lang  Eiland.  Über 
die  Bedeutung  des  Wortes  Krakatau  oder  Rakäta  hat  Verbeek  weder  aus  der  Lite- 
ratur noch  durch  Erkundigungen  Gewissheit  erlangen  können.  Schon  die  offizielle 
Benennung  Rakäta  scheint  eine  abgeänderte  Form  zu  sein,  denn  in  malayischen 
Schriften  tauchen  noch  andere  Schreibweisen  wie  Kalkata,  Karkata  auf.  Der  letzte 
Name  findet  sich  auch  schon  auf  einer  kleinen  Karte  der  Sundastrasse  vom  Jahre  161 L 
Vielleicht  stammt  der  Name  der  Insel  von  den  Sanskritausdrücken  Karta,  Karkata, 
Kartataka  ab,  welche  Krebs,  Krabbe  bedeuten.  Auch  Junghuhn  („Java,  seine  Ge- 
stalt, Pflanzendecke  und  innere  Bauart",  Leipzig  1854,  Band  IV,  Seite  1)  gibt  an, 
dass  Rekata  oder  Rakäta  im  Altjavanischen,  der  sog.  Kawisprache,  Krabbe  bezeichne; 
demnach  würde  der  Name  Poeloe  Rakäta  etwa  „Krabbeninsel"  bedeuten.  Die  jetzt 
gebräuchliche  Form  „Krakatau"  ist  vielleicht  aus  der  amtlichen  Bezeichnung  Rakäta 
im  Sprachgebrauch  der  Seeleute  entstanden.  Seit  der  Eruption  ist  dieser  Name,  der 
auch  den  Eingeborenen  vorher  schon  geläufiger  war  als  Rak;ita,  allgemein  üblich 
geworden.  Andere  Schreibweisen  wie  Krakataoe,  Krakatoa,  Krakatoea,  denen  man  in 
der  Literatur  begegnet,  sind  im  malayischen  Archipel  unbekannt.  Mit  Verbeek  be- 
zeichnen wir  daher  die  Insel  als  Krakatau,  ihren  höchsten  Berg  mit  dem  alten 
Namen  Rakäta. 

Vierteljahrsschrift  d.  Katurf.  Ges.  Zürich.  Jahrg.  52.     1907.  19* 


290  A.  Ernst. 

etwa  400  m  hohe  Danan,  der  Rest  einer  ringförmigen  Krater  wand, 
anlehnte;  nördlich  erstreckte  sich  bis  zur  Küste  hin  das  hügelige, 
von  mehreren  Gipfeln  überragte  Gebiet  des  Perboewatan.  Die  ganze 
Insel  war  vom  Strande  bis  auf  die  Spitze  des  Rakäta  von  un- 
durchdringlichem Urwald  bedeckt.  Nur  im  Gebiet  des  Perboe- 
watan fand  Verb eek  ^),  welcher  dem  nördlichen,  seither  verschwun- 
denen Teil  der  unbewohnten  Insel  im  Juli  des  Jahres  1880  einen 
kurzen  Besuch  abstattete,  einige  bis  zur  Küste  reichende  Lavaströme, 
die,  von  spärlicher  Vegetation  bedeckt,  an  ihrer  Oberfläche  nur  wenig 
verwittert  waren.  Wahrscheinlich  stammten  dieselben  von  dem  einzigen 
bekannten  Ausbruch  im  Jahre  1680  her. 

Schon  seit  langem  hielt  man  die  vulkanische  Tätigkeit  auf  der 
Insel  für  gänzlich  erloschen.  Am  20.  Mai  1883  aber  öffnete  sich 
plötzlich  unter  heftigen,  weit  über  Java  und  Sumatra  hin  hörbaren 
Detonationen  ein  neuer  Krater  am  Perboewatan,  dessen  Auswurfs- 
material, Bimsstein  und  Asche,  schon  nach  wenigen  Tagen  einen 
grossen  Teil  der  Insel,  ebenso  Teile  von  Verlaten  Eiland  mit  einer 
bis  1  m  hohen  Schicht  überdeckte.  Auf  der  Nordseite  des  hohen 
Hauptgipfels  und  auf  dem  ganzen  nördlichen  Teil  von  Krakatau  ragten 
hie  und  da  noch  einige  Baumstämme,  armselige  Reste  des  früheren 
üppigen  Waldes,  aus  der  grauen  Decke  hervor,  während  auf  der  Süd- 
seite des  Kegels,  auf  Lang  Eiland  und  einer  vierten  zwischen  diesem 
und  Verlaten  Eiland  gelegenen,  seit  der  Eruption  vom  27.  August 
völlig  verschwundenen  Insel  „Poeische  Hoed"  die  Vegetation  noch 
wenig  gelitten  hatte. 

Im  Juni  öffnete  sich  ein  zweiter,  Asche  und  Bimsstein  aus- 
werfender Krater  am  Fusse  des  Danan.  Anfang  August  bildeten 
sich  ein  dritter  Krater  und  zahlreiche  dampf-  und  rauchausstossende 
Spalten  an  dem  Südabhang  des  Danan,  welcher  später  vollständig 
einstürzte  und  den  Hauptkrater  für  die  letzten  Eruptionen  bildete. 
Die  Heftigkeit  der  Ausbrüche  steigerte  sich  am  26.  und  27.  August 
zu  der  furchtbaren  Katastrophe,  deren  Wirkungen  zum  Teil  auf  der 
gesamten  Erdoberfläche  wahrgenommen  werden  konnten. 

Die  Detonationen  wurden  nicht  nur  im  Gebiet  des  ganzen 
malayischen  Archipels,  sondern  auch  in  Ceylon,  Birma,  Manilla, 
Neu-Guinea  und  an  der  Westküste  Australiens  gehört.  In  Batavia 
undBuitenzorg  auf  Java,  150  km  vom  Explosionsort  entfernt,  wirkten 
sie  wie  heftige,  aus  nächster  Nähe  abgefeuerte  Artilleriesalven.    Der 


*)  Verbeek,   R.  D.  M.,  Topographische  en  geologische  heschrijving  van  Zuid- 

Sumatra.     Jaarboek  van   het  Mijnwezen  in  N.  0.  J.  ISSl .   Deal  I,   pag.  154 — 156; 
179—181;  214-215. 

Verbeek,    R.  D.  M.,  Krakatau.     Batavia  1885,  pag.  5. 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  291 

erzeugte  Luftdruck  machte  die  Fensterscheiben  klirren  und  erschütterte 
die  Häuser  so  stark,  dass  im  Innern  Gegenstände  von  Tischen  und 
Gestellen  heruntergeworfen  wurden. 

Während  des  Ausbruchs  überschüttete  der  Vulkan  seine  ganze 
Umgebung  bis  in  eine  Entfernung  von  35  km  mit  glühenden  Steinen 
und  heisser  Asche.  Was  nahe  lag,  wie  die  Dörfer  auf  der  von  zwei- 
tausend Menschen  bewohnten  Insel  Sebesi,  erlitt  das  Los  von  Hercu- 
lanum  und  Pompeji.  Ein  dichter  Aschenregen  fiel  über  ganz  Süd- 
Sumatra,  nordwärts  bis  Benkoelen  und  Palembang,  in  Westjava  bis 
über  Batavia  und  die  Preanger  Regentschaften  hinaus;  feiner  Aschen- 
staub  wurde  über  eine  noch  grössere  Fläche,  etwa  600  000  Quadrat- 
kilometer, hingestreut.  In  südwestlicher  Richtung  erstreckte  sich  der 
Aschenregen  sogar  1200  km  weit  und  allbekannt  ist,  dass  allerfeinste 
Teilchen  vermengt  mit  Wasserdampf  in  die  obersten  Luftschichten 
gelangten,  durch  Luftströmungen  über  die  ganze  Erde  verbreitet 
wurden  und  die  prächtigen  Dämmerungserscheinungen  veranlassten, 
die  im  Dezember  1883  überall  zu  beobachten  waren. 

Die  Gesamtmenge  der  von  den  Kratern  der  Krakatauinsel  vom 
Mai  bis  August  1883  ausgeworfenen  Massen  wurde  von  Verbeek  auf 
Grund  eingehender  Berechnungen  auf  18  Kubikkilometer  geschätzt  — 
eine  Schuttmenge,  die  z.  B.  genügen  würde,  um  das  ganze  Gebiet  des 
Kantons  Zürich  mit  einer  Schicht  von  10  m  Mächtigkeit  zu  überdecken. 
Durch  diesen  ungeheuren  Materialverlust  wurden  der  Hauptkrater  und 
die  benachbarten  Teile  der  Insel  in  ihrer  Basis  unterhöhlt  und  am 
Morgen  des  27.  August  erfolgte  die  Hauptkatastrophe:  ein  grosser 
Teil  der  Insel  und  des  umgebenden  Meeresgrundes  stürzte  gleich  einem 
mangelhaft  unterstützten  Gewölbe  zusammen.  Den  Trümmern  nach 
drängte  wie  in  einen  Trichter  von  allen  Seiten  die  See,  türmte  sich 
über  dem  versunkenen  Krater  im  Zusammenprall  wieder  empor  und 
erzeugte  gewaltige  Flutwellen,  die,  gegen  40  m  hoch  und  Felsblöcke 
bis  zu  300  Kubikmeter  Inhalt  mit  sich  führend,  zu  wiederholten 
Malen  über  die  benachbarten  Küsten  Javas  und  Sumatras  herein- 
brachen. Mehrere  Kilometer  landeinwärts  wurde  alles  zerstört;  ganze 
Dörfer  verschwanden  und  gegen  30000  Menschen  fanden  in  der  toben- 
den See  den  Tod.  In  der  flachen  Javasee  drang  die  Flutwelle  nur 
mit  geringer  Gewalt  vor.  Immerhin  erlitten  die  niedrigen  Inseln  in 
der  Bucht  von  Batavia  beträchtlichen  Schaden  und  in  Tandjong 
Priok,  dem  Hafen  von  Batavia,  wurden  am  27.  August  von  Mittag 
an  während  der  nächsten  36  Stunden  nicht  weniger  als  18  Flutwellen 
verzeichnet,  von  denen  die  erste  und  stärkste  eine  Höhe  von  mehr 
als  2  m  besass.  Viel  günstigere  Bedingungen  für  ihr  Fortschreiten 
fand   die  Welle  im  tiefen  Wasser  des  indischen  Ozeans.     Noch  am 


292  A.  Ernst. 

gleichen  Tage  wurden  in  allen  Häfen  desselben  heftige  Stosswellen 
wahrgenommen.  Am  28,  August  hatte  die  Flut  bereits  den  Weg  in 
den  nordatlantischen  Ozean  gefunden  und  wurde  in  Rochefort,  Cher- 
bourg,  Havre  und  anderen  Orten  verspürt. 

Die  geologische  Expedition,  die  zwei  Monate  nach  der  Eruption 
unter  der  Leitung  von  Verbeek  die  Untersuchung  der  Inselgruppe 
vornahm ,  konstatierte  ungeheure  Veränderungen  (vergleiche  das 
Spezialkärtchen  von  Tafel  XIV).  Die  kleine  Insel  „Poeische  Hoed", 
ein  Stück  von  Lang  Eiland  sowie  zwei  Drittel  der  Hauptinsel  mit 
einer  Fläche  von  22,85  km'^  waren  versunken.  Die  Bruchfläche  ging 
mitten  durch  den  Rakäta,  dessen  höchster  Punkt  noch  erhalten  ge- 
blieben war.  Vom  Gipfel  an  fiel  der  Berg  jetzt  in  steiler,  fast  senk- 
rechter Wand  bis  zum  Meeresboden  ab.  An  seinem  Fuss  wie  auch 
draussen  in  dem  neuen  Meeresteil,  der  zwischen  den  früher  dicht 
beisammen  liegenden  Inseln  entstanden  war,  erreichte  das  Lot  erst 
bei  100,  200,  stellenweise  300  m  Länge  den  Grund. 

Lava  schien  während  des  ganzen  Ausbruchs  nicht  geflossen  zu 
sein,  dagegen  zeigten  sich  die  drei  Inseln  von  Bimsstein  und  Aschen- 
schichten überdeckt,  deren  Mächtigkeit  häufig  60  m,  im  Mittel  30  m 
betrug.  Verlaten  Eiland  und  Lang  Eiland  waren  um  diesen  Betrag 
höher  geworden.  Das  erstere  hatte  überdies  rings  an  Ausdehnung 
gewonnen.  Ebenso  hatte  sich  an  der  Südwest-  bis  zur  Südostküste 
der  Krakatauinsel  ein  neuer  Randgürtel  gebildet,  und  zwar  waren 
hier  zu  den  erhalten  gebliebenen  10,7  Quadratkilometern  4,6  Quadrat- 
kilometer Neuland  hinzugekommen.  In  der  kurzen  seit  der  Erup- 
tion verstrichenen  Zeit  von  zwei  Monaten,  waren  durch  die  Tätig- 
keit des  Wassers  schon  tiefe  Täler  und  Schluchten,  teilweise  mit 
6  bis  8  m  hohen  senkrechten  Wänden,  in  die  lockeren  Schichten  ein- 
geschnitten worden.  Auch  war  in  der  Nähe  des  Gipfels,  wo  die 
neuen  Schichten  von  Anfang  an  am  schwächsten  gewesen  sein  mussten, 
hier  und  da  ein  Stück  der  alten  Felsoberfläche  mit  gestürzten  und 
verkohlten  Baumstämmen  blossgelegt.  Überall  aber  waren  die  letzten 
Reste  pflanzlichen  Lebens,  welche  die  ersten  Ausbrüche  noch  über- 
dauert hatten,  unter  der  hohen  Decke  glühenden  Gesteins  völlig  ver- 
nichtet worden.  Die  ehemals  grünen  Inseln  lagen  als  Wüste  traurigster 
Art  da,  einsam  —  19  bis  25  km  entfernt  von  den  benachbarten, 
gleichfalls  halb  verödeten  Inseln  Sebesi  und  Seboekoe,  35  bis  45  km  von 
den  nächstgelegenen  Punkten  der  javanischen  und  sumatranischen 
Küste  —  unbewohnt  und  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  auch  für 
lange  Zeiten  unbewohnbar.  Aber  bald  stellten  sich  die  ersten 
Pioniere  pflanzlichen  und  tierischen  Lebens  ein  und  schon  heute, 
kaum   23  Jahre   nach   der   gänzlichen  Vernichtung  allen  organischen 


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ILLINOIS 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  29S 

Lebens    auf   der    Eilandgruppe,    sind  die    Inseln    von    einem    neuen 

Pflanzenkleid   überzogen,   stellenweise  in   solcher  Üppigkeit,    dass  es 

des  Haumessers   bedarf,    um  mühsam  einen  Weg  durch   dasselbe  zu 
bahnen. 

I.  Ergebnisse  der  Besuche  von  1886  und  1897. 

Es  ist  ein  grosses  Verdienst  des  berühmten  Leiters  der  bota- 
nischen Institute  zu  Buitenzorg  auf  Java,  des  genialen  Forschers 
Melchior  Treub,  das  Studium  der  neuen  Krakatauflora  begonnen 
und  weiterhin  ermöglicht  zu  haben.  Die  bis  heute  zu  drei  verschie- 
denen Malen  vorgenommene  botanische  Durchforschung  der  1883 
vegetationslos  gewordenen  Inseln  hat  ausser  zahlreichen  Aufschlüssen 
allgemein  biologischer  Natur  durch  die  'Feststellung  des  Ver- 
laufs der  Neubesiedelung  einen  der  wichtigsten  Beiträge  zur 
Lösung  der  viel  diskutierten  Frage  nach  der  Herkunft  der  Flora  und 
nach  der  Besiedelungsgeschichte  weit  vom  Festland  entfernter  Inseln 
geliefert.  Die  ältere  Literatur  0  über  dieses  interessante  pflanzen- 
geographische Problem  war,  sofern  sie  sich  auf  direkte  Beobachtung 
gründete,  auf  die  Besiedelungsgeschichte  junger,  aus  dem  Meere 
emporwachsender  Koralleninseln,  also  flachen  abgelegenen  Neulandes, 
und  auf  die  Untersuchung  der  Verbreitungsmittel  der  Pflanzen  von 
älteren  Korallen-  und  Vulkaninseln  angewiesen.  Auf  Krakatau  bot  sich 
nun  Treub  ^)  Gelegenheit  zum  Studium  des  komplizierteren  Problems: 
wie  entsteht  die  Vegetation  eines  inselbildenden  Vulkans,  der  bei 
einer  Eruption  seine  ganze  Pflanzendecke  verloren  hat,  oder  —  was 
auf  dasselbe  hinausläuft  —  wie  entstellt  die  Vegetation  einer  plötz- 
lich aus  dem  Meer  emporgehobenen  hohen  Insel,  und  ferner:  in 
welcher  Reihenfolge  treten  die  neuen  Florenelemente  auf  der  Insel 
auf  und  durch  welche  äussere  Faktoren  wird  die  Neubesiedelung  über- 
haupt vermittelt? 

Den  aus  dem  Meere  emporwachsenden  Koralleninseln  werden 
die  ersten  lebenden  Keime  von  Landpflanzen  durch  die  Meeres- 
strömungen zugeführt,  welche  Früchte  und  Samen,  die  an  der 
Wasseroberfläche  dahintreiben,  an  den  flachen  Strand  tragen.    Einzelne 


*)  Eine  vollständige  Zusammenstellung  derselben  befindet  sich  in:  W. B. Hems- 
ley,  Report  on  present  State  of  Knowledge  of  various  Insular  Floras,  Introduction  to  the 
first  three  Parts  of  the  Botany  of  the  Chall enger  Expedition,  Botany,  Vol.  I. 
pag.  69. 

^)  M.  Treub,  Notice  sur  la  nouvelle  Flore  de  Krakatau.  Annales  du  Jardin 
botanique  de  Buitenzorg,  Vol.  VII,  1S8S. 

M.  Treub,  Over  het  nieuwe  Plantenklecd  van  Krakatau:  Naturkundig  Tijd- 
schrift  vor  Neederlandsch-Indie,  Band  48,  1889. 


^94  A.  Ernst. 

der  gelandeten  Keime  sind  noch  lebensfähig.  Sie  treiben  aus  und 
wachsen,  sofern  die  Lebensbedingungen  nicht  allzu  ungünstig  sind, 
zu  den  ersten  Pflanzen  der  Insel  heran.  Es  ist  schon  lange  bekannt, 
dass  nur  eine  verhältnismässig  kleine  Zahl  von  Pflanzen  in  dieser  Art 
ihr  Verbreitungsgebiet  auszudehnen  vermag.  Die  Vergleichung  der 
Inselfloren  hat  gezeigt,  dass  es  ausschliesslich  Strandpflanzen  sind  — 
im  malayischen  Archipel  gibt  es  ungefähr  320  Arten  —  deren  Früchte 
oder  Samen  die  zu  einer  solchen  Verbreitung  durch  die  Meeres- 
strömungen erforderlichen  Eigenschaften  aufweisen,  d.  h.  die  Fähig- 
keit besitzen,  während  Wochen  oder  Monaten  auf  Meerwasser  zu 
schwimmen,  ohne  ihre  Keimkraft  einzubüssen. 

Als  zweiter  wichtiger  Faktor  für  die  Besiedelung  der  Korallen- 
inseln hat  sich  die  Mitwirkung  der  Vögel  ergeben,  welche  sich  auf 
solchen  Inseln  zum  Ruhen  niederlassen  oder  nach  Nahrung  suchen. 
Sie  können  auf  verschiedene  Art  zur  Bereicherung  der  Inselflora 
beitragen.  Fruchtfressende  Vögel  deponieren  mit  ihren  Exkre- 
menten Samen,  die  den  Darmkanal  unversehrt  passiert  haben.  Ferner 
werden  beim  Ordnen  und  Putzen  des  Gefieders  häufig  Früchtchen  und 
Samen  abgestreift,  die  vermittelst  Häkchen  oder  anderer  Vorrich- 
tungen an  den  Federn  hafteten  oder  zusammen  mit  Erde  und  Schlamm 
an  den  Zehen  mitgetragen  worden  sind. 

Den  Meeresströmungen  und  den  Vögeln  verdanken  zahlreiche 
Koralleninseln  die  ersten  und  verbreitetsten  Pflanzen.  Durch  den  Wind 
und  gelegentlich  durch  andere  Faktoren  werden  denselben  später, 
wie  aus  zahlreichen  Beobachtungen  hervorgeht,  auch  Sporen  und  Samen 
anderer  Pflanzen  zugeführt,  welche  nun  auf  dem  von  ihren  Vorgängern 
schon  veränderten  Substrat  zusagende  Keimungs-  und  Wachstums- 
bedingungen vorfinden  und  rasch  die  noch  vorhandenen  Lücken  in  der 
Inselvegetation  ausfüllen. 

Für  Krakatau  erwartete  nun  Treub  in  Analogie  zu  der  eben 
angedeuteten  Entstehungsgeschichte  der  Flora  rezenter  Koralleninseln 
etwa  folgenden  Gang  der  Besiedelung:^) 

„Le  littoral  de  l'ile  se  couvre  de  plantes  ä  l'aide  des  graines 
amenees  par  les  courants  oceaniques  et  par  les  oiseaux  tout  comme 
chez  les  iles  de  corail.  Les  elements  qui  composent  la  flore  de  cette 
bände  littorale  remonteront  petit-ä-petit  les  versants  de  File;  cela 
est  possible  parceque  la  plupart  de  ces  plantes,  bien  que  preferant 
une  Station  saline,  croissent  vigoureusement  encore  eloignees  de  la 
plage  et  ä  une  assez  grande  altitude.  Cependant,  plus  la  bände  vege- 
tale  originaire   de  la  plage  remonte  et  plus  sa  marche  se  ralentira. 


»)  M.  Treub,   1.  c.  pag.  210. 


Die  neue  Flora  der  Vulkaniiisel  Krakalau.  295 

Finalement  ce  sera  presque  uniquement  par  Tentremise  des  oiseaux 
que  les  parties  les  plus  elevees  de  l'ile  se  peupleront  de  plantes.  Une 
fois  toute  l'ile  couverte  d'un  tapis  vegetal  peu  dense  encore,  le  terrain 
sera  peu  ä  peu  prepare  ä  recevoir  d'autres  plantes  dont  les  spores 
ou  les  graines  sont  amenees  par  le  vent  ou  par  d'autres  causes," 

Ganz  anders  aber  stellte  sich  der  wirkliehe  Gang  der  Besiedelung 
dar.  Im  Juni  1886,  als  die  Insel  von  Treub  zum  ersten  Male  be- 
sucht wurde,  waren  überall,  vom  Strande  bis  zum  Gipfel,  Anfänge 
einer  neuen  Vegetation  vorhanden  und  Treub  konnte  die  wichtige 
Tatsache  feststellen,  dass  die  Besiedelung  des  Strandes  und  des 
Innern  sowie  der  Abhänge  des  Kegels  gleichzeitig,  aber  in 
verschiedener  Weise  und  in  der  Hauptsache  mit  verschie- 
denen Pflanzen  erfolgte.  Als  erste  pflanzliche  Ansiedler  auf  den 
Bimsstein-  und  Aschendecken,  auf  dem  biossliegenden  Gestein  in  den 
Schluchten  des  Bergabhanges  wurden  blaugrüne  Algen  festgestellt, 
denen  —  nach  den  Befunden  der  späteren  Expeditionen  zu  schliessen 
—  wohl  schon  damals  Diatomeen  und  Bakterien  beigemischt  waren. 
Die  schwarzgrüne,  gallertig -schleimige  Schicht,  mit  welcher  diese 
zweifellos  vom  Winde  nach  der  Insel  getragenen,  kleinsten  und  ge- 
nügsamsten Organismen  Bimsstein  und  Asche  überzogen,  bildete  ein 
geeignetes,  nährstoffreiches  Substrat  für  die  Keimung  von  Moos-  und 
Farnsporen  und  der  Samen  von  Blütenpflanzen,  welche  wie  die  ersteren 
infolge  ihrer  Kleinheit  und  ihres  geringen  Gewichtes  durch  die  Luft- 
strömungen auf  die  Insel  gelangten.  Besonders  charakteristisch  für 
die  erste  Epoche  der  Besiedelung  war  das  quantitativ  bedeutende 
Vorherrschen  der  Farne,  die  mit  1 1  verschiedenen,  im  indomalayischen 
Gebiet  weit  verbreiteten  Arten  vertreten  waren,  unter  denen  aber 
nur  zwei  in  der  Strandflora  der  Inseln  vorzukommen  pflegen. 

Ausser  Kryptogamen  wurden  1886  auch  schon  Phanerogamen 
auf  der  Insel  getroffen,  im  Vergleich  zu  den  Farnen  allerdings  erst 
in  verhältnismässig  kleiner  Arten-  und  Individuenzahl.  In  der  Drift- 
zone des  Strandes  fand  Treub  Keimlinge  von  9  Arten  von  Blüten- 
pflanzen, deren  Samen,  durch  die  Meeresströmung  ans  Ufer  getragen, 
dort  gekeimt  hatten,  ferner  Früchte  und  Samen  von  7  weiteren  Blüten- 
pflanzen, welche  wie  die  ersteren  der  typischen  Strandvegetation  des 
malayischen  Archipels  angehören.  Im  Innern  und  an  den  Abhängen 
des  Rakäta  betrug  die  Zahl  der  Phanerogamen- Arten  8,  von  denen 
zwei  mit  an  der  Küste  gefundenen  identisch  waren.  Die  übrigen 
6  Spezies,  vier  Kompositen  und  zwei  Gräser,  also  mit  leichten,  teil- 
weise mit  Flugapparaten  versehenen  Früchtchen  ausgerüstete  Pflanzen, 
waren  offenbar  gleich  den  winzigen  Sporen  der  Kryptogamen  durch 
den  Wind  aus  der  umgebenden  Inselwelt  dem  Neuland  des  Krakatau 


296  A.  Ernst. 

zugeführt  worden.  Durch  Tiere  oder  durch  Vermittlung  des  Menschen 
eingeschleppte  Pflanzen  waren  auf  der  unbewohnten  und  nur  schwer 
zugänglichen  Insel  noch  nicht  vorhanden. 

Das  Problem  der  Erst-  oder  Neu-Besiedelung  einer  weit  vom 
Festlande  abgelegenen  hohen  Vulkaninsel  war  also  durch  Treubs  Be- 
obachtungen in  überraschender  Weise  gelöst  worden.  In  vollständiger 
Abweichung  von  dem  in  Analogie  mit  den  Koralleninseln  zu  er- 
wartenden Besiedelungsverlauf  hatte  sich  als  wichtigster  Befund  er- 
geben, dass  in  der  ersten  Periode  desselben  die  Elemente  der  Strand- 
flora, welche  als  erste  Besiedler  der  Koralleninseln  auftreten,  nur 
einen  verschwindend  kleinen  Anteil  an  dem  neuen  Pflanzenkleid  haben. 
Die  Flora  des  Inselinnern  hatte  sich  nicht  nur  völlig  unabhängig, 
sondern  auch  viel  rascher  als  diejenige  des  Strandes  entwickelt.  Die 
Anzahl  der  im  Innern  vorkommenden  Arten  war  grösser  und  die 
Individuenzahl  besonders  einzelner  Farne  so  bedeutend,  dass  das  Ge- 
samtbild der  entstehenden  Vegetation  durch  diese  Farne  bestimmt 
wurde.  Zwischen  ihnen  erschienen  erst  hie  und  da,  im  Gebirge  so- 
wohl wie  am  Strande,  einzelne  Phanerogamen  eingestreut. 

Es  wäre  nun  von  grossem  Interresse  gewesen,  die  allmählichen 
Veränderungen  dieser  noch  so  artenarmen  und  merkwürdig  zusammen- 
gesetzten neuen  Pflanzenwelt  der  Insel  festzustellen.  Eine  von  Treub 
in  Aussicht  genommene  eingehende  Durchforschung  der  Inselgruppe 
während  der  nächstfolgenden  Jahre  musste  indes  leider  unterbleiben 
und  erst  mehr  als  10  Jahre  später,  im  März  1897  wurde  der  Krakatau- 
insel  durch  Treub,  Penzig^),  Raciborski,  Boerlage  und  Clau- 
triau  der  zweite  Besuch  abgestattet. 

In  den  IO72  Jahren,  welche  zwischen  der  ersten  und  zweiten 
botanischen  Durchforschung  liegen,  hatte  eine  wesentliche  Vermehrung 
der  Artenzahl  von  Küsten-  und  Binnenlandflora  stattgefunden.  Im 
ganzen  wurden  im  Jahre  1897  auf  Krakatau  und  den  ebenfalls  be- 
suchten, im  Jahre  1886  noch  völlig  vegetationslosen  Inseln  Verlaten 
Eiland  und  Lang  Eiland  62  Arten  von  Gefässpflanzen,  50  Phanero- 
gamen und  12  Gefässkryptogamen,  gefunden,  sowie  am  Strande  die  an- 
geschwemmten Samen  und  Früchte  von  weiteren  26  Blütenpflanzen  ge- 
sammelt. Der  Pflanzenbestand  der  Insel  war  ein  dichterer,  stellenweise 
geschlossener  geworden,  die  Bildung  charakteristischer  Pflanzen- 
vereine, Formationen,  hatte  begonnen.  Auf  allen  drei  Inseln  fand 
sich  am  Strande  vorherrschend  die  als  Pes  Caprae-Formation  be- 
zeichnete Pflanzengesellschaft.  Mangrom  fehlte  gänzlich  und  zu 
Strandwaldungen  war  erst  auf  Verlaten  Eiland  ein  Anfang  gemacht. 


*)  Penzig,  0.,    Die   Fortschritte   der   Flora    des    Krakatau.     Annales    du  jardin 
botanique  de  Buitenzorg  1ÜÜ2.     II.  sene,  Vol.  III,  pag.  92— 113. 


"L 


Vierte'jahrsschrift  der  Naturf,   Ges.   Zürich,     Jahrg.  52.     1907. 


taf.   XV. 


rhut.  :    A.  Ernst. 


Fig.  3.    Ansicht  der  Krakatauiiisel  von  Norden. 

(pag.  326). 


:                                                    ,/ 

^^ämBBk^ 

1^^ 

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J'hot..-  A.Ktnat. 


Fiy.  4.     Gipfel  des  Kakata  (882  m)  mit  der  Abbriicliwand. 

(pag.  323). 


.NivEBsnv  M '^'•""'"' 


t)ie  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakataü.  29? 

Weiter  landeinwärts  bildete  das  Pflanzenkleid  eine  Art  Savanne 
oder  Grassteppe  mit  zum  Teil  mehr  als  mannshohen  Gräsern,  die 
vielerorts  sich  zu  dichtem  Dschungel  vereinigten.  Auf  den  Hügeln  und 
Gräten  fanden  sich  niedrigere  Gräser,  mit  zahlreichen  Farnen  und 
spärlichen  Phanerogamen  gemischt.  An  den  Felswänden  herrschten 
noch  wie  1886  die  Farne  stark  vor.  Sträucher  waren  erst  spärlich 
vertreten  und  Bäume  fehlten  fast  ganz. 

Unter  den  bis  1897  auf  der  Inselgruppe  aufgetretenen  53  Phanero- 
gamen waren,  wie  Penzig  annimmt,  32  Arten  (60,39 ^o)  durch  die 
Meeresströmungen,  17  Arten  (32,07  7»)  durch  den  Wind  der  Insel 
zugeführt  worden  und  nur  4  (7,54  70)  schienen  durch  Vermittlung 
von  fruchtfressenden  Tieren  oder  von  Menschen  auf  die  verödeten 
Inseln  gelangt  zu  sein. 

II.  Die  Exkursion  vom  24.-27.  April  1906  in  das  Gebiet  der  Snndastrasse 

und  nach  Krakatau. 

Während  meines  Aufenthaltes  in  Buitenzorg  wandte  ich  mich 
gemeinschaftlich  mit  Herrn  C.  A.  Backer,  dem  Verfasser  einer  umfang- 
reichen in  Druck  befindlichen  „Flora  von  Batavia",  mit  der  Bitte  an 
Professor  Treub,  noch  einmal  einen  Ausflug  zum  Studium  der 
Krakatauflora  zu  organisieren.  In  liebenswürdigster  Weise  ging  er 
darauf  ein.  Auf  seine  Verwendung  hin  wurde  von  der  Regierung  für 
die  geplante  Fahrt  ein  kleiner  Küstendampfer  zur  Verfügung  gestellt, 
der  in  jener  Zeit  zur  Ablösung  des  Leuchtturmpersonals  einige 
Küstenpunkte  im  Gebiete  der  Sundastrasse  zu  besuchen  hatte.  Die 
Dauer  der  Exkursion  wurde  auf  4  Tage  und  die  Abreise  auf  den 
24.  April  festgesetzt.  Leider  war  Herr  Professor  Treub  durch  Krank- 
heit verhindert,  an  der  Fahrt  teilzunehmen,  welche  nunmehr  noch  zwei 
weitere  an  's  Lands  Plantentuin  in  Buitenzorg  studierende  Botaniker, 
die  Herren  Dr.  Pulle  aus  Holland  und  Prof.  Dr.  Campbell  aus 
Kalifornien,  mitmachten. 

I.  Vegetation  und  Flora  der  Koralleninsel  Edam. 

Am  Morgen  des  24.  April  1906  verliess  die  „Snip"  („Schnepfe"), 
bei  prächtigem  Wetter  den  Hafen  von  Tandjong  Priok,  um  zwischen 
den  zahlreichen  kleinen  Koralleninseln  hindurch,  welche  der  Nord- 
westküste Javas  vorgelagert  sind,  westwärts  zu  steuern.  Unser 
erstes  Ziel  war  die  kaum  12  km  entfernte  Insel  Edam,  welche 
früher  wie  Onrust,  Leyden  und  andere  der  kleinen  Inseln  ausser- 
halb des  Hafens  von  Batavia  bewohnt  wurde.  Heute  haust  auf  der- 
selben nur  noch  der  europäische  Aufseher  des  grossen  Leuchtturmes 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.   Jahrg.  52.    1907.  20 


298  A.  Ernst. 

mit  Familie  und  einigen  javanischen  Dienern.  Die  unwirtlichen  Inseln 
mit  ihren  Häusertrümmern  und  überwachsenen  Strassen  sind  der  Herd 
einer  gefährlichen  Malaria.  Ganze  Schwärme  von  Mücken  sollen  nachts 
die  Bewohner  überfallen  und  werden  auch  tags  über  beim  Durch- 
streifen des  Dickichts  lästig.  Der  intensive  Geruch  nach  verwesenden 
Meertieren  und  Pflanzen,  die  bei  der  grossen  Luftfeuchtigkeit  fast 
unerträgliche  Hitze  lassen  schon  nach  kurzem  Aufenthalt  ahnen, 
welch  verderbliche  Folgen  ein  längeres  Verweilen  auf  einem  dieser 
Eilande  für  den  menschlichen  Körper  haben  muss.  Die  Leuchtturm- 
wächter halten  es  hier  auch  trotz  relativ  hoher  Besoldung  nichb  lange 
aus  und  kehren  mit  ihren  Familien  nach  1  —  3  Monaten  Dienst  für 
längeren  Urlaub  nach  Batavia,  in  ein  gesunderes  Klima  zurück. 
Die  Insel  ist  von  weisser  Brandung  umgürtet;  auf  schmaler  Einfahrt 
tanzt  das  Boot  einem  kleinen  Steindamm  entgegen,  der  auf  dem 
Korallenriff  zur  Erleichterung  der  Landung  aufgebaut  worden  ist. 
Während  in  wiederholter  Fahrt  die  Nahrungsmittel  für  die  wenig- 
köpfige  Inselbevölkerung,  das  Petroleum  für  die  Leuchtturmlampe  ge- 
landet, Postsachen  und  Monatslöhne  ausgeteilt  werden,  haben  wir 
Zeit,  die  Insel  zu  durchstreifen.  Auf  einer  mit  hohen  Gräsern  über- 
wachsenen Strasse,  am  kleinen  Gemüsegarten  und  einer  Kokospflanzung 
vorbei,  gelangen  wir  durch  verwildertes  Kulturland  ins  Innere  und 
an  den  gegenüberliegenden  Strand,  wo  in  breitem  Streifen  die  ur- 
sprüngliche Vegetation  erhalten  ist. 

Am  Wege  finden  sich  zahlreiche  Exemplare  einer  grossen,  baum- 
artigen Euphorbiacee,  PhijUanthus  Emhlica.  Von  denselben  hängen 
wirre  Strähnen  und  dichte  Knäuel  gelbgrüner  und  bräunlicher  Fäden 
herab.  Alle  Äste  und  Zweige  dieser  Bäume  sind  mit  einem  dichten 
Netzwerk  ähnlicher  Fäden  überzogen  und  gleiches  Flechtwerk  bedeckt 
unter  den  Bäumen  auch  die  Gräser  und  Kräuter.  Die  langen  Fäden 
sind  die  Stengel  einer  windenden  Schmarotzerpflanze,  Cassytha  fili- 
formis,  die  in  ihrer  ganzen  Gestaltung  auffallend  an  unsere  ein- 
heimischen Cuscutam^iQn  erinnert,  obschon  sie,  zur  Familie  der 
Lauraceeii  ^ehövcndi,  mit  jener,  einev  Co/ivolridacee,  gar  nicht  näher 
verwandt  ist.  Ihr  Vegetationskörper  setzt  sich  wie  derjenige  von 
Cuscuta  aus  einem  verzweigten  System  windender  Achsen  zusammen, 
an  welchen  umgewandelte  Adventivwurzeln  als  Saugfortsätze  die  Ver- 
bindung mit  den  Geweben  der  Wirtpflanze  herstellen.  Die  eigenen 
Wurzeln  sind  verschwunden,  die  Blätter  zu  kleinen,  unscheinbaren 
und  funktionslos  gewordenen  Schuppen  reduziert.  Die  reproduktiven 
Teile  dagegen,  Blüten  und  Früchte,  sind  reich  entwickelt  und  sitzen 
in  grösseren  kugeligen  oder  länglichen  Ständen  beisammen.  Die 
weissen  Früchte  heben  sich  scharf  aus   dem  Geflecht  von  Wirt  und 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  29d 

Schmarotzer  ab;  die  Vögel  stellen  ihnen  eifrig  nach  und  tragen  durch 
Verschleppung  der  Samen  wesentlich  zur  Verbreitung  dieser  inte- 
ressanten Strandpflanze  bei,  welche  ihrer  parasitischen  Lebensweise 
noch  nicht  so  vollständig  angepasst  ist  wie  Cuscuta.  Sie  vermag 
noch  selbstständig  zu  assimilieren  und  geht  als  Onuu'ror  fast  auf 
alle  Pflanzen  der  Strandvegetation  über.  Im  Innern  der  Insel  findet 
sich  ein  Dickicht  verschiedenartiger  Bäume  und  Sträucher.  Neben 
PliyUatithus  Emhlica  und  PhijlUnfthus  siuqjlex  findet  sich  Aca- 
hjpJie  indica  als  weiterer  Vertreter  der  an  halophilen  Arten  reichen 
Familie  der  Euphorbiaceen,  von  Leguminosen  Bauhinia  Blanroi  und 
Leucaena  glauca,  deren  junge  Früchte  und  reife  Samen  im  Archipel 
als  Zutat  zur  Reistafel  genossen  werden.  Der  Boden  ist  mit  Kräutern, 
Stauden  und  Sträuchern,  vornehmlich  aus  den  Familien  der  Gräser, 
Cijpe)-aceen,  Compositen,  Labiaten  und  Leyutninosen  überdeckt. 
Der  uns  begleitende  Aufseher  mahnt  beim  Eindringen  in  das  Gebüsch 
zur  Vorsicht,  da  hier  ausser  der  3  bis  4  m  langen,  aber  ungefährlichen 
„Riesenschlange",  Python  reticularis,  auch  einige  kleinere,  gefähr- 
liche Giftschlangen  vorkommen. 

Die  Südküste  der  Insel  ist  flach  und  sandig.  Ein  breiter  Streifen 
wird  von  einer  niedern,  fast  strauchlosen  Vegetation  überdeckt.  Die 
beiden  Charakterpflanzen  derselben  sind  Spiuifex  squa/'rosus  und 
Ipomaea  pes  Caprae.  Beide  sind  dem  Leben  im  Strandgebiete  in 
vorzüglicher  Art  angepasst.  Spinifex  squarrosus  ist  ein  starres,  bläu- 
lich schimmerndes  Gras  mit  Büscheln  gerundeter  scharf  -  spitziger 
Blätter,  die  durch  harte,  im  Sande  verborgene  Ausläufer  miteinander 
verbunden  sind.  Die  niedere  Wachstumsform,  die  Verankerung  der 
Stöcke  im  lockeren  Sande  durch  tiefgehende  Wurzeln  sind  Anpassungen 
an  den  häufigen  und  starken  Winden  ausgesetzten  Standort. 

In  vorzüglicher  Weise  macht  sich  aber  Spinifex  diesen  für  die 
vegetative  Gestaltung  ungünstigen  Faktor  zur  Verbreitung  der 
Früchte  dienstbar.  Die  Fruchtstände  sind  von  auffallender  Grösse 
und  vollkommen  kugelig.  Die  Ahrchen  sitzen  dichtgedrängt  im 
Zentrum  der  kopfgrossen  Kugeln  an  der  Basis  langer,  steifer  Spindeln, 
die  borstenförmig  nach  allen  Seiten  ausstrahlen.  Die  reifen  Frucht- 
stände fallen  ab  und  werden  vom  Winde  wie  federleichte  Bälle ')  über 
den  Strand  gerollt,  bis  sie  an  andern  Pflanzen  hängen  bleiben  oder 
ins  Wasser  geweht  ein  Spiel  der  Wellen  werden.  Während  des  Fort- 
rollens fallen  einzelne  Früchtchen  heraus,  andere  aber  bleiben  länger 


')  S.  a.  Goebel,  K.,  Pflanzenbiologisclie  Schilderungen,  Bd.  1,  1889,  jiag.  135. 
Die  eigentümliche  Verbreitungsweise  dieser  Fruchtstände  ist  aucli  dem  Javanen 
wohlbekannt.  Die  malayische  Bezeichnung  der  Pflanze  ist  djoekoet  lari  lari,  d.  h. 
„laufendes  Gras"  (Miijuel  1.  c.  III,  pag.  474). 


300  A.  Ernst. 

mit  dem  Fruchtstaud  in  Verbindung,  mit  dem  sie  durch  den  Wind 
über  weite  Strecken  des  Strandes  oder  durch  das  Wasser  an  andere 
Inseln  getragen  werden.  Zwischen  den  Rasen  von  Spinifex  squarrosus, 
der  Ipomaea  pes  Caprae  und  Iponiaea  pes  Tigridis  erheben  sich 
einzelne  Sträucher  und  höhere  Kräuter,  von  denen  die  in  zahlreichen 
stattlichen  Exemplaren  vorkommende  Tacca  pinnatiflda  mit  ihren 
zwei  bis  vier  grossen  schirmförmigen  Blättern  und  dem  starken  Frucht- 
stand am  meisten  auffällt. 

An  der  Nordostküste  rücken  Bäume  und  Sträucher  bis  zum 
Wasser,  ja  bis  in  dasselbe  hinein  vor.  Wir  finden  hier  einen,  wenn 
auch  nicht  sehr  mannigfaltigen  Mangrovegürtel,  an  kleinen  Korallen- 
inseln sonst  eine  nicht  gar  häufige  Erscheinung.  Er  setzt  sich  auf 
Edam  vornehmlich  aus  den  Rhizophoraceen  Bhizophora  conjugata, 
Brugiera  gymnorhiza,  Brugiera  caryophylloides  und  den  Lythra- 
ceen  Sonneratia  alba  und  Pemphis  acidula  zusammen. 

Ein  grosser  Teil  des  früher  in  Kultur  genommenen  inneren 
Landes  der  Insel  ist  jetzt  mit  Gräsern,  im  besonderen  der  mehr  als 
mannshohen  Imperata  arundimicea  bedeckt.  An  den  Wegrändern 
finden  sich  in  Menge  die  auf  Java  überall  zusammen  vorkommenden 
Verbenaceen  Stachytaipheta  indica  mit  blauen  Blüten  und  Lantana 
Caniara ,  deren  Blütenstände  in  den  verschiedensten  Nuancen  von 
Gelb  und  Rot  schimmern,  ferner  zahlreiche  Compositen,  die,  wie 
Bidens  pilosus,  Vernonia  cinerea  und  Wedelia  glabrata  in  den 
wärmeren  Gegenden  der  ganzen  Welt  verbreitet  sind  oder  wie  Tridax 
procumhens  und  im  besonderen  Synedrella  nodiflora  aus  der  neuen 
Welt  sich  über  die  Tropen  der  alten  Welt  verbreitet  haben.  Die 
Ausbeute  der  kaum  zweistündigen  Exkursion  war  eine  beträchtliche. 
Sie  bestand  aus  75  Phanerogamen  und  2  Gefässkryptogamen.  Auf 
dem  Korallenriffe  hatte  ich  ferner  12  verschiedene  Grünalgen,  vor- 
wiegend Caulerpa-,  Udotea-,  Halimedaarten ,  ferner  einige  Rot-  und 
Braunalgen  sammeln  können. 

Da  die  Zusammensetzung  der  Flora  auf  den  benachbarten  Inseln 
wohl  eine  ähnliche  sein  dürfte  wie  auf  Edam  und  unsere  Funde 
ein  interessantes  Vergleichsmaterial  mit  denjenigen  auf  anderen 
Koralleninseln  bieten,  wie  sie  z.  B.  von  Scliimper')  und  Guppy^) 
beschrieben  worden  sind,  sei  es  gestattet,  an  dieser  Stelle  das  Ver- 
zeichnis^) der  Flora  von  Edam  folgen  zu  lassen. 


')  Schimper,  A.F.W.,  Die  indo-malayische Strandflora.  Jena  1891,  pg.l85— 188. 

'*)  Guppy,  H.  B.,  The  dispersal  of  Plants,  as  illustrated  by  the  flora  of  the 
Keeling  or  Cocos  Islands. 

^)  Die  von  den  Herren  C.  A.  Back  er  und  Dr.  Pulle  auf  Edam  und  den  andern 
auf  unserer  Krakatauexkursion  besuchten  Inseln  und  Küstenpunkten  gesammelten 
Pflanzen  sind  von  Herrn  Back  er  bestimmt  worden,  der  in  gütiger  Weise  auch  die 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau. 


301 


Angiospet^niae , 

Farn.  Compositae : 


Farn.  Goodeniaceae . 
Farn.  Rubiaceae: 


Farn.  Lahiatae. 


Farn.    Verbenaceae 


Farn.  Borraginaceae: 
Fam.  Co/ivolvulaceae. 


Farn .  Asclepiadaceae : 
Fam.  Myrtaceae: 
Fam.  Rhizophoraceae . 


Fam.  Lijthraceae: 

Fam.  Passifloraceae . 
Fam.  Sterculiaceae : 
Fam.  Maluaceae: 
Fam.    Vitaceae: 


Bidens  pilosus  L. 
X  Eclipta  alba  Hassk, 
Synedrella  nodiflora  Gaertn. 
Tridax  procumbens  L. 
Vernonia  cinerea  (L.)  Less. 

•  Wedelia  glabrata  B.  et  H. 
X  Scaevola  Koenigii  Vahl. 

X  Guettarda  speciosa  L. 
xMorinda  citrifolia  L. 

•  Oldenlandia  umbellata  L. 

•  Anisomeles  albiflora  Miq. 
Leucas  linifolia  (Roth)  Spreng. 

•  Ocimum  basilicum  L. 

X  Clerodendron  inerme  Gaertner. 

Lantana  Camara  L. 
xPremna  foetida  Reinw. 

Stachytarpheta  indica  Vahl. 
X  Vitex  Negimdo  L. 
X  Cordia  subcordata  Lam. 

Calonyction  asperum  Chois. 
Xlpomaea  Pes  Caprae  Sw. 

•  Ipomaea  Pes  Tigridis  L. 
X  Hoya  spec. 

•  Eugenia  Jambolana  Lam.  (?) 
xBrugiera  caryophylloides  Bl. 
X  Brugiera  gymnorhiza  Lam. 
xRhizophora  conjugata  L. 

X  Pemphis  acidula  Forst. 
xSonneratia  alba  Smith. 

•  Passiflora  foetida  L. 
Sterculia  foetida  L. 

X  Thespesia  populnea  Corr. 

•  Vitis  trifolia  L. 


Revision  und  teilweise  Bestimmung  der  von  mir  gesammelten  Gefässpflanzen  be- 
sorgte. Das  mir  von  Herrn  Backer  übermittelte  alphabetische  Verzeichnis  unserer 
Ausbeute  an  Phanerogamen  und  Gefässkryptogamen  wird  entweder  im  , Verslag  van 
's  Lands  Plante ntuin  teBuitenzorg"  oder  in  den  ,Medeelingenuit's  Lands 
Plantentuin  te  Buitenzorg"  im  Druck  erscheinen.  Der  Übersichtlichkeit  halber 
habe  ich  in  dieser  und  den  folgenden  Pflanzenlisten  die  Anordnung  nach  Familien 
getroffen  und  noch  die  Namen  einiger  Pflanzen  eingesetzt,  deren  Vorkommen  ich 
n  meinen  ausführlichen,  an  Ort  und  Stelle  gemachten  Notizen  vorgemerkt  habe, 
von  denen  indessen,  da  es  sich  um  weitverbreitete  und  allgemein  bekannte  Pflanzen 
handelte,  keine  Belegexemplare  mitgenommen  worden  waren. 


302 


A.  Ernst, 


Fam.  Rhamnaceae: 


Farn.  Sapindaceae : 

Fam.  Anacardiaceae . 
Fam.  Euphorbiaccae . 


Fam.  Meliaceae: 
Fam.  Leguminosae. 


Fam.  Lauraceae: 

Fam.  Portulacaceae: 

Fam .  Aizoaceae : 

F  am .  ^'^z/  c  tag  ii  i  a  ceae. 

Fam.  Amarcuitaceae . 

Fam.   Taccaceae: 
Fam.  Palmae: 
Fam.  Cyperaceae: 


Fam.  Gramineae. 


X  Colubrina  asiatica  Brongn. 
•Sageretia  oppositifolia  Biongn. 
X  Zizyphus  lujuba  Lam. 

•  Allophylliis  Cobbe  Bl. 
Schleichera  trijuga  Willd. 
Buchanania  florida  Schauer. 

•  Acalyphe  indica  L. 

X  Euphorbia  Atoto  Forst. 

•  Phyllanthus  Emblica  L. 

•  Phyllanthus  simplex  Müll.  Arg. 
Ricinus  communis  L. 

X  Carapa  molucceusis  Lam. 
xAbrus  precatorius  L. 

Bauhinia  Blancoi  Baker. 
X  Canavalia  obtusifolia  D.C.  ■ 

•  Crotolaria  Saltiana  Andr. 
xDesmodium  triflorum  D.C. 

•  Indigofera  tinctoria  L. 
Leucaena  glauca  Benth. 

•  Zornia  diphylla  Pers. 
X  Cassytha  filiformis  L. 

X  Hernandia  peltata  Meisn. 

•  Portulacca  australis  Endl. 
xPortulacca  oleracea  L. 

X  Sesuvium  portulacastrum  Willd. 
xBoerhavia  repanda  Willd. 

•  Aerua  lanata  (L.)  Juss. 

X  Achyranthes  aspera  Lam. 
X  Tacca  pinnatifida  Forst. 
X  Cocos  nucifera  L. 
XCyperus  pennatus  Lam. 

•  Cyperus  hyalinus  Vahl. 

•  Fimbristylis  spathacea  Roth. 
Andropogon  contortus  L. 
Eleusine  aegyptiaca  Desv. 
Eragrostis  tenella  R.  et  Seh. 
Imperata  arundinacea  Cyr. 
Paspalum  distichum  L. 
Paspalum  sanguinale  Lamk. 

X  Spinifex  squarrosus  L. 
X  Thuarea  sarmentosa  Pers. 
X  Zoysia  pungens  Willd. 


Die  neue  Flora  der  Yulkaninsel  Krakatau.  303 

JPtet'idoifJitjta: 

Farn.  PoJypodiaceae:  XPolypodium  quercifolium  L. 

Polypodium  acrostichoides  Forst. 
Drymoglossiim  spec. 

Nicht  weniger  als  36  dieser  Pflanzen  (in  der  Liste  mit  X  bezeichnet) 
sind  im  Schimperschen  Verzeichnis  ^)  der  indo-mahiyischen  Strandflora 
als  typische  Halophyten  aufgeführt  und  weitere  19  Arten  (in  der  Liste 
mit  •  bezeichnet)  gehören  Gattungen  an,  aus  denen  ebenfalls  charak- 
teristische Strandpflanzen  bekannt  sind.  Für  die  Mehrzahl  dieser 
Pflanzen  ist  festgestellt,  dass  ihre  Samen  und  Früchte  leicht  über  das 
Meer  gelangen  können  und  durch  die  Meeresströmungen  verbreitet 
werden.  Für  eine  kleinere  Zahl  derselben  dürfte  in  Anbetracht  des 
verhältnismässig  kleinen  Abstandes  der  Insel  von  Java  auch  Über- 
tragung durch  Winde  stattgefunden  haben.  Es  sind  dies:  EcJipUt 
alba.  Wedelia  glahrata,  Cyperus  hyalinus,  Fifnbrisfijlis  spdthacea, 
Polypodium  quercifolium,  oder  durch  Vögel:  Scaevola  Koenigii, 
Morinda  cifrifolia,  Clerodemlron  inerme,  Premna  foetida,  Vifex 
Ke(/u/ido,  AllophyUus  Cobhe,  Cassytha  ßliformis. 

Ausser  den  zahlreichen  Vertretern  indo-malayischer  Strandflora 
haben  sich  auf  Edam  auch  eine  grössere  Anzahl  von  Binnenland- 
pflanzen angesiedelt.  Einzelne  derselben,  wie  Sterculia  foetida, 
Phylhnithus  Emblica,  P/iyllanfhus  simplex,  Leucaena  glauca, 
Schleichera  trijuga.  Ricinus  communis  und  Indigofera  tinctoria, 
sind  jedenfalls  durch  den  Menschen  eingeführt  worden,  für  andere, 
wie  Synedrella  nodiflora,  Anisomeles  albiflora,  Leucas  linifolia, 
Lantana  Caniara  und  Stachytarphefa  itidica  ist  teils  Einschleppung 
durch  Menschen,  teils  Übertragung  durch  Vögel  möglich.  Die  beiden 
Farne  Polypodium  acrostichoides  und  Drymoglossum  spec,  einzelne 
der  Compositen,  Bidois pilosus,  Trida x  procumbens  xxndi  Ver/io/iia 
cinerea,  die  Früchtchen  der  Gramineen  Andropogon  contortus. 
Eleusine  aegyptiaca,  Eragrostis  tenella,  Imperata  arundi)iacea, 
Paspalum  distichum  und  Paspalum  sanguinale  werden  durch  den 
Wind  vom  benachbarten  javanischen  Festlande  herübergetragen  wor- 
den sein.  Wohl  in  ungefähr  gleicher  Art  wie  auf  Edam  dürfte  sich 
die  Flora  der  anderen  früher  bewohnten  Inseln  vor  dem  Hafen  Batavias 
aus  typischen  Strandgewächsen  und  eingeschleppten  Binnenlandpflanzen 
zusammensetzen,  während  auf  den  entfernteren  Inseln  wie  denjenigen 
der  „Duizend  Eilanden",  von  denen  einige  von  Schimper  besucht 
worden  sind,  die  ganze  Pflanzenwelt  aus  Arten  der  Strandformation 
Javas  gebildet  wird. 


1)  Schimper,  A.  F.  W.,  1.  c.  pag.  100. 


304  A.  Ernst. 

IpxS  Gebiet  der  tausend  Inseln  geht  nun  zunächst  auch  unsere 
Fahrt.  Das  Schiff  steuert  der  25  km  entfernten  Insel  Pajoeng  zu, 
die,  umgeben  von  den  Hörn-  und  Agenieten-Eilanden,  etwa  20  km 
von  der  javanischen  Küste  abliegt.  Auf  der  östlichsten  von  drei 
Inseln,  die  von  einem  etwa  100  m  breiten  Korallenriff  umzogen  ist, 
steht  wieder  ein  Leuchtturm  mit  einigen  Wohngebäuden.  Der  Küste 
entlang  zieht  sich  östlich  ein  niederer,  ins  Wasser  vorgeschobener 
Mangrovesaum,  westlich  erhebt  sich  hinter  sandigem  Strande,  der  mit 
Ipomaea.  Spinifex  und  Vigna  lutea  bewachsen  ist  und  uns  während 
des  kurzen  Aufenthaltes  eine  reiche  Sammlung  grosser  und  bunter 
Muschel-  und  Schneckenschalen  spendet,  der  dunkle,  von  hellgrauen 
Casuarinen  durchbrochene  Barringtoniawald. 


2.  Am  Strande  von  Vlakke  Hoek  (Sumatra). 

Vor  Einbruch  der  Nacht  erreichen  wir  Poeloe  Babi,  eine  grössere 
Insel  mit  bewaldeter  Küste  und  während  der  Nacht  trägt  uns  das 
Schiff  zwischen  Sebesi  und  Seboekoe  hindurch  an  die  sumatranische 
Küste.  Am  folgenden  Morgen  liegt  die  „Snip"  schon  vor  Sonnen- 
aufgang vor  der  Leuchtturmstation  „Vlakke  Hoek"  an  der  Südspitze 
der  westlichsten  von  den  drei  Halbinseln  Südsumatras.  60  m  hoch 
ragt  der  eiserne  Turm  aus  dem  dunkeln  Strandwalde  empor.  Als  am 
27.  August  1883  die  Flut  hier  —  103  km  von  Krakatau  entfernt  — 
15  m  hoch  über  den  flachen  Strand  hereinbrach,  widerstand  der  Turm 
der  Gewalt  der  Wellen;  die  benachbarten  aus  Stein  und  Eisen  kon- 
struierten Bauten  dagegen  wurden  weggerissen,  Balken  und  Eisenteile 
fanden  sich  später  in  grosser  Entfernung  im  Gewirr  der  gestürzten 
Bäume. 

Noch  heute  sind  in  der  Vegetation  von  Vlakke  Hoek  nicht  alle 
Spuren  der  vor  24  Jahren  erfolgten  Verwüstung  verschwunden.  In 
der  Umgebung  der  kleinen  Ansiedelung  ist  ein  neuer  Kokoswald  ent- 
standen. Ein  Teil  des  verwüsteten  Kulturlandes  aber  ist  mit  Im- 
perata  arundinacea,  dem  im  Archipel  weit  verbreiteten  Alang 
Alanggras  bedeckt,  das  überall  Waldschläge  und  verlassene  Felder 
mit  hohem  Teppich  überkleidet  und  nur  langsam  dem  neu  empor- 
wachsenden Walde  weicht. 

Der  Strand  von  Vlakke  Hoek  (Tandjong  Rata  der  Eingebornen) 
ist  flach  und  sandig.  Östlich  der  Niederlassung  ist  dem  Strande  ein 
grosses  rechteckiges  Korallenriff  vorgelagert,  an  dessen  äusserm  Rande 
sich  die  Wellen  schäumend  brechen.  Die  steigende  Flut  verhinderte 
leider   die    algologische    Durchforschung    des    Riffes,    die,    nach   den 


Vierteljahrsschrift  der  Naturf,   Ges.  Zürich.     Jahrg,  52.     1907. 


Taf,  XVI. 


Nt^ 


."■■■■-■1       '■  ■^^^*^Si^i^-^^^'~:J^^^^i^-^S^^^»^^^ 


I'/iot    :   A.   Ernst. 


Fiy.  5,    Driftzone  an  der  Südostküste  von  Krakatau. 

Im   Hintergrund   Sfrandwald   (pag.   316). 


Hiul.:     A.  Ernst. 


'i(j.  6.    Stran<lel)ene  zwischen  der  Al)l)riieh\\'and  mid  dem  Vorf)el)ir(je  „Zwarte  Hoek' 

Im  Vordergrund  die   langen^   kriechenden   Sprosse  von   Ipomaea   pes  caprae  und   Vigna   lutea   (pag.  324). 


Of  'HE 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  305 

interessanten  Funden  am  Strande  zu  schliessen,   offenbar  eine  reiche 
Ausbeute  geliefert  hätte. 

Mangrove  fehlt  in  der  Umgebung  von  Tandjong  Rata.  Spinifex- 
und  Barringtoniaformation  wechseln  mit  einander  ab.  Vielerorts  eilen 
die  Flutwellen  über  den  feinen  Sand  bis  zum  halb  fj-ei  gelegten  Wurzel- 
werk der  äussersten  Bäume  des  Strandwaldes  empor.  Wo  der  Wald 
sich  weiter  von  der  Küste  entfernt,  sind  grössere  und  kleinere  Flächen 
mit  Spinifex  squan^osus,  Ipomaea  pes  caproe  überdeckt,  finden  sich 
Sträucher  von  Hibiscus  tiliaceus,  Hernandia  peltata,  Coluhrina 
asiatica,  schimmern  die  graugrünen  Blätter  von  Tournefortia 
argentea.  Unter  den  niedern  Bäumen  und  Sträuchern  der  Legumi- 
nosen Desmodium  umhellatiun,  Pongamia  glahra,  Sophora  tomen- 
tosa  finden  sich  das  schön  blühende  Gras  lliuarea  sarmentosa ; 
ferner  die  Gräser,  Zoijsia  pilngens  und  Oi^Usmenus  compositiis, 
die  Cyperacee  Fimhristijlis  spathacea,  einige  Farne  mit  einfach 
gefiederten  Blättern,  Neplirolepis  hirsutula  und  grosse  Büsche  von 
Acrostichum  aureum.  Cassytha  fiUformis  schmarotzt  auch  hier 
auf  verschiedenen  Kräutern  und  Sträuchern.  Weiterhin  finden  sich 
zahlreich  Scaevola  Koenigii,  eine  Goodeniacee  mit  Büscheln  fleischig- 
saftiger, hellgrüner  Blätter  an  den  Enden  der  langen  Zweige  und 
regelmässig  aufgebaute  jüngere  Exemplare  von  Terminalia  Katappa 
in  dichtem  Bestände.  Einen  seltsamen  Anblick  bieten  einige  Gruppen 
von  Barringtonia  speciosa.  Zahlreiche  Bäume  liegen  halb  ent- 
wurzelt mit  dem  Stamm  auf  der  Erde,  die  Krone  halb  aufgerichtet. 
Es  sind  Veteranen,  welche  die  Flutwelle  von  1883  gefällt  hat  und 
die  sich  inmitten  des  jungen  Nachwuchses  erhalten  haben.  Ihre 
mächtigen  Stämme  und  Äste  sind  mit  einem  dichten  Kleide  kleiner 
Epiphyten,  Flechten,  Leber-  und  Laubmoose  bedeckt,  während  den 
andern  Strandpflanzen  Epiphyten  noch  völlig  fehlen.  In  den  Lich- 
tungen finden  sich  Büsche  von  Crinum  asiaticum,  einer  stattlichen 
Amaryllidacee  mit  langen  Blättern  und  zahlreichen  weissen  Blüten. 
In  phantastischer  Gestalt  stehen  am  Strande  einige  hohe  Pandanus 
mit  dichten  Schöpfen  scharf  und  spitz  bewehrter  Blätter.  Die  nach 
unten  spitz  kegelförmig  endigenden  Stämme  werden  durch  Pfeiler- 
wurzeln gestützt,  die  1 — 2  m  über  dem  Boden  am  Stamme  entspringen 
und  schief  auswärts  dem  Boden  zustreben.  Einige  jüngere  von  diesen 
1 — 5  cm  dicken  Adventivwurzeln  haben  den  Erdboden  noch  nicht  er- 
reicht. Ihr  Gewebe  ist  ausserordentlich  weich  und  wasserreich  (peri- 
pherische Korkschichten  verhindern  eine  allzustarke  Wasserverdun- 
stung) und  die  stumpf  kegelförmige  Vegetationsspitze  ist  von  einer 
gewaltigen,  aus  zahlreichen  häutigen  Schichten  bestehenden  Wurzel- 
haube gegen  Austrocknung  und  Beschädigung  geschützt. 


306 


A.  Ernst. 


Zwei  Stunden  nur  waren  uns  zur  Durchstreifung  der  Umgebung 
des  Leuchtturmes  vergönnt.  Schon  um  9  Uhr  kehrten  wir  mit  unserer 
Ausbeute  zu  dem  harrenden  Boot  zurück.  Ich  lasse  das  Verzeichnis  der 
gesammelten  Gefässpflanzen  (38  Phanerogamen,  4  Farne)  hier  folgen: 


Fam.  Compositae: 
Farn.  Goodenidceae 
Fam .  Rubia ceae : 

Fam.  Acanthaceae: 
Fam .  Verbenaceae : 


Fam,  Borragina  ceae . 
Fam .  Convolvulaceae . 
Fam.  Myrtaceae: 


Fam. 
Fam. 
Fam. 
Fam. 
Fam. 
Fam. 
Fam. 


Comhretaceae. 
Guttiferae : 
Sterculiaceae  : 
Malvaceae : 
Vitaceae: 
Rha^nnaceae : 
Sapindaceae : 


Fam.  Leguminosae : 


Fam.  Lauraceae : 

Fam.  Moraceae: 
Fam.  Casuarinaceae : 
Fam.  ÄTnaryllidaceae: 
Fam .  Flagellariaceae : 
Fam.  Gype7^aceae: 
Fam.  Gramineae: 


•  Wedelia  glabrata  B.  et  H. 
X  Scaevola  Koenigii  Vahl. 

X  Guettarda  speciosa  L. 

•  Ixora  jDaludosa  Boerlage. 

•  Eranthemum  diversifolium  Miq. 
Lantana  Camara  L. 

xPremna  foetida  Reinw. 

Stachytarpheta  indica  Vahl. 
X  Tournefortia  argentea  L. 
Xlpomaea  pes  caprae  Sweet. 
X  Barringtonia  speciosa  Forst. 

•  Eugenia  formosa  Wall. 
X  Terminalia  Catappa  L. 

X  Calophyllum  Inophyllum  L. 

•  Pterospermum  acerifolium  Willd. 
xHibiscus  tiliaceus  L. 

•  Vitis  lanceolaris  Wall. 

X  Colubrina  asiatica  Brongn. 

•  Allophyllus  Cobbe  Bl. 
Aphania  montana  Bl. 

X  Dodonaea  viscosa  L. 

•  Crotalaria  Saltiana  Andr. 

X  Desmodium  umbellatum  DC. 
xPongamia  glabra  Vent. 
xSophora  tomentosa  L. 
xCassytha  filiformis  L. 
X  Hernandia  peltata  Meisn. 

•  Ficus  Leucantatoma  Poir. 

X  Casuarina  equisetifolia  Forst. 
X  Crinum  asiaticum  L. 
X  Flagellaria  indica  L. 

•  Fimbristylis  spathacea  Roth. 
Imperata  arundinacea  Cyrill. 
Oplismenus  compositus  Beauv. 

xSpinifex  squarrosus  L. 
X  Thuarea  sarmentosa  Pers. 
XZoysia  pungens  Willd. 


Die  neue  Flora  der  Yulkaninsel  Krakatau.  307 

Farn.  Pfnid(UHicc(ie:    »Pandanus  spec. 

Fain.  PoIypodidCi'dc:  X  Acrostichum  aureum  L. 

Asplenum  nidus  L. 

Neplirolepis  hirsutula.  Pres!. 

Lygodium  dichotomum  Swartz. 

Die  Flora  von  Tandjong  Rata  setzt  sich  also,  wie  aus  dem  vor- 
stehenden \'erzeichnis  hervorgeht,  vorwiegend  aus  typischen  Halo- 
phyten  zusammen.  Nicht  weniger  als  22  der  38  Phauerogamen  finden 
sich  in  dem  Schimperschen  Verzeichnis  der  indo-malayischen  Strand- 
pflanzen wieder,  und  für  11  weitere  Arten,  welche  ebenfalls  Gattungen 
angehören,  die  unter  ihren  Arten  indo-malayische  Strandpflanzen 
zählen,  dürfte  die  Zugehörigkeit  zur  Strandflora  wahrscheinlich  sein. 
Nur  8  der  aufgeführten  Gefässpflanzen,  darunter  3  Farne,  haben  ihr 
Hauptverbreitungsgebiet  im  Binnenlande. 

Die  epiphytische  Flora  der  alten  Barringtoniastämme  von  Vlakke 
Hoek  weist  nachfolgende  Moose  und  Flechten')  auf: 

Miisci:       Trichosteleum  hamatum  Dz.  et  Mb. 

Calymperes  Hampei  Dz.  et  Mb. 

Hyophila  Micholitzii  Broth. 
Jungerniannidceae  akrogijnae: 

Cheilolejeunea  parvula  Schifln.  n.  sp. 

Microlejeunia  cucullata  (Reinw.,  Bl.  et  Nees)  St. 

Acrolejeunia  integribractea  Schiffn. 

Lophoiejeunia  spec. 
LicJienes:  Parmelia  perforata  Ach. 

Parmelia  relicina  Fr. 

Physcia  spec. 

3.  In  der  Sundastrasse;  Winde  und  Meeresströmungen. 

Gleichen  Tages  noch  sollten  wir  Gelegenheit  bekommen,  an  einem 
ebenso  selten  betretenen  Punkte  der  javanischen  Küste  zu  botani- 
sieren. Die  „Snip"  ging,  die  Sundastrasse  in  ihrem  breiteren  westlichen 
Teile  durchquerend,  hinüber  nach  dem  westlichsten  Vorsprung  von 
Java,  „Javas  eerste  Punt".  Bei  starkem  Winde  und  hohem  Wellengang 
war  diese   Fahrt  auf  einem   Schiffe    von    nur   300  Tonnen   ein  recht 


^)  Die  Bestimmung  der  von  mir  auf  der  Krakatau -Exkursion  gesanunelten 
Kryptogamen  ist  in  liebenswürdiger  Weise  von  den  Herren  Prof.  Dr.  V.  F.  Broth erus 
(Laubmoose),  Prof.  Dr.  V.  Schiffner  (Lebermoose),  Prof.  Dr.  A.  Zahlbruokner 
(Flechten).  Prof.  Dr.  P.  Lindau  (Pilze)  und  Dr.  E.  de  Kruyff  (Bakterien)  besorgt 
worden.  Ich  spreche  den  genannten  Herren  auch  an  dieser  Stelle  für  ihre  Be- 
mühungen meinen  besten  Dank  aus. 


308  A.  Ernst. 

zweifelhaftes  Vergnügen,  das  die  Seetüchtigkeit  der  Passagiere  auf 
eine  harte  Probe  stellte.  Glücklicherweise  blieb  der  Himmel  teil- 
weise bedeckt  und  die  Temperatur  erträglich.  In  der  Nacht  war 
sie  auf  37°  C  gesunken  und  betrug  auch  zur  Mittagsstunde  nur  2972°  C 
im  Schatten.  Immerhin  fiel  die  Präparation  der  gesammelten  Algen, 
das  Einlegen  der  Pflanzen  auf  dem  schmalen  Deck  des  aufwärts  und 
abwärts,  nach  links  und  rechts  schaukelnden  Schiffes  recht  beschwer- 
lich. Selbst  mein  weitgereister  und  fleissiger  Diener  Sahib  fand  auf 
einmal  die  gewohnte  Beschäftigung  nicht  mehr  „enak"  (schmackhaft) 
und  wir  folgten  dem  Beispiel  der  anderen,  die  schon  längst  auf  Stühlen 
und  Bänken  ausgestreckt  dem  nachteiligen  Einfluss  des  „Slingerens 
und  Trampelens"  des  Schiffes  mit  mehr  oder  weniger  Erfolg  zu  ent- 
gehen suchten. 

Wir  sind  hier  (die  Krakataugruppe  liegt  ungefähr  105°  25'  ö.  L. 
und  6°  10'  s.  Br.)  inmitten  des  äquatorialen  Streifens  der  Monsun- 
bewegungen in  Luft  und  Wasser.  Es  weht  ein  starker  Südost- 
monsun, der  uns  die  Wellen  gerade  entgegentreibt.  Während  das 
Schiff  gegen  Wind  und  Wellen  ankämpfend  dem  nächsten  Ziele  zu- 
steuert, erteilt  mir  der  Kapitän,  Herr  Nix,  der  mit  seinem  kleinen 
Küstendampfer  seit  Jahren  jeden  Monat  3  Fahrten  im  Gebiete  der 
Sundasee  ausführt  und  dabei  21  Leuchtturmstationen  an  der  Nord- 
küste Javas  und  den  benachbarten  Küsten  Sumatras  und  Borneos  be- 
sucht, bereitwilligst  Auskunft  über  Winde  und  Strömungen  im  Java- 
meer und  im  besonderen  in  der  Sundastrasse.  Die  nachfolgenden 
Ausführungen  über  die  Luft-  und  Wasserströmungen,  die  ja  für  die 
Besiedelungsgeschichte  der  Krakatauinseln  von  allergrösster  Bedeutung 
sind,  beruhen  zum  Teil  auf  diesen  Mitteilungen  von  Herrn  Nix,  sind 
aber  wesentlich  ergänzt  und  erweitert  nach  den  Angaben  des  Segel- 
handbuches der  deutschen  Seewarte')  und  anderen  Quellen^). 

Der  Südostmonsun  setzt  im  weiteren  Gebiete  der  Sundastrasse, 
an  der  Nord-  und  Südküste  Javas  und  im  Süden  Sumatras  während 
des  Monats  April  ein,  tritt  aber  erst  im  Mai  als  vorherrschender 
Wind  auf  und  ist  in  den  Monaten  Juni  bis  September  am  kräftigsten. 
Seine  Richtung  bleibt  während  dieser  Zeit  nicht  fortwährend  dieselbe, 
sie  bewegt  sich  vorwiegend  zwischen  Südsüdost  und  Ost.  Durch  die 
hohen,   steilen  Küsten  von  Java,    welche  namentlich  im  Nordwesten 


')  Neumayer,  G.,  (Direktion  der  deutschen  Seewarte)  Segelhandbuch  für  den 
indischen  Ozean.     Hamburg  1892. 

^)  Neumayer,  G.,  Anleitung  zu  wissenschaftlichen  Beobachtungen  auf  Reisen. 
III.  Aufl.  1906. 

Hann,  J.,    Handbuch  der  Klimatologie.     II.  Bd.     Stuttgart  1897. 

Boguslawski,  G.  v.,  und  Krümmet,  0.,  Handbuch  der  Ozeanographie.  I.  Bd. 
1884.     n.  Bd.  1898. 


t)ie  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatail. 


3Ö9 


nahe  an  Sumatra  herantreten  und  die  Sundastrasse  stark  einengen, 
wird  der  Südostmonsun  oftmals  von  der  Strasse  und  Sumatra  abge- 
halten und  an  seine  Stelle  tritt  dann  ein  westlicher  oder  südwest- 
licher Seewind.  Der  Südostmonsun  bringt  die  schöne  Jahreszeit  mit 
vorwiegend  trockenem  Wetter  und  verhältnismässig  leichtem  Wind. 
Zur  Zeit  seiner  unbeschränkten  Herrschaft,  namentlich  im  Juli  und 
August,  beträgt  der  mittlere  Stärkegrad  der  Winde  3  Grad  Beaufort 
(5,5  m  per  Sekunde);  heftigere  Winde  mit  G  bis  7  Grad  Beaufort  (13,5  bis 
16,5  m  per  Sekunde)  sind  wohl  im  Gebiete  der  Sundastrasse  wie  in  den 
mehr  nördlich  gelegenen  Gebieten,  auf  welche  sich  die  Angaben  der 
nachfolgenden  Tabelle  ^)  beziehen,  selten. 

Häufigkeit  der  verschiedenen  Windstärlcen  (Beaufort)  im  Gebiete  der  Javasee. 


Mittel  aus  den 
Beobachtungen 

"Wind- 
stärke 
Mittel 


Zahl  der 
Beobach- 
tungen 


Süd 

-H^s-Br. 
-7»s.Br. 


Ost 

lOG— 110') 
107—1192) 


fanuar  und 

Februar 

0 

0 

6 

14 

10 

4 

6 

6 

15 

31 

8 

7 

5 

2 

■3°s.3r.    106—110 
-70s.  Er.    107-119 


Juli  und 

Aug 

ust 

10 

0 

16 

27 

21 

3 

0 

1 

15 

7 

15 

38 

31 

13 

1 

34 

80 


78 
120 


3,4 
3,0 


2,8 
3,0 


')  Karimatastrasse  zwischen  der  Westküste  von  Borneo  und  der  Ostküste  von 
BilHton. 

2)  Javasee  nördlich  der  Sundastrasse. 

In  der  Zeit  zwischen  September  und  November  vollzieht  sich  der 
Monsunwechsel.  Er  wird  eingeleitet  durch  das  Eintreten  von  süd- 
lichen und  westlichen  Winden.     Die  Zeit  des  typischen  Nordwest- 


*)  Segelhandbuch  für  den  indischen  Ozean,  pag.  56.  Die  am  meisten  in 
Gebrauch  stehenden  Windstärke -Skalen  sind  die  zwölfteihge  Beaufortsche  Skala 
[0  =  Windstille,  12  =  Orkan]  und  die  davon  abgeleiteten  sechs-  und  zehnteiligen 
Skalen.  Nach  neuesten  Untersuchungen  (s.  Kann,  J.,  Lehrbuch  der  Meteorologie. 
Leipzig  1901 ,  pag.  376/77)  entsprechen  den  nach  zwölfteiliger  Beaufort-Skala  ge- 
schätzten Windstärken  im  Mittel  folgende  Windgeschwindigkeiten: 

Beaufort  -  Stärke    nach 

Schätzung:  12       3       4       5        6        7         8        9       10     11        12 

Geschwindigkeitsmittel 
m  per  Sek.  (n.  Koppen):  1,7    3,1    4,8    6,7    8,8    10,7    12,9    15,4    18,0    21,0   26   40-50. 

Bei  Reduktion  auf  die  oben  angewendete  zehnteilige  Skala: 

Geschätzte  Stärke  (0—10  Beaufort) :  1     234      5         6         7         8        9    10 

m  per  Sekunde:  2   3,5    5,5    8    10,5    13,5    16,5   22,5    28   30  u.  m. 


310 


A.  Ernst. 


Prozentuale  Häufigkeit  der  Winde  im  Gebiete  der  Sundastrasse. 

(0— 10"  s.  Br.  und   100—105  ö.  L. 


Monat 

Breiten 

^ 

0 

^^% 

0 

0 

0 

0    0 

cc 

1 

^ 

^ 

^ 

;2; 

Windstille 

und  leichte 

Winde 

<1   ^ 

i    0"—  5»  S. 
Januar  1 

50— loos. 

20 

4 

4 

4 

— 

— 

— 

— 

— 

— 

8 

8 
2 

16 

4   20    16 
24   15    22 

16 
17 

61           65 

5           57 

Febr. 

0"—  50  S. 
5o_iuo  y_ 

2 

2 

2 

— 

— 

— 

2 

— 

— 

2 

3 

2 

3 
11 

i       1 
3  i  20    52 

36   19  '  24 

13 

4 

40     1       70 
38     j       86 

März 

0»—  50  s. 

5°— 10«  S. 

11 

2 

3 

1 

1 
5 

1 

9 

1 
11 

5 

5 

— 

3 

1 

2 

3 
10 

6 
4 

16 

9 

21   20 
17   14 

i 

13 

G 

39 
67 

20s 

36S 

April 

0"—  ö^S. 
5"-100S. 

2 
4 

6 

4 

3 

8 

20 

2 
5 

2 
1 

2 

2 
3 

2 
1 

13 

7 

18 

5 

2 
5 

1 

2 

12 

6 
1 

7 
4 

17 

2 
2 

3 

4 

7 
10 

1 
15 

2 
3 

15 

4 

1 
1 

0 

2 

73 

51 

251 

48i 

Mai 

0"—  5«  S. 
5"— 10«  S. 

— 

— 

1 
2 

4 
6 

15 
18 

11 
15 

17 
20 

2i 
4 

25 

4 

5 
3 

9 
3 

10 
2 

4 
4 

6 
6 

70 
67 

41^ 

48? 

Juni 

0»—  50  s. 

5o_ioo  s. 

2 

1 

7 

5 

8 

3 
25 

10 
13 

37 
16 

11 

2 

61 
59 

29C 

71^ 

Juli 

0"—  5°  S. 
5«— 10«S. 

2 

1 
1 

1 

2 
8 

26 
19 

19 
25 

27 
12 

11 

3 

8 
4 

2 
5 

2 
1 

1 

2 

5 

4 

6 

2 

43 
56 

45c 

75] 

August 

0«—  5«  S. 
5«— 10«  S. 

1 

2 

2 
3 

4 

2 

20 
16 

22 
30 

29 
21 

8 

7 

4 
5 

14 

6 

8 
4 

5 

,2 

7 

8 
4 

1 
1 

1 

2 
1 

1 

2 
1 



46 
47 

27c 
48( 

Septbr. 

0«—  5«S. 
5«— 10«  S. 

— 

1 

1 

2 
3 

16 
34 

23 
26 

24 
17 

6 
3 

45 
48 

36( 
41( 

Oktbr. 

0«-  5«  S. 
5«— 10«  S. 

2 

— 

— 

6 
3 

18 
14 

11 
30 

31 
35 

6 

2 

10 

7 

9 

7 

4 

2 

— 

2 

— 

1 

— 

64 

35 

27  ( 

22-^ 

Novbr. 

0«-  5«  S. 
5«— 10«  9.' 

..  ■:2 

.'2 

2 

4 

22 

23 

6 

15 

1 

6 

4 

— 

3 

3 

3 

4 

37 

m 

Dezbr. 

0«-  5«  S. 
5«— 10«  S. 

— 

— 

— 

— 

21 

32 

— 

5 

— 

— 

— 

5 

11 

— 

26 

48 

5^ 

(Die  halbfetten  Ziffern  der  Windzahlen  in  obenstehender  Tabelle  zeigen  an,   dass  mehr  als  ' 
(17«/o).   die  unterstrichenen,  dass  mehr  als  '/s  (33«/o)  aller  Winde  auf  einen  Strich  kommer 
(Aus  dem  Segelhandbuch  für  den  indischen  Ozean,  pag.  556.) 


t)ie  neue  t'lorä  der  Vulkaninsel  KrakataU.  311 

Monsuns  (des  nach  Überschreitung  des  Äquators  durch  die  Erd- 
rotation nach  links  gedrehten  Nordostmonsuns)  beginnt  im  November 
und  dauert  bis  März.  Er  bringt  schlechtes  Wetter,  die  Regenmenge 
nimmt  zu  und  erreicht  im  Januar  und  Februar  ihr  Maximum.  Die 
Richtung  der  Winde  (Tab.  pag.  310)  ändert  zwischen  West  und  Nord- 
nordwest. Seine  gewöhnliche  Stärke  ist  ungefähr  dieselbe  wie  diejenige 
des  Südost-Monsuns,  +  3  Beaufort.  In  den  Angaben  der  Schiffsbücher 
sind  gewöhnlich  die  Stärkegrade  1 — 3,  seltener  für  mehrere  Tage  5—6 
und  nur  vereinzelt  auch  7  notiert  (siehe  obige  Tabelle).  Ende  März 
oder  im  April  findet  wieder  Monsunwechsel  statt.  Eine  vor- 
herrschende Windrichtung  (Tabelle  pag.  310)  existiert  während  dieser 
Zeit  nicht:  unregelmässig  aus  allen  Himmelsgegenden  wehende  Winde 
werden  durch  Windstillen,  Fallwinde  und  Wirbelstürme  unterbrochen. 
Während  allen  Jahreszeiten  kann  auch  ein  täglicher  Wechsel  der 
Windrichtung  stattfinden  und  zwar  so,  dass  der  Wind  am  Vormittage 
von  Süden,  am  Nachmittage  von  Norden  weht;  dazwischen  liegt  eine 
kurze  Periode  der  Windstille. 

Ausser  den  Monsunwinden  sind  auch  Stürme,  deren  untere  Ge- 
schwindigkeitsgrenze 17  bis  23  m  per  Sekunde  beträgt,  nicht  selten. 
Bei  Orkanen  soll  die  Windgeschwindigkeit  auf  30  bis  60  m  an- 
steigen. Von  kürzerer  Dauer  und  kleinem  Ausdehnungsgebiete  sind 
die  Böen,  Stosswinde,  die  an  den  gebirgigen  Küsten  von  Südostsumatra 
und  Westjava,  wie  in  den  übrigen  Teilen  des  indischen  Ozeans  nament- 
lich zur  Zeit  des  Monsunwechsels,  in  grösster  Zahl  im  Februar  bis 
April  auftreten. 

Die  Strömungen  des  Wassers  in  der  Sundastrasse  sind  von  den 
Winden  abhängig,  tragen  aber  zugleich  den  Charakter  von  Gezeiten- 
strömungen. Die  Stromrichtung  wechselt  täglich  und  zwar  findet 
innerhalb  24  Stunden  nur  ein  Gezeitenwechsel  statt,  wobei  der  nörd- 
liche Strom  Hochwasser,  der  südliche  Niederwasser  bringt.  Der  Ein- 
fluss  der  vorherrschenden  Winde  äussert  sich  im  allgemeinen  dahin, 
dass  zur  Zeit  des  Südostmonsuns  der  nach  Südsüdwest  gerichtete 
Ebbestrom,  während  der  Herrschaft  des  Westmonsuns  dagegen  der 
nach  Nordnordost  gehende  Flutstrom  sowohl  an  Dauer  wie  an  Stärke 
erheblich  überwiegt. 

Im  Ostmonsun,  von  Mai  bis  Oktober,  läuft  der  Strom  ungefähr 
18  Stunden  ununterbrochen  stark  nach  Südwest,  während  der  übrigen 
6  Stunden  schwach  nach  Nordost,  oder  es  ist  Stillwasser.  Umgekehrt 
setzt  in  den  Monaten  des  Westmonsuns,  Dezember  bis  Februar,  der 
Strom  ungefähr  18  Stunden  lang  stark  nach  Nordost  ein  und  nur 
für  6  Stunden  schwach  nach  Südwest.  Die  Unterbrechungen  des 
vorherrschenden  Stromes   durch   Ströme   entgegengesetzter  Richtung 


3J3  A.  Ernst. 

oder  Stillwasser  finden  bei  Tage  statt;  die  Nacht  gehört  dem  jeweils 
vorherrschenden  Strom,  der  namentlich  zur  Zeit  des  Neu-  und  Voll- 
mondes seine  grösste  Stärke  erreicht,  zur  Zeit  der  Mondsviertel  da- 
gegen am  schwächsten  ist.  In  den  Übergangsmonaten  November, 
März  und  April  und  auch  zu  anderen  Zeiten,  wenn  die  Windverhält- 
nisse nicht  stark  ausgeprägt  sind,  sind  die  Unterschiede  in  Dauer  und 
Stärke  der  beiden  Ströme  mehr  ausgeglichen. 

Die  Gesamtrichtung  der  Ströme  ist  Nordosten  und  Süd- 
westen, im  übrigen  je  nach  der  Örtlichkeit  verschieden,  da  sie  sich 
stark  dem  Verlauf  der  Küste  anpasst.  Sie  ist  im  nördlichen  Ein- 
gang der  Strasse  unter  der  Sumatraküste  zwischen  Nordinsel  und 
Strom-Rock  (Stroomklip),  sowie  unter  der  Javaküste  zwischen  drittem 
und  viertem  Punkt  (derde  punt  und  vierde  punt)  Nordnordost  und 
Südsüdwest;  zwischen  Krakatau  und  der  Prinzeninsel  (Prinsen 
Eiland)  Ostnordost  und  Westsüdwest,  zwischen  Seboekoe  und  Hog- 
spitze  (Varkens  Hoek)  Ostsüdost  und  Westnordwest.  Im  ganzen 
geht  die  Strömung  in  der  Sundastrasse  das  Jahr  hindurch 
viel  mehr  in  südwestlicher  als  in  nordöstlicher  Richtung. 
Im  Ostmonsun  ist  das  Überwiegen  des  Südweststromes  gegen  den  Nord- 
oststrom nicht  selten  so  stark,  dass  bei  den  zugleich  vorherrschenden 
leichten  Winden  dieser  Jahreszeit  nordwärts  fahrende  Segelschiffe 
tagelang  am  Weiterkommen  verhindert  sind  oder  sogar  wieder  zurück 
und  zur  Strasse  hinausgetrieben  werden  (Segelhandbuch  pag.  567). 

Mit  grösster  Stärke  tritt  der  Strom  im  nördlichen  Eingang  der 
Strasse  auf,  wo  seine  Geschwindigkeit  oftmals  über  5  km  per  Stunde 
beträgt.  Auch  im  grossen  Kanal,  zwischen  Krakatau  und  der  Prinzen- 
Insel,  ist  eine  Geschwindigkeit  von  3  bis  4  km  nicht  selten,  beträgt 
aber  im  Mittel  wohl  nur  1  ^'2  bis  2  km.  Erheblich  schwächer  ist  der 
Strom,  wenigstens  der  in  der  Richtung  nach  Südwesten  gehende,  im 
Prinzenkanal  und  unter  der  Javaküste  vom  zweiten  bis  zum  vierten 
Punkt. 

4.  An  der  Süd  Westküste  Javas:   „Javas  erster  Punkt". 

Etwa  drei  Stunden  nach  der  Abfahrt  von  Vlakke  Hoek  sind 
wir  inmitten  der  Sundastrasse;  östlich  wird,  mit  dem  Gipfel  in  die 
schweren  Wolken  hinaufragend,  Krakatau  sichtbar.  Unser  nächstes 
Ziel  liegt  aber  noch  weiter  südlich.  Um  3  Uhr  taucht  vor  uns  die 
Küste  von  Java  und  derselben  vorgelagert  Prinsen  Eiland  auf. 
Bald  sind  wir  in  dem  ruhigen  Fahrwasser  hinter  der  Prinzeninsel  und 
fahren  in  die  stille  Bucht  ein,  welche  von  der  javanischen  Küste  und 
der  kleinen  Möveninsel,  „Meeuwen  Eiland",  umschlossen  wird.  Ein 
prächtiger  Blick  eröffnet  sich  uns  auf  das  waldige  Hügelland  und  den 


Vierteljahrsschrift  der   Naturf.   Ges.   Zürich.     Jahrg.  52,     1907, 


Tat.  XVII. 


I-h,.t..-    A.Ernst. 


Fig.  7.  .Junge  Kokospalme  am  oberii  Rande  der  Flutzone  (Südostküste  von  Krakatau). 

Links   Ipomaea  pes  caprae,    rechts  Strauch   mit  Cassytha  fiiiformis. 


I'hot.:  A.ErvKt. 


Flg.  8.    Pandamis  am  vStrando  (Ostküste  von  Krakatau). 

Rechts   im    Bilde  Saccharum   sponlaiieum;    im    Hintergrund    !inl<s  Casuarinenwaid     {pag.  320). 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  313 

470  in  hohen  Vulkaukegel  des  Goenong  Pajoeng.  Vor  uns  erhebt 
sich  aus  dem  dunkelgrünen  Waldsaume  auf  40  m  hohem,  felsigem  Vor- 
gebirge der  gemauerte,  auch  am  Tage  weithin  sichtbare  Leucht- 
turm. Etwas  weiter  links  steht  einsam  am  Strande  ein  kleines  Ge- 
bäude, ein  Lagerhaus  und  daneben  die  Ruine  eines  grossen,  weit 
ins  Wasser  vorgebauten  Schutzhauses.  Gegen  dieses  Mauerwerk  hin 
führt  uns  das  Boot  durch  die  Rififbrandung  gegen  4  Uhr  nachmittags 
an  den  Strand.  Bis  Sonnenuntergang  ist  uns  am  Strande  zu  sammeln 
gestattet.  Vorsorglich  hat  uns  der  Kapitän  aus  der  Waffenkammer 
des  Schiffes  mit  Gewehr  und  Munition  ausgerüstet,  denn  Tiger  und 
Rhinoceros  sind  in  diesen  abgelegensten  Teilen  von  Westjava  noch 
sehr  häufig.  Durch  eifriges  Knallen  suchen  wir  uns  die  Bahn  in  den 
dunkeln  Strandwald  und  das  angrenzende  Grasdickicht  zum  voraus 
zu  sichern.  Am  Landungsplatze  dehnen  sich  Rasen  von  Ipomaea 
pes  caprae^  blühen  grosse  Büsche  von  Hihiscus  tiliaceus,  Scaevola 
Kooiigii,  Tournefortia  argentea.  Unter  mächtigen  Exemplaren 
von  CalophijUum  wachsen  Iscliaemum  muficiun,  Euphorbia  Atoto, 
von  Compositen  Wedelia  glabrata,  Ageraturn  conyzoides  u.  a.  An  den 
Stämmen  von  Calophyllum  rankt  sich  die  dickblätterige  Hoija  empor. 
Stämmen  und  Ästen  schmiegen  sich  die  breiten  Rhizome  von  Poly- 
podium  quercifolium  an,  Blätter  von  zweierlei  Gestalt  tragend.  Es 
wechseln  Nischenblätter  von  der  Gestalt  riesiger  Eichenblätter 
mit  einfach  gefiederten,  sporentragenden  Laubblättern  ab.  In 
grosser  Zahl  und  vielfach  dicht  zusammengedrängt  sitzen  an  älteren 
Rhizomteilen  noch  die  ausgetrockneten  und  gebräunten  Skelette 
der  humussammelnden  Nischenblätter,  während  gewöhnliche  Laub- 
blätter vielfach  nur  an  den  jüngsten  Teilen  des  Rhizomes  vorkommen. 
Stacheliger  Rotang  und  niedriger  Pandanus  erschweren  das  Ein- 
dringen ins  Innere,  wo  Saccharum  spontaneum,  verschiedene  Cype- 
raceen,  Farne  den  Boden  überkleiden,  Schling-  und  Kletterpflanzen 
Baumstämme  und  auch  die  grossen  Korallenblöcke  schmücken,  welche 
1883  die  Flut  mehrere  hundert  Meter  weit  landeinwärts  mitgerissen 
hat.  Hier  finden  wir  als  Epiphyt  und  Bodenbewohner  Kephrolepis 
c'xaltata,  die  Pflanzen  des  Unterholzes  überziehend  einen  andern 
zierlichen  Farn,  Lijgodium  dichofomum ,  mit  tief  fingerlappig  ge- 
teilten Endfiedern  der  Blätter.  Durch  Blütenpracht  lenken  Aerides 
odorafa  und  eine  Zingiberacee,  Costiis  speciosus,  die  Aufmerksamkeit 
auf  sich.  Wir  bringen  36  Gefässpflanzen  (32  Phanerogamen  und  4  Farne) 
zum  Schiffe  zurück.     Sie  sind  in  nachfolgender  Liste  aufgeführt: 

Fam.  Compositae :  Ageratum  conyzoides  L. 

•  Blumea  balsamifera  D.C. 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.    1907.  21 


314 


A.  Ernst. 


Farn,  Compositae:  Vernonia  cinerea  Less. 


Farn.  Goodeniaceae : 
Farn.  Ruhiaceae: 
Farn.    Verbe/iaceae: 


Farn.  Borraginaceae : 
Farn.  Convolvulaceae : 
Farn.  Asclepiadaceae : 
Farn.  Apocynaceae: 
Farn.  Lytkraceae: 
Farn.  GuttifeiYie: 
Fani .  Dilleniaceae : 
Farn.  Malvaceae: 
Farn.   Vitaceae: 

Fam.  Euphorhiaceae: 
Fam,  Leguminosae : 

Fam.  Orchidaceae: 
Fam.  Zingiheraceae: 
Fam.  AmarylUdaceae . 
Fam.  Liliaceae: 
Fam.  Cyperaceae: 


Fam.  Grmnineae: 

Fam.  Pandanaceae: 
Fam.  Schizaeaceae : 
Fam.  PoJyj)odiaceae: 


•  Wedelia  glabrata  B.  et  H. 
X  Scaevola  Koenigii  Vahl. 

Sarcocephalus  cordatus  (Roxb.)  Miq. 
Gmelina  villosa  Roxb. 
xViiex  pubescens  Vahl. 

•  Vitex  Negundo  L. 

X  Tournefortia  argentea  L. 
Xlpomaea  pes  caprae  Sw. 

•  Hoya  spec. 

X  Cerbera  Odollam  Gaertn. 

Lagerstroemia  speciosa  Pers. 
X  Calophyllum  Inophyllum  L. 

•  Tetracera  Assa  D.C. 
xHibiscus  tiliaceus  L. 

Leea  sambucina  Willd. 

•  Vitis  arachnoidea  Backer. 
X  Euphorbia  Atoto  Forst. 
XDesmodium  umbellatmn  D.C. 
xSophora  tomentosa  L. 

Aerides  odoratum  Lour. 

Costus  speciosus  Smith. 
X  Crinum  asiaticum  L. 

Smilax  spec. 
X  Cyperus  brevifolius  Valck.  Sur. 
X  Cyperus  cyperinus  Valck.  Sur. 

Cyperus    umbellatus    Benth.    (Mariscus    um- 
bellatus  Vahl). 
Xlschaemum  muticum  L. 

Saccharum  spontaneum  L. 

•  Pandanus  spec. 

Lygodium  dichotomum  Swartz. 
Nephrolepis  exaltata  Schott. 

•  Polypodium  quercifolium  L. 
Pteris  longifolia  L. 


Die  Flora  in  der  Umgebung  von  „Javas  eerste  Punt"  zeigt  also 
eine  wesentlich  andere  Zusammensetzung  als  in  Tandjong  Rata 
(Sumatra)  oder  auf  Edam.  Die  36  Arten  gehören  nicht  w^eniger  als 
24  verschiedenen  Familien  an.  Besonders  auffallend  ist  hier  aber  das 
starke  Zurücktreten  der  typischen  Strandpflanzen.  Während  auf 
Edam   die  Halophyten  46  7o,    mit   Einbezug  der  mit  •  bezeichneten 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  315 

Arten  72  %,  in  Vlakke  Hoek  57  %  resp.  83  "/'o  der  Gesamtzahl  aus- 
machen, gehören  von  den  hier  gefundenen  36  Pflanzen  nur  14(39  7o) 
resp.  21  (58  7o)  der  indomalayischen  Strandvegetation  an.  Indessen 
sind  auch  die  15  anderen  Arten  fast  durchweg  solche  mit  weiten  Ver- 
breitungsgebieten. Die  Compositen  Ageratum  comjzoides  und  Ver- 
nonia  cinerea  bewohnen  die  wärmeren  Gegenden  der  ganzen  Welt, 
SarcocejjJialus  cordatus,  Lagerstroeniia  speciosa,  Tetracera  Assa, 
Leea  sambucina  sind  von  Vorderindien  bis  Südchina,  über  den 
malayischen  Archipel  bis  zu  den  Philippinen  und  nach  Australien  ver- 
breitet, und  ebenso  erstreckt  sich  das  Vorkommen  von  Aerides  odora- 
tum,  Saccharum  spontaneum,  Cyperus  unihellatus  weit  über  Java 
und  Sumatra  hinaus.  Nicht  zu  verwundern  ist  es  also,  dass  wir  nicht 
weniger  als  6  dieser  15  Binnenlandpflanzen,  deren  weite  Verbreitung 
offenbar  auf  ihrer  Ausrüstung  mit  leicht  transportabeln  Samen  oder 
Früchten  beruht,  später  auch  auf  Krakatau  angetroffen  haben. 

Um  6  Uhr  führt  uns  das  Boot  zum  Schiffe  zurück;  eben  taucht 
die  Sonne  hinter  dem  Leuchtturm  unter.  Der  Himmel  ist  noch  von 
roten  Wolken  bedeckt  und  leuchtet  in  prächtigen  Farben,  finster  um- 
schliesst  der  Wald  die  stille  Bucht.  Das  Nachtleben  des  Waldes  er- 
wacht, Fledermäuse  in  allen  Grössen  flattern  durch  die  Luft,  lautlos, 
mit  langsamem  Flügelschlag,  zieht  der  fliegende  Hund  (Kalong),  nach 
einem  Fruchtbaume  suchend,  über  die  Bucht  dahin.  Aus  dem  Walde 
erschallt  das  Gekreisch  lärmender  Aö'en,  während  im  Alang  Alang- 
dickichte  schon  die  Wildschweine  tätig  sind,  und  Königstiger,  Panter 
und  Wildkatze  aus  dem  Tagesversteck  herausschleichen  und  zur  nächt- 
lichen Beutefahrt  sich  anschicken. 

Bis  Mitternacht  bleibt  die  „Snip"  bei  Javas  1.  Punkt  vor  Anker. 
Wir  benutzen  den  ersten  Teil  der  willkommenen  Ruhezeit  zur  Prä- 
paration und  zum  Einlegen  der  gesammelten  Pflanzenschätze  und 
strecken  uns  nachher  in  den  Liegestühlen  auf  Deck  zur  wohlverdienten 
Ruhe  aus.  Sie  wird  nur  zu  früh  unterbrochen,  als  das  Schiff  aus  der 
geschützten  Bucht  und  der  Strasse  zwischen  Prinsen  Eiland  und  Java 
wieder  in  die  offene  Sundastrasse  hinaussteuert,  das  Schaukeln  von 
neuem  beginnt  und  neugierige  Wellen,  ihren  Weg  über  Deck  suchend, 
die  Schläfer  zu  eiligem  Rückzuge  in  die  engen  und  schwülen  Kabinen 
zwingen. 

5.  Auf  Krakatau  und  Verlaten  Eiland. 

In  der  Morgendämmerung  des  26.  April  nähert  sich  unser  Schiff 
in  langsamer  Fahrt  der  Krakataugruppe.  Vor  uns  erhebt  sich  in 
geringer  Entfernung  das  Ziel  unserer  Reise,  Krakatau  mit  seiner 
charakteristischen  Vulkangestalt.     Deutlich   ist   die   durch  die  Spitze 


31G  A.  Ernst. 

gehende,  senkrecht  zum  Meere  abstürzende  Bruchfläche  zu  erkennen. 
Nach  Südosten  senkt  sich  der  halbierte  Kegelberg  steil  gegen  einen 
flacheren  Fuss  mit  vorgelagerter  kleiner  Strandebene.  Rechts  von 
Krakatau  ist  Lang  Eiland,  zwischen  beiden  Inseln  hindurch  Verlaten 
Eiland  sichtbar.  Weiter  rechts,  in  nordöstlicher  Richtung  triflft  der 
Blick  die  hohen  bewaldeten  Inseln  Sebesi  und  Seboekoe,  die  Berge 
Sumatras,  nach  Südosten  die  javanische  Küste. 

Mit  steigender  Verwunderung  gewahren  wir  bei  der  Annäherung 
an  die  Ostküste  von  Krakatau  die  erstaunlichen  Fortschritte  der  Vege- 
tation. Fast  die  ganze  Südostseite,  vom  Strande  bis  an  den  Gipfel 
und  den  Rand  des  steilen  Abhanges  ist  mit  Grün  überdeckt.  An  der 
Südostküste,  wo  wir  zuerst  zu  landen  gedenken,  läuft  dem  Strande 
parallel  ein  Waldgürtel,  in  welchem  sich  aus  der  Ferne  schon  die 
zahlreichen  graugrünen  Casuarinen  erkennen  lassen.  Weiter  südlich  er- 
heben sich  neben  schlanken  Laubbäumen  mit  quirlig  gestellten  Asten  die 
dunkeln  Wedel  einiger  Kokospalmen.  Auch  auf  der  langsam  zum  Fusse 
des  Kegelberges  ansteigenden  Ebene  sind  vereinzelte  Bäume  und  Sträu- 
cher sichtbar.  In  einigen  Schluchten  auf  halber  Höhe  des  Berges  ver- 
einigen sie  sich  wieder  zu  waldartigen  Beständen  und  weitere  isolierte 
Bäume  und  Sträucher  sind  auch  an  den  obersten  Abhängen  und  auf 
dem  Gipfel  zu  erkennen. 

Um  6  Uhr  fällt  der  Anker  und  das  Boot  trägt  uns  ungeduldig 
Wartende  über  die  noch  immer  mit  Bimssteinen  überdeckte  Wasser- 
fläche an  den  flachen  Strand.  Hier  (Fig.  5  Tafel  XVI),  am  oberen  Rande 
der  von  der  Flut  überspülten  Zone,  untersuchen  wir  zunächst,  was  die 
Wellen  dem  öden  Strande  seit  Jahr  und  Tag  zuführen.  Im  Gewirr  von 
Baumstämmen  und  zerbrochenem  Astwerk,  welches  den  Strand  be- 
deckt, liegen  auf  dem  lockeren  Bimssteinboden,  in  dem  man  Schritt 
für  Schritt  bis  über  die  Knöchel  einsinkt,  grosse  und  kleine  Korallen- 
stöcke, braune  Tange,  zerbrochene  Muscheln  und  Schneckenschalen, 
grüne  Algenballen.  In  grosser  Zahl  und  bunter  Mannigfaltigkeit  sind 
den  Auswürfen  des  Meeres  auch  Früchte  und  Samen  von  Landpflanzen 
beigemischt.  Viele  lassen  deutlich  die  Spuren  einer  langen,  bewegten 
Reise  erkennen,  ihre  Schalen  sind  bis  zur  Unkenntlichkeit  zerfetzt 
oder  gänzlich  abgerieben.  Andere  aber  sind  völlig  frisch,  wie  eben 
vom  Baume  gefallen.  Nicht  wenige  dieser  Früchte  sind  schon  in 
Keimung  begriffen  und  haben  sich  mit  langer  Pfahlwurzel  im  Sub- 
strate verankert;  andere  dagegen  sind  von  Tieren  siebartig  durch- 
bohrt oder  völlig  ausgehöhlt,  so  besonders  die  grössten  der  Drift- 
früchte, die  Kokosnüsse.  Zahlreich  finden  wir  hier  die  eiförmigen, 
bis  1  dm  langen  Steinfrüchte  von  Gerber a  Odollam,  an  welchen  ge- 
wöhnlich die  äussere  Schale  fehlt  und  ein  inneres,  von  zähen  Fasern 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  317 

durchzogenes,  lockeres  Gewebe,  das  Schwimmgewebe,  blossgelegt  ist. 
Häufig  sind  ferner  die  schwarzbraunen,  gerippten  Früchte  einer  Strand- 
palme, Aljxi  frufica/is,  die  unregelmässig  eckigen  Samen  aus  der 
kopfgrossen,  goldgelben  Frucht  von  Carapa,  einzelne  Früchte  und 
Teile  des  Fruchtstandes  von  Pandanus,  die  grossen,  vierkantigen 
Früchte  von  Baningtonia  sjieciosa,  die  flachen,  bootförmigen  Stein- 
kerne von  Terminalia  Kafappa,  kugelige  Früchte  von  Calophijllum, 
die  steinfruchtartigen  Samen  von  Cycas  und  zahlreiche  weitere  kleine 
und  grosse  Früchte  und  Samen.  Fast  dieselben  Früchte  und  Samen 
hatten  wir  an  den  Tagen  zuvor  am  Strande  der  Koralleninseln  Edam 
und  Pajoeng  im  Javameer,  an  den  besuchten  Punkten  der  javanischen 
und  Sumatranischen  Küste  gesammelt.  Sie  stammen  alle  von  Strand- 
pflanzen, deren  Verbreitung  sich  nicht  auf  die  Küsten  Javas  und 
Sumatras  und  die  zahlreichen  Inseln  der  Javasee,  auch  nicht  auf  den 
malayischen  Archipel  beschränkt,  sondern  sich  vielfach  von  Afrika 
bis  Neu-Guinea,  für  einzelne  sogar  über  den  ganzen  Tropengürtel 
erstreckt.  Es  sind  dieselben,  welche  auch  die  ersten  Besiedler  der 
jungen  Korallenriffe  und  -Inseln  liefern.  Luftführende  Hohlräume  in 
Frucht-  oder  Samenschale,  besondere  voluminöse,  aber  leichte  Schwimm- 
gewebe bedingen  ihr  geringes  spezifisches  Gewicht  und  verleihen  ihnen 
Schwimmfähigkeit,  während  der  Keimling  durch  eine  innere  harte 
und  undurchdringliche  Schale  vor  der  schädlichen  Einwirkung  des 
Meerwassers  geschützt  bleibt.  Diesen  Eigenschaften  ihrer  Samen 
und  Früchte  verdanken  die  Strandpflanzen  ihre  grossen  Verbreitungs- 
bezirke und  machen  sie  zu  den  Pionieren  der  Vegetation,  welche 
zuerst  von  neuem  Land  im  Meere  Besitz  ergreifen. 

Typische  Strandpflanzen  sind  es  auch,  denen  wir  in  der  neuen 
Strandflora  der  Krakatauinsel  begegnen.  Innerhalb  der  Driftzone 
finden  wir  zunächst,  dem  Waldgürtel  je  nach  der  Ufergestaltung  in 
wechselnder  Breite  vorgelagert,  einen  niederen  Teppich  tropischer 
Dünenflora,  der  Pes  Capra eiorm^iiion,  wie  sie  von  Schimper  be- 
nannt worden  ist.  Ihre  auffallendsten  und  wichtigsten  Vertreter 
haben  wir  schon  auf  dem  sandigen  Strande  von  Edam  kennen  ge- 
lernt. Auch  hier  kreuzen  sich  auf  der  lockeren  Unterlage  die  langen, 
weithin  sich  erstreckenden,  an  den  Knoten  bewurzelten  Stengel  von 
Iponiaea  pes  caprae  mit  ihren  grossen  blauvioletten  Blütentrichtern 
und  den  dicken  saftigen  Blättern,  und  die  Ausläufer  von  Spi/iifex 
sqi/arfosKS.  Dazwischen  breiten  sich  noch  die  Sprosse  einiger  eben- 
falls dem  Substrate  angeschmiegt  wachsender  Leguminosen,  der  gelb- 
blühenden Vigna  lutea  und  Vigna  luteola  und  der  grossblätterigen 
CdnavaJia  ohtusifoUa  aus.  Nur  hie  und  da  erheben  sich  aus  dem 
regelmässigen  Ausläufernetz   einige   höhere   Gräser   und  Cyperaceen, 


318  A.  Ernst. 

eine  Wolfsmilch  mit  wachsüberzogenen,  bläulich  schimmernden  Blät- 
tern und  niedere  Büsche,  deren  Zahl  und  Höhe  gegen  den  Wald- 
rand hin  zunimmt.  Wir  begegnen  zahlreichen  Bekannten  von  Edam 
und  Vlakke  Hook.  Es  findet  sich  hier  die  weit  verbreitete  Malvacee 
HibiscHs  tiliaceus  mit  den  schönen  gelben  Blüten,  Scaevola  Koenigii, 
Cley^odendron  inerme,  Premna  foetida ,  und  mit  dichtem  Gewirr 
gelbgrüner,  an  sonnigen  Stellen  braunroter  zylindrischer  Fäden  über- 
zieht Cassytha  filiformis  wahllos  Gräser,  Kräuter  und  Stauden  und 
geht  auch  auf  das  Geäst  der  höheren  Sträucher  und  Bäume  des  be- 
nachbarten Strandwaldes  über. 

Der  junge  Strandwald  auf  Krakatau,  der,  allerdings  noch  von 
zahlreichen  Lichtungen  durchbrochen,  hinter  dem  niedern  Gürtel  der 
Pes  Capraeformation  sich  erhebt,  setzt  sich  hauptsächlich  aus  solchen 
Bäumen  und  Sträuchern  zusammen,  die  der  Botaniker  auf  den  ersten 
Exkursionen  im  javanischen  Strandwalde  kennen  lernt  und  die  wir 
zum  Teil  auch  auf  Edam,  in  Vlakke  Hook  und  Javas  erstem  Punkt 
getroffen  haben.  Den  grössten  geschlossenen  Bestand  des  Waldes 
bilden  12 — 15  m  hohe  Casiiarinen.  Jüngere  Individuen  desselben 
Baumes  sind  mit  den  benachbarten  Sträuchern  durch  dünne  Schling- 
pflanzen, Cassytha,  Vigna,  Canavalia,  Caesalpinia  BoiiduceUa, 
Vitis  trifolia  zu  einer  fast  lückenlosen  Laub  wand  vereinigt,  aus 
welcher  sich  namentlich  die  Sprosse  von  Vitis  trifolia  in  grosser 
Zahl  an  den  höchsten  Casuarinen  emporwinden,  deren  Stämme  und 
Äste  mit  üppigem  Blattwerk  umkleidend. 

Am  Rande  der  Casuarinengruppe  entdecken  wir  ein  riesiges 
Exemplar  von  Cycas  circinalis  mit  prächtigem  Blätterkranze  am 
Scheitel  des  1  m  65  cm  hohen  und  80  cm  im  Umfang  messenden 
Stammes.  Die  Pflanze  ist  weiblich ;  ihre  Vegetationsspitze  ist  umrahmt 
von  gelbbraunen  Fruchtblättern,  deren  Samenknospen  zu  schrumpfen 
beginnen.  Sie  sind  wie  diejenigen  früherer  Jahre,  deren  Reste  noch 
am  Boden  liegen,  offenbar  unbefruchtet  geblieben.  Auch  in  Zukunft 
dürften  wohl  noch  nicht  so  bald  reife  Cycassamen  auf  Krakatau  er- 
zeugt werden;  denn  wir  haben  trotz  eifrigen  Suchens  weder  auf 
Krakatau  noch  auf  Verlaten  Eiland  männliche  (übrigens  auch  keine 
weiteren  weiblichen)  Exemplare  finden  können. 

Weiter  südlich  ragen  aus  dem  Baum-  und  Strauchgürtel  schlank  em- 
porstrebende Stämme  von  Caloj^hyllum  Inopliyllum  und  Terminalia 
Catappa  mit  quirlig  angeordneten  Ästen  heraus  (Fig.  9  Tafel  XVHI). 
Die  Blätter  dieser  beiden  Bäume  sind  lederig,  während  sie  bei  anderen 
Arten,  denen  wir  hier  noch  begegnen,  bei  Soj)hora  tomoitosa , 
Clerodeudroninerme,  PenqjJiis  acidula,  Morinda  ci trifolia  fleischig 
saftig  entwickelt  ssind  oder  wie  diejenigen  von  Tournefortia  argentea, 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  319 

namentlich  an  den  jüngeren  Teilen  der  Pflanze,  ein  dichtes  Haarkleid 
aufweisen.  Es  lassen  die  genannten  wie  die  weiteren  Bäume  und 
Sträucher  des  neuen  Waldgürtels  aus  den  Familien  der  Leguminosen, 
Euphorbiaceen,  Rubiaceen,  Lythraceen  u.  a.  m.,  die  Gräser,  Laura- 
ceen,  Leguminosen  und  Compositen,  welche  die  Waldlichtungen  be- 
völkern, in  ihrem  vegetativen  Bau,  im  besonderen  in  Gestaltung  und 
Anatomie  des  Blattes  unschwer  Anpassungen  an  die  Lebensweise  am 
salzreichen  und  daher  trotz  des  Wasserreichtums  für  die  Pflanzenwelt 
physiologisch  trockenen  Strande  erkennen. 

Über  eine  mit  hohen  Gräsern  bestandene  Lichtung  hinweg  er- 
blicken wir  einige  Exemplare  des  schönsten  Baumes  der  tropischen 
Strandwälder,  der  Myrtacee  Barvingtonia  speciosa,  nach  welcher 
der  gesamte  Pflanzenverein  dieser  Wälder  als  Barringtoniaformation 
bezeichnet  wird.  Aus  dem  dichten  Laubdache  riesiger  lanzettförmiger 
Blätter  treten  die  grossen  weissen  Blüten  wirkungsvoll  hervor.  Ausser 
den  Blüten  sind  an  den  untersten  Ästen  gleichzeitig  die  verschiedensten 
Entwicklungsstadien  der  mitraförmig  gestalteten,  leichten  Früchte 
vorhanden. 

Etwas  weiter  südlich  ragen  über  Baumgruppen  die  Kokospalmen 
empor,  deren  dunkelgrüne  Wipfel  mit  dem  Fernglas  schon  vom  Schifi'e 
aus  sichtbar  waren  (Fig.  10  Tafel  XIX).  Der  Weg  zu  denselben,  über 
grobes  Bimssteingeröll,  durch  Rohr-  und  Halmgewirr  und  dichtes  Ge- 
sträuch ist  nicht  ohne  Mühe  zu  bahnen.  Halbwegs  stossen  wir  auf  eine 
Gruppe  grossblättriger  und  reichlich  fruchttragender  Feigenbäume, 
Ficus  flava  und  F.  ßsfulosa,  die  ihre  Blüten  und  Früchte  gleich  zahl- 
reichen anderen  Tropenbäumen  nicht  an  den  jüngsten  Zweigen,  sondern 
am  Stamm  und  den  älteren  Asten  bilden.  Um  Äste  und  Zweige  der 
Feigenbäume  schlingen  sich  die  dünnen  Sprosse  von  Trichosanthes 
tricuspidata,  einer  Schlingpflanze  aus  der  Familie  der  Kürbisgewächse, 
mit  hellrot  aus  dem  dunkeln  Grün  hervorleuchtenden  Früchten.  Die 
Ficusbäume,  die  jetzt  in  6  Arten  auf  Krakatau  und  Verlaten  Eiland 
vertreten  sind,  und  Trichosanthes  gehören  zu  denjenigen  Ansiedlern, 
deren  Samen  durch  früchtefressende  Vögel,  also  endozoisch,  auf  die 
Inseln  gebracht  worden  sein  dürften. 

Zu  unserer  nicht  geringen  Freude  sind  die  Kokospalmen  reich 
mit  Früchten  beladen.  Die  Fruchtbildung  hat  offenbar  schon  vor 
mehreren  Jahren  begonnen,  denn  der  Boden  ist  mit  einer  grossen 
Zahl  reifer  Nüsse  bedeckt,  von  denen  viele  schon  gekeimt  und  Pflan- 
zen bis  zu  1  m  Höhe  erzeugt  haben.  Für  Nachwuchs  ist  also  aus- 
reichend gesorgt  und  gerne  geben  wir  zu,  dass  einer  unserer  java- 
nischen Begleiter  eine  Anzahl  unreifer  Früchte  zur  Erquickung  aller 
aus  den  Kronen  herunterholt. 


320  A.  Ernst. 

Zu  tieferem  Eindringen  in  das  Innere  der  Insel  und  an  die  Ab- 
hänge des  Kegels  schien  uns  das  Gebiet  nordöstlich  des  Casuarinen- 
waldes  am  geeignetsten.  Hier  ist  der  Strandwald  auf  eine  besonders 
schmale  Zone  reduziert  und  der  Gürtel  der  kriechenden  Gewächse  an 
mehreren  Stellen  von  dem  bis  an  die  Flutlinie  herantretenden  Gebüsch 
verdrängt.  An  höheren  Formen  erheben  sich  aus  demselben  nur  einige 
Kokospalmen  und  prächtige  6  —  8  m  hohe  Pandanusgruppen  (Fig.  8 
Taf.  XVII),  deren  schlanke,  schlangenartig  gebogene  Stämme  mit  dicken, 
pfeilerartig  dem  Boden  zustrebenden  Stützwurzeln  im  Wellenbereiche 
verankert  sind;  in  den  dichten  Schöpfen  schmaler  scharfrandiger  Blät- 
ter prangen  ihre  kopfgrossen  gelben  und  roten  Fruchtstände.  In  der 
Nähe  findet  sich  eine  junge,  noch  nicht  fruktifizierende  Kokospalme 
und  zwar  ein  Exemplar  der  niedrigen,  von  den  Eingeborenen  als 
„Kaiapa  gading'^  bezeichneten  Varietät,  deren  Früchte  auch  zur 
Zeit  vollkommener  Reife  von  schön  orangegelber  Färbung  sind. 

In  einem  der  breiten  Bachbette,  welche  das  bei  heftigem  Regen 
rasch  abströmende  Wasser  in  die  weichen  Schichten  gegraben  hat, 
ins  Innere  vordringend,  sehen  wir  uns  bald  von  einer  von  der  Strand- 
flora völlig  verschiedenen  Vegetation  umgeben.  Am  Rande  des  Bach- 
bettes finden  sich  Rasen  kleiner  Laubmoose  (Philo nofis  secunda, 
[Dz.  et  Mb.]  V.  d.  B.  et  Lac.  und  Bryuin  coronatum  Sch^waegr.)  und 
zierliche  Farne,  vor  allem  Gymnogramme  calomelanos,  deren  junge 
Blätter  mit  weissen  Kalkschüppchen  bedeckt  sind.  Einzelne  in  Ver- 
tiefungen und  untergrabenen  Uferstellen  liegende  Bimssteinbrocken 
und  Lavastücke  sind  mit  blaugrünem  Algenüberzug  bedeckt.  Zu 
Seiten  des  Bachbettes,  auf  leicht  gewellter  und  bergwärts  an- 
steigender Fläche  herrschen  einzelne  der  auch  am  Strande  vor- 
kommenden Gräser  und  Cyperaceen  vor.  Ihnen  gesellen  sich  andere 
bei,  von  denen  sich  namentlich  Saccharum  spotita neuin,  Gyni/iothrix 
elegans  und  Phragniites  Roxhurghii  durch  ungewöhnliche  Dimen- 
sionen auszeichnen.  Stellenweise  bilden  ihre  3 — 4  m  hohen  Halme 
und  Rohre  erst  vereinzelte  Büsche,  anderwärts,  zusammen  mit  den 
hier  als  Schlingpflanzen  entwickelten  Vigna,  Canavalia,  Cassytha, 
mit  Sträuchern  von  Tournefortia,  Scaevola  und  verschiedenen  Farnen 
förmliche  Dickichte.  Einmal  raschelt  es  vor  uns  im  Rohr,  ein  gelb- 
brauner feister  Leguan  (Calotes)  von  fast  1  m  Länge,  der  sich  träge 
gesonnt  hat,  ergreift  eiligst  die  Flucht;  auch  einige  kleine  Vögel 
fliegen  lautlos  aus  dem  Gebüsch  auf,  um  sich  in  geringer  Entfernung 
wieder  ruhig  niederzulassen. 

Die  beschriebene,  in  ihrem  Aussehen  einer  Grassteppe  vergleich- 
bare Vegetation  bedeckt  innerhalb  des  Strandwaldes  die  ganze  leicht 
ansteigende  Fläche  der  Südostseite  der  Insel,  zieht  sich  in  geschlossenem 


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Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  321 

Bestände  in  den  wilden  Schluchten  und  auf  den  steilen  Gräten 
weit  am  Kegel  empor.  Nur  hier  und  da  wird  das  gleichmässige 
Dschungel  frischer  und  abgestorbener  Halme  und  Rohre  durch  einen 
Baum  oder  Strauch  überragt.  Vor  uns,  in  mittlerer  Höhe  des  Rakata, 
zieht  sich  die  tiefe  Schlucht  abwärts,  deren  dunkles,  an  Bäumen  und 
Sträuchern  reiches  Pflanzenkleid  bei  der  Annäherung  an  die  Insel 
schon  vom  Schiffe  aus  unsere  Aufmerksamkeit  erregt  hat.  Wir  suchen 
das  Dickicht  zu  durchdringen  und  gelangen  an  die  ersten  scharfen  Gräte, 
welche,  durch  tiefe  Furchen  und  Schluchten  getrennt,  vom  Abhänge 
aus  nach  allen  Seiten  über  den  Fuss  des  Berges  ausstrahlen  (Fig.  11 
Tafel  XIX).  Wir  klimmen  im  Gewirr  der  über  uns  zusammenschlagenden 
Gräser  auf  Gräte  hinauf,  in  Schluchten  hinunter,  die  Arbeit  ist  müh- 
sam, die  Flora  wenig  abwechselnd  und  die  Ausbeute  vorerst  gering. 
Überall  Farne  und  Gräser;  nur  selten  erfreuen  die  stattlichen  Blüten- 
stände einiger  hoher,  ebenfalls  grasartig  entwickelter  Erdorchideen, 
Arundlna  speciosa,  Sjmthoglottis  lüicata,  von  Phajus  oder  Cym- 
hidium,  einige  gelbblühende  Compositen  das  suchende  Auge.  In 
unangenehmster  Weise  nehmen  uns  dagegen  die  Vertreter  der  neuen 
Krakataufauna  in  Anspruch.  Unten  im  Casuarinenwalde  hatten  uns 
zahllose  Stechmücken  freudig  umschwirrt  und  beim  Früchtesammeln 
im  Pandanusgebüsch  störten  wir  gefährliche  kleine  Wespen  auf. 
Hier  oben  aber  sind  wir  ins  Reich  zahlreicher  roter  und  schwarzer, 
kleiner  und  grosser  Ameisen  gelangt.  Ihre  Bauten  sind  teils  in  der 
bis  1  m  hohen  Schicht  von  Wurzelstöcken,  abgedorrter  und  abge- 
brochener Halme  und  Rohre  versteckt,  teils  nestartig  an  Sträuchern 
und  Grasbüschen  aufgehängt.  In  Scharen  fallen  die  aus  ihren  Woh- 
nungen aufgestörten  kleinen  Beisser  über  die  Eindringlinge  her. 

Noch  immer  sind  wir  durch  mehrere,  immer  steiler  werdende 
Gräte  und  abgrundtiefe  Rinnen  von  dem  erstrebten  Ziele  getrennt. 
Sengend  heiss  brennen  die  Strahlen  der  senkrecht  über  uns  stehenden 
Sonne  auf  uns  nieder,  abwechselnd  handhaben  wir  an  der  Spitze  der 
kleinen  Kolonne  das  Haumesser;  Schritt  um  Schritt  kämpfen  wir 
uns  vorwärts  in  dem  schattenlosen  Dickicht,  aufwärts  und  wieder 
abwärts.  Die  Diener  und  Träger  mit  dem  notwendigsten  Gepäck 
und  den  Pflanzenkisten  vermögen  kaum  zu  folgen.  Schliesslich 
müssen  wir,  wenn  auch  mit  Widerstreben,  erkennen,  dass  die  Er- 
reichung der  Hauptschlucht  und  des  Gipfels  mit  unserer  primitiven 
Ausrüstung  und  in  der  kurzen  noch  zur  Verfügung  stehenden  Zeit 
nicht  möglich  ist.  Zu  den  durch  die  Terrainverhältnisse  bedingten 
Schwierigkeiten  des  Aufstieges,  die  zu  überwinden  den  beiden  früheren 
Expeditionen  1886  und  1897  nicht  möglich  gewesen  war,  sind  die- 
jenigen des  dichten  und  doch  weder  Halt  noch  Schatten  bietenden 


322  A.  Ernst. 

Pflanzenkleides  gekommen ,  so  dass  auch  unsere  Bemühungen  er- 
folglos bleiben.  Einer  vierten  Expedition,  deren  Teilnehmern  es  viel- 
leicht möglich  sein  wird,  mit  vollkommener,  kombinierter  Gebirgs- 
und  Tropenausrüstung  während  eines  mehrtägigen  Aufenthaltes  sich 
der  Erforschung  der  Krakatauflora  zu  widmen,  bleibt  also  die  Be- 
steigung des  Kegels  und  die  Untersuchung  seiner  jetzt  noch  nicht 
bekannten  Pflanzenwelt  vorbehalten. 

Wir  treten  den  Rückzug  an.  Um  die  Mittagsstunde  sind  wir 
beim  Schiffe  zurück,  das  uns  in  geringer  Entfernung  vom  Land  an 
der  Ost-  und  Nordküste  des  Eilandes  dahinführt.  Bald  verändert 
sich  das  Küstenbild.  Der  flache  Strand  geht  in  eine  Steilküste  über, 
an  deren  oberen  Rand  sich  zerklüftete  Abhänge  des  Kegels  anschliessen, 
ähnlich  denjenigen,  auf  welchen  wir  kurz  vorher  den  Aufstieg  ver- 
sucht hatten.  Einen  imposanten  Anblick  gewährt  die  Nordseite  mit 
der  fast  senkrechten,  unter  dem  Gipfel  800  m  hohen  Rissfläche.  Sie 
zeigt  uns  den  eigenartigen  Verlauf  von  verschiedenfarbigen  Schichten 
und  Gängen  und  bietet  —  wohl  einzig  in  ihrer  Art  —  den  natürlichen 
Schnitt  durch  einen  Vulkankegel.  Verbeek,  der  Monograph  von 
Krakatau  (1.  c.  II  pag.  167  u.  496),  gibt  von  derselben  nach  seinem  Be- 
suche im  Oktober  1883  die  nachfolgende  Beschreibung:  „La  paroi 
presque  verticale  de  832  metres  de  hauteur,  avec  la  mer  bleu  fonce 
et  profonde  de  300  metres  qui  baigne  son  pied,  fait  sur  tout  le  monde, 
par  son  caractere  etrangement  grandiose,  une  irresistible  Impression. 
Dans  l'effondrement  de  1883  la  montagne  fut  coupee  presque  verti- 
calement  par  le  milieu,  de  sorte  que  la  structure  interne  de  ce  volcan 
basaltique  a  ete  admirablement  mise  ä  decouvert.  Quand  on  se  trouve 
au  nord  de  la  paroi  ä  pic,  on  voit  ä  gauche  apparaitre  au  pied  de 
la  montagne,  sous  les  couches  basaltiques  et  en  discordance  avec  elles, 
les  bancs  massifs  de  la  röche  ancienne  ä  tridymite  et  les  couches  de 
lapilli  qui  les  recouvrent.  Ces  couches  appartiennent  au  bord  du 
cratere  le  plus  ancien,  et  sont  formees  de  la  meme  röche  que  Ver- 
laten  Eiland  et  Lang  Eiland;  en  cela  elles  different  beaucoup  des 
autres  couches  du  Pic,  qui  consistent  surtout  en  matieres  incoherentes, 
lapilli  et  fine  cendre.  Ces  dernieres  couches  alternent  avec  quelques 
bancs  de  lave  et  sont  coupees  transversalement  par  des  filons  lithoides. 
Elles  sont  de  couleur  brunätre  et  tranchent  fortement  sur  les  matieres 
ponceuses  recentes,  blanches  ou  gris  clair,  qui  les  recouvrent."  Schon 
in  den  Monaten  August  und  September  1884  konstatierte  Verbeek 
einige  Veränderungen  im  Aussehen  der  Abbruch  wand:  „La  cendre 
gris  clair  mouille,  qui  ä  l'origine  avait  degoutte  vers  le  bas  et  recouvert 
la  surface  en  divers  points,  surtout  au  milieu,  etait  maintenant  en 
grande  partie   detachee  par  l'incessant  effritement  de  la  röche.     La 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  323 

trainee  de  cendre  grise  etendue  sur  le  sommet  avait  entierement 
disparu,  en  laissant  ä  decouvert  une  grosse  veine  pierreuse,  qu'on 
peut  suivre  dans  une  direction  presque  verticale  ä  travers  les  couches 
du  pic,  jusqu'ä  la  moitie  de  la  hauteur  totale  de  la  montagne,  oü  eile 
se  termine  en  un  renflement  lenticulaire."  Er  fügt  seiner  Beschrei- 
bung noch  bei:  „II  est  vivement  ä  desirer  que  l'on  reussisse  bientöt 
ä  obtenir  de  cette  paroi  une  bonne  repre'sentation  photographique,  sur 
laquelle  les  differentes  couches  et  les  differents  filons  soient  nettement 
visibles.  La  tentative  faite  au  mois  de  Septembre  1884  a  echoue  par 
l'insuffisance  de  la  lumiere.  Comme  il  n'existe  au  nord  de  la  falaise 
aucune  terre  assez  rapprochee,  on  est  reduit  ä  prendre  la  vue  photo- 
graphique ä  bord  d'un  navire;  l'exposition  ne  peut  donc  avoir  qu'une 
tres  courte  duree  et  dans  ces  conditions  un  eclairement  intense  de 
l'objet  est  absolument  necessaire."  So  viel  ich  weiss,  ist  seither  keinem 
der  wenigen  Besucher  von  Krakatau  Gelegenheit  zu  dieser  Aufnahme 
geboten  worden  und  der  Wunsch  Verbeeks  also  nicht  in  Erfüllung 
gegangen.  Ich  habe  daher  den  diesen  Mitteilungen  über  den 
gegenwärtigen  Stand  der  Flora  von  Krakatau  beigegebenen  Vege- 
tations-  und  Pflanzenbildern  auch  eine  der  beiden  Aufnahmen  an- 
gereiht, die  mir  bei  ausnehmend  günstiger  Beleuchtung  vom  bei- 
gedrehten und  ruhig  liegenden  Schiff  aus  zu  machen  vergönnt  ge- 
wesen ist  (Fig.  4  Tafel  XV). 

Auch  jetzt  noch  erfährt  die  Felswand,  wie  ja  übrigens  alle 
nicht  mit  einem  dichten  Pflanzenkleid  bedeckten  Teile  der  Insel,  fort- 
während Gestaltsveränderungen. 

Wie  wir  während  der  schönen  Fahrt  entlang  der  wilden  Nord- 
küste auf  Deck  unser  einfaches  Mittagsmahl  halten,  werden  wir  auf 
einmal  eines  auffallenden  Phänomens  gewahr.  Über  einem  krater- 
förmigen  Einschnitt  etwas  links  vom  Hauptgipfel,  einer  Stelle,  die 
sich  durch  das  Fehlen  jeder  Vegetation  auszeichnet  und  sich  daher 
scharf  von  ihrer  Umgebung  abhebt,  scheinen  mehrere  schwache  Rauch- 
oder Dampfsäulen  aufzusteigen  und  sich  über  dem  Berge  zu  einer 
feinen  Wolke  zu  sammeln.  Auch  von  einigen  anderen  Stellen  des 
oberen  Abhanges  aus  steigen  ähnliche  Wölkchen  empor.  Beginnt 
etwa  von  neuem  die  vulkanische  Tätigkeit  der  Insel?  Von  überall 
her  waren  in  den  letzten  Monaten  und  Wochen  Berichte  von  vul- 
kanischen Ausbrüchen  (Vesuv,  Hawai),  von  schrecklichen  Erdbeben 
(San  Francisco)  auch  nach  Java  gelangt  und  auf  Java  selbst  der 
Merapi  lebhaft  tätig  geworden;  in  den  Padangschen  Bovenlanden 
Sumatras  war  der  Tandikat  nach  langer  Ruhe  wieder  ausgebrochen. 
Sollten  wir  nun  etwa  noch  die  Botschaft  vom  AViedererwachen  des 
Krakatau  nach  Batavia  zurückbringen  müssen?     Glücklicherweise  er- 


324  A.  Ernst. 

wies  sich  unsere  Sorge  bald  als  unbegründet.  Mit  unseren  Feld- 
stechern und  dem  Fernrohre  des  Kapitäns  gelang  es  uns,  die  Ursachen 
der  beunruhigenden  Erscheinung  festzustellen.  An  den  fraglichen 
Stellen  lösen  sich  fortwährend  grössere  und  kleinere  Steine  und  Sand- 
massen los,  die  in  den  Rinnen  nach  unten  rieseln  und  stürzen,  während 
die  aufsteigende  Luftströmung  den  feinen  Staub  emporträgt  und  über 
dem  Gipfel  eine  leichte,  rauchähnliche  Wolke  bildet.  Deutlich  er- 
kennen wir  beim  Näherkommen  einzelne  grosse  Steine,  welche  in 
mächtigen  Sprüngen  über  die  Felswand  hinunterrollen,  feineres  Greröll 
mit  sich  reissend  und  am  Fusse  der  Felswand  grössere  und  kleinere 
Schuttkegel  ansammelnd.  Einzelne  der  letzteren  sind  auch  auf  der 
Photographie  wahrzunehmen. 

Wir  landen  in  einer  weiten  Bucht,  die  vom  westlichen  Teile  der 
Absturz  wand  und  einem  steilen  Vorgebirge,  „Z  warte  Hoek",  um- 
säumt wird,  das  früher  den  westlichsten  Punkt  der  alten  Insel  biklete. 
Hier  ist  von  den  Wellen  viel  Bimsstein-  und  Aschenmaterial  ans 
Ufer  geschwemmt  und  im  Laufe  der  Jahre  eine  kleine  Strandebene 
erzeugt  worden.  Die  Besiedelung  derselben  ist  noch  nicht  so  weit 
gediehen  wie  am  östlichen  und  südöstlichen  Strande  der  Insel.  Die 
mit  Bimssteinbrocken  und  grossen  Blöcken  dunkler  Lava  übersäte 
Sandfläche  ist  erst  teilweise  vom  Maschennetz  der  Ipo)?iaea,  Gana- 
valia,  Vigna  überspannt,  deren  Sprosse  hier,  auf  dem  noch  wenig  um- 
strittenen Boden,  Längen  bis  zu  20  m  erreichen  (Fig.  6  Taf.  XVI).  Hier 
und  da  finden  sich  junge  Kokospalmen,  Keimpflanzen  von  Barring- 
tonia  speciosa ,  die  sich  mit  3  bis  5  dm  langen  Wurzeln  im  Sande 
befestigt  haben,  während  die  Stammspitze  des  Keimlings  noch  in 
der  Frucht  verborgen  ist.  Auf  kleinen  Schuttkegeln  am  Fusse  der 
Felswand,  im  gelockerten  Gestein  der  untersten  Schichten,  zwischen 
den  Lavablöcken,  welche  die  Abhänge  des  „Z warte  Hoek"  überdecken, 
erheben  sich  die  schlanken  Halme  von  Saccharum  spontaneum  und 
anderer  Gräser  und  Cyperaceen,  finden  sich  vereinzelt  Casuarinen, 
Gebüsche  von  Scaevola  Koenigii,  an  welchen  die  langen  Rispen 
kleiner  weisser  Blüten  sich  hübsch  von  den  hellgrünen  Blattrosetten 
am  Ende  der  Zweige  abheben,  Sophora  tomoitosa  mit  Büscheln 
rosenkranzartig  gegliederter  Hülsenfrüchte,  Desmodium  umhellatum 
und  andere  der  strandbewohnenden  Leguminosen.  Hier  und  da  be- 
merken wir  Exemplare  von  Sp)i)nfex  squarrosiis.  NephroJepis  exal- 
tata,  eine  Polypodiacee  mit  einfach  gefiederten  Blättern,  überdeckt 
grössere  Flächen.  Im  Schutze  der  Felsen  finden  sich  einige  schmäch- 
tige Exemplare  von  Lycopodhim  cernuum  und  am  Fusse  der  Fels- 
wände wie  auf  der  Ebene  schmarotzt  Cassytha  filifonnis  auf  den 
verschiedensten   Wirtpflanzen.      An    den   Felsen    sammeln   wir    auch 


Die  neue  Flora  der  Viükaninsel  Krakatau.  325 

zierliche  Keimpflanzen  und  zahlreiche  Prothallien  von  Gymnogramme 
und  neben  andern  Farnen  und  Lycopodium  auch  Poli/podiiun  qiierci- 
folium,  einen  der  wenigen  Epiphyten  der  Barringtoniawälder,  der 
hier  aber,  ähnlich  wie  in  der  Umgebung  der  Solfataren  und  Krater 
der  Vulkane  Javas,  in  Felsspalten  wächst.  Auch  andere  der  von 
uns  auf  Lava  und  Bimssteingeröll  gefundenen  Farne  wachsen  in  den 
Wäldern  Javas  und  Sumatras  als  Epiphyten  auf  Bäumen.  Da  sie  hier 
ungefähr  dieselben  Lebensbedingungen  vorfinden  wie  bei  epiphytischer 
Lebensweise:  hartes  und  nicht  zu  feuchtes  Substrat  und  intensive 
Belichtung,  sind  sie,  umsomehr  als  der  Wettbewerb  der  Pflanzen  um 
den  Boden  noch  wenig  ausgeprägt  ist,  wiederum  zu  Erdpflanzen  ge- 
worden. 

Am  wolkenlosen  Himmel  steht  immer  noch  die  Sonne  fast  senk- 
recht über  uns.  Brennend  und  blendend  erzeugen  ihre  Strahlen  auf 
der  weissen  Ebene  am  Fusse  der  dunkeln  Felswände  drückende  Hitze 
und  schwindelerregende  Lichtfülle.  Unsere  Diener  sind  nicht  im 
Stande,  uns  mit  ihren  nackten  Füssen  über  die  heisse  Sandfläche  zu 
folgen  und  bleiben  in  der  von  den  Wellen  gekühlten  Strandzone 
zurück.  Wir  selbst  müssen  bald  davon  abstehen,  zwischen  den  losen 
Blöcken  des  steilen  Abhanges  am  Vorgebirge  „zwarte  Hoek"  (schwarze 
Landzunge)  herumzuklettern,  da  es  unmöglich  ist,  sich  beim  Klettern 
am  steilen  Hange  mit  den  Händen  an  dem  heissen  Gestein  zu  halten. 
Bevor  wir  zum  Schiffe  zurückkehren,  ruhen  wir  aus  im  schmalen 
Schatten  eines  mächtigen,  heruntergestürzten  Felsblockes.  Die  vor 
uns  liegende  Bucht  mit  dem  kleinen  schmucken  Dampfer  und  die 
von  der  Sonne  beschienene  in  allen  Farben  schimmernde  Felswand 
bieten  ein  unvergessliches  Bild,  das  die  Mühe  und  Anstrengung  der 
vorausgegangenen  Stunden  vergessen  lässt. 

Eine  dritte  an  der  Westküste  von  Krakatau  versuchte  Landung 
erwies  sich  als  unmöglich.  Wir  beschlossen  daher,  noch  einer  der 
beiden  Nachbarinseln  einen  kurzen  Besuch  abzustatten.  Das  uns 
näher  liegende  Lang  Eiland  mit  vorwiegender  Steilküste  ent- 
behrt der  Strandvegetation  fast  vollständig.  Bäume  und  Sträucher 
sind  auf  der  weiten,  mit  Gräsern  überdeckten  Fläche  der  Insel  noch 
selten.  Dagegen  erscheint  schon  vom  Schiff'e  aus  gesehen  die  Vege- 
tation von  Verlaten  Eiland  viel  weiter  entwickelt.  An  der  uns  zu- 
gekehrten Ostküste  nehmen  wir  nicht  weniger  als  7  waldartige  Be- 
stände von  Casuarina  eqiiisefifoUa  wahr,  die  durch  Gruppen  anderer 
Bäume  und  Sträucher  zu  einem  fast  ununterbrochenen,  mit  dem 
Strande  parallel  laufenden  Gürtel  vereinigt  sind.  Auf  der  Fahrt  nord- 
wärts gegen  Verlaten  Eiland  hin,  ungefähr  im  Gebiet  des  versun- 
kenen Danan,  lässt  der  zuvorkommende  Kapitän  das  Schiff  nochmals 


326  A.  Ernst. 

anhalten  und  beidrehen,  um  mir  eine  Aufnahme  der  nunmehr  mit  der 
ganzen  Nordküste  sichtbaren  Krakatauinsel  zu  ermöglichen  (Fig.  3 
Taf.  XV).  Die  Tiefenmessungen,  die  beim  Annähern  an  Verlaten  Eiland 
angestellt  werden,  ergeben,  dass  die  Zahlen  der  Seekarte  nicht  mehr 
stimmen  und  seit  den  letzten  Messungen  offenbar  beträchtliche  Verände- 
rungen in  der  Gestaltung  des  Meeresbodens  in  dem  Einsturzbecken  er- 
folgt sind.  Der  Kapitän  wünscht  daher  noch  vor  Einbruch  der  Nacht 
das  gefährliche  Fahrwasser  hinter  sich  zu  haben  und  begleitet  uns 
selber  ans  Land,  um  sicher  zu  sein,  dass  wir  zur  bestimmten  Zeit  mit 
dem  Boote  zurückkehren. 

Wie  auf  Krakataa  setzt  sich  auch  auf  Verlaten  Eiland  die  Vege- 
tation aus  Strand-  und  Binnenlandflora  zusammen.  Hier  wie  dort 
finden  sich  in  der  Driftzone  mit  den  Früchten  und  Samen  von  Pflan- 
zen des  sandigen  und  steinigen  Meeresstrandes  auch  Früchte  und 
Keimlinge  von  Nipa  fruticans  vor,  während  ältere  Exemplare  dieser, 
sumpfiges  Terrain  liebenden  Palme,  ebenso  die  andern  alsMangrove 
zusammengefassten  Bewohner  der  Strandsümpfe  fehlen.  Die  Strand- 
flora von  Verlaten  Eiland  setzt  sich  also  ebenfalls  aus  Vertretern  der 
Pflanzenvereine  von  Pescaprae-  und  Barringtoniaformation  zusammen. 

Zwischen  den  einzelnen  Casuarinenbeständen,  in  welchen  zahl- 
reiche Stämme  mit  einem  dichten  Kleide  von  Schlingpflanzen,  Vitis 
trifolia,  Mucuna  pruriens,  behangen  sind  ,  finden  sich  von  w^eitern 
Strandbäumen  neben  Barringtonia  wieder  Terminalia  und  CaJo- 
phijllimi,  Leguminosen,  Pandanus  litoraUs.  Auf  weite  Ent- 
fernungen hin  ist  die  des  dichten  Haarkleides  ihrer  Blätter  wegen 
silbergrau  erscheinende  Tournefortia  argentea  zu  erkennen.  Von 
weit  verbreiteten  Strandpflanzen  kommen  ferner  Erythrina  indica, 
die  Verbenacee  Premua  foetida,  die  Rubiaceen  Morinda  citrifolia 
und  Guettarda  speciosa  vor.  Etwas  weiter  im  Innern  treffen  wir 
mehrere  Ficusarten ,  Kokospalmen  und  eine  zweite  Kulturpflanze, 
Carica  Papaya.  Ihre  Samen  sind  vielleicht  von  Vögeln  oder  fliegen- 
den Hunden,  welche  die  weiche  Papayafrucht  sehr  zu  schätzen  wissen, 
auf  die  Insel  gebracht  worden,  vielleicht  auch  ist  diese  Pflanze,  da 
Verlaten  Eiland  vor  Jahren  Vermessungsarbeiten  halber  während 
einiger  Zeit  bewohnt  wurde,  von  Menschen  eingeschleppt  worden. 
Dagegen  dürfte  Melastoma  polya)ithum,  ein  in  Java  über  Berg 
und  Tal  verbreiteter  Strauch  mit  lederigen  Blättern,  grossen  violetten 
Blüten  und  saftigen  Beerenfrüchten,  die  von  zahlreichen  Vögeln  ge- 
fressen werden ,  wohl  sicher  endozoisch  an  diesen  neuen  Standort 
gekommen  sein. 

Durch  die  Lichtungen  des  Strandwaldes  hindurch  haben  sich  die 
hohen    Gräser,    Cyperaceen,    die    Farne    und    Compositen   des   Innern 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  327 

auch  nach  dem  Strande  hin  bis  zu  dem  aus  Ipomaea  pes  caprae, 
Spüiifex,  IschaemiDu,  Vigna,  Cdtiavalia  und  Cassytha  gewirkten 
Teppich  ausgebreitet.  Das  Innere  der  Insel  wird,  ähnlich  wie  auf 
Krakatau,  stellenweise  von  offenen,  anderwärts  von  geschlossenen  Be- 
ständen der  Gräser,  Cyperaceen  und  Farne,  durchwoben  mit  Schling- 
pflanzen, Compositen  und  Orchideen,  von  vereinzelten  Bäumen  und 
Sträuchern  überdeckt.  1897  waren  auf  Verlaten  Eiland  erst  15  Arten 
von  Phanerogamen  und  Gefässkryptogamen  gefunden  worden.  Unsere 
Ausbeute  besteht  —  wir  sammeln  nur  noch  zu  zweien  —  nach  kaum 
einstündigem  Aufenthalt  aus  42  Arten,  von  denen  7  (Vitex  Negundo, 
Carica  Papaya,  Colubrina  asiatica,  Caesalpinia  Bonducella,  Mucuna 
pruriens,  Ximenia  americana,  Ficus  hirta)  auf  Krakatau  noch  nicht 
gefunden  worden  sind.  Es  ist  wohl  anzunehmen,  dass  bei  längerem 
Aufenthalt  auch  für  Verlaten  Eiland  ungefähr  derselbe  Florenbestand 
wie  für  Krakatau  hätte  festgestellt  werden  können.  Unsere  Er- 
gebnisse genügen  aber  vollständig  für  den  Nachweis,  dass  die  Be- 
siedelung  von  Verlaten  Eiland  sich  in  derselben  Weise  vollzieht, 
von  den  gleichen  Faktoren  abhängig  ist,  wie  auf  der  Nachbarinsel 
Krakatau. 

Nach  5  Uhr  sind  wir  wieder  auf  dem  Schiff.  Noch  vor  Sonnen- 
untergang liegt  die  ganze  Inselgruppe  hinter  uns  und  die  „Snip" 
trägt  uns,  in  weitem  Bogen  nordwärts  zwischen  Sebesi  und  Seboekoe 
hindurch  den  Weg  suchend,  in  das  inselreiche  Javameer  und  folgenden 
Tags  nach  Tandjong  Priok,  ßatavias  Hafen,  zurück. 


III.  Der  gegenwärtige  Florenbestand  der  Krakatau-Inseln. 

Die  Vegetation  von  Krakatau  und  Verlaten  Eiland  ist  in  den 
letzten  10  Jahren  wesentlich  reicher,  stellenweise  sogar  üppig  ge- 
worden. Der  Florenkatalog  der  Inselgruppe  hat  durch  die  Ergebnisse 
unserer  Exkursion  erhebliche  Zunahmen  zu  verzeichnen.  Die  gegen- 
wärtige Krakatauflora  umfasst  Vertreter  aller  Abteilungen  des 
Pflanzenreiches:  Schleimpilze,  Bakterien,  Algen,  Pilze,  Leber-  und 
Laubmoose,  Farne,  nacktsamige  und  bedecktsamige  Blütenpflanzen. 
Die  Gesamtzahl  der  auf  den  Exkursionen  von  1886,  1897  und  1906 
auf  der  Inselgruppe  gesammelten  Arten  beträgt  137. 

In  dem  nachfolgenden  Florenkatalog  sind  die  auf  den  drei  Ex- 
kursionen gesammelten  Arten  nach  Familien  und  Abteilungen  des 
natürlichen  Systems,  mit  den  Angiosx)erniae  dicotyledoneae  be- 
ginnend, geordnet.  In  der  mittleren  Kolonne  ist  angegeben,  auf 
welchen  der  drei  Inseln  die  betreffende  Pflanze  vorkommt  und  wann 
dieselbe  (1886,  1897  oder  1906)  dort  gefunden  worden  ist.    (Abkür- 


328 


A.  Ernst. 


Zungen:  K.  =  Krakatau;  V.  =  Verlaten  Eiland;  L  =  Lang  Eiland; 
1  =  Besuch  im  Juni  1886;  2  =  Besuch  im  März  1897;  3  =  Besuch 
im  April  1906). 

Die  Angaben  über  die  Verbreitungsgebiete  der  Phanerogamen 
und  Gefässkryptogamen  sind  den  unten  aufgeführten  Floren  und  syste- 
matischen Werken  entnommen. 


Angiosperniae  Dicotyledoneae, 

Farn.  Cotnpositae, 

K.  2.  3;    V.  3; 
L.  2. 


1.  Blumea  balsamifera  DG. 


2.  Blumea  hieracifolia  DG. 


3.  Gonyza  angustifolia  Harn. 

4.  Gonyza  indica  Miq. 


K.  2.  3. 


K.  1.  (?) 
K.  1.  3. 


3. 


5.  Emilia  sonchifolia  (L.)  DG.  K.  2. 

6.  Erechthites  hieracifolia   (L.)  K.  3;  V.  3. 

Raf. 

7.  Pluchea  indica  (L.)  Less.  K.  2.  3;  L.  2. 

8.  Senecio  spec.  K.  1. 

9.  Vernonia  cinerea  (L.)  Less.  K.  2.  3. 
10.  Wedelia  asperrima  Boerl.  K.  2;  L.  2. 


Küstenvegetation  von  Vorder-  und 
Hinterindien  und  der  Inseln  des 
indischen  Ozeans  bis  zu  den 
Philippinen  und  Australien. 

Vorder-  und  Hinterindien,  Malay. 
Archipel ,  Philippinen ,  Austra- 
lien, trop.  und  subtrop.  Afrika. 

Indien,  Malay.  Archipel. 

Hinterindien,  Malay.  Archipel,  S. 
China. 

In  den  Tropen  der  alten  Welt  weit 
verbreitet  und  in  der  neuen  Welt 
eingebürgert. 

Im  ganzen  wärmeren  und  ge- 
mässigten Amerika  verbreitet  u. 
in  der  alten  Welt  eingeschleppt. 

Von  Ostindien  bis  Australien  überall 
verbreitet. 

Gattung  mit  mehreren  Arten  im 
Malay.  Archipel  vertreten. 

In  den  Tropen  der  alten  Welt 
überall  verbreitet. 


1.  Blume,  G.  L.,  Bijdragen  tot  de  Flora  van  Nederlandsch  Indie.     Batavia  1825. 

—  Enumeratio  Plantarum  Javae  et  Insularum  adjacentium.     Haag  1830. 

—  Flora  Javae  1829. 

2.  Bo  erläge,  J.  G.,  Handleiding  tot  de  Flora  van  Nederlandsch  Indie  I — III.    Leiden 

1890—1900. 

3.  Christ,  H.,  Die  Farnkräuter  der  Erde.     Jena  1897. 

4.  Engler-Prantl,  Natürliche  Pflanzenfamilien.     I.  Teil,  4.  Abteiig.  bis  IV.  Teil, 

5.  Abteiig. 

5.  Engler,  A.,  Syllabus  der  Pflanzenfamilien.     4.  Aufl.     Berlin  1904. 

6.  Hooker,  J.  D.,  Flora  of  British  India.     Vol.  I— VIL     London  1875—1897. 
Hooker,  W.  J.,  Species  fihcum.     Vol.  I— V.     London  1846—64. 

7.  Koorders,  S.  H.,  Notizen  über  die  Phanerogamenflora  von  Java  (IV).     Natuur- 

kundig  Tijdschrift  voor  Nederlandsch-Indie.     Bd.  60.     1901. 

8.  Koorders,  S.  H.   u.  Valeton,  Tb.,    Bijdragen   t.  d.  Kennis   d.  Boomsorten  of 

Java.    No.  I— X.     1873—1904. 

9.  Miquel,  F.  A.  W.,    Flora  v.  Nederlandsch  Indie  mit  Suppl:    Prodromus  florae 

Sumatranae.     Amsterdam  1855 — 60. 

10.  Raciborski,  M.,  Die  Pteridophyten  d.  Flora  v.  Buitenzoi'g.     Leiden  1898. 

11.  Smith,  J.  J.,  Die  Orchideen  v.  Java.     Leiden  1905. 

12.  Schimper,  A.  F.  W.,  Die  Indomalayische  Strandflora.     Jena  1891. 


Vierteljahrsschrift  der   Naturf,   Ges.   Zürich.     Jahrg.  52.      1907. 


Taf.  XIX. 


Phot.:     A.  Ernst. 


Fiy.  lU.     Liclitiuuj  im  vStraiulwakl. 

Links   vorn    Scaevola    Koenigii,    hinter   Gräsern   (Saccharum   spontaneum)   eine    Gruppe    von    Kol<ospalmen.      Südostl<iJstB   von    Kral<atau.       (pag.    319.) 


Fi(j.  11.     Gra.sstoppc   im  Iiincni   von  Krakatau. 

Im    Milteigrund    die    ersten    Sciiluchlen     und    Gräto    am    Abhänge    des    Rakäta.       (pag.    321.) 


Wt  ilBRARY 
or  THE 

Vf  ILLIWöiS 


t)ie  neue  Flora  der  Vulknninsel  Krakatau.  329 

11.  Wedelia  glabrala  B.  et  H.        K.  1.  (?)  3. 

12.  Wedelia  scabriuscula  Boerl.     K.  2;  h.  "2. 

13.  Wollastonia  spec.  K.  1.  Mehrere  Arten  im  Malay.  Archipel 

verbreitet. 
Faui.  Goodeniaceae. 

14.  Scaevola  Koenigii  Vahl.  K.  1.2.3;V.2.     Trop.    Üstasien,    Malay.   Archipel, 

3;  L.  2.  Polynesien. 

Fam.  Cuczirbitaceae. 

15.  Trichosanthe?     tricuspidata     K.  3;  V.  3.  Vom    Himalaya    bis    Ceylon    und 

Lour.  Singapore,  Malay.  Archipel  (Java 

und  Sumatra),    China.  Nordau- 
stralien. 
Fam.  Bubiaceae. 

IG.  Guettarda  speciosa  L.  K.  3;  V.  3.         Beinahe  alle  trop.  Küsten. 

17.  Morinda  citrifoHa  L.  K.  2.  3;  V,  3;     Trop.  0.  Asien,    trop.  Australien, 

L.  2.  Polynesien  auch  im  Binnenland 


Fam.  Lahiatae. 


(kultiviert). 


18.  Hyptis  brevipes  Poit.  K.  3.  Tropisches  Amerika,  eingeschleppt 

an  den  Küsten  Afrikas  und  des 
tropischen  Asiens. 
Fam.  Verbenaceae. 

19.  ClerodendroninermeGaertn.     K.  3,  Vorder- und  Hinterindien,  Ceylon, 

Malay.    Archipel,     Neu -Guinea, 
Nord- Australien. 

20.  Premna  foetida  Reinw.  K.  3;  V.  3.         Java,  Borneo,  Molukken. 

21.  Vitex  Negundo  L.  V.  3.  Nicobaren,  Ceylon,  Indien,  Malay, 

Archipel  bis  Philippinen. 
Fam.  Borrayifiaceae. 

22.  Tournefortia  argentea  L.         K.  1,3:  V,  3,     Ceylon,   Hinterindien,   Nikobaren, 

Malay.   Archipel ,     Neu  -  Guinea, 
trop,  Australien, 
Fam.  Convolvtilaceae, 

23.  Cälonyction  asperum  Choisy.     K.  3.  Im  Malay,  Archipel  verbreitet, 

24.  Ipomaea  denticulata  Choisy.     K.  3.  Ceylon,  Hinterindien,  Malay.  Archi- 

pel, Australien. 
2.5.  Ipomaea  Pes  Caprae  Sw.         K,  1.2. 3;V.  2.     Alle  tropischen  Küsten. 

3;  L,  2, 
Fam.  Asclepiadaceae. 
26.  Cynanchum  Blumei  B.  et  H.     K.  3. 

Fam,  Apocynaceae. 

Tt.  Cerbera  Odollam  Gaertn.         K.  1.2.3:  V,3;     Trop.  Ostasien   bis  Formosa    und 

L,  2,  Neu-Guinea. 

Fam.  Melastonintaceae. 

28.  Melastoma  polyanthum  Bl.       K.  3;  V.  2,  3.      Ostindien,  China,  Malay.  Archipel, 

Australien. 
Fam.  Myrtaceae, 

29.  Eugenia  speciosa  L.  L,  2. 

Fam.  Combretaceae. 

30.  Terminalia  Catapjia  L.  K.2.3;V.2.3;     Malay.   Archipel,    Keeling- Inseln, 

L.  2,  Polynesien,  Neu-Guinea. 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52.     1907.  22 


330 


A.  Ernst. 


Fam.  LecytMdacecie. 

31.  Baningtonia  speciosa  Forst. 


32.  Barringtonia  Vriesei  Teysm. 
et  Binnend. 


K.  i2.  3;  V.  3;     Ceylon,  Andamanen  Inseln,  Singa- 
L.  2.  pore,  Malay.  Archipel,  tropisches 

Australien. 
L.  2.  Java  (Provinz  Bantam). 


Fam.  Caricaceae. 

33.  Carica  Papaya  L. 

Fam.  Cruttiferae. 

34.  Calophyllum  Inophyllum  L. 

Fam.  Sterculiaceae. 

35.  Melochia  arborea  Bl. 

36.  Melochia  indica(Houtt.)A.Gr. 

Fam.  Malvaceae. 

37.  Hibiscus  tihaceus  L. 

Fam.  Vitaceae, 

38.  Vitis  trifolia  L. 

Fam.  Rliamnaceae. 

39.  Colubrina  asiatica  (L.)  Brongn. 

Fam.  Sapindaceae, 

40.  Dodonaea  viscosa  L. 

Fam.  Anacardiaceae, 

41.  Spondias  mangifera  Willd. 

Fam.  EupJiorhiaceae. 

42.  Euphorbia  Atoto  Forst. 

43.  Euphorbia  pilulifera  L. 

Fam.  Meliaceae. 

44.  Carapa  obovata  Bl. 

Fam.  Leguminosae. 

45.  Albizzia  stipulata  Boiv. 

46.  Caesalpinia  Bonducella  (L.) 

Roxb. 

47.  Cassia  siamea  Lam. 

48.  Canavalia  obtusifolia  DC. 

49.  Derris  uliginosa  Lour. 

50.  Desmodium  umbellatum  DC. 

51.  Entada  Pursaetha  DC. 


V.  3. 


Aus  Amerika  als  Kulturpflanze  über 
die  ganze  Tropenwelt  verbreitet. 


K.  1.  3;  V.  3;     Ind.   Florenreich,   Nordaustralien, 
L.  2.  Polynesien. 


K.  3;  V.  3. 
K.  2. 


Malayischer  Archipel. 


K.  2.  3;  V.  3;     Alle  tropischen  Küsten. 
L.  2. 


K.  3. 


V.  3. 


K.  3. 


K.  3. 


K.  3;  V.  3. 
K.2;  L.2. 


K.3. 


K.2. 


V.  3. 


Vorder-  und  Hinterindien,  Ceylon, 
Malakka,  Java,  Sumatra. 

Vorder-  und  Hinterindien,  Ceylon, 
Java,  Borneo,  trop.  Australien. 

Tropische  Küsten  von  Südafrika 
bis  Australien  und  Neu- Seeland. 
(Auch  Binnenland). 

Indisch-malayisches  Gebiet. 


Trop.  u.  subtrop.  Oslasien. 
Kosmopol.  in  trop.  u.  subtropischen 
Gebieten  (auch  Binnenland). 

Ceylon,  Malay.  Archipel. 


Trop.   u.   subtrop.   Asien,    Malay. 

Archipel. 
Alle  trop.  Küsten. 


K.  3.  Vorderindien,  Malay.  Archipel. 

K.2.3;V.2.3;     Alle  tropischen  Küsten. 

L.  2. 

K.  3.  Trop.  Ostasien  bis  Hongkong,  Poly- 

nesien. 

K.3;V.3;L.2.     Trop.  Ostasien,  Austrahen. 

V.  2.  In  den  Tropen  beider  Hemisphären 

weit  verbreitet. 


52. 

53. 

54. 
55. 

5G. 
57. 

58. 
59. 

60. 
61. 
62. 

63. 
64. 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau. 
Erythrina  indica  Lam. 


331 


K.  1.(?)3;V.3;  Indisches  Florenreich   (auch  Bin- 

L.  2.  nenland). 

Erythrina  ovalifolia  Roxh.       V.  3;L.  2.  Indisches   Florenreich   (auch  Bin- 
nenland). 

Indigofera  Teysmanni  Miq.      K.  3.  Sumatra. 

Mucuna  pruriens  DC.               V.  3.  In  den  Tropen  beider  Hemisphären. 

Pongamia  glabra  Vent.            K.3;V.  3.  Indisches  Florenreich. 

Pithecolobium    moniliferum     K.  3.  ' 

Bth. 

Sophora  tomentosa  L.               K.3;V.3;L.2.  Alle  tropischen  Küsten. 

Vigna  lutea  (Sw.)  A.  Gray.     K.  2.  3;  V.  3;  Andamanen-Inseln ,  Malay.  Archi- 

L.  2.  pel,  trop.  Australien. 

Vigna  luteola  (Jacq.)  Benth.     K.  2;  L.  2.  Kosmopol.  in  den  Tropen  bis  zum 

Kap  und  Argentinien. 
Farn.  Hernandiaceae. 

Hernandia  peltata  Meissn.       K.  1.3. 


Trop.  Ostasien,  Neu-Guinea,  Poly- 
nesien. 


Farn.  Lauraceae. 
Cassytha  filiformis  L. 

Fam.  Olacaceae. 
Ximenia  americana  L. 

Farn.  Urticaceae. 

Pipturus  incanus  Wedd, 


K.  2.  3 ;  V.  2.     Alle  tropischen  Küsten  (auch  Bin- 
3;  L,  2.  nenland). 

V.  3.  Tropische   Küsten   der   alten   und 

neuen  Welt. 


K.  3;  V.  3. 


Fam.  Moraceae. 

65. 

Ficus  fistulosa  Reinw. 

K.  3. 

66. 

Ficus  fulva  Reinw. 

K.3; 

V. 

3. 

67. 

Ficus  hirta  Vahl. 

V.3. 

68. 

Ficus  hispida  L, 

L.2. 

69. 

Ficus  leucantatoma  Poir. 

V.3; 

L. 

2, 

70. 

Ficus  toxicaria  L. 

K.2; 

L. 

2. 

71, 


Malay.  Archipel,  Polynesien  (auch 
Binnenland). 

Perak,  Penang,  Singapore,  Malay. 
Archipel  (Java). 

Java,  Sumatra. 

Malayischer  Archipel,  China. 

Vorder-Hinterindien,  Ceylon,  Ma- 
lay. Archipel,  China,  Australien. 

Im  Malayischen  Archipel  verbreitet, 
Java  und  Sumatra. 
Fam.   Ulniaceae. 
Trema  amboinensis  Bl.  K.  3.  Subtrop.  u.  trop.  Asien  u.  Austral. 

Fam.  Casuarinaceae. 

Casuarina  equisetifolia  Forst.     K.  2. 3;V.2. 3;     Hinterindien,   Malayisch.  Archipel 

L.  2.  (auchBinnenland),N.-Austrahen. 

Angiosperinae  ßlonocotyledoneae. 
Fam.  Orchidaceae, 

Arundina  speciosa  Bl.  K.  2.  3. 


74. 


Cymbidium  Finlaysonianum     K.  3. 
Lindl. 


75.  Phajus  spec. 


K.2;L.  2. 


Auf  Java  an  sonnigen  Stellen  sehr 
gemein  (Vulkane!),  Borneo,  Su- 
matra, Malacca,  Ostindien. 

Im  Malay.  Archipel  verbreitet 
(Java,  Borneo,  Sumatra,  Cele- 
bes,  Riouw,  Singapore,  malay. 
Halbinsel). 

Im  Malayischeii  Archipel  mit 
ca.  20  Arten  verbreitet. 


332 

A.  Ernst. 

76. 

Spalhoglottis  plicata  Bl. 

K.  2.  3;  V.  3; 
L.  2. 

77. 

Vanda  sulingi  Bl. 
Farn.  Palmae. 

L.2. 

78. 

Cocos  nucifera  L. 
Farn.  Cyperaceae. 

K.3;V.3;L.2. 

79. 

Cyperus  digitatus  Roxb. 

K.1.(?)2;V.2. 

80. 

Fimbristylis  spathacea  Roth. 

K.  1.  (?)  2.  3. 
V.  3;L.2. 

81. 

Mariscus  umbellatus  Vahl. 

K.  3. 

82. 

Remirea  maritima  Aubl. 
Fam.  Gramineae, 

K.3;L.2. 

83. 

Gymnothrix  elegans  Büse. 

K.  1.2;  V.  2; 
L.  2. 

84. 

Imperata  arundinacea  Cyr. 

K.  2.  3;  L.  2. 

85. 

Ischaemum  muticum  L. 

K.  2.  3;  V.  3; 
L.  2. 

86. 

Pennisetum  elegans  J.K. 

K.  3;  V.  3. 

87. 

Phragmites    Roxburghii 

K.  1.  2;  V.  2; 

Stand. 

L.2. 

88. 

Pogonatherum  crinitum  Trin. 

K.  2.  3;  V.  3; 

L.  2. 

89. 

Saccharum  spontaneum  L. 

K.  2.3;  V.  3; 
L.  2. 

90. 

Spinifex  squarrosus  L. 
Fam.  Pandanaceae. 

K.2.3;V.2.3 
L.  2. 

91. 

Pandanus     spec.     (littoralis 
Jungh.;?). 

K.2.3;  V.2.3. 

Penang,  Perak,  Singapore,  Malay. 

Archipel   (Java),    Manilla,   Neu- 

Guinea. 
Java. 


Alle  tropischen  Küsten. 


In  den  Tropen  verbreitet,  Indien, 

Ceylon,  Penang. 
Ceylon,  Vorder-  und  Hinterindien, 

Singapore. 
Von  Afrika  bis  Neu-Guinea,  Java, 

Sumatra. 
Alle  tropischen  Küsten. 


Java. 

Kosmopolitisch,  Alang  Alangfelder 

im  Malayischen  Archipel. 
Malay.  Archipel,  Birma. 

Trop.  Amerika,  Afrika,  Indien. 

Trop.  Afrika,  Vorderindien,  Ceylon, 
Sumatra,  Java,  Australien. 

Vorder-Hinterindien ,  Malay  isch  er 
Archipel. 

Tropen  der  alten  Welt;  Bestand- 
teil der  Alang  Alangfelder  im 
Malayischen  Archipel. 

Vorder-  und  Hinterindien,  Malay. 
Archipel. 

Mehrere  Arten  in  der  indo- 
malayischen  Strandformation, 
i.  b.  auf  Java  und  den  Korallen- 
inseln der  Javasee  häufig. 


Fam.  Cycadaceae. 

92.  Cycas  circinalis  L. 


Gymnosperniae, 


K.  3. 


Vorder-  und  Hinterindien,  Malay. 
Archipel  (auch  Binnenland). 


Pteriflophyta. 

Fam.  lAjcopodiaceae. 

93.  Lycopodium  cernuum  L.  K.2.3.  Inseln  u.  Küsten  der  Tropenzone; 

i.  b.  Malayischer  Archipel. 
Fam.  OpMoglossaceae. 

94.  Ophioglossum   moluccanum.     K.  2.  Hügelland   und   untere   Waldzone 

Schlecht.  von  Java. 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau. 


333 


Fam.  Polypodiaceae. 

95.  Acrostichum  aureum  L.  K.  l.:2. 3;  V.  2. 

96.  Acrostichum  scandens  J.Sm.     K.  1.  :2. 


97.  Aspidium  vile  Kze. 

98.  Bleclinum  Orientale  L. 


K.  2. 

K.  1.  2;  V.  2. 


99.  Gymnogramme  calomelanos     K.  1.2.3;  V.3. 
(L.)  Kaulf. 

100.  Nephrodium  calcaratum  (BI.)     K.  1. 

Hook. 

101.  Nephrodium  cuculIatum(Bl.)     K.  1.  2.  3. 

Bak. 

102.  Nephrodium  flaccidum  Hook.     K.  1. 

103.  Nephrolepis  exaltata  Schott.     K.  1.2.3;  V.3. 


104.  Onychium  auratum  Kaulf.       K.  1. 

105.  Polypodium  quercifolium  L.     K.  2.  3. 


106.  Pteris  aquilina  L. 

107.  Pteris  longifolia  L. 

108.  Pteris  marginata  Borv. 


Fam.  Anthocerotciceae. 

109.  Anthoceros  spec. 

Fam.  Sai-tramiaceae. 

110.  Philonotis  secunda  (Dz.  et 

Mb.)  V.  d.  B.  et  Lac. 

Fam.  Bryaceae. 

111.  Bryum  coronatum  Schwaegr. 


Fam.  Agariciiieae. 

112.  Hygrophorus  spec. 

Fam.  Polyporaceae. 

113.  Polystictus  sanguineus  (L.) 

Fries. 

114.  Polystictus  hydnoides. 


Fam.  SadllaHaceae. 

115.  Navicula  spec. 

116.  Encyonema  ventricosum 

Kütz. 

117.  Nitzschia  Sigrma  (Kütz.j  Sm. 


K.  1.  2. 
K.1.2.3;  V.3. 

K.  1. 


Mangrovesümpfe  u.  Nipaformation 
aller  tropischen  Länder. 

Mangrove-  und  Barringtoniafor- 
mation.  Von  Nordindien  u.  Süd- 
china bis  Nordaustralien. 

Xerophil;  Vulkane  .Javas. 

Von  Nordindien  und  Südchina  bis 
Polynesien ,  Neu  -  Guinea  und 
Australien. 

Tropen  der  neuen  und  alten  Welt. 

Von  Osthimalaja  und  Südchina 
südwärts;  malesisches  Gebiet. 

Malay.  Archipel;  Ebene  u.  Hügel- 
land. 

Malay.  Archipel  (Java). 

Epiphyt  und  Erdfarn  von  Nord- 
indien u.  Japan  bis  Australien  u. 
Neu-Seeland;  Afrika  u.  Amerika. 

Himalaya  bis  Philippinen. 

Nordindien  und  Südchina  bis  Cey- 
lon, Malay.  Archipel. 

Kosmopohtisch  auf  der  ganzen  Erde. 

Wärmere  Länder  der  alten  Welt; 
sehr  verbreitet  auf  Java. 

Vom  östlichen  Indien  und  Ceylon 
durch  die  malayische  Region  bis 
Nordaustrahen. 


Brijophyta, 

K.  2. 

K.  1.  (V)  3. 

K.  1.  (?)  3. 

Euiiiycetes. 

K.  2. 

K.  .3. 
K.  3. 
Zygophyta, 

K.  2. 
K.  2. 

K.  2. 


334  A.  Ernst. 

118.  Cystopleura  gibba  (Ehrenb.)    K.  2. 
Kunze. 

il'.l.  Cystopleura  gibberula  K.  !2. 

(Ehrenb.)  Kunze,  var.  pro- 
ducta. Grün. 

Schi^ophyta. 
Farn.  Chroococcaceae, 

120.  Aphanothece  Castagnei  K.  2. 

(Breb.)  Rabh. 
1:21.  Gloeothece  rupestris  (Lyngb.)    K.  2. 

Bor. 

Farn.  Oscillatoriaceae. 

122.  LyngbyaVerbeekianaTreiib.  K.  1. 

123.  Lyngbya  minutissima  Tr.  K.  1. 

124.  Lyngbya  intermedia  Tr.  K.  1. 

125.  Microcoleus  chlonoplastes  Thr.  K.  2. 

126.  Oscillatoria  amphibia  Ag.  K.  2. 

127.  Schizothrix  vaginata  Gom.  K.  2. 

128.  Symploca  spec.  K.  1. 

Fam.  Kostocaceae. 

129.  Anabaena  spec.  K.  1. 

Fam.  Scytonemaceae. 

130.  Scytonema  mirabile  Boss.        K.  2. 

131.  Tolypothrix  spec.  K.  1. 

Fam.  JBacteriaceae. 

132.  Bactei'ium  radicicola   Beye-     K.  3. 

rinck 

133.  Bacterium   Krakataui.      De     K.  3. 

Kruyff. 

134.  Bacillus  Mycoides  Flügge.       K.  3. 

135.  Bacillus   Moire.     (B.   mega-     K.  3. 

therium  de  Bary?). 

136.  Bacillus  fluorescens  liquae-     K.  3. 

faciens. 

Myxothullophyta, 
Fam.  Physaraceae. 

137.  Physarum  cinereum.  K.  2. 


Die  grösste  Anzahl  der  in  den  letzten  10  Jahren  eingewanderten 
Arten  entfällt  auf  die  Blütenpflanzen,  die  nunmehr  nicht  nur  das 
Vegetationsbild  des  Strandes,  sondern  auch  der  Ebene  und  der  Berg- 
abhänge bedingen.  Während  die  Anzahl  der  Farne  nicht  wesentlich 
zugenommen  hat,  ist  die  Gesamtzahl  der  Blütenpflanzen  (15  Arten 
im  Jahre  1886)  von  56^)  im  Jahre  1897  bis  April  vergangenen  Jahres 


^)  Pen  zig  gibt  die  Zahl  53  an;  er  hat  von  den  Treubschen  Funden  die  beiden 
Conyza&xiQn  und  Senezio  spec.  bei  der  Berechnung  der  Gesamtflora  von  1897  nicht 
mitgezählt. 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau. 


335 


auf  92  angestiegen.     Dieser  Zuwachs  verteilt  sich  fast  gleichmässig 
auf  Strand-  und  Binnenlandflora. 

Ausschliesslich  oder  vorwiegend  dem  Strandgürtel  von  Kraka- 
tau und  Verlaten  Eiland  gehören  die  nachfolgenden  Arten  an: 


•  Blumea  balsamifera  DC. 
Conyza  angustifolia  Harn. 
Pluchea  indica  (L.)  Less. 

•  Wedelia  glabrata  B.  et  H. 
Wollastonia  spec. 

•  xGuettarda  speciosa  L. 
xHyptis  brevipes  Poit. 

•  xPremna  foetida  Reinw. 

•  X  Tournefortia  argentea  L. 
Xlpomaea  denticulata  Choisy. 

Cynanchum  Blumei  B.  et  H. 
Eugenia  speciosa  L. 

•  X  Barringtonia  speciosa  Forst. 

•  X  Calophyllum  Inophyllum  L. 

Melochia  indica  (Houtt.)  A.  Gr. 
Vitis  trifolia  L. 

•  xDodonaea  viscosa  L. 
•X  Euphorbia  Atoto  Forst. 

xCarapa  obovata  Bl. 

Cassia  siamea  Lam. 
xDerris  uliginosa  Lour. 

Entada  Pursaetha  DC. 
XErythrina  ovalifolia  Roxb. 

Mucuna  pruriens  DC. 

Pithecolobium  moniliferum  Bth. 
xVigna  lutea  (Sw.)  A.  Gray. 

•  xHernandia  peltata  Meissn. 
XXimenia  americana  L. 

•  XCasLiarina  equisetifolia  Forst. 

Cyperus  digitatus  Roxb. 
XRemirea  maritima  Aubl. 

•  X  Spinifex  squarrosus  L. 

•  X  Cycas  circinalis  L. 

•  xPolypodium  quercifolium  L. 


Blumea  hieracifolia  DC. 
X  Conyza  indica  Miq. 
Wedelia  asperrima  Boerl. 
Wedelia  scabriuscula  Boerl. 
•xScaevola  Koenigii  Valil. 

•  xMorinda  citrifolia  L. 

•X  Clerodendron  inerme  Gaertn. 
•Vitex  Negundo  L. 

•  Calonyction  asperum  Choisy. 

•  xlpomaea  Pes  Caprae  Sw. 

•  X  Cerbera  Odollam  Gaertn. 

•  xTerminalia  Catappa  L. 

Barringtonia  Vriesei  Teysm.  et 

Binnend. 
Melochia  arborea  Bl. 

•  X  Hibiscus  tiliaceus  L. 

•  xColubrina  asiatica  (L.)  Brongn. 
X  Spondias  mangifera  Willd. 

X  Euphorbia  pilulifera  L. 

•  X  CaesalpiniaBonducella(L.)Roxb. 

•  X  Canavalia  obtusifolia  DC. 

•  X  Desmodium  umbellatum  DC. 

•  XErythrina  indica  Lam. 

Indigofera  Teysmanni  Miq. 

•  xPongamia  glabra  Vent. 

•  X  Sophora  tomentosa  L. 

X  Vigna  luteola  (Jacq.)  Benth. 

•  X  Cassytha  filiformis  L. 

Pipturus  incanus  Wedd. 

•  X  Cocos  nucifera  L. 

•  Fimbristylis  spathacea  Roth. 

•  X  Ischaemum  muticum  L. 

•  Pandanus  spec. 

•  X  Acrostichum  aureum  L. 


Die  Strandflora  der  Krakatauinseln  besteht  zu  zwei  Dritteln  aus 
Ubiquisten  der  tropischen  Küsten.    Von  den  67  in  vorstehender  Liste 


336  A.  Ernst. 

aufgeführten  Pflanzen  finden  sich  die  mit  X  bezeichneten  42  in  den 
Verzeichnissen  von  Schimper^)  und  Hemsley-)  als  typische  Strand- 
pflanzen aufgeführt.  35  derselben  sind  auch  ausserhalb  des  malayischen 
Archipels,  viele  sogar  über  den  ganzen  Tropengürtel  verbreitet  und 
häufig  vorkommend.  Für  ihre  Bedeutung  für  die  Strandflora  der 
Küsten  im  Gebiete  der  Sundastrasse  spricht  schon  die  Durchsicht  der 
pag.  301—303,  306—307  und  313  —  314  gegebenen  Listen  unserer 
Pflanzenfunde  auf  Edam,  in  Vlakke  Hoek  (Sumatra)  und  Javas 
erstem  Punkt. 

Von  den  mit  X  bezeichneten  36  Halophyten  Edams  finden  sich 
18  auf  den  Krakatauinseln,  mit  dem  Strande  von  Vlakke  Hoek  haben 
die  Inseln  21,  mit  demjenigen  von  Javas  erstem  Punkt  14  dieser  weit 
verbreiteten  Arten  gemein.  Eine  ebenso  weitgehende  Übereinstimmung 
würde  der  Vergleich  mit  andern  Küstenstrecken  von  Java  und  Sumatra, 
mit  Inseln  der  Javasee  oder  des  Gebietes  der  Sundastrasse  ergeben. 
Von  den  17  Strandpflanzen  z.  B.,  die  Guppy^)  für  die  von  ihm  be- 
suchten Strecken  der  Südwestküste  Javas  angibt,  gehören  14  der 
Krakatauflora  an.  Die  von  Darwin^)  (1836),  Forbes^)  (1878)  und 
Guppy  (1888)  besuchten  Keeling-  oder  Kokosinseln  (südöstlich 
der  Sundastrasse  in  12''  s.  Br.  u.  98"  ö.  L.)  weisen  in  ihrer  ursprüng- 
lichen, ca.  30  Phanerogamen  umfassenden  Flora  18  mit  der  jetzigen 
Krakatauflora  gemeinsame  Vertreter  auf.  An  den  5  Standorten  (Edam, 
Vlakke  Hoek,  Javas  1.  Punt,  Südwestküste  von  Java  und  Kokos- 
inseln) zusammen  finden  sich  36  (mit  •  X  oder  •  in  der  Liste  vermerkt) 
der  Strandbewohner  von  Krakatau  wieder.  Auch  die  25  weiteren 
Arten,  welche  in  der  neuen  Strandflora  von  Krakatau  vorkommen, 
gehören  solchen  Gattungen  an,  von  denen  die  Listen  Schimpers  und 
Hemsleys  andere  Arten  als  typische  Strandpflanzen  anführen. 

Im  Innern  der  Insel,  auf  der  langsam  ansteigenden  Ebene  und 
den  Abhängen  des  Kegels,  finden  sich  neben  zahlreichen,  auch  in  der 
Liste  der  Strandpflanzen  aufgeführten  Arten  die  nachfolgenden  Phanero- 
gamen und  Gefässkryptogamen : 


')  Schimper,  A.  F.  W.,  Die  indo-malayische  Strandflora,     pag.  lUO. 

^)  Hemsley,  B.  W.,  Report  of  Present  State  of  Knowledge  of  various  Insular 
Floras.     pag.  42. 

^)  Guppy,  H.  B.,  The  dispersal  of  plants,  as  illustrated  by  the  Flora  of  the 
Keeling  or  Cocos  Islands.     Sep.-Abdr.  1890  pag.  30. 

*)  Die  von  Darwin  gesammelten  Pflanzen  sind  von  Henslow,  J.  S.,  be- 
arbeitet: Florula  Keelingensis,  Annais  of  Natural  History  (1838  vol.  1.  pag.  337 — 347); 
das  Verzeichnis  findet  sich  auch  reproduziert  in  Challenger  Reports.  Botany.  Vol.  I. 
part  3.  pag.  113. 

'")  Forbes,  0.,  Wanderungen  eines  Naturforschers  im  Malayischen  Archipel 
von  1878—1883.    I.  Bd.    Jena  1886.    pag.  45. 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau. 


337 


Emilia  sonchifolia  (L)  DC. 

Senecio  spec, 

Trichosanthes  tiicuspidata  Lour. 

Carica  Papaya  L. 

Ficus  fistulosa  Reinw. 

Ficus  hirta  Vahl. 

Ficus  leucantatoma  Poir. 

Trema  amboinensis  Bl. 

Cymbidium  Finlaysonianum  Lindl. 

Spathoglottis  plicata  Bl. 

Mariscus  umbellatus  Vahl. 

Imperata  arundinacea  Cyr. 

Phragmites  Roxburghii  Stend. 

Saccharum  spontaneum  L. 

Lycopodium  cernuum  L. 

Acrostichum  scaiidens  J.  Sm. 
Blechnum  Orientale  L. 
Nephrodium  calcaratum  (Bl.)  Hook. 
Nephrodium  flaccidum  Hook. 
Onychium  auratum  Kaulf. 
Pteris  longifolia  L. 


Erechthites  hieracifolia  (L.)   Raf. 
Vernonia  cinerea  (L.)  Less. 
Melastoma  polyaiithum  Bl. 
Albizzia  stipulata  Boiv, 
Ficus  fulva  Reinw. 
Ficus  hispida  L. 
Ficus  toxicaria  L. 
Arundina  speciosa  Bl. 
Phajus  spec. 
Vanda  Sulingi  Bl. 
Gymnothrix  elegans  Büse. 
Pennisetum  elegans  I.K. 
Pogonatherum  crinitum  Trin. 

Ophioglossum  moluccanum 

Schlecht. 
Aspidium  vile  Kze. 
Gymnogramme  calomelanos  Kaulf. 
Nephrodium  cucullatum  (Bl.)  Bak. 
Nephrolepis  exaltata  Schott. 
Pteris  aquilina  L. 
Pteris  margin  ata  Bory. 


Auch  die  Pflanzen  dieser  Liste  zeichnen  sich,  wie  schon  aus  den 
Angaben  in  der  Hauptflorenliste  (pag.  328  —  334)  hervorgeht,  durch 
weite  Verbreitungsgebiete  aus.  Einzelne  derselben  sind  Kosmopoliten 
und  werden  wie  Lycopodium  cernuum,  Pteris  aquilina  u.  a.  in  allen 
Erdteilen  und  Zonen  gefunden.  Andere  sind  über  die  Tropen  der  alten 
Welt  (E)tiilia  sonchifolia,  Venionia  cinerea,  Saccharum  sjjo/ifa- 
neuni  u.  a.),  über  das  ganze  subtropische  und  tropische  Asien  oder 
doch  über  das  Gebiet  des  malayischen  Archipels  verbreitet.  Sie  ge- 
hören innerhalb  ihrer  Verbreitungsgebiete  zu  den  häufigsten  und  viel- 
fach mit  sehr  verschiedenartigen  Standorten  vorlieb  nehmenden  Pflan- 
zen. Auch  diese  Bestandteile  der  neuen  Krakatauflora  verdanken  ihr 
Vorkommen  an  dem  neuen  Standorte,  wie  ihre  weiten  Verbreitungs- 
gebiete überhaupt,  besonders  günstigen  Anpassungen  ihrer  Früchte 
und   Samen  an  den  Ferntransport. 


lY.  Die  Lebensbedingungen  auf  Krakatau. 

Die  neue  Flora  der  Krakatauinseln  zeigt  auf  das  überraschendste, 
wie  schnell  die  Pflanzenwelt  auch  unter  ungünstigen  Bedingungen  ein 
steriles  Gebiet  zu  erobern  vermag. 


338  A.  Ernst. 

Damit  lebendige  Keime,  welche  durch  irgend  ein  verbreitendes 
Agens  auf  Neuland  wie  Krakatau  getragen  worden  sind,  heranwachsen 
und  selbst  neue  Keime  erzeugen  können,  bedarf  es  des  Zusammen- 
wirkens vieler  Faktoren.  Ein  grosser  Teil  der  auf  das  Neuland  ge- 
langten Keime  geht  zugrunde,  weil  sie  die  zu  ihrer  Entwicklung  not- 
wendigen Bodenverhältnisse  und  klimatischen  Bedingungen  nicht  vor- 
finden. Samen  und  Früchte  anderer  Pflanzen,  denen  vielleicht  die 
Wachstumsbedingungen  des  neuen  Standortes  zusagen  würden,  haben 
während  des  Transportes  durch  Trockenheit  oder  zu  starke  Durch- 
nässung ihre  Keimfähigkeit  eingebüsst,  oder  sie  sind  nur  kurze  Zeit 
nach  erfolgter  Ausstreuung  keimfähig  und  haben  durch  lange  Dauer 
der  Reise  bereits  gelitten.  Von  den  keim-  und  wachstumsfähigen 
Samen  wiederum  können  viele  vor  oder  während  ihrer  Entwicklung 
durch  Tiere  zerstört  werden  oder  infolge  Umgestaltung  des  Sub- 
strates zugrunde  gehen.  Die  Konkurrenz  anderer  Pflanzen  um  Raum 
und  Licht  spielt  vorerst  bei  der  Besiedelung  von  Neuland  keine 
Rolle.  Dagegen  muss  eine  schon  herangewachsene  Pflanze  auch  die- 
jenigen Verhältnisse  vorfinden,  welche  die  Befruchtung  ihrer  Blüten 
und  das  Reifen  ihrer  Früchte  begünstigen.  Windblütige  Pflanzen,  die 
auf  solchem  Terrain  Fuss  gefasst  haben,  werden  also  beispielsweise 
reichlicher  fruchten  und  daher  besser  zur  Ausbreitung  auf  dem  zu 
besiedelnden  Boden  geeignet  sein,  als  andere  mit  speziellen  Anpas- 
sungen an  Bestäubung  durch  bestimmte  Insekten,  die  auf  entlegenem 
Neuland  noch  fehlen  können.  Aus  ähnlichen  Gründen  ist  es  um  die 
Verbreitung  diöcischer  Arten  häufig  schlimm  bestellt.  Wenn  von 
denselben  auf  dem  Neuland  nur  ein  Exemplar  vorkommt  (wie  von 
Cycas  auf  Krakatau),  oder  wenige  über  weite  Gebiete  verteilt  sind, 
so  unterbleibt  naturgemäss  die  Fruchtbildung.  Die  betreffende  Pflanzen- 
art wird  also,  wenn  während  der  Lebensdauer  des  zuerst  entstandenen 
Individuums  nicht  neue  keimfähige  Samen  auf  die  Insel  gelangen, 
welche  andersgeschlechtliche  Exemplare  liefern,  aus  dem  Pflanzen- 
kleid wieder  verschwinden. 

Besonders  hemmend  mussten  sich  bei  der  Neubesiedelung  von  Kra- 
katau in  den  ersten  Jahren  die  nachteiligen  Einflüsse  der  starken  Inso- 
lation und  des  fliessenden  Wassers  auf  die  Erstlinge  der  Vegetation  der 
Bimsstein-  und  Aschenfelder  geltend  machen.  Während  der  schönen  Jah- 
reszeit, die  vermutlich  auf  Krakatau,  wie  in  Batavia  und  anderen  Plätzen 
der  javanischen  Nordwestküste,  mit  dem  Südostmonsun  ungefähr  von 
Mai  bis  September  dauert,  sind  die  Regen  verhältnismässig  selten.  Da- 
gegen wird  der  Boden  jeden  Tag,  ebenso  an  hellen  Tagen  der  Regenzeit, 
auf  Temperaturen  erhitzt,  welche  das  Wärmemaximum  für  Keimung 
und  Wachstum  der  meisten  Pflanzen  bedeutend  übersteigen.    Die  Ge- 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau. 


339 


sanitregenmenge  der  Insel ')  beträgt  wahrscheinlich  gegen  2  V2  m  per 
Jahr,  wovon  der  grösste  Teil  während  der  Zeit  von  Dezember  bis 
März  fällt.  Namentlich  während  der  ersten  Jahre  bewirkte  jeder 
heftige  Regenguss  durch  die  erodierende  Kraft  des  abströmenden 
Wassers  Oberflächenveränderungen  und  mit  der  lockeren  Unterlage 
ist  mancher  auf  die  Insel  gelangte  Same,  manche  trotz  der  ungünstigen 
Bedingungen  entstandene  Keimpflanze  von  ihrem  Standort  weg- 
geschwemmt oder  unter  anderem  Material  begraben  worden. 

Die  chemische  Zusammensetzung  des  Substrates  und  seine 
physikalischen  Eigenschaften  dagegen  waren  der  Neubesiedelung 
nicht  so  ungünstig,  wie  man  sich  zunächst  vorzustellen  geneigt  ist. 
Aus  den  von  C.  Winkler  ausgeführten  und  von  Verbeek  (1.  c.  IL 
pag.  305)  mitgeteilten  Aschen-  und  Bimssteinanalysen  geht  hervor, 
dass  in  denselben  fast  alle  für  die  Pflanze  notwendigen  Nährsalze 
(Stickstoff"-  und  Phosphor  Verbindungen  ausgenommen)  in  gentigender 
Menge  und,  was  für  das  Pflanzenleben  von  besonderer  Bedeutung  ist, 
zum  Teil  auch  in  wasserlöslicher  Form  vorkommen.  Für  Asche  aus 
den  obersten  Schichten  der  ersten  Ausbrüche  (a)  und  hellfarbigen 
Bimsstein  (b)  u.  a.  wird  folgende  Zusammensetzung  angegeben: 


b. 


SiOg 

60.13 

68.51 

TiO., 

1.10 

0.82 

AlÖa 

17.41 

15.96 

Fe.Og 

4.30 

2.61 

FeO 
MnO 
CaO 

MgO 

1.68 
0.40 
3.36 
2.27 

Im  Wasser 
unlöslich 

99.56  Vo 

1.09 
0.28 
3.14 
1.07 

Im  Wasser 
unlöslich 

99.31  7o 

K2  0 

2.46 

1.82 

Na.  0 

4.88 

4.01 

CaSO^ 
Organ. 

(Anhydrit) 
Substanz. 

1.57 
in  Spuren 

— 

NaCl 

0.75 

1.09 

KCl 

in  Spuren 

Im  Wasser 

in  Spuren 

Im  Wasser 

Nag  SO 

1 

0.22 

löslich 

— 

löslich 

Ca  SO, 

Fe  SO, 

0.11 
0.03 

1.11  % 

0.22 
0.03 

1.3470 

')  In  Westjava  im  Mittel  von  24  Stationen  ^76  cm,  in  (Istsumatra  im  Mittel 
von  10  Stationen  204  cm;  für  den  {.-•anzen  Archipel  ist  der  mittlere  Regentall  zu 
25:2  cm  berechnet  worden. 


340  A.  Ernst. 

Die  wasserlöslichen  Substanzen  stammen  zum  grossen  Teil 
aus  dem  Meerwasser,  das  bis  zum  Lavareservoir  des  Vulkanes  durch- 
gesickert oder  im  Momente  des  Einsturzes  von  oben  her  in  den 
Krater  eingedrungen  ist  und  bei  der  nachfolgenden  Eruption  mit 
der  Asche  sich  vermengt  hat.  Vielleicht  stammt  ein  Teil  des 
Gipses  nicht  aus  dem  Meerwasser,  sondern  von  alten  Schichten 
des  Vulkans,  womit  auch  die  Tatsache  übereinstimmt,  dass  der  un- 
lösliche Teil  der  Asche  eine  bedeutende  Menge  von  Anhydrit  ent- 
hält. Von  den  übrigen  Bestandteilen  des  Meerwassers  fehlt  unter 
dem  löslichen  Teil  der  Asche  das  Magnesiumchlorid,  das  sich  viel- 
leicht bei  der  hohen  Temperatur  durch  die  Berührung  mit  dem 
Wasserdampf  in  das  unlösliche  Magnesiumoxyd  umgesetzt  hat.  Auch 
Brom  und  Jod  konnten  weder  in  den  Aschen  noch  im  Bimsstein 
nachgewiesen  werden,  was  in  Anbetracht  des  geringen  Gehaltes 
des  Meersalzes  an  Brom-  und  Jodverbindungen  (ca.  7^  "/«)  leicht  zu 
begreifen  ist. 

In  dem  durch  die  Eruption  selbst  gegebenen  Substrate  waren 
also  einzelne  der  anorganischen  Nährsalze  der  Pflanzen  in  mehr  als 
genügender  Menge  und  in  günstiger,  löslicher  Form  vorhanden.  Die 
fehlenden  Verbindungen  können  teilweise  in  Form  von  Staub  in  ähn- 
licher Art  wie  die  Keime  von  Lebewesen  durch  Wasser  und  Wind 
auf  die  Eilande  gebracht  worden  sein.  Ferner  werden  durch  die  Flut 
und  bei  Stürmen  durch  die  anlaufenden  Wellen  stets  grosse  Mengen 
organischer  Reste,  Meeresalgen  und  Meertiere  an  den  flachen  Strand 
geworfen,  so  dass  derselbe  50  und  mehr  Meter  landeinwärts  ein 
immer  gut  besetztes  Leichenfeld  darstellt,  dessen  porösem  Bimsstein- 
und  Aschenboden  aus  den  verwesenden  Körpern  stetig  organische  und 
anorganische  Verbindungen  zugeführt  werden. 

Für  die  Herstellung  günstiger  Ernährungsbedingungen  im  Innern 
der  Inseln  dürften  andererseits  in  Betracht  kommen :  die  durch  lokale 
Winde  vom  Strande  her  getragenen  Staubmassen,  ferner  kleinste 
Teilchen  anorganischer  und  organischer  Substanz,  welche  mit  den 
Mikroorganismen,  den  Sporen  von  Moosen  und  Farnen,  den  Samen 
von  Blütenpflanzen  durch  die  Passatwinde  gebracht  worden  sind,  und 
schliesslich,  was  wohl  eine  Hauptquelle  stickstoffhaltiger  Nahrung 
ist,  die  Zuführung  von  Salpetersäure  und  salpetriger  Säure  durch 
den  Regen.  Wir  dürfen  annehmen,  dass  unter  dem  Äquator  die 
Oxydation  des  Stickstoffes  zu  Salpetersäure  und  salpetriger  Säure 
unter  dem  Einflüsse  elektrischer  Entladungen,  der  fast  täglich 
wiederkehrenden  Gewitter  wegen,  mindestens  so  intensiv,  wenn 
nicht  in  bedeutend  stärkerem  Masse  als  bei  uns  erfolgt.  Wenn  nun 
auch  die  durch  die  Niederschläge  dem  Boden  zugeführten  Stickstoff- 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakataii.  341 

mengen  ^)  während  eines  Jahres  verhältnismässig  klein  sind,  so  waren 
sie  doch  hinreichend,  um  zusammen  mit  den  in  den  Aschen  enthaltenen 
Nährsalzen  und  Spuren  organischer  Substanz  schon  in  den  ersten 
Jahren  eine  reiche  Mikroflora  zu  ermöglichen. 

Auf  den  Bimsstein-  und  Aschendecken,  auf  dem  blossliegenden  Ge- 
stein in  den  Schluchten  des  Bergabhanges  wurden  drei  Jahre  nach  der 
Eruption  schwarzgrüne,  gallertig -schleimige  Schichten  blaugrüner 
Algen  festgestellt,  die  Treub  mit  Recht  als  ein  geeignetes  und  nähr- 
stoffreiches Substrat  für  die  Keimung  der  Sporen  von  Kryptogamen 
und  der  Samen  von  Phanerogamen  bezeichnete.  Eine  vielleicht  noch 
grössere  Bedeutung  für  die  Herstellung  eines  für  höhere  Pflanzen 
günstigen  Nährbodens  dürfte  den  Bakterien  und  Schimmelpilzen 
schon  in  der  allerersten  Zeit  der  Besiedelung  zugekommen  sein.  Unter- 
suchungen über  die  Bakterienflora  von  Krakatau  sind  zwar  erst  auf 
unserer  (der  dritten)  Exkursion  angestellt  worden,  es  ist  aber  ausser 
allem  Zweifel,  dass  diese  kleinsten  Organismen  sich  gleichzeitig  mit 
den  Algen  und  Sporen,  vielleicht  noch  vorher  auf  der  Insel  eingestellt 
und  weiterentwickelt  haben. 

Dr.  E.  De  Kruyff,  Bakteriologe  an  's  Lands  Plantentuin  zu 
Buitenzorg,  hatte  die  Güte,  mir  einige  sterile  Röhren  nebst  Zubehör 
zur  Entnahme  von  Erdproben,  eine  Papierplatte  (Methode  von  Iter- 
son)  zum  Nachweis  von  Pilzen  mitzugeben  und  hernach  die  Unter- 
suchung des  gesammelten  Materials  zu  übernehmen.  Die  bakterio- 
logische Untersuchung  der  4  Bodenproben  (2  Proben  aus  dem  Barring- 
tonia-  und  Casuarinenwalde,  1  Probe  aus  der  Strandzone,  1  Probe  aus 
dem  Innern  der  Insel)  ergab  auf  1  Gramm  Boden  zwischen  1300000 
und  2800000  (im  Mittel  für  die  4  Proben  2  200  000)  Bakterien,  also 
Zahlen,  die  auch  für  den  Boden  in  Buitenzorg  auf  Java  von 
De  Kruyff  festgestellt  worden  sind  und  ebenso  dem  Bakterien- 
gehalte verschiedener  Böden  in  der  Schweiz  entsprechen  dürften. 

Die  Anzahl  der  nachgewiesenen  Bakterienarten  ist  nicht  gross. 
Wichtig  aber  ist,  dass  die  vorkommenden  den  verschiedensten  bio- 
logischen Gruppen  angehören.  Von  den  gewöhnlichen  Bodenbakterien 
waren  Bacillus  mijcoides  und  Bacillus  Moire  [B.  Megatherium 
De  Bary?)  sehr  häufig,  von  typischen  Fäulnisbakterien  Bacillus 
fluorescens  liquaefaciens.  In  allen  4  Proben  fanden  sich  ferner  Er- 
reger der  Cellulose-,  Pektinstofl-  und  Stärkegärung,  sowie  Urobakterien, 
die  Erreger  der  Harnstofffäulnis,  was  in  Anbetracht  der  noch  ver- 
hältnismässig schwach  vertretenen  Tierwelt  nicht  ohne  Interesse .  ist. 
Auf  der  Papierplatte  kamen  zahlreiche  Schimmelpilze  zur  Entwicklung, 

')  In  Europa  nach  Boussingault  1  bis  0  mg  Slickstoftsäuren  im  Liter  Regen: 
nach  Berechnungen  von  Ad.  Mayer  per  Jahr  ca.  1  kg  auf  den  Hektar. 


342  A.  Eriij^t. 

während  merkwürdiger  Weise  die  Hefepilze  auf  der  Platte  wie  in  den 
Bodenproben  vollständig  fehlten.  Von  allergrösster  Wichtigkeit  aber 
für  die  Ernährung  der  Gefässpflanzen  auf  Krakatau  ist  das  Vor- 
kommen derjenigen  Bakterien,  die  im  Kreislaufe  des  Stickstoffs 
eine  Rolle  spielen,  der  Nitrit-  und  Nitratbakterien  und  der 
stickstoffbindenden  Bakterien. 

Bei  der  Zerlegung  der  stickstoffhaltigen  Substanz  toter  Tiere 
und  Pflanzen  durch  Fäulnisbakterien  und  andere  Mikroorganismen 
werden  die  Stickstoffverbindungen  im  allgemeinen  in  Ammoniak  über- 
geführt. Ein  Teil  des  bei  der  Verwesung  entstehenden  Ammoniakes 
wird  vom  Boden  fixiert  und  hernach  durch  die  Nitrit-  und  Nitrat- 
bakterien in  salpetrige-  und  Salpetersäure  umgewandelt,  welche  in 
Form  von  Salzen  von  den  Absorptionsorganen  der  Gefässpflanzen  am 
leichtesten  aufgenommen  werden.  Ein  anderer  Teil  des  entstandenen 
Ammoniaks  geht  in  gasförmiger  Gestalt  in  die  Luft  über  und  kehrt, 
an  salpetrige-  und  Salpetersäure  oder  an  Kohlensäure  gebunden,  mit 
den  atmosphärischen  Niederschlägen  zum  Teil  wieder  auf  den  Boden 
zurück.  Auch  im  Innern  der  Insel  wird  dem  Boden  also  in  Form 
von  Ammoniak  eine  weitere  Menge  von  Stickstoff  zugeführt,  welche 
von  einzelnen  der  grünen  Pflanzen  direkt  nutzbar  gemacht  werden 
kann,  andern  dagegen  erst  nach  erfolgter  Nitrifikation  durch  die  auch 
hier  vorhandenen  Nitrit-  und  Nitratbakterien  als  Stickstoffquelle  zu 
dienen  vermag. 

Eine  weitere  Bereicherung  des  ursprünglich  stickstofflosen  Bodens 
auf  Krakatau  mit  Stickstoffverbindungen  erfolgt  durch  die  Tätigkeit 
stickstoffbindender  Bakterien.  Die  bekannten  frei  lebenden  und  den 
atmosphärischen  Stickstoff  fixierenden  Clostridium  Pasteurianujn 
und  Azotobacter  chroococcum  konnten  zwar  in  den  Bodenproben 
nicht  nachgewiesen  werden,  dagegen  gelang  es  De  Kruyff  0,  mit  den 
Methoden  Beyerincks  sowohl  aus  den  Bodenproben  des  Wäldchens 
wie  der  Pes  Capraezone  eine  neue  aerobe  stickstoffbindende  Bakterie, 
Bacterium  Krakatau'i,  zu  isolieren.  Ausser  dieser  frei  lebenden, 
Stickstoff  fixierenden  Bakterie  ist  auch  Bacterium  radicicola  von 
den  Winden  auf  die  Insel  getragen  worden,  das  in  Symbiose  mit 
Leguminosen,  deren  Wurzeln  bewohnend,  beträchtliche  Mengen  von 
atmosphärischem  Stickstoff  zu  binden  vermag.  An  den  Wurzeln  aller 
darauf  hin  geprüften  Leguminosen,  Vigna,  Ganavalia ,  Erythrinn, 
fand  ich  in  grosser  Zahl  die  charakteristischen  Wurzelknöllchen  vor. 
Infolge  ihrer  Symbiose  mit  Bacteriuin  radicicola,  das  ihnen  auf  dem 


')  E.  De  Kruyff,  Sur  une  bacterie  aerobe,  fixant  l'azote  libre  de  Tatmosphere: 
Bacterium  KrakatauT.  Bulletin  du  Dep.  de  l'agriculture  aux  Indes  neerlandaises. 
No.  IV.  (Micro-Biologie  II).     Buitenzorg  1906. 


l)ie  neue  Floni  der  Vulknninsel  Krakatau.  343 

an  Stickstoff-  und  Phosphorverbindungen  armen  Bimsstein-  und  Asehen- 
boden  durch  Assimilation  des  atmosphärischen  Stickstoffs  den  Kampf 
um  die  Nährstoffe  wesentHch  erleichtert,  sind  die  Leguminosen  für 
die  Neu-Besiedelung  der  Insel  von  ganz  besonderer  Bedeutung  ge- 
worden. Sie  sind  jetzt  mit  16  Arten,  die  14  Gattungen  angehören, 
im  besonderen  in  der  Pes  Caprae-  und  Barringtoniaformation  des 
Strandes,  durch  Vigna,  Gnnai'üUa,  Gaesdlpinia  und  Mucioui  auch 
in  der  Binnenlandflora  vertreten  und  übertreffen  hier  wie  dort  fast  alle 
anderen  bäum-   und  strauchartigen  Blütenpflanzen  an  Individuenzahl. 


V.  Bedeutung  der  verschiedenen  Verbreitungsagentien  pflanzlicher  Keime 
für  die  Besiedelung  der  Krakatauinseln. 

Unter  den  Verbreitungsagentien  von  Früchten,  Samen  und  vege- 
tativen, zur  Fortpflanzung  bestimmten  oder  geeigneten  Organen  kamen 
für  die  Besiedelung  der  Krakatau gruppe  die  gleichen  in  Betracht  wie 
für  neu  entstehende  Inseln  überhaupt:  Transport  durch  Vögel,  Winde 
und  Meeresströmungen. 

I.  Die  Meeresströmungen. 

Die  Früchte  und  Samen  der  Strandpflanzen,  die  sich  überall  in 
der  Driftzone  der  Küsten  vorfinden,  werden  fast  ausnahmslos  durch  die 
Meeresströmungen  transportiert.  Für  viele  derselben  ist  die  Fähig- 
keit, auf  Meerwasser  oder  Kochsalzlösung  während  längerer  Zeit  zu 
schwimmen,  ohne  die  Keimfähigkeit  einzubüssen,  durch  Experimente 
von  Guppy^),  Schimper  u.  a.  festgestellt  worden.  Das  Schwimm- 
vermögen ist  nicht  bei  den  Früchten  und  Samen  aller  Strandpflanzen 
in  gleichem  Masse  entwickelt.  Einzelne  derselben  schwimmen  frisch 
vom  Baume  gefallen  ebensogut  wie  im  ausgetrockneten  Zustande. 
Andere  dagegen  werden  erst  dann  vom  Wasser  getragen,  wenn  sie 
während  längerer  Zeit  trocken  gelegen  haben.  Bekannt  ist  die  lang- 
andauernde Schwimmfähigkeit  der  grossen  Driftfrüchte,  der  Kokos- 
nüsse, der  Früchte  von  Gerhera  Odollam,  von  Nijm  fruticans,  der- 
jenigen von  Barringtonia,  Galophyllutn  und  Terminalia  Catappa. 
Auch  kleine  Früchte  und  Samen  schwimmen  während  langer  Zeit. 
Bei  den  Versuchen  von  Guppy  keimten  die  Samen  von  Giiet tarda 
speciosa,  Scaevola  Koenigü,  Morinda  citrifolia,  Tournefortia 
argentea  und  anderer  der  auch  auf  Krakatau  vorkommenden  Strand- 
pflanzen  noch,   nachdem  sie  40  bis  53  Tage  auf  Seewasser  flottiert 


')  Guppy,  H.  B.,  I.e. 

—     —  The  Solomon-Islands,  London  1SS7,  pag.  305. 


:'ÄA  A.  Ernst. 

hatten.  Auf  3  V2  "/<>  Kochsalzlösung  schwammen  bei  den  Experimenten 
Schimpers  Samen  von  Dodoiiaea  viscosa  noch  nach  60,  diejenigen 
von  Hibisciis  tiUaceus  sogar  noch  nach  121  Tagen.  Für  andere 
ebenfalls  weit  verbreitete  Strandpflanzen  ist  allerdings  durch  ähnliche 
Versuche  eine  bedeutend  geringere  Schwimmfähigkeit  der  Samen  fest- 
gestellt worden.  Nach  Schimper  schwimmen  die  Samen  von  Euphor- 
bia Atoto  nur  4  bis  5  Tage;  Samen  von  Pemphis  acidula  sinken, 
nach  Guppy,  wenn  frisch  vom  Baume  gefallen,  sofort,  nach  vierzehn- 
tägigem Trockenliegen  erst  nach  2  bis  5  Tagen.  Die  Schwimm dauer 
der  Zäpfchen  von  Casuarina  equisetifolia    soll  sich  sogar  nur  über 

1  bis  2  Tage   erstrecken.     Während    die   kurzen  Schwimmzeiten  von 

2  bis  5  Tagen  offenbar  nicht  genügen,  um  eine  Übertragung  von 
Früchten  und  Samen  der  zuletzt  genannten  Pflanzen  auf  weit  vom 
Festland  entfernte  Inseln  zu  ermöglichen,  sind  sie  doch  hinreichend, 
um  das  Vorkommen  dieser  Pflanzen  auf  Krakatau  zu  erklären.  Die 
Entfernung  der  Krakatauinseln  von  den  Küsten  Javas  und  Sumatras 
und  zahlreichen  Inseln  im  Gebiet  der  Sundastrasse  ist  verhältnis- 
mässig gering.  Die  beim  Ausbruche  von  1883  nur  teilweise  ihrer 
Vegetation  beraubte  Insel  Sebesi  ist  von  Krakatau  nur  19  km,  von 
Verlaten  Eiland  und  Lang  Eiland  nur  etwa  15  km  entfernt.  Nur 
wenig  grösser  ist  der  Abstand  von  Seboekoe.  Von  den  nächsten 
Punkten  der  sumatranischen  Küste,  Telong  Kelapa  und  Varkens- 
hoek,  beträgt  der  Abstand  37  und  40  km.  Etwa  gleich  gross  ist  die 
Entfernung  vo-n  Javas  drittem  Punkt;  bis  zur  Nordspitze  der  Prinzen 
Insel  beträgt  sie  43  km.  Von  all  den  benachbarten  Küstenstrecken 
Javas  und  Sumatras,  von  den  Inseln  der  Sundastrasse  und  der  Javasee 
können  also  die  ins  Wasser  gelangten  Früchte  und  Samen  von  Strand- 
pflanzen durch  die  in  ihrer  Richtung  wechselnden  Strömungen  ganz 
wohl  an  den  Strand  der  Krakatauinseln  getragen  werden.  Im  be- 
sondern ist  vom  Nordeingang  der  Strasse  her,  von  der  sumatranischen 
Küste  bei  Varkenshoek,  den  Zutphen  Eilanden,  von  der  Insel 
Dwars  in  den  Weg,  St.  Nicolaaspunt  und  Javas  viertem  Punkt 
an  der  javanischen  Küste  der  Transport  von  schwimmenden  Pflan- 
zen und  Ptlanzenteilen  durch  die  nach  Südwest  verlaufende 
Strömung  unter  günstigen  Umständen  in  weniger  als  einem 
Tage  möglich.  Zur  Zeit  des  Ostmonsuns  wird  diese  Stromrichtung 
bis  zu  18  Stunden  ununterbrochen  beibehalten  und  da  gerade  in  dem 
breiteren  mittleren  Teile  der  Strasse,  in  der  Richtung  gegen  Krakatau 
hin,  die  Stromgeschwindigkeit  mindestens  3  km  per  Stunde  beträgt, 
ist  also  zwischen  zwei  Gezeitenwechseln  Transport  bis  über  eine  Ent- 
fernung von  mehr  als  50  km  möglich.  Es  können  also  auch  Samen 
und  Früchte  mit  geringem  Schwimmvermögen  direkt  durch  die  Strö- 


Die  neue  Flora  der  Yulkaninsel  Krakatau.  345 

mung  auf  die  Krakatauinseln  getragen  werden.  Indessen  sind  für 
deren  Transport  die  anderen  Möglichkeiten,  die  Guppy  z.  B.  für  die 
Besiedelung  der  Kokosinseln  angibt,  durchaus  nicht  ausgeschlossen. 

Gc.ppy  hat  festgestellt,  dass  in  den  Kissen  und  Spalten  und  den 
von  Muscheln  und  Würmern  herrührenden  Löchern  und  Gängen  ge- 
strandeter Baumstämme  oder  angeschwemmten  Astwerkes  sich  ausser 
Sand  vielfach  auch  kleine  Samen  von  Strandpflanzen  wie  Tournefortia 
argentea,  Scaevola  Koenigii,  Pemphis  acidula  etc.  vorfinden.  Sie 
sind  gleich  dem  Sand  durch  den  Wind  in  jene  Vertiefungen  hinein- 
geweht worden.  Wird  dieses  Holzwerk  bei  Stürmen  oder  Hochfluten 
vom  Wasser  wieder  weggetragen  und  durch  Strömungen  an  den 
Strand  entfernter  Inseln  geführt,  so  können  die  in  den  Ritzen  ver- 
borgenen Samen  und  Früchtchen  in  keimungsfähigem  Zustande  an 
den  neuen  Standort  gelangen.  Vermittelst  solchen  Samentransportes 
können  also  auch  diejenigen  Strandpflanzen  zu  Ansiedlern  neuer 
Strandgebiete  werden,  deren  Samen  ein  ausgeprägtes  Schwimm- 
vermögen abgeht,   ferner  ebensowohl  Pflanzen  des  Binnenlandes. 

Auch  in  anderer  Art  und  Weise  ist  eine  Verbreitung  pflanzlicher 
Keime  auf  dem  Wasser  möglich. 

Überschwemmungen  und  Tluten  an  Küsten,  Hochwasser  von 
Flüssen  im  Landinnern  führen  häufig  frisch  entwurzelte  Bäume  in  die 
See.  Auf  dem  über  das  Wasser  emporragenden  Teil  des  Wurzel- 
werkes, in  dem  mitgeführten  Erdreich  sind  zahlreiche  Keime  und 
Samen  enthalten,  wurzeln  noch  Gräser,  Cyperaceen  etc.;  auf  den 
ebenfalls  in  die  Luft  emporragenden  Ästen  entgehen  einzelne  Epi- 
phyten  der  nachteiligen  Einwirkung  des  Seewassers  und  nicht  selten 
werden  auf  diesen  treibenden  Stämmen  auch  Tiere  der  verschiedensten 
Art  mitgeführt.  Semon')  schreibt  dieser  Transportform  sogar  eine 
nicht  unbedeutende  Rolle  für  die  Verbreitung  der  Tiere  im  malayischen 
Archipel  zu.  Dass  einzelne  Tiere,  im  besonderen  Reptilien,  auf 
Treibholz  sehr  lange  Seereisen  zurücklegen  können,  geht  auch  aus  den 
Angaben  von  Guppy  hervor,  nach  welchen  im  Laufe  weniger  Jahre 
auf  Bambusrohren  und  Baumstämmen  vier  lebendige  Schlangen 
und  einmal  sogar  ein  Krokodil  auf  einem  grossen  Baumstamme 
am  Strande  der  Kokosinseln  gelandet  worden  sind. 

Baumstämme  und  Astwerk  als  verbreitende  Agentien  spielen  auch 
bei  djr  Neubesiedelung  der  Krakatauinseln  mit  Pflanzen  und  Tieren 
ihre  Rolle.  Überall  finden  sich  am  Strande  grosse  Haufen  ange- 
schwemmter Bäume,   Stämme,   Äste,   Bambusen,    oberhalb  der  Flut- 


*)  Semon,  R.,  Im  australischen  Busch  und  an  den  Küsten  des  Koralleiimeeres. 
"2.  Aufl.    Leipzig  1903.    Pag.  349. 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.     1907.  23 


34f)  A.  Ernst. 

Knie.  Einzelne  sind  ziemlich  weit  landeinwärts  abgelagert  worden. 
Auf  solchem  Treibholz  dürften  einzelne  der  auf  der  Insel  gesehenen 
Tiere  die  Reise  zurückgelegt  haben,  wie  der  fette  Leguan,  der  sich 
im  Bachbette  sonnte,  wie  vielleicht  auch  die  Vorfahren  der  zahlreichen 
Ameisen,  ganz  sicher  aber  Pflanzen.  Auf  einem  der  offenbar  schon 
vor  längerer  Zeit  gestrandeten  Bäume  fand  ich  die  beiden  Röhren- 
schwämme Polystictus  sangumeus  und  P.  lujdnoides.  Das  Myce- 
lium  derselben  hatte  offenbar  im  Innern  des  Holzes  den  Seetransport 
überdauert  und  bereits  eine  grosse  Anzahl  neuer  Fruchtkörper  erzeugt, 
von  denen  namentlich  die  blutroten  von  P.  sanguineus  schon  auf 
grössere  Entfernung  hin  auffielen. 

Auch  Bimssteinbrocken,  die  seit  dem  grossen  Ausbruche  des 
Krakatau  an  allen  Küsten  im  Gebiete  der  Sundastrasse  und  über  das- 
selbe hinaus  den  Strand  und  die  Oberfläche  des  Wassers  in  stillen 
Buchten  überdecken,  können,  wie  Guppy  beschrieben  hat,  dem  Trans- 
porte von  Früchtchen  und  Samen  dienen.  Schwimmende  und  am 
Strande  liegende  Bimssteinstücke  können  durch  die  Flut  bis  unter  die 
Strandbäume  oder  auf  sandiges  Terrain  getragen  werden,  wo  die  zahl- 
reichen Vertiefungen  und  Höhlungen  derselben,  ähnlich  wie  die  Risse 
und  Vertiefungen  des  Schwemmholzes,  mit  Sand  und  kleinen  Früchtchen 
vollgeweht  werden.  Eine  nächste  Flut  trägt  die  beladenen  Bimsstein- 
brocken wieder  weg  und  eine  Strömung,  in  die  sie  geraten,  befördert 
sie  an  andere  Küsten.  Auf  den  Kokosinseln  ist  die  Keimung  von 
Pemphis  acidida,  Scaevola  Koenigii,  Truimfetta  procumhens  aus 
Samen,  die  in  den  Höhlungen  von  Bimssteinen  verborgen  waren,  wieder- 
holt beobachtet  worden.  Dass  ein  solcher  Transport  für  die  Besie- 
delung  der  Krakatauinseln  noch  viel  mehr  in  Betracht  kommen  muss, 
als  für  die  abgelegenen  Kokosinseln,  lassen  schon  die  grossen  Bims- 
steinmengen erkennen,  die  nicht  nur  an  allen  benachbarten  Küsten 
angehäuft  sind,  sondern  auch  grosse  Flächen  der  Sundastrasse  selbst 
bedecken  und  vielfach  wieder  ihrem  Ursprungsort,  der  Krakatauinsel, 
zugeführt  werden,  wo  sie  sich  mit  den  anderen  Auswürfen  des  Meeres 
in  der  Driftzone  anhäufen  (Fig.  5  Taf.  XVI). 

Alle  diese  verschiedenen  Möglichkeiten  des  Transportes  auf  dem 
Wasser,  der  verhältnismässig  geringe  Abstand  Krakataus  von  den 
Küsten  Javas,  Sumatras  und  zahlreichen  anderen  vegetationsbedeckten 
Inseln  und  besonders  die  ungewöhnlich  günstigen  Strömungsverhält- 
nisse haben  dazu  beigetragen,  dass  dem  Strande  der  Krakatauinseln 
in  kurzer  Zeit  die  Keime  einer  grossen  Zahl  vop  Pflanzenarten  und 
darunter  auch  solcher  zugeführt  worden  sind,  deren  Samen  und 
Früchte  nicht  oder  nicht  in  hervorragendem  Masse  der  Verbreitung 
durch  das  Wasser  angepasst  sind.     Die  Flora  der  Strandzone  Kraka- 


Die  neue  Flora  iler  Yulkaninsel  Krakatau.  347 

taus   umfasst   daher   neben  überall  verbreiteten  Strandpflanzen  auch 
weniger  spezifisch  ausgeprägte  Strandbewohner. 

Die  Artenzahl  des  Strandgebietes  (67)  erscheint  im  Verhältnis  zur 
Artenzahl  der  indomalayischen  Strandflora  (ca.  320)  noch  gering,  zahl- 
reiche typische  und  weitverbreitete  Vertreter  der  Pes  Caprae-  und 
Barringtoniaformation  fehlen  bis  jetzt.  Vergeblich  suchten  wir  z.  B. 
zwischen  den  Spinifexbüschen  die  auf  Edam  so  häufige  schönblätterige 
Tavca  pinnatißda.  Es  fehlen  noch  die  stattlichen  Büsche  von  Critnun 
asiaticuni,  welche  die  schattigen  Stellen  der  Barringtoniawälder 
mit  ihren  weissen  Blüten  zieren,  und  die  am  sandigen  Strande  sonst 
so  häufige,  hochstaudige  Calotropis  gigantea,  eine  Asclepiadacee  mit 
grossen  violetten  Blüten,  deren  Samen  mit  langen  seidenartig  glänzen- 
den Haaren  bedeckt  sind  und  diese  Pflanze  als  eine  der  wenigen  auch 
an  Wind  Verbreitung  angepassten  Pflanzen  des  Meeresstrandes  er- 
kennen lassen.  Vor  allem  aber  fehlt  dem  Strande  der  Krakatauinseln 
noch  die  ganze  Pflanzengesellschaft  der  Mangrove  mit  ihren  an  mor- 
phologischen und  ökologischen  Merkwürdigkeiten  so  reichen  (ca.  20) 
Arten.  Das  Fehlen  dieser  und  anderer  typischer  Strandpflanzen  ist  auf 
verschiedene  Ursachen  zurückzuführen.  Die  einen  derselben  sind  viel- 
leicht an  denjenigen  Küstenstrecken,  von  denen  vornehmlich  Drift- 
früchte nach  Krakatau  getragen  werden,  nicht  oder  in  geringer  Zahl 
vertreten.  Andere  dagegen  werden  zwar  an  den  Strand  geworfen, 
finden  aber  auf  dem  bimsstein-  und  aschenbedeckten  Strande  nicht 
die  richtigen  Lebensbedingungen.  Die  Früchte  und  Samen,  die  wir 
in  der  Driftzone  von  Krakatau  und  Verlaten  Eiland  am  häufigsten 
vorfanden,  sind  dieselben,  die  bereits  in  den  Listen  von  Treub  und 
Penzig  aufgeführt  sind  und  denjenigen  Arten  angehören,  welche 
in  der  neuen  Strandflora  mit  zahlreichen,  zum  Teil  schon  selbst 
fruktifizierenden  Pflanzen  vertreten  sind.  Daneben  finden  sich  freilich 
auch  andere,  welche,  in  grosser  Zahl  angeschwemmt,  einzelne  Keim- 
pflanzen liefern,  dann  aber,  wie  Nipa  fruticans,  nicht  heranwachsen, 
sondern  gleich  den  an  den  Strand  geworfenen  grossen  Keimlingen 
von  Rhizophora  zugrunde  gehen.  Das  Fehlen  bestimmter  Strand- 
pflanzen, wie  Nipa  und  der  Mangrovepflanzen,  deren  Keime  wohl  auf 
die  Inseln  gelangen,  aber  nicht  gedeihen,  ist  auf  die  besonderen  Stand- 
ortsverhältnisse zurückzuführen.  Eine  andere  Art  der  Selektion,  Ver- 
nichtung bestimmter  Samen  und  Früchte  des  Driftmaterials  durch 
Tiere,  im  besonderen  durch  Einsiedlerkrebse  und  Krabben,  wie 
sie  von  Schimper^)  und  Guppy-)  für  andere  Küsten  beschrieben 
w'orden  ist,  scheint  hier  nicht  stattzufinden.    Die  kleinen,  in  Schnecken- 

*}  Schimper,  A.  F.  W.,  Indomalayische  Strandflora,  pag.  75. 
")  Guppy,  H.  B.,  1.  c.  pag.  11. 


348  A.  Ernst. 

schalen  steckenden  Einsiedlerkrebse,  deren  geschäftiges  Treiben  ich 
am  Strande  von  Sumbawa  und  Noesa  Kambangan  zu  beob- 
achten Gelegenheit  hatte,  fehlen  auf  Krakatau  und  Verlaten  Eiland. 
Auch  für  das  Vorkommen  von  Krabben,  welche  nach  den  interessanten 
Mitteilungen  von  Guppy  am  Strande  der  Kokosinseln  sich  vorwiegend 
von  den  Driftfrüchten  und  -Samen  nähren,  ergaben  sich  auf  Krakatau, 
dessen  Name  nach  früher  angeführter  Auslegung  „Krabbeninsel"  be- 
deuten würde,  keine  Anhaltspunkte.  Während  auf  den  Kokosinseln 
von  den  in  der  Drift  vorkommenden  entwickelungsfähigen  Keimen 
50  bis  60  verschiedener  Strandpflanzen  nur  diejenigen  von  etwa  einem 
Dutzend  Arten  der  Zerstörung  durch  die  Krabben  entgehen  und  in- 
folgedessen trotz  reichhaltiger  Driftauswürfe  nur  eine  artenarme  Strand- 
flora zur  Entwicklung  gelangt,  finden  sich  auf  Krakatau  zahlreiche 
erwachsene  Pflanzen  auch  derjenigen  Arten,  deren  Früchten,  Samen 
oder  Keimpflanzen  von  den  Krabben  am  eifrigsten  nachgestellt  wird: 
Gerhera  Odollam,  CalophijUum,  Carapa ,  Cocos  nucifera.  Über- 
raschend ist  besonders  die  grosse  Zahl  von  Kokospalmen,  die  jetzt 
schon  auf  Krakatau  vorkommen.  Es  finden  sich  in  der  Literatur 
Angaben^),  nach  welchen  die  Kokosnüsse  des  Driftmaterials  nur 
selten  zur  Keimung  gelangen;  auch  findet  man  anderwärts  in  der 
Drift  vielfach  nur  leere  Nüsse.  Nicht  alle  sind  von  Krabben  geöffnet 
worden;  die  meisten  gelangen  schon  geleert  ins  Wasser  und  eine 
kreisrunde  Öffnung  von  1  bis  2  cm  Durchmesser  deutet  an,  dass  die 
Frucht  von  den  im  Archipel  so  häufig  vorkommenden  Eichhörnchen 
ausgefressen  worden  ist. 

2.  Samentransport  durch  Vögel. 

Ausser  durch  das  Wasser  können  einzelne  der  Strandpflanzen 
Krakataus  durch  Vögel  auf  die  Insel  getragen  worden  sein.  Die 
Samen  von  Pemphis  acidula  haften  nach  Guppy  oft  in  grosser 
Zahl  im  Gefieder  von  Vögeln  fest,  welche  in  den  Gebüschen  der 
Küstenvegetation  nisten  oder  hier  ihr  Nestmaterial  suchen;  für  nicht 
wenige  der  Krakataupflanzen  dürfte  überdies  der  Samentransport  im 
Magen  von  Vögeln  geschehen  sein.  In  Hemsleys  Liste  der  von  Guppy 
und  Mosely-)  im  Kröpfe  oder  im  Gedärme  früchtefressender  Vögel 
gefundenen  unversehrten  Samen  begegnen  wir  den  nachfolgenden, 
auch  in  der  Liste  der  Krakatauflora  aufgeführten  Namen:  Ximetiia 
atnerica/ia ,  Eiigerna ,  Preuma,  CassijfJia  filiformis.  Schimper 
hält    den    gleichen  Verbreitungsmodus    bei   Morinda    citrifoUa    und 


')  Engler,  A.,    Entwicklungsgescliichte  der  Pflanzenwell.    II.    Pag.  183. 

*)  Hemsley,  W.  B.,   I.e.  Challenger  Reports,  Botany.  Vol.  I.  1.    Pag.  43— 44. 


Die  neue  Flora  der  Yulkanin?el  Krakataii.  349 

Scaevola  Koenigii  für  möglich ;  schliesslich  dürften  auch  die  saftigen 
Früchte  von  Clerodendron  inerme,  Vitex  Negundo  und  Vltis  tri- 
folia  früchtefressenden  Strand-  und  Waldvögeln  als  Speise  dienen 
Nach  der  Beschaffenheit  der  Früchte  ist  also  für  neun  der  aufgeführten 
Strandpflanzen  Verbreitung  durch  Vögel,  endozoisch,  möglich.  Die 
Zahl  derselben  darf  vielleicht  noch  grösser  angenommen  werden,  wenn 
berücksichtigt  wird,  dass  die  früchtefressenden  Vögel  nach  den  Mit- 
teilungen von  Guppy  und  Beccari^)  in  der  Auswahl  ihrer  Nahrung 
manchmal  nicht  heikel  sind,  dass  nicht  ausschliesslich  saftige  Früchte 
als  Nahrung  dienen  und  auch  eine  beträchtliche  Grösse  der  Samen 
deren  Verschlingung  nicht  hindert.  Im  Magen  von  Fregattenvögeln 
fanden  die  Bewohner  der  Keelinginseln  vielfach  die  grossen,  kugeligen 
Samen  von  Caesalpinia  BonduceUa,  einer  Leguminose,  die  ebenfalls 
der  Strandflora  von  Krakatau  angehört.  Auch  bei  früchtefressenden 
Tauben  sollen  sich  im  Kröpfe  und  Magen  häufig  Samen  von  ansehn- 
licher Grösse  vorfinden  und  Beccari  gibt  an,  auf  Neu-Guinea  im 
Magen  von  Casuaren  Samen  einer  Palme,  Orauia  ariiensis,  mit  einem 
Durchmesser  von  6  cm  gefunden  zu  haben. 

Die  Bedeutung  des  Samentransportes  in  Kropf  und  Magen  von 
Vögeln  über  weite  Entfernungen  hin  wird  deswegen  vielfach  in  Frage 
gestellt,  weil  die  Zeit  zwischen  Futteraufnahme  und  Entleerung  des 
Darmes  für  viele  Vögel  eine  überraschend  kurze  sein  soll.  Im  Kote 
von  Drosseln  fand  Kerner-)  bereits  ^U  Stunden  nach  erfolgter 
Fütterung  mit  Beeren  von  Bibes  zahlreiche  Samen  derselben.  Die 
Samen  von  Sambuciis  hatten  sogar  schon  nach  V'-^  Stunde  den  Darm- 
kanal passiert.  Die  meisten  Samen  brauchen  zu  dieser  Wanderung 
1  \/2  bis  3  Stunden.  Für  die  Besiedelung  der  Krakatauinseln  würde 
auch  bei  ebenso  kurzen  Verdauungszeiten  der  namentlich  in  Betracht 
kommenden  früchtefressenden  Tauben  eine  Mitwirkung  immerhin  mög- 
lich sein,  denn  manche  Vögel  fliegen  mit  einer  Geschwindigkeit  von 
50  km,  Tauben  sogar  mit  einer  solchen  von  80  und  mehr  Kilometern 
in  der  Stunde.  So  ist  nicht  ausgeschlossen,  dass  Vögel,  welche  an 
irgend  einem  Küstenstriche  im  Gebiete  der  Sundastrasse  Früchte 
genossen  haben,  nach  weniger  als  einstündigem  Fluge  auf  den  Kra- 
katauinseln mit  den  Exkrementen  auch  die  verschlungenen,  aber  nicht 
verdauten  Samen  fallen  lassen. 

Auch  von  den  im  Inneren  der  Insel  vorkommenden  Pflanzen 
sind  sicher  eine  ganze  Anzahl  durch  Vermittlung  der  Vögel  auf  die 
Inseln  gelangt.    Endozoisch,  im  Magen  oder  Kropf  von  beschwingten 


')  Beccari,  0.,  Malesia.    Vol.  I.    Pag.  1. 
2)  Kerner,  A.,  Pflanzenleben.    II.   Pag.  8O0. 


350  A.  Ernst. 

Besuchern,  gelangten  hierher  vor  allem  die  Samen  der  verschiedenen 
Ficusarten.  Auch  Schimper  nimmt  diese  Art  der  Ausbreitung  für 
die  in  den  Tiefländern  des  malayischen  Archipels  so  zahlreich  vor- 
kommenden Feigenbäume  an,  und  nach  Guppy  ist  es  auf  die  Ver- 
breitung der  Samen  durch  die  fruchtfressenden  Tauben  zurückzuführen, 
dass  im  Inneren  der  kleinen  Koralleninseln  des  Solomon-Archipels 
die  Feigenbäume  mit  den  Casuarinen  die  häufigsten  und  wichtigsten 
Bäume  sind.  Für  Melastoma  polijanthum  ist  schon  von  Penzig') 
Einschleppung  durch  Vögel  angegeben  worden.  Von  den  neueren 
Kolonisten  wird  ohne  Zweifel  auch  Trema  amhoinensis,  eine  Celti- 
doidee  mit  kleinen  saftigen  Früchten,  zu  den  zoochoren  Elementen 
der  Insel  zu  rechnen  sein.  Für  die  auf  Verlaten  Eiland  vorkommende 
Carica  Pai^aya  ist  ausser  der  Verbreitung  durch  Vögel  auch  die- 
jenige durch  fliegende  Hunde  (Pteropus)  möglich,  die  wie  u.  a. 
aus  den  Mitteilungen  von  Forbes  (1.  c.  pag.  34)  hervorgeht,  ebenfalls 
zu  weiten  Flügen  über  Meer  befähigt  sind.  Da  Verlaten  Eiland  vor 
Jahren  einmal,  wenn  auch  nur  für  kurze  Zeit,  bewohnt  war,  könnte 
die  Einschleppung  dieser  im  Archipel  so  beliebten  Kulturpflanze,  wie 
bereits  bemerkt  wurde,  auch  durch  den  Menschen  erfolgt  sein. 

3.  Beförderung  von  Früchten  und  Samen  durch  die  Winde. 

Von  ausserordentlicher  Bedeutung  für  die  Entstehung  der  neuen 
Krakatauflora  ist,  wie  schon  durch  den  ersten  Besuch  Treubs  in 
überraschender  Weise  gezeigt  worden  ist,  das  dritte  Verbreitungsagens 
für  Früchte  und  Samen,  der  Wind.  Bevor  die  Ergebnisse  des  ersten 
Krakataubesuches  vom  Jahre  1886  bekannt  wurden,  waren  über  die 
Mitwirkung  des  Windes  bei  der  Besiedelung  neuen  Landes,  im  be- 
sonderen weit  entlegener  Inseln,  die  Ansichten  geteilt.^)  Vorherrschend 
war  die  Meinung,  dass  die  Verbreitung  von  Sporen  und  Samen  durch 
die  Luftströmungen  nur  von  lokaler  Bedeutung  sei  und  erst  durch 
ihre  häufige  Wiederholung  im  Laufe  der  Generationen  von  geo- 
graphischer Bedeutung  werde.  Ihre  Stütze  hatte  diese  Ansicht  in 
zahlreichen  Beobachtungen  über  die  Besiedelung  neuen  Landes  auf 
dem  Festlande,  wo  durch  Bergstürze  und  Überschwemmungen,  durch 
Bildung  von  Schuttkegeln,  Geröllhalden,  Gletschermoränen  im  Gebirge, 
von  Sandbänken  in  Flussbetten  und  Flussmündungen,  von  Lava-  und 
Aschenfeldern  an  Vulkanen  ganz  oder  nahezu  vegetationsloser  Boden 
geschaffen  und  hernach  von  den  benachbarten  Gebieten  aus  besiedelt 
wird.     Da  schon  bei  geringer  Entfernung  des  Neulandes  von  vege- 


*)  Penzig,  0.,  1.  c.  pag.  111. 

2)  s.  Schimper,  A.  F.  W.,  Pflanzengeographie.    1S98.   Pag.  90. 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  351 

tationsbedeckten  Gebieten  wenigstens  im  ebenen  Lande  die  Wind- 
wii-kung  vielfach  in  ihrer  Bedeutung  für  die  Verbreitung  der  Gefäss- 
pflanzen  hinter  andern  Faktoren  zurücktritt'),  ist  es  erklärlich,  dass 
man  die  Möglichkeit  eines  Transportes  über  weite  Distanzen,  also  z.  B. 
die  Übertragung  von  Samen  und  Sporen  auf  entlegene  Inseln,  bezweifelte 
oder  sie  höchstens  für  Sporen  zugab.  Für  die  Fernwirkung  des  Windes 
sprach  allerdings  der  Umstand,  dass  die  Hauptvegetation  vulkanischer 
Inseln  in  grösserer  Entfernung  von  Kontinenten  vorwiegend  aus  Farnen 
besteht  und  auch  das  Vorkommen  von  Farnen  und  bestimmten  Blüten- 
pflanzen auf  Koralleninseln  nicht  wohl  anders  als  durch  Vermittlung 
des  Windes  zu  erklären  ist.  Es  fehlte  daher  auch  nicht  an  Forschern, 
welche  die  Bedeutung  der  Windwirkung  für  die  Besiedelung  solcher 
Gebiete  vollkommen  anerkannten.  Im  besonderen  hat  Engler-)  in 
seinen  Arbeiten  über  die  Inselfloren  und  die  Floren  der  tropischen 
Hochgebirge  die  Ansicht  vertreten,  dass  leichte  Samen  in  den  höheren 
Luftschichten  durch  zeitweise  heftige  Winde  über  grosse  Strecken 
hinweg  transportiert  werden.  In  seiner  vergleichenden  Betrachtung 
der  Floren  der  grösseren  Inseln  im  stillen  Ozean,  im  besonderen  der 
Sandwichinseln,  kommt  er  auf  Grund  seiner  Studien  über  die 
Verbreitungsmittel  von  Früchten  und  Samen  der  Pflanzen  zu  dem 
Schlüsse,  dass  z.  B.  von  den  675  Arten  der  Sandwichinseln  für 
140  Sporen-  und  14  Samenpflanzen  Verbreitung  der  Keime  durch  den 
Wind,  für  322  Verbreitung  durch  Vögel  (für  56  Arten  durch  Küsten- 
vögel, für  241  im  Darmkanal  von  Vögeln  und  für  26  im  Gefieder 
derselben)  möglich  ist.  Aus  der  Tatsache,  dass  von  den  669  ein- 
heimischen Arten  der  Sandwichinseln  nicht  weniger  als  500  (74,6  °/o) 
endemisch  sind,  geht  allerdings  hervor,  dass  nur  äusserst  selten 
Samen,  sowohl  durch  Wind  wie  Vögel,  über  solch  weite  Entfernungen, 
wie  sie  für  die  Sandwichinseln  in  Betracht  kommen,  getragen  werden. 
Auf  die  Bedeutung  des  Windes  für  die  Verbreitung  von  Pflanzen  im 
malayischen  Archipel  hat  vor  Treub   schon  Beccari^)  hingewiesen 

*)  In  den  Alpen,  wo  Standortsverschiebungen  viel  häufiger  vorkommen  als  in 
der  Ebene,  sind  die  anemochoren  Arten  (d.  h.  diejenigen,  bei  welchen  die 
Samenverbreitung  durch  den  Wind  erfolgen  kann)  im  Vorsprung,  wie  Vogler 
(Über  die  Verbreitungsmittel  der  schweizerischen  Alpenpflanzen.  Flora.  89.  Bd. 
1901.  Pag.  73  d.  Sep.-Abdr.)  besonders  schön  am  Beispiele  des  Vordringens  der 
Vegetation  auf  dem  durch  den  Rückzug  des  Rhonegletschers  frei  gewordenen  Terrain 
zahlenmässig  nachwies. 

^)  Engler,  A.,  Versuch  einer  Entwicklungsgeschichte  der  Pflanzenwelt,  II.  Teil. 
Die  extratropischen  Gebiete  der  südhchen  Hemisphäre  und  die  tropischen  Gebiete. 
Leipzig  1882. 

Engler,  A.,  Über  die  neueren  Fortschritte  der  Pflanzengeographie  (seit  1899)  pg.  90. 

3)  Beccari,  0.,  Malesia.    Vol.  I.    Fase.  III.    1878.   Pag.  214— 238. 

—     —     Beiträge   zur   Ptlanzengeographie   des   malayischen   Archipels    (im 
Auszuge  mitgeteilt  von  A.  Engler),  Botan.  Jahrbücher  I.  Bd.    1881. 


352  A.  Ernst. 

und  zwar  auf  Grund  der  Wahrnehmung,  dass  eine  grössere  Anzahl 
von  Arten  in  ihrem  Vorkommen  auf  Berggipfel  beschränkt  ist,  die 
bis  3200  km  voneinander  entfernt  liegen,  und  dass  ferner  auch  nahe 
verwandte  Arten  nur  in  grosser  Entfernung  voneinander  vorkommen. 
Im  malayischen  Archipel  befinden  sich  nach  Beccari  die  Berggipfel 
in  einer  Region,  in  welcher  während  eines  Teiles  des  Jahres,  besonders 
vom  November  bis  April  zur  Zeit  des  Westmonsuns,  die  Winde  von 
andauernder  Heftigkeit  und  konstanterer  Richtung  sind  als  in  den 
unteren  Regionen  und  an  der  Küste  des  Meeres.  Es  ist  also  wohl 
möglich,  dass  der  Nordwestmonsun,  Staub  und  auch  kleine  staubartige 
Samen  aus  den  westlichen  Teilen  des  Archipels  mit  sich  führend,  die- 
selben auf  den  Gipfeln  der  östlicheren  Inseln  wieder  absetzt.  Beccari 
erinnert  hierbei  an  die  grossen  Entfernungen,  welche  vulkanische  Aschen 
(Ausbruch  des  Tamboro  auf  Sumbawa  im  Jahre  1815)  unter  dem  Ein- 
fluss  der  in  den  höheren  Regionen  treibenden  Luftströmungen  zurück- 
legen können,  und  teilt  auch  einige  Zahlen  mit,  welche  eine  Vor- 
stellung von  der  Leichtigkeit  derjenigen  Samen  geben,  derön  Transport 
durch  Winde  er  annimmt.  Ein  Same  von  Nepenthes  phyllam- 
phora  wiegt  0,000  035  g,  von  Rhododendron  verticillatum 
0,000028  g,  von  Dendrohium  attenuatuin  0,000  00565  g.  Da  im 
malayischen  Archipel  der  Nordwestmonsun  von  grosser  Intensität 
ist,  so  sei  leicht  einzusehen,  warum  sich  auf  den  Berggipfeln  der 
Molukken  und  von  Neu-Guinea  Rhododendron,  Nepenthes 
und  andere  den  Gebirgen  westlicher  Gebiete  eigentümliche  Pflanzen 
vorfinden  und  auf  den  Gebirgen  Javas,  wie  z.  B.  auf  dem  Panger- 
ango,  zahlreiche  Pflanzen  der  alpinen  indischen  Region  (Gentiana 
quadiHfaria  Bl. ,  Ranunculus  javanicus  Reinw. ,  Ranunculus 
dijfusus  DC,  Valeriana  javanica  Bl.,  Prirnula  imperiaUs  Jungh., 
Gnaphaliuni  javanimiin  Reinw.  u.  a.  m.)  vorkommen.  Sie  sind  nach 
Beccari  durch  den  Nordwestmonsun,  zum  Teil  auch  durch  Vögel  aus 
westlicheren  Gegenden,  zunächst  von  Sumatra  und  dorthin  von  den  Ge- 
birgen  Indiens   gebracht  worden.^)     Auch   für    das  schweizerische 


^)  Beccari  misst  also  im  besonderen  dem  vom  November  bis  April  wehenden 
Nordwestmonsun  eine  grosse  Bedeutung  zu  für  die  Übertragung  von  Samen  und 
zwar  aus  den  westlichen  Teilen  des  Archipels  nach  den  östlichen  Inseln.  Hiermit 
lassen  sich  die  Junghuhn  sehen  Beobachtungen  über  das  Verhältnis  der  Monsun- 
winde auf  Java  nicht  in  Einklang  bringen.  Der  West-  oder  Nord w est monsun, 
der  in  den  Monaten  Dezember  bis  Februar  in  Java  das  Gewölk  herantreibt,  soll  sich 
nach  Junghuhn  nur  bis  zu  einer  geringen  Höhe  über  Meer,  höchstens  bis  zu  1600  m 
an  den  Abhängen  der  Berge  ausdehnen,  dagegen  der  Südostpassat  in  allen  Luft- 
schichten oberhalb  2000  m  das  ganze  Jahr  hindurch  wehen.  Während  des  Zeit- 
raums von  12  Jahren,  während  welcher  er  der  Richtung,  in  der  die  Dampfwolken 
der  Vulkane  als  meilenlange  Streifen  durch  die  Atmosphäre  ziehen,  seine  Aufmerk- 
samkeit  geschenkt   habe,   seien   dieselben   stets   nach  W.,    WNW,,   zuweilen  WSW 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  353 

Alpengebiet  ist  in  neuerer  Zeit  durch  Vogler')  die  Möglichkeit  des 
Windtransportes  über  grosse  Distanzen  nachgewiesen  worden.  Auf 
Grund  zahlreicher  Angaben  über  den  Transport  von  Blättern  etc.  auf 
Gletscher  und  Schneefelder  und  Bestimmung  des  nächsten  normalen 
Standortes  der  betreffenden  Pflanzen  kommt  Vogler  zum  Schluss, 
dass  bei  Sturmwinden  im  Alpengebiet  ein  Transport  von  Samen  über 
Distanzen  von  20  km  möglich  ist.  Als  Beleg  für  die  Wahrscheinlichkeit 
noch  grösserer  Transportdistanzen,  selbst  für  ziemlich  schwere  Samen 
und  Früchte,  führt  er  den  merkwürdigen  Salzhagel  am  St.  Gotthard  vom 
30.  August  1870  an,  bei  welchem  Salzkristalle  mit  einem  Gewicht  bis 
zu  0,76  g  fielen,  die  durch  Windströmungen  von  Nordafrika  oder  doch 
von  den  nächsten  Punkten  der  Meeresküste,  also  1000  oder  mindestens 
250  km  weit  hergetragen  wurden.-) 

Den  schönsten  Beweis  für  Transport  von  Pflanzenkeimen  über 
grosse  Distanzen  bilden  aber  die  Angaben  über  die  Wiederbesiede- 
lung  Krakataus.  Hier  stehen  grosse  Transportdistanzen  völlig  sicher, 
denn  die  nächste  vegetationtragende  Insel,  Sebesi,  liegt  18,5  km,  die 
nächsten  Punkte  von  Java  und  Sumatra  sind  40,8  und  37,1  km  entfernt. 

Die  Ergebnisse  der  Treub sehen  Durchforschung  der  Insel  im 
Jahre  1886  sind  bereits  eingangs  (pag.  295)  besprochen  worden.  Die 
erste  Besiedelung  des  Vulkankegels,  überhaupt  des  Inselinnern,  ist  in 
ganz  anderer  Weise  als  diejenige  des  Strandes  und  zwar  fast  aus- 
schliesslich durch  Windtransport  von  Pflanzenkeimen  erfolgt. 
Durch  die  Luftströmungen  sind  Keime  blaugrüner  Algen,  Bakterien, 
Diatomeen,  die  Sporen  von  Leber-  und  Laubmoosen,  von  Farnen  und 
schliesslich  auch  die  Samen  von  mindestens  6   der    8  Phanerogamen, 


und  niemals  nach  0.  gezogen,  auch  dann  nicht,  wenn  in  den  Monaten  Januar  und 
Februar  ein  starker  W.-  oder  WNWwind  das  trübste  Regengestöber  über  die  niedrigen 
Alluvialflächen  hinblies.  Der  Einfluss  des  Westwindes  dehnt  sich  also  nach  Jung- 
huhn  niemals  bis  in  die  Zone  von '2000  m  hinauf  aus.  (Junghuhn,  F.,  Java,  seine 
Gestalt,  Pflanzendecke  und  innere  Bauart.     Leipzig  1853.     Bd.  I.  pag.  165. 

Auch  Verbeek  (Krakatau.  II.  Teil,  pag.  149)  gibt  an,  dass  in  Java  der  Wind 
in  den  höheren  atmosphärischen  Schichten  konstant  von  Osten  (SO.,  0.  und  seltener 
NO.)  weht  und  zwar  unabhängig  davon,  ob  in  tieferen  Luftschichten  der  Ost-  oder 
Westwind  weht.  Als  untere  Grenze  dieses  Höhenwindes  nimmt  er  ebenfalls  2000  m 
an.  Er  ist  ferner  der  Ansicht,  dass  die  Geschwindigkeit  desselben  mit  der  Höhe 
zunehme  und  berechnet  sie  aus  den  Erscheinungen  des  Aschentransportes  beim 
Krakatauausbruch  für  die  Höhe  von  50  km  auf  121  km  per  Stunde. 

')  Vogler,  P.,  Über  die  Verbreitungsmittel  der  schweizerischen  Alpenpflanzen. 
Flora.    Bd.  89.    1901.     Sep.-Abdr.  pag.  8^  u.  f. 

2)  Ein  ähnliches  Vorkommnis  aus  neuerer  Zeit  ist  der  Steinregen  von  Trelex 
(1906),  bei  welchem  es  sich  um  Transport  von  erbsen-  bis  haselnussgrossen,  weissen 
Qua rzge rollen  aus  einer  quarzreichen  Gegend  (Öüdfrankreich  oder  Spanien)  durch 
Luftströmungen  handelt.  Eine  ausführliche  Mitteilung  über  diesen  Steinregen  wird 
Dr.  L.  Kollier  in  den  „Verhandlungen  der  Schweiz,  naturforsch.  Gesellschaft,  Frei- 
burg 1907"  veröifentlichen. 


354  A.  Ernst. 

welche  Treub  im  Innern  fand,  auf  die  Insel  getragen  worden.  Die 
erste  Besiedelungsperiode  war  charakterisiert  durch  das  Vorherrschen 
der  Farne,  die  mit  11  im  indomalayischen  Gebiete  weit  verbreiteten 
Arten  vertreten  waren.  Seither  ist  eine  beträchtliche  Vermehrung 
der  Zahl  anemochorer  Arten  erfolgt,  an  welcher  neben  den  Farnen 
besonders  die  Familien  der  Gramineen,  Cyperaeeen  und  Orchideen 
Anteil  haben. 

Penzig  nimmt  an,  dass  von  den  bis  1897  auf  der  Krakatau- 
gruppe  gefundenen  Pflanzen  alle  Kompositen  (8  Arten:  M^'edelia 
asperrima,  Wedelia  scabriusctila,  Blumea  balsamifera,  Bhmiea 
hieracifoUa ,  Pliichea  indica ,  Vernonia  cinerea,  Emilia  sonchi- 
folia,  WoUastonia  spec),  ferner  5  Gramineen  (Gijinnothrix  ele- 
gans,  Phragmites  Roxhurghii,  Imperata  arundinacea,  Saccha- 
rum  spontaneum,  Pogonatheriim  crinituin)  und  die  4  Orchideen 
(Sp)athoglottis  plicata,  Vanda  Sulingi,  Ariuidina  speciosa  und 
Phajus  spec),  also  im  Ganzen  17  Arten  (327o  der  Gesamtflora)  auf 
Flügeln  des  Windes  den  Inseln  zugetragen  worden  seien.  Die 
Cyperaeeen  (Cyperus  digitatus,  Fimhristijlis  spathacea ,  Lipo- 
carpha  foliosa)  teilt  er  mit  den  beiden  Gräsern  Spiiiifex  sqiiar- 
rosus  und  Ischaemum  muticum  der  Gruppe  der  „roophilen",  d.  h. 
durch  Wasserströmungen  verbreiteten  Arten  zu.  Im  April  1906  ge- 
hörten dem  Florenbestande  der  3  Inseln  12  Kompositen  (seit  1897 
hinzugekommen:  Comjza  angustifoUa,  Conyza  indica,  Erechthites 
hieracifolia ,  Wedelia,  glahrmta;  Senecio  spec.^),  6  Gramineen 
(Ischaemum  und  Spinifex  nicht  einbezogen;  seit  1897  neu  hinzu- 
gekommen Peniiisetum  elegans),  4  Cyperaeeen  (neu:  Mariscus 
UTuhellatus)  und  5  Orchideen  (neu:  Cynibidiuni  FinlaysonianuTn) 
an.  Für  alle  diese  28  Arten  (307«  der  Phanerogamenflora)  ist  Über- 
tragung durch  Windtransport,  für  einzelne  auch  durch  die  anderen 
verbreitenden  Agentien  möglich  und  bei  der  Besiedelung  von  Krakatau 
vielleicht  erfolgt.  Von  diesen  28  vermutlich  anemochoren  Arten  kommen 
einzelne  auch  in  der  Strandvegetation  von  Krakatau  vor  und  werden 
auf  Java  und  Sumatra  nicht  nur  im  Binnenland,  sondern  ebenso 
häufig  am  Strande  getroffen.  Die  Verbreitung  ihrer  Früchtchen  durch 
das  Wasser  ist  also  nicht  von  vornherein  ausgeschlossen,  zum  min- 
desten nicht  für  Vertreter  wie  Conyza  indica,  die  Blumea-,  Wedelia- 
und  Wollasto)iia2iViQx\,  die  am  Strande  besonders  häufig  sind  und  z.  B. 
von  Schimper  zu  den  typischen  Strandpflanzen  gerechnet  werden. 
Auch  in  der  Flora  der  auf  unserer  Exkursion  besuchten  Insel  Edam 
und  den  Küstenpunkten  Javas  und  Sumatras  waren  Kompositen  nicht 

1)  Senecio   spec,    vermutlich    auch    Conyza  indica,    Conyza    angustifoUa 
schon  1886  durch  Treub  aufgefunden.    (1.  c.  pag.  218:   „deux  especes  de  Conyza".) 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  355 

selten;  auf  Edam  fanden  wir  deren  6  (worunter  2,  Vernonia  cinerea, 
Wedelia  glabrafa,  gemeinsam  mit  Krakatau),  in  Vlakke  Hoek  die 
überall  am  Strande  verbreitete  Wedelia  fjlabrata,  in  Javas  4.  Punkt 
deren  4  (worunter  3,  Blumea  halsamifera,  Wedelia  glahrata  und 
Vernonia  cinerea  gemeinsam  mit  Krakatau).  Auch  von  den  in  der 
Liste  aufgeführten  Gramineen  kommen  einzelne  nicht  nur  auf  Kra- 
katau, sondern  auch  auf  Java,  Sumatra  etc.  häufig  in  der  Küsten- 
flora vor  und  von  Hemsley  wird  z.  B.  Imperata  arundinacea  unter 
die  Strandpflanzen  mit  Verbreitung  durch  die  Meeresströmungen  ein- 
gereiht. Dagegen  hält  er  diese  letztere  Verbreitungsart  von  Kompo- 
siten für  fraglich,  während  andererseits  Schimper  hervorhebt,  dass 
die  Früchtchen  der  meisten  Strandkompositen  und  auch  derjenigen 
Art  mit  grösster  überseeischer  Verbreitung,  Wedelia  biflora ,  ohne 
Pappus  sind  und  daher  die  Windverbreitung  derselben  wenig 
wahrscheinlich  sei.  Wir  gehen  kaum  fehl,  wenn  wir  mit  Schimper 
für  einzelne  der  Strandkompositen  Verbreitung  durch  die  Meeres- 
strömungen nicht  ausschliessen,  dagegen  sein  Argument  gegen  die 
Windverbreitung  als  nicht  stichhaltig  bezeichnen.  Bei  der  Verbreitung 
von  Samen  oder  Früchten  über  weite  Strecken  durch  starke  Winde 
kommt  weniger  die  besondere  Flugausrüstung  als  das  geringe  Gewicht 
der  Samen  in  Frage.  Je  grösser  die  Geschwindigkeit  eines  Windes 
ist,  um  so  wirksamer  ist  derselbe  für  den  Samentransport.  Samen, 
die  in  der  schweizerischen  Mittelebene  dem  Winde  noch  Widerstand 
leisten,  oder  nur  über  kurze  Strecken  hin  mitgeführt  werden 
können,  werden  nach  Vogler  in  grösserer  Höhe,  wo  die  Wind- 
geschwindigkeit eine  bedeutendere  ist,  weiter  getragen.  Die  obere 
Gewichtsgrenze  der  flugfähigen  „leichten  Samen"  ist  in  höheren  Lagen 
mit  ihren  heftigen  Winden  höher  anzunehmen  als  im  Tale,  wo  massige 
Winde  vorherrschen.  Für  Windstärken  von  30  m  per  Sekunde,  wie 
sie  in  den  Alpen  vorkommen,  hält  Vogler  besondere  Flugapparate 
kaum  mehr  für  nötig.  Solche  Windstärken  sind  nun  bei  den  Stürmen 
im  indomalayischen  Gebiete  nichts  Seltenes.  Ein  Transport  von 
leichten  Samen  und  Früchten  ohne  andere  Anpassung  an  die  Wind- 
verbreitung, als  sie  im  leichten  Gewicht  gegeben  ist,  ist  also  auch 
im  Gebiete  der  Sundastrasse  nicht  ausgeschlossen.  Immerhin  geht 
aus  den  Befunden  auf  Krakatau  hervor,  dass  auch  bei  Transporten 
über  grosse  Distanzen  die  mit  Flugapparaten  ausgerüsteten  Arten 
(Pappusbildungen  der  Kompositen,  haarförmige  Flugorgane  der 
Gramineen,  Samen  mit  häutigem  Saum  wie  bei  den  Orchideen)  doch 
bevorzugt  sind.  Ganz  leichte  und  der  Wind  Verbreitung  besonders 
angepasste  Samen,  wie  diejenigen  der  Orchideen,  die  Sporen  der 
Farne    und    der    anderen   Kryptogamen,    werden   wohl   schon   durch 


356  A.  Ernst. 

die  gewöhnlichen  Passatwinde  mitgeführt,  während  die  grösseren, 
schwereren  und  zum  Teil  besonderer  Flugeinrichtungen  entbehrenden 
Früchtchen  der  Kompositen,  Gramineen  und  Cyperaceen,  wenn  sie 
tatsächlich  durch  Windwirkung  auf  die  Inseln  gelangt  sind,  durch 
die  heftigeren  Stürme  und  Cyklone  verbreitet  worden  sein  müssen. 

4.  Anteil  der  einzelnen  Verbreitungsagentien  an  der  Entstehung  der 
gegenwärtigen  Krakatauflora. 

Aus  der  vorstehenden  Betrachtung  über  die  Bedeutung  der  Ver- 
breitungsagentien pflanzlicher  Keime  für  die  Besiedelung  der  Krakatau- 
Inseln  geht  hervor,  dass  die  Einteilung  der  bis  jetzt  gefundenen 
Pflanzen  nach  ihren  Verbreitungsmitteln  und  Verbreitungsagentien 
nicht  leicht  ist  und  keineswegs  eine  scharfe  sein  kann.  Sieht  man 
von  den  5  Orchideen  ab,  für  welche  die  Übertragung  durch  die  Luft- 
strömungen am  wahrscheinlichsten  ist,  die  anderen  Verbreitungs- 
agentien (wie  z.  B.  in  Spalten  von  Baumstämmen)  aber  immerhin  nicht 
vollständig  ausgeschlossen  sind,  so  sind  für  die  anderen  vermutlich  ane- 
mochoren  Pflanzen  auch  noch  Verbreitung  der  Samen  oder  vegetativer, 
reproduktionsfähiger  Teile  im  Wurzel-  oder  Astwerk  von  Treibholz, 
für  die  Gramineen  und  Cyperaceen,  die  an  der  Küste  vielfach  auch 
in  sumpfigen  Gebieten  vorkommen,  an  den  Füssen  und  im  Feder- 
kleide von  Schwimm-  und  Sumpfvögeln  möglich.  Auch  für  die  Strand- 
pflanzen kommt,  wie  ausgeführt  worden  ist,  ausser  der  charakte- 
ristischen und  für  viele  sicher  festgestellten  direkten  Verbreitung  der 
Früchte  und  Samen  durch  die  Strömungen  die  indirekte  auf  Treibholz, 
auf  angespülten,  mit  Sand  und  Samen  beladenen  Bimssteinen,  für 
einzelne  auch  Verbreitung  durch  Vögel  in  Frage.  Von  der  Gesamtzahl 
der  bis  1906  auf  der  Inselgruppe  gefundenen  Phanerogamen  sind  sicher 
36  (397o)  durch  die  Meeresströmung  auf  die  Insel  gelangt.  Werden  auch 
diejenigen  Strandpflanzen  Krakataus  einbezogen,  die  Gattungen  mit  sehr 
bekannten  halophilen  Arten  angehören,  und  diejenigen  typischen  Strand- 
pflanzen, für  welche  Übertragung  durch  Vögel  nicht  ausgeschlossen  ist, 
werden  ferner  die  strandbewohnenden  Kompositen,  Gräser  und  Cypera- 
ceen mitgerechnet,  bei  welchen  ausser  der  Verbreitung  durch  Wind  und 
Vögel  auch  die  durch  Meereströmungen  möglich  ist,  so  steigt  die  An- 
zahl der  in  dieser  Gruppe  zu  vereinigenden  Pflanzen  auf  67  oder  72  7« 
der  Gesamtzahl. 

Auch  die  Anzahl  der  durch  Vögel  eingeschleppten  Pflanzen  ist 
nicht  genau  festzustellen.  Wohl  ziemlich  sicher  steht  diese  Art  der 
Übertragung  für  die  pag.  350  angeführten,  namentlich  im  Binnenlande 
vorkommenden  9  Arten  (107o  der  Gesamtzahl),  möglich  ist  sie  noch 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  357 

für  9  Arten  aus  dem  Verzeichnis  der  Strandpflanzen,  insgesamt  also 
für  18  Arten  oder  19"/o  der  Gesamtflora,  wobei  der  gar  nicht  zu  über- 
sehende Anteil  der  Sumpf-  und  Schwimmvögel  an  der  Verbreitung 
der  Gramineen  und  Cyperaceen  nicht  berücksichtigt  worden  ist. 

Ebenso  unsicher  sind  Angaben  über  die  Anzahl  anemochorer 
Arten.  Werden  nur  die  Orchideen,  die  Gramineen  mit  Ausschluss 
von  Spinifex  und  Ischae/nu/n,  von  den  Cyperaceen  Mariscus  um- 
bellatus  mitgerechnet  und  von  den  Kompositen  alle  ausgeschlossen, 
welche  am  Strande  vorkommen,  so  beträgt  ihre  Anzahl  15  Arten 
oder  16Vo,  mit  Einrechnung  aller  Kompositen  und  aller  4  Cyperaceen 
28  Arten  oder  30  7»  der  Gesamtzahl. 

Wie  aus  den  in  der  Florenliste  enthaltenen  Angaben  über  die 
Verbreitung  der  einzelnen  Arten  hervorgeht,  gehören  sie  fast  ohne 
Ausnahme  zu  den  Ubiquisten  des  Tropengürtels  oder  doch  des 
malayischen  Archipels.  Der  Ver-such,  die  wenigen  nicht  allgemein 
verbreiteten  Arten  unter  Berücksichtigung  der  herrschenden  Meeres- 
strömungen und  Windrichtungen  von  Java,  Sumatra  oder  der  übrigen 
Inselwelt  abzuleiten,  bleibt,  besonders  weil  die  in  Betracht  kommen- 
den Teile  von  Java  und  Sumatra  wie  auch  die  übrigen  Inseln  der 
Javasee  und  der  Sundastrasse  floristisch  zu  wenig  bekannt  sind, 
gegenwärtig  noch  resultatlos. 

Von  der  Gesamtzahl  der  Phanerogamen  sind  also  je  nach  der  Art 
der  Berechnung  39  bis  72  %  durch  die  Meeresströmungen,  10  bis  19  "/o 
durch  die  Vögel  und  16  bis  30  7»  durch  die  Luftströmungen  auf  die 
Inseln  getragen  worden.  Die  Bedeutung  des  Transportes  von  Keimen 
durch  die  Winde  erscheint  erst  im  richtigen  Lichte,  wenn  wir  berück- 
sichtigen, dass  auch  die  Farne  mit  16  Arten,  ferner  die  niederen 
Kryptogamen  fast  ohne  Ausnahme  (s.  Polystictus  pag.  346)  durch  das- 
selbe Verbreitungsagens  befördert  worden  sind.  Von  der  Zahl  der 
Gefässpflanzen  bilden  die  anemochoren  Arten  (25  Blütenpflanzen, 
16  Farne)  37  V»-  Die  grosse  Zahl  der  Farne  und  der  übrigen  Krypto- 
gamen ist  offenbar  darauf  zurückzuführen,  dass  die  Verbreitung  ihrer 
Keime  schon  durch  die  gewöhnlich  im  Gebiete  herrschenden  Winde 
über  Entfernungen  von  ungefähr  30  km  hin  erfolgt,  während  für  sehr 
weit  abgelegene  Inseln  auch  die  Übertragung  leichtester  Keime  nur 
durch  ungewöhnlich  starke  Winde,  also  verhältnismässig  selten  zu  er- 
folgen scheint.  Hierfür  spricht  z.  B.  die  Tatsache,  dass  auf  den  Kokos- 
inseln,  die  mit  Krakatau  eine  grössere  Anzahl  von  Phanerogamen  gemein 
haben,  die  Farne  merkwürdigerweise  ganz  fehlen  und  von  den  drei  Be- 
suchern der  Inseln  (Darwin,  Forbes,  Guppy)  überhaupt  nur  drei  Krypto- 
gamen, ein  Laubmoos  (Hijpnum  fuscois  Hook  et  Arn.),  ein  Pilz 
(Polyporus  luridus  Fries)  und  eine  Flechte,   gefunden  worden  sind. 


358  A.  Ernst. 

VI.  Bildung  von  Pflanzengesellschaften  und  zukünftige  Gestaltung  des 
Vegetationsbildes  von  Krakatau. 

Nicht  weniger  überraschend  als  die  bedeutende  Zahl  und  die 
Mannigfaltigkeit  der  Arten  der  neuen  Krakatauflora  ist  die  ziemlich 
vorgeschrittene  Differenzierung  des  Pflanzenkleides  in  Pflanzen- 
gesellschaften,  Formationen.  Schon  1897  hatte,  wie  Penzig 
berichtet,  die  Bildung  der  Pflanzengesellschaften  begonnen.  Am 
Strande  herrschten  die  Pflanzen  der  Pes  Capraeformation  vor. 
Die  Pflanzenwelt  des  Inselinneren  zeigte  den  Charakter  einer  Gras- 
steppe. An  den  Abhängen  des  Kegels  dominierten  die  Farne. 
Seither  hat  sich  das  Vegetationsbild  wieder  wesentlich  geändert. 
Die  Strandflora  ist  in  zwei  Formationen  geschieden.  Ein  äusserer 
Gürtel  von  wechselnder  Breite,  hier  und  da  bis  zur  Flutlinie  sich 
ausdehnend,  besteht  aus  niederen  kriechenden  Gräsern  und  Kräutern, 
Büschen  und  Sträuchern,  der  eigentlichen  Pes  Capraeformation. 
Hinter  derselben  erhebt  sich  der  Strandwald  (Barringtonia- 
formation),  der  in  seiner  Zusammensetzung  noch  nicht  die  Mannig- 
faltigkeit und  die  düstere  Pracht  des  Barringtonia-Strandwaldes  an  den 
Küsten  Javas  und  Sumatras  erreicht  hat  noch  auch  sobald  erreichen 
wird.  Beide  Strandformationen  sind  noch  nicht  geschlossen.  Durch 
die  Lichtungen  des  Strandwaldes  hindurch  dringen  die  Gräser,  Cypera- 
ceen,  Farne  und  Kompositen  der  inneren  Grassteppe  bis  zu  den  niederen 
Ipomaea-  und  Spinifexrasen  vor,  während  andererseits  Gruppen  von 
Strandpflanzen  selbst  noch  300  bis  500  m  landeinwärts  vorkommen. 
So  befindet  sich  die  schöne  Gruppe  hoher  Kokospalmen  (pag.  319) 
etwa  400  m  innerhalb  der  Strandlinie.  Auch  Gruppen  älterer 
Exemplare  von  Barringtonia ,  Calophijllum,  Casuarina  finden 
sich  in  verschiedenen  Abständen  von  der  Küste,  andere,  jüngere 
Kokospalmen  und  Pandanusgebüsche  sind  dagegen  dem  Strande  so 
nahe,  dass  ihre  Stämme  zur  Flutzeit  von  den  Wellen  umspült 
werden.  Die  Strandvegetation  ist  an  der  Südwestecke  von  Krakatau, 
wo  sie  am  weitesten  gediehen  ist,  aus  Beständen  verschiedenen  Alters 
zusammengesetzt,  von  denen  die  ältesten  am  meisten  landeinwärts, 
die  jüngsten  dagegen  an  der  Flutlinie  stehen.  Diese  Verteilung  der 
jungen  Litoralflora  über  einen  verhältnismässig  breiten  Gürtel  findet 
ihre  Erklärung  am  ehesten  in  der  Annahme  einer  allmählichen  Grössen- 
zunahme  der  Insel  in  diesem  Strandgebiete,  einer  im  Laufe  der  Jahre 
erfolgten  beträchtlichen  Verschiebung  der  Strandlinie  nach  aussen. 
Schon  in  den  ersten  Monaten  nach  dem  grossen  Ausbruch  erfolgten, 
wie  durch  die  Messungen  von  Verbeek  festgestellt  wurde,  in  der 
ganzen   Umgebung   der  Krakatauinseln   starke    Niveauveränderungen 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  359 

des  Meeresbodens.  Ein  Teil  der  ins  Meer  gefallenen  Bimsstein-  und 
Aschenniassen  wurde  bei  heftig  bewegtem  Meere  hin  und  her  verschoben. 
Einzelne  kurz  nach  dem  Ausbruche  über  die  Oberfläche  emporragende 
Sandbänke  verschwanden  wieder  völlig,  während  an  anderen  Orten 
das  leicht  bewegliche  Material  zu  neuen  unterseeischen  Bergen  und 
Bänken  aufgehäuft  oder  an  den  Strand  der  drei  Inseln  gespült  wurde. 
So  ist  namentlich  an  der  Süd-  und  Westküste  von  Krakatau  und  an 
der  Südküste  von  Verlaten  Eiland  das  flache  Strandgebiet  bedeutend 
vergrössert  worden.  Seither  haben  diese  Materialablagerungen  am 
Strande,  wenn  auch  in  schwächerem  Masse,  angedauert.  Es  ist  augen- 
scheinlich, dass  die  ältesten  Strandpflanzen,  die  aus  den  in  der  Drift 
der  ersten  Jahre  enthaltenen  Samen  und  Früchten  hervorgegangen  sind, 
nach  und  nach  vom  Strande  durch  eine  immer  breiter  werdende  Zone 
getrennt  wurden  und  dass  während  dieser  Strandverschiebung  in  der 
jeweiligen  Driftzone  mit  den  Bimssteinmassen  stets  neue  Keime  zur 
Entstellung  des  jetzigen  von  Lücken  durchbrochenen  Strandwaldes 
gelandet  worden  sind.  Natürlich  ist  bei  der  Entstehung  desselben 
die  Mitwirkung  anderer  Faktoren,  welche  sonst  bei  der  Besiedelung 
von  Koralleninseln  oder  anderen  Küstenstrichen  zuweilen  eine  Ver- 
breitung von  Strandpflanzen  oberhalb  der  eigentlichen  Driftlinie  er- 
möglichen, nicht  ausgeschlossen,  immerhin  im  Vergleich  zu  der  bereits 
versuchten  Erklärung  weniger  wahrscheinlich.  So  ist  z.  B.  eine  Ver- 
schleppung der  angeschwemmten  Früchte  und  Samen  aus  der  Drift 
landeinwärts  durch  Tiere  bei  dem  gegenwärtigen  Bestände  der  Tier- 
welt Krakataus  nicht  wohl  anzunehmen.  Immerhin  ist  ja  anderwärts 
festgestellt  worden,  dass  auch  Saurier,  Eidechsen  und  Schild- 
kröten, also  Tiere,  die  z.  T.  auf  der  Insel  schon  vorkommen,  wesent- 
lich zur  Pflanzenverbreitung  beitragen.  Beccari  z.  B.  berichtet, 
dass  er  grosse  Quantitäten  von  Pandanaceenfrüchten  im  Magen  von 
Lophura  amboinensis  gefunden  habe,  und  dass  auf  Borneo  einzelne 
Schildkröten  regelmässig  die  Früchte  eines  Durio  verspeisen  und  die 
Samen  mit  den  Exkrementen  wieder  abgeben.  Dagegen  ist  die  Mit- 
wirkung von  Krabben,  durch  welche  nach  Guppy  auf  den  Kokos- 
inseln  die  Keime  einzelner  Pflanzen,  im  besonderen  von  Moruula 
ciffifolia ,  Hema/idia  peltata  und  Cordia  suhco)'data ,  über  das 
Innere  der  Inseln  verbreitet  werden,  ausgeschlossen,  da  ja  gerade  die- 
jenigen Samen  und  Früchte  (Cocos,  Barringto)üa ,  CaloplujUum, 
Pinidaniis)  am  weitesten  landeinwärts  transportiert  worden  sind, 
die  von  den  Krabben  am  eifrigsten  aufgesucht  werden  und  ihren  An- 
griffen am  wenigsten  entgehen. 

Hinter  dem  Strandwalde  werden  das  flache,  gegen  den  Fuss  des 
Kegels  leicht  ansteigende  Terrain  wie  auch  die  untersten  Gräte  und 


360  A.  Ernst. 

Schluchten  des  Berges  noch  wie  vor  zehn  Jahren  vornehmlich  von  den 
Gräsern,  Cijperaceen  und  Compositen  eingenommen,  während  die 
Farne  schon  etwas  zurücktreten.  Von  den  Phanerogamen  des  Strandes 
fand  Treub  erst  zwei  Vertreter,  Scaevola  Koenigii  und  Tourne- 
fortia  argentea,  im  Innern  vor.  Seither  sind  die  Bäume  und  Sträu- 
cher auch  hier,  in  dem  steppen-  oder  steinwüstenähnlichen  Gebiete, 
zahlreicher  geworden.  Sie  sind  vom  Strandwalde  aus  in  Gruppen  oder 
einzeln  über  die  Ebene  vorgedrungen  und,  wie  früher  beschrieben 
worden  ist,  in  den  Schluchten  des  Kegels  zu  grösseren  waldartigen 
Beständen  vereinigt. 

Wird  die  weitere  Entwicklung  der  jetzigen  Krakatauvegetation 
nicht  durch  neue  vulkanische  Ausbrüche  unterbrochen,  so  dürfte  die 
Insel  mit  Ausnahme  der  schroffen  Absturzwände  im  Laufe  der  nächsten 
50  bis  60  Jahre  —  innerhalb  einer  ähnlichen  Zeitdauer  hat  sich  der 
Vulkan  Tamboro  auf  der  Insel  Sumbawa  wieder  mit  einem  dichten 
Wald  bedeckt  —  völlig  überwaldet  sein.  Am  Strande  werden  zu- 
nächst infolge  der  Ausdehnung  der  waldartigen  Bestände  die  mit 
Kräutern  und  Stauden  überdeckten  Lichtungen  verschwinden.  Viel- 
leicht erstehen  während  der  Bildung  einer  geschlossenen  Barringtonia- 
formation  unter  dem  Zuwachs  von  Arten,  der  in  Zukunft  noch  er- 
folgen wird,  einzelnen  bisherigen  Vertretern  scharfe  Konkurrenten. 
Die  endgültige  Gestaltung  und  Zusammensetzung  der  Formation  wird  wie 
anderwärts  unter  Reduktion  der  Artenzahl  stattfinden.  Weniger 
gut  angepasste  Formen  verschwinden  oder  werden  gegen  den  Strand 
hin  gedrängt,  wo  sie  sich  unter  die  Bestandteile  der  Pes  Caprae- 
formation  mischen  und  dieselben  an  einzelnen  Stellen  verdrängen.  Eine 
fast  ungehinderte  Verbreitung  der  im  hohen  Barringtoniawald  nicht 
mehr  fortkommenden  niederen  oder  langsam  wachsenden  Bäume  und 
Sträucher  ist  landeinwärts  möglich.  Im  besonderen  werden  diejenigen 
bisherigen  „fakultativen"  Strandbewohner  bald  auf  das  Innere  der 
Insel  übergehen,  deren  Samen  oder  Früchte,  ohne  zu  den  eigentlich 
anemochoren  zu  gehören,  vom  Winde  doch  über  kleine  Strecken  land- 
einwärts getragen  werden  können,  ferner  die  anderen,  deren  Früchte, 
wie  z.  B.  diejenigen  der  verschiedenen  Ficusarten,  den  Vögeln  eine 
willkommene  Speise  gewähren.  Vielleicht  setzt  sich  der  Wald  in  der 
Ilauptschlucht  des  Bergabhanges  schon  jetzt  aus  diesen  Bestandteilen 
der  Küstenflora  zusammen,  vielleicht  auch  werden  zukünftige  Besucher 
der  Insel  dort  noch  zahlreiche  weitere  Pflanzen  vorfinden,  deren  Keime 
ebenfalls  durch  Vögel,  insbesondere  aber  durch  den  Wind  nicht  von 
den  Strandpartien  Krakataus,  sondern  von  der  umgebenden  Inselwelt 
zugeführt  worden  sind.  Namentlich  ist  zu  erwarten,  dass  hier  oben 
später   Pflanzen    gefunden   werden,    die    nicht,    wie    die    meisten 


Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.  361 

der  von  uns  gesammelten,  der  Strandvegetation  und  den 
Niederungen  der  umgebenden  Inseln,  sondern  den  höheren 
Regionen  der  javanischen  und  sumatranischen  Gebirge  ent- 
stammen, deren  leichte  Samen  durch  die  in  den  höheren  Regionen 
herrschenden  starken  Luftströmungen,  insbesondere  durch  den  wäh- 
rend des  grössten  Teiles  des  Jahres  wehenden  Südost,  von  den  hohen 
Vulkankegeln  Javas  hergetragen  worden  sind.  Zu  erwarten  sind  vor 
allem  diejenigen  anemochoren  und  zoochoren  Arten,  welche  auch  auf 
Java  und  Sumatra  die  nach  Ausbrüchen  vegetationslos  gewordenen 
Vulkankegel  wieder  besiedeln.  Hier  finden  sich,  wie  Schimper') 
am  Goenong  Goentoer  konstatierte  und  wie  ich  in  einer  weiteren 
Veröffentlichung  über  die  Besiedelung  vulkanischen  Bodens  im 
malayischen  Archipel  (Gedeh,  Pangerango,  Papandajan,  G.  Goentoer, 
Dieng-  und  Tenggergebirge  auf  Java,  Merapi  und  Singalan g  auf 
Sumatra)  ausführen  werde,  ausser  Gräsern,  Cyperaceen,  Farnen, 
Orchideen,  auch  strauch-  und  baumartige  Phanerogamen  mit  Wind- 
verbreitung der  Samen  und  Früchte,  im  besonderen  Bhoclodefidron- 
und  Gnaphaliumarten,  während  die  Übertragung  anderer,  Vaccinium, 
GauUeria,  Mijrica,  Aredia  usw.,  vorwiegend  durch  Vögel  stattfindet. 
Viele  der  zuletzt  genannten  Pflanzen,  welche  im  Walde  als  Epiph^'ten 
leben,  werden  auf  vulkanischem  Boden,  wo  die  Konkurrenz  anderer 
Pflanzen  zunächst  gering  ist,  wiederum  zu  Bodenpflanzen  und  gehen 
erst  später,  wenn  das  Pflanzenkleid  dichter  wird  und  baumartige 
Pflanzen  das  Feld  behaupten,  wieder  zur  epiphy tischen  Lebensweise 
über.  In  dem  nach  oben  und  unten  sich  ausdehnenden  Bergwalde 
werden  nach  und  nach  auch  neue  Existenzbedingungen  geschaffen. 
Sporen  von  Kryptogamen  und  Samen  von  Blütenpflanzen,  die  jetzt 
auf  der  Insel  noch  nicht  die  zum  Keimen  und  Gedeihen  notwendigen 
Bedingungen  finden,  liefern  später  neue  Florenbestandteile.  Lianen, 
epiphy  tische  Moose,  Farne,  Orchideen  stellen  sich  ein.  Die  Felsen 
des  Bergabhanges  überkleiden  sich  an  beschatteten  Stellen  mit  Leber- 
moosen und  Laubmoosen,  an  sonnigen  Stellen  siedeln  sich  auf  den- 
selben Flechten  an.  Das  modernde  Laub  am  Waldboden  durchwuchern 
die  Mycelien  von  Schimmelpilzen  und  der  im  Archipel  so  häufigen 
Phalloideen  und  Agaricineen.  Vielleicht  finden  auch  die  bleichen  Fäulnis- 
bewohner aus  der  Abteilung  der  Blütenpflanzen  sowie  Schmarotzer  des 
Ast-  und  des  Wurzelwerkes  hierher  ihren  Weg. 

Der  Mensch  wird  in  diesen  Entwicklungsgang  weder  hemmend 
noch  fördernd  stark  eingreifen.  Noch  sind  die  westlichen  Gebiete 
Javas,    der   ganze   Süden    Sumatras  wenig   bevölkert,   noch   liegt   in 


')  Scliimper,  A.  F.  W.,  Pflanzengeographie.    1898.    Pag.  201. 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52.     1907.  24 


362  A.  Ernst. 

diesen  Gegenden  überall  viel  fruchtbarer  Boden  für  fleissige  Hände 
brach  und  Krakatau  wird  noch  lange  Zeit  wie  vor  der  grossen 
Eruption  unbewohnt  bleiben  und  höchstens  dann  und  wann  von 
einigen  Fischern  oder  auch  von  Forschern  zu  kurzem  Aufenthalte 
besucht  werden.  Ein  immer  grösser  werdender  Teil  der  Insel  wird 
sich  vom  Strande  und  von  den  Abhängen  des  Berges  aus  mit  Wald 
überdecken,  die  Grassteppe  der  mittleren  Zone  wird  schmäler  und 
schmäler  werden  und  zuletzt  verschwinden.  Erst  sehr  spät  aber  wird 
auf  der  verwüsteten  Insel  das  Pflanzenkleid  wieder  in  derjenigen 
Mannigfaltigkeit  und  Fülle  erstanden  sein,  wie  sie  uns  entgegentritt 
in  dem  Machtvollsten,  was  die  Natur  geschaffen  hat,  im  Urwald  der 
Tropen. 


LiteraturYerzeichnis. 


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—  Syllabus  der  Pflanzenfamilien.    4.  Aufl.    Berlin  1904. 

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Kerner,  A.,  Pflanzenleben.    II.    Leipzig  und  Wien.    1891. 


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Semon,  R.,  Im  australischen  Busch  und  an  den  Küsten  des  Korallenmeeres.    2.  Aufl. 

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Bd.  89.    1901. 


Ein  neues  Präzisionsnivellement  auf  den  Grossen  St.  Bernhard. 

Von 
J.    HlLFlKER. 


Professor  A.  L.  Pictet  erwähnt  in  seinem  Bericht  über  die  Er- 
stelhmg  einer  meteorologischen  Station  im  Hospiz  des  Grossen  St. 
Bernhard  vom  Jahre  1817,  dass  schon  vor  1817  zuerst  die  Akademie 
in  Turin,  dann  die  Aargauische  Gesellschaft  für  vaterländische  Kultur 
den  Impuls  gegeben  haben,  meteorologische  Beobachtungen  durch  die 
Mönche  im  Kloster  des  Grossen  St.  Bernhard  anstellen  zu  lassen  und 
dass  auch  die  nötigen  Instrumente  abgegeben  worden  seien:  Beobach- 
tungen wurden  ausgeführt,  aber  die  Resultate  wie  auch  die  Instru- 
mente sind  aus  unbekannten  Gründen  verloren  gegangen.^) 

Tatsächlich  hat  um  das  .Jahr  1750  herum  die  ökonomische  Ge- 
sellschaft in  Bern  die  Erstellung  eines  schweizerischen  meteorologischen 
Beobachtungsnetzes  angestrebt  und  es  gelang  ihr  auch,  durch  Abgabe 
von  Barometern,  Thermometern  und  Regenmessern  an  eine  Anzahl 
von  Stationen  längere  Beobachtungsreihen  zu  erhalten,  indessen  war 
es  damals  noch  nicht  möglich,  die  Mönche  auf  dem  Grossen  St.  Bern- 
hard zur  Übernahme  einer  Station  zu  bewegen.  Auch  die  schon  er- 
wähnte „Aargauische  Gesellschaft  für  vaterländische  Kultur"  hat  sich 
um  1812  bemüht,  ein  ausgedehntes  meteorologisches  Beobachtungsnetz 
zu  erstellen  und  durch  Zusendung  von  Instrumenten  und  Instruktionen 
an  einzelne  Stationen  korrespondierende  Beobachtungen  ins  Leben  zu 
rufen.  Die  Beobachtungen  sollten  sich  erstrecken  auf  eine  ausgedehnte 
Linie  von  Norden  nach  Süden :  Kiel,  Andermatt,  St.  Bernha,rd,  Pisa, 
Turin,  Neapel,  und  auf  Stationen  in  einer  von  Westen  nach  Osten 
laufenden  Linie:   Glasgow,  Hanau,  Prag,  Lemberg,  Charkow.-)    Prak- 


')  Bibl.  Univ.  Sciences  et  arts,  VI  Geneve  1817,  p.  109. 

^)  Rudolf  Wolf,   Geschichte  der  Vermessungen  in  der  Schweiz,   Ziärich  1879, 
pag.  301. 


Ein  neues  Präzisionsnivellement  auf  den  Grossen  St.  Bernhard.  365 

tische  Resultate  hat  dieses  Projekt  indessen  keine  gehabt,  dagegen 
gelang  es  Pictet  einige  Jahre  später  für  die  Genferbeobachtungen, 
die  auf  1774  zurückreichen  und  in  der  Bibl.  Univ.  publiziert  vor- 
liegen, auf  dem  Grossen  St.  Bernhard  eine  Parallelstation  zu  errichten, 
von  der  er  bei  einer  Vergleichung  mit   der  Sternwarte  Genf  sagt :  ') 

„Elle  est  situee  sous  un  parallele  peu  distant,  sous  un  meridien 
„d'un  degre  seulement  plus  ä  Test,  au  centre  de  la  haute  chaine  des 
„Alpes;  oü  trouver  dans  notre  Europe  une  habitation  de  toute  l'annee, 
„voisine  de  la  limite  des  neiges  perpetuelles  ?  Oü  trouver  des  hommes 
„assez  devoues  pour  y  vi  vre  et  assez  instruits  pour  aprecier  l'utilite 
„de  ces  observations  et  pour  les  faire  avec  la  regularite  et  la  precision 
„requise?  Toutes  ces  conditions  sont  heureusement  reunies  dans  l'hos- 
„pice  celebre,  connu  sous  le  nom  de  couvent  du  Grand  St-Bernard." 

Professor  Pictet  hat  in  Genf  bei  Mechaniker  Gourdon  die  nötigen 
Instrumente  nach  spezieller,  der  Höhenstation  angepasster  Vorschrift 
bestellt,  nämlich  ein  Quecksilberbarometer,  ein  Quecksilberthermo- 
meter und  ein  Harhygrometer.  Mit  diesen  Instrumenten  ist  er  am 
13.  September  1817  von  Genf  abgereist,  am  14.  abends  im  Hospiz 
angekommen  und  hat  am  gleichen  Abend  noch  die  Aufstellungsver- 
hältnisse für  die  meteorologischen  Instrumente  rekognosziert,  so  dass 
am  15.  früh  die  Instrumente  an  Ort  und  Stelle  waren  und  die  Be- 
obachtungen mit  dem  16.  September  1817  beginnen  konnten. 

Diese  Reise  ist  den  Mönchen  des  Grossen  St.  Bernhard  in  viel- 
facher Weise  zu  gute  gekommen  und  wir  wollen  nicht  unterlassen  auf 
folgende  Stelle  im  Nekrolog  aufmerksam  zu  machen,  den  P.  Vaucher 
im  29.  Bande  der  Bibl.  Univ.  S.  et  A.  über  Pictet  veröffentlicht  hat, 
die  den  liebenswürdigen  Charakter  des  Genfer  Gelehrten  besonders 
beleuchtet : 

„Ce  fut  apres  avoir  visite  ces  pieux  cenobites,  que,  frappe  des 
„rigueurs  de  leur  long  hiver  et  des  maladies  qui  en  etaient  la  suite, 
„il  fit  un  appel  ä  la  generosite  de  l'Europe,  et  il  reussit  si  bien  ä 
„depeindre  les  privations  et  les  souffrances  de  ces  hommes  respec- 
„tables,  qu'il  leur  procura  des  sommes  süffisantes  non  seulement  pour 
„etablir  des  poels  et  des  tuyaux  de  chaleur,  mais  encore  pour  reparer 
„et  agrandir  leur  hospice."^) 

Eine  nutzbringende  Vergleichung  und  Auswertung  der  meteoro- 
logischen Beobachtungsreihen  in  Genf  und  dem  Grossen  St.  Bernhard 


>)  Bibl.  Univ.  S.  A.   1817,  pag.   109. 

*)  Vergl.  auch  Rud.  Wolf,  Biographien  zur  Kulturgeschichte  der  Schweiz,   III. 
pag.  387,  Zürich  1800. 


366  J.  Hilfiker. 

konnte  erst  erreicht  werden,  wenn  es  gelang,  den  Höhenunterschied 
der  beiden  Stationen  mit  ausreichender  Genauigkeit  zu  ermitteln. 
Bald  nach  der  Erstellung  der  meteorologischen  Station  im  Kloster 
unternahm  es  Alexandre  Roget  von  Nyon,  trigonometrisch  die  Höhe 
des  Montblanc  und  anderer  Bergspitzen,  wie  die  der  Dent  de  Mordes 
über  dem  Genfersee,  resp.  Pierre  du  Niton  abzuleiten  und  späterhin 
die  Höhe  des  Klosters  auf  dem  Grossen  St.  Bernhard  zu  bestimmen, 
indem  er  zunächst  in  der  Nähe  des  Klosters  sorgfältig  mit  Stäben 
eine  Basis  abmass,  aus  derselben  trigonometrisch  die  Höhen  über 
dem  Kloster  von  einigen  der  umgebenden  Punkte,  von  denen  aus  der 
Montblanc  und  die  Dent  de  Mordes  sichtbar  sind,  bestimmte,  woraus 
er  dann  mit  Hülfe  der  auf  diesen  Zwischenstationen  angestellten 
Winkelmessungen  die  Barometerhöhe  des  Klosters  aus  den  für  Mont- 
blanc und  Dent  de  Mordes  gefundenen  Höhen  ableiten  konnte.  Er 
fand  so  für  die  Höhe 

des  Montblanc  über  Pierre  du  Niton  4435,5  m 

der  Dent  de  Mordes      „  „         „        „       2594,3    „ 

und  daraus  für  die  Barometerhöhe  des  Klosters: 

aus  dem  Montblanc  2101,78  m  über  Pierre  du  Niton 

„    der  Dent  de  Mordes    2103,54    „       „  „         »        »     ^) 

Dieses  Resultat  hat  Professor  E.  Plantamour  in  Genf  im  Verein 
mit  Oberst  Burnier  in  Morges  und  den  Ingenieuren  Chappex  und 
Torcapel  1855  durch  eine  neue  Operation  von  Genf  aus,  in  der  die 
Methode  des  geometrischen  Nivellements  zur  Anwendung  gekommen 
ist,  geprüft  und  für  die  meteorologische  Station  auf  dem  Grossen  St. 
Bernhard  die  bis  heute  als  definitiv  angenommene  Höhe  über  Pierre 
du  Niton  bestimmt.-) 

Der  Ausgangspunkt  der  neuen  Höhenmessung  ist  der  kleinere 
Pierre  du  Niton  im  Hafen  von  Genf,  in  dessen  Scheitelpunkt  General 
H.  Dufour  im  Jahre  1820  eine  Bronzeplatte  hat  einzementieren  lassen, 
die  später  von  der  schweizerischen  geodätischen  Kommission  als  Null- 
punkt des  1865  begonnenen  Präzisionsnivellements  der  Schweiz  ge- 
wählt worden  ist.  An  diesen  Punkt  wurde  einerseits  das  Barometer 
der  Sternwarte  in  Genf,  andererseits  das  Barometer  der  meteorolo- 
gischen Station  im  Kloster  des  Grossen  St.  Bernhard  angeschlossen. 
Den  Anschluss  der  Sternwarte  in   Genf  hat  Plantamour   vermittelst 


^)  Roger,  Elevation  du  Montblanc  sur  le  lac  de  Geneve,  Bibl.  Univ.  S.  et  A.  1828. 
„        Operations  trigon.  au  Grand  St-Bernard,  ,,         „       „    „    „     1858. 

Rud.  Wolf,  Geschichte  der  Vermessungen  in  der  Schweiz,  pag.  113. 
2)  F.  Burnier  et  E.  Plantamour,  Nivellement  du  Grand  St-Bernard,  Bibl.  Univ. 
et  A.  1855,  p.  99. 


Ein  neues  Präzisionsnivellement  auf  den  Grossen  St.  Bernhard.  367 

■eines   Doppelnivellements   durchgeführt,    das   nachstehende   Resultate 

ergeben  hat: 

Pierre  du  Niton  bis  Punkt  am  Boden 

vor  Barometer  1855       26  VII    +  30,527  m 

22  VIII  +  30,586   „ 

Mittel  +  30,557  m 

Cuvette  des  Barometers  über  diesem  Punkt  0,803   „ 

Pierre  du  Niton  bis  Sternwarte  Genf,  Cuvette  des  Barom.  -f-  31,360  m 
Der  Anschluss  des  Klosters  auf  dem  Grossen  St.  Bernhard  an 
Pierre  du  Niton  zerfällt  sowohl  nach  der  in  Anwendung  gekommenen 
Methode  der  Beobachtung,  als  auch  was  das  Personal  und  die  In- 
strumente betrifft,  in  folgende  vier  Sektionen : 

1.  Pierre  du  Niton  bis  Bouveret, 

2.  Bouveret  bis  Martigny, 

3;  Martigny  bis  Bourg  St-Pierre, 

4.  Bourg  St-Pierre  bis  Hospiz  Grosser  St.  Bernhard. 

In  der  ersten  Sektion  Pierre  du  Niton-Bouveret  hat  Plantamour 
•den  glücklichen  Gedanken  verwirklicht,  den  Höhenunterschied  mittelst 
Beobachtung  und  Vergleichung  des  Seespiegels  in  Genf  und  Bouveret 
zu  ermitteln.  In  Bouveret  diente  als  Ausgangspunkt  für  die  zweite 
Sektion  eine  Höhenmarke  auf  der  Mauer  des  linken  Widerlagers  der 
Brücke  über  die  Bouverette,  nahe  bei  der  Mündung  des  Baches  in 
den  See  und  dieser  Repere  war  gleichzeitig  mit  Pierre  du  Niton  in 
Genf  an  das  Niveau  des  Sees  anzuschliessen.  Plantamour  schreibt 
hierüber : ') 

„Pour  nous  mettre  ä  l'abri  des  causes  d'erreurs  pouvant  resulter 
„de  l'alteration  locale  et  momentanee  de  la  surface  du  niveau  du  lac, 
„qui  se  presente  assez  frequemment  et  qui  est  connue  sous  le  nom 
„de  seiche,  la  hauteur  du  lac  a  ete  mesuree  non  seulement  au  limni- 
„metre  de  Geneve.  mais  aussi  aux  limnimetres  etablis  dans  plusieurs 
„ports  du  canton  de  Vaud,  au  meme  instant  ou  M.  Torcapel  mesurait 
„au  Bouveret  la  hauteur  du  repere  de  la  Bouverette  au-dessus  du 
„lac.  Les  limnimetres  des  ports  vaudois,  etablis  et  compares  par  les 
„soins  de  M.  Burnier,  ont  ete  relies  ä  celui  de  Geneve  et  au  repere 
„de  la  Pierre  du  Niton  par  une  tres  nombreuse  serie  d'observations, 
„en  Sorte  que  leurs  iudications  peuvent  fournir  ä  un  moment  donne 
„la  hauteur  des  eaux  dans  chacun  de  ces  ports  au-dessous  du  repere 
„de  la  Pierre  du  Niton." 

Die  Simultanbeobachtungen  vom  16.  Mai  haben  dann  folgende 
Resultate  ergeben : 

>)  Bibl.  Univ.  S.  et  A.  18.55,  p.  101. 


368  .  J.  Hilfiker. 

Limnimeter  Höhe  von  Pierre  du  Nitort 

von  über  dem  See 

Geneve +  1,91  m 

Morges 1,88  , 

Ouchy 1,85  „ 

Vevey 1,89  „ 

Mittel  1,88  m 

Gleichzeitig  gemessene  Höhe  der  Höhenmarke  der 

Bouverette  über  dem  See        ....  2,08    „ 

Pierre  du  Niton  bis  Höhenmarke  Bouverette        .       +  0,20  m 

Das  Nivellement  der  zweiten  Sektion,  Le  Bouveret  bis  Martigny , 
ist  1854  von  einem  Walliser  Ingenieur  Chappex^)  als  Doppelnivelle- 
ment zu  Eisenbahnzwecken  ausgeführt  worden.  Alle  Strecken,  die 
bei  zwei  aufeinanderfolgenden  Höhepunkten  zwischen  der  ersten 
und  zweiten  Operation  eine  Differenz  von  1  cm  oder  mehr  ergaben, 
sind  ein  drittes  Mal  nivelliert  worden.  Als  Endpunkt  in  Martigny 
resp.  als  Ausgangspunkt  der  dritten  Sektion  wurde  der  Scheitelpunkt 
des  Obelisk  auf  dem  grossen  Platze  benützt  und  es  ist  dankenswert 
von  der  geodätischen  Kommission,  dass  sie  diesen  Punkt  im  Jahre 
1872  an  N.  F.  78  an  der  Pfarrkirche,  resp.  an  das  zwei  Jahre  früher 
von  Ingenieur  Benz  zwischen  Lausanne  und  Brig  ausgeführte  Prä- 
zisionsnivellement hat  anschliessen  lassen.^)  Als  Resultat  des  Doppel- 
nivellements Chappex  wird  angegeben: 

Bouveret,  Repere  Bouverette  bis  Martigny,  obelisque  +  97,87  m. 
Von  Martigny  bis  Bourg  St-Pierre  hat  Ingenieur  Torcapel  im 
Auftrag  von  Plantamour  und  Burnier  ein  Doppelnivellement  in  der 
Zeit  von  Ende  April  und  Anfang  Mai  1855  ausgeführt.  Einige  Strecken 
sind  ein  drittes  Mal  nivelliert  worden,  indem  das  Nivellement  wieder- 
holt worden  ist,  wenn  die  Differenz  aus  den  zwei  ersten  Operationen 
zwischen  zwei  aufeinanderfolgenden  Höhenpunkten  4  oder  5  cm  über- 
schreitet. Torcapel  hat  sein  Nivellement  beim  Eingang  ins  Dorf 
Bourg  St-Pierre  auf  der  Türschwelle  der  zweiten  Scheune  links,  des 
Schnees  wegen,  der  noch  auf  der  Strasse  lag,  abbrechen  müssen.  Als 
Resultate  seines  Doppelnivellements  wird  angegeben : 

Martigny -Bourg  St-Pierre:  Nivellement  aufwärts  1149,14  m 

abwärts    1148,92    „ 

Mittel       1149,03  m 
Übertragen  wir  diese  Höhendifferenz  mit  dem  Nivellement  Plan- 
tamour  auf   Türschwelle   Kirche,  Nordfassade,    welcher   Punkt   zwar 

')  Später  Staatsrat  des  Kantons  Wallis  und  Ständerat. 
^)  Niv.  de  prec.  suisse,  p.  267. 


Ein  neues  Präzisionsnivellement  auf  den  Grossen  St.  Bernhard. 


369- 


nicht  weiter  bezeichnet  ist,  aber  doch  mit  ca.   1  —  2  cm  Unsicherheit 
heute  wieder  ermittelt  werden  kann,  so  erhalten  wir  als  Resultat: 
Martigny-Bourg  St-Pierre        +  1158,16  m. 

Die  letzte  Sektion  endlich  von  Bourg  St-Pierre  bis  Hospiz  ist 
von  Burnier  und  Plantamour  zusammen  in  der  Zeit  vom  29.  Juli  bi& 
4.  August  nivelliert  worden.     Plantamour  schreibt  hierüber: 

„Chacun  de  nous  operait  separement  avec  un  niveau  ä  lunette 
„et  une  niire,  et  nous  contrölions  au  für  et  ä  mesure  les  resultats,. 
„obtenus  entre  des  points  de  reperes  communs  pris  de  distance  en 
„distance.  L'ecart  entre  la  valeur  obtenue  par  chacun  de  nous  pour 
„la  difference  totale  de  niveau  entre  St-Pierre  et  l'hospice  n'est  que 
„de  6  centimetres." 

Als  Resultat  wird  angegeben: 
Bourg  St-Pierre,   Kirche  bis  Hospiz,   Barometergefäss  +  845,47  m. 

Wir  erhalten  so  die  folgende  Zusammenstellung,  wenn  wir  in 
derselben  auch  die  Resultate  des  alten,  sowie  diejenigen  eines  neuen, 
1905  und  1906  erstellten  Präzisionsnivellements,  von  dem  auf  den 
folgenden  Seiten  die  Rede  sein  wird,  aufnehmen.  Plantamour  rundet 
seine  Resultate  auf  Zentimeter  ab ;  wir  tun  hier  dasselbe  für  di& 
Neunivellemente. 


Punktbezeichnung 

Kiiellrment  Bornier, 

Plantamonr, 
fhsppei,  lortipd 

NenniTellenifDt 

Altes  XiT.-IenniT.: 

Sternwarte  Genf,  Barometergefäss 
bis  Pierre  du  Xiton  .... 

Pierre    du   Niton    bis   Bouveret, 
Brücke      

Bouveret,   Brücke   bis  Martigny, 
Obelisk 

Martigny,   Obelisk  bis  Bourg  St- 
Pierre,  Kirche 

Bourg  St-Pierre,  Kirche  bis  Hos- 
piz, Barometer 

m 
-        31,36 

+         0,20 

+        97,87 

+    1158,16 

+      845,47 

m 
—       31,37    1905 

.+       98,14   1870/82 
+  2004,09   1905/06 

m 

+  0,01 

—  0,07 

—  0,46 

Genf,  Pierre  du  Niton  bis  Hospiz, 
Barometer 

Genf,  Barometer,  Sternwarte  bis 
Hospiz,  Barometer     .... 

+    2101,70 
+    2070,34 

+  2102,23 
+  2070,86 

—  0,53 

—  0,52      i 

Für  die  richtige  Würdigung  der  Schwierigkeiten,  die  im  Nivelle- 
ment Plantamour-Burnier  auf  der  letzten  Sektion  Bourg  St-Pierre— 
Hospiz  zu  überwinden   waren,    ist  es  notwendig,   daran  zu  erinnern,. 


:370  J.  Hilftker. 

dass  die  jetzige  Strasse  ganz  neuern  Datums  ist  und  dass  früher  der 
ganze  Verkehr  durch  den  schlechten,  steilen  Saumweg  ging,  der  heute 
von  Cantine  de  Proz  an  als  Abkürzung  für  Fussgänger  benutzt  wird. 
Nach  Vollendung  der  Kunststrasse  auf  italienischem  Gebiet  hat  das 
Militär-Geographische  Institut  in  Florenz  1904  ein  Präzisionsnivelle- 
ment bis  zum  Hospiz  ausführen  lassen,  nachdem  es  bereits  früher  an 
die  Abteilung  für  Landestopographie  der  Schweiz  das  Ansuchen  hatte 
ergehen  lassen,  dass  auch  schweizerischerseits  einNivellementsanschluss 
im  Hospiz  erstellt  werde.  *)  Dieses  Nivellement  ist  im  Herbst  1905 
nach  Vollendung  des  Simplonnivellements  von  Martigny  bis  Orsieres 
geführt,  dann  im  Sommer  1906  vollendet  worden,  und  hat  ca.  zwei 
Monate  Zeit  gebraucht,  wobei  bemerkt  werden  muss,  dass  das  Nivelle- 
ment auch  auf  italienisches  Gebiet  bis  zur  Cantine  d'Aosta,  d.  h.  auf 
eine  Entfernung  von  4  km  vom  Hospiz  mit  260  m  Gefälle  ge- 
führt worden  ist,  um  im  Falle  des  Auftretens  von  systematischen 
Fehlern,  wie  sie  von  einer  unsichern  Kenntnis  der  wahren  Latten- 
längen bei  einer  stetigen  Steigung  bis  zur  Höhe  des  Hospizes  hätten 
herrühren  können,  eine  Kontrolle  durch  ein  Nivellement  mit  starkem 
Gefälle  zu  erhalten.  Glücklicherweise  haben  in  diesem  Bergnivelle- 
ment, wie  wir  weiter  unten  sehen  werden,  die  von  den  Lattenlängen 
abhängigen  systematischen  Fehler  fast  vollständig  vermieden  werden 
können,  und  ich  erlaube  mir,  mit  Erlaubnis  der  Direktion  der  schwei- 
zerischen Landestopographie,  im  Folgenden  auf  die  Vorbereitungen 
zu  diesem  Nivellement  und  die  hauptsächlichen  Resultate  desselben 
etwas  einzugehen. 

Zunächst  hat  die  Abteilung  für  Landestopographie  grosse  Sorg- 
falt auf  die  Anlage  der  Höhenmarken  verwendet  und  da  es  sich 
herausgestellt  hat,  dass  hauptsächlich  die  mit  wagrechter  Achse  in 
vertikale  Mauerflächen  mit  aus  dem  Mauerwerk  frei  hervorragenden 
Kopf  einzementierten  Höhenpunkte  der  Beschädigung  und  Zerstörung 
ausgesetzt  sind,  so  hat  die  Landestopographie  auf  dieser  Linie  zum 
erstenmal  Bolzen  mit  Schutzkappen  eingeführt.^)  Der  Kopf  des 
Metallbolzens  hat  ein  Bohrloch,  auf  dessen  Zentrum  sich  die  Höhen- 
angabe bezieht.  Über  den  Kopf  des  vollständig  in  den  Stein  einge- 
lassenen Bolzens  wird  eine  Schutzkappe  sehr  fest  aufgeschraubt,  so 
dass  sie  nur  mittelst  eines  starken  Schlüssels  losgeschraubt  werden 


^)  Prof.  R.  Gautier  hat  bereits  1901  in  der  Sitzung  der  Schweiz,  geod.  Kom- 
mission die  Anregung  hiezu  gegeben. 

2)  Von  den  128  Metallbolzen,  die  Ing.  H.  Frey  in  den  Jahren  1898—1900  auf 
der  Simplonstrasse  zwischen  Brig  und  Iselle  hat  anbringen  lassen,  ist  heute  kaum 
ein  einziger  zu  finden,  der  nicht  Spuren  von  Beschädigungen  trägt. 


Ein  neues  Präzisionsnivellement  auf  den  Grossen  St.  Bernhard.  371 

kann.  Die  Löcher  zum  Einsetzen  der  Schlüsselstifte  werden  mit 
Glaserkitt  ausgefüllt.  Der  Nivellierstift,  der  ins  Bohrloch  eingeführt 
werden  muss,  trägt  an  seinem  vordem  Ende  eine  gratförmige  Er- 
hebung (Schneide),  auf  welche  die  Mire  aufzusetzen  ist.  Diese  Schneide 
entspricht  genau  dem  Mittelpunkt  des  Bolzens  und  Stiftes  und  be- 
findet sich  somit  in  jeder  Lage  des  letztern  in  der  Mitte  des  Bohr- 
loches. 

Der  Ausgangspunkt  des  Neunivellements  ist  N.  F.  78  an  der 
Kirche  in  Martigny  Ville  und  dessen  Versicherungen,  welch  letztere 
1897  erstellt,  sich  1905  noch  alle  als  intakt  erwiesen  haben.  Das 
Präzisionsnivellement  ist  als  vollständig  unabhängiges  Doppelnivelle- 
ment durchgeführt  worden,  indem  Ingenieur  R.  Gassmann  die  Messung 
talabwärts  übernahm,  während  der  Berichterstatter  in  der  Richtung 
Martigny -Grosser  St.  Bernhard  nivelliert  hat.  Die  Strasse  ist  an 
vielen  Stellen  so  schmal  und  der  Wagenverkehr  im  untern  Teile 
während  der  Weinlese  so  ausgedehnt,  dass  es  ein  Ding  der  Unmög- 
lichkeit gewesen  wäre,  die  beiden  Latten  gleichzeitig  nebeneinander 
aufzustellen.  Wir  haben  deshalb  im  Simplonnivellement  und  hier  die 
pag.  27  des  Nivellementsberichts  1893-1903  angegebene  Nivellements- 
methode') unter  Billigung  von  Seiten  der  Direktion  der  Landestopo- 
graphie und  nach  einem  sehr  günstig  ausgefallenen  Versuche  auf  der 
Strecke  Nyon-Geneve  insoweit  abgeändert,  dass,  während  Mire  1  auf 
den  Ausgangspunkt  gestellt  wird,  die  andere  Latte  2  gleichzeitig  in 
gleicher  Entfernung  vom  Instrument  wie  Nr.  1  in  Richtung  der  fort- 
schreitenden Arbeit  zur  Aufstellung  kommt.  Die  Aufstellungspunkte 
werden  zum  voraus  für  Instrument  und  Latte  mit  einer  Schnur 
möglichst  scharf  festgelegt,  so  dass  beim  Übergang  vom  Rückblick 
in  den  Vorblick  der  Auszug  des  Fernrohrs  nicht  verändert  werden 
muss.  Hat  der  Ingenieur  das  Instrument  richtig  gestellt,  so  wird 
bei  einspielender  Libelle  zuerst  Latte  1,  dann  Latte  2  abgelesen  und 
hierauf  die  Ablesung  in  der  gleichen  Reihenfolge  wiederholt,  nach- 
dem, wenn  nötig,  das  Instrument  inzwischen  eine  nochmalige  Be- 
richtigung erfahren  hat.  Alsdann  kommt  Latte  1  über  Latte  2  hin- 
aus in  ihre  nächste  Station  und  das  Instrument  kommt  wieder  in 
die  Mitte  zwischen  beide  Miren.  Auf  diese  Weise  wird  es  möglich, 
eine  allfällige  Veränderung  des  Instrumentenstatifs  zwischen  Rück- 
und  Vorblick  zu  kontrollieren;  auch  wird  bei  unsicherem  Terrain 
das   Einsinken    der    Lattenplatten    geringer    und    nimmt   nicht   nahe 

')  J.  Hilfiker,  Bericht  der  Abteilung  für  Landestopographie  an  die  Schweiz, 
geodätische  Kommission  über  die  Arbeiten  am  Präzisionsnivelleinent  der  Schweiz 
in  den  Jahren  1893—1903.     Zürich  190.5. 


372  J.  Hilfiker. 

denselben  Betrag  für  beide  Miren  an,  wie  das  der  Fall  ist,  wenn 
die  zwei  Lattenträger  gleichzeitig  hart  nebeneinander  zu  stehen 
kommen. 

Wir  haben  auch  versucht,  einen  vielfach  konstatierten  Übel- 
stand  zu  beseitigen,  der  mit  der  Unterlagsplatte  der  Miren  zusammen- 
hängt und  der  darinbesteht,  dass  bei  ungenügender  Sorgfalt  der  Latten- 
träger beim  Wenden  der  Mire  die  Unterlagsplatte  verrückt  werden 
kann.  Um  möglichst  zu  verhüten,  dass  die  Unterlagsplatten  der 
Miren  zwischen  dem  Rück-  und  Vorblick  eine  Senkung  erleiden, 
wird  den  Lattenträgern  ein  Scharreisen  mitgegeben,  mit  dem  sie 
den  Strassenstaub  und  nach  Niederschlägen  die  oberste  Schicht  der 
Strasse  wegkratzen  müssen,  um  so  der  Platte  eine  unveränderliche 
Lage  zu  sichern.  Seit  1902  waren  wir  bestrebt,  für  die  Latten  ein 
Grestell  zu  konstruieren,  das  eine  sichere  Aufstellung  der  Latte  und 
insbesondere  das  Einspielen  der  Dosenlibelle  der  Mire  mit  Schrauben 
ermöglicht  und  ein  Drehen  um  die  vertikale  Achse  der  Latte  in  der 
Fussplatte  gestattet.  Ein  erster  Versuch  schlug  fehl  infolge  zu  ge- 
ringer Widerstandskraft  des  Gestelles  gegen  Wind,  dagegen  gelang 
es  1904,  durch  Anbringen  von  zwei  Streben  mittelst  drehbaren  Ge- 
lenken am  oberen  Ende  der  Latte  das  Problem  zu  lösen:  Im  schwei- 
zerischen Präzisionsnivellement  ist  die  erste  Latte  mit  Gestell  im 
Sommer  1904  vom  Berichterstatter  auf  der  Strecke  Saanen  Mont- 
bovon-Freiburg  verwendet  worden.  Bei  diesem  ersten  Lattengestell 
wurden  die  Streben  aus  Bambusstäben  verfertigt,  die  aber  mit  der 
Zeit  durch  das  Gewicht  der  Metallteile  des  Schraubenapparates  eine 
starke  Verbiegimg  zeigten,  die  ein  leichtes  Drehen  der  Latte  um 
ihre  Achse  störte.  In  neuerer  Zeit  verwendet  Kern  in  Aarau  leichte 
Messing-  und  Stahlröhren  zu  den  Streben  und  es  dürfte  möglich 
werden,  das  Gewicht  des  Gestelles  durch  Verwenden  von  Holzstreben 
erheblich  zu  vermindern. 

Das  Längenprofil  längs  der  Bergstrasse  zeigt  von  N.  F.  78  in 
Martigny  bis  zum  Hospiz  des  Grossen  St.  Bernhard  ein  kontinuier- 
liches Ansteigen  im  Betrage  von  nahe  2000  m.  Es  war  deshalb 
notwendig,  sorgfältige  und  häufige,  wenn  immer  möglich  tägliche 
Bestimmungen  der  Lattenlänge  auszuführen,  denn  bei  einer  so  grossen 
Erhebung  des  Endpunktes  über  dem  Ausgangspunkte  können  auch 
kleine  Fehler  in  der  Annahme  des  Wertes  für  den  Lattenmeter  zu 
bedeutenden,  den  Dezimeter  erreichenden  systematischen  Fehlern  an- 
wachsen. Bislang  sind  im  schweizerischen  Präzisionsnivellement  für 
die  Lattenvergleichungen  vom  Jahre  1893  an  Stahlstäbe  von  1  m 
Länge  verwendet  worden,  die  als  einzige  Teilung  auf  einer  abge- 
schrägten Kante  die  0  und  1  Meter-Striche,  sowie  anschliessend  eine 


Ein  neues  Präzisionsiiivelleinent  auf  den  Grossen  St.  Bernhard.  373 

Nonienteilung  von  9  mm  gleich  10  Teile  des  Nonius  tragen.  In 
einer  Vertiefung  in  der  Mitte  des  Stabes  wird  ein  Quecksilber- 
thermometer angebracht,  das  zur  Bestimmung  der  Stablänge  bei 
verschiedenen  Temperaturen  dienen  soll.  Die  Vergleichung  am  Kom- 
parator  in  Bern  geschieht  im  Mittel  bei  einer  Temperatur  von  ca. 
18"  C,  bei  den  Feldvergleichungen  dagegen  treten  Temperaturen 
von  5"  bis  ca.  30"  auf,  so  dass  für  die  Reduktion  meist  ein  sehr 
beträchtliches  Temperaturintervall  in  Frage  kommt.  Es  ist  aber 
gar  nicht  leicht,  die  wirkliche  Temperatur  eines  Stahlstabes  im  Felde 
zu  bestimmen,  denn  man  ist  nie  sicher,  ob  die  Thermometerablesun- 
gen nicht  vielmehr  die  Temperatur  der  umgebenden  Luft  als  die- 
jenige des  Stahlstabes  anzeigen.  Nun  sind  in  den  letzten  Jahren 
hauptsächlich  im  Internationalen  Meterbureau  in  Breteuil  Versuche 
mit  einer  Legierung  von  Nickel  und  Stahl  angestellt  worden,  die 
beweisen,  dass  bei  einem  bestimmten  Prozentsatz  und  einer  gegebenen 
Temperatur  ein  Metall  (Livar)  erhalten  wird,  das  einen  viel  gerin- 
gern Ausdehnungskoeffizienten  als  Stahl  aufweist  ^)  und  somit  sich 
zu  Vergleichsstäben  eignet.  Es  hat  deshalb  die  Abteilung  für  Landes- 
topographie im  November  1904  bei  der  „Societe  Genevoise  pour  la 
construction  d'instruments  de  physique  et  de  mecanique"  an  Stelle 
des  Stahlstabes  einen  Invarstab  mit  |l 1  I-förmigem  Querschnitt  be- 
stellt, der  den  Stab  möglichst  gegen  eine  Durchbiegung  schützt.  An 
beiden  Stabenden  sind  in  ausgelochte  Öffnungen  Glaslamellen  unver- 
rückbar eingesetzt,  auf  deren  Unterseite  die  vor-  und  rückwärts- 
laufenden Nonien  auf  1  m  Distanz  eingraviert  sind.  Die  Nonien- 
ablesung  geschieht  mittelst  einer  einfachen  Luppe.  Jeder  der  beiden 
Nivellementsingenieure  erhielt  einen  solchen  Invarstab  zugeteilt  und 
da  die  Unverrückbarkeit  der  Glaslamelle  erst  noch  nachzuweisen  war, 
wurden  1905  die  bislang  verwendeten  Feldstäbe  auch  mitgeführt. 

Der  Ausdehnungskoeffizient  des  Invarstabes  Nr.  1  hat  sich  aus 
Vergleichungen  von  Ingenieur  R.  Gassmann  am  Komparator  der 
Landestopographie  ergeben  zu 

0,0018  mm, 
während  für  die  Vergleichsstäbe  aus  Stahl  im  Mittel  anzunehmen  ist 

0,012  mm, 
so  dass  das  Resultat  für  den  Feldstab  Invar  Nr.  1  sich  sieben  mal 
günstiger  stellt  als  für  Stahl. 

Die  Längenvergleichungen  am  Komparator  haben  ergeben: 
1905  Frühlingsvergleichung  1000,149  mm; 
Herbstvergleichung        1000,154     „ 

Im  Winter  1905/06  sind  die  Stäbe  in  die  Reparatur  gekommen. 

'J  Yergl.  eil.  Guillaume,  Les  applications  des  Aciers  au  Nickel,  Paris  1904. 


374 


J.  Hilfiker. 


1906  aus  15  Beobachtungen  in  4  Lagen  Stablänge  =  1000,044  mm 

1907  Frühling  4  „  „  4       „  „  =  1000,046    „ 
Eine  Veränderung  der  Glaslamelle  ist  somit  nicht  nachweisbar. 

Feldvergleichungen  mit  2  Stäben  sind  vom  Referenten  1905  an 
57  Tagen  angestellt  worden.  Die  Differenz  der  Lattenkoeffizienten, 
abgeleitet  aus  Invarstab  1  und  Stahlstab  4,  ist  für  beide  Miren  über- 
einstimmend im  Mittel  0,011  mm  und  bestätigt  somit  das  Resultat, 
das  im  „Nivellementsbericht  1893—1903"  pag.  15/16  angegeben 
wurde;  der  Maximalbetrag  geht  aber  bis  zu  0,042  mm,  und  zeigt 
somit,  wo  bei  Gebirgsnivellements  noch  Quellen  für  systematische 
Fehler  zu  suchen  und  zu  heben  sind.  Sicher  spielt  die  Beleuchtung 
bei  den  Stabvergleichungen  eine  grosse  Rolle  und  dann  muss  ver- 
sucht werden,  die  Luppe  durch  ein  Ablesemikroskop  mit  beweglichem 
Doppelfaden  zu  ersetzen,  so  dass  auf  beiden  Stabenden  das  Intervall 
Lattenstrich-Nullstrich  des  Stabes  eventuell  bei  künstlichem  Licht 
mit  der  Trommel  gemessen  werden  kann.  Diese  wichtige  Umformung 
ist  für  unsere  Invarstäbe  im  Winter  1907  von  Mechaniker  Zulauf  in 
Zürich  nach  Zeichnungen  der  Abteilung  für  Landestopographie  durch- 
geführt worden.  Die  zwei  Mikroskope  können  für  die  Vergleichungen 
auf  dem  Stab  festgeschraubt  werden;  für  den  Transport  kommen  sie 
in  ein  Etui.  Eine  Umdrehung  der  Messchraube  entspricht  0,2504  mm. 
1  Trommelteil  =  2,504  ^  =  0,0025  mm. 

An  Latten  sind  in  Verwendung  gekommen : 

1.  Von  Herrn  Gassmann  im  Jahre  1905  Mire  Nr.  7  vom  Typus 
des  alten  Präzisionsnivellements  und  eine  neue  Reversionsmire  mit 
Gestell,  1906  zwei  Reversionsmiren  mit  Gestell. 

2.  Vom  Referenten  zwei  Kompensationsmiren  Nr.  9  und  10  nach 
System  Goulier,  von  denen  No.  10  mit  Lattengestell. 

Die  angewandte  Beobachtungsmethode  verlangt  eine  genügend 
scharfe  Ableitung  der  Gleichung  des  Lattenpaares.  Zu  dem  Zwecke 
werden  beide  Miren  nacheinander  auf  denselben  Fixpunkt  gestellt; 
die  Differenz  der  Ablesungen  gibt  alsdann  die  Gleichung  der  Miren. 
Für  das  Paar  der  Kompensationsmiren  Nr.  9  und  10  wurde  z.  B. 
erhalten : 


Meter 

Mittel 
Differenz   9—10 

Anzahl 
der  Beobachtungen 

0,535 
1,517 

2,248 

+  0,135  mm 
+  0,155     , 
+  0,168     , 

11 

20 
6 

Mittel 

+  0,153  ±  0,011 

37 

Ein  neues  Präzisionsnivellement  auf  den  Grossen  St.  Bernhard. 


375. 


Bei  den  mit  horizontaler  Achse  in  vertikale  Mauer-  oder  Stein- 
flächen einzementierten  Höhenmarken  ist  der  aus  dem  Mauerwerk 
hervorragende  Kopf  fast  nie  völlig  horizontal,  sondern  meist  etwas 
nach  oben  geneigt,  so  dass  in  diesem  Falle  auf  eine  der  vier  Ecken 
des  stählernen  Lattenfusses  gestellt  werden  muss.  Es  sind  somit 
noch  Konstanten  aus  dem  Nivellement  abzuleiten,  welche  die  Reduk- 
tion auf  Lattenmitte  angeben.  Für  das  obige  Lattenpaar  ist  diese 
Reduktion : 


Mira 

1 
Reduktion  auf  Mitte  Lattenfuss 

Vorn  rechts 

Vorn  links 

Hinten  links 

Hinten  rechts   i 

9 

10 

1 

mm 

—  0,07 

—  0,04 

mm 

0,00 
0,00 

mm 

—  0,21 

—  0,07 

mm 
—  0,01         ' 

+  0,05 

1 

Die  Kompensationsmiren  haben  den  grossen  Vorteil,  dass  die 
Kontrolle  für  die  Lattenlänge  sich  mehrmals  täglich  wiederholen 
lässt,  während  man  sich  bei  Stabvergleichungen  des  grossen  Zeit- 
aufwandes wegen  zufrieden  geben  muss,  wenn  überhaupt  pro  Tag 
eine  Vergleichung  erhalten  werden  kann,  Nun  zeigen  aber  die  Kom- 
pensationsmiren infolge  des  Gewichtes  der  Metallstäbe  immer  Durch- 
biegungen, die  sich  bei  der  Vergleichung  mit  einem  Meterstab  trotz 
aller  Vorsicht  und  Anwendung  von  Unterlagsklötzchen  sehr  störend 
bemerklich  machen,  indem  hiebei  die  Lattenlänge  meist  zu  kurz  er- 
halten w^ird.  Es  ist  deshalb  notwendig,  bei  den  grundlegenden  Ver- 
gleichungen  am  Komparator  die  Ablesung  der  Kompensationsteilungen 
mehrfach  zu  wiederholen,  daran  anschliessend,  eine  Vergleichung  mit 
dem  Feldstab  auszuführen  und  aus  der  Differenz  der  Lattenlänge  aus 
Komparator  und  Stabvergleichungen  Konstanten  abzuleiten,  welche 
an  die  Feldvergleichung  anzubringen  sind,  um  letztere  auf  den  Kom- 
parator zu  reduzieren, 

Feldvergleichungen  mit  Stäben  sind  auch  bei  Kompensationsmrren 
nicht  zu  umgehen,  um  ein  Kontroll  mittel  an  der  Hand  zu  haben, 
falls  der  Kompensationsmechanismus  aus  irgend  einem  Grunde  ver- 
sagen sollte.  Vor  allem  dürfen  Kompensationsmiren  nicht  fallen  und 
es  müssen  Miren  in  Gestellen  bei  unruhigem  böigem  Wetter  stets 
im  Auge  behalten  werden. 


Bekanntlich  ist  im  Präzisionsnivellement  der  Wind  ein  sehr 
störendes  Element,  besonders  wenn  er  in  der  Nivellementsrichtung 
bläst.     Nun    soll    bei    starkem   Wind    nicht    nivelliert   werden.     Bei. 


376  J.  Hilfiker. 

massigem  Wind  kann  man  mit  Vorteil  einen  Windschirm  verwenden, 
der  aus  einem  mit  Segeltuch  bespannten  zerlegbaren  Rahmen  besteht. 
Herr  Ingenieur  H,  Frey  hat  sich  bereits  in  seinem  Simplonnivellement 
Tom  Jahre  1900  durch  Einführung  eines  Windschirms  zu  helfen  ge- 
sucht und  da  in  Nivellementsrichtungen  von  Westen  nach  Osten 
und  umgekehrt  die  Sonnenstrahlung  ebenfalls  äusserst  störend  ein- 
wirkt, der  bei  tiefstehender  Sonne  durch  einen  Sonnenschirm  allein 
nicht  beizukommen  ist,  hat  Ingenieur  R.  Gassmann  den  Windschirm 
auch  gegen  die  Sonne  anwendbar  gemacht,  indem  er  im  Schirme 
eine  Öffnung  hat  anbringen  lassen,  durch  welche  die  Ablesung  im 
Fernrohr  geschieht.  Ist  das  Wetter  ruhig,  so  gibt  die  Kombination 
■des  Sonnen-  resp.  Regenschirms  mit  dem  Windschirm  ein  schätzbares 
Mittel,  um  in  der  Sonnenrichtung  arbeiten  zu  können.  Solche  Wind- 
schirme werden  seit  1904  beständig  verwendet. 

Als  Nivellierinstrumente  wurden  benützt:  Von  Herrn  Gassmann 
•das  im  Winter  1901/02  bei  F.  W.  Breithaupt  bestellte  Nivellier- 
instrument nach  System  Seiht,  vom  Referenten  ein  neues,  1905  bei 
Kern  &  Co.  in  Aarau  bestelltes  Instrument  mit  Zeissoptik.  Beide 
Beobachter  haben  durchwegs  mit  einer  vierzigfachen  Vergrösserung 
gearbeitet. 

In  der  Zusammenstellung  pag.  378  bilden  wir  ab  N.  F.  78  Kirche 
Martigny-Ville  die  im  Hin-  und  Rücknivellement  zwischen  den  Fix- 
punkten erster  Ordnung  gefundenen  Höhendifferenzen  und  aus  dem 
Mittel  derselben  die  Coten  über  Pierre  du  Niton. 

Die  nach  bekannten  Formeln  durchgeführte  Fehlerrechnung  lässt 
für  Miren,  in  welche  die  Millimeterstriche  mit  der  Teilmaschine  ein- 
geritzt sind,  in  überraschender  Weise  den  günstigen  Einfluss  von 
sehr  kleinen  Distanzen  erkennen,  wie  sie  im  Gebirgsnivellement  nicht 
zu  vermeiden  sind  und  durch  welche  die  bei  grossen  Distanzen  und 
unbewölktem  Himmel  sonst  so  störenden  Anomalien  der  Refraktion 
fast  gänzlich  eliminiert  erscheinen.  Hiebei  muss  erwähnt  w^erden, 
^ass  wir  zu  unseren  Nivellements  hauptsächlich  die  Frühstunden  des 
Vormittags,  sowie  die  Zeit  von  4  Uhr  nachmittags  ab  verwenden. 
In  jedem  Fall  dürfen  wir  aus  der  Zusammenstellung  pag.  378  den 
Schluss  ziehen,  dass  unsere  im  Nivellementsbericht  1893-1903  pag.  33 
aufgestellte  Behauptung,  der  mittlere  Einkilometerfehler  werde  sich 
auch  im  gebirgigen  Lande  auf  1  mm  herabmindern  lassen,  zu  Recht 
besteht,  denn  der  für  die  46  km  lange  Strecke  Martigny-Hospiz 
des  Grossen  St.  Bernhard  gefundene  Einkilometerfehler  des  Doppel- 
nivellements von  nur  +  0,45  mm  deckt  sich  fast  vollständig  mit 
den  Resultaten  der  Fehlerrechnung,    welche  sich  aus  dem   1905  von 


Ein  neues  Präzisionsnivellement  auf  den  Grossen  St.  Bernhard. 


377 


denselben   Beobachtern  durchgeführten  Neunivellement  auf  der  Sim- 
plonstrasse  zwischen  Brig  und  Iselle  ergeben  haben.     Damals  wurde 


gefunden ; 


Strecke 


Dist. 


Höhen- 
unterschied 

Mittel 


Differenz  D 

EillJkFrGassiBanii 


littlerer  1  Km.-Feblrr  des 


i^m 


Brig  Fixpunkt  100.  Nordportal  des 
Simplontunnels  bis  Fixp.  61  Pass- 
höhe     

Passhöhe,  Fixp.  61  bis  Iselle,  Fixp. 
91  Südportal  des  Simplontunnels   . 


24,56 
25,17 


+  1322,5472 
—  1374,8890 


—  4,6 
+  2,2 


±  0,41 
±  0,52 


±  0,46 
±  0,22 


Brig  Fixpunkt  100,  Nordportal  des 
Simplontunnels  bis  Fixp.  91  Süd- 
portal des  Tunnels  .     .     .     .     .     . 


49,73 


—      52,3418 


2,4 


±  0,47 


±  0,17 


Im  Folgenden  geben  wir  die  Hauptresultate  im  Neunivellement 
auf  der  Strecke  Martigny-Grosser  St.  Bernhard  und  bemerken  dazu, 
dass  jeder  Beobachter  sein  Nivellement  selbst  reduziert  hat.  Herr 
Gassmann  besorgte  dann  eine  erste  Zusammenstellung  der  Resultate, 
während  der  Referent  im  Juli  1907  eine  Revision  derjenigen  Sektio- 
nen unternahm,  für  welche  der  Unterschied  der  beiden  Nivellements- 
resultate pro  Kilometer  1,5  mm  überschreitet.  Es  waren  so  3  km 
nachzunivellieren  auf  die  Gesamtlänge  von  46  km,  d.  h.  also  6,5  7o- 

Das  Barometer  Gourdon  im  Hospiz  des  Grossen  St.  Bernhard 
hängt  noch  an  derselben  Stelle  wie  zur  Zeit,  da  Plantamour  das 
Nivellement  ausgeführt  hat  und  ist  auch  im  Oktober  1900,  als  in- 
folge eines  Neubaues  die  Thermometer  und  Hygrometer  anderweitig 
plaziert  werden  mussten,  nicht  verändert  worden. ')  Auch  auf  der 
Sternwarte  in  Genf  hat  man  nichts  an  der  alten  Aufstellung  des 
Normalbarometers  geändert.  Nun  ist  bei  Anlass  des  Neunivellements 
Nyon-Geneve-Moillesulaz  im  Jahre  1905  die  Sternwarte  Genf  mitein- 
bezogen worden,  so  dass  auch  hier  eine  direkte  Vergleichung  möglich 
ist.    Wir  haben  gefunden 

Pierre  du  Niton  bis  S  63  Sternwarte,  Sockel  der  Meridianspalte : 


')  R.  Gautier,   Resume   meteorol.   de  l'annee  1901    pour  Gen^ve  et  le  Grand 
St-Bemard,  Genfeve  1902  p.  22.  29,  37. 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.    1907.  25 


378 


J.  Hilfiker. 


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Ein  neues  Präzisionsnivellement  auf  den  Grossen  St.  Bernhard.  379 

1905     30  VI     Hilfiker  4-  31,7254  m 

1905       8  VI     Gassmann  -f-  31,7242    „ 

1905  Mittelwert  +  31,7248  m 

1903  ©63  bis  Boden  vor  Barometer  —     1,1614    „ 

Pierre  du  Niton  bis  Boden  vor  Barometer  -f   30,5634  m 
Boden  bis  Cuvette  Barometer  +     0,803      „ 

Pierre  du  Niton  bis  Cuvette  Barometer        +  31,366     m 
statt  -h  31,360  m   nach   Plantamonr,   wobei   aber   zu   bemerken   ist, 
dass  nach  pag.  367  das  Resultat  Plantamour  ein  Mittel  aus  2  Einzel- 
werten darstellt,   die  um  6  Zentimeter  auseinander  gehen.     Es  folgt 
somit  in  Verbindung  mit  den  Ergebnissen  pag,  369: 

Barometer  Sternwarte  Genf  bis  Barometer  Hospiz  -i-  2070,86  m 
statt  +  2070,34  m. 


Für  die  übrige  Vergleichung  mit  den  Resultaten  Plantamour, 
welch  letztere  pag.  381  zusammengestellt  sind,  ist  der  Umstand 
erschwerend,  dass  die  Höhenmarken  des  alten  Nivellements  nicht 
dauernd  bezeichnet  und  auch  in  der  Beschreibung  ungenügend  fest- 
gelegt worden  sind.  Immerhin  lässt  sich  zwischen  Pierre  du  Niton 
und  N.  F.  78  in  Martigny  eine  Vergleichung  zwischen  dem  Nivelle- 
ment Plantamour-Chappex  und  dem  Präzisionsnivellement  ausführen, 
wenn  wir  im  ersten  den  Höhenpunkt  Scheitel  des  Obelisk  in  Mar- 
tigny nach  den  Angaben  des  Catalogue  des  hauteurs  auf  N.  F.  78 
übertragen.  Wir  erhalten  alsdann  die  pag.  369  mitgeteilten  Resultate. 

Die  Hauptresultate  unserer  Zusammenstellung  pag.  369  geben 
zu  erkennen,  dass  in  der  relativ  ebenen  Strecke  von  Genf  bis  Mar- 
tigny das  Nivellement  Plantamour-Burnier-Chappex  nur  um  6 — 7  cm 
vom  Präzisionsnivellement  der  geodätischen  Kommission  abweicht, 
während  dagegen  in  der  45  km  langen  Bergstrecke  Martigny-Hospiz 
der  Fehler  im  Nivellement  Torcapel-Plantamour-Burnier  auf  46  cm 
ansteigt,  der  zweifellos  vorwiegend  der  Unsicherheit  in  der  Latten- 
länge im  alten  Nivellement  zur  Last  fällt,  denn  Lattenvergleichungen 
wurden  zu  jener  Zeit  gar  keine  ausgeführt ;  dazu  treten  dann  noch 
die  grossen  Schwierigkeiten  des  Nivellements  längs  des  Saumweges 
Bourg  St-Pierre- Hospiz,   wie  wir  sie  weiter  oben  angedeutet  haben. 

Bilden  wir  in  der  Zusammenstellung  pag.  378  für  die  Höhe 
über  Pierre  du  Niton  die  Mittelwerte  und  rechnen  wir  ab  N.  F.  78 
Martigny  die  orthometrische  Reduktion  nach  der  Formel 

y  =  —  0,0053  sin  2cp  ^  Hmdcp 


380 


J.  Hilfiker. 


wo  Hm  den  Mittelwert  der  absoluten  Höhen  von  zwei  aufeinander- 
folgenden Punkten  darstellt,  und  fügen  wir  zu  y  die  Konstante  +  9,4  mm 
hinzu,  um  die  orthometrische  Reduktion  ab  Pierre  du  Niton  zu  er- 
halten,^) so  ergeben  sich  die  nachstehenden  einfachen  und  ortho- 
metrischen  Höhen  über  Pierre  du  Niton  für  die  Höhenmarken  auf 
dem  Hospiz  des  Grossen  St.  Bernhard  bis  zur  Cantine  d'Aosta,  die 
wir  zum  Zweck  des  Nivellementsanschlusses  zwischen  der  Schweiz 
und  Italien  eingemessen  haben.  Durch  Hinzufügen  der  Konstante 
373,60  m  gehen  die  Höhen  über  Pierre  du  Niton  in  absolute  Höhen 
über :  '0 


Laee  der  Höhenmai'ken 


Über 
Pierre  da  I 


Orthom.  Reduktion 


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Hartjpf 


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da  Kiton 
GeneTe 


OrtlioDietr.  Höhe 

über 

Pierre  do  Niton 


Fixp.  92  Hospice,  Maison  neuve,  angle 

Ouest 

Ital.  Fixp.  34  Hospice,   Maison  neuve, 

angle  Ouest  .     .     : 

Fixp.  B  Hospice,  Maison  neuve,  facade 

Sud 

Fixp.  C  Hospice,  Rocher  de  la  Cioix 
Fixp.  D  Frontiere,  rocher,  ä  22  m  du 

milieu  du  ponceau  frontiöre  .  .  . 
Ital.  Fixp.  33  Frontiere,  ponceau  sur  le 

ruisseau,  qüi  marque  la  fronti^re  . 
Ital.  Fixp.  29  A  Gantine  d'Aosta   .     . 


-f  2096,5243 

2097,8411 

2096,0216 
2100,1058 

2076,7800 

2074,6415 
1836,2566 


+  29,0 

+  29,0 

+  29,0 
+  29,0 

+  28,8 

+  28,8 
+  30,5 


+  38,4 

+  38,4 

+  38,4 
+  38,4 

+  38,2 

+  38,2 
+  39,9 


+  2096,5627 

2097,8795 

2096,0600 
2100,1442 

2076,8182 

2074,6797 
1836,2965 


•)  J.  Hilfiker,  Höhenverhältnisse  der  Schweiz,  pag.  67. 

«)  ,  r,  r,  r,  pag-    92. 


Ein  neues  Präzisionsnivellement  auf  den  Grossen  St.  Bernhard. 


381 


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Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes. 

Von 

H.  Stierlin. 


Einleitung. 


Die  Physik  braucht  zu  Mess-,  resp.  Vergleichszwecken  Körper, 
deren  Eigenschaften  möglichst  wohldefiniert  und  genau  bekannt  sind. 
Das  erste  Erfordernis,  dem  ein  solcher  Vergleichskörper  genügen  muss, 
ist  das,  dass  er  vollständig  homogen  ist.  Ferner  muss  er  leicht 
chemisch  rein  erhältlich  sein;  er  soll  möglichst  unempfindlich  sein 
gegen  äussere  Einflüsse  (Druck,  Schlag,  Erschütterungen,  raschen 
Temperaturwechsel,  chemische  Agentien);  seine  Eigenschaften  sollen 
sich  in  weiten  Temperaturgrenzen  untersuchen  lassen  und  sollen  sich 
mit  der  Temperatur  nur  wenig  ändern. 

Der  amorphe  Quarz,  wie  er  von  Heraus  in  Hanau  hergestellt 
und  in  den  Handel  gebracht  wird,  genügt  den  meisten  dieser  An- 
forderungen: die  von  genannter  Firma  verfertigten  Geräte  werden  aus 
reinem  Bergkristall,  also  aus  kristallisiertem,  chemisch  reinem,  in  der 
Natur  reichlich  vorhandenem ,  daher  auch  billigem  Ausgangsmaterial 
gegossen;  sie  sind  wenig  spröde,  sehr  hart,  höchst  unempfindlich  gegen 
raschen  Temperaturwechsel,  und  werden  unter  allen  häufiger  auf- 
tretenden chemischen  Feinden  physikalischer  Apparate  nur  von  den 
Alkalisalzen  etwas  angegriffen.  Dagegen  muss  hier  schon  bemerkt 
werden,  dass  die  Homogenität  der  Quarzstücke  in  mehrerer  Hinsicht 
noch  zu  wünschen  übrig  lässt:  grössere  Stücke  können  bis  jetzt  noch 
nicht  völlig  blasenfrei  hergestellt  werden;  auch  machen  sich  Span- 
nungen in  der  erkalteten  Flussmasse  bei  optischen  Untersuchungen 
störend  bemerkbar.  —  Der  Schmelzpunkt  des  Quarzes  liegt  bei  etwa 
2000",  also  höher  wie  die  Schmelzpunkte  der  meisten  Edelmetalle. 
Sein  thermischer  Ausdehnungskoeffizient  ist  sehr  klein  und  ändert 
sich  wenig  mit  der  Temperatur.    (Es  geht  dies  schon  hervor  aus  der 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  383 

oben  erwähnten  Unempfindlichkeit  gegen  rasche  Temperaturwechsel.) 
Dieses  Verhalten  des  Ausdehnungskoeffizienten  Hesse  erwarten,  dass 
^uch  andere  Eigenschaften  keine  grosse  Abhängigkeit  von  der  Tem- 
peratur aufweisen. 

Zweck  der  vorliegenden  Arbeit  ist,  einige  physikalische  Eigen- 
schaften, nämlich 

1.  die  Dichte, 

2.  die  magnetische  Drehung  der  Polarisationsebene, 

3.  die  spezifische  Wärme 

•dieses  amorphen  Quarzes  genauer  zu  untersuchen.  Es  soll  gezeigt 
werden,  inwiefern  der  amorphe  Quarz  vermöge  dieser  Eigenschaften 
sich  zu  Messzwecken  eignet. 

Ferner  sollen  die  genannten  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes 
verglichen  werden  mit  denen  des  Bergkristalls.  Es  liegt  hier  einer 
der  nicht  sehr  häufigen  Fälle  vor,  wo  die  Eigenschaften  einer  und 
■derselben  chemischen  Verbindung  in  verschiedenen  Modifikationen, 
kristallinen  und  amorphen,  leicht  untersucht  werden  können.  Eine 
Vergleichung  dürfte  also  für  die  Theorie  der  Kristallstruktur  von 
^Nutzen  sein. 

I.  Dichte. 

Material.  Das  zu  dieser  Untersuchung  verwendete  Quarzstück 
hat  Zylinderform,  ist  ca.  25  mm  lang  und  15  mm  dick;  seine  Ober- 
fläche ist  vollständig  glatt.  Es  zeigt  im  Innern  nur  einige  ganz  kleine 
Luftblasen,  deren  Volumen  ich  insgesamt  auf  höchstens  '/lo  mm^  oder 
also  auf  0,03Voo  des  Gesamtvolumens  schätze. 

Versuchsanordnung.  Die  Messung  wurde  nach  der  Auftriebs- 
methode  ausgeführt. 

Der  Quarzzylinder  wurde  an  einem  möglichst  dünnen  Kokonfaden 
in  destilliertem  Wasser  aufgehängt,  dann  dieses  gekocht,  bis  das 
Kochen  nur  mehr  stossweise  geschah,  hernach  das  ganze  Gefäss  im 
Uezipienten  einer  Wasserstrahlpumpe  bei  abnehmendem  Druck  auf 
Zimmertemperatur  abgekühlt. 

Die  sämtlichen  Wägungen  wurden  ausgeführt  mit  einer  kleinen 
Wage  von  Hermann,  Mechan.  Werkstätte,  Zürich,  die  per  1  mg  bei  den 
in  Betracht  kommenden  Belastungen  einen  Ausschlag  von  ca.  4  Sk.  T. 
zeigt.  Da  die  Sk.  T.  ca.  1  mm  messen,  können  also  Gewichtsdifferenzen 
von  0,02  mg  noch  leicht  abgeschätzt  werden. 

Der  verwendete  Gewichtssatz  stammt  aus  der  Fabrik  von  Hughers- 
Tioff,  Leipzig.  Die  grösseren  Stücke  bis  abwärts  zu  1  g  sind  aus  Berg- 
kristall geschliffen;  die  Stücke  0,5  g  bis  0,005  g  bestehen  aus  Pt,  die 
2  und  1  mg  Stücke  aus  AI.    Die  Fehler  sind  in  einer  Aichtabelle  der 


384  Hans  Stierlin. 

phys.  Reichsanstalt  für  die  Quarzstücke  auf  0,1  mg,  für  die  kleineren 
Gewichte  auf  0,01  mg  angegeben.  Die  nämliche  Tabelle  enthält  die 
Volumina  der  einzelnen  Gewichtsstücke  auf  \/ioo  cm^.  Ausserdem 
wurde  noch  ein  0,5  mg  Stück  aus  einem  andern  Gewichtssatz  ver- 
wendet. Der  Fehler  dieses  0,5  mg  Stückes  liegt  nach  eigener  Ver- 
gleichung  unter  der  Grenze  des  bei  der  angegebenen  Empfindlichkeit 
Bemerkbaren. 

Die  einzelnen  Wägungsserien  wurden  nach  folgendem  Schema 
ausgeführt : 

1.  Nullpunktsbestimmung, 

2.  Wägung,  1  Empfindlichkeits- 

3.  Wägung  mit  0,5  mg  Übergewicht   j        bestimmung, 

4.  Nullpunktsbestimmung, 

5.  Wägung,  1  Empfindlichkeits- 

6.  Wägung  mit  0,5  mg  Übergewicht    j        bestimmung, 

7.  Nullpunktsbestimmung. 

Jede  Ruhelagebestimmung  ergab  sich  aus  7  aufeinanderfolgenden 
ümkehrpunkten.  Das  Mittel  zweier  benachbarter  Nullpunktsbestim- 
mungen wurde  als  Gleichgewichtslage  der  unbelasteten  Wage  für  die 
zwischenliegende  Wägung  angenommen. 

Die  Wägungen  in  Wasser  und  in  Luft  wurden  in  je  2  solchen 
Serien  durchgeführt.  Zur  Reduktion  auf  den  luftleeren  Raum  wurden 
Luftdruck  und  Temperatur  im  Wagekasten  vor  und  nach  jeder  gan- 
zen Serie  abgelesen  und  die  hieraus  sich  ergebenden  Mittel  in  Rech- 


nung  gebracht. 

Die  Messresultate  sind  die  folgenden: 

I.  Wägung  in 

Wasser: 

1.  Serie. 

2.  Serie. 

Aufgelegte  Gewichte 

4829,0    mg 

4829,0    mg- 

Korrektur  auf  Nullage 

-0,19    „ 

-  0,06    „ 

Korrektur  der  benutzten  Gewichtsstü« 

ßke 

+  1,11    . 

+  1,11    . 

Gewicht  in  Wasser 

4829,92  mg 

4830,05  mg 

Barometerstand 

730  mm 

725  mm 

Temperatur 

16,8» 

16,8» 

Dichte  der  Luft^) 

0,001173 

0,001165 

Volumen  der  Gewichtsstücke 

1,55  cm^ 

1,55  cm^ 

Korrektur  auf  den  luftleeren  Raum 

—  1,82  mg 

—  1,81  mg 

Gewicht  in  Wasser  (korr.) 

4828,10  mg 

4828,24  mg 

1)  Nach  Tabelle  6,  Kohlrausch,  Praktische  Physik  9.  Aufl. 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  385 

II.  Wägung  in  Luft. 


Aufgelegte  Gewichte 

Korrektur  auf  Nullage 

Korrektur  der  benützten  Gewichtsstücke 

Gewicht  in  Luft 

Barometerstand 

Temperatur 

Dichte  der  Luft 

Volumen  des  Quarzes 


Volumen  der  Gewichtsstücke  -=r- 

Korrektur  auf  den  luftleeren  Raum 


1.  Serie. 

2.  Serie. 

8826,0    mg 

8826,0    mg 

-0,16    „ 

-0,19    „ 

4-2,31    „ 

+  2,31    „ 

8828,15  mg 

8828,12  mg 

725  mm 

718  mm 

16,7» 

17,5° 

0,001162 

0,001145 

Vg  =  4,00  cm^ 

F^=3,06    „ 

Vf.  =  0,94  cm^ 

+  1,09  mg 

+  1,08  mg 

8829,24  mg 

8829,20  mg 

=  4001,14  mg 

4000,96  mg 

Masse  des  Quarzstückes 

Daraus  ergibt  sich  für  die  Masse  des 

verdrängten  Wassers:  A 

Spez.  Volumen  des  Wassers  bei  16,8°^) 

V  =  1,001165 
also  Volumen  des  Quarzstückes  4005,80  mm^  4005,62  mm* 

Hieraus    ergibt    sich    die   Dichte    des 

amorphen  Quarzes  zu  d  =  2,2041         2,2042 

und  im  Mittel  d         ,  =  2,2042  bei  16,8^ 

aniorp//  ' 

In  der  Literatur  sind  für  die  Dichte  des  amorphen  Quarzes  fol- 
gende Angaben  vorhanden: 

Deville-)  1855       d  =  2,21—2,23         geschmolzener  Quarz, 
H.  Rose-)  1859     c^  =  2,190— 2,218     amorphe   Kieselsäure    aus   Sili- 
katen und  Fluorkiesel. 

Eine  neuere  Dichtebestimmung,  die  von  Herrn  P.  Chappuis  in 
Basel  an  einer  in  der  optischen  Werkstätte  von  Zeiss,  Jena,  herge- 
stellten, vollständig  blasenfreien  Quarzlinse  vorgenommen  wurde, 
lieferte  den  Wert: 

d  =  2,2016  bei  0«. ») 

Dieser  Wert  ist  um  den  relativ  grossen  Betrag  von  1,2''  oo  kleiner  wie 
der  von  mir  gefundene.  Eine  Differenz  von  dieser  Grössenordnung 
schien  zum  vornherein  unwahrscheinlich  und  machte  eine  Nachprüfung 


')  Nach  Landolt-Börnstein  Tabellen  (1905)  14. 
2)  Landolt-Börnstein,  Tabellen  1905. 

^)  P.  Chappuis,  Eigenschaften  von  geschmolzenem  Quarz.    Verhandlungen  der 
naturforschenden  Gesellschaft  Basel  16  (1903).     pag.  172—183. 


386  Hans  Stierlin, 

des  von  mir  gefundenen  Wertes  nötig.  Herr  Merkens,  der  im  Physik- 
Laboratorium  der  Universität  Zürich  diese  zweite  Messung  der  Dichte 
des  untersuchten  Quarzstückes  vornahm,  erhielt  genau  denselben  Wert 
wie  ich. 

Nachträglich  bestimmte  ich  die  Dichten  der  beiden  bei  den  op- 
tischen Untersuchungen  (s.  u.  pag.  12)  benutzten  Quarzzylinder. 

Ihre  Massen  sind: 

m^  =  20,3985  g 
ma  =  27,8307  „ 


ihre  Volumina: 


=    9,2633  cm^ 
=  12,6337    „ 


bei  22,0^ 


Zylinder  I  enthält  einige  grössere  und  mehrere  kleine  Blasen; 
ich  schätzte  ihr  Gesamtvolumen 'auf  3  mm^;  Zylinder  II  dagegen  nur 
wenige  ganz  kleine,  deren  Volumen  zusammen  höchstens  0,3  mm^  aus- 
macht. Werden  die  Volumina  ?;,  resp.  v.^  um  diese  Beträge  korrigiert, 
so  ergeben  sich  die  Dichten  dieser  beiden  Quarzstücke  zu 

d,  =  2,2028 
ck  =  2,2029. 

Diese  beiden  Werte  sind  um  ca.  0,67oo  kleiner  wie  der  früher  ge- 
fundene d  =  2,2042  und  um  ca.  0,67oo  grösser  wie  der  von  Chappuis 
bestimmte  Wert  d  =  2,2016. 

Im  Anschluss  hieran  sei  darauf  hingewiesen,  dass  auch  für  den 
Ausdehnungskoeffizienten  des  geschmolzenen  Quarzes  verschiedene 
Werte  gefunden  wurden.  Für  die  lineare  Ausdehnung  dieses  Körpers 
liegen  die  Ausdrücke  vor: 

1.  Chappuis^): 

l^  =  Z^  (1  +  0,384741  •  10~'  •  ^  +  0,1150  •  10"  V) 

2.  Phys.  techn.  Reichsanstalt-): 

l^  =  Z^  (1  +  0,322  .  10"'  •  i+  0,147  •  10~  V). 

Hieraus  ergeben  sich  z.  B. 

1.  nach  Chappuis,  2.  nach  phys.  techn.  Reichsanstalt 
l^^    =         ^^ .  1,00002212  ^^.  1,00001978 

/,  00  =         i-  1,00004997  l^  ■  1,0000469 

^200  =         K  •  1,00012295  l  •  1,0001232. 


^)  P.  Chappuis  1.  c. 

2)  Wissenschaftliche  Abhandlungen  der  phys.  techn.  Reichsanstalt  Heft  1.  1904.- 
pag.  35—60. 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  387 

Daraus   erhält  man  für  den  mittleren  Ausdehnungskoeffizienten  : 
1.  n.  Chappuis  2.  n.  Reichsanstalt  Untersch.  (1 — 2) 
zwischen  0  u.    50«:     0,4^2  •  10~^  0,396  •  10"*^  -f-  10,4Vo 

Ou.  100«:     0,500-10"^  0,469  •  10~^  -h    6,27o 

Ou.200*':     0,615-10"''  0,618-10"^  —    0,5Vo. 

Man  steht  also  vor  der  Tatsache,  dass  verschiedene  Stücke  ein 
und  desselben  chemisch  reinen  Körpers  physikalische  Konstanten  be- 
sitzen, die  erheblich  voneinander  abweichen.  Worin  dies  seinen  Grund 
hat,  werden  weitere  Untersuchungen  zeigen  müssen. 


Für  die  Dichte  des  kristallisierten  Quarzes  wird  angegeben:^) 
d  =  2,650  Forster  d  =  2,653  Schaffgotsch 

2,651  Rose  2,654  Bendant 

2,653  Scheerer  2,656  Deville. 

Um  den  Unterschied  zwischen  den  Dichten  beider  Modifikationen 
möglichst  genau  feststellen  zu  können,  führte  ich  parallel  mit 
der  obigen  Messung  und  unter  Befolgung  genau  desselben  Schemas 
eine  Bestimmung  der  Dichte  von  kristallisiertem  Quarz  durch.  Ich 
benützte  hiezu  ein  Stück  eines  vollständig  wasserklaren  Bergkristalls 
von  ca.  10  g. 

Es  ergab  sich: 

1.  Serie.         2.  Serie. 
Gewicht  in  Wasser  von  16,8«  auf  luftleeren 

Raum  reduziert  6,26493  g         6,26500  g 

Masse  10,05582  „       10,05582  „ 


Auftrieb  in  Wasser  von  16,8«  3,79089  g         3,79082  g 

Volumen  3,79530  cm^'     3,79523  cm^ 

Dichte:  2,6495              2,6496 

oder  Mittelwert  ^rÄ^,.^•sf.J  =  2,6496  bei  16,8«. 

Aus  den  gefundenen  Werten  ergibt  sich,  dass  bei  16,8«  die  Dichte 

des   amorphen   (gegossenen)    Quarzes  83,19  «/o    derjenigen   des   Berg- 
kristalls ausmacht. 


Der  amorphe  Quarz  würde  sich  sehr  gut  eignen  als  Senkkörper 
bei  der  Untersuchung  der  spezifischen  Gewichte  von  Flüssigkeiten, 
speziell  also  auch  zur  Messung  der  kubischen  Ausdehnungskoeffizienten 
von  Flüssigkeiten.  —  Vorzüge  des  amorphen  Quarzes  in  dieser  Hin- 
sicht sind: 


')  Landolt-Börnstein,  Tabellen  1905. 


388  Hans  Stierlin. 

1.  seine  grosse  chemische  Beständigkeit  (keine  Volum- 
änderung wegen  Auflösung  an  der  Oberfläche,  leicht  zu 
reinigen); 

2.  seine  physikalische  Beständigkeit: 

1.  grosse  Härte,  2.  ziemliche  Unempfindlichkeit  gegen  Stoss, 
3.  ist  verwendbar  bis  gegen  2000",  4.  erträgt  plötzliche 
Temperaturänderungen,  5.  besitzt  sehr  kleinen  Ausdehnungs- 
koeffizienten. 

IL  Magnetische  Drehnng  der  Polarisationsebene. 

Mit  der  Tangentenbussole  absolute  Stromstärkemessungen  aus- 
zuführen ist  heutzutage  wegen  der  lästigen  Störungen  durch  nahe 
Starkstromleitungen  in  den  meisten  Laboratorien  ein  Ding  der  Un- 
möglichkeit. Galvanometeraichungen  mit  Hilfe  des  Silbervoltameters 
sind,  wenn  sie  genügend  genaue  Resultate  liefern  sollen,  ziemlich  um- 
ständlich und  zeitraubend.  Es  ist  deshalb  schon  wiederholt  der  Vor- 
schlag gemacht  worden,  die  von  Faraday  entdeckte  elektromagnetische 
Drehung  der  Polarisationsebene  in  durchsichtigen  Medien  zu  Strom- 
stärkemessungen zu  verwenden.  Kopp  ^)  untersuchte  die  Verwend- 
barkeit von  Schwefelkohlenstoff,  dessen  spezifische  Drehung  gross  ist, 
aber  ungünstigerweise  ziemlich  starke  Abhängigkeit  von  der  Tem- 
peratur zeigt.  Joubert,  Mascart,  Quinke  untersuchten  verschiedene 
Gläser,  auch  Zinkblende  und  Eisensalzlösungen,  u.  a. ;  Junghans-)  und 
Pollak^)  eine  Serie  von  schweren  Silikat- Flint-Gläsern  und  Barium- 
Silikat -Gläsern  von  Schott  &  Gen.  Jena.  Die  Drehung  in  diesen 
Gläsern  ist  noch  grösser  (bis  auf  das  2,33  fache)  wie  diejenige  von 
CS.,  und  ist  wenig  abhängig  von  der  Temperatur.  Dagegen  sind  eben 
Gläser  Mischungen,  die  praktisch  unmöglich  immer  von  genau  gleicher 
Zusammensetzung,  also  von  zuverlässig  gleichen  Eigenschaften  sind. 
Diesen  Übelstand  weist  der  Quarz  als  Verbindung  nicht  auf;  es  scheint 
deshalb  dieses  Material  für  den  angeführten  Zweck  sehr  geeignet  zu 
sein.  Und  zwar  käme  in  erster  Linie  in  Betracht  der  Bergkristall.  — 
Man  könnte  daran  denken,  einen  Quarzzylinder  parallel  der  op- 
tischen Achse  zu  verwenden;  die  magnetische  Drehung  homogenen 
Lichtes  würde  sich  dann  einfach  zur  natürlichen  addieren  und  könnte 
aus  der  Differenz  zweier  Ablesungen  am  Teilkreis  des  Polarisations- 
apparates ermittelt  werden.  Um  eine  magnetische  Drehung  von  nur 
einigen  Graden    zu   erhalten,    müssten  Quarzschichten   von  mehreren 


')  R.  Kojjp,  IX.  Jahresber.  der  phys.  Ges.  Zürich. 
^)  Junghans,  Inaug.  Diss.,  Zürich  190:2. 
ä)  Pollak,  Inaug.  Diss.,  Zürich  1903. 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  389 

cm  Länge  verwendet  werden.  Bei  einer  Schichtlänge  von  5  cm  z.B.  wäre 
aber  die  natürliche  Drehung  für  eine  Na  Welle  ')  ca.  50  •  21,7"  =  1085°. 
Da  sich  diese  Drehung  pro  1"  Temperaturänderung  um  ca.  0,157oo,  also 
um  0,16"  ändert,  so  ist  leicht  ersichtlich,  dass  genaue  Messungen  der 
magnetischen  Drehung  unmöglich  wären.  BoreP)  hat  die  natürliche 
Drehung  durch  Hintereinanderschalten  von  2  entgegengesetzt  drehen- 
den Quarzzylindern  möglichst  gleicher  Länge  kompensiert  und  ist  so 
zu  genauen  Resultaten  gekommen. 

Der  von  mir  untersuchte  gegossene  Quarz  zeigt  als  homogener 
Körper  keine  natürliche  Drehung,  und  kann  daher  in  einfachster 
Weise  verwendet  werden. 

Versuchsanordnung.  Die  mir  zur  Verfügung  stehenden  Apparate 
waren  dieselben,  die  von  Pollak^)  verwendet  wurden.  Ich  operierte 
mit  Na  Licht  und  wählte  als  vorteilhaftesten  Schattenwinkel  des  als 
Halbschattenapparat  gebrauchten  Wildschen  Polaristrobometers  bei 
allen  Messungen  den  Winkel  —  7".  Die  felderzeugende  eisenfreie 
Spule  wurde  mit  Strom  beschickt,  der  von  einer  SOzelligen  Akku- 
mulatorenbatterie geliefert  wurde.  Zur  Messung  der  Stromstärke 
diente  ein  mit  der  Spule  in  Serie  geschaltetes  Siemensches  Milli- 
Amperemeter  mit  passendem  Shunt. 

Material.  Ich  verwendete  zu  diesen  Untersuchungen  zwei  Quarz- 
zylinder I  und  II  von  ca.  50,  resp.  72  mm  Länge  und  etwa  13  mm 
Durchmesser,  deren  Grundflächen  in  der  optischen  Werkstätte  von 
Zulauf  &  Cie.,  Zürich,  planparallel  geschliffen  wurden.  Auch  diese 
Zylinder  wiesen  vereinzelte  kleine  Luftbläschen  auf;  störender  als 
diese  machte  sich  eine  in  Vorversuchen  konstatierte,  offenbar  von 
unvorsichtiger  Kühlung  herrührende  Doppelbrechung  der  Quarzstücke 
bemerkbar.  Durch  längeres  Erhitzen  der  Zylinder  auf  über  800°  in 
einem  elektrischen  Ofen  und  nachheriges  langsames  Abkühlen  gelang 
es,  die  vorhandenen  Spannungen  zum  grössten  Teil  wegzubringen: 
Zwischen  gekreuzte  Nicols  gebracht  und  bei  homogenem  Licht  unter- 
sucht, lieferten  die  Zylinder  annähernd  gleichmässig  dunkles  Ge- 
sichtsfeld, während  dasselbe  vor  der  beschriebenen  Behandlung  fleckig 
aufgehellt  war. 


')  Praktisch  könnte  das  sonst  so  bequeme  Na  Licht  wegen  seiner  Inhomogenität 
bei  solchen  Schichtlängen  gar  nicht  verwendet  werden. 

^)  A.  Borel,  Sur  la  polarisation  rotatoire  magnetique  du  Quartz,  Dissertation. 
Geneve  1903. 

*)  Vergl.  S.  Pollak,  Magnetische  Rotation  der  Polarisationsebene,  Inaug.  Diss. 
Zürich  1903. 


390  Hans  Stierlin. 

Versuche. 

Meine  Untersuchungen  erstreckten  sich  auf  folgende  drei  Punkte: 

1.  Abhängigkeit  der  Drehung  von  der  Feldstärke; 

2.  Bestimmung  der  Verdetschen  Konstanten; 

3.  Änderung  der  Verdetschen  Konstanten  mit  der  Temperatur. 

1.  Nach  Faraday  und  Verdet  ist  die  elektromagnetische  Drehung 
der  Polarisationsebene  direkt  proportional  der  Feldstärke.  Um  die  Gül- 
tigkeit dieses  Gesetzes  für  den  amorphen  Quarz  nachzuweisen,  mass  ich 
die  Drehung  im  (damals  zur  Verfügung  stehenden)  Zylinder  No.  I  bei 
4  verschiedenen  Feldstärken  (Maximum  i?=ca.  800  cm^'/^  gr.V-' sec.-^). 
Da  bei  der  Felderzeugung  durch  eine  Spule  die  Feldstärke  proportional 
der  Stromstärke  ist,  seien  die  abgelesenen  Drehungen  als  Funktionen 
der  Stromstärke  angegeben. 

Es  bedeute  2  a  die  Differenz  der  Ablesungen  am  Analysatorteil- 
kreis  nach  Einstellungen  bei  positiver  und  negativer  Richtung  des 
Stromes  i  Ampere  in  der  Spule;  1=  5,0182  cm  die  Länge  des  Quarz- 
zylinders.   Dann  ergaben  sich  als  Mittel  von  je  10  Doppelablesungen: 


2  a  i  Amp.  —^ 


i.  l. 


0.497 

2.10 

0.1184 

0.02359 

1.186 

4.85 

0.1223 

0.02437 

1.455 

5.99 

0.1214 

0.02420 

1.875 

7.70 

0.1218 

0.02426 

Fig.  1  zeigt,  dass  die  Kurve,  welche  die  Drehung  als  Funktion 
der    Stromstärke     darstellt,     fast    genau    eine    Gerade    wird.      Bei 

der  Stromstärke   2.10  Amp.  weicht  der   für  —^  gefundene  Wert  von 

dem  Mittel  der  drei  letzten  Werte  um  ca.  2,87»  ab.  Da  bei  dieser 
kleinen  Stromstärke  die  doppelte  Drehung  weniger  wie  0,5*^  beträgt, 
und  weil,  wie  aus  der  weiter  unten  in  extenso  angeführten  Beob- 
achtungsreihe ersichtlich  ist,  die  einzelnen  Ablesungen  trotz  grösst- 
möglicher  Anstrengung  des  Auges  bei  den  Einstellungen  noch  maxi- 
male Unterschiede  von  mehreren  Hundertstelgraden  aufwiesen,  so  ist 

die  Abweichung   des  Wertes  ^  vom  Mittelwert  um  2,8 ''/o  leicht  er- 

klärlich. 

Es  darf  also  angenommen  werden,  dass  die  magnetische  Drehung 
der  Polarisationsebene  in  Quarz  im  Untersuchungsgebiet  der  Feldstärke 
proportional  ist. 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes. 


391 


2.  Das  elektromagnetische  Drehvermögen  eines  Körpers  ist  defi- 
niert durch  seine  Verdetsche  Konstante,  d.  i.  die  Drehung  pro  Längen- 
einheit beim  magnetischen  Potentialgefälle  1,  Die  Verdetsche  Kon- 
stante drückt  sich  demnach  aus  in  der  Form: 

C  = 


$ 


Dabei  bedeutet  O^ 
das  magnetische  Poten- 
tial in  der  Eintritts- 
fläche u.  O    dasjenige 

in  der  Austrittsfläche 
der  Lichtstrahlen.  Für 
nicht  ferromagnetische 
Medien  wird  demnach: 

C  = 


Hl 

wobei  a    in  Minuten 

H  in  Gauss 
und       l     in  cm  anzu- 
geben sind. 

Pollak  ^)  leitet  nach 
dem  Beispiel  von  Köp- 


seP)  für  die  benützte  felderzeugende  Spule  folgende  Formel  ab: 

-vr   J^  Fl         1  '-^'^  +  ^'  '^*"  +  ^"  "1 


O^  —  Q_  =  H '  l  =  4:71  i 


Darin  ist 

i    =  die  Stromstärke  in  COS 
N=  3911  Windungszahl  der  Spule 
b   =  24,35     cm  halbe  Spulenlänge 
a  =    0,93     cm  Radius  der  innersten  Windungslage 
a"=    5,15     cm  Radius  der  äussersten  Windungslage 
p  =    3,598  cm   halbe  Länge  der  drehenden  Schicht 
(Quarzzylinder  No.  II). 

Daraus  bekommen  wir  für  C: 


C  = 


a  •  b 


Ani 


^■p[l-j 623^2 J 


»)  Pollak  1.  c. 

«)  Köpsel,  Annalen  d.  Physik  und  Chemie,  Bd.  ^26.    188.5. 


392  Hans  Stierlin. 

Zur  Bestimmung  dieser  Konstanten  wurden  bei  einer  Stromstärke 
von  ca.  7  Amp.  3  Versuchsreihen  mit  Quarzzylinder  11  ausgeführt, 
deren  eine  ausführlich  beschrieben  sei: 

Es  wurde  hierbei  nach  jeder  Einstellung  die  Stromstärke  am 
Amperemeter  abgelesen,  dann  der  Strom  unterbrochen,  damit  keine 
merkliche  Erwärmung  der  Spule  eintrat,  hernach  der  Teilkreis  Nonius 
abgelesen  und  darauf  das  Ganze  bei  umgekehrter  Stromrichtung 
wiederholt. 

Die  Einstellungen  geschahen  in  einem  sorgfältig  verdunkelten 
Raum ;  für  die  Ablesungen  wurde  nur  kurze  Zeit  eine  eben  genügende 
Oasflamme  hochgedreht,  so  dass  das  Auge  für  geringe  Lichtunter- 
schiede möglichst  empfindlich  blieb. 

Die  Ablesungen  waren  die  folgenden: 

Temperatur  25*. 


0,691 

184,49<> 

0,702 

182,09« 

0,690 

49 

0,695 

08 

0,687 

52 

0,695 

10 

0,687 

53 

0,693 

09 

0,685 

50 

0,690 

06 

0,695 

51 

0,700 

08 

0,692 

50 

0,696 

12 

0,690 

52 

0,696 

10 

0,690 

51 

0,696 

09 

0,688 

52 

0,693 

14 

0,6895 

184,509 

0,6956 

182,095 

Mittel; 

Daraus  ergibt  sich : 

2  a  =  2,414«  =  144,84' 
2  i  =  1,3851  gr.V«  cm'/-°  sec -i 
und  demnach  durch  Einsetzen  der  Werte  in  obigen  Ausdruck  für  C: 

A 
C,   =  0,01453'  —  0,00006 
analog  aus  zwei  weiteren     C^   ==  0,01468'  +  0,00009 
Beobachtungsreihen  C3    =  0,01456'  —  0,00003 

Mittel:     Cgao^  0,01459' +  0,00005  oder  0,34 7o 
cm— V2  gr.-'h  sec.    (mittlerer  Fehler). 

3.  Eine  Vorrichtung,    um    die    magnetische   Drehung   bei   genau 
messbarer  höherer  Temperatur  zu  untersuchen,   stand  mir  nicht  zur 


Einige  pliysiicalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  393 

Verfügung.  Doch  gelang  es,  durch  Stromüberlastung  der  Spule 
zwischen  den  einzelnen  Ablesungen  die  Temperatur  während  längerer 
Zeit  bei  ca.  100''  innerhalb  5**  konstant  zu  erhalten.  Als  Mittel  aus 
20  Doppelablesungen  wurde  erhalten: 

2  1  =   1,1813  COS. 

2«  =   1,447«  =  86,82' 

p     =  2,509  cm  (Zylinder  I). 

Temperatur,  aus  5  über  die  ganze  Serie  gleichmässig  verteilten 
Ablesungen  an  einem  geaichten  Quecksilberthermometer,  das  jeweilen 
an  das  Quarzstück  herangeschoben  wurde,  im  Mittel  102".  Hieraus 
berechnete  sich  C  (102'^)  zu 

CiQ.o  =  0,01465'  cm-V2  gr -V2  sec. 

Vergleicht  man  diesen  Wert  mit  dem  bei  25''  gefundenen,  so 
ergibt  sich,  dass  das  magnetische  Drehvermögen  von  25"  bis  102" 
mit  der  Temperatur  wächst,  und  zwar  beträgt  die  Zunahme  pro  77" 
0,00006'  oder  0,41  "/o,  folglich  für  100"  extrapoliert  ca.  0,5  "/o. 

Diese  Änderung  der  Verdetschen  Konstanten  mit  der  Temperatur 
ist  aber  so  klein,  dass  das  erhaltene  Resultat  nur  als  qualitativ  richtig 
angenommen  werden  darf. 

Vergleichung  mit  andern  Messungen. 

Die  magnetische  Drehung  in  kristallisiertem  Quarz  ist,  wie  schon 
erwähnt,  von  Borel  ^)  des  genaueren  untersucht  worden. 

Borel  findet  für  die  Verdetsche  Konstante  des  Bergkristalls  bei 
Na  Licht: 

Q^o^  =  0,016843' 
Cggo    =  0,017008'. 

Es  zeigt  sich  also,  dass  das  Drehvermögen  des  amorphen  Quarzes, 
entsprechend  der  Dichte,  kleiner  ist  wie  das  des  kristallisierten,  und 
zwar  beträgt 

C        ;   ca.  86,2  "/o  von  a  . , 

amorph.  '       '  krtst. 

oder  das  Verhältnis  beider  Drehvermögen  ist: 

^amorph.        ^  ^^o     entsprechend  Dichten  Verhältnis: 


^' kr  ist  '  =0.832. 

Borel  findet  auch  für  den  kristallisierten  Quarz  eine  Zunahme  des 
Drehvermögens  mit  der  Temperatur.  —  Beide  Modifikationen  unter- 
scheiden sich  hierdurch  prinzipiell  von  den  meisten  übrigen  Körpern: 

•)  Borel  1.  c. 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.     1907.  26 


394  Hans  Slierlin. 

Gläser,  Zinnchlorid,  Wasser,  hauptsächlich  aber  Schwefelkohlenstoff 
weisen  bei  höherer  Temperatur  entsprechend  der  geringeren  Dichte 
ein  kleineres  Drehvermögen  auf  wie  bei  tiefer  Temperatur. 

Zur  Stromstärkemessung  mittelst  Beobachtung  der  magnetischen 
Drehung  der  Pol.  Ebene  eignet  sich  der  amorphe  Quarz  wegen  seiner 
konstanten  Zusammensetzung  besser  wie  Gläser;  als  fester  Körper  ist 
er  für  diesen  Zweck  geeigneter  wie  Schwefelkohlenstoff,  dessen 
Schlierenbildung  störend  ist.  Er  hat  aber  ein  kleineres  Dreh- 
vermögen *),  müsste  also  in  längeren  Schichten  angewandt  werden, 
um  dieselbe  Empfindlichkeit  der  Strommessung  zu  gestatten.  Vor- 
sichtige Behandlung  beim  Giessen  dürfte  seine  ihm  etwa  anhaftende 
störende  Inhomogenität  verunmöglichen. 

III.  Spezifische  Wärme. 

Einleitung. 

Wird  einem  Körper  Wärme  zugeführt,  so  ruft  dieselbe  im  Kör- 
per drei  verschiedene  Wirkungen  hervor: 

1.  Die  kinetische  Energie  der  Massenteilchen  wird  vergrössert 
(Temperaturerhöhung). 

2.  Die  potentielle  Energie,  welche  den  Massenteilchen  vermöge 
der  Anwesenheit  benachbarter  Teilchen  zukommt,  wird  verändert 
(innere  Arbeit). 

3.  Es  wird  äussere  Arbeit  geleistet. 

Der  Betrag  von  zugeführter  Energie,  der  in  äussere  Arbeit  ver- 
wandelt wird,  ist  bei  festen  Körpern  sehr  klein,  darf  also  vernach- 
lässigt werden. 

Nach  Clausius  ist  die  kinetische  Energie  eines  kleinsten  Massen- 
teilchens direkt  proportional  der  absoluten  Temperatur  des  Körpers. 
Wird  die  Temperatur  der  Masseneinheit  eines  Körpers  um  1**  erhöht, 
so  wird  hierzu  (abgesehen  von  innerer  Arbeit)  immer  die  gleiche 
Energiemenge  verbraucht,  wie  auch  die  Anfangstemperatur  des  Kör- 
pers sei.^)  Wenn  daher  die  spezifische  Wärme  eines  festen  Körpers 
nicht  eine  Constante  ist,  so  muss  der  Grund  dafür  darin  liegen,  dass 


')  Bezeichnet  man  das  Dreh  vermögen  des  amorphen  Quarzes  mit  1,  so  beträgt 
dasjenige 

des  schwersten  von  Junghans  (1.  c.)  untersuchten  Glases    6,71 
von  CS2    (Köpsel,   W.  A.  26     1885     pag.  456)     ^2,88 
von  H2O   (Arons,    W.  A.  24     1885     pag.  161)     0,89. 
^)  Damit  dieser  Schluss  gültig  ist,  müssen  wir  die  Annahme  machen,  dass  sich 
die  Zahl  der  kleinsten  Teilchen   in  der  Masseneinheit  des  betrachteten  Körpers  mit 
der  Temperatur  nicht  ändert.     (Dissoziation  ausgeschlossen.) 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  395 

•der  Betrag  an  zugeführter  Energie,  der  parallel  der  Temperatur- 
erhöhung um  1"  in  innere  Arbeit  verwandelt  wird,  bei  verschiedener 
Temperatur  verschiedenen  Wert  hat. 

Die  innere  Arbeit  besteht  in  der  Überwindung  der  zwischen  den 
einzelnen  Massenteilchen  wirkenden  Kräfte  längs  eines  bestimmten 
Weges,  nämlich  längs  der  Vergrösserung  der  mittleren  Abstände  von 
Massenteilchen  zu  Massenteilchen.  Das  Wachsen  dieser  Abstände  geht 
aber  parallel  der  Yolumzunahme  des  ganzen  Körpers.  Demnach 
müsste  der  Betrag  der  in  innere  Arbeit  verwandelten  Wärme  mit  dem 
Ausdehnungskoeffizienten  eines  Körpers  wachsen,  und  Körper  mit 
grossem  Ausdehnungskoeffizienten  müssten  eine  grosse  Wärmemenge 
zu  innerer  Arbeitsleistung  beanspruchen.  Umgekehrt:  ist  der  Aus- 
dehnungskoeffizient eines  Körpers  klein  und  ändert  er  sich  wenig  mit 
der  Temperatur,  so  wird  die  pro  1"  Temperaturänderung  geleistete 
Arbeit  klein  ausfallen  und  sich  auch  wenig  ändern. 

Der  amorphe,  durch  Schmelzen  von  Bergkristall  erhaltene  Quarz 
besitzt  einen  sehr  kleinen  Ausdehnungskoeffizienten  (vgl.  pa»-.  390). ^s 
Hesse  sich  also  erwarten,  dass  seine  spezifische  Wärme  anormal  klein 
ist  (z.  B.  kleiner  als  die  des  kristallisierten  Quarzes,  dessen  Aus- 
dehnungskoeffizient grösser  ist  *),  und  dass  sie  nahezu  unabhängig  ist 
von  der  Temperatur. 

Dies  zu  untersuchen  war  neben  den  eingangs  erwähnten  Punkten 
^weck  des  folgenden. 

Versuchsmethode. 

Alle  Versuche  wurden  ausgeführt  nach  der  Mischungsmethode. 
Als  Calorimeterflüssigkeit  diente  destilliertes  Wasser.  Die  Temperatur- 
messungen im  Calorimeter  wurden  mit  Thermoelementen  ausgeführt, 
im  Heiz-,  resp.  Kühlgefäss  teils  auch  mit  Thermoelement,  teils  mit 
Quecksilber-,  resp.  Toluol-Thermometern. 

Versuchsmaterial. 

Ca.  5  mm  weite  Quarzröhren,  von  Heraus  in  Hanau  geliefert, 
wurden  in  30  mm  lange  Stücke  geschnitten.  Solcher  Röhrchen,  deren 
Masse  je  etwa  1  g  betrug,  wurden  je  nach  Anfangstemperatur  und 
Wasserwert  des  Calorimeters  eine  günstige  Anzahl  (Max.  7)  mit  feinem 
Pt-Draht  in  ein  Bündel  zusammengebunden.    Diese  Form  der  Calori- 


*)  Lin.  Ausdehnung  des  Beigkristalls; 
parallel  derHauptaxe:  lt  =  lo{i  -f  7,U4  •  10  ~®  •  ^  +  0,815  •  10~^  •  f^) 
senkrecht  zurHauptaxe:  Ausdehnungskoeffizient  grösser. 

Wissenschaftliche    Abhandlungen    der    phys. -techn.    Reichsanstalt.     Heft    1.     1904. 

pag.  35 — 60. 


396  Hans  Stierlin. 

metrischen  Substanz  ist  äusserst  günstig:  1.  wird  die  Gefahr  de» 
Zerspringens  bei  rascher  Abkühlung  (wie  es  z.  B.  beim  Abschrecken 
von  Bergkristall  eintritt)  durch  die  geringe  Dickendimension  bedeutend 
vermindert:  2.  geht  der  Wärmeaustausch  infolge  der  relativ  grossen 
Oberfläche  des  Körpers  sehr  rasch  vor  sich,  was  die  immer  unsichere 
Strahlungskorrektur  auf  ein  Minimum  beschränkt.  Bei  den  Versuchen, 
bei  welchen  das  Quarzbündel  aus  dem  Ofen  direkt  ins  Calorimeter- 
wasser  fiel,  betrug  die  Zeit  zwischen  Einwurf  und  Erreichung  der 
höchsten  Temperatur  nur  30  Sek.,  die  Strahlungskorrektur  nie  über 
4Voo  der  Gesamtwärme. 

Ein  Zerspringen  der  Quarzröhrchen  trat  auch  bei  den  rasantesten 
Temperatursprüngen,  welche  dieselben  durchzumachen  hatten,  nie  ein.. 

Calorimeter. 

So  lange  die  Anfangstemperatur  unterhalb  600"  blieb,  wurde  das^ 
Quarzbündel  immer  direkt  ins  Calorimeterwasser  eingeworfen.  Das 
zu  diesen  Versuchen  verwendete  Calorimeter  besteht  aus  dünnem 
Kupferblech,  besitzt  einen  Inhalt  von  ca.  30  cm^,  ist  mit  einem  hinter 
dem  eingeführten  Quarzbündel  sich  automatisch  schliessenden  Deckel, 
einem  an  der  Wand  befestigten  feinen  C«-Röhrchen  zur  Aufnahme 
des  Thermoelementes  und  einem  ebenfalls  aus  Cu  bestehenden  Rührer 
versehen.     Der  Wasserwert  des  Ganzen  beträgt  0.452  Cal. 

Das  Rühren  wurde  auf  folgende  Art  besorgt:  Neben  dem  Calori- 
meter^), auf  dem  gleichen  Fussbrett  montiert,  steht  eine  C/-förmig 
gebogene  Röhre;  der  eine  Schenkel  ist  mit  einer  kugelförmigen  Er- 
weiterung versehen  und  mündet  oben  in  einen  Schlauchansatz  aus. 
Der  untere  Teil  der  ?7-Röhre  ist  mit  Quecksilber  gefüllt.  Im  geraden 
Schenkel  schwimmt  auf  dem  Quecksilber  ein  gläserner  Hohlkörper, 
der  eine  senkrechte,  in  Führungen  leicht  bewegliche  Stange  trägt. 
Ein  hölzerner  Arm,  oben  an  der  Stange  angebracht,  besorgt  schliess- 
lich die  Verbindung  mit  dem  Rührer.  Ein  längerer  Gummischlauch 
führt  vom  Ansatzrohr  zu  einem  Gummiball  am  Beobachtungsort. 
Durch  Druck  auf  diesen  Ball  wird  pneumatisch  das  Hg  in  die  Steig- 
röhre hinübergedrängt,  der  Rührer  dadurch  um  nahezu  Calorimeter- 
höhe  gehoben,  beim  Loslassen  des  Balls  wieder  gesenkt.  Diese  Ein- 
richtung wurde  bei  allen  Versuchen  angewendet  und  erwies  sich 
dadurch  als  praktisch,  dass  ein  regelmässiges,  ununterbrochenes 
Rühren  vom  entfernten  Standpunkt  des  Beobachters  aus  möglich  war. 

Als  die  Anfangstemperatur  über  600**  gewählt  wurde,  machte  sich 
beim    Einwurf    des    Körpers    ins    Calorimeterwasser    ein    deutliches- 

')  Siehe  Fig.  i2. 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  397 

Zischen  bemerkbar,  was  bei  tieferen  Anfangstemperaturen  nicht  beob- 
jachtet  werden  konnte.  Wägungen  des  Calorimeters  vor  und  nach 
dem  Versuch  ergaben  eine  Differenz,  die  beträchtlich  (bis  15  mgr.) 
grösser  war  wie  die  Masse  des  sonst  während  der  gleichen  Zeit  und 
bei  gleichen  Umständen  von  der  Oberfläche  aus  verdunsteten  Wassers. 
Es  wurde  also  bei  diesen  hohen  Anfangstemperaturen  des  Körpers 
beim  Einwerfen  desselben  ins  Calorimeter  Wasser  verdampft.  Ich 
schreibe  diesen  Umstand,  der  von  früheren  Beobachtern  auch  bei  noch 
höheren  Anfangstemperaturen  ausdrücklich  nicht  konstatiert  werden 
konnte,  der  eigentümlichen  Form  meines  Untersuchungskörpers,  seiner 
grossen  Oberfläche  zu. 

Zur  Vermeidung  dieser  Fehlerquelle  wurden  alle  Versuche  von 
600°  aufwärts  so  ausgeführt,  dass  der  erhitzte  Körper  nicht  direkt 
ins  Wasser  fiel,  sondern  erst  nachdem  er  sich  unter  100'^  abgekühlt 
hatte,  mit  dem  Calorimeterwasser  in  Berührung  gebracht  wurde.  Das 
diesem  Zwecke  dienende  Doppelcalorimeter  ist  in  Fig.  2  veranschaulicht. 

Das  innere,  aus  Silber  bestehende  Calorimeter  C,  ist  leer  und 
schwimmt,  durch  Führungen  orientiert,  in  der  Mitte  des  mit  Wasser 
fast  ganz  gefüllten  äusseren  0.2-  Ein  aus  der  Figur  ersichtlicher 
Fadenzug  hält  Cj  in  solcher  Höhe  fest,  dass  sein  oberer  Rand  wenig 
unter  dem  oberen  Rand  von  C^  liegt.  Der  Rührer  des  äusseren  Calori- 
meters ist  mit  der  oben  beschriebenen  Rührvorrichtung  verbunden. 

Die  Versuche  mit  diesem  Calorimeter  nahmen  folgenden  Verlauf: 
Nachdem  das  Rührwerk  in  regelmässigen  Gang  gebracht  und  die 
'Temperatur  des  Calorimeters  bestimmt  war,  wurde  das  erhitzte  Quarz- 
bündel in  das  sorgfältig  getrocknete  innere  Calorimeter  fallen  gelassen. 
Unmittelbar  nachher  wurde  die  Arretierung  des  mit  einer  Schliess- 
feder  versehenen,  blank  versilberten  Deckels  (2.  Fig.)  gelöst  und  also 
das  äussere  Calorimeter  verschlossen.  Der  Wärmeaustausch  ging 
nun  zunächst  hauptsächlich  durch  Strahlung  vor  sich.  War  die 
Temperatur  des  Quarzes  etwas  unter  100°  gesunken,  was  aus  dem 
Verhältnis  der  schon  eingetretenen  Temperaturerhöhung  des  Calori- 
meters zu  der  im  voraus  ungefähr  ausgerechneten  gesamten  Tempera- 
turerhöhung leicht  erkannt  werden  konnte,  so  wurde  durch  Zug  am 
Faden  das  innere  Calorimeter  ganz  auf  den  Boden  des  äusseren 
heruntergebracht.  Dabei  füllte  sich  C,  zu  etwa  'h  mit  Wasser, 
und  sein  Rührer,  dessen  Stiel  mit  einer  Öse  den  Stiel  des  äusseren 
Rührers  lose  umfasst,  wurde  von  diesem  Moment  an  durch  die  Ver- 
zückung A  am  Stiel  des  äusseren  Rührers  gehoben  und  gesenkt.  Durch 
Wärmeleitung  geschah  jetzt  der  endgültige  Wärmeausgleich  sehr  rasch. 

Die  Zeitdauer  zwischen  der  Ablesung  der  Anfangs-  und  der  End- 
temperatur des  Calorimeters  war  natürlich  ziemlich  grösser  wie  bei 


398 


Hans  Stierlin. 


den  früheren  Versuchen.  Sie  stieg  aber  nie  über  6  Min.;  die  Strah- 
lungskorrektur betrug  gewöhnlich  etwa  57oo  der  Gesamtwärme;  sie 
stieg  in  einem  einzigen  Falle  auf  11  7oo. 

Nimmt   man   an,    dass    die  Strahlungskorrektur   auf   107o  ihres 
Wertes  genau  sich  berechnen  lässt,    was  mit  Sicherheit  möglich  ist,. 


Fig.  2. 


Thermoeffifient' 


-flnsoU  z.fluFnafime 


-JjolationshOHe 


Querzdü»del 


-Rührer  des  snnern  C^i. 
-Führer  c/9s  au&^ern  C&/' 


Gesamtgewicht  des  Doppelcalorimeters:  26,290  ^r. 
Wasserwert         „  „  2,052  „ 


so  ist  ein  Fehler,  durch  die  Strahlung  verursacht,  immer  kleiner  als^ 
die  angestrebte  Genauigkeitsgrenze  ca.  3  "Zoo  der  Gesamtwärme.  Dass 
auch  der  Fehler,  der  etwa  durch  Entweichen  von  erwärmter  Luft  aus- 
dem  inneren  Calorimeter  entstehen  könnte,  unter  die  Grenze  der  ge- 
wünschten Genauigkeit  der  Messungen  fällt,  soll  durch  folgende  Über- 
legung erwiesen  werden. 

Die  Zeit  zwischen  Einwurf  des  erhitzten  Körpers  und  Verschliessen 
des  äusseren  Calorimeters  betrug  höchstens  eine  Sekunde.  Während 
dieser  Zeit  konnte  ein  merklicher  Verlust  nicht  eintreten.  Nachher 
aber  konnte  erhitzte  Luft  nur  langsam  unter  den  Rändern  des  zwar 
leicht  konstruierten,  aber  möglichst  gut  schliessenden  Deckels  ab- 
fliessen,  und  war  so  gezwungen,  längere  Zeit  mit  den  Wänden  des 
inneren  Calorimeters  in  Berührung  zu  bleiben,  und  dort  den  Haupt- 
teil der  aufgenommenen  Wärme  wieder  abzugeben.     Jedenfalls  aber 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  399 

war  ein  Einströmen  von  kalter  Ersatzluft  ausgeschlossen.  Nehmen 
wir  an,  dass  bei  einer  Versuchsanfangstemperatur  von  900 **  die  Luft 
im  inneren  Calorimeter  in  der  Nähe  des  heissen  Quarzstückes  auf 
900"  erhitzt  werde,  dass  sie  in  Q  aufsteigend  mit  einer  Temperatur 
von  100°,  was  sicher  zu  hoch  gegriffen  ist,  beim  Deckel  ankommt. 
Die  mittlere  Temperatur  im  inneren  Luftraum  wäre  also  gestiegen 
von  20°  auf  ca.  500°;  das  Volumen  der  Luft  wäre  dadurch  auf 
den  2V2fachen  früheren  Betrag  ausgedehnt  worden,  und  es  müssten 
also  V^  der  früher  vorhandenen  Luft  abfliessen. 

Nun  beträgt  der  Inhalt  des  inneren  Calorimeters  ca.  35  cm^,  ent- 
hält also  bei  Zimmertemperatur  35  •  1,2  mgr.  =  42  mgr.  Luft.  Davon 
fliessen  ab  Vs  oder  25  mgr.,  und  zwar  bei  100°.  Hierdurch  gehen 
für  die  Beobachtung  verloren:  25  •  0,25  •  80  =  500  mgr.  Calorien. 

Da  die  bei  der  Versuchstemperatur  900°  ins  Calorimeter  ein- 
geführte Wärmemenge  (siehe  unten)  über  800  gr.  Calorien  betrug,  fällt 
der  Fehler,  der  infolge  Wärmetransportes  durch  abfliessende  Luft  ent- 
steht, ebenfalls  unter  die  Grenze  der  verlangten  Genauigkeit. 

Herr  Brunner^),  der  im  Physik -Laboratorium  der  Universität 
Zürich  die  spezifischen  Wärmen  von  Calcium  und  Magnesium  unter- 
suchte, hat  unmittelbar  nach  meinen  Messungen  mit  einem  ähnlichen 
Doppelcalorimeter  gearbeitet.  Eitie  ganz  analoge  Berechnung  ergibt, 
dass  auch  bei  seinen  Versuchen  der  Fehler,  entstehend  durch  Wärme- 
verlust beim  Entweichen  von  erhitzter  Luft,  kleiner  wie  l°/oo  aus- 
fällt, dass  also  der  Einwurf  der  Rezension'),  es  könnte  in  einem 
solchen  Wärmeverlust  eine  erhebliche  Fehlerquelle  liegen,  unbe- 
gründet ist. 

Kühl-  und  Heizapparate. 

Als  Anfangstemperaturen  wählte  ich  für  meine  Versuche 
ca.  —  80°,  +  100°,  200°,  300°,  .  .  .  900°. 

Die  Temperatur  —  80°  wurde  hergestellt  mittelst  eines  Ge- 
misches von  fester  Kohlensäure  und  Äther  in  einem  Gefäss ,  wie  es 
Fig.  3  zeigt. 

Bei  diesen  Versuchen  ist  hauptsächlich  dafür  Soi'ge  zu  tragen, 
dass  während  der  Abkühlung  keine  Spur  von  Wasser,  resp.  Eis  sich 
auf  dem  Quarz  niederschlagen  kann,  weil  sonst  die  ganze  Schmelz- 
wärme dieses  Eises  nachher  dem  Calorimeter  entnommen  wird,  was 
die   spezifische  Wärme   des   untersuchten  Körpers   zu  gross  ausfallen 


*)  R.  Brunner,  Die  Abhängigkeit  der  spezifischen  Wärme  des  festen  Calciums 
und  Magnesiums  von  der  Temperatur.     Inaug.  Diss.,  Zürich  19üö. 

*)  Annalen  der  Physik,    h.    19U7,  Beiblätter  (Dr.  H.  Alt,  München). 


400 


Hans  Stierlin. 


Totuol  Thermometer 


Hesse.  Es  sind  dagegen  folgende  Vorsichtsmassregeln  getroffen  wor- 
den: Das  den  Körper  aufnehmende,  in  der  Mitte  des  Kühlgefässes 
stehende  Glasrohr  R  ist  oben  und  unten  mit  gut  paraffinierten  Kork- 
pfropfen verschlossen.  Der  eiserne  Draht  Z),  an  welchem  der  Quarz 
hängt,  läuft  durch  ein  feines  Kapillarrohr,  das  wie  auch  das  Toluol- 
thermometer  mit  Paraffin  im  oberen  Pfropf  eingedichtet  ist.  Ein 
Tropfen  Quecksilber  in  einer 
Erweiterung  der  Kapillare 
macht  den  luftdichten  Ab- 
schluss  oben  vollständig.  Den 
unteren  Pfropf  durchdringt 
auch  eine  Kapillare,  die  un- 
mittelbar über  dem  Kork  in 
ein  grösseres  Gefäss  erweitert 
ist.  Dieser  Trichter  ist  mit 
wasserfreiem  Chlorkalcium  an- 
-    Bevor    das    Kühl- 


Fig.  3 


Ca  eil 


gefüllt. 

gefäss  mit  der  CO^-  Äther- 
mischung beschickt  wurde, 
trocknete  ich  jeweilen  sorg- 
fältig die  innere  Röhre  längere 
Zeit  mit  Ca  Cl.^.  Die  Luft,  die 
während  der  Abkühlung  ins 
Innere  des  Glasrohres  durch  die 
untere  Kapillare  eindrang, 
wurde  in  der  Ca  Cl^  Schicht 
vollständig  getrocknet. 

Das  Kühlgefäss  war  so  hoch  über  dem  Experimentiertisch  auf- 
gestellt, dass  das  Calorimeter  unmittelbar  unter  die  untere  Mündung 
des  Glasrohres  geschoben  werden  konnte.  Der  Quarz  konnte  also, 
nach  Entfernen  des  unteren  Pfropfens,  direkt  ins  Calorimeter  fallen 
gelassen  werden. 

Der  Transport  des  auf  konstante  Temperatur  abgekühlten  Quarz- 
bündels ins  Calorimeter  nahm  daher  so  wenig  Zeit  in  Anspruch,  dass 
weder  eine  Erwärmung,  noch  eine  Kondensation  von  Wasserdampf 
aus  der  durchlaufenen  Schicht  der  Zimmeduft  möglich  war. 

Die  Ablösung  des  Quarzbündels  vom  Aufhängedraht  geschieht 
folgendermassen :  Durch  Zug  an  diesem  Draht  wird  das  Bündel  etwas 
gehoben,  stösst  gegen  einen  fest  im  Rohr  sitzenden  Drahtring  und 
kann  dem  Zug  nicht  weiter  folgen.  Dadurch  wird  das  aus  feinem 
Ft  Draht  bestehende  Aufhängehäkchen  aufgebogen;  der  Körper  wird 
frei  und  fällt  nach  unten. 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes. 


401 


Ein  doppelwandiges  Gefäss  (siehe  Figur  4),  in  welches  aus 
einem  ca.  2  1  fassenden  Siedegefäss  Wasserdampf  in  kräftigem,  kon- 
tinuierlichem Strom  eingeleitet  wurde,  diente  zur  Herstellung  der 
Anfangstemperatur  bei  100^  Ein  Schlangenkühler  nimmt  den  Ab- 
dampf auf;  ein  offenes  Wassermanometer  erlaubt  die  Druckmessung 
im  Heizgefäss. 

Alle  höheren  Anfangstemperaturen  wurden  mittelst  eines  von 
Heraus  in  Hanau  gelieferten  elektrischen  Ofens  erzielt.  Der  Heiz- 
strom   wurde    einer    30  zelligen 


Fig.  4. 


Manometer 


z.  Condensationsgefäss 


Akkumulatorenbatterie  entnom- 
men, die  währenddessen  nicht 
anderweitig  beansprucht  war. 
Das  Anheizen  geschah  mit  ziem- 
lich hoher  Stromstärke.  Xäherte 
sich  die  Temperatur  in  der  Mitte 
des  Ofens  dem  gewünschten  Wert, 
so  wurde  nach  und  nach  die 
Stromstärke  verkleinert,  bis 
schliesslich  der  stationäre  Zu- 
stand eintrat.  Nachher  genügt 
eine  kleine  Regulierung  des  Yor- 
schaltwiderstandes,  um  die  Tem- 
peratur innerhalb  2  bis  3  °  kon- 
stant zu  halten. 

Dieser  Ofen  besteht  aus  einem 
60  cm  langen  Porzellanrohr  von 
20  mm  Lichtweite.  Es  ist  auf  einer  Strecke  von  45  cm  mit  einer 
P^- Bandspirale  umwickelt,  die  den  Heizstrom  führt.  Nach  aussen 
isoliert  thermisch  eine  6  cm  mächtige  Asbestschicht.  Das  Ganze  ist 
auf  einem  Brett  montiert,  das  um  eine  horizontale  Axe  umgekippt 
werden  kann  und  ist  so  hoch  über  dem  Arbeitstisch  aufgestellt,  dass 
die  Mündung  des  Porzellanrohres  bei  schiefer  Stellung  des  Ofens  fast 
die  Calorimeteröflfnung  berührt.  Während  des  Heizens  steht  der  Ofen 
horizontal.  Das  Porzellanrohr  ist  auf  beiden  Seiten  mit  Asbestpfropfen 
verschlossen;  der  Quarz  liegt  in  der  Mitte  des  Rohres,  an  die  Löt- 
stelle des  zur  Temperaturmessung  dienenden  Thermoelementes  mit 
feiner  Pt  Drahtöse  angebunden.  Das  Fallenlassen  des  Körpers  ins 
Calorimeter  geschieht  bei  Kipplage  des  Ofens  nach  Entfernung  des 
vorderen  Asbestpfropfens  durch  eine  Manipulation,  wie  sie  bei  den 
Versuchen  bei  —  80"  beschrieben  wurde. 

Die   Temperaturverteilung   in    diesem  Ofen  wurde   bei  zwei  ver- 
schiedenen Mittentemperaturen  aufgenommen.  Fig.  5  zeigt  das  Resultat. 


402 


Hans  Stierlin. 


Wie  aus  der  Figur  ersichtlich  ist,  fällt  die  Temperatur  von  der 
Mitte  des  Ofens  gegen  aussen  rasch  ab.  Z.  B.  bei  der  Mitten- 
temperatur 304*^  betrug  der  Temperaturfall  auf  einer  Strecke  von 
10  cm  20".  Da  die  Länge  der  Quarzröhrchen  nur  3  cm  betrug,  und 
weil  das  Bündel  gut  in  der  Mitte  des  Ofens  unmittelbar  neben  der 
Lötstelle  des  Thermoelementes  lag,  konnte  wohl  die  Angabe  des 
Thermoelements  höchstens  einen  Fehler  von  1°  aufweisen,  also  das 
Resultat  im  schlimmsten  Falle  um  3%o  unrichtig  ausfallen. 


Ofen- Mitte. 

'77177  7  T, 


Temperaturmessungen. 

a)  Temperaturen  in  den  Kühl-  und  Heizapparaten. 

Das  Toluolthermometer,  das  im  Kühlapparat  angebracht  war,  ist 
von  Baudin,  Paris,  hergestellt  und  kalibriert.  Es  zeigte  nach  eigener 
Prüfung  bei  0*^  keinen  merklichen  Fehler. 

100":  Vor  jedem  Versuch  wurde  der  Luftdruck  mittelst  Queck- 
silberbarometer bestimmt;  dazu  wurde  addiert  der  Überdruck  im 
äusseren  Raum  des  Heizgefässes  (Fig.  4),  der  als  Mittel  einiger  Ab- 
lesungen der  Niveaudifferenz  im  Manometer  durch  Umrechnung  auf 
Millimeter  Hg  erhalten   wurde.      Die   Temperatur   des   Dampfes   bei 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  40S 

dem  so  bestimmten  Druck  wurde  nach  der  Tabelle  von  Wiebe, 
Braunschweig  1894,  in  Rechnung  gebracht.^) 

200":  Hier  wurde  ein  Richter  Hg  Thermometer,  bis  360"  zeigend, 
verwendet.  Das  kurze  Hg  Gefäss  desselben  wurde  ganz  an  das  Quarz- 
bündel herangebracht,  um  den  Fehler  wegen  der  schlechten  Tempera- 
turverteilung im  elektrischen  Ofen  möglichst  klein  zu  machen.  Die 
Ablesestelle  fiel  bei  dieser  Lage  noch  ins  Innere  des  Ofens;  es  musste 
also  das  Thermometer  zur  Ablesung  etwas  herausgezogen  werden. 
Damit  während  der  möglichst  rasch  besorgten  Ablesung  das  Hg  Ge- 
fäss sich  nicht  wesentlich  abkühlen  konnte,  war  es  mit  einer  dicken 
Asbestschicht  umwickelt.  Wegen  des  ziemlich  raschen  Abfalls  der 
Temperatur  von  der  Mitte  des  Ofens  gegen  die  Enden  musste  an 
der  Ablesung  des  Thermometers  eine  Fadenkorrektur  angebracht 
werden.  Diese  wurde  nach  einer  speziell  für  diesen  Zweck  vor- 
genommenen Bestimmung  der  Temperaturverteilung  im  Ofen  ab- 
schnittweise berechnet,  die  Summe  der  gefundenen  Korrekturen  zur 
Ablesung  addiert  und  die  so  verbesserte  Ablesung  nach  dem  Prüfungs- 
schein der  P.  T.  Reichsanstalt  korrigiert. 

Alle  höheren  Anfangstemperaturen  wurden  mit  einem  Thermo- 
element aus  Platin -Platinrhodium  von  Heraus,  Hanau,  gemessen.-) 
Für  dieses  Thermoelement  sind  die  elektromotorischen  Kräfte  ent- 
sprechend den  Temperaturen  der  Lötstellen  0"  einerseits  und  250"^ 
300"  etc.  bis  1300"  andererseits  durch  Vergleichung  mit  den  Angaben 
des  Luftthermometers  bestimmt.^)  Das  eine  Ende  dieses  Thermo- 
elementes war  so  in  den  elektrischen  Ofen  eingeführt,  dass  die  hart- 
gelötete Verbindungsstelle  beider  Drähte  an  das  Quarzbündel  zu  liegen 
kam;  zur  Isolation  der  beiden  Drähte  voneinander  war  der  eine  bis 
zur  Lötstelle  durch  ein  Tonpfeifenrohr  gezogen.  Das  andere  Ende 
(Verbindung  des  Pt-  und  des  Pt  i^/?- Drahtes  mit  den  kupfernen  Zu- 
leitungen) stak  in  einer  unten  geschlossenen  Glasröhre,  die  durch 
Einstellen  in  einen  grossen,  mit  Schabeis  gefüllten  Trichter  auf  0" 
gehalten  wurde.  Das  Thermoelement  war  in  Serie  geschaltet  mit 
einem  Siemens'schen  Drehspulengalvanometer  von  der  Empfindlichkeit 
ca.  1,8 -10^  ,  einem  Neusilber-Vorschaltwiderstand  und  einem  Aus- 
schalter; der  Gesamtwiderstand  der  Leitung  betrug  1470  ü.  Der 
Widerstand  des  Thermoelements  (ca.  1,6  ü)  und  also  auch  seine 
Änderung  konnten  bei  diesem  grossen  Gesaratwiderstande  vernach- 
lässigt werden.  Zur  Aichung  des  Galvanometers  wurden  dessen  Zu- 
leitungsdrähte    an   zwei    Punkte   eines   sehr   grossen   (Min,    9000  -ß) 


')  Kohh-ausch,  Praktische  Physik,  9.  Aufl.,  pag.  583. 

2)  Vgl.  Adler,  Spezifische  Wärme  des  Chroms.    Diss.    Zürich  190^2.    Pag.  3G-41- 

»}  Drudes  Annalen  II.    1900.    pag.  .520. 


404 


Hans  Stierlin. 


Widerstandes   angelegt,   durch   den    der  von  einem  Clarkelement  ge- 
lieferte Strom  floss. 

Sollte  z.  B.  die  Aichung  für  die  Temperatur  500"  vorgenommen 
werden,  wobei  laut  Angabe  der  Reichsanstalt  die  EMK  des  Thermo- 
elementes 4,145  Millivolt  beträgt,  so  berechnete  sich  der  einzuschaltende 
Widerstand  R  nach  der  Formel : 

War  die  elektromotorische  Kraft  E  des  Clarkelementes  für  die 
momentan  in  demselben  bestehende  Temperatur  E  =  1,4272  und 
wurden  für  W^  30  .ß  gewählt,  so  ergab  sich  für  R  der  Widerstand 
10780  ß.    Je  am  Anfang 

und  Schluss  einer  bei  der  Galuanometerluj^ 

nämlichen        Temperatur  ^^        ^-^Thermoelement 

ausgeführten  Vei'suchs- 
reihe  wurde  das  Galvano- 
meter für  die  beiden  ein- 
schliessenden  Tempera- 
turpunkte geaicht ;  also 
z.  B.  je  für  500"  und  550'' 
als  die  Versuche  bei  der 
Anfangstemperatur  etwas 
über  500**  vorgenommen 
wurden. 

Der  vom  Clarkelement  gelieferte  Strom  blieb  bei  diesen  Aichungen 
nur  möglichst  kurze  Zeit  geschlossen,  nämlich  etwa  35  Sekunden,  in 
welcher  Zeit  das  Galvanometergehänge  zur  Ruhe  kam.  Von  Zeit  zu 
Zeit  wurde  die  EMK  des  gebrauchten  Elementes  mit  derjenigen 
-eines  andern,  ruhenden,  verglichen.  Ein  Spannungsabfall  konnte  bis 
auf  l%o  genau  nicht  konstatiert  werden.^) 


Fig.  6. 


Clarh-Element 


b)  Temperaturdifferenzen  im  Calorimeter. 

Um  den  verschiedenen  Schwierigkeiten  und  Fehlerquellen,  welche 
die  Temperaturmessung  im  Calorimeter  mittelst  Quecksilberthermo- 
metern mit  sich  bringt,  aus  dem  Wege  zu  gehen,  wurde  auch  hier  ein 
Thermoelement  verwendet.  Die  Vorteile  dieser  Methode  sind  folgende: 
sehr  geringer  Wasserwert  der  thermometrischen  Vorrichtung,   keine 

')  Auch  bei  der  zitierten  Arbeit  des  Herrn  Brunner,  der  für  seine  Aichungen 
das  nämhche  Clarkelement  bei  gleicher  Schaltung  und  ähnlich  grossen  Vorschalt- 
widei'ständen  verwendete ,  dürfte  eine  hikonstanz  der  Vergleichsspannung  ausge- 
:Schlossen  gewesen  sein. 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  405> 

Fadenkorrektur,  keine  Unterbrechung  des  Rührens,  bequeme  Ablesung: 
an  einem  vom  Calorimeter  genügend  weit  entfernten  Standpunkt. 

Das  hier  verwendete  Thermoelement  bestand  aus  0,2  mm  dicken, 
ca.  2  m  langen,  doppelt  mit  Seide  isolierten  Konstanten  und  Eisen- 
drähten, deren  Enden  zur  Vermeidung  des  Röstens  mit  Zink  verlötet 
waren.  Die  eine  Lötstelle  wurde  während  der  Versuche  in  ein  dünnes, 
an  der  Innenwand  des  Calorimeters  befestigtes  Cn-Röhrchen  gesteckt; 
die  andere  Lötstelle  blieb  dauernd  inmitten  eines  thermisch  gut  ge- 
schützten Wasserbades  von  ca.  15  1  Inhält,  dessen  Temperaturgang 
mittelst  eines  Beckmannschen  Thermometers  verfolgt  wurde,  das 
seinerseits  nach  dein  bei  den  weiter  unten  beschriebenen  Aichungen 
verwendeten  Baudin-Thermometer  geaicht  war.  Der  i^e-Draht  war 
in  der  Mitte  entzwei  geschnitten;  die  beiden  Teile  mündeten  in  zwei 
dünnwandige,  unten  geschlossene,  mit  Hg  gefüllte  R-öhrchen,  die  neben- 
einandergebunden in  einem  grösseren  Quecksilbergefäss  standen. 
Von  diesen  beiden  Röhrchen  aus  gingen  dickere  Kupferleitungen  nach 
einem  zweiten,  ohne  Widerstand  geschalteten  Drehspulengalvanometer 
der  oben  beschriebenen  Art.  Diese  Anordnung  verhinderte  das  Auf- 
treten von  Temperaturunterschieden  zwischen  den  beiden  Verbindungs- 
stellen des  Thermoelementes  mit  den  C?*- Leitungen.  Der  Aus- 
schlag, der  in  diesem  Galvanometer  entsteht,  ist  nun  aber  abhängig 
nicht  nur  von  der  Temperaturdifferenz  der  beiden  Lötstellen,  der 
Empfindlichkeit  des  Galvanometers  und  dem  Gesamtwiderstand,  son- 
dern auch:  1.  von  der  Änderung  des  Gesamtwiderstandes;  2.  von  der 
absoluten  Temperatur  der  einen  Lötstelle;  3.  von  etwa  an  Kontakt- 
punkten auftretenden  fremden  Thermospannungen.  Es  war  wünsch- 
bar, die  Temperaturänderungen  im  Calorimeter  auf  V'ioo"  sicher  be- 
stimmen zu  können.  Da  dieser  Temperaturdifferenz  der  beiden  Löt- 
stellen eine  EMK  von  ca.  5.10  ~  '  Volt  entspricht,  ist  leicht  ersichtlich, 
dass  die  oben  erwähnten  äusseren  Einflüsse  sich  in  erheblichem  Masse 
bemerkbar  machen  und  also  berücksichtigt  werden  müssen.  Ein  voll- 
ständiges Ausschalten  derselben  schien  mir  unmöglich;  ebenso  die 
Berechnung  oder  Schätzung  eines  Korrekturgliedes.  Eine  Aichung 
mittelst  bekannter  elektromotorischer  Kraft  und  Abzweigung,  wie  sie 
beim  Pt-  Ft-  ÄA-Thermoelement  ausgeführt  wurde,  war  daher  hier 
ausgeschlossen.  Ich  half  mir  schliesslich  so,  dass  ich  durch  dicke 
Isolationsschichten  eine  zeitlich  rasche  Änderung  dieser  äusseren, 
hauptsächlich  thermischen  Einflüsse  verhinderte.  Zu  diesem  Zwecke 
wurden  alle  Leitungsdrähte  durch  Kautschukschläuche  gezogen,  alle 
Kontaktstellen  und  das  ganze  Galvanometer  in  viel  Watte  eingewickelt. 
Unmittelbar  vor  und  nach  jedem  Versuch  wurde  dann  geaicht,  indem 
die   sonst   im    Calorimeter   befindliche   Lötstelle   in  Wasserbäder  ge- 


406  Hans  Stierlin. 

bracht  wurde  von  ungefähr  Anfangstemperatur  und  ungefähr  End- 
temperatur, die  beim  Versuch  im  Calorimeter  eintraten.  Als  Tem- 
peratur dieser  Wasserbäder  wurde  das  korrigierte  Mittel  aus  zehn 
hintereinander  an  einem  Baudin-Therniometer  gemachten  Ablesungen 
eingesetzt.  Abwechselnd  mit  diesen  Temperaturablesungen  wurden 
zehn  Ablesungen  des  Galvanometerausschlages  vorgenommen  und  das 
Mittel  derselben  als  Mass  der  Temperaturdifferenz  beider  Lötstellen 
verwendet.  Schliesslich  wurden  je  die  zwei  entsprechenden  Aichungs- 
punkte,  wie  sie  vor  und  nach  dem  Hauptversuch  gefunden  wurden, 
durch  Mittelnahme  zusammengefasst  und  aus  ihnen  und  den  während 
des  Versuches  gemachten  Galvanometerablesungen  die  Temperatur- 
änderung im  Calorimeter  berechnet.  Das  eben  erwähnte  Baudin- 
Thermometer  umfasst  den  Temperaturbereich  0—30*^  und  ist  in  ^jifP 
eingeteilt.  Diese  Skalenteile  messen  noch  ca.  1  mm;  die  Ablesungen 
wurden  mit  einer  Zeiss-Lupe  gemacht;  es  konnten  also  mit  Leichtig- 
keit die  Vioo"  geschätzt  werden.  Das  Thermometer  zeigt  laut  bei- 
gelegtem Aichungsschein  bei  0*^  den  Fehler  —  0,04,  seine  Kalibrie- 
rung ist  bis  auf  hundertstel  Grade  richtig. 

Wie  man  sieht,  wurde  die  Temperaturmessung  im  Calorimeter 
im  Grunde  genommen  mit  diesem  Baudin-Thermometer  ausgeführt. 
Doch  hat  der  Umweg  via  Thermoelement  vor  der  direkten  Anwendung 
des  ^<7- Thermometers  u.  a.  den  Vorteil  einer  wesentlich  grösseren 
Genauigkeit.  Der  Ausschlag  pro  1  ^  betrug  bei  meinen  Versuchs- 
anordnungen ca  110  Skalenteile.  Zur  Aichung  können  Thermometer 
beliebig  grosser  Empfindlichkeit  verwendet  werden;  bei  direkten 
Messungen  sind  sehr  empfindliche  Thermometer  wegen  ihres  grossen 
Wasserwertes  und  eventuell  auch  wegen  ihrer  Form  ausgeschlossen. 
Ferner  kann  jede  einzelne  Ablesung  des  Thermometers  während  der 
Aichung  mit  aller  Ruhe  und  Genauigkeit  gemacht,  die  Fadenkorrektur 
kann  ganz  vermieden  oder  auf  ein  Minimum  beschränkt  werden;  all 
dies  ist  kaum  möglich,  wenn  das  Thermometer  dem  raschen  Tem- 
peraturgang im  Versuchscalorimeter  folgen  soll. 

Die  Versuche  und  deren  Berechnung. 

Nach  dem  Gesagten  ist  zur  Illustration  des  Verlaufes  eines  Ver- 
suches nur  noch  folgendes  anzuführen:  der  Quarz  blieb  vor  jedem 
Versuche  mindestens  1  V2  Stunden  im  Heizapparat;  als  Anfangs- 
temperatur wurde  die  Ablesung  im  Moment  des  Einwurfs  in  Rech- 
nung gebracht.  Die  Temperaturbestimmungen  im  Calorimeter  er- 
folgten unter  gleichmässigem  Rühren  von  10  zu  10  Sek.;  sie  begannen 
10    solcher   Zeiteinheiten    vor   dem   Einwurf  und  schlössen   10   Zeit- 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  407 

einheiten  nach  derjenigen  Ablesung  (Endablesung  des  Versuchs),  von 
welcher  an  der  Temperaturverlauf  ein  linearer  wurde.  Durch  den 
Rumfordschen  Kunstgriff  wurden  die  Strahlungskorrekturen  klein  ge- 
halten (INIaximum  1 1  °/oo).  Ihre  Berechnung  geschah  im  allgemeinen 
nach  der  neuestens  in  Winkelnianns  Handbuch  der  Physik,  2.  Aufl., 
S.  157  angegebenen  Methode,  mit  dem  Unterschied,  dass  die  Aussen- 
temperatur  nicht  berechnet,  sondern  als  Mittel  zweier  direkter  Mes- 
sungen mit  dem  Thermoelement  an  der  Innenwand  der  Calorimeter- 
hülle  gefunden  wurde.  Die  ganze  Strahlungsberechnung  wurde  nicht 
mit  den  Temperaturen  des  Calorimeters,  sondern  mit  den  Ablesungen 
am  Galvanometer  durchgeführt,  so  dass  die  Temperaturkorrektur  in 
Skalenteilen  erhalten  wurde  und  zur  Endablesung  addiert  werden 
konnte.  Erst  dann  geschah  nach  der  zugehörigen  Aichung  die  Um- 
rechnung in  Grade  der  Celsiusskala.  Die  Masse  des  Calorimeterwassers 
bestimmte  ich  je  am  Schlüsse  eines  Versuches  durch  Wägung. 

Für  das  folgende  seien  nachstehende  Bezeichnungen  eingeführt: 

Q      =  Masse  des  Quarzes, 

Pt    =  Masse  des  die  Quarzröhrchen  verbindenden  P^-Drahtes, 

W^^j=  Wasserwert  des  leeren  Calorimeters, 

m      =  Masse  des  Calorimeterwassers, 

T     =  Anfangstemperatur  des  Quarzes, 

T       =  Endtemperatur  des  Quarzes  und  Calorimeters  (korr.) 

t        =  Anfangstemperatur  des  Calorimeters. 

JT  —  T — T  =  Temperaturänderung  des  Quarzes, 

^  t    ^  T  —  t  =  Temperaturänderung  des  Calorimeters, 

T  -  T-M-r 

C^     =  mittlere  spez.  Wärme  des  Quarzes  zwischen  t  und  T, 
Cp^.   =         „  V  r,         V     Platins  „         t  und  T, 

C ^r  =         „  V  V  V     Wassers         ,  t  und  t; 

bezogen  auf  die  15"  Calorie  '). 
Zw  =  Tl^^^-hm  C^j^r  Gesamtwasser  wert  des  Calorimeters.    Dann  ist: 


und  daraus 


rp  Sic-    dt—    Pt-    Cpf-    ^T 


Q-dT 

Die  gesamte  von  1  gr.  Quarz   bei  der  Abkühlung  von  T'^  auf  r'^ 
abgegebene  Wärmemenge    W^    wird  darnach: 


W_  =  C:  'ZJT 


Zw-  Jt  —  Pt-  Cpf  -AT 


')  Zur  Berechnung  der  mittleren  spezifischen  Wärme  des  Wassers  zwischen 
t  und  X  für  Cjs  =  1  wurden  die  Angaben  benutzt,  die  in  Kohlrausch,  Prakt.  Phys., 
9.  Aufl.,  pag.  180  als  Mittel  neuerer  Beobachtungen  angeführt  sind. 


408  Hans  Stierlin. 

Zusammenstellung  der  Versuchsdaten. 

Um  die  Versuche  bei  ungefähr  gleicher  Anfangstemperatur  unter- 
einander vergleichen  zu  können,  wurde  bei  jedem  einzelnen  die  mittlere 
spezifische  Wärme  C'f  berechnet.  Das  arithmetische  Mittel  aus  den 
so  gefundenen  Werten  gibt  dann  den  wahrscheinlichsten  Wert  von 
C^  für  diese  Versuchsgruppe.  In  den  folgenden  Tabellen  bedeuten 
z/  die  Abweichungen  der  einzelnen  Resultate  vom  Mittel,  £  die  hieraus 
sich  ergebenden  mittleren  Fehler  der  einzelnen  Messungen  und  E  den 
mittleren  Fehler  des  Mittelwertes,  und  zwar  berechnen  sich  £  und  E 
nach  den  Formeln : 

—  r    n  —  1         '  —  1  n{n—\)         —  y „, ' 

{n  Anzahl  der  Versuche  einer  Gruppe). 

Schliesslich  ist  der  mittlere  Fehler  E  des  Mittelwertes  noch  in 
Promillen  des  Mittelwertes  ausgedrückt. 

I.  Versuchsreihe  bei  — 80°. 

No.  Q  Pt         ZW  T  z       ^T       M  Cj"        ^  ^^^^ 

1.        6,8090     0,1279     21,615     —77,0     18,1     95,1     4,592     0,15268     —15 
%  21,577     —77,0     17,9     94,9     4,608     0,15327     +44 

3.  21,541     —  76,6     18,2     94,8     4,589     0,15254     —29 

—  76,9     18,1     94,9  0,15283 
H7- 76-9  ^_  14  519                                       £=  +  0,00039 
^— £  =  +  0,00022  =  ±1,4  7oo. 

II.  Versuchsreihe  bei  -|-  100". 

No.  Q  Pt  ZW         T  X  AT        M  Cj        ^f^^ 

4.  6,8077     0,1203     22,588     98,73     19,67     79,06     4,557     0,19078     —06 

5.  23,520     98,63     19,52     79,11     4,384     0,19097      +13 

6.  24,200     99,01     20.29     78,72     4,236     0,19076      —08 

98,79     19,83     78,96  0,19084 

IF^^'"  =  15,076  £    =+0,00012 

19,83  '  — 


E  =  ±  0,00007  =  +  0,4  o/o 

III.  Versuchsreihe  bei  200°. 

No.  Q  Pt         ZW         T         T.  AT         M  Cl  ^^^ 

'  7.        6,8090     0,1279     25,526     218,4  26,4  192,0  10,537  0,20514  +  13 

8.  25,549     218,1  26,4  191,7  10,485  0,20463  —38 

9.  25,644     217,1  26,4  190,7  10,399  0,20470  —31 
10.                                      25,628     218,3  26,8  191,5  10,490  0,20556  +  55 

218,0  26,5  191,5  0,20501 


TF^^^'^  =  39,259  «    =+0,00043 
^^^^ E  =  ±  0,00022  =  +  1,1  7o 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  409 

IV.  Versuchsreihe  bei  300". 


No. 

Q             Pt          ZW 

T 

r 

JT 

dt 

T 

=  0,00 

11. 

3,8863    0,0706     25,025 

312,4 

24,7 

287,7 

9,620 

0,21452 

+  034 

12. 

24,523 

315,4 

25,4 

290,0 

9,886 

0,21490 

+  072 

13. 

24,356 

312,6 

24,7 

287,9 

9,834 

0,21312 

-  106 

313.6 

24,9 

288,5 

0.21418 

j^r  313,6    ^61834 

f    =+0,00094 
E  =  ±  0,00054  = 

=  ±  2,57c 

V.  Ver 

•  s  u  c  h  s 

rei  he 

bei  400». 

No. 

Q             Pt         ZW 

T 

r 

JT 

dt 

c; 

=  0,000 

14. 

2,8614     0,0438     26,274 

409,7 

25,9 

383,8 

9,355 

0,22339 

—  49 

15. 

25,627 

411,8 

26,2 

385,6 

9,675 

0,22435 

+  47 

16. 

25,490 

411,8 

26,5 

385,3 

9.700 

0,22390 

+  02 

410,9 

26,2 

484,9 

0,22388 

Tr^J^'^  =  86.127 

£    =  +  0,00048 

VI.  Versuchsreihe  bei   500". 


No. 

Q 

Pt 

ZW 

T 

T 

dT 

dt         c"" 

r 

d 

=  0,000 

17. 

2,3860 

0,0459 

2.5,6.50 

512,8 

25,1 

487,7 

10,.584    0,23268 

+  55 

18. 

26,217 

511,0 

25,1 

485,9 

10,282    0,23189 

—  24 

19. 

26,500 

511,0 

24,6 

486,4 

10,176     0,23174 

—  39 

20. 

TP 

511.6_  ,, 
25.0 

25,872 
12.955 

511,8 
511,6 

25,1 
25,0 

486,7 
486,6 

10,4.50     0.23220 
0.23213 

f    =+0,00042 
7«;  = +  0.00021 

+  07 

=  0,90/00- 

Vll.  Versuchs 

•  r  e  i  h  ( 

}  bei  600». 

No. 

Q 

Pt 

ZW 

T 

T 

ZIT 

dt        c'^ 

T 

d 

=  0,000 

21. 

5,7864 

0,1428 

107,79 

614,0 

^2d,7 

590,3 

7,496     0,23.576 

—  73 

22. 

108,27 

609,1 

23,8 

585,3 

7,424     0,23665 

+  16 

23. 

109,11 

613,5 
612,2 

23,8 
23,8 

589,7 
58S,4 

7,439     0,23707 
0,23649 

+  58 

W 

T3'8=  139,151 

f    =  +  0,00067 
£;=  + 0,00039  = 

=  l,6  7o(K 

VIII.  Versuch 

s  r  e  i  h 

e  bei  1 

(00*. 

No. 

•   Q 

Pt 

ZW 

T 

T 

JT 

dt        c'' 

T                - 

J 

=  0,000 

24. 

4,9350 

0,1115 

109,60 

705,8 

23,9 

681,9 

7.488     0.24316 

+  73 

25. 

108,79 

705,3 

24,0 

681,3 

7,498     0,24189 

-54 

26. 

108,67 

701,6 
704,2 

23,9 
23,9 

677,7 
680,3 

7,477     0.24223 
0,24243 

-  2(» 

W 

-;^=  164,925 

f    =  ±  0,00()66 

E  =  ±  0.00038  = 

=  l,6»/oa- 

Viertel.iahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrj^.  5S 

:.     1907. 

27 

410  Hans  Stierlin. 

IX.  Versuchsreihe  bei  800». 
No.  Q  Pt  J:W        T         t        ziT        Jt  C^  ^ 

^      =  0,00 

27.  3,8866  0,0809  108,50  801,8  23,7  778,1  6,852  0,24521  —117 

28.  109,63  800,0  24,0  776,0  6,828  0,24757  +  119 

29.  106,77  818,1  24,4  793,7  7,136  0,24636  —002 

806,6  23,9  782,7       0,24638 
n^806,6  ^  192  842  £  =  +  0,00097 


E  =  ±  0,00056  =  +  2,3  "/oo. 

X.  Versuchsreihe  bei  900». 

No.            Q           Pt         J:W         T          t  ^T        M           C^         ^^^ 

30.  3,8866     0,0809     108,09     896,5  24,3  872,2  7,939     0,25237     +  194 

31.  109,51     899,1  24,5  874,6  7,760    0,24939     —  104 

32.  108,25     904,0  24,7  879,3  7,897     0,24953     —  090 

899,9  24,5  875,4                 0,25043 

p^899,9  ^  219,226  B    -=  +  0,00168 

24-0  — 


E  =  ±  0,00097  =  ±  3,9  "/oo. 

Aus  den  gefundenen  Werten  W^  berechnete  ich  zunächst  die 
Gesamtwärmen  zwischen  20**  und  T^.  Da  t  bei  allen  Versuchen  in 
der  Nähe  von  20"  liegt,  ist  die  Umrechnung  von  W^  auf  IFg^  mög- 
lich, sobald  ein  Näherungswert  der  wahren  spezifischen  Wärme  bei 
20"  bekannt  ist.  Ein  solcher  ergibt  sich  leicht  aus  den  Versuchs- 
reihen I  und  II.  Dort  wurde  gefunden:  C^^  '  =  0,15283  und 
(7^^'g  =  0,19084.  Nehmen  wir  an,  dass  für  diese  beiden  Intervalle 
die  mittleren  spezifischen  Wärmen  gleich  den  wahren  spezifischen 
Wärmen  bei  den  mittleren  Temperaturen  sind,  so  wird 

G~'Z  =  ^-2M  =  0'1528   und  Cf,;  =  C,,,  =  0,1908 
und  daraus 

CgQ  =  0,1740  (Näherungswert). 

Nun  ist 

'^^20  '*^  r   ^^     "^20 

und 

W^^  =  (r  -  20) .  C20  =  0,1740  (t  -  20)  für  t  ^  20". 

Die  folgende  Tabelle  zeigt   diese  Korrekturglieder    W^^,    die  zu 

rp  rp 

W ^    addiert,    IFgo  ergeben. 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  411 

<  T-20  Tf;„  <  T 

—  14,519  —  1,9  —  0,331  —  14,850  —  76,9 

+  15,076  —0,2  —0,035  +15,041  +98,8 

39,259  +6,5  +1,131  40,390  218,0 

61,834  4,9  0,853  62,687  313,6 

86,127  6,2  1,079  87,206  410,9 

112,955  5,0  0,870  113,825  511,6 

139,151  3,8  0,661  139,812  612,2 

164,925  3,9  0,679  165,604  704,2 

192,842  3,9  0,679  193,521  806,6 

219,226  4,5  0,783  220,009  899,9. 

Die  Gesamtwärme  TF^o  ist  eine  Funktion  von  {T  —  20);  ich  wählte 
als  solche,  um  den  Messresultaten  geringen  Zwang  anzutun,  eine 
Funktion  4.  Grades,  stellte  also    ITgo  ^^^  ^^  ^^^  Form: 

Wl  =  a{T-  20)  -hß(T-  20f  +  y  (T  -  20)'  +  ö  •  (T-  20)*. 

Aus  den  10  Versuchsreihen  ergaben  sich  so  10  Gleichungen  von 
der  eben  angeführten  Form,  aus  denen  die  4  unbekannten  Koeffizienten 
«,  ß,  y,  d  nach  den  Regeln  der  Ausgleichimgsrechnung  berechnet  wurden.^) 

ß,  ß,  y,  d  bekamen  die  Werte: 

«^4-0,174743 

ß  =  +  0,000168292 

y  =  —  0,000000132352 

d  =  +  0,0000000000432990. 
Es  wird  also: 

W^^=  0,174743  (r- 20) +  0',168292(r- 20)'  — 0',132352(r-20)' 

+  0^^432990(^— 20)*  L 

Die  wahre  spezifische  Wärme  bei  bestimmter  Temperatur  ist  der 
Zuwachs  der  Gesamtwärme  pro  1"  Temperatursteigerung;  wir  be- 
kommen also  die  wahre  spezifische  Wärme  als  Funktion  von  Z"— 20, 
wenn  wir  den  Ausdruck  für   TF^  nach  T  differenzieren: 


r        d  W4 


20 

'2'=^^^  =  «  +  2|3(r— 20)  +  3y(r— 20)'  +  4(5(2'-20)'. 
Diese  Funktion  kann  einfacher  dargestellt  werden  in  der  Form: 
CT=a-\-'bT  ^  cT^-hdT\ 

wobei  für  ah  c  d  durch  Gleichsetzen  der  Glieder  desselben  Grades  in 
T  beider  Ausdrücke  Ct  erhalten  wird: 


')  Siehe  Weinstein,  Handb.  der  physikal.  Bestimmungen,  I.    Seite  421  f. 


412  Hans  Stierlin. 

a  =  a  —  2'20ß-hS-20"^y—    4  •  20^  ö  =  4-0,167851 
6=-  2/3  — 2- 3 -207  + 3 -4 -20^0  =  +0,000352674 

c  =  3y  —  3-4-20ö  =  —  0,000000407447 

d=  4  0  =  4-0,000000000173196. 

Die  wahre   spezifische  Wärme   von   amorphem    (geschmolzenem) 
Quarz  bei  der  Temperatur  T^C  ist  also: 

C'y  =  0,167851  +  0^352674  •  T  —  0^407447  T^  +  0^173196  T^  IL 

Die  aus  den  Grleichiingen  I  und  II  von  100  zu  100°  berechneten 
Werte  sind  in  der  folgenden  Tabelle  zusammengestellt. 


T 

< 

0  iji 

273" 

0,03769 

lOO'' 

-  18,30 

—  14,88 

0,12834 

0» 

—   3,42 

0 

0.16785 

100« 

+  14,98 

18,40 

0,19922 

200« 

36,18 

39,60 

0,22348 

300« 

59,48 

62,90 

0,24166 

400« 

84,34 

87,76 

0,25482 

500« 

110,32 

113,74 

0,26398 

600« 

137,04 

140,46 

0,27018 

700« 

164,28 

167,70 

0,27448 

800« 

191,91 

195,33 

0,27790 

900« 

219,87 

224,29 

0,28149 

1000« 

248,28 

251,70 

0,28627 

überdies  sind  auf  der  Tafel  pag.  413  durch  Kurve  I  die  Gesamt- 
wärme W^  und  durch  Kurve  II  die  wahre  spezifische  Wärme  C j, 
je  als  Funktion  der  Temperatur  dargestellt.  Die  in  der  Nähe  der 
Kurve  I  markierten  Punkte  repräsentieren  die  Gesamtwärme  TF.,q^ 
wie  sie  unmittelbar  aus  den  Versuchen  sich  ergaben.  Wie  ersicht- 
lich, folgt  die  Kurve  ziemlich  gut  dieser  Punktreihe;  es  ist  also  in 
der  Tat  W^  mit  genügender  Annäherung  an  die  Wirklichkeit  durch 
eine  Funktion  4.  Grades  in  T  darstellbar.  In  Kurve  II  macht  sich 
in  der  Gegend  zwischen  700  und  800«  eine  Änderung  der  Krümmungs- 
richtung bemerkbar.  Die  Lage  dieses  Wendepunktes  ergibt  sich 
genauer  durch  zweimalige  Differenziation  von  Cj,  nach  der  Tem- 
peratur und  Nullsetzen  dieses  2.  Differentialquotienten  zu  T  ^  784«. 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  413 


414  Hans  Sti  erlin. 

Ein  ähnliches  Verhalten  ist  von  Bontschew  ^)  bei  Aluminium,  voa 
Adler ^)  bei  Chrom,  von  Brunner ^)  bei  Calcium  und  Magnesium  be- 
merkt worden.  Frühere  Beobachter  haben  meist  die  spezifische 
Wärme  als  Funktion  2.  Grades  von  t  darstellen  können.  Ein  zweites 
vermehrtes  Anwachsen  der  spezifischen  Wärme  mit  der  Temperatur 
machte  sich  ihnen  also  nicht  bemerkbar.  Doch  scheint  es  nicht  aus- 
geschlossen, dass  bei  Untersuchungen  mit  grossem  Temperaturbereich 
auch  bei  andern  Körpern  eine  sqlche  Inflexion  der  Kurve  der  spezifischen 
Wärme  gefunden  wird,  dass  dies  also  eine  ziemlich  verbreitete  Eigen- 
schaft der  festen  Körper  ist.  Ob  ein  Zusammenhang  zwischen  diesem 
Verhalten  der  spezifischen  Wärme  und  der  Änderung  gewisser 
elastischer  Eigenschaften  (Stabilisierungspunkt,  Anlasstemperatur  etc.) 
fester  Körper  besteht,  werden  weitere  Untersuchungen  klarlegen, 
müssen. 

Vergleichung   meiner  Resultate  mit  denen  anderer  Untersuchungen 
über  die  spezifische  Wärme  des  Quarzes. 

Im  Verlaufe  meiner  Arbeit  publizierte  C.  Dietrici^)  eine  Arbeit 
über  die  spezifische  Wärme  des  Wassers  bei  hohen  Temperaturen, 
(bis  300").  Dietrici  schloss  bei  seinen  Versuchen,  die  mit  dem  Eis- 
calorimeter  ausgeführt  wurden,  Wasser  in  Quarzröhren  ein,  musste 
also  die  spezifische  Wärme  dieser  Einschlussröhren  durch  Neben- 
versuche bestimmen.  Er  erhält  für  die  wahre  spezifische  Wärme  des 
amorphen  Quarzes  im  Temperaturbereich  0 — 300"  den  Ausdruck: 

Cf  =  0,16791  +  0,000350  •  t  —  0,0000003075  •  f, 

und  zwar  ist  C^  hier  ausgedrückt  in  Bunsenschen  Calorien.  Zur  Ver- 
gleichung mit  meinen  Ergebnissen,  denen  die  15"  Calorie  zugrunde 
liegt,  müssen  die  von  Dietrici  gefundenen  Werte  durch  das  Verhältnis 
der  15"  Calorie  zur  0  — 100"  Calorie  dividiert  werden.  Dieses  Ver- 
hältnis ist  nach  Rowland^)  1,0032,  nach  einer  neueren  Bestimmung 
von  Behn«)  1,0003. 

Die  folgende  Tabelle  zeigt  in  der  zweiten  Kolonne  nochmals  die 
gefundenen  Werte  von  C^,  in  den  beiden  folgenden  die  nach  Rowland 


^)  Bontschew,  Spezifische  Wärme  des  Aluminiums.     Diss.     Zürich  1900. 

^)  Adler,  Spezifische  Wärme  des  Chroms.     Diss.     Zürich  1902. 

^)  Brunner  1.  c. 

*)  C.  Dietrici,  Spezifische  Wärme  des  Wassers  bei  hohen  Temperaturen^ 
Drudes  Annalen  1905,  Heft  4. 

^)  WüUner,  Wärme  pag.  506.  Mit  dem  angegebenen  Wert  stimmt  gut  übereirfc 
der  von  Veiten  zu  1,0035  gefundene. 

*)  Behn,  Drudes  Annalen  1905,  pag.  653. 


Einige   physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes. 


415 


resp.  Behn  auf  die  15*^  Calorie  umgerechneten  Resultate  Dietricis  samt 
den  Abweichungen  in  Prozenten  von  den  meinigen: 


t 


Vo 


a 


7o 


gefunden 

nach  Bowland 
umgerechn. 

nach  Behn 
umgerechn. 

0 

0,16785 

0,16738 

—  0,28 

0,16786 

0,00 

100 

0,19922 

0,19919 

—  0,01 

0,19977 

+  0,28 

200 

0,22348 

0,22489 

+  0,63 

0,22554 

+  0,92 

300 

0,24166 

0,24444 

+  1,15 

0,24515 

+  1,45 

Alle  andern  mir  bekannten  Untersuchungen  der  spezifischen 
Wärme  des  Quarzes  behandeln  nicht  gegossenen  amorphen  Quarz, 
sondern  kristallinischen.  Die  angegebenen  Resultate  stimmen  aber 
nicht  gut  überein,  was  vielleicht  seinen  Grund  z.  T.  in  der  Ver- 
schiedenheit des  Versuchsmaterials  hat. 

Die  ausgedehnteste  Arbeit  dieser  Art  stammt  von  Pionchon  ^), 
der  die  spezifische  Wärme  bis  gegen  1200''  bestimmte.  Er  vergleicht 
die  Gesamtwärme,  die  der  Quarz  bei  der  Abkühlung  auf  0"  abgibt, 
mit  der  Gesamtwärme  einer  auf  dieselbe  Temperatur  erwärmten 
P?- Kugel  und  nimmt  für  die  spezifische  Wärme  des  Pt  den  von 
Violle-)  gefundenen  Wert  als  richtig  an.  Pionchon  erhält  so  für 
Gesamtwärme  und  wahre  spezifische  Wärme  die  Ausdrücke: 

6'1=  0,1737- ^  +  0,000197  i^ 


0,00000009  .  f 


a  =  0,1737  +  0,000394  t  —  0,00000027  f 


gültig  von 
0—400°. 


und 


17^=  — 26,57  +  0,305-^ 


a 


0,305 


zwischen  400  und   1200°. 


In  der  Tafel  pag.  36  sind  diese  Resultate  graphisch  dargestellt. 
Wie  ersichtlich,  steigt  die  Kurve  für  die  wahre  spezifische  Wärme 
anfangs   rasch    an   und  wird  über  400°  horizontal.^)     Die  spezifische 


>)  Pionchon,  C.  R.,  1U6,  pag.  1344.  Leider  findet  sich  in  dieser  Abhandlung 
keine  Angabe  über  die  Art  und  Form  des  verwendeten  Materials.  Ferner  hat  sich 
hier  offenbar  in  der  Literatur  ein  Druckfehler  eingeschlichen:  Sowohl  in  C,.  R.  1.  c. 
wie  auch  in  VVinkelmann.  Handb.,  Bd.  III,  Wärme,  1906,  pag.  183  sind  die  Aus- 
drücke angegeben : 

Wl  ==  0,1737  t  +  0,000197  t^  -  0,000000009  t^  (8  Nullen !) 
Cf  =  0,1737     +  0,(X)0394  t   -  0,000000027  f  (7  Nullen!), 

während  aus  den  angegebenen  Daten  sich  die  obigen  Werte  ergeben. 

2)  Violle,  C.  R.  8.5,  pag.  543,  spez.  Wärme  des  Pt:  Cf  =  0,0317  +  0,000006  •  t. 

^)-  Die  Kurvenstücke  für  C^  berechnet  aus  den  beiden  Formeln  t  ^g  400"* 
schliessen  bei  400"  nicht  aneinander  an! 


416  Hans  Stierlin. 

Wärme  des  kristallinischen  Quarzes  wäre  demnach  von  400"  an  kon- 
stant. —  Neuere  Untersuchungen  des  Platins  0  liefern  für  dessen 
spezifische  Wärme  Werte,  die  etwa  4"'o  kleiner  sind  wie  die  von 
Violle  erhaltenen;  also  dürften  auch  die  spezifischen  Wärmen  des 
Quarzes  nach  Pionchon  ca.  47o  zu  gross  ausgefallen  sein. 

Eine  direkte  Messung  der  spezifischen  Wärme  des  kristallisierten 
Quarzes  schien  mir  wünschenswert.  Bei  einer  ersten  Versuchsreihe 
erhitzte  ich  ein  ziemlich  wohlgestaltetes  Stück  Bergkristall  von 
ca.  9  gr.  auf  die  Anfangstemperatur  138*^, 

Beim    ersten  Versuch   ergab   sich   zwischen    138*^    und    20°   eine 
mittlere  spezifische  Wärme 
Die  darauffolgenden  Versuche  lieferten: 


C'Z  -  0,177. 

2. 

„  =  0,188 

3. 

„  =  0,200 

4. 

„  =--  0,20147 

5. 

„  =  0,20339 

6. 

„  =  0,20328 

Dieses  merkwürdige  Verhalten  hat  folgenden  Grund:  Bei  der 
plötzlichen  Abkühlung  des  Bergkristalls  im  Calorimeter  von  138"  auf 
etwa  20*^  bildeten  sich  im  Innern  des  Stückes  eine  Masse  von  Sprüngen. 
Der  Wärmewert  der  Arbeit,  die  bei  dieser  Sprengung  geleistet  wird, 
geht  für  die  calorimetrische  Messung  verloren :  die  gesamte  ans 
Calorimeter  abgegebene  Wärme,  und  mit  ihr  die  spezifische  Wärme, 
fallen  zu  klein  aus.  Beim  2.  Versuch  wurde  die  Anzahl  der  Sprünge 
noch  vergrössert;  nach  dem  dritten  sah  der  früher  glasklare  Kristall, 
der  im  übrigen  seine  äussere  Form  beibehielt,  milchweiss  undurch- 
sichtig aus.  Offenbar  bildeten  sich  in  der  Folge  nicht  mehr  viele 
neue  Sprünge;  die  spezifische  Wärme  blieb  vom  4.  Versuch  an  un- 
gefähr auf  demselben,  jetzt  richtigen  Wert.  Bei  einem  späteren  Zer- 
bröckeln des  Kristalls  zeigte  es  sich,  dass  selbst  die  kleinsten  dadurch 
erhaltenen  Teilchen  noch  weiss  aussahen,  dass  also  der  ganze  Quarz- 
kristall in  sehr  kleine  Teile  zersprungen  war.  Die  Wärmemenge, 
die  bei  diesem  Pulverisieren  aufgewendet  wurde,  berechnete  sich  aus 
den  angeführten  Versuchen  zu  insgesamt  etwa  20"/o  der  Gresamtwärme 
zwischen  138  und  20'',  was  pro  1  gr.  ungefähr  5  Calorien  oder  2  mkg. 
ausmacht.  Ob  Pionchon  bei  seiner  Untersuchung  der  spezifischen 
Wärme  auf  das  Zerspringen  der  Quarzstücke  Rücksicht  genommen 
oder  aber  dasselbe  durch  Verwendung  von  fein  pulverisiertem  Material 
vermieden  hat,  ist  mir  nicht  bekannt  (vergl.  Anm.  1  pag.  415). 

Berechnet  man  aus  den  drei  letzten  Versuchen  die  Gesamtwärme, 
Tf^'o,  so  ergibt  sich:    W^H  =23,96. 


1)  Tilden,  Proc.  Royal  Soc  71.  pag.  220  (1903). 


Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes.  417 

Eine  zweite  Versuclisreihe,  bei  welcher  aus  Bergkristall  her- 
gestellter feiner  Quarzsand,  in  einer  Hülse  aus  dünnem  Silberblech  ein- 
geschlossen, auf  ca.  600'^  Anfangstemperatur  gebracht  wurde,  lieferte 
als  Mittel:  W'^^=  145,65  Cal.  In  der  Tafel  sind  diese  beiden  Punkte 
bezeichnet.  Beide  Werte  sind  kleiner  als  die  von  Pionchon  gefundenen 
(24,15  resp.  156,03),  aber  je  um  ca.  4,57o  grösser  wie  die  Gesamt- 
wärmen des  gegossenen  amorphen  Quarzes  zwischen  den  entsprechenden 
Temperaturen. 

Vergleichung  der  Resultate  mit  den  Gesetzen  von  Neumann  und  Kopp. 

Neumann  stellt  in  Analogie  mit  dem  Dulong-Petitschen  Gesetz 
den  Satz  auf:  In  chemisch  ähnlich  zusammengesetzten  Körpern  ist 
das  Produkt  aus  Molekulargewicht  und  spezifischer  Wärme:  die 
Moleki;larwärme,  konstant.  Untersuchungen  von  Regnault  ergaben 
im  Mittel  für  die  Molekularwärme  der  Oxyde  von  der  Form  RO^  den 
Wert  14,35.0  Da  das  Molekulargewicht  des  SiO^  M  =  28,4  +  32  =  60,4 
beträgt,  ergibt  sich  aus  meinen  Versuchen  für  die  Molekularwärme 
■des  Quarzes: 

bei       0°:     60,4  •  0,1679  =  10,13 

100":  0,1992=12,03 

200«:  0,2235  =  13,50 

300'^:  0,2417  =  14,60. 

Zwischen  200  und  300"  ist  die  Molekularwärme  des  Quarzes  normal. 

Koppscher  Satz:  Die  Molekularwärme  einer  Verbindung  ist  gleich 
der  Summe  der  Atom  wärmen  ihrer  Komponenten. 

Für  die  Atomwärme  des  0  in  Verbindungen  findet  Regnault  im 
Mittel  4,2.-)  Nach  den  Versuchen  von  H.  F.  Weber  ^  sind  die  spezi- 
fischen Wärmen  des  Siliciums  bei  verschiedenen  Temperaturen: 

Co    =  0,160  C200  =  0,205 

^00=  0,196  (7300  =  0,210. 

Demnach  wird: 


Temperatur 

Atomwärme 
des  Si 

Molekularwärme 
von   O2 

MolekularAvärme 
von  Si  O2 

gefunden 

0 

4,5 

8,4 

12,9 

10,1 

100 
200 
300 

5,6 
5,8 
6,0 

8,4 
8,4 
8,4 

14,0 
14,2 
14,4 

12,0 
13,5 
14,6 

*)  WöUner,  Wärme,  5.  Aufl.,  pag.  6:23. 
^)  VVüllner,  Wärme,  5.  Aufl.,  pag.  627. 

')  H.   F.   Weber,    Spezifische   Wärmen    von    C,    B   und    Si,    Programm    zur 
56.  Jahresfeier  der  Akademie  Hohenheim. 


418  Hans  Stierlin. 

Die  gefundene  Molekularwärme  stimmt  zwischen  200  und  300** 
mit  der  aus  den  Komponenten  berechneten  überein. 

Resultate. 

Die  spezifische  Wärme  des  amorphen  gegossenen  Quarzes  nimmt 
mit  der  Temperatur  im  ganzen  untersuchten  Bereiche  zu.  Die  Zu- 
nahme ist  am  grössten  bei  den  tieferen  Temperaturen,  nimmt  nachher 
ab,  um  von  ca.  800**  an  neuerdings  zu  wachsen.  Die  spezifische 
Wärme  ist  im  untersuchten  Gebiet  wesentlich  kleiner  wie  diejenige 
des  kristallisierten  Quarzes. 

Es  ist  eingangs  erwähnt  worden,  dass  die  spezifische  Wärme 
vom  Ausdehnungskoeffizienten  abhängig  ist,  dass  sie  diesem  /^  sich 
ändert.  Es  wäre  also  zu  erwarten  gewesen,  dass  der  amorphe  Quarz 
entsprechend  dem  kleinen  Ausdehnungskoeffizienten  eine  anormal 
kleine  spezifische  Wärme  besitzt,  und  dass  dieselbe  kleiner  ist  wie 
die  des  Bergkristalls. ^)  Das  letztere  ist  der  Fall;  dagegen  ist  die 
spezifische  Wärme  nicht  anormal  klein,  sondern  folgt  dem  Gesetz 
von  Kopp,  wie  sich  nach  dem  Verhalten  der  ^S'i-Komponente  erwarten 
liess,  bei  etwas  erhöhter  Temperatur,  nämlich  bei  200  bis  300**. 

Nach  Untersuchungen  von  Regnault")  wird  die  spezifische  Wärme 
einer  Substanz  unter  sonst  gleichen  Umständen  kleiner,  wenn  die 
Dichte  der  Substanz  grösser  wird.  Die  Dichte  des  geschmolzenen 
Quarzes  ist  um  ca.  17**/o  kleiner  wie  die  Dichte  des  kristallisierten 
Quarzes.  Das  umgekehrte  Verhalten  der  spezifischen  Wärme  des 
Quarzes  gegenüber  dem  anderer  Körper  lässt  sich  zum  Teil  dem 
wesentlich  kleineren  Ausdehnungskoeffizienten  der  amorphen  Modifi- 
kation zuschreiben,  teils  aber  wohl  auch  der  Verschiedenheit  des 
molekularen  Aufbaues  der  beiden  Modifikationen,  wie  dies  bei  ß,  As 
u.  a.  der  Fall  ist. 

Der  gegossene  Quarz  darf  für  die  praktische  Verwendung  bei 
thermischen  Messungen  sehr  empfohlen  werden.  Seine  Unempfind- 
lichkeit  gegen  rasche  Temperaturwechsel,  seine  grosse  Festigkeit  und 
seine  chemische  Beständigkeit  machen  ihn  hierzu  sehr  geeignet.  Ins- 
besondere wird  er,  wie  dies  die  zitierte  Arbeit  von  Dietrici  beweist, 
als  Einschlussmaterial  bei  der  Bestimmung  der  spezifischen  Wärme, 
der  Schmelzwärme,  Verdampfungswärme  und  Dissoziationswärme  etc. 
von  an  der  Luft  oxidierenden  Körpern,  von  Flüssigkeiten  und  Gasen 
grosse  Dienste  leisten  können.  Die  hier  bestimmte  spezifische  Wärme 
des  amorphen  Quarzes  vermittelt  seine  Verwendbarkeit  bis  zu  Tem- 
peraturen von  900**. 

*)  Vergl.  pag.  390.     2)  Regnault,  Poggend.  Ann.  LXII  u.  LI. 


Mitteilungen  aus  dem  botanischen  Museum  der  Universität  Zürick 

(XXXVI). 

1.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  afrikanischen  Flora  (XX). 

(Neue   Folge.) 

Herausgegeben  von  Hans  Schinz  (Zürich). 

Mit  Beiträgen  von 
E.  Ilaekel  (Attensee).     Alfred  Cogniaux  (Nivelles).    Hans  Schinz  (Zürich). 


Gramineae. 

E.  Hackel  (Attensee). 

Ischaenium  Jtinodii  Hack.  nov.  spec. 

Culmus  erectus  plus  80  cm  altus  (incompletus  exstat),  teres,  infra 
nodos  et  paniculam  appresse  pubescens,  circ,  6  —  nodus,  simplex,  fere 
ad  apicem  usque  foliatus.  Vaginae  internodia  superantes,  teretes^ 
appresse  pubescentes,  nodis  pilosulis,  ore  longius  barbatae.  Ligula 
brevissima,  membranacea,  truncata,  ciliolata,  intus  pilis  stipata.  Lami- 
nae  ex  angustata  basi  lineari-lanceolatae ,  acutae,  circ.  20  cm  lg., 
10 — 15  mm  lt.,  planae,  rigidulae,  subtus  appresse  pilosae,  supra  glabrae 
V.  pilis  adspersae,  marginibus  scabrae,  tenuinerves.  Racemi  in  apice 
culmi  3 — ^,  in  rbacheos  communis  vix  1  cm  longae  nodis  solitarii  v. 
bini,  sessiles,  subaequales,  8 — 10  cm  longi,  circ.  4  —  5  mm  lati,  patentes, 
subflexuosi,  livide  purpurascentes.  Rhacheos  subtenacis  articuli  spicula 
sessili  duplo  breviores,  crassiusculi  (0,6  mm  lt.),  obtuse  trigoni,  basi 
rectilinei,  ciliati,  ciliis  exterioribus  et  superioribus  articulum  sjibae- 
quantibus.  Spiculae  sessiles  cum  callo  15  mm  longo  semicylindracea 
obtuso  basi  breviter  barbato  6  mm  longae,  oblongae:  gluma  I.  in 
Vs  inferiore  chartacea,  brunnescens,  glabra,  scabra,  in  medio  herbacea 
viridis,  pilis  longiusculis  appressis  obsita,  in  \'3  superiore  utrinque  ala 
membranacea  latiuscula  glabra  purpurascente  instructa,  apice  bidentata, 
marginibus  anguste  inflexa,  9-nervis,  nervis  prominulis  subpercurren- 
tibus;  IL  P™  aequans,  ovato-lanceolata,  subulato-acuminata,  carina 
superne  scabra,  medio  parce  pilosa,  5-nervis,  chartaceo-membranaceo; 
III.  quam  I  paullo  brevior,  elliptica  acuta,  membranacea,  hyalino-alata, 
ciliolata,  1 -nervis,  ejus  palea  lanceolata,  acuta,  2-nervis,  floris  <S 
antherae  2  mm  longae.  Gluma  IV.  quam  IL  7^  brevior,  in  Vs  superiore 
bifida,  laciniis  lineari-deltoideis  acutis  ciliolatis,  inferne  3-nervis,  e  sinu^ 
aristam  emittens  circ.  10  mm  longam  perfectam,  cujus  columna  subu- 


420  Hans  Schinz. 

lam  basi  laxe  tortam  subaequat.  Palea  glumam  aequans  ovato- 
lanceolata  acuta  hj^alina,  tenuissime  binervis.  Spiculae  pedicellatae 
pedicello  quam  articulus  paullo  longiore  illi  simillimo  fultae,  5  mm 
longae,  lanceolatae,  purpurascentes:  gluma  L  acuta,  integra,  superne 
haud  alata,  sed  subapice  a  latere  compressa,  tota  chartaceo-membra- 
nacea,  toto  dorso  pilosa,  11-nervis,  II,  us  in  spicula  sessili  sed  tota 
pilosa,  reliqua  ut  in  sp.  sessili  sed  arista  brevior. 

Südafrika:  Transvaalkolonie,  Haut  Bokhahe  bei  Shilouwane, 
1000  m,  leg.  A.  Junod  2365a. 

Diese  Art  ist  mit  keiner  altweltlichen  verwandt,  sondern  nähert 
sich  dem  südamerikanischen  Ischaemum  latifolhim  Kunth,  dem  sie 
auch  habituell  ähnlich  ist,  das  sich  aber  durch  viel  zahlreichere 
.Scheinähren  (eigentlich  Trauben)  unterscheidet,  deren  Spindelglieder 
dünner  und  undeutlich  kantig  sind ;  die  erste  Hüllspelze  des  sitzenden 
Ährchens  hat  bei  I.  latifolium  einen  2 — 3  mm  langen,  stielförmigen, 
am  Grunde  langbärtigen  Callus,  ist  lanzettlich,  im  oberen  Teile  ohne 
die  bei  /.  Junodii  auftretenden  häutigen  Flügel,  kahl,  5 — 7-nervig. 
Die  vierte  Spelze  ist  bei  /.  latifolium  ganzrandig  oder  nur  ganz  kurz 
zweizähnig,  ihre  Granne  entbehrt  meist  einer  deutlichen  Scheidung  in 
Columna  und  Subula,  sie  ist  nur  am  Grunde  schwach  gedreht  und 
bloss  6 — 8  mm  lang. 

L.eguininosae. 

Hans  Schinz  (Zürich). 

Crotalaria  paucifolia  Schinz  nov.  spec. 

Herba  annua,  erecta,  a  basi  ramosa,  ramulis  adpresse  sericeo 
pilosis ;  foliis  petiolatis,  3-foliolatis,  foliolis  lineare  oblanceolatis,  apice 
acutis,  basi  acutis,  subtus  serieeis,  supra  subglabris;  racemis  termi- 
nalibus  longo  pedunculatis,  pauciiloris,  floribus  pedicellatis ;  calyce 
profunde  in  lacinias  anguste  lanceolatas  sericeas  partito ;  vexillo  dorso 
sericeo,  carina  longe  rostrata;  legumine  oblonge,  7 — 10  spermo,  griseo 
pubescente. 

Deutsch-Südwestafrika  (Amboland):  Namakunde  in  Uukuanyama, 
im  Sandboden,  Rautanen  553,  bl.  und  fr.  30.  III. 

Eine  grazile,  vom  Grunde  an  stark  verzweigte  Pflanze  mit 
schlanken  Zweigen,  an  denen  die  Laubblätter  auffallend  spärlich  ver- 
treten sind.  Die  Blattstiele  erreichen  eine  Länge  von  +  20  mm;  die 
Blättchen  sind  bis  über  40  mm  lang  und  +  3  mm  breit.  Die  +  12  cm 
langen  Blütenstände  sind  zwei-  bis  achtblütig.  Blütenstiele  +  3  mm, 
Kelchzähne  4  —  5  mm,  die  Blüten  selbst  +  18  mm  lang.  Das  Schiffchen 
ist  an  der  untern  Kante  gegen  den  Grund  zu  wollig  behaart.  Die 
Länge  der  Hülsen  beträgt,  bei  einer  Breite  von  5—6  mm,  10  mm. 


Mitteilungen  aus  dem  bot.  Museum   der  Universität  Zürich  (XXXVI).         4ät 

Crotalaria  hirsntissitna  Schinz  nov.  spec. 

Herba  perennis  (?),  a  basi  ramosa,  hirsutissima;  foliis  3-foliolatis, 
petioiatis,  foliolis  ellipticis,  apice  obtusis,  apiculatis,  supra  sparse  — , 
subtus  dense  hispidis;  racemis  paucifloris;  floribus  breviter  pedicellatis; 
calyce  profunde  in  lacinias  5  anguste  lanceolatas  partito;  vexillo 
glabro;  legumine  plurispermo,  glabro,  oblonge,  stipitato. 

Deutsch-Südwestafrika  (Hereroland):  Otavi,  Dinter  663,  bl.  und 
fr.  17.  IV. 

Ausgezeichnet  durch  die  auffallend  starke,  aus  steifen  langen 
Trichomen  bestehende  Behaarung.  Blattstiel  10—15  mm,  Blättchen 
(getrocknet)  schmutzig  dunkelgrün,  +  15  mm  lang  und  +  4  mm  breit. 
Kelchabschnitte  in  eine  Spitze  ausgezogen,  +  7  mm  lang.  Blütert 
+  13  mm,  Hülsen  20 — 25  mm  lang  und  8 — 10  mm  dick. 

Crotalaria  hisjnda  Schinz  tiov.  spec. 

Herba  annua,  a  basi  ramosa,  ramis  ramulisque  hispidis;  stipulis 
oblique  lanceolatis;  foliis-3  foliolatis,  petioiatis,  foliolis  ellipticis,  obtusis 
vel  subacutis,  apice  mucronulatis,  basi  acutis,  supra  glabris,  subtu» 
hispidis;  racemis  oppositifoliis ,  5-8-10  floris;  floribus  breviter  pedi- 
cellatis; calyce  adpresse  piloso,  ad  medium  5  dentato,  dentibus  lanceo- 
latis, subacutis;  corolla  glabra;  legumine  oblonge  globoso,  pluriovulato, 
stipitato,  adpresse  ferrugineo-sericeo. 

Deutsch-Südwestafrika  (Hereroland):  Omboatjipiro,  Dinter  447, 
bl.  und  fr.   29.  Hl. 

Eine  offenbar  einjährige,  krautige  Pflanze,  deren  untei'ste  Zweige 
dem  Boden  anliegend,  mit  den  Spitzen  aufstreben.  Die  Behaarung^ 
ist  an  Jüngern  Trieben  gelbrot.  Blattstiel  +  9  mm.  Blättchen  bis  30, 
ja  bis  50  mm  lang  und  3 — 8  mm  breit.  Infloreszenzen  f  75  mm  lang. 
Blütenstiel  2V2  — 4  mm,  Blüten  bis  5  mm  lang.  Hülsen  anliegend 
gelbrot  behaart,  eiförmig  kugelig,   10  mm  lang  und  7 — 8  mm  dick. 

Crotalaria  Idndneri  Schinz  ?iov.  spec. 

Annua,  erecta,  caule  adpresse  piloso ;  foliis  3-foliolatis,  petioiatis, 
foliolis  anguste  ellipticis,  obtusis  vel  truncatis  et  mucronulatis,  basin 
versus  cuneatis,  subtus  pilosis,  supra  glabris;  stipulis  subulatis: 
racemis  terminalibus,  paucifloris;  floribus  pedicellatis;  calyce  adpresse 
piloso,  profunde  5  partito;  corolla (?);  legumine  oblongo,  pluriovulato, 
glabro. 

Deutsch-Südwestafrika  (H  ereroland):  In  sandigem  Boden  um 
Otjimbingue,  Lindner,  bl.  V. 

Wenigverzweigte  Exemplare.  Blattstiel  +  2  mm,  mehrmals 
länger  als  die  unscheinbaren  Nebenblätter.    Blättchen  +  20  mm  lang 


422  Hans  Schinz. 

bei  einer  Breite  von  +  3  mm.   Blütenstiel  3—4  mm,   Früchte  im  Kelche 
^gestielt,  dick  walzlich,  18 — 20  mm  lang  und  +10  mm  dick. 

So  unvollständig  die  mir  vorliegenden  Exemplare  sind,  so  glaube 
ich  doch  dieselben  mit  einem  Namen  belegen  zu  dürfen,  ich  habe 
weder  in  unseren  Herbarien,  noch  in  denjenigen  des  britischen  Museums 
und  Kews  eine  Crotalaria  gefunden,  die  sich  mit  der  oben  skizzierten 
Pflanze  decken  würde. 

Crotalaria  Kurtii  Schinz  nov.  spec. 

Caulibus  numerosis,  elongatis,  pubescentibus ;  foliis  3-foliolatis, 
breviter  petiolatis,  foliolis  subtus  adpresse  pubescentibus,  obovato 
■ellipticis,  spatulatis  vel  oblanceolatis,  rotundatis,  mucronatis;  stipulis 
lanceolato  subulatis,  brevissimis;  racemis  oppositifoliis ;  calyce  ad 
medium  5  partito;  vexillo  extus  puberulo;  legumine  oblonge,  ovoideo, 
2 — 3  spermo,  pubescente. 

Deutsch -Südwestafrika  (Hereroland):  Waterbergplateau,  Kurt 
Dinter  bl,  9,  IX, 

Wohl  mehrjährig  und  vom  Grunde  an  viel  verzweigt  und 
zwar  buschig.  Blattstiel  4  —  8  — 15  (selten)  mm  lang.  Blättchen 
6  — 15 — 20  (selten)  mm  lang  und  fast  durchgehends  4 — 5  mm  breit, 
Blütenstiele  3—4  mm  lang,  Kelch  +  6  mm  lang,  hiervon  beanspruchen 
die  lanzettlichen  Kelchabschnitte  +  3  mm.  Die  Krone  hat  eine  Länge 
von  +  13  mm,  die  Hülse  eine  solche  von  11  mm  bei  einer  Breite 
von  +  8  mm. 

Crotalaria  mutabilis  Schinz  nov.  spec. 

Erecta,  annua,  caule  hirsuto;  foliis  3-foliolatis,  petiolatis,  foliolis 
anguste  lanceolatis  vel  lineare  ellipticis,  aristato  mucronatis,  supra 
glabris,  subtus  hirsutis,  glaucis;  racemis  terminalibus,  paucifloris  vel 
plurifloris,  floribus  pedicellatis;  calyce  hirsuto,  ultra  medium  5-partito; 
legumine  oblongo,  glabro, 

Deutsch-Slidwestafrika  (Amboland):  Olukonda,  Schinz  2062, 
ster,  H,,  Rautanen  373,  bl,  H.,  374,  bl.  V. 

Eine  aufrechte  Staude  mit  zerstreut  langbehaarten  Stengeln, 
Blattstielen,  Laubblättern,  Blütenständen  und  Kelchen.  Die  Blattstiele 
sind  +  3  cm  lang  und  werden  von  lanzettlichen,  zugespitzten,  +  10  mm 
langen  Nebenblättern  begleitet.  Blättchen  2V2 — 6  cm  lang  und +  4  mm 
breit,  unterseits  mit  vereinzelten  langen  Haaren,  oberseits  kahl  und 
hellgelbgrün  (getrocknet),  Blütenstiele  +  5  mm.  Der  Kelch  hat  eine 
Länge  von  +  8  mm  und  ist  bis  über  die  Mitte  geteilt;  die  Kelch- 
zipfel sind  breit  lanzettlich  und  zugespitzt.  Die  13—15  mm  lange 
Krone  ist  mit  Ausnahme  des  an  den  beiden  obern  Kanten  wollig  be- 


Mitteilungen  aus  dem  bolan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       423 

haarten    Schiifchens   völlig    kahl.      Hülse    oblong    (unreif),    kahl   und 
mehrsamig. 

Lotononis  Dinteri  Schinz  nov.  spec. 

Herba  perennis  (?),  basi  ramosa;  ramis  teretibus,  sericeo  villosis; 
stipulis  foliaceis,  lanceolatis,  villosis,  foliorum  petiolo  aequilongis 
longioribusve ;  foliis  erecto  patentibus,  longe  petiolatis,  villosis 
foliolis  anguste  lanceolatis  acutis;  floribus  fasciculatis ;  calyce  villoso, 
segmentis  subulatis;  vexillo  unguiculato  spathulato  villoso;  carina 
obtusa,  vexillo  alisque  carina  brevioribus;  ovario  pluriovulato ,  apice 
villoso. 

Deutsch-Südwestafrika  (Hereroland):  Otavi,  Dinter  664,  17.  VI. 

Eine  anscheinend  mehrjährige,  krautige,  aufrechte  Pflanze,  die 
ausgezeichnet  ist  durch  eine  etwas  ins  Gelbliche  tönende  lange,  weiche 
Behaarung,  die  nur  dem  Androeceum  und  zum  Teil  dem  Fruchtknoten 
mangelt.  Die  Blätter  sind  bis  25  mm  lang  und  dreizählig,  die  Blätt- 
chen sind  schmal  lanzettlich,  +  20  mm  lang  und  +  3  mm  breit,  spitz 
und  werden  von  Nebenblättern  begleitet,  die  ungefähr  die  Länge  der 
Blattstiele  erreichen,  in  den  meisten  Fällen  habe  ich  pro  Laubblatt 
nur  ein  einziges  Nebenblatt  wahrgenommen.  Die  sitzenden  Blüten 
entspringen  zu  mehreren  den  Blattachseln.  Der  Kelch  misst  +  7  mm 
und  zwar  entfallen  hiervon  auf  die  Kelchröhre  5,  auf  die  fünf  pfriem- 
lichen Kelchzipfel  2  mm,  die  beiden  rechts  und  links  von  der  Mediane 
vorn  gelegenen  Kelchabschnitte  sind  etwas  tiefer  voneinander  getrennt. 
Der  stumpfe  Kiel  misst  +  10  mm  und  überragt  an  Länge  die  Fahne 
und  die  Flügel  um  bis  zu  3  mm.  Die  Fahne  ist  spateiförmig,  ober- 
wärts  +  274  mm  breit  und  7  mm  lang.  Der  Fruchtknoten  ist 
gegen  die  Spitze  zu  lang  behaart  und  +  7  sämig. 

X.  Dinteri  Schinz  var.  amboensis  Schinz  nov.  var. 

Unterscheidet  sich  vom  Typus  wesentlich  nur  durch  die  kleineren 
Blätter  und  das  mehr  silbergraue  Indument. 

Deutsch-Südwestafrika  (Amboland):  Namakunde  in  Uukuanyama, 
Rautanen  549,  28,  HL 

L.  Dinteri  Schinz  gehört  in  die  Sektion  Lei)tis  (Harvey  und 
Sonder,  Flora  Capensis,  II  (1861/62),  49,  und  würde  etwa  in  die  Nähe  der 
L.  villosa  Benth.  zu  stellen  sein,  einer  Art,  die  mir  allerdings  nur 
aus  der  Beschreibung  bekannt  ist. 

Tephrosia  shiluwanensis  Schinz  nov.  spec. 
Suflfrutex  erectus,  sparse  ramosus,  ramulis  sericeo  pilosis,  demum 
glabris;    foliis   petiolatis,   3 — 5  jugatis,    foliolis  oblongo   obovatis  vel 


424  Hans  Schinz. 

cimeatis,  truncatis  vel  emarginatis  et  subaristatis,  subtus  sericeo  pilosis, 
supra  glabris;  racemis  axillaribus  et  terminalibus;  calyce  piloso;  vexillo 
piloso;  legumine  glabro. 

Südafrika  (Transvaalkolonie):  Shiluwane,  600—700  m, 
Junod  2355. 

Bis  1  m  hohe  Staude,  aufrecht,  anscheinend  spärlich  verzweigt,  die 
Jüngern  Zweige  anliegend  seidig  behaart,  später  verkahlend.  Die  Laub- 
blätter sind  +  2V2  cm  lang  gestielt;  die  Blättchen  sind  3— 5paarig, 
länglich  verkehrteiförmig  bis  keilförmig,  +  1  mm  lang  gestielt,  oben 
abgestutzt  bis  flach  ausgerandet  und  grannenspitzig  (Grannenspitze 
mindestens  1  mm  lang),  +  2V2  cm  lang  und  +  1  cm  breit,  sie  sind 
unterseits  nicht  sehr  dicht  anliegend  seidig  behaart  (die  grüne  Farbe 
überwiegt  noch),  oberseits  kahl.  Die  lanzettlichen,  behaarten  Neben- 
blätter sind  in  eine  lange  Spitze  ausgezogen.  Die  traubigen,  blatt- 
achselständigen  oder  terminalen  Blütenstände  sind  mindestens  10  cm 
lang,  nicht  sehr  reich-,  aber  auffallend  grossblütig.  Die  Blüten  sind 
2 — 3  mm  lang  gestielt.  Der  mit  langen  weissen  Seidenhaaren  besetzte 
Kelch  ist  becherförmig;  zwei  der  Kelchzähne  sind  etwas  höher  hinauf 
untereinander  verwachsen  als  die  übrigen  Abschnitte.  Die  Fahne  ist 
auf  der  Aussenseite  mit  goldbraunen,  anliegenden  Seidenhaaren  be- 
kleidet und  mindestens  IV2  cm  lang  und  12  mm  breit.  Die  Hülsen 
sind  kahl,  vielsamig,   +  6  mm  lang  und  +  8  mm  breit,  dicklederig. 

Tephrosia  Difiteri  Schinz  nov.  sj^ec 

Herba  basi  fruticosa,  ranuilis  hirtis;  foliis  longo  petiolatis,  pinnatis 
2-jugis,  foliolis  anguste  ellipticis  vel  oblongo  lanceolatis,  basi  acutis, 
apicea  piculatis,  brevissime  petiolulatis,  subtus  et  supra  griseo  serieeis 
vel  substrigosis;  stipulis  subulatis;  floribus  longe  pedicellatis  in  race- 
mos  elongatos  dispositis;  calyce  dense  sericeo,  dentibus  lanceolato 
triangularibus ;  vexillo  extus  sericeo;  ovario  sericeo  strigoso. 

Deutsch-Südwestafrika  (Gross-Namaland):  Inachab,  Dinter 
II.  54,  bl.  X. 

Vom  Grunde  an  stark  verzweigte,  wohl  einjährige  Pflanze  mit 
sehr  schlanken,  langen  Infloreszenzen.  Laubblätter  bis  6  cm  lang, 
+  5  mm  breit.  Nebenblätter  +^  4  mm  lang,  abstehend.  Blütenstiele 
+  6  mm.     Kelchröhre  +  2  mm  lang.     Kelchzähne  +  IV2  mm. 

Tephrosia  (?)  monox^liylla  Schinz  nov.  spec. 

Caule  erecto,  dense  adpresse  argenteo  sericeo;  foliis  breviter 
petiolatis,  1-foliolatis,  oblongo  ellipticis,  mucronulatis,  supra  glabris, 
subtus  serieeis;  floribus  axillaribus  solitariis,  breviter  pedicellatis; 
calyce  sericeo  villoso;  vexillo  extus  sericeo;  legumine? 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).      425 

Deutsch-Slidwestafrika  (Hereroland):  Fleck  (ohne  nähere  Stand- 
ortsangabe) 463. 

Laubblattstiel  +  4  mm,  Spreite  4 — 6  cm  lang,  4—8  mm  breit. 
Blütenstiel  IV2 — 2  mm  lang.  Kelchröhre  +  4  mm,  Kelchzähne  +  1  mm. 
Prucht  bis  2V'2  cm  lang  und  +  4  mm  breit,  angedrückt  behaart. 

Die  im  Verhältnis  zur  Kelchröhre  so  überaus  kleinen  Kelchzähne 
passen  nicht  so  recht  zu  Tephrosia,  ich  kann  indessen  die  seltsame 
Pflanze  anderswo  nicht  unterbringen. 

Tejyhrosia  lactea  Schinz  nov.  spec. 

Suffruticosa,  ramulis  cinereo  holosericeis;  foliis  13  —  14  jugatis, 
petiolo  communi  holosericeo;  foliolis  oblongo  obovatis,  apice  emarginatis 
vel  rotundatis,  mucronatis,  basi  cuneato  acutis,  supra  glabris,  subtus 
lacteo-vel  cinereo  holosericeis;  racemis  terminalibus ,  pedunculatis, 
plurifloris,  holosericeis:  floribus  pedicellatis;  calyce  holosericeo,  dentato, 
dentibus  trianguläre  lanceolatis;  ovario  sericeo,  stylo  piloso. 

Deutsch-Südwestafrika  ^^Hereroland):  Epako,  in  sandigem  Boden, 
ßautanen  530,  bl.  u.  fr.  2.  IL,  A.  Lüderitz  (ohne  nähere  Standorts- 
bezeichnung). 

Die  prächtige  Behaarung  bildet  für  die  Pflanze  ein  auffallendes 
Merkmal.  Die  1  —  2  cm  lang  gestielten  Laubblätter  sind  bis  12  cm 
lang,  die  kurz  gestielten  Blättchen,  deren  grösste  Breite  über  der 
Mitte  gelegen  ist,  sind  nach  dem  Grunde  zu  keilförmig  verschmälert, 
18  —  25  mm  lang  und  5  —  9  mm  breit.  Die  Blütenstiele  messen  +  5  mm. 
Die  Kelchröhre  ist  +  3  mm  lang,  der  längste  Abschnitt  misst  +  5,  der 
kürzeste  +  3  mm.  Flügel  und  Fahne  sind  auf  der  Aussenseite  seidig 
behaart  und  zwar  hat  die  Fahne  eine  Länge  von  +  14  mm.  Blüten- 
farbe blaurot.  Die  Hülsen  messen  +  5  cm  in  der  Länge  und  +  4  mm 
in  der  Breite. 

TejyJti'osia  salicifolia  Schinz  nov.  spec. 

Herba  basi  suffruticosa,  ramulis  dense  ferrugineo  serieeis:  foliis 
breviter  petiolatis  vel  subsessilibus.  1-foliolatis,  oblongo  lanceolatis 
vel  anguste  ellipticis,  basi  acutis,  apice  obtusis  et  mucronatis,  supra 
glabris,  subtus  serieeis;  stipulis  minutis,  subulatis;  floribus  breviter 
pedicellatis,  in  racemos  elongatos  multifloros  dispositis:  calyce 
densissime  ferrugineo  sericeo,  dentato.  dentibus  lanceolato  trian- 
gularibus;  vexillo  extus  densissime  ferrugineo  sericeo;  stylo  barbato, 
ovario  ferrugineo  sericeo. 

Südafrika  (Transvaalkolonie):  bei  Hammanskraal.  1460  m^ 
Schlechter  4193,  bl.  16.  L;  zwischen  Koedoes  und  Middle  Letabariver. 
Junod  1554,  bl.L;  Boshveld,  Elandsrivier  and Elandsdrift,  Rehmann 4927. 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52.     1907.  28 


426  Hans  Schinz. 

Die  Laubblätter  dieser  Art  sind  bis  15  cm  lang  und  bis  10  mm 
breit;  das  auf  die  Unterseite  beschränkte  Indument  ist,  wenn  man 
die  Blätter  von  der  Spitze  gegen  die  Basis  zu  bestreicht,  rauh.  Die 
Nebenblätter  sind  +  2  mm  lang,  Die  endständigen,  traubigen  Blüten- 
stände tragen  durch  +  SVs  cm  lange  Internodien  getrennte  Blüten, 
deren  Kelch  +  nim  lang  ist.  Die  Kelchzähne  sind  +  2\^2  mm  lang, 
die  Fahne  hat  eine  Länge  von  +  1  cm.  Die  unreifen  Hülsen  sind 
dicht  braunrot-,  am  Rande  dunkelbraun-seidig  behaart. 

Hhynchosia  JUehinannii  Schinz  nov.  spec. 

Scandens,  caule  dense  hirsuto,  viscidulo;  foliis  longo  petiolatis, 
3-foliolatis,  foliolis  rhomboideo-ovatis,  basi  rotundatis,  apice  rotundatis 
vel  subacutis,  mucronatis  (terminalibus  longe  petiolatis),  supra  sparse 
hirsutis,  subtus  ad  nervös  hirsutis,  margine  revolutis;  stipellis  late 
lanceolatis  vel  subovato-lanceolatis,  acuminatis;  pedunculo  elongato, 
hirsuto,  viscidulo,  multiflori;  floribus  breviter  pedicellatis,  bracteis 
lineare  lanceolatis;  calyce  flavo  hirsuto,  tubo  brevi,  dentibus  lanceo- 
latis, acutis,  inter  se  fere  aequalibus,  infimo  ceteros  excedente;  coroUa 
glabra;  ovario  dense  hirsuto,  stylo  glabro. 

Südafrika  (Kapkolonie):  Rondebosh,  Rehmann  1669;  (Trans- 
vaalkolonie): Hoggeveld,  Standarton,  Rehmann  6809. 

Laubblattstiel  +  2  mm  lang,  Laubblättchen  +  272  cm  lang  und 
+  2  cm  breit,  Endblättchen  +  10  mm  lang  gestielt.  Die  Nebenblätter 
haben  eine  Länge  von  +  7  und  eine  Breite  von  +  4  mm.  Die  Blüten- 
trauben sind  +  9  cm  lang.  Der  Kelchtubus  misst  +  5  mm,  die 
Kelchzipfel  sind  12  mm  lang  und  mindestens  2  mm  breit. 

Charakteristisch  für  diese  Art  ist  die  stark  drüsige  Behaarung; 
auffallend  sind  des  weitern  die  breiten  Kelchzipfel  und  die  grossen 
Blüten,  deren  Fahnen  gestreift  sind. 

Mhynchosia  Totta  (Thunb.)  DG.  var.  Fenchelii  Schinz 
nov.  var. 

Scandens,  caule  breviter  griseo  puberulo;  foliis  petiolatis,  foliolis 
anguste  lanceolatis,  acutis  mucronatis,  basi  rotundatis,  utrinque  griseo 
puberulis;  stipulis  lineare  lanceolatis;  racemis  axillaribus,  1-vel  2-floris; 
floribus  pedicellatis;  calyce  puberulo,  dentibus  subulato  lanceolatis, 
acutis;  ovario  longe  hirsuto. 

Deutsch-Südwestafrika  (Grross-Namaland):  Keetmanshoop, 
Fenchel  195. 

Laubblattstiel  bis  7  mm  lang,  meist  aber  nur  +  3  mm.  Spreite 
+  20  mm  lang  und  +  5  mm  breit,  selten  breiter.    Der  Blütenstand- 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       427 

stiel  misst  bis  15  mm;  die  Blütenstiele  haben  eine  Länge  von  +  2'/2  mm. 
Die  Blüten  sind  bis  15  mm  lang. 

Ich  war  zuerst  geneigt,  die  Pflanze  als  eine  neue  Art  aufzustellen, 
bin  aber  nach  erneuter  Untersuchung  und  Vergleichung  mit  E.puherula 
(Eckl.  et  Zeyher)  Harvey  und  R.  Totta  (Thunb.)  DC.  doch  wieder 
davon  abgekommen.  Von  R.  puberula  unterscheidet  sie  sich  durch 
die  Infloreszenzen,  die  bei  letztgenannter  Art  kürzer  als  die  Laub- 
blätter zu  sein  pflegen.  R.  Totta  hat  entweder  kahle  oder  abstehend 
behaarte  Laubblätter,  auch  scheinen  die  Blüten  bei  ihr  kleiner  zu 
sein.  Eine  Entscheidung  ist  angesichts  der  grossen  Zahl  neu  be- 
schriebener Arten  schwierig  zu  treffen. 

Rhynchosia  congestiflora  Schinz  nov.  spec. 

Suffrutex  (?),  ramulis  volubilibus  (?),  lignosis,  elongatis,  superiore 
parte  velutinis,  demum  subglabrescentibus  et  rubiginosis ;  foliis  petio- 
latis,  trifoliolatis ,  foliolis  rhomboideo-ovatis,  acuminatis,  lateralibus 
obliquis,  basi  subcuneatis,  utrinque  molliter  pubescentibus;  stipulis 
lanceolatis;  racemis  axillaribus,  pedunculatis ,  congesto  multifloris, 
puberulis;  floribus  pedicellatis;  calyce  velutino,  glanduloso,  dente 
superiore  late,  apice  bifido,  lateralibus  superiori  ca.  aequilongis,  late 
lanceolatis;  vexillo  extus  puberulo,  glanduloso,  alis  basi  biappendi- 
culatis;  ovario  velutino  hirsuto,  glanduloso,  stylo  glabro. 

Deutsch -Südwestafrika  (Hereroland):  Waterberg,  auf  dem 
Plateau,  Dinter  365. 

Die  +  20  mm  lang  gestielten  Laub  blättchen  sind  bis  40  mm  lang 
und  bis  30  mm  breit,  die  Endblättchen  haben  Stielchen  von  +  8  mm 
Länge.  Die  Blütenstiele  messen  +  3  mm.  Der  Kelch  besteht  aus  einem 
+  3  mm  hohen  Tubus  und  +  3V2  mm  langen  und  +  2  mm  breiten 
Abschnitten. 

RhyncJiosia  natuaensis  Schinz  nov.  spec. 

Caulibus  procumbentibus(r'),  canelicnlatis,  villosulo  pilosis,  viscosis; 
foliis  longe  petiolatis,  3-foliolatis ,  foliolis  ovatis  vel  obovatis,  basi 
saepe  cuneatis,  utrinque  villosis;  racemis  axillaribus,  pedunculatis, 
multifloris;  floribus  breviter  pedicellatis;  calyce  viscidulo,  vexillo 
glabro;  legumine  juniore  dense  hirsuto  et  viscidulo, 

Deutsch-SUdwestafrlka  (Gross-Namaland):  an  Flussrinnen  im 
Gebirge  südlich  von  Rehoboth,  Fleck  698. 

Eine  kriechende  (?)  Pflanze,  deren  gelbgrüne  Stengel  mit  langen 
Haaren,  kurzen  Samthaaren  und  kurzen  Drüsen  besetzt  sind.  Die  von 
eiförmig  lanzettlichen,  spitzen,  bis  2  min  langen  und  bis  3  mm  breiten 
Nebenblättern  besetzten  Blattstiele  sind  kantig,  +  25  mm  lang.    Die 


428  Hans  Schinz. 

Spreiten  der  einzelnen  Blättchen  sind  eiförmig  bis  verkehrteiförmig, 
meist  kurz  bespitzt,  beiderseits  +  kurz  weichbehaart,  drüsig  und  ge- 
wimpert.  Sie  werden  von  drei  vom  Grunde  an  eintretenden,  bogig 
nach  oben  verlaufenden  Nerven  durchzogen,  die  namentlich  auf  der 
Unterseite  deutlich  zutage  treten.  Während  die  zwei  Seitenblättchen 
nur  1 — V-k  mm  lang  gestielt  sind,  besitzen  die  Endblättchen  einen 
bis  10  mm  langen  Stiel.  Die  Länge  der  Spreite  beträgt  durchschnitt- 
lich 20  mm,  die  Breite  ca.  15  mm.  Die  blattachselständigen  Blüten- 
stände sind  ungefähr  zweimal  länger  als  die  Laubblätter,  traubig, 
+  15 blutig  und  stark  drüsig.  Die  unansehnlichen  Tragblätter  sind 
von  lanzettlichem  Umriss,  +  P/a  mm  lang,  d.  h.  von  der  Länge  der 
Blütenstiele.  Die  Kelchröhre  misst  +  3  mm,  die  breit-lanzettlichen 
Abschnitte  sind  +  3  mm  lang  und  spitz.  Die  Kronblätter  sind  kahl, 
die  Fahne  zeigt  eine  deutliche  Längsstreifung.  Die  Hülsen  (nur  in 
unreifem  Zustande  vorliegend)  sind  behaart  und  drüsig. 

Rhynchosia  (§  Gopisma)  Fleckii  Schinz  ?iov.  spec. 

Scandens,  caule  hirsuto;  foliis  petiolatis,  3-foliolatis,  foliolis  late 
obovatis,  basi  cuneatis  (lateralibus  obliquis),  apice  mucronatis,  interdum 
emarginatis,  utrinque  molliter  pubescentibus;  stipulis  lanceolatis;  race- 
mis  axillaribus,  pedunculatis,  paucifloris;  floribus  breviter  pedicellatis; 
calyce  dense  hirsuto  et  puberulo;  vexillo  glabra;  ovario  et  legumine 
hirsutis  et  puberulis. 

Südwestafrika  (Kalachari):  Uschi,  Fleck  693. 

Schlingpflanze  mit  im  April  erscheinenden  gelben  Blüten.  Die 
Blattstiele  sind  +  1  cm  lang,  die  Blättchen  bis  25  mm  lang  und  bis 
22  mm  breit,  am  Grunde  dreinervig.  Hülse  +  22  mm  lang  und 
+  8  mm  breit. 

Bei  der  grossen  Zahl  der  in  den  letzten  Jahren  neu  beschriebenen 
Arten,  die  ich  allerdings  zum  grösseren  Teil  in  London  und  Kew  ein- 
sehen und  mit  den  von  mir  als  nov.  spec.  erachteten  und  diagnosti- 
zierten Exemplaren  vergleichen  konnte,  erscheint  es  vorläufig  unmög- 
lich, nach  den  sonst  so  beliebten  „Verwandschaften"  zu  suchen.  Der- 
artige Feststellungen  erheischen  zur  Zeit,  wenn  sie  ernst  genommen 
sein  sollen,  beinahe  für  jeden  einzelnen  Fall,  sagen  wir  für  jede  arten- 
reichere Gattung,  eine  monographische  Bearbeitung. 

Rhf/nchosia  elegantissima  Schi/iz  nov.  spec. 

Scandens;  caule  sericeo;  foliis  petiolatis,  trifoliolatis,  foliolis 
brevissime  petiolulatis,  anguste  lanceolatis,  basi  rotundatis,  apice  acutis 
et  breviter  aristatis,  margine  leviter  revolutis,  supra  subsericeis,  subtus 
dense  niveo  serieeis,  reti  nervorum  subtus  prominulo;  stipulis  lanceo- 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       429 

latis;  racemis  parvifloris  (+ bifloris),  axillaribus;  floribus  pedicellatis ; 
bracteis  lineari  lanceolatis;  calyce  dense  hirsuto  tubo  brevi,  dentibus 
subulato  lanceolatis,  inter  se  fere  aequalibus;  corolla  glabra,  calycem 
excedente;  ovario  niveo  sericeo,  legumine  incano. 

Südafrika  (Transvaalkolonie):  Makapansberge ,  Streydpoort, 
Rehmann  5545. 

Die  Blattstiele  messen  +  2  cm,  die  Spreiten  der  Blättchen  3  bis 
5  cm  in  der  Länge  und  2 — 7  mm  in  der  Breite,  sie  sind  oberseits 
braun,  unterseits  silberweiss.  Die  Länge  der  Blütenstiele  beträgt 
13  mm.  Der  Kelchbecher  ist  2V2 — 3  mm  lang,  der  längste  Kelchzahn 
misst  5  mm,  der  kürzeste  37^  mm.  Die  Hülsen  sind  +  20  mm  lang 
und  +  6  mm  breit. 

Rhynchosia  cinnaniomea  Schinz  not.  spec. 

Scandens,  caulecinnamomeo  hirsuto;  folii  strifoliolatis,  longepetio- 
atis,  foliolis  oblonge  ovatis  vel  ovato  lanceolatis,  subacutis,  mucro- 
natis,  basi  rotundatis  vel  subcuneatis,  utrinque  velutinis,  reti  nervorum 
subtus  prominulo;  stipulis  anguste  lanceolatis;  pedunculo  elongato, 
5-floro;  floribus  breviter  pedicellatis;  bracteis  lineari  lanceolatis;  calyce 
hirsuto,  dentibus  anguste  lanceolatis  acuminatis;  corolla  glabra,  calycem 
excedente;  ovario  dense  hirsuto,  stylo  glabro;  legumen  cinnamomeo 
hirsuto. 

Südafrika  (Transvaal kolonie):  Im  Gebüsch  auf  dem  Magaliis- 
berg  bei  Aapiesrivier,  1600  m.  Schlechter  4162,  14.  L 

Die  Pflanze  fällt  sofort  durch  die  braungelbe,  an  den  Jüngern 
Trieben  fast  fuchsige  Behaarung  auf.  Die  Laubblätter  sind  bis  25  mm 
lang  gestielt,  die  Blättchen  sind  bis  35  mm  lang  und  bis  15  mm  breit, 
das  Endblättchen  ist  +  8  mm  lang  gestielt.  Die  Blütenstände  haben 
eine  Länge  von  bis  10  cm,  die  einzelnen  Blütenstiele  eine  solche  von 
+  3  mm.  Der  Kelchbecher  ist  3—4  mm,  die  Kelchzipfel  sind  +  5  mm 
und  das  Schiffchen  ist  10  mm  lang. 

Die  Art  scheint  an  den  Formenkreis  der  F.  Totta  (Thunb.)  DC. 
anzuklingen,  an  der  oben  erwähnten  Behaarung  ist  sie  unschwer  zu 
erkennen. 

Dichilns  pilosus  Conrafh  ined.  nov.  spec. 

Villosus;  foliis  oblonge  obovatis,  mucronatis,  subtus  villosis,  supra 
subglabris,  petiolatis;  calyce  profunde  bilabiato,  alis  breviore,  villoso, 
dentibus  lineare  lanceolatis. 

Südafrika  (Transvaalkolonie): 

Eine,  mit  Ausnahme  der  Kronblätter  und  des  Staubblattapparates, 
durchwegs  mit  langen,  weichen,  weissen  Seidenhaaren  besetzte  Pflanze 


430  Haus  Schinz. 

mit  6 — 7  mm  lang  gestielten,  fingerig  dreizähligen  Laubblättern.  Die 
meist  gefalteten,  länglich  verkehrteiförmigen  Blättchen  sind  bis  12  mm 
lang  und  +  5  mm  breit,  unterseits  lang  behaart,  oberseits  fast  kahl 
und  von  einer  kleinen,  unscheinbaren  Weichstachelspitze  überragt.  Die 
entweder  einzeln  oder  auf  gemeinsamem  Blütenstandstiel  zu  zweien 
blattachselständigen  Blüten  sind  +  2V2  mm  lang  gestielt.  Die  weit- 
trichterförmige Kelchröhre  ist  +  2  mm  hoch  und  trägt  zwei  4 — 5  mm 
lange  Lippen,  die  zwei-  bezw.  dreiteilig  sind,  die  Lippen  schnitte  sind 
pfriemlich-lanzettlich.  Die  Flügel  überragen  den  Kelch  um  IV2  mm. 
Die  4-  höckerigen  Hülsen  sind  weich  behaart  und  20 — 25  mm  lang 
und  +  3  mm  breit. 

Die  Behaarung  ist  so  eigenartig,  dass  diese  Art  unschwer  von 
den  übrigen  wenigen  bis  jetzt  beschriebenen  Dichüus -Arten  unter- 
schieden werden  kann.  Der  Sammler,  Herr  Conrath,  ein  vorzüglicher 
Kenner  der  Transvaalflora,  hat  die  Spezies  pilosus  genannt  und  ich 
habe  mir  erlaubt,  diesen  Manuskriptnamen  beizubehalten. 

Caesalpinia  obovata  Schinz  nov.  spec. 

Frutex,  ramulis  junioribus  dense  glanduliferis,  adultis  glabrescenti- 
bus;  foliis  pinnatis,  breviter  petiolatis,  3-jugis,  foliolis  subsessilibus, 
glabris,  obovatis,  basi  cuneatis,  saepe  obliquis,  apice  truncatis  vel 
emarginatis;  racemis  terminalibus,  plurifloris,  glandulosis;  receptaculo 
oblique  campanulato,  uti  sepala  extus  glanduloso,  intus  glabro,  petalis  5. 
inaequalibus ,  oblongis,  late  unguiculatis,  glabris;  legumine  oblonge, 
piano,  purpurascente,  glanduloso. 

Deutsch-Südwestafrika  (Gross-Namaland):  Inachabberg,  Dinter 
1169,  bl.  XIL 

Ein  2 — 2V2  m  hoher  Strauch  mit  auffallend  roten  Zweigen.  Die 
jungen  Triebe  sind  dicht  mit  langen,  tentakelartigen,  groben  Drüsen 
besetzt,  welche  Anhängsel  sich  auch  auf  den  Blattstielen,  den  Blüten- 
stielen, dem  Kelch  und  auf  den  jungen  Hülsen  finden.  Diese  Drüsen 
bestehen  aus  einem  massiven,  vielzelligen,  von  ein  oder  wenigen  langen, 
als  mechanische  Verstärkung  dienenden  Bastzellen  durchzogenen  Stiel 
und  einem  vielzelligen,  roten  Kopfe.  Die  Laubblätter  sind  sehr  kurz- 
gestielt, einfachpaarig  gefiedert.  Die  zu  vier  oder  sechs  vorhandenen 
Blättchen  sind  paarweise  durch  Rhachiszwischenräume  von  2  mm  von- 
einander getrennt,  von  verkehrteiförmigem  Umriss,  abgerundet  oder 
seicht  ausgerandet,  oberwärts  am  Rande  rötlich  und  häufig  pubes- 
zierend,  am  Grunde  keilförmig,  drüsenlos,  lederig  und  +  5  mm  lang 
und  bis  5  mm  breit.  Die  Zweigstipein  sind  kurz,  dornig  stechend, 
leicht  abbrechend,  an  der  Rhachis  pfriemlich.  Die  Blütenstände  sind 
4 — 5  cm  lang.  Die  Blütenstiele  erreichen  eine  Länge  von  7  mm  und  sind 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).      431 

dicht  mit  gestielten  Drüsententakeln  besetzt.  Die  Kelchröhre  und  der 
helmförmige  Kelehabschnitt  sind  stark-,  die  übrigen  Kelchabschnitte 
etwas  schwächer  drüsig.  Die  zwei  seitlichen  Abschnitte  sind  schmal; 
zur  Zeit  der  Bestäubung  lösen  sich  die  Abschnitte  vom  Kelchtubus 
durch  einen  scharfen  Kreisschnitt  los.  Die  Fetalen,  von  denen  zwei 
in  der  Knospe  im  helmförmigen  Kelchabschnitt  geborgen  sind,  sind 
verkehrteiförmig,  keilförmig  in  den  Nagel  verschmälert,  kahl.  Das 
vordere  Kronblatt  ist  +  8  mm  lang  und  +  ^  nim  breit,  die  seitlichen 
messen  5  mm  in  der  Länge  und  2  mm  in  der  Breite.  Staubblätter  10, 
die  Staubfäden  unterwärts  breit  und  flaumig  behaart,  oberwärts  kahl 
und  fädlich.     Die  Hülsen  sind  flach,  blutrot  und  stark  drüsig. 

Ich  bin  zuerst,  namentlich  auf  Grund  der  einfach  gefiederten 
Laubblätter,  versucht  gewesen,  die  oben  beschriebene  Pflanze  zum 
Typus  einer  neuen  Gattung  zu  machen,  durch  ein  erneutes  Studium 
der  in  Frage  kommenden  Genera  in  den  Sammlungen  Kew's  und  des 
britischen  Museums  bin  ich  von  diesem  Gedanken  wieder  abgekommen 
und  belasse  die  seltsame  Fflanze  bei  der  Gattung  Caesalpmia,  mit 
der  sie  in  mehrfacher  Hinsicht  Übereinstimmung  zeigt,  wie  auch  in 
dem  eigenartigen  Verhalten  des  Kelches,  indem  nach  stattgehabter 
Anthese  die  Kelchabschnitte  sich  durch  einen  scharfen,  etwas  schief 
verlaufenden  Kreisschnitt  vom  stehenbleibenden  Kelchtubus  loslösen. 
Die  Gattung  Mezoneurum,  die  übrigens  auch  doppelt  gefiederte  Laub- 
blätter besitzt,  hat  einkantig  geflügelte  Hülsen. 


RuMaceae. 

Hans  Schitiz  (Zürich). 

Oldenlanclia  Junodii  Schinz  nov.  spec. 

Herba  probabiliter  perennis,  basi  sublignosa,  caulibus  gracilibus, 
ramosissimis,  glabris,  tetragonis;  foliis  petiolatis,  rotundato  ovatis, 
acutis  vel  mucronatis;  stipulis  vaginatis  setulosis;  floribus  pedicellatis; 
sepalis  glabris,  acutis;  corolla  calycem  2-plo  superante,  lobis  acutis, 
glabris;  staminibus  apicem  loborum  attingentibus;  ovario  glabro. 

Südafrika  (Transvaalkolonie):  Mount  Mamotsuiri,  1500  bis 
1700  m,  Junod  2007. 

Der  an  den  Knoten  wurzelnde  Stengel  ist  kantig  und  kahl  und 
trägt  mit  breitem,  kurzem  Blattstiel  versehene,  rundlicheiförmige  bis 
eiförmig  breitelliptische,  abgerundete  bis  bespitzte,  unterseits  kahle, 
oberseits  und  am  Rande  mit  kurzen  breiten  Haaren  versehene  Laub- 
blätter von  +  4  mm  Länge  und  +  3  mm  Breite.  Die  meist  achsel- 
ständigen Blütenstiele  sind  +  2V2  lang.     Die  trichterförmige  Kelch- 


432  Hans  Schinz. 

röhre  hat  eine  Lauge  von  3—4  mm;  die  vier  Abschnitte  sind  eiförmig 
lanzettlich,  spitz  bis  bespitzt,  kahl  und  +  2  mm  lang.  Die  +  4  mm 
lange  Kronröhre  ist  unterwärts  streng  zylindrisch,  oberwärts  etwas 
erweitert  und  trägt  länglich  eiförmige,  stumpfe,  +  3  mm  lange  und 
2  mm  breite  Saumlappen.  Die  mit  +  1 V2  mm  langen  Staubfäden  ver- 
sehenen Antheren  ragen  aus  dem  Schlund  heraus,  so  dass  die  Spitzen 
der  IV2  mm  langen  Staubbeutel  die  Spitzen  der  Kronlappen  erreichen. 
Der  Fruchtknoten  ist  behaart,  die  Narbe  ist  kurz  zweilappig. 


Oldenlandia  Schlechteri  Schinz  nov.  spec. 

Herba  probabiliter  annua,  humilis;  caule  parce  ramoso  anguloso,. 
papilloso  hispido;  foliis  late  ovatis,  petiolatis,  supra  scabridis^,  papillis 
hyalinis  subtus  in  nervo  mediano  inspersa;  vagina  stipulari  membra- 
nacea  hyalina,  setis  3 — 4  vaginam  aequantibus  vel  duplo  et  ultra 
superantibus,  foliformibus  ornata;  floribus  pedicellatis;  ovarii  sub- 
globoso  scabrido;  sepalis  acutis  scabridis;  corolla  5-plo  calycem 
superante,  in  4  lobos  divisa,  papilloso  hispida,  staminibus  inclusis, 
filamentis  brevibus. 

Südafrika  (Transvaalkolonie):  Krantzkloof,  1500  m.  Schlechter 
3196,  13.  IX.  1893. 

Eine  zarte,  krautige  Pflanze  mit  behaarten  Stengeln  und  breit- 
eiförmigen, spitzen,  selten  stumpfen,  bis  12  mm  langen  und  bis  8  mm 
breiten  Laubblättern,  die  oberseits  und  unterseits  auf  dem  Mittel- 
nerven die  für  zahlreiche  Oldenlandien  charakteristischen  Haare  tragen. 
Die  Nebenblätter  sind  zu  einer  vielfransigen  Scheide  verwachsen,  die 
einzelnen  Fransen  sind  sehr  zierlich  fein  kurz  gefiedert.  Die  3  bis 
4  mm  langen  Blüten  haben  einen  behaarten  Kelch  mit  vier  spitzen, 
+  2  mm  langen  Abschnitten.  Die  auf  der  Aussenseite  behaarte  Krone 
besteht  aus  einer  7  bis  8  mm  langen  Röhre  und  +  3V2  mm  langen 
Saumlappen.  Die  sitzenden  Staubbeutel  sind  etwas  unterhalb  der 
Saumbuchten  inseriert,  so  dass  die  Staubbeutelspitzen  zur  Not  noch 
aus  der  Kronröhre  hervorgucken.  Der  Griffel  ist  kürzer  als  die  Kron- 
röhre und  erreicht  daher  die  Staubbeutel  nicht. 

Nur  nach  der  Tracht  zu  urteilen,  möchte  man  fast  vermuten,  es 
liege  hier  eine  Schattenform  der  oben  beschriebenen  0.  Junodii  vor^ 
dagegen  spricht  aber  nicht  nur  die  auffallende  Behaarung,  sondern 
sprechen  noch  mehr  die  erwähnten  morphologischen  Unterschiede,  wie 
Fehlen  der  Staubfäden  und  die  eigenartige  Ausgestaltung  der  Stipeln. 
Beide  Arten  erinnern  gewissermassen  an  0.  irinerma  Retz.,  eine  Art, 
die  ausgezeichnet  ist  durch  kurze  Kronröhren. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI.)       433 

Cucurbitaceae. 

Alfred  Cognianx  (Nivelles). 

Coccinia  parvifoUa  Cogn.  nov.  spec. 

Foliis  brevissime  petiolatis,  eglandulosis,  indivisis,  anguste  cordato- 
ovatis  interdum  subpanduriformibus,  basi  piofundiuscule  emarginatis, 
apice  obtusis,  margine  remotiuscule  acuteque  dentatis,  supra  tenuiter 
calloso-scabris,  subtus  brevissime  subsparseque  hirtellis;  cirrhis  simpli- 
cibus;  racemis  masculis  3 — 5-floris,  foliis  circiter  aequilongis;  calyce 
subtiliter  puberulo,  dentibus  brevibus,  anguste  triangularibus. 

Rami  gracillimi ,  sulcati,  brevissime  sparseque  pubescenti-scabri- 
usculi.  Petiolus  gracilis,  subtiliter  puberulus,  3 — 8  mm  longus.  Folia 
submembranacea,  supra  intense  viridia  et  albo-punctata,  subtus  paulo 
pallidiora,  4 — 5V2  cm  longa,  3 — SV.^  cm  lata.  Cirrhi  filiformes,  vix 
pilosuli.  Pedunculi  masculi  saepissime  geminati,  filiformes,  sulcati,  vix 
pilosuli,  inaequales,  brevior  uniflorus  4  — 3  cm  longus,  longior  pluri- 
florus  4  —  5  cm  longus;  pedicelli  capillares,  4 — 10  mm  longi.  Calyx 
late  cyathiformis,  tubo  apice  4—5  mm  lato,  dentibus  1^/2 — 2  mm  longis. 
CoroUa  brevissime  pubescens,  5 — 6  mm  longa.  Flores  feminei  et  fructus 
ignoti.  —   Affinis  Cocciniae  senensis  Cogn. 

Südafrika  (Transvaalkolonie):  Mount  Marovounge,  Junod  2491. 


2.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Schweizerflora  (VIII). 


1.  Beiträge  zur  Adventivflora  der  Schweiz 

von 
A.  Thellung  (Zürich). 

Die  folgende  Aufzählung  enthält  eine  Zusammenstellung  der  sämt- 
lichen mir  bekannt  gewordenen,  seit  dem  Erscheinen  der  zweiten 
Auflage  der  „Flora  der  Schweiz"  von  Seh  in z  und  Keller  (1905) 
gemachten  Funde  neuer  adventiver  Arten  im  Gebiete  der 
Schweizerflora,  ferner  eine  Auswahl  neuer  Standorte  seltener  und 
kritischer  Adventivpflanzen,  endlich  die  in  der  Schweiz  selbst  nicht 
nachgewiesenen  adventiven  Arten  der  Grenzgebiete  der  Schweizer- 
flora (französisches  Gebiet  um  Genf,  Elsass  und  Baden  im  Gebiet  der 
Flora  von  Basel,  Bodenseegebiet,  Vorarlberg,  Veltlin,  Comer-  und 
Langensee  etc.),  deren  Florenbestand  in  Zukunft  in  der  „Flora  der 
Schweiz"   berücksichtigt  werden  soll. 

Als  Quellen  haben  mir  hauptsächlich  gedient:  die  Herbarien  der 
Herren  Dr.  A.  Binz-Basel,  H.  Lüscher-Solothurn,  Dr.  0.  Naegeli- 
Zürich,  Dr.  R.  Prob  st- Langendorf,  W.  Werndli-Zürich,  die  mir  ihre 
neuen  Funde  in  zuvorkommender  Weise  zur  Bestimmung  bezw.  Revision 
und  Publikation  zur  Verfügung  gestellt  haben,  ferner  zufällige  Beob- 
achtungen noch  nicht  publizierter  Vorkommnisse  in  den  Herbarien 
der  Universität  und  des  Polytechnikums  in  Zürich  (hauptsächlich 
Funde  der  Herren  J.  Bär,  Branger,  Bucher,  Schnyder,  Dr.  Sul- 
ger-Buel,  Vetter)  und  eigene  Funde,  endlich  folgende  Publikationen: 

Lüscher,  H.,  Nachtrag  zur  Flora  des  Kant.  Solothurn  (Grenchen  1904). 
Probst,   Dr.  R. ,    Beitrag  zur  Flora  von  Solothurn')  und  Umgebung 

(Mitteil.  d.  Naturf.  Ges.  Soloth.,   2.  Heft  [XIV.  Bericht],    1902—04 

[Sep.  1904]). 
Binz,  Dr.  A.,  Flora  von  Basel  und  Umgebung,  2.  Aufl.  (1905). 

')  Unstreitig  die  an  Adventivpflanzen  i-eichste  Lokalität  der  Schweizerflora  war 
in  den  letzten  Jahren  die  , Turnschanze "  in  Solothurn,  eine  Aufschüttung,  zu  der 
nach  Mitteilung  von  Dr.  Probst  als  Material  häufig  Abfälle  aus  der  benachbarten 
Malzfabrik  verwendet  werden.  Der  evidente  Rückgang  der  zürcherischen  Adventiv- 
flora etwa  seit  1904  dürfte  wohl  mit  der  Einrichtung  einer  Kehrichtverbrennungs- 
anstalt in  Zusammenhang  zu  bringen  sein. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       4S5 

Den  genannten  Herren,  sowie  den  Direktoren  der  beiden  erwähnten 
zürcherischen  Museen,  meinen  verehrten  Lehrern  Prof.  Dr.  Hans 
Schinz  und  Prof.  Dr.  C.  Schröter,  sei  für  die  gütige  Erlaubnis  zur 
Publikation  der  interessanten  Befunde  in  ihren  Herbarien  auch  an 
dieser  Stelle  mein  wärmster  Dank  ausgesprochen. 

Zürich,  im  Oktober  1907. 

Die  für  das  Gebiet  neuen  Arten  sind  fett  gedruckt.  Mit  einem 
Stern  (*)  sind  diejenigen  Spezies  bezeichnet,  die  in  Höcks  Zusammen- 
stellung , Ankömmlinge  in  der  Pflanzenwelt  Mitteleuropas  während 
des  letzten  halben  Jahrhunderts"  X  (Zusammenfassung)  in  Beih.  Bot. 
Zentralbl.  XVHI  2.  Abt.  (1905)  noch  nicht  genannt  sind  und  auch  in 
Kochs  Synopsis  ed.  2  (1843—45)  fehlen,  die  also  seit  1905  für  das 
Gebiet  der  mitteleuropäischen  Flora  neu  sein  dürften. 

*Andropof/on  sericeus  JR.  Br.    (Austral.,  N.  Caled.,  Philippinen). 

—    Kammgarnfabrik    Derendingen    bei    Solothurn    (australische 

Schafwolle),  1907,  Probst! 
* JEriochloa  27nnct€ita  (L.)  Hamilton  det.  Hackel  (in  den  wärmeren 

Zonen  verbreitet).  —  Ebenda,  1907,  Probst! 
*Eriochloa  acrotvicha  (Steudel)   Hackel   teste   Hackel   (Heiopus 

acrotrichus   Steudel;   trop.  Afr.,    As.,    Austral.).    —   Derendingen 

bei  Solothurn,  auf  Kompost  bei  der  Kammgarnspinnerei  (Abfälle 

aus  australischer  Schafwolle),   1906—7,   Probst! 
Panicum  jyvoliferinn  Lam.  (Trop.)  var.  "^ deconipositwni  (R.  Br. 

pro  spec.  Austral.).  —  Mit  der  vorigen  Art,  1906—7,  Probst! 
*Panicum  gracile  R.  Br.  det.  Hackel  (Austral.).  —  Ebenda,  1907, 

Probst! 
Phalaris  paradoxa   L.    (Medit.).  —   Zuchwilstrasse    bei    Solothurn, 

1904,  Probst!;  Turnschanze  Solothurn,  1905,  Probst!,  Binz!, 
1905  —  6  Lüscher!;  Malzfabrik  Solothurn,  1905,  Lüscher!;  Solo- 
thurn beim  Baseltor,  1907,  Probst!;  Kiesgrube  im  Hard  Zürich  HI, 
1907.  Thellung. 

Phalaris  truncata  Guss.  (Medit.).  —  Kiesgrube  beim  Hardplatz 
in  Zürich  III,  1902,  Thellung  (in  der  Ruderal-  u.  Adventivfl.  d. 
Kt.  Zürich  [1905],  15  irrig  als  Ph.  brachystachys  publiziert); 
Biberiststrasse  und  Turnschanze  in   Solothurn,    1904,    Probst!, 

1905,  Lüscher! 

*Cornucopiae  cucullattnn  L.  (Griech.  Inseln,  SVV.-As.).  —  Turn- 
schanze Solothurn,  1906,  Probst! 
Phleum  subidahim  (Savi)  A.  u.  G.  (Medit.).  —  Turnschanze  u.  Biberist- 
str.  in  Solothurn,  1904-6,  Probst!,  1905,  Binz!,  1905-6  Lüscher 


43Ü  Hans  Schinz. 

—  var.  *ciliatum  (Boiss.)  A.  u.  G.  (Hüllspelzen  auf  dem  Kiel  bewimpert^ 
oft  länger  und  schmäler  als  beim  Typus,  Ahrenrispe  oft  dicker. 
—  O.-Medit.).  —  Kiesgrube  beim  Hardplatz  Zürich  III,  1902, 
Thellung  (=  Phl.  graecum  x  subulatum  Yolkart!  in  Naegeli  und 
Thellung,  Rud.-  u.  Adventivfl.  d.  Kt.  Zürich  [1905],  15);  Turn- 
schanze Solothurn,  1906,  Lüscher!,  Probst!  An  beiden  Orten 
mit  Phl.  graecum  und  subulatum,  so  dass  der  Gedanke  an  einen 
hybriden  Ursprung  der  fraglichen  Form  ziemlich  nahe  lag.') 

Phleum,  graecum  Boiss.  u.  Heldr.  (O.-Medit.).  —  Turnschanze  Solo- 
thurn, 1904—6,  Probst!;  Buchs,  1906,  Schnyder! 

Alopecurus  j^ratensis  L.  ssp.  ventrieosus  (Pers.  pro  spec.)  Thell. 
(A.  arundinaceus  Poir,;  A.  nigricans  Hornem.;  A.  pratensis 
X  agrestis  Brügger!  in  Jahresber.  d.  Naturf.  Ges.  Graub.  XXIII^ 
XXIV.  (für  1878—80)  (1881),  120;  A.  turicensis  Brügger!  1.  c. 
XXV  (1882),  111—2  2);  ^  myosuroides  x  pratensis  A.  u.  G.  Syn. 
II,  140  (1898).  -  Frankr.,  K-  u.  O.-Eur.,  W.-  u.  Zentr.-As.,  Alger.) 
var.  exserens  (Griseb.)  A.  u.  G.  —  Wiese  beim  Seefeld  Zürich, 
1848,  C.  Gramer!;  Zürichhorn  [sechziger  Jahre],  Lutz!;  Seeufer 
(Phragmitetum)  beim  Venedigli  in  Enge-Zürich,  1866,  Brügger! 
(A.  turicensis  Brügger!);  Au  bei  Ossingen  (Zürich),  trockene 
Riedtwiesen,  1907,  H.  Freitag- Ossingen!;  Kanton  Schaff  hausen  :. 
Wiesen  beim  Bargamer  (?)  Hof,  beim  Schlauch  und  bei  Meris- 
hausen,  1861,  Schalch!,  Schieitheim  (gemischt  mit  A.  pratensis!)^ 
Vetter!;  Kunstwiesen  beim  Bahnhof  Aarburg,  1869,  Jäggü; 
Wauwyl,  1859,  Siegfried!;  La  Brevine  (Neuenburger  Jura)^ 
1854,  Herb.  Favrat!;  Sion,  1888,  F.  0.  Wolf!,  1892  Jaccard 
und  Wolf!  —  Das  Vorkommen  des  A.  ventrieosus  an  natürlichen 
Standorten,  wie  Seeufern,  in  schon  relativ  früher  Zeit  lässt  bei- 
nahe die  Vermutung  aufkommen,  dass  die  Pflanze  bei  uns  als 
ursprünglich  wild  zu  betrachten  sein  dürfte,  umsomehr,  da, 
wie  mir  Dr.  A.  Volkart-Zürich  mitteilt,  sich  unter  den  von  ihm 
in  der  Schweizerischen  Samenkontrollanstalt  untersuchten  Mustern 
von  Haudelssaat  des  A.  pratensis  keine  Ährchen  von  der  Form 
des  A.  ventrieosus  vorfanden  und   auch  früher  nie  solche  beob- 


M  Die  Durchsicht  eines  reichlichen  Herbarmaterials  von  Phl.  subulatum  (im 
Herb.  Berol.)  hat  mich  gelehrt,  dass  diese  Art  im  Orient  nicht  selten  etwas  in  der 
Richtung  gegen  Ph.  graecum  abändert,  ohne  dass  jedoch  der  Rahmen  der  Art  über- 
schritten würde. 

^)  Es  handelt  sich  um  eine  auffallend  schlankährige  Form  des  A.  ventrieosus 
Brügger  hebt  richtig  einige  Unterschiede  seiner  Pflanze  gegenüber  A.  pratensis 
hervor,  z.  B.  die  kleineren,  nur  4  mm  langen  Ährchen;  dass  jedoch  die  Form  der 
Hüllspelzen  die  von  A.  agrestis  wäre,  wie  Brügger  angibt,  trifft  keineswegs  zu, 
vielmehr  unterscheiden  die  auswärts  gebogenen  Spitzen  der  Hüllspelzen  den  angeb- 
lichen Bastard  sehr  scharf  von  den  präsumierten  Stammarten. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       437 

achtet  wurden,  so  dass  eine  Verschleppung  mit  Grassamen  nicht 
ohne  weiteres  anzunehmen  ist.  —  Ausser  den  oben  aufgezählten 
Vorkommnissen  —  die  Zahl  derselben  wird  sich  durch  die  Durch- 
sicht weiterer  Herbarien  unschwer  vergrössern  lassen  —  traf  ich 
auch  Übergangsformen  zu  A.  pratensis,  z.  B.:  Ermatingen,  auf 
Wiesen  am  See,  1904,  und  am  Grenzbach  ob  Tägerwilen,  auf 
schweizerischem  und  deutschem  Gebiet,  1907,  E.  Baumann! 
(aus  diesem  Gebiet  ist  weder  reiner  A.  pratensis  noch  der  echte 
A.  ventricosus  bekannt).  Der  einzige  konstante  Unterschied 
zwischen  A.  pratensis  L.  und  A.  ventricosus  Pers.  besteht  in  der 
Form  der  Hüllspelzen  ^),  deren  Spitzen  bei  A.  pratensis  gerade  vor- 
gestreckt, bei  A.  ventricosus  +  stark  auswärts  gebogen  sind; 
auch  dieses  Merkmal  ist  mehr  gradueller  als  prinzipieller  Natur 
und  reicht  bei  dem  mir  vorliegenden  Material  zu  einer  spezifischen 
Scheidung  nicht  aus,  so  dass  ich,  im  Gegensatz  zu  Ascherson 
&  Graebner,  zu  der  Auffassung  des  A.  ventricosus  Pers. 
als  einer  Subspezies  von  A.  pratensis  L.  gedrängt  werde, 
im  Gegensatz  auch  zu  Kupffer"^),  der  die  Ansicht  vertritt,  die 
von  den  Floristen  erwähnten  Übergangsformen  zwischen  den  zwei 
genannten  Arten  seien  als  an  dem  mischkörnigen  Pollen  leicht 
erkenntliche  Hybride  und  Rückkreuzungen  mit  den  Stammarten 
zu  deuten. 

Wie  dem  auch  sei,  auf  jeden  Fall  möchte  ich  die  Aufmerk- 
samkeit der  schweizerischen  Floristen  auf  diese  bisher  verkannte 
Alopecurus-Sippe  gelenkt  haben,  in  der  Hoffnung,  dass  weitere 
Nachforschungen  in  der  Natur  und  in  den  Herbarien  Beiträge 
zur  Lösung  der  Frage  des  Indigenates  und  der  spezifischen  Selb- 
ständigkeit des  A.  ventricosus  liefern  dürften. 

Alopecurus  utricidatns  (L.)  Solander  (W.-,  Zentr.-'U.  S.-Eur.,  Kl. -As., 
Alger.).  —  Solothurn,  Vorstadt  beim  Transformatorenhaus,  1907, 
Probst! 

Polifpogon  niaritinius  Willd.  (Medit.,  W.-Eur.;  von  P.  nionspe- 
liensis  (L.)  Desf.  wohl  nicht  spezifisch  verschieden).  —  Frontenex 
bei  Genf:  Ronie  nachSchmidely  in  Bull.  Soc.  bot.  Geneve  111(1884). 
150;  Turnschanze  Solothurn  (mit  P.  monspeliensis),  1900,  Probst! 

Avena  sterilis  L.  (Medit.).  —  Güterbahnhof  Zürich  und  Umgebung 
mehrfach,  1902  —  5,  Naegelil,  Thellung:  Turnschanze  Solothurn, 
1906,  Lüscher! 

*)  Dass  die  Insertion  <ier  Granne  zur  riitersclieiduuLr  unzuverlässig^  ist,  hel)t 
neuerdintrs  Kupffer  (Allg.  Bot.  Zeitschr.  XI.  rUK).5),  Xo.  li!.  S.  199  mit  Xachdruck 
hervor,  und  kann  ich  nach  meinen  eigenen  Untersuchungen  nur  bestätigen. 

2)  Allg.  Bot.  Zeitschr.  XI  (19(i.ö),    No.  \'-2,    S.  199  und  Xil  (I90(i).  Xo. -J.   S.  28 


438  Hans  Schinz. 

Chlovis  truncata  R.  Br.  (wärmere  Gebiete  der  Alten  und  Neuen 
Welt).  —  Kammgarnfabrik  Derendingen  bei  Solothurn,  mit 
australischer  Schafwolle  eingeschleppt,  1906—7,  Probst! 

*Chloris  ventricosa  R.  Br.  (Austral.).  —  Mit  der  vorigen  Art, 
1906—7,  Probst! 

Dactylocteniuni  aegyptiuni  (L.)  Richter  (D.  aegyptiacum  Willd.. 
Kosmopolit  der  wärmeren  Gegenden)  var.  radulans  (R.  Br.)  Hackel 
comb.  nov.  (Eleusine  radulans  R.  Br.,  Austral.).  —  Kammgarn- 
fabrik Derendingen  bei  Solothurn  (australische  Schafwolle),  1907. 
Probst!  (det.  Hackel). 

* Leptochloa  chinensis  (L.)  Nees  teste  Hackel  (trop.  As.,  Austral.). 
—  Wie  die  vorige  Art,  1906—7,  Probst! 

Diplachne  fiisca  (L.)  Pal.  (trop.  Afr.,  As.,  Austral.).  —  Mit  der 
vorigen  Art,  1906  —  7,  Probst!;  z.  T.  in  einer  Var.  lutescens 
Probst  u.  Thell.  var.  nov.  (spiculis  flavescenti-viridibus),  mit  gelb- 
grünen Ährchen. 

Eragt'ostis  abyssinica  (Jacq.)  Link  (trop.  Afr.).  —  Sihlkanal 
Zürich,  1902,  Naegeli,  Thellung  (=  „E.  cf.  tenuiflora  Rupr. \ 
Naeg.  u.  Thell.    Rud.-  u.  Advfl.  d.  Kt.  Zürich  [1905],  18). 

Eragrostis  pilosa  (L.)  Pal.,  eine  exotische,  nicht  näher  benennbare 
Form  (Hackel):  Kammgarnfabrik  Derendingen  bei  Solothurn 
(australische  Schafwolle),  1907,  Probst! 

ssp.  Damiensiana  (Bonnet)  Thell.  comb.  nov.  (E.  pilosa  a  Moritzi)  Fl.  d. 
Schweiz  (1844),  601  excl.  syn.  Cav.^);  E.  pilosa  var.,  Cosson  et 
Balansa!  Congr.  intern,  bot.  (1867),  117;  E.  inconspicua  hört. 
Paris,  ex  Coss.  et  Bai.  1.  c.  118  [in  syn.];  E.  pilosa  var.  glabra 
Ducommun  Taschenb.  f.  d.  Schweiz.  Bot.  (1869)  872 2);  E.  pilosa 
var.  Damiensiana  E.  Bonnet!  in  Soc.  Dauph.  1881  n.  3100  [exsicc. 
sine  descr.]  et  in  Le  Naturaliste  3"  anne'e  [1881]  No.  52,  15  mai, 
p.  412 — 15;  E.  Damiensiana  E.  Bonnet  ibid.  in  textu  [pro  syn.]; 
E.  pilosa  var.  condensata  Hackel !  in  Allg.  bot.  Zeitschr.  VH  [1901],  13 
ex  exsicc:  Kneucker  Gram.  exs.  IV,  1901,  n.  115).  Laubblätter 
völlig  kahl  (auch  an  der  Scheidenmündung),  ebenso  die  Rispen- 
äste an  ihrem  Grunde  ohne  lange  Haare ;  Ährchen  kürzer  gestielt, 
der  Stiel  des  vorletzten  eines  jeden  Astes  nur  etwa  1  mm  (statt 


')  Moritzi  (l.  c.)  beschreibt  seine  Varietät  folgendermassen:  \i'>.  pilo.m 
Beauv.  —  a  Mit  ganz  unbehaarten  Blattscheiden.  Bei  Genf.  Poa  verticillata  Cav." ; 
die  Pflanze  Cavanilles'  (Je.  I  [179l[,  6.3  t.  93!)  ist  jedoch  typische  E.  pilosa!  Als 
Typus  von  Moritzis  Varietät  glaube  ich  die  von  Ayasse  „aux  Tranchees*  in 
Genf  gefundene  Pflanze  betrachten  zu  dürfen. 

'■*)  Ducommun  bezieht  sich  auf  die  eben  erwähnte  Pflanze  Moritzis. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       439 

mindestens  2)  lang;  Deckspelze  sehr  spitz  oder  fein  zugespitzt,  mit 
geraden  oder  etwas  konkaven  Seitenrändern  (statt  stumpf  oder 
spitzlich  mit  +  deutlich  konvexen  Rändern);  Blüten  meist  etwas 
länger  und  von  der  Axe  mehr  abstehend.  —  Ich  sah  Exemplare 
dieser  Unterart  (ausser  den  gleich  zu  erwähnenden,  wohl  adven- 
tiven europäischen  Vorkommnissen)  aus  Ostasien  (Japan:  Yoko- 
hama!; Ussurü),  sowie  aus  Brasilien  (Prov.  Rio  de  Janeiro: 
Theresopolis!,  wo  die  Pflanze  indessen  wohl  eingeschleppt  sein 
dürfte).  —  In  Europa  vertreten  durch  die  var.  condensata  (Hackel) 
Thell.  comb.  nov.  (E.  pilosa  var.  condensata  Hackel  1.  c.  sens. 
strict,  ex  descr.  ^);  E,  caroliniana  Aschers.  &  Graebner  Syn.  II, 
374  [1900]  saltem  ex  p.,  quoad  loc.  Dresden!  et  Breslau!  et 
versim.  etiani  Berlin'-^)  —  non  Scribner):  Rispenäste  meist  zu 
1 — 2,  selten  3  (statt  3 — 5),  fast  vom  Grunde  an  mit  kurzgestielten 
Ahrchen  besetzt,  Rispe  daher  viel  dichter  erscheinend  als  beim 
Typus  der  E.  pilosa  und  bei  manchen  ostasiatischen  Formen  der 
ssp.  Damiensiana,  wo  die  Rispenäste  meist  erst  von  der  Mitte 
oder  vom  unteren  Drittel  an  mit  mehr  locker  gestellten  Ahrchen 
besetzt  sind.  —  Diese  Varietät  war  bis  jetzt  nur  als  Unkraut 
in  botanischen  Gärten^)  (Paris!,  Karlsruhe!,  Dresden!,  Breslau!, 
Berlin?)  bekannt,  was  einen  exotischen  Ursprung  vermuten  lässt; 
ich  glaube  seinerzeit  im  Berliner  Herbar  eine  ähnliche  oder  iden- 
tische Form  auch  aus  Ostasien  gesehen  zu  haben.  In  mancher 
Hinsicht  (so  durch  die  etwas  grösseren  Blüten)  nähert  sie  sich 
der  nordamerikanischen  E.  Purshii  (Beruh.)  Schrader  (E.  caro- 
liniana Scribner),  für  die  sie  denn  auch  von  manchen  deutschen 
Floristen  gehalten  worden  ist  (so  gehören  die  von  A.  u.  G.  zu 
E.  caroliniana  gezogenen  Pflanzen  von  Dresden  und  Breslau  ent- 
schieden zu  E.  Damiensiana),  von  der  sie  sich  jedoch,  wie  der 
Typus  der  E.  pilosa,  durch  die  sehr  ungleichen,  zarthäutigen 
Hüllspelzen  und  die  nur  schwach-  (nicht  stark  kantig)  vorsprin- 
genden Seitennerven  der  Deckspelzen  unterscheidet ;  des  Ferneren 
weist  E.  Purshii,  wie  E.  pilosa  typica,  konvexränderige  Deck- 
spelzen  auf  und   ist   namentlich    durch   dieses   Merkmal  von   E. 


')  Hacke!  macht  (1.  c,  1901)  bei  der  Beschreibung  seiner  Var.  hauptsächUch 
auf  den  von  E.  pilosa  abweichenden  Bau  der  Rispe,  Bonnet  dagegen  bei  der  Auf- 
stellung der  Var.  Damiensiana  (1881)  auf  die  kahle  Blattscheidenmündung  und  die 
Form  der  Deckspelzen  aufmerksam:  die  Originalexsikkaten  beider  Varietäten  sind 
jedoch  völlig  identisch ! 

')  Das  Unkraut  im  alten  Berliner  botanischen  Garten,  das  ich  seinerzeit  an 
Ort  und  Stelle  sah.  gehört,  soviel  ich  mich  erinnere,  ebenfalls  zu  E.  Damiensiana : 
leider  liegt  mir  jedoch  zur  Zeit  kein  Beleg  dafür  vor. 

')  Oft  zusammen  mit  Euphorbia  maculata  L.  und  humifusa  Willd. 


440  Hans  Schinz. 

Damiensiana  relativ  leicht  zu  trennen.*)  —  Geneve,  les  Tranchees 
[nicht  sehr  weit  vom  alten  botanischen  Garten  entfernt!],  1866, 
Ayasse!;  Strassenpflaster  in  Aarau  (Buchdruckerei  Sauerländer, 
Laurenzenvorstadt),  1888,  Lüscher!;  Locarno,  bei  der  Post, 
1903,  J.  Bär! 

"^Eragrostis  zeylanica  Nees  u.  Meyen  det.  Hackel  (nach  Stapf  in 
Hooker  Fl.  Brit.  Ind.  nicht  verschieden  von  der  indisch- australischen 
E.  elongata  [Willd.]  Jacq.).  —  Kammgarnfabrik  Derendingen  bei 
Solothurn  (australische  Schafwolle),  1907,  Probst! 

Vulpia  ciliata  (Danthoine)  Link  (V.  Danthonii  [A.  u.  G.]  Volkart; 
Medit.,  selten  bei  Genf)  var.  imberbis  (Vis.),  Spelzen  fast  oder 
völlig  kahl.  —  Ebenda,  1907,  Probst! 

Brotnus  macrostachys  Desf.  (Medit.).  —  Solothurn  bei  der  Malz- 
fabrik und  Vorstadt  beim  Transformatorenhaus,   1907,   Probst! 

Bro7niis  scoparius  L.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn,  1905, 
Lüscher!,  Probst! 

Bi^ofnus  arve?isis  L.  var.  splendens  (Velen.)  A.  u.  G.  (SO.-Eur.).  — 
Turnschanze  Solothurn^  1905,  Probst! 

Bronms  unioloides  (Willd.)  Humb.  Bonpl.  u.  Kunth  (S.-Am.).  — 
Ruchfeld  bei  Basel,  1903,  zwischen  St.  Jakob  und  „Neue  Welt", 
1903:  Binz,  Fl.  Basel,  2.  Aufl.  (1905),  39;  Kornhaus  am  Sihlquai 
Zürich  III,  1907,  Thellung. 

Lolium  temulentum  L.  var.  macrochaetoji  A.  Br.  subvar.  laeve  Thell. 
n.  var.,  caule  laevissimo  (Stengel  völlig  glatt).  —  Malzfabrik  Solo- 
thurn, 1905,  Lüscher!;  Turnschanze  Solothurn,  1905,  Probst! 

LeiHtirus  filifovmis  (Roth)  Trin.  (Küstenländer  von  Eur.,  N.-Afr., 
SW.-As.).  —  Güterbahnhof  Zürich,  1905,  Naegeli! 

Agropyruni  intermedimn  (Host)  Pal.  ssp.  trichophorum  (Link) 
Volkart  {A.  Savignonii  De  Not.;  SO.-Eur.,  SW.-As.).  —  Schmeizi 
ob  Grenchen  (Kt.  Solothurn),  1906,  Lüscher! 

Triticum  ovatum  (L.)  Gren.  u.  Godron  (Medit.).  —  Zuzgen  (Kt.  Aar- 
gau): Lüscher  nach  Binz,  Fl.  Basel,  ed.  2  (1905),  41. 

—  ssp.  triaristatum  (Willd.).  —  Basel:  St.  Margrethenstrasse  (Bahn- 
linie), 1902:  Binz,  Fl.  Basel,  ed.  2  (1905),  41. 

Triticum  cylindricum  (Host)  Ces.  Pass.  u.  Gib.  (SO.-Eur.,  SW.-As., 
N.-Afr.).  —  Ruchfeld  bei  Basel,  1903:  Binz,  Fl.  Basel,  ed.  2 
(1905),  41;  St.  Margrethenstrasse,  1906,  Binz! 

—  var.  hirsutum  Binz  n.  var.  (in  litt.):  rhachidis  articulis  et  glumis 


')  Ich  möchte  beinahe  behaupten,  E.  Damiensian;i  sei  von  E.  pilosa  mindestens 
so  scharf  geschieden  wie  E.  Purshii,  da  die  zwei  letztgenannten  Arten  oft  recht 
schwer  auseinanderzuhaUen  sind,  so  dass  man  an  ihrer  spezifischen  Selbständigkeit 
zu  zweifeln  geneigt  ist. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).      441 

•  ad  nervös  dense  hirsuto-villosis.  Glieder  der  Ährenspindel  und 
Hüllspelzen  auf  den  Nerven  dicht  behaart.  —  Basel:  St.  Mar- 
grethenstrasse  (Bahnlinie),  1902,  Binz! 

Triticum  sjyeltoüles  (Tausch)  Gren.  (SW.-As.).  —  Jabergbrücke 
bei  Kiesen  bei  Bern,  1903,   Wicki! 

Hordeum  marinuni  Hudson  1778  (H.  maritimum  With.');  Medit., 
W,-Eur.)  ssp.  Gussoneanum  (Pari,  pro  spec.)  Thell.  (S.-Eur., 
Ungarn).  —  Bahnhof  Zürich,  1903,  Thellung;  Turnschanze 
Solothurn,  1904,  Probst!  An  beiden  Fundorten  mit  dem  Typus 
der  Art,  aber  später  blühend.  —  Solothurn,  Vorstadt  beim  Trans- 
formatorenhaus, 1907,  Probst!;  Damm  der  Verbindungsbahn  in 
Basel,  1907,  P.  Vosseier!  (Herb.  Binz). 

Mordeuni  Jubatnni  L.  (N.-  u.  S.-Am.,  Sibir.).  —  Samaden,  auf 
Schutt,  1906,  Candrian! 

Dracunciilus  vulgaris  Schott  (S.-Eur.  [schon  Tessin],  Kl.-As.),  — 
In  Weinbergen  zwischen  Zollikon  und  Herrliberg  (Kt.  Zürich): 
Schinz  (niscr.). 

Juncus  tenuis  Willd.  (Am.).  —  Kreis  Konstanz:  Waldwege  bei  Mark- 
dorf (Gehrenberg)  und  zwischen  Riedheim  und  Raderach  stellen- 
weise zahlreich:  Th.  Linder  in  Mitteil.  d.  Bad.  bot.  Ver.  No.  222/3 
(Nov.  1907),  167. 

Ornithogalutti  narhotiense  L.  (Medit.).  —  Orbe,  dans  un  pre: 
G.  Gaillard  1905  nach  Beauverd  in  Bull.  Herb.  Boiss.  2.  ser. 
VI  (1906),  973;  ebenda,  1906,  W.  Barbey! 

Sisyi^inchium  migustifoUum  Miller  (N.-Am.).  —  Bellach  bei  Solo- 
thurn (Bahndamm),  1905,  Probst!,  1906  Lüscher! 

JSroussonetia  papyriferci  (L.)  Vent.  (China,  Japan,  malay.  Ins.). 

—  Tessin-Korrektionen  bei  Bellinzona,  in  Menge  verwildert,  1907: 
Albisetti  nach  Schröter. 

Humiilus  Jajyonicus  Sieb.  u.  Zucc.  (China,  Japan).  —  Kiesgrube 
Hardau  in  Zürich  III,  1905,  Bucher!,  1907  Thellung. 

Runiex  dotnesticus  Hartm.  (N.-Bur.,  N.-As.,  N.-Am.).  —  Buchs 
(St.  Gallen),  auf  Schutt,  1907,  Schnyder! 

*Miiniex  Brownii  Campd.  (Austral.).  —  Kammgarnfabrik  Deren- 
dingen    bei    Solothurn    (australische  Schafwolle),    1907,  Probst! 

—  Wurde  auch  schon  in  Südfrankreich  bei  Montpellier  gefunden. 


')  Bot.  Arr.  Brit.  pl.  ed.  il  (1787),  X^il  (nach  freundlicher  Mitteilung  von  Dr. 
E.  Janchen-Wien):  nach  einer  mir  gütigst  zur  Verfügnng  gestellten  Mitteilung  von 
Herrn  J.  Britten- London  an  meinen  Chef  Herrn  Prof.  Dr.  Hans  Schinz  findet  sich 
diese  Art  nicht,  wie  allgemein  (auch  im  Ind.  Kew.)  angegehen  wird,  .schon  in  der 
1.  Auflage  von  Witherings  Bot.  Arrangement  (177G),  17!2. 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.     Jahrg.  52.     1907.  29 


44:2  Hans  Schinz. 

Polijgonum  BeUardn  All.  (Medit.,  O.-Eur.,  W.-As.).  —  Bergeä  du 
Bief  d'Ependes  pres  Yverdon  (Vaud),  1890,  Moehrlen!  (Herb. 
Vetter);?  Turnschanze  Solothurn,  1905,  Lüscher!  (zu  jung!); 
Bahnhof  Zürich,  1905.  Naegelü;  Kiesgrube  Hardau,  Zürich  III, 
1903,  J.  Bär!,  Bucher!,  1907  Thellung. 

* Polt/gomi in  cf.  equiseti forme  Sibth.  u.  Sm.  (Medit.).  —  Turn- 
schanze Solothurn,  1904,  Probst! 

^Beta  cf.  patnla  Alton  (Madeira).  —  Bellach  (Kt.  Solothurn)  auf 
Schutt,  1907,  Probst!  (zu  wenig  entwickelt). 

Ghenopodium  hirci7ium  Schrader  (S.-Am.).  —  Kuchfeld  bei  Basel, 
1902—6:  Binz. 

Chenopodiuiu  earinatum  R.  Br.  teste  Murr.  (Austral.,  Polynes.). 

—  Kammgarnfabrik    Derendingen    bei    Solothurn    (australische 
Schafwolle),  1907,  Lüscher! 

AhHjjlex  tataricum  L.  (A.  laciniatum  auct.  niult.  non  L.;  Medit., 
W.-As.)  —Basel:  zwischen  St.  Jakob  u.  „Neue  Welt",  1905,  Binz! 

—  var.  decipiens  Murr!  in  Zimmermann,  Adventiv-  u.  Ruderalflora  v. 
Mannheim  (1907),  79  (Laubblätter  länglich-lanzettlich  bis  lanzett- 
lich, fast  ganzrandig).  —  Schuttablage  bei  St.  Jakob  (Basel),  1905, 
E.  Suter!  (Herb.  Lüscher). 

Salsola  Kalili.  (kosmopolitische  Küstenpflanze  der  gemässigten  Zonen), 
var.  tenuifolia  Rchb.  {ß.  Tragus  L.;  Binnenlandsform).  —  Maggi- 
mühle  in  Zürich  III,  1906,  Werndlü;  Kammgarnfabrik  Deren- 
dingen bei  Solothurn,  1907,  Probst! 

Kochia  scoparia  (L.)  Schrader  (O.-Eur.,  W.-As.).  —  Ruchfeld  bei 
Basel,  1902-3,  zwischen  St.  Jakob  und  „Neue  Welt",  1903: 
Binz,  Fl.  Basel,  ed.  2  (1905),   106. 

Amarantus  retroflexus  L.  (trop.  Amer.;  eingebürgert  in  N.-Am., 
Europa  etc.),  var.  Delilei  (Richter  et  Loret  pro  spec.)  Thell.  (als 
Heimat  dieser  Varietät  wird  das  Mittelmeergebiet  angegeben; 
doch  dürfte  sie  im  ganzen  Verbreitungsgebiet  der  Art  vorkommen') 
und  ursprünglich  gleichfalls  aus  Amerika  stammen).  Unterscheidet 
sich  vom  Typus  durch  die  kürzeren,  schwächer  dornigen  Vor- 
blätter, deren  längste  meist  3—4  (statt  4 — 6)  mm  lang  sind  und 
die  Blüten  nur  wenig  (statt  ums  Doppelte)  überragen.  —  Genf, 
1873,  Ayasse!;  Bern  in  einem  Gazon,  1879,  v.  Tavel!;  Belvoir 
bei  Zürich  und  Maggimühle  am  Sihlquai ,  1907,  Thellung; 
Langendorf  (Solothurn)  in  einem  Hühnergarten,    1907,   Probst! 

—  Angenähert  auch:  Güterbahnhof  und  Hardplatz  in  Zürich  III, 
1906,  Thellung. 


*)  Ich    sah    die  Varietät   aus   Frankreich,    Griechenland,    Algier;    ferner    aus 
Deutschland  (Baden!,  Thüringen,  Sachsen,  Schlesien,  Berlin)  und  Schweden. 


Mitleilungren  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       443 

Amarantus  chlorostachys  Willd.  (Trop.  Amer. ;  eingebürgert  im 
Mittel  nieergebiet). 

—  var.  pseudo-retroflexus  Thell.  n.  var.,  spicis  crassioribus  et  brevi- 
oribus  (^terminali  lateralibus  haud  multo  longiore),  bracteis 
robustioribus  (inde  habitu  ad  ^4..  retroflexuin  L.  accedens,  a  quo 
semper  differt  forma  tepalorum  et  caiile  minus  piloso).  Schein- 
ähren dicker  und  kürzer  als  beim  Typus  (die  endständige  nicht 
viel  länger  als  die  seitlichen),  Vorblätter  kräftiger;  dadurch 
habituell  dem  A.  retroflexus  L.  genähert,  von  dem  sich  meine 
Varietät  noch  immer  durch  die  Form  der  9  Tepalen  (eiförmig- 
lanzettlich,  spitzlich)  und  durch  weniger  stark  behaarten  Stengel 
unterscheidet.  —  Kammgarnfabrik  Derendingen  bei  Solothurn,  1907, 
Probst!  —  [Strassburg,  Heleneninsel,    1903,  A.  Ludwig!]. 

Aniarantus  bfitoides  S.  Watson  (N.-Am.).  —  Güterbahnhof 
Zürich  III,  1905,  0.  Naegeli! 

Ajnarcmtus  deflexus  L.  (A.  prostratus  Balbis;  Medit.,  ursprünglich 
vielleicht  trop.  Amer.).  —  Neuer  Standort:  Basel,  St.  Margrethen- 
strasse  (Bahnlinie),  1904,  Binz! 

*Atnarantus  jnacj'OCdtjnis  Bentham  (Austral.).  —  Kammgarn- 
fabrik Derendingen  bei  Solothurn  (australische  Schafwolle),  1907, 
Probst! 

Amarantus  cris^^its  (Lespinasse  u.  Theveneau)  Terracc.  (Euxolus 
crispus  Lesp.  u.  Thev. !;  Amarantus  cristulatus  Spegazzini.  Wurde 
um  die  Mitte  des  letzten  Jahrhunderts  adventiv  in  Südfrankreich 
[Montpellier,  Agde],  ferner  in  Italien  und  Nordamerika  gefunden; 
als  Heimat  hat  sich  jetzt  Argentinien  erwiesen).  —  Basel,  Bundes- 
bahnhof, 1901-5.  Binz! 

*  Aniarantus  vulgatissinius  Spegazzini  Nov.  Addenda  ad  Fl.  Pata- 
gon.  III  in  Ann.  Mus.  nac.  Buenos  Aires  VII  (April  1902),  135 
(steht  der  vorigen  Art  nahe  und  stammt  gleichfalls  aus  Argen- 
tinien; unterscheidet  sich  durch  die  robustere  Ausbildung  aller 
Teile,  grössere,  kaum  krause  Laubblätter,  meist  zu  einer  end- 
ständigen Scheinähre  zusammengedrängte  obere  Blütenknäuel, 
namentlich  aber  durch  die  Form  der  ?  Perigonblätter,  die  deutlich 
benagelt  sind,  mit  rundlich  verkehrteiförmiger  [fast  1  mm  breiter], 
abstehender,  in  den  Nagel  plötzlich  zusammengezogener  Platte, 
während  bei  A.  crispus  die  9  Perigonblätter  länglich  spatelig 
[oberwärts  ca.  V^  nim  breit]  und  auch  an  der  Spitze  aufrecht 
sind).  —  Kreuzungen,  1904,  E.  Baumann!  —  Die  Pflanze  wurde 
auch  in  Deutschland  (Mannheim)  adventiv  gefunden. 

"^Gotnphrena  gfobosa  L.  (Wärmere  Zonen  der  ganzen  Erde,  oft 
kultiviert;  ursprünglich  heimisch  wohl  im  trop.  Am.,  nach  anderen 


444  Hans  Schinz. 

jedoch  in  0. -Indien ;  Zierpflanze).  —  Locarno,  an  der  Strasse  von 
Madonna  del  Sasso  nach  Contra  in  einem  Steinbruch,  1907,  Fr. 
Zimmermann-Mannheim! 

Claytonia  jjerfoliata  Donn  (N.-Am.,  W.-Indien).  —  In  einem 
Rebberg  auf  der  Insel  Mainau,  mit  Pferdezahnmais  aus  Virginien 
1892  eingeschleppt:  Ries  nach  Jack  in  Mitteil.  Bad.  Bot.  Ver. 
No.  141  (1896),  363;  „ob  noch  zu  finden?"  Jack,  Fl.  Bad.  Kr. 
Konstanz  (1901),  53.  „Die  Pflanze  ist  sehr  bald  wieder  gänzlich 
verschwunden,  so  dass  man  sie  getrost  aus  der  Flora  streichen 
kann":  Oberhofgärtner  Nohl  nach  E.  Baumann  briefl.  (X.  1907). 

Silene  conica  L.  (Medit.,  W.-  u.  O.-Eur.,  W.-Sibir.).  —  Am  neuen 
Damm  der  Bötzbergbahn  ob  Brugg,  1905:  P.  Arbenz  (briefl.); 
Basel,  Eisenbahndamm  zwischen  St.  Jakob  und  „Neue  Welt", 
1907,  P.  Vosseier!    (Herb.  Binz). 

J^lene  cretica  L.  (Medit. ;  ursprünglich  heimisch  wohl  nur  im  Orient). 
—  Bahnhof  Buchs,  1905,  Schnyder!;  Solothurn,  südlich  der  Vor- 
stadt, 1906—7,  Probst! 

Silene  pendula  L.  [Portugal  [spontan?},  Ital.,  Kreta,  Cypern,  Kl.  As.; 
Zierpflanze).  —  Basel,  Rheinböschung  unterhalb  der  Gasfabrik, 
1907,  H.Schnitter!  (Herb.  Binz). 

Miene  Jiirsuta  Lag.  (Span.,  Portug.,  Marokko).  —  Solothurn,  süd- 
lich der  Vorstadt,  1906,  Probst! 

■■'Miene  jpor^etisis  L.  (SW.-Eur.).  Ruchfeld  bei  Basel,  1902,  Binz! 

*Dianthus  Cyri  Fischer  u.  Meyer  (Ägypt.,  SW.-As.).  —  Solothurn, 
Schutt  in  der  Vorstadt  beim  Transformatorenhaus,  1907,  Probst! 

MoencMa  mantica  (L.)  Bartl.  f.  ccerulea  (Boiss.)  E.  Janchen  in  Mitteil, 
d.  Naturw.  Ver.  a.  d.  Univ.  Wien  V  (1907)  No.  5,  59  (Krone  flachs- 
blau; die  Spielart  bisher  bekannt  aus  Kleinasien  und  Steiermark).  — 
Bahnhof  St.  Margrethen  (St.  Galler  Rheintal),  1907,  Sulger-Buel! 

"^JVigella  hisx^anica  L.  (Spanien,  S.-Frankreich,  Algier),  ssp.  gallica 
Jordan)  Rouy  u.  Fouc.  (N.  hispanica  y.  parviflora  Coss.;  Span., 
S.-Frankr.).  —  Grenchen  bei  Solothurn,  Unkraut  unter  Sommer- 
flor, 1905,  Lüscher! 

Cleniatis  Flaniniula  L.  (Medit.).  —  Verwildert  bei  Genf  (Cham- 
besy):   Schmidely  in  Bull.  Soc.  bot.   Geneve  III  (1884),  82. 

Manunculus  ^)  cf.  trilohus  Desf.  (Mediterrane  Ssp.  von  R.  sardous 
Crantz).  —  Turnschanze  Solothurn,  1904,  ein  kümmerliches  Exem- 
plar, Lüscher! 


')  ^Rcmu7iculus  j^arinfiorus" ,  von  Probst  (Beitr.  Fl.  Soloth.  [1904],  33)  von 
Solothurn  angegeben,  ist  R.  sardous  Crantz:  B.  parmfloriis  L.  ist  also  bis  auf 
weiteres  aus  der  Adventivflora  der  Schweiz  zu  streichen. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       445 

Hypecomn  pr^ociinihens  L.  (Medit.)  ssp.  aequilobum  (Viv.)  Rouy 
u.  Fouc.  (H.  grandiflorum  Bentham;  S.-Eur.,  SW.-As.).  —  Basel, 
an  der  Verbindungsbahn  (Hardstrasse  -  Gellertstrasse) ,  1907, 
P.  Vosseier!  (Herb.  Binz). 

^rajMiver  HeldreichU  Boiss.  (Kl.  As.).  —  Verschleppt  am  Saleve 
ob  Veyrier,  1904,  J.  Bär! 

Fumaria  Kraliki  Jordan  (F.  anatolica  Boiss.;  SO.-Eur.,  SW.-As.). 
—  Adventiv  im  botan.  Garten  Zürich,  1907,  T hellung. 

Fumaria  densiflora  DC.  (F.  micrantha  Lag.;  Medit.).  —  Tum- 
schanze  Solothurn,  1906,  Probst! 

Lepidium  Draba  L.  (Medit.,  W.-As.)  var.  matritense  (Pau)  Thell. 
in  Neue  Denkschr.  d.  Schweiz.  Ges.  f.  Naturw.  XLI  (1906),  87 
(Stengel blätter  schmäler,  spitz,  wie  die  ganze  Pflanze  fast  kahl; 
so  z.  B.  in  Spanien).  —  Turnschanze  Solothurn,  1905 — 6,  Probst!, 
1905,  Binz! 

Lepidium  heterophyllum  (DC.)  Bentham  (SW.-Eur).  —  Auf  einer 
Gartenmauer  beim  alten  Dolder  in  Zürich  V,    1907,    Thellung. 

Lepidium perfoliatumlj.  (SO.-Eur.,  SW.-As.;  Span.,  ob  spontan?).  — 
Schutt  bei  St.  Moritz  (Engadin)  1905:  M.  Candrian  briefl. 
(XL  1907). 

Lepidium  virginicum  L.  (N,-Am.)  ssp.  eu-virginicum  Thell.  in 
Vierteljahrsschr.  d.  Zürch.  naturf.  Ges.  LI  (1906),  163. 

—  var.  sublateriflorum  Thell.  n.  var.,  racemus  terminalis  ramo  axil- 
lari,  in  ipsius  caulis  directione  sito,  longissime  superatus  et  inde 
in  parte  inferiore  plantae  situs  et  quasi  folio  oppositus;  rami 
principales  saepi  basi  eodem  modo  ramosi.  —  'Der  ursprünglich 
endständige  Blütenstand  von  einem  achselständigen  Ast,  der  die 
Scheinfortsetzung  des  Stengels  bildet,  weit  überragt  und  dadurch 
im  untern  Teil  der  Pflanze  gelegen  und  scheinbar  blattgegen- 
ständig; bei  üppig  entwickelten  Exemplaren  zeigen  auch  die 
grössten  Aste  an  ihrem  Grunde  die  gleiche  Art  der  Verzweigung, 
während  sie  oberwärts  den  normalen  Verzweigungstypus  der  ssp. 
eu-virginicum  (endständiger  Blütenstand  +  in  der  Fortsetzung 
des  Astes  bleibend,  von  den  axillären  Ästchen  bezw,  Blüten- 
ständen nicht  oder  nur  wenig  überragt)  aufweisen.  —  Güterbahn- 
hof Zürich  III,  mehrere  Exemplare,  1907,  Thellung. 

Lepidium  densifiorum  Schrader  (L.  apetalum  auct.  non  Willd. ;  N.- 
Am.).  —  Noch  unpublizierte  Funde:  Monbijou  bei  Bern,  1899, 
Lüscher!;  Bahndamm  Celerina-Samaden  und  Beverstal,  1905, 
Branger!  —  Über  die  sonstigen  adventiven  Vorkommnisse  dieser 
Art  vergl.:  Ascherson  in  Verhandl.  Bot.  Ver.  Brandenb.  XXXIII 
(1891),  108  seq.;  Thellung  in  Bull.  Herb.  Boiss.  2.  ser.  IV  (1904), 


446  Hans  Schinz. 

696  seq.  et  in  Neue  Denkschr.  d.  Schweiz.  Ges.  f.  Naturw.  XLI 
(1906),  234,  sowie  Naegeli  u.  Thellung,  Ruderal-  u.  Adven- 
tivfl.  d.  Kt.  Zürich  (1905),  39. 

^ZiejyuHufn  hyssopifolium  Desv.,  DC;  Thellung  Monogr.  Lepid. 
(1906),  304  (Austral.),  var.  integerrimum  Thell.  n.  var.,  foliis  caulinis 
Omnibus  integerrimis.  Alle  Stengelblätter  völlig  ganzrandig.  — 
Kammgarnfabrik  Derendingen  bei  Solothurn  (australische  Schaf- 
wolle), 1907,  Probst! 

Sisyjnhrium  Loeselü  L.  (Span.,  O.-Eur.,  W.-As.).  —  Bahnhof  Sitten, 
1903,  Thellung;  zwischen  St.  Jakob  und  „Neue  Welt"  bei  Basel, 
1906:  Binz. 

Sisymhrium.  Orientale  L.  (S.  Columnae  Jacq. ;  Medit.).  —Wald  zwischen 
Pontresina  und  der  Alp  Languard,  1905,  Branger!;  Solothurn 
in  den  letzten  Jahren  mehrfach,  Lüscher!,  Probst!;  Basel  an 
der  Verbindungsbahn,  1907,  P.  Vosseier!    (Herb.  Binz). 

Sisymbrium  Orientale  L.  var.  subhastatum  (Willd.)  Thell.  in  Zimmer- 
mann, Adventiv-  und  Ruderalfl.  Mannheim  (1907),  96  (Brassica 
subhastata  Willd.!).  Obere  Stengelblätter  (bis  ziemlich  tief  herab) 
lanzettlich,  ohne  Spiessöhrchen;  Pflanze  fast  kahl.  —  Z.  B.:  Güter- 
bahnhof Zürich,  1902,  0.  Naegeli! 

Erucaria  myagi'oides  (L.)  Haläcsy  (E.  aleppica  Gaertner;  Span., 
Griech.,  SW.-As.).  —  Hardplatz  in  Zürich  III,  1903,  Thellung 
(ein  blühendes  Exemplar,  in  der  Ruderal-  u.  Adventivfl.  d.  Kt. 
Zürich  [1905],  41  irrig  als  Cakile  inaritinia  publiziert;  diese 
letztere  Art  ist  somit  aus  der  Schweizerflora  zu  streichen). 

Myagrmn  perfaiiatum  L.  (S.-  u.  Zentr.-Eur.  [oft  advent.],  W.-As.). 
—  Seestrasse  bei  St.  Moritz,  1905,  Branger! 

Diplotaxis  erucoides  (L.)  DC.  (Medit.).  —  Bern,  Areal  des  abge- 
brochenen Zuchthauses,  1900,  Lüscher! 

Brassica  incana  (L.)  Doli  (Erucastrum  Koch;  Medit.,  W.-Eur.)  var. 
geniculata  (Desf.)  Thell.  (Erucastrum  incanum  var.  geniculatum 
Cosson ;  süd-  und  ostmediterrane  Varietät  mit  längerem,  mit  den 
Fruchtklappen  einen  Winkel  bildendem  Fruchtschnabel).  — 
Biberiststrasse  Solothurn,  1904,  Lüscher!;  Belvoir  Zürich  II, 
1907,   Thellung. 

Brassica  armoracioides  Czern.  (S.-RussL,  SW.- Asien).  —  Turnschanze 
Solothurn,  1905—6,  Lüscher!,  Probst  (briefl.);  am  Weg  von 
Grenchen  (Solothurn)  auf  den  Grenchenberg  (900  m),  1906:  Probst 
(briefl.);  Getreidelagerhäuser  in  Brunnen,  1907,  Thellung. 

Rapistrum  rugosuni  (L.)  Bergeret  1784,  All.  1785  (S.-  u.  Zentr.- 
Eur.,  N.-Afr.,  W.-As.).  —  Für  diese  polymorphe  Art  schlage  ich 
in  Anlehnung  an  Rouy  u.  Foucaud  folgende  Gliederung  vor: 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       447 

ssp.  I.  eu-rugosum  Thell.  (R.  iiigosum  «.  rugosum  Cosson  Comp, 
fl.  Atl.)-  Fruchtstiel  ziemlich  kurz  und  dick,  so  lang  bis  1^/2  mal 
so  lang  als  das  untere  Glied  der  Frucht;  oberes  Glied  eiförmig, 
bei  der  Reife  tief  längsgefurcht,  in  den  längeren,  fädlichen  Griffel 
verschmälert.  —  Im  grössten  Teil  des  Verbreitungsgebietes  der 
Art,  doch  aus  Algerien  nicht  erwähnt. 

—  var.  tt.  typicum  Thell.  Untere  Laubblätter  leierförmig,  mittlere 
und  obere  Stengelblätter  ungeteilt,  nur  +  gezähnt  oder  schwach 
gelappt.  Krone  lebhaft  hellgelb  oder  (subvar.  pallldiflorum  Thell., 
floribus  albidis,  z.  B.  Freiburg  i.  B. !)  weisslichgelb.  Frucht  steif- 
haarig (subvar.  scabrum  [Host  pro  spec]  Rouy  u.  Fouc.  Fl. 
France  II  [1895],  72  [pro  var.])  oder  kahl  (subvar.  glabrum  [Host 
pro  spec]  Rouy  u.  Fouc.  [pro  var.];  vergl.  auch  Koch  Syn. 
ed.  2,  I  [1843],  83).  —  Die  subvar.  glabrmn  besonders  in  süd- 
lichen Gebieten,  bei  uns  wohl  nur  adventiv,  z.  B. :  beim  Chemie- 
gebäude (Länggassequartier)  Bern,  1897,  Biberiststrasse  Solothurn, 
1904,  Lüscher!;  Turnschanze  Solothurn,  1904,  Probst! 

—  var.  ß.  nemausense  Roux  ex  Cabanes  in  Bull.  Soc.  etud.  sc.  nat. 
Nimes  n.  ser.  XXX.  1902  (nov.  1903),  57  cum  ic. !  Laubblätter 
tief  fiederlappig,  mit  breiten,  abgerundeten  Buchten  und  entfernten, 
unter  sich  ziemlich  gleich  grossen,  buchtig  gezähnten  Lappen  und 
schmaler,  deutlicher  Spindel.  —  Heimisch  z.  B.  in  Südfiankreich 
(Nimes,  Montpellier!);  bei  uns  adventiv:  dans  une  jeune  luzerniere 
ä  Lavigny  pres  Aubonne  (^Vaud),  1878,  Vetter!  —  Angenähert 
auch:  Wohlen  (Aargau),  auf  einem  Bauplatz  beim  Bahnhof,  1888, 
Fischer!  (Herb.  Lüscher). 

ssp.  II.  Orientale  (L.)  Rouy  u.  Fouc.  1.  c.  74  (R.  Orientale  DC.  ; 
R.  rugosum  var.  Orientale  Cosson).  Fruchtstiel  oft  schlanker, 
1 V2 — 3  mal  so  lang  als  das  ziemlich  dünne  untere  Glied  der 
Frucht;  oberes  dick,  breit  eiförmig  bis  kugelig,  bei  der  Reife 
meist  tief  l^ngsgefurcht  und  höckerig,  plötzlich  in  den  kürzeren 
Griffel  zusammengezogen,  kahl  oder  (subvar.  hispidum  [Godron! 
pro  spec]  Cosson  Comp.  fl.  Atl.)  rauhhaarig.  —  Mediterran- 
gebiet. —  Gliederung  nach  Rouy  u.  Fouc.  (sehr  schwache 
Varietäten !) : 

—  cc.  microcarpum  Rouy  u.  Fouc,  oberes  Glied  der  Frucht  klein, 
1 — IV2  mm  im  Durchmesser. 

—  ß.  genuinum  Rouy  u.  Fouc,  oberes  Glied  mittelgross,  2 — 2  '/s  mm  dick. 

—  y.  macrocarpum  Rouy  u.  Fouc,  oberes  Glied  gross,  2V2  — 3  mm  dick. 
Neue  Funde  in  der  Schweiz  (var.  genuinum  oder  macrocarpum  in 
der  fahlfrüchtigen  Form):  Bolligenstrasse  bei  Bern,  an  der  Bahn- 
linie nach  Thun,  1899,  Lüscher!;  Ruchfeld  bei  Basel,  1903—6: 


448  Hans  Schinz. 

Binz;  Ischern  bei  Solothurn,  1904,  Lüscher!,  Probst!;  Langen- 
dorf (Solothurn),  aus  Hühnerfutter  von  der  Malzfabrik,  1907, 
Probst!;  Belvoir  Zürich  II,  1907,  Thellung.  —  Übergangsform 
zur  ssp.  hispaniciun:  Turnschanze  und  Malzfabrik  Solothurn, 
1904,  Probst! 

ssp.  III.  hispanicum  (L.)  Thell.  comb.  nov.  (Myagrum  hispanicum 
L.  1753;  Rapistrum  hispanicum  Boiss.  et  Reuter  1842,  non 
Medikus  1792,  quod  =  Crambe  hispanica  L.  1753;  Rapistrum 
Linnaeanum  Boiss.  et  Reuter  1842;  R.  rugosum  ß  Linnaeanum 
Cosson ;  R.  rugosum  ssp.  R.  Linnaeanum  Rouy  u.  Fouc).  Frucht- 
stiel schlank,  2 — 4  mal  so  lang  als  das  meist  dünne  untere  Glied 
der  Frucht;  oberes  klein,  eiförmig,  bei  der  Reife  ziemlich  glatt, 
meist  allmählich  in  den  etwas  kürzeren  bis  etwas  längeren  Griffel 
verschmälert,  kahl  (subvar.  glabrum  [Cariot]  Thell.  =  R.  Linnae- 
anum a  glabrum  Cariot  ex  Rouy  u.  Fouc.  1.  c.  73)  oder  steif- 
haarig (subvar.  hirsutum  [Cariot]  Thell.  =  R.  Linn.  j3  hirsutum 
Cariot   1.   c).  —   S.-Europa,   NW.-Afrika. 

—  var.  ß.  microcarpum  (Jordan)  Thell.  (R.  microcarpum  Jordan; 
R.  rugosum  |3  Linn.  s.-var.  microcarpum  Cosson ;  R.  Linnaeanum 
„forme  R.  microcarpum  Jord.  [pro  spec.]"  Rouy  u.  Fouc).  Frucht- 
stiel besonders  schlank  und  verlängert,  Frucht  beträchtlich  kleiner 
als  bei  der  Ssp.  eu-rugosum,  ihr  unteres  Glied  stielförmig. 

Neue  Funde  der  ssp.  hispanicum  (meist  var.  microcarpum 
subvar.  glabrum)'.  ?  Schwanenpromenade  Bern,  1894,  Dutoit! 
in  Herb.  Lüscher  (zur  sichern  Bestimmung  zu  jung) ;  Turnschanze 
und  Malzfabrik  Solothurn,  1904,  Probst!,  1905,  Binz!,  1906, 
Lüscher!;  Val  Calanca:  Grono,  adventiv:  E.  Steiger  in  Verh. 
Naturf.  Ges.  Basel  XVIII  (1906),  305;  Belvoir  Zürich  II,  1907, 
Thellung;  Niederwil  bei  Solothurn  (Kartoffelacker),  1907, 
Probst!;  subvar.  hirsutum:  Belvoir  Zürich  II,  1907, 
Thellung. 

Moripa  fiiistriaca  (Crantz)  Besser  (Nasturtium  Crantz;  O.-Eur., 
SW.-As.;  ob  spezifisch  verschieden  von  R.  amphibia  [L.]  Besser?). 
—  Villeneuve,  ca.  80er  Jahre,  Vetter!  (als  N.  amphibinm,  zu- 
sammen mit  einem  Exemplar  dieser  Art) ;  Bahnhof  Romanshorn, 
1890,  0.  Naegeli! 

Atibrietia  ffelfoides  (L.)  DC.  (S.-It.il.,  Griech.,  Kl.- As.).  —  Bei 
einer  Villa  am  FusswegJogny-Granges(Waadt),  1907,  P.  Vosseier! 
(Herb.  Binz). 

Erysimum  repandum  L.  (Span.,  N.-Afr.,  SO.-Eur.,  W.-As.).  — 
Thusis,  1903,  Thellung;  St.  Moritz  und  Samaden,  1905,  Branger!; 
Bahnhof  Buchs,    1907,    Schnyder!;    Solothurn,    1907.    Probst!; 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI.)       449 

Basel,  Verbindungsbahn  (Hardstrasse-Gellertstrasse),  1907,  P, 
Vosseier!    (Herb.  Binz). 

—  var.  (?)  graciiipes  Thell.  n.  var.,  pedicellis  fructiferis  quam  in  typo 
gracilioribus  (crassitie  sua  sub-5-pIo  longioribus),  siliquis  minus 
angulosis,  valde  torulosis.  Fruchtstiele  schlanker  als  beim  Typus, 
ca.  5 mal  so  lang  als  dick;  Frucht  weniger  deutlich  vierkantig, 
mehr  dünnwandig,  daher  stark  gebuckelt.  Die  Frucht  stimmt 
in  der  Behaarung,  der  Länge  des  Griffels  und  der  Form  der 
Narbe  völlig  mit  E.  repandum  überein;  leider  fehlen  jedoch  die 
Blüten,  so  dass  die  Bestimmung  doch  nicht  so  ganz  sichergestellt 
ist.  —  Kunstmühle  Bärtschi  in  Solothurn,  mit  dem  Typus,  1907, 
Probst! 

Alyssum  campestre  L.  (Medit.).  —  Solothurn,  westlich  der  Malz- 
fabrik, 1906,   Lüscher! 

Bunias  orientalis  L.  (S.-Russland  bis  Armen,  u.  Sibir.).  —  In  einer 
Wiese  ob  Samaden  mehrfach:    M.  Candrian  briefl.  (XL   1907). 

Chorispora  tenella  (Pallas)  DC.  (S.-Russl.,  SW.-As.).  —  Rheinufer 
bei  Äugst,  etwas  unterhalb  der  Ergolzmündung,  1906:  Binz; 
Diessenhofen,  bei  der  Laag,  1907,  H.  Brunner! 

Conringia  austriaca  (Jacq.)  Sweet  (Erysimum  Roth ;  SO.-Eur., 
Kl.-As.,  Kauk.).  —  Solothurn,  Schutt  südlich  der  Vorstadt,  1907, 
Probst!,  Lüscher! 

Reseda  lutea  L.  var.  longifolia  Ten.  Syll.  fl.  Neap.  1830  (var.  stricta 
Müller-Arg.  1857,  var.  mucronata  [Tineo  1827  pro  spec]  Fiori  u. 
Paoletti  1898;  Medit.).  Stengel  und  Äste  +  aufrecht,  verlängert; 
Zipfel  der  Laubblätter  schmal,  lang  ausgezogen,  zugespitzt- 
stachelspitzig;  Blütenstände  schmal,  Blüten  kleiner,  Frucht  tiefer 
dreizähnig  als  beim  Typus.  —  Turnschanze  Solothurn,  1904, 
Probst!,  1905  Binz!,  Lüscher!;  Getreidelagerhäuser  in 
Brunnen  1),  1907,  Güterbahnhof  Zürich  III,  1907,  Thell ung; 
Kiesgrube  im  Hard  Zürich  III,   1907,  Bucher! 

')  An  dieser  gleichen  Lokahtät  und  in  ihrer  Umgebung  sammelte  ich  1907  auch 
die  folgenden,  von  Rh  in  er  in  seinem  „Prodrom  der  Waldstätter  Gefilssptlanzen" 
(1870)  für  Schwyz  noch  nicht  erwähnten  Arien:  Bromus  arvensis  L.,  B.  japonicus 
Thunb.,  Silene  dichotoma  Ehrh.  (Seeufer),  Vaccaria  pyramidata  Medik.  var.  grandi- 
flora  (Fischer)  Celak.  (aus  der  Schweiz  noch  nicht  angegeben,  kommt  aber  in  VV., 
T.  u.  Gr.  häufig  vor,  ferner  in  der  JVordschweiz,  z.  B.  um  Zürich,  hin  und  wieder 
adventiv  auf  Ruderalstellen),  Lepidium  Draba  L.,  L.  virginicum  L.  (Seeufer).  Sisym- 
brium  Orientale  L.,  S.  altissimum  L.  (S.  Sinapistrum  Crantz),  S.  Sophia  L..  i^q)istrum 
perenne  (L.)  Bergeret,  Conringia  orientalis  (L.)  Dumort.,  Alyssum  Alyssoides  L.  (A. 
calycinum  L.),  Berteroa  incana  (L.)  DC,  Bunias  orientalis  L.,  Trifolium  hybridum  L. 
vers.  ssp.  elegans  (Savi),  Yicia  villosa  Roth,  Caucalis  daucoides  L.,  Salvia  silveslris  L., 
S.  verticillata  L.,  Galium  parisiense  L.  (190i2  auch  im  Bahnhof  Flüelen),  G.  tricorne 
Stokes,  Anthemis  ruthenica  M.  Bieb.,  Achillea  nobilis  L.,  A.  setacea  VV.  K.,  Chrysan- 
themum inodorum  L, 


450  Hans  Schinz. 

Savracenia  et  psittacina  Michx.  (N.-Am.).  —  „In  einem  Torf- 
moos der  bernischen  Freiberge  am  17.  Juli  1904  entdeckt;  aus 
Nordamerika.  Eingepflanzt?  Glacialrelikt?" :  Lüscher,  Nachtr. 
Fl.  Soloth.  (1904),  3.  Zweifellos  angepflanzt!  Vergl.  auch:  Arch. 
Fl.  Jurass.  No.  52  (1905),  92,  wo  „S.  purpurea  L.  (oder  psitta- 
cina Michx.?)"  aus  dem  Berner  Jura  (Torfmoor  von  Fuet  zwischen 
Tavannesu.  Bellelay)  angegeben  wird,  und  ebenda  No.  58/9(1905), 
150,  wo  diese  Standortsangabe  von  Lüscher  dementiert  wird. 

Sedum  spurium  M.  Rieb.  (Kaukas.).  --  Solothurn,  Kiesgrube  beim 
Spitalhof,  verwildert,   1903,  Probst! 

Sedum  02U^ositifolMtfii  Sims  1816  (ob  spezifisch  verschieden  von 
S.  spurium  M.  Bieb.  1808  P^)  —  Kaukas.,  Pers.).  —  Romen- 
schwanden  bei  St.  Margrethen  (St.  Galler  Rheintal),  in  Reben 
eingebürgert,  1906,  Sulger-Buel!;  Solothurn,  Schutt  bei  der 
Schalenfabrik  Marti  (Gartenflüchtling),  1907,  Probst! 

Sedum  hispanimmi  L.  var.  hithynicum  (Boiss.)  Schinz  u.  Keller  (Zier- 
pflanze aus  Kl. -As.).  —  Langendorf  (Solothurn),  ausserhalb  eines 
Gartens  verwildert,  1906,  Probst!;  Walenstadt,  Strassenrand 
bei  einem  Garten,  1907,    Hans  R.  Schinz! 

* Saxifvaga  Cynibalaria  L.  (Zierpfl.  aus  SW.-As.).  —  Stäfa,  am 
Bach  oberhalb  der  Station  verwildert,   1906—7,  J.  Weber! 

^Saxifraga  Htietiana  Boiss.  (wohl  Var.  von  S.  Cymbalaria  L.; 
Kl.  As.,  Armen.).  —  St.  Imier  (Berner  Jura),  auf  verlassenem 
Gartenland  verwildert,  1906,  Ch.  Linder! 

Saxifraga  canaltculata  Boiss.  u.  Reuter  (Spanien).  —  In  Fried- 
höfen etc.  als  Beeteinfassung  kultiviert  und  zuweilen  halbver- 
wildert. 

Saxifraga  caespitosa  L.  ssp.  rosacea  (Mönch  1794  pro  spec.) 
Thell.  (S.  decipiens  Ehrh.  1790  sine  descr.!;  S.  caespitosa  ssp. 
decipiens  Rouy  u.  Camus;  Mitteleur.  von  NO.-Frankr.  bis  österr.). 
—  In  Kirchhöfen  angepflanzt  und  zuweilen  halb  verwildert.  Ein- 
gebürgert in  den  Vogesen:  Herrenfluch,  Kirschleger;  Hart- 
mannsweiler Kopf,  Rossberg:  Issler  nach  Binz,  Fl.  Basel,  ed.  2 
(1905),  155. 
Saxifroga  umhrosa  L.  (W.-Eur.).  —  Vogesen:  Sulzer  Beleben, 
eingebürgert:  Binz,  Fl.  Basel  ed.  2  (1905),  155. 

Saxifraga  Geuni  L.  (W.-Eur.)  var.  dentata  Link  (S.  hirsuta  L.; 
Span.,  Irland).  —  Vogesen:  Hohneck,  eingebürgert:  Binz,  Fl. 
Basel,  ed.  2  (1905\  155. 


^)  Im    botan.  Garten    Zürich   iinden   sich  Gberg-änge  zwischen  S.  spurium  und 
S.  oppositifolium,  die  allerdings  möglicherweise  liybriden  Ursprungs  sind. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       451 

Fhysocarpus  opulifolius  (L.)  Maxim.  (Spiraea  L.;  N.-Am.).  —  Kies- 
grube Hardau  Zürich  III,  1907,  J.  Bär! 

Basilima  sorbifoIi(f  (L.)  Raf.  (Spiraea  L.;  Sibir.).  —  Lugano,  Cas- 
sarinoschlucht  gegen  Sorengo.  1905,  Schwing  ruber! 

PotentiUa  twrvegica  L.  (N.-Eur.,  W.-  u.  N.-As.,  N.-Am.).  —  Schutt 
beim  Kurhaus  St.  Moritz,  1905,  ßranger! 

PotentiUa  intermedia  L.  (^Russl.)  —  Mönchenstein  bei  Basel,  zwischen 
1900  und  1904:  E.  Suter  nach  Binz  rascr. ;  am  rechten  Rhein- 
ufer unterhalb  der  Johanniterbrücke,  1895:  Gustav  Müller  nach 
Binz,  Fl.  Basel,  ed.  2  (1905).  171. 

—  var.  ternata  Thell.  n.  var.,  foliis  caulinis  fere  omnibus  trifoliolatis 
(Stengelblätter  fast  sämtlich  dreizählig;  von  P.  norvegica  durch 
das  charakteristische  Indument  noch  immer  leicht  zu  unterscheiden). 
—  Gretreidelagerhäuser  in  Brunnen,  1907,  Thellung. 

Gleditschia  trificanthos  L.  (mittl.  u.  südl.  N.-Am.)-  —  Im  süd- 
lichen Tessin  zuweilen  verwildert,  z.  B.  zwischen  Gordola  und 
Magadino,   1903,  J.  Bär! 

Lujnnus  albus  L.  (Medit.,  oft  kult. ;  einheimisch  vielleicht  nur  im 
östl.  Teil;  trop.  Afr.).  —  Solothurner  Malzfabrik,  1905,  Lüscher! 

Trigonella  Foenuin  graecum  L.  (W.- Asien;  kult.  u.  verwildert  im 
Mediterrangebiet  u.  in  Zentr.-Eur.).  —  An  der  Thiele  (Neuen- 
burg), 1887,  A.  Rüedü;  Solothurner  Malzfabrik,  1904,  Lüscher! 
Nachtr.  Fl.  Solothurn  (1904),  5;  Turnschanze  Solothurn,  1905, 
Lüscher!,  1906  Probst!;  Ruchfeld  bei  Basel,  1902:  Binz,  Fl. 
Basel,  ed.  2  (1905),  202;  Lugano,  in  Wiesen  gegen  Cadepiano, 
von  Anpflanzung  herrührend,   1906,  Schwingruber ! 

Trigonella  cwrulea  (L.)    Ser.   (angeblich  wild  in  Ungarn,  Russland, 
-     Kaukas.).  —  Ilgenstrasse  Zürich  V,  1898,  R.Hess!    Die  Exem- 
plare neigen,  wie  dies  bei  auf  magerm  Boden  verwilderten  Pflanzen 
oft  der  Fall  ist,  in  einigen  Merkmalen  zu  der  Wildform:  ssp. /»ro- 
cumbens  (Besser)  (=  Tr.Besseriana  Ser.;  SO.-Eur.,  Kaukas..  Kl. As.). 

Medicago  orbicularis  (L.)  All.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn, 
1904,  Probst!,  1905  Lüscher! 

Medicago  litoralis  Rohde  ')  (Medit.).  —  Hardplatz  Zürich  III,  1902, 
Thellung  (ad  M.  obscuram  Retz.  vergens,   det.  Urban);   ?  Turn- 
schanze Solothurn,   1905,  Lüscher!  (zu  jung). 
—     var.  breviseta  DC.  —  Malzfabrik  Solothurn,  1907,  Probst! 


•)  Die  von  Naegeli  u.  Tii  ellung,  Ruderal-  u.  Adventivfl.  Kt.  Zürich  (1905),  49 
von  Zürich  angegebene  ,Var.  cilindracea  (DC.)  Urb."  ist  zu  streichen  (Verwechslung 
mit  M.  globosa). 


452  Hans  Schinz. 

Medicago  tuberculata  Willd.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn^ 
1905,  Lüscher!;  Solothurn  beim  Transformatorenhaus,  1907^ 
Probst! 

Medicago  Miirex  Willd.  (Medit.)  ssp.  inermis  Guss.  var.  Sorrentint 
(Tineo).  —  Turnschanze  Solothurn,  1906,   Probst! 

Medicago  aculeata  Gärtner  (M.  turbinata  [L.]  Willd.;  Medit.).  — 
var.  typica  Thell.  (M.  turbinata  var.  aculeata  Moris).  —  Turn- 
schanze Solothurn,  1905,  Lüscher!,  1906  Probst! 

—  var.  olivaeformisXGuss.  pro  spec).  —  Turnschanze  Solothurn,  1905, 
Lüscher!,  1906  Probst! 

Medicago  rigidula  Desr.  (Medit.).  —  Hardplatz  Zürich  III,  1903, 
Thellung  (det.  Urban). 

—  var,  agrestis  (Ten.)  Burnat.  —  Turnschanze  Solothurn,  1905^ 
Lüscher! 

Medicago  trtincatiila  Gärtner  (Medit.).  —  Hardplatz  Zürich  III,. 
1902,  Thellung  (det.  Urban). 

—  var.  longeaculeata  Urban.  —  Turnschanze  Solothurn,  1905, 
Lüscher! 

Medicago  glohosa  Presl  det.  Urban  (M.  constricta  Durieu ;  Sizil.  [?],. 
Rhodos,  Kl.-As.,  Syr.).  —  Hardplatz  Zürich  III,  1904,  Thellung 
(=  „M.  litoralis  var.  cilindracea"  Naegeli  u.  Thellung,  Ruderal- 
u.  Adventivfl.  Kt.  Zürich  [1905]  49). 

Medicago  praecox  DC.  (S.-Eur.,  von  Spanien  bis  zur  Krim.)  — 
Kammgarnfabrik  Derendingen  bei  Solothurn  (australische  [!] 
Schafwolle),  1907,  Probst! 

Medicago  hispida,  Gärtner,  Urban  (Medit.).  Von  dieser  veränder- 
lichen Art  v/erden  folgenden  Varietäten  unterschieden: 

—  var.  or.  confinis  (Koch)  Burnat,  Dornen  der  Frucht  auf  kurze,  stumpfe 
Knötchen  reduziert,  die  nicht  länger  als  breit  sind.  —  Bei  uns 
selten,  z.  B.:  Turnschanze  Solothurn,  1905,  Lüscher! 

—  var.  ß.  apiculata  (Willd.)  Burnat,  Dornen  so  lang  wie  die  Dicke 
einer  Windung  bis  V»  so  laug  als  der  Radius  derselben.  —  Ziem- 
lich häufig. 

—  var.  y.  denticulata  (Willd.)  Burnat,  Dornen  so  lang  oder  länger  als 
die  halbe  Breite  der  Frucht,  Durchmesser  einer  Windung  4 — 6  mm. 
—  Bei  uns  wohl  die  häufigste  Form. 

—  var.  8.  lappacea  (Desr.)  Burnat,  Dornen  wie  bei  der  vorigen  Var., 
aber  Frucht  grösser  (Durchmesser  [ohne  Dornen]  7  —  10  mm),  oft 
mit  zahlreicheren  (bis  zu  4)  Windungen,  Blütenstandstiel  oft  nur 
zwei-  bis  dreiblütig,  Blütenstiele  kürzer  als  die  Kelchröhre.  —  Z.B.: 
Solothurn,  1906,  Lüscher!  (Wohl  oft  mit  der  Var.  denticulata 
verwechselt). 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       453 

—  var.  £.  nigra  (Willd.)  Burnat,  von  der  vorigen  Var.  durch  noch 
zahlreichere  (4— ö)  Windungen  der  Frucht  verschieden.  —  Im 
Gebiet  noch  nicht  mit  Sicherheit  nachgewiesen. 

Medicago  minima  (L.)  Bartal.  var.  recta  (Desf.)  Burnat  (M.  poly- 
morpha  var.  recta  Desf.,  M.  recta  Willd.,  M.  minima  var.  longi- 
seta  DC;  südliche  Varietät,  in  der  Schweiz  nicht  einheimisch), 
Dornen  der  Frucht  verlängert,  +  so  lang  wie  der  Durchmesser 
einer  mittleren  Windung,  stark  gefurcht.  —  Kammgarnfabrik 
Derendingen  bei  Solothurn,  1907,  Probst! 

Jledicago  laciniata  (L.)  Miller  (N.-  u.  S.-Afr.,  SW.-As.,  adv.  in 
S.-Eur.).  —  Kammgarnfabrik  Derendingen  bei  Solothurn  (austra- 
lische [!]  Schafwolle),  1907,   Probst! 

—  var.  integrifolia  Godron.  —  Ebenso,  1907,  Probst! 
Melilotus^)  officinalis  (L.)  Lam.  var.  micranthus  0.  E.  Schulz  (Ungarn, 

S.-Russl.,  W.-As.).  —  Blüten  nur  4 — 4,5  mm  lang.  —  Turnschanze 

Solothurn.  1904,  Probst! 
Melilotus    italicus    (L.)    Lam.    (Medit.).    —    Tirano    im   Veltlin: 

Massara  Prodr.  nach  Brockmann,  Fl.  Puschlav  (1907),  161. 
Melilotus  sulcatus  Desf.  (Medit.). 

—  var.  genuinus  Gren.  et  Godron.  —  Turnschanze  Solothurn,  1904, 
Lüscher!,   Probst! 

Melilotus  sulcatus  Desf.  var.  segetalis  (Brot.)  Rouy  (approx).  —  Ebenda 
1904,  und  auf  Schutt  beim  Transformatorenhaus,  1907,  Probst! 

Melilotus  tnessanensis  (L.)  All.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solo- 
thurn, 1904,  Probst!,  1905  Lüscher! 

Trifolium  resupinatum  L.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn,  1904, 
Probst!  1905  Lüscher!;  Solothurn.  Vorstadt  beim  Transfor- 
matorenhaus, 1907,  Probst!;  Samaden,  1905,  Branger!;  Belvoir 
Zürich  II,  1907,  Thellung;  Güterbahnhof  Zürich  III  seit  1902 
alle  Jahre  (auch  1907!),  aber  spärlich,  Thellung. 

—  var.  majus  Boiss.  (T.  suaveolens  Willd. ;  vorzugsweise  osteuropäisch- 
westasiatische  Var.).  Stengel  kräftiger,  Blüten  bedeutend  grösser 
(6— 8  mm).  —  Angenähert:  Basel  an  der  Verbindungsbahn  (Hard- 
strasse-Gellertstrasse),  1907,  P.  Vosseier!  (Herb.  Binz). 

"^Trifoliinn  sxmniosuni  L.  (Medit.).  Turnschanze  Solothurn,  1905, 
und  Vorstadt  beim  Transformatorenhaus,   1907,  Probst! 

Trifolium  xerocephalutn  Fenzl  (Rhodos,  Kl.-As.,  Syr.).  —  Solothurn, 
Vorstadt  auf  Schutt  beim  Transformatorenhaus,  1907,    Probst! 


»)  ^Melilotus  gracjlis  DC.\  von  Probst  (Beitr.  FI.  Soloth.  |19ü4|,  ;^4)  von 
der  Turnschanze  aufgeführt,  ist  M.  officinalis  (L.)  Lam.,  M.  neapolitana  Ten. 
(=  M.  gracilis  DC.)  also  für  die  Schweizer  Adventivflora  fraglich. 


454  Hans  Schinz. 

Trifolium  suhterraneu/m  L.  (Medit.,  W.-Eur.)-  —  Turnschanze  Solo- 
thurn,  1905,  Lüscher!,  Probst! 

^Trifolium  fadicosiim  Wahlenb.  1828  (T.  nidificum  Griseb.  1843; 
S.-Balkan,  Kl.-As.).  —  Turnschanze  Solothurn,  1904.  1907, 
Probst!,  1905  Lüscher! 

Trifolium  Cherleii  L.  (Medit.).  —  Ebenda,  1904,  Probst! 

Trifolitini  Mrtuni  All.  (Medit.).  —  Ebenda,  1905,  Lüscher! 

Trifolium  diffusum  Ehrh.  (S.-  u.  SO.-Eur.,  Kaukas.,  Kl.-As.).  — 
Maggimühle  in  Zürich  III  und  Kiesgrube  im  Hard,  1906,  WerndliT 

Trifolium  pallidum  W.  K.  (O.-Medit.,  O.-Eur.,  Alger.).  —  Turn- 
schanze Solothurn,  1904-05,  Probst!,  1905  Binz!,    Lüscher  1 

Trifolium  lappaceum  L.  (Medit.).  —  Ebenda,  1904—05,  Probst!, 
1905  Lüscher! 

Tinfolvum stellatum  L.  (Medit.).  —  Ebenda,  1905,  Lüscher!.  Probst! 

Trifolium  angustifolium  L.  (Medit).  —  Ebenda,  1905,  Probst! 

Trifolium  pu?jjureum  Loisel.  (T.  Loiseleuri  Rouy;  S.-Frankreich, 
SO.-Eur.,  SW.-As.).  —  Wie  vorige  Art,  1905,  Probst! 

Trifolium  maritimum  Hudson  (Medit.,  W.-Eur.).  —  Güterbahnhof 
Zürich  III,  1905,  0.  Naegeli! 

Trifolium  echinatum  M.  Bieb.  (T.  supinum  Savi ;  SO.-Eur.,  SW.-As.). 
—  Biberiststrasse  und  alte  Bernstrasse  in  Solothurn,  1904,  Turn- 
schanze 1904  -  05,  Probst!  (dies  ist  „  T.  dalmaticum  Yis.  [oder 
ligusticumBalb.?]"  Lüscher!  Nachtr.  Fl.  Soloth.  [1904],  5),  1906 
Lüscher!;  Vorstadt  beim  Transformatorenhaus,  1907,  Probst!; 
Basel  an  der  Verbindungsbahn  (Hardstrasse-Gellertstrasse),  1907, 
P.  Vosseier!  (Herb.  Binz). 

*  Trifoliiini  constcmtinoj^olitanuni  Ser.  (T.  alexandrinum  Boiss. 
Fl.  Or.  ex  p.,  non  L.;  vielleicht  Ssp.  von  T.  echinatum.  —  SW.- 
As.).  —  Turnschanze  Solothuin,  1904—05,  Lüscher!,  1905 
Probst!,  Binz!;  Malzfabrik  Solothurn,  1904—05,  Lüscher! 
1907  Probst!;  Kiesgrube  im  Hard  Zürich  III,  1906,  Werndli! 

—  var.  Carmelii  (Boiss.  pro  spec.)  Thell.  Pflanze  höher,  üppiger, 
Köpfe  grösser  (über  2  cm  lang),  Krone  intensiver  gelb.  —  Turn- 
schanze Solothurn,  1905,   Probst! 

Trifoliitrn  alexcifulrinnm  L.  verum!     (Ägypt. ,  kult.).  —  Solo-^ 

thurn,    Schutt  an  der  alten  Bernstr.  (mit  T.  echinatum!),    1904, 

und  Malzfabrik  Solothurn,  1907,  Probst! 
Trifolium,  nigrescetis  Viv.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn,  1905, 

Probst!,    Binz!;    Vorstadt    beim    Transformatorenhaus,    1907, 

Probst! 

—  var.  polyanthenium  (Ten.)  Lojac.  —  Belvoir  und  Kiesgrube  im 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       455 

Hard    Zürich   III,    1906,    Werndlü;    Solothurii,    Vorstadt   beim 

Transformatoreiihaus,  1907,  Probat! 
Trifolium  Michelianum   Savi   (Medit.).    —    Turnschanze   Solothurn, 

1905,  Probst! 
Securif/ei-a  Securithaa  (L.)   Thellung  ap.  E.  Janchen  in  Mitteil. 

d.  Naturw.  Ver.  a.  d.  Univ.  Wien    V   (1907),    94    (April)    et   in 

Zimmermann,  Adventiv-  u.  Ruderalfl.  Mannheim  (Juli  1907).   138 

(Coronilla  L.;  Securidaca  lutea  Miller;  Bonaveria  Securidaca  Desv.; 

Securigera  Coronilla    DC.   —  Medit.).   —  Turnschanze  Solothurn, 

1905,  Lüscher! 
Lotus  angus'HssiiiiH.s  L.   (Medit.,  W.-  u.  O.-Eur.,  W.-  u.  Zentr.- 

As.).  —  Turnschanze  Solothurn,  1905,  Probst! 
* Psoralea  cinerea  Lindley  (Austrat. ).  —  Kammgarnfabrik  Deren- 

dingen  bei  Solothurn  (australische  Schafwolle),    1907,  Probst! 
*Sesbaiiia  aegyptlura  Pers.  (tiop.  Afr.,  As..  Austral.).  —  Kamm- 
garnfabrik Derendingen  bei  Solothurn    (australische  Schafwolle), 

1907,  Probst! 
"^Scorpiurus   snlcatus   L.    (S.-Medit. ;    Ssp.    des    mediterranen    S. 

muricatus  L.  emend.  Fiori  u.  Paoletti).  —  Solothurner  Malzfabrik, 

1904,  Lüscher!  Nachtr.  Fl.  Soloth.  (1904),  6;  Tnrnschanze  Solo- 
thurn, 1904,  Probst!;  ?  Vorstadt  beim  Transformatorenhaus 
1907,  Probst!  (zu  jung!). 

iyt^nithopus  compressus  L.    (Medit.)  —  Turnschanze  Solothurn, 

1905,  Lüscher!;  Ruchfeld  bei  Basel,  1906:  Magnat  nach  Binz 
mscr. 

*A7'arJiis  hypogaea  L.  (Brasil;  Kulturpfl.  der  Tropen,  auch  in 
S.-Eur.).  —  Solothurn  auf  Schutt  beim  Baseltor,   1906,  Probst! 

Vicia  bithynica  L.  (Medit.).  —  Solothurner  Malzfabrik,  1904,  Probst! 

Vicia  7iarbo7iensis  L.  (Medit.,  O.-Eur.,  W.-As.).  —  Malzfabrik  und 
Turnschanze  Solothurn.  1904,  Lüscher!  Nachtr.  Fl.  Soloth. 
(1904),  5;  Turnschanze,  1906,  Lüscher!,  Probst! 

—  ssp.  serratifolia  (Jacq.  pro  spec).  —  Bellach  bei  Solothurn  im 
Getreide,  1906,  Probst! 

Vicia  lutea  L.  var.  violascens  Rouy  (Krone  +  violett  überlaufen),  — 
Turnschanze  Solothurn,  1904,  Probst!  (dies  ist  V.  peregrina. 
Probst,  Beitr.  Fl.  Soloth.  [1904],  35),  1906  Lüscher! 

Vicia  hybrida  L.  (Medit.).  —  Langendorf  (Solothurn)  bei  der  Tuch- 
fabrik, 1905,  Probst!;  Turnschanze  Solothurn,  1906,  Lüscher!, 
Probst! 

Vicia  graciUs  Loisel.  (W.-  u.  S.-Eur.,  N.-Afr.,  W.-As.:  von  V.  tetra- 
sperma  [L.]  Mönch  wohl  nicht  spezifisch  verschieden).  —  Solo- 
thurn, Vorstadt  beim  Transformatorenhaus,   1907,  Probst! 


456  Hans  Schinz. 

liothyrus  Cli/nieniini  L.  (Medit.).  —  Schutt  an  der  Landstrasse 
in  Gordola  bei  Locarno,  1894,  L  tisch  er! 

Lathyrtis  Ochvus  (L.)  DC,  (Medit.)-  —  Turnschanze  Solothurn, 
1904,  Probst! 

*  JjatJi i/mis  hievosolyniitanus  Boiss.  (SW.-As.)  var.  grandiflorus 
Boiss.!  —  Hardplatz  Zürich  III,  1902,  Thellung  {„L.  annuus  L.?" 
in  Ruderal-  u.  Adventivfl.  d.  Kt.  Zürich  [1905],  53);  Turnschanze 
Solothurn,   1906,  Lüscher!,  Probst! 

Geranium  rutheniciitu  Uechtr.  (G.  sibiricum  auct.  Ross.  ex  p. ; 
Russl.,  Sibir.;  eingebürgert  in  Ostpreussen).  —  Beim  Kurhaus 
St.  Moritz,   1905,  Branger! 

"^Geranium  collinuni  Steph.  (G.  longipes  DC;  Russl.,  W.-As.; 
früher  oft  in  botan.  Gärten  kult.).  —  Basel,  Wartembergerstrasse, 
1904,  P.  Vosseier!  (Herb.  Binz). 

"^Erodium  liftoreum  Leman  det.  Brumhard  (W.-Medit.).  —  Tuch- 
fabrik Langendorf  (Kt.  Solothurn),  1906,  Probst! 

Oxalis  corniculata  L.  var.  purpurea  Parlat.  (0.  tropaeoloides  Hort.). 
—  Gartenunkraut  in  Aubonne  (seit  15  Jahren),  1876  und  1879, 
Vetter!;  Herbetwil  (Kt.  Solothurn)  im  Garten  von  Lehrer  Otto 
und  Aedermannsdorf  (Solothurn)  1899,  sehr  häufig:  J.  Bär; 
Rheineck,   1905,  Sulger-Buel! 

^Oxalis  Martiana  Zucc.  1823—24  (0.  floribunda  Lehm.  1826, 
Link  u.  Otto  Abb.  seit.  Gew.  I  [1828],  19,  t.  10!  non  Lindley 
Bot.  Reg.  [1828],  t.  1123!  —  Brasil.,  W.-Ind.,  Ascension,  Mauri- 
tius). —  Unkraut  auf  einem  Acker  hinter  dem  Schänzli  in  Bern, 
1901,  A.  Keller! 

JEuphorMa  Chaitiaesyce  L.  vera!  (Medit.)  var.  canescens  (L.) 
Roeper.  —  Genf:  introduit  ä  la  Campagne  de  Charmilles  (Chäte- 
laine),    1848,  Fauconnet!  (Herb.  Deless.). 

Euphorbia  Engehnanni  auct.  helv.  (non  Boiss.)  besteht  aus: 

1.  JE,  Tnaculata   L.    (N.-Am.).     Pflanze   rauhhaarig,    Same   quer- 
gefurcht. 

2.  E.  humifusü  Willd.  (W.-,  N.-  u.  O.-As.).    Pflanze  (bei  uns)  kahl, 
Same  glatt. 

Beide  Arten  finden  sich  im  Tessin  und  in  mehreren  botanischen 
und  anderen  Gärten  eingebürgert;  vergl.  Thellung  in  Bull.  Herb. 
Boiss.  2.  ser.  (VII),  No.  9,  p.  741—772. 
Euphorbia  JEsula  L.  (fast  ganz  Eur.,  W.-  u.  N.-As.).  —  Tessin: 
Mte.  Generoso,  in  cultis:  Penzig  nach  Rhiner  „Abrisse"  in  Ber. 
d.  St.  Gall.  naturw.  Ges.  1890  91  (1892),  149.  Da  von  dieser 
Pflanze  seither  nichts  mehr  verlautet,  dürfte  es  sich  wohl  um 
ein  adventives  Vorkommnis  gehandelt  haben. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       457 

^Eirphorhia  cyhirensis  Boiss.  (Kl.-As.,  Syr.,  Mesopot.).  —  Malz- 
fabrik Solothurn,  1904,  Lüscher!;  Turnschanze  Solothurn, 
1904—05,  Probst!  —  [Auch  schon  bei  Marseille  gefunden.] 

Impatiefis  Boylei  Wa\^.  (I.  glandulifera  Royle  1839  non  Arn.  1835; 
L  glanduligera  Lindley.  —  Himal.).  —  Ufer  der  Birs  zwischen 
Aesch  und  St.  Jakob  bei  Basel  seit  einigen  Jahren,  Binz!;  zwischen 
Mönchenstein  und  „Neue  Welt",  1904,  Abderhalden!  in  Herb. 
Binz. 

Abutilon  Avicennae  Gärtner  (SO.-Eur.,  N.-Afr.,  SW.-As.).  —  Ruch- 
feld bei  Basel  und  zwischen  St.  Jakob  und  „Neue  Welt",  1906: 
Binz  mscr. 

Lavaleva  j^^ttictata  All.  (Medit.)-  —  Turnschanze  Solothurn,  1904, 
Probst!  (dies  ist  L.  thuringiaca  Probst,  Beitr.  FL  Soloth. 
[1904],  35). 

Lavatera  trimestris  L.  (Medit.;  Zierpfl.),  —  Schutthaufen  in 
Sarmenstorf  (Aargau),  rot-  und  weissblühend,  1906,  Jos.  Meier! 

Viola  tiicoJor  L.  var.  hortensis  DC.  —  In  der  Nähe  von  Bauern- 
gärten zuweilen  verwildert,  z.  B.  im  Kt.  Zürich:  Hittnau  1899, 
Andelfingen  1904,  Ossingen  1907,  Thellung;  Sarmenstorf  (Aar- 
gau), 1907,  Jos.  Meier! 

Clarkia  pidchella  Pursh  (Kaliforn.)  var.  integripetala  Hort,  ex  Vil- 
morin  f.  marginata  Hort.  —  Moren  (Luzern)  in  einem  Kartoffel- 
acker, 1907,  Jos.  Meier! 

Oenothera  muricata  L.  (N.-Am.).  —  Schanzengraben  Zürich  (Nähe 
des  botan.  Gartens!)  (ca.  70er  Jahre),  Vetter!;  seither  im  Kan- 
ton Zürich  nicht  mehr  gefunden.  —  Eine  gegen  Oe.  hiennis  L. 
neigende  Form  (Kelchzipfel  ca.  V/2  so  lang  als  die  Kelchröhre ; 
morphologisch  von  dem  Bastard  0.  bienni-muricata  A.  Braun 
[=  0.  Braunii  Doli]  kaum  zu  unterscheiden) :  Rasen  beim  Museum 
in  Solothurn,  1904,  Lüscher! 

—  var.  latifolla  Ascherson.  —  Solothurn,  adventiv  im  Garten  der 
Uhrmacherschule,  1907,  Probst! 

*Gattra  Metmis  L.  (N.-Am.).  —  Lisiere  S.-W.  du  bois  de  Bude  pres 
Ferney  (Ain):  Beauverd  in  Bull.  Herb. Boiss.  2.ser.  VI(1906),  428. 

Ery ngium  planum  L.  (SO.-Eur.,  W.-  u.  N.-As.).  —  Solothurn,  Heiden- 
käppli,  1906,  Keller!  (Herb.  Probst);  Industriequartier  Solo- 
thurn, Lüscher! 

^Lagmcia  ciitninoides  L.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn, 
1906,  Probst! 

*Scan(7ix  niact'orrJii/ncha  C.  A.  Meyer  (S.  hispanica'  Boiss.;  Ssp. 
der  S.  Pecten  Veneris  L.  nach  Rouy.  —  S.-Eur.,  SVV.-As.).  — 
Turnschanze  Solothurn,  1904,   Probst! 

Vierteljahrsschrilt  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jabrg.  52.     19Ü7.  3ü 


458  Hans  Schinz. 

Torilis  arvensis  (Hudson)  Link  var.  purpurea  (Guss,  pro  spec.)  Fiori 
u.  Paoletti  [excl.  f.  b.  heterophylla]  (heimisch  z.  B.  in  Italien).  — 
Turnschanze  Solothurn,  1904,  Probst! 

Torilis  lieteropliylla  Guss.  (Ssp.  von  T.  arvensis  [Hudson]  Link? 

—  Medit.).  —    Hardplatz    Zürich   HI,    1902,    Thellung;    Turn- 
schanze Solothurn,   1906,  Probst! 

Torilis  lej)tophyIIa  (L.)  Rchb.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn, 
1904—05,  und  südlich  der  Vorstadt,  1906,  Probst! 

Oflciya  x>lOjtycfif'pos  (L.)  Koch  (Medit.).  —  Solothurner  Malzfabrik, 
1904,  und  Vorstadt  beim  Transformatorenhaus,  1907,  Probst! 

Biqjleuriwi  subovatum  Link  (B.  protractum  Hoffmannsegg  u.  Link; 
Medit.  -   Bahnhof  Buchs,  1907,   Schnyder! 

üui^leufuni  Odontites  L.  ex  Desf.,  Rchb.,  Boiss.  (B.  Fontanesii 
Guss.;  Medit.).  —  Solothurn^  südlich. der  Vorstadt,  1904,  1906, 
Probst!;  westlich  der  Malzfabrik,  1906,  Lüscher!,  Probst! 

Jßuplem'uni  teniiissinium  L.    (fast  ganz  Eur.,   Kauk.,  N.-Afr,). 

—  „Les  Croisettes"   am  Genfersee  [wohl  nur  vorübergehend  ad- 
ventiv], 1864,  leg.?    (Herb.  Univ.  Zürich). 

Hidolfia  segetuin  (L.)  Moris  (Medit.).  —  Orbe  (criblures  de  bles 
etrangers),  1883,  Vetter!;  Ruchfeld  bei  Basel,  1907,  E.  Suter! 
(Herb.  Binz). 

Arnmi  majus  L.  (Medit.). 

—  var.  serratum  Mutel  (=  var.  genuinum  Gren.  et  Godron),  Grund- 
blätter einfach  fiederschnittig,  mit  gesägten  Abschnitten.  Die  bei 
uns  am  häufigsten  eingeschleppte  Form ;  z.  B.:  Solothurn,  Vorstadt, 
1907,  Probst! 

—  var.  intermedium  (DC.)  Gren.  et  Godron,  untere  Laubblätter  doppelt 
fiederschnittig,  mit  keilförmigen,  eingeschnitten  gezähnten  Ab- 
schnitten. —  Solothurn,  Vorstadt,  1907,  Probst! 

—  var.  glaucifolium  (L.)  Noulet,  alle  Laubblätter  fein  zerteilt,  mit 
linealischen,  grösstenteils  ganzrandigen  Zipfeln.  —  Turnschanze 
Solothurn,    1904,   und  südlich  der  Vorstadt,    1906—07,   Probst! 

Oenanthe  pimjnnelloides  L.  (Medit.).  —  ?  Güterbahnhof  Zofingen 
1882^ — 83,  Lüscher!  (zur  sichern  Bestimmung  zu  jung!);  Turn- 
schanze Solothurn,  1905—06,  Probst! 

Pharbitis  purpiirea  (L.)  Ascherson  (trop.  Am.).  —  Kirchenfeld  bei 
Bern  verwildert  (fl.  olbo),  1901,  Lüscher! 

*I*harbitis  JSHl  (L.)  Choisy  (trop.  Am.).  —  Tessin:  Fornasette, 
Bez.  Lugano,  1904,  Chenevard! 

Coiivolvulus  daJiuriciis  Sims  (Calystegia  Choisy;  Tatarei,  Sibir.). 

—  Zürich:  Hofacker,  1882:  Itschner  nach  Schinz  mscr.;  Rhein- 
eck, an  einer  Hecke  verwildert,   1906,  Sulger-Buel! 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       459 

"^Convolvulus  irubescens  (Lindley)  Thell.  comb.  nov.  [non  Soland. 
in  Russell  1794,  qiii  =  C.  betonicifolius  Miller  1768  (=  C.  hirsutus 
M.  Bieb.  1808),  nee  Willd.  1809,  qui  =  Ipomoea  pubescens  Lam. 
1791]  (Calystegia  pubescens  Lindley  Bot.  Reg.  XXXII.  t.  42!  — 
China).  —  Alte  Kiesgrube  Hardau  in  Zürich  III,  1905,  Buch  er! 

Cnscuta  corymhosa  Ruiz  u.  Pavon  ist  aus  der  Adventivflora  der 
Schweiz  zu  streichen.  Die  in  Schinz  und  Keller,  Fl.  d.  Schweiz, 
ed.  2,  II  (1905),  177,  sowie  bei  Naegeli  und  Thellung,  Ruderal- 
u.  Adventivfl.  d.  Kt.  Zürich  (1905),  61  unter  diesem  Namen  auf- 
geführte Pflanze  gehört  zu  C.  raceinosa  Mart.  (S.-Am.);  Syn. : 
C.  corymbosa  Choisy  Cusc.  et  auct.  gall.  et  helv.,  non  R.  P.; 
C.  suaveolens  Ser. ;  G.  hassiaca  Pfeiffer. 

CoUomia  hiflora  (Ruiz  u.  Pavon)  Brand  (C.  coccinea  Lehm.;  Chile, 
Boliv.;  Zierpflanze).  —  Solothurn  bei  der  Malzfabrik,  1903, 
Lüscher! 

* Heliotropium  sujnnum  L.  (Medit.).  —  Solothurn  beim  Basel- 
tor, 1906,  Probst! 

JLap2)ula  2^f'tiila  (Lebm.)  Ascherson  (Span.,  N.-Afr.,  S.-Russl.,  SW.- 
As.y   —  Getreidelagerhäuser  in  Brunnen,  1907,  Thellung. 

SympJif/tiim  asperiun  Lepechin  1805  (S.  asperrimum  Denn  1806; 
Kauk..  Armen.,  Pers.).  —  Ormonts  (Yaud),  introduit,  1886,  G. 
Mermod!;  Tesserete  (Tessin),  1903,  M.  Jägglü:  verwildert  am 
Bodenseeufer  bei  Ermatingen  (Thurgau),  1904 — 07,  E.  Baumann! 

Syniphytuni  ccernlemn  Petitmengin!  n.  spec.  ined.  1903^)  [an 
Hort.  angl.  ex  Steud.  Nom.  ed.  2  (1841),  654  (nomen  nudum!)?] 
(S.  peregrinum  Bot.  Mag.  t.  6466!  [1879]  et  bort.,  Ascherson 
&  Graebner  Fl.  Nordostd.  Flachl.  [1898—9],  577  —  non  Ledeb. !  2) 
—  Kaukasus  nach  Bot.  Mag.  1,  c. ;  oder  vielleicht  .Gartenbastard : 


'J  Mit  kurzer  Beschreibung  auf  der  mit  Tinte  geschriebenen  Herbaretikette 
{Herb.  Montpellier).  —  Diagnose  (hier  zum  erstenmal  veröffentlicht): 

Affine  S.  officinali  L.,  a  quo  distinguitur  foliis  superioribus  imperfecte  (ad 
medium  tantum  internodii)  decurrentibus,  corolla  carulea  (non  violacea  vel  flave- 
scenti-alba)  calyce  (saepe  ad  tertiam  partem  inferiorem  tantum,  non  fere  ad  basin 
fisso)  3  —  4  plo  (non  subduplo)  longiore,  filamentis  antherae  subaequahbus  (non 
subduplo  brevioribus).  —  Die  Art  wird  demnächst  auch  in  der  im  Druck  befind- 
lichen Flore  analytique  de  Lorraine  von  Petitmengin  und  Gadfuin  beschrieben 
werden. 

^)  S.  peregrinum  Ledeb. !  Cat.  h.  Dorpat.  (1820),  4  ist,  wie  schon  aus  der 
Beschreibung  bei  A.  DG.  Prodr.  X  (1846),  37  und  bei  Ledeb.  Flora  Boss.  III,  1 
(1846?),  114  hervorgeht,  nach  einem  von  Fischer  aus  dem  Hort.  Dorpat.  über- 
mittelten, anscheinend  authentischen  Exemplar  im  Herb.  DC.  Prodr.  beträchtlich 
verschieden  durch  die  gar  nicht  herablaufenden  Stengelblätter  und  den  folglich 
völlig  flügellosen  Stengel;  ich  schliesse  mich  daher  der  Auflassung  Boissiers  an, 
der  (Fl.  Or.  IV  [1879],  175)  S.  peregrinum  Ledeb.,  wie  auch  S.  echinatum  Ledeb., 
als  „formae  hortenses  forsan  hybridae"  zu  S.  asperum.  Lepechin  zieht. 


•460  Hans  Schinz. 

S.  asperum  Lepechin  X  officinale  L.?),  —  Botan.  Grarten  Zürich 
als  Unkraut,  1907,  Thellung;  Sion,  1905,  F.  0.  Wolf!  (ob 
kultiviert?). 

Die  Pflanze  des  Züricher  botan.  Gartens  ist  mit  dem  von  Petit - 
mengin  ausgegebenen'  Exsikkatum  von  Doumartemont  [Meurthe  et 
Moselle]  (Petit  bois  en  dessous  de  la  forme  Ste.  Grenevieve,  wo  die  Pflanze 
zweifellos  verwildert  ist)  völlig  identisch  und  stimmt  auch  mit  der  im 
Bot.  Mag.  1.  c.  als  S.  peregrinum  abgebildeten  und  beschriebenen  Pflanze 
gut  überein  mit  Ausnahme  des  wohl  ziemlich  geringfügigen  ümstandes, 
dass  bei  der  ersteren  die  Schlundschuppen  die  Antheren  etwas  über- 
ragen, während  bei  der  letzteren  das  Gegenteil  der  Fall  ist. 
*Syniphytiiiii  Vettert ')  Thellung  n.  spec. 

Perenne?  Partes  basilares  mihi  ignotae.  Planta  elata,  habitu 
S.  officinalis  L.  Caulis  ramosus,  indumento  fere  destitutus,  foliis 
imperfecta  decurrentibus  hinc  inde  subalatus,  epilosus,  primo 
intuitu  glaberrimus  et  laevis,  aculeolis  tamen  minutis  retrorsum 
curvatis  remote  in  inflorescentia  tantum  densius  obsitus.  Folia 
caulina  media  et  superiora  alterna,  ovato-lanceolata,  acuta,  basin 
versus  quasi  in  petiolum  late  alatum  contracta,  infra  insertionem 
-f  longe  (plerumque  ad  dimidium  internodii)  et  saepe  inaequa- 
liter  decurrentia,  (exceptis  summis)  glabra  (i.  e.  epilosa),  su- 
perne  pustulis  albidis  conspicuis,  saepe  in  aculeolum  minutissi- 
mum  terminatis,  elevato-punctata,  margine  aculeolis  curvatis 
obsita.  Inflorescentiae  eis  S.  officinalis  similes,  satis  multiflorae ; 
axis  et  pedicelli  (calyce  subbreviores)  aculeolis  et  pilis  molliori- 
bus  hirsutuli.  Calyx  +  7  mm  longus,  ad  quintam  fere  partem 
inferiorem  in  lacinias  5  triangulari-lanceolatas  acutissimas,  co- 
rollae  tubum  subaequantes,  post  anthesin  paulo  auctas,  facie 
glabras  et  laeves,  margine  aculeolato-ciliatas  partitus.  Corolla 
tubuloso-infundibiliformis  limbo  subventricoso,  13—15  mm  longa, 
calyce  suduplo  longior,  purpurea,  limbo  tubum  longitudine  sub- 
aequante,  dentibus  limbi  parvis  triangularibus  revolutis.  For- 
nices  inclusi  (limbum  non  aequantes),  anguste  triangulari-lan- 
ceolati    acutissimi,    antheris    subaequilati    et    eis    vix    longiores. 

')  Ich  dedizieie  diese  Art  Joh.  Jak.  Vetter,  geb.  11.  .Jan.  1826  in  Stein 
(Schaffhausen),  Konservator  am  Herbarium  Barbey  in  Valleyres,  hochverdientem 
Erforscher  und  vorzüglichem  Kenner  der  schweizerischen  Adventivflora;  von  Be- 
deutung ist  namentlich  sein  Aufsatz:  Quelques  notes  sur  la  Flore  des  environs 
d'Orbe,  in  Bull.  Soc.  Vaud.  des  sc.  nat.  XXII  Nr.  9.5  [1886],  268—277  (vgl.  das 
Referat  in  Jusfs  Bot.  Jahresber.  XV,  2  [1890],  428  n.  186).  Das  von  Prof.  Dr. 
Hans  Schinz  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  geschenkte  Herbarium 
Vetter  ist  ausserordentlich  reich  an  schweizerischen  Adventivpflanzen;  ich  ent- 
deckte darin  unter  anderen  noch  nicht  publizierten  interessanten  Funden  auch  das 
oben  beschriebene  merkwürdige  Symphytum. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).      461 

Antherae  filamento  IV2 — 2  plo  longiores.  Nuculae,  a  latere 
visae ,  oblique  ovato  -  semicirculares ,  laeves.  Maxime  affine 
S.  officinali,  a  quo  tarnen  indumento  singulari  et  foliis  imper- 
fecte  tantum  decurrentibus  manifeste  differt.  —  Patria  ignota; 
in  Helvetia  semel  adventicium : 

Orbe  (Waadt),  au  Sechon,  bords  de  l'ancien  lit  de  l'Orbe, 
1892,  Moehrlen!  in  Herb.  Vetter  (Univ.  Zürich). 

S.  Vettert  unterscheidet  sich  von  allen  mir  bekannten 
Arten  der  Gattung  durch  fast  völlig  haarlose  und  nur  sehr  fein 
und  entfernt  stachelige  Stengel  und  Laubblätter  ^),  von  S.  offi- 
«inale  L.,  dem  es  zweifellos  sehr  nahe  steht,  ausserdem  auch 
durch  die  nur  halb  herablaufenden  Blätter  und  die  viel  grösseren 
(oft  V*  ^^^  breiten),  in  ein  ganz  kurzes  Börstchen  endigenden 
Pusteln  der  Oberseite  der  Laubblätter. 

Die  Stellung  des  S.  Vetteri  zu  S.  officinale  L.  und  den 
übrigen  in  Europa  gelegentlich  adventiv  beobachteten  Symphijtum- 
Arten  dieses  Verwandtschaftski'eises  kommt  in  der  folgenden 
Tabelle  zum  Ausdi-uck: 

1.  Stengel  von  +  stark  seitlich  zusammengedrückten,  abwärts  gebogenen  Stacheln 
rauh.  Laubblätter  gar  nicht  hei  ablaufend.  Kelchzähne  so  lang  oder  länger 
als  die  Kelchröhre,  V^ — Vs  der  Krone  erreichend.  Staubfäden  ±  so  lang  wie 
die  Antheren.  —  Kaukasus,  Armenien,  Persien.  —  S.  asperrimum  Don.;  Bot. 
Mag.  t.  929! 

S.  asperum  Lepechin. 

1*.  Stengel   weichhaarig   oder   borstig   bis   fast  kahl,   aber   nicht  mit  zusammenge- 
drückten,  gebogenen  Stacheln   besetzt;    seltener   mit  solchen,   aber  zugleich  die 
Laubblätter  herablaufend. 
2.    Kelchzipfel  länger  als  die  Kelchröhre. 

3.  Kelch  tief  öteilig;  oder,  wenn  nur  bis  zum  unteren  Drittel  gespalten, 
Pflanze  mit  zusammengedrückten  Stacheln.  Laubblätter  ganz  oder  halb 
herablaufend. 

4.    Stengel    und    Laubblätter    dicht    borstig    rauhhaarig;    Indument    aus 
Stachelborsten  und  Haaren  gemischt. 

5.  Obere  Laubblätter  nur  halb  herablaufend.  Krone  3 — 4  mal  so 
lang  als  der  oft  nur  bis  zum  unteren  Drittel  gespaltene  Kelch, 
blau.  Staubfäden  Az  so  lang  wie  die  Antheren.  —  Kaukasus? 
Oder   Bastard:    S.  asperum    X    officinale?    —   S.  peregrinum   Bot. 

Mag.  t.  6466 !  non  Ledeb. ! 

S.  coeruleum  Petitmengin, 

5*.  Laubblätter  (in  der  Regel)  vollkommen  herablaufend.  Krone  dop- 
pelt so  lang  als  der  tief  geteilte  Kelch,  violett  oder  gelblich  weiss. 

Staubfäden  +  V«  so  lang  als  die  Antheren. 

S.  officinale  L. 


^)  S.  peregrinum  Ledeb.  wird  von  A.  DC.  Prodr.  als  ,caule  glabriusculo 
nudiusculo"  beschrieben,  unterscheidet  sich  aber  von  meiner  Pflanze  durch  die 
sitzenden   oberen  Stengelblätter  und   den  im  Verhältnis  zur  Krone  kürzeren  Kelch. 


462  Hans  Schinz. 

4*.  Stengel  und  Laubblätter  haarlos,  nur  sehr  entfernt  mit  kleinen,  auf 
Pusteln  aufsitzenden  Stachelchen  besetzt.  Laubblätter  halb  herab- 
laufend.    Krone  doppelt  so  lang  als  der  Kelch.    Antheren  IV2— 2  mal 

so  lang  als  die  Staubfäden.  —  Heimat? 

S.  Vetteri  Thell. 

3*.  Kelch   nur  bis   zum  unteren  Drittel  gespalten.     Pflanze  weichhaarig  und 
ausserdem   mit   am   Grunde   verdickten   Borsten,    aber   ohne   zusammen- 
gedrückte Stacheln.    Obere  Laubblätter  nicht  oder  sehr  kurz  herablaufend. 
■  Krone   3   mal  so   lang  als   der   Kelch.   —   Krim,    Pontus,    Armenien.    — 

Bot.  Mag.  t.  1787! 

S.  tauricum  Willd. 

2.   Kelchzipfel  kürzer  als  die  Kelchröhre.    Pflanze  weichhaarig,  fast  ohne  Borsten. 

6.    Obere  Laubblätter   sitzend.     Krone   doppelt  so  lang  als  der  Kelch  (?).  — 

Kleinasien.  —  Bot.  Mag.  t.  1912! 

S.  Orientale  L.,  Boiss. 

6*.  Obere   Laubblätter    kurz   herablaufend.     Krone    3    mal    so   lang   als   der 

Kelch.  —  Kaukasus.  —  Bot.  Mag.  t.  3188! 

S.  caucasicum  M.  Bieb. 

Anchusa  italica  Retz.  1779  (A.  azurea  Miller  1768  P^);  Medit., 
selten  und  unbeständig  in  der  Südschweiz).  —  Böschung  der 
Strasse  St.  Moritz- Campfer  (Engadin),  1905,  Branger!  Auch 
sonst  hin  und  wieder  verschleppt,  z.  B. :  Lommiswil  (Solothurn), 
Bahnlinie  im  Bau,  1907,  und  Hauterive  bei  Freiburg,  1907, 
Probst! 

—  var,  sublanata  Thell.  n.  var.,  caulis  partes  superiores  et  inflores- 
centiae  axes  setis  densissimis  longis  patulis  albis  subcompressis 
mollibus  quasi  albo-lanuginosi;  foliorum  pustulae  minimae 
vix  conspicuae;  flores  quam  in  typo  minores.  Oberer  Teil  des 
Stengels  und  Infloreszenzachsen  mit  sehr  dichtstehenden,  langen, 
abstehenden,  weissen,  etwas  bandartig  zusammengedrückten, 
weichen  Borsten  besetzt  und  dadurch  weisslich-z ottig  er- 
scheinend; Pusteln  der  Laubblätter  sehr  klein  und  wenig  auffällig; 
Blüten  kleiner  als  beim  Typus;  sonst  scheint  die  Pflanze  von 
A.  italica  nicht  verschieden.  —  Langendorf  (Solothurn)  in  einem 
Hühnergarten  (Futter  von  der  Malzfabrik),  1907,  Probst!  Ähn- 
lich, aber  mit  etwas  steiferen  Borsten :  Kiesplatz  an  der  Strasse 
Walenstadt-Berg,  1905,  J.Bär  und  Hans  R.  Schinz!  (scheint 
den  Übergang  der  Var.  zum  Typus  zu  vermitteln). 


^)  Die  von  Miller  Gard.  Dict.  ed.  8  (1768),  n.  9  gegebene  Beschreibung  der 
A.  azurea  ist  zur  sichern  Erkennung  der  Art  unzulänglich,  und  auch  das  Synonym 
Zanoni's  (Hist.  [1675],  51!)  ist  höchst  unklar.  Ein  authentisches  Herbarexemplar 
der  Millerschen  Art  scheint  nach  Mitteilung  von  Herrn  J.  Britten-London  an 
Prof.  Schinznicht  zu  existieren. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       4-63 

*Anc7iusa  sfylosa  M,  Bieb.  (Griech.,  Türkei,  Krim,  Kl. -As.).  — 
PSolothurn,  Vorstadt,  1907,  Häberli!  (Herb.  Probst;  ein  dürf- 
tiges Exemplar  mit  nur  1  Blüte). 

Anchusa  hybrida  Ten.  (A.  undulata  L.  vai-.  hybrida  Fiori  & 
Paoletti;  Medit.).  —  Solothurn  beim  Baseltor,   1907,  Probst! 

Lijcopsis  orientalis  L.  (Anchusa  Rchb. ;  Span.,  S.-Russl.,  SW.-As.). 
—  Bahnhof  Buchs,  1907,  Schnyder!;  Langendorf  (Solothurn), 
Bahndamm,  1907,  Probst! 

Nonnea  pulla  (L.)  DC.  (SO.-Eur.,  SW.-As.).  —  Dans  un  champ  de 
trefle  ä  Essert-Pittet  pres  Orbe  (Vaud),.  1894,  Moehrlen!  (Herb. 
Vetter);  Ruchfeld  bei  Basel,  1902—3:  Binz  Fl.  Basel  ed.  2 
(1905),  262;  Bahnhof  Buchs,  1905,  Schnyder! 

Cerinthe  minorlj.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn,  1904,  Probst!; 
Ruchfeld  bei  Basel,  1906:  Magnat  nach  Binz  mscr. 

—  var.  macidata  (M.  Bieb.)  (Krone  im  Schlund  purpurn,  beim 
Typus  rein  gelb).  —  Basel:  Schutt  an  der  Margrethenstrasse, 
1900:  Baumberger  nach  Binz  FL  Basel  ed.  2  (1905),  263. 

Echiinn  plantagineum  L.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn,  1904, 
Probst!  Vergi.  Lüscher  Nachtr.  Fl.  Soloth.  (1904),  12.  Von 
Probst  Beitr.  Fl.  Soloth.  (1904),    36    als  E.  italicum   aufgeführt. 

*Clei*o<Jendron  fcetidurn  Bunge  (China).  —  Verwildert  um  Lo- 
carno:  zwischen  Hotel  Belvedere  und  Madonna  del  Sasso,  1906: 
Fr.  Zimmermann-Mannheim,  J.  Bär. 

Scutellaria  altissima  L.  (SO.-Eur.,  Kauk.).  —  Bains  de  Lavey 
1880,  Moehrlen!;  Botan.  Garten  Zürich,  am  Abhang  gegen  den 
Schanzengraben  seit  längerer  Zeit  in  grosser  Menge  verwildert! 

*Lavandiila  latifolia  (L.  L)  Vill.  (W. -Medit.  bis  Dalmatien).  — 
Kiesgrube  Hardau,  Zürich  HL  1906,  J.  Bär! 

Sideritis  montaua  L.  (Medit.).  —  Maggimühle  Zürich  HI,  1907, 
Werndlü;  Oberdorf  bei  Solothurn,  in  frisch  gesäter  Luzerne, 
1907,  Probst! 

Nepeta  grandiflora  M.  Bieb.  (Kaukas.).  —  Schanzengraben  Solo- 
thurn, 1892,  Herb.  Sophie  Lang-Solothurn! ;  Sitten,  1905, 
F.  0.  Wolf! 

Dracocephalurn  parviflorum  Nutt.  (N.-Am.),  —  Solothurn,  Lager- 
platz des  Münsterbahn-Baues  bei  Langendorf,  1907,  Probst! 

Stach ys  italicus  Miller  (St.  salviaefolia  Ten. ;  S.-Eur.  von  Frankreich 
bis  Griechenl.).  —  Turnschanze  Solothurn,  1904,  Probst!  (vergl. 
Lüscher  Nachtr.  Fl.  Soloth.  [1904],  14);  Seeufer  beim  Hotel 
Reber  in  Locarno,  vor  3  oder  4  Jahren:  Chenevard  briefl.  an 
Prof.  Schinz;  Ruchfeld  bei  Basel.  1907,  E.  Suter!  (Herb.  Binz). 

*Salvia  viridis  L.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn,  1904,  Probst! 


464  Hans  Schinz. 

*Salvia  virgata  Ait.  (SO.-Eur.,  SW.-As.).  —  Orbe,  1886,  Vetter!; 
Turnschanze  Solothurn,   1906,  Probst! 

Salvia  austriaca  Jacq.  (SO.-Eur.).  —  Bahnhof  Buchs,  1907, 
Schnyder! 

Salvia  Aethiopis  L.  (S.-  u.  O.-Eur.,  W.-As.,  N.-Afr.).  —  Solothurn 
auf  Schutt  beim  Baseltor,  1907,  Probst! 

Monarda  fistiilosa  L.  (N.-Am.).  —  Biberist  bei  Solothurn,  an 
Stelle  eines  eingegangenen  Gartens:  Probst  Beitr.  Fl.  Soloth. 
(1904),  27. 

Physalis  peruviana  L.  (Ph.  pubescens  L.  ß  peruviana  Fiori  & 
Paoletti;  S.-Am.,  kult.  u.  verwildert  in  wärmeren  Gegenden, 
z.  B.  in  Italien)  var.  esculenta  (^Salisb.)  Fiori  &  Paoletti  (Ph.  edulis 
Sims),  mit  deutlich  gezähnten  Laubblättern.  —  Runkelfeld,  Juch, 
Altstetten  bei  Zürich,  1907,  A.  Yolkart! 

Solanum  rostratum  Dunal  (N.-Am.).  —  Kiesgrube  im  Hard  Zürich  III, 
1907,  Thellung. 

"^Solamini  pseudo-Capsiciim  L.  (trop.  Am. ;  Madeira,  Mauritius 
[ob  spontan?]).  —  Kiesgrube  im  Hard  Zürich  III,  1901.  Thel- 
lung (in  der  Ruderal-  u.  Adventivfl.  des  Kts.  Zürich  [1905],  61 
irrig  als  S.  bonariense  L.  aufgeführt;  letztere  Art  ist  für  die 
Schweiz  zu  streichen). 

Petunia  violacea  Lindley  (Zierpflanze  aus  dem  östl.  S.-Am.).  — 
Basel,  St.  Albanring,  1907,  P.  Vosseier!  (Herb.  Binz). 

Verbascuni  sinuatum  L,  (Medit.).  —  Zürich,  vor  der  Kaserne 
beim  bot.  Garten  (anno?),  Osw.  Heer!;  Turnschanze  Solothurn, 
1904,    Probst!    (vergl.  Lüscher  Nachtr.  Fl.  Soloth.  [1904],  12). 

^Verbascufn  cf.  graciliflorum  Del.  (früher  adventiv  bei  Mont- 
pellier; Heimat  unbekannt).  —  Eine  dieser  Art  nahestehende, 
aber  durch  grössere  Blüten  (Kelch  4  statt  2^2 — 3  mm  lang)  und 
auffallend  glänzende  Blattoberseite  verschiedene  Pflanze:  Orbe, 
adventice  pres  du  moulin,   1894,  Moehrlen!  (Herb.  Vetter). 

*  Linaria  pallida  Ten.  ( Appennin).  —  Verwildert  auf  Felsen  und  in 
Schluchten  der  Rochers  de  Naye  (Waadt),  Flüchtling  aus  dem 
botan,  Garten  „Rambertina":  Boissieu  in  Bull.  Soc.  bot.  France 
LIH  (1906),  n.  7,  524. 

Linaria  genistifolia  (L.)  Miller  (O.-Eur.,  W.-As.).  —  Turnschanze 
Solothurn,  1904,  Probst!,  1905  Binz!,  Lüscher!  (vergl.  Probst 
Beitr.  FL  Soloth.  [1904],  36  und  Lüscher  Nachtr.  Fl.  Soloth. 
[1904],  12);  Bahnhof  Solothurn,  1906,  Werndlü;  Bahnhof 
Buchs,  1905,  Schnyder! 

Linaria  purpurea  (L.)  Miller  (Ital.,  Griech.,  Tunis)  ist  wohl  aus 
der  Adventivflora  der  Schweiz  zu  streichen.     Die  Pflanze 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).      465 

sollte  nach  Hegetschweiler  Fl.  Schw.  (1840),  606  von  Monard 
bei  Romainmotier  beobachtet  worden  sein;  doch  vermutet  schon 
Ducommun  (Taschenb.  Schweiz.  Bot.  [1869J,  566),  dass  es  sich 
um  eine  Verwechslung  mit  L.  striata  handeln  dürfte.  Tatsäch- 
lich gehören  Exemplare  der  „L.  purpurea"  von  Romainmotier 
im  Herb.  Helv.  Univ.  Zürich  zu  L.  repens  (L.)  Miller  (=  L.  striata 
[Lam.]  DC). 

Antirrhinum  Orontimn  L.  var.  grandiflorum  Chav.  (A.  calycinum 
Lam.;  Medit.).  —  Ruchfeld  bei  Basel,   1906,  Binz! 

^Martsia  Trixago  L.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn,  1905, 
Lüscher!,  Probst! 

Plantag 0  Coronopus  L.  (Medit.,  W.-Eur.  bis  zur  Nordsee).  —  Turn- 
schanze Solothurn,  1904,  Probst! 

Plantago  Psyllium  L.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn,  1904, 
Probst!,  1905,  Lüscher! 

J*laiitago  JBellardii  All.  (P.  pilosa  Pourret;  Medit.).  —  Ebenda, 
1904,  Probst!,  1905,  Lüscher! 

Asperula  arvensis  L.  f.  albiflora  Probst!,  flore  albo.  Krone  rein- 
weiss.  Da,  soviel  mir  bekannt,  die  europäischen  Floren  keine 
Abänderungen  in  der  Blütenfarbe  der  A.  arvensis  angeben,  wohl 
aber  Boissier  Fl.  Or.  III  (1875),  80  („variat  coroUa  pallide 
coerulea  vel  subcarnea"),  so  dürfte  unsere  Pflanze  wohl  aus 
grösserer  Entfernung,  etwa  aus  dem  Orient,  eingeschleppt  sein. 
—  Solothurn,  Schutt  beim  Baseltor,  1907,  Probst! 

Galiuin  divaricatum  Lam.  (mediterrane  Ssp.  des  G.  parisiense 
L.).  —  Solothurn  südlich  der  Vorstadt,  1906,  Probst! 

Knaiitia  integrifolia  (L.)  Bertol.  (Kn.  hybrida  (All.)  Coulter; 
S.-Eur.,  Kl.-As.,  Syr.)  var.  lyrata  (Lara.)  Rouy.  —  Solothurn, 
Vorstadt  beim  Transformatorenhaus,  1907,  Probst! 

"^Cucumis  inyriocarpits  Naud.  (C.  Grossularia  &  grossularioides 
Hort.;  Zierpfl.  aus  S.-Afr.).  —  Kompost  bei  der  Kammgarn- 
fabrik Derendingen  (Solothurn),  1907,  Probst! 

"^Campanula  alliariifolia  Willd.  (Kaukas.,  Kl.-As.).  —  Saleve 
(Grand-Sarrot)  in  der  Nähe  der  Schweizergrenze:  Beauverd  in 
Bull.  Herb.  Boiss.     2«  ser.  V  (1905),  1194. 

^Legousia  jyentagonia  (L.)  Thell.  comb.  nov.  (Specularia  A.  DC. ; 
Türkei,  Kreta,  Kl.-As.  u.  Inseln,  Syr.,  Kauk. ;  eingebürgert  in 
Spanien,  S.-Frankr.  etc.).  —  Solothurn,  Schutt  beim  Transfor- 
matorenhaus (Vorstadt),  1907,  Probst! 

*Gritidelia  deciimbens  Greene!  1896  (Colorado)  (G.  Brownii 
Heller!  1899  [Idaho],  der  nordamerikanischen  G.  squarrosa  (Pursh) 
Dunal  nahestehend).  —  Ruchfeld  bei  Basel,  1906,  Binz! 


466  Hans  Schinz. 

Solidago  graminifolia  (L.)  Ell.  (S.  lanceolata  L. ;  N.-Am.).  — 
Basel:  rechtes  Rheinufer  unterhalb  der  Schiffbrücke  (auf  deut- 
schem Boden),  1903:  Binz  mscr. 

Callistephus  chinensis  (L.)  Nees  (China,  Japan).  —  Tägerweilen 
(Thurgau),  beim  Kirchhof  seit  ca.  1895  regelmässig  verwildernd: 
J.  Bär;  Ruchfeld  bei  Basel,  1905,  Binz!;  in  einer  Kleewiese  bei 
Aesch  (Luzern),  1907,  Jos.  Meier! 

Aste?^  novi  helgii  L.  (N.-Am.).  —  Bei  uns  die  häufigste  der  ver- 
wildernden nordamerikanischen  Aster-Arten.  Dazu  gehört  als 
Synonym:  A.  dmnosus  Probst !i)  Beitr.  Fl.  Soloth.  (1904),  29 
non  L. 

—  var.  (?)  stenolepis  Thell.  n.  var.,  squamis  pro  more  speciei  angustis- 
simis  (V2  mm  latis).  Hüllblätter  ungewöhnlich  schmal  (ca.  V2  mm 
breit),  Laubblätter  schmallanzettlich ;  sonst  scheint  die  Yar.  vom 
Typus  der  Art  nicht  verschieden ;  von  A.  salicifolius  differiert  sie 
durch  die  sehr  ungleich  langen  Hüllblätter,  deren  äussere  nur 
die  Hälfte  der  inneren  erreichen,  und  durch  deutlich  umfassend 
geöhrte  Stengelblätter.  —  Am  Tägelbach  östlich  Niederwil  (Thur- 
gau), 1906,  We gelin! 

ssp.  laevigatus  (Lam.)  Thell.  (A.  novi  belgii  var.  laevigatus  A.  Grray; 
A.  brumalis  Nees).  Vom  Typus  durch  traubigen  (statt  dolden- 
rispigen)  Gesamtblütenstand  mit  grösstenteils  Iköpfigen  Asten 
verschieden.  —  Hieher  als  Synonym :  A.  nebraskensis  Probst !  ') 
Beitr.  Fl.  Soloth.  (1904),  22  non  Britton.  —  Von  dieser  bei  uns 
verbreiteten  Ssp.  sah  ich  aus  der  Schweiz  die  2  folgenden  be- 
merkenswerten Varietäten : 

—  var.  ovatus  Thell.  n.  var.,  foliis  ovatis  (1:2  —  3),  ad  3  cm 
latis,  acuminatis,  basi  ambitu  rotundatis  et  amplexicaulibus. 
Laubblätter  eiförmig  (1  :  2— 3),  bis  3  cm  breit,  zugespitzt,  am 
Grunde  im  Umriss  abgerundet  und  stengelumfassend  (=  A.  ob- 
lofigifolius  Probst  !>)  Beitr.  Fl.  Soloth.  [1904],  29  non  Nutt.). 
—  Ufergebüsch  der  Aare  oberhalb  Büren  (Kt.  Bern),  1903—4, 
Probst!  —  Angenähert  auch:  Marais  d'Orbe  (Vaud),  1883, 
Vetter! 

—  var.  subprenanthoides  Thell.  n.  var.,  foliis  apicem  versus  den- 
tatis,  infra  medium  integerrimis  et  subpanduriformi-constrictis, 
inde  formam  A.  jjrejianfhoidis  Mühlenb.  referentia.  Laubblätter 
oberwärts  gezähnt,    unter    der  Mitte  etwas  geigenförmig  zusam- 


1)  Mithin  sind  die  folgenden  Arten  aus  der  Adventivflora  der  Schweiz  zu 
streichen:  A.  acuminatus  Michx.,  A.  nebraskensis  Britton  und  A.  oblongifolius 
Nutt.;  vielleicht  auch  A.  dumosus  L.,  dessen  Vorkommen  in  der  Schweiz  nicht 
mit  Sicherheit  nachgewiesen,  jedoch  keineswegs  unwahrscheinUch  ist. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).      467 

mengezogen  und  ganzrandig,  dadurch  in  der  Form  etwas  an 
Ä.  py^enanthoides  Mühlenb.  erinnernd,  mit  welcher  Art  meine 
Pflanze  jedoch  sonst  nichts  gemeinsam  hat  (=  A.  acuminatus 
Probst!^)  Beitr.  Fl.  Soloth.  [1904],  29  non  Michx.).  —  Lac  de 
Neuchätel:  Champreveyres,  entre  Neuchätel  et  St-Blaise,  1888, 
Tripet!;  im  Bürengrien  ob  Büren  a.  d.  Aare  (Kt.  Bern),  1904, 
Probst! 

Aster  ?iovi  helgii  L.  var.  ?  —  Einen  Aster,  der  nach  seinen  mor- 
phologischen Merkmalen  sehr  wohl  A.  novi  helgii  X  Trades- 
canti  L.  (A.  parviflorus  Neos)  sein  könnte,  der  aber  wegen  des 
Vorkommens  ohne  die  mutmasslichen  Stammarten  nicht  ohne 
weiteres  als  Bastard  angesprochen  werden  kann,  sammelte 
E.  Baumann  1906  am  Bodenseeufer  (Seewiesen)  bei  Triebol- 
dingen  (Thurgau).  Die  Pflanze  unterscheidet  sich  von  A.  novi 
helgii  durch  viele  kleinere  Köpfe  (längste  Hüllblätter  nur  4  mm 
lang)  mit  sehr  ungleich  langen  Hüllblättern,  deren  äussere  nur 
Va — V'2  der  inneren  erreichen,  sowie  durch  am  Grunde  nur 
schwach  halbstengelumfassende  Laubblätter;  von  A.  Trades- 
canti  (parviflorus)  durch  etwas  umfassende  Stengelblätter, 
breitere  Hüllblätter  mit  nach  vorn  stärker  rhombisch  verbreiterter 
grüner  Mittelpartie  und  bläuliche  Strahlblüten. 

Aster  salicifolius  Scholler  (A,  paniculatus  Lam.?;  N.-Am.).  —  Be- 
deutend seltener  als  die  vorige  Art;  die  Mehrzahl  der  Angaben 
beruht  wohl  auf  Verwechslung  mit  A.  novi  helgii  und  dessen 
ssp.  laevigatus.  —  Neue  gesicherte  Fundorte :  Bodensee,  Seeriet 
bei  Stiegen  oberhalb  Stein  a.  Rh.,  1906,  E.  Baumann!;  Sangen 
bei  Weinfelden,  1906,  Schüepp!;  Thurbett  bei  Üsslingen  (Thur- 
gau), 1906,  Herrn.  Huber!;  Belvoir  Zürich  H,  1907,  Thellung. 

*  Astet'  laterißorus  (L.)  Britton  (A.  diffusus  Ait. ;  N.-Am.).  — 
Marais  d'Orbe,  1884,  Vetter! 

Aster  acer  L.  (S.-  u.  O.-Eur.,  W.-As.)  ssp.  trinervis  (Desf.  pro  spec.) 
(S.-Frankreich).  —  Dornach  (Kt. Basel),  1906,  [E.  Suter  nach]Binz! 

E)'igei'on  Karivinsh'yamis  DC.  var.  mucronatus  (DC.)  Ascherson 
in  Verhandl.  bot.  Ver.  Brandenb.  XLI.  1889  (1890),  XXXVII 
(=  Vittadinia  triloba  Hort,  non  DC;  Mexiko,  Guatemala,  Vene- 
zuela; in  Südeuropa  häufig  kultiviert,  verwildert  in  Portugal,  Ita- 
lien etc.).  —  Eingebürgert  am  Langensee  bei  Intra  und  Pallanza, 
zuerst  von   Solms- Laub  ach  angegeben    (vergl.  Ascherson  1.  c. 


^)  Mithin  sind  die  folgenden  Arten  aus  der  Adventivllora  der  Schweiz  zu 
streichen:  A.  acuminatus  Michx.,  A.  nebraskenais  Britton  und  A.  oblongifol/'us 
Nutt. ;  vielleicht  auch  A.  durnosus  L.,  dessen  Vorkommen  in  der  Schweiz  nicht  mit 
Sicherheit  nachgewiesen,  jedoch  keineswegs  unwahrscheinlich  isl. 


468  Hans  Schinz. 

p.  XXXIII   seq.    und    L.    Micheletti   in  N.  Giorn.  bot.  ital.   n. 
ser.  VIII  [1901],  189). 
Ih'igeron  crispus  Pourret  (E.  linifolius  Willd. ;  Conyza  ambigua  DC. 

—  Wärmere  Zonen,  schon  Mittelmeergebiet;  nach  Ascherson 
vielleicht  aus  S.-Am.  stammend).  —  Kammgarnfabrik  Derendingen 
bei  Solothurn  (australische  Schafwolle),  1907,   Probst! 

Odo7itosj)e7^mwn  aquaticum(Jj.)^chM\iz  Bip.  (AsteriscusLess.;Medit.). 

—  Turnschanze  Solothurn,  1904,  Probst! 

Iva  xanthiifoUa  (Fresen.)  Nutt.  (N.-Am.).  —  Ruchfeld  bei  Basel, 
1902—03,  Binz!  Fl.  Basel  ed.  2  (1905),  352  (hierher  gehört  auch 
Atnbrosia  psilostachya  Binz!  1.  c). 

Atnbrosia  trifida  L.  var.  integrifolia  (Mühlenb.)  Torrey  u.  Gray  (N.- 
Am.).  —  Angenähert:  Mönchenstein  bei  Basel,  1900,  Binz! 

^anthium  echinattim  Murray  1785  (excl.  fig.,  quae  pessima!)^), 
Nocca  u.  Balbis,  Pollini,  Torr.  u.  Gray  —  non  Willd.  herb,  nee 
Wallr.  Monogr.  (X.americanum  Walter  1788;  X.  occidentale  Bertol. 
1822;  X.  italicum  Moretti  1822;  X.  riparium  Lasch  1856;  X. 
macrocarpum  DC.  Prodr.  ex  p.,  Bluff  u.  Fing.,  Bertol.,  Koch  Syn. 
quoad  loc,  auct  helv.  ex  p.  —  non  DC.  FL  frauQ.;  X.  canadense 
A.  Gray,  Britton  u.  Brown  —  non  Miller;  X.  Orientale  Cav.,  Ind. 
Kew.  ex  syn.  —  non  L.  —  N.-,  Zentr.-  u.  S.-Am.;  eingebürgert  in 
S.-  u.  0-.  u.im  östl.  Zentr.-Eur.).  —  Tuchfabrik  in  Langendorf  bei 
Solothurn  (ungarische  Wolle),  1907,  Probst!  —  Bisher  gaben  die 
Schweizerfloren  nur  „X.  macrocarpum  DC."  aus  dem  Gebiet  an, 
unter  welchem  Namen  jedoch  sicherlich  neben  der  echten 
DC.'schen  Art  (der  Flore  fran^aise !)  auch,  wie  in  DC.'s  Prodro- 
mus,  X.  echinatum  (italicum)  verstanden  wurde.  Auf  diese  beiden 
Arten  ist  weiter  zu  achten  und  ihre  Standorte  sind  zu  verifi- 
zieren. Die  Nomenklatur  des  X.  macrocarpum  DC.  ist  nach  meiner 
Auffassung  folgende : 

JT.  otHentale  L.  1763  (excl.  loc),  Schkuhr,  Gärtner,  A.  u.  G.; 
X.  canadense  Miller  1768  (non  auct.  Am.  bor.);  X.  cuneatum 
Mönch  1794;  X.  macrocarpum  DC.  1815;  X.  echinatum  Willd. 
herb.,  Wallr.  Monogr.,  Aschers,  etc.  —  non  Murray  (Span., 
S.-Frankr. ;  selten  in  Zentr.-Eur.  [meist  aus  botan.  Gärten  ver- 
wildert]; stammt  wohl  gleichfalls  aus  Am.,  obgleich  in  den  Her- 
barien nicht  von  dort  aufzufinden).^)  —  Unterscheidet  sich  von 
X.  echinatum  (italicum):  Fruchthülle  länglich  (statt  ellipsoidisch), 


^)  Eine  eingehende  Begründung  dieser  Nomenklatur  gedenke  ich  demnächst 
•an  anderer  Stelle  zu  geben. 

*)  Sämtliche  amerikanischen  Exemplare  des  „X.  macrocarpum"  im  Berliner 
Herbar  gehören  zu  X.  echinatum  (italicum). 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).      469 

mit  Dicht  sehr  dichtstehenden,  kräftigen,  von  der  Mitte  an  ge- 
bogenen und  an  der  Spitze  hakigen  Dornen  besetzt,  die  kürzer 
sind  als  der  Durchmesser  der  Fruchthülle  (X.  echinatum:  Dornen 
sehr  dicht,  schlanker,  so  lang  wie  der  Durchmesser  der  Frucht, 
bis  unter  der  hakigen  Spitze  gerade);  Schnäbel  stark  einwärts 
gekrümmt  (statt  mit  Ausnahme  der  hakigen  Spitze  fast  gerade). 

—  Beide  Arten  unterscheiden  sich  von  X.  strumarium  L. :  Frucht- 
hülle bedeutend  grösser  (mindestens  20  statt  12 — 15  mm  lang)^ 
stärker  behaart,  bis  zur  Spitze  mit  Dornen  besetzt;  Fruchtschnäbel 
an  der  Spitze  meist  hakig;  Laubblätter  am  Grunde  meist  keil- 
förmig (statt  herzförmig). 

Helianthus  debilis  Nutt.  (H. cucumerifolius  Hort.;  N.-Am.).  —  Langen- 
dorf (Solothurn),  1904,  Probst! 

Meluinihus  giganteus  L.  (N.-Amerika.).  —  Kiesgrube  Hardau 
Zürich  III,  1906,  Werndlü,  1906—07,   Thellung. 

Guizotia  abijssinica  (L.)  Cass.  (trop.  Afr.).  —  Zwischen  St.  Jakob  und 
„Neue  Welt"  bei  Basel,  1905:  E.  Suter  nach  Binz  mscr.;  Com- 
post  bei  der  Irrenanstalt  Rosegg  bei  Solothurn,    1906,   ProbstI 

Coreopsis  tinctoria  Nutt.  (Calliopsis  DC;    Zierpflanze  aus  N.-Am.). 

—  Basel  an  der  Verbindungsbahn  (Hardstr.— Gellertstr.),  1907, 
P.  Vosseier!  (Herb.  Binz). 

Galvnsoga  parviflora  Cav.  (westl.  S.-Am.).  —  Seeufer  und  Ödland 
bei  Markelfingen  am  Untersee  (Bodensee)  in  Menge,  1907,  E.  Bau- 
mann! 

^Lagia  platgglossa  (Fischer  u.  Meyer)  A.  Gray  (Callichroa  Fisch, 
u.  Mey,;  Zierpfl.  aus  Kaliforn.).  —  Beim  Schlachthof  Zürich  III, 
1907,  Werndlü 

Antheniis  Cotula  L.  —  Die  zwei  folgenden  Varietäten  scheinen  bei 
uns  nur  adventiv  vorzukommen : 

—  var.  latisecta  Thell.  n.  var.,  foliorum  lobis  latioribus,  +  1  mm  latis. 
Laubblattzipfel  durchschnittlich  1  mm  (statt  V2  mm)  breit.  —  Hard- 
platz  in  Zürich  III,  1903,  Naegeli,  Thellung  (hierher  gehört 
A.  arvensis  x  Cotula  ?  Naeg.  u.  Thell.  Ruderal-  u.  Adventivfl. 
Kt.  Zürich  [1905J,  75);    Turnschanze  Solothurn.    1905,   Probst! 

—  var.  canescens  Thell.  n.  var.,  pedunculis  et  involucris  canescentibus. 
Kopfstiele  und  Hülle  weisslich  zottig.  —  Malzfabrik  Solothurn, 
1904,  Probst! 

Antheniis  austriaca  Jacq.  (SO.-Eur.,  Kauk.,  Kl,-As.).  —  Turnschanze 
Solothurn,  1905—06,  Probst!,  1905  Binz!;  Vorstadt  beim  Trans- 
formatorenhaus, 1907,  Probst!;  Basel  an  der  Verbindungsbahn 
(Hardstr.-Gellertstr.),  1907,  P.  Vosseier!  (Herb.  Binz). 


470  Hans  Schinz. 

Anthemis  austriaca  Jacq.  var.  truncata  Thell.  in  Schinz  u.  Keller, 
Fl.  d.  Schweiz,  2.  Aufl.  II  (1905),  218.  -  Belvoir  Zürich  II,  1907, 
Thellung. 

Anthemis  Cota  L.  (A.  altissima  L.;  Medit.)  —  Lugano,  Gartenunkraut, 
1902,  Schwingruber!;    Turnschanze  Solothurn,  1906,  Probst! 

—  var.  latisecta  Thell.  n.  var.,  foliorum  segmentis  latioribus,  rhachi 
primaria  17* — 3  mm  lata,  paleis  17^  —  272  rnm  (in  typo  1  mm) 
latis.  Abschnitte  der  Laubblätter  breiter,  primäre  Blattspindel 
l3/4_3(^stattl  —  lV2)  mm  breit,  Spreublätter  1^4— 2 V2  (statt  1)  mm 
breit  (so  heimisch  z.  B.  auf  der  Insel  Rhodos).  —  Turnschanze 
Solothurn,  1904 — 5,  Probst!,  1905  Binz!;  angenähert  auch 
Solothurn,   Vorstadt  beim  Transformatorenhaus,    1907,  Probst! 

Anthemis  tinctoria  L.  —  Eine  Form(?)  mit  blassgelben  Strahlblüten: 
St.  Jakob  bei  Basel,   1907,  P.  Vosseier!  (Herb.  Binz). 

Anthemis  ruthenica  M.  Bieb.  (SO.-Eur.,  Kauk.).  —  Basel  an  der 
Verbindungsbahn  (Hardstr.-Gellertstr.),  1907,  P.  Vosseier!  (Herb. 
Binz);  Getreidelagerhäuser  in  Brunnen,  1907,  Thellung. 

Anthemis  mixta,  L.  (Medit.).  —  Monbijou  bei  Bern,  1901,  Lüscher! 

Chrysanthenmni  coronariiim  L.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn, 
1904,  Probst!;  Turnschanze  und  Malzfabrik  Solothurn,  1905, 
Lüscher!;  Getteidelagerhäuser  in  Brunnen,  1907,  Thellung. 

Chrysanthemu/iu  Myconis  L.  (Medit.).  —  Kiesgrube  bei  der 
Hardau  Zürich  III,  1905,  Bucher! 

^Cotula  auHtralia  (Sieber)  Hooker  fil.  (Austral.,  N.-Seeland,  Tristan 
d'Acnnha).  —  Kammgarnfabrik  Derendingen  bei  Solothurn  (austra- 
lische Schafwolle),  1907,   Probst! 

Artenvisia  scopavia  W.  K.  (O.-Eur.,  W.-As.).  —  Orbe  (Vaud), 
1893,  Moehrlen! 

^Afteniisia  selengensis  Turcz.  (A.  Verlotorum  Lamotte;  ob 
spezifisch  verschieden  von  A.  vulgaris  L.  ?  —  Zentr.-As.,  advent. 
in  Frankreich),  —  Kiesgrube  bei  der  Hardau  Zürich  III,  1906, 
Thellung;  ?  Genf  beim  neuen  botan.  Garten  (Ariana),  1907, 
Thellung.  (Die  Pflanze  von  Genf  ist  nicht  typisch;  während  sie 
in  der  Blattform  völlig  mit  A.  selengensis  übereinstimmt,  neigt 
sie  in  der  Form  der  Hüllblätter  vielmehr  zu  A.  vulgaris.  Für 
A.  selengensis  spricht  die  gegenüber  der  daneben  wachsenden 
A.  vulgaris  beträchtlich  verspätete  Blütezeit.) 

*Senecio  gallictis  Chaix  (W. -Medit.).  —  Genf,  auf  Schutt  beim 
Plainpalais,  1905,  Thellung. 

Ecliino2)S  hanatieus  Rochel  (SO.-Eur.).  —  Genf:  talus  d'un  nouveau 
chemin  conduisant  de  la  route  de  Vernier  au  Bois  des  Freres, 
1905:  Beauverd  in  Bulh  Herb.  Boiss.  2.  ser.  VI  (1906),  428. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       471 

Xeranthemuni  cijlindraceum  Sibth.  u.  Sm.  (S.-Eur.,  SW.-As.).  — 
Solothurn  bei  der  Malzfabrik,  1907,  Probst! 

*  Carduus  2)ijcnocephalus  (L.)  Jacq.  (Medit.,  Genf).  —  Turnschanze 
Solothurn,  1904-05,  Probst!,  1905  Binz!,  1905—06  Lüscher! 

^Carduus  acicularis  Bertol.  (S.-Frankr.,  Ital.,  Dalmat.).  —  Mit 
der  vorigen  Art,  Probst!,  Hinz!,  Lüscher!  (=  C.  leucographus 
Probst!  Beitr.  Fl.  Soloth.  [1904],  87  non  L.;  die  echte  Linnesche 
Art  ist  also  für  die  Schweiz  zu  streichen). 

CartJiaiHHS  tinctorius  L.  (trop.  Afr.?;  kult.  im  Mittelmeergebiet, 
Zentr.-Eur.,  W.-As.,  Ind.,  Japan  etc.).  -  Schuttplatz  bei  Kreuz- 
lingen,  1907,  E.  Baumann! 

Cnicus  henedictus  L.  (Medit.).  —  Dornach  bei  Basel:  E.  Suter  nach 
Binz  mscr. 

Cichorium  Intybus  L.  ssp.  *pumilum  (Jacq.  pro  spec.)  (C.  divaricatum 
Schousb.,  C.  Intybus  ß  divaricatum  DC.  Prodr.,  C,  Intybus  var. 
pumilum  Fiori  u.  Paoletti.  —  Medit.).  —  Tuinschanze  Solothurn, 
1905,  Lüscher ! 

Tolpis  harhata  (L.)  Gärtner  (W. -Medit.  u.  Griechenl. ;  oft  Zierpfl.). 
—  Zürich  III,  Bahnlinie  beim  Schlachthof,  1907,  Werndli! 

Zacintha  verrucosa  Gärtner  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn, 
1904-05,  Probst!,  1905  Binz!;  Malzfabrik  Solothurn,  1905, 
Lüscher! 

Rhagadiohis  stellatus  (L.)  Gärtner  (Medit.).  —  Turnschanze  Solo- 
thurn, 1904—06,  Probst!;  Ruchfeld  bei  Basel,  1906:  Binz  mscr. 

Hedypnois  cretica  (L.)  Willd.  (Medit.).  —  Turnschanze  Solothurn, 
1904,  Probst! 

Picris  Sprengeriana  (L.)  Poir.  (Medit.).  —  Ruchfeld  bei  Basel,  1903: 
Binz  mscr.;  Turnschanze  Solothurn,  1906,  Probst!;  Solothurner 
Malzfabrik,  1906,  Lüscher!;  Solothurn  beim  Baseltor,  1907, 
Probst! 

Picris  echioides  L.  (Medit.). 

—  var.  crepidiformis  Thell.  n.  var.,  capitulis  multo  minoribus  (involucro 
6  —  7  mm  diam.)  et  numerosioribus,  in  corymbum  densum  congestis; 
involucfi  foliolis  exterioribus  quam  interiores  ^s  brevioribus,  quam 
in  typo  angustioribus.  Köpfe  viel  kleiner  (6  —  7  mm  im  Durch- 
messer) und  zahlreicher  als  beim  Typus,  dicht  gedrängt  in  einem 
doldentraubigen  Gesamtblütenstand;  äussere  Hüllblätter  um  ein 
Drittel  kürzer  als  die  inneren,  relativ  schmäler  als  beim  Typus; 
sonst  von  diesem  nicht  verschieden,  —  Von  allenfalls  in  Frage 
kommenden  bereits  beschriebenen  Varietäten  der  P.  echioides 
finde  ich  in  der  Literatur  erwähnt:  wd^v.  pratensis  {ChevdX.),  unter- 
scheidet sich  von  meiner  Pflanze  durch  die  äusseren  Hüllblätter, 


472 


Hans  Schinz. 


die  die  inneren  an  Länge  erreichen ;  var.  humifusa  (Willd.)  durch 
schlanke,  niederliegende  oder  aufsteigende  und  ziemlich  kahle 
Stengel,  sowie  durch  fast  wehrlose  innere  Hüllblätter,  während 
bei  meiner  Varietät  der  Stengel  kräftig  und  aufrecht  und  in  auf- 
rechte Äste  verzweigt  ist  und  die  Hüllblätter  gerade  so  stachelig 
sind  wie  beim  Typus;  Helminthia  lusitanica  Welw.  differiert 
durch  den  sehr  kurzen  (statt  der  Frucht  an  Länge  etwa  gleich- 
kommenden) Fruchtschnabel  und  relativ  viel  breitere  äussere 
Hüllblätter.  —  Turnschanze  Solothurn,  1904,  Probst! 

*Itodigia  eominutata  Sprengel  (SO.-Eur.,  SW,-As.).  —  Turn- 
schanze Solothurn,  1904,  Probst! 

Crejns  rubra  L.  (ItaL,  Balkan,  Kreta).  —  „Stalden",  Herb.  Baur! 
(vielleicht  nur  als  Zierpflanze  kultiviert). 


Nachtrag. 

Sicyos  angulatus  L.    (N.-Am.;   eingebürgert  in  O.-Eur.). 
matingen  1907:  E.  Baumann  (briefl.). 


—  Er- 


Register der  Gattungsnamen. 


Abutiton  457 
Agropyrum  440 
Alopecurus  436/7 
Alyssum  449 
Amarantus  442/3 
Ambrosia  468 
Ammi  458 
Anchusa  462/3 
Andropogon  435 
Anthemis  469/70 
Antirrhinum  465 
Arachis  455 
Artemisia  470 
Asperula  465 
Aster  466/7 
Atriplex  442 
Aubrietia  448 
Avena  437 
Bartsia  465 
Basilima  451 
Beta  442 
(Bonaveria  455) 


Brassica  446 
Bromus  440 
Broussonetia  441 
Bunias  449 
Bupleurum  458 
Callistephus  466 
Campanula  465 
Carduus  471 
Carthamus  471 
Ceriathe  463 
Chenopodium  442 
Chloris  438 
Chorispora  449 
Chrysanthemum  470 
Cichorium  471 
Clarkia  457 
Claytonia  444 
Clematis  444 
Clerodendron  463 
Cnicus  471 
Colloniia  459 
Conrinaria  449 


Convolvulus  458/9 
Coreopsis  469 
Cornucopiae  435 
Cotula  470 
Crepis  472 
Cucumis  465 
Cuscuta  459 
Dactyloctenium  438 
Dianthus  444 
üiplachne  438 
Diplotaxis  446 
Dracocephalum  463 
Dracunculus  441 
Echinops  470 
Echium   463 
Eragrostis  438/40 
Erigeron  467/8 
Eriochloa  435 
Erodium  456 
Erucaria  446 
Eryngium  457 
Erysimum  448/9 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).      473 


Euphorbia'  456/7 

Fumaria  445 

Galinsoga  469 

Galium  465 

Gaura  457 

Geranium  456 

Gleditschia  451 

Gomphrena  443 

Grindelia  465 
♦ 
Guizotia  469 

Hedypnois  471 

Hehanthus  469 

HeHotropium  459 

Hordeum  441 

Humulus  441 

Hypecoum  445 

Impatiens  457 

Iva  468 

Juncus  441 

Knautia  465 

Kochia  442 

Lagcecia  457 

Lappula  459 

Lathyrus  456 

Lavandula  463 

Lavatera  457 

Lyaia  469 

Legousia  465 

Lepidium  445/6 

Leptochloa  438 

Lepturus  440 

Linaria  464/5 

Lolium  440 

Lotus  455 

Lupinus  451 

Lycopsis  463 


Medicago  451/3 
Melilotus  453 
Mosnchia  444 
Monarda  464 
Myagrum  446 
(Nasturtium  448) 
Nepeta  463 
Nigella  444 
Nonnea  463 
Odontospermum  468 
Oenanthe  458 
Oenothera  457 
Orlaya  458 
Ornithogalum  441 
Ornithopus  455 
Oxalis  456 
Panicum  435 
Papaver  445 
Petunia  464 
Phalaris  435 
Pharbitis  458 
Phleum   435/6 
Physalis  464 
Physocarpus  451 
Picris  471/2 
Plantago  465 
Polygonum  442 
Polypogon  437 
Potentilla  451 
Psoralea  455 
Ranunculus  444 
Rapistrum  446/8 
Reseda  449 
Rhagadiolus  471 
Ridolfia  458 
Rodigia  472 


Roripa  448 
Rumex  441 
Salsola  442 
Salvia  463/4 
Sarracenia  450 
Saxifraga  450 
Scandix  457 
Scorpiurus  455 
Scutellaria  463 
Securigera  455 
Sedum  450 
Senecio  470 
Sesbania  455 
Sicyos  472 
Sideritis  463 
Silene  444 
Sisymbrium  446 
Sisyrinchium  441 
Solanum  464 
Solidago  466 
(Specularia  465) 
Stachys  463 
Symphytum  459/62 
Tolpis  471 
Torihs  458 
Trifolium  453/5 
Trigonella  451 
Triticum  440/1 
Verbascum  464 
Vicia  455 
Viola  457 
Vulpia  440 
Xanthium  468/9 
Xeranthemum  471 
Zacintha  471 


Vierteljahrssclirift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.     1907 


31 


Trapa  natans  L.  in  der  Schweiz  und  in  Oberitalien. 


Von 
Hans  Schinz  (Zürich). 

(Hiezu  Tafel  XX.) 


Über  Trapa  ist  von  schweizerischer  Seite  schon  mehrfach  ge- 
schrieben worden,  so.  wenn  ich  absehe  von  den  Publikationen  über 
die  fossilen  und  halb  fossilen  Vorkommnisse,  von  Jäggi  im  Neujahrs- 
blatt der  zürcherischen  naturforschenden  Gesellschaft  auf  das  Jahr 
1884  (J.  Jäggi,  die  Wassernuss,  Trapa  natans  L.  und  der  Tribulus 
der  Alten)  und  von  Schröter  in  den  Archives  des  sciences  phys.  et 
naturelles,  quatr.  periode,  t.  VIII,  1899  (C.  Schröter,  contribution  ä 
l'etude  des  varietes  de  Trapa  natans  L.) ;  beides  Abhandlungen  von, 
für  den  uns  hier  interessierenden  Gegenstand  hoher  Bedeutung.  An- 
lässlich der  Bearbeitung  der  Gattung  für  die  kritische  Flora  der 
Schweiz  von  Schinz  und  Keller  bin  ich  der  Frage  der  Verbrei- 
tung der  Wassernuss  in  der  Schweiz  auch  näher  getreten  und  habe 
gesucht,  ein  paar  Fragen  der  Lösung  näher  zu  bringen.  Das  Resultat 
dieser  Nachforschungen,  in  denen  mich  neben  meinem  Sohne  Hans 
und  dessen  Freunde  Max  Schläpfer  namentlich  die  Herren  Dr.  Am- 
berg, Dr.  E.  Vinassa  und  J.  Schwingruber  erfolgreich  unterstützt 
haben  und  denen  ich  daher  zu  aufrichtigstem  Danke  verpflichtet  bin, 
liegt  den  nachfolgenden  Ausführungen  zu  Grunde. 

Die  mich  in  erster  Linie  interessierenden  Fragen  waren: 

Gibt  es  ein  untrügliches  Unterscheidungsmittel  zwi- 
schen der  Trapa  natans  und  der  var.  verbanensis? 

Kommt  Trapa  natans  var.  verbanensis  im  Varese-See 
und  vielleicht  auch  in  der  Schweiz  vor? 

Wie  verhalten  sich  die  Früchte  der  verbanensis  in  Be- 
zug auf  die  Variabilität  in  der  Ausbildung  der  Kelchfort- 
sätze? 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).      475 

Gibt  es  Übergänge  zwischen  der  natans,  der  verbanen- 
sis  und  der  muzzanensis? 

Gehört  muzzanensis  zur  natans-  oder  zur  verbanensis- 
Reihe? 

Wohin  gehören  die  von  Dr.  Amberg  in  der  Bucht  von 
Agno  gesammelten  Wassernüsse? 

Entspricht  die  von  Dr.  Vinassa,  Schwingruber,  mir  und 
meinem  Sohne  im  Origlio-See  gefundene  Wassernuss  zur 
natans-  oder  zur  verbanensis-Reihe? 

Kommt  Trapa  natans,  abgesehen  von  der  var.  muzza- 
nensis, überhaupt  in  der  Schweiz  noch  vor? 

Trapa  natans  L.  var.  verbanensis  (De  Notaris),   Cesati,  Passerini 
et  Gibelli. 

Meine  Befunde  betreifend  die  aus  der  Bucht  von  Angera,  der 
klassischen  Lokalität  im  Langensee  stammenden,  1900  von  Dr.  Pesta- 
lozzi dort  gesammelten  Früchte  der  var.  verbanensis  (De  Notaris) 
stimmen  vollständig  mit  jenen  meines  Kollegen  Schröter  überein 
(1.  c.  pag.  7,  Sep.-Abdr.).  Unter  den  138  Früchten,  die  alle  noch  mit 
dem  Epikarp  versehen  sind,  ist  auch  nicht  eine  einzige  anormale: 
alle  haben  nur  die  transversalen  Kelchspitzen  ausgebildet  und  allen 
fehlt  die  so  ausserordentlich  charakteristische,  scharfe  „  Umrahmungs- 
linie''^).  Genau  dasselbe  Resultat  berichtet  Schröter  von  seinen, 
ihm  durch  Prof.  Mariani  in  Locarno,  natürlich  ebenfalls  von  Angera 
stammenden  162  Stück.  Daneben  lagen  Schröter  noch  28  ganze, 
von  Malinverni  gesammelte  Früchte  vor,  unter  denen  sich  vier  Stück 
befanden,  die  auch  die  medianen  Kelchspitzen  —  diese  allerdings 
stumpf  —  ausgebildet  hatten.  Ob  diese  letztern  in  der  Tat  aus 
der  Bucht  von  Angera  stammten,  muss  ich  dahin  gestellt  sein  lassen, 
bis  zur  Stunde  ist  mir  noch  keine  vierspitzige  oder  auch  nur  vier- 
buckelige Trapa  natans  vor  die  Augen  gekommen,  die  nachweisbar 
dem  Langensee  entstammt  wäre.  Wie  schon  Schröter  hervorhebt, 
können  die  zu  Rosenkränzen  gereihten,  des  Epikarps  entbehrenden 
Früchte  zur  Beurteilung  keineswegs  beigezogen  werden,  denn  eine 
Unterscheidung  zwischen  verbanensis  und  den  verschiedenen  Formen 
abnorm  ausgebildeter,  im  übrigen  aber  typischer  Trapa  natans  ist 
nur  möglich  an  Hand  der  „Umrahmungslinie",  da  tatsächlich  die 
Kerne  mancher  unzweifelhafter  natans  täuschend  solchen  der  ver- 
banensis  gleichen.     Dass   natans  in  der  Tat  hinsichtlich  der  Aus- 


')  Unter  der  Umrahmungslinie  (der  „ligne  saillante"  Schröters  1.  c.)  verstehe 
ich  die  sehr  scharfe,  die  seitlichen  Kanten  der  Kelchforlsätze  begleitende  Linie, 
wie  sie  auf  der  Tafel  bei  verschiedenen  Figm-en  (18 — 22)  sehr  deutlich  zu  Tage  tritt. 


476  Hans  Schinz. 

bildung  der  medianen  Kelchspitzen  grossen  Schwankungen  unter- 
worfen ist,  geht  unter  anderm  aus  meinen  Kulturversuchen  hervor  : 
aus  zwei-  und  dreispitzigen  natans-Früchten  habe  ich  Pflanzen  mit 
normalen  natans-Früchten  (vierspitzigen)  und  umgekehrt  aus  vier- 
spitzigen natans-Früchten  zwei-,  drei-  und  vierspitzige  Früchte,  die 
aber  ausnahmslos  die  „Umrahmungslinie"  besassen,  hervorgehen 
sehen.  Die  verbanensis  entbehrt  somit,  das  steht  fest,  der 
„Umrahmungslinie"  und  kann  auf  den  ersten  Blick  von 
der  natans  unterschieden  werden,  sofern  —  und  das  ist 
allerdings  unbedingt  notwendig  —  das  Epikarp  erhalten 
ist.  Die  entfleischten  Kerne  lassen  uns  dagegen  im  Stich,  denn,  ob- 
wohl die  verbanensis  gar  nicht  variiert,  sind  zweispitzige  natans, 
wie  ich  im  Nachfolgenden  zeigen  werde,  nicht  gerade  selten. 

Hinsichtlich  der  Verbreitung  der  verbanensis  ist  zu  bemerken, 
dass  die  Form,  abgesehen  von  der  Bucht  von  Angera  im  Langensee, 
noch  angegeben  wird  für  die  Seen  von  Mantova  (Cesati,  Passerini 
und  Gibelli  in  Comp.  Fl.  Ital.  [1869/70],  646,  Arcangeli,  Flora  italiana 
[1894],  561,  Fiori  e  Paoletti,  Flora  analitica  d'Italia,  II  [1899], 
135),  für  Veronese  nelle  valli  del  Tartaro  (Fiori  e  Paoletti  ,  1.  c, 
IV,  App.  [1907],  148)  und  endlich  von  Thiselton  -  Dyer  (Journ. 
Linn.  Soc.  XX  [1883],  414)  für  den  Varese-See,  welche  Notiz  auch 
übergegangen  ist  in  das  höchst  interessante  Referat  Aschersons  über 
das.  Die  Wassernuss,  Trapa  natans  L.  und  der  Tribulus  der  Alten 
betitelte  Neujahrsblatt  der  Zürcher,  naturforschenden  Gesellschaft- 
für das  Jahr  1884  von  Jäggi,  im  botanischen  Zentralblatt  XVII 
(1884),  244  und  in  die  vortreffliche  Flora  analitica  von  Fiori  und 
Paoletti.  Thiselton- Dyer's  Notiz  beruht  auf  einer  Mitteilung  Sir 
George  MacLeay;  ich  möchte  aber  fast  mit  absoluter  Sicherheit  be- 
haupten, dass  die  Angabe  irrig  ist.  Unter  den  vielen  mir  vorge- 
legenen, aus  dem  Varese-See  stammenden  Früchten  ist  mir  niemals 
auch  nur  eine  einzige  verbanensis  vorgekommen,  wohl  aber  recht 
viele  abnorm  ausgebildete  Früchte  der  natans,  die,  namentlich  wenn 
sie  des  Epikarps  entbehrten,  vom  Nichtkenner  ganz  sicher  zu  ver- 
banensis gestellt  würden.  Wahrscheinlich  liegt  bei  MacLeay  eine 
ähnliche  Täuschung  vor,  und  wir  werden  daher  besser  tun,  den 
Varese-See,  bis  wir  eines  bessern  belehrt  werden  können, 
von  der  Liste  der  Fundorte  der  verbanensis  zu  streichen. 

Damit  komme  ich  überhaupt  auf  die  Trapa  natans  des 
Varese-Sees  zu  sprechen. 

Entgegen  der  von  Fiori  e  Paoletti,  Ascherson  u.  A.  vertretenen 
Ansicht,  halte  ich,  wie  oben  bemerkt,  dafür,  dass  im  Varese-See  nur 
eine  Trapaform,    nämlich  die  natans  vorkommt,  allermindestens  ist 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).      477 

das  Vorkommen  der  verbanensis  bis  zur  Stunde  noch  durch  nicht 
«inen  einzigen  Fund  belegt. 

Die  Trapa  des  Varese-Sees  zeichnet  sich  aus  durch  eine  überaus 
grosse  Variabilität  in  der  Ausbildung  der  medianen  Kelchspitzen ;  sie 
stimmt  in  dieser  Hinsicht  in  auffallender  Weise  überein  mit  den  Früchten 
aus  dem  Gross-Kühnauer-See  bei  Dessau  und  dem  Gross-  und 
Klein-See  bei  Grünewalde  in  der  Niederlausitz.  Von  137  Früchten 
des  erstgenannten  Standortes  waren  (vergl.  Schröter  1.  c,  pag.  3  des 
Sep.-Abdr.)  125  normal,  d.  h.  alle  4  Spitzen  waren  entwickelt,  12 
<3agegen  waren  anormal,  d.  h.  es  waren  entweder  nur  3  oder  nur  2 
Spitzen  ausgebildet,  wozu  Schröter  bemerkt,  dass  die  Nicht- 
ausbildung  eines  der  beiden  transversalen  Kelchfortsätze  ein  sehr 
seltener  Fall  sei.  Hinsichtlich  der  in  den  genannten  Seen  der 
Niederlausitz  gesammelten  Trapafrüchten  drückt  sich  Jacobasch 
(Abhandl.  des  bot.  Ver.  Prov.  Brandenburg  XXVI  [1884],  65)  folgender- 
massen  aus: 

„Die  in  beiden  erwähnten  Seen  gesammelten  Früchte  sind  teils 
typisch  vierdornig,  teils  zeigen  sie  drei  und  zum  grössten  Teil  nur 
zwei  Dornen.  Es  kommen  diese  drei  Formen  in  allen  Übergangs- 
stadien und  zwar  an  derselben  Staude  vor.  Die  mit  drei  und  vier 
Dornen  sind  meist  grösser,  also  augenscheinlich  vollkommener  ent- 
wickelt. Eine  in  diesem  Jahr  erhaltene  „Nuss"  hat  sogar  nur  einen 
entwickelten  Dorn,  während  der  gegenüberliegende  wie  amputiert 
erscheint,  ohne  dass  irgend  eine  Verletzung  daran  wahrzunehmen 
wäre. " 

Aus  dem  Varese-See  sind  mir  zwei  Sendungen  von  Trapa- 
früchten zugekommen;  eine  erste  Sendung  stammt  aus  dem  Jahre 
1900,  und  zwar  verdanke  ich  dieselbe  Frau  Baumann  in  Gavirate, 
sie  zählt  2133  Stück,  die  zweite  Kollektion  wurde  im  Laufe  dieses 
Herbstes  von  einem  sehr  strebsamen,  jungen  Naturwissenschafter 
namens  Max  Schläpfer,  am  Ost-Ufer  des  Sees  zusammengebracht  und 
beziffert  sich  auf  212  Stück.  Die  sämtlichen  2345  Früchte  dieser 
beiden  Serien  sind  vollständig,  d.  h.  das  Epikarp  war  zur  Zeit  der  Unter- 
suchung oder  ist  zur  Stunde  noch  vorhanden,  und  an  den  sämtlichen 
Exemplaren  lässt  sich,  es  liegt  auch  nicht  eine  einzige  Ausnahme 
vor,  unschwer  die  starke  Kantenlinie  (Umrahmungslinie)  nachweisen. 

Von  den  2133  Stück  der  ersten  Kollektion  sind  1911  normal, 
der  Rest  zeigt  alle  Übergänge  vom  beginnenden  —  bis  zum  voll- 
ständigen Abortus  des  einen  oder  beider  medianen  Kelchfortsätze. 

Unter  den  212  Früchten  der  Serie  Schläpfer  waren  154  normale 
und  58,  wiederum  alle  nur  denkbaren  Zwischenstadien  aufweisende, 
anormale  Früchte  zu  konstatieren. 


478  Hans  Schinz. 

Die  Schwankungen  in  der  Ausbildung  der  Kelchfortsätze  be- 
schränken sich,  und  das  scheint  mir  erwähnenswert,  fast  ausschliess- 
lich auf  die  medianen  Kelchzipfel,  unter  zirka  2500  untersuchten 
Früchten  der  natans  habe  ich  nur  5  Stück  gefunden,  bei  denen  einer 
der  transversalen  Kelchfortsätze  deformiert,  d.  h.  stumpf  und  im 
Wachstum  zurückgeblieben  war. 

Ich  möchte  vorläufig  noch  vermuten,  dass  Witterungsverhältnisse 
zur  Zeit  der  Anthese  und  nachdem,  die  Hauptschuld  an  diesen 
Schwankungen  in  der  Kelchspitzenausbildung  tragen,  wenigstens  habe 
ich  mehrfach  in  meinen  Kulturen  beobachtet,  dass  die  erst  spät  im 
Jahre  sich  entwickelnden  Blüten  abnorme  Früchte  zeitigten,  mehrfach 
Formen,  die  zu  var.  elongata  Nathorst  hinneigten  oder  in  der  Ausbil- 
dung der  medianen  Spitzen  alle  nur  denkbaren  Variationen  aufwiesen« 

Hält  man  sich  alle  diese  Tatsachen  und  Befunde  vor  Augen,  so 
ist  es  erklärlich,  wie  man  zu  der  Ansicht  kommen  konnte,  im. 
Varese-See  finden  sich  beide  Trapaformen,  die  natans  wie  die 
verbanensis,  denn  die  extrem  anormalen  Exemplare  der  natans 
gleichen  im  „Kern"  so  sehr  der  „entfleischten"  verbanensis,  dass 
eine  Verwechslung  für  den  mit  diesem  Variationsvermögen  ünver- 
trauten  sehr  entschuldbar  ist.  Und  wenn  daher  Gibelli  (Ascherson; 
im  bot.  Zentralblatt  XVH  [1884],  244)  an  in  Modena  kultiviertem 
Früchten  beobachtet  haben  will,  dass  aus  verbanensis-Früchten 
Pflanzen  mit  dreizackigen  Früchten  hervorgingen,  so  liegt  für  mick 
die  Vermutung  sehr  nahe,  dass  Gibelli  überhaupt  nicht  verbanensis - 
Früchte,  sondern  anormale,  zweizackige  Früchte  der  natans  ver- 
wendet hat. 

Von  natans  und  verbanensis  ist  sehr  leicht  die  in  dem  kleinen, 
bei  Sorengo  ob  Lugano  im  Kanton  Tessin  gelegenen  Muzzano-See 
vorkommende  muzzanensis  zu  unterscheiden.  Die  Frucht  derselben 
besitzt  nämlich  zwischen  den  vier  Kelchspitzen  je  einen  deutlichen, 
abgesetzten,  stumpfen  Zwischenhöcker,  eine  Zugabe,  die  sowohl  der 
natans  wie  der  verbanensis  fehlt.  An  den  noch  vom  Epikarp 
umhüllten  Früchten  (Fig.  22)  tritt  die  Umrahmungslinie  der  Kelch- 
fortsätze deutlich  hervor! 

Als  weiteren  Fundort  der  Wassernuss  wird  schon  von  Comolli 
(Flora  Comense,  I  [1834]  201)  und  1888  von  Lenticchia  (Franzoni, 
Le  plante  fanerogame  della  Svizzera  insubrica,  pag.  88)  die  Bucht 
von  Agno  des  Ceresio  erwähnt.  Tatsächlich  sind  denn  auch  im 
Herbst  1895  von  Dr.  Amberg  an  dortiger  Stelle  acht,  zum  Teil  et- 
was zertrümmerte  Steinkerne  einer  Trapa  gefunden  worden,  dercR 
sowohl  Schröter  (1.  c,  pag.  6)  wie  auch  Schinz  und  Keller  in 
deren  Flora  der  Schweiz  (zweiter  Teil,   kritische  Flora  [1905],    160) 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       479 

Erwähnung  tun.  Seitdem  ist  die  Pflanze,  bezw.  die  Frucht,  dort 
nicht  mehr  gefunden  worden,  obschon  ich  selbst  mehrfach  in  Beglei- 
tung meines  Sohnes  Hans  die  ganze  Bucht  sorgfältig  abgesucht  habe. 
Ich  habe  auch  meine  beiden  Freunde  Dr.  Vinassa  und  Schwin- 
gruber  in  Lugano,  die  beide  die  verloren  geglaubte  Origlio-Trapa 
wieder  entdeckt  haben,  gebeten,  Nachschau  zu  halten,  mit  demselben 
negativen  Erfolg.     Dr.  Vinassa  schreibt  mir  am  16.  X.  06: 

„Der  heutige  Tag  galt  der  Trapa  im  Luganersee  bei  Figino  bis 
Magliaso ;  doch  konnten  wir  nichts  entdecken,  obwohl  der  Barken- 
führer früher  Unterförster  war.  Früher  sei  sie  so  häufig  gewesen, 
dass  man  sie  korbweise  auf  den  Markt  nach  Varese  (?,  Schinz) 
brachte.  Seit  zwei  Jahren  sind  sie  verschwunden."  Wir  werden 
daher  wohl  die  Hoffnung  aufzugeben  haben,  die  Agno-Trapa  wieder 
in  unseren  Floren  aufführen  zu  können,  und  sind  gezwungen,  uns  an 
die  von  Amberg  gefundenen  letzten  „Zeugen"  zu  halten.  Da  an 
keiner  dieser  Früchte  das  Epikarp  erhalten  geblieben  ist,  lässt  uns 
das  einzige  Unterscheidungsmerkmal  zwischen  verbanensis  und  der 
natans,  die  mehrfach  erwähnte  Umrahmungslinie  im  Stiche.  Die 
Vermutung,  es  möchte  sich  um  eine  zu  verbanensis  gehörende 
Form  handeln,  lag  s.  Z.  für  mich  sehr  nahe,  da  den  Ambergschen 
„Nüssen"  nur  zwei  spitze  Kelchfortsätze  zugeschrieben  worden  waren. 
Nachdem  ich  nun  aber  über  2000  natans  geprüft  habe  und  ich  mit 
dem  grossen  Variationsvermögen  dieser  Form  bekannt  geworden  bin, 
hege  ich  gar  keinen  Zweifel  mehr,  dass  die  Frucht  der  Agnobucht  mit 
verbanensis  nichts  zu  tun  hat,  sondern  vielmehr  zu  natans  gehört, 
wie  ich  denn  auch  aus  dem  Varese-See  natans -Exemplare  besitze,  die 
nahezu  in  jeder  Einzelheit  mit  der  Agno-natans  übereinstimmen  (z.  B. 
Fig.  13  u.  19).  Zu  all  dem  kommt  noch,  dass  bei  einzelnen  der  Agno- 
Exemplare  die  Anlage  eines  medianen  Fortsatzes  ganz  deutlich  wahrzu- 
nehmen ist,  mindestens  so  gut  wie  bei  zahlreichen  Varese-Früchten. 

Damit,  d.  h.  unter  Zuziehung  der  Befunde  an  den  gleich  zu  er- 
wähnenden Origlio-Früchten,  scheint  mir  diese  Frage  endgültig  ge- 
löst zu  sein.  Bedauerlich  ist  es,  dass  die  Pflanze  selbst  verschwunden 
ist,  war  sie  doch,  meiner  frühern  Auffassung  entsprechend,  bis  anhin 
noch  der  letzte  Zeuge  auf  Schweizerboden  des  ehemaligen  Vorkom- 
mens der  typischen  Trapa  natans.  —  Um  so  erfreulicher  ist  es 
nun,  dass  es  gelungen  ist,  einen  verloren  geglaubten  weitern  Stand- 
ort der  Wassernuss  neuerdings  aufzufinden,  nämlich  die  Lokalität  im 
Origlio-See.  Der  250m  lange  und  125m  breite,  413m  über  Meer, 
79  m  über  dem  Muzzano-See  und  136  m  über  Lugano  gelegene  See 
befindet  sich  in  einer  Senke  der  Pieve  Capriasca,  572  km  nördlich 
von  Lugano.     Er   erhält   seinen    Zufluss   von    Osten   her   und   sendet 


480  Hans  Schinz. 

seinen  2V2  km  langen  Ausüuss  durch  Wiesen  und  ein  kleines  Tobel 
zum  Yedeggio,  in  den  er  in  345  m  mündet.  Der  Vedeggio  gibt  sein 
Wasser  an  den  Ceresio  ab  und  zwar  in  der  Bucht  von  Agno. 

Schon  Lenticchia  (1.  c,  pag.  88)  gibt  den  Origlio-See  als  Fundort 
an;  Exemplare  sind  aber  meines  Wissens  niemals  bekannt  geworden, 
und  ich  habe  mich  daher  in  den  letzten  10  Jahren  fast  alljährlich 
bemüht,  der  Sache  auf  die  Spur  zu  kommen.  Nachdem  meine  eigenen 
Bemühungen  resultatlos  geblieben  waren,  ersuchte  ich  meine  so 
überaus  findigen  Freunde  Dr.  Vinassa  und  Schwingruber,  dem 
Seelein  einen  Besuch  zu  machen,  und  beide  sind  im  Herbste  ver- 
gangenen Jahres  (1906)  anlässlich  einer  von  ihnen  vorgenommenen 
gemeinsamen  Begehung  der  Lokalität  so  glücklich  gewesen,  einige, 
4,  Früchte  (Steinkerne)  zu  finden.  Später  hat  dann  Dr.  Vinassa  die 
Lokalität  mit  seinem  Sohne  wiederum  besucht,  wobei  der  letztere  in 
den  See  hinausgeschwommen  ist  und  mich  in  der  Folge  in  den  Be- 
sitz zwei  von  lebenden  Pflanzen  setzte,  von  denen  ich  eine  im  botani- 
schen Garten  in  Zürich  weiter  kultivierte.  Diese  eine  Pflanze  zei- 
tigte eine  reife  Frucht  im  Warmhaus  unseres  bot.  Gartens,  und  von 
dieser  Frucht  habe  ich  heuer  im  Freiland  des  Gartens  eine  weitere 
Pflanze  gezogen,  von  der  ich  vor  kurzem  10  reife  Früchte  geerntet 
habe.  Die  Mutterfrucht  besass  zwei  perfekte  transversale  Kelch- 
spitzen, eine  starke  mediane  und  eine  nur  schwach  ausgebildete, 
vierte,  mediane  Spitze;  die  heuer  geernteten  Früchte  sind  alle  nor- 
mal, allerdings  zum  Teil  sehr  klein  und  sicherlich  nicht  durchwegs 
keimfähig,  sie  haben  sich  zu  spät  entwickelt,  die  Mutterpflanze  war 
bereits  erschöpft,  und  der  Sommer  war  längst  zur  Neige  gegangen. 
Im  Besitze  eines  verhältnismässig  so  reichen  Materials,  ist  die  Zuge- 
hörigkeit dieser  Form'  nun  unschwer  zu  erkennen :  die  Umrahmungs- 
linie ist  vorhanden  (Fig.  20),  die  Variation  in  der  Ausbildung  der  Kelch- 
fortsätze bewegt  sich  innerhalb  der  für  die  Varese-Nuss  angegebenen 
Grenzen,  Zwischenhöcker  fehlen,  also  wird  es  sich  um  die  natans 
handeln,  und  damit  wäre  das  Vorkommen  der  typischen  Trapa 
natans  für  die  Schweiz  nochmals  sicher  gestellt.  Nun  erklären 
sich  auch  die  Funde  bei  Agno:  die  Bucht  von  Agno  und  der 
Origlio-See  stehen  durch  den  Vedeggio  und  den  Ausfluss  des 
letztern  in  Kommunikation;  wahrscheinlich  sind  die  Pflanzen,  ich 
möchte  annehmen  die  Früchte,  vom  Origlio-See  abwärts  in  den 
Ceresio  gewandert. 

Ich  füge  nun  noch  hinzu,  dass  ich  im  Frühjahr  dieses  Jahres 
den  See  in  Begleitung  meines  Sohnes  Hans  auch  besucht  habe,  und 
dass  wir  an  einer  bestimmten  Stelle,  aber  nur  an  dieser,  binnen 
ganz  kurzer  Zeit  9  Früchte  auflasen,  von  diesen  hatten: 


irteljahrsschrift  der  Xafurf.  Ges.  Zürich.     Joltni.  ry2.   t'.KH. 


Tof.  XX. 


"^  ^^ 


8 


11 


V  ^  4i 


15 


16 


17  T  19 


20 


21 


22 


Fruchlformen  von  Trapa  natans  L. 


THE  LiePARY 
OF  THE 

UNIVERSITY  OF  ILLINOIS 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).       481 

4  Stück  vier  wohlausgebildete  Kelchfortsätze;    bei   einem  dieser  vier 

Exemplare  waren  die  vier  Spitzen  tadellos,   bei    dreien    war   einer 

der  medianen  Fortsätze  +  stumpflich ; 
bei  3  Früchten  waren   die   transversalen  Fortsätze   spitz,    die   beiden 

medianen  zwar  deutlich,  aber  stumpf; 
bei  1  Exemplar  war  nur  ein  transversaler  Fortsatz  spitz,  der  zweite 

gleich  den  medianen  stumpf; 
1  letztes  Exemplar  war  unvollständig,  d.  h.  zertrümmert  ^). 

Von  Comolli  (1.  c,  pag.  203)  werden  auch  noch  die  Sümpfe  bei 
Colico  und  bei  Porlezza,  beide  ausserhalb  der  Schweiz,  aber  doch 
unweit  der  Grenze  gelegen,  als  Standorte  der  Trapa  genannt.  Bei 
Colico  habe  ich,  bei  Porlezza  hat  Dr.  Vinassa  vergeblich  nach 
der  Pflanze  gesucht,  und  ich  glaube  nicht  fehl  zu  gehen,  wenn  ich 
für  beide  Lokalitäten  die  Wassernuss  als  ausgestorben  registriere. 

Jäggi,  Schröter  und  auch  ich  (in  der  Flora  der  Schweiz) 
haben  bis  anhin  die  verbanensis  wie  die  muzzanensis  als  Varie- 
täten der  na t ans  aufgefasst,  als  Varietäten,  denen  die  Nathorstschen 
Varietäten  subcoronata,  coronata,  elongata  coordiniert  wurden. 
Ich  neige  heute  zu  einer  etwas  andern  Auffassung.  Subcoronata 
Nathorst,  coronata  Nathorst,  elongata  Nathorst  sind  für  mich 
Varietäten  im  Wettsteinschen  Sinne  (Handbuch  der  System.  Botanik, 
I  [1901],  13)-),  die  nicht  oder  in  geringen  Masse  vererbbar  sind  und 


^)  Hoffentlich  bemächtigen  sich  die  ,En  gros  "-Sammler  nicht  auch  etwa 
dieses  einsam  gelegenen  Standortes,  denn  sonst  wird  dieser  vermutlich  letzte  Zeuge 
schon  in  wenigen  Jahren  verschwunden  sein.  In  dem  von  dem  verdienstvollen  Wiener 
Botaniker  Dörfler  herausgegebenen  Herbarium  normale  ist  kürzlich  unter  der  Num- 
mer 4719  Trapa  natans  var.  muzzanensis  aus  dem  Muzzano-See  verteilt  worden,  von 
einer  Lokalität  also,  die  in  absehbarer  Zeit  hinsichtlich  der  Trapa  auch  nur  noch 
historische  Bedeutung  haben  wird,  denn  die  Zahl  der  Pflanzen  nimmt  dort  Jahr  füi* 
Jahr  zusehends  ab,  nicht  zum  geringsten  Teil,  weil  ihr  Liebhaber  und  Botaniker  so 
i'astlos  auf  den  Leib  rücken.  Die  im  Herbarium  niedergelegte  Pflanze  zeigt 
die  Unterschiede,  auf  die  es  ankommt,  nicht  einmal,  die  sind  nui-  an  der  mehr 
oder  minder  ausgewachsenen  Frucht  zu  erkennen,  und  bei  der  Muzzano-Form  ge- 
nügt zudem  der  tote  „Kern*.  Damit  will  ich  indessen,  wohlverstanden,  dem  Heraus- 
geber des  Herbarium  normale,  keinen  Vorwurf  machen,  wohl  aber  den  auf  der 
Etikette  genannten  Sammler  bitten,  nicht  etwa  im  kommenden  Jahre  auch  die 
natans  aus  dem  Origho-See  zur  Verteilung  zu  bringen!  Hinsichtlich  der  Etikette 
zu  der  erwähnten  Nummer  4719  habe  ich  übrigens  zu  bemerken,  dass  Jäggi  die 
aus  dem  Muzzano-See  stammende  Frucht  im  Neujahrsblatt  der  zürch.  naturforschen- 
den Gesellschaft  auf  das  Jahr  1884  nicht  benannt  hat,  sondern  dass  die  Beschrei- 
bung und  Benennung,  unter  Beibehaltung  der  Autorschaft  meines  frühern  Lehrers 
Prof.  Jäggi  dmch  Schröter  im  Jahrb.  der  kgl.  preussischen  geologischen  Landes- 
anslalt  und  Bergakademie  (1884),  432  erfolgt  ist. 

2)  So  habe  ich  mehrfach  bei  Kulturen  Formen  der  Varietäten  subcoronata 
neben  solchen  der  coronata  beobachtet  und  feststellen  können,  dass  zwischen  beiden 
zahlreiche    Übergänge    existieren.      Ich   halte    diese    Formen    nicht    für    vererbbar. 


482  Hans  Schinz. 

die  abhängig  sind  von  den  Witterungsverhältnissen,  während  den  For- 
men verbanensis  und  muzzanensis,  bei  geringem  Variationsver- 
mögen, entschieden  ein  dem  Artbegriff  näherstehender  Rang  zukommt. 
Ich  würde  daher  vorschlagen,  drei  Unterarten  aufzustellen,  die  unter 
dem  Sammelbegriff  Trapa  n|atans  L.  zusammengefasst  würden: 

Trapa  natans  L. 

ssp.  natans  (L.)  Schinz  mit  den  var.  subcoronata  Nathorst, 

coronata  Nathorst,  elongata  Nathorst. 
ssp.  verbanensis  (De  Notaris)  Schinz. 
ssp.  muzzanensis  (Jäggi)  Schinz, 

Meine  Antworten  auf  die  eingangs  gestellten  Fragen  würden 
somit  nun  lauten: 

Verbanensis-  und  natans-Früchte  sind  leicht  an  Hand 
der  Umrahmungslinie  zu  unterscheiden. 

Trapa  natans  ssp.  verbanensis  fehlt  dem  Varese-See 
und  kommt  auch  in  der  Schweiz  nicht  vor. 

Die  Früchte  der  verbanensis  zeigen  überraschend  ge- 
ringe Neigung  zu  Variation. 

Zwischen  verbanensis,  natans  und  muzzanensis  sind 
keine  Übergänge  bekannt. 

Trapa  natans  ssp.  muzzanensis  steht  der  ssp.  natans 
näher  als  der  ssp.  verbanensis.     (Umrahmungslinie!). 

Die  Ambergschen  Früchte  vom  Ceresio-See  (Agno-Bucht) 
gehören  zur  ssp.  natans. 

Die  im  Origlio-See  gefundenen  Trapapflanzen  gehören 
gleichfalls  zur  ssp.  natans  und  nicht  zur  ssp.  verbanensis. 

Die  Wassernuss  kommt  heute  in  der  Schweiz,  abgesehen 
vom  Muzzano-See,  noch  spontan  im  Origlio-See  vor. 


Mitteilungen  aus  dem  botan.  Museum  der  Universität  Zürich  (XXXVI).      485 


Erklärung  der  Tafel  XX. 

Fig.  1—4.  Von  im  botanischen  Garten  Zürich  kultivierten  Pflanzen  geerntete  Früchte 
von  Trapa  natans  L.  ssp.  natans  (L.)  Schinz;  Ururenkel  von  aus  dem  Varese- 
See  stammenden  Früchten. 

Fig.  5.    Trapa  natans  L.  ssp.  natans  (L.)  Schinz  aus  dem  Origlio-See. 

Fig.  6  u.  7.  Unvollkommen  ausgebildete  Früchte  von  Trapa  natans  L.  ssp.  natans  (L.) 
Schinz  (Kulturpflanzen  wie  1—4);  bei  Frucht  7  sind  die  medianen  Kelch- 
spitzen nur  angedeutet. 

Fig.  8 — 10.  Trapa  natans  L.  ssp.  natans  (L.)  Schinz  aus  dem  OrigUo-See,  mit  5  ge- 
sammelt von  Dr.  Vinassa  und  Schwingruber  (Fig.  8  teilweise  zertrümmert), 
mit  abortierten  medianen  Spitzen. 

Fig.  11 — 13.  Trapa  natans  L.  ssp.  natans  (L.)  Schinz  von  Agno,  gesammelt  von 
Dr.  Amberg;  Fig.  11  mit  zwei  gut  entwickelten  transversalen  Spitzen,  der 
vordere  mediane  Fortsatz  kräftig,  der  abgewendete  (nicht  sichtbare)  et^vas 
schwächer,  bei  12  und  13  die  medianen  Höcker  noch  schwächer  ausgebildet 
nichtsdestoAveniger  nachweisbar, 

Fig.  14 — 16.    Trapa  natans  L.  ssp.  muzzanensis  (Jäggi)  Schinz  aus  dem  Muzzano-See, 

Fig.  17.  Trapa  natans  L.  ssp.  verbanensis  (De  Notaris)  Schinz;  Frucht  noch  im 
Epikarp  steckend. 

Fig.  18  u.  19.  Trapa  natans  L.  ssp.  natans  (L.)  Schinz  (Kulturfrüchte  wie  1 — 4  und 
6  u.  7);   alle  Früchte  im  Epikarp,  19  mit  abortierten  medianen  Fortsätzen. 

Fig.  20.  Trapa  natans  L.  ssp.  natans  (L.)  Schinz  (kultiviert  im  botanischen  Garten 
Zürich,  stammend  von  im  Origlio-See  von  Dr.  Vinassa  gesammelter  Frucht) 
Die  Frucht  mit  dem  Epikarp. 

Fig.  21.  Trapa  natans  L.  ssp.  natans  (L.)  Schinz  vom  Varese-See,  mit  dem  Epikarp; 
die  medianen  Fortsätze  abortiert. 

Fig.  22.  Trapa  natans  L.  ssp.  muzzanensis  (Jäggi)  Schinz  mit  Epikarp.  An  den 
Früchten  18 — 22  ist  die  „  Umrahmungslinie "  deutlich  wahrnehmbar  (auch 
bei  20  mit  der  Lupe,  noch  besser  als  im  Bilde  am  Objekt  selbst);  Frucht  IT 
entbehrt  derselben  durchaus. 


Oliederung  und  Facies  der  Berrias-Valangien-Sedimente 
in  den  helvetischen  Alpen. 


Von 

Arnold  Heim. 


Inhalt: 


Methoden  der  Altersbestimmung. 

Bisherige  Auffassungen  über  Berrias-Valangien. 

Grenze  von  Berriasien  und  Valangien. 

Das  Valangien  (oberes,  mittleres,  unteres). 

Das  Berriasien  (Öhrlikalk,  Öhrlimergel,  Baifriesschiefer). 

Die  helvetischen  Faciestypen. 

Die  helvetische  Geosynclinale. 

Stets  zu  vergleichen  Tabelle  pag.  495  und  Figur  pag.  498. 

Methoden  der  Altersbestimmung. 

Zur  relativen  Altersbestimmimg  der  Sedimente  können  wir  zweier- 
lei Methoden  anwenden:  die  paläontologische  und  die  vergleichend 
lithologische.  Unter  allen  Umständen  müssen  wir  die  erste  zum 
Ausgangspunkt  wählen.  Allein  das  einseitige  Vorgehen  nach  der 
alten  paläontologischen  Methode  hat  namentlich  in  den  Schweizer- 
alpen zu  vielfachen  Fehlschlüssen  geführt  —  im  besonderen  betrifft 
dies  die  Stratigraphie  der  Berrias-Valangien-Sedimente.  Verschiedene 
Facies  enthalten  verschiedene  Fossilien  und  Facies-Petrefakten  dürfen 
nicht  zur  genauen  Fixierung  der  geologischen  Zeitabschnitte  ver- 
wendet werden.  Nur  reiche  Cephalopodenfaunen  dürfen  wir  vorläufig 
als  feststehende  Skalenteile  der  geologischen  Zeitrechnung  betrachten. 
Mit  der  paläontologischen  Methode  können  wir  aber  nur  solche  Ge- 
steine zeitlich  bestimmen,  die  reiche  Faunen  enthalten,  und  bekannt- 
lich sind  unsere  helvetischen  Alpen  im  allgemeinen  sehr  arm  an 
solchen.  Wenn  wir  zu  einem  energischen  Fortschritte  in  der  Strati- 
graphie unserer  Alpen  gelangen  wollen,  so  müssen  wir  folgender- 
massen  vorgehen:  Wir  suchen  nach  reichen  Cephalopodenfaunen, 
deren  stratigraphisches  Niveau  sich  mit  grösster  Schärfe  bestimmen 
lässt.  Dann  gehen  wir  den  bestimmten  Schichten  entlang  durch  das 
ganze  Falten-  und  Deckenwerk  hindurch,  indem  wir  diese  in  richtiger 
Weise  abgewickelt  denken.  Wir  finden  alle  lithologischen  Übergänge 
von  der  einen  Facies  in  eine  ganz  andere,  die  keine  zur  paläonto- 
logischen Bestimmung   brauchbaren  Petrefakten    mehr   enthält;    aber 


Gliederung  und  Facies  der  Berrias-Valangien-Sedimente  etc.  485 

wir  erkennen  immer  noch  die  gleichen  Schichtfugen  und  können 
auch  die  Horizonte  der  anderen  Facies  mit  aller  Schärfe  bestimmen. 

Mittelst  vergleichend  lithologischer  Methode  haben  Kilian')  und 
Baumberger-)  das  Alter  des  früheren  unteren  Valangien  (Desor  1854) 
als  Berriasien  bestimmt,  und  es  ist  sehr  erfreulich,  dass  sich  ein 
Paläontologe  (E.  Baumberger  1.  c.  pag.  13)  darüber  folgendermassen 
ausspricht : 

„Die  Frage  der  zeitlichen  Äquivalenz  ist  nicht  durch  die  palä- 
ontologische Methode  zu  lösen,  sondern  nur  durch  eine  oft  mühsame 
Untersuchung  der  lateralen  Übergänge." 

Mit  der  vorliegenden  kurzen  Mitteilung  gebe  ich  nur  einen  kleinen 
Auszug  über  Studien,  die  noch  nicht  abgeschlossen  sind.  Es  ist  ein 
Versuch,  die  vergleichend  lithologische  Methode  in  die  Stratigraphie 
der  helvetischen  Alpen  einzuführen.  Ich  wähle  hierzu  die  bis  jetzt 
am  wenigsten  bekannten  Sedimente  der  tiefsten  Kreide.  Nachdem 
nun  der  Zusammenhang  der  helvetischen  Decken  in  grossen  Zügen 
klargelegt  ist,  wird  sich  eine  grosse  Zahl  von  stratigraphischen  Pro- 
blemen mit  der  vergleichend  lithologischen  Methode  lösen  lassen. 


Bisherige  Auffassungen  über  Berrias-Valangien. 

Bis  1905  wurde  meistens  der  untere  Teil  des  Kieselkalkes  (oder 
der  ganze)  als  Valangien  aufgefasst,  so  namentlich  seit  Kaufmann  1867. 
Im  Säntisgebirge  kannte  Arnold  Escher  schon  vor  mehr  als  50  Jahren 
die  Pj^gurusschichten  mit  Pygurus  rostratus  Ag.,  die  er  schon  damals 
richtig  als  Valangien  auffasste.  Die  liegenden  grauen  Kalke  fasste 
er  zum  Teil  als  Valangien,  zum  Teil  als  Schrattenkalk  auf.  Mösch^) 
meinte,  die  Pygurusschichten  stellen  das  tiefste  Valangien  dar. 

Die  bathyale  Facies  des  Valangien  wurde  von  U.  Stutz,  C.  Mösch, 
Mayer-Eymar,  Alb.  Heim,  C.  Schmidt  bis  1893  als  Tithon  aufgefasst. 
Mösch  veränderte  seine  Auffassung  1893  und  zum  Teil  schon  1881, 
verneinte  die  Pygope  diphj^a,  bestimmte  sie  als  P.  diphyoides  und 
stellte  infolgedessen  ebenso  wie  Vacek*)  1879  und  1880,  Kaufmanu  1886, 
Burckhardt  1896,  Tobler  1895  und  1899,  P.  Arbenz  1905,  J.  Pannekoek 
1905,  A.  Tobler  und  A.  Buxtorf  1905,  Gerber  und  Helgers  bis  1906  die 
Kalk-Schichten,  aus  denen  Pygope  diphyoides  und  Aptychus  Didayi 
stammen,  zum  Berriasien.    Die  genannten  Faciesfossilien  haben  einen 


*)  W.  Kilian  et  P.  Lory.  Notices  geologiques  sur  divers  points  des  Alpes  fran(;aises. 
^)  E.  Baumberger,   Über  Facies  und  Transgressionen  der  unteren  Kreide  etc. 
Ber.  d.  Töchterschule  Basel  1901. 

*)  In  Escher,  Säntis-Gruppe.     Beitr.  z.  g.  K.  d.  Schw.  1878  pag.  i± 
*)  M.  Vacek,  Über  Torarlberger  Kreide.     Jahrb.  d.  k.  k.  g.  R.  1879. 


486  Arnold  Heim. 

verhängnisvollen  Einfluss  beim  ausschliesslichen  Gebrauch  der  paläon- 
tologischen Methode  ausgeübt,  obwohl  schon  durch  Kilian  1888  nach- 
gewiesen war,  dass  diese  keineswegs  auf  das  Berriasien  beschränkt  sind, 
und  durch  Paquier  1900  gezeigt  wurde,  dass  die  Pygope  diphyoides  in 
Südost-Frankreich  sogar  bis  ins  Barremien  hinaufgeht. 

M.  Vacek  verwundert  sich  (1.  c.  1879  pag.  661),  dass  sich  in  den 
schweizer  Museen  die  Petrefakten  der  „Berriasschichten"  unter  der 
Bezeichnung  Valangien  vorfinden.  Yacek  hat  wie  alle  anderen  den 
Fehler  gemacht,  ausser  dem  wirklichen  Berriasien  auch  das  Valangien 
in  bathyaler  Facies  als  Berrias  anzusprechen,  während  umgekehrt  in 
der  Schweiz  die  korallenführende  und  oolithische  Facies  des  Berriasien, 
wo  nicht  mit  Schrattenkalk  (Escher,  Säntis,  Albert  Heim  1891  Silbern- 
gebiet, Rothpletz,  Säntis)  oder  Jura  (Baltzer,  Glärnisch)  verwechselt, 
allgemein  als   „Valangien"   bezeichnet  wurde. 

A.  Rothpletz  hat  1898  einen  vereinzelt  stehenden,  glücklichen 
Griff  gemacht,  indem  er  den  hellen  Kalk  am  Glärnisch-Guppen  zum 
Berrias  rechnete.  Ebenso  erkannte  er,  dass  der  vermeintliche  ver- 
kehrte Schrattenkalk  am  Wiggis  dem  Valangien  angehört.  Allein  auch 
bei  ihm  erscheinen  an  andern  Orten  die  gebräuchlichen  Verwirrungen. 

Noch  1905  wurde  von  Arbenz,  Pannekoek,  A.  Tobler  und  A.  Bux- 
torf  der  dem  mittleren  Valangien  angehörende  Diphyoideskalk  als 
Berrias  aufgefasst,  während  der  stratigraphisch  tiefer  liegende  Kalk 
■der  corallogenen  Facies  von  A.  Tobler  und  A.  Buxtorf  als  „Korallen- 
oolith"  ins  Valangien  gestellt  und  von  mir  gleichzeitig  als  „Unterer 
Valangienkalk"   bezeichnet  wurde. 

Grenze  von  Berriasien  nnd  Valangien. 

Ich  fasse  in  Übereinstimmung  mit  fast  allen  neueren  Autoren 
das  Valangien  als  Zeitbegriff  im  engeren  Sinne  auf  und  stelle  es  dem 
tieferen  Berriasien  als  gleichwertige  Zeitstufe  gegenüber. 

Die  untere  Grenze  des  Valangien  ist  im  neritischen  Faciesgebiet 
lithologisch  äusserst  scharf,  aber  paläontologisch  kaum  zu  ermitteln. 
Im  bathyalen  Faciesgebiet  ist  eine  lithologische  Grenze  kaum  erkenn- 
bar, und  die  seltenen  Cephalopoden  lassen  zur  Zeit  ebenso  keine 
sichere  Grenze  ermitteln.  Es  bleibt  für  die  Abgrenzung  vorläufig 
nur  folgende  Ermittelung: 

1.  Über  den  durch  eine  Ammonitenfauna  als  Tithon  festgelegten 
Zementsteinschichten  hat  die  Sedimentation  in  der  Ost-  und  Zentral- 
schweiz bis  zum  sicheren  Valangien  keinen  Unterbruch  erfahren.  Die 
unmittelbar  über  dem  Tithon  liegenden  Sedimente  müssen  also  dem 
Berriasien  angehören. 


Gliederung  und  Facies  der  Berrias-Valangien-Sedimente  etc.  487 

2.  Die  lithologische  Übereinstimmung  der  entsprechenden  cephalo- 
podenreichen  Sedimente  von  Südost  -  Frankreich  mit  dem  bathy- 
alen  Faciesgebiet  und  die  Übereinstimmung  des  Juragebirges  bei 
Valangin  mit  dem  neritischen  oder  subneritischen  Gebiet  der  hel- 
vetischen Alpen  ist  so  gross,  dass  wir  kaum  fehlgehen  können,  wenn 
wir  die  stratigraphisch  gleichhohen  Sedimente  auch  als  gleichalterig 
betrachten.     Es  ergibt  sich  hieraus 

„Marnes  valanginiennes"  =  „marnes  ä  Ammonites  pyriteux"  = 
Zone  des  Hoplites  pexiptychus  und  Duvalia  lata  von  Südost-Frankreich 
=  „untere  Coulonischichten"^)  der  Zentralschweiz  (Stutz,  Tobler  und 
Buxtorf  1905)  =  obere  Valangienmergel  des  Säntisgebirges  (Arn. 
Heim  1905)  =  Valangienmergel  =  unteres  Yalangien. 

„Marbre  bätard"  des  Juragebirges  ^  „Korallenoolith"  der  Zentral- 
schweiz (Tobler  und  Buxtorf  1905)  =  „unterer  Valangienkalk"  des 
Säntis  (Arn.  Heim  1905)  =  Ölirlikalk  =  korallogener  und  ooli- 
thischer  oberer  Teil  des  Berriasien. 

Das  Yalangien. 

A.  Buxtorf  hat  1905  eine  ausserordentlich  reiche  Cephalopoden- 
fauna  des  oberen  Yalangien  am  Pilatus  entdeckt.  Daraufhin  fand 
ich  die  gleiche  Ammonitenschicht,  die  wir  mit  A.  Buxtorf  nach  der 
Fundstelle  am  Pilatus  als  Gemsmättlischicht  bezeichnen,  auch  in 
den  Churfirsten.  Ferner  fand  ich  eine  an  der  Basis  des  Kieselkalkes 
liegende,  bisher  unbekannte  Ammonitenschicht  am  Mattstock '^),  die 
durch  die  palaeontologische  Untersuchung  von  E.  Baumberger^)  mit 
aller  Schärfe  als  Hauterivien  bestimmt  werden  konnte.  Dadurch  ist 
die  obere  Grenze  des  Valangien  in  der  Ostschweiz  messerscharf  be- 
stimmt worden.  Wir  benützen  diese  Grenze  als  Ausgangspunkt  für 
die  Altersbestimmung  der  anderen  helvetischen  Facies. 

Das  obere  Valangien:  Pygurusschichten  und  Gemsmättlischicht. 

Das  obere  Valangien  ist  im  allgemeinen  in  den  helvetischen  Alpen 
sehr  lückenhaft  entwickelt  und  aus  dem  bathyalen  Faciesgebiet  un- 
bekannt. 


')  Die  Bezeichnungen  „obere"  und  , untere  Goulonischichten"  müssen  fallen 
gelassen  werden,  weil  auch  im  Berriasmergel  (unter  dem  Ohrhkalk)  Schichten  voll 
Exogyra  Conloni  vorkommen. 

^)  Vergl.  geologische  Karte  der  Gebirge  am  Walensee  1  :  2500Ü  v.  Arnold  Heim 
und  J.  Oberholzer  1907. 

^)  Ernst  Baumberger,  Arnold  Heim  und  A.  Buxtorf:  Palaeontologisch-strati- 
graphische  Untersuchung  zweier  Fossilhorizonte  an  der  Valangien-Hauterivien-Grenze 
im  Churfirsten-Mattstockgebiet.     Abb.  d.  schw.  pal.  Ges.  Vol.  XXXIV.  1907. 


488  Arnold  Heim. 

In  den  östlichen  Schweizeralpen  ist  es  zweiteilig  und  besteht 
von  oben  nach  unten  aus 

b)  Pygurusschicht.  Echinodermenbreccie  bis  grober  Quarz- 
sandstein, bis  15  m  mächtig  im  Säntisgebirge,  meist  aber  nur 
wenige  Meter,  mit  Neithea  atava  Rom.  (Pecten)  und  Pygurus 
rostratus  Ag.  Meist  scharfe  Grenze  nach  unten  und  oben, 
a)  Gemsmättlischicht.  10 — 30  cm  dicke,  etwas  sandige,  mehr 
oder  weniger  glauconitische  Kalkschicht  ganz  mit  Petrefakten, 
meist  Ammonitensteinkernen  erfüllt.  Bekannt  vom  Pilatus 
und  den  Churfirsten  (näheres  in  der  zitierten  Arbeit.  Abb.  d. 
schw.  pal.  Ges.  1907). 

Hoplites  (Neocomites)  neocomiensis  d'Orb. 
Hoplites  pseudopexiptychus  Baumberger  etc. 
Verfolgen  wir  das  obere  Valangien  nach  ursprünglich  südlicheren 
Regionen,  so  beobachten  wir,  wie  die  Gemsmättlischicht  auskeilt  und 
auch  die  Pygurusscbichten  verschwinden.  An  Stelle  dessen  finden 
wir  eine  zwar  nicht  immer  sichtbare  scharfe  Gesteinsgrenze  von 
Schiefer  oder  schieferigem  Kieselkalk  auf  schieferigem  Diphyoides- 
kalk  (Alvier,  Pragelpass  etc.;  vergl.  Figur  pag.  498). 

In  den  ursprünglich  nördlicheren,  tieferen  helvetischen  Decken 
sind  die  Pygurusscbichten  als  braune  Echinodermenbreccie  mit  zu- 
rücktretendem Quarzsand  nicht  so  scharf  vom  liegenden  Valangienkalk 
unterschieden.  Die  Gemsmättlischicht  fehlt,  oft  fehlt  auch  (Deyenstock, 
Silbern,  Schönerkulmpass  etc.)  dazu  noch  die  Echinodermenbreccie. 
Der  kurze  Zeitabschnitt  des  oberen  Valangien  hat  stellenweise  keine 
Sedimente  geliefert. 

Die  Gemsmättlischicht  ist  bekannt  vom  Thunersee  bis  in  die 
Churfirsten  (Vorarlberg  ?).  Ihr  Verbreitungsgebiet  fällt  nach  Aus- 
glättung  der  Falten  und  Decken  in  eine  schmale  Zone  annähernd 
parallel  dem  jetzigen  Alpenrand.  Sie  entspricht  vielleicht  dem  Zu- 
sammentreffen zweier  nahe  dem  Rand  der  helvetischen  Geosynclinale 
entlang  ziehenden  Meeresströmungen. 

Das  mittlere  Valangien:  Valangienkalk. 

Bekannt  ist  der  „obere  Valangienkalk"')  aus  dem  Säntisgebirge 
als  ein  grau  angewitterter,  spätiger  Kalk  mit  häufigen  Kieselknauern. 
Er  wird  über  50  m  mächtig ;  sein  unterer  Teil  ist  häufig  ausgezeichnet 
durch  braun  angewitterte,  grobe  Echinodermenbreccie  (Säntis-Mesmer, 
Dreifaltigkeits-Zähne,  Mattstock). 

^)  Meine  frühere  Bezeichnung  oberer  Valangienkalk  hat  keinen  Sinn  mehr, 
seitdem  ich  den  , unteren"  Valangienkalk  ins  Berriasien  stelle.  Es  genügt  also  zu 
sagen  Valangienkalk. 


Gliederung  und  Facies  der  Berrias-Valangien-Sedimente  etc.  489 

Verfolgen  wir  diesen  nach  ursprünglich  südlicheren  Regionen, 
so  sehen  wir  ihn  ganz  allmählich  gegen  die  östlichen  Churfirsten  hin 
schieferiger  werden.  Die  spätigen  Partieen  treten  zurück ;  der  Kalk 
wird  dichter,  plattiger  bis  schieferig,  verliert  die  Kieselknollen,  wittert 
gelblich  an,  enthält  Aptychen  und  Pygope  diphyoides.  Die  Milioliden 
treten  zurück  zu  Gunsten  kleiner,  feinschaliger  Foraminiferen.  Es 
ist  die  bathyale  Facies  des  mittleren  Valangien.  Die  gleiche  Ver- 
änderung von  der  Facies  des  Säntis  in  die  bathyale  Diphyoidesfacies 
können  wir  zwischen  Reuss  und  Rhein  sonst  einzig  noch  in  der 
Rädertendecke  (Rädertenstock)  beobachten. 

In  gleicher  bathyaler  Ausbildung  wie  am  Alvier  ist  der  Valangien- 
kalk  bekannt  aus  dem  Vorarlberg,  der  Rädertendecke  südwestlich 
des  Rädertenstocks,  der  Drusbergdecke:  Schweinalp  0,  Pragel,  Frohn- 
alpstock,  Sisikon-Axenstrasse,  Bauen,  Brisen,  Brünig,  Brienzerrothorn, 
Morgenberghornkette  etc.).  Er  erreicht  in  der  östlichen  Schweiz  seine 
maximale  Mächtigkeit  am  Alvier  und  Pragel  mit  ca.  60  m.  Sonder- 
barerweise ist  die  Mächtigkeit  in  der  Übergangszone  vom  nördlichen 
(subneritischen)  zum  südlichen  (bathyalen)  Faciescharakter  am  ge- 
ringsten, so  bei  Obersäss  in  den  Churfirsten  (ca.  13  m),  am  Rä- 
dertenstock (6  m,  mechanisch  reduziert?),  Gemsmättli  am  Pilatus 
(ca.  8  m),  woselbst  die  gelbliche  Anwitterungsfarbe  schon  die  Nähe 
der  Diphyoidesfacies  verrät,  während  Textur,  Querbruch  und  Kiesel- 
knollen aber  noch  ganz  den  Charakter  des  Valangien  der  Säntis- 
gruppe  zeigen. 

Der  unter  der  „Diphyoidesbank"  liegende  Valangienkalk(=  „Kiesel- 
kalk g")  im  Justistal  am  Thunersee  scheint  nach  Kaufmann'-)  noch 
den  Säntistypus  zu  haben  (vergl.  Tabelle  pag.  495). 

Im  ursprünglich  nördlicheren  Gebiet  der  tieferen  helvetischen 
Decken  (Mürtschendecke,  Glarnerdecke,  Deyenstockstirn,  Säntis  Nord- 
rand), hat  der  Valangienkalk  lithologisch  den  gleichen  Charakter  wie 
in  der  südlichen  Säntisfacies,  ist  jedoch  weniger  mächtig  (am  Deyen- 
stock  nur  15  m)  und  geht  nach  unten  nicht  in  Valangienmergel  über, 
sondern  ruht  mit  scharfer  Grenze  transgredierend  direkt  auf  dem 
Öhrlikalk. 

Der  Valangienkalk  entspricht  dem  „Calcaire  du  Fontanil"  der  Um- 
gebungen von  Grenoble. 


')  Von  Burckhardt    189<i    an    der   Scliweinalp-Brü.scliali)    als   Seewerkalk,    bei 
Richisau  als  Neoconiien  oder  Flysch,  am  Pragel  als  Berrias  kartiert  worden. 

*)  F.  J.  Kaufmann.     Beiträge  Lfg.  "24  1886  pag.  26.3.     Kaufmann   bezeichnete 
den  Valangienkalk  mit  Kieselknollen  (Justistal)    als    „unteren  Kieselkalk''  (Xeocom), 
den  bathyalen  Valangienkalk  der  Brienzerrothorn-Kette  stets  als  „Berria.skalk". 
Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.   Jahrg.  52.     1907.  .32 


490  Arnold  Heim. 

Das  untere  Valangien  („Latuszone"):  Valangienmergel. 

Die  Valangienmergel  sind  als  „  Coulonischichten "  früher  all- 
gemein mit  den  Drusbergschichten  verwechselt  worden,  obwohl  sie 
ganz  anders  aussehen.  Die  Bezeichnung  Coulonischichten  ist  zu  ver- 
meiden. 

A.  Rothpletz  hat  1898  zuerst  erkannt,  dass  die  vermeintlich 
untereocänen  Mergel  Burckhardts  an  der  Basis  des  Wiggis  dem 
Valangien  angehören.  Im  „Säntisgebirge"  ist  der  Valangienmergel 
1905  als  „oberer  Valangienmergel"  eingehend  beschrieben  worden. 
Im  Säutisgebirge,  der  Mattstockgruppe,  den  oberen  Stockwerken  des 
Glärnisch,  südlich  der  Silbern,  in  der  Axenkette  bis  zur  Axenstrasse 
haben  die  Schichten  einen  littoralen,  neritischen  bis  subneritischen 
Charakter.  Es  sind  braune,  pyrithaltige  Mergel  mit  knolligen  Kalk- 
lagen, oft  in  Bänken  erfüllt  mit  zahllosen  Exemplaren  der  schwarz- 
schaligen  kleinen  Form  von 

Exogyra  Couloni  d'Orb. 

Ferner  sind  für  diese  Facies  bezeichnend: 

Alectryonia  rectangularis  Römer. 
Pinna  Robinaldina  d'Orb. 
Mytilns  Couloni  Pictet 
Terebratula  Moutoniana  d'Orb. 

Der  Valangienmergel  ruht  mit  scharfer  Grenze  auf  dem  Ohrli- 
kalk,  wo  dieser  vorhanden  ist.  Nach  oben  geht  er  stets  allmählich 
in  den  Valangienkalk  über. 

Am  Nordrand  des  Säntis  (Öhrli)  ist  Valangienmergel  ebenso  wie 
in  den  tieferen  Decken,  Mürtschendecke,  Glarnerdecke,  nicht  entwickelt, 
indem  der  Valangienkalk  mit  scharfer  Transgressionsgrenze  direkt  auf 
dem  Öhrlikalk  aufliegt.  Weiter  südlich  stellt  er  sich  allmählig  ein  und 
wird  immer  mächtiger,  bis  er  im  Säntisgewölbekern  III  südlich  Bog- 
arten über  60  m  mächtig  und  voll  Exogyren  wird.  An  den  Churfirsten 
scheint  die  normale  Mächtigkeit  des  Mergels  zwischen  Öhrlikalk  und 
Valangienkalk  auf  über  100  m  anzusteigen.  Ganz  die  gleiche  Er- 
scheinung treffen  wir  im  Klöntalgebiet,  wo  am  Deyenstock  Valangien- 
mergel fehlt,  weiter  südlich  am  Glärnisch  in  der  gleichen  Decke  etwa 
20  m  Valangienmergel  sich  deutlich  abheben  und  in  der  Axenkette 
ihre  Mächtigkeit  weiter   ansteigt. 

Noch  weiter  südlich  (östliche  Churfirsten,  Alvier,  Rädertendecke, 
Drusbergdecke)  lässt  sich  ihre  genaue  untere  Grenze  nicht  mehr  er- 
mitteln, weil  der  (3hrlikalk  verschwunden  ist,  doch  wird  die  Mächtig- 
keit 150  m  nicht  übersteigen.     In  der  oberen  Partie  des  Valangien- 


Gliederung  und  Facies  der  Berrias-Yalangien-Sedimente  etc.  491 

mergeis  (Pragel,  Dornibach-Sisikon)  sieht  man  noch  die  gewohnten 
unregelmässigen  Kalkbänke,  aber  die  Exogyrenbänke  sind  verschwun- 
den. An  Stelle  dessen  findet  man  in  dieser  bathyalen  Facies  einzelne 
Belemniten,  die  aus  der  Austernfacies  unbekannt  sind. 

Das  Berriasien. 

Das  Berriasien  zeigt  noch  grössere  Faciesunterschiede ;  wir  gehen 
auch  hier  wieder  von  der  eine  Mittelstellung  einnehmenden  Facies 
des  Säntisgebirges  aus. 

Öhrlikalk. 

Diesen  Namen  habe  ich  1907  im  Bericht  zur  Exkursion  des 
oberrheinischen  geologischen  Vereins  eingeführt.  Der  Kalk  ist  nach 
dem  klassischen  „Öhrli"  im  Säntisgebirge  benannt,  dessen  Gipfel  aus 
Öhrlikalk  besteht.  Ich  verstehe  darunter  den  korallogenen  und 
oolithischen  Kalk  unter  dem  Valangienmergel  resp.  Valangien- 
kalk  und  über  Berriasmergel  (Ohrlimergel)  resp.  Tithon. 

Ich  vermeide  die  einfache  Bezeichnung  Berriaskalk  aus  zwei 
Gründen;  einmal  wurde  sie  bisher  allgemein  für  den  bathyalen  Va- 
langienkalk  angewendet  und  andererseits  lässt  sich  der  neritische  Kalk 
nach  der  paläontologischen  Methode  nicht  scharf  zeitlich  bestimmen. 
Der  Öhrlikalk  soll  die  Schrattenkalkfacies  unter  dem  Valangien  vor- 
stellen. Die  neue  Bezeichnung  ist  gerechtfertigt,  da  es  sich  um  ein 
sehr  wichtiges  und  mächtiges  Glied  der  helvetischen  Schichtreihe 
handelt,  das  nur  im  südlichen  bathyalen  Gebiet  der  helvetischen  Geo- 
synklinale  fehlt,  in  den  nördlicheren  Zonen  aber  vom  Vorarlberg  durch 
die  ganze  Schweiz  hindurchzugehen  scheint.  Am  Glärnisch  (und 
Deyenstock)  scheint  der  Öhrlikalk  die  maximale  Mächtigkeit  mit  über 
250  m  zu  erreichen.  Er  bildet  nicht  nur  die  imposanteste,  sondern 
auch  die  am  schönsten  geformte  weisse  Felswand  in  mittlerer  Höhe 
am  Nordabsturz  des  Glärnisch-Ruchen,  Feuerberg  und  Nebelkäppler  ^). 

Der  untere  Teil  ist  am  Öhrli  wie  überall  ein  feiner  bis  grober 
Oolith  mit  weisser  calcitisch  fein-faseriger  Zwischensubstanz.  Die 
Oolithkörner  sind  teils  gerollte  Echinodermentrümmer,  teils  Foramini- 
feren  aus  der  Familie  der  Milioliden  oder  andere  Petrefaktentrümmer. 

Der  obere  Teil  ist  dicht,  spätig,  von  Schrattenkalk  im  Handstück 
meist  nicht  zu  unterscheiden  (=  Öhrligipfel)  und  oft  reich  an  schönen 
Korallen  (Rotsteinpass-Säntis,  Schönerkulmpass,  Bannalp).  Am  Mu- 
schelenberg  (Säntis)  sind   die   regelmässig   geschichteten  Bänke  ganz 


')  Von  Baltzer,  (Der  Glärnisch,  ein  Problem  alpinen  Gebirgsbaues.  Zürich  1873.) 
noch  als  Malm  kartiert. 


492  Arnold  Heim. 

erfüllt  von  Nerineen.  Häufig  sind  auch  Requienien,  Bryozoen,  Tere- 
bratein;  kurz,  es  ist  genau  der  Faciesvorläufer  des  Schrattenkalkes. 
Aber  es  muss  betont  werden,  dass  der  Öhrlikalk  ebensowenig  wie 
der  Schrattenkalk  ein  Korallenriff  vorstellt  —  es  sind  geschichtete, 
subrecifale  Bildungen. 

Am  Muschelenberg  und  Öhrli  ist  der  Öhrlikalk  80  —  100  m  mächtig. 
Nach  unten  findet  ein  allmählicher  Übergang  in  die  Ohrlimergel 
(Mergel  der  Ohrligrube)  statt,  jedoch  so,  dass  am  Öhrli  unter  dem 
eigentlichen  Öhrlikalk  (=  oberer  Öhrlikalk)  zuerst  15 — 20  m  braune 
Mergel  (obere  Ohrlimergel),  dann  abermals  ein  ca.  12  m  mächtiger 
Kalk  (unterer  Öhrlikalk)  und  erst  dann  die  Mergel  der  Ohrligrube 
folgen.  ^)  Dieser  untere  Öhrlikalk  ist  braun  angewittert  und  besteht 
aus  grober  Echinodermenbreccie  und  üolith  mit  gerundeten  Echi- 
nodermensplittern. 

Gehen  wir  weiter  südlich,  so  finden  wir  ebenso  noch  am  Rot- 
steinpass  und  in  der  Passlücke  Bötzel  zwischen  Meglisalp  und  Widder- 
alp im  Gewölbekern  III  die  gleiche  Zweiteilung  des  Öhrlikalkes;  allein 
der  obere  oder  eigentliche  Öhrlikalk  ist  auf  7  — 12  m  reduziert  und 
führt  nur  noch  in  den  obersten  1— 2  m  dichten  Korallenkalk. 

In  den  mittleren  Churfirsten  ist  der  untere  Öhrlikalk  verschwun- 
den und  der  obere  keilt  zwischen  Mergeln  aus.  In  den  ursprünglich 
südlicheren  Regionen  der  Alviergruppe,  Rädertendecke,  Drusbergdecke 
(Pragel-Sisikon-Brisen  etc.)  fehlt  er  vollständig  —  an  seiner  Stelle 
liegen  die  bathyalen  Baifriesschiefer. 

In  den  ursprünglich  nördlicheren  Gegenden  der  tieferen  helve- 
tischen Decken  ist  der  Öhrlikalk  im  Gegensatz  dazu  überall  vor- 
handen —  man  wird  ihn  auch  noch  mit  dem  Valangien  im  oberen 
Teil  des  autochthonen  „Hochgebirgskalks"  finden.^)  Am  Glärnisch 
scheint  der  subrecifale  Öhrlikalk  am  Nordabsturz  des  Milchplanggen- 
stocks  (fast)  das  ganze  Berriasien  zu  vertreten.  Auf  Alp  Tros  am 
Mürtschenstock  ist  zwischen  Öhrlikalk  und  dem  in  gleicher  Facies 
entwickelten  Troskalk  kaum  mehr  die  Grenze  angedeutet,  und  über 
der  schwarzen  Schnur  am  Mürtschenstock  sind  Jura  und  Kreide  in 
gleicher  subrecifaler  Facies  miteinander  verwachsen  —  ein  grosser 
Unterschied  gegenüber  dem  bathyalen  Faciesgebiet,  wo  im  Gegensatz 
dazu  die  Berrias-Tithongrenze  meist  sehr  scharf  ausgeprägt  ist. 


')  Vergl.  die  Zeichnung  von  Albert  Heim,  Säntisgebirge  1905,  Atlas  Tat".  VHI 
Fig.  4  und  Phot.  Taf.  XVHI. 

^)  Ich  vermute,  dass  der  autochthone  „ Tschingelkalk "  des  Berneroberlandes 
nichts  anderes  sei  als  Öhrlikalk  und  Valangienkalk  in  der  Facies  der  Mürt- 
sch endecke. 


.    Gliederung  und  Facies  der  Berrias-Valangien-Sedimente  etc.  493 

Der  Öhrlikalk  zieht  in  bedeutender  Mächtigkeit  durch  die  ganze 
Axenkette  bis  nach  Unterwaiden  hindurch  und  fehlt  nirgends  primär 
in  der  Mürtschendecke  und  Glarnerdecke. 

Öhrlimergel,  Baifriesschiefer. 

Unter  Öhrlimergel  verstehe  ich  diejenigen  Mergel  des  nördlichen 
Faciesgebietes,  die  unter  dem  Öhrlikalk,  über  dem  Tithon  liegen.  Weitaus 
am  schönsten  können  sie  in  der  Öhrligrube  im  Säntis  studiert  werden. 
Es  sind  bräunliche,  uneben  schieferige,  etwas  sandige  Mergel,  am  Öhrli 
über  50  m  mächtig.  Im  oberen  Teil  findet  man  in  den  Grenzschichten 
gegen  den  Öhrlikalk  am  Muschelenberg  zu  hunderten  Alectryonien.^ 

In  sehr  ähnlicher  Ausbildung,  mit  30 — 40  m  Mächtigkeit  finden 
wir  sie  in  der  Faulen-Axenkette  z.  B.  am  Schönenkulmpass  unter 
dem  Öhrlikalk  und  über  dem  Tithon. 

In  der  tieferen  Mürtschendecke  sind  sie  im  östlichsten  Teil  noch 
deutlich  (Walenstadt  ca.  30  m),  auf  Alp  Tros-Mürtschenstock  nur 
noch  in  Rudimenten  oder  ganz  verschwunden.  Das  gleiche  gilt  von 
der  noch  tieferen  Glarnerdecke  (Abhang  des  Schild). 

Eine  andere  Facies  finden  wir,  wenn  wir  den  Öhrlimergel  vom 
Säntisgebirge  nach  Süden  verfolgen.  Wo  der  Öhrlikalk  auslöscht 
treten  die  Öhrlimergel  mit  dem  Valangienmergel  zusammen.  Sie 
werden  immer  mächtiger,  die  Austern  verschwinden  bis  auf  einzelne 
schwarzschalige  Exogyren,  die  sehr  ähnlich  aussehen  wie  diejenigen 
aus  dem  Valangienmergel.  W^ir  gelangen  von  den  östlichen  Chur- 
firsten  in  die  Alviergruppe  und  auf  die  Baifriesterrasse,  und  finden 
liier  den  bathyalen  Typus  der  Öhrlimergel  mit  dem  Valangienmergel 
in  ungeheurer  Mächtigkeit  (über  600  m)  als 

Baifriesschiefer  (^Escher)  =  Rossfelderschichten  des  Vorarlberg 

(Richthofen). 
Über  diese  von  Escher  nach  der  Baifriesalp  am  Alvier  benannten 
Schiefer  ist  schon  viel  geschrieben  worden.  Die  einen  Forscher 
(Escher,  Mosch  vor  1881,  Mayer-Eymar,  Albert  Heim)  hielten  die 
Baifriesschichten  für  Tithon,  die  andern  (Vacek  1879 — 80,  Mösch 
1893,  Burckhardt  1896,  Rothpletz  1898,  Lorenz  1900)  erklärten  sie 
für  eine  Facies  des  Berrias.  Nur  wenige  haben  selbst  die  Balfries- 
alp  besucht  und  niemand  hat  in  Eschers  Tagebüchern  (Polytecknikum 
Zürich)  nachgesucht,  was  Escher  darunter  verstanden. 

Der  Streit  kann  in  folgender  Weise  gelöst  werden:  Escher  ver- 
stand   unter    Baifriesschichten    die    mergeligen    Schichten    zwischen 


*)  Vergl.  Alhert  Heim,  Säntisgebirge  190.5  pag.  35—36. 


494  Arnold  Heim. 

Quintnerkalk  und  Diphyoideskalk,  das  sind  die  Zementsteinschichtert 
(Tithon),  Berriasmergel  und  Valangienmergel  in  bathyaler  Facies.  Da 
nun  die  Zementsteinschichten  leicht  abgetrennt  werden  können,  und  die 
Alp  Baifries  (=  Palfris)  selbst  nicht  mehr  auf  Tithon  steht,  können  wir 
die  Baifriesschiefer  definieren  als  die  Mergel  zwischen  Diphyoides- 
kalk (Valangienkalk)  oben  und  Zementsteinschichten  (Tithon) 
unten.  Es  ist  die  bathyale  Facies  von  Berrias-  und  Va- 
langienmergel, die  zu  einer  lithologischen  Einheit  von  ge- 
waltiger Mächtigkeit  miteinander  verschmolzen  sind. 

Auf  der  Alp  Baifries  sind  es  bräunliche  Mergel  mit  feinsandigen 
Kalkplatten,  die  meist  weniger  als  15  cm  dick  sind  und  häufig  auf 
der  Oberfläche  Algen  und  Tierfährten  erkennen  lassen.  Weiter 
westlich  von  der  Alp  Baifries  finden  wir  die  Baifriesschiefer  in  den 
von  Burckhardt  1896  als  Flysch  kartierten  Flächen  vom  Deyenstock 
über  Richisau,  vor  allem  aber  auf  der  weiten  Fläche  der  Schweinalp 
und  des  Prageis  in  ausserordentlicher  Mächtigkeit.  Schon  Mösch 
wusste,  dass  es  sich  nicht  um  Flysch  handeln  kann;  er  nannte  die 
Baifriesschiefer  Aptychenschiefer, 

Man  kann  sich  leicht  überzeugen,  dass  es  sich  nur  um  Valangien 
und  Berriasmergel  handelt,  indem  der  Diphyoideskalk  an  der  von 
Burckhardt  als  Überschiebung  eingezeichneten  Linie  sehr  allmählich 
in  normal  liegenden  Valangienmergel  übergeht  und  man  auch  tiefer 
unten  im  Berrias  noch  Belemnitenquerschnitte  finden  kann. 

Endlich  finden  wir  an  der  klassischen  Stelle  bei  Sisikon  in  der 
gleichen  Drusbergdeck"e  die  Baifriesschiefer  ununterscheidbar  von  den- 
jenigen der  Baifriesalp,  wieder  mit  den  typischen  Kalkplatten.  Auch 
hier  findet  man  keine  Grenze  zwischen  Valangienmergel  (Dornibach) 
und  Berriasien.  Die  Mächtigkeit  ist  auch  hier  gross  ^),  jedoch  stellen- 
weise tektonisch  reduziert.  Die  bisher,  insbesondere  durch  A.  Tobler'-)' 
bekannt  gewordenen  Petrefakten  sind  leider  ohne  Unterscheidung  von 
Valangien  und  Berriasien  gesammelt. 

Weiter  nach  Westen  setzen  die  Baifriesschiefer  immer  in  grosser 
Mächtigkeit  über  den  Brisen,  Brünig,  Brienzerrothorn  bis  Morgen- 
berghorn  usw.  fort.  Selbst  in  der  nördlicheren  Facies  des  Justitales 
fehlt  schon  der  Öhrlikalk,  sodass  auch  jene  Valangienmergel  (mit 
verkiesten  Cephalopoden)  und  Berriasmergel  zusammen  als  Baifries- 
schiefer bezeichnet  werden  könnten.^) 


')  P.  Arbenz  gibt  1905,  Beiträge  Lfg.  XVIII  n.  F.  p.  9,  nur  ^20—50  m  an.  Ich 
halte  das  für  zu  wenig.    Man  vergleiche  auch  das  Profil  v.  P.  Arbenz  Taf.  I.  Fig.  1. 

^)  A.  Tobler,  Die  Berriasschichten  an  der  Axenstrasse.  Neues  Jahrb.  1899  Bd.  II. 

^)  Auf  der  beihegenden  stratigr.  Tabelle  ist  die  Gliederung  nach  Stufen  gegeben. 
Herr  Prof.  Dr.  Kilian  hatte  die  Freundlichkeit,  meine  Auffassung  nach  Vergleich  der  von 
Kaufmann  und  Mayer-Eymar  (ßeitr.  Lfg.  i24  1S86)  gegebenen  Fossillisten  zu  bestätigen. 


Gliederung  und  Facies  der  Berrias- Valangien-Sedimente  etc. 


495 


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Kalkfacies  des 
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Zone  der 

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und  Mergel. 

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0—15  m 
Gemsmätllischic 
0—30  cm. 

Valangienmerge 
m.  Exogvra  Coulo 
30—100  m. 

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496  Arnold  Heim. 

Das  Liegende  der  Baifriesschiefer  ist  Tithon,  das  auf  der  Alp- 
fläche von  Baifries  durch 

Perisphinctes  Lorioli  Zittel, 

„    .         Richteri  Oppel, 
Hoplites  micracanthus  Oppel 
bestimmt  ist. 

Die  helvetischen  Faciestypen. 

Wenn  wir  das  Gebiet  der  helvetischen  Decken  der  Schweizer- 
alpen an  Hand  der  beiliegenden  Faciestafel  pag.  498  überblicken,  so  finden 
wir  nach  Abwickelung  der  Falten  und  Decken  eine  kontinuierliche 
Faciesveränderung  innerhalb  ein  und  desselben  Meeres- 
beckens.    Es  fallen  uns  sofort  zwei  Extreme  auf: 

a)  Die  neritische,  recifale  und  subrecifale  Facies  im  Norden, 
mit  relativ  geringer  Mächtigkeit  der  Ablagerung  in  der 
Berrias-  und  Valangienzeit:  wir  nennen  sie  nach  der  Mürtschen- 
decke  die 

Mürtschenfacies.  Bezeichnend  ist  für  diese  das  Fehlen  von 
Mergeln  mit  Ausnahme  des  Öhrlimergels,  der  hie  und  da  in  geringer 
Mächtigkeit  auftritt.     Die    Kalke   sind   meist   erfüllt   mit   Milioliden. 

Wir  finden  die  Mürtschenfacies  in  der  Mürtschen-  und  Glarner- 
decke,  der  Wagetenkette,  am  Nordrand  des  Säntis,  am  Deyenstock 
(autochthon  im  Hintergrund  des  Lauterbrunnentales,  Tschingelkalk?). 

b)  Die  bathyale  Facies  mit  sehr  grosser  Mächtigkeit  der  Mergel- 
Ablagerungen  zur  Berrias  -Valangienzeit  im  Süden :  wir  nennen 
sie  die 

Alvier-Drusbergfacies.  (^  Melchtalfacies  von  A.  Tobler?), 
Bezeichnend  ist  das  vollständige  Fehlen  zoogener  Kalke. 

Wir  finden  diese  Facies  in  den  südlichen  Vorarlberger  Kreide- 
ketten, in  der  Alviergruppe,  der  Rädertendecke,  der  Drusbergdecke 
vom  Pragel  über  Sisikon  -  Brisen -Brienzerrothorn-Morgenberghorn- 
kette  etc. 

Diese  beiden  Facies  sind  so  ausserordentlich  verschieden,  dass 
es  unmöglich  wäre ,  die  zeitlich  entsprechenden  Sedimente  mit  Hilfe 
der  paläontologischen  Methode  zu  bestimmen.  Im  Norden  sind  es 
helle  steile  Kalkfelswände,  im  Süden  breite  sanfte  Mergelhänge  und 
Alpweiden.  Die  einzige  Möglichkeit  bietet  die  vergleichend  litho- 
logische  Methode.  Wir  suchen  und  finden  alle  Übergangsformen  und 
können  so  zwischen  beiden  Extremen  einen  in  der  Mitte  liegenden 
Zwischentypus  herausgreifen;  wir  nennen  diesen 


Gliederung  und  Facies  der  Berrias-Valangien-Sedimente  etc.  497 

c)    südliche  Säntisfacies. 

Bezeichnend  für  diesen  Typus  ist  das  Vorhandensein  von  Valangien- 
inergel  in  littoraler  Ausbildung  mit  massenhaft  Exogyren  (und  Mytilus) 
zwischen  spätigem  Valangienkalk  mit  Kieselknollen  oben  und  Öhrli- 
kalk  unten.  Im  ganzen  hat  die  Fauna  noch  ganz  benthonischen 
Charakter.     In  dieser  Facies  treten  die  ersten  Ammoniten  auf.  < 

Wir  müssen  von  „südlicher"  Säntisfacies  sprechen,  weil  am 
Nordrand  des  Säntis  die  Mürtschenfacies  vorhanden  ist. 

Wir  finden  die  südliche  Säntisfacies  in  den  südlichen  Säntisketten 
III,  IV,  V,  VI,  im  ganzen  westlichen  Säntis,  in  der  Mattstockgruppe 
den  westlichen  Churtirsten,  Wiggisgruppe,  Glärnisch,  Rätschtal,  Axen- 
kette,  Urirotstockgebiet,  Vitznauerstock ')  etc. 

Die  drei  genannten  Faciestypen  der  helvetischen  Alpen  erinnern 
uns  unmittelbar  an  die  drei  von  südfranzösischen  Geologen  längst 
eingeführten  Bezeichnungen:  „Facies  alpin",  „facies  mixte",  „facies 
jurassien".  (Lory,  Kilian).  Die  alpine  Facies  entspricht  unserer  Alvier- 
Drusbergfacies,  die  jurassische  etwa  der  Mürtschenfacies.  Ich  muss 
von  diesen  Ausdrücken  absehen,  da  meine  Beobachtungen  gezeigt 
haben,  dass  der  „jurassische"  Typus  für  die  östlichen  Schweizeralpen 
ebenso  bezeichnend  ist,  wie  der  „alpine". 

Die  helvetische  Geosynclinale. 

Aus  dem  vorhergehenden  Abschnitt  geht  als  wichtiges  Resultat 
hervor,  dass  zur  Berrias-Valangienzeit  das  westliche  Juragebiet 
mit  den  Alpen  durch  ein  zusammenhängendes  Meer  ver- 
bunden war,  dessen  Littoral  im  Norden  lag. 

Die  „jurassische"  Facies  ist  bezeichnend  für  die  nördlichen  Teile 
der  Geosynclinale.  Vom  Bielersee  im  Jura  müssen  sich  die  „Trans- 
gressionsgrenzen"  in  östlicher  oder  ostsüdöstlicher  Richtung  unter 
dem  Molasseland  zum  autochthonen  Gebirge  der  Alpen  hindurch 
ziehen.  Gegen  Süden  vertiefte  sich  das  Meer;  die  zoogenen,  recifalen 
Bildungen  verschwinden.  Eine  grosse  Menge  von  Schlamm  wird  gegen 
das  offene  Meer  hin  abgesetzt,  während  im  Norden  Echinodermen, 
Korallen,  Requienien,  Nerineen  gedeihen  und  zoogene  Kalke  entstehen. 

Der  Nordrand  der  Geosynclinale  fällt  jedoch  nicht 
mit  dem  jetzigen  Alpenrand  genau  zusammen,  sondern  er 
schneidet  diesen  und  zieht  sich  im  grossen  und  ganzen  von 


')  Vergl.  A.  Buxtorf,  Exkursionen  am  Yierwaldstättersee,  Eclogae  geol.  helc.  1905. 
In  dem  soeben  erschienenen  Führer  zu  den  Exkursionen  der  deutsch,  geol.  Ges.  hat 
A.  Buxtorf  meine  Auffassung:  Diphyoideskalk  =:  Valangien  und  Ölirlikalk  =  Berri- 
asien  angenommen  und  be.stäligt. 


498 


Arnold  Heim. 


ii'pyw 


Tith. 


Berriasien 


Valarigien 


Hauteriv. 


XJl 


50       100 


100 


300 


500  m. 


Gliederung  und  Facies  der  Berrias-Valangien-Sedimente  etc.  499- 

Osten  nach  Westen.  So  kommt  es,  dass  wir  im  Autochthonen  der 
Schweiz  von  Nordosten  nach  Südwesten  uns  immer  weiter  vom  Rand 
des  Meeres  entfernen.  Im  Berner  Oberland  scheint  die  Mürtschen- 
facies  auf  das  autochthone  Gebirge  überzutreten,  während  die  hel- 
vetischen Decken,  die  von  weiter  südlich  herkommen,  schon  alle  die 
südliche  Säntisfacies  und  Alvier-Drusbergfacies  (Cephalopodenfacies) 
aufweisen.  Endlich  ist  die  Gegend  von  Berrias  (Ardeche),  weit 
ausserhalb  der  Alpen,  durch  rein  bathyale  Facies  gekennzeichnet. 

Man  vergleiche  zum  Schluss  das  Faciesprofil,  das  E.  Baumberger^) 
1901  über  den  westlichen  Jura  und  Südost-Frankreich  veröffentlicht 
hat  mit  der  Faciestafel  in  dieser  Arbeit,  um  sich  vollends  zu  über- 
zeugen, dass  es  sich  an  beiden  Orten  im  Prinzip  um  die  gleichen 
Erscheinungen  handelt. 

Sehen  wir  von  jeder  tektonischen  Betrachtungsweise  ab,  so  finden 
wir  durch  rein  vergleichend  lithologische  Methode  das  Resultat  der 
Deckentheorie  vollkommen  bestätigt : 

Je  höher  in  einem  Querprofil  eine  Decke  liegt,  umso 
südlicher  ist  ihr  Ursprungsgebiet.  Umso  tiefer  ist  aber 
auch  die  helvetische  Geosynclinale,  in  der  die  Ablagerung 
stattgefunden  hat. 

Die  Fjord-Stratigraphie  ist  überwunden;  an  Stelle  des  strati- 
graphischen  Chaos  am  Alpenrand  erkennen  wir  eine  einfache,  gross- 
artige Gesetzmässigkeit. 


*)  Über  Facies  und  Transgressionen  der  unteren  Kreide  am  Nordrande  der 
mediterrano-helveti sehen  Bucht  im  westhchen  Jura.  Beilage  z.  Ber.  d.  höheren 
Töchterschule  Basel  1900-1901. 


Zürich,  August  1907. 


über  Membranen  II') 

Die  Bedeutung  der  Membranen  und  Membranfunktionen  in  Physiologie 

und  Pathologie. 

Von  Heinrich  Zangger. 


Unter  Membranen  verstehen  wir  im  allgemeinen  bekanntlich  dünne 
Häutchen,  die  zwischen  zwei  Flüssigkeiten  gebracht,  diese  mechanisch 
trennen,  so  dass  Strömungen  gröberer  Art  verhindert  werden,  während- 
dem Austausch  von  Flüssigkeit  und  gelösten  Stoffen  in  verschiedener 
Richtung  möglich  sind.  Die  Bedingungen  dieses  Austausches  sollen 
hier  untersucht  werden. 

Die  Bedeutung  aller  Komponenten,  der  vielen  Parallelvorgänge, 
die  bei  der  Durchströmung  von  Membranen  eine  Rolle  spielen,  wird 
viel  zu  wenig  betont.  In  den  Lehrbüchern  sind  die  Funktionen  der 
Membranen  unter  „Diffusion  und  osmotischer  Druck"  abgehandelt  und 
alles  scheint  klar  zu  sein.  Nirgends  ist  der  Membranbegriff 
ins  Zentrum  der  Betrachtung  gerückt. 

Sobald  man  aber  in  die  komplizierteren  Verhältnisse  kommt,  wie 
sie  sich  in  der  Physiologie  und  Pathologie  unabweisbar  ergeben, 
tauchen  einem  Rätsel  auf,  vor  allem  bei  der  Resorption  und  Sekretion; 
noch  unabweisbarer  drängen  sich  diese  Probleme  in  der  Pathologie 
vor,  weil  sie  bei  allen  Krankheitsprozessen  eine  Rolle  spielen  und 
weil  wir  bei  fast  allen  therapeutischen  Eingriffen  von  diesen  Funk- 
tionen und,  vor  allem  deren  Variationen  abhängig  sind,  speziell 
auch  bei  den  Fragen  nach  Giftwirkung  einerseits,  anderseits  bei  den 
Heilungsprozessen  von  Infektionskrankheiten  und  der  Zerstörung  der 
Bakterien  im  Körper  etc. 

Diese  gut  untersuchten  Gebiete,  das  grosse  Tatsachenmaterial 
brachten  mich  vor  Jahren  darauf,  die  physikalische  Seite  der  Vor- 
gänge  in    einzelne    Faktoren    zu   zerlegen.     Als  prinzipiell  wichtiges 


^)  Nach  dem  Vortrag  vom  14.  Januar  1907  in  der  Naturforschenden  Gesellschaft 
in  Zürich.     Der  erste  Teil  befindet  sich  Jahrgang  1906,  S.  43:2. 


über  Membranen  II.  501 

Ergebnis  hat  sich  damals  die  Bedeutung  des  neuerdings  eingehend 
charakterisierten  coUoidalen  Zustandes  der  reagierenden  Körper,  speziell 
derjenigen  im  flüssigen  Zustand  (flüssige  Colloide)  herausgestellt  (ver- 
gleiche folgende  Arbeit). 

Die  heutige  physikalische  Chemie  hat  sich  die  letzten  20  Jahre 
fast  nur  mit  den  homogenen  Lösungen  befasst  und  die  verblüffenden 
Erfolge  auch  für  die  Biologie  mussten  die  Forscher  auf  dem  Gebiet 
gefangen  halten.  Alle  andern  Gebiete  sind  kaum  erst  angebrochen, 
wie  der  komplexe  Begriff  des  heterogenen  Systems. 

Die  Lösungstheorien  etc.  sprechen  nur  von  Zahl  der  Moleküle 
und  deren  dynamischen  Funktionen  bis  zu  einem  Endstadium  (Gleicii- 
gewicht);  der  Raum,  resp.  die  Zwischenmasse,  das  flüssige  Milieu  ist 
belanglos  (mindestens  wurden  noch  sehr  wenige  Untersuchungen  auf 
dem  Gebiet  gemacht).  Das  stimmt  nun  gerade  nicht  für  die  Bio- 
logie und  deren  Colloidmilieu,  wo  alle  Veränderungen  der  Einzel- 
substanz das  Gesamtmilieu  beeinflussen. 

Es  treten  Verschiebungen,  Absorptionen,  Verfestigungen,  Aus- 
dehnungen auf,  die  von  den  Biologen,  speziell  den  Fflanzenphysiologen 
immer  beachtet  wurden,  aber  die  Verhältnisse  liegen  komplexer  als 
die  physikalischen  Chemiker  sich  denken.  Es  ist  auch  analytisch  viel 
mehr  gearbeitet  von  physiologisch  -  pathologischer  Seite,  als  man 
gewöhnlich  annimmt,  aber  die  Einzelbeobachtungen  sind  nicht  unter 
einem  Gesichtspunkt  vereinigt  und  manchmal  für  eine  theoretische 
Verwendung  unvollständig. 

Wir  stehen  in  einer  Zeit,  in  der  es  den  Biologen  und  Medizinern 
bewusst  wird,  dass  der  zeitliche  und  quantitative  Verlauf  von 
physikalisch-chemischen  Gesetzen  beherrscht  wird  und  es  wird  immer 
klarer,  dass  die  physikalische  Chemie  sich  mit  der  Ausarbeitung  der 
Methodik  auf  diesem  Gebiet  beschäftigen  muss. 

Die  physikalische  Chemie  wird  heute  von  einer  grossen  Zahl 
Medizinern  beachtet  und  überall  der  Versuch  gemacht,  die  physikal- 
chemischen  Gesetze  meist  tel  quel  in  die  Biologie  zu  übertragen.  Ich 
möchte  jetzt  schon  davor  warnen,  die  immer  auf  ein  bestimmtes  Ziel 
orientierten  physikalisch-chemischen  Versuche  und  deren  mathematische 
Behandlung  auf  die  Biologie  ohne  weiteres  anwenden  zu  wollen, 
denn  es  existieren  viele  bedeutsame  Faktoren  in  dem  biologischen 
Geschehen,  von  denen  die  Physiko-Chemiker,  die  nicht  mit  dem  Mate- 
rial arbeiten,  keine  Vorstellung  haben  können,  während  der  Biologe 
gerade  sie  spüren  und  aufsuchen  soll  und  muss:  Faktoren,  die  der 
Chemiker  und  Physiko-Chemiker  mit  allen  Mitteln  eliminiert,  die 
aber  dem  biologischen  Geschehen  gerade  auch  das  Charakteristische^ 
die  Verlaufsrichtung,  aufzwingen. 


■502  Heinrich  Zangger. 

Ausser  den  flüssigen  Milieux  kommt  in  der  Biologie  häufig 
ein  Experimentalmittel  in  Betracht:  die  festen  Schichten,  die  die 
mechanische  Vermengung  hemmen,  die  die  Struktur,  das  Bestehen 
■des  Systems  garantieren  und  charakterisieren,  die  Membran.  Die 
Eigenschaft  der  Membran  als  Experimentalmittel  bestrebt  man  sich 
möglichst  konstant  zu  erhalten,  die  immer  beobachtete  Veränderung 
■wurde  nicht  auf  ihre  Gesetzmässigkeit  untersucht,  sondern  als  eine 
nicht  zu  vermeidende  Störung  des  Experimentes  betrachtet.  Was 
aber  gerade  den  Mediziner  interessiert,  weil  in  dem  Gebiet  die  Haupt- 
ursache der  pathologischen  Stoffwechselverschiebung  und  der  Heilungs- 
vorgänge liegt,  das  sind  die  Veränderlichkeiten  des  zeitlichen  Ablaufes, 
deren  Ursachen  erklären  auch  wieder  die  Ursache  der  Restitution.  Alle 
diese  Vorgänge  entsprechen  nicht  der  heutigen  Annahme  und  den 
erwähnten  Vorstellungen  von  den  Membranen,  denn : 

1.  Ist  die  Membran  nicht  eine  konstante  Funktion  des  sie  von 
Anfang  an  aufbauenden  Materials,  sondern  sie  ist  eine  variable:  je 
nach  den  Flüssigkeiten,  mit  denen  sie  in  Berührung  steht,  den  ge- 
lösten und  absorbierbaren  Substanzen,  speziell  Colloiden,  ferner  der 
Reihenfolge  der  Einwirkung  und  alles  das  zusammen  ist  wieder  ab- 
hängig von  Temperaturen  und  vor  allem  von  der  Zeit  (also  sind  da 
keine  Gleichgewichte,  keine  Gesetze  des  Gleichgewichtes  verwendbar, 
weil  sie  ja  gerade  das  Charakteristische  vernachlässigen: 
die  Variabilität  in  der  Zeit  durch  im  System  vorhandene  Tendenzen). 

2.  Die  Membran  selbst  absorbiert  und  stört  dadurch  das  Gleich- 
gewicht im  System,  wenn  auch  sehr  verschiedenartig. 

In  diesen  Eigenarten  der  Colloid- Membranen:  der  Absorption, 
Quellung,  Intussusception ,  Erstarrung  etc.  liegen  nun  gerade  eine 
grosse  Zahl  biologischer  Rätsel,  von  diesen  sind  einige  in  der  Patho- 
logie und  der  Immunitätslehre  früher  und  leichter  zu  fassen  als  in 
der  Physiologie. 

Die  Beziehungen  der  Lösungen  von  kristallisierten  Substanzen 
und  gelösten  Colloiden  zu  den  verschiedenen  Eigenschaften  der  Mem- 
branen setzen  sich  naturgemäss  aus  den  Eigenschaften  sowohl  der 
Membran,  wie  der  Lösungen  zusammen,  so  dass  die  Vorstellungen 
über  die  Dynamik  der  Lösungen  allein,  die  heute  bei  diesen  Problemen 
fast  ausschliesslich  berücksichtigt  werden,  die  ausserordentlich  wich- 
tigen Verschiedenheiten  der  Beziehungen  durch  die  Membran  hin- 
durch und  der  verschiedenen  Substanzen  zur  Membran  nicht  erklären 
können. 

1.  Die  Lösungen  haben  ihre  bestimmten  Eigenschaften.  Bei  ge- 
gebenen Substanzen  und  einfachen  gleichbleibenden  Verhältnissen 
gehen   eine   ganze  Reihe  von  Funktionen   der  Konzentration  und  der 


über  Membranen  II.  503 

Temperatur  parallel,  so  zum  Beispiel  der  osmotische  Druck  und  auch 
die  Oberflächenspannung. 

Diese  Funktionen  wären  ausschlaggebend  für  die  Gesetze  des 
Austausches  durch  ein  Septum  hindurch,  wenn  dieses  Septum  (capillare) 
Öffnungen  hätte  und  seine  Substanz  in  keiner  Weise,  oder  mindestens 
in  sehr  vorübergehender  und  reversibler  Weise  die  Beziehungen  der 
Lösungsmittel  zu  den  gelösten  Stoffen  ändern  würde. 

2.  Nun  ist  aber  Voraussetzung  jedes  Durchtrittes  von  Substanzen 
durch  eine  Membran,  dass  mindestens  eine  der  Flüssigkeiten  netzt  und 
in  innigere  Beziehungen  zur  Membran  tritt  (Brücke.  Ludwig,  Cloetta, 
Liebig,  später  Lhermite,  Nernst,  Tammann,  Flusin). 

Die  Membranen  entziehen  aber  den  Lösungen  Lösungsmittel 
(Ludwig,  Cloetta,  Brücke),  zum  Teil  aber  auch  gelöste  Stoffe  (Meerburg, 
Tammann,  Waiden,  Spiro,  Malfittano),  aber  in  ganz  ungleicher  Art, 
so  dass  von  vorneherein  durch  das  Eintreten  einer  Membran  in  das 
System,  auch  ohne  Osmose,  die  Beziehungen  in  der  Lösung  geändert 
werden  müssen,  besonders  in  Verhältnissen,  wo  die  Masse  der  Membran 
im  Verhältnis  zur  Flüssigkeit  gross  ist,  wie  übei'all  bei  Prozessen  im 
Körperinnern.  (Auch  Kapillaren  ziehen  die  verschiedenen  Komponenten 
ungleich  an.  Absorption  sogar  unter  Wärmeentwicklung,  aber  nicht 
so  elektiv  und  halten,  solange  keine  typischen  Colloide  dabei  beteiligt 
sind,  die  Stoffe  nicht  in  dem  Grad  zurück,  d.  h.  trennen,  wenn  nicht 
Colloide  vorlagen,  sie  nicht  dauernd  von  der  Flüssigkeit  ab). 

Diffusion  durch  Kapillaren  endet  immer  mit  absolut  identischen 
Flüssigkeiten  beiderseits,  sobald  sie  überhaupt  netzen.  Membran- 
Osmose  endet  vielleicht  in  den  wenigsten  Fällen  so.  sondern  das  End- 
ziel hier  ist  immer  eine  Art  Spannungszustand  ')  in  der  Membran, 
die  eben  die  eine  oder  andere  Komponente  ungleich  und  oft  fast  gar 
nicht  durchtreten  lässt;  auf  alle  Fälle  ist  der  Verkehr  durch  die 
Membran  hindurch  absolut  charakterisiert  durch  die  Menibraneigen- 
schaft.  durch  die  in  Bezug  auf  die  einzelnen  Komponenten  äusserst 
verschiedene  Beeinflussung  der  Diffusion. 

So  wird  also  jede  Differenz  in  der  Membran,  wie  Dicke,  Kon- 
zentration, resp.  Quellungsgrad  die  durchtretende  Flüssigkeit  (Gemisch) 
modifizieren  und  die  Zeitfunktionen  beim  diosmotischen  Austausch 
beherrschen  und  also  in  der  Biologie,  wo  die  Konzentrationen  durch 
Strömungen  ständig  sich  ändern,  den  zeitweiligen  Zustand  und  das  Ge- 
samtresultat   des    Austausches    durch    Membranfunktionen    bedingen. 


')  Amar.  Schmidt,  Yiolle,  Lehrbuch  der  Phy.sik  1889.  Dieser  aus.serordentlich 
wichtige  Punkt  muss  quantitativ  genauer  untersucht  werden,  diese  Art  Elastizität 
gegen  Osmot-Druck  würde  selir  viel  physikalisch  klarer  machen.  (Event,  vorüber- 
gehende Anpassungsfähigkeit  an  chemische  Konstitutionen). 


504  Heinrich  Zangger. 

(Brücke,  Ludwig,  Cloetta,  Liebig,  Tammann,  Lhermite,  Nernst,  Flusin, 
Amar,  Compte  rend.  sc.  142.  1906  p.  872.  These  de  Paris  1906/07, 
Meerburg,  Zeitschr.  f.  physik.  Chemie  XL  1893  p.  446,  Waiden,  Zeit- 
schrift f.  physik.  Chemie  X.  1892.  p.  699.) 

Als  Membran(system)  muss  also  zum  Beispiel  das  gesamte  nicht 
bewegliche  Plasma  einer  Pflanzenzelle  (das  Ectoplasma)  betrachtet 
werden.     Die  (gequollene)  Hülle  eines  Milzbrandbazillus  im  Tier  etc. 

Als  Membran  wirkt  jedes  Colloid.  das  so  konzentriert  und  struk- 
turiert ist,  dass  es  nicht  zerfliesst,  das  heisst  sich  nicht  merkbar 
verschiebt.^) 

Ein  solches  System  aus  festem  Colloid  wird  Substanzen  absorbieren, 
absorbiert  aber  nicht  gleich  wie  scharfe  konstante  Oberflächen  (ich 
halte  das  nach  den  Färbeversuchen  für  erwiesen).  Hydrophile  Colloide 
haben  keine  scharfen  mathematisch  definierten  Übergänge,  keine 
Grenzflächen. 

Einen  Überblick  über  die  Bedeutung  der  Membranfunktionen  in 
der  Biologie  kann  man  heute  nur  geben,  wenn  man  die  Existenz- 
bedingungen der  Membran,  ihre  Entstehungsarten  und  ihre  Gesetz- 
mässigkeiten kennt,  ferner  die  Beeinflussbarkeit  des  Stoflfaustausches 
durch  die  Membran,  die  Diffusion  und  die  Eigentümlichkeiten  der 
durch  die  Membran  veränderten  Diffusion. 

Die  Membran  ist  keine  Konstante: 

Wovon  sind  ihre  Veränderungen  abhängig? 

Inwiefern  sind  sie  reversibel,  nicht  reversibel? 

Inwiefern  verhalten  sich  feste  Colloide  anders  als  flüssige  Colloide 
in  bezug  auf  Beeinflussbarkeit,  Absorption  etc.  ? 

Inwiefern  lassen  sich  die  allgemeinen  Colloidgesetze  auf  die  festen, 
flächenförmigen  Membran-Colloide  ausdehnen  ? 


')  Dass  Colloide  auch  schon  in  Lösungen  in  leicht  beweglichem  aber  ge- 
ruhtem  Zustand,  als  Sole,  die  Eigenschaften  haben,  auf  Substanzen,  die  durch 
sie  hindurch  getrieben  werden  sollen,  einen  Einfluss  ausüben,  der  analog  ist  dem  Ein- 
fluss  der  Membranen,  gibt  Hardy  an.  Von  der  successiven  Konzentrierung  des  CoUoides 
ausgehend,  können  nach  meiner  Ansicht  wahrscheinlich  diese  für  Membranen  charalc- 
teristischen  Einflüsse  untersucht  werden,  indem  die  Membraneigenschaften  langsam 
nach  irgend  einer  Gesetzmässigkeit  sich  steigern  und  in  den  Vordergrund  treten. 
Auch  hier  schon  möchte  ich  darauf  hinweisen,  dass  konzentrierte,  feste  Colloide,  wie 
sie  in  den  Membranen  vorliegen,  in  festen  trennenden  Schichten,  auf  Salze  anders 
(meist  weniger)  empfindlich  sind  als  die  Sole,  resp.  jene  Einflüsse  infolge  ihrer 
festeren  Struktur  mehr  widerstehen,  elastischer  sind,  weniger  leicht  sich  anpassen. 
Spring,  Bull,  seien ce  Beige  1900,  Le  trouble  de  mastic  fait  en  apparence 
le  meme  office  d'un  parois  permeable  en  ce  sens  qu'il  retient  pour  se  precipiter 
avec  elles  (Jons  polyvalens)  analog  van  Bemmelen.  Hardy,  Zeitschrift  für  physi- 
kalische Chemie  33,  p.  326.  Dass  Colloide  die  Beziehungen  der  Jonen  zum  Lösungs- 
mittel ändern,  geht  aus  der  veränderten  Leitfähigkeit  hervor,  die  nach  Dumanski 
viel  intensiver  ist  als  die  Herabsetzung  des  Gefrierpunktes. 


über  Membranen  II.  505 

Über  primäre  and  sekundäre  Folgen  des  Eintrittes  der  Membranen  in 

ein  Flüssigkeitssystem. 

Eine  Membran  führt  zwischen  das  System  zweier  sich  berührender 
und  diffusionsfähiger  Flüssigkeiten  drei  neue  Momente  ein: 

1.  Die  eigene  (elektive)  Absorption,  die  eine  Quantität  des  Stoffes 
unwirksam  macht. 

2.  Die  mindestens  quantitative  ungleiche  Durchlässigkeit  für  die 
einzelnen  Komponenten. 

3.  Eine  die  Strömung  beeinflussende  Potenzial-Differenz  spez.  bei 
Salzen,  die  ihrerseits  bedingt  ist 

A.  durch  Strömungen  (Quincke), 

B.  durch     Diffusion     bei    Konzentrationsdifferenzen     (Helmholtz, 
Becquerel,  Jahn), 

C.  durch  ungleiche  Hemmung  der  Jonenwanderung  resp.  ungleiche 
Absorption  (Ostwald,  Nernst,  Willi  Bein,  Tower,  Chanoz  etc.). 

Dazu  kommt  als  äusserst  wichtiger  Punkt  noch  die  Permeabilitäts- 
änderungen reversibler  und  irreversibler  Art,  die  in  ihrer  Resultante 
immer  abhängig  ist  von  den  drei  eben  erwähnten  Punkten,  Der 
wesentliche  Grund  liegt  immer  wieder  in  der  Tatsache  der 
Colloidal-Strukturen  der  Membran. 

Die  Membranen  wurden  bis  heute  hauptsächlich  als  Mittel  zu 
einem  Zweck  betrachtet  und  nur  eine  allgemeine  Eigenschaft  fast 
aller  Membranen  in  den  Vordergrund  gestellt:  die  Durchlässigkeit 
für  Kristalloide  in  netzenden  Flüssigkeiten  und  eine  Undurchlässigkeit 
resp.  geringere  Durchlässigkeit  für  Colloide  und  zwar  wurden  sie 
hauptsächlich  verwendet  als  Mittel  zur  Erforschung  der  Theorie  der 
Lösung. 

Über  Durchlässigkeit  und  Konstanz  der  Membran. 

Die  zwei  wesentlichsten  Merkmale  der  Membran,  die  bis  heute 
fast  nur  beachtet  wurden,  fast  Dogmen  waren,  sind  also: 

Die  ungleiche  Permeabilität  der  Membranen  für  verschiedene 
Kristalloide-  und  Colloide -Substanzen,  die  schon  von  dem  ersten 
Beobachter  industriell  verwendet  wurden  (Dutrochet),  die  dann  auf 
die  Spitze  getrieben  wurde  durch  Graham,  der  den  Satz  aufstellte: 
dass  es  zweierlei  Substanzen  gebe:  durch  Membranen  durchgehende 
Kristalloide  und  durch  Membranen  nicht  durchgehende:  Colloide.  Erst 
in  den  letzten  Jahren  wurde  darauf  hingewiesen,  dass  einerseits  auch 
die  Colloide  spurweise  passieren  würden  und  dass  verschiedene  Gruppen 
von  Membranen  unterschieden  werden  müssen,  je  nach  ihrer  Benetz- 
barkeit durch  Lösungsmittel. 

Viprtel.lahrsscbrift  d.  Natnrf.  Gf>s.  Zürich.    Jahrg.  52.    1907.  :;;; 


506  Heinrich  Zangger. 

Angenommen  wird  ferner  eine  Konstanz  der  Membraneigen- 
schaften, die  nur  abhängen  würden  von  der  Eigenschaft  der  Grund- 
substanz der  Membran,  ferner  von  Dicke  und  Dichte, 

Dass  die  verschiedenen  Membranen,  wenn  sie  in  ihren  Lösungs- 
verhältnissen gegenüber  den  Lösungsmitteln  sich  ganz  verschieden 
verhalten,  den  Diffusionsvorgang  in  absolut  charakteristischer  Weise 
beeinflussen,  betont  schon  Dutrochet  1827,  Ann.  de  chim.  et  phys., 
35,  p.393.  Brücke,  1843,  Pogg.  Ann.  der  Physik  28,  p.  77.  Mousson,  1871, 
Physik  I,  p.  310.  Tammann  1892—97,  Zeitschr.  f.  physik.  Chemie. 
Raoult  1895,  Compt.  rend.  Ac.  sc,  p.  121  — 187,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem. 
XVII,  895,  p.  737.  Flusin,  Compt.  1898  rend.  Ac.  sc,  126  p.  1497, 
und  131  p.  1308. 

Das  Wesentliche  und  Neue,  was  ich  in  den  Vordergrund 
aller  Membraninteressen  stellen  muss,  sind: 

1.  Funktionsänderungen  der  Membran,  spez.  durch  die  Gegenwart 
von  Körpern  und  Körpergemischen,  die  sich  gegenseitig  beeinflussen, 
so  dass  die  Durchlässigkeit  der  Membranen,  resp.  fester  Colloid- 
schichten,  nicht  mehr  eine  konstante  Funktion  der  Membranart  ist 
und  des  Konzentrationsgefälles,  sondern  dass  gerade  die  Membranart 
temporär  ihre  Permeabilitätseigenschaften  sehr  weitgehend  verändern 
können.     Beispiele : 

Es  ist  schon  längst  bekannt,  dass  Fette  durch  eine  von  Wasser 
benetzte  Membran  nicht  durchgehen,  dagegen  wenn  Natrium  Taurocholat 
und  Ol  gemischt  werden,  gehen  beide  durch  dieselbe  nasse  Membran  durch 
(Wistinghaus  1851).  Diffusion  mit  blossem  Wasser  entfernt  Na  Tauro- 
cholat und  damit  die  Durchlässigkeit  der  Membran  für  Fette.  (Cit. 
nach  Buchheim,  Arch.  f.  physiol.  Heilkunde  1853). 

Ein  anderes  anschaulicheres  Beispiel:  Eine  tierische  Haut  be- 
kommt durch  Fettimprägnation  ganz  andere  Diffusionseigenschaften, 
Entfernung  des  Fettes  stellt  die  früheren  Eigenschaften  zur  Haupt- 
sache wieder  her. 

2.  Muss  ich  als  eine  fast  ganz  übersehene  Tatsache  betonen,  dass 
die  Membranen,  also  feste  Colloide,  für  andere  Colloide  nicht  undurch- 
gängig sind,  oder  nur  spurweise  durchgängig,  wie  der  allgemeine 
Lehrsatz  lautet,  sondern  sie  sind  verschieden  durchgängig,  je 
nach  der^  Charakter  der  beiden  Colloide  (Membran  und  flüssiges  Colloid) 
und  anderen  Umständen :  spez.  Elektrolytart,  Reaktion  und  Quellungs- 
grad. Die  Durchlässigkeit  ist  also  keine  konstante,  sondern  auch  hier 
wie  bei  flüssigen  Colloiden  eine  abhängige,  durch  viele  äussere  Um- 
stände bedingte  Funktion  und  zwar: 

A.  Von  den  entstehenden  elektrischen  Potenzialen,  durch  differente 
Ladung  des  Membrancolloides  und   des  flüssigen  Colloids  gegenüber 


über  Membranen  II.  507 

der  Flüssigkeit;  deshalb  auch  vom  Elektrolytgehalt  und  der  Elektro- 
lytart in  der  Flüssigkeit. 

B.  Von  der  Oberflächenspannung  und  Qiiellungstendenz  des  neuen 
Colloidkomplexes  (flüssiges  Colloid  und  Membrancolloid)  gegenüber 
der  Flüssigkeit  der  andern  Seite,  denn  das  heraustretende  Colloid  und 
das  Membrancolloid  bilden  einen  neuen  eigenartigen  Komplex. 

C.  Von  der  Löslichkeit  (Quellbarkeit)  des  neu  entstandenen 
Colloidkomplexes  durch  vorhandene  Substanzen,  speziell  Nicht-Elektro- 
lyte.  Diese  beeinflussen  viel  mehr  als  man  beachtet  die  Durchlässig- 
keit für  noch  restierendes  (also  noch  nicht  an  die  Membran  gebundenes 
flüssiges  Colloid),  durch  Imprägnation  der  Membran  mit  Alkohol, 
Äther,  Aldehyden,  Fetten,  Zucker,  Glycerin  etc. 

So  kann  ein  Komplex,  der  im  Wasser  colloidal  ist,  z.  B.  durch 
Fett  gelöst  werden. 

Wir  können  also  allgemein  den  Satz  aufstellen,  dass  mit  der 
Konzentration  des  Colloides  die  ursprüngliche  Eigenschaft  der  Flüssig- 
keit zurückgedrängt  wird.  Es  diffundieren  zwar  die  in  der  Flüssig- 
keit löslichen  Substanzen  in  konzentrierte  Colloide  hinein;  aber  es 
treten  nach  und  nach  sehr  grosse  Differenzen  in  Zeit  und  Konzen- 
tration auf,  so  dass  man  von  einer  Selektion  sprechen  muss,  indem 
die  Eigenschaften  des  Colloides  immer  mehr  in  den  Vordergrund  treten 
neben  den  Eigenschaften  der  das  Colloid  durchtränkenden  Flüssigkeit, 
die  immer  mehr  zurückgehen.^) 

Anmerkung.  Die  Beziehungen  der  Flüssigkeit  zur  Membran  und  die  gegen- 
seitige Veränderung  ist  nicht  sicher  bekannt,  ob  Hydration,  blosse  Absorption 
und  KontakUvirkung  oder  sogar  auch  Veränderung  des  Aggregatzustandes.  Vergleiche 
Diskussion  und  ferner  Ponsot  und  Guillemin.  Compt.  rend.  sc.  13S,  1904,  p.  356. 
Wasser  gehe  als  Gas  durch  die  Membran. 

Das  Wesen  der  Membranfunktion,  speziell  eben  deren  Durch- 
lässigkeit elektiver  Art  ist  Voraussetzung  für  das  Verständnis  einer 
sehr  grossen  Zahl  physikalischer  und  physiologischer  und  speziell  auch 
pathologischer  Prozesse.  Die  Erklärungsversuche  der  verschiedenen 
Zeiten  waren  ausserordentlich  verschieden,  Dutrochet,  Graham  etc. 
und  alle  stützten  sich  auf  eine  Erklärung  einzelner  Beobachtungen. 
(Raoult,  Compt.  rend.  science  121 — 187;  Raoult,  Zeitschr.  f.  physik. 
Chemie,  17,  1895,  p.  737;  Tammann,  Zeitschr.  f.  physik.  Chemie,  1892, 
Bd.  22,  1897  (Absorptionsschnelligkeit);  Lh  er  mite,  Compt.  rend. 
Sciences  39.  1854,  p.  1177;  Flusin,  1.  c,  Graham,  Thomas.  Compt. 
r.  Ac.  scienc,  63,  p.  973.     Sur  l'endosmose  et  la  dialyse. 


')  Stein brink,  Untersuchungen  über  die  Kohäsion  strömender  Flüssigkeiten. 
Jahrb.  f.  wissenschaftl.  Botanik  1904.  42,  p.  579. 


508  Heinrich  Zangger. 

Anmerkung:  Die  Theorien  des  Durchtrittes  des  Wassers  durch  die  Mem- 
bran waren  sehr  verschieden:  Reuss.  Porret,  Wollastone  nahmen  elektrische 
Kräfte  als  treibende  Ursachen  an,  andere.  Veränderung  der  Membran  durch  das 
Wasser  (Dutrochet,  Graham),  vergl.  L'hermite:  ,La  force  motrice  de  l'endosmose 
est  l'attraction  de  la  membrane  pour  l'eau". 

Vor  allem  dachte  man  an  eine  chemische  Vereinigung  zwischen  Flüssigkeit 
und  Membran.  Chevreul  nahm  chemisch  und  daneben  kapillar  gebundenes  Wasser 
an,  weil  es  so  ungleich  schwer  entfernt  werden  könne.  Quincke  und  Lüdeking 
nehmen  eine  Art  Affinität  an,  weil  die  Quellung  anfangs  mit  Wärmeproduktion  er- 
folgt, die  maximale  Quellung  und  Lösung  unter  Wärmeabsorption,  während  Picke- 
ring (1891)  die  „chemische  Residualaffinität"  als  Erklärung  für  die  physikalische 
Natur  der  Lösung  annimmt  und  auch  als  Grund  für  die  Absorption. 

Voraussetzung  jedes  Transportes  ist  eine  treibende  Kraft  und  dass  die  Teile, 
die  bewegt  werden  sollen,  in  einer  Form  vorliegen,  die  ihnen  den  Durchtritt  erlaubt, 
also  nicht  zurückgehalten  werden,  absorbiert  werden  etc. 

So  kommt  bei  der  Diffusion  der  osmotische  Druck  nur  dann  als  bewegende 
Kraft  zur  Geltung,  wenn  die  Lösungsmittel  oder  eine  der  Substanzen  im  System  durch 
die  Membran  durchtreten  kann  —  von  ihr  nicht  zurückgehalten  wird. 

Wenn  Substanzen  nur  in  mit  Flüssigkeit  getränkten  Membranen  löslich  sind,  können 
sie  selbstverständlich  nur  dann  durchtreten,  wenn  diese  Flüssigkeit  ein  kontinuier- 
liches System  durch  die  Membran  hindurch  und  in  die  andere  Flüssigkeit  hineinbildet. 

Beeinflussung  des  Gleichgewichtes  durch  die  Membranen  vor 

der  Diffusion. 

Wenn  die  gelösten  Stoffe  durch  den  Vorgang  des  Grelöstwerdens 
mit  ihren  Molekülen  und  dem  Lösungsmittel  infolge  irgend  einer 
Form  von  Anziehungskraft  Komplexe  bilden  und  anderseits  die  quell- 
baren, kohärenten,  membranbildenden  CoUoide  in  ganz  verschiedener 
Abstufung  sich  mit  Wasser  verbinden  ^),  so  muss  notwendigerweise 
an  einer  bestimmten  Konzentrationsgrenze  eine  Konkurrenz  um  das 
Lösungsmittel    zustande    kommen,    resp.    eine    Art    Gleichgewicht^)' 


')  Van  Bemmelen. 

^)  Cloetta  18.51,  Diffusionsversuche  durch  Membranen.  18.51,  Zürich,  u.  Ludwig 
haben  dieses  Gleichgewicht  bewiesen  dadurch,  dass  sie  zeigten,  dass  konzentrierte 
CoUoide  und  speziell  ausgetrocknete  Membranen  —  z.  B.  Wasser  aus  gesättigten, 
Lösungen  —  absorbieren  und  Salz  zum  Ausfallen  bringen.  In  allen  Fällen  Avurde 
von  den  festen  colloidalen  Massen  Salz  aus  der  Flüssigkeit  weggedrängt,  sie  im- 
bibierten  sich  mit  einem  viel  geringeren  Prozentgehalt  der  Salzlösung.  Nach  eigenen 
Experimenten  variiert  der  Salzgehalt  der  absorbierten  Flüssigkeit  mit  dem  Quellungs- 
grad.  Vergl.  Buchheim,  Arch.  f.  physiol.  Heilkunde  1:2,  1853,  p.  "217;  Olechnowicz, 
Experim.  quaedam  de  endosmosi  Dorpat  1851.  Aber  notwendigerweise  wird  sich  nach 
dem  Vorhergehenden  zuerst  ein  Gleichgewicht  in  der  Membran  einstellen  zwischen 
Flüssigkeit  einerseits  und  gelöstem  Stoff  und  Membran  andererseits  und  erst  dann 
wird  ein  Austausch,  eine  Diffusion  eintreten  —  diese  wird  abhängig  sein  von  Kon- 
zentration, Temperatur,  Diffusionsweg  (gleich  Dicke  der  Membran). 

Oker-Blum,  Zeitschrift  f.  physik.  Chemie,  1901.  Wenn  man  auf  die  eine  Seite  einer 
senkrechten  Ferro(;yankupfermembran  eine  starke  Kochsalzlösung  bringt  und  auf  die 
andere  Seite  eine  starke  Kupfersulfatlösung,  so  fällt  zuerst  das  Niveau  der  Cu  SO*- 
Lösung,  geht  durch  ein  Minimum  und  steigt  nachher  wieder  an.  bis  Kochsalzgleich- 
gewicht  auf  beiden  Seiten   erreicht   ist.     Vergl.  die  Resultate  von  Kahlenbersr:    On 


über  Meml)riiiien  II.  509 

(auch  Avenn  die  Natur  der  Kräfte  ganz  verschieden  angenommen 
werden  muss). 

Die  notwendige  Folge  wird  also  sein,  dass  eine  sehr  starke  Kon- 
zentrierung von  netzbaren  Colloiden,  wie  sie  in  Membranen  vorliegen, 
eine  Verschiebung  der  Beziehungen  Lösungsmittel  —  gelöster  Stoff 
zur  Folge  haben  muss  und  damit  auch  eine  Verschiebung  der  Aus- 
tauschverhältnisse: die  Membranfunktion  tritt  auf. 

Soll  das  Lösungsmittel  diffundieren  können,  so  muss  es  in  der 
Membran  löslich  sein,  die  Membran  netzen.  (Brücke,  Liebig,  NoUet, 
cit  Dastre,  Lhermite,  Flusin,  auch  Amar,  Cohnstein  etc.) 

Wenn  wir  die  komplizierten  physiologischen  und  pathologischen 
Vorgänge  nachher  in  ihren  Beziehungen  zu  Membranfunktionen  be- 
trachten wollen,  müssen  wir  jetzt  schon  im  Auge  haben,  dass  dort 
sowohl  die  Membranen  nach  Komponenten  (colloider  und  nicht  colloider 
Art)  und  nach  Schichtung  kompliziert  sind  und  variieren,  ferner 
dass  in  den  in  Betracht  kommenden  Lösungen  immer  Gremische  vor- 
liegen von  Colloiden,  Kristalloiden,  Elektrolyten  und  dass  die  Mög- 
lichkeit des  Durchtrittes  einer  Substanz  oft  an  das  Vorhandensein 
einer  andern  Substanz  gebunden  ist,  also  sehr  komplexe  Vorgänge 
vorstellen,  deren  Gesamtvariation  später  diskutiert  werden  soll.  Nur 
eine  systematische,  experimentelle  Synthese  der  verschiedenen  Mög- 
lichkeiten der  Variationen  der  Membranfunktion  lässt  überhaupt  die 
Pathologie  verstehen. 

Beeinflussung    des    Stoffaustausches    durch    eine    Membran, 
durch   die   Konzentration   eines  trennenden   Colloides. 

Die  wichtigste  und  bis  heute  in  ihren  Ursachen  und  Bedeutung 
nur  äusserst  selten  beachtete  Eigenschaft  der  Membran  ist  die  Ver- 
änderlichkeit der  Permeabilitätseigenschaften,  die,  wie  ich  nun 
systematisch  durchführen  möchte,  als  Hauptthema  dieser  Arbeit,  auf 
Colloideigenschaften  beruht. 

Die  Annahme  konstanter  Eigenschaften  von  Membranen  ist  heute 
eigentlich  noch  die  allgemein  herrschende  (vergl.  Overton),  wenigstens 
sind  es  nur  sehr  wenige  Autoren,  die  sich  bis  heute  mit  dieser  Frage 
beschäftigt,  trotzdem  es  ja  eine  sehr  auffällige  Tatsache  ist,   dass  in 


the    nature    of  the  process  of  osmosis  and  osmotic  pressure  with  observations  con- 
cerning  dyalysis.     Transact.  Wisconsin  Accad.  XV.  1904/05,  p.  209. 

Durch  den  Umstand,  dass  in  das  System  mit  der  Membran  ein  festes  CoUoid 
eingetreten  ist,  das  mit  allen  Diffusionsvorgängen  in  Beziehung  tritt,  müssen  wir 
die  verschiedenen  Möglichkeiten  analysieren,  die  auftreten  durch  den  verschiedenen 
Charakter  des  Lösungsmittels,  des  Membrancolloides  und  vor  allem  des  gelösten 
Stoffes. 


510  Heinrich  Zangger. 

der  Physiologie  und  speziell  in  einer  äusserst  grossen  Zahl  patholo- 
gischer Prozesse  Veränderungen  von  Membraneigenschaften 
reversibler  und  irreversibler  Art  die  Hauptrolle  spielen 
und  erst  die  Möglichkeit  schaffen,  uns  eine  genaue  Vorstellung  zu 
machen  von  den  pathologischen  Prozessen,  natürlich  zusammen  mit 
den  durch  die  Morphologie  gegebenen  Werten  (Dicke,  Verteilungs-,. 
Fällungs-  und  Entmischungsformen  durch  Fixation  und  Färbung). 

Die  reversiblen  Veränderungen  der  Membraneigenschaften,  die  die 
wesentlichen  Erscheinungsformen  des  Lebens  bedingen,  sind  zu  unter- 
scheiden von  der  nicht  reversiblen  Veränderung,  die  sich  nach  sehr 
verschiedenen  Richtungen  erstrecken  kann,  durch  Aufnahme  fremder 
Körper  und  Fixation  (Jonen  und  Colloide)  durch  Schichtbildung,  durch 
Auflösung  und  Flüssigwerden  (Aufhebung  der  Strukturen  durch  fermen- 
tative  und  bakterielle  Prozesse). 

Die  Diffusion  von  Kristalloiden  in  Flüssigkeiten  hinein,  in  denen 
andere  Substanzen,  mit  denen  sie  nicht  chemisch  reagieren,  gelöst 
sind,  ist  der  allgemeinste  Fall,  von  dem  wir  zur  Untersuchung  der 
Membrandiffusion  ausgehen  müssen. 

Graham  hat  die  ersten  Versuche  gemacht,  die  Substanzen  in 
gequollene  Colloide  hinein  diffundieren  zu  lassen.  Er  kam  zu  dem 
Schluss,  dass  ein  wesentlicher  Unterschied  der  Diffusion  in  CoUoide^ 
hinein  nicht  vorhanden  sei  gegenüber  von  Diffusion  in  Flüssigkeit. 
Zu  demselben  Schluss  kamen  noch  Brown  und  Escombe.^) 

Stefan  wies  aber  nach  den  Zahlen  von  Graham  schon  1879  nach, 
dass  eine  Verlangsamung  des  Diffusionsstromes  durch  Colloide  bedingt  sei. 

Für  das  Verständnis  der  Membraneigenschaften  und  speziell  deren 
Variationsfähigkeit  ist  es  zweckmässig,  zu  untersuchen,  wie  die 
charakteristischen  Membraneigenschaften  successive  bei  Variation  einer 
Komponente  sich  zeigen. 

Machen  wir  den  Versuch,  zu  einem  Flüssigkeitsmilieu  Colloid  zu- 
zusetzen und  beobachten  den  Diffusionsvorgang,  dann  sehen  wir  zuerst 
fast  gar  keine  Veränderungen  (Graham,  Reformatzky,  Voigtländer, 
Levy,  Brown  und  Escombe). 

Erst  bei  hohen  Konzentrationen  wird  der  Einfluss  merklich  und 
zuletzt  treten  die  Eigentümlichkeiten  der  Membran  ausserordentlich 
stark  in  den  Vordergrund;  die  Diffusion  wird  vor  allem  in  bezug  auf 
die  einzelnen  Anteile  zeitlich  sehr  stark  verschoben.  Erhöhung 
des  Flüssigkeitsgehaltes  der  Membranen  bringt  die  früheren  Diffusions- 
eigenschaften der  ursprünglichen  Flüssigkeit  wieder  zur  Geltung. 


')  Brown  und  Escombe,  Trans,  roy.  soc.  193,  Bd.  1900,  p.  223.     De  Vries 
recueil  de  travaux  chim.  Pays-Bas  3,  1884,  p.  375. 


über  Membranen  II.  511 

In  diesem  Beispiel  tritt  etwas  typisch  vor  uns,  was  wir  festhalten 
müssen:  Zusatz  von  Ho  0  drängt  die  Membraneigenschaften  zurück, 
Entzug  stellt  sie  wieder  her;  also:  das  Vorhandensein  eines  Körpers 
in  der  Membran  ändert  die  Permeabilitätsverhältnisse  parallel  der 
Konzentration  kontinuierlich,  successiv  und  reversibel. 

über  die  Enistehungsbedingungen  der  Membranen. 

SpezialStellung  der  Grenzflächen. 

Bis  jetzt  haben  wii-  die  Colloidschicht,  die  als  Membran  funk- 
tionieren soll,  als  bestehend  vorausgesetzt,  aber  betont,  dass  sie  ein 
instabiles  Gebilde  sei,  das  variiere,  sich  verfestige  etc.,  aber  auch  sich 
lösen  und  seine  Struktur  aufgeben  könne  und  damit  die  mechanische 
Voraussetzung  der  Membraneigentümlichkeiten. 

V^ann  treten  bei  Stoffverschiebungen  in  flüssigen  Systemen 
Schichten  von  Membrancharakter  auf? 

In  der  Theorie  der  Lösung,  speziell  der  verdünnten  Lösungen, 
wird  eigentlich  nur  mit  der  Zahl  der  Moleküle  und  der  Jonen  ge- 
rechnet, währenddem  alles  was  dazwischen  ist  (das  Lösungsmittel)  als 
eine  leere  Raumfunktion  betrachtet  wird,  ohne  durch  den  gelösten 
Stoff  veränderliche  Eigenschaften. 

Gerade  diese  Hypothese  an  der  Theorie  der  Lösung  wird  dann 
verhängnisvoll,  wenn  das  Lösungsmittel  durch  Zusätze  (und  uns 
interessieren  speziell  die  Colloide)  so  verändert  wird,  dass  es  in  gesetz- 
mässiger  Weise  die  Beziehungen  vom  gelösten  Stoff  zum  Lösungsmittel, 
die  die  Theorie  der  Lösung  als  nicht  bestehend  voraussetzt,  beeinfiusst. 

Man  kann  nicht  genug  betonen,  dass  die  Membranen  variable, 
oft  passagere  Gebilde  sind ,  die  verschiedene  Arten  der  Entstehung 
haben  (mit  und  ohne  gleichzeitige  chemische  Reaktionen),  ver- 
schiedene Resistenz  und  Existenzbedingungen  und  dass  vor  allem 
die  Funktionen  der  Membran  abhängig  sind  von  deren  Vergangenheit. 

Die  Grenzflächen  zwischen  zwei  Medien  haben  andere  Eigen- 
schaften als  das  Innere  der  Massen  und  diese  SpezialStellung  der 
Grenzzonen  schaffen  wichtige  Veränderungen.  Diese  Verändei-ungen 
in  der  Oberflächenzone  sind: 

1.  Die  Oberflächen  haben  gegenüber  der  Innenmasse  eine  be- 
stimmte Elastizität  durch  die  Oberflächenspannung,  die  sich  normaler- 
weise parallel  der  Temperatur  verändert '), 


')  Monti.  Nuovo  Cim  (4)  5,  1899,  p.  lS(i.    Ramsay,  Sliield.    Kein  krit.  Punkt 
bei  4»  7..  B.  bei  Wasser.     Jäger,  Wien.  Ber.   1897.  u.   1891,  No.  100  etc. 


512  Heinrich  Zangger. 

2.  ferner  scheint  die  Oberfläche  eine  grössere  Lösungsgeschwindig- 
keit zu  haben  oder  mindestens  einen  schnellen  Wegtransport  der  ge- 
lösten Substanzen,  so  dass  ein  in  die  Flüssigkeit  getauchter  Stab  in 
der  Höhe  der  Oberflächenzone  viel  schneller  durchgefressen  wird,  als 
in  der  Tiefe  des  Lösungsmittels  selber  (Spring), 

3.  variiert  die  Oberflächenspannung  durch  elektrische  Beeinflussung 
(Lippmann-Phänomen  und  dessen  Beeinflussung). 

Diese  Spezialeigenschaften  der  Oberfläche  haben  nun  verschiedene 
Folgen,  indem  sie  verschiedene  Veränderungen  bedingen,  die  speziell 
bei  einzelnen  Lösungen  ihrerseits  die  Oberflächeneigenschaften 
verändern. 

Die  biologisch  wichtigste  Veränderung  der  Grenzschichten,  die 
diese  SpezialStellung  der  Oberflächen  schafft,  ist  eine  Konzentrierung 
von  Substanzen  in  der  Grenzfläche,  wenn  damit  eine  Herabsetzung 
der  Oberflächenspannung  einhergeht.  ^)  Der  Schaum  mit  vielen  Ober- 
flächen enthält  mehr  gelöste  Substanz  als  die  Flüssigkeit. 

Diese  Konzentrierung  geht  soweit,  bis  die  Oberflächenspannung 
bis  zu  dem  Punkte  heruntergesetzt  ist,  dass  die  Lösungsdifferenz  in 
der  Oberfläche  und  in  der  Masse  durch  ungleiche  Verteilung  aus- 
geglichen. 

Diese  Konzentrierung  muss  abhängig  sein  von  der  Tiefenausdehnung, 
in  der  die  Oberflächenkräfte  wirken.  Mit  dem  Moment,  wo  die  Ober- 
fläche in  der  Schichtdicke,  die  dieser  Kraftzone  entspricht,  gesättigt 
ist,  wird  eine  Konzentrierung  aufhören.  Es  entsteht  also  eine  be- 
stimmte Schichtdicke, ^)  als  primäre  Folge  der  Oberflächenkräfte. 

Dieses  Gleichgewicht  stellt  sich  nun  bei  verschiedenen  gelösten 
Substanzen  und  bei  Gemischen  ungleich  schnell  ein.  Bei  Kristalloiden 
im  allgemeinen  viel  schneller  als  bei  Colloiden.  Bei  Colloiden  kommt 
nun  die  neue  und  äusserst  wichtige  Funktion  des  Colloidalzustandes 
zur  Geltung,  dass  Colloide,  speziell  quellbare  hydrophile  Colloide  sich 
verändern,  verfestigen  und  successive  ohne  kritischen  Punkt  dem 
festen  Zustand  nähern.^) 


')  Vergl.  ausser  I.Teil  Melsens,  Sur  les  Modifications  apportees  ä  ralbumine  etc. 
tlompt.  rend.  sc.  33,  1851,  p.  M7.  Karting,  Neederlandsch.  Lancet  I,  1851,  M.  4. 
Marangoni,  Nuovo  Cim.  Avrile  1872.  Gibbs,  Trans  Connecticut  Acad.  III,  1874, 
p.  343  u.  380.  Die  übrige  Literatur  Metcalf  u.  Freundlich,  Absorption  in  Lösungen 
und  Zangger,  Ergebnisse  der  Physiologie  1907. 

2)  Alte  Beobachtungen:  Schon  Melsens  beobachtete  die  Entstehung  von  Ober- 
flächenhäulchen  und  bezog  sie  auf  eine  Wirkung  der  Oberflächenkräfte,  auch  er 
schon  suchte  mit  allen  Mitteln  chemische  Veränderung  und  Austrocknung  etc.  aus- 
zuschliessen,  so  dass  eigentlich  nur  noch  die  Oberflächenspannung  übrig  bheb.  Ver- 
gleiche Harting  1.  c. 

^)  Hierher  gehören  die  ersten  Erscheinungen  der  Wundheilung,  des  auto- 
matischen Abschlusses  nach  aussen  (speziell  in  der  in  den  Ergebnissen  der  Physio- 


über  Membranen  II.  513 

Wenn  diese  Verfestigung  an  den  in  der  Oberfläche  konzentrierten 
Colloiden  eintritt,  werden  wir  eine  zusammenhängende,  feste  Schicht 
bekommen,  die,  sobald  sie  kontinuierlich  und  eine  bestimmte  Dicke 
erreicht,  eine  Membran  bildet,  also  ein  Häutchen,  eine  mechanische 
Trennung  erzeugt.^) 

Diese  Membran  wird  nun  die  Vorgänge  in  der  Grenzfläche  in 
einer  bestimmten  Weise  beeinflussen. 

Die  Stofi'e,  die  wir  als  physiologische  Membranbildner  betrachten 
wollen,  sind  hydrophile  Colloide  von  elektrisch  indifferentem  Charak- 
ter, weniger  elektrolytempfindlich  und  in  vielen  Beziehungen  reversibel. 

Die  Veränderung  der  Beziehung  zwischen  zwei  Medien  durch  eine 
Einlagerung  in  die  Grenzfläche  ist  natürlich  abhängig  von  der  Kohärenz 
und  Kontinuität.  Vor  allem  aber  ist  eine  bestimmte  minimale  Schicht- 
dicke notwendig,  bis  diese  Beziehungen  in  einer  für  diese  Membran 
charakteristischen  Weise  verändert  werden.  Speziell  Devaux  und 
andere  haben  für  Colloide  bestimmt,  dass  eine  Schichtdicke  von 
0,000006  mm  z.  B.  die  Oberflächenspannung  sprunghaft  heruntersetzt. 
(Ich  habe  im  ersten  Teil  darauf  hingewiesen,  dass  diese  Grössen- 
ordnung  in  auffallender  Weise  in  der  Physik  häufig  wiederkehrt.'^) 
Diese  Schichtdicke  ist  Voraussetzung  für  das  Zustandekommen  der 
Membraneigenschaften,  die  für  eine  bestimmte  Substanz  charakte- 
ristisch sind  (vergl.  Anm.). 

Wie  weit  sich  eine  solche  Membran  nun  sekundär  noch  in  der  Dicke 
ausdehnt,  muss  abhängig  sein  von  der  Oberflächenspannung,  die  durch 
das  Festwerden  des  Colloides  wieder  auftreten  kann,  oder  aber  die 
Oberflächenkräfte  wirken,  sich  langsam  verlierend  weiter  in  die  Tiefe, 
so  dass  ein  allmählicher  Übergang  von  der  konzentrierten  Colloid- 
schicht  zur  Lösung  zustande  kommt,   dass  also  diese  Konzentrations- 


logie  1907  zitierte  Litei-atur),  ferner  Frowaceck,  Biolog.  Zentrbl.,  Nov.  1907.  Ver- 
se ha  f  feit,  Reaction  cicatricielle  chez  les  Araarylidees.  Rec.  bot.  Neerland.  4,  1907. 
Abscheidung  von  Suberinen,  also  hoher  8  C-Ketten,  die  sich  zu  Colloiden  polymei'i- 
sieren.  Marcus,  Har.,  Aggregatszustand  der  Keimmembran.  Sitzungsber.  mor- 
pholog.-physiolog.  Gesellschaft  München  23  (1907),  p.  61. 

')  Milner,  On  surface  concentration  and  the  formation  of  liquid  tilms.  Phil, 
mag.  (6),  "Vol.  73,  p.  90,  1907.  Shorter,  London,  phil.  mag.  (7)  Vol  11,  No.  62. 
1906,  p.  317.  Rhode,  Ann.  der  Physik  (4),  XIX.  1906,  p.  935.  Forch,  Drude  Ann. 
der  Physik  17.  1905,  p.  744  (Oberflächenspannung  in  Salzlösungen).  Metcalf,  Zeit- 
schrift f.  phys.  Chem.  5:2  (Ij,  1905,  p.  1  (Peptonhäutchen  auf  Wasserlösung).  Devaux, 
Proc.  Verb.  Bordeaux  1903—04.  Zawidsky,  Zeitschr.  f.  phys.  Chem.  XLIII,  1903, 
p.  612.  Über  die  Absorption  und  deren  Bedeutung  für  die  Veränderung  der  Grenz- 
flächen vergl.  auch  Gouy,  Sur  la  Fonction  electro-capillaire,  Ann.  d.  Chimie  et  de 
Phys.  7,  t.  29,  1903,  p.  145  und  folgende  Bände.     Freundlich  1.  c. 

'')  Müller-Erzbach,  Über  das  Wesen  und  über  Unterschiede  der  Adsorption 
Wien.  Sitz.-Ber.  d.  math.  naturwiss.  Klasse  Hl.  IIa.  1902,  p.  684,  und  Wirkungsweite 
der  Molekularkräfte.    Wied.  Ann.  67,  1899,  p.  899  gibt  grössere  Schichtdicken  an. 


514  Heinrich  Zangger. 

membran  ein  asy metrisches  Gebilde  ist  mit  zwei  ganz  verschiedenen 
Seiten,  dessen  dem  Colloid  inhaerente  successive  Veränderungstendenz 
die  Ursachen  immer  weiterer  Yeränderungen  ist,  die  nicht  auf  beiden 
Seiten  gleiche  Funktion  zu  haben  braucht.  Die  Ungleichheit  der 
beiden  Seiten  kann  eine  Ungleichheit  der  Funktion  bedingen. 

Die  Membranen  entstehen  in  der  Natur  zwischen  zwei 
ungleichen  Medien,  also  in  Trennungsflächen.  Der  Charakter 
dieser  Trennungsflächen  und  der  darin  entstehenden  und  durch  die 
Funktion  der  Trennungsfläche  lokalisierten  Grenzzone  (Schichten)  ist 
nun  sicher  sehr  verschieden  und  hat  vor  allem  eine  bestimmte  Dicken- 
ausdehnung, die  den  zeitlichen  Verlauf  aller  Vorgänge  beeinflusst 
(meist  verzögert). 

Solche  Schichten  entstehen  durch  blosse  Oberflächenkonzentration, 
speziell  colloidaler  Substanzen,  die  sich  nach  und  nach  verfestigen, 
1.  entweder  direkt  infolge  der  Konzentration  oder  2.  infolge  von 
Oxydation  oder  chemischen  Einwirkungen  anderer  Art  (Niederschlags- 
membranen, ebenfalls  Colloide). 

Konzentrationsveränderungen  kommen  fast  in  allen  Grenzflächen 
vor,  (Konzentrationsveränderungen  die  natürlich  positiv  oder  negativ 
sein  können),  die  aber,  wenn  keine  Colloide  vorhanden  sind,  oder  ent- 
stehen, im  allgemeinen  keine  typischen  Membranen  bilden,  wie  sie 
speziell  in  Lebewesen  vorkommen.  —  Sobald  sich  aber  solche  Sub- 
stanzen mit  schon  bestehenden  Membranen  verbinden,  so  haben  wir 
mit  durch  die  Einlagerung  bedingten  Veränderungen  der  Permeabilitäts- 
eigenschaften zu  rechnen. 

Alle  Substanzen,  die  die  Oberflächenspannung  heruntersetzen, 
haben  die  gemeinsame  Eigenschaft  kompressibel  zu  sein,  das  gibt 
Anhaltspunkte  für  die  Deutung  der  Art  des  Oberflächendruckes. 

Alle  Stoffe,  deren  Wirkung  auf  die  Oberflächenspannung  sich 
durch  Temperaturerhöhung  nicht  gleichmässig  (geradelinig)  verändern, 
liegen  nach  aller  Wahrscheinlichkeit  bei  den  betreffenden  Temperaturen 
in  der  Oberfläche  in  Komplexen  vor;  das  deutet  darauf  hin,  dass  sie  unter 
der  Wirkung  der  Oberflächenspannung  andere  Formen  und  Beziehungen 
haben  als  im  Milieu,  also  strukturiert  sein  müssen  (Homphrey  und  Gouy). 

Unter  den  Colloiden  gibt  es  nun  auch  eine  Gruppe,  die  leicht 
in  die  Oberflächen  geht  und  dabei  die  speziellen  Colloideigenschaften 
mitnimmt,  nämlich:  durch  Konzentration  sich  zu  verändern,  ver- 
festigen, elastisch  oder  viskos  zu  werden  und  damit  werden  neue 
Eigenschaften  gerufen. 

Anmerkung:  Dass  zu  diesen  Vorgängen  und  Verschiebungen  Lösungseigen- 
schaften gehören,  die  durch  bestimmte  Atomgruppen  bestimmt  sein  können  und 
verändert  werden  können,  ist  klar;  gerade  so  wie  durcii  gleichzeitig  in  der  Lösung 
vorhandene  weitere  Körper. 


über  Membranen  II.  515- 

Die  Membranen  haben  also  Colloideigenschaften :  Infolge  der  Kon- 
zentration, der  Zeit  und  unter  dem  konstanten  Einfluss  der  Ober- 
flächenwirkung entstehen  Strukturen,  die  verändert  werden  können. 
Als  CoUoide  können  sie  einerseits  gelöst  werden  durch  andere  Colloide 
im  Überschuss,  durch  kombinierte  chemische  Prozesse  (Fermente  und 
Oxydation  und  Salze),  anderseits  können  sie  verdichtet  werden  durch 
Anlagerungen,  gegerbt  durch  Einlagerungen  anderer  Colloide  und 
Jonen  oder  sich  dehnen  (wachsen)  durch  lokalisierte  Intussuszeption 
anderer  Colloide  (folgende  Kapitel). 


Veränderangsmöglichkeiten  der  Membranen. 

1.  Permeabilitätsänderungen:  durch  Zusätze  und  Strukturveränderungen. 

Das  wesentlich  Neue  und  der  Grund,  warum  ich  eine  ausführliche 
Arbeit  über  das  Membranproblem  publizierte,  liegt  in  der  Erkenntnis, 
dass  die  für  das  Verständnis  der  pathologischen  Vorgänge  vielleicht 
wichtigste  Vorstellung  darin  besteht,  dass  die  Membraneigen- 
schaften keine  unveränderlichen  Grössen ,  sondern  dass  sehr  ver- 
schiedene Einwirkungen  auf  ein  Membransystem  den  Austausch  sehr 
weitgehend  (ja  sogar  praktisch  qualitativ)  verändern  können  und  zwar 
in  einer  Weise,  dass  die  veränderte  Eigenschaft  bleibt,  in  anderen 
Fällen  jedoch  tritt  die  Veränderung  nur  für  kurze  Zeit  auf. 

Vorübergehende  reversible  Veränderungen  in  den  Durchtritts- 
gesetzen können  auf  folgenden  Wegen  erreicht  werden :  Dadurch,  dass 
man  von  aussen  temporär  eine  treibende  Kraft  zuführt,  die  je  nach 
Art  verschiedene  Substanzen  fortbewegen  kann:  wie  elektrische 
Ströme  oder  hydrostatischer  Druck  (Filtration)  und  zwar  in  befördernder 
oder  hemmender  Richtung  oder  aber  durch  Zusätze :  Lösung  einer 
weiteren  Substanz  bewirkt  Erhöhung  oder  Herabsetzung  der  Durch- 
lässigkeit durch  ihre  Gegenwart  im  System,  resp.  in  der  Membran. 
Durch  Entfernung  dieser  Substanz  treten  die  alten  Permeabilitäts- 
eigenschaften wieder  auf  und  zwar  beziehen  sich  diese  Permeabilitäts- 
änderungen auf  Kristalloide,  aber  auch  sehr  langsam  durch- 
tretende Colloide. 

Von  diesen  Permeabilitätsveränderungen  können  wir  aber  nur 
dann  als  von  reversiblen  Zuständen  sprechen,  wenn  die  Einwirkung 
kurze  Zeit  dauert  (je  nach  dem  Grad  und  dem  Verhalten,  Minuten 
bis  Tage),  bei  jahrelang  dauernden  Zustandsänderungen  kehrt  der 
ursprüngliche  Zustand  nie  wieder. 

Regelmässig  ergeben  aber  Beeinflussung  der  Membranen  durch 
entgegengesetzt  geladene  Colloide  Dauerveränderungen,  ebenso  durch 


516  Heinrich  Zangger. 

Schwermetallsalze,  mit  mehrwertigen,  der  Membran  entgegengesetzt 
geladenen  Jonen. 

Gleichsinnig  geladene  Colloide  können  Membranen  verquellen  und 
lösen;  je  länger  die  Membran  besteht,  desto  weniger  wird  sie  quellen 
(vergl.  Kapitel:  Über  dauernde  Veränderungen  Colloidwirkungen). 

Stofifel  hat  in  meinem  Institut  im  Lauf  des  letzten  Jahres  eine 
prinzipiell  wichtige  Tatsache  für  die  Charakteristik  der  Membran- 
funktionen gefunden :  nämlich,  dass  speziell  bei  reinen  Colloiden  (ohne 
Kristalloide)  auch  sehr  geringe,  bis  jetzt  ganz  unbeachtete  Einwir- 
kungen, wie  ungleich  schnelles  Erstarren,  den  Diffusionsweg  beein- 
flussen können  und  zwar  unter  Umständen  entgegengesetzt  für  Kristal- 
loide und  Colloide. 

a)  Zusätze,  die  die  Membranefi  reversibel  verändern  können. 

1.  Variation  durch  Verschiebung  der  Konzentration  der 
Bestandteile  —  denn  zur  Membranfunktion  ist  bei  Flüssigkeits- 
diffusion immer  ein  kompliziertes  System  (Colloid  und  Flüssigkeit 
oder  andere  Körper)  notwendig,  die  alle  verändert  werden  können. 

Der  Grad  der  Quellung,  also  die  relative  Masse  des  Wassers  oder 
der  Lösung  in  der  Membran,  bedingt  die  Durchlässigkeit. 

Die  Tatsache,  dass  in  der  Membran  ein  Teil  des  Wassers  nicht 
frei,  sondern  in  irgend  einer  Form  gebunden  sich  befindet,  verschiebt 
das  Verhältnis  von  den  drei  Körpern  (Colloide  der  Membran,  Wasser 
und  gelöstem  Stoffe)  zueinander. 

2.  Aber  noch  viel  unerwartetere  Folgen  stellen  sich  oft  bei  Zusatz 
von  mehreren  neuen  Körpern  ein,  da  in  einer  Colloidmembran  die 
Massen  zu  einem  grossen  Teil  in  einem  Übergangszustande  vorliegen, 
den  Grenzschichten  fest  flüssig  entsprechend  und  die  Verteilung  der 
Körper  infolgedessen  unter  der  Wirkung  spezieller  Kräfte  steht.  Kräfte 
von  grosser  Flächenausdehnung,  aber  geringer  Tiefenwirkungen  in  die 
homogenen  Massen  hinein,  so  müssen  flächenhafte  Konzentrierungen 
entstehen.  Dass  ein  solches  neues  spezifisches  Substanznetz  von  grosser 
Flächenausdehnung  für  Transportverhältnisse  durch  die  Membran 
hindurch  von  grösster  Bedeutung  sein  wird,  ist  klar,  da  ja  gerade 
ein  Stoff,  der  in  der  Grenzzone  sich  anordnet,  eine  Verbindung  spezi- 
fischer Art  zwischen  beiden  Seiten  der  Membran  herstellen  kann. 

Kann  der  Stoff'  entfernt  werden,  (herausgespült  oder  chemisch- 
physikalisch verändert),  so  bekommt  die  Membran  andere  Eigenschaften, 
^um  Teil  wieder  die  früheren. 

Die  Veränderungen  der  Permeabilität  von  Membranen  für  eine 
Substanz  sind  sicher  ausserordentlich  häufig,  aber  es  existieren  relativ 


über  Membranen  IL  517 

wenig  experimentelle  Untersuchungen  darüber.  Die  Gesetze  gehen 
natürlich  im  Sinn  den  so  komplizierten  Gesetzen  der  Lösungsbeein- 
flussung parallel.') 

Die  in  der  Membran  vorhandenen  oder  in  sie  eintretenden  Sub- 
stanzen erleichtern  den  Durchtritt  anderer  Substanzen,  die  zu  diesen 
in  einer  gewissen  Beziehung,  resp.  Verwandtschaft  stehen,  je  nach 
der  Konzentration.  Durchlassen  spezieller  Substanzen,  z.  B.  der  Fer- 
mente, ist  sicher  nicht  sehr  weitgehend  spezifisch,  aber  unter  den 
gegebenen  Umständen  eben  doch  nur  auf  eine  Substanz  passend,  von 
einer  der  vorhandenen  Substanzen  spezifisch  provoziert. 

Es  ist  sehr  auffällig,  dass  sogar  bei  den  grossen  industriellen  Ver- 
wendungen der  Membran,  die  Variationen  der  Membraneigenschaften 
nicht  untersucht  worden  sind.  So  lässt  Dutrochet  das  Wesen  der 
Membran  unbeachtet  (Lhermite  sagt:  il  laissa  toujours  dans  le  vague 
l'action  de  la  membrane),  während  Graham  selbst  in  der  spätem  Zeit 
der  Ansicht  ist,  dass  eine  Veränderung  der  Membran  die  Voraus- 
setzung der  Osmose  sei. 

In  dieser  Beobachtung  von  Graham  liegt  schon  die  Erkenntnis, 
dass  Membranen  sich  verändern. 

Tatsächlich  verändern  die  Membranen  auch  ihr  Aussehen,  je  nach 
der  Flüssigkeit  und  der  durchtretenden  Substanz;  so  kann  man  leicht 
sehen,  dass  Membranen  bei  einzelnen  Flüssigkeiten  quellen  und  dunkler 
oder  durchsichtiger  erscheinen,  in  andern  Fällen  weiss  werden,  uneben, 
in   wieder  andern  Fällen  sich  färben,  gefärbte  Substanzen  absorbieren. 

Im  ersten  Teil  wurde  betont,  dass  die  Veränderungen  reversibel 
oder  irreversibel  sein  können. 

Reversibel  besonders,  wenn  eine  Verschiebung  der  Durchlässig- 
keit eintritt  durch  blosse  Gegenwart  bestimmter  Substanzen, 
die  die  Durchlässigkeit  für  andere  Substanzen  (und  deren  Absorption) 
erhöhen  oder  bedingen. 

Wir  haben  hervorgehoben,  wie  wir  die  Veränderung  der  Diffusion 
durch  successive  Konzentrierung  des  Colloides  verfolgt  haben  (also 
bei  successiver  Steigerung  der  Annäherung  an  die  Membranverhält- 
nisse), dass  die  Gegenwart  bestimmter  Stoffe,  wie  z.  B.  Wasser,  die 
Durchlässigkeit  erhöhen,  eventuell  auch  erniedrigen  kann. 

Die  experimentelle  Beweisführung,  dass  Gegenwart  bestimmter 
Substanzen  die  Durchlässigkeit  verändert,    ist  speziell  von   Bechhold 


*)  Die  meisten  frülieren  hierhergehörigen  Beobachtungen,  die  diese  Gesetze 
verfolgen,  sind  auf  pflanzen  physiologischem  Gebiet  gemacht,  Anpassungen,  Regu- 
lationen etc.  Die  neuere  Zeit  bringt  uns  Probleme  (Bakt.  Anpassung.  Erhöhung 
der  Giftwirkungen  und  Virulenz  etc.),  die  vorläufig  in  der  Variation  der  Perme- 
abilität die  erste  vergleichbare  Parallele  haben. 


518  Heinrich  Zangger. 

und  Ziegler  geführt  worden.  Der  Ausgangspunkt  für  die  Wahl  der 
Zusätze  war,  dass  die  Diffusion  wohl  der  Festigkeit,  resp.  Viscosität 
parallel  gehen  dürfte,  oder  dass  Substanzen,  die  den  Schmelzpunkt 
heruntersetzen,  wohl  auch  die  Diffusion  erleichtern  würden.') 

Bei  organischen  Substanzen  zeigte  sich  eine  Art  Parallelismus  in 
einer  andern  Richtung,  wenn  auch  nicht  durchgehend,  dass  eine  Sub- 
stanz den  Durchtritt  der  Verwandten  in  der  Weise  beeinflusst,  dass 
gut  Durchtretende  allgemein  den  Durchtritt  der  Verwandten  er- 
leichtert.-) 

Es  drängt  sich  hier  wieder  die  für  die  Colloide  so  typische  und 
so  verwickelte  Eigenart  in  den  Vordergrund,  dass  nebeneinander  viele 
gleichwertigen  Faktoren  wirksam  sind  bei  den  gewöhnlichen  Tempe- 
raturen etc. 

So  spielt  hier  nach  allem  neben  der  rein,  resp.  zu  mechanisch 
aufgefassten  Viscosität  und  Widerstand,  die  Lösungsbeeinflussung  die 
grösste  Rolle,  wie  Stoffel,  von  diesen  Gesichtspunkten  ausgehend,  fest- 
stelleh  konnte.^) 

Das  für  die  Biologie  Wesentlichste  an  den  Fermeabilitätsände- 
rungen  der  Membran  liegt  in  der  Tatsache,  dass  Membranen  unter 
bestimmten  Umständen  auch  Colloide  besser  resp.  leichter  in  grossen 
Quantitäten  durchtreten  lassen,  und  dass  auf  dieser  Tatsache  eine 
Reihe  der  wichtigsten  biologischen  Probleme  beruht,  z.  B.  die  temporäre 
Absonderung  der  Fermente,  wohl  auch  bestimmter  Immunkörper  etc. 

Es  liegen  bereits  einige  Befunde  vor  in  der  Physik  und  in  der 
physikalischen  Chemie,  vor  allem  aber  eine  grosse  Reihe  biologischer 
Tatsachen,  die  nur  durch  die  Annahme  einer  Permeabilitätsänderung 
erklärt  werden  können. 

Wir  können  die  Befunde  gruppieren  in  Beeinflussung  von  Colloid- 
<lurchtritt  unter  folgenden  Bedingungsänderungen : 


1.  Begünstigung  des  Ausgleiches  im  System  durch 


Kristalloide 
Colloide, 


')  Bechhold  und  Ziegler,  Niedersclilagsmembran  in  der  Gallerte  und  die 
Konstitution  der  Gelatinegallerte.  Ann.  d.  Physik  (4)  '20.  p.  900  (1906).  Zeitschrift  f. 
physikal.  Chemie  56,  p.  105. 

^)  Diskussion:  Dr.  Kaufler  hebt  hervor,  dass  diese  Tatsachen  über  die  Ver- 
änderung der  Durchlässigkeit  der  Membranen  auch  erklären,  warum  der  Geruch 
bestimmter  Substanzen  durch  nicht  riechende  Zusätze  sehr  erhöht  werden  könne. 
Eine  Erfahrung,  von  der  in  der  Riechstofftechnik  ausgiebig  Gebrauch  gemacht  werde. 

')  Aus  den  Publikationen  geht  hervor,  dass  nicht  jeder  Stoff,  der  den  Schmelz- 
punkt verändert,  auch  den  Diffusionsweg  für  alle  Stoffe  verschiebt,  sondern  im 
Gegenteil,  dass  chemisch  verschiedene  Stoffe  von  analoger  Wirkung  auf  den  Schmelz- 
punkt, den  Diffusionsweg  ganz  verschieden,  ja  entgegengesetzt  beeinflussen  können 
{wie  wir  auch  bei  andern  Einflüssen  fanden,  vergleiche  Stoffel). 


Über  Membranen  II.  519 


durch  von  aussen  zu- 
geführte  Kräfte ') 


Filtration    (resp.    spezifisches    Gewicht, 

Hydrostatischer  Druck), 
elektrischen     Potentiale     resp.     Strom 
(Kataphorese). 

3.  Veränderung  der  Permeabilität  durch  Strukturdifferenzen   fester 
Colloide  (Stoffel),    die   sich    nach   und  nach  ausgleichen  können. 

Dem  gegenüber  stehen  die  dauernden  Veränderungen  in  bezug 
auf  Colloiddurchlässigkeit,  die  vor  allem  bedingt  sind  durch  elektrische 
Eigenarten  der  einwirkenden  Substanzen:  spez.  mehrwertiger  Jonen. 
(Einzelne  chemisch  einfache  organische  Körper,  die  die  Lösungsfähigkeit 
von  organischen  Substanzen  beeinflussen,  z.  B.  Aminosäure  etc.,  er- 
höhen die  Durchlässigkeit  dauernd). 

Harnstoff  etc.  bedingt  Verquellungen,  Lösungen  von  festen  col- 
loidalen  Gelatinemassen,  ebenso  Überschuss  des  gleichartigen  Colloides. 

Entgegengesetzt  geladene  Colloide  bedingen  Verfestigung,  selten 
Lösung.  Es  gibt  Colloidkomplexe  aus  positiven  und  negativen  Col- 
loiden,  die  nicht  ausfallen,  noch  festwerden.  Gewöhnlich  ist  die  typische 
Art  der  Präzipitatbildung  bei  Colloiden  nur  leicht  möglich  bei  Gegen- 
wart von  Elektrolyten.  Friedemann  fand,  dass  die  Fällungszone  ohne 
Salze  sehr  eingeengt  wird.  Larguier  des  Bancels  hat  Lösung  von 
ausgefällten  festen  Colloidkomplexen  durch  Glyzerin,  Alkohol,  Aceton 
nachgewiesen. 

Dass  einzelne  Colloide  überhaupt  durch  Membranen  durchtreten, 
wenn  auch  sehr  langsam  und  ungleich,  wurde  experimentell  haupt- 
sächlich von  Tammann'-),  Meerburg  ^)  untersucht. 

Meerburg  fand,  dass  Ferrocyankupfermembranen  Farbstoffe,  wie 
Fuchsin,  Ponceau  lange  Zeit  zurückhalten,  dass  sich  aber  die  Mem- 
branen successive  in  der  ganzen  Dicke  durchfärben  und  dass  sie  dann 
den  Farbstoff  nachträglich  auch  durchtreten  lassen. 

Wenn  man  die  Reihen  von  Untersuchungen,  die  Anhaltspunkte 
geben  über  Durchlässigkeit  der  verschiedenen  künstlichen  Membranen, 
überblickt,  so  kommt  man  hier  zu  dem  Schluss,  dass  die  Membranen 
für  diejenigen  Colloide  durchlässig  sind,  die  sie  absorbieren. 

Je  nach  der  Dicke  und  der  Quantität  der  Membransubstanz  braucht 
es  aber  eine  relativ  grosse  Menge  Colloid  zur  Imprägnation  dieser 
Membran    und   diese   Menge  ist   für  die  Permeabilität  verloren   (be- 


')  Wird  hier  nicht  besprochen. 

*)  Tammann,  Über  die  PermeabiHtät  der  Niederschlagsmembranen,  Zeitschrift 
f.  phys.  Chemie  10,  189l2,  p.  "2bö. 

^)  Meerburg.  Zur  Abhandlung  Tammanns:  Permeabilität  der  Niederschlags- 
membranen, Zeitschr.  f.  phys.  Chemie  11,  1893,  *p.  446.  Waiden,  Über  Diffusions- 
erscheinungen an  Niederschlagsmembranen.  Zeitschr.  f.  phys.  Chemie  10,  189:2,  p.  699. 


520  Heinrich  Zangger. 

sonders  wenn  sie  erstarrt),  denn  nur  nach  Sättigung  der  Membran 
ist  Durchtritt  inöglich,  also  tritt  vor  allem  eine  enorme  Verzöge- 
rung auf. 

Für  die  physikalischen  Bedingungen  des  Colloiddurchtrittes  durch 
feste  Colloide  haben  folgende  neuere  Untersuchungen  Bedeutung: 

1.  Hat  Malfitano  ^)  gezeigt,  dass  positives  Fe  (0H)3  durch  negative 
Collodiummembranen  nur  spurweise  durchtritt,  dass  sich  das  positive 
Colloid  in  der  negativen  Membran  niederschlägt  und  dass  von  einem 
bestimmten  Punkt  an  keine  Eisenhydrate  durchtreten. 

2.  Hat  Henri  und  Mitarbeiter^)  darauf  aufmerksam  gemacht,  dass 
Colloidgemische  mit  ausgesprochenen  elektrischen  Eigentümlichkeiten 
nur  so  lange  CoUoidmassen  durchtreten  lassen,  bis  der  als  Membran 
funktionierende  Teil  so  imprägniert  ist,  dass  er  das  der  durchtretenden 
Masse  entsprechende  Zeichen  angenommen.  Ferner  wird  von  Henri 
und  Iscovesco  betont,  dass  frisch  entstehende  Niederschläge,  die  als 
Membran  funktionieren,  sich  nur  anfangs  in  Colloiden  leicht  lösen  lassen. 

3.  Bechhold^)  hat  gefunden,  dass,  je  nach  der  Filterdicke,  resp. 
Membrandicke,  verschiedene  Colloide  durch  Gelatinefilter  unter  Druck 
passieren. 

Als  Prinzip  muss  man  hier  beachten,  dass: 

1.  Colloide  elektrisch  gleichen  Zeichens  und  gleicher  Ladung 
sich  mischen,  lösen,  quellen  können. 

Also  werden   speziell   Colloide   elektrisch  gleichen  Zeichens 
andere  imbibieren,  durchtreten. 

2.  Ganz  anders  verhält  es  sich  mit  Colloiden  ungleichen  Zeichen: 
Sie  werden  sich  bis  zur  Neutralisation  verfestigen  (verfolgt 
von  Malfitano,  Henri). 

Nachdem  wir  gesehen,  dass  die  Membranen  aus  Colloiden  be- 
stehen, die  sich  verändern,  vor  allem  quellen  können  und  dass  sie  für 
einzelne  Colloide  permeabel  werden,  für  andere  nicht,  tritt  sofort  die 
Frage  an  einen  heran,  ob  verschiedene  Gruppen  von  Einwirkungen 
auf  die  Membranen  diese  soweit  verändern,  dass  unter  bestimmten 
Bedingungen   sonst   nicht  durchtretende  Colloide  durchtreten  können.- 


1)  Malfitano,  Compt.  lend.  sciences   143,  No.  3,  1906,  p.  11'2. 

^)  Girard  et  Henri,  Recherches  sur  l'electricite  animale.  Compt.  rend.  scien- 
ces 196,  Nr.  26,  p.  142,  p.  1463.  Variations  de  peremeabilite  des  membranes  pour  les 
differents  Jons  et  formations  de  combinaisons  d'absorptions  entre  les  colloides  des 
tissus  et  les  Jons  des  electrolytes  qui  les  baignent. 

*)  Bechhold,  Verhandlungen  der  Naturforscher  Versammlung,  Stuttgart  1906, 
Zeitschr.  f.  Chemie  und  Industrie  der  Colloide,  Über  fraktionierte  Filtration  der 
Colloide  1,  Bd.  1,  p.  107  (1907).  Auffällig  ist  hier,  dass  Fermente  und  Toxine  sehr 
intensiv  absorbiert  werden  von  den  Filtern  aus  Gelatine,  währenddem  gewöhnliches 
Eiweiss  und  Eiweisskoinplexe  sich  indifferent  verhalten,  resp.  ohne  stärkere  Ab- 
sorption durchtreten  können. 


über  Membranen  II.  521 

Diese  Veränderungen  können  natürlich  erst  dann  die  Permeabilität 
verschieben,  wenn  die  ganze  Schichtdicke  der  Membran  beeintiusst 
wird,  deshalb  werden  diese  Veränderungen  speziell  bei  den  dünnen 
(Zell)menibranen  untersucht  werden  können. 

Untersuchungen  über  vorübergehende,  reversible  Änderungen  der 
Zellmembran  liegen  vor,  speziell  über  Kohlenhydratfermente. 

Sekretion  von  Invertin  oder  Invertase:  Man  kann  den  Versiu-b  machen,  sezer- 
nierende  Zellen  an  der  Sekretion  zu  verhindern  oder  Zellen  zu  Sekretion  zu  veran- 
lassen, das  heisst  die  Permeabilität  zu  ei'zeugen. 

So  haben  Bechamp,  Fernbach.  O.  Sullivan,  Pantanelli  für  Hefe  festgestellt,  dass 
verschieden  organische  Kristalloide  das  Hefeferment  aus  den  Zellen  austreten  lassen: 
einmal  Alkohol  selbst  (deshalb  Zunainne  der  Gärung  in  der  ersten  Zeit),  dann  aber 
auch  Äther,  Aldehyde,  Aceton  etc. 

0.  Sullivan  hat  nachgewiesen,  dass  aus  Bierhefe  Invertin  austritt,  das  heisst 
die  Membran  für  Colloide  durchlässig  wird  unter  Einwirkung  von  OK-Jonen  und 
H-.Jonen  und  Äther.  Er  betrachtet  das  als  pathologisch  und  sagt  nichts  von  Re- 
versibilität.*) 

Bei  Untersuchung  von  Austritt  coUoidaler  Fermente  aus  lebenden  Zellen  muss 
die  Innenkonzentration,  das  heisst  die  Produktion,  mitbeobachtet  werden.   (Pantanelli). 

Inwiefern  die  Entstehung  der  Immunkörper  und  der  Toxine  etc.  nach  den  Ge- 
setzen der  transitorischen  Permeabihtätsveränderung  verlaufen,  ist  nicht  festgestellt; 
weil  die  Verhältnisse  äusserst  kompliziert  und  speziell  weil  bei  den  CoUoiden  so 
unendliche  Möglichkeiten  vorliegen,  darf  man  nicht  verallgemeinern. 

Bei  der  Agglutination  der  Hefe  werden  sicher  Eiweiss  ähnliche  Substanzen  aus 
der  Zelle  ausgeschieden.  Ob  eine  transitorische  Sekretion,  angeregt  durch  ent- 
sprechende Stoffe,  auch  bei  den  bekannten  Bakterien-Agglutinationsvorgängen  eine 
Rolle  spielen,  ist  eine  mindestens  noch  nicht  entschiedene  Möghchkeit,  die  neben 
der  Absorption  bestehen  könnte  und  die  einen  Teil  der  Anpassungserscheinung  er- 
klären könnte. 

Aus  den  Untersuchungen  geht  hervor,  dass  Zusatz  von  durch- 
dringenden Substanzen  die  Permeabilität  auch  für  andere  Substanzen 
erhöhen  und  dass  schlecht  durchtretende  die  Permeabilität  häufig 
herabsetzen. 

Strukturänderungen. 

Stoffel  hat  in  meinem  Institut  die  Beobachtung  gemacht,  dass 
nicht  allein  Zusätze  den  Diffusionsweg  verändern,  sondern  auch  andere 
Umstände  physikalischer  Art  und  zwar  für  die  als  Bestandteile  der 
Membran  in  Betracht  kommenden  chemischen  Individuen  indifferente 
Einwirkungen. 


')  Austritt  von  Invertinferment.  0.  Sullivan,  Transaction  of  the  chemical 
Society  61,  1892,  p.  926,  59.3.  Xathanson,  Jahrbuch  f.  wiss.  Bot.  88.  1902,  p.  24: 
39,  1903,  p.  607;  50,  1904,  p.  403.  Ob  die  Membranen  stereochemisches  VVahl- 
vermögen  haben  können,  ist  noch  nicht  erwiesen,  aber  wenn  es  Fermente  haben, 
wenn  sich  Fermente  anpassen,  ist  die  Eigenschaft  auch  bei  Membranen  zu  erwarten, 
denn  daraus  leiten  sich  ja  im  wesentlichen  notwendigerweise  die  Anpassungen  z.  B- 
der  Pilze  her. 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturl".  Ges.  Zürich.    .Jahrg.  .V2.    1907.  34- 


522  Heinrich  Zangger. 

Wenu  Gelatinröhren,  von  ganz  gleicher  Gelatine  und  gleicher 
Konzentration,  bis  zum  Einfüllen  in  die  Diffusionsröhren  als  eine 
Masse,  also  absolut  gleich  behandelt  wurden  und  erst  während 
des  Erstarrens  entweder  in  Eiswasser  oder  zum  Teil  in  Watte  ge- 
wickelt, bei  Zimmertemperatur  (20*')  erstarren,  dann  zeigen  die  gleichen 
Substanzen  grosse  Differenzen  im  Diffusionsweg  und  zwar: 

Colloidale  Substanzen  (speziell  Farben,  die  bis  jetzt  allein  unter- 
sucht wurden)  zeigen  eher  eine  Beschleunigung  in  den  schnell  ge- 
kühlten Zylindern,  die  Kristalloide  eine  Verlangsamung  und  zwar  tritt 
in  Gelatinezylindern  von  10  cm  Länge  eine  Niederschlagsbildung  von 
Ag  Cl  aus  Ag  N  Og  und  Na  Cl  mindestens  einige  Stunden  später  ein, 
aber  an  gleicher  Stelle.  Also  hat  der  differente  Strukturzustand 
der  Gelatine  auf  beide  Kristalloide  einen  analogen  Einfluss. 

Gegen  Zusätze  sind  nun  solche  different  behandelten  abgekühlten 
festen  Colloide  eigenartig  empfindlich :  Es  scheint  aus  allem  das  Gesetz 
sich  abzuleiten,  dass  die  Strukturdifferenzen  durch  ungleich  schnelles 
Erstarren  um  so  deutlicher  werden,  je  reiner  die  Gelatine,  denn  alle 
Zusätze,  die  wir  versuchten,  um  den  zeitlichen  Verlauf  der  Diffusion 
durch  Zusatz  von  Indikatoren  verfolgen  zu  können,  haben  schon  keine 
sehr  deutlichen  Differenzen  mehr  gegeben.  Andere  Zusätze,  die  wir  ver- 
suchten, organische,  speziell  aromatische  Körper,  Phenol,  Resorcin  etc. 
haben  noch  ausgeprägtere  Wirkung. 

Mittel  zum  Nachweis  auf  spektroskopischem  Weg  oder  durch 
Untersuchung  der  Brechungen  standen  nicht  zur  Verfügung,  so  be- 
schränkten wir  uns  auf  den  Nachweis  mit  Niederschlägen  und  Farben. 

Verschiedene  Spannungszustände  im  Colloide  als  Ursache  diffe- 
renter  Durchlässigkeit  zu  untersuchen,  haben  wir  uns  im  Institut 
schon  längere  Zeit  zur  Aufgabe  gestellt.  Denn  schon  der  Umstand, 
dass  die  organogenetisch  wichtigen  Colloide  in  festem  Zustand  durch 
Druck,  Zug,  das  Licht  polarisieren,  also  optisch  aktiv  werden,  beweist 
eine  bestimmte  Strukturveränderung,  die  auch  für  Durchtritt  von 
Einfluss  sein  kann  und  unter  Umständen  sein  muss. 

Beobachtungen :  Bestimmte  Salze,  wie  Silbernitrat,  die  man  gegen 
NaCl  diffundieren  Hess  in  freien  und  lokal  gepressten  Gelatinezylindern 
zeigten  eine  auffällige  Verlangsamung  ihres  Weges  (Stoffel). 

Es  ist  weiter  noch  ein  Befund  von  Stoffel  hervorzuheben,  dass 
nämlich  die  sogenannten  Liesegangschen  Schichtungen  nicht  auftreten 
in  schnell  gekühlten  Gelatinen,  während  sie  in  derselben  Gelatine  bei 
langsamer  Erstarrung  sofort  eintreten. 

Es  ist  also  hier  eine  weitere  experimentell  fixierte  Bedingung, 
eine  auf  verschiedene  Weise  erreichbare  Eigenart  der  Gelatine  zu 
schaffen,  die  nichts  weiteres  sein  kann,  als  die  Folge  einer  im  System 


über  Membranen  IL  523 

■des  festen  Colloides  bestehenden  strukturellen  Tendenz,  dass  nicht  der 
Prozentsatz,  nicht  die  Zusätze,  resp.  verschiedene  Arten  von  Zerfalls- 
produkten (wie  Liesegang  annimmt)  die  einzige  Ursache  für  die 
Schichtungen  der  Niederschläge  bildet,  dass  es  eine  viel  eigenartigere 
rein  physikalische  Ursache  gibt. 

Damit  ist  wohl  auch  der  Ostwaldschen  Erklärung,  dass  diese 
Liesegangsche  Schichtung  Folgen  von  lokaler  Übersättigung  sei,  eine 
spezielle  Fragestellung  gegenüberzustellen;  nämlich: 

1.  Inwiefern  die  Colloide  die  Sättigungsbeziehungen  beeinflussen, 
da  nur  Strukturverschiedenheiten  sie  bedingen? 

2.  Wie  soll  man  sich  vorstellen,  dass  Übersättigungen  in  langsam 
gekühlten  Massen  besser  entstehen  und  lokalisiert  werden,  wenn  nicht 
die  Schichtung  zum  Teil  vorgebildet  wäre?   — 

Die  transitorischen  Veränderungen  von  sehr  dünnen  festen  Col- 
loidschichten  sind  also  experimentell  noch  sehr  wenig  untersucht,  es 
existieren  sicher  noch  eine  grosse  Zahl  von  gesetzmässigen,  passageren 
Durchlässigkeiten,  deren  Bedingungen  wir  nicht  definiert  haben, 
speziell  in  der  Pathologie  und  Pharmacologie.^) 

Aus  dem  Colloidcharakter,  der  speziellen  Art  der  MembrancoUoide 
einerseits  und  vor  allem  auch  den  Erfahrungen  der  Pathologie  ander- 
seits können  wir  eine  Reihe  von  Möglichkeiten  ahnen  und  wohl  auch 
die  experimentellen  physikalischen  Bedingungen  voraussehen,  wenn 
wir  die  Tatsachen,  speziell  der  experimentellen  Pathologie  etc.  nach 
diesen  Gesichtspunkten  untersuchen. 

Anmerkung:  Bei  der  orthostatischen  Albuminurie  kommen  wohl  auch  in 
erster  Linie  transitorische  GoUoidpermeabilitäten  in  Frage. 

Die  Aufhebung  der  Ventilwirkung  der  Nieren  gegen  den  normalen  Partialdruck 
des  Zuckers  durch  CO  (bei  Vergiftung),  wohl  auch  die  gerichtlich-medizinisch  längst 
bekannte  Erhöhung  von  Giftwirkungen  durch  andere  Substanzen  (vergl.  z.  B.  Lacas- 
sagne  1905),  gehören  zu  Permeabihtätserhöhungen  durch  andere  Substanzen. 

Das  Auftreten  von  Amyloid  bei  Toxinwirkung,  dessen  Verfestigung,  Hyalin- 
werden,  die  sekundäre  Wiederauflösung,  wenn  der  feste  Zustand  nicht  zu  lange  be- 
stehen blieb  muss  auch  hierher  gehören. 

Ausspaltung  von  CoUoiden  aus  Colloidkomplexen,  leichteres  sich  Loslösen  vom 
Lösungsmittel  durch  die  CoUoidreagentien  scheint  heute  schon  sicher  für  die  Immu- 
nitätsfragen und  die  sekundären  Infektionsfolgen  von  Bedeutung  zu  sein.  (Leichte 
Fällbarkeit  und  Absorbierbarkeit  bestimmter  Komponenten.) 

Die  transitorische  Änderung  der  Virulenz  der  Bakterien  muss  eine  andere  Aus- 
scheidung und  einen  andern  Stoffwechsel  als  Ursache  haben  und  muss  bedingt  sein 
durch  eine  veränderte  Diffusion  und  Permeabilität.  Durch  die  Möglichkeit  einer 
Permeabilitätsänderung  ist  eine  Virulenzänderung  möghch,  so  dass  die  Virulenz  als 
neues  Problem  vor  uns  steht:  die  Permeabilitätsänderung  der  Pilz-  und  Bakterienhülle. 


')  Literatur  vergleiche:  Stoffel,  Dissertation  1907/08  aus  meinem  Institut.  Über 
Diffusionshemmungen  durch  Colloide. 

^)  VergL  Straub,  Pflügers  Archiv  119  (1907)  p.  127. 


524  Heinrich  Zangger. 

Inwieweit  die  Bakterien -Veränderungen,  die  wir  Anpassung  nennen,  wie 
Kapselbildung  bei  Milzbrand,  Verlust  der  Agglutinabilität  im  Tierkörper,  der  latente 
Mikrobismus,  von  diesen  Gesetzmässigkeiten  abhängig  sein  dürften,  folgt  in  der 
nächsten  Arbeit. 

Die  notwendige  Voraussetzung  vieler  Latenzperioden  ist  eben  die 
Notwendigkeit  einer  Imprägnation  von  Membranen  durch  die  neu- 
eintretenden Stoffe,  bevor  die  nötige  Konzentration  erreicht  werden 
kann,  resp.  ehe  eine  wesentliche  Verschiebung  der  Durchlässigkeit 
durch  diesen  Stoff  erfolgt. 

Die  Übergänge  von  reversiblen  (und  irreversiblen)  Verfestigungen 
colloidaler  Substanzen,  die  transitorischen  Permeabilitäten,  sind  ein 
Hauptgebiet  der  Pathologie,  soweit  sie  ausser  der  morphologischen 
Empirie  der  „Diagnose  aus  der  Regel  des  gleichzeitigen  Auftretens" 
auf  die  Feststellung  der  Ursachen  und  vor  allem  auf  die  Rückführung 
der  morphologischen  und  chemischen  Einzelphasen  und  die  Ursachen  des 
durch  viele  Polgereaktion  bedingten  Endzustandes  ihr  Augenmerk 
richtet  und  versuchen  will,  analytisch  die  einzelnen  Komponenten 
herauszuheben;  diese  können  eben  allein  diejenigen  Vorgänge  sein, 
die  wir  anfassen  und  modifizieren  können. 

b)  Zusätze,  die  die  Membran  als  Colloid  dauernd  verändern. 

Hierher  gehören  zwei  Grruppen  von  Beeinflussungen,  die  abhängig 
sind  von  Eigenschaften,  die  die  Colloide,  speziell  die  quellbaren, 
stabilen,  chemisch  komplizierten  Colloide  der  Physiologie  und  Patho- 
logie charakterisieren. 

Bei  den  Membranen  handelt  es  sich  in  erster  Linie  um  Ver- 
änderungen der  Durchlässigkeit,  die  bei  den  stark  gequollenen  Col- 
loiden  weniger  in  Betracht  kommen  in  der  Form,  sondern  eher  als 
Komplexbildung  und  Ausfällung.   — 

Ich  möchte  die  Beeinflussungen  der  Permeabilität  in  zwei  Gruppen 
einteilen : 

1.  Die  Beeinflussung  des  Quellungszustandes speziell  durch  Krista  1  - 
loide.  Elektrolyt -Wirkungen,  speziell  bei  einwertigen  Jonen 
sind  zur  Hauptsache  reversibel,  jedoch  bei  höherwertigen 
Kationen  werden  sie  immer  irreversibel  (den  elektrischen 
Eigenschaften  parallel,  Tendenz  der  Hydratbildung). 

a)  Verfestigung, 

b)  Lösungs-  und  Verquellungswirkung  von  Salzen  und  Ab- 
hängigkeit von  Jonenwirkungen  und  Konzentration. 

2.  CoUoidwirkungen :  ' 

a)  durch  leicht  ausfallende,  schlecht  lösliche  Salze  und  neue 
in  der  Membran  entstehende  Körper, 


über  Membranen  II.  525 

b)  Lösungen,  Verquellungen,  Verlust  der  Struktur  durch 
Colloide. 
1.  Die  Beeinflussungen  der  Membranen  durch  Elektrolyte  gehen 
parallel  den  Gesetzen  der  Beeinflussbarkeit  der  Colloide.  Für  die 
liiologisch  wichtigen  Colloide  hat  Hofmeister  festgestellt,  dass  die 
Anionen  sich  in  einer  Keihe  ordnen,  deren  Glieder  successive  die 
Quellung  begünstigen,  währenddem  die  Kationen  sich  eigentlich  mehr 
nach  ihrer  Wertigkeit  in  Gruppen  teilen  lassen.  Diese  Reihe  der 
Anionen  (CH3  COO,  SO,,  Cl,  Br,  J,  SCN)  kehrt  nun  merkwürdiger 
Weise  häutig  wieder. 

a)  Bei  Begünstigung,  resp.  Zurückdrängung  von  Löslichkeiten, 

b)  Pauli  u.  a.  haben  dieselbe  Reihe  bei  den  verschiedensten  Unter- 
suchungen über  Eiweissfällung  wiedergefunden  (ferner  Höber,  Neue 
Theorie  der  Narkose). 

c)  Für  unsern  Fall  am  wichtigsten  sind  die  Untersuchungen  von 
Mathew,  Lillie,  Fischer,  Webster.  So  hat  z.  B.  Lillie  gefunden,  dass 
die  Schwimmblättchen  in  molekular  gleichen  Lösungen  gegen  Ende 
der  Reihe  schnell  zum  Stillstand  kommen  infolge  Aufquellung  der 
Häutchen. 

d)  Für  die  Membranen  ist  vielleicht  auch  die  Beobachtung  von 
Gouy  von  Bedeutung,  der  in  den  letzten  Jahren  in  derselben  Reihen- 
folge eine  die  Oberflächenspannung  herabsetzende  Wirkung  der 
Anionen  festgestellt  hat. 

Untersuchungen  über  die  Viscositätsbeeinflussung  dieser  Reihen 
sind  bei  mir  seit  Frühjahr  1907  im  Gang. 

Bei  der  Diskussion  dieser  Punkte  nach  dem  Vortrag  vom  14.  Januar  1907  in 
der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Zürich : 

Dr.  Höber  fragte  Prof.  Werner,  ob  er  nicht  der  Ansicht  sei,  dass  hier  die  Hydrat- 
bildungen in  der  Reihe  der  Anionen  die  eigentliche  Ursache  dieser  Wirkung  sei. 

Prof.  Werner  ist  der  Ansicht,  dass  sich  das  jetzt  nicht  entscheiden  lasse,  zur 
Hydratbildung,  Jonenhydraten,  neigen  sich  mehr  die  Kationen,  als  die  Anionen,  die 
ja  hier  speziell  die  Reihe  bedingen. 

Dr.  Berl  macht  auf  Untersuchungen  von  Abegg  aufmerksam,  nach  dem  speziell 
Sulfate  Selbstkomplexe  bilden  und  dann  sich  eventuell  CoUoid  nähern. 

Physikalische  Experimente  mit  Membranen  wurden  bis  jetzt  auf 
diesem  Gebiet  wenig  ausgeführt.  —  Hier  möchte  ich  auf  Unter- 
suchungen aus  der  photographischen  Technik  hinweisen,  wie:  Das 
Gerben  der  Platte  durch  Säuren  (z.  T.  reversibel,  Lüppo-Cramer). 

Bekannt  sind  die  verquellenden  Säure  und  Alkaliwirkungen  be- 
stimmter Konzentration  auf  feste  durch  Membranen  bedingte  Struk- 
turierungen. Das  sind  die  Voraussetzungen  bei  Verätzungen  und 
der  Histologie  verätzter  Wunden. 

Histologisch-technisch  können  solche  Salze  bei  der  Difl"erenzierung 
Ton    gefärbten  Colloiden   zur    Verwendung   kommen    als   Mittel,    um 


526  Heinrich  Zangger. 

ein  anderes  Colloid  (z.  B.  Farbe  oder  Beize)  aus  einem  Komplex 
herauszulösen.  Viele  Analogien  finden  sich  auch  hier  in  der  Behandlung 
der  festen  Colloidmembranen  in  der  photographischen  Technik. 

Salze,  speziell  Schwermetallsalze,  verändern  die  Membranen 
dauernd  und  zwar,  indem  sich  die  Metalle  in  der  organischen  Mem- 
bran niederschlagen  („fixieren").  Die  Wirkung  geht  in  vielem  parallel 
der  Ausfällung  bei  flüssigen  Solen.O 

Inwieweit  die  eigenartigen  Jonen  Wirkungen ,  speziell  der  soge- 
nannten Antagonismen  (in  denen  einzelne  Jonen  allein  giftig  wirken), 
die  durch  andere  aufgehoben  werden  können,  auf  die  Colloide  der 
Membran  wirken  und  nicht  auf  die  Colloide  des  Protoplasmas,  ist 
bis  heute  noch  wenig  diskutiert  worden. 

Es  ist  nun  von  vorneherein  einleuchtend,  dass  das  erste,  das- 
äusserste  Colloid,  das  heisst  die  Membran  der  lebenden  Organismen, 
mindestens  mit  beeinflusst  werden  muss,  ferner  ist  im  Innern  der 
Zelle  eine  Wirkung  direkt  nur  möglich,  wenn  Substanz  hineingeht. 

Loeb  nimmt  ein  Durchtreten  der  Salze,  resp.  Jonen  durch  die 
Membran  an.  Overtonsche  und  Höbersche  Versuche  sprechen  nun 
dafür,  dass  die  Dififusionsverhältnisse  der  Membranen  geändert  werden. 

Höber  fand,  dass  durch  Eintauchen  des  Muskels  in  eine  Sr-Salz- 
lösung  die  spätere  Beeinflussbarkeit  herabgesetzt  wurde. 

Viele  Experimente  dieser  Art,  dass  sie  zur  Diskussion  dieser 
Frage  angeführt  werden  können,  haben  Amerikaner  gemacht  (vergl. 
Zangger:  Ergebnisse  der  Physiologie  1907). 

Sie  haben  vor  allem  eine  Regelmässigkeit  gefunden,  die  auf  die 
Membranen  Bezug  haben  muss,  die  auch  für  Colloide  schon  lange 
gefunden  worden  ist:  Nämlich,  dass  die  Salze,  resp.  die  Kationen 
und  Anionen  in  ganz  bestimmter  Reihenfolge,  je  nach  Art  des  Col- 
loides  verflüssigend  (quellend),  verfestigend  (koagulierend)  wirken  auf 
Colloide  (Hofmeister^),  Pauli)  (allerdings  fanden  einzelne  Autoren  auch 
andere  Reihenfolgen). 

In  der  Pflanzenphysiologie  liegen  eine  Reihe  von  Untersuchungen 
vor,  allerdings  vereinzelt  und  wenig  systematisch,  die  zeigen,  dass 
Elektrolyte,  Nicht-Elektrolyte  und  vor  allem  Veränderung  der  Reak- 
tion, resp.  der  H-  und  OH-Jonenkonzentration,  die  Permeabilität 
verändern    und   zwar   anfänglich  reversibel,    aber    auch    in    engen 


')  Die  Dauerveränderungen  der  Membranen  durch  Dialyse  von  Cu-Salzen  etc. 
war  schon  lange  bekannt  (Zott,  Bein  und  andere).  Praktisch  von  Bedeutung  sind 
diese  Kenntnisse  für  die  Histologie,  die  ja  so  ausserordentlich  häufig  sich  der  Schwer- 
metallsalze als  Fixatoren  der  festen  Colloidstrukturen  bedient  (vergl.  pag.  53^). 

^)  Hofmeister.  Gelatine  absorbiert  weniger  Wasser,  wenn  sie  Sulfate,  Tatrate^ 
und  Acetate  enthält,  als  Chloride,  Nitrate,  Bromide. 


über  Membranen  II.  527 

zeitlichen  und  Konzentrationsgrenzen  (Wächter,  Nathansonhs,  Pan- 
tanelli). 

Wenig  bekannt  ist  die  Tatsache,  dass  es  konzentrierte  Salzlösungen 
gibt,  die  z.  B.  feste  Gelatineschichten  zur  Lösung  bringen  (konzentr. 
Rhodankalium-,  K  Br-Lösung  etc.,  Lüppo-Cramer).  Hierher  gehören 
die  schon  früher  erwähnten  Lösungswirkungen  der  Rhodanate,  zum 
Teil  auch  der  Jodide  auf  Lecithin  (Borges),  der  Säuren  und  Alkalien 
in  bestimmten  Konzentrationen.  Viele  Salzzusätze  zu  CoUoidlösungen 
schaffen  erst  die  Durchtrittsmöglichkeit.     Leplay,  W,  Meyer. 

Diese  Vorgänge  wurden  eher  zufällig  gefunden  und  waren  meist 
nur  störend,  deshalb  liegt  ein  ausgedehnteres  Material  nicht  vor, 
systematische  Versuche  sind  relativ  kostbar,  weil  sehr  konzentrierte 
Salzlösungen  aller  Reihen  nötig  sind. 

2.  Colloid-  und  Fällungswirkungen. 

a)  Eine  dauernde  Veränderung  der  Permeabilität  von  kon- 
zentrierten Colloidschichten  tritt  in  zweiter  Linie  dann  ein,  wenn  sich 
während  der  Diffusion  Salze  bilden,  die  relativ  leicht  ausfallen, 
speziell  in  der  betreffenden  Colloidschicht,  denn  es  ist  eine  beachtens- 
werte Tatsache,  dass  kristallinische  Substanzen  wie  BaSO^,  Ag  Cl  in 
konzentrierten  Colloiden  meist  colloidal  ausfallen,  sie  bilden  also  eine 
Colloidalmembran  in  einer  andern  (Traube,  de  Vries,  Liesegang,  Bus- 
calioni  und  Purgotti,  Bruni  und  Vanzetti).  Aber  es  können  auch 
kristallisierende  Kräfte  überwiegen,  die  die  Struktur  des  Colloides 
umformen  (Liesegang,  Molisch,  Ambronn). 

Eine  solche  Schicht  eines  colloidal  ausgefallenen  Salzes  kann  nun 
die  Durchlässigkeit  eines  Systems  ausserordentlich  weitgehend  ver- 
ändern. Ein  Punkt,  der  speziell  für  die  Pathologie  sehr  wichtig  ist. 
Anderseits  fallen  Kristalloide  nicht  unter  allen  Bedingungen  im  Col- 
loid-Medium  colloidal  aus,  sondern  hauptsächlich  an  den  Stellen,  wo 
colloidale  Massen  sind,  die  infolge  irgend  einer  (häufig  herdförmigen) 
Veränderung  weniger  Wasser  anzuziehen  vermögen  als  die  Umgebung 
oder  vielleicht  ein  besonderes  elektrisches  Zeichen  erlangt  haben. 

Die  Entstehung  des  Niederschlages  eines  unlöslichen  Salzes  in 
einer  Colloidschicht  hat  ausserordentlich  merkwürdige  Veränderungen 
der  Eigenschaften  zur  Folge.  Bei  gleichem  osmotischem  Druck  beider- 
seits der  Membran  diffundieren  von  einer  bestimmten  sehr  geringen 
Dicke  an  keine  Jonen  durch  die  Membran  hindurch.  Bei  ungleichem 
osmotischem  Druck  diffundiert  das  konzentriertere  Salz  in  seinen 
Komponenten  durch,  so  dass  sich  der  Niederschlag  des  neu  gebildeten 
Salzes  immer  in  die  Zone  der  niedrigeren  Konzentration  hinein  fort- 


Ö28  Heinrich  Zangger. 

setzt  (de  Vries,  Pringsheim).  Inwieweit  andere  Salze  durchtreten 
können,  ist  noch  nicht  systematisch  untersucht,  aber  es  scheint,  dass 
eine  solche  doppelte  Membran  die  Durchlässigkeit  für  Colloide  kom- 
plett ausschaltet  und  für  viele  Kristalloide,  speziell  die  membranogenen 
Elektrolyte  gestattet.  Jedoch  lässt  eine  Ferrocyan- Kupfermembran 
kein  Ferrocyan-Kali  passieren. 

Diese  membranartigen  Niederschläge  in  Membranen  geben  also 
der  gesamten  Schicht  die  Eigentümlichkeit,  dass  sie  als  Doppelschicht 
zusammen  nicht  durchtreten  lassen,  was  die  eine  oder  andere  Membran 
allein  infolge  ihrer  Eigentümlichkeit  nicht  durchtreten  Hesse.  So  wird 
also  die  Gresamtpermeabilität  in  einer  ausserordentlich  weitgehenden 
und  dauernden  Weise  eingeschränkt. 

Ich  habe  Versuche  gemacht,  solche  Niederschlagsmembran  aus 
animalen  Colloidschichten  zu  entfernen  nach  den  Gesetzen  der  Massen- 
wnrkung  und  Umsetzung  in  leicht  lösliche  Salze,  aber  die  Struktur 
der  Schicht,  in  der  die  Salze  lagen,  blieb  verändert.  (Vergl.  Befunde 
über  Folgen  vom  Gefrierenlassen  bei  Ambronn,  Molisch,  Liesegang.) 

Man  konstatiert  bleibende  Veränderungen  der  Struktur  durch  das 
neue  Colloid,  das  sich  also  nicht  nur  in  Zwischenräume  lagert  in 
vielen  Fällen,  sondern  durch  eine  formative  Tendenz  die  Struktur  des 
primären  Colloides  dauernd  umgestaltet.  Anwendungen  auf  biologische 
Probleme  drängen  sich  einem  massenhaft  auf,  so  z.  B.  die  Entstehung 
und  Ablagerung  der  Calciumsalze  in  der  Entwicklung  der  Knochen 
und  Zähne,  in  schlecht  ernährten,  nekrotischen  Bezirken,  dauernd 
gespannten  Gefässen  etc.  Harnsäure  fällt  in  der  Colloidmasse  eben- 
falls leichter  aus,  besonders  in  zur  Fällung  neigenden  Colloiden. 

b)  Veränderung  der  Membrandurchlässigkeit  und  deren  Struktur 
durch  Colloide : 

1.  Verfestigung  durch  präexistierende  Colloide.  In  Betracht  kom- 
men folgende  Kombinationen,  die  zugleich  einen  Übergang  zu  einer 
Reihe  von  neuen  Dauereigenschaften  der  Membran  bedeuten. 

Die  physikalische  Ursache  ist  die  Absorption  in  die  Membran 
(Intussuszeption)  und  ferner  die  Kombination  der  Eigenschaften  bei 
den  vereinigten  Colloiden  unter  Prävalenz  der  Eigenschaften  des  einen 
oder  andern  Colloides,  so  lange  keine  Schichtungen  existieren. 

Physikalisch  entsprechen  daher  diese  Vorgänge : 

a.  einer  Verfestigung,  einer  Quellung,  sogar  einer  Lösung  der 
Membran,    bei   quantitativ    sehr    starker   Absorption    eines 
hydrophilen  Colloides; 
ß.  einer  Schichtung  bei  Absorption  an  die  Oberfläche. 

Colloide  gleichen  elektrischen  Zeichens  wie  die  Membran  im- 
bibieren  die  Membran  und  drängen  der  Membran  neue  Eigenschaften 


über  Membranen  II.  529 

auf.  welche  die  Eigenschaften  des  eindringenden  Colloides  sind.  Dieses 
imbibierte  Colloid  dringt  bei  Konzentrationserhöhung  auf  einer  Seite 
schnell  durch,  währenddem  andere  Colloide  nur  dann  durchdringen 
können,  wenn  sie  mit  dem  einen  oder  andern  Colloid,  die  die  Mem- 
bran zusammensetzen,  Lösungsverwandschaft  haben. 

Colloide  entgegengesetzten  elektrischen  Zeichens  schlagen  sich 
bis  zu  einer  bestimmten  Konzentration  in  der  Membran  nieder,  im- 
bibieren  die  Membran  ebenfalls,  geben  ihr  in  vielen  Fällen  entgegen- 
gesetzte elektrische  Eigenschaften  und  damit  auch  ein  ganz  entgegen- 
gesetztes Verhalten  in  Bezug  auf  Durchlässigkeit  für  weitere  Colloide. 
(Die  Folgen,  die  Schichten  von  ungleich  geladenen  Colloiden  haben 
können,  später.) 

Im  Prinzip  muss  wohl  der  Satz  gelten,  dass  eine  Membran,  die 
mit  einer  colloidalen  Lösung,  die  sie  netzt,  in  Beziehung  gekommen 
ist.  in  irgend  einer  Weise  von  dem  flüssigen  Colloid  langsam  in  sich 
aufnimmt,  oder  an  der  Grenzfläche  mindestens  absorbiert,  also  eine 
neue  Schicht  bildet.  Colloide  gleichen  elektrischen  Zeichens,  können 
die  Membran  langsam  durchdringen,  doch  ist  zu  betonen,  dass  sie  in 
relativ  grossen  Quantitäten  von  der  Membran  absorbiert  werden  und 
erst  nach  Sättigung  der  Membran  aus  der  andern  Seite  austreten 
können,  also  diffundieren  (^Tammann,  Henri,  Malfitano,  Bechholdj. 

Colloide  gleichen  Zeichens  mit  der  Membran  können  auch  Quel- 
lung des  Gesamtkomplexes  veranlassen  und  zwar  natürlich  eventuell 
an  verschiedenen  Stellen  der  Membran  verschieden,  z.  B.  je  nach  dem 
Krümmungsradius,  der  das  Colloid  absorbierenden,  z.  Zt.  scharf  be- 
grenzten Oberfläche. 

Die  Durchlässigkeit  von  Membranen  für  Colloide  ist  bei  folgenden  Kombinationen 
beobachtet  worden : 

Dauwe:  Pepsin  dringt  in  Eiweiss  ein  und  zwar  ist,  was  sehr  beachtenswert, 
die  Absorption  der  Masse  der  Eiweisswürfel  parallel  und  nicht  den  Oberflächen 
(Hofmeisters  Beiträge  6,  1905,  p.  4:^6),  und  geht  nur  durch  feste  Eiweissmembranen 
wenn  auf  der  andern  Seite  flüssiges  (imbibierendes)  Eiweiss.  Tierkohle,  koagulierte 
Seren,  Casein.  Fleischpulver,  sogar  frisch  gefälltes  Ba,  SO4,  Seide  absorbieren  Fer- 
mente, diese  Stoffe  müssten  also  Fermente  bei  grosser  Konzentration  oder  bei  sehr 
dünnen  Schichten  auch  durch  sich  durchtreten  lassen. 

Nicht  absurbiei't  werden  die  Fermente  durch  Sand,  Glas,  Talg,  Stärke,  folglich 
müsste  eine  mit  Stärke  imprägnierte  Membran  kein  Pepsin  durchtreten  lassen. 

Absorption  und  Retention  von  Fermenten  durch  die  Cellulose  des  Filtrierpapiers 
(Urase)  vergl.  Levy,  Some  physical  properties  of  enzyms  —  Sludies  from  the  Rock- 
feller  Institut  for  medical  research,  vol.  4,  1906.  Journ.  of  infection  Diseases  :2,  l,  1905. 
Van  de  Velde  stellte  fest,  dass  eine  ganze  Reihe  von  Fermenten  durch  entfettete 
Darmwände  durchzutreten  imstande  ist,  während  kein  einziges  durch  Cellulosewände 
durchgeht.  Van  de  Velde,  Über  Diffusion  von  Enzymen  durch  Cellulosemembraneii, 
Biochem,  Zeitschr.  1906,  1.  Henri:  Colloid  Ag  (feine  Form)  tritt  in  die  Sekrete  über, 
nicht  in  Liq.  cerebrospinaUs.  Slodel:  Emulsin  tritt  normaler  Weise  in  den  Pankreas- 
saft  über.     Compt.  rend.  soc.  biol.  1906. 


530  Heinrich  Zangger. 

Toxine  diffundieren  in  Gelatine  (Arrhenius  und  Madsen,  Marino), 
ebenso  Ziegenpräzipitine,  (Bechhold),  Pyorganeustoxine  diffundieren 
(nach  Ruffer,  Creudiropolis,  Grosline,  Rodet  et  Guechoff)  durch  Collo- 
diummembranen. 

2.  Dauerveränderungen  durch  neue,  in  der  Membran  in  Schichten 
entstehende  CoUoide  (durch  chemische  Reaktion,  Kondensation  etc. 
in  und  an  den  Membranflächen), 

Die  Absorption  von  Colloiden  an  Colloide,  das  heisst  Annäherung, 
Fixierung  kann  verschiedene  Motive  haben,  osmotischer  Druck,  Quel- 
lungstendenz, Verteilungstendenz  elektr.  Ladung. 

Bei  grosser  Nähe  etc.  kann  elektrische  Attraktion  das  Eintreiben 
in  die  Oberfläche  allein  bewirken  —  oder  Fixation  kann  allein  als 
Colloidaffinitat  erfolgen,  oder  mit  einem  Zwischenkörper  (Beizen,  Fette, 
Lösungsbeeinflussung),  der  Zwischenkörper  kann  sich  lösen  oder  zum 
Teil  die  Oberflächenspannung  heruntersetzen  und  gleichzeitig  andere 
Substanzen  lokalisieren  durch  irgend  eine  Funktion.^) 

Wenn  wir  auch  heute  noch  die  einzelnen  Funktionen  nicht  nach 
der  quantitativen  Bedeutung  einschätzen  können,  müssen  wir  doch 
immer  wieder  an  die  Möglichkeiten,  die  konkurrieren  können,  denken. 

Inwiefern  pathologische  Vorgänge  von  Hyalinbildung  und  Auf- 
lösung etc.  diesen  Gesetzen  folgen,  kann  heute  nicht  entschieden 
werden. 

Inwiefern  Lösungen,  Verquellung,  eine  Zerstörung  des  Zeil-Indi- 
viduums durch  Aufheben  der  Kohärenz  der  einzelnen  Teile  vorkommen, 
als  eine  sehr  wesentliche  Erscheinung  von  Colloidwirkungen  auf  Col- 
loide-Membranen,  behandelt  die  folgende  Arbeit:  Über  Immunitäts- 
vorgänge etc. 

Viele  Vorgänge  in  der  Bakteriologie  und  der  Immunitätsforschung 
scheinen  mir  der  Betrachtung  vom  Standpunkt  der  Membraneigen- 
schaften aus  leichter  verständlich  und  es  lassen  sich  Möglichkeiten 
zeigen,  an  die  bis  heute  nicht  gedacht  wurde. 

Die  Vernichtung  eines  Bazillus  kann  auf  verschiedene  Weise  er- 
folgen: Er  kann  isoliert  werden,  dass  er  keine  Nahrung  mehr  be- 
kommt und  keine  Stoff  Wechselprodukte  abgeben  kann,  oder  er  kann 
selbst  in  seinen  wichtigsten  Organen  geschädigt  werden.  Das  kann 
nun  zur  Hauptsache  geschehen  durch  eine  Störung  der  Intracellulären- 
Fermente  oder  der  Membran,  und  an  der  Membran  wieder  durch  Ver- 
änderung der  Permeabilitätseigenschaften  oder. Aufhebung  der  Festig- 
keit der  Membran  durch  Quellung,  Verflüssigung. 


')  Anmerkung:  Nicht  alle  hydrophilen  Colloide  setzen  die  Oberflächenspannung 
herab  (Zlobicki ;  vergl.  Arbeit  Kobler). 


über  Membranen  II.  53f 

Alle  diese  Vorgänge  kommen  nun  tatsächlich  vor: 

1.  Tod  durch  Isolierung,  Abgrenzung  ^)  und  Eintrocknung. 

2.  Läsion    des   Zellinnern  durch  fettlösliche,    leicht  eindringende- 
Stoffe,  wie  viele  Desinfizientien. 

3.  Veränderung  der  Membraneigenschaften: 

a)  durch  Schwermetallsalze  und  positive  Colloide,  Eisensalze 
und  Kupfersalze  etc.  (oder  Imprägnation), 

b)  vor  allem  aber  durch  Quellung  und  Aufhebung  der  Struk- 
turfestigkeit der  Membran,  sei  es  allgemein  oder  nur  lokal 
und  damit  zur  Aufhebung  der  Struktur,  also  auch  Auf- 
hebung des  Individiums  und  der  Vermehrungsfähigkeit. 

Dieser  letztere  Prozess,  das  heisst  Auflösung  der  Zelle,  entspricht 
der  Lysis.  Von  den  Möglichkeiten  zur  Auflösung  der  Bakterien,  die 
wir  kennen  gelernt  haben,  kommen  in  Betracht,  quellend  wirkende 
Jonen  und  quellend  wirkende  Colloide. 

Verschiebung  der  Jonenkonzentration  kommt  im  Orga- 
nismus nicht  sehr  weitgehend  vor,  vielmehr  nur  in  engen  Grenzen, 
viel  ausgedehnter  sind  Verschiebungen  des  Colloidalzu- 
standes.  Und  zwar  spricht  für  diese  Auffassung  einerseits,  dass 
die  natürlichen  Auf iösungs Vorgänge  in  Seren,  wie  ich  schon  vor 
Jahren  zuerst  betont  und  nachgewiesen  habe,  vollständig  den  Col- 
loideigenschaften  entsprechen  und  zweitens  kann  man  die  Vorgänge 
der  Lysis  mit  künstlichen  Colloiden  reproduzieren. 

Es  scheint,  dass  die  quellend  wirkenden  Colloide,  speziell  an  Stellen  des  kleinen 
Krümmungsradius  absorbiert  werden.  —  Ursache  der  Plasmoptyse. 

Fragen  dieses  letzten  Abschnittes:  Dauernde  Beeinflussimg  der 
Colloidenmembran  von  verschiedener  Festigkeit,  bilden  auch  eines  der 
Hauptprobleme  der  Histologie,  der  histologisch-morphologischen  Tech- 
nik, sei  es  Färbung,  sei  es  Fixation,  das  heisst :  wir  können  hier  ein 
grosses  Material  zur  Interpretation  vorfinden,  analog  wie  bei  der 
Technik  der  photographischen  Platte  etc. 

Es  geht  vor  allem  aus  den  Erfahrungen  hervor,  dass  alle  orga- 
nischen Membranen,  bis  zur  Zellmembran,  ungleich  feste  Colloide  sind, 
dass  eine  Reaktion  mit  colloidalen  Farben  von  der  Art  der  Membran- 


')  Es  scheint  mir  nicht  unwahrscheinlich,  dass  Eintritt  von  Bakterienprodukten  in 
den  Tierkörper  Antikörper  erzeugt,  die  dann  mit  anderen  aus  bazillenhaltigen  Zonen 
kommenden  ßakterienprodukte  präzipitieren  und  sich  zu  sehr  schwer  löslichen 
Komplexen  (Membranen)   uni   die  Bazillenherde  herum  ablagern  (Impfungsprinzipj. 

Anmerkung:  Es  wäre  interessant,  genau  festzustellen,  ob,  wie  es  den  An- 
schein hat,  speziell  auch  sich  absorbierende  Substanzen  zur  Phagozytose  vorbereiten 
können.  Dass  die  Membranfunktion  für  die  vorliegende  Tatsache  noch  äusserst 
komplex,  ist  sehr  klar,  aber  wir  sehen  doch  die  Prinzipien,  auf  denen  sich  die 
Variation  physikalisch  entwickeln  kann. 


532  Heinrich  Zangger. 

struktur  abhängen  muss,  weil  auch  bei  chemisch  indifferenten  Fixa- 
toren  die  Färbbarkeit  sehr  stark  verschoben  wird  (Alkohol,  Aceton), 
organische  Säuren  (Verquellung)  je  nach  Konzentration. 

Vor  allem  aber  gehört  die  Zellfixation  hierher,  weil  hier  das 
Gesetz  der  Absorption  hochwertiger  Metalle  (deren  Hydroxyde)  eine 
so  grosse  Rolle  spielt  und  weil  die  organischen  Colloide  dadurch 
konstant  und  dauernd  verändert  werden;  alle  der  Fixation  folgenden 
Prozeduren  sind  durch  das  absorbierte  Metall  bedingt. 

Ich  habe  schon  1902  (diese  Zeitschrift)  betont,  dass  gute  Fixa- 
tionsmittel in  die  lebende  Zelle  dringen  müssen.  Ich  machte  auch 
darauf  aufmerksam,  dass  zu  Metallbeizen  am  besten  organische  Säuren 
zugesetzt  werden,  die  gewissermassen  die  Metallsalze  in  die  Zellen 
hinein  zu  leiten  scheinen.    (Weil  keine  colloiden  Hydroxyde  entstehen,) 

Ich  betonte  auch,  dass  Abtöten  und  Fixation  gleichzeitig  erfolgen 
müsse.  Mit  Metalloxyden  in  alkalischer  Lösung  ist  es  deshalb  un- 
möglich, weil  sich  dieselben  hydrolytisch  spalten  und  die  Hydroxyde 
ja  Colloide  sind,  die  Eiweiss  aus  Lösungen  fällen,  wenn  sie  in  der 
Flüssigkeit  verteilt  sind,  aber  nicht  diffundieren.  Wenn  man  al- 
kalische Lösungen  verwenden  will,  so  muss  man  alkalisch  reagierende 
Substanzen  suchen,  die  weniger  intensiv  wirken  und  die,  wenn  mög- 
lich, zugleich  die  Zellmembranen  permeabel  machen.  Überhaupt 
wurde  in  der  histologischen  Technik  von  der  Tatsache,  dass  leicht 
eindringende  Substanzen  auch  andere  in  ihnen  gelöste  leichter  durch- 
treten lassen  resp.  mitreissen,  recht  häufig  Gebrauch  gemacht.^) 

Für  Fixation  in  Histologie,  Pathologie  und  Bakteriologie  haben 
folglich  die  Perm eabilitäts Verhältnisse  der  Membranen  sehr  grosse 
Bedeutung,  die  aber  erst  spät  erkannt  wurde.  Die  künstlichen  Lücken 
bei  der  früher  angewandten  Härtung  der  Präparate,  die  Schrumpfung, 
vor  allem  die  ungleiche  Schrumpfung  und  Verziehung  waren  lange 
wenig  bekämpfte  Übelstände.  Nach  einer  mehrjährigen  experimen- 
tellen Arbeit  über  Fixation  und  Färbung,  Diss.  1902  Verhandl.  der 
Naturf.  Ges.  1902,  habe  ich  gesagt,  dass  zur  Fixation  schnell  in 
die  lebende  Zelle  eindringende  und  das  Plasma  ohne  Wasserentzug 
fällende  Reagenzien  notwendig  seien,  wenn  man  die  topographischen 
Verhältnisse  normal  erhalten  wolle.  Die  färbbare  Masse  sei  unter 
allen  Umständen  nach  Fixation  ein  Kunstprodukt  aus  dem  Zustand 
des  vorliegenden  Materials  plus  fällendes  Reagenz. 


')  Dieselben  Gesichtspunkte  kommen  natürhch  in  Betracht  bei  der  Pharmako- 
therapie, denn  die  Membranen  müssen  die  Verteilung  der  Mittel  zur  Hauptsache 
beherrschen  und  erst  in  zweiter  Linie  kommt  der  Teilungskoeffizient  zwischen  den 
JMassen  zur  Geltung,  besonders  bei  bewegten  Systemen. 


über  Membranen  II.  533 

(Ich  machte  damals  darauf  aufmerksam,  dass  Schwermetall,  Salze  und  Oxyde 
speziell  in  Lösungen  mit  Essigsäure  und  Ameisensäure,  also  niedern  organ.  Säuren 
viel  leichter  und  tiefer  in  lebende  Zellen  vor  Laesion  der  Membranen  eindringen 
können,  und  dass  ein  solches  Vehikel  für  alle  guten  Schwermetallbeizen  notwendig  sei.) 

Mit  der  Einführung  der  Colloidgesetze  in  die  Histologie  versuchte 
ich  einfach  die  Vorgänge,  die  wir  speziell  in  der  Pathologie  als 
morphologisch  prognostisch  zu  denken  gewohnt  sind,  in  die  bestimmten 
Gesetzen  folgenden  Einzelkomponenten  zu  zerlegen  und  deren  isolierte, 
zielbewusste  Beherrschung  und  Berücksichtigung,  als  Notwendigkeit 
zu  zeigen. 

Wenn  wir  versuchen,  aus  den  Fällungs-  und  Imprägnationsgesetzen 
der  Colloide  auf  die  Ursache  der  histologisch  beobachteten  Struktur 
zu  schliessen,  so  suclien  wir  eben  die  Endresultate  von  komplexen 
(allgemein  angewandten  akzeptierten)  Einwirkungen,  in  die  sich  folgen- 
den —  sich  bedingenden  Einzelvorgänge  zu  zerlegen  —  und  uns  nicht 
mehr  mit  der  Konstanz  der  morphologischen  Erscheinung  allein  zu- 
frieden zu  geben  und  damit  mit  den  Schlüssen,  die  die  Empire  ge- 
lehrt hat:  Was  für  morphologisch  nachweisbare  Verschiebungen  ent- 
sprechen bestimmten  Funktionsänderungen  etc.? 

Wir  beurteilen  bis  jetzt  also  Kunstprodukte,  die  unter  vergleich- 
baren Bedingungen  entstanden.  Wir  haben  uns  gew^öhnt,  empirisch- 
prognostisch  und  diagnostisch  damit  zu  denken. 

Die  Identifizierung  der  Colloide  durch  Zeit-Konzentrations-, 
elektrische  Funktionen  etc.  wird,  aber  jeder  Zeit  auch  in  Zukunft  er- 
gänzt werden  müssen  durch  die  morphologische  Untersuchung,  die 
für  die  Art  unseres  Denkens  das  Wesentlichste  der  Colloide,  die 
Struktur  und  Strukturdifferenz,  uns  am  Nächsten  bringt. 

Auch  wenn  wir  die  Colloide  kennen  aber  nicht  alle  Bedingungen 
kennen,  müssen  wir  immer  darauf  ausgehen,  konstante  Punkte  zu 
finden.  Wir  müssen  immer  suchen  Beobachtungen  in  morphologisch- 
physikalische  Konstanten  zu  fassen  (wie  es  die  Biologie  intuitiv  ge- 
macht, weil  das  am  meisten  der  Eigenart  des  Materials  entsprach). 
Wir  kommen  nur  durch  reproduzierbare  Kontrolle  der  Vorstellung 
zur  Basis  einer  Theorie.  Jede  Phase  der  Colloid-Theorie  sollte  mor- 
phologische Äquivalente  haben. 

Wenn  sich  eine  Colloidtheorie  in  Bildern  bewegen  würde  ohne 
die  entsprechende  morphologische  Kontrolle,  müsste  sie  bei  der  Kom- 
pliziertheit der  Möglichkeiten  irren,  deshalb  wird  das  synthetische  Auf- 
suchen von  bestimmten  Reaktionsfolgen,  wie  es  ja  alle  CoUoidreaktionen 
sind,  ausserordentlich  viel  Experimente  brauchen,  da  ja  die  Colloid- 
technik  selbst  noch  zur  Hauptsache  geschaffen  werden  muss  und  die 
Abhängigkeiten    von    Vergangenheit   und    momentanen    Bedingungen 


534  Heinrich  Zangger. 

fast  unvorstellbar  kompliziert  sein  können  (wie  schon  die  Stoffeischen 
Resultate  beweisen). 

Die  Membranen  sind  bei  allen  Einwirkungen  auf  Lebewesen  die 
nächstliegenden  zugänglichen  Colloide,  die  zuerst  angetroffen  werden. 
Durch  Beeinflussung  der  Membran  können  die  zeitlichen  Prozesse  ver- 
schoben werden,  aber  auch  Prozesse  können  in  die  Membran  lokalisiert 
werden  durch  Colloidabsorption,  Lokalisation  von  Fermenten  etc. 

Anmerljung:  Loicalisation  von  Fermenten  in  einer  Membran  aus  ungleichen 
Schichten  kann  nicht  nur  einen  Prozess  lokalisieren  in  die  Membranen:  sie  kann 
auch  den  Verlauf  des  Austausches  in  spezifischer  Weise  gerade  durch  die  Ferment- 
lokalisation  bedingen  (einseitiger  Transport). 

Das  Membranproblem,  wie  ich  es  im  Vorhergehenden  zu  ent- 
wickeln suchte,  wird  in  der  Zukunft  wohl  der  Hauptpunkt  sein,  in 
dem  sich  Chemie  und  Physik  mit  der  Morphologie  treffen.  Durch 
den  Membranbegriff  und  seine  physikalische  und  chemische  isolierbare 
typische  Eigenart  bekommen  die  morphologischen  Begriffe,  also 
Distanzen,  Dicken,  Strukturen  neue  Bedeutung,  indem  sie  uns, 
zusammengehalten  mit  den  Membranbegriffen,  eine  Einsicht  in  den 
zeitlichen  Verlauf  der  physiologischen  und  pathologischen  Vorgänge 
gestatten. 

Solange  wir  sehen,  dass  in  dem  Membranproblem  viele  rätsel- 
hafte Vorgänge  sich  durch  physikalische  Gesetze  aufklären  lassen, 
liegt  der  Erfolg  darin,  diese  komplexen  physikalischen  Funktionen 
aufzulösen,  denn  nur  so  lernen  wir  sie  beeinflussen  und  beherrschen 
und  mit  der  Definition  der  Beeinflussbarkeit  für  den  Einzelfall  haben 
"wir  schon  viel  für  die  Zukunft  gewonnen. 

Rückweichen  von  diesen  komplexen  physikalischen  Rätseln  drängt 
uns  auch  hier  in  die  Annahme  von  vitalen  Rätseln  und  damit  in 
systemlose  Empirie  zurück. 


Übersicht  über  die  Hauptpunkte  des  IXIembranproblems 

(zu  Membranen  I  und  II). 

Die  heutige  Auffassung:  Die  meisten  Untersuchungen  beachten  das  Membran- 
Problem  gar  nicht,  das  Experimentalsystem  wird  so  gewählt,  dass  die  uns  interessieren- 
den Störungen  vernachlässigt  werden  können.  Es  gibt  aber  Gebiete,  in  denen  viel 
Material  vorliegt,  das  eine  allgemeine  Diskussion  der  Membraneigentümlichkeiten 
erlaubt  und  eine  Rückführung  der  Eigenschaften  auf  allgemeine  Prinzipien.  (Wir 
sprechen  von  Membranfunktionen,  wenn  die  Beziehungen,  von  zwei  Flüssigkeiten, 
die  durch  die  Membran  bestehen,  in  typischer  Weise  beeinflusst  werden.)  Heutige  An- 
nahme: Krystalloide  gehen  durch  colloide  Membranen,  Colloide  werden 
zurückgehalten.  Ferner  Constanz  der  Membran:  die  Membranfunktion 
sei  vollständig  bedingt  und  immer  charakterisiert  durch  die  Stoffart, 
aus  der  sie  besteht. 


über  Membranen  II.  535 

Dazu  kommen  aber  eine  Reihe  anderer  Folgen  der  Eigenart  der  Membran : 

1.  Absorptionen  durch  die  Membranmasse  (Imbibition  als  Colloid). 

2.  Ungleiche  Permeabilität  (Election)  auch  für  Kristalloide,  aber  auch   für  Colloide. 

3.  Entstehung  elektrischer  Potenziale. 

4.  Dazu  kommt  die  unbeachtete  Veränderlichkeit: 

a)  Reversibler  Art  (Anpassung,  automatische  Regulation). 

b)  Irreversibler  Art  (Absorptionen,  Verfestigung,  Verquellung). 

Diese  Funktionsänderungen  sind  meist  Folgen  von  Gemischen  und  komplexen 
Verhältnissen : 

1.  Variationen  durch  Zusätze  von  Körpern,  die  durch  ihre  Gegenwart  die  Durch- 
lässigkeit verschieben,   bedingen  oder  aufheben,   speziell  auch   für  Kristalloide. 

2.  Variation  der  Permeabilität  für  Colloide,  bedingt   durch: 

a)  Elektrische  Potenziale  (Verhalten  der  elektrischen  Ladung  zum  Colloid  der 
Membran). 

b)  Veränderung  der  Oberflächenspannung,  (Absorption  an  die  Grenzflächen  und 
Imbibition  in  die  Membran  hinein),  auch  bei  neu  entstandenen  Colloid- 
komplexen. 

c)  (Imprägnation  durch  in  der  Flüssigkeit  unlösliche  Stoffe). 

Ursachen  der  Membranbildung  und  kritische  Dicke  der    Membran. 

Folgen  und  Funktionen  der  Membran  im  allgemeinen. 

Biologisch  kommen  speziell  Membranen  in  Betracht  als  Funktionen  von  Kon- 
zentrationen in  Oberflächen  und  Niederschlagsmembranen. 

1.  Nachweis,  dass  die  Oberflächen-Grenzzonen  verschieden  sind  von  der  Innenmasse: 

a)  Oberflächenspannung. 

b|  Lösungsgeschwindigkeit. 

c)  Elektrische  Beeinflussbarkeit. 

2.  Folgen  dieser  Dif!erenz  der  Eigenschaften  der  äussern  Zone  auf  Vorgänge  in  der 
Masse  und  der  Grenzzone:  Konzentration  von  Substanzen  in  der  Oberfläche  und 
die  Folgen  davon:  Kristalloide:  Fettsäuren  (Bernsteinsäure  und  Wasser)  etc.  Bei 
CoUoiden:  Membranbildung  als  Konzentrations-  und  Zeilfunktion. 

a)  Dicke,  d.  h.  Zone  der  Tiefenausdehnung  der  Wirkung  der  Oberflächen-Kräfte, 
Schichtdicke  für  sehr  viele  Funktionen  gleich.  Physikalische  Grössenordnung, 
die  sehr  häufig  in  der  Physik  erscheint. 

b)  Wirkungen  der  Konzentrationsveränderungen  auf  Colloide. 

c)  Folgen  von  entstehenden  Membranen: 

of)  Mechanische  Trennung. 

ß)  Ungleiche  Verzögerung.  Veränderung  im  Austausch,  zeitlich,  quantitativ. 
y)  Elektive  Wirkung  bei  stark  ungleicher  Hemmung  der  Bewegung. 
(Selbst-Abgrenzung  aller  lebenden  Organismen.) 
Daneben  treten  elektrische  Erscheinungen  auf,  die  äusserst  merkwürdig,  wichtig 
und  die  lange  Zeit  die  Vorstellung  des  Membrantransportes  beherrscht  haben : 

1.  Die  entstehenden  Potenziale: 

a)  Durch  Elektrolyte. 

b)  Durch  Strömungen. 

2.  (Beeinflussung  des  Systems  durch  den  entstehenden  Strom.) 

Veränderlichkeit  der  Membranen. 

Ungleiche  Quellung,  d.  h.  diff'erenter  Wassergehalt  lässt  in  Wasser  gleichschnell 
diffundierende  Substanzen  ungleich  schnell  diffundieren.  Die  Colloidkonzentration 
resp.  im  Colloid  anwesende  andere  Körper  verändern  die  Permeabilitätsverhältnisse 
für  verschiedene  Körper  ungleich.  Unter  gleichen  Temperatur-  und  Konzentrations- 
verhältnissen kann  die  Membrandurchlässigkeit  verschieden  sein  und  auf  ver- 
schiedene Art  verändert  werden: 


536  Heinrich  Zangger. 

a)  Reversible  Permedbilitätsänderungen. 

I.  Durch  Zufuhr  von  Kräften  in  das  System  von  aussen: 

a)  Durch  einen  elektrischen  Strom  oder  b)  durch  Einführung  von  hydro- 
statischen Druckdifferenzen  (Filtration). 

II.  Veränderungen  der  Membranpermeabilität  durch  Zusätze,  die  entfernt  werden 
können  aus  der  Membran  (oder  zerstört  oder  als  CoUoid  aufgelöst):  ohne  dass 
die  Membran  wesentlich  verändert  wurde.  Konzentrationsverhältnisse  sind  je 
nach  der  Netzungsfähigkeit  des  Gemisches  von  entscheidender  Bedeutung. 

a)  Zusätze  von  Nichtelektrolyten :  Harnstoff  wirkt  in  einzelnen  Fällen  be- 
fördernd auf  Farben  in  Gelatine;  Zucker.  Alkohol,  Aether  wirken  nach 
Konzentrationen  verschieden.  In  der  Membran  als  feste  Substanz  auf- 
tretende Imbibitionsmasse  (Fette,  Lipoide)  verändern  die  Permeabilität 
maximal.    Imprägnation. 

b)  Zusätze  von  Elektrolyten,  speziell  Säuren  und  Basen  können  in  geringen 
Konzentrationen  reversible  Zustandsveränderuniren  schaffen  bei  sehr  di^hinen 
Membranen,  auch  hier  ist  der  Zustand  der  CoUoide  wie  überall,  wo 
Elektrolyte  vorliegen,  eine  Funktion  der  Jonen. 

III.  Veränderungen  der  Colloidpermeabilität  durch  ungleiche  Erstarrung  (passagere 
Differenzen). 

h)  Dauernde   Veränderungen  durch  Substanzen,  icelche  die  Membran 
als  CoUoid  irreversibel  ver aridem. 

I.  Elektrolyte,  speziell  Schwermetallsalze:  verfestigende,  lösungs- 
hemmende  aber  auch  quellende,  lösende  Funktion  der  Jonen  (unter  Fixation 
eines  Teiles).  Bedeutung  für  die  Fixation  und  Färbung  in  der  Histologie. 
IL  Niederschläge  von  schwer  lösHchen,  leicht  coUoid  ausfallenden  Salzen  in  der 
colloiden  Membran,  Einfluss  dieser  Substanzen  auf  die  Struktur  der  Membranen. 
Bedeutung  von  veränderten  Colloiden  für  das  Ausfallen. 

III.  Veränderung  der  Membrandurchlässigkeit  durch  präexistente  und  durch  in  der 
Membran  entstehende  Colloide,  für  Kristalloide  und  speziell  für  Colloide;  durch 
Einlagerung,  Anlagerung,  Verfestigung,  Verquellung,  Auflösung;  Anwendung 
der  Erfahrungen  auf  verschiedene  biologische  Gebiete,  speziell  Pharmokologie 
und  Pathologie. 

Die  Schnelligkeit  des  Eintrittes  der  Substanz  in  die  Membran,  die  Schnellig- 
keit des  Durchtrittes,  der  Massenaustausch,  ist  in  der  Biologie  (deren  wechselnden 
Systemen)  das  Wesentlichste.  (Die  theoretischen  Grenzwerte  bei  Semipermeabilität 
können  rechnerisch  in  der  Biologie  nicht  verwendet  werden). 

Die  Literatur  zu  den  verschiedensten  Punkten  des  Membranproblems,  vergl. 
Zangger:  Über  Membranen  und  Membranfunktionen,  Ergebnisse  der  Physiologie  1907, 
eingereicht  August  1907. 


Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte. 

Von 

Ferdinand  Rudio  und  Carl  Schröter. 


21.  Der  zweihundertjährige  Geburtstag  von  Leonhard  Euler. 

Der  zweihundertjährige  Geburtstag  Eulers  (geb.  am  15.  April 
1707  in  Basel,  gest.  am  18.  Sept.  1783  in  St.  Petersburg)  ist  in  der 
ganzen  wissenschaftlichen  Welt  festlich  begangen  worden.  Berichte 
über  Festakte  liegen  vor  von  Basel,  Berlin,  Breslau,  Dresden,  Görliz, 
Hamburg,  Petersburg,  Worchester  usw.  Allein  die  Deutsche  Mathe- 
matiker-Vereinigung hat  in  ihrer  .Jahresversammlung  zu  Dresden 
(15. — 18.  Sept.  1907)  zwei  ganze  Sitzungen  ausschliesslich  dem  An- 
denken Eulers  gewidmet,  und  es  haben  darin  die  Herren  A.  v.  Brill, 
L.  Schlesinger,  A.  Pringsheim,  E.  Brauer,  F.  S.  Archenhold, 
B.  Gans,  E.  Timerding,  W.  Hort,  E.  Hoppe  die  unvergänglichen 
Verdienste,  die  sich  Euler  auf  den  verschiedensten  Gebieten  der  reinen 
wie  der  angewandten  Mathematik  erworben  hat,  gebührend  gewürdigt. 

Wir  würden  aber  den  uns  zur  Verfügung  stehenden  Raum  weit 
überschreiten,  wollten  wir  alle  die  Huldigungen,  die  dem  Andenken 
Eulers  in  dem  abgelaufenen  Jubiläumsjahre  dargebracht  worden  sind, 
einzeln  besprechen.  Auch  die  stattliche  Eulerliteratur.  die  das  Jubi- 
läumsjahr gezeitigt  hat  und  die  nur  zu  einem  Teil  durch  die  Namen 
W.  Ahrens,  Fritz  Burckhardt,  G.  Eneström,  J.  H.  Graf, 
A.  Kneser,  F.  Kötter,  E.  Lampe,  E.  Landau,  W.  Lorey,  Felix 
Müller,  S.Schulz-Euler,  P.  Stäckel,  G.Valentin,  K.  Vonder- 
Mühll  repräsentiert  ist,  kann  hier  nur  gestreift  werden.  Und  so 
beschränken  wir  uns  darauf,  über  den  akademischen  Festakt  zu  be- 
richten, den  die  Vaterstadt  Eulers  zu  Ehren  ihres  grossen  Sohnes 
veranstaltet  hat :  0 


*}  Das  folgende  Referat  wurde  zuerst  in  No.  123  (4.  Mai  1907)  der  „Neuen 
Zürcher  Zeitung"  veröffentlicht.  Inzwischen  ist  auch  der  offizielle  „Festbericht, 
erstattet  im  Auftrage  e.  e.  Kegenz  der  Universität  von  dem  Rektor  Prof.  Dr.  John  Meier", 
erschienen  unter  dem  Titel:  „Festakt  der  Universität  Basel  zur  Feier  des  zweihun- 
dertsten Geburtstages  Leonhard  Eulers.     Basel  1907." 

35 

Vierteljahrsschrift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.     l'J07. 


538  Ferdinand  Rudio  und  Carl  Schröter. 

Zu  Ehren  des  zweihundertjährigen  Geburtstages  des 
grossen  Mathematikers  Leonhard  Euler  veranstaltete  die  Basler 
Universität  letzten  Montag,  den  29.  April,  eine  Gedächtnisfeier,  die 
einen  höchst  würdigen  und  weihevollen  Verlauf  nahm  und  die  allen 
Teilnehmern  eine  unauslöschliche  Erinnerung  zurücklassen  wird.  Was 
der  Feier  einen  besonderen  Glanz  verlieh,  war  natürlich  der  Umstand, 
dass  neben  den  sämtlichen  schweizerischen  Hochschulen  die  kaiser- 
lich russische  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Petersburg  und 
die  königlich  preussische  Akademie  der  Wissenschaften  zu  Berlin 
durch  persönliche  Abordnungen  vertreten  waren. 

Am  Vorabend  waren  die  sämtlichen  Delegierten,  zu  denen  sich 
auch  noch  Vertreter  der  benachbarten  deutschen  Hochschulen  (Frei- 
burg, Karlsruhe,  Strassburg),  sowie  der  Deutschen  Mathematiker- 
Vereinigung  gesellten,  einer  Einladung  des  Rector  magnificus,  des 
Herrn  Prof.  Dr.  John  Meier,  gefolgt,  wo  sie  auf  das  Liebens- 
würdigste empfangen  und  schliesslich  noch  mit  einem  prächtigen 
Gastgeschenk,  dem  von  Friedrich  Webers  Künstlerhand  her- 
rührenden Stiche  von  Eulers  Porträt,  überrascht  wurden. 

Der  eigentliche  Festakt  fand  nun  am  Montag  vormittag  in  der 
Martinskirche  statt.  Die  Kirche  war  prächtig  geschmückt,  vor  der 
Rednertribüne  erhob  sich  die  über  lebensgrosse  Büste  Eulers  in 
einem  förmlichen  Lorbeerwalde.  Ln  Schiff  war  der  letzte  Platz  be- 
setzt, als  um  halb  elf  Uhr  die  Professoren  und  Studenten,  diese 
natürlich  in  vollem  Wichs  mit  ihren  Fahnen,  in  feierlichem  Zuge 
und  unter  Orgelklange  erschienen  und  im  Chor  zu  beiden  Seiten  der 
Rednertribüne  Platz  nahmen.  Nachdem  das  akademische  Orchester 
Glucks  Ouvertüre  zu  Iphigenie  vorgetragen  hatte,  erhob  sich  Herr 
Professor  Dr.  K.  VonderMühll,  um  die  eigentliche  Festrede  zu 
halten.  Er  knüpfte  an  die  Gedächtnisfeier  an,  die  die  Basler  Natur- 
forschende Gesellschaft  1883  zum  hundertjährigen  Todestage  Eulers 
abgehalten  hatte,  um  dann  besonders  eingehend  die  Jugendzeit  und 
die  Lehrjahre  Eulers  zu  behandeln.  Hat  auch  Euler  von  seinem 
neunzehnten  Jahre  an  im  Auslande  —  in  Petersburg,  Berlin  und 
wieder  in  Petersburg  —  gelebt,  so  darf  ihn  doch  auch  die  Basler 
Universität  zu  den  ihrigen  zählen.  Hat  er  doch  an  ihr  von  seinem 
vierzehnten  Lebensjahre  an  als  Schüler  der  grossen  Bernoulli 
studiert  und  an  ihr  1724  die  Magisterwürde  erlangt.  Und  Basler 
war  er  nicht  nur  seiner  Abstammung  nach,  sondern  auch  nach 
Sprache  und  Sitte,  und  er  bewahrte  sich  die  heimatliche  Eigenart 
bis  zu  seinem  Ende. 

In  dem  etwa  drei  Viertelstunden  währenden  inhaltsreichen  und 
fesselnden   Vortrage    verbreitete    sich    der   Redner    sodann    über   die 


Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte.  539 

weiteren  Lebensschicksale  des  grossen  Mathematikers  und  seine  ge- 
radezu ans  Fabelhafte  grenzende  wissenschaftliche  Tätigkeit.  Indessen 
ist  darüber  in  diesem  Blatte^)  bei  Anlass  des  eigentlichen  Geburtstages 
(15.  April)  ausführlich  berichtet  worden,  so  dass  wir  darauf  verzichten 
müssen,  nochmals  auf  alle  die  unvergänglichen  Leistungen  einzu- 
treten, die  sich  an  den  Namen  Euler  knüpfen.  Hoffentlich  wird  der 
Vortrag  des  Herrn  VonderMühll  durch  den  Druck  weiteren  Kreisen 
zugänglich  gemacht.  '^) 

Als  Vertreter  der  Petersburger  Akademie  richtete  nun  Herr 
Dr.  0.  Backlund,  Direktor  der  Sternwarte  in  Pulkowa,  eine  An- 
sprache an  die  Versammlung,  wobei  er  sich  eines  feinen,  gewählten 
Lateins  bediente.  Er  übermittelte  die  Grüsse  seiner  Akademie,  dankte 
für  die  Einladung  und  gab  sodann  eine  von  höchster  Bewunderung 
diktierte  Würdigung  der  Tätigkeit  Eulers,  insbesondere  seiner  Ver- 
dienste um  die  Petersburger  Akademie,  der  Euler  von  1727  bis  1741 
und  dann  wieder  von  1766  bis  zu  seinem  am  18.  September  1783 
erfolgten  Tode  angehört  hat.  Mit  Dank  und  mit  Stolz  gedenkt  heute 
die  Akademie  dieses  ihres  unsterblichen  Mitgliedes. 

Nach  Herrn  Backlund  ergriff  Herr  Prof.  Dr.  G.  Frobenius 
das  Wort,  als  Vertreter  der  Berliner  Akademie.  Dass  gerade  Herr 
Frobenius  als  Abgesandter  der  preussischen  Akademie  nach  Basel 
gekommen  war,  durfte  als  eine  besonders  freundliche  Fügung  an- 
gesehen werden.  Denn  nicht  nur  hat  Herr  Frobenius  viele  Jahre, 
von  1875  bis  1892,  am  eidgenössischen  Polytechnikum  gewirkt,  son- 
dern er  führt  auch  seinen  Stammbaum  auf  jenen  berühmten  Buch- 
drucker Johannes  Proben  zurück,  der  um  1500  in  Basel  gelebt 
und  dort  z.  B,  die  Werke  des  Erasmus  verlegt  hat.  So  konnte  sich 
denn  Herr  Frobenius  am  Vorabende  im  Hause  des  Herrn  Rektors  in 
einer  scherzhaft  gehaltenen  Rede  als  Basler  vorstellen. 

Nachdem  sich  Herr  Frobenius  seines  offiziellen  Auftrages,  Gruss 
und  Dank  der  Berliner  Akademie,  entledigt  hatte,  teilte  er  mit,  dass 
auch  in  Berlin  der  denkwürdige  Geburtstag  Eulers  in  würdiger  Weise 
gefeiert  worden  sei.  Die  Berliner  mathematische  Gesellschaft  hat 
dem  Andenken  Eulers  eine  besondere  Festsitzung  gewidmet,  in  der 
die  Professoren  Valentin,  Kneser  und  Kötter  die  grossen,  den 
verschiedensten  Gebieten  angehörenden  Verdienste  Eulers  gewürdigt 
haben.     An  dem  Wohnhause  Eulers  in   der  Behrenstrasse  wird  eine 


*)  Nämlich  der  Neuen  Zürcher  Zeitung.  Der  Aufsatz  stammte  aus  der  Feder 
des  Herrn  R.  F[ueter],  der  inzwischen  an  die  Basler  Hochschule  berufen  worden  ist. 

")  Das  ist  nun  geschehen  durch  die  Veröffenthchung  des  oben  zitierten  ,  Fest- 
berichtes, erstattet  von  dem  Kektor  Prof.  Dr.  John  Meier". 


540  Ferdinand  Rudio  und  Carl  Schröter. 

Gedenktafel    angebracht  werden   und    eine   Strasse   in   Berlin  wird 
den  Namen  Eulerstrasse  erhalten. 

Im  Hinblick  auf  den  Vortrag  des  Herrn  VonderMühll,  in  dem 
die  wichtigsten  Werke  Eulers  einzeln  namhaft  gemacht  und  be- 
sprochen worden  waren,  glaubte  Herr  Frobenius  sich  auf  eine  all- 
gemeine Charakteristik  der  Gesamterscheinung  Eulers  beschränken 
zu  sollen:  „Nehmen  Sie  irgend  ein  Lehrbuch  der  Elementarmathe- 
matik", mit  diesen  Worten  wandte  sich  der  Redner  an  die  studierende 
Jugend,  „der  analytischen  Geometrie,  der  Differential-  und  Intregal- 
rechnung,  der  analytischen  Mechanik,  der  Astronomie,  der  mathe- 
matischen Physik  oder  was  sie  wollen  in  die  Hand,  was  Sie  darin 
finden,  das  kommt  von  Euler".  Man  kann  sagen,  alles  was  vor 
Euler  geschaffen  worden  ist,  das  hat  er  in  die  Form  gegossen,  deren 
wir  uns  heute  bedienen.  Fürwahr,  eine  gewaltige  Leistung !  Wer 
aber  glauben  wollte.  Euler  sei  nur  ein  grosses  Talent  gewesen,  nicht 
aber  auch  ein  Genie,  der  sei  auf  Eulers  Behandlung  des  Imaginären 
verwiesen,  auf  den  von  ihm  gefundenen  Zusammenhang  zwischen  der 
Exponentialfunktion  und  den  Kreisfunktionen,  auf  die  Eulerschen 
Polyeder,  auf  das  Reziprozitätsgesetz  in  der  Zahlentheorie,  von  dem 
erst  Kummer  hat  nachweisen  müssen,  dass  es  in  seinem  ganzen 
Umfange  Eulers  Eigentum  sei,  und  auf  so  manches  andere  noch. 
So  vermittelt  Euler  den  Übergang  von  der  alten  zur  neuen  Mathe- 
matik: „Er  hat  bereits  alle  Fäden  in  der  Hand  gehalten,  aus  der 
das  bunte  Gewebe  der  modernen  Mathematik  hervorgegangen  ist". 
Wahrlich,  an  Genie  hat  es  ihm  nicht  gefehlt.  In  einem  Punkte  sind 
ja  vielleicht  die  Modernen  genialer:  in  der  Unklarheit.  Aber  die 
hatte  freilich  Euler  nicht  nötig,  davor  schützte  ihn  auch  sein  guter 
Verstand  und  seine  Ehrlichkeit.  Er  hat  stets  mit  grosser  Offenheit 
die  ganze  Entstehungsgeschichte  seiner  Entdeckungen  mit  allen  Wegen 
und  Umwegen,  die  ihn  dazu  geführt  hatten,  mitgeteilt,  und  dann  war 
er  erst  recht  noch  imstande,  zum  Schlüsse  noch  einen  besonders 
feinen  Weg  zu  bezeichnen,  der  direkter  und  noch  eleganter  zum  Ziele 
führe.  Einer  so  liebenswürdigen  Freigebigkeit  können  sich  nicht 
viele  Mathematiker  rühmen.  Gauss  z.  B.  hat  stets  vorsichtig  die 
Brücken  hinter  sich  abgebrochen,  damit  man  nicht  allzu  deutlich  er- 
kenne, wie  er  zu  seinen  Resultaten  gelangt  sei. 

Herr  Frobenius  schloss  mit  dem  Hinweise  auf  den  auffallenden 
Umstand,  dass  gleichzeitig  mit  Euler  noch  so  viele  andere  hervor- 
ragende Schweizer  an  der  Berliner  Akademie  tätig  gewesen  seien: 
Sulzer,  Merian  u.  a.  Euler  freilich  war  weitaus  der  grösste, 
während   eines  Vierteljahrhunderts  war   er   die  eigentliche  Seele  der 


Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte.  541 

Akademie,  und  wenn  auch  nicht  dem  Titel  nach,  so  doch  tatsächlich 
ihr  Präsident.  Auch  bei  Friedrich  dem  Grossen  stand  er  in 
höchstem  Ansehen. 

Nunmehr  erhob  sich  der  Rektor,  Herr  Prof.  Dr.  John  Meier, 
um  den  Vertreter  der  beiden  Akademien  und  auch  diesen  selbst  im 
Namen  der  Universität  zu  danken.  Wer  seine  grossen  Männer  ehrt, 
ehrt  sich  selbst.  Petersburg  hat  Euler  auch  ein  Denkmal  gesetzt; 
über  seinem  Grabe  auf  dem  Petersburger  Friedhof  erhebt  sich  ein 
Block  aus  finnländischem  Granit  mit  der  Inschrift:  Leonardo  Eulero 
Academia  Petropolitana. 

Im  Namen  der  schweizerischen  Universitäten  und  des  eidgenös- 
sischen Polytechnikums  überbrachte  sodann  Herr  Prof.  Dr.  F.  Rudio 
den  Gruss  der  sämtlichen  Hochschulen  unseres  Landes.  Mit  dem 
Grusse  verband  er  zugleich  den  Dank  für  die  Einladung,  mit  der  die 
Basler  Universität  die  Schwesteranstalten  beehrt  habe.  Die  Universität 
Basel  habe  damit  dem  schönen  Gedanken  Ausdruck  verliehen,  dass 
ein  Festakt,  der  dem  Andenken  Leonhard  Eulers  geweiht  ist,  zu- 
gleich ein  Fest  sei,  an  dem  die  wissenschaftliche  Welt  der  ganzen 
Schweiz  freudigsten  Anteil  nehme.  Und  fürwahr,  freudigen  Herzens 
sind  wir  dem  Rufe  gefolgt  in  diese  altehrwürdige  Stadt,  um  teilzu- 
nehmen au  der  Gedächtnisfeier,  die  Basel  einem  der  gross ten  Söhne 
des  Schweizerlandes  bereitet. 

Wer  immer  als  Mathematiker  Basels  Boden  betritt,  der  wird  ja 
nicht  anders  können,  als  den  Manen  der  Bernoulli,  den  Manen  Eulers 
eine  stille  Huldigung  darzubringen.  Heute  aber,  da  wir  die  Geburts- 
stätte Eulers  betreten,  um  seinen  zweihundertjährigen  Geburtstag 
zu  feiern,  da  führt  uns  der  Gedanke  an  all  das  Grosse,  was  von 
diesem  einen  und  einzigen  ausgegangen  ist,  zu  wahrer  Andacht,  da 
ist  uns,  als  müssten  wir  jene  biblische  Stimme  vernehmen:  ^Zeuch 
deine  Schuh  aus  von  deinen  Füssen.  Denn  der  Ort,  da  du  auf  stehest, 
ist  ein  heilig  Land." 

Herr  Rudio  wandte  sich  nun  noch  besonders  an  die  Vertreter  der 
beiden  grossen  Akademien.  Die  Schweiz  wird  der  Petersburger  und 
der  Berliner  Akademie  stets  das  Gefühl  der  Dankbarkeit  bewahren, 
dass  sie  unserm  Euler,  für  den  das  eigene  Vaterland  zu  klein 
war,  ein  grösseres  geboten  und  ihm  die  Möglichkeit  bereitet  haben, 
in  ungetrübter  Schaffensfreudigkeit  sein  gtosses  Lebenswerk  zu 
vollenden.  So  bedeutet  schon  der  Name  Euler  allein  ein  unlösbares, 
edles  Band,  das  die  Schweiz  mit  diesen  hochangesehenen  wissen- 
schaftlichen Instituten  verbindet.  Und  doch  ist  ein  Wunsch  noch 
unerfüllt  geblieben,  noch  bleibt  eine  grosse  und  dankbare  Aufgabe 
zu  lösen  übrig,  die  die  Schweiz  allein  wohl   nicht  zu  bewältigen  im- 


542  Ferdinand  Piudio  und  Carl  Schröter. 

stände  sein  wird,  so  sehnlichst  und  so  laut  auch  seit  Jahren  die 
Lösung  verlangt  wird:  Eine  Gesamtausgabe  der  Werke  Eulers! 
Die  Erfüllung  dieses  Wunsches  wäre  nicht  nur  ein  Akt  der  Pietät, 
sondern  auch  —  darin  sind  alle  einig  —  eine  eminent  wissen- 
schaftliche Tat.  Möge  die  heutige  Feier,  möge  die  Teilnahme  der 
beiden  Akademien  an  dem  schweizerischen  Feste  den  Grund  legen  zu 
diesem  Werke!  Wenn  dann  dereinst  durch  vereinte  Anstrengung 
dieses  Werk  vollendet  sein  wird,  dann  ist  ein  Denkmal  errichtet, 
das  gewaltiger  zur  Menschheit  reden  wird  als  Erz  und  Stein,  ein 
Denkmal  mit  der  unsichtbaren  und  doch  weit  hinaus  leuchtenden 
Inschrift:  Leonardo  Eulero  Academia  Petropolitana,  Aca- 
demia  Berolinensis,  Confoederatio  helvetica! 

Nochmals  erhob  sich  der  Herr  Rektor,  um  auch  den  schwei- 
zerischen Hochschulen  für  ihre  Beteiligung  zu  danken.  Dem  Vor- 
redner danke  er  noch  besonders,  da  dieser  schon  an  der  hundert- 
jährigen Todesfeier  Eulers  die  schweizerischen  Hochschulen  mitver- 
treten habe.  Sodann  verlas  der  Rektor  noch  ein  Telegramm  der 
physikalischen  Gesellschaft  in  Petersburg,  die  bei  dem  Feste  nicht 
zurückbleiben  wolle  und  von  Herzen  teilnehme  an  der  Ehrung  Eulers. 

Zum  Schlüsse  kam  nochmals  die  Musik  zum  Wort,  die  ja  auch 
Euler  so  sehr  geliebt  hat.  Pflegte  er  doch  seine  Mussestunden  am 
Klavier  zuzubringen  und  hat  er  doch  sogar  eine  Theorie  der  Ton- 
kunst geschrieben.  Mit  dem  herrlichen  Kriegsmarsch  der  Priester 
aus  Athalia  von  Mendelssohn,  den  das  akademische  Orchester  treff- 
lich vortrug,  erreichte  die  erhebende  Feier  ihr  Ende. 

Die  auswärtigen  Festteilnehmer  aber  folgten  einer  Einladung  in 
das  gastliche  Haus  des  Herrn  Prof.  VonderMühll,  wo  sie  mit  einer 
stattlichen  Zahl  von  Vertretern  Basler  Wissenschaft  und  Kunst  zu- 
sammentrafen und  wo  noch  manch  treffliches  Wort  gesprochen  wurde. 
Und  am  Abend  veranstaltete  die  Basler  Studentenschaft  einen  Euler- 
kommers,  an  dem  als  Gäste  ausser  den  Professoren  und  ihren  Damen 
auch  fast  alle  fremden  Delegierten  teilnahmen. 


22.    Der  Plan  einer  Gesamtausgabe  von  Eulers  Werken. 

Die  Schweizerische  Naturforschende  Gesellschaft  hat  im  abge- 
laufenen .Jubiläumsjahre  durch  ihre  Denkschriftenkommission  einen 
Beschluss  gefasst,  der  hoffentlich  dazu  führen  wird,  dass  endlich  ein 
seit  Jahrzehnten  von  den  Mathematikern  gehegter  Traum  verwirk- 
licht werde.  Am  29..  Juli  1907  stellte  der  Schreiber  dieser  Zeilen 
in  der  Jahresversammlung  zu  Freiburg  folgenden  Antrag: 


Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschiclite.  543 

Herr  Präsident ! 
Hochgeehrte  Herren! 

Am  15.  April  dieses  Jahres  waren  es  200  Jahre,  dass  Leon- 
hard  Euler  in  Basel  das  Licht  der  Welt  erblickt  hat.  In  einer 
{jesellschaft  wie  der  Schweizerischen  Naturforschenden  ist  es  nicht 
nötig,  auseinander  zu  setzen,  wer  und  was  Euler  war.  Es  genügt 
zu  sagen:  er  war  der  unbestritten  grösste  Mathematiker,  der  je  aus 
der  Schweiz  hervorgegangen  ist,  er  war  der  unbestritten  grösste 
Mathematiker  des  ganzen  18.  Jahrhunderts  und  er  gehört  zu  den 
ganz  wenigen,  die  mit  den  Jahrhunderten  wachsen.  So  wurde  denn 
auch  der  zweihundertjährige  Geburtstag  Eulers  in  der  ganzen  wissen- 
schaftlichen Welt  festlich  begangen:  Ich  erinnere  an  die  wahrhaft 
erhebende  Feier,  die  die  Universität  Basel  veranstaltet  hat,  ich  erin- 
nere an  die  Festakte  in  Berlin,  Petersburg  und  so  vielen  andern 
Städten  und  ich  verweise  auf  die  zahlreichen  Publikationen  aller  Art, 
die  dieses  Jahr  zu  Ehren  Eulers  veröffentlicht  worden  sind.  Und 
alle  diese  Kundgebungen,  sie  klangen  aus  in  dem  einen  Satze:  Es 
bleibt  noch  eine  Ehrenpflicht  zu  lösen  übrig,  mit  der  nicht 
länger  gezögert  werden  darf,  die  Gesamtausgabe  der  Werke 
Eulers!  Wohl  kann  diese  gewaltige  Aufgabe  nur  durch  das  Zusam- 
menwirken Vieler  bewältigt  werden,  aber  die  Blicke  der  ganzen 
mathematischen  Welt  sind  dieses  Jahr  doch  zunächst  nach  der  Schweiz 
gerichtet,  weil  man  von  dem  Heimatlande  Eulers  eine  tatkräftige 
Initiative  erwartet.  Und  diese  Aufgabe  darf  die  Schweizerische 
Naturforschende  Gesellschaft  nicht  von  sich  weisen ! 

Nach  unseren  Statuten  fällt  die  Aufgabe  in  die  Kompetenz  der 
Denkschriftenkommission.  Ich  erlaube  mir  daher,  zugleich  im  Namen 
von  Prof.  Geiser,  Prof.  Kleiner  und  Prof.  Moser  der  Denkschriften- 
kommission den  folgenden  Antrag  vorzulegen:  Es  wird  eine  Kommis- 
sion von  sieben  Mitgliedern  bestellt  mit  dem  Auftrag:  Die  Mittel 
und  Wege  zu  studieren,  die  zu  einer  Gesamtausgabe  der 
Werke  Eulers  erforderlich  sind.  Die  Kommission  wird  die 
notwendigen  vorbereitenden  Schritte  tun  und  der  nächsten 
Jahresversammlung  Bericht  erstatten. 

Der  Präsident  der  Denkschriftenkommission,  Herr  Prof.  Dr. 
Schinz,  erklärte  sich  sofort  zur  Entgegennahme  des  Antrages  bereit 
und  versprach,  dass  die  Denkschriftenkommission  in  ihrer  Herbst- 
sitzung diese  Eulerkommission  bestellen  werde. 

Die  Sitzung  der  Denkschriftenkommission  fand  nun  am  2.  Okto- 
ber 1907  im  Bundesrathause  zu  Bern  statt.  Es  wurde  beschlossen, 
die  Eulerkommission  aus  11  Mitgliedern  zu  bestellen,  und  zwar  wur- 


544  Ferdinand  Rudio  und  Carl  Schröter. 

den  gewählt:  Prof.  Dr.  F.  Rudio-Zürich,  als  Präsident,  Prof.  Di\ 
H.  Amstein-Lausanne,  Prof.  Dr.  Ch.  Cailler-Genf ,  Prof.  Dr. 
R.  Gautier-Genf,  Prof.  Dr.  C.  F.  Geiser-Zürich,  Prof.  Dr.  J.  H. 
Graf-Bern,  Prof.  Dr.  E.  Hagenbach-Basel,  Prof.  Dr.  Chr.  Moser- 
Bern,  Prof.  Dr.  A.  Riggenbach-Basel,  Prof.  Dr.  K.  VonderMühll- 
Basel  und  der  Präsident  der  Denkschriftenkommission  als  solcher, 
nämlich  Herr  Prof.  Dr.  H.  Seh  in  z- Zürich. 

Inzwischen  hatte  auch  die  Deutsche  Mathematiker-Vereinigung, 
die  ja  zwei  Sitzungen  ihrer  Dresdener  Jahresversammlung  (15.  bis 
18.  September  1907)  nur  mit  Eulervorträgen  gefüllt  hatte,  in  ihrer 
Geschäftssitzung  vom  18.  September  1907  Veranlassung  genommen, 
sich  mit  der  Frage  der  Gesamtausgabe  der  Werke  Eulers  zu  be- 
schäftigen. In  dem  gedruckt  vorliegenden  Protokolle  der  Dresdener 
Versammlung  (Sonderabdruck  aus  dem  Jahresbericht  1907,  Heft 
11/12)  heisst  es: 

„Rudio  hat  dem  Vorstande  mitgeteilt,  dass  die  Schweizerische 
Naturforschende  Gesellschaft  eine  Kommission  von  7  [die  Zahl  wurde, 
wie  wir  gesehen  haben,  auf  11  erhöht]  Mitgliedern  bestellt  hat  mit 
dem  Auftrage,  „Die  Mittel  und  Wege  zu  studieren,  die  zu  einer 
Gesamtausgabe  der  Werke  Eulers  erforderlich  sind",  und  hat  den 
Wunsch  ausgesprochen,  dass  auch  die  Deutsche  Mathematiker- Ver- 
einigung eine  Kommission  mit  dieser  Aufgabe  betraue.  Auf  Vor- 
schlag des  Vorstandes  wählt  die  Versammlung:  Pringsheim,  Stäckel 
und  den  Schriftführer  [Krazer]  in  diese  Kommission  und  beauftragt 
sie,  sich  mit  Rudio  in  Verbindung  zu  setzen,  um,  wenn  möglich, 
schon  dem  IV.  Internationalen  Kongresse  in  Rom  Vorschläge  unter- 
breiten zu  können." 

Diese  deutsche  Eulerkommission  wählte  Herrn  Stäckel  zu  ihrem 
Vorsitzenden,  der  sich  auch  sofort  mit  dem  Vorsitzenden  der  schwei- 
zerischen Kommission  in  Verbindung  setzte.  Indessen  ist  es  begreif- 
lich, dass  bei  der  Grösse  des  geplanten  Unternehmens  diese  Verhand- 
lungen im  abgelaufenen  Jahre  noch  nicht  zu  bestimmten  Resultaten 
haben  fuhren  können. 

Dagegen  wurde  dem  Vorsitzenden  der  schweizerischen  Euler- 
kommission noch  im  Berichtsjahre  eine  ganz  besondere  Freude  zu 
teil:  Ein  hochherziger  Gönner  der  Wissenschaft,  der  aber 
ungenannt  bleiben  will,  hat  ihm  mit  Schreiben  vom  24.  Ok- 
tober die  schöne  Summe  von  12  000  Fr.  für  die  Euleraus- 
gabe zugesichert.  Die  Eulerkommission  ist  dem  Donator  um  so 
dankbarer,    als    nun    doch   endlich    einmal    ein  wirklicher  An- 


Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte,  545 

fang  gemacht  ist!  Hoffentlich  wird  diese  hochherzige  Handlung 
noch  recht  viele  Freunde  der  Wissenschaft  veranlassen,  das  schöne 
Unternehmen  tatkräftig  zu  unterstützen. 

Die  schweizerische  Eulerkomniission  trat  am  24.  November  im 
Bundesrathaus  zu  Bern  zu  ihrer  ersten  Sitzung  zusammen.  Nach- 
dem sie  sich  konstituiert  hatte  (^Vizepräsident:  Herr  Prof.  Riggen- 
bach,  Aktuar:  Herr  Prof.  Graf),  gab  der  Vorsitzende  zunächst  einen 
Überblick  über  die  umfangreiche  Vorgeschichte  des  Unternehmens, 
die  im  vergangenen  Jahrhundert  besonders  durch  die  Namen  N.  Fuss, 
P.  H.  V.  Fuss,  C.  G.  J.  Jacobi,  J.  Hagen  bezeichnet  ist.  Er  ver- 
wies zugleich  auf  die  Abhandlung  Bibliographisch-historisches 
zur  Erinnerung  an  Leonhard  Euler,  die  der  unermüdliche 
Kämpfer  für  die  Eulerausgabe,  Herr  Felix  Müller,  zum  Euler- 
jubiläum  im  Jahresbericht  der  Deutschen  Mathematiker- 
Vereinigung  hatte  erscheinißn  lassen,  und  er  unterliess  nicht,  im 
voraus  schon  auf  die  bevorstehende  hochbedeutende  Publikation 
des  Herrn  P.  Stäckel  hinzuweisen,  in  der  dieser  den  wertvollen,  der 
Veranstaltung  einer  Eulerausgabe  gewidmeten  Briefwechsel  zwischen 
dem  grossen  Mathematiker  Jacobi  und  P.  H,  v.  Fuss  der  mathe- 
matischen Welt  und  insbesondere  „allen,  die  es  angeht",  vorlegen  wird. 

An  diese  Mitteilungen  schlössen  sich  Betrachtungen  darüber,  wie 
wohl  eine  Eulerausgabe  zweckmässig  einzurichten  sei.  Entsprechend 
den  Gebieten,  auf  denen  Euler  tätig  gewesen  ist,  nämlich  dem  der  reinen 
Mathematik,  der  Mechanik,  der  Physik,  der  Astronomie  und  anderen, 
dürfte  sich  eine  Einteilung  in  etwa  4  oder  5  unabhängige  Serien 
empfehlen,  was  auch  die  praktische  Durchführung  des  Unternehmens 
erleichtern  würde.  Jedenfalls  aber  müsste  auch  der  umfangreiche 
Briefwechsel,  soweit  möglich,  vollständig  aufgenommen  werden,  dessen 
Bedeutung  allein  schon  durch  die  von  Herrn  Eneström  in  den  letz- 
ten Jahren  publizierte  Korrespondenz  Eulers  dargetan  wird,  gar  nicht 
zu  reden  von  den  Briefen  Eulers,  die  in  der  zweibändigen,  1843  von 
P.  H.  Fuss  herausgegebenen  Correspondance  mathematique  et 
physique  de  quelques  celebres  geometres  du  XVIII  siecle 
enthalten  sind. 

Zum  Schlüsse  kamen  —  last  not  least  —  Darlegungen  des 
Kostenpunktes.  Da  die  Schätzungen  indessen  noch  nicht  abgeschlos- 
sen sind,  so  sollen  an  dieser  Stelle  weitere  Mitteilungen  unterbleiben. 
Der  Vorsitzende  vertrat  aber  lebhaft  den  Standpunkt,  dass  die  Schweiz, 
als  Eulers  Vaterland,  es  als  eine  Ehrenpflicht  betrachten  müsse,  an 
die  freilich  nicht  unbedeutenden  Kosten  einen  ganz  namhaften  Bei- 
trag zu  leisten.  Denn  nur  durch  ein  von  kleinlichen  Bedenken  freies, 
wirklich  opferwilliges  Beispiel,    wie  es   der  hochherzige  Zürcher  Do- 


546  Ferdinand  Rudio  und  Carl  Schröter. 

nator  bereits  gegeben  habe,  werde  es  der  Schweiz  möglich  sein,  im 
Auslande  die  nötige  Begeisterung  zu  entfachen  und  sich  die  erforder- 
liche Mitwirkung  zu  sichern. 

An  diese  Mitteilungen  schloss  sich  nun  ein  allgemeiner  Ratschlag 
an,  an  dem  alle  Anwesenden  lebhaft  teilnahmen.  Es  wurde  in  Aus- 
sicht genommen,  die  Unterstützung  des  Bundes,  der  Kantone,  zumal 
Basels,  und  auch  privater  Kreise  anzurufen.  Mit  Rücksicht  aber 
darauf,  dass  bei  den  massgebenden  Behörden  die  Budgetberatungen 
für  das  laufende  Jahr  längst  vorüber  seien,  sah  die  Kommission  da- 
von ab,  jetzt  schon  bestimmte  Beschlüsse  zu  fassen.  Auch  wünsch- 
ten einige  Mitglieder  zunächst  noch  Vervollständigung  des  vorgeleg- 
ten Materiales.  Der  Vorsitzende  wurde  beauftragt,  das  Nötige  vor- 
zubereiten und  die  Kommission  in  den  ersten  Monaten  1908  zu  einer 
zweiten  Sitzung  einzuberufen. 

Der  Schreiber  dieser  Zeilen  hofft,  in  einer  der  nächsten  Num- 
mern der  „Notizen"  recht  erfreuliche  Mitteilungen  über  den  Verlauf 
dieser  zweiten  Sitzung  der  Eulerkommission  und  über  den  Erfolg 
ihrer  Beschlüsse  machen  zu  können. 


23.  Nekrologe. 

Charles  Mayer-Eymar  (1827—1907,  Mitgl.  d.  Gesellsch.  seit  1872). 

Am  25.  Februar  starb  im  hiesigen  Kantonsspital  als  müder  Greis  Professor 
Charles  Mayer,  der  es  verdient,  dass  seiner  in  der  Öffentlichkeit  mit  Pietät 
gedacht  wird.')  Er  ist  bei  Lebzeiten  vom  Glücke  nicht  gerade  verhätschelt  wor- 
den und  seine  äussere  Stellung  war  bescheiden.  Zu  sehr  Sonderling,  um  sich 
eine  glänzende  Laufbahn  zu  schaffen,  vertrat  er  dennoch  sein  Spezialgebiet,  die 
Paläontologie,  als  Forscher  in  so  erfolgreicher  Weise,  dass  sein  Name  in  der 
Nachwelt  nicht  verloren  gehen  kann. 

Charles  Mayer  ist  gebürtig  aus  der  Stadt  St.  Gallen;  er  verbrachte  seine 
erste  Jugend  in  Frankreich  und  besuchte  später  die  Schulen  seiner  Vaterstadt. 
Frühzeitig  zeigte  sich  bei  ihm  ein  auffallendes  Interesse  für  Versteinerungen 
und  er  warf  sich  mit  Feuereifer  auf  das  Studium  der  Geologie.  In  Paris  fes- 
selte ihn  neben  Elie  de  Beaumont  der  berühmte  Paläontologe  Aleide  d'Orbigny 
durch  seine  Vorlesungen  über  Stratigraphie.  Als  dessen  spezieller  Schüler 
entwickelte  er  später  die  Ideen  seines  Meisters  weiter.  Mit  besonderem  Eifer 
widmete  er  sich  dem  Studium  der  tertiären  Gesteine.  Ihre  Leitfossilien  kannte 
er  genau  und  er  erwarb  sich  im  Laufe  der  Zeit  in  diesem  Wissenszweige  eine 
solche  Autorität,  dass  er  von  Fachgenossen  des  Inlandes  und  Auslandes  viel- 
fach zu  Rate  gezogen  wurde.  Wie  uns  von  eingeweihter  Seite  bemerkt  wird, 
begann  Charles  Mayer  seine  ersten  Untersuchungen  im  Kanton  Bern  und  sein 
Name  erscheint  bereits  1853  in  den  „Denkschriften"  der  Schweizerischen  Natur- 
forschenden Gesellschaft.    Im  Jahre  1857  trat  er  mit  einem  Versuch  zur  Eintei- 


*)  Dieser  Nekrolog  war  zuerst  in    der  Neuen   Zürcher  Zeitung  veröffent- 
licht.    Er  .stammt  aus  der  Feder  des  Herrn  Prof.  Dr.  C.  Keller. 


Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte.  547 

lung  der  tertiären  Ablagerungen  Europas  an  der  Xaturforscherversammlung 
in  Trogen  hervor.  Später  baute  er  diesen  Gegenstand  immer  mehr  im  einzel- 
nen aus.  Für  die  geologische  Chronologie  der  Sedimentgesteine  hegte  er  ein 
besonders  lebhaftes  Interesse  und  ihm  gebührt  ein  wesentlicher  Anteil,  hier 
die  richtigen  Wege  geebnet  zu  haben.  Es  sind  fünfzig  Jahre  her,  seit  Escher 
von  der  Lintli  auf  den  jungen  Gelehrten  aufmerksam  wurde  und  ilin  nach  Zürich 
zog.  Damit  war  für  Charles  Mayer  ein  günstiges  Feld  der  Tätigkeit  eröffnet, 
denn  die  schweizerische  Paläontologie  war  noch  wenig  ausgebaut.  Für  diese 
dankbare  Aufgabe  brachte  er  reiche  Kenntnisse  und  einen  ganz  ungewöhnlichen 
Scharfblick  für  Formen  mit.  Als  leidenschaftlicher  Samnüer  lebte  er  im  Ge- 
birge glücklich  bei  seinen  Versteinerungen.  Bald  dehnte  er  das  Gebiet  seiner 
Forschungen  aus  und  er  wurde  ebensogut  zu  Hause  im  Tertiär  von  Italien, 
Frankreich  und  Österreich.  In  neuerer  Zeit  wanderte  er  mit  Vorliebe  nach 
Nordafrika,  besonders  nach  dem  für  den  Paläontologen  so  dankbaren  Tertiär 
des  Nillandes  und  wenn  er  mit  Steinen  beladen  von  den  ehrwürdigen  Pyra- 
miden nach  dem  glanzvollen  Kairo  heimkehrte,  erregte  er  das  gerechte  Er- 
staunen der  dortigen  Araber.  Auch  in  der  ägyptischen  Gelehrtenwelt  sah  man 
ihn  gerne.  Er  nahm  unseres  Wissens,  an  den  Sitzungen  der  Geographischen 
Gesellschaft  Anteil,  zu  denen  Nubar  Pascha,  der  die  Verhandlungen  leitete, 
illustre  Persönlichkeiten  einlud.  Die  Zahl  der  wissenschaftlichen  Arbeiten 
Mayers  ist  sehr  gross,  sie  sind  vorzugsweise  niedergelegt  in  den  schweizerischen 
„Denkschriften",  in  der  „Vierteljahrsschrift"  der  Zürcherischen  Naturforschen- 
den Gesellschaft,  im  „Bulletin  de  la  Societe  geologique  de  France",  im  , Journal 
de  Conchyliologie"  usw. 

In  seinen  Bestimmungen  der  versteinerten  Gegenstände  galt  Mayer  als  aus- 
serordentlich zuverlässig;  sein  sicherer  Blick  und  seine  Kenntnis  der  Lite- 
ratur waren  anerkannt.  Wie  enthusiastisch  er  unter  Umständen  an  eine  Arbeit 
ging,  habe  ich  selbst  gelegentlich  erfahren.  Vor  Jahren  sammelte  ich  in  Ost- 
afrika und  stiess  im  Somaliland  in  der  Nähe  des  Webistromes  auf  früher  un- 
bekannte Kreideablagerungen,  die  Versteinerungen  in  sehr  gutem  Erhaltungs- 
zustand enthielten.  Charles  Mayer  interessierte  sich  ausserordentlich  dafür  und 
übernahm  sofort  die  Bearbeitung  der  neuen  Arten.  Er  legte  sich  einen  Vorrat 
von  Eiern  und  anderen  haltbaren  Viktualien  an  und  war  selbst  über  die  Mit- 
tagszeit bei  der  Arbeit,  die  er  in  wenigen  Wochen  vollendete;  sie  erschien 
schon  im  nächsten  Heft  der  Vierteljahrsschrift  und  wurde  im  Ausland  viel  be- 
merkt. 

Als  Mensch  besass  Charles  Mayer  eine  Reihe  vortrefflicher  Eigenschaften. 
Von  Natur  aus  grundehrlich,  war  er  allen,  die  ihn  näher  kannten,  durchaus 
sympathisch.  Sein  harmloses  Wesen  war  ohne  Falsch;  Feinde  hat  er  wohl  nie 
besessen,  dafür  mehr  Freunde,  als  er  vermutete.  Noch  im  Vorjahre  konnte 
er  sich  davon  überzeugen,  als  in  St.  Gallen  die  Naturforscherversammlung  ihm  zu 
seinem  80.  Geburtstage  eine  wohlverdiente  Huldigung  darbrachte,  die  den  ge- 
brechlichen Greis  innig  erfreute.  Er  hatte  das  Bedürfnis,  im  Kreise  gleichge- 
sinnter  Freunde  zu  verkehren,  doch  wurde  es  in  den  letzten  Jahren  einsamer 
um  ihn  herum.  Sein  urwüchsiges  Wesen  fügte  sich  je  länger  je  weniger  ei- 
nem äussern  Zwang  und  mit  der  Zeit  wuchs  er  sich  zu  einem  Typus  aus,  der 
lebhaft  an  den  genialen  solothurnischen  Geologen  Gressly  erinnerte,  mit  dem 
er  in  der  Jugend  befreundet  war. 

Begegnete  man  ihm  etwa  auf  seinen  Exkursionen,  so  gewann  man  die 
Überzeugung,    dass  der  wetterfeste   Mann   von  Europas    übertünchtcr  Kultur 


548  Ferdinand  Rudio  und  Carl  Schröter. 

nicht  angekränkelt  war;  aber  im  Verkehr  trat  bei  ihm  stets  die  gewinnende 
Art  hervor.  Das  Geschick  hat  ihm  eine  glänzende  äussere  Stellung  versagt, 
was  billig  denkende  Naturen  oft  lebhaft  schmerzte.  Mayer  kam  zu  früh  oder 
zu  spät,  wie  man  will.  Als  er  seine  Laufbahn  als  Paläontologe  begann,  war 
die  Spezialisierung  der  Wissenschaft  noch  nicht  so  weit  gediehen,  um  ihm  eine 
passende  Professur  zu  schaffen,  und  als  die  Zeit  da  war  und  die  Universität 
Zürich  ihn  zum  Professor  ernannte,  um  ihm  wenigstens  äusserlich  eine  Genugtu- 
ung zu  verschaffen,  da  stand  er  bereits  in  einem  Alter,  in  dem  man  sich  kaum 
mehr  so  anpassen  kann,  um  in  der  eigenartigen  Dozentenlaufbahn  Erfolg  zu 
haben. 

In  Jüngern  Jahren  hat  Mayer  unter  diesen  Verhältnissen  stark  gelitten, 
später  hat  er  sich  mit  einer  guten  Dosis  Bonhomie  und  einer  unverwüstlichen 
Begeisterung  für  seine  Wissenschaft  über  den  Mangel  an  äusserem  Erfolg  hin- 
weggeholfen. Er  behielt  seine  geistige  Frische  auffallend  lang;  auch  körperlich 
vermochte  er  sich  bis  in  die  jüngste  Zeit  leidlich  aufrecht  zu  erhalten.  Dann 
brach  er  plötzlich  als  hülfloser  Greis  zusammen  und  die  milde  Hand  des  Todes 
erlöste  ihn. 

Seinem  unermüdlichen  Arbeitseifer  verdankt  unsere  Sammlung  eine  Anhäu- 
fung reichen  Materials.  Im  Kreise  der  Paläontologen  wird  Charles  Mayer  nicht 
nur  im  Inland,  sondern  auch  im  Ausland  stets  an  hervorragender  Stelle  ge- 
nannt werden.  Wir  hätten  ihm  ein  freundlicheres  Schicksal  gegönnt  und  hoffen, 
dass  die  Zukunft  bei  uns  milder  sei  und  das  wirkliche  Verdienst,  auch  da  wo 
es  etwas  unbeholfen  ist,  besser  anerkenne. 

Evariste  Hertens  (1847—1907,  Mitgl.  d.  Gesellsch.  seit  1886). 

Samstag  den  23.  März  ist  nach  kurzer  Krankheit  Evariste  Rene  Frangois 
Mertens  zur  ewigen  Ruhe  eingegangen.  ^)  Obwohl  nicht  Zürcher  von  Geburt, 
hat  er  doch  für  die  Entwickelung  der  Gartenanlagen  Zürichs  so  viel  gewirkt, 
dass  es  eine  Ehrenpflicht  ist,  kurz  seiner  Verdienste  zu  gedenken. 

Er  war  am  9.  Januar  1847  in  Brüssel  geboren,  wo  sein  Vater  eine  Buch- 
druckerei besass.  Frühzeitig  regte  sich  in  dem  begabten  Knaben  die  Freude 
an  der  Pflanzenwelt.  Dieser  Zug  war  es,  der  ihm  den  Beruf  vorschrieb,  und 
diese  Freude  an  den  Naturschönheiten  hat  ihn  geleitet  bis  an  seines  Lebens 
Ende.  Sie  war  es  aber  auch,  die  dem  rastlosen  Manne  die  Erfolge  in  seinem 
Berufe,  der  Landschaftsgärtnerei,  sicherte  und  ihm  über  die  Mühen  des  Lebens, 
von  denen  er  auch  nicht  verschont  blieb,  hinweg  half. 

Neben  einem  tüchtigen  Lehrmeister  hatte  Mertens  das  Glück,  an  der 
Gartenbauschule  in  Gent  seine  Ausbildung  zu  gemessen.  Diese  Schule  galt 
damals  nicht  allein  als  die  beste  Belgiens,  sondern  auch  als  eine  der  besten 
der  ganzen  Welt.  Später  ging  er  nach  Paris  und  dann  nach  England.  In  diesen 
Wanderjahren  kam  er  durch  die  Beziehungen  eines  Schulfreundes  Anfang  der 
Siebziger  Jahre  nach  der  Schweiz.  Es  gefiel  dem  jungen  Manne  in  unserm  an 
Naturschönheiten  reichen  Lande  so  gut,  dass  er  sich  entschloss,  in  der  Heimat 
seines  Freundes,  in  Schaft'hausen,  sich  zu  etablieren.  Dort  gründete  er  seinen 
Hausstand.  Anfang  der  Achtziger  Jahre  siedelte  er  nach  Zürich  über,  um  als 
Associe  in  die  Firma  Froebel  &  Mertens  einzutreten.    Im  Jahre  1887  erfolgte 


')  Dieser  von   Herrn   Prof.   Dr.  H.  C.  Schellenberg   verfasste   Nekrolog  er- 
schien zuerst  in  der  Neuen  Zürcher  Zeitung. 


Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte.  549 

die  Trennung;  Mertens  gründete  sein  eigenes  Geschäft,  das  sich  unter  seiner 
trefflichen  Leitung  zu  einer  der  grössten  und  angesehensten  Landschafts- 
gärtnereien der  Schweiz  entwickelt  hat. 

Die  Hauptleistungen  von  Mertens  sind  auf  dem  Gebiete  der  Landschafts- 
gärtnerei. Sein  guter  Blick  für  Naturschönheiten  und  eine  echt  künstlerische 
Auffassung  seines  Berufes  hat  ihn  vor  allerlei  Extravaganzen  bewahrt,  die  man 
heute  in  Gartenanlagen  trift't.  Seine  Gartenschöpfungen  verraten  überall  den 
Künstler,  der  grosse,  einheitliche  Züge  seinen  Projekten  zugrunde  gelegt  hat 
und  das  Ganze  dem  Land^chaftsbilde  anzupassen  wusste.  Dabei  ging  er  seine 
eigenen  Wege.  Wenn  auch  die  grossen  französischen  Meister  der  Gartenkunst 
ihm  als  Vorbild  dienten,  so  wusste  er  doch  Mannigfaltigkeit  in  die  Details  des 
Gartens  hineinzubringen  und  auch  modernen  Bestrebungen  gerecht  zu  werden. 
Die  Quaianlagen  Zürichs  geben  von  seinem  Können  beredtes  Zeugnis.  Mit 
Stolz  darf  Zürich  diese  Musteranlage  die  Seine  nennen.  Als  es  galt,  die  alt- 
ehrwürdige Baumallee  im  Platzspitz  den  Anlagen  um  das  Landesmuseum  an- 
zupassen, waren  es  seine  Ratschläge,  die  die  heutige  glückliche  Lösung  her- 
beiführten. Seiner  Pflege  verdankt  der  Tonhallegarten  die  heutige  Ausgestal- 
tung. Und  gar  manche  Villa  Zürichs,  die  sich  einer  schönen  Gartenanlage 
rühmt,  verdankt  deren  Erstellung  der  Firma  Mertens.  Sein  Ruf  als  Landschafts- 
gärtner geht  weit  über  die  Grenzen  Zürichs  hinaus. 

Neben  der  Landschaftsgärtnerei  war  Mertens  seit  188.5  Dozent  für  Obstbau 
am  eidgenössischen  Polytechnikum.  Gründliche  Fachbildung  und  reiche  Er- 
fahrung waren  die  beiden  Momente,  die  seinen  schlichten  Vorlesungen  den 
Stempel  der  Gediegenheit  verliehen.  Wenn  Mertens  auch  nicht  über  ein  grosses 
Rednertalent  verfügte,  so  fühlte  der  Student  sich  doch  zu  diesem  Manne  hin- 
gezogen, denn  in  jedem  Wort  empfand  er  das  gewissenhaft  abgewogene  Urteil 
des  sorgfältig  beobachtenden  Praktikers.  Dazu  kam  sein  offener  und  liebens- 
würdiger Charakter,  der  es  bewirkte,  dass  zwischen  ihm  und  den  Studierenden  ein 
von  aufrichtigem  Vertrauen  getragenes  Freundschaftsverhältnis  sich  entwickelte- 

Literarisch  ist  Mertens  nie  stark  hervorgetreten.  Die  reiche  Betätigung 
in  seinem  Geschäft  Hess  ihm  dazu  keine  Zeit.  In  Furrers  Volkswirtschafts- 
lexikou  der  Schweiz  hat  Mertens  den  Artikel  Gartenbau  bearbeitet  und  im 
landwirtschaftlichen  Jahrbuch  der  Schweiz  1892  findet  sich  eine  Abhandlung 
über  den  Obstgarten  des  eidgenössischen  Poljtechnikums.  Daneben  hat  er  ge- 
legentlich in  der  Tagespresse  und  in  Gartenbauzeitschriften  kleinere  Artikel 
publiziert. 

Mit  Vorträgen  ist  er  besonders  im  engeren  Kreise  seiner  Fachgenossen 
hervorgetreten.  An  den  Vortragszyklen  für  praktische  Landwirte  am  Poly- 
technikum hat  er  sich  regelmässig  beteiligt.  In  der  Gartenbaugesellschaft 
, Flora",  deren  Präsident  er  war,  hatte  er  öfters  Referate  gehalten.  Und  auch 
in  der  zürcherischen  Naturforschenden  Gesellschaft  beteiligte  er  sich  mit 
Demonstrationen  aus  seiner  reichen  Praxis.  In  diesen  einfach  und  sachlich 
gehaltenen  Referaten  kam  immer  seine  ausgezeichnete  Naturbeobachtungsgabe 
zum  Ausdruck. 

In  seinem  Charakter  war  Mertens  gewissenhaft,  liebenswürdig  und  stets 
dienstbereit  gegenüber  seinen  Mitmenschen ;  nie  ist  bei  ihm  vergebens  um  Rat 
oder  Mithülfe  angeklopft  worden.  Gegenüber  seinen  Untergebenen  war  er 
wohlwollend  und  rücksichtsvoll;  so  sind  denn  auch  seine  Bemühungen  zur 
Hebung  des  Gärtuerberufes  zahlreich.  In  seinem  Auftreten  war  er  bescheiden ; 
äussere  Ehrungen  machten  auf  ihn  wenig  Eindruck. 


550  FenJinand  Rudio  und  Carl  Schröter. 

Der  Zürcher  Gartenbaugesellschaft  , Flora"  war  er  das  leitende  Mitglied 
und  ihr  langjähriger  Präsident;  im  schweizerischen  Gartenbauverein  bekleidete 
er  die  Stelle  des  Vizepräsidenten.  Er  war  ein  eifriges  Mitglied  der  zürcherischen 
und  schweizerischen  Naturforschenden  Gesellschaft.  Ferner  gehörte  er  der 
Aufsichtsbehörde  der  interkantonalen  Schule  für  Obst-,  Wein-  und  Gartenbau 
in  Wädenswil  an.  Seit  Jahren  war  er  Mitglied  der  Promenadenkomraission  der 
Stadt  Zürich  und  es  ist  keine  grössere  Anlage  erstellt  worden,  in  der  nicht 
sein  Rat  mitgeholfen  hätte. 

Nun  ruht  Mertens  von  seiner  Arbeit  aus,  und  bald  werden  die  Blumen, 
mit  denen  er  so  innig  verbunden  war,  auch  seinen  Grabeshügel  schmücken.  Wir 
aber  stehen  dankbar  an  seinem  Grabe  und  anerkennen  es,  dass  mit  ihm  ein 
guter  Mensch,  der  redlich  sein  ganzes  Leben  bestrebt  gewesen  ist,  den  Mit- 
menschen zu  nützen  und  zu  dienen,  nach  strenger  Arbeit  die  wohlverdiente 
Ruhe  gefunden  hat. 

Ludwig  Fischer  (1826—1907,  EhreiimitgL  d.  Gesellsch.  seit  1883). 

Es  möge  einem  Fachgenossen  und  Freund  der  Familie  vergönnt  sein,  an 
dieser  Stelle  dem  vor  kurzem  dahingeschiedenen  Nestor  der  schweizerischen 
Botaniker  einige  Worte  dankbarer  Erinnerung  zu  weihen.') 

Fischer  stammt  aus  einer  alt  eingesessenen,  angesehenen  Berner  Familie, 
die  während  150  Jahren  die  Post  für  Bern  und  später  auch  für  benachbarte 
Kantone  in  Pacht  hatte;  sein  Vater  war  Postdirektor.  Seine  Mutter  war  eine 
geborene  von  Graffenried  von  Burgistein.  Der  junge  Fischer  wuchs  auf 
dem  schön  gelegenen  Landgute  Wabern  (der  jetzigen  „Grünau")  auf;  er  erhielt 
den  ersten  Unterricht  durch  Hauslehrer,  von  denen  besonders  der  spätere 
Pfarrer  von  Hiltertingen,  Moser,  anregend  auf  ihn  wirkte.  Von  1838  bis  1844 
besuchte  er  die  bürgerliche  Realschule  in  Bern,  an  der  damals  der  spätere 
Direktor  der  Zürcher  Sternwarte,  Prof.  Rudolf  Wolf,  als  Lehrer  der  Mathe- 
matik und  Astronomie  wirkte.  Fischer  hat  diesem  trefflichen  Manne  zeitlebens 
ein  dankbares  Andenken  bewahrt. 

Der  junge  Mann  wandte  sich  zunächst  der  Pharmazie  zu.  Nachdem  er 
bis  Herbst  1846  an  der  Berner  Universität  Naturwissenschaften  studiert  hatte 
(bei  Brunner,  Bernhard  Studer,  Wydler  u.  a.),  machte  er  bis  1848  seine 
Lehrzeit  bei  Apotheker  Kerner  in  Besigheim  (Württemberg)  durch  und  trat 
dann  als  Gehilfe  in  die  Apotheke  Müller  an  der  Kreuzgasse  in  Bern. 

Seine  Universitätsstudien  vor  Erwerbung  des  Apotheker -Patents  machte 
der  junge  Pharmazeut  in  Genf  (1849-1850),  wo  er  bei  Alphonse  De  CandoUe, 
Pictet  de  la  Rive  und  Wartmann  hörte.  Innige  Freundschaft  verband  ihn 
damals  mit  einigen  gleichstrebenden  jungen  Männern:  den  Botanikern  J.Müller- 
Argoviensis,  dem  spätem  berühmten  Systematiker  und  Flechtenforscher,  und 
J.  S-chwendener,  dem  jetzt  in  Berlin  wirkenden  genialen  Begründer  der 
physiologischen  Anatomie;  ferner  mit  dem  vor  Jahren  in  Strassburg  verstor- 
benen Altmeister  der  Pharmakognosie,  Flückiger.  Auf  ausgedehnten  Ex- 
kursionen studierten  die.  Freunde  die  Flora:  im  Mai  1850  im  Wallis,  im  Juli 
in  Oberitalien  und  Tirol;  an  dieser  Reise  beteiligten  sich  Pfarrer  Duby,  de 
Morsier  und  F.  Burckhardt. 


')  Der  (von  G.  S.  verfasste)  Nekrolog  ist  zuerst  in  der  Neuen  Züricher 
Zeitung  erschienen.  Für  die  Mitteilung  der  biographischen  Daten  ist  der  Verfasser 
Herrn  Prof.  Dr.  Ed.  Fischer  in  Bern,  dem  Sohne  des  Verstorbenen,  zu  herzlichem 
Dank  verpflichtet. 


Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte.  55t 

Wohl  erwarb  sich  Fischer  im  Februar  1851  das  Apotheker -Patent,  aber 
die  Botanik  hatte  es  ihm  angetan:  wie  so  mancher  seiner  pharmazeutischen 
Standesgenossen  (ich  nenne  nur  Pfeffer  in  Leipzig  und  Chodat  in  Genf) 
ging  er  ins  Lager  der  Pflanzenkunde  über.  Er  sass  zunächst  ein  Jahr  in  Jena 
zu  Füssen  des  geistvollen  Schieiden;  dann  hörte  er  in  Berlin  bei  Alexander 
Braun  und  mikroskopierte  bei  Schacht,  bei  dem  er  mit  A.  de  Barj-  zu- 
sammentraf. Unterdessen  war  in  Zürich  ein  neuer  Stern  in  der  Botanik  auf- 
gegangen: C.  V.  Nägeli,  der  eine  begeisterte  Schar  jüngerer  Schweizer-Bota- 
niker um  sich  sammelte;  zu  ihnen  gesellte  sich  Fischer.  Es  war  eine  an- 
regende, gewinnbringende  Zeit  für  den  werdenden  Gelehrten.  Er  schloss  sich 
besonders  an  Carl  Gramer,  unsern  unvergessliclien  Zürcher  Botaniker,  und 
an  Bernhard  Wartmann,  den  ausgezeichneten  St.  Galler  Pädagogen,  an. 
Das  unzertrennliche  Botaniker  -  Trio  machte  zahlreiche  Exkursionen  in  die 
engere  und  weitere  Umgebung  Zürichs,  wobei  ebenso  eifrig  Kryptogamen  wie 
Phanerogamen  gesammelt  wurden.  Mit  Xägeli,  Oswald  Heer,  A.  Regel, 
dem  Flechtenkenner  Dr.  Hepp  und  andern  kamen  sie  in  einem  „botanischen 
Kränzchen"  zusammen,  das  viel  Anregung  brachte.  Auf  Nägelis  Laboratorium 
wurden  Algenstudien  betrieben;  Fischer  arbeitete  an  seiner  Dissertation,  welche 
im  Jahr  1853  erschien:  , Beiträge  zur  Kenntnis  der  Nostochaceen  und  Versuch 
einer  natürlichen  Einteilung  derselben".  Als  Nägeli  im  Herbst  1852  einem 
Rufe  nach  Freiburg  im  Breisgau  folgte,  begleitet  von  C.  Gramer  und  Wartmann, 
trennte  sich  das  Kleel;latt:  Fischer  kehrte  in  seine  Vaterstadt  zurück,  um  sich 
dort  im  Frühjahr  1853  zu  habilitieren ;  im  Jahr  1860  wird  er  ausserordentlicher, 
1863  ordentlicher  Professor  als  Nachfolger  von  VVydler.  Er  leitete  die  Neu- 
anlage des  botanischen  Gartens  an  seinem  gegenwärtigen  Platz  und  führte 
seit  1860  die  Direktion  desselben. 

In  dieser  Stellung,  als  Professor  der  Botanik  an  der  Universität  Bern 
und  als  Direktor  des  botanischen  Gartens  hat  Fischer  von  1860—1897  treu 
gewirkt.  Er  las  allgemeine  und  spezielle  Botanik,  leitete  die  mikroskopischen 
Praktiken  und  die  Exkursionen,  administrierte  den  Garten  und  führte  in  Spezial- 
kollegien  und  Praktiken  zahlreiche  Schüler  in  die  Kryptogamenkunde  ein. 
Schlicht  und  anspruchslos  wie  seine  ganze  Persönlichkeit  waren  auch  seine 
Vorlesungen;  aber  mit  grösster  Gewissenhaftigkeit  und  Gründlichkeit  suchte 
er  sie  auf  der  Höhe  zu  halten.  Er  war  in  der  Literatur  seines  Gebietes  zu 
Hause  wie  Wenige. 

Auch  nach  seinem  Rücktritt  vom  Ordinariat  hat  er  als  Honorarprofessor 
am  akademischen  Unterricht  teilgenommen,  solange  es  ihm  seine  Kräfte  er- 
laubten. Ganz  besonders  lieb  waren  ihm  die  „Demonstrationen  zur  Kryptogamen- 
kunde", zu  denen  er  jeden  Sonntag  nachmittag  eine  Anzahl  Studenten  in  seiner 
Wohnung  zu  vereinigen  pflegte.  Er  zeigte  die  seltenen  Formen  aus  seinem 
Herbar,  besprach  die  neuere  Literatur  und  machte  in  frühern  Zeiten  Exkur- 
sionen, auch  im  Winter.  Noch  im  Winter  1906/07  hat  er  dieses  Kolloquium 
abgehalten,  und  im  Herbar  des  botanischen  Gartens  an  den  Einordnungsarbeiten 
sich  beteiligt.    So  hat  er  im  ganzen  54  Jahre  an  der  Berner  Hochschule  gewirkt  1 

Seine  wissenschaftliche  Tätigkeit,  soweit  sie  in  Publikationen  zum  Aus- 
druck kam,  erstreckte  sich  hauptsächlich  auf  zwei  Gebiete :  Kryptogamenkunde 
und  Floristik  seiner  engern  Heimat.  Neben  zahlreichen,  in  den  Mitteilungen 
der  Berner  Naturforschenden  Gesellschaft  publizierten  kleinen  Notizen  hat 
Fischer  ein  „Verzeichnis  der  in  Berns  Umgebung  vorkommenden  krypto- 
gamischen  Pflanzen"  herausgegeben  (1858,  mit  Nachträgen  1872).     In   den  Be- 


552  Ferdinand  Rudio  und  Carl  Schröter. 

richten  der  Schweizerischen  Botanischen  Gesellschaft  hat  er  von  1898—1904 
über  die  neue  Literatur  und  die  neuen  Standorte  von  Algen  und  Moosen  re- 
feriert. Äusserst  praktisch  eingerichtete  „Tabellen  zur  Bestimmung  einer  Aus- 
wahl der  wichtigsten  und  am  häufigsten  vorkommenden  Thallophyten  und 
Bryophyten,  als  Anleitung  zum  Gebrauch  der  systematischen  Spezialwerke"  hat 
er  seinen  kryptogamischen  Bestimmungen  zugrunde  gelegt  und  als  Manuskript 
drucken  lassen. 

Ein  eigenes  von  ihm  aufgestelltes  System  der  Thalloptyta,  das  mit  den 
später  von  Sachs  herausgegebenen,  auf  die  Fruktitikation  gegründeten  nahezu 
völlig  übereinstimmte,  hat  Fischer  nie  veröffentlicht :  es  wurde  nur  durch  Sachs 
bekannt,  dem  er  es  schriftlich  mitgeteilt  hatte. 

Gesammelt  hat  Fischer  neben  Blütenpflanzen  hauptsächlich  Algen  und 
Moose.  Die  „schweizerischen  Kryptogamen"  von  Wartmann  und  Schenk 
enthalten  manchen  Beitrag  von  seiner  Hand,  und  sein  reiches  Herbar  bildet 
jetzt  eine  Zierde  der  Sammlung  des  botanischen  Gartens  in  Bern. 

Sein  Hauptwerk  in  der  Floristik  der  Blütenpflanzen  ist  seine  , Flora  von 
Bern",  welche  als  „Taschenbuch"  1885  zu  ersten  Male,  1903  in  siebenter  Auf- 
lage erschien,  von  139  auf  315  Seiten  angewachsen.  Dieses  Buch  ist  ein 
Muster  an  Sorgfalt  in  den  diagnostischen  und  standörtlichen  Angaben ;  mit  un- 
endlicher Gewissenhaftigkeit  wurde  jedes  Datum  geprüft  und  bei  jeder  Auflage 
wieder  da  und  dort  gefeilt;  auch  das  System  immer  wieder  den  neuen  For- 
schungen angepasst.  Es  ist  mit  Bestimraungstabellen  und  Diagnosen  versehen 
und  leistet  für  die  akademische  Botanik  in  Bern  ausgezeichnete  Dienste. 

Aber  auch  die  Berner  Alpenflora  hat  Fischer  studiert;  die  Resultate 
dieses  Studiums  liegen  in  einem  Standortskatalog  vor,  betitelt:  Verzeichnis  der 
Gefässpflanzen  des  Berner  Oberlandes,  mit  Berücksichtigung  der  Standortsver- 
hältnisse, der  horizontalen  und  vertikalen  Verbreitung.  —  Ein  Beitrag  zur 
Pflanzengeographie  der  Schweiz  —  196  Seiten  8<*.  Bern  1876,  mit  drei  Nach- 
trägen von  1882,  1890  und  1905. 

Neben  der  akademischen  Lehr-  und  Forscherwirksamkeit  betätigte  sich 
Fischer  auch  mannigfach  an  öffentlichen  Werken;  der  bescheidene  zurück- 
gezogene Mann  Hess  sich  freilich  suchen  für  solche  Dinge,  war  aber,  einmal 
gewonnen,  ein  treuer,  eifriger  Mitarbeiter.  So  amtete  er  von  1886—1906  als 
Mitglied  der  Denkschriftenkommission  der  Schweizerischen  Naturforschenden 
Gesellschaft;  von  1894—1907  war  er  in  der  Preisfragenkommission  derselben 
Gesellschaft  tätig;  und  noch  in  weiteren  neun  Kommissionen  und  Ämtern 
diente  er  dem  Lande,  seinem  Kanton  und  seiner  Vaterstadt. 

Auch  an  Ehrungen  fehlte  es  ihm  nicht;  der  Schweizerische  Apotheker- 
Verein,  die  Zürcher  und  St.  Galler  Naturforschende  Gesellschaft  haben  ihn  zum 
Ehrenmitglied,  und  die  Botanische  Gesellschaft  Belgiens  und  Genfs  zum  kor- 
respondierenden Mitglied  ernannt. 

In  der  Ehe  war  ihm  hohes  Glück  beschieden;  42  Jahre  lang  lebte  er  in 
ungetrübter  Harmonie  mit  seiner  Gattin  Mathilde  Berri ;  sie  schenkte  ihm  vier 
Kinder,  von  denen  eines  im  jugendlichen  Alter  starb.  Der  ältere  Sohn  folgte 
dem  Vater  nach  als  Professor  der  Botanik  und  Direktor  des  Botanischen 
Gartens  von  Bern;  es  war  für  den  Verstorbenen  eine  hohe  innige  Freude,  seinen 
Sohn  als  angesehenen  Gelehrten  auf  demselben  Lehrstuhl  zu  sehen,  den  er 
37  Jahre  innegehabt  hatte!  Er  lebte  mit  ihm  zusammen  und  sah  den  Haus- 
stand seines  Sohnes  wachsen  und  gedeihen ;  drei  blühende  Enkelkinder  waren 


Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte.  553 

die  Sonne  seiner  sich  neigenden  Tage.  Der  zweite  Sohn  wirkt  als  Pfarrer  in 
Ringgenberg,  wo  der  Vater  öfters  schöne  Tage  verbrachte;  die  Tochter  war 
seine  Stütze  bis  zur  letzten  bangen  Stunde. 

Der  Grundzug  in  Fiscliers  Charakter  war  absolute  Ehrlichkeit  und  Ge- 
wissenhaftigkeit, gepaart  mit  einer  seltenen  Bescheidenheit  und  genährt  von 
tiefer  Religiosität. 

Still  und  stetig  ging  der  stattliche  hagere  Mann  mit  dem  feingeschnittenen, 
bartlosen  Gelehrtenantlitz  seinen  Pflichten  nach.  Aber  wenn  es  not  tat,  trat 
er  kräftig  und  bestimmt  für  seine  Überzeugung  in  die  Schranken;  so  wirkte 
er  u.  a.  mit  Begeisterung  für  die  Abstinenz.  Trotz  seiner  zarten  Konstitution 
blieb  ihm  seine  Leistungsfähigkeit  bis  zuletzt  erhalten,  dank  wohl  hauptsäch- 
lich seiner  regelmässigen  Lebensweise.  Wohl  begannen  seine  physischen  Kräfte 
in  den  letzten  Jahren  abzunehmen,  aber  seine  geistige  Klarheit  ist  ihm  bis 
zum  letzten  Tage  vollkommen  erhalten  geblieben!  Sein  Ende  kam  so  völlig 
unerwartet,  dass  sein  Sohn,  Prof.  Eduard  Fischer,  ahnungslos  sich  tags  zuvor, 
von  der  Universität  als  Delegierter  zur  Linne-Feier  nach  Stockholm  abgesandt, 
auf  die  Reise  begab,  von  der  ihn  die  Trauernachricht  zurückrief.  In  der  Nacht 
vom  20.  auf  den  21.  Mai  stellte  sich  bei  dem  Verstorbenen  schwere  Atemnot 
ein  und  morgens  gegen  7  Uhr  schlummerte  er  sanft  und  kampflos  ein. 

Er  wird  in  der  Erinnerung  aller  fortleben,  die  ihn  gekannt  haben  als 
ein  treuer  Familienvater,  ein  gewissenhafter  Forscher  und  Lehrer,  ein  guter, 
edler  Mensch. 

Oustav  Zeuner  (1828—1907,  Mitgl.  d.  Gesellsch.  seit  1856,   Präsi- 
dent von  1867  bis  1869,  Ehrenmitglied  seit  1896). 

Zum  70.  Geburtstage  hatte  die  Schweizerische  Bauzeitung 
eine  mit  dem  Bildnisse  Zeuners  geschmückte  Festnummer  herausge- 
geben, in  der  die  Tätigkeit  des  Jubilars  eine  eingehende  Würdigung 
fand.  Mit  freundlicher  Genehmigung  der  Redaktion  bringen  wir  zu- 
nächst jenen  Aufsatz  vom  Jahre  1898  zum  Abdruck: 

Gar  manchem  unserer  älteren  Leser  werden  die  Züge  des  Mannes,  dessen 
Bildnis  diese  Nummer  der  Schweizer.  Bauzeitung  ziert,  Veranlassung  sein,  freu- 
dig und  dankbar  seiner  Studienzeit  am  eidgen.  Polytechnikum  zu  gedenken. 
Wenn  in  weiten  Kreisen  die  gesamte  technische  Welt  am  kommenden  30.  No- 
vember, seinem  siebzigsten  Geburtstag,  Herrn  Geheimrat  Dr.  Gustav  Zeuner, 
den  hochverdienten  Förderer  der  technischen  Wissenschaften  feiert,  so  kommen 
für  uns  noch  einige  besondere  Momente  in  Betracht,  welche  uns  zu  einer  Be- 
sprechung an  hervorragender  Stelle  unseres  Blattes  veranlassen  müssen.  „Denn 
er  war  unser"  —  die  Wurzeln  seiner  Grösse,  die  Anfänge  der  verschiedenen 
Richtungen,  nach  welchen  er  eine  so  erfolgreiche  Tätigkeit  entfaltet  hat,  sie 
liegen  auf  schweizerischem  Boden,  in  Zürich,  wo  er  bis  zum  Jahr  1871  eine 
Zierde  des  eidgenössischen  Polytechnikums  bildete,  an  dem  er  seit  der  Grün- 
dung im  Jahr  1855  gewirkt  hat;  ein  nicht  geringer  Teil  des  Ruhmes  und  An- 
sehens, welche  die  junge  Hochschule  sich  bald  und  auf  die  Dauer  errungen 
hat,  ist  auf  Zeuners  Wirksamkeit  zurückzuführen. 

Als  anspruchslosen  Festgruss  widmen  wir  diese  Zeilen  dankbarer  Erinne- 
rung dem  hochverdienten  Mann,  der  nunmehr  nach  42jähriger,  erfolgreichster 
Lehrtätigkeit  in  voller  Frische  des  regen  Geistes  in  den  wohlverdienten 
Ruhestand  getreten  ist,  um   die  ihm  noch  vergönnten  Jahre  der  Wissenschaft 

36 

Vierteljahrsschiift  d.  Naturf.  Ges.  Zürich.    Jalirg.  52.     J'JOT. 


554  Ferdinand  Rudio  und  Carl  Schröter. 

allein  zu  widmen,  dergestalt  das  Wort  Goethes  bewahrheitend:  „Der  ist  der 
glücklichste  Mensch,  welcher  das  Ende  seines  Lebens  mit  dem  Anfang  in  Ver- 
bindung setzen  kann!" 

Man  darf  es  als  ein  Glück  für  die  technischen  Wissenschaften  wie  für 
Zeuner  selbst  bezeichnen,  dass  gerade  in  dem  Augenblick,  als  der  27jährige 
Mann,  einer  Empfehlung  seines  stets  hochverehrten  Lehrers  Weisbach  folgend, 
im  Begriffe  stand,  als  Bergingenieur  nach  Spanien  auszuwandern,  ihm  die  Pro- 
fessur für  Mechanik  und  Maschinenlehre  an  der  neu  gegründeten  polytechni- 
schen Schule  in  Zürich  angetragen  wurde.  Wenn  irgend  eine  der  Berufungen, 
welche  unser  unvergesslicher  Dr.  Kern  bewirkte,  seinem  genialen  Scharfblick 
Ehre  machte,  so  war  es  diese;  wer  erinnerte  sich  nicht  beim  Anblick  der 
geistvollen,  scharfgeschnittenen  Züge,  wie  sie  unser  etwa  aus  dem  Jahre  1870 
stammendes  Bild  so  sprechend  wiedergibt,  vor  allem  an  den  unvergleichlichen 
Lehrer,  welcher  wie  kaum  ein  zweiter  es  verstand,  seine  Schüler  zu  begeistern 
und  zu  fördern.  Zeuner  war  der  geborene  Professor;  mit  unübertreftlicher 
Klarheit  und  Anschaulichkeit  wusste  er  in  schlichtem,  ungekünsteltem  Vortrag 
ein  Problem  allseitig  zu  entwickeln,  in  der  knappsten  und  elegantesten  Form 
mathematisch  einzukleiden  und,  unterstützt  durch  die  ungemeine  Lebhaftigkeit 
und  Beweglichkeit  seines  Wesens  den  Eindruck  hervorzurufen,  als  ob  er  eben 
jetzt,  im  Augenblick  des  Vortrages,  die  Lösung  gefunden  hätte.  Unter  seiner 
Behandlung  verschwanden  die  Schwierigkeiten,  alles  wurde  einfach  und  leicht 
verständlich,  es  war  jedesmal  wie  eine  Neuschöpfung  des  betreffenden  Kapi- 
tels; kein  Wunder,  dass  seine  Schüler  begeistert  an  seinen  Lippen  hingen, 
besonders  da,  wo  er  über  seine  eigenen  Untersuchungen  vortrug. 

Während  diese  Seite  seiner  Begabung;zunächst  dem  engeren  Kreis  seiner 
Schüler  zu  gute  kam,  zog  er  von  Anfang  an  durch  seine  wissenschaftlichen 
Arbeiten  die  Blicke  der  technischen  Welt  auf  sich;  die  in  rascher  Folge  er- 
scheinenden Werke  legten  ein  glänzendes  Zeugnis  ab  für  seine  hervorragende 
Fähigkeit,  die  verschiedensten  technisch-wissenschaftlichen  Fragen  in  einer 
Weise  zu  behandeln,  welche  neben  der  Theorie  auch  die  Anwendung  zu  ihrem 
vollen  Rechte  kommen  Hess. 

Schon  in  den  Jahren  1856  und  1857  erschienen  im  „Civilingenieur",  welcher 
bis  zu  seinem  letzten  Band  der  Feder  Zeuners  eine  Reihe  der  wertvollsten 
Beiträge  verdankte,  zwei  Arbeiten  über  Lokomotivsteuerungen  und  im  ersten 
Band  der  „Schweizerischen  polytechnischen  Zeitschrift"  1856  eine  Arbeit  über 
die  Stephensonsche  Coulisse;  diese  Erstlinge  schon  wurden  von  der  Praxis 
sehr  günstig  aufgenommen,  weil  darin  ein  neues,  sehr  einfaches  und  durch- 
sichtiges Verfahren  angegeben  war,  um  auf  graphischem  Wege  die  Dampfver- 
teilung durch  Schieber  zu  studieren.  In  rascher  Weiterführung  des  fruchtbaren 
Grundgedankens  entwickelte  sich  hieraus  das  im  Jahr  1857  in  erster,  1888  in 
fünfter,  wesentlich  erweiterter  Auflage  erschienene  Buch  ,Die  Schieber- 
steuerungen", welches  bald  ins  Französische  und  Englische  übersetzt,  den 
Namen  des  Verfassers  in  weitesten  Kreisen  bekannt  machte. 

War  Zeuner  schon  mit  diesem  Werk  einem  Bedürfnis  entgegengekommen, 
so  gilt  dies  in  noch  höherem  Grad  von  einer  zweiten,  im  Jahr  1859  erschiene- 
nen Arbeit,  welche  ein  ganz  anderes  Gebiet  betrifft  ~  wir  meinen  die  „Grund- 
züge der  Wärmetheorie".  Wenn  es  richtig  ist,  dass  für  die  Wirkung  eines 
wissenschaftlichen  Werkes  von  höchster  Bedeutung  ist,  dass  es  gerade  zur 
rechten  Zeit  erscheint,  so  kann  von  diesem  Buch  mit  Recht  gesagt  werden, 
dass  es  eine  glückliche  Geburtsstunde  geliabt  hat.    Auf  theoretischem  und  ex- 


Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte.  555 

perimentellem  Wc^'  waren  durch  Mayer,  Clausius,  J.  und  W.  Thomson,  Cla- 
peyron,  dann  durcli  Joule  und  Hirn  die  Anschauungen  über  den  Zusammen- 
hang zwischen  Wärme  und  Arbeit  von  den  verschiedensten  Standpunkten  aus 
geklärt  worden;  allein  es  fehlte  an  einem  Werk,  welches  dem  schaffenden 
Techniker  in  übersichtlicher  Weise  die  zerstreuten  Ergebnisse  der  Forschung 
vermittelt  hätte  —  dies  leistete  Zeuner  in  seinen  „(jrundzügen  der  Wärme- 
theorie\  der  Ansicht  Redtenbachers  folgend,  welcher  ihm  in  jenen  Jahren  ein- 
mal schrieb:    „ ich  halte   es  von   nun   an   für  lohnender,   sich  über  die 

Wärme  den  Kopf  zu  zerbrechen "  Indem  Zeuner  die  klassisclien  Ver- 
suche Regnaults  mit  heranzog  und  in  der  Behandlung  des  Gegenstandes, 
namentlich  in  der  Theorie  der  Dämpfe,  vielfach  neue,  eigene  Wege  eröffnete 
und  mit  seiner  fesselnden,  ungemein  klaren  und  überzeugenden  Darstellungs- 
weise verfolgte,  gelang  es  ihm,  in  rastloser,  fortwährender  Verbesserung,  Er- 
weiterung und  Vertiefung  ein  Werk  zu  schatten,  welclies  von  11  Bogen  der 
ersten  Auflage  auf  deren  63  angewachsen,  als  „Technische  Thermodynamik" 
zum  eisernen  Bestand  der  Eachbibliothek  des  Maschineningenieurs  gehört,  dem 
es  eine  Fülle  von  Belehrung  und  Anregung  in  den  mit  der  Anwendung  der 
Wärraetheorie  zusammenhängenden  Fragen  gewährt.  Ja  noch  mehr  —  Zeuners 
„Technische  Thermodynamik"  ist  für  alle  literarische  Forscherarbeit  in  dieser 
Richtung  grundlegend  und  bahnbrechend  geworden  und  hat  unmittelbar  be- 
fruchtend auf  die  technische  Entwicklung  einzelner  Gebiete  des  Maschinen- 
wesens gewirkt.  Es  unterliegt  keinem  Zweifel,  dass  die  ausserordentliche 
Entwicklung  der  modernen  Kältetechnik  darauf  zurückgeht,  dass  Linde  als 
ehemaliger  Schüler  Zeuners  seine  Kältemaschine  von  Anfang  an  auf  der  rich- 
tigen thermodynamischen  Grundlage  aufbaute,  wie  sie  von  Zeuner  gelehrt 
wurde.  Auf  dem  gleichen  Boden  sind  W.  Schmidt's  Heissdampfmaschine,  so- 
wie der  Dieselmotor  erwachsen,  und  wenn  heute,  der  gesteigerten  Intensität 
wissenschaftlichen  Schaffens  und  Lehrens  entsprechend,  auch  die  Ergebnisse 
der  technischen  Thermodynamik  Gemeingut  der  technischen  Welt  geworden 
sind,  so  ist  darin  nur  ein  Grund  mehr  zu  erblicken,  desjenigen  sich  dankbar 
zu  erinnei-n,  welcher  in  erster  Linie  durch  seine  Forscher-  und  Lehrtätigkeit 
dieses  Resultat  herbeigeführt  hat. 

Die  eingehenden  Studien  über  Wärmetheorie,  speziell  über  die  Dämpfe, 
wirkten  noch  nach  andern  Richtungen  anregend  auf  Zeuner,  so  bei  der  Be- 
handlung verschiedener,  mit  der  Lokomotive  zusammenhängenden  Fragen.  Im 
Jahr  1863  erschien  das  „Lokomotivenblaserohr",  ein  Buch,  welches  so  recht 
charakteristisch  zeigt,  wie  meisterhaft  der  Verfasser  es  verstand,  ein  Problem 
zu  vertiefen,  verwandtes  heranzuziehen  und  sich  zu  allgemeineren  Beziehungen 
zu  erheben;  er  versäumt  dabei  nicht,  seine  theoretischen  Ergebnisse  der  ex- 
perimentellen Kontrolle  zu  unterwerfen.  Es  ist  zu  bedauein,  dass  die  damals 
gehegte  Absicht,  in  einer  Reihe  von  Schriften  nach  und  nach  die  einzelnen 
Teile  der  Lokomotive  und  alle  damit  in  Zusammenhang  stehenden  Fragen  zu 
behandeln,  nicht  zur  Ausführung  gekommen  ist.  Als  Beweis  von  der  merk- 
würdigen Vielseitigkeit  von  Zeuners  Interessen  darf  nicht  unerwähnt  bleiben, 
dass  er  neben  zahlreichen,  an  sein  Hauptwerk  sich  anlehnenden  kleineren 
Ax'beiten:  über  das  Ausfiussproblem  u.  s-  f.  u.  s.  f.,  auch  auf  dem  Gebiet  der 
mathematischen  Statistik  bahnbrechend  gewirkt  hat  und  als  einer  der  ersten 
die  Überzeugung  aussprach,  „dass  der  Volkswirtschaftslehre  noch  reicher  Ge- 
winn erblühen  wird,  weini  in  ihr  die  Mittel,  über  welche  die  Mathematik  ver- 
fügt, allgemeine  Anerkennung  und  Verwendung  hnden."    Er  hat  sich  mit  Knapp 


556  Ferdinand  Rudio  und  Carl  Schröter. 

bemüht,  die  Statistik  zu  einer  Messungsdisziplin  im  Dienst  der  Gesellschafts- 
wissenschaft, gewidmet  dem  Studium  der  realen  Verhältnisse,  zu  erheben ;  1869 
erschienen  die  „Abhandlungen  aus  der  mathematischen  Statistik",  welchen  1876 
und  1885  noch  andere  Arbeiten  auf  diesem  Gebiet  folgten,  die  in  Fachzeit- 
schriften erschienen.  Das  Versicherungswesen  machte  er  wiederholt  zum  Ge- 
genstand von  Vorlesungen. 

Die  ungemeine  Arbeitskraft  Zeuners  wird  durch  nichts  besser  illustriert, 
als  durch  die  Tatsache,  dass  er  neben  seiner  umfassenden  Lehrtätigkeit,  neben 
den  in  seinen  Hauptwerken  niedergelegten,  eingehenden  Studien  noch  Zeit  fand 
zur  Beteiligung  an  Organisation  und  Verwaltung  der  Anstalten,  welchen  er  als 
Lehrer  angehört  hat  An  der  Einrichtung  der  mechanisch-technischen  Abtei- 
lung des  eidgenössischen  Polytechnikums,  sowie  an  den  gesamten  Verwaltungs- 
angelegenheiten der  Schule  nahm  Zeuner  von  Anfang  an  den  tätigsten  und 
lebhaftesten  Anteil;  von  1865  bis  1867  als  Direktor  an  der  Spitze  der  Anstalt 
stehend,  zeigte  er  seine  besondere  Befähigung  für  diesen  Posten  in  glänzend- 
ster Weise;  die  reichste  Gelegenheit  zur  Betätigung  seiner  organisatorischen 
Talente  bot  sich  ihm  aber,  als  es  1871  dem  Rufe  in  seine  Heimat  Sachsen 
folgte,  wo  er  zuerst  als  ständiger  Direktor  der  Freiberger  Bergakademie  an 
"Weisbachs  Stelle  und  1873  zum  Direktor  des  Polytechnikums  in  Dresden  er- 
nannt wurde. 

Bis  zum  Jahr  1890  hat  Zeuner  die  Leitung  der  letzteren  Anstalt  in  Hän- 
den gehabt  und  sich  ganz  besondere  Verdienste  dadurch  erworben,  dass  er 
dem  Dresdener  Polytechnikum  eine  ganz  neue  Verfassung  gegeben  und  das- 
selbe durch  Erhebung  zum  Rang  einer  Hochschule  der  Universität  ebenbürtig 
gemacht  hat.  Er  begründete  zu  den  bestehenden  Abteilungen  für  Ingenieur- 
wesen, Maschinenbau  und  technische  Chemie  nicht  nur  eine  Hochbauabteilung, 
sondern  schuf  auch  die  allgemeine  Abteilung,  teils  für  Mathematik  und  Natur- 
wissenschaften, teils  für  allgemeine  Wissenschaften  (Volkswirtschaft,  Betriebs- 
lehre, Verwaltungsrecht,  allgemeine  Geschichte,  Kunst-  und  Literaturgeschichte, 
Geographie  und  neuere  Sprachen).  Unter  steter  Festhaltung  des  grossen  Ge- 
samtgedankens der  technischen  Hochschule  hat  Zeuner  mit  rastlosem  Eifer 
seine  ganze  Persönlichkeit  eingesetzt,  um  die  schwierige  Aufgabe  einer  gedeih- 
lichen Lösung  entgegenzuführen  und  in  17  jährigem  treuem,  stets  opferwilligem, 
immer  die  Sache  im  Auge  behaltendem  Wirken  sie  glänzend  gelöst.  Es  war 
ihm  vergönnt,  noch  bis  zum  Jahre  1897  als  Lehrer  zu  wirken,  wieder  zu  seiner 
wissenschaftlichen  Tätigkeit  zurückzukehren,  an  deren  Entfaltung  seine  ver- 
antwortungsreiche und  mühevolle  Stellung  als  ständiger  Direktor  uaturgemäss 
ihn  vielfach  gehindert  hat  —  heute  ist  er  der  Wissenschaft  ausschliesslich 
zurückgegeben  und  wir  wollen  dem  verehrten  Manne  den  herzlichen  Wunsch 
aussprechen,  dass  ihm  noch  recht  lange  vergönnt  sein  möge,  „das  Ende  seines 
Lebens  mit  dem  Anfang  in  Verbindung  zu  setzen!" 

Wiederum  der  Schweizerischen  Bauzeitung  entnehmen  wir 
den  kurzen  Nekrolog,  den  sie  Zeuner  in  ihrer  No.  20  vom  16.  Nov. 
1907  gewidmet  hat: 

Zu  Dresden  ist  um  die  Mittagsstunde  des  17.  Oktober  Geh.  R.  Professor 
Dr.  Gustav  Anton  Zeuner  fast  79  Jahre  alt  sanft  verschieden.  Wir  haben  be- 
reits zu  seinem  siebzigsten  Geburtstage  am  30.  November  1898  (Bd.  XXXII, 
S.  171)  unsern  Lesern  eine  Darstellung  der  Wirksamkeit  des  beliebten  Lehrers, 
dessen  Namen    dauernd  mit  unserer  polytechnischen  Hochschule  verknüpft  ist, 


Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte.  557 

geboten  und  ein  Bildnis  aus  der  Zeit  seiner  zürcherischen  Lehrtätigkeit  bei- 
gefügt. In  das  p]nde  der  neunziger  Jahre  tiel  auch  sein  Rücktritt  vom  Lehr- 
amte. Zeuner  widmete  zunächst  seine  Arbeitszeit  einer  Neubearbeitung  seiner 
„Technischen  Thermodynamik",  die  1900  in  neuer,  abermals  vermehrter  Auf- 
lage erschien.  Sodann  gab  er  seine  „Vorlesungen  über  Theorie  der  Turbinen" 
1899  bei  Arthur  Felix  in  Leipzig  heraus.  Auch  sein  Buch  über  „Schieber- 
Steuerung"  ist  erst  vor  wenigen  Jahren  neu  gedruckt  worden.  Im  übrigen  hat 
der  Heimgegangene  seine  letzten  Jahre  der  Familie  gelebt  und  sich  von  der 
Beteiligung  am  öffentlichen  Leben  immer  mehr  zurückgezogen. 

Wir  haben  deshalb  dem  bereits  gebotenen  Lebensbild  heute  nichts  wesent- 
liches beizufügen. 

Da  Zeuner  schon  1871  von  seiner  Lehrtätigkeit  in  Zürich  auf  ein  anderes 
Wirkungsfeld  übergegangen  ist,  lichten  sich  auch  die  Reihen  der  Kollegen 
immer  mehr,  die  an  unserer  Hochschule  zu  J'üssen  des  begeisterten  Lehrers 
sassen.  Den  Überlebenden  aber  stellt  sein  Bild  noch  heute  unverj^esslich 
vor  Augen,  wie  er  mit  jugendlichem  Feuer  und  einer  seltenen,  klaren  Dar- 
stellungsweise es  verstand,  seine  Zuhörerschaft  für  den  Gegenstand  des  Vor- 
trages zu  gewinnen  und  mit  sich  fortzureissen. 

Mit  Zeuner  ist  der  letzte ')  aus  der  Zahl  unserer  Hochschullehrer  dahin- 
gegangen, die  im  Jahre  1855  bei  Eröffnung  des  Polytechnikums  ihre  Lehrtätig- 
keit an  der  Schule  begonnen  und  durch  ihr  glückliches  Zusammenwirken  der 
jungen  Anstalt  in  kurzer  Zeit  den  hervorragenden  Rang  unter  ihren  Schwester- 
anstalten errungen  haben.  Dafür  ist  die  Hochschule  auch  dem  nun,  nach  über- 
aus arbeitsvollem  Leben  zur  Ruhe  Eingegangenen  bleibend  zu  Dank  verpflichtet. 
Und  nicht  nur  als  Lehrer,  sondern  auch  als  Direktor  hat  Zeuner  dem  eidge- 
nössischen Polytechnikum,  von  1865  bis  1867  an  seiner  Spitze  stehend,  mit 
grossem  Erfolg  gedient  durch  seinen  tiefen  Einblick  in  die  Bedürfnisse  aller 
der  einzelnen  Abteilungen  und  seine  klaren  Dispositionen  bei  Aufstellung  der 
Studienordnung  und  der  Lehrpläne. 

Zeuner  zählte,  wie  er  bei  jedem  Anlass  zu  wiederholen  liebte,  seinen  Zür- 
cher Aufenthalt  zu  den  schönsten  Zeiten  seiner  Lehrtätigkeit  und  hat  auch, 
als  ihm  Freunde  und  dankbare  Schüler  zu  seinem  70.  Geburtstage  einen  grös- 
sern Geldbetrag  zur  Verfügung  stellten,  diesen  zu  gleichen  Teilen  zu  Stipen- 
dienfonds an  das  Zürcher  Polytechnikum,  an  die  Bergakadmie  Freiberg  und 
an  die  technische  Hochschule  zu  Dresden  bestimmt. 

So  ist  mit  dem  Entschlafenen  wieder  eine  Erinnerung  aus  den  ersten, 
schönen  Zeiten  unserer  technischen  Hochschule  zu  Grabe  getragen  worden. 
Mögen  wie  das  gegenwärtige  auch  die  kommenden  Geschlechter,  derer  stets 
mit  Dankbarkeit  gedenken,  die  wie  Zeuner  zum  Aufblühen  unserer  schweize- 
rischen Anstalt  ihr  bestes  beigetragen  haben.  — 

Wir  fügen  diesen  beiden  Aufsätzen  noch  einige  erzänzende  Notizen  hinzu. 
Zeuner  war  geboren  in  Chemnitz  am  30.  November  1828.  Er  studierte  1848-1851 
an  der  Bergakademie  Freiburg  und  übernahm  nach  mehrfachen  Studienreisen 
die  Redaktion  der  von  ihm  gegründeten  Zeitschrift  „Civilingenicur",  deren  Lei- 
tung er  aber  nur  bis  zum  Jahre  1857  behielt.  Gleich  bei  Errichtung  des  eid- 
genössischen Polytechnikums  in  Zürich  wurde  er  als  Professor  der  technischen 
Mechanik  und  tlieoretischen  Maschinenlehre  dorthin  berufen.  Vom  Herbst  1865 


*)  Diese  Notiz  bedarf  der  Berichtiji:ung:    Georg  Sidler  hat  Zeuner   noch  um 
einige  Wochen  überlebt. 


558  Ferdinand  Rudio  und  Carl  Schröter. 

bis  Herbst  1867  war  er  Direktor  des  Polytechnikums.  Im  Jahre  1871  folgte 
Zeuner  als  erster  ständiger  Direktor  der  Bergakademie  Freiburg.  Im  Jahre 
1873  wurde  er  zum  Direktor  und  zum  Professor  für  technische  Mechanik  und 
Maschinenlelire  am  Polytechnikum  Dresden  ernannt,  von  welcher  Stelle  er  1898 
zurücktrat. 

Nicht  nur  das  eidgenössische  Polytechnikum,  auch  unsere  Zürcher  Natur- 
forschende Gesellschaft  bewahrt  Zeuner  ein  dankbares  Andenken.  Er  war  ein 
sehr  anregendes  und  tätiges  Mitglied  der  Gesellschaft  und  1867—1869  ihr  Prä- 
sident. Sein  Bildnis  schmückt  denn  auch  unsere  Jubiläumsschrift  des  Jahres  1896, 

Georg  Sidler  (1831  —  1907,  Mitgl.  d.  Gesellsch.  seit  1855). 

Nur  der  Vollständigkeit  halber  sei  der  Name  dieses  trefflichen  Mannes, 
der  mehr  als  ein  halbes  Jahrhundert  unserer  Gesellschaft  angehört  hat,  auch 
hier  genannt.  Ein  ausführlicher,  mit  dem  Bildnis  des  Verstorbenen  geschmückter 
Nekrolog  soll  den  Jahrgang  1908  unserer  Vierteljahrsschrift  eröffnen. 


Sitzungsberichte  toxi  1907. 


Sitzung'  Yom  14.  Jannar  1907  anf  Zimmerleuten. 

Beginn  S'i  Uhr.    Vorsitzender:  Herr  Prof.  Dr.  A.  Werner. 

Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  erlullt  die  Genehmigung.  Als  Mitglieder 
werden  einstimmig  in  die  Gesellschaft  aufgenommen  die  Herren  Dr.  Fritz 
von  Wyttenbach,  Dr.  Br ockmann-Jerosch. 

Zur  Aufnahme  in  die  Gesellschaft  haben  sich  angemeldet  die  Herren  Emil 
Beck  und  Dr.  Emil  Meier,  beide  empfohlen  durch  Herrn  Prof.  Beck. 

Herr  Prof.  Dr.  Zaugger  hält  einen  Vortrag  über  , Membranen,  spez. 
deren  Bedeutung  in  der  Physiologie  und  Pathologie\ 

An  der  Diskussion  beteiligen  sich  die  Herren  Dr.  Höber,  Prof.  Werner, 
Prof.  Zangger,  Dr.  Berl  und  Dr.  Kauffler. 

Schluss  der  Sitzung  10  Uhr. 

Sitzang  vom  28.  Jannar  1907  auf  Zimmerleuten. 

Beginn  8  7*  Uhr.    Vorsitzender:  Herr  Prof.  Dr.  A.  Werner. 

Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  wird  verlesen  und  genehmigt.  Als  Mit- 
glieder werden  einstimmig  in  die  Gesellschaft  aufgenommen  die  Herren  Emil 
Beck  und  Dr.  Emil  Meier. 

Herr  Privatdozent  Dr.  Ernst  Berl  hält  einen  Vortrag  „Neuere  Ver- 
fahren zur  Gewinnung  einfacher  Stickstoffverbindungen". 

An  der  Diskussion  beteiligt  sich  Herr  Prof.  Dr.  Lunge. 

Schluss  der  Sitzung  10  Uhr. 

Sitzung  vom  11.  Februar  1907  auf  Zimmerleuten. 

Beginn  8'A  Uhr.    Vorsitzender:  Herr  Prof.  Dr.  A.  Werner. 

Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  wird  verlesen  und  genehmigt.  Herr  Prof. 
Dr.  Kleiner  hält  einen  Vortrag,  betitelt  „Übersicht  über  die  Resultate 
der  neuesten  experimentellen  und  spekulativen  Forschung  auf 
physikalischem  Gebiet". 

An  der  Diskussion  beteiligen  sich  die  Herren  Professoren  Werner  und 
Kleiner. 

Herr  Prof.  Heim  bringt  eine  Mitteilung  über  von  ihm  selbst  beobachtete 
Ringe  und  Nebensonnen. 

Schluss  der  Sitzung  10' A  Uhr. 

Sitzung  vom  25.  Februar  1907  auf  Zimmerleuten. 

Beginn  8\ 4  Uhr.    Vorsitzender:  Herr  Prof.  Dr.  A.  Werner. 

Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  wird  wegen  Abwesenheit  des  Aktuars 
nicht  verlesen. 

Zur  Aufnahme  in  die  Gesellschaft  hat  sich  angemeldet  Herr  Dr.  phil. 
Eichhorn,  empfohlen  durch  Herrn  Prof.  Kleiner. 

Herr  Dr.  Leo  Wehrli  hält  einen  Vortrag  „Die  Kohlen  der  Schweizer 
Alpen\ 


560  Emil  Schoch. 

An  der  Diskussion  beteiligt  sich  Herr  Prof.  Heim. 

Der  Vorsitzende  macht  Mitteilung  vom  Hinschied  unseres  Mitgliedes  Herrn 
Bodmer  im  Beckenhof  und  ladet  die  Anwesenden  ein,  sich  zu  Ehren  des 
Verstorbenen  von  den  Sitzen  zu  erheben. 

Schluss  der  Sitzung  10  Uhr. 

Sitzung  vom  11.  März  1907  auf  Zimmerleuten. 

Beginn  87*  Uhr.    Vorsitzender:  Herr  Prof.  Dr.  A.  Werner. 

Die  Protokolle  der  letzten  und  vorletzten  Sitzung  werden  verlesen  und 
genehmigt.  Zum  Eintritt  in  die  Gesellschaft  hat  sich  angemeldet  Herr  Dr. 
Conr.  Schindler,  empfohlen  von  Herrn  Dr.  Veraguth. 

Der  Vorsitzende  macht  Mitteilung  vom  Tode  des  Herrn  Prof.  Dr.  Mayer- 
Eymar,  Mitglied  der  Gesellschaft  seit  1872.  Die  Versammlung  erhebt  sich  zu 
Ehren  des  Verstorbenen  von  ihren  Sitzen. 

Herr  Dr.  0.  Veraguth  hält  einen  Vortrag  „Über  einige  körperliche 
Aeusserungen  psychischer  Vorgänge"  (mit  Demonstrationen). 

Die  Diskussion  wird  benützt  von  Herrn  Dr.  Schellenberg. 

Herr  Dr.  G.Eichhorn  wird  einstimmig  in  die  Gesellschaft  aufgenommen, 
ebenso  Herr  Dr.  Conr.  Schindler,  dessen  Wahl  in  Anbetracht  der  letzten 
Sitzung  dieses  Winters  heute  schon  vorgenommen  wird.  Der  Vorsitzende  dankt 
für  den  zahlreichen  Besuch  und  das  rege  Interesse,  das  den  Darbietungen 
unserer  Gesellschaft  entgegengebracht  worden  ist  und  schliesst  damit  die 
Sitzungen  des  Winterhalbjahres  1906/07. 

Schluss  der  Sitzung  10  Uhr. 

Hauptversammlung  vom  3.  Juni  1907  auf  Zimmerleuten. 

Beginn  7  Uhr.    Vorsitzender:  Herr  Prof.  Dr.  A.  Werner. 

Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  wird  verlesen  und  genehmigt.  Der  Vor- 
sitzende gedenkt  der  seit  der  letzten  Sitzung  hingeschiedenen"  Mitglieder,  der 
Herren  K.  Ott,  früher  langjähriger  Bibliothekar  der  Gesellschaft;  H.  St u der, 
Ingenieur;  E.  Mortons,  Landschaftsgärtner.  Zu  Ehren  der  Verstorbenen  er- 
heben sich  die  Anwesenden  von  ihren  Sitzen. 

Zur  Aufnahme  in  die  Gesellschaft  haben  sich  angemeldet  die  Herren 
Dr.  A.  de  Quervain,  eingeführt  durch  Herrn  Prof.  Heim  und  Dr.  L.  G.  Du 
Paquier,  eingeführt  durch  Herrn  Prof.  Rudio. 

In  sofort  vorgenommener  Abstimmung  werden  beide  Herren  einstimmig- 
in  die  Naturforschende  Gesellschaft  aufgenommen. 

Der  Quästor,  Hr.  Dr.  H.  K  r  o  n  a  u  e  r,  legt  die  Rechnung  für  das  Jahr  1906  vor :. 

Fr.     Rp. 

Einnahmen:    Zinsen  des  Haupt-  und  Illustrationsfonds  4,225.50 

Beiträge  der  Mitglieder  4,859.  — 

Verkauf  der  Neujahrsblätter  395.68 

Verkauf  von  Katalogen  88.  — 

Vierteljahrsschrift  266. 75 

Beiträge  von  Behörden  und  Gesellschaften  8,200.  — 

Allerlei  297. 25 


Summe  der  Einnahmen:      13,832.18 
dazu  die  Legate  Kölliker  und  Bodmer  1,613.  50 


Gesamtsumme  der  Einnahmen:      14,945.68 


Sitzungsberichte  von  1907. 


561 


Ausgaben: 


Büclier 

Buchbinderarbeiten 

Neujahrsblatt 

Vierteljalirsschrift 

Katalogisierungsarbeiten 

Miete,  Heizung  und  Beleuchtung 

Besoldungen 

Verwaltung 

Allerlei 


Fr.     Rp. 

4,379. 67 

870.35 

715.- 

4,987. 80 

13.20 

92.50 

2,465. 20 

468.- 

33.- 


Gesamtsumme  der  Ausgaben:      14,024.72 


Gegenüber  dem  Voranschlag  ergibt  sich  für  die  Einnahmen  ein  Mehrbetrag 
von  Fr.  1,296. 18,  herrülirend  vom  Legat  Bodmer-Beder  und  einem  etwas 
grösseren  Betrag  der  Zinsen  und  der  Vierteljahrsschrift.  Im  Voranschlag  für 
die  Ausgaben  waren  Fr.  500.—  weniger  ausgesetzt  gewesen,  als  für  die  Einnahmen^ 
da  nach  einem  Beschluss  der  Gesellschaft  vom  letzten  Jahre  vom  Legat  Kölliker 
ein  Betrag  in  dieser  Höhe  dem  Stammkapital  zuzuschlagen  war,  als  Reserve 
für  die  Weiterführung  der  Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Zoologie,  im  Falle 
diese  Zeitschrift  nicht  mehr  geschenkweise  eingehen  sollte.  Die  wirklichen 
Ausgaben  überschritten  den  Voranschlag  um  I"r.  875. 22.  Während  sämtliche 
übrigen  Posten  auch  derjenige  für  Bibliothekausgaben  etwas  unter  dem  Vor- 
anschlag blieben,  betrug  beim  Neujahrsblatt  die  Mehrausgabe  Fr.  165.—  und 
bei  der  Vierteljahrsschrift  Fr.  987.80,  verursacht  durch  den  reichen  Inhalt,  das 
vergrösserte  Format  und  die  vermehrte  Auflage  der  Zeitschrift,  verbunden  mit 
einer  beträchtlichen  Erhöhung  der  Druck  kosten.  Der  Überschuss  der  Einnahmen 
über  die  Ausgaben  beträgt  Fr.  920. 96,  von  denen  Fr.  500.  —  eben  als  die  oben 
erwähnte  Reserve  anzusehen  sind.  Das  Gesamtvermögen  der  Naturforschenden 
Gesellschaft  stellt  sich  Ende  1906  auf  Fr.  88,802. 14,  wovon  auf  den  Hauptfond 
Fr.  82,304.14  und  auf  den  Illustrationsfond  Fr.  6,500.  -  entfallen. 

Die  Rechnungsrevisoren,  die  Herren  Prof.  Dr.  B  u  r  k  h  a  r  d  t  und  Dr.  Gysi,  hab  en 
die  vorliegende  Rechnung  geprüft,  mit  den  Belegen  verglichen  und  alles  richtig 
befunden ;  sie  beantragen  dem  Herrn  Quästor  die  Rechnung  abzunehmen,  unter 
bester  Verdankung  seiner  sorgfältigen  und  umsichtigen  Rechnungsführung. 

Zum  Budget  für  1907  macht  Herr  Dr.  Kronauer  folgende  Vorschläge: 


Einnahmen. 

Ausgaben 

[. 

Zinsen  von  Kapitalien 

Fr. 

4,300.  - 

Bücher 

Fr. 

4,350.  — 

Beiträge  der  Mitglieder 

!1 

4,830.  - 

Einbände 

» 

1,100.  - 

Neujahrsblatt 

n 

400.- 

Neujahrsblatt 

„ 

400.  — 

Katalog 

n 

36.- 

Vierteljahrsschrift 

„ 

4,000.  - 

Vierteljahrsschrift 

» 

200.  - 

Katalogisierungsarbeiten 

)i 

20.- 

Beiträge  von  Behörden 

Miete,  Heizung  und  Be- 

und Gesellschaften 

)i 

3,200.  - 

leuchtung 

n 

150.- 

Allerlei 

)) 

74.- 

Besoldungen 

H 

2,500.  - 

Verwaltung 

n 

500.  - 

Allerlei 

n 

20.- 

Total 

Fr. 

13,040.  - 

Total 

f7. 

13,040.  - 

Als   Staatsbeitrag   sind   wieder  Fr.  1,500.  —   in  Aussicht  genommen.    Die 
übrigen  Ansätze  entsprechen  im  Ganzen  denjenigen  des  Voranschlages  für  1906. 


562  Emil  Schoch. 

Eine  kleine  Vermehrung  zeigt  der  Posten  Bücher,  eine  kleine  Verminderung 
die  Posten  Katalogisierungsarbeiten  und  Allerlei.  Ebenfalls  eine  Verminderung 
erfährt  der  Posten  Neujalirsblatt,  für  den  Fr.  400.  —  angenommen  werden. 
Kechnung  und  Budget  werden  dem  Herrn  Quästor  nochmals  bestens  verdankt. 

In  der  an  den  Kechnungsbericht  anschliessenden  Diskussion  wünschen  die 
Herren  Prof.  Werner  und  Prof.  Grubenmann,  es  möchte  das  Budget  bezüglich 
des  Neujahrsblattes  und  der  Vierteljahrsschrift  unter  keinen  Umständen  über- 
schritten werden.  Herr  Prof.  Rudio  bedauert  die  Überschreitung  des  letzt- 
jährigen Budgets,  die  leider  ohne  Pieduktion  der  Vierteljahrsschrift  nicht  zu 
vermeiden  war.  Doch  können  Mitarbeiter  nicht  gut  zurückgewiesen  werden. 
Beim  Neujahrsblatt  waren  die  Tafeln  die  Ursache  der  Überschreitung. 

Herr  Prof.  Burkhardt,  derzeit  Rechnungsrevisor,  macht  aufmerksam  auf  die 
die  Druckerrechnung  stark  belastenden  Korrekturen.  Herr  Prof.  Rudio  weist 
nach,  dass  die  Schuld  daran  nicht  an  der  Druckerei  liegt,  die  gut  und  korrekt 
arbeitet;  anschliessend  bemerkt  Herr  Prof.  Rudio,  dass  durch  die  Erhöhung  der 
Setzerlöhne  um  107o  eine  erhebliche  Mehrbelastung  des  Druckerkontos  ein- 
getreten ist. 

Der  Aktuar,  Herr  Dr.  E.  Schoch,  verliest  den  Bericht  über  die  wissen- 
schaftliche Tätigkeit  und  den  Bestand  der  Naturforschenden  Ge- 
sellschaft 1906/1907. 

Im  Berichtsjahr  wurden,  die  heutige  Generalversammlung  eingerechnet, 
9  Sitzungen  abgehalten.  Die  Besuchsfrequenz  blieb  ungefähr  gleich,  wie  im 
vorigen  Jahre.  Mit  Bedauern  vermisste  der  Berichterstatter  einige  der  ehr- 
würdigen Häupter  der  Naturwissenschaften  in  Zürich,  die  früher  fast  regel- 
mässig an  den  Veranstaltungen  unserer  Gesellschaft,  deren  Zierde  sie  sind  und 
bleiben  werden,  teilnahmen.  Ob  vermehrte  Berufstätigkeit,  ob  vorgerücktes 
Alter  oder  Krankheit  sie  von  uns  fernhielten,  wir  hofi'en  doch,  dass  sie  je  und 
je  wieder  in  unseren  Sitzungen  erscheinen  werden. 

In  den  neun  Sitzungen  wurden  12  Vorträge  und  Mitteilungen  gegeben,  die 
in  folgende  Disziplinen  fallen.  1  auf  Physik,  1  auf  Zoologie,  1  auf  Botanik, 
2  auf  Mineralogie,  5  auf  Geologie,  2  auf  Physiologie. 

a)  Vorträge: 

1.  Herr  Dr.  Paul  Arbenz:  Der  Ausbruch  des  Vesuv  im  Jahre  1906. 

2.  „      Privatdozent  Bruno  Zschokke:  Die  Metallographie,  eine  neue  ünter- 

suchungsmethode  der  Metalle. 

3.  ,      Prof.  Dr.  Zangger:    Über  Membranen,   speziell  deren   Bedeutung  in 

der  Physiologie  und  Pathologie. 

4.  „      Prof.  Dr.  Kleiner:  Übersicht  über  die  Resultate  der  neuesten  experi- 

mentellen und  spekulativen  Forschung  auf  physikalischem  Gebiet. 

5.  „      Dr.  Leo  Wehrli:  Die  Kohlen  der  Schweizeralpen. 

6.  „      Dr.  Veraguth:    Über   einige   körperliche   Aeusserungen   psychischer 

Vorgänge. 

b)  Mitteilungen  und  Demonstrationen: 

1.  Herr  Prof.  Dr.  Heim  für  Dr.  Arnold  Heim:  Demonstration  eines   Chur- 

firstenpanoramas  und  Photographien  von  Karren. 

2.  „      Prof.  Dr.  Heim:  Wüstenphänomene;  Herr  Dr.  Thellung:  Eine  Wüsten- 

pflanze. 

3.  „      Prof.  Dr.  Standfuss:  Weitere  Untersuchungen  über  die  Vorstufe  der 

Art. 


Sitzungsberichte  von  1!)07.  563 

4.  Herr  Prof.  Dr.  Schröter:  Glaciale  Parallelformeii  montaner  Alchimillen  und 

myrmekochore  Pflanzen. 

5.  „      Prof.  Dr.  Grubenmann:  Ein  neuer  Granatolivinfels  im  Tessin. 

Wie  in  früheren  Jahren  erschienen  aucli  diesmal  über  die  Mehrzahl  der 
Vorträge  kurze  Berichte  in  der  N.  Z.  /.  Den  Herren  Verfa.ssern  dieser  Referate, 
die  zugleich  zu  Gunsten  der  Gesellschaftskasse  auf  das  Honorar  verzichtet 
haben,  sei  der  Dank  der  Gesellschaft  ausgesprochen. 

Vorstands  Sitzung. 
Der  Vorstand  behandelte  in  einer  Sitzung  die  Konstituierung  der  zürcherischen 
Kommission  für  Naturschutz,  ferner  eine  Eingabe  bezüglicli  Einführung  einer 
internationalen  Hilfssprache  und  diskutierte  über  die  Frage,  ob  es  angezeigt 
sei,  auswärtige  Persönlichkeiten  von  wissenschaftlicher  Bedeutung  zu  unseren 
VVintervorträgen  heranzuziehen. 

Vi  e  r  t  e  1  j  a  li  r  s  s  c  h  r  i  f  t. 

Der  51.  Jahrgang  der  Vierteljahrsschrift  umfasst  559  Seiten  mit  22  wissen- 
schaftlichen Abhandlungen  von  18  verschiedenen  Verfassern.  Von  diesen  Ab- 
handlungen stammen  aus  dem  Gebiet  der  Mathematik  3,  der  Physik  2,  der 
Botanik  5,  der  Physiologie  2,  der  Geologie  8.  2  Beiträge  gehören  zu  den 
Notizen  zur  Schweiz.  Kulturgeschichte.  Das  Schlussheft  enthält  die  Sitzungs- 
berichte und  den  Bibliothekbericht  für  1906,  sowie  ein  auf  31.  Dez.  1906  abge- 
schlossenes Mitgliederverzeichnis. 

Das  Neujahrsblatt,  herausgegeben  von  der  Naturforschenden  Gesellschaft 
auf  das  Jahr  1907,  109.  Stück,  wurde  verfasst  von  Herrn  Privatdozent  Dr. 
M.  Rikli.  Es  trägt  den  Titel  „Kultur-  und  Naturbilder  von  der  spanischen 
Riviera"  und  umfasst  46  Seiten  mit  6  Tafeln. 

Bestand  der  Gesellschaft. 
Er  zeigt   gegenüber  dem  Vorjahre   folgende  Veränderungen.    Neu  aufge- 
nommen wurden   12  Mitglieder.    Andererseits   hat   der  Tod   der  Gesellschaft 
einige  hervorragende  Mitglieder  entrissen. 
Es  btarben  im  Berichtsjahr  die  Herren : 
A.  Bodmer-Beder, 
Prof.  Dr.  Wilh.  Ritter, 
Prof.  Dr.  A.  Weilen  mann, 
C.  Bodmer  im  Beckenhof, 
Prof.  Dr.  Mayer-Eymar. 
Ausgetreten  ist  Herr  Sekundarlehrer  Aeppli. 

Am  31.  Dezember  1906  zählte  die  Naturforschende  Gesellschaft  18  Ehren- 
mitglieder, 2  korrespondierende  und  286  ordentliche  Mitglieder. 
Der  Bericht  des  Aktuars  wird  genehmigt  und  bestens  verdankt. 
Der  Bibliothekar,  Herr  Prof.  Dr.  Hans  Schinz,  verliest  den 

Bibliotheksbericht. 

Die  Zahl  der  Entleiher  von  Büchern  aus  dem  Bücherbestand  unserer  Ge- 
sellschaft belicf  sich  im  Jahre  1906  auf  114  (1905:  97)  und  zwar  wurden,  abge- 
sehen von  den  bei  den  Professoren  Lang,  Werner  und  Schinz  deponierten 
Serien,  1151  (1905;  1151)  Werke  ausgeliehen.  Die  durchschnittliche  Zahl  der 
Lesesaalbesucher  belief  sich  auf  10—12  (1905:  gleichfalls  10-12).  Anzahl  der 
Tauschgesellschaften:    Schweiz   40,   Deutschland  110  (1905:  106),   Oesterreich- 


564  Emil  Schoch. 

Ungarn  41,  Holland  13,  Dänemark,  Schweden  und  Norwegen  20,  Frankreich  37 
(1905:  36),  Belgien  11,  England  32  (1905:  31),  Italien  29,  Spanien,  Portugal  7, 
Russland,  Rumänien  22  (1905:  21),  Amerika  98,  übrige  Länder  22.  Total  482 
(1905:  475). 

Aufgegeben  wurde  keine  Verbindung. 

Zahl  der  angeschafften  Periodica:  Akademien,  Allgemeines  31  (1905:  31), 
Astronomie,  Meteorologie  4  (1905:  4),  Botanik  16  (1905: 16),  Geographie,  Ethno- 
graphie 8  (1905:  11),  Geologie,  Petrographie,  Mineralogie  19  (1905:21),  Mathe- 
matik 14  (1905:  15),  Physik,  Chemie  16  (1905:  15),  Zoologie  17  (1905:  16). 
Zusammen  125  (1905:  130). 

Der  Rückschlag  rührt  zum  Teil  davon  her,  dass  im  Berichtsjahre  mehrere 
Lieferungswerke  zum  Abschluss  gelangt  sind,  zum  Teil  auch  darin,  dass  der 
Bibliothekar  sich  veranlasst  gesehen  hat,  in  Anbetracht  unverhältnismässig 
grosser  unerwarteter  Kreditüberschrcitungen  auf  anderen  Rechnungsposten,  im 
Berichtsjahre  mit  der  Anschaffung  neuer  Werke  möglichst  zurückhaltend  zu  sein. 

Eine  Revision  der  Bibliothek  hat  im  Berichtsjahre  nicht  stattzufinden  gehabt. 
Von  den  gemeinsamen  Zuwachsverzeichnissen  der  stadtzürcherischen  Biblio- 
theken sind  im  Jahre  1906  veröffentlicht  worden: 

1905,  Band  IX,  3.  und  4.  Teil;  1906,  Band  X,  1.  und  2.  Teil. 

Der  Verkehr  mit  dem  Lesemuseum,  die  Mappenzirkulation  und  die  Ab- 
wicklung des  Tauschverkehrs  geben  zu  keinen  Bemerkungen  Anlass. 

Der  Bericht  des  Herrn  Bibliothekars  wird  genehmigt  und  ihm  für  seine 
Mühe  der  wärmste  Dank  der  Gesellschaft  ausgesprochen. 

Wahlen:  An  Stelle  des  verstorbenen  Herrn  Bodmer-Beder,  Vertreter  der 
Mineralogie,  Geologie  in  der  Bibliothekskommission  wird  vom  Vorstande  vor- 
geschlagen und  durch  die  Hauptversammlung  gewählt  Herr  Dr.  Paul  Arbenz. 
Geolog. 

Als  Delegierte  unserer  Gesellschaft  zur  Jahresversammlung  der  Schweiz, 
naturforschenden  Gesellschaft  nach  Freiburg  werden  gewählt  die  Herren  Prof, 
Dr.  C.  Hescheler  und  Dr.  E.  Schoch. 

Vortrag:  Herr  Dr.  Adler  hält  einen  Vortrag  ,Über  einige  Ergebnisse 
thermodynamischer  Studien". 

An  der  Diskussion  beteiligen  sich  die  Herren  Prof.  Dr.  Stodola,  Prof.  Dr. 
Rudio  und  Dr.  Adler. 

Schluss  der  Sitzung  8 ',2  Uhr. 

Den  Verhandlungen  schliesst  sich  ein  gemeinsames  Abendessen  an. 

Sitzung  vom  4.  November  1907  auf  Zimmerleuten. 

Beginn  8  Uhr.    Vorsitzender:  Herr  Prof.  Dr.  A.  Werner. 

Das  Protokoll  der  Hauptversammlung  wird  verlesen  und  genehmigt.  Der 
Vorsitzende  macht  Mitteilung  vom  Tode  unseres  Ehrenmitgliedes,  Herrn  Ge- 
heimrat Prof.  Dr.  Gustav  Zeuner  in  Dresden,  zu  dessen  Ehren  sich  die  An- 
wesenden erheben. 

Als  Andenken  an  unser  langjähriges  Mitglied  Herrn  Ott  ist  uns  ein  hoch- 
herziges Legat  von  Fr.  200.—  zugegangen,  das  vom  Vorstande  gebührend  ver- 
dankt wurde. 

Ferner  verdankt  der  Vorsitzende,  die  von  der  hob.  Regierung  gewährte 
jährliche  Subvention  von  Fr.  1500.—. 

Zur  Aufnahme  in  die  Gesellschaft  hat  sich  angemeldet  Herr  J.  Hilfiker 
vom  eidg.  topograph.  Bureau,  empfohlen  durch  Herrn  Prof.  Rudio  und  den 
Vorstand. 


Sitzungsberichte   von   1907.  565* 

Der  Vorsitzende  bittet  die  Mitglieder,  sich  für  die  Gesellschaft  recht  rege 
zu  interessieren,  Vorträge  anzumelden  und  neue  Mitglieder  anzuwerben. 

Herr  Prof.  Dr.  4.  Lang  hält  einen  Vortrag:  ,Eine  neue  cytologische 
Theorie  über  die  Geschlechtsbestimmung\ 

An  der  Diskussion  beteiligen  sich  die  Herren  Escher-Kündig,  Prof.  Schröter 
und  Prof.  Lang. 

Schluss  der  Sitzung  10'  <  Uhr. 

Sitzung  vom  18.  November  1907  auf  Zimmerleuten. 

Beginn  8  Uhr.    Vorsitzender:  Herr  Prof.  Dr.  A.  Werner. 

Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  wird  verlesen  und  genehmigt. 

Zur  Aufnahme  in  die  Gesellschaft  haben  sich  angemeldet  die  Herren: 

Dr.  Diebold,  Arzt,  emijfohlen  durch  Herrn  Prof.  Schinz   und  den  Vorstand. 

Otto  Brunn  er,  Apotheker,  empfohlen  durch  Herrn  Prof.  Schröter,  Dr. 
Meyer  und  den  Vorstand. 

Dr.  Edgar  Meyer,  Physiker,  empfohlen  durch  Herrn  Dr.  Adler  und  den 
Vorstand. 

Dr.  Hans  Strohl,  Zoologe,  empfohlen  durch  die  Herren  Prof.  Lang  und 
Prof.  Hescheler. 

Wies  mann,  Sek. -Lehrer,  empfohlen  durch  die  Herren  Dr.  Bretschcr  und 
Prof.  Hescheler. 

Dr.  Schwarzenbach,  Arzt,  empfohlen  durch  die  Herren  Prof.  Silber- 
schmidt und  Dr.  Ulrich. 

Herr  Prof.  A.  Heim  hält  einen  Vortrag,  betitelt:  ,Die  neuen  Entdeckungen 
über  den  Bau  der  Alpen". 

An  der  Diskussion  beteiligen  sich  die  Herren  Prof.  Becker,  Dr.  Arnold 
Heim,  Prof.  Schröter  und  Prof.  Heim. 

Herr  Dr.  Hilf ik er,  Ingenieur  wird  einstimmig  als  Mitglied  in  die  Xatur- 
forschende  Gesellschaft  aufgenommen. 

Schluss  der  Sitzung  10^/2  Uhr. 

Sitzung  vom  2.  Dezember  1907  auf  Zimmerleuten. 

Beginn  8  Uhr.    Vorsitzender:  Herr  Prof.  Dr.  A.  Werner. 

Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  wird  verlesen  und  genehmigt.  Der  Vor- 
sitzende macht  Mitteilung  vom  Tode  unseres  verdienten  Mitgliedes,  des  Herrn 
Prof.  Dr.  G.  Sidler  in  Bern,  zu  dessen  Andenken  sich  die  Mitglieder  von  ihren 
Sitzen  erheben. 

Herr  Dr.  W.  Fiedler  wünscht  aus  der  Naturforschenden  Gesellschaft  aus- 
zutreten. 

Zum  Eintritt  in  unsere  Gesellschaft  hat  sich  augemeldet: 

Herr  Karl  Emil  Gogarten,  Bergingenieur,  empfohlen  durch  die  Herren 
Prof.  Dr.  Heim  und  Dr.  Arbenz. 

Herr  Prof.  Dr.  Constam  hält  einen  Vortrag,  betitelt:  „Methoden  zur  Be- 
wertung der  Brennmaterialien". 

Im  Anschluss  an  denselben  ladet  er  die  Mitglieder  ein  zur  Besichtigung 
der  Eidg.  Prüfungsanstalt  für  Brennstoffe.  An  der  Diskussion  beteiligen  sich 
die  Herren  Prof.  Werner  und  Prof.  Constam. 

Die  Herren  Otto  Brunn  er,  Apotheker;  Dr.  phil.  Edgar  Meyer,  Dr. 
Hans  Strohl,  Wiesmann,  Sek.-Lehrer  und  Dr.  med.  Schwarzenbach 
werden  einstimmig  als  Mitglieder  in  die  Gesellschaft  aufgenommen. 

Schluss  der  Sitzung  9  Uhr  20.    . 


•566  Emil  Schoch. 

Sitzung  vom  16.  Dezember  1907  auf  Zimmerleuten. 

Beginn  8  Uhr.    Vorsitzender:  Herr  Prof.  Dr.  A.  Werner. 

Das  Protokoll  der  letzten  Sitzung  wird  verlesen  und  genehmigt.  Der  Vor- 
sitzende teilt  mit,  dass  Herr  Dr.  Schoch  infolge  Trauerfall  in  der  Familie  ver- 
hindert ist,  die  Aktuariatsgeschäfte  zu  besorgen.  Herr  Prof.  Dr.  Pfeiffer  ist  so 
freundlich,  in  der  Zwischenzeit  Herrn  Dr.  E.  Schoch  zu  vertreten. 

Zum  Eintritt  in  unsere  Gesellschaft  haben  sich  angemeldet: 

Herr  Prof.  Mauderli,  Solothurn,  empfohlen   durch  Herrn   Prof.  Werner. 

Herr  Prof.  Dr.  M.  Grossmann  am  eidgen.  Polytechnikum,  empfohlen  durch 
Herrn  Prof.  Schinz. 

Der  Vorsitzende  macht  dann  Mitteilung  von  einem  Schreiben  des  Quästorats 
der  Schweiz.  Naturf.  Gesellschaft,  in  welchem  die  Kollekte  für  die  Pierre  des 
Marmettes  in  empfehlende  Erinnerung  gebracht  wird. 

Herr  Dr.  Arnold  Heim  hält  einen  Vortrag,  betitelt:  „Die  Brandungszone 
der  Schweizeralpen\  An  der  Diskussion  beteiligen  sich  die  Herren  Prof. 
Grubenmann,  Prof.  Früh,  Dr.  Heim,  Dr.  Arbenz,   Prof.  Heim,   Direktor  Huber. 

Herr  Gogarten  wird  einstimmig  als  Mitglied  in  die  Gesellschaft  aufge- 
nommen. 

Schluss  der  Sitzung  9  Uhr  55. 

Der  Aktuar:  E.  Schoch. 


Bibliotheksbericht  von  1907. 


Der  Bibliothek  sind  vom  15.  Dezember  1906  bis  zum  15.  Dezember  1907 
nachstehende  Schriften  zugegangen : 

A.    Geschenke. 

Von  Herrn  Gr.  Claraz,  Zürich: 
Revue    scientilique,    Paris,    5«    serie,    1906,    2"   semestre,    nos.    16—26;    1907, 
1"''  semestre,  nos.  1—26;  2®  semestre,  nos.  1—14. 

Von  f  Herrn  Geh.-Bat  Prof.  Dr.  Alb.  v.  Kölliker,  Wärsburg 
(bezvv.  von  der  Buchhandlung  W.  Engelmann,  Leipzig): 
Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Zoologie,  Bd.  LXXXV,  Heft  1-4;  Bd.  LXXXVI, 
Heft  1-4;  Bd.  LXXXVII,  Heft  1-4;  Bd.  LXXXVIH,  Heft  1-3. 

Von  Herrn  Prof.  Dr.  J.  Heuscher,  Zürich  F.- 
Schweizer.   Fischereizeitung    1906,     Bd.    XIV,    No.    11-12;    1907,    Bd.    XV, 
No.  1-10. 

Von  Herrn  Prof.  Dr.  Ant.  Magnin,  üniversiie,  Besangon: 
Archives  de  la  fiore  jurassienne,  annec  VH,  1906,  no.  67. 

Von  Herrn  Dr.  Paul  Choffat,  Landesgeolog,  Lissabon: 
Especes  nouvelles  ou  peu  connues   du  Mesozoique  portugais.    IL  Cretacique. 
SA.  Paris  1906. 

Von  Herrn  Prof.  Dr.  F.  Eiidio,  Zürich  V: 
Ferd.  Rudio.  Besprech.  von:  Max  C.P.Schmidt.  Kulturhistorische  Beiträge  zur 
Kenntnis  des  griechischen  und  römischen  Altertums.    Heft  1 :  Zur  Entste- 
hung und  Terminologie  der  elementaren  Mathematik.    SA.  Berlin,  1907. 
Ferd.   Rudio.    Kleine   Bemerkungen    zur   zweiten   Auflage   von   Cantors  „Vor- 
lesungen über  Geschichte  der  Matliematik".   S.  A.  o  0.  1907. 
Die  angebliche  Kreisquadratur  bei  Aristophanes.    S.  A.  Leipzig,  1907. 
Ferd.    Rudio   und   Carl    Schröter.     Notizen   zur    schweizer.    Kulturgeschichte. 
19-20.    SA.  Zürich,  1906. 

Von  Frau  Prof.  Dr.  W.  Bitter,  Bemismühle: 
G.  Thurnherr.    Prof.  Dr.  Wilh.  Ritter.   Nekrolog.   Zürich,  1906. 

Von  Herrn  Dr.  Ernst  Blumer,  Zollilcon: 
Zur  Kenntnis   des   helvetischen  Alpen-Nordrandes.  Vortrag.  SA.  Zürich,    1906. 

Von  Herrn  Dr.  Arnold  Heim,  Zürich  V: 

I.  Die  Brandung  der  Alpen  am  Nageltiuhgeblrge. 

II.  Die  Erscheinungen  der  Längszerreissung  und  Abquetschung  am  nordschwciz. 

Alpenrand.  Vorträge.  SA.  Zürich,  190(). 

Eine  Anzahl  Einzelheftc  aus  russischen  Zeitschriften. 


568  Hans  Schinz. 

Von  Herrn  Prof.  Dr.  Ulrich  Gruhenmann,  Zürich  V: 
Die  kristallinen  Schiefer.   IL  Spezieller  Teil.   Berlin,  1907. 
üeber  einige  schweizer.  Glaukophangesteine.    SA.  Stuttgart,  1906. 

Von  der  tit.  Stadthibliothek,  Zürich: 
Joh.  Matth.   Bechstein.  Naturgeschichte  der  Stubentiere.  2  Bände.  8.  Auflage. 

Gotha,  1807,  1812. 
Mor.  Seubert.   Die  Pflanzenkunde.   Bd.  I— IL  Stuttgart,  1849—1850. 
Carl  von  Linne.    Lehr-Buch  über  das  Natursystem,   so   weit  es  das  Tierreich 

angehet.  Bd.  I— H.   Nürnberg,  1781—1782. 

Pflanzens)'stem  im  Auszuge.  IIL  Teil.  Nürnberg,  1792. 
Therese,  Prinzessin  von  Bayern.  Yon  Ihrer  Kgl.  Hoheit  der  Prinzessin  Therese 

von  Bayern  auf  einer  Reise  in  Südamerika  gesammelte  Insekten.  Fortsetz. 

und  Sciiluss.    SA.  Berlin,  1901-1902. 
108  Dissertationen  naturwissenschaftlichen  Inhalts  der  Universitäten  Bern  und 

Königsberg  etc.  aus  den  Jahren  1905—1907. 

Von  Herrn  Louis  Bourdeau,  Paris: 
Le  Probleme  de  la  mort.   4®  edition.   Paris,  1904. 

Von  Herrn  Prof.  Dr.  A.  Wolfer,  Stermvarte,  Zürich  IV: 
Astronomische  Mitteilungen  No.  97.   Zürich,  1906. 

üeber  einen  neuen  Messapparat  für  photographische  Platten  von  0.  Toepfer 
&  Sohn  in  Potsdam.   SA.  Berlin,  1907. 

Vom  Minister e  des  iravanx  publics,  Paris: 
Etudes  des  gites  mineraux  de  la  France.  13  Bände  Text  und  11  Bände  Tafeln. 

Von  Herrn  Dr.  Otto  Schlag inhaufen,  Assistent,  Dresden: 

Beschreibung  und  Handhabung  von  Rud.  Martins  diagraphen-technischen  Appa- 
raten.   SA.  Braunschweig,  1907. 

Ein  Canalis  craniopharyngeus  persistens  an  einem  Menschenschädel  und  sein 
Vorkommen  bei  den  Anthropoiden.    SA.  Jena,  1907. 

üeber  das  Leistenrelief  der  Hohlhand-  und  Fussohlen-Fläche  der  Halbafl'en, 
Affen-  und  Menschenrassen.   SA.   Wiesbaden,  1906. 

Ein  Fall  von  Ossification  des  Ligamentum  apicis  dentis  epistrophei  beim  Men- 
schen und  entsprechende  Bildungen  bei  den  Affen.    SA.  Leipzig,  1907. 

Untersuchungen  über  den  Sagittalumfang  u.  seine  Komponenten  an  100  Schädeln 
aus  Melanesien.    SA.  Dresden,  1907. 

Von  der  „Kartographia  Winterthur" .  vormals  Topograph.  Anstalt  Winterthur, 

J.  Schlumpf: 

Die    Jvartographia  Winterthur".   Neujahr  1907.  Winterthur,  1906. 

Von  Herrn  Lic.  Alfonso  Toro,  Zacatecas  (Mexico): 
Estudio  sobre  el  origen  del  horabre  en  America.   Zacatecas,  1906. 

Von  f  Herrn  Th.  Würtenherger  in  Emmishofen: 
Die  Tärtiärflora  des  Kantons  Thurgau.  Frauenfeld,  1906. 
Der  üeberlinger  Tunnel  und  seine  Bedeutung  für  die  Bodensee-Geologie.  Frauen- 
feld, 1901. 

Von  Herrn  Prof.  Dr.  Arnold  Lang,  Zürich  IV: 
Agricultural  Gazette  of  New  South  Wales.  Vol.  XVII,  1906. 

Von  Herrn  C.  Escher-Hess,  Zürich  I: 
üeber  einige  Vorkommnisse  der  oligocänen  und  miocänen  Molasse  und  Nagel- 
fluh der  östlichen  Schweiz.   Zürich,  1907. 


Bibliotheksbericht  von  1907.  569 

Von  Herrn  Iwan  Tywonowijcz,  Wien  XVIII,  Genizt/asse  21: 
Die  Erde  als  Quelle  der  Wärme.  Eine  Theorie  von  J.  T.  Wien,  1907. 

Von  Herrn  Dr.  phil.  Gustav  Eichhorn^  Zürich  II: 
Die  drahtlose  Telegraphie  auf  Grund  eigener  praktischer  Erfahrungen.  Leipzig, 
1904. 
Wireless  telegraphy.    London,  1906. 

B.  Im  Tausch  gegen  die  Yierteljahrssclirift. 

a)  Schweiz. 

Basel.   Naturforsch.  Gesellschaft,  Verhandlungen,  Bd.  XIX,  Heft  1—2. 

Bern.   Schweiz,  naturforsch.  Gesellschaft,  Verhandlungen,  Bd.  LXXXIX,  1906; 

Geologische  Kommission:   Beiträge  zur  geologischen  Karte   der  Schweiz, 

neue  Folge  Liefg.  XXVI,  Heft  1;   XXIX,   Heft  1;   Beiträge  zur   Geologie 

der  Schweiz,  Geotechnisclie  Serie,  Liefg.  IV. 
Bern.   Eidgen.  Oberbauinspektorat,  Hydrometrische  Abteilung,  Hauptergebnisse 

1892,    1902;  Wasserverhältnisse  der  Schweiz :  Rheingebiet  von  den  Quellen 

bis  zur  Tamina,  2.  und  3.  Teil,  Nachtrag  1. 
Bern.    Naturforschende  Gesellschaft  Bern,  Mitteilungen,   1905,   No.  1591-1608; 

1906,  No.  1609-1628. 
Bern.   Schweizer,  botanische  Gesellschaft,  Berichte,  Heft  XVI  (Register  zu  Heft 

I-XV). 
Chur.   Naturforschende  Gesellschaft  Graubündens,   Jahresbericht,   neue   Folge 

Bd.  XLVm,  1905-1906;  XLIX,  1906-1907. 
Fribourg.    Societe  fribourgeoise  des  sciences  naturelles,  Memoires:  Botanique, 

vol.  n,  No.  2—3;  Geologie  et  Geographie,  vol.  IV,  No.  3;  Chimie,  vol.  II, 

No.  3-4;  m  No.  1. 
Geneve.    Societe  helvetique  des  sciences  naturelles,  Compte-rendu  des  travaux, 

Session  LXXXIX,  1906. 
Geneve.   Societe   de  physique  et  d'histoire   naturelle,  Memoires,   vol.  XXXV, 

fasc.  3;  Beilage:  E.  Ador,  Oeuvres  completes  de  J.-C.  Galissard  de  Marignac. 

2  tomes. 
Glarus.  Naturforschende  Gesellschaft,  Neujahrsblatt  Heft  2. 
Lausanne.  Societe  vaudoise  des  sciences  naturelles,  Bulletin,  5*^  serie,  vol.  XLII, 

No.  156-157;  XLIH.  No.  158-159. 
Liestal.    Naturforschende  Gesellschaft  Baselland,  Tätigkeitsbericht  1904—1906. 
Neuchätel.    Societe  de  geographie,  Bulletin,  tome  XVII,  1906. 
Neuchätel.   Commission  geodesique  suisse,  Proces-verbal,  No.  LIII,  1907. 
Schaffliausen.  Schweizerische  entomologische  Gesellschaft,  Mitteilungen,  Bd.  XI, 

Heft  5-6. 
Sion.    Societe  valaisanne  des  sciences  natur.,  Bulletin  de  la  Murithienne,  fasc. 

XXXHI,  1904. 
Solothurn.  Naturforschende  Gesellschaft,  Mitteilungen,  Heft  III,  1904—1906. 
Winterthur.    Stadtbibliothek,  Neujahrsblatt  für  1907. 
Zürich.    Schweizer.  Ingenieur-  und  Architektenverein,    Schweizer.   Bauzeitung 

1906,  Bd.  XLVIII,  No.  20-26;  1907,  Bd.  IL,  No.  1-26;  Bd.  L,  No.  1-21. 
Zürich.   Zuwachsverzeichnis    der  Bibliotheken,  1906,   Bd.  X,  Heft  2-4;   1907, 

Bd.  XI,  Heft  1. 
Zürich.    Stadtbibliothek,  Jahresbericht  1906. 
Zürich.  Schweizer,  meteorologische  Centralanstalt,  Annalen,  Jahrg.  XLII,  1905. 

Vierteljahrsschrift  d.  Nuturf.  Ges.  Zürich.    Jahrg.  52.     1907.  37 


570  Hans  Schinz. 

Zürich.  Ph3'sikalische  Gesellschaft,  Mitteilungen,  1906,  No.  10. 

Zürich.  Museumsgesellschaft,  Jahresbericht  73,  1906,  und  Beilage. 

Zürich.  Zentralkatalog,  Jahresbericht  VIII,  1906. 

Zürich.  Schweizer.  Landesmuseum,  Jahresbericht  XV,  1906. 


h)  Dcutscläand. 

Augsburg.  Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Schwaben  und  Neuburg,  Bericht 
XXXVir,  1906. 

Berlin.  Deutsche  chemische  Gesellschaft,  Berichte,  Jahrg.  XXXIX,  No.  14—18 
und  Beilage;  XL,  No.  1—15. 

Berlin.  Gesellschaft  Naturforschender  Freunde,  Sitzungsberichte  1906,  No.  7—10; 
1907,  No.  1-7. 

Berlin.  Deutsche  geologische  Gesellschaft,  Zeitschrift,  Bd.  LVIII,  Heft  2— 4;  LIX, 
Heft  1-3. 

Berlin.  Kgl.  preuss.  Akademie  der  Wissenschaften,  Sitzungsberichte  1906, 
Heft  39-53;  1907,  No.  1-38. 

Berlin.  Botanischer  Verein  der  Provinz  Brandenburg,  Verhandlungen,  Jahrg. 
XLVIII,  1906. 

Berlin.  K.  preussische  geologische  Landesanstalt  und  Bergakademie,  Jahrbuch 
Bd.  XXIV,  1903. 

Berlin.  K.  preussisches  meteorologisches  Institut,  Veröffentlichungen:  Ergeb- 
nisse der  Niederschlagsbeobachtungen  1903,  190i;  Ergebnisse  der  Gewitter- 
beobachtungen 1901-1902. 

Berlin.  Preuss.  Landesanstalt  für  Gewässerkunde,  Jahrbuch,  Besondere  Mittei- 
lungen, Bd.  I,  Heft  1. 

Berlin.  Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Neu-Vorpommern  und  Rügen  in 
Greifs wald,  Mitteilungen,  Jahrg.  XXXVIII,  1906. 

Bonn.  Niederrheinische  Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde,  Sitzungsberichte 
1905,  Teil  II;  1906,  Teil  L 

Bonn.  Naturhistorischer  Verein.  Verhandlungen,  Jahrg.  LXII,  1905,  IL  Hälfte; 
LXIII,  1906,  I.  und  II.  Hälfte;  Sitzungsberichte  1906,  Teil  IL 

Braunschweig.  Naturwissenschaftliche  Rundschau,  Jahrg.  XXI,  1906,  No.  46—52; 
XXH,  1907,  No.  1-47. 

Braunschweig.  Deutsche  physikalische  Gesellschaft,  Verhandlungen,  Jahrg.  VI, 
No.  22-24:  VII,  No.  1-24;  VIII,  No.  1-24;  IX,  No.  1-20. 

Bremen.   Naturwissenschaftlicher  Verein,  Abhandlungen,  Bd.  XIX,  Heft  1. 

Bremen.   Deutsches  meteorologisches  Jahrbuch  für  1906,  Bd.  XVII. 

Colmar.  Naturhistorische  Gesellschaft,  Mitteilungen,  neue  Folge,  Bd.  VIII, 
1905-1906. 

Darm  Stadt.  Verein  für  Erdkunde  und  geologische  Landesanstalt,  Notizblatt, 
4.  Folge,  Heft  27. 

Dresden.  Naturwissenschaftliche  Gesellschaft  „Isis",  Sitzungsberichte  und  Ab- 
handlungen, Jahrg.  1906,  Juli-Dezember;  1907,  Januar-Juni. 

Dresden.   Verein  für  Erdkunde,  Mitteilungen,  Heft  4—6. 

Dresden.  Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde,  Jahresbericht  1905—1906. 

Dürkheim.  Polichia,  Naturwissenschaftlicher  Verein,  Mitteilungen  1906,  No.  22 
und  Beilage. 

Emden.    Naturforschende  Gesellschaft,  Jahresbericht,  Bd.  XC,  1904—1905. 

Erlangen.    Ph^sikal-medizinische  Societät,  Sitzungsberichte,  Bd.  XXXVIII,  1906. 


Bibliotheksbericht  von  1907.  571 

Frankfurt  a.  M.   Senckenbergsche  naturforschende  Gesellschaft,  Abhandlungen, 

Bd.  XXIX,  Heft  2;  Bericht  190G. 
Frankfurt  a.  M.   Physikalischer  Verein,  Jahresbericht  1905—1906. 
Giessen.   Oberhessische  Gesellschaft  für  Natur-  und  Heilkunde,  Bericht,  Xatur- 

wissenschaftliche  Abteilung,  Bd.  1, 190i— 1900;  Medizin.  Abteilung,  n.  Folge 

Bd.  n. 
Görlitz.  Naturforschende  Gesellschaft,  Abhandlungen,  Bd.  XXIV;  XXV,  Heft  1-2. 
Göttingen.   K.  Gesellschaft  der  Wissenschaften,  Nachrichten,  niathemat. -natur- 
wissenschaftliche Klasse,  1906,  Heft  3—5;   1907,  Heft  1-3;   Geschäftliche 

Mitteilungen  1907,  Heft  1. 
Greifswald.  Geographische  Gesellschaft,  Jahresbericlit  X,  1905—1906. 
Halle.    Verein  für  Erdkunde,  Mitteilungen,  Jahrg.  XXXI,  1907. 
Halle.   Kaiserl.  Leopoldinisch- Carolin,   deutsche  Akademie  der  Naturforscher, 

Leopoldina,    Heft    XLII,  No.   10—12;  XLIII,    No.  1—10;   Nova  Acta,  Bd. 

LXXXV-LXXXVI. 
Hamburg.   Naturhistorisches  Museum,  Mitteilungen,  Jahrg.  XXIII. 
Hamburg.   Mathematische  Gesellschaft,  Mitteilungen,  Bd.  IV,  Heft  7  u.  Beilage. 
Hamburg.  Naturwissenschaftl.  Verein,   Abhandlungen  Bd.  XIX,  Heft  1—2;  Ver- 
handlungen, 3.  Folge,  Bd.  XIV,  1906. 
Heidelberg.    Naturhistorisch -medizinischer   Verein,    Verhandlungen,   n.  Folge, 

Bd.  VIII,  Heft  3-4. 
Hirschberg  i.  Schi.   Deutscher  und  österreichischer  Riesengebirgs-Verein,  Der 

Wanderer  im  Riesengebirge,  No.  290—301. 
Karlsruhe.  Grossherzogl.  Sternwarte  zu  Heidelberg,  Verötfentlichungen,  Bd.  IV; 

Mitteilungen,  Bd.  VII— IX. 
Karlsruhe.   Astrophysikal.  Observatorium  Königstuhl-Heidelberg,  Publikationen, 

Bd.  n,  No.  1-12;  III,  No.  1-3. 
Karlsruhe.  Naturwissenschaftlicher  Verein,  Verhandlungen,  Bd.  XIX,  1905—1906. 
Kassel.    Verein  für  Naturkunde,  Abhandlungen  und  Bericht,  Bd.  LI,  1907. 
Kiel.   Kommission  zur  wissenschaftlichen  Untersuchung  der  deutschen  Meere 

in   Kiel   und   der   biologischen   Anstalt    auf  Helgoland,   Wissenschaftliche 

Meeresuntersuchungen,  Abt.  Helgoland,  n.  Folge,   Bd.  VIII,  Heft  1. 
Kiel.  Naturwissenschaftlicher  Verein  für  Schleswig-Holstein,  Schriften,  Bd.  XIII, 

Heft  2. 
Leipzig.   Kgl.  sächsische  Gesellschaft  der  Wissenschaften,  Mathemat.-physikal. 

Klasse,  Abhandlungen,  Bd.  XXIX,  No.  7-8;  XXX,  No.  1-3;  Berichte  über 

die  Verhandlungen  1906,  Bd.  LVIII,  Heft  3-8;  1907,  Bd.  LIX,  Heft  1-3. 
Leipzig.  Naturforsch.  Gesellschaft,  Sitzungsberichte,  Jahrg.  XXXII,  1905. 
Leipzig.   Fürstl.  Jablonowskische  Gesellschaft,  Jahresbericht  1907. 
Lüneburg.   Naturwissenschaftlicher  Verein,  Jahreshefte,  Bd.  XVII,  1905—1907. 
Magdeburg.  Museum  für  Natur-  und  Heimatkunde,  Abhandlungen  und  Berichte, 

Bd.  1,  Heft  2-3. 
Mannheim.  Verein  für  Naturkunde,  Jahresbericht  71  —  72,  1904—1905. 
Mcissen.  Naturwissensch.  Gesellschaft  „Isis",  Mitteilungen  1906-1907  u.  Beilage. 
München.   Bayerische  botanische  Gesellschaft,  Berichte,  Bd.  XI;  Mitteilungen, 

Bd.  n,  No.  1-4. 
München.  K.  bayer.  Akademie  der  Wissenschaften,  Mathemat.-physikal.  Klasse, 

Sitzungsberichte  1906,  Heft  3;  1907,  Heft  1-2. 
München.    Gesellschaft    für    Morphologie    und    Physiologie,    Sitzungsberichte, 

Bd.  XXII,  1906. 


572  Hans  Schinz. 

München.    Ornithologische  Gesellschaft  in  Bayern,  Verhandlungen  1905,  Bd.  VI. 
München.   Hydrotechnisches  Bureau,  Abteilung  der  obersten  Baubehörde,  Jahr- 
buch (zugleich  Jahresbericht)  1905,  Heft  5;  1906,  Heft  3;    1907,  Heft  1-2. 
Mulhouse.  Societe  industrielle,  Jahresbericht  1906 ;  Bulletin  1906,  Aoüt-Decembre; 

1907,  Janvier-Aoüt;  Proces-verbaux  1906,  pag.  189-280;  1907,  pag.  1-172  5 

Preisaufgaben  für  1908. 
Posen.  Naturwissenschaftlicher  Verein  der  Provinz  Posen  (Deutsche  G^esellschaft 

für  Kunst  und  Wissenschaft),  Zeitschrift  der  botanischen  Abteilung,  Jahrg. 

XHI,  Heft  2-3 ;  XIV,  Heft  1-2. 
Potsdam.   Astrophysikalisches  Observatorium,  Publikationen  Bd.   XV,  Heft  1; 

XVII;  XVIII,  Heft  2;  Photograph.  Himmelskarte,  Katalog  Bd.  IV. 
Stettin.  Entomologischer  Verein,  Entomologische  Zeitung,  Jahrg.  LXVII,  Heft  2 ; 

LXVill,  Heft  1-2. 
Strassburg.  Gesellschaft  zur  Förderung  der  Wissenschaften,  des  Ackerbaues  und 

der  Künste  im  Unter-Elsass,  Monatsbericht  1906,  Bd.  XL,  No.  8—10;  1907, 

Bd.  XLI,  No.  1-4. 
Strassburg.    Geologische   Landesanstalt    von    Elsass-Lothringen,    Mitteilungen 

Bd.  VI,  Heft  1. 
Stuttgart.   Naturwissenschaftl.  Verein  für  Sachsen  u.  Thüringen,  Zeitschrift  für 

Naturwissenschaften,  Bd.  LXXVIII,  1905-1906,  Heft  4-6;  LXXIX,   1907, 

Heft  1-2. 
Stuttgart.  Verein  für  vaterländische  Naturkunde,  Jahreshefte,  Jahrg.  LXIII  und 

2  Beilagen. 
Thorn.  Coppernicus-Verein  für  Wissenschaft  und  Kunst,  Mitteilungen  Heft  XIV. 
Wiesbaden.   Nassauischer  Verein  für  Naturkunde,  Jahrbücher,  Jahrg.  LIX. 
Würzburg.   Physikalisch-medizin.  Gesellschaft,  Sitzungsberichte  1906,  No.  1—7. 

c)  Österreich. 

Agram.    Societas  historico-naturalis  croatica,  Glasnik,  Godina  XVII,  2.  Hälfte ; 

XVHI,  1.  und  2.  Hälfte;  XIX. 
Brunn.   Naturforsch.  Verein,  Verhandlungen,  Bd.  XLIV,  1905;  Meteorologische 

Kommission,  Bericht,  Bd.  XXIV,  1904. 
Brunn.   Klub  für  Naturkunde,  Bericht  und  Abhandlungen  1905,   Bd.  VII;  1906, 

Bd.  VIH. 
Brunn.    Mährische   Museumsgesellschaft,    Mährisches    Landesmuseum   (früher 

Museum  Francisceum),  Zeitschrift,  Bd.  VII,  Heft  1—2. 
Innsbruck.    Ferdinandeum    für    Tirol    und  Vorarlberg,    Zeitschrift,    3.  Folge, 

Heft  50. 
Innsbruck.  Naturwissenschaftl.-medizin.  Verein,  Berichte,  Jahrg.  XXX,  1905—07. 
Klagenfurt.   Naturhistor.  Landesmuseum  von  Kärnten,  Carinthia,  Jahrg.  XCVI, 

1906,  No.4-6;  XCVII,  1907,  No.  1-3. 

Krakau.  Akademie  der  Wissenschaften,  Anzeiger,  1906,  No.  4—10  und  Beilage; 

1907,  No.  1-3. 

Laibach.  Musealverein  für  Krain,  Mitteilungen  Jahrg.  XIX,  Heft  1 — 6;  Izvestja, 
Letnik  XVI,  Sesitek  1—6. 

Linz.  Museum  Francisco-Carolinum,  Jahresbericht,  mit  Beiträgen  zur  Landes- 
kunde von  Österreich  ob  der  Enns,  LXV,  (LIX). 

Linz.   Verein  für  Naturkunde  in  Österreich  ob  der  Enns,  Jahresbericht  XXXVI. 

Prag.  Kgl.  böhmische  Gesellschaft  der  Wissenschaften,  mathem.-naturwissen- 
schaftliche  Klasse,  Sitzungsberichte  1906;  Jahresbericht  1906. 


Bibliotheksbericht  von  1907.  573 

Prag.  K.  böhmische  K.  Franz-Josef  Akademie  der  Wissenschaften,  Literatur 
und  Kunst,  Rozpravi,  Trida  II,  Rocnik  XIV,  XV  und  lieilagen;  Bulletin 
internat.,  Sciences  Mathemat.  et  naturelles,  Bd.  IX,  No.  2;  X,  No.  1—2. 

Prag.  Deutscher  naturwissenschaftlich-medizin.  Verein  für  Böhmen  „Lotos", 
Sitzungsberichte  n.  P^lge  Bd.  XXVI,  1906;  Fortsetzung;  Lotos,  neue  Folge 
1907,  No.  1-3. 

Prag.  Deutscher  polytechnischer  Verein  in  Böhmen,  Technische  Blätter,  1906, 
Jahrg.  XXXVIII,'  Heft  2-4. 

Reichenberg.   Verein  der  Naturfreunde,  Mitteilungen,  Jahrg.  XXXVII. 

Rovereto.  J.  R.  Accademia  di  Scienze,  Lettere  ed  Arti  degli  Agiati,  Atti,  Serialll, 
vol.  XII,  fasc.  2-4;  XIII,  fasc.  1-2. 

Trient.  Tridentum,  Rivista  mensile,  Annata  IX,  1906,  fasc.  6-10;  X,  1907, 
fasc.  1—3. 

Wien.  K.  K.  geolog.  Rcichsanstalt,  Abhandlungen,  Bd.  XVIII,  Heft  2;  Bd.  XX, 
Heft  2;  Jahrbuch  1906,  Bd.  LVI,  Heft  3-4;  1907,  Bd.  LVII,  Heft  1-3; 
Verhandlungen  1906,  Heft  11-18;  1907,  Heft  1-10. 

Wien.  Österr.  Touristen-Club,  Sektion  für  Naturkunde,  Mitteilungen,  Jahrg.  XVHI 
und  Beilage. 

Wien.   Zoologisch-botanische  Gesellschaft,  Verhandlungen  1906,  Bd.  LVI. 

Wien.  K.  K.  Zentralanstalt  für  Meteorologie  und  Erdmagnetismus,  Jahrbücher, 
n.  Folge,  Bd.  XLH,  1905;  Allgem.  Bericht  und  Chronik  über  Erdbeben 
für  1904,  No.  1. 

Wien.  Bosnisch-herzegowin.  Landesmuseum  in  Serajewo,  Wissenschaftliche  Mit- 
teilungen aus  Bosnien  und  Herzegowina.  Bd.  IX,  X. 

Wien.  Verein  für  Verbreitung  naturwissenschaftlicher  Kenntnisse,  Schriften, 
Bd.  XLVII,  1906-1907. 

Wien.  Naturwissenschaftlicher  Verein  an  der  Universittät ;  Mitteilungen,  1903, 
No.  2-8;  1906,  No.  8-10;  1907,  No.  1-5. 

Wien.  Kais.  Akademie  der  Wissenschaften,  mathemat.-naturwissenschaftliche 
Klasse,  Sitzungsberichte,  Abteilung  I,  Bd.  CXV,  Heft  1—10;  Abteilung  IIa, 
Bd.  CXV,  Heft  1-10;  Abt.  IIb,  Bd.  CXV,  Heft  1-10;  Abt.  III,  Bd.  CXV, 
Heft  1—10;  Mitteilungen  der  Erdbeben-Kommission,  n.  Folge,  No.  31. 

d)  Ungarn. 

Budapest.  Ungarische  geologische  Gesellschaft,  Zeitschr.  Bd.  XXXVI,  Heft 
6-12;  XXXVII,  Heft  1-3,  6-8;  1906:  Kalecsinszky,  Tone. 

Budapest.  Kgl.  ungar.  geolog.  Anstalt,  Jahresbericht  1905;  Mitteilungen,  Bd.  XV, 
Heft  3  und  Beilagen;  Heft  4;  XVI,  Heft  1. 

Budapest  (O'Gyalla).  K.  ungar.  Reichsanstalt  für  Meteorologie  und  Erdmagnetis- 
mus und  des  Zentral-Observatoriums  in  O'Gyalla,  Bericht  Bd.  VI,  1905,  und 
Beilage;  Jahrbücher,  Bd.  XXXHI,  1903,  Teil  4;  XXXIV,  1904,  Teil  1-4; 
XXXV,  1905,  Teil  1-3. 

Budapest.  Musei  nationalis  hungarici,  Annales  historico-naturales  1907,  Bd.  V 
part  1. 

e)  Holland. 

Amsterdam.  K.  Akademie  van  Wetenschappen,  Proceediugs,  vol.  IX,  part  1—2; 
Jaarboek  1906;  Verhandelingen  1.  Sectie,  deel  IX,  No.  4;  2.  Sectie  deel 
XIII,  No.  1—3;  Verslagen  en  Mededeelingen,  deel  XV,  part  1—2. 


574  Hans  Schinz. 

Amsterdam.    Wiskunclig    Genootschap,    Nieuw    Archief,    2.    Reeks,    deel  VII, 

No.  4;  VIII,  No.  1. 
Amsterdam.  Societe  mathematique,  Revue  semestrielle  des  publications  matlie- 

matiques,  tome  XV,  1906—1907,  part  1—2. 
Haarlem.   Musee  Tejler,  Archives,  serie  II,  vol.  X,  part  3—4 
Haarlem.  Hollandsche  Maatscliappij  der  Wetenschappeii,  Naturkundige  Verhan- 
delingen, III.  Versameling,  deel  VI,  No.  2. 
Haag.  Sternwarte  in  Leiden,  Annalen,  Bd.  IX,  Heft  1. 
La  Haye.    Societe  hollandaise  des  Sciences  ä  Haarlem,  Archives  neerlandaises 

des  sciences  exactes  et  naturelles,  serie  II,  tome  XI,  livr.  4—5 ;  XII,  livr.  1—5. 
Nijmegen.    Nederlandsche  botanische   Vereeniging,  Nederlandscli  kruidkundig 

Archiev,    3.   Serie  (Verslagen  en  Mededeelingen)  1906;  Recueil,  vol.  III, 

No.  1--4. 
Utrecht.  K.  nederlandsch  meteorolog.  Instituut,  Meteorolog.  Jaarboek  voor  1905. 
Utrecht.   Nederlandsche  Vereeniging  voor  Weer  —  en  Sterrenkunde,  Hemel  en 

Dampkring,  Jahrg.  IV,  1906/07,  Lfg.  7-12;  Jahrg.  V,  1907,  Lfg.  1-6. 

f)  Dänemark,  Schweden,  Norwegen. 

Bergen.  Bergens  Museum,  Aarbog  1906,  Heft  3;  1907,  Heft  1—2;  Aarsberetning 
1906;  Meeresfauna  von  Bergen,  Heft  2— 3;  Sars,  Crustacea,  vol.  V,  Harpac- 
ticoida,  part  15—18. 

Christiania.  Physiografiska  Forening,  Nyt  Magazin  for  Naturvidenskaberne, 
Bd.  XLIV,  Heft  4;  XLV,  Heft  1-2. 

Christiania.  Videnskabs  Selskabet,  Forhandlingar  1906;  Skrifter,  Mathemat.- 
naturwissenschaftl.  Klasse  1906. 

Kjobnhavn.  Danske  Videnskabernes  Selskabs,  Forhandlingar,  Oversigt  1906, 
No.  4-6;  1907,  No.  1-2. 

Kjobnhavn.    Societe  botanique,  Journal,  tome  XXVH,  fasc.  3;  XXVIII,  fasc.  1. 

Lund.   Acta  Universitatis  Lundensis,  Ars-Skrift,  n.  Folge.  2.  Abt.,  Bd.  II,  1906. 

Stockholm.  Academie  royale  des  Sciences  de  Suede,  Observations  meteoro- 
logiques,  vol.  XL VIII;  1906,  Arsbok  1906;  Handlingar,  vol.  XLI;  No.  4, 
6—7;  XLII,  No.  1-7,  9,  Accessions-Katalog  1905,  Bd.  XX,  Arkiv:  Mathe- 
matik, Astronomie  und  Physik,  Bd.  III,  Heft  2  und  Beilage;  Kemi,  Mine- 
ralogi  u.  Geologi,  Bd.  H,  Heft  4—6;  Botanik,  Bd.  VI,  Heft  3—4;  Zoologi, 
Bd.  III,  Heft  3-4. 

Stockholm.   Entomologiska  Föreningen,  Entomologisk  Tidskrift  1906,  Heft  1 — 4. 

Tromso.    Tromso  Museum,  Aarsberetning,  1905  Aarshefter,  vol.  XXVIII,  1905. 

Trondjem.  K.  Norske  Videnskabers  Selskabs  Skrifter  1905,  1906;  Beilage:  Dahl, 
Carl  von  Linnes  Forbindelse  med  Norge. 

Upsala.  Universität.  Universitets  mineralogisk-geologiska  Institut,  Meddelanden, 
vol.  XXX;  Bulletin,  vol.  VII,  No.  13-14. 

Upsala.   K.  Gesellschaft  der  Wissenschaften,  Nova  Acta,  4.  serie,  vol.  I,  fasc.  2. 

g)  Frankreich. 

Angers.   Societe  d'etudes  scientifiques,  Bulletin,  nouv.  Serie,  annee  XXXV,  1905. 
Autun.   Societe  d'histoire  naturelle,  Bulletin  vol.  XIX,  1906. 
BesauQon.    Societe  d'emulation  du  Doubs,  Memoires,  7.  Serie,  vol.  IX,  1905. 
Beziers.   Societe  d'etudes  des  sciences  naturelles,  Bulletin  vol.  XXVH,  1904. 


Bibliotheksbei-icht  von  1007.  575 

Bordeaux.  Socicte  des  sciences  ph}  si(iues  et  naturelles,  Proces-verbaux  1905—1906 

und  Beilage. 
Bordeaux.    Societe  Linneenne,  Actes,  6®  Serie,  tome  X. 
Charleville.  Societe  d'histoire  naturelle  des  Ardenncs,  Bulletin,  annees  IX— XII, 

1902-1905. 
Clermont-Ferrand.  Societe  des  Amis  de  l'Universite  de  Clorniont,  Ivcvuc  d'Au- 

vergne  1907,  No.  1. 
Dijon.    Academie    des    Sciences,   Arts    et  Bellcs-Ijcttres,   Memoircs,   4"  Serie, 

tome  X,  1905-1906. 
Grenoble.  Universite,  Annales  tome  XVII,  No.  1;  XVIII,  No.  2-3;  XIX,  No.  1. 
L3on.  Societe  d'Agriculture,  Sciences  et  Industrie,  Annales,  1905. 
Lyon.    Societe  botanique,  Annales,  vol.  XXX,  1905. 
Montbeliard.    Societe  d'emulation,  MtMuoires,  vol.  XXXIII. 
Nancy.     Societe    des    Sciences,    Bulletin    des    Seances,    3"    Serie,    tome  VII, 

1906,  fasc.  1—3. 
Nantes.  Societe  des  Sciences  naturelles  de  l'Oucst  de  la  France,  Bulletin,  2''  Serie, 

1906,  tome  6,  No.  1-4. 
Paris.    Societe  matliematique  de  France,  Bulletin,  tome  XXXIV,  fasc.  4;  XXXV, 

fasc.  1—3. 
Paris.   Societe  des  Jeunes  Naturalistes,  La  Feuille",  4®  Serie,  annee  XXXVII, 

1906,  No.  434;  1907,  No.  435-444;  annee  XXXVIII,  No.  445. 
Paris.    Societe  de  biologie,  Gomptes-rendus  1906,  tome  LXI,  Nos.  30— 39;  1907, 

tome  LXII,  Nos.  1-22;  LXIII,  Nos.  23-33. 
Paris.    Societe  geologique  de  France,  Bulletin,  4®  Serie,  tome  IV,  No.  7;  V, 

Nos.  6-7;  VI,  Nos.  1—7. 
Paris.   Ecole  polytechnique,  Journal,  2*^  Serie,  No.  XI. 
Paris.   Societe  philomatique,  Bulletin,  9«  Serie,  tome  IX,  Nos.  1—4. 
Toulouse.   Faculte   des  Sciences,   Annales  de  l'Universite,  2«  Serie,  tome  VIII, 

1906,  fasc.  2-4;  tome  IX,  1907,  fasc.  1. 
Toulouse.    Societe  d'histoire  naturelle,  Bulletin,  1900,  tome  XXXIII,  No.  1—3, 

5-8;  1901,  tome  XXXIV,  Nos.  1-3;  1905,  tome  XXXIX,  No.  4. 


li)  Belgien. 

Anvers.    Societe  royale  de  geographie,  Bulletin,  tome  XXX,  1906. 
Bruxelles.  Societe  beige  de  microscopie,  Annales,  annee  XXVII,  fasc.  2 ;  XXVIII, 

fasc.  1. 
Bruxelles.   Academie  royale  de  Belgique,  Annuaire  1907;  Bulletin  de  la  Classe 

des  Sciences,  1906,  Nos.  5—12;  1907,  Nos.  1-5. 
Bruxelles.   Societe  beige  de  geologie,  Bulletin,  2^  Serie,  annee  XX,  tome  XX, 

fasc.  3—5;  XXI,  fasc.  1  und  Beilagen. 
Bruxelles.    Observatoire  royal  de  Belgique,  Annuaire  astronomique  pour.  1907 

u.  Beilage;  Annuaire  meteorolog.  1901—1906;  Annales  astronon)i(jues,  nouv. 

Serie,  tome  IX,  fasc.  2—3;  Annales  pliysique  du  Globe,  nouv.  Serie,  tome 

III,  fasc.  2;   Annales  meteorolog.  tomes  V— XI,  XIII— XIV;   Observations 

meteorologi(|ues  1900—1902,  Annales:  Bulletin  climatologitiue  1899,  part  1—2. 
Bruxelles.    Societe   entomologique   de   Belgicjue,   Annales,   tome  L. 
Bruxelles.    Societe  royale  de  Botanique,  Bulletin,  tome  XLII,  fasc.  3;  XLIII, 

fasc.  1—3. 
Liege.  Societe  royale  des  Sciences,  Memoires,  3*^  Serie,  tome  VI. 


576  Hans  Schinz. 

i)  England. 

Bristol.  Naturalists  Society,  Proceedings,  4.  Series,  vol.  I,  part  2—3. 
Cambridge.   Philosophical  Society,  Proceedings,  vol.  XIV,    part  1—3;    Trans- 

actions,  vol.  XX,  No.  11—14. 
Dublin.    Royal  Irish  Academy,  Proceedings,  Section  B,   vol.   XXVI,  No.  6—9. 
Dublin.   Royal  Academy  of  Medecine,  Transactions,  vol.  XXV,  1907. 
Dublin.   Royal  Dublin  Society,  Scientific  Proceedings,  new  Series,  vol.  XI,  No. 

10—20;  Economic  Proceedings,  vol.  I,  part  8—11;  Scientific  Transactions, 

Series  E,  vol.  IX,  No.  4-6. 
Edinburgh.   Royal    Scottish    geographica!   Society,    Magazine,  vol.  XXII,   1906, 

No.  11-12;  XXIII,  1907,  No.  1-11. 
Edinburgh.    Royal  Society,  Proceed.,  vol.  XXVI;  No.  5-6;  XXVII,  No.  1-4; 

Transactions,  vol.  XLI,  part  3;  XLV,  part  1. 
Edinburgh.    Geological  Society,  Transactions,  vol.  IX,  part  1. 
Edinburgh.   Mathematical  Society,  Proceedings,  vol.  XXV,  1906—1907. 
Edinburgh.   Royal  Physical  Societj^  Proceedings,    vol.  XVI,  No.   7—8;   XVII, 

No.  2-3. 
Edinburgh.  Botanical  Society,  Transactions  and  Proceedings,  vol.  XXin,  p.  2. 
Glasgow.   Natural  History  Society,  Transactions,  new  Series.  vol.  VII,  part  3. 
Liverpool.  Biological  Society,  Proceedings  and  Transactions,  vol.  XXI,  1906-1907. 
London.   Royal  geographica!  Society,  Geographica!  Journal,  vol.  XXVIII,  No.  6; 

XXIX,  No.  1-6;  XXX,  No.  1-5. 
London.   Mathematical  Society,  Proceedings,  Series  II,  vol.  IV,  part  5—7;  V, 

part  1—6. 
London.   Royal  microscopica!  Society,  Journal  1906,  part  6;  1907,  part  1—5. 
London.    Royal   Society,   Proceedings    Series  A,    Mathematical   and    physical 

Scienc,  No.  A  vol.  LXXVIII,  No.  525-526  ;LXXIX,  No.  527-534;  Series  B, 

Biological  Sciences,  No.  B  vol.  LXXVIII,  No.  527 ;  LXXIX,  No.  528-535. 
London.  Zoological  Society,  Proceedings  1906,  pag.  179—1052;  1907,  pag.  1—746; 

Transactions,  vol.  XVII,  part  6;  XVIII,  part  1. 
London.  Linnean  Society,   Journal:    Botany,  vol.  XXXVII,  No.  262;  XXXVIII, 

No.  263-264;  Zoology,  vol.  XXX,  No.  195-196;  Proceedings,  1905-1906; 

List  1906-1907. 
London.  His  Majestys  Astronomer  at  the  Cape  of  Good  Hope,  Report  1905. 
London.  Royal  Astronomical  Society,  Memoirs,  Appendix  to  vol.  LVII. 
Manchester.    Literary   and   philosophical  Society,   Memoirs  and  Proceedings, 

vol.  LI,  part  1—3. 
Manchester.   Manchester  Museum,  Owens  College,  Publications  61—62. 
Truro.   Royal  Institution  of  Cornwall,  Journal,  vol.  XVII,  1907,  part  1. 

k)  Italien. 
Catania.  Accademia  Gioenia  de  scienze  naturali,  Atti  4.  Seria,  1905,  vol.  XVIII; 

1906,  vol.  XIX;   BoUettiiio  delle  sedute,  n.  Seria  1906,    No.  88;    1907,  No. 

92-94. 
Firenze.   R.  Stazione  di  Entomologia  Agraria,  Redia,  Gioriiale  di  Entomologia 

190.5,  vol.  III,  fasc.  1-2;  1907,  vol.  IV,  fasc.  1. 
Milano.    Societä  italiana  di  Scienze  naturali  e  del  Museo  Civico,  Atti,  vol.  XLV, 

fasc.  3— 4;  u.  Beilage;  vol.  XLVI,  fasc.  1—2. 
Milano.    Reale   Istituto    Lombardo    di   scienze    e   lettere,   Memorie,    vol.  XX, 

No.  7-8;  Rendiconti,  Seria II,  vol.  XXXVIII,  No.  17-20;  XXXIX,  No.  1-16. 


Bibliotheksbericht  von  1907.  577 

Napoli.   Accademia  delle  scienze  fisiche  e  matematiche,  Rendiconto,  Seria  III, 

vol.  XII,  No.  1-12.  XIII,  No.  1-2. 
Padova.     Accademia   Scientifica   Veneto-Trentina-Istriana,    Atti,    nuova   Seria, 

Anno  III,  fasc.  1—2. 
Palermo.   Circolo  matematico,  Rcndiconti,   vol.  XXIII,  1907,  No.  1—3;  XXIV, 

No.  1-2;  Supplem.  I,  1906;  II,  1907;  Anuario  1906,  1907, 
Pisa.  Societä  Toscana  di  Scienze  naturali,  Atti :  Memorie,  vol.  XXII ;  Atti :  Pro- 
cessi verbali,  vol.  XV,  No.  5;  XVI,  No.  1-3. 
Roma.   R.  Accademia  dei  Lincei,  Atti,  5.  Seria,  vol.  XV,  2  Semestre,  No.  9—12; 

XVI,  1.  Semestre,  No.  1—12;    2.   Semestre,   No.  1—9;  Rendiconti,  Anno 

CCCIV,  vol.  II. 
Roma.    Societä,  Romana  di  Antropologia,  Atti  1907,  vol.  XIII,  fasc.  1—2. 
Roma.  Comitato  geologico  d'Italia,  BoUettino,  4.  Seria,  vol.  VII,  1906,  No.  3-4; 

1907,  No.  1-2. 
Roma.   Societä  zoologica  italiana,  BoUettino,  Seria  II,  vol.  VII,  1906,  No.  4—9; 

VIII,  1907,  No.  1-3. 
Torino.    R.  Accademia  delle    scienze,  Atti  1905—1906,    vol.  XLI,    No.   1—15 

und  Beilage  1906-1907,  vol.  XLII,  No.  1—6;  Memorie,  II.  Seria,  tomo  LVI. 
Torino.   R.  Accademia  d'Agricoltura,  Annali,  vol.  XLIX,  1906. 


l)  Spanien,  Portugal. 

Lisboa.     Sociedade    de    Geographia,     Boletin,   24.    Seria,    1906,   No.  9—12; 

25.  Seria,  1907,  No.  1-8  u.  Beilage. 
Lisboa.     Diregcäo    dos   servigos   geologicos,  Comunicacoes,  tomo  VI,  fasc.  2; 

VII,  fasc.  1  und  Kartenbeilagen. 
Lisboa.  Societe  portugaise  de  sciences  naturelles,  Bulletin  1907,  vol.  I,  No.  1—2. 
Porto.   Academia  Polytechnica,  Annaes  scientificos,  vol.  I,  No.  4;  IL  No.  1—3. 
Zaragoza.     Sociedad    Aragonesa    de    Ciencias    naturales,     Boletin,    tomo   V, 

No.  9;  VI,  No.  1-7. 

m)  Bussland,  Rumänien. 

Dorpat.   Naturforscher-Gesellschaft  der  Universität,  Schriften,    Heft  XVII  und 

Beilage;  Sitzungsberichte,  1905,  Bd.  XIV,  No.  2;  1906,  Bd.  XV,  No.  1-4; 

1907,  Bd.  XVI,  No.  1. 
Ekatherineborg.  Societe  ouralienne,  Bulletin  tome  XXVI  und  Beilage. 
Helsingfors.      Societas    pro     Fauna     et    Flora    fennica,    Meddelandon,    Bd. 

XXXI-XXXII.  Acta,  vol.  XXVII-XXVIII,  XXXII. 
Helsingfors.   Finska  Vetenskaps-Societeten,  Bidrag  Heft  63;  Öfversigt  af  For- 

handlingar,  Bd.  XLVII,  1904—1905 ;  Institut  meteorologique  central,  Obser- 

vations  meteorologiques  1895—1896. 
Helsingfors.   Commission  geologique,  Bulletin,  No.  17 — 18,  20-23. 
Jassy.  Universite,  Annales  scientitiques.  tome  IV,  fasc.  1—4. 
Kiew.   Societe  des  Naturalistes,  Memoires,  tome  XX,  livr.  2. 
Moscou.  Societe  Imperiale  des  Naturalistes,  Bulletin,  1905,  No.  4;  1906,  No.  1—4. 
St.  Petersburg.   Kaiserl.  mineralogische  Gesellschaft,   Materialien  zur  Geologie 

Russlands,  Bd.  XXHI,  Lfg.  1;  Verhandlungen,  2.  Serie,  Bd.  XLIII,  Lfg.  2; 

XLIV,  Lfg.  1. 
St.  Petersburg.   Acta  horti  petropolitani,  tome  XXVI,  fasc.  1. 


578  Hans  Schinz. 

St.  Petersburg.    Academie    Imperiale    des    Sciences,    Bulletin,    5.    Serie,    vol. 

XXII-XXIV,  1905—1906;   6.  Serie,  1907,  No.  1-15;  Memoires,  8.  Serie, 

vol.  XIX,  Xo.  3,  5-7. 
St.    Petersburg.    Comite    geologique,    Bulletin    1904,    vol.    XXIII,    Xo.    7—10; 

Memoires,  nouv.  Serie,  1905,  livr.  3,  18—20. 
St.  Petersburg.    Observatoire  physique  central  Nicolas,  Annales  1904,  part  1; 

part  2,  fasc.  1—2. 
Riga.   Technischer  Verein,  Industrie-Zeitung  1906,  Jahrg.  XXXII,  No.  19—24; 

1907,  Jahrg.  XXXUI,  Xo.  1-.20. 
Riga.  Naturforscher- Verein,  Korrespondenzblatt,  Bd.  IL  und  Beilage. 

n)  Nord-,  Süd-  und  Zentral- Amerika. 

Albany.  üniversity  of  the  State  of  New  York,  New  York  State  Museum,  Annual 

Report  1903,  vol.  I,  part  1—2;  II— IV;  1904,  vol.  I-V. 
Austin.   Texas  Academy  of  Science,  Transactions  1904,  vol.  VII. 
Baltimore.  John  Hopkins  üniversity,  Circulars  1906,  No.  3—5,  7,  9—10;  1907, 

No.  1-4,  6. 
Baltimore.   American  chemical  Journal,   vol.  XXXV,   No.  5—6;   XXXVI,  No. 

1-6;  XXXVII,  No.  1-6,  Index  zu  vol.  XI-XX. 
Berkeley,    üniversity  of  California,   Publications,  Botany,  vol.  II,  No.  12—13; 

III,  No.  5-8;  Zoology,  vol.  III,  No.  2-4,  9—13;   College   of  Agriculture, 

Bulletin  No.  177—187;  Quarterly.  Bulletin,  new  Series  vol.  VIII,  Xo.  2. 
Boston.    American  Academy    of  Arts    and  Sciences,    Proceedings,    vol.  XLII, 

No.  10-29;  XLIII,  No.  1-3. 
Boston.  Boston  Society  of  Natural  History,  Proceedings,  vol.  XXXII,  No.  3-12; 

XXXIII,  No.  1—2;  Occasional  Papers,  vol.  VII,  No.  4—7. 
Brooklyn.    Museum  of  the  Brooklyn  Institute    of  Arts  and  Sciences,  Science 

Bulletin,  vol.  I,  No.  4,  9-10. 
Bueuos-Aires.  Museo  Nacional,  Anales,  3.  Serie,  vol.  I,  pag.  329— 339;  VI;  VIII; 

IX,  pag.  33—43,  49-91,  107-242. 
ßuenos-Aires.    Deutsche    akadem.    Vereinigung    (Deutscher    wissenschaftlicher 

Verein),  Veröffentlichungen.   Beilage. 
Buffalo,    Society  of  Natural  Sciences,  Bulletin,  vol.  VIII,  No.  4—5. 
Chapel  Hill.   Elisha  Mitchell  Scientitic  Societ}-,  Journal,  vol.  XXII,  No.  3—4; 

XXIII,  No.  1-2. 
Chicago.   Field  Columbian  Museum,  Publications :  Botanical  Series,  vol.  II,  No. 

4—5;  Report  Series,  vol.  III,  No.  1;  Zoological  Series,  vol.  VII;  No.  2—3; 

Vni;  Geological  Series,  vol.  II,  No.  8-9;  III,  No.  3-5. 
Chicago,    üniversity  of  Chicago,  Botanical  Gazette,  vol.  XLII,  No.  5—6;  XLIII, 

No.  1-6;  XLIV,  No.  1-2,  4. 
Chicago.    Academy  of  Sciences,  Bulletin,  No.  IV,  part  2;  VI. 
Cinciunati.   Lloyd  Library   of  Botany,  Pharraacy  and  Materia  Medica,  Bulletin 

1907,  No.  9;  Myological  Notes,  No.  19—26  und  Beihage. 
Colorado  (Boulder).   üniversity  of  Colorado,  Studios,  vol.  IV,  No.  2-4. 
Colorado  Springs.  Colorado  College  Studies,  vol.  III,  No.  4;  Publications,  General 

Series  No.  22—25. 
Columbus.   Ohio  State  üniversity,  Journal   of  Mycologj',  vol.  XII,  No.  84,  86; 

XIII,  No.  87;  Ohio  Naturalist,  vol.  VII,  No.  1—8. 
Davenport.  Davenport  Academy  of  Natural  Sciences,  Proceedings,  vol.  XI,  pag. 

1-417. 


Bibliotheksbericht  von  1907.  579 

Indianapolis.   Indiana  Academj-  of  Sciences,  Proceedings  1905. 

Lancaster.      American    Mathematical    Society,  Bulletin,  2.  Series,    vol.  XIII, 

No.  2-9  und  Beilage;  XI Y,  No.  1-2. 
La  Plata.  Museo   de  la  Plata,  Anales,  Seccion  botanica  vol.  I;  Seccion  paloon- 

tologica  vol.  V;  Revista,  tomo  XI. 
Lawrence.  Kansas  üniversity,  Science  Bulletin,  vol.  IV,  No.  1—6 ;  YIII. 
Lincoln.    Üniversity  of  Nebraska,   Agricultural  Experiment  Station,   Bulletin, 
No.  91—98,  Üniversity  Studies,  vol.  Y,  No.  2—3;  YI,  No.  3—4;  Press  Bul- 
letin, vol.  VII,  part  1^2;  Üniversity  Bulletin,  vol.  XII,  No.  1. 
Lincoln.   American  microscopical  Society,  Transactions,  vol.  XXVII,  1905. 
Madison.  Wisconsin  Geological  and  Natural  History  Survey,  Bulletin,  Economic 

Series,  No.  10. 
Madison.  üniversity  of  ^Yisconsin,  Washburn  Observatory,  Publications,  vol.  X, 

part  3. 
Mexico.   Observatorio  meteorologico  central,  Boletin  mensual,  1903,  Februar- 
April  ;  190-4,  September. 
Mexico.   Observatorio  astronoraico  nacional  de  Tacubaya,  Anuario  1907 ;  Obser- 

vaciones  1904. 
Mexico.    Sociedad  scientifica  „Antonio  Alzate",  Meraorias  y  Revista,  tomo  XXII, 

No.  7-12;  XXIII,  No.  1-12;  XXIV,  No.  1-5. 
Mexico.   Istituto  geologico,  Boletin,  No.  22,  24. 

Mexico  (Aguascalientes).  El  Instructor,  Anno  XXIII,  No.7— 12;  XXIY,  No.  1—6. 
Milwaukee.    Public  Museum,  Annual  Report,  vol.  XXIY,  1905-1906. 
Milwaukee.    Wisconsin   Natural  History  Society,   Bulletin,   n.  Series,    vol.  IV, 

No.  4;  Y,  No.  1-3. 
Montana,   üniversity  of  Montana,  Bulletin,  No.  36—42,  Geologial  Series  No.  2 ; 

Biological   Series,  No.  13. 
Montevideo.    Museo  Nacional,  Flora  üruguaya,  tomo  III,  fasc.  1—2. 
New  Haven.  American  Journal  of  Sciences,  4.  Series,  1905,  vol.  XXII,  Juli-Dez. ; 

1906,  XXIII,  Januar-Juni;  1907,  XXIY,  Juli-November. 
New  Haven.  Connecticut  Academy  of  Arts  and  Science,  Transactions,  vol.  XII, 

1904-1907;  XIII,  1907,  pag.  \-46. 
New  York.  Academy  of  Sciences,  Annais,  vol.  XVII,  part  1. 
New  York.   New  York  Botanical  Garden,  Bulletin,  vol.  Y,  No.  16—17. 
Ottawa.  Literary  and  scientific  Society,  Transactions  1906—1907,  No.  4. 
Ottawa.    Royal   Society   of  Canada,  Proceedings   and  Transactions,   2.  Series, 

vol.  XII,  1906. 
Ottawa.  Geological  and  Natural  History  Survey  of  Canada,  Report  1905,  1906. 
Para.   Museu  Partense  (Museo  Goeldij,  Arboretum  Amazonicum  No.  3—4. 
Philadelphia.     Academy    of   Natural    Sciences,    Proceedings    vol.  LVIII,   part 

2-3;  LIX,  part  I." 
Philadelphia.      American    Philosophical    Society,     Proceedings,     vol.    XLV; 

No.  183—184;  XLYI,  Nr.  185;  Franklin  Bicentennial  Celebration. 
Philadelphia.   Zoological  Society,  Annual  Report,  vol.  XXXV,  1907. 
Philadelphia,   üniversity   of  Pennsylvania,  Contributions  from  the   Zoological 
Laboratory,  vol.  III,  No.  1;  üniversity  Bulletin,  7.  Series,  No.  3,  part  2,  6, 
No.  4,  part  1;  No.  5,  part  4;  8.  Series,  No.  1,  part  1. 
RoUa.    State   of  Missouri,    Bureau   of  Geology   and  Mines,   Biennial   Report, 
vol.  XLIV. 


580  Hans  Schinz. 

San  Jose.  (Costa  Rica).  Sociedad  Nacional  de  Agricultura,  Ministero  de  Fo- 
mento,  Boletin  1906,  Anno  I,  No.  1—8. 

St.  Louis.   Academy  of  Science,  Transactions,  vol.  XV,  Xo.  6;    XVI,  No.  1-7. 

St.  Louis.  Missouri  Botanical  Gardens,  Report,  vol.  XVII,  1906. 

Topeka.  Kansas  Academy  of  Science,  Transactions,  vol.  XX,  part  2. 

Washington,  ü.  S.  Naval  Observatory,  Publications,  2.  Series,  vol.  IV,  part  1-4. 

Washington.  Smithsonian  Institution,  Bulletin :  U.  S.  National  Museum,  No.  39, 
part  P,  Q,  No.  50,  53  part  II,  56—59;  Annual  Report  1905;  Proceedings 
U.  S.  National  Museum,  vol.  XXXI— XXXII;  Annual  Report  of  the  ü.  S. 
National  Museum  1905,  1906;  Contributions  from  the  ü.  S.  National  Her- 
barium, vol.  X,  p.  3—5;  XI;  Bureau  of  Ethnology,  Annual  Report,  vol. 
XXIV,  1902—1903;  Bulletin,  No.  30  part  1;  32;  Smithsonian  miscellaneous 
CoUections,  No.  1652,  1656,  1694,  1695,  1703,  1717,  1720-1721. 

Washington.   Philosophical  Society,  Bulletin,  vol.  XV,  pag.  1—56. 

Washington.  Department  of  the  Interior,  U.  S.  Geological  Survey,  Bulletin, 
No.  275,  277-303,  305-308,  310,  312,  314—315;  Report,  vol.  XXVII, 
1905— 1906;  Monographs,  vol.  L;  Professional  Papers,  No.  46,  50—52,  54-55, 
57;  Mineral  Resources  1905;  Water  Supply  and  Irrigation  Papers,  No. 
155-156,  158-164,  170,  172-194,  196,  200. 

o)  TJehrige  Länder. 
Batavia.   Kon.  magnetic  en  meteorolog.  Observatorium,  Regenwaarnemingen  in 

Ned.-Indie,  vol.  XXVII,  1905;  Observations  vol.  XXVII,  1904. 
Bombay.  Bombay  Brauch  of  the  Royal  Asiatic  Society,  Journal,  vol.  XXII,  No.  61. 
Bombay.   Anthropological  Society,  Journal  vol.  VII,  No.  7—8. 
Calcutta.    Geological  Survey  of  India,  Memoirs,   Series  XV,  vol.   V,  No.  1—2; 

Palaeontologica  Indica,  new  Series,  vol.  II;  No.  3;  Records,  vol.  XXXIV, 

1906,  part  2-4;  XXXV,  1907,  part  1-3. 
Calcutta.   Asiatic  Society  of  Bengal,  Memoirs,   vol.  I,  No.  10-19  und  Supple- 
ment; II,  No.  1—4;  Journal  and  Proceedings,  vol.  II,  No.  4—10;  III,  No.  1-4. 
Calcutta.   Department  of  Agriculture,  Botanical  Series,  No.  1,  part  2 ;  Memoirs, 

vol.  I,  No.  3,  6 ;  II,  No.  1 ;  Entomological  Series,  vol.  I,  No.  2,  5. 
Cape  Town.  South  African  Philosophical  Society,  Transactions,  vol.  XIII,  pag. 

289-546;  XVI,  part  4-5;  XVII,  part  1. 
Colombo.   Royal  Botanic   Gardens,  Peradeneya,  Annais,  vol.  III,  part  2;   IV, 

part  1;  Circulars,  vol.  III,  No.  16-25;  IV,  No.  1-2. 
Kyoto.  College  of  Science  and  Engineering,  Imperial  üniversity,  Memoirs,  vol. 

I,  No.  3. 
Madras.   Government  Museum,  Anthropology,  Bulletin,  vol.  V,  No.  2  u.  Beilage. 
Melbourne.  Royal  Society  of  Victoria,  Proceedings,  n.  Series,  vol.  XIX,  part  2; 

XX,  part  1. 
Sidney.   Australian    Museum,  Records,    vol.    VI,  No.   4—5;   Report,  vol.   LH, 

1905—1906;  Memoirs,  vol.  IV,  part  10. 
Tokyo.  College  of  Science,  Imperial  Üniversity,  Journal,  vol.  XXI,  No.  2—6; 

XXII;  Mitteilungen  aus  der  mediz.  Fakultät,  Bd.  VII,  No.  1—2. 

C.   Anschaffungen. 

Akademien  und  Allgemeines. 
Annee  biologique  1904,  vol.  IX. 
Archiv  für  Anthropologie,  n.  Folge,  Bd.  VI,  Heft  1—3. 


Bibliotheksbericht  von  1907.  581 

Arcliiv  für  gesamte  Physiologie  (Pflüger),  Bd.  CXV,  Heft  5-12;  Bd.  CXVI-CXIX 
Bd.  CXX,  Heft  1-5. 

Archiv  für  mikroskopische  Anatomie,  Bd.  LXIX,  Heft  2—4;  LXX,  Heft  1—4; 
LXXl,  Heft  1. 

Bulletin  etMemoires  de  laSociete  d'Anthropolog.  de  Bruxelles,  tome  XXIV,  1905. 

Centralblatt,  biologisches,  Bd.  XXVI,  1906,  No.  24;   XXVII,,  1907,  No.  1-23. 

Centralblatt  für  Physiologie,  Bd.  XX,  1906,  No.  16—26,  26a  und  Beilage;  XXI, 
1907,  No.  1—16;  Bibliographia  physiologica,  3.  Serie  1906,  Bd.  II,  No.  3-4; 
1907,  Bd.  III,  No.  1. 

Comptcs-rendus  de  l'Association  frangaise  pour  l'avancement  des  sciences, 
Session  XXXV,  1902,  part  1-2. 

Denkschriften  der  Akademie  der  Wissenschaften,  Wien,  Mathematisch-natur- 
wissenschaftliche Klasse,  Bd.  LXXI,  part  1;  LXXX. 

Denkschriften,  neue,  der  Schweizer.  Naturf.  Gesellschaft  Bd.  XXXV,  (2.  Auf- 
lage); XL,  Heft  4;  XLI,  Heft  1-2;  XLII,  Heft  1. 

Journal,  the  quarterly,  of  microscopical  Science,  new  Series,  vol.  L,  part  IV, 
No.  200;  vol.  LI,  part  I,  No.  201;  II,  202;  III,  203. 

Magazine,  philosophical,  and  Journal  of  Science,  vol.  XII,  1906,  November- 
Dezember;  XIII,  1907,  Januar-Juni,  XIV,  1907,  Juli-November. 

Naturalist,  the  American,  vol.  XL,  No.  479—480;  XLI,  No.  481—490. 

Report  of  the  british  Association  for  the  Advancement  of  Science,  vol.  LXXVI, 
1906. 

Science,  new  Series,  vol.  XXIV,  No.  619-626;  XXV,  No.  627-653;  XXVI, 
No.  654-671. 

Transactions,  philosophical,  of  the  Royal  Society  of  London,  Series  A,  vol.  206; 
Series  B,  vol.  198. 

Verhandlungen  der  Gesellschaft  deutscher  Naturforscher  und  Aerzte,  Bd. 
LXX VIII,  Teil  1,  Teil  2,  1.  und  2.  Hälfte,  und  Beilage. 

Zeitschrift  für  wissenschaftliche  Mikroskopie,  Bd.  XXIII,  Heft  3—4;  XXIV, 
Heft  1-2. 

Astronomie,  Meteorologie. 

Connaissance  des  teraps,  publ.  par  le  Bureau  de  Longitudes  pour  1908. 

Jahrbuch,  Berliner  astronomisches,  für  1909. 

Nachrichten,  astronom.,  Bd.  172,  No.  4128;  Bd.  173,  No.  4129-4155;  Bd.  174, 

No.  4156-4176;  Bd.  175,  No.  4177-4200;  Bd.  176,  No.  4201-4213. 
Zeitschrift,  meteorologische,  1906,  No.  11—12.  1907,  No.  1—10. 

Botanik. 

Annales  des  sciences  naturelles,   Botanique,  9"   Serie,  tome  IV,  No.  4 — 6;  V, 

No.  1-5. 
Annales  du  Jardin  botanique  de  Buitenzorg,  2^  Serie,  vol.  VI,  part  1—2. 
Annais  of  Botany,  vol.  XXI,  No.  81-84;  Index  zu  vol.  XI— XX. 
Bibliotheca  botanica,  Heft  64;  65  No.  1—4;  Q^. 
Bulletin  de  la  Societe  botanique  de  France,  4«  Serie,  tome  VI,  1906,  No.  7—10; 

VII,  1907,  No.  1—6;  Session  jubilaire,  1904,  tome  LI,  fasc.  2;  Session  extra- 

ordinaire,   tome  LIII,   vol.  VI,    1906,   Memoires,  tome  LIII,  1906,   No.  4, 

6-8  Teil  1,  10. 
Bulletin  of  the  Torrey  botanical  Club,  vol.  XXXIV,  No.  4. 


582  Hans  Schinz. 

Engler  und  Prantl,  die  natürlichen  Pflanzenfamilien,  Lfg.  227— 229;  Ergänzungs- 
heft II,  Lfg.  3. 

Hedwigia,  Organ  für  Kryptogamenkunde,  Bd.  XLVI,  Heft  1—6;  XLVII,  Heft  1-2. 

Jahrbücher  für  wissenschaftl.  Botanik,  Bd.  XLIII,  Heft  4;  XLIV,  Heft  1—4. 

Journal  de  Botanique,  1906,  Annee  XX,  Xo.  1—6,  pu-Gbis. 

Memoirs  of  the  Torrey  botanical  Club,  vol.  XII,  No.  2—3;  XIII. 

Kabenhorst,  Kryptogamenflora,  Bd.  I,  Abt.  YIII— IX,  Pilze,  Lfg.  103—105; 
Bd.  VI,  Abt.  Lebermoose,  Lfg.  3—5. 

Reichenbach,  Deutschlands  Flora,  1.  Serie,  Bd.  XIX,  Teil  2,  Lfg.  10-15;  XXIV, 
Lfg.  11,  Heft  260,  Lfg.  12-14 

Roth,  Geo.  Die  europ.  Torfmoose.  Nachtragsheft  zu  den  europ.  Laubmoosen. 
Leipzig,  1906. 

Schmidt,  Atlas  der  Diatomaceenkunde,  Heft  67. 

Schönfeldt,  H.  v.  Diatomaceae  Germaniae.  Die  deutschen  Diatomeen  des  Süss- 
wassers  und  des  Brackwassers.   Berlin,  1907. 

Geographie^  EthnograpJäe. 

Archiv,  internationales,  für  Ethnographie,  Supplement  zu  Bd.  XVII.  Bd.  XVIII, 

Heft  3. 
Forschungen  zur  deutschen  Landes-  und  Volkskunde,  Bd.  XVI,  Heft  4—5. 
Jahrbuch  des  Schweizer.  Alpenklubs,  Jahrg.  XLII,  1906—1907  und  Beilagen. 
Jahrbuch,  geographisches,  Bd.  XXIX,  1906,  1.  u.  2.  Hälfte. 
Mitteilungen  der  geographischen  Gesellschaft,   Wien,  Bd.  XLIX,  No.  10—12; 

L,  No.  1-8. 
Pechuel-Loesche,  Loango-Expedition,  Abt.  III,  2.  Hälfte. 
Penck,  Geographische  Abhandlungen,  Bd.  IX,  Heft  1—2. 
Süd-Polar-Expedition,   deutsche  (Drygalski),    Bd.    V:   Erdmagnetismus,   Bd.  I, 

Heft  1;  Bd.  VIII:  Botanik,  Heft  1;  Bd.  IX:  Zoologie,  Bd.  I,  Heft  4-5. 

Geologie,  Feirographie^  Mineralogie  und  Palceontologie. 

Abhandlungen  der  Schweiz,  palteontologischen  Gesellschaft,  1906,  Bd.  XXXIU. 
Abhandlungen,  geologische  und  paloeontologische,  n.  Folge,  Bd.  V,  Heft  4;  VIII, 

Heft  3;  Supplement  Bd.  I,  Lfg.  1,  Text  und  Tafeln. 
Annales  des  Mines,  10«  Serie,  tome  X,  No.  8—12;  XI,  No.  1—6;  XII,  Xo.  7. 
Annales  de  Paleontologie  1906,  tome  I;  1907,  tome  II,  No.  1—3. 
Beiträge  zur  Paläontologie  und  Geologie  Oesterreich-Ungarns  und  des  Orients, 

Bd.  XIX,  Heft  2-4;  XX,  Heft  1-3. 
Centralblatt  für  Mineralogie,    Geologie  und  Palaeontologie,    1906,  No.  22—24; 

1907,  No.  1-22. 
Eclogse  geologicae  helvetise,  Mitteilungen,  Bd.  IX,  No.  2—4. 
Jahrbuch,   neues,   für   Mineralogie,    Geologie   und    Paläontologie,   Hauptwerk, 

1906,  Bd.  II,  Heft  3;  1907,  Bd.  I,   Heft  1-3;  II,  Heft  1-2;  Beilagebände, 

XXII,   Heft  3;  XXHI,  Heft  1-3;   XXIV,  Heft  1-3. 
Jahreshefte,  geognostische,  Jahrg.  XVIII,  1905. 
Journal,  the  quarterly,  of  the  geological  Society,  vol.  LXII,  No.  248;  LXIII,  No. 

249-251. 
Lory,  Ch.   Description  geologique  du  Dauphine,  3  parties  avec  planches.  Paris, 

1860-1864. 


Bibliotheksberichl  von  1907.  583 

Magazine,   geological,  new   Series,  Decade  V,  vol.  III,   No.  509—510;  IV,  Xo. 

511-519,  521. 
PaUeontographica,  Bd.  LIII,  Lfg.  4-G;   LIV,   Lfg.  1—3;    Supplement   Bd.  IV, 

Lfg.  2. 
Tschermaks  mineralogische  und  petrograph.  Mitteilungen,  n.  Folge,  Bd.  XXV, 

Heft  5-6;  XXVI,  Heft  1-4;  Register  zu  Bd.  XI-XXV. 
Zeitschrift  für  Krystallograplüe,  Bd.  XLII,  Heft  6;  XLIIl,  Heft  1-G. 

Matliematili. 

Archiv  für  Mathematik  und  Physik  (Grunert),  3.  Reihe,  Bd.  XI,  Heft  1-4,  XH, 

Heft  1-3. 
Gauss,  Carl-Friedrich:  Werke,  Bd.  VII.    Leipzig,  1906. 

Giornale  de  Matematiche,  vol.  XLIV,  September-Dezember;  XLV,  Januar- April. 
Jahrbuch  über  die  Fortschritte  der  Mathematik,  Bd.  XXXV,  1904,  Heft  2-3. 
Journal  de  Mathematiques,  6«^  Serie,  tome  II,  1906,  No.  3—4;  III,  1907,  No.  1-4. 
Journal    für    reine    und    angewandte   Mathematik,   Bd.   CXXXII,    Heft   1—4; 

CXXXm,  Heft  1. 
Journal,    tlie    quarterly,    of   pure   and    applied    mathematics,    vol.   XXXVIII, 

No.  2-4. 
Messenger  of  Mathematics,  new  Series,  vol.  XXXVI,  No.  6—12;  vol.  XXXVII, 

No.  1—6. 
Revue  de  Mathematiques,  Beilage:  Bollettino  di  bibliogratia.  Anno  IX,  No.  3—4; 

X,  No.  1-2. 

Fhysik.,  Chemie. 

Annalen  der  Physik,  4.  Folge,  1906,  No.  11—15;  1907,  No.  1-12. 

Annales  de  chimie  et  de  physique,  8"  serie,  tome  IX,  No.  11  —  12;  X,  No.  1— 6; 

XI,  No.  7-8;  XII,  No.^9-11. 

Beiblätter  zu  den  Annalen  der  Physik,  1906,  No.  21-24;  1907,  No.  1-22. 

Charlier,  Carl  Ludwig.  Die  Mechanik  des  Himmels.  Bd.  II  (Schluss). 

Gazetta  chimica,  anno  XXXVI,  parte  II,  fasc.  2,  4—6;  XXXVII,  parte  I,  fasc 
1—6;  II,  fasc.  1—5. 

Gerland,  Geo.,  BeitTcäge  zur  Geophysik,  Bd.  VIII,  Heft  2-4;  IX,  Heft  1. 

Jahresbericht  über  die  Fortschritte  der  Chemie,  1900,  Heft  1—9;  (Schluss); 
1901,  Heft  1-2;  1904,  Heft  10-11;  Generalregister  1887-1896,  Teil  II; 
Sachregister  1.  und  2.  Hälfte. 

Journal  de  physique,  4«  serie,  tome  V,  1906,  No.  11—12;  VI,  1907,  No.  1-11. 

Journal  für  praktische  Chemie,  neue  Folge,  Bd.  LXXIV,  No.  19—24;  LXXV, 
No.  1-12;  LXXVI,  No.  13-21. 

Journal  of  the  Chemical  Society,  1906,  November-Dezember;  1907,  Januar- 
Oktober;  Supplement:  Index  zu  Bd.  89-90  II). 

Liebigs  Annalen  der  Chemie,  Bd.  CCCL-CCCLVI,  Bd.  CCCLVII,  Heft  1. 

Lorentz,   Abhandlungen  über  theoretische  Physik,  Bd.  I,  Lfg.  2. 

Zeitschrift  für  physikalische  Chemie,  Bd.  LVII,  Heft  2-6;  Bd.  LVIII-LX;  Bd. 
LXI,  Heft  1. 

Zoologie. 

Annales  des  sciences  naturelles,  Zoologie,  9^  Serie,  Annee  LXXXII,  tome  IV, 
No.  4-6;  LXXXIII,  tome  V,  No.  1-6;  VI,  No.  1-2. 


584  Hans  Scliinz. 

Arcliiv  für  Naturgeschichte,  Jahrg.  66,  Bd.  II,  Heft  1;  67,  Bd.  H,  Heft  1,  3;  68, 

Bd.  II,  Heft  1;  H,  2.  Hälfte,  Lfg.  2;  Heft  3;  69,  Bd.  II,  Heft  2,  Lfg.  2; 

72,  Bd.  I,  Lfg.  3;  Bd.  II,  Heft  2,  Lfg.  1;  73,  Bd.  I,  Lfg.  1-2. 
Archives  de  Zoologie  experiment.  et  gener.,  4«  Serie,  tome  III;  IV;  V,  No.  1-5; 

Notes  et  Revue,  4^  Serie,  torae  V,  No.  1—4. 
Boveri,  Theod.  Zellen-Studien.  Heft  6.    Jena,  1907. 
Cellule,  la,  tome  XX,  No.  2;  XXI,  No.  1-2;  XXII,  No.  1-2;  XXIII,  No.  1-2; 

XXIV,  No.  1. 
Fauna  und  Flora  des  Golfes  von  Neapel,  Heft  29—30. 
Jahresbericht,  Zoologischer,  herausg.  von  der  Zoologischen  Station  zu  Neapel 

für  1906. 
Journal  de  Conchyliologie,  vol.  LIV,  No.  2-4;  LV,  No.  1—3. 
Journal  für  Ornithologie,   Jahrg.  LV,  1907,  Heft  1—4. 
Mitteilungen  aus  der  zoologischen  Station  zu  Neapel,  Bd.  XVIII,  Heft  1—3. 
Plankton-Expedition,  Ergebnisse  der,  Bd.  IIL  L.  f.  ß.:  H.  Popofsky,  Acantharia; 

in.  L.  h.  2:  Borgert,  Tuscaroridae ;  IIL  L.  h.  4.:  Borgert,  Medusettidae. 
Transactions  of  the  P^ntomological  Society,  London,  1906,  part  I— V;  1907,  p.  I. 

Der  Bibliothekar: 
Hans  Schinz. 


Verzeichnis  der  Mitglieder 

der 

Naturforschenden  Gesellschaft  In  "^ 


(31.  Dezember  1907). 


a.  Ordentliche  Mitglieder. 

1.  Hr.  Escher-Bodmer,  Johann  Jakob,  Dr.  jiir.,  a.  Oberrichter 

2.  -  Rahn-Mej-er,  Konrad,  Dr.  med 

3.  -  Escher-Hess,  Johann  Kaspar,  Kaufmann  .... 

4.  -  Graberg,  Friedrich,  Zeichenlehrer 

5.  -  Huber-Werdmüller,  Peter  Emil,  Oberst    .... 

6.  -  Rose,  Edmund,  Dr.  med.,  Professor  a.  d.   Universität  Berlin 

7.  -  Beck,  Alexander,  Dr.,  Professor 

8.  -  Fliegner,  Albert,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

9.  -  Heim,  Albert,   Dr.,   Professor  am  Polyt.  und  a.  d.  Univ. 

10.  -  Affolter,  Ferdinand  Gabriel,  Dr.,  Prof.  am  Polytechnikum 

11.  -  Suter,  Heinrich,  Dr.,  Professor  an  der  Kantonsschule    . 

12.  -  Bollinger,  Otto,  Dr.  med.,  Professor  a.  d.  Univ.  München 

13.  -  Schulze,  Ernst,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

14.  -  Tobler,  Adolf,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum   . 

15.  -  Kleiner,  Alfred,  Dr.,  Professor  a.  d.  Univ.  und  Erziehungsra 

16.  -  Gnehm,  Robert,  Dr.,  Präsident  des  Schweiz.  Schulrates 

17.  -  Seitz,  Johann,  Dr.  med.,  Privatdozent  an  der  Universität 

18.  -  Stickelberger,  Ludwig,  Dr..   Prof.  a.  d.  Univ.  Freiburg  i.  B 

19.  -  Wundt,  Wilhelm,  Dr.  med.,  Professor  a.  d.  Univ.  Leipzig 

20.  -  Escher,  Rudolf,  Professor  am  Polytechnikum 

21.  -  Weber,  Heinr.  Friedr.,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

22.  -  Meister,  Jakob,  Professor  a.  d.  Kantonsschule  Schaffhausen 

23.  -  Stoll,  Otto,  Dr.,  Professor  an  der  Universität 

24.  -  Keller,  Konrad,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

25.  -  Lunge,  Georg,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum    . 

26.  -  Brunner,  Rudolf,  Chemiker,  Küsnacht       .... 

27.  -  Schöller,  Caesar,  Fabrikant 

28.  -  Huguenin,  Gustav,  Dr.  med.,  Professor  a.  d.  Universität 

29.  -  Schröter,  Karl,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum  . 

30.  -  Stehler,  Friedr.  Gottl.,  Dr.,  Vorstand  der  schwm.  Samenkontrollanslult 


Aufn. 
Jahr. 

1846 
1854 
1856 
1860 
1863 
1868 
1870 
1870 
1870 
1870 
1871 
1871 
1872 
1873 
1873 
1873 
1874 
1874 
1874 
1874 
1875 
1875 
1875 
1875 
1876 
1877 
1878 
1878 
1878 
1879 


38 


586     Verzeichnis  der  Mitglieder  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Zürich. 


31.  Hr.  Abeljanz,  Harutjun,  Dr.,  Professor  an  der  Universität  . 

32.  -  Wolfer,  Alfred,  Dr.,  Professor  am  Polyt.  und  a.  d.  Univ. 

33.  -  Haab,  Otto,  Dr.  med.,  Professor  an  der  Universität 

34.  -  Rothpletz,  August,  Dr.,  Professor  a.  d.  Univ.  München  . 

35.  -  Denzler,  Albert,  Dr.,  Privatdozent  am  Polytechnikum  . 

36.  -  Rudio,  Ferdinand,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum     . 

37.  -  Maurer,  Julius,  Dr.,  Direktor  der  meteorol.  Centralanstalt 

38.  -  Goldschmidt,  Heinrich,  Dr.,  Prof.  a.  d.  Univ.  Christiania 

39.  -  Egli-Sinclair,  Theodor,  Dr.  med 

40.  -  Constam,  -Joseph  Emil,  Dr.,  Professor        .... 

41.  -  Beust,  Fritz  v.,  Dr.,  Direktor  d.  Erziehungsanstalt  F.  Beust 

42.  -  Beyel,  Christian,  Dr.,  Privatdozent  am  Polytechnikum 

43.  -  Keller-Escher,  Karl,  Dr.,  a.  Kantonsapotheker 

44.  -  Imhof,  Othmar  Emil,  Dr.,  Brugg 

45.  -  Bühler,  Anton,  Dr.,  Professor  an  der  Universität  Tübingen 

46.  -  Kronauer,  Hans,  Dr.,  Mathematiker  d.  Schweiz.  Rentenanstalt 

47.  -  Schottky,  Friedrich,  Dr.,  Professor  a.  d.  Universität  Berlin 

48.  -  Wyss,  Oskar,  Dr.  med.,  Professor  an  der  Universität   . 

49.  -  Burkhard-Streuli,  Werner,  Ingenieur         .... 
•50.  -  Mende-Ernst,  Theophil,  Dr.  med 

51.  -  Escher-Kündig,  Jakob  Christoph,  Kaufmann  . 

52.  -  Geiser,  Karl  Friedrich,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

53.  -  Schwarz enbach,  Julius,  Thalwil 

54.  -  Stadler,  Salomon,  Dr.,  Rektor  der  höheren  Töchterschule 

55.  -  Muralt-v.  Planta,  Wilhelm  v.,  Dr.  med 

56.  -  Zollinger,  Ernst,  Fabrikant 

57.  -  Culmann,  Paul,  Dr.,  Paris 

58.  -  Gaule,  Justus,  Dr.  med.,  Professor  an  der  Universität 

59.  -  Fick,  Adolf,  Dr.  med.,  Privatdozent  a.  d.  Universität   . 

60.  -  Monakow  ,  Konstantin  v.,  Dr.  med.,  Professor  a.  d.  Univ. 

61.  -  Wenk,  Ernst,  Dr.,  Direktor  des  Institutes  Erica     . 

62.  -  Emden,  Robert,  Dr.,  Pmatdozent  an  der  techn.  Hochschule  Miiucheii 

63.  -  Krönlein,  Ulrich,  Dr.  med.,   Professor  an  der  Universität 

64.  -  Flury,  Philipp,  Assistent  der  forstlichen  Versuchsstation 

65.  -  Huber-Stockar,  Emil,  Direktor  der  Maschinenfabrik  Oerlikon 

66.  -  Annaheim,  Joseph,  Dr.,  Chemiker 

67.  -  Messerschmitt,  Johann  Baptist,  Dr.,  Hamburg,  Seewarte 

68.  -  Bommer,  Albert,  Apotheker 

69.  -  Hommel,  Adolf,  Dr.  med 

70.  -  Bänziger,  Theodor,  Dr.  med 

71.  -  Schulthess-Scliindler,  Anton  v.,  Dr.  med. 

72.  -  Zschokke,  Erwin,  Dr.,  Professor  an  der  Universität 

73.  -  Standfuss,  Max,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

74.  -  Grimm,  Albert,  Dr.  med. 

75.  -  Schall,  Karl,  Dr.,  Privatdozent  a.  d.  Universität  Leipzig 

76.  -  Ritzmann,  Emil,  Dr.  med 

77.  -  Bleuler,  Herm.,  Oberst,  a.  Präsident  d.  schweizer.  Schulrates 

78.  -  Heuscher,  Johann,  Dr.,  Professor  an  der  Universität 

79.  -  Lang,   Arnold,  Dr.,  Professor  a.  Polyt.   und  a.  d.  Univ. 

80.  -  Fiedler,  Ernst,  Dr.,  Professor  an  der  Kantonsschule 


Aufü. 
Jahr. 

1880 

1880 

1880 
1880 
1881 
188] 
1881 
1881 
1881 
188] 
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1882 
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1883 
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1883 
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1883 
1884 
1885 
1887 
1887 
1887 
1888 
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1888 
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1889 
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1889 
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1889 
1889 
1889 
1889 
1889 
1889 


81.  Hr.  Schinz,  Haus,  Dr.,  Professor  an  der. Universität  . 

82.  -  Aeppli,  August,  Dr.,  Professor  an  der  Kantonsschule 

83.  -  Martin,  Paul,  Dr.,  Professor  an  der  Universität  Giessen 

84.  -  Stöhr,  Philipp,  Dr.  med.,  Professor  a.  d.  Univ.  Wiirzburg 

85.  -  Overton,  Ernst,  Dr.,  Professor  a.  d.  Universität  Würzburg 

86.  -  Zschokke,  Achilles,  Dr.,  Direktor  der  Weinbanscliule,  Neustadt  (Pfalz) 

87.  -  Pfister,  Rudolf,  Dr.,  Lyon 

88.  -  Gamper,  Eduard,  Apotheker,  Winterthur 

89.  -  Bretscher,  Konrad,  Dr.,  Privatdozent  an  der  Universität 

90.  -  Martin,  Rudolf,  Dr.,  Professor  an  der  Universität 

91.  -  Roth,  Otto,  Dr.  med.,  Professor  am  Polytechnikum 

92.  -  Felix,  Walter,  Dr.  med.,  Professor  an  der  Universität 

93.  -  MüUer-Thurgau,  Herrn.,  Dr..  Prof.,  Direktor  d.ScIin-eiz.VersnclisanslaltWädenswil 

94.  -  Ris,  Friedrich,  Dr.  med.,  Direktor  d.  Pflegeanstalt  Rheinau 

95.  -  Driesch,  Hans.,  Dr.,  Heidelberg 

96.  -  Herbst,  Kurt,  Dr.,  Heidelberg 

97.  -  Fritschi,  Friedrich,  Erziehungsrat 

98.  -  Bosshard,  Heinrich,  Dr.,  Professor  an  der  Kantonsschule 

99.  -  Swerinzew,  Leonidas,  Dr.,  Petersburg     .... 

100.  -  Hurwitz,  Adolf,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

101.  -  Hartwich,  Karl,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

102.  -  Zuppinger,  Emil,  Fabrikant,  Wallisellen 

103.  -  Disteli,  Martin,  Dr.,  Prof.   a.  d.  t.  Hochschule  Dresden 

104.  -  Werner,  Alfred,  Dr.,  Professor  an  der  Universität 

105.  -  Zuberbühler,  Arnold,  Sekundarlehrer,  Wädenswil 

106.  -  Franel,  Jeröme,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

107.  -  Denzler,  Wilhelm,  Ingenieur,  Küsnacht 

108.  -  Bührer,  A.,  Apotheker,  Clarens-Montreux 

109.  -  Wyssling,  Walter,  Dr.   Prof.  am  Polytechnikum,  Wädenswil 

110.  -  Ribbert,  Hugo,  Dr.  med.,  Professor  a.  d.  Universität  Bonn 

111.  -  Kleiber,  Albert,  Dr.,  Kantonschemiker,  Glarus 

112.  -  Wettstein,  Walter,  Sekundarlehrer  .... 

113.  -  Meister,  Otto,  Dr.,  Chemiker,  Thalwil     . 

114.  -  Winterstein,  Ernst,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 
115:  -  Meister,  Friedrich,  Sekundarlehrer,  Horgen    . 

116.  -  Grubenmann,  Ulrich,  Dr.,  Professor  a.  Polyt.  u.  a.  d.  Univ. 

117.  -  Bissegger,  Eduard,  Direktionssekretär  der  Rentenanstalt   . 

118.  -  Stauflfacher,  Hch.,  Dr.,  Prof.  a.  d.  Kantonsschule  Frauenfeld 

119.  -  Gysi,  Alfred,  Dr.  med 

120.  -  Schulthess,  Wilhelm,  Dr.  med.,  Privatdozent  a.  d.  Univ. 

121.  -  Oppliger,  Fritz,  Dr.,  Seminarlehrer,  Küsnacht 

122.  -  Bohbeck,  Kasimir,  Professor,  Przemysl,  Galizien 

123.  -  Claraz,  George,  A 

124.  -  Stodola,  Aurel,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

125.  -  Präsil,  Franz,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum  . 

126.  -  Treadwell,  Ferdinand  P.,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

127.  -  Wild,  Paul  F.,  in  Firma  Orell  Füssli  &  Cie 

128.  -  Grete,  E.  August,  Dr.,  Vorstand  der  Schweiz.  landwirtschaftliclien  Versnchsstation 

129.  -  Schärtlin,  Gottfr.,  Dr.,  Direktor  der  Schweiz.  Rentenanstalt 

130.  -  Rikli,  Martin,  Dr.,  Privatdozent  am  Polytechnikum 


588      Verzeichnis  der  Mitglieder  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Zürich. 


131.  Hr.  Kiefer,  Adolf,  Dr.,  Professor  am  Institut  Concordia     . 

132.  -  Hescheler,  Karl,  Dr.,  Professor  an  der  Universität 

133.  -  Bartsch,  Roland,  Dr.,  Direktor  des  Institutes  Concordia 
13-1.  -  Bloch,  Isaak,  Dr.,   Prof.  a.  d.  Kantonsschule  Solothurn 

135.  -  Stehler,  Karl,  Lehrer 

136.  -  Lehner,  Friedrich,  Dr.,  Fabrikdirektor    .... 

137.  -  Wartenweiler,  Traugott,  Sekundarlehrer,  Oerlikon 

138.  -  Früh,  Johann  Jakob,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

139.  -  Wehrli,  Leo,  Dr.,  Lehrer  an  der  höhern  Töchterschule 

140.  -  Kehlhofer,  Wilhelm,  Wädenswil 

141.  -  Schellenberg,.  Hans,  Dr.,  Privatdozent  am  Polytechnikum 

142.  Lüdin,  Emil,  Dr.,  Professor  am  Gymnasium  Zürich    . 

143.  -  Burri,  Robert,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

144.  -  Frei,  Hans,  Dr.,  Seminarlehrer,  Küsnacht 

145.  -  Lacombe,  Marius,  Professor  am  Polytechnikum    . 

146.  -  Brunner,  Friedrich,  Dr.  med 

147.  -  Holliger,  Wilhelm,  Dr.,  Seminarlehrer,  Wettingen 

148.  -  Eggeling,  Heinrich,  Dr.  med.,  Professor  a.  d.  Univ.  Jena 

149.  -  Schellenberg,  Kaspar,  Dr.,  Tierarzt 

150.  -  Herzog,  Albin,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

151.  -  Dörr,  Karl,  Dr.  med.,  Frankfurt  a./M 

152.  -  Kopp,  Robert,  Dr.,  Professor  a.  d,  Kantonsschule  St.  Gallen 

153.  -  Minkowski,  Hermann,  Dr.,  Professor  a.  d.  Univ.  Göttingen 

154.  -  Raths,  Jakob,  Sekundarlehrer 

1.55.  -  Lorenz,  Richard,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum     . 

156.  -  Burkhardt,  Heinrich,   Dr.,   Professor  an  der  Universität 

157.  -  ßachmann,  Hans,  Dr.,  Professor  a.  d.  Kantonsschule  Luzern 

158.  -  Rüge,  Georg,  Dr.  med.,  Professor  an  der  Universität  , 

159.  -  Frey,  Max  v.,  Dr.  med.,  Professor  a.  d.  Univ.  Würzburg 

160.  -  Höber,  Rudolf,  Dr.  med.,  Privatdozent  a.  d.  Universität 

161.  -  Schäfer,  R.  William,  Dr.  {z.  Z.  in  Baden-Baden)  . 

162.  -  Sperber,  Joachim,  Dr.,  Lehrer 

163.  -  Wegmann,  Gustav,  Ingenieur 

164.  -  Gouzy,  Edmund  August,  Professor 

165.  -  Schoch-Etzensp erger,  Emil,  Dr 

166.  -  Erismann,  Friedrich.  Dr.  med.,  Professor,  Stadtrat 

167.  -  Gramann,  August,  Dr.,  Bezirkslehrer  in  Unter-Kulm  . 

168.  -  Erb,  Joseph,  Dr. 

169.  -  Durst,  Joh.  Ulrich,  Dr.,  Privatdozent  am  Polytechnikum 

170.  -  Lalive,  August,  Prof.  a.  Gymn.  La  Chaux-de-Fonds 

171.  -  Field,   Herbert  Haviland,  Dr.,  Direktor  des  Concilium  bibliograpMcum 

172.  -  Zulauf,  Gottlieb,  Fabrikant  opt.  Apparate 

173.  -  Volkart,  Alb.,  Dr.,  Assistent  a.  d.  Samenkontrollanstalt 

174.  -  Huber,  Hermann,  Ingenieur 

175.  -  Burri,  Franz  Xaver,   Forstinsp.  der  Gotthardbahn,  Luzern 

176.  -  Ernst,  Julius  Walter,  Meteorolog 

177.  -  Bleuler,  Eugen,  Dr.  med.,  Professor  an  der  Universität 

178.  -  Sigg-Sulzer,  Johann  Gottfried,  Kaufmann 

179.  -  Walder,  Franz,  Dr.,  Chemiker 

180.  -  Schmidt,  Jakob    Oskar,   Dr.,  Direktor  der  Accumnlatorenfabrik  Oerlikon 


Aiii'n. 
Jahr. 


181.  Hr.  Flick,  Theodor,  Dr.  med.,  Zahnarzt  .... 

182.  -  BoUeter,  Eugen,  Dr.,  Sekundarlehrer       .... 

183.  -  Bächler,  Emil,  Konservator  a.  naturhist.  Museum,  St.  Gallei 

184.  -  Künzli,  Emil,  Dr.,  Prof.  an  der  Kantonsschule  Solothuni 

185.  -  Seiler,  Uh'ich,  Dr.,  Professor  an  der  Kantonsschule     . 

186.  -  Ernst,  Paul,  Dr.  med.,  Prof.  an  der  Universität  in  Heidelberg 

187.  -  Pfeiffer,  Paul,  Dr.,  Privatdozent  an  der  Universität     . 

188.  -  Ernst,  Alfred,  Dr.,  Professor  an  der  Universität   . 

189.  -  Meyer-Hürlimann,  Karl,  Dr.  med 

190.  -  Scherrer,  Otto,  Dr.,  Professor  an  der  Kantonsschule 

191.  -  Cloetta,  Max,  Dr.  med.,  Professor  an  der  Universität 

192.  -  Keller,  Konrad,  Landwirt,  Oberglatt        .... 

193.  -  Bircher,  Max,  Dr.  med 

194.  -  Bircher,  Ernst  F.,  Dr.  jur.,  Rechtsanwalt 

195.  -  Maurizio,  Adam,  Dr.,  in  Lemberg 

196.  -  Schaufelberger,  Wilhelm,  Dr 

197.  -  Gugler,  Karl,  Ingen.,  a.  Direktor  d.  v.  Rollschen  Eisenwerke 

198.  -  Schweitzer,  Alfred,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

199.  -  Beglinger,  Johann,  Fabrikant,  Wetzikon 

200.  -  Weiss,  Pierre,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

201.  -  Nägeli,  Otto,  Dr.  med.,  Privatdozent  a.  d.  Universität 

202.  -  Ziegler,  Konrad,  Pfarrer  in  Ilanz 

203.  -  Brandenberger,  Konrad,  Dr.,  Professor  a.  d.  Kantonsschule 

204.  -  Amberg.  Otto,  Dr.,  Rektor  der  Bezirksschule  in  Menziken 

205.  -  Ulrich,  Alfr.,  Dr.  med.,  ärztl.  Leiter  d.  Anstalt  f.  Epileptische 

206.  -  Osterwalder,  Adolf,  Dr.,  Assistent,  Wädenswil 

207.  -  Wehrli,  Hans,  Dr.    - 

208.  -  Hegi,  Gustav,  Dr.,  Kustos  am  bot.  Garten,  München   . 

209.  -  Zeller,  Heinrich,  Dr.  jur.,  Rechtsanwalt 

210.  -  Stoppany,  Giovanni  Ambrosio,  Dr.  med. 

211.  -  Oswald,  Adolf,  Dr.  phil.   et  med.,  Priratdozent  an  der  UnlTersität 

212.  -  Jordan,  Hermann,  Dr.,  Privatdozent  an  der  Universität 

213.  -  Jaccard,  Paul,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

214.  -  Grisch,  Andreas,  Assistent  an  der  Samenkontrollanstalt 

215.  -  Pestalozzi-Bürkli,  Anton,  Dr 

216.  -  Veraguth,  Otto,  Dr.  med.,  Privatdozent  a.  d.  Universität 

217.  -  Rothpletz,  Gottlieb  Friedrich,  Stadtgärtner    . 

218.  -  Bernheim-Karrer,  Jakob,  Dr.  med.,  Pri?atdozent  an  der  Universität 

219.  -  Hirsch,  Arthur,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

220.  -  Wild-Schläpfer,  Felix,  Direktor  bei  Orell  Füssli  . 

221.  -  Meister,  Ulrich,  Dr.,  Oberst  und  Nationalrat 

222.  -  Ernst,  Theodor,  Optiker 

223.  -  Silberschmidt,  William,  Dr.  med.,  Prof.  a.  d.  Universität 

224.  -  Stäubli,  Karl,  Dr.  med.,   München 

225.  -  Dilthey,  Walter,  Dr.,  Privatdozent  an  der  Universität 

226.  -  Rubel,  Eduard,  Dr 

227.  -  Büeler,  Hermann,  Chemiker 

228.  -  Ehrhardt,  Jakob,  Dr.,  Professor  an  der  Universität 

229.  -  Schlaginhaufen,  Otto,  Dr.,  Berlin 

230.  -  Staub,  Joh.,  Dr.,  Lehrer  a.  d.  höhern  Töchterschule  Luzern 


500     Verzeichnis  der  Mitglieder  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Zürich. 


231.  Hr.  Lüthi,  Adolf,  Lehrer  am  Institut  Concordia 

232.  -  Beck,  Bernhard,  Rektor  des  freien  Gymnasiums 

233.  -  Zangger,  Heinrich,  Dr.,  Professor  an  der  Universität  . 

234.  -  Reitz,  Wilhelm,   Oberingenieur  bei  Escher  Wyss  &  Co. 

235.  -  Bühler,  Anton,  Dr.  med.,  Privatdozent  an  der  Universität 

236.  -  Schäppi,  Theodor,  Dr.  med 

237.  -  Huber,  Paul,  Assistent,  Wädenswil  .... 

238.  -  Bluntschli,  Hans,  Dr.,  Assistent  am  anat.  Institut 

239.  -  Machwtirth,  Josef,  Dr.,  Prof.,  Zahnarzt   .... 

240.  -  Wettstein,  Ernst,  Dr.,  Professor  an  der  Kantonsschule 

241.  -  Weber,  Friedrich,  Dr.,  Geolog 

242  -  Rollier,  Louis,  Dr.,  Priyatdozent  am  Polytechnikum  nnd  an  der  Universität 

243.  -  Kienast,  Alfred,  diplom.  Math. 

244.  -  Fenner,  Karl,  Dr.,  Lehrer  an  der  Kantonsschule  . 

245.  -  Rascher,  Max,  Buchhändler 

246.  -  Beer,  Robert,  Buchhändler  i.  F.  Fäsi  u.  Beer 

247.  -  Arbenz,  Paul,  Dr 

248.  -  Müller,  Albert,  Buchhändler 

249.  -  Jabs,  Asmus,  techn.  Direktor 

250.  -  Willstätter,   Richard,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

251.  -  Grandmougin,  Eugene,  Dr.,  Professor  am  Polytechnikum 

252.  -  Schmid,  Eduard,  Dr.,  Assistent  an  der  Universität 

253.  -  Heubner,  Wolfgang,  Dr.  med 

254.  -  Steiger,  Adolf,  Dr.  med 

255.  -  Ernst,  Heinrich,  Regierungsrat 

256.  -  Egli,  Karl,  Dr.,  Professor  an  der  Kantonsschule  . 

257.  -  Ganz,  Emil,  Photograph 

258.  -  MoUison,  Theodor,  Dr.  med.,  Assistent  a.  anihrop.  Institut  der  Unirersität 

259.  -  Gassmann,  Theodor,  Dr.,  Zahnarzt 

260.  -  Fingerhuth,  Max,  Dr.  med 

261.  -  Gerlach,  Rudolf,  Dr.,  Seminarlehrer  in  Küsnacht 

262.  -  Minnich,  Walter,  Dr.  med 

263.  -  Lämmel,  Rudolf,  Dr.,  Lehrer 

264.  -  Daiber,  Marie,  Dr.,  Assist,  am  zool.  Inst. 

265.  -  Wreschner,  Arthur,  Dr.,  Privatdoz.  a.  Polyt.  u.  a.  d.  Univ 

266.  -  Zschokke,  Bruno,  Privatdozent  am  Polytechnikum 

267.  -  Zürcher,  Heinrich,  in  Firma  Zürcher  &  Furrer 

268.  -  Eggenberger,  Johannes,  Dr.,  Versicherungsmathematiker 

269.  -  Zietzschinann,  Otto,  Dr.,  Professor  an  der  Universität 

270.  -  Bürgi,  Oskar,  Professor  an  der  Universität    . 

271.  -  Schläpfer-Rippstein,  Apotheker        .        .        . 

272.  -  Heim,  Arnold,  Dr.,  Geolog 

273.  -  Adler,  Fritz,  Dr 

274.  -  Brökmann-J  rosch,  Henryk,  Dr 

275.  -  v.  Wyttenbach,  Friedr.,  Dr 

276.  -  Meyer,  Emil,  Dr.,  Gymnas. -Lehrer    .... 

277.  -  Beck,  Emil,  Fachlehrer  für  Math,  und  Physik 

278.  -  Schindler,  Konrad,  Dr.  med 

279.  -  Eichhorn,  Gustav,  Dr 

280.  -  Du  Pasquier,  L.  Gustav,  Dr.,  Assistent  am  Polytechnikum 


Aufn. 
Jahr. 

1904 
1904 
1904 
1904 
1904 
1904 
1904 
1904 
1904 
1904 
1904 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1905 
1906 
1906 
1906 
1906 
1906 
1906 
1906 
1906 
1906 
1906 
1906 
1906 
1907 
1907 
1907 
1907 
1907 
1907 
1907 


Verzeichnis  der  Mitglieder  der  Naturfbrschenden  Gesellsciiaft  in  Zürich.      59 i 


281.  Hr.  De  Quervain,  Alf.,  Dr.,  Adjunkt  d.  meteorol.  Centraianstalt  n.  I'riutdoz.  a.  i.  üni?. 

282.  -  Hilfiker,  Jakob,  Dr.,  Ingen,  für  Schweiz.  Landestopographie 

283.  -  Wiesmann,  Theodor,  Sekundarlehrer 

284.  -  Meyer,  Edgar.  Dr. 

285.  -  Schwarzenbach,  Ernst,  Dr.  med. 

286.  -  Strohl,  Hans,  Dr. 

287.  -  Brunner,  Otto,  Apotheker  . 

288.  -  Diebold,  Fritz,  Dr.  med.      . 

289.  -  Gogarten,  Karl  Emil,  Bergingenieur 


Aufn. 
Jahr. 

1907 
1907 
1907 
1907 
1907 
1907 
1907 
1907 
1907 


b.   Ehrenmitglieder. 

1.  Hr.  Kohlrausch,  Friedrich,  Dr.,  Professor,  Marburg 

2.  -  Amsler-LalYon,  Jakob,  Dr.,  Professor,  Schaffhausen 

3.  -  Dedekind,  Richard,  Dr.,  Professor  ander  tecimisdien  Hochschule  Brannschweig 

4.  -  Gräffe,  Eduard  Heinrich,  Insp.  d.  zoolog.  Station,  Triest 

5.  -  Eberth,  Karl  Joseph,  Dr.  med.,  Professor  a.  d.  Univ.  Halle 

6.  -  Hermann,  Ludimar,  Dr.  med.,  Prof.  a.  d.  Univ.  Königsberg 

7.  -  Reye,  Theodor,  Dr.,  Professor  a.  d.  Universität  Strassburg 

8.  -  Schär,  Eduard,  Dr.,  Professor  a.  d.  Universität  Strassburg 

9.  -  Weber,  Heinrich,  Dr.,   Prof.  a.  d.  Universität  Strassburg 

10.  -  Schwarz,  Hermann  Amandus,  Dr.,  Professor  an  der  üniTersität  Berlin 

11.  -  Choffat,  Paul,  Dr.,  Landesgeolog,  Lissabon 

12.  -  Frobenius,  Georg,  Dr.,  Professor  an  der  Universität  Berlin 

13.  -  Hantzsch,  Arthur,  Dr.,  Professor  a.  d.  Universität  Leipzig 

14.  -  Forel,  Fran^ois  Alphonse,  Dr.,  Professor,  Morges  . 

15.  -  Hagenbach-Bischoff,  Eduard,  Dr.,  Prof.  a.  d.  Univ.  Basel 

16.  -  Schwendener,  Simon,  Dr.,  Professor  a.  d.  Universität  Berlin 


1883 
1894 
1896 
1896 
1896 
1896 
1896 
1896 
1896 
1896 
1896 
1896 
1896 
1896 
1896 
1899 


c.   Korrespondierende  Mitglieder. 


1.  Hr.  Cornaz,  Edouard,  Dr.  med.,   Neuchätel 

2.  -     Margerie,  Emmanuel  de,  Dr.,  Paris      . 


1856 
1883 


59^     Verzeichnis  der  Mitglieder  der  Naturforschenden  Gesellschaft  in  Zürich. 


Vorstand  und  Komnnissionen. 


GewäliU 

V  orstand.  bestätigt. 

Präsident:         Hr.  Werner,  Alfred,  Dr.,  Professor         .        .        .        .  1906 

Vicepräsident:     -   Standfuss,  Max,  Dr.,  Professor        ....  1906 

Sekretär:              -   Schoch,  Emil,  Dr 1906 

Quästor:               -   Kronauer,  Hans,  Dr.,  Mathem.  der  Rentenanstalt  1904 

Bibliothekar:       -   Schinz,  Hans,  Dr.,  Professor 1906 

-   Grubenmann,  Ulrich,  Dr.,  Professor       .        .        .  1906 

Huber-Stockar,  Emil,  Direktor        ....  1906 

Drucksclirif ten-Kommission . 


Beisitzer: 


{: 


Präsident:  Hr.  Riidio,  Ferdinand,  Dr.,  Professor. 
Mitglieder:    -    Heim,  Albert,  Dr.,  Professor. 
-    Lang,  Arnold,  Dr.,  Professor. 

Engere  Bibliotheks-Kommission  (Fachbibliothekare). 

Präsident:  Hr.  Schinz,  Hans,  Dr.,  Professor. 

Mitglieder:    -  Martin,  Rudolf,  Dr.,  Professor. 

-  Bretscher,  Konrad,  Dr.,  Privatdozeut. 

-  Aeppli,  August,  Dr.,  Professor. 

-  Beck,  Alexander,  Dr.,  Professor. 

-  Burkhardt,  Heinrich,  Dr.,  Professor. 

-  Pfeiffer,  Paul,  Dr.,  Privatdozent. 

Die  weitere  Bibliotheks-Koinmission  besteht  aus  dem  Präsidenten  der 
Gesellschaft,  den  Fachbibliothekaren  und  den  Herren:  Prof.  Dr.  K.Keller, 
Prof.  Dr.  F.  Rudio,  Prof.  Dr.  K.  Schröter,  Prof.  Dr.  H.  F.  Weber,  Prof.  Dr. 
A.  Werner,  Dr.  H.  H.  Field  und  Dr.  M.  Rikli, 


Abwart:   Hr.  H.  Koch:  gewählt  1882. 


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Vierteljalirssclirift 


der 


Naturforschenden  Gesellschaft 


Zürich. 


Unter  Mitwii-kung  der  Herren 
Prof.  Dr.  A.  HEIM  und  Prof.  Dr.  A.  LANG 

heraussre»eben 


Dr.  FERDINAND  RUDIO, 

Professor  am  Eidgenössischen  Polyteclinilcum. 


Zweiundfünfzigster  Jahrgang.    1907.    Drittes  und  viertes  Heft. 
Hierzu  Tafel  XHl  bis  XX. 

Ausgep:el)en  am  4.  April  1908. 


Zürich, 
in  Koinniission  ])ei  Fäsi  &  Beer. 

)(1S. 

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Inhalt. 


Seite 

H.  Zuppinger.  Zur  Absorption  der  Röntgenstrahlen  ....  249 
A.  Beck.  Über  die  mehrfachen  Sekanten  algebraischer  Raumkurven  .  266 
F.  G-rubenmann.    Vorläufige  Mitteilung  über  einen  schweizerischen  Silli- 

manitgneiss  ...........         279 

K.  Hescheler.     Reste  von  Ovibos  moschatus  Zimm.  aus  der  Gegend  des 

Bodensees.     Hierzu  Tafel  XIII  283 

A.  Ernst.     Die  neue  Flora  der  Vulkaninsel  Krakatau.   Hierzu  Tafel  XIV 

bis  XIX 289 

J.  Hilfiker.  Ein  neues  Präzisionsnivellement  auf  den  Grossen  St.  Bernhard  364 
H.  Stierlin.  Einige  physikalische  Eigenschaften  des  gegossenen  Quarzes  382 
H.  Schinz.     Mitteilungen  aus  dem  botanischen  Museum  der  Universität 

Zürich  (XXXVI). 

1.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  afrikanischen  Flora   (XX).   (Neue  Folge). 
Mit  Beiträgen  von  E.  Hackel  (Attensee),   A.  Cogniaux  (Nivelles)  und 

H.  Schinz  (Zürich) 419 

2.  Beiträge  zur  Kenntnis  der  Schweizerflora   (VIII). 

1.  Beiträge  zur  Adventivflora  der  Schweiz.  Von  A.  Thellung  (Zürich)        434 

2.  Trapa  nalans  L.  in  der  Schweiz  und  in  Oberitalien.  Von  H.  Schinz 
(Zürich).     Hierzu  Tafel  XX 474 

A.  Heim.     Gliederung  und   Facies   der  Berrias-Valangien-Sedimente   in 

den  helvetischen  Alpen 484 

H.  Zangger.     Über  Membranen  II.     Die  Bedeutung  der  Membranen  und 

Membranfunktionen  in  Physiologie  und  Pathologie  .        .         .        500 

F.  Rudio  und  C.  Schröter.    Notizen  zur  schweizerischen  Kulturgeschichte 

21.  Der  zweihundertjährige  Geburtstag  von  Leonhard  Euler     .         .        537 

22.  Der  Plan  einer  Gesamtausgabe  von  Eulers  Werken     .         .         .        542 

23.  Nekrologe.     Charles    Mayer-Eymar,     Evariste   Mertens,   Ludwig 
Fischer,  Gustav  Zeuner,  Georg  Sidler  .....        546 


E.  Schoch.     Sitzungsberichte  von  1907      . 
H.  Schinz.     Bibliotheksbericht  von  1907 
Verzeichnis  der  Mitglieder  auf  31.  Dezember  1907 


559 
567 

585