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Full text of "Wilhelm Löhe"

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Soso 


qßilfeelttt  ßi)^e. 


mn  ßeben^^ilb 


i>Ott 


^atl  ^idbner. 


riS^^ 


lDilt)elm  Eöt)e. 


IDJUieltn  Zö\)2, 


ein  Cebensbilb 


pon 


Karl  eid)ner 


mit  einem  Bilbniffe  föne's. 


3w2ii2  nuflage. 


Chicago,  JIL 

IDartburg  Publisbing  f)Ouse. 
1908. 


TRANSFE« 

6e 

MOV  28  .5 

Serlal  Hecord  Wvislon 
Printcb  in  öermany. 


oö)S 


Dem  nnbenken 

t)es  Paftors  unb  ipeilanb  Präfes  ber  Synobe 

von  Joroa  u.  a»  St 

D.  D.  Johannes  Deinbörfer 

geipibmet. 


üoriport 


in  kurzes  unb  öod]  möglidift  allfcitigcs  Eebens= 
bilb  Don  bem  grof^en  öottesmann  Cötie  ipurbe 
immer  oermif^t  Das  grolle  Quellenroerk 
über  fein  feben  oon  bem  nadimaligen  Infpektor  ber 
TIeuenbettelsauer  TTTiffionsanftalt  J.  Deinzer  —  nadi 
Anlage  unb  Durdifülirung  ein  TTIeiftertuerk  biogra= 
pbifdier  Treue  —  konnte  oline  Permittlung  nidit 
ber  Hilgemeinlieit  bienen.  So  entftanben  bie  nadi= 
folgenben  Blätter  in  ber  nbfidit,  bamit  einem  oft 
gefulilten  Bebürfnis  zu  genügen. 

Die  örunblage  audi  für  biefe  Arbeit  mußte  bas 
breibänbigelDerk  oon  J.  Deinzer  bleiben:  „IDillielm 
Eöbe's  Eeben.  Aus  feinem  fdiriftlidien  Tladilal^  zu= 
fammengeftellt",  erfdiienen  zuerft  in  ben  Jatiren 
1873,  1877,80,  1892  unb  nunmebr  oerlegt  oon  C 
Bertelsmann  in  eoterslob.  IDertoolle  Dienfte  leiftete 
ber  geiftDolle  flbri (^  aus  ber  Feber  bes  beimgegangenen 
öberkonfiftorialpräfibenten  D.  Tl.  o.  Stäblin  in  ber 
„Kealencyklopäbie  für  proteftantifdie  Tbeologie  unb 
Kirdie",  britte  Auflage,  ll.Banb,  Seite  576  bis  586. 
Benutzt  ipurben  ferner  bie  einfdilägigen  Kapitel  aus: 


«Die  innere  lüiffion  in  Bayern  biesfeits  b,  Rb."  oon 
bem  jetzigen  Konfiftorialrat  (].  Bek,  in  bem  Sciiäfer= 
fd]en  Sammeltoerk:  ,,Die  innere  TüilTion  in  Deutfdi» 
lanb'',  (liamburg  1880).  Berückfiditigung  fanb  aud) 
ber  oom  gegentpärtigen  Rektor  ber  ]Teuenbettels= 
auer  Diakoniffenanftalt  D.  Dr.  (],  Bezzel  in  ,,frei= 
munbs  KirciilicI]  =  PoIiti|"cliem  TDodienblatt  für  Stabt 
unb  £anb"  (Jalirg.  1904  Hr.  33  bis  1905  Rr.  4)  ab= 
gebruckte  „Überblick  über  50  Jalire  öefdiidite  ber 
Diakoniffenanftalt  Reuenbettelsau"  oom  9.  Hlai  1904. 

Soipeit  möglidi,  tourben  anberipeitige  Peröffent== 
lidiungen  aus  Sammeltperken  unb  3eitfd)riften  (be= 
fonbers  „Korrefponbenzblatt  ber  Diakoniffen  oon 
Reuenbettelsau")  zum  Dergleidi  herbeigezogen. 
Eölie's  Sdiriften  felbft  tpurben  babes  nidit  um= 
gangen,  flbgefdiloffen  tourbe  mit  bem  Tobesjalir 
Cöbe's.  Dk  Fortfülirung  unb  IDeiterentiPickelung 
feiner  Eebensarbeit  gehörte  nidit  melir  in  ben 
Ralimen  biefes  Bilbes.  Bei  aller  Treue  in  ber  Be= 
nutfung  ber  angeführten  Quellen  tpurbe  auf  Selb= 
ftänbigkeit  in  Belianblung  unb  Urteil  Radibruck 
gelegt.  Das  Cebensbllb  ipurbe  gezeichnet  aus  üer= 
eftrung  für  einen  großen  Hlann  unb  aus  Hebe  zu 
einer  großen  Sache. 

IDelch  einem  Bebürfnis  bas  Cebensbilb  ent= 
gegengekommen  ift,  erhellt  aus  ber  Tatfache,  baß 
tDenig  IDochen  nach  bem  Crfcheinen  ber  erften 
Ruflage  bie  Rotipenbigkeit  einer  neuen  Ruflage  fich 
herausftellte.  Damit  toar  eine  nochmalige  Durch= 
arbeitung  bes  Stoffes  gegeben.  Wenn  auch  keine 
burchgreifenben  Rnberungen  oorzunehmen  toaren, 
fo  cDurbe  boch  gebeffert  unb  erroeitert  foireit  es 
tunlich   erfchicn.    Angefügt   tourbe    ber  Rbfchnitt, 


ipcldicr  einzelne  Proben  oon  öebanken  Cölje's  gibt, 
üollftänbig  umgearbeitet  tpurbe  Der  fölie's  ameri= 
l^anifdie  Tätigkeit  belianbeinbe  Teil  unb  zipar  unter 
Benütfung  bes  grollen  IDerkes  oon  D.  D.  J.  Dein  = 
iiörfer:  „öefdiidite  ber  eoangel.=lutIi.  Synobe  oon 
Jupa  unb  anberen  Staaten"  (Cliicago  1X97),  fotoie 
naö}  brieflidien  Angaben,  toelclie  Deinbörfer  bem 
Perhffer  in  einem  Sdireiben  oom  17,  Hpril  1907 
zukommen  ließ. 

Inzipifdien  ift  biefer  „alte  Scbuler  föbe's"  — 
toie  Deinbörfer  fidi  felbft  in  bem  Briefe  bezeichnet 
—  als  btr  letfte  oon  ben  oier  örunbern  ber  JotDa= 
fynobe  am  14.  TTlai  in  IDanerly  oom  lierrn  aus  ber 
3eit  in  bie  ^ipigkeit  abgerufen  toorben.  Tlodi  liatte 
er  bem  Perfaffer  feine  grolle  Befriebigung  über 
bas  Cebensbilb  bezeugt  unb  beroorgelioben,  roeld] 
eine  fcbtuierige  Aufgabe  es  getoefen  fei,  in  kurzen, 
aber  klaren  TDorten  bie  oielfeitige  TDirkfamkeit 
Cöbe's  zu  fdiilbern,  tuas  aber  nadi  feinem  Urteil 
ganz  trefflidi  gelungen  fei.  Perfaffer  glaubte  barum 
einer  Dankesp flicht  zu  genügen,  irenn  er  bie  zur 
Perbreitung  unter  ben  beutfdien  Eutberanern  in 
Amerika  beftimmte  Auflage  biefem  treuen  unb  Diel= 
beipäbrten  Diener  Cliri(ti  getoibmet  bat.  Hloge  an 
biefem  Buche  ber  IPunfch  in  Erfüllung  gehen,  mit 
roelchem  Deinbörfer  ben  ercpähnten  Brief  fchließt: 
„irioge  Ihr  Buch  brüben  unb  hier  oiele  auf  t>k  reich 
gefegnete  Arbeit  Cohe's  aufs  neue  aufmerkfam 
machen  unb  oielen  Tlutfen  fchaffen  zum  Preife 
öottes,  ber  Seiner  Kirche  biefen  ITlann  gefchenkt 
unb  ihm  große  Treue  oerliehen  hat  bis  an  feinen 
Tobr 

Tlürnberg,  ben  17.  Juni  1907. 

Kart  etctjnen 


L 


£öt)c's  IDcrbcn. 


Soliann  Konrab  TDilbelm  föl]G  ipar  geboren 
am  2L  Februar  IXOX  in  Fürtb,  ber  TIactibar= 
ftabt  ITürnbergs;  er  entftammte  einem  diriftlid} 
frommen  Burgerbaufe.  Sein  Pater coar ein Kauf= 
mann  unb  genoß  in  ber  Paterftabt  gro|?es  finfetien. 
Da  berfelbe  aber  bereits  1X16  ftarb,  fiel  bie  Crziebung 
ber  6  Kinber,  unter  roeldien  IDillielm  bas  Dor= 
jungfte  cpar,  ausfd]ließlidi  ber  TFIutter  zu.  Diefe 
toar  eine  ernftgefinnte  unb  gläubige  Frau,  toeldie 
ibre  Kinber  —  oier  Toditer  unb  zcoei  Sobne  — 
erzog  in  ber  Furdit  bes  ßerrn  unb  im  Ijaufe 
fcöaltete  mit  diriftlicber  3udit  Frubzeitig  ertoacbte 
in  ibr  ber  Cntfcbluß,  ibren  älteften  Sobn  IDilbelm 
einen  öeiftlicben  roerben  zu  laffen.  Der  Pater 
iDollte  ztoar  bei  Eebzeiten  oom  Stubieren  nicbts 
roiffen,  roeil  ibm  bie  Ausgaben  im  Pergleidi  zu 
benen  für  bie  übrigen  öefcbojifter  als  zu  unoerbält^ 
nismäßig    oorkamen.     Tladi    feinem    Tobe    aber 


10      rororororcjr^r^ro 

fud]te  unb  wu^t2  öie  XOitroe  es  bodi  möglictj  zu 
madien.  In  ber  Sdbftbiograpliie,  ireldie  bis 
zum  Jalire  1826  reidit  fdin'eb  fpäter  ber  bankbare 
Solin:  «Als  mein  Pater  ftarb,  füfirte  fic  aus,  ipas 
fie  für  gut  hielt.  Ihre  Hebe  zu  fimt  unb  Kirdie 
madite  fie  bafür  empfänglid],  mid],  obroolil  eine 
TDittoe,  einen  foldien  f ebensberuf  ertDäl^len  zu  laffen. 
Idi  l}ab'  es  il]r  taufenbmal  zu  banken.  IDer  roeiß, 
ob  id]  ein  Clirift  gecDorben  ipäre,  n7enn  idi  nidit 
Pfarrer  getuorben  toäre.« 

Der  muntere  Knabe  befudite  im  Heimatort  zu= 
erft  h\2  eiementarfdiule  unb  bann  bie  Catein  = 
fdiule.  Um  Sonntag  Cxaubi  bes  Jalires  1X21  cpurbe 
er  in  ber  Tnidiaelskirdie  konfirmiert  unb  empfing 
am  Pfingftfeft  barauf  zum  erftenmal  bas  Sakra= 
ment  bes  flltars.  Tags  zuoor  überreid]te  bie  ITIutter 
ihrem  Solin  einen  felbftoerfaßten  Brief,  ipeidier 
3eugnis  ablegt  oon  bem  frommen  Sinn  ber 
Sdireiberin,  flm  Schluß  h^ißt  es:  «So  nahe  Dich 
benn  zu  Jefu,  bes  ööttlichen,  Tlltare  hin  unb  finbe 
ganz  ben  Frieben  unb  Seelenruhe,  welche  er  ipür= 
bigen  öäften  bei  feinem  fiebesmahle  oerheißen 
hat  IDeihe  Dich  burch  basfelbe  zu  Deinem  iDich= 
tigen  Berufe  unb  faffe  bk  frommen,  beften  Por= 
fät?e  für  Dein  ganzes  £eben,  banke  bem  Heilanb 
für  ben  bornenoollen  Pfab,  ben  er  auch  Dir  zum 
Beften  gegangen  ift,  unb  bleibe  ftets  feiner  Hebe 
eingebenk  unb  feines  herrlichen,  eblen  Eebens, 
roelches    er    Dir    zum    Beifpiel    hinterlaffen    hat. 


unb  folge  ibm  burdi  Dein  ganzes  Eeben  nadi.** 
Eölie  meinte  fpäter  tpotil:  «Die  3eit  ift  un= 
tpieberbringlidi  batiin,  ^l^  fcftöne  Jugenbzeit!  Idi 
roünrcfte  [12  nidit  coieber;  aber  bie  Konfirniations= 
zeit  bie  Hbenbmablsftunbe  -  bie  beroeine  icfi, 
baß  Id]  l\2  nidit  ipieber  neu  erleben  kann.  Tldi, 
es  ift  bodi  fdion,  ba(?  es  foldie  Feiern  gibt  toie 
ipir  im  Cbriftentum  liabenl  öott  eroig  Eob,  baß  idi 
in  feiner  Kirdie  geboren  unb  auferzogen  bin!  Die 
Sunbe  hatte  fid]  zur  3eit  meines  Konfirmanben= 
unterridites  fdion  mäditig  geregt  ba  reichte  mir  ber 
lierr  Kräfte,  bie  midi  nidit  untergeben  ließen,  bie 
midi  im  Strubel  jugenblidier  Eitelkeit  Uerfudiung 
unb  Sunbe  bielten  unb  retteten.»» 

IPie  zu  ertuarten  ftanb,  roar  ber  begabte 
Sdiuler  äußerft  fleißig.  Cr  begnügte  fidi  nidit  nur 
mit  bem,  ipas  er  für  bie  Sdiule  zu  lernen  batte, 
fonbern  ipar  eifrig  bemübt  in  Prioatftunben  fidi 
cpeitere  Kenntniffe  zu  era7erben.  Seine  fdinelle  T!uf= 
faffungsgabe  bradite  es  mit  fidi,  baß  ibn  ber  geroobnte 
Unterridit  allein  n\(^t  befriebigte,  feine  geiftigen  Tln= 
lagen  trieben  ibn  zu  immer  eingebenberem  Eernen. 
Balb  nadi  ber  Konfirmation  kam  er  nadi  Hürnberg 
in  bas  bortige  6  y  m  n  a  f  i  u  m.  Die  Habe  beiber  Stäbte 
ermöglidite  es,  baß  er  menigftens  Sonnabenb  unb 
Sonntag  im  elterlidien  fjaufe  toeilen  konnte.  Diefe 
Tage  boten  ibm  immer  Stunben  befonberer  Cr= 
bolung  unb  Crquid^ung.  Fludi  in  ber  nürnberger 
Sdiule  zäblte  er  zu  ben  beften  Sdiulern.    Illebr« 


mals  crtuarb  er  fid]  Preisbudier.  Dem  bamaligen 
Rektor  bes  öymnanums  trat  er  felir  nalie  unb  be= 
kannte  ftets:  er  fei  ibm  Dank  fdiulbig  bis  ins 
ecDige  feben.  C  L  Rotl]  —  fo  bieß  nämlidi  ber 
Rektor  -  fdirieb  bem  17jäl]rigen  Jüngling  unter 
ein  Don  ilim  gefüfirtes  ferientagebudi  bie  IDorte: 
„Optimam  viam  non  discendi  modo  sed  etiam 
vivendi  te  invenisse  puto."  (Id)  glaube,  baß  Du 
nidit  allein  ben  rechten  IDeg  bes  Eernens,  fonbern 
audi  bes  febens  gefunben  l}aftO  Perfcftiebene 
nufzeidinungen  bes  eymnafiaften  laffen  freilidi  er= 
kennen,  ba|^  ber  lieranreifenbe  junge  TFIann  burdi 
manche  innere  IDanblung  fidi  burdikampfen  mußte. 
Die  ilim  eigene  Selbftänbigkeit  bes  Urteils  fülirte 
zu  tief[ter  ^rfaffung  ber  einzelnen  £ebenserfci]ei= 
nungen.  Pon  oielem,  toas  ihm  geboten  rourbe,  un= 
befriebigt,  febnte  er  fidi  nadi  liöljerem  unb  Cirigem. 
es  toar  eine  3eit  bes  IDerbens  unb  IPadifens  aud] 
für  il]n.  Unreifes  unb  Unnatürlid]es  mußte  abge= 
ftoßen  toerben.  Klares  unb  Sidieres  mußte  er= 
kannt  tuerben.  fölie  roar  inbeffen  kein  greifen» 
liafter  Knabe,  fonbern  ein  frifdier  Jungling.  Frub= 
zeitig  prägte  fidi  bei  ihm  ber  Sinn  für  bas  Sdiöne 
aus.  IDanberungen  burd]  öottes  freie  TIatur  - 
toenn  moglidi  in  öemeinfdjaft  mit  Ultersgenoffen  — 
boten  ihm  audi  innere  Stärkung.  Im  red]ten 
nugenblid^  gab  er  mohl  ber  Freube  Raum  unb 
nod]  fpäter  erinnerte  er  fid)  gern  fo  mandi 
fröhlidien  Beifammenfeins  mit  jugenblidien  Spiel= 


genoffen,  öefliffentlid]  liielt  er  fidi  zurück  oon 
jeber  Unbebaditfamkeit  ober  gar  Unart.  3u  feft 
liatte  er  bas  3lel  feines  febens  im  Huge,  als  baß 
er  tüiffentlid]  in  irgenb  ein  Unredit  gecoilligt  bätte. 
«Idi  ipill  meiner  THutter«,  fo  fdirieb  er  als  öym= 
nafiaft  «bie  freube  machen,  foDiel  als  moglidi 
einen  oollkommenen  Pfarrer  an  mir  zu  felien,  ba 
fie  biefen  Stanb  fo  febr  oorzielit.» 

Im  September  1X26  ojar  für  IDilbelm  Eöbe 
bie  öymnafiallaufbaiin  burdimeffen.  «Ift  ein  Jüng= 
ling  oon  großer  flusbauer  in  allen  Arbeiten  unb 
oon  einem  burdiaus  reblidien  unb  feften  IDillen 
für  bas  Gute  befeelt.  Iiieburdi  liat  er  feine  Fällige 
keiten  oorzüglid]  ausgebilbet  unb  in  allen  fädiern 

einen  trefflichen  Crfolg  errungen Cr  oerläßt 

bie  Tlnftalt  mit  bem  Cobe  eines  burdiaus  tabellofen 
unb  mufterliaften  Sdiülers  unb  fdieint  nur  baran 
erinnert  toerben  zu  muffen,  baß  er  nidit  burdi 
allzu  ftrenge  3urückgezogenl}eit  fidi  übereile,  ein 
Stubengelehrter  im  engften  Perftanbe  zu  toerben», 
fo  befagte  bas  Sdilußzeugnis.  fölie  felbft  toar  frob, 
baß  er  aus  ber  Cnge  bes  öymnafiums  hinaustreten 
burfte  in  bie  Freiheit  akabemifchen  Eebens. 
Cr  roar  toeit  entfernt,  fich  ettoa  beshalb  zu  freuen, 
toeil  er  als  Hlufenfohn  fo  recht  austoben  konnte, 
fonbern  biefe  Freube  entfprang  feinem  Verlangen 
nach  freier  Betätigung  unb  felbftänbigem  Schaffen. 
Als  Stubent  führte  er  ein  fehr  zurückgezogenes 
Eeben.    Das  Treiben  oft  allzu  übermütiger  inufen= 


cMCP'TCMCMC?ic?'TCMCM      14      rorcjrar<Dr«3rc3ror<3 


föline  war  \\}m  bamals  fdion  oerfiaßt.  öernc  rodlte 
er  in  ftillem  Freunbeskreis,  um  roiffenfcfiaftHciien 
Stubicn  ober  religiöfer  Erbauung  fid]  Einzugeben. 
Regelmäßig  befudjte  ber  arbeitfame  Jüngling, 
roeldier  oon  jeber  «bas  Auskaufen  ber  3eit'» 
ipolil  übte,  bie  Dorlefungen.  Hebender  ging  eifriges 
einzelftubium.  flllem  ooran  ftanb  bas  regelmäßige 
f efen  ber  ^eiligen  Sdirift.  Die  fymbolifdien  Bücl]er 
unb  Cutters  Schriften,  audi  IDerke  älterer  lutöerifdier 
Dogmatiker  tourben  fleißig  burdiforfdit.  erbauungs= 
büdier  oon  Kempis,  flrnbt,  öerbarb  unb  Cebens= 
befdireibungen  berühmter  kirdilidier  Perfönlic!]= 
keiten  (3inzenborf,  Comenius)  boten  immer  neue 
Anregungen.  Cin  eifriges  öebetsleben  Ijeiligte  unb 
oertiefte  tk  aus  ber  f  ekture  gecoonnenen  Cinbrücke. 
So  toar  fölie  barauf  bebadit,  fid]  eine  gute  6runb= 
läge  für  fein  fpäteres  Berufsroirken  zu  fdiaffen. 
5ier  ipurbe  zur  IDabrlieit,  ipas  er  in  jener  3eit 
gefcö rieben:  «Das  Ceben  ift  mir  eine  Porbereitung 
zum  Pfarrerleben  geirefen  unb  ift  es  bis  jet?t  nod].» 
In  bie  Stubienzeit  fiel  bas  IDieberercpactien 
diriftlidien  ölaubenslebens.  Der  angebenbe  Stubent 
oerfcbloß  fidi  bem  nidit  unb  trat  ben  eben  ge= 
grünbeten  öefellfcftaften  bei,  roeldie  bie  Perbreitung 
diriftlidier  Scftriften  beztoeckten.  Der  Begrünber 
einer  biefer  öefellfdiaften,  ber  um  bie  Hebung 
bes  kird}lictien  f ebens  in  Bayern  oerbiente  Pfarrer 
Branbt  eririberte  ein  Sdireiben,  in  tpeldiem  Cobe 
ibm   ben  Dank  ausfpradi  für  beffen  ernftlidie  Be« 


müliungcn,  bas  Reidi  Clirifti  zu  förbern,  fo  baß 
audi  in  feinem  Paterlanb  ber  Cifer  fürs  eDan= 
gelium  ipieber  lebenbig  roerbe,  mit  ben  IDorten: 
«freuen  Sie  fidi,  lieber  Freunb,  auf  bie  3eit,  in 
ber  Sie  ins  Amt  treten  iperben.  Cs  ift  jet?t  eine 
angenelime  3eit.  flllentl]alben  ein  tieißes  üerlangen 
nadi  ber  lauteren  Hlildi  bes  Coangeliums  unb  ein 
fdiönes  Felb  zur  flusfaat  für  ben  treuen  Diener 
bes  göttlid]en  IDortes.  öberlin  ift  ein  koftlidier 
Spiegel  für  uns.  Der  Herr  madie  uns  zu  fo  tuditigen 
IDerkzeugen  in  Seiner  Hanb.  ll]m  fei  unfere  Kraft 
unb  unfer  feben  geroeilit;  fo  lang  es  Tag  für  uns 
ift,  ipollen  mir  freubig  unb  frölilid]  für  fein  Reid] 
cDirken!»  ITlit  großer  Genugtuung  begrüßte  Colie 
bas  erfcfteinen  ber  eoangelifdien  Kirdienzeitung  oon 
liengftenberg  im  Jalire  1S27,  toeldie  zur  TIeubelebung 
pofitio=lutt]erifclien  öeiftes  cpefentlidi  beitrug,  eine 
religiöfe  Reife,  toeldie  überrafcbt  trat  bei  \\}m  fcljon 
bamals  zu  Tage.  Cr  arbeitete  fid]  —  oerl]ältnis= 
mäßig  balb  —  zu  einem  fidieren  religiöfen  Stanb= 
punkt  liinburd].  Derfelbe  mar  oon  Anfang  an  ein 
ausgefprodien  lutlienTcber.  Im  Jalire  \Z36  fcbrieb 
Cölie  in  einem  Brief:  «Obroolil  bei  öottes  IPort 
aufgezogen,  oon  öottes  önabe  nie  perlaffen,  banke 
idi  bodi,  menrctilid]  zu  reben,  mein  geiftlidies 
Eeben  einem  reformierten  Ceftrer,  flerrn  Profeffor 
Krafft  in  erlangen,  eben  berfelbe,  bem  idi 
annodi  in  berzlidier  Hebe  anhänge,  ftat,  oline 
es  zu  tpiffen,  meine  Hebe  zur  lutl]erifcl]en  Kirdie 


16     rorororcarararora 

grol^gezogen,  ba  ich  fic  oon  Kinbesbeinen  an  in 
mir  trug.» 

ein  Semefter  ber  Stubienzeit  (Sommer  1S2X) 
ocriebte  fölic  in  Berlin,  mit  einem  Freunbe  cnar 
er  über  Bayreutb,  Qof,  burdi  bie  reußifdien  £anbe 
-  in  Cbersborf  ipurben  bie  Brubercpolinungen,  ber 
Betfaal  unb  öottesacker  ber  bortigen  Brübergemeinbe 
befiditigt  —  roeiter  über  6era,  feipzig  —  liier  ipurbe 
oor  allem  ber  Jotianniskirdiliof  unb  öellert's  örab 
aufgefudit  —  Bitter felb,  Treuenbriezen  unb  Potsbam 
nadi  Berlin  in  12  Tagen  geroanbert  In  Brief auf= 
fcliriften  bezeichnete  föbe  cpobl  Berlin  als  «Patmos» 
unb  in  feinem  Tagebud]  bekannte  er:  «l^err,  um 
üid]  unb  Dein  lieil  zu  finben,  bin  idi  aus  meines 
Paters  (jaufe,  aus  meiner  freunbfdiaft  unb  aus 
meinem  üaterlanbe  gezogen.»  ein  Jabr  roar  für 
ben  flufentbalt  in  Berlin  in  flusfidit  genommen, 
aber  er  roar  frob,  als  er  bereits  nacb  einem  balben 
Jabre  —  bem  TDunfdie  ber  ITlutter  folgenb  —  cDieber 
in  feine  liebe  (jeimat  zurückkehrte.  In  Berlin  zogen 
ibn  bie  bamaligen  bebeutenben  Prebiger  ber  Re= 
fibenzftabt,  Sdileiermadjer  inbegriffen,  an  unb  oon 
befonberem  IDert  rourben  ibm  bie  Prebigtübungen 
in  einem  bomiletifdien  Seminar.  Die  übrige  3eit 
lag  er  in  Erlangen  ben  tbeologifdien  Stubien  ob, 
CDO  befonbers  ber  oben  eripäbnte  Profeffor  Krafft 
einfluß  auf  ibn  geroann.  Dazroifdien  oerfudite 
er  fidi  bereits  im  Prebigen.  Seine  erfte  Pre= 
bigt  \}k\t  er  am  Sonntag  nadi  IDeihnacliten  1X28 


1 7     rarorararararara 

über  !]ebräer  13,X  in  Poppenreutl],  unroeit  förtli 
gelegen.  Tim  7.  Juni  1830  wnv  Die  Unioerfitätszeit 
abgefdiioffen.  Dom  17.  bis  24.  Oktober  Des  gleichen 
labres  unterzog  fidi  IDillielni  Cöbe  in  ber  mittel^ 
fränkifdien  Kreisbauptftabt  flnsbadi  ber  tbeologifdien 
flufnabrnsprufung  unb  beftanb  biefelbe  mit 
beftem  Erfolg.  Für  bie  Cxamensprebigt  tpar  ibm  ber 
Text  1.  Job.  1,8  aufgegeben.  Diefe  Prebigt  blieb 
nidit  ganz  untDiberfprodien,  man  fanb  fie  zu  berrn= 
butifdi  unb  myftifdi.  Profeffor  K.  o.  Raumer,  Cöbe's 
oäterlidier  freunb,  tpunfdite  bk  Prebigt  zu  lefen 
unb  ipar  oon  beren  Inbalt  bocbft  erbaut.  Freubig 
betpegt  kebrte  IDilbelm  Cöbe  oon  Tlnsbadi  nadi 
l]aufe  zurück.  Das  3iel  tuar  erreicht.  Aber  nodi 
kam  eine  ftille  TDartezeit,  bis  er  tpirklidi  als  Pfarrer 
bes  (jirtenamtes  roalten  folltc. 


cg!& 


eiOiner,  lötje. 


IL 


Eölje's  IDirken 


1.  Die  crften  Ial)re  im  geiftlidjcn  Amt 

ie  nnftellungsoerbältniffc  toarcn  bamals  in 
Bayern  nicht  befonbers  gunftig.  So  kam  es, 
baß  ber  eben  geprüfte  Prebigtamtskanbibat 
nod]  nidit  fofort  üerroenbung  fanb.  Das  bebruckte 
niemanb  mehr  als  föhe  jelbft,  toeldier  fo  brannte, 
feinem  lierrn  im  geiftUdien  Amt  zu  bienen.  «Das 
ift  mein  gröj^tes  Kreuz,  baß  id)  ftumm  fein  muß  unb 
licentiam  concionandi  (Crlaubnis  zu  prebigen),  für 
bk  idi  examiniert  bin,  nirgenbs  üben  kann.  IDenn 
bie  ölocken  zufammenfdilagen,  roeint  mir  bas  fjerz, 
baß  id]  nicht  prebigen  folL  So  trifft  bie  öärtners« 
hanb  bes  hinnmlifchen  Paters  jebe  Pflanze  auf 
erben,  roo  fie  es  am  a7Cnigften  meint,  nötig  zu 
haben,  wo  es  am  fchmerzlichften  ift»»  Trotjbem 
blieb  Eöhe  nicht  müßig,  er  oeroollftanbigte  fein 
theologifches   IDiffen.     Im   eigenen    Familienkreis 


unb  unter  Freunben  legte  er  öottes  IDort  aus  ober 
fudite  an  Kranken^  unb  Sterbebetten  zu  matinen 
unb  zu  tröften.  Pon  ber  öemeinfdiaft  mit  Kranken 
äußerte  er  fdion  in  jener  3eit:  «Id]  babe  melir  öeiftes»^ 
gemeinfci]aft  mit  ben  Kranken,  an  beren  Bett  idi 
ftelie,  als  mit  meinen  lieben  gefunben  Freunben, 
roir  finb  zu  luftig  miteinanber.  mit  ben  Kranken 
iperbe  ich  innerlicher,*»  Um  Kranke  zur  letzten 
Kommunion  oorzubereiten,  ftellte  er  aus  Bugen= 
hagen  unb  Cutber  einen  Traktat  zufammen  unb  gab 
benfelben  in  Druck.  IDöclientlidi  zp7eimal  hielt  er 
Kränzchen  ab,  bas  eine  lüal  ein  ITIiffions«,  bas 
anbere  lüal  ein  Crbauungskränzchen.  Befonbers 
bas  lüiffionskränzchen,  fchon  im  Jahre  1827  oon 
ihm  gegrunbet,  nahm  aus  kleinen  Anfängen  einen 
gefegneten  Fortgang.  Uls  bie  Büchfe  zum  erften= 
mal  geöffnet  rourbe,  fanb  fleh  1  öulben  30  Kreuzer 
Inhalt.  «Dafür  follte  IDolle  angekauft  unb  Strümpfe 
geftrickt  unb  ber  Crlös  baoon  ber  Bafeler  Uliffions» 
anftalt  zugeroenbet  roerben.«  Daneben  prebigte 
föhe  in  Pertretung  oor  ber  öemeinbe,  fo  in  ber 
Pfarrei  Streitberg,  Unterleinleiter  unb  Tluffeß, 
letztere  beibe  in  nächfter  Tlähe  oon  Streitberg  in 
ber  fränkifchen  Schcpeiz  gelegen. 

Seine  erfte  Perroenbung  follte  er  in  ber 
Paterftabt  felbft  finben  als  PriDatoikar  bei  einem 
älteren  öeiftlichen.  flm  25.  Juli  1X31  rourbe  er  in 
Ansbach  orbiniert.  Diefer  Tag  blieb  oon  ihm  un= 
pergeffen  unb  ipurbe  alljährlich  feierlich  begangen. 

2* 


flm  örbinationstag  fdirieb  er  an  ben  öeiftlidien, 
toeldiern  er  fur's  erfte  als  Pikar  beigegeben  roar, 
einen  Brief.  Diefes  Schreiben  legt  ebenfo  3eugnis 
ab  Don  bem  tiefen  Crnft  bes  örbinanben  tDie  oon 
feiner  ausgeprägt  lutberifdien  Haltung,  fjier  finbet 
fidi  bas  bebeutungsooUe  Urteil:  «Die  Religion  ber 
Sdirift  ift  es  allein,  tüeldie  für  bie  IHenfdien  paßt, 
ibre  inneren,  etoigen  Bebürfniffe  ftillt,  bie  Sunbe 
austilgt,  bas  etoig  IDalire,  öute  unb  Sdiöne  in 
ibnen  zum  Ceben  unb  fortgebenben  öebeiben  unb 
fie  ricbtig  unb  getoiß  zu  ibrem  eroigen  3iele  bringt. 
Unb  biefe  beilige,  für  ben  lüenfcben  allein  unb 
ganz  paffenbe  Religion  baben  bie  Reformatoren 
riditig  oerftanben  unb  famt  ibren  Sdiülern  in  ben 
fymbolifdien  Bucbern  nicbt  in  bunkeln,  fcbtoebenben, 
myftifcben  Husbrucken,  fonbern  in  klaren,  beutlicben, 
jebem  6ottesmenfcben  oerftänblidien  Begriffen 
niebergelegt.»>  Die  Orbinationsfeier,  bei  ireldier 
außer  einem  freunbe  audi  bie  ITIutter  unb  zcpei 
öefcbcDifter  zugegen  iparen,  machte  auf  Eöbe's 
gläubiges  öemüt  einen  nacbbaltenben  Cinbruck. 
Cr  bekannte:  «Idi  fpüre  eine  Befeftigung  meines 
Glaubens  feit  meiner  örbination.»»  In  bem  Eebens= 
lauf,  roeldien  er  bem  Brauche  gemäß  eigenbänbig 
in  bas  örbinanbenbucb  eintrug,  ließ  er  beutlldi 
feine  ölaubensftellung  zu  Tage  treten,  ipenn  er  u.  a. 
fdirieb:  «Die  flugsburgifcbe  Konfeffion,  toenn  mir 
firmen  biefe  IDorte  erlaubt  finb,  ift  aucb  meine 
Konfeffion,  bie  übrigen  mit  ber  Hüguftana  über= 


einftimmenben  fymbolifdien  Büdier  ber  eoangelifdi» 
lutlicrifdien  Kirche  finb  audi  mir  norma  normata 
(fefte  Riditfdinur).  ITIit  Gottes  fiilfe  roill  idi  bie 
cpalire  Celire  prebigen  unb  nid)t  oerftummen,  bis 
ber  fierr  felbft  midi,  feinen  friebliebenben  Solbaten, 
aus  ber  ftreitenben  Kirdie  in  bie  beilige  Stille  ber 
triumpbierenben  Kirdie  aufnimmt.  Desgleidien  foll 
es  mein  ernftes  Bemüben  fein,  baß  mein  Ceben 
meinem  Glauben  äbnlidi  fei,  bamit  idi  nidit,  ipäb= 
renb  idi  anberen  prebige,  felbft  oerroerflidi  toerbe.» 
Die  Pikariatszeit  in  Furtb  coäbrte  nur  eine 
kurze  3eit.  3ipeiunbeinbalb  Jalire  (21.  Oktober  1831 
bis  26.  Februar  1X34)  roirkte  Cöbe  als  PrioatDikar 
in  bem  am  fu(?e  bes  fiditelgebirges  gelegenen 
niarktfled^en  Kirdienlamit?.  Cs ipar ibm bier  eine 
fdiöne  unb  reidigefegnete  IPirkfamkeit  befdiieben, 
bie  er  felbft  gern  «bie  (jodizeit  feines  febens»» 
nannte,  liier  fanb  er  ein  großes  flrbeitsfelb  oor, 
tueldies  feiaen  reidien  öaben  entfpradi.  Seine 
Prebigten  zogen  bie  immer  zablreidier  roerbenben 
lijörer  gar  febr  an.  In  ber  Sdiule  roirkte  er  mit 
großer  Oebe  unb  Umfidit.  Cs  roar  bies  um  fo  not= 
roenbiger,  als  bamals  bie  Cebrer  in  ben  Sdiulen 
gar  oft  einfadie  Qanbiüerker  toaren,  toeldien  bas 
redite  Perftänbnis  für  Crzieliung  unb  Bilbung  ab= 
ging.  Der  üikar  mußte  barum  erft  Unterridit  im 
Sdireiben  unb  anberen  gemeinnützigen  Kenntniffen 
geben,  tpenn  er  bie  Sdiüler  geiftig  lieben  unb  religiös 
beeinfluffen  tooUte.    Damit  ging  lianb  in  Iianb  eine 


ausgebelinte  Seelforge,  coeldie  fidi  aber  nidit  bloß 
auf  Kranke  unb  Bebruckte  erftreckte,  fonbern  irirk= 
lidi  ben  Seelen  nachging,  oor  allem  aud)  ben  jun= 
gen  Eeuten.  So  fammelte  er  Sonnabenb  flbenbs 
\i\z  Jünglinge  unb  Sonntag  nadimittags  bie  Jung= 
frauen  um  fidi  unb  fudite  biefelben  für  bas  kirdi* 
lidie  f eben  zu  intereffieren,  befonbers  aber  in  ber 
ITadifolge  Jefu  zu  beftärken.  IPeiter  grünbete  er  einen 
Bibeloerein  unb  oerroirkIici]tein  jener  3eitfdiongeipiffe 
örunbgebanken  feiner  fpäteren  paftoralen  TDirk= 
famkeit.  Siditlidi  liob  fid]  bas  geiftlict]e  Eeben  in 
ber  öemeinbe.  Unter  ben  Umtsbrübern  felbft  ge= 
noß  Eölie  tpegen  feiner  emften  Eebensfülirung  unb 
tiefgeipurzelten  Frömmigkeit  mannigfaches  Per= 
trauen.  Trotf  ber  großen  Urbeitslaft  fanb  er  nodi 
muße  zu  fdiriftftellerifdien  Arbeiten.  Heben  mel}= 
reren  nuffät?en  oerfaßte  er  liier  ben  Traktat  «Dina. 
IDiber  bie  Jugenbluft.»  Dem  arbeitsfamen  üikar 
foUte  es  freilidi  nictjt  an  Feinbfdiaft  in  bem  ober= 
fränkifcben  Ularktflecken  feblen,  roeldien  er  barum 
0701)1  fdierzcpeife  «Kirdicnjammeritf«  nannte.  Be= 
fonbers  roar  ibm  ein  Canbrid]ter,  coeldier  roie  oiele 
feiner  3eitgenoffennocl]  bem  Rationalismus(Pernunft= 
glauben)  ergeben  roar,  bort  luenig  geroogen.  Die 
Prebigtroeife  Cöbe's  toar  biefem  unb  feinen  öetreuen 
unbequem  unb  manche  fühlten  fich  perfönlich  be= 
troffen.  Sogar  bie  Sicherheitsbehorbe  hatte  ein 
Rüge  auf  ;ben  jungen  öeiftlichen.  So  melbete  ein 
Brigabier  zu  Fuß  bem  kgl.  Kompagniekommanbo, 


baß  -zu  KJrdienlamit?  lieitnlidie  3ufammenkunfte 
in  melireren  Häufern  ftattfinben.  Desgleidien  köm= 
men  im  Pfarrliaufe  in  ber  IPolinung  bes  lierrn 
Pfarroikars  föbe  ballier  bie  männlidie  Jugenb  im 
Tllter  zu  14-18  Jahren  öfters  in  ber  IDoclie  näcl]t= 
lidier  3eit  zufammen  unb  ilir  Treiben  ift  Beten 
unb  Singen.«  Cin  lanbgeric!]tliclies  Sdireiben  for* 
berte  weitere  Auskunft  über  bie  Perfammlungen,  in 
roeldien  «zum  Beften  ber  lieibenmiffion  einige 
Frauen  unb  Sonntagsfdiulerinnen  fpinnen  unb 
ftricken*»,  infonberlieit  «an  toen  bie  gefertigten  flr= 
beiten  abgeliefert  roorben  finb,  unb  tper  bie  Samm= 
lung  ber  Beiträge  für  hk  Hliffionsanftalt  unb  beren 
weitere  Beförberung  im  Königreiche  beforgt  unb 
leitet?*»  £ölie  ließ  ficll  keinestpegs  einfcbüditern,  fon= 
bern  tuußte  In  beftimmter  IPeife  gegen  alle  fln= 
griffe,  lueldie  bie  bamaligen  kirdilicfien  Perliältniffe 
am  beften  kennzeidinen,  fidi  zu  oerteibigen.  Sein 
alter  Pfarrer,  bk  öemcinbe,  Brüber  unb  Freunbe 
ftanben  \\}m  treulich  zur  Seite,  flllein  feines 
Bleibens  roar  nidit  melin  Die  oorgefet?te  Beliörbe 
ftanb  noch  unter  bem  Einfluß  bes  3eitgeiftes 
unb  oerfügte  bie  fibberufung.  föhe  irar  in  ihren 
Hugen  zu  myftifch  unb  pietiftifch.  Sein  TDeggang 
rief  unter  ber  ihm  ftets  zugetanen  öemeinbe  große 
Teilnahme  h^roor  unb  geftaltete  fich  höchft  ehren= 
Doll.  Im  Jahre  1X37  befuchte  föhe  noch  einmal 
bie  Stätte  feiner  jugenblichen  IDirkfamkeit  unb 
freute  fich  ober  bie  unoeränberte  fiebe  ber  öe= 


mdnbe,   roennglcidi  bie    öel)äffigkcit   ber   Gegner  ( 
felbft  bamals  nodi  nidit  zur  Rufte  gekommen  tuar.  j 
Die  IDirkfamkeit  in  Kirdienlamitj  unb  bie  Angriffe,/ 
bie  Eölie  toegen  berfelben  erfuhr,  finb  jebenfall? 
nidit  nur  ein  intereffanter  nbfdinitt  in  feinem  Eeberi 
fonbern  audi  eine  diarakteriftifdie  Cpifobe  in  t>(irl[\ 
bamaligen  Kampf  zroifdien  bem  alternben  Rationalis= 
mus  unb  bem  neuerroaditen  kirdilidien  ölaubei^s« 
leben,    föfte  felbft  oertrat  mit  jugenblidiem  Feiier 
unb  tiefem  Crnft   feinen  ölaubensftanbpunkt,  be= 
tonte  ebenfofelir  bie  Riditigkeit  ber  feftre  ber  lutlie= 
rifdien  Kirdie,  roie  er  hk  TTotirenbigkeit  einer  per= 
fönlidien  lieilserfaftrung  gebüftrenb  fteroorftobi    In 
einem  Brief  aus  bem  Jalire  1X33  fcftrieb  er:  «ITlan 
fpridit  unb  tiort  eoangelifdie  IPorte  roie  z.  B.  bas 
IDort  «önabe»  ftunberttaufenbmal  mit  gleidigültiger 
Rufte   an;  aber  roas  für  ein  ganz  anberes  IDort 
ift  es  bem,  ber  an  önabe  meinte  oerzipeifeln  zu 
muffen    unb   nun   ftort:   er  fei  begnabigt  —   bie 
önabe  fei  fein  febenl    IDer  ein  eoangeiifcftes  IDort 
aus  Crfaftrung  erkannt  ftat,    ift  reicfter,   als  wer 
ben  3ufammenftang  ber  Ceftre  oom  Reicfte  öottes 
präcfttig  überfcftaut  unb  erzäftlen  kann  -  oftne  £r= 
faftrung.    IDas  nut^t  mir  öottes  Reicft,   roenn   icft 
Jelbft  es,  obgleicft  mir  bargeboten,  bocft  nicftt  faffe.»» 
üacftbem  Cofte  ficft  kurze  3eit  in  Fürtft  aufge= 
ftalten  unb  einige  IDocften  an  ber  ITIartftakircfte  in 
Hurnberg  ben  öeiftlicften  oertreten  ftatte,  rourbe  er 
zum  Pfarroertpefer  an  ber  St.  flgibienkircfte  in 


25      roraror^r^rororo 

Tlurnberg  ernannt.  Um  15.  Juni  1S34  trat  er 
biefe  Stelle  an  unb  roar  bis  16.  fipril  1835  an  biefer 
Kirdie.  Die  3eit  in  Hurnberg  bebeutete  einen 
ölanzpunkt  in  feiner  nmtstätigkeit.  Seine  oiel= 
feitigen  öaben  entfalteten  fidi  in  ibrer  ganzen  Fülle 
unb  kamen  ben  polieren  unb  nieberen  Stäuben  in 
gleicher  IDeife  zu  gute.  Die  bebeutenbften  TTlänner, 
Kektor  Rotl],  Burgermeifter  Hlerkel  unb  anbere 
fcbloffen  fidi  ihm  an  unb  oiele  Beziehungen  rourben 
geknöpft  irelche  in  feine  fpätere  Hmtstätigkeit 
hineinbauerten.  Bei  ben  Anfängen  bes  niiffions= 
tperkes  in  Bayern,  tpelches  alsbalb  oon  bem  Kreis 
Tlürnberger  IlTiffionsfreunbe  ausging,  toar  Cöhe  in 
heroorragenber  IDeife  mitbeteiligt.  Befonbers  ein= 
brucksDoll  toaren  feine  Prebigten,  in  roelchen  er  zu= 
tueilen  cDie  ein  Prophet  bie  Sünbe  ohne  Unfehen  ber 
Perfon  ftrafte.  Einmal  beantragte  fogar  ber  Stabt= 
magiftrat  roegen  einer  Prebigt  Eöhe's  Abberufung. 
Aber  bas  Konfiftorium  Ansbach  toies  bies  Anfinnen 
als  oöllig  kompetenzcoibrig  zurück.  In  Bibel= 
ftunben  fuchte  Cohe  bas  IDort  öottes  feinen  f  reunben 
nahezubringen.  In  jener  3eit  gab  er  bie  «fieben 
Prebigten»>  foroie  bie  «üaterunferprebigten»  heraus, 
fchrieb  ben  oortrefflichen  Traktat:  <*Pom  göttlichen 
IDorte  als  bem  Eichte,  bas  zum  frieben  führt»  fo= 
tüie  ben  anberen:  «Die  Tochter  ber  lierobias»>.  Cr 
nahm  fich  ber  jungen  Ijanbiperker  an,  inbem  er 
fie  zu  biblifcher  Betrachtung  toöchentlich  oereinigte 
unb  zur  Rechnungsablegung  über  bie  oon  ihnen 


oerbreiteten  religiöfen  Sdiriftcn  aufforberte.  Pro« 
feffor  V.  Sdieurl,  ein  bebeutenber  Reditsgelebrter, 
äußerte  fid]  u.  a.  über  lobe:  «Das  jugenblidie 
niter,  in  bem  er  ffanb,  madite  fidi  nur  in  [ber 
frifdie,  ber  febbaftigkeit  unb  Ceiditigkeit  roomit 
er  jebe  Berufsaufgabe  beiPältigte,  unb  in  ber  Be= 
fdieibenbeit  bemerkbar,  [ipomit  er  filteren  unb 
f}öberftebenben  gegenübertrat:  Die  Reife,  bie  Sid^^ 
beit  Rübe  unb  ;Befonnenbeit,  ber  Crnft  unb  bie 
TDurbe  feines  ganzen  TDefens  unb  Auftretens  ließ 
ibn  toie  einen  geftanbenen  Tilann  erfdieinen,  Obne 
baß  ibm  feine  gefällige  UFormen  ober  befonbere 
öetpanbtbeit  bes  Umgangs  Jeigen  geirefen  tpären, 
ipar  bodi  bie  eble  3artbeit  unb  Sdiicklidikeit  feines 
Benebmens,  feine  audi  im  öefprädi  beroortretenbe 
Rebnergabe,  feine  öemütstiefe,  bie  fidi  roobl  aud} 
mit  treffliebem  (]umor  oerbunben  zeigen  konnte, 
gecDinnenb  unb  anziebenb  genug.  Aber  toas  alles 
anbere  überragte  unb  beberrfdite,  unb  toorin  bas 
eigentlidie  öebeimnis  feiner  fo  mächtigen  unb  aus« 
gebreiteten  IDirkfamkeit  fcbon  in  jener  früben 
3eit  lag,  bas  ipar  fein  beftänbiges  Ceben  in  öott, 
feine  üerfenkung  in  bie  Ctoigkeit,  bie  Feftigkeit  unb 
Stärke  feines  cbriftlicben  Glaubens,  burd]  ben  er 
bereits  bamals  zu  bem  oollen  Frieben  ber  Redit« 
fertigung  burdigebrungen  wnr,  unb  in  bem  er  auf 
bem  TDege  ber  Heiligung  geroiffen  Trittes  obne 
Wanken  unb  Sditoanken  einberfcftritt.« 

Die  Uerroefungszeit  in  ITürnberg  mar  zu  Cnbe. 


3unäcl]ft  leifteteCöbebem  erkrankten  Pfarrer  in  bem 
Orte  Bebringersborf,  ungefähr  ztuei  Stunben 
Don  Tlurnberg  entfernt  ^\2  oerfprodiene  flusliilfe. 
Cr  konnte  in  ber  Stabt  irolinen  bleiben,  coas  ilim 
l)öd]ft  roillkommen  ipar.  Damals  konfirmierte  er 
in  ber  örtskirdie  oon  Beliringersborf  am  Pfingft= 
montag  lielene  Tlnbreä,  obne  zu  alinen,  baß  tk^ 
felbe  fpäter  feine  Cebensgefälirtin  irerben  follte. 
Die  Schülerin  ftammte  aus  Frankfurt  unb  ipohnte 
mit  ihrer  Tüutter  längere  3eit  in  Tlurnberg  bei 
Ueripanbten  in  bem  l]aufe,  in  toeldiem  fid]  bamals 
feine  IDobnung  befanb.  Inzipifdien  ipar  auch  bie 
Vertretung  in  Behringersborf  erlebigt  unb  föhe 
fchickte  fich  —  ber  allgemeinen  Sitte  gemäß  —  zu 
ber  fogenannten  Tinftellungsprüfung  an, 
toelche  oom  2,  bis  zum  E.  nuguft  1&35  in  Ansbach 
ftattfanb.  Die  ITlußezeit  nach  bem  cDohl  beftanbenen 
Cxamen  oeriranbte  er  zu  fchriftftellerifchen  Arbeiten. 
Pom  5.  bis  20.  September  oertoefte  er  bie  zcoeite 
Pfarrftelle  in  f  auf  bei  Hürnberg;  hierauf  übernahm 
er  weitere Pertoefungen  unb  zroar  oom  22,  September 
1835  an  in  ber  ehemaligen  nurnbergifchen  Uni= 
oerfitätsftabtTlltbörf,  oom  22.  fipril  bis  19.  ökto= 
ber  1X36  in  Bertholbsborf  im  Tlurachtal,  un= 
roeit  oon  TIeuenbettelsau,  unb  oom  1.  Tlooember 
1X36  bis  27.  Tllärz  1837  in  Tllerkenbörf,  einem 
oon  Bertholbsborf  etroa  brei  Stunben  entfernten 
Stäbtchen,  beffen  Pfarrfprengel  ebenfalls  zum  Kapitel 
TDinbsbach  gehörte. 


Das  IDanberleben  eines  bayerifdien  Pfarroer= 
ipefers  Iiatte  föl)e  auf  biefe  Weife  zur  Genüge 
kennen  gelernt;  man  konnte  es  ibm  nidit  oerbenken, 
ipenn  er  nadi  einer  PfarrfteUe  fidi  felinte.  «Tlicbt 
tpaljr,  idi  bringe  es  l}od],»  fcbrieb  er  an  einen 
Freunb  beim  Aufzug  nad]  Hlerkenborf,  «idi  wnn- 
bere  auf  meine  ztoölfte  Stelle,  roill  felien,  ob  es 
mit  einem  Dut^enb  genug  ift  ob  idi  Don  Tüerken^ 
borf  einen  Ort  finbe,  wo  id)  bleiben,  anbaltenb 
unb  nad)brud^lidi  unter  öottes  Segen  lebren  kann,*> 
Die  Kürze  ber  jeipeiligen  Tlufentlialtsbauer  bradite 
es  naturgemäß  mit  fidi,  baß  Eöbe  mit  feiner  Arbeit 
nidit  fo  tief  in  bas  öemeinbeleben  einbringen 
konnte.  Dodi  überall  erroarb  er  fidi  bie  Rditung 
unb  Hebe  ber  öemeinbe.  In  flltborf  burfte  er 
einigen  Jünglingen,  bie  im  bortigen  Seminar  für 
ben  £el]rerberuf  oorgebilbet  ipurben,  ber  Führer 
zum  Jf^ilanb  cperben.  einer  berfelben  bekannte, 
baß  etlidien  unter  ibnen  föbe  ein  geiftlidier 
Dater  ipurbe,  «Bei  jebem  Befudi,»  beißt  es  in 
einem  Briefe,  «trat  uns  fein  tiefer  Crnft  tüie  fein 
freunblid]  oäterlidies  Entgegenkommen  an  bk 
Seele;  es  toaren  Stunben  gefegneter  öemeinfdiaft, 
ein  förbernber  Hufentbalt  für  Erkenntnis  unb  ölau= 
ben  obne  pietiftifdies  Drängen.»*  In  biefen  lDanber= 
jabren  bielt  er  ben  Derkebr  mit  feinen  nürnberger 
Freunben  aufredit,  oon  benen  ibn  gar  Diele  an 
feinem  jecoeiligen  IDirkungsort  befudjten.  Da  föbe 
als  Dertpefer  einen  felbftänbigen  Qausbalt  führen 


29      raroraror^DTor^ro 

mußte,  befdiloß  er,  ficil  zuerft  ohne  cpeiblidie  Be= 
Dienung  zu  bebelfen,  inbem  er  einige  Knaben  oon 
Kirdienlamit?  zur  Beforgung  bes  l^auslialtes  an= 
[teilte.  Cr  getPälirte  biefen  Knaben  als  Entgelt 
Unterbau  unb  bereitete  fie  für  bas  Seminar  in 
nitborf  oor.  Dod)  fab  er  balb  ein,  baß  es  fo  nicht 
ging,  unb  nabm  eine  alte  ITIagb  in  Dienft,  roar 
aber  fcbließlid]  frob,  als  feine  lüutter  in  Bertbölbs= 
borf  unb  Hlerkenborf  bie  Fubrung  bes  l^ausbaltes 
ubernabm.  fin  fcbriftftellerifdien  Arbeiten  ent= 
ftanben  in  biefer  3eit:  «Einfältiger  Beid]tunterridit 
für  Cbriften  eoangelircb=lutbenTd]en  Bekenntniffes*» 
unb  bas  «♦Beidit=  unb  Communionbüd]lein  für 
eoangelifcbe  Cbriften»,  bekannter  unter  bem  Hamen 
«Prufungstafel». 

Scbon  in  ben  erften  Jabren  feiner  flmtstätig= 
kcit  bekunbete  f  öbe  eine  b^roorragenbe  Ceiftungs= 
fäbigkeit  unb  eine  erftaunlidie  Sdiaffensfreubigkeit. 
Körperlidie  öebredien  uberroanb  er  mit  größter 
3äbigkeit.  Cr  litt  öfters  an  oorübergebenben  öbn= 
maditen  unb  an  b^ftigen  3abnfcbmerzen.  öegen 
Cnbe  feines  Kircbenlamit?er  Tlufentbaltes  mußte  er 
fidi  einer  fcbmerzlicben  unb  nid]t  ungefäbrlidien 
Operation  am  Oberkiefer  ber  linken  lüange  unter== 
zieben.  Seine  Cebensireife  tpar  einfach  unb  mäßig, 
öeiftigen  Getränken  roar  er  abbolb.  In  ber  Tagesein= 
teilung  liebte  erOrbnungunbRegelmäßigkeit.  In  feinem 
ganzen  Huftreten  trat  eine  diarakteroolle  öefinnung  zu 
Tage,  roelcbe  im  CDangelium  oon  Cbrifto  wurzelte. 


30 


Tim  beften  kennzeichnen  biefen  nbfdinitt  Eölje's 
eigene  IDorte  aus  bem  Cebenslauf,  cpeldier  oor= 
fdiriftsmäßig  bei  ber  Tllelbung  zum  ztoeiten  Examen 
einzureichen  tpar.  fiier  beißt  es:  «Idi  babe  eelegen= 
beit  gebabt  in  allerlei  Praxis  bes  Amtes  in  meinen 
oerfcbiebenen  Unftellungen,  burcb  ben  Umgang  mit 
erfahrenen  öeiftlicben  unbburdi  von  öott  gefcbenktes 
3utrauen  oieler  Tnenfcben  mandie  Crfabrung  zu 
fammeln,  bie  mir  bas  geiftlidie  Tlmt  in  feiner 
IDurbe  ipie  aucb  in  feiner  Burbe  beutlidi  zeigt, 
leb  babe  mein  Ceben  unb  bie  roenige  Kraft  bem 
praktifcben  fimt  gecDibmet,  tuie  gefcbrieben  ift: 
«eins  bitte  icb  oom  Ijerrn,  bas  bätte  icb  gerne,  baß 
ich  bleiben  möge  im  Haufe  bes  l^errn  mein  Eeben 
lang,  zu  fcbauen  b\2  fcbönen  öottesbienfte  bes  fjerrn 
unb  feinen  Tempel  zu  befucben.«    (Pfalm  27,  4.) 


roc^i 


2.  Der  Pfarrer  von  Tleuenbettetsau. 

nis  Peripefer  oon  Bertbolbsborf  toar  Cölic  zum 
erftenmal  nadi  Tleuenbettelsau  gekommen.  Als  er 
bes  Ortes  anfid]tig  tpurbe,  meinte  er:  «Tlidit  tot 
mödit'  idi  in  bem  Tiefte  fein-.  Damals  fdion  er= 
fcftienen  lüänner  ber  öemeinbe  bei  \\}m  mit  bem 
Porfdilag,  beim  etiraigen  Abgang  ilires  Pfarrers  an 
beffen  Stelle  zu  treten.  Der  üercDefer  gab  bie 
flntroort:  «IDenn  Idi  zur  3eit  ba  €ure  Pfarrei 
oakant  toirb,  nodi  keine  anbre  Stelle  habe,  fo  roill 
id)  midi  um  bie  Stelle  bewerben».  Diefer  fall  trat 
roirklidi  ein.  Cr  melbete  fidi  beim  Kirdienpatron, 
bem  f  reilierrn  oon  Cyb  unb  toar  nidit  roenig  über= 
rafdit  als  il]m  eine  3ufage  gegeben  roarb.  Um 
1.  Ruguft  1X37  ubernal)m  Eöbe  bie  Pfarrei  TIeu  en  = 
bettelsau  unb  am  Sonntag  barauf,  ben  6.  fluguft 
l}ielt  er  feine  flntrittsprebigt  über  £uc.  11,  28: 
«Selig  finb,  bk  öottes  IDort  boren  unb  beipabren.» 

fim  25.  Juli  zuDor,  feinem  örbinationstage, 
roar  ber  junge  Pfarrer  in  ber  Katbarinenkirdie  zu 
Frankfurt  am  Hlain  feiner  einftigen  Konfirman= 
bin  Qelene  flnbreä=l]ebenftreit  angetraut  toorben, 
um  beren  Hanb  er  im  flpril  besfelben  Jabres  an= 
gebalten  batte.  eiud^lid]  zogen  bie  beiben  Pfarr= 
leute  In  Tleuenbettelsau  ein,  um  fortan  in  berzinniger 
riebe  ibrer  6emeinbe  ein  leuditenbes  Dorbilb  zu 


32      rorarcararararorca 

geben.  Cölie  felbft  alinte  bamals  wd\)\  nidit  Im 
entfernteften,  baß  er  in  Tleuenbettelsau  bie  ganze 
3eit  feines  weiteren  febens  zubringen  ipürbe,  ja 
baß  gerabe  burdi  il]n  biefes  «Tieft»,  toie  er  fidi  einft 
ausgebruckt,  zu  einer  Stabt  iperben  füllte,  oon 
toeldier  bie  fegnenben  Strahlen  barmherziger  Hebe 
auf  zroei  IDeltteile  ausgegangen  finb.  <*TIeuen= 
bettelsau  felbft*>,  fdirieb  er,  «bat  keine  befonbere 
Oeblidikeit  für  midi»  Der  Ijerr  bat  midi  bi^rber 
berufen,  bas  madit  mir  bie  öemeinbe  lieblidi.«  Tln 
biefem  einfamen,  abgefdiiebenen  Ort  follte  er  feine 
fd]öpferifd]en  Kräfte  In  ftaunenstoerter  TDelfe  zur 
Entfaltung  bringen.  Piermal  badite  Eöbe  fpäter 
baran,  bas  ftllle  Dorf  zu  oertaufdien  mit  bem  lauten 
Stabtgetriebe,  er  melbete  fidi  um  Pfarrftellen  In 
flugsburg,  nitftabt=Crlangen,  Fürtb  unb  Tlürnberg, 
aber  oergeblid].  Dom  Jabre  184X  ab  fcblug  er  fidi 
jebes  Fortgeben  aus  bem  Sinn,  öbtoobl  er  einige 
ber  b^rrlidiften  öegenben  ber  Crbe  gefeben  batte, 
fanb  er  Tleuenbettelsau  bod)  fdiön  unb  ipußte  in 
bas  bortige  Ceben  einen  reidien  Kranz  gefd]iditlidier 
Erinnerungen,  an  roeldien  es  ber  ganzen  öegenb 
nidit  feblt,  zu  oerroeben.  Im  Diakoniffenkalenber 
für  1X64  fdirieb  er  oon  feinem  Dettelsau:  «Ein 
roeiter  Blid^,  ein  großer  liorizont,  ein  ftrablenbei- 
flimmel,  eine  Flur  doII  feierlldier  Stille,  ipie  roenn 
fidi  ba  ein  immera7äbrenber  Sabbatb  bes  fierrn 
gelagert  bätte.  Tönt  bann  etroa  oom  Kirditurm 
bie  Betglod^e  In  bie  tiefe  Stille,  fo  kann  es  oöllig 


SabbatI}  unb  bas  fierz  zum  f  rieben  unb  zur  f  reube 

geftimmt  roerben Cs  fd)läft  rings  umlier 

in  biefer  Stille  eine  eble  Pergangenlieit.  SieJift  bu 
beim  Blick  nadi  Süben  ben  fpil^igen  Kirditurm? 
Dort  ift  Stabt  Cfdienbad],  oon  ipelclier  IDolfram 
Don  Cfdienbad],  ber  Diditer  bes  Parcioal,  feinen 
Hamen  l}at  .  .  .  .  Süboftlidi  oon  Dettelsau  finbeft 
bu,  etroa  nodi  einmal  foroeit  als  Cfctjenbadi,  Tlben= 
berg.  Dort  ragt  auf  boliem  Fels  nodi  jetft  eine 
große  mäditige  Burgruine,  eine  Stammburg  ber 
königlidien  liöbenzollern,  eine  Ijaufung  ber  berülim= 
ten  örafen  oon  Abenberg.  Habe  ber  bodigelegenen 
Burg,  auf  einem  liügel  im  Tal  ftebt  ein  Kirci]lein 
unb  in  bemfelbigen  unoerfelirt  bas  0rab  einer 
gräflichen  Toditer  oon  nbenberg,  ber  oon  Päpften 
feiig  gefprodienen  Stilla  ....  Idi  konnte  nodi 
ireiter  oerfudien,  bie  ftille  öegenb  burdi  Uertoeifung 
auf  hk  Tläbe  bodiberübmter  öräberzu  oerberrlidien. 
Das  ehemalige  Ciftercienzerklofter  Heilsbronn, 
triefenb  oom  Hnbenken  bes  großen  Bifdiofs  Otto 
oon  Bamberg,  bie  örabftätte  ber  Hobenzollern  unb 
ber  Hlarkgrafen  oon  Hnsbadi,  burdi  ben  Hbt 
Sdiopper  ber  Ausgangspunkt  ber  mittelfränkifdien 
Reformation,  könnte  meinen  3toecken  bleuen. 
THein  ferner  fdiroeifenber  Blick  fänbe  bie  öegenb 
oon  Ijelbenbeim  unb  bas  Hnbenken  IDunibalbs  unb 
feiner  Schtoefter,  ber  großen  Diakoniffin  lDalpur= 
gis  — ,  bie  öegenb  oon  gerrieben  unb  bas  öebäcl]t= 
nis  St.  Deokars.    Ja,  ich  könnte,  obtoohl  mein  Blick 

eid)ner,  Cöbe.  3 


nadi  IDcften  bin  burd]  Den  IDalb  befdiränkt  ift 
bennod]  mit  meinem  öeifte  zum  Stifte  bes  beil. 
öumbert  in  finsbacb  roanbern  unb  Don  ber  TDirk= 
famkeit  feiner  Perfon  unb  Stiftung  bis  berab  nach 
Dettelsau  reben,  ba  aucb  bie  biefige  Hikolaikirdie 
im  Bereid)  feiner  Stiftungen  liegt.»»  Heuenbettelsau, 
bamals  fd]on  ein  ganz  anfebniidies  Dorf,  liegt 
bekanntlid]  auf  einer  einfamen  fiodiebene,  zcpifdien 
ben  Tälern  ber  fränkifdien  Rezat  unb  fluradi,  un= 
ipeit  ber  fränkifdien  Kreisbauptftabt  flnsbadi  in 
norböftlidier  f]immelsriditung.  Die  Pfarrkirdie  ift 
bem  b^il.  Tlikolaus  oon  ITIyra  (flpoftelg.  11,  5)  als 
Patron  geireibt.  Sd]erzbaft  meinte  föbe  zua7eilen, 
ber  beil.  Tlikolaus  irerbe  roobl  jet?t  erft  nadibem 
eine  ganze  Kolonie  oon  Unftalten  ber  Barmberzig= 
keit  bier  erblübt  fei,  iriffen,  toarum  er  zum  Patron 
ber  Dettelsauer  Pfarrkirdie  eriräblt  roorben  fei. 
Hikolaus  gilt  bekanntlidi  im  finbenken  ber  Kirdie 
als  IDobltäter  ber  nrmen  unb  Befdiütjer  ber  Kinber. 
nis  ba^rum  im  Jabre  1X62  bas  ITeuenbettelsauer 
Rettungsbaus  feiner  Beftimmung  übergeben  toerben 
follte,  nabm  £öbe  bie  Cinireibung  am  6.  Dezember, 
bem  öebäditnistag  bes  beil.  Tlikolaus,  oor. 

flls  Cöbe  im  Jabre  1X37  bas  Hirtenamt  in 
TTeuenbettelsau  übernommen  batte,  fanb  er  in  ber 
öemeinbe  reges  geiftlidies  Eeben  por,  roeldies  ber 
eben  abziebenbe  Pertoefer  zu  toed^en  gewußt  batte. 
TTIit  aller  Kraft  arbeitete  ber  nunmebrige  Orts« 
Pfarrer  in  ber  oon  ibm  erprobten  IDeife  a7eiter. 


nidit  nur  in  Den  geroolinten  gottcsbienftlidien  Per= 
anftaltungen  fudite  berfelbe  ber  öemeinbe  nal]ezu= 
kommen,  fonbern  toar  audi  bereit  burd]  befonbere 
€rbauungsftunben  in  ber  Kirdie  ober  im  Pfarrhaus 
bie  geiftlidi  öecDeckten  zu  ftärlijen  unb  zu  oertiefen. 
€s  ipar  fölie  eine  £eicl]tigkeit  biefe  freiipillig  über= 
nommene  flrbeitslaft  zu  tragen  roie  bie  pflicl]t= 
mäßige  Aufgabe  in  größter  öeroiffenliaftigkeit  zu 
erlebigen.  Dazu  roar  er  oon  öott  mit  feltener 
Kebegabe  unb  berounberungstuurbiger  Arbeitskraft 
begnabet.  Cr  leiftete  gerabezu  Crftaunlidies  fdion 
auf  bem  begrenzteren  öebiete  eines  örtsgeiftlidien. 
Die  Preb igten,  roeldie  aus  ber  Tiefe  perfönlicli= 
fter  ölaubensüberzeugung  tieroorquolien,  oerrieten 
proplietifdie  Kraft.  Sid]  ftreng  auf  bas  Bibeliport 
aufbauend  babei  aber  alle  Eebensoorgänge  unb 
3eitereigniffe  oerroebenb  iparen  bie  Prebigtzeug« 
niffe  oon  überipältigenber  IDirkung.  Cble  Sprache 
unb  ausbrucksDoller  Portrag  gaben  benfelben  faft 
biditerifdien  Sdiipung.  Sie  floffen  tuobl  baliin  in 
leiditer  oolkstümlidier  form;  bann  aber  hoben  fie 
ben  fjörer  hinauf  zur  Betrachtung  göttlicher  Dinge, 
nieifterhaft  ipurben  Bilber  unb  öleichniffe  oer» 
ipoben,  packenb  ITIahnungen  unb  Belehrungen 
angebracht.  So  fagte  Cohe  einmal  in  einer  IDochen- 
prebigt  über  ben  Spruch:  «Opfere  öott  Dank  unb 
bezahle  bem  liöchften  beine  öelubbe  u.  f.  cd.»»  — 
nachbem  er  bargetan,  n7elch'  materielle  Opfer  ber 
Ifraelite  brachte  mit  feinen  Tier=  unb  Räucheropfern 


—  fidi  plöt^lidi  an  bie  !]örer  toenbenb:  «Unb  Du, 

—  roas  opferft  benn  Du?  Du  gibft  Deinem  öott 
gar  nidits?  Du  fpeifeft  iftn  mit  IDorten  ab,  unb 
bas  liältft  Du  nadi  Art  mandier  Proteftanten  für  eine 
Anbetung   im  öeift  unb  in  ber  IDalirlieit.    Ober  ja 

—  Du  gibft  oielleidit  wenn  Du  gerührt  roirft  einen 
Pfennig,  unb  toenn  Du  im  Uberfdiipang  ber  T!n= 
bac!]t  bift  legft  Du  einen  3ipeier  ein,  unb  toenn  Du 
einmal  in  ber  Hot  bift,  bann  gelobft  Du  ein  paar 
Kerzen  unb  bringft  bann  ein  paar  Dinger  balier, 
fo  bünn,  tpie  RegencDürmer  u.  f,  ip.»>  Urn  ben 
niüttern  ben  Befudi  bes  öottesbienftes  zu  ermög= 
lidien,  richtete  er  im  Anfang  eine  Kleinkinberfdiule 
ein.  3u  bem  3cDeck  ftellte  er  ztpei  Bauernmäbdien 
an,  ipeldie  in  ber  unteren  Stube  bes  Pfarrliaufes  bie 
Kinber  berjenigen  IHütter  beauffiditigten,  ipelctie  in 
ber  Kirdie  roaren.  Bilbete  bie  Prebigt  ben  n!ittel= 
punkt  bes  öottesbienftes,  —  baß  fölie  an  einem 
Sonntag  brei  bis  oiermal  in  gleicher  Frifche 
prebigte,  betuies  feine  gro(?e  Eeiftungsfähigi^eit  - 
fo  toar  es  ihm  auch  um  bie  rechte  unb  roürbige 
liturgifche  flusgeftaltung  nicht  toeniger 
zu  tun.  Die  öemeinbe  follte  nicht  nur  hören, 
fonbern  auch  mittätig  fein.  Hier  tüurbe  Cöhe  bahn== 
brechenb  unb  es  roar  ihm  eine  fichtliche  Freube, 
ba|^  ber  liturgifche  öefchmack  in  ber  Dorfgemeinbe 
ipuchs.  <*Sie  haben  ein  liturgifches  Uolk»>,  fagte  ein 
Frember,  welcher  fich  auf  biefem  öebiete  ausbannte 
unb  einem  Hauptgottesbienft  in  ber  Dorfkirche  an= 


roolinte.  Darum  rubmte  fpäter  Profeffor  oon  3ezrd]= 
tpit?:  «fölie  roar  eine  pricftcrlid]e  Seele.  Cr 
konnte  auf  ber  Kanzel  unb  am  flltar  nidit  cDalten, 
obne  baß  fein  öbem  ausftrömte  wk  eine  Flamme. 
Das  tDar  keine  Hlanier,  keine  angenommene  Art 
bei  ibm,  es  roar  bie  flamme  ber  Seele,  bie  fidi 
öott  opferte  im  Hmte.»  Unb  Rektor  Friebridi 
UTeyer,  ber  Tladifolger  Colie's  in  ber  feitung  bes 
Diakoniffenmutterliaufes,  gab  älinlidien  öebanken 
flusbruck  in  ben  IDorten:  «Der  Tlltar  mit  feiner 
heiligen  Feier  unb  feinem  öebetsopfer  roar  bie 
Quelle,  iporaus  alle  Kraft  floß  für  bes  Seligen  Tun 
unb  IDerk.  Daß  er  ein  fo  gefalbter  Prebiger  roar, 
bas  bankt  er  feiner  inneren  Stellung  zum  Tlltar 
unb  feinem  Sakrament,  Seine  feelforgerlidie  IDeis= 
lieit,  feine  Kraft  als  l]irte,  feine  Gabe  zu  organi= 
fieren,  feine  Scl]önl}eit  in  ber  Form,  wo  kam  bas 
alles  anbers  lier,  als  oon  feiner  inneren  Stellung 
zum  (jeiligtum?  Cr  ruar  lieimifdi  im  Ijeiligtum.»» 
Bilbete  im  gottesbienftlidien  feben  bie  Feier  bes 
lieiligen  Hbenbmalils  ben  Höliepunkt,  fo  erroudis 
einem  tieffrommen  Ulann  roie  fölie  baraus  eine 
neue  unb  fdiipierige  Aufgabe,  nämlidi  hk  red]te 
!]anbliabung  ber  Beidite.  So  felir  Colie  immer 
ber  allgemeinen  Beidite  unb  llbfolution  bas  lOort 
rebete,  fo  einbringlidi  feine  fogenannten  Beiditreben 
tuaren,  es  fdlien  ilim  bk  Betonung  ber  PriDat= 
beidite  unb  bie  öelegenlieit  zu  berfelben  eine  TIot= 
roenbigkeit,  burd]  roeldie  ber  Segen  ber  Sakraments« 


feler  für  ben  einzelnen  erl}ölit  toerbe.  Diefe  Pnoat= 
beidite  kam  Inidit  etira  ber  katftolifdien  öliren= 
beidite  gleid},  fonbern  follte  es  bem  einzelnen 
ermöglidien,  in  eigenen  Worten  unb  unter  oier 
Tlugen  bem  Beiditoater  bas  Qerz  auszufdiutten. 
nis  bie  oier  Beftanbteile  jeber  orbentlidien  Beictjte 
bezeidinete  er:  Bekenntnis  ber  Sunben,  Bekenntnis 
bes  eiaubens,  Bitte  um  flbfolution  unb  Perfprediung 
ber  Befferung.  Pon  ber  Prioatbeidite  tpurbe  in  ber 
öemeinbe  balb  reidilidi  öebraucb  gemadit.  Die 
Befdieibenbeit  unb  3urücklialtung,  tpeldie  Cöbe  be= 
obaditete,  foroie  ber  ^eilige  Crnft  unb  bie  oäterlidie 
öute,  ipeldie  er  an  ben  Tag  legte,  eriparben  ibm 
allfeitiges  Pertrauen. 

Dem  gecDiffenbaften  IPirken  innerhalb  bes 
öottesbaufes  ging  zur  Seite  ein  treues  Dienen 
aul^erbalb  ber  gottesbienftlidien  Stätte.  Seine  oolle 
geiftlidie  Fürforge  galt  ben  Kranken  unb  Sterben^ 
ben,  Gebrückten  unb  Bekümmerten,  Ulubfeligen  unb 
Belabenen.  einem  jeben  nadi  feinem  Beburfniffe 
ben  Troft  ber  göttlidien  önabe  zu  fpenben,  barauf 
ipar  auch  l)ier  fein  Bemülien  geriditet.  öern  roeilte 
er  an  Kranken=  unb  Sterbebetten,  es  kam  bamals 
iPöl}l  kaum  oor,  baß  er  im  Falle  ber  erkrankung 
eines  öemeinbegliebes  nicht  gerufen  ipurbe.  Bei 
Tag  unb  TIacht  toar  er  bereit,  zu  kommen.  Der 
IPeg  in  bie  entfernteften  eingepfarrten  orte  wüx 
ihm  nicht  zu  cpeit,  regelmäßig  befuchte  er  bie 
Kranken  unb  wu^\2  ihnen  reidien  geiftlichen  3u= 


fprudi  zu  bieten.  Den  Sterbenben  roar  er  gern 
bis  zum  letften  Atemzug  nahe.  Daß  es  itim  öabei 
oergönnt  roar,  fo  mandien  Sdiiuerkranken  burdi 
bie  Kraft  bes  öebetes  zur  öefunblieit  zu  oerbelfen, 
muß  als  eine  befonbere  diarismatifdie  Begabung 
getuertet  roerben.  Huf  örunb  oon  Jak.  5J4  irar 
fölie  ber  feften  3uü2v\\(i]t,  baß  bem  öebet  ber 
fllteften  an  Krankenbetten  eine  große  Perbeißung 
gegeben  fei.  Die  öemeinbe  bielt  bas  Tlmtsgebet 
in  Cbren  unb  begelirte  es  fleißig.  Den  Tirzt  toies 
er  babei  in  fein  oolles  Recht.  Cin  gern  oon  ibm 
ben  Kranken  gegebener  Kat  lautete:  1.  «Braudie  ben 
flrzt,  er  ift  oom  lierrn,  2.  Sei  gebulbig,  3.  Derföbne 
Didi  mit  allen  TTlenfclien,  4.  Por  allem  laß  Didi 
oerföbnen  mit  6ott.»>  Der  Triumpli  aller  Kranken= 
feelforge  roar  ibm,  bie  Sterbenben  focoeit  zu 
förbern,  baß  fie  fröblidi,  ja  getroft  bem  Tob  ent= 
gegengingen.  «IPer  fröblid]  fterben  kann«  —  fagte 
er  einmal  in  einer  Ceidjenprebigt,  «ber  kann  oiel: 
roer's  lebrt,  ber  lebrt  bas  Befte.  Das  ift  berrlidie 
Probe  gelungener  Flmtsfübrung  eines  Seelforgers, 
roenn  es  beißt:  Bei  bem  ftirbt  man  gern.»  Hls 
Seelforger  befaß  Tobe  befonbere  Begabung,  er 
batte  über  bie  öemüter  eine  feltene  lüacbt;  nodi 
in  jüngeren  Jabren  äußerte  er,  baß  er  oor  biefer 
niadit  bisiueilen  felbft  fidi  fürdite.  Pon  bem  Amt 
bes  Seelforgers  meinte  er  zroar  in  einem  Brief  an 
feine  Sdicciegermutter:  «ö  luie  klein  ift  ein  Seel= 
forger,  toie  gar  nidit  nad)   ben  Ijoffnungen  ber 


IDelt.  V)k  toenig  kann  er  -  unb  bodi  toie  köftüdi 
fein  Amt!«  Cr  coar  fidierlid]  gro|^  in  biefem  Amt 
unb  feine  Tätigkeit  oon  tiefem  Cinflul^. 

IDie  Cölie   ben   eriuachfenen   öliebern  feiner 
öemeinbe   in   Prebigt   unb   Seelforge   ein    rediter 
Seelenliirte  getpefen,  fo  fudite  er  mit  bem  einfetten 
feiner  ganzen  Perfönlidikeit  bem  tierantoadifenben 
öefdiledit  ein  treuer  f  ehr  er  zu  fein.    Cööe  befaß 
eine  große  Hebe  zu  ben  Kinbern  unb  liatte  eine 
oft    betpunberungsipürbige    öebulb    für   fie.     Die 
EieDe  Clirifti  trieb  ilin  aucli  l)ier,  bem  kinblidien 
Perftänbnis  natie  zu  kommen  unb  bas  kinblidie 
f}erz  für  bas  Coangelium  empfänglidi  zu  machen. 
In  ber  Sdiule   unb   in   ber  Cl]riftenlebre  roar  es 
Eölie  barum  zu  tun,  an  ber  lianb  bes  kleinen  ICa= 
tediismus   bie    fernenben   in    ben   reichen   Sdiatf 
diriftlictier  i]eilsipal}rlieiten  einzufubren.    Seine  Ka= 
tediismusarbeiten,  allen  ooran  «(iaus=,  Sdiul=  unb 
Kird]enbuc!i»>   geben   beute   nodi    baoon   3eugnis. 
Eutbers  Katediismus  fanb  in  ibm  einen  begeifterten 
fobrebner.    «Der  kleine  lutberifcbe  Katediismus», 
fdirieb  er,  «kann  burdiaus  mit  betenbem  (lerzen 
gelefen,  gefprodien,   kurz:  gebetet  roerben.    Das 
kann  man  oon  keinem  anberen  Katediismus  fagen. 
Die  beftimmtefte  febre,  coeldie  jeber  Derbrebung 
miberftrebt,   entbält  er  -   unb   bodi  ift  er  nidit 
polemifd):  es  toebt  bie  reinfte  friebensluft  burdi 
ibn  bin.    Die  mannbaftefte,  geojorbenfte  Erkenntnis 
fpridit  fidi  in  ibm  aus  -  unb  bodi  oertragt   er  hk 


feligfte  Befdiaulidikeit  bes  öemüts.  Cr  ift  ein  Be= 
kenntnis  ber  Kirdie  unb  zipar  unter  allen  bas 
bekanntefte,  allgemeinfte,  in  ipeldiem  bie  Kinber 
öottes  am  meiften  mit  bewußtem  Glauben  zu= 
fammentreffen;  aber  bies  allgemeinfte  Bekenntnis 
rebet  bod]  im  lieblidiften  Tone  bes  Id].  Innig, 
herzig,  kinblid]  —  unb  bodi  fo  männlidi,  fo  mutig, 
fo  frei  rebet  bier  ber  einzelne  Bekennen  Dies  Be= 
kenntnis  ift  unter  allen,  tpeldje  bie  Concorbie  pon 
15X0  umfallt,  bas  jugenblidifte,  ber  b^^Ufte,  burd]= 
bringenbfte  Ton  in  bem  liarmonifdien  öeläute  ber= 
felben,  unb  bodi  runb,  fertig,  unmil^oerftänblidi 
ipie  irgenb  eins.  Ulan  könnte  fagen,  es  erfdicine 
in  il]m  bie  feftefte  öbjektioität  in  öeftalt  ber  lieb= 
lidiften  Subjektioität.«  Große  IDiditigkeit  maß  Tölie 
bem  Konfirmanbenunterrid}t  bei,  befonbers  bem 
ztoeiten  Teil,  bem  fogenannten  SedisiPodienunter= 
ridit,  toeldier  nadi  alter  Dettelsauer  Übung  nadi 
bem  nfdiermittroodj  begann  unb  bis  zum  meißen 
Sonntag  ipälirte.  In  biefer  3eit  fpradi  er  oon  Taufe, 
Konfirmation,  Beidite  unb  nbenbmatjl  unb  bemühte 
fidi  oornelimlidi,  bie  Konfirmanben  zur  Teilnahme 
am  kirdilidien  unb  fakramentalen  feben  aufzu= 
muntern.  Überliaupt  ging  er  feljr  barauf  aus,  — 
unb  betonte  bies  bei  ber  Konfirmation  ausbrüd^lid] 
—  in  bie  Kinberberzen  ein  kird]lid]es  Pfliditberoußt= 
fein  zu  legen  unb  fie  zur  Treue  gegen  Gott  unb 
ben  lieilanb  im  fpäteren  feben  zu  malinen.  Cr 
ließ  es  aud]  an  ber  Fürforge  für  bie  konfirmierte 


lugenb  nidjt  fclilen.  Beffer  als  Der  Jünglingsoerein 
gebicl}  bcr  Jungfrauenoercin,  Cölie  ließ  fidi  nid]t 
entmutigen,  immer  coieber  in  neuer  Form  auf  bie 
fd}ulentlaffene  Jugenb  erzielierifd}  einzuroirken, 
roenn  es  oft  audi  ilin  fdimerzlid)  berühren  müßte, 
tüie  fö  Diele  bie  Konfirmation  als  «Cntlaßfcliein  aus 
ber  Kirdie»  betrachteten  unb  mandie  nadi  bem 
Cnbe  ber  Cliriftenlebre  fidi  feinten,  um  teilnehmen 
zu  können  an  ben  Vergnügungen  ber  TOelt  Die 
ganze  feelforgerlicl]e  Hebe  zu  ben  Konfirmanben 
bat  Cölie  in  bem  Büdilein  «Conrab,  eine  öabe  für 
Konfirmanben*»  zum  Husbruck  gebracht.  Befonbere 
Bead}tung  oerbient  fteute  nod]  ber  flbfdinitt:  «öuter 
Rat  fürs  £eben.»>  Sdion  finb  oor  allem  jene  IDorte: 
«Jebe  Feier,  an  ber  man  oon  f^erzen  teilnimmt, 
erbebt  bas  öemüt  unb  gießt  einen  rofigen  Sdiein 
fußen  f  ebens  in  basfelbe.  Tiber  es  gibt  auf  Crben 
keine  Feier,  beren  Cinbruck  nicbt  mit  ber  3eit  ge= 
fcbcDädit,  beren  erhabene  Cmpfinbung  nicht  roieber 
oon  ber  Tllltagsftimmung  biefes  febens  oerbrängt 
ipürbe.  Tlud)  bie  Seligkeit  ber  Unbadit  befudit  uns 
auf  erben  nicht,  um  bei  uns  zu  bleiben,  fluf  ben 
bödiften  öipfeln  cDobnt  man  nicht,  aber  man  fteigt 
zuipeilen  hinauf,  um  coieber  h^^rabzufteigen:  roer 
broben  bleiben  toollte,  ipürbe  aufgerieben.  Die 
Woche  hat  nur  einen  Sonntag,  bas  Jahr  nur  brei 
hohe  Fefte:  iper  alle  Tage  öftern  feiern  a7ollte, 
roürbe,  toeil  er  ber  Freuben  zu  oiel  genöffe,  balb 
keine  mehr  fo  ftark  finben,  baß  er  burch  fie  er= 


fjoben  ipürbe.  In  ber  Cipigkeit  iperben  tüir  für 
ecDige  Freuben  empfänglidi  fein;  auf  Crben  ift  alles 
lierrlidie  oon  kurzer  Dauer  unb  in  Augenblicke 
zufammengebrängt  Cs  muß  fo  fein,  burdi  ben 
IDedifel  von  Freub  unb  feib,  regem  Eeben  unb 
tiefer  Stille  irerben  roir  für  bie  Cipigkeit  erzogen, 
merke  bies,  mein  Kinb,  auch  für  bk  Konfirmation, 
fange  liaft  bu  bidi  oorbereitet,  eine  abnungsreidie 
3eit  baft  bu  burcblebt,  mit  jebem  Tage  zitterteft 
bu  mebr  beinem  Freubentage  entgegen,  beine  Cr= 
tpartung  roar  groß,  oielleidit  bat  bie  Erfüllung 
beine  Crtoartung  übertroffen,  unb  öott  bat  bid) 
mit  IPolluft  beilig<2r  Freube  getränkt,  ipie  mit  einem 
Strome.  Tlun  ift  es  Dorüber.  üielleidit  tritt  eine 
Ceere,  eine  traurige,  tränenreidie  feere  ein,  oiel= 
leicbt  ergreift  eine  jammernbe  Sebnfucbt  nadi  ber 
entfcbipunbenen  fcbönen  3eit  bein  öemüt.  Damit 
erfäbrft  bu  an  beinem  Teile  bie  IDabrbeit  beffen, 
CDas  oben  gefagt  ift.  Aber  aus  ift  es  besbalb  mit 
beinem  Bunbe  nidit,  benn  bein  Bunb  ift  ja  nid]t 
ein  Bunb  bes  Füblens,  fonbern  bes  ölaubens  unb 
öeborfams,  unb  bie  freubige  unb  feierlidie  Stimmung 
beiner  Seele  irar  nur  eine  fcböne  Beigabe.  -  Tludi 
beine  Sebnfucbt  nad}  ber  entfdiipunbenen  3eit  roirb 
oergeben,  bu  roirft  bid]  an  bie  öegenipart  getDöbnen, 
beine  Seele  toirb  ftille  toerben.  Ijüte  bid]  nur,  baß 
bu  nid]t  aus  Uberfd]ät|ung  ber  geiftlid]en  Freube, 
toelcbe  bid]  beimgefucbt  bat,  bas  TIad]laffen  ber 
öefüble  zu  fd]iper  empfinbeft.    erinnere  bid]  toobU 


baß  bie  fjauptfadie  bdn  öelübbe  unb  öottes  Per= 
lieißung    tpar.     Dein    öelübbe   belialtc  im   Fluge, 
Gottes  Perlieißung  faffe  oline  IDanken !  Jage  nad] 
bem  oorgefteckten  3iel  ber  tiimmlifdien  Berufung! 
faß  burd]  aller  Tage  ITIülie  unb  öefcbick  bein  lierz 
befeftigen  unb  becDäbrt  werben  im  öiauben  unb 
öeliorfam.    So  gelift  bu  eroigen  Freuben  entgegen, 
cDeldie  nicht  toerben  oon  bir  genommen  toerben 
—  unb  audi  tjier  fdion,  toäbrenb  beiner  Pilgrim= 
fdiaft,  ipirb  ber  Ijerr  bir  zuroeilen  toieber  Freuben« 
ftunben  geben,  coeldie  burdi  ben  Dorfdimad^  bes 
l]immels  zu  befto  größerer  Treue  im  Kampf  unb 
fauf  nadi  bem  ecoigen  Freubenreid)  ermuntern.»» 
Das  innere  IDadistum  ber  öemeinbe  ftanb  für 
Cölie  im  Dorbergrunb  feines  raftlofen  IDirkens  unb 
Betens.    IPenn   im   Dorfe  alle  Ciditer   längft   er= 
lofd]en  roaren  unb  bunkle  Tladit   fid]  ausbreitete 
über  bie  ftille  fjodiebene,  faß  er  nod]  bei  Kerzen= 
fdiein  an  ber  Arbeit    Dor  ITIitternadit  ging  er  feiten 
zu  Bette.    Unabläffig  roar  er  bemüht,  feinem  öeifte 
neue  öebankenftoffe  zuzuführen,  fein  geiftiges  Be= 
fit?tum  zu  ercDeitern  unb  zu  bereidiern,  um  ba= 
burd]  Der  öemeinbe  zu  bienen.    müßig  ipurbe  er 
nie  gefeben.    Aber  £öbe  hatte  aud]  einen  zu  aus= 
gefprodienen  örbnungs=    unb   Sdionheitsfinn,    als 
baß  er  nidit  empfunben  hätte,  roie  bie  ipürbige 
nusftattung  heiliger  Stätten  roefentlid]  zur 
(jebung  ber  flnbadit  beiträgt.    Daraus  erklärte  fidi 
feine  ftete  Fürforge  für  bk  Perfdionerung  ber  ba= 


mals  fdion  ziemlidi  baufälligen  Pfarrkirdie  unb 
ber  Filialkapellen.  Jalir  um  Jatir  traf  er  Crneue= 
rungen,  Perbefferungen  ober  Tleuanfcliaffungen. 
Durdi  feine  eigene  öpferipilligkeit  gab  er  ein 
leuditenbes  Porbilb  unb  fanb  immer  toieber  1iöcIi= 
herzige  Hadialimer.  Cin  eigenes  Sdiulgebäube 
rourbe  erriditet,  bas  Pfarrhaus  tpefentlidi  umge= 
baut.  Im  Jalire  1839  kaufte  er  öftlidi  oom  Dorf 
gelegen  einen  flcker,  ließ  30  Fu|^  ber  Umfaffungs= 
mauer  lijerftelleri  unb  fcbenkte  bas  örunbftück  ber 
öemeinbe  als  Kirdiliof.  IPenn  biefe  Stiftung  fürs 
erfte  nidit  ben  erhofften  Cinbruck  beroorrief,  es 
erfüllte  fich  bodi,  ipas  er  bamals  feiner  Sdicoieger^ 
mutter  fcftrieb:  «Diefe  IDodie  habe  idi  ber  biefigen 
öemeinbe  einen  fdionen  Kirdibof  gekauft,  es  madit 
oielleidit  auf  XAz  öemeinbe  einen  red]t  guten  Cin= 
brück  unb  id]  mödite  gerne  aus  bem  Kirctjliof  ein 
ftilles  Parabies  madien.«  In  biefem  «ftiHen  Para= 
bies«  fanb  folie  nadi  fünfunbbreißigjäliriger  reicti= 
gefegneter  IPirkfamkeit  als  Pfarrer  oon  neuen= 
bettelsau  feine  letzte  irbifcöe  Rubeftatt. 


3.  ernfte  Selten» 

fölie  toar  ein  treues  ölieb  feiner  Kirche,  in 
ipeldier  er  nad]  Urtikel  VII  ber  Huguftana  bie  Per= 
fammlung  aller  Gläubigen  erblickte,  unb  beren 
fjauptmerkmale  für  ibn  barum  bie  Prebigt  bes 
reinen  Coangeliums  unb  bie  fcbriftgemäße  üer= 
ipaltung  ber  Sakramente  bilbeten.  3roifclien  ben 
forberungen,  tpeldie  burdi  bas  Bekenntnis  geftellt 
roerben,  unb  ben  tatfädilidien  3uftänben  in  ber 
bamaligen  f  anbeskirdie  nabm  er  aber  eine  bebauer= 
lidie  Spaltung  cpalir.  Cr  empfanb  nad]  bem  XXVIII. 
Artikel  ber  Tluguftana  («man  foll  bie  ztoei  Regiment 
geiftlidi  unb  toeltlidi  nidit  in  einanber  mengen 
unb  iperfen»>)  bas  coeltliclie  Summepifkopat  in  ber 
bayerifdien  Eanbeskirdie  als  einen  mißlidien  3u= 
ftanb.  öödift  peinlidi  berülirte  ihn,  bqß  bamals 
im  Kirdienregiment  gleichzeitig  ein  Reformierter 
Sitf  unb  Stimme  hatte  unb  baburch  bie  TITöglichkeit 
zu  Kollifionen  unliebfamfter  Art  gegeben  roar.  Cr 
glaubte,  es  leibe  bie  Bekenntnisfrage  barunter,  in= 
fofern  bie  Bekenntnistreue  bei  ber  Perpflichtung 
ber  öeiftlichen  auf  bie  Symbole  abgefchroächt  roerben 
könnte,  Crnfte  öeipiffensbebenken  bereitete  ihm 
bie  Tlbenbmahlsmengerei,  fo  baß  Cutheraner  unb 
Reformierte  gegenfeitig  zu  einanber  zum  Sakra= 
ment  gingen  unb  fo  ber  Unentfchiebenheit  im  Be= 


kenntnis  unb  bcr  Eaxbeit  im  Eeben  ein  ipeiter 
Spielraum  gefdiaffen  CDurbe.  (Diefe  gemifdite 
nbenbrnablsgemeinfcbaft  kam  inbcffen  nur  feiten 
Dor  unb  bann  meift  nur  in  ber  Diafpora.  Das 
beiberfeitige  gottesbienftlidie  feben  fehlen  ilim  ba= 
burdi  jebodi  beeinträditigt.)  Tlotipenbig  bünkte  ilin 
eine  Perfdiärfung  ber  Kirdienzudit,  ipeldie  nadi 
Kräften  bemübt  ift,  ungläubige  unb  unrourbige 
ölieber  abzuflößen.  Daß  gerabe  in  ben  Jabren  1X48 
bis  1E52  bie  Fragen  brennenb  rourben,  bing  mit 
ben  3eitoerbältniffen  zufammen.  Die  Sturme  bes 
Jabres  1X4X  gingen  audi  an  ber  Kirche  nicht  fpur= 
los  ooruber  unb  trieben  zur  Cntfcheibung,  zur 
Sichtung. 

Cöhe  fah  in  ber  Perfaffung  ber  apoftolifchen 
Kirche,  beren  Stubium  ihn  in  biefer  3eit  oiel  be= 
fchäftigte,  bas  Uerfaffungsibeal  für  feine  Kirche.*) 


*)  In  bcm  «üorfd)lag  zur  ücrcinigung  lutlicrifdier  Ct)riftcn 
für  aportolifdics  Ecbcn»  pcrtrat  Cöljc  für  feine  3eit  unb  beren 
6tnigungsbeftrebungen  bie  ilin  bepegenben  Keformgebanken, 
ipeld)e  auf  einen  engeren  3ufanimenfd)lufi  ber  lebenbig  gläu= 
bigen,  betrufiten  ©lieber  ber  Kirdje  brangcn  unb  eine  neuge= 
ftaltung  ber  öemeinben  nad)  bem  ITIufter  ber  apoftolifdien  Kirdie 
nidit  nur  nadi  Seite  ber  Cel]re  unb  üerfaffung,  fonbern  audi 
nad)  Seite  tzs  Gebens  (Bel?enntnis  unb  3ucl)t)  forberten.  lDci= 
tere  Kreife  braditen  biefem  6ebanken  Teiinalime  entgegen,  be» 
fonbers  angeregt  burd}  ben  «Katediismus  bes  apoftolird)en  Cebens», 
ipenngieidi  bie  gebad)te  Uereinigung  lutlierifdier  Cliriften  für 
apoftoiifdies  Eeben  nidit  in  biefer  Form  ins  Ceben  trat.  Sein 
3ui^unftsibeal  a7ar  bie  epifkopal  perfa^te  Bruberkirdie  lutberi» 
fdien  Bekenntniffes. 


Der  einheitliche  Beftanb  ber  feparierten,  ftreng  lu= 
tfierirdjen  Kirdien  in  Preußen  (im  öegenfatf  zur 
Unionskirdie)  tuar  ilim  beutlidier  Beroeis,  baß  «bei 
oorbanbener  Einigkeit  im  ölauben  unb  Bekenntnis 
es  einem  roalirliaft  kirdilidien  Regiment  aud]  ohne 
ben  Stecken  bes  Treibers  b.  li.  oline  ben  geipal= 
tigen  Hamen  eines  irbifcben  Königs  an  einigenber, 
zufammenlialtenber  Kraft  unb  Rutorität  nicht  felile.» 
Cs  ipar  ihm  bas  eintreten  für  t\2  burdi  Schrift 
unb  Bekenntnis  fich  ergebenben  forberungen  eine 
toirkh'che  lierzensfache,  «Ireue  gegen  Jefum  unb 
bie  Kirche  brängt  mich,«  fchrieb  er  an  bie  Pro= 
fefforen  l]ofmann  unb  Thomafius  in  erlangen, 
«aber  nicht  minber  bie  £iebe  zu  ben  Taufenben 
Doii  armen  Schafen,  bie  Chriftus  mit  feinem  Blute 
erkauft  hat,  unb  bie  oon  faifchen  fehrern  oerführt 
unb  zum  etoigen  Perberben  gebracht  coerben.» 
Dabei  oertrat  £öhe  nicht  ettua  eine  überfpannte, 
einfeitige  Anficht  Don  bem  IDerte  ber  Bekenntnis= 
fchriften,  fonbern  ftellte  ben  Satf  auf:  «Ich  nehme 
an,  cpas  in  ben  Bekenntnisfchriften  bekennenb  (be= 
kenntnisipeife)  gefagt  ift.  Cs  fällt  mir  nicht  ein, 
am  Buchftaben  zu  kleben  unb  mir  eine  Sym= 
bolölatrie  zu  fchulben  kommen  zu  laffen.  Ich 
unterfcheibe  im  Konkorbienbuche,  ipas  bekennenb 
gefagt  ift,  unb  ipas  nicht  alfo  gefagt  ift  —  unb  ich 
unterfcheibe  noch  mehr  -  geroiffe  einfeitige,  fich 
einanber  befchränkenbe  unb  ergänzenbe  Stellen 
ber  Symbole  unb  Artikel,  bie  im  Streite  ber  Kirche 


nidit  vöWIq  erIcMgt  finb.*»  Keinesroegs  lebte  er  in 
öem  Ibeal  einer  fleckenlofen  öeftaltung  ber  fici]t= 
baren  Kirdie,  als  einer  öemeinbe  oon  tDirklidien 
Qeiligen,  toenn  er  fcbrieb:  «IDir  toerben  unb  muffen 
Immer  (jeudiler,  niauldiriften  unb  Bofe  baben,  rolr 
iperben  burdi  kein  mittel  bie  Kircbe  bi<^r  auf 
erben  zum  oölligen  nbbilb  jener  Kirche  machen 
können.  Tiber  eine  «societas  eiusdem  evangelii 
et  doctrinae«  («öemeinfctjaft  besfelben  CDangeliums 
unb  berfelben  febre«  Tlpol.),  eine  «congregatio,  in 
qua  evangelium  recte  docetur«,  («Perfammlung, 
In  tpelcber  bas  Coangelium  rein  gelehrt  cDlrb»  Rüg,) 
kann  unb  foll  unb  muß  fle  fein  ober  fie  ipirb  für 
Ihre  Kinber  unb  bie  braußen  nichts  fein  unb  nichts 
leiften.»» 

Cöhe  ftanb  mit  feinen  finfchauungen  unb 
3ielen  nicht  allein,  ein  ftattlicher  Kreis  treuer  Be= 
kenner  geiftlichen  unb  nichtgeiftlichen  Stanbes  ftanb 
ihm  zur  Seite  in  ben  fehleren  Kämpfen,  roelche 
baruber  nun  entbrannten.  Crnfte  3eiten  kamen 
für  ben  mutigen  Porkämpfer,  fo  ernft,  baß  er 
jahrelang  baran  bachte,  ber  bayerifchen  £anbes= 
kirche  ben  Rüd^en  zu  kehren,  fo  fchroer  es  ihm 
aud]  mit  ber  Uerroirklichung  bes  öebankens  roerben 
cDollte.  «ts  gilt  ein  Stüd^  Sterben,»»  meinte  er  roohl 
in  anfechtungsreidier  Stunbe,  «tuie  manchen  Tropfen 
IDermut  roerbe  ich  zu  genießen  bekommen.»  Tohe 
ging  jebod]  bebaditfam  Dor,  beriet  fleh  mit  ben 
bebeutenbften  Vertretern   ber   lutherifchen  Kirchen 

eidjner,  £6t)e.  4 


in  Preußen,  roie  gleidigefinnten  freunben,  tDcldi 
letztere  bauptfädilidi  in  Hürnberg  ficil  zu  crnften 
Befprediungen  bes  öfteren  oereinigten.  Profefforen, 
wk  !iöfmann,  Tbomafius  unb  Delitffdi  legten  fidi 
ins  niitteL  Der  offenbare  Brudi  rourbe  immer 
cDieber  oerzögert  unb  unterblieb  zuletjt.  £öl}e  er= 
kannte  im  faufe  ber  bebeutfamen  Perlianblungen, 
ba(^  erft  alle  georbneten  TTlittel  unb  IDege  zur  flb= 
ftellung  ber  kirdilidien  Übelftänbe  oerfudit  toerben 
mül^ten,  elie  ber  äu(?erfte  Sdiritt  getan  tuerben 
burfte,  unb  baf^  es  ratfamer  fei,  innerhalb  ber 
Eanbeskirdie  eine  Befferung  ber  3uftänbe  lierbei= 
zufuhren  unb  bem  lutberifdien  Bekenntnis  zum 
Redit  unb  zu  tatfädilidier  öeltung  zu  oerlielfen. 

€s  iparen  beiße  öefedite,  roeldie  bamals  aus= 
getragen  tourben.  Auf  ber  bayerifdien  öeneral= 
fynobe  oon  1E49  kam  es  zu  ernften  Perbanblungen 
über  eine  oon  Cobe  oerfaßte  unb  mit  Dielen  Unter« 
fdiriften  oerfebene  Eingabe.  Die  tbeologifdje  Fakultät 
in  erlangen  nabm  eine  oermittelnbe  Rolle  ein.  Das 
öberkonfiftorium  ließ  auf  bie  oerfdiiebentlidien 
Kunbgebungen  feine  Crlaffe  ergeben,  in  ipelcben 
basfelbe  ebenforoobl  ben  Befitfftanb  zu  roabren 
fucbte,  als  audi  bie  Porftellungen  zu  rourbigen 
roußte.  Tladibem  einigermaßen  bie  Bekenntnis« 
frage  geklärt  roar,  —  bie  frage  bes  ipeltlicben 
Summepifkopates  ließ  Eöbe  alsbalb  fallen  -  fpitjte 
fidi  freilid)  ber  Kampf  auf  bie  Frage  ber  Tlbenb« 
mablsgemeinfdiaft   oon   futberanern    unb   Refor« 


51 


mierten  zu  unb  brolite  eine  bebenklidie  IDenbung 
anzunelimen,  ba  Cobe  unb  feine  f  reunbe  erklärten, 
in  ber  Kirdie  bleiben  zu  ipollen  mit  bem  Porbe= 
Öalt  baß  fk  biejenigen  öeiftlid]en  unb  öemeinbe= 
glieber  nidit  für  lutlierifd}  halten  können,  lueldie 
irgenbtoie  in  gemifdite  nbenbrnatilsgemeinfcbaft 
uerroickelt  feien.  Cs  kam  fogar  zu  einem  Sus= 
penfionsantrag  gegen  £ölie.  Cs  roar  ein  kritifdier 
Augenblick.  IDenn  fdiließlid]  eine  frieblidie  föfung 
erzielt  rourbe,  fo  roar  bies  fl.  v,  []arleß  zu  banken, 
roeldier  am  29.  September  1S52  bie  feitung  bes 
öberkonfiftoriums  auf  IDunfdi  bes  bamaligen  Königs 
THax  II.  übernommen  hatte,  (jarieß  brachte  eine 
reinliche  unb  friebliche  Sonberung  ber  lutherifchen 
unb  reformierten  Kirche  zutoege;  ein  felbftänbiger 
lutherifcher  Kirchenkorper  ipurbe  gefchaffen,  neben 
welchem  auch  bie  reformierte  Kirche  erft  zu  ihrer 
oöllen  Selbftänbigkeit  gelangte,  finbere  h^ilfanie 
Reformen  rourben  fofort  in  Angriff  genommen  unb 
allmählich  burchgeführt.  So  fchuf  bie  öeneral= 
fynobe  oon  1S53  u.  a.  bas  neue  bayerifche  öefang= 
buch;  bie  neue  örbnung  unb  Form  bes  liaupt= 
gottesbienftes,  brachte  ben  flgenbenentipurf  unb 
führte  eine  Tleugeftaltung  bes  gottesbienftlichen 
Eebens  ber  lutherifchen  öemeinben  Bayerns  herbei. 
£öhe  ^unb  feine  Anhänger  konnten  mit  ben 
erfolgen  zufrieben  fein;  hatten  fie  audi  nicht  alles 
erreicht,  fo  wnv  ihr  Porgehen  boch  nicht  umfonft, 
fonbern  hatte  zur  Cäuterung  ber  kirchlichen  üer= 


ftältniffe  beigetragen.  Der  nachmalige  öberkonfi« 
ftorialpräfibent  oon  Stä\}\m  fdirieb  fpäter:  «Cs  ipar 
ein  großes  öluck  für  bie  Eanbeskirdie,  baß  ibr  ber 
fdiroere  Riß  erfpart  unb  eine  Kraft  n7ie  bie  Cöbe's 
erbalten  blieb,  aber  audi  ein  unoerkennbarer  Segen 
für  £öbe,  baß  er  nidit  in  bie  Cnge  ber  Separation 
gebrängt  ipurbe.  Die  £anbeskird]e  allein  bot  ibm 
Raum  für  bie  oolle  Entfaltung  feiner  Kräfte.»  Hn 
feinben  unb  Tlnfeinbungen  bat  es  bem  treuen 
Eutberaner  nidit  gefeblt.  IPenn  in  einer  3eitung 
oom  30.  Rpril  1X49  Pfarrer  föbe  gebranbmarkt 
CDurbe  als  «ber  pietiftifdie  Cborfübrer,  ber  feiner= 
zeit  in  einer  oon  ibm  in  Tlurnberg  gebaltenen 
Prebigt  fcbon  in  bem  trüben  Blick  ber  öcbfen  ben 
Betoeis  ber  Crbfünbe  babe  finben  roollen»  (es  irar 
auf  eine  Prebigt  über  Rom.  8,  lX-23  im  Jabre  1834 
bezug  genornmen,  lueldie  oiel  Staub  aufwirbelte 
unb  in  ben  Sieben  Prebigten  abgebruckt  ift)  unb 
als  «ein  arroganter  Burfdie  oon  feinem  Dorfe  in 
unfere  Stabt  gelaufen,*»  fo  ift  baraus  erficbtiidi,  mit 
roeldi  einer  Hit?e  ber  Kampf  gegnerifdierfeits  ge= 
fubrt  cDurbe.  föbe  beobachtete  babei  eine  ge= 
mäßigte  lialtung,  toeldie  Flnerkennung  oerbient, 
unb  rechtfertigte  fein  Ijeroortreten  aus  bem  ftillen 
IDirkungskreis  in  ber  Dorfgemeinbe  mit  ben  IDorten: 
«IPir  finb  ölieber  am  Eeibe  unb  Knechte  im  l)aufe 
bes  l]errn ;  burch  beiberlei  unztueifelhafte  Beziehung 
lüirb  uns  nicht  nur  bas  Recht,  fonbern  auch  ^l^ 
Pflicht   ber  Ciebe   unb  JTlitforge    für  ben  ganzen 


Ceib,  für  bas  ganze  liaus  bes  Herrn  übergeben  . . . 
es  ift  unfre  Bruberpflicht  unb  überbies  unfre  Amts» 
pflidit  für  bas  öanze  zu  leben.  Unb  bann  -  ift 
benn  nicht  bie  einzelne  öemeinbe,  an  ber  ein 
jeber  arbeitet  ein  Teil  bes  Ganzen?  Krankt  unb 
leibet  fie  bodi  mit  bat  fie  bodi  faft  unb  Übel  ber 
öefamtbeit  zu  tragen.  IPir  können  bie  einzelne 
öemeinbe  nidit  als  ecclesiola  in  ecclesia,  fo  los= 
geriffcn  oom  öanzen,  fo  oöllig  obne  Ruckfid]t  unb 
Beziebung  aufs  öanze  betrachten,  fo  ganz  ohne  Einfluß 
bes  öanzen  leiten  unb  ipeiben,  ba|^  fie  gleich  einer 
glücklichen  öafe  in  ber  IDüfte,  cpie  eine  ausertDählte, 
abgefonberte  Schar  ihr  eigenes,  feiiges  Schickfal  hätte. 
IDir  können  nicht  unb  ob  roir's  ipollten  ober  täten, 
ipie  fchnell  roürbe  man  uns  mit  oollem  Rechte  tuehren! 
So  kommt's  benn,  baß  toir,  ein  jeber  in  feiner  öe= 
meinbe,  mitten  in  ben  Übeln  fit?en.  lebe  öemeinbe 
ift  Don  ber  allgemeinen  Tlot  berührt  oom  allgemeinen 
Perberben  ergriffen  -  unb  es  roirb  mit  ihr,  folange 
fie  im  Komplex  bes  öanzen  ift  nidit  burchgreifenb 
beffer  werben,  roenn  nicht  bas  öanze  beffer  mirb.» 
Hoch  einmal  im  Jahre  1856  brohte  eine  Fort= 
fetfung  bes  Kirchenftreites.  Die  Einführung  bes 
neuen  öefangbuches,  roelche  burch  Kgl.  Cntfchließung 
Dom  1.  Februar  1854  begutachtet  rourbe,  ftieß  bei 
ben  freiheitlich  gefinnteren  Proteftanten  auf  IDiber= 
fpruch.  Die  unter  bem  2X.  Tllai  1X55  gutgeheif^ene 
fakultatioe  Einführung  eines  neuen  ?lgenbenent= 
iDurfes,  bes  fogenannten  flgenbenkerns,  oerurfachte 


in  größeren  Stäbten,  roie  TTurnberg,  einen  Sturm; 
roeitere  ina(?na!]men  aus  bem  Jalire  1856,  als 
•»IDieberlierftellung  ber  Kirdienzudit«  u.  a.,  fülirten  zu 
einer  Illaffenkunbgebung  an  ben  König,  in  tpelcber  bie 
ünterzeidiner  Befditperbe  erl]oben<*ipegen  Uerletfung 
ihrer  oerfaffungsmäßigen  unb  l^irdilidien  Redif  e  burdi 
Übergriffe  ber  geiftlidien  öetoalt.*»  Der  König  oer= 
fpradi  fürbieöeneralfynobeoon  1857 eine  abermalige 
Prüfung  berbetreffenben  Crlaffe,  fo  baß  eine  Berul}i= 
gung  ber  öemuter  eintrat,  f  öbe  unb  feine  öefinnungs= 
genoffen  füblten  fidi  burd)  biefes  öebaren  ipiber= 
diriftlid]  gefinnter  Kreife  in  ihrem  öeiriffen  beengt 
unb  oerlangten  eine  freiere,  geroiffermaßen  aus= 
nebmenbe  Stellung  im  lanbeskirdilidien  Ganzen. 
Audi  hier  coar  es  fl.  o.  Qarieß,  toeldier  burdi 
bruberlidien  ITIeinungsaustaurcb  Cölie  zu  befd]ipid]= 
tigen  tpußte  unb  bamit  ernfteren  Konflikten  oor= 
beugte. 

Damit  trat  Eöbe  überbaupt  zurück  oon  bem 
Scbauplat?  bes  öffentlidien  kirdilidien  Cebens. 
Seine  anberipeitigen  Berufspfliditen,  oor  allem  feine 
Tätigkeit  auf  bem  öebiete  diriftlidier  Ciebestätigkeit 
unb  ber  furforge  für  bie  beutfdien  Amerikaner 
ftellten  ibn  oor  neue,  im  Augenblick  größere  fluf= 
gaben.  Tiber  in  biefem  Kirdienkampf  batte  er  fidi 
als  kübnen  Recken  betpiefen.  Cr  füblte  fidi  in  feinem 
öeiDiffen  gebunben  unb  barum  bielt  er  mit  feinen 
Bebenken  nidit  zurüd^.  Cr  oertrat  bas  Intereffe 
bes   perfönlidien  fjeilsbebürfniffes  unb  bas  Red]t 


55      rararororarorcaro 

eoangelifdier  freilieit  THandie  feiner  freunbe 
zogen  fictl  tuolil  zurück,  roenn  fie  ilin  fo  kampfes« 
mutig  oorcDärts  bringen  faben.  Cr  aber  badite  an 
bas  IDölil  ber  lutlierifcben  Kirdie,  roenn  er  nidit 
fofort  zum  Rückzug  zu  betoegen  luar.  Sein  örunb= 
fal?  war:  «Die  Kirdie  allezeit  unb  alleirege  ooran.» 
Cr  kämpfte  als  ein  ziclbeipul^ter  futlieraner  unb 
baburdi  geroann  fein  Kampf  roeitge^enbe  Teilnahme. 
3og  er  aus  bem  Streit  aud]  nidit  als  alleiniger 
Sieger,  bie  fegensreidien  Folgen  feiner  tatfäci]lidien 
Crrungenfdiaften  blieben  nid]t  aus.  Daß  cDobl  audi 
er  in  biefem  Kampfe  gefehlt,  barüber  roar  er  fidi 
fidier  am  klarften.  Audi  er  roar  kein  Heiliger,  aber 
er  liatte  fid]  becpälirt  als  ein  eoangelifcöer  Clirift, 
er  trar  ein  treuer  l)irte  ber  eDangelircb=lutlierircf]en 
Kird]e  unb  ein  Vertreter,  ja  Porkämpfer  ber  lutlie= 
rifcben  Richtung.  Falfd)  ruäre  es,  zu  meinen,  Cöl}e 
fei  ein  unoerfölinlidier  f  einb  ber  Reformierten  ge= 
roefen.  Im  Gegenteil,  er  hatte  in  ber  Sdicpeiz  mit 
Reformierten  brüberlidi  oerkehrt,  ipie  foldie  aud) 
öfter  längere  3eit  in  TIeuenbettelsau  fid]  aufhielten. 
Diefe  Toleranz  hat  er  fpäter  bei  ber  Frage  bes 
3ufammenfchluffes  ber  Diakoniffen  =  HTutterhäufer 
ber  eoangelifchen  Kirche  in  bie  Tat  umgefetft.  Cs 
tDurbe  ihm  bies  zirar  oerbadit,  er  aber  ftellte  ent= 
fdiieben  in  nbrebe,  als  ob  barin  eine  flbbiegung 
feiner  grunbfät?lidien  Tinfdiauungen  zu  erkennen 
fei.  Die  Befdiid^ung  bes  Kaifersroerther  Diakoniffen= 
tages  follte  lebiglidi  ben  flustaufdi  ber  Erfahrungen 


auf  bem  öcbiete  bcr  Diakoniffenarbcit  beztpecken, 
tPöbei  CS  oon  Dornbereln  fcftgefe1?t  toar,  konfcffio« 
nelle   Dinge  gar  nicht  zu   berühren.     Cr  fcfirieb 
bamais:  -IPas  id]  aber  ipollte  unb  noch  roill  iff 
weiter  nichts  als  ben  Beroeis  h'efern,  baß  ber  Qerr 
auch  meine,   ber  Tlugsburgifchen  Konfeffion  fozu= 
fagen  angeftammte  öeimat  unb  uns  arme  f  utheraner 
beshalb,  ba|^  roir  bas  Fähnlein  ber  ungemifchten 
flbenbmahlsgemeinfchaft  emporhielten,  toeber  oon 
ber  inneren  miffion  noch  oon  ber  heiligen  Diakonie 
bes   19.    Jahrhunberts    ausfchüeße,    fonbern    uns 
trot?  allen  IDiberftanbes  Don  nah  unb  fern  förbern 
könne  unb  tperbe.« 

üaß  es   im  Jahre   1X60  boch   noch   zu  einer 
Suspenfion  föhe's  oom  nmt  für  ixsqX  nionate  kam, 
hing  mit  einem  kafuellen  Falle  zufammen,  ipobei' 
lohe's  Derhalten    h\^   kirchlichen  Staatsgefet?e  zu 
befchränken  brohte.    föhe  hatte  fich  geweigert,  ein 
^emeinbeglieb,   bas  coegen  bostoilliger  Perlaffung 
ber  Frau  rechtskräftig  gefchieben  roar  unb  \>\q.  er= 
Jaubnis  zur  IDieberDerehelichung  erhalten  hatte,  zu 
trauen  beztp.  einen  anberen  zur  Trauung  zu  be« 
vollmächtigen,    föhe  bachte  an  ben  Austritt,  feiner 
TIeigung  nach  hätte  er  fich  am  liebften  oom  Pfarr= 
amt  zurückgezogen.     Seine  Hebe  zur  öemeinbe 
unb   ber   IPunfch   feiner  Freunbe   ließen   ihn  oon 
biefem   Porfat?   abfehen.    er  übernahm  fein   Amt 
roieber,  um  es  mit  neuer  Kraft  zu  führen.    Cr  follte 
feinen  fauf  in  ber  fanbeskirche  oollenben. 


Die  kirdiljcticn  Kämpfe  brachten  es  mit  fidl, 
baß  Eöbe  fidi,  roie  er  felbft  fagtc,  «manchen  Untüillen 
unb  bie  Erkältung  manches  lierzens»>  zuzog,  aber 
man  toirb  einem  3eitgenoffcn  recht  geben,  roelcher 
anläßlich  ber  Streitfrage  über  bie  oon  Cöhe  einmal 
angetpanbte  Krankenölung  (Jak.  5,14)  betonte: 
«f öhe  ift  ein  ITIann,  bem  man  oieles  nachfehen  muß, 
bem  man  einen  moglichft  freien  Spielraum  ge= 
iDähren  muß,  bamit  bie  reichen  ihm  oerliehenen 
öaben  fich  frei  entfalten  können.»  Keiner  hat 
fchiperer  getragen  an  biefen  ernften  3eiten  als  föhe, 
tpelcher  eben  feine  3eit  beffern  tpollte.  Das  laffen 
auch  bie  IDorte  aus  bem  Schriftchen:  «Jüeine  Sus= 
penfion  im  Jahre  1X60«  erkennen.  «Cs  ging  mir 
gerabe  fo  toie  mit  bem  Sterben,  bas  man  auch 
rorausfieht,  oorausfagt  unb  mit  aller  Ruhe  baoon 
fpricht  bas  aber  bennoch  ernfte  3eit  bringt,  roenn 
es  kommt.  Cs  ging  burchaus  nicht,  cpenigftens  für 
mich  burchaus  nicht,  bie  Suspenfion  auf  bie  leichte 
FIchfel  zu  nehmen,  fie  als  bas  bequemfte  fluskunfts= 
mittel  für  ben  böfen  Fall  zu  faffen;  ich  fanb  auch 
gar  nichts  Tröftlicfjes  barinnen,  baß  es  auf  bem 
IDeg  ber  Bureaukratie  nicht  anbers  kommen  konnte, 
unb  fo  ruhig  unb  gebulbig  ich  mich  fügte,  fühlte  ich 
boch  toieber  einmal  recht  ftark  \Az  Caft  ber  lanbes= 
kirchlichen  üerhältniffe.  Ich  konnte  nicht  anbers, 
ich  mußte  mich  bei  ber  Suspenfion  auf  ben  erz= 
hirten  unb  Bifchof  ber  Seelen  berufen,  burch  beffen 
öeift  ich  bas  (jirtenamt  überkam,  unb  nach  beffen 


rororcaror^r^roro 


Sinn  es  mir  in  meinem  Falie  nidjt  genommen 
roerben  l^onnte.  Idi  füiilte  ben  ooilen  öegenfatj 
ber  Kirdie,  irie  fie  roar  unb  ipie  fi^  f^in  foüte.*» 


mm 


4.  Die  furforge  für  Die  lutt)erf fctjen  Deutfdien 
In  Tloröamerika* 

Im  Jalire  1X41  roar  föl]e  ein  Aufruf  in  bie 
[jänbe  gekommen,  toeldier  uberfdirieben  war:  «nuf= 
ruf  zur  Unterftütfung  ber  beutrcti=proteftantifclien 
Kirdie  in  Tlorbamerika.'»  In  bemfelben  rourbe  bie 
kirdilicf]e  Hot  ber  eoangelifcben  Deutfcben  gercftilbert, 
ipeldie  Jabr  um  Jabr  in  bie  neue  IDelt  ausipanber= 
ten  unb  bort  ibr  Auskommen  fucbten,  aber  nun  in 
ben  IDälbern  unb  Prärien  roie  Sdiafe  obne  Wirten 
gingen.  Der  kircblidie  Tlotftanb  unter  biefen  ?lus= 
roanberern  fei  erfcbrecklid).  l]ilfe,  oor  allem  3u= 
ipeifung  oon  geiftlicben  Arbeitskräften  fei  bringenb 
not.  Cöbe  las  biefen  Beriebt  mit  innerfter  Be* 
ipegung  unb  oeröffentlicbte  alsbalb  in  bem  oom 
Pfarrer  IDucberer  b^rausgegebenen  «Hörblinger 
Sonntagsblatt«  eine  «Tlnfpradie  an  bie  fefer»,  in 
roeldier  es  u.  a.  bieß:  «Unfere  Bruber  manbeln  in 
ben  Cinöben  TTorbamerikas  obne  Seelenfpeife.  IPir 
legen  unfere  Qänbe  in  ben  Sdioß  unb  oergeffen 
ber  Ijiife.  Defto  eifriger  naben  fidi  h\2  Diener  bes 
Papftes  unb  Eiebbaber  ber  Sekten.  Tlucb  ihre  fiebe 
fdieint  billig;  bie  ITotleibenben  oerfcbmäben  fie 
nicbt.  Sie  ercpibern  bie  Ciebe,  fie  roenben  ficb  mit 
ibren  Kinbern  zur  römifcben  Kirdie,  zu  ben  Sekten. 
Den  Durftenben  fcbeint  trübes,  unreines,  ungefunbes 


IDaffer  immer  nodi  oorzugljdier  als  ber  Tob  burdi 
oölliges  Perfdimaditcn.  Unb  ipir  foUten  nidit  liilfe 
leiften?  IPir  folltcn  zufelien,  wk  unferc  ölaubens= 
genoffcn  aus  TTIangel  an  flirten  oerfülirt  roerben  - 
zufeben,  tuie  fidl  bie  eoangelifdie  Kirdie  norb= 
amerikas  auflöft?  Sdimad)  über  uns,  roenn  tpir 
hier  nicf]t  täten,  tpas  cpir  können!  Die  fleiben^ 
miffion  unterftut?en  toir,  unb  bie  oorlianbenen  öe= 
meinben  laffen  toir  untergeben?  Taufenbe  laffen 
roir  oerfdimaditen,  ba  toir  uns  fooiel  TFlülie  geben, 
um  einzelne  zu  getoinnen?  IDir  beten,  baß  fidi 
ber  flerr  eine  eroige  Kirdie  aus  ben  Reiben  fammle, 
unb  gefammelte  öemeinben  laffen  irir  ber  Per= 
fübrung  zum  Preis?  Die  uns  fo  nal)e  ftelien,  oer= 
geffen  tnir  unb  ftrecken  uns  nach  benen,  bie  nod] 
ben  öötfen  bienen?  Cins  follte  man  tun  unb  bas 
anbere  nicht  laffen!  Ruf,  Brüber,  laffet  uns  helfen, 
fooiel  roir  können!« 

Der  fluffaty  tuar  nicht  ohne  Crfolg;  es  floffen 
reichlich  öaben,  IDährenb  IDucherer  unb  £öhe  fich 
über  bie  zroeckmäßigfte  Percpenbung  biefer  öelb= 
fpenben  berieten,  kam  berSchuhmachergefelle  fibam 
Crnft  aus  Öttingen  zu  feinem  früheren  Seelforger, 
bem  Pfarrer  IDucherer,  unb  bat,  man  möchte  ihn  aus= 
bilben  laffen  unb  nach  llorbamerika  fenben.  Cr 
hatte  nämlich  in  flfch  in  Böhmen,  iro  er  arbeitete, 
ben  Aufruf  gelefen,  unb  ba  er  fchon  lange  mit  bem 
öebanken,  zur  IHiffion  zu  gehen,  fich  getragen, 
coanbte  er  fich  an  ben  Dresbener  üerein  für  bie 


61 


lutberifdie  Kirdie  in  Tlorbamerika,  erliielt  aber  ben 
Befdieib,  er  follte  Heb  in  feiner  eigenen  Ijeimat 
umtun,  ob  er  nictit  öelegenlieit  fänbe,  fictl  für  ben 
Dienft  in  nmeril^a  ausbilben  zu  laffen.  «Tlun  Ratten 
wir»,  fdirieb  Colie  im  Redienfdiaftsberidit  oon  1X47, 
«einen  unoerkennbaren  IDink  empfangen,  bie  Sadie 
felbftänbig  zu  treiben,  tüir  taten  alfo  oon  außen 
gebrungen,  toas  zu  tun  coir  nicht  begehrt  batten.» 
es  gefeilte  fid]  nodi  ein  ztoeiter  Sd]u!er,  öeorg 
Burger  aus  Horblingen  bazu  unb  fo  toar  ber  Anfang 
gemadit  zu  bem  oerbeißungsoollen  TDerk  ber  immer 
ipeiter  fid]  ausbebnenben^TTeuenbettelsauerlTIiffion.'» 
Eöbe  übernabm  ben  Unterridit  ber  beiben 
3öglinge,  toeldie  nadi  TIeuenbettelsau  überfiebelten, 
unb  fudite  fie  foroeit  zu  förbern,  baß  er  fi<^  ani 
IL  Juli  1S42  nadi  nmerika  zieben  laffen  konnte. 
Sie  follten  als  diriftlidie  Sdiullebrer  ber  z.  T.  obne 
Religionsunterridit  auftoadifenben  Jugenb  bienen 
unb  babei,  toenn  nötig,  ibr  früheres  öefdiäft  be= 
treiben,  fim  5.  fluguft  fdiifften  fidi  bie  Senbboten 
in  Bremen  ein,  nacbbem  fie  zu  Fuß  bortbin  ge= 
toanbert  toaren,  unb  am  26.  September  lanbeten 
fie  in  TIeir=york.  £öbe  nannte  in  bem  Brief  an 
einen  Freunb  in  l^annooer  biefe  beiben  Tlotbelfer: 
«ztoei  Körnlein  Salzes  für  ein  Brofamlein  Gottes, 
für  etlidie  oerlaffene  ölaubensboten  in  TTorb= 
amerika.*»  Sie  tourben  freunbüdift  aufgenommen, 
Crnft  übernahm  alsbalb  eine  neu  errlditete  beutfdje 
Sdiule  in  Columbus  (Ohio),  toäbrenb  Burger  zur 


CSIOlCMCS-lty-lCS-lCMCM        62 


r^r^r?3ivDrarof.53r<5j 


weiteren  nusbil^ung  in  bas  bortige  tlieologifdje 
Seminar  eintrat,  um  oollenbs  fOr  bas  Prebigtamt 
Dorbereitet  zu  roerben.  RucJ,  Crnft  Dertaufdjte  nadj 
kurzer  3eit  ben  feljrerberuf  mit  bem  Prebigtamt, 
ba  ber  Prebigermangel  bies  erljeifdite. 

följe  Ijatte  ben  beiben  jungen  feuten  einen 
empfelilungsbrief  mit  auf  ben  Weg  gegeben    roe!» 
cfter  gerabezu  ein  meifterftü*  apoftolifdier  IPeisljeit 
genannt  tuerben  barf.    In  bemfelben  Wm  es  z  B  - 
"Il)r  möget  nun  aber  im  priefterlicijen  ober  im 
Sdjulamt  arbeiten,   fo  gebt  ibr  uns  burdj  Cure 
namensunterfdjrift,  foroie  burd)  bargereidjte  Bruber» 
Ijanb  bas  Gelöbnis,  Cudj  ftrenge  zu  ber  apoftoli= 
fdien,  nun  in  ber  3eit  iljres  Kampfes  eoangelifd)= 
lutijerifd)   genannten   Kirdie   zu  Ijalten   unb  jebe 
kirdilid]e  öemeinfcliaft  anbern  Hamens  unb  IDefens 
zu  meiben.    Um  ber  Perfaffung,  um  bes  äußeren 
IDanbels  ihrer  eiieber  roillen  ziebet  l?eine  anbere 
öemeinfdiaft,  l^eine  Sekte  ber  Kirdje  por.    Da  ift 
bie  Kircbe,   roo  man  bas  Wort  unb  bie  lieiligen 
Sakramente  oljne  3u=  unb  Abtun  feftliält.    Bei  ber 
bleibet!  -  Hur  för  iljren  Dienft  haben  roir  Cudi 
bisher  unterftüt?t,  nur  für  Re  werben  roir  euch 
ferner  unterftüt?en.  -  niöget  Ihr  bie  erften  Schroalben 
fem,  bie  einen  reichen  Frühling  Derkünbigen !  mögen 
aus  ben  gefegneten  beutfchen  Sauen  Scharen  oon 
eoangeliften,  begabt  mit  mancherlei  Gaben,  aus= 
ziehen,  auf  baß  auch  flmerika  zu  ben  fanben  Der= 
fammelt  roerbe,  pon  benen  roir  fingen,   baß  fie 


Seiner  Clire  ooll  finb.«  Aus  bem  ziemlid]  umfang» 
reidien  Begleitfdireiben  rebete  ein  heiliger  Cifer  für 
\A^  Sadie  ber  Cutberaner  in  Amerika  unb  eine 
oäterlidie,  berzlicöe  Ciebe  für  bie  erften  Senblinge 
Tleuenbettelsaus. 

InzcDifdien  roar  ber  beutfd]=amerikanifcl]e  eeift= 
lidie  IDyneken,  beffen  flammenber  Aufruf  fölie  zur 
UTitarbeit  in  ber  furforge  für  bie  beutfdien  Cutlie= 
raner  jenfeits  bes  Ozeans  begeiftert  hatte,  felbft 
nadi  Deutfdilanb  gekommen,  um  feinem  fiilferuf 
burdi  perfönlidie  Bezieliungen  weiteren  Tladibruck 
zu  Derleilien.  Zx  kam  auch  mit  Eöhe  zufamrnen, 
treldier  gleichzeitig  burch  bie  öhiofynobe  in 
Columbus  —  in  berfelben  iraren  bie  lutherifchen 
öemeinben  jener  öcgenben  zufammengefchloffen  — 
fchriftlich  gebeten  irorben  toar,  ipeiter  für  ?ius= 
fenbung  entfprechenb  ausgebilbeter  junger  Tllänner 
in  bie  bortigen  öemeinben  Sorge  zu  tragen,  foroie  bie 
Bereicherung  ber  Seminarbibliothek  oon  Columbus 
mit  guten  theologifchen  IDerken  zu  betreiben.  In 
Hurnberg  fanb  eine  Beratung  oon  Freunben  biefer 
Reichsgottesfache  ftatt  unb  man  einigte  fich,  bie 
IDünfche  ber  öhiofynobe  nach  Kräften  zu  Derroirk= 
liehen,  einige  Senbboten,  \yi^  fich  nach  THichigan 
cDanbten,  fchloffen  fich  ber  kleinen  lüichigan» 
fynobe,  in  roelcher  Cingetuanberte  aus  TDürttem= 
berg  meiftens  oereinigt  roaren,  an.  Cöhe  fah  biefe 
Derbinbung  nicht  ungern,  ba  in  ben  Kreifen  biefer 
Synobe  bereits  üeranftaltungen   getroffen  roorben 


64      rororarororar^oro 

iparen,  ben  Damals  nodi  zal^lreidien  Inbianern  In 
ITfidiigan  bas  eoangclium  zu  bringen. 

3ur  finanziellen  Sidierftellung  grünbete  föbe 
bie  «tcirdilidien  lüitteilungen  aus  unb  über  norb= 
ameril^a»»,  tpeldie  im  Jabre  1843  zum  erftenmal 
erfdiienen  unb  in  ben  erften  Jaliren  ein  ftattlidies 
Keinerträgnis  abroarfen.  In  l^annooer,  Sadifen  unb 
Illecklenburg  fcftloffen  fidi  befreunbete  Kreife  bem 
kirdilidien  Tlliffionsiperke  an,  beffen  lDeiterfül}rung 
unb  Ceitung  Cölie  auf  ausbrücklidien  IDunfd)  ber 
Freunbe  übertragen  blieb.  So  tourbe  er  für  ge= 
räume  3eit  «ber  perfönlidie  Hlittelpunkt  aller  in 
Deufcblanb  fidl  regenben  Beftrebungen  für  bie 
amerikanifcfte  TTIiffionstätigkeit.»»  In  ben  nädiften 
Jahren  zogen  weitere  ITotbelfer  aus,  unter  ilinen 
aud]  eine  finzalil  akabemifd)  gebilbeter  Hlänner. 
Im  Dom  zu  Sdiirerin  tourben  im  Jalire  1X45  zum 
erftenmal  zipei  TIeuenbettelsauer  Senblinge  orbi= 
niert,  tDOzu  ber  öroßlierzog  feine  Erlaubnis  er= 
teilt  hatte.  Im  gleichen  Jahre  oeröffentlichte  föhe 
einen  «3uruf  aus  ber  Ijeimat  an  bie  beutfch^ 
lutherifche  Kirche  Tlorbamerikas»,  melcher  oon  nahe= 
zu  1000  Hamen  unterzeichnet  mar.  lüit  Bezug 
barauf  fchrieb  ber  Perfaffer:  «mannigfaltig,  roie 
bie  ftreitenbe  Kirche  öottes  oor  bem  Qerrn  fteht, 
ftehen  biefe  Hamensunterfchriften  oor  ben  Augen 
bes  Eefers.  Iiirten  ber  Qerben  unb  ölieber  ber 
gerben,  hochgelehrte  unb  meife  unb  ungelehrte, 
hochgeftellte  unb  niebrige  Brüber  unb  Kinber  öottes, 


finbet  man  öier  bdfammen.  Ilir  Ja  unb  Tlrnen 
madit  ben  3uruf  zu  einer  roalirbaftigen  Stimme 
aus  ber  öemeinbe  (Deutfcblanbs)  an  bie  öemeinbe 
(Horbamerikas).« 

Aus  konfeffionellen  örünben,  bann  aber  audi 
aus  nationalen  -  es  brol}te  bie  flnglifierung  bes 
Seminars  in  Columbus  -  löften  bie  Heuenbettels^ 
auer  Senbboten  bie  anfänglidie  Uerbinbung  mit 
ben  Synoben  oon  öliio  unb  lüidiigan  auf  unb 
fuditen  nadi  föfte's  IPeifung  Fühlung  mit  ben  aus= 
geipanberten  fädififdien  futlieranern  im  Staate 
Jlliffouri.  So  entftanb  im  Jabre  1S47  bin  iniffouri= 
fynobe,  tüeldie  fidi  balb  zu  einer  anfebnlidien 
Kirdiengemeinfdiaft  entcDid^elte.  ein  Jabr  zuoor 
toar  ein  eigenes  Prebigerfeminar  gegrunbet  tporben, 
tpeldies  alsbalb  ber  Ricbtung  biefer  Synobe  bienen 
follte,  unb  zroar  in  Fort  IDayne.  £öbe  unb  feine 
Freunbe  brachten  zum  großen  Teil  bie  Tllittel  auf,  mit 
roeldien  man  in  ber  Habe  ber  Stabt  Fort  IDayne  ein 
örunbftuck  famt  öebäulidikeiten  erroerben  konnte. 
Dortbin  rourben  nadi  kurzer  Porbereitung  bie  jungen 
HTänner  gefdiickt ,  roelcbe  fid]  in  Deutfdilanb  zum  Dienft 
berKircbeinTIorbamerika  anboten.  Dodi  traten  bann 
aud)  aus  ben  bortigen  öemeinben  folcbe  ein,  roeldie  ficb 
zu  Prebigern  ober  f ebrern  ausbilben  laffen  toollten. 

£öbe  übergab  ber  Synobe  bas  Seminar  unb 
oerfpradi  roeitere  kräftige  llnterftul^ung.  Um  nun 
bies  neue  Seminar  -  fo  redit  eine  örunbung 
föbe's  unb  feiner  Freunbe  -  befto  reicbüdier  mit 

Cid) n er,  Cöl)e.  c 


Sdiülcrn  füllen  zu  können,  coeldie  einigermaßen 
vorbereitet  unb  zum  Dienft  ber  Kirdie  tauglid]  er= 
funben  toaren,  ipurbe  um  biefelbe  3eit  (1X46)  in 
üurnberg   bie   fogenannte  «TITiffionsDorbe  = 
r  e  i  t  u  n  g  s  a  n  ft  a  1 1»  erriditet.   Der  Begrunber  ber= 
felben  toar  ber  Kanbibat  Friebrid]  Bauer,  roeldier 
bamals  in  Tlürnberg  an  einer  ber  polieren  Sd]ulen 
bas  FImt  eines  Katecheten  bekleibete  unb  ein  be= 
fonberer  freunb  Eölie's  irar    Cin  ftattlidier  Kreis 
Don  iniffionsfreunben  forgte  für  bie  flerbeifdiaffung 
ber   nötigen    öelbmittel.     Die  flnftalt   beftanb   in 
freier  Form  bis  zum  Jabre  1X49,  in  roeldiem  burdi 
bie  pon  Cöbe  b^^rbeigefübrte  örünbung  ber  «öe= 
fellfdiaft  für  innere  Hliffion  im  Sinne  ber  lutlieri= 
fcben  Kircbe  in  Bayern»»  bas  ganze  amerikanifdie 
ßilfscperk   eine    feftere    öeftalt   bekam.     Friebridi 
Bauer(f  1 X74)  tourbe  zum  Infpektor  berflnftalt  innüm= 
berg  beftellt.  Die  letztere  rourbe  im  Jabre  1853  nach 
Tleuenbettelsau  oerlegt  unb  bilbete  oon  ba  ab  bie 
3öglinge  meift  oöllig  oor,    flls  Illiffionsrcbule  —  in 
ber  IDibmung  bes  Budies  «Der  eoangelifcbe  öeift= 
lidie»»  nennt  jie  fö!)e  eine  «Pfianzfcbule»  —  ipar 
biefelbe  mietroeife  in   bem   fiaufe   bes   Infpektors 
untergebracht,  bis  fie  im  Jalire  1X67  ein  eigenes 
unbiPürbigesQauserliielt.  Cine große Flnzabl tüchtiger 
öeiftlidier  ging  aus  ber  Tinftalt  beroor  unb  f  öbe  konnte 
fid]  über  beren  TDeiterenttuicklung  aufrichtig  freuen. 
Daß  es  im  Jahre   1X53  auch  zu  einer  fos= 
trennung  oon  ber  Hliffoufifynobe  kam,   empfanb 


67     rororororor^rora 

niemanb  fcbmerzlidier  als  Tölie  felbft.  «Im  Fanatis= 
mus  kirdilidier  JITelnungen  unb  bes  Unbankes«, 
wld  Eöbe  felbft  fagtc,  l}atten  fid]  bic  eigenen 
Sdiüler  toegen  feiner  letztere  zu  bierardiifd)  bünken= 
ben  nnfcbauungen  oom  kirdilidien  fimt,  befonbers 
audi  Don  ber  örbination,  losgefagt.  Die  iniffoun= 
fynobe  oertrat  mehr  ben  Stanbpunkt  einer  faien= 
gemeinbe,  toeldie  ilire  (jirten  wn\}\t  unb  orbiniert, 
fölie  roies  bagegen  tlin  auf  ben  göttlidien  Faktor, 
roeldier  bem  kird]lichen  nmt  unb  ber  Orbination 
ilire  IDeilie  gibt,  unb  liielt  an  ber  göttlidien  Be= 
rufung  feft,  roeldie  ben  Umtsträger  oor  ber  IDillkur 
ber  Cinzelgemeinbe  fd)üt?t.  In  bem  Eanbe  «aller 
diriftlidien  unb  kird]lidien  Freilieit*»  ipar  fold]  ein 
lüeinungsaustaufcl]  nid]ts  Seltenes  unb  eine  neuer= 
lid]e  Eostrennung  nid]ts  flbfonberlidies.  In  bem 
ztDifdien  folie  unb  ber  Synobe  ausgebrodienen 
febrftreit  rourben  lange  üerbanblungen  gepflogen, 
ausgebebnte  Korrefponbenzen  geführt.  £öl}e  tuurbe 
zur  perfönlidien  Prüfung  ber  Perbältniffe  unb  munb= 
lidien  flusfpradie  oon  ber  Hliffourifynobe  einge= 
laben.  Da  er  gerabe  in  biefer  3eit  anberroeitig  in 
Tlnfprud]  genommen  tpar,  ipurben  ztoei  Pertreter 
ber  Synobe  nadi  Deutfdilanb  gefanbt,  um  ben 
«alten,  treueften  Freunb  ber  lutlierifdien  Kirdie 
Tlorbamerikas,  ben  berebteften  Furbitter  berfelben 
tuenn  nidit  oor  Gott,  fo  bodi  bei  ben  Brubern,  In 
roeld]em  bie  ITIiffourifynobe  red)t  eigentlid]  ibren 
geiftlidien  Pater  zu  oereliren  l]abe,»>  toieber  zu  ge« 


roinnen.  Inbeffen  bie  Trennung  ließ  fid)  nict}t  auf« 
lialten.  es  bilbeten  ficil  anbere  Differenzpunkte 
heraus,  toenngleidi  Cölie  unb  feine  Freunbe  biefer 
Perfdiiebenlieit  ztpar  nid]t  bie  Bebeutung  beilegten, 
baß  um  ibretCDillen  bie  Kircliengenieinfd]aft  aufge= 
l}oben  unb  alfo  bie  Kirdie  zerriffen  iperben  müßte. 
Als  aber  ber  Präfes  ber  Tlliffourifynobe  an  ilin  bas 
Perlangen  ftellte,  bas  im  Jabre  1X52  zu  SaginaiD= 
City  gegrunbete  Sdiullebrerfeminar  entroeber  ber 
Synobe  zu  übergeben  ober  ganz  aufzulöfen,  fonft 
müßte  es  als  eine  fdiismatifdie  flnftalt,  b,  b.  eine 
foldie,  tpeldie  eine  Spaltung  anrichte,  betrachtet 
roerben,  ba  fab  Tobe  ein,  baß  ein  frieblidier  flus= 
gleich  nicht  mehr  möglich  fei,  unb  ftimmte  ber 
Trennung  bei.  Schmerzlicher  noch  als  bie  Eöfung 
oon  ber  Hliffourifynobe  traf  ihn  bie  bamit  gegebene 
Tlbfage  ber  fränkifchen  Kolonien  in  Saginatp=Cöunty. 
In  einem  oon  heiligftem  Crnft  erfüllten  unb  in  tieffter 
IDehmutgefchriebenenBriefefagteerbiefenöemeinben 
febetpohl.  Csroar  bamals  gerabe  feine  hochbetagte 
Hluttergeftorben,  fo  baß  er  auf  fchroarz  geränbertes  Pa= 
pierfchrieb,  nicht  bloß  beshalb«fonbern  auch  weil»»  - 
fuhr  er  fort  -  «biefer  Brief  eine  Art  nbfchiebs=  unb 
Sterbebrief  für  mich  in  einem  anberen  Sinne  ift  Be= 
finnt  euch,  wie  es  mit  ben  SaginaiD=Kolonien  nach 
unb  nach  geiporben  ift,  unb  es  toirb  euch  auch  ein= 
fallen,  ipie  nahe  mein  lierz  unb  meine  Ijanb  biefen 
Kolonien  geroefen  ift.  Iieute  nimmt  nicht  mein  fjerz,. 
aber  meine  Ijanb  oon  ben  Kolonien  flbfchieb.» 


69      ror^rorarororaro 

5wQ\  Der  TIeuenbettelsauer  Senbboten  —  ö. 
öro^mann,  cDcldier  bas  Eebrerfeminar  in  Saginato 
leitete,  unb  J.  Deinbörfer,  Paftor  In  ber  fränkifcben 
Kolonie  Frankenliilf  —  rieten,  bie  amerikanifdie 
IDirkfamkeit  in  ben  fernen  IDeften  zu  oerlegen. 
föbe  ging  auf  biefen  üorfcftlag  ein  unb  gab  bie 
TDeifung:  «Auf  nad]  Joroal»  So  kam  es  im  ök= 
tober  1X53  zur  Uberfiebelung  öroßmanns  unb  Dein= 
börfers  nadi  Joipa,  tpo  man  fieti  zuoor  nad]  einem 
geeigneten  Platy  zur  Tlieberlaffung  umgefelien  hatte. 
Mit  ihnen  zogen  außer  ztuei  Seminariften  nod) 
eine  finzal]!  anberer  lutlierifdier  Cliriften,  unter 
roeldien  ber  örunber  ber  Kolonie  Frankenl}ilf  öott= 
lob  Amman  fidi  befanb.  Unter  oiel  Illulien  unb 
Cntbebrungen  oollzog  fid)  bie  Tlieberlaffung.  öro|^~ 
mann  kam  balb  zu  ber  Überzeugung,  ba|^  Dubuque, 
eine  Stabt  am  Tlliffiffippi,  ber  paffenbe  ort  für  bas 
Seminar  fei,  oon  too  aus  audi  bas  Tlet?  bes  CDan= 
geliums  nadi  oerfd)iebenen  Seiten  hin  ausgeroorfen 
roerben  könne,  tuährenb  Deinbörfer  mit  fimman 
Clayton  =  County  als  geeigneten  Punkt  für  eine 
Flnfiebelung  hielten.  Diefe  Tlieberlaffung  rrurbe 
nadi  bem  öottesboten,  ber  in  alten  3eiten  bas 
Coangelium  in  bie  öegenb  oon  Tlürnberg  bradite, 
St.  Sebalb  benannt. 

Das  Cehrerfeminar,  toeldies  zuerft  in  Hliete, 
bann  in  einem  eigenen  f]eim  zu  Dubuque  (jetft 
befinbet  fidi  an  ber  Stelle  Pfarr=  unb  Sdiulhaus 
ber  St.  Johannisgemeinbe)   untergebradit  tpar,  — 


bie  öefellfdiaft  für  Innere  Tlliffion  im  Sinne  Der 
luttierifdien  Kirdie  in  Bayern  madite  es  ber  Sy= 
nobe  im  Jal}re  1X55  zum  öefdienk  -  ipurbe  als= 
balb  in  ein  Prebigerfeminar  umgeiranbelt.  Da  fict] 
ber  Unterl}alt  in  einer  Stabt  zu  teuer  ftellte,  tpurbe 
bie  flnftalt  in  ben  Bereidi  ber  öemeinbe  zu  St. 
Sebalb  oerlegt.  Dort  cpurbe  eine  Farm  angekauft 
unb  ein  zroeiftöckiges  öebäube  aufgeführt  toeldies 
im  Jal}re  1X57  am  Reformationsfeft  als  Seminar« 
gebäube  eingeroeilit  ipurbe.  Dasfelbe  erhielt  ben 
bebeutfamen Hamen:  «lDartburg=Seminar», hierüber 
bieß  es  im  «Kirdienblatt» :  «Das  Seminar  ftebt  auf 
einer  Unböbe,  auf  bem  bödiften  Punkt  in  ber 
ganzen  Umgebung;  gegen  Suben  unb  nodi  mebr 
gegen  IDeften  breitet  fidi  zu  feinen  fußen  eine 
ipeite,  oiele  Hleilen  betragenbe  Prärie  aus  unb 
malint  fo  bas  liaus  auf  feiner  f]öl]e,  mit  feinem 
gen  liimmel  ragenben  Kreuze  toeitbin  fiditbar,  alle/ 
bie  in  feine  Habe  kommen,  bie  lierzen  oon  ber 
Crbe  bimmelipärts  zu  kebren.  .  .  .  IDie  roir  nun 
am  Dank=  unb  freubenfeft  bes  billigen  IPerkes 
ber  Reformation  unfere  TInftalt  ganz  in  öottes 
fijänbe  nieberlegten,  luie  ber  TIame  <*lPartburg»>  uns 
immer  mabnt  fo  oerleib  uns  öott  ba(^  fie  je  mebr 
unb  mebr  eine  fefte  Burg  coerbe,  barinnen  tapfere 
Streiter  Jefu  gebilbet  cperben,  bie  mannbaft  ibres 
Qerrn  Kriege  fübren  unb  allezeit  toacbenb  balten 
ob  bem  Kleinob  unferer  Kirdie,  bem  teuren  Be= 
kenntnis   unb   beiligen   Crbe  unferer  Pater.»»    Im 


£aufe  Der  Jalire  eripiefen  fidl  bie  Raumlidibciten 
zu  klein  unb  ein  Tleubau  erfdiien  bringenb  not= 
ipenbig.  Der  Synobe  ipurbe  in  Hlenbota  (Illinois) 
um  oerbältnismäl^ig  billigen  Preis  ein  größeres 
leer  fte^enbes  Tlnftaltsgebäube  angeboten.  Jüan  ent= 
fdiloj?  fiel]  zum  Rnkauf  unb  im  Jaljre  1S74  l]ielt 
bas  Seminar  in  bem  neu  liergeriditeten  Bau  feinen 
einzug,  bis  bann  im  Jalire  1SS9  bie  flnftalt,  cDeldie 
fidi  immer  melir  oergroßerte,  in  Dubuque  ein 
abermals  größeres  (jeim  fanb.  Das  Seminar  war 
nun  ipieber,  wo  es  zuerft  getpefen.  In  ben  Beginn 
ber  fediziger  Jahre  fiel  bereits  ber  finfang  bes 
lUartburg=Kollegium,  einer  Art  Porfdiule  für  bas 
Prebigerfeminar,  tpelcfjes  aber  zugleidi  jungen 
feuten  uberliaupt  eine  allgemeine  bösere  Bilbung 
im  diriftlidien  Sinne  oermittelt.  3u  biefen  beiben 
Celjranftalten  gefeilte  fidi  bann  im  Ijerbft  1S7X 
ein  lDartburg=rel}rerfeminar  zur  üusbilbung  oon 
öemeinbefdiullebrern. 

3ipei  kleine  öemeinben  —  bie  St.  Jol]annis= 
gemeinbe  in  Dubuque,  bie  St.  Sebalbusgemeinbe 
in  Clayton  -  batten  fidi  gebilbet.  nis  bann  im 
Jabre  ]X54  aus  ber  Tlfiffionsanftalt  zw2\  lueitere 
Arbeiter  nadigefanbt  ipurben  unb  bas  Sdiullel]rer= 
feminar  in  ein  Prebigerfeminar  umgeiuanbelt  toorben 
n7ar,  glaubte'  man,  zu  einer  fynobalen  örgani« 
fation  fdireiten  zu  können,  üier  Bruber  (6.  eroß= 
mann,  J.  Deinbörfer,  S.  fritfcbel  unb  HI.  Sdiüller) 
toaren  es,  ipelcbe  am  24.  Auguft  1E54  im  Pfarr* 


72     rorardrororaroTQ 

baufe  zu  St.  Sebalb  bie  eoangeUfd)  =  lutt]c  = 
rifdieSynobe  oon  Joroa  grunbeten.  £öl}e  fdirieb 
Don  il]r  in  einem  fluffat?  in  ben  kirdilidien  MU 
teilungen  fünf  Jalire  fpäter:  «Die  Tlbfidit  bes  Da= 
feins  ber  Joirafynobe  ift  keine  anbere  als  unfere 
eigene  Richtung  eines  auf  alter  Bafis  immer  doII= 
ftänbiger  [läf)  erbauenben,  immer  fegensreidier 
roirkenben  futbertums  in  flmerika  zu  repräfen= 
tieren.  fern  oon  amerikanifdier  Boxerei  unb  Klopf= 
fectjterei,  im  Beroufitfein  einer  IDalirbeit,  bie  nicht 
zu  übertuinben  ift  ftark  in  ber  Tbefis,  gebulbig 
gegen  Cxtraoaganzen  anberer  lutherifdier  Ricli= 
tungen,  foll  fie  berufen,  fammeln  unb  erleuchten, 
mas  öott  ber  Ijerr  ihr  gibt.«  «Die  Synobe,«  fuhrt 
Deinbörfer  aus,  «ftellte  fich  bei  ihrer  örunbung 
auf  bas  ganze  IDort  öottes  Alten  unb  TTeuen  Tefta= 
ments  unb  auf  bas  ganze  Bekenntnis  ber  eoan= 
gelifch=lutherifchen  Kirche,  roie  es  im  Konkorbien= 
buch  Dom  lahre  15X0  niebergelegt  ift,  iporauf  jebe 
lutherifche  Synobe  ftehen  muß,  bie  biefen  Hamen 
mit  Recht  tragen  roill.  IDas  bie  lutherifche  Kirche 
in  ihren  Bekenntnisfchriften  als  ihren  Glauben  in 
ben  oerfchiebenen  Artikeln  gegenüber  allerlei  Irr= 
tümern  aus  öottes  klarem  IDort  bekennt  unb  lehrt, 
bas  roollte  auch  fie  bekennen  unb  lehren.  Da= 
gegen  trollte  fleh  bie  Synobe  keine  zweifelhaften 
Cehrmeinungen,  über  roelche  fich  bie  Gelehrten 
ftritten  unb  ftreiten,  als  Glaubenslehren  aufbringen 
taffen  unb  oon  ihrer  Annahme  bie  Kirchengemein= 


fdiaft    abliängig    madien,    trie    man   es   in   ber 
niiffourifynobe   erfahren    batte.     Unb    nadi    bem 
aus  eottes  klarem  IDortc  gcfcböpftcn  Bekenntnis 
ber   lutlierifcöen   Kirdie  follte  nidit  allein  gelehrt 
fonbern  aud]  gelebt  unb  geöanbelt  iperben.    Die 
eemeinben,  roeldie  gefammelt  kirdilid]  oerforgt  unb 
In  bie  eiiebfdiaft  aufgenommen  toerben  roollten, 
füllten  auf  biefem  örunbe  ftelien,  unb  nur  foldie 
eiieber,  roeldie  bem   Bekenntnis  ber  lutöerifdjen 
Kirdie   ergeben   roaren  ober  basfelbe  aus  Uber= 
Zeugung  annahmen,  follten  in  bie  öemeinben  auf= 
genommen  toerben.    In  ben  öemeinben  follte  nadi 
bem  IDort  bes  ßerrn  audi  3udit  gegenüber  ungött= 
lidiem  £eben  unb  Treiben  geübt  unb  infonberlieit 
foldie  eiieber,  tDeldie  in  Ungeliorfam  gegen  öottes 
IDort  unb  Gebot  fielen  unb  bies  nidit  buj^fertig  er= 
kennen  unb  abtun  toollten,  oom  lieiligen  Ilbenbmalil 
fern  gelialten  unb  fdiließlidi  nadi  Tllattli.  IX,  15-18 
oon  ber  öemeinbe  ausgefdiloffen  iperben.» 

Cölie  unb  feine  öetreuen,  roie  Fr.  Bauer,  fr. 
IDudierer,  eb.  Stirner,  konnten  mit  biefer  TIeuge= 
ftaltung  zufrieben  fein.  Denn  bie  einmal  in  Segen 
begonnene  IDirkfamkeit  in  flmerika  aufzugeben, 
roer  liätte  fidi  bazu  ernftlidi  entfdiließen  können? 
In  bem  großen  Eanbe  gab  es  neben  ber  iniffourt= 
fynobe  Raum  genug  zu  miffionierenber  Arbeit, 
tDurbe  bodi  bie  3alil  ber  kirdilidi  nodi  unoerforgten 
eiaubensgenoffen  burdi  bie  fortgelienbe  einroan^ 
berung  aus  Deutfdilanb  immer  größer,    «^s  irar 


ein  armfeliger  Anfang  -  ber  Unfang  biefer  Synobe« 
-  l}elßt  es  in  bem  großen  IDerke:  «öefdiidite  ber 
eDangel.=lutli.  Synobe  von  Joira  u.  a.  Staaten.»  - 
»Die  oier  TTIänner  iparen  nodi  jung  unb  unerfahren 
in  ber  Arbeit  bie  oor  il)nen  lag;  ilire  erfahrenen, 
gereiften  freunbe  roaren  in  toeiter  Ferne  unb 
i^onnten  ihnen  toenig  raten.  Sie  hatten  ein  Semi= 
nar,  aber  keine  eigene  fjeimat  bafur  unb  keine 
mittel  zur  Crftaltung  besfelben.  öemeinben  tuaren 
erft  CDenige  oorlianben,  anbere  ipenige  erft  im 
IDerben.  IDenn  bies  geringe  Samenkorn  bennod) 
zu  einem  Baume  fterangeroadifen  ift  unter  oielen 
IPiberroärtigkeiten  unb  Stürmen,  ber  feine  flfte  unb 
3ipeige  jetft  ausbreitet  fo  gebülirt  um  fo  melir  bem 
lierrn  allein  Cbre  unb  Preis.«  Im  Jalire  1X64,  als 
bie  Synobaloerfammlung  in  St  Sebalb  tagte  unb 
zugleich  bie  Feier  bes  zehnjährigen  Beftanbes  ber 
Synobe  beging,  zählte  biefe  bereits  42  öeiftliche, 
Profefforen  unb  TUiffionare  unb  um  60  öemeinben, 
unb  ein  Jahr  nach  Eohe'sTob  roaren  in  berfelben  oer= 
einigt  100  öeiftliche  unb  über  150  öemeinben.  Cs 
tpar  alles  auf  ölauben  gebaut  roorben,  aber  bk 
lioffnung  lie|^  auch  hier  nicht  zufcbanben  roerben. 
Durch  heiße  TInfangsnöte  roaren  bie  beiben  erften 
öemeinben  hinburchgegangen.  Cohe  trug  bas  neue 
IDerk  auf  betenbem  l]erzen  unb  teilte  auch  hier 
reblich  bie  materiellen  Tlote  unb  Sorgen.  «IDir  finb 
immer  bie  firmen  oon  Cyon»,  fagte  er  ipoht  «ein  armes 
IDaffer  Siloah.    IDenn  ber  ßerr  uns  nicht  fegnen 


ipollte,  cDurben  wir  gar  oertrocknen.«    Cs  gelang 
ilim  Immer  toieber,  bie  öemeinben  für  bie  Sadie 
zu   begeiftern,  junge  Ceute  in  ber  Uliffionsarbeit 
Ijeranbilben  zu  laffen   unb   nadi  Amerika  auszu= 
fenben.    öline  Eölie  unb  bie  eefellfdiaft  für  innere 
miffion  im  Sinne  ber  lutberifcben  Kirdie  in  Bayern 
iDürbe  bie  Joroafynobe  nidit  fo  rafd)  zu  ilirer  nun= 
melirigen   öröfie   unb   Bebeutung  enradifen   fein. 
Um  ihres  Urfprunges  roillen  trägt  bie  Synobe  nodi 
il)ren  Tlamen  oon  bem  Staate  Joroa,  roietDolil  fie 
inzroifcben  in  einer  ganzen  Reibe  oon  Staaten  öe= 
meinben  gefammelt  unb  außer  in  ben  roeftlidien 
Staaten  floroa,  Illinois  u.  a.)  namentlidi  aud]  im 
öften  (inidiigan,  öliio  u.  a.)  feften  fuß  gefaßt  liat. 
Im   lalire    1866  burfte    Cofte    bas   fünfunb= 
zroanzigjälirige  Jubiläum  ber  amerikanifcben  TTlif^ 
fionstätigkeit  feiern.    Cr  tat  bies  am  20.  S.  n.  Ir. 
aus  Anlaß  bes  eoangeliums  (Hlattli.  22, 1  -- 14).    So 
felir   er   fidi   über  ben  gefegneten   Fortgang   ber 
Jotoafynobe  freuen  konnte,  fo  blieb   es  ibm  bodi 
ein  brennenber  Sdimerz,   baß  bie  Hliffourifynobe 
oon  ilim  fidi  abgeroanbt  hatte.    Der  öebanke  baran 
zog   fid]  «tpie  ein   Ton  ber  lOehmut  aud]  burd) 
feine  feftprebigt  unb  feftrebe  am  Tfadimittag  bes 
gleidien  Sonntags  burdi.«    TDar  freilidi  nidit  alles 
erreidit,  mandies  fogar  mißlungen,  ein  Segensroerk 
cDar  bodi   oollbradit,   bas  zu  Coben  unb  Danken 
genug  Anlaß  bot.    Unter  öottes  gnäbiger  Durdi= 
hilfe  roar  erreidit  bas,  roas  Cobe  unb  feine  freunbe 


76      rararoror^raroro 

Ginft  zur  Furforge  für  bie  luttierifcbcn  Deutfdien  in 
Tlorbamerika  Gntflamtnt  liatte,  unb  bcm  er  am 
Sdiluffe  ber  erroäljnten  feftrebe  flusbruck  oerliel) 
in  ben  IDorten:  «IDas  aber  bas  Herrlidifte  Ift 
immer  nodi  geben  bie  Boten  mit  bem  Coangelium 
eines  eipigen  friebens  in  bie  IDälber  flmerii^as, 
immer  nodi  iperben  hk  3erftreuten  gefammelt, 
öemeinben  gegrünbet  Kinber  getauft  unb  unter= 
riditet,  Sterbenbe  getröftet  —  ber  Segen  bes  IDorts 
unb  ber  Sakramente  ift  geblieben.  Piele  finb  von 
unfern  Senblingen  auf  bie  IDege  bes  Friebens  ge= 
fülirt  cDorben,  nicht  bloß  für  Jefum,  fonbern  audi 
für  ein  kirdiüdies  öemeinroefen  auf  Crben  ge= 
iponnen  toorben.  Die  ftille  Tätigkeit  bes  anfangs 
ift  nodi  ba,  fie  ift  bas  einzige,  toas  nodi  geblieben 
ift  unb  fie  cpirb  fortgefet?t  roerben  unb  gefegnet 
bleiben,  unb  um  ibretirillen  mit  ben  reidiften 
Früditen  gekrönt  baben  roir  beute  Redit  unb  Pflidit 
zu  jubilieren.  Ilidits  ift  gegangen,  ipie  irir  CDoUten, 
aber  alles  ift  fo  gegangen,  baß  Jjeil  unb  Segen  uns 
mitgefolgt  ift  bis  auf  biefe  Stunbe,  unb  baß  ber 
fierr  oon  bem  IPerk  unferer  Hänbe  feine  ßanb 
nidit  abgezogen  bat»  TTIan  tuirb  Eöbe's  Furforge 
für  bie  lutberifdien  Deutfdien  in  Tlorbamerika  obne 
3roeifel  «ein  kirdiengefdiiditlidi  bodibebeutfames 
Stud^  feiner Eebensarbeit»  nennen  bürfen,  in  roeldiem 
fein  Tiame  fortlebt  bis  auf  biefen  Tag. 


5*  Kotonifatfon  unD  Inbianermifffon. 

IDie  bereits  angebeutet,  befdiränkte  fictl  föl}e 

nidit    auf    bk    Fürforge    für    bie    eoangelifdien 

Deutfdien   in   Tlorbamerika,    fonbern   begann   im 

3ufammenliang  bamit  bas  TDerk  ber  Kolonifa= 

tion.  Überall  in  beutfdien  Canben  madite  fidi  um  bie 

niitte  bes  19.  Jalirliunberts  eine  große  IDanberluft 

über  ben  Ozean  bemerkbar;  aud)  in  ben  fränkifdjen 

öegenben  Bayerns  zeigte  fidi  unter  ber  länblidien  Be= 

oölkerung  foldi  ein  IDanbertrieb  in  b\2  neue  IPelt. 

Eöiie  erblickte  in  biefer  flusiranberung  eine  IDoliitat 

für  bie  Polksgenoffen,  roeldie  im  eigenen  Uaterlanb 

kein  PorcDärtskommen  finben  konnten  ober  einem 

fozialen  unb  fittlidien  Clenb  zufteuerten.    In  einer 

im   laöre    1849   erfdiienenen  Brofdiüre  über  bie 

fränkifdien    ITieberlaffungen    in    Saginaip=County 

fdirieb  er:  «Piele  Taufenbe  oon  armen  Deutfdien 

oerfallen  babeim  bem  Proletariat.    Cs  ift  für  Per= 

eine  toie  Staaten  unmöglidi,   bie  fdired^üd)   an= 

ipadifenbe  Perarmung  zu  bämpfen  ober  audi  nur 

aufzubauen.«   Da  burd]  bk  bamalige  öefet?gebung 

ber   ärmeren  Beoölkerung  bie  Cbefdiließung  febr 

erfdiroert  roar,  batte  bk  Hrmut  bebenklidje  fittlidie 

öefabren  zur  Folge,  beren  Befeitigung  nadi  föbe's 

Rnfdiauung  burd)  eine  riditige  Kolonifation  ipefent= 

lidi    erleiditert   rourbe.     «Kolonifation    unb   ?lus= 


tpanberung*»,  betonte  er,  «finb  fo  alt  ipie  bie  IDelt, 
unb  es  ift  beibes,  kurzfiditig  unb  oergeblidi,  il}nen 
3iel  unb  Cnbe  fet?en  zu  roollen.  ITIan  fuge  fidi 
in  ööttes  fugung,  aber  man  fet?e  bie  Kinber  bes 
Canbes  nidit  aus,  man  laffe  fie  unter  flirten  unb 
Seelforgern  in  bie  neue  Ijeimat  ziel}en.»>  Bei  biefen 
flusroanberungen  hatte  nämlid]  f ölie  eine  zipei= 
fad]e  Sorge,  einmal,  ba|^  bie  flusroanberer  ilirer 
einlieimifdien  Kirdie  nidit  oerloren  gingen,  fobann 
bau  ^^r  lieimatlidie  Sinn  nidit  inmittten  oon  fremb= 
fpradilidier  Umgebung  erfturbe.  Cr  toarnte  barum 
oor  einer  3erftreuung  ber  flnfiebler  unb  begünftigte 
beren  gemeinfame  Tlieberlaffung.  Huf  feine  flnre= 
gungen  Iiin  ipurben  fo  in  lüidiigan  am  SaginatD= 
fluß  eine  Reilie  oon  lutlierifdien  Kolonien  gegrun= 
bet,  beren  Hamen,  n7ie  frankenmut,  Frankentroft, 
Frankenluft,  Frankenfiilf  bie  BetDobner  an  ilire 
alte  lieimat  erinnern  follten.  IDar  ibm  bie  geift= 
lidie  Derforgung  im  Sinne  ber  einlieimifdien  Kirdie 
befonbers  am  ßerzen  gelegen,  fo  roar  biefelbe 
burdi  bie  Perbinbung  mit  ber  ITIiffourifynobe, 
ipeldier  bie  Heuenbettelsauer  Senblinge  fidi  bamals 
anfdiloffen,  gefidiert.  föbe  batte  bamit  eine  Urt 
Kolonialpolitik  in  bie  IDege  geleitet.  Cr  badite 
fogar  an  bie  Stiftung  eines  ipanbernben,  im  Dienfte 
ber  Kolonifation  ftebenben  Kapitals.  «TFIit  bem= 
felben  follte  immer  ein  zufammenbängenber  Canb« 
komplex  in  ber  Habe  ber  jecoeils  beftebenben 
Kolonie  angekauft  unb  an  eine  öefellfdiaft  lutberi= 


79      r^rcsr^rarsarorcjfo 

fdier  Rusroanberer  oerkauft  toerben.  Beim  Perbauf 
bes  Canbes  an  Unfiebler  roollte  man  auf  jeben  Hcre 
einen  kleinen  Ruffdiag  iegen,  um  baburdi  bie 
Kapitalzinfen  unb  eine  kleine  Tlbzalilungsrate  zu 
getpinnen.*»  Cin  Kapital  tourbe  aufgebradit,  audi 
Plätze  zu  neuen  flnfiebelungen  rourben  angekauft. 
Tiber  bie  öeringfügigkeit  ber  zu  öebote  ftelienben 
lüittel  zog  bem  öebanken  befcöeibene  Grenzen. 
IDer  coeiß,  ob  biefe  Beftrebungen  nidit  von  roeit= 
tragenben  Folgen  begleitet  gecoefen  roaren,  coenn 
nidjt  balb  barauf  tl2  Kolonien  oon  ITeuenbettelsau 
fidi  losgefagt  hätten,  nadibem  tk  THiffiourifynobe 
ilire  Perbinbung  mit  Cöbe  aufgetioben  hatte.  llm= 
fonft  tDaren  bie  Bemühungen  nicht  geroefen.  Auf 
bem  ganzen  Unternehmen  lag  ztueifellos  ein  gött= 
lidier  Segen  unb  «bas  kleine  Kolonifationskapital, 
roeldies  nie  höher  als  auf  3000  rhein.  öulben  fleh 
belief,  hat  im  Eeiblichen  unb  öeiftlidien  reichliche 
3infen  getragen.»»  3um  letztenmal  rourbe  basfelbe 
fluffig  gemacht  im  Jahre  1X52  zur  Errichtung  eines 
**Pilgerhaufes»»  in  SaginacD=City,  welches  föhe  als 
Bergungsort  für  bie  ankommenben  flusroanberer 
bis  zur  feften  Unfieblung  unb  als  3ufluchtsftation 
für  Kranke  fich  bachte.  Als  folches  ipurbe  basfelbe 
oon  keiner  großen  Bebeutung  mehr,  roohl  aber  ipurbe 
es  bie  öeburtsftätte  ber  Joroafy nobe,  roeil  in  bem  Pilger= 
haus  auch  bas  erfte  beutfch^lutherifche  «Schullehrer= 
feminar«*  untergebracht  roar,  tuelches  ben  letzten 
flnftoß  zur  Coslöfung  oon  ber  ITIiffourifynobe  gab. 


Jebenfalls  zeigte  fidi  audi  öier  Cöbe's  ganze 
Originalität,  tpie  feine  organifatonTdie  Begabung. 
futl}erifcl]=kirclilicber  Sinn  unb  beutfäi^nationales 
Denken  vereinigten  fidi  l}ier  in  feiner  Perfon.  Unb 
jene  IDorte,  mit  ipelclien  er  im  Jalire  1E45  bie 
beutfdien  ölaubensgenoffen  in  ITorbamerika  mahnte, 
audi  in  ber  neuen  IDelt  bie  alten  guten  beutfdien 
Sitten  zu  pflegen  unb  zu  toaliren,  oerbienen  immer 
ipieber  aus  ber  üergeffenl}eit  gezogen  zu  werben: 
«ll}r  feib  Deutfcfte.  Cine  (diöne  Sprache  babt  ibr 
über  ben  Ozean  gerettet.  Im  öeirirr  ber  Sprachen, 
bie  man  jenfeits  fpridit,  ift  keine  fcböner.  Behaltet, 
roas  ihr  habtl  Ihr  habt  burch  öottes  önabe  bas 
gute  Teil.  .  .  .  Cure  Sprache  ift  neben  Curer  Kirche 
euer  größtes  Kleinob,  bas  Ihr  in  bie  IDuftenei 
Curer  IDälber  mit  hinübergenommen  habt.  Uber= 
legt  iPohU  roas  Ihr  oerlieret,  roenn  Ihr  biefe  eble 
öabe  Cures  öottes  unbankbar  bahin  roerfetl  IDir 
ipollen  es  Cuch  mit  großen  Buchftaben  oor  flugen 
malen.  ITlit  Curer  Spradie  oerliert  Ihr  Cure  6e= 
fd]ichte,  bamit  bas  leiditefte  Perftänbnis  ber  Re= 
formation,  bamit  bas  leiditefte  üerftänbnis  ber 
wahren  Kirche  öottes,  ferner  Cure  tnunberfdiöne 
beutfdie  Bibel,  Cure  Cieber,  bie  bis  in  ben  liimmel 
roiberklingen,  Cure  Katechismen,  bie  ihresgleidien 
nidit  haben,  Cure  Poftillen,  bie  fo  herzlidi  finb, 
Cure  Crbauungsbudier,  bie  -fo  kinblidi  beten,  Cure 
ganze  heimatliche  Citeratur,  bie  geiftlidie  unb  jebe 
anbere,  enblidi  Curer  Pater  Sinn  unb  Urt,  ja  audi 


bie  nditung  biesfeits  unb  jenfeits  bei  ben  3eit= 
genoffen ;  benn  ber  ift  tDalirlidi  keiner  Rditung  ipert, 
ber  feine  Crftgeburt  für  ein  Cinfengeridit  ba^ingibt 
—  Darum  behaltet,  tuas  ihr  babet  1  Behaltet  es  für 
Cud]  unb  Cure  Kinberl  Ergebet  cpeber  Cud],  nod} 
Cure  Kinber  ben  fremben  Hationen!  In  Cuern 
Käufern,  in  Cuern  Dörfern,  in  Cuern  Stäbten,  in  Cuern 
Sdiulen,  in  Cuern  Kirdien,  in  Cuern  Synoben  lebe 
unb  berrfdie  bie  beutfdie  Sprache  Curer  beutfcben 
Kirche,  bas  befte  IDort  bes  beften  Sinns,  ber  fchönfte 
faut  zum  ebelften  öebanken.  ferne  aber  bleibe 
von  Cuch  bie  Strafe,  bk  fich  an  Verachtung  Curer 
ITIutterfprache  knöpft.  Denn  tpahrlich,  ein  Deutfcher, 
ber  nicht  beutfch  ift,  ift  ein  geftrafter  JTIann  auf  Crben, 
toeil  ihm  alle  Prioilegien,  bie  ihm  öott  oor  ben 
Tlationen  aus  önaben  gab,  entipenbet  unb  —  mit 
nichts  erftattet  irerben!«  Fürn7ahr,  iras  ein 
beutfcher  f  utheraner  an  feiner  beutfch=eoangelifchen 
Kirche  hat,  kann  es  beffer,  kann  es  hcrzanbringen= 
ber  gefagt  toerben?; 

«Innere  TTliffion  fuhrt  zur  äußeren,«  fchrieb 
föhe  im  erften  Jahrgang  ber  «Kirchlichen  Illit= 
teilungen  aus  unb  über  Tlorbamerika*».  Die  Kolo= 
nifation  foUte  zugleich  eine  Brücke  für  bie  Q  ei  ben  = 
miffion  luerben.  Das  roar  ein  weiterer  öefidits= 
punkt,  unter  toelchem  Cöhe  bas  Kolonialunternehmen 
betrachtete.  Urfprünglich  ftanb  fogar  ber  Kolonie 
fationsgebanke  ganz  im  Dienft  ber  lieibenmiffion. 
Die  öegenben,  in  toelchen  bie  fränkifchen  Bauern  fich 

eidjncr,  Cötje.  5 


nieberließen,  coaren  oon  Inbianerftämmen  zum  Teil 

becDolint  ober  roenigftens  umtDolint.   Die  Koloniften 

tiatten  als  Cl}riften  barum  bie  Pflidit  biefen  Heiben  ein 

Segen  zuirerben.  Daß  fid]  auch  liier  fränkifcl]e£anbs= 

leute  fanben,  ipeldie  biefes  IDerk  in  Flngriff  nahmen, 

hat  ipolil  nidit  minber  feinen  örunb  in  ber  gei(tesge= 

roaltigen  Perfönlidikeit  iCölie's.    So  ipurbe  benn  bie 

Kolonie  «Frankenmut»  ber  Ausgangs^  unb  niittel= 

punkt  ber  neuen  lüiffionsunternebmung.    Dorthin 

roaren  aus  Franken  flustoanberer  gezogen,  geleitet 

oon  Paftor  Crämer.    Saq.  fi^^belten  fidi  im  Jalire  1845 

in  SaginaiP=County  an.    llirer  Tüelirzalil  nadi  geift= 

lidie  Kinber  Cölie's,  erhoben  fi^  Rd],  ipas  diriftlidie 

unb  kirdilidie  öefinnung  anlangte,  bebeutenb  über 

ben  religiöfen  Stanbpunkt  ber  großen  ITlaffe  ber 

flustpanberer,  fo  baß  Eolie  in  einem  Briefe  an  fie 

fagen  konnte :  «THeine  teuren  Kinber,  bie  \^  jalire= 

lang  mit  Mild]  unb  füßer  Koft,  ja  audi  mit  ber 

Speife  ber  Cripadjfenen  genährt  habe.     Il]r  feib 

mein  Brief  an  bie  lieiben.»    fin  ihrem  perfönlidien 

Chriftencpanbel  unb  gottesbienftlidien  Teben  follten 

bie  heibnifdien  Inbianer  mit  flugen  fdiauen  können, 

«roie   fdiön  unb  gut  es  bei  Jefu  fei».    £öl]e  hatte 

ihnen  eine  eigens  oerfaßte  Kirdienorbnung  mitge= 

geben.    3ipei  ölod^en  aus  ber  lieimat  zierten  als= 

balb  bie  gottesbienftlidie  Stätte,    eine  Sdiule  für 

Inbianerkinber  cDurbe  erriditet.    Die  Kolonie  ent= 

ipid^elte  fidi   unter  Gottes  Segen  unb  zählte  balb 

aus  ben   Inbianern  Taufbeirerber.    Das  Hliffions^ 


W2vk  cDurbe  ausgebclint  unb  als  (lilfskraft  bcr 
Dresbner  ITliffionar  Baierlein  gcroorbcn.  ITIitten 
unter  ben  Inbianern  tat  letzterer  feine. Arbeit,  eine 
eigene  niiffionsftation,  «Bethanien»»  genannt,  entftanb, 
Baierlein  rourbe  auf  ein  anberes  lüiffionsfelb  nadi 
öftinbien  abberufen.  Die  Hadifolger  arbeiteten 
treulid]  roeiter.  IDeitere  Stationen  traten  ins  f  eben. 
Dodi  fielen  biefelben  allmäblicii  roieber  ab.  nud) 
bie  TTIiffionsftation  in  Bethanien  batte  nict]t  mebr 
lange  Beftanb.  Die  Inbiäner  ipurben  oon  ber 
Regierung  genötigt  toeiter  zu  ziehen,  ipo  fie  fidi 
bann  leiber  zerftreuten,  fo  baj^  bie  Arbeit  an  ibnen 
nid]t  fortgefet?t  ererben  konnte. 

Trot^bem  gab  £öbe  bie  [joffnung  nidit  auf, 
anberipärts  eine  offene  Tur  zu  ben  Inbianern  zu 
finben.  Die  Joirafynobe  follte  bie  in  Hlicbigan  ein= 
geftellte  ITliffionstätigkeit  unter  ben  Inbianern  toieber 
aufnebmen.  Cs  gelang,  am  PöCDber=RiDer  eine  Station 
zu  grünben.  Der  eoangelifdi=lutberifciie  miffions« 
oerein  in  Bayern  bot  bilfreidie  fjanb,  inbem  er  zur 
Unterftütfung  bes  Unternebmens  nidit  unbeträditlidie 
öelbmittel  fpenbete.  ITliffionar  Bräuninger,  toeldier 
bortbin  abgefanbt  roorben  toar,  tourbe  jebodi  am 
23.  Juli  1860  meucbiings  oon  Inbianern  ermorbet.  Die 
Station  tourbe  aufgehoben,  fln  ber  Deer  Creek 
ipurbe  ein  neuer  üerfudi  gemacht,  bas  IDerk 
ber  lüiffion  zu  betreiben.  Die  Arbeit  fehlen  zu  ge= 
beihen.  Da  begannen  fdion  im  lahre  1862  b\2 
Inbianeraufftänbe  unb   bebrohten  auch   bas  neue 

6* 


mifliönsunternelirnen.  ITIit  bem  flusbrud)  bcs 
amerikanifdien  Bürgerkrieges  geriet  bas  ganze 
IDerk  ber  Inbianermiffion  Dollenbs  ins  IPanken. 
Die  roeiße  Beoölkerung  mußte  bie  Inbianergebiete 
oerlaffen,  roeil  biefelben  oon  militärifdiem  Sdjutf  ent= 
blößt  !Paren.  Die  ITIiffionare  liarrten  zirar  in  großer 
öefal}r  aus.  Aber  balb  mußten  fie,  oon  ibren 
eigenen  feuten  getoarnt  fid}  zu  eiliger  Flucht 
entfdiließen.  Unb  mit  ber  Tlliffionsarbeit  cDar  es 
zu  Cnbe.  Cöl)e  tpar  mit  umpiberftebliciier  Illadit 
bazu  getrieben  tporben,  «einem  fterbenben  üolk 
mit  ber  Fackel  bes  Coangeliums  lieimzuleuditen 
zum  etpigen  Ceben.»>  Cs  mar  Saatzeit  geroefen. 
Das  Felb  mürbe  nicht  reif  zur  Crnte.  «Die 
Frucht  blieb  nicht.«  Die  Joroafynöbe,  \Az  \\^  unter= 
ftutfenben  Freunbe  in  Bayern,  bie  TFIiffionare,  roelche 
oiele  Tlöte  unb  Befchmerben  ertragen  haben,  hatten 
getan,  roas  fie  konnten.  Jebenfalls  ift  um  menig 
Ijeibenoölker  oon  ber  TTfiffion  mit  fo  marmer,  an= 
bauernber  fiebe  geroorben  roorben  als  um  \Äz 
Inbianer  Jlorbamerikas. 


6.  Die  eefelirctjaft  für  Innere  nTiffion 

im  Sinne  Der  lutfierifdien  Kirci)e  unb 

5er  luttierifctie  Uerein  für  tpeiblf ct}e  Diakonie« 

Sdion  in  ben  erften  Jahren  Der  Amtstätigkeit 
ftanben  bem  fpätercn  Pfarrer  oon  Tleuenbettelsau 
freunbe  zur  Seite,  coeldie  fidl  non  ber  öetoalt 
feiner  Perfönlidikeit  angezogen  fülilten  unb  für  bie 
Peripirklidiung  feiner  öebanken  fidi  begeiftern  ließen, 
nn  foldi'  treuen  geifern  l}at  es  £öl]e  ipälirenb  feiner 
ganzen  geiftlidien  IDirkfamkeit  nidit  gefehlt.*)  Cine 
größere  flnzal}!  feiner  öönner  unb  Freunbe  fdiloß 


*)  Hus  ber  Reil]e  ber  ITIitarbeiter  ocrbicnen  neben  ben 
im  Cebensbilb  bereits  genannten  befonbers  Ijeroorgeljoben  zu 
werben :  Oberappellrat  Freiherr  eottlieboonTudierCf  1877); 
füblte  fidi  frühzeitig  oon  Cöhe  angezogen  unb  ipurbe  burdi  ibn 
auf  bie  Balin  bes  Bekenntniffes  geftellt;  bebeutenber  Kenner  ber 
kird]liclien  Tonkunft;  mannhafter  Vertreter  ber  Richtung  följe's 
auf  ber  eeneralfynobe  1849;  Tüitbegrünber  bes  Diakoniffenliaufes 
unb  niagbalenenafyles  in  Jllündicn;  feine  eble  öattin  Tbekia  geb. 
oon  öemmingen.  —  Bezirksgeriditsrat  Friebrid]  Qommel 
(f  1892);  lieroorragenber  fjymnolög;  fdienkte  bem  Diaköniffen= 
l)aufe  ben  3.  Teil  bes  «l]ausbud)es»;  oerblent  um  bie  Pflege  bes 
Pfalmenfingens  in  ber  flnftalt;  feine  treffliche  öattin  Tlierefe  geb. 
Cicfdiing.  —  öeriditsbirektör  Hit  (f  1874);  roeldier  burd]  faft 
20  Jal)rc  bas  Redinungsroefen  ber  flnjtalt  mit  liingebenber 
Treue  führte. 


fidi  im  Jaftre  1X49  zufammcn  in  ber  «öefellfdiaft 
für  innere  lüiffion  im  Sinne  ber  Iutlie  = 
rifcl]en  Kir die  in  Bayern.»  Die  formlidie  Kon= 
ftituierung  erfolgte  im  Jabre  1X50.  Die  Cntfteliung  ift 
auf  bieim  labre  1E4X  burd]  IDidiern,  ben  Begrünber 
ber  inneren  Tlliffion,  gegebenen  Anregungen  zurüd^zu= 
fuliren,  ftanb  aber  oon  ünfang  an,  ipenn  audi  nidjt 
in  beipul^tem  öegenfat?,  fo  bod)  als  Ergänzung  zu 
benfelben.  «IDir  konnten«,  fo  fdirieb  fölie  im  Jalire 
1X56,  «mitbem  konfeffionslofen  Stanb  biefer  inneren 
niiffion  nidjt  ubereinftimmen.  lOir  ipollten  nid]t 
mit  biefem  Strom  \Az  Flut  ber  guten  IDerke  in  bie 
Kirdie  einftrömen  laffen,  fonbern  uns  an  bie  Pforten 
[teilen  unb  il}m  ipomoglidi  eine  konfeffionelle  Balin 
tpeifen.»*  Sdion  im  erften  Jaliresberidit  ber  öefell= 
fdiaft  kennzeidinete  Cöl}e  Aufgabe  unb  Stellung  ber 
Uereinigung  mit  ben  IDorten:  «Das,  toas  fie  lieut= 
zutage  innere  lüiffion  nennen,  ftat  eben  feine  Stufen 
unb  Grenzen.  Cs  ift  ipie  mit  ben  konzentrifdien 
Kreifen,  roie  mit  ben  IDellen,  bie  ein  fallenber  Stein 
im  Teidie  bilbet.  Da  ift  ein  toeitefter  Kreis:  er  Ijeißt 
menfdilid);  ein  engerer  zweiter,  ber  Ijeißt  d]riftlid]  ; 
unb  ein  britter  engfter,  ber  bellet  kirdilidi.  Unb  im 
3entrum  oon  allen  ift  Jefus,  ber  nad]  bem  Maße 
ber  Cmpfänglidikeit  aller  feine  Strablen  in  alle 
Kreife  fdiid^t,  Strablen  ber  önabe  unb  bes  Segens. 
Steuere  bem  Bettel,  baß  ift  menfdilidi  unb  nid)t 
roiberdiriftlid].  liilf  allen  Kranken  unb  roeife  fie 
zum  Qeilanb,  es  ift  diriftüd}.    Tiber  oergiß  nid)t. 


ba(?  bas  Ci}riftlidie  in  feiner  Pollenbung  zum  Kircli= 
lidien  n7irb,  unb  ba(^,  toenn  bu  mit  allen  Hlenfdien 
burdi  ein  allgemeines  Banb,  mit  allen  Cliriften 
burdi  bas  Banb  ber  Taufe  oerbunben  bift,  biet) 
niditsbeftoipeniger  bas  engfte  unb  oollkommenfte 
Banb  mit  benen  einigt,  mit  roelciien  bu  ben  Ceib 
unb  bas  Blut  bes  fjerrn  genießeft,  in  ber  nbenb= 
mablsgemeinfdiaft  ftel}ft  unb  Clirifti  Hlenfdilieit  um= 
faffeft.»>  TTIan  wollte  innere  Tlliffion  treiben  nicht 
auf  Koften  ber  lutberifdien  Kirdie,  fonbern  im  Sinne 
ber  lutberifdien  Kirdie.  So  entftanb  bie  öefellfdiaft 
beren  geiftiger  lüittelpunkt  £ölie  blieb,  aud}  roenn 
er  im  Jahre  1860  mit  Kuckfidit  auf  anbertoeitige 
Inanfprudinalime  bie  öbmannfchaft  an  ben  JIIit= 
begrunber  Pfarrer  Fr.  IDudierer  (geft.  1X81  zu 
flha)  abgetreten  hatte.  Die  Intereffen  ber  öefell= 
fcftaft  oertrat  anfänglich  ein  Korrefponbenzblatt,  an 
beffen  Stelle  1867  «freimunbs  Kirchlich=Politifches 
IDochenblatt  für  Stabt  unb  Tanb»  trat. 

Die  öefellfchaft  eignete  fich  befonbers  oier 
Arbeitsgebiete  an:  1.  innere  ITliffion  burch  Prebiger 
unb  Eehrer  unter  ben  oerlaffenen  ölaubensgenoffen; 

2.  innere  TTIiffion  burch  Perbreitung  oon  Schriften; 

3.  innere  ITliffion  burch  Fürforge  für  bie  austDan= 
bernben  ölaubensgenoffen  unb  für  lutherifche 
Kolonifation;  4.  innere  Tlliffion  burch  Abhilfe  lokaler 
Ubelftänbe  bes  geiftigen  unb  geiftlichen  febens. 
Bekenntnistreue  unb  unanftößiger  febenstoanbel 
ipar  Bebingung  für  bie  3ugehörigkeit.    Tn  fokal=, 


Diftnkts=  unb  Bczirksocrdncn  fd]loffen  ficil  bie 
eiiebcr  berfelben  zufammen.  IDar  bie  3at]!  ber= 
felbcn  oerl}ältnismä(?ig  nidit  zu  groß,  fo  roar  dirift» 
Ijdie  unb  kird]lld]e  Keife  berfelben  beren  l]eroor= 
tretenbes  lüerkmaK  öeiftlidie  unb  Tliditgeiftlidie, 
befonbers  fanbleute  in  einzelnen  öemeinben  bes 
nitmül]ltales,  bes  Riefes,  audi  öberfrankens  bilbe« 
fen  bie  Beftanbtelle.  BW  alljäbrlidien  Perfammlungen 
gaben  öelegenljeit  zur  flusfpradie  über  brennenbe 
kirdilidie  Fragen;  hier  entiPickelte  Eölie  immer 
zuerft  bie  il}n  beiregenben  großen  öebanken  unb 
fanb  aufmerkfame  Ijörer  foroie  billige  lielfer.  Ja, 
llätte  er  nidit  hinter  fid)  biefe  Getreuen  getDußt, 
roeldie  fidi  in  ber  öefellfctjaft  zufammenfd]loffen, 
iper  roeiß,  ob  er  für  bie  Crlialtung  beutfdi=lutl}e= 
rifdi=kirdiliclien  IDefens  in  Tlorbamerika  fo  Diel  zu= 
roege  gebracht  hätte,  unb  ob  bie  üerbreitung  gläubiger 
Traktate  unb  Schriften  in  fo  ausgebehntem  Tllaße 
erfolgt  cDäre. 

Der  anbere  freunbeskreis,  in  welchem  Cöhe 
befonberes  Perftänbnis  für  feine  bahnbrechenben 
Diakoniebeftrebungen  fanb,  fdjloß  fich  zufammen 
in  bem  «lutherifchen  Derein  für  meibliche 
Diakonie  in  Bayern»,  toelcheram  IS.lRärz  1X54 
auf  örunb  ber  oorgelegten  Satzungen  oon  ber  Kgl. 
Regie  ung  genehmigt  ipurbe.  Die  örünbung  ipurbe 
oeranlaßt  burch  bie  im  Jahre  1X53  oeröffentlichten 
«Bebenken  über  roeibliche  Diakonie  innerhalb  ber 
protcftantifchen  Kirche  Bayerns,  infonberheit  über 


X9 

zu  crriditenbe  Diakoniffcnanftalten».  Tn  bcnfelbcn 
roies  £ö\)2  zunädift  barauf  bin,  wW  fdion  anent= 
halben  Frauen,  bem  natürlidien  Drang  folgenb,  fidi 
ber  Kranken  unb  Clenben  melir  als  anbere  an= 
nelimen  («natunrüdinge  Diakoniffen«),  tpie  es  aber 
a7ünfdiensipert  fei,  biefe  Kraft  in  ben  Dienft  ber 
Kirdie  zu  ftellen  zum  Segen  ber  leibenben  inenfdi= 
lieit  («biblifdie  Diakoniffen»>).  (lier  rourbe  ficll  !ein 
geeignetes  Tlrbeitsfelb  für  bie  Töditer  unferes  Polkes 
auftun  unb  ber  unmittelbare  Dienft  an  ben  Kranken 
käme  mittelbar  ber  ganzen  roeiblidien  Beoölkerung 
zu  gute.  Derartige  Bilbungsanftalten  ipürben  ein 
Segen  für  bas  roeite  Canb  coerben  unb  fid]  nicht 
ausfdilieülidi  auf  Krankenfurforge  zu  befdiränken 
haben,  obtuohl  nichts  fo  fehr  für  bie  Frauentoelt 
zum  Bilbungsmittel  fich  eignete  als  bie  Befähigung 
zum  Dienft  unter  ber  leibenben  ITlenfchheit.  Der 
ITIittelpunkt  für  bk  Rnftalten  müßten  Spitäler  fein, 
ganz  gleich,  ob  zu  biefem  5ipeck  beftehenbe 
Krankenhäufer  in  Betracht  kämen  ober  erft  kleinere 
auf  bem  platten  f  anbe  errichtet  roürben.  Die  liaupt= 
fache  fei,  baß  bie  rediten  Eeute  zur  Sache  fich  ücr= 
einigten,  ba  alles  an  Perfonen,  aber  nicht  an  ben 
öebäuben  liege.  Der  örunbgebanke  märe  alfo: 
«einen  Frauenoerein  für  meibliche  Diakonie  zu 
grünben,  beffen  Wirkungskreis  bas  lutherifche 
Bayern,  beffen  Tlnfangspunkt  bie  örünbung  eines 
lutherifchen  Spitals,  beffen  Fortgangspunkt  Dielleicht 
bie  Übernahme  ber  Bebienung  ber  kleineren   unb 


größeren  Spitäler  ufip.,  beffen  liebftes  3iel  Bilbung 
ber  roeiblidien  Jugenb  bes  Canbes  zum  Dienfte 
Jefu  in  ber  leibenben  Tnenfd]!}eit  ipäre«.  neuen= 
bettelsau  roürbe  ber  naturgemäj^e  Ort  für  bie  nus= 
geburt  unb  erfte  Formung  ber  Sadie  fein  unb  l)ier 
ipäre  ber  Anfang  zu  machen  mit  einer  l^leinen 
finftalt  für  tueiblidie  llngefoditene  unb  fdjipadi^ 
finnige  Kinber»  Cöbe  toollte  alfo  mit  biefen  «Be= 
benken«  ein  Feuer  ber  Hebe  unb  Barmherzigkeit 
über  bie  ganze  proteftantifdie  Beoölkerung  Bayerns 
anfadien  unb  einen  bas  ganze  fanb  umfaffenben 
Perein  ins  fcben  rufen.  In  ber  Diözefe  lDinbs= 
bad),  zu  ipeldier  Heuenbettelsau  geborte,  oerbanb 
man  fid]  barum  alsbalb  zur  «ITIuttergefelifdiaft», 
3n7eig=  ober  Töditeroereine  follten  fidi  im  Canbe 
anfdiließen. 

In  ben  überaus  eingebenb  unb  forgfältig  aus= 
gearbeiteten  Satzungen  bes  neugegrünbeten  «lutbe= 
rifcben  Pereins  für  cDeiblid]e  Diakonie  in  Bayern« 
tpurbe  als  allgemeiner  3ipeck  angegeben:  «er= 
tpeckung  unb  Bilbung  bes  Sinns  für  ben  Dienft 
ber  leibenben  Tllenfclibeit  in  ber  lutberifdien  Be= 
oölkerung  Bayerns,  namentlidi  in  bem  roeiblidien 
Teil  berfelben,«  Als  ITIiitel  zum  3ipeck  rourben 
genannt:  «1.  örünbung  lutberifdier  mit  Diakoniffen= 
anftalten  berfelben  Konfeffion  oerbunbener  Spi= 
täler.  2.  Husbilbung  oon  Diakoniffen  ber  oer= 
fdiiebenen  Arten,  b.  i.  fold]en,  bie  in  Qeilanftalten, 
JTIiffionen   unb  Schulen,   unb  foldien,    bie  in   öe= 


91      rororar^ror^rciro 

meinben  unb  Familien  bienen  können.  3.  flus= 
bilbung  ber  ireiblidien  lugenb  überhaupt  für  ben 
Dienft  ber  leibenben  Menfclibeit.  4.  Ubernatime 
ber  Krankenpflege  in  Iieilanftalten.»  Die  feitung 
bes  Pereins  ipurbe  ber  «Tnuttergefellfdiaft»  zuge= 
ipiefen.  Diefelbe  fet?te  fidi  zufammen  aus  einem 
Kollegium  oon  männlidien  «*lielfern*>,  bem  «leitenben 
Frauenoorftanb»  unb  ben  «Helferinnen«.  3u  Por= 
ftelierinnen  berief  bamals  Cölie  im  Tluftrag  ber 
TTIuttergefellfcljaft  brei  Jungfrauen,  ipeldien  oor 
allem  bie  Durdifülirung  ber  Pereinsztpecke  oblag. 
Der  niuttergefellfcliaft  glieberten  fid]  an  unb  tuaren 
in  ihr  oertreten  bie  «J]ilfsoereine»>.  Schnell  liinter= 
einanber  bilbcten  fidi  foldie  [jilfspereine  in  nürn= 
berg,  liersbruck,  IHemmingen,  flltborf,  Tforblingen, 
Tleuenbettelsau,  Furtli,  IDenbelftein.  fölie  felbft 
bekannte:  «fllle  menfdilidien  IDerke  leiben  an  lln= 
pollkommenlieit  unb  nie  unb  nirgenbs  erreicht 
man,  toas  man  fidi  oorgenommen  unb  zum  3iele 
gefetjt  hat.»»  Die  fjoffnungen,  roeldie  er  auf  bie 
Sad]e  gefetft,  erfüllten  fid)  nidit  oöllig.  «IDir  roaren 
unb  bleiben  ein  geringer  l]aufe,  fanben  überall 
Ijinbernis  unb  faft  nirgenbs  bie  freubige  Teilnahme 
unb  nrbeit,  auf  bie  roir  gehofft  hatten.»  .... 
«Dennodi  lebten  bie  Pereine  fort,  unb  tpenn  man 
alljährlidi  bie  Frage  erhob,  ob  es  eta7a  an  ber 
3eit  CDäre,  bie  Tätigkeit  ber  einzelnen  Pereine  ober 
bes  gefamten  Pereins  abzufd]lie|^en,  fo  roar  bodi 
bazu  niemanb  ipillig,  fonbern  im  Gegenteil,  neue 


flnftrengungen  rourben  gemadit  unb  je  länger  je 
mehr  ipucfis  bodi  bas  üertrauen,  ba|^  bie  ettpas 
fdjipaclie  Pflanze  bes  üereins  für  toeiblidie  Diakonie 
in  Bayern  nodi  einmal  auskränkeln  unb  nod) 
bal}in  kommen  könnte,  mit  Kraft  unb  Freubigkeit 
emporzugelien,«  öeipann  ber  Perein  audi  nidit  bie 
erl]offte  räumlidie  Ausbreitung,  bie  einzelnen  3cpeig= 
oereine  tparen  nicht  umfonft  ins  Ceben  getreten. 
Daß  gerabe  ber  nürnberger  3ipeig  kräftig  trieb  — 
in  ber  Errichtung  ber  Pflege=  unb  Krippenanftalt  — , 
konnte  bem  Begrunber  bes  «lutberifdien  üereins 
für  cDeiblidie  Diakonie  in  Bayern*»  eine  öenug= 
tuung  fein.  Im  Sdioße  bes  Pereins,  bezro.  ber 
muttergefellfdiaft  aber  follte  nach  öottes  Fügung 
jene  große  Schöpfung  entftehen,  mit  toelcher  ber 
TIame  Cöhe  für  alle  3eiten  oerknüpft  ift  bie  örün= 
bung  ber  TIeuenbettelsauer  Diakoniffenanftalt. 


r<3C5^ 


7«  Die  Diakonirrenanftatt  Tleuenöettelsau. 

Um  9.  niai  1X54,  am  Tage  fjiobs,  cpurbe  bie 
Diakoniffenanftalt  in  ITeuenbettelsau  eröffnet 
Der  eigentlidie  burdi  hld  oberfte  Beliörbe  gegebene 
Titel  roar:  «Diakoniffenbaus  für  bie  proteftantifcli= 
lutberifdie  Beoölkerung  Bayerns  biesfeits  bes  Rbeins.*» 
Die  flnftalt  roar  Cöbe's  ureigenftes  TDerk.  In  ibr 
follte  ficb  bie  Fülle  feiner  reidien  öaben  entfalten 
unb  ipie  in  einem  Brennpunkt  gleidifam  zufammen= 
fehlleiten.  Ibr  IDerben  unb  IDadifen  nabm  neben 
ber  Crlebigung  ber  pfarramtlidien  öefdiäfte  fortab 
fein  ganzes  Denken  unb  Sinnen  in  flnfprudi,  fo 
baß  er  naturgemäß  im  Pergleidi  zu  feiner  bis= 
berigen  allgemeinen,  öffentlicben  IDirkfamkeit  all= 
mäblicb  fidi  mebr  in  bie  Stille  biefer  befonberen 
Arbeit  zurückzog.  Bis  in  bie  Cinzelbeiten  rourbe 
bie  nnftalt  oon  ibm  burdibadit  unb  georbnet.  Die 
erzieberifdie  Arbeit  lag  anfangs  ausfdiließlidi  in 
feinen  flänben.  üor  allem  ein  gottesbienftlidies 
feben  follte  fidi  in  einzigartiger  IDeife  innerhalb 
bes  liaufes  entfalten.  Das  öanze  trug  oom  erften 
Tag  an  ben  Stempel  ber  Originalität  Cöbe's. 

Cöbe  felbft  bat  bies  beftätigt,  roenn  er  in  ber 
Schrift:  «Ctiras  aus  ber  öefchichte  bes  Diakoniffen= 
haufes    TIeuenbettelsau«  ^heroorhob:   *«lDir    haben 


keine  Reife  gemadit  um  Fliebner's*)  große  unb 
mit  Recht  berulimte  Urbeit  anzufeilen;  roir  liaben 
kaum  einen  Bericht  gelefen,  ipir  haben  uns  bie 
öebanken  je  nach  unfern  Bebürfniffen  gemacht  unb 
haben  recht  roohl  geipußt  baß  roir  nicht  bie  Ceute 
iparen,  anbern  nachzufolgen,  öbenbrein  iraren 
cDir  ja  Eutheraner,  bie  bereits  ihre  öefchichte  ge= 
habt  unb  abgefchloffen  hatten,  bie  nichts  öeroifferes 
tDußten,  als  baß  man  ihnen  oon  Dielen  Seiten  her 
fchon  um  ihrer  Vergangenheit  roillen  toenig  Der= 
trauen  fchenkte.  Dennoch  fahen  ipir  felbft  in  unferer 
Pergangenheit  gar  kein  Hinbernis,  unfrer  Qeimat 
zu  bienen,  fonbern  im  Gegenteil  glaubten  roir,  ber= 
felbigen  unfern  praktifchen  Dienft  fchulbig  zu  fein 
unb  es  babei  getroft  abwarten  zu  können,  bis 
unfere  lüißgönner  an  bem  oon  uns  zu  leiftenben 
Dienft  klar  cpürben,  roas  unb  roie  toir  es  meinten. 
IDas  tDir  je  unb  je  gecoollt  haben,  fehlen  uns  recht 
zu  fein,  unb  baß  man  uns  oon  oornherein  roeber 
glaubte  noch  zutraute,  baß  toir  es  gut  meinten, 
fehlen  uns  nicht  an  unferm  Perhalten,  fonbern  an 
ben  Perhältniffen  zu  liegen,  unter  benen  trir  nach 
öottes  roillen  zu  leben,  unb  bie  roir  burch  feine 
önabe  zu  uberipinben  hatten.  Cs  fehlen  uns,  als 
fei  oon  uns  gefchrieben:    Dazu  feib  ihr  berufen.« 


*)  Über  fein  üerljältnis  zu  FHcbner  äußerte  £öl)e  im  Jaljrc 
1857 :  «niemanb  kann  fllebner's  üerbienfte  fo  rourbigen,  roie 
idi,  bcr  id)  felbft  eine  foldje  Rnftalt  zu  leiten  babe.»» 


Im  «öaftliaus  zur  Sonne«,  tpo  audi  bfe  inif|iöns= 
fdiule  ibrc  crfte  Unterkunft  gefunben  liatte,  bis 
bjefelbe  in  bas  eigens  bazu  gekaufte  liaus  ihres 
Infpektors  überfiebeite,  toar  audi  bie  Diakoniffen= 
anftalt  bie  erften  Ulonate  zur  lierberge.  Die  brei 
üorftelierinnen  (Caroline  Rlieineck,  flmalie  Rel]m, 
l}elene  oon  TFIeyer)  übernalimen  bie  feitung  ber 
flnftalt;  fieben  Diakoniffenfdiülerinnen  Ratten  fidi 
gemelbet,  tuälirenb  adit  weitere  Sdiülerinnen  nus= 
bilbung  für  ilire  lieimatlidien  Perliältniffe  fuditen. 
ein  firzt  (Dr.  Sdiilffartli  oon  IDinbsbad]) ,  in  ber 
Hälje  CDolinliaft,  ubernalim  mit  großer  IDilligkeit, 
ja  Begeifterung  ben  ärztlidien  Unterridit.  Den 
geiftlidien  Unterridit  erteilte  fotie,  ipälirenb  ein 
britter  Celirer  (Kantor  öüttler)  ben  öefangsunter= 
ridit  leitete.  Die  Porftelierinnen  unterriditeten  in 
roeiblidien  Arbeiten,  bann  imEefen,  Sdireiben  unb 
Redinen,  «im  Eefen»,  cDie  nad]  ben  ITIitteilungen 
Eölie's  auf  ber  Paftoralkonferenz  zu  Furtli  am  25. 
npril  1854  ein  Beridit  jener  3eit  fagt,  «ipeil  Kranke 
nid}t  jebes  Cefen  oertragen,  im  Sdireiben,  bamit 
bie  Pflegerinnen  audi  orbentlidie  Krankenberidite 
abfaffen  lernen,  im  Redinen,  um  bas  öebörige  audi 
barin  für  XA^  Kranken  beforgen  zu  können.»  In 
biefem  Beridit  beißt  es  am  Sdiluß:  «Die  Diakoniffen= 
anftalt  foll  zugleidi  eine  finftalt  für  ireiblidie 
Bilbung  überhaupt  fein;  benn  [jelfen  unb  Dienen, 
Pflegen  unb  lieilen  ift  bes  IDeibes  eigentlidier 
Beruf,  unb  ihre  ganze  Bilbung  foUte  fie  zu  biefem 


Berufe  fällig  madien.  So  ift  es  alfo  in  bem  oor= 
liegenben  Unternebnien  nidit  bloß  abgefeften  auf 
Perfonen,  tueldie  bie  Krankenpflege  als  befonberen 
Beruf  im  engeren  Sinn  treiben.  Die  in  ber  be= 
gonnenen  nnftalt  öebilbeten  möchten  in  ein  Per= 
hältnis  treten,  in  roeldies  fie  trollten,  fo  könnten 
fie  mit  bem  öelernten  liausl)alten.  Cine  tpeife 
Frau  ift  eine  IDoljltat  in  jebem  Dorf,  unb  fo  ift  bie 
Sadie  ja  nidit  allein  auf  bie  fog.  gebilbeten  Staube 
zu  befcftränken,  IPobl  befonbers  zu  benutzen  roäre 
biefe  Bilbungsfcftule  für  Töctjter  aus  Pfarrliäufern, 
aber  außerbem  ipäre  nidit  zu  überfelien,  über= 
liaupt  lüäbdien  auf  bem  platten  fanbe  l]inzu= 
fcfticken.  firme  können  obne  alle  Sorge  kommen. 
IDenn  aber  eine  Diakoniffin  Permögen  hat,  fo  be= 
kommt  fie  nichts,  fo  lange  noch  eigenes  ba  ift. 
Für  eine  Kleinkinberfchule,  \A^  mit  ber  flnftalt  zu 
oerbinben  ift,  roirb  fchon  geforgt.  fluch  benkt 
man  baran,  Schtoachfinnige  aufzunehmen  unb 
hofft  für  biefe  bann  eine  eigene  Schule  einzurichten.»» 
In  ben  Satzungen  tourbe  als  3ipeck  ber  flnftalt  be= 
zeichnet:  «Bilbung  bes  roeiblichen  öefchlechts  zum 
Dienfte  ber  unmünbigen  unb  leibenben  Hlenfchh^it, 
insbefonbere  flusbilbung  oon  Cehrerinnen  für  Klein- 
kinberfchulen  unb  oon  Krankenpflegerinnen  in 
Familien  unb  Spitälern.»  Die  flnftalt  follte  fein 
eine  fehranftalt,  eine  Übungsanftalt  im  Dienfte 
ber  leibenben  Hlenrchheit  unb  eine  erziehungs= 
anftalt.      Sie    roar    eine    Stiftung    ber    «Tllutter« 


gefellfdiaft«,     unter    beren    üeripaltung    biefelbe 
audi  ftelit. 

Die  Eröffnung  rourbe  am  9.  TTIai  1X54  feier= 
lidi  Döllzogen.  Hierüber  beriditete  föbe  tpie  folgt: 
«Tladimittags  um  2  Ulir  oerfammelten  fidl  bie 
ITIänner  im  bortigen  Pfarrbaufe,  Frauen  unb  Iung= 
frauen  ber  teilnelimenben  Kreife  in  ber  IDolinung 
ber  brei  Porfteberinnen  zur  Sonne.  —  üon  ba  aus 
zog  man  in  bie  bidit  befet^te  Kirdie,  ipo  Rdl  ein 
zalilreicftes  Publikum  ber  Umgegenb  oerfammelt 
hatte.  Tladi  bem  örgelprälubium  bradi  bie  Per= 
fammlung  in  bie  beiben  erften  Perfe  bes  Eiebes: 
«Komm  heiliger  ;öeift»>  aus.  3cDei  3öglinge  ber 
iriiffionsanftalt  oertraten  bie  Stelle  oon  Rektoren 
unb  lafen  oom  örgeldior  herunter  als  Coangelium 
bes  Tages  TTTatth.  25,31-46  unb  als  epiftel  Rom. 
16,1  —  16.  Darauf  fang  man  Pers  1  unb  2  bes 
Oebes:  «Hun  bitten  ipir  ben  h<2ilig<2n  öeift.«  5ier= 
aufvKebe  bes  Dekans  Badimann  als  Pereinsoor= 
ftanbes,  an  beren  Sdilu(^  berfelbe  namens  ber 
TITuttergefellfcliaft  bem  leitenben  Kollegium  ber 
Diakoniffenanftalt  in  Tleuenbettelsau  bie  letztere 
feierlich  unb  förmlich  übergab.  TTach  bem  britten 
Perfe  bes  angefangenen  Oebes  anttuortete  ber 
Pfarrer  £öhe  als  Porftanb  bes  leitenben  Kollegiums 
bem  Dekan  unb  akzeptierte  bie  gefchehene  Über= 
gäbe  ber  Diakoniffenanftalt,  rebete  auch  bei  biefer 
Gelegenheit  bie  Porfteherinnen  unb  bie  Schulerinnen 
ber    Tinftalt,    bie    famtlich    am    flltar   oerfammelt 

Cid]  n er,  Cölje.  7 


tparen,  an.  ITadi  bem  oiertcn  Perfe  jenes  Oebes 
folgte  nodi  eine  Rnfpradie  bes  eripäl)lten  nnftalts= 
arztes,  Dn  Sctjilffartli.  Darauf  fang  ber  IDInbsbadier 
Sängerctior  „Exaudi  nos  domine'*  unb  Katediet 
Bauer  fpradi  Gebet  unb  Segen,  iporauf  bie  üer= 
fammlung  ben  erften  Pers  bes  Oebes:  «IDie  fcfion 
leudit  uns  ber  TRorgenftern»  fang,  unb  baraufzog 
man  fidi  an  bie  orte  zurüd^,  oon  benen  man  aus= 
gegangen  roar,  unb  blieb  oergnügt  bis  nach  6  Ubr 
abenbs  zufammen.*>  Ulsbalb  enttoid^elte  fid]  ein 
frolilidies  unb  reges  Treiben  in  ber  Hnftalt  unb  — 
halb  Sdierz,  halb  Crnft  —  meinte  fölie  fpäter,  fo 
wo\}\  fei  es  ber  Diakoniffenanftalt  nie  getuefen  als 
«in  ber  Sonne». 

Die  Crrid]tung  eines  eigenen  Tlnftaltsgebäubes 
cpar  ein  unauffdiiebbares  Beburfnis.  Rlsbalb  einigte 
man  fidi  über  ben  Finkauf  eines  Platzes  an  ber 
bödiftgelegenen  Stelle  bes  Ortes,  bes  fogenannten 
Förthner'fdien  Ijopfenad^ers.  Profeffor  Bohrer  in 
Hurnberg  lieferte  ben  Plan.  UTeifter  Sdieuenftuhl 
Don  Klofler  lieilsbronn  übernahm  ben  Bau  —  unb 
am  23.  Juni  1854,  St.  Johannis  bes  Täufers  üor= 
abenb,  konnte  bereits  ber  örunbftein  gelegt 
werben.  Cs  luar  am  Freitag  nach  Trinitatis  nach= 
mittags  4  Uhr,  als  eine  anfehnliche  3ahl  oon  Teil= 
nehmern  aus  nah  unb  fern  zum  Bauplatte  zog, 
über  roelchem  roahrenb  ber  ganzen  Bauzeit  eine 
oon  Schroeftern  gefertigte  Flagge  roehte.  Unter 
bem  öefang  bes  Ciebes:  «ein  Cämmlein  geht  unb 


trägt  Die  Sdiulb»>  betrat  man  t)ie  Bauftätte.  nn  ber 
fuböftlidien  Ccke,  an  bcr  Stelle  bes  liaupteinganges 
unb  an  ber  Tlorbfeite  ipurben  nadieinanber  Bibel= 
ftellen  (mattli.  20, 20-- 28;  Jot  13,4-17;  Hlattl). 
25,31-46)  oerlefen  unb  kurze  öebete  gefprodien. 
IDälirenb  bes  Umzuges  fang  man  ben  5.  unb  6. 
Pers  bes  begonnenen  Ciebes,  Pers  1-3  oon  «l]erz= 
lidi  lieb  bab  idi  bidi,  o  fierr»,  Pers  1-3  oon  «Fang 
bein  IPerk  mit  Jefu  an.»  Inztpifdien  toar  man  an 
ber  norböftlidien  Ccke,  roo  ber  örunbftein  gelegt 
ipurbe,  angelangt.  Dekan  Badimann  hielt  eine 
kurze  FInfpracbe  unb  oerlas  hierauf  bie  Urkunbe.*) 
Diefelbe  ipurbe  aisbann  in  eine  Kapfei  gelegt  unb 
in  bas  öemäuer  oerfenkt,  nactjbem  nodi  Pfarrer 
ITIuller  oon  Immelborf  einige  IPorte  ber  IPeilie  an 
bie  Perfammelten  geriditet  hatte.  Der  örunbftein 
lourbe^nunmelir  «Im  Hamen  öottes  bes  Paters  unb 
bes  Sohnes  unb  bes  heiligen  öeiftes»  mit  ben  bref 
üblichen  Hammerfcblägen  oerfcftloffen,  iporauf  bie 
übrigen  Hnipefenben  ihre  f^ammerfchläge  taten. 
Katechet    Bauer  intonierte   bie   Schlußliturgie  unb 


*)  Dlefdbe  trägt  folgcnbe  namcnsunterfdiriftcn :  Karolin«? 
Rl)  ein  eck.  flmalie  Rcbm.  Helene  d.  ITIeyer.  CDuarb 
Badimann,  Dekan  unb  Pfarreraon  IDinDsbadi.  Dr.  Sdiilffartli. 
JHullcr,  Pfarrer  zu  Tmmclborf.  Kunbingcr,  Pfarrer  zu 
Petersaurad).  J]enfolt,  Infpektor  bes  Pfarripaifcntiaufcs  zu 
roinbsbad).  Fifdier,  Pfarroikar  zu  IDeifienbronn.  Friebrid) 
Bauer,  Infpektor  ber  ITIifnönsanftalt.  Johann  Georg  öüttler, 
Rnftaltskantor.  r  6  I)  e,  Pfarrer  oon  neuenbcttelsau.  IDilbelmine 
Ijenfolt.   Sofie  d.  Tudjer.  Julie  Bauer. 

7* 


mit  bem  öefang  oon  Pcrs  4  u.  5  bes  Oebes :  «Fang 
bein  IDerk  mit  Jefu  an»  fdiloß  bie  Feier. 

Don  bem  erfteftenben  Bau  l}ieß  es  in  ber  lJr= 
kunbe:  «Dies  fjaus  fotl  fein  ipie  ein  flitar  bes 
3eugniffes  auf  biefer  (lölie  bem  lierrn,  bem  brei= 
einigen  öott,  bem  Dater,  Sol}ne  unb  öeifte,  zum 
Rul}m  unb  Preis  unb  Dank  für  feine  eroige  Barm= 
Herzigkeit  unb  önabe  gegen  uns  arme  THenfdjen 
auferbaut.  Der  lierr  laffe  fid)  unfere  arme  Stiftung 
iDoblgefallen  unb  laffe  bies  (jaus  Sein  f]aus  fein, 
bis  feine  3eit  ooruber  ift,  unb  es  roie  alle  irbifdien 
Dinge  baliin  fallen  roirb.  Cs  kann  niemanb  einen 
anbern  örunb  legen,  als  ben,  ipeldier  audi  biefem 
Haufe  gelegt  ift,  unferen  einigen  bodigelobten 
Herrn  unb  Heilanb  Jefum  oon  Hazaretli,  ben  Cbriftus 
öottes.  üuf  biefem  örunbe  foll  bleiben  bies  Qaus 
bis  an  fein  Cnbe.  öefegnet  feien,  bie  in  biefem 
ßaufe  unb  über  biefem  örunbe  ipolinen,  roanbeln, 
bleuen,  leiten  unb  lebrenl  öefegnet  feien  \i\^  fer= 
nenben,  bie  Ubenben,  bie  Kranken,  bie  Sterbenben 
auf  biefem  unferem  einigen  örunbe  I  Der  Segen 
gebe  aus  oon  biefem  ßaufe  rings  in  bies  Canb 
roie  bie  Quelle  Siloab,  bie  ftill  ift  unb  klein,  unb 
bennodi  reidi  unb  bocliberubmt  im  Ijaufe  öottesl 
öottes  öruß  unb  Segen  gebe  in  barmherziger 
bienenber  Hebe  oon  biefem  l)aufe  aus  in  bie  oier 
IPinbe,  auf  bie  Berge  unb  in  bie  Täler  unb  in  bie 
Breiten  unferes  l]eimatlanbes  1  Cs  fei  aud]  Friebe 
mit  biefem  Ijaufe  unb  mit  benen,  bie  brin  ipobnen. 


unb  bas  Blut  Jefu  Cbrifti,  bes  Sofines  öottes  reinige 
uns  Don  aller  unferer  Sünbe!» 

mit  «eilen  ber  Cntrciiloffenlieit»  tourbe  bas  ftatt= 
lidje  Baucoerk  aufgeführt,  Sdion  am  12.  Oktober 
zu  Cliren  bes  bamals  regierenben  Königs  ITIax  IL 
follte  basfelbe  feiner  Beftimmung  übergeben  roerben. 
«♦niles  ipurbe  angecoenbet,  bies  3iel  zu  erreidien, 
unb  roir  Ratten  bamals  in  ber  Tat  nici]t  zu  klagen, 
baß  uns  ICoiele  Hinberniffe  entgegengekommen 
tDären.  einen  foldien  Fleiß  unb  Cifer  ber  Bauleute 
liaben  toir  fpäterbin  nidit  ipieber  zu  feigen  be= 
kommen«,  fcbrieb  Eolie  fpäter.  Der  lüaximilianstag 
kam,  es  roar  ein  Regentag.  Der  oerliältnismäßig 
große  Bau  roar  f ertiggeftellt.  «IDeg,  Wetter 
unb  Regen  bot  kein  Qinbemis,  unb  roir  erlebten 
es,  mitten  im  Sdimutf  eines  armen  Dorfes  ein 
überaus  frolilidies  Freubenfeft  zu  feiern.»  Um 
12.  Oktober  1854  tuurbe  basDiakoniffenmutterliaus  in 
flnioefentieit  vieler  Freunbe  unb  öäfte  unter  Teil= 
nalime  zalilreidier  öemeinbeglieber  feierlid]  ein  = 
gecDeilit. 

Um  niorgen  bes  Fefttages  prebigte  Cobe  in 
ber  örtskirdie  über  Pfalm  73, 25  unb  26.  Cin  e4n= 
fadies  niittagsmalil  Don  ungefähr  XO  öebecken  oer= 
einigte  bann  in  ber  Sonne  t)k  Feftgäfte.  TTadimittag 
um  2  Ulir  begann  hierauf  bie  eigentlidie  Feftfeier, 
roeldie  infolge  bes  Regens  nid]t  oor  bem  liaufe, 
roeldies  eingeireiht  roerben  follte,  fonbern  in  ber 
Kirdie  abgehalten  ipurbe.    Diefelbe  oermodite  frei= 


lid]  ble  nicnge  ber  Teilnelimenben  nid]t  zu  faffcn, 
fo  baß  oiele  braußen  im  Kcgcn  fteben  mußten.  ITlit 
öGfang  ipurbe  begonnen,  l)ierauf  liielt  Dekan 
Badimann  bie  feftrebe  über  £uk.  5J7— 26.  Cs 
folgte  eine  Reibe  oon  fiebern  unb  f ektionen ,  spelcb 
letztere  teils  aus  ber  Sdirift  (Hlattb.  20,  20-28; 
Job.  13,4-17;  mattb.  25,31-46),  teils  aus  Patern 
ber  Kircbe  (Scrioer  unb  Heinricb  Hluller)  genommen, 
teils  eigens  bazu  oerfaßt  toaren.  Hacbbem  biefe  9 
fektionen  oon  Sdiulern  ber  ITIifflonsanftalt  oerlefen 
!Porben  iparen  unb  bie  öemeinbe  immer  mit  bem 
öefang  eines  Cieberoerfes  geantwortet  batte,  fcbloß 
ein  oon  ber  ganzen  üerfammlung  gefungenes  Te 
Deum  ben  erften  Teil  ber  f  eftfeier.  In  georbnetem 
3uge  begab  man  ficb  oor  bas  mit  Blumen  unb 
Kränzen  gefcbmückte  fiaus,  «bas  in  länblidier  Cinfalt 
ben  erbabenen  Crnft  feiner  Beftimmung  an  ber 
Stirne  trägt.«  Der  Regen  batte  inzrolfcben  nacbge= 
laffen.  Por  bem  liaufe  angekommen  fangen  bie 
Feftteilnebmer  bas  Oeb:  «♦Jefu  geb  ooran.«  Dekan 
Badimann  betrat  bie  oberften  Stufen  bes  Eingangs, 
öffnete  im  Hamen  bes  breieinigen  öottes  bie  Türe 
unb  fprad]  ben  Segen  über  bie  Diakoniffen  mit 
ibren  Porfteberinnen.  Tllan  zog  nun  in  bas  l}aus 
ein  unb  toanberte  burd]  feine  Räume,  flus  bem 
Betfaal  erklang  ber  öefang  geiftlid]er  Oeber,  in 
einem  3immer  toaren  bie  Feftgefdienke  aufgeftellt. 
niit  eintretenber  Dunkelbeit  begann  ber  britte  Teil 
bes  feftes,  ber  erfte  Qausgottesbienft  im  Betfaale. 


Tladi  bem  CieDe:  «Cbrifte,  bu  Eamm  öottes«  oer= 
breitete  fidi  Cölie  über  ben  3ipeck  bes  neuen 
l]aufes.  Die  £itanei  mit  eingefdialteten  Bitten,  bie 
fjdi  auf  ben  3ipeck  unb  bas  Ceben  in  ber  flnftalt 
bezogen,  tuurbe  oon  ber  feiernben  öemeinbe  ge=^ 
betet.  Pater  unfer,  Segen  unb  bas  Oeb  «Jerufalem, 
bu  liodigebaute  Stabt»  beenbeten  bie  feien  nnge= 
fidits  bes  flitares  mit  ben  brennenben  Kerzen  Der= 
einigte  man  fid}  aisbann  zu  einem  fiebesmabl. 
Die  IDitipen  unb  Armen  ber  öemeinbe  in  ber  TITitte, 
faßen  in  bem  Betfaale  über  l)unbert  Tifdigenoffen 
beim  einfachen,  aber  Dom  öeifte  ber  Jefus=  unb 
Bruberliebe  reidilid]  getuürzten  Jllalile.  Kurze  Tln= 
fpradien,  gemeinfcliaftlidi  gefungene  fieber  unb 
Deriefung  einiger  zu  biefem  Tage  gefanbter  öe= 
bidite  geftalteten  ben  flbenb  zu  einer  lieblidien 
Familienfeier. 

Cin  großes  IDerk  roar  oollenbet.  ITIan  Ijatte 
gebaut  «nicht  aus  bem  Reichtum  ber  Unternehmer, 
fonbern  auf  IDagnis  bes  göttlichen  IDohlgefallens.« 
öefchenke,  unoerzinsliche  unb  oerzinsliche  Darlehen 
mußten  ben  Bau  oollenben  halfen.  Huf  ber  erften 
Seite  bes  erften  Sdiulbbuches  fteht  oon  Cöhe's  fjanb 
gefchrieben:  «Der  etuig  reiche  öott,  zu  beffen  Chre 
biefe  Diakoniffenanftalt  erriditet  ift,  cDolle  nach 
Seiner  önabe  ber  Sunbe  berer  nicht  gebenken, 
loelche  es  auf  Seinen  großen  Hamen  getoagt  haben. 
Keinen  ITlenrcben  toolle  Cr  burch  bies  [jaus  Schaben 
nehmen  laffen,  fonbern  Cr  laffe  uns  unb  anbere 


crfaliren,  baß  Cr  mit  uns  ift.  Timen.«  Die  Bau= 
l^often  beliefen  fid}  [auf  annäliernb  15000  öulben. 
flnfänglid}  betrugen  bie  öefdienke  über  1000  öulben. 
Cöbe  felbft  bezeichnete  es  «als  ein  reines  IDagnis, 
aus  foldier  flrmut  fictl  zum  Bau  zu>ntfdiließen.»» 
«Dennodi  ift  roeber  ber  Bauunternehmer  nodi  ber 
öelbbarleiber  zu  Sdianben  geroorben,  unb  cpenn 
audi  meljr  als  einmal  bem  erfteren  bie  IDaffer  ber 
Sorge  bis  an  ben  l)als  gingen,  fo  iftjbm  bodi  nidit 
bloß  zu  ber  Baufumme,  fonbern  noch  zu  toeit  mehr 
geholfen  roorben,  nämlich  zu  all  bem  großen  fiaufen 
öelb,  ben  er  auch  ferner  zum  Unkauf  fo  oieler 
örunbftucke  unb  zum  Bau  fo  oieier  Räufer  beburft 
hat»  «Ich  roerbe  roohl  auch  fagen  bürfen  unb 
muffen,  baß  meine  IPaffer  im  Pergleich  mit  benen 
anberer  ber  ftillen  Quelle  Siloah's  glichen,  aber  in 
IDahrheit,  es  ift  mir  boch  fo  oiel  burch  öott  ge= 
lungen,  baß  ich  es  nicht  zählen  noch  n7iegen  kann, 
unb  ich  bin  boch  eines  pon  ben  oielen  Beifpielen, 
an  benen  öott  beroiefen  hat,  roas  Jefu  ITIutter 
(Cuc.  1,53)  fagte:  «Die  f)ungrigen  füllt  er  mit 
öütern  unb  läffet  bie  Reichen  leer,»  -  bekannte 
Cöhe  im  Rückblick  auf  bie  weitere  Cntcpicklung  ber 
nnftalt. 

Das  Diakoniffenhaus  tourbe  als  Backfteinbau 
aufgeführt.  Cs  beftanb  aus  einem  100  Fuß  langen 
zipeiftöckigen  Qauptgebäube  nebft  einem  65  Fuß 
langen  toeftlichen  Flügel.  Der  oftliche  Flügel  tuurbe 
im  folgenben  Jahre  oon  einem  Freunbe  ber  flnftalt  auf 


eigene  Koften  gebaut  unb  fpäter  bem  ITlutterbaufe 
überlaffen»  Ilodi  zu  Cöhe's  3elten  tourbe  bas  fjaus 
oergrößert.  Inztpifdien  ftatte  ein  frolies  Urbeiten 
in  bem  eben  eingeroeiliten  Diakoniffenmutterliaus 
begonnen.  IPar  ber  oberfte  3ipeck  bes  liaufes 
nusbilbung  oon  Celirerinnen  für  Kleinkinberfdjulen 
unb  oon  Krankenpflegerinnen  in  Familien  unb  Spi= 
tälern,  fo  Ratten  bod]  fdion  im  öaftbaus  zur  Sonne 
foldie  Sdiulerinnen  Flufnalime  gefunben,  tpeldie 
lebiglidi  eine  gebiegene  toeiblidie  Tlusbilbung  fürs 
fpätere  Ceben  \\\^x  fuditen.  So  entftanben  bie 
Tleuenbettelsauer  Sdiulen,  beren  enge  €in= 
glieberung  in  bie  finftalt  barin  fidi  bekunbete,  baß 
biefelben  im  Diakoniffenmutterbaufe  untergebracht 
tpurben.  öleidizeitig  ipar  oon  Anfang  an  ben= 
jenigen  Diakoniffen,  roeldie  zu  febrfdiipeftern  aus= 
erfeben  toaren,  bie  ITIöglidikeit  geeigneter  Por= 
bilbung  für  ibren  Beruf  gegeben.  Der  Sci]ulorga= 
nismus  glieberte  Heil  alsbalb  in  brei  Teile,  bie 
«rote»>  Sdiule  für  unkonfirmierte  Hläbdien,  W^ 
«grüne»>  Sdiule  für  konfirmierte  ITIäbdien,  \in 
«blaue«  Sdiule  als  bie  eigentlidie  Diakoniffenfdiule. 
Die  erfteren  beiben  Hbteilungen  ermogliditen  bie 
Bilbungsftufe  einer  bob^ren  Toditerfdiule  unb  traten 
im  Jabre  1855  (grüne)  unb  1862  (rote)  ins  Eeben. 
Der  Bezeidinung  ber  Sdiulen  nadi  oerfdiiebenen 
Farben  lag  bas  Banb  zu  örunbe,  toeldies  bie 
Sdiulerinnen  als  Rbzeidien  am  Kleibe  trugen.  Über 
bas  Perbältnis  ber  einzelnen  Sdiulen  aufwerte  fidi 


Cöbe  bereits  in  ben  frulieften  Beriditen:  «Die  fo  oft 
bel^Iagte  große  Cinfeitigkeit  unb  Citeli^eit  bes  ipeib= 
lidien  Inftitutslebens  fdieint  burd]  bie  üerbinbung 
mit  ber  Diakoniffenanftalt  glucklidi  oermieben  zu 
fein.  Die  l^leine  Sdiule  ift  integrierenber  Beftanb= 
teil  bes  Ganzen:  bie  Sctiulerinnen  nel^men  an  allem 
teil,  CDas  bas  liaus  beroegt;  roäbrenb  es  ooller 
Crnft  mit  bem  fernen  ift,  gel}t  \\}v  feben  bodi  nidit 
gar  im  fernen  auf,  fonbern  fie  finb  oon  einem 
reidien  feben  umtoogt,  beffen  Cinflüffen  {12  fid) 
nicht  entziehen  könnten,  auch  wenn  fie  looliten.« 
Por  allem  bie  «grune»>  Schule  lag  f öhe  am  Herzen 
unb  er  nannte  biefelbe  gerabezu  «bie  THiffion  ber 
blauen»,  hoffte  er  boch,  ba|^  bie  Schulerinnen  ber= 
felben  nach  ihrer  Cntlaffung  Diakoniffenfinn  unb 
üerftänbnis  für  bas  Diakoniffentum  in  roeitere  Kreife 
trügen ,  toenn  fie  nicht  lieber  felbft  ben  Diakoniffen= 
bienft  zum  f  ebensberuf  roählten.  Der  2.  Juli  (Ulariä 
Ijeimfuchung)  trurbe  oom  Jahre  1X61  ab  als  ein 
Perfammlungstag  ber  geroefenen  grünen  unb  roten 
Schülerinnen  in  TIeuenbettelsau  beftimmt  unb  rourbe 
feitbem  ein  Fefttag  befonberer  TIrt. 

Tlur  kurze  3eit  beherbergte  bas  Diakoniffen= 
mutterhaus  in  feinen  unteren  Räumen  eine  Unzahl 
leiblich  unb  geiftig  Kranker.  Dagegen  fanb  bauern= 
ben  IDohnfit?  in  bemfelben  bie  im  Jahre  185S  ge= 
grünbete  Paramentenanftalt,  burch  roelche 
föhe  eine  tpürbige  ^erftellung  oon  ?lltar=  unb 
Kanzelbekleibung    anbahnte,     föhe's    Perftänbnis 


für  basSdiöne  unb  Cblc,  foirie  bie  ilim  eignenbelDcrt= 
fci]ät?ung  bcs  Rltarfakramentcs  tuar  bie  Urfadie  zur 
Pflege  biefer  Seite  diriftlicfier  Kunft  ein  IDerk,  cDeldies 
gebeil}lid]en  Fortgang  nalim  unb  feit  1859  in  einer  f]anb 
(Dial^oniffe  Sarai]  Ijalin)  coar.  Im  Jal]re  1866  ipurbe 
ein  eigener  Paramentenoerein  gegr  unbet,  bef  fen 
3ipeck  ipar:  «bei  feinen  lüitgliebern  unb  burdi 
biefe  in  roeiteren  Kreifen  ben  Sinn  für  diriftlid] 
roürbigen  Sdimuck  ber  öottesliäufer  zu  ertoecken 
unb  focDoliI  praktifdi  ais  theoretifd)  auszubilben,»» 
Die  oon  Heuenbettelsau  ausgelienben  Anregungen 
fulirten  alsbalb  bie  Cntftetiung  einer  finzalil  äl}n= 
lidier  Pereine  in  ber  eoangelifciien  Kirdie  lierbei. 
Mit  ber  Paramentenanftalt  toar  aud]  bie  Hoftien  = 
backerei  oerbunben.  «fölie  bat  in  biefen  beiben 
Arbeitsgebieten»,  liieß  es  beim  fünfzigjährigen 
Jubiläum,  «feinen  Diakoniffen  ebelftes  Frauencoerk 
anoertraut  unb  roie  einen  lieblidien  Kranz  um  all 
bie  inübe  gerounben,  \A^  täglid]  gefdieljen  unb  ge= 
tragen  toerben  mu(^.» 

ettpas  öro(?es  ipar  mit  ber  Diakoniffenanftalt 
gefdiaffen.  IDolil  meinte  f  öl]e  fpäter :  «Cs  ift  frei= 
lidi  alles  anbers  gea7orben  unter  öottes  befonberer 
Führung,  aber  iras  nun  getoorben  ift  liaben  roir 
eigentlid]  nidit  geroollt,«  aber  er  batte  bodi  eine 
Brunnftube  ed]t  ipeiblidi  diriftlid]er  Bilbung  ge= 
fdiaffen,  einen  Quellort  eoangelifdier  fiebestätig= 
keit  erfdiloffen  zu  einer  3eit  too  gerabe  bas  Per= 
ftänbnis  für  beibes   erft  getoeckt  tperben  mußte. 


f öl]c  felbft  badjte  fclir  bcfdidben  oon  feiner  Sdiöp« 
fung.  Beim  Hblauf  bes  erften  Jalirzelints  fdirieb 
er:  «So  tpirb  audi  bie  Diakoniffenanftalt  fdion  ein= 
mal  ipieber  untergeben,  fintemal  nidits  3eitlicbes 
einen  eroigen  Beftanb  bat;  toann  aber,  nad]  roie 
langer  3eit  toer  lueiß  bas?  Die  Diakoniffenanftalt 
foll  ben  ßerrn  ibrer  Tage  anbeten  unb  zu  Ibm 
fagen:  «Hleine  3eit  ftebt  in  Deinen  Hänben»>;  bann 
aber  foll  fie  auffteben  unb  toie  ein  Jüngling,  ber 
am  morgen  an  fein  Tageroerk  gebt  ibre  Sebnen 
ausftrecken,  in  Cbrifto  Jefu  Hlut  unb  Kraft  anzieben 
unb  ficb  aufs  neue,  bei  begonnenem  zweiten  Jabr= 
zebnt  pornebmen,  nicbt  zu  ruben,  fonbern  ibrem 
berrlicben  3iele  entgegenzuringen.»  Damit  aber 
iDurbe  Cöbe  ber  Propbet  einer  rubmreicben  ee= 
fcbidite  bes  oon  ibm  gegrunbeten  Diakoniffenbaufes. 


8.  B^r  Husbau  Der  DiakonflTenanftatt 

IDalire  Diakoniffenbilbung  unb  ecl)t  tpciblidie 
Bilbung  fielen  für  £öl}e  zufammen,  tuie  fein 
großer  Biograpl]  Deinzer  mit  Redit  lierporliebt. 
Pom  erften  Rugenblick  an  nabm  barum  bas  SdiuU 
ipefen  in  ber  Diakoniffenanftalt  eine  beoorzugte 
Stellung  ein.  Sdion  im  erften  Kurs  ber  eben  ge= 
grünbeten  Diakoniffenanftalt  ftanben  bcn  eigent= 
lidien  Diakoniffenfchulerinnen  acht  Schülerinnen 
gegenüber,  «bie  nicht  eigentlich  bie  Tlbficht  hatten, 
Diakoniffen  zu  toerben,  fonbern  Diakoniffenbilbung 
für  ihre  h^itnatlichen  Perhältniffe  fuchten.«  föhe 
oertpanbte  barum  auf  bie  IPeiterentroickelung  bes 
Schulroefens  oiel  Tllühe,  beauffichtigte  mit  größter 
Seipiffenhaftigkeit  ben  Unterricht  unb  ftellte  fein  her= 
Dorragenbes  erzieherifches  Können  in  ben  Dienft  bes 
liaufes.  Sein  öeift  toaltete  in  ber  blauen,  in  ber 
grünen  unb  in  ber  roten  Schule  unb  fuchte  bie 
Qerzen  bem  einen  zuzuführen,  ber  auch  für  ihn 
bas  ölück  bes  febens  geworben  roar. 

Dl2  Uerhältniffe  brängten  ireiter.  So  entftanb 
1856  bie  Kinberfchule,  1X61  bas  Kettungshaus.  Da= 
mit  cDollte  föhe  ber  Pfarrgemeinbe  nützen.  Das 
Kettungshaus  erhielt  am  6.  Dezember  1862  ein 
eigenes  fjdlm  unb  toar  zunächft  beftimmt  [Zur 
Aufnahme  armer  unb  oeripaifter  Hlabchen  aus  ber 


Pfarrei,barum  aud]  «lDaifcnliausfct]ule»>  genannt  Diefe 
biente  zugleich  als  l?olks=  unb  Clementarfdiule  für 
bie  nnftalt  unb  roar  für  12-15  Hläbdien  beredinet. 
Um  ben  Im  Rcttungsliaus  ausgebilbeten  IHäbdien 
nach  ber  Konfirmation  cDeitere  Tlusbiibung  ange= 
beihen  zu  laffen,  tuurbe  bie  Inbuftriefchule  (ürbeits^ 
fchule)  begrünbct.  Diefelbe  trat  am  1.  Dezember 
1X65  ins  f  eben  unb  legte  ben  ITachbruck  auf  prak= 
tird]e  flusbilbung,  SW  wnv  in  einem  an  bas  Pfarr= 
haus  angrenzenben  Bauernhaus  untergebracht  unb 
fanb  alsbalb  zahlreiche  Inanfpruchnahme. 

föhe  bezeichnete  es  felbft  als  eine  «göttliche 
Porfehung»,  ba(]  bie  Diakoniffenanftalt  zugleich 
mit  bem  öebanken  an  eine  Blobenanftalt  auf= 
treten  mußte.  «Dem  Ijerrn  hat  es  eben  gefallen«, 
—  fchrieb  er  —  «bas  hi<^figc  liaus  zunachft  an  ben 
freuben  unb  Eeiben  ber  Bioben  oorüberzufuhren. 
Das  tpar  fein  IDille  unb  ift  baher  fein  IDerk.» 
Schon  ehe  bie  Diakoniffenanftalt  ins  Ceben  getreten 
tuar,  ipar  Cohe  für  bie  Blöbenpflege  intereffiert 
iporben.  Cin  zur  öemeinbe  gehöriger  örtsDor= 
fteher  hatte  feinen  einzigen  Sohn,  welcher  blöbe 
roar,  ber  Fürforge  bes  Pfarrers  empfohlen,  föhe 
tDurbe  baburch  auf  ben  Kretinismus  (Blöbfinn)  auf= 
merkfam,  forfchte  bem  Übel,  feiner  Verbreitung  unb 
feiner  Urfache  roeiter  nad]  unb  befuchte  flnftalten, 
tpelche  anberipärts  für  biefe  Unglücklichen  einge= 
richtet  iparen.  Als  am  9.  ITIai  1X54  im  öafthaus 
zur  Sonne   bie  Diakoniffenanftalt  eröffnet  ipurbe, 


begann  h\2  Diakoniffcnarbcit  mit  öcr  Pflege  jenes 
blöbfinnigen  Knaben.  Kurze  3eit  tparen  bann  bie 
Blöben  im  fubipeftliclien  Eckzimmer  bes  Tnutter= 
Kaufes  untergebradit.  Die  3alil  ber  Pfleglinge  ftieg 
zufebenbs»  3ipei  kleine  nebeneinanberftelienbe 
fjäufer  in  unmittelbarer  Tlälie  bes  Pfarrbaufes 
CDurben  für  bie  Unterbringung  ber  Blöben  ange= 
kauft  bis  im  Jabre  1X64  ein  eigenes  ftattlicbes 
breiftöckiges  öebäube  als  «Stein  göttiidier  flilfe 
burd]  10  Jabre  Tlot  unb  Drangfal»>  in  ber  Habe  bes 
Illutterbaufes  bie  Kranken  aufnabm.  Im  Jabre 
1X66  CDurbe  für  hk  männlidien  Kranken  in  Pol  = 
fingen  bei  Öttingen  eine  3n?eiganftalt  erricbtet 
fo  ba^  oon  ba  ab  in  TIeuenbettelsau  nur  coeiblicbe 
Pfleglinge  untergebracbt  n7aren.  In  Polfingen 
ipurben  auf^erbem  ein  Diftriktsbofpital,  Kettungs= 
baus  unb  Kinberfdiule  erriditet.  3ur  finanziellen 
Sidierftellung  ber  Blöbenpflege  ercoirkte  £öbe  eine 
jäbrlicbe  Kirdienkollekte.  Cr  felbft  ging  ben  Armen 
mit  feelforgerlidier  fiebe  nadi  unb  mubte  fid]  bis 
an  fein  Cebensenbe  mit  ibnen  ab.  Denfelben  ge= 
borte  feine  ganze  oäterlidie  Fürforge  unb  in  ben 
Jabren  zunebmenber  feibesfcbtradibeit  oerzebrte 
er  an  ibnen  feine  letzte  Kraft,  feiber  toar  fein 
Bemüben,  eine  eigene  Rnftalt  für  Cpileptifcbe  zu 
grunben,  oergeblid].  Soireit  es  anging,  ipurben 
biefelben  in  ben  Blöbenanftalten  untergebracht.  Die 
Blöbenanftalt  auf  bem  Territorium  oon  Dettelsau 
nannte  er  «eine   fdiöne  Infel,   bie  fid]  rings  Don 


betn  £ant)e  unb  Flnftaltcnkomplex  zu  ibrem  üortd! 
lierausbebt  unb  gcitenb  madit  Unfere  Sctiulan=: 
ftaltcn  ftelien  im  Flor  unb  es  ift  keine  Urfadie  oor= 
lianben,  [12  nidit  zu  rounfdien  ober  niciit  zu  förbern, 
aber  bie  Blobenanftalt  bat  bennodi  einen  Porrang 
oor  ben  Sdiulen  unb  bas  kommt  baber,  baß  fi^ 
einem  fo  großen  unb  namenlofen  Clenb  fteuert 
Si2  bient  ben  Biöben  aller  Art  unb  aller  Stufen, 
fie  bient  Cpileptifdien ,  fie  bient  öeifteskranken.» 
Als  Cöbe  ftarb,  roaren  oiele  berartige  Kranke  in 
ber  Pflege  ber  oon  ibm  begrünbeten  Finftalt,  roeldie 
er  ipobl  «eine  3ierbe  ber  inneren  Uliffionstätigkeit»» 
nannte.  Das  Clenb  ber  Biöben  batte  er  zu  bem 
Crften  gemadit,  an  bem  bie  Diakoniffen  «ficb  ab= 
muben,  üben  unb  plagen  follten.«  Tluf  ber  Haupt= 
front  ber  Ileuenbettelsauer  finftalt  batte  er  bie  ln= 
fcbrift  anbringen  laffen:  «Den  Biöben  ift  Cr  bolb.»> 
Als  am  11.  Huguft  1X64  bas  (jaus  eingeroeibt 
tpurbe,  gab  ibm  biefe  Infcftrift  bas  Tbema  zu 
feiner  TInfpracbe.  Cr  fagte  bamals:  «fragt  man 
nacb  bem  biblifcben  Beleg  bes  Sat?es,  fo  gebort 
bieber  alles,  luas  oon  ber  Beziebung  bes  fierrn 
zu  ben  Kinbern  gefdirieben  ftebt  benn  bie  Biöben 
finb  unb  bleiben  Kinber  ibr  Ceben  lang.  Die  Kircbe 
bacbte  lange  nicbtbaran,  ficb  nacb  ben  Perbeißungen, 
roelcbe  bie  Pflege  ber  Kinber  bat  audi  burdi  Für= 
forge  für  bie  Biöben  auszuftrecken,  aber  in  neuerer 
3eit  finb  Rügen  unb  fjQVZ  für  biefe  €lenben  oon 
öott  geöffnet  toorben,  unb  barum  a7ollen  roir  nur 


redit  red]t  liolb  ben  Blöben  fein,  ba  ^r  il}nen 
fo  liolb  ift.»  «Für  bW  Blöben  irar  fölie  nichts 
fchön  unb  gut  genug»>,  fdirieb  ber  Jul7iläumsbericlit= 
erftatter  im  ««Überblick  über  50  Jalire  öefdiidite 
ber  Diakoniffenanftalt  in  TIeuenbettelsau*>,  «l]C)cli= 
fcbattige  Bäume,  faubengänge,  Unlagen  fdimückten 
bie  nädifte  Umgebung.»  Das  f]aus  in  TIeuen= 
bettelsau  felbft  tuar  bamals  ber  beberrfdienbe  Bau 
in  ber  roeiten  Kolonie,  um  10  Fuß  länger  unb  ein 
Stocktoerk  Iiolier  als  bas  Illutterliaus,  «fo  baß  Cölie 
fcberzenb  toarnte,  fie  möge  fidi  nidit  Ijoffärtig  über 
bie  Hlutteranftalt  ergeben,  ipie  tjagar  gegen  Sara,« 
ein  weiteres  Arbeitsgebiet  bes  Diakoniffen= 
Kaufes  iDurbe  bie  Fürforge  für  bie  gefallenen  unb 
gefäbrbeten  ölieber  bes  ipeiblidien  öefdiledites 
(Tnagbalenenfadie).  In  ben  erften  lal^ren 
liatte  er  biefelben  in  bas  Haus  felbft  aufgenommen, 
iDO  fie  unter  befonberer  Huffidit  einer  Scl]cpefter 
ftanben.  Dank  ber  Barmherzigkeit  ebler  Frauen 
konnte  am  23.  Juni  1X65  ein  eigenes  liaus  für 
biefe  Unglücklidien  eröffnet  toerben.  Das  inagba= 
lenium  übernalim  bie  Beforgung  ber  IPäfdie  fämt= 
lidier  finftalten  fomie  fpäterliin  bie  Hälierei.  öe= 
tDölinung  zur  Tirbeit  rourbe  liier  mit  Folgeriditig= 
keit  als  bas  IPiditigfte  unter  ben  menfdilidien  Cr= 
zieliungsmitteln  erkannt  Die  Cinglieberung  biefer 
befonberen  finftalt  in  ben  Organismus  ber  gefamten 
Tlnftalten  unb  bie  Teilnalime  an  ben  geiftlidien 
Segnungen  bes  großen  Haufes  eripies  fidi  als  ein 

etdjner,  Cölje.  g 


befonberer  Vorzug.  Den  Diakoniffenpoften  ber 
TTIagbalenenoberfdiiPefter  bielt  Cölie  in  oicler  Be= 
Ziehung  für  ben  fdicDierigften  unb  äußerte  rool}!: 
«Idi  habe  Diel  flbnlidikeit  zroifdien  ihm  unb  bem 
Poftcn  eines  Pfarrers  gefunben,  aber  immerbin 
babe  idi  ibn  auch  toie  jenen  größeren  als  preis= 
ipürbig  unb  berrlidi  anerkannt»  Seit  1362  beftanb 
baneben  eine  Staatserzieb  u  ngsanftalt  für 
TTIäbdien,  «ipeicbe  gemäß  bem  Strafgefet?bud]e  ent= 
roeber  zur  Tladibaft  eines  halben  Jahres  [hieher 
gebracht  werben  ober  toegen  Strafunmünbigkeit 
zroar  freigefprochen,  aber  zur  ftraftoeifen  Unter= 
bringung  verurteilt  tnurben.» 

Don  Anbeginn  an  rourben  im  Diakoniffenhaufe 
Kranke  aufgenommen.  Im  Jahre  1X57  hatte  man 
bereits  ein  eigenes  «Pfrünbhaus»  imJDorfe,  in  roelchem 
auch  Kranke  bes  Orts  gepflegt  tourben  («Dorfhofpi= 
tal»>).  3ugleich  bekam  bie  finftalt  einen  eigenen 
flrzt  unb  eine  eigene  Apotheke.  |Im  Jahre  1X61 
ipurbe  ein  Flügel  an  bas  Diakoniffenhaus  angebaut, 
ber  'zur  Aufnahme  oon  ipeiblidien  Kranken  beftimmt 
ipurbe.  Diefer  Siechenfaal  zu  beffen  Bau  eine 
Sdiipefter  ihr  üermogen  gefchenkt  hatte,  roar  bie 
Hachahmung  eines  oon  Cöhe  kurz  zuDor  gefehenen 
Porbilbes  im  Hotel  de  Dieu  in  Cyon.  Hlit  bem 
Jahre  1X65  erweiterte  fich  bas  Kranken roefen. 
3iPifdien  bem  Diftrikt  unb  bem  Diakoniffenhaus 
cDurbe  ein  Pertrag  abgefdiloffen,  wonach  alle  armen 
Kranken  bes  Diftrikts  im  liofpital  bes  Diakoniffen= 


liaufes  unentgeltlidi  oerpflegt  toerbcn  follten,  ba= 
gegen  burften  bie  Sdiroeftern  j'älirlidi  zroeimal  in 
allen  örtfdiaften  bes  Diftrikts  freicoillige  öaben 
fammeln  (terminieren).  Um  für  ben  3ubrang  ge= 
ruftet  zu  fein,  courbe  im  lalire  1X67  ein  Ijofpital 
für  niänner  unb  im  Jalire  1X69  ein  foldies  für 
Frauen  erbaut.  Sdierzenb  nannte  folie  biefe  ben 
Tlnftaltskomplex  nad]  öften  zu  abfd]ließenben  öe= 
bäube  bas  «öftenbe  ber  Dettclsauer  Dial^oniffen= 
l^olonie.»»  Der  Pertrag  mit  bem  Diftrikt  ipurbe 
nad]  toenigen  Jahren  ipieber  aufgelöft  unb  für  bie 
Diakoniffen  fiel  bas  roenig  angenehme  öefcöäft 
ber  Sammlung  freitoilliger  öaben  tueg.  für  bie 
nädifte  3eit  iparen  infolgebeffen  bie  Kranken^ 
abteilungen  coeniger  belegt.  Im  Jabre  1X71  cpurben 
ztDeimal  oertDunbete  Solbaten  aufgenommen  unb 
gepflegt.  IDenn  in  Tleuenbettelsau  felbft  bas  Kran= 
kenroefen  fid]  in  befdieibeneren  Grenzen  \}k\t,  fo 
batte  bies  feinen  bauptfäd]lid]ften  örunb  in  ber 
3urüd^baltung  ber  bäuerlidien  Beoölkerung  anftalt= 
lidier  Krankenpflege  gegenüber.  «Die  ambulante 
Krankenpflege«  unter  bem  Eanboolk,  ipie  biefelbe 
burd]  bie  Diakoniffen  bin  unb  \}2v  in  ben  fjäufern 
geübt  ipurbe,  fanb  mebr  Anklang.  IDobl  einge= 
rd)ät?t  rourbe  audi  bie  Tlnftellung  eines  Tlrztes  (zu= 
erft  Dr.  Jobannes  Cnzler,  1X64-1X77  Dr.  nifreb 
Riebe!  unb  feit  1X7X  Ijofrat  Dr.  liermann  Dietlen) 
fotüie  bas  Porbanbenfein  einer  flnftaltsapotbeke. 
für   föbe    tparen   bie  Krankenanftalten  eigentlidi 

8* 


mittel  zum  3!Peck,  roie  er  benn  audi  in  einem  ber 
erften  Berichte  fcbrieb:  «In  unferem  öaufe  finb  ge= 
nau  genommen  nidit  bie  Pflegerinnen  für  bie 
Kranken,  fonbern  biefe  für  jene  ba.»  Uls  Ubungs= 
anftalt  im  Dienfte  ber  leibenben  Hlenfäilieit  ipurbe 
bas  TIeuenbettelsauer  Spital  oon  nidjt  zu  unter= 
f(l]ät?enber  Bebeutung.  Im  3ufammenliang  bamit 
tpäre  föl}e's  f ürforge  für  IDanberer  nodi  zu  er= 
roäljnen,  inbem  er  ben  an  «Stral^enübeln«  Ceibenben 
luenigftens  unentgeltlictienufnalime  unb  Perpflegung 
im  fjofpital  geroälirleiftete,  3ur  Crriditung  eines 
Xenobodiium  (Frembenliofpital)  feliltenilim  bie  mittel. 
Ijanb  in  lianb  mit  ber  €ntipicklung  ber  Diako= 
niffenanftalt  in  iliren  oerfdiiebenen  Unternelimungen 
ging  bie  erricl]tung  oon  öebäuben,  ireldie  ben  Tln= 
ftaltsbebürfniffen  zu  bienen  liatten,  als  Bäckerei, 
Ökonomie  unb  bergleidien.  folie's  praktifcfter  Blick 
tpar  biefen  Cinriditungen  nidit  minber  zugetoanbt 
als  ben  eigentlidien  Arbeitszcoeigen  ber  Unftalt.  Cr 
geipann  für  biefe  Urbeitenaudi  männlicl]el)ilfskräfte, 
tpeldie  fid]  teiltpeife  bem  IJaufe  als  «Brüber»  enger 
anfcbloffen.  eine  befonbere  Stütze  fanb  er  an  feinem 
bankbaren  Konfirmanben,  bem  Bauirart  Stapfer, 
toeldier  oom  Jabre  1X62  an  bie  Baufacl]en  ber 
Diakoniffenanftalt  leitete,  unb  an  bem  Bruber 
lieiber,  tpeldjer  «bie  taufenberlei  kleinen  Höten  unb 
Sorgen»  beforgte,  Don  ben  Steuern  unb  Abgaben 
bis  zu  ben  einfacl]ften  bäuslidien  Bebürfniffen. 
Um  bie  Umgebung  bes  Diakoniffenbaufes  zu  oer= 


rdiönern,  lie|^  er  eine  ftattlldje  öartenanlage  lier= 
ftellen  unb  nannte  biefelbe  zum  Unbenken  an  feine 
Heimgegangene  Cliefrau  «(]elenengarten»>.  Cin  eige= 
ner  öärtner  cDurbe  angeftellt  unb  zur  Durdifülirung 
ber  notcoenbigften  Arbeiten  unb  flnfcftaffungen 
[teilte  Cölie  feine  «Sieben  Porträge  über  ble  IDorte 
Jefu  Cbrifti  oom  Kreuze»  zur  Perfügung.  Cs  tpar 
in  ber  Paffionszeit  1X59,  als  fobe  bem  öärtner 
bas  nianufkript  ausbänbigte:  «Pielieidit  gibt  ein 
Perleger  fo  oiel  für  ble  geringe  Arbeit  als  Sie  be= 
bürfen.  IPas  Sie  empfangen,  legen  fie  bann  CDie 
Samenkörner  in  bie  Crbe  unb  laffen  zum  Preife 
ber  IPunben  lefu  einen  befto  fcböneren  öarten  ber= 
ooripaclifen.*> 

Im  TTIittelpunkt  ber  bamaligen  Schöpfungen 
ftanb  für  föbe  ber  B et f aal.  Bk  bisberige  eottes= 
bienftlidie  Stätte  bes  Diakoniffenbaufes  —  es  toar 
bies  ber  größte,  gegen  Süben  gelegene  Saal  — 
tDurbe  in  ben  erften  Jabren  für  bie  täglicben 
liausanbaditen  benutzt.  Bei  bem  rafdien  nn= 
ipadifen  ber  Beipobnerfdiaft  ertüies  fidi  biefelbe 
als  unzulänglidi.  Für  bie  fonntäglidien  öottes= 
bienfte  ipar  balb  aud]  bie  befdieibcne  örts= 
kirdie  zu  klein.  Die  öemeinbe  ließ  fid]  zur 
Cripciterung  bes  öottesbaufes  nicbt  bcrbei.  So 
fcbritt  man  an  ben  Bau  eines  eigenen  Betfaales, 
tpeldier  oftlidi  oom  ITIutterbaus  zu  fteben  kam  unb 
in  ber  Form  einer  Bafilika  fid]  näberte.  IPar  ber= 
felbe  im  Äußeren  fdjmud^los,   fo  fanb  bas  Innere 


um  fo  tDürbigere  öcftaltung.  Hus  freitoilligen  öabcn 
follte  er  erftelicn.  fölie  fclbft  opferte  bas  Honorar 
für  bie  «Rofenmonate»  zu  bem  Bau  bes  Betfaales. 
Um  20.  nuguft  1X58  luurbe  ber  erunbftein  gelegt. 
Cölie  befanb  ficil  m  jener  3eit  zur  lDieberl}erftellung 
feiner  öefunblieit  in  Karlsbab,  fo  ba(?  Konrektor 
fol^e  bie  Feier  leitete.  Pon  biefem  Tage  an 
«flackerte  eine  blauireiße  Faline  mit  fdiiparzem 
Kreuz  auf  rotem  örunb,  unter  coelchem  bas  IDort 
oremus  (Caßt  uns  beten)  eingenäht  cpar,  über  bem 
Bauplat?  bis  zur  Pollenbung  bes  Baues.»  Tim 
25.  Dezember  1X59  irurbe  ber  erfte  l]ausgöttes= 
bienft  in  bemfelben  gebalten.  «Das  neuerbaute  Bet= 
Ijaus  foll  eine  Krippe  fein,  in  ipeldier  ber  fjerr  feine 
lOolinung  l]aben  möge»,  fagte  Eolie  in  ber  erfte n 
flnfpradie.  Tim  27.  Illai  (Pfinfttag)  1X60  rourbe 
ber  erfte  Qauptgottesbienft  unb  tags  barauf  bie 
erfte  Sakramentsfeier  im  Betfaal  gebalten,  nadibem 
tiierzu  bie  kirdienregimentlictie  Erlaubnis  erteilt 
roorben  ipar.  Um  14.  Oktober  1X65  konnte  bie 
Glocke  bes  Betfaales  feierlidi  bem  öebraud]  über= 
geben  toerben.  Ruf  ber  einen  Seite  berfelben  ipar 
bas  Diakoniffenroappen  angebracht,  auf  ber  anbern 
bie  niutter  mit  bem  Jefuskinbe  unb  um  biefelbe  ber 
hl2  Infcbrift  Et  verbum  caro  factum  est  («Unb  bas 
IDort  iparb  Fleifd]»).  Tllit  bem  Porbanbenfein  biefer 
gottesbienftlidien  Stätte  mar  ein  bebeutenber  Sdiritt 
in  ber  kird]lid)en  Perfelbftänbigung  ber  Diakoniffen= 
anftalt  oorroärts  getan.    TTIit  fobe's  Tob  löfte  fidi 


bekanntlidi  bic  Tlnftalt  oon  ber  Pfarrgemcinbe  unb 
ipurbe  einem  eeiftlidien  mit  bem  Titel  «Rektor»  im 
Hauptamte  übertragen.  Cöbe's  Tladifolger  ipurbe 
ber  lieffirdie  Pfarrer  friebridi  ITIeyer  (f  5.  Juni 
1E91),  feit  4.  ökt.  1X91  ftelit  an  ber  Spitze  Rektor 
D.  Dr.  I]ermann  Bezzel. 

Im  labre  1X65  lie|^  fölie  am  äußerften  Cnbe 
bes  nnftaltsganzen  nalie  bemlOalbeben  öottes  = 
acker  anlegen,  nadibem  bie  erften  Toten  bes 
fjaufes  auf  bem  1X40  eingetoeiliten  Dorfgottesacker 
\\}v  örab  gefunben  hatten. 

5  morgen  unb  3X  Dezimalen  befaß  bie  Tlnftalt 
an  örunb  unb  Boben,  als  auf  bemfelben  bas  nTutter= 
baus  entftanb.  3ufelienbs  loergrößerte  fid]  ber 
örunbbefit?.  f]aus  an  [jaus  tat  fidi  auf.*)  flus  bem 
erften  (jaus  toar  eine  ganze  Kolonie  geroorben. 
IDacbstümlid]  tpar  alles  geroorben.  Cobe  batte  bie 
Aufgaben  nidit  gefudit  aber  toenn  bie  Tlot  gebiete= 
rifdi   an   bie  Tür  klopfte,   ging  er  berfelben  nidit 


*)  einen  einblick  in  bas  bamalige  Unftaltslcbcn  geroä^rt 
ber  Ruffat?  aus  ber  feber  bes  nact)maligcn  Konfiftorialrates 
rippolb  in  3erbft:  ««Aus  früheren  Tagen,  ein  Bcfud)  in  neuen= 
bettelsau  [1S57»  unb  bie  Sct]ilberung  eines  Bcfudies  in 
Dcttclsau  Don  bem  Didjter  Julius  Sturm  aus  bem  Jat]re  1869. 
Intcreffant  ift  aud)  eine  Tlotiz  in  ber  «Rllgemeinen  3eitung»» 
oom  1.  Rpril  1856,  in  rocldier  es  anfangs  tjeifit:  «Klan  muß 
es  ben  flltlutlieranern  laffen,  ba^  \\2  mit  aller  Energie  unb 
Öpferfäliigkeit  ilir  3iel  oerfolgcn»  .  .  unb  oon  föbe  gefagt  mirb, 
er  fei  «ein  cftarakterooller,  oon  feiner  ölaubensanfidit  burd]= 
brungener  IlTann.» 


c^ic5^c?^cMcMC5^c>ic>i     120    rorororarorororo 

aus  bem  IDeg,  €s  irurbe  ilim  immer  wkMv  bie 
redite  IDeislieit  oon  oben  gegeben  [unb  es  fehlte 
ihm  audi  nie  an  ber  nötigen  !]ilfe  burdi  nienfdien. 
mit  ben  Bauten  ftiegen  wo\}\  bie  Sorgen  nadi  jeber 
Hinfidit.  Cöbe  l]at  baruber  mandi  fcölaflofe  fladit 
geliabt.  Tatfäcblidi  rourbe  «unter  bem  Druck  ber 
Sorge  um  bas  täglidie  Brot  bas  oft  erbettelt  cperben 
mußte  —  ipenn  bie  IDagen  oon  ber  flitmülil 
herauf  über  Sdilauersbad)  mit  Korn  unb  Rüben 
unb  Brot  kamen,  roar  es  ein  Fefttag!  —  unb 
unter  manchem  Tlfißlingen,  aber  mit  bem  ITIute 
eines  guten  öeiriffens  unb  in  bem  BetDußtfein,  oon 
öott  geleitet  zu  toerben  unb  oon  ihm  fich  leiten  zu 
laffen,  begonnen  unb  gearbeitet.»*  Hußerorbentlidie 
Tlöte  tpurben  Peranlaffung  zu  einem  im  jnutter= 
haus  befinblichen  Bilbe  mit  ber  Unterfdirift:  «Die 
bu  porübergehft,  höre,  ift  nidit  jebe  Perlegenheit 
eine  Knofpe?»  Cr  follte  nicht  umfonft  bem  grollen 
Sorgenbrecher  oertrauen.  Dabei  hatte  man  in  ein= 
fachfterlDeife  begonnen  unb  größtmögliche  Sparfam= 
keit  cDurbe  geübt.  Daß  bie  Porfteherinnen  felbft 
ihre  Schulzimmer  tünditen,  roar  in  ben  erften  3eiten 
nichts  UngetPöhnliches.  Cs  h<^rrfditen  zuweilen 
«patriarchalifche»  3uftänbe.  flls  noch  kein  öe= 
bäube  ben  Blick  ins  Dorf  aufhielt  tpar  bes  fierrn 
Pfarrers  heraustreten  aus  bem  Pförtchen  bes 
Pfarrgartens  für  frau  Oberin  bas  3eichen,  zur 
«Stunbe»>  zu  läuten,  eine  Uhr  roar  in  ben  erften 
Jahren  nicht  oorhanben.     Oft  lief  man   zur  Frau 


cMCMC5^oicMc?'Tc?'TCM     121     r^rcjrorororarorci 

Oberin,  Die  ja  eine  Tafdienulir  liatte,  um  ficil  zu 
erkunbigen,  in  treldier  3eit  man  gerabe  lebe. 
So  fcf]uf  Cölie's  liolier  öeift  unb  feine  männlidie 
Tatkraft  unteröottes^fiditbarem  Segen  unb  ber  f  reunbe 
opfertüilligen  Beiliilfe  biefe  «großartige  diriftiidie 
Kolonie.»  IDas  er  \]m  fdiuf,  es  roirkte  anfpornenb 
unb  aneifernb  auf  bas  ganze  fanb  unb  beffen 
eoangeüfdie  Beoölkerung.  föbe  roar  ber  Tllann, 
toeldier  zu  foldi  grunblegenber  unb  cpeiteririrken^ 
ber  nrbeit  oon  öott  beftimmt  luar.  Cr  ipar,  coie 
ber  üerfaffer  bes  Budies  «bie  innere  TTIiffion  in 
Bayern  bsf.  b.  Rl].*>  fdireibt,  «ein  organifatorifdies 
öenie  oiinegleidien.  Cr  befaß  eine  feltene  öabe 
ber  Uberfdiau  bes  öanzen  unb  einzelnen,  ein 
flbminiftratiotalentoolljPünktlidikeit  unb  örbnungs= 
liebe  im  kleinften,  baß  oft  Fernftelienben  Be= 
CDunberung  einflößte.  So  liodi  ilin  ber  Flug  ber 
öebanken  trug,  fo  blieb  bod]  bas  große  Rüge  bes 
großangelegten  TTIannes  audi  für  bas  Kleinfte  bell 
unb  offen.»  Cöbe,  ber  Tflann  ber  Kirdie,  trurbe 
ein  Babnbredier  für  bie  Eiebesarbeit  in  feiner  Kirdie. 
TIeuenbettelsau  ipurbe  burdi  ibn  ein  3entralpunkt 
für  Diakonie  im  Sinne  bes  eoangelifdi=lutiierifdien 
Bekenntniffes  ober,  toie  es  in  bem  TDerke:  «Die 
Kirdie  Deutfdilanbs  im  XIX.  Jabrbunbert»  beißt: 
«eine  Unioerfität  ber  Barmherzigkeit.» 


9*  3ur  Dfakonjffenbilbung  unb  Diakoniffens 
arbeit 

fölie  toar  fidl  oom  erften  Hugenblick  an  bar= 
über  klar,  Daß  bas  ganze  Unternelimen  eDange= 
lifcber  Oebesarbeit,  tuie  er  es  In  Die  IDege  zu  leiten 
berufen  roar,  oon  Perfönlidikeiten  getragen  coerben 
müßte,  unb  baß  nur  bann  ein  ftetes  Fortfcbreiten 
bes  IDerkes  zu  eriparten  fei ,  ipenn  bie  zur  Diai^onie 
berufenen  Kräfte  roirklich  tudjtige  unb  burct)gebil= 
bete  Perfönlidikeiten  feien.  Die  Tlusbilbung  ber 
Diakoniffen  toar  barum  ganz  befonbers  öegenftanb 
feiner  Sorge  unb  Arbeit. 

In  klaffifdien  IDorten  liat  er  bas  Bilb  einer 
rediten  eoangelifd}en  Diakoniffe  gezeid]net,  ipenn 
er  fcbrieb:  «Ich  bin  ipeber  ein  TTfaler  nodi  ein 
Sänger,  tuenn  idi's  aber  roäre,  fo  malte  idi  eine 
Diakoniffin,  cDie  fie  feinfoll,  in  ihren  oerfcftiebenen 
Cebenslagen  unb  Arbeiten.  Cs  gäbe  eine  [ganze 
Reihe  oon  Bilbern  unb  ebenfooiele  Cieber.  TFIalen 
tpürbe  ich  bie  Jungfrau  im  Stall  unb  —  am  Altäre, 
in  ber  IDäfcherei  unb  -  roie  fie  bie  Tlackenben  in 
reines  f innen  ber  Barmherzigkeit  kleibet,  in  ber 
Kirche  unbj—  im  Krankenfaale,  auf  bem  Felbe  unb 
—  beim  Dreimalheilig  im  Chor,  unb  roenn  fie  ganz 
allein  ben  Kommunikanten  bas  Nunc  dimittis  fingt, 
ich  roürbe  alle  möglichen  Bilber  oom  Diakoniffen= 


berufe  malen,  in  allen  aber  eine  Jungfrau,  nidit 
immer  im  Sdileier,  aber  immer  eine  Perfon  ,  .  .  . 
Unb  tuarum?  IDeil  eine  Diakoniffin  bas  öe  = 
ringfte  unb  öröj^te  können  unb  tun,  fidi 
bes  öeringften  nidit  fcbämen  unb  bas  liödifte 
Frauentperk  nidit  oerberben  foll.  Die  Füße  im 
Kot  unb  Staub  niebriger  Rrbeit,  bie  Iiänbe  an  ber 
Ijarfe,  bas  Haupt  im  Sonnenlid]t  ber  flnbadit  unb 
Erkenntnis  Jefu  —  fo  toürbe  id]  fie  aufs  Titelkupfer 
ber  ganzen  Bilberfammlung  malen.  Darunter 
ipürbe  id}  fdireiben:  «Tllles  oermag  fie:  arbeiten, 
fpielen,  lobfingen.» 

Die  Don  einer  Diakoniffe  an  fid]  felbft  geridi= 
tete  Frage:  IDas  toill  idi?  beantn7ortete  er  alfo: 
«IDas  tüill  id]?  Dienen  tuill  id].  IDem  irill  id] 
bienen?  Dem  fjerrn  in  Seinen  Clenben  unb  firmen. 
Unb  coas  ift  mein  fobn?  Id]  biene  toeber  um  Eobn 
nod]  um  Dank,  fonbern  aus  Dank  unb  Hebe; 
mein  Cobn  ift,  ba|^  id]  bienen  barf»  Unb  toenn 
fd]  babei  umkomme?  Komme  id]  um,  fo  komme 
id]  um,  fprad]  Cftber,  bie  bod]  Ibn  nid]t  kannte, 
bem  zu  riebe  id]  umkäme,  unb  ber  mid]  nid]t 
umkommen  läßt.  Unb  roenn  id]  babei  alt  cperbe? 
So  lüirb  mein  f]erz  grünen  tuie  ein  Palmbaum, 
unb  ber  l]err  toirb  mid]  fättigen  mit  önabe  unb 
erbarmen.  Id]  gebe  mit  Frieben  unb  forge  nid]ts.»> 
ein  anberes  TTIal  fdirieb  Cöbe  mit  Bezug  auf  ben 
Diakoniffenftanb:  **ld]  gäbe  mein  feben  unb  alles, 
toas  es  in  fid]  bat,  für  ein  ölas  TIarbe   auf  bas 


fjaupt  meines  Ijerrn.  Da  er  mir  aber  entrückt  unb 
ferne  weggezogen  ift,  fo  nehme  idi  midi  unb  alles, 
toas  id]  bin  unb  babe,  CDie  eine  Traube  unb  preffe 
es  aus,  um  Seinen  auseripäblten  Stelloertretern 
ein  kleiner  f  abetrunk  zu  tuerben.  Preffe  mit  mir 
beine  Traube  aud]  aus,  bringe  bein  febenskeldi= 
glas  bem  Ijerrn ,  unb  Seine  Clenben  follen  es  ganz 
austrinken  auf  bein  IDolil.  Das  ift  fdiöner  als  alles 
ölüd^  ber  Crbe.«  Das  Od}t,  bas,  inbem  es  anberen 
leuditet,  fidi  felbft  oerzebrt,  toar  ibm  ein  fdiönes 
Symbol  aud]  für  bie  Diakoniffe,  roie  es  in  bem 
Diakoniffengebet  beißt:  «Alle  meine  Dinge,  hk  idi 
früber  getrollt,  alles  roas  idi  fudite  unb  nidit  babe 
erlangen  können,  bas  fei  begraben.  Cines  tpill  idi: 
idi  toill  bem  (lerrn  bienen!  Cin  3iel  ipill  idi  baben: 
idi  roill  fein  roie  bas  brennenbe  Odit,  bas  fidi 
felbft  oerzebrt,  inbem  es  anberen  leuditet.  In  bem 
beilfamen  Sdieine  für  bie  Clenben  unb  Armen 
unb  Kleinen ,  töill  idi  tnidi  oerzebren,  unb  irenn 
meine  3eit  kommt,  bann  nimm  midi,  obne  baß 
idi  etroas  anberes  mill,  bin  in  Deinen  Freuben= 
bimmel.  —  faß  midi  nidits  anberes  mebr  fudien  als 
bas:  nieine  Urbeit  fei  meine  freube,  Dein  Wo\)U 
gefallen  mein  Troft;  mein  öebet,  meine  Tlnbadit, 
mein  feiiger  Umgang  mit  Dir,  bas  fei  meine 
IDonne,  bis  idi  fterbe.»  Cifrig  forfdite  babei  £öbe 
bem  biblifdien  Diakoniffenamt  nadi  unb  Stellen 
tpie  Rom.  16;  1.  Tim.  5,3-16  tpurben  oon  ibm 
baraufbin  ipobl  burdibadit;  mit  Bezug  barauf,  baß 


Die  Diakoniffe  tocnig  im  Heuen  Teftament  eripälint 
tpfrb,  fagte  er  roolil:  «Die  Diakoniffin  ftelit  eben 
in  ber Bibel,  toie  im  öarten  bas  befdieibene  üeildien, 
kenntlid]  burdi  feinen  öerudi,  lieblicJ}  oor  öott 
unb  nienfclien,  in  einer  Perborgentieit,  bie  öott 
felbft  gecDollt  bat.» 

Cöbe  badite  bei  feinem  Diakoniffenibeal  roobl 
an  «b'iQ  gottoerlobten  Jungfrauen»  ber  alten  Kirdie, 
aber,  irie  Deinzer  fdireibt,  er  verkannte  nicht,  «baj^ 
bas  eoangelifcbe  Diakoniffentum  anbererfeits  aud} 
etroas  fo  Heues,  Eigenartiges  fei,  ba(^  es  nicbt  ein= 
fad]  in  alte  Sdiläudie,  b.  b.  in  antike  Formen 
kirdilidien  febens  gefaßt  roerben  könne,  baß  mit= 
bin-  bas  Ibeal  einer  eoangelifdien  Diakoniffin  erft 
gefdiaffen,  burdi  cbarakteroolle  Perfönlidikeiten  im 
Diakoniffenftanbe  erft  oorgelebt  toerben  muffe.» 
IDenn  er  barum  bie  Sdilagroörter  ber  romifdien 
örben:  Hrmut,  Keufdibeit  unb  öeborfam  aud]  für 
bas  eDangelifd]e  Diakoniffentum  in  Hnfprud]  nabm, 
fo  ipar  er  fid]  über  ben  Unterfd]ieb  oöllig  klar, 
baß  in  ber  alten  Kird]e  ber  burd]  öelübbe  gebun= 
bene,  in  ber  eoangelifd]en  ber  oöllig  ungebunbene 
freie  n)ille  bie  brei  eblen  Früd]te  trägt.  «Der  freie 
roille  ift  ber  Boben,  auf  n?eld]em  bas  proteftantifd]e 
Diakoniffentum  enpad]fen  muß,  unb  zipar  ber  oöllig 
ungebunbene  in  feiner  täglid]en  Erneuerung.» 

Die  grünblid]e  unb  allfeitige  Husbilbung  ber 
zum  Diakoniffenftanb  fid]  melbenben  Jungfrauen 
lag  föbe  gar  febr  am  fjerzen.    Er  ftellte  fid]  babei 


ein  boppcites  3iel:  «Peroollftänbigung  unb  l^ebung 
ber  allgemeinen  unb  Erteilung  ber  befonberen 
Berufsbllbung.»  Im  britten  Jaliresbendit  ber  Tlnftalt 
entroarf  Cölie  ben  Celirgang  irie  folgt:  «Jeber  Kurs 
cDirb  mit  einleitenben  Porträgen  eröffnet,  tueldie 
keine  anbere  Tlbfidit  liaben,  als  bie  Sdiülerinnen 
zu  einer  richtigen  Tiuffaffung  ihrer  Stellung  in  einem 
Diakoniffenhaufe,  in  einer  diriftlidien  öemeinbe  unb 
in  ber  Kirdie  zu  bringen.  Tln  ber  Spitje  aller  Por= 
träge  fteht  einer  über  flmt  unb  Beruf  ber  Dia= 
koniffin  nadi  bem  IDort  öottes  unb  ber  öefdiidite. 
Diefem  folgen  Porträge  über  bie  züditigenbe  Ciebe, 
roeldie  im  Diakoniffenbaufe  Königin  fein  foll ;  über 
bas  Eefen  im  göttlidien  IPort,  öebraudi  bes  Bet=: 
budis  unb  ber  Poftille,  über  bas  Ijerzensgebet  über 
bas  jungfräulidie  feben,  über  ben  öottesbienft, 
über  ben  feligen  öebraudi  ber  Beidite  unb  Kommu= 
nion.  'lieben  biefen  einleitenben  Porträgen  gebt 
eine  Repetition  unb  PerooUftänbigung  ber  allge= 
meinen  Sdiulkenntniffe  ber;  Übung  unb  Unterriebt 
im  öefang  unb  im  3eid]nen  gibt  bem  feben  im 
flaufe  liebung,  Unmut  unb  Feier.  3u  gleicher  3eit 
tritt  bie  Schülerin  in  ben  phyfiologifchen  Teil  bes 
ärztlichen  Unterrichts  ein.  (Der  ärztliche  Unterricht 
ipar  auf  zroei  Semefter  oerteilt.)  Im  ztpeiten  Teil 
bes  halbjährigen  Kurfus  tritt  bie  befonbere  Belehrung 
über  bie  geiftliche  Krankenpflege  unb  bie  flnipeifung 
zur  Kinbererziehung  unb  zum  Kinberunterricht,  zur 
Führung    oon    Kleinkinberfchulen    unb    Rettungs= 


anftalten  lieroor.»»  Der  gefamte  Unterricht  tourbe 
in  ber  erften  3eit  allein  oon  fölie  gegeben.  Der 
Jubiläumsberidit  fagt  oon  biefer  feiner  Tätigkeit: 
«Eölie's  öeift  bilbete  fidi  feine  Heute.  TDas  er  Dor= 
trug,  balb  in  einfadifter  Bibelerklärung,  balb  im 
fiodiflug  feiner  finnenben  unb  ooripärtsftrebenben 
öebanken,  Crlebniffe  zur  Erläuterung,  kirclien= 
gefdiiditlidie  Bilber,  Hlärtyrergefdiiditen,  Reife= 
befdireibungen,  bie  öebeimniffe  bes  Kalenbers  unb 
ber  Redienkunft,  .  .  ob  er  bie  Bebeutung  |ber 
fdiönen  Sdirift  erläuterte,  er  felbft  ein  lüeifter, 
.  .  .  .  tuenn  er  oollenbs  in  bie  lierrlidikeit  ber 
beutfdien  Spradie  einführte,  bie'[öefd]id]te  eines 
Polkes  erklärte,  . .  .  immer  ipurben  feine  öebanken 
oon  eifrigen,  oerftänbnisDollen  f ehrerinnen  .  .  .  . 
aufgenommen,  oerarbeitet,  in  Kleingelb  umge= 
roedifelt  unb  toeiter  gegeben.  Unb  es  ipurbe 
luditiges  gelernt.»*  Die  Schülerinnen  unb  Schroeftern 
ber  erften  3eit  zeichneten  fich  burch  große  Be= 
gabung  aus  unb  ließen  fich  aufs  höchfte  begeiftern 
burch  Eöhe's  Eehrroeife.  Einer  befonberen  lDert= 
fchätfung  erfreute  fich  im  Unterricht  ber^^Kalenber, 
meil,  roie  er  fich  roohl  ausbrückte,  hier  Tlatur  unb 
önabe  im  innigften  Perein  erfcheinen.  Er  nannte 
ben  Kalenber  «ein  herrliches  Eehr=  unb  Bilbungs= 
mittel  für  Kirche,  Schule  unb  Ijaus.  IDer  in  bem 
unterrichtet  ift,  toas  er  vom  Ijimmel  unb  ber  Erbe 
berichtet,  hat  oiel  oon  ber  Tlatur  gelernt,  unb  toer 
ipeiß,  toas  bie  Texte  unb  bie  fefte  unb  bie  Hamen 


beuten,  ber  lueil^  melir  als  bie  Tllenfdien  unferer 
Tage  aus  ber  Schrift,  ber  eefcöidite  Jefu  unb  feiner 
lieiligen  Kirdie,»  Tlus  biefen  öebanken  tieraus  oer= 
faßte  fölie  im  Jalire  186X  bas  ««TTlartyrölogium«, 
toeldies  zu  jebem  Kalenbernamen  eine  kurze 
febensfkizze  bes  betreffenben  lieiligen  gab  unb 
ipolil  beffen  Bebeutung  für  bas  Reid]  öottes  l]erDor=: 
l]ob.  IDenn  im  Diakoniffenliaus  beim  0efangs= 
unterricl]t  ber  Pfalmengefang  in  ben  Uorbergrunb 
trat  unb  bem  gottesbienftlichen  feben  eine  Be= 
reidierung  gab,  fo  irar  bas  aud]  Cobe's  üerbienft 
einer  grünblidien  Tlusbilbung  ging  zur  Seite  eine 
immertpälirenbe  Fortbilbung  ber  Diakoniffen.  In 
ben  fogenannten  «akabemifdien  Stunben«  bot  er 
ben  Diakoniffen  aus  feinem  großen  IDiffensfctjat? 
unb  feiner  perfonlidien  Crfabrung  immer  roieber 
neue  unb  bereidiernbe  Anregungen.  Die  Diakoniffen= 
bilbung,  coie  er  biefelbe  burchzufüliren  fudite,  ipar 
Don  bem  örunbfat?  geleitet:  «Alle  Tüditigkeit  unb 
Berufsbilbung  ift  kainifcl)  obne  lierzensbilbung  unb 
lieiligung.« 

Die  öeftaltung  ber  Diakoniffenanftalt  als  eines 
eigentlidien  Tllutterbaufes  ergab  fid]  aus  ben  üer= 
llältniffen  felbft.  IDie  toenig  fölie  anfänglidi  an 
ein  feft  organifiertes  Diakoniffenmutterliaus 
badite,  gebt  aus  ben  <*Bebenken  über  toeiblidie 
Diakonie»  beutlidi  bcroon  Cr  cDollte  nidit  ein 
Diakoniffenbaus,  biefe  «ITIadit  über  bem  l]aupte 
bes  IDeibes»  (1.  Kor.  11, 10),  zunädift  baben,  fonbern 


eine  burct)  bie  fanbe  gelienbe  Dfakoniffengemelnbe, 
bie  in  ben  orten,  oon  benen  fi^^  i^ire  Bilbung  emp= 
fangen  füllten,  roie  ben  geiftigen  Ausgangspunkt 
fo  ben  innerlidien  mittel  unb  Cinigungspunkt 
llätten  unb  ben  öemeinben  zurückgegeben,  bie 
ibre  Husbilbung  verlangt  unb  beftritten  hätten,  für 
biefe  ein  Salz  unb  burdi  biefe  unb  über  fie  hinaus 
«cDürzenbe  Kraft«  roären,  Cs  follte  TIeuenbettelsau 
nad}  npcftelgefd}.  2, 42  geipiffermaj^en  ein  «*3entrum 
apoftolifdier  Cebensbetätigung»  iperben.  «I]ier  follte 
ein  fefter,  tragkräftiger  unb  tragfreubiger  örunb 
gelegt  irerben,  in  bem  bie  febre  Chrifti  unb  Seiner 
npoftel  aus  bem  Ulten  Teftament  erläutert,  im 
fidite  bes  Heuen  oerftanben,  burdi  ben  öang  ber 
öefcbicbte  beroiefen  unb  oerbeutlidit  tperben,  bie 
(jerrlidikeit  lutlierifcften  Bekenntniffes  in  Cieb  unb 
Sdirift  unb  örbnung,  in  Oturgie  unb  Sdimuck,  in 
Farbe  unb  Ton  gepriefen  unb  gezeigt  fein  follte.« 
nis  bie  in  ben  «Bebenken«  niebergelegten  öebanken 
rd)on  eine  beftimmte  form  angenommen  hatten, 
meinte  er  nod]:  «ITicht  für  immer,  fonbern  nur 
einftcDeilen  roollten  tpir  uns  in  TIeuenbettelsau  felbft 
f^t?en,«  es  kam  anbers.  Eöhe  roar  auch  hier  ber 
TUann,  bie  rechten  Hlaßnahmen  zu  treffen,  auf 
welchen  bie  toeitere  Cntroickelung  bes  Hlutterhaufes 
Tich  aufbauen  konnte.  Die  fich  bilbenbe  Diakoniffen= 
gemeinfchaft  nannte  er  tpohl  gern  in  Anlehnung  an 
1.  Kor.  16,  15  «ben  örben  oom  liaufe  Stephana.« 
TDurben    in    ben    erften    3eiten    bie    Diakoniffen 

eidjner,  Cöljc.  q 


meift  mit  «Fräulein»  angerebet,  fo  kam  allmäl]= 
lidi  bod)  ber  TIame  «SditDcftern»  in  öcbraudi. 
Diakoniffen  fdiloffen  fid]  an  bcmfelben  Ort  ober 
in  berfelben  öegenb  zu  Kapiteln  zufammen, 
«in  benen  fie  Rcil  burdi  gemeinfames  öebct  unb 
f  efen  bes  göttlidien  TDortes,  burd)  gegenfeitige  ermal)= 
nung  unb  Seelforge  in  ber  Treue  bes  IDanbels  unb 
ber  Berufsfülirung  unb  im  Becpußtfein  ber  öemein= 
fdiaft  ftärken  follten.»  Pom  Jal}re  1X5E  ab  oer= 
mittelte  ein  eigens  gegrünbetes  Blatt:  «Correfpon= 
benzblatt  ber  Diakoniffen  oon  Heuenbettelsau»»  ben 
geiftigen  flustaufd)  unb  ftärkte  bas  öefubl  ber  3u= 
fammengeliörigkeit.  eine  befonbere  Diaköniffen= 
tradit,  bie  lange  öegenftanb  ber  Kritik  roar,  fülirte 
fidi  allmälilidi  Don  felbft  ein.  £öl}e  roußte  biefelbe 
fpäter  in  finniger  IDeife  *)  zu  beuten  unb  bezeidinete 
fie  als  «ipolilfeil  unb  fdiön  zugleidi  unb  bennodi 
niditftatiös,  iPölilabermagblidi.»>  In  feierlidien  Hanb= 
lungen  (Flusfegnung  burdi  Oberin  unb  Sdiipeftern= 


*)  Die  fdiparzi?  Kleibung  follte  auf  IDeltentfagung  Deuten, 
bie  ipetl^e  Sdiürze,  bie  zum  feiertäglidien  Sdimuck  geijörte,  follte 
an  jenes  Cinnentudi  erinnern,  mit  bem  «ber  größte  aller  Dia= 
honen»»  fid)  gürtete,  als  er  fidl  anfcl)ickte,  feinen  Jüngern  bie  Fü|^e 
zu  [pafcl}en.  Diefelt7e  Sdiürze  cpurbe  an  IDerktagen  in  Blau  ge= 
tragen,  ber  Farbe  ber  Beftänbigkeit  unb  Treue.  UerDollftänbigt 
ipurbe  biefe  Tradit  burd)  einen  bei  feierlid)en  6elegenl)eiten 
getragenen  Sd)leier,  ber  «als  eine  niad)t  auf  bem  fjaupte  ber 
Diakoniffm»»  eine  erinnerung  baran  fein  follte,  baß»»  fie  fid)  bem 
ecDigen  Bräutigam  Ct)rifto,  fo  lang  es  ihm  gefällt,  unb  er  fie  nid)t 
anbers  füt)re,  zum  Dienft  für  feine  firmen  unb  ^lenben  ergeben 
l)abe.»»  Die  ipeiße  fjaube  luar  urfprünglid)  bem  CanbDolk  ab= 
gefel)en. 


fcbaft,  Cinfegnung  burdi  bcn  Seelforger)  tpurbe  .  ber 
3ufarntnenlialt  bes  fiaufcs  ben  Sdiipcftcrn  ftets 
aufs  neue  nat]egebrac!]t  Diefe  Feiern,  liturgifdi 
rejd)  ausgeftaltet  oerfeblten  ihres  Cinbruckes  nidit. 
In  ben  «Cinfegnungsreben»,  rpcldie  Cöl}e  babei  hielt, 
tüurbe  bie  Bebeutung  unb  ber3a7eci^bes  Diakönif|'en= 
tums  immer  roieber  oon  neuem  beleuditet.  fjatte 
f öbe  als  Kektor  bie  ganze  Teilung  unb  fluffidit  bes 
fjaufes  in  ber  f]anb,  fo  roar  bie  innere  feitung 
Sadje  ber  «Frau  Oberin».  Pon  ben  brei  Por= 
ftelierinnen,  roeldie  bei  ber  Begrunbung  bes  Ijaufes 
an  beffen  Spitze  getreten  cparen,  coar  Karoline 
Rlieineck  am  21.  Huguft  1855  geftorben  unb  lielene 
oon  Uleyer  (f  26.  Febr.  18X8)  hatte  in  ITürnberg 
mit  ihrer  Sditoefter  bie  «Pflege^  unb  Krippenan= 
ftalt»  ins  Eeben  gerufen,  roährenb  fimalie  Rehm 
mit  bem  Titel  «Frau  Oberin»  bis  an  ihren  lob 
(11.  Illärz  1SX3)  bem  [jaufe  oorftanb.  Seit  20.  npril 
18E3  ift  Oberin  bie  Diakoniffe  Therefe  Stählin, 
ipelche  am  4.  flpril  1E57  in  bas  JTIutterhaus  ein= 
getreten  toar. 

Die  3ahl  ber  Schtoeftern  touchs.  Hls  fohe 
ftarb  zählte  man  96  eingefegnete  unb  55  Probe» 
fditoeftern,  alfo  151  Diakoniffen.  Cin  flrbeitsfelb 
nach  bem  anbern  erfchloß  fid].  Cs  tparen  zuletft 
23  einheimifche  Stationen,  überall  in  Bayern  zer« 
ftreut,  unb  E  außerbayerifche  Stationen.  Die  Dia= 
koniffen  getpannen  Schritt  für  Schritt  bas  Per= 
trauen  unb  roahrten  burch  treue  unb  geroiffenhafte 

9* 


Arbeit  bie  Clire  ilires  Tllutterliaufes.  In  ben  Kriegs= 
zelten  bes  Jalires  1866  unb  oor  allem  1870|71 
lelfteten  fle  erfprleßlldie  DIenfte.  Im  Jal}re  1867 
erhielt  fölie  bereits  in  Anerkennung  feiner  Tätlg= 
kelt  auf  bem  öeblete  ber  Diakonle  unb  feiner  üer= 
blenfte  um  Pflege  bayerlfcfter  Dertounbeter  Im  Krieg 
oon  1866  bas  Ritterkreuz  1.  Klaffe  oom  örben  bes 
lielllgen  Tllichael,  «bie  einzige  öffentlldie  Fluszeicl]= 
nung,  bie  fein  Wirken  jemals  fanb.»>  Bei  blefer 
öelegentjelt  kam  tobe  nad]  Tnundien  unb  legte 
gleldizeltlg  ben  örunb  zu  ber  reldigefegneten  Tätig= 
kelt  TIeuenbettelsauer  DIakonIffen  In  ber  bayerifcben 
Refibenzftabt  Uon  ber  Königin  Hlarie  tourbe  er 
bamals  In  Aubienz  empfangen.  Die  «*berzensgute»> 
Furftin,  bie  Dettelsau  unb  Cöbe  längft  gern  gefeben 
bätte,  freute  ficb  ber  Unterbaltung  mit  Ibm  unb 
bebnte  blefelbe  über  IV2  Stunben  aus. 

öroße  erfolge  iparen  erzielt,  aber  audi  nilß= 
trauen  unb  üerkennung  ipurbe  bem  fiaufe  unb 
feinem  örünber  genug  zuteil.  IDenn  oiele  Por= 
urteile  nadi  unb  nadi  ubercpunben  rourben  unb 
bie  Diakoniffenarbelt  eine  liebepollere  IDertung  fanb, 
fo  ipar  bles  bie  Frudit  ber  unabläfflgen  Arbeit 
Cöbe's  in  ber  Diakonlffenfadie.  lücbtlge,  gerelfte 
Perfönllcbkeiten  gingen  aus  feiner  Scbule  beroor. 
Cr  felbft  betrieb  mit  bellig<2rn  öebetselfer  fein  großes 
IDerk.  IDas  er  oon  öottjidi  Immer  tpieber  erbat,  bas 
follte  er  in  IDIrklidikelt  fein:  «faß  midi  in  Deiner 
f]anb  fein  ein  IDerkzeug  bes  Segens  unb  Deiner  Cl]re.*> 


10.  SdirlftrteUerirdje  Celftungen^ 


Dernadimaligeöbcrkönfiftorialpräfibent  D.  von 
Stäblin  zätilte  £öl]e  zu  bcn  «bebeutenbften  kircl]= 
lidien  Sdiriftftellern  bes  Jalirliunbcrts.»  Unb  in  ber 
Tat  Dcrbicnt  biefe  Seite  feines  IDirl^ens  befonbers 
berDorgelioben  zu  tperben.  IDas  föbe  an  tiefen 
unb  grollen  öebanl^en  in  fid]  trug,  bem  CDußte  er 
mit  glulienber  Berebfamkeit,  in  ebelfter  Sprache 
flusbruck  zu  oerleilien.  Pilmar  zollte  ihm  balier 
bas  £ob,  feit  öoetbe  habe  niemanb  mehr  ein  fo 
fcl]önes  Deutfdi  gefdirieben,  toie  f  öbe.*)  ]\}m  eignete 
eine  ungecDöiinliche  Hlacfit  ber  Spraci]e.  Cr  Der= 
fügte  über  eine  feltene  rd)riftftellerird)e  Begabung. 
In  ben  Dienft  feiner glänzenben  Teiftungen  für, bas 
Reidi  öottes  fteüte  er  bas  gebruckte  IDort.  Daburdi 
brang  er  mit  feinen  Plänen  unb  Cntroürfen  in 
roeitefte  Kreife  feines  Polkes  unb  fo  floffen  il)m 
CDieber  bie  lielfenben  Kräfte  unb  mittel  zu,  ireldie 
er  braud)te,  roenn  feine  IDorte  in  \>k  Tat  umgefetjt 


*)  ein  alter  eaftbofbefit^er  in  Carlsbab,  ber  6öetl)e  Don 
feinem  bortigen  flufentl}alt  ber  i?annte,  war  erftaunt  über  bie 
frappante  flliniiclikeit  ber  erfdieinung  unb  bes  Auftretens  Cöbe's 
mit  bem  bes  Dichters.  Das  Ruhige,  IDurbeDölle  bes  Beneljmens 
beiber  mag  ben  alten  ITIann  zu  feinem  Dergleidi  oeranlaßt 
haben,  fchreibt  Deinzer.  Cöhe  felbft  roar  oon  ber  Sctiönbeit  ber 
Sprache  6oethe's  ftets  eingenommen,  «<ipenn  er  ihn  auch  als 
IHenfchcn  oerabfcheute.»> 


tperben  füllten,  flllc  feine  Sdiriften,  iPol}l  über 
fedizig:  «finb  aus  Den  Crfabrungen  bes  geiftlidien 
Amtes  beroorgeipaclifen,  bienen  praktifdien  Be= 
bürfniffen  unb  finb  babei  faft  immer  oon  einem 
größeren  kirciiiidi=ibealen  (]intergrunb  getragen.« 
Sdilidite  Traktate  roedifelten  mit  tiefgegrünbeten 
Unterfudiungen/kurze  fluffätfe  mit  ftattlidien  Büdiern. 
Der  augenblick!iciien3eitlage,  befonbersin  ben  ernften 
Kampfeszeiten,  bienten  aufklarenbe  üerteibigungs= 
fdjriften  unb  roieberum  anfefinlidie  Prebigtfamm= 
lungen  oermittelten  feine  öebankeniuelt  bem  f  ern= 
ftelienben.  Überall  paarte  fidi  getpiffenliafte  Durdi= 
fuörung  mit  roiffenfdiaftlidiem  Streben.  Unb  ipenn  ein 
öerci)iclitsforrcl)eripieKankeDonbem£öl)eTcl}enBucl}e: 
«crinnerungen  aus  ber  Reformationsgefcbiclite  in 
Franken»  (1847  . . ,  Die  Jal}reszal]l  in  Klammer  be= 
beutet  immer  bas  Jal]r  bes  erften  Crfcfteinens)  fagte, 
Cöbe  zeige  Beruf  zum  fiiftoriker,  fo  fällt  fold]  ein  Ur= 
teil  ins  öetoidit.  öefdiiditlidier  Sinn  ipar  eine  ber  be= 
fonberen  Cigenfcftaften  Eölie's  unb  berfelbe  ift  zu 
finben  in  allen  feinen  Schriften,  modite  er  bie  ngenben= 
frage  belianbeln  ober  über  bie  Diakoniffenfadie 
nadibenken,  modjte  er  erbauliebe  Büdilein,  ipie 
«Conrab»  fdireiben  ober  fein  «Ulartyrologium»  zu= 
fammenftellen.  Cöl}e  lebte  in  ber  öegentoart  unb 
laufcbte  ilir  bie  Bebürfniffe  ab,  er  forfdite  in  ber 
Pergangenbeit  unb  bradite  für  feine  3eit  unge= 
liobene  Sdiät?e  ans  Odit,  er  fdiaute  in  \in  3ukunft 
unb  ließ  in  feine  ITIitojelt  Croigkeitsgebanken  fallen. 


Die  Prebigtfammlungen  feien  an  erfter  Stelle 
genannt:  «Sieben  Preöigten»  (1X34);  «Prebigten 
über  bas  Paterunfer»>  (1835);  «eoangelienpöftille» 
(1X4E);  «17  fektionen  für  bie  Paffionszeit»  (1854); 
«epiftelpoftiüe»  (1858);  «Sieben  Porträge  über  bie 
IPorte  Jefu  Clirifti  oom  Kreuze»>  (1859).  Tladi  feinem 
Tobe  ipurbe  oon  feiner  loditer  eine  ipeitere  PrebiQt= 
fammlung  für  bk  feftlidje  ijälfte  bes  Kirdienjalires 
tierausgegeben,  foipie  bie  erbaulidien  Betraditungen 
«Daoib  unb  Salomo*>.  Pen  feinen  Prebigten  urteilte 
D.  0.  Stäiilin:  «öroß  ift  £ölie  als  Prebiger,  er 
zälilte  zu  ben  größten  bes  lalirbunberts.  Cs  tritt 
aus  feinen  Prebigten  ebenfo  bie  unmittelbar  quel= 
lenbe  Kraft  einer  tief  in  öottes  IDort  eingetauditen 
originalen  Perfönlidikeit,  als  bialektifdie  Hbrunbung, 
erliabener  Sditoung  unb  liturgifd]e  Feier  entgegen. 
.  .  .  .  Urroüdifige  Kraft,  blülienbe  Pliantafie,  pro= 
plietifdien   Crnft  atmen  feine  erften  liomiletifdien 

Crzeugniffe Das  üollenbetfte  bietet  er  in 

feiner  eoangelienpoftille:  Tiefe  Derfenkung  in  ben 
Text  abgeklärte,  ebenmäßige  form,  plaftifdie  Scl]ön= 
fteit,  teilroeife,  namentlid]  in  ben  Feftprebigten  ein 
liturgifdi=l]ymnifclier  Ton  zeidinen  fie  aus.  Tief« 
gelienbe  Sdiriftauslegung,  großen  Keiditum  ber  fln= 
ipenbung  bietet  bie  Cpiftelpoftille.  üortrefflidi  finb 
audi  bie  «fieben  Porträge  über  bie  IPorte  lefu  Clirifti 
oom  Kreuze«. 

«Als  hk  Frucht  feines  Cebens  unb  TPebens  im 
nmte»  bezeichnete  folie  felbft  bas  «f]aus=,  Scl]ul= 


unb  Kirdienbudi  für  Cbnftcn  bes  lutlicrifctien  Be= 
kenntniffes»>  unb  fagtc  oon  bemfelben:  <*lcli  liabe 
nidits  Befferes  naciizulaffen.*>  Das  l^ausbucJi  war 
audi  ein  Teil  feiner  Ciebesarbcit  für  Tlorbamerika 
unb  bie  bortbin  ausgecoanbertenpeutfchen  rutbera== 
ner.  Cs  follte  burdi  basfelbe  ben  Altern,  roeldie 
obne  alle  kirdilidie  Pflege  in  ben  Prärien  unb 
TDälbern  norbamerikas  irobnten,  (janbreidiung 
unb  Anleitung  zu  teil  roerben,  ipie  fie  ibre  Kinber 
in  ben  flnfangsgrünben  cbriftlidier  Erkenntnis  unter= 
tpeifen  follten.  «Solcben  Cltern»,  fdirieb  er  in  ber 
Porrebe,  «mit  biefem  Budie  eine  liilfe  in  bie 
IDüftenei  zu  bringen,  roar  bes  Perfaffers  unb 
Herausgebers  liebftes  Augenmerk  bei  feiner  Arbeit.»* 
Der  erfte  Teil,  beffen  Inbalt  ift:  ber  kleine  Kated]is= 
mus  Dr.  ITIartin  Cutbers  mit  IPorterklärungen, 
Fragen  unb  AntiPorten  zu  ben  fedis  liauptftucken, 
Sprudikatediismus,  Dr.  Bartbolomaei  Rofini  Frag= 
ftucke  auf  bk  bobcn  Fefttage,  Betbudilein  für 
Kinber,  Pom  Ausipenbiglernen  -  erfdiien  im  Jabre 
1X45.  Bebeutenb  fpäter  (1859)  erfdiien  ber  zireite 
unb  britte  Teil.  Der  zroeite  Teil  mirb  eröffnet 
burcb  einebelebrenbeCinfubrung  in  bie  oerfdiiebenen 
Gebiete  kirdilicben  Eebens  unb  bringt  bann  ein 
Kaienbarium,  Cektionarium,  Oratorium  unb  Cbroni= 
kon.  Im  britten  Teil  bes  Hausbuches  tpurbe  ber 
Pfalter  abgebruckt  in  Bearbeitung  bes  um  lDieber= 
belebung  bes  Pfalmengefanges  bodioerbienten 
Freunbes  Friebridi  l]ommel. 


Bcfonbers  gefegnet  roaren  Cölie's  öebetbudicr, 
bje  ipeit  oerbreiteten  «Samenkörner  bcs  öcbetes» 
(1840),  bie  «Kaudiopfer  für  Kranke  unb  Stcrbenbe 
unb  bercn  frcunbe»  (1840).  fiicr  toären  cDobl  audi 
zu  nennen  bie  trefflidien  Beiditbüdier:  «einfältiger 
Beiditunterridit»  (1836)  unb  «Beictit=  unb  Kommu= 
nionbudi  für  eoangelifdie  Cl}riften»>  (1837)  bekannter 
unter  bem  Titel:  «Prüfungstafel  unb  öebete  für 
Beidit  unb  flbenbmalilstage». 

TDertPoll  era7iefen  fidi  bie  «Drei  Büdier  oon 
ber  Kirclie*>  (1845)  unb  bie  paftoral=tt}eö!ogifcl]e 
flbbanblung :  «Der  eoangelifdie  öeiftlidie«  (1852). 
Cetftere  coar  aus  Cölie's  Tätigkeit  in  ber  Hliffions^ 
anftalt  lieroorgegangen.  Das  ztoeite  Bänbdien 
(1857)  toibmete  er  aud]  «ben  3öglingen  ber  beiben 
engoerbunbenen  Pflanzfdiulen  bes  eoangelifdi^ 
lutlierifdien  Prebigerfeminars  IDartburg  in  St.  Se= 
balb  am  Quell,  Jotoa,  unb  ber  eoangelifd]=lutl}eri= 
fdien  Tniffionsfdiule  zu  Tleuenbettelsau  in  TflitteU 
franken.« 

In  ben  kirdilidien  Fragen  über  Stellung  ber 
öemeinbe  zum  lieiligen  Umt  roeldie  in  Umerika 
brennenb  courben,  gab  Töbe's  flnfdiauung  beutlid} 
zu  erkennen :  «fipliorismen  über  bie  neuteftament= 
lidien  Ämter  unb  ilir  üerl]ältnis  zur  öemeinbe», 
(1849)  unb  <^\!\^  neuen  npl)orismen»>  (1851),  ipeld]' 
letztere  Deinzer  «als  feine  bebeutenbfte  tlieologifdie 
feiftung»>  bezeichnet.  In  jenen  ernften  3eiten,  ba 
Cölje    ritterlidi    für  echtes   Cuthertum  in    Bayern 


kämpfte,  erfdiienen  mehrere  Arbeiten,  roeldie  biefe 
Perliältniffe  beleudjteten.  Baönbredienb  courben 
bie  Arbeiten,  ipeldie  £öl}e  über  bie  flgenbenfrage 
Deröffentlidite  unb  muftergültig  blieb  bie  «Rgenbe 
für  diriftlidie  öemeinben  lutt)erifd]en  Bekenntniffes»>. 
In  erfter  Cinie  cDollte  er  mit  ber  TIgenbe  (1S44) 
bem  Bebürfnis  ber  neugegrunbeten  luttjerifdien 
öemeinben  in  Ilorbamerii^a  bienen  unb  aus  biefem 
örunb  ift  biefelbe  audi  bem  bamaligen  Paftor  oon 
Fort  IPayne,  fpäterem  Präfibenten  ber  Synobe  üon 
Tniffouri,  friebnd]  IDyneken  getoibmet,  ber  burd] 
feinen  Weckruf  £öl}e  zum  IPerk  ber  amerikanifclien 
Uliffion  angeregt  Ijatte.  «Seine  TIgenbe  roirb  immer 
als  eine  Ceiftung  oon  grunblegenber  Bebeutung 
unb  Doli  fruchtbarer  Anregungen  für  bie  lutberifdie 
Kirdje  ber  3ukunft  gelten,» 

ein  Quellenbudi  für  bie  flnftaltsgefdiidite  ipurbe : 
«etipas  aus  ber  öefdiichte  bes  Diakoniffenliaufes 
neuenbettelsau»(lE70).  3ubenbeftenDeröffentlicl3ten 
Traktaten  toirb  ber  Traktat  geredinet:  «Pom  göttlidien 
IDorte  als  bem  Eidite,  bas  zum  Frieben  fübrt»  (1X37). 
Derfelbe  tourbe  aud]  ins  franzöfifdie  überfetjt. 

öroßes  Auffeben  erregten  hk  im  Jabre  1860 
erfdiienenen  «Rofenmonate  beiliger  Frauen»  unb 
bas  «Hlartyrologium»  (186X).  Befonbers  erftere 
Sdirift  trug  Eöbe  ben  oielleidit  fürs  erfte  nidit  ganz 
unbereditigten  Doripurf  ein,  er  oertrete  uneoange^ 
lifdie  örunbfätje  unb  neige  zur  katbolifdien  Kirche 
bin.    Cntfdiieben  oerojabrte  er  ficb  bagegen  unb 


fdirieb:  «Id]  l]abe  keinen  Umgang  mit  Kömifd]= 
katbolifdien,  id]  habe  nie  einer  ihrer  £el)ren  bei= 
geftimmt  icii  bin  gar  kein  üniiänger  bes  Papismus, 
id]  l)abe  keine  einzige  römifdi^katliölifdie  Befont)er= 
beit  zu  ber  meinen  gemadjt  idi  hänge,  toie  el]e= 
bem,  an  ben  fymbolifdien  Sätzen  unb  Celjren  ber 
lutlierifdien  Kird]e.»  Eölie  hatte  bei  Hbfaffung  ber 
Röfenmonate  praktifdie  Flbfiditen,  nämlidi  «bas  öe= 
bäditnis  ber  hingefdiiebenen  l^eüigen  fruditbar  zu 
madien.»  Hus  feinem  gefdiid]tlid)en  Sinn  heraus, 
ipeldier  fo  gern  Anknüpfungspunkte  für  bie  öegen= 
ipart  in  ber  Uergangenheit  fudite,  lä|^t  fidi  ipohl 
am  beften  hk  Streitfrage  fdiliditen,  Cr  roollte  mit 
biefen  (leiligenbilbern  feiner  3eit  fittlidie  Impulfe 
geben,  ohne  babei  aud}  nur  irgenbtoie  ben  Stanb= 
punkt  eoangelifdier  Glaubensfreiheit  zu  befdiränken. 
nur^bie  luiditigften  Sdiriften  tourben  ertpähnt. 
es  hätte  iPohl  nodi  einmal  hingeipiefen  roerben 
füllen  auf:  «Conrab,  eine  öabe  für  Konfirmanben»>, 
es  müßte  eigentlidi  genannt  coerben  bas  Büdilein: 
«*Dön  ber  toeiblidien  Einfalt«  ober  «Cebenslauf  einer 
heiligen  Hlagb  öottes  aus  bem  Pfarrftanbe»  —  bod) 
es  mag  genügen,  mit  ben  genannten  Sdiriften 
£öhe's  rchriftftellerifdien  Fleiß  roenigftens  ahnen  zu 
laffen.  IDie  bebeutfam  alle  feine  Peroffentlidjungen 
toaren,  erhellt  aus  ber  latfadie,  baß  bis  in  bie 
öegenipart  feine  Arbeiten  neue  Auflagen  unb  ftete 
Beipunberer  finben.  So  heißt  es  in  ben  Paftoral= 
blättern  (48.  Jahrgang  1905/06):  «In  ben  lOirrniffen, 


in  bje  !ieutzutagc  bei  oiden  bic  innere  Stellung 
zur  Kirdie  geraten  ift,  modite  idi  reclit  naclibruck= 
lid]  auf  bas  feine  Budjlein  aufmerkfam  madien, 
bas  einft  IDillielm  Tölie  gefdirieben  bat:  «Drei 
Büdier  oon  ber  Kirche.«  Tlidit  baß  es  alle  Probleme 
löfte  ober  aud}  nur  anrulirte,  aber  es  ift  mit  fo 
iparmer  Hebe  zur  Kirdie  unb  foldier  Begeifterung 
fürs  futberifdie  unb  mit  foldiem  —  mandimal  an 
Sdileiermadiers  Reben  erinnernben  —  Sd]ipung 
gefdirieben,  ba|^  es  audi  fiebe  unb  Dankbarkeit 
toed^en  kann.  Die  Stimmung  bes  Budies  prägt 
fidi  am  fdiönften  in  ben  IPorten  aus:  «Die  Kirdie 
ift  ber  fdionfte  Ciebesgebanke  bes  (lerrn,  in  ipeldiem 
fidi  feine  eigene  Hlenfdienliebe  unb  bie  Hebe  zu 
feinem  Solin  mit  entliülltem  Tlntlit?  zeigt.  Sie  ift 
ber  öegenfatf  ber  Cinfamkeit  —  feiige  öemeinfdiaft.» 
IPenn  nadi  fedizig  Jaliren  Budier  nodi  foldie  Cob= 
rebner  finben,  tualirlidi  ein  gro|?er  öeift  muß  bier 
bie  feber  geführt  baben. 

nimmt  man  binzu,  baß  Eobe  längere  3eit 
Sdiriftleiter  mehrerer  Blätter  roar  unb  für  bie 
oerfdiiebenften  3eitfdiriften  Ruffätje  lieferte,  fo  tDirb 
man  fagen  können,  baß  er  audi  als  Sdiriftfteller 
gerabezu  Ungeroobnlidies  leiftete,  ganz  zu  ge= 
fdiroeigen  oon  feinen  befonberen  fdiriftftellerifdien 
Arbeiten  im  Dienfte  bes  Diakoniffenbaufes. 


11«  Qäuslidies  unb  Perrönliciies* 

Als  Cölie  im  nuguft  Des  Jalires  1X37  bie 
Pfarrei  Heuenbettelsau  übcrnonnmen  liatte,  toar  er 
am  25.  Juli  zuoor,  feinem  örbinationstag,  in  ben 
heiligen  Clieftanb  getreten,  lielene  flnbreä= 
liebenftreit,  toeldie  er  einft  in  ber  Kirdie  zu  Beli= 
rinjersborf  konfirmiert  hatte,  CDurbe  t)l2  CrtDäl)lte 
feines  Qerzens.  Cs  roar  eine  «geiftlidi  tief  geroeilite 
C\)(i.*>  In  bem  «Cebenslauf  einer  heiligen  ITIagb 
öottes  aus  bem  Pfarrftanbe»>  entcoarf  Cohe  ein 
«tpahrhaftiges  unb  getreues  Bilb«  oon  feiner  lielene. 
Sie  roar  ihm  eine  treue  öehilfin.  Cinfalt  unb 
Cauterkeit  oerbanb  fidi  bei  ihr  mit  fjeiterkeit  unb 
frohfinn.  Tiefe  Religiofität,  ernftes  Streben  nach 
fjeiligung  unb  große  öecoiffenhaftigkeit  oerliehen 
ihrem  IDefen  Crnft  unb  IDürbe.  Sie  roar  ein  Bilb 
echter  IDeiblichkeit.  Im  häuslichen  Beruf  betoies 
fie  große  Tüchtigkeit,  mit  Umficht  roaltete  .fie  im 
Pfarrhaus,  roelches  erft  burch  mehrere  Umbauten 
unb  Anbauten  ein  ftattliches  flusfehen  unb  eine 
zipeckmäßigere  Einrichtung  in  ber  Amtszeit  Cöhe's 
erhielt.  Den  örtsoerhältniffen  cDußte  fich  bie 
«frankfurterin«  gar  iDohl  anzupaffen.  Der  öe= 
meinbe  ging  fie  mit  beftem  Beifpiel  noran.  Ihrem 
TTIann  toar  fie  im  beruflichen  Eeben,  fotoeit  es  in 
ihrer  macht  ftanb,  eine  Stütze,  irenn  fie  auch  ge=- 


niffentlidi  fid]  nidit  In  flmtsbinge  mifdite.  Den 
Pfarrkinbern  wm  fic  eine  treue,  roolilroollenbe 
freunbin.  TDäbrcnb  fölie  bie  Kranken  mit  bem 
IDorte  bes  Cebens  fpeifte,  erquickte  fie  bie  öattin 
mit  leiblicher  lDol}ltat.  Einmal  in  ber  IDodie  oer= 
fammelte  \k  bie  Knaben,  bas  anbere  TTIal  bie 
niabdien  zu  einer  «Singfdiule»  um  ficii;  fie  befaß 
große  mufikalifdie  Begabung.  IPenn  es  galt,  für 
kirdilidie  3tDecke  aller  Art  zufammenzufteuern,  fo 
toar  fie  immer  ber  einigenbe  Hlittelpunkt  bes  tpeib= 
lidien  Teiles  ber  öemeinbe. 

Cöbe  üerlebte  an  ber  Seite  feiner  öattin  gluck= 
liehe  3eiten.  Pier  Kinber  gingen  aus  ber  Che  l)er= 
oor,  Don  ipeldien  bas  jungfte  aber  bereits  im 
zarteften  Tllter  ftarb.  ITIit  großer  Ciebe  hing  er  an 
feinen  Kinbern.  Bis  zur  Konfirmation  roaren  fie 
ganz  in  feinem  Unterricht  unb  unter  feiner  feitung. 
Der  niartinsabenb  unb  bas  IPeihnachtsfeft  rpurben 
befonbers  fröhlich  begangen.  Cigenhänbig  fchmuckte 
föhe  ipohl  ben  Chriftbaum.  «Das  Familienleben 
toar  ein  wahrhaft  fchones,  ein  Familienleben  im 
höheren  Chor.» 

Bei  allem  ölück,  welches  bie  Ehegatten  gegen= 
feitig  empfanben,  mußte  Eöhe  fchon  nach  fechs 
Jahren  fchreiben :  «Ich  ipurbe  ber  flrmfte  unter  ber 
Sonne.»»  €in  fchroeres  Tleroenfieber  brachte  [jelene 
bem  Tobe  nahe.  «Sie  ftarb  am  24.  Tlooember  1X43, 
nachmittags  gegen  3  Uhr,  am  Tobestage,  in  ber 
Tobesftunbe   bes  lierrn.     f]ier  guf  Crben  hat  fie 


24  Jahre  unb  faft  5  ülonatc  gelebt-  fim  21.  ITIärz 
besfelben  Jalires  toar  bereits  il]r  bie  eigene  TTlutter 
im  Tobe  oorausgegangen.  Cölie  trug  fdiiper  an 
ber  öattin  Tob.  Hlit  ftiller,  ernfter  Feier  beging  er 
alljälirlid]  ben  Sterbetag.  Im  Jabre  1S57  fcörieb 
er:  «Seit  14  Jaliren  ift  mir  mein  perfönlidier  öang 
ein  trüber ,  mein  irbifdies  Ceben  eine  abgebrochene 
Säule;  aber  meine  öälfte  ift  in  ber  lierrlidikeit  bes 
ßerrn  unb  mir  ift  auf  meinen  Ruinen  hW  Sonne 
bes  febens  böber  geftiegen  unb  fid]t  unb  Klarlieit 
ift  mir  in  manches  öebiet  gefallen,  bas  mir  Dor= 
mals  näctjtlicti  roar.»  Cinfam  toar  er  geroorben, 
feitbem  bas  IDeib  feiner  IPabI  ihm  genommen 
wnr,  unb  ein  einfamer  IITann  ift  er  geblieben. 
TDol)l  bas  Pfarrhaus  tourbe  ber  Sammelpunkt  gar 
oieler  Hlenfclien,  Freunbe  Don  nah  unb  fern  kehrten 
gaftlicherroeife  hier  ein,  bie  h^rantoachfenben  Kinber 
brachten  feben  unb  Sonnenfchein  in  bie  «Pfarr= 
hutte«  —  aber  bas  Gefühl  ber  Pereinfamung  rourbe 
oom  fjausoater  nicht  mehr  genommen. ::  Unb^  es 
roar  «ipie  eine  Sage  aus  feruDergangenen  3eiten«, 
tDenn  Cöhe  auf  bie  Jahre  feines  ehelichen  ölückes 
zu  fprechen  kam  unb  er  irehmutsooll  abbrach: 
«fluch  ich  tpar  einmal  oerheiratet.»  Sein  [Ceben 
erfchien  ihm  oon  ba  ab  als  ein  «getroftetes  Clenb». 
Pom  Jahre  1X53  an  übernahm  Cohe's  Tochter  bie 
Führung  bes  Qaushaltes,  nachbem  zuoor  längere 
3eit  eine  ältere  Dame  bas  ßausroefen  geleitet  hatte. 
Arn  6.  Juli   1X53   ftarb  Cohe's  betagte  JTIutter  in 


x::y\anicyv:yv:^'\o^\o^vcy\     144     roror^rcararararo 

feinem  Ijaufe.  Aus  feinen  fijänben  empfing  fie  ihr 
letztes  Tlbenbmalil  unb  unter  feinen  f]änben  ift  fie 
nadi  hartem  Kampf  ^entfcölafen,  toie  es  fidi  ber 
ftets  bankbare  Solin  einftens  getDünfdit  tiatte.  Alien 
biefen  lieimgegangenen  (Sdiroiegermutter,  öattin, 
jüngftes  Kinb,  geftorben  14.  September  1E44,  unb 
IHutter)  bat  er  in  ben  «toabrbaft  gefalbten  unb 
roeibepöüen  Cebensläufen,  bie  er  über  ibren  Särgen 
üerias,  ein  Denkmal  ber  Cbren  gefetft.» 

föbe's  perfönlidies  £eben  ipar  ausge= 
zeichnet  burd]  Cinfadibeit,  Beburfnislofigkeit  unb 
Uneigennütyigkeit.  Sein  Pfarreinkommen  roar  ein 
febr  mäßiges.  IDas  er  als  oäterlidies  Permögen 
geerbt,  opferte  er  für  3ipecke  ber  Kirdie.  Pon 
ben  einnahmen  aus  feinen  Druckfctiriften  floß  ein 
ftattlidier  Teil  ben  flnftalten  zu,  roeldie  gar  mandi= 
mal  in  finanzieller  Hot  fidi  befanben.  «Die  flrm= 
lidikeit  feiner  Umftänbe  roar  für  Eobe  nicht  beshalb 
brückenb»,  fchreibt  Deinzer,  «roeil  fie  ihm  Cnt« 
behrungen  unb  Befchränkungen  auferlegte.  Cr 
liebte  im  Gegenteil  bie  Urmut,  bie  toenig  hat  unb 
toenig  bebarf,  unb  ging  in  ber  Beburfnislofigkeit, 
bie  er  anbern  empfahl,  felbft  als  ITfufter  ooran.» 
Seine  Kleibung,  feine  Eebensireife  roar  oon  hochfter 
Einfachheit.  Cr  befaß,  foroeit  fich  Deinzer  erinnern 
kann,  roeber  FImtsrock  noch  Cylinber  noch  lianb= 
fchuhe.  nis  er  barum  in  ÜTünchen  zur  flubienz 
bei  ber  Königinmutter  ITIarie  :  befohlen  rourbe, 
mußte  er  fich  bei  Freunben  erft  ausftaffieren  laffen. 


Der  zu  kleine  flut  flog  ifttn  bamals  oom  Kopfe  unb  Cöl]e 
mußte  bemfelben  burdi  Straßenlänge  nacheilen.  Im 
Trinken  unb  effen  roar  er  febr  mäßig,  in  Speifen 
nidit  a7äl)lerird),  ber  biblifdien  Regel  Cuc.  10,  X 
geliorfam.  Dabei  übte  er  in  ireitgelienbftem  ITIaße 
öaftfreunbfcbaft  unb  bas  Pfarrhaus  burfte  oiele 
unb  lieroorragenbe  öäfte  beljerbergen. 

fötie's  Uneigennüt?igkeit  tuar  nidjt  minber 
groß.  Cr  nalim  oon  bem  Diakoniffenliaus  für  all 
bie  große  Arbeit,  bie  er  an  bemfelben  tat,  keinen 
öelialt,  aud]  nicht  in  ber  inbirekten  Form  oon  öe= 
fdienken.  Die  Tnittags=  unb  Tlbenbkoft,  bie  er  fidi 
üon  ber  Kudie  ber  Diakoniffenanftalt  zeitroeife  nadi 
liaufe  bringen  ließ,  bezahlte  er  um  ben  bamals 
ublidien  Preis.  Als  bie  Cinparodiierung  bes  Filiale 
borfes  Reutli  nad]  TIeuenbettelsau  unter  bem  Dor= 
belialt  geftattet  tourbe,  baß  ber  bisherige  Pfrünbe= 
Inhaber  im  öenuß  ber  Cinkünfte  aus  biefem  Dorfe 
bleibe,  ging  Cöhe  barauf  ein  unb  fdirieb  an  feine 
Tochter:  «Dicfe  Arbeit  bringe  ich  bem  Qerrn  lefus 
als  ein  geringes  Opfer  meines  Dankes  bar,  barum, 
baß  Cr  mich  {unb  Deine  feiige  Jllutter  unb  Cuch 
mit  feinem  Blute  erkauft  unb  zu  feinem  eipigen 
Eigentum  erkoren  hat.»  TDar  nicht  auch  hier 
brennenbe  Jefusliebe  ber  innerfte  Impuls? 

Seine  an  fich  ftarke  öefunbheit  toar  Derhält= 
nismäßig  frühe  gebrochen.  Die  riefige  firbeitslaft, 
ipelche  in  ber  Pereinigung  oon  Pfarramt  unb  ?ln= 
ftaltsleitung  gegeben   irar,  erfchütterte  allmählidi 

eidjner,  Cölje.  10 


feine  öefunblieit.  Im  Jahre  1X55  tpurbe  er  oon 
einem  fdiiueren  typi]öfen  Fieber  befallen,  1X57 
zeigten  fidi  Spuren  eines  beginnenben  Tlieren« 
leibens,  beffentroegen  föbe  zipeimal  h\2  Kur  in 
Karlsbab  gebrauefite.*)  Damals  erflelite  er  fich  oon 
eott  «eine  fllterszulage  irie  ßiskia«.  Tatfächüdi 
bauerte  fein  IDirben  nodi  fünfzehn  Jalire.  Im 
Jahre  1861  befudite  er  bas  Bab  Ragaz  in  ber 
Schweiz.  In  biefer  3eit  fdirieb  er  bas  öebetbudi 
für  Premblinge  unb  Reifenbe  betitelt  «Rapliael»». 
Diefe  Crbolungsreifen  brachten  es  mit 
fid),    baf?   £ölie    mehrere    bebeutfame    öegenben 

*)  In  Karlsbab  madite  Cölie  bie  Bekanntfcbaft  bcs  Didjters 
Julius  Sturm,  ber  iljm  eines  feiner  Sonette  roibmcte.  «In  leidit 
oerliülltcr  Form  enthält  basfelbe  eine  fdiöne  Cijarakteriftik  Cötje's» 
unb  iautet: 

Dem  lieben  Sdiroeiger. 
Dem  Bädilein  ift  bas  muntere  Piaubern  eigen, 
Jet^t  raufdit  es  platfdiernb  auf  am  felsgeftein. 
Dann  murmelt's  frol],  burdjblil^t  oom  Sonnenfdjein , 

Unb  tanzt  burdi  6ras  unb  Blumen  feinen  Keigen. 

*  * 
* 

Der  mädjt'ge  Strom  trägt  fdion  ein  anbres  3eicJ)en, 
€r  raufcl}t  gespaltig  in  bas  Canb  hinein, 
Umtoft  ben  Fels  mit  roilben  lUelobei'n 

Unb  gibt  bann  roieber  Raum  bebäcbt'gem  Sdiroeigcn. 

*  * 

TDoiil  finb  fie  beibe  fct]ön  in  ibrer  IDeife, 
Död)  fdjöner  ift  ber  See,  auf  beffen  Flut, 

Die  tief  unb  klar,  ein  fanfter  Friebe  ruht. 

*  * 
* 

Um  Ufer  flüftcrn  nur  bie  fjalme  leife, 

Unb  leife  furcbt  bie  Flut  ein  leiditer  Kalin, 

Unb  ber  brin  rul)t,  blickt  fdimeigenb  bimmclan. 


zyvo^io^yomo^zyxcyviyy     147     rorororaror^rarci 

kennen  lernte.  Audi  begleitete  er  feine  kranke 
Tochter  nadi  bem  Suben  unb  kam  über  Cyon  nad] 
Hizza  unb  Cannes,  oon  too  er  eine  Illeerfalirt  nad) 
ben  £erinifd]en  Infeln  unternahm,  auf  bem  Rud?= 
ipeg  über  ben  Col  bi  Tenba  nad)  Turin  unb  lüaiianb, 
befud)te  er  ben  Euganofee  unb  kehrte  auf  ber  alten 
öottöarbftraße  über  bie  fllpen  zurud^.  IlTit  Bezug 
gerabe  auf  biefe  Keife  rd)rieb  Cöbe  im  Diaköniffen= 
kalenber  für  1X64:  «Id)  armer  Ulann,  oon  TIatur 
ungeeignet  zum  Reifen,  bin  bod)  notgebrungen 
l)ie  unb  ba  geirefen.  1d)  bin  einmal  auf  ben 
Infeln  ber  fjeiligen  St.  ITIarguerite  unb  St.  f)Dnorat 
ben  fogenannten  Cerinird)en  Infeln,  geroefen  unb 
l)abe  oon  ben  marmornen  Ruinen  über  ben  öolf 
Juan  hinüber  auf  bie  tDunberrd)önen  l)Dl)en  bes 
Cfterellgebirges  unb  bie  hinter  ihnen  fid)  erhebenben 
Seealpen  gefehen,  beim  ftrahlenbften  Sonnenfdiein, 
unter  bem  farbenfpiel  bes  rd)önen  ITIeeres  unb 
fpäter  ber  Hbenbfonne.  So  toas  habe  \^  nie 
cDieber  gefehen  unb  id)  möd)te  bie  öutrd)med?er 
aller  Cänber  fragen,  toas  fie  oiel  Sd)öneres  ge= 
fehen  haben.  Id)  habe  oom  Col  bi  Tenba  hinab= 
gefehen  in  bas  rd)öne,  grüne,  oon  fd)neeigen, 
ftrahlenben  Bergen  begrenzte  Eanb  Piemont.  Id) 
habe  mid)  mehr  als  einmal  roieber  nad)  bem 
fuganofee  gefehnt,  in  beffen  milben  füften  bie 
hohen  Berge  ihre  Ceiber,  ihren  Fuß  aber  in  feinen 
TDaffern  baben.  Id)  habe  mehrere  Jllale  bie  fd)öne 
Sd)a7eiz  burd)zogen  unb  kurzum  allerlei  gefehen, 

10* 


fö  baß  id]  fdiier  fagen  möd}te,  idi  bin  mebr  als 
einmal  Segens  unb  Sdiauens  fatt  gctoorben,  Unb 
nun  benke,  idi  kann's  bennodi  auf  ber  armen 
Dettelsau  nicht  bloß  aushalten,  fonbern  mir  gefällt's 
ganz  gut.  Id]  babe  oiele  W  ftille  flue  oeraditen 
boren  unb  ibnen  obne  Störung  meiner  Freube  an 
ber  öegenb  für  ibren  Stanbpunkt  recbt  gegeben, 
es  finb  aber  audi  öfters  recbt  toeit  gereifte  unb 
roeltkunbige  lllenfcben  bierber  gekommen,  gegen 
h\2  icb  nur  tuie  ein  unkunbiger  Stubenfit^er  ober 
einfiebler  zu  reebnen  bin,  hxo,  aber  bennocb  obne 
alles  mein  Begebren  mit  ber  Dettelsau  zufrieben 
tparen  roie  icb.»  Berufsreifen  fübrten  Cöbe  in  oer= 
fcbiebene  öegenben  Deutfcblanbs.  Der  flufforberung, 
nacb  Amerika  zu  reifen,  konnte  er  nicbt  nacb= 
kommen,  ipie  er  aucb  ben  öebanken  an  eine  Paläftina= 
reife  nicbt  oeripirklicbte.  Scbon  ö.  f\,  p.  Scbubert 
lub  ibn  im  Jabre  1836  zu  einer  gemeinfamen 
«paläftinenfifcben  IDallfabrt»  ein.  fln  ben  fei.  Diffelboff 
oon  Kaifersroertb,  roelcber  ibn  in  ben  fpäteren 
Jabren  für  eine  örientreife  zu  gewinnen  fucbte, 
fcbrieb  er  in  b^rzlicber  IDeife,  «ba(^  er  an  b^iligcr 
Stätte  für  ibn  beten,  ein  Säcklein  Onfen  kaufen 
unb  ben  Ort,  tpo  ber  l]err  bas  1)1.  flbenbmabl  ein= 
gefeilt  habe,  era7erben  roolle,«  unb  ergötfte  ficb  an 
ber  nntcDort  bes  Scbeik,  «baß,  ipenn  er  bie  IDelt 
babe,  er  biefen  Ort  nicbt  zum  Kauf  bekommen  folle.»» 
Im  Jabre  1X63  unternahm  Cöbe  eine  größere 
Reife,  um  ficb  oon  einem  leichten  Scblaganfall  zu 


crliolen,  roeldicr  ibn  an  Pfingften  t)cs  gleichen 
Jahres  bei  ber  Austeilung  bes  heiligen  flbenbmalils 
gerührt  hatte.  Crnfte  Sterbegebanken  erfüllten  fein 
öemüt.  Cr  Jerholte  fich  iPieber,  ging  mit  freuben 
an  bie  firbeit,  aber  ganz  allmählich  nahm  feine 
Kraft  ab.  In  ben  letften  Jahren  feiner  IDirkfamkeit 
ftanben  ihm  u.  a.  hdfenb  zur  Seite  Crnft  fot^e, 
ipelcher  zehn  Jahre  lang  Konrektor  roar,  Dr.  IDeber, 
toelcher  fpäter  fein  Tlachfolger  im  Pfarramt  rourbe, 
unb  Johannes  üeinzer,  fein  gro|?er  Biograph.  Cohe 
felbft  ipanbte  feine  ganze  noch  übrige  Kraft  auf. 
Da  feine  Tochter  zur  öenefung  lange  3eit  in  Bäbern 
fleh  aufhalten  mußte,  toohnte  ber  «alternbe  ITlann» 
oft  allein  im  Pfarrhaufe.  Cs  rourbe  immer  ftiller, 
immer  einfamer.  Cnbe  1X69  traten  neue  Schroäche= 
zuftänbe  ein,  fo  ba|^  fohe  zum  großen  feibroefen 
mehrere  UTonate  auf  bas  Prebigen  oerzichten  mußte. 
Die  Kraft  roar  erfchopft.  Dann  unb  roann  noch 
ein  letztes  Tlufraffen  unb  Fluf flackern  —  noch  bis 
ein  halbes  Jahr  oor  feinem  Tobe  fuchte  er  zuroeilen 
zu  prebigen  —  aber  bie  Tage  roaren  gezählt.  Kurz 
üor  roeihnachten  1871  trat  ein  neuer  Schwache« 
anfall  ein.  Um  4.  flboent  begehrte  er  bas  heilige 
flbenbmahl,  er  fühlte  bas  nahe  Cnbe.  Diel  be= 
fchäftigte  ihn  in  ben  letzten  Tagen  ber  öebanke  an 
bie  Seinigen  unb  bie  3ukunft  ber  finftalten.  3u 
letftroilligen  üerfügungen  ift  er  nicht  mehr  ge= 
kommen.  Oft  horte  ber  in  ben  letzten  Jlächten 
bei   ihm    roachenbe   flnftaltsbruber    ihn    bie   ftille 


150    rararorarararoro 

Betoegung  feiner  öebankcn  mit  ben  Eicbesiporten 
unterbredien: 

©Ott  toirb's  madjen, 

Daß  bie  Sadjen 

eel)en,  roie  es  tjeUfam  ift 

flmneujal}rstaglX72  tpar  es  ihm  etiras  toobler 
unb  er  empfing,  in  ber  Sopbaecke  fityenb,  mehrere 
BegluckcDunfcftungen.  Da,  am  nachmittag  traf  ibn 
ein  letfter  Sdilaganfall,  er  oerlor  bie  Befinnung 
unb  tüurbe  träumenb  burdi  bie  Tobespforten  ge= 
führt,  fim  2.  Januar  1S72  nachmittags  5  Uhr  hörte 
bas  lierz  auf  zu  fchlagen.  nis  ber  letzte  Kampf 
begonnen  hatte,  fangen  bie  Umftehenben  bas  Cieb 
«ö  f  amm  öottes,»  unter  beffen  Klängen  er,  toie  einft 
feine  TTlutter,  zu  oerfdieiben  getpunrcht  hatte,  unb 
beteten  bie  Sterbeh'tanei.  Dreiunbfechzig  Jahre 
10  TTIonate  unb  12  Tage  hatte  fein  Eeben  gebauert. 

Tim  5.  Januar  CDurbe  fein  Eeichnam  auf  bem 
öottesacker  in  bie  öruft  gelegt,  tpelche  bereits 
bie  fterblichen  Überrefte  ber  Ungehörigen  barg, 
es  fanb  nur  eine  liturgifche  Feier  ftatt,  tpie  föhe 
es  fleh  bei  febzeiten  ausbebungen  hatte.  Die  Be= 
teiligung  ipar  eine  allgemeine.  IDie  bei  Ceichen= 
begängniffen  oon  Diakoniffen  es  föhe  eingeführt  hatte, 
fo  fanb  im  flbenbgottesbienft  bes  Begräbnistages 
im  engften  Kreife  eine  öebächtnisfeier  ftatt,  toobei 
J.  Deinzer  über  Jefaja  6  -  eine  Stelle,  hk  einftens 


bem  örbinanbcn  «am  örbinationstagc  in  bet)eut= 
famer  IDeife  zugeeignet  cDurbe»  (Jefaja  6,  8-10; 
flpo[telg.  28.  25-- 27;  Job.  12,  38-^41.)*)  --  tl^ 
öblidie  Parentation  bielt.  Hm  folgenben  Tag,  bem 
Cpipbaniastag,  l}ielt  Unioerfitätsprofeffor  oon  3ezrcii= 
mit?  in  ber  Dorfkirdie  bk  öebäditnisprebigt  unb 
feierte  in  Tlnlelinung  an  bas  fefteoangelium  ben 
Heimgegangenen  Seelenliirten,  als  einen  Stern,  ber 
zur  Sonne  leitete  (tuie  ber  Stern  ber  IDeifen  zu 
bem  neugeborenen  IDeltlieilanb)  unb  als  einen 
Priefter,  ber  bie  anoertrauten  Seelen  zum  Opfer 
(Opfer  ber  Seele  unb  bes  Eeibes)  anführte. 

ein  einfadies,  aber  ebel  geformtes  Tnarmor= 
kreuz,  beffen  Sockel  außer  ben  Hamen  bie  Um= 
rd]rift  trägt:  «Idi  glaube  öemeinfcbaft  ber  lieiligen, 
Pergebung  ber  Sünben,  fluferfteliung  bes  Fleifcftes 
unb  ein  etoiges  Eeben«  bezeidinet  folie's  unb 
feiner  flngeliörigen  Rubeftätte.    Por  bem  Eingang 


*)  <«ld)  bat»»,  fo  erzä'bltc  Cöfje,  «6ott  um  ein  IDört  aus 
feinem  Tllunbe  an  meinem  Orbinationstag.  Id)  fdllug  meine 
Bibel  auf,  unb  f)anb  unb  fluge  geriet  auf  bie  Stelle  Jefaja  6, 
8-10.  Da,  badite  id),  ber  Text  paßt  nid)t,  ber  gefällt  mir  nidit, 
id)  muf^  einen  anbern  tiaben.  Da  fditug  id)  ein  zcpeites  TTIal 
bie  Bibel  auf  unb  biesmal  fiel  mein  Rüge  auf  Tlpoftelge^ 
fd)id)te  28,  25-27.  Da  batte  id)  zum  zroeiten  ITIal  benfelben 
Text.  Aber  in  meiner  Torlieit  fagte  id):  Crft  red)t  mag  id)  ben 
Text  nid)t,  id)  muß  einen  anbern  haben.  Da  fd)lug  id)  zum 
britten  ITIal  bie  Bibel  auf,  unb  biesmal  bekam  id)  bie  Stelle 
JqI).  12,  3S-41.  Da  rourbe  mir  feierlid)  zu  mut,  zumal  id) 
nun  las:  Sold)es  fagte  Jefajas,  ba  er  Seine,  Jefu  f)errlid)keit  fal). 
nun  l)atte  id)  genug  unb  fagte:  f)ier  bin  id),  Qerr,  fenbe  mid).» 


bes  Diakoniffcnmuttcriiaufes  ftel}t  zroifctien  Anlagen 
bie  1873  auf  Anregung  ber  Herren  öottlieb  oon 
Tudier  unb  flbolf  oon  Iiarleß  erriditete  ]narmor= 
büfte  f ölie's.  In  bemfelben  Jalire  erfcftien  ber  erfte 
Banb  Don  IDillielm  Cölie's  Eeben,  aus  feinem  fd}rift= 
lieben  Tladilaß  oon  bem  treuen  Tllitarbeiter  J.  Deinzer 
(t  1897)  zufammengeftellt  roeldiem  im  Jaljre  1X77 
-IXSO  ber  ztoeite  unb  1892  ber  britte  Banb  folgte. 
Diefes  gro|]artig  angelegte  unb  trefflid]  burdigefülirte 
Cebensbilb,  gefcörieben  oon  f rcunbeslianb ,  rebet 
nodi  beffer  als  Stein  oon  einem  Großen  im  Reidie 
öottes  zu  ben  nadiipadifenben  öefcbleditern. 

Das  fdiönfte  Denkmal  aber  follte  bleiben  bas 
Diakoniffenmutterliaus  Tleuenbettelsau ,  umgeben 
oon  einem  Kranze  diriftlidier  Barmlierzigkeits= 
anftalten.  mit  bemfelben  bauert  fort  unb  ragt 
lierein  in  bie  öegentoart  bas  gottgefcgnete  IDirken 
bes  feiigen  Pfarrers  IDilbelm  Cobe. 


12*  öebanken  Cölje's» 

1.  öebet  um  Einigkeit  ber  Konfeffionen. 

nilmäditigcr,  barmherziger  Pater  unferes  öerrn 
Jefu  Cbrifti,  toir  armen  Sunber  ooll  IDel)  unb  Ceib, 
im  öefulile  ber  Sünben  Deiner  Kirdie  ipenben  uns 
zu  Dir  unb  fielen  in  Clirifto  Jefu,  Du  ipolleft  an= 
feilen  bie  armfelige  öeftalt  bes  Ceibes  Jefu  Clirifti 
auf  erben. 

TDir  finb  alle  zu  einem  Ceibe  getauft,  aber 
0  öerr  unb  öott,  toie  finb  toir  zertrennt,  ba|^  luir 
faft  mebr  Dom  öebäditnis  bes  Streites  feben  als 
vom  öebäditnis  ber  Einigkeit  in  Dir.  Du  baft  roie 
Im  liimmel  fo  auf  Crben  nur  eine  beilige  Kirdie 
wollen  bauen,  unb  nun  fteben  toir  zu  liaufe  über 
ben  Plan  ber  Crbe  bin  unb  unfere  (lerzen  finb 
roeber  gereinigt  burdi  Deine  Taufe  nodi  burdi 
Dein  IDort. 

Sdienke  uns  bodi,  lieber  lierr,  oon  Deinem 
ßeiligtum  Deinen  einigen  unb  einigmadienben  öeift 
unb  eriped^e  in  allen  Konfeffionen  ber  ganzen 
Kirdie  einen  bciligen  fiunger  unb  Dürft  nadi  einig« 
keit  in  Dir. 

faß  uns  im  ölanze  feben,  roorinnen  rrir  alle 
einig  finb,  unb  morinnen  ipir  meber  einmütig  nodi 
einfältig  finb,  ba  gebe  auf  uns  bas  Eidit  Deiner 
IDabrbeit   unb  bie  Eiebe  bränge  uns,   nadi   Der= 


laffenem  Streit  unb  Sdieibung  anzufeilen  unb  zu 
faffen,  toas  IDalirlieit  ift. 

I}ilf  uns,  barmherziger,  etpiger  öott,  um  bes 
f  eibens  roillen  Deines  eingeborenen  Solines.  flmen. 

2.  Bei  ber  IDeibe  bes  Kirchhofes  in 
Heuenbettelsau. 

(2.  noDGmber  1840.) 

t?or  biefen  Toren  flieht  ber  unoerföhnte  Sunberj; 
roirb  er  an  fie  erinnert,  fo  roünfcbt  er  fie  oer= 
fchloffen  für  eirig,  nber  bie  öemeinbe  ber  oer« 
föbnten  unb  erloften  Sunber  naht  fich  ihnen  im 
Frieben.  Sie  finb  Pilgrime  auf  Crben  unb  Burger 
im  nimmel;  bie  Tore  fcfteiben  bie  IDallfahrt  oon 
ber  lieimat,  bie  IDüfte  oon  ber  Stabt  öottes  unb 
ihren  Brunnen.  Selig  finb  bie,  roelche  oon  ber 
fieimat  nichts  trennt,  als  biefe  Tobespforten;  feiiger, 
a7er  hinüber  gebrungen  ift  zur  Ruhe  bes  Ceibes, 
zur  Seligkeit  ber  Seele,  (lier  finb  ipir  unb  beuten 
uns  alfo  biefe  Tore.  Das  ganze  Ceben  ift  ein 
Gang  zum  örabe;  h^ute  finb  roir  oorbilblich  zu 
unfern  öräbern  gegangen.  Hoch  ift's  Tag  für  uns 
unb  ipir  arbeiten  im  Schroeil^  bes  flngefichts ;  aber 
es  ift  noch  eine  Ruhe  oorhanben  bem  Polke  öottes; 
es  kommt  bie  fuße  Ruhe,  bie  Tfadit,  ba  man  ruhet 
unb  nicht  mehr  roirket.  TDie  gut  cpirb's  fich  boch 
nach  ber  firbeit  ruhn,  toie  toohl  tuirb's  tun!    Bei= 


natie  roüßten  toir  kdncn  größern  Jammer  zu 
benken,  als  toenn  roir  immerbar  im  Ceibe  bes 
Tobes,  im  täglidien  Sterben  bleiben  müßten;  fo 
felir  felinen  ipir  uns  nad]  ber  lieimat;  fo  felir 
finb  ipir  befcftroert.  fieblidier  als  jebe  grüne  flue 
ift  brum  ber  ftille  Rulieplatj  unferes  feibes,  ben 
ipir  Dor  uns  feben.  Unter  feinen  Toren  feben  roir 
Jefum  fteben,  boren  toir  feine  freunblicbe  Cinlabung: 
Kommt  ber  alle,  bie  ibr  mübfelig  unb  belaben  feib, 
leb  tpill  eucb  erquicken, 

faßt  uns  bineingeben  burdi  biefe  Tore,  als 
tuenn  es  nicbt  zum  örabe,  fonbern  ins  örab  ginge. 
Caßt  uns  beten:  Tlllmäcbtiger  Ijerr  öott,  bitnmlifcber 
Pater!  öleicbroie  roir  oon  bem  alten  öottesacker 
zum  neuen  unter  lautem  öefang  unb  öebet  ge= 
toanbelt  finb,  fo  fei  unb  irerbe  mebr  unb  mebr 
burdi  bie  önabe  Deines  beiligen  öeiftes  unfer  nocb 
übriges  Ceben  ein  Betlieb,  ein  Danklieb,  ein  Cob= 
gefang,  ein  ununterbrodiener,  anbädjtiger  Gang 
ber  Seelen  zum  öottesacker,  zur  Porftabt  ber  £e= 
benbigen.  öib,  baß  toir  je  länger  je  mebr  oer= 
laffen,  iras  fterblicb  unb  töblicb  ift,  bie  TDelt,  ibre 
Freuben,  ibre  Sünben.  öib,  baß  mir  jenes  Sterben 
finben,  ipelcbes  bie  Keime  unb  Unfänge,  bie  öe= 
roißbeit  unb  bk  Kraft  eines  neuen,  etoigen  f  ebens 
in  ficb  trägt,  bas  Sterben  unferer  Taufe,  bas  Sterben 
ber  Buße,  öleicbirie  uns  bei  biefem  öang  bas 
Kreuz  vorgetragen  tourbe,  fo  fei  bas  TDort  oom  Kreuze 
ber  Ceitftem  auf  unferer  Eebensbabn,  bis  a7ir  gen 


Betlileliem  kommen,  wo  wir  etoig  fdiaucn,  ben 
unfere  Seelen  liebten,  nodi  elie  toir  llin  gefelien. 
Unb  bas  famm  öottes,  bas  ber  IDelt  Sunbe]  trug, 
fei  uns  ^ber  Herzog  unferer  Seligkeit,  ber  Friebefürft 
unferer  Seelen  im  feben  unb  Sterben,    flmen. 

3.  Arbeit  unb  Ceiben. 

Der  erfte  Beruf,  ben  ein  lüenfcli  in  biefer  IDelt 
Ilaben  kann,  ift  bie  FIrbeit:  fidi  ausleben  [unb  aus= 
arbeiten  für  ben  Qerrn;  ber  ztoeite  ift  ein  Beruf 
bes  Ceibens,  ber  britte  ift  ein  zufammengefet?ter ; 
benn  ber  Beruf  eines  nienfdien  ift  nicht,  roie  er 
foll,  roenn  er  bloß  Arbeit  unb  roenn  er  bloß  Eeiben 
ift;  es  muffen  beibe  Berufe  oereinigt  fein.  Ceibens= 
arbeit  ift  bie  liödifte,  fo  bat  fie  ber  lierr  gehabt, 
unb  auf  feinem  beiligen  öang  follen  bie  Seinen 
Ibm  nadifolgen.  Tue  bie  geringfte  Arbeit  Cbrifto,  unb 
fie  ift  golben,  baburdi  toerben  alle  beine  f}anb= 
lungen  oerklärt.  Die  berrlicbe  Auferftebung  beiner 
IDerke  unb  ibre  Qimmelfabrt  unb  ibr  TDobnen  in 
ben  !]utten  öottes  —  bat  bir  bas  Coangelium  bas 
nodi  nidit  geprebigt? 

Sprich:  l]err,  lehre  mich  bie  heilige  Kunft, 
meine  IDerke  Dir  zu  bebizieren,  bamit  Du  fie 
benebiziereft.  Cerne  bie  heilige  Kunft,  beim  ;ge= 
ringen  IDerk  einen  Blick  aufzuheben  unb  zu 
fprechen:  Jefu,  Dir  tue  ich's.  Himm  beine  IDerke, 
hebe  beine  Seeje  auf  unb  toibme  {\2  beinem  Jefus, 


fo  oerklärft  bu  beinen  zeitlidien  Beruf,  unb  biefe 
Kunft  roirb  bidi  lieiligen.  —  So  mache  es  audi  mit 
bem  Beruf  ber  Eeiben.  Cs  gibt  kleine  Eeiben,  bie 
jeben  TTIorgen  roieber  kommen.  Jebem  Tllenfclien 
ift  zu  feinem  feiben  zu  gratulieren,  ö  toie  heilig 
ift  jebes  kleine  Eeiben,  coenn  es  nur  recht  Der= 
ftanben  ipirb.  Alles,  toas  bu  bir  mußt  gefallen 
laffen,  trag's  in  Jefu  Hamen,  bann  tuirb  Salböl 
barauf  kommen;  unb  bir  freube  baraus  erblühen. 
0ott  ipirb  bir  auch  ber  Eeiben  Urfache,  bas  bofe  6e= 
toiffen,  cpegnehmen,  fo  baß  bu,  ber  Freube  doII, 
ipirft  tragen  können,  ipas  bu  fo  nicht  tragen  kannft. 
Eeiben  lernt  man  am  Kleinen.  Cs  gibt  auch  eine 
anbere  flrt,  Eeiben  zu  tragen.  Du  haft  bas  Eeiben 
kommen  laffen  unb  bann  geheult,  unb  bich  burch=^ 
geheult,  unb  ipenn  es  ooruber  toar,  tuieber  ge= 
geffen  unb  getrunken  tuie  zuoor.  Hlach's  anbersl 
IDenn  bas  Eeiben  anklopft,  tuibme  es  augenblicklich 
Jefu,  fage;  Ijerr,  Dir  trag  ich's,  bann  n7irft  bu  Kraft 
bekommen,  im  Eeiben  zu  ipirken,  unb  bu  roirft 
inne  a7erben,  toelche  fierrlichkeit  im  Eeiben  liegt. 
Freue  bich,  roenn  bir  alles  bricht,  wenn  bu  felber 
brichft. 

Ea|^  bein  Eeben,  auf  ba|?  bu  es  eroig  finbeft. 
Eerne  beinen  Eebenslauf  bem  l^errn  heiligen,  bann 
erftarkft  bu  zu  bem  boppelten  Beruf:  in  ber  Arbeit 
immer  zu  leiben  unb  im  Eeiben  immer  zu  arbeiten ; 
bann  lernft  bu,  toas  fo  oft  geprebigt  tpirb,  in 
IDahrheit  fagen: 


l^err  Jefu,  Dir  leb'  id), 

fjerr  jefu,  Dir  fterb'  id), 

Qerr  Jefu,  Dein  bin  id),  tot  unb  lebenbig, 

mad)'  mid)  fromm  unb  eirig  feiig.    flmen. 

4.  Rus  einem  Brief. 

Tlleinen  berzlidien  Dank,  baß  \\\x  in  foldier 
Ferne  audi  meiner  nodi  gebenket  unb  fogar  an 
meinen  Geburtstag  Cudi  erinnert.  Cure  freunblidien 
3eilen  kamen  ganz  reditzeitig  unb  tuürben  langft 
eine  Tintiport  bes  Dankes  gefunben  baben,  roenn  fidi 
Die  3eit  gefunben  batte.  Hlein  ftilles  Ceben  ift 
bennodi  ooll  Arbeit  unb  Bemegung.  llelimet  jet?t 
meinen  lierzlidien  Dank,  unb  trenn  er  fpät  kommt 
fo  nehmet  es  roenigftens  als  einen  Betueis,  ba|^  er 
länger  als  einen  Tag  am  Ceben  ift.  Ijerrn  Kon= 
rektors  treue  IHülie  trug  audi  mir  fdiöne  Frudit. 
ITIein  Eieblingspfalm  unb  eine  meiner  fieblings= 
liymnen  (IDadi  auf  mein  (jerz  unb  finge)  ipurben 
mir  am  Tüorgen  bes  21.  Februar  oor  meiner  Türe 
fetir  fdiön  gefungen;  wie  überhaupt  ein  ganz 
anberer  öeift  in  allen  unfern  öefängen  ift.  Jetjt 
in  ber  Faftenzeit  liaben  irir  bas  ölüd^,  in  ber 
ftillen  niittagsftunbe,  nidit  bloß  in  ben  abenblidien 
Qausanbaditen,  unfern  Betfaal  benutzen  zu  können. 
Sdilag  12  Ul)r  beginnt  lierr  Konrektor  ein  Prälu= 
bium;  bann  lieft  man  eine  Eektion;  barauf  fingt 
ber  Clior  bes  Ijaufes  einen  erliebenben,  fcftönen 
öefang.    Darauf  fallen  cuir  nieber  unb  in  ber  tiefen, 


lautlofen  Stille  beten  wir,  ein  jebes  fo  kurz  ober 
lang  es  roill.  Diefe  Stunbe  ift  mir  ein  Paraöies  — 
es  ift  mir  auf  Sdiriftftellen  unb  öebete  fdion 
großes  fidit  gefallen,  unb  idi  meine,  id]  ipollte 
immerzu  liegen  unb  beten.  —  So  hat  benn  aud) 
unfer  Eeben  eine  lierrlidie  Krone  unb  ber  Segen 
unfres  fo  ernften  unb  lieblidien  Betfaales  ftrömt 
bereits,  idi  tpill  nidit  hoffen  blo|^  auf  midi. 

Hudi  in  ber  Sd)ule  ift  reges  Eeben.  3ipar 
bie  neuen  Spradien  treten  bei  uns  immer  mehr 
zurud^;  unfer  lierz  neigt  fidi  immer  mehr  bahin, 
fie  fallen  zu  laffen,  aus  guten  örunben,  irie  irir 
meinen;  audi  ift  bie  erfte  Klaffe  nidit  mehr  bie 
ebelfte,  es  finb  ungefüge,  aufrührerifdie  öeifter 
ba,  beren  Entfernung  idi  tpönfdie.  Im  Ganzen 
aber  geht  es  oorirärts.  Die  Sdiule  orbnet  fidi 
bem  fiaufe  beffer  ein,  ipirb  immer  mehr  Diako= 
niffenoorfdiule.  Das  Diakoniffenhaus  geht  immer 
oorcDärts;  bas  Terrain  roirb  großer  unb  bie  3ahl 
tüditiger  Eeute  tpädift.  IDir  bürfen  öott  für  Segen 
banken.  Ilun  gehen  audi  unfre  Sinnen  oiel  in 
bie  Blöbenanftalt;  toir  ipollen  alle  zufammenhelfen, 
bie  Sadie  zu  heben.  Hlir  ift  immer  unter  ben 
Blöben  unb  Clenben  befonbers  ipohl  getoefen. 
Inbem  idi  Eudi  bies  fdireibe,  furdite  idi  tuegen 
allgemeiner  Haltung  meiner  Sät^2  langireilig  zu 
cDerben;  aber  Spezialia  fdireibt  man  Cudi  bennodi 
genug,  roie  idi  höre;  ba  furdite  idi,  IDaffer  ins 
ITIeer  zu  gießen. 


fltn  beften  ift  es,  llir  kommt  einmal  toieber  unb 
galtet  gelftlidie  exerzitien  unb  Kepetitionen  in 
unfrer  IDüfte.  Sotdie  regelmäßige  öänge,  toie  Du 
fie  täglid]  madien  mu|]t  liebe  Toditer,  burfen 
ipolll  betenb  gefcftelien,  Cs  kommt  in  bergleidjen 
öänge,  id}  roeil^  es,  eine  eigene,  einfdimeidielnbe 
Anfechtung  biefer  IDelt:  Die  Rügen,  bie  öftren, 
bas  öerz  roerben  ba  fpazieren  getragen,  unb  toie 
manches  Kinb  ift  auf  folchen  TPegen  burd}  bie 
Stra|?en  einer  liauptftabt  fdion  auf  innere  Tlbirege 
gekommen.  Ift  bodi  überhaupt  für  bas  Stabtleben 
ein  nüchternes,  cpaches,  betenbes  Qerz  nötig;  es 
ift  nötig,  baß  Ihr  unb  ipir  für  Cuch  beten.  Der 
Cngel  bes  lierrn  geleite  Cuch,  Sein  öeift  fchreie  in 
euren  Ijerzen,  auf  allen  Curen  TPegen! 


5.  Aus  einem  öebicht. 

D  öottesfohn,  ooll  Gtoiger  öeroalt, 

0  Tnenfchenfohn  in  göttlicher  öeftalt. 

Der  öottes  macht  unb  Chren  öberl^ommen, 

Du  hochgelöbter  Qerr  unb  Chrift, 

Der  Du  ber  Deinigen  Derlangen  bift: 

3u  Dir,  zu  Dir,  zu  Dir  begehr'  auch  Id), 

Hur  iDD  Du  bift,  ba  finb  ich's  roonniglich» 

Das  felb  ift  golben,  blumenreid)  bie  flu'. 
Die  Berge  hehr  unb  frei,  ber  Himmel  blau- 
IDohl  roirb's  bem  Tüenfchenkinb  auf  Crben : 
fluch  mir  ift  alles  angenehm. 


Dod)  gniigt's  mir  nid)t,  id)  toill  Jerufalem. 
Da,  tDo  Du  tlironft,  ba  treibt  mein  Segel  l}in, 
Heimat  n7irb's  nur,  roenn  id)  baljeime  bin. 

Dort  flanimt  ber  Cngel  fjeer  in  Deinem  Eidjt, 
Unb  meine  üäter  fdjau'n  Dein  Tlngend}t; 
Die  gottoerlobte  ITIenj'djtjeit  fonber  öleidjen 
Ift  aufgebed^t  Dor  iljrem  Blick; 
Don  il}r  roallt  l^er  ein  unermej^lid)  öliid? 
Den  Seelen  zu  -  es  raufdjt  itjr  Freubenton 
IDie  TTTeeresbraufen  zu  bes  Cammes  Tljron. 

lOas  l)ält  mid)  auf?  £a^i  mid)  oon bannen  get)'n 
3u  meinem  Dolk,  ben  Tllenfdienföiin  zu  fel)'n. 
Den  Blid^  nid)t  nur,  bie  Seele  roill  id)  taud)en 
In  Seiner  Sd)öne  Ulajeftät 
Sd)on  je1?o  f  reub'  unb  3ittem  mid)  burd)tDel)t 
faßt  mid)  l)intDegl    D  Herr,  l)inauf  zu  Dir, 
3u  Deinem  T!nfd)au'n  fd)reit  mein  öeift  in  mir. 


eidjner,  Cöbe  11 


IIL 
IDürbigung  Cölje's. 

öl)e  toar  «ein  öroßer  im  Rcidie  öottes», 
«eine  kirdilidie  Perfönüdikeit  im  großen 
Stii»>,  «ein  brennendes  unb  fdieinenbes  f  id}t 
ber  lutl]erird]en  Kirdie  bes  19.  Jalirl]unberts*>,  «eine 
Säule  unferer  lieben,  lieiligen  eDangelifd]=lutl}en= 
fdjen  Kirclje».  ,,Die  geiftige  Bebeutung  föl}e's 
künbigte  fidi  audi  in  feiner  äußeren  Crfdieinung 
an.  Die  mäditige  Bilbung  feines  ßauptes,  bie 
auf  feinen  Reifen  wd\)\  audi  fremben  auffallen 
konnte,  bie  l]olie  Stirn,  ber  ITIunb  mit  bem  nus= 
brück  großer  Beftimmtl}eit,  bie  gewaltige  Stimme 
in  ben  Tagen  ber  Kraft  —  alles  tüar  ungeroolinlidi. 
Sein  großes  fluge  roar  i7on  liditer  Bläue  unb  konnte 
feör  oerfdjieben  blicken,  febr  milb,  aber  aud) 
burdibobrenb.  Huf  ben  eblen  3ugen  feines  Tlntlitfes 
lag  ein  tiefer  friebe,  ber  oft  zum  Qeimipeb  nact] 
einer  anberen  lOelt  ficb  oerklärte.»  «Sein  TIame 
ift  in  bie  öefdiicijte  ber  lutberifdien  Kirche  Bayerns, 
üeutfdilanbs,  Amerikas,  bie  öefdiidite  ber  inneren 
Uliffion  unferer  Tage,  bie  öefdiidite  diriftlidier  Barm= 


163     r^rorararar^roto 

t]crzigkeit  tief  ocrflochten.»  —  Dies  bie  Urteile 
oon  niännern,  toeldie  einem  Eöl)e  zeitlidi  nalie 
ftanben.*) 

Die  ITaditDelt  toirb  allen  örunb  haben,  in 
bankbarer  Perelirung  biefes  ITIannes  zu  gebenken, 
ber  befeelt  roar  oon  einem  tieiligen  Cifer  für  öott 
unb  fein  Reidi.    Als  Cöl]e  fein  Tlmt  antrat,  ging 


*)  Profeffor  Kal]nis  fcbrcibt  in  bem  Bud)e :  «Der  Innere 
6ang  Des  beuffdien  Proteftantismus»:  IDie  Qarms  bie  Qeiben^ 
miffjon  pon  fjcrmannsburg  aus,  trieb  Cölje  bie  innere  IFIiffion 
oon  Tieuenbettelsau  aus.  lUan  liat  beibe  oft  oerglidien.  Diefe 
Dorfprebiger  waren  nidit  im  Sinne  ber  IDelt,  aber  im  Sinne  bes 
Keid)es  Gottes  große  ITTänner,  bie  fid]  rein  burd)  bie  madit  ber 
it)nen  periieiienen  6aben  Don  it}ren  abgelegenen  Dorfern  aus 
einen  Wirkungskreis  nidit  bloß  über  bas  eoangelifdie  Deutfd)= 
lanb,  fonbern  in  anbere  IDelttGüe  bahnten.  Beibe  tparen  burd) 
unb  burdi  Ctiaraktere,  mäctitig  im  IDort,  eifrig  in  ber  Seelforge 
TTIeifter  in  ber  Kunft  ber  Organifation.  IDätirenb  aber  l]arms 
in  einem  faft  oerzebrenbcn  örabe  IDille  roar,  mar  £öl]e  meljr 
eine  burdi  bie  önabe  perklärte  JTatur,  bie  es  batjer  aud)  meljr 
oerftanb,  Qütten  auf  Crbcn  zu  bauen,  es  ging  burd]  alles,  roas 
fobe  roar  unb  tat,  mctir  Rübe.  Seine  Prebigtcn  roaren  nid)t 
bloß  Dolkstümlid)e  3roed?rcben,  fonbern  reidi  an  öebanken,  oft 
Don  rounberbarer  Sdionlicit  ber  Form.  Huf  bie  öebanken  anbcrer 
einzugehen,  roar  beiber  öabe  nidit.  IDenn  aber  Cöhe,  oom 
nioment  ergriffen,  aus  feinem  reidien  Innern  feine  öebanken 
entroid^elte,  konnte  er  reben,  roie  es  roohl  nur  roenige  oermodit 
haben.  IDie  alle  großen  Kräfte  ber  Kirdje  zog  er  feine  öebanken 
aus  bem  Ceben.  So  hat  er  bie  Kird]e,  fo  bas  geiftlidie  Amt 
gefd]ilbcrt.  JTadi  feinem  ganzen  Streben,  allem,  roas  er  fprad), 
fdjrieb  unb  tat,  eine  roürbige  Form  zu  geben,  hatte  er  ein 
befonberes  üerftänbnis  für  bie  öottesbienftorbnung.  Seine  Rgenbe 

11* 


fdion  ein  öcift  ber  Cripeckung  burdi  bic  fanbe 
nadi  ben  burren  3eiten  rationaliftifdier  Umtriebe. 
Die  Ilöte  ber  Kirdie  unb  bie  Sdiäben  im  PoIks= 
leben  lafteten  fdiroer  auf  feiner  Seele.  Die  Se!in= 
fudjt  nadi  befferen  3uftänben  cpar  fein  innerfter 
Qerzfdilag.  So  trat  er  mit  ein  in  bie  Arbeit,  bas 
Polk  religiös  unb  fittlid]  zu  Ijeben,  unb  mit  nie 
erlatimenber  Begeifterung  oerzelirte  er  (ein  feben 
im  Dienfte  an  feinen  lutberifdien  Uolksgenoffen. 
In  feinem  fjerzen  loberte  hx^  Flamme  [peltüber= 
ipinbenben  Glaubens.  Cr  glid}  ben  Proptieten  ber 
Ijeiligen  Sdirift  unb  konnte  in  geipiffem  Sinn  mit 
Clia,  ber  fein  Eeben  getoeilit  batte  bem  Ijerrn,  oon 
fidi  fagen:  «Idj  babe  geeifert  um  ben  !ierrn.»>  Cr 
bat  bas  Befte  für  feine  3eit  getrollt  unb  ift  —  irie 
ein  Hadiruf   b^roorbob   -   «ein  Propbet  geipefen 


ift  nidit  bloß  oicl  gelefcn,  fonbcrn  aud]  gebraudit  roorben.  IDö 
il)m  Freilieit  geftattel  iPurDe,  konnte  er  ipolil  in  äuj^eren  Formen 
experimentieren,  löas  iljn  aber  in  bem  letzten  Flbfctinitte  feines 
Cebens  0örzugsn7eife  binnaljm,  roar  bie  Diakoniffenanftalt,  bie 
er  in  Heuenbettelsau  gegrünbet  Ijatte.  Um  äußere  IlTittel  braucl)te 
er  fid)  nidit  zu  kümmern.  Die  roarb  ber  gute  Uame,  ben  er  fid) 
in  ber  cpangelifdien  Cljriftenljeit  ertoorben.  Seine  Gabe,  allem, 
roas  er  geftaltete,  eine  finnige  unb  fctiöne  Form  zu  geben,  fanb 
l]ier  bie  itir  entfpred]enbe  IDelt.  öbipolil  Colie  metjr  als  anbere 
ben  einbruck  madite,  in  einer  tjöberen  IDelt  feine  eigentlid]e 
fjcimat  zu  tiaben,  l}atte  er  bodi  oie!  Derftänbnis  für  lnbiDibua= 
litäten  unb  eine  befonbere  öabe,  tpeiblidie  Gemüter  in  ipürbiger 
Weife  zu  leiten.  Unb  fo  tnarb  benn  bie  blübenbe  Diaköniffcn= 
anftalt  Cotje's  ein  fdiöner  Beroeis,  bafi  XAo.  innere  ITIifflon  im 
Bunbe  mit  Bekenntnis  unb  öemeinbeleben  roalirliaft  gebeiljt. 


mit  öer  Kreuzes=  unb  Kneditsgeftalt  eines  foldien, 
ber  ipeit  liinausfdiaute  unb,  roas  er  fall,  mit  klaren, 
nüc!]ternen  lOorten  ausfprad].  Cr  ift  roolil  oon 
ipenigen  oerftanben  iporben,  aber  er  luirb  noch 
oerftanben  coerben.*> 

Cölje  coar  ber  Sotjn  eines  geachteten  Kauf= 
manns.  In  einem  aufftrebenben  öemeinbetoefen 
ipudis  er  auf.  Fürth  tuar  im  Jahre  1E06  bem 
Königreidi  einverleibt  iporben  nnh  es  enttpickelte 
fich  alsbalb  ein  reges  öemeinbeleben,  toeldies  bem 
heranipadifenben  Knaben  Intereffe  ablod^te,  Burger= 
lieh  einfaches  Familienleben  umgab  ihn  im  elter= 
liehen  fjaufe,  in  ipelchem  befonbers  bie  Zkb^  zum 
geiftlichen  ffmt  gepflegt  rourbe.  Schon  in  ber 
Jugenb  lernte  er  ben  Crnft  bes  Cebens  unb  ben 
IDert  eoangelifcher  ölaubensuberzeugung  kennen. 
Seine  Ilfutter  rourbe  ihm  ein  leuchtenbes  Porbilb 
unb  in  innigem  Derkehr  mit  feinen  öefdiroiftern 
befeftigte  fich  ber  ihm  bis  ans  Cebensenbe  eigene 
Familien=  unb  Ijeimatfinn.  Pon  flnfang  an  zeigte 
fich  bei  £öhe  echt  beutfches  Cmpfinben.  Schon  in 
ber  Schule  fanb  er  ipeit  mehr  als  an  ben  lateinifdien 
unb  griechifchen  Klaffikern  öefallen  an  ben  beutfchen, 
bie  er  eifrig  unb  mit  Begeifterung  las.  IRit  be= 
fonberer  Ehrfurcht  unb  Ciebe  las  er  bamals  Jean 
Paul,  ben  er  ipohl  feinen  «Cieblingsfchriftfteller» 
nannte.  Im  Jahre  1X26  coanberte  er  fogar  zu  Fuß 
nach  Frankfurt  a.  HI.,  um  öoethe  felbft  zu  fehen, 
traf  ihn  aber  nicht  an.    Fanb  fein  religiofes  Sehnen 


^icMO^icMi^io^cMO^     166    rcjrarororaiHDtoro 

in  Kirdie  unb  Unterridit  bamaligcr  3eit  audi  nid)t 
bie  gea7un|clite  Befricbigung,  fo  beroalirte  ilin  ber 
Crnft  bes  oäterlidien  ßaufes  unb  fein  eigenes  reli= 
giöfes  Ceben  bodi  oor  üerfladjung.  Für  feinen 
inneren  unb  äußeren  lOerbegang  blieben  bie  erften 
einbrocke  unb  Uerl)ältniffe  maßgebenb.  Cr  ipurbe 
burdi  göttlidie  fugung  ein  gläubiger  3euge  bes 
lierrn,  «ber  lüann  bes  roagenben  ölaubens,  ber 
großartigen  öebankentoelt;  ber  glorifizierenben 
Sdionbeit  in  Spradie  unb  form,  ber  Tllann,  ben 
ber  Herr  einfame  IDege  gelten  Ijieß,  bamit  er  öe= 
meinfdiaft  bilben  i^önne;  ben  er  in  bie  Stille  fülirte, 
bamit  er  ber  IDeite  befonbers  bienen  mödite.» 

Cöbe  toar  eine  oon  öott  reidi  begnabete  Tlatur. 
nilmälilidi  bradi  toolil  feine  korperlidie  öefunbbeit 
unter  ber  ftetig  ipactifenben  Urbeitslaft  zufammen. 
Aber  er  tiätte  alle  amtlidien  unb  außeramt= 
lieben  Berufspfliditen  nid]t  mit  foldier  feiditigkeit 
becDältigen  können,  ipenn  er  nidit  über  eine  gute 
leiblidie  Konftitution  oerfugt  hätte.  Heroorragenbe 
öeiftesgaben  roaren  ibm  oerlieben  unb  bekunbeten 
fidi  in  einer  erftaunlidien  Pielfeitigkeit.  IDas  bat 
Cöbe  nicbt  alles  ftubiertl  IDie  bat  er  bie  burcbs 
Stubium  ertDorbenen  Kenntniffe  toieber  praktifcb  zu 
oerroerten  geipußtl  üom  früben  ITIorgen  bis  tief 
in  bie  TIacbt  binein  toar  er  bei  ber  Urbeit.  Ibm 
eignete  paulinifcbe  firbeitsfreubigkeit.  Der  Herr 
bat  aber  fein  IDirken  reicb  gefegnet  unb  ibn  es 
immer  roieber  erfabren  laffen,  baß  er  nicbt  i7er= 


c»icMCMsyiP^ic?^c^icM     167     rorcirararoror^ra 

geblidi  gelaufen  fei  nod]  oergeblid]  gearbeitet  l}abe. 
Tflifierfolge  im  eigentlidiften  Sinn  bes  TOortes  liatte 
fein  Ceben  nidit  aufzuipeifen.  Bradite  es  ber£nt= 
täufctjungen,  ja  Bitterl^eiten  manche,  —  es  roaren 
nur  IPölkdien,  cDeldie  toieber  ooruberzogen  — 
feine  ganze  Eebensarbeit  bat  reidie  frudit  getragen, 
beren  hk  Tladitpelt  bis  zur  Stunbe  fid]  bankbar 
freut  oon  roeldier  (i<^  beute  nod]  zebrt. 

föbe  tpar  eine  fdiöpferifdie  Kraft.    Cr  oerftanb 
bie  Regungen   feiner  3eit  unb  tou^te  FInregungen 
zu  geben, '  Sein  offenes  fluge  batte  ipobl  ad]t  au  f 
bie  3eitbebürfniffe  unb  fein  männlidier  IDille  toar 
fofort  zur  Befeitigung  ber  Hotftänbe  bereit.    Un  = 
gefudit  ergaben  fidi  ibm  bie  Aufgaben,  ireldie  er 
aus  ber  Fülle  ber  ibm  getDorbenen  öaben  löfen 
follte.     Seine    Hatur    brängte    zu    rafdien    Cnt= 
fdieibungen   unb    kräftigen   Taten.     Cin  Flugblatt 
über  bie  kirdilidien  Hotftänbe  in  Hmerika  fällt  ibm 
in  bie  Ijanb  —   unb  «mit  abnenbem  öemut  unb 
mit  oorausfebenbem  Sdiarfblid^   erkannte  er  hk 
Bebeutung   biefes  Tlrbeitsfelbes  für  bie  lutberifdie 
Kirdie.*>     Cin  blober  Knabe   irirb  ibm  zugefubrt 
—  unb  an  beffen  Crfdieinung  knüpfte  fid]  für  ibn 
alsbalb  eine  reid]  gefegnete  fiebesarbeit  unter  ben 
Blöben.    Cr   beobad]tet,   toie   in   ben    öemeinben 
Frauen  bin   unb  b^r  treulid]  Kranke  pflegen    — 
fein  burd]bringenber  üerftanb  zauberte  bie  «Be= 
benken«  aufs  Papier  unb  fein  örganifationstalent 
rief  ein  Diakoniffenmutterbaus  ins  feben. 


£öl]c  befaß  dnen  liciligcn  Ibcaüsmus.  Sdion 
in  jungen  Jahren  trar  berfeibe  bei  iöm  ausgeprägt 
In  ber  Hebe  zur  Tlatur,  in  bem  Sinn  für  bas  Sdione, 
in  ber  IDertfdiätjiung  ber  Kunft  trat  biefer  ibeale 
SdjtDung  zu  Tage»  «Drei  öaben  tuaren  \\}m  eigen: 
Der  l^lare  Bück,  bie  zarte  lianb,  bas  coeite  ßerz. 
Das  Ibeal  ftanb  it}m  ganz  klar  oor  ber  Seele,  als 

l)ödifte  Realifierung  ber  ebelften  Ibeen Die 

öabe,  bas  Schone  zu  empfinben,  ließ  ilin  Ibeale 
feilen,  aber  audi  ble  TOirklidikeit  zur  Sdionbeit 
emporbeben.  Die  Sdnonbeit  irar  ibm  nicht  ber 
Schmuck,  fonbern  bie  Kraft  bes  febens.  .  .  .  Aber 
Blick  unb  öanb  finb  nichts,  toenn  nidit  bas  roeite 
lierz  fie  regiert.  Unter  bem  Panzer  ber  lutherifchen 
örthoboxie,  hat  es  nad]  feinem  Tob  geheißen, 
fchlug  ihm  ein  toeites,  reiches  fjerz.»  In  ber  Hebe 
zur  Kirdie,  als  ber  Braut  Chrifti,  fanb  biefer 
Ibealismus  feine  höchfte  unb  feligfte  Befriebigung. 
föhe  hätte  nicht  fo  oiel,  nid]t  fo  Großes  geleiftet, 
tpenn  er  nidit  Ibeale  gehabt  hätte.  liintDieberum 
hatte  es  für  ihn  ettoas  Beglüd^enbes,  roenn  er  be= 
obachtete,  cDie  biefe  Ibeale  fich  —  eines  nach  bem 
anberen  —  Deripirkliditen.  Die  Freube  über  bas 
Crreidite  konnte  ihn  bann  in  fd]a7eren  3eiten  unb 
in  bcn  bunkelften  Führungen  oor  Kleinmut  be= 
roahren. 

Cöhe's  feben  zeidinete  ein  einheitlicher  3ug 
aus.  Den  Knaben  befeelte  fchon  ber  IDunfch,  ein 
tüchtiger  Pfarrer  zu  iperben.    Seiner  Kirche,  feiner 


angcftammten  ITluttcrkirdie,  toar  er  oon  ganzem 
fierzen  zugetan.  Cr  bat  ilir  Me  Treue  gehalten 
bis  zum  letzten  ntemzug  unD  coar  einer  ihrer  beften 
Pfarrer,  In  ben  ernften  Kämpfen,  ba  er  ben  Flus= 
tritt  ertpog,  bat  ibn  eben  bie  flnliänglidikeit  an 
feine  eDangelifcli=lutl]erifdie  Kirdie  oom  letzten 
Sdiritt  abgehalten.  Die  Pietät  gegen  bas  Uber= 
kommene  irar  in  \\}m  zu  mäditig,  als  baß  er 
fo  ohne  toeiteres  fidi  oon  berfelben  losgeriffen  hätte. 
Sein  gefdiiditlidier  Sinn  hätte  ihm  ein  feben  ohne 
Perbinbung  mit  ber  üergangenheit  zur  Qual  ge= 
macht.  Die  Cinbrucke  aus  bem  Clternhaufe  blieben 
bei  ihm  unoeripifcht.  Die  Erinnerung  an  bie  erften 
gottesbienftlichen  Stunben  in  ber  lüichaelskirche  zu 
Fürth  toar  ihm  bis  an  bas  Cebensenbe  eine  Quelle 
ber  Erhebung.  Die  Ciebe  zur  l^eimat  erlofch  nie 
in  feinem  Herzen.  IDie  er  im  Familienkreis  gern 
an  Erlebtes  fich  zurückerinnerte,  fo  knüpfte  er  ba= 
rum  auch  im  Berufstpirken  bie  Fäben  ber  Per= 
gangenheit  ipeiter.  «Er  ift«,  ipie  ITIeyer  einmal 
trefflich  fagte,  «auf  ben  Schultern  feiner  Däter  ge= 
ftanben  unb  bie  finb  auch  geroorben  burch  bie,  bie 
oor  ihnen  geroefen  finb,  unb  fo  geht  es  zurück 
bis  in  bie  Tage  ber  Rpoftel  unb  fie  finb,  toas  fie 
toaren,  burch  Ihn  geirorben,  ber  auferftanben  ift 
Don  ben  Toten,  filier  Dienft  ipurzelt  in  Ihm,  bem 
fluferftanbenen,  unb  aller  Dienft  toirb  recht  oollenbet 
tüerben,  roenn  Er  tuieberkommt,  bes  roir  tparten.» 
Eöhe  ipar  nur  ein  ölieb  in  ber  Kette  ber  treuen 
3eugen. 


c^yeyvo^xoyo^xeyyomo^     170    rQr^r^rorororQra 

«Crgreifenb  ift  babei  ein  tief  elegifdier  3ug 
fcl]on  in  frulier  Jugenb«,  Cölie's  IDefen  neigte  fruli= 
zeitig  zu  fditoerem  Crnfte.  Sein  treuer  Celirer  Kotli 
befurditete  einftens  ipolil,  ba(^  er  burdi  allzu 
ftrenge  3urückgezogenl}eit  fidi  übereile.  Die  eigent- 
lidie  Temperamentsanlage  (Tlaturbeftimmtbeit)  burfte 
getoefen  fein  «tiefe,  faft  träumerifdie  Hlelandiolie, 
beren  Heiligung  zur  Energie  führte,  coälirenb  ilire 
Betonung  biefe  mäßigte.«  Cin  befonbers  lierDor= 
tretenber  3ug  blieb  bei  ihm  barum  lebenslang  bie 
Hebe  zur  einfamen  Stille  bes  friebliofes  unb  bie 
pietätooUe  Erinnerung  an  bie  Perftorbenen.  «Id} 
bin  fo  fabbatlilidi  geftimmt«,  fagte  er  fpäter, 
«Pfalter  unb  l]arfe  bringt  mir  fo  kräftig  ans  öbr, 
ipenn  idi  im  ölockenklang,  mit  Huferftebungsgefang 
burdi  bie  ftillen  Tore  bes  friebliofes  gebe.*»  Cöbe, 
biefer  Ulann  mit  feinem  (diarfen  Perftanb  unb  einem 
eifernen  IDillen,  biefer  TTIann  ooll  b^ilig^^n  lbealis= 
mus  unb  glübenber  Pbantafie  —  auf  ber  liöbe  bes 
febens  eine  Kampfesnatur  —  roar  zugleidi  ein 
niann  ooll  tiefften  Cmpfinbens,  ooll  innerer  Rül}= 
rung,  ein  TTIann  bes  öemütes.  IDie  munberbarl 
«Derfelbe  TTIann,  ber  fo  getoaltig  für  ölaube  unb 
Eebre  eiferte,  tpar  zugleidi  c>on  mäditig  fdiöpferifdier 
Kraft  auf  bem  Gebiete  barmherziger  Eiebe.  Auf 
bie  Jabre  bes  Streites  folgte  unmittelbar,  cDie  ein 
oerföbnenber  flbfdiluß,  bie  Periobe  eines  groß= 
artigen  Sdiaffens  auf  biefem  öebiete.« 

Cöbe  tDußte  zu  bienen.    In  ber  Selbftlofigkeit 


unb  Uncfgennuffigkeit  mit  roeldier  er  feines  flmtes 
toaltete,  trat  biefe  Cigenfcbaft  befonbers  zu  Tage. 
IDas  er  von  einer  red]ten  Diakoniffe  gefagt  bas 
traf  auch  bei  ihm  zu.  Cr  biente  ipeber  um  fobn 
nodi  um  Dank,  fonbern  aus  Dank  unb  Ciebe.  Die 
Seelen  bem  Ijerrn  zuzuführen,  roeldier  \\}n  fo  reich 
begnabet  hatte,  bas  ipurbe  ber  Impuls  feines 
Cebens.  Kein  Opfer  toar  ihm  bafur  zu  groß  unb 
keine  Arbeit  tuar  ihm  bafur  zu  gering.  In  großer 
Selbftoerleugnung  unb  Aufopferung  biente  £öhe 
bem  Qerrn  unb  Seiner  Kirche.  Sein  Permogen 
hat  er  im  Dienft  bes  Reiches  öottes  geopfert.  —  Unb 
boch  tDußte  er  auch  zu  herrfchen.  öott  hat  gerabe 
biefen  Diener  in  bas  Porbertreffen  geftellt*  Cr 
führte  bie  3ügel  ba,  wo  er  zu  gebieten  hatte,  mit 
fefter  Ijanb,  aber  auch  mit  oäterlicher  JTIIIbe.  Cr 
tDußte  alles  bis  ins  Kleinfte  zu  regeln,  ohne  babei 
ben  IPeitblick  für  bas  öanze  zu  oerlieren.  In  ber 
Errichtung  unb  im  Ausbau  ber  Diakoniffenanftalt 
follte  er  biefe  befonbere  Begabung  am  beutlichften 
heroortreten  laffen.  ein  öeift  ftrenger  3ucht  follte 
burch  ihn  bas  TTIerkmal  biefes  IJaufes  irerben.  Cr 
iDurbe  bemfelben  ein  Pater,  tpar  aber  auch  fein 
l]err.  Diefe  lioheit  bekunbete  er  ebenfo  in  feinem 
amtlichen  IPirken.  «ITlit  einer  Art  founeräner  ITlacht« 
Dollkommenheit  trat  £öhe  bistoeilen  fchtoerftem 
Jammer  ber  Crbe  unb  ben  bunkelften  Hachtfeiten 
bes  menfcftlichen  Eebens  entgegen.«  Sünbe  roar 
ihm  oerhaßt,  Heuchelei  ein  öreueL 


Die  innerftc  Triebfebcr  feines  raftlofcn  unb 
fdbftlofen  IDirkens  tuar  ber  fromme,  kinblidie 
Glaube,  tueldier  bekannte:  «Ihm  übergebe  idi  alle 
meine  Dinge,  benn  Cr  ift  meine  fioffnung.«  Sein 
Oeblingsfprudi  toar:  «Sdiledit  unb  redit  bas  be= 
büte  midi;  benn  id)  barre  Dein.»  (Pfalm  25.) 
Cr  lebte  in  ber  heiligen  Sdjrift  unb  in  ber  öefdiidjte 
feiner  Kirdie.  Cr  roar  ein  Beter  mit  beiliger  öe= 
lualt  unb  ftellte  fidi  unb  fein  £eben  Tag  für  Tag 
binein  in  bas  fid]t  ber  Cipigkeit.  Tlidits  konnte 
unb  follte  ibn  barum  fdjeiben  oon  ber  Oebe  öottes, 
bie  in  Cbrifto  |efu  ift  unferem  Herrn. 

ITIan  bat  toobl  gefragt,  auf  coeldiem  Gebiete 
Cöbe  am  grollten  geipefen  fei,  ob  als  Diener  feiner 
Kirdie  ober  als  Babnbredier  eoangelifdier  £iebes= 
arbeit,  ob  als  Cebrer  ober  als  Seelforger,  ob  als 
Prebiger  ober  als  fiturg.  Im  letzten  örunbe  eine 
mulmige  Frage  1  fobe  roar  ein  original.  Seine  Piel= 
feitigkeit  in  ber  Arbeit  toar  ebenfo  beipunberungs= 
tpürbig  tpie  feine  einbeitlidjkeit  bei  ber  Arbeit.  Der 
Glaube  ipar  in  ibm  mäditig,  roenn  es  galt,  eDange= 
lircb=lutberifd}e  Eigenart  oor  aller  IDelt  zu  pertreten. 
Oebe  entflammte  ibn,  roenn  bie  Tlöte  bes  üolkes 
ibm  ans  tjerz  gingen.  Unb  l^offnung  erfüllte  ibn 
bei  feinem  ganzen  TDirken,  bas  er  als  Säemanns= 
arbeit  für  bie  Ccoigkeit  betraditete.  fln  fdicperen 
3eiten  bat  es  audi  ibm  nidit  gefeblt.  Cin  Pietift, 
ein  TTIud^er  mürbe  er  oon  mandien  feiner  3eitge= 
noffen  gefdiolten.    Des  Romanifierens  beziditigten 


il]n  bie  einen,  ber  örtboboxie  befdiulbigten  ibn  bie 
anberen.  Inbeffen  bk  Hebe  zu  feiner  eoangelifdien 
Kirdie  roar  zu  grof^,  als  ba|^  er  becDuj^t  einer  un= 
eoangelifdien  Regung  Raum  gegeben  hätte,  aber 
aud]  ber  fjaß  ber  Feinbe  erfdiien  ilim  zu  gering, 
als  ba(^  er  in  feiner  Stellung  zum  Bekenntnis  fidi 
llätte  irre  madien  laffen.  lüodite  er  baburdi  mandiem 
zu  einfeitig  geroorben  fein,  traten  barin  aud]  mandie 
SdiiDädien  zu  Tage,  «ein  fkcken=  unb  irrtumlofer 
Heiliger  roar  er  nidit  unb  roollte  er  felbft  nid]t  fein.» 
Die  ITIängel  oerfdiipanben  oor  bem  öroj^en,  bas  er 
nad]  Gottes  TDillen  zu  leiften  berufen  roar.  Cr  roar 
ein  eoangelifdier  Cliarakter. 

Den  TIeuenbettelsauer  flnftalten,  ipeldie  er  be= 
grunbete,  mar  er  ein  üater.  Die  Kirdie  Bayerns  Der= 
lor  in  ibm  einen  ilirer  treueften  Bekennen  Der 
neuen  IPelt  tuurbe  er  zum  Segen,  tv  trar  —  nein 
er  ift  lieute  nodi  ein  fdieinenbes  unb  brennenbes 
Cid]t  ber  lutlierifdien  Kirdie.  Sein  öebäditnis  bleibe 
audi  unter  ben  kommenben  öefdileditern  im  Segen! 
Der  TTame  «£ölie»>  aber  lebt  fort,  in  bem  ipas  fein 
eiaubenseifer  unb  feine  Oebesarbeit  auf  Crben 
gewirkt  liaben.  llim  felbft  roirb  in  ber  CcDigkeit 
ber  Colin,  ipeldier  oerlieij^en  ift  ben  getreuen  unb 
frommen  Knediten  bes  Ijerrn.  «Dann  roerben  bk 
öerediten  leuditen  tDie  hk  Sonne  in  ilires  Uaters 
Reidi.» 


Inlialt 


Seite 

üorn7ort 5 

I.  Cöfje's  TDerben - 9 

IL  Cöbe's  IDirkcn 18 

1.  Die  erftcn  Jal)re  im  geiftUdjcn  Amt IS 

2.  Der  Pfarrer  pon  ITcuenbettclsau 31 

3.  ernfte  3eiten 46 

4.  Die  Fürforge  für  bie  luff)erifd]en  Deutfdien  in 
Tlorbamerika 59 

5.  Kolonifation  unb  Inbianermiffion 77 

6.  Die  öefelirdiaft  für  innere  JITiffion  im  Sinne  ber 
lutl^erifdien  Kird^e  unb  ber  lutiierifdie  üerein  für 
tpeiblidie  Diakonie 85 

7.  Die  Diakoniffcnanftalt  üeuenbettclsau     ....  93 

8.  Der  Flusbau  ber  Diakoniffcnanftalt 109 

9.  3ur  Diakoniffenbilbung  unb  Diakoniffenarbeit  .    .  122 

10.  Sdiriftftellerifdie  Cciftungen 133 

11.  näuslidjes  unb  Pcrfönlidics 141 

12.  öebanken  £öl]e's 153 

III.  IDürbigung  Cölje's 162 


Pon  betnfelbcn  Perfaffer  ift  erfd)icnen  unb 
kann  burdi  jebe  Bucl]l}anblung  bezogen  iperben: 

Cal^t  uns  beten! 

morgen^  unb  Bbenbanbadjten  zum  öebraud) 
in  Krankenfälen 

Don 

Karl  eid}ner, 

Seelforger  im  allgemeinen  Krankenliaus  zu  Hürnbcrg. 

3ipeite  Auflage. 

eieg.  geb.  80  Pfg.;  nik.  1.-,  ober  mk.  1.20. 

Das  K.  prot.  öbcrkonfiftorium  in  Tllünclien  Ijat 
unter  bem  5.  Rüg.  1905  obige  öebetsfammlung  empfohlen.  In 
bcr  entfdiliel^ung  lieißt  es:  «Das  Büdilein  ift  zunädift  zum 
öebraud)  bei  JIIörgen=  unb  Tlbenbanbaditen  in  Krankenfälen 
beftimmt.  Jebe  biefer  Rnbaditen  beginnt  mit  einem  gut  geroäblten 
SdirifttDort,  bem  ein  kurzes  öebet  folgt,  unb  fdiließt  mit  Sclirlft= 
roort  ober  Cieberoers.  Das  Ganze  mact)t  einen  fel}r  guten 
ein  brück  unb  kann  zu  bem  genannten  3ipeck,  foroeit  bie 
konfeffjonellen  üerljältniffe  es  geftatten,  burcbaus  cmp  = 
fol]len  n7erben.  fiber  auctj  fonft  roirb  ber  öeiftlidie  für  bie 
Krankenfeelforgc  toillkommenep  Stoff  unb  oielfadje 
nnregung  aus  ber  kleinen  Sdirift  entnehmen  können.» 

Im  3eitraum  oon  3  JTIonaten  mar  bie  erfte  Auflage 
oergriffen.  Diefe  öebetsfammlung  ift  einem  oft  empfunbenen 
Bebürfnis  entgegengekommen  unb  roirb  in  Krankentjäufern  roie 
bei  ber  Krankenfeelforge  überhaupt  gern  benijt^t.  In  tlieologifd]en 
ipie  nid}ttt]eologif(tien  Kreifen  bat  biefes  Krankenhaus=6ebet= 
buch  ungeteilte  Anerkennung  gefunben.  Dasfelbe  eignet 
fid)  zu  öefd)enken  für  Krankenljäufer,  öeiftlidie,  Diakoniffen, 
Diakone  fomol)!  mie  für  alle  biejenigen,  meldie  biefen  Kreifen 
naliefteben.