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Soso
qßilfeelttt ßi)^e.
mn ßeben^^ilb
i>Ott
^atl ^idbner.
riS^^
lDilt)elm Eöt)e.
IDJUieltn Zö\)2,
ein Cebensbilb
pon
Karl eid)ner
mit einem Bilbniffe föne's.
3w2ii2 nuflage.
Chicago, JIL
IDartburg Publisbing f)Ouse.
1908.
TRANSFE«
6e
MOV 28 .5
Serlal Hecord Wvislon
Printcb in öermany.
oö)S
Dem nnbenken
t)es Paftors unb ipeilanb Präfes ber Synobe
von Joroa u. a» St
D. D. Johannes Deinbörfer
geipibmet.
üoriport
in kurzes unb öod] möglidift allfcitigcs Eebens=
bilb Don bem grof^en öottesmann Cötie ipurbe
immer oermif^t Das grolle Quellenroerk
über fein feben oon bem nadimaligen Infpektor ber
TIeuenbettelsauer TTTiffionsanftalt J. Deinzer — nadi
Anlage unb Durdifülirung ein TTIeiftertuerk biogra=
pbifdier Treue — konnte oline Permittlung nidit
ber Hilgemeinlieit bienen. So entftanben bie nadi=
folgenben Blätter in ber nbfidit, bamit einem oft
gefulilten Bebürfnis zu genügen.
Die örunblage audi für biefe Arbeit mußte bas
breibänbigelDerk oon J. Deinzer bleiben: „IDillielm
Eöbe's Eeben. Aus feinem fdiriftlidien Tladilal^ zu=
fammengeftellt", erfdiienen zuerft in ben Jatiren
1873, 1877,80, 1892 unb nunmebr oerlegt oon C
Bertelsmann in eoterslob. IDertoolle Dienfte leiftete
ber geiftDolle flbri (^ aus ber Feber bes beimgegangenen
öberkonfiftorialpräfibenten D. Tl. o. Stäblin in ber
„Kealencyklopäbie für proteftantifdie Tbeologie unb
Kirdie", britte Auflage, ll.Banb, Seite 576 bis 586.
Benutzt ipurben ferner bie einfdilägigen Kapitel aus:
«Die innere lüiffion in Bayern biesfeits b, Rb." oon
bem jetzigen Konfiftorialrat (]. Bek, in bem Sciiäfer=
fd]en Sammeltoerk: ,,Die innere TüilTion in Deutfdi»
lanb'', (liamburg 1880). Berückfiditigung fanb aud)
ber oom gegentpärtigen Rektor ber ]Teuenbettels=
auer Diakoniffenanftalt D. Dr. (], Bezzel in ,,frei=
munbs KirciilicI] = PoIiti|"cliem TDodienblatt für Stabt
unb £anb" (Jalirg. 1904 Hr. 33 bis 1905 Rr. 4) ab=
gebruckte „Überblick über 50 Jalire öefdiidite ber
Diakoniffenanftalt Reuenbettelsau" oom 9. Hlai 1904.
Soipeit möglidi, tourben anberipeitige Peröffent==
lidiungen aus Sammeltperken unb 3eitfd)riften (be=
fonbers „Korrefponbenzblatt ber Diakoniffen oon
Reuenbettelsau") zum Dergleidi herbeigezogen.
Eölie's Sdiriften felbft tpurben babes nidit um=
gangen, flbgefdiloffen tourbe mit bem Tobesjalir
Cöbe's. Dk Fortfülirung unb IDeiterentiPickelung
feiner Eebensarbeit gehörte nidit melir in ben
Ralimen biefes Bilbes. Bei aller Treue in ber Be=
nutfung ber angeführten Quellen tpurbe auf Selb=
ftänbigkeit in Belianblung unb Urteil Radibruck
gelegt. Das Cebensbllb ipurbe gezeichnet aus üer=
eftrung für einen großen Hlann unb aus Hebe zu
einer großen Sache.
IDelch einem Bebürfnis bas Cebensbilb ent=
gegengekommen ift, erhellt aus ber Tatfache, baß
tDenig IDochen nach bem Crfcheinen ber erften
Ruflage bie Rotipenbigkeit einer neuen Ruflage fich
herausftellte. Damit toar eine nochmalige Durch=
arbeitung bes Stoffes gegeben. Wenn auch keine
burchgreifenben Rnberungen oorzunehmen toaren,
fo cDurbe boch gebeffert unb erroeitert foireit es
tunlich erfchicn. Angefügt tourbe ber Rbfchnitt,
ipcldicr einzelne Proben oon öebanken Cölje's gibt,
üollftänbig umgearbeitet tpurbe Der fölie's ameri=
l^anifdie Tätigkeit belianbeinbe Teil unb zipar unter
Benütfung bes grollen IDerkes oon D. D. J. Dein =
iiörfer: „öefdiidite ber eoangel.=lutIi. Synobe oon
Jupa unb anberen Staaten" (Cliicago 1X97), fotoie
naö} brieflidien Angaben, toelclie Deinbörfer bem
Perhffer in einem Sdireiben oom 17, Hpril 1907
zukommen ließ.
Inzipifdien ift biefer „alte Scbuler föbe's" —
toie Deinbörfer fidi felbft in bem Briefe bezeichnet
— als btr letfte oon ben oier örunbern ber JotDa=
fynobe am 14. TTlai in IDanerly oom lierrn aus ber
3eit in bie ^ipigkeit abgerufen toorben. Tlodi liatte
er bem Perfaffer feine grolle Befriebigung über
bas Cebensbilb bezeugt unb beroorgelioben, roeld]
eine fcbtuierige Aufgabe es getoefen fei, in kurzen,
aber klaren TDorten bie oielfeitige TDirkfamkeit
Cöbe's zu fdiilbern, tuas aber nadi feinem Urteil
ganz trefflidi gelungen fei. Perfaffer glaubte barum
einer Dankesp flicht zu genügen, irenn er bie zur
Perbreitung unter ben beutfdien Eutberanern in
Amerika beftimmte Auflage biefem treuen unb Diel=
beipäbrten Diener Cliri(ti getoibmet bat. Hloge an
biefem Buche ber IPunfch in Erfüllung gehen, mit
roelchem Deinbörfer ben ercpähnten Brief fchließt:
„irioge Ihr Buch brüben unb hier oiele auf t>k reich
gefegnete Arbeit Cohe's aufs neue aufmerkfam
machen unb oielen Tlutfen fchaffen zum Preife
öottes, ber Seiner Kirche biefen ITlann gefchenkt
unb ihm große Treue oerliehen hat bis an feinen
Tobr
Tlürnberg, ben 17. Juni 1907.
Kart etctjnen
L
£öt)c's IDcrbcn.
Soliann Konrab TDilbelm föl]G ipar geboren
am 2L Februar IXOX in Fürtb, ber TIactibar=
ftabt ITürnbergs; er entftammte einem diriftlid}
frommen Burgerbaufe. Sein Pater coar ein Kauf=
mann unb genoß in ber Paterftabt gro|?es finfetien.
Da berfelbe aber bereits 1X16 ftarb, fiel bie Crziebung
ber 6 Kinber, unter roeldien IDillielm bas Dor=
jungfte cpar, ausfd]ließlidi ber TFIutter zu. Diefe
toar eine ernftgefinnte unb gläubige Frau, toeldie
ibre Kinber — oier Toditer unb zcoei Sobne —
erzog in ber Furdit bes ßerrn unb im Ijaufe
fcöaltete mit diriftlicber 3udit Frubzeitig ertoacbte
in ibr ber Cntfcbluß, ibren älteften Sobn IDilbelm
einen öeiftlicben roerben zu laffen. Der Pater
iDollte ztoar bei Eebzeiten oom Stubieren nicbts
roiffen, roeil ibm bie Ausgaben im Pergleidi zu
benen für bie übrigen öefcbojifter als zu unoerbält^
nismäßig oorkamen. Tladi feinem Tobe aber
10 rororororcjr^r^ro
fud]te unb wu^t2 öie XOitroe es bodi möglictj zu
madien. In ber Sdbftbiograpliie, ireldie bis
zum Jalire 1826 reidit fdin'eb fpäter ber bankbare
Solin: «Als mein Pater ftarb, füfirte fic aus, ipas
fie für gut hielt. Ihre Hebe zu fimt unb Kirdie
madite fie bafür empfänglid], mid], obroolil eine
TDittoe, einen foldien f ebensberuf ertDäl^len zu laffen.
Idi l}ab' es il]r taufenbmal zu banken. IDer roeiß,
ob id] ein Clirift gecDorben ipäre, n7enn idi nidit
Pfarrer getuorben toäre.«
Der muntere Knabe befudite im Heimatort zu=
erft h\2 eiementarfdiule unb bann bie Catein =
fdiule. Um Sonntag Cxaubi bes Jalires 1X21 cpurbe
er in ber Tnidiaelskirdie konfirmiert unb empfing
am Pfingftfeft barauf zum erftenmal bas Sakra=
ment bes flltars. Tags zuoor überreid]te bie ITIutter
ihrem Solin einen felbftoerfaßten Brief, ipeidier
3eugnis ablegt oon bem frommen Sinn ber
Sdireiberin, flm Schluß h^ißt es: «So nahe Dich
benn zu Jefu, bes ööttlichen, Tlltare hin unb finbe
ganz ben Frieben unb Seelenruhe, welche er ipür=
bigen öäften bei feinem fiebesmahle oerheißen
hat IDeihe Dich burch basfelbe zu Deinem iDich=
tigen Berufe unb faffe bk frommen, beften Por=
fät?e für Dein ganzes £eben, banke bem Heilanb
für ben bornenoollen Pfab, ben er auch Dir zum
Beften gegangen ift, unb bleibe ftets feiner Hebe
eingebenk unb feines herrlichen, eblen Eebens,
roelches er Dir zum Beifpiel hinterlaffen hat.
unb folge ibm burdi Dein ganzes Eeben nadi.**
Eölie meinte fpäter tpotil: «Die 3eit ift un=
tpieberbringlidi batiin, ^l^ fcftöne Jugenbzeit! Idi
roünrcfte [12 nidit coieber; aber bie Konfirniations=
zeit bie Hbenbmablsftunbe - bie beroeine icfi,
baß Id] l\2 nidit ipieber neu erleben kann. Tldi,
es ift bodi fdion, ba(? es foldie Feiern gibt toie
ipir im Cbriftentum liabenl öott eroig Eob, baß idi
in feiner Kirdie geboren unb auferzogen bin! Die
Sunbe hatte fid] zur 3eit meines Konfirmanben=
unterridites fdion mäditig geregt ba reichte mir ber
lierr Kräfte, bie midi nidit untergeben ließen, bie
midi im Strubel jugenblidier Eitelkeit Uerfudiung
unb Sunbe bielten unb retteten.»»
IPie zu ertuarten ftanb, roar ber begabte
Sdiuler äußerft fleißig. Cr begnügte fidi nidit nur
mit bem, ipas er für bie Sdiule zu lernen batte,
fonbern ipar eifrig bemübt in Prioatftunben fidi
cpeitere Kenntniffe zu era7erben. Seine fdinelle T!uf=
faffungsgabe bradite es mit fidi, baß ibn ber geroobnte
Unterridit allein n\(^t befriebigte, feine geiftigen Tln=
lagen trieben ibn zu immer eingebenberem Eernen.
Balb nadi ber Konfirmation kam er nadi Hürnberg
in bas bortige 6 y m n a f i u m. Die Habe beiber Stäbte
ermöglidite es, baß er menigftens Sonnabenb unb
Sonntag im elterlidien fjaufe toeilen konnte. Diefe
Tage boten ibm immer Stunben befonberer Cr=
bolung unb Crquid^ung. Fludi in ber nürnberger
Sdiule zäblte er zu ben beften Sdiulern. Illebr«
mals crtuarb er fid] Preisbudier. Dem bamaligen
Rektor bes öymnanums trat er felir nalie unb be=
kannte ftets: er fei ibm Dank fdiulbig bis ins
ecDige feben. C L Rotl] — fo bieß nämlidi ber
Rektor - fdirieb bem 17jäl]rigen Jüngling unter
ein Don ilim gefüfirtes ferientagebudi bie IDorte:
„Optimam viam non discendi modo sed etiam
vivendi te invenisse puto." (Id) glaube, baß Du
nidit allein ben rechten IDeg bes Eernens, fonbern
audi bes febens gefunben l}aftO Perfcftiebene
nufzeidinungen bes eymnafiaften laffen freilidi er=
kennen, ba|^ ber lieranreifenbe junge TFIann burdi
manche innere IDanblung fidi burdikampfen mußte.
Die ilim eigene Selbftänbigkeit bes Urteils fülirte
zu tief[ter ^rfaffung ber einzelnen £ebenserfci]ei=
nungen. Pon oielem, toas ihm geboten rourbe, un=
befriebigt, febnte er fidi nadi liöljerem unb Cirigem.
es toar eine 3eit bes IDerbens unb IPadifens aud]
für il]n. Unreifes unb Unnatürlid]es mußte abge=
ftoßen toerben. Klares unb Sidieres mußte er=
kannt tuerben. fölie roar inbeffen kein greifen»
liafter Knabe, fonbern ein frifdier Jungling. Frub=
zeitig prägte fidi bei ihm ber Sinn für bas Sdiöne
aus. IDanberungen burd] öottes freie TIatur -
toenn moglidi in öemeinfdjaft mit Ultersgenoffen —
boten ihm audi innere Stärkung. Im red]ten
nugenblid^ gab er mohl ber Freube Raum unb
nod] fpäter erinnerte er fid) gern fo mandi
fröhlidien Beifammenfeins mit jugenblidien Spiel=
genoffen, öefliffentlid] liielt er fidi zurück oon
jeber Unbebaditfamkeit ober gar Unart. 3u feft
liatte er bas 3lel feines febens im Huge, als baß
er tüiffentlid] in irgenb ein Unredit gecoilligt bätte.
«Idi ipill meiner THutter«, fo fdirieb er als öym=
nafiaft «bie freube machen, foDiel als moglidi
einen oollkommenen Pfarrer an mir zu felien, ba
fie biefen Stanb fo febr oorzielit.»
Im September 1X26 ojar für IDilbelm Eöbe
bie öymnafiallaufbaiin burdimeffen. «Ift ein Jüng=
ling oon großer flusbauer in allen Arbeiten unb
oon einem burdiaus reblidien unb feften IDillen
für bas Gute befeelt. Iiieburdi liat er feine Fällige
keiten oorzüglid] ausgebilbet unb in allen fädiern
einen trefflichen Crfolg errungen Cr oerläßt
bie Tlnftalt mit bem Cobe eines burdiaus tabellofen
unb mufterliaften Sdiülers unb fdieint nur baran
erinnert toerben zu muffen, baß er nidit burdi
allzu ftrenge 3urückgezogenl}eit fidi übereile, ein
Stubengelehrter im engften Perftanbe zu toerben»,
fo befagte bas Sdilußzeugnis. fölie felbft toar frob,
baß er aus ber Cnge bes öymnafiums hinaustreten
burfte in bie Freiheit akabemifchen Eebens.
Cr roar toeit entfernt, fich ettoa beshalb zu freuen,
toeil er als Hlufenfohn fo recht austoben konnte,
fonbern biefe Freube entfprang feinem Verlangen
nach freier Betätigung unb felbftänbigem Schaffen.
Als Stubent führte er ein fehr zurückgezogenes
Eeben. Das Treiben oft allzu übermütiger inufen=
cMCP'TCMCMC?ic?'TCMCM 14 rorcjrar<Dr«3rc3ror<3
föline war \\}m bamals fdion oerfiaßt. öernc rodlte
er in ftillem Freunbeskreis, um roiffenfcfiaftHciien
Stubicn ober religiöfer Erbauung fid] Einzugeben.
Regelmäßig befudjte ber arbeitfame Jüngling,
roeldier oon jeber «bas Auskaufen ber 3eit'»
ipolil übte, bie Dorlefungen. Hebender ging eifriges
einzelftubium. flllem ooran ftanb bas regelmäßige
f efen ber ^eiligen Sdirift. Die fymbolifdien Bücl]er
unb Cutters Schriften, audi IDerke älterer lutöerifdier
Dogmatiker tourben fleißig burdiforfdit. erbauungs=
büdier oon Kempis, flrnbt, öerbarb unb Cebens=
befdireibungen berühmter kirdilidier Perfönlic!]=
keiten (3inzenborf, Comenius) boten immer neue
Anregungen. Cin eifriges öebetsleben Ijeiligte unb
oertiefte tk aus ber f ekture gecoonnenen Cinbrücke.
So toar fölie barauf bebadit, fid] eine gute 6runb=
läge für fein fpäteres Berufsroirken zu fdiaffen.
5ier ipurbe zur IDabrlieit, ipas er in jener 3eit
gefcö rieben: «Das Ceben ift mir eine Porbereitung
zum Pfarrerleben geirefen unb ift es bis jet?t nod].»
In bie Stubienzeit fiel bas IDieberercpactien
diriftlidien ölaubenslebens. Der angebenbe Stubent
oerfcbloß fidi bem nidit unb trat ben eben ge=
grünbeten öefellfcftaften bei, roeldie bie Perbreitung
diriftlidier Scftriften beztoeckten. Der Begrünber
einer biefer öefellfdiaften, ber um bie Hebung
bes kird}lictien f ebens in Bayern oerbiente Pfarrer
Branbt eririberte ein Sdireiben, in tpeldiem Cobe
ibm ben Dank ausfpradi für beffen ernftlidie Be«
müliungcn, bas Reidi Clirifti zu förbern, fo baß
audi in feinem Paterlanb ber Cifer fürs eDan=
gelium ipieber lebenbig roerbe, mit ben IDorten:
«freuen Sie fidi, lieber Freunb, auf bie 3eit, in
ber Sie ins Amt treten iperben. Cs ift jet?t eine
angenelime 3eit. flllentl]alben ein tieißes üerlangen
nadi ber lauteren Hlildi bes Coangeliums unb ein
fdiönes Felb zur flusfaat für ben treuen Diener
bes göttlid]en IDortes. öberlin ift ein koftlidier
Spiegel für uns. Der Herr madie uns zu fo tuditigen
IDerkzeugen in Seiner Hanb. ll]m fei unfere Kraft
unb unfer feben geroeilit; fo lang es Tag für uns
ift, ipollen mir freubig unb frölilid] für fein Reid]
cDirken!» ITlit großer Genugtuung begrüßte Colie
bas erfcfteinen ber eoangelifdien Kirdienzeitung oon
liengftenberg im Jalire 1S27, toeldie zur TIeubelebung
pofitio=lutt]erifclien öeiftes cpefentlidi beitrug, eine
religiöfe Reife, toeldie überrafcbt trat bei \\}m fcljon
bamals zu Tage. Cr arbeitete fid] — oerl]ältnis=
mäßig balb — zu einem fidieren religiöfen Stanb=
punkt liinburd]. Derfelbe mar oon Anfang an ein
ausgefprodien lutlienTcber. Im Jalire \Z36 fcbrieb
Cölie in einem Brief: «Obroolil bei öottes IPort
aufgezogen, oon öottes önabe nie perlaffen, banke
idi bodi, menrctilid] zu reben, mein geiftlidies
Eeben einem reformierten Ceftrer, flerrn Profeffor
Krafft in erlangen, eben berfelbe, bem idi
annodi in berzlidier Hebe anhänge, ftat, oline
es zu tpiffen, meine Hebe zur lutl]erifcl]en Kirdie
16 rorororcarararora
grol^gezogen, ba ich fic oon Kinbesbeinen an in
mir trug.»
ein Semefter ber Stubienzeit (Sommer 1S2X)
ocriebte fölic in Berlin, mit einem Freunbe cnar
er über Bayreutb, Qof, burdi bie reußifdien £anbe
- in Cbersborf ipurben bie Brubercpolinungen, ber
Betfaal unb öottesacker ber bortigen Brübergemeinbe
befiditigt — roeiter über 6era, feipzig — liier ipurbe
oor allem ber Jotianniskirdiliof unb öellert's örab
aufgefudit — Bitter felb, Treuenbriezen unb Potsbam
nadi Berlin in 12 Tagen geroanbert In Brief auf=
fcliriften bezeichnete föbe cpobl Berlin als «Patmos»
unb in feinem Tagebud] bekannte er: «l^err, um
üid] unb Dein lieil zu finben, bin idi aus meines
Paters (jaufe, aus meiner freunbfdiaft unb aus
meinem üaterlanbe gezogen.» ein Jabr roar für
ben flufentbalt in Berlin in flusfidit genommen,
aber er roar frob, als er bereits nacb einem balben
Jabre — bem TDunfdie ber ITlutter folgenb — cDieber
in feine liebe (jeimat zurückkehrte. In Berlin zogen
ibn bie bamaligen bebeutenben Prebiger ber Re=
fibenzftabt, Sdileiermadjer inbegriffen, an unb oon
befonberem IDert rourben ibm bie Prebigtübungen
in einem bomiletifdien Seminar. Die übrige 3eit
lag er in Erlangen ben tbeologifdien Stubien ob,
CDO befonbers ber oben eripäbnte Profeffor Krafft
einfluß auf ibn geroann. Dazroifdien oerfudite
er fidi bereits im Prebigen. Seine erfte Pre=
bigt \}k\t er am Sonntag nadi IDeihnacliten 1X28
1 7 rarorararararara
über !]ebräer 13,X in Poppenreutl], unroeit förtli
gelegen. Tim 7. Juni 1830 wnv Die Unioerfitätszeit
abgefdiioffen. Dom 17. bis 24. Oktober Des gleichen
labres unterzog fidi IDillielni Cöbe in ber mittel^
fränkifdien Kreisbauptftabt flnsbadi ber tbeologifdien
flufnabrnsprufung unb beftanb biefelbe mit
beftem Erfolg. Für bie Cxamensprebigt tpar ibm ber
Text 1. Job. 1,8 aufgegeben. Diefe Prebigt blieb
nidit ganz untDiberfprodien, man fanb fie zu berrn=
butifdi unb myftifdi. Profeffor K. o. Raumer, Cöbe's
oäterlidier freunb, tpunfdite bk Prebigt zu lefen
unb ipar oon beren Inbalt bocbft erbaut. Freubig
betpegt kebrte IDilbelm Cöbe oon Tlnsbadi nadi
l]aufe zurück. Das 3iel tuar erreicht. Aber nodi
kam eine ftille TDartezeit, bis er tpirklidi als Pfarrer
bes (jirtenamtes roalten folltc.
cg!&
eiOiner, lötje.
IL
Eölje's IDirken
1. Die crften Ial)re im geiftlidjcn Amt
ie nnftellungsoerbältniffc toarcn bamals in
Bayern nicht befonbers gunftig. So kam es,
baß ber eben geprüfte Prebigtamtskanbibat
nod] nidit fofort üerroenbung fanb. Das bebruckte
niemanb mehr als föhe jelbft, toeldier fo brannte,
feinem lierrn im geiftUdien Amt zu bienen. «Das
ift mein gröj^tes Kreuz, baß id) ftumm fein muß unb
licentiam concionandi (Crlaubnis zu prebigen), für
bk idi examiniert bin, nirgenbs üben kann. IDenn
bie ölocken zufammenfdilagen, roeint mir bas fjerz,
baß id] nicht prebigen folL So trifft bie öärtners«
hanb bes hinnmlifchen Paters jebe Pflanze auf
erben, roo fie es am a7Cnigften meint, nötig zu
haben, wo es am fchmerzlichften ift»» Trotjbem
blieb Eöhe nicht müßig, er oeroollftanbigte fein
theologifches IDiffen. Im eigenen Familienkreis
unb unter Freunben legte er öottes IDort aus ober
fudite an Kranken^ unb Sterbebetten zu matinen
unb zu tröften. Pon ber öemeinfdiaft mit Kranken
äußerte er fdion in jener 3eit: «Id] babe melir öeiftes»^
gemeinfci]aft mit ben Kranken, an beren Bett idi
ftelie, als mit meinen lieben gefunben Freunben,
roir finb zu luftig miteinanber. mit ben Kranken
iperbe ich innerlicher,*» Um Kranke zur letzten
Kommunion oorzubereiten, ftellte er aus Bugen=
hagen unb Cutber einen Traktat zufammen unb gab
benfelben in Druck. IDöclientlidi zp7eimal hielt er
Kränzchen ab, bas eine lüal ein ITIiffions«, bas
anbere lüal ein Crbauungskränzchen. Befonbers
bas lüiffionskränzchen, fchon im Jahre 1827 oon
ihm gegrunbet, nahm aus kleinen Anfängen einen
gefegneten Fortgang. Uls bie Büchfe zum erften=
mal geöffnet rourbe, fanb fleh 1 öulben 30 Kreuzer
Inhalt. «Dafür follte IDolle angekauft unb Strümpfe
geftrickt unb ber Crlös baoon ber Bafeler Uliffions»
anftalt zugeroenbet roerben.« Daneben prebigte
föhe in Pertretung oor ber öemeinbe, fo in ber
Pfarrei Streitberg, Unterleinleiter unb Tluffeß,
letztere beibe in nächfter Tlähe oon Streitberg in
ber fränkifchen Schcpeiz gelegen.
Seine erfte Perroenbung follte er in ber
Paterftabt felbft finben als PriDatoikar bei einem
älteren öeiftlichen. flm 25. Juli 1X31 rourbe er in
Ansbach orbiniert. Diefer Tag blieb oon ihm un=
pergeffen unb ipurbe alljährlich feierlich begangen.
2*
flm örbinationstag fdirieb er an ben öeiftlidien,
toeldiern er fur's erfte als Pikar beigegeben roar,
einen Brief. Diefes Schreiben legt ebenfo 3eugnis
ab Don bem tiefen Crnft bes örbinanben tDie oon
feiner ausgeprägt lutberifdien Haltung, fjier finbet
fidi bas bebeutungsooUe Urteil: «Die Religion ber
Sdirift ift es allein, tüeldie für bie IHenfdien paßt,
ibre inneren, etoigen Bebürfniffe ftillt, bie Sunbe
austilgt, bas etoig IDalire, öute unb Sdiöne in
ibnen zum Ceben unb fortgebenben öebeiben unb
fie ricbtig unb getoiß zu ibrem eroigen 3iele bringt.
Unb biefe beilige, für ben lüenfcben allein unb
ganz paffenbe Religion baben bie Reformatoren
riditig oerftanben unb famt ibren Sdiülern in ben
fymbolifdien Bucbern nicbt in bunkeln, fcbtoebenben,
myftifcben Husbrucken, fonbern in klaren, beutlicben,
jebem 6ottesmenfcben oerftänblidien Begriffen
niebergelegt.»> Die Orbinationsfeier, bei ireldier
außer einem freunbe audi bie ITIutter unb zcpei
öefcbcDifter zugegen iparen, machte auf Eöbe's
gläubiges öemüt einen nacbbaltenben Cinbruck.
Cr bekannte: «Idi fpüre eine Befeftigung meines
Glaubens feit meiner örbination.»» In bem Eebens=
lauf, roeldien er bem Brauche gemäß eigenbänbig
in bas örbinanbenbucb eintrug, ließ er beutlldi
feine ölaubensftellung zu Tage treten, ipenn er u. a.
fdirieb: «Die flugsburgifcbe Konfeffion, toenn mir
firmen biefe IDorte erlaubt finb, ift aucb meine
Konfeffion, bie übrigen mit ber Hüguftana über=
einftimmenben fymbolifdien Büdier ber eoangelifdi»
lutlicrifdien Kirche finb audi mir norma normata
(fefte Riditfdinur). ITIit Gottes fiilfe roill idi bie
cpalire Celire prebigen unb nid)t oerftummen, bis
ber fierr felbft midi, feinen friebliebenben Solbaten,
aus ber ftreitenben Kirdie in bie beilige Stille ber
triumpbierenben Kirdie aufnimmt. Desgleidien foll
es mein ernftes Bemüben fein, baß mein Ceben
meinem Glauben äbnlidi fei, bamit idi nidit, ipäb=
renb idi anberen prebige, felbft oerroerflidi toerbe.»
Die Pikariatszeit in Furtb coäbrte nur eine
kurze 3eit. 3ipeiunbeinbalb Jalire (21. Oktober 1831
bis 26. Februar 1X34) roirkte Cöbe als PrioatDikar
in bem am fu(?e bes fiditelgebirges gelegenen
niarktfled^en Kirdienlamit?. Cs ipar ibm bier eine
fdiöne unb reidigefegnete IPirkfamkeit befdiieben,
bie er felbft gern «bie (jodizeit feines febens»»
nannte, liier fanb er ein großes flrbeitsfelb oor,
tueldies feiaen reidien öaben entfpradi. Seine
Prebigten zogen bie immer zablreidier roerbenben
lijörer gar febr an. In ber Sdiule roirkte er mit
großer Oebe unb Umfidit. Cs roar bies um fo not=
roenbiger, als bamals bie Cebrer in ben Sdiulen
gar oft einfadie Qanbiüerker toaren, toeldien bas
redite Perftänbnis für Crzieliung unb Bilbung ab=
ging. Der üikar mußte barum erft Unterridit im
Sdireiben unb anberen gemeinnützigen Kenntniffen
geben, tpenn er bie Sdiüler geiftig lieben unb religiös
beeinfluffen tooUte. Damit ging lianb in Iianb eine
ausgebelinte Seelforge, coeldie fidi aber nidit bloß
auf Kranke unb Bebruckte erftreckte, fonbern irirk=
lidi ben Seelen nachging, oor allem aud) ben jun=
gen Eeuten. So fammelte er Sonnabenb flbenbs
\i\z Jünglinge unb Sonntag nadimittags bie Jung=
frauen um fidi unb fudite biefelben für bas kirdi*
lidie f eben zu intereffieren, befonbers aber in ber
ITadifolge Jefu zu beftärken. IPeiter grünbete er einen
Bibeloerein unb oerroirkIici]tein jener 3eitfdiongeipiffe
örunbgebanken feiner fpäteren paftoralen TDirk=
famkeit. Siditlidi liob fid] bas geiftlict]e Eeben in
ber öemeinbe. Unter ben Umtsbrübern felbft ge=
noß Eölie tpegen feiner emften Eebensfülirung unb
tiefgeipurzelten Frömmigkeit mannigfaches Per=
trauen. Trotf ber großen Urbeitslaft fanb er nodi
muße zu fdiriftftellerifdien Arbeiten. Heben mel}=
reren nuffät?en oerfaßte er liier ben Traktat «Dina.
IDiber bie Jugenbluft.» Dem arbeitsfamen üikar
foUte es freilidi nictjt an Feinbfdiaft in bem ober=
fränkifcben Ularktflecken feblen, roeldien er barum
0701)1 fdierzcpeife «Kirdicnjammeritf« nannte. Be=
fonbers roar ibm ein Canbrid]ter, coeldier roie oiele
feiner 3eitgenoffennocl] bem Rationalismus(Pernunft=
glauben) ergeben roar, bort luenig geroogen. Die
Prebigtroeife Cöbe's toar biefem unb feinen öetreuen
unbequem unb manche fühlten fich perfönlich be=
troffen. Sogar bie Sicherheitsbehorbe hatte ein
Rüge auf ;ben jungen öeiftlichen. So melbete ein
Brigabier zu Fuß bem kgl. Kompagniekommanbo,
baß -zu KJrdienlamit? lieitnlidie 3ufammenkunfte
in melireren Häufern ftattfinben. Desgleidien köm=
men im Pfarrliaufe in ber IPolinung bes lierrn
Pfarroikars föbe ballier bie männlidie Jugenb im
Tllter zu 14-18 Jahren öfters in ber IDoclie näcl]t=
lidier 3eit zufammen unb ilir Treiben ift Beten
unb Singen.« Cin lanbgeric!]tliclies Sdireiben for*
berte weitere Auskunft über bie Perfammlungen, in
roeldien «zum Beften ber lieibenmiffion einige
Frauen unb Sonntagsfdiulerinnen fpinnen unb
ftricken*», infonberlieit «an toen bie gefertigten flr=
beiten abgeliefert roorben finb, unb tper bie Samm=
lung ber Beiträge für hk Hliffionsanftalt unb beren
weitere Beförberung im Königreiche beforgt unb
leitet?*» £ölie ließ ficll keinestpegs einfcbüditern, fon=
bern tuußte In beftimmter IPeife gegen alle fln=
griffe, lueldie bie bamaligen kirdilicfien Perliältniffe
am beften kennzeidinen, fidi zu oerteibigen. Sein
alter Pfarrer, bk öemcinbe, Brüber unb Freunbe
ftanben \\}m treulich zur Seite, flllein feines
Bleibens roar nidit melin Die oorgefet?te Beliörbe
ftanb noch unter bem Einfluß bes 3eitgeiftes
unb oerfügte bie fibberufung. föhe irar in ihren
Hugen zu myftifch unb pietiftifch. Sein TDeggang
rief unter ber ihm ftets zugetanen öemeinbe große
Teilnahme h^roor unb geftaltete fich höchft ehren=
Doll. Im Jahre 1X37 befuchte föhe noch einmal
bie Stätte feiner jugenblichen IDirkfamkeit unb
freute fich ober bie unoeränberte fiebe ber öe=
mdnbe, roennglcidi bie öel)äffigkcit ber Gegner (
felbft bamals nodi nidit zur Rufte gekommen tuar. j
Die IDirkfamkeit in Kirdienlamitj unb bie Angriffe,/
bie Eölie toegen berfelben erfuhr, finb jebenfall?
nidit nur ein intereffanter nbfdinitt in feinem Eeberi
fonbern audi eine diarakteriftifdie Cpifobe in t>(irl[\
bamaligen Kampf zroifdien bem alternben Rationalis=
mus unb bem neuerroaditen kirdilidien ölaubei^s«
leben, föfte felbft oertrat mit jugenblidiem Feiier
unb tiefem Crnft feinen ölaubensftanbpunkt, be=
tonte ebenfofelir bie Riditigkeit ber feftre ber lutlie=
rifdien Kirdie, roie er hk TTotirenbigkeit einer per=
fönlidien lieilserfaftrung gebüftrenb fteroorftobi In
einem Brief aus bem Jalire 1X33 fcftrieb er: «ITlan
fpridit unb tiort eoangelifdie IPorte roie z. B. bas
IDort «önabe» ftunberttaufenbmal mit gleidigültiger
Rufte an; aber roas für ein ganz anberes IDort
ift es bem, ber an önabe meinte oerzipeifeln zu
muffen unb nun ftort: er fei begnabigt — bie
önabe fei fein febenl IDer ein eoangeiifcftes IDort
aus Crfaftrung erkannt ftat, ift reicfter, als wer
ben 3ufammenftang ber Ceftre oom Reicfte öottes
präcfttig überfcftaut unb erzäftlen kann - oftne £r=
faftrung. IDas nut^t mir öottes Reicft, roenn icft
Jelbft es, obgleicft mir bargeboten, bocft nicftt faffe.»»
üacftbem Cofte ficft kurze 3eit in Fürtft aufge=
ftalten unb einige IDocften an ber ITIartftakircfte in
Hurnberg ben öeiftlicften oertreten ftatte, rourbe er
zum Pfarroertpefer an ber St. flgibienkircfte in
25 roraror^r^rororo
Tlurnberg ernannt. Um 15. Juni 1S34 trat er
biefe Stelle an unb roar bis 16. fipril 1835 an biefer
Kirdie. Die 3eit in Hurnberg bebeutete einen
ölanzpunkt in feiner nmtstätigkeit. Seine oiel=
feitigen öaben entfalteten fidi in ibrer ganzen Fülle
unb kamen ben polieren unb nieberen Stäuben in
gleicher IDeife zu gute. Die bebeutenbften TTlänner,
Kektor Rotl], Burgermeifter Hlerkel unb anbere
fcbloffen fidi ihm an unb oiele Beziehungen rourben
geknöpft irelche in feine fpätere Hmtstätigkeit
hineinbauerten. Bei ben Anfängen bes niiffions=
tperkes in Bayern, tpelches alsbalb oon bem Kreis
Tlürnberger IlTiffionsfreunbe ausging, toar Cöhe in
heroorragenber IDeife mitbeteiligt. Befonbers ein=
brucksDoll toaren feine Prebigten, in roelchen er zu=
tueilen cDie ein Prophet bie Sünbe ohne Unfehen ber
Perfon ftrafte. Einmal beantragte fogar ber Stabt=
magiftrat roegen einer Prebigt Eöhe's Abberufung.
Aber bas Konfiftorium Ansbach toies bies Anfinnen
als oöllig kompetenzcoibrig zurück. In Bibel=
ftunben fuchte Cohe bas IDort öottes feinen f reunben
nahezubringen. In jener 3eit gab er bie «fieben
Prebigten»> foroie bie «üaterunferprebigten» heraus,
fchrieb ben oortrefflichen Traktat: <*Pom göttlichen
IDorte als bem Eichte, bas zum frieben führt» fo=
tüie ben anberen: «Die Tochter ber lierobias»>. Cr
nahm fich ber jungen Ijanbiperker an, inbem er
fie zu biblifcher Betrachtung toöchentlich oereinigte
unb zur Rechnungsablegung über bie oon ihnen
oerbreiteten religiöfen Sdiriftcn aufforberte. Pro«
feffor V. Sdieurl, ein bebeutenber Reditsgelebrter,
äußerte fid] u. a. über lobe: «Das jugenblidie
niter, in bem er ffanb, madite fidi nur in [ber
frifdie, ber febbaftigkeit unb Ceiditigkeit roomit
er jebe Berufsaufgabe beiPältigte, unb in ber Be=
fdieibenbeit bemerkbar, [ipomit er filteren unb
f}öberftebenben gegenübertrat: Die Reife, bie Sid^^
beit Rübe unb ;Befonnenbeit, ber Crnft unb bie
TDurbe feines ganzen TDefens unb Auftretens ließ
ibn toie einen geftanbenen Tilann erfdieinen, Obne
baß ibm feine gefällige UFormen ober befonbere
öetpanbtbeit bes Umgangs Jeigen geirefen tpären,
ipar bodi bie eble 3artbeit unb Sdiicklidikeit feines
Benebmens, feine audi im öefprädi beroortretenbe
Rebnergabe, feine öemütstiefe, bie fidi roobl aud}
mit treffliebem (]umor oerbunben zeigen konnte,
gecDinnenb unb anziebenb genug. Aber toas alles
anbere überragte unb beberrfdite, unb toorin bas
eigentlidie öebeimnis feiner fo mächtigen unb aus«
gebreiteten IDirkfamkeit fcbon in jener früben
3eit lag, bas ipar fein beftänbiges Ceben in öott,
feine üerfenkung in bie Ctoigkeit, bie Feftigkeit unb
Stärke feines cbriftlicben Glaubens, burd] ben er
bereits bamals zu bem oollen Frieben ber Redit«
fertigung burdigebrungen wnr, unb in bem er auf
bem TDege ber Heiligung geroiffen Trittes obne
Wanken unb Sditoanken einberfcftritt.«
Die Uerroefungszeit in ITürnberg mar zu Cnbe.
3unäcl]ft leifteteCöbebem erkrankten Pfarrer in bem
Orte Bebringersborf, ungefähr ztuei Stunben
Don Tlurnberg entfernt ^\2 oerfprodiene flusliilfe.
Cr konnte in ber Stabt irolinen bleiben, coas ilim
l)öd]ft roillkommen ipar. Damals konfirmierte er
in ber örtskirdie oon Beliringersborf am Pfingft=
montag lielene Tlnbreä, obne zu alinen, baß tk^
felbe fpäter feine Cebensgefälirtin irerben follte.
Die Schülerin ftammte aus Frankfurt unb ipohnte
mit ihrer Tüutter längere 3eit in Tlurnberg bei
Ueripanbten in bem l]aufe, in toeldiem fid] bamals
feine IDobnung befanb. Inzipifdien ipar auch bie
Vertretung in Behringersborf erlebigt unb föhe
fchickte fich — ber allgemeinen Sitte gemäß — zu
ber fogenannten Tinftellungsprüfung an,
toelche oom 2, bis zum E. nuguft 1&35 in Ansbach
ftattfanb. Die ITlußezeit nach bem cDohl beftanbenen
Cxamen oeriranbte er zu fchriftftellerifchen Arbeiten.
Pom 5. bis 20. September oertoefte er bie zcoeite
Pfarrftelle in f auf bei Hürnberg; hierauf übernahm
er weitere Pertoefungen unb zroar oom 22, September
1835 an in ber ehemaligen nurnbergifchen Uni=
oerfitätsftabtTlltbörf, oom 22. fipril bis 19. ökto=
ber 1X36 in Bertholbsborf im Tlurachtal, un=
roeit oon TIeuenbettelsau, unb oom 1. Tlooember
1X36 bis 27. Tllärz 1837 in Tllerkenbörf, einem
oon Bertholbsborf etroa brei Stunben entfernten
Stäbtchen, beffen Pfarrfprengel ebenfalls zum Kapitel
TDinbsbach gehörte.
Das IDanberleben eines bayerifdien Pfarroer=
ipefers Iiatte föl)e auf biefe Weife zur Genüge
kennen gelernt; man konnte es ibm nidit oerbenken,
ipenn er nadi einer PfarrfteUe fidi felinte. «Tlicbt
tpaljr, idi bringe es l}od],» fcbrieb er an einen
Freunb beim Aufzug nad] Hlerkenborf, «idi wnn-
bere auf meine ztoölfte Stelle, roill felien, ob es
mit einem Dut^enb genug ift ob idi Don Tüerken^
borf einen Ort finbe, wo id) bleiben, anbaltenb
unb nad)brud^lidi unter öottes Segen lebren kann,*>
Die Kürze ber jeipeiligen Tlufentlialtsbauer bradite
es naturgemäß mit fidi, baß Eöbe mit feiner Arbeit
nidit fo tief in bas öemeinbeleben einbringen
konnte. Dodi überall erroarb er fidi bie Rditung
unb Hebe ber öemeinbe. In flltborf burfte er
einigen Jünglingen, bie im bortigen Seminar für
ben £el]rerberuf oorgebilbet ipurben, ber Führer
zum Jf^ilanb cperben. einer berfelben bekannte,
baß etlidien unter ibnen föbe ein geiftlidier
Dater ipurbe, «Bei jebem Befudi,» beißt es in
einem Briefe, «trat uns fein tiefer Crnft tüie fein
freunblid] oäterlidies Entgegenkommen an bk
Seele; es toaren Stunben gefegneter öemeinfdiaft,
ein förbernber Hufentbalt für Erkenntnis unb ölau=
ben obne pietiftifdies Drängen.»* In biefen lDanber=
jabren bielt er ben Derkebr mit feinen nürnberger
Freunben aufredit, oon benen ibn gar Diele an
feinem jecoeiligen IDirkungsort befudjten. Da föbe
als Dertpefer einen felbftänbigen Qausbalt führen
29 raroraror^DTor^ro
mußte, befdiloß er, ficil zuerft ohne cpeiblidie Be=
Dienung zu bebelfen, inbem er einige Knaben oon
Kirdienlamit? zur Beforgung bes l^auslialtes an=
[teilte. Cr getPälirte biefen Knaben als Entgelt
Unterbau unb bereitete fie für bas Seminar in
nitborf oor. Dod) fab er balb ein, baß es fo nicht
ging, unb nabm eine alte ITIagb in Dienft, roar
aber fcbließlid] frob, als feine lüutter in Bertbölbs=
borf unb Hlerkenborf bie Fubrung bes l^ausbaltes
ubernabm. fin fcbriftftellerifdien Arbeiten ent=
ftanben in biefer 3eit: «Einfältiger Beid]tunterridit
für Cbriften eoangelircb=lutbenTd]en Bekenntniffes*»
unb bas «♦Beidit= unb Communionbüd]lein für
eoangelifcbe Cbriften», bekannter unter bem Hamen
«Prufungstafel».
Scbon in ben erften Jabren feiner flmtstätig=
kcit bekunbete f öbe eine b^roorragenbe Ceiftungs=
fäbigkeit unb eine erftaunlidie Sdiaffensfreubigkeit.
Körperlidie öebredien uberroanb er mit größter
3äbigkeit. Cr litt öfters an oorübergebenben öbn=
maditen unb an b^ftigen 3abnfcbmerzen. öegen
Cnbe feines Kircbenlamit?er Tlufentbaltes mußte er
fidi einer fcbmerzlicben unb nid]t ungefäbrlidien
Operation am Oberkiefer ber linken lüange unter==
zieben. Seine Cebensireife tpar einfach unb mäßig,
öeiftigen Getränken roar er abbolb. In ber Tagesein=
teilung liebte erOrbnungunbRegelmäßigkeit. In feinem
ganzen Huftreten trat eine diarakteroolle öefinnung zu
Tage, roelcbe im CDangelium oon Cbrifto wurzelte.
30
Tim beften kennzeichnen biefen nbfdinitt Eölje's
eigene IDorte aus bem Cebenslauf, cpeldier oor=
fdiriftsmäßig bei ber Tllelbung zum ztoeiten Examen
einzureichen tpar. fiier beißt es: «Idi babe eelegen=
beit gebabt in allerlei Praxis bes Amtes in meinen
oerfcbiebenen Unftellungen, burcb ben Umgang mit
erfahrenen öeiftlicben unbburdi von öott gefcbenktes
3utrauen oieler Tnenfcben mandie Crfabrung zu
fammeln, bie mir bas geiftlidie Tlmt in feiner
IDurbe ipie aucb in feiner Burbe beutlidi zeigt,
leb babe mein Ceben unb bie roenige Kraft bem
praktifcben fimt gecDibmet, tuie gefcbrieben ift:
«eins bitte icb oom Ijerrn, bas bätte icb gerne, baß
ich bleiben möge im Haufe bes l^errn mein Eeben
lang, zu fcbauen b\2 fcbönen öottesbienfte bes fjerrn
unb feinen Tempel zu befucben.« (Pfalm 27, 4.)
roc^i
2. Der Pfarrer von Tleuenbettetsau.
nis Peripefer oon Bertbolbsborf toar Cölic zum
erftenmal nadi Tleuenbettelsau gekommen. Als er
bes Ortes anfid]tig tpurbe, meinte er: «Tlidit tot
mödit' idi in bem Tiefte fein-. Damals fdion er=
fcftienen lüänner ber öemeinbe bei \\}m mit bem
Porfdilag, beim etiraigen Abgang ilires Pfarrers an
beffen Stelle zu treten. Der üercDefer gab bie
flntroort: «IDenn Idi zur 3eit ba €ure Pfarrei
oakant toirb, nodi keine anbre Stelle habe, fo roill
id) midi um bie Stelle bewerben». Diefer fall trat
roirklidi ein. Cr melbete fidi beim Kirdienpatron,
bem f reilierrn oon Cyb unb toar nidit roenig über=
rafdit als il]m eine 3ufage gegeben roarb. Um
1. Ruguft 1X37 ubernal)m Eöbe bie Pfarrei TIeu en =
bettelsau unb am Sonntag barauf, ben 6. fluguft
l}ielt er feine flntrittsprebigt über £uc. 11, 28:
«Selig finb, bk öottes IDort boren unb beipabren.»
fim 25. Juli zuDor, feinem örbinationstage,
roar ber junge Pfarrer in ber Katbarinenkirdie zu
Frankfurt am Hlain feiner einftigen Konfirman=
bin Qelene flnbreä=l]ebenftreit angetraut toorben,
um beren Hanb er im flpril besfelben Jabres an=
gebalten batte. eiud^lid] zogen bie beiben Pfarr=
leute In Tleuenbettelsau ein, um fortan in berzinniger
riebe ibrer 6emeinbe ein leuditenbes Dorbilb zu
32 rorarcararararorca
geben. Cölie felbft alinte bamals wd\)\ nidit Im
entfernteften, baß er in Tleuenbettelsau bie ganze
3eit feines weiteren febens zubringen ipürbe, ja
baß gerabe burdi il]n biefes «Tieft», toie er fidi einft
ausgebruckt, zu einer Stabt iperben füllte, oon
toeldier bie fegnenben Strahlen barmherziger Hebe
auf zroei IDeltteile ausgegangen finb. <*TIeuen=
bettelsau felbft*>, fdirieb er, «bat keine befonbere
Oeblidikeit für midi» Der Ijerr bat midi bi^rber
berufen, bas madit mir bie öemeinbe lieblidi.« Tln
biefem einfamen, abgefdiiebenen Ort follte er feine
fd]öpferifd]en Kräfte In ftaunenstoerter TDelfe zur
Entfaltung bringen. Piermal badite Eöbe fpäter
baran, bas ftllle Dorf zu oertaufdien mit bem lauten
Stabtgetriebe, er melbete fidi um Pfarrftellen In
flugsburg, nitftabt=Crlangen, Fürtb unb Tlürnberg,
aber oergeblid]. Dom Jabre 184X ab fcblug er fidi
jebes Fortgeben aus bem Sinn, öbtoobl er einige
ber b^rrlidiften öegenben ber Crbe gefeben batte,
fanb er Tleuenbettelsau bod) fdiön unb ipußte in
bas bortige Ceben einen reidien Kranz gefd]iditlidier
Erinnerungen, an roeldien es ber ganzen öegenb
nidit feblt, zu oerroeben. Im Diakoniffenkalenber
für 1X64 fdirieb er oon feinem Dettelsau: «Ein
roeiter Blid^, ein großer liorizont, ein ftrablenbei-
flimmel, eine Flur doII feierlldier Stille, ipie roenn
fidi ba ein immera7äbrenber Sabbatb bes fierrn
gelagert bätte. Tönt bann etroa oom Kirditurm
bie Betglod^e In bie tiefe Stille, fo kann es oöllig
SabbatI} unb bas fierz zum f rieben unb zur f reube
geftimmt roerben Cs fd)läft rings umlier
in biefer Stille eine eble Pergangenlieit. SieJift bu
beim Blick nadi Süben ben fpil^igen Kirditurm?
Dort ift Stabt Cfdienbad], oon ipelclier IDolfram
Don Cfdienbad], ber Diditer bes Parcioal, feinen
Hamen l}at . . . . Süboftlidi oon Dettelsau finbeft
bu, etroa nodi einmal foroeit als Cfctjenbadi, Tlben=
berg. Dort ragt auf boliem Fels nodi jetft eine
große mäditige Burgruine, eine Stammburg ber
königlidien liöbenzollern, eine Ijaufung ber berülim=
ten örafen oon Abenberg. Habe ber bodigelegenen
Burg, auf einem liügel im Tal ftebt ein Kirci]lein
unb in bemfelbigen unoerfelirt bas 0rab einer
gräflichen Toditer oon nbenberg, ber oon Päpften
feiig gefprodienen Stilla .... Idi konnte nodi
ireiter oerfudien, bie ftille öegenb burdi Uertoeifung
auf hk Tläbe bodiberübmter öräberzu oerberrlidien.
Das ehemalige Ciftercienzerklofter Heilsbronn,
triefenb oom Hnbenken bes großen Bifdiofs Otto
oon Bamberg, bie örabftätte ber Hobenzollern unb
ber Hlarkgrafen oon Hnsbadi, burdi ben Hbt
Sdiopper ber Ausgangspunkt ber mittelfränkifdien
Reformation, könnte meinen 3toecken bleuen.
THein ferner fdiroeifenber Blick fänbe bie öegenb
oon Ijelbenbeim unb bas Hnbenken IDunibalbs unb
feiner Schtoefter, ber großen Diakoniffin lDalpur=
gis — , bie öegenb oon gerrieben unb bas öebäcl]t=
nis St. Deokars. Ja, ich könnte, obtoohl mein Blick
eid)ner, Cöbe. 3
nadi IDcften bin burd] Den IDalb befdiränkt ift
bennod] mit meinem öeifte zum Stifte bes beil.
öumbert in finsbacb roanbern unb Don ber TDirk=
famkeit feiner Perfon unb Stiftung bis berab nach
Dettelsau reben, ba aucb bie biefige Hikolaikirdie
im Bereid) feiner Stiftungen liegt.»» Heuenbettelsau,
bamals fd]on ein ganz anfebniidies Dorf, liegt
bekanntlid] auf einer einfamen fiodiebene, zcpifdien
ben Tälern ber fränkifdien Rezat unb fluradi, un=
ipeit ber fränkifdien Kreisbauptftabt flnsbadi in
norböftlidier f]immelsriditung. Die Pfarrkirdie ift
bem b^il. Tlikolaus oon ITIyra (flpoftelg. 11, 5) als
Patron geireibt. Sd]erzbaft meinte föbe zua7eilen,
ber beil. Tlikolaus irerbe roobl jet?t erft nadibem
eine ganze Kolonie oon Unftalten ber Barmberzig=
keit bier erblübt fei, iriffen, toarum er zum Patron
ber Dettelsauer Pfarrkirdie eriräblt roorben fei.
Hikolaus gilt bekanntlidi im finbenken ber Kirdie
als IDobltäter ber nrmen unb Befdiütjer ber Kinber.
nis ba^rum im Jabre 1X62 bas ITeuenbettelsauer
Rettungsbaus feiner Beftimmung übergeben toerben
follte, nabm £öbe bie Cinireibung am 6. Dezember,
bem öebäditnistag bes beil. Tlikolaus, oor.
flls Cöbe im Jabre 1X37 bas Hirtenamt in
TTeuenbettelsau übernommen batte, fanb er in ber
öemeinbe reges geiftlidies Eeben por, roeldies ber
eben abziebenbe Pertoefer zu toed^en gewußt batte.
TTIit aller Kraft arbeitete ber nunmebrige Orts«
Pfarrer in ber oon ibm erprobten IDeife a7eiter.
nidit nur in Den geroolinten gottcsbienftlidien Per=
anftaltungen fudite berfelbe ber öemeinbe nal]ezu=
kommen, fonbern toar audi bereit burd] befonbere
€rbauungsftunben in ber Kirdie ober im Pfarrhaus
bie geiftlidi öecDeckten zu ftärlijen unb zu oertiefen.
€s ipar fölie eine £eicl]tigkeit biefe freiipillig über=
nommene flrbeitslaft zu tragen roie bie pflicl]t=
mäßige Aufgabe in größter öeroiffenliaftigkeit zu
erlebigen. Dazu roar er oon öott mit feltener
Kebegabe unb berounberungstuurbiger Arbeitskraft
begnabet. Cr leiftete gerabezu Crftaunlidies fdion
auf bem begrenzteren öebiete eines örtsgeiftlidien.
Die Preb igten, roeldie aus ber Tiefe perfönlicli=
fter ölaubensüberzeugung tieroorquolien, oerrieten
proplietifdie Kraft. Sid] ftreng auf bas Bibeliport
aufbauend babei aber alle Eebensoorgänge unb
3eitereigniffe oerroebenb iparen bie Prebigtzeug«
niffe oon überipältigenber IDirkung. Cble Sprache
unb ausbrucksDoller Portrag gaben benfelben faft
biditerifdien Sdiipung. Sie floffen tuobl baliin in
leiditer oolkstümlidier form; bann aber hoben fie
ben fjörer hinauf zur Betrachtung göttlicher Dinge,
nieifterhaft ipurben Bilber unb öleichniffe oer»
ipoben, packenb ITIahnungen unb Belehrungen
angebracht. So fagte Cohe einmal in einer IDochen-
prebigt über ben Spruch: «Opfere öott Dank unb
bezahle bem liöchften beine öelubbe u. f. cd.»» —
nachbem er bargetan, n7elch' materielle Opfer ber
Ifraelite brachte mit feinen Tier= unb Räucheropfern
— fidi plöt^lidi an bie !]örer toenbenb: «Unb Du,
— roas opferft benn Du? Du gibft Deinem öott
gar nidits? Du fpeifeft iftn mit IDorten ab, unb
bas liältft Du nadi Art mandier Proteftanten für eine
Anbetung im öeift unb in ber IDalirlieit. Ober ja
— Du gibft oielleidit wenn Du gerührt roirft einen
Pfennig, unb toenn Du im Uberfdiipang ber T!n=
bac!]t bift legft Du einen 3ipeier ein, unb toenn Du
einmal in ber Hot bift, bann gelobft Du ein paar
Kerzen unb bringft bann ein paar Dinger balier,
fo bünn, tpie RegencDürmer u. f, ip.»> Urn ben
niüttern ben Befudi bes öottesbienftes zu ermög=
lidien, richtete er im Anfang eine Kleinkinberfdiule
ein. 3u bem 3cDeck ftellte er ztpei Bauernmäbdien
an, ipeldie in ber unteren Stube bes Pfarrliaufes bie
Kinber berjenigen IHütter beauffiditigten, ipelctie in
ber Kirdie roaren. Bilbete bie Prebigt ben n!ittel=
punkt bes öottesbienftes, — baß fölie an einem
Sonntag brei bis oiermal in gleicher Frifche
prebigte, betuies feine gro(?e Eeiftungsfähigi^eit -
fo toar es ihm auch um bie rechte unb roürbige
liturgifche flusgeftaltung nicht toeniger
zu tun. Die öemeinbe follte nicht nur hören,
fonbern auch mittätig fein. Hier tüurbe Cöhe bahn==
brechenb unb es roar ihm eine fichtliche Freube,
ba|^ ber liturgifche öefchmack in ber Dorfgemeinbe
ipuchs. <*Sie haben ein liturgifches Uolk»>, fagte ein
Frember, welcher fich auf biefem öebiete ausbannte
unb einem Hauptgottesbienft in ber Dorfkirche an=
roolinte. Darum rubmte fpäter Profeffor oon 3ezrd]=
tpit?: «fölie roar eine pricftcrlid]e Seele. Cr
konnte auf ber Kanzel unb am flltar nidit cDalten,
obne baß fein öbem ausftrömte wk eine Flamme.
Das tDar keine Hlanier, keine angenommene Art
bei ibm, es roar bie flamme ber Seele, bie fidi
öott opferte im Hmte.» Unb Rektor Friebridi
UTeyer, ber Tladifolger Colie's in ber feitung bes
Diakoniffenmutterliaufes, gab älinlidien öebanken
flusbruck in ben IDorten: «Der Tlltar mit feiner
heiligen Feier unb feinem öebetsopfer roar bie
Quelle, iporaus alle Kraft floß für bes Seligen Tun
unb IDerk. Daß er ein fo gefalbter Prebiger roar,
bas bankt er feiner inneren Stellung zum Tlltar
unb feinem Sakrament, Seine feelforgerlidie IDeis=
lieit, feine Kraft als l]irte, feine Gabe zu organi=
fieren, feine Scl]önl}eit in ber Form, wo kam bas
alles anbers lier, als oon feiner inneren Stellung
zum (jeiligtum? Cr ruar lieimifdi im Ijeiligtum.»»
Bilbete im gottesbienftlidien feben bie Feier bes
lieiligen Hbenbmalils ben Höliepunkt, fo erroudis
einem tieffrommen Ulann roie fölie baraus eine
neue unb fdiipierige Aufgabe, nämlidi hk red]te
!]anbliabung ber Beidite. So felir Colie immer
ber allgemeinen Beidite unb llbfolution bas lOort
rebete, fo einbringlidi feine fogenannten Beiditreben
tuaren, es fdlien ilim bk Betonung ber PriDat=
beidite unb bie öelegenlieit zu berfelben eine TIot=
roenbigkeit, burd] roeldie ber Segen ber Sakraments«
feler für ben einzelnen erl}ölit toerbe. Diefe Pnoat=
beidite kam Inidit etira ber katftolifdien öliren=
beidite gleid}, fonbern follte es bem einzelnen
ermöglidien, in eigenen Worten unb unter oier
Tlugen bem Beiditoater bas Qerz auszufdiutten.
nis bie oier Beftanbteile jeber orbentlidien Beictjte
bezeidinete er: Bekenntnis ber Sunben, Bekenntnis
bes eiaubens, Bitte um flbfolution unb Perfprediung
ber Befferung. Pon ber Prioatbeidite tpurbe in ber
öemeinbe balb reidilidi öebraucb gemadit. Die
Befdieibenbeit unb 3urücklialtung, tpeldie Cöbe be=
obaditete, foroie ber ^eilige Crnft unb bie oäterlidie
öute, ipeldie er an ben Tag legte, eriparben ibm
allfeitiges Pertrauen.
Dem gecDiffenbaften IPirken innerhalb bes
öottesbaufes ging zur Seite ein treues Dienen
aul^erbalb ber gottesbienftlidien Stätte. Seine oolle
geiftlidie Fürforge galt ben Kranken unb Sterben^
ben, Gebrückten unb Bekümmerten, Ulubfeligen unb
Belabenen. einem jeben nadi feinem Beburfniffe
ben Troft ber göttlidien önabe zu fpenben, barauf
ipar auch l)ier fein Bemülien geriditet. öern roeilte
er an Kranken= unb Sterbebetten, es kam bamals
iPöl}l kaum oor, baß er im Falle ber erkrankung
eines öemeinbegliebes nicht gerufen ipurbe. Bei
Tag unb TIacht toar er bereit, zu kommen. Der
IPeg in bie entfernteften eingepfarrten orte wüx
ihm nicht zu cpeit, regelmäßig befuchte er bie
Kranken unb wu^\2 ihnen reidien geiftlichen 3u=
fprudi zu bieten. Den Sterbenben roar er gern
bis zum letften Atemzug nahe. Daß es itim öabei
oergönnt roar, fo mandien Sdiiuerkranken burdi
bie Kraft bes öebetes zur öefunblieit zu oerbelfen,
muß als eine befonbere diarismatifdie Begabung
getuertet roerben. Huf örunb oon Jak. 5J4 irar
fölie ber feften 3uü2v\\(i]t, baß bem öebet ber
fllteften an Krankenbetten eine große Perbeißung
gegeben fei. Die öemeinbe bielt bas Tlmtsgebet
in Cbren unb begelirte es fleißig. Den Tirzt toies
er babei in fein oolles Recht. Cin gern oon ibm
ben Kranken gegebener Kat lautete: 1. «Braudie ben
flrzt, er ift oom lierrn, 2. Sei gebulbig, 3. Derföbne
Didi mit allen TTlenfclien, 4. Por allem laß Didi
oerföbnen mit 6ott.»> Der Triumpli aller Kranken=
feelforge roar ibm, bie Sterbenben focoeit zu
förbern, baß fie fröblidi, ja getroft bem Tob ent=
gegengingen. «IPer fröblid] fterben kann« — fagte
er einmal in einer Ceidjenprebigt, «ber kann oiel:
roer's lebrt, ber lebrt bas Befte. Das ift berrlidie
Probe gelungener Flmtsfübrung eines Seelforgers,
roenn es beißt: Bei bem ftirbt man gern.» Hls
Seelforger befaß Tobe befonbere Begabung, er
batte über bie öemüter eine feltene lüacbt; nodi
in jüngeren Jabren äußerte er, baß er oor biefer
niadit bisiueilen felbft fidi fürdite. Pon bem Amt
bes Seelforgers meinte er zroar in einem Brief an
feine Sdicciegermutter: «ö luie klein ift ein Seel=
forger, toie gar nidit nad) ben Ijoffnungen ber
IDelt. V)k toenig kann er - unb bodi toie köftüdi
fein Amt!« Cr coar fidierlid] gro|^ in biefem Amt
unb feine Tätigkeit oon tiefem Cinflul^.
IDie Cölie ben eriuachfenen öliebern feiner
öemeinbe in Prebigt unb Seelforge ein rediter
Seelenliirte getpefen, fo fudite er mit bem einfetten
feiner ganzen Perfönlidikeit bem tierantoadifenben
öefdiledit ein treuer f ehr er zu fein. Cööe befaß
eine große Hebe zu ben Kinbern unb liatte eine
oft betpunberungsipürbige öebulb für fie. Die
EieDe Clirifti trieb ilin aucli l)ier, bem kinblidien
Perftänbnis natie zu kommen unb bas kinblidie
f}erz für bas Coangelium empfänglidi zu machen.
In ber Sdiule unb in ber Cl]riftenlebre roar es
Eölie barum zu tun, an ber lianb bes kleinen ICa=
tediismus bie fernenben in ben reichen Sdiatf
diriftlictier i]eilsipal}rlieiten einzufubren. Seine Ka=
tediismusarbeiten, allen ooran «(iaus=, Sdiul= unb
Kird]enbuc!i»> geben beute nodi baoon 3eugnis.
Eutbers Katediismus fanb in ibm einen begeifterten
fobrebner. «Der kleine lutberifcbe Katediismus»,
fdirieb er, «kann burdiaus mit betenbem (lerzen
gelefen, gefprodien, kurz: gebetet roerben. Das
kann man oon keinem anberen Katediismus fagen.
Die beftimmtefte febre, coeldie jeber Derbrebung
miberftrebt, entbält er - unb bodi ift er nidit
polemifd): es toebt bie reinfte friebensluft burdi
ibn bin. Die mannbaftefte, geojorbenfte Erkenntnis
fpridit fidi in ibm aus - unb bodi oertragt er hk
feligfte Befdiaulidikeit bes öemüts. Cr ift ein Be=
kenntnis ber Kirdie unb zipar unter allen bas
bekanntefte, allgemeinfte, in ipeldiem bie Kinber
öottes am meiften mit bewußtem Glauben zu=
fammentreffen; aber bies allgemeinfte Bekenntnis
rebet bod] im lieblidiften Tone bes Id]. Innig,
herzig, kinblid] — unb bodi fo männlidi, fo mutig,
fo frei rebet bier ber einzelne Bekennen Dies Be=
kenntnis ift unter allen, tpeldje bie Concorbie pon
15X0 umfallt, bas jugenblidifte, ber b^^Ufte, burd]=
bringenbfte Ton in bem liarmonifdien öeläute ber=
felben, unb bodi runb, fertig, unmil^oerftänblidi
ipie irgenb eins. Ulan könnte fagen, es erfdicine
in il]m bie feftefte öbjektioität in öeftalt ber lieb=
lidiften Subjektioität.« Große IDiditigkeit maß Tölie
bem Konfirmanbenunterrid}t bei, befonbers bem
ztoeiten Teil, bem fogenannten SedisiPodienunter=
ridit, toeldier nadi alter Dettelsauer Übung nadi
bem nfdiermittroodj begann unb bis zum meißen
Sonntag ipälirte. In biefer 3eit fpradi er oon Taufe,
Konfirmation, Beidite unb nbenbmatjl unb bemühte
fidi oornelimlidi, bie Konfirmanben zur Teilnahme
am kirdilidien unb fakramentalen feben aufzu=
muntern. Überliaupt ging er feljr barauf aus, —
unb betonte bies bei ber Konfirmation ausbrüd^lid]
— in bie Kinberberzen ein kird]lid]es Pfliditberoußt=
fein zu legen unb fie zur Treue gegen Gott unb
ben lieilanb im fpäteren feben zu malinen. Cr
ließ es aud] an ber Fürforge für bie konfirmierte
lugenb nidjt fclilen. Beffer als Der Jünglingsoerein
gebicl} bcr Jungfrauenoercin, Cölie ließ fidi nid]t
entmutigen, immer coieber in neuer Form auf bie
fd}ulentlaffene Jugenb erzielierifd} einzuroirken,
roenn es oft audi ilin fdimerzlid) berühren müßte,
tüie fö Diele bie Konfirmation als «Cntlaßfcliein aus
ber Kirdie» betrachteten unb mandie nadi bem
Cnbe ber Cliriftenlebre fidi feinten, um teilnehmen
zu können an ben Vergnügungen ber TOelt Die
ganze feelforgerlicl]e Hebe zu ben Konfirmanben
bat Cölie in bem Büdilein «Conrab, eine öabe für
Konfirmanben*» zum Husbruck gebracht. Befonbere
Bead}tung oerbient fteute nod] ber flbfdinitt: «öuter
Rat fürs £eben.»> Sdion finb oor allem jene IDorte:
«Jebe Feier, an ber man oon f^erzen teilnimmt,
erbebt bas öemüt unb gießt einen rofigen Sdiein
fußen f ebens in basfelbe. Tiber es gibt auf Crben
keine Feier, beren Cinbruck nicbt mit ber 3eit ge=
fcbcDädit, beren erhabene Cmpfinbung nicht roieber
oon ber Tllltagsftimmung biefes febens oerbrängt
ipürbe. Tlud) bie Seligkeit ber Unbadit befudit uns
auf erben nicht, um bei uns zu bleiben, fluf ben
bödiften öipfeln cDobnt man nicht, aber man fteigt
zuipeilen hinauf, um coieber h^^rabzufteigen: roer
broben bleiben toollte, ipürbe aufgerieben. Die
Woche hat nur einen Sonntag, bas Jahr nur brei
hohe Fefte: iper alle Tage öftern feiern a7ollte,
roürbe, toeil er ber Freuben zu oiel genöffe, balb
keine mehr fo ftark finben, baß er burch fie er=
fjoben ipürbe. In ber Cipigkeit iperben tüir für
ecDige Freuben empfänglidi fein; auf Crben ift alles
lierrlidie oon kurzer Dauer unb in Augenblicke
zufammengebrängt Cs muß fo fein, burdi ben
IDedifel von Freub unb feib, regem Eeben unb
tiefer Stille irerben roir für bie Cipigkeit erzogen,
merke bies, mein Kinb, auch für bk Konfirmation,
fange liaft bu bidi oorbereitet, eine abnungsreidie
3eit baft bu burcblebt, mit jebem Tage zitterteft
bu mebr beinem Freubentage entgegen, beine Cr=
tpartung roar groß, oielleidit bat bie Erfüllung
beine Crtoartung übertroffen, unb öott bat bid)
mit IPolluft beilig<2r Freube getränkt, ipie mit einem
Strome. Tlun ift es Dorüber. üielleidit tritt eine
Ceere, eine traurige, tränenreidie feere ein, oiel=
leicbt ergreift eine jammernbe Sebnfucbt nadi ber
entfcbipunbenen fcbönen 3eit bein öemüt. Damit
erfäbrft bu an beinem Teile bie IDabrbeit beffen,
CDas oben gefagt ift. Aber aus ift es besbalb mit
beinem Bunbe nidit, benn bein Bunb ift ja nid]t
ein Bunb bes Füblens, fonbern bes ölaubens unb
öeborfams, unb bie freubige unb feierlidie Stimmung
beiner Seele irar nur eine fcböne Beigabe. - Tludi
beine Sebnfucbt nad} ber entfdiipunbenen 3eit roirb
oergeben, bu roirft bid] an bie öegenipart getDöbnen,
beine Seele toirb ftille toerben. Ijüte bid] nur, baß
bu nid]t aus Uberfd]ät|ung ber geiftlid]en Freube,
toelcbe bid] beimgefucbt bat, bas TIad]laffen ber
öefüble zu fd]iper empfinbeft. erinnere bid] toobU
baß bie fjauptfadie bdn öelübbe unb öottes Per=
lieißung tpar. Dein öelübbe belialtc im Fluge,
Gottes Perlieißung faffe oline IDanken ! Jage nad]
bem oorgefteckten 3iel ber tiimmlifdien Berufung!
faß burd] aller Tage ITIülie unb öefcbick bein lierz
befeftigen unb becDäbrt werben im öiauben unb
öeliorfam. So gelift bu eroigen Freuben entgegen,
cDeldie nicht toerben oon bir genommen toerben
— unb audi tjier fdion, toäbrenb beiner Pilgrim=
fdiaft, ipirb ber Ijerr bir zuroeilen toieber Freuben«
ftunben geben, coeldie burdi ben Dorfdimad^ bes
l]immels zu befto größerer Treue im Kampf unb
fauf nadi bem ecoigen Freubenreid) ermuntern.»»
Das innere IDadistum ber öemeinbe ftanb für
Cölie im Dorbergrunb feines raftlofen IDirkens unb
Betens. IPenn im Dorfe alle Ciditer längft er=
lofd]en roaren unb bunkle Tladit fid] ausbreitete
über bie ftille fjodiebene, faß er nod] bei Kerzen=
fdiein an ber Arbeit Dor ITIitternadit ging er feiten
zu Bette. Unabläffig roar er bemüht, feinem öeifte
neue öebankenftoffe zuzuführen, fein geiftiges Be=
fit?tum zu ercDeitern unb zu bereidiern, um ba=
burd] Der öemeinbe zu bienen. müßig ipurbe er
nie gefeben. Aber £öbe hatte aud] einen zu aus=
gefprodienen örbnungs= unb Sdionheitsfinn, als
baß er nidit empfunben hätte, roie bie ipürbige
nusftattung heiliger Stätten roefentlid] zur
(jebung ber flnbadit beiträgt. Daraus erklärte fidi
feine ftete Fürforge für bk Perfdionerung ber ba=
mals fdion ziemlidi baufälligen Pfarrkirdie unb
ber Filialkapellen. Jalir um Jatir traf er Crneue=
rungen, Perbefferungen ober Tleuanfcliaffungen.
Durdi feine eigene öpferipilligkeit gab er ein
leuditenbes Porbilb unb fanb immer toieber 1iöcIi=
herzige Hadialimer. Cin eigenes Sdiulgebäube
rourbe erriditet, bas Pfarrhaus tpefentlidi umge=
baut. Im Jalire 1839 kaufte er öftlidi oom Dorf
gelegen einen flcker, ließ 30 Fu|^ ber Umfaffungs=
mauer lijerftelleri unb fcbenkte bas örunbftück ber
öemeinbe als Kirdiliof. IPenn biefe Stiftung fürs
erfte nidit ben erhofften Cinbruck beroorrief, es
erfüllte fich bodi, ipas er bamals feiner Sdicoieger^
mutter fcftrieb: «Diefe IDodie habe idi ber biefigen
öemeinbe einen fdionen Kirdibof gekauft, es madit
oielleidit auf XAz öemeinbe einen red]t guten Cin=
brück unb id] mödite gerne aus bem Kirctjliof ein
ftilles Parabies madien.« In biefem «ftiHen Para=
bies« fanb folie nadi fünfunbbreißigjäliriger reicti=
gefegneter IPirkfamkeit als Pfarrer oon neuen=
bettelsau feine letzte irbifcöe Rubeftatt.
3. ernfte Selten»
fölie toar ein treues ölieb feiner Kirche, in
ipeldier er nad] Urtikel VII ber Huguftana bie Per=
fammlung aller Gläubigen erblickte, unb beren
fjauptmerkmale für ibn barum bie Prebigt bes
reinen Coangeliums unb bie fcbriftgemäße üer=
ipaltung ber Sakramente bilbeten. 3roifclien ben
forberungen, tpeldie burdi bas Bekenntnis geftellt
roerben, unb ben tatfädilidien 3uftänben in ber
bamaligen f anbeskirdie nabm er aber eine bebauer=
lidie Spaltung cpalir. Cr empfanb nad] bem XXVIII.
Artikel ber Tluguftana («man foll bie ztoei Regiment
geiftlidi unb toeltlidi nidit in einanber mengen
unb iperfen»>) bas coeltliclie Summepifkopat in ber
bayerifdien Eanbeskirdie als einen mißlidien 3u=
ftanb. öödift peinlidi berülirte ihn, bqß bamals
im Kirdienregiment gleichzeitig ein Reformierter
Sitf unb Stimme hatte unb baburch bie TITöglichkeit
zu Kollifionen unliebfamfter Art gegeben roar. Cr
glaubte, es leibe bie Bekenntnisfrage barunter, in=
fofern bie Bekenntnistreue bei ber Perpflichtung
ber öeiftlichen auf bie Symbole abgefchroächt roerben
könnte, Crnfte öeipiffensbebenken bereitete ihm
bie Tlbenbmahlsmengerei, fo baß Cutheraner unb
Reformierte gegenfeitig zu einanber zum Sakra=
ment gingen unb fo ber Unentfchiebenheit im Be=
kenntnis unb bcr Eaxbeit im Eeben ein ipeiter
Spielraum gefdiaffen CDurbe. (Diefe gemifdite
nbenbrnablsgemeinfcbaft kam inbcffen nur feiten
Dor unb bann meift nur in ber Diafpora. Das
beiberfeitige gottesbienftlidie feben fehlen ilim ba=
burdi jebodi beeinträditigt.) Tlotipenbig bünkte ilin
eine Perfdiärfung ber Kirdienzudit, ipeldie nadi
Kräften bemübt ift, ungläubige unb unrourbige
ölieber abzuflößen. Daß gerabe in ben Jabren 1X48
bis 1E52 bie Fragen brennenb rourben, bing mit
ben 3eitoerbältniffen zufammen. Die Sturme bes
Jabres 1X4X gingen audi an ber Kirche nicht fpur=
los ooruber unb trieben zur Cntfcheibung, zur
Sichtung.
Cöhe fah in ber Perfaffung ber apoftolifchen
Kirche, beren Stubium ihn in biefer 3eit oiel be=
fchäftigte, bas Uerfaffungsibeal für feine Kirche.*)
*) In bcm «üorfd)lag zur ücrcinigung lutlicrifdier Ct)riftcn
für aportolifdics Ecbcn» pcrtrat Cöljc für feine 3eit unb beren
6tnigungsbeftrebungen bie ilin bepegenben Keformgebanken,
ipeld)e auf einen engeren 3ufanimenfd)lufi ber lebenbig gläu=
bigen, betrufiten ©lieber ber Kirdje brangcn unb eine neuge=
ftaltung ber öemeinben nad) bem ITIufter ber apoftolifdien Kirdie
nidit nur nadi Seite ber Cel]re unb üerfaffung, fonbern audi
nad) Seite tzs Gebens (Bel?enntnis unb 3ucl)t) forberten. lDci=
tere Kreife braditen biefem 6ebanken Teiinalime entgegen, be»
fonbers angeregt burd} ben «Katediismus bes apoftolird)en Cebens»,
ipenngieidi bie gebad)te Uereinigung lutlierifdier Cliriften für
apoftoiifdies Eeben nidit in biefer Form ins Ceben trat. Sein
3ui^unftsibeal a7ar bie epifkopal perfa^te Bruberkirdie lutberi»
fdien Bekenntniffes.
Der einheitliche Beftanb ber feparierten, ftreng lu=
tfierirdjen Kirdien in Preußen (im öegenfatf zur
Unionskirdie) tuar ilim beutlidier Beroeis, baß «bei
oorbanbener Einigkeit im ölauben unb Bekenntnis
es einem roalirliaft kirdilidien Regiment aud] ohne
ben Stecken bes Treibers b. li. oline ben geipal=
tigen Hamen eines irbifcben Königs an einigenber,
zufammenlialtenber Kraft unb Rutorität nicht felile.»
Cs ipar ihm bas eintreten für t\2 burdi Schrift
unb Bekenntnis fich ergebenben forberungen eine
toirkh'che lierzensfache, «Ireue gegen Jefum unb
bie Kirche brängt mich,« fchrieb er an bie Pro=
fefforen l]ofmann unb Thomafius in erlangen,
«aber nicht minber bie £iebe zu ben Taufenben
Doii armen Schafen, bie Chriftus mit feinem Blute
erkauft hat, unb bie oon faifchen fehrern oerführt
unb zum etoigen Perberben gebracht coerben.»
Dabei oertrat £öhe nicht ettua eine überfpannte,
einfeitige Anficht Don bem IDerte ber Bekenntnis=
fchriften, fonbern ftellte ben Satf auf: «Ich nehme
an, cpas in ben Bekenntnisfchriften bekennenb (be=
kenntnisipeife) gefagt ift. Cs fällt mir nicht ein,
am Buchftaben zu kleben unb mir eine Sym=
bolölatrie zu fchulben kommen zu laffen. Ich
unterfcheibe im Konkorbienbuche, ipas bekennenb
gefagt ift, unb ipas nicht alfo gefagt ift — unb ich
unterfcheibe noch mehr - geroiffe einfeitige, fich
einanber befchränkenbe unb ergänzenbe Stellen
ber Symbole unb Artikel, bie im Streite ber Kirche
nidit vöWIq erIcMgt finb.*» Keinesroegs lebte er in
öem Ibeal einer fleckenlofen öeftaltung ber fici]t=
baren Kirdie, als einer öemeinbe oon tDirklidien
Qeiligen, toenn er fcbrieb: «IDir toerben unb muffen
Immer (jeudiler, niauldiriften unb Bofe baben, rolr
iperben burdi kein mittel bie Kircbe bi<^r auf
erben zum oölligen nbbilb jener Kirche machen
können. Tiber eine «societas eiusdem evangelii
et doctrinae« («öemeinfctjaft besfelben CDangeliums
unb berfelben febre« Tlpol.), eine «congregatio, in
qua evangelium recte docetur«, («Perfammlung,
In tpelcber bas Coangelium rein gelehrt cDlrb» Rüg,)
kann unb foll unb muß fle fein ober fie ipirb für
Ihre Kinber unb bie braußen nichts fein unb nichts
leiften.»»
Cöhe ftanb mit feinen finfchauungen unb
3ielen nicht allein, ein ftattlicher Kreis treuer Be=
kenner geiftlichen unb nichtgeiftlichen Stanbes ftanb
ihm zur Seite in ben fehleren Kämpfen, roelche
baruber nun entbrannten. Crnfte 3eiten kamen
für ben mutigen Porkämpfer, fo ernft, baß er
jahrelang baran bachte, ber bayerifchen £anbes=
kirche ben Rüd^en zu kehren, fo fchroer es ihm
aud] mit ber Uerroirklichung bes öebankens roerben
cDollte. «ts gilt ein Stüd^ Sterben,»» meinte er roohl
in anfechtungsreidier Stunbe, «tuie manchen Tropfen
IDermut roerbe ich zu genießen bekommen.» Tohe
ging jebod] bebaditfam Dor, beriet fleh mit ben
bebeutenbften Vertretern ber lutherifchen Kirchen
eidjner, £6t)e. 4
in Preußen, roie gleidigefinnten freunben, tDcldi
letztere bauptfädilidi in Hürnberg ficil zu crnften
Befprediungen bes öfteren oereinigten. Profefforen,
wk !iöfmann, Tbomafius unb Delitffdi legten fidi
ins niitteL Der offenbare Brudi rourbe immer
cDieber oerzögert unb unterblieb zuletjt. £öl}e er=
kannte im faufe ber bebeutfamen Perlianblungen,
ba(^ erft alle georbneten TTlittel unb IDege zur flb=
ftellung ber kirdilidien Übelftänbe oerfudit toerben
mül^ten, elie ber äu(?erfte Sdiritt getan tuerben
burfte, unb baf^ es ratfamer fei, innerhalb ber
Eanbeskirdie eine Befferung ber 3uftänbe lierbei=
zufuhren unb bem lutberifdien Bekenntnis zum
Redit unb zu tatfädilidier öeltung zu oerlielfen.
€s iparen beiße öefedite, roeldie bamals aus=
getragen tourben. Auf ber bayerifdien öeneral=
fynobe oon 1E49 kam es zu ernften Perbanblungen
über eine oon Cobe oerfaßte unb mit Dielen Unter«
fdiriften oerfebene Eingabe. Die tbeologifdje Fakultät
in erlangen nabm eine oermittelnbe Rolle ein. Das
öberkonfiftorium ließ auf bie oerfdiiebentlidien
Kunbgebungen feine Crlaffe ergeben, in ipelcben
basfelbe ebenforoobl ben Befitfftanb zu roabren
fucbte, als audi bie Porftellungen zu rourbigen
roußte. Tladibem einigermaßen bie Bekenntnis«
frage geklärt roar, — bie frage bes ipeltlicben
Summepifkopates ließ Eöbe alsbalb fallen - fpitjte
fidi freilid) ber Kampf auf bie Frage ber Tlbenb«
mablsgemeinfdiaft oon futberanern unb Refor«
51
mierten zu unb brolite eine bebenklidie IDenbung
anzunelimen, ba Cobe unb feine f reunbe erklärten,
in ber Kirdie bleiben zu ipollen mit bem Porbe=
Öalt baß fk biejenigen öeiftlid]en unb öemeinbe=
glieber nidit für lutlierifd} halten können, lueldie
irgenbtoie in gemifdite nbenbrnatilsgemeinfcbaft
uerroickelt feien. Cs kam fogar zu einem Sus=
penfionsantrag gegen £ölie. Cs roar ein kritifdier
Augenblick. IDenn fdiließlid] eine frieblidie föfung
erzielt rourbe, fo roar bies fl. v, []arleß zu banken,
roeldier am 29. September 1S52 bie feitung bes
öberkonfiftoriums auf IDunfdi bes bamaligen Königs
THax II. übernommen hatte, (jarieß brachte eine
reinliche unb friebliche Sonberung ber lutherifchen
unb reformierten Kirche zutoege; ein felbftänbiger
lutherifcher Kirchenkorper ipurbe gefchaffen, neben
welchem auch bie reformierte Kirche erft zu ihrer
oöllen Selbftänbigkeit gelangte, finbere h^ilfanie
Reformen rourben fofort in Angriff genommen unb
allmählich burchgeführt. So fchuf bie öeneral=
fynobe oon 1S53 u. a. bas neue bayerifche öefang=
buch; bie neue örbnung unb Form bes liaupt=
gottesbienftes, brachte ben flgenbenentipurf unb
führte eine Tleugeftaltung bes gottesbienftlichen
Eebens ber lutherifchen öemeinben Bayerns herbei.
£öhe ^unb feine Anhänger konnten mit ben
erfolgen zufrieben fein; hatten fie audi nicht alles
erreicht, fo wnv ihr Porgehen boch nicht umfonft,
fonbern hatte zur Cäuterung ber kirchlichen üer=
ftältniffe beigetragen. Der nachmalige öberkonfi«
ftorialpräfibent oon Stä\}\m fdirieb fpäter: «Cs ipar
ein großes öluck für bie Eanbeskirdie, baß ibr ber
fdiroere Riß erfpart unb eine Kraft n7ie bie Cöbe's
erbalten blieb, aber audi ein unoerkennbarer Segen
für £öbe, baß er nidit in bie Cnge ber Separation
gebrängt ipurbe. Die £anbeskird]e allein bot ibm
Raum für bie oolle Entfaltung feiner Kräfte.» Hn
feinben unb Tlnfeinbungen bat es bem treuen
Eutberaner nidit gefeblt. IPenn in einer 3eitung
oom 30. Rpril 1X49 Pfarrer föbe gebranbmarkt
CDurbe als «ber pietiftifdie Cborfübrer, ber feiner=
zeit in einer oon ibm in Tlurnberg gebaltenen
Prebigt fcbon in bem trüben Blick ber öcbfen ben
Betoeis ber Crbfünbe babe finben roollen» (es irar
auf eine Prebigt über Rom. 8, lX-23 im Jabre 1834
bezug genornmen, lueldie oiel Staub aufwirbelte
unb in ben Sieben Prebigten abgebruckt ift) unb
als «ein arroganter Burfdie oon feinem Dorfe in
unfere Stabt gelaufen,*» fo ift baraus erficbtiidi, mit
roeldi einer Hit?e ber Kampf gegnerifdierfeits ge=
fubrt cDurbe. föbe beobachtete babei eine ge=
mäßigte lialtung, toeldie Flnerkennung oerbient,
unb rechtfertigte fein Ijeroortreten aus bem ftillen
IDirkungskreis in ber Dorfgemeinbe mit ben IDorten:
«IPir finb ölieber am Eeibe unb Knechte im l)aufe
bes l]errn ; burch beiberlei unztueifelhafte Beziehung
lüirb uns nicht nur bas Recht, fonbern auch ^l^
Pflicht ber Ciebe unb JTlitforge für ben ganzen
Ceib, für bas ganze liaus bes Herrn übergeben . . .
es ift unfre Bruberpflicht unb überbies unfre Amts»
pflidit für bas öanze zu leben. Unb bann - ift
benn nicht bie einzelne öemeinbe, an ber ein
jeber arbeitet ein Teil bes Ganzen? Krankt unb
leibet fie bodi mit bat fie bodi faft unb Übel ber
öefamtbeit zu tragen. IPir können bie einzelne
öemeinbe nidit als ecclesiola in ecclesia, fo los=
geriffcn oom öanzen, fo oöllig obne Ruckfid]t unb
Beziebung aufs öanze betrachten, fo ganz ohne Einfluß
bes öanzen leiten unb ipeiben, ba|^ fie gleich einer
glücklichen öafe in ber IDüfte, cpie eine ausertDählte,
abgefonberte Schar ihr eigenes, feiiges Schickfal hätte.
IDir können nicht unb ob roir's ipollten ober täten,
ipie fchnell roürbe man uns mit oollem Rechte tuehren!
So kommt's benn, baß toir, ein jeber in feiner öe=
meinbe, mitten in ben Übeln fit?en. lebe öemeinbe
ift Don ber allgemeinen Tlot berührt oom allgemeinen
Perberben ergriffen - unb es roirb mit ihr, folange
fie im Komplex bes öanzen ift nidit burchgreifenb
beffer werben, roenn nicht bas öanze beffer mirb.»
Hoch einmal im Jahre 1856 brohte eine Fort=
fetfung bes Kirchenftreites. Die Einführung bes
neuen öefangbuches, roelche burch Kgl. Cntfchließung
Dom 1. Februar 1854 begutachtet rourbe, ftieß bei
ben freiheitlich gefinnteren Proteftanten auf IDiber=
fpruch. Die unter bem 2X. Tllai 1X55 gutgeheif^ene
fakultatioe Einführung eines neuen ?lgenbenent=
iDurfes, bes fogenannten flgenbenkerns, oerurfachte
in größeren Stäbten, roie TTurnberg, einen Sturm;
roeitere ina(?na!]men aus bem Jalire 1856, als
•»IDieberlierftellung ber Kirdienzudit« u. a., fülirten zu
einer Illaffenkunbgebung an ben König, in tpelcber bie
ünterzeidiner Befditperbe erl]oben<*ipegen Uerletfung
ihrer oerfaffungsmäßigen unb l^irdilidien Redif e burdi
Übergriffe ber geiftlidien öetoalt.*» Der König oer=
fpradi fürbieöeneralfynobeoon 1857 eine abermalige
Prüfung berbetreffenben Crlaffe, fo baß eine Berul}i=
gung ber öemuter eintrat, f öbe unb feine öefinnungs=
genoffen füblten fidi burd) biefes öebaren ipiber=
diriftlid] gefinnter Kreife in ihrem öeiriffen beengt
unb oerlangten eine freiere, geroiffermaßen aus=
nebmenbe Stellung im lanbeskirdilidien Ganzen.
Audi hier coar es fl. o. Qarieß, toeldier burdi
bruberlidien ITIeinungsaustaurcb Cölie zu befd]ipid]=
tigen tpußte unb bamit ernfteren Konflikten oor=
beugte.
Damit trat Eöbe überbaupt zurück oon bem
Scbauplat? bes öffentlidien kirdilidien Cebens.
Seine anberipeitigen Berufspfliditen, oor allem feine
Tätigkeit auf bem öebiete diriftlidier Ciebestätigkeit
unb ber furforge für bie beutfdien Amerikaner
ftellten ibn oor neue, im Augenblick größere fluf=
gaben. Tiber in biefem Kirdienkampf batte er fidi
als kübnen Recken betpiefen. Cr füblte fidi in feinem
öeiDiffen gebunben unb barum bielt er mit feinen
Bebenken nidit zurüd^. Cr oertrat bas Intereffe
bes perfönlidien fjeilsbebürfniffes unb bas Red]t
55 rararororarorcaro
eoangelifdier freilieit THandie feiner freunbe
zogen fictl tuolil zurück, roenn fie ilin fo kampfes«
mutig oorcDärts bringen faben. Cr aber badite an
bas IDölil ber lutlierifcben Kirdie, roenn er nidit
fofort zum Rückzug zu betoegen luar. Sein örunb=
fal? war: «Die Kirdie allezeit unb alleirege ooran.»
Cr kämpfte als ein ziclbeipul^ter futlieraner unb
baburdi geroann fein Kampf roeitge^enbe Teilnahme.
3og er aus bem Streit aud] nidit als alleiniger
Sieger, bie fegensreidien Folgen feiner tatfäci]lidien
Crrungenfdiaften blieben nid]t aus. Daß cDobl audi
er in biefem Kampfe gefehlt, barüber roar er fidi
fidier am klarften. Audi er roar kein Heiliger, aber
er liatte fid] becpälirt als ein eoangelifcöer Clirift,
er trar ein treuer l)irte ber eDangelircb=lutlierircf]en
Kird]e unb ein Vertreter, ja Porkämpfer ber lutlie=
rifcben Richtung. Falfd) ruäre es, zu meinen, Cöl}e
fei ein unoerfölinlidier f einb ber Reformierten ge=
roefen. Im Gegenteil, er hatte in ber Sdicpeiz mit
Reformierten brüberlidi oerkehrt, ipie foldie aud)
öfter längere 3eit in TIeuenbettelsau fid] aufhielten.
Diefe Toleranz hat er fpäter bei ber Frage bes
3ufammenfchluffes ber Diakoniffen = HTutterhäufer
ber eoangelifchen Kirche in bie Tat umgefetft. Cs
tDurbe ihm bies zirar oerbadit, er aber ftellte ent=
fdiieben in nbrebe, als ob barin eine flbbiegung
feiner grunbfät?lidien Tinfdiauungen zu erkennen
fei. Die Befdiid^ung bes Kaifersroerther Diakoniffen=
tages follte lebiglidi ben flustaufdi ber Erfahrungen
auf bem öcbiete bcr Diakoniffenarbcit beztpecken,
tPöbei CS oon Dornbereln fcftgefe1?t toar, konfcffio«
nelle Dinge gar nicht zu berühren. Cr fcfirieb
bamais: -IPas id] aber ipollte unb noch roill iff
weiter nichts als ben Beroeis h'efern, baß ber Qerr
auch meine, ber Tlugsburgifchen Konfeffion fozu=
fagen angeftammte öeimat unb uns arme f utheraner
beshalb, ba|^ roir bas Fähnlein ber ungemifchten
flbenbmahlsgemeinfchaft emporhielten, toeber oon
ber inneren miffion noch oon ber heiligen Diakonie
bes 19. Jahrhunberts ausfchüeße, fonbern uns
trot? allen IDiberftanbes Don nah unb fern förbern
könne unb tperbe.«
üaß es im Jahre 1X60 boch noch zu einer
Suspenfion föhe's oom nmt für ixsqX nionate kam,
hing mit einem kafuellen Falle zufammen, ipobei'
lohe's Derhalten h\^ kirchlichen Staatsgefet?e zu
befchränken brohte. föhe hatte fich geweigert, ein
^emeinbeglieb, bas coegen bostoilliger Perlaffung
ber Frau rechtskräftig gefchieben roar unb \>\q. er=
Jaubnis zur IDieberDerehelichung erhalten hatte, zu
trauen beztp. einen anberen zur Trauung zu be«
vollmächtigen, föhe bachte an ben Austritt, feiner
TIeigung nach hätte er fich am liebften oom Pfarr=
amt zurückgezogen. Seine Hebe zur öemeinbe
unb ber IPunfch feiner Freunbe ließen ihn oon
biefem Porfat? abfehen. er übernahm fein Amt
roieber, um es mit neuer Kraft zu führen. Cr follte
feinen fauf in ber fanbeskirche oollenben.
Die kirdiljcticn Kämpfe brachten es mit fidl,
baß Eöbe fidi, roie er felbft fagtc, «manchen Untüillen
unb bie Erkältung manches lierzens»> zuzog, aber
man toirb einem 3eitgenoffcn recht geben, roelcher
anläßlich ber Streitfrage über bie oon Cöhe einmal
angetpanbte Krankenölung (Jak. 5,14) betonte:
«f öhe ift ein ITIann, bem man oieles nachfehen muß,
bem man einen moglichft freien Spielraum ge=
iDähren muß, bamit bie reichen ihm oerliehenen
öaben fich frei entfalten können.» Keiner hat
fchiperer getragen an biefen ernften 3eiten als föhe,
tpelcher eben feine 3eit beffern tpollte. Das laffen
auch bie IDorte aus bem Schriftchen: «Jüeine Sus=
penfion im Jahre 1X60« erkennen. «Cs ging mir
gerabe fo toie mit bem Sterben, bas man auch
rorausfieht, oorausfagt unb mit aller Ruhe baoon
fpricht bas aber bennoch ernfte 3eit bringt, roenn
es kommt. Cs ging burchaus nicht, cpenigftens für
mich burchaus nicht, bie Suspenfion auf bie leichte
FIchfel zu nehmen, fie als bas bequemfte fluskunfts=
mittel für ben böfen Fall zu faffen; ich fanb auch
gar nichts Tröftlicfjes barinnen, baß es auf bem
IDeg ber Bureaukratie nicht anbers kommen konnte,
unb fo ruhig unb gebulbig ich mich fügte, fühlte ich
boch toieber einmal recht ftark \Az Caft ber lanbes=
kirchlichen üerhältniffe. Ich konnte nicht anbers,
ich mußte mich bei ber Suspenfion auf ben erz=
hirten unb Bifchof ber Seelen berufen, burch beffen
öeift ich bas (jirtenamt überkam, unb nach beffen
rororcaror^r^roro
Sinn es mir in meinem Falie nidjt genommen
roerben l^onnte. Idi füiilte ben ooilen öegenfatj
ber Kirdie, irie fie roar unb ipie fi^ f^in foüte.*»
mm
4. Die furforge für Die lutt)erf fctjen Deutfdien
In Tloröamerika*
Im Jalire 1X41 roar föl]e ein Aufruf in bie
[jänbe gekommen, toeldier uberfdirieben war: «nuf=
ruf zur Unterftütfung ber beutrcti=proteftantifclien
Kirdie in Tlorbamerika.'» In bemfelben rourbe bie
kirdilicf]e Hot ber eoangelifcben Deutfcben gercftilbert,
ipeldie Jabr um Jabr in bie neue IDelt ausipanber=
ten unb bort ibr Auskommen fucbten, aber nun in
ben IDälbern unb Prärien roie Sdiafe obne Wirten
gingen. Der kircblidie Tlotftanb unter biefen ?lus=
roanberern fei erfcbrecklid). l]ilfe, oor allem 3u=
ipeifung oon geiftlicben Arbeitskräften fei bringenb
not. Cöbe las biefen Beriebt mit innerfter Be*
ipegung unb oeröffentlicbte alsbalb in bem oom
Pfarrer IDucberer b^rausgegebenen «Hörblinger
Sonntagsblatt« eine «Tlnfpradie an bie fefer», in
roeldier es u. a. bieß: «Unfere Bruber manbeln in
ben Cinöben TTorbamerikas obne Seelenfpeife. IPir
legen unfere Qänbe in ben Sdioß unb oergeffen
ber Ijiife. Defto eifriger naben fidi h\2 Diener bes
Papftes unb Eiebbaber ber Sekten. Tlucb ihre fiebe
fdieint billig; bie ITotleibenben oerfcbmäben fie
nicbt. Sie ercpibern bie Ciebe, fie roenben ficb mit
ibren Kinbern zur römifcben Kirdie, zu ben Sekten.
Den Durftenben fcbeint trübes, unreines, ungefunbes
IDaffer immer nodi oorzugljdier als ber Tob burdi
oölliges Perfdimaditcn. Unb ipir foUten nidit liilfe
leiften? IPir folltcn zufelien, wk unferc ölaubens=
genoffcn aus TTIangel an flirten oerfülirt roerben -
zufeben, tuie fidl bie eoangelifdie Kirdie norb=
amerikas auflöft? Sdimad) über uns, roenn tpir
hier nicf]t täten, tpas cpir können! Die fleiben^
miffion unterftut?en toir, unb bie oorlianbenen öe=
meinben laffen toir untergeben? Taufenbe laffen
roir oerfdimaditen, ba toir uns fooiel TFlülie geben,
um einzelne zu getoinnen? IDir beten, baß fidi
ber flerr eine eroige Kirdie aus ben Reiben fammle,
unb gefammelte öemeinben laffen irir ber Per=
fübrung zum Preis? Die uns fo nal)e ftelien, oer=
geffen tnir unb ftrecken uns nach benen, bie nod]
ben öötfen bienen? Cins follte man tun unb bas
anbere nicht laffen! Ruf, Brüber, laffet uns helfen,
fooiel roir können!«
Der fluffaty tuar nicht ohne Crfolg; es floffen
reichlich öaben, IDährenb IDucherer unb £öhe fich
über bie zroeckmäßigfte Percpenbung biefer öelb=
fpenben berieten, kam berSchuhmachergefelle fibam
Crnft aus Öttingen zu feinem früheren Seelforger,
bem Pfarrer IDucherer, unb bat, man möchte ihn aus=
bilben laffen unb nach llorbamerika fenben. Cr
hatte nämlich in flfch in Böhmen, iro er arbeitete,
ben Aufruf gelefen, unb ba er fchon lange mit bem
öebanken, zur IHiffion zu gehen, fich getragen,
coanbte er fich an ben Dresbener üerein für bie
61
lutberifdie Kirdie in Tlorbamerika, erliielt aber ben
Befdieib, er follte Heb in feiner eigenen Ijeimat
umtun, ob er nictit öelegenlieit fänbe, fictl für ben
Dienft in nmeril^a ausbilben zu laffen. «Tlun Ratten
wir», fdirieb Colie im Redienfdiaftsberidit oon 1X47,
«einen unoerkennbaren IDink empfangen, bie Sadie
felbftänbig zu treiben, tüir taten alfo oon außen
gebrungen, toas zu tun coir nicht begehrt batten.»
es gefeilte fid] nodi ein ztoeiter Sd]u!er, öeorg
Burger aus Horblingen bazu unb fo toar ber Anfang
gemadit zu bem oerbeißungsoollen TDerk ber immer
ipeiter fid] ausbebnenben^TTeuenbettelsauerlTIiffion.'»
Eöbe übernabm ben Unterridit ber beiben
3öglinge, toeldie nadi TIeuenbettelsau überfiebelten,
unb fudite fie foroeit zu förbern, baß er fi<^ ani
IL Juli 1S42 nadi nmerika zieben laffen konnte.
Sie follten als diriftlidie Sdiullebrer ber z. T. obne
Religionsunterridit auftoadifenben Jugenb bienen
unb babei, toenn nötig, ibr früheres öefdiäft be=
treiben, fim 5. fluguft fdiifften fidi bie Senbboten
in Bremen ein, nacbbem fie zu Fuß bortbin ge=
toanbert toaren, unb am 26. September lanbeten
fie in TIeir=york. £öbe nannte in bem Brief an
einen Freunb in l^annooer biefe beiben Tlotbelfer:
«ztoei Körnlein Salzes für ein Brofamlein Gottes,
für etlidie oerlaffene ölaubensboten in TTorb=
amerika.*» Sie tourben freunbüdift aufgenommen,
Crnft übernahm alsbalb eine neu errlditete beutfdje
Sdiule in Columbus (Ohio), toäbrenb Burger zur
CSIOlCMCS-lty-lCS-lCMCM 62
r^r^r?3ivDrarof.53r<5j
weiteren nusbil^ung in bas bortige tlieologifdje
Seminar eintrat, um oollenbs fOr bas Prebigtamt
Dorbereitet zu roerben. RucJ, Crnft Dertaufdjte nadj
kurzer 3eit ben feljrerberuf mit bem Prebigtamt,
ba ber Prebigermangel bies erljeifdite.
följe Ijatte ben beiben jungen feuten einen
empfelilungsbrief mit auf ben Weg gegeben roe!»
cfter gerabezu ein meifterftü* apoftolifdier IPeisljeit
genannt tuerben barf. In bemfelben Wm es z B -
"Il)r möget nun aber im priefterlicijen ober im
Sdjulamt arbeiten, fo gebt ibr uns burdj Cure
namensunterfdjrift, foroie burd) bargereidjte Bruber»
Ijanb bas Gelöbnis, Cudj ftrenge zu ber apoftoli=
fdien, nun in ber 3eit iljres Kampfes eoangelifd)=
lutijerifd) genannten Kirdie zu Ijalten unb jebe
kirdilid]e öemeinfcliaft anbern Hamens unb IDefens
zu meiben. Um ber Perfaffung, um bes äußeren
IDanbels ihrer eiieber roillen ziebet l?eine anbere
öemeinfdiaft, l^eine Sekte ber Kirdje por. Da ift
bie Kircbe, roo man bas Wort unb bie lieiligen
Sakramente oljne 3u= unb Abtun feftliält. Bei ber
bleibet! - Hur för iljren Dienft haben roir Cudi
bisher unterftüt?t, nur für Re werben roir euch
ferner unterftüt?en. - niöget Ihr bie erften Schroalben
fem, bie einen reichen Frühling Derkünbigen ! mögen
aus ben gefegneten beutfchen Sauen Scharen oon
eoangeliften, begabt mit mancherlei Gaben, aus=
ziehen, auf baß auch flmerika zu ben fanben Der=
fammelt roerbe, pon benen roir fingen, baß fie
Seiner Clire ooll finb.« Aus bem ziemlid] umfang»
reidien Begleitfdireiben rebete ein heiliger Cifer für
\A^ Sadie ber Cutberaner in Amerika unb eine
oäterlidie, berzlicöe Ciebe für bie erften Senblinge
Tleuenbettelsaus.
InzcDifdien roar ber beutfd]=amerikanifcl]e eeift=
lidie IDyneken, beffen flammenber Aufruf fölie zur
UTitarbeit in ber furforge für bie beutfdien Cutlie=
raner jenfeits bes Ozeans begeiftert hatte, felbft
nadi Deutfdilanb gekommen, um feinem fiilferuf
burdi perfönlidie Bezieliungen weiteren Tladibruck
zu Derleilien. Zx kam auch mit Eöhe zufamrnen,
treldier gleichzeitig burch bie öhiofynobe in
Columbus — in berfelben iraren bie lutherifchen
öemeinben jener öcgenben zufammengefchloffen —
fchriftlich gebeten irorben toar, ipeiter für ?ius=
fenbung entfprechenb ausgebilbeter junger Tllänner
in bie bortigen öemeinben Sorge zu tragen, foroie bie
Bereicherung ber Seminarbibliothek oon Columbus
mit guten theologifchen IDerken zu betreiben. In
Hurnberg fanb eine Beratung oon Freunben biefer
Reichsgottesfache ftatt unb man einigte fich, bie
IDünfche ber öhiofynobe nach Kräften zu Derroirk=
liehen, einige Senbboten, \yi^ fich nach THichigan
cDanbten, fchloffen fich ber kleinen lüichigan»
fynobe, in roelcher Cingetuanberte aus TDürttem=
berg meiftens oereinigt roaren, an. Cöhe fah biefe
Derbinbung nicht ungern, ba in ben Kreifen biefer
Synobe bereits üeranftaltungen getroffen roorben
64 rororarororar^oro
iparen, ben Damals nodi zal^lreidien Inbianern In
ITfidiigan bas eoangclium zu bringen.
3ur finanziellen Sidierftellung grünbete föbe
bie «tcirdilidien lüitteilungen aus unb über norb=
ameril^a»», tpeldie im Jabre 1843 zum erftenmal
erfdiienen unb in ben erften Jaliren ein ftattlidies
Keinerträgnis abroarfen. In l^annooer, Sadifen unb
Illecklenburg fcftloffen fidi befreunbete Kreife bem
kirdilidien Tlliffionsiperke an, beffen lDeiterfül}rung
unb Ceitung Cölie auf ausbrücklidien IDunfd) ber
Freunbe übertragen blieb. So tourbe er für ge=
räume 3eit «ber perfönlidie Hlittelpunkt aller in
Deufcblanb fidl regenben Beftrebungen für bie
amerikanifcfte TTIiffionstätigkeit.»» In ben nädiften
Jahren zogen weitere ITotbelfer aus, unter ilinen
aud] eine finzalil akabemifd) gebilbeter Hlänner.
Im Dom zu Sdiirerin tourben im Jalire 1X45 zum
erftenmal zipei TIeuenbettelsauer Senblinge orbi=
niert, tDOzu ber öroßlierzog feine Erlaubnis er=
teilt hatte. Im gleichen Jahre oeröffentlichte föhe
einen «3uruf aus ber Ijeimat an bie beutfch^
lutherifche Kirche Tlorbamerikas», melcher oon nahe=
zu 1000 Hamen unterzeichnet mar. lüit Bezug
barauf fchrieb ber Perfaffer: «mannigfaltig, roie
bie ftreitenbe Kirche öottes oor bem Qerrn fteht,
ftehen biefe Hamensunterfchriften oor ben Augen
bes Eefers. Iiirten ber Qerben unb ölieber ber
gerben, hochgelehrte unb meife unb ungelehrte,
hochgeftellte unb niebrige Brüber unb Kinber öottes,
finbet man öier bdfammen. Ilir Ja unb Tlrnen
madit ben 3uruf zu einer roalirbaftigen Stimme
aus ber öemeinbe (Deutfcblanbs) an bie öemeinbe
(Horbamerikas).«
Aus konfeffionellen örünben, bann aber audi
aus nationalen - es brol}te bie flnglifierung bes
Seminars in Columbus - löften bie Heuenbettels^
auer Senbboten bie anfänglidie Uerbinbung mit
ben Synoben oon öliio unb lüidiigan auf unb
fuditen nadi föfte's IPeifung Fühlung mit ben aus=
geipanberten fädififdien futlieranern im Staate
Jlliffouri. So entftanb im Jabre 1S47 bin iniffouri=
fynobe, tüeldie fidi balb zu einer anfebnlidien
Kirdiengemeinfdiaft entcDid^elte. ein Jabr zuoor
toar ein eigenes Prebigerfeminar gegrunbet tporben,
tpeldies alsbalb ber Ricbtung biefer Synobe bienen
follte, unb zroar in Fort IDayne. £öbe unb feine
Freunbe brachten zum großen Teil bie Tllittel auf, mit
roeldien man in ber Habe ber Stabt Fort IDayne ein
örunbftuck famt öebäulidikeiten erroerben konnte.
Dortbin rourben nadi kurzer Porbereitung bie jungen
HTänner gefdiickt , roelcbe fid] in Deutfdilanb zum Dienft
berKircbeinTIorbamerika anboten. Dodi traten bann
aud) aus ben bortigen öemeinben folcbe ein, roeldie ficb
zu Prebigern ober f ebrern ausbilben laffen toollten.
£öbe übergab ber Synobe bas Seminar unb
oerfpradi roeitere kräftige llnterftul^ung. Um nun
bies neue Seminar - fo redit eine örunbung
föbe's unb feiner Freunbe - befto reicbüdier mit
Cid) n er, Cöl)e. c
Sdiülcrn füllen zu können, coeldie einigermaßen
vorbereitet unb zum Dienft ber Kirdie tauglid] er=
funben toaren, ipurbe um biefelbe 3eit (1X46) in
üurnberg bie fogenannte «TITiffionsDorbe =
r e i t u n g s a n ft a 1 1» erriditet. Der Begrunber ber=
felben toar ber Kanbibat Friebrid] Bauer, roeldier
bamals in Tlürnberg an einer ber polieren Sd]ulen
bas FImt eines Katecheten bekleibete unb ein be=
fonberer freunb Eölie's irar Cin ftattlidier Kreis
Don iniffionsfreunben forgte für bie flerbeifdiaffung
ber nötigen öelbmittel. Die flnftalt beftanb in
freier Form bis zum Jabre 1X49, in roeldiem burdi
bie pon Cöbe b^^rbeigefübrte örünbung ber «öe=
fellfdiaft für innere Hliffion im Sinne ber lutlieri=
fcben Kircbe in Bayern»» bas ganze amerikanifdie
ßilfscperk eine feftere öeftalt bekam. Friebridi
Bauer(f 1 X74) tourbe zum Infpektor berflnftalt innüm=
berg beftellt. Die letztere rourbe im Jabre 1853 nach
Tleuenbettelsau oerlegt unb bilbete oon ba ab bie
3öglinge meift oöllig oor, flls Illiffionsrcbule — in
ber IDibmung bes Budies «Der eoangelifcbe öeift=
lidie»» nennt jie fö!)e eine «Pfianzfcbule» — ipar
biefelbe mietroeife in bem fiaufe bes Infpektors
untergebracht, bis fie im Jalire 1X67 ein eigenes
unbiPürbigesQauserliielt. Cine große Flnzabl tüchtiger
öeiftlidier ging aus ber Tinftalt beroor unb f öbe konnte
fid] über beren TDeiterenttuicklung aufrichtig freuen.
Daß es im Jahre 1X53 auch zu einer fos=
trennung oon ber Hliffoufifynobe kam, empfanb
67 rororororor^rora
niemanb fcbmerzlidier als Tölie felbft. «Im Fanatis=
mus kirdilidier JITelnungen unb bes Unbankes«,
wld Eöbe felbft fagtc, l}atten fid] bic eigenen
Sdiüler toegen feiner letztere zu bierardiifd) bünken=
ben nnfcbauungen oom kirdilidien fimt, befonbers
audi Don ber örbination, losgefagt. Die iniffoun=
fynobe oertrat mehr ben Stanbpunkt einer faien=
gemeinbe, toeldie ilire (jirten wn\}\t unb orbiniert,
fölie roies bagegen tlin auf ben göttlidien Faktor,
roeldier bem kird]lichen nmt unb ber Orbination
ilire IDeilie gibt, unb liielt an ber göttlidien Be=
rufung feft, roeldie ben Umtsträger oor ber IDillkur
ber Cinzelgemeinbe fd)üt?t. In bem Eanbe «aller
diriftlidien unb kird]lidien Freilieit*» ipar fold] ein
lüeinungsaustaufcl] nid]ts Seltenes unb eine neuer=
lid]e Eostrennung nid]ts flbfonberlidies. In bem
ztDifdien folie unb ber Synobe ausgebrodienen
febrftreit rourben lange üerbanblungen gepflogen,
ausgebebnte Korrefponbenzen geführt. £öl}e tuurbe
zur perfönlidien Prüfung ber Perbältniffe unb munb=
lidien flusfpradie oon ber Hliffourifynobe einge=
laben. Da er gerabe in biefer 3eit anberroeitig in
Tlnfprud] genommen tpar, ipurben ztoei Pertreter
ber Synobe nadi Deutfdilanb gefanbt, um ben
«alten, treueften Freunb ber lutlierifdien Kirdie
Tlorbamerikas, ben berebteften Furbitter berfelben
tuenn nidit oor Gott, fo bodi bei ben Brubern, In
roeld]em bie ITIiffourifynobe red)t eigentlid] ibren
geiftlidien Pater zu oereliren l]abe,»> toieber zu ge«
roinnen. Inbeffen bie Trennung ließ fid) nict}t auf«
lialten. es bilbeten ficil anbere Differenzpunkte
heraus, toenngleidi Cölie unb feine Freunbe biefer
Perfdiiebenlieit ztpar nid]t bie Bebeutung beilegten,
baß um ibretCDillen bie Kircliengenieinfd]aft aufge=
l}oben unb alfo bie Kirdie zerriffen iperben müßte.
Als aber ber Präfes ber Tlliffourifynobe an ilin bas
Perlangen ftellte, bas im Jabre 1X52 zu SaginaiD=
City gegrunbete Sdiullebrerfeminar entroeber ber
Synobe zu übergeben ober ganz aufzulöfen, fonft
müßte es als eine fdiismatifdie flnftalt, b, b. eine
foldie, tpeldie eine Spaltung anrichte, betrachtet
roerben, ba fab Tobe ein, baß ein frieblidier flus=
gleich nicht mehr möglich fei, unb ftimmte ber
Trennung bei. Schmerzlicher noch als bie Eöfung
oon ber Hliffourifynobe traf ihn bie bamit gegebene
Tlbfage ber fränkifchen Kolonien in Saginatp=Cöunty.
In einem oon heiligftem Crnft erfüllten unb in tieffter
IDehmutgefchriebenenBriefefagteerbiefenöemeinben
febetpohl. Csroar bamals gerabe feine hochbetagte
Hluttergeftorben, fo baß er auf fchroarz geränbertes Pa=
pierfchrieb, nicht bloß beshalb«fonbern auch weil»» -
fuhr er fort - «biefer Brief eine Art nbfchiebs= unb
Sterbebrief für mich in einem anberen Sinne ift Be=
finnt euch, wie es mit ben SaginaiD=Kolonien nach
unb nach geiporben ift, unb es toirb euch auch ein=
fallen, ipie nahe mein lierz unb meine Ijanb biefen
Kolonien geroefen ift. Iieute nimmt nicht mein fjerz,.
aber meine Ijanb oon ben Kolonien flbfchieb.»
69 ror^rorarororaro
5wQ\ Der TIeuenbettelsauer Senbboten — ö.
öro^mann, cDcldier bas Eebrerfeminar in Saginato
leitete, unb J. Deinbörfer, Paftor In ber fränkifcben
Kolonie Frankenliilf — rieten, bie amerikanifdie
IDirkfamkeit in ben fernen IDeften zu oerlegen.
föbe ging auf biefen üorfcftlag ein unb gab bie
TDeifung: «Auf nad] Joroal» So kam es im ök=
tober 1X53 zur Uberfiebelung öroßmanns unb Dein=
börfers nadi Joipa, tpo man fieti zuoor nad] einem
geeigneten Platy zur Tlieberlaffung umgefelien hatte.
Mit ihnen zogen außer ztuei Seminariften nod)
eine finzal]! anberer lutlierifdier Cliriften, unter
roeldien ber örunber ber Kolonie Frankenl}ilf öott=
lob Amman fidi befanb. Unter oiel Illulien unb
Cntbebrungen oollzog fid) bie Tlieberlaffung. öro|^~
mann kam balb zu ber Überzeugung, ba|^ Dubuque,
eine Stabt am Tlliffiffippi, ber paffenbe ort für bas
Seminar fei, oon too aus audi bas Tlet? bes CDan=
geliums nadi oerfd)iebenen Seiten hin ausgeroorfen
roerben könne, tuährenb Deinbörfer mit fimman
Clayton = County als geeigneten Punkt für eine
Flnfiebelung hielten. Diefe Tlieberlaffung rrurbe
nadi bem öottesboten, ber in alten 3eiten bas
Coangelium in bie öegenb oon Tlürnberg bradite,
St. Sebalb benannt.
Das Cehrerfeminar, toeldies zuerft in Hliete,
bann in einem eigenen f]eim zu Dubuque (jetft
befinbet fidi an ber Stelle Pfarr= unb Sdiulhaus
ber St. Johannisgemeinbe) untergebradit tpar, —
bie öefellfdiaft für Innere Tlliffion im Sinne Der
luttierifdien Kirdie in Bayern madite es ber Sy=
nobe im Jal}re 1X55 zum öefdienk - ipurbe als=
balb in ein Prebigerfeminar umgeiranbelt. Da fict]
ber Unterl}alt in einer Stabt zu teuer ftellte, tpurbe
bie flnftalt in ben Bereidi ber öemeinbe zu St.
Sebalb oerlegt. Dort cpurbe eine Farm angekauft
unb ein zroeiftöckiges öebäube aufgeführt toeldies
im Jal}re 1X57 am Reformationsfeft als Seminar«
gebäube eingeroeilit ipurbe. Dasfelbe erhielt ben
bebeutfamen Hamen: «lDartburg=Seminar», hierüber
bieß es im «Kirdienblatt» : «Das Seminar ftebt auf
einer Unböbe, auf bem bödiften Punkt in ber
ganzen Umgebung; gegen Suben unb nodi mebr
gegen IDeften breitet fidi zu feinen fußen eine
ipeite, oiele Hleilen betragenbe Prärie aus unb
malint fo bas liaus auf feiner f]öl]e, mit feinem
gen liimmel ragenben Kreuze toeitbin fiditbar, alle/
bie in feine Habe kommen, bie lierzen oon ber
Crbe bimmelipärts zu kebren. . . . IDie roir nun
am Dank= unb freubenfeft bes billigen IPerkes
ber Reformation unfere TInftalt ganz in öottes
fijänbe nieberlegten, luie ber TIame <*lPartburg»> uns
immer mabnt fo oerleib uns öott ba(^ fie je mebr
unb mebr eine fefte Burg coerbe, barinnen tapfere
Streiter Jefu gebilbet cperben, bie mannbaft ibres
Qerrn Kriege fübren unb allezeit toacbenb balten
ob bem Kleinob unferer Kirdie, bem teuren Be=
kenntnis unb beiligen Crbe unferer Pater.»» Im
£aufe Der Jalire eripiefen fidl bie Raumlidibciten
zu klein unb ein Tleubau erfdiien bringenb not=
ipenbig. Der Synobe ipurbe in Hlenbota (Illinois)
um oerbältnismäl^ig billigen Preis ein größeres
leer fte^enbes Tlnftaltsgebäube angeboten. Jüan ent=
fdiloj? fiel] zum Rnkauf unb im Jaljre 1S74 l]ielt
bas Seminar in bem neu liergeriditeten Bau feinen
einzug, bis bann im Jalire 1SS9 bie flnftalt, cDeldie
fidi immer melir oergroßerte, in Dubuque ein
abermals größeres (jeim fanb. Das Seminar war
nun ipieber, wo es zuerft getpefen. In ben Beginn
ber fediziger Jahre fiel bereits ber finfang bes
lUartburg=Kollegium, einer Art Porfdiule für bas
Prebigerfeminar, tpelcfjes aber zugleidi jungen
feuten uberliaupt eine allgemeine bösere Bilbung
im diriftlidien Sinne oermittelt. 3u biefen beiben
Celjranftalten gefeilte fidi bann im Ijerbft 1S7X
ein lDartburg=rel}rerfeminar zur üusbilbung oon
öemeinbefdiullebrern.
3ipei kleine öemeinben — bie St. Jol]annis=
gemeinbe in Dubuque, bie St. Sebalbusgemeinbe
in Clayton - batten fidi gebilbet. nis bann im
Jabre ]X54 aus ber Tlfiffionsanftalt zw2\ lueitere
Arbeiter nadigefanbt ipurben unb bas Sdiullel]rer=
feminar in ein Prebigerfeminar umgeiuanbelt toorben
n7ar, glaubte' man, zu einer fynobalen örgani«
fation fdireiten zu können, üier Bruber (6. eroß=
mann, J. Deinbörfer, S. fritfcbel unb HI. Sdiüller)
toaren es, ipelcbe am 24. Auguft 1E54 im Pfarr*
72 rorardrororaroTQ
baufe zu St. Sebalb bie eoangeUfd) = lutt]c =
rifdieSynobe oon Joroa grunbeten. £öl}e fdirieb
Don il]r in einem fluffat? in ben kirdilidien MU
teilungen fünf Jalire fpäter: «Die Tlbfidit bes Da=
feins ber Joirafynobe ift keine anbere als unfere
eigene Richtung eines auf alter Bafis immer doII=
ftänbiger [läf) erbauenben, immer fegensreidier
roirkenben futbertums in flmerika zu repräfen=
tieren. fern oon amerikanifdier Boxerei unb Klopf=
fectjterei, im Beroufitfein einer IDalirbeit, bie nicht
zu übertuinben ift ftark in ber Tbefis, gebulbig
gegen Cxtraoaganzen anberer lutherifdier Ricli=
tungen, foll fie berufen, fammeln unb erleuchten,
mas öott ber Ijerr ihr gibt.« «Die Synobe,« fuhrt
Deinbörfer aus, «ftellte fich bei ihrer örunbung
auf bas ganze IDort öottes Alten unb TTeuen Tefta=
ments unb auf bas ganze Bekenntnis ber eoan=
gelifch=lutherifchen Kirche, roie es im Konkorbien=
buch Dom lahre 15X0 niebergelegt ift, iporauf jebe
lutherifche Synobe ftehen muß, bie biefen Hamen
mit Recht tragen roill. IDas bie lutherifche Kirche
in ihren Bekenntnisfchriften als ihren Glauben in
ben oerfchiebenen Artikeln gegenüber allerlei Irr=
tümern aus öottes klarem IDort bekennt unb lehrt,
bas roollte auch fie bekennen unb lehren. Da=
gegen trollte fleh bie Synobe keine zweifelhaften
Cehrmeinungen, über roelche fich bie Gelehrten
ftritten unb ftreiten, als Glaubenslehren aufbringen
taffen unb oon ihrer Annahme bie Kirchengemein=
fdiaft abliängig madien, trie man es in ber
niiffourifynobe erfahren batte. Unb nadi bem
aus eottes klarem IDortc gcfcböpftcn Bekenntnis
ber lutlierifcöen Kirdie follte nidit allein gelehrt
fonbern aud] gelebt unb geöanbelt iperben. Die
eemeinben, roeldie gefammelt kirdilid] oerforgt unb
In bie eiiebfdiaft aufgenommen toerben roollten,
füllten auf biefem örunbe ftelien, unb nur foldie
eiieber, roeldie bem Bekenntnis ber lutöerifdjen
Kirdie ergeben roaren ober basfelbe aus Uber=
Zeugung annahmen, follten in bie öemeinben auf=
genommen toerben. In ben öemeinben follte nadi
bem IDort bes ßerrn audi 3udit gegenüber ungött=
lidiem £eben unb Treiben geübt unb infonberlieit
foldie eiieber, tDeldie in Ungeliorfam gegen öottes
IDort unb Gebot fielen unb bies nidit buj^fertig er=
kennen unb abtun toollten, oom lieiligen Ilbenbmalil
fern gelialten unb fdiließlidi nadi Tllattli. IX, 15-18
oon ber öemeinbe ausgefdiloffen iperben.»
Cölie unb feine öetreuen, roie Fr. Bauer, fr.
IDudierer, eb. Stirner, konnten mit biefer TIeuge=
ftaltung zufrieben fein. Denn bie einmal in Segen
begonnene IDirkfamkeit in flmerika aufzugeben,
roer liätte fidi bazu ernftlidi entfdiließen können?
In bem großen Eanbe gab es neben ber iniffourt=
fynobe Raum genug zu miffionierenber Arbeit,
tDurbe bodi bie 3alil ber kirdilidi nodi unoerforgten
eiaubensgenoffen burdi bie fortgelienbe einroan^
berung aus Deutfdilanb immer größer, «^s irar
ein armfeliger Anfang - ber Unfang biefer Synobe«
- l}elßt es in bem großen IDerke: «öefdiidite ber
eDangel.=lutli. Synobe von Joira u. a. Staaten.» -
»Die oier TTIänner iparen nodi jung unb unerfahren
in ber Arbeit bie oor il)nen lag; ilire erfahrenen,
gereiften freunbe roaren in toeiter Ferne unb
i^onnten ihnen toenig raten. Sie hatten ein Semi=
nar, aber keine eigene fjeimat bafur unb keine
mittel zur Crftaltung besfelben. öemeinben tuaren
erft CDenige oorlianben, anbere ipenige erft im
IDerben. IDenn bies geringe Samenkorn bennod)
zu einem Baume fterangeroadifen ift unter oielen
IPiberroärtigkeiten unb Stürmen, ber feine flfte unb
3ipeige jetft ausbreitet fo gebülirt um fo melir bem
lierrn allein Cbre unb Preis.« Im Jalire 1X64, als
bie Synobaloerfammlung in St Sebalb tagte unb
zugleich bie Feier bes zehnjährigen Beftanbes ber
Synobe beging, zählte biefe bereits 42 öeiftliche,
Profefforen unb TUiffionare unb um 60 öemeinben,
unb ein Jahr nach Eohe'sTob roaren in berfelben oer=
einigt 100 öeiftliche unb über 150 öemeinben. Cs
tpar alles auf ölauben gebaut roorben, aber bk
lioffnung lie|^ auch hier nicht zufcbanben roerben.
Durch heiße TInfangsnöte roaren bie beiben erften
öemeinben hinburchgegangen. Cohe trug bas neue
IDerk auf betenbem l]erzen unb teilte auch hier
reblich bie materiellen Tlote unb Sorgen. «IDir finb
immer bie firmen oon Cyon», fagte er ipoht «ein armes
IDaffer Siloah. IDenn ber ßerr uns nicht fegnen
ipollte, cDurben wir gar oertrocknen.« Cs gelang
ilim Immer toieber, bie öemeinben für bie Sadie
zu begeiftern, junge Ceute in ber Uliffionsarbeit
Ijeranbilben zu laffen unb nadi Amerika auszu=
fenben. öline Eölie unb bie eefellfdiaft für innere
miffion im Sinne ber lutberifcben Kirdie in Bayern
iDürbe bie Joroafynobe nidit fo rafd) zu ilirer nun=
melirigen öröfie unb Bebeutung enradifen fein.
Um ihres Urfprunges roillen trägt bie Synobe nodi
il)ren Tlamen oon bem Staate Joroa, roietDolil fie
inzroifcben in einer ganzen Reibe oon Staaten öe=
meinben gefammelt unb außer in ben roeftlidien
Staaten floroa, Illinois u. a.) namentlidi aud] im
öften (inidiigan, öliio u. a.) feften fuß gefaßt liat.
Im lalire 1866 burfte Cofte bas fünfunb=
zroanzigjälirige Jubiläum ber amerikanifcben TTlif^
fionstätigkeit feiern. Cr tat bies am 20. S. n. Ir.
aus Anlaß bes eoangeliums (Hlattli. 22, 1 -- 14). So
felir er fidi über ben gefegneten Fortgang ber
Jotoafynobe freuen konnte, fo blieb es ibm bodi
ein brennenber Sdimerz, baß bie Hliffourifynobe
oon ilim fidi abgeroanbt hatte. Der öebanke baran
zog fid] «tpie ein Ton ber lOehmut aud] burd)
feine feftprebigt unb feftrebe am Tfadimittag bes
gleidien Sonntags burdi.« TDar freilidi nidit alles
erreidit, mandies fogar mißlungen, ein Segensroerk
cDar bodi oollbradit, bas zu Coben unb Danken
genug Anlaß bot. Unter öottes gnäbiger Durdi=
hilfe roar erreidit bas, roas Cobe unb feine freunbe
76 rararoror^raroro
Ginft zur Furforge für bie luttierifcbcn Deutfdien in
Tlorbamerika Gntflamtnt liatte, unb bcm er am
Sdiluffe ber erroäljnten feftrebe flusbruck oerliel)
in ben IDorten: «IDas aber bas Herrlidifte Ift
immer nodi geben bie Boten mit bem Coangelium
eines eipigen friebens in bie IDälber flmerii^as,
immer nodi iperben hk 3erftreuten gefammelt,
öemeinben gegrünbet Kinber getauft unb unter=
riditet, Sterbenbe getröftet — ber Segen bes IDorts
unb ber Sakramente ift geblieben. Piele finb von
unfern Senblingen auf bie IDege bes Friebens ge=
fülirt cDorben, nicht bloß für Jefum, fonbern audi
für ein kirdiüdies öemeinroefen auf Crben ge=
iponnen toorben. Die ftille Tätigkeit bes anfangs
ift nodi ba, fie ift bas einzige, toas nodi geblieben
ift unb fie cpirb fortgefet?t roerben unb gefegnet
bleiben, unb um ibretirillen mit ben reidiften
Früditen gekrönt baben roir beute Redit unb Pflidit
zu jubilieren. Ilidits ift gegangen, ipie irir CDoUten,
aber alles ift fo gegangen, baß Jjeil unb Segen uns
mitgefolgt ift bis auf biefe Stunbe, unb baß ber
fierr oon bem IPerk unferer Hänbe feine ßanb
nidit abgezogen bat» TTIan tuirb Eöbe's Furforge
für bie lutberifdien Deutfdien in Tlorbamerika obne
3roeifel «ein kirdiengefdiiditlidi bodibebeutfames
Stud^ feiner Eebensarbeit» nennen bürfen, in roeldiem
fein Tiame fortlebt bis auf biefen Tag.
5* Kotonifatfon unD Inbianermifffon.
IDie bereits angebeutet, befdiränkte fictl föl}e
nidit auf bk Fürforge für bie eoangelifdien
Deutfdien in Tlorbamerika, fonbern begann im
3ufammenliang bamit bas TDerk ber Kolonifa=
tion. Überall in beutfdien Canben madite fidi um bie
niitte bes 19. Jalirliunberts eine große IDanberluft
über ben Ozean bemerkbar; aud) in ben fränkifdjen
öegenben Bayerns zeigte fidi unter ber länblidien Be=
oölkerung foldi ein IDanbertrieb in b\2 neue IPelt.
Eöiie erblickte in biefer flusiranberung eine IDoliitat
für bie Polksgenoffen, roeldie im eigenen Uaterlanb
kein PorcDärtskommen finben konnten ober einem
fozialen unb fittlidien Clenb zufteuerten. In einer
im laöre 1849 erfdiienenen Brofdiüre über bie
fränkifdien ITieberlaffungen in Saginaip=County
fdirieb er: «Piele Taufenbe oon armen Deutfdien
oerfallen babeim bem Proletariat. Cs ift für Per=
eine toie Staaten unmöglidi, bie fdired^üd) an=
ipadifenbe Perarmung zu bämpfen ober audi nur
aufzubauen.« Da burd] bk bamalige öefet?gebung
ber ärmeren Beoölkerung bie Cbefdiließung febr
erfdiroert roar, batte bk Hrmut bebenklidje fittlidie
öefabren zur Folge, beren Befeitigung nadi föbe's
Rnfdiauung burd) eine riditige Kolonifation ipefent=
lidi erleiditert rourbe. «Kolonifation unb ?lus=
tpanberung*», betonte er, «finb fo alt ipie bie IDelt,
unb es ift beibes, kurzfiditig unb oergeblidi, il}nen
3iel unb Cnbe fet?en zu roollen. ITIan fuge fidi
in ööttes fugung, aber man fet?e bie Kinber bes
Canbes nidit aus, man laffe fie unter flirten unb
Seelforgern in bie neue Ijeimat ziel}en.»> Bei biefen
flusroanberungen hatte nämlid] f ölie eine zipei=
fad]e Sorge, einmal, ba|^ bie flusroanberer ilirer
einlieimifdien Kirdie nidit oerloren gingen, fobann
bau ^^r lieimatlidie Sinn nidit inmittten oon fremb=
fpradilidier Umgebung erfturbe. Cr toarnte barum
oor einer 3erftreuung ber flnfiebler unb begünftigte
beren gemeinfame Tlieberlaffung. Huf feine flnre=
gungen Iiin ipurben fo in lüidiigan am SaginatD=
fluß eine Reilie oon lutlierifdien Kolonien gegrun=
bet, beren Hamen, n7ie frankenmut, Frankentroft,
Frankenluft, Frankenfiilf bie BetDobner an ilire
alte lieimat erinnern follten. IDar ibm bie geift=
lidie Derforgung im Sinne ber einlieimifdien Kirdie
befonbers am ßerzen gelegen, fo roar biefelbe
burdi bie Perbinbung mit ber ITIiffourifynobe,
ipeldier bie Heuenbettelsauer Senblinge fidi bamals
anfdiloffen, gefidiert. föbe batte bamit eine Urt
Kolonialpolitik in bie IDege geleitet. Cr badite
fogar an bie Stiftung eines ipanbernben, im Dienfte
ber Kolonifation ftebenben Kapitals. «TFIit bem=
felben follte immer ein zufammenbängenber Canb«
komplex in ber Habe ber jecoeils beftebenben
Kolonie angekauft unb an eine öefellfdiaft lutberi=
79 r^rcsr^rarsarorcjfo
fdier Rusroanberer oerkauft toerben. Beim Perbauf
bes Canbes an Unfiebler roollte man auf jeben Hcre
einen kleinen Ruffdiag iegen, um baburdi bie
Kapitalzinfen unb eine kleine Tlbzalilungsrate zu
getpinnen.*» Cin Kapital tourbe aufgebradit, audi
Plätze zu neuen flnfiebelungen rourben angekauft.
Tiber bie öeringfügigkeit ber zu öebote ftelienben
lüittel zog bem öebanken befcöeibene Grenzen.
IDer coeiß, ob biefe Beftrebungen nidit von roeit=
tragenben Folgen begleitet gecoefen roaren, coenn
nidjt balb barauf tl2 Kolonien oon ITeuenbettelsau
fidi losgefagt hätten, nadibem tk THiffiourifynobe
ilire Perbinbung mit Cöbe aufgetioben hatte. llm=
fonft tDaren bie Bemühungen nicht geroefen. Auf
bem ganzen Unternehmen lag ztueifellos ein gött=
lidier Segen unb «bas kleine Kolonifationskapital,
roeldies nie höher als auf 3000 rhein. öulben fleh
belief, hat im Eeiblichen unb öeiftlidien reichliche
3infen getragen.»» 3um letztenmal rourbe basfelbe
fluffig gemacht im Jahre 1X52 zur Errichtung eines
**Pilgerhaufes»» in SaginacD=City, welches föhe als
Bergungsort für bie ankommenben flusroanberer
bis zur feften Unfieblung unb als 3ufluchtsftation
für Kranke fich bachte. Als folches ipurbe basfelbe
oon keiner großen Bebeutung mehr, roohl aber ipurbe
es bie öeburtsftätte ber Joroafy nobe, roeil in bem Pilger=
haus auch bas erfte beutfch^lutherifche «Schullehrer=
feminar«* untergebracht roar, tuelches ben letzten
flnftoß zur Coslöfung oon ber ITIiffourifynobe gab.
Jebenfalls zeigte fidi audi öier Cöbe's ganze
Originalität, tpie feine organifatonTdie Begabung.
futl}erifcl]=kirclilicber Sinn unb beutfäi^nationales
Denken vereinigten fidi l}ier in feiner Perfon. Unb
jene IDorte, mit ipelclien er im Jalire 1E45 bie
beutfdien ölaubensgenoffen in ITorbamerika mahnte,
audi in ber neuen IDelt bie alten guten beutfdien
Sitten zu pflegen unb zu toaliren, oerbienen immer
ipieber aus ber üergeffenl}eit gezogen zu werben:
«ll}r feib Deutfcfte. Cine (diöne Sprache babt ibr
über ben Ozean gerettet. Im öeirirr ber Sprachen,
bie man jenfeits fpridit, ift keine fcböner. Behaltet,
roas ihr habtl Ihr habt burch öottes önabe bas
gute Teil. . . . Cure Sprache ift neben Curer Kirche
euer größtes Kleinob, bas Ihr in bie IDuftenei
Curer IDälber mit hinübergenommen habt. Uber=
legt iPohU roas Ihr oerlieret, roenn Ihr biefe eble
öabe Cures öottes unbankbar bahin roerfetl IDir
ipollen es Cuch mit großen Buchftaben oor flugen
malen. ITlit Curer Spradie oerliert Ihr Cure 6e=
fd]ichte, bamit bas leiditefte Perftänbnis ber Re=
formation, bamit bas leiditefte üerftänbnis ber
wahren Kirche öottes, ferner Cure tnunberfdiöne
beutfdie Bibel, Cure Cieber, bie bis in ben liimmel
roiberklingen, Cure Katechismen, bie ihresgleidien
nidit haben, Cure Poftillen, bie fo herzlidi finb,
Cure Crbauungsbudier, bie -fo kinblidi beten, Cure
ganze heimatliche Citeratur, bie geiftlidie unb jebe
anbere, enblidi Curer Pater Sinn unb Urt, ja audi
bie nditung biesfeits unb jenfeits bei ben 3eit=
genoffen ; benn ber ift tDalirlidi keiner Rditung ipert,
ber feine Crftgeburt für ein Cinfengeridit ba^ingibt
— Darum behaltet, tuas ihr babet 1 Behaltet es für
Cud] unb Cure Kinberl Ergebet cpeber Cud], nod}
Cure Kinber ben fremben Hationen! In Cuern
Käufern, in Cuern Dörfern, in Cuern Stäbten, in Cuern
Sdiulen, in Cuern Kirdien, in Cuern Synoben lebe
unb berrfdie bie beutfdie Sprache Curer beutfcben
Kirche, bas befte IDort bes beften Sinns, ber fchönfte
faut zum ebelften öebanken. ferne aber bleibe
von Cuch bie Strafe, bk fich an Verachtung Curer
ITIutterfprache knöpft. Denn tpahrlich, ein Deutfcher,
ber nicht beutfch ift, ift ein geftrafter JTIann auf Crben,
toeil ihm alle Prioilegien, bie ihm öott oor ben
Tlationen aus önaben gab, entipenbet unb — mit
nichts erftattet irerben!« Fürn7ahr, iras ein
beutfcher f utheraner an feiner beutfch=eoangelifchen
Kirche hat, kann es beffer, kann es hcrzanbringen=
ber gefagt toerben?;
«Innere TTliffion fuhrt zur äußeren,« fchrieb
föhe im erften Jahrgang ber «Kirchlichen Illit=
teilungen aus unb über Tlorbamerika*». Die Kolo=
nifation foUte zugleich eine Brücke für bie Q ei ben =
miffion luerben. Das roar ein weiterer öefidits=
punkt, unter toelchem Cöhe bas Kolonialunternehmen
betrachtete. Urfprünglich ftanb fogar ber Kolonie
fationsgebanke ganz im Dienft ber lieibenmiffion.
Die öegenben, in toelchen bie fränkifchen Bauern fich
eidjncr, Cötje. 5
nieberließen, coaren oon Inbianerftämmen zum Teil
becDolint ober roenigftens umtDolint. Die Koloniften
tiatten als Cl}riften barum bie Pflidit biefen Heiben ein
Segen zuirerben. Daß fid] auch liier fränkifcl]e£anbs=
leute fanben, ipeldie biefes IDerk in Flngriff nahmen,
hat ipolil nidit minber feinen örunb in ber gei(tesge=
roaltigen Perfönlidikeit iCölie's. So ipurbe benn bie
Kolonie «Frankenmut» ber Ausgangs^ unb niittel=
punkt ber neuen lüiffionsunternebmung. Dorthin
roaren aus Franken flustoanberer gezogen, geleitet
oon Paftor Crämer. Saq. fi^^belten fidi im Jalire 1845
in SaginaiP=County an. llirer Tüelirzalil nadi geift=
lidie Kinber Cölie's, erhoben fi^ Rd], ipas diriftlidie
unb kirdilidie öefinnung anlangte, bebeutenb über
ben religiöfen Stanbpunkt ber großen ITlaffe ber
flustpanberer, fo baß Eolie in einem Briefe an fie
fagen konnte : «THeine teuren Kinber, bie \^ jalire=
lang mit Mild] unb füßer Koft, ja audi mit ber
Speife ber Cripadjfenen genährt habe. Il]r feib
mein Brief an bie lieiben.» fin ihrem perfönlidien
Chriftencpanbel unb gottesbienftlidien Teben follten
bie heibnifdien Inbianer mit flugen fdiauen können,
«roie fdiön unb gut es bei Jefu fei». £öl]e hatte
ihnen eine eigens oerfaßte Kirdienorbnung mitge=
geben. 3ipei ölod^en aus ber lieimat zierten als=
balb bie gottesbienftlidie Stätte, eine Sdiule für
Inbianerkinber cDurbe erriditet. Die Kolonie ent=
ipid^elte fidi unter Gottes Segen unb zählte balb
aus ben Inbianern Taufbeirerber. Das Hliffions^
W2vk cDurbe ausgebclint unb als (lilfskraft bcr
Dresbner ITliffionar Baierlein gcroorbcn. ITIitten
unter ben Inbianern tat letzterer feine. Arbeit, eine
eigene niiffionsftation, «Bethanien»» genannt, entftanb,
Baierlein rourbe auf ein anberes lüiffionsfelb nadi
öftinbien abberufen. Die Hadifolger arbeiteten
treulid] roeiter. IDeitere Stationen traten ins f eben.
Dodi fielen biefelben allmäblicii roieber ab. nud)
bie TTIiffionsftation in Bethanien batte nict]t mebr
lange Beftanb. Die Inbiäner ipurben oon ber
Regierung genötigt toeiter zu ziehen, ipo fie fidi
bann leiber zerftreuten, fo baj^ bie Arbeit an ibnen
nid]t fortgefet?t ererben konnte.
Trot^bem gab £öbe bie [joffnung nidit auf,
anberipärts eine offene Tur zu ben Inbianern zu
finben. Die Joirafynobe follte bie in Hlicbigan ein=
geftellte ITliffionstätigkeit unter ben Inbianern toieber
aufnebmen. Cs gelang, am PöCDber=RiDer eine Station
zu grünben. Der eoangelifdi=lutberifciie miffions«
oerein in Bayern bot bilfreidie fjanb, inbem er zur
Unterftütfung bes Unternebmens nidit unbeträditlidie
öelbmittel fpenbete. ITliffionar Bräuninger, toeldier
bortbin abgefanbt roorben toar, tourbe jebodi am
23. Juli 1860 meucbiings oon Inbianern ermorbet. Die
Station tourbe aufgehoben, fln ber Deer Creek
ipurbe ein neuer üerfudi gemacht, bas IDerk
ber lüiffion zu betreiben. Die Arbeit fehlen zu ge=
beihen. Da begannen fdion im lahre 1862 b\2
Inbianeraufftänbe unb bebrohten auch bas neue
6*
mifliönsunternelirnen. ITIit bem flusbrud) bcs
amerikanifdien Bürgerkrieges geriet bas ganze
IDerk ber Inbianermiffion Dollenbs ins IPanken.
Die roeiße Beoölkerung mußte bie Inbianergebiete
oerlaffen, roeil biefelben oon militärifdiem Sdjutf ent=
blößt !Paren. Die ITIiffionare liarrten zirar in großer
öefal}r aus. Aber balb mußten fie, oon ibren
eigenen feuten getoarnt fid} zu eiliger Flucht
entfdiließen. Unb mit ber Tlliffionsarbeit cDar es
zu Cnbe. Cöl)e tpar mit umpiberftebliciier Illadit
bazu getrieben tporben, «einem fterbenben üolk
mit ber Fackel bes Coangeliums lieimzuleuditen
zum etpigen Ceben.»> Cs mar Saatzeit geroefen.
Das Felb mürbe nicht reif zur Crnte. «Die
Frucht blieb nicht.« Die Joroafynöbe, \Az \\^ unter=
ftutfenben Freunbe in Bayern, bie TFIiffionare, roelche
oiele Tlöte unb Befchmerben ertragen haben, hatten
getan, roas fie konnten. Jebenfalls ift um menig
Ijeibenoölker oon ber TTfiffion mit fo marmer, an=
bauernber fiebe geroorben roorben als um \Äz
Inbianer Jlorbamerikas.
6. Die eefelirctjaft für Innere nTiffion
im Sinne Der lutfierifdien Kirci)e unb
5er luttierifctie Uerein für tpeiblf ct}e Diakonie«
Sdion in ben erften Jahren Der Amtstätigkeit
ftanben bem fpätercn Pfarrer oon Tleuenbettelsau
freunbe zur Seite, coeldie fidl non ber öetoalt
feiner Perfönlidikeit angezogen fülilten unb für bie
Peripirklidiung feiner öebanken fidi begeiftern ließen,
nn foldi' treuen geifern l}at es £öl]e ipälirenb feiner
ganzen geiftlidien IDirkfamkeit nidit gefehlt.*) Cine
größere flnzal}! feiner öönner unb Freunbe fdiloß
*) Hus ber Reil]e ber ITIitarbeiter ocrbicnen neben ben
im Cebensbilb bereits genannten befonbers Ijeroorgeljoben zu
werben : Oberappellrat Freiherr eottlieboonTudierCf 1877);
füblte fidi frühzeitig oon Cöhe angezogen unb ipurbe burdi ibn
auf bie Balin bes Bekenntniffes geftellt; bebeutenber Kenner ber
kird]liclien Tonkunft; mannhafter Vertreter ber Richtung följe's
auf ber eeneralfynobe 1849; Tüitbegrünber bes Diakoniffenliaufes
unb niagbalenenafyles in Jllündicn; feine eble öattin Tbekia geb.
oon öemmingen. — Bezirksgeriditsrat Friebrid] Qommel
(f 1892); lieroorragenber fjymnolög; fdienkte bem Diaköniffen=
l)aufe ben 3. Teil bes «l]ausbud)es»; oerblent um bie Pflege bes
Pfalmenfingens in ber flnftalt; feine treffliche öattin Tlierefe geb.
Cicfdiing. — öeriditsbirektör Hit (f 1874); roeldier burd] faft
20 Jal)rc bas Redinungsroefen ber flnjtalt mit liingebenber
Treue führte.
fidi im Jaftre 1X49 zufammcn in ber «öefellfdiaft
für innere lüiffion im Sinne ber Iutlie =
rifcl]en Kir die in Bayern.» Die formlidie Kon=
ftituierung erfolgte im Jabre 1X50. Die Cntfteliung ift
auf bieim labre 1E4X burd] IDidiern, ben Begrünber
ber inneren Tlliffion, gegebenen Anregungen zurüd^zu=
fuliren, ftanb aber oon ünfang an, ipenn audi nidjt
in beipul^tem öegenfat?, fo bod) als Ergänzung zu
benfelben. «IDir konnten«, fo fdirieb fölie im Jalire
1X56, «mitbem konfeffionslofen Stanb biefer inneren
niiffion nidjt ubereinftimmen. lOir ipollten nid]t
mit biefem Strom \Az Flut ber guten IDerke in bie
Kirdie einftrömen laffen, fonbern uns an bie Pforten
[teilen unb il}m ipomoglidi eine konfeffionelle Balin
tpeifen.»* Sdion im erften Jaliresberidit ber öefell=
fdiaft kennzeidinete Cöl}e Aufgabe unb Stellung ber
Uereinigung mit ben IDorten: «Das, toas fie lieut=
zutage innere lüiffion nennen, ftat eben feine Stufen
unb Grenzen. Cs ift ipie mit ben konzentrifdien
Kreifen, roie mit ben IDellen, bie ein fallenber Stein
im Teidie bilbet. Da ift ein toeitefter Kreis: er Ijeißt
menfdilid); ein engerer zweiter, ber Ijeißt d]riftlid] ;
unb ein britter engfter, ber bellet kirdilidi. Unb im
3entrum oon allen ift Jefus, ber nad] bem Maße
ber Cmpfänglidikeit aller feine Strablen in alle
Kreife fdiid^t, Strablen ber önabe unb bes Segens.
Steuere bem Bettel, baß ift menfdilidi unb nid)t
roiberdiriftlid]. liilf allen Kranken unb roeife fie
zum Qeilanb, es ift diriftüd}. Tiber oergiß nid)t.
ba(? bas Ci}riftlidie in feiner Pollenbung zum Kircli=
lidien n7irb, unb ba(^, toenn bu mit allen Hlenfdien
burdi ein allgemeines Banb, mit allen Cliriften
burdi bas Banb ber Taufe oerbunben bift, biet)
niditsbeftoipeniger bas engfte unb oollkommenfte
Banb mit benen einigt, mit roelciien bu ben Ceib
unb bas Blut bes fjerrn genießeft, in ber nbenb=
mablsgemeinfdiaft ftel}ft unb Clirifti Hlenfdilieit um=
faffeft.»> TTIan wollte innere Tlliffion treiben nicht
auf Koften ber lutberifdien Kirdie, fonbern im Sinne
ber lutberifdien Kirdie. So entftanb bie öefellfdiaft
beren geiftiger lüittelpunkt £ölie blieb, aud} roenn
er im Jahre 1860 mit Kuckfidit auf anbertoeitige
Inanfprudinalime bie öbmannfchaft an ben JIIit=
begrunber Pfarrer Fr. IDudierer (geft. 1X81 zu
flha) abgetreten hatte. Die Intereffen ber öefell=
fcftaft oertrat anfänglich ein Korrefponbenzblatt, an
beffen Stelle 1867 «freimunbs Kirchlich=Politifches
IDochenblatt für Stabt unb Tanb» trat.
Die öefellfchaft eignete fich befonbers oier
Arbeitsgebiete an: 1. innere ITliffion burch Prebiger
unb Eehrer unter ben oerlaffenen ölaubensgenoffen;
2. innere TTIiffion burch Perbreitung oon Schriften;
3. innere ITliffion burch Fürforge für bie austDan=
bernben ölaubensgenoffen unb für lutherifche
Kolonifation; 4. innere Tlliffion burch Abhilfe lokaler
Ubelftänbe bes geiftigen unb geiftlichen febens.
Bekenntnistreue unb unanftößiger febenstoanbel
ipar Bebingung für bie 3ugehörigkeit. Tn fokal=,
Diftnkts= unb Bczirksocrdncn fd]loffen ficil bie
eiiebcr berfelben zufammen. IDar bie 3at]! ber=
felbcn oerl}ältnismä(?ig nidit zu groß, fo roar dirift»
Ijdie unb kird]lld]e Keife berfelben beren l]eroor=
tretenbes lüerkmaK öeiftlidie unb Tliditgeiftlidie,
befonbers fanbleute in einzelnen öemeinben bes
nitmül]ltales, bes Riefes, audi öberfrankens bilbe«
fen bie Beftanbtelle. BW alljäbrlidien Perfammlungen
gaben öelegenljeit zur flusfpradie über brennenbe
kirdilidie Fragen; hier entiPickelte Eölie immer
zuerft bie il}n beiregenben großen öebanken unb
fanb aufmerkfame Ijörer foroie billige lielfer. Ja,
llätte er nidit hinter fid) biefe Getreuen getDußt,
roeldie fidi in ber öefellfctjaft zufammenfd]loffen,
iper roeiß, ob er für bie Crlialtung beutfdi=lutl}e=
rifdi=kirdiliclien IDefens in Tlorbamerika fo Diel zu=
roege gebracht hätte, unb ob bie üerbreitung gläubiger
Traktate unb Schriften in fo ausgebehntem Tllaße
erfolgt cDäre.
Der anbere freunbeskreis, in welchem Cöhe
befonberes Perftänbnis für feine bahnbrechenben
Diakoniebeftrebungen fanb, fdjloß fich zufammen
in bem «lutherifchen Derein für meibliche
Diakonie in Bayern», toelcheram IS.lRärz 1X54
auf örunb ber oorgelegten Satzungen oon ber Kgl.
Regie ung genehmigt ipurbe. Die örünbung ipurbe
oeranlaßt burch bie im Jahre 1X53 oeröffentlichten
«Bebenken über roeibliche Diakonie innerhalb ber
protcftantifchen Kirche Bayerns, infonberheit über
X9
zu crriditenbe Diakoniffcnanftalten». Tn bcnfelbcn
roies £ö\)2 zunädift barauf bin, wW fdion anent=
halben Frauen, bem natürlidien Drang folgenb, fidi
ber Kranken unb Clenben melir als anbere an=
nelimen («natunrüdinge Diakoniffen«), tpie es aber
a7ünfdiensipert fei, biefe Kraft in ben Dienft ber
Kirdie zu ftellen zum Segen ber leibenben inenfdi=
lieit («biblifdie Diakoniffen»>). (lier rourbe ficll !ein
geeignetes Tlrbeitsfelb für bie Töditer unferes Polkes
auftun unb ber unmittelbare Dienft an ben Kranken
käme mittelbar ber ganzen roeiblidien Beoölkerung
zu gute. Derartige Bilbungsanftalten ipürben ein
Segen für bas roeite Canb coerben unb fid] nicht
ausfdilieülidi auf Krankenfurforge zu befdiränken
haben, obtuohl nichts fo fehr für bie Frauentoelt
zum Bilbungsmittel fich eignete als bie Befähigung
zum Dienft unter ber leibenben ITlenfchheit. Der
ITIittelpunkt für bk Rnftalten müßten Spitäler fein,
ganz gleich, ob zu biefem 5ipeck beftehenbe
Krankenhäufer in Betracht kämen ober erft kleinere
auf bem platten f anbe errichtet roürben. Die liaupt=
fache fei, baß bie rediten Eeute zur Sache fich ücr=
einigten, ba alles an Perfonen, aber nicht an ben
öebäuben liege. Der örunbgebanke märe alfo:
«einen Frauenoerein für meibliche Diakonie zu
grünben, beffen Wirkungskreis bas lutherifche
Bayern, beffen Tlnfangspunkt bie örünbung eines
lutherifchen Spitals, beffen Fortgangspunkt Dielleicht
bie Übernahme ber Bebienung ber kleineren unb
größeren Spitäler ufip., beffen liebftes 3iel Bilbung
ber roeiblidien Jugenb bes Canbes zum Dienfte
Jefu in ber leibenben Tnenfd]!}eit ipäre«. neuen=
bettelsau roürbe ber naturgemäj^e Ort für bie nus=
geburt unb erfte Formung ber Sadie fein unb l)ier
ipäre ber Anfang zu machen mit einer l^leinen
finftalt für tueiblidie llngefoditene unb fdjipadi^
finnige Kinber» Cöbe toollte alfo mit biefen «Be=
benken« ein Feuer ber Hebe unb Barmherzigkeit
über bie ganze proteftantifdie Beoölkerung Bayerns
anfadien unb einen bas ganze fanb umfaffenben
Perein ins fcben rufen. In ber Diözefe lDinbs=
bad), zu ipeldier Heuenbettelsau geborte, oerbanb
man fid] barum alsbalb zur «ITIuttergefelifdiaft»,
3n7eig= ober Töditeroereine follten fidi im Canbe
anfdiließen.
In ben überaus eingebenb unb forgfältig aus=
gearbeiteten Satzungen bes neugegrünbeten «lutbe=
rifcben Pereins für cDeiblid]e Diakonie in Bayern«
tpurbe als allgemeiner 3ipeck angegeben: «er=
tpeckung unb Bilbung bes Sinns für ben Dienft
ber leibenben Tllenfclibeit in ber lutberifdien Be=
oölkerung Bayerns, namentlidi in bem roeiblidien
Teil berfelben,« Als ITIiitel zum 3ipeck rourben
genannt: «1. örünbung lutberifdier mit Diakoniffen=
anftalten berfelben Konfeffion oerbunbener Spi=
täler. 2. Husbilbung oon Diakoniffen ber oer=
fdiiebenen Arten, b. i. fold]en, bie in Qeilanftalten,
JTIiffionen unb Schulen, unb foldien, bie in öe=
91 rororar^ror^rciro
meinben unb Familien bienen können. 3. flus=
bilbung ber ireiblidien lugenb überhaupt für ben
Dienft ber leibenben Menfclibeit. 4. Ubernatime
ber Krankenpflege in Iieilanftalten.» Die feitung
bes Pereins ipurbe ber «Tnuttergefellfdiaft» zuge=
ipiefen. Diefelbe fet?te fidi zufammen aus einem
Kollegium oon männlidien «*lielfern*>, bem «leitenben
Frauenoorftanb» unb ben «Helferinnen«. 3u Por=
ftelierinnen berief bamals Cölie im Tluftrag ber
TTIuttergefellfcljaft brei Jungfrauen, ipeldien oor
allem bie Durdifülirung ber Pereinsztpecke oblag.
Der niuttergefellfcliaft glieberten fid] an unb tuaren
in ihr oertreten bie «J]ilfsoereine»>. Schnell liinter=
einanber bilbcten fidi foldie [jilfspereine in nürn=
berg, liersbruck, IHemmingen, flltborf, Tforblingen,
Tleuenbettelsau, Furtli, IDenbelftein. fölie felbft
bekannte: «fllle menfdilidien IDerke leiben an lln=
pollkommenlieit unb nie unb nirgenbs erreicht
man, toas man fidi oorgenommen unb zum 3iele
gefetjt hat.»» Die fjoffnungen, roeldie er auf bie
Sad]e gefetft, erfüllten fid) nidit oöllig. «IDir roaren
unb bleiben ein geringer l]aufe, fanben überall
Ijinbernis unb faft nirgenbs bie freubige Teilnahme
unb nrbeit, auf bie roir gehofft hatten.» ....
«Dennodi lebten bie Pereine fort, unb tpenn man
alljährlidi bie Frage erhob, ob es eta7a an ber
3eit CDäre, bie Tätigkeit ber einzelnen Pereine ober
bes gefamten Pereins abzufd]lie|^en, fo roar bodi
bazu niemanb ipillig, fonbern im Gegenteil, neue
flnftrengungen rourben gemadit unb je länger je
mehr ipucfis bodi bas üertrauen, ba|^ bie ettpas
fdjipaclie Pflanze bes üereins für toeiblidie Diakonie
in Bayern nodi einmal auskränkeln unb nod)
bal}in kommen könnte, mit Kraft unb Freubigkeit
emporzugelien,« öeipann ber Perein audi nidit bie
erl]offte räumlidie Ausbreitung, bie einzelnen 3cpeig=
oereine tparen nicht umfonft ins Ceben getreten.
Daß gerabe ber nürnberger 3ipeig kräftig trieb —
in ber Errichtung ber Pflege= unb Krippenanftalt — ,
konnte bem Begrunber bes «lutberifdien üereins
für cDeiblidie Diakonie in Bayern*» eine öenug=
tuung fein. Im Sdioße bes Pereins, bezro. ber
muttergefellfdiaft aber follte nach öottes Fügung
jene große Schöpfung entftehen, mit toelcher ber
TIame Cöhe für alle 3eiten oerknüpft ift bie örün=
bung ber TIeuenbettelsauer Diakoniffenanftalt.
r<3C5^
7« Die Diakonirrenanftatt Tleuenöettelsau.
Um 9. niai 1X54, am Tage fjiobs, cpurbe bie
Diakoniffenanftalt in ITeuenbettelsau eröffnet
Der eigentlidie burdi hld oberfte Beliörbe gegebene
Titel roar: «Diakoniffenbaus für bie proteftantifcli=
lutberifdie Beoölkerung Bayerns biesfeits bes Rbeins.*»
Die flnftalt roar Cöbe's ureigenftes TDerk. In ibr
follte ficb bie Fülle feiner reidien öaben entfalten
unb ipie in einem Brennpunkt gleidifam zufammen=
fehlleiten. Ibr IDerben unb IDadifen nabm neben
ber Crlebigung ber pfarramtlidien öefdiäfte fortab
fein ganzes Denken unb Sinnen in flnfprudi, fo
baß er naturgemäß im Pergleidi zu feiner bis=
berigen allgemeinen, öffentlicben IDirkfamkeit all=
mäblicb fidi mebr in bie Stille biefer befonberen
Arbeit zurückzog. Bis in bie Cinzelbeiten rourbe
bie nnftalt oon ibm burdibadit unb georbnet. Die
erzieberifdie Arbeit lag anfangs ausfdiließlidi in
feinen flänben. üor allem ein gottesbienftlidies
feben follte fidi in einzigartiger IDeife innerhalb
bes liaufes entfalten. Das öanze trug oom erften
Tag an ben Stempel ber Originalität Cöbe's.
Cöbe felbft bat bies beftätigt, roenn er in ber
Schrift: «Ctiras aus ber öefchichte bes Diakoniffen=
haufes TIeuenbettelsau« ^heroorhob: *«lDir haben
keine Reife gemadit um Fliebner's*) große unb
mit Recht berulimte Urbeit anzufeilen; roir liaben
kaum einen Bericht gelefen, ipir haben uns bie
öebanken je nach unfern Bebürfniffen gemacht unb
haben recht roohl geipußt baß roir nicht bie Ceute
iparen, anbern nachzufolgen, öbenbrein iraren
cDir ja Eutheraner, bie bereits ihre öefchichte ge=
habt unb abgefchloffen hatten, bie nichts öeroifferes
tDußten, als baß man ihnen oon Dielen Seiten her
fchon um ihrer Vergangenheit roillen toenig Der=
trauen fchenkte. Dennoch fahen ipir felbft in unferer
Pergangenheit gar kein Hinbernis, unfrer Qeimat
zu bienen, fonbern im Gegenteil glaubten roir, ber=
felbigen unfern praktifchen Dienft fchulbig zu fein
unb es babei getroft abwarten zu können, bis
unfere lüißgönner an bem oon uns zu leiftenben
Dienft klar cpürben, roas unb roie toir es meinten.
IDas tDir je unb je gecoollt haben, fehlen uns recht
zu fein, unb baß man uns oon oornherein roeber
glaubte noch zutraute, baß toir es gut meinten,
fehlen uns nicht an unferm Perhalten, fonbern an
ben Perhältniffen zu liegen, unter benen trir nach
öottes roillen zu leben, unb bie roir burch feine
önabe zu uberipinben hatten. Cs fehlen uns, als
fei oon uns gefchrieben: Dazu feib ihr berufen.«
*) Über fein üerljältnis zu FHcbner äußerte £öl)e im Jaljrc
1857 : «niemanb kann fllebner's üerbienfte fo rourbigen, roie
idi, bcr id) felbft eine foldje Rnftalt zu leiten babe.»»
Im «öaftliaus zur Sonne«, tpo audi bfe inif|iöns=
fdiule ibrc crfte Unterkunft gefunben liatte, bis
bjefelbe in bas eigens bazu gekaufte liaus ihres
Infpektors überfiebeite, toar audi bie Diakoniffen=
anftalt bie erften Ulonate zur lierberge. Die brei
üorftelierinnen (Caroline Rlieineck, flmalie Rel]m,
l}elene oon TFIeyer) übernalimen bie feitung ber
flnftalt; fieben Diakoniffenfdiülerinnen Ratten fidi
gemelbet, tuälirenb adit weitere Sdiülerinnen nus=
bilbung für ilire lieimatlidien Perliältniffe fuditen.
ein firzt (Dr. Sdiilffartli oon IDinbsbad]) , in ber
Hälje CDolinliaft, ubernalim mit großer IDilligkeit,
ja Begeifterung ben ärztlidien Unterridit. Den
geiftlidien Unterridit erteilte fotie, ipälirenb ein
britter Celirer (Kantor öüttler) ben öefangsunter=
ridit leitete. Die Porftelierinnen unterriditeten in
roeiblidien Arbeiten, bann imEefen, Sdireiben unb
Redinen, «im Eefen», cDie nad] ben ITIitteilungen
Eölie's auf ber Paftoralkonferenz zu Furtli am 25.
npril 1854 ein Beridit jener 3eit fagt, «ipeil Kranke
nid}t jebes Cefen oertragen, im Sdireiben, bamit
bie Pflegerinnen audi orbentlidie Krankenberidite
abfaffen lernen, im Redinen, um bas öebörige audi
barin für XA^ Kranken beforgen zu können.» In
biefem Beridit beißt es am Sdiluß: «Die Diakoniffen=
anftalt foll zugleidi eine finftalt für ireiblidie
Bilbung überhaupt fein; benn [jelfen unb Dienen,
Pflegen unb lieilen ift bes IDeibes eigentlidier
Beruf, unb ihre ganze Bilbung foUte fie zu biefem
Berufe fällig madien. So ift es alfo in bem oor=
liegenben Unternebnien nidit bloß abgefeften auf
Perfonen, tueldie bie Krankenpflege als befonberen
Beruf im engeren Sinn treiben. Die in ber be=
gonnenen nnftalt öebilbeten möchten in ein Per=
hältnis treten, in roeldies fie trollten, fo könnten
fie mit bem öelernten liausl)alten. Cine tpeife
Frau ift eine IDoljltat in jebem Dorf, unb fo ift bie
Sadie ja nidit allein auf bie fog. gebilbeten Staube
zu befcftränken, IPobl befonbers zu benutzen roäre
biefe Bilbungsfcftule für Töctjter aus Pfarrliäufern,
aber außerbem ipäre nidit zu überfelien, über=
liaupt lüäbdien auf bem platten fanbe l]inzu=
fcfticken. firme können obne alle Sorge kommen.
IDenn aber eine Diakoniffin Permögen hat, fo be=
kommt fie nichts, fo lange noch eigenes ba ift.
Für eine Kleinkinberfchule, \A^ mit ber flnftalt zu
oerbinben ift, roirb fchon geforgt. fluch benkt
man baran, Schtoachfinnige aufzunehmen unb
hofft für biefe bann eine eigene Schule einzurichten.»»
In ben Satzungen tourbe als 3ipeck ber flnftalt be=
zeichnet: «Bilbung bes roeiblichen öefchlechts zum
Dienfte ber unmünbigen unb leibenben Hlenfchh^it,
insbefonbere flusbilbung oon Cehrerinnen für Klein-
kinberfchulen unb oon Krankenpflegerinnen in
Familien unb Spitälern.» Die flnftalt follte fein
eine fehranftalt, eine Übungsanftalt im Dienfte
ber leibenben Hlenrchheit unb eine erziehungs=
anftalt. Sie roar eine Stiftung ber «Tllutter«
gefellfdiaft«, unter beren üeripaltung biefelbe
audi ftelit.
Die Eröffnung rourbe am 9. TTIai 1X54 feier=
lidi Döllzogen. Hierüber beriditete föbe tpie folgt:
«Tladimittags um 2 Ulir oerfammelten fidl bie
ITIänner im bortigen Pfarrbaufe, Frauen unb Iung=
frauen ber teilnelimenben Kreife in ber IDolinung
ber brei Porfteberinnen zur Sonne. — üon ba aus
zog man in bie bidit befet^te Kirdie, ipo Rdl ein
zalilreicftes Publikum ber Umgegenb oerfammelt
hatte. Tladi bem örgelprälubium bradi bie Per=
fammlung in bie beiben erften Perfe bes Eiebes:
«Komm heiliger ;öeift»> aus. 3cDei 3öglinge ber
iriiffionsanftalt oertraten bie Stelle oon Rektoren
unb lafen oom örgeldior herunter als Coangelium
bes Tages TTTatth. 25,31-46 unb als epiftel Rom.
16,1 — 16. Darauf fang man Pers 1 unb 2 bes
Oebes: «Hun bitten ipir ben h<2ilig<2n öeift.« 5ier=
aufvKebe bes Dekans Badimann als Pereinsoor=
ftanbes, an beren Sdilu(^ berfelbe namens ber
TITuttergefellfcliaft bem leitenben Kollegium ber
Diakoniffenanftalt in Tleuenbettelsau bie letztere
feierlich unb förmlich übergab. TTach bem britten
Perfe bes angefangenen Oebes anttuortete ber
Pfarrer £öhe als Porftanb bes leitenben Kollegiums
bem Dekan unb akzeptierte bie gefchehene Über=
gäbe ber Diakoniffenanftalt, rebete auch bei biefer
Gelegenheit bie Porfteherinnen unb bie Schulerinnen
ber Tinftalt, bie famtlich am flltar oerfammelt
Cid] n er, Cölje. 7
tparen, an. ITadi bem oiertcn Perfe jenes Oebes
folgte nodi eine Rnfpradie bes eripäl)lten nnftalts=
arztes, Dn Sctjilffartli. Darauf fang ber IDInbsbadier
Sängerctior „Exaudi nos domine'* unb Katediet
Bauer fpradi Gebet unb Segen, iporauf bie üer=
fammlung ben erften Pers bes Oebes: «IDie fcfion
leudit uns ber TRorgenftern» fang, unb baraufzog
man fidi an bie orte zurüd^, oon benen man aus=
gegangen roar, unb blieb oergnügt bis nach 6 Ubr
abenbs zufammen.*> Ulsbalb enttoid^elte fid] ein
frolilidies unb reges Treiben in ber Hnftalt unb —
halb Sdierz, halb Crnft — meinte fölie fpäter, fo
wo\}\ fei es ber Diakoniffenanftalt nie getuefen als
«in ber Sonne».
Die Crrid]tung eines eigenen Tlnftaltsgebäubes
cpar ein unauffdiiebbares Beburfnis. Rlsbalb einigte
man fidi über ben Finkauf eines Platzes an ber
bödiftgelegenen Stelle bes Ortes, bes fogenannten
Förthner'fdien Ijopfenad^ers. Profeffor Bohrer in
Hurnberg lieferte ben Plan. UTeifter Sdieuenftuhl
Don Klofler lieilsbronn übernahm ben Bau — unb
am 23. Juni 1854, St. Johannis bes Täufers üor=
abenb, konnte bereits ber örunbftein gelegt
werben. Cs luar am Freitag nach Trinitatis nach=
mittags 4 Uhr, als eine anfehnliche 3ahl oon Teil=
nehmern aus nah unb fern zum Bauplatte zog,
über roelchem roahrenb ber ganzen Bauzeit eine
oon Schroeftern gefertigte Flagge roehte. Unter
bem öefang bes Ciebes: «ein Cämmlein geht unb
trägt Die Sdiulb»> betrat man t)ie Bauftätte. nn ber
fuböftlidien Ccke, an bcr Stelle bes liaupteinganges
unb an ber Tlorbfeite ipurben nadieinanber Bibel=
ftellen (mattli. 20, 20-- 28; Jot 13,4-17; Hlattl).
25,31-46) oerlefen unb kurze öebete gefprodien.
IDälirenb bes Umzuges fang man ben 5. unb 6.
Pers bes begonnenen Ciebes, Pers 1-3 oon «l]erz=
lidi lieb bab idi bidi, o fierr», Pers 1-3 oon «Fang
bein IPerk mit Jefu an.» Inztpifdien toar man an
ber norböftlidien Ccke, roo ber örunbftein gelegt
ipurbe, angelangt. Dekan Badimann hielt eine
kurze FInfpracbe unb oerlas hierauf bie Urkunbe.*)
Diefelbe ipurbe aisbann in eine Kapfei gelegt unb
in bas öemäuer oerfenkt, nactjbem nodi Pfarrer
ITIuller oon Immelborf einige IPorte ber IPeilie an
bie Perfammelten geriditet hatte. Der örunbftein
lourbe^nunmelir «Im Hamen öottes bes Paters unb
bes Sohnes unb bes heiligen öeiftes» mit ben bref
üblichen Hammerfcblägen oerfcftloffen, iporauf bie
übrigen Hnipefenben ihre f^ammerfchläge taten.
Katechet Bauer intonierte bie Schlußliturgie unb
*) Dlefdbe trägt folgcnbe namcnsunterfdiriftcn : Karolin«?
Rl) ein eck. flmalie Rcbm. Helene d. ITIeyer. CDuarb
Badimann, Dekan unb Pfarreraon IDinDsbadi. Dr. Sdiilffartli.
JHullcr, Pfarrer zu Tmmclborf. Kunbingcr, Pfarrer zu
Petersaurad). J]enfolt, Infpektor bes Pfarripaifcntiaufcs zu
roinbsbad). Fifdier, Pfarroikar zu IDeifienbronn. Friebrid)
Bauer, Infpektor ber ITIifnönsanftalt. Johann Georg öüttler,
Rnftaltskantor. r 6 I) e, Pfarrer oon neuenbcttelsau. IDilbelmine
Ijenfolt. Sofie d. Tudjer. Julie Bauer.
7*
mit bem öefang oon Pcrs 4 u. 5 bes Oebes : «Fang
bein IDerk mit Jefu an» fdiloß bie Feier.
Don bem erfteftenben Bau l}ieß es in ber lJr=
kunbe: «Dies fjaus fotl fein ipie ein flitar bes
3eugniffes auf biefer (lölie bem lierrn, bem brei=
einigen öott, bem Dater, Sol}ne unb öeifte, zum
Rul}m unb Preis unb Dank für feine eroige Barm=
Herzigkeit unb önabe gegen uns arme THenfdjen
auferbaut. Der lierr laffe fid) unfere arme Stiftung
iDoblgefallen unb laffe bies (jaus Sein f]aus fein,
bis feine 3eit ooruber ift, unb es roie alle irbifdien
Dinge baliin fallen roirb. Cs kann niemanb einen
anbern örunb legen, als ben, ipeldier audi biefem
Haufe gelegt ift, unferen einigen bodigelobten
Herrn unb Heilanb Jefum oon Hazaretli, ben Cbriftus
öottes. üuf biefem örunbe foll bleiben bies Qaus
bis an fein Cnbe. öefegnet feien, bie in biefem
ßaufe unb über biefem örunbe ipolinen, roanbeln,
bleuen, leiten unb lebrenl öefegnet feien \i\^ fer=
nenben, bie Ubenben, bie Kranken, bie Sterbenben
auf biefem unferem einigen örunbe I Der Segen
gebe aus oon biefem ßaufe rings in bies Canb
roie bie Quelle Siloab, bie ftill ift unb klein, unb
bennodi reidi unb bocliberubmt im Ijaufe öottesl
öottes öruß unb Segen gebe in barmherziger
bienenber Hebe oon biefem l)aufe aus in bie oier
IPinbe, auf bie Berge unb in bie Täler unb in bie
Breiten unferes l]eimatlanbes 1 Cs fei aud] Friebe
mit biefem Ijaufe unb mit benen, bie brin ipobnen.
unb bas Blut Jefu Cbrifti, bes Sofines öottes reinige
uns Don aller unferer Sünbe!»
mit «eilen ber Cntrciiloffenlieit» tourbe bas ftatt=
lidje Baucoerk aufgeführt, Sdion am 12. Oktober
zu Cliren bes bamals regierenben Königs ITIax IL
follte basfelbe feiner Beftimmung übergeben roerben.
«♦niles ipurbe angecoenbet, bies 3iel zu erreidien,
unb roir Ratten bamals in ber Tat nici]t zu klagen,
baß uns ICoiele Hinberniffe entgegengekommen
tDären. einen foldien Fleiß unb Cifer ber Bauleute
liaben toir fpäterbin nidit ipieber zu feigen be=
kommen«, fcbrieb Eolie fpäter. Der lüaximilianstag
kam, es roar ein Regentag. Der oerliältnismäßig
große Bau roar f ertiggeftellt. «IDeg, Wetter
unb Regen bot kein Qinbemis, unb roir erlebten
es, mitten im Sdimutf eines armen Dorfes ein
überaus frolilidies Freubenfeft zu feiern.» Um
12. Oktober 1854 tuurbe basDiakoniffenmutterliaus in
flnioefentieit vieler Freunbe unb öäfte unter Teil=
nalime zalilreidier öemeinbeglieber feierlid] ein =
gecDeilit.
Um niorgen bes Fefttages prebigte Cobe in
ber örtskirdie über Pfalm 73, 25 unb 26. Cin e4n=
fadies niittagsmalil Don ungefähr XO öebecken oer=
einigte bann in ber Sonne t)k Feftgäfte. TTadimittag
um 2 Ulir begann hierauf bie eigentlidie Feftfeier,
roeldie infolge bes Regens nid]t oor bem liaufe,
roeldies eingeireiht roerben follte, fonbern in ber
Kirdie abgehalten ipurbe. Diefelbe oermodite frei=
lid] ble nicnge ber Teilnelimenben nid]t zu faffcn,
fo baß oiele braußen im Kcgcn fteben mußten. ITlit
öGfang ipurbe begonnen, l)ierauf liielt Dekan
Badimann bie feftrebe über £uk. 5J7— 26. Cs
folgte eine Reibe oon fiebern unb f ektionen , spelcb
letztere teils aus ber Sdirift (Hlattb. 20, 20-28;
Job. 13,4-17; mattb. 25,31-46), teils aus Patern
ber Kircbe (Scrioer unb Heinricb Hluller) genommen,
teils eigens bazu oerfaßt toaren. Hacbbem biefe 9
fektionen oon Sdiulern ber ITIifflonsanftalt oerlefen
!Porben iparen unb bie öemeinbe immer mit bem
öefang eines Cieberoerfes geantwortet batte, fcbloß
ein oon ber ganzen üerfammlung gefungenes Te
Deum ben erften Teil ber f eftfeier. In georbnetem
3uge begab man ficb oor bas mit Blumen unb
Kränzen gefcbmückte fiaus, «bas in länblidier Cinfalt
ben erbabenen Crnft feiner Beftimmung an ber
Stirne trägt.« Der Regen batte inzrolfcben nacbge=
laffen. Por bem liaufe angekommen fangen bie
Feftteilnebmer bas Oeb: «♦Jefu geb ooran.« Dekan
Badimann betrat bie oberften Stufen bes Eingangs,
öffnete im Hamen bes breieinigen öottes bie Türe
unb fprad] ben Segen über bie Diakoniffen mit
ibren Porfteberinnen. Tllan zog nun in bas l}aus
ein unb toanberte burd] feine Räume, flus bem
Betfaal erklang ber öefang geiftlid]er Oeber, in
einem 3immer toaren bie Feftgefdienke aufgeftellt.
niit eintretenber Dunkelbeit begann ber britte Teil
bes feftes, ber erfte Qausgottesbienft im Betfaale.
Tladi bem CieDe: «Cbrifte, bu Eamm öottes« oer=
breitete fidi Cölie über ben 3ipeck bes neuen
l]aufes. Die £itanei mit eingefdialteten Bitten, bie
fjdi auf ben 3ipeck unb bas Ceben in ber flnftalt
bezogen, tuurbe oon ber feiernben öemeinbe ge=^
betet. Pater unfer, Segen unb bas Oeb «Jerufalem,
bu liodigebaute Stabt» beenbeten bie feien nnge=
fidits bes flitares mit ben brennenben Kerzen Der=
einigte man fid} aisbann zu einem fiebesmabl.
Die IDitipen unb Armen ber öemeinbe in ber TITitte,
faßen in bem Betfaale über l)unbert Tifdigenoffen
beim einfachen, aber Dom öeifte ber Jefus= unb
Bruberliebe reidilid] getuürzten Jllalile. Kurze Tln=
fpradien, gemeinfcliaftlidi gefungene fieber unb
Deriefung einiger zu biefem Tage gefanbter öe=
bidite geftalteten ben flbenb zu einer lieblidien
Familienfeier.
Cin großes IDerk roar oollenbet. ITIan Ijatte
gebaut «nicht aus bem Reichtum ber Unternehmer,
fonbern auf IDagnis bes göttlichen IDohlgefallens.«
öefchenke, unoerzinsliche unb oerzinsliche Darlehen
mußten ben Bau oollenben halfen. Huf ber erften
Seite bes erften Sdiulbbuches fteht oon Cöhe's fjanb
gefchrieben: «Der etuig reiche öott, zu beffen Chre
biefe Diakoniffenanftalt erriditet ift, cDolle nach
Seiner önabe ber Sunbe berer nicht gebenken,
loelche es auf Seinen großen Hamen getoagt haben.
Keinen ITlenrcben toolle Cr burch bies [jaus Schaben
nehmen laffen, fonbern Cr laffe uns unb anbere
crfaliren, baß Cr mit uns ift. Timen.« Die Bau=
l^often beliefen fid} [auf annäliernb 15000 öulben.
flnfänglid} betrugen bie öefdienke über 1000 öulben.
Cöbe felbft bezeichnete es «als ein reines IDagnis,
aus foldier flrmut fictl zum Bau zu>ntfdiließen.»»
«Dennodi ift roeber ber Bauunternehmer nodi ber
öelbbarleiber zu Sdianben geroorben, unb cpenn
audi meljr als einmal bem erfteren bie IDaffer ber
Sorge bis an ben l)als gingen, fo iftjbm bodi nidit
bloß zu ber Baufumme, fonbern noch zu toeit mehr
geholfen roorben, nämlich zu all bem großen fiaufen
öelb, ben er auch ferner zum Unkauf fo oieler
örunbftucke unb zum Bau fo oieier Räufer beburft
hat» «Ich roerbe roohl auch fagen bürfen unb
muffen, baß meine IPaffer im Pergleich mit benen
anberer ber ftillen Quelle Siloah's glichen, aber in
IDahrheit, es ift mir boch fo oiel burch öott ge=
lungen, baß ich es nicht zählen noch n7iegen kann,
unb ich bin boch eines pon ben oielen Beifpielen,
an benen öott beroiefen hat, roas Jefu ITIutter
(Cuc. 1,53) fagte: «Die f)ungrigen füllt er mit
öütern unb läffet bie Reichen leer,» - bekannte
Cöhe im Rückblick auf bie weitere Cntcpicklung ber
nnftalt.
Das Diakoniffenhaus tourbe als Backfteinbau
aufgeführt. Cs beftanb aus einem 100 Fuß langen
zipeiftöckigen Qauptgebäube nebft einem 65 Fuß
langen toeftlichen Flügel. Der oftliche Flügel tuurbe
im folgenben Jahre oon einem Freunbe ber flnftalt auf
eigene Koften gebaut unb fpäter bem ITlutterbaufe
überlaffen» Ilodi zu Cöhe's 3elten tourbe bas fjaus
oergrößert. Inztpifdien ftatte ein frolies Urbeiten
in bem eben eingeroeiliten Diakoniffenmutterliaus
begonnen. IPar ber oberfte 3ipeck bes liaufes
nusbilbung oon Celirerinnen für Kleinkinberfdjulen
unb oon Krankenpflegerinnen in Familien unb Spi=
tälern, fo Ratten bod] fdion im öaftbaus zur Sonne
foldie Sdiulerinnen Flufnalime gefunben, tpeldie
lebiglidi eine gebiegene toeiblidie Tlusbilbung fürs
fpätere Ceben \\\^x fuditen. So entftanben bie
Tleuenbettelsauer Sdiulen, beren enge €in=
glieberung in bie finftalt barin fidi bekunbete, baß
biefelben im Diakoniffenmutterbaufe untergebracht
tpurben. öleidizeitig ipar oon Anfang an ben=
jenigen Diakoniffen, roeldie zu febrfdiipeftern aus=
erfeben toaren, bie ITIöglidikeit geeigneter Por=
bilbung für ibren Beruf gegeben. Der Sci]ulorga=
nismus glieberte Heil alsbalb in brei Teile, bie
«rote»> Sdiule für unkonfirmierte Hläbdien, W^
«grüne»> Sdiule für konfirmierte ITIäbdien, \in
«blaue« Sdiule als bie eigentlidie Diakoniffenfdiule.
Die erfteren beiben Hbteilungen ermogliditen bie
Bilbungsftufe einer bob^ren Toditerfdiule unb traten
im Jabre 1855 (grüne) unb 1862 (rote) ins Eeben.
Der Bezeidinung ber Sdiulen nadi oerfdiiebenen
Farben lag bas Banb zu örunbe, toeldies bie
Sdiulerinnen als Rbzeidien am Kleibe trugen. Über
bas Perbältnis ber einzelnen Sdiulen aufwerte fidi
Cöbe bereits in ben frulieften Beriditen: «Die fo oft
bel^Iagte große Cinfeitigkeit unb Citeli^eit bes ipeib=
lidien Inftitutslebens fdieint burd] bie üerbinbung
mit ber Diakoniffenanftalt glucklidi oermieben zu
fein. Die l^leine Sdiule ift integrierenber Beftanb=
teil bes Ganzen: bie Sctiulerinnen nel^men an allem
teil, CDas bas liaus beroegt; roäbrenb es ooller
Crnft mit bem fernen ift, gel}t \\}v feben bodi nidit
gar im fernen auf, fonbern fie finb oon einem
reidien feben umtoogt, beffen Cinflüffen {12 fid)
nicht entziehen könnten, auch wenn fie looliten.«
Por allem bie «grune»> Schule lag f öhe am Herzen
unb er nannte biefelbe gerabezu «bie THiffion ber
blauen», hoffte er boch, ba|^ bie Schulerinnen ber=
felben nach ihrer Cntlaffung Diakoniffenfinn unb
üerftänbnis für bas Diakoniffentum in roeitere Kreife
trügen , toenn fie nicht lieber felbft ben Diakoniffen=
bienft zum f ebensberuf roählten. Der 2. Juli (Ulariä
Ijeimfuchung) trurbe oom Jahre 1X61 ab als ein
Perfammlungstag ber geroefenen grünen unb roten
Schülerinnen in TIeuenbettelsau beftimmt unb rourbe
feitbem ein Fefttag befonberer TIrt.
Tlur kurze 3eit beherbergte bas Diakoniffen=
mutterhaus in feinen unteren Räumen eine Unzahl
leiblich unb geiftig Kranker. Dagegen fanb bauern=
ben IDohnfit? in bemfelben bie im Jahre 185S ge=
grünbete Paramentenanftalt, burch roelche
föhe eine tpürbige ^erftellung oon ?lltar= unb
Kanzelbekleibung anbahnte, föhe's Perftänbnis
für basSdiöne unb Cblc, foirie bie ilim eignenbelDcrt=
fci]ät?ung bcs Rltarfakramentcs tuar bie Urfadie zur
Pflege biefer Seite diriftlicfier Kunft ein IDerk, cDeldies
gebeil}lid]en Fortgang nalim unb feit 1859 in einer f]anb
(Dial^oniffe Sarai] Ijalin) coar. Im Jal]re 1866 ipurbe
ein eigener Paramentenoerein gegr unbet, bef fen
3ipeck ipar: «bei feinen lüitgliebern unb burdi
biefe in roeiteren Kreifen ben Sinn für diriftlid]
roürbigen Sdimuck ber öottesliäufer zu ertoecken
unb focDoliI praktifdi ais theoretifd) auszubilben,»»
Die oon Heuenbettelsau ausgelienben Anregungen
fulirten alsbalb bie Cntftetiung einer finzalil äl}n=
lidier Pereine in ber eoangelifciien Kirdie lierbei.
Mit ber Paramentenanftalt toar aud] bie Hoftien =
backerei oerbunben. «fölie bat in biefen beiben
Arbeitsgebieten», liieß es beim fünfzigjährigen
Jubiläum, «feinen Diakoniffen ebelftes Frauencoerk
anoertraut unb roie einen lieblidien Kranz um all
bie inübe gerounben, \A^ täglid] gefdieljen unb ge=
tragen toerben mu(^.»
ettpas öro(?es ipar mit ber Diakoniffenanftalt
gefdiaffen. IDolil meinte f öl]e fpäter : «Cs ift frei=
lidi alles anbers gea7orben unter öottes befonberer
Führung, aber iras nun getoorben ift liaben roir
eigentlid] nidit geroollt,« aber er batte bodi eine
Brunnftube ed]t ipeiblidi diriftlid]er Bilbung ge=
fdiaffen, einen Quellort eoangelifdier fiebestätig=
keit erfdiloffen zu einer 3eit too gerabe bas Per=
ftänbnis für beibes erft getoeckt tperben mußte.
f öl]c felbft badjte fclir bcfdidben oon feiner Sdiöp«
fung. Beim Hblauf bes erften Jalirzelints fdirieb
er: «So tpirb audi bie Diakoniffenanftalt fdion ein=
mal ipieber untergeben, fintemal nidits 3eitlicbes
einen eroigen Beftanb bat; toann aber, nad] roie
langer 3eit toer lueiß bas? Die Diakoniffenanftalt
foll ben ßerrn ibrer Tage anbeten unb zu Ibm
fagen: «Hleine 3eit ftebt in Deinen Hänben»>; bann
aber foll fie auffteben unb toie ein Jüngling, ber
am morgen an fein Tageroerk gebt ibre Sebnen
ausftrecken, in Cbrifto Jefu Hlut unb Kraft anzieben
unb ficb aufs neue, bei begonnenem zweiten Jabr=
zebnt pornebmen, nicbt zu ruben, fonbern ibrem
berrlicben 3iele entgegenzuringen.» Damit aber
iDurbe Cöbe ber Propbet einer rubmreicben ee=
fcbidite bes oon ibm gegrunbeten Diakoniffenbaufes.
8. B^r Husbau Der DiakonflTenanftatt
IDalire Diakoniffenbilbung unb ecl)t tpciblidie
Bilbung fielen für £öl}e zufammen, tuie fein
großer Biograpl] Deinzer mit Redit lierporliebt.
Pom erften Rugenblick an nabm barum bas SdiuU
ipefen in ber Diakoniffenanftalt eine beoorzugte
Stellung ein. Sdion im erften Kurs ber eben ge=
grünbeten Diakoniffenanftalt ftanben bcn eigent=
lidien Diakoniffenfchulerinnen acht Schülerinnen
gegenüber, «bie nicht eigentlich bie Tlbficht hatten,
Diakoniffen zu toerben, fonbern Diakoniffenbilbung
für ihre h^itnatlichen Perhältniffe fuchten.« föhe
oertpanbte barum auf bie IPeiterentroickelung bes
Schulroefens oiel Tllühe, beauffichtigte mit größter
Seipiffenhaftigkeit ben Unterricht unb ftellte fein her=
Dorragenbes erzieherifches Können in ben Dienft bes
liaufes. Sein öeift toaltete in ber blauen, in ber
grünen unb in ber roten Schule unb fuchte bie
Qerzen bem einen zuzuführen, ber auch für ihn
bas ölück bes febens geworben roar.
Dl2 Uerhältniffe brängten ireiter. So entftanb
1856 bie Kinberfchule, 1X61 bas Kettungshaus. Da=
mit cDollte föhe ber Pfarrgemeinbe nützen. Das
Kettungshaus erhielt am 6. Dezember 1862 ein
eigenes fjdlm unb toar zunächft beftimmt [Zur
Aufnahme armer unb oeripaifter Hlabchen aus ber
Pfarrei,barum aud] «lDaifcnliausfct]ule»> genannt Diefe
biente zugleich als l?olks= unb Clementarfdiule für
bie nnftalt unb roar für 12-15 Hläbdien beredinet.
Um ben Im Rcttungsliaus ausgebilbeten IHäbdien
nach ber Konfirmation cDeitere Tlusbiibung ange=
beihen zu laffen, tuurbe bie Inbuftriefchule (ürbeits^
fchule) begrünbct. Diefelbe trat am 1. Dezember
1X65 ins f eben unb legte ben ITachbruck auf prak=
tird]e flusbilbung, SW wnv in einem an bas Pfarr=
haus angrenzenben Bauernhaus untergebracht unb
fanb alsbalb zahlreiche Inanfpruchnahme.
föhe bezeichnete es felbft als eine «göttliche
Porfehung», ba(] bie Diakoniffenanftalt zugleich
mit bem öebanken an eine Blobenanftalt auf=
treten mußte. «Dem Ijerrn hat es eben gefallen«,
— fchrieb er — «bas hi<^figc liaus zunachft an ben
freuben unb Eeiben ber Bioben oorüberzufuhren.
Das tpar fein IDille unb ift baher fein IDerk.»
Schon ehe bie Diakoniffenanftalt ins Ceben getreten
tuar, ipar Cohe für bie Blöbenpflege intereffiert
iporben. Cin zur öemeinbe gehöriger örtsDor=
fteher hatte feinen einzigen Sohn, welcher blöbe
roar, ber Fürforge bes Pfarrers empfohlen, föhe
tDurbe baburch auf ben Kretinismus (Blöbfinn) auf=
merkfam, forfchte bem Übel, feiner Verbreitung unb
feiner Urfache roeiter nad] unb befuchte flnftalten,
tpelche anberipärts für biefe Unglücklichen einge=
richtet iparen. Als am 9. ITIai 1X54 im öafthaus
zur Sonne bie Diakoniffenanftalt eröffnet ipurbe,
begann h\2 Diakoniffcnarbcit mit öcr Pflege jenes
blöbfinnigen Knaben. Kurze 3eit tparen bann bie
Blöben im fubipeftliclien Eckzimmer bes Tnutter=
Kaufes untergebradit. Die 3alil ber Pfleglinge ftieg
zufebenbs» 3ipei kleine nebeneinanberftelienbe
fjäufer in unmittelbarer Tlälie bes Pfarrbaufes
CDurben für bie Unterbringung ber Blöben ange=
kauft bis im Jabre 1X64 ein eigenes ftattlicbes
breiftöckiges öebäube als «Stein göttiidier flilfe
burd] 10 Jabre Tlot unb Drangfal»> in ber Habe bes
Illutterbaufes bie Kranken aufnabm. Im Jabre
1X66 CDurbe für hk männlidien Kranken in Pol =
fingen bei Öttingen eine 3n?eiganftalt erricbtet
fo ba^ oon ba ab in TIeuenbettelsau nur coeiblicbe
Pfleglinge untergebracbt n7aren. In Polfingen
ipurben auf^erbem ein Diftriktsbofpital, Kettungs=
baus unb Kinberfdiule erriditet. 3ur finanziellen
Sidierftellung ber Blöbenpflege ercoirkte £öbe eine
jäbrlicbe Kirdienkollekte. Cr felbft ging ben Armen
mit feelforgerlidier fiebe nadi unb mubte fid] bis
an fein Cebensenbe mit ibnen ab. Denfelben ge=
borte feine ganze oäterlidie Fürforge unb in ben
Jabren zunebmenber feibesfcbtradibeit oerzebrte
er an ibnen feine letzte Kraft, feiber toar fein
Bemüben, eine eigene Rnftalt für Cpileptifcbe zu
grunben, oergeblid]. Soireit es anging, ipurben
biefelben in ben Blöbenanftalten untergebracht. Die
Blöbenanftalt auf bem Territorium oon Dettelsau
nannte er «eine fdiöne Infel, bie fid] rings Don
betn £ant)e unb Flnftaltcnkomplex zu ibrem üortd!
lierausbebt unb gcitenb madit Unfere Sctiulan=:
ftaltcn ftelien im Flor unb es ift keine Urfadie oor=
lianben, [12 nidit zu rounfdien ober niciit zu förbern,
aber bie Blobenanftalt bat bennodi einen Porrang
oor ben Sdiulen unb bas kommt baber, baß fi^
einem fo großen unb namenlofen Clenb fteuert
Si2 bient ben Biöben aller Art unb aller Stufen,
fie bient Cpileptifdien , fie bient öeifteskranken.»
Als Cöbe ftarb, roaren oiele berartige Kranke in
ber Pflege ber oon ibm begrünbeten Finftalt, roeldie
er ipobl «eine 3ierbe ber inneren Uliffionstätigkeit»»
nannte. Das Clenb ber Biöben batte er zu bem
Crften gemadit, an bem bie Diakoniffen «ficb ab=
muben, üben unb plagen follten.« Tluf ber Haupt=
front ber Ileuenbettelsauer finftalt batte er bie ln=
fcbrift anbringen laffen: «Den Biöben ift Cr bolb.»>
Als am 11. Huguft 1X64 bas (jaus eingeroeibt
tpurbe, gab ibm biefe Infcftrift bas Tbema zu
feiner TInfpracbe. Cr fagte bamals: «fragt man
nacb bem biblifcben Beleg bes Sat?es, fo gebort
bieber alles, luas oon ber Beziebung bes fierrn
zu ben Kinbern gefdirieben ftebt benn bie Biöben
finb unb bleiben Kinber ibr Ceben lang. Die Kircbe
bacbte lange nicbtbaran, ficb nacb ben Perbeißungen,
roelcbe bie Pflege ber Kinber bat audi burdi Für=
forge für bie Biöben auszuftrecken, aber in neuerer
3eit finb Rügen unb fjQVZ für biefe €lenben oon
öott geöffnet toorben, unb barum a7ollen roir nur
redit red]t liolb ben Blöben fein, ba ^r il}nen
fo liolb ift.» «Für bW Blöben irar fölie nichts
fchön unb gut genug»>, fdirieb ber Jul7iläumsbericlit=
erftatter im ««Überblick über 50 Jalire öefdiidite
ber Diakoniffenanftalt in TIeuenbettelsau*>, «l]C)cli=
fcbattige Bäume, faubengänge, Unlagen fdimückten
bie nädifte Umgebung.» Das f]aus in TIeuen=
bettelsau felbft tuar bamals ber beberrfdienbe Bau
in ber roeiten Kolonie, um 10 Fuß länger unb ein
Stocktoerk Iiolier als bas Illutterliaus, «fo baß Cölie
fcberzenb toarnte, fie möge fidi nidit Ijoffärtig über
bie Hlutteranftalt ergeben, ipie tjagar gegen Sara,«
ein weiteres Arbeitsgebiet bes Diakoniffen=
Kaufes iDurbe bie Fürforge für bie gefallenen unb
gefäbrbeten ölieber bes ipeiblidien öefdiledites
(Tnagbalenenfadie). In ben erften lal^ren
liatte er biefelben in bas Haus felbft aufgenommen,
iDO fie unter befonberer Huffidit einer Scl]cpefter
ftanben. Dank ber Barmherzigkeit ebler Frauen
konnte am 23. Juni 1X65 ein eigenes liaus für
biefe Unglücklidien eröffnet toerben. Das inagba=
lenium übernalim bie Beforgung ber IPäfdie fämt=
lidier finftalten fomie fpäterliin bie Hälierei. öe=
tDölinung zur Tirbeit rourbe liier mit Folgeriditig=
keit als bas IPiditigfte unter ben menfdilidien Cr=
zieliungsmitteln erkannt Die Cinglieberung biefer
befonberen finftalt in ben Organismus ber gefamten
Tlnftalten unb bie Teilnalime an ben geiftlidien
Segnungen bes großen Haufes eripies fidi als ein
etdjner, Cölje. g
befonberer Vorzug. Den Diakoniffenpoften ber
TTIagbalenenoberfdiiPefter bielt Cölie in oicler Be=
Ziehung für ben fdicDierigften unb äußerte rool}!:
«Idi habe Diel flbnlidikeit zroifdien ihm unb bem
Poftcn eines Pfarrers gefunben, aber immerbin
babe idi ibn auch toie jenen größeren als preis=
ipürbig unb berrlidi anerkannt» Seit 1362 beftanb
baneben eine Staatserzieb u ngsanftalt für
TTIäbdien, «ipeicbe gemäß bem Strafgefet?bud]e ent=
roeber zur Tladibaft eines halben Jahres [hieher
gebracht werben ober toegen Strafunmünbigkeit
zroar freigefprochen, aber zur ftraftoeifen Unter=
bringung verurteilt tnurben.»
Don Anbeginn an rourben im Diakoniffenhaufe
Kranke aufgenommen. Im Jahre 1X57 hatte man
bereits ein eigenes «Pfrünbhaus» imJDorfe, in roelchem
auch Kranke bes Orts gepflegt tourben («Dorfhofpi=
tal»>). 3ugleich bekam bie finftalt einen eigenen
flrzt unb eine eigene Apotheke. |Im Jahre 1X61
ipurbe ein Flügel an bas Diakoniffenhaus angebaut,
ber 'zur Aufnahme oon ipeiblidien Kranken beftimmt
ipurbe. Diefer Siechenfaal zu beffen Bau eine
Sdiipefter ihr üermogen gefchenkt hatte, roar bie
Hachahmung eines oon Cöhe kurz zuDor gefehenen
Porbilbes im Hotel de Dieu in Cyon. Hlit bem
Jahre 1X65 erweiterte fich bas Kranken roefen.
3iPifdien bem Diftrikt unb bem Diakoniffenhaus
cDurbe ein Pertrag abgefdiloffen, wonach alle armen
Kranken bes Diftrikts im liofpital bes Diakoniffen=
liaufes unentgeltlidi oerpflegt toerbcn follten, ba=
gegen burften bie Sdiroeftern j'älirlidi zroeimal in
allen örtfdiaften bes Diftrikts freicoillige öaben
fammeln (terminieren). Um für ben 3ubrang ge=
ruftet zu fein, courbe im lalire 1X67 ein Ijofpital
für niänner unb im Jalire 1X69 ein foldies für
Frauen erbaut. Sdierzenb nannte folie biefe ben
Tlnftaltskomplex nad] öften zu abfd]ließenben öe=
bäube bas «öftenbe ber Dettclsauer Dial^oniffen=
l^olonie.»» Der Pertrag mit bem Diftrikt ipurbe
nad] toenigen Jahren ipieber aufgelöft unb für bie
Diakoniffen fiel bas roenig angenehme öefcöäft
ber Sammlung freitoilliger öaben tueg. für bie
nädifte 3eit iparen infolgebeffen bie Kranken^
abteilungen coeniger belegt. Im Jabre 1X71 cpurben
ztDeimal oertDunbete Solbaten aufgenommen unb
gepflegt. IDenn in Tleuenbettelsau felbft bas Kran=
kenroefen fid] in befdieibeneren Grenzen \}k\t, fo
batte bies feinen bauptfäd]lid]ften örunb in ber
3urüd^baltung ber bäuerlidien Beoölkerung anftalt=
lidier Krankenpflege gegenüber. «Die ambulante
Krankenpflege« unter bem Eanboolk, ipie biefelbe
burd] bie Diakoniffen bin unb \}2v in ben fjäufern
geübt ipurbe, fanb mebr Anklang. IDobl einge=
rd)ät?t rourbe audi bie Tlnftellung eines Tlrztes (zu=
erft Dr. Jobannes Cnzler, 1X64-1X77 Dr. nifreb
Riebe! unb feit 1X7X Ijofrat Dr. liermann Dietlen)
fotüie bas Porbanbenfein einer flnftaltsapotbeke.
für föbe tparen bie Krankenanftalten eigentlidi
8*
mittel zum 3!Peck, roie er benn audi in einem ber
erften Berichte fcbrieb: «In unferem öaufe finb ge=
nau genommen nidit bie Pflegerinnen für bie
Kranken, fonbern biefe für jene ba.» Uls Ubungs=
anftalt im Dienfte ber leibenben Hlenfäilieit ipurbe
bas TIeuenbettelsauer Spital oon nidjt zu unter=
f(l]ät?enber Bebeutung. Im 3ufammenliang bamit
tpäre föl}e's f ürforge für IDanberer nodi zu er=
roäljnen, inbem er ben an «Stral^enübeln« Ceibenben
luenigftens unentgeltlictienufnalime unb Perpflegung
im fjofpital geroälirleiftete, 3ur Crriditung eines
Xenobodiium (Frembenliofpital) feliltenilim bie mittel.
Ijanb in lianb mit ber €ntipicklung ber Diako=
niffenanftalt in iliren oerfdiiebenen Unternelimungen
ging bie erricl]tung oon öebäuben, ireldie ben Tln=
ftaltsbebürfniffen zu bienen liatten, als Bäckerei,
Ökonomie unb bergleidien. folie's praktifcfter Blick
tpar biefen Cinriditungen nidit minber zugetoanbt
als ben eigentlidien Arbeitszcoeigen ber Unftalt. Cr
geipann für biefe Urbeitenaudi männlicl]el)ilfskräfte,
tpeldie fid] teiltpeife bem IJaufe als «Brüber» enger
anfcbloffen. eine befonbere Stütze fanb er an feinem
bankbaren Konfirmanben, bem Bauirart Stapfer,
toeldier oom Jabre 1X62 an bie Baufacl]en ber
Diakoniffenanftalt leitete, unb an bem Bruber
lieiber, tpeldjer «bie taufenberlei kleinen Höten unb
Sorgen» beforgte, Don ben Steuern unb Abgaben
bis zu ben einfacl]ften bäuslidien Bebürfniffen.
Um bie Umgebung bes Diakoniffenbaufes zu oer=
rdiönern, lie|^ er eine ftattlldje öartenanlage lier=
ftellen unb nannte biefelbe zum Unbenken an feine
Heimgegangene Cliefrau «(]elenengarten»>. Cin eige=
ner öärtner cDurbe angeftellt unb zur Durdifülirung
ber notcoenbigften Arbeiten unb flnfcftaffungen
[teilte Cölie feine «Sieben Porträge über ble IDorte
Jefu Cbrifti oom Kreuze» zur Perfügung. Cs tpar
in ber Paffionszeit 1X59, als fobe bem öärtner
bas nianufkript ausbänbigte: «Pielieidit gibt ein
Perleger fo oiel für ble geringe Arbeit als Sie be=
bürfen. IPas Sie empfangen, legen fie bann CDie
Samenkörner in bie Crbe unb laffen zum Preife
ber IPunben lefu einen befto fcböneren öarten ber=
ooripaclifen.*>
Im TTIittelpunkt ber bamaligen Schöpfungen
ftanb für föbe ber B et f aal. Bk bisberige eottes=
bienftlidie Stätte bes Diakoniffenbaufes — es toar
bies ber größte, gegen Süben gelegene Saal —
tDurbe in ben erften Jabren für bie täglicben
liausanbaditen benutzt. Bei bem rafdien nn=
ipadifen ber Beipobnerfdiaft ertüies fidi biefelbe
als unzulänglidi. Für bie fonntäglidien öottes=
bienfte ipar balb aud] bie befdieibcne örts=
kirdie zu klein. Die öemeinbe ließ fid] zur
Cripciterung bes öottesbaufes nicbt bcrbei. So
fcbritt man an ben Bau eines eigenen Betfaales,
tpeldier oftlidi oom ITIutterbaus zu fteben kam unb
in ber Form einer Bafilika fid] näberte. IPar ber=
felbe im Äußeren fdjmud^los, fo fanb bas Innere
um fo tDürbigere öcftaltung. Hus freitoilligen öabcn
follte er erftelicn. fölie fclbft opferte bas Honorar
für bie «Rofenmonate» zu bem Bau bes Betfaales.
Um 20. nuguft 1X58 luurbe ber erunbftein gelegt.
Cölie befanb ficil m jener 3eit zur lDieberl}erftellung
feiner öefunblieit in Karlsbab, fo ba(? Konrektor
fol^e bie Feier leitete. Pon biefem Tage an
«flackerte eine blauireiße Faline mit fdiiparzem
Kreuz auf rotem örunb, unter coelchem bas IDort
oremus (Caßt uns beten) eingenäht cpar, über bem
Bauplat? bis zur Pollenbung bes Baues.» Tim
25. Dezember 1X59 irurbe ber erfte l]ausgöttes=
bienft in bemfelben gebalten. «Das neuerbaute Bet=
Ijaus foll eine Krippe fein, in ipeldier ber fjerr feine
lOolinung l]aben möge», fagte Eolie in ber erfte n
flnfpradie. Tim 27. Illai (Pfinfttag) 1X60 rourbe
ber erfte Qauptgottesbienft unb tags barauf bie
erfte Sakramentsfeier im Betfaal gebalten, nadibem
tiierzu bie kirdienregimentlictie Erlaubnis erteilt
roorben ipar. Um 14. Oktober 1X65 konnte bie
Glocke bes Betfaales feierlidi bem öebraud] über=
geben toerben. Ruf ber einen Seite berfelben ipar
bas Diakoniffenroappen angebracht, auf ber anbern
bie niutter mit bem Jefuskinbe unb um biefelbe ber
hl2 Infcbrift Et verbum caro factum est («Unb bas
IDort iparb Fleifd]»). Tllit bem Porbanbenfein biefer
gottesbienftlidien Stätte mar ein bebeutenber Sdiritt
in ber kird]lid)en Perfelbftänbigung ber Diakoniffen=
anftalt oorroärts getan. TTIit fobe's Tob löfte fidi
bekanntlidi bic Tlnftalt oon ber Pfarrgemcinbe unb
ipurbe einem eeiftlidien mit bem Titel «Rektor» im
Hauptamte übertragen. Cöbe's Tladifolger ipurbe
ber lieffirdie Pfarrer friebridi ITIeyer (f 5. Juni
1E91), feit 4. ökt. 1X91 ftelit an ber Spitze Rektor
D. Dr. I]ermann Bezzel.
Im labre 1X65 lie|^ fölie am äußerften Cnbe
bes nnftaltsganzen nalie bemlOalbeben öottes =
acker anlegen, nadibem bie erften Toten bes
fjaufes auf bem 1X40 eingetoeiliten Dorfgottesacker
\\}v örab gefunben hatten.
5 morgen unb 3X Dezimalen befaß bie Tlnftalt
an örunb unb Boben, als auf bemfelben bas nTutter=
baus entftanb. 3ufelienbs loergrößerte fid] ber
örunbbefit?. f]aus an [jaus tat fidi auf.*) flus bem
erften (jaus toar eine ganze Kolonie geroorben.
IDacbstümlid] tpar alles geroorben. Cobe batte bie
Aufgaben nidit gefudit aber toenn bie Tlot gebiete=
rifdi an bie Tür klopfte, ging er berfelben nidit
*) einen einblick in bas bamalige Unftaltslcbcn geroä^rt
ber Ruffat? aus ber feber bes nact)maligcn Konfiftorialrates
rippolb in 3erbft: ««Aus früheren Tagen, ein Bcfud) in neuen=
bettelsau [1S57» unb bie Sct]ilberung eines Bcfudies in
Dcttclsau Don bem Didjter Julius Sturm aus bem Jat]re 1869.
Intcreffant ift aud) eine Tlotiz in ber «Rllgemeinen 3eitung»»
oom 1. Rpril 1856, in rocldier es anfangs tjeifit: «Klan muß
es ben flltlutlieranern laffen, ba^ \\2 mit aller Energie unb
Öpferfäliigkeit ilir 3iel oerfolgcn» . . unb oon föbe gefagt mirb,
er fei «ein cftarakterooller, oon feiner ölaubensanfidit burd]=
brungener IlTann.»
c^ic5^c?^cMcMC5^c>ic>i 120 rorororarorororo
aus bem IDeg, €s irurbe ilim immer wkMv bie
redite IDeislieit oon oben gegeben [unb es fehlte
ihm audi nie an ber nötigen !]ilfe burdi nienfdien.
mit ben Bauten ftiegen wo\}\ bie Sorgen nadi jeber
Hinfidit. Cöbe l]at baruber mandi fcölaflofe fladit
geliabt. Tatfäcblidi rourbe «unter bem Druck ber
Sorge um bas täglidie Brot bas oft erbettelt cperben
mußte — ipenn bie IDagen oon ber flitmülil
herauf über Sdilauersbad) mit Korn unb Rüben
unb Brot kamen, roar es ein Fefttag! — unb
unter manchem Tlfißlingen, aber mit bem ITIute
eines guten öeiriffens unb in bem BetDußtfein, oon
öott geleitet zu toerben unb oon ihm fich leiten zu
laffen, begonnen unb gearbeitet.»* Hußerorbentlidie
Tlöte tpurben Peranlaffung zu einem im jnutter=
haus befinblichen Bilbe mit ber Unterfdirift: «Die
bu porübergehft, höre, ift nidit jebe Perlegenheit
eine Knofpe?» Cr follte nicht umfonft bem grollen
Sorgenbrecher oertrauen. Dabei hatte man in ein=
fachfterlDeife begonnen unb größtmögliche Sparfam=
keit cDurbe geübt. Daß bie Porfteherinnen felbft
ihre Schulzimmer tünditen, roar in ben erften 3eiten
nichts UngetPöhnliches. Cs h<^rrfditen zuweilen
«patriarchalifche» 3uftänbe. flls noch kein öe=
bäube ben Blick ins Dorf aufhielt tpar bes fierrn
Pfarrers heraustreten aus bem Pförtchen bes
Pfarrgartens für frau Oberin bas 3eichen, zur
«Stunbe»> zu läuten, eine Uhr roar in ben erften
Jahren nicht oorhanben. Oft lief man zur Frau
cMCMC5^oicMc?'Tc?'TCM 121 r^rcjrorororarorci
Oberin, Die ja eine Tafdienulir liatte, um ficil zu
erkunbigen, in treldier 3eit man gerabe lebe.
So fcf]uf Cölie's liolier öeift unb feine männlidie
Tatkraft unteröottes^fiditbarem Segen unb ber f reunbe
opfertüilligen Beiliilfe biefe «großartige diriftiidie
Kolonie.» IDas er \]m fdiuf, es roirkte anfpornenb
unb aneifernb auf bas ganze fanb unb beffen
eoangeüfdie Beoölkerung. föbe roar ber Tllann,
toeldier zu foldi grunblegenber unb cpeiteririrken^
ber nrbeit oon öott beftimmt luar. Cr ipar, coie
ber üerfaffer bes Budies «bie innere TTIiffion in
Bayern bsf. b. Rl].*> fdireibt, «ein organifatorifdies
öenie oiinegleidien. Cr befaß eine feltene öabe
ber Uberfdiau bes öanzen unb einzelnen, ein
flbminiftratiotalentoolljPünktlidikeit unb örbnungs=
liebe im kleinften, baß oft Fernftelienben Be=
CDunberung einflößte. So liodi ilin ber Flug ber
öebanken trug, fo blieb bod] bas große Rüge bes
großangelegten TTIannes audi für bas Kleinfte bell
unb offen.» Cöbe, ber Tflann ber Kirdie, trurbe
ein Babnbredier für bie Eiebesarbeit in feiner Kirdie.
TIeuenbettelsau ipurbe burdi ibn ein 3entralpunkt
für Diakonie im Sinne bes eoangelifdi=lutiierifdien
Bekenntniffes ober, toie es in bem TDerke: «Die
Kirdie Deutfdilanbs im XIX. Jabrbunbert» beißt:
«eine Unioerfität ber Barmherzigkeit.»
9* 3ur Dfakonjffenbilbung unb Diakoniffens
arbeit
fölie toar fidl oom erften Hugenblick an bar=
über klar, Daß bas ganze Unternelimen eDange=
lifcber Oebesarbeit, tuie er es In Die IDege zu leiten
berufen roar, oon Perfönlidikeiten getragen coerben
müßte, unb baß nur bann ein ftetes Fortfcbreiten
bes IDerkes zu eriparten fei , ipenn bie zur Diai^onie
berufenen Kräfte roirklich tudjtige unb burct)gebil=
bete Perfönlidikeiten feien. Die Tlusbilbung ber
Diakoniffen toar barum ganz befonbers öegenftanb
feiner Sorge unb Arbeit.
In klaffifdien IDorten liat er bas Bilb einer
rediten eoangelifd}en Diakoniffe gezeid]net, ipenn
er fcbrieb: «Ich bin ipeber ein TTfaler nodi ein
Sänger, tuenn idi's aber roäre, fo malte idi eine
Diakoniffin, cDie fie feinfoll, in ihren oerfcftiebenen
Cebenslagen unb Arbeiten. Cs gäbe eine [ganze
Reihe oon Bilbern unb ebenfooiele Cieber. TFIalen
tpürbe ich bie Jungfrau im Stall unb — am Altäre,
in ber IDäfcherei unb - roie fie bie Tlackenben in
reines f innen ber Barmherzigkeit kleibet, in ber
Kirche unbj— im Krankenfaale, auf bem Felbe unb
— beim Dreimalheilig im Chor, unb roenn fie ganz
allein ben Kommunikanten bas Nunc dimittis fingt,
ich roürbe alle möglichen Bilber oom Diakoniffen=
berufe malen, in allen aber eine Jungfrau, nidit
immer im Sdileier, aber immer eine Perfon , . . .
Unb tuarum? IDeil eine Diakoniffin bas öe =
ringfte unb öröj^te können unb tun, fidi
bes öeringften nidit fcbämen unb bas liödifte
Frauentperk nidit oerberben foll. Die Füße im
Kot unb Staub niebriger Rrbeit, bie Iiänbe an ber
Ijarfe, bas Haupt im Sonnenlid]t ber flnbadit unb
Erkenntnis Jefu — fo toürbe id] fie aufs Titelkupfer
ber ganzen Bilberfammlung malen. Darunter
ipürbe id} fdireiben: «Tllles oermag fie: arbeiten,
fpielen, lobfingen.»
Die Don einer Diakoniffe an fid] felbft geridi=
tete Frage: IDas toill idi? beantn7ortete er alfo:
«IDas tüill id]? Dienen tuill id]. IDem irill id]
bienen? Dem fjerrn in Seinen Clenben unb firmen.
Unb coas ift mein fobn? Id] biene toeber um Eobn
nod] um Dank, fonbern aus Dank unb Hebe;
mein Cobn ift, ba|^ id] bienen barf» Unb toenn
fd] babei umkomme? Komme id] um, fo komme
id] um, fprad] Cftber, bie bod] Ibn nid]t kannte,
bem zu riebe id] umkäme, unb ber mid] nid]t
umkommen läßt. Unb roenn id] babei alt cperbe?
So lüirb mein f]erz grünen tuie ein Palmbaum,
unb ber l]err toirb mid] fättigen mit önabe unb
erbarmen. Id] gebe mit Frieben unb forge nid]ts.»>
ein anberes TTIal fdirieb Cöbe mit Bezug auf ben
Diakoniffenftanb: **ld] gäbe mein feben unb alles,
toas es in fid] bat, für ein ölas TIarbe auf bas
fjaupt meines Ijerrn. Da er mir aber entrückt unb
ferne weggezogen ift, fo nehme idi midi unb alles,
toas id] bin unb babe, CDie eine Traube unb preffe
es aus, um Seinen auseripäblten Stelloertretern
ein kleiner f abetrunk zu tuerben. Preffe mit mir
beine Traube aud] aus, bringe bein febenskeldi=
glas bem Ijerrn , unb Seine Clenben follen es ganz
austrinken auf bein IDolil. Das ift fdiöner als alles
ölüd^ ber Crbe.« Das Od}t, bas, inbem es anberen
leuditet, fidi felbft oerzebrt, toar ibm ein fdiönes
Symbol aud] für bie Diakoniffe, roie es in bem
Diakoniffengebet beißt: «Alle meine Dinge, hk idi
früber getrollt, alles roas idi fudite unb nidit babe
erlangen können, bas fei begraben. Cines tpill idi:
idi toill bem (lerrn bienen! Cin 3iel ipill idi baben:
idi roill fein roie bas brennenbe Odit, bas fidi
felbft oerzebrt, inbem es anberen leuditet. In bem
beilfamen Sdieine für bie Clenben unb Armen
unb Kleinen , töill idi tnidi oerzebren, unb irenn
meine 3eit kommt, bann nimm midi, obne baß
idi etroas anberes mill, bin in Deinen Freuben=
bimmel. — faß midi nidits anberes mebr fudien als
bas: nieine Urbeit fei meine freube, Dein Wo\)U
gefallen mein Troft; mein öebet, meine Tlnbadit,
mein feiiger Umgang mit Dir, bas fei meine
IDonne, bis idi fterbe.» Cifrig forfdite babei £öbe
bem biblifdien Diakoniffenamt nadi unb Stellen
tpie Rom. 16; 1. Tim. 5,3-16 tpurben oon ibm
baraufbin ipobl burdibadit; mit Bezug barauf, baß
Die Diakoniffe tocnig im Heuen Teftament eripälint
tpfrb, fagte er roolil: «Die Diakoniffin ftelit eben
in ber Bibel, toie im öarten bas befdieibene üeildien,
kenntlid] burdi feinen öerudi, lieblicJ} oor öott
unb nienfclien, in einer Perborgentieit, bie öott
felbft gecDollt bat.»
Cöbe badite bei feinem Diakoniffenibeal roobl
an «b'iQ gottoerlobten Jungfrauen» ber alten Kirdie,
aber, irie Deinzer fdireibt, er verkannte nicht, «baj^
bas eoangelifcbe Diakoniffentum anbererfeits aud}
etroas fo Heues, Eigenartiges fei, ba(^ es nicbt ein=
fad] in alte Sdiläudie, b. b. in antike Formen
kirdilidien febens gefaßt roerben könne, baß mit=
bin- bas Ibeal einer eoangelifdien Diakoniffin erft
gefdiaffen, burdi cbarakteroolle Perfönlidikeiten im
Diakoniffenftanbe erft oorgelebt toerben muffe.»
IDenn er barum bie Sdilagroörter ber romifdien
örben: Hrmut, Keufdibeit unb öeborfam aud] für
bas eDangelifd]e Diakoniffentum in Hnfprud] nabm,
fo ipar er fid] über ben Unterfd]ieb oöllig klar,
baß in ber alten Kird]e ber burd] öelübbe gebun=
bene, in ber eoangelifd]en ber oöllig ungebunbene
freie n)ille bie brei eblen Früd]te trägt. «Der freie
roille ift ber Boben, auf n?eld]em bas proteftantifd]e
Diakoniffentum enpad]fen muß, unb zipar ber oöllig
ungebunbene in feiner täglid]en Erneuerung.»
Die grünblid]e unb allfeitige Husbilbung ber
zum Diakoniffenftanb fid] melbenben Jungfrauen
lag föbe gar febr am fjerzen. Er ftellte fid] babei
ein boppcites 3iel: «Peroollftänbigung unb l^ebung
ber allgemeinen unb Erteilung ber befonberen
Berufsbllbung.» Im britten Jaliresbendit ber Tlnftalt
entroarf Cölie ben Celirgang irie folgt: «Jeber Kurs
cDirb mit einleitenben Porträgen eröffnet, tueldie
keine anbere Tlbfidit liaben, als bie Sdiülerinnen
zu einer richtigen Tiuffaffung ihrer Stellung in einem
Diakoniffenhaufe, in einer diriftlidien öemeinbe unb
in ber Kirdie zu bringen. Tln ber Spitje aller Por=
träge fteht einer über flmt unb Beruf ber Dia=
koniffin nadi bem IDort öottes unb ber öefdiidite.
Diefem folgen Porträge über bie züditigenbe Ciebe,
roeldie im Diakoniffenbaufe Königin fein foll ; über
bas Eefen im göttlidien IPort, öebraudi bes Bet=:
budis unb ber Poftille, über bas Ijerzensgebet über
bas jungfräulidie feben, über ben öottesbienft,
über ben feligen öebraudi ber Beidite unb Kommu=
nion. 'lieben biefen einleitenben Porträgen gebt
eine Repetition unb PerooUftänbigung ber allge=
meinen Sdiulkenntniffe ber; Übung unb Unterriebt
im öefang unb im 3eid]nen gibt bem feben im
flaufe liebung, Unmut unb Feier. 3u gleicher 3eit
tritt bie Schülerin in ben phyfiologifchen Teil bes
ärztlichen Unterrichts ein. (Der ärztliche Unterricht
ipar auf zroei Semefter oerteilt.) Im ztpeiten Teil
bes halbjährigen Kurfus tritt bie befonbere Belehrung
über bie geiftliche Krankenpflege unb bie flnipeifung
zur Kinbererziehung unb zum Kinberunterricht, zur
Führung oon Kleinkinberfchulen unb Rettungs=
anftalten lieroor.»» Der gefamte Unterricht tourbe
in ber erften 3eit allein oon fölie gegeben. Der
Jubiläumsberidit fagt oon biefer feiner Tätigkeit:
«Eölie's öeift bilbete fidi feine Heute. TDas er Dor=
trug, balb in einfadifter Bibelerklärung, balb im
fiodiflug feiner finnenben unb ooripärtsftrebenben
öebanken, Crlebniffe zur Erläuterung, kirclien=
gefdiiditlidie Bilber, Hlärtyrergefdiiditen, Reife=
befdireibungen, bie öebeimniffe bes Kalenbers unb
ber Redienkunft, . . ob er bie Bebeutung |ber
fdiönen Sdirift erläuterte, er felbft ein lüeifter,
. . . . tuenn er oollenbs in bie lierrlidikeit ber
beutfdien Spradie einführte, bie'[öefd]id]te eines
Polkes erklärte, . . . immer ipurben feine öebanken
oon eifrigen, oerftänbnisDollen f ehrerinnen . . . .
aufgenommen, oerarbeitet, in Kleingelb umge=
roedifelt unb toeiter gegeben. Unb es ipurbe
luditiges gelernt.»* Die Schülerinnen unb Schroeftern
ber erften 3eit zeichneten fich burch große Be=
gabung aus unb ließen fich aufs höchfte begeiftern
burch Eöhe's Eehrroeife. Einer befonberen lDert=
fchätfung erfreute fich im Unterricht ber^^Kalenber,
meil, roie er fich roohl ausbrückte, hier Tlatur unb
önabe im innigften Perein erfcheinen. Er nannte
ben Kalenber «ein herrliches Eehr= unb Bilbungs=
mittel für Kirche, Schule unb Ijaus. IDer in bem
unterrichtet ift, toas er vom Ijimmel unb ber Erbe
berichtet, hat oiel oon ber Tlatur gelernt, unb toer
ipeiß, toas bie Texte unb bie fefte unb bie Hamen
beuten, ber lueil^ melir als bie Tllenfdien unferer
Tage aus ber Schrift, ber eefcöidite Jefu unb feiner
lieiligen Kirdie,» Tlus biefen öebanken tieraus oer=
faßte fölie im Jalire 186X bas ««TTlartyrölogium«,
toeldies zu jebem Kalenbernamen eine kurze
febensfkizze bes betreffenben lieiligen gab unb
ipolil beffen Bebeutung für bas Reid] öottes l]erDor=:
l]ob. IDenn im Diakoniffenliaus beim 0efangs=
unterricl]t ber Pfalmengefang in ben Uorbergrunb
trat unb bem gottesbienftlichen feben eine Be=
reidierung gab, fo irar bas aud] Cobe's üerbienft
einer grünblidien Tlusbilbung ging zur Seite eine
immertpälirenbe Fortbilbung ber Diakoniffen. In
ben fogenannten «akabemifdien Stunben« bot er
ben Diakoniffen aus feinem großen IDiffensfctjat?
unb feiner perfonlidien Crfabrung immer roieber
neue unb bereidiernbe Anregungen. Die Diakoniffen=
bilbung, coie er biefelbe burchzufüliren fudite, ipar
Don bem örunbfat? geleitet: «Alle Tüditigkeit unb
Berufsbilbung ift kainifcl) obne lierzensbilbung unb
lieiligung.«
Die öeftaltung ber Diakoniffenanftalt als eines
eigentlidien Tllutterbaufes ergab fid] aus ben üer=
llältniffen felbft. IDie toenig fölie anfänglidi an
ein feft organifiertes Diakoniffenmutterliaus
badite, gebt aus ben <*Bebenken über toeiblidie
Diakonie» beutlidi bcroon Cr cDollte nidit ein
Diakoniffenbaus, biefe «ITIadit über bem l]aupte
bes IDeibes» (1. Kor. 11, 10), zunädift baben, fonbern
eine burct) bie fanbe gelienbe Dfakoniffengemelnbe,
bie in ben orten, oon benen fi^^ i^ire Bilbung emp=
fangen füllten, roie ben geiftigen Ausgangspunkt
fo ben innerlidien mittel unb Cinigungspunkt
llätten unb ben öemeinben zurückgegeben, bie
ibre Husbilbung verlangt unb beftritten hätten, für
biefe ein Salz unb burdi biefe unb über fie hinaus
«cDürzenbe Kraft« roären, Cs follte TIeuenbettelsau
nad} npcftelgefd}. 2, 42 geipiffermaj^en ein «*3entrum
apoftolifdier Cebensbetätigung» iperben. «I]ier follte
ein fefter, tragkräftiger unb tragfreubiger örunb
gelegt irerben, in bem bie febre Chrifti unb Seiner
npoftel aus bem Ulten Teftament erläutert, im
fidite bes Heuen oerftanben, burdi ben öang ber
öefcbicbte beroiefen unb oerbeutlidit tperben, bie
(jerrlidikeit lutlierifcften Bekenntniffes in Cieb unb
Sdirift unb örbnung, in Oturgie unb Sdimuck, in
Farbe unb Ton gepriefen unb gezeigt fein follte.«
nis bie in ben «Bebenken« niebergelegten öebanken
rd)on eine beftimmte form angenommen hatten,
meinte er nod]: «ITicht für immer, fonbern nur
einftcDeilen roollten tpir uns in TIeuenbettelsau felbft
f^t?en,« es kam anbers. Eöhe roar auch hier ber
TUann, bie rechten Hlaßnahmen zu treffen, auf
welchen bie toeitere Cntroickelung bes Hlutterhaufes
Tich aufbauen konnte. Die fich bilbenbe Diakoniffen=
gemeinfchaft nannte er tpohl gern in Anlehnung an
1. Kor. 16, 15 «ben örben oom liaufe Stephana.«
TDurben in ben erften 3eiten bie Diakoniffen
eidjner, Cöljc. q
meift mit «Fräulein» angerebet, fo kam allmäl]=
lidi bod) ber TIame «SditDcftern» in öcbraudi.
Diakoniffen fdiloffen fid] an bcmfelben Ort ober
in berfelben öegenb zu Kapiteln zufammen,
«in benen fie Rcil burdi gemeinfames öebct unb
f efen bes göttlidien TDortes, burd) gegenfeitige ermal)=
nung unb Seelforge in ber Treue bes IDanbels unb
ber Berufsfülirung unb im Becpußtfein ber öemein=
fdiaft ftärken follten.» Pom Jal}re 1X5E ab oer=
mittelte ein eigens gegrünbetes Blatt: «Correfpon=
benzblatt ber Diakoniffen oon Heuenbettelsau»» ben
geiftigen flustaufd) unb ftärkte bas öefubl ber 3u=
fammengeliörigkeit. eine befonbere Diaköniffen=
tradit, bie lange öegenftanb ber Kritik roar, fülirte
fidi allmälilidi Don felbft ein. £öl}e roußte biefelbe
fpäter in finniger IDeife *) zu beuten unb bezeidinete
fie als «ipolilfeil unb fdiön zugleidi unb bennodi
niditftatiös, iPölilabermagblidi.»> In feierlidien Hanb=
lungen (Flusfegnung burdi Oberin unb Sdiipeftern=
*) Die fdiparzi? Kleibung follte auf IDeltentfagung Deuten,
bie ipetl^e Sdiürze, bie zum feiertäglidien Sdimuck geijörte, follte
an jenes Cinnentudi erinnern, mit bem «ber größte aller Dia=
honen»» fid) gürtete, als er fidl anfcl)ickte, feinen Jüngern bie Fü|^e
zu [pafcl}en. Diefelt7e Sdiürze cpurbe an IDerktagen in Blau ge=
tragen, ber Farbe ber Beftänbigkeit unb Treue. UerDollftänbigt
ipurbe biefe Tradit burd) einen bei feierlid)en 6elegenl)eiten
getragenen Sd)leier, ber «als eine niad)t auf bem fjaupte ber
Diakoniffm»» eine erinnerung baran fein follte, baß»» fie fid) bem
ecDigen Bräutigam Ct)rifto, fo lang es ihm gefällt, unb er fie nid)t
anbers füt)re, zum Dienft für feine firmen unb ^lenben ergeben
l)abe.»» Die ipeiße fjaube luar urfprünglid) bem CanbDolk ab=
gefel)en.
fcbaft, Cinfegnung burdi bcn Seelforger) tpurbe . ber
3ufarntnenlialt bes fiaufcs ben Sdiipcftcrn ftets
aufs neue nat]egebrac!]t Diefe Feiern, liturgifdi
rejd) ausgeftaltet oerfeblten ihres Cinbruckes nidit.
In ben «Cinfegnungsreben», rpcldie Cöl}e babei hielt,
tüurbe bie Bebeutung unb ber3a7eci^bes Diakönif|'en=
tums immer roieber oon neuem beleuditet. fjatte
f öbe als Kektor bie ganze Teilung unb fluffidit bes
fjaufes in ber f]anb, fo roar bie innere feitung
Sadje ber «Frau Oberin». Pon ben brei Por=
ftelierinnen, roeldie bei ber Begrunbung bes Ijaufes
an beffen Spitze getreten cparen, coar Karoline
Rlieineck am 21. Huguft 1855 geftorben unb lielene
oon Uleyer (f 26. Febr. 18X8) hatte in ITürnberg
mit ihrer Sditoefter bie «Pflege^ unb Krippenan=
ftalt» ins Eeben gerufen, roährenb fimalie Rehm
mit bem Titel «Frau Oberin» bis an ihren lob
(11. Illärz 1SX3) bem [jaufe oorftanb. Seit 20. npril
18E3 ift Oberin bie Diakoniffe Therefe Stählin,
ipelche am 4. flpril 1E57 in bas JTIutterhaus ein=
getreten toar.
Die 3ahl ber Schtoeftern touchs. Hls fohe
ftarb zählte man 96 eingefegnete unb 55 Probe»
fditoeftern, alfo 151 Diakoniffen. Cin flrbeitsfelb
nach bem anbern erfchloß fid]. Cs tparen zuletft
23 einheimifche Stationen, überall in Bayern zer«
ftreut, unb E außerbayerifche Stationen. Die Dia=
koniffen getpannen Schritt für Schritt bas Per=
trauen unb roahrten burch treue unb geroiffenhafte
9*
Arbeit bie Clire ilires Tllutterliaufes. In ben Kriegs=
zelten bes Jalires 1866 unb oor allem 1870|71
lelfteten fle erfprleßlldie DIenfte. Im Jal}re 1867
erhielt fölie bereits in Anerkennung feiner Tätlg=
kelt auf bem öeblete ber Diakonle unb feiner üer=
blenfte um Pflege bayerlfcfter Dertounbeter Im Krieg
oon 1866 bas Ritterkreuz 1. Klaffe oom örben bes
lielllgen Tllichael, «bie einzige öffentlldie Fluszeicl]=
nung, bie fein Wirken jemals fanb.»> Bei blefer
öelegentjelt kam tobe nad] Tnundien unb legte
gleldizeltlg ben örunb zu ber reldigefegneten Tätig=
kelt TIeuenbettelsauer DIakonIffen In ber bayerifcben
Refibenzftabt Uon ber Königin Hlarie tourbe er
bamals In Aubienz empfangen. Die «*berzensgute»>
Furftin, bie Dettelsau unb Cöbe längft gern gefeben
bätte, freute ficb ber Unterbaltung mit Ibm unb
bebnte blefelbe über IV2 Stunben aus.
öroße erfolge iparen erzielt, aber audi nilß=
trauen unb üerkennung ipurbe bem fiaufe unb
feinem örünber genug zuteil. IDenn oiele Por=
urteile nadi unb nadi ubercpunben rourben unb
bie Diakoniffenarbelt eine liebepollere IDertung fanb,
fo ipar bles bie Frudit ber unabläfflgen Arbeit
Cöbe's in ber Diakonlffenfadie. lücbtlge, gerelfte
Perfönllcbkeiten gingen aus feiner Scbule beroor.
Cr felbft betrieb mit bellig<2rn öebetselfer fein großes
IDerk. IDas er oon öottjidi Immer tpieber erbat, bas
follte er in IDIrklidikelt fein: «faß midi in Deiner
f]anb fein ein IDerkzeug bes Segens unb Deiner Cl]re.*>
10. SdirlftrteUerirdje Celftungen^
Dernadimaligeöbcrkönfiftorialpräfibent D. von
Stäblin zätilte £öl]e zu bcn «bebeutenbften kircl]=
lidien Sdiriftftellern bes Jalirliunbcrts.» Unb in ber
Tat Dcrbicnt biefe Seite feines IDirl^ens befonbers
berDorgelioben zu tperben. IDas föbe an tiefen
unb grollen öebanl^en in fid] trug, bem CDußte er
mit glulienber Berebfamkeit, in ebelfter Sprache
flusbruck zu oerleilien. Pilmar zollte ihm balier
bas £ob, feit öoetbe habe niemanb mehr ein fo
fcl]önes Deutfdi gefdirieben, toie f öbe.*) ]\}m eignete
eine ungecDöiinliche Hlacfit ber Spraci]e. Cr Der=
fügte über eine feltene rd)riftftellerird)e Begabung.
In ben Dienft feiner glänzenben Teiftungen für, bas
Reidi öottes fteüte er bas gebruckte IDort. Daburdi
brang er mit feinen Plänen unb Cntroürfen in
roeitefte Kreife feines Polkes unb fo floffen il)m
CDieber bie lielfenben Kräfte unb mittel zu, ireldie
er braud)te, roenn feine IDorte in \>k Tat umgefetjt
*) ein alter eaftbofbefit^er in Carlsbab, ber 6öetl)e Don
feinem bortigen flufentl}alt ber i?annte, war erftaunt über bie
frappante flliniiclikeit ber erfdieinung unb bes Auftretens Cöbe's
mit bem bes Dichters. Das Ruhige, IDurbeDölle bes Beneljmens
beiber mag ben alten ITIann zu feinem Dergleidi oeranlaßt
haben, fchreibt Deinzer. Cöhe felbft roar oon ber Sctiönbeit ber
Sprache 6oethe's ftets eingenommen, «<ipenn er ihn auch als
IHenfchcn oerabfcheute.»>
tperben füllten, flllc feine Sdiriften, iPol}l über
fedizig: «finb aus Den Crfabrungen bes geiftlidien
Amtes beroorgeipaclifen, bienen praktifdien Be=
bürfniffen unb finb babei faft immer oon einem
größeren kirciiiidi=ibealen (]intergrunb getragen.«
Sdilidite Traktate roedifelten mit tiefgegrünbeten
Unterfudiungen/kurze fluffätfe mit ftattlidien Büdiern.
Der augenblick!iciien3eitlage, befonbersin ben ernften
Kampfeszeiten, bienten aufklarenbe üerteibigungs=
fdjriften unb roieberum anfefinlidie Prebigtfamm=
lungen oermittelten feine öebankeniuelt bem f ern=
ftelienben. Überall paarte fidi getpiffenliafte Durdi=
fuörung mit roiffenfdiaftlidiem Streben. Unb ipenn ein
öerci)iclitsforrcl)eripieKankeDonbem£öl)eTcl}enBucl}e:
«crinnerungen aus ber Reformationsgefcbiclite in
Franken» (1847 . . , Die Jal}reszal]l in Klammer be=
beutet immer bas Jal]r bes erften Crfcfteinens) fagte,
Cöbe zeige Beruf zum fiiftoriker, fo fällt fold] ein Ur=
teil ins öetoidit. öefdiiditlidier Sinn ipar eine ber be=
fonberen Cigenfcftaften Eölie's unb berfelbe ift zu
finben in allen feinen Schriften, modite er bie ngenben=
frage belianbeln ober über bie Diakoniffenfadie
nadibenken, modjte er erbauliebe Büdilein, ipie
«Conrab» fdireiben ober fein «Ulartyrologium» zu=
fammenftellen. Cöl}e lebte in ber öegentoart unb
laufcbte ilir bie Bebürfniffe ab, er forfdite in ber
Pergangenbeit unb bradite für feine 3eit unge=
liobene Sdiät?e ans Odit, er fdiaute in \in 3ukunft
unb ließ in feine ITIitojelt Croigkeitsgebanken fallen.
Die Prebigtfammlungen feien an erfter Stelle
genannt: «Sieben Preöigten» (1X34); «Prebigten
über bas Paterunfer»> (1835); «eoangelienpöftille»
(1X4E); «17 fektionen für bie Paffionszeit» (1854);
«epiftelpoftiüe» (1858); «Sieben Porträge über bie
IPorte Jefu Clirifti oom Kreuze»> (1859). Tladi feinem
Tobe ipurbe oon feiner loditer eine ipeitere PrebiQt=
fammlung für bk feftlidje ijälfte bes Kirdienjalires
tierausgegeben, foipie bie erbaulidien Betraditungen
«Daoib unb Salomo*>. Pen feinen Prebigten urteilte
D. 0. Stäiilin: «öroß ift £ölie als Prebiger, er
zälilte zu ben größten bes lalirbunberts. Cs tritt
aus feinen Prebigten ebenfo bie unmittelbar quel=
lenbe Kraft einer tief in öottes IDort eingetauditen
originalen Perfönlidikeit, als bialektifdie Hbrunbung,
erliabener Sditoung unb liturgifd]e Feier entgegen.
. . . . Urroüdifige Kraft, blülienbe Pliantafie, pro=
plietifdien Crnft atmen feine erften liomiletifdien
Crzeugniffe Das üollenbetfte bietet er in
feiner eoangelienpoftille: Tiefe Derfenkung in ben
Text abgeklärte, ebenmäßige form, plaftifdie Scl]ön=
fteit, teilroeife, namentlid] in ben Feftprebigten ein
liturgifdi=l]ymnifclier Ton zeidinen fie aus. Tief«
gelienbe Sdiriftauslegung, großen Keiditum ber fln=
ipenbung bietet bie Cpiftelpoftille. üortrefflidi finb
audi bie «fieben Porträge über bie IPorte lefu Clirifti
oom Kreuze«.
«Als hk Frucht feines Cebens unb TPebens im
nmte» bezeichnete folie felbft bas «f]aus=, Scl]ul=
unb Kirdienbudi für Cbnftcn bes lutlicrifctien Be=
kenntniffes»> unb fagtc oon bemfelben: <*lcli liabe
nidits Befferes naciizulaffen.*> Das l^ausbucJi war
audi ein Teil feiner Ciebesarbcit für Tlorbamerika
unb bie bortbin ausgecoanbertenpeutfchen rutbera==
ner. Cs follte burdi basfelbe ben Altern, roeldie
obne alle kirdilidie Pflege in ben Prärien unb
TDälbern norbamerikas irobnten, (janbreidiung
unb Anleitung zu teil roerben, ipie fie ibre Kinber
in ben flnfangsgrünben cbriftlidier Erkenntnis unter=
tpeifen follten. «Solcben Cltern», fdirieb er in ber
Porrebe, «mit biefem Budie eine liilfe in bie
IDüftenei zu bringen, roar bes Perfaffers unb
Herausgebers liebftes Augenmerk bei feiner Arbeit.»*
Der erfte Teil, beffen Inbalt ift: ber kleine Kated]is=
mus Dr. ITIartin Cutbers mit IPorterklärungen,
Fragen unb AntiPorten zu ben fedis liauptftucken,
Sprudikatediismus, Dr. Bartbolomaei Rofini Frag=
ftucke auf bk bobcn Fefttage, Betbudilein für
Kinber, Pom Ausipenbiglernen - erfdiien im Jabre
1X45. Bebeutenb fpäter (1859) erfdiien ber zireite
unb britte Teil. Der zroeite Teil mirb eröffnet
burcb einebelebrenbeCinfubrung in bie oerfdiiebenen
Gebiete kirdilicben Eebens unb bringt bann ein
Kaienbarium, Cektionarium, Oratorium unb Cbroni=
kon. Im britten Teil bes Hausbuches tpurbe ber
Pfalter abgebruckt in Bearbeitung bes um lDieber=
belebung bes Pfalmengefanges bodioerbienten
Freunbes Friebridi l]ommel.
Bcfonbers gefegnet roaren Cölie's öebetbudicr,
bje ipeit oerbreiteten «Samenkörner bcs öcbetes»
(1840), bie «Kaudiopfer für Kranke unb Stcrbenbe
unb bercn frcunbe» (1840). fiicr toären cDobl audi
zu nennen bie trefflidien Beiditbüdier: «einfältiger
Beiditunterridit» (1836) unb «Beictit= unb Kommu=
nionbudi für eoangelifdie Cl}riften»> (1837) bekannter
unter bem Titel: «Prüfungstafel unb öebete für
Beidit unb flbenbmalilstage».
TDertPoll era7iefen fidi bie «Drei Büdier oon
ber Kirclie*> (1845) unb bie paftoral=tt}eö!ogifcl]e
flbbanblung : «Der eoangelifdie öeiftlidie« (1852).
Cetftere coar aus Cölie's Tätigkeit in ber Hliffions^
anftalt lieroorgegangen. Das ztoeite Bänbdien
(1857) toibmete er aud] «ben 3öglingen ber beiben
engoerbunbenen Pflanzfdiulen bes eoangelifdi^
lutlierifdien Prebigerfeminars IDartburg in St. Se=
balb am Quell, Jotoa, unb ber eoangelifd]=lutl}eri=
fdien Tniffionsfdiule zu Tleuenbettelsau in TflitteU
franken.«
In ben kirdilidien Fragen über Stellung ber
öemeinbe zum lieiligen Umt roeldie in Umerika
brennenb courben, gab Töbe's flnfdiauung beutlid}
zu erkennen : «fipliorismen über bie neuteftament=
lidien Ämter unb ilir üerl]ältnis zur öemeinbe»,
(1849) unb <^\!\^ neuen npl)orismen»> (1851), ipeld]'
letztere Deinzer «als feine bebeutenbfte tlieologifdie
feiftung»> bezeichnet. In jenen ernften 3eiten, ba
Cölje ritterlidi für echtes Cuthertum in Bayern
kämpfte, erfdiienen mehrere Arbeiten, roeldie biefe
Perliältniffe beleudjteten. Baönbredienb courben
bie Arbeiten, ipeldie £öl}e über bie flgenbenfrage
Deröffentlidite unb muftergültig blieb bie «Rgenbe
für diriftlidie öemeinben lutt)erifd]en Bekenntniffes»>.
In erfter Cinie cDollte er mit ber TIgenbe (1S44)
bem Bebürfnis ber neugegrunbeten luttjerifdien
öemeinben in Ilorbamerii^a bienen unb aus biefem
örunb ift biefelbe audi bem bamaligen Paftor oon
Fort IPayne, fpäterem Präfibenten ber Synobe üon
Tniffouri, friebnd] IDyneken getoibmet, ber burd]
feinen Weckruf £öl}e zum IPerk ber amerikanifclien
Uliffion angeregt Ijatte. «Seine TIgenbe roirb immer
als eine Ceiftung oon grunblegenber Bebeutung
unb Doli fruchtbarer Anregungen für bie lutberifdie
Kirdje ber 3ukunft gelten,»
ein Quellenbudi für bie flnftaltsgefdiidite ipurbe :
«etipas aus ber öefdiichte bes Diakoniffenliaufes
neuenbettelsau»(lE70). 3ubenbeftenDeröffentlicl3ten
Traktaten toirb ber Traktat geredinet: «Pom göttlidien
IDorte als bem Eidite, bas zum Frieben fübrt» (1X37).
Derfelbe tourbe aud] ins franzöfifdie überfetjt.
öroßes Auffeben erregten hk im Jabre 1860
erfdiienenen «Rofenmonate beiliger Frauen» unb
bas «Hlartyrologium» (186X). Befonbers erftere
Sdirift trug Eöbe ben oielleidit fürs erfte nidit ganz
unbereditigten Doripurf ein, er oertrete uneoange^
lifdie örunbfätje unb neige zur katbolifdien Kirche
bin. Cntfdiieben oerojabrte er ficb bagegen unb
fdirieb: «Id] l]abe keinen Umgang mit Kömifd]=
katbolifdien, id] habe nie einer ihrer £el)ren bei=
geftimmt icii bin gar kein üniiänger bes Papismus,
id] l)abe keine einzige römifdi^katliölifdie Befont)er=
beit zu ber meinen gemadjt idi hänge, toie el]e=
bem, an ben fymbolifdien Sätzen unb Celjren ber
lutlierifdien Kird]e.» Eölie hatte bei Hbfaffung ber
Röfenmonate praktifdie Flbfiditen, nämlidi «bas öe=
bäditnis ber hingefdiiebenen l^eüigen fruditbar zu
madien.» Hus feinem gefdiid]tlid)en Sinn heraus,
ipeldier fo gern Anknüpfungspunkte für bie öegen=
ipart in ber Uergangenheit fudite, lä|^t fidi ipohl
am beften hk Streitfrage fdiliditen, Cr roollte mit
biefen (leiligenbilbern feiner 3eit fittlidie Impulfe
geben, ohne babei aud} nur irgenbtoie ben Stanb=
punkt eoangelifdier Glaubensfreiheit zu befdiränken.
nur^bie luiditigften Sdiriften tourben ertpähnt.
es hätte iPohl nodi einmal hingeipiefen roerben
füllen auf: «Conrab, eine öabe für Konfirmanben»>,
es müßte eigentlidi genannt coerben bas Büdilein:
«*Dön ber toeiblidien Einfalt« ober «Cebenslauf einer
heiligen Hlagb öottes aus bem Pfarrftanbe» — bod)
es mag genügen, mit ben genannten Sdiriften
£öhe's rchriftftellerifdien Fleiß roenigftens ahnen zu
laffen. IDie bebeutfam alle feine Peroffentlidjungen
toaren, erhellt aus ber latfadie, baß bis in bie
öegenipart feine Arbeiten neue Auflagen unb ftete
Beipunberer finben. So heißt es in ben Paftoral=
blättern (48. Jahrgang 1905/06): «In ben lOirrniffen,
in bje !ieutzutagc bei oiden bic innere Stellung
zur Kirdie geraten ift, modite idi reclit naclibruck=
lid] auf bas feine Budjlein aufmerkfam madien,
bas einft IDillielm Tölie gefdirieben bat: «Drei
Büdier oon ber Kirche.« Tlidit baß es alle Probleme
löfte ober aud} nur anrulirte, aber es ift mit fo
iparmer Hebe zur Kirdie unb foldier Begeifterung
fürs futberifdie unb mit foldiem — mandimal an
Sdileiermadiers Reben erinnernben — Sd]ipung
gefdirieben, ba|^ es audi fiebe unb Dankbarkeit
toed^en kann. Die Stimmung bes Budies prägt
fidi am fdiönften in ben IPorten aus: «Die Kirdie
ift ber fdionfte Ciebesgebanke bes (lerrn, in ipeldiem
fidi feine eigene Hlenfdienliebe unb bie Hebe zu
feinem Solin mit entliülltem Tlntlit? zeigt. Sie ift
ber öegenfatf ber Cinfamkeit — feiige öemeinfdiaft.»
IPenn nadi fedizig Jaliren Budier nodi foldie Cob=
rebner finben, tualirlidi ein gro|?er öeift muß bier
bie feber geführt baben.
nimmt man binzu, baß Eobe längere 3eit
Sdiriftleiter mehrerer Blätter roar unb für bie
oerfdiiebenften 3eitfdiriften Ruffätje lieferte, fo tDirb
man fagen können, baß er audi als Sdiriftfteller
gerabezu Ungeroobnlidies leiftete, ganz zu ge=
fdiroeigen oon feinen befonberen fdiriftftellerifdien
Arbeiten im Dienfte bes Diakoniffenbaufes.
11« Qäuslidies unb Perrönliciies*
Als Cölie im nuguft Des Jalires 1X37 bie
Pfarrei Heuenbettelsau übcrnonnmen liatte, toar er
am 25. Juli zuoor, feinem örbinationstag, in ben
heiligen Clieftanb getreten, lielene flnbreä=
liebenftreit, toeldie er einft in ber Kirdie zu Beli=
rinjersborf konfirmiert hatte, CDurbe t)l2 CrtDäl)lte
feines Qerzens. Cs roar eine «geiftlidi tief geroeilite
C\)(i.*> In bem «Cebenslauf einer heiligen ITIagb
öottes aus bem Pfarrftanbe»> entcoarf Cohe ein
«tpahrhaftiges unb getreues Bilb« oon feiner lielene.
Sie roar ihm eine treue öehilfin. Cinfalt unb
Cauterkeit oerbanb fidi bei ihr mit fjeiterkeit unb
frohfinn. Tiefe Religiofität, ernftes Streben nach
fjeiligung unb große öecoiffenhaftigkeit oerliehen
ihrem IDefen Crnft unb IDürbe. Sie roar ein Bilb
echter IDeiblichkeit. Im häuslichen Beruf betoies
fie große Tüchtigkeit, mit Umficht roaltete .fie im
Pfarrhaus, roelches erft burch mehrere Umbauten
unb Anbauten ein ftattliches flusfehen unb eine
zipeckmäßigere Einrichtung in ber Amtszeit Cöhe's
erhielt. Den örtsoerhältniffen cDußte fich bie
«frankfurterin« gar iDohl anzupaffen. Der öe=
meinbe ging fie mit beftem Beifpiel noran. Ihrem
TTIann toar fie im beruflichen Eeben, fotoeit es in
ihrer macht ftanb, eine Stütze, irenn fie auch ge=-
niffentlidi fid] nidit In flmtsbinge mifdite. Den
Pfarrkinbern wm fic eine treue, roolilroollenbe
freunbin. TDäbrcnb fölie bie Kranken mit bem
IDorte bes Cebens fpeifte, erquickte fie bie öattin
mit leiblicher lDol}ltat. Einmal in ber IDodie oer=
fammelte \k bie Knaben, bas anbere TTIal bie
niabdien zu einer «Singfdiule» um ficii; fie befaß
große mufikalifdie Begabung. IPenn es galt, für
kirdilidie 3tDecke aller Art zufammenzufteuern, fo
toar fie immer ber einigenbe Hlittelpunkt bes tpeib=
lidien Teiles ber öemeinbe.
Cöbe üerlebte an ber Seite feiner öattin gluck=
liehe 3eiten. Pier Kinber gingen aus ber Che l)er=
oor, Don ipeldien bas jungfte aber bereits im
zarteften Tllter ftarb. ITIit großer Ciebe hing er an
feinen Kinbern. Bis zur Konfirmation roaren fie
ganz in feinem Unterricht unb unter feiner feitung.
Der niartinsabenb unb bas IPeihnachtsfeft rpurben
befonbers fröhlich begangen. Cigenhänbig fchmuckte
föhe ipohl ben Chriftbaum. «Das Familienleben
toar ein wahrhaft fchones, ein Familienleben im
höheren Chor.»
Bei allem ölück, welches bie Ehegatten gegen=
feitig empfanben, mußte Eöhe fchon nach fechs
Jahren fchreiben : «Ich ipurbe ber flrmfte unter ber
Sonne.»» €in fchroeres Tleroenfieber brachte [jelene
bem Tobe nahe. «Sie ftarb am 24. Tlooember 1X43,
nachmittags gegen 3 Uhr, am Tobestage, in ber
Tobesftunbe bes lierrn. f]ier guf Crben hat fie
24 Jahre unb faft 5 ülonatc gelebt- fim 21. ITIärz
besfelben Jalires toar bereits il]r bie eigene TTlutter
im Tobe oorausgegangen. Cölie trug fdiiper an
ber öattin Tob. Hlit ftiller, ernfter Feier beging er
alljälirlid] ben Sterbetag. Im Jabre 1S57 fcörieb
er: «Seit 14 Jaliren ift mir mein perfönlidier öang
ein trüber , mein irbifdies Ceben eine abgebrochene
Säule; aber meine öälfte ift in ber lierrlidikeit bes
ßerrn unb mir ift auf meinen Ruinen hW Sonne
bes febens böber geftiegen unb fid]t unb Klarlieit
ift mir in manches öebiet gefallen, bas mir Dor=
mals näctjtlicti roar.» Cinfam toar er geroorben,
feitbem bas IDeib feiner IPabI ihm genommen
wnr, unb ein einfamer IITann ift er geblieben.
TDol)l bas Pfarrhaus tourbe ber Sammelpunkt gar
oieler Hlenfclien, Freunbe Don nah unb fern kehrten
gaftlicherroeife hier ein, bie h^rantoachfenben Kinber
brachten feben unb Sonnenfchein in bie «Pfarr=
hutte« — aber bas Gefühl ber Pereinfamung rourbe
oom fjausoater nicht mehr genommen. :: Unb^ es
roar «ipie eine Sage aus feruDergangenen 3eiten«,
tDenn Cöhe auf bie Jahre feines ehelichen ölückes
zu fprechen kam unb er irehmutsooll abbrach:
«fluch ich tpar einmal oerheiratet.» Sein [Ceben
erfchien ihm oon ba ab als ein «getroftetes Clenb».
Pom Jahre 1X53 an übernahm Cohe's Tochter bie
Führung bes Qaushaltes, nachbem zuoor längere
3eit eine ältere Dame bas ßausroefen geleitet hatte.
Arn 6. Juli 1X53 ftarb Cohe's betagte JTIutter in
x::y\anicyv:yv:^'\o^\o^vcy\ 144 roror^rcararararo
feinem Ijaufe. Aus feinen fijänben empfing fie ihr
letztes Tlbenbmalil unb unter feinen f]änben ift fie
nadi hartem Kampf ^entfcölafen, toie es fidi ber
ftets bankbare Solin einftens getDünfdit tiatte. Alien
biefen lieimgegangenen (Sdiroiegermutter, öattin,
jüngftes Kinb, geftorben 14. September 1E44, unb
IHutter) bat er in ben «toabrbaft gefalbten unb
roeibepöüen Cebensläufen, bie er über ibren Särgen
üerias, ein Denkmal ber Cbren gefetft.»
föbe's perfönlidies £eben ipar ausge=
zeichnet burd] Cinfadibeit, Beburfnislofigkeit unb
Uneigennütyigkeit. Sein Pfarreinkommen roar ein
febr mäßiges. IDas er als oäterlidies Permögen
geerbt, opferte er für 3ipecke ber Kirdie. Pon
ben einnahmen aus feinen Druckfctiriften floß ein
ftattlidier Teil ben flnftalten zu, roeldie gar mandi=
mal in finanzieller Hot fidi befanben. «Die flrm=
lidikeit feiner Umftänbe roar für Eobe nicht beshalb
brückenb», fchreibt Deinzer, «roeil fie ihm Cnt«
behrungen unb Befchränkungen auferlegte. Cr
liebte im Gegenteil bie Urmut, bie toenig hat unb
toenig bebarf, unb ging in ber Beburfnislofigkeit,
bie er anbern empfahl, felbft als ITfufter ooran.»
Seine Kleibung, feine Eebensireife roar oon hochfter
Einfachheit. Cr befaß, foroeit fich Deinzer erinnern
kann, roeber FImtsrock noch Cylinber noch lianb=
fchuhe. nis er barum in ÜTünchen zur flubienz
bei ber Königinmutter ITIarie : befohlen rourbe,
mußte er fich bei Freunben erft ausftaffieren laffen.
Der zu kleine flut flog ifttn bamals oom Kopfe unb Cöl]e
mußte bemfelben burdi Straßenlänge nacheilen. Im
Trinken unb effen roar er febr mäßig, in Speifen
nidit a7äl)lerird), ber biblifdien Regel Cuc. 10, X
geliorfam. Dabei übte er in ireitgelienbftem ITIaße
öaftfreunbfcbaft unb bas Pfarrhaus burfte oiele
unb lieroorragenbe öäfte beljerbergen.
fötie's Uneigennüt?igkeit tuar nidjt minber
groß. Cr nalim oon bem Diakoniffenliaus für all
bie große Arbeit, bie er an bemfelben tat, keinen
öelialt, aud] nicht in ber inbirekten Form oon öe=
fdienken. Die Tnittags= unb Tlbenbkoft, bie er fidi
üon ber Kudie ber Diakoniffenanftalt zeitroeife nadi
liaufe bringen ließ, bezahlte er um ben bamals
ublidien Preis. Als bie Cinparodiierung bes Filiale
borfes Reutli nad] TIeuenbettelsau unter bem Dor=
belialt geftattet tourbe, baß ber bisherige Pfrünbe=
Inhaber im öenuß ber Cinkünfte aus biefem Dorfe
bleibe, ging Cöhe barauf ein unb fdirieb an feine
Tochter: «Dicfe Arbeit bringe ich bem Qerrn lefus
als ein geringes Opfer meines Dankes bar, barum,
baß Cr mich {unb Deine feiige Jllutter unb Cuch
mit feinem Blute erkauft unb zu feinem eipigen
Eigentum erkoren hat.» TDar nicht auch hier
brennenbe Jefusliebe ber innerfte Impuls?
Seine an fich ftarke öefunbheit toar Derhält=
nismäßig frühe gebrochen. Die riefige firbeitslaft,
ipelche in ber Pereinigung oon Pfarramt unb ?ln=
ftaltsleitung gegeben irar, erfchütterte allmählidi
eidjner, Cölje. 10
feine öefunblieit. Im Jahre 1X55 tpurbe er oon
einem fdiiueren typi]öfen Fieber befallen, 1X57
zeigten fidi Spuren eines beginnenben Tlieren«
leibens, beffentroegen föbe zipeimal h\2 Kur in
Karlsbab gebrauefite.*) Damals erflelite er fich oon
eott «eine fllterszulage irie ßiskia«. Tatfächüdi
bauerte fein IDirben nodi fünfzehn Jalire. Im
Jahre 1861 befudite er bas Bab Ragaz in ber
Schweiz. In biefer 3eit fdirieb er bas öebetbudi
für Premblinge unb Reifenbe betitelt «Rapliael»».
Diefe Crbolungsreifen brachten es mit
fid), baf? £ölie mehrere bebeutfame öegenben
*) In Karlsbab madite Cölie bie Bekanntfcbaft bcs Didjters
Julius Sturm, ber iljm eines feiner Sonette roibmcte. «In leidit
oerliülltcr Form enthält basfelbe eine fdiöne Cijarakteriftik Cötje's»
unb iautet:
Dem lieben Sdiroeiger.
Dem Bädilein ift bas muntere Piaubern eigen,
Jet^t raufdit es platfdiernb auf am felsgeftein.
Dann murmelt's frol], burdjblil^t oom Sonnenfdjein ,
Unb tanzt burdi 6ras unb Blumen feinen Keigen.
* *
*
Der mädjt'ge Strom trägt fdion ein anbres 3eicJ)en,
€r raufcl}t gespaltig in bas Canb hinein,
Umtoft ben Fels mit roilben lUelobei'n
Unb gibt bann roieber Raum bebäcbt'gem Sdiroeigcn.
* *
TDoiil finb fie beibe fct]ön in ibrer IDeife,
Död) fdjöner ift ber See, auf beffen Flut,
Die tief unb klar, ein fanfter Friebe ruht.
* *
*
Um Ufer flüftcrn nur bie fjalme leife,
Unb leife furcbt bie Flut ein leiditer Kalin,
Unb ber brin rul)t, blickt fdimeigenb bimmclan.
zyvo^io^yomo^zyxcyviyy 147 rorororaror^rarci
kennen lernte. Audi begleitete er feine kranke
Tochter nadi bem Suben unb kam über Cyon nad]
Hizza unb Cannes, oon too er eine Illeerfalirt nad)
ben £erinifd]en Infeln unternahm, auf bem Rud?=
ipeg über ben Col bi Tenba nad) Turin unb lüaiianb,
befud)te er ben Euganofee unb kehrte auf ber alten
öottöarbftraße über bie fllpen zurud^. IlTit Bezug
gerabe auf biefe Keife rd)rieb Cöbe im Diaköniffen=
kalenber für 1X64: «Id) armer Ulann, oon TIatur
ungeeignet zum Reifen, bin bod) notgebrungen
l)ie unb ba geirefen. 1d) bin einmal auf ben
Infeln ber fjeiligen St. ITIarguerite unb St. f)Dnorat
ben fogenannten Cerinird)en Infeln, geroefen unb
l)abe oon ben marmornen Ruinen über ben öolf
Juan hinüber auf bie tDunberrd)önen l)Dl)en bes
Cfterellgebirges unb bie hinter ihnen fid) erhebenben
Seealpen gefehen, beim ftrahlenbften Sonnenfdiein,
unter bem farbenfpiel bes rd)önen ITIeeres unb
fpäter ber Hbenbfonne. So toas habe \^ nie
cDieber gefehen unb id) möd)te bie öutrd)med?er
aller Cänber fragen, toas fie oiel Sd)öneres ge=
fehen haben. Id) habe oom Col bi Tenba hinab=
gefehen in bas rd)öne, grüne, oon fd)neeigen,
ftrahlenben Bergen begrenzte Eanb Piemont. Id)
habe mid) mehr als einmal roieber nad) bem
fuganofee gefehnt, in beffen milben füften bie
hohen Berge ihre Ceiber, ihren Fuß aber in feinen
TDaffern baben. Id) habe mehrere Jllale bie fd)öne
Sd)a7eiz burd)zogen unb kurzum allerlei gefehen,
10*
fö baß id] fdiier fagen möd}te, idi bin mebr als
einmal Segens unb Sdiauens fatt gctoorben, Unb
nun benke, idi kann's bennodi auf ber armen
Dettelsau nicht bloß aushalten, fonbern mir gefällt's
ganz gut. Id] babe oiele W ftille flue oeraditen
boren unb ibnen obne Störung meiner Freube an
ber öegenb für ibren Stanbpunkt recbt gegeben,
es finb aber audi öfters recbt toeit gereifte unb
roeltkunbige lllenfcben bierber gekommen, gegen
h\2 icb nur tuie ein unkunbiger Stubenfit^er ober
einfiebler zu reebnen bin, hxo, aber bennocb obne
alles mein Begebren mit ber Dettelsau zufrieben
tparen roie icb.» Berufsreifen fübrten Cöbe in oer=
fcbiebene öegenben Deutfcblanbs. Der flufforberung,
nacb Amerika zu reifen, konnte er nicbt nacb=
kommen, ipie er aucb ben öebanken an eine Paläftina=
reife nicbt oeripirklicbte. Scbon ö. f\, p. Scbubert
lub ibn im Jabre 1836 zu einer gemeinfamen
«paläftinenfifcben IDallfabrt» ein. fln ben fei. Diffelboff
oon Kaifersroertb, roelcber ibn in ben fpäteren
Jabren für eine örientreife zu gewinnen fucbte,
fcbrieb er in b^rzlicber IDeife, «ba(^ er an b^iligcr
Stätte für ibn beten, ein Säcklein Onfen kaufen
unb ben Ort, tpo ber l]err bas 1)1. flbenbmabl ein=
gefeilt habe, era7erben roolle,« unb ergötfte ficb an
ber nntcDort bes Scbeik, «baß, ipenn er bie IDelt
babe, er biefen Ort nicbt zum Kauf bekommen folle.»»
Im Jabre 1X63 unternahm Cöbe eine größere
Reife, um ficb oon einem leichten Scblaganfall zu
crliolen, roeldicr ibn an Pfingften t)cs gleichen
Jahres bei ber Austeilung bes heiligen flbenbmalils
gerührt hatte. Crnfte Sterbegebanken erfüllten fein
öemüt. Cr Jerholte fich iPieber, ging mit freuben
an bie firbeit, aber ganz allmählich nahm feine
Kraft ab. In ben letften Jahren feiner IDirkfamkeit
ftanben ihm u. a. hdfenb zur Seite Crnft fot^e,
ipelcher zehn Jahre lang Konrektor roar, Dr. IDeber,
toelcher fpäter fein Tlachfolger im Pfarramt rourbe,
unb Johannes üeinzer, fein gro|?er Biograph. Cohe
felbft ipanbte feine ganze noch übrige Kraft auf.
Da feine Tochter zur öenefung lange 3eit in Bäbern
fleh aufhalten mußte, toohnte ber «alternbe ITlann»
oft allein im Pfarrhaufe. Cs rourbe immer ftiller,
immer einfamer. Cnbe 1X69 traten neue Schroäche=
zuftänbe ein, fo ba|^ fohe zum großen feibroefen
mehrere UTonate auf bas Prebigen oerzichten mußte.
Die Kraft roar erfchopft. Dann unb roann noch
ein letztes Tlufraffen unb Fluf flackern — noch bis
ein halbes Jahr oor feinem Tobe fuchte er zuroeilen
zu prebigen — aber bie Tage roaren gezählt. Kurz
üor roeihnachten 1871 trat ein neuer Schwache«
anfall ein. Um 4. flboent begehrte er bas heilige
flbenbmahl, er fühlte bas nahe Cnbe. Diel be=
fchäftigte ihn in ben letzten Tagen ber öebanke an
bie Seinigen unb bie 3ukunft ber finftalten. 3u
letftroilligen üerfügungen ift er nicht mehr ge=
kommen. Oft horte ber in ben letzten Jlächten
bei ihm roachenbe flnftaltsbruber ihn bie ftille
150 rararorarararoro
Betoegung feiner öebankcn mit ben Eicbesiporten
unterbredien:
©Ott toirb's madjen,
Daß bie Sadjen
eel)en, roie es tjeUfam ift
flmneujal}rstaglX72 tpar es ihm etiras toobler
unb er empfing, in ber Sopbaecke fityenb, mehrere
BegluckcDunfcftungen. Da, am nachmittag traf ibn
ein letfter Sdilaganfall, er oerlor bie Befinnung
unb tüurbe träumenb burdi bie Tobespforten ge=
führt, fim 2. Januar 1S72 nachmittags 5 Uhr hörte
bas lierz auf zu fchlagen. nis ber letzte Kampf
begonnen hatte, fangen bie Umftehenben bas Cieb
«ö f amm öottes,» unter beffen Klängen er, toie einft
feine TTlutter, zu oerfdieiben getpunrcht hatte, unb
beteten bie Sterbeh'tanei. Dreiunbfechzig Jahre
10 TTIonate unb 12 Tage hatte fein Eeben gebauert.
Tim 5. Januar CDurbe fein Eeichnam auf bem
öottesacker in bie öruft gelegt, tpelche bereits
bie fterblichen Überrefte ber Ungehörigen barg,
es fanb nur eine liturgifche Feier ftatt, tpie föhe
es fleh bei febzeiten ausbebungen hatte. Die Be=
teiligung ipar eine allgemeine. IDie bei Ceichen=
begängniffen oon Diakoniffen es föhe eingeführt hatte,
fo fanb im flbenbgottesbienft bes Begräbnistages
im engften Kreife eine öebächtnisfeier ftatt, toobei
J. Deinzer über Jefaja 6 - eine Stelle, hk einftens
bem örbinanbcn «am örbinationstagc in bet)eut=
famer IDeife zugeeignet cDurbe» (Jefaja 6, 8-10;
flpo[telg. 28. 25-- 27; Job. 12, 38-^41.)*) -- tl^
öblidie Parentation bielt. Hm folgenben Tag, bem
Cpipbaniastag, l}ielt Unioerfitätsprofeffor oon 3ezrcii=
mit? in ber Dorfkirdie bk öebäditnisprebigt unb
feierte in Tlnlelinung an bas fefteoangelium ben
Heimgegangenen Seelenliirten, als einen Stern, ber
zur Sonne leitete (tuie ber Stern ber IDeifen zu
bem neugeborenen IDeltlieilanb) unb als einen
Priefter, ber bie anoertrauten Seelen zum Opfer
(Opfer ber Seele unb bes Eeibes) anführte.
ein einfadies, aber ebel geformtes Tnarmor=
kreuz, beffen Sockel außer ben Hamen bie Um=
rd]rift trägt: «Idi glaube öemeinfcbaft ber lieiligen,
Pergebung ber Sünben, fluferfteliung bes Fleifcftes
unb ein etoiges Eeben« bezeidinet folie's unb
feiner flngeliörigen Rubeftätte. Por bem Eingang
*) <«ld) bat»», fo erzä'bltc Cöfje, «6ott um ein IDört aus
feinem Tllunbe an meinem Orbinationstag. Id) fdllug meine
Bibel auf, unb f)anb unb fluge geriet auf bie Stelle Jefaja 6,
8-10. Da, badite id), ber Text paßt nid)t, ber gefällt mir nidit,
id) muf^ einen anbern tiaben. Da fditug id) ein zcpeites TTIal
bie Bibel auf unb biesmal fiel mein Rüge auf Tlpoftelge^
fd)id)te 28, 25-27. Da batte id) zum zroeiten ITIal benfelben
Text. Aber in meiner Torlieit fagte id): Crft red)t mag id) ben
Text nid)t, id) muß einen anbern haben. Da fd)lug id) zum
britten ITIal bie Bibel auf, unb biesmal bekam id) bie Stelle
JqI). 12, 3S-41. Da rourbe mir feierlid) zu mut, zumal id)
nun las: Sold)es fagte Jefajas, ba er Seine, Jefu f)errlid)keit fal).
nun l)atte id) genug unb fagte: f)ier bin id), Qerr, fenbe mid).»
bes Diakoniffcnmuttcriiaufes ftel}t zroifctien Anlagen
bie 1873 auf Anregung ber Herren öottlieb oon
Tudier unb flbolf oon Iiarleß erriditete ]narmor=
büfte f ölie's. In bemfelben Jalire erfcftien ber erfte
Banb Don IDillielm Cölie's Eeben, aus feinem fd}rift=
lieben Tladilaß oon bem treuen Tllitarbeiter J. Deinzer
(t 1897) zufammengeftellt roeldiem im Jaljre 1X77
-IXSO ber ztoeite unb 1892 ber britte Banb folgte.
Diefes gro|]artig angelegte unb trefflid] burdigefülirte
Cebensbilb, gefcörieben oon f rcunbeslianb , rebet
nodi beffer als Stein oon einem Großen im Reidie
öottes zu ben nadiipadifenben öefcbleditern.
Das fdiönfte Denkmal aber follte bleiben bas
Diakoniffenmutterliaus Tleuenbettelsau , umgeben
oon einem Kranze diriftlidier Barmlierzigkeits=
anftalten. mit bemfelben bauert fort unb ragt
lierein in bie öegentoart bas gottgefcgnete IDirken
bes feiigen Pfarrers IDilbelm Cobe.
12* öebanken Cölje's»
1. öebet um Einigkeit ber Konfeffionen.
nilmäditigcr, barmherziger Pater unferes öerrn
Jefu Cbrifti, toir armen Sunber ooll IDel) unb Ceib,
im öefulile ber Sünben Deiner Kirdie ipenben uns
zu Dir unb fielen in Clirifto Jefu, Du ipolleft an=
feilen bie armfelige öeftalt bes Ceibes Jefu Clirifti
auf erben.
TDir finb alle zu einem Ceibe getauft, aber
0 öerr unb öott, toie finb toir zertrennt, ba|^ luir
faft mebr Dom öebäditnis bes Streites feben als
vom öebäditnis ber Einigkeit in Dir. Du baft roie
Im liimmel fo auf Crben nur eine beilige Kirdie
wollen bauen, unb nun fteben toir zu liaufe über
ben Plan ber Crbe bin unb unfere (lerzen finb
roeber gereinigt burdi Deine Taufe nodi burdi
Dein IDort.
Sdienke uns bodi, lieber lierr, oon Deinem
ßeiligtum Deinen einigen unb einigmadienben öeift
unb eriped^e in allen Konfeffionen ber ganzen
Kirdie einen bciligen fiunger unb Dürft nadi einig«
keit in Dir.
faß uns im ölanze feben, roorinnen rrir alle
einig finb, unb morinnen ipir meber einmütig nodi
einfältig finb, ba gebe auf uns bas Eidit Deiner
IDabrbeit unb bie Eiebe bränge uns, nadi Der=
laffenem Streit unb Sdieibung anzufeilen unb zu
faffen, toas IDalirlieit ift.
I}ilf uns, barmherziger, etpiger öott, um bes
f eibens roillen Deines eingeborenen Solines. flmen.
2. Bei ber IDeibe bes Kirchhofes in
Heuenbettelsau.
(2. noDGmber 1840.)
t?or biefen Toren flieht ber unoerföhnte Sunberj;
roirb er an fie erinnert, fo roünfcbt er fie oer=
fchloffen für eirig, nber bie öemeinbe ber oer«
föbnten unb erloften Sunber naht fich ihnen im
Frieben. Sie finb Pilgrime auf Crben unb Burger
im nimmel; bie Tore fcfteiben bie IDallfahrt oon
ber lieimat, bie IDüfte oon ber Stabt öottes unb
ihren Brunnen. Selig finb bie, roelche oon ber
fieimat nichts trennt, als biefe Tobespforten; feiiger,
a7er hinüber gebrungen ift zur Ruhe bes Ceibes,
zur Seligkeit ber Seele, (lier finb ipir unb beuten
uns alfo biefe Tore. Das ganze Ceben ift ein
Gang zum örabe; h^ute finb roir oorbilblich zu
unfern öräbern gegangen. Hoch ift's Tag für uns
unb ipir arbeiten im Schroeil^ bes flngefichts ; aber
es ift noch eine Ruhe oorhanben bem Polke öottes;
es kommt bie fuße Ruhe, bie Tfadit, ba man ruhet
unb nicht mehr roirket. TDie gut cpirb's fich boch
nach ber firbeit ruhn, toie toohl tuirb's tun! Bei=
natie roüßten toir kdncn größern Jammer zu
benken, als toenn roir immerbar im Ceibe bes
Tobes, im täglidien Sterben bleiben müßten; fo
felir felinen ipir uns nad] ber lieimat; fo felir
finb ipir befcftroert. fieblidier als jebe grüne flue
ift brum ber ftille Rulieplatj unferes feibes, ben
ipir Dor uns feben. Unter feinen Toren feben roir
Jefum fteben, boren toir feine freunblicbe Cinlabung:
Kommt ber alle, bie ibr mübfelig unb belaben feib,
leb tpill eucb erquicken,
faßt uns bineingeben burdi biefe Tore, als
tuenn es nicbt zum örabe, fonbern ins örab ginge.
Caßt uns beten: Tlllmäcbtiger Ijerr öott, bitnmlifcber
Pater! öleicbroie roir oon bem alten öottesacker
zum neuen unter lautem öefang unb öebet ge=
toanbelt finb, fo fei unb irerbe mebr unb mebr
burdi bie önabe Deines beiligen öeiftes unfer nocb
übriges Ceben ein Betlieb, ein Danklieb, ein Cob=
gefang, ein ununterbrodiener, anbädjtiger Gang
ber Seelen zum öottesacker, zur Porftabt ber £e=
benbigen. öib, baß toir je länger je mebr oer=
laffen, iras fterblicb unb töblicb ift, bie TDelt, ibre
Freuben, ibre Sünben. öib, baß mir jenes Sterben
finben, ipelcbes bie Keime unb Unfänge, bie öe=
roißbeit unb bk Kraft eines neuen, etoigen f ebens
in ficb trägt, bas Sterben unferer Taufe, bas Sterben
ber Buße, öleicbirie uns bei biefem öang bas
Kreuz vorgetragen tourbe, fo fei bas TDort oom Kreuze
ber Ceitftem auf unferer Eebensbabn, bis a7ir gen
Betlileliem kommen, wo wir etoig fdiaucn, ben
unfere Seelen liebten, nodi elie toir llin gefelien.
Unb bas famm öottes, bas ber IDelt Sunbe] trug,
fei uns ^ber Herzog unferer Seligkeit, ber Friebefürft
unferer Seelen im feben unb Sterben, flmen.
3. Arbeit unb Ceiben.
Der erfte Beruf, ben ein lüenfcli in biefer IDelt
Ilaben kann, ift bie FIrbeit: fidi ausleben [unb aus=
arbeiten für ben Qerrn; ber ztoeite ift ein Beruf
bes Ceibens, ber britte ift ein zufammengefet?ter ;
benn ber Beruf eines nienfdien ift nicht, roie er
foll, roenn er bloß Arbeit unb roenn er bloß Eeiben
ift; es muffen beibe Berufe oereinigt fein. Ceibens=
arbeit ift bie liödifte, fo bat fie ber lierr gehabt,
unb auf feinem beiligen öang follen bie Seinen
Ibm nadifolgen. Tue bie geringfte Arbeit Cbrifto, unb
fie ift golben, baburdi toerben alle beine f}anb=
lungen oerklärt. Die berrlicbe Auferftebung beiner
IDerke unb ibre Qimmelfabrt unb ibr TDobnen in
ben !]utten öottes — bat bir bas Coangelium bas
nodi nidit geprebigt?
Sprich: l]err, lehre mich bie heilige Kunft,
meine IDerke Dir zu bebizieren, bamit Du fie
benebiziereft. Cerne bie heilige Kunft, beim ;ge=
ringen IDerk einen Blick aufzuheben unb zu
fprechen: Jefu, Dir tue ich's. Himm beine IDerke,
hebe beine Seeje auf unb toibme {\2 beinem Jefus,
fo oerklärft bu beinen zeitlidien Beruf, unb biefe
Kunft roirb bidi lieiligen. — So mache es audi mit
bem Beruf ber Eeiben. Cs gibt kleine Eeiben, bie
jeben TTIorgen roieber kommen. Jebem Tllenfclien
ift zu feinem feiben zu gratulieren, ö toie heilig
ift jebes kleine Eeiben, coenn es nur recht Der=
ftanben ipirb. Alles, toas bu bir mußt gefallen
laffen, trag's in Jefu Hamen, bann tuirb Salböl
barauf kommen; unb bir freube baraus erblühen.
0ott ipirb bir auch ber Eeiben Urfache, bas bofe 6e=
toiffen, cpegnehmen, fo baß bu, ber Freube doII,
ipirft tragen können, ipas bu fo nicht tragen kannft.
Eeiben lernt man am Kleinen. Cs gibt auch eine
anbere flrt, Eeiben zu tragen. Du haft bas Eeiben
kommen laffen unb bann geheult, unb bich burch=^
geheult, unb ipenn es ooruber toar, tuieber ge=
geffen unb getrunken tuie zuoor. Hlach's anbersl
IDenn bas Eeiben anklopft, tuibme es augenblicklich
Jefu, fage; Ijerr, Dir trag ich's, bann n7irft bu Kraft
bekommen, im Eeiben zu ipirken, unb bu roirft
inne a7erben, toelche fierrlichkeit im Eeiben liegt.
Freue bich, roenn bir alles bricht, wenn bu felber
brichft.
Ea|^ bein Eeben, auf ba|? bu es eroig finbeft.
Eerne beinen Eebenslauf bem l^errn heiligen, bann
erftarkft bu zu bem boppelten Beruf: in ber Arbeit
immer zu leiben unb im Eeiben immer zu arbeiten ;
bann lernft bu, toas fo oft geprebigt tpirb, in
IDahrheit fagen:
l^err Jefu, Dir leb' id),
fjerr jefu, Dir fterb' id),
Qerr Jefu, Dein bin id), tot unb lebenbig,
mad)' mid) fromm unb eirig feiig. flmen.
4. Rus einem Brief.
Tlleinen berzlidien Dank, baß \\\x in foldier
Ferne audi meiner nodi gebenket unb fogar an
meinen Geburtstag Cudi erinnert. Cure freunblidien
3eilen kamen ganz reditzeitig unb tuürben langft
eine Tintiport bes Dankes gefunben baben, roenn fidi
Die 3eit gefunben batte. Hlein ftilles Ceben ift
bennodi ooll Arbeit unb Bemegung. llelimet jet?t
meinen lierzlidien Dank, unb trenn er fpät kommt
fo nehmet es roenigftens als einen Betueis, ba|^ er
länger als einen Tag am Ceben ift. Ijerrn Kon=
rektors treue IHülie trug audi mir fdiöne Frudit.
ITIein Eieblingspfalm unb eine meiner fieblings=
liymnen (IDadi auf mein (jerz unb finge) ipurben
mir am Tüorgen bes 21. Februar oor meiner Türe
fetir fdiön gefungen; wie überhaupt ein ganz
anberer öeift in allen unfern öefängen ift. Jetjt
in ber Faftenzeit liaben irir bas ölüd^, in ber
ftillen niittagsftunbe, nidit bloß in ben abenblidien
Qausanbaditen, unfern Betfaal benutzen zu können.
Sdilag 12 Ul)r beginnt lierr Konrektor ein Prälu=
bium; bann lieft man eine Eektion; barauf fingt
ber Clior bes Ijaufes einen erliebenben, fcftönen
öefang. Darauf fallen cuir nieber unb in ber tiefen,
lautlofen Stille beten wir, ein jebes fo kurz ober
lang es roill. Diefe Stunbe ift mir ein Paraöies —
es ift mir auf Sdiriftftellen unb öebete fdion
großes fidit gefallen, unb idi meine, id] ipollte
immerzu liegen unb beten. — So hat benn aud)
unfer Eeben eine lierrlidie Krone unb ber Segen
unfres fo ernften unb lieblidien Betfaales ftrömt
bereits, idi tpill nidit hoffen blo|^ auf midi.
Hudi in ber Sd)ule ift reges Eeben. 3ipar
bie neuen Spradien treten bei uns immer mehr
zurud^; unfer lierz neigt fidi immer mehr bahin,
fie fallen zu laffen, aus guten örunben, irie irir
meinen; audi ift bie erfte Klaffe nidit mehr bie
ebelfte, es finb ungefüge, aufrührerifdie öeifter
ba, beren Entfernung idi tpönfdie. Im Ganzen
aber geht es oorirärts. Die Sdiule orbnet fidi
bem fiaufe beffer ein, ipirb immer mehr Diako=
niffenoorfdiule. Das Diakoniffenhaus geht immer
oorcDärts; bas Terrain roirb großer unb bie 3ahl
tüditiger Eeute tpädift. IDir bürfen öott für Segen
banken. Ilun gehen audi unfre Sinnen oiel in
bie Blöbenanftalt; toir ipollen alle zufammenhelfen,
bie Sadie zu heben. Hlir ift immer unter ben
Blöben unb Clenben befonbers ipohl getoefen.
Inbem idi Eudi bies fdireibe, furdite idi tuegen
allgemeiner Haltung meiner Sät^2 langireilig zu
cDerben; aber Spezialia fdireibt man Cudi bennodi
genug, roie idi höre; ba furdite idi, IDaffer ins
ITIeer zu gießen.
fltn beften ift es, llir kommt einmal toieber unb
galtet gelftlidie exerzitien unb Kepetitionen in
unfrer IDüfte. Sotdie regelmäßige öänge, toie Du
fie täglid] madien mu|]t liebe Toditer, burfen
ipolll betenb gefcftelien, Cs kommt in bergleidjen
öänge, id} roeil^ es, eine eigene, einfdimeidielnbe
Anfechtung biefer IDelt: Die Rügen, bie öftren,
bas öerz roerben ba fpazieren getragen, unb toie
manches Kinb ift auf folchen TPegen burd} bie
Stra|?en einer liauptftabt fdion auf innere Tlbirege
gekommen. Ift bodi überhaupt für bas Stabtleben
ein nüchternes, cpaches, betenbes Qerz nötig; es
ift nötig, baß Ihr unb ipir für Cuch beten. Der
Cngel bes lierrn geleite Cuch, Sein öeift fchreie in
euren Ijerzen, auf allen Curen TPegen!
5. Aus einem öebicht.
D öottesfohn, ooll Gtoiger öeroalt,
0 Tnenfchenfohn in göttlicher öeftalt.
Der öottes macht unb Chren öberl^ommen,
Du hochgelöbter Qerr unb Chrift,
Der Du ber Deinigen Derlangen bift:
3u Dir, zu Dir, zu Dir begehr' auch Id),
Hur iDD Du bift, ba finb ich's roonniglich»
Das felb ift golben, blumenreid) bie flu'.
Die Berge hehr unb frei, ber Himmel blau-
IDohl roirb's bem Tüenfchenkinb auf Crben :
fluch mir ift alles angenehm.
Dod) gniigt's mir nid)t, id) toill Jerufalem.
Da, tDo Du tlironft, ba treibt mein Segel l}in,
Heimat n7irb's nur, roenn id) baljeime bin.
Dort flanimt ber Cngel fjeer in Deinem Eidjt,
Unb meine üäter fdjau'n Dein Tlngend}t;
Die gottoerlobte ITIenj'djtjeit fonber öleidjen
Ift aufgebed^t Dor iljrem Blick;
Don il}r roallt l^er ein unermej^lid) öliid?
Den Seelen zu - es raufdjt itjr Freubenton
IDie TTTeeresbraufen zu bes Cammes Tljron.
lOas l)ält mid) auf? £a^i mid) oon bannen get)'n
3u meinem Dolk, ben Tllenfdienföiin zu fel)'n.
Den Blid^ nid)t nur, bie Seele roill id) taud)en
In Seiner Sd)öne Ulajeftät
Sd)on je1?o f reub' unb 3ittem mid) burd)tDel)t
faßt mid) l)intDegl D Herr, l)inauf zu Dir,
3u Deinem T!nfd)au'n fd)reit mein öeift in mir.
eidjner, Cöbe 11
IIL
IDürbigung Cölje's.
öl)e toar «ein öroßer im Rcidie öottes»,
«eine kirdilidie Perfönüdikeit im großen
Stii»>, «ein brennendes unb fdieinenbes f id}t
ber lutl]erird]en Kirdie bes 19. Jalirl]unberts*>, «eine
Säule unferer lieben, lieiligen eDangelifd]=lutl}en=
fdjen Kirclje». ,,Die geiftige Bebeutung föl}e's
künbigte fidi audi in feiner äußeren Crfdieinung
an. Die mäditige Bilbung feines ßauptes, bie
auf feinen Reifen wd\)\ audi fremben auffallen
konnte, bie l]olie Stirn, ber ITIunb mit bem nus=
brück großer Beftimmtl}eit, bie gewaltige Stimme
in ben Tagen ber Kraft — alles tüar ungeroolinlidi.
Sein großes fluge roar i7on liditer Bläue unb konnte
feör oerfdjieben blicken, febr milb, aber aud)
burdibobrenb. Huf ben eblen 3ugen feines Tlntlitfes
lag ein tiefer friebe, ber oft zum Qeimipeb nact]
einer anberen lOelt ficb oerklärte.» «Sein TIame
ift in bie öefdiicijte ber lutberifdien Kirche Bayerns,
üeutfdilanbs, Amerikas, bie öefdiidite ber inneren
Uliffion unferer Tage, bie öefdiidite diriftlidier Barm=
163 r^rorararar^roto
t]crzigkeit tief ocrflochten.» — Dies bie Urteile
oon niännern, toeldie einem Eöl)e zeitlidi nalie
ftanben.*)
Die ITaditDelt toirb allen örunb haben, in
bankbarer Perelirung biefes ITIannes zu gebenken,
ber befeelt roar oon einem tieiligen Cifer für öott
unb fein Reidi. Als Cöl]e fein Tlmt antrat, ging
*) Profeffor Kal]nis fcbrcibt in bem Bud)e : «Der Innere
6ang Des beuffdien Proteftantismus»: IDie Qarms bie Qeiben^
miffjon pon fjcrmannsburg aus, trieb Cölje bie innere IFIiffion
oon Tieuenbettelsau aus. lUan liat beibe oft oerglidien. Diefe
Dorfprebiger waren nidit im Sinne ber IDelt, aber im Sinne bes
Keid)es Gottes große ITTänner, bie fid] rein burd) bie madit ber
it)nen periieiienen 6aben Don it}ren abgelegenen Dorfern aus
einen Wirkungskreis nidit bloß über bas eoangelifdie Deutfd)=
lanb, fonbern in anbere IDelttGüe bahnten. Beibe tparen burd)
unb burdi Ctiaraktere, mäctitig im IDort, eifrig in ber Seelforge
TTIeifter in ber Kunft ber Organifation. IDätirenb aber l]arms
in einem faft oerzebrenbcn örabe IDille roar, mar £öl]e meljr
eine burdi bie önabe perklärte JTatur, bie es batjer aud) meljr
oerftanb, Qütten auf Crbcn zu bauen, es ging burd] alles, roas
fobe roar unb tat, mctir Rübe. Seine Prebigtcn roaren nid)t
bloß Dolkstümlid)e 3roed?rcben, fonbern reidi an öebanken, oft
Don rounberbarer Sdionlicit ber Form. Huf bie öebanken anbcrer
einzugehen, roar beiber öabe nidit. IDenn aber Cöhe, oom
nioment ergriffen, aus feinem reidien Innern feine öebanken
entroid^elte, konnte er reben, roie es roohl nur roenige oermodit
haben. IDie alle großen Kräfte ber Kirdje zog er feine öebanken
aus bem Ceben. So hat er bie Kird]e, fo bas geiftlidie Amt
gefd]ilbcrt. JTadi feinem ganzen Streben, allem, roas er fprad),
fdjrieb unb tat, eine roürbige Form zu geben, hatte er ein
befonberes üerftänbnis für bie öottesbienftorbnung. Seine Rgenbe
11*
fdion ein öcift ber Cripeckung burdi bic fanbe
nadi ben burren 3eiten rationaliftifdier Umtriebe.
Die Ilöte ber Kirdie unb bie Sdiäben im PoIks=
leben lafteten fdiroer auf feiner Seele. Die Se!in=
fudjt nadi befferen 3uftänben cpar fein innerfter
Qerzfdilag. So trat er mit ein in bie Arbeit, bas
Polk religiös unb fittlid] zu Ijeben, unb mit nie
erlatimenber Begeifterung oerzelirte er (ein feben
im Dienfte an feinen lutberifdien Uolksgenoffen.
In feinem fjerzen loberte hx^ Flamme [peltüber=
ipinbenben Glaubens. Cr glid} ben Proptieten ber
Ijeiligen Sdirift unb konnte in geipiffem Sinn mit
Clia, ber fein Eeben getoeilit batte bem Ijerrn, oon
fidi fagen: «Idj babe geeifert um ben !ierrn.»> Cr
bat bas Befte für feine 3eit getrollt unb ift — irie
ein Hadiruf b^roorbob - «ein Propbet geipefen
ift nidit bloß oicl gelefcn, fonbcrn aud] gebraudit roorben. IDö
il)m Freilieit geftattel iPurDe, konnte er ipolil in äuj^eren Formen
experimentieren, löas iljn aber in bem letzten Flbfctinitte feines
Cebens 0örzugsn7eife binnaljm, roar bie Diakoniffenanftalt, bie
er in Heuenbettelsau gegrünbet Ijatte. Um äußere IlTittel braucl)te
er fid) nidit zu kümmern. Die roarb ber gute Uame, ben er fid)
in ber cpangelifdien Cljriftenljeit ertoorben. Seine Gabe, allem,
roas er geftaltete, eine finnige unb fctiöne Form zu geben, fanb
l]ier bie itir entfpred]enbe IDelt. öbipolil Colie metjr als anbere
ben einbruck madite, in einer tjöberen IDelt feine eigentlid]e
fjcimat zu tiaben, l}atte er bodi oie! Derftänbnis für lnbiDibua=
litäten unb eine befonbere öabe, tpeiblidie Gemüter in ipürbiger
Weife zu leiten. Unb fo tnarb benn bie blübenbe Diaköniffcn=
anftalt Cotje's ein fdiöner Beroeis, bafi XAo. innere ITIifflon im
Bunbe mit Bekenntnis unb öemeinbeleben roalirliaft gebeiljt.
mit öer Kreuzes= unb Kneditsgeftalt eines foldien,
ber ipeit liinausfdiaute unb, roas er fall, mit klaren,
nüc!]ternen lOorten ausfprad]. Cr ift roolil oon
ipenigen oerftanben iporben, aber er luirb noch
oerftanben coerben.*>
Cölje coar ber Sotjn eines geachteten Kauf=
manns. In einem aufftrebenben öemeinbetoefen
ipudis er auf. Fürth tuar im Jahre 1E06 bem
Königreidi einverleibt iporben nnh es enttpickelte
fich alsbalb ein reges öemeinbeleben, toeldies bem
heranipadifenben Knaben Intereffe ablod^te, Burger=
lieh einfaches Familienleben umgab ihn im elter=
liehen fjaufe, in ipelchem befonbers bie Zkb^ zum
geiftlichen ffmt gepflegt rourbe. Schon in ber
Jugenb lernte er ben Crnft bes Cebens unb ben
IDert eoangelifcher ölaubensuberzeugung kennen.
Seine Ilfutter rourbe ihm ein leuchtenbes Porbilb
unb in innigem Derkehr mit feinen öefdiroiftern
befeftigte fich ber ihm bis ans Cebensenbe eigene
Familien= unb Ijeimatfinn. Pon flnfang an zeigte
fich bei £öhe echt beutfches Cmpfinben. Schon in
ber Schule fanb er ipeit mehr als an ben lateinifdien
unb griechifchen Klaffikern öefallen an ben beutfchen,
bie er eifrig unb mit Begeifterung las. IRit be=
fonberer Ehrfurcht unb Ciebe las er bamals Jean
Paul, ben er ipohl feinen «Cieblingsfchriftfteller»
nannte. Im Jahre 1X26 coanberte er fogar zu Fuß
nach Frankfurt a. HI., um öoethe felbft zu fehen,
traf ihn aber nicht an. Fanb fein religiofes Sehnen
^icMO^icMi^io^cMO^ 166 rcjrarororaiHDtoro
in Kirdie unb Unterridit bamaligcr 3eit audi nid)t
bie gea7un|clite Befricbigung, fo beroalirte ilin ber
Crnft bes oäterlidien ßaufes unb fein eigenes reli=
giöfes Ceben bodi oor üerfladjung. Für feinen
inneren unb äußeren lOerbegang blieben bie erften
einbrocke unb Uerl)ältniffe maßgebenb. Cr ipurbe
burdi göttlidie fugung ein gläubiger 3euge bes
lierrn, «ber lüann bes roagenben ölaubens, ber
großartigen öebankentoelt; ber glorifizierenben
Sdionbeit in Spradie unb form, ber Tllann, ben
ber Herr einfame IDege gelten Ijieß, bamit er öe=
meinfdiaft bilben i^önne; ben er in bie Stille fülirte,
bamit er ber IDeite befonbers bienen mödite.»
Cöbe toar eine oon öott reidi begnabete Tlatur.
nilmälilidi bradi toolil feine korperlidie öefunbbeit
unter ber ftetig ipactifenben Urbeitslaft zufammen.
Aber er tiätte alle amtlidien unb außeramt=
lieben Berufspfliditen nid]t mit foldier feiditigkeit
becDältigen können, ipenn er nidit über eine gute
leiblidie Konftitution oerfugt hätte. Heroorragenbe
öeiftesgaben roaren ibm oerlieben unb bekunbeten
fidi in einer erftaunlidien Pielfeitigkeit. IDas bat
Cöbe nicbt alles ftubiertl IDie bat er bie burcbs
Stubium ertDorbenen Kenntniffe toieber praktifcb zu
oerroerten geipußtl üom früben ITIorgen bis tief
in bie TIacbt binein toar er bei ber Urbeit. Ibm
eignete paulinifcbe firbeitsfreubigkeit. Der Herr
bat aber fein IDirken reicb gefegnet unb ibn es
immer roieber erfabren laffen, baß er nicbt i7er=
c»icMCMsyiP^ic?^c^icM 167 rorcirararoror^ra
geblidi gelaufen fei nod] oergeblid] gearbeitet l}abe.
Tflifierfolge im eigentlidiften Sinn bes TOortes liatte
fein Ceben nidit aufzuipeifen. Bradite es ber£nt=
täufctjungen, ja Bitterl^eiten manche, — es roaren
nur IPölkdien, cDeldie toieber ooruberzogen —
feine ganze Eebensarbeit bat reidie frudit getragen,
beren hk Tladitpelt bis zur Stunbe fid] bankbar
freut oon roeldier (i<^ beute nod] zebrt.
föbe tpar eine fdiöpferifdie Kraft. Cr oerftanb
bie Regungen feiner 3eit unb tou^te FInregungen
zu geben, ' Sein offenes fluge batte ipobl ad]t au f
bie 3eitbebürfniffe unb fein männlidier IDille toar
fofort zur Befeitigung ber Hotftänbe bereit. Un =
gefudit ergaben fidi ibm bie Aufgaben, ireldie er
aus ber Fülle ber ibm getDorbenen öaben löfen
follte. Seine Hatur brängte zu rafdien Cnt=
fdieibungen unb kräftigen Taten. Cin Flugblatt
über bie kirdilidien Hotftänbe in Hmerika fällt ibm
in bie Ijanb — unb «mit abnenbem öemut unb
mit oorausfebenbem Sdiarfblid^ erkannte er hk
Bebeutung biefes Tlrbeitsfelbes für bie lutberifdie
Kirdie.*> Cin blober Knabe irirb ibm zugefubrt
— unb an beffen Crfdieinung knüpfte fid] für ibn
alsbalb eine reid] gefegnete fiebesarbeit unter ben
Blöben. Cr beobad]tet, toie in ben öemeinben
Frauen bin unb b^r treulid] Kranke pflegen —
fein burd]bringenber üerftanb zauberte bie «Be=
benken« aufs Papier unb fein örganifationstalent
rief ein Diakoniffenmutterbaus ins feben.
£öl]c befaß dnen liciligcn Ibcaüsmus. Sdion
in jungen Jahren trar berfeibe bei iöm ausgeprägt
In ber Hebe zur Tlatur, in bem Sinn für bas Sdione,
in ber IDertfdiätjiung ber Kunft trat biefer ibeale
SdjtDung zu Tage» «Drei öaben tuaren \\}m eigen:
Der l^lare Bück, bie zarte lianb, bas coeite ßerz.
Das Ibeal ftanb it}m ganz klar oor ber Seele, als
l)ödifte Realifierung ber ebelften Ibeen Die
öabe, bas Schone zu empfinben, ließ ilin Ibeale
feilen, aber audi ble TOirklidikeit zur Sdionbeit
emporbeben. Die Sdnonbeit irar ibm nicht ber
Schmuck, fonbern bie Kraft bes febens. . . . Aber
Blick unb öanb finb nichts, toenn nidit bas roeite
lierz fie regiert. Unter bem Panzer ber lutherifchen
örthoboxie, hat es nad] feinem Tob geheißen,
fchlug ihm ein toeites, reiches fjerz.» In ber Hebe
zur Kirdie, als ber Braut Chrifti, fanb biefer
Ibealismus feine höchfte unb feligfte Befriebigung.
föhe hätte nicht fo oiel, nid]t fo Großes geleiftet,
tpenn er nidit Ibeale gehabt hätte. liintDieberum
hatte es für ihn ettoas Beglüd^enbes, roenn er be=
obachtete, cDie biefe Ibeale fich — eines nach bem
anberen — Deripirkliditen. Die Freube über bas
Crreidite konnte ihn bann in fd]a7eren 3eiten unb
in bcn bunkelften Führungen oor Kleinmut be=
roahren.
Cöhe's feben zeidinete ein einheitlicher 3ug
aus. Den Knaben befeelte fchon ber IDunfch, ein
tüchtiger Pfarrer zu iperben. Seiner Kirche, feiner
angcftammten ITluttcrkirdie, toar er oon ganzem
fierzen zugetan. Cr bat ilir Me Treue gehalten
bis zum letzten ntemzug unD coar einer ihrer beften
Pfarrer, In ben ernften Kämpfen, ba er ben Flus=
tritt ertpog, bat ibn eben bie flnliänglidikeit an
feine eDangelifcli=lutl]erifdie Kirdie oom letzten
Sdiritt abgehalten. Die Pietät gegen bas Uber=
kommene irar in \\}m zu mäditig, als baß er
fo ohne toeiteres fidi oon berfelben losgeriffen hätte.
Sein gefdiiditlidier Sinn hätte ihm ein feben ohne
Perbinbung mit ber üergangenheit zur Qual ge=
macht. Die Cinbrucke aus bem Clternhaufe blieben
bei ihm unoeripifcht. Die Erinnerung an bie erften
gottesbienftlichen Stunben in ber lüichaelskirche zu
Fürth toar ihm bis an bas Cebensenbe eine Quelle
ber Erhebung. Die Ciebe zur l^eimat erlofch nie
in feinem Herzen. IDie er im Familienkreis gern
an Erlebtes fich zurückerinnerte, fo knüpfte er ba=
rum auch im Berufstpirken bie Fäben ber Per=
gangenheit ipeiter. «Er ift«, ipie ITIeyer einmal
trefflich fagte, «auf ben Schultern feiner Däter ge=
ftanben unb bie finb auch geroorben burch bie, bie
oor ihnen geroefen finb, unb fo geht es zurück
bis in bie Tage ber Rpoftel unb fie finb, toas fie
toaren, burch Ihn geirorben, ber auferftanben ift
Don ben Toten, filier Dienft ipurzelt in Ihm, bem
fluferftanbenen, unb aller Dienft toirb recht oollenbet
tüerben, roenn Er tuieberkommt, bes roir tparten.»
Eöhe ipar nur ein ölieb in ber Kette ber treuen
3eugen.
c^yeyvo^xoyo^xeyyomo^ 170 rQr^r^rorororQra
«Crgreifenb ift babei ein tief elegifdier 3ug
fcl]on in frulier Jugenb«, Cölie's IDefen neigte fruli=
zeitig zu fditoerem Crnfte. Sein treuer Celirer Kotli
befurditete einftens ipolil, ba(^ er burdi allzu
ftrenge 3urückgezogenl}eit fidi übereile. Die eigent-
lidie Temperamentsanlage (Tlaturbeftimmtbeit) burfte
getoefen fein «tiefe, faft träumerifdie Hlelandiolie,
beren Heiligung zur Energie führte, coälirenb ilire
Betonung biefe mäßigte.« Cin befonbers lierDor=
tretenber 3ug blieb bei ihm barum lebenslang bie
Hebe zur einfamen Stille bes friebliofes unb bie
pietätooUe Erinnerung an bie Perftorbenen. «Id}
bin fo fabbatlilidi geftimmt«, fagte er fpäter,
«Pfalter unb l]arfe bringt mir fo kräftig ans öbr,
ipenn idi im ölockenklang, mit Huferftebungsgefang
burdi bie ftillen Tore bes friebliofes gebe.*» Cöbe,
biefer Ulann mit feinem (diarfen Perftanb unb einem
eifernen IDillen, biefer TTIann ooll b^ilig^^n lbealis=
mus unb glübenber Pbantafie — auf ber liöbe bes
febens eine Kampfesnatur — roar zugleidi ein
niann ooll tiefften Cmpfinbens, ooll innerer Rül}=
rung, ein TTIann bes öemütes. IDie munberbarl
«Derfelbe TTIann, ber fo getoaltig für ölaube unb
Eebre eiferte, tpar zugleidi c>on mäditig fdiöpferifdier
Kraft auf bem Gebiete barmherziger Eiebe. Auf
bie Jabre bes Streites folgte unmittelbar, cDie ein
oerföbnenber flbfdiluß, bie Periobe eines groß=
artigen Sdiaffens auf biefem öebiete.«
Cöbe tDußte zu bienen. In ber Selbftlofigkeit
unb Uncfgennuffigkeit mit roeldier er feines flmtes
toaltete, trat biefe Cigenfcbaft befonbers zu Tage.
IDas er von einer red]ten Diakoniffe gefagt bas
traf auch bei ihm zu. Cr biente ipeber um fobn
nodi um Dank, fonbern aus Dank unb Ciebe. Die
Seelen bem Ijerrn zuzuführen, roeldier \\}n fo reich
begnabet hatte, bas ipurbe ber Impuls feines
Cebens. Kein Opfer toar ihm bafur zu groß unb
keine Arbeit tuar ihm bafur zu gering. In großer
Selbftoerleugnung unb Aufopferung biente £öhe
bem Qerrn unb Seiner Kirche. Sein Permogen
hat er im Dienft bes Reiches öottes geopfert. — Unb
boch tDußte er auch zu herrfchen. öott hat gerabe
biefen Diener in bas Porbertreffen geftellt* Cr
führte bie 3ügel ba, wo er zu gebieten hatte, mit
fefter Ijanb, aber auch mit oäterlicher JTIIIbe. Cr
tDußte alles bis ins Kleinfte zu regeln, ohne babei
ben IPeitblick für bas öanze zu oerlieren. In ber
Errichtung unb im Ausbau ber Diakoniffenanftalt
follte er biefe befonbere Begabung am beutlichften
heroortreten laffen. ein öeift ftrenger 3ucht follte
burch ihn bas TTIerkmal biefes IJaufes irerben. Cr
iDurbe bemfelben ein Pater, tpar aber auch fein
l]err. Diefe lioheit bekunbete er ebenfo in feinem
amtlichen IPirken. «ITlit einer Art founeräner ITlacht«
Dollkommenheit trat £öhe bistoeilen fchtoerftem
Jammer ber Crbe unb ben bunkelften Hachtfeiten
bes menfcftlichen Eebens entgegen.« Sünbe roar
ihm oerhaßt, Heuchelei ein öreueL
Die innerftc Triebfebcr feines raftlofcn unb
fdbftlofen IDirkens tuar ber fromme, kinblidie
Glaube, tueldier bekannte: «Ihm übergebe idi alle
meine Dinge, benn Cr ift meine fioffnung.« Sein
Oeblingsfprudi toar: «Sdiledit unb redit bas be=
büte midi; benn id) barre Dein.» (Pfalm 25.)
Cr lebte in ber heiligen Sdjrift unb in ber öefdiidjte
feiner Kirdie. Cr roar ein Beter mit beiliger öe=
lualt unb ftellte fidi unb fein £eben Tag für Tag
binein in bas fid]t ber Cipigkeit. Tlidits konnte
unb follte ibn barum fdjeiben oon ber Oebe öottes,
bie in Cbrifto |efu ift unferem Herrn.
ITIan bat toobl gefragt, auf coeldiem Gebiete
Cöbe am grollten geipefen fei, ob als Diener feiner
Kirdie ober als Babnbredier eoangelifdier £iebes=
arbeit, ob als Cebrer ober als Seelforger, ob als
Prebiger ober als fiturg. Im letzten örunbe eine
mulmige Frage 1 fobe roar ein original. Seine Piel=
feitigkeit in ber Arbeit toar ebenfo beipunberungs=
tpürbig tpie feine einbeitlidjkeit bei ber Arbeit. Der
Glaube ipar in ibm mäditig, roenn es galt, eDange=
lircb=lutberifd}e Eigenart oor aller IDelt zu pertreten.
Oebe entflammte ibn, roenn bie Tlöte bes üolkes
ibm ans tjerz gingen. Unb l^offnung erfüllte ibn
bei feinem ganzen TDirken, bas er als Säemanns=
arbeit für bie Ccoigkeit betraditete. fln fdicperen
3eiten bat es audi ibm nidit gefeblt. Cin Pietift,
ein TTIud^er mürbe er oon mandien feiner 3eitge=
noffen gefdiolten. Des Romanifierens beziditigten
il]n bie einen, ber örtboboxie befdiulbigten ibn bie
anberen. Inbeffen bk Hebe zu feiner eoangelifdien
Kirdie roar zu grof^, als ba|^ er becDuj^t einer un=
eoangelifdien Regung Raum gegeben hätte, aber
aud] ber fjaß ber Feinbe erfdiien ilim zu gering,
als ba(^ er in feiner Stellung zum Bekenntnis fidi
llätte irre madien laffen. lüodite er baburdi mandiem
zu einfeitig geroorben fein, traten barin aud] mandie
SdiiDädien zu Tage, «ein fkcken= unb irrtumlofer
Heiliger roar er nidit unb roollte er felbft nid]t fein.»
Die ITIängel oerfdiipanben oor bem öroj^en, bas er
nad] Gottes TDillen zu leiften berufen roar. Cr roar
ein eoangelifdier Cliarakter.
Den TIeuenbettelsauer flnftalten, ipeldie er be=
grunbete, mar er ein üater. Die Kirdie Bayerns Der=
lor in ibm einen ilirer treueften Bekennen Der
neuen IPelt tuurbe er zum Segen, tv trar — nein
er ift lieute nodi ein fdieinenbes unb brennenbes
Cid]t ber lutlierifdien Kirdie. Sein öebäditnis bleibe
audi unter ben kommenben öefdileditern im Segen!
Der TTame «£ölie»> aber lebt fort, in bem ipas fein
eiaubenseifer unb feine Oebesarbeit auf Crben
gewirkt liaben. llim felbft roirb in ber CcDigkeit
ber Colin, ipeldier oerlieij^en ift ben getreuen unb
frommen Knediten bes Ijerrn. «Dann roerben bk
öerediten leuditen tDie hk Sonne in ilires Uaters
Reidi.»
Inlialt
Seite
üorn7ort 5
I. Cöfje's TDerben - 9
IL Cöbe's IDirkcn 18
1. Die erftcn Jal)re im geiftUdjcn Amt IS
2. Der Pfarrer pon ITcuenbettclsau 31
3. ernfte 3eiten 46
4. Die Fürforge für bie luff)erifd]en Deutfdien in
Tlorbamerika 59
5. Kolonifation unb Inbianermiffion 77
6. Die öefelirdiaft für innere JITiffion im Sinne ber
lutl^erifdien Kird^e unb ber lutiierifdie üerein für
tpeiblidie Diakonie 85
7. Die Diakoniffcnanftalt üeuenbettclsau .... 93
8. Der Flusbau ber Diakoniffcnanftalt 109
9. 3ur Diakoniffenbilbung unb Diakoniffenarbeit . . 122
10. Sdiriftftellerifdie Cciftungen 133
11. näuslidjes unb Pcrfönlidics 141
12. öebanken £öl]e's 153
III. IDürbigung Cölje's 162
Pon betnfelbcn Perfaffer ift erfd)icnen unb
kann burdi jebe Bucl]l}anblung bezogen iperben:
Cal^t uns beten!
morgen^ unb Bbenbanbadjten zum öebraud)
in Krankenfälen
Don
Karl eid}ner,
Seelforger im allgemeinen Krankenliaus zu Hürnbcrg.
3ipeite Auflage.
eieg. geb. 80 Pfg.; nik. 1.-, ober mk. 1.20.
Das K. prot. öbcrkonfiftorium in Tllünclien Ijat
unter bem 5. Rüg. 1905 obige öebetsfammlung empfohlen. In
bcr entfdiliel^ung lieißt es: «Das Büdilein ift zunädift zum
öebraud) bei JIIörgen= unb Tlbenbanbaditen in Krankenfälen
beftimmt. Jebe biefer Rnbaditen beginnt mit einem gut geroäblten
SdirifttDort, bem ein kurzes öebet folgt, unb fdiließt mit Sclirlft=
roort ober Cieberoers. Das Ganze mact)t einen fel}r guten
ein brück unb kann zu bem genannten 3ipeck, foroeit bie
konfeffjonellen üerljältniffe es geftatten, burcbaus cmp =
fol]len n7erben. fiber auctj fonft roirb ber öeiftlidie für bie
Krankenfeelforgc toillkommenep Stoff unb oielfadje
nnregung aus ber kleinen Sdirift entnehmen können.»
Im 3eitraum oon 3 JTIonaten mar bie erfte Auflage
oergriffen. Diefe öebetsfammlung ift einem oft empfunbenen
Bebürfnis entgegengekommen unb roirb in Krankentjäufern roie
bei ber Krankenfeelforge überhaupt gern benijt^t. In tlieologifd]en
ipie nid}ttt]eologif(tien Kreifen bat biefes Krankenhaus=6ebet=
buch ungeteilte Anerkennung gefunben. Dasfelbe eignet
fid) zu öefd)enken für Krankenljäufer, öeiftlidie, Diakoniffen,
Diakone fomol)! mie für alle biejenigen, meldie biefen Kreifen
naliefteben.