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Full text of "Wilhelm Obermüller's deutsch-keltisches, geschichtlich-geographisches Wörterbuch : zur Erklaerung der Fluss-, B erg-, Orts-, Gau-, Völker- und Personen-Namen Europas, West-Asiens und Nord-Afrikas .."

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600093486Y —* 


* 





[A I 














Deutsch - keltisches Wörterbuch. 


ò—— — ——— 


Erster Band. 


WILHELM OBERMÜLLER’S 


DEUTSCH-KELTISCHES, GESCHICHTLICH-GEOGRAPHISCHES 


WÖRTERBUCH 


SUR BARLAKRUNG Das 


“ FLUSS- BERG- ORTS- GAU- VÖLKER- UND PERSONEN-NAMEN 


EUROPAS, WEST-ASIENS UND NORD-AFRIKAS 


. DEUTSCHLANDS 


NEBST DEN DARAUS SICH ERGEBENDEN FOLGERUNGEN 


FÜR DIE URGESCHICHTE DER MENSCHHEIT. 





ERSTER BAND. 


LEIPZIG: LUDWIG DENICKE. 
LONDON: WILLIAMS & NORGATE. 
1868. 


303. +, 372%. 


— — 





























EINLEITUNG. 


Das Werk, von welchem wir den ersten Band hiermit dem 
Publikum übergeben, erschien in Lieferungen von je sechs Bogen, 
von denen der sechsunddreissigste mit dem Buchstaben G den 
vorliegenden ersten Band abschliesst. In den einzelnen Heften 
waren auf den Umschlägen Vorbemerkungen beigefügt, welche 
sich über die Aufgabe, die der Verfasser bei der Bearbeitung 
- des Buches verfolgt hat, verbreiten. Da diese Umschläge beim 
Einbinden verloren gehen, so sind wir genöthigt, den wesent- 
lichen Inhalt dieser Vorbemerkungen hier erst zu wiederholen, 
um sodann ein Bild der Völkerentwicklung in Europa 
folgen zu lassen, wie es sich als Ergebniss der Sprachforschung 
auf dem Gebiete der keltischen Idiome ergibt. 


Die Berg- und Flussnamen, die der Gaue und alten Ortschaften, wie 
die Namen der meisten Völker alter und neuer Zeiten sind uns bis jetzt in 
ihrer Bedeutung fast durchweg unerklärt geblieben. Das Deutsche liefert 
uns hierüber keinen genügenden Aufschluss, ebensowenig das Slavische ; 
gleicher Weise verhält es sich mit den römischen und griechischen Namen, 
wie mit denen der orientalischen Völker. Und doch müssen diese Tausende 
von Namen einen Sinn haben, denn der Zufall hat sie nicht auf die Erde 
geworfen. 

Nach langem Mühen ist es endlich gelungen, in den altkeltischen 
Sprachen und Mundarten den Schlüssel zur Lösung der Räthsel zu finden. 
Der Verfasser hat versucht, Alles zu sammeln, was seine Vorgänger auf 


vi Einleitung. 


diesem Gebiete in Deutschland, England und Frankreich zu Tage gefördert, 
hat aber, und dies hält er für ein wesentliches Verdienst der vorliegenden 
Arbeit, seine Forschungen über ganz Europa und bis weit hinein nach 
Asien ausgedehnt. Dadurch ist er zu Ergebnissen gelangt, welche die alte 
Völkergeschichte vielfach auf andere, festere Grundlagen stellen, als dies 
nach den bisherigen, meist römischen oder griechischen Quellen möglich war. 

Durch die Erkenntniss der altkeltischen Wortformen oder Appellativ- 
bezeichnungen — Eigennamen gab es in alten Zeiten nicht — wird die 
Weltgeschichte wohl um ein volles Jahrtausend zurück- 
geschoben und der Blick in Perioden der Culturentwicklung geworfen, 
von denen uns bis jetzt blos die Naturforscher durch Auffindung der 
Pfahlbauten und ihre Sammlungen aus der Steinzeit einige Licht- 
scheine gaben. Merkwürdig, die Ergebnisse der altkeltischen Sprachfor- 
schung harmoniren vollständig mit dem, was uns die Ausgrabungen in 
den alten Wohnorten von Europas Urbevölkerung gezeigt haben; sie gibt 
aber noch weitere Aufschlüsse über die ersten Ansiedelungen, denn jeder 
alte Ortsname bezeichnet den Uranfang der Wohnstätte, seine Art und 
sein Wesen. 

Die Gaunamen entsprechen ihrem Sinne nach der Beschaffenheit der 
Gegend, wie sie meist noch heute ist, und die Namen der Völker deuten 
auf deren Herkunft, deren Wohnsitze, deren Beschäftigung und Kriegs- 
tüchtigkeit. Von den Kelten rühren so ziemlich alle diese Bezeichnungen 
her. Sie waren das erste Culturvolk, sie gaben den fremd auf sie herein- 
brechenden Wandervölkern die Namen, und von den Kelten gingen die- 
selben auf die Griechen und Römer über, von denen wir sie dann auf 
einem weiten Umwege durch die alten Classiker wieder zugeführt erhielten. 
Mittlerweile hatten sich aber durch vielfache Völkermischungen die 
Sprachen Europas und Vorder-Asiens verändert, und ein neues Studium 
ist nöthig geworden, um die, gleich Petrefacten erhalten gebliebenen, 
alten Namen zu verstehen. 

Ausser den Angaben der Griechen und Römer über unsere Urge- 
schichte hat der Verfasser auch die orientalischen Quellen zu Rathe ge- 
zogen, namentlich die Chinesischen, welche über die Wanderungen 
der blond-blauaugigen Race gegen Westen gar merkwürdige Dinge erzählen, 
und dadurch ganz auffällig die Ergebnisse der keltischen Forschungen 
bestätigen. Diese chinesischen Angaben können jedoch erst im zweiten 
Bande ausführlicher behandelt werden. 

Die alten Personennamen, welche vereinfacht jetzt noch in aller Welt 
Munde sind, stammen meist aus dem Keltischen und sind Bezeichnung 
von Dienstverhältnissen, Vasallenthum, Hörigkeit oder Handwerksnamen; 
sie geben Aufschluss über die Stellung der besiegten Ackerbauern zu den 
erobernden, kriegstüchtiger gebliebenen Hirtenvölkern, der Kelten zu den 
Deutschen, Slaven und Hunnen. Im Orient entwickelten sich die Dinge 
um ein volles Jahrtausend früher. Die Fluss-, Berg- und Ortsnamen in 
Palästina sind nicht hebräisch, trotzdem, dass die Juden schon vor 3000 
Jahren von dem Lande Besitz nahmen, wohl aber ebenso einfach aus dem 
Keltischen zu erklären, wie die am Rhein oder in Irland, 

Alle indokeltischen Sprachen weisen auf eine gemeinschaftliche Ur- 
quelle hin, die man arisch genannt hat, freilich ohne damit in der Sache 








Einleitung. vu 


viel aufzuklären; denn alle Sprachen der weissen Race stimmen zuletzt 
in einigen Dutzend Urlauten überein, mit denen aber ihrer Formlosigkeit 
und Unbestimmtheit wegen kaum etwas anzufangen ist. 

Die altkeltischen, insbesondere altgälischen Wortformen, welche in 
ziemlicher Reinheit noch bei den Irländern und Schotten, und die alt- 
kimbrischen, welche bei den Walesern und Bretagnern erhalten sind, 
wurden von den neueren Völkern je nach deren Zunge und Sprachweise 
umgeändert, namentlich in den Endungen gewöhnlich verschärft und ge- 
zischt. Die Vocale wechselten ohnehin schon bei den Kelten. 

Ein weiteres Ergebniss ist Folgendes: Die Abstammung und Mischung 
der heutigen Völker zeigt sich ziemlich deutlich in dem Mehr oder Minder 
von keltischen Lauten oder Wortformen, welche sich in der Sprache, 
namentlich bei der untern, von dem unterjochten Urvolke abstammenden 
Klasse erhalten haben: hunderte von keltischen Worten haben wir täglich 
im Gebrauche, ohne es zu ahnen. 

In unserem Volke leben noch zahllose Mythen, die aus den alten 
Religionen sich erhielten und theilweise in das Christenthum aufgenommen 
wurden; zahlreiche, frommkirchliche Gebräuche werden noch geübt, und 
doch ist ihr Urspruug wie ihre Bedeutung heidnisch ; Weihnachten stammt 
nicht aus dem Christenthum, es ist älter als dieses; ebenso die Tanfe. 
Auch hierüber, wie über das gesammte vorchristliche Religionswesen ent- 
hält das Buch eine gedrängte, indess möglichst vollständige Zusammen- 
stellung als wichtigen Beitrag zur Culturentwicklung. 

Um das über 6000 Artikel umfassende Material zu sondern und dem 
Leser zugänglicher zu machen, sind dieselben in alphabetische Ordnung 
gereiht. ° Jeder Satz enthält neben den neuen, heutzutage gebräuchlichen, 
auch die alten Formen, wie sie die Urkunden liefern, dann den keltischen 
Urlaut mit seiner Bedeutung, und schliesslich, insoweit es sich um Orts-, 
Personen-, Gau- und Völkernamen handelt, einen kurzen Abriss von deren 
Geschichte, sei es nach griechischen oder römischen Quellen, sei es nach den 
Traditionen der Inder, Perser, Araber oder Hebräer, namentlich der Völker- 
tafel der Genesis, oder endlich nach den Stammsagen der einzelnen deut- 
schen Völker oder deren Heldenliedern. 

Die ersten Bezeichnungen für Flüsse, Berge, Wälder, Landschaften 
und für die Uranfänge der Ortschaften gingen nothwendig von den ersten 
Ansiedlern eines Landes aus, und haben sich erhalten, trotzdem dass die 
Bevölkerung allmälig wechselte. Diese Ansiedler waren, abgesehen von 
Basken und Finnen, keltischen Stammes, oder von jener Race, welche man 
heutzutage als die keltische zu bezeichnen genöthigt ist, weil die von 
ihnen hinterlassenen Sprachdenkmale den heute noch von den Iren und 
Walesern gesprochenen Idiomen am nächsten kommen. Demjenigen, 
welcher alle Wortformen, die in Deutschland üblich sind, kurzweg für 
deutsche, beziehungsweise, wenn er sie nicht versteht, für „urgermanische“ 
erklärt, alle in den slavischen Landen für urslavisch, dem, sagen wir, mag 
os freilich kurios erscheinen, wenn ihm gegenüber gezeigt werden kann, 
dass er damit vollständig im Irrthume war; ein Irrthum, der übrigens 
schon dadurch handgreiflich zu Tage tritt, dass vermittelst dieser Sprachen 
von alten Namen soviel wie nichts, und dies Wenige nur in einer unzu- 
reichenden, unpassenden, oft lächerlichen Weise gedeutet werden konnte. 


vum Einleitung. 


Bei unsern heutigen gesellschaftlichen Zuständen, wo nicht nur jede 
Person, sondern auch jeder Ort, jeder Bach, jeder Berg seinen Eigennamen 
hat, fällt es schwer, sich in Verhältnisse zurückzudenken, wo solche Eigen- 
namen überhaupt noch gar nicht existirten, also in Zeiten, wo jeder Name 
ein Appellativum war, der das Wesen des Gegenstandes oder der Person 
bezeichnete, welche damit benannt werden sollte. Es war dies indess die 
einzige Möglichkeit, solche Namen zu bilden, denn eine Autorität existirte 
damals nicht, welche kraft Machtspruchs einem Berge oder einer Ortschaft 
diesen oder jenen Eigennamen hätte octroyiren können; wenn es dennoch 
versucht wurde, wie zur Zeit der Römerherrschaft, wo zahllose Orte 
Augusta, Julia oder Colonia titulirl wurden, so hatte dies, einige Aus- 
nahmen abgerechnet, keinen Bestand, weil die Schulen fehlten, um der 
heranwachsenden Jugend den neuen Namen einzuprägen. Somit blieb es 
bei den alten volksüblichen Bezeichnungen bis auf unsere Tage, nur mit 
dem wesentlichen Unterschiede, dass die alten Appellativa in dem Munde 
der später eingerückten Völker zu Eigennamen wurden, weil die appellative 
Bedeutung des Wortes für sie verloren ging. 

Zur richtigen Erklärung einer alten Wortform sind zwei Dinge erfor- 
derlich: einmal muss die Erklärung dem Wesen des Gegenstandes ent- 
sprechen, der damit bezeichnet wurde, und zwar in derjenigen Gestaltung, 
welche der Ort, der Berg oder das Volk zu der Zeit besass, als ihm der 
Name gegeben ward, und dann muss die Erklärung sprachlich richtig sein. 
In erster Beziehung kann jeder Laie, wenn er auch keine Sylbe keltisch 
versteht, schon beurtheilen, ob eine Erklärung zulässig ist; denn wenn sie 
den Eigenschaften des zu erklärenden Objects nicht entspricht, so ist sie 
falsch, mag sie sprachlich auch noch so wohl begründet sein; ob aber 
die altkeltische Form richtig angezogen sei, dazu gehört freilich einiges 
Studium dieser Sprache, und daran fehlt es eben fast überall. Wo ist ein 
Lehrstuhl für das Keltische, für die Ursprache Europas und Vorderasiens? 
Das Indische ist in den Bereich der Studien gezogen, und dies ist durchaus 
verdienstlich, denn durch das Eindringen in die alte Sprache Hindostans 
ist unsere Wissenschaft wenigstens nach dieser Seite hin aus dem klassi- 
schen Mühlrad herausgedrängt worden, in welchem sich dieselbe seit 
Jahrhunderten gedreht hat. Aber das Indische genügt nicht; es liegt, 
wenn auch mit dem Deutschen in der Urzeit verwandt, uns viel zu fern, 
um in Europa ausgiebig zu unserem Zwecke verwandt werden zu können. 
Ob Deutsche in alter Zeit je nach Indien kamen, wissen wir nicht, so viel 
ist aber sicher, dass niemals Inder nach Deutschland kamen. Die Kelten 
aber waren hier, sie sind es im Grunde genommen noch, wenn auch 
ohne keltisch zu sprechen ; denn im Laufe des Mittelalters trat an Stelle 
der alten Volkssprache bei uns die deutsche, als die des herrschenden 
Stammes, wie in den jetzt romanisirten Ländern das Lateinische; vorher, 
zur Zeit der Merovinger und Karolinger, und theilweise noch weit später, 
hatten wir in Deutschland unter dem Volksein Sprachengewirre wie heute 
noch in Ungarn und der Türkei; deshalb musste man sich im Mittelalter, 
um allgemein verständlich zu werden, der lateinischen Sprache bedienen, 
weil deren Wortform und Bedeutung wissenschaftlich feststand. Mit dem 
Altkeltischen war dies ganz anders; eine Menge weder durch Schrift, und 
natürlich noch weniger durch Druck festgestellter, bDiegsamer Wortformen, 


Einleitung. IX 


mit mannigfachenm: Sinn®, wohl genügend für ein einfaches Naturvolk, 
aber ungeeignet zum Gebrauche bei verwickelten Verhältnissen, war das 
Keitische als Grundlage für Berg-, Fluss- und Ortsnamen dennoch ganz 
- vortrefflich, weil die Mannigfaltigkeit der Wortformen, und deren ebenso 
mannigfache Umwandlung in die neueren Sprachen dadurch die Entstehung 
von tausenden verechieden lautender Eigennamen ermöglichte, welche 
ohne diese Grundlage sehr monoton bei „Bachheim, Bergheim, Berghausen, 
Waldheim“ u. dergl. verblieben wären. 

Die keltische Sprache oder deren verschiedene Mundarten zerfallen 
in zwei wesentlich zu unterscheidende Gruppen, in die gälische und in 
die kimbrische. Gälisch wird heute noch gesprochen in Irland und 
Schottland, kımbrisch in Wales und der Bretagne; beide Gruppen haben 
Manches gemein, in vielen Dingen dagegen hat jede ihre Besonderheiten. 
Viele Wortformen kommen blos bei den Iren vor, andere blos bei deu 
Kimbern, wieder andere bei beiden; bald ganz identisch, bald etwas ab- 
geändert, sei os in der Schreibweise oder in der Aussprache, oder endlich 
auch im Wortsinne. Da die Gälen im Durchschnitt mehr blond, die Kim- 
bern mehr schwarzhaarig sind, eine Verschiedenheit, welche nach alten 
Autoren schon zur Zeit der Römer stattfand, so lässt sich daraus auf zwei 
ursprünglich verschiedene Racen schliessen, deren Ursitze an zwei ge- 
trennten Orten gesucht werden müssen; die der Gälen (geul weiss, gelb, 
blond) wohl im Süden des Kaukasus, da wo man die Heimath der Indo- 
Germanen vermuthet; die der Kimbern (ykeam Winter, Norden, Kymmerier) 
mehr in der Nähe der hunnisch-finnischen Völker, mit denen sie sich wohl 
in der Urzeit gemischt haben mögen, wie ihrerseits die Gälen im Süden 
mit den Aethiopen. Beide Stämme wanderten zu verschiedenen Zeiten in 
Europä ein, hier mögen die Gälen, dort die Kimbern die ersten gewesen 
sein, schliesslich aber scheinen letztere die Oberhand erlangt und bis zur 
Bildung des Römerreiches und bis zur Ankunft der Deutschen, Slaven 
und Hunnen dieselbe im Wesentlichen behauptet zu haben. 

Zur Kenntniss des Keltischen geben die heutigen Sprachen der Iren 
und Waleser die nächste und beste Ausbeute, aber nur insofern, als man 
deren jetzige Wortformen auf die alte Sprachweise zurückführt, und dem- 
gemäss letztere, so weit noch thunlich, feststellt. Für das Altkeltische 
besitzen wir zwei wichtige Quellen: Die Malbergschen Glossen oder 
Randbemerkungen zur Lex Salica, und das Heldengedicht: the battle 
of Magh-rath, oder die Schlacht bei Moira, die 637 in Irland ge- 
schlagen wurde; dieses alt-irische Gedicht wurde in neuerer Zeit von 
O’Donovan herausgegeben. Die Lex Salica, in lateinischer Sprache abge- 
fasst, entstand in der Zeit, als die Saalfranken noch in Belgien standen, 
also vor der Eroberung Frankreichs (487) durch die Merovinger; die 
Randglossen dazu sind theils in fränkischer theils in keltischer und zwar 
sowohl gälischer als kimbrischer Mundart geschrieben. Das Nähere hier- 
über vergl. in F. J. Mone's keltischen Forschungen zur Geschichte 
Mitteleuropas (Freiburg 1857), dann in J. C. Zeus’s Grammatica celtica 
(Leipzig 1853), endlich in der Grammatik der irischen Sprache in Leo's 
Ferienschriften (Halle 1852). 

Die Annahme, dass noch bis in das Mittelalter herein in Deutschland 
von einem Theile der Bevölkerung keltisch gesprochen wurde, lässt sich 


x Einleitung. 


durch eine Beihe von Thatsachen begründen, ven denen wir hier einige 
der überzeugendsten kurz anführen wollen. Die Burg Gronau an der Leine 
unterhalb Alfeld wurde urkundlich zur Zeit der sächsischen Kaiser von 
Bischof Siegfried II von Hildesheim erbaut, nachdem das noch ältere . 
Schioss in Empede verfallen war, wie Wersebe in seinem Werke über die 
niedersächsischen Gaue ausführt. Wäre in damaliger Zeit die deutsche 
Sprache an der Leine die allein herrschende gewesen, so würde diese Burg 
„Neuburg“ genannt worden sein; dies geschah aber nicht, sondern das auf 
einer Insel angelegte Bollwerk wurde vom Volke mit cro-nua bezeichnet, 
was rein keltisch ist und Burg-neu bedeutet. Es leuchtet ein, dass es 
keinem Deutschen einfallen konnte, einen Neubau mit einem keltischen 
Appellativ in Verbindung zu bringen; dies konnte nur durch eine keltisch 
redende Bevölkerung geschehen. Die herrschende Kaste war allerdings 
damals schon deutsch, von dieser aber gingen die Namen der Orte nicht 
aus, sondern von der Masse des Volkes, welchem in jener Zeit weder durch 
Schulen noch durch eine vielgegliederte Büreaukratie Namen aufgedrungen 
werden konnten, die seinem Idiom fremd waren. Erst allmälig gewöhnte 
sich dieses Volk daran, die Sprache der über ihm stehenden Classen an- 
zunehmen, und, vermengt mit seiner eigenen, unsere heutigen Mundarten 
auszubilden. 

Ausser dem cro-nua an der Leine entstanden zur Zeit der Kriege 
gegen die Ungarn noch eine Reihe anderer, neu angelegter Befestigungen, 
von denen mehrere denselben keltischen Namen, nicht eine aber den 
„neue Burg“ führen. Grona an der Mulde in Obersachsen bei Eilenburg, 
jetzt Grunau genannt, scheint eine dieser Neuburgen zu sein, andere 
werden jetzt Grünau geschrieben oder Crone, und wie die Formen alle 
lauten. Kronau am Bruhrain im Kraichgau stammt dagegen aus Römer- 
zeiten, und war gegen die Alemannen angelegt. 

Eine andere auffallende Erscheinung ist es, dass die meisten alten 
Orte in verschiedenen Zeiten urkundlich verschiedene Namen führten, wie 
das Bodmannschloss am Bodensee, welches man bald Podoma, bald 
Bodungo, bald Bodman geschrieben findet, was nicht zufällig oder Folge 
eino8 Schreibfehlers sein kann, denn jede dieser Formen hat ihre bestimmte 
Bedeutung, und bezeichnet den Zustand des Schlosses oder Hofes, wie er 
sich in den verschiedenen Jahrhunderten darstellte. Podema war erst ein 
kleines Haus, bo-iuam, dann befestigt wurde es ein kleines Donjon, 
bo-dungo, und dann wieder ein grosser kaiserlicher Hof oder eine Pfalz, 
bod-moin. Wäre die Bevölkerung in den Zeiten, wo diese Namens- 
änderungen vor sich gingen, also zur Zeit der Karolinger, nicht noch 
grossentheils keltisch gewesen, so würden deutsche Namen an die Stelle 
der keltischen getreten, nicht aber keltische wiederum durch keltische 
ersetzt worden sein. Solche Namensänderungen kommen aber zu hunderten 
durch ganz Deutschland vor. Die ersten Missionare, welche den Bewohnern 
Deutschlands im 6. und 7. Jahrhundert das Christeuthum predigten, 
waren Irländer; wie hätten diese bei dem Volke sich Eingang verschaffen 
können, wenn dieses die gälische Sprache nicht mehr verstanden hätte? 


— 








Einleitung. xi 


Soweit der Inhalt der allgemeinen Bemerkungen, wie sie 
auf den Umschlägen der ersten Hefte enthalten waren. Einige 
über unser Werk erschienene abfällige Beurtheilungen können 
wir hier mit Stillschweigen übergehen, da wir an der geeigneten 
Stelle bereits das Nöthige darauf erklärten, und es scheint, 
dass unsere Kritiker mittlerweile selbst ihre Ansichten geändert 
haben; denn während noch vor einem halben Jahre die von uns 
festgehaltene Thatsache, dass vor dem Erscheinen der Deutschen 
Europa grossentheils von keltischen Völkern bewohnt war, bei 
denselben einen Aufschrei nationaler Entrüstung hervorrief, wird 
jetzt von denselben Stimmen diese Thatsache als etwas ganz 
Selbstverständliches hingestell. Damit wird uns jede weitere 
Bemerkung über diesen Gegenstand erspart. 

Erschienen sind in den letzten Tagen zwei Arbeiten, welche 
ich den Freunden historischer Forschungen zur Berücksichtigung 
empfehlen möchte, ein kleines Heft von Pastor Frenzel: Der 
Belus- oder Sonnendienst auf den Anden, oder Kel- 
ten in Amerika (Leipzig bei Ludwig Denicke), und Dr. Ad. 
Bacmeister’s alemannische Wanderungen und Orts- 
namen der keltisch-römischen Zeit (Stuttgart bei J. G. 
Cotta). Beide Autoren stehen im Wesentlichen auf demselben 
Standpunkte, wie vorliegendes Werk, nur enthält die letztere 
Schrift eigentlich blos Material für weitere Forschungen, ohne 
über die von ihr behandelten Namen bestimmte Auskunft zu 
geben, während dieselben in ihrer Bedeutung doch grossentheils 
schon in Mone’s „keltischen Forschungen® klar gestellt sind; 
Frenzel gibt dagegen über eine Reihe mexikanischer Ortsnamen 
höchst bemerkenswerthe Andeutungen, welche weiter verfolgt, zu 
interessanten Aufschlüssen führen werden. In Paris (bei Franck) 
ist ebenfalls ein Werkchen über die Formation der Ortsnamen 
erschienen, in welchem der Verfasser, J. Quicherat, indess nur 
die alten, meist latinisirten Formen angibt, sie für keltische er- 
klärt, ohne aber deren Bedeutung aus dem Keltischen beizu- 
fügen. Also auch nur Material für weitere Forschungen. 

Gehen wir nun zu dem Gegenstande selbst über, den wir 
in diesem Vorworte näher besprechen wollten. Bei verschiede- 
nen Veranlassungen ist in unserm Buche darauf hingewiesen, 
dass in dem Idiome, welches man jetzt kurzweg das keltische 





xl Einleitung. 


nennt, — man könnte es auch arisch nennen, wenn die Existenz 
einer arischen Sprache mit Bestimmtheit nachgewiesen werden 
könnte, und dieselbe nicht blos auf einer linguistischen Hypo- 
these beruhte, — für die einfachen Begriffe, wie Wasser, Berg, 
Wohnung, Mann, gross, klein, Fürst u. s. w. eine Menge ver- 
schiedener Wortformen vorhanden sind, welche unmöglich von 
einem einzigen Volke herrühren können; denn wozu sollte ein 
solches, wenn es für diese Begriffe einmal einen Laut sich 
angewöhnt hatte, dazu kommen, neben diesem noch Dutzende 
von anderen in Gebrauch zu ziehen? Eine solche Fülle von 
Wortformen für ein und denselben Begriff kann nur dadurch 
entstanden sein, dass das, was man jetzt keltisch nennt, in der- 
selben Weise durch Sprachmischungen entstanden ist, wie unsere 
heutigen Idiome wieder ihrerseits aus weiteren Mischungen des 
Keltischen mit dem Deutschen und Slavischen; von den Zuthaten 
der Südvölker, der Orientalen, wie der Griechen und Römer, 
deren Sprachen sich in ähnlicher Weise entwickelten, hier ganz 
abgesehen. 

Wir haben nun in Europa ausser den Kelten, Deutschen und 
Slaven noch Basken und Finnen. Beide Völker sind offenbar 
in die Gebirge und Sümpfe, in welchen sie jetzt hausen, zurück- 
gedrängt worden, und zwar von einer Race, die später als sie 
auf dem Wahlplatze erschien und als Siegerin die besseren 
Gegenden für sich in Besitz nahm. Berge und Sümpfe sind 
allerwärts und zu allen Zeiten die Zufluchtsstätten der Verfolgten 
gewesen, in den Pyrenäen, den Alpen und Karpathen, wie in dem 
Ural und Kaukasus, dem Atlas und dem Hindukusch. Basken 
und Finnen, wie deren Vettern die Hunnen bezw: Ungarn und 
Tataren sind schwarzhaarig und rundköpfig; die Kelten dagegen 
hatten ovale Gesichtsform, gestreckteren Körper und sind oder 
waren meist blond und blauaugig. 

Die in den Höhlen Südeuropas aufgefundenen versteinerten 
Ueberreste menschlicher Schädel zeigen fast durchweg die rund- 
liche Form, rühren also von der baskischen oder iberisch- 
ligurischen Race her; in den Sumpfstrecken Nordeuropas da- 
gegen hat man keine menschlichen Versteinerungen, wohl aber 
die Merkmale dafür gefunden, dass die Bevölkerung dieser 
Striche in ihren Pfahlbauten sich vorzugsweise von Jagd und 





Einleitung. xm 


Fischfang nährte, wie es heute noch die Finnen thun. Die 
baskische und finnische Sprache zeigen aber, wie Wilhelm von 
Humboldt ausführte, mannichfache Uebereinstimmung, Beleg 
dafür, dass die vorkeltische Race wohl ein und demselben rund- 
köpfigen Stamme angehörte, der aber durch Klima, Bodenver- 
- hältnisse und Lebensweise nach zwei Richtungen hin geschieden 
wurde, deren Grenzen in dem mitteleuropäischen Gebirgswall 
der Alpen und Karpathen gesucht werden können. Südlich und 
westlich von diesem Walle lebten die Iberen, Liguren und grie- 
chischen Autochthonen in Felsenhöhlen oder selbstgegrabenen 
Löchern, daher der Ausdruck lig-ur, Loch-Mann; nördlich davon 
die finnischen Fischervölker (von buinne oder /uinne Wasser) in 
ihren Pfahlbauten; unter ihnen auf den trockenen Waldstrichen 
aber noch ein dritter kleinerer Schlag Leute, mit dem Rennthier 
zusammen, wohl die Urväter der jetzt ebenfalls nach dem Norden 
gedrängten Samojeden (zu deutsch Waldleute, von taom oder 
“saom Wald und iath Gegend). 

Als das Meer, welches einst die Wüste Sahara bedeckte, 
zurückwich, und der Boden Inner- Afrikas sich hob, entstand 
die glühende Wüste, und mit ihr der Samum, der Sirokko, oder 
wie er in der Schweiz genannt wird, der Föhn, jener Südwind, 
welcher die Alpengletscher zurückschmolz und dadurch Nord- 
europa wärmer und wohnlicher machte. Mit dieser Umbildung 
unseres Erdtheils scheint auch die Einwanderung der keltischen 
oder um biblisch zu reden Sethitischen Völker aus Vorderasien 
zusammenzuhängen, und damit der Anfang jener Racenmischung, 
aus welcher diejenigen Stämme hervorgingen, welche zur Zeit der 
Römer und bei Ankunft der Deutschen Mitteleuropa bewohnten. 

Es entstanden die Kelt-iberen in Spanien, die Kelto- 
Liguren in Südfrankreich und Oberitalien, und die zahlreichen 
griechisch-hellenischen Mischvölker auf der Balkan- 
Halbinsel. Im Norden der Alpen dagegen erwuchsen aus der 
Berührung der Kelten mit den finnisch-hunnischen Stämmen 
andere Gebilde, welche sich namentlich längs der Nord- und 
Ostsee, dann weit nach Osten bis zum Asowschen Meere hin 
erstreckten. Aus diesen ragen die Kimmerier oder Kimbern 
als ein tapferes Seevolk hervor, ebenso die Belgen, von welchen 
die heutigen Wallonen abstammen, dann die W aleser in England 


xıv Einleitung. 


und die Bretagner auf der Westspitze Frankreichs; im Innern 
Deutschlands wie Galliens hinwieder scheinen die Kelten unter 
dem Namen Gaelen sich reiner erhalten zu haben, ebenso in 
Irland und Schottland. Die Letten an der Ostsee stehen 
den Kelten näher als die Slaven, obwohl auch diese unendlich 
viel keltische Worte in ihrer Sprache haben. Im Norden Europas 
endlich blieb noch ein Rest von Finnen ziemlich ungemischt, 
desgleichen an der mittlern Wolga und im Ural. 

In Asien entwickelten sich die Völker in ähnlicher Weise, 
ebenso in Nordafrika, nur dass hier durch das Hinzutreten 
der Neger eine Reihe von Mulattenstämmen sich bildete, 
welche in Aegypten, Babylon und Phönizien zu früher 
Cultur heranreifend, dann in den Arabern als Welt-Eroberer 
auftretend, ihrerseits wieder mächtigen Einfluss auf alle Anwohner 
des Mittelmeeres übte. In Hochasien behielten die ebenfalls 
rundköpfigen Mongolen die Oberhand, aus ihrer Verbindung 
mit keltischen, oder wenn man es lieber hört, mit arischen 
Stämmen erwuchsen die Tataren oder Türken, denn ebenso 
gut als die Aren aus der Gegend des Hindukusch oder Himalaya 
nach Persien, an den Indus und nach Arabien drängten, oder 
in westlicher Richtung Vorderasien und Europa besetzten, zogen 
sie auch gen Osten. Unter den mancherlei Dynastien, welche 
die Chinesische Geschichte kennt, war wohl sicher auch eine 
keltische; Worte aus dieser Sprache finden sich heute noch in 
den Idiomen des himmlischen Reiches. Aber nicht alle blond- 
haarigen und blauaugigen Stämme, die wie die Genesis anführt, 
mit Cain nach dem Lande Nod ((l. ı. in ein neues Land) zogen, 
gingen in Mongolische Mischvölker auf, die Chinesen kennen 
daselbst noch in den unserer Zeitrechnung unmittelbar vorher- 
gehenden Jahrhunderten mächtige Völkerschaften, welche in ihrem 
Aussehen an unsere Gaelen erinnern; sie wurden nach langen 
Kriegen mit den Hiungnus, dem chinesischen Ausdruck für 
Hunnen, allmälig westwärts getrieben, und erschienen zur Zeit 
der Völkerwanderung im östlichen Europa. Dies mögen wohl 
die Tuadiski oder Nordvölker sein, welche erst die Länder 
an der Ostsee, dann Mitteldeutschland, und nach Besiegung der 
Römer endlich ganz Europa und Nordafrika unterjochten, aber 
als nicht zahlreich genug wieder in dem vorgefundenen keltisch- 














Einleitung. xv 


iberiseh-finnischen Völkergemisch guten Theiles wieder unter- 
gingen. Im Norden der Alpen behielten die Tuadiski oder 
Deutschen indess die Oberhand, und gaben den vorhandenen” 
Sprachen ein neues Gepräge, während im Süden und Westen 
die Mundarten der Romanen die vorher schon eingenommenen 
Stellungen behaupteten. Als durch die Siege der Franken so- 
wohl Romanien als Teutonien ein und demselben Scepter unter- 
worfen wurde, staute sich die bisher gen Westen drängende 
Fluth und schlug rückwärts gegen die slavischen Waldvölker, 
welche mittlerweile im Osten Europas mit grosser Macht vom 
Baltischen Meere bis zum Cap Matapan sich ausgedehnt hatten. 
Die Slaven mögen einer keltisch-hunnischen Mischung ihre 
Existenz zu verdanken haben, während die Ungarn als letzte 
hunnische Eindringlinge in Pannonien feste Stellung nahmen. 


Alle diese Völker überflutheten die alten Keltenlande, keines 
aber vertilgte die vorgefundene Bevölkerung, denn dazu hatten 
sie kein Interesse; mehr sagte es ihnen zu, die unterworfenen 
Stämme als Hörige auf dem angebauten Lande sitzen zu lassen, 
selbst aber durch ritterliches Spiel die Zeit zu vertreiben, ihre 
Fehden auszukämpfen und von den Zinsen und Frohnden zu 
leben, welche schon die altkeltischen Herren ihren Untergebenen 
auferlegt hatten. Die Volkssprache blieb die keltische bis weit 
hinein in das Mittelalter; sie wich erst allmälich im Süden der 
romanischen, im Norden der deutschen, aber nicht ohne vielfach 
in den Mundarten bis zur heutigen Stunde unter der gemeinsam- 
deutschen Hülle fortzuleben. Die Namen der Flüsse, Berge und 
Wälder, der Seen, Meere, Landschaften, Völker, und endlich der 
alten Orte erhielten sich gleich Petrefacten; aber erst unserer 
Zeit war es vorbehalten, die räthselhaften Formen zu lösen und 
durch Eingehen auf die alte Sprache der vorteutonischen Racen 
neues Licht auf die Urgeschichte Europas zu werfen. 


Die in den nordischen Sagen erhaltene Angabe von der 
Fahrt Odins aus Türkland nach Skandinavien mag eine Andeu- 
tung geben von dem Zuge der Deutschen oder Asen aus Hoch- 
asien nach Europa, obwohl selbst der Name Odin keltisch ist. 
Statt der Asen sprechen die Chinesen von Usen, statt der Jüten 
von Yeten, und melden deren Züge von den Grenzen Chinas 


xvi Einleitung. 


bis zum Kaspischen Meere, wie im II. Bande unseres Buches 
unter den betreffenden Ueberschriften nachgewiesen werden wird. 


Aus dem Gesagten wird man ersehen, dass der Verfasser 
nicht zu Jenen gehört, welche nach dem Vorbilde der Genesis 
die Menschheit von einem Urpaar abstammen lassen: denn so 
gut, meinen wir, als an einem Orte die Bedingungen der Ent- 
stehung eines Menschenpaares sich zusammenfinden konnten, 
war dies auch an anderen möglich; wir gelangen aber weit ein- 
facher zu einer ungezwungenen Erklärung der Völkerbildungen, 
wenn wir neben der weissen, kaukasischen oder arischen Race eine 
autochthone Entstehung der Neger im Süden, und der Mongolen 
im Osten annehmen, von den Malayen, Rothhäuten, Allbehaarten, 
und wer weiss, welch anderen, noch unbekannten oder wieder 
verschwundenen Racen ganz abgesehen. 


Nach dieser übersichtlichen Darstellung der Entstehungs- 
geschichte der Völker noch einen Blick auf die Bildung der 
Sprachen, namentlich jener, welche wir keltisch nennen. So 
wenig als der Mensch in geistiger Vollkommenheit dem Haupte 
Jupiters entsprang, und die Völker hochgebildet irgendwo aus 
einer Felsenspalte herauskrochen, sondern dem allgemeinen 
Gesetze der Natur folgend, vom Niedern zum Höhern, — vom 
Stein zur Pflanze, von dieser zum Thier, und von da endlich 
zum Menschen — sich emporarbeiteten, ebenso entwickelte sich 
die Sprache im Laufe von Jahrtausenden von den einfachsten 
thierischen Lauten herauf zu dem Wunderbau der classischen 
Ausdrucksweise. Angst und Schmerz, Schrecken und Freude, 
Erstaunen und Zorn, Liebe und Hass, Durst und Hunger ent- 
lockten dem Menschen die ersten Töne, wodurch er seine Ge- 
fühle wie Begehren der Aussenwelt kundgab, aber bildsamer als 
das Thier, reichlicher ausgestattet in seinen Stimmmitteln und 
geistig von umfassenderer Thätigkeit stieg er, durch Noth ge- 
drängt, von Stufe zu Stufe bis zu einer Höhe, von welcher in 
die Urzeit wieder hinabzublicken, förmlichen Schwindel erregt. 


Der Nachahmungstrieb, schon bei den Thieren von Bedeu- 
tung, erleichterte unendlich den Fortschritt, und das Nachbilden 
von Naturtönen gab vielfach das Material zu eigenen Wortformen ; 
die Mischung der Stämme endlich verflocht die einzelnen Mund- 








Einleitung. xvi 


arten zu neuen, mannigfaltig gegliederten Sprachen, die dann 
wieder auf dieser Grundlage weiter arbeiteten. 

Das Keltische, wie es uns in den alten Namen vorliegt, ist 
noch ziemlich einfach; verhältnissmässig wenige Urlaute, aber 
diese mit mehrfachen Bedeutungen, nach den einzelnen Stäm- 
men nüancirt, und wie natürlich, weder durch Schrift noch 
durch Grammatik ins Detail ausgearbeitet. Von Ciceronischen 
Sprachregeln ist hier nicht die Rede, ebensowenig von einer 
irgendwie feststehenden Orthographie; wo die Töne nicht aus- 
reichten, half man sich mit Gesten und Grimassen, wie heute 
noch bei den Chinesen, wo fast jedes Wort Dutzende von ver- 
schiedenen Bedeutungen hat. 

Um das Altkeltische zu schreiben, würden eigentlich fünf 
Buchstabenzeichen, und zwar folgende genügen: 

1) Ein Vocal, der die ganze Tonleiter von u, 0, a, ea, e, 
i, ei, wi u. s. w. durchläuft, ohne irgend festgestellt werden 
zu können, weshalb er in den alten orientalischen Schriften, 
wie heute noch gewissermassen im Slavischen gar nicht ge- 
schrieben wird. 

2) Der Schnurrlaut r, welcher oft in ein guttural gesproche- 
nes 1 überging. 

3) Die eigentlichen Kehllaute h, ch, g, k und c; letzterer 
Buchstabe wird bei Stämmen, die an den Seeküsten wohnen, 
gewöhnlich gezischt gesprochen, so namentlich in Ligurien, 
daher die lateinische Aussprache Zizero für Kikero. 

4) Die Zungenlaute d, t, th, ts, s, z, sch, tsch, eben- 
falls von den Seevölkern mehr gezischt als auf dem trocknen 
Lande. 

Auch das n kann hierher gerechnet werden, da es nasal 
oft als as ausgesprochen wird. 

5) Endlich die Lippenlaute b, p, f (oder v, insofern es 
nicht als w oder u ausgesprochen wird), pf und hierzu noch 
m, als weichster Laut dieser Abtheilung. , 

Aus diesen wenigen durch die Stimmwerkzeuge des Menschen 
bedingten Grundformen entwickelten sich sämmtliche Idiome der 
kaukasichen Race; Stamm für Stamm, Volk für Volk differen- 
zirte aber allmälig die einfachen Laute, je nachdem das Be- 
dürfniss zu weiteren Unterscheidungen zwang, und die höhere 


xviii Einleitung. 


Cultur neue Begriffe an die Hand gab. Die Grundbedeutung 
blieb aber wesentlich dieselbe, und da die in Petrefacten über- 
gegangenen Fluss- und Bergnamen nothwendig aus den Zeiten 
der ersten Ansiedelungen stammen, so ist mit der Kenntniss der 
Urbedeutung der alten Wortformen auch die Erklärung dieser 
Namen gegeben. 

Interessant ist die Erscheinung, dass bei einzelnen Völkern 
gewisse Eigenthümlichkeiten der Sprache sich ausbildeten, die 
man wohl auf eine besondere Structur der Stimmwerkzeuge 
zurückführen kann, ein Gegenstand, dem bis jetzt, wie uns 
scheint, von den Naturforschern noch nicht die gebührende 
Aufmerksamkeit geschenkt wurde. So herrscht bei den Kelten 
Irlands der Vocalismus in einem solchen Grade vor, dass z. B. 
auf der Insel Man gar keine Consonanten mehr zu Gehör kom- 
men, eine Erscheinung, die man, wenn auch in geringerem 
Grade, an den Küstenstrichen Norddeutschlands beobachten 
kann; im Gegensatz dazu verwenden die Slaven ein solches 
Uebermass von Consonanten, dass eine deutsch gewöhnte Zunge 
sie kaum zu bewältigen vermag. Das Oberdeutsche liebt zwar 
auch die Zischlaute, doch in minderem Grade, so dass es 
hierin die Mitte zwischen dem Slavischen und Keltischen inne 
hält. Die in Niederdeutschland übliche weichere Aussprache, 
als t für s, b für f oder pf, sk für sch, und dann das Bei- 
behalten der einfachen Vocale gegenüber den mitteldeutschen 
Doppellauten führt auf das Keltische zurück, wo ebenfalls die 
weichern, einfachern Laute vorherrschend sind. Das vielfache 
Zischen bei den Engländern, wo th stets wie s ausgesprochen wird, 
hat wohl wie bei den Griechen und Juden in einer längern 
Zunge seinen Grund. Diese und ähnliche Fragen zu behandeln, 
gehört indess in das Gebiet der Physiologie, und möge das hier 
Gesagte nur als Anregung aufgefasst werden, um zu zeigen, 
welche Förderung die Linguistik noch von der Naturwissenschaft 
zu erwarten hat. | 


Leipzig im November 1867. 


Wilhelm Obermüller. 








Deutsch -Keltisches Wörterbuch. 


ID SING LG LEN GEN 


A. 


Aa, Aha, Ach, Au, einfachste 
Bezeichnung für Wasser; im Kelti- 
schen lauten die entsprechenden For- 
menach,aches,oiche, dann gezischt 
uisge, ais, eas, aus, 05, ad, quvsq, 
gwy, gwaz (Wasser); ferner gais, 
gaid, bais, bait u. s.w.; im Me- 
dischen apa, lateinisch aqua, wel- 
ches aber gewöhnlich aga ausge- 
sprochen wurde. Ausser den ange- 
führten Formen kommen aber im 
Keitischen noch zahlreiche andere 
vor, als tain (Donau), Dior (Born), 
alt (Aluta), caoir (Neckar), froud 
(Euphrat), Zia (Leeseite), earc 
(Aar, Murg), dur (Thur), abA 
(avon), eaa (Inn), bual (Fulda), 
buinne (Baune), gi! (Geule), ster 
(Ister), naoth (nass), rhean (Rhein), 
rhyar (Buhr), suir (Saar), und ver- 
schiedene andere. — Als die Deut- 
schen in die keitischenLande einrück- 
ten, behielten sie zwar die vorgefun- 
denen Wassernamen bei, hingen aber 
gewöhnlich aha als Uebersetzung 
an, 50 dass z.B, aus tain, ton, Ton- 
aha, Dunaha oder Donau wurde. Dar- 
aus muss man den Schluss ziehen, 
dass aa oder aha die urdeutsche Be- 
zeichnung für Wasser war, obwohl 
sie auch den Kelten nicht fremd ge- 

Deutsch-kelt, Wörterbuch. 


wesen sein kann, wie die verwandten 
Formen ach, oiche zeigen. — Im 
Holländischen bei Amsterdam lautet 
aha wie ey, oder y, was man irrthüm- 
lich gewönlich in Ei übersetzt; in 
England Yeo (Flüsschen bei Brid- 
gewater); letzteres mag wohl der 
altkeltischen Form am nächsten ste- 
hen. — In manchen Gegenden, z.B. 
im Linzgau am Bodensee, im west- 
phälischen Münsterlande, dann in 
Jütland und Gothland finden sich 
Bachnamen, die ohne keltische Vor- 
dersylbe kurzweg Aa, Au, oder Ach 
heissen, und zur Unterscheidung 
nach den Ortschaften bezeichnet 
werden, an welchen sie vorbeiflies- 
sen, z. B. Sickinger Ach, Senfelder 
Ach, Urnauer Ach, sämmtlich im 
Linzgau; dann Königs-aa, Scott- 
borger aa u. s. w. im südlichen Jüt- 
land oder Nordschleswig; aus dem 
Nichtvorhandensein einer keltischen 
Vorsylbe kann man wohl den Schluss 
ziehen, dass in diesen Gegenden die 
altkeltische Bevölkerung gleich beim 
Einräcken der Deutschen so voll- 
ständig vertrieben wurde, dass ihre 
Bachnamen den neuen Ansiedlern 
nicht bekannt werden konnten. Der 
Name tusthisk (deutsch d. h. nor- 
1 


Aaber — Aal. 


disch von tuath, Norden) unterstützt 
diese Annahme wenigstens in Bezug 
aufJütland, denn die Deutschen ka- 
men für die Kelten aus dem Norden; 
im Linzgau dagegen kann die Form 
ach ebensowohl von den Kelten als 
von den Deutschen herrühren. 

Aaber, Bezeichnung für Augen- 
lied auf dem Westerwald, gälisch 
abhra. 

Aachen, holländisch Asken, fran- 
zösisch Aix la Chapelle, früher 
deutsche Reichsstadt an der Grenze 
des Riflandes und Limburgs. Der 
Name Aachen bedeutet kleines Was- 
ser, vom keltischen ach, oiche, Wa8- 
ser, Achean, Oichean kleines Was- 
ser, Quelle. Latinisirt hiess Aachen 
aquae Grani, oder Aquisgranum. 
Aus aquae wurde das franz. Aix. 
Bezüglich des Beiwortes grani oder 
granum ist anzuführen, dass grin- 
nidh im Keltischen Wunde bedeutet 
(unser deutsches Grind oder Schorf), 
ebenso entspringt bei Frankfurt eine 
Schwefelquelle, die der Grindbrun- 
nen genannt wird, also ein Brunn 
oder Born zur Heilung schorfiger 
Wunden. Dieser Heilkraft wegen 
hielt sich auch Karl der Grosse in 
seinen alten Tagen gewöhnlich in 
Aschen auf. Die Namen anderer 
Badeorte, z. B. Baden, bedeuten 
ebenfalls kleines Wasser, Quelle 
(vergl. Baden). 

Aadorf, alt ouundorf im Thurgau 
vom gäl. aoi oder aoibh Erbhof; 
Adorf im Voigtlande desgl. 

. Aal, ein kleiner Wald bei Goslar, 
abgekürzt aus uald Wald; das d, t 
oder s als Endlaut wird ebenso oft 


Aslborg — Aar. 


abgeworfen, als angehängt, ohne 
zur Wurzel des Wortes zu gehören. 

Aalborg, Stadt am grossen Lym- 
fiord in Jütland, zu deutsch Burg 
am grossen Wasser, aa - al Wasser- 
gross. 

Aalbuch, oder wie ausgesprochen 
wird, Olbuoch, der hohe Bergrücken 
östlich von der rauhen Alp am Aal- 
flüsschen zwischen Aalen, Heiden- 
heim und Weissenstein am rechten 
Ufer der Brenz. In diesem Striche 
liegt Albeck, ein Städtchen, das 
später Sitz einer Grafschaft wurde. 
Dabei die Rieshalde, welche sich von 
Elchingen oder Alchingen längs der 
Donau bis gegen Gundelfingen er- 
streckt; diese Halde ist der Abhang 
des. Aalbuchs gegen das Donauried 
oder Donauries. — Was den Namen 
Albuch betrifft, so bedeutet er das- 
selbe wie Albin oder Albingau, näm- 
lich hoher Bergrücken, von a! hoch 
u. buach Bergrücken. Dass Buchen 
im Albuch stehen, hat mit dem alt- 
keltischen Namen nichts gemein; 
Albin von Al-binn bedeutet hoher 
Berg, gleich Alpen, von bean, binn 
Berg. 

Aalen lat. Julia Aleneis, Name 
von ai, Hochland und or Ort; es 
liegt im Aslbuch, am Anfang des 
Firgundwaldes. Aalen war früher 
eine deutsche Reichsstadt. 

Aar,inaltdeutschen Legenden Ara 
oder Arula genannt. Es stammt von 
dem kelt. earc od. garw Bach, was im 
Deutschen in Aar vereinfacht wurde. 
— Der Name des Aargaues hat 
gleichen Ursprung. Im Breuschthal 
bei Strassburg kommt aber auch ein 








Asrhuus — Abaddon. 


Waldname Silva Argowevor, der 
aus dem kimbrischen Argoed Wald 
umgewandelt ist (ar-coed grosser 
Wald). Die Form arula bezieht sich 
auf den obern Theil des Flusses, wo 
er im Felsengebirge fliesst, oil 
Fels. Dem entsprechend kann man 
A-ar als eine Zusammensetzung der 
mehr deutschen Form a oder aha, 
Wasser, mit ar Berg auffassen, wo- 
durch die Bedeutung Berg-Wasser 
entsteht. 

Asrhuus, Stadt in Jütland am 
Meere, d. h. am grossen Wasser, 
aa-ar, Wasser-gross; Huus, Haus 
lautet im Keltischen ios oder aidhe. 

Aba, gälisch soviel alekluge Frau, 
von ai klug, verständig und De, ba, 
gleich fee, Frau; verschärfte Aus- 
sprache ava. Ba, be, by bedeutet 
übrigens auch Mann, oder Leute, 
Menschen. Abigail, des reichen 
Heerdenbesitzers Nabal zu Karmel 
Gattin, durch Klugheit bei David in 
grosser Gunst, wurde nach Nabals 
Tode in das königliche Harem auf- 
genommen. Abi steht gleich Aba- 
und gail kommt von giol Diener, 
Dienerin, (gleich child im Engl.) 
auch Mädchen, Kind; denn Diener, 
Kinder und Weiber hatten bei den Ur- 
völkern ziemlich dieselbe Stellung. 

Abaddon, hebr. Abgrund, nach 
dem Talmad die tiefste Stelle der 
Hölle (Gehenna), dann personiflcirt 
der Engei des Verderbens oder der 
Satan, Abadonna. Kelt. bedeutet 
abeis, abeid soviel als Golf und 
don Mann, ion Stätte. Gehenna mag 
mit aigheann, Moerestiefe, zusam- 


menhängen. 


Abasen — Abbo. 


Abasen, Volk am Bande des 
schwarzen Meeres im Caucasus; 
Name von AbA Wasser und eis oder 
as Mann. Die Alten nannten sie 
Abasgen, was entweder die Adjectiv- 
form Abh-isk (Wasserliche) ist, oder 
mit ask, nordisch askr Mensch, zu- 
sammenhängt. Dieses letztere ist 
aber selbst wieder eine Adjoctivform, 
zusammengesetzt aus eis-isk män- 
nisch, gerade wie Mensch ebenfalls 
ausmaon-isk, männisch, entstanden 
ist. Man, maon bedeutet im Kelti- 
schen dasselbe wie im Deutschen, 
bezeichnete aber mehreinen Dienst- 
mann, Vasallen; daher der alte Aus- 
druck, meine Mannen. 

Abau, Flüsschen an der Grenze 
Curlands und Liflands, abA ist Was- 
ser und aha die Uebersetzung davon. 

Abbeville, Stadtan der Somme in 
der Picardie in Nordfrankreich, lati- 
nisirt Abbatis Villa, d. h. Villa des 
Abtes; wenn die Gründung durch 
einen solchen geschichtlich nach- 
weisbar wäre, so könnte man es bei 
dieser Erklärung bewenden lassen, 80 
aber steht in den ältern Urkunden 
auch abba-villa, und dies muss als 
abha-bail, Stadt am Wasser, d.h. 
an der Somme, aufgefasst werden. 
In vorchristlichen Zeiten lag über- 
dem hier der Ort Ambiliati, was gleich 
Ambiani (Amiens) soviel als Wasser- 
leute bedeutet, von amhain Wasser 
und nae Leute bezw. lidi, leudi, 
leodi, arme Leute von li klein und 
dae Leute. 

- Abbo, Obbo, Offa, Ovo, Uffo, 

keltische Männsnamen, soviel als 

Mensch, Mann, Manno, gleich amha 
1 * 


Abdera. — 


Mensch, lat. hominus. In christlichen 
Zeiten erhielt Abba den Begriff Abt. 
Im Arabischen bedeutet Abu oder 
blos bu Vater, daher Abubekr 
Vater der Jungfrau, d.i. der Aischa, 
einer von Mohameds Frauen; dabei 
hat Abu dem Nebenbegriff Besitzer, 
als Bou-Maza, Besitzer der Ziege; 
Abul-Feda, grosser Vater der 
Treue (das 1 ist a} gross dund fea 
das franz. foi Glaube, keltisch /ois 
heilig, daher /ois-ite Heiligen-land, 
Helgoland); Abner, hebr. Vater 
des Lichtes, war der Name eines 
Feldherrn Sauls und Davids, bedeutet 
aber wohl eher Vater der Kraft, vom 
kelt.ner, nertKraft. Abi-meloch, 
Vater-König, Titel eines Philister- 
königs, an welchen Abraham aus 
Furcht seine Frau Sarah, die zugleich 
seine Stiefschwester war, überliess, 
bis Abimelech erfuhr, dass sie schon 
verheirathet sei, und sie zurück- 
schickte. — Im Syrischen bedeutet 
Abba, Abbas dasselbe — Abd 
dagegen ist soviel als Ab-dae Leute, 
Knechte des Vaters oder Herrn, da- 
her Abd-el-Kader, Knecht des 
Allmächtigen; Abd-allah, Knecht 
Gottes; Abd-ur-Rahman, Knecht 
des Erbarmungsreichen. — Ab-sal- 
om bedeutet Vater-gross- Mann. 
Abu-kais, ein Berg bei Mekka 
(kais, caid, gaid keltisch Berg), 
in welchem angeblich Adam, der 
Vater des Menschengeschlechts, be- 
graben liegt. 

Abdera, alte Stadt in Thracien, 
Geburtsort des Philosophen Demo- 
krit. Ihre Bewohner standen in dem 
Ruf der Narrheit, wie unsere Schild- 


4 — 


Abel — Abens. 


bürger, Schwarzenbörner od, Hirsch- 
horner. Der Name Abdera bedeutet 
Ort am Wasser, Abh Wasser und 
tuar Dorf, Ort. | 

Abel, der von Cain erschlagene, 
jüngere Sohn Adams; er wird von 
den Juden als „Hebel“, d. h. Hauch, 
gedeutet, weil er wie ein Hauch nur 
kurz auf der Erde lebte. Diese Er- 
klärung ist indess künstlich gesucht 
und nicht auf Persien anwendbar, 
woher doch die Sage stammt; näher 
liegt das Keltische, oder wem diese 
Bezeichnung ungewohnt vorkommt, 
das Altarische Dil klein, a-bil der 
kleine, jüngere Sohn Adams. Aus 
bil wurde das lateinische filius 
Sohn, und im Deutschen z.B. Ilsebil, 
in dem bekannten alten Kindermär- 
chen, zu deutsch die kleine Frau, 
von ailse, Fee oder Fran. 

Abenberg, alt AuenberginBaiern, 
von bean, benn, binn, pen Berg, 
und dem vorgesetzten Artikel y oder 
a; 08 ist hier, wie fast überall, die 
deutsche Uebersetzung dem kelti- 
schen Worte angehängt. Im Kan- 
ton Bern liegt ein Abensberg, 
der dasselbe bedeutet. 

Abenheim in Rheinhessen, zu 
deutsch kleines Erbgut, vom gäl. 
aoibh, Erbgut, aoibhin kleines Gut. 

Abens, keltisch Abusins, alt- 
deutsch Abunsna, von Abhan, der 
Verkleinerung von abA Wasser. Glei- 
cher Wurzel sind: Appenborn, 
alt Abbenbrunnen in Oberhessen; 
dann die vielen Bachnamen Ape, 
Holzappe in Hessen, Holzappel 
in Nassau, Appenbach bei He- 
chingen, Appenweier bei Offen- 





Aber — Abersee. 


burg. Die Abens kann auch von bais 
Wasser erklärt werden, mit vorge- 
setztem a oder e schmal. — Das 
Deminutiv von bais ist baisean, ver- 
deutscht Busen, daher Busenbach 
bei Etilmgen, Busenborn bei 
Schotten auf dem Vogelsberg und 
Busenbronnen zu Einselthum in 
Rheinhessen. 

aber lautet im Gälischen acht, 
daher jetzt noch in Deutschland 
statt aber beim Volk achterst, äch- 
terst gebraucht wird. 

Abergavenny, lat. Abergonium, 
Gobannium, Stadt in der engl. Graf- 
schaft Monmouth, am Zusammen- 
fluss des Gavenny mit dem Usk. 
Letzteres kommt von wisge Wasser, 
gavenny von 90 klein und Duinne 
Wasser, bei Gobannium ist noch ein 
ion, Stätte, angefügt. Die neuere 
Form Aber-gavenny ist entweder 
eine Tautologie, indem aber, Fluss, 
nochmals vorgesetzt wurde, oder be- 
deutet dry, pyr Berg, denn der Ort 
liegt am Fusse des Derry- Berges. 
Derry kommt von for, torr dürrer 
Berg. Der Name der GrafschaftM on- 
mouth kommt von der Stadt glei- 
chen Namens, und diese bedeutet 
kleiner Berg, bezw. Burg auf dem- 
selben, von mion klein und mwent, 
mons, maus (Imaus) Berg; dabei 
die Flüsschen Mynwye oder Mu- 
now und Wyn, Letzteres von gwy- 
an kl. Wasser, ersteresvon mion, min 
klein und gwy-an, bei Munow von 
mion-aha kleines Wasser. 

Abersee alt Abria von abh Was- 
ser und er gross. Der See liegt in 
Oberöstreich im Salzburggau oder 


— 5 — 


Abgunst — Abnoba. 


Matagau, und an demselben der 
Ort Königsberg alt Chrenisperg, von 
grin, grianan, Bergrücken und ais, 
aitk hoch. Aberdeen, Stadt in 
Schottland am Meere, bedeutet See- 
stadt, Seeburg von Aber und din, 
dion Burg, dun Siadt. Dabei das 
Flüsschen Dee gleich di-aa klein 
Wasser. 

Abgunst, ein Rittergut bei Tren- 
delburg an der Diemel in Hessen, 
von aoibk Hof, Bauerngut und 
gwydd oder coid, das im Deut- 
schen gewöhnlich in gunt oder kunt 
umgewandelt wurde, Wald; am Kyff- 
häuser in Thüringen liegt auch ein 
Abgunst. 

Ablach, Bach, der bei Mengen in 
der Baar in die Donau mündet. Abh 
Wasser, 2i klein, und aha als Ueber- 
setzung daran gehängt. 

Abaeba, bei Ptol. Abnobaia ore 
(das Abnoba-Gebirg), auch Aunoba, 
bei Tacitus Arnoba, Arbona, Anriba, 
bei Ammian sylva Marciana. — Letz- 
teres bedeutet Grenzwald von marca 
Grenze; Abnoba dagegen ist soviel 
als Wasserland, Rheinland von ab- 
hainn, Genitiv aibhne Fluss, und 
ibh Gegend; abnobaia ore ist dar- 
nach das Rheinlandsgebirg, der 
Schwarzwald u. Odenwald bis hinab 
an den Main, der eine Zeitlang auch 
Grenzwald gegen die Helvetier und 
Gallier war. Aunoba ist dasselbe, 
was Abnoba, von ean Wasser und 
ibh Gegend. Arnoba dagegen be- 
deutet Bergland von aranBerg; Ar- 
bona ist Bergwasser von ar Berg 
und buwinne Wasser und Anriba end- 
lich ist Wassergebirg von ean Was- 


Abo — Abraham. 


ser und hrip, chrib Berg. Alle 
dieseAusdrücke beziehen sich auf den 
Schwarzwald und die demselben ent- 
springenden Flüsse, es sind Appel- 
lativa, dievon den Römern als Eigen- 
namen aufgefasst und ihrer Aehn- 
lichkeit wegen als gleichbedeutend 
angesehen wurden. In dem Abnoba- 
walde wurde die Diana Abnoba ver- 
ehrt, wie in den Ardennen die Diana 
arduinna. 

Abo, latjnisirt Abos, finnisch 
Turku, Stadt in Finnland am Fläss- 
chen Aurajoki, welches hier zu einem 
Hafen sich erweitert. Die Namen 
Abo, wie Turku bedeuten Ort, Haag 
am Wasser, von abh bezw. dwr Was- 
ser und ha, cha, ka, kau Einfrie- 
digung, Haha. Bei Abo ist das ha 
in der Aussprache verschwunden. 
Bei Aurajoki steht die letzte Hälfte 
des Wortes für oiche Wasser, die 
erste bedeutet wohl soviel als gar 
gross. Dass auch in Finnland kel- 
tische Namen vorhanden sind, kommt 
daher, dass die Kelten lange vor 
Ankunft der Deutschen in der Ost- 
see Schifffahrt trieben, weshalb auch 
die See- und Flussnamen bis nach 
Lappland keltisch sind. (Vergl. Balti- 
' sches Meer, Belt, Bothnischer Busen, 
Umeo-elf, Luleo-elf, Piteo-elf u.s.w.) 

Abraham (arab. Ibrahim) ist kein 
hebräischer Personenname, denn er 
kommt im alten Testamente nicht 
weiter vor, er bedeutet mythisch auf- 
gefasst (vergl. Baum- und Stein- 
kultus) Gott oder Stein, was in älte- 
ster Zeit gewissermassen gleich- 
bedeutend war. Die ältere Form 
des Wortes war Abram, Ab-ram, was 


— 6 — 


Abraham. 


(nach der Gen.) hoher Vater beden- 
tet. Die höchste Gottheit zu Byblus 
in Phönizien hiess ebenfalls Abram. 
Die Erklärung aus dem Altkeltischen 
gibt hierfür einen entsprechenden 
Sinn: aibh bedeutet Stamm, Ge- 
schlecht, ram, rann Stein (vergl. 
Bamsberg, Baminberg und Bom), 
also der Stein, dem das Geschlecht 
der Israeliten entsprang, wie Jesaias 
(51,1 u. 2) singt: 
Schaut auf den Felsblock, aus dem 
Ihr gehauen, 
und auf'die gehöhlte Grube, aus der 
Ihr gegraben; 
Schaut auf Abraham, Euern Vater 
und auf Sarah, die Euch gebar! 


Man kann auch das erste a als Ar- 
tikel ansehen und dann bleibt dram 
Berg (vergl. Bramberg, Brand, Pryn 
u. 8. w.). Der phönizische Gott Ab- 
addir, (nach Dozy) gleich mächtiger 
Vater, war auch ein Steingott und 
erklärt sich in ähnlichem Sinne aus 
dem Altkeltischeg, denn athar be- 
deutet dort ebenfalls Vater, mit vor- 
gesetztom aibh wird daraus Stamm- 
vater. (Das Weitere unter Sarah.) 
— Bei den ältern Propheten ist 
Abraham ebensowenig eine Person 
als bei dem zweiten Jesaja; die- 
selben bezeichnen durch Abram, 
wie durch Israel und Jacob das 
israelitische Volk, wie auch Assur, 
Vater der Götter (athar keltisch 
Vater) bedeuten soll. Dies letztere 
ist indess ein dem Worte erst später 
beigelegter Begriff, denn die Erklä- 
rung von aith, ais hoch und ire 
Land liegt näher; deshalb lautet 
die gewöhnliche Form auch Asayrien, 








Abrantes — Abrussen. 


im Gegensatz zu Syrien, das als am 
Meere oder am Euphrat gelegen, 
als Wasserland Suir-ia gedeutet 
werden muss; denn die Erklärung 
von sor (Sonne) gibt keinen Sinn; die 
Sonne scheint in jedem Lande. — 
Aus Abram wurde leicht Abraham, 
weil im Hebräischen das r gewöhn- 
lieh rh gesprochen wurde, wie im 
Keltischen, daher die vielen rh im 
Griechischen. Im Hebräischen gibt 
es kein Wort, oder keine Wurzel ra- 
ham. Dies diemythische Erklärung, 
welchg, eine erst in späterer Zejj 
entstandene Auffassung auf die er- 
sten Anfänge der Wortbildungen zu- 
rück bezieht. Einfacher ist die auch 
schon im alten Testamente ange- 
gebene, wornach Abraham als ein 
über das Wasser Eingewanderter 
angenommen wird, y-bior-am der 
Wassermann. In der That wanderte 
Abraham, wenn man der biblischen 
Geschichte folgt, aus Mesopotamien 
über den Euphrat nach Canaan. 

Abrantes, portugiesischeFestung 
am Tajo, östlich von Lissabon, zu 
deutsch „die Bergburg“ von dran, 
pryn Berg und dus Veste; bran 
kann auch von Draine Fürst, Anfüh- 
rer herkommen, gleich Brandenburg, 
alt ZBrannibwr. Von braine kommt 
das latinisirte Brennus, Anführer der 
Gallier, welche Rom zerstörten, und 
Hildebrand, Gesindemeister, von 
giol, child, Hild, Gesinde. 

Abruzzen, italienisch Abruzzo, 
Waldgebirgsland im nordöstlichen 
Theile des Königreichs Neapel, an 
den Grenzen des Kirchenstaates, von 
ibh Gegend und rus Wald. 


— 7 — 


Abukir — Abydos. 


Abakir, das alte Canopus an 
der ägyptischen Küste, östlich von 
Alexandrien, mit einem festen 
Schlosse, bekannt durch den See- 
sieg Nelsons über die Franzosen 
1798. Name gieich Wasser - ort, 
Abh-caer ; Canopus, latinisirt für 
gan-obh oder abh, bedeutet das- 
selbe, nämlich Burg-Wasser, Burg 
am Wasser (vergl. Genf, Orleans). 

Abydes, Ort am Hellespont auf 
der asiatischen Seite, gegenüber 
Sestos auf der europäischen. Aby- 
dos kommt von Abeis Golf, Meer- 
enge und ois Burg oder auch von 
abh Wasser u. ailteas Ort. Sestos 
liegt nicht unmittelbar am Wasser, 
sondern auf einer Höhe; daher der 
Name von sostas oder iosdas Burg. 
Von Abydos nach Sestos schwamm 
Leander, um seine Geliebte, die Hero, 
zu besuchen, wobei er, wie Schillers 
Ballade rührend besingt, in einer 
stärmischen Nacht ertrank, worauf 
sich Hero ebenfalls in die Fluthen 
stürzte. Wer Vergnügen an mythi- 
schen Fabeleien hat, kann den Lean- 
der (lia-an-dear Wasser- Mann- 
gross) mitOsiris (ais-air-aith, eben- 
falls Wasser-mann-gross) oder mit 
Zeus vergleichen, die Hero (Erdfrau 
vonir-ae)mitder Here oder Juno und 
daraus die Verbindung des Wassers 
mit der Erde, des Osirisoder Nilgottes 
mit der Nephtys, des Zeus mit der 
Europia combiniren. Here war die 
Schutzgöttin Europas, weshalb sie 
den Beinamen Europis führte; ihre 
Verbindung mit dem asiatischen 
Seemann Leander wurde durch den 
stärmischen Pontus gelöst, und 


Ac — Achäer. 


Europa von Asien durch die Meer- 
enge der Dardanellen getrennt. 

ac, Deminutivform bei gälischen 
Mannsnamen, z. B. Leonac, Johan- 
nac, Potornac, Auderac. Die deut- 
sche bezw. slavische Verkleinerungs- 
sylbe chen hängt wohl mit diesem 
ac oder ach zusammen. 

Achäer, griechischer Volks- 
stamm, der in Achaia wohnte, d. h. 
längs der südlichen Küste des achäi- 
schen Moeres oder des Moerbusens 
von Lepanto, daher der Name von 
oiche Wasser, oich-ia Wasserland, 
oder von aig-heann Meerestiefe, 
ägäisches Meer, Ocean. Achaia hiess 
such Aogialea, angeblich Ziegenland 
von aige die Ziege, aber eher von 
aigiol Thalland, denn Ziegen gab 
es überall. Die Achäer gehörten 
vorzugsweise zum aeolischen Stam- 
me, dessen erste Sitze in Thessalien 
waren, in dem flachen Thallande zwi- 
schen Olymp und Pindus. Aogialea 
und Aeolia wird darum wohl gleich- 
bedeutend sein, und’beides von aigio? 
herkommen. Homer nennt alle 
Griechen Achaier; es hängt dies 
entweder mit dem Begriff Pelasger, 
Seeleutezusammen, oder damit, dass 
die Griechen, insoweit sie am Zuge 
gegen Troja theilnahmen, besonders 
zu jenen Stämmen gehörten, die am 
Meere wohnten, und aus einer Mi- 
schung von Pelasgern und Urein- 
wohnern entstanden waren. Die 
Achaier eroberten im Peloponnes 
ArgolisundLakonien, siedelten auch 
nach Unteritalien über. Einen be- 
sondern achäischen Dialect gab es 
nicht, weil Achais ein Landname 


Achalm — Achenthal. 


war, und dessen Bewohner aus meh- 
reren Stämmen gemischt waren. 

Achalm, weit hervorstehender 
hoher Bergkopf der rauhen Alp bei 
Reutlingen mit einer Burgruine. Der 
Name soll nach einer von Uhland 
behandelten Sage so viel als „ach 
Allmächtiger“ bedeuten, weil bier ein 
Ritter erschlagen wurde, der bei 
seinem letzten Athemzuge noch „ach 
Allm...*“ ausrief. In Wirklichkeit 
bedeutet dieser Bergname dasselbe, 
wie so viele andere Kalmberge, Kal- 
wite, Kalbberge, vom keli"calb, 
calm hervorspringender Theil eines 
Gebirges. Das vorgesetzte «a ist ent- 
weder der Artikel, oder kommt von 
a, au Berg, darnach Gebirgsvor- 
sprung. 

Achelous, Fluss in Griechenland, 
zu deutsch Thalwasser, vom kelt. 
aigiol Thalgrund, und /us Wasser. 
Er fliesst durch ebenes Land. 

. Achen, kleines Wasser, von ach, 
oiche, Wassar, dem. oichean.. — 
Achenbach in Hessen lautete in 
der ältern Schreibform Achimbach 
und Hachenbach. In Bayern gibt 
es einen Hächenpach, inHessen 
einen Echsenbach, alt Oehsen- 
bach (von Achesen, der Verkleine- 
rung von aches), ebenso einen Ex- 
terbach, alt Eckste oder Eckerste. 

Achenberg bei Arau und Zur- 
zach in der Schweiz, vom gäl. aig- 
hean kleiner Hügel, kleine Egge, 
aighe die Höhe. 

Achenthal, ein schmales Thal 
mit dem Achensee, an welchem vor- 
bei ein Weg aus Tirol nach dem 
Isarthale durch den Scharnitzpass 








Acher — Achs. 


führt. Das Thal hiess latinisirt val- 
lis Emaus von maus, mwnt, mons 
Berg. Achen kommt von oichean, 
kleines Wasser. 

Acher, Städtchen in der Ortenau 
an der Acher, die von den Horniss- 
grinden berabkommt. Der Bach- 
name kommt von caoir oder earc 
Wasser oder garw Giessbach und 
dem Artikel oder y. In gleicher 
Weise ist Agger am Mittelrhein zu 
erklären, ebenso der Fluss Eger in 
Böhmen ; endlich Ocker und 
Ucker. — Was dagegen den Orts- 
namen Achern betrifft, so kommt er 
entweder von caer Ort, caeranklei- 
nerOrt, oder er bedeutet Bachleute, 
von oiche Wasser und air Leute. 
Achern wird in den erstenUrkunden 
Achera oder Ackera geschrieben. 

Acheron, der Fluss in der grie- 
chischen Unterwelt. Daes sich nach 
der Idee der Griechen hier wohl um 
einen grossen Fluss handelt, so wird 
die in dem vorstehenden Artikel auf- 
gestellte Erklärung für Acher kaum 
passen, eher die von oiche-ar, oder 
ach-ar Wasser-gross. 

Achilleus, zu deutsch behonder 
Mahn, von aichill (und dies von 
aighe hoch, und il} gross) und eis 
Mann. 

Achon, alter Borgname am Mittel- 
rhein, zu deutsch kleiner Berg von 
aighean, Verkleinerung von aighe 
Berg, Egge. 

Achris, auch Agiris, oder aciris, 
Fluss in Unteritalien, von y-garw, 
der Bach (vergl. Acher). 

Achs oder Echs, Bachnamen, zu- 
sammengezogen aus aches Wasser. 


Achsel — Aco. 


Achsel (Schulterhöhle) keltisch 
ocsal, ascail, achlais, altdeutsch 
ochasa, uohsana. 

acht keltisch ocht, oct, lat. octo. 

Acht, die hohe Acht, der höchste 
Berg der Eifel. Der Name kommt 
von den mit aighe verwandten For- 
men uchd, uchedd, uchdan, die 
sämmtlich Höhe, Hügel, Halde 
bedeuten. Ebendaher stafnmen: 
Aucht, ein Berg bei Wörth, der 
Auchtberg bei Pfefüngen, Auch- 
ten bei Ebingen, bei Bitz und bei 
Laufen, sämmtlich in Würtemberg. 
Auch in Ochsen wurde dies kelti- 
sche Wort umgewandelt in den vie- 
len Bergen, die Ochsenkopf, 
Ochsenberg oder Ochsenbühl 
heissen. Im übrigen bedeutet ych 
im Wälschen Ochse, wohl deshalb 
weil der Ochse (namentlich in Indien) 
einen Buckel hat. Uchd fälltin sei- 
ner Wurzel mit dem deutschen hoch, 
Höchde, wie man in Schwaben sagt, 
zusammen. 

Ackerberg im Harz, grosse Egge, 
von aighe Berg und er gross. 

Acksteln in Oestreich, von acha, 
Felsecke, hervorstehender Fels oder 
Stein, auch Wall, Voste, im Deut- 
schen oft in Haken umgeformt, z. B. 
im Hölihakan bei Rheinfelden, von 
oill-acha, Felsenwall. ® 

aco kommt als Endung bei vielen 
Ortsnamen besonders in Oberitalien 
vor; es ist die romanisirte oder 
Bauern-lateinische Form für acum, 
und dies die latinisirte für ac, was 
keltisch ist und im Deutschen ge- 
wöhnlich in ich oder ach umgewan- 
delt wurde, im Neufranzösischen in 


Acqui — Adam. 


ais oder ay, z.B. Cameracum, Kam- 
merich, Cambray; Monacum, Mo- 


naco, Münich, München; Antonacum,, 


Andernach, Antonay; Carbonacum, 
Carbonay; Bavacum, Bavay und 
Beauvais. 

Acqui, ein Badeort mit heissen 
Schwefelquellen bei Alessandria in 
Piemont, Name von aquae, lat. Was- 
ser, und dies gleich oiche, keltisch 
ebenfalls Wasser. 

Acre, St. Joan d’Acre, alt Akko, 
Akka, Akeo, bei den Griechen Ptole- 
mäis, Soestadt in Syrien; hoher fe- 
ster Ort von aighe hoch und raOrt, 
oder was akka betrifft von Acha 
Wall, Burg. — Agra in Indien ist 
dasselbe Wort, 

Actium, griechisch Aktion, jetzt 
Azio, Vorgebirg, benannt nach dem 
gleichnamigen Orte an der Nord- 
spitze Akarnaniens, am Ambraki- 
schen Moerbusen, wo 31 vor Chr. 
Octavianus Augustus einen Seosieg 
über Antonius erfocht. Der Name 
Aktion bedeutet hohe, höchgelegene 
Burg von aigh hoch und dion Ort, 
Burg; ambrax Wasserthal, vonean 
oder amhain Wasser und brax Thal. 
Dieses Wasserthal heisst jetzt Golf 
von Arta (ar hoch, dae, tae Ort, 
wegen der auf einom Felsen gelege- 
nen Mrg). 

Adalr. In der schottischen Bal- 
lade, Robin Adair, die auch in 
Deutschland viel gesungen wird, 
endet die Strophe stets mit Bobin 
adair; letzteres bedeutet Schäfer 
von aodhaire Schafmann (aodh 
Schaf, aire Mann). 

Adam. DieEntstehungsgeschichte 


— 10 — 


Adam. 


des Menschengeschlechts von Adam 
und Eva ist persischen Ursprungs, 
and kam erst durch die Abführung 
der Juden in die Gefangenschaft zur 
Keuntniss derselben. Bei der neuen 
Bearbeitung des Pentateuchs durch 
Esra und seine Nachfolger wurde 
diese persische Mythe an die Stelle 
des alten hebräischen Volksglau- 
bens gesetzt, eines Glaubens, nach 
welchem die Juden von einem Fels- 
block (Abram) erzeugt, und aus ei- 
ner Wassergrube (Sarai, dem Frau- 
Hollenteich der Deutschen und Kel- 
ten) geboren worden seien. Uebri- 
gens wurde-Adam auch bei den Per- 
sern aus einem Erdenkloss gebildet, 
was wieder auf den ursprünglichen 
allgemeinen Glauben zurückführt. 
Auch Prometheus bildete bei deu 
Griechen die ersten Menschen aus 
Erdstoff und Wasser, und Vulkan 
machte Pandora, das erste Weib, 
aus Erde. — Adam war der Vater 
des Menschengeschlechts, und dies 
bedeutet auch sein Name, wenn man 
ihn altkeltisch erklärt, von at, Vater 
und am Volk, amha Mensch. An- 
dere bringen das lateinische humus, 
Erde, damit in Verbindung und er- 
klären ihn für den Erdenen; homo 
kommt aber auch von dem kelti- 
schen amha Mann ; humus, humidas 
bedeutet feucht. Andere erklären 
Adam für einen Rothen, weil der 
Mensch, wie die Erde Palästinas, 
roth sei. Die Mythe von Adam 
stammt aber aus Persien, und die 
Menschen von der sogenannten se- 
mitischen Race sind nicht roth, son- 


dern weisshäutig undschwarshaarig ; 











Adam. 


die rothhaarigen sind keine Semiten. 
Solche Erklärungen stehen auf einer 
Linie mit der Ableitung des Wortes 
Mannes, oder Mensches vom Sans- 
critischen „man" denken, lateinisch 
mens Verstand ; oder deslateinischen 
homo, das man als den Rufenden, 
Sprechenden erklärt, oder des grie- 
chischen anthropos, was blühendes 
Antlitz bedeuten soll, oder weil er 
den Blick in die Höhe richtet. An- 
dere deuten Adam aus dem Asthio- 
pischen als den wohlgestalteten, 
weil er Gotkes Bild sei. Theologisch- 
philosophische Erklärungen, welche 
unsere heutigen Begriffe von dem 
Wesen des Menschen den Urvölkern 
unterschieben, sind haltlos; denn 
sio setzen an Stelle der einfachen 
Kindlichkeit der ersten Menschen 
eine wissenschaftlich ausgebildete 
Denkweise, die selbst bei uns nur 
. durch Stadium und anhaltende For- 
schungen erzeugt wird. Dass Eva 
aus einer Rippe Adams gebildet 
wurde, ist ein Anklang an die bei 
mehreren alten Völkern angenom- 
mene Mannweiblichkeit der ersten 
Menschen. Nach der chaldäischen 
Mytke gab es im Chaos zwiege- 
schlechtige menschliche Geschöpfe, 
und nach der persischen liess der 
erste Mensch Kajomorts bei seinem 
Sterben Samen zurück, aus welchem 
ein Zwitterbaum erwuchs, in wel- 
chem zwei innigst vereinigt waren; 
dieser von Ormuzd zum Doppelmen- 
schen gebildeteBaam trug statt der 
Früchte zehn Menschenpaare, von 
deren erstem, Meschia und Meschiane 
(Mosch durch die Nase gesprochen 


— 1 — 


Adana — Adda. 


ist Mensch, keltisch manisk män- 
nisch), das ganze Menschenge- 
schlecht abstammt. Die nordische 
Mythe schliesst sich au die persi- 
sche an, indem sie den Menschen aus 
einer Esche entstehen lässt (vergl. 
askr). Auch Piato erklärt die ge- 
schlechtliche Liebe daher, dass ur- 
sprünglich die Menschen zwiege- 
schlechtige Androgynen (Mannwei- 
ber) gewesen, und erst von Zens i im 


Adana, Stadt in Kilikien, am Ba- 
ros-Flusse, letzteres von Swir, 
Saar Fiass; Adana entweder von 
aidhean Ort, in diesem Falle so viel 
als Aden, Eden, Athen, oder von ad 
Wasser und an oder nase Leute, Be- 
wohner eines am Flusse gelegenen 
Ortes, dem Sinne nach alsdann das- 
selbe wie Jena und Hunderte ande- 
rer Wasserorte. 

Adda. Ein Fiuss, welcher der 
Etsch gegenüber an den Ortlesalpen 
entspringt, das Veltiin und den Co- 
mer See durchfliesst, und oberhalb 
Cremona in den Po mündet; alt 
Addus vom gäl. ad, aih, uad Was- 
ser, Water, Uater, Usda. Die Form 
ad für Wasser kommt an dem Süd- 
abhang der Ostalpen mehrfach vor, 
so in der Kisch (Athesis), der 
Drenta (Brintesia), in der Siadt 
Adria, Haus am Wasser, während 
sie anderswo seltener auftritt; sie 
muss also bei einem der keltischen 
Stämme besonders üblich gewesen 
sein, der hier seine ersten Sitze hatte. 
Es wohnten aber hier erst Enotor 


Adelbodenthal — Adelebsen. — 12 — Adelgunde — Adiatorix. 


oder Veneter, dann Tusken und Rhä- 
tier. Kaspar Zeuss hält die Eneter 
für ein mit den Epiroten oder den 
heutigen Albanesen verwandtes Volk. 
Darnach wären sie an der adriati- 
schen Küste heraufgezogen und über 
den Karst nach Oberitalien gelangt. 

Adelbodenthal, ein enges, hohes 
Bergthal im Canton Bern bei Fru- 
tigen, vier Gemeinden enthaltend. 
Adel ist adail! steiler Gebirgsabfall ; 
Boden, im Riesengebirg Bauden, 
kommt vom keltischen bod Hütte, 
Sennhütte; also auf steilem Gebirge 
gelegenes Sennhüttenthal. Fruti- 
gen, Waldort von /rith, /ridd 
Waldundioigh, tigh Ort, oder Was- 
serort, von /rmwd Wasser; es liegt 
an der Simme, keltisch taom. 

Adelbonden, Name der freien 
Bauern in Holstein, oder der Erbfrei- 
sassen; Adel kommt vom keltischen 
aill Lehenbauer, Erbpächter, und 
bond von feinne Bauer (vergl. 
Bonden). 

Adelebsen, alt Adelobdeshau- 
sen oder Etheleveshuson im Rittgau, 
rechts von der Leine bei Nordheim, 
von asiail (Hotel) Wohnung und 
ltub, Winkel oder Stätte am Wasser. 
Liub, das unendlich eft vorkommt, 
namentlich als Bezeichnung für 
Pfahlbauwerke, in den Namen Leip- 
zig, Gott-lieben, Mem-leben, Laufen 
u. dergl. mehr, ist zusammengezogen 
aus Zle Stätte und abh, obh Was- 
ser. Der leichtern Vertheidigung 
wegen mussten in der Ebene stets 
solche Bachkrümmungen zur An- 
lage der Wohnungen ausgesucht 
werden. 


Adelgunde, alter Weibername 
von ail, ealg, ealdh edel, adelig, 
und cedni Jungfrau; eine ähnliche 
Form für gund ist oghain Jüngling. 
Adelheid(Adelgis)ist aus ealdn u. 
ciodh, oder chis, Mädchen entstan- 
den. — Die erste Adelgunde, welche 
in der Geschichte vorkommt, war aus 
dem fränkischen Königsgeschlechte; 
geboren im Hennegau 630, stiftete sie 
das Frauenkloster Maubeuge an der 
Sambre; die heilige Adelheid, geb. 
933, war König Rudolphs von Bur- 
gund Tochter, GemahlinsKaiser Ot- 
to'sI.— Adelbert, Sohnd.Edlen, 
von bert Sohn, Berta Tochter (wört- 
lich der Geborene von bearaim tra- 
gen, gebären). 

Adelsberg, Ort inKrain, mit be- 
rühmten Tropfsteinhöhlen. Name 
von adaill steiler Bergabhang. 

Aden, Stadt im südlichen, soge- 
nannten glücklichen Arabien, beiden 
Hebräern Eden; dasselbe Wort wie 
Eden im Paradies, bezw. in Persien 
und auf dem Libanon, wie Athen in 
Griechenland und Udine in Friaul, 
von aidhean kleiner Ort. 

Adendorf bei Lüneburg, von 
aidhe Ort, Deminutiv aidhean, Eden. 

Adersbach, Dorf an einem Berg- 
bach in Böhmen am Abhang des Rie- 
sengebirges mit einem 2 Meilen lan- 
gen, Y,M.breiten und 200 F.hohen, 
aus Sandsteinen bestehenden Felsen- 
meer oder Steinwall; Name des 
Orts vom Bache und dieser von a 
Berg und dwr Wasser. 

Adiatorix, gälischer Mannsname 
von aileas Stadt und rir oder rigAh, 
rich König, also König der Stadt. 














Aditen. Ein arabischer Stamm, 
der nach der Sage, gedrängt durch 
die Assyrier, nach Aogypten bis in 
das westliche Afrika zog und dort 
sich nioderliess. Deshalb hatten die 
Berbern oder Iberen (Reiter) Nord- 
afrikas, die Nachkommen der Aditen, 
dieselbe Sprache, wie ihrein Arabien 
zurückgeblisbenen Stammgenossen, 
die Amalekiter, Philistäer und Cana- 
niter; diese letzteren wohnten in 
befestigten Ortschaften, wie die heu- 
tigen Berbern im Atlas, daher wohl 
der Name Adit, von aidhe Ort und 
eis Maun; die Araber rechneten sie 
alsKinder des Uhd zumaramäischen 
Stamme. Aram bedeutet aber Hoch- 
landsvolk, weshalb Aditen auch als 
Hochländer aith-eis anzusehen sein 
mögen. Von den in Arabien zwi- 
schen Oman und Jemen, sowie in 
Hadhramaut (lauter Namen für Berg- 
land, y-maon der Berg, Hadh-ra- 
maut oder mons hoher-Ort-berg) 
wohnenden Aditen erzählen die Ara- 
ber, sie seien wilde Leute gewesen, 
die hohe Ringwälle drbauten, aber 
von Gott vertilgt worden, weil sie 
die ihnen von Hud verkündete wahre 
Religion nicht angenommen. 

Adler, ein Nebenfluss der Elbe, 
welcher sich bei Königgrätz in die- 
selbe ergiesst ; Name von aith Berg 
und Ziyry Wasser, insbesondere Ge- 
birgswasser. 

Adierberg, Adiersteln, keltisch 
Adaill, jäher Absturz und er gross; 


daher der Adlerstein beiMuggendorf. 


in Franken, ein hoher steiler Fels. 
Es wird schwer nachzuweisen sein, 
dass auf solchen Felsen immer Adler 


13 — 


Adonai — Adramelech. 


horsteten, deshalb wäre die Erklä- 
rung aus dem Deutschen nur in ei- 
nem solchen Falle annehmbar. — 
Adelberg bei Schorndorf, dann 
bei Westheim am Kocher, und der 
Adelsberg bei Alpirsbach im 
Schwarzwald kommen ebenfalls von 
adaill. 

Adonai,ein hebräischer Ausdruck 
für Gott, der gleich Odin, Adonis 
und Iduna von duin Mann, bezw. 
duino Frau herkommt, zugleich aber 
auch Herr, Fürst und schliesslich 
Gott bedeutet. — Andere Formen für 
duin sind domn, dumn, donn, wor- 
sus Dominus im Lat., und don im 
Spanischen wurde (vergl. Adonis, 
Odin und Iduna). 

Adonis, der Herr-gott oder Gott- 
mann. P oder a ist der kymbr. Ar- 
tikel und duin bedeutet Mann, Herr, 
Fürst, Gott. In Adonis ist noch die 
im Griechischen häufig gebrauchte 
Form eus, eis; is, d.h. Mann, ange- 
hängt, in Adonai das hebräische ai. 
Odin ist die einfache kymbrische 
Form, der Mann (vergl. Odin und die 
andern verwandten Formen). 

Adour, Fluss in der Gascogne 
und Adur Fluss in England in der 
Grafschaft Sussex, von dwr Fluss 
mit dem vorgesetzten Artikel, wel- 
cher bei der Thur im Thurgau ab- 
fiel. An der Mündung des Adur liegt 
Shoreham, gezischt gleich Dur- 
heim, Bachheim. 

Adramelech oder Adram-me- 
lech, ein assyrischer Gott, dessen 
Name sich auch assyrische Könige 
beilegten, z. B. Sanheribs Sohn, der 
mit seinem Bruder Sarezer 697 vor 


Adrastus — Aduatiker. 


Chr. seinen Vater ermordete und 
darauf mit jenem entfloh. Melech, 
mael-aigk bedeutet König, ur- 
sprünglich Berg-hoch. Denn fast 
alle Felsennamen waren zugleich 
auch Bezeichnungen für Götter (vgl. 
„Steinkultus); adra, adhradh (franz. 
adorer) bedeutet Anbetung. 

Adrastus. Ein König von Argos, 
der vor Theben alle seine Leute im 
Kampfe verlor; zehn Jahre später 
kam er mit deren Nachkommen (Epi- 
gonen) nochmal und siegte, wobei 
aber sein Sohn umkam und er aus 
.Gram starb. Er wurde seines Edel- 
muths und seiner Gerechtigkeit we- 
gen alsHalbgott verehrt, daher sein 
Name, denn Adras oder adhradh 
bedeutet Anbetung und eus, us 
Mann, also anbetungswürdiger Mann, 
französich adorer. 

Adria oder Hadria, alte Han- 
delsstadt im Veneter-Lande, die frü- 
her am adriatischen Meere lag, wo- 
her dieses seinen Namen hat, jetzt 
aber durch die Anschwemmungen 
des Po und der Etsch zwei Meilen 
davon entfernt liegt. Der Name 
kommt vom gälischen ad Wasser und 
ri Haus, ria Häuser, also Wasser- 
stadt. Dabei liegen die Rainen der 
von Attila zerstörten frühern Soestadt 
Altino, lat. Altinum von alt Ort, al- 
tean kleiner Ort, oder alt-tain Ort- 
Wasser, d. h. Seestadt. 

Aduatiker oder Aduaker, ein 
Volk, welches Cäsar im südlichen 
Brabant anführt, in der Nähe von 
Tongern, welchesauch als Haupt- 
stadt des Volkes bezeichnet und dar- 
um Aduaca oder Aduatuca benannt 


— 14 — 


Adula, 


wurde. ImSüden der Aduaker wohn- 
ten dieEburonen, ein(iberisches) 
Beitervolk, welches früher im Besitze 
von Aduaca war, weshalb der Ort 
auch Aduatuca Eburonum hiess. 
Diese Namen sind keltisch, weshalb 
Cäsars Angabe, dass die Aduaker 
Ueberreste der Kimbern und 
Teutonen seien, die nach man- 
cherlei Schicksalen aus Italien hier- 
her gelangten, gerade nicht wider- 
sinnig ist. Denn die Kymbern waren 
unzweifelhaft Kelten, und Teutonen 
bedeutet Nordleute, möglicherweise 
waren auch diese noch Kelten, trotz- 
dem dassaus Tuatisk, nordisch, spä- 
ter das Wort Deutsch entstand. Denn 
die Deutschen kamen ebenfalls aus 
demNorden. Aduatiker, oder Adua- 


"kerkommt von aiteach, Stadt, Wohn- 


ort; diese Stadileute stellten zu Cä- 
sars Zeiten noch 20,000 Krieger ins 
Feld, wohl in Verbindung mit den 
umliegenden kleinern Ortschaften, 
d.h. den be-tas (klein-Ort), weshalb 
statt Aduaker später der Name Beta 
hier auftaucht, und für die Haupt- 
stadt der Name Tongern, dain- 
gean-ar Burg-gross. Aus diesen 
verschiedenen Bezeichnungen ein 
und derselben Oertlichkeit darf man 
nicht sofort auf verschiedene Völker 
schliessen. Heutzutage wird in Ton- 
gern vlämisch gesprochen, in Folge 
der Einwanderung der Franken, wel- 
che hier ein Bisthum stifteten, wel- 
ches später nach Lüttich verlegt 
wurde. “ 

Adula, gälischer Name des St, 
Gotthardberges, von aifk Höhe und 
ull, al, il, gross, oder näher von 











Aeacus — Aeduer. 


adaill steiler Berg, gewöhnlich in 
Adlerstein verdeutscht. Gotthard 
ist ebenfalls keltisch und bedeutet 
Wald-berg coed-ard. Ard ist das 
jetzt allerwärts noch vorkommende 
Hard, Harz, Arz, Erz, lateinisch ar- 
duus, steil, hoch. 

Aeacus, griech. Aiakos, einer der 
griechischen Höllenrichter, er soll 
ein Sohn des Zeus und der Oenone 
gewesen sein (vergl. Aegina). Der 
Name bedeutet kluger, grosser Mann, 
al-aigh-eus. 

Aeas, Fluss in Epirus, vom gäli- 
schen ais, eas, uisg Wasser. 

Aeduer, ein Völkerbund in Mit- 
telitalien, mit welchem die Römer 
lange Zeit Kriege führten, bis es 
ihnen gelang, denselben zu sprengen 
und zu unterwerfen. Der- Name 
kommt auch in Gallien vor, er be- 
deutet gälisch verbündete Männer, 
Bundesgenossen,, Eidgenossen, vom 
gäl, aoi Bündnisse, deutsch Eid, franz. 
aider helfen (denn durch den Eid 
halfen, bezw. bekräftigien die so- 
genannten Eideshelfer, die Ver- 
wandten und Bekannten dem Kläger 
wie dem Beklagten deren gericht- 
liche Aussagen), und daeLeute, Die 
gallischen Aeduer wohnten in dem 
Gebirgsiand um Autun; ihr Bund 
z0g sich zwischen Saone und Loire 
bis gegen Lyon. Es gehörten dazu 
die Landschaften: le Charolais, 
le Beaujolais und die Gegend 
um Autun, in welchen das Hirten- 
volk der Insubrer auf den Höhen, 
die Aulerker an derLoire und die 
Ambarren an der Saone wohnten ; 
danu die Gegend um Lyon, und die 


15 — 


Aegadische — Aegäon. 


Segusianer im Quellgebiet der 
Loire, die Bojer im Nivernois um 
Nevers und die Mandubier anden 
Quellen der Yonne, im Morvangebirg 
und im Auxois, d. h. der degend um 
Auxorre. Im Osten an der Saone 
grenzten die Aeduer an die Sequa- 
ner, mit denen sie zu Ariovists und 
Cäsars Zeiten in Streit lebten, was 
die Einmischung dieser beiden in 
die innern Angelegenheiten Mit- 
telgalliens, sowie die Niederlage 
Ariovists wie der Aeduer zur Folge 
hatte; im Westen jenseits der Berge, 
welche die Loire vom Allier schei- 
den, grenzten die Aeduer an die Au- 
vergne, das Bourbonnais und 
das Berri (vergl.alle diese Namen). 
Die Aeduer stellten gleich den an- 
dern mittelgallischen Völkern ihr 
Contingent zu dem Zuge des Bello- 
ves nach Italien, und liessen sich 
bei Mailand nieder, wo jedoch der 
Sammelname Asduer nicht mehr vor- 
kommt, sondern nur der der Insubrer, 
weil in-Italien die Eidgenossenschaft 
nicht fortdauerte. 

Aegadische Inseln, sechs Inseln 
an der Westspitze Siciliens; aegad 
zu deutsch Wassergegend von oiche 
Wasser und iath Gegend. 

Aegälsches Meer, zu deutsch 
tiefes Wasser, vom gälischen aig- 
kein, kymbrisch aigeann, zusam- 
mengosetzt aus aighe hoch oder 
tief, je nach dem Standpunkte, und 
ean Wasser. 

Aegäon, der Sohn des Himmels 
und der Erde, oder des Uranos und 
der Gäa, mit 50 Köpfen und 100 
Händen; er hiess auch Briareus 


Aegelsee — Aegina. 


(bwrr gross und eus Mann) und 
war so stark, dass sogar Juno, Nep- 
tun und Minerva, die einmal den Ju- 
piter binden wollten, vorihm zurück- 
schreckten, als ihn Thetis herbeirief. 
Der Name y-gä-on bedeutet der- 
Erd-mann. Gä ist das deutsche Gau, 
aspirirt für das keltische ug. 

Aegelsee nächst Dogern bei 
Waldshut am Oberrhein; Aeogel- 
bach bei Bohlingen nächst Radolf- 
zell, vom gäl. aigiol, aigeal Thal- 
wasser, Sumpfthal und dies von 
aighe hoch und tief, also Berg wie 
Thal und gio? Wasser (daher Gille 
am Oberrhein, was aber jetzt blos 
noch für Jauche gebraucht wird. 
Jauche ist ebenfalls keltisch und 
kommt vonoiche, was gleicherweise 
Wasser bedeutet). 

Aegerl, alt Agire, am Aegerisee 
in der Schweiz, vom gäl. oiche (oder 
uisge) Wasser und ri Haus; also 
Seehausen oder Wasserhausen. 

Aeglaleus, Seemann, Meermann, 
gräcisirt aus dem keltischen aigeal 
Moerestiefe, oder Meer und eis Mann. 

Aegina, auch Egins, Engia, Insel 
mit gleichnamiger Stadt in der Nähe 
Athens, alt Oenone; letzteres war 
angeblich der Name einer Tochter 
des Asopus, welche dem Zeus hier 
den Asacus, einen der Höllenrichter 
(aiklug, aigh hoch, eus Mann) gebar. 
Der Name der Insel kommt von ige, 
inghe Insel und ean Wasser; Oe- 
none, von in, innis Insel und ean 
Wasser; der Name der Stadt Aegina 
dagegen von aigeann Meer, Okean 
und nae Leute, Seeleute; denn als 
solche stellten die Asginsten in der 


-1 — 


Aegisthus. 


Schlacht bei Salamis gegen die 
Perser mehr Schiffe als selbst die 
Athener. 
Aegisthus oderAigisthos, ein 
Sohn des Thyestes aus dessen Um- 
gang mit Pelopia, seiner eigenen 
Tochter, die ihn jedoch aussötzen 
liess, worauf er von Hirten mit Zie- 
genmilch ernährt und’ aufgezogen 
wurde. Daher sein Name von aigis 
Ziege oder Gaise (Gais ist die brei- 
tere Form für gis, Zig die versetzte) 
und us, tis, thuid, thad, teod,thuad, 
tuath, tis, tuis, dos, u. 8. w. lauter 
Formen, die Fürst oder auch blos 
Mann bedeuten. Aegisthus ermor- 
dete seinen Oheim Atreus, wurde 
König von Mykene (Feidland von 
magh, Feld und nae Leute), darauf 
aber von Agamemnon, des Atreus 
Sohn, wieder vertrieben. Als letz- 
terer vor Troja gezogen war, ver- 
führte er dessen Frau Klytemnestra 
und ermordete den Agamemnon nach 
seiner Rückkehr, worauf er selbst 
acht Jahre später von Orestes, des 
letztern Sohn, getödtet wurde. Ore- 
stes ermordete aber auch seine Mut- 
ter Klytemnestra, und wurde darüber 
wahnsinnig, oder von den Eumeni- 
den gepeinigt. Um von seiner Qual 
loszukommen, zog er mit seinem 
Freunde Pylades nach Taurus 
(Krim), um das heilige Bild der Ar- 
temis oder Diana zu holen; dort 
gefangen genommen sollte er mit 
Pylades der wilden Göttin ge 
opfert werden. Aber die Priesterin 
Iphigenia erkannte ihn als ihren 
Bruder, entwendete das Bild, und 
alle drei ontkamen glücklich nach 


Aegos — Aeolier. 


Argos, wo dann Orestes Herrscher 
wurde. 

Aegos-potamos, d.h. Fluss Ae- 
gos; letzteres wieder gleich Fluss 
vom keltischen ach, oiche, aches 
Bach; er fliesst in das Marmormeer 
oder in die Propontis, das heisst den 
Vorpontus. 

Aegypter, zu deutsch Thallands- 
bewohner. Im Keltischen bedeutet 
aigiol Thalgrund; Stammsylbe ist 
aigh hoch oder tief, je nach dem 
Standpunkte; ibh bedeutet Gegend, 
Landschaft und dae Leute. Aogyp- 
ten steht darnach gleich Nilthal, oder 
Mizramm (vergl. dieses). Es zerfällt 
in Ober- und Unterägypten ;letzteres 
wurde, nachdem Oberägypten schon 
seit Jahrtausenden bewohnt gewesen, 
erst durch den Schlamm des Nils all- 
mälig angesetzt und colonisirt. Ober- 
ägypten hiess bei den Alten Patros 
oder Thebais, bei den Arabern 
Said oder Siut und Unterägypten 
Rif; letzteres wohl gleich dem lat. 
ripa Uferland, und Said versetzt für 
Deas Süden. (Ueber Patros vergl. 
diesen Art.) Die alten Aegypter ge- 
hörten zum schwarzen, oder schwarz- 
braunen aethiopischen Stamme, wur- 
den aber schon in ältester Zeit von 
weissen Stämmen unterjocht, so dass 
nur das Landvolk, die heutigen Kop- 
ten, braun blieben. 

Aelen oder Elen, franz. Aigle; 
oberhalb des Genfersees gegen Wal- 
lis zu im Waadtlande, dabei die 
grosse Saline Bex. Aigh bedeutet 
kelt. hoch, Zle oder lon Stätte. 

Aeoller, der einst mächtigste 
griechische Stamm; sein erster nach- 

Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


— 1 — 


Aeolus — Aequer. 


weisbarer Wohnsitz war Thessalien, 
von wo er sich allmälig gegen Sü- 
den und auch nach Kleinasien aus- 
breitete. Die Acolier stammen an- 
geblich von Aeolus, dem Gott der 
Winde (vergl. diesen). In Wirklich- 
keit bedeutet aigiol Thalland; denn 
ein solches ist Thessalien, allerdings 
eingeschlossen von den hohen Fel- 
sengebirgen desPindus (pen oder 
beinn) und Olymp (versetzt für al- 
beinn hoher Berg). Drei Viertheile 
der Griechen bestanden aus Aeoliern, 
so dieEuböer, Böotier, Eleer, Aoto- 
lier, Korinther, Achaier, Arkadier 
und Argiver; ihre Mundart stand 
demPelasgisch-Asiatischen am näch- 
sten. Als Fremdlinge in Griechen- 
land hiessen sie auch Hellenen 
(aile-an fremder Mann gleich Ale- 
man), hebräisch elis-cho, elis-cha, 
Adjectivform, fremdischer, von ail- 
eis fremd-Mann. Nach dieser Erklä- 
rung sind Hellen und aio/-eis gleich- 
bedeutend. Das o in Aeol kommt 
daher, weil ail auch al, ol, u! und 
aio] lautete. Auf die Vokale kommt 
es in den alten Sprachen überhaupt 
nicht an. Durch die Dorer verdrängt, 
zog von den Aeoliern, namentlich 
von Argos aus unter den Nachkom- 
men Agamemnons, 60 Jahre nach 
dem trojanischen Kriege (1120 vor 
Chr.) die erste griechische Colonie 
nach Kleinasien an den Hollespont 
und Hermus. 

Aeolus, zu deutsch Windmann, 
vom gälischen aile Wind und eis 
Mann. 

Aequer, ein Völkchen in Mittel- 
italien, östlich von Rom in den Ab- 

2 


Aerò — Aerschot. 


ruzzen, daher der Name von aigh 
Höhe, Berg, aighui Bergbewohner. 
Die Aequer wurden zu den ältesten 
Stämmen Mittelitaliens gerechnet, 
gleich den Aurunkern, deren Name 
dasselbe bedeutet von gor, or Berg, 
an, ank, Mann; sie wurdenwie alle 
die kleinen Völker Italiens von den 
Römern besiegt und romanisirt. Ihre 
Grenznachbarn waren westlich dieLa- 
tiner, nördlich die Sabiner, südlich die 
Herniker und östlich die Marser, Na- 
men, welche mit Ausnahme der Lati- 
ner Wald- oder Bergvolk bedeuten. 

Aerö, Insel in der Ostsee, etwas 
östlich von Alsen; sie gehörte frü- 
her zu Fühnen und stand deshalb 
unter dem Bischofe von Odensee; 
dann wurde sie zu Schleswig ge- 
rechnet, ist aber seit dem letzten 
Kriege wieder davon getrennt wor- 
den. Der Name der Insel lautet auch 
Arr-oe, er bedeutet Insel (oe, ey)des 
Herrn oder Fürsten von earr, was 
im Keltischen diese Bedeutung hat. 
Der Herr war der Bischof von Oden- 
see auf Fühnen, und vor ihm der 
Fürst, welcher daselbst seinen Sitz 
hatte; dieser könnte Odin gewesen 
sein, denn Odin soll Odensee ge- 
gründet haben. Leider bedeutet 
aber dieser Ortsname blos Seestadt 
von aidhe Ort, aidhean kleiner Ort 
(Athen, Eden, Aden, Udine) und sea 
See. Auch Odin bedeutet weiter 
nichts alsHerr oder Mann von duin, 
don, din, also ebensoviel wie earr. 

Aerschot oder Arschot, wallo- 
nisch ascot, ein Städtchen in Bra- 
bant an der Demmer, alt Arscoten. 
Coten bedeutet kleiner Wald von 


— 18 — 


Aesar. 


coed, dem.coidean. Ars istzusam- 
mengezogen aus Aras, Ort, Wohn- 
ort, Arscoten also Waldort. Nörd- 
lich von Arscot liegt eine sumpfige 
Waldgegend; daran Oisterwyck, 
Walddorf von uast Wald und wigh 
Dorf und Westerloo, von Oister, 
uast-er, grosserWald, und Ile Stätte. 

Aesar bedeutet Gott, Götter, 
Asen, nordisch Aesir, und zwar nicht 
blos im Altdeutschen, sondern auch 
im Gälischen und Etrurischen, Assy- 
rischen, Persischen, Indischen und 
Aegyptischeon. Der Name kann 
aus dem letzteren Lande stammen, 
weil daselbst Osiris vorzugsweise 
verehrt wurde. Osiris war aber der 
Nilgott, oder der Wassermann von 
ais- oder as, uisge Wasser und air 
Mann. In den assyrischen Fürsten- 
titeln kommt aesar häufig vor, als 
Nebucadn-ezar, Asar-Haddon, Na- 
bopol-assar, Sar-ezer, Salman-assar. 
(vergl. Assyrien). ° Im Persischen 
bedeutet dagegen Azar oder Azer, 
altpersisch atarc, im Zend atar, s0- 
viel als Feuer, Feuergott; im Syri- 
schen ist sor die Sonne, und endlich 
im Altkeltischen y-tor der Edelmann, 
y-torc der Fürst. Letztere Form 
könnte aus eisMann und earg Was- 
ser entstanden sein, so dass man wie- 
der auf os-air Osiris kommt. Thor, 
der Donnergott bei den Nordmannen, 
war zugleich derRegenspender. Thor 
aber ist der älteste, ursprünglich ein- 
zige Gott der nordischen Urvölker. 
Bei den Indern war Varuna, der 
oberste Gott des Himmels, auch Was- 
sergott, weil die Wolken als Him- 
melsgewässer angesehen wurden, 


Aesis — Aetolien. 


Varuna steht gleich bior-an Wasser- 
mann. Seine Nebengötter waren die 
Asuren; ais-air Wasserleute, und 
damit stehen wir wieder bei Osiris 
(vergl. Indische Götter). 

Aesis, Fluss in Umbrien; er hiess 
auch Esis und Essi von es, ais, eas 
Wasser. Daher auch der Flussname 
Auser, grosses Wasser, von ais-er. 

Aethiopen, griechischer Name 
für die aus Negern und Weissen ge- 
mischten Mulattenvölker im südli- 
chen Vorderasien und nördlichen 
Afrıka. Der keltische und hebräi- 
sche Name für diese Völker ist ge- 
wöhnlich Kusch, Kuschiten, Kossäer, 
Kissier, oder Habesch u. dergl., Na- 
men, die der Bedeutung nach indess 
von Aethiops abweichen; denn wäh- 
rend letzteres ein sonnverbranntes 
Gesicht anzeigt, von aith heiss, lat. 
aestus Hitze, aestasSommer und ops 
Gesicht, so bedeutet Kusch von coed 
Wald und Habesch von pus Busch, 
ein Waldvolk. 

Aetolien, Hochgebirgsland von 
aith hoch, tul, to} steiler Borg und 
ia Land; die Anfangssylbe ge kann 
auch blos der kymbrische Artikel 
sein, und fol für dail Thal stehen, 
dann wäre es Thalland oder auch 
Hochthalland; mit Aeoliern ist es 
nicht gleichbedeutend, denn dieses 
Wort bedeutet Fremdlinge. Aoto- 
lien liegt auf der West- und Süd- 
seite des hohen Pindusgebirges (pen- 
ais Berg-hoch gleich Apenninen, 
penninische Alpen). Die Aetolier 
gehörten dem Aeolischen, d. h. dem 
aus Norden eingewanderten, oder 
dem hellenischen Stamme (aile-an 


— 191 — 


Aetsinisbach — Asetti. 


fremder Mann) an, während die Do- 
rer im Walddickicht des Pindus und 
Parnass (doire Walddickicht, gleich 
Thüringern) den zurückgedrängten 
Urbewohnern oder den Griechen 
(creagh - ui Felsengebirgsbewoh- 
nern) beizuzählen sind. 

Aetsinisbach, alter Bachname im 
Elsas, von aith Höhe und tain Was- 
ser, also Borgwasser. 

Aettenbühl am Geissberg bei 
Villingen auf dem Schwarzwalde, 
vom gäl. aithin, Verkleinerung von 
aith Höhe; also soviel als Bühel, 
Buckel, keltisch bDuach, Geissberg 
von caid, cais Berg. 

Aetti, der Alte, der Vater. Die- 
ser Ausdruck ist in der Schweiz und 
im rheinischen Oberlande noch über- 
all üblich, altdeutsch Atto oder blos 
Att. Im Keltischen bedeutet ath- 
air, alter Mann oder hoher Mann, 
soviel als Vater, die Mutter dagegen 
war die gute Frau, Dodo von doi 
gut und dee Frau. Auch für den 
Grossvater hört man in Süddeutsch- 
land noch den keltischen Namen 
Däde, ebenfalls von doigut und dae 
Mann; denn dae bedeutet ebenso- 
wohl Mann wie Frau, wie unser Leute, 
ein Wort, das übrigens ebenfalls kel- 
tisch ist und arme, geringe, kleine 
Leute bezeichnet, von /i klein und 
dae Leute, daher die alte ursprüngli- 
che FormZidi, schweizerisch Lüte.— 
In Oberdeutschland sind noch eine 
Menge altkeltischer Ausdrücke in 
UVebung, die man anderwärts nicht 
mehr kennt, z.:B.: massleidig (einer 
Sache überdrüssig), gälisch mess- 
ladh; ser Wunde, im Gegensatz 

2 * 


Afers — Affenthal. 


zu unversehrt von saor, gälisch 
Schmerz, Weh; im Nibelungenlied 
kommt das Wort ser in diesem Sinne 
öfter vor. 

Afers, Dorf bei Brixen, desgl. in 
Graubünden und im Vorarlberg vom 
gäl. abh Fluss und aras Wohnort. 

Affen, keltisch ab, apa, plural 
apan, griechisch Habbanes. Die 
Chinesen wollen wissen, dass die 
blonde oder rothhaarige Race von den 
Affen abstamme. Die tübetanischen 
Khiang behaupten dies von sich 
selbst und sind stolz darauf. Heute 
noch heisst darum der mittlere Theil 
Tübets Affenland. Die buddhisti- 
schen Bücher geben an, dass die 
Bewohner des Landes von dem gros- 
son Affen Sarr-metschin und seiner 
Frau Raktcha abstammten. Sarbe- 
deutet keltisch gross, tor Herr, 
Fürst. Metschin erinnert an Meschia 
und Meschiane, die ersten Menschen 
nach der altpersischen Sage. Rakt- 
cha ist eine weibliche Form für rac, 
righ, rex, König. — Auch die Inder 
erzählen von dem Affenkönige Ha- 
numan, der auf dem Himalaya die 
Winde regierte, und mit einemgros- 
sen Heer dem Rama zu Hülfe kam, 
als er Ceylon erobern wollte. Im 
Innern Tübets sollen die Menschen 
in der That auch heute noch den 
Affen sehr ähnlich sehen; das kel- 
tische ad, apa, deutsch Affe, ist das- 
selbe Wort wie Aba, Aa, Offa, 
Ufo Vater, was in Jupiter (Genitiv 
Jovis) und Japhet wiederkehrt, sowie 
in unserem Papa. 

Affenthal, Dorf bei Bühl in der 
Ortenau, ineinem Thale des mittleren 


Affoldern. 


Schwarzwaldes, wo vorzüglicher ro- 
ther Wein wächst. Affen- kommt 
entweder von aoibh Bauernhof, De- 
minutiv aoibhan, oder aoibhin, oder 
von abhan kleines Wasser. 
Affoldern, Affoltern, alt Af- 
feltra, Affeltren,Affoldirn, Affalterum, 
häufig vorkommender Ortsname; 80 
an der Edder im Waldeckschen, wo 
noch spät die Landgerichte gehalten 
wurden, während die Halsgerichte 
schon im 16. Jahrhundert nach dem 
Schlosse Waldeck verlegt wurden. 
Es gehörte übrigens in alter Zeitzum 
fränkischen Hossengau. — Ein an- 
deres Affoltern liegt bei Landau an 
der rheinischen Haard im Lutrams- 
forste, wo ebenfalls eine Maalstätte 
war; deshalb hat man den Namen 
mit Foltern der zur Richtstätte Ge- 
führten in Verbindung gebracht, ja 
sogar mit Apollo, der hier verehrt 
worden sei, weil man in der Nähe 
vom zweitgenanuten Orte einige alte 
Götterbilder fand. — Bei Marbach 
in Würtemberg fliesst ein Affol- 
terbach, desgleichen liegt nächst 
Nürnberg an der Schwarzach ein 
Ort dieses Namens, dann ein Af- 
foltrabach im Feilenforste bei 
Scheyern in der Donaumarch in 
Bayern; weiter ein Abfalters- 
bach bei Innichen in der Gelau, 
einer Gegend im Pusterthale, und 
endlich ein Wolfoltes-Affal- 
terum bei Zürich, welches jetzt 
ebenfalls blos Affoltern geschrieben 
wird. Aus den letztgenannten For- 
men ergibt sich die Bedeutung des 
Wortes: Abhist Wasser, aldPferch, 
Einfriedigung und dear gross; also 











Afghanen. 


grosser, eingefriedigter Platz an ei- 
nem Bache, sei es für das Vieh, sei 
es zur Abhaltung von Gerichtsver- 
handlungen. Affalterum hat noch 
den Zusatz om Haus, und Wolfoltes- 
Affalterum zeigt den Eigenthümer des 
Viehpferchs an, einen Wolfholt, oder 
Diener des Wolf, von giolla Diener. 
Die Pferche mussten des Tränkens 
halber an Bächen angelegt werden. 
Afghanen. Die Bewohner des Ge- 
birgslandes zwischen Persien und 
Indien, mit den Hauptorten Kabul 
und Kandahar; letzteres bedeutet 
grosse Burg von ganBurg und dear 
gross, Kabul oder Kabal steht gleich 
gobhail, cmwb-aill Pächterhaus. 
Die Afghanen sind nicht die ersten 
bekannten Bewohner des Landes, 
sondern ein kriegerisches Berg- und 
Waldvolk, welches vom Hindukusch 
herüber kam und die früheren Be- 
wohner des Landes, die Tadschi 
und die Hindki unterjochte. Tad- 
schi ist die Bezeichnung für Werk- 
lete, Hindki wohl für Acker- 
bauern, ersteres von daid Werk (dai- 
disk Adjectivform), letzteres von 
cain, chain ebenes Land, Feld oder 
gleich den Indern von ean Wasser. 
In der Bucharei heisst das gewerb- 
treibendeVolkebenfalls Tadschiks, 
in Etrurien Toisken, Tusken, 
in Palästina waren die Chanan die 
Ackerbauern. Was die afghanischen 
Eroberer betrifft, so theilen sie sich 
in mehrere Stämme, die unter sich 
oft in Fehde leben; die mächtigsten 
derselben sinddie Duranis unddie 
Gildschih oder Ghildjies; beide 
Namen bedeuten Waldvolk, der erste 


— U — 


Afrika. 


von doir-an Wealädickicht- Mann 
(Thüringer), der andere von coille 
Wald und dae Leute. Der Name 
Afghan bezeichnet einen Waldstamm 
von aibh Geschlecht, Stamm und 
ghan, ghun, gundWald. Ihre Spra- 
che heisst Puschtuh, was sich 
wiederum auf Wald(pus, bois Busch) 
und dw Land bezieht. Hoerodot 
nannte die Afghanen Pactyer, sie 
selbst nennen sich Pakhtun oder 
Pashtun; letzteres ist wieder s0- 
viel als bois Busch; tun, duin da- 
gegen gleich Mann, also Waldmann. 
Paktui kommt endlich von buach 
Bergrücken und dae Leute, also 
Bergbewohner. Die einzelnen Ge- 
birgsnamen in Afghanistan sindnicht 
minder leicht aus dem Keltischen zu 
erklären, z.B. Solimangebirg, 
von io! steil und maonBerg, es bil- 
det den steilen Abfall des Landes 
gegen den Indus; nördlich davon 
bis zum Hindukusch zieht sich das 
Kheyber-Gebirg mit dem be- 
rühmten Passe, in welchem 1841 
eine englische Armes von den Afgha- 
nen vernichtet wurde; keab bedeu- 
tet Bergkopf und ar gross; westlich 
an diese Gebirgsränder lehnen sich 
die Hochflächen der Kaker von 
coicheHöhe und air Leute, und von 
Ghur oder Ghorat (gor, chor, or 
Berg, und ghor-at von iath Berg- 
gegend). 

Afrika liegt dem ursprünglichen 
Sitze der keltischen Völker gegen 
Abend, wo die Sonne in die Nacht 
der Unterwelt versinkt, um unter der 
Erde hindurch des andern Morgens 
gereinigt wieder aufzugehen. Dies 


Agamemnon. 


die Auffassung der Urvölker. Nun 
bedeutet im Keltischen {ar Westen 
oder Abend, auch Dunkelheit, ibnh 
Gegend, daher griechisch Er-eb-os 
Nacht, Finsterniss, Unterwelt. Im 
Arabischen lautet dieselbe Form 
arab, oder rrarab, hebräisch ereb; 
das b scharf ausgesprochen araf, 
arf, versetzt afr und daran die Ad- 
jectivendung ic, oder wenn man 
will ighe Insel, erhält man Africa, 
das Abendliche, die Abendinsel oder 
das Land der Hesperiden (von Hes- 
perus Abend). Je näher man Afrika 
kennen lernte, desto weiter wurden 
die Hesperiden nach Westen ge- 
rückt, bis sie endlich im Atlanti- 
schen Ocean verschwanden. Mit 
der Insel Creta, westlich von Syrien, 
wohin die Europa auf einem Stier 
getragen wurde, verhält es sich 
ähnlich. (vergl. Europa.) 
Agamemnon, der Führer der 
Griechen im trojanischen Kriege, 
König des argolischen Gaues Mykene 
(Feldland von magh Feld). Aga- 
memnon bedeutet hoher Mann von 
aighe hoch, gross, und amhain 
Mann. Der Name Memnon kommt 
auch in Aegypten und Susistan vor, 
und mag eine von den Aethiopen 
abgeänderte Form für amhain sein ; 
denn nach Argolis kamen zu ver- 
schiedenen Zeiten aegyptische oder 
libysche Colonien, so unter Inachus 
1800 vor Chr. Agamemnon war 
von hohem Wuchs gleich dem Ha- 
gen in den Nibelungen ; sein Bruder 
Men-el-aus bedeutet dasselbe, 
von moin gross, el hoch und eus 
Mann, er war König von Lakedai- 


— 22 — Aganippe — Agathyrsen. 


monia, welches ebenfalls zu Argolis 
gehörte, deshalb heissen die Grie- 
chen vor Troja bei Homer gewöhn- 
lich Argiver, weil sie den grössten 
Theil der Mannschaft gestellt hatten. 

Aganippe, Wassernymphe auf 
dem Berge Helikon in Böotien. Das 
Wasser ihrer Quelle, die durch den 
Hufschlag des Pegasus entstanden 
war, begeisterte die Dichter; der 
Name bedeutet heilige Wasser-Fee, 
von oiche Wasser, neamh heilig 
(oder naf' Schöpfer, noib Himmel), 
und be Fee. 

Agathyrsen, ein unter den Sky- 
then häufig genanntes Volk, das 
bald in Siebenbürgen aufgeführt 
wird, bald am Ural, bald am Imaus, 
in der Bucharei an den waldigen 
Abhängen Hochasiens. Daraus, wie 
aus dem Namen selbst dürfte sich 
ergeben, dass darunter gleich den 
Thüöringern kein besonderer Volks- 
stamm, sondern nur Wald- oder 
Gebirgsbewohner zu verstehen sind, 
von aighe hoch, doire Wald- 
Dickicht und dae Leute. Im Ural 


‚wandelte sich der Name Agathyr- 


sen in Akatziren um; letzteres war 
ein hunnisches Volk. Eine andere 
Erklärung ergäbe sich, wenn man 
Thyrsen als gleichbedeutend mit 
Thursen, der altnordischen Be- 
zeichnung für angeblich blut- 
dürstende (thuars Durst) Riesen 
auffasste, und Aka, Aga, hunnisch- 
türkische Bezeichnung für Führer, 
damit verbände. — Diese mythische 
Bezeichnung hat aber schon darum 
keinen Sinn, weil es keine solche 
Riesen gab, und Thursen, von doir- 


Agde — Agelaus. 


dae, ursprünglich ebenfalls nur 
Waldleute bedeuten, die blos durch 
die Furcht in Riesen umgewandelt 
wurden. Von den Basch-kiren (pis, 
boisbusk, busch,Waldundair Mann), 
den Abkömmlingen der Agathyrsen, 
wird allerdings erzählt, sie seien 
Blutsäufer, und damit fallen sie mit 
den Androphagen, oder Menschen- 
fressern zusammen, welche Herodot 
neben den Melangchlainen, Schwarz- 
häuten, in schwarze Pelze Gokleide- 
ten im Skythenlande nördlich von 
den Agathyrsen und Neuriern auf- 
führt. — Die Agathyrsen in Thra- 
cien, oder Siebenbürgen bemalten 
sich ihre Körper, wie die Thraken 
oder die noch nördlicher wobnenden 
Harier oder Goralen in den Kar- 
pathen. Die thrakischen Agathyr- 
sen hiessen auch blos Trausen, ver- 
setzt für Tyrsen. Als Waldleute, 
sagt die Mythe, war ihr Stammvater 
Agathyrsus ein Bruder des Skythes. 
Einer ihrer Könige heisst bei Hero- 
dot Spargapithes, König des Berg- 
volkes, von bwr, bar, barg Berg, 
aibh Geschlecht und tes, tuis Fürst. 
Statt Dar Berg kann man auch ber 
oder yspar Speer annehmen, dann 
war er der Anführer der Lanzen- 
knechte. 

Agde, Stadt in Frankreich, lat. 
Agatha, gälisch aighe Hügel und 
dae oder fae Haus, also Berg- 
hausen. 

Agder, eine Landschaft in Nor- 
wegen, von aighe Höhe und dear 
gross, Hoch-Gebirgsland. 

Agelaus, derselbe Name wie 
Achilleus, nur mundartlich anders 


— 2 — 


Agemont — Agen. 


ausgesprochen (aichil behend und 
eus, aos Mann); der Name kommt 
im Alterthume öfter vor, einmal als 
Sohn des Herkules und der Om- 
phale, Ahn des Crösus; dann als 
Bruder des Meleager (mael Berg, 
aigh hoch, air Mann), geblieben in 
der Schlacht der Kalydonier (star- 
ken oder Felsen- Männer, von yal 
Kraft oder Fels und duin Mann) 
gegen die Kureten oder Kreter 
(Städtebewohner von caer Stadt und 
dae Leute), die um den Kopf des 
kalydonischen Ebers geschlagen 
wurde; endlich hiess ein Diener 
des Priamos flinker Mann ; derselbe 
setzte den Paris auf dem Ida aus 
(aith Höhe und Bar-eis Berg-mann), 
wo derselbe von einer Bärin gesäugt 
wurde. 

Agemont, in den Niederlanden, 
und Agimont in Nord-Frankreich, 
Bergvesten, vom gäl. aighe Höhe. 
Mont ist die Uebersetzung von aighe. 

Agen, latinisirt Aginnum,an der 
Garonne im Lande der alten Nitio- 
brigen oder Antobrogen. Agen be- 
deutet die Burg, a ist der Artikel 
und gan bedeutet Veste; es war 
eine keltische Grenzveste gegen die 
Aquitanen. Nitiobriga ist Wasser- 
burg von naoth nass und brig, brog 
Burg; Antobriga ist dasselbe von 
ean Wasser, es liegt nämlich wie 
bemerkt an der Garonne. Aginnum 
kann auch als Bergburg erklärt wer- 
den, von a Berg; es kommt auf die 
Lage an, auch gab esderen mehrere. 
Morginnum, eine andere altkel- 
tische Burg in Frankreich, ist ent- 
weder grosse Burg von mawr gross, 


Agenor — Agesilaus. 


— 24 — 


Agger — Agilolfinger. 


oder Bergburg von mar, mor Berg, | als er irrthümlich glaubte, letzterer 


gleich Marburg in Hessen. 

Agenor, der angebliche Stamm- 
vater der Phönikier, soll erst Chas 
geheissen haben, d. h. Mann aus 
Cha oder Canaan, sein Bruder Bei 
Isiris oder Osiris gewesen. Beide 
Namen bedeuten Seemann von 
aigheann Meer, Meerestiefe (wo- 
her Okean und Aegäisches Meer) 
und air, oir, or Mann; Osiris von 
ais Wasser, ar gross und eis Mann. 
Die Phöniken gehörten zum grossen 
Cananitischen Volke, sie bewohnten 
das Niederland (Chna) an der Sy- 
rischen Küste, und wurden hier 
Seeleute. Phoiniken bedeutet 
Seeleute, von buinne, fuinne Wasser, 
Meer; ik ist Adjectivendung, die 
Meerlichen. Agenor soll von Belus 
abstammen (bial-eis Wassermann), 
der dann wieder mit Neptun (näb 
Schiff, duin Mann) für eine Person 
erklärt wird; sein Bruder sei 
Danaus (tain Wasser und eis 
Mann) gewesen, der aus Aegypten 
kam; seine Mutter war Libye, eine 
Libyerin (/ua-bi kleines Wasser, 
die libysche Syrte). 

Agesilaus, König von Sparta, 
unterstützte 400 vor Chr. den Ae- 
gypterkönig Tachyg gegen die Per- 
ser; er war sehr tapfer, aber unan- 
sehnlich vonGestalt, daher sein Name 
aigh (deutsch Hagen im Nibelun- 
genliede) hoch, stark, suail klein und 
eus Mann. Ohne suail lautet der 
Name Aogeus, indess kann aeg 
auch von oiche Wasser herkommen, 
denn Aegeus, Vater des Theseus, 
stürzte sich in das (ägäische) Meer, 


sei auf seinem Zuge nach Crets um- 
gekommen. 

Agger (Giessbach) vergl. Acher. 

Agllolfinger, latinisirt Heilol- 
vingus, Name der von den Franken 
in Baiern eingesetzten und schliess- 
lich wieder abgesetzten Herzogs- 
familie; sie scheint aus Franken 
zu stammen. Noch im achten Jahr- 
hundert war ein Agilolfinger Bischof 
von Tour in Gallien, er hiess Wic- 
terb, starb 756 und wird ein Bau- 
joarius, genere Heilolvingus ge- 
nannt. — aill bedeutet im Kelti- 
schen Erbpächter, Lehenbauer, ail 
dagegen adelich (letzteres wird 
hierher passen), desgleichen eaig, 
daher alcuin, alduin Edelmann, 
von duine kymbr. Mann. Alcun 
ist oberster Hauptmann, von al, 
o? hoch, und cin, cun (cinna) 
Hauptmann; statt duine steht auch 
bean; darmach bedeutet ail-ol- 
bean oder ail-al-duine adelicher 
hoher Mann, oder Anführer; der 
Name Alban bedeutet dasselbe mit 
Weglassung der ersten Sylbe ail 
edel. Will man statt ai die Form 
agil festhalten, von aichill behend, 
tapfer (Achilleus schneller Mann), 
so entsteht für Agil-olfing der 
Sinn behender, hoher Mann. — Der 
erste bekannte Agilolfinger hiess 
Garibald (etwa 554—595). Pau- 
lus Diaconus in seiner longobar- 
dischen Geschichte nennt ihn rex, 
or war aber blos ein Dienstmann der 
fränkischen Könige, was auch der 
Name Garibald andeutet; denn Bald, 
Wald kommt von gioll, gold, galt 





Agilolfinger. 


(Mangold) Diener, und Gari von earc 
Herr, Fürst, mit versetztem c. Gari- 
balds Nachfolger war Tassilo I. 
von 595—609; tas von dus, Luis, 
tuath, Duais Fürst, und il gross; 
dann Garibald II Tassilos Sohn 
von 609— 640. — Zu des letztern 
Zeit kamen die keltischen Missionare 
Eustasius und Agilus im Auftrag des 
Frankenkönigs nach Baiern, um das 
Christenthum einzuführen; damals 
wurden den Baiern auch die leges 
Bajuvariorum von den Franken ge- 
geben, nicht von Herzog Tassilo 
selbst. Nun folgte Theouo I (von 
tuath Fürst) des vorigen Sohn 
640—680. Zu dessen Zeit kam 
der heilige Emmeran, ebenfalls ein 
Gallier, nach Baiern. Theodo II 
Vetter des ersten, von 680—702. 
Unter ihm erschien der heilige Ru- 
pertus aus dem Geschlechte der 
nachherigen Grafen von Sponheim, 
alsowohl ein Deutscher ;denn nach- 
dem durch die keltischen Missionare 
der keltische Theil der Bevölkerung 
christianisirt war, wozu schon in 
römischen Zeiten der Anfang ge- 
macht worden, mussten, um die 
Deutschen zu gewinnen, schliesslich 
auch deutsche Apostel ausgesandt 
werden, weil man den deutschen 
Volkstheil nur in derjenigen Sprache 
gewinnen konnte, welche derselbe 
verstand. Zu Theodos II Zeiten 
zerfiel Baiern in vier Theile, deren 
Hauptorte folgende waren: Be- 
gensburg, wo derselbe Theodo II 
residirte, Botzen, wo Theodebert 
(Sohn des Theodo, denn bert be- 
deutet keltisch Sohn) seinen Sitz 


— 25 — 


Agilolfinger. 


hatte, Freissing, mit Grimoald 
(Gottesdiener von cruimh Gott und 
giolla Diener) und Passau, mit 
Theobald (Diener des Theod, von 
iuath Fürst und uald, bald, wald, 
gald, giolla Diener). Zu dieser Zeit 
erschien der heilige Corbinian, wohl 
wieder ein Kelte. Hugibert (Sohn 
des oghan oder ughon, d.h. des 
jungen Mannes, Jünglings, uca 
Jungfrau, oder wenn man Hugi für 
Ego, Ecco, Egon nehmen will, 
Sohn des Reiters von each, ech 
Pford und ae, o oder an Mann, 
zusammen eachan Pferdemann, 
Reitersmann). Unter ihm 725 —735 
war Baiern wieder vereint. Allerlei 
Geschichten von einer Plectrud 
Mutter und Bilitrud Tochter, von 
geraubten Schätzen und entführten 
Princessinnen werden aus seiner 
Zeit erzählt. Zruadh bedeutet arm, 
elend, gemein, bäuerlich, bill klein, 
woraus im lat. filius, filia Sohn, 
Tochter wurde. Plec von blagh 
Prahlerei, b/agarim prahlen, gross- 
thun. Die altkeltischen ‘ Namen 
gingen auf die Deutschen über, 
ohne dass diese immer wussten, 
was sie bedeuteten. Plectrud ist so- 
viel als elende Schwätzerin. Unter 
Odilo, Utilo, Hugeberts Sohn oder 
Seitenverwandtem, erschien der Apo- 
stel Bonifaz; damals wurden die 
Klöster in Benedictbeuern, Tegern- 
see, Ober- und Niederaltaich, Dl- 
münster und Mondsee gestiftet. 
743 fiel die Schlacht am Lech gegen 
die Hunnenmänner oder Aungaire, 
Hungarn vor, die beimVolke Schlacht 
im Feilenforst genannt wird. Odilo, 


Agilolfinger. 


Utilo steht gleich Attila, der grosse 
oder gute Alte (vergl. Otto). Tas- 
silo, der letzte Agilolfinger, Odilos 
Sohn (von 748-788) war ein eigen- 
sinniger, dabei geist- und muth- 
loser Mensch, der ungezogene Sohn 
des guten Alten; er wurde von sei- 
nen eigenen Leuten beim Kaiser 
verklagt, in Ingelheim verurtheilt, 
geschoren und erst nach St. Goar 
in ein Kloster gebracht, von da 
nach Jumiege (gemeticum Winter- 
ort) in Belgien; Prinz Theodo kam 
ins Kloster St. Maximin, eine Prin- 
cessin ins Kloster Chelles (ad Ca- 
las), eine andere in ein Kloster in 
Laon (ad Laudum); seine Gemahlin 
musste auch den Schleier nehmen, 
wo aber ist unbekannt, ebenso wo- 
hin Theodebert, ein anderer Sohn 
desselben kam. Von da an wurde 
Baiern über hundert Jahre eine 
blosse Provinz der Karolingischen 
Kaiserfamilie. Karl der Grosse kam 
785 nach Regensburg und setzte 
einen seiner Verwandten, den Ge- 
rold als Statthalter ein; derselbe 
blieb 799 im Kampfe gegen die 
Avaren; ihm folgte Audulf, erst 
Gaugraf im Taubergau, während 
Gotram Graf in der Ostmark wurde. 
Lothar, Ludwigs des Frommen älte- 
ster Sohn erbielt 814 auch Baiern 
als Erbtheil; ihm folgte Ludwig, 
Lothars unmündiger Bruder von 
817—825, dann Audolf als Statt- 
halter 819, dann Kisalhard als ju- 
dex publicus, diesem der in Sagen 
berühmte Herzog Ernst, Schwieger- 
vater des Prinzen Karlmann; er 
war von Lauffen am Neckar gebürtig, 


— 26 — 


Agilolfinger. 


wurde 861 gestürzt und starb 865. 
831 wurde das Kloster Niedermän- 
ster gestiftet. — Im Vertrag zu 
Verdun 843 fiel Baiern an Ludwig 
den Deutschen, der 876 starb; ihm 
folgte kraft der zu Hohenaltheim 
im Ries beschlossenen Theilung 
sein Sohn Karlmann als König in 
Baiern, wozu noch Pannonien, Kärn- 
ten, Böhmen und Mähren geschla- 
gen wurden, dazu nahm sich Karl- 
mann auch Italien. Er starb 889 
und liegt begraben in Oetting. Sein 
Bruder Ludwig, als nachheriger 
Kaiser LudwigIll. erhielt dazu noch 
Franken und Sachsen, derselbe 
starb 832. — Karlmanns zweiter 
Bruder, Carl der Dicke, wurde von 
885 an Regent über ganz Deutsch- 
land und Frankreich; er setzte als 
Grafen der Ostmark den Arbo ein, 
und wurde selbst 887 entsetzt. 
Ihm folgte der natürliche Sohn 
Kaiser Ludwigs IIL. Arnulf, der von 
seinem Vater Kärnten erhalten hatte, 
er residirte zu Moosburg bei Klagen- 
furt und starb 849. — Nun kam 
Arnulfs Sohn, Ludwig das Kind, 
an die Regierung, während die bai- 
rischen Angelegenheiten meist von 
Markgraf Luitpold und dem Bi- 
schof Adalbero von Augsburg ge- 
leitet wurden. Luitpold (alt Liut- 
bold) fiel in der grossen Ungar- 
schlacht 907; ihm folgte 911 Lud- 
wig als der letzte Carolinger; der 
Ungarn wegen wurde jetzt wieder 
ein eigenes Herzogthum Baiern 
errichtet; der erste dieser Herzoge 
war Arnulf, Luitpolds Sohn, der 
937 starb. (Das Weitere gehört 





Agimeere -- Agnes. 
in die speciell bairische 
schichte.) 

Agimeere, Agmeer, ajmoer, Ad- 
jemir, Stadt in Vorderindien, im Ge- 
biet von Calcutta mit einer Festung 
auf einem Berge. Daher der Name 
acha-mir Wall-Berg oder adje- 
mir Stadt-Berg, letzteresvon ardhe 
Ort; mir, mar, mor bedeutet Berg. 

Agley, oder Aglar, lat. Aquileja, 
alte Hauptstadt des Bisthums und 
der Grafschaft Friaul, war zu Rö- 
mer Zeiten so prächtig und volk- 
reich, dass sie das zweite Rom ge- 
nannt wurde. Etzel (Attila), der 
Hunnen- oder Ungarnkönig zer- 
störte sie 452 nach Chr. Sie liegt 
jetzt im friaulschen Littorale, eine 
halbe Stunde vom adriatischenMeere, 
früher an demselben. Name von 
oiche, ach Wasser lat. aqua, und 
Ile Stätte, Zle-ar grosse Stätte. 

Agnes, altkeltischer Weiber- 

name, von ogAh rein, oghni reine 
Tochter, Jungfrau,oghain Jüngling ; 
das angehängte s ist entweder blos 
Zischlaut, oder kommt von sia 
Weib, Fee her, um dem Namen eine 
heilige Bedeutung zu geben. Denn 
die Agnes war eine schöne, vor- 
nehme römische Jungfrau, welche 
angeblich unter Diocletian zum 
Feuertod verurtheilt, von den Flam- 
men aber verschont ward, weshalb 
sie dann durch das Schwert hin- 
gerichtet wurde. Ihr Sinnbild ist 
ein reines Lämmchen, lat. agnus. 
An ihrem Namenstage werden in 
Rom die Lämmer geweiht, aus deren 
Wolle die Pallien zur Investitur 


— 9 


Agogna — Agra. 


Ge- | Eine andere Agnes ist die weisse 


Frau,oder eine der weissen Frauen 
im Hause der Hohenzollern, eine 
Gräfin von Orlamünde, welche nach 
dem Tode ihres Gemahls (1293), 
um den Burggrafen von Nürnberg, 
Albrecht den Schönen ‚heirathen zu 
können, ihre beiden Kinder erster 
Ehe ermordete. Albrecht verliess 
sio aber dennoch, obwohl er gesagt 
hatte „wenn vier Augen nicht wären“, 
und Agnes starb in einem Gefäng- 
nisse zu Hof im Voigtlande. 

Agogna, Ort und Fluss in der 
Lomellina im westlichen Theile der 
Lombardei, Name von gun Fluss, 
gun-nae Leute am Fluss, a ent- 
weder der Artikel, oder soviel als 
e klein, schmal. 

Agosta, Stadt in Sicilien bei 
Catania, wird von Augusta) Stadt 
des Augustus abgeleitet; die rö- 
mische Eitelkeit liebte es, alte 
Städtenamen in römische umzu- 
wandeln, wenn die Aehnlichkeit 
der keltischen Formen dazu Anlass 
gab. Hier hiess der Ort ursprüng- 
lich wohl iosda, was einfach Wohn- 
ort bedeutet. Im Hessischen kommt 
die Form ios als Endung von Orts- 
namen häufig vor, z. B. Marjos, 
Bergort, oder grosser Ort. 

Agra, alt Akbarabad, Stadt in 
Indien, gleich Acre in Syrien hoher 
fester Ort, von aighe hoch und ra 
Stätte. Agra gilt als Geburtsort 
des: Gottes Wischnu, indische Form 

“für Wodan, des Mannes der Wissen- 
schaft, keltisch gwyddon oder 
gwydion, vom gälischen fod, kim- 


neuer Bischöfe gewoben werden. — | tisch gwydd, wissen. Unter dem 


Agram — Agrotingan. 


Grossmogul $Akber (1556 — 1605) 
war Agra Mittelpunkt des indisch- 
mongolischen Reiches. Akbarabad 
bedeutet dasselbe was Agra, von 
aighe hoch, bar Berg und bod 
Hütte, Wohnstätte, 

Agram, Hauptstadt von Croa- 
tien, kroatisch Zagor, ungarisch 
Zagrab; drei Formen, die dasselbe 
bedeuten; Ag-ram Bergwall von 
acha Wall, Veste, und ram, rann, 
Berg; Zagor von tae, ta, Isa Ort 
und or, hor, gor Berg, endlich 
grab, chrib, hrib ebenfalls Berg. 

Agrotingau, alt Agrotingun, 
die Sand-Gegend um Meppen an 
der Ems in Niedersachsen; darin: 
Bokels an der Hase (alt Bokla 
grosser Viehpferch von bu Kuh, ca 
Pferch und :/ gross), der Ort wird 
auch Boda geschrieben, Viehort, 
Viehdorf von beo Vieh und da, du 
Dorf, Ort. Beckliti, Bückelte das- 
selbe mit dae Leute. Vennenalt 
Hvenni, oder Huuinne Waldwasser, 
von kui Holz und ean Wasser. 
Bersen, alt Bernsium, Wasser- 
burg von bioran klein Wasser und 
dion Burg. Apeldorn, alt Apul- 
derion, gross Wasserdorf, abA 
Wasser, i/ gross und fuaran Wohn- 
ort (duerion = Zwehren bei Kassel). 
Hillern an der Ems, alt Helerithi, 
Bachort von Z/yri Bach, dae Leute. 
Döhren, alt Derigun, Waldveste 
von doire Wald-Dickicht, und gan 
Burg. Hölte, Hallithi, Wasserleute 
von alt Wasser und dae Leute, an 
der Hase. Teglingen, Tethlingi, 
von teak Haus und lianag Wiese. 
Hlareshutun, jetzt Laer bei Hase- 


— 3 — 


Arrotingau. 
lüen; Zaar heisst im gäl. Tenne, 
Dreschplatz. Alle diese wie die 
noch folgenden Orte liegen oder la- 
gen in dem Sand- und Haideland 
rings um Meppen, alt Meppia, am 
Einfluss der Hase in die Ems. Mep- 
pen, kleiner Hof, von bi, mi klein, 
und aoidh Gut (vergl. Iba, Uffhau- 
sen). Agrotingau bedeutet 
Haideland, Sandland von cruadh, 
griut Stein, Grand, das Deminutiv 
cruadhan, cruadhin kleines Stein- 
werk, Gries, Sand. Vrees an der 
Markaa, Grenzaha, alt Weres, d.h. 
bior-ais Wasserort.. Oldenoyte 
alt Holnidde, Bachort von a/t, dem. 
altean Bach und aidhe Ort, es liegt 
bei Frisoyt. Andorf alt anarupe, 
von ean Wasser und drubh Dort, 
an der Hase. Lastrup alt Laus- 
dorpe von /u-aith kleine Höhe, 08 
liegt etwas hoch an einem Walde. 
Börger an der Ohe, alt Burgiun 
von buar Rindvieh, ka Hag und 
ion Ort. Börger gleich Viehleute 
von buar-air.. Freren, Östlich 
von Lingen, alt Friduren von /rith, 
fridd Wald, und ire Land oder air 
Leute; ur heisst sonst Grenze und 
Thal, was aber hier nicht passt. 
Lengerich, alt Legreke, kleiner 
Ort von li klein und graik Dort, 
dasselbe wie Lengerke. Lindern 
an der Ratte (rkidys Bach), alt lind- 
duri. Lind entweder von lann, lonn 
Ort oder von glinn Veste und aire 
Leute. Linthi von Zin Ort und 
dae Leute. BeideOrte könnten auch 
von lin Wiese abgeleitet werden. 
Werlle an der Südratte von bior- 
Ile Wasserstätte. Sögeln, alt Su- 








Agsbach — Agylla. 


gila an der Nordratte von di, du 
klein, gl Bach und dae oder ae 
Leute. Hier wohnen die sog. Zögel- 
ter Fresen. Laden an der Ems 
alt Lodon, von /Zua Wasser und don, 
dun Ort, oder duine Leute. Klop- 
penburg, kleine Burg von c/o, cli 
Burg und bi klein. Borgstallum, 
Viehstall von buar Vieh, buaric 
junges Vieh, Diorach Füllen und 
ystal Stall; also eine Stuterei. 
Agsbach in Oesterreich, alt 
Accusabach, Achesbach oder 
Apach vom kimbrischen Aches 
Bach. Achsbach in Baiern ist 
desselben Ursprungs, ebenso Esch- 
bach, alt Ahsbach, desgleichen 
Asbach, wenn man letzteres nicht 
einfacher von ad Wasser herleiten 
will, was dann aber nicht mehr 
kimbrisch sondern gälisch ist. Die 
Kimbern sind später als die Gälen 
in Europa eingeräckt, und nahmen 
den letztern gegenüber dieselbe 
Stellung ein, wie später die Deut- 
schen gegenüber beiden. Die Kim- 
bern in Wales sind heute noch 
schwarzhaarig, die Gälen in Irland 
meist blond. 
Agylla, eine Stadt in Etrurien, 
von der Plinius erzählt, dass sie 
von den Pelasgern gebaut und be- 
nannt worden sei. Da Agylla vom 
gälischen keall, kell, Keller, Vor- 
Tathshaus oder auch Zeile herkommt, 
50 gibt dies einen der mannich- 
fächen Belege, dass die Pelasger 
über das Meer oder durch Istrien 
und Friaul nach Italien gekommene 
Kelten waren; die zweite keltische 
Einwanderung unter Belloves und 


9 — 


Ahab — Ahas. 


Brennus war ein Bücklauf aus 
Frankreich und kam über die west- 
lichen Alpen. 

Ahab oder Achab, König von 
Israel von 918 bis 897 vor Chr,; 
er hatte die Jesabel, Tochter des 
Königs Ethbaal von Sidon zur Frau, 
führte den phönikischen Baals- 
dienst im Lande ein, wurde in einem 
Kriege mit Benhadad, König von 
Syrien, erschossen und seine Familie 
sodann unter Jehu, seinem Nach- 
folger, ausgerottet. Achab bedeutet 
hoher Vater, von aigh hoch und ab 
Vater; Jesabel, schlaues Weibchen 
von ai klug, sia Weib, auch Fee 
und di klein. Ethbaal, hoher 
Stein bezw. hoher Gott von aith 
hoch und bal Stein; Ben-hadad 
Sohn des Fürsten von ben, bin 
Sohn und fuath, thead Fürst; das 
dazwischen geschobene Aha ist der 
Artikel. Jehu kann eo sein, was 
gut bedeutet, denn er rottete an- 
geblich die Abgötterei wieder aus. 

Ahas, Achas,griechisch A chis 
oder Agis, Name von Königen in 
Judäa und Sparta. Ein Ahas 
regierte in Juda von 741— 725 vor 
Chr.; er rief Tiglat-Pilesar gegen 
die Syrer und Israeliten zu Hülfe, 
und zog dadurch die Assyrer in das 
Land. Unter den spartanischen 
Königen mit Namen Agis schlug 
einer die athenische Flotte im Ver- 
ein mit Lysander bei Aogos-Pota- 
mos; ein zweiter fiel in einem 
Treffen gegen den Antipater, Statt- 
halter Alexanders bei Moegalopolis 
in Arkadien; ein dritter, welcher 
die alten strengen Sitten im Sparta 


Ahasverus — Ahna. 


wiederherstellen wollte, wurde von 
seinem Oheim Agesilaos gefangen 
und hingerichtet. Die Namen 
Ahas, Achas, Agis bedeuten hoher 
Mann von aigh hoch und eis, is, as 
Mann. 

Ahasverus, Titel, oder abgötti- 
sche Bezeichnung mehrerer im alten 
Testamente erwähnter Könige; der 
bekannteste darunter ist Artaxorxes, 
der Gemahl der Esther, König der 
Perser, der in Susa residirte. Ahas 
ist schon im vorangehenden Satze 
erklärt, veros kommt von for Fürst 
und eus Mann. 

Ahlden, Ort nächst Lüneburg an 
der Mündung der alten Leine in die 
Aller, mit einem alten Schlosse, in 
welchem König Georg I von Eng- 
land seine Gemahlin Sophia Doro- 
thea wegen angeblicher Untreue 
über dreissig Jahre gefangen hielt; 
der Name bedeutet entweder grosse 
Burg von al-din oder Wasserburg 
von alt-din. 

Ahmedabad, frühere Hauptstadt 
der Landschaft Gudjerate in Ostin- 
dien in der Nähe von Bombay. 
Name gleich Feldort, von maidj 
Feld und bad, bod Hütte, Wohnung, 
ah ist der Artikel; Gud jerat 
gleich Gross - Wald - Gegend von 
coed Wald, ar gros und iath Ge- 
gend. Ahmednagor, Stadt in 
derselben Gegend, bedeutet neue 
oder kleine Feldstadt, von maidj 
Feld, zua neu oder ni klein und 
caer Ort. 

Ahna, Ane, ein Bach, der durch 
Kassel in die Fulda fliesst; der 
Name kommt vom gälischen an, ean 


— 310 — 


Ahusen — Abrgau. 


Wasser; derselbe Name wie Inn, 
lat. oenus oder der Indus. Die 
Leute, welche an der Alıne, dem 
ältesten Theile von Kassel, wohn- 
ten, bildeten das Gericht auf der 
Ahna, das sich von da über From- 
mershausen, wo die Maalstätte 
war (bry, bro Bergfläche und mar 
gross) über Velmar (alt uilmare, 
grosse Feilme oder Getreidehütte); 
Weimar (Grossdorf gwighmar), 
Ihringshausen (irean kl. Feld 
oder Haus des Ihring), Wolfsanger, 
Sandershausen oder Sandrathshau- 
son, Harteshausen (alt Heroldeshu- 
sen) und Heckershausen erstreckte. 
Das Gericht auf der Ahne war ein 
Unterbezirk des grossen Kirch- 
ditmolder Sprengels. An letz- 
terem Orte (Diet-melle, Thiad mali) 
war die oberste Maalstätte des Vol- 
kes (tuath, thiad Volk, auch Fürst 
und mael, Maalstätte, flacher 
Hügel). 

Ahnsen, in Hessen, alt Aden- 
oder Adhen-husen, vom gäl. 
aidhe Haus, deminutiv aidhean. 
Ebenso Adendorf bei Lüneburg. 

Ahorn, Buch am Ahorn, d. h. am 
Berghorn von a, au Berg und Horn 
für cearn. Im Zillerthal in Tirol 
ebenfalls ein Ahorn. Finster- 
arhorn kommt vonar hoher Berg. 

Ahrgau, an der Grenze des 
Mittel- und Niederrheines, auch 
Bonngau genannt, umfasste das 
Gebiet der Ahr, soweit es Thalform 
hat, während der obere Theil zur 
hohen Eifel gerechnet wird. Der 
Ahrgau gehörte zum Riflande, köl- 
nischen Sprengels, die Grenze gegen 








Ahriman, 


das Moseler Mayenfeld wurde durch 
die Wasserscheide zwischen Ahrund 
Mosel gebildet, von der hohen Acht 
bis zum Rhein bei Rheineck, das 
noch zum Mayengau gehörte. Der 
Ahrgau bildete ein kölnisches De- 
kanat; es liegen darin Breysig, Wal- 
dorf, Königsfeld und Blasweiler. Die 
Ahr hiess keltisch-latinisirt Obrin- 
ga von y- bryn -oiche, das Berg- 
wasser. Auch die Mosel hiess Ob- 
rınga, Bergwasser (vergl. diese), 
weil sie von Trier bis zum Maifeld 
sich durch Gebirgsland schlängelt. 
Der Name Bonngau kommt nicht 
von der Stadt Bonn, sondern von 
beann Berg, bedeutet also Berg- 
gau. Der Ort Breysig bedeutet 
Ort auf der Hochfläche von bri 
Berg und Hochfläche und tigh Ort; 
Biasweiler, kleiner Ort von bil 
klein und ais Ort. 

Ahriman, das Princip oder der 
Gott des Bösen bei den alten Par- 
sen, welcher die ersten Menschen in 
Gestalt einer Schlange verführte, 
wie die heiligen Bücher der Parsen 
erzählen. Die Mythe von der Schlange 
ging während des Exils zu den Ju- 
den über, und wurde durch Esra 
sammt der ganzen persischen 
Schöpfungsgeschichte in das alte 
Testament gestellt. Später als der 
Gegensatz zum Jehovismus, näm- 
lich der Glaube an den Teufel bei 
den Juden in Uebung kam, wurde 
die Schlange mit demselben identi- 
ficirt, und dadurch Zoroasters Dua- 
lismus vollständig in die jüdische 
wie später in die christliche Lehre 
übergetragen. Ahriman bedeutet 


—_ 1 — 


Ahriman, 


soviel als Areus, Ares Kriegsmann, 
vom gälischen ar Schlacht, Ver- 
heerung, Pest, und man soviel als 
eis, das heisst Mann. Die Namen 
Arier, Armannen, Arimannen, Er- 
minen, Herminen, Hermionen, und 
wie die Formen alle lauten, bedeu- 
ten entweder Kriegsleute oder Berg- 
leute, denn ar bedeutet im Altkelti- 
schen nicht blos Krieg, sondern 
auch hoher Berg von «a Berg und 
er, ar hoch (vergl. Arier). Diese 
Namen haben, wenn auch sprach- 
lich derselben Wurzel wie der par- 
sische Ahriman, mit demselben in 
ethnologischer Beziehung nichts 
zu schaffen. Von Ahriman, par- 
sisch auch agro maynen (aigh- ar 
hoch==gross) heisst es im Zend 
Avesta, der parsisch-zoroastrischen 
Bibel: „Von Norden aus und allen 
Nordenden eilt Ahriman,Oberster der 
Dews, todschwanger, herbei. Bast- 
los durchstreift er die Welt, ver- 
heert und verwüstet, mordet und 
plagt.“ — Nach diesem könnte Ah- 
riman mit seinen Dews (deus, Zeus, 
oder hier Teufel, Dämonen) als Füh- 
rer eines Stammes aus Turan ange- 
sehen werden, der, wie alle Noma- 
denhorden dieses Landes bis zum 
heutigen Tage, Raubzüge in das 
südlicher gelegene Iran oder Medien 
machte. In Zoroasters, oder Zara- 
duschtra’s Beligionssystem wurde 
Ahriman darum der Führer der Bö- 
sen genannt, wie bei den Slaven die 
Chundags, die Hunnen, oder bei den 
Indern die Raksasen und andere 
feindliche Völker. Der Name Agro- 
mainen fällt sprachlich zusammen 


Ai — Ajaccio. 


mit Ugermannen, Ugern, Hunnen 
und mit Oger, dem bösen Riesen der 
germanischen Sage. Der Gegner Ah- 
rimansist Orm uzd,parsisch Ahuro- 
mazdao, zweimal hoher Mann, ein- 
mal von aigh hoch und air, oior 
Mann, und dann von mat, mas 
gross und dae Mann. Das Symbol 
Ahrimans bei den Parsen war der 
Schlangendrache, wie bei den Indern 
der A hi (echis, griech. die Schlange) 
und bei den Nordvölkern der Oe- 
gir. Auch bei den Chinesen spielt 
der Drache eine grosse Rolle, aber 
als Nationalsymbol, als Zeichen der 
kaiserlichen Würde; er bedeutet hier 
somit gerade das Gegentheil von 
Ahriman. China wurde von den 
Mongolen zu verschiedenen Zeiten 
erobert, die Mongolen bezw. die 
Hiungnus oder Hunnen reichten 
aber auch bis an die Grenzen Per- 
siens. War der Drache das Kriegs- 
zeichen der Hunnen, wie der Rabe 
oder Adler das der westlichern oder 
nordeuropäischen Völker, so muss- 
ten auch die Parsen den Drachen 
als Feind kennen lernen, und konn- 
ten ihn als solchen in ihren heili- 
gen Büchern als Urbild Ahrimans 
bezeichnen. 

Al, Eine Hochebene bei Aalen in 
Würtemberg heisst Ai, vom gäl. ai, 
ua, o Gegend, Landschaft, Gau, 
Gay; letztere Form entspricht dem 
gäl. ai, wie gau dem gäl. ua, eine 
dritte Form ist gow, gleich o. 

Ajaccio, Geburtsort Napoleons L 
auf Corsica, alt Urcinium, Berg- 
burg von ur, or Berg, din Burg 
oder ordan, Burg auf einem runden 


Ajax — Aich. 


Berg (Würtemberg) und ion Ort; 
dasselbe bedeutet Ajaccio von a, 
Berg, aigh hoch oder acha Wall 
und ion Stätte. — Oestlich von 
Ajaccio über dem Kamme des Ge- 
birges ragen drei hohe Kuppen 
hervor, der Monte Botondo, 
runder Berg, der Monte Oro, vom 
keltischen ar, or hoher Berg und 
die Furca oder Forco d’orno vom 
kelt. /orc Spitze und aran Berg. 

Ajax, griechisch Ajas, kluger 
Mann von ai klug und as, eus, 
Mann; diese Deutung passt aber 
nicht auf die beiden griechischen 
Helden, die vor Troja fochten, denn 
sie waren zwar hoch und stark, 
aber durch Klugheit nicht gerade 
hervorleuchtend; deshalb muss 
man aj für aigh, was auch blos 
aih ausgesprochen wurde, anneh- 
men, dann erhält man hohen Mann. 
Der eine Ajas war aus Locri, und 
wurde von Minerva im Meere 
ertränkt, zur Strafe, dass er an der 
Cassandra einen Frevel begangen; 
der andere, grössere, aus Salamis 
stammend, tödtete sich in der Wuth, 
weil dem Ulisses und nicht ihm die 
Waffen des Achilleus zugesprochen 
wurden. 

Aich, Bach in Würtemberg, und 
Aicha, Ort inBöhmen im Gitschiner 
Kreise am Jeschkenbach (uisgean, 
kleiner Bach) beides von oiche 
Wasser; Aicha mit angehängtem 
cha, ha, Umwallung oder Einfrie- 
digung. Aichbach, alt Eihbach 
in Baiern dasselbe, wie Aich, und 
Aichach, Stadt in Oberbaiern 
an der Paar (bior), von oiche-acha 











Aichelberg. 


Wasserburg; die Mauern des 1208 
zur Stadt erhobenen Ortes wurden 
aus den Steinen der naheliegenden, 
von Herzog Ludwig I. von Baiern 
zerstörten Stammburg Wittelsbach 
erbaut. 

Alchelberg, oder Eichelberg, 
am Eingang in das Murgthal im 
Oosgau, bedeutet ‚hoher Berg von 
aighe, deutsch Egge, scharf ge- 
zeichneter Berg und e/ gross. Der 
höchste Punkt des Kaiserstuhles im 
Breisgau heisstdieEichenspitze, 
es wachsen aber keine Eichen dar- 
auf. Bei’Bruchsal und anderwärts 
gibt's Eichelberge, die aber mit 
Buchen bewachsen sind, was von 
einem Wechsel der Anpflanzung 
nicht herkommen kann, denn erst 
in allerneuester Zeit hat man das 
System des Fruchtwechsels auch 
auf die Waldkultur angewandt; 
früher wuchs jeder Wald aus dem 
von ihm selbstausgestreuten Samen 
wieder nen auf. Dorf und Berg 
Eichelberg bei Hilsbach im 
Kraichgau, desgl. bei Ettlingen; 
Aychelberg in Baiern, Aychen- 
puchel (oder-bühel) bei Kronach 
in Franken; Aichenberg zu Schwen- 
ningen bei Villingen, Aychenbol 
zu Gottmadingen bei Constanz; 
Aichhalden, Aichbühlin Wur- 
temberg; Aichhorn (aighe cearn 
Bergspitze) in Oesterreich; der 
Aichberg bei Klosterneuburg, 
Eichenbol bei Mannenheim im 
Hegau, Eichspitz beiBalg nächst 
Baden; endlich Aichelberg, 
Aehelberg und schliesslich Oel- 
berg bei Stupferich hinter Dur- 

Deuisch-kelt, Wörterbuch. 


— 3 — 


Aichstetten — Aiglette. 


lach, lauter Formen, die hoher Berg 
bedeuten. Der Oelberg bei Dos- 
senheim an der Bergstrasse dagegen 
muss, da die alte Form Ähel hier 
nicht vorkommt, von oil! Stein, 
Fels erklärt werden (das Weitere 
vergl. unter Eichelberg). 

Alchstetten in Würtemb., gleich 
Eichstädt in Baiern, vom gäl. 
achaidh Wohnort, ebenso Eich- 
stetten im Breisgau und Eich- 
heim in Oesterreich. 

Algenz, Fiussname am Mittel- 
rhein, alt Aigenza, gezischt für 
oichean, der Deminutivform von 
oiche Bach. 

Alger, Berg in den Berner Alpen 
von aighe Berg und er gross. Aus 
gleicher Wurzel kommen alle die 
Eichelberge, Eichelsteine, Eich- 
berge und Eggen desgl. die Bier- 
berge z. B. bei Löwenstein in 
Wirtenberg. Auch in Geierberg 
wurde die Form aigh-er, oder 
aih-er umgewandelt. 

Algbe, gälisches Wort, deutsch 
gleich Egge, Höhe, Bergrand; da- 
von kommen unter andern die ver- 
deutschten Formen: hag, hach, heg, 
heck, hagen, hegen, hain, han, hahn, 
hahnen, ham, henne, hock, hocken; 
dann mit vorgesetztem W: wag, 
wach, weck, wagen ‚ wein, wein, 
wann, wand und viele andere. 

Aighebelle, Ort hinter Cham- 
bery am Eingang in das Maurienne- 
Thal, zu deutsch Hochstadt, vom 
gäl. aighe hoch und baile (griech. 
polis) Stadt. 

Alglette, Bach bei Laon in 
Frankreich, von e schmal und gil, 

3 


Aigues — Airjana. 


giol, giolaid Bach, latinisirt aquila, 
woraus sodann aiglette wurde. 

Aigues-Chaudes, oder Eaux- 
chaudes, Badeort mit warmen Quel- 
len in den Pyrenäen. Aigues ist 
die alte Form für eaux Wasser lat. 
aqua, aga, keltisch oiche. 

Almer, ein Berg bei Gosbach in 
Würtemberg vom gäl. « Berg und 
mor, mamr gross. 

Aln, Fluss in Frankreich, der in 
die Rhone mündet, er hiess alt 
bald Danus, vom gälischen tain 
Wasser, gleich dem Don, der Donau 
und Düna; bald Idanus von s, 
klein und tain Wasser. Ain da- 
gegen kommt von ean Wasser, wie 
der Inn und die Ahne. 

Ajole, oder Pays d’Ajoie, ein 
Hochland im Jura westlich vom 
Alsgau, im Quellgebiet des Doubs 
(di-abh kl. Wasser). Ajoie ist zu- 
sammengesetzt aus ai Hochland 
(entstanden aus aigh, oder aih 
hoch) und ia Land. 

Aire, Ort am Adour, ein anderer 
bei St. Omer, beide in Frankreich 
(letzterer deutsch Arien), alt aira, 
hochgelegener Ort, von ai Hoch- 
land, Hügel und ra Stätte. 

Airjana Veedjo. Im Zendavesta, 
dem heiligen Buche der Parsen oder 
alten Perser, wird das Stammland 
der Menschheit nach Airjana Veedjo 
am Hindukusch verlegt. In Air- 
jana (Ariana von ar hoch und ia 
Land) lag Eden, oder Hoden, He- 
denesch, der erste Wohnort der 
Menschen (vom gäl. aidhean Wohn- 
ort, aidhean-ais hoher Wohnort), 
woher auch Zoroaster stammen soll. 


— 4 — 


Aisch. 


Dieser war ein Bactrier aus dem 
Quellenlande des Oxus, oder des 
Gihon, Dhihon, wie der Fluss in der 
Bibel und auch heute noch genannt 
wird. Veedjo bedeutet Feldland von 
faith, gäl. Feld und ua, o Gau, 
Land, Gegend. Dieses Hochland 
soll nach dem Zendavest ursprüng- 
lich warm und sammerlich gewesen 
sein, später sei aber harter Winter 
eingetreten, was mit der Erdrevo- 
lution zusammenhängen mag, welche 
an den Ufern der sibirischen Flüsse 
Elephanten verschüttete, deren 
Beste noch heute wohlerhalten mit 
Fleisch und Haaren sich daselbst 
im Eise vorfinden. Aus diesem 
Hochlande sollen nach Justin auch 
die Scythen (Waldvölker von coed 
Wald) stammen, die heute noch, 
aber unter andern Namen dort no- 
madisiren. Zoroaster lebte 1300 
Jahre vor Christus, anderthalb- 
tausend Jahre vor ihm hatte aber 
schon Menes ein Reich in Aegypten 
gegründet, Zoroasters Angaben 
passen darnach höchstens auf eine 
persische Wanderung, nicht aber 
auf die der gesammten Menschheit. 

Aisch, Flüsschen in Franken, 
von uisg, uis, ais Wasser, woher 
auch der Fluss Oescus bei den Rö- 
mern, der in die Donau mündete, 
dann die Eischbach bei Bönig- 
heim, desgl. bei Dankoltsweiler in 
Würtemberg, ebenso der Eisbach 
bei Sulzbach amKocher, die Eisen- 
bäche in Nassau und Oberhessen, 
desgleichen in Rheinbaiern; letztere 
mündet in die Glan. Im Aisch- 
thale lebten zu Ende des vorigen 








mn 


Aisne — Aisperg. 


Jahrtausends einzelne wendische 
Familien, auch ganze Ortschaften; 
sie hiessen Brodswinden, Ratzen- 
winden, Poppenwind, Beinhards- 
wind und Ernesteswinden. Die 
vorgesetzten Namen mögen die 
Herrn dieser Waldleute gewesen 
sein. Als Orte, in welchen sie an- 
gesiedelt waren, werden genannt: 
Hohenstadt, dann Tutenstadt 
(von iyddyn Hof), Lonrestadt, 
von JZu-ean klein Wasser und re 
ra Ort; Wachenrode von bu- 
ach Bergrücken und rodh Feld; 
Sampach, von fain, taom Bach. 
Die in diesen Orten wohnenden 
Slaven waren dem Kloster Fulda 
zinspflichtig , ebenso die Med- 
abach, wo 40 slavische mansi (mai- 
sons) waren (Med- von modh Hütte, 
Hofund abh=aha Bach, also Bach- 
heim). Der Aischgrund ist die 
Gegend bei Gutensteten, Dachsbach, 
Beinertshofen, Vockendorf, Weiten- 
dorf, Hochstadt, Difeld u. s. w. 
Alsne, Fluss im nördl. Frank- 
reich, altlatinisirt Axona, von wis- 
gean, kleines Wasser, im Gegen- 
satz zur Oiso, in welche sie mündet; 
diese kommt von ais, uis, uisge, 
wovon visgean dieDeminutivform ist. 
Alsperg, Berg bei Waldshut, 
von ais Berg; Aispell ebenda- 
selbst, kleiner Berg von ais und 
bill klein. Aischwang, Berg bei 
Reichenbach in Würtemberg; wang 
entweder gleich aigyhean kleiner 
Berg, also eine Tautologie; deshalb 
dürfte Aisch hier statt uisge Was- 
ser stehen, falls an dem Berge ein 
Bach entspringt, oder sonst der Be- 


35 


Aist — Aitreabh. 


LU 


griff Wasserberg, feuchter Berg 
passt. Wang bedeutet aber auch 
Viehpferch ; daher die vielen Orts- 
namen, Wangen, Elwangen, oder -fan- 
gen, -fingen, -fungen (z.B.Kaufungen, 
Ingelfingen, Trochtelfingen, Walter- 
fang). Darnach wäre Aischwang 
ein Pferch am Wasser, und hievon 
hätte dann auch der fragliche Berg 
seinen Namen erhalten. 

‚ Aist, Feldaist, Waldaist, Bäche 
im Mühlviertel in Oberösterreich, 
alt Agista oder Agasta, von ach 
Bach, uast Wald und dem ange- 
hängten deutschen aha Wasser, 
Waldwasser. Was die Feldaist 
betrifft, so bedeutet uade Frucht- 
feld, so dass Agista ebenso gut 
aus ach-uad-aha als von ach-uast- 
aha entstanden sein kann. 

Aitioles, latinisirt Atteolae, De- 
minutiv von y-teiau, Häuser. Es 
ist ein Ort in Frankreich. 

Altrach, Nebenfluss der Dler in 
Oberschwaben, dasselbe was Aiter, 
ein Bach bei Straubing an der Do- 
nau, nur mit angehängtem aha oder 
ach, Bach. Aiter steht gleich Adour, 
y-devr, das Wasser, ohne Artikel 


gleich Thur im Thurgau. Ai kann 
auch die breitere Form für e oder i 
schmal, klein sein. 


Altreabb bedeutet im gälischen 
Wohnung und ist zusammengesetzt 
aus ailh hoch und freabh, twarp, 
Aufwurf, Dorf; letztereslautet auch 
tript, oder tribth, daher tribtheid, 
Bewohnerschaft, Tribus; us ist 
gleich as, und dies gleich eid, ait, 
oder adh. Triptis kommt von 
treabh Dorf und dus, dois Veste. 

3 * 


Ai-hoeion — Aixland. 


Aus Aitreabh wurdenz.B. Atrecht, 
oder Arras und Eutritsch bei 
Leipiig, wohl auch Utrecht, 
wenn letzteres nicht von Ultrajec- 
tum abzuleiten ist. 

Al-uccion, oder Ai-ughion, kel- 
tischer Personenname von ai klug, 
und oghain Junge, Jüngling; ogAh 
ist derselben Wurzel wie unser 
jung. 

Alxland oder die Provence. 
Diese altrömische Provinz war 
schon 114 Jahre vor Christus an 
das römische Reich gekommen, 
fiel dann aber an die Woestgothen 
und sodann an die Burgunder. 
Nach diesen kam das Land unter 
fränkische Herrschaft. Beim Zer- 
fall dieses Reiches machte sich die 
Provence wieder unabhängig, und die 
Bischöfe des Landes wählten 879 
den Herzog Boso zu ihrem Könige; 
933 kam die Provence aber wieder 
an Burgund, und bildete mit dem- 
gelben das Arelatische Reich, mit 
der Hauptstadt Arles. Beim Aus- 
sterben der Könige von Burgund 
gelang es Kaiser Konrad V, die 
oberlehensherrlichen Ansprüche des 
deutschen Reiches über Burgund 
‘zur Geltung zu bringen, nachdem 
er den Grafen Odo von der Cham- 
pagne, welcher Erbansprüche auf 
Arelat erhob, besiegt hatte. So 
blieb das Land 3.Jahrh. beim deut- 
schen Reiche, bis es allmälig 
wieder unter fremde Herrschaft ge- 
rietb. Es kam namentlich die Pro- 
vence im 13. Jahrh. durch Heirath 
an das Haus Anjou, welches 1481 
im Mannsstamme aussterb, worauf 


— 36 — Aizenkopf — Akarmanien. 


Ludwig XI. die Provence mit Frank- 
reich vereinigte. Die eigentliche 
Hauptstadt der Provence ist Aix, die 
älteste Marseille, welche schon 600 
Jahr vor Chr. von den griechischen 
Phokäern erbaut wurde, und grosse 
Burg, mas-dail oder mawr-dail 
bedeutet. Aix kommt von uisge 
Wasser, denn es ist ein Badeort; 
es hiess bei den Bömern aquae 
Sextise, weil Cnejus Sextius 120 
nach Christus die Quellen neu fas- 
sen lies. Ein anderes Aix liegt in 
Savoyen bei Chambery, lat. aquae 
Gratianae, was vielleicht wieder mit 
grinnidh zusammenhängt (vergl. 
Aschen). 

Alzenkopf, bei Hoerrenalb in 
Würtemberg von aith, ais Berg, 
Deminutiv aithean kl. Berg. 

Akarnanien,Bergbewohner-land, 
von aighe hoch, aran Berg, an 
Leute und iaLand; es liegt im nord- 
westlichen Griechenland, oder im 
südlichen Albanien, zwischen dem 
Golf von Arta und dem von Lepanto. 
Es war in alten Zeiten von den durch 
die Aeolier westwärts gedrängten 
Kureten bewohnt. Kureten bedeutet 
entweder Bergbewohner von or, hor, 
gor Berg, aith hoch und eis Leute, 
oder Stadtleute von caer Ort und 
dae Leute. Nach der Sage gab 
Akarnan, ein Sohn des Alkmäon aus 
Argos, dem Lande den Namen und 
führte Colonisten aus Argos und Ko- 
rinth in dasselbe. Die Akarnanen 
gliederten sich in verschiedene 
Stämme, deren Führer oder Stra- 
togen fost verbündet waren; zur 
Zeit der Unterjochung durch die 





Akbar — Akhlath. 


Bömer zählte die Landschaft 200,000 
Einwohner. 

Akbar, Titel der mongolischen 
Kaiser von Hindustan, er bedeutet 
dasselbe was Gross-Mogul; mog 
steht nämlich gleich magnus im Le- 
teinischen und Macht im Deutschen; 
u! ist dasselbe; ak bedeutet hoch 
von aigh und Dar oder for, eine 
Nebenform von air, wr, lat. vir, 
deutsch er, Mann, ist so viel als 
Fürst. Mogul ist darnach der Gross- 
mächtige und Akbar der grosse Fürst. 
Der berühmteste derAkbaren oderM.o- 
gule war Dschelad-el-din-Mohammed 
ans dem Geschlechte Timurs, der 
1556 den Thron von Delhi bestieg 
und 1605 starb. 

Aken oder Acken, Stadt bei 
Kalbe an der Elbe, von acha Wall, 
Deminutiv achean kleiner Wall, kl. 
Burg. 

Akhal-kalaki, Stadt nordöstl. von 
Erzerum in Armenien, an der Strasse 
nach Tiflis; der Name besteht aus 
Akhal, acha- al Burg-gross, und 
cala-aighe oder col-aighe Stadt 
oder Hügel-boch ; imMittelalter war 
sie die bedeutendste Stadt Arme- 
niens. Akhalzik oder Achal- 
tsiche, ebenfalls in Armenien, be- 
deutet in der ersten Hälfte des Wor- 
tes hohe Burg, hat aber ein foigA, 
tigh Haus, Wohnort, angehängt. 

Akhissar, befestigte Stadt auf 
einer Anhöhe in Hochalbanien in der 
Türkei, acha Wall, Voste, ais oder 
aidhe Ort und ar hoch, gross. 

Akblath oder Gelath, Stadt am 
Wansee in Armenien oder Kurdistan. 
Gel ist gil Wasser und ath steht 


— J — 


Akhmin — Akropolis. 


gleich aidhe Ort, also Wasserstadt; 
dasselbe ist Akhlath von ach Was- 
ser, a! gross und aidhe Ort. 
Akhmin, Stadt in Oberägypten 
am Nil, hohe Stätte, aigh hoch und 
man Stätte; läge sie nicht hoch, so 
würde sie vom Nil überschwemmt, 
wäre also auch nie erbaut worden. 
Akhtiar oder Sowastopol, Stadt 
auf der Westküste der Krim, früher 
mit starken Befestigungen, an einem 
guten von der Natur gebildeten Ha- 
fen, der eine kleine Moerenge bildet. 
Name von oiche, ach Wasser und 
tuar Dorf, Ort; Sebastopolis ist die 
polis am di-bais, kleinen Wasser, 
oder der Meerenge. Sebas wurde in 
christlichen Zeiten mit dem heiligen 
Sebastian in Verbindung gebracht. 
Akjerman, Stadtan der Mündung 
des Dniester ins schwarze Meer, zu 
deutsch Ort am grossen Wasser, 
ach oder oiche Wasser, er gross 
und man Stätte. Bei den Römern 
hiess sie Alba Julia, was aus 
bial Wasser, versetzt alb und ul 
gross umgewandelt wurde, um ir- 
gend einem römischen Grossen da- 
mit zu schmeicheln. Während der 
Völkerwanderung wurde Akjerman 
fast gänzlich zerstört, und erst von 
den Genuosen wieder gehoben. 
Akrokeraunen, ein aus zerrisse- 
nen Folsmassen bestehender Gebirgs- 
zug in Albanien am Cap Linguetto; 
akros von aigh hoch und ar gross 
bedeutet im griechischen Spitze und 
keras, im keltischen kearn, Horn; 
also hohe, grosse Hörner. 
Akropolis, soviel als Hochstadt, 
Bergstadt oder Burg; vom griech. 


Aktar — Alandsinseln. — 38 — 


akros Bergspitze, eigentlich grosse 
Höhe von eighe hoch und ar gross 
und polis, gräcisirt für bail Stadt. 

Aktar, Stadtam Asowschen Meere 
im südlichen Russland, oiche, ach 
Wasser und tuar Dorf, Ort, was in 
Bussland auch in der Form twer 
vorkommt. 

Alagon, Stadt in Aragonien in 
Spanien am Einfluss des Xalon oder 
Chalon in den Ebro. Letzterer be- 
deutet das Wasser y-Dior, Chalon 
kleines Wasser von giolan, Demi- 
nutiv vongiol, geulWasser. Alagon 
bedeutet Burg am kleinen Wasser 
von e klein, lia Wasser und gan, 
gon Burg. 

Alals, Stadt im südlichen Frank- 
reich, in den Cevennen, lateinisch 
Alesia, deutsch die Burg von y-Zlys 
oder lios. Ein anderes Alesia, jetzt 
Alise, lag westlich von Dijon in 
Burgund, ein drittes in Westphalen 
an der obernLippe. Die zweite Burg 
wurde von Caesar nach harter Bela- 
gerung erobert, die dritte war von 
den Römern gegen die Cherusker 
angelegt. Der Name Z/ys Burg 
kommt übrigens noch hundertmal 
durch ganz Europa und Asien vor. 

Alaman, lat. adlacum Lemannum, 
Städtchen am Leman- oder Genfer- 
see zwischen Newis (Nyon) und Mor- 
sen (Morges). Es fragt sich, ob die 
latinisirte Form die ursprüngliche, 
und nicht dafür ai-al-amhain, Hof 
am grossen Wasser, anzunehmen ist. 

Alandsinseln zwischen Schweden 
und Finnland. Aa bedeutet Wasser, 
land kann keltisch als lin Insel auf- 
gefasst werden, wenn man den deut- 


Alanen. 


schen Sinn Wasserland nicht beibe- 
halten will; man kann auch Aland 
(gleich Oeland, an der schwedischen 
Küste) für Eiland, Inselland nehmen. 
Die deutsche wie die keltische Form 
bedeuten hier dasselbe; dagegen ist 
der Name der Insel Gothland keltisch; 
er kommt von gaoth Meer, ebenso 
der des bothnischen Meerbusens und 
des baltischen Meeres, jener von 
badhBusen, dieser von bial Wasser, 
oder von belad, Belt Fahrweg, 
Seoweg. 

Alanen, ein Volk, das zuerst 
am Nordfusse des Kaukasus genannt 
wird, dann aber von Zeit zu Zeit 
inSchwärmen von Beitern sich über 
das ganze Skythen- oder Waldland 
(coed Wald) ergoss. Den Namen 
Al-an führten sie vom hohen Kau- 
kasus, al hoch und an Mann, wie 
schon Ammian bemerkt: „ex mon- 
tium appellatione cognominati“; die 
im Skythenlande umherzogen, wur- 
den Alanoi-Skythai genannt. Dadie 
Gothen ebenfalls aus Skythia oder 
Gothia, d.h. dem russischen Wald- 
lande kamen, so hält man Gothen 
und Alanen für. stammverwandts 
Völker ; beide wurden durch die Hun- 
nen gegen das westliche Europa ge 
drängt. 406 nach Chr. erschienen 
mit Vandalen und Sueven alanische 
Beiterschaaren in Gallien, das sie 
während dreier Jahre ausplünderten 
und verheerten, dann nach Spanien 
zogen, welches sie ebenfalls verwö- 
steten, endlich aber unter sich theil- 
ten. Die Alanen erhielten erst Lusi- 
tanien (die beiden Estremaduras am 
untern Tajo) und die Provinz von 





Alanen. 


Carthagena, wurden aber von den 
jener Zeit mit den Römern verbun- 
denen Westgothen schliesslich ver- 
nichtet; nur ein geringer Theil zog 
mit den Vandalen nach Afrika, Die 
im Osten Europas zurückgebliebenen 
Alanen nahmen Theil am Marko- 
mannenkriege und an den Kämpfen 
der Gothen gegen Valens an der un- 
tern Donau. Jornandes, der Ge- 
schichtschreiber der Gothen, der 
übrigens richtig genannt Jordanes 
(Bergmann) hiess, und behauptete, 
er sei gothischer Abkunft, war ein 
geborner Alane. Alanische Fürsten- 
töchter waren mit dem gothisch- 
königlichen Geschlechte durch Hei- 
rath verbunden. Maximinus, der 235 
römischer Kaiser wurde, hatte einen 
gothischen Vater und eine alanische 
Mutter. Der venetianische Edelmann 
Josaphat Barbaro fand am Asowschen 
Meere 1436 noch ein Land Gothia 
und Alania, deren Bevölkerung aber 
so vermischt, dass daraus ein zugam- 
mengesetzter Name Gotitalanen ent- 
stand. Die Alanen, sagt er, waren 
am frühesten in diesen Gegenden 
gewesen, die Gothen sind später als 
Eroberer hinzugekommen. DasLand 
war voll Aettehöger, d.h. Grabhügel. 
Barbaro’s Diener, ein Deutscher, 
konnte sich den Alanen verständlich 
machen. DerName Ulanen scheint 
aus Alanen entstanden zu sein, denn 
Asow, die Hauptstadt der jetzigen 
Donsehen Kosaken, war früher ala- 
nisch. Das Odinsche Asgard dürfte 
daselbst zu suchen sein. In der 
Krimm erhielten sich die Gothen bis 
in die neuere Zeit, sie wurden von 


Alanisches — Alarich. 


den Byzantinern Gothi tetraxitae ge- 
nannt; derselbe Barbaro besuchte 
sie. Inder Mitte des 16. Jahrh. sprach 
der kaiserliche Gesandte Busbequius 
in Constentinopel mit zwei Leuten 
von dorther, deren Sprache noch 
viele reingothische Worte enthielt. 
Jetzt scheint auf der Krimm das Go- 
thische vom Tatarischen gänzlich ver- 
drängt zu sein. 

Alanisches Gebirge, auch Wol- 
chonsky-Wald, ein Höhenzug zwi- 
schen Moskau und Petersburg, Twer 
und Tula, auf welchem die Flüsse 
Wolga, Dnepr, Düna, Don, Oka und 
Wolchow entspringen. Der Name 
kommt von a/ hoch und an Leute, 
alanisk, hochländisch, oder Alanen- 
Gegend, obgleich die in der Ge- 
schichte bekannten Alanen vom Kau- 
kasus stammen. 

Alarich, oder Alrich, grosser 
König von al gross und righ (lat. 
rex franz. roi) König. Er machte 
an der Spitze der Westgothen einen 
Zug durch Thracien, Makedonien 
und Thessalien bis Griechenland, 
von da ging er über Illyrien nach 
Italien, eroberte Rom 410 nach Chr., 
nachdem er es mehrmals vergebens 
belagert hatte, und starb im Begriff 
nach Sicilien überzusetzen in Co- 
senza in Calabrien; sein Leichnam 
wurde in das Flussbette des Bu- 
sento (baisean kl. Fluss) versenkt, 
und die dabei verwendeten Gefan- 
genen getödtet, damit das Grab von 
den Römern nicht aufgefunden wer- 
den möchte. — Ulrich zusammen- 
gezogen aus Udalric, und dies von 
uad edel, al gross, und reach 


Alaro — Alava. 


Mann, Vasal bedeutet hoher, adliger, 
Dienst-Mann, vornehmer Becke. 
Die Schimpfnamen Beckel und 
Backer kommen von reach-il und 
reach-er ; il und er bedeuten gross. 

Alaro, kleiner Bergfluss in Cala- 
brien, y-löyry, der Fluss, gleich 
Uler in Schwaben und Aller in Nie- 
dersachsen. Das a kann auchgleich 
e, klein, stehen, 

Alaschehr, Stadt in Kleinasien 
östlich von Smyrna, mit den Ruinen 
der griechischen Stadt Philadelphia. 
1390 fiel dieser Ort als die letzte 
der kleinasiatischen Vesten in die 
Hände der Türken unter Bajazed. 
Der Name bedeutet gleich Algier 
oder Alschier grosse oder hohe 
Stadt, al-caer. 

Alassio, Stadt in Sardinien so- 
viel als Alesia, bezw. //ys Burg. 

Alauda, lateinisch die Hauben- 
lerche, kimbrisch alchouedez, oder 
alchoueder, Lerche ; gälisch ailleog 
die Schwalbe. Das französische 
alouette entstand aus dem verein- 
fachten aloid, aluid, welches ver- 
wandt ist mit dem deutschen „laut.“ 

Alauna, zu deutsch Nährfrau, vom 
gälischen ala Ernährung (franz. 
aliment, Nahrungsmittel) und nae 
Frau. Die Alaunen kommen in 
bairischen Sagen als Genien vor. 

Alava, eine der drei baskischen 
Provinzen im nord-Östlichen Spa- 
nien; sie bildet eine Hochfläche, 
daher der Name al-ibh hohe Ge- 
gend. Die beiden andern Provinzen 
sind Biscaia, Waldland von pis, 
bisk Busch, Wald und ia Land; 
die andere Guipuscoa, liegt am 


— 90 — 


Alb — Albanien. 


Meere und bedeutet Wasser-Biskaia, 
oder Wasser-wald-land von guy 
Wasser. 

Alb, versetzt für Dial Wasser, 
ein häufig wiederkehrender Bach- 
name; 80 läuft eine Alb im Hauen- 
stein bei Alb-Brugg, im obern 
Schwarzwalde; eine Alb bei Ettlin- 
gen und Karlsruhe, eine im obern 
Saargau in Lothringen; statt Alb 
lautet die Form auch Elbe,z.B. bei 
Elberberg in Hessen nächst Fritz- 
lar, nicht zu verwechseln mit der 
grossen Elbe, denn der Name dieses 
Flusses kommt von al-bais, gros- 
sem Wasser. In Westfalen lautet 
dieForm Olpe, an der Rhön Ulfe; 
dann auch Alm, Alma in West- 
falen (ein Nebenfluss der Lippe), 
Ilm und Helme in Thüringen, 
Welpe im Engerland, und was der 
Formen mehr sind. M und B wech- 
seln oft mit einander, die Versetzung 
bial und alb hat ihr Seitenstück 
in Lot für Old, Alt, einem Neben- 
fluss der Garonne im südlichen 
Frankreich. — Statt einer Ver- 
setzung kann man Alb auch von 
alt-by Wasser - klein annehmen, 
mit Ausfall des t, was ebenfalls 
häufig ist, namentlich in Hessen, 
z. B. der Ale, statt der Alte, Kinner 
statt Kinder. In Schweden kommt 
gewöhnlich die schärfere Form EIf 
für Elbe oder Alb vor. 

Alban, keltischer Mannsname, 
von al gross oder auch von.ail edel, 
und bin, arabisch ben, Sohn; Alboin 
ist dasselbe. 

Albanien, zu deutsch Hochge- 
birgsland, von a? hoch, grose und 








Albanien. 


penn, beann, beinn, benn, binn, 
Berg, Bergkopf. Es gab oder gibt 
mehrere Albanien, eines am südöstli- 
chen Kaukasus, das zweite, heutzu- 
tage noch 50 benannte, inEpirus am 
adriatischen Meere, das dritte Al- 
bain, oder Albanach ist der 
Name des schottischen Hochlandes 
bei den Hochschotten. Zar könnte 
auch statt band oder bant, Feld, 
Gau stehen, wie bei Brabant, doch 
passt dies nicht für ein Hochgebirg. 
In türkisch-Albanien, oder dem 
Lande der Skypetaren (Gebirgs- 
männer von keab Gebirgskopf, aith 
hoch und aör Mann) oder Skiperen 
(keab-air ohne das dazwischen ge- 
schobene aith) oder auch Arnau- 
ten (aran Berg, aith hoch und wi 
Leute), — lauter Appellativa für 
ein und denselben Begriff — woh- 
nen die Stämme der Mirditen 
(mir- di- dae Berg- klein- Leute), 
die auch Dschegani heissen 
(di- aigh- an ebenfalls klein- Berg- 
Leute);danndieTohkani, dasselbe 
wie Dschegani; die Mussache 
(mmwnt Berg und aighe hoch); die 
Liapuri, Wasser- berg - leute von 
lia Wasser und bar, bor, bwr Berg, 
und die Dechamuri (von di-muir, 
klein-Meer, See). Es gibt nämlich 
in Albanien mehrere Gebirgsseen, 
nach denen einige Stämme ihre 
Namen führen, als der Bojanasee 
und Fluss (Di-ean kleines Wasser), 
der Ahri (Acheron) von oiche Was- 
ser und er gross oder ar Berg, der 
Virari (von bior Wasser und ar), 
der Trebutschi (dre klein und 
bais, baith Wasser). Die Fluss- 


— 44 — 


Albanien. 


namen sind der Drin von dear 
gross oderder—dre klein und ean 
Wasser ; der Skombi von g0-am- 
hain, kleines Wasser; der Ergent 
von eargan, klein Wasser, die Vo- 
jussa vön bi-uisge oder bi-ais, kl. 
Wasser; der Glykys, Bergstrom 
von clog Felsengebirg und ais 
Wasser , früher hiess derselbe 
Achoron von oich oder ach Was- 
ser und ar Berg, oder auch blos 
von y-caor das Wasser. Dass diese 
und fast alle andern Bachnamen in 
Europa wie Vorderasien weiter 
nichts als kleine Wasser bedeuten, 
ist zwar im ersten Augenblick auf- 
fällig, aber bei näherem Eingehen 
auf die Sache muss man erkennen, 
dass ein Bachname eben nichts wei- 
ter bedeuten kann, als klein Wasser, 
oder Bergwasser, und bei besonders 
hervortretenden Lagen auch Wald- 
wasser, Wiesenwasser, und Stein- 
wasser ; nur wenige Flüsse bedeuten 
grosses Wässer, als der Rhein und 
die Elbe, oder blos Wasser wie 
die Donau, der Don, die Wolga, der 
Po und mehrere andere. — Von den 
albanesischen Städten bedeuten: 
D urazzo Wasserort von dwer-aidhe; 
Avlona dasselbe von abh Wasser 
und /on Ort; Parga Wasser-hag, 
Dior-ka; diese drei sind Hafenorte 
am adriatischen Meere; Janina 
dagegen liegt an einem Landsee, 
daher der Name, gleich Jena, Was- 
ser-leute, ean-nae, oder ean-in-ui 
Wasser - klein - Leute. Delvino, 
Burg, dail, auf dem Berg, bin oder 
bean; Argyro Castro, Berg- 
burg von ar Berg und caer Ort; 


Albanesisch — Alberich. 


castro ist die italienische Ueber- 
setzung davon; endlich Skutari 
Waldleute von coed Wald und aire 
Leute, gleich dem Skutari, Constan- 
tinopel gegenüber. Heutzutage frei- 
lich ist vom Walde nichts mehr 
vorhanden. Von diesen Namen hat 
Xylander in seinem Werke über Al- 
banien schon einige richtig erklärt, 
und zwar aus dem heutigen Alba- 
nesischen, was anzeigt, dass diese 
Sprache dem Altkeltischen noch 
näher steht als z. B. das Griechische, 
welches, obwohl ursprünglich eben- 
falls keltisch, durch die vielen Ein- 
wanderungen aus Aegypten und 
andern Aethiopen- oder Mulatten- 
ländern bedeutende Abänderungen 
erfahren hat. 

Albanesische Wand, ein Ge- 
birgezug zwischen dem Marmor- 
und schwarzen Meere, von al gross 
und bean Berg. 

Albenga, Stadt in Sardinien bei 
Genua am Mittelmeere, @/ ist gross, 
ben entweder Dean Berg oder bu- 
inne Wasser und ka, ga eingefrie- 
digter Ort. 

Albensee, ein von Kalkfolsen 
umschlossener See in Oberösterreich, 
er könnte auch Alpensee geschrie- 
ben werden, denn dies ist seine 
Bedeutung von al hoch und ben, 
bean,penBerg, oder Duinne Wasser. 

Alberich oder Albrich „Daz 
starke Getwerc“ im Nibelungenlied, 
welches den Schatz hütete und, 
von Siegfried bezwungen, demsel- 
ben ausser dem Nibelungenhort 
auch die Tarnkappe überlieferte, 
mit Hülfe welcher Siegfried sich 


— 4 — 


Albert — Albgau. 


unsichtbar machen konnte. Albe- 
rich ist der Elfenkönig von rigAh 
König, und alb-an Berg-mann, Elbe, 
Alp; letzteres ist, wie bei Alpen, 
rauher Alp, und Alba, verkürzt aus 
al-ban oder bean, hoher Berg. Die 
Elben waren Bergmännchen, Berg- 
leute, Metallarbeiter und Besitzer 
des Goldes in den Berghöhlen. 
Hort entstand aus dem keltischen 
or, Gold, ordha golden ; argent, lat. 
argentum, Silber, keltisch ariant, ist 
eine Deminutivform von or, und be- 
deutet geringes Gold. Im Nibelun- 
genlied wird statt Hort mehrmal 
„daz Nibelunges golt“ gebraucht, 
also der Ausdruck Hort wörtlich 
übersetzt. „Daz Getwerc“ be- 
deutet, deutsch aufgefasst, das Ge- 
werke, oder in Werken geschickte 
Wesen, also soviel als Handwerks- 
mann, Metallarbeiter; im Keltischen 
dagegen steht für Zwerg die Form 
droich von drog, tric, drac klein. 
Die Tarnkappen, oder der Tam- 
hut, von darn Faust, waren Faust- 
oder Fechthandschuhe, welche die 
Hand bedeckten und dadurch un- 
sichtbar machten. Das Weitere ist 
mythische Ausschmückung. 

Albert, ein häufig vorkommender 
Personenname, bedeutet grosser oder 
hoher Sohn von a! hoch und Dbert 
Sohn. Adalbert, edler, hoher 
Sohn mit vorgesetztem uad edel 
oder auch hoher, grosser Sohn mit 
der Vorsylbe aith hoch. 

Albgau (der obere) oder der 
untere Hauenstein im Gegensatz 
zum obern im Baselland, liegt an der 
Alb-bach, zwischen Waldshut und 











Albgau. 


Säckingen auf dem Südabhang des 
Schwarzwaldes. Dieser Gau wird 
durch die Wutach sowohl von der 
Baar als dem Klettgau geschie- 
den. Wutach bedeutet Waldbach 
von gwydd Wald und ist soviel als 
die Gutach im Kinzig- d.h. Wald- 
Thal; Alb ist (vergl. Alb) entweder 
versetzt für Dial, oder gleich alt- 
bi, klein Wasser. Nebenan gen 
Westen an der Grenze gegen den 
Breisgau fliesst die Murg,mi-earg, 
klein Wasser, gerade wie im Oos- 
gau ebenfalls Murg und Alb neben- 
einander vorkommen; dann noch die 
Wehrach von /eor, fair Berg und 
ach Wasser, letztere aber schon 
im obern Breisgau. Oestlich von 
der Alb läuft die Schlächt, die 
aus dem Schluchsee kommt, von 
lu-oiche klein Wasser, mit vorge- 
sischem s. In diesem Albgau 
liegen St. Blasien, Cella alba um 
858, an der Alba. Thiengen an 
der Wutach, alt Tuvingen, gleich 
Tübingen von daingean Burg. 
Stühlingen, alt Stuolingen, am 
Banden von {ul steiler Berg und 
inka kleiner Ort. Krenkingen 
von grianan Bergrücken und inka 
oder coichin kleiner Ort. Tiefen- 
stein, alt Tiufherreshusun von di 
klen, abh Bach, aras Haus, Burg. 
Buch alt Puach, Kuh-stall, von bu 
Kuh und cha Pferch, Stall; gleich 
Bnochs und Buches. Laufenburg 
alt Lufingon am Rhein von liub 
Schlapfwinkel am Wasser, dem. liu- 
Din und gon, gan Veste. 

Albgau (der untere) im und am 
untern Schwarzwald bei Ettlingen 


Albgan. 


und Karlsruhe, ist nach der Alb 
benannt, die bei Herrenalb am Dobel 
(tob-il, Bergkopf- gross) entspringt 
und bei Knielingen in den Rhein 
mündet. Dieser Gau wird gewöhn- 
lich mit dem Pfinzgau als vereint 
angenommen, weil jeder für sich zu 
klein wäre (Pfinz, Duinne, Wasser). 
In dem Gau lagen: die beiden Kiö- 
ster Herren- und Frauenalb, längst 
säcularisirt, d. h. erst ausgeplün- 
dert und dann annectirt. Ettlingen 
von aith hoch und /ong Ort. Bur- 
bach, von bior Bach. Moos- 
bronn, von mi-uisge kl Wasser, 
Brunn. Loffenau, von /u-abh- 
aha kl. Bach, liegt im Murgthal, 
gehört aber mit Herrenalb zu Wür- 
temberg. Spessart, von pis Wald 
und art Ort. Schluttenbach von 
giolaid kl. Bach, gezischt gespro- 
chen. Schöllbrunn desgl. von 
giol Bach oder Bronn. Sulzbach, 
di-alt, kl. Bach. Völkersbach 
von Dual, bailc Bach und ar Berg, 
Bergbach. Spielberg, von bel, 
byle Berg, Bergrand. Busenbach 
von baisean kl. Bach. Palmbach 
von bualan kl. Bach. Wetters- 
bach von coed oder gwydd Wald 
und er gross. Mutschelbach 
von mi klein und gil Bach; alle im 
Gebirg hinter Ettlingen. Dann in 
der Rheinebene: Rüppur, Feld- 
burg oder Riedburg von reidh Feld, 
riosg Tiefland und bwr Burg. 
Beiertheim von buar Rindvieh, 
dae Leute und om Ort oder Heim. 
Bulach, Kuhort von Du Kuh und 
loc Ort. Diese Kuhorte versehen 
noch heute Karlsruhe mit Milch. 


Albgau. 


Mühlburg von mao/ Berg, das 
Volk sagt heute noch Mühlberg, es 
liegt etwas hoch über der Albnie- 
derung. Knielingen,alt Knute- 
lingen von cuanHöügel, Anhöhe und 
long Ort mit dazwischen gescho- 
benem di klein. Neret, Neureuth 
von nearait Saupark; Wälschneret 
ist eine französische Colonie aus 
neuerer Zeit. Noch jetzt bildet der 
Wald bei Nereth einen Hirschpark, 
obgleich erst in neuerer Zeit wieder 
eingezäunt.. Hagsfelden, von 
achad, Feld; Rintheim von re 
ann, Felde Büchig von Dbu-cha 
Kuhpferchh Blankenloch, Feld- 
schuppen und kleiner Ort von Di 
klein, lann Schuppen und loc Ort. 
Eggenstein, altHerzinstain, nicht 
von aighe Höhe, Stein, denn es 
liegt auf der Haard am Rhein, wo 
keine Felsen sind; deshalb wird 
wohl achaid oder aicde Wohnort 
und fain Wasser oder achadkh Feld 
die Grundlage des Namens bilden; 
Herzinfeld wohl gleich ire Land, 
und fain Wasser. Das Dörfle, 
neben welchem Karlsruhe erbaut 
wurde, am ÖOstanfang des Land- 
grabens, bedeutet kl Bach-ort von 
tur-bi-lon, oder tur-bi-lle. Das 
Dörfie ist älter als das Kloster 
Gottsau (coed-ua Waldau), von den 
Mönchen in Gottesau umgewandelt, 
denn in der Stiftungsurkunde dieses 
Klosters wird schon ein kleiner Ort 
genannt, in dessen Nähe Gottsau 
erbaut wurde. Anderwärts z. B. in 
Ostfranken kommt der Name Dörfle, 
alt Durfilon, mehrfach vor. Das 
Karlruher Dörfle, jetzt ein Theil de 


— 44 — 





Albgau. 


Stadt, lag ursprünglich auf der jetzt 
noch sogenannten Insel am Zusam- 
menfluss mehrerer Gräben, welche 
theils zur Entwässerung des alten 
Ostrheinbettes, theils zur Vortheidi- 
gung gegen die von Norden her 
eindringenden Allemanen dienten. 
Das Dörfle, wie die Mühlburg am 
Westende des Landgrabens waren 
Brückenköpfe. 

Albgau (in Lothringen). Die 
Saar hiess in ihrem obern Laufe vor 
der Einmündung der Bliess in die- 
selbe auch Alb, und darnach hiess 
der oberste Theil des Saargaues, 
insbesondere die Gegend, in wel- 
cher Diez, Finstingen, Saarburg, 
Turgestein, Blamont, Balzweiler, 
Senones und Salm liegen, auch Alb- 
gau, in den Vogesen Salmgau. Der 
Name Alb ist derselbe wie im Ba- 
dischen, versetzt für Dial Wasser, 
der Gauname lautete alt Albech-owe 
alb-aha-ua Alb-Wasser-gau. Die 
Bedeutung obiger Ortsnamen ist 
folgende: Diez hiess bei den Rö- 
mern decem pagi, zehn Ortschaften, 
französisch Dieuze. Finstingen, 
franz. Fenestrange ist zusammen- 
gesetzt aus fenes oder fins von /winn 
Feld und tingen, welches gleich dai»- 
gean Veste, Donjon, steht, trange 
ist fuaran kleiner Ort, oder toran 
kleiner Thurm. Turkestein ist 
Fürstenburg von torc Fürst und 
din (verdeutscht Stein) Burg. Bla- 
mont: blaen bedeutet Bergspitze, 
mont ist die Uebersetzung davon; 
bla, blae bedeutet aber auch klei- 
ner Ort, bil-lle. Balzweiler alt 
Bidulfi-villare, Bidolfs-hof; franz. 


Albi — Albion. 


— 45 — 


Albis — Alboin. 


Badon-viller von both, hadh Hütte, | für il Insel und bion für Aonn oder 


Wohnung, badhan kleine Wohnung. 
Senones,altesKloster im Vogesen- 
wald, zu deutsch Wald-leute von 
ton, son (Senne) Wald, Tannen- 
wald und on Leute; ones ist die 
latinisirte Pluralform. Salm, alte 
Grafenburg in den Vogesen von 
sal-om gross- Haus, gleich Salem 
im Linzgau und Jerusalem in Pa- 
lästina. Darnach erhielt der kleine, 
um die Burg liegende Soelmegau 
seinen Namen. 

Albi, oder Alby am Tarn im 
südlichen Frankreich, alt Albigae, 
d. h. Wasseranwohner von alb ver- 
setzt für Dial Wasser, alb-ui Was- 
serleute; albigae ist eine Adjectiv- 
form, gleich Wasserliche. Die Ein- 
wohner dieser Stadt und Landschaft, 
namentlich die von Beziers hatten 
im 13, Jahrh. die Lehre der Wal- 
denser angenommen, wurden aber 
nach blutigen Kämpfen wieder dem 
Papstthum unterworfen. 

Albino, Stadt am Fusse der lom- 
bardischen Alpen bei Bergamo, mit 
Marmorbrüchen, Name von al-bin 
hoher Berg. 

Albion, alter Name für England, 
oder wenigstens für dessen Süd- 
küste, der weissen Kreidefelsen 
wegen. Die Bedeutung, weisse Insel, 
ist richtig, aber nicht die gewöhn- 
liche Ableitung von dem Lat. albus, 
weiss und demkeltischen ion, Wohn- 
stätte, Ort; denn einmal ist Eng- 
land kein blosser Ort, und dann ist 
die Zusammenstellung eines latei- 
nischen und keltischen Wortes 
misslich., Fasst man dagegen al 


ban, weiss, auf, 80 erhält man die 
weisse Insel vollständig in altkel- 
tischer Form. Ptolemäus schreibt 
statt Albion Aluion, dies würde von 
al-lua-in oder von al-aa-in Gross- 
Wasser-insel bezw. von a-lua-in 
die-wasser-insel (a als Artikel) be- 
deuten, und mit Britten, Fritten 
und Friesen zusammenfallen. Für 
Irland gebraucht er den Ausdruck 
Uergion, und für das nahe liegende 
Meer Okeanos uerginios, was un- 
zweifelhaft von earg Wasser und 
in Insel herkommt, die Griechen 
wandelten letzteres in Bergion oder 
Vergion um. Hercules, erzählt die 
Sage, soll gegen den Albion und 
den Bergion, beide Kinder des Nep- 
tun, im Kampfe gelegen haben. 
Hercules stammte aber aus Phöni- 
kien, dessen Schiffer bis in die 
Nordsee Handel trieben. Die Grie- 
chen verlegten indess den Kampf- 
platz in die Umgegend von Marseille, 
wo noch die Steine liegen sollten, 
mit denen Hercules seine Gegner 
in die Flucht trieb. 

Albis, ein waldiger Höhenzug 
im Westen des Zürichersees, zu 
deutsch Hochwald, a/-pis, franz. 
bois, deutsch Busch. 

Alboin, breitere Form für Albin, 
oder Alban und dies, gleich Albert, 
soviel als grosser, hoher Sohn, von 
al hoch und Din, arab. ben, Sohn. 
Der bekannteste dieses Namens war 
derKönig der Longobarden, welcher 
seinem Vater Audoin (aith-duin 
hoher Mann, heutzutage Edwin) 
561 in der Herrschaft über dieses 


Albrecht — Albulas, 


Volk, welches damals noch in Un- 
garn stand, folgte. Er kämpfte mit 
dem Griechen Narses gegen die Ost- 
gothen, mit den hunnischen Avaren 
gegen die Gepiden, welche er bei- 
nahe vernichtete; er tödtete deren 
König Kunimund (cean Hauptmann, 
mund oder muath adelig) undnahm 
dessen Tochter Rosamunde (oros 
andere Form füruas edel undmuaih 
dasselbe nochmal) zur Gemahlin. 
568 eroberte er Oberitalien bis zur 
Tiber. Bei einem Feste nöthigte er 
Rosamunde aus dem Schädel ihres 
Vaters zu trinken, dafür liess ihn 
diese durch Peredeo 574 ermorden, 
und floh dann nach Ravenna, wo sie 
an dem Reste des für ihren Buhlen 
Helmichis bestimmten Giftes starb- 
Peredeo ward gefangen und in Con- 
stantinopel geblendet. 

Albrecht, Mannsname, soviel als 
hoher Kriegsmann, oder Reisiger von 
al hoch undrath, reidh oder braiht, 
braht, Reisiger, Soldat, unddiesvon 
reidhim rüsten, reisen, ins Feld 
ziehen, oder von rath Sold. 

Albrouz, Name für das Hochge- 
. birge am Südrande des kaspischen 
Meeres, an dessen Südfuss Teheran 
liegt. Der Name steht gleich dem 
Elborusim Kaukasusund bedeutet 
gälisch, ossetisch oder altpersisch 
hoher Berg von a/ gross und bar, 
bor Bergspitze. Das angehängte us 
oder 08, persich ouz, ist soviel als 
aith hoch, also hohe Bergspitze. 

Albula, Gebirgsstock mit Pass 
über denselben in Graubünden, al 
hoch, byl, balFels; er istüber 6000 
Fuss hoch, 


46 — 


Albuquergue — Alcasar. 


Albuquerque, spanische Veste 
an der Grenze Portugals in der 
Nähe von Badajoz im Gebirge; Name 
von albain, ilbin hoher Berg oder 
Felsenberg, und dies von @/ hoch 
oder oil Fels und bean Berg, ge- 
wöhnlich in alb zusammengezogen, 


:und keirt, keirk (lat. quercus) Eich- 


wald oder Wald überhaupt, also 
Felsenburg im Walde. 

Alcala, Name mehrerer Städte 
in Spanien, von a/ gross und Xala, 
kaleh Stadt, eigentlich Hafenstadt, 
daher Calais, Kalle und andere. 


Alcautara, Veste in Estremadura 
in Spanien am Tajo, al gross, gan 
Burg und dwr Wasser. Hier wurde 
1156 ein geistlicher Bitterorden zur 
Vertheidigung der Grenze gegen die 
Mauren in Portugal gestiftet und 
nach der Stadt benannt, 1835 wurde 
derselbe aufgehoben. 


Alcamo, Stadt im westlichen 
Theile Siciliens an einem kleinen 
Flusse, soviel als gross-Como, von 
al gross, ka, kau, Haag und am- 
hain Wasser. Dabei die Ruinen der 
alten Stadt Segeste, di-oic A-iosda 
kleiner Flussort. 

Alcazar- Quivir, Stadt auf dem 
Vorgebirge gleichen Namens in Fer, 
wo 1579 König Sebastian von Por- 
tugal von Mulei-Moluk, dem Könige 
von Marokko geschlagen wurde; 
Mulei fiel in der Schlacht und auch 
Don Sebastian verschwand spurle. 
Der Namebedeutet gross-Wald-berg- 
ort von al gross, coed, kat, ka: 
Wald und ar oder aor, gar grosser 
Berg; Quivir, breitere Form für caer, 





Alceste — Alcinous. 


quir Ort, dasselbe was Quiriten, 
Städtebewohner. 

Alceste, latinisirt für Alkestis, 
Tochter des Pelias, Gemahlin des 
Admet, Königs von Pherä; sie ver- 
längerte dessen Leben durch Hin- 
gabe ihres eigenen, wurdeaber durch 
Hercules dem Orkus wieder entrissen. 
Wegen ihres Edelmuths heisst sie 
edle-noble Frau oder Fürstin, ealg- 
was-tis. 

Alcibiades, latinisirt für Alkibia- 
des, ein vornehmer Schlemmer in 
Athen, der durch seine tollen 
Streiche und seine Verschwendung 
sich mancherlei Unheil zuzog. Er 
war von seinem Verwandten Perikles 
fein erzogen, erst Liebling des Vol- 
kes, wurde er seiner . Anmassung 
wegen verbannt. Er ging nach 
Sparta, von wo er seiner Vaterstadt 
Schaden zuzufügen suchte. Aber 
auch dort war seines Bleibens nicht, 
er musste nach Kleinasien zu den 
Persern flüchten, die er nun für die 
Athener gewann, weshalb er wieder 
mit Ehren zu diesen zurückkehren 
durfte. Dies dauerte aber wieder 
. nicht lange, worauf er abermals in 
die Verbannung ging, undzwar nach 
Thracien, Bithynien und Phrygien, 
wo er auf Anstiften der Spartaner 
404 vor Chr. von den Persern mit 
Pfeilen erschossen wurde, nachdem 
sie ihm sein Schloss in Brand ge- 
steckt hatten. Sein Name entspricht 
' seinem Lebenswandel, ealg-biadh- 
eus, vormehm-Speise-Mann, vorneh- 
mer Prasser. 

Alcinors, latinisirt für Alkinoos, 
' König der Phäaken auf der Insel 


— 41 — 


Aleira — Aldan. 


Scheria (Corfu), welcher sowohl die 
Argonauten wie den heimkehrenden 
Odysseus in seinen prächtigeu Gär- 
ten festlich bewirthete, Al gross, 
kean oder cinn Hauptmann, An- 
führer und eus Mann. Die Phäaken, 
von /aoch Feld, waren seine Ackers- 
leute oder Gärtner, sie stammten 
aus Sicilien, der alten Kornkammer 
Italiens. Seine Tochter hiess Nau- 
sikaa, suadh, nodh odel, sia 
Weib oderFee und ka odergo klein. 

Alcira, Stadt südlich von Valen- 
cia, al-caer, grosse Stadt. Sie liegt 
in einer sumpfigen Ebene am Chalon 
(giolan kleiner Fluss); die Araber 
nannten sie deshalb Wasserstadt Al- 
gesirah; keltisch gas Wasser und 
ra Ort. 

Alcobaza, Stadt im portugie- 
sischen Estremadura, nördlich von 
Lissabon, in deren Benedictinerabtei 
mehrere portugiesische Könige be- 
graben liegen, Name von al gross, 
cwb Schuppen und aidhe, ais Ort. 

Alcoy, Stadt nördlich von Ali- 
cante in Spanien, auf einer Hoch- 
ebene, Name von a} hoch und kau 

Alcuin, Edelmann, gälisch ealga, 
von ealg edel und ae oder duine 
Mann. ImKimbrischen heisst alcun 
oberster Hauptmann. Ein Alcuin 
oder Alchuin wurde 782 vom Karl 
dem Grossen aus England nach 
Frankreich berufen, um gelehrte 
Schulen einzurichten, er begründete 
neben andern eine Schola palatina 
am Hofe und legte den Grund zur 
Pariser Universität. 

Aldan, vonOsten kommender Ne- 


Aldenhofen. 


benfluss der Lena in Sibirien; er ist 
an 150 Meilen lang schiffbar, und 
vermittelt dadurch die Verbindung 
zwischen Petersburg und Kamt- 
schatka. Sein Name bedeutet grosser 
Fluss, al-tain, während Lena, /u- 
ean einen kleinen Fluss bezeichnet, 
woraus hervorgeht, dass die Alten 
den Aldan als den Hauptarm des 
Stromes betrachteten, oder letztern 
zuerst von der Ostseite her, d. h. 
von China aus, kennen lernten. Ein 
grosser Theil, oder wohl alle nicht 
von den Chinesen erst neu benann- 
ten Flüsse Sibiriens führen alt- 
keltische Namen,als Amur, Ama-ur, 
gross Wasser von amhain-ar; An- 
gara, dasselbe von ean Wasser und 
ar gross; Orkhonkl. Wasser, von 
eargan; Tula kl, Wasser von du- 
ia; Onon kl. Wasser, von ean-an; 
Selenga klein-See-Wasser von di- 
lin-aha, denn sie entspringt im 
kleinen Kossogol-Bee (kl. Wald- 
wasser, coed-di-giol), und mündet 
in den Baikalsee, bailc Wasser, 
al gross. Tamir, Bergfiuss von 
taom Wasser und ar Berg; Koru- 
lun, gross-Berg- Wasser von gor 
Berg, u! gross und ean Wasser; 
Ingoda Waldwasser, ean-coed- 
aha; Kulunsen von giolan kl. 
Wasser. Die Stadt Karakorum am 
Orkhor bedeutet keltisch Wasser- 
Btadt (coir Wasser,und caer Stadt), 

Aldenhofen, Flecken bei Jülich, 
wo der Prinz von Koburg und Erz- 
herzog Kari 1793 die Franzosen 
schlugen und dadurch Holland ent- 
setzten. Alden kommt von ailt Ort, 
ailtan kl. Ort, Hof. Einen „alten“ 


Alderney — Alefald. 


Hof, als Name, giebt es nicht; denn 
wenn ein Hof gebaut wird, und, wie 
natürlich, sogleich einen Namen er- 
hält, ist er immer neu. Nur dann ist 
die Bezeichnung „alt“ für eine Oert- 
lichkeit denkbar, wenn nebenan noch 
eine ähnliche zweite, neue erbaut 
wurde. 

Alderney, die nördlichste der drei 
englischen Inseln an der Küste der 
untern Normandie; alt soll dieselbe 
Riduna geheissen haben. Beide 
Formen bedeuten ungefähr dasselbe; 
die erste al-dear-in-y, ist gross 
Wasser-Insel (y als Uebersetzung 
angehängt); Riduna blos Wasser- 
insel von rhed, rkidys Wasser und 
in, innisInsel. Dieandere, Guerne- 
sey, hiess angeblich Sarnia von sar 
gros, inInsel und ia Land; dieForm 
Guerneseykommt von gouer Wasser 
und is Insel, mit angehängtem yIn- 
sel. Die dritte, Jersey, hiess Cae- 
sarea, von den Bömern umgetauft 
aus Sargia, was ebenfalls grosse In- 
sel bedeutet, von sar und ighe In- 
sel, oder auch von swir, saar Wasser, 
dann bedeutet sie blos Wasser-insel, 
wie die beiden ersten. 

Ale, Flüsschen bei Laon im nord- 
östlichen Frankreich, latinisirt Alea, 
vom gälischen a, e schmal und /ua, 
lia Wasser. 

Alefeld, alt Als, zu deutsch gross- 
Feld von al gross und ai oder ua 
Gegend, Feld (vergl. Uri und Jura). 
Alefeld liegt in einer Erweiterung 
des Leinethals, welche früher der 
Aringau hiess, einName, dereben- 
falls Feld bedeutet, von reann Feld 
und dem vorgesetzten Artikel y, e, 











Alemanen. 


a. — Der Name Ala für Alefeld 
kommt 984 nach Chr. vor, als nach 
dem Absterben Kaiser Otto’s II. 
Ecbert der Einäugige sich gegen 
dessen Sohn Otto III. erklärte, wor- 
auf die sächsischen Grossen dessen 
Burg Ala eroberten und die Tochter 
des verstorbenen Kaisers, Adelheid, 
nachmalige Aebtissin von Quedlin- 
burg sammt den im Schlosse be- 
findlichen Schätzen wegführten. 
Ecbert war ein naher Verwandter 
des Kaiserhauses, und Adelheid bei 
ıhm in Pflege. Vor der Eroberung 
Ala’s hatten die Fürsten in Seesen 
(alt Sensun, Wasserburg von tain- 
din, Seesen von sua Wasser und din 
Burg) Berathung gepflogen. 
Alemanen, oder Allemanen, zu 
deutsch nicht „alle“ Männer, denn 
ausser ihnen waren noch etwelche 
Anderevorhanden, sondern fremde, 
grosse,wildeMänner, vona/gross, 
bezw. ail, all, ull, fremd oder wild, 
und maon Mann. Sie waren, wenig- 
stens der Mehrzahl nach, sicher 
deutschen Stammes, für die Kelten 
also Fremdlinge, gleich den Hellenen 
(deren Name ebenfalls von ai/kommt) 
für die griechischen Autochthonen. 
Die Kelten in Frankreich nennen 
heute noch die Deutschen Allemans; 
die Saalfranken, mit denen sie eben- 
falls zu thun hatten, waren ihnen 
nicht ganz fremd, denn sie bestan- 
den zum Theile aus Kimbern oder 
Belgen, mit welchen die Franken in 
Brabant lange Zeit zusammengelebt, 
und sich mit ihnen zu einem Volke 
verschmolzen hatten. Die franzö- 
sische Schreibart allemans ist rich- 
Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


19 — 


Alemanen. 


tiger als alemanni, indem sie dem 
gälischen a//maon näher steht. Die 
Allemanen erschienen zuerst 213 
nach Chr. am Main, die Franken am 
Niederrhein etwas später; noch spä- 
ter die Sachsen in Westphalen. — 
Die ersten Kämpfe der Allema- 
nen galten dem römischen Kai- 
ser Caracalla, welcher sie aus 
Eitelkeit angegriffen hatte. Sie bra- 
chen über den untern Main in das 
ebene Rheinthal, eroberten dieses 
Stück für Stück, während dieRömer 
durch Befestigungen, vom Gebirge 
bis zum Bheine, jeden Abschnitt zu 
halten suchten; daher heute noch 
die vielen Wälle, Quergräben und 
Castelle, oder Castelberge vom 
Maine aufwärts bis Basel. Der 
grosse Pfahlgraben, welcher ur- 
sprünglich von der Mündung der 
Lahn über den Spessart, den Oden- 
wald und die Taubergegend bis zur 
Donau bei Kelheim lief, wurde von 
den Allemanen durchbrochen, hinter 
ihm entstanden neue Werke, aber 
ohne für die Dauer Sicherheit zu 
gewähren. Kaiser Probus war der 
letzte, welchem es gelang, die frem- 
den Völker zurückzutreiben, nach 
seinem Tode ging wieder alles Land 
bis an den Oberrhein verloren. Denn 
hinter den Allemanen drängten sich 
die Burgunden vom Riesengebirge 
her am Main abwärts gegen das 
Rheinthal, ihrerseits wieder gescho- 
ben von weiter aus dem Norden und 
Osten gekommenen Gothen, Vanda- 
len, Thüringern und wie die Wald- 
völker allegenannt wurden, die, sich 
an die Ostseite der Allemanen leh- 
4 


Alengon — Alentejo. 


nend, die Donau überschritten, und 
das alt keltische Bojerland bis weit 
in die Alpen hinein überfiutheten. 
Nach der Eroberung der östlichen 
Bheinlande drangen die Allemanen 
über den Fluss in das Elsas, wurden 
aber bei Strassburg von Kaiser Ju- 
lian geschlagen und zurückgeworfen ; 
doch kehrten sie im 5. Jahrh., als 
vandalische, suevische und ala- 
nische Völker in Gallien einge- 
brochen und die Bömerherrschaft 
geknickt hatten, in das Elsas zurück, 
während die Burgunden die heutige 
Rheinpfalz besetzten. Von diesen 
gehemmt, wendeten sich die Alle- 
manen nunmehr gegen Süden und 
eroberten die Schweiz, soweit sie 
noch heute deutsch ist. Auch hier 
kamen ihnen wieder die Burgunden 
in den Weg, welche sich mit den 
Bömern abgefunden und das heu- 
tige Burgund als Wohnsitz erhalten 
hatten. 

Alencon, Stadt an der Sarthe im 
nordwestl. Frankreich, alt Alentio, 
zu deutsch Ort am Fluss, //yant-tyo ; 
statt {yo hat die neuere Form gon 
oder dion, was dasselbe bedeutet, 

Alentejo oder Alemtejo, portu- 
giesische Landschaft mit der Haupt- 
stadt Evora, nicht am Tajo, eher am 
Guadiana gelegen; der Name kann 
sich also nicht auf den Tajo be- 
ziehen, sondern bedeutet Land am 
Wasser, von /lyani Wasser und aia 
Hochland; das vorgesetzte A steht 
statt des doppelten 1, oder ist der 
Artikel. Der Bergfluss, um den os 
sich hier handelt, ist der Zadao, 


1 — 


Aleppo — Alessandria. 


durchfliesst, und von di-ad-aha kl.- 
Wasser herkommt, mit angehängtem 
aha, wie dies in Deutschland fast 
durchweg der Fall ist. 

Aleppo, arabisch Haleb, im nörd- 
lichen Syrien, im Mittelalter einst 
grosse Handelsstadt, ursprünglich 
blos ein grosser Hof von al-aoibh 
gross-Hof. 1517 wurde sie durch 
Selim I (sa!-am grosser Mann) dem 
türkischen Reiche einverleibt. 

Alesia. Einst Hauptfestung der 
gallischen Mandubier in Burgund, 
sie wurde von Cäsar erobert und 
zerstört. Napoleon III hat ihre Reste 
in neuester Zeit wieder aufgraben 
lassen. — Der Name ist natürlich 
keltisch, vom gälischen /ios, oder 
kimbrischen //ys, feste Stadt und a, 
Berg, oder blos Artikel; Telles in 
Tirol hat denselben Namen mit vor- 
gesetztem di klein. Aliso einst bei 
Paderborn, bedeutet dasselbe, ebenso 
Elze an der Leine und Nockarelz 
bei Mosbach. — Das gallische Alesia 
war angeblich von Hercules gegrün- 
det, 864 wurde esnochmals von den 
Normannen zerstört, jetzt liegt der 
Flecken Alise in dessen Nähe. Der 
Name Mandubier bedeutet Hoch- 
gebirgsbewohner von maon Berg, 
dubh gross oder schwarz (letzteres 
mit Bezug auf die in der Gegend be- 
findlichen Kohlenlager) und xi 
Leute, 

Alessandria (della paglia, d. h. 
mit Strohdächern) wurde 1168 von 
den gegen Friedrich Barbarossa ver- 
bündeten lombardischen Städten in 
einer sumpfigen Gegend als Festung 


oder Tadao, welcher die Landschaft | angelegt und nach dem Papste 











Aletschgletscher — Alexander. — 51 — 


Alexander III benannt. Später kam 
die Stadt sammt der übrigen Lom- 
bardei an Oestreich und wurde zu 
Anfang des vorigen Jahrh. im spe- 
nischen Erbfolgekrieg an Savoyen 
abgetreten, blieb aber dennoch 
Reichslehen, wie die ganze piemon- 
tesische Lombardei, bis zur Auflö- 
sung des deutschen Reiches. Ein an- 
deres Alexandria liegt in Aegypten, 
dieses wurde von dam makedonischen 
Alexander gegründet. Die Bedeu- 
tung des Namens steht unter 
Alexander. 

Aletschgletscher, einer der 
grössten Gletscher des obern Wallis, 
er zieht sich von dem Gipfel der 
Jungfrau bis beinahe in das Thal 
herab; in der Nähe davon der 
Aletschsee, d. h. der Hochsee, 
von al hoch und wisge Wasser; vom 
See erhielt der Gletscher seinen 
Namen. 

Alexander. Dioser Name ist eine 
Zusammenstellung mehrerer Worte, 
die nach dem Vorbilde der asia- 
tischen Herrschertitel einen mög- 
lichst grossen Mann bezeichnen sol- 
len, nämlich: al gross, aigh hoch, 
eus oder is Mann (bis hieher gleich 
Alexis), hierzu noch an Mann und 
dear gross; wozu indergriechischen 
Form Alexandros noch zum Schluss 
abermals ein eus, os oder us, Mann, 
gehängt wurde. Alexander, Sohn des 
Philippos, Königs von Makedonien, 
geboren 356 vor Chr. in Pella (53, 
klein Ze Stätte), soll schon in 
frühester Kindheit grosse Eigen- 
schaften verrathen haben, weshalb 
er in seiner Jugend schon mit glän- 


Alexis — Alfen. 


zenden Titulaturen beehrt wurde. 
Vor- und Zunamen, wie heutzutage, 
gab es im Alterthume nicht, die Per- 
sonennamen waren entweder Ehren- 
titel oder Spitznamen, oder sonstige 
Bezeichnungen irgend einer Eigen- 
schaft des Benannten. Die Albane- 
sen wie die heutigen Orientalen 
überhaupt gebrauchen für Alexan- 
der die Form Iskander, oder blos 
Skander,eine blosse Abkürzung, oder, 
wenn man will, ais hoch für alhoch. 

Alexis oder Alexius, ein Manns- 
name, welcher unter Alexander er- 
klärt ist. Die Endungen is, eus, ios, 
ius bedeuten dasselbe, nämlich 
Mann, al-aigh gross-hoch. 

Alfen, soviel als Elfen, Elben, 
Albe, altnordisch alfar, angelsäch- 
sisch Ylfe, Berggeister, Zwerge, oder 
Wasser-,bezw. Wolken-Geister. Die 
ersten hiessen auch Schwarzelfen, 
nordisch svart alfar oder döck alfar 
(döck vom kelt. dubh schwarz); die 
andern Liosalfar, was man als Licht- 
elfen auffasst, obwohl der Begriff 
Wasserelfen, /ua-eis, Wassermänn- 
chen näher liegt; denn die Wasser- 
elben waren die mit Wodan in den 
Wolken, oder dem Himmelsgewässer 
einherbrausenden- Seelen der Abge- 
storbenen, welche verjüngt aus dem 
Frau-Hollenteich den Wöchnerinnen 
wieder alsKinder durch denSchwan 
oder Storch gebracht wurden, um 
zu neuem Erdenleben mit dem Kör- 
per verbunden zu werden. Es sind 
also Wassergeister, während die 
Schwarzelfen Bergleute, Zwerge 
waren. alb-an bedeutet ebensowohl 
Berg-mann als Wasser-mann, im er- 

4* 


Alfheimr — Alfred. 


sten Fall von al-bean, im zweiten 
versetzt für bial-an. (Vergl. Elfen.) 

Alfheimr, nordischer Ausdruck 
für die Heimath der Elfen; densel- 
ben Namen führte aber auch die 
Gegend um die Goth-Elf und Raum- 
Elf in Schweden und Norwegen; 
denn Alf bedeutet Wasser, entweder 
grosses von al-bais(Elbe) oder ohne 
Beiwort von bial, fual, versetzt alb, 
alf, 

Alfons, spanischer Mannsname, 
soviel als Alboin, Alban, grosser 
Sohn. 

Alfort, altes Schloss oberhalb 
Parıs, ander Marne, mit einer Thier- 
arzneischule, undAlford, Stadtbei 
Lincoln in England, beides Furth 
über das Wasser von alt Wasser und 
ffwräd Furth. Bei Alfort ging die 
alte Römerstrasse von Paris nach 
Melodunum (Bergstadt, jetzt Melun 
von mael Berg, Maalstätte und dun 
Stadt) über die Marne. Etwas ober- 
halb an diesem Flusse liegt Cha- 
renton, altCarenton, caoran-dun, 
kl. Fluss-Stadt; „kleiner“ Fluss im 
Gegensatz zur Seine, in welche die 
Marne bei Alfort mündet. In Eng- 
land liegt ein Alfreton in der 
Nähe vonDerby, zu dessen Namen, 
alt-/fwrdd, nochein dun, Stadt, ge- 
fügt ist. 

Alfred, Albret, versetzt für Al- 
bert, grosser Sohn von a/ gross oder 
edler Sohn von ail edel. Alfred der 
Grosse, Sohn König Ethelwolfs von 
England, wurde nach dem Tode sei- 
nes Bruders Ethelred 871 zum Kö- 
nige der Angelsachsen ausgerufen; 
er schlug mehrmals die Normannen 


— 52 — 


Algarbien — Algau. 


(bezw. die Dänen, Wasserleute, von 
!ain Wasser), namentlich im Jahre 
897, von welcher Zeit an diese keine 
Einfälle in England mehr machten. 
Fred kann auch für Dreadh König 
stehen. 

Algarbien, Algarvis, Algarve, 
südlichster Küstenstrich Portugals 
längs desatlantischen Oceans; Name 
von al gross, garw Wasser und ia 
Land; also buchstäblich gross-Was- 
ser-land, und nicht Westland, el- 
garb, wie es die Araber aufgefasst 
haben sollen; auch liegt es südlich 
und nicht westlich von dem angren- 
zenden Alentejo. Die Erklärungen 
nach Himmelsgegenden können nur 
als richtig angenommen werden, 
wenn der Ort nachweisbar ist, 
von welcher die Bezeichnung aus- 
ging, und dieselbe auch für diese 
Gegend passt. Jedes Land ist ein 
Ostland gegenüber den westlich da- 
von gelegenen Strichen, und ein 
Westland, gegenüber den östlichen. 
Algarve ist ein Anhängsel von Alen- 
tejo, undnichtvon Andalusien, muss 
also von ersterer Landschaft aus be- 
urtheilt werden. Beide Landschaften 
waren zu gleicher Zeit im Besitze 
der Araber. DieHauptorte sind Ta- 
vira, di-bior-ae kl. Wasser-Leute, 
an einem kl. Flüsschen nahe dem 
Meere, alt Balsa, Dial-dae Wasser- 
leute; dann Lagos, von lloc Ort. 

Algau, Algän oder Almangäu. 
Dieser GaumussvomAlbegau, der 
auch Algau genannt wird und das 
Alpenland an den Quellen der Mer 
und des Lech umfasste, unterschie- 
den werden. Algä&u nennt man heute 





Algau. 


noch die obere Illergegend, soweit 
sie zu Schwaben bezw. jetzt zu Wür- 
temberg und Baiern gehört, im wei- 
tern Sinne aber alles Schwabenland 
östlich vom Bodensee bis zum Lech. 
Esliegen darin: Immenstadt, das 
früher zur reichsunmittelbaren Graf- 
schaft Königsegg gehörte, vom kelt. 
omanBauernhof, kl.Hof. Isny oder 
Ysni, früher eine freie Reichsstadt, 
von ois Burg, ois-ni kl. Burg, und 
Wangen, ursprünglich ein Castel, 
ebenfalls früher Reichsstadt, beide 
gehörten politisch in den Argengau; 
letzteres war ausserdem eine Maal- 
stätte des Landgerichtsauf der Leut- 
kircher Haide. Name von fang oder 
gmwaneg Viehpferch, bei den Römern 
Vemannia castra. — Der Name Algäu 
bedeutet Hochland, von al hoch, 
gross, Almangäu Hochberggau, von 
moin, main Berg; deutsch aufge- 
fasst mag erauch Alemannengau be- 
deuten, jedenfalls spielen beide Be- 
deutungen durcheinander. AlsHoch- 
berggau passt der Name Almangau 
indess nur auf den altkeltischen 
Albegan im Alpenland an den Quel- 
len desLech und der Iller. Albegau 
wird wohl als Alpgaun zu deuten sein, 
wie der Albegau oder Alebingau 
auf der schwäbischen Alp, von al 
hoch und binn Berg. — Zum Algäu 
im weiteren Sinne gehörten der Ar- 
gengau, der Nibilgau (oder die 
Leutkircher Haide), derSchussen- 
gau, der Illergau auf der Ost- 
seite der Ulor bei Memmingen, der 
Keltensteingau, der Augstgau 
um Augsburg, und der Albegau. 
In letzterem liegen: Sunthofen 


5 — 


Algesiras — Alhambra. 


an der Iller von sunnadh Veste; 
Fischingen, altFiskinga, entweder 
von uisgean Wasser und ka Ort oder 
von fioih Wald und inka kleinem 
Ort; Lut-wangen oder Lub-wan- 
gen von /ua-di-fang oder lua-bi- 
fang Pferch am kleinen Bach; Hir- 
zisegge, vonhar, hyr,Heerde, cas 
Einfriedigung und aigheHöhe, Berg 
oder hoch, sämmtlich im Illerthal 
(die andern Orte stehen unter Lech- 
thal). 

Algesiras oder Algeciras, Stadt 
bei Gibraltar, zu deutsch gross-Was- 
ser-Ortvon a/gross, gais Wasser und 
caer, caeras Ort. 

Algier. ähnlich wie Cyrene, von 
caer Stadt und al gross; die Burg 
oberhalb Algier, die Kas-ba dage- 
gen von cas Burg und bi klein. — 
Nach den Arabern, welche die Stadt 
um 935nach Chr. erbaut haben wol- 
len, heisst sie die „siegreiche“ al- 
dschesair, was aber sprachlich nur 
halbwegs, dem Sinne nach gar nicht 
passt, und erst lange nach Ent- 
stehung der Stadt ausgedeutet 
wurde. 

Alhambra, wörtlich grosse Kam- 
mer, franz. chambre; Kammer, an- 
dere Form für Chemnade, slavisirt 
Chemnitz, Die Alhambra war die 
Residenz der maurischen Könige in 
Granada, ein prachtvolles Gebäude, 
das noch ziemlich vollständig erhal- 
ten ist. Die Araber deuten den Na- 
men als „rothes“Haus; chemi,cham, 
ham und wie dieFormen alle lauten, 
bedeutenaber schwarz (vergl.cham). 
Die Sylbeham, cham ist, wieder alte 
Name Kamin-ate für Kemnade aus- 


Alheimer — Alkmaar. 


weist, aus ca-min kleine Einfriedi- 
gung, kl. Wohnort zusammengezo- 
gen. Wieder mit ar, gross, ver- 
bunden entstand Kammer, franz. 
chambre-, mit dem arabischen Ar- 
tikel al: Alhambra (vergl. Komnade). 

Alheimer, 1360 Alleymer ge- 
schrieben, ein 1754 Fuss hoher 
Berg bei Rothenburg an der Fulda. 
Doppelname von all, oill Fels, au 
Berg und mamr gross. 

Alicanle, Seestadt in Spanien, 
von !iy Wasser und gan Burg. A 
steht statt des ersten 1, der beque- 
mern Aussprache wegen. 

Alicata oder Licata, See-Stadt auf 
Sicilien bei Girgenti, von //uik fester 
Ort und ais, uad, ada Wasser. 

Alkmaar , vilämisch Alkmaer, 
Stadt in Nordholland, bezw. West- 
friesland, an einem jetzt trocken- 
gelegten Meere, oder Moorwasser, 
mit starker Viehzucht; daher der 
Name, al gross, ka Viehpferch, 
Einfriedigung und muir Meer. Die- 
ses Meer oder Moor heisst deScher- 
mer von caor Wasser und muir 
Meer; in der Nähe sind noch meh- 
rere solcher Moore, als de Wog- 
Meer von gwiog Wasser, de Pur- 
mer und de Wor mer, beide von 
bior Wasser. De Beemster da- 
gegen bedeutet Wasserland von 
beum Wasser und fir, terra Land. 
All diese Moore sind jetzt in cana- 
lisirte Wiesenflächen umgewandelt. 
Zu Römerzeiten hiess die Gegend 
Baduhenna sylva, Wasserwald, 
von bais Wasser, baidean klein 
Wasser, oder von Add Wald und 
ean Wasser; von diesem Sumpf- 


— MM — 


Alkmene — Allah. 


wald erhielt schon in ältester Zeit 
die Gegend den Namen Holland, 
Holtland, Holzland, wenn Holt nicht 
aus alt Wasser, entstanden ist; 
denn Wasser ist und war das wesent- 
liche Merkmal dieser Gegenden, 
nicht der Wald. — Ein Heinrich 
von Alkmaer gilt als erster Verfas- 
ser des Reineke Fuchs, oder Vos. 

Alkmene, die Mutter des Her- 
cules nach der griechischen Sage; 
sie war die Tochter eines Königs 
von Mykene im Peloponnes. Zwar 
an den Amphitryon verheirathet, 
dem sie den Iphikles gebar, ver- 
schmähte sie indess auch den Um- 
gang mit Jupiter nicht, und gebar 
ihm den Hercules; später wurde sie 
noch Gemahlin des Rhadamanthus, 
eines der Höllenrichter. Ihr Name 
bedeutet edies Weibchen von ealg 
edel, min klein und nae Frau. 

Alkoven, Theil eines grössern 
Zimmers, ein Nebenzimmer, kommt 
zunächstvon demarab.al-kubbe, das 
etwas Hohles, Gewölbtes bedeutet, 
also eine Kufe. Bezeichnender ist 
dafür das keltische cwb Schuppen, 
Nebengebäude, an die Wohnstätte 
anstossender Verschlag. 

Allah, Gott, nach den Arabern 
der Anbetungswürdige, weil zusam- 
mengezogen aus dem Artikel al und 
ilah, hebräisch Eloah, anbetung» 
würdig. Keltisch lauten die ent- 
sprechenden Formen ai} und eaig, 
sio bedeuten ode. Ob aber Allah 
nicht einfacher von a’ gross und 
ae Mann abzuleiten, mag dahinge- 
stellt bleiben. Im Hebr. bedeutet 
Beth-el Haus-Gottes, Hütte des 





Allahabad — Allbehaarte,. — 55 — 


Mächtigen (gälisch bodh oder badh 
Hütte). 

Allahabad, Stadt in Hindostan, 
angeblich die Stadt Gottes vom 
arab. Allah, Gott und dem kelti- 
schen oder altindischen badr Hütte, 
Haus, Wohnung; sie liegt am Ein- 
flusse derDschemnah inden Ganges, 
beides heilige Flüsse. Al-lua be- 
deutet aber keltisch grosses Wasser, 
und passt eher zu dem keltischen 
badh, als das erst einige Jahrtau- 
sende später aufgekommene ara- 
bische Allah. 

Allbehaarte oder Mosinos 
nennen die Japaner die Ureinwohner 
Japans, die jetzt auf den unfrucht- 
barsten Theil der Insel Jesso zu- 
rückgedrängt sind; deren Zahl mag 
etwa noch 50,000 betragen. Ainos 
nennen sie sich selbst. Ihr Haupt- 
haar, sehr dick und mattenartig 
verflochten, bildet einen ungeheu- 
ren Büschel, und neben dem langen 
und dichten Barte bedecken dunkle 
Haare ihr Antlitz, ebenso die Arme 
und Hände, ja fast den ganzen Kör- 
per. Die Hautfarbe ist heller als 
die der Japanesen, ihr Auge dunkel. 
Die Weiber sind weniger stark be- 
haar. Die Kinder sind lebhaft 
und intelligent, die Eltern aber in 
Folge des japanesischen Druckes 
niedergeschlagen. Jährlich im Früh- 
jahre müssen sie ihren Herren, den 
Japanern — unter des Taikun von 
Yeddo Lehnsoberhoheit herrscht 
auf Jesso der Fürst von Mats-mai 
— eine Abgabe von Pelzen und ge- 
trockneten Fischen entrichten; und 
nur bei dieser Gelegenheit zeigen 


Allbehaarte. 


sich ihrer einige in den Städten 
Mats-mai und Hakodadi, um ihren 
Ueberschuss an Fischen und Pelzen, 
Erzeugnissen ihrer unwirthbaren 
Heimath, gegen Reis und Jagdge- 
räthe einzutauschen. Um dassechste 
Jahrhundert vor unserer Zeitrech- 
nung, als auf Japan der erste Mi- 
kado herrschte, sollen die Ainos die 
unumschränkten Gebieter nicht nur 
Jesso’s, sondern sogar desnördlichen 
Theiles von Nipon gewesen sein; 
aber die Japaner begannen sie zu- 
rückzudrängen, zuerst über die 
Strasse von Sangar, dann nach- 
rückend allmälig in den Norden 
Jesso’s. Erst gegen Ende des 14. 
Jahrhunderts gelang ihre vollstän- 
dige Besiegung und Unterwerfung. 
Es lebt in diesen Bewohnern Jesso’s 
die Ueberlieforung, dass ihre Ur- 
ahnen aus dem Westen, also von 
dem asiatischen Festlande her, go- 
kommen sind. Doch auf ganz Ko- 
rea oder in der Mandschurei ist kein 
Stamm aufzufinden, der mit den 
Ainos Aehnlichkeit hätte. Ihre 
Religionslehre beruht auf einem 
dunkeln Grundsatz, welcher mit den 
Thieren der Jagd und den Unge- 
heuern der Tiefe in Verbindung 
steht. Ihre Hauptgottheit ist der 
Bär, obwohl sie diesen ihren Gott 
erschlagen, wo sie ihn nur antreffon 
können. Aus dem Wasser ist ihnen 
die Welt entstanden. Der erste 
Mensch war ein Weib, welches das 
paradiesische Leben dadurch verlor, 
dass es den Apfel der Erkenntniss 
von einem Manne annahm. Der 
Fremde, welcher die Ainog in ihren 


Allendorf — Aller. 


Hütten besucht, wird freundschaft- 
lich aufgenommen und bewirthet, 
und hier, fern von ihren Gebietern, 
legen sie auch ihre ungemeine 
Scheu und Niedergeschlagenheit ab. 
Was die Sprache der Ainos betrifft, 
so soll sie keine Aehnlichkeit mit 
jener der Nachbarvölker haben, 
was indess zur Zeit nicht viel be- 
sagen will, denn wer hat sie bis 
jetzt untersucht, und wer kennt die 
Mundarten der Völker in den chine- 
sischen und tübetanischen Hoch- 
gebirgen, unter denen die Ainos 
vielleicht Stammverwandte haben. 
Die Sage von den Affenvölkern in 
Tübet möchte sich wohl auf Stämme 
beziehen, welche den Ainos ähnlich 
waren. Das Wort ain könnte viel- 
leicht auf an Leute zurückgeführt 
werden. 

Allendorf, Stadt in Niederhessen 
an der Werra, hiess alt Aldindorf 
oder Aldendorf, kommt also von 
alt, oder ailt Ort, deminutiv aillean 
kleiner Ort. Es gibt noch ver- 
schiedene andere Orte dieses Na- 
mens, die alle dasselbe bedeuten. 

Allensteln oder Alstyn, Ort, 
früher Burg in Ostpreussen an der 
Alle, letztere von alt oder /!y Was- 
ser, und Stein gezischt für din Burg, 
denn Felsen gibt es daselbst nicht. 

Aller, Fiuss in Nordthüringen 
bezw. Ostphalen, der in die Weser 
mündet; alt Alara, vom kimbri- 
schen //yry Wasser; das a ist der 
Artikel oder blos des doppelten IU 
wegen vorgesetzt.e In Schwaben 
heisst die Aller Iller, in Hessen 
Lohrbach undLehrbach, auch 


56 — 


Alleschanz — Allia, 


Lierbach, Larbach und Lur- 
bach. 

Alleschanz, Alischanz, oder 
Aleschanz, latinisirt Ailiscampi, 
Campus Elisiu, ein berühmter 
Begräbnissort bei Arles in der Pro- 
vence, der die Gabe haben sollte, 
die Todten vor dem Wiedererschei- 
nen und Umgehen zu bewahren. 
Es wurden deshalb hierher viele 
Leichen gebracht, indem man sie 
in Särgen oder Fässern auf einem 
Nachen die Rhone herabtreiben liess. 
Neben den Leichnam legte man 
Geld. In Arles machte der Todten- 
schrein Halt, und der Leichnam 
wurde feierlich bestattet. Von an- 
dern Orten wurden die Leichen zu 
Land über die Pyrenäen und die 
Apenninen herbeigeführt, gewöhn- 
lich waren es Helden, dieim Kampfe 
gefallen waren. Da liegen Jo- 
vianus, und der Graf Bertram und 
Aistulph, und zahllose’ andere Edle. 
Aus diesem Gebrauche ist später 
bei den Christen die Sage entstan- 
den, die Heiligenleiber oder die 
der Märtyrer seien in dieser Weise 
auf Nachen gelegt worden, die aber, 
weil es Heilige waren, stromauf- 
wärts trieben. Wo das Schiff lan- 
dete, wurde der Heilige begraben. 
Aleschanz kommt, wenn es mit 
Elysium gleichbedeutend ist, von 
aille schön und chatnes Feld; Ely- 
sion kann auch von eo/as Zauber und 
ion Land, und Alischanz von alis, 
tiefster Ort, bezw. Hölle abgeleitet 
werden. 

Allia, jetzt Aja, ein Flüsschen, 
das oberhalb Rom in die Tiber 


Allier — Allobrogen. 


mündet; an demselben wurden 387 
vor Chr. die Römer von den Galliern 
unter Brennus (d. h. unter deren 
Führer, denn Draine bedeutet dies) 
geschlagen. y-lia, oder bloss Z/y 
bedeutet Wasser, y oder a ist der 
Artikel; Aja ist eine weichere Form 
für aqua oder nich-aha. 

Allier, Nebenfluss der Loire, in 
welche er bei Nevers mündet, Name 
von /lyry Fluss mit vorgesetztem 
a, als Artikel, oder des doppelten 
/ wegen; alt hiess der Fluss Ela- 
ver von aber, ynfer, was eben- 
falls Fluss bedeutet, mit vorgesetz- 
tem e/ gross. 

Allmansgebirg oder hoher All- 
mann, eine hohe Bergkette in den 
Cantonen Zürich und St. Gallen 
von al hoch und mmnt (lat. mons) 
oder auch bloss maon Berg. 

Allo oder Hahlo, gallischer 
Mannsname, der fremder Mann be- 
deutet, von ail fremd, lat. alienus, 
und ae Mann. Es mögen darunter 
neben den Alemannen auch die 
unter Kaiser Trajan nach Gallien 
versetzten Judenfamilien verstan- 
den worden sein, denn Hahlo ist 
jetzt noch ein Judenname. Alibert 
ist darnach Sohn des Fremälings, 
von bert Sohn. 

Allobrogen, Allobrigen, Alo- 
briten und Asobrigen, keltische 
Namen für die heutigen Bewohner 
Savoyens, er bedeutet Alpenbewoh- 
ner, oder Hochgebirgsmänner, vom 
gäl,. oill, aill oder all, Fels, brog, 
brug, braigh oder braiht, Höhe, 
Hochland (vergl. Brocken) und ae 
Männer. Asobrigen von ais hoch, 


57 —_ 


Alm — Almas. 


Die Allobrogen wurden nach langen 
Kämpfen von den Römern unter- 
jocht, ihr Hauptort war Vienne, 
alt Vienna an der Rhone vongmwyan 
Wasser und nae Leute. \ 

Alm, zusammengezogen für Al- 
mat, Almend, Gemeindewald (vergl 
Almend). 

Almada, Stadt in Portugal, Lis- 
sabon gegenüber, in einer Ebene, 
von al gross, madh Feld und ae 
Leute, oder gleich Olmütz, oder 
Almasa von al-modh grosser Hof. 

Almaden, Stadt in der Sierra 
Morena in Spanien, mit ergiebigen 
Quecksilbergruben. Al gross, oder 
gemeinsam, mad zusammengezogen 
aus muind Wald — und an oder 
nae Leute, soviel als Almuthshau- 
sen in Hessen (vergl. Almend). 

Almagro, Stadt in der Ebene der 
Mancha in Spanien, al gross, magh 
Feld und ra, ro Stätte. 

Almas. Eine Reihe von Feldbau 
treibenden Orten in Ungarn, Sieben- 
bürgen und Serbien führen diesen 
Namen; er bedeutet bald grosses, 
abgemessenesund eingetheiltes Feld, 
von al gross, und maes, was die 
angegebene Bedeutung hat, oder 
gross-Wald-ort, zusammengezogen 
aus muin-ais,oderendlich grosser 
Hof von al-modh, im letztern Falle 
gleich Olmütz. Da der Name Al- 
mas nicht blos in Ungarn und Sie- 
benbürgen, sondern auch in Serbien 
vorkommt, wo niemals Ungarn wohn- 
ten, so kann er auch nicht aus dem 
Ungarschen stammen, aber ebeuso- 
wenig aus dem Slavischen, denn 
auch in Hessen gab es ein Olmiz 


Almeida — Almend. 


und ein Almezs, und in Portugal 
liegt ein Almada. 

Almeida, portugiesische Grenz- 
veste in der Provinz Beira (bior-ae 
Wasser-leute, Duero-anwohner). Al- 
meid ist grosse Hameide, oder 
grosser Wartthurm von om Haus 
undaithhoch; dasselbe was Amida 
heutzutage Diarbekir in Chaldaea. 

Almend, alt algmenda, algmanda, 
am Oberrhein gebräuchliche Aus- 
drücke, anderwärts Marken oder 
Waldmarken, Haingereiden oder 
Gereiden, lauter Namen für Ge- 
meindewälder einzeiner oder meh- 
rerer Orte, in welche das Vieh, 
namentlich die Schweine getrieben 
wurden. Die Theilnehmer an der 
Almend hiessen Reidegenossen, 
Haingereiden, Märker, Markge- 
nossen, auch Marken, und ihr Weis- 
thum Gereidespruch. Die Almende 
hiess in älteren Zeiten Almeinda, 
Alemenda, Almuth, Almat, Almand, 
Allme (Alm in den Alpen), Walde- 
meyne, Waldemene, Meingewelde; 
leiztere Formen in Norddeutsch- 
land, woraus Maiwald wurde, 
statt Mainwald. Gewelde und Wald 
sind die Uebersetzungen des mein, 
meinde, verdeutscht für muinn, 
muind gälisch Wald; aus dem 
Walde wurden später theilweis Wie- 
sen und Waiden. — Die Vorsylbe 
al, all bedeutet gälisch gemein- 
schaftlich, allgemein, darnach Al- 
mende soviel als Gemeinwald. 
Spruch (Gereidespruch) ist die 
UVebersetzung vomgäl. raith, reithe 
Austrag, Schiedsspruch, raithe 
Schiedsrichter, oder kurzweg Rich- 


— 5 — 


Almeria — Almerode. 


ter; Beidegenossen sind die- 
jenigen, die am Waldspruch oder 
Waldrecht Antheil haben; Hein- 
gereiden sind die Waldrichter. 
Mark gäl. meirghe bedeutet Ge- 
sellschaft, Genossenschaft. In Mark- 
genossen ist das zweite Wort die 
Vebersetzung des ersten, latinisirt 
marca, mittelalterlich Marg. (Vergl 
Mone's keltische Forschungen.) 

Almeria, Stadt im südlichen 
Spanien am Meere, alt Murgis, la- 
tinisirt Portug magnus, grosser 
Hafen. Murgis bedeutet Meerburg 
muir-cas oder gis; Almeria unge- 
fähr dasselbe von al gross, und 
muir Meer. Mer, mur, mor, hat 
übrigens noch verschiedene andere 
Bedeutungen als: gross, Berg, 
Mauer, Veste, und gis kann auch 
von gais Wasser herkommen. West- 
lich von dem alten Murgis am Meere 
lag ein Ort Abdera, der heutsu- 
tage Adra genannt wird, welcher, 
wie das Abdera in Thracien, Wasser- 
ort bedeutet, von abh Wasser, und 
tuar Dorf; Adra ist dasselbe von ad 
Wasser und ra Ort, gleich Adria 
am adristischen Meere. Es wird 
wobl Niemand behaupten wollen, 
dass Abdera in Südspanien eine 
Colonie der thrakischen Abderiten 
gewesen, und Adra von den Adriæ- 
ten erbaut sei, wohl aber geht dar- 
aus hervor, dass die altkeltische 
Sprache sowohl in Thrakien und 
Venetien als in Spanien gesprochen 
wurde. 

Almerode, Gross-Almerode am 
Fusse des hohen Hirschberges, 
bezw. Arz- oder Ardberges (von 





Almondbury — Almungau. — 59 — Almuthshausen — Alp. 


ard steil) in Niederhessen, und 
Klein-Almerode nördlich davon, 
ebenfalls im Wald-Gebirge; das 
erste mit Thonwaarenfabrikation 
und Bergwerken. Name von a/ muin 
gross - Wald, zusammengezogen in 
Alm und rodh, ausgerodetes Wald- 
feld. 

Almondbnry, Stadt in England 
in der Grafschaft York, al-mwnt- 
br, gross-Berg-Burg oder al-mu- 
ind-bwr, gross - Wald - Burg, je 
nach der Lage. 

Almorah, Stadt in Hindostan 
am Himalaya, a/ gross, mor Berg 
und ra Stätte, 

Almungau, Grosswaldgau, von 
al und muinn, muind, Wald, süd- 
lich von Paderborn an den Quellen 
der Alme; er umfasst namentlich 
das Sintfeld, auf der Wasser- 
scheide gegen die Diemel, darin 
lagen: Barkhausen, südlich von 
Büren, gleich Burghausen von bwrgy 
kimbrisch Burg. Oistorf alt 
Osterep auf einer Anhöhe von ais 
hoch und Zreabh Dorf. Haaren 
altHaran ebenfalls hochgelegen von 
aran Berg oder von haar Heerde 
und an Leute. Weine an der 
Alme von ean Bach und se Leute. 
Büren, alt Buria an der Alme, 
Viehland von buar Hornvieh und 
ia Gegend. Ahden an der Alme 
alt Adane, Bachort, von adBach und 
dun Ort odervon aidhean kl. Ort. 
Helminghausen, oder Halding- 
husen alt Hellonhus ven ailtean 
kleiner Ort oder al-long hochge- 
legener Ort; es liegt auf der Höhe 
über Almena, Siddinghausen, 


alt Sickinnhus oder Siddiginhusun 
von di klein, teag, fig, Ort; tain- 
gean Veste. Beringhausen, alt 
Bieranhus von bioran klein Wasser 
und iosd gleich hausen. 

Almuthshausen, alt Almetshu- 
sen, Almeshusen, Almundeshusa 
bei Homberg in Hessen. Almuth 
ist gleich Almend (vergl. dieses), 
Gemeindewald. Dieses Dorf ist in 
einem frühern Gemeindewald ange- 
legt am Nordende grosser Berg- 
wälder, die von da südlich bis zum 
Knyll reichen. 

Alnwick, Alnewick, Stadt in 
Nordhumberland in England, an 
der Alne; letzteres zusammengez0- 
gen aus /i-ean-aha kl. Wasser, 
wick, wigh bedeutet Dorf. 

Aloiden, grosse, wilde, fremde 
Männer von all, aileund eus Mann, 
dasselbe was Halo, Hellen und 
Alleman. Aloiden hiessen die bei- 
den Söhne des Aloeus, bezw. des 
Neptuns, Oetus und Ephialtes, 
welche am Kriege der Titanen und 
Giganten zur Erstürmung des Olymp 
Theil nahmen, und dafür im Tarta- 
rus an eine Säule gebunden wurden, 
wo ein Geier ihre Eingeweide zer- 
fleischt und eine Eule Tag und 
Nacht sie durch ihr Geschrei quält. 

Alp, raube Alp, oder schwä- 
bische Alb, alt Alebin; eine Fort- 
setzung des Schweizer Jura nach 
dem fränkischen Jura hin, boginnt 
bei Winterlingen und Ebingen und 
erstreckt sich bis Alpeck und Geis- 
lingen. Man theilt sie in die rauhe 
Alp im engern Sinne, die Hoch- 
eträss;, den Albuch und dag 


Alpen. 


Hertfeld, welch letzteres an das 
Ries grenzt. Das Wort Alp oder 
auch Alb ist desselben keltischen 
Ursprungs wie die Alpen (vergl. 
letztere) und bedeutet hohe Berge, 
Felsenberge von alhoch, gross, oder 
ail, oil Felsund bin Berg. Die rauhe 
Alp, oder Albgau, Albigau, um- 
fasst die alten Capitel Güttingen 
und Geislingen. Gaugrafen waren 
die Dynasten von Ruck (rugha 
Berg) bei Blaubeuern, von denen 
die Pfalzgrafen von Tübingen ab- 
stammten. Im Jahr 813 schenkte 
Karl der Grosse den pagus alebin- 
gensis dem Kloster Reichenau, von 
diesem trugen ihn die Grafen von 
Kirchberg, ein Zweig derer von 
Ruck zu Lehen, bis diese Lehen 1295 
und 1300 an das Kloster Balmans- 
weiler im Linzgau kamen. Albeck 
alt Albecke bedeutet Haag (ke) 
auf der Alb. Ebingen kommt von 
aoibh Hof, Gut, deminutiv aoibhin. 
Geislingen von gais Bach und 
long Ort. Güttingen, Waldort von 
coed Wald und inka kleiner Haag. 

Alpen, latinisirt alpes, keltisch 
al-bin, al-pen, was grossen, oder 
Felsen-Berg bedeutet, bin oder pen 
kommt auch in Apennin vor, wo A 
entweder der Artikel ist, oder e, i, 
klein, im Gegensatz zu den Alpen, 
bedeutet. Nach dieser Auffassung 
stehen sich Alpen, und rauhe Alp 
dem Sinne nach gleich; letztere 
kann Alb oder Alp geschrieben 
werden, denn im Keltischen stehen 
p und b auch eines für das andere, 
Berg heisst pen, benn, beann,beinn, 
binn. Bei den Schotten heisst ihr 


— 60 — 


Alpheus — Alpujarras. 


Bergland Alba oder Albain; 
Albanien in der Türkei führt 
aus gleichen Gründen denselben 
Namen. 

Alphens, der grösste Fluss des 
Peleponeses, vom gälischen al 
gross und bais Wasser. Jotzt heisst 
er Alfeo, Rofeo oder Ryfo, er ent 
springt in Arkadien, und mündet 
bei Olympia in Elis ins jonische 
Meer. Der Gott Alpheus, der sich 
mit der Quellnymphe Arethusa ver- 
binden wollte, aber von derselben 
geflohen war, verwandelte sich, 
nach der Sage, in einen Fluss, der 
unter dem Meere hinströmend, da- 
selbst endlich seine Geliebte fand, 
und sich mit ihr vereinigte. 

- Alpirsbach, Bach und Ort m 
mittlern Schwarzwald, zu deutsch 
Felsenbach, vom gäl. all, oill Fels 
und bior Wasser, denn er fliesst in 
einem Felsenthale. 

Alpnach, Ort in Unterwalden 
am Vierwaldstädter-See, der Name 
von al-buinn-acha gross- Wasser- 
Veste, oder statt acha bloss ka, 
cha, Viehpferch am grossen Wasser. 

Alpujarras, oder Alpuxarras, 
ein Felsengebirg, welches südlich 
von der Sierra Nevada am Küsten- 
rande Spaniens sich hinzieht, mit 
Gipfeln bis zu 6000 Fuss Höhe. 
Die Bewohner dieses Gebirges sol- 
len die letzten Abkömmlinge der 
Mauren sein, welche einige Jahr- 
hunderte hindurch Spanien be- 
herrschten. Der Name Albu-charras, 
denn so wird er ausgesprochen, be- 
deutet in der ersten Hälfte soviel 
als Alpen d. h. hohe Berge, und in 


Alraf — Alsan. 


der zweiten soviel als Felsen von 
sgor Fels (Scharzfels im Harz). 

Alraf, Dorf im Waldeckschen, 
alt Alreffu, Alrepa, Alreph, Alreffe, 
es liegt an der Werbe (bior-bi kl. 
Wasser). Bef ist versetzt für ire- 
abh, Dorf und a! bedeutet gross, 
oder steht für alt Wasser. Ein 
ähnlicher Name ist Wallraff, 
Bachdorf, von Dial Wasser und 
treab, Irop, druf (Ohrdruff). 

Alraun, Gross-Geheimniss von 
al gross und run Geheimniss, Zau- 
berformel, Rune, geheimnissvolles 
Schriftzeichen. Die Alraunwurzel 
(Atropa Mandagora eine Belladonna- 
art) brachte deren Besitzer, wenn 
er schweigen konnte, grossen Reich- 
thum. Die Wurzel musste unter 
dem Galgen ausgegraben werden, 
hiess darum auch Galgenmännchen. 

Alsa, Fluss bei Aquileja in Fri- 
aul, vom gälischen ailt, alt Fluss, 
mit gezischtem it und dem ange- 
hängten aa; gleiches Wort wie Elz 
in Deutschland. 

Alsen, jütisch Alsö, Insel auf 
der Ostseite Mittelschleswigs. Die 
Bewohner nennt man Alsinger, wie 
die von Föhr Föhringer, von Sylt 
Syltinger, von Swansen Swansinger, 
die auf Femern Femaerlinge. Da- 
gegen heissen die Bewohner von 
Angeln, Aerö, Fühnen und andern 
jütischen oder dänischen Land- 
schaften Bauern, jütisch Bo, als 
Angelbauern, Fühnbauern, jütisch 
Fynbo, Aeröbo. Alsen theilt sich 
in Nörrä und Sonderbäret, oder in 
die Norder- und Süderharde. Die 
Insel gehörte früher zu Fühnen, und 


— 6 — 


Alsenz — Alsgau. 


stand unter dem DBischofe von 
Odense; auf ihr liegen die Schlösser 
Sonderburg (jüt. Sönderborg), Nord- 
burg (Nörreborg) und Kekeborg 
oder Keiborg auf der Landenge 
oder dem Dräg von Kokenäs oder 
Kekenis. Der höchste Hügel ist 
der 250 Fuss hohe Höi-Bjerget 
(Höhe-berg). Der Name Alsen, 
dänisch Als, oder Als-Ö (Als-insel) 
bedeutet Wasserinsel von alt ge- 
zischt a/s Wasser, und in Insel; 
Kekeborg ist Hügelburg, von 
coiche Hügel; näs ist Nase, Land- 
vorsprung. Der Ausdruck Dräg 
für Landenge ist ebenfalls keltisch, 
er kommt von iruagh, droch, tric, 
trich, trac klein, eng, daher droich 
Zwerg, alt Tworg. 

Alsenz, latinisirt Alisentia und 
Eliso, gleich der Elsenz, welche 
oberhalb Heidelberg in den Neckar 
mündet, von alt Bach altan kleiner 
Bach. Das s wird hinter dem n 
häufig nachgezischt, so auch bei 
Ens und Enz statt Inn von ean 
Wasser. Eine Alsenz fliesst in die 
Nahe, eine andere in die Mosel. 

Alsfeld, Stadt auf dem Vogels- 
berg in Oberhessen. Die Endung 
Feld bedeutet bei alten Ortsnamen 
nicht unser deutsches Feld, sondern 
Vieh-Pferch vom keltischen Fald 
und als steht statt alt Wasser; 
ähnlicher Bedeutung sind die Orte 
Hersfeld, Schönfeld, Felda, Fulda, 
Zwiefalten und andere mehr. 

Alsgau, oder Elsgau, eine 
Landschaft im Leberberg im Berner 
Jura, Name von alt Bach. Dasselbe 
bedeutet auch Leberberg, von li-bior 


Alsleben — Alster. 


klein Wasser, franz. in Lievre, Hase, 
umgeformt im Lievre Thal, oder 
Leberthal in den Vogesen. Im Als- 
gan liegt die alte Veste Delsberg, 
deren Name von dail Burg oder 
di-Uys, kleine Burg, herkommt, 
weshalb der Alsgau auch Salzgau 
hiess, indem di-llys in Salz umge- 
wandt wurde. Heutzutage heisst 
diese Als oder alt bloss Al, oder 
All, gleich der in der Nähe ent- 
springenden Ill, von welcher das 
Elsas oder der Alsasgau, (Elsenz- 
gau) latinisirt Alsatia (für Alsantis) 
den Namen führt. Eisenz ist das 
Deminutiv von alt, und hiess die Ill 
darum kleiner Fluss, weil sie in den 
grössern Rhein mündet: Der Ill 
gegenüber im Breisgau fliesst die 
Elz, welche den Zischlaut beibehal- 
ten hat. 

Alsleben, Ort bei Merseburg an 
der Saale, zu deutsch: kleiner Was- 
ser-schlupf oder Ort, welcher der 
leichtern Vertheidigung wegen in 
einer Krümmung der Saale ange- 
legt wurde, von als, alt Wasser 
und /iub, liob, leb Stätte, Winkel- 
ort, deminutiv /iuban, oder leban. 

Alst, niederdeutsch Aelst, alt 
Alost, Stadt und Landschaft auf 
dem Hochufer der Dender in Ost- 
Flandern, an der Grenze der Wal- 
lonen. Name vom gäl. a Hügel, 
ltos Haus, Burg und di klein. 

Alster, ein Flüsschen, welches in 
Holstein entspringt und bei Ham- 
burg einen grossen See sowie ein 
Bassin bildet; a) ist gross und siter 
Wasser, derselbe Name wie Elster 
bei Leipzig, welche desshalb gross 


— 62 — 


Alt — Altan-noor. 


heisst, weil neben ihr die kleinere 
Pleisse, sowie die Luppe und 
die Parthe fliessen, die klein Was- 
ser bedeuten, Di/-ais, bezw. /u-abh, 
und bior-di. 

Alt, oder Aluta, Nebenfluss der 
Donau in der Walachei, vom kelt. 
alt Fluss, Wasser; Aluta ist ent- 
weder die gedehntere ältere Form 
alt-aha, oder aus y-Jua-di, das 
Wasser-klein, entstanden. 

Altal, der hohe Gebirgszug im 
mittleren Theile Hochasiens an den 
Quellen des Jenisei, westlich vom 
Baikalsee ; bei den Türken Ekdag, 
oder Akdag, bei Ptolemäus Asks- 
tagkas. Al und ak sind gleich- 
bedeutend für hoch, und dagh ist 
die gewöhnliche Bezeichnung der 
Türken für Berg; das d ist wohl 
bloss eine Verstärkung für aigk 
hoch, ebenso wie tai für ai Land; 
darnach bedeutet Altai Hochland 
und akdagh hoher Berg. Die grie- 
chische Form aska von ask, Esche 
Wald, würde ein Waldgebirg be- 
zeichnen, tagk-as einen hohen Berg 
von aith, ais hoch. Vom Altai 
sollen oder wollen die Türken stam- 
men, von wo sie sich im 6. Jahrh. 
nach Chr. bis ans kaspische Meer 
ausbreiteten. 

Altamura, Stadt in Neapel, nach 
dem Lateinischen soviel als hohe 
Mauer, nach dem Keltischen Was- 
ser-Veste von alt Wasser und mur, 
murog fester Ort, ummanerter Ort, 
gleich Muri und Murten in der 
Schweiz. 

Altan-noor, oder bloss Altya 
ein See im mittlern Sibirien im 








Altbach — Altbaden. 


Gouvernement Irkuzk. Altan, al- 
tean oder altyn bedeutet kleines 
Wasser, von alt Wasser. Merk- 
würdig ist, dass der Ausdrucknoor 
oder noer, der sich in Holstein und 
Schleswig für stehendes Wasser, 
oder See häufig findet, auch in Hoch- 
sibirien am Altai vorkommt. In 
Arabien lautet der AusdruckNahr, 
und bedeutet kleiner Fluss; sämmt- 
liche Formen kommen von ni-earg 
oder ni-earh, klein Wasser. 

Altbach bei Esslingen, desgl. 
bei Andelfingen in Würtemberg, 
dann bei Westhofen und bei Lams- 
heim in Rheinhessen; bei Pflum- 
mern und Ebersberg in Würtem- 
berg. Ein Ort Altenbach im 
Odenwald bei Heidelberg, Alt- 
brannen im Elsas, Altach bei 
Hohenems, Altaich in Baiern, 
früher Alt-aha, — alles vom gäli- 
schen alt, Wasser. Desgl. die 
Allts, Bach in Baiern, gleich 
Elz im Breisgau; dann Alzbach, 
Alsbach bei Blieskastel; die Als, 
Alsa in Oesterreich und eine Menge 
ähnlicher Formen, die sämmtlich 
vom keltischen alt herkommen; 
denn sie für alte Bäche zu erklären, 
wäre lächerlich. 

Altbaden, bildete sich aus den 
Landschaften um die Städte Baden 
und Rastadt, sowie um Pforzheim, 
Durlach und Karlsruhe. Diese 
Städte liegen auf den alten Grenz- 
marken der Rheinfranken und Ale- 
mannen, wie der fränkischen Bis- 
thämer Mainz und Speier einerseits, 
und des alemanischen Bisthums 
Strassburg andererseits, in den 


— 63 — 


Altbaiern. 


kleinen Gauen der Enz, Pfinz, Alb, 
der Murg und des Oosbachs. Die 
Markgrafschaft Baden bildete das 
Verbindungsglied zwischen Franken 
und Alemanen, und besteht darum 
auch die Bevölkerung aus einer 
Mischung beider, namentlich in der 
Stadt Karlsruhe, während die Land- 
bevölkerung im Alt-Durlachschen 
Gebiet mehr einen fränkischen, oder 
fränkisch-schwäbischen, im baden- 
schen Gebiete einen mehr alemani- 
schen Charakter trägt. Aehnlich 
verhält es sich mit Stuttgard, 
welches die Ost- und RBbeinfranken, 
die Alemanen und Ober-Schwaben, 
zu Altwürtembergern verschmolz. 
Kassel verband die niedersächsi- 
schen Diemelgauer mit den frän- 
kischen Madengauern zum neuen 
Stamme der Niederhessen, während 
die Oberhessen an der Schwalm und 
Lahn mehr reine Katten blieben. 
Hannover an derGrenge Engerns 
und Östphalens erzeugte in gleicher 
Weise ein niederdeutsches Misch- 
volk; München an der Grenze 
dreier bairischen Gaue verband diese 
zu Oberbaiern, Wien endlich ver- 
einigt bairische Colonisten und 
slavische Czechen und Slowaken 
mit hunnischen Magyaren. 
Altbaiern, zerfällt in Ober- und 
Niederbaiern. Das erstere bildete 
sich um München, das auf der 
Grenze des Hausengaues (links von 
der Isar), des Wostergaues zwischen 
Isar und Inn und des Sundergaues, 
im Berg- oder Oberlande liegt. 
Aus der Verbindung dieser drei 
Gaue entstand das alte Oberbaiern, 





Altdorf — Alte. 


während Niederbaiern von Re- 
gensburg bis Passau aus dem Tunka 
(Donaugau), dem Rotthal (Rotagau) 
und andern kleinern Bezirken 
erwuchs. In ähnlicher Weise und 
mit ähnlichem Einfluss auf die Ver- 
bindung der Volksstämme liegt 
Nürnberg auf der Grenze der 
Osifranken und des bairischen 
Nordgaues. (Vergl. Alt-Baden.) 
Im Gegensatze zu diesen fürstlichen 
Residenzen lagen die Bischofsitze 
in der Mitte der alten Volksstämme, 
Mainz in Rheinfranken, Würz- 
burg in Ostfranken, Strassburg 
in rheinisch Alemanien, Constanz 
in schwäbisch Alemanien, Basel 
in burgundisch Alemanien, Cöln 
inBipuarien, Münster und Osna- 
brügg in Westphalen, Hildes- 
heim in Ostphalen, Minden und 
Paderborn in Engern, Halber- 
stadt in Nordthüringen, Erfurt 
in Südthüringen, Augsburg im 
vindelizischen Schwaben, Salz- 
burg in Baiern, Chur in Rhätien, 
Lausanne in Wälsch-Burgund. 

Altdorf, Altheim, und ähnliche 
mit alt verbundene Ortsnamen kom- 
men vom gäl. alt, ailt, Haus; der 
deutsche Begriff alt, im Gegensatz 
zu neu, ist nur da anzunehmen, 
wenn in der Nähe ein Neudorf oder 
Neuheim liegt, oder der Begriff 
Alterthum durch irgend eine ent- 
sprechende Besonderheit nachge- 
wiesen werden kann. Alt sind fast 
alle Dörfer; zu der Zeit aber, wo 
sie entstanden, und ihre Namen 
erhielten, waren sie alle neu. 

Alte Land, Marschgegend auf 


— 64 — 


Alte — Altena. 


dem linken Elbufer zwischen Moor- 
burg bei Buxtehude und Stade; 
sie gehörte zum alten Mosde- oder 
Waldgau. Darin die Bäche Luhe 
(lua Wasser) und Este (ais-di 
Wasser-klein) Hauptort Jork, 
gleich York in England, Herrensit: 
von earr Herr und ka Haag, ein- 
gefriedigter Ort. Ob das „alte“ Land 
älterist, als die andern Uferstrecken, 
namentlich als dasnebenan liegende 
neus Land, mag weiterer Unter- 
suchung dahin gestellt bleiben. 
Bevor das neue Land eingedämmt 
war, hatte das alte wohl schon sei- 
nen Namen; alt bedeutet aber 
Wasser und „alte“ Land, Wasser- 
land. 

Alte Mann. Eine gegen 7000 
Fuss hohe Bergkuppe im Kanton 
Appenzell, am Säntis, die einem alten 
Mann ebenso ähnlich sieht, als hun- 
dert andere Bergkuppen, auch nicht 
mehr als die Jungfrau und der 
Mönch im Berneroberlande einer 
jungen Frau oder einem Mönche. 
oill bedeutet Fels und maon Berg, 
alt-Mann, also Felsenberg; die 
Jung-Frau kommt von onn Fels 
und bry, /ry Bergund der Mönch 
von mion-aighe kleinere Höhe, denn 
er ist niederer als die benachbarte 
Jungfrau. 

Altena, Altenau, Altona, lauter 
Orte, deren Namen entweder von 
ailt Ort, ailtan kleiner Ort, oder von 
alt Bach, altan kleiner Bach her- 
kommen, oder endlich von ailt-ean 
Ort am Wasser. Altona bei Ham- 
burg soll „Allzunah“ bedeuten, eine 
Erklärung die aber erst in späteren 





Altenberg — Altenreif. 


Zeiten aufgekommen ist. Altenau 
ist eine der Harzer Borgstädte an 
der Ocker gelegen. 

Altenberg. Es gibt eine Menge 
Berge, welche diesen Namen führen, 
und ebenso alt sind, wie die nächst 
dabei liegenden andern Höhen. Des- 
halb bedeutet alt oder alten auch 
hier nicht soviel als alter Berg, 
sondern grosser Berg al-dun; das 
angehängte Berg ist die Ueber- 
setzung von dun. Im sächsischen 
Erzgebirge liegt eine Stadt Alten- 
berg mit bedeutenden Zinnberg- 
werken; im Gothaischen ein Dorf 
Altenbergs, wo 724 angeblich die 
erste christliche Kirche, nämlich 
die Johanniskirche, von Bonifazius 
gegründet worden sein soll; die- 
selbe wurde jedoch erst von Ludwig 
dem Bärtigen 1041 erbaut. 

Altenburg und Oldenburg, häufig 
vorkommender Ortsname, früher ge- 
wöhnlich Aldinburg geschrieben, 
so das Altenburg bei Felsberg in 
Hossen ; es bedeutet nicht alte Burg, 
denn als die Burgen gebaut wurden, 
und also auch einen Namen erhiel- 
ten, waren sie alle neu. Der Name 
kommt von ailt Haus, Deminutir 
ailtan, lateinisch altus hoch, also 
ein Hochbau, oder hochgelegener 
Bau. Auf dem Schloss zu Altenburg 
im Osterlande führte 1455 Kunz 
von Kaufungen den bekannten Prin- 
zenraub aus, 

Altenreif, alta ripa, wälsch Hau- 
terive, ein Cistercienserkloster an 
der Saane bei Fryburg im Uecht- 
land ; zu deutsch, hohes Ufer, vor- 
ausgesetzt, dass das lateinische alta 

Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


— 65 — 


Altenstein — Altgau. 


ripa der ursprüngliche Name ist; . 
wäre die Ansiedelung älter als die 
römische Eroberung, dann müsste 
man an ailt Haus, ailtan kl. Haus 
und rugha Bergrücken denken. 

Altenstein, meiningisches Berg- 
schloss im westlichen Theile des 
Thüringer Waldes, mit sehenswer- 
then Kalksteinfelsen. Hier kommt 
Alten von oil! Fels, und din Burg, 
also Felsenburg; Stein ist die ge- 
zischte Form für din Burg, oder die 
Uebersetzung von oill Fels. In der 
Nähe von Altenstein liess Kurfürst 
Friedrich der Weise von Sachsen 
1521 Luther festnehmen und auf 
die Wartburg führen. 

Altfalkenstein, die Stammburg 
derer von Falkenstein im Argau, 
hiess früher Blauenstein, von b/aen 
Bergspitze, woher auch Blamont und 
Montblanc. Diese Bergspitzen sind 
nicht blau, und die Alpengipfel sind 
alle weiss, wenigstens in so weit, 
als die Schneefelder in den Schluch- 
ten an ihnen hinaufreichen; auf den 
Gipfeln bleibt der Schnee nirgends 
liegen, schon weil ihn der Wind 
wegweht. 

Altgau oder Vatergau, eine 
Landschaft in Thüringen, zu deutsch 
Wassergau, Watergau, Flussgau, 
denn er ist von der Unstrut im Stt- 
den, Westen und Osten umflossen, 
und in seiner Mitte bei Tennstädt 
lag ein See, der erst vor zwei Jahr- 
hunderten ausgetrocknet wurde. Im 
Norden umgrenzt ihn die Helbe 
(gleich Helme, Elme, Alma, Albe, 
versetzt für Dia] Wasser, oder gleich 
alt-bi, al-bi Wasser-klein). Der Gau 

5 


Altgau. 


gehörte zu Südthüringen, wie der 
Westgau und der Gau Winidon; die 
AbteiHersfeld hatte hier und in ganz 
Südthüringen Güter; Gaugrafen wa- 
ren bald die von Weimar, bald die 
Wigger vom Eichsfelde und dem 
Bilstein inHessen. Im Altgau lagen 
Hundakeres, etwa Günstedt bei 
Weisensee, von cunt Wald, aighe 
Höhe und arasOrt. Sumeringen, 
Sömmeringen, von fom Buschwald, 
er gross, und ka oder ach Ort, 
Voste, Haag. —Greussen, altGir- 
ruzen von caer Ort und rus Wald. 
Teonnstedt, alt Dannistath, Was- 
serort von fain Wasser und aidh, 
iosda Stätte, es lag an einem See. 
Grüningen an der Helbe, alt Gru- 
nengo, vongrianan Bergrücken und 
ka Haag, es lag in der Mark gegen 
den Engilin Gau, und wurde 949 von 
Kaiser OttoL, dem Abte Hagen von 
Hersfeld verliehen. Biscopestat, 
alt Guterena oder Guberna, wahr- 
scheinlich von einem Mainzer Bischof 
also getauft, jetzt Bischofs-Guttern, 
oder grossen Guttern (coid-er gros- 
ser Wald und nae Leute), gub von 
giub Kieferwald. Heroldeshau- 
son otwa von her, ar Heerde und 
alt Haus; es wurde 1016 von Kai- 
ser Heinrich IL dem Kloster Kau- 
fungen verliehen. Der Ort lag an 
der Grenze von Westerun und wurde 
auch dahin gerechnet. Thames- 
brück, alt Tungesbruch an der 
Unstrut, Tun gleich tain, Tham 
gleich faom, beides Wasser, es gleich 
ais Haus; brück wird hier Brücke 
bedeuten, sonst bedeutet es gewöhn- 
lich bei alten Namen Burg. Die er- 


Altgermanisches. 


sten Brücken waren befestigt, weil 
Brücke und Burg ursprünglich 
gleichbedeutend sind; die einfachen 
Brücken für Fussgänger hiessen 
spekia. Der Altgau gehörte gröss- 
tentheils zum Mainzer Erzbisthum. 
Altgermanisches Gerichtswe- 
sen. In demselben bestand ein 
strenger Unterschied zwischen dem 
Richter und dem Urtheiler oder 
Schöffen. Der Richter, gewöhnlich 
der Jarl oder Gaugraf, oder früher 
der Oberpriester, der oft auch Fürst, 
Heerführer oder König war, stellte 
das Gericht an, und hatte die Leitung 
des Verfahrens. Er legte den That- 
bestand vor und stellte ihn durch 
Zeugenverhör fest. Dann erst fragte 
er den Urtheiler. Diesem lag es ob 
zu antworten, den richtigen Spruch 
zu ermitteln und zu bezeugen, was 
nach altheiligem Brauche der Väter 
im einzelnen Falle als Recht zu be- 
trachten, zu thun oder zu lassen er- 
forderlich sei. Dies Amt des Urthei- 
lers hiess Tuom, altnordisch Domr, 
angelsächsisch und altfriesisch Dom, 
gothisch Doms. Im Keltischen be 
deutet domn Fürst, Herr, Vorsteher, 
lat. dominus. Antwortete der Urthei- 
ler auf die Frage des Richters ohne 
Weiteres, so sagte er das Urtheil 
(Kvetha, Vegja); war der Bechts- 
brauch umständlicher, so wies er 
es ausführlich nach (Visa); hatte 
man aus mehreren Bechtssitten zu 
wählen, so wurde die passende ge- 
koren (Kjosa). War der Handel ver- 
wickelt, oder os stand dem Urtheiler 
kein vorangegangener Fall vor Au- 
gen, so musste das Urtheil erst ge- 





Altgermanisches. 


funden oder neu gesetzt (setja) 
oder gelegt werden (legeja). Alle 
Arten ein Urtheil zu fällen, hiessen 
ein Urtel schaffen, altnord.skapa, 
altdeutsch skephan, gothisch skap- 
jan, wovon Scabinus, Skepho, der 
Schöffe. Was der Schöffe geschaffen, 
legte oder setzte, d. h. sanctionirte 
der Richter, und diese gelegten Ur- 
theile (lög oder lag) bildeten das 
Recht, die Satzung (gothisch Bila- 
geins, bei Jordanes Bellagines). Auf 
Islandhiessen die Richter Godhi (d.h. 
Catten, Priester von cadhheilig und 
dae Leute). Den Ort der Gerichts- 
handlung besehatteten häufig heilige 
Bäume. Die Gerichtsversammlung 
hiess- Thing oder Ding (von sung 
Eid, Tunginus Zeuge), die Gerichts- 
stätte Mal (von mael, maol flacher 
Berg) oder Dingstatt. In zweifelhaf- 
ten Fällen geschah die Findung des 
Urtheils durch Loosen mit heiligen 
Runenstäben. Zu Tacitus Zeiten 
wurde ein Eichen - oder Buchenzweig 
in Stäbchen zerlegt, und jedes Stäb- 
chen mit einer Rune, oder einem 
Buchstaben bezeichnet und dann, 
wie sie fielen, auf ein weisses Tuch 
hingestreut. Hiervon wurden unter 
Gebet an die Götter drei, jedes für 
sich, und eins nach dem.andern auf- 
genommen, und nach dem darauf 
eingeritzten Zeichen erklärt. Ein sol- 
ches Loosstäbchen hiess Teinn (sig- 
num, Zeichen) oder Bunakafli (Ru- 
nenkerfe); das ganze Verfahren 
hiess skera statt skithi scheiten, 
in Scheiter spalten, oder theilen, da- 
her Urtheil, Ordal. Ur ist die Ver- 
stärkungssylbe, daher im Nordischen 


—- 6171 — 


Altkirch. 


statt Urtheil, Urlög oder Örlög, das 
Urgesetzte oder Urgelegte, d.h. das 
Schicksal, das die Nornen ausspra- 
chen und die Götter bekräftigten. 
Da das Schicksal der Völker durch 
den Krieg bestimmt wird, so erhiel- 
ten die Kriegsschiffe bei den Nord- 
germanen den Namen Orlogs- 
schiffe, denn sie entscheiden den 


Kampf. Die Gerichts- oder Volks- - . 


versammlung der Götter war der der 
Menschenähnlich gedacht, nur nah- 
men in Asgard auch die Asinnen 
Antheil an derselben, während bei 
den Menschen die Weiber streng 
ausgeschlossen waren. Die Gewalt 
der weiblichen Gottheiten war schon 
in Asien im Glauben des Volkes 
dermassen festgestellt, dass sie zur 
Zeit der spätern Ausbildung des Ge- 
richtswesens nicht mehr beseitigt 
werden konnten. (Vergl. Mannhards 
hier einschlägige 'Forschungen.) 
Altkirch, Hauptort des deut- 
schen Theiles des Sundgaues mit 
den Ruinen eines alten Schlosses. 
Da die Kirche sicher erst in christ- 
lichen Zeiten erbaut wurde, der Ort 
aber älter sein muss, schon weil er 
Hauptort des Gaues war, die Gau- 
eintheilung aber aus keltischen Zei- 
ten stammt, so muss der Ort früher 
auch einen keltischen Namen gehabt 
haben, etwa alt, oder ailt Ort. Von 
einer alten Kirche kann der Name 
schon darum nicht herkommen, weil 
die Kirche, als sie gebaut wurde 
und etwa den Namen veranlasste, 
neu war. Äeal, woraus im Deut- 
schen Zelle, Chilche (oberdeutsch 
für Kirche) und auch Keller wurde, 
5 = 





Altkönig. 


mag die Veranlassung zu der Form 
Kirch gegeben haben, und alt in 
diesem Fall Fluss bedeuten. Alt- 
kirch liegt nämlich an der Ill, kel- 
tisch alt, woher auch der Name 
Alsatis, oder Elsas. 

Altkönig oder Alking, Name 
der gegen Frankfurt am weitesten 
vorspringenden Kuppe des Taunus, 
südlich vom Feldberg, etwasniederer 
als dieser, und mit ihm durch eine 
hohe Einsattelung verbunden. Diese 
Kuppe ist dadurchmerkwürdig, dass 
sich auf ihr der in Deutschland wohl 
best erhaltene alte Steinwall findet; 
derselbe zieht sich in zwei Ringen 
um den obern Theil des Berges, 
während ein dritter, weniger be- 
stimmt gezeichneter, in Form eines 
Vierecks sich an den äussern Ring 
auf dem Westabhange anlegt. Die 
Wälle bestehen aus weisslichen oder 
röthlichen Quarzstücken, wie sie 
überall auf diesem Theile des Tau- 
nug lose liegen, und sind ohne allen 
Kalk oder Mörtel unbehauen aufein- 
andergebeugt. Der innere Wall bil- 
deteinOval von 430 und 320 Schritt 
Achse, der äussere läuft in 60— 
100 Schritten Abstand um den in- 
nern herum; letzterer hat mehrere 
Eingänge, die wohl erst später ge- 
brochen wurden, der innere hat nur 
einen nach der Südostseite zu. Die 
Bingwälle sind stellenweise noch bei 
30 Fuss hoch, von der äussern BÖ- 
schung angesehen, nach innen, dem 
Gipfel des Berges zu, laufen sie fla- 
cher ab. Eine Stunde nordöstlich 
vom Alking auf einem seiner Ab- 
zweigungen gegen Oberursel zu lie- 


Altkönig. 


gen die Altenhöfe; sie bestehen 
in ähnlicher Form aus zwei concen- 
trischen Ringen und einem umwall- 
ten Anhang. Ein dritter Ringwall 
liegt an der@oldgrube über dem 
Urselbach und so noch mehrere auf 
den Bergen hinter Homburg. Ar 
dere Ringwälle finden sich bekannt- 
lich inHessen, z.B. auf dan Guden- 
bergen bei Zierenberg, auf der 
Groteburg bei Detmold, auf dem 
Castelberge bei Hirschhausen in 
der Eifel, welcher ebenfalls doppelt 
ist, sowie der auf dem Hochwalde 
beiOtzenhausen- Einen einfachen 
Bing hat die Teufelsmauer be 
Türkheim an der Haardt. Auf an- 
deren Bergen finden sich Halbringe 
an steile Felsen angelehnt, oder 
blosse Wallstücke, um einen Berg- 
vorsprung von dem übrigen Berg- 
stock zu scheiden. Die Mehrzahl 
der einst noch anderwärts vorhan- 
denen Ringwälle ist dadurch ver- 
schwunden, dass die gesammelten 
Steine zu dem Bau römischer oder 
mittelalterlicher Castelle, oder m 
Kirchen und Dorfanlagen verwendet 
wurden. In manchen solcher Wälle 
fand man beim Nachgraben Kohlen, 
alte Waffen, Werkzeuge, irdene 
Scherben, verkohltes Getreide und 
Knochenreste; dies beweist, dass 
diese alten Festungen durch Feuer 
zerstörbar waren, mithin dass zwi- 
schen den Steinen Holzwerk gelegen 
und Fruchtmagazine sich darin be- 
funden haben müssen. Cäsar be- 
schreibt in seinemgallischen Kriege 
den ursprünglichen Bau solcher 
Steinwälle genau; sie bestanden aus 


Altkönig. 


Balkonlagen oder Baumstämmen, 
die der Länge nach auf die untere 
Steinschichte gelegt,und durchQuer- 
stämme unter sich verbunden waren; 
darüber wieder eine Steinschichte, 
dann wieder ein Balkengefach bis 
zur nöthigen Höhe, wo dann ein 
Zaunwerk (daher der Name Zinnen) 
das Werk krönte, wie unsere Schanz- 
körbe die Feldbefostigungen. In die- 
ser Form bauten die alten Völker, so 
lange sie keinen Mörtel anwenden 
konnten, ihre Schanzen; die Tra- 
janssäule zeigt das Bild eines 
solchen Holz- und Steinwalles, wie 
er von den Daciern errichtet war, 
mit regelmägeigen Zinnen. (Zin ge- 
zischt für din badeutet im kelt. Burg 
und kommt von {on Holz, Zaun.) 
Wo keine Baumstämme zu finden 
waren, musste Strauchwerk, in Fa- 
schinen gebunden, ihre Stelle ver- 
treten, während an andern Orten, wo 
Steine fehlten, die Faschinen mit 
Erdaufschüttungen wechselten, oder 
der ganze Bau ausHolz aufgerichtet 
wurde. Solche Befestigungen wer- 
den heute noch in der Türkei aus- 
geführt; gegen eine geordnete Be- 
lagerungskunst können sie wenig 
Schutz gewähren, daher die Römer 
durch sie in ihren Zügen auch nicht 
besonders aufgehalten wurden, 68 
sei denn, dass ein ganzer Gebirgs- 
strich in dieser Weise verrammelt, 
unzugänglich gemacht und von zahl- 
reichen Streitern vertheidigt wurde, 
wie dies gerade am Taunus 357 nach 
Christus geschah, wo die Römer von 
Mainz aus das Gebirge anzugreifen 
suchten, aber nicht vorwärts zu kom- 


— 69 — 


Altkönig. 


men vermochten und deshalb nach 
Verheerung des vorliegenden Flach- 
landes und Wiederherstellung eines 
alten Castells an der Niddamündung 
abziehen mussten. Die Ringwälle 
datiren aus vorrömischer Zeit, wo 
das Wesen des Krieges in Ueber- 
fällen und kurzen Raubzügen be- 
stand. Hiergegen leisteten die Ring- 
wälle ihre Dienste, denn sie schütz- 
ten Vieh und Menschen auf einige 
Tage gegen einen mit gleich schlech- 
ten Waffen versehenen Feind, der, 
sobald er die Burg nicht überrum- 
peln konnte, aus Mangel an Nahrung 
und Wasser wieder abziehen musste. 
Gelang eg dagegen letzterem, die 
Wälle in Brand zu stecken, so ent- 
standen Schlackenmassen, wie sie 
sich in der Lausitz, in Böhmen, in 
Frankreich und Schottland noch un- 
ter dem Namen der Glaswälle, 
vitrified forts, vorfinden. Wurden 
die Wälle nicht unterhalten, so faulte 
allmälig dasHolzwerk, und die Steine 
fielen in der Art auseinander, wie 
wir es jetzt an den noch bestehenden 
Ringwällen sehen. Am Oberrhein 
finden sich Ringwälle auf den Kup- 
pen der Bergstrasse (vergl. Auer- 
berg), im Elsas auf demOdilien- 
berg, der früher die Hohenburg 
hiess. Als 1794 die Franzosen in 
die Eifel eindrangen, flüchteten die 
Bauern von Bongard (bean-caer 
Berg-ort) sich und ihr Vieh, nach 
altem Brauch, in den Ringwall auf 
dem Barsberg (barBergoderbwr . 
Burg). In Sachsen und der Lausitz 
heissen die Bingwälle Hussiten- 
oderSchwedenburgen, Schwe- 


Altmark. 


denschanzen, nicht weil sie von die-. 


sen erbaut wurden, sondern weil das 
Landvolk sich vor diesen Raubhor- 
den in solche Schlupfwinkel zurück- 
zog und zu vertheidigen suchte; 
ähnlich wie die Thrakier auf dem 
Balkan, die in ihren Wällen den Rö- 
mern so lange Widerstand leisteten, 
bis sie der Wassermangel zur Ueber- 
gabe zwang. An der Saale tragen 
dieGuckelsburg(coiche-ilBerg- 
hoch), und der Schnepfenberg 
bei der Saalburg alte Befestigungen. 
(Schnepfenberg wohlvonnab, gnab 
Bergkopf, dem. gnaban.) Aus dem 
freien Raume zwischen dem äussern 
und innern Ringwall entstand bei 
der spätern Anlage der Ritterburgen 
der Zwinger, in welchem die Ver- 
theidiger bessern Stand halten konn- 
ten, als vor dem Wall, da der Feind, 
im engen Baume eingezwängt, seine 
ganze Heeresmacht hier nicht ent- 
falten konnte. Zwinger kommt in- 
dess nicht vom deutschen Worte 
einzwängen, sondern vom gälischen 
daingean Veste, Twing und er gross, 
woher auch Thiengen, Thaingen, Tü- 
bingen ihre Namen erhielten. Eben- 
so bedeutet Altkönig nicht alter 
König, sondern hoher oder Felsen- 
Wald von a! gross oder oil Fels, 
und gwydd, quint, king Wald (vgl. 
König, ein Dorf im Odenwald und 
Quinziggau in Baiern). Der Ausdruck 
Alking ist jedenfalls richtiger als 
Altkönig, wie der Berg gewöhnlich 
genannt wird. 

Altmark, ein Theil der Kurmark 
Brandenburg mit Stendal, Salzwedel, 
Osterburg und Gardelegen, jetzt ein 


_ 0 — 


Altmühl — Altorf. 


Theil des Begierungsbezirkes von 
Magdeburg. Von der Altmark aus 
wurde seinerzeit das Brandenburger 
Land erobert und germanisirt, letzte- 
res hiessim Gegensatz daru Neumark, 
ein Name, der sich dannallmälig im- 
mer weiter nach Osten schob. Mark 
bedeutet Grenzland (gegen die Sor- 
ben) ursprünglich Waldland, oder 
vielmehr gemeinsames Land von 
meirghe Genossenschaft, soviel als 
Almend, allgemeiner Wald von al ge- 
meinsam und muin, muind Wald. 

Altmühl, alt Alcmona, griechisch 
Alkimoennis, altdentsch Alchmona, 
Alhmon, Altmuna. Alt bedeutet im 
Gälischen Wasser, (vaggl. Elz) und 
main, min, mion kJein. Die Römer 
wandelten ali in alcis (alzis) um; 
dieses alc gab dann die Veranlas- 
sung zu alcmona, die richtigere Form 
war nach dem Gälischen Altmona. 
Die Form Altmühl kommt von 
mael, maol, Berg, denn die Alt- 
mühl ist in der That ein Bergwasser, 
sie durchschneidet den fränkischen 
Jura in seiner ganzen Breite, und 
ist auf beiden Seiten von Bergen 
begrenzt. An der Mündung der Alt- 
mühl in die Donau lag Alcimun- 
nis von alt, als Fluss, men Mün- 
dung und -ais, ois Veste, später 
Kelheim, vom gälischen keal 
Haus, Keller oder Kirche. 

Altona gleich Altena. 

Altorf, Hauptort des Cantons 
Uri, auch Münchaldorf genannt. 
Hier soll Tell den Schuss nach dem 
Apfel auf dem Haupte seines Kindes 
gethan haben ; man zeigt sogar noch 
die Stelle an einer Linde, wo der 





Altrey — Altripp, 


Knabe stand, und hundert Schritte 
davon den Tellsbrunnen, von wo der 
Vater den Pfeilabschoss. Die ganze 
Erzäblung ist aber eine Mythe, die 
sus dem Altdänischen hintesher 
nach Uri versetzt wurde (vergl. 
Jomsburg). Der Name Aldorf als 
„altes Dorf“ hat keinen Sinn, denn 
e8 liegt kein Neudorf in der Nähe. 
Die alte Schreibart war Al-torf, al 
bedeutet aber im Gälischon gross; 
torf steht statt torp, twarp, tuar, 
was Dorf bedeutet. Will man Alt- 
dorf festhalten, so bedeutet alt 
Bach, denn der Ort liegt an der 
Reuss. Münch wird wohl kaum von 
„Mönch“ herkommen, sondern von 
moin gross und ka Verzäunung, 
wäre somit der ältere Name des 
Ortes, der dem später aufgekom- 
menen, übrigens gleichbedeutenden, 
Al-torf wich. 

Altrey, alt Alteriacum, franz. 
Autrey, ein altes Kloster an den 
Quellen der Meurthe im obern Loth- 
ringen. Name von alt Bach und ri 
Haus. 

Altringham, Stadt in der Graf- 
schaft Chester in England auf einer 
Ebene, auf welcher die Altringham- 
Möhren gezogen werden, al gross, 
ireann Feld und om Ort, deutsch 
heim, niederdeutsch um. 

Altripp, Ort in der Rheinpfalz, 
lat, Alta ripa, hohes Ufer. Das 
römische Altripp lag auf den ho- 
hen Sanddünen, die sich auf dem 
rechten Rheinufer von Brühl und 
Schwetzingen bis nach Friedrichs- 
feld und Seckenheim ziehen, und im 
Osten durch den Neckararm begrenzt 


— 1 — 


Altshausen — Altwasser. 


waren, der sich von Heidelberg ab 
südlich gegen Bruchhausen und 
Schwetzingen zog, sich dort mit dem 
von Leimen und Wiesloch her kom- 
menden Arm des Bruhrheins oder 
Ostrheins vereinigte, und von da 
gerade nördlich in mehreren kleinen 
Armen gegen Ladenburg und Secken- 
heim floss. Neckar und Rhein änder- 
ten ihren Lauf sehr oft, im 6. Jahr- 
hundert war der Ostrhein noch ein 
bedeutender Strom, er floss von der 
Gegend von Rastadt an hart am 
Gebirge her bis Wiesloch; ein an- 
derer Arm lief westlich vom jetzigen 
Rhein. 

Altshausen, Ort bei Saulgau in 
Oberschwaben, alt Alleshusen von 
al, il, ul, gross und Jios oder !lys 
Haus, Burg (Gelass?), also soviel 
als Aelst in Brabant. 

Altstätten, Ort im obern Rhein- 
thale, in der Schweiz, von ajilt, 
Stätte. 

Altwasser, Ort in Böhmen, des- 
gleichen in Schlesien; Wasser ist 
die Uebersetzung von alt, welches 
Wasser, bezw. Ort am Wasser be- 
deutet. Altwasser in Schlesien hat 
vier Mineralquellen, die stets frisch 
dem Biesengebirge entsprudeln, 
trotzdem, dass man schon 1357 den 
Ort, bezw. die Quellen in aqua anti- 
qua übersetzte. Altwasser, in deut- 
schem Sinne, gibt es allerdings bei 
Flüssen und Bächen, wenn deren 
Krümmungen abgegraben werden, 
dadurch das alte Flussbette stellen- 
weise ausserhalb des Stromes zu 
liegen kommt und Altwasser oder 
stehendes Wasser erhält. 


Altwürtemberg — Alzenau. — 72 — 


Altwürtemberg bildete sich um 
Stuttgart, diese Stadt liegt aber auf 
den Grenzen des rheinfränkischen 
Glemsgauss, der zum Bisthum 
Speier gehörte, dann des ostfränki- 
schen Murrgaues, welcher im Würz- 
burger * Sprengel lag; des obem 
Neckarganes, der zum alemanischen 
Bisthum Constanz gehörte, und end- 
lich des Ramsthales, welches in 
seinem oberen Theile kirchlich von 
dem ost-schwäbischen Augsburger 
Sprengel, im untern von Constanz 
abhing. Vier deutsche Volksstämme 
trafen mithin in Stuttgart zusam- 
men, und aus ihrer Mischung ist 
Altwürtemberg entstanden, im Ge- 
gensatz zu Neuwürtemberg, worun- 
ter man einerseits Oberschwaben, 
andererseits die oßstfränkischen, 
hohenlohischen Lande versteht. 

Altzheim im Mainzischen von 
ailt, alt, Haus (lat. altus, etwas 
Hohes, ein Hochbau). 

Aluta, oder Alt, Flussname in 
der Walachei; Alt kommt vom kel- 
tischen alt Wasser, alut-aha von 
al-ais-aha, al hoch oder Berg, 
denn sie entspringt in den Gebir- 
gen Siebenbürgens, ais oder uis 
Wasser, und aha ist die Ueber- 
setzung von uis. 

Alzbach, im Mainzischen von 
alt Bach, ebendaher die Alz, welche 
in Oberbaiern aus dem Chiemsee 
in den Inn fliesst. 

Alzenau, Städtchen am West- 
Fusse des Spessart nächst Hanau, 
an einem Bache, von alt Bach, 
altean, kleiner Bach, und aha oder 
acha Wall, Befestigung. 


Alzette — Amaloskiter. 


Alzelte, französirte Deminutir- 
form für die Elz, Elze oder Alzig, 
ein Flüsschen, weiches bei Longwy 
in Luxemburg entspringt, und bei 
Ettelbrück in die Sur mündet. Sur 
kommt gleich Saar von suir Wasser, 
Elz von alt, was dasselbe bedeutet; 
Alzig ist eine Deminutivform von 
go, ci, oder ca klein, die dem fran- 
sösischen Alzette entspricht, und 
Ettel-bräck ist die Brücke oder 
Burg über die Alt-li, Wasser-klein, 
oder das Elzle, nach süiddeutscher 
Mundart, 

Alzey, Stadt im sogenannten 
Alzeyer Gau in Rheinhessen, an der 
Salze, die früher Alze, keltisch all, 
hiess; alt bedeutet Wasser; alt-ua, 
oder alz-ua Gau an der Alt oder 
Als, Alz-acha, weicher alz-aha, 
fester Ort an der Alz; daraus wurde 
Alzey, oder die Wasserburg. 

Amak, dänisch Amager, eins 
Insel im Sunde bei Kopenhagen, 
amhain Wasser und ighe Insel; sie 
ist durch das schmale Fahrwasser 
Kallebo von Seeland getrennt, 
giol, geul Wasser, oder kala Ha- 
fen und bi, bo klein. Das er oder 
bloss r in Amager ist ein im Norden 
üblicher Schnurrlaet, der an viele 
Worte angehängt wird, ohne etwas 
zu bedeuten. 

Amsiekiter. Die ältesten be- 
kannten Bewohner des nördlichen 
Arabiens, wenn man von den Aethio- 
pen und Negerstämmen absieht, die 
vor der weissen Race Südasien be- 
setzt hatten. Das Wort Amalek, 
oder Amlik, wie die Araber schrei- 
ben, angeblich Esaus Enkel, kommt 





Amalekiter. 


von mael Berg und aighe hoch, 
denn die Amalek wohnten vorzüg- 


lich am Sinai. Dahin sollen sie | 


von den Assyrern gedrängt worden 
sein; denn nach den Chaldäern und 
vor den Assyrern hatten die Araber 
die Herrschaft in Babylon. Zur 
Zeit Abrahams wurden die Amale- 
kiter zugleich mit den Bewohnern 
des Thales Siddim, worinSodom 
(kleine Burg di-dinn oder kleines 
Haus di-dom) und Gomorrha 
(kleiner Bergort, go klein, maor 
Berg und rha Stätte) lagen, von 
den Assyrern mit Krieg überzogen; 
Siddim hatte nämlich den Tribut 
verweigert, desgl. die Ammoniter, 
Moabiter, Horiter und Amoriter, 
lauter kleine Wald- oder Bergvölker 
jener Gegend (von maon, hor, und 
maor Berg); bloss die mo-abh wohn- 
ten am Wasser (abh Wasser d. h. 
dem todten Meere und ma Stätte). 
Die Amalekiter hiessen auch Bas-an 
Waldleute, und galten als Riesen, 
wie die Thursen im Norden Eure- 
pas, die auch nur Waldleute bedeu- 
ten. Dass Amalck Gebirge bedeutet, 
geht auch daraus hervor,. dass das 
Gebirge im Gebiete des Stammes 
Ephraim nördlich von Jerusalem 
ebenfalls Amalek hiess, ohne dass 
hier eigentliche Amalekiter wohn- 
ten, gerade wie Amoriter im ganzen 
Gebirge Juda genannt werden, 
ohne dass immer gerade dasselbe 
Volk darunter zu verstehen wäre. 
Die Amalekiter werden auch zu den 
Edomitern gerechnet, ein Name 
der ebenfalls Waldvolk bedeutet 
von taom, tom Wald, gleich 


— 73 — 


Amalfi — Amathos. 


Basan von pis Wald und an 
Mann. | 

Amalfi, einst bedeutende See- 
stadt, zwischen Neapel und Salerno; 
im Mittelalter bildete sie eine kleine 
Bepublik. Hier wurden Flavio Gioja, 
der Erfinder des Compasses, sowie 
Masaniello geboren. Das Seerecht 
der Amalfitaner, tabula amalphitana, 
galt einst in ganz Italien. ° Der Ort 
kam erst im Mittelalter zu Bedeu- 
tung, früher war er, wie der Name 
Amalfia ausweist, ein Berggehöfte, 
von mael Berg und aoibh Hof; die 
Stadt liegt in der That an einem 
steilen Berge. 

Amalthea, griechisch amaltheia, 
Name einer Ziege, oder einer Berg- 
fee, welche den auf dem Ida auf der 
Insel Creta aus Furcht vor Saturn 
(sat-torn böser Fürst) versteckten 
Jupiter säugte, und dafür unter die 
Sterne versetzt ward. Ihr Vater 
hiess Melisseus von mael oder me- 
lis Berg und #is, sis, seus Mann, 
also Bergmann; seine Tochter, die 
Ziege Amalthea, bedeutet Bergfrau, 
mael-dae. Aus dem Horn der Ziege 
schöpften die Töchter des Melisseus 
Alles, was sie brauchten, deshalb 
gilt ein Amalthea-horn soviel als 
ein Füllhorn. 

Amathos, oder Amathunt, Stadt 
auf der Südküste von Cypern, einst 
mit berähmtem Venus-Tempel und 
Venusdienst, weshalb diese Göttin 
auch Amathusia hiess. Stadt und 
Tempel liegen jetzt in Trümmern, 
der Name Ama-thos bedeutet Was- 
serburg von amhain Wasser, und 
dus Veste, thunt von dionn Voste. 


Amaus, 


Mit dem lateinischen amare lieben 
hat der Name schon darum nichts 
zu thun, weil auf Kypros nicht 
lateinisch gesprochen wurde; bei 
den Griechen bedeutet philein lie- 
ben, von bil klein, Kind, Sohn oder 
Tochter, während amare mit amha 
Manr, Mensch zusammenhängt; 
Amor bedeutet Liebesmann von 
oir, air Mann. 

Amaus oder Emausgau, pagus 
amausensis, zu deutsch der Berg- 
wald von y-mwnt der Berg, oder 
y-muind, a-muind Bergwald. Zur 
Zeit der Franken hiess also die 
Berg- oder Waldgegend nördlich 
von Chalons an der Saone. Die 
Bewohner waren früher die Man- 
dubier (von muind Wald und ibn 
Gegend, oder von man Berg und 
dubh gross, schwarz), nebenan 
mehr südlich war der pagus Are- 
brignus von ar hoch und draigh 
Berg, nordöstlich von beiden der 
Hattgau, nach einer Abtheilung 
Hattuarier also benannt, welche 
von den Römern hieher versetzt 
worden sein sollen, falls nicht die 
Namensähnlichkeit von hatt (gleich 
aith Berg) mit dem niederrheini- 
schen Volke der Hattuaren irr- 
thümlich zu dieser Annahme ge- 
führt hat. Auch Chamaven wur- 
den in die Nähe der Vogesen ver- 
pflanzt, und will man diese im 
comitatus Amaus wieder erkennen; 
Amaus ist aber dasselbe Wort wie 
Imaus in Asien und Hämus in 
Thrakien undbedeutetlediglichBerg- 
Wald,y,eoder «@ ist der vorgesetzte 
Artikel oder steht gleich a Berg. 


_ u — 


Amaxzichi — Ambach. 


Amaxichi oder Amakhuchi, Ort 
auf Santa Maurs, einer der joni- 
schen Inseln. Maura, Bergort 
von mwr Berg und ra Stätte, in 
christlicher Zeitmit einem Heiligen 
in Verbindung gebracht, Am-akh- 
uchi, Wasser -Insel-burg von am- 
hain Wasser, igh Insel und acha 
oder kau Befestigung. 

Amazonen, Mannweiber, von 
amhain Mann und duina slavisch 
zona Frau; die Slaven, die überall 
ihre Zischlaute anbringen, nennen 
sie Samozony. Die Amazonen wur- 
den unter die Skythen gerechnet, 
ein viel umfassender Ausdruck, der 
auch die Thraker in sich schloss. 
Virgil versetzte die Amazonen direct 
nach Thrazien, und da haben wir 
nun die merkwürdige Erscheinung, 
dass bis auf den heutigen Tag bei 
Schumla im Balkan eine Amazonen- 
Colonie besteht, die keine Männer 
unter sich duldet, mit fremden 
Männern, die sie besuchen, zwar 
nach Laune Umgang pflegt, aber 
sie alsbald wieder fortschafft. Dem 
Stamme nach sind diese Amazonen 
slavische Bulgarinnen, der Religion 
nach Muhamedanerinnen. Dieser 
Weiberstaat ist uralt, und wird von 
den Türken nicht incommodirt, die 
überhaupt, was Achtung fremder 
Nationalität betrifft, weit duldsamer 
sind als die andern Europäer. Ia 
Afrika gab es auch ein Amazonen- 
volk, desgleichen in Kleinasien und 
im Kaukasus, 

Ambach, Bach bei Mainz, auch 
Ombach und Umbach, von ean oder 
amhain, abhain, abhuinne Wasser. 





Ambaceten — Ambarren. 


Ambacten, Leute, die kein 
Grundeigenthum hatten, also den 
Gegensatz zu den Saliern bildeten. 
Name vom gälischen am Volk, an 
(griech. aner an-air) Mann und 
bochd (lat. paucus) arm. Ä 

Ambarren, ein keltischer Volks- 
stamm, der zur Eidgenossenschaft 
der Aeduer gehörte und an der 
untern Saone oberhalb Lyon wohnte, 
daher sein Name; ean oder vor 
einem Lippenlaut am Wasser, und 
/aireMann, oder von inbhir Wasser 
und air Mann, also Flussanwohner, 
Schiffer und Fischer. Der Name 
Ambronen in Niederdeutschland ist 
gleicher Abstammung, er bedeutet 
dort die Bewohner der Nordsee- 
küsten in Holstein und Schleswig, 
ebenso der der Umbrier inMittel- 
italien am Ambro, bezw. am adria- 
tischen Meere. Die Saone hiess 
auch arar, von y-rhyar, das Was- 
ser (am Niederrhein Ruhr und 
Roer), darnach kann das Wort 
Ambarren auch aus amhain Leute 
und rhyar Wasser entstanden sein. 
An der untern Loire sassen die 
Ambibaren, Ambiliaten, oder 
Ambilatren. Ambi mag wohl auch 
gleich dem altdeutschen umbi, um, 
lateinisch ambi, griechisch amphi 
stehen, wenigstens nimmt os Kas- 


par Zeuss also an, obwohl es ebenso’ 


gut aus ean-bi Wasser-klein ent- 
standen sein kann; liates ist lia-tis 
Wasser - Leute und latren kommt 
von lia-der Wasser-klein oder lia- 
dear Wasser-gross. In Noricum 
finden sich die ähnlichen Namen: 
Ambi-drauci,Anwohner der Drau, 


— nn — 


Amberg — Ambergan. 


und Ambi-sonten an der Isonta 
oder Salzach; Isonto, Isonzo 
kommt von suan kl. Wasser ; Drave 
von dear-abh gross Wasser. _ 
Amberg, alt Ammenberg, Haupt- 
stadt der Oberpfalz oder des alten 
Nordgaues in Baiern, an der Vils; 
sie wird schon 1163 als Siadt ge- 
nannt, ist also keine neue Anlage, 
daher derName auch nicht deutsch; 
y-maon verdeutscht ammen be- 
deutet der Berg; eine andere Er- 
klärung wäre von inbhir verdeutscht 
Amber oder Ammer Wasser, Fluss 
und ca Verzäunung, Ort. Westlich 
dabei die alte Burg Ammerdal 
von y-maor der Berg und dail 
Burg. 
Ambergau, am Neckar, mit 
Rotenburg, Tübingen und Beben- 
hausen. Name von inbhir Wasser, 
Fluss und nicht von Am-Berg-au, 
obwohl der Gau am Bergrande des 
Schönbuches gegen den Neckar zu 
liegt. Bebenhausen (gleich Baben- 
berg) von bi-beann, oder bi-binn, 
kleiner Berg. Der Gau wurde zum 
grössern Sulichgau jenseits des 
Nockars gerechnet. 
‘ Ambergau, oder Ommergau an 
der Nette, einem Nebenfluss der 
Innerste im Engerlande. Nette 
bedeutet Wasser von naodh; Am- 
ber dasselbe, von inbhir, oder yn/er. 
Dieser Gau war westlich von der 
Lamme (lu-ean klein Wasser) und 
östlich von der Innerste (vergl. diese) 
begrenzt. Es lagen oder liegen 
darin: Astenbeck (uisge Bach); 
Behne (altHrieion an der Innerste, 
ion bedeutet Stätte, Hrie von rhean, 


Ambert — Ambiorix. 


rhin Bach); ebenso Riu-din, Bach- 
burg von din Veste, jetst Rüden 
an der Nette; dabei einBifangum, 
d. h. ein kleiner Viehpferch mit 
Waldantheil, von /ang Pferch und 
bi klein; Se hlde alt Solide, kleiner 
Ort an der Innerste, von di klein, 
lia Wasser und dae Ort; Bocke- 
nem, das mitten im Gau lag und 
dessen Hauptort war, bedeutet kleine 
Veste von beag klein und gann 
Veste. In der Umgegend dieses 
Ortes hat sich auch der Name Am- 
bergau oder Ommergau bis heute 
erhalten. In diesem Gaue liegen 
ferner: Seesen (vergl. dieses); 
Bultum alt Pilidon, bie/-dun oder 
bual-dun Wasserstadt, bei Boden- 
burg, an der Lamme; Kloster 
Lammspringe (Lammaquelle), 
welches vom Grafen Botwig oder 
Riddag mit seiner Gemahlin Imbilde 
um 973 nach Chr. gestiftet wurde; 
dann Dahlen, Dalehen ein altes 
Castell (daile, dem. datilean Burg) 
bei Bilderlah (alt Badeliska von 
both Bauernhof, iska, uisge am 
Wasser); Derneburg, Kloster, 
1143 vom Landgrafen Herrmann II. 
von Winzenburg gestiftet, an der 
Nette (Derne gleich toran kleine 
Burg). 

Ambert, Stadt in der Auvergne 
in Frankreich an der Dore (der 
Wasser) zu deutsch Wasserort, von 
inbhir Wasser und aidhe Ort. 

Ambiorix, Fürst der Eburonen 
in den Ardennen, bekannt durch 
seinen heldenmüthigen Widerstand 
gegen Cäsar, der ihn jedoch end- 
lich besiegte, ohne seiner Person 


_— 16 — 


Amboise — Ambronen. 


habhaft werden zu können. Sein 
Name bedeutet König der Speer- 
träger oder Lanzenknechte, von am, 
amhain Mann, bior, bir, ber, oder 
yspar Speer, Wurfspiess, Pfeil, und 
righ, rix König, lat. rex. 

Ambeise, Stadt in der Touraine 
an der Wire, wo 1560 die Ver- 
schwörung der Hugenotten aus 
brach, und damit der Anfang der 
französischen Religionskriege. Der 
alte Name lautete latinisirt Ambacis 
oder Ambasiae von amb, amk, 
amhain Wasser und ais Ort oder 
ois Burg. 

Ambras oder Amras, altes 
Schloss bei Insbruck, einst Haupt- 
besitz der Grafen von Andechs, 
1563 hielt sich Erzherzog Ferdi 
nand II. von Oesterreich mit seiner 
ersten Gemahlin, der schönen Phi- 
lippine Welser hierauf. Die berühmte 
Ambraser Sammlung von altes 
Handschriften, Druck- und Kunst- 
werken ist jetzt grossentheils in 
Wien im Belvedere. Der Nam 
Amras, Omras, Omeras bedentet 
Berg-Burg von onn Fels, Berg und 
aras Burg, befestigter Ort. 

Ambronen, Ambern, entweder 
tapfere Männer, vom gälisches 
amas Angriff, auch ambis, cham- 
bes, und aire Mann, darnach Sig- 


"ambern, tapfere Reiter, und Cam- 


bern, (camb-aire) Kumbern, Kym- 
bern, Kampfmänner, Kriegsleute. 
Das Wort Chamb ist gälisch, wär 
also den Kimbern von den Gäles 
beigelegt, wie die Namen der ar 
dern Nord-Völker ebenfalls gälisch 
sind — oder aber Ambern kommt 





Ambronen. 


von inbhir Wasser, bezw. Land am 
Wasser, und bedentet dann Bewoh- 
ner der Marschlande und Inseln 
an der untern Elbe in Diethmarschen 
und Nordfriesland, wo ihre ersten 
Sitze in der That angegeben werden, 
nnd zwar immer gemeinsam mit 
Teutonen. Das Wort Diethmar- 
schen, alt tiuthmarsia bedeutet 
Nord-marschland, oder wenn man 
will, teutonisches Marschland, denn 
Teutones bedeutet Nordleute. 
An der Küste von Schleswig liegt 
die Insel Amrom, die wohl einen 
grössern Umfang hatte, bevor die 
Meeresfluthen sie zerrissen, und die 
Einwohner, die Ambronen sowie die 
benachbarten Teutonen, sammt den 
Kimbern zur Auswanderung nach 
Süden zwangen. Die Kimbern 
oder Kimmerier waren die nördlich- 
sten Bewohner der kimbrischen 
Halbinsel; ihr Name kommt von 
geamh Winter, was wieder mit /uath 
Norden zusammenfäll. Bei dem 
Zuge der Kimbern, Teutonen und 
Anıbronen gegen Süden wurden 
deren Namen von den römischen 
Autoren gewöhnlich als gleichbe- 
deutond aufgefasst; bald werden 
blos die Kimbern allein genannt, 
bald blos die Teutonen, 80 erwähnt 
Appianus bei dem Einfalle in Nori- 
cam blos Toutonen, 
Schriftsteller blos Kimbern erschei- 
nen lassen, Plutarch lässt dagegen 
die Ambronen den Sieg über die 
römischen Consuln Manlius und 
Caepio an der Rhono davontragen. 
Der Zug der vereinigten Völker 
ging erst nach Spanien und von da 


— 77 — 


wo andere’ 


Ambronen, 


wieder zurück nach Gallien, hier 
wurden die Teutonen und Ambro- 
nen bei Aix von Marius geschlagen, 
nachdem sich die Kimbern vorher 
von ihnen getrennt hatten, um wei- 
ter östlich über die norischen Alpen 
nach Italien einzudringen; auf dem 
Zuge dahin schlossen sich letzteren 
die helvetischen Tiguriner an, beide 
wurden dann von Marius in Ober- 
italien besiegt und über die Alpen 
zurückgeworfen. Als Führer dieser 
Kimbern wird Teutobod genannt, 
d.h. Führer des Volkes von /uath, 
teod, deud, theud, !Ihuid und wie 
die Formen alle lauten, Volk (das- 
selbe Wort bedeutet auch Fürst 
und Norden) und bAaidh Anführer, 
welches in Aubhaidh jetzt noch im 
Keltischen für Anführer gebraucht 
wird. Nach Florus und Festus 
waren die Ambronen, und wohl auch 
die andern Nordvölker „gens quae- 
dam gallica, qui subits inunda- 
tione maris cum amisissent sedes 
suas, rapinis et praedationibus se 
suosque alere coeperunt.“ Ein wei- 
terer Beleg, dass diese Völker gen- 
tes quaedam gallicae oder keltische 
Volksstämme waren, ergibt sich dar- 
aus, dass die im Heere des Marius 
dienenden keltischen Liguren, wie 
Plutarch berichtet, das Kriegsge- 
schrei der Ambronen verstanden. 
Auch die Liguren nannten sich 
Ambronen, weil sie am Mittelmeere 
(inbhir Wasser) wohnten, Ligures 
hiessen sie als Bewohner fester Orte 
aufden Apenninen (//uik, lat. locus, 
fester Ort, und air Mann, oder or 
Berg, ur Thal und eis Maan). Eine 


Ambrosius — Amelgötsen. — 78 — 


andere Form für Ambrones ist 
Ombrones, welche in der Nähe 
der Ostsee genannt werden, wo auch 
Gythones (gaoth Meer) und Finnen 
(buinne Wasser) aufgeführt sind. 
Die Insel Amr o m bedeutet Wasser- 
ort, inbhir-om. 

Ambrosius, der Schutzheilige 
Mailands, geboren 340 in Trier. 
Er dichtete nach altgälischem Vors- 
mass Hymnen, die, weil sie eine 
volksmässige Form hatten, sehr be- 
liebt waren. Es ist der achteylbige 
Vers und die vierzeilige Strophe. 
Auch Ossian gebrauchte dieses 
Versmass. Der Name Ambrosius 
ist griechisch und bedeutet unsterb- 
licher Mann; er war erst Rechts- 
anwalt in Mailand, dann 369 Prä- 
foct von Oberitalien und wurde 374 
zum Bischof erwählt, er hatte gros- 
sen Einfluss auf Kaiser Augustin, 
und den Kaiser Theodosius that er 
wegen Niedermetzelung der Thessa- 
lonier in den Bann, dessen Zurück- 
nahme derselbe erst nach achtmonat- 
licher Busse erlangte. Ambrosius 
starb 397. Der Ambrosianische 
Ritus beim Gottesdienste hat sich 
in Mailand bis heute erhalten; ihm 
wird auch das „te deum laudamus“, 
aber irrthümlich zugeschrieben. 

Ameland, friesische Insel in der 
Nordsee, zu Holland gehörig, mit 
drei Dörfern: Hollum (gross- 
Dorf von all, oll gross und om Ort), 
Ballum (kleines Dorf von di} klein) 
und N os (Neudorf von aua neu und 
ais Ort. Ameland ist Wasserland 
von amhain Wasser. _ 

Amelgötzen oder Amel-god- 


Amelungen. 
essen, alter Name des Wald- 
striches, in welchem jetzt das Lust- 


schloss Wilhelmsthal bei "Kassel 
liegt. Der Name bedeutet unge- 
fähr dasselbe was Ebergötzen oder 
Eberschütz. Götz ist ygwydd, gwyz 
Wald, und amel steht gleich „mael 
der Berg, also Bergwald. 

Amelungen oder Amaler, Name 
eines Helden- oder Horrscherge- 
schlechts bei den Ostgothen, zu 
deutsch Kinder des grossen, hohen 
oder gewaltigen Mannes von am 
Mann und a/ gross. Der Stamn- 
vater derselben soll Amala ge- 
wesen sein; im Nibelungenlieda 
werden Dietrich von Bern und seine 
Recken Amelungen genannt. Der 
Weibername Amalia hat dieselbe 
Bedeutung, ebenso die römische 
Patrizierfamilie der Aemilier, des- 
gleichen unser Personenname Emil 
Was die Endung „ungen“ betrifft, so 
steht sie gleich Jungen, Kinder, 
Nachkommen (Nibelungen Kinder 
des Ni-bal des kleinen Fürsten); kel- 
tisch oghain Junge, Jüngling, lat. 
gnatus der Geborne von gignere 
zeugen, was wieder dem keltischen 
naidhe, naoidhe, naoidhean Kind 
Kindchen entspricht, welches letz- 
tere seinerseits wieder für chund, 
chonot, versetzt ungh, steht. Im 
Altdeutschen bedeutet die Form 
knod, chonot soviel als das lat 
genus, Geschlecht. Adelgunde, 
edles Kind, Kunigunde Fürsten- 
kind, oder Mädchen, womit weiter 
verwandt sind die Formen cAedhi, 
Jungfrau, chis Mädchen, deutsch 
cheid, heid, Adelheid. 





Amenthes, 


Amenthes, Name der Unterwelt 
bei den alten Aogyptern, der Hades 
bei den Griechen; dahin führte 
Anubis die Seelen der Verstorbenen, 
welche dem Munde derselben als 
Vogel oder Engel entflohen. Im 
Amenthes sass Osiris mit 42 Bei- 
sitzen als Richter über die Ver- 
storbenen. Was den Namen Amen- 
thes betrifft, so bedeutet des, thes 
Land und moin gross, a ist der 
Artikel. Es ist dies die nächst- 
liegende, einfachste Erklärung, denn 
gross muss das Jenseits sein, um 
all die Seelen der Verstorbenen zu 
fassen. Der griechische Hades oder 
Aldes bedeutet wesentlich das- 
selbe, nämlich entweder einfach 
„das Land“ oder ai-taise, Land 
der Verstorbenen, oder das Gei- 
sterland.. Anubis, auch Herma- 
nubis, ward mit einem Fuchskopf 
und spitzem Schnabel dargestellt, 
er wägt mit Horus die Thaten der 
Menschen vor dem Richterstuhl des 
Osiris. Bei den Griechen wurde er 
in Hermes (Mercur) umgewandelt, 
der ebenfalls Führer der Todten in 
die Unterwelt war. Bei den Phöni- 
ziern stand Hercules dem Mer- 
cur gleich, wurde aber dort Mel- 
karth genannt. Melk, Melech, 
Moloch bedeutet Fürst, König; 
Mercur kommt von mear 
schnell und cor, cur Lauf, dem- 
nach schneller Läufer, Götter- 
bote. Hercules oder Hoerakles, 
earr, oder earc Fürst, Herr, u! 
gross und eus, is Mann, bedeutet 

wieder dasselbe. Der Orkus oder 
die Unterwelt ist der Ort, die 


— 79 — 


Amerikanische Bauten. 


Wohnstätte, ais, oder die Burg ois, 
des earc oder Fürsten. Für die 
Form earc steht bei Hermes earm, 
zusammengezogen aus earc-man, 
Herr-mann, wie das aegyptische 
Hermafiubis zeigt; an earm kam bei 
Hermes noch ein eis, es, is Mann. 
Anubis endlich ist zusammengesetzt 
aus an Mann, und dem Vogel Ibis, 
der selbst wieder aus abh Wasser 
und is Mann verbunden ist; denn 
der Ibis ist ein Wasservogel, oder 
ein Wassermännchen, wie unser 
Storch. Die Mythen der Aegypter, 
Phöniken, Griechen und Bömer 
stammen aus ein und derselben 
Quelle, ebenso die Namen ihrer 
Götter, darum lässt sich die Bedeu- 
tung der einen durch die derandern 
erklären, trotz der Abänderung in 
den Wortformen. 

Amerikanische Bauten. Aus 
den Zeiten vor der letzten Ent- 
«&eckung Amerikas durch Columbus 
finden sich in Nord-, Mittel- und 

damerika eine Menge grossartiger 
Bauten, welche bezeugen, dass lange 
vor der Ankunf& der Spanier hier 
eine Culturwelt sich ausgebildet 
hatte, welche hoch über dem Trei- 
ben der sog. Wilden stand, wie wir 
es jetzt daselbst erblicken. In Süd- 
amorika, namentlich in Peru, Bolivia 
und Ecuador liegen die Ueberreste 
gewaltiger Bauten, so bei Tiahuaneco 
eine aus ungehouren Steinblöcken 
aufgeführte Mauer; auf der Insel 
Titicaca die Ruinen des Inkatem- 
pels und des Pachacamac, dann 
die grosse.Inkastrasse, welche 
an 500 Meilen weit über die Andes- 


Amerikanische Bauten. 


gebirge führt. Aehnliche Bauten 
finden sich bei Cundinamarca und 
in den Savannen bei Varinas. In 
Mittelamerika liegen noch ganze 
Städte in Trümmern da, so bei 
Palenke in der Provinz Chiapa, bei 
Copan in Honduras. Grosse Pyra- 


miden stehen noch beiSan Juan de 


Teotihuacan, Cholula, San Christo- 
bal - Teopantepec, St. Cruz del 
Quiche, Xochicalco, Gustusco und 
Cuernavaca. Aehnliche Monumente 
bei Urmal und bei Mitla in Oaxaca. 
Die Pyramide war hier, wie bei 
den Aogyptern, das Grundprincip 
der Baukunst, namentlich bei den 
Teo-callis  (Gotteshäusern), 
welche mit kolossalen Götterbildern 
in Stein gehauen ausgeschmückt 
waren. In Nordamerika finden sich 
im Missisippithale Strassendämme, 
Treppen zu Flüssen, Aufgänge zu 
Hügeln, Umwallungen, künstliche 
Hügel, dann Geräthschaften aus. 
Kupfer, Stein und Muscheln. Die 
peruanischen Inkas, deren Haut- 
farbe weisslich gewesen, solled 
über das westliche Meer gekommen 
sein, wie die Sage geht, also aus 
Ostindien oder aus China, und zwar 
mehr als 1000 Jahre vor Chr.; 
darnach liesse sich auf einen Zu- 
sammenbang der asiatischen mit 
der altamerikanischen Culturwelt 
schliessen, und ebenso auf Ver- 
wandtschaft der Sprachen; Inka 
2. B. könnte mit ean Wasser, also 
mit Wasserleuten, Seefahrern in Ver- 
bindung gebracht werden. Eine 
Menge anderer altamerikanischer 
Orts-‚Berg- und Flussnamen lassen 


Amersberg — Amiens. 


sich in dieser Weise aus dem Alt- 
arischen oder Altkeltischen erklä- 
ren; näher hierauf einzugehen, 
reicht indess über die unserem 
Buche gesteckten Grenzen hinaus. 

Amersberg an der Rhön, zu 
deutsch grosser Berg von a Berg 
und mor, mamr gross. 

Amersfoort. Nicht Fort an der 
Ammer oder Eom (wie hier amkain 
Wasser, lautet), sondern Furth über 
dieselbe, vom kimbr. //wradd. Die 
Stadt liegt bei Utrecht, in der Nähe 
die Amersfoorter Berge. 

Amianus, römischer Geschicht- 
schreiber des 4. Jahrh. nach Chr, 
zu Antiochia in Syrien geboren. 
Name von amhain Wasser und eus 
Mann. Sein Beiname ist Mar- 
cellinus, dies kommt von Mar- 
collus, und dies von mar Berg oder 
gross, keal Ort, Keller, Vorraths- 
haus oder Kirche (Chilche), und 
eus, is, us, Mann. 

Amida, jetzt Diarbekir am obern 
Tigris an den Grenzen Armeniens 
und Chaldäas. Aehnliche Ortsnamen 
sind in Chaldäa häufig, so weit er 
abwärts am Tigris bei Ninive oder 
Mossul: Hamidad, Humeidad, kel- 
tisch am-aiteas Wasser-Ort. Diar- 
bekir bedeutet Wasserstadt, von 
der Wasser, bi klein und caer Ort, 
deshalb wird auch bei Amida die 
erste Sylbe für amhain Wasser mu 
nehmen sein, die zweite für aidhe Ort. 

Amiens, Hauptstadt der belgi- 
schen Asnbianer, an der Somme, 
in der Picardie, altgälisch Samaro- 
brive, Die Somme hiess Somns, 
von taom Fluss; briva, eine andere 


Amlwich — Ammergau. 


Form für briga; brig, brog statt 
birg, borg, ist das kimr. bwrch, 
das deutsche Burg; ro statt ar 
gross; Sama-ro-briga also grosse 
Wasserburg; Ambiani bedeutet 
ungefähr dasselbe, d. h. Flussan- 
wohner, von amhain Wasser und 
nae Leute. 

Amtiwich, Hafenstadt auf der 
Insel Anglesea bei Wales in Eng- 
land, zu deutsch Dorf am grossen 
Wasser amhain-il-wigh. Angle- 
sea von in, oder innis Insel /i klein, 
und ses See, bedeutet kleine See- 
insel. 

Ammer, häufiger Flussname, der 
auch Amber (in Westphalen alt 
Ambrae) und Emmer lautet. Der 
Name ist entweder blos nasale 
Aussprache für das kimr. aber, d.h. 
y bior, das Wasser; oder er kommt 
von inbhir, ynfer, was kleines Was- 
ser bedeutet, von ?n klein. Am, 
oder an kann auch blos der gä- 
lische Artikel sein. Amar, woraus 
der Name auch entstanden sein 
kann, bezieht sich blos auf künst- 
lich angelegte Binnsale, Canäle, 
oder gerade gerichtete Flussbette. 

Ammergau, (in Oberbaiern) alt 
Ambirgau oder Ambergau, die Thal- 
gegend in den bairischen Alpen, in 
welcher die Ammer entspringt. 
Name von inbhir klein Wasser. Der 
Gau zerfällt in den Ober- und Unter- 
ammergau, und wird viel besucht 
wegen der kirchlichen Schauspiele, 
welche darin alljährlich aufgeführt 
werden; derselbe gehörte 
Freisinger Sprengel, und war früher 
welfisch; das Kloster Ammergau 

Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


— 81 — 


zum. 


Ammergau. 


wurde durch einen welfischen Gra- 
fen Eticho gestiftet, an Baiern kam 
der Gau erst durch Conradin von 
Hobenstaufen, dakegen war die 
Herrschaft Werdenfels stets Frei- 
singisch. Der Gau liegt zwischen 
dem bairischen Hausengau und dem 
schwäbischen Augstgau, im Süden 
begrenzt ihn das Innthal. Es lie- 
gen darin folgende Berge: Peissen- 
berg alt Pissemberg von pis Wald 
(franz. bois deutsch Bust, Busch); 
die Blamspitz von b/uen (Blauen, 
Montblanc) Bergspitze, ebenso die 
Blau- und Bleispitze, dann der 
Kreutzspitz von cruadh Fels 
(falls kein Kreuz darauf steht); 
Achseljoch von acha Fels und 
il gross, Joch von aighe hoch. Die 
Zugspitze von stuac, tuac Berg- 
stock; Krottenkopf von cruadh 
Fels, Suirnberg von torr, torrean, 
Bergstorren, oder steiler Kopfu. 8. w. 
Dann die Orte: Partenkirch, alt 
Partenum, von bar Berg, tain 
Wasser und om Ort; Raitenbuch, 
alt Buah, fouchtes Feld, von reidh 
Feld und bog feucht; Ramsau von 
reann Feld; Pobing von babhun 
Pferch; Peuting, kleine Veste, 
von bi klein und din Veste; Soyen 
von suan kleiner Bach. Ettal 
von aith- dail hoch- Burg; Far- 
chant von fearann Feld; Wer- 
denfels von ordan, runder steiler 
Felsberg; Garmischgau,altGer- 
mariskewe, Grenzbergfeld (vergl. 
Germarmark), Grub von gro Burg 
und di klein. 

Ammergau, (in Niedersachsen) 
alt Ammiri oder Ammery, auf der 

g 6 


Ammon. 


Grenze. Frieslands und Ostfalens 
zwischen Aurich und Oldenburg 
nördlich vom Saterlande, Östlich 
vom Emsgau, westlich von Bästrin- 
gen und Stedingen, meist Sand, 
Haide und Moorland, darin der Frie- 
senwald, Frisuonum Weda, und ver- 
schiedene Meere, oder Moore, als 
das Wyseder Meer (ywy- Wasser 
und aidhe Ort); das Oldendorper 
Meer, von alt Ort, Dorf; das Broek- 
settler Meer, das Deuvelsmeer (von 
dubh schwarz, Moorwasser und il 
gross). Der Name des Gaues, a-mer- 
ia, bedeutethiernach das-Meer-land, 
im Gälischen heisst Meer übrigens 
muir. Der Gau ist im Norden dünn 
bevölkert, enthält meist nur Schaaf- 
weiden und Schaafställe; südlich 
bei Rastede sind einige grössere 
Dörfer: Rastode bedeutet Stätte, 
von ra Stätte, dabei Nehten, alt 
Netene klein, oder neu Ort von 
ni klein oder nua neu und dun Ort; 
Hahn, alt Hana, von ean Wasser, 
es liegt an einem Bach, der in die 
Jahde mündet; Lehmden, alt 
Lemede, kleiner Hof von /i, le, klein 
und modhe Hof; Behoorn, alt 
Bredehorne von draht Bach und 
corr, caer Ort; Loye, alt Loyge 
von loc Ort; Hankehusen alt 
Hannichhus von ean Wasser, ka 
Ort, Haag; Meierhausen am 
Zwischenahner Meer, alt Mirihus von 
muir Moer oder Moor. Wifel- 
städt, alt Wiwelstede von bi klein 
und /eall Ort, Stätte; Zwischen- 
Ahne, alt Tuischene von di klein, 
uisge Wasser und nae Leute. 
Ammon, Amun, auch Amen oder 


— 82 — 


Ammon. 


Jupiter Ammon, in der Oase Ammon, 
westlich von Aegypten. Nimmt 
man die Oase, d. h. eine mit Was- 
ser versehene Land-Strecke in der 
Wüste als Ursprung des Wortes, so 
kommt ammon von amhain, abhuin 
Wasser, gerade wie Oase, arabisch 
Wadi von ais, uisge bezw. uad 
Wasser, denn ohne Wasser existirte 
die Oase nicht; nimmt man dage- 
gen die Person des Gottes als Grund- 
lage für die Erklärung, so kommt 
ammon von amhain Mann, Mensch 
Das letztere kann aber nicht die 
ursprüngliche Bedeutung sein, denn 
ehe man in der Oase einen Gottes- 
dienst einrichtete, nahm man von 
dem vorhandenen Wasser Notiz, 
and benannte darnach die Gegend. 
Die Ammonier waren ein Gemisch 
von Aethiopen und Aegyptern, wel- 
ches weisser war, als erstere. Sie 
hiessenauch Nasamonen, Wasser- 
männer von nualh nass und amhain 
Mann. Ihre Sprache war der bas- 
murische Dialekt des Koptischen. 
(bais-maor, Wasser-grosse), d. h. 
jener, welcher auch am Meere her 
gerprochen wurde. Ammon heisst 
auch Siwah, wohl von sea Wasser 
und ib) Gegend. Heutzutage wird 
auf dieser wie allen andern Oasen 
Libyens die Berbersprache gespro- 
chen, so namentlich auch in A ugila 
(oiche-il Wasser-gross). Amen war 
auch der Schutzgott Thebens in 
Aegypten, weshalb diese die heilige 
Ammonsstadt hiess; Theben be- 
deutet Tempel oder Tempelstadt 
von dev, oder daimh Tempel und 
an oder nae Leute. Ammon wird 





Ammoniter — Am. 


mit zwei Federn an der Seite des 
Kopfes dargestellt, den sog. Am- 
monshörnern, und einem hinten bis 
auf die Füsse herabhängenden 
Bande. Hier in Theben bedeutet 
amen soviel als y-maon „der Mann“, 
d. h. der Gott, nicht aber der „ver- 
borgene, noch nicht geoffenbarte, 
dunkele Gott“; von alle dem liegt in 
amen keine Spur. 

Ammoniter, die frühern Be- 
wohner des Berglandes östlich vom 
todten Meere in Palästina südlich 
von den Amoritern. Beide Namen 
bedeuten dasselbe, von maon oder 
maor Berg, mit vorgesetztem kimbr. 
Artikel; it ist aidhe Ort, oder aith 
hoch, also Bewohner der Bergorte. 
Bei den Arabern heisst das Gebirge 
Dschebel Huma, was aus Ammon 
zusammengezogen ist. Das Flüss- 
chen Baras (barBerg und ais Was- 
ser) läuft von dem Gebirge ins todte 
Meer; daran der Ort Beth Haran 
(both-aran Hütte-berg) mit heissen 
Quellen. Die höchste Spitze des 
Ammongebirges heisst Attaras, 
hoch-Berg, aith-oros gräcisirt für 
aith-ar. — Der Hauptort der Am- 
moniter hiess Rabbah, jetzt Amen, 
Berg-ort, a Berg und man Ort mit 
den Ruinen der alten Bergveste; 
Babbah kommt von grab, chrab, 
hrip, Felsenberg (Karpathen) und 
ae Lente. Der Gott der Ammoniter 
hiess Milkom oder Malkam von 
mael, mil Berg oder Gott und kam, 
tapfer. Der Gott der benachbarten 
Amoriter hiess Kamos, tapferer 
Mann, bezw. Gott. 

Am Neckar, also nennt man den- 


Am. 


jenigen Theil des Neckar-Thales, 
welcher sich abwärts vom Nockar- 
grunde von Gerach bis Heidelberg 
durch den Odenwald schlängelt 
und von steilen Bergen und Felsen 
umragt ist. Die Bewohner gehören 
zum rheinfränkischen Stamme, der 
alten Gaueintheilung nach zum 
Eisenzgau und zur Wingartweiba. 
Es liegen daselbst hart am Flusse: 
Zwingenberg mit einem wieder- 
hergestellten Bergschlosse. Die 
Herrschaft Zwingenberg gehörte 
einst denen von Hirschhorn, welche 
dieselbe zu Ende des 15. Jahrh. an 
Kurpfalz verkauften. Name von 
daingean NVeste. Eberbach: 
dieser Ort entstand dadurch, dass 
die um die alte Burg Eberbach 
Angesiedelten von Kaiser Rudolph I. 
Stadtrechte erhielten, Name von e 
klein und Dior Bach. Zwischen 
Zwingenberg und Eberbach land- 
einwärts liegt der Katzenbuckel 
der höchste Berg des Odenwaldes, 
mit einem 50 Fuss hohen Thurme; 
Name von kaid Höhe oder hoch 
und buach Bergrücken. Hirsch- 
horn mit einem noch bewohnten 
Bergschloss, Name von ard hoch 
und kearn Bergkopf, oder Horn. 
Neckarsteinach, einst Haupt- 
ort einer Worms und Speier lehens- 
pflichtigen Herrschaft mit drei 
Burgen, darunter eine, welche wie 
ein Schwalbennest an einem Felsen 
hängt. Steinach kommt von lain 
Wasser und acha Wall, Veste. 
Gerach, alt Geraha von careg, 
schroffer Fels. Binnenheim, oder 
Binau, von buinne Wasser und om, 
6* 


Anıöneburg — Amor. 


heim, Ort. Dilsberg von daile 
Burg, diese einst bedeutende Voeste, 
auf dem Gipfel eines Berges, ist 
jetzt halb verfallen. 

Amöneburg, alt auch Amana- 
burg, in der Nähe der Amana oder 
Ohm in Oberhessen. Hier auf einer 
isolirten Basaltkuppe gründete Win- 
fried oder Bonifacius mit Hülfe der 
Brüder Dietrich und Dierulf das 
erste Kloster in Hessen und zwar 
nach dem Orden der Benedictiner; 
von hier begab er sich später nach 
Niederhessen, wo er die Kirche 
zu Fritzlar und dann ein Benedic- 
tinerkloster gründete, nachdem er 
die Donnereiche bei Dorf Geismar 
vernichtet hatte. Bei der Brücken- 
mühle an der Ohm östlich von der 
Amanaburg steht ein Obelisk, den 
1762 der Heerführer der Franzosen, 
D’Estr6e de Soubize, und der Her- 
zog von Braunschweig als Führer 
der vereinten Hessen und Preussen 
zur Feier des Friedens, der den sie- 
benjährigen Krieg beendete, an der 
Stelle errichten liessen, wo sie sich 
die Hände boten. Der Name Ohm, 
alt Aman-a kommt vom gäl. am- 
hain Bach, Fluss; die Basaltkuppe 
dagegen, von maon Berg, y-maon 
der Berg, denn er ragt, von allen 
Seiten frei, hoch über die umlie- 
gendenbreiten Wiesengründe hervor. 

Amor, griechisch Eros, Gott 
der Liebe, nach Hesiod und Orpheus 
der älteste unter den Göttern, die 
Grundursache der Welt; in diesem 
Sinne käme der Name von am Mann 
und ar, or gross, also gleich Zr-os, 
grosser Mann. 


— 84 — Amorbach -- Amphiaraus. 


Amorbach, Ort und Residenz der 
Fürsten von Leiningen im Oden- 
wälder Baulande am Einflusse der 
Mudau in den Bilbach an der Grenze 
von Main- und Rheinfranken ; Name 
entweder gleich Am-Orbach, oder 
von am, amhain Wasser und ar, or 
Berg. Dasselbe bedeutet Mud-au 
gleich mwni-aha Berg-wasser, oder 
muind-aha Woald-wasser, während 
Bilbach von bil klein, oder bial 
Wasser oder endlich von bal, bel, 
bil, Berg kommt. 

Amoriter, Berg-leute in Palä- 
stina, von muor Berg und dae Leute 
mit vorgesetztem kimbrischen Ar- 
tikel; sie wurden von den Juden 
unter die Rephaim und Enakim 
d. h. unter die Riesen gerechnet, 
und wohnten hauptsächlich im Berg- 
lande östlich vom todten Meere. 
Ihr Hauptort war daselbst Hos-ban, 
hohes Feld, von ban Feld und aith 
hoch. Amoriter d. h. Bergleute, 
wohnten ausserdem noch auf ver- 
schiedenen andern Bergstrichen 
Palästinas. , 

Amph-aha, alter Flussname im 
Fuldischen, Nasenlaut für ab%, oder 
abhuin, amhain Wasser. 

Amphiarans, Genosse des Ar- 
gonautenzuges, also ein Seemann, 
wurde später vor Theben, nachdem 
er grosse Heldenthaten verrichtet, 
von der Erde verschlungen; . war 
auch ein grosser Seher, und ver- 
kündete seinen Tod zum Voraus, 
deshalb ward ihm ein Tempel erbaut, 
dessen Orakel den Fragenden Ant- 
wort im Traume gab. Amphi steht 
hier für amhain Wasser, ar gross 


Amphiktyon — Amphing. — 85 — Amphion — Amphitrite. 


und aos, eusMaun, oder da ar auch 
Schlacht bedeutet, und areus, ares 
Kriegsmann, so ist Amphiaraus ein 
See-Kriegs-Mann, 

Amphiktyon, der angebliche Stif- 
ter des Amphiktyonen-Gerichts bei 
Delphi, später auch bei Anthela an 
den Thermopylen, zu welchem 12 
griechische Völkerschaften je zwei 
Abgeordnete schickten, um ihre 
Streitigkeiten zu schlichten und 
Verbrechen gegen den Tempel zu 
Delphi zu bestrafen. Der Bund führte 
zu letzterem Zwecke einen zehnjäh- 
rigen sog. heiligen Krieg gegen die 
Phokäer. Das Gericht dauerte bis 
in die römische Kaiserzeit und er- 
losch erst mit dem Orakel zu Delphi. 
Der Name Amph-ik-tyon bedeutet 
entweder Kampf-hoch-Mann, amb- 
aighe-duin, von amb Kampf, Angriff, 
oder Wassermann von amhain Was- 
ser, weil er gleich Noah der Fluth 
entging. Sein Vater war nämlich 
Deukalion (von foig Werk, oil 
Stein, Fels und on Mann); ererzeugte 
durch Steinewerfen ein neues Men- 
schengeschlecht, nachdem das vor- 
angegangene in der Deukalionschen 
Fluth zuGrunde gegangen, ein Werk, 
bei welchem ihm seine Frau Pyrrha 
(Wasser-stätte von bior Wasser und 
rha Stätte) behülflichwar ;eine Sage, 
welche der Mythe von Abraham und 
Sarah (dem Stein und der Wasser- 
grube) entspricht. 

Amphing, Dorf in Oberbaiern, 
wo 1322 Friedrich der Schöne von 
Oestreich von Ludwig dem Baiern 
gefangen genommen wurde, und 
1800 die Franzosen unter Grenier 


von den Oestreichern unter Erzhor- 
zog Johann zurückgeworfen wurden. 
Name von amhain Wasser und /ang 
Viehpferch. 

Amphion, Name des ältestengrie- 
chischen Leyerspielers, angeblich 
ein Sohn Jupiters und der Antiopa; 
beim Spiele seiner Leyer verbanden 
sich die Steine von selbst, und bil- 
deten eine Mauer um Theben, d. h- 
um den Ort amphi-ion; ion bedeu- 
tet Ring, Ringwall, überhaupt jeden 
Kreis, so auch die Sonne. Des 
AmphionFrau war die stolze Niobe, 
Tochter des Tantalus, Königs in 
Lydien, die ihm zwölf Kinder gebar. 
Niobe (von nuadh stolz und be 
Fee, Frau) rühmte sich ihres Kinder. 
segens gegen die Latona, worüber 
diese ärgerlich, alle zwölf durch 
ihre Kinder Apollo und Diana bezw. 
durch Sonnenstrahlen, Sonnenpfeile, 
erschiessen liess, 

Amphissa oder Salona, Stadt 
am Meerbusen von Salona im nörd- 
lichen Griechenland. Sal-ean-ae 
bedeutet gross-Wasser-Leute; Am- 
phissa im Wesentlichen dasselbe, 
von amphi, um oder am, ais Was- 
ser und dae Leute oder fa, taeOrt; 
oder blos von amhain Wasser und 
aidhe Ort, 

Amphitrite, die Gemahlin des 
Neptun, Tochter des Moergottes Ne- 
reus und der Doris; sie war die Kö- 
nigin des Meeres, und daher auch 
ihr Name, von amhain, abhuin, 
Wasser, tor, tro Fürst und dae 
Frau; Neptun von neb Schiff und 
duin Mann; Nereus von noor, 
noer Wasser (bezw. Wasser-gross 


Amphitryon — Ampsivaren. — 86 — 


von nuadh nass und ar gross) und 
eus Mann; endlich Doris von der 
Wasser und ais, is Mann und auch 
Frau. Die Tritonen, welche den 
Hofstaat der Amphitrite bilden, sind 
WassermäÄnner, von dwr, versetzt 
dri Wasser und duin Mann. Die 
Nereiden sind Wasserweiber, Töch- 
ter des Nereus. 

Amphliryon, König von Tiryn 
(tearas Häuser) bei Argos, Gemahl 
dar Alkmene, welche durch den von 
ihrem Gemahl gastfreundlich behan- 
delten Jupiter, der Amphitryons 
Gestalt angenommen, des Hercules 
Mutter wurde. Diese Doppelgestalt 
drückt sich im Namen Amphitryon 
aus, denn amphi ist hier ambo zwei, 
und tryon ist feyrn, Herr, Haus- 
herr, tuar-na von tuar Haus, Ort, 
und age Mann. Amphitryon fiel bei 
Theben gegen die Minäer, Berg- 
leute von min, main, maon Berg 
und ae oder wi Leute. 

Amphora, Name der griechischen 
Wasserkrüge mit Honkeln zum Tra- 
gen, denn hölzerne Kübel haben die 
Griechen heute noch nicht, weil sie 
der Trockenheit wegen stets aus- 
einander fielen. amhain bedeutet 
Wasser und pherein, griechisch, 
tragen. 

Ampsivaren, alter Name für die 
Anwohner der Ems in Niederdeutsch- 
land; Ems oder Ams, latinisirt Ami- 
sia, kommt von amhain Wasser; 
und varen, oder uaren, das heisst 
Leute, von air, lat. vir. Statt Amp- 
sivaren kommen auch die Formen 
Ampsuaren, Ampsaner (von an 
Mann), dann wieder Ansibaren oder 


Ampsivaren. 


Ansivaren (von ean Wasser) und 
Änsuaren vor, die alle dasselbe be- 
deuten. Diese Emsleute wurden von 
den Chauken, die an der Weser 
wohnten, weiter westlich getrieben, 
und erschienen zur Zeit des Kaisers 
Nero am Niederrhein auf der Nord- 
seite der Lippe; von da durch die 
Römer verdrängt, richteten sie ihren 
Zug südlich zu den Usipiern und Tu- 
banten im Berglande an der Ruhr, 
von da wieder vertrieben, östlich zu 
den Chatten, dann nördlich zu den 
Cheruskern am Harz, wo sie endlich 
zu Grunde gingen; später erschie- 
nen neue Abtheilungen von Ansiva- 
ren neben den Chatten und als Unter- 
abtheilung der Franken. Die zuerst 
auftretenden Emser waren wohlnoch 
Kelten, die später als Franken be- 
zeichneten Deutsche, oder wenig- 
stens mit Deutschen stark gemischt. 
Dies geht gewissermassen auch aus 
dem Namen des Führers der an den 
Rhein gezogenen ältern Ampsivaren 
hervor, denn er hiess Bojocal, 
d. h. Diener des Fürsten, von /o, 
foi, boi Fürst und giol Diener. 
Wäre das ganze Volk ausgerückt, 
so würde der König selbst mitgezo- 
gen sein und hätte nicht blos sei- 
nen Untergebenen geschickt. — 
Im 4. Jahrh. gingen Ampsivaren 
über den Niederrhein, wurden aber 
von Kaiser Julian wieder zurückge- 
worfen. Diese Ampsivaren werden 
von Ammian auch Attuaren ge- 
nannt; es scheinen aber damit nicht 
mehr die Emsleute, sondern die 
Hattergauer am Rheine selbst ge- 
meint zu sein, denn sie werden auch 


Amretsir — Amrom. 


Franken genannt, ein Wort, wel- 
ches wieder dasselbe bedeutet, von 
fuar Wasser und an, ank Leute, 
so dass die Angaben der römischen 
Geschichtschreiber hier weiter nichts 
besagen, als dass zu verschiedenen 
Zeiten diekeltischen oder deutschen 
Völker der Ems- und Rheinlande in 
das römische Gebiet einfielen, erst 
mehre Male zurückgeworfen wurden, 
endlichaber unter der zum Gesammt- 
namen gewordenen Bezeichnung der 
Fuaranken oder Franken Herren 
des ganzen niederrheinischen Ge- 
biets, und später auch Belgiens und 
Frankreichs wurden. Das Wort Frank 
bedeutete ursprünglich nicht einen 
Freien, sondern das Volk der Fran- 
ken; alsdies über dieNachbarvölker 
zur Herrschaft gelangte, war es im 
Gegensatze zu letztern frei, weshalb 
dann schliesslich „frank und frei“ 
identische Begriffe wurden. 

Amretsir oder Umretsir, Stadt in 
Indien, im Pendschab, einst Haupt- 
veste der Sikhs und Residenz ihres 
Fürsten; ihr Name soll Teich der 
Unsterblichkeit bedeuten; in Wirk- 
lichkeit ist es eine von Wasser um- 
gebene alte Veste: am-reth, von 
amh Wasser und rat Burg, ist Was- 
serburg, und sir steht gleich tor, 
iyr Horr oder Fürst. Die Sighs 
oder Seighs sind die Schüler des 
Nanak, der vor dreihundert Jahren 
im nördlichen Indien eine neue reli- 
giöse Socte stiftete, welche allmä- 
lig die Herrschaft daselbst an sich 
riss. Im Indischen bedeutet Sikscha 
Schüler, Jünger. 

Amrom oder Amrum, eine der 


_ 87 — 





Amselfeld. 


nordfriesischen Inseln auf der West- 
küste Schloswigs, die andern sind 
Sylt, Föhr, Nordstrand und Bomoe. 
Was denNamen von Amrom betrifft, 
so ist er desselben Ursprungs, wie 
der des alt-keltischen Volkes der 
Ambronen, welche an dieser Küste 
hausten und durch Sturmfluthen zur 
Auswanderung in die südlicheren 
Lande gezwungen wurden. Der zu- 
rückgebliebene Theil des Volkes 
kam dann unter die Botmässigkeit 
der Sachsen, und verwuchs mit ihnen 
zu einem mehr deutschen Vorks- 
stamm. Die altfriesische Sprache 
hat sich indess auf diesen Inseln 
noch lange erhalten; ob dieselbe 
mit der altkeltischen identisch ge- 
wesen, wäre einer nähern Untersu- 
chung wertb. Amrom oder Ambrom 
kommt von inbhir, Wasser und om, 
Ort, Stätte, oder von amhain Was- 
ser und rim, rhim Hochufer, oder 
durch Dämme gegen die Fluthen 
geschütztes Land; Rom-0oe bedeu- 
tet dasselbe, Hochufer-Insel. Die 
Ambronen wurden zur Zeit der Ca- 
rolinger von Erzbischof Paulus von 
Ebora während vierzig Tagen hinter 
einander getauft; er bemerkte da- 
bei, diese Ambronen seien soviel als 
Altsachsen; sie waren also damals 
schon stark mit Deutschen gemischt. 
Auch in England hiessen die Alt- 
sachsen nebenbei nuch Ambronen, 
der Ausdruck wurde von den Britten 
alsSchimpfname für sie gebraucht. 

Amselfeld, eine sieben Meilen 
lange von hohen Bergen umgebene 
Thalfläche bei Kossowa im südlichen 
Serbien, auf welcher 1389 die Ser- 


Amselhof — Amstetten. — 


ben und 1448 die Ungarn von den 
Türken geschlagen wurden. Amseln 
leben nicht auf den Feldern, son- 
dern in Wäldern, der Name muss 
deshalb einen andern Sinn haben, 
imnis bedeutet Wiese und il gross, 
ims-il ist darnach eine grosse Wie- 
sen- oder Thalfläche, ein Feld im 
alten Sinne. Die Ungarn nennen 
das Thal Bigomezo, was keltisch 
genommen, Bergthal bedeutet, von 
rugha Bergrücken, und maes Feld. 
Amselhof in der Nähe von Deute 
in Niederhessen, alt Amenschenburg, 
Amelsburg, Amescherburg von y- 
mael der Berg, die Maalstätte, oder 
von y-mmwnt, was dasselbe bedeutet. 
Amsterdam, latinisirt Amstelo- 
damum, zu deutsch Ort am grossen 
Wasser, ean, am, amhain Wasser, 
dear grossund dam, domOrt; der- 
selbe war noch im 13. Jahrhundert 
ein Fischerdorf. Man könnte die 
Sylbe dam auch alsDamm am gros- 
sen Wasser annehmen, aber bevor 
Dämme gebaut werden konnten, 
mussten die Bewohner des Landes 
schon vorhanden und in Ortschaften 
angesessen sein, denn ein einzelner 
Ansiedler baut keine Dämme. Die 
Wohnungen und damit deren Namen 
waren eher vorhanden, als künstlich 
angelegte Dämme. Dazu kommt, 
dass die andern Namen der Gegend 
ebenfalls keltisch sind, z. B. Amstel, 
grosses Wasser von amhain und il; 
dieselbe entsteht aus der Drecht 
von dre klein und ach Wasser und 
der Mydrecht, welche noch ein 
mi oder by, klein, vorgesetzt hat. 
Amstetten, Ort in Oestreich am 


88 — 


Amur — Amurgier. 


Ybsflüsschen. 1804 wurden hier 
die Russen von den Franzosen ge- 
schlagen. Am ist amhain Wasser, 
und stätten vordeutscht für /yddyn, 
oder doidean kleiner Hof, von doid 
Hof. 

Amur, Name des grossen Flusses, 
welcher die östliche Mandschurei an 
den Grenzen Chinas durchfliesst und 
in das japanische Meer mündet. Ob 
der Name dieses Flusses etwa mon- 
golisch erklärt worden kann, mögen 
Andere untersuchen; auf Altkeltisch 
bedeutet er grosser Fluss von am- 
hain Flussund ar gross, gleich dem 
Amu-deria oder Oxus, der inden 
Aralsee mündet; deria von dear, 
bedeutet ebenfalls gross. Der Amur 
entspringt in der Nähe des Bai- 
kalsees; baikal ist ganz unzweifel- 
haft keltisch, denn bailc bedeutet 
Wasser und al gross. Das einzige 
Wort Baikal beweist schon, dass 
die Kelten ebenso nach dem östli- 
chen Hochasien kamen, wie nach 
Europa und Nordafrika. Solcher 
Beweise gibt es indess noch eine 
Menge; so heissen die beiden Quell- 
fiüsse des Amur Schilka und Ar- 
gun, letzteresvon eargan, ersteres 
von giolach oder gil-ka, beides 
klein Wasser. Dass der Name Amur 
nicht chinesisch ist, geht daraus 
hervor, dass dieses Volk für ihn 
einen andern Namen hat, nämlich 
Sakhalion oder Jalong-Kiang, Dra- 
chen-Fluss. Kiang entspricht in- 
dess dem keltischen gwyan Wasser. 

Amurglier. Herodot spricht neben 
den Bactryern von amurgischen Sky- 
then (skythai amurgioi, oder amor- 


Amyklä, 


gioi); denselben Namen gebrauchen 
auch die Perser, welche übrigens 
alle Skythen Saken nannten; im 
Heere des Xerxes standen die Saken 
und Baktrer unter einem und dem- 
selben Oberbefehlshaber, dem Hy- 
staspes; da nın muir Meer bedeu- 
tet, und Bactrien an das Kaspische 
Meer bezw. den Aralsee grenzt, so 
müssen diese Skythen als Nomaden 
aus Turan oder Türkland, angese- 
hen werden; und da ferner die Deut- 
schen ans dem nördlichen Asien 
stammen, ursprünglich unter den 
Skythen begriffen waren, denn Sky- 
then und Gothen bedeutet dasselbe, 
nämlich Waldvolk (von coed Wald) ; 
und da endlich bei den Persern die 
Saken (Tsaken, gezischt für Daken) 
mit Skythen gleichbedentend sind, 
so müssen die deutschen Sachsen 
ebenfalls aus dem Skythenlande 
stammen, denn sak-dae steht gleich 
sak-ui oder sak-ae; dae und ae 
bedeutet Leute und sceach, sach, 
Schach soviel als-coed, Wald. So- 
mit stammen die Sachsen vom Aral- 
see und sind unter den amurgischen 
Skythen inbegriffen. Hiermit in 
Vebereinstimmung steht die Stamm- 
sage der Sachsen, nach welcher das 
Volk aus Tyrkland kam (vergl. 
Stammsagen). 

Amyklä. Alte Stadt südlich von 
Sparta am Eurotas, einst Residenz des 
Tyndaros (duin-dear Mann oder 
Fürst-gross), dessen Gattin Leda 
(Frauchen /e oder liklein, und dae 
Frau) nebenbei dem Jupiter den 
Kastor, Pollux und die Helena ge- 
bar. Amyklä wurde häufig von den 


— 89 — 


An — Anakreon. 


räuberischen Spartanern überfallen, 
noch häufiger nur durch leere Ge- _ 
rüchte erschreckt, so dass ein eige- 
nes Gesetz jedesGespräch von einem 
Ueberfall verbot, bis endlich Amyklä 
„durch Schweigen unterging“, wie 
die stehende Redensart blieb, d.h. 
trotz des Gesetzes schliesslich von 
den Spartanern unterjocht wurde. 
Der Name bedeutet die Feldstätte, 
vonmagh, myghFeld und le Stätte. 

An, gälisch Mann, die vollere 
Form lautet amhain, lat. homo, ho- 
minus. An wird im Griechischen in 
Endungen von Personennamen in on 
umgewandelt. Das griechische aner, 
Mann, ist entweder eine Verdoppe- 
lung von an-air Mann - Mann, oder 
an ist hier der altgälische Artikel 
an oder in. 

Ana, Name der Göttermutter bei 
denaltenIren, woraus sowohl Juno, 
als im Deutschen Ahnen wurde, 

Anadyr, Fluss im nordöstlichen 
Sibirien, der in das Meer von Kamt- 
schatka mündet. Ana von ean be- 
deutet Wasser und dyr mag, wie bei 
Turan und Türken, Wüste, dürres 
Land bedeuten. 

Anagni, Stadt im Kirchenstaate 
bei Frosinone, mit Schwefelquellen, 
agni steht wie bei Aachen für oi- 
chean, kl. Wasser, an ist der gä- 
lische Artikel. 

Anakletos oder blos Klethos, 
einer der ersten Bischöfe Roms, der 
unter Domitian als Märtyrer starb, 
cloth bedeutet berühmt (daher Clo- 
thar, Lothar, Luther berühmter 
Mann), ana kommt von ar, Mann. 

Anakreon, seiner der bedeutend- 


Anam — Anamim. 


sten Lyriker des Alterthums 530 v. 
Chr., aus Teos in Jonien gebürtig. 
Er besang die Liebe und den Wein. 
Der Name lässt sich als Mann mit 
reinen Haaren deuten, an Mann, 
ag oder ogh rein, und roin Haar, 
also ein Wohlfrisirter, was zu sei- 
nen verliebten Neigungen passt. 
Anam oder Vintnan. Der östliche 
Theil der hinterindischen Halbinsel, 
mit dem Flusse Menam oder Mo- 
kong, welcher bei seinem Ausflusse 
in das Meer ein grosses Delta bil- 
det, das dem Lande den Namen gab, 
denn an bedeutet Leute und am, 
amhain Wasser ; Menam istgrosser 
Fluss von moin grossund am, wäh- 
rend die chinesische Form mo-kong 
dasselbe bedeutet von ma, mo gross 
und kong, gleich gwian im Kelti- 
schen, Fluss. Cambodja scheint 
Waldland zu bedeuten von cham für 
amhain Mann, Leute; pod, pus, 
oder pis, Wald und ia Land. Die 
Bewohner des Landes gehören der 
gelben Race an wie die Chinesen, 
müssen aber gleich diesen und den 
Tübetanern schon in ältester Zeit 
sich mit weissen Einwanderern ge- 
mischt haben. 
Anamim. Die Bewohner des Nil- 
deltas in Unterägypten; Name von 
ean Wasser und amhain Mann. Das 
Delta selbst hiess beiden Aegyptern 
Ptlimyris, kleines Meer, von di und 
di klein, combinirt in pti (petit 
franz.) und muir Meer; bei den 
Griechen Neilotis Nil-iath, Nilland. 
Eine andere Form für Anamim war 
bei den Aegyptern Sanemhit oder 
Tsanemhit, keltisch fain-am-iath 


— 90 — 


Ananen — Anohises. 


Wasser-leute-Gegend ; in der Soptua- 
ginta Enem-eti-eim, Wasser-Gegend 
Leute. Amhain, oder am bedeutet 
sowohl Wasser als Leute. Als Theile 
des Landes der Anamim werdenMa- 
reotis (Meerland) und Sa-adis 
(Wasserland, sua-iath) angeführt. 

Ananen oder Anamaren, Mariker 
oder Andern, ein ligurischer oder 
libischer Volksstamm an der Trebia 
am Nordabhang der Apenninen ; ihre 
Hauptstadt war Clastidium bei 
Voghera, welche von den keltischen 
Insubrern, denselben welche Mai- 
land gründeten, 400 Jahre vor Chr. 
erobert wurde. Der Name Clastidium 
bedeutet Bergstadt oder Thalstadt, 
je nachdem man dieSylbe Clast von 
cleith Berg, oder von clais, clawdd 
Thal ableitet, dion ist feste Stadt, 
din Burg. An-an bedeutet Leute 
am Wasser, an-mar Leute auf dem 
Berg, mar-ik,, Berg-hoch. Anderes, 
wieder Leute am Wasser von der 
Wasser; also lauter Appellativa für 
ein Volk, das in einem Thale, oder 
an einem Flusse und auf den be- 
nachbarten Bergen hauste. 

Anapa, Seestadt in Kaukasien in 
der Nähe des Ausflusses des Kuban 
(go-buin kl. Wasser) in das schwarze 
Meer; der Name bedeutet Seeleute 
von an Leute und abha Wasser. 

Ancenis, Stadt an der untern 
Loire in Frankreich, alt Andenesium, 
von ean Wasser und aithion Wohn- 
ort; es wohnten hier nach den alten 
Geographen die And-es d. h. Was- 
serleute. 

Anchises, Vater des Aeneas, wel- 
chen er mit der Venus erzeugt hatte; 


Ancona — Ancus. 


er wurde von diesem auf den Schul- 
tern aus dem brennenden Troja ge- 
tragen, starb aber auf Sicilien, an- 
geblich vom Blitze erschlagen, weil 
er das Geheimniss seiner Vertrau- 
lichkeit mit der Venus ausgeplau- 
dert hatte. Der Name Anchises, von 
an klein, chis Mädchen, und eis 
Mann, bedeutet Mann des kleinen 
lieben Mädchens, nämlich der Ve- 
nus. Sein VaterKapys warein Wald- 
mann oder Bergmann von keap Berg- 
kopf oder giubh Kieferwald, sein 
Urgrossvater Tros, Troas von tuar, 
Dorf, Stadt, und eus Mann. 
Ancona, Hafenstadt mit alter 
Veste am adriatischen Meere in der 
Mark Ancona in Mittelitalien, zum 
Kirchenstaate gehörig, derzeit von 
Piemont besetzt; derName bedeutet 
foste Stadt am Wasser, von an, ean 
Wasser und gan Veste (gund, go- 
wunden, mit Faschinen umgeben). 
Die Stadt gehörte einst zur Gallia 
togata, die nach Römer Sitte weite 
Mäntel oder Togas (Decken von te- 
gere, teagh, Dach) aberkeine Hosen 
trug, wie die nördliche, mehr kim- 
brische Gallia braccata, die Brach- 
sen oder Buchsen anhatten, wie die 
Deutschen. Ancona wurde etwa 400 
v. Chr. auf einem Felsen am Meere 
von den Syrakusanern angelegt. 
Ancus Marcius, vierter römi- 
scher König (von 638—614 v. Ehr.), 
Sohn des Marcius und der Pompilia, 
Tochter des Numa Pompilius; er 
befestigte denJaniculum jenseits 
der Tiber (d. h. den Wasserhügel 
von ean Wasser und collan kl. Hü- 
gel), und gründete die Hafenstadt 


— 91 — 





Anoyra — Andalusien. 


Osti a (von os, ats Wasser und tig, 
fyo Ort). Sein Name Ancus bedeutet 
entweder Junge (ogh, oghain) des 
Marcius; letzteres von meirghe be- 
deutet einen Mann aus einer Wald- 
genossenschaft, oder einen Wald- 
mann; oder aber grosser Mann, von 
ang gross und eus, us Mann, gleich 
Hinko, Anger, Hongist. 

Ancyra, das heutige Angora in 
Kleinasien, caer und gor bedeuten 
Stadt, Ort, an klein, oder der 
Artikel. 

Andalusien, die südlichste Pro- 
vinz Spaniens; sie wird gewöhnlich 
als Vandalusia, Vandalenland ge- 
deutet, weil die Vandalen vor ihrem 
Abzuge nach Afrika eine Zeitlang 
hier sassen; ebenso wird Catalo- 
nien als Gothalingia, Gothenland 
erklärt. Sicher sind diese beiden Er- 
klärungen nicht, denn warum erhielt 
Afrika nicht auch den Namen Van- 
dalusia, und die Gascogne, wo die 
Gothen vorzugsweise sassen, nicht 
den Namen Gothalingia? Es haben 
hier ältere Namen die Grundlage 
zu den neuern Formen gegeben; 
and-al ist gross Wasser, und Zus 
(wie bei Lusitania) das Ende des 
Landes am Ocean. Bei Gothalingien 
muss man an coed Wald und al 
gross denken, denn Catalonien, das 
Land der Catalanen, ist ein Gebirgs- 
land; Cat-al-an oder on bedeutet 
aber wörtlich Wald-gross- Mann, 
nicht aber Goth- Alan. Der Name 
Gothen von coed Wald und dae 
Leute bezeichnete allerdings schon 
in Russland Waldleute, so dass die 
Verwechselung sehr nahe lag; die 


Andechs — Andenne. 


Alanen besassen aber niemals Cata- 
lonien, sondern Portugal. 

_ Andechs, alte Burg am Ammer- 
see in Ober-Baiern, auf einem Hü- 
gel, alt Andecce, Andezze, oder Ane- 
desse, zu deutsch: Wasser-Haus, von 
an, ean Wasser und leag, leaghas 
Dach, Haus; Anedesse kommt von 
tas, einfacher Form für teaghas 
mit gleicher Bedeutung. Ausser 
dem Andechs am Ammersee kommt 
noch ein Antisna, oder Antessengau 
östlich vom Inn im Matagau vor, an 
einem kleinen Bache, der Antessen- 
bach hiess, mit der Villa Antesna 
später Antessenhofen oder An- 
‘ diesenhofen, nahe bei Reigersberg 
(rugha, Bergrücken). Da wo das 
Schloss Andechs stand, befindet sich 
jetzt das Kloster Heiligberg. Die 
Grafen von Andechs werden schon 
im 9. Jahrhundert genannt, und er- 
warben 1180 die Horzogswürde von 
Meran, dann den Besitz von Tirol, 
und grosser Strecken in Istrien, Dal- 
matien und Croatien. 

Andelsbach, ein Bach bei Sig- 
maringen auf der Baar, von ean 
Wasser und /i klein, er entspringt 
im Ilmensee, von alt oder lia Was- 
ser und min klein. 

Andelys, Stadt unterhalb Parisan 
der Seine, von ean-di-Ilys, Wasser- 
klein-Burg, oder blos von indlios, 
Burg, feste Stadt. 

Andenbach im Oberelsas, vom 
gäl. ean, deminutiv anean Wasser, 
oder an Artikel und tain Wasser. 

Andenne, Stadt bei Namur an 
der Maas, ean-dinn, Weasser- 
Burg. 


— 92 — 


Anderab — Andernach. 


Anderab, Stadt in der Bucharei 
an einem Flusse; dies bedeutet auch 
der Name, man mag nun an, oder 
dwr, oder abh für Wasser nehmen ; 
am einfachsten ist die Erklärung 
aus an-treabh Wasser-Ort, gleich 
Andref in Hessen. 

Andernach im Mayenfelde am 
Rhein, alt Antanacum, Antonacum, 
Antunacum und Anternacum. Diese 
Stadt wird in der Kriegsgeschichte 
des 9., 10. und 12. Jahrhunderts oft 
genannt; 562 stand hier schon ein 
Castell. Der runde Thurm am Rheine 
ist römischen Ursprungs, neben dem- 
selben stehen die Reste der austra- 
sischen Königsburg. 1167 schenkte 
Kaiser Friedrich I. dem Erzbischof 
Reinald von Cöln zum Lohn für 
den durch die Tapferkeit desselben 
und des Cölnischen Heeres erfgch- 
tenen Sieg gegen die Römer den 
Andernacher Beichshof mit der 
Münze, dem Zoll und der Gerichts- 
barkeit. Später erkämpften sich die 
Andernacher Reichsfreiheit und be- 
haupteten sie bis 1496, wo sie Kur- 
fürst Herrmann mit Hülfe seiner 
Bundesgenossen zur Unterwerfung 
zwang. Am 1. Mai 1688 zündeten 
die Franzosen die Stadt an sieben 
Orten an, und legten sie fast gänz- 
lich in Asche. Der Name Antana_ 
cum bedeutet Burg am Wasser, von 
tain Wasser und acha Wall, Burg; 
an ist der vorgesetzte Artikel oder 
bedeutet klein. Die Burg lag ur- 
sprünglich hart am Rheine, so dass 
die Merovinger aus ihren jetzt noch 
erhaltenen Fensterbogen im Rheine 
fischen konnten. Die Form Anterna- 











Anders — Andorra. 


cum, jetzt Andernach, hat statt tain 
Wasser das gleichbedeutende dr. 

Anders in Tirol, entw. statt 
adhras, aras Wohnort, oder gleich 
ean-daras Wasser-Ort; an kann 
auch der Artikel sein. 

Andlaw, alte Burg auf einem 
Felsen am Rande der obern Voge- 
sen im Elsas, Stammburg derer 
von Andlaw, der „Erbritter des hei- 
ligen römischen Reiches“. Aus die- 
sem Geschlechte fielen 1386 die 
vier Brüder Walter, Heinrich, Die- 
pold und Peter in der Schlacht bei 
Sempach unter Herzog Leopold von 
Oestreich; die Anhänglichkeit an 
Kaiser und Reich beseelt heute noch 
diese Familie; ihre Güter liegen 
jetzt meist im Breisgau, die Burg 
ist in Ruinen, unter derselben aber 
erstand das Städtchen Andlau. Der 
Name kommt von onn Fels und //e 
Stätte. 

Andorra oder Andorree, Stadt 
nebst Thalgebiet oberhalb Urgel 
auf der Südseite der östlichen Py- 
renäen; schon seit Karla dös Grossen 
Zeiten neutral, bildet sie unter fran- 
zösisch-spanischer Oberherrlichkeit 
eine kleine Republik. Frankreich 
ernennt einen Franzosen zum ersten 
Viguier, oder Landvogt, der spa- 
nische Bischof von Urgel besetzt 
alle Pfarreien, und ernennt einen 
Eingeborenen zum zweiten Viguier. 
Frankreich bezieht 960 Fr. Steuer, 
der Bischof 450 aus dem Ländchen, 
das 34 Ortschaften zählt. An der 
Spitze der Regierung steht ein Rath 
von 24 Mitgliedern, der die Con- 
suln und den Syndicus auf Lebens- 


— 93 — 


Andover — Andreas. 


zeit wählt. Die Stadt Andorra, 
welche dem Thal den Namen gab, 
bedeutet Hochgebirgsstätte von tor 
steiles Gebirg, und rka Stätte, an 
ist der gälische Artikel. 

Andover, Stadt in der Grafschaft 
Hampshire in England, soviel als 
Dover, nur mit vorgesetztem gäli- 
schen Artikel; Dover bedeutet 
grosser Ort von dubh gross und ra 
oder rha Stätte. 

Andreas, des Petrus Bruder, ein 
Fischer aus Bethsaida am See von 
Genezareth, daher sein Name, ean, 
an Wasser, dear gross und eus, as 
Mann, grosser Schiffmann oder Fi- 
scher. Bethsaida, gleich bait- 
aiteas Wasser-Ort. Der Apostel 
Andreas wurde, nachdem er das 
Christenthum angeblich in Skythien 
(Russland), Thrazien und Griechen- 
land gepredigt, 62 oder 70 in Paträ 
oder Patras in Achaia an einem 
schräg liegenden Kreuze hingerich- 
tet. Er ist Schutzpatron Russlands 
sowie Schottlands, deshalb die da- 
selbst gestifteten Andreasorden. In 
der Andreasnacht, vom 29. zum 30. 
November, sehen die Mädchen ihren 
Zukünftigen, wenn sie aus den vier 
Ecken in Form eines Andreaskreuzes 
nach der Mitte zu die Stube keh- 
ren. — Unter dem ungarischen Ar- 
padengeschlechte in den ersten drei 
Jahrhunderten unsers Jahrtausends 
war der Name Andreas sehr ge- 
bräuchlich, der letzte wurde 1315 
in Neapel von seiner Frau Johanna 
erdrosselt, und diese darauf von 
einigen ungarischen Grafen zum 
Fenster herausgestürzt. 


Andrefa — Andromeda. — 94 


Andrefa oder Antraffa, Anraffa, 
Arneffe, Dorf bei Londorf in Ober- 
hessen von an Wasser und treabh 
Dorf, ar kann auch blos der Artikel 
sein, oder klein bedeuten, oder An- 
dref ist aus aitreabh umgeformt, 
was ebenfalls Dorf bedeutet; ai ist 
hier der kimbrische Artikel y, 
während an der gälische ist. 

Andria, Stadt in Apulien oder 
der Terra di Bari in Süditalien, so- 
viel als Adria, Stadt am Wasser, 
von an, Wasser und dre, dri Ort; 
Adria dagegen von ad Wasser und 
ri, ra Stätte. 

Andromache, weibliche Form 
für Andromachus, Männerkämpfer 
vom griech. aner, andros Mann (kel- 
tisch an-dear Mann-gross) und 
mache Kampf, machaira, Schwert, 
Dolch, Messer und dies von magh, 
oder mab die Hand und ar Kampf, 
Schlacht, oder von or, ar, Gold, 
Silber und wahrscheinlich in erster 
Zeit jedes glänzende Metall. Die 
Andromache, Hektors edle Gemah- 
lin, war Tochter des Königs Eötion 
in Theben (daimh, daiv, deb, Tem- 
pel) in Kilikien, gebar demselben 
.den Astyanax (asiy Stadt, an 
Mann, aigh hoch, dasselbe was 
Anaxagoras, nur versetzt, und 
statt asty das gleichbedeutende 
caer, cor Ort). Nach Trojas Ero- 
berung fiel sie dem Pyrrhus (Berg- 
mann von pyrr Berg), dem Sohne 
des Achilleus zu, später kam sie an 
Hectors Bruder Helenus; sie starb 
in Pergamos, wo ihr ein Tempel 
errichtet wurde. 


Andromeda, des Aethiopers 


—  Andros — Angelland, 


Kepheus (Wald-mann) und der Kas- 
siope Tochter; sie war so schön, 
dass sie von ihrer Mutter sogar 
über die Töchter des Nereus, oder 
die Nereiden (noer Wasser, eus 
Mann) erhoben wurde, worüber 
erbost Neptun des Kepheus Gebiet, 
das Tiefland von Babylon über- 
schwemmte, und ihm durch ein See- 
ungeheuer Verderben drohte. Um 
ihn zu versöhnen, sollte Andromeda, 
an einen Felsen geschmiedet, dem 
Ungeheuer preisgegeben werden. 
Aber Perseus (ebenfalls ein See- 
mann von bior-tis) eilte auf dem 
Pegasus (each Pferd und aitk hoch) 
herbei, versteinerte das Ungethüm 
durch den Anblick des Gorgonen- 
hauptes, und rettete die Andromeda, 
die dann selbstverständlich seine 
Frau wurde; ihr Name bedeutet die 
Männerstolze, von an-dear Mann- 
gross, und mualh edel, stolz, mu- 
thig. (Vergl. Kepheus sowie die 
andern Appellative.) 

Andros oder Andro, kleine Insel 
bei Euböa, in Insel, der, dru, dro 
klein. 

Andujar, Ort in Andalusien am 
Guadalquivir, oberhalb Cordova, 
Wasser-ortt von an, Wasser und 
duar, tuar (tower) Ort. 

Anemo, ein Fluss in Oberitalien 
von am, amhain, Wasser und dem 
gälischen Artikel an, oder der De- 
minutivpartikel an. 

Angelbach, Bach im Anglach- 
gau bei Wiesloch und Philippsburg 
in der Neckarpfalz, als Engila, oder 
Engela von in klein und gil Wasser. 

Angelland, franz. Pays de l’angle, 





Angeln. 


kleiner Bezirk an der Nordsee, zu 
Burburg in Flandern gehörig, mit 
vier Kirchspielen, St.Omers Capelle, 
St. Nikolas, St. Folquin und St. 
Marie Kirche, in welchen früher 
vlämisch, jetzt meist französisch 
. gesprochen wird. Der Name des 
Landstrichs bedeutet grosser, fla- 
cher Strand, von ong Strand und 
il gross, zum Unterschiede von dem 
westlich von ihm aufsteigenden 
Bolenberg, oder pays de Boulogne. 

Angeln. Deutscher Volks- 
stamm, welcher vereint mit den 
Sachsen Britannien eroberte, in 
Folge dessen letzteres den Namen 
England oder Angelland erhielt. 
Ueber die Stammsitze der Angeln 
in Deutschland sind die Geschichts- 
forscher nicht einig, gewöhnlich 
lässt man sie aus dem Engilingau 
in Thüringen nach Schleswig ziehen, 
‚und von dort über die Nordsee 
segeln; nach einer andern Ansicht 
kamen sie aus dem Enngerlande an 
der Weser, nach einer dritten aus 
dem Lande Angeln im mittlern 
Theile des östlichen Schleswigs. 
Die Angeln waren gleich den Sach- 
sen ein Seevolk, können also nicht 
wohl aus Thüringen gekommen sein; 
das Land Angeln in Schleswig ist 
zu klein, um für sich allein als Hei- 
math eines Volkes gelten zu kön- 
nen, welches die Britannen zu unter- 
jochen im Stande war; die Engern 
an der Weser endlich sassen im 
Gebirgsthale, und waren ebenso- 
wenig als die Thüringer in der Lage, 
Flotten auszurüsten. Fasst man 
die Bedeutung des Wortes Angeln 


— 95 — 


Angeln. 


ins Auge, so löst sich die Streit- 
frage in befriedigender Weise. Es 
kommen nämlich folgende Formen 
vor: Anglii, Angli, dann bei Ptole- 
mäus Angeiloi und Angiloi; der 
Landschaftsname Angeln in Schles- 
wig lautet (bei Beda) Angul, gleich 
Aungull im Halogaland, oder Oen- 
gul, dann bei Nennius Oghgul, oder 
Ochgul. Im Keltischen bedeutet 
nun 0ng, ang, ing soviel als Küste, 
Strand, und il oder u/ gross; dar- 
nach waren die Angeln die Bewoh- 
ner der grossen Küste an der Nord- 
See, und wohl auch noch an der Ost- 
see, ohne aber gerade blos auf 
das heutige Angeln beschränkt zu 
sein; denn die Stadt Schleswig wird 
von den ältesten angelsächsischen 
Schriftstellern im 11. und 12.Jahr- 
hundert als der Hauptort der An- 
geln bezeichnet, und dabei bemerkt, 
sie hätten zwischen den Sachsen 
und Jüten gewohnt. Das Wort En- 
gern kommt ebenfalls von ang-ar 
Strand-gross, derselbe bezieht sich 
aber hier auf die Weser; angarü 
oder Angrivarii sind die Leute (air), 
welche diesen Strand bewohnen. 
Dehnt man Angrarien bis an die 
Nordsee aus, was in der alten Ge- 
schichte häufig geschieht, so können 
einzelne Abtheilungen der Angeln 
auch von den Wesermündungen nsch 
England gekommen sein, denn an- 
gar und angil sind gleichbedeu- 
tend. — Der älteste Name für alle 
Bewohner der Seeküsten war In- 
gaevon, ing-ibh-on Strand -Ge- 
gend-Mann, im Gegensatz zu den 
Istävonen am Niederrhein und den 


Angeln, 


Hermionen im Gebirgslande Zu 
dem thüringschen Engilin-gau 
oder Egilgau stehen die altsächsi- 
schen Angeln in keiner Beziehung, 
denn dieser Gauname kommt von 
in oder e klein und gil Wasser; er 
lag an der Wipper (bi-bior klein 
Wasser) ; dieYnglinger in Schwe- 
den, altnordisch Yngvi oder Yngi 
waren dagegen wieder Strandbe- 
wohner, gerade wie die Schweden, 
deren Name dasselbe bedeutet von 
sua Wasser und dae Leute; ihr 
Land Swithiod mit angehängtem 
iath Gegend. 

Angeln. Die Landschaft An- 
geln im mittleren Schleswig führt 
ihren Namen zum Andenken an die 
hier wie einst in ganz Schleswig 
sesshaft gewesenen, aber grossen- 
theils nach England ausgewander- 
ten Angeln. Da der Landstrich 
in dem Winkel zwischen der Schley 
und dem Flensburger Busen liegt, 
kam man auf den Gedanken, das 
Wort mit dem lateinischen angu- 
lus, Winkel in Verbindung zu brin- 
gen; dem widerspricht aber schon 
die Thatsache, dass auch noch an- 
derwärts Angeln vorkommen, die 
in keinem Winkel wohnen; der 
Volksname Angern an der Weser 
z. B. bedeutet dasselbe, was An- 
geln (vergl. den vorangehenden 
Artikel), und dann, wie sollte ein 
lateinisches Wort in ein Land ge- 
kommen sein, wohin die Römer nie- 
mals vordrangen. Die heutige Land- 
schaft Angeln zieht sich von Flens- 
burg südlich bis Treya an der Trene, 
südöstlich aber nicht mehr bis an 


— 96 — 


Angeln. 


die Schley, obwohl früher noch in 
Schwansen anglisch gesprochen 
wurde; zu beiden Seiten der Schley 
herrscht jetzt die niedersächsische 
Mundart vor. Anglisch wird nur 
noch gesprochen in der Gegend von 
Glücksburg, Flensburg, Adelbye, 
Geversen, Jörl, Eggebek, Fahren- 
stedt, Uelsbye, Sieverstett, Have- 
toft, Satrup, Sörup, Sterup, Esgrus 
und Steinberg, ebenso noch in Ol- 
derup nördlich von Husum; doch 
haben die deutschen wie die däni- 
schen Schulmeister ihr Möglichstes 
gethan, die alte Volkssprache durch 
ihre Schulsprachen zu verdrängen. 
Westlich von Flensburg, bei Bau, 
Wallsbüll, Hardewitt, Wanderup bis 
zur Mitte des Landes herrscht eine 
anglisch - jütische Mundart, weiter 
westlich bis zum Meere wird nord- 
friesisch gesprochen, soweit es nicht 
durch das Deutsche verdrängt ist. 
Die Ortsnamen in Angeln gleichen 
völlig denen in Jütland, nicht 
aber denen Südschleswigs und Hol- 
steins, so namentlich in der Form 
dıup für dorp, Dorf; dass Angeln 
und Jüten sich sehr nahe stan- 
den, beweist auch das alte angel- 
sächsiche Gesetz, worin es heisst, 
dass Jüten, wenn sie nach England 
kommen, als Brüder, Landsleute und 
englische Bürger angesehen werden 
sollen, denn sie seien entsprossen 
aus dem edeln Blute der Angeln, 
und machten mit diesen stets ein 
Volk aus. Was die oben genann- 
ten Ortschaften betrifft, so bedeutet 
Flensburg Wasserburg von bliant, 
oder bi-Iliantkl. Wasser; Adelbye 





Angelsachsen. 


kommt von odail, astail Wohnort 
(franz. Hotel) und bye, Bau, als 
Vebersetzung angehängt; Gever- 
sen, g0-bior-dinkl. Wasser-Burg ; 
Jörl,Feldort von ir, ior Land, Feld 
und Ze Stätte; Eggebok, kleiner 
Hag oder Knick am Wasser, von 
oiche Wasser und bi-ka kl. Hag; 
Fahrenstädt, Feldortvon /uirion 
oder feoran Feld, städt ist ver- 
deutscht für aidh Ort; Havetoft, 
oberdeutsch Hafentiefe, dem Sinne 
nach Niederung am Wasser, have 
von abha Wasser ;Satrup, Dorfam 
Wasser (sa, sua), oder kleines Dorf 
von di klein, gezischt gesprochen ; 
Sörup, von suir Wasser und 
aoibh Erbhof; Sterup dasselbe 
von ster Wasser, u. 8. w. 
Angelsachsen, latinisirt Anglo- 
saxones, Angli- Saxones, gemein- 
samer Name der aus Niederdeutsch- 
land und der kimbrischen Halb- 
insel nach Britanien übergesiedel- 
ten Völker. Der Zahl nach waren 
wohl die Sachsen (kymrisch Saeson, 
bretonisch Soson) überwiegend, aber 
um die britischen Sachsen von den 
deutschen zu unterscheiden, erlies- 
sen die angelsächsischen Könige 
mehremale Edicte, dass sowohl die 
Sachsen als die Jüten Angeln ge- 
nannt werden sollten, doch erhiel- 
ten sich beide Namen noch lange 
nebeneinander, bis endlich Anglia, 
Engle-land, England die Oberhand 
erlangte. Die Angelsachsen, ver- 
eint mit Jüten und Friesen, bildeten 
in Britanien erst 7 bis 8 König- 
reiche, nämlich Kent, Sussex, Wes- 
sex, Northhumberland, Essex, Mer- 
Deutsch-kelt, Wörterbuch, 


dem 97 —— 
x 


Angelsachsen,. 


cia und ÖOstangeln, welche aber 
Egbert von Wessex 827 sämmtlich 
vereinigte. Die Könige von Mer- 
cien waren vor ihm die mächtigern 
gowesen und führten darum das 
Amt des Bretwalda, d. h. des 
Oberbefehls über die vereinten 
Streitkräfte der einzelnen König- 
reiche, wenn es zum Kampfe gegen 
die Briten und Scotenkam. Breadh, 
oder breas bedeutet Fürst, und 
Walda ist aus gualda, oder giolla 
entstanden, was Diener, Unterge- 
bener bedeutet; denn der Bretwald 
blieb den einzelnen Königen unter- 
geordnet, er war blos ihr Stellver- 
treter im Kriege. Diese Titulatur 
ist, wie fast alle in der deutschen 
Geschichte, aus dem Keltischen her- 
übergenommen, er bedeutet nicht, 
wie gewöhnlich angenommen wird, 
Britenbeherrscher, denn diese be- 
herrschte er nicht, wohl aber die ihm 
untergebenen Angeln, Sachsen und 
Jüten. Was die Geschichte der Ero- 
berung Englands im Einzelnen be- 
trifft, so ist sie folgende: Im Jahre 
449 nach Chr. zogen Hongist und 
Horsa, zwei anglische Königs- 
söhne mit einem Gefolge von drei 
langen Schiffen nach Britanien, um 
dem Britenkönig Vertigernus zu 
helfen, welcher sie um Beistand an- 
gegangen hatte, da er sein Land 
nicht gegen die Picten und Scoten 
vertheidigen konnte. Die Angeln 
schlugen die letztern, da sie aber 
fanden, dass das Land schön war, 
und die Briten nicht im Stande 
seien, sich ihnen zu widersetzen, 80 
beschlossen sie, daselbst zu bleiben. 
7 


Angelsachsen. 


Sie traten nun als Feinde der Briten 
auf, besiegten sie, und Hengist stif- 
tete das Königreich Kent, alt 
Cantware (von caint Feld) an der 
Südostspitze des Landes. Da sich 
Kent gleich der Insel Wight später 
als von Jüten bevölkert zeigt, so 
muss Hongists Gefolge weniger aus 
Angeln denn aus Jüten bestanden 
haben; zwischen beiden Völkern 
war indess kein wesentlicher Unter- 
schied. Uebrigens war Hengists 
Zug nicht der erste, denn schon 
365 nach Christus waren die Küsten 
Bretlands (wie die Deutschen das 
Land nannten) von Sachsen ver- 
heert worden; aber erst nach dem 
völligen Abzug der Römer nach Gal- 
lien zu Anfang des 5. Jahrh., wo 
sie alle Hände voll zu thun hatten, 
um sich der Alemannen, Franken 
und Westgothen zu erwehren, konn- 
ten sich die Angeln und Sachsen 
auf Bretland festsetzen. 416 im 
dritten Consulate des Aetius ver- 
langten die Briten zum letztenmale 
Hülfe von den Römern, aber ver- 
gebens, zweimal hatten sie dieselbe 
vorher erhalten. Hengist besetzte 
zuerst die Insel Tanet (tain-is 
Wasser-Insel) an der Ostspitze der 
Grafschaft Kent, und zog hieher 
neue Schaaren aus Anglien an sich. 
Der zweite Zug kam auf 17 Schif- 
fen, der dritte auf 40, und diesen 
folgten noch mehrere, so dass das 
Land der Angeln (im heutigen 
Schleswig) stark entvölkert wurde, 
weshalb die Sachsen daselbst ein- 
rücken, und die Angeln auf den 
Winkel zwischen der Schley unddem 


8 — 


Angelsachsen. 


Flensburger Busen beschränken 
konnten. Auch Friesen werden von 
Procop unter den Einwanderern in 
Bretland genannt. Die Namen 
Hengist und Horsa werden gewöhn- 
lich als Hengst und Stute gedeutet; 
der erste war aber kein Hengst, 
und der zweite noch weniger eine 
Stute, sondernHengistkommt von 
ong gross, und eis Mann, Horsa 
von orc Fürst, gezischt gesprochen. 
Nach Eroberung des Landes ver- 
theilten sich die Sitze der einzelnen 
Stämme in folgender Weise: Im 
Norden zu beiden Seiten des Hum- 
bers Angeln, im Süden zu beiden 
Seiten der Themse Sachsen, die 
Jüten dagegen in Kent und auf 
der Insel Wight (alt Vectis Feld- 
insel von faich Feld und is Insel, 
oder Waldinsel von Aodh Wald). 
Zwischen Angeln und Sachsen in 
den mittlern Theil des Landes, um 
welchen lange noch mit den Kim- 
bern in Wales gekämpft wurde, wes- 
halb die Angeln hier Myrker, 
Märker, Grenzgenossen aufstellten, 
schoben sich später dänische An- 
siedler. Die nordhumbrischen An- 
geln (nordhan-hymbre) wohnten vom 
Nordufer des Humbers (inbhir Was- 
ser) bis an die Grenzen der Picten 
bei Berwick und westlich bis an die 
Grenzen der keltischen Cumbern 
oder des Cumberlands (das übri- 
gens jetzt germanisirt ist). Südlich 
von diesen Angeln wohnten die 
Ostangeln (Eastengle) von der 
Washbai bis zum Sturflusse, ge- 
theilt in ein Nordvolk und ein 
Südvolk (Norfolk, Suffolk). Zwi- 








Angelsachsen. 


schen den Nordhumbern und den 
Ostangein standen die Süädhum- 
bern, eine Abtheilung der Märker, 
deshalb auch Nordmärker genannt. 
Diese Mirker oder Märker (keltisch 
merc-an, meark-ae vergl.Almend) 
dehnten sich von den Ostangeln an 
durch das ganze Mittelland bis nach 
Wales, einzelne Theile ihres Landes 
hiessen Lindsay (See-land von linn- 
des-ia) auf der Südseite des Hum- 
ber und Girvier (von garmw Wasser) 
an den Sümpfen um die Washbai, 
bei Peterborough und auf der Insel 
Ely (il Insel, deutsch y) zwischen den 
Flüssen Ouse (ous, ais Wasser) und 
Nen (ni-ean kl Wasser). Die Mid- 
delengeln standen zwischen den 
Nordhumbern und ÖOstangeln, und 
fallen mit den Märkern zusammen; 
die Nordhumbern dagegen theilten 
sich wieder in das Reich Dearne 
oder Deran (dwr-nae Wasser-Leute) 
zunächst über dem Humber, und in 
das Reich Beornice (bioran-ighe 
Wasser-insel) nördlich über dem 
Tyne (tain Wasser) bis zu den Pic- 
ten um Edinburgh; ebenso theilten 
sich die Märker durch den Trent- 
fluss (Treanta, dre klein und ean 
Wasser) in östliche und nördliche. 
Was die Sachsen an der Themse 
betrifft, so wohnten auf der linken 
untern Seite des Flusses bis zu den 
Ostangeln die Östsachsen, East- 
sachsen (Essex), auf dem rechten, 
obern Ufer bis nach Cornwallis die 
Westsachsen(Wessex, alt Woest- 
seaxan); zwischen diesen und den 
Jüten in Kent die Südsachsen 
(Sudseaxon, Sussex), undin der Mitte 


9 — 


Anger. 


zwischen Ost- und Südsachsen auf 
dem Nordufer der Themse westlich 
von Lundenwyc oder London die 
Middelseaxan (Middlesex). Ab- 
theilungen der Westsachsen führten 
den Namen Gewisse, von uisge Was- 
ser und Vikier, Vikinger an der 
Severnmündung (von viginge Flotte). 
Was die Reste der keltischen Be- 
völkerung in Bretland betrifft, so 
verblieb Wales in der Hand der 
Cambern und Cumberland in erste- 
rer Zeit desgleichen, ebenso ganz 
Schottland mit Ausnahme der Nord- 
spitze und der Farder, desgleichen 
ganz Irland. 

Anger, als Mannsname, bedeutet 
gälisch soviel als grosser Mann, 
von ang, ong gross und air Mann; 
im Deutschen soviel als z.B. Unthier, 
Unhund, Ungeheuer. Daher die 
Namen: Hinko, grosser Mann 
von ge Mann, Hengist von ais 
Mann, dasselbe wie Ancus, Ingun 
dasselbe von on Mann; Ingvar, 
oder Ingur dasselbe von air, wr, 
oder lat. vir, Mann, Höriger. In- 
gudr, entweder dasselbe wie Ingur 
oder grosser Waldmann von ing- 
coed-air; Ingulf, gr. Wolf; In- 
gemund, edler, grosser Mann von 
muath, mund edel, oder blos von 
maon Mann, Vasall. Ingebert, 
Sohn des Hinko von bert Sohn; 
Ingemar Diener des Hinko, oder 
grossen Mannes von maor Diener. 
Ingeburg, der oder die Geborne 
des Hinko, dessen Kind, von bea- 
raim gebären; Ingegerd, oder 
Ingurd, dasselbe wie Ingur mit an- 
gehängtem di klein; aus letzterer 

7 Li 


Anger — Angerburg. 


Form wurde im Deutschen Engel- 
hard, aus Ingebert Engelbert. 

Anger, Fluss in Frankreich, na- 
sale Form für y-garm oder a-gouer, 
der Bach, oder gleich Inger von 
inkleinund caoir Bach. In Deutsch- 
land gibt es einen Angerort bei 
Düsseldorf von ean-caer Weasser- 
ort. Aus Angersbach wurde mit vor- 
gesetztem di, klein, Zangeresbach. 

Anger, Bezeichnung für Weide, 
Wiese steht gleich dem gälischen 
gwaun, uan, oder ingis, auch innis, 
ianis, hinni, hymnis, hymnes, ym- 
nes, indis, inzy, inzi, was alles 
Wiese, Weide bedeutet; im deut- 
schen Anger ist noch ein ar gross 
angehängt. 

Angerapp, Flüsschen in Ost- 
preussen, entspringt im Mauersee 
(muir Meer, Moor) und fällt bei 
Insterburg (in-ster kl. Wasser) 
in den Pregel (brag-il Wasser- 
gross); die Anger-app selbst kommt 
von ean-er Wasser-gross, d. h. dem 
Mauersee und abh Wasser; also ein 
Wasser, das aus einem See kommt. 

Angerburg, in Ostpreussen, am 
Angersee, ean-ar Wasser-gross, 
in der Nähe liegt das im Jahr 1312 
vom deutschen Orden erbauteSchloss 
Angetete. Steht dieses Schloss 
nicht auf dem Fundamente einer 
noch ältern Burg, so gäbe sein 
Name den Beweis, dass noch 1312 
in jener Gegend keltisch gesprochen 
wurde, was indess dadurch modifi- 
cirt wird, dass das Alt-lithauische 
ein keltischer Dialect war, im Grunde 
also noch heute vom dortigen Land- 
volk keltisch gesprochen wird. An- 


— 10 — 


Angermanland - Angers. 


getete steht nämlich für ean-aidhe, 
ean-aileas oder ean-aileat, und 
bedeutet Wasser-Wohnung, Wasser- 
burg;also im Wesentlichen dasselbe 
was Angerburg. 

Angermanland. Eine Landschaft 
im nördlichen Schweden, am Anger- 
fluss oder der Angermanelf, zu 
deutsch, Land der Männer am gr. 
Fluss; ean-er Wasser-gross; Haupt- 
ort Hornösand auf einer kleinen 
Insel im bothnischen Meerbusen ; 
Hernd, von irean klein Land, Demi- 
nutiv von ir Land (Irland) und dem 
angehängten Ö, ey, y Insel. Sand 
als Ortsname kommt in Scandina- 
vien mehrfach vor und ist eine Ver- 
deutschung für dionn, din, tzinn, 
Burg; denn Sand, Strand, passt 
nicht als Bezeichnung für eine Ort- 
schaft. In Angermanelf ist noch 
ein alb, versetzt für bie, Wasser, 
angehängt. 

Angermünde, Stadt im Branden- 
burgschen am See Münde, was wohl 
eine erst in neuerer Zeit aufgekom- 
mene Bezeichnung ist; denn Anger 
bedeutet Wasser-gross, ean-er, 
ist also der Name für den See, und 
Münde, von men Mündung, und dee 
Ort,ist der Name für einen an einem 
Abfluss aus dem See gelegenen Ort. 

Angers, Stadt nahe dem Ein- 
fluss der Mayenne in die Loire in 
der Landschaft Anjou in Frankreich, 
alt Andes, oder Andecavi, unter den 
Römern Julio magus (Juliusfeld). 


Andes bedeutet Wasser-stadt, von - 


ean und {as Ort; Andicavi (auch 
Ondikavi, Andikani) dasselbe von 
ean Wasser und feag Ort; avi, aui 





Angir-asen. 


und ani sind Adjectivformen, welche 
Leute aus der vorbezeichneten Ge- 
gend oder Stadt bedeuten. Aus 
Andicavi ist Anjou,der Name die- 
ser Wasserlandschaft, oder der Loire- 
Niederung geworden; Angers da- 
gegen ist aus ean-caer Wasser-ort 
entstanden. 

Angir-asen. Der arische oder 
asische Volksstamm, welcher unter 
Indra’s Führung Indien, oder wenig- 
stens die Lande am Indus eroberte, 
wird in den alten indischen Veda’s 
Angir-asen genannt. Indra bedeu- 
tet Mann-gross, on oder an-dear, 
oder da er nach der Sage aus dem 
Wasser stammen soll, ean-air Was- 
ser-Mann; sein Volk, die Angir- 
asen, wären darnach ebenfalls Was- 
serleute, ean-ar-eus Wasser-gross3 
Leute; denn Asen bedeutet Leute, 
Männer von eis, is, as, 05, us; aus 
den Männern wurden, wie überall 
nach der Hand, Götter. Da so- 
wohl Indra als seine Asen Aptya 
genannt werden, von abh Wasser 
und dae Leute, so scheint dies an- 
zudeuten, dass siezur Seenach Indien 
kamen, oder von Babylon her längs 
des Meeres. Unter den Feinden der 
Angir-asen werden besonders die 
Raks-asen genannt, die Felsen- 
männer (von rugha Berg oder roc 
Fels), dann die Danen (von tain 
Wasser und an Leute); letztere 
wohl die frühern Anwohner des In- 
dus, erstere die Bergbewohner des 
heutigen Afghanistan. Die Danen 
werden auch Daen genannt, wei- 
chere Form für sa Wasser und an 
Leute. Indra erschlug deren eine 


— 101 — 


Ängir-asen. 


erkleckliche Anzahl, mit den Raks- 
asen hatte er aber seine Noth, es 
waren wilde, rothhärige Gesellen 
und Menschenfresser, ebenso mit 
den Asuren (Hochländern aith- 
ire). Der Führer der letztern war 
Vrithra (braikt Berg und air 
Mann), den schlug Indra nach har- 
tem Kampfe mit seiner Steinkeule 
todt, floh aber dann aus dem Lande, 
angeblich aus Reue, weil er nach- 
träglich erfuhr, dass Vrithra ein hei- 
liger Bramane (bri Berg, maon Mann) 
gewesen sei. (Dies ist ein von den 
bramanischen Priestern jedenfalls 
erst hinterher eingeschobener Ge- 
danke.) Während nun Indra jenseits 
eines Soes verborgen lag, wählten 
die Aeltesten des Volkes den Na- 
husha (nuadh oder noitheach 
edel, vornehm, stolz) zu seinem 
Nachfolger ; dieser war erst ein from- 
mer Büsser gewesen, wurde aber 
stolz und frech, nachdem er König 
geworden, so dass er sogar Indra’s 
Gemahlin, die Tschaki (dagh gut) 
zur Frau verlangte. Diese bat sich 
Bedenkzeit aus, schickte aber mitt- 
lerweilen ihren Schwager Agni 
(09 rein, nae Mann, bezw. oghain 
Jüngling, Junge, später als Feuer- 
gott, lat. ignis, verehrt) mit dem 
Brihaspati (bdreas Fürst und 
baidh Anführer, vergl. Marbod) 
also mit dem Vorsteher der Aelte- 
sten oder Edlen ab, um den Indra 
wieder herbeizuholen. Derselbe 
kam, schlug seinen Nebenbuhler 
todt und führte die Herrschaft wei- 
ter. Ein anderer Angirheld war 
Trita, ebenfalls ein Aptya oder 





Angir-agen. 


Wassermann (Trita von dwr Wasser 
nnd dae Mann, gleich Triton von 
dwr und duinMann), oder wieandere 
Sagen lauten, Indra’s Sohn; der er- 
schlug gleich Siegfried einen drei- 
'köpfigen, siebenschwänzigen Dra- 
chen. Im altpers. Zendavest kommt 
dieser Trita unter dem Namen Trae- 
tano vor,eineForm die gleich Triton 
statt dae das Wort duin, Mann, an 
dwwr angehängt hat. Dieser Traetano 
war ein Sohn des Athwya (entwe- 
der von afA alt, Aette, Otto, oder 
von ad, adua Wasser, und geMann) 
und erschlug ebenfalls eine von 
Ahriman geschickte Schlange mit 
drei Rachen, drei Schwänzen, sechs 
Augen und tausend Kräften. Bei 
den Armeniern hiess dieser Drachen- 
tödter Vahagn (/o-hagen Fürst- 
hoch), bei den Persern Vahen- 
ahean (von foano Fürst und aighe, 
ahe hoch, an Mann). Im Nibelun- 
genliede ist es bekanntlich nicht 
der Hagen, derHohe, welcher den 
Drachen tödtet, sondern Siegfried, 
der dann seinerseits von Hagen 
ermordet wird. Damit in Einklang 
steht die Schlange Ahi (griechisch 
echis Natter), welche nach der indi- 
schen Sage von Indra getödtet wurde. 
Aus dieseraller Ungehoeuerlichkeiten 
möglichst entkleideten Darstellung, 
wie aus der Bedeutung der indi- 
schen Ortsnamen ergibt sich, dass 
der altindische, oder angirasische 
Stamm ebenso gut arisch, bezw. 
keltisch war, wie die andern VÖl- 
ker Westasiens.. Aus dem Sanscrit 
lassen sich obige Namen nicht 
erklären, oder wenigstens ist es 


— 102 — Anglachgau — Anglesey. 


bis jetzt nicht geschehen. (Vergl. 
Asuren, Raks-asen und die andern 
Indien betreffenden Artikel.) 
Anglachgau, die Landschaft 
bei Wiesloch in der Neckarpfalz 
am Anglachbach, von Waldangeloch 
bis an den Rhein, Speier gegenüber. 
Der Gaiberg (von coich Berg), auf 
dessen Spitze oberhalb Heidelberg 
unter einer Eiche angeblich der 
Königstuhl stand, mit dem Dorfe 


Gaiberg gehören noch zu diesem. 


Gau. Der Name Anglach, Angilach 
bedeutet kleines Wasser von in klein 
gil Bach, ach ist als Uebersetzung 
angehängt. Wiesloch, alt Wezin- 
loh, bedeutet. Bachort von uisge 
Wasser, dem. uisgean und loc Ort. 
Nussloch alt Nuzlohon, vonnuadh 
neu, naodh Bach oder schon von 
nux, Nuss, Nussbaum und loc Ort, 
Nussbäume stehen hier aus alten 
Zeiten in grosser Menge. Leimen 
alt Leimheim, von /u-ean, lu-am- 
hain kl. Bach. Schwezingen, 
Suezingen, altes Bömercastell, von 
sua Wasser und daingean Veste. 
Anglesey oder Anglesea, mittel- 
alterlich Anglorum Insula, altkel- 
tisch, Mona; Insel an der Küste 
von Wales, von diesem durch den 
Menaikanal getrennt, über welchen 
jetzt eine Brücke führt. Menai be- 
deutet kleines, schmales Wasser von 
mion, min klein und aha, oder. y, 
ey Wasser; der Inselname mona, 
gleich Man, alt manaw, nördlich 
davon, Meinau im Bodensee und 
Moen in Dänemark, kommt von 
min klein und i Insel, oder von mi 
klein und in Insel. Ang-l- is-ey 


— 








Angora — Angrivaren. — 103 — 


kommt von ean-il Wasser-gross 
und is Insel mit der angehängten 
deutschen Uebersetzung ey, was 
ebensowohl Insel, Ey, als Wasser, 
aha bedeutet. Angl kann auch von 
ang gross und lia Wasser abgeleitet 
werden, oder endlich, wenn sich der 
Ausdruck blos auf den Menaikanal 
bezieht, von ean Wasser und Äi 
klein. Die Uebersetzung Anglorum 
Insula ist schon darum falsch, weil 
hieher keine Angeln kamen. 
Angora, alt Ancyra oder Ankyra, 
Stadt im Innern Kleinasiens, einst 
Hauptort der galatischen Tectosa- 
gen; Name von an Artikel, und caer, 
coire (Chur) Ort. Von hier stam- 
men die langharigen Angoraziegen, 
oder Kämelziegen, vom .arab. cha- 
mal zart, fein, woraus dann unser 
Kamelot, Kämelotte-tuch wurde; in 
rohem Zustande heissen die Haare 
im Handel türkisch Garn. Kaiser 
Augustus verschönerte seiner Zeit 
die Stadt Ancyra, wofür ihm die 
Einwohner einen Marmortempol 
erbauten und auf mehreren Tafeln 
eines Altares seine Kriegsthaten 
verzeichneten. Diese Inschriften 
sind unter dem Namen Monumen- 
tum Ancyranum bekannt. 
Angouleme, Stadt im Saintonge 
an der Charente in Frankreich, alt 
Iculisna, von e,i oder ir klein, giol 
Wasser, und om Ort; isna von ois 
Burg und x; klein, gleich Isny in 
Schwaben. Die Gegend um Angou- 
leme heisst das Angoumois, zusam- 
mengezogen aus in-giol-om-iath; 
iath bedeutet Gegend. 
Angrivaren, Volksstamm an der 


Ängrivaren. 


Weser, nördlich von den Cheruskern 
und der Porta Wesphalica; sie hiel- 
ten als Gegner der ersteren in der 
Regel zu den Römern, und stellten 
ihnen Hülfsvölker, bis sie später 
von den aus Holstein herbeigekom- 
menen Sachsen unterworfen, mit 
diesen zu einem Volke verwuchsen 
und Engern benannt wurden. Unter 
dem keltischen Namen Angrivaren 
kommen sie nur zur Zeit des Ger- 
manikus in der Geschichte vor. Als 
letzterer nämlich 7 Jahre nach der 
Varusschlacht von Minden aus die 
Weser aufwärts gegen die Cherus- 
ker zog, um dem Herrmann ein 
zweites Treffen zu liefern, empörten 
sich die Angrivaren in seinem Rü- 
cken, wurden aber von Stertinius, 
einem Unterbefehlshaber des Ger- 
manikus alsbald zu paaren getrieben, 
und blieben von da an wieder den 
Römern getreu. An der Südgrenze 
der Angrivaren gegen die Cherusker 
zog sich ein Steinwall, eine Land- 
wehre her, die sich von der Weser 
am Steinhuder Meere weg bis zur 
Aller erstreckte. Die Nachbarn der 
Angrivaren im Norden waren die 
Chauken, und im Osten die Longo- 
barden; ihr Name, auch Angri-uarioi 
von Ptolemäus geschrieben, bedeutet 
gleich dem der Angeln, Anwohner 
eines Wassers, Strandleute, von any 
oder ong Strand, oder von ean Was- 
ser, ar gross, und air Leute. Später 
wurde der Name blos Angrarii, ver- 
deutsch Engern, geschrieben; En- 
gerland als sächsisches Herzog- 
thum zog sich vom Zusammenfluss 
der Werra und Fulda bald blos bis 


—u 


Anhalt. 


zur Porta Westphalica, bald bis hin- 
ab nach Friesland. (Vergl. Engern.) 

Anhalt, oder Anholt, eine fürst- 
liche Familie vom Unterharz und 
aus der Elbe- und Saale- Gegend, 
die sich früher Grafen von Asca- 
nien nannte; Askania bedeutet 
Wasserland, Seeland von visge Was- 
ser, uisgeankl. Wasser, u. ia Land; 
Anhalt war eine Felsenburg im 
Unterharz von onn Fels und ailt 
Ort. Als Stammvater der Askanier 
wird Esiko von Ballenstedt, 
alt Ballinstedt, um 940 genannt. 
Balla bedeutet Bollwerk, Burg, 
ballin kl. Burg; Esiko ist der Titel 
des Burgvogts oder Burgmanns von 
aiteach Ort, Burg und 0 oder ae 
Mann. Einer seiner Nachkommen, 
Graf Otto, unter Kaiser Heinrich V. 
auf kurze Zeit Herzog von Sachsen, 
nannte sich zuerst Graf von Asca- 
nien, und zwar nach dem Orte 
Aschersleben, bei Ballenstedt, 
denn Ascher- gleich visge-ar be- 
deutet Wasser-gross und leben von 
liuban bedeutet kleine Wasserburg, 
oder Pfahlburg, von JJe Stätte und 
abh Wasser. Aschersleben lag an 
einem grossen See, der jetzt aus- 
getrocknet ist. Seit der Mitte des 
13. Jahrhunderts bis 1315 residirte 
hier auf dem Wolfsberge die Haupt- 
linie der Askanier, nach deren Er- 
löschen der Ort mit der Grafschaft 
an die Bischöfe von Halberstadt 
kam, während eine andere Linie auf 
der Burg Anhalt im Harz residirte, 
und dadurch den Askaniern ihren 
heutigen Namen gab. Die Haupt- 
orte im Anhaltischen sind jetzt: 


— 14 — 


Anholt — Ani. 


Bernburg alt Bernaburg an der 
Saale, Wasser-insel- burg von bior 
Wasser, und in Insel; Coswig, 
Wald-dorf von coed-wigh; Harz- 
gerode, ausgerodetes Bergland, 
von ard steiler Berg, Harz; Gern- 
rode, ausgerodetes Walddickicht 
von garan Walddickicht; Hoym, 
Waldort, von kAuiWald und om Ort; 
Dessau an der Elbe, fas, tes Ort 
und aha Wasser; Zerbst, alt 
Ciervisti, caoir-bi-asty, Fluss-klein- 
Ort; Jesnitz an der Mulde ais- 
in-aidhe Fluss-kl.-Ort; Köthen 
alt Cotene, Waldleute von coed-nae; 
Nienburg, oder München-Nien- 
burg, alt blos Niendorf, kl Ort von 
ni klein und ior Ort; München 
dasselbe von min klein und ka Hag; 
Güsten, Wald-Ort von coed Wald 
und dun Ort; Bosslau, Wasser- 
stätte von rhidys Wasser und Ile 
Stätte; Bagun zwischen zwei Ar- 
men der Mulde, ra-gun Stätte-Was- 
ser oder rheog-gan Wasser-burg ; 
Strassfurth, Furth über die Bode 
an der Strasse, ysiryd Strasse und 
fwrdd Furth. 

Anholt, kl. Insel im Kattegat, von 
ean Wasser, il Insel und di klein. 

Ani, alte Residenz der Bagra- 
tiden in Armenien vom Jahre 961 
an, einst gross und prächtig, so 
dass sie im Mittelalter bei hundert- 
tausend Häuser und tausend und 
eine Kirche gehabt haben soll; die 
Stadt wurde aber durch die Byzan- 
tiner, Seldschucken und Georgier 
erobert, und endlich durch ein Erd- 
beben völlig zerstört; sie lag am 
Arpatschai oder Akhourian (d. h. 





Anio — Anna. 


am Bergfluss, ar-pis- acha, Berg- 
Wald-Wasser, bezw. aigh-ur-ean 
hoch-Thal-Wasser. Ani selbst steht 
gleich ean-ui Wasserleute. 

Anio, Flüsschen in Unteritalien 
bei Gaeta, ean-ieo Wasser-Wasser ; 
ioo, y, aa, aha ist eine Vebersetzung 
von ean, und deutet an, dass hier, 
wie wohl allerwärts, verschiedene 
Völker nach einander in den Besitz 
des Landes kamen, von denen die 
später eingewanderten die alten 
Appellativformen beibehielten, aber 
eine Uebersetzung aus ihrer eignen 
Mundart anfügten. 

Anjou, die Gegend um Angers 
im westlichen Frankreich, an der 
Grenze der Bretagner, mit welchen 
verbündet die Andegaven lange 
gegen dieRömer sich vertheidigten, 
und im 5. Jahrhundert völlig ver- 
einten. Im Mittelalter gehörte An- 
jou den Plantagenets, kam durch 
diese an England, wurde aber 1204 
durch Frankreich zurückerobert. 
Karl, ein Sohn König Philipps, dem 
Anjou verliehen war, wurde König 
von Neapel und Sicilien; nach dem 
Sturze seiner Dynastie vereinigte 
Ludwig XI. 14814 Anjou abermals 
mit Frankreich. Der Name ist unter 
Angers erklärt. 

Anklam, Stadt in Pommern an 
der Peene, trat 1319 in den Bund 
der Hansa; Wasser-burg von ean- 
glin. 

Anna, angebliche Mutter der 
Jungfrau Maria, Frau des heiligen 
Joachim; im 4. Jahrhundert nach 
Christus wurde sie zuerst von Epi- 
phanias erwähnt, und 7 10 ihr Leich- 


— 105 — 





Annaberg. 


nam aus Palästina nach Constanti- 
nopel gebracht. Der Name Anna 
bedeutet Ahnenmutter, Grossmutter 
von ana, was im Keltischen diese 
Bedeutung hat; mit ana steht 
gleich eana, iona, lat. Juno. Im 
Uebrigen kann der Name Anna auch 
Wasserweib bedeuten von ean Was- 
ser und nae Frau; es würde dies 
mit der indischen Auffassung zu- 
sammenfallen, welche alle Götter ' 
und Menschen aus dem Wasser ent- 
stehen lässt, oder mit der in Euro- 
pa heute noch nicht ausgestorbenen, 
dass die Neugebornen den Wöchne- 
rinnen von der Mutter Holle aus 
dem Teiche, bezw. aus den Wolken, 
dem Hiinmelsgewässer, geschickt 
werden. An bedeutet auch klein, 
ruhig, sanft u. s. w. und ist auch 
wieder blos der gälische Artikel. 
Annaberg, Berg- und Fabrik- 
stadt im sächsischen Erzgebirge; 
von Herzog Albert im Jahre 1446 
gegründet, erhielt sie 1501 von 
Kaiser Maximilian ihren gegenwär- 
tigen Namen. Annaburg, Ort 
bei Torgau, hiess bis 1573Lochan; 
auf der Lochauer Heide wurde 1547 
Kurfürst Johann Friedrich durch 
Karl V. und Moritz von Sachsen 
besiegt und gefangen genommen. 
Der Ort liegt von Gräben umgeben 
in einer Niederung, der Name be- 
deutet darnach Wasserstätte, von 
lloc-aha, Ort-Wasser, oder von 
li-oich, klein Wasser mit angehäng- 
tem ha oder cha, eingezäunter Ort. 
Dasselbe könnte Annaburg bedeu- 
ten, von ean Wasser, wenn der Name 
alt ist, und nicht erst einer Anna 


Annan — Anno- 


zu Ehren gegeben wurde, wie dies 
bei Annaberg der Fall ist. 

Annan, Stadt am Annanflüsschen 
in Schottland in der Nähe des Meer- 
busens von Solway; Name des Flus- 
ses von ean-an Wasser-klein, des 
Ortes von ean-an Waaser-Leute. 

Annebos, Felsenwald hinter dem 
Trifels bei Annweiler im Wasgau. 
Bos, gleich dem Kniebis, alt Kne- 
boz im Schwarzwalde, vom gäl. pis 
Holz, Baum, andere Form für fodh 
(deutsch Fichte), franz. bois. Anne 
kommt von onn Stein, Fels, denn 
auf dem Gipfel des Berges ragen 
Sandsteine empor, auf welchen eine 
Burgruine steht. 

Annecy, alt Annecium oder An- 
nesion,, Stadt in Savoyen an einem 
See, d. h. an einem ean oder Was- 
ser, egy gezischt für aidhe, und 
ecium oder esion für aition, beides 
Wohnort. 

Anno, Hanno (Hans) gälischer 
Mannsname, gleich dam deutschen 
Mann, Manno, denn ar bedeutet im 
Gäl. Mann, gleich no, nae. Als Bei- 
wort bedeutet an ausserdem im 
heutigen Irischen noch: ruhig, bös, 
edel, gefällig, rein, wahr und 
schnell; darnach kann an-no ruhi- 
ger, edler u. s. w. Mann heissen, 
und Anna als Weibername das- 
selbe. Die gälische Sprache hat 
das Eigene, dass sie mit einem und 
demselben Laute oft die verschie- 
densten Begriffe verbindet, und für 
ein und denselben Begriff sehr ver- 
schiedene Laute hat. Das kommt 
von den vielen Mundarten her, die 
sich unabhängig von einander ent- 


— 106 — 


Anno — Annweiler. 


wickelten, von dem Mangel einer 
alle Gälen verbindenden und den 
Wortsinn feststellenden Schriftspra- 
che, und endlich von der Gewohn- 
heit, manche Consonanten nicht 
auszusprechen, sondern die Worte 
blos im Munde hin- und herzuwer- 
fen, wie dies z. B. jetzt noch alle 
Niedersachsen thun, ohne sie mit 
der Zunge und den Lippen gehörig 
zu artikuliren. Einem Engländer, 
bezw. Kelten, denn beide stehen 
sich hierin gleich, da sie schon in 
Deutschland zu einem Mischvolke 
verwachsen waren, sieht man seine 
Abstammung schon an den Bewe- 
gungen des Mundes an, ohne nöthig 
zu haben, seine Worte zu hören. 
Auf der Insel Man im irischen 
Meere geht dieser Vocalismus so 
weit, dass alle Consonanten völlig 
verschwunden sind. Den äussersten 
Gegensatz hierzu bilden die slavi- 
schen Mundarten, welche fast keine 
Vocale haben, und sich dafür mit 
sog. Halbvocalen helfen. Die Deut- 
schen halten in dieser Beziehung 
zwischen Gälen und Slaven die 
Mitte. — Der heilige Anno war Bi- 
schof von Cöln. 

Annonay, Stadt im Vivarais im 
südlichen Frankreich am Zusammen- 
fluss zweier Bäche, an denen grosse 
Papierfabriken liegen; Name von 
ean-an-nae Wasser-klein-Leute, d. 
h, Leute am kl. Wasser. 

Annweiler ander Queich (gwysg, 
uisg) hinter Landau in der Rhein- 
pfalz; der Name Annweiler kann 
von ean Wasser, als Dorf am Was- 
ser erklärt werden; es wäre dios 


Ansbach — Ansgar. 


aber eine Zusammenstellung eines 
keltischen mit villa, einem latein. 
Worte; an kann auch von ior Ort 
herkommen, und villa wäre dann die 
lateinische Uebersetzung desselben. 
Annweiler für Annosweiler setzt 
eine Form Annonis-villare, deutsch 
Answeiler oder Hansweiler voraus. 
Der Ort war von 1219 bis 1330 
freie Reichsstadt, wo er dann an 
die Pfalz kam. 

Ansbach, alt Onolsbach im al- 
ten Rangau in Ostfranken an der 
Bezat; zu deutsch Bachort von ean 
Wasser, und ailtOrt, bezw. von ean 
und ais Ort, das erste in Onols, 
das zweite in Ans zusammengezo- 
gen. Die Bezat kommt von rhidys 
Bach, der Rangau von rean Feld. 
Im 8. Jahrh. baute Gumbert, der 


Sohn des fränkischen Herzogs Gos- 


pert, hier die erste Kapelle. Gum, 
caomh bedeutetschön, camb tapfer, 
bert Sohn; Gosbert, gleich Gis- 
bert kommt von caidh, mild, rein, 
keusch, heilig; Giselher im Nibe- 
lungenliede, welcher der Chriemhild 
stets frenndlich zur Seite stand, be- 
deutet milder, hoher Mann, caidh-il- 
air, oder statt air die verwandte 
Form earr, earch, Fürst. — Das 
Ansbacher Land kam als Lehen 
1360 an die Burggrafen von Nürn- 
berg, und dadurch an Brandenburg, 
1810 an Baiern. 

Ansgar, niederdeutsche Aus- 
sprache für Anschar, und dies ge- 
zischt für annedd-air, Kirchen- 
mann, Kirchenbauer, war der Name 
eines aus der Picardie gebürtigen 
Mönchs aus dem Kloster Corvey 


— 107 — 


Antaios — Anten. 


(cor-bi Ort-klein) im Engerlande, 
der von 820 bis 864 im Norden das 
Christenthum predigte und Kirchen 
baute. Er zog mit dem Dänenfürst 
Harald, der sich in Mainz hatte tau- 
fen lassen, nach Jütland. Ludwig 
der Fromme gründete 831 für ihn 
das Bisthum Hamburg. 

Antalos, ein sechzig Ellen lan- 
ger Riese, der in Libyen in einer 
Höhle wohnte und Alles, was ihm 
nahe kam, erschlug, weil seine 
Mutter, die Gäa oder Erde ihn stets 
mit neuer Kraft versah. Hercules 
hob ihn aber von der Erde in die 
Luft, und erstickte ihn. Sein Vater 
war Neptun, er war also ein Pro- 
duct des Wassers mit der Erde, ein 
ean-dae Wasser-mann und zugleich 
ein ai-eus Erde-mann. Ant, Ent be- 
deutet indess, von onn, unn, auch 
Riese, Ungeheuer. Im Griechischen 
ist Antaios so viel als Gegner. 

Anten. Mit diesem Worte be- 
zeichnet man den ganzen östlichen 
Slavenstamm, namentlich die Rus- 
sen, dann auch die Bulgaren und 
Ilyrier, im Gegensatz zu den Slo- 
wenen, worunter man alle West- 
slaven begreift, namentlich die Po- 
len, Czechen und Sorben. Diese 
Unterscheidung passt wohl für die 
heutige Entwicklung dieser Völker, 
die angegebenen Namen bedeuten 
aber etwas anderes. Die Slaven, 
welche vor Beginn unsrer Ge- 
schichte mit Kelten, Deutschen und 
Hunnen im Skythenlande, d. h. von 
der Ostsee bis weit hinein nach 
Nordasien hausten, unterschieden 
sich durch ihre Wohnsitze und ihr 





Anten. 


Treiben von einander, wie die Völker 
des westlichen Europas; es waren 
entweder Wasservölker, wie die hun- 
nischen Bulgaren (von bailc Was- 
ser und air Mann, d. h. Anwohner 
der Wolga, deren Name ebenfalls 
von Dailckommt, wie der des Baikal- 
seeB), oder es waren Waldvölker wie 
die Wenden von gwind Wald, und 
dae Leute, oder die Slaven bezw. 
Slowenen überhaupt, deren Name 
von lob, gezischt slob, oder slov 
kommt, und ebenfalls Wald, Laub- 
wald, Loibe (Thüringerwald) be- 
deutet. Die Stammsitze der Polan 
sind im Sumpflande an der Warte 
und Netze zu suchen, im sog. Gross- 
polen, wozu auch Posen gehörte; 
der Name kommt von pmwil Sumpf, 
Tiefland (deutsch Pfuhl, am Moere 
Polder pmwil-tir Sumpfland) und 
zeigt an, dass sie Inhaber der Was- 
serburgen in jenen Strichen waren, 
daher sie auch Lechen hiessen, 
von /loc, luik fester Ort, falls nicht 
Lech von Ljech, Ljach, slavisch 
Wald, lat. lucus herkommt. Die Il- 
lyrier sinddie Anwohner des Adria- 
tischen Meeres, von Zlyry Wasser, 
waren aber vor der Völkerwande- 
rung keltische Epiroten, die Sla- 
ven kamen erst später in das Land. 
Die Sorben von suir-bi, Wasser- 
leute, waren Anwohner der Elbe im 
heutigen Obersachsen, wie die Syr- 
mier an der untern Drau und Sau, 
und die Serben an der Morawa. 
Was die Czechen betrifft, so be- 
zieht sich ihr Name nicht auf eine 
bestimmte Gegend, sondern, wie bei 
den Tschuden und Tusken, auf ihre 


— 108 — 


Anten. 


Kunstfertigkeit, denn ihr Name ist 
die gezischte Aussprache von toich, 
teagh Haus, oder toisg Gewerbe, 
Zeug. Sie waren unter den Slaven 
die ersten Zeugschmiede und Häu- 
serbauer, wie die Tusken unter den 
Kelten, und die Tschuden unter den 
Finnen. Möglich , dass aus diesem 
Grunde irgend eine Verwandtschaft 
unter diesen Völkern bestand. Die 
Tusken kamen aus dem Nordosten 
nach Italien, die Czechen aus dem 
Südosten nach dem heutigen Böh- 
men; in Pannonien mögen beide zu- 
sammen gewohnt haben, sich mit 
verschiedenen Völkern mischend, 
gingen sie in Italien und Böhmen in 
verschiedene Völker auseinander. — 
Was nun die Anten, oder eigent- 
lichen Russen betrifft, so zeigt ihr 
Name, dass sie Anwohner von Flüs- 
sen in Süd- und Mittelrussland waren, 
denn ean bedeutet Wasser und dee 
Leute; sie sind, wenn man will, die 
slavischen Bulgaren oder bailc-air, 
wie diese die hunnischen ean-dae, 
oder Anten; doch sassen letztere 


weiter Östlich und nördlich als die 


slavischen Anten, wie dies heutzu- 
tage noch der Fall ist, denn von 
Finnland an über Kasan und Sim- 
birsk bis hinab zum Kaspischen 
Meere hausen hunnische, bezw. fin- 
nische Völker. Die Namen Hunnen 
und Finnen bedeuten übrigens das- 
selbe, was Bulgar, von ean Wasser 
bezw. buinn Wasser, es sei denn, 
dass man die Hunnen ihres fürch- 
terlichen Aussehens halber von or, 
un, Unthier, ableiten wollte. — Dies 
zur Orientirung über die slavischen 








Anten, 


Völker im Allgemeinen, das Nähere 
folgt unter den einzelnen Stamm- 
namen. Die „Anton“ nennt zuerst 
Procop, indem er erzählt, dass die 
Sklabenoi und Antai an der untern 
Donau als Feinde gegen die Römer 
aufgetreten seien; die Anten, sagt 
er, hausten in den weiten Strecken 
auf dem Nordufer der Donau. Jor- 
nandes theilt die Winden inScla- 
veni und Antes; die ersten wohn- 
ten seinerzeit auf der Nordseite der 
untern Donau von Nicopolis (oder 
Noviodunum) bis zum Dniester, nörd- 
lich bis zur Weichsel, die Anten 
dagegen östlich von ihnen bis zum 
Dnieper; beide hatten „paludes syl- 
vasque pro civitatibus“, d. h. sie 
waren, wie ihr Name besagt, Sumpf- 
und Waldbewohner, wie die Wenden 
der Lausitz gewissermassen heute 
noch. Jornandes sagt dabei aus- 
drücklich, Veneti, Antes und Slavi 
seien drei. verschiedene Namen für 
ein und dasselbe Volk („ab una 
stirpe exorti%). Procop gebraucht 
auch den Namen Sporoi als Ge- 
sammtnamen für diese Slaven, eine 
Bezeichnung, die von bior, gezischt 
sbior Wasser, herkommt, also das- 
selbe bedeutet wie Anten. Nach- 
dem die Gothen gen Westen weiter 
gezogen, machten von den Zeiten 
Justinians an diese Wenden oder 
Sporen Einfälle in das römische Ge- 
biet, nach dem heutigen Bulgarien, 
Serbien und Montenegro, ja im Ver- 
ein mit Hunnen, bezw. Bulgaren, 
bis in den Peloponnes. Vom Jahre 
546 an verheerten die Anten Thra- 
xien, ebenso später die Sklawinen 


— 109 — 


Anten — Antenor. 


Nliyrien, Makedonien und Thrazien 
bis vor die Thore von Constinopel, 
so lange und so oft, bis sie die frü- 
here Bevölkerung zum Theil ausge- 
rottet, und im Stande waren, sich 
selbst im bleibenden Besitze des 
Landes zu erhalten. Nach den neuen 
Gegenden entstanden nun neue Na- 
men. Während aber die Slaven 
westlich und südlich vordrangen, 
thaten ein Gleiches ihre östlichen 
hunnischen Nachbarn, namentlich 
die Awaren oder Abaren, wiedie 
Griechen schreiben (y-bior-ae, oder 
abh-air, Wasser-leute, also ganz 
dasselbe, was Bulgaren oder Sporen 
oder Hunnen oder Anten); dadurch 
wurden die slavischen Anten in zwei 
Hälften geschieden; die in Russ- 
land zurückgebliebenen wurden mehr 
gegen Norden geschoben, die an die 
Donau gerückten mehr gegen Süden 
und Westen, die an der Elbe mehr 
gegen Norden gedrängt, während 
in ihrer Mitte in Ungarn und in der 
Walachei ein grosses avarisches 
Reich entstand, das erst durch die 
Franken wieder zerträmmert wurde. 
Der Name der Anten ist jetzt erlo- 
schen, an seine Stelle trat der der 
Russen von rus Wald; denn das 
mittlere Russland ist heute noch 
Waldland wie in erster Zeit, wo es 
deshalb Skythia hiess, von coed 
Wald. 

Antenor, ein Trojaner, der nach 
der Zerstörung der Stadt nach Thra- 
zien und von da nach Venetien zog, 
wo er einen Staat gründete; er war 
demnach ein Seemann oder Pe- 
lasge, und dies zeigt auch sein 


Antequera — Antichrist. — 1I0 — 


Name an, an-lain-air, der Wasser- 
mann. 

Antequera, Stadt in Andalusien, 
in einem Gebirgsthale oberhalb Ma- 
laga an einem Flüsschen, alt Anti- 
caria, von ean-di Wasser-klein und 
caer Ort, latinisirt Antiquaria, wor- 
aus Antequers wurde. 

Antholz, ein Dorf bei Brixen 
in Tirol an einem See, ean-ailt 
Wasser-ort. 

Antibes, alt Antipolis oder blos 
Antibo, eine von den Massiliern ge- 
gründete Seestadt bei Nizza am 
Mittelmeere. Antipolis bedeutet, aus 
dem Griechischen übersetzt, Gegen- 
stadt, was insofern bedenklich ist, 
als man nicht weiss, gegen wen 
diese Stadt erbaut wurde; die Form 
Antib kommt eher von ean Wasser 
und idR Gegend, denn die Stadt 
liegt auf einer weit in das Meer hin- 
ausreichenden Landzunge. 

Antichrist. Wohl alle Religionen 
erwarten oder fürchten die Ankunft 
eines Antichrists oder Widerchrists, 
der ihre Kirche zerstören, schliess- 
lich aber besiegt werden soll. Die 
ersten Christen hielten Rom für den 
Sitz des Antichrist’s, weil sie von 
daher verfolgt wurden, später galt 
ihnen Mohamed dafür; die Prote- 
stanten erklärten ihrerseits den 
Papst für den Antichrist; die Ju- 
den nennen ihren Antichrist Armil- 
las oder Eremolaos (Volksverder- 
ber); derselbe werde, wie sie hoffen, 
zwar den ersten Messias, den Sohn 
Josephs überwinden, aber vom zwei- 
ten Messias, dem Sohne Davids, be- 
. siegt werden; dann sollen die Staa- 


Antichrist. 


ten der Christen und Mohamedaner 
untergehen und eingrossesJuden- 
reich sich über die ganze Erde 
ausbreiten; ein Reich, das seiner 
thatsächlichen Verwirklichung durch 
die immer weiter um sich greifende 
Geläherrschaft allerdings mit star- 
ken Schritten entgegeneilt, aber 
schliesslich doch an dem Wider- 
stand der „arbeitenden Elemente“ 
scheitern wird. Denn Arbeit ist der 
ewige Gegensatz zum Capital, wie 
das Ringen und Schaffen der Gegen- 
satz ist zum trägen Genuss. Auch 
die Mohamedaner kennen einen 
Antichrist, der durch den Iman 
Mahagi (Mann-gross mogh-aighe) 
mit Hülfe Christi besiegt werden 
wird, worauf Christenthum und Is- 
lam sich zu einer Beligion ver- 
schmelzen. Der Antichrist der alten 
Germanen ist Suther, der Mann 
ausdem Süden, welcher durch Feuer 
der Welt den Untergang droht, aber 
von den Asen im Verein mit den 
Geistern aller gefallenen Helden 
bekämpft wird; sich für diesen 
Kampf zur Erhaltung des Weltalls 
zu üben und zu stählen, war die 
Aufgabe eines jeden Germanen, so 
lange er hier auf Erden wandelte; 
sein Tod auf der Wahlstatt war 
nur der Uebergang in die Walhalla, 
wo er sein irdisches Wirken und 
Ringen in verklärter Weise fortsest. 
Diese deutsche Auffassung, welche 
die Arbeit, den Kampf, das Schaffen 
und Ringen zur Grundlage des 
Sittengesetzes macht, bildet den 
Gegensatz zum Orientalismus, wel- 
cher, hier wie jenseits, nur dem 








Antigonus — Antilope. 


Sinnengenusse fröhnt, und förmlich 
geschäftlich die Thaten der Men- 
schen abwägt, sie belohnt oder be- 
straft. 

Antigonus und Antigone, grie- 
chische Personennamen, die, wenn 
man anti, griech. für „gegen“ auf- 
fasst, keinen passenden Sinn geben, 
denn was soll anti-gyne, Gegenweib, 
bedeuten? Der Name scheint aus 
aiteaghan-eis, Stadtbewohner, ent- 
standen zu sein. Die Antigone war 
eine Tochter des Oedipus von The- 
ben und seiner eigenen Mutter Jo- 
kaste, die er nicht kannte; sie blieb 
ihrem Vater im Exil treu, bestattete 
ihren Bruder Polgnikes, der im Zuge 
der Sieben gegen Theben gefallen 
war, trotz Kreons Verbot, weshalb 
sie lebendig begraben zu werden 
verurtheilt wurde. Eine andere An- 
tigone war die Schwester des Pria- 
mos von Troja, deren Haare dafür, 
dass sie sich rühmte, eben so schön 
ala Juno zu sein, von dieser in 
Schlangen verwandelt wurden, von 
denen sie dermassen gepeinigt wurde, 
dass die Götter sie aus Mitleid in 
einen Storch umwandelten, der dann 
die Schlangen frass. Ein Antigo- 
nus war Feldherr des Alexander, 
dem bei der Theilung des Reiches 
das nördliche Kleinasien zufiel. Br 
fiel 84 Jahre alt in der Schlacht 
bei Ipsos gegen Kassander; seine 
Nachkommen herrschten bis auf 
Perseus in Makedonien. 

Antilope, eine den Rehen sich 
nähernde Ziegengattung in Afrika 
und Asien, zu welcher man jetzt 
auch die Gemsen rechnet. Don Na- 


— Mil — Antinous — Antiochia. 


men erklärt man aus dem Griechi- 
schen für Blumen-auge, anthos-ops, 
was lächerlich ist, denn solch sen- 
timentale Anschauungen sind den 
Naturvölkern fremd. Die Blume 
heisst auch anthos und nicht anthol. 
Laux bedeutet keltisch Ziege, Gais, 
und anti ist gräcisirt für onn, unn, 
gross, wild, fremd ; also wilde Ziegen. 
Antinous bedeutet dasselbe wie 
Antonius oder Anton, von an und 
duin Mann. Ein durch seine Schön- 
heit berühmter Antinous aus Bithy- 
nien war Kaiser Hadrians Liebling 
und wurde von demselben, nachdem 
er sich aus Lebensüberdruss im Nil 
ertränkt hatte, unter die Sterne ver- 
setzt. Hadrian liess ihm auch noch 
Tempel und Altäre bauen, Statuen 
setzen, jährlich ein Fest, Antinoia, 
feiern, und gründete ihm zu Ehren 
in Aegypten die Stadt Antinopolis. 
Die Antinousfeier dauerte bis in das 
4. Jahrh., und haben sich Statuen 
von ihm bis heute erhalten. 
Antiochla. Mehrere Städte in 
Vorderasien führen diesen Namen, 
so eine am Orontes in Syrien, wo 
der Name der Christen zuerst auf- 
kam. Dieses Antiochia wurde von 
Seleucus Nicator gegründet, und sei- 
nem Vorfahren Antiochus zu Ehren 
also benannt. Während der Kreuz- 
züge herrschten daselbst die Für- 
sten von Tarent, welche aus gewal- 
tigen Steinmassen eine hohe Burg 
errichteten, deren Ruinen noch vor- 
handen sind. Der Name Antiochus 
besteht aus anti und ochus, letzteres 
von 0g-eus, reiner, frommer Mann; 
anti bedeutet im Griechischen 50- 


Antiope. 


viel als „gegen“, was mit ochus 
verbunden, ebensowenig einen Sinn 
gibt, als anti-pater, Gegenvater; 
deshalb wird wohl anti für an-di, 
an-dae, kleiner, guter, edler oder 
ruhiger Mann zu nehmen sein. Die 
syrischen Seleuciden, von denen 
mehrere den Namen Antiochus führ- 
ten, liessen sich nach asiatischem 
Brauche hohe Titel beilegen; so 
hiess Antiochus I, der 262 v. Chr. 
starb, Soter, Retter, weil er über 
die Gallier in Kleinasien einen Sieg 
erfochten; Antiochus II liess sich 
Theos, Gott, tituliren, weil er die 
Milesier von ihrem Tyrannen Ti- 
marchus befreite, worauf er natür- 
lich selbst deren Herrscher wurde; 
Antiochus III hies der Habicht 
(Hierax), trotzdem verlor er Vorder- 
asien an die Römer; dessen Sohn 
Antiochus IV, Epiphanes, oder der 
Edle genannt, veranlasste durch 
seinen Tempelraub in Jerusalem den 
Aufstand der Makkabäer; Antio- 
chus XIII endlich hiess Asiaticus, 
was Herrscher von Asien bedeuten 
sollte, er wurde aber von den Römern 
aller seinerLänder beraubt, abgesetzt 
und nach Commagene verwiesen, 

Antiope, Gemahlin des Theseus 
von Athen, Mutter des Hippolyt, 
des Rossenarren (von hippos Pferd 
und Iyssa, lytta Tollheit, beides 
griechisch); sie soll eine Amazone, 
d. h. Reiterin gewesen sein, daher 
wohl ihr Name an klein, edel, gut 
u. dgl,, dae Frau und each, eab, 
eb Pferd. Sie blieb im Kampfe gegen 
andere Amazonen, die in Attika ein- 
gefallen waren, 


- m — 


Antium — Anton, 


Antium, eine Stadt der Volsker 
— d. h. der Meeranwohner, oder 
bual-iski, Adjectivform von Dual, 
fual (Fulde) Wasser, — am Meere 
südlich von Rom, auf einem Felsen, 
weshalb die Römer sie erst nach 
langen Kämpfen in ihre Gewalt be- 
kamen. Der Name kann von onn 
Fels oder ean Wasser abgeleitet 
werden, denn der Ort, dion, wareben- 
sowohl eine Felsen- als Wasserstadt. 
Caligula und Nero waren hier ge- 
boren, letzterer liess den Hafen 
wiederherstellen. Jetzt heisst der 
Ort Porto d’Anzio oder Nettuno; in 
seiner Nähe stehen noch grossartige 
Ruinen, hier wurde auch der Apollo 
von Belvedere und der Borghesische 
Fechter gefunden; der erste war 
wohl durch Nero aus Delphi hier- 
her gebracht worden. Nettun, nua- 
dun bedeutet Neustadt, oder von 
nuadh, Wasserstadt. 

Antobrogen war der alte Name 
der Bewohner von Agen (alt Agin- 
num) an der Garonne in Südfrank- 
reich, und der nächstliogenden Orte; 
sie hiessen auch Nitio-brogen, Beide 
Formen bedeuten Bewohner der 
Wasserburg, oder Burgen, von ean 
bezw. nuath Wasser, dae Leute und 
brog Burg; Aginnum oder Agen 
bedeutet die Burg von y-gan, oder 
Bergburg von aBerg und gan Burg. 

Anton von duin Mann; die Vor- 
sylbe an kann gar Manches bedeu-. 
ten, wie unter Anno ausgeführt ist; 
der älteste Antonius war der Stifter 
der Mönchsorden, der etwa 250 
nach Chr. nächst Koma bei Herakloa 
in Oberägypten in der Wüste ein 


WE | u gg u: BE 


Antogast — Antwerpen. — 113 — 


Einsiedlerleben führte, welches so- 
dann viele Andere nachahmten. Als 
Heiliger wird an in seinem Namen 
rein oder heilig bedeuten. 
Antogast, Badeort im hintern 
RBenchthal am Kniebis (oder Berg- 
wald) im Schwarzwald, zu deutsch 
klein-Haus Wald, an-toigh-uast. 
Antrim, Stadt im nördlichen Ir- 
land am Neagh-See, oder Lough- 
neagh; Lough, schottisch Loch, ist 
das lat. lacus, See, keltisch Z-oiche 
kl. Wasser, im Gegensatz zum Meere. 
Neagh bedeutet dasselbe von ni- 
oiche oder ni-ach. In den See mün- 
den mehrere Flüsschen, als der 
Main (mi-ean kl Wasser), aus 
demselben kommt der Ban (bi-ean 
kL Wasser). Antrim selbst mag aus 
ean-der-om Wasser-klein-Ort zu- 
sammengesetzt sein, oder aus ean- 
fuaran Wasser-ort. 
Antwerpen, zu deutsch Wasser- 
dorf, spanisch Amberes, französisch 
Anvers, wurde früher im Oberdeut- 
schen Antorf genannt, Dorf, twarf, 
twerp, gälisch tuar bedeutet einen 
mit einem Aufwurf, Wall und Gra- 
ben umgebenen Ort, und an, ean 
Wasser. Es wohnten hier zu Cäsars 
Zeiten die Ambivarier, d. h. amhain- 
u-ari, Wasser-Land-Leute, daraus 
wurde das spanische Amberes. — 
Antwerpen war einst Hauptstadt 
von Reichsflandern, oder der Marg- 
grafschaft des heiligen römischen 
Reiches, deren Ursprung dunkel ist. 
Gottfrird von Beulen (Bonillon) 
führte den Titel davon. Die Marg- 
grafschaft kam später an die Her- 
zoge von Brabant, und galt die 
Deutsch-kelt. Wörterbuch. 





s 


Antwerpen. 


Stadt dem Range nach als die dritte 
Brabants (Löwen die erste, Brüssel 
die zweite und Thienen die vierte). 
Die Citadelle von Antorf war 1567 
ursprünglich vom Herzog von Alba 
angelegt, und vertheidigtesich 1832 
unter General Chass6 tapfer gegen 
die Franzosen. Der Thurm der Ka- 
thedrale ist der höchste in Europa, 
466 Fuss hoch. In der Stadt liegt 
das noch jetzt der Hanse gehörige 
1563 erbaute hanseatische Haus 
mit 300 Zimmern; in der Mitte des 
16. Jahrh. war Antwerpen die Kö- 
nigin der europäischen Handels- 
städte; durch die Unruhen und 
Kriege mit Spanien kam es aber 
sehr herab, namentlich seitdem im 
Frieden zwischen Spanien und Hol- 
land 1648 ausgemacht wurde, dass 
kein Seeschiff mehr direct bei Ant- 
werpen anlegen durfte, sondern erst 
seine Waaren in Nordniederland 
ausladen musste, um dieselben dann 
auf kleinern Schiffen nach der Stadt 
zu bringen. Gegen diese Sperrung 
der Schelde trat Kaiser Joseph UI. 
auf, konnte aber von den General- 
staaten die freie Schifffahrt nicht 
durchsetzen, erlangte dagegen in 
den Pariser Präliminarartikeln vom 
20. September 1785 die Abtretung 
des sog. Quartiers von Antwerpen, 
zu welchem, mit Ausnahme Mechelns, 
fast alle Orte der jetzigen Provinz 
Antwerpen gehörten. Die Sper- 
rung der Schelde trat wieder ein, 
als Nord- und Südniederland nach 
1814 vereinigt wurden, und dies 
bildete einen Hauptgrund des Auf- 
standes der Belgier gegen die Hol- 
8 


Anukhechi. 


länder. Die jetzige Provinz Ant- 
werpen besteht ausser Beichsflan- 
dern, bezw. dem Antwerpener Quar- 
tier noch aus der alten Herrschaft 
Mecheln. _ 

Anukhechi. So nennt der per- 
sische Geschichtschreiber Firdussi 
die Kaste der Werkleute im alten 
Medien; es soll nämlich Djemchid, 
ein Fürst derPichdadier (oder Feld- 
leute vergl. Pichdadier) noch vor 
den Zeiten des Ninus, oder des 
Nimrod oder auch des Sosostris die 
Meder in vier Kasten eingetheilt 
haben, in die der Priester (Katuren 
von cadh heilig und air Mann); 
der Kriegsleute (Asgaren von ask 
Speer und zir Leute), dann in die 
der Bauern (Sebaisen von tab Opfer, 
Abgabe), und in die der Handwer- 
ker oder Anu-khechen. Dies Wort 
bedeutet in der ersten Hälfte soviel 
als an, anhain, amhain Mann, die 
zweite fällt mit czech, toig, loisg, 
tusk, zig und dschik zusammen, 
und ist unser deutsches Zeug, das 
im Worte Zengschmied noch seinen 
ursprünglichen Sinn erhalten hat. 
Völker, deren Namen von den hier 
genannten Formen stammen, sind 
die Tusken in Mittel-Italien und 
im südlichen Rhätien, welche noch 
heute geschickte Metallarbeiter sind; 
die Thäler oberhalb Brescia’s sind 
fast blos von Zeugschmieden be- 
wohnt; dann die Czechen in Böb- 
men, deren Namen bis jetzt noch 
kein Slave zu enträthseln wusste; 
die Zigeuner, welche im ganzen 
Oriente noch das Schmiedehandwerk 
treiben; die Tadschicks in der 


— 114 — 


Ansbach — Aosta. 


Bucharei, welche geschickte Arbei- 
ter in allen Zweigen der Industrie 
sind; alle diese sind Kinder des Dä- 
dalus, um bildlich zu sprechen 
(daed ist die einfache Form für 
toigh, toisg Zeug), welcher die 
erste Flugmaschine erfand. Der 
Nagel, eines der unentbehrlichsten 
Dinge im gesellschaftlichen Leben, 
heisst im Keltischen ebenfalls tac 
oder tasc. 

Anzbach, alt Aonzesbach in Oost- 
reich, Anzenbach bei Renchen 
in der Ortenau, alt Onzenbach, bei- 
des von edn Wasser, eanan, anan 
Wässerchen. 

Anzenheim in Oberhessen, Na- 
senlaut für Azenheim, von aidhe 
Ort, aidhin kleinem Ort. Anzen- 
berg, ein Bergwald in Oberhessen 
kommt dagegen von aith, aithin 
Höhe, Berg. In Berg und Haus ist 
übrigens der Begriff hoch vereint, 
wie in Burg und Berg, mag man 
nun an eine Bergveste denken, oder 
nur an einen Hochbau; denn jedes 
Haus bildet, wenn es nicht, wie 
mitunter im Orient der Hitze wegen, 
oder in Kamschatka der Kälte we- 
gen in die Erde vergraben ist, eine 
Erhöhung. In Oestreich gibt es 
auch ein Anzenberg, alt Andinberg, 
Anciberc. 

Aorsen. Ein alter Völker-Name 
der am Imaus an der Westgrenze 
Hochasiens, wie am Ural vorkommt; 
er bedeutet gleich Aren, Arier, von 
a Berg, ar oder or hoch und dae 
Leute, Auersberger, oder Hoch- 
Gebirgsbewohner. 

Aosta, Stadt im Aosta- oder 


Apames — Ape. 


Augstthale am Sädabhang des St. 
Bernhard, lat. Augusta Praetoria, 
woraus Augst oder Aost auch Avosta 
wurden. Der Fluss Dora (duria, 
der Thur, d. h. Wasser), an wel- 
chem der Ort liegt, führte den Bei- 
namen major im Gegensatz zu der 
kleinern Doria, welche bei Turin in 
den Po mündet; ebenso hiess die 
grosse Doria auch baltea oder balta, 
was von belad, Weg, Belt, Pass 
herkommt; denn neben ihr her geht 
der Weg über den St. Bernhard. 

Apamea, griechische Form für 
das keltischo abh-om Weasserort, 
am Euphrat an den Grenzen Chal- 
däas. Der Ort heisst jetzt Bired- 
schik, von bior Wasser und aiteach 
Wohnung, oder Kalai Beda, kleiner 
Ort am Hafen von bi klein dae Ort 
und kala Hafen, französisch Calais. 
Ein anderes Apamea lag am Marmor- 
meere. 

Ape, Apel, auch Apfel, Wasser 
vom keltischen abh Wasser und: 2 
gross oder li klein. Im Reinhards- 
wald fliesst eine Ape in die Diemel ; 
eine Apfelbach alt Abfelbach, in 
Würtemberg; eine Appel in Rhein- 
hessen, und ein Affenbach bei 
Aschaffenburg. Statt Apf lautet das- 
selbe Wort auch Epf, als der Epf- 
bach bei Schongau, der Epbach 
bei Neuensteinin Würtemberg, Vol- 
depp und Wulteppe (von bü 
klein) Dorf und Bach in Tirol. 
Epfenbach (vom Deminutiv ab- 
han) bei Neckarbischoffsheim. 
Holzappel, Städtchen im Lahn- 
gau, kommt von ailt Ort, bedeutet 
also Ort am Wasser; denn Holz- 


15 — 


Apenninopn. 


bach passt nicht wohl als Name für 
einen Ort, zudem wäre 68 eine 
Zusammenstellung eines deutschen 
Wortes mit einem altkeltischen. 
Apenninen, und penninische 
Alpen, ital. Apennini, lat. mons 
Apenninus, keltisch pen, ben, bean, 
bein, bin, ban, bant, Berg, das vor- 
gesetzte a ist der Artikel. Apenni- 
nen nennt man den fast durchweg 
aus Kalk bestehenden Bergzug, wel- 
cher bei den Seealpen nächst Nizza 
beginnt, am Meere her streichend 
Mittelitalien von Nord nach Süden 
scheidet, und Süditalien fast gänz- 
lich bedeckt, hier jedoch dem Na- 
men Abruzzen (Waldland) weicht. 
Penninische Alpen dagegen nennt 
man die Alpenkette, welche Wallis 
im Süden vom Montblanc bis zum 
Gotthard umgibt, im engern Sinne 
blos die Bergstöcke vom St. Bern- 
hard bis zum Mont Rosa. Das Wal- 
liser Thal hiess Vallis pennina, nicht 
pönina, denn es hat weder mit den 
Puniern, noch mit poena, Strafe et- 
was zu thun. Aus Vallis wurde der 
heutige Name Wallis, Thal, franz. 
Valais. Die höchsten Berge der ita- 
lienischen Apenninen sind: der 3906 
Fuss hohe Monte Cavallo (keap 
Bergkopf, a/hoch) ;miteinem Pforde, 
caval, hat der Name so wenig zu 
schaffen als die deutschen Boss- 
berge und Rossköpfe, und der Mont 
Rosa, die von ruad Bergkopf, her- 
kommen; dann der Velino, 7684 
Fuss hoch, bei Berg, onn Fels; der 
Amaro, 8550 Fuss hoch, von y- 
mawr der Berg, alle drei in den 
Abruzzen; in den nördlichen Apen- 
8* 


Apenrade — Aphrodite, 


ninen ist der höchste Kopf der Ci- 
mone, 6500 Fuss hoch, von cean 
Kopf, Spitze, und maon Berg. 

Apenrade, jütisch Apenras, 
Apenros, soll offene Rhede bedeu- 
ten; der Meerbusen von Apenrade 
ist aber nicht offener als die vielen 
andern Meerbusen an der kimbri- 
schen Ostküste, und friert im Win- 
ter so gut zu, wie diese. Der Name 
bedeutet Ort oder Burg am kl. 
Wasser oder Meerbusen, von ra, 
rha Ort, Stätte, oder rhat Burg, 
und abh-an Wasser-klein, Meerbu- 
sen. Apenrade gehört zu Nord- 
schleswig, die Bewohner sind in der 
Umgegend Jüten, in der Stadt wird 
aber von den höhern Klassen meist 
deutsch gesprochen. 

Apfel, Appel, keltisch abhal, 
pyrus malus, daher Avallon Ort 
der Apfelbäume, keltisches Paradies, 
von abhal und lon Wohnort. Gleiche 
Bedeutung hat Avalloci von loc 
oder Z2loik, lat. locus, Ort. Afall-le 
ist Ort der Aepfol von /le Stätte; 
Apfal-ouwa, Apful-howa ist Apfel- 
hofvon aoibh Hof, Hufe, und Apfal- 
aga ist umgewandeltaus Aphalloich. 
Der Ort Afflenz in Steiermark, 
slavisirt Aveloniza, bedeutet auf 
deutsch Apfeldorf, von aidhean Ort. 
Unter Apfel verstand man in alter 
Zeit alles grössere rundliche Obst, 
auch die Orangen, daher für diese 
der Ausdruck Apfelsine, Apfel aus 
Sina, oder China; sie kommen aber 
zu uns aus Portugal und Italien. 

Aphrodite, auch Aphrogeneis, 
griechischer Name für die Venus, 
die aus Meerschaum entstandene; 


— 116 — 


Apia — Apis, 


uan (Venus) bedeutet im Kelt. 
Schaum, eisMann und Frau. Aphro- 
dite kommt von abh, aph Wasser, 
und ar gross, also Meer ; odit steht 
für ualh Kleid und dae Frau, die 
Moeer-bekleidete. Venus war ur- 
sprünglich Urania, die Himmels- 
göttin, die mit Wasser oder Wolken 
bekleidete. Wasser und Wolken (d.h. 
Himmelsgewässer) gehen in den alten 
Mythologien stets in einanderüber; 
hier Wolken und Meerschaum, was im 
Grunde die Wolken auch sind ; vergl. 
die indischen Apas oder Wasser- 
frauen, denen die Mythe von der 
Aphrodite gleich steht. Aphroge- 
neia bedeutet die aus dem Meer 
geborene, abh-ar Meer und gino- 
mai griechisch, gignere lat., zeugen, 
geboren werden. 

Apia hiess bei den Skythen die 
Mutter Erde, im Gegensatz zu Pa- 
pia oder gräcisirt Papaios, dem Va- 
ter oder Papa Zeus. Apia, abia ist 
die weibliche Form für ab Vater. 

Apis, Name des Stieres, der in 
Memphis in Aegypten göttlich ver- 
ehrt wurde. Die Juden behielten 
diesen Gebrauch bei, namentlich die 
Stämme des Reiches Israel. Ihr 
Stier hies Api, und wird in der 
Bibel gewöhnlich in Kalb übersetzt; 
es war aber ein junger Stier. Bei 
Jeremia 46, 15 heisstderägyptische 
Api Abir; Abir Israel ist eine be- 
kannte Bezeichnung für Gott. Abir 
ist nicht hebräisch, wohl aber be- 
deutet im Keltischen Du Kuh, beo 
Vieh, buar Bindvieh; a ist der vor- 
gesetzte Artikel, und verwandt da- 
mit sind die Formen aper, gafr 


Apobaten. 


Gais, Bock, lat. caper und das 
deutsche Eber. A-bi, oder A-bir 
steht sonach gleich y-beo oder y- 
buar, das Vieh; letzteres ist blos 
die schärfere Aussprache für beo, 
Du. Die Form Kuh scheint ur- 
sprünglich deutsch zu sein, denn im 
Keltischen bedeutet ko, Au, chu, 
chun unser deutsches Hund. Der 
Apis der Aegypter musste schwarz 
sein, und eine weisse Blässe auf der 
Stirne, die Figur eines Adlers auf 
dem Rücken, und einen Käfer-ähn- 
lichen Knoten unter der Zunge ha- 
ben. Die Kuh, seine Mutter, wurde 
durch einen Blitzstrahl befruchtet. 
Der Apis wobnte im Tompel des 
Ptah, wo er von einer Menge Priester 
verpflegt wurde, welche nach dessen 
Thun und Lassen Orakel ertheilten. 
War er 25 Jahre alt, so wurde er 
in einem heiligen Brunnen ertränkt 
und feierlich begraben. Bis der 
neue Apis gefunden war, herrschte 
dann in Aegypten grosse Trauer. 
Das Fest seiner Auffindung, der 
Theophanie, Gotteserscheinung, ward 
jährlich gefeiert. 

Apohaten hiessen bei den älte- 
sten Griechen die Kämpfer zu Ross 
und Wagen; man erklärt das Wort 
vom griech. apobainein herunter- 
gehen, weil sie im Kampfe auch 
vom Wagen herabsprangen, um auf 
einen andern zu kommen; hierin 
bestand aber nicht das Wesentliche 
ihres Spieles, sondern im Kampfe 
zu Ross und Wagen überhanpt; da- 
her die Erklärung aus dem Altkel- 
tischen, eb, ib, griech. hippos Pferd, 
und Duaidk Kampf, Sieg (engl. 


— 17 — 


Apolda — Apostel. 


battle, franz. bataille) der Sache 
mehr entspricht. 

Apolda, Fabrikstadt im Weimar- 
schen mit einem Schloss, bezw. al- 
ter Burg, woher der Name, «a-bail- 
dae, die-Stadt-Leute; aus bail ont- 
stand im Griech. polis. Apolda ge- 
hörte fräher den Schenken und nach 
ihnen den Vitzthumen, 1631 fiel es 
an die sächsischen Herzoge, welche 
es der Universität Jena überliessen. 

Apollon, lat. Apollo, Sohn des 
Zeus und der Leto oder Latona, 
Zwillingsbruder der Artemis oder 
Diana, letztere Mondgöttin wie Apollo 
der Sonnengoti, der mit seinen 
Strahlen oder Pfeilen bald tödtete, 
bald durch deren Wärme Leben 
hervorrief. Der Name stammt aus 
Babylon, von Bel, Bal, Name des 
obersten Gottes oder Felsen; Apol- 
lon ist nur eine erweiterte gräcisirte 
Form für bal, y-bal-on der-Stein- 
Mann; denn Bel stammt aus der Zeit 
des Steinkultus. In der nordischen 
Mythe standen Freyr und Freya 
dem Apollo und der Artemis gleich, 
nicht nur in ihren Attributen, son- 
dern auch in der Bedeutung ihrer 
Namen, denn /ro. /or, keltisch Fürst 
steht gleich bro, bre Berg, Fels, 
Stein, /ro-air Fürstenmann oder 
Stein-mann. Aus Freya, Frauo wurde 
allmälig unser Frau, Weib, ursprüng- 
lich war es ein göttlicher Ehrentitel. 

Apostel, griech. apostoloi, d h. 
Gesandte, werden die von Christus 
auserwählten zwölfMänner genannt, 
um das Evangelium in alle Welt zu 
tragen; im Keltischen lautet das 
Wort abstal, apstil und abstail. 


⸗ 


Appenfeld — Appensell. — il — 


Appenfeld, alt Appenfelt in 
Niederhessen ; ban Feld, ap, abh 
Wasser, also Bachfeld, Feld am 
Bache; oder wenn man Feld für das 
keltische 7aldd nimmt, was Pferch, 
Pfahlwerk bedeutet, so entsteht 
daraus Pferch am Bache; es ist 
dann soviel ala Affoltern und Abben, 
abhan dann dasDeminutiv von ab}, 
Wasser. — Appenrode ist das- 
selbe wie Appenfeld, nur hat es 
statt des deutschen Wortes Feld, 
weiches indess auch im Keltischen 
in den Formen /uith, faelh, uade 
vorkommt, denn /wurde gewöhnlich 
nicht ausgesprochen, das deutsch- 
keltische rodk angehängt, welches 
im Keltischen gleich reith, reys 
dasselbe bedeutet wie das deutsche 
Bottland, ausgerodetes Feld- oder 
Waldland. 

Appenzell, lat. Abbatis cella, 
Hauptort des Cantons Appenzell 
Innerrhoden, gehörte früher zum 
Herzogthum Alemannien, und kam 
mit demselben unter fränkische 
Herrschaft. Ein Theil der Unter- 
thanen des Cantons stand unter dem 
einheimischen Adel, ein anderer, die 
Wilde genannt, unmittelbar unter 
dem Frankenkönige. Diesen letzte- 
ren schenkte König Siegebert von 
Austrasion 646 dem Kloster St. 
Gallen, welches später auch den 
erstern Theil unter sich brachte. 
647 baute ein Abt von St. Gallen 
eine Herberge, des Abts Zelle, dahin, 
wo jetzt der Flecken Appenzell steht. 
Der Canton Appenzell theılte sich 
in Folge der Kirchenspaltungen seit 
1597 in zwei Rhaden oder Land- 


Appius. 


striche, Felder, von rhod Feld, 
Rottiland, denn es war früher eine 
Wüste oder Wilde. Die inndren 
Bhoden am und auf dem Alpenstock 
des Säntis blieben katholisch, die 
äussern wurden protestantisch, Zu 
den innern Rhoden gehört ausser 
Appenzell noch der Flecken Gon- 
ten (von gund Wald und ion Ort); 
zu den äussen: Trogen (droch 
klein und ion Ort, ist jetzt der 
Hauptort von Ausserrhoden); Gais 
(alt Casa Sennhütte); Herisau 
(alt Hernisawa klein Feldau, Hernis 
gleich Irnis oder Giornico von irean, 
ireans kl. Feld und ua Gegend); 
Hundweil (latinisirt in Canivilla 
Hundehof; Hund wird aber eher 
von gund, chund Wald herkommen, 
und der Ort Waldhofen bedeuten); 
Urnäsch, alt Urnasca, früher Sitz 
der Reichsvogtei, darüber das 1273 
zerstörte Schloss Urstein (Berg- 
burg or, ur hoher Berg und din 
Burg, in Stein verdeutscht); Ur- 
näsch, Bergwasserpforch von aran 
Berg, uisge Wasser und ka Pferch. 
Der Säntis bedeutet hohe Berg- 
spitze von ceann, ceant Spitze und 
aith hoch, gleich dem Kandel im 
Scl.warzwald ceand-il Spitze gross. 
Das Appenzeller Land gehörte unter 
den Römern nicht zu Helvetien, 
sondern zu Rhätien. 

Appius, römischer Name von abn 
Wasser und eus, us, ius Mann, See- 
mann, Fischer, oder von aoibh, 
aibh Erbgut. Die Appische Strasse, 
via Appia, führte von Rom nach 
Capua am Meere her, sie könnte also 
Wasserweg bedeuten, wenn nicht 


Apponyi — Aprazin. 


angegeben wäre, dass sie 313 vor 
Chr. von dem Censor Appius Clau- 
dius Caecus gebaut warde; sie war 
mit Basaltquadern gepflastert. Ein 
anderer Appius Claudius Crassus, 
aus dem Patriciergeschlechte der 
Claudier (clotA berühmt), war einer 
der Decemvirn, welcher, um in den 
Besitz der schönen Virginia zu ge- 
langen, dieselbe durch einen seiner 
Clienten als Sklavinreklamiren liess ; 
als der im Felde gestandene Vater, 
Lucius Virginius, herbeieilte, und 
sah, dass er mit seinem Rechte bei 
Appius nicht durchdrang, erstach 
er seine Tochter, was einen Aufruhr 
in Rom hervorrief, der mit der Ab- 
setzung der Decemvirn und dem 
Tode des Appius endete. 

Apponyl, ungarisches Grafenge- 
schlecht, welches seinen Namen von 
der Burg Apponyi in der Neutraer 
Gespanschaft führt. Penn, bann, bon 
bedeutet Berg, die Endung yi oder 
ui sind deren Bewohner, oder os ist 
blosse Adjectivform, wie im Polni- 
schen sky, um die Beziehung zu 
dem Orte anzuzeigen. A ist der 
vorgesetzte, altkimbrische Artikel. 

Apraxin, russisches, oder viel- 
mehr tartarisches Adelsgeschlecht, 
das von Peter dem Grossen an, dem 
Reiche mehrere Generale und Ad- 
mirale lieferte; Drax bedeutet Thal, 
braighe Berg, breigh-din Berg- 
burg, das vorgesetzte # ist der alte 
Artikel; damach stammten die 
Apraxin von irgend einer Bergburg 
des Kaukasus oder der Krim. Aus 
dem Russischen lässt sich der Name 
nicht erklären. 


— 19 — 


Apt — Aqua. 


Apt, Stadt in Frankreich in der 
Provence am Calavon, alt Apta, von 
abh Wasser und ta, tae Ort. 

Apulien, ebenes Land, Feldland 
im östlichen Theile Süditaliens, von 
a oder y Artikel, biae, blah Blach- 
feld, flache Gegend, Fahlen, und ia 
Land. Bei den Juden hies das Land 
pul, im Keltischen bedeutet pw/ 
aber sumpfiges Land, was Apulien 
am Meere her zum Theile noch ist. 
In ältester Zeit hiess die Gegend 
Japygia, was von faich Feld, 
herkommt, y-/aich-ia, das-Feld- 
land. Die Unterabtheilungen Apu- 
liens beziehen sich ebenfalls auf den 
Feldbau, so Peukoetien, welches 
aus /aich, baich Feld und dae 
Leuteentstand;; es wohnten daselbst 
die Pädiculi, d. h. die /ailh- 
bauern, oderFeld-colonen (von faith 
Feld und colere bebauen); die von 
beiden Seiten vom Meere umgebene 
SüdspitzehiessMessapia, Wasser- 
feld von maes flaches Feld, abh 
Wasser und ia Gegend. Die Hafen- 
stadt Brundusium hiess auch Ca- 
labri, von cala Hafen, abh Wasser 
und ri Stätte; Brundusium, oder 
brain-ailion war die Residenz, aition 
eines braine oder brand, d. h. Für- 
sten. Das Gebirgsland um den Gar- 
ganoberg hiees Daunia von dun 
Berg; der Gargano selbst war ein 
Waldberg von garg, quercus Eichen- 
wald u. onn Fels, verdeutscht Gah- 
renberg in Hessen. 

Aqua, lateinische Bezeichnung 
für Wasser, im Keltischen lauten 
die entsprechenden Formen: uisge, 
oiche, ach, aha, abha; das 


Aquila — Aquitanen, 


lateinische aqua wurde auch aga 
ausgesprochen. 

Aquila, Stadt am Aterno in den 
neapolitanischen Abruzzen mit einer 
Bergveste von aighe hoch und Ile 
Stätte; der Fluss Aterno bedeutet 
klein Bergwasser von a Berg dwr 
Wasser, dwran kl. Wasser. Aquilo 
lat. für Nordwind kommt von aigh 
scharf, schneidend und aile, aiol 
Wind; Aquila der Adler von 
aichill behend, schnell, gleich un- 
serm Stösser, weil er auf seinen 
Raub schnell herabstösst. Die 
Form Adler hängt mit aith hoch, 
aithil sehr hoch, und air Mann 
oder aer (Aar) Luft zusammen. 

Agnileja, oder Aglar, Agley 
(Wasserort) ist unter Agley erklärt. 

Aquilanen, nach Ptolemäus 
akouitanoi; entweder Hochländer, 
Pyrenäenbowohner vom gäl. aighe 
hoch und /an Land oder wenn man 
das lateinische aqua keltisch ach 
oder oiche zu Grunde legt, so ent- 
steht Wasserland, Garonneanwoh- 
ner. Aquitanien war unter den Rö- 
mern eine der vier grossen galli- 
schen Provinzen. Von den Aqui- 
tanen stammen die heutigen Gas- 
cogner, romanisirte Basken; blos 
an der Mündung der Garonne, um 
Bordeaux, sass noch ein anderes 
Volk, die Bituriger oder Vivisker 
zu deutsch Flussanwohner; sie heis- 
sen auch Ubisker, von abh, obh, 
Fluss, gleich den Ubiernam Rhein, 
nur mit der Adjectivform iski, Was- 
serliche. Vivisker ist eine andere 
Form für Ubisker; Bituriger kommt 
dagegen von Di klein und dwr 


— 19 — 


Ara. 


(Adour) Wasser, mit der Adjectiv- 
Endung ig, gleich isk. Bordeaux 
hiess alt Burdigala von bior Was- 
ser, di klein, und cala (Calais) Ha- 
fen. Das di oder Di, klein, steht 
hier im Gegensatz zum nahen Meere. 
Unter den Westgothen 419 nach 
Chr. war Tolosa oder Toulousedie 
Hauptstadt (du-/!ys Landesburg 
oder blos kleine Burg, von di klein); 
Chlodwig, der Franke, entriss es 
ihnen 507 durch den Sieg bei Poi- 
tiers. Dann fiel das Land eine 
Zeitlang in die Hände der Araber, 
kam 769 durch Karl den Gr. wie- 
der an dasFrankenreich, durch Ver- 
mählung der Eleonore von Guyenne 
mit Heinrich II von England, an 
dieses und endlich nach langen 
Kriegen 1451 unter Karl VII wie- 
der an Frankreich. 

Ara, Endung gälischer Weiber- 
namen, von aire Mann und Frau 
bezw. Diener, Dienerin; der vor- 
stehende Name ist gewöhnlich der 
des ehemaligen Herrn oder der Her- 
rin 3. B. Sigo-ara, Dienerin des Si- 
gus; Fulcoara, Disenerin des Ful- 
cius; Heroara, Dienerin des Hero. 
Solche Namen blieben als Eigen- 
namen auch dann, als das Verhält- 
niss zu der Herrschaft längst nicht 
mehr bestand. Die entsprechenden 
Mannsnamen enden auf arius; aus 
ihnen wurden in deutschen Zeiten 
die Endungen wart, hard, z.B. 
Siegward,Sieghard, Sigurd, 
Diener des Sigo, dasselbe was auch 
Siegfried bedeutet, von /rith Vasal. 
Deshalb heisst unser deutscher Sieg- 
fried im Nordischen Sigurd. Die 








Arabien — Arabisker. 


Form bert, Sohn, trug zur Bildung 
dieser Endungen ebenfalls bei. Die 
Aar, Fluss in der Schweiz, hiess 
alt ebenfalls ara, aber hier von aha- 
ar Wasser-gross. 

. Arabien. Die Semiten haben für 
dieses Wort keine passende Erklä- 
rung aufzuweisen. Man kann 
Arabia zunächst als Westland, iur- 
ibh erklären; es liegt aber südlich, 
nicht westlich von den alten Sitzen 
der Kelten bezw. Semiten, man 
müsste denn gerade annehmen, dass 
der Name in Babel entstanden sei, 
und sich zunächst auf Nordarabien 
oder Mesopotamien bezogen habe. 
Einfacher erklärt sich das Wort 
mit ar hoch, rauh und ibh Gegend, 
also rauhes, trockenes, steiniges 
Land; dies würde sich zunächst 
auf die Sinaigegend, arabia peträa, 
beziehen, wo wahrscheinlich der 
Name entstand; damit in Ueber- 
einstimmung ist der arabische Name 
Dschesire, weicher als „Insel“ Ara- 
biens gedeutet wird; Arabien ist 
aber keine Insel. Die Form Dsches, 
Djas, Djad kommt als Name eines 
der Urvölker Arabiens vor, und mag 
dae-aith Leute-hoch bedeuten ; dae- 
aith-ire wäre darnach Leute- hoch- 
Land, d.h. Bewohner des Hoch- 
lands. Das innere Hochland Ara- 
biens soll nämlich an die 9000 Fuss 
emporsteigen. 

Arabisker, Aravisker, oder Era- 
visker war der altkeltische Name 
der Anwohner der Rab, alt Arabo, 
(ar-abha gross-Wasser) oder viel- 
mehr des grossen Rabor oder Neu- 
siedler Sees im nordwestlichen Un- 


— 11 — 


Arachosier. 


garn, welcher früher nach Osten 
hin eine weitere Ausdehnung hatte. 
Diese Wassergegend hiess darum 
auch Avaria oder Abaria, wozu 
kommt, dass sie zur Zeit der Karo- 
linger von den hunnischen Avaren, 
oder Abaren bewohnt war, welche 
von hier aus ihre Züge gegen We- 
sten unternahmen. Der Name die- 
ser hunnischen Avaren bedeutet 
nun ebenfalls nichts anderes als 
Wasserleute, so dass der Gedanke, 
der Name sei in dieser Gegend ent- 
standen, und nur eine Uebertra-' 
gung von der ursprünglich kelti- 
schen auf die spätere hunnische 
oder ungarische Bevölkerung, sehr 
nahe liegt. Der Neusiedlersee hiess 
alt Pelso, und zwar im Gegensatz 
zum Plattensee, oberer Pelso-see; 
entstanden aus Polissa, pmwl-ais- 
aha, Sumpf-Wasser, woraus dann 
Plattensee wurde, ein Name, der 
aber nur dem untern Pelissa oder 
Pelitta verblieb. 

Arachosier oder Evergeten, 
Euergeten, Anwohner des Hilmend- 
flusses und Ariasees im östlichen 
Persien; earg bedeutet Wasser, 
also earg-dae, Eurgedae, Wasser- 
leute. Die erstgenannte Form 
kommt von ar-aches-ui, gross- 
Wasser-Leute, also Arachosia, Land 
(ia) der Leute am Flusse Hilmend 
oder am See Aria. Den Gegensatz 
zu diesen Flussanwohnern, welche 
daselbst Städte besassen, waren die 
Arimaspen, ein nomadisirendes Rei- 
tervolk in der persischen Ebene, 
von reann Fold, asp Pferd und ae 
Leute, | 


Arad — Araf. 


Arad, Veste in Ungarn an der 
Marosch (mar gross, uisg Wasser); 
rath bedeutet Burg und a ist der 
Artikel. 

Aradier, hebr. Arwad, ein altes 
Seevolk an der syrischen Küste, 
nördlich von Tripolis. Aradus war 
eine kleine, ganz mit Häusern be- 
setze Felseninsel, die aber erst im 
8. Jahrh. vor Christus colonisirt 
wurde ; heutzutage heisst sie, rich- 
tig keltisch, noch Ruad, Ruwat d.h. 
Fels, Borg, und auch Burg. F-rath- 
ui sind die Bewohner dieser Felsen- 
burg, welche aber gegenüber auf 
dem festen Lande verschiedene Be- 
sitzungen hatten, als Marath, 
Bergort von mar Berg und aidhe 
Ort (dasselbe wie Marathon) und 
Mariam von mar und om Ort. Ihr 
Hafenplatz warCarne,griech. Car- 
nos entweder von caer Ort oder ca- 
oir Wasser und nae Leute. Sie nah- 
men als Seeleute nach den Tyrern 
und Sidoniern den dritten Platz 
ein, und kämpften tapfer im Heere 
des Xerxes, wie später gegen die 
Römer. Tarsus in Kilikien, desgl. 
verschiedene andere Orte an der 
syrischen wie cretischen Küste sol- 
len aradischoe Colonien gewesen 
sein. Die Aradier werden schon 
in der Völkertafel der Genesis als 
Söhne Canaans genannt, was anzeigt, 
dass die Genesis nicht früher ge- 
schrieben worden sein kann, als 
8 Jahrhunderte vor Chr., denn erst 
um diese Zeit entstand Aradus. 

Araf, bei den Arabern das Fog- 
feuer, wohl entstanden aus Erebus, 
ire-bas Land des Todes, oder für 


— MM — 


Aragon — Aragonien. 


ar-ibh, Land des Schreckens, von 
ibh Gegend und ar, was neben vie- 
len andern auch diese Bedeutung 
hat. 

Aragon, Flussname in Spanien, 
lat. Aragus, darnach der bekannte 
Naturforscher Arago, ein geborner 
Spanier, seinen Namen führte; das 
Wort kommt vom gälischen earc 
Wasser, deminutiv eargan. Der 
Fluss entspringt in den Pyrenäen 
oberhalb Jaca, bewässert ein den 
Pyrenäen parallel laufendes Hoch- 
thal, und mündet an den Grenzen 
von Navarra in den Ebro. 

Aragona, Stadt bei Girgenti auf 
Sieilien, mit einer Bergveste, a-ar 
Berg-hoch, gan Veste. 

Aragonien, Land am Aragon, 
oder eargan, klein Wasser (vergl. 
Aragon). In dem Hochthale dieses 
Flusses längs der Pyrenäen ent- 
stand der Name Aragonien, und 
dehnte sich allmälig weiter gegen 
den Ebro aus, in demselben Ver- 
hältnisse, als die christlichen Bewoh- 
ner im Stande waren, die Araber 
wieder aus dem Lande zu vertrei- 
ben. Diese hatten Spanien im 8. 
Jahrh. erobert; 1137 kam Arago- 
nien an Catalonien, 1516 an Casti- 
lien. Vor der Anknnft der Araber, 
zur Zeit der Römer, hiessen die Be- 
wohner Ilergeten, ein Name, wel- 
cher sich entweder auf den Ebro 
bezieht, J-earg gross-Wasser und 
dae Leute, oder bloss auf die Stadt 
Lerida alt Ilerda. Ilerda bedeutet 
nun aber ebenfalls Wasser- Ort 
Llyri-ta, denn es liegt am Segre 
alt Sicoris, gleich Tigris, von di- 


Aralsee, 


caoir klein Wasser. Die Bewoh- 
ner von Jacca hiessen Jaccetani, 
Hochlandsbewohner von gighe hoch 
und tan Land; die auf der Ebene 
von Huesaca (alt Oska uis-ka Was- 
ser-Pforch) führten darnach den 
Namen Uescetani, oder Vescetani. 
Im Süden des untern Ebro wohnten 
die Ilercaonen, gleich den Her- 
geten von il-earg gross Wasser und 
an, on, aon Mann, westlich von 
ihnen im Gebirgslande an den Quel- 
len des Tajo und am Xiloca die 
Edetanen, von aith hoch und 
tan Land oder ton Wald; Xiloca 
oder Chiloca von giol-acha Bach. 
Alle diese kleinen, Wasser anwoh- 
nonden Völker hiessen, in einen 
Stamm zusammengefasst, Kelt- 
iberen, eineBezeichnung, die’man 
gewöhnlich als Gemisch von Kelten 
und Iberen auffasst. Nun werden 
aber bloss am Ebro diese Keltibe- 
ren genannt, während doch in ganz 
Spanien keltische bezw. iberische 
Völker ihre Sitze hatten. Ebro, 
y-bior, bedeutet das Wasser, und 
Iberen würden darnach als Ebro- 
Anwohner bezeichnet werden kön- 
nen; der Name Kelten, der für eine 
einzelne Gegend ebenfalls nirgends 
vorkommt, wird hier mit gal Fels, 
gal-dae, Felsengebirgsbewohnern 
erklärt werden müssen; so dass der 
Name Keltiberen, der sich haupt- 
sächlich auf die Berglandschaften 
an den Grenzen Aragoniens, Casti- 
liens und Valencia’s bezog, Gebirgs- 
fluss-leute bedeutet. 

Aralsee, das grosse Wasser, von 
ar gross und /ia oder Zus Wasser; 


— 13 — 


Aram. 


bei den Chinesen hiess der See 
y-hai, was ganz mit der kimbri- 
schen Form y der und aa, ieo, y 
Wasser zusammenfällt; bei den- 
selben bedeutet uoi oder bloss u 
Fluss, Wasser; so nennen sie den 
Oxus, welcher in den Aralsce mün- 
det, Chui, was wieder mit oiche, 
Ochus gleich steht, während Oxus 
von uisge kommt. Diese und eine 
Menge anderer Belege, welche unter 
den betreffenden Artikeln angeführt 
sind, zeigen, dass die schwarzhaari- 
gen, schWarzaugigen, und etwas 
gelbhäutigen Kimbern, oder heuti- 
gen Wäleser aus Hochasien kamen, 
oder wenigstens sich mit ostasiati- 
schen Völkern gemischt hatten, denn 
die hunnische Race trägt die obigen 
Merkmale im Gegensatzzu den blon- 
den, weisshäutigen und blauaugigen 
Gälen (von gea? weiss), sowie zu 
den mehr rothon Deutschen. Das 
Wort Kimber kommt von gheam 
Winter, Kälte, Norden, gheamair 
ist ein Nordmann, Im übrigen ka- 
men auch die Gälen in den Norden, 
und Deutsch von tuath, Norden 
bedeutet ebenfalls Nordvolk. 
Aram, Orom, Irem, Bergland 
im Gegensatz zu Canaan, Nieder- 
land. Aram war die Gegend um den 
Antilibanon, der im Berge Hermon 
mit 10,000 Fuss seine höchste 
Spitze erreicht. Aram dacht sich 
gegen Osten zur syrischen Wüste 
hinab, während es vom Libanon 
durch Cölesyrien getrennt wird, 
eine Schlucht, die sich von da bis 
zum rothen Meere erstreckt, und in 
dem todten Meere 1340 Fuss unter 


Aram. 


das Niveau des mittelländischen 
Meeres hinabsinkt. Durch diese 
Schlucht läuft der Jordan (alt Er- 
den, iar-tain Westfluss)nach Süden, 
der Orontes (or-ean oder or-rhidys 
Bergwasser) nach Norden. Von der 
Mitte der Schlucht, da wo sie bei 
Balbek am höchsten sich erhebt, 
läuft der Leontes (!u-ean kl. Was- 
ser) durch ein Querthal gegen Ty- 
rus ab, und trennt Phönikien von 
Canaan. Aram lässt sich aus dem 
Hebräischen nichtunmittelbar erklä- 
ren, obwohl dort die Formen raam, 
rum, ramam hoch sein, aramat 
Haufe und aramon Hochbau, Pa- 
last vorkommen; die Form ar-am 
bedeutet keltisch Bergmann, von 
ar Berg und am Mann, Aramaea 
Bergmannsland von ia, aia, Land- 
schaft. Es war in ältester Zeit 
fast durchweg üblich, mehr den 
Namen des Volkes als den der 
Gegend zu gebrauchen, in welcher 
es wohnte; darum wird in der Völker- 
tafel der Genesis Aram als Seoms 
fünfter Sohn aufgeführt, als eine 
Person, nicht als Land. Als Land- 
name käme aram von a Berg und 
reunn Feld, oder blos von aran 
Berg. Unter Aramäern oder Ari- 
mäern verstanden die Griechen übri- 
gens dasselbe Volk, welches sonst 
Syrer genannt wird, obwohl dieser 
letztere Ausdruck gleich Damaskus, 
der Hauptstadt von Aram, sich zu- 
nächst auf den Quellenreichthum 
der Landschaft bezieht. Speciell 
muss Aram auf jenen Theil des 
Gebietes von Damaskus bezogen 
werden, welcher am Libanon lag, 


— 14 — 


Aram. 


d. h. auf Aram Dammesek, das 
damascenische Hochland. Das Feld- 
land am Fusse des Gebirges hiess 
aram maache von magh Feld. Wei- 
ter westlich auf den Höhen des 
Libanon lag Basan, das Waldland 
von bois, bis Wald; südlich am 
Jordan Gilead, das Wasserland 
von gil Wasser und iath Gegend. 
Das Land@eschur(Wald-thal coid- 
ur), ein Theil Arams an der Grenze 
des Gebietes der Hebräer, war das 
Thal des Leontes (li-ean kl. Was- 
ser). Im Geschur lag Beth Re- 
chob, die Hütte am Bergwasser 
(bodh-rugha-abh); Beth Eden 
(aithean Wohnort) dagegen in Cöle- 
syrien, im Thale des Aven (englisch 
avon, von abhan kl Wasser). Das 
nördliche Aram hiess Zoba, oder 
Aram Zoba, von fob Bergkopf 
(Tobel im Schwarzwalde). Dieses 
Zobäische Syrien wurde von Ham- 
math (Epiphania am Orontes) bis 
zum Euphrat gerechnet. Der nörd- 
liche Theil Mesopotaniiens, welcher 
eine Hochfläche bildet, wird im 
Pentateuch ebenfalls Aram genannt, 
geuaner Padan aram, Fläche Arams, 
oder Sde aram, Feld Arams; seine 
Bewohner desgleichen Aramäer z.B. 
Bethuel und Laban, auch Jacob, 
welcher lange im obern Mesopota- 
mien lebte. In diesem Theile Arams 
soll das reinste Aramäisch (wohl 
altkeltisch) gesprochen worden sein, 
unreiner in Syrien, am unreinsten 
in Assyrien, wegen der Mischung 
mit Aethiopiern. Nördlich von Phö- 


"nikien an der Grenze Kilikiens wohn- 


ten die Erembeor, zu ihnen wurde 


‘ Aran — Aranjues, 
Menelaos auf seiner Irrfahrt ver- 
schlagen. Erember hiessen auch 
die Bewohner des Hochlandes zwi- 
schen dem Nil und rothen Meere 
in Aegypten. Sie wurden von den 
Griechen als Höhlenbewohner ara- 
bischen Stammes bezeichnet. Hier 
kann er gleich iar Westen und emb 
statt ibh Gegend stehen, im Gegen- 
satz zu den Östlichen Arabern. Ty- 
phon wurde in Kilikien von den 
Arimern erschlagen (daselbst 
ein Berg Arima), oder nach Andern 
im Thale des Orontes, a-rim, statt 
ar-inn oder aran bedeutet der Berg; 
rim bedeutet speciell auch hohes 
Ufer, steiler Rand. Solch weit ver- 
breiteten Worten wie Aram, Erem, 
Arim liegen stets mehrere Wurzeln 
von ähnlicher Bedeutung zu Grunde. 
Aran, gälisch soviel als Hügel, 
Berg; davon folgende verdeutschte 
Bergnamen: Horen-, Horn-, Her- 
ren-, Haren-, dann Waren-, Woram-, 
Worm-, Wuram- und Wurm- berg. 
Aran, das Val d’Aran, oder Berg- 
thal, von aran Berg, liegt in den 
Pyrenäen, auf der Aragonischen 
Beite, obwohl die Garonne in dem- 
selben entspringt. Hauptort ist 
Viella von baile Ort. Aus dem 
Thale erhebt sich derbei 11000 Fuss 
hohe Maladetta, mael-aith Berg- 
hoch, umgewandelt in maledicta 
lat., Maladetta spanisch, maudit 
franz., zu deutsch verflucht. 
Aranda, Stadt in Altkastilien in 
Spanien, alt arında von aran Berg 
und dae Haus. 
Aranjuez, Stadt mit einem Lust- 
schloss südlich von Madrid in einer 


— 15 — 


Aranyos — Arau. 


waldigen Berglandschaft am Tajo; 
Der Name soll Ara Jovis, Altar des 
Jupiter bedeuten; ein solcher Al- 
tar mag hier wie an tausend andern 
Orten gestanden haben, aus ara 
wurde aber nicht leicht aran, wenn 
auch juez aus Jovis entstanden sein 
kann; aran bedeutet jedenfalls 


"Berg, und juez wird wohl von iosd, 


Wohnort kommen. Der Ort und | 
damit sein Appellativname war frü- 
her vorhanden, als der erst von den 
Römern angelegte Altar. 

Aranyos, ein Goldsand führender 
Bergfluss in Siebenbürgen bei Klau- 
senburg. Aran-uis, oder uisge be- 
deutet Berg-wasser. 

Ararat, hoher Berg, von ar 
hoch, gross, rhath Berg; das mitt- 
lere a ist eingeschoben um die bei- 
den r (ar-rhath) in der Aussprache 
hörbar zu machen. Aus dem He- 
bräischen lässt sich Ararat nicht 
erklären. Armenien hiess bei den 
Hebräern Arrorot, oder Arrarath, 
indem noch ein ir Land eingefügt 
wurde; denn um den Ararat dehnt 
sich eine breite Hochfläche, aus 
deren Mitte der ausgebrannte Vul- 
kan steil emporsteigt. Diese Hoch- 
fläche bildete zeitweise einen eige- 
nen Staat. Nach der Meinung der 
Armenier liegt die Arche 'Noahs 
noch auf dem Berge im Schnee ver- 
graben. Jetzt bildet der Berg den 
Grenzpunkt zwischen Russland, Per- 
sion und der Türkei. 

Arau, alt Aravia an der Aar, 
Hauptstadt des Cantons Argau; 
sie entstand aus einem Freihofe. 
Hier hatten einst die Grafen von 


Araxes — Arbela. 


Rore ihren Sitz, die man auch für 
die Gründer der Stadt hält; dieselbe 
kam später an die Grafen von Habs- 
burg und die Herzöge von Oestreich, 
wurde aber 1415 von den Bernern 
erobert, und ihnen ein Jahr darauf 
von Kaiser Sigismund verpfändet. 
Rore, von rkuadBerg undra Stätte, 
liegt östlich von Arau, in dessen 
Nähe. Arau, aravia bedeutet gros- 
ser Hof von ar gross und aoibh, 
aoi Hof, Freihof, freies Bauerngut. 

Araxes, gross- Wasser von ar 
gross und uisge Wasser, dasselbe 
nur versetzt ist Jaxartes; desgl. 
Aras, ar-ais, was ebenfalls gross- 
Wasser bedeutet (vergl. Kur). Es 
gibt mehrere Araxes in den altper- 
sischen Landen, der bekannteste 
fliesst aus Armenien in das kaspi- 
sche Meer. 

Arbach, Dorf im Canton Zürich 
vom kimbrischengarw, charw, harb, 
Bach. 

Arbedo, kleiner Ort im Canton 
Tessin, wo 1422 dreitausend Schwei- 
zer 24000 Mailänder zurückwarfen, 
ar hoch badh, bodh Hütte, Senn- 
hütte, Baude (im Riesengebirge) 
oder auch Bude. 

Arbela, jetzt Arbil, Städtchen 
östlich vom Tigris in Assyrien, hier 
oder bei Gaugamela besiegte 331 
vor Chr. Alexander den Perser- 
könig Darius. Arbil bedeutet Hoch- 
stadt ar-bail, wegen der dabei auf 
einer Höhe liegenden Burg; Gau- 
gamela bedeutet dasselbe von 
coiche Ort und mael flacher Berg. 
Möglich dass beide Namen ein und 
denselben Ort bezeichneten. Die 


18 — 


Arber — Arboga. 


Juden erklären Gaugamela für Ka- 
meelstall von gamal Kameel und 
gaw Burg, Gewölbe. Gaw ist aber 
das keltische coicke und gamal be- 
deutet selbst wieder blos kleinen 
Berg, Höcker von go klein und mael 
Berg. 

Arber. Im Böhmerwald in Baiern 
liegen zwei Berge, der grosse und 
kleine, Arber genannt; Name vom 
kimbrischen barSpitze,Berg und dem 
vorgesetzten vergrössernden er oder 
ar; bar, bwr ist derselben Wurzel 
wie das deutsche Berg. Neben dem 
Arber gegen Norden in Böhmen 
liegt der Gross-Ossa-Berg, von odh 
oder aith Höhe, Bergspitze, und a 
Berg; derselbe Name wie der Ossa 
in Griechenland, der Osning vom 
Deminutiv (odhean) in Westphalen 
und zahllose Aitberge, Aisberge, 
auch Eisberge, Osberge, Isberge. 

Arboga, alte Stadt in Schweden 
zwischen dem Mälar- und Hielmar- 
see. Mehrere Könige aus dem Hause 
Wasa residirten hier, ebenso wur- 
den hier im 14.und 15.Jahrh. Kir- 
chenversammlungen, später auch 
mehrere Reichsversammlungen ab- 
gehalten. Der Name bedeutet gros- 
ser Viehpferch von ar gross, beo, 
Vish, und Aa Pferch; es ist also 
dasselbe Wort wie Pegau oder 
Beucha bei Leipzig, wo jetzt noch 
starke Viehzucht getrieben. wird. 
Die erste Sylbe ar kann, wenn man 
sie von aha-ar Wasser-gross ab- 
leitet, auch einen Viehpferch am 
Wasser anzeigen, denn Arboga liegt 
an dem Flusse Arboga, den man in 
Schweden als grosses Wasser erklärt; 








Arbogast — Arburg. 


genauer bedeutet dieser Flussname 
grosses Sumpfwasser von ar gross, 
bogh feucht,sumpfigund aha, acha 
Wasser. 

Arbogast, Fingast, Nebisgast, 
Salogast. Die Sylbe gast deutet 
weder einen Geist noch einen Gast 
an, sondern ist ein gälisches Bei- 
wort, das entweder gasta lautete 
und fleissig, tüchtig, geschickt be- 
deutet, oder aus uas, edel, ent- 
stand. 


Arbols, am französischen Jura, 


alt Arbosium, oder Arbosion, zu 
deutsch Ort am grossen Wald, ar 
gross, bois oder pis Wald, Holz und 
ion Ort, Arbois ist Pichegru’s Ge- 
burtsort, eg wächst hier ein süsser, 
weisser Wein, der Arbois-Wein. 

Arbon, Ort am Bodensee auf 
einem Bergvorsprung, altkeltisch 
arbar, was von den Römern als 
arbor, Baum, aufgefasst und arbor 
feliv genannt wurde; der Name 
kommt aber von ar gross und bar 
Bergspitze. Die Formarb on kommt 
von bon Gründung, und zeigt an, 
dass der Ort neuerbaut wurde, denn 
das alte Arbar lag in einiger Ent- 
fernung davon. 

Arburg,latinisirt Arulaeburgum, 
Stadt mit Burg im Argau an der 
Aar; 1660 wurde die Burg von den 
Bernern neu erbaut; der Name be- 
deutet Burg an der Aar, oder Arula; 
oder auch Bergburg von ur Berg. 
Weiter oben an der Aar im Canton 
Bern liegt Arberg, ebenfalls auf 
einem Felsen; hier wird ar jeden- 
falls Berg bedeuten, da die Ueber- 
setzung, Berg, dem Namen beige- 


_ 17 — 


Arch — Archangel. 


fügt ist. Ar ist zusammengezogen 
aus a Berg und er gross, der Fluss- 
name Aar entstand aus aha Wasser 
und ar gross, oder aus earg Was- 
ser. Es gibt mehrere Orte die 
den Namen Arberg führen, z. B. in 
Oestreich ein Dorf, das alt Araberg 
hiess. Im Griechischen lautet die 
entsprechende Form oros. 

Arch, ital. Arco, früher eine 
Grafschaftmit gleichnamigem Städt- 
chen am Nordende des Gardasees 
in Wälschtirol, und zwar in dem 
Theile, welcher Judicarien oder auch 
wälsche Confinien heisst. Die Burg 
Arch wurde 1175 erbaut, das Länd- 
chen später vom Kaiser Sigismund 
zur Grafschaft erhoben. Man hat 
versucht, den Namen Arch in Bo- 
gen, lateinisch arcus zu übersetzen ; 
eine Stadt ist aber kein Bogen; 
Arca oder Arco kommt von earg 
Wasser und ka Pferch, Verzäunung, 
Ort; war derselbe schon in römi- 
schen Zeiten einmal befestigt, so 
kann derName auch von arx, Burg, 
herkommen, was aber schliesslich 
ebenfallsaus dem Keltischen stammt, 
von ar hoch oder Berg und ka Ver- 
zäunung, oder von earc Fürst und 
aidhe Wohuung. Das Geschlecht 
der Grafen von Arco blüht jetzt noch 
in drei Linien, welche in Schlesien, 
Baiern und Tirol begütert sind. 

Archaugel wurde 1584 neben 
einem schon vorhandenen Kloster 
des Erzengels Michael angelegt, da- 
her der Name. 1553 stand hier ein 
Kloster, welches dem heil. Nikolaus 
geweiht war. Diefrühere Hauptstadt 
dieses Lanästrichs war Kolmagori 


Arche. 


oder Cholmogori auf einer Insel 
oder einem Holm der Dwina, in 
welchem 1746 die von Elisabeth 
entthronte Kaiserin Anna starb. Gori 
ist eine slavisirte Form für caer 
Ort, sonst auchgorod, gard, deutsch 
Garten. Holm, cholm, kolm, Insel, 
entstand aus giol Wasser und ma 
Stätte, Ort im Wasser. Das nörd- 
liche Russland hiess einst Biarmia, 
von Dior Wasser, ma Stätte und ia 
Land, d. h, Landschaft der Orte am 
weissen Meere. Dieser Name wurde 
mitunter sehr unpassend in Wärme- 
land übersetzt, heutzutage wird da- 
für Porm geschrieben, aber die Ge- 
gend an der obern Dwina (/ain-aha) 
und weiter östlich darunter ver- 
standen. Biarmia hatte einst eigene 
Könige, kam im 11. und 12, Jahr- 
hundert an Nowgorod, welches die 
ersten Russen hierher verpflanzte; 
1543 nahm Iwan IV das Land in 
Besitz. Die alten Bewohner des Lan- 
des sind die Samojeden (taom- 
iath-dae Waldlandsleute) und Syr- 
jänen (Wasserleute, von suir Was- 
ser und an Leute). 

Arche, Noahs Arche, griechisch 
arca, Kasten. In der Bibel wird die 
Arche Thebat, Thibis, Thibe ge- 
nannt. Im Aegyptischen bedeutet 
tept Schiff, im Koptischen ist Thebe 
oder Thebi, Thibi soviel als Kasten, 
Topf. Die Septuaginta gibt dafür 
die Form Kibotos. Die altsyrische 
Stadt Heliopolis oder Mabag hiess 
ebenfalls Kibotos, weil nach der sy- 
rischen Sage dort die Arche sich 
festgesetzt habe. Kibot, yi-bodh 
bedeutet aber keltisch kleines Haus, 


— 1383 — 


Archelaos — Archi, 


also soviel als Arche.” Letztere Form 
kann aus artach, keltisch soviel als 
Schiff, zusammengezogen sein, oder 
von earg-ka, Wasser-Haus, wäh- 
rend artach seinerseits aus earg- 
teach, ebenfalls Wasserhaus, gebil- 
det ist. 

Archelaos, ein sog. Heraklide, 
flüchtete, von seinen Brüdern ver- 
trieben, nach Makedonien, wo er 
Stammvater des Alexander wurde. 
Da er zur Soe nach Makedonien 
kam, so kann er darnach bezeichnet 
worden Sein, earg Wasser, il gross 
und «os Mann. Ausser diesem gab 
08 noch mehrere Männer, Feldherrn 
und Könige dieses Namens, 80 einen 
Sohn des Herodes von Judäa, wegen 
seiner Grausamkeit abgesetzt; dann 
einen Feldherrn des Mithridates 
gegen die Römer, dessen Sohn eine 
Zeitlang König von Asgypten, und 
dessen Enkel König von Kappadokien 
war. Der Name kann übrigens auch 
von earg, arc Fürst abgeleitet 
werden. 

Archi ist eine griechische Vor- 
sylbe mit der Bedeutung der Erste, 
Oberste; im Deutschen wurde dar- 
aus Erz, als Erzherzog, Erzbischof; 
im Keltischen bedeutet earr, earc, 
earg, auch orc dasselbe, nämlich 
Herr oder Fürst; daraus entstanden 
Namen wie Archilochus, der 
Fürst des /oc, locus oder der Ort- 
schaft; Archimedes, vom griech. 
medos Rath, wäre darnach erster 
Rathgeber des Fürsten von Syrakus 
gewesen, als diese Stadt von den 
Römern belagert wurde, or soll auch 
in der That deren Schiffe durch 





u u. 2 


Archipel — Arcis. 


grosse Hohlspiegelin Brand gesteckt 
haben. Bei Eroberung der Stadt 
wurde er, in mathematische Betrach- 
tungen vertieft, voneinemrömischen 
Soldaten ermordet. 

Archipel oder Archipelagos, 
das mit Inseln besäete Meer zwischen 
Kleinasien und Griechenland. Name 
von earg Wasser und pelagos Meer, 
letzteres eine gräcisirte Form für 
belag, bualog, buailc, bailc 
Wasser; bealach dagegen bedeutet 
Grenze und Weg. Nimmt man für 
pelagos die Bedeutung „Wasser“ an, 
so entsteht eine Tautologie, deshalb 
wird bealach, Weg, vorzuziehen sein, 
wodurch der Begriff „Wasserstrasse“ 
von Asien nach Europa entsteht. 
Im Nordmeere haben wir für bea- 
lach die gleichbedeutende Form be- 
lat, Belt, ebenfalls eine Wasser- 
strasse. Aus belat, belt entstand 
die kürzere Form Archipel, aus bea- 
lach die von den Griechen in pela- 
gos, Meer, umgebildete zweite län- 
gere. Bei den Türken heisst der 
Archipel Ak-Donghiz, weisses Meer, 
was an die keltischen Formen og 
rein, und loin, bezw. ais Wasser, 
erinnert; das Schwarze Meer heisst 
Kara-Denghiz; kara schwarz, lat. 
ni-ger, bedeutet dasselbe auch bei 
den Albanesen. 

Arcis, Stadt an der Aube (alt 
Albis) in der Champagne, wo Napo- 
leon 1814 von Schwarzenberg zu- 
rückgedrängt wurde, darauf in dessen 
Rücken zu operiren suchte, während 
dieser auf Paris vorging und da- 
durch den Feldzug zur Entscheidung 
brachte. Areis, alt Arcey und Ar- 

Deutsch-kelt, Wörterbuch. 


— 19 — 


Aroole — Ard. 


ciaca, bedeutet Wasserburg vonearg 
Wasser und achaBurg. Aca, acum, 
360 können auch als latinisirte Ad- 
jectivformen aufgefasst, und darnach 
der betreffende Ort als Eigenthum, 
Hof, Stadtrdes Arois erklärt werden, 
wie Andernach, alt Antonacum, als 
Stadt des AntogMaguntiacum als 
Stadt des Maguntius. Ein solches 
Verfahren ist zwar bequem und ein- 
fach, es erklärt aber nicht viel, mag 
auch nur bei kleinern Orten, die in 
römischen Zeiten noch Bauernhöfe 
bildeten, zulässig sein. Antonach 
steht gleich Deinach und Steinach 
für tain-acha Wasserburg, und 
Mainz oder Mayence kommt trotz 
der latinisirten Form Moguntiacum 
von magann, magans, gute Burg, 
grosse Burg, steht also den Formen 
Sargans, Sagans, Sagunt, Alicante, 
Gand-avum, Cen-abum und andern 
gleich. 
Arcole, Dorf am Alponflüsschen, 
nahe der Etsch unterhalb Verona, 
mit einer Brücke, um deren Besitz 
1796 Napoleon drei Tage lang 
kämpfen musste, um den Uebergang 
gegen die Oestreicher unter Alvinczy 
zu erzwingen. Napoleon soll dabei, 
wie die Sage geht, sich selbst mit 
einer Fahne in der Hand auf die 
Brücke gestellt haben, nach einer 
andern that dies Augereau. Der 
Name bedeutet Wasser-Ort, earg-lle. 
Ard, airde bedeutet im Gäli- 
schen steile, rauhe Höhe, lat. ar- 
duus und aridus. Im Deutschen ent- 
standen daraus die Formen: Arz- 
Ers- Ert- Ort-, dann hart, Haard, 
Harz, Hers- Hert- Hoerz- Hirz- 
9 


Arda — Ardebyl. 


Hersch- und Hirsch-berg. Bei 
Mannsnamen bedeutet ard hoch, 
edel, als Gerhard, Merhard, Mann- 
hard; oft ist os aber auch aus air, 
Mann, Dienstmann, ontstanden. 

Arda, ein Bergfluss, der bei Adria- 
nopel in die Maritza mündet; er ent- 
springt im Rhodope (Bergland) bei 
dem Orte Arda; letzterer von ar 
Berg und da, ta Ort, der Flussname 
von ard hoch, steil, gebirgig, und 
aha Wasser. 

Ardai oder Ardey, eine Berg- 
flächein Westphalen, bezw. der Graf- 
schaft Mark auf dem rechten Ufer 
der Ruhr, südlich von Dortmund 
zwischen Fröndenberg und Wolmar- 
stein, mitreichen Steinkohlenlagern. 
Name von ard steil, rauh und ai 
Hochland. Der Helweg (hohe Weg 
von al hoch) bildet die Fortsetzung 
dieser Hochfläche gegen Nord- 
westen, ist aber niederer und frucht- 
barer. Fröndenberg kommt von 
bryn Berg, und ton Wald; Wol- 
marstein, alt Volmestein an der 
Ruhr von Dual, /ual Wasser und 
ma, man Stein oder mar Berg. Das 
Ardai hiess auch Haregau oder 
blos Hare von ar hoch und w« 
Gau. 

Ardea, alte Stadt in Mittelitalien, 
südlich von Rom am Meere; sie war 
auf Felsen gebaut, daher schwer zu 
erobern. Name vom gäl. art Stein 
oder ard steil, und dae Dach, Hans. 
Die Bewohner des Gaues, in welchom 
Ardea lag, hiessen Rutuler, von 
rhuad Berg, Felsenburg, und u/ 
hoch, gross, stark. 

Ardebyl, feste Bergstadt im per- 


— 130 — 


Ardeche — Ardons. 


sischen Kurdistan von ard, aird 
steil, hoch und bail Stadt. 

Ardeche, Bergfluss in den Ce- 
vennen, im Vivarais; er mündet in 
die Khone. Name von ard hoch, 
steil, und oiche Wasser. 

Ardennen, latinisirt Arduenna, 
zu deutsch Bergwald, von ar hoch, 
Berg, und don, ton, ten (Taunus) 
Wald, Tannenwald, also dasselbe, 
was Argonnen, welches von ar 
Berg, und gund, gwydd Wald her- 
kommt. Man könnte Ardennen auch 
von ar-dun hoher-Berg ableiten, 
aber hoch sind die Ardennen gerade 
nicht, und ebensowenig passt ard 
steil, airde Höhe, weil dann die 
zweite Sylbe unerklärt bliebe. Die 
Ardennen bilden eine waldige Hoch- 
fläche mit tiefen Spalten, durch 
welche die Maas, die Sambre und 
andere Flüsse sich drängen, gerade 
wie der Rhein, die Mosel, die Lahn 
durch das mit den Ardennen geo- 
logisch gleichstehende rheinische 
Grauwackengebirge sich zwängen 
müssen. Dass der Name Ardennen 
mit Waldgebirge richtig erklärt 
wird, geht auch daraushervor, dass 
or im Lateinischen stets in Ardu- 
enna silva übersetzt wurde. Die 
Adjectivform arduina in Diana ar- 
duina, welche als Waldgötlin auch 
hier verehrt wurde, zeigt einen 
UVebergang in Arguenna, oder Ar- 
gonnenwald, 

Ardglass,alter, einst fester Platz 
im nördl. Irland am irischen Meere, 
von ard steil, hoch und cleäth Hü- 
gel, bezw. Burg. 

Ardona, Ardena, Orthaun, Ir- 


Ardres — Arelatisches 


dein, Ortans, lauter Orte in den rhä- 
tischen Alpen, die von art Stein, 
Fels und din Burg, oder von arfean 
kl. Fels, kl. Felsenburg herkommen. 
Ardez von ard steil, hoch, und 
aidhe, ais Ort; Artlunge von art 
Fels, lann Ort und 90 klein. 

Ardres, feste Stadt bei Calais, 
alt Arda, von ar hoch, Berg und 
dae Haus, Burg; Ardres von ar- 
daras oder ar-dras, was dasselbe 
bedeutet. 

Ardrossan, Stadt im westlichen 
Schottland am Meere, Name gleich 
Ardres, mit angehängtem uisgean, 
oisean kl. Wasser. 

Arelatisches Reich, oder das 
Arelat, nach der Stadt Arles in der 
Provence also genannt, erstreckte 
sich vom Mittelmeere bis nach 
Lothringen, und gehörte drei Jahr- 
hunderte hindurch zum deutschen 
Reiche. Zum Arelat rechnete man 
vorzugsweise dieProvence, die schon 
114 Jahre vor Christus von den Rö- 
mern zur Provinz gemacht worden 
war. Im 5. Jahrh. kam dies Land 
sammt dem Langued’oc und der 
Gascogne an die damals auch in 
Spanien herrschenden Westgothen, 
von diesen an die Burgunden, welche 
sich schliesslich den Franken unter- 
warfen. Im Jahre 879 wählten die 
Bischöfe des Landes den Herzog 
Boso von Provence, einen Schwager 
Carls des Kahlen zum Könige; um 
933 vereinte dann Rudolph II, Kö- 
nig von Grossburgund, dieses Land 
mit der Provence und nahm seinen 
Sitz zu Arles. Conrad II, der 1024 
den deutschen Kaiserthron bestieg, 


— 131 — 


Arenberg — Arendal. 


machte die noch aus Arnulphs Zei- 
ten herrührenden oberlehnsherrli- 
chen Ansprüche des deutschen 
Reiches auf Burgund geltend. Ru- 
dolph III von Arelat, der kinderlos 
starb, hatte zwar schon vorher 
seinen Neffen Kaiser Heinrich II 
(1002 — 1024) zum Erben einge- 
setzt, aber dieser starb früher als 
Rudolph, worauf letzterer das Land 
an den Grafen Odo von Champagne, 
den Sohn seiner ältesten Schwester 
geben wollte. Conrad aber nahm 
Basel mit Waffengewalt, und Odo 
wurde zweimal besiegt und fiel 1034. 
Conrad stellte darauf den Landfrie- 
den im Burgundisch - Arelatischen 
Reiche wieder her. (Den Namen 
Arolat vergl. unter Arles.) 
Arenberg oderAromberg, Schloss 
an der Eifel, von wo die jetzt in 
Hannover und Belgien angesessenen 
Herzoge von Aremberg stammen; 
früher hiessen sie Burggrafen von 
Aremberg; aran Berg, bezw. Burg 
darauf. Ausser dem Arenberg an 
der Eifel gibt es deren noch eine 


"erkleckliche Anzahl, als bei Klen- 


gen nächst Villingen auf der Baar; 
Arnberg bei Stockhausen auf dem 
Vogelsberg, dann der Arenberg bei 
Nördlingen; der Arnsberg bei 
Buchen im Odenwald, Arnsberg im 
Sauerlande. Arensburg in Lief- 
land auf der Insel Oesel mit Hafen, 
bedeutet dagegen Wasserburg von 
a-rhen Wasser, denn es wird wohl 
schwerlich auf einem Berge liegen. 

Arendal, Stadt an der Südküste 
von Norwegen, an der Mündung des 
Nidelf (naotlh nass, Wasser) in die 

9 + 





Arendbach — Arsopagos, — 132 — 


Bucht von Christiania, Name von 
dail Burg und aran Berg, oder a- 
rhen Wasser, je nach der Lage. 

Arendbach in Hannover, alt 
Arumbiki, vom kimrischen y rhen 
oder a rhen, der Bach, das Wasser. 
Arendsee, Ort beiMagdeburg am 
Arendsee, dasselbe. 

Arenenberg, Schloss bei Steck- 
born im Thurgau, früher Eigenthum 
der Königin Hortense, Mutter Na- 
poleons IH. Der Name wurde auch 
geschrieben : Arenaberg, Ahrenberg, 
Nahrenberg, selbst Narrenberg, 
dann wieder Nordenberg, lauter 
Formen, die von aran Berg her- 
kommen. 

Arenfeld, eine flache Höhe bei 
Herrenberg in Würtemberg, zu 
deutsch Bergfeld, von a Berg und 
reann Feld. 

Arensflücht, ein Landstrich bei 
Westersode, Amts Neuhaus, im 
Ostengau, nördlich von Bremen. 
Name von: a-rhenn Wasser, und 
fleasg Feld. 

Arentelle, alt Argentilla, Bach 
bei St. Di6 in den westlichen Voge- 
sen; der Name kommt wie der Ar- 
gent und ähnliche Bachnamen in 
Frankreich vom gälischen earc 
Wasser, earcan Bächlein, und nicht 
vom lat. argentum, Silber. 

Areopagos, deroberste Gerichts- 
hof im alten Athen, welcher seine 
Sitzungen auf einem nächst der 
Akropolis gelegenen dem Ares oder 
Mars geweihten Bergrücken abhielt, 
daher der Name, ar-eus Kriegs- 
mann, Duach Bergrücken und as, 
eus Mann, Die Areopagiten wur- 


Ares — Arethusa. 


den aus den gewesenen, verdienten 
Archonten (Staatslenkern, Stadi- 
räthen von archein gr. herrschen) 
auf Lebenszeit gewählt. 

Ares, Schlachtenmann, vom gä- 
lischen ar Schlacht, Verhoerung, 
Pest, und eis Mann. Ares ist bei 
den Griechen, was Mars bei den 
Bömern, der Kriegsgolt. Die Aren, 
das angenommene Stammvolk der 
Indogermanen, könnten darnach als 
Kriegsvölker erklärt werden, aber 
ebensogut als Bergvolk, da ar, or 
in fast allen Sprachen Berg, hoher 
Berg bedeutet. Die Aren kamen 
nach der gewöhnlichen Annahme 
aus dem Imaus, dem persischen 
Berglande, irgend ein bestimmter 
geschichtlicher Nachweis, dass die 
Indogermanen von solchen Aren ab- 
stammten, liegt indess nicht vor; 
man könnte die Heimath der euro- 
päischen Völker auch noch weiter 
östlich in die chinesischen Gebirge 
verlegen. Hält man am Imaus fest, 
so muss man eine doppelte Wan- 
derung der weissen Race annehmen, 
eine gälische nach Süden und 
Westen, und eine deutsche nach 
Osten und Norden, und deren Wieder- 
vereinigung in Europa zur Zeit der 
sog. Völkerwanderung. | 

Arethusa, Name mehrerer Quell- 
nymphen, so einer auf der Insel Or- 
tygia bei Syrakus, wohin sie, vom 
Flussgott Alpheus im Peloponnes 
verfolgt, gekommen und in eine 
Quelle verwandelt worden war; dann 
hiess eine der Hesperiden Arethusa. 
Name von airidh berühmt, und 
uisge, uis, us Wasser. 





Arevaken — Argau. 


Arevaken, ein keltischer oder 
keltiberischer Volksstamm, welcher 
an dem obern Duero hauste, Nu- 
mantia war dessen Hauptveste, dann 
gehörten ihm an: Uxama, jetzt 
Osma, Wasser-ort von uisge oder 
uis, os Wasser. und ma Stätte; dann 
Clunia, von glin Burg, wohl der- 
selbe Ort, welcher jetzt Aranda 
heisst, von aran Bergburg. Nu- 
mantia bedeutet gleich Nemetes 
(Speier) einen heiligen Ort von 
neamh heilig, an Leute und dae, 
tio Ort. Was schliesslich den Na- 
men des Volksstammes der Areva- 
ken betrifft, so wohnten abwärts 
am Duero die Vaccäer, von faiche 
Feld; die Arevaken sind darnach 
die Hoch-feldsbewohner auf der 
altkastilischen Hochebene von ar 
hoch, rauh und demselben /faich, 
Feld mit angehängtem ui oder ae 
Leute. 

Arezzo, alt Aretion, lat. Aretium, 
südlich von Florenz, eine der zwölf 
alten etrurischen Burgen oder Berg- 
orte von ar Berg und ajition Ort. 
Hier wurden Mäcenas, Poetrarca, 
Guido, der Erfinder der Noten und 
andere bedeutende Männer geboren. 

Argau. Der heutige Canton um- 
fasst bloss den untern Argau, im 
Gegensatz zum obern der jetzt zu 
Bern gehört. Der Argau im Gan- 
zen bildete früher einen Bestand- 
theil von Kleinburgund. Der Ober- 
argau erstreckt sich von Arberg 
bis Zofingen, der untere um- 
fasst die Gegend von Olten über 
Arau und Lenzburg bis Bruck und 
bildet jetzt mit dem Frickthale, den 


—_ 133 — 


Arge — Argengau. 


beiden Waldstätten Rheinfelden und 
Laufenburg, der alten Grafschaft 
Baden oder Obarbaden und den freien 
Aomtern (Bremgarten Muri) den 
Canton Argau. Der Name kommt 
von der Aar, keltisch earg Fluss 
und ua Gegend, Gau. Zofingen, 
alt Tobinium, bedeutet kl. Viehpferch 
mit Wohnung, oder kl. eingehegter 
Ort, von di, do klein, fang Pferch 
und ion Ort. Olten, lat. Ultina 
entweder grosse Burg von ul-din, 
oder kl. Ort von ailtean. Lenz- 
burg von glinn Burg, Frickthal 
von brae Thal. 

Arge, Küstenflüässchen in Ost- 
preussen, welches in das kurische 
Haff (oder Wasser von abh) mün- 
det. Arge ist noch die rein kelti- 
sche Form earg Wasser. In Spa- 
nien fliesst eine Arga, am Bodensee 
einArgen, eargan d.h. eine kleine 
Arge, gleich dem Aragon in Ara- 
gonien. Bei Werdenberg in Gran- 
bünden ebenfalls eine Arga, bei 
Speier ein Argenbach, derglei- 
chen im Vorarlberg, endlich ein 
Aergersbach bei Münster am 
Kocher. 

"Argengau, pagus Argunensis, 
der Landstrich am östlichen Ufer 
des Bodensees, welcher vom Argen- 
flüsschen (eargan kl. Wasser) durch- 
strömt wird. Hauptort war die auf 
einer Insel im Bodensee gelegene 
Veste Argen, alt Arguna von gun, 
gan Veste und ar gross, oder earr 
Fürst, Herr, oder auch von earg 
Wasser. Die öffentliche Gerichts- 
stätte, oder das Mallum publicum 
(nicht der öffentliche Hammer, son- 


Argent — Argentenil. 


dern der Berg von mael) war bei 
Leublach am Aschbach (alt As- 
caha von uisge Wasser); der Ort 
hiess alt Liubilunacha, d. h. Wall, 
Einzäunung am kl. Bach-Ort, /ua 
Bach, bi klein, und /on Ort, Dorf. 
Der Gau gehörte kirchlich zum Con- 
stanzer Sprengel, und bildete eine 
Zeitlang den südlichsten Theil des 
Gebietes der deutschen Alemannen 
gegen die romanisirten keltischen 
Rhätier oder Bergbewohner; es la- 
gen in demselben noch Tettnang, 
alt Tetinanc von di klein, tain Was- 
ser und wang oder fang Pferch; 
Wangen alt Wangun, kl. Pferch 
von wangean; Lindau, alt Lin- 
dowa, See-Au von /inn See und ua 
Landstrich, es liegt bekanntlich auf 
einer Insel im Bodensee; Sond- 
hofen von sonnadh, sunn Veste; 
Immenstadt von oman Bauern- 
hof; Isny, alt Ysnie von ois Veste 
und ni klein, 

Argent, lat. argentum Silber, im 
Franz. auch Geld, Silbergeld, kommt 
vom kimbrischen ariant, was Silber 
bedeutet, und entweder eine Demi- 
nutivform von or Gold ist, oder mit 
eargan Wasser, wasserhelles Metall 
zusammenhängt. 

Argentan an der Orne in Frank- 
reich, Wasser-Burg von eargan kl. 
Wasser und din Burg. 

Argenteuil, Ort unterhalb Paris 
an der Seine, früher mit einer Abtei, 
wo Hoeloise den Abailard kennen 
lernte. Der Name kann Wasserburg 
bedeuten von eargan Wasser und 
dail Burg, oder auch blos Wasser- 
ort von earg und indlios. 


—_ 14 — 


Argento — Argippäer. 


Argento-duprus oder duplus, 
Wasserbach in Gallien. Dupr, dwfr 
im Kimbrischen, dur im Gälischen 
bedeuten Wasser, und eurc, Demi- 
nutiv eargean dasselbe, also die 
Uebersetzung oder Erklärung eines 
keltischen Wortes durch ein ande- 
res ebenfalls keltisches, was auf die 
Mischung verschiedener keltischer 
Stämme, bezw. die Unterjochung der 
Gälen durch die Kimbern deutet. 

Argina, eine der Königinnen im 
französischen Kartenspiel; der Name 
bedeutetkeltisch Königin, earg, orc 
Herr, König, und nae Frau. 

Argippäer. Herodot nennt ein 
Volk dieses Namens unter den Sky- 
then, in der Richtung vom Don nach 
Hochasien, also in der Nähe des 
Kaspischen- und Aralsees; dies be- 
zeichnet auch der Name von earg 
Wasser, idh Gegend, oder aibh 
Stamm, Geschlecht, Völkerschaft, 
und ae Leute oder ia Land. Argip- 
päer ist eine der vielen keltischen 
Formen für Wasseranwohner; andere 
sind Dänen von fain Wasser, Sor- 
ben, Serben oder Suirben von suir, 
Bulgaren von buailg, Anten von 
ean, Finnen von buinn, woher auch 
Phöniken, Friesen von /rwdd oder 
ffrydan, Franken von /uaran, Ubier 
von abh, obh, ubh, Iberen von bior, 
Hyrkanier von earg, Nathangen von 
naoth oder naothan, Schwaben von 
sua, Ludim von /ua, Armoriker von 
muir, was alles Meer, Fluss, 
See, oder kurzweg Wasser bedeutet, 
immer verbunden mit einer zweiten 
Sylbe, die Leute bezeichnet. Die 


Argippäer waren finnischen .oder- 





Argonauten — Argonnen. — 135 — 


hunnischen Stammes, wie Herodot 
angibt. 

Argonauten. Argo, entweder 
gleich Arche, oder von earg Was- 
ser, soll der Name des Schiffes ge- 
wesen sein; noi bedeutet Schiff, 
oder nuadh Wasser, und dae Leute, 
also Schiffsleute auf der Arche, oder 
wenn man letzteres blos für earg 
Wasser nimmt, Schiffsleute auf dem 
Wasser. Die Argonauten schifften 
unter Jasons (eis- oder uisge-on 
Wasser-mann) Führung aus Thes- 


salion in das Schwarze Meer nach 


der Küste von Kolchis, um das dort 
an einer Eiche aufgehängte goldene 
Fell oder Vliess des Widders zu 
holen, auf welchem einst Phrixus 
und Helle über den Hellespont ge- 
ritten waren. Der Drache, welcher 
das Fell bewachte, wurde mit Hülfe 
der Medea, der Tochter des Königs 
von Kolchis, eingeschläfert; Jason 
nahm dieselbe als Frau mit, und 
verbrannte dann sein Schiff dem 
Neptun zu Ehren auf dem Isthmus 
von Korinth, nachdem er auf einem 
grossen Umwege die Donau aufwärts, 
und die Bhone abwärts wieder nach 
Griechenland gelangt war. 
Argonnen, einnicht unbedeuten- 
des in mehreren Ketten streichen- 
des Waldgebirge an der Grenze von 
Lothringen und der Champagne, 
westlich von der Maas; geologisch 
gehört der Wald zur Grünsandstein- 
formation, während die Champagne 
der jüngern Kreide-, und die Bar 
der ältern Jurakalkformation ange- 
hört. Die Argonnen bildeten früher 
die Grafschaft Clermont, ein Wort, 


Argos. 


das im Mittelalter in clarus mons, 
klarer Berg, übersetzt wurde; nun 
sind aber die Waldberge der Argon- 
nen nichts weniger als klar; die 
Uebersetzung mons gibt dagegen 
den richtigen Sinn, denn col-ar 
Hügel-hoch wurde in clar zusam- 
mengezogen. Die Grafschaft Cler- 
mont gehörte zum Bisthum Verdun, 
1204 bemächtigte sich aber Thibaud 
(Theobald) Graf von Bar, derselben, 
und schliesslich wurde sie von 
Carl IH, Herzoge von Lothringen, 
an Frankreich abgetreten, nachdem 
sie das ganze Mittelalter hindurch 
die Grenze des deutschen Reiches 
gegen Frankreich gebildet hatte. 
Clermont heisst en Argonne, im 
Gegensatz zu Clermont ferrand in 
der Auvergne. Der Name Argonnen 
erklärt sich schon durch die von 
den Alten gegebene Uebersetzung, 
welche Silva Argoenna oder Saltus 
Arguenna lautete; ar ist gross, 
hoch, rauh, und guenn ist das häufig 
vorkommende gund, gunn, gwinn, 
gwydd oder coed Wald, also Wald- 
gebirge wie der Name der Ardennen. 
Guen könnte übrigens auch von 
gwaun, Wiese, herkommen, wenn 
es sich um ein Wiesenland handelte. 
Bar, bar-rusist Fürstenwald, Forst, 
von bar Fürst und rus Wald. 
Argos, Königsburg, vom gäli- 
schen earg Fürst und ois Veste. 
Plinius nennt Argos in Thessalien 
eine pelasgische Stadt und sagt, sie 
sei von den Königen also benannt. 
Die Pelasger waren über den Pela- 
gos oder den belag, buailc (d. h. 
dasWasser) gekommene Einwanderer 


Argostoli — Argyle. 


aus Aegypten. Die Argiver sind 
Leute des Königs, von ibh, aibh 
Stamm, Geschlecht, Völkerschaft, 
oder überhaupt Leute einer Gegend, 
eines Ortes. Die Argiver in Argolis 
waren von &olischem Stamme, und 
wurden von den Dorern zum Theil 
vertrieben und zur Auswanderung 
nach dem nordwestlichen Kleinasien 
genöthigt; ihr erster Zug geschah 
unter den Söhnen Agamemnons, 60 
Jahre nach der Eroberung Troja’s. 

Argostoli, Hauptort der Insel 
Kephalonia am jon. Meere; earg 
Wasser, astail, franz. hötel, Wohnort. 

Argus, ein mit hundert Augen 
versehener Dickkopf, den Juno zum 
Wächter der in eine Kuh verwan- 
delten Jo (der Guten von eo) be- 
stellte, der aber von Merkur (dem 
Schnellläufer) getödtet wurde, wor- 
auf Juno mit seinen Augen den 
Pfauenschwanz schmückte. Ar be- 
deutet gross, und cus, cudh Kopf; 
dick muss sein Kopf gewesen sein, 
denn sonst hätten hundert Augen 
darauf nicht Raum gehabt; dieser 
Augen wegen führte Argus den grie- 
chischen Beinamen Panoptes, der 
Allsehende. 

Argyle, Landschaft an der West- 
küste Schottlands, voll Bergen und 
tiefeingeschnittenen schmalen Meer- 
buchten, sowie mit einem langen See 
in der Mitte der Grafschaft, daher 
der Name ar-gil Berg-wasser. Der 
Hauptort ist Inverary, Wasser- 
leute von inbhir Wasser und aire 
Leute. Eine bis in die Nähe vor Ir- 
land sich hinziehende Halbinsel 
heisst Cant-ire, Feld-land, eine 


— 16 — 


Ariadne — Ariege. 


Insel westlich davon Il-ay, Insel- 
Hochland, oder Insel-Wasser ; eine 
andere Jura, Berg- oder Thal-insel 
von or Berg bezw. ur Thal. Die 
Herzoge von Argyle sind aus dem 
Stamme derCampbell, camb Kampf, 
tapfer, bell wohl gleich dal, bei 
Fürst, oder gleich bo/k, was das- 
selbe bedeutet. 

Arladne, Tochter des Königs 
Minos von Creta und der Pasiphae. 
Sie gab dem Theseus den bekannten 
Garnknäuel, mit Hülfe dessen er 
sich wieder aus dem Labyrinthe zu- 
recht fand, nachdem er den Mino- 
taurus darin getödtet halte, wel- 
chem die von Minos besiegten 
Athener eine Anzahl Jungfraueu als 
Opfer zu bringen sich hatten ver- 
pflichten müssen. Arisdne folgte 
dem Theseus auf seiner Rückfahrt, 
dieser aber liess sie auf Naxos sitzen, 
wo sie von Bacchus, der gerade von 
Indien des Weges vorüber kam, ge- 
funden und zur Frau genommen 
wurde. Ariadne war eine Künstlerin, 
wie der von ihr gefertigte Knäuel 
ausweist, daher ihr Name von oir 
(lat. ars) Kunst, oiridh kunstreich 
und nae Frau. Ihre Mutter, die 
Pasiphae soll, wie die böse Welt 
ihr nachsagte, eine absonderliche 
Neigung zu einem Pferde gehabt 
haben, daher ebenfalls ihr Name: 
pas von baidhim (franz. baiser) lie- 
ben, iph, ipp, eb (griech. hippos) 
Pferd, und ze Mann oder Frau. 

Arlano, Stadt in Neapel nord- 
östlich von Avellino an einem Berg- 
passe, Berg-ort von ar-ion. 

Arlege, alt Aregis, Fluss im 


Ariel — Arier, 


südlichen Frankreich, der in den 
Pyrenäen entspringt, und nächst 
Toulouse in die Garonne mündet. 
Name von eary Wasser. Der Haupt- 
ort an der Ariöge ist Foix, alt 
Fuxum, von och oder/aoch, faich 
Feld und om Haus, Ort, dar- 
nach hiess das umliegende Thalland 
Fuxia, Feldland. 

Ariel. Ar, Schlacht (ar-eus, 
ares, Schlachtenmann), ar-i-el 
Schlacht-Mann-gross, von ae, Mann 
und el, al, gross, bezw. Gott; Krie- 
ger Gottes im alten Testamente, 
sonst als Löwe Gottes erklärt; in 
der Kabbala ist Arielein Wassergeist. 

Arien, im Franz. Aire, Städtchen 
im Atrechter Lande an dervlämisch- 
wallonischen Sprachgrenze bei To- 
rouenne; letzteres bedeutet Wiesen- 
land von fir (terra) Land und gwaun, 
uan Wiese. Gleicher Bedeutung ist 
wohl die Endung ien in Arien; ar 
dagegen kommt von ir, was gleich 
tir Land bedeutet. Arien hätte so- 
nach mit Teruen, Ternau gleichen 
Sinn. Au ist die deutsche Form für 
Wiese. Nordwestlich von Ternau 
liegt Wauans, einfach Wiese von 
gwaun; das 8 ist Adjectivform, weil 
villa oder civitas dabei gedacht 
wurde. Nordöstlich von Arien liegt 
Ti-ennes, kleine Wiese, von di 
klein. 

Arier, die angeblichen Stamm- 
väter der weissen oder indo-kelti- 
schen Race; aus diesem Grunde hat 
man denn auch den Namen als „die 
Ehrwürdigen“ erklärt, gerade als 
wenn man zu der Zeit, als das Volk 
entstand, schon gewusst hätte, dass 


— 137 — 


Arier. 


es dereinst der Stammvater der 
grossen kaukasischen Race werden 
würde. Ar, or bedeutet Berg, und 
ui oder ae Leute, also Bergbewoh- 
ner. Wem diese Erklärung zu nüch- 
tern ist, der mag ar, [Schlacht, 'zu 
Hülfe nehmen, dann bekommt er 
Kriegsleute; in diesem Sinne sollen 
sich die Perser selbst Artaier ge- 
nannt haben, obwohl urd steil, rauh 
und :@ Land, näher liegt. Die Per- 
ser sowohl 'als die Arier bewohnten 
Gebirgsland, die ersten Elymais, 
ein Name der ebenfalls Bergland 
bedeutet von e/ hoch, am Leute und 
iath Gegend; die letztern dieHoch- 
thäler des Paropamisus oder Imaus, 
an der Grenze Persiens und Bac- 
triens am Ariusflusse, d.h. dem 
Bergflusse von ar Berg und ais, uis 
Wasser. Als Kriegsleute würde der 
Name Arier zwar für dasStammvolk 
der Indokelten passen, aber bevor 
ein Volk kriegsgewaltig wird, muss 
es erst zu einem bedeutenden Volke 
herangewachsen sein, und dazu ge- 
hören Jahrhunderte, mittlerweile 
muss es aber doch schon längst sei- 
nen Namen erhalten haben. Zudem 
erzählt die Geschichte nichts von 
grossen Heerzügen der Arier. Des- 
halb wird es gerathener sein, bei der 
einfachen, wenn auch sehr prosai- 
schen Erklärung „Bergvolk“ zu ver- 
bleiben. Dazu kommt, dass der 
Ariusfluss (früher auch Ochus von 
oiche Wasser und ais Berg) in sei- 
nem heutigen Namen ebenfalls Berg- 
fluss bedeutet, nämlich Attreck von 
aith Berg und reog Wasser; er 
fliesst durch Kohestan an Herat und 


Arier, 


Moschhed vorbei in die Südostecke 
des Kaspischen Meeres. Kohestan 
ist coiche-tan Bergland, die wei- 
chere Form für coiche ist koh, kuh. 
Herat steht gleich caer-aith, 
Stadt-hoch oder ar-aidhe, Hoch- 
stadt; Meschhed grosse Stadt, von 
mat, mas, masch gross oder gut 
und aidhe Ort. Nördlich vom At- 
trek versiegt noch ein anderer klei- 
ner Bergfluss in dieturanische Sand- 
wüste, der Murghab heisst, von 
maor Berg, 90 klein und abA Was- 
ser; er fliesst an Merv-rud oder 
Mawrutschak vorbei: (mamwr-rath, 
Berg- oder gross-Burg; mawr- 
utschak, Berg-ort von aiteach Ort, 
Stadt), ebenso an Merved, gross 
Feld, von mamwr gross (denn Berg 
und gross sind ursprünglich gleiche 
Begriffe) und faith Feld. Die ganze 
Gebirgslandschaft zwischen Turan 
undIranheisst Khorassan, Grenz- 
bergland, von corr oder ghear, ger 
Grenze, aith hoch und tan Land. 
In diesem Grenzgebirge nun, wel- 
ches von keltischen Namen wim- 
melt, sucht man die Ursitze der 
weissen Race. Im Allgemeinen lässt 
sich hiergegen nichts einwenden, 
da dieses Germanenland (denn ger- 
man bedeutet eben wohl Grenzlands- 
bewohner, wie in Afrika die Gara- 
manten, oder in Südpersien die Kar- 
manier) ziemlich in der Mitte zwi- 
schen Europa, Hochasien, Indien 
und Nordafrika liegt, von hier aus 
also die weisse Race nach allen vier 
Winden sich ausbreiten konnte; ein 
besonderer Grund, den Ursitz aber 
gerade in das Thal des Arius zu 


_ 18 — 


Arier. 


verlegen, ist nicht vorhanden, Zu- 
dem bedeutet Aria oder Iran im 
weitern Sinne das ganze persische 
Flachland oder Medien, von ir Feld- 
fläche, und ia Land, ir-an Feld- 
leute, dasselbe wie maidh-aeMeder. 
Aus dem hier Durchgeführten ergibt 
sich, dass die Sprache der Arier, 
insoweit sie Khorassan bewohnten, 
dieselbe sein musste, wie die aller 
vorder-asiatisch-keltischon Völker, 
dass man also wohl dieIndo-Kelten, 
nicht aber die Deutschen aus 
Arien ableiten kann. Letztere ka- 
men wohl von dem mittelasiatischen 
Hochlande, wo sie als Viehhirten 
umherzogen, und von den Hinngnus 
westwärts getrieben, zur Zeit der 
Völkerwanderung in Europa erschie- 
nen. Zum Schluss noch Folgendes: 
Im Zend-avest, der 1300 Jahre vor 
Christus von dem Perser Zoroaster 
abgefasst worden sein soll, werden 
statt Aria die Formen airja und 
airjana gebraucht; im Keltischen 
bedeutet air nun aber auch Mann, 
dasselbe was bei den Skythen oior, 
bei dem Lateiner vir und bei den 
Deutschen er, alt ero. Darnach wä- 
ren die Airjanae schlechthin die 
Männer, nicht im Gegensatz zu den 
Weibern, die unter aire immer mit 
begriffen sind, sondern allenfalls — 
wer diesen Gedanken noch weiter 
verfolgen will — zu den Affen? Es 
möchte aber schwer sein durchzu- 
führen, dass zu Zoroasters Zeiten 
bei den Ariern noch eine Ahnung 
davon übrig gewesen, dass sie in 
Urzeiten, vor Tausenden von Jahren 
sich allmälig aus Affen entwickelt 








Arimsspen — Aringau. — 139 — 


hätten; die Chinesen behaupten dies 
indess von den Blondhaarigen ganz 
bestimmt, und erzählen Geschichten 
von einem Affenkönig (vergl. Usen). 

Arimaspen, altes Reitervolk im 
mittlern Persien um den Zaresumpf. 
4 ist der Artikel, reann, rinn be- 
deutet Feld, Flachland, asp Pferd 
(gezischte Form für hippos im Grie- 
chischen, dieauch hik, hiks, Hiksos 
lautete) und ae Leute. Die Arimas- 
pen bildeten den Gegensatz zu den 
Orte-bewohnenden Arachosiern oder 
Euergeten am earg- oder Hilmend- 
flusse. Von den räuberischen Ari- 
maspen wussten die Alten schreck- 
liche Dinge zu erzählen, sie hätten 
nur ein Auge, und wären in stetem 
Kampfe mit den goldhütenden Grei- 
fen, den Nachbarn der Issedonen 
und Hyperboräern; mit andern Wor- 
ten, sie plünderten die umliegenden 
Völker, namentlich die Issedunen 
(aitk hoch und dun Berg) in den 
Gebirgen des östlich an Persien 
grenzenden Paropamisus, in dessen 
Gewässern Gold gewaschen wurde. 
Herodot rechnet sie, wie alle No- 
maden, unter die Skythen, Wald- 
völker, gezischte Form für coed 
Wald. Die Nachfolger der Arimas- 
pen im persischen Flachlande waren 
die Parther. 

Ariogau, alt Aringho, der Feld- 
gau in der Thalerweiterung der 
Leine, westlich von Alefeld. Beide 
Namen bedeuten Feld. Ahlfeld, alt 
Ala, stehtgleich a/-ia, grosses Feld, 
und Aringau: y Artikel und reann 
Feld (vergl. Bemsfeld). A in Arin- 
gau könnte auch Berg bedeuten, 


Arion. 


und bezöge sich dies darauf, dass 
der Gau von der Leine ab westlich 


bis zum Kamm der Ithberge sich 


erstreckte, also ein Bergfeldgau war. 
In diesem Gau lagen an der Leine: 
Fürstesalt,alt Woresete, Sitz am 
Wasser von bior Wasser und iosda 
oder aisde, aidhe Ort; statt bior 
Wasser könnte man auch /or Fürst 
annehmen; dabei Immensen, alt 
Immanhus von oman kleinemBauern- 
hof. Dann Duingen, alt Duthun- 
gun, kleine Veste, von di und dain- 
gean, donjon, Zwinger. Belling- 
hausen, alt Roggelinghusen, von 
rugha Bergrücken und lann Schup- 
pen; dann der Hof Rheoden, alt 
Rethen von raithan kl. Feld; Fre- 
den, alt Fredenon von /ridd Wald; 
Wallensen, alt Walehusen von 
bal Berg oder bla Ebene, oder bual 
Wasser, je nach der Lage, oder von 
baile Ort, Veste. — Brüggeheim, 
die Grenzburg (Brugg == Burg) zwi- 
schen den Gauen Valedungen, Fle- 
nithi und dem Aringau. Jenseits 
der Gaugrenze über dem Ith liegt 
Huntzen, alt Hunienstein von onn 
Stein, Fels, und ion Ort. 

Arion, Zitherspieler aus Lesbos, 
620 vor Chr., der durch seine Kunst- 
fertigkeit auf dem Wettkampfe in 
Tarent den Siegespreiserlangte. Auf 
der Rückfahrt wollten ihn die Schif- 
fer ermorden, um seine Schätze zu 
erlangen, er aber griff nochmal nach 
seiner Zither, bezauberte die Meer- 
ungeheuer, stürzte sich ins Wasser 
und wurde von einem Delphin wohl- 
behalten an das Vorgebirge Tanaros 
getragen, von wo er wieder nach 


Ariovist, 


Corinth zuKönig Periander wanderte, 
der ihn nach Tarent geschickt hatte. 
Die später anlangenden Schiffer er- 
hielten ihre wohlverdiente Strafe. 
Arion könnte der „Musikmann“ be- 
deuten von & Artikel, rinn Musik 
und on Mann, müsste aber in die- 
sem Fall v-rinn-on gelautet haben, 
deshalb wird oir-on, geschickter 
Mann, vorzuziehen sein. 

Arliovist, Heerführer der Marko- 
mannen, 72 vor Chr.; er zog aus 
den thüringischen Gegenden mit 
einem ansehnlichen Heere üher den 
Rhein, eroberte die Landschaften 
bis zur Saone, wurde aber von Cä- 
sar bei Besangon (Vesontium) ge- 
schlagen und über den Rhein zurück- 
gedrängt. Sein Namewird als Hoer- 
fost, Ehrenfest gedeutet, was aber 
keinen passenden Sinn gibt; der 
Name kam von den Galliern an Cä- 
sar, war also nothwendig eine gal- 
lische Bezeichnung, und kann darum 
auch nur aus dem Keltischen erklärt 
werden. Zudem wissen wir nicht, 
ob die Markomannen überhaupt et- 
was anderes ale Kelten vom rechten 
Rheinufer waren, denn wenn Cäsar 
sie auch Germanen nennt, 80 bedeu- 
tet dies im Wesentlichen nichts 
weiter als was Markomannen, näm- 
lich Grenzleute,, von yhear Grenze. 
Von der Sprache dieser Markoman- 
nen sind keine Denkmale übrig ge- 
blieben, es lässt sich also auch nicht 
bestimmen, welchem Volke sie an- 
gehörten. Ariovist ist zusammenge- 
zogen aus ar Krieg und fubhaidh 
Anführer; das / wurde gewöhnlich 


nicht ausgesprochen, also ar-iub- 


— 140 — Arisheim — Arkynien. 


aidh, gezischt ar-iubaist, Kriegs- 
Feldherr. 

Arisheim und Arrisried, Weiler 
in Würtemberg, vom gäl. aras Ort, 
Wohnort. 

Arlus, Endung keltischer Manns- 
namen, von aire Mann, bezw. Die- 
ner, Vasall; daher Rado-arius, Gene- 
arius, Os-arius, Ragen-arius, Land- 
arius, Andre-arius, Hilde-g-arius, 
Frode-g-arius, Mada-h-arius. G und 
bh eind hier eingeschaltet. Dann 
Hinclearius für Ingalearius, Aclea- 
rius für Agiliarius, Erle-arius für 
Ingal-g-arius. Die voranstehenden 
Namen waren die der Herren des 
betreffenden Dienstmannes. 

Arkadien, Landschaft im mitt- 
lern Peloponnes, zu deutsch Hoch- 
land, vom gälischen argad Höhe 
und ia Land; es war von äolischen 
aus dem Norden eingewanderten Hir- 
ten bewohnt, und erhielt sich hier 
wie westlich daran in Elis die äolische 
Mundart am reinsten. — Mittel- 
ägypten, oder wenigstens die Hö- 
hen, welche das hier enge Nilthal 
einschliessen, hiess ebenfalls Ar- 
cadia. 

Arkona, ein alter Bingwall auf 
dem gleichnamigen Vorgebirge der 
Halbinsel Wittow auf Rügen, in 
welchem 1168 König Waldemar I 
von Dänemark den Tempel des 
Wendengottes Swantewit zerstörte. 
Der Name Arkona bedeutet Berg- 
burg, ar-gan. Der ziemlich hohe, 
steile Berg besteht aus Kreide und 
Lehm. 

Arkynlen, altkeltische Bezeich- 
nung für die ganze Reihe von Wald- 


Ariberg. 


gebirgen im mittlern Europa, vom 
Biesengebirge an bis zum Schwarz- 
wald, oder der Sylva hercynia, ja 
von den Karpathen bis zu den Ce- 
vennen. Der Name lautete in Frank- 
reich Arguenna, heutzutage Argon- 
nen. Aristoteles sprach zuerst von 
einem Arkyniaore, Arkynnengebirge, 
Ptolemäus von einem Orkynion dry- 
mos (drom langgestreckter Berg- 
wald); die Römer nahmen, entspre- 
chend der noch heute bei den Ita- 
lienern üblichen Gewohnheit, die 
Laute gezischt auszusprechen, die 
Form Hoercynia an, woraus dann 
verdeutscht Schwarzwald wurde; der 
Schwarzwald ist nicht schwärzer als 
jedes andere Gebirge, namentlich 
nicht als die gegenüberliegenden 
Vogesen (Yos-agos Wald-höhe). 
Arkynia bedeutet gleich Argonnen, 
Berg-Wald-land, von ar, or Berg, 
gund, gwydd Wald und ia Land; 
im Kimbrischen kommt auch die 
Form erchynn, erheben, erchyniad 
Erhebung vor, zusammengesetzt aus 
arhoch und ceann Bergkopf, Spitze, 
eine Erklärung, die deshalb weniger 
passt, weil in alten Zeiten bei die- 
sen Mittelgebirgen der Begriff „Wald“ 
den der „Erhebung” überwog, wie 
aus Yosagos, dann den deutschen 
Uebersetzungen Schwarzwald und 
Thüringerwald hervorgeht. 
Arlberg im Vorarlberg, Ueber- 
gang aus dem Rheinthal ins Iunthal, 
vom gäl. rkwyll, vereinfacht rul, 
Pass, Uebergang, latinisirt Arula. 
Darnach führt auch der 10,000 Fuss 
hohe Arlberg seinen Namen. Die 
Bula im Thßringerwald ist ein 


— 141 — 


Arles — Arlesgüter. 


langes Thal, durch welches schon 
in ältester Zeit ein Pass nach dem 
Werragrunde führte. 

Arles, alt Arelate, Stadt an der 
Rhone im südlichen Frankreich, 
d. h. am grossen Wasser, von earg- 
il gross Wasser und aidhe Ort, 
gleich Anatilii, dem alten Namen 
der Bewohner des Rhonedeltas (von 
ean Wasser, il gross und u; Leute). 
Bei Arles hat die Rhone seit alter 
Zeit einen grossen Theil des ebenen 
Landes mit Steinen überschüttet, 
weshalb die Gegend das Steinfeld 
heisst, wenn nicht Stein für tain 
Wasser steht. Weiter gegen das 
Meer hin wird das Delta des Flusses, 
die Camargue genannt, sehr sumpfig, 
so dass Reis gebaut werden kann. 
Camargue von komar Niederung, 
woher auch der NameComorn (komar- 
ion) an der Donau in Ungarn. In 
Arles residirte der Westgothenkönig 
Eurich (eo-righ guter König), von 
879 an war es die Hauptstadt des 
Arelatischen Reiches, das einen Theil 
des deutschen bildete. In Arles wur- 
den mehrere Kirchenversammlungen 
abgehalten, so eine, welche die jetzt 
noch von einem Theile der Prote- 
stanten fostgehaltene Lehre von der 
Prädestination, welche damals der 
Presbyter Lucius aufgestellt hatte, 
verdammte, 

Arlesgüter odar Urlosgüter, in 
Obersachsen Lassgüter, diejenigen 
Güter, welche ein im Uebrigen nach 
Colonatrechte bositzender Bauer 
noch als freies Eigenthum besass. 
Ur, or, ore bedeutet keltisch edel, 
frei, gleich uas, woraus Vasall (uas- 


Arlesheim — Arlon. 


al odel-gross oder uas-ail frei-edel) 
ontstand; las oderlos, niederdeutsch 
Lazen ist aus li-dae, lidi Leute, 
d. h. kl. Leute, entstanden. 

Arlesheim, Ort im alten Hoch- 
stift Basel, dessen Gebiet jetzt 
grösstentheils zu Bern gehört; nur 
zwölf Gemeinden desselben wurden 
durch den Wiener Congress dem 
Canton Basel zugetheilt, darunter ist 
Arlesheim die bedeutendste. Der 
Name Arlesheim oder Arlisheim be- 
deutet Grosshausen, vom gäl er 
gross und ios Haus, Ort. 

Arlon und Arler Mark, lat. 
Marca Arlon, letzterer der westliche, 
jetzt belgische Theil von Luxem- 
burg, in welchem Arlen oder Arlon 
der Hauptort ist. Die Arler Mark 
grenzt gegen Süden an den ebenfalls 
französischen Ornegau (pagus Odor- 
nensis) an der Orne, und nordwestlich 
an das Land von Ypsch (Ivoye pa- 
gus epusius), ebenfalls französisch, 
östlich dagegen an den deutschen 
Sur- und, Miethgau, aus welchem 
Deutsch-Luxemburg oder das deut- 
sche Viertel dieser Grafschaft ent- 
stand. Was die Namen betrifft, so 
bedeutet Ar-lon Berg-ort, von ar, 
or Berg und Z!on Wohnstätte, /ann 
Feldschuppen; alt latinisirt wurde 
Aralunum oder Orolanum geschrie- 
ben, deutsch Arlen oder Arlheim. 
Der Ornegau, von aranBerg, der 
pagus Odornensis von y-dwran, das 
kl. Wasser; Ypsch oder Ivoye von 
aoibh grosser Bauernhof; Surgau 
von suir Wasser, liegt an der Sur, 
während der Miethgau oder Wald- 
gau von muid, muind Wald auf 


— 142 — Armagh — Armagnac. 


der Wasserscheide oder der Sprach- 
scheide zwischen Deutsch- und 
Wälschluxemburg sich hinzog. 

Armagh, Stadt mitgleichnamiger 
Grafschaft in der Provinz Ulster im 
nördlichen Irland. Ar-mogh bedeu- 
tet grosser Hof, als Landname be- 
deutet magh Feld. Ulster, alt 
auch Ultonia, ist das Land am 
grossen Wasser, nämlich am grossen 
Neagh-See, oder am Atlantischen 
Ocean, von u! gross und ster bezw. 
tain Wasser; im Gegensatz zu den 
Landschaften am kleinern irischen 
Meerbusen, welche Munster (mion- 
ster kl. Wasser oder mi-ean-tir kl. 
Wasser-land), und Leinster (Fi-ean- 
ter, ebenfalls kl. Wasser-land) 
heissen. Letztere Grafschaft führte 
alt auch den Namen Lagenia von 
lugh klein, ean Wasser und ia Land, 
während Munster auch Momonia, 
von moim Wasser, moim-an kl. Was- 
ser und ia Land benannt wurde. 
Der vierte grosse irische Gau heisst 
Connaught, alt Connakia, von 
caint, cann, chann, chnan, gwaun 
hebr. chna (Cansan) Wiesenland, 
und gwyf, uif, wip Ebene oder 
iph Gegend, entsprechend dem deut- 
schen Iffigau am Main. 

Armagnac, latinisirt ager Aremo- 
nieus, das fruchtbare Ackerland am 
Gers, südlich von der daronne, west- 
lich von Toulouse. Armagnac ist 
eine Adjectivform, die sich auf die 
Bewohner des ara-magh oder ara- 
mayn d. h. des Pflug-Feldes bezieht, 
denn magh und mayn bedeutet Feld 
und ar, ara Pflug, Pflügung, mit 
dem Pflug bestellbar. Die Landschaft 








Armalausier. 


zerfiel in Ober- und Nieder-Armag- 
nac, das erstere näher den Pyrenäen, 
das andere längs der Garonne. Der 
Hauptort ist jetzt Auch, alt Ausca, 
am Gers, Wasserhag von uisge und 
ka Hag, oder ausci, Leute am Was- 
ser; der frühere Hauptort der Land- 
schaft war Lectoure, alt Lac-tora, 
von loc Ort und fir (terra) Land- 
schaft, also Landesstadt, gleich T o- 
losa, du-lios Landes-Veste, jetzt 
Toulouse. Die Armagnaken bildeten 
unter Karl VII Banden, die, nach- 
dem der Krieg mit den Engländern 
zu Ende gegangen, dem Lande zur 
Last fielen; deshalb schickte sie 
Karl gegen die Schweizer, von denen 
sie aber 1444 bei St. Jacob an der 
Birs bei Basel geschlagen wurden. 
14145 wurden diese Armen-gecken, 
wie die Deutschen sie nannten, auch 
aus dem Eisas vertrieben. 
Armalausier, Volksname in der 
Tabula peutingeriana, Armalausini 
und Armalai bei Aethikus und An- 
dern; ihre Sitze waren Östlich von 
den Alemannen, etwa im heutigen 
Schwaben; ihr Name wird von lIsi- 
dor von Spanien auf ihre Kleidung 
gedeutet, die, gewöhnlich hinten und 
vorn offen, geschlossen wurde, wenn 
sie in Waffen gingen, armi-clausi, 
eine Erklärung, die schon darum 
falsch ist, weil ein keltisches Wort 
nicht aus dem Lateinischen gedeu- 
tet werden kann. Der Name Ar- 
mal-ai kommt von ar gross, mael 
Berg und we Leute, oder bei Arma- 
laus von eus Leute; darnach waren 
sie die Bewohner der schwäbischen 
Alb. Oestlich von ihnen in Baiorn 


— 143 — Armancon — Armenien. 


werden in Römerzeiten die Burier 
genannt, von buar Rindvieh und wi 
Leute, worausunser heutiges Baiern, 
zu deutsch Hirtenvolk, entstand. 
Bei den Juden heisst der sog. Anti- 
christ Ermelaos oder Armillaus; hier 
bezieht sich das hohe Gebirge auf 
den Kaukasus, auf welchem Gog 
und Magog hausen. 

Arsancon, Nebenfluss der Yonne 
im mittlern Frankreich, alt Hor- 
mentio; ar, or, hor, gor Berg, 
mentio (gleich Mincio in der Lom- 
bardei, alt Mincius oder Mintius) 
von muins Wald und ais, uis Was- 
ser, also Bergwaldwasser; der Ar- 
mangon entspringt nämlich beim al- 
ten Alesia im Lande der Mandubier, 
oder der Waldlandsleute von muind 
Wald, :dA Gegend und us Leute. 
An diesem Flusse liegt noch Ton- 
nerre, alt Ternodorum, von fuaran 
Ortschaft und dwr Wasser, oder 
umgekehrt von dwran kl. Wasser 
und tuar Ortschaft. 

Armansberg oder Armansperg, 
hohe Basaltkuppe in Oberfranken 
bei Kemnath, mit einer Wallfahrts- 
kirche, ar hoch, maon Berg. Den- 
selben Namen führte ein baierisches 
Grafengeschlecht. 

Armenien, Hochland, hohes Ge- 
birgsland von ar gross, hoch, main 
Berg und ia Land. Nach der Gene- 
sis und ihrer eigenen Tradition 
stammen die Armenier von Haik 
(aigh Berg), einem Sohne des Tor- 
gom (Thorgama, Thergama oder To- 
garma) ab; dieser war ein Sohn des 
Tiras und Enkel des Gamer oder 
Gomer. Die mit den Armeniern 


Armenien. 


stammverwandten Georgier wollen 
von Thargamos abstammen, einem 
Sohne des Tarschiss und Enkel des 
Awanan oder Javan, der ein Sohn 
des Japhet war. Was die Bedeutung 
dieser Namen betrifft, so spricht 
Ezechiel von einem Beth Thogarma, 
d. h. einem Haus Thogarma, denn 
Beth bedeutet im Hebräischen das- 
selbe, was bodh im Keltischen oder 
bad im Indischen, nämlich Haus, 
Hütte, Baude, Bude. Beth ist die 
theilweise Uebersetzung von Tog- 
ar-ma; toigh, tog bedeutet nämlich 
im Keltischen Haus, ar gross. (Aus 
togh-ar, slavisch gezischt, wurde 
Zschocher bei Leipzig); ma end- 
lich bedeutet entweder Stätte oder 
ist versetzt für am, amhain Mann, 
Fürst. Togarma ist darnach grosses 
Haus des Mannes. Dasselbe be- 
deutet Torgom, oder 'Thorgom von 
torc Fürst und omHaus; bei tharg- 
am-oss ist noch ein eus, Mann, an- 
gehängt, bei Tarschisch fehlt die 
Mittelsylbe om, so dass bloss Für- 
stenmann übrig bleibt. Tiras kann 
als /uar-eus Orts-mann, Stadtbe- 
wohner aufgefasst werden. Awanan 
oder Javan, gleich ion-an wieder- 
um Orts-mann; Gomer, Gamer ist 
dagegen soviel ala Kymber, camb- 
air, Kampfmann, Krieger, und end- 
lich Japhet gleich Jupit-er, Vater- 
hoch von aba Vater und aith hoch; 
beiJupiter ist noch ein ar, er gross 
angehängt. Pater, Vater ist aus ab- 
aith-er zusammengezogen. Willman 
aus diesen Personennamen die Ur- 
geschichte der Armenier oder Haiks 
construiren, so folgte auf den 


— 144 — Armenien — Armentidres. 


Stammvater Japhet, den ältesten 
Sohn Noah’s, des Schiffmanns, der 
kriegerische Gomer, dessen Sohn 
Tiras anfıng Ortschaften zu bauen; 
Thorgom wurde Fürst dieser Stadt 
oder Städte, und von ihm stammen 
die Bewohner derselben, die Arme- 
nier, Hochgebirgsbewohner, oder 
Haik-ias, Hochlandsbewohner, ab. 
Die Armenier sind ein Handelsvolk; 
schon in ihrer Urgeschichte stellen 
sie sich als Städtebewohner in einen 
Gegensat£ zu den Nomaden oder 
halbnomadischen Viehhirten der um- 
liegenden Hochthäler, namentlich 
zu den Kurden, welche heute noch 
im Freien unter Zelten campiren, 
wie ihre Vorfahren die Phrygier, 
weiche, obwohl mit den Armeniern 
gleicher Abstammung, schon in 
ältester Zeit als „Barbaren“ den 
Gegensatz zu denselben bildeten. 
Zur Zeit der Abführung der Juden 
aus Palästina siedelten sich deren 
eine grosse Zahl in den armenischen 
Städten an, und verstärkten dadurch 
das Handelselement dieser Urstädte- 
bewohner. Die Artikel, welche die 
Armenier zum Weitervertrieb an die 
Phöniken lieferten, waren vorzugs- 
weise phrygische Pferde (die sog. 
Nesäischen Rosse) und Maulesel; in 
Phrygien, namentlich bei den Ene- 
tern (Wasserbewohnern) gab es in 
alter Zeit wilde Esel, von denen un- 
sere heutigen gezähmten abstammen. 
Die alten Armenier waren also Ross- 
kämme, wieheute noch unsere Juden. 

Armentieres, alt Armanteria, 
Stadt in französisch Flandern an 
der Lys (/u-ais kl. Wasser). Der 


Armenweiler — Amin. — 145 — 


Name bedeutet Leute, die zum Her- 
renlande, oder dem Landgut eines 
Herrn oder Fürsten gehörten; von 
armann Fürst, Hauptmann, Kriegs- 
oberst, fir (lat. terra) Land und wi 
oder ae Leute. 

Armenweiler in Würtemb., dann 
Armsdorf, alt Armestorp im Bre- 
menschen, vom gälischen girm Ort, 
Stätte. 

Armin, Irmin, Armini, latinisirt 
Arminius, verdeutscht Herrmann, 
bedeutet buchstäblich Herr-mann 
von earr Herr und maon Mann, oder 
auch, wenn man die erste Sylbe für 
ar Schlacht, Krieg nimmt, Kriegs- 
mann, Heerführer. Armann bedeutet 
heute noch im Irischen Fürst, Haupt- 
mann. Der Name ist durch die Kel- 
ten an die Römer gekommen, wor- 
ausaber noch nicht folgt, dass Herr- 
mann nothwendig ein Kelte war, 
selbst wenn er auch bei seinen deut- 
schen Landsleuten diesen keltischen 
Titel führte, denn die Deutschen 
nahmen von den ihnen unterworfe- 
nen gälischen und kymrischen Völ- 
kern deren Amtsbezeichnungen fast 
sämmtlich an, wie Graf, Jarl, Mar- 
schall. Unsere heutigen Titulaturen 
vom Minister bis zum Pedellen, vom 
General bis zum Corporal sind eben- 
falls ausländisch, lateinisch oder 
französisch ; es gereicht uns dies 
zwar sehr wenig zur Ehre, ist aber 
die Folge der uralten deutschen Un- 
tugend, vor allem Fremden einen 
tief-unterthänigsten Respect zu ha- 
ben. Unter Armins Anführung ver- 
nichteten die Germanen 9 Jahre nach 
Chr. das römische Heer unter Varus. 

Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


Armin, 


Der Kampf dauerte drei Tage, und 
zog sich von der Weser bei Rehme 
an aufwärts, längs der Thalgründe, 
in welchen die Werre fliesst, nach 
dem Teutoburger Walde, und über 
denselben bis in die Senner Haide. 
Die Werre (bior-aha Wasser) ent- 
springt bei Detmold, fliesst an Salz- 
uffeln und Herford vorbei, und mün- 
det bei Rehme in die Weser. Längs 
dieses Flüsschens gingen schon 
früher die Heerzüge des Drusus von 
der Lippe her nach der Weser, oder 
von Aliso (Else am Einfluss der Alme 
in die Lippe) über die Senner Haide 
nach der Dörenschlucht im Osning, 
und von da am Ufer der Werre ab- 
wärts. Diesen Weg, aber rückwärts 
von Behme gegen Aliso, schlug Va- 
rus Mitte September des angegebe- 
nen Jahres ein, als er von den Ger- 
manen angegriffen wurde. Längs 
der Werre hatten die Römer 
schon vorher Dämme und Brücken 
gebaut. Varus befand sich in einem 
Sommerlager an der Weser, wahr- 
scheinlich noch unterhalb Minden 
bei Petershagen, als er die Nach- 
richt bekam, dass die Chatten gegen 
ihn aufgestanden seien. Um sie 
wieder zu unterwerfen, machte er 
sich gegen Aliso auf den Weg, weil 
dort Waffen und Mundvorräthe auf- 
gespeichert waren. Den ersten An- 
fall durch die Germanen erlitt er 
zwischen der Weser und den henti- 
gen Städten Vlotho, Herford und 
Salzuffeln, wo die Gegend ziemlich 
gebirgig und theilweise mit Wald 
und Moor bedeckt ist. Hier gelang 
es Varus auf einem flachen Berge 
10 


Armin. 


noch ein regelmässiges Nachtlager 
zu schlagen. Am zweiten Tage ging 
der Zug die Werre aufwärts gegen 
Detmold, wo das Thal ebener und 
weniger bewaldet ist, nachdem im 
Lager alles entbehrliche Gepäck 
verbrannt oder im Stiche gelassen 
war. Die Germanen setzten ihre 
Angriffe fort, ohne jedoch die Beihen 
der Römer auflösen zu können; erst 
bei Detmold, wo deren Heer durch 
das vier Stunden lange enge, 
sumpfige und waldige Thal unter- 
halb derGroteburg (oder Teuteburg) 
marschiren musste, und Reiterei und 
Fussvolksich nichtausdehnen konn- 
ten, wurde der Kampf gefährlich. 
An der Berlebecke (bior-li oder 
Beilebecke bial-li kl. Wasser), einem 
Bache, der an der Groteburg süd- 
östlich vorbeifliesst, an der heutigen 
Chaussee von Detmold nach Lipp- 
springe wurde Nachtlager geschla- 
gen, unter beständigen Angriffen 
Seitens der Germanen. Am dritten 
Tage überstieg der Rest des Heeres 
den Teutoburger Wald, kam in die 
“Senne, und wurde hier zwischen den 
Dörfern Oesterholz, Schlangen und 
Haustenbeck nördlich von Lipp- 
springe bis auf Wenige, die nach 
Else durchkommen konnten, nieder- 
gemacht. Varus stürzte sich aus 
Verzweiflung in sein Schwert. Am 
letzten Tage waren es wohl die 
Chatten, Marsen und Sigambern, die 
sich von Süden her den Römern 
entgegenstellten, während die Che- 
rusker und Bructerer dem Varus 
von der Weser her im Rücken folg- 
ten, anfangs als angebliche Bundes- 


— 46 — 


Armoriker. 


genossen, um ihn sorglos zu machen 
und in einzelnen Zügen aufreiben 
zu können. (Vergl. Clostermeier’s 
Buch „Wo Herrmann den Varus 
schlug“) Die drei Orte Ooster- 
holz,Schlangen undHausten- 
beck führen keltische Namen: 
Oester von uas! Wald und er gross, 
Holz ist die Uebersetzung; Schlan- 
gen gezischt für di-l/an kl. Feld- 
schuppen, und Haustenbeck, Wald- 
bach von uast Wald, ean Wasser, 
Beck oder Bach ist die Vebersetzung 
davon. Die andern hier vorkommen- 
den Namen vergl. unter Teutoburg, 
Detmold, Senne u.s.w. — Die alte 
Arminiusburg zwischen Schieder 
und Pyrmont hat mit Herrmann dem 
Cherusker nichts zu schaffen, son- 
dern wurde von dem Grafen Herr- 
mann von Schwalenberg erbaut, 
als 1187 die alte Schiederburg 
baufälliig wurde; er nannte die 
neue Burg nach sich Herrmanns- 
burg. Schiederburg bedeutet 
gross - Wald-burg von coed Wald 
und er gross. 

Armoriker, Bewohner des Lan- 
des am grossen Meere, ar gross, 
muir Meer, im nordwestlichen Frank- 
reich, namentlich in der Bretagne. 
Die Armoriker, auch Arboriger von 
Procop genannt, (von ar und bior 
Wasser) machten sich etwa 420 
nach Chr. von der römischen Herr- 
schaft frei, wurden dann von den 
Alanen heimgesucht, kämpften wie- 
der mit den Römern gegen Attila, und 
unterwarfen sich später der Oberho- 
heit des Frankenkönigs Chlodwig, 
während zugleich die Dumnonier aus 


Arnau — Arnoburg. 


England sich in der Bretagne fest- 
setzten. 

Arnau, Stadt in Böhmen auf 
einer Höhe an der Elbe, böhmisch 
Hostinne. Beide Formen bedeuten 
wesentlich dasselbe, Arnau kommt 
von aranBerg und aiHof, Hostinne 
von ais Berg und dionn Ort, Veste. 

Arnauten, angeblich türkischer 
Name für Albanesen oder Skipetaren, 
er ist aber wie diese altkeltisch oder 
albanesisch, und kommt von aran 
Berg und aith hoch, während alban 
von al hoch und bean Berg kommt, 
Skipetar von keap, kip Bergkopf, 
Fels, (albanesich skipe oder schkipe) 
aith hoch und gire Mann. 

Arnbrunn, alt Arinabrunno, oder 
Amebrunno, Bächlein, vom kimbri- 
schen rhen (Rinne, Binnsal) und 
a, was Berg bedeutet, oder der 
Artikel ist. 

Arneburg, auch Harnaburg, Hor- 
naburg vom gäl. aran Berg, Ort in 
Thüringen. Ein anderes Arneburg 
liegt an der Elbe im Balsamerlande 
in der Altmark; dieses wird wohl 
anders erklärt werden müssen, da 
es auf keinem Berge liegt; es war 
die Landesburg gegen die Slaven; 
ire heisst Land, irean kleines Land. 
999 liess Kaiser Otto III die Veste 
ausbessern, trotzdem wurde sie aber 
gleich darauf von den rechtselbi- 
schen Slaven erobert und verbrannt, 
obwohl MarkgrafLothar ihr zu Hülfe 
geeilt war. 1005 wurde Arneburg 
von Kaiser Heinrich II wiederherge- 
stellt, indess trat von da an Werben 
als Landesburg an Arneburgs Stelle, 
1006 wurde das Schloss als ent- 


— 11 — 


Amheim — Arnstein. 


behrlich dem Erzstifte Magdeburg 
verlishen. Bei der Form Arnsburg 
deutet das eingeschobene s auf aras 
Burg, oder aran-ois Bergburg, oder 
dass man dabei an den Mannsnamen 
Arno, als Gründer dachte. Arens- 
berg, alt Arnesburg in Westpha- 
len, ist dasselbe. 

Arnheim, holländisch Arnhem, 
alt auch Arnheimb, Arnim, Arnimb, 
Stadt in holländisch Geldern’ am 
Niederrhein, sowie Name eines uker- 
märkischen Geschlechts, das aus 
Arnheim stammen soll. Der Name 
bedeutet dasselbe, was Arneburg, 
nur steht statt burg die Form heim, 
keltisch om, eimh, welche Wohn- 
stätte bedeutet. 

Arno, Fluss in Etrurien, vom 
keltischen rhen, rhean Wasser und 
dem vorgesetzten Artikel y odef.a. 

Arnold, Mannsname, Diener des 
Arno; old steht statt hold, chold, 
golt, giol Diener. Arno, Kriegs- 
mann von ar Kampf, Schlacht und 
nae Mann. 

Arnsbach, alt Arnesbach, Ort in 
Hessen am gleichnamigen Bach, 
zusammengezogen aus y rhean, der 
Bach, also gleich Arendbach; das 
es oder bloss s in Arnsbach mag der 
Rest von ais Ort sein. Arnswalde 
in der Mark Brandenburg ist ein in 
einem Haidewald angelegter Ort; 
der Wald hat seinen Namen wohl 
von einem Arendbach. 

Arnstadt, in Thüringen, im 
Schwarzburgischen, alt Arnstede 
von aran Berg, und iosda oder 
aidhe Stätte, Stadt. 

Arnstela, Ort in Unterfranken in 

10* 


Arolsberg — Arpachsad. — 148 — 


Baien, mit der Wallfahrtskirche 
Maria Sondheim; Name von aran 
Berg; Stein ist entweder die Ueber- 
setzung von aran, oder gezischt für 
din Burg. 

Arolsberg, ein hoher Bergrücken 
im Thüringerwald südlich von Er- 
furt, ar hoch, oil} Fels, 

Arolsen, Hauptstadt des Fürsten- 
thums Waldeckan der Aar, Geburts- 
ort des Malers Kaulbach und des 
BildhauersBauch. Name gleich Ort, 
ailt, an der Aar, (ar-aha Berg- 
wasser oder bloss earg Wasser). 

Aron, hebr. Aaron, Aharon, Bru- 
der des Moses, und erster Ober- 
priester der Israeliten, starb auf 
dem Berge Hor (d. h. Berg) an der 
Grenze von Idumäa (d. h. Hochwald- 
land). Sein Name bedeutet kluger, 
grosser Mann von ai klug, ar gross 
und or Mann. Aus dem Hebräischen 
ist der Name nicht zu erklären. 

Arona, Stadt am Langensee in 
der Lombardei, mit einem alten 
Schlosse; ar hoch oder Berg, onn 
Fels; dabei anf einer Anhöhe das 
66 Fuss hohe eherne Standbild des 
heiligen Borromäus, der hier 1538 
geboren wurde. 

Arpachsad, Arfachschad wird in 
der Genesis der dritte Sohn Sems 
genannt; man bezieht diesan Namen 
auf die Chaldäer, deren Name das- 
selbe bedeutet, denn chal-dae-ia 
ist das steinige Land im obern Me- 
sopotamien von gal Stein, Fels, dae 
Leute und ia Land, während ar- 
fach -sad hoch-Feld-weg bedeutet 
von ar hoch, /aich Feldfläche und 
sed, seud Weg, Strasse. Durch 


Arpad — Arpent. 


Chaldäa ging nämlich die Caravanen- 
strasse von Damascus nach Ninive 
und Babylon. Griechisch hiess die 
Gegend Arrapachitis. Die Juden 
nannten die Chaldäer Kasdim oder 
Chesed von cas, gais Berg, sed 
Weg und am, im Mann, Leute. 
Arpad, der Nationalheld der Un- 
garn und Stifter der Dynastie der 
Arpaden, welche 689 mit ihm be- 
gann und 1301 mit Andreas er- 
losch. Arpad war einer der sieben 
ungarischen Herzoge, die erst in 
Siebenbürgen gehaust haben sollen, 
eroberte aber ganz Ungarı, Serbien, 
Bosnien, Ullyrien und einen Theil 
von Mähren, zog 899 und 900 nach 
Italien und Deutschland, wurde aber 
hier durch die Baiern zurückgewor- 
fen. Er starb 907; ihm folgte sein 
Sohn Szoltan (Sultan von dal, teul 
Familie, Stamm und duin, don 
Herr), sein Vater hatte Almos (eil- 
muath frei-edel) geheissen. Der 
Name Arpad ist eine einfachere Form 
für Ariovist, von ar Krieg und 
bhaidh, bodh Anführer, wesentlich 
dasselbe, was Marbod bedeutet 
(statt ar Krieg mawr gross). Dass 
die erste Bevölkerung Ungarns und 
Siebenbürgens keltisch war, bedarf 
schon darum keines Beweises, weil 
dieselbe in den heutigen Rumänen 
noch vorhanden ist, obwohl diese 
gleich den Galliern die römische 
Bauernsprache angenommen haben, 
eine Art Husarenlatein, wie es auch 
von den Ungarn gesprochen wurde. 
Arpent, französisches Feldmass, 
ungefähr soviel als unser Morgen. 
Name vom gälischen ar Pflügung 


ER ⸗ 


Arpesfeld — Arpino. 


(lat. arare) und ban Feld, arapennis 
Pflugland, Ackerland, ein Acker. 

Arpesfeld, auch Arbalo, Arpes- 
wald in Westphalen; zu deutsch 
Hochwald, Bergwald, von ar, er 
gross, hoch und pis (franz. bois 
Holz) Wald; Arbalo von er gross, 
bal Berg und ua Gegend. Das Ar- 
posfeld trennt die Störmeter Mark 
vom Gau Westphalen, westlich von 
der Alme auf der Wasserscheide 
zwischen Ruhr und Lippe, und 
heisst jetzt auch Eringer Feld, das 
heisst Bergfold, von reann Feld 
(was aber zur Beschaffenheit nicht 
recht passt). Diese Gegend hatte 
also drei, in der Form verschiedene 
keltische Namen, die wesentlich das- 
selbe bedeuten; einer von den tau- 
senden von Belegen, dass alle alten 
Namen Appellativa waren, dass sie 
die Lage und Beschaffenheit des zu 
bezeichnenden Ortes ausdrücken, 
aber keine Eigennamen sind, die, 
wenn einmal angenommen, nicht 
hätten wieder abgeändert werden 
können. Im Waldeckschen gibt es 
ein Armsfeld, das aus Arpesfeld 
entstanden ist, es liegt bei Wil- 
dungen; die Maalstätte für dieses 
Waldfeld war auf dem Gyresbühel, 
Geierbühel, Rabenstein, Richtplatz. 
(Geyer steht hier dem griechischen 
kor-ax, Rabe, gleich.) 

Arpino, alt Arpinum, Stadt bei 
Capua in der Terra di Lavoro, Vater- 
stadt des Marius und Cicero. Ma- 
rius war bekanntlich ursprünglich 
ein Ackersmann,, Arpinum bedeutet 
Ackerlandsort, von ar, ara Pflug, 
ban Feld und om Ort. Terra di 


— 149 — 


Arqua — Arsaces. 


Lavoro ist die lateinische Ueber- 
setzung von ara-ban; labor Arbeit, 
Feldarbeit. In der Gascogne im 
südlichen Frankreich liegt ebenfalls 
ein Pays de Labour, oder La- 
burdan; dan, tan ist die keltische 
Form für pays, Land. 

Arqua oder Arquato, Ort bei Pa- 
dua, wo 1374 Petrarca starb; earg 
Wasser und aidhe Ort. . 

Arques, lat. Arquae, Ort in der 
Normandie am Argflüsschen, von 
earg Wasser und ais Ort, Burg; 
hier erfocht Heinrich IV einen Sieg 
über das Heer der Ligue. 

Arran, Insel auf der Westküste 
Schottlands in der Grafschaft Bute 
mit dem 2700 Fuss hohen Goatfell 
(Seeberg oder Waldberg von yaodıh 
See, Meer, bezw. coed Wald und 
fell, schärfere Form für bal, bei, 
bil Fels oder Berg). Arran, hoher 
Berg von ar hoch und rann, rinn, 
roin Berg. Auf dieser sagenreichen 
Insel soll Ossian gestorben sein. 
Bute heisst der Hauptort der Graf- 
schaft von bodh Hütte. 

Arras, feste Stadt in franz. Flan- 
dern, von arras Burg; die sog. flä- 
mische Form Atrecht, nicht Ar- 
trecht, kommt von dem keltischen 
aitreabh Wohnort (vergl. Atrecht). 

Arsa, zwei alteStädte in Spanien, 
entweder von aras fester Ort, oder 
von ar hoch, Berg und dae, ta, sa 
Haus, Ort; oder bloss von art, was 
ebenfalls einen Wohnort bedeutet. 

Arsaces oder Arsakes, Stamm- 
vater der Arsakiden, eines von den 
Parthern 256 vor Chr. gestifteten 
Beiches, das sich auf Kosten der 


Arsago — Artabazus. 


syrischen Seleuciden bis an den 
Enphrat und Indus ausdehnte, aber 
226 nach Chr. unter Artaban IV 
durch den Perser Artaxerxes, den 
Stammvater der Sassaniden, wieder 
zertrümmert wurde. Ar-sak-es be- 
deutet grosser Kriegsmann, von ar 
gross, sag, Sahse, Schwert, Säge, 
Axt, und eis Mann. 

Arsago, Ort in der Lombardei, 
alt Artiaco, Adjectivform für Be- 
wohner von Arsa, oder Eigenthum 
eines Arsa. 

Arsinoe, Name mehrerer ägypti- 
scher Fürstinnen aus dem Hause 
der Ptolemäer: ar hoch, edel, dine 
artig, angenehm, lieblich und ae 
Frau; sine oder sinne dagegen be- 
deutet Busen, darnach wären sie 
Damen mit grossem Busen gewesen, 
gleich dem gälischen Weibernamen 
Blatsinde, Weissbusige; cine be- 
deutet endlich Geschlecht, darnach 
Frauen von hohem Geblüt. 

Arsisse, Ort in Frankreich, alt 
Arsicius; Bedeutung entweder gleich 
Arsago, Artiaco, oder von aras Burg 
und aidhe, ais Ort. 

Arstorf, Ort am Niederrhein, von 
aras fester Ort, oder von art Ort, 
Dorf. 

Art, lat. ars (Kunst), keltisch 
oir, davon oiridh tanglich, pas- 
send, artig, artlich; daher der Name 
der Ariadne, und der Arachne, 
der kunstreichen Spinne; oirigh ist 
ebenso eine Adjectivform wie oiridk. 

Arta, feste Burg und Stadt im 
südlichen Albanien, von ar hoch, 
fest und dae Ort, oder von art Ort. 

Artabazus, Name mehrerer Feld- 


— 150 — 


Artaia — Artelhofen. 


herren in Persien; einer derselben 
befehligte im Heere des Xerxes die 
Parther und Chorasmier, und zog 
sichmit denselben nach der Schlacht 
bei Platäa glücklich nach Asien zu- 
rück; ein anderer Artabazus diente 
dem lezten persischen Könige Darius 
Codomannus. Der Name Artabazus 
bedeutet stolzer Feldherr von urda 
stolz und bAhaidh Feldherr, woher 
auch Marbod und Ariovist. 

Artaia, Hochland, von ard hoch 
und ia, aia Land. So hies in alten 
Zeiten das Bergland östlich von Ba- 
bylon, auswelchem die Perser stam- 
men. Es war meist mit Nadelholz 
bewachsen, weshalb die Perser auch 
Kephener hiessen, von giubh Kiefer 
und an Mann. Die Perser bildeten 
eine gesonderte kriegerische Kaste, 
ein Adelsgeschlecht unter den ihnen 
schon in Elimais unterworfenen ku- 
schitischen oder äthiopischen Stäm- 
men, daher der Name Artaier, wie 
schon Herodot und Hesychios ge- 
than haben, als Heroen gedeutet 
werden kann, von arKrieg und dae 
Leute, oder von ard hoch, stolz 
und ae Leute, entsprechend der 
Form ard-an stolzer Mann; und 
Artaxerxeos, megas areios, grosser 
Krieger. Xerxes ist gräcisirt aus 
cu-earg-eis, tapfer-Fürst-Mann. 

Artalbinum, ein Ort der Raura- 
cher bei Basel, bedeutet soviel als 
Grenzbergort, vom kimrischen ardel 
Grenze, penBergkopf und om Haus, 
Ort; er heisst jetzt Binningen. 

Artelhofen, Artelshausen im 
Mainzischen, von art Ort, Wohnort 
und ul, il gross. 


— — — 


Artemia — Artemiesia, 


Artemia, zu deutsch heiliger 
Fels, vom gälischen ar! Fels, und 
eimh Heiligtbum, Schutz ; letzteres 
ist dasselbe Wort wie Nemeter, nei- 
midh, dem alten Namen von Speier. 

Artemis, griechischer Name für 
das Waldweib oder die Waldgöttin 
(Walkyre) Diana (die wilde, heftige 
von dian) ; iaom, tem bedeutet kel- 
tisch Wald, ar gross und eis, is 
Mann oder Frau. Die Artemis wurde 
besonders am Euphrat verehrt, bezw. 
gefürchtet. Für Artemis kommt im 
Oriente wie in Italien auch die Form 
Artimpasavor,vonbhaidh, bhais, 
bhaisa Führerin (des wilden Heeres, 
das durch die Wälder braust). Ar- 
temisia hiessen zwei Königinnen 
von Carien, die erste war Gemahlin 
des Mausolus, welcher 350 vor Chr. 
derselben in Halikarnass ein präch- 
tiges Grabdenkmal, Mausoleum, 
setzen liess; eine andere begleitete 
den Xerxes auf seinem Zuge gegen 
Griechenland, und zeichnete sich in 
der Seeschlacht bei Salamis durch 
Klugheit und Entschlossenheit aus. 
Maus-ol-us bedeutet ebenfalls 
Wald-gross-Mann von muind, muis 
Wald, i/ gross und eus, us Mann, 
oder aber maus steht für mus ge- 
fällig. Artemon und Artemas 
bedeuten als Mannsnamen dasselbe 
wie Artemis; im drittenJahrhundert 
nach Chr. vertheidigte ein Artemon 
den Satz, Christus sei bloss ein 
Mensch gewesen; er wurde deshalb 
excommunicirt. 

Artemisia, deutsch Beifuss. Diese 
der Artemis geweihte Pflanze hiess 
im Gallischen, nach Dioskorides, Po- 


— 151 — 


Artern — Artus. 


nem, d. h. die heilsame. Im Irischen 
bedeutet heute noch buine die Sa- 
nicula europaea, eine Doldenpflanze, 
welche als Mittel zur Heilung (sa- 
nare) der Wunden früher in hohem 
Rufe stand; buine heilsam, ist das 
lat. bonus gut. 

Artern in Thüringen an der Un- 
strut, von aha-ar Wasser gross und 
tuaran Häuser. 

Arthur, hoher Mann, von ard 
hoch und air Mann. 

Artigis, Stadt in Spanien, vom 
gälischen ar gross und feagh, tigh, 
teaghas, tiaghais Dach, Haus, 
Wohnort. 

Artienburg, alt Erteneburg am 
linken Elbufer unterhalb Lauenburg, 
eigentlich im Bardengau, später 
aber mit Lauenburg verbunden. Es 
lag da ein Schloss Heinrichs des 
Löwen, welches derselbe jedoch 
selbst zerstörte; es wurde aber von 
dem askanischen Herzog Bernhard 
wieder hergestellt und mit Lauen- 
burg verbunden. Artlenburg be- 
deutet Grenzburg, vom kymrischen 
ardal Grenze und ion Ort; Ertene- 
burg bedeutet Wasserburg von art 
Burg und tain Wasser. Die Ardal- 
burg lag nämlich an der Grenze der 
Barden gegen die Slaven, auf dem 
rechten Elbufer. 

Artus, grosser Fürst von ar gross 
und thus, duais Fürst, war König 
der Siluren in Wales; er hauste zu 
Kaer-lieon am Usk mit seiner schö- 
nen Gemahlin Ginevra (Ghwen-hwy- 
war), umgeben von denzwölf Rittern 
seiner Tafelrunde oder Hoftafel, und 
hunderten geringerer Mannen und 


Arunda — Aryas. 


schöner Frauen. Ghwen, ghwyn 
bedeutet schön, weiss, Amy steht 
für eo gut, oder ai klug und war, 
wr ist Frau; caer Stadt, Ileon, Ilin 
Seo; usk gleich uisge Wasser; Si- 
luren, Burgleute, von dal, dil 
Burg und air Leute. 

Arunda, Aranda oder Aronda, 
eine Burg in Rhätien, vom gäl. aran 
Burg, Berg und dee Haus. In Spa- 
nien lautet dieselbe Stadt Aranda. 

Arundel, Stadt in England, dail, 
Burg am Arun (y-rhean, Fluss). 

Arus soviel wie Ares, Mars, 
Schlachtmann, vom gälischen ar 
Kampf und eis Mann. Arus wird 
auf gallischen Münzen als Herkules 
dargestellt. 

Arva, Grafschaft oder Comitat 
im nördlichen Ungarn in der Slo- 
wakei, ganz von den Karpathen er- 
füllt, daher der Name ar-ua, oder 
ar-ibh Berg-gegend. 

Arve, Bach im Chamounythal im 
obern Faucigny in Savoyen, Name 
von garw Wasser. 

Arwangen, Ort in der Schweiz, 
zu deutsch Pforchan der Aar; wang, 
/ang bedeutet jeden eingezäunten 
Ort, um dasVieh bei Nacht oder im 
Winter unter Obhut behalten zu 
können; ar kann hier auch gross 
bezeichnen. 

Aryas, indischer Name für die 
Berg- oder Kriegsvölker, bezw. 
Arenstämme, als deren ältester He- 
ros Indra von der Sage bezeichnet 
wird; er selbst heisst deshalb auch 
Arya, seine Mutter Arjuni, sein Va- 
tor Arjuna. Das gesammte Menschen- 
geschlecht heisst altindisch Manus 


— 132 — 


Arzbach — As. 


oder Purus; beides bedeutet Män- 
ner. Die Aryas kämpften nach An- 
gabe der Veden in Geschlechter ge- 
ordnet, es waren deren fünf, Kshiti 
genannt. Aus dem Sanscrit sind 
diese Namen noch nicht erklärt wor- 
den, wenigstens nicht so, dass sie 
einen passenden Sinn gäben; leicht 
geht es aus dem Altkeltischen. 
Aryas von ar Berg oder Schlacht, 
yas oder eis Leute; Arjuni, Berg- 
frau von gean, eana, iona, Juno, 
Weib, Ahnenmutter, oder bloss von 
an Frau oder Mann; dasselbe Ar- 
juna. Manus ist das deutsche Mann 
oder das keltische maon mit einer 
Pluralendung, und Purus kommt 
von wr, fear, lat. vir Mann, oder 
der stärkern Form bar, bor, for 
Fürst. Kshiti, die Geschlechter, 
fallen mit dem keltischen cine, 
cineadh und dem altdeutschen cho- 
notGeschlecht, zusammen, sowie mit 
den verwandten Begriffen ciod%h oder 
chis Mädchen, und dem lat. genus, 
gens. Unsere Jäger gebrauchen 
noch den Ausdruck Kitt für ein 
Geschlecht oder eine Familie von 
Feldhühnern. 

Arzbach bei Dachau, desgl. bei 
Tölz in Baiern, alt Arruzzapah, 
vom kimbrischen rkidys Bach, und 
dem vorgesetzten Artikel @ oder y; 
Arzbeorg dagegen vom gäl. ard, 
steiler Berg, was gewöhnlich in 
Hard, Hart, Harz verdeutscht wurde. 


As, Aas, oder Oss, arabische Be- . 


zeichnung für die blonden und blau- 
augigen Osseten im Kaukasus an 
den Quellen des Terek ; die Türken 
und Georgier nennen sie Osi, die 


Asagartien. 


Bussen Jassy. Alle diese For- 
men kommen von aith, ais hoch, 
Berg, ais-dae, ais-ui, oder os-ui 
Bergleute. Sich selbst nennen die 
Osseten Ir und Iron, ihr Land Ironi- 
stan von ar, or Berg und on Leute, 
also dasselbe Wort, wie Arier im 
Imaus, und Aryäer in Indien, aber 
darum noch nicht dasselbe Volk, 
obwohl dem grossen indo-keltischen 
Stamme angehörig, denn die Spra- 
che der Osseten, wenn auch mit 
hunnischen Worten vermischt, 
stimmt mit der Sprache der Perser 
und Meder überein. Ptolemäus 
nennt die Osseten Uzoi, ihr Land 
Ossika. Früher hiessen diese Berg- 
leute Alanen, von al hoch und an 
Mann; unter den Untergebenen des 
Groschans der Mongolen führt Car- 
pin ausdrücklich „Alains ou Asses“ 
an. Dasselbe erklärt Jos. Barbaro, 
der im Mittelalter diese Gegenden 
besuchte. Rubruquis nennt sie 
Akas oder Acias, eine Form die von 
aighe hoch herkommt, und erzählt 
von ihnen, sie seien Christen und 
kämpften tagtäglich gegen die Tar- 
taren. Für ein und dasselbe Berg- 
volk waren somit die vier Formen 
aith, ar, alund aigh im Gebrauch, 
alle bedeuten hoch oder Berg; der 
Göttername Asen oder Aesir ist da- 
mit verwandt, aber nicht ganz das- 
selbe. 

Asagartien, das Land um As- 
gard oder das Asaland, wo Odin ge- 
haust haben soll, bevor er nach 
Thyskaland, oder Norddeutschland 
abzog. Die nordische Sage spricht 
von drei Odin, oder Männern der 


— 13 — 


Asagartien. 


Wissenschaft; darnach hätten ver- 
schiedend Einwanderungen statt ge- 
funden, und wäre also unter Asgard 
auch nicht nothwendig immer der- 
selbe Ort zu verstehen. Strabo 
spricht von einem Aspurgion, 
oder von Aspurgianoi auf der Nord- 
ostseite des schwarzen Meeres, Pli- 
nius von den Uscardei am Mäo- 
tischen See, und Ptolemäus nennt 
Asaioi im asiatischen Scythen- 
lande. Aspurg bedeutet nun hoher 
Berg, bezw. Burg, aith hoch und 
bwr Berg oder Burg, aber auch 
Wasserburg von ais, uisgy Wasser. 
Asgard ist dasselbe von caer, 
gard, eingezäunter, befostigter Ort. 
Uscardei sind die Leute, dee, von 
as-caer, oder uis-caer, und die 
Asaier sind die as-ui Wasser- oder 
Bergleute bezw. Asier, Asiaten. 
Man kann sämmtliche Namen auf 
die blonden, blanuaugigen Osseten 
oder Alanen beziehen, welche heute 
noch im mittlern Kaukasus haussen, 
als Alanen aber einst sich bis zum 
Asowschen Meere erstreckten. Die 
Osseten wollen auch wirklich vom 
Don oder Tanais an den Kaukasus 
gezogen sein. Diodor lässt sie ur- 
sprünglich aus Medien stammen. 
In der Edda wird Asgard bestimmt 
auf die Ostseite des Tanais verlegt, 
nur frägt sich hierbei, ob unter 
lain, Wasser, nothwendig der heut- 
zutage Don genannte Fluss zu ver- 
stehen sei, denn der Name der Do- 
nau kommt auch von tain, Wasser, 
und ebenso kann jedes andere Ge- 
wässer damit bezeichnet worden 
sein. — In der persischen Keil- 


Asagartien. 


inschrift von Befistun heisst es: 
beim Regierungsantritt Darius I 
habe Chitratakhma, ein Asagartier, 
gelogen, indem er behauptete, er 
sei König von Asagartyia aus dem 
Stamme der Uwakhshatara (nach 
Benfey’s Uebersetzung). Eine an- 
dere Inschrift zu Persepolis führt 
Asagartien unter den persischen 
Ostprovinzen auf, nach ihm 
noch „Parthien, Drangiana, Arien, 
Bactrien, Sogdiana, Chorasmien, 
Sattagydien, Arachosien, Sindien, 
Gandaria, Sakien und Makien.“ Als 
dem Darius unterworfene Westlän- 
der werden genannt „Susiana, Me- 
dien, Babylon, Arabien, Assyrien, 
Aegypten, Armenien, Kappadokien, 
Sparta, Jonien, sowohl auf dem 
Festlande als dem Meere.“ Da Me- 
dien ausdrücklich als persische 
Westprovinz aufgeführt ist, so kann 
Asagartien unmöglich in Medien, 
wie man schon gethan hat, gesucht 
werden; und da die unter den Ost- 
provinzen genannten Landschaften 
ziemlich sicher festgestellt werden 
können, indem sie sich in einer 
geographischen Beihenfolge von 
Parthion an der Südostecke des 
kaspischen Meeres längs des Imaus 
in einem Kreisse Östlich um die per- 
sische Wüste bis nach Indien 
erstrecken, so kann Asagartien, das 
an der Spitze der Reihe, vor den 
Parthern, steht, nur in deren Nähe, 
westlich oder nördlich von ihnen 
gesucht werden; entweder in der 
heutigen Provinz Aserbeidschan, 
die in ihrem Norden an den Kau- 
kasuas grenzt, oder in Turan am 


14 — 


Asagartien. 


Aralsee. In ersterem Falle kommen 
wir wieder in die Nähe der ınedi- 
schen ÖOsseten, im andern in die 
Länder der Skythen, oder Saken, 
wie die Perser sie nannten. Nun 
sind zwar Saken in der Inschrift 
hinter Gandaria (Kandahar) beson- 
ders aufgeführt, vor Makien (Feld- 
land, Flachland von magh; wohl 
gleich Mekran, mogh gross und 
reann Feld, wie das Land auch 
genannt wird); aber diese Saken 
oder Waldvölker wohnten in Afgha- 
nistan bezw. Beludchistan, während 
die nördlichen Saken unter dem 
Namen Sattagydien zu verstehen 
sind. Sattagyden ist derselbe 
Name wie Massageten; saf bedeutet 
böse, wild, mas gross, gefährlich, 
also die wilden, grossen Skythen, 
bezw. Saken oder Gothen. Skythae 
ist nur die gezischte Form für Go- 
thae, coed-dae Waldleute, während 
Sak von sceagh, skag, schag her- 
kommt, was ebenfalls Wald be- 
deutet, und z. B. im Scagerag im 
nordjütischen Wendsyssel noch vor- 
kommt, wo es Waldspitze bedeutet. 
Da die Massageten bezw. Sattage- 
then ausdrücklich in der Inschrift 
aufgeführt sind, so kann Asagartien 
nicht unter ihnen gesucht werden. 
Deutet man a-sag-art-ia als „das- 
Wald-hoch- Land“, so erhält man 
einen andern Sinn, als Asa-gard- 
ia Asen- stadt- land. Dass in den 
Zeiten, wovon hier die Rede ist, 
eine 80 gewaltige Stadt in den per- 
sischen Nordprovinzen existirt habe, 
um eine grosse Provinz darnach zu 
benennen, die im Stande gewesen, 


u  — |. 


Asaheimr. 


sich gegen den mächtigen Perser- 
könig zu empören, ist schon darum 
zu bezweifeln, weil sie sonst nir- 
gends genannt wird, während ein 
Waldgebirgsvolk gar wohl wieder 
zu den Waffen gegriffen haben mag, 
um seine alte Unabhängigkeit zu 
erkämpfen. Hohe Waldgebirge gibt 
es aber nicht im Turan, oder den 
Ländern um den Aralsee, wir kom- 
men also immer wieder auf den 
Kaukasus, und wenn Asagartien 
wirklich die Heimath der nordischen 
Asen, oder des Odinschen Stammes 
war, so müssen wir bei den schon 
von den meisten Geschichtsforschern 
angenommenen Sitzen derselben im 
alten Lande der Alanen, oder bei 
den heutigen Osseten verbleiben, 
die übrigens keine eigentlichen 


Deutschen sondern eher Meder, 


bezw. keltische Kymbern oder Kym- 
merier sind. Chitratakhma, der 
Asagartier, war aus dem Stamme 
der Uwakhschat-ara, d. h. aigh- 
coed-aire, hoch - Wald-Leute, und 
Chit-ra-takh-ma kann als Wald- 
berg- gut- Mann gedeutet werden; 
coed-ar- dagh- amha. — Endlich 
kann As-gart-ia auch ganz wohl als 
aith- keirt-ia hoch- Wald-Land 
erklärt werden, denn keirt, kert 
oder auch Xerk bedeutet Wald, 
Eichwald, Kork, Quercus lat. Wir 
haben heute noch im Kaukasus die 
einst Kerketier genannten Tscher- 
kessen, wie ehemals im Riesen- 
gebirg die Korkontier. 

Asaheimr, oder Asgard, bei den 
Nordvölkern*die Heimath, oder der 
Wohnort (Garten, Veste) der Asen, 


— 15 — 


Asaheimr. 


oder Götter, darum auch Godaheimr 
genannt, d. h. Heimath der Götter 
bezw. der Heiligen von cadn heilig. 
Asaheimr hiess auch Vanaheimr, 
oder beide waren Abtheilungen von 
Godaheim. Vanen bedeutet das- 
selbe was Asen von an, on Mann, 
Asen von eis, as, os Mann; bezw. 
Gott; oder schliesslich Stein, onn 
Fels, aith, ais hoch, als Ueber- 
bleibsel aus dem Steinkultus der 
Urmenschen. Der Aufenthalt der 
Menschen oder Männer nach dem 
Tode hiess Mannaheimr, der 
der Riesen Jotunheimr (aifk-an 
hoch-Mann), der der Elfen Alf- 
heimr; dazu kamen noch die bei- 
den Orte ausserhalb des eigent- 
lichen Geisterreiches, Muspel- 
heimr am Südpol und Niflheimr 
am Nordpol, beide im Utgard, 
Aussengard. Niflheim entweder 
Nebelland oder von noib, naef, 
heilig, Himmel, Sitz der Hela, 
welche die nicht auf dem Schlacht- 
felde Gefallenen aufnimmt. Mus- 
pelheim scheint mit molc Feuer 
zusammenzuhängen; denn am Süd- 
pol hauste Surtr, der Gott des 
Feuers. Sur kehrt wieder entweder 
in Sahara, dem dürren, heissen 
Lande des Südens, oder in Sor, 
syrisch gleich Sonne. Die Gestirne 
waren Funken aus Muspelheim. 
(Mus, muds bedeutet übrigens auch 
Wald und Dei Fels, Stein). Mitten 
unter diesen Geisterreichen dach- 
ten sich die Nordvölker die Welt 
der lebenden Menschen, die Erde, 
nordisch Midh-gardhr, altdeutsch 
Mittilgart, Mittigart, alteächsisch 


Asang — Asc. 


Middigard, angelsächsisch Middan- 
geard und gothisch Midjungards. 

Asang, Berg bei Schwabbach, 
und Ohnsang, Berg bei Schnau- 
heim, in Würtemberg vom gäl. 
aisean, asan Dem. von ais, as, 
Berg. 

Asberg, oder Hohenasberg, 
Hohenaschberg, hochgelegene Berg- 
veste bei Ludwigsburg oder Mark- 
gröningen in Würtemberg, jetzt 
Staatsgefängniss; dann ein Asberg 
bei Waldangelloch im Kraichgau, 
ein gleicher bei Michelfeld in der- 
selben Gegend, dann ein Aspergle, 
Dorf auf einem Hügel in Würtem- 
berg, alles von aith, ais Berg. Des- 
gleichen der Isthabergin Nieder- 
hessen bei Wolfhagen, eine isolirte 
Basaltkuppe. Der Ooesterborg bei 
Tübingen hat noch ein der klein 
angehängt; er bedeutet nicht Ost- 
berg, denn neben ihm liegt kein 
Woestberg; wohl aber kann die 
Form oester auch von uast Wald 
und er gross herkommen, gleich 
Heisterberg oder Heisterwald, Bu- 
chenwald; aus uast-er wurde im 
franz. hestre oder höätre, Buche, 
ursprünglich „grosser Baum“ wie 
die Eiche von aighe hoch. 

Asc, Esc, Isk, Osk, Usk. Bach- 
namen in England, Schottland und 
Irland vom gälischen visge Was- 
ser. In Italien ist dafür die Form 
asca gebräuchlich. Askiburg ist 
Wasserburg; so lautete der älteste 
Name von Xanthen am Nieder- 
rhein, das nach der fränkischen 
Stammsage von Flüchtlingen aus 
Troja, die durch Makedonien bis 


— 16 — Ase. 


an den Rhein ‚gelangten, erbaut 
worden sei. Diese Angabe schliesst 
keine Unmöglichkeit ein, wenn man 
diese Trojaner nicht für deutsche, 
bezw. die ersten Franken für das 
nimmt, was sie ihrem Namen nach 
bedeuten, nämlich für /uaranki, 
Wasseranwohner, Niederrheiner (von 
fuar Wasser und an Leute). — 
In Bayern lag ein Askituna, von 
ask und dun Stadt. Eschborn 
bei Frankfurt a. M. hiess Asga- 
brunnum, hier ist das deutsche 
Brunn die Uebersetzung von asga. 
— Anders verhält es sich dagegen 
mit dem Askiburgion oros des 
Ptolemäus, denn dieses bezeichnet 
keine Wasserburg sondern ein Wald- 


gebirge, das Biesengebirge nämlich. 


Hier bedeutet ask die Esche, einen 
Eschenwald oder Wald überhaupt, 
und burg, bwr, bar ist Berg, eine 
Form, die allerdings mit Burg der- 
selben Wurzel und ursprünglich 
gleicher Bedeutung ist. Nach 
Strabo hiess auch der Kaukasus 
Askiburg, und der Altai heisst 
heute noch bei den Türken Aska- 
dag. Im Altpersischen oder der 
Zendsprache bedeutet nun aber 
asja oder aschja heilig, darnach 
wäre Askiburg soviel als Heiligen- 


"berg, Göttersitz, wie der Olymp der 


Griechen. Teutoburg, heutzutage 
die Groteburg oder Felsenburg (von 
cruadh Fels) hat einen ähnlichen 
Sinn von Zuath Fürst. Auch der 
Brocken bedeutet Feenberg, wes- 
halb er von den Christen in den 
Hexenberg umgewandelt wurde. 
Agsfeld, Acsfeld, Hagsfeld end- 


u gen Fe EEE 


Asch — Aschaffenburg. 


lich hat wieder eine andere Bedeu- 
tung, denn achadd ist einer der 
vielen Namen für Feld. 

Asch, Bach-, Orts- und Berg- 
name; als Bachname kommt er 
vom kimbrischen aches, oder 
vom gälischen uisg, Wasser. Ein 
kleiner See auf dem Habichts- 
walde bei Kassel führt ebenfalls 
diesen keltischen Namen. Asch- 
berge oder Asberge gibt es bei 
Oelbrunn und bei Gründelhardt in 
Würteinberg; hier kommt Asch von 
oith, ais hoch, Aschabrunn, 
aber wieder von uisge, denn Brunn 
ist die Uebersetzung davon. Der 
Aschenbach bei Marbärdt in 
Würtemberg kommt von uisgean, 
kleines Wasser. Der Ort Asch 
im Vogtlande an der Elster im 
nordwestl. Böhmen hiess alt asc-ha 
Wasserhag, Viehpforch an der 
Elsterquelle, von visg und ka,cha, 
Haha, Hag. Asbach ist soviel 
als Aschbach, kann übrigens auch 
von ad Wasser abgeleitet werden. 
Aschfeld endlich kommt von 
achadh Feld. 

Aschaffenburg, Schloss und 
Stadt am Einfluss der Aschaf in 
den Main am Spessart; das Schloss 
war in Römerzeiten ein Castel; der 
Ort gehörte dann zum Obermain- 
gau im Herzogthum Rheinfranken, 
und kam im Mittelalter an das Erz- 
stift Mainz, jetzt ist er bairisch. 
Der alte Name war Ascafa - burg, 
die Aschaf hiess ascapha, asc-abha 
Eschen- oder Wald- wasser. Der 


Spessart, aus welchem die Aschaf 


kommt, ist ein Waldgebirge, pis- 


— 157 — 


Aschanes — Aschersleben. 


ard, mit gezischter Aussprache 
spis-ard, er war ein Forest, Forst, 
oder /or-rus Königs-wald, Beichs- 
forst. 


Aschanes oder Aschan hiess 


nach der Sage der erste König der 
Sachsan; derselbe soll sammt sei- 
nem Volke im Harz aus einem Fel- 
sen (art bedeutet Fels) im grünen 
Wald beieinem Springbrunnen her- 
aus gewachsen sein; wisgean kl. 
Wasser bedeutet aber Springbrunnen 
und eis ist Mann. Es ist dies eine 
Anschauung, die mit der Meinung 


zusammenhing, dass in jedem Baume 


eine Seele oder ein Elfe wohne. 
Nach einer andern mehr geschicht- 
lichen Sage kamen die Sachsen aus 
Bactrien, wo ihre Vorfahren, die 


Scythen, von jeher von den Per- 
sern Saken genannt, in den Hee- 
ren der Nachfolger Alexanders ge- 
dient, dabei das Kriegshandwerk 
erlernt, und schliesslich der ewigen 
Unruhen wegen, ausgewandert 
waren. 

Aschendorf, als Asikin-dorf - 
oder -thorpe an der Ems im Mün- 
sterlande von uisgeun kl. Wasser ; 
es liegt im Oberledinger Land, das 
früher auch Laingau genannt wurde; 
erster Name von der Leda, Jua-di 
Wasser-klein, der Leingau von /u- 
ean kl. Wasser. 

Aschersieben oder Ascharia 
auf der Ostseite des Unterharzes, 
einst zwischen zwei Seen oder uis- 
gean gelegen, daher es früher 
Hauptort von Ascanien war. Ascher- 
bedeutet übrigens dasselbe von 
uisge-er Wasser-gross, und leben 


Asciano — Asdinger. 


ist die unendlich oft vorkommende 
Endung für Orte, die in einer Ecke 
an einem Wasser erbaut wurden, 
um leichter vertheidigt werden zu 
können; Zle- Stätte, abh Wasser; 
daraus wurde /iub, loib, im Demi- 
nutiv Ziuben, loiban, leben. 

Asciano, Badeort bei Pisa in 
Etrurien von uisgean kl. Wasser, 
also dasselbe was Aachen von 
oichean, oder Baden von baitean; 
alle Badeorte und sonstigen heil- 
samen Quellen hiessen bei den 
Kelten Wässerchen. 

Ascoli, alt Ascolum, Ort in der 
Mark Ancona, auf einem steilen 
Hügel (ailh, ais hoch und col 
Hügel). Der Ort hiess auch Pice- 
num bi-kean-om kl. Bergkopf-Haus. 

Asco-männer, Ascomanen, einst 
in Niedersachsen üblicher Name für 
Wikinger, von uisge Wasser. Diese 
Ascomänner machten 994 einen Ein- 
fall in den Bosogau bei Stade, und 
schnitten dem jungen Grafen des 
Gaues, Siegfried, Nase, Ohren und 
Hände ab. Der Name Wiking kommt 
von gwysg, gwyg Wasser und on 
Mann oder von uiging Flotte. In 
der Lex Salica steht ascus vel 
navis; usk-aidhe oder ask-ais ist 
Wasserhaus, gleich Arche von 
earg-ka ebenfalls Wasserhaus. 

Asdinger, oder Astinger, Wald- 
volk von uast Wald und on, ing 
Leute, Unterabtheilung der Gothen, 
(coed-dae Waldleute), namentlich 
der Westgothen und Vandalen, 
(gwind-al Wald-gross), wo das Kö- 
nigsgeschlecht vom Stamme der 
Asdinger war. Als Volk kommen 


— 158 — 


Asdod — Asen. 


sie neben den Gothen in den Krie- 
gen gegen Marcus Antoninus an 
der dakischen Grenze vor, später 
noch einmal mit den Thaifalen als 
Hülfsvölker des Königs Ostrogotha 
ebenfalls gegen die Römer. Bei 
dem ersten Kampfe geriethen sie in 
Streit mit den Lakringern (loc fester 
Ort, reannFeld) und wurden durch 
diese gezwungen, in Dakien bei den 
Römern um Aufnahme zu bitten. 

Asdod, Stadt im alten Philister- 
lande, Hochstadt von iosd oder 
asty Stadt und aith hoch. Sie soll 
durch einen von don Assyrern aus 
der Gegend des persischen Meeres 
vertriebenen Flüchtling gegründet 
worden sein. Asdod war bei den 
Hebräern eine Stadt der Enakim, 
d. h. der Riesen oder Goliathe, ar 
Mann, aighe hoch. Goliath gal 
stark, aith hoch. Hier wurde der 
Fischgott Dagh-on (Fisch-mann) 
verehrt. 

Asen, nordisch As, Mehrzahl 
Asir,angelsächsisch Os und Es, go- 
thisch Ansen, Anseis oder Ansi, be- 
deutet schon im Altkeltischen 
Götter. Zu dem schon unter Ae- 
sar Angeführten hier noch Folgen- 
des: Bei den Tyrrhenern hiessen 
die Götter Aesi, oder Aesoi, auch 
Aesar, wasauf Wasser-mann deutet, 
ais-air, oder ais-ui. Der gothische 
Ausdruck Ansen, bei den Abasen 
auf dem Kaukasus Anscha (Gott) 
enthält desgleichen die Form ear 
Wasser. Die finnisch-sibirischen 
Völker, als die Ostjäken, nennen 
ihre Götter Ejs, Ess, Esch, Oess 
oder Osch., Die Kelten hatten 





Asen. 


ausser dem allgemeinen Namen 
Adesar, Götter, (Wassermänner ) 
noch einen besondern Gott Hesus, 
oder Esus, welcher der Wortform 
nach dem christlichen Jesus völlig 
gleich steht. Das Hebräische bietet 
bekanntlich für Jesus keine pas- 
sende Deutung; ais-eus ist Wasser- 
mann. Bei den Indern stammten 
alle Götter wie Menschen aus dem 
Wasser; bei den Germanen kamen 
die Neugebornen als Elfen aus den 
Wolken, dem Himmelsgewässer, 
und kehrten nach dem Tode wieder 
dahin zurück, um als Wodans wil- 
des Heer im Sturm durch die Lüfte 
zu brausen. Bei den Persern war 
die einfache Form as für Gott im 
Gebrauche, Mehrzahl asr Götter, 
Genien. Hier scheint blos eis, is, 


os, us Mann zu Grunde zu liegen, 


wie denn alle Formen, die Mann be- 
deuten, schliesslich auch auf die 
Götter übergetragen wurden, so 
namentlich Manus bei den Indern, 
Kelten und Altdeutschen, ebenso 
Oman, amhan, haoma, hom bei 
Kelten, Persern und Indern gleich 
homo bei den Römern. Die Slaven 
wollen das Wort Asen von jasne 
(gothisch hais) glänzend ableiten; 
diese Erklärung entspräche den 
Lichtelfen, und dem keltischen 
aith heiss, woraus dann aber wieder 
bei den Indern ein Is-an, Feuer- 
mann und bei den Parsen die Is-ed, 
bösen Dämonen, Teufel, Teufel- 
anbeter, Yoziden wurden. In der 
nordischen Mythologie rechnet man 
zwölf Hauptgötter unter die Asen, 
nämlich: Odin, Thor, Balder, Niord, 


— 159 — 


Aserb eid) an, 


Freyr, Tyr, Bragi, Heimdal, Widar, 
Wali, Uller und Forseti; von Asin- 
nen die Frigga, Freya, Iduna, Eisa 
und Saga. Es sind dies übrigens 
meist nur verschiedene Formen für 
ein und dieselbe Gottheit, oder für 
deren verschiedene Eigenschaften, 
wie die Bedeutung der — sämmtlich 
ausdem Keltischen stammenden, aus 
dem Deutschen unerklärbaren — 
Namen ergibt. (Vergl. die einzelnen 
Namen unter ihren Abschnitten.) 
Als Volksstamm war Asen der 
Name von Odins Gefolge, mit Hülfe 
dessen er, wie die nordische Sage 
lautet, Thyskaland, Norddeutsch- 
land oder Saxland, bis zum Rheine, 
dann Jütland und die dänischen 
Inseln und endlich auch Schweden 
eroberte. Statt Asen gebraucht 
hier die Edda auch die Form Asia - 
männer, Männer aus Asien, und 
damit gibt sie wieder eine ganz 
andere Deutung des Namens. Vergl. 
Asien und Stammsagen. 
Aserbeidjan, das Gebirgsland 
um den grossen Urmiasee in Per- 
sien, aser, uis-er Wasser-gross, 
biod, oder biodein Bergspitze. Der 
Fluss, welcher in den Urmiasee 
mündet, und an welchem Tebris 
liegt, heisst Adji, von ad Wasser. 
Urmia kommt von der Stadt glei- 
chen Namens und diese von airm 
Wohnort. Das Land liegt durch- 
schnittlich 2500 Fuss über dem 
Meere, der Jidda Berg (aith hoch, 
Isthaberg in Hessen) ist aber 15000 
Fuss hoch, und stets mit Schnee 
bedeckt, ebenso die Savellanberge 
(tob Bergkopf, oill Fels). Die orien- 


Asgaren — Asien. 


talischen Geographen deuten Aser- 
beidschan als Feuerland, weshalb, 
ist unerfindlich, denn Vulkane gibt 
os daselbst keine, und die Sonne 
scheint nicht länger, als in jeder 
andern Gegend gleicher Breite. 
Feueranbeter waren einmal hier, 
wie in ganz Persien, dermalen ist 
das Land aber von mohamedani- 
schen Kurden bewohnt. 

Asgaren, Speermänner von ask 
Esche und air Mann; also hiess 
die vonDjemchid im ältesten Moder- 
reiche gebildete Kriegerkaste. (Ver- 
gleiche Anukhechen undPichdadier.) 

Asheim, alter Ort in Unter- 
östreich von aidhe Ort oder ais, 
ois, as Berg und fester Ort dar- 
auf. 

Ashley de la Zouch, Stadt in 
der engl. Grafschaft Leicester, am 
Zouchflüsschen, das heisst am di- 
oiche, kl. Wasser, deutsch Zauche. 
Ash steht gleich uisge Wasser und 
ley für Z/e Stätte. 

Asiago, Hauptort der deutsch- 
redenden sette Communi oder sieben 
Gemeinden im venetianischen Ge- 
birgslande nordöstlich von Verona. 
Name von aith, ais, as hoch oder 
Berg, ui Leute und acha Wall, 
Veste, also Ringwall der Bergbe- 
wohner. 

Asien. Unter Asien verstanden 
die Alten zunächst blos die Land- 
schaften Kleinasiens in dessen 
Nordwestecke, die Asia idia, näm- 
lich die Umgegend von Troja bis 
zum See von Nicäa, der Ascania 
hiess (uisyean kl. Wasser). In 
diesem Sinne kann As-ia Wasser- 


— 160 — 


Askalon — Askania. 


land von ais Wasser, ebensowohl 
aber auch Bergland von aith Berg 
bedeuten ; in letzterm Falle wäre 
an den mysischen Olymp zu den- 
ken, auf welchem Homers Götter 
(oder die Asen) während der Be- 
lagerung von Troja ihren Sitz auf- 
geschlagen hatten. Endlich kann 
man Asien für Ostland, Orient erklä- 
ren von aus (ausora, aurora Mor- 
genröthe) im Gegensatz zu Europa, 
dem Westland (ijar-ibh Westgegend) 
oder dem Abendland. 

Askalon, Hafenstadt in Palä- 
stina am Mittelmeere, hebräisch 
Aschkelon, keltisch uisge-lon, zu 
deutsch Wasser-ort. Das Flüsschen, 
welches bei Askalon in das Meer 
läuft, heisst askalan, von sgil, De- 
minutiv sgilan, isgilan kl. Wasser. 
Askelon war eine der fünf Fürsten- 
städte der Philistäer, oder Seeleute, 
einst Hauptsitz des Cultus der Der- 
geto, des Fischgottes Dagon (daon 
Fisch) Gemahlin, (force bedeutet 
Fürst, desgl. auch Schwein, forc- 
due Fürstenfrau, oder Schweine- 
weib). Askalon ist jetzt unbewohnt; 
es wächst dort blos noch die 
Schalottenzwiebel, ceba ascalonita, 
franz. Echalotte, im Deutschen 
kurzweg Schlotte, womit man in- 
dess auch jeden Lauch bezeichnet. 

Askania kommt von wisgean 
kleines Wasser, und i@ Gegend, 
Land; es ist damit die sumpfige 
Strecke gemeint, welche sich im 
Nordschwabengau von Schierstedt 
über Aschersleben nach Guters- 
leben zieht und noch vor 100 Jah- 
ren zwei Seen bildete, in deren 


U 





Askanius. 


Mitte Aschersleben lag; der Ort 
Askania lag etwas südlich von 
Aschersleben gegen Westdorf. Die 
beiden Seen verbanden die Wipra 
und die Selke, wovon die erste in 
die Saale, die andere in die Bode 
mündet. Nach dem Orte Askania 
nannten sich die ersten Fürsten 
von Anhalt. Auch Askaria lau- 
tete der Name von visge-ar Wasser 
gross, daraus wurde mit /iub Stätte, 
Aschersleben. (Das weitere unter 
Askenas,) 

Askanlus, der Sohn des Aeneas, 
welcher mit seinem Vater von Troja 
flüchtete und angeblich Alba longa 
in Mittelitalien, südöstlich von Rom 
1150 vor Chr. erbaute. Alba longa 
soll die älteste Stadt Latiums sein, 
sie stand auf einem Felsenrande, 
und wurde von den Römern unter 
Tullus Hostilius zerstört, auf ihren 
Trümmern entstand später Albano. 
Aus der letztern Form ergibt sich 
die Bedeutung des Namens, al ist 
gross, hoch, und bean Berg; long 
ist nicht lang sondern Jon Ort, 
Stadt, also Ort auf hohem Berg. 
Die Römer änderten alban in alba, 
die weisse, um, und /on in longa, 
die lange. In derselben Weise 
entstanden noch andere Orte, die 
bei den Römern Alba hiessen, als 
Alba Pompeja im Piemontesi- 
schen am Tanaro. Bei Alba longa 
liegt dermons Albanus,und der 
Albanersee, der keltisch mit 
uisgean kleines Wasser bezeichnet 
wurde, und woraus die Sage, dass 
der Ort von Askan, dem Wasser- 
mann (uisge-an) gegründet wor- 

Deutsch-kelt. Wörterbuch, 


— 161 — 


Askenas, 


den, entstanden sein mag, denn 
Askan hiess ursprünglich Euryleon. 
Auch Aeneas bedeutet Wasser- 
klug-mann (ean-ai-as), weil er als 
geschickter Seemann über das Meer 
nach Mittelitalien kam. Die älte- 
sten Bewohner der Gegend wohnten 
wohl erst am See, und zogen dann 
der grössern Sicherheit wegen auf 
den benachbarten Feisenberg. 
Askenas. In der Völkertafel 
der Genesis hat Gomer, der Nord- 
mann (von gheam Winter) drei 
Söhne, Askenas, Riphat und Togar- 
ma. Unter den letztern sind un- 
bedenklich die Armenier und Geor- 
gier zu verstehen, unter Riphat die 
Bewohner hoher Bergrippen, (hrib, 
chrib, grob Fels, Felsengebirg, 
oder Berg überhaupt) also ent- 
weder Kaukasier oder Karpathen- 
bewohner ; eher letztere, denn die 
Karpathen hiessen bei den Grie- 
chen Ripäen, und Karpat ist aus 
hrib- aith Berg- hoch entstanden. 
Unter den Askenas dagegen sucht 
man die Deutschen, aber wohl mit 
Unrecht, denn dieses Volk trat erst 
lange nach der Abfassung der Ge- 
nesis in die Geschichte ein, wenn 
es auch vor seinem Erscheinen im 
heutigen Deutschland irgendwo vor- 
handen gewesen sein muss. Wo 
aber, darüber mag man einige Jahr- 
hunderte vor Christus in Judäa 
schwerlich eine Ahnung gehabt 
haben. Unter den Askenas der Ge- 
nesis versteht man wohl am sicher- 
sten die alten Alanen, bezw. heuti- 
gen Osseten, welche vor der Völker- 
wanderung bis an das Asowsche 
11 


Asklepios. 


Meer und den Tanais reichten, also 
Wasserleute waren, denn dies be- 
deutet Askenas, uwisgean-eus. Uis- 
gean ist nun Deminutivform und 
bezieht sich auf das Asovsche Meer, 
im Gegensatz zum grössern schwar- 
zen, oder dem Pontus Euxinus, dem 
tiefen Sumpf. Josephus nennt die 
Askenas auch Regines, oder Rhe- 
gines; dies bezöge sich auf den 
Kaukasus, denn rugha bedeutet Ge- 
birg. Wenn man weiter gehen will, 
so kann man die Askenas auch an 
der Ostsee suchen, und die Rhegi- 
nes auf Rügen, doch läge dies für 
die Kentniss der alten Juden viel 
zu entfernt. Bemerkenswerth ist, 
dass die Juden des Mittelalters 
(Benjamin von Tudela) die Bewoh- 
ner der niederrheinischen Lande 
Askenas, d.h. Wasserleute nannten, 
oder auch Farkonim; letzteres 
gleich Franken von /uar Wasser, 
bezw. /airge Meer (Verge, Schiff- 
mann im Nibelungenlied). Ein 
drittes Askanien lag am See Asca- 
nia in Kleinasien, bei Nicäa; aus 
diesem Askanien, oder Seelande 
kamen den Trojanern Phrygier und 
Mysier zu Hülfe, d. h. Berg- und 
Waldleute, die um den See wohn- 
ten. Die Inseln vor Troja im Aegäi- 
schen Meere hiessen ebenfalls As- 
kania, Wasserland. Ein viertes oder 
fünftes Askanien lag an den beiden 
jetzt ausgetrockneten Seen bei 
Aschersleben im Nordschwaben- 
gau. 
Asklepios oder Aeskulap, der 
Vater der Heilkünstler, der Feld- 
scheerer, oder Haarscheerer; denn 


— 12 — Askr. 


dies bedeutet sein Name: chas, has, 
Haar, claideb Messer, und eus 
Mann. Asklep war so geschickt, 
dass er durch blose Besprechung 
nicht blos die Kranken gesund 
machte, sondern auch die Todten 
wieder ins Leben rief; darüber 
wurde er von Pluto bei Zeua ver- 
klagt, denn er entvölkerte die Un- 
terwelt, und Zeus erschlug ihn mit 
dem Donnerkeil. 

Askr und Embla, nach der nor- 
dischen Mythe gleich Adam und 
Eva. Ask ist eine Adjectivform 
für eis, as Mann, zusammengezogen 
aus as-isk, männisch und Embla 
bedeutet kleiner Mensch von am 
Mann und Dil klein, wie Ilsebil die 
kleine Fee, von ailse Fee. Ask 
kommt blos bei den Nordvölkern 
vor, in Deutschland hies der erste 
Mensch Mann, keltisch maon, bei 
den Indern Manus, z leich Be- 
zeichnung für Gott. Da Ask auch 
Esche bedeutet, so lies man den 
ersten Menschen von einer Esche 
abstammen, und nannte ihn ask- 
air Eschenmann, woraus Askr 
wurde; Embla soll dem entspre- 
chend Erle bedeuten. Es hängt 
dies mit dem sog. Baumkultus zu- 
sammen, der auf den Steinkultus 
folgte. Denn Adam wurde aus einem 
Erdenkloss gebildet, und Deukalion 
und Pyrrha warfen Steine hinter 
sich, die zu Menschen wurden. 
Adam bedeutet aber Aelter-Mensch 
at-am, und Eva das Weib, die Fee, 
Fay von y-ba. In Sixen und in 
Saxen, sagt noch ein alter Spruch, 
sollen die Mädchen auf den Bäu- 





Askungr. 


men wachsen. Als Askr körper- 
lich entstanden war, gab ihm, wie 
die nordische Lehre sagt, Odin die 
Seele, Höuir und Lothur Leben, 
Blut, blühende Farbe, und mensch- 
liche Geberde. Es geschah dies 
vermittelst der Besprengung mit 
Wasser, durch die Taufe, die schon 
bei den Nordvölkern üblich war, 
lange vor Einführung des Christen- 
thums. Durch die Taufe wurden 
Leib und Seele verbunden, und der 
Neugeborne lebensfähig; das Band, 
welches dabei als geflochten ge- 
dacht wurde, hiess der Schwanen- 
ring. Bei der Taufe gab auch der 
Vater dem kinde den Namen. Die 
Taufe hing einerseits damit zusam- 
men, dass der Körper durch Ein- 
tauchung wie bei Achilleus in den 
Styx oder bei Siegfried in das Blut 
des Drachen, unverwundbar wurde, 
andererseits sollte die Seele, oder 
das Elfenwesen in den Körper ge- 
bunden werden, so dass es nicht 
mehr in den Baum oder die Pflanze 
oder in das Thier, oder endlich in 
die Wolken zurückkehren konnte, 
von wo 08 gekommen, bezw. ge- 
schickt worden war. Die Esche 
war übrigens der heilige Baum der 
Nordvölker, die Esche Yggdrasil 
trug das Weltall, aus ihren geraden 
und zähen Aesten wurden die Speere 
gemacht, wie heutzutage die Reck- 
stangen. 

Askungr ist der altnordische 
: Name für Asengeschlecht, Helden- 
stamm. Kungr ist die nordische 
Form für das altd. chunni, chonot, 
chnod, knod, not, Geschlecht ; genus, 


— 163 — 


Asmushausen — Asolo. 


gons im Lateinischen, das seinerseits 
mit gnatus, natus geboren zusam- 
menhängt, wie das entsprechende 
keltische cine, cineadh, cinaw, 
cineal, cenel Geschlecht, Stamm, 
naidhe, naoidhe Kind, abgekürzt 
ni, oder auch nighe Tochter, deutsch 
Nichte. Im Engl. bedeutet Kin eben- 
falls Geschlecht, im Altnordischen 
Kind desgleichen, ebenso chneov 
im Angelsächsischen. Das Haupt der 
Familie hies keltisch cinna, oder 
cean, woraus der römische Name 
Cinna wurde. 

Asmushausen, alt Asmundis- 
husin, auch Asmanshausen, Dorf 
im Hessischen im Knyligebirge; 
dann Asmannshaussen am Rhein 
unterhalb des Binger Loches, an 
einer steilen Bergwand, wo der be- 
kannte Rothwein wächst ; Name ent- 
weder Haus des Asmus oder As- 
mann, oder aber Haus, iosda am 
as-mus hoch- Wald, oder am as- 
maon hoch-Berg. Bei Personen- 
namen bedeutet mus gefällig, muath, 
mund edel, frei und maon Mann. 

Asni, altes Wort für Tagelöhner, 
Lohnarbeiter, Miethling vom gäl. ais 
Abhängigkeit, Lehen und nae Mann. 

Asolo, alte feste Stadt im Vene- 
tianischen, nordwestl. von Treviso ; 
sie ergab sich 1337 an Venedig 
und wurde 1742 von demselben wie- 
der für unabhängig und ein Theil 
seiner Bürger für adelig erklärt. 
In der Nähe davon im Dorfe Pos- 
sagno ist Canova, der Bildhauer, 
geboren. Asolo bedeutet die-Burg 
y-dail, oder hochgelegener Ort, 
as-lle. 

11 * 


Asopus — Asow. 


- Asopus, Name mehrerer Berg- 
wasser; das bekannteste in Sikyo- 
nien im Peloponnes.: As, ais, aith 
hoch, Berg, abh Wasser. Sikyo- 
nia Wald-leute-land, vonseag, scag 
Wald, on Leute und ia Land. Der 
Bachgott Asopus, dem Zeus seine 
Tochter Aegyina geraubt hatte, 
wollte, darüber erbost, mit seinen an- 
geschwollenen Gebirgswassern den 
Olymp stürmen, wurde aber von 
Zeus durch einen Blitzstrahl erschla- 
gen, weshalb seit dieser Zeit der 
Bach Holzkohlen (aus dem Walde, 
in dem er entspringt) mit sich führt. 

Asow, eine alte Stadt am Don, 
bei dessen Ausfluss ins Asowsche 
Meer. Da Odin vom Don aus „As- 
gard“ nach Schweden zog, 30 könnte 
Asow darunter zu verstehen sein, 
falls Odin nicht noch weiter aus 
Osten kam; denn in der Ynglinger- 
sage heisst es, er habe im Süden des 
Ural, im Türkland grosse Besitzun- 
gen gehabt. In diesem Falle könnte 
man ihn als einen Abkömmling 
jener Asen oder Usen betrachten, 
die sich nach der Angabe der Chi- 
nesen vor den Türken oder den 
Hiungnus und vor andern hunni- 
schen Stämmen aus Turan gegen 
Westen zogen. (Vergl. Usen und 
Yeten.) Strabo bezeichnet die As- 
garder mit Asburgern oder Aspur- 
gianern, und stellt sie auf die Ost- 
seite des Asowschen Meeres und der 
Krimschen Halbinsel in die Asia 
propria, d. h. nach Asien im engern 
Sinne. Die eigentliche Asia idia lag 
aber im nordwestlichen Kleinasien. 
Asow bedeutet Wasser-hof von ais, 


— 164 — Aspasia — Aspremont. 


uis, as Wasser und aoi oder aoibh 
Hof, also Asenhof, wenn man Asen 
und Wasserleute für gleichstehend 
annimmt; Asgard (von caer Ort, 
gard fester, umzäunter Ort, also 
Burg) ist dasselbe. 

Aspaslia, die Geliebte des Peri- 
kles, ihrerzeit eine der liebenswür- 
digsten und geistreichsten Damen 
der Demi-monde; ihr Haus war der 
Sammelplatz der angesehensten Män- 
ner Athens. Sie war aus Milet in 
Kleinasien gebürtig. Nach Perikles 
Tode heirathete sie jedoch den rei- 
chen Viehhändlor Lysikles, derdurch 
sie zu grossem ‚Ansehen gelangte. 
Is, id bedeutet gut, baisim, bais- 
dim, franz. baiser, küssen, lieben, 
und sia Foe, Mädchen, Frau, also 
„ein Mädchen, die das Küssen ver- 
steht“, 

Aspern, Dorf bei Wien, auf der 
Nordseite der Donau in einerEbene, 
bekannt durch den Sieg, welchen 
1809 Erzherzog Karl über Napoleon 
davontrug, und dadurch letztern 
zwang, auf die Insel Lobau zurück- 
zuweichen. Aspern kann von asp 
Pferd und aire Leute herkommen, 
falls der Name schon in keltischen 
Zeiten diese Form hatte. Die Insel 
Lobau, li-ubh-ua bedeutet Land 
am kleinen Wasser, d. h. an einem 
der vielen Arme, in welche sich die 
Donau hier theilt. 

Aspremont, ein belgisches Adels- 
geschlecht, das seinen Namen von 
einem Berge oder einer Bergburg 
gleichen Namens führt, ais hoch, 
bre Berg, mont die Uebersetzung 
davon, 





Aspro-potamos — Assam. — 165 — 


Aspro-pofamos. Hier wie bei 
Aegos-potamos gibt das zweite 
Wort die Uebersetzung des ersten; 
aspro ist Dior Wasser, mit as, ais 
Berg, entsteht Bergwasser. 

Assa, einWald um die alte Berg- 
veste Assaburg westlich von Schöp- 
penstedt im Derlingau. Name von 
aith hoch oder uath, was Wald und 
ua Landschaft. An der Diemel im 
BReinhardswald liegt ein Waldberg, 
der Assaborg heisst, hier gibt aith 
hoch, die sichere Erklärung, denn 
die Uebersetzung, Berg, steht dabei. 
Der Bau der Assaburg auf der Assa 
wird gewöhnlich einem Sachsenher- 
zog Atto oder Asso (Otto) zuge- 
schrieben, dessen Existenz übrigens 
nicht weiter nachgewiesen werden 
kann. Zur Zeit Kaiser Heinrichs IV 
wurde die Assaburg zerstört, 1224 
von Burchard von Wolfenbüttel wie- 
der hergestellt, und damit das heu- 
tige Geschlecht derer von Asseburg 
begründet, 

Assam, Landschaft in Hinter- 
indien am Brahmaputra; die herr- 
schende Classe besteht aus Indiern, 
die ältern Bewohner gehören der 
tübetanischen Race an und sind 
meist Sclaven. Die Namen der Orte, 
Gebirge und Gewässer lassen sich 
hier grossentheils wie im eigentlichen 
Indien aus dem Altkeltischen erklä- 
ren, z. B. Assam, oder Asam, auch 
bloss Aham bedeutet Wasser-Leute, 
von as, uis oder aha Wasser und 
am Leute, denn der Brahmaputra 
überschwemmt das Land alljährlich, 
so dass die Bewohner wie in Unter- 
ägypten auf Erderhöhungen (Koi- 


Assel -- Assen. 


chen) oder auf Pfahlwerk ihre Woh- 
nungen anlegen müssen. Hauptorte 
sind Bangpur, Wasser-Burg, rhe- - 
an-brr, und Gohati, kl. Ort von 
go klein und aidhe Ort. Der Name 
des Flusses bedeutet Brahma’s-Fluss, 
put-ra gleich baiter Fluss, oder bait- 
ar-aha Fluss-gross. Wem das Vor- 
handensein von Kelten in Hinter- 
indien undenkbar erscheint, der mag 
dafür ArenoderIndogermanen setzen, 
dann wird er e8 leichter zu fassen 
vermögen, die Sache bleibt darum 
doch dieselbe, denn die Kelten wa- 
ren eben der Urstamm oder Haupt- 
stamm der Aren. 

Assel, alt Hesleburg, hoher Ort, 
von ais, aith hoch und /Je Stätte, 
Ort; deshalb hies die Burg auch 
Hohenassel. Hier lies sich im zwölf- 
ten Jahrhundert Graf Heinrich von 
Winzenburg nieder, und nannte sich 
nach der Burg oder dem Berge Graf 
von Assel. Die Burg liegt zwischen 
Hildesheim und Braunschweig, das 
Gebiet der Grafon von Assel fiel beim 
Aussterben derselben an letzteres. 

Asselstein, ein grosser Fels auf 
einem Hügel bei Annweiler an der 
Hard, vom gäl. ais Berg, und aill, 
oill Fels. 

Assen, Hauptort der Provinz 
Drenthe, alt Threant, d. h. Feld- 
land von frean Feld und dw Land. 
Assen kommt in dieser Form schon 
in den ältesten Urkunden vor, und 
kann viererlei Bedeutungen haben, 
nämlich: kleiner Ort von aidhean 
(Eden, Athen), oder kl. Burg von 
oisean ; dann Wasser-Jeute von ais- 
an, und endlich hochgelegener Ort 


Asser — Assyrien. 


von aith-ion. Die Stadt liegt am 
Rande eines Moores, dem Hoorn- 
Diep, und mag ursprünglich, der 
Befestigung halber, noch in dem- 
selben oder auf derHochfläche neben 
an erbaut worden sein. Welche von 
den vier Bedeutungen die entspre- 
chende ist, kann nur an Ort und 
Stelle ermittelt werden. 

Asser oder Ascher, Suhn des Ja- 
cob und der Silpa, Vater des nach 
ihm benannten Stammes, dessen 
Gebiet sich im Norden Palästinas 
längs der Meeresküste erstreckte. 
Nach dem Hebr. bedeutet Ascher 
der Glückliche; hätte der Stamm 
seinen Namen von seinem Sitze an 
der Meeresküste erhalten, so würde 
er Wasserleute bedeuten von ais 
Wasser und air Leute. Die heb- 
räische Geschichte bis zur Einwan- 
derung des Volkes nach Palästina 
wird bekanntlich von verschiedenen 
Forschern blos als Sage behandelt. 

Assisi, alt Attidium oder Assi- 
sium, Wallfahrtsort im Kirchenstaate 
mitdem Grabmale des heiligen Fran- 
ziskus, des Stifters des Franziskaner- 
ordens; zu deutsch Hochstadt, von 
aith, ais hoch und aition Ort; er 
liegt nämlich hoch in den Apenninen. 

Assnan, alt Syene, oder blos 
Suan am Nil in Oberägypten, an- 
geblich soviel als Eintritt; einfacher 
und natürlicher ist die keltische Er- 
klärung, sua-ion Wasserstadt, wor- 
aus Syens; bezw. ais-ion, ebenfalls 
Wasserstadt, woraus Assuan wurde. 
In der Nähe sind die Wasserfälle 
des Nil. 

Assyrien, Assur, hebr. Aschur, 


— 166 — 


Assyrien. 


griechisch Assyr, Plural Assyres 
oder Assyrioi. Die altpersischen 
Keilinschriften haben dagegen die 
nicht gezischteFurm Athura, chal- 
däisch Atur oder Osur. Die medi- 
schen Keilschriften haben blos 
S’sur. Die Landschaft, in welcher 
Ninive lag, hies bei den Griechen 
Athuria oder Aturia. Aus diesen 
Formen etgibt sich die Bedeutung 
des’Wortes, aith bedeutet hoch und 
ire Land. Es ist das Hochland am 
obern Tigris, gegenüber dem Flach- 
lande Sind oder Mesopotamien, und 
dem Wasserlande Suir-ia, Syrien 
am Mittelmeere und Euphrat. Die 
Landschaft Athura liegt auf dem 
bergigen Ostufer des Tigris, Mossul 
gegenüber. Oestlich von Assur lag 
Medien oder Madai, das Feldland 
(von madh, magh Feld und ia Land). 
Elamitis oder Persia lag südöstlich 
von Assur, es ist ein Bergland, von 
el gross, hoch, am Mann und iatnh 
Gegend, dem Sinne nach dasselbe 
wie Persia (bar Berg, dae Leute 
und ia Land). Da es noch ander- 
wärts Berggegenden gibt, so findet 
sich der Name Assyrien auch ausser- 
halb des eigentlichen Assur, näm- 
lich am Pontus und in Kappadocien. 
Es kann dies auch von dahin ver- 
setzten Assyriern herrühren. Zur 
Zeit der assyrischen Herrschaft be- 
zeichnete man alle Länder zwischen 
Persien und dem Mittelmeere bis 
vor nach Lydien als Assyrien oder 
assyrisches Reich. — Die Sprache 
der Assyrer war den Hebräern un- 
verständlich, wie Jesaias bemerkt, 
daraus folgt, dass sie keine Semiten 





Assyrien. 


waren, falls man die Hebräer als 
deren Typus annimmt. Da aber 
diese letztern selbst einer äthiopisch- 
mulattischen Race angehören, also 
kein Stammvolk repräsentiren, am 
wenigsten ein indo-keltisches, die 
Assyrer ihrerseits ebenfalls ein 
Mischvolk waren, da sie von den 
unterjochten Völkern immer einen 
Theil nach Ninive verpflanzten, so 
ergibt sich die Sprachvorschieden- 
heit von selbst. Indess lassen sich 
die assyrischen Namen immer noch 
leichter aus dem Altkeltischen er- 
klären, als aus jeder andern Sprache, 
was daher kommt, dass der Grund- 
stamm des Volkes chaldäisch war. 
2. B. aesar bedeutet im Keltischen 
Gott, Sar -ezer grosser Gott; 
Esar-Haddon Gott-grosser Mann 
(aith-duin); Sal-man-assar das- 
selbe, Gross-mann-gott. Im Zend 
bedeutet atar, altpersich atarg, neu- 
persisch azar oder azer Feuer; 
Gott und Feuer waren aber bei dem 
Sonnen- oder Feuercultus jener Völ- 
ker übereinstimmende Begriffe — 
Pul, Phul ist das keltische bal, 
bil, Sanscrit pala Fels, Stein, was 
(vergleiche Steindienst) auch Gott 
bedeutete. Daher Nabo-pol-as- 
sar, eine Tautologie, Schöpfer- 
Gott-Gott, Gott der Götter oder 
Schöpfer-Stein-Feuer. Nabo kommt 
von naf, nab Schöpfer, Herr oder 
noib Himmel. Sar-dan-a-pal 
grosser-Mann-der-Gott. Eupales y- 
bal-eis, der-Gott-Mann. Sarg-on 
Herr-mann, oder Fürst-mann von 
torc Fürst und on Mann. Tiglath 
Pilesar, Gott-Gott des hohen Hau- 


— 1697 — 


Assyrien. 


ses, Palastes oder Tempels, von 
teaghail Haus, alh hoch, pi! Stein 
oder Gott und esar, aisar ebenfalls 
Gott oder Feuer. Sanherib, Haupt 
des grossen Geschlechts, cin, ceann 
Haupt (cinna Hauptmann), ar gross 

und ibh, aibh Geschlecht. Bala- 
don gleich bal-y-duin Gott-der- 
Herr oder Mann. Sar-adon, gros- 
ser Mann. Fecho, Land-mann, 
d. h.Landpfleger, Vorgesetzter eines 
einzelnen J.audstriches, von /aoch, 
hoch, faiche Landschaft und ae, 
o Mann. Nebu-cad-n-ezar 
Schöpfer-heiliger-Mann-Gott; nebu 

von naf Herr, Schöpfer oder noib 

Himmel, cadh heilig, an Mann und: 
aisar Gott. Adramelech, Anbe- 
tung-König, mel-ech eigentlich ho- 
her Berg oder Fels, mael-aighe 

Semiramis (hebr. Schemiromoth, 
Name der Höhe, erhabener Name), 
keltisch seim klein, niedlich, jung, 
y-ram der Berg, Stein, Gott und 
id, is gut. Die assyrischen Orts- 
namen sind die überall vorkommen- 
den keltischen, z. B.: Ninive Hof- 
burg des Nin oder Heiligen (vergl, 
Ninive); Chel-ach, Wasserburg 
(giol-acha), Besen, kl. Bergburg 
oder blos Burg von rhatan, gleich 

Rhisina, 'Rhesina in Mesopotamien; 
Arbela, hohe Stadt, von ar hoch 
und bail Stadt; Gaugamela, Ort 
auf einem flachen Hügel von coiche 
Ort, y auf und mae? Hügel; die Al- 
ten erklärten es als oikos kame- 
lou, von gamal, hebr. Kamel, und 
gaw Burg, Gewölbe; Kameel oder 
gamal bedeutet übrigens selbst so- 
viel als kleiner Berg oder Höcker, 


= 2.0 — —-- 


Astarte — Astenrode,. 


von go klein und mael Berg; Mes- 
pila, Mespeila am Tigris, kl. Stadt, 
von mi klein und bail, gezischt 
speil, Ort, griechisch polis; Thelde, 
kl. Burg, dail-di; Telassar, Burg 
Gottes, dail- aisar; Bothaba, 
Hütte am Wasser, bodh Hütte und 
abh Wasser. (Ueber die Stiftung 
des assyrischen Reiches vergl. Ni- 
nus und Nimrod.) 

Astarte, hebr. Aschthoret, Ster- 
nenfran, aster, Stern, wenigstens im 
Griechischen, und dae Frau; Mond- 
göttin bei den Syrern bezw. Phöni- 
ziern, deshalb an dem einen Orte 
gleich der Luna (Diana, Artemis) 
mit Mondsicheln abgebildet, an an- 
dern aber auch als Venus verehrt, 
in erster Eigenschaft als keusche 
Jungfrau, in zweiter als Liebesgöt- 
tin. Aus der Verbindung beıder 
entstand die mythische Auffassung 
von einer unbefleckten Jungfrau, 
die aber zugleich auch Mutter war, 
eine Anschauung, welche durch die 
in Syrien angeworbenen römischen 
Legionen sich in das Abendland 
verbreitete und schliesslich in das 
Christenthum überging. Die Haupt- 
tempel der Astarte waren in Tyrus 
und Sidon. Bei den Griechen lautete 
ihr Name Asträa, sie war aber hier 
Göttin der Gerechtigkeit. 

Astenberg, höchster Berg West- 
phalens, 2600 Fuss hoch, auf wel- 
chem einst ein Freistuhl stand; 
Name von aith hoch oder uast Wald 
und dun Berg. 

Astenrode oder Asterode, uast- 
er-rhod Wald-gross-Feld; dann 
Atzelrode, eith-il-rhod Berg- 


— 168 — Asterabad — Asterburg. 


hoch-Feld oder Bottfeld; beides 
Dörfer in Hessen. 

Asterabad, Astrabad, Stadt im 
alten Hyrkanien (d. h. Wasserland 
von earg) am Südrande des Kaspi- 
schen Meeres in Persien, nahe der 
Mündung des Gorgan (gor Grenze, 
gun Wasser) an den Grenzen Tu- 
rans, einst Residenz der Kadscharen 
oder Cadjaren (Wald-Leute von coed 
Wald und aire Leute). Asterabad 
bedeutet Hütte, Wohnort, bodh im 
Wasser-land ais-tir. 

Asterburg, auch Osterburg, ein 
Gau bei Rinteln an der Weser, der 
sich vom Idistavisofeld bei Haus- 
berge aufwärts bis gegen Fischbeck 
und andererseits bis Lochtenun jetzt 
Lachen erstreckte; erhies auch Aut- 
burggau von dem Kloster Autburg 
(Hochburg von aitr hoch), welches 
Rinteln gegenüber am Bergabhange 
lag und auch Arensberg hies von 
aran Berg. Aster steht gleich uast- 
er Wald-gross, und bwrg gleich 
Berg und Burg. Es ist dies derGau, 
der zur Zeit der Cherusker Idista- 
viso hies; denn der Bedeutung nach 
fällt letzteres Wort ziemlich mit 
Asterburg zusammen (aith-uasi- 
ibh-uis-au hoch-Wald-Lands-bach- 
gau). Es lagen darin urkundlich 
das Kloster Möllenbeck, alt Mu- 
linbiki, wohl Mühlenbach. Ecker- 
stein, altAcristen, von aigheBerg, 
er gross und din Burg. Lachen, 
alt Loctenum, von /oc Ort und !ain 
bezw. ean Wasser. Fischbeck, 
alt Visbiki, Fischbach oder Wasser- 
bach von uisge bezw. bais Wasser, 
woher auch „Fisch“ kommt, 





Asti — Asträa, 


Asti, alt Asta Pompeja, Stadt in 
Piemont mit hundert Thürmen, im 
Mittelalter eine kleine Republik, be- 
deutet dasselbe wie Asty, Hochstadt. 

Astorga, bei den Römern Astu- 
rica Augusta, feste Stadt in Spa- 
nien, nicht in Asturien, sondern in 
der südlich davon gelegenen Pro- 
vinz Leon am See Sanabria (fain-y- 
brya Wasser des Gebirgslandes). 
As-tor-ga oder aith-dwr-ka bedeu- 
tet Berg-Wasser-Hag. 

Astrachan, Stadt auf der Wolga- 
insel Seitza, etwas oberhalb der 
Mündung dieses Flusses ins Kas- 
pische Meer, einst Sitz tartarischer 
Könige, seit 1554 unter russischer 
Herrschaft; der Name kann also 
nicht russisch sein, sowenig als 
Wolga oder Seitza, oder Kaspisches 
Meer. Letzteres führt seinen Namen 
vom Kaspischen Gebirge, oder den 
Bergköpfen (keap) des Kaukasus; 
Wolga kommt von bailc Wasser, 
Seitza bedeutet Wasser-ort von 
sua Wasser und aidhe Ort, und 
Astrakhan ungefähr dasselbe von 
ais, uisg Wasser, ar gross, igh In- 
sel und ion Ort oder an Leute; Be- 
wohner, oder Ortschaft der Insel im 
grossen Flusse. Die Mehrzahl der 
Bewohner sind heute noch Tartaren 
und Kirgisen, beide weisshäutig 
und nicht selten blond oder roth- 
haarig und blauäugig. 

Asträa, griechischer Name für die 
phönikische Astarte oder Sternen- 
frau, weshalb sie mit einem Sternen- 
kranz dargestellt wurde; bei den 
Griechen war sie Göttin der Gerech- 
tigkeit, die letzte aller Göttinnen, 


— 169 — 


Astura — Astyages. 


welche die Erde verliessen, als die 
Menschen im ehernen Zeitalter die- 
selbe durch Gewaltthaten befleckten. 
(Vergl. Astarte.) 

Astura, Fluss im Latinerlande, 
von ais, ailh Höhe oder uast Wald 
und dur Wasser, also Bergwasser. 

Asturien, das Gebirgsland im 
nördlichen Spanien, in welchem die 
Reste der christlichen Gothen sich 
gegen die Araber zu halten ver- 
mochten, und von wo aus letztere 
allmälig wieder aus Spanien ver- 
trieben wurden. Name von ail, ais 
hoch, torr steiler Berg und ia Land. 
Die Berge sind oft noch mitten im 
Sommermit Schnee bedeckt. Haupt- 
stadt der Landschaft ist Oviedo, 
entstanden aus einem Berghofe, 
aoibh Hof und aith hoch, Berg. 
Die Bewohner des Landes hiessen 
früher auch Paesioi, Waldleute, 
von bois, pis Wald. 

Asty, zu deutsch Bergstadt, war 
der alte Name Athens, wenigstens 
der Akropolis, denn letzteres ist die 
griechische Uebersetzung von Asty; 
dieses kommt vom gälischen ais, 
aith Höhe gleich akros, und dae, 
tah, tis, ty Dach, Haus. Aus ais- 
dae wurde iosda, welches in zahl- 
losen Formen vorkommt, z. B. in 
Astheim oder Ostheim in Fran- 
ken, in Asten bei Linz, in Ast- 
heim bei Trebur in Hessen. In 
Asti in Oberitalien, in Aston oder 
Asthon in England. 

Astyages, Sohn des Kyaxares, 
letzter König von Medien, 558 vor 
Chr. von seinem Enkel Kyros, dem 
Sohne seiner Tochter Mandane und 





Äsuren. 


des Kambyses, in der Schlacht bei 
Pasargadae besiegt und des Thro- 
nes beraubt. Mandane bedeutet 
artiges Weibchen, von mion, min 
klein, dire artig und nue Frau; 
Kamb-yses Kriegs-mann, von 
camb Kampfund eis bezw. tis Mann; 
Pas-argad-dae Wald-Höhe-Leute, 
oder Ort auf, bezw. an einem Wald- 
berg. (Vergl. Arcadien.) Kyros oder 
Kores, Mann des Rechts von coire 
Recht und eis, is, os, es Mann; 
Ky-ax-aresHeld-hoch-Kriegsmann, 
und endlich Astyages, Stadt-be- 
herrscher, oder höchster Mann, Füh- 
rer, von asty Stadt, Veste, aighe 
hoch und eis Mann. Im Griechischen 
kommt die Form ages (Agesilaos) 
ebenfalls vor, und wird hier (von 
agein führen, treiben) als Führer 
des laos, Volkes gedeutet, was zwar 
die Mittelsylbe si oder sil nicht er- 
klärt, indess dem Sinne nach ent- 
sprechend ist, jedoch zu den andern 
keltischen Formen nicht gut passt, 
am wenigsten bei Worten, die 
aus Persien stammen, oder älter 
sind als die Ausbildung des Grie- 
chischen. Im Uebrigen ist letztere 
Sprache gleich der lateinischen nur 
eine eigenartige Entwickelung des 
Altkeltischen, gemischt mit Worten, 
die von den Einwanderern aus Ae- 
gypten, Syrien u. 8. w. herstammen. 

Asuren. In den altindischen Sa- 
gen werden die Asuren von den In- 
dern oder Angirasen bekämpft, und 
Vrithra (der Bergmann bra‘hl-air), 
Führer der Asuren, fällt unter den 
Hammerschlägen Indra’s. Dieser 
Steinhammer führte bei den Indern 


— 110 — 


Asuren. 


den Namen Vajra (/aire bedeutet 
keltisch Berg, Fels, Stein). Die 
Asuren waren ein Bergvolk, ihr 
Name steht wenigstens dem der As- 
syrer gleich; ob die Inder aber 
wirklich damit die Assyrer am Ti- 
gris meinten, wird schwer zu ermit- 
teln sein, indess kann Folgendes 
dahin gedeutet werden: Bei der Be- 
lagerung der Asurenstadt ergriff 
Arjuna, Indra’s Sohn, die Muschel 
Devadatta, und blies so stark, dass 
der Schall am Himmel wiedertönte. 
(Ein Seitenstück zum Posaunen- 
sturm der Juden vorJericho. An der 
Muschel Stelle findet sich bei den 
Nordgermanen das Gjallarhorn, wel- 
ches Heimdal, der Gott der Morgen- 
röthe blies; es hatte die Eigenschaft, 
alte Frauen zu verjüngen und Todte 
wieder zum Leben zu rufen, gleich 
den Posaunen des jüngsten Gerichts, 
oder dem Horn des Propheten Elias, 
dessen Ton einst sämmtliche Juden 
der ganzen Welt hören und daraus 
vernehmen werden, dass der Tag 
ihrer Erlösung gekommen. Dann 
schreiten sie auf einer papiernen 
Brücke über den Ocean und ver- 
sammeln sich im Paradies hinter 
dem Sabbatfiuss. Das Horn ist von 
dem Widder, welchen Abraham für 
Isaak opferte.) Arjuna kommt bei 
den Parsen als Name des medischen 
Berglandes vor, von welchem Zoro- 
aster stammen soll. Die Belagerung 
der Asurenstadt mag sich nun anf 
Babylon beziehen. Nach Berosus 
fielen nämlich die Meder 2400 Jahre 
vor Chr. daselbst ein und eroberten 
das Land, wurden aber durch den 











Ataman. 


Chaldäer Nimrod 2000 Jahre vor 
Chr. wieder vertrieben; der leztere 
legte sodann auch den Grund zu 
Ninive. Nach den indischen Sagen 
nahm Indra dem Asurenkönig Anhu 
seinen Schatz weg und schenkte 
ihn dem Könige der Sudasa (Süd- 
Männer, Sonnenmänner von ftiot 
Sonne). Tasen ist aber bei den Per- 
sern, bezw. Medern, der Name für 
die Araber (deas-ae Süd-leute, feas 
Wärme, dasselbe was tiot Sonne 
oder Süden), welche 1450 vor Chr. 
Babel den Nachkommen Nimrods 
wieder abnahmen. 1250 wurde so- 
dann Babel abermals von Ninive 
aus durch Ninus und Semiramis 
erobert. Anhu könnte nun für Ni- 
nus stohen, als allgemeine Bezeich- 
nung für die chaldäisch-assyrischen 
Könige; in dem Kampfe gegen die 
Asuren läge eine Andeutung der 
Kriege der Meder gegen diese An- 
bus (Ninus oder Nimrod); die Ge- 
schenke an den Sudasa zeigten, 
dass Meder und Araber gemeinsam 
gegen die Assyrer bezw. Chaldäer 
im Kampfe lagen, und da Nimrod 
die Meder 2000 Jahre vor Chr. aus 
Babylon vertrieb, so könnte von 
daan der Ausmarsch der Me- 
der nach Indien gerechnet 
werden. 

Ataman oder Hetmann, bei den 
Kosaken der Anführer, das Ober- 
haupt des Volkes. Auch bei den 
Polen war der Titel üblich, als 
Grosshetmann, Hetman wielki, Ober. 
feläherr des Heeres, und Hetman 
polny, Feldhetmann, der die Gren- 
ıon gegen die Tartaren zu hüten 


— M — 


Atalanta. 


hatte. Der Name bedeutet gleich 
Attila Aelter-mann, von ath, Astti, 
Alter, Vater, Haupt des Stammes 
und maon Mann. Da der Name so- 
wohl bei den Hunnen als den Russen 
und Polen vorkommt, dann in Otto 
bei den Deutschen, und in Attalus, 
König von Pergamus in Kleinasien, 
auch bei den Griechen, so kann er 
ursprünglich weder blos polnisch 
noch russisch, noch hunnisch, noch 
deutsch, noch griechisch sein, son- 
dern stammt von den altenkeltischen 
Bewohnern des Landes, welche in 
den nachrückenden Völkern auf- 
gingen. 

Atalanta, eine Jägerin aus Arka- 
dien, welche den Zug nach Kolchis, 
sowie die Jagd nach dem kalydoni- 
schen Eber mit machte, und dessen 
Kopf und Haut als Bentestück er- 
hielt. Eine andere Atalanta ver- 
langte von jedem ihrer Freier, mit 
ihr um die Wette zu laufen, wurde 
aber endlich vonHippomenes (Pforde- 
mann, Reiter) besiegt, und zwar 
dadurch, dass er ihr goldene Aopfel 
(Orangen) in den Weg warf, welche 
sie aufhob, und dadurch im Laufe 
zurückblieb. Hippomenes vergas 
der Venus, welche ihm den klugen 
Rath gegeben hatte, den schuldigen 
Dank, und wurde deshalb mit der 
Atalanta in das Löwenpaar verwan- 
delt, welches den Wagen der Venus 
zog. Der Name der Atalanta ist 
entweder blos eine weibliche Form 
für Atlas(Bergweib), oder er bedeu- 
tet nach dem Griechischen eine Un- 
erträgliche, Unleidliche, die nichts 
duldet (atlemi). 


Ateia — Ath. 


Atela oder y-teiau, Pluralform 
von y-dae, das Haus; kommt in 
alten Urkunden vor, wo es mit pa- 
latium übersetzt ist. 

Atella, alte von Oskern (uisge 
Wasser) bewohnte Stadt in Campa- 
nien, aus welcher die Atellanischen 
Volksdramen stammen, in welchen 
Marcus und Bucco, als Hurlekin 
oder Buffo stehende Charaktermas- 
ken bildeten. Marcus von marc 
Mähre, Bucco von bumwch Kuh oder 
boc Ochse, und eis bezw. ae, 0 
Mann, sind Ross- und Kuhhirten 
oder Knechte. Atella von astail, 
alail Wohnort, franz hötel. 

Atesuer, altes Völkchen in Gal- 
lien, bei oder in Lyon. Der Name 
bedeutet, wie der der Atrebaten, 
Stadtbewohner, vom gälischen aiteus 
Stadt, Wohnort und ui Männer. 
Unter diesen Städtern werden wohl 
die Einwohner von Lugdunum, Lyon 
gemeint sein; /ug-dun bedeutet 
kleine Stadt. 

Ateula, dienende, oder Folge- 
geister, Feen, Schutzgöttinnen der 
Familien, die ihnen Segen spende- 
ten; deshalb kommen sie mit dem 
Beisatz ulatos vor, von y-lladiad, 
Segenspendung, Begabung. Ateula 
selbst kommt vom kymrischen /oillim 
dienen, foll-dhe, tal-di, Dienstleute. 
(Vergl. Folgegeister.) 

Ath, vlämisch Aeth, franz. Aties, 
Stadt im Hennegau in Flandern, 
von aidhe, bezw. aileas Wohnort. 
Ath-al bedeutet Haus-hoch, Schloss, 
Palast, darnach Athalia, Palast- 
dame; eine solche war Ahabs, Kö- 
nigs von Israel Schwester, und Ge- 


— 12 — 


Athamas — Athen. 


mahlin Jorams, Königs von Juda; 
sie ermordete alle Kinder ihres 
Mannes, darunter sogar ihren eige- 
nen Sohn Ahasja, um auf den Thron 
zu gelangen; Ahasjas Sohn wurde 
aber gerettet, heimlich im Tempel 
erzogen und 879 vor Chr. von dem 
Hohonpriester Jojada auf den Thron 
gesetzt, wobei die Palastdame ihr 
Leben verlor. 

Alhamas, ein alter thessalischer 
König, Sohn des Windgottes Asolus, 
Mann der Nephelo (d. h. der Wolke), 
der Mutter des Phrixus und der 
Helle, welche diese ihre Kinder anf 
einem Widder mit goldenem Felle 
rettete, als Athamas sie schlachten 
wollte, um Misswachs vom Lande 
abzuwehren. Darüber wurde Atha- 
mas rasend und verliess das Land. 
Sein Name kann Waldmann bedeu- 
ten, y-laom;eis, dies passt wenig- 
stens zu Wind und Wolken. 

Athen, Hauptstadt Attikas von 
aidhe Ort, aidhean kl. Ort gleich 
Eden, Aden, Udine, und einer Menge 
ähnlicher Ortsnamen. 1550 vor 
Chr. soll sie ven Kekrops gegründet 
worden sein; damit wird aber wohl 
blos die Kekropia gemeint sein, 
die kl. Felsenburg, auf welcher 
später die Akropolis, Hochstadt, 
erbaut wurde, im Gegensatz zu 
welcher dann die Unterstadt Ka- 
tapolis genannt wurde. Grob be- 
deutetFels, ke, 90 ist eine Deminu- 
tivpartikel, die auch inKephissus 
wiederkehrt, dem kleinern Fluss 
(bais), im Gegensatz zum grössern 
Il-issus (i-ais), zwischen wel- 
chen beiden der älteste Theil von 


Athleten — Athor. 


Athen erbaut war. Auf der Akro- 
polis stehen heute noch die ziem- 
lich gut erhaltenen Wände des Par- 
thenon, oder des Tempels der Pal- 
las Athene, d. h. der Göttin von 
Athen. Parthenos bedeutet 
griech. Jungfrau, entstanden aus 
bert Sohn oder Tochter, auch wohl- 
gezogen von bearaim tragen, go- 
bären, und naoidhe Kind, also 
wohlerzogenes Kind gleich Berta. 
Pallas ist eine Zusammensetzung 
von bal (Apollo) und as, eis, Mann 
oder Frau, also göttliche Frau, Göttin. 

Athleten, Preisskämpfer vom 
gr. athlon, oder aethlon, Kampf- 
preis Schmuck ; athletes oder ath- 
leter hat ein eis, es, bezw. air Mann 
angehängt, aethlon selbst mag mit 
eide Kleid und li Glanz zusammen- 
hängen. 

Athor oder Athyr, Name der 
aegyptischon Tanz- Göttin. Ihr 
Haupttempel war in Denderah (tain- 
dear-acha Wasser-gross Wall) am 
Nil in Oberägypten. Ihre Mutter 
war die Aa, was als Sonne erklärt 
wird; im Keltischen bedeutet ion, 
ein zwar Sonne, und aodh ist Name 
der Feuergöttin Vesta, aa Wasser 
läge aber näher; denn Götter und 
Menschen entstanden nach den 
ältesten Mythen gewöhnlich aus 
Wasser. Das Symbol der Athor 
war die Kuh mit einer Sonnenscheibe, 
bezw. einem Heiligenschein zwi- 
schen den Hörnern. Was den Na- 
men dieser Tanzgöttin Athor be- 
trifft, so kann er von y-lara die 
Tochter herkommen, denn zum Tan- 
zen gehört Jugend. 


— 173 — 


Athos — Atis. 


Athos soviel wie Ossa, Oeta, 
Odenberg, Oetzberg vom gälischen 
aith, oder odh Berg, Spitze. Der 
Athos hat einen so steilen Ab- 
fall gegen Süden in das ägäische 
Meer, dass Alexander die Idee be- 
kam, den ganzen 7500 Fuss hohen 
Felsenberg in eine Statue umfor- 
ınen zu lassen; nach Norden zu hat 
er jedoch einen langgestreckten 
Rücken, oder geologisch gesprochen, 
die an der Südseite schroff abge- 
brochenen Kalk-Schichten senken 
sich nach Norden almählich; auf 
diesem Rücken liegen die bekann- 
ten griechischen Klöster, mit etli- 
chen tausend Mönchen. Der Haupt- 
flecken mit dem Sitze der Behörden 
ist Kariäs, Hochstadt, von caer 
Ort und ailh, ais hoch. Der Aet- 
na auf Sicilien kommt entweder 
von demselben aith hoch, oder von 
aithe Hitze, Feuer und nae Mann, 
denn der Berg ist ein isolirt stehen- 
der, 10000 Fuss hoher Vulkan. 

Alis, Attis, Attys angeblich 
Sohn des Herkules und der Om- 
phale, Vater desLydus, also Stamm- 
vater der Lydier; Name entweder 
von ath alt oder aidh-eis Stadt- 
mann. Ein anderer Atis war Be- 
gleiter der Kybele, erst entmannt 
und wieder von den Todten auf- 
erweckt, war er Sinnbild des Som- 
mers, oder der nach dem Winter- 
schlaf durch die Wärme wieder zu 
neuem Leben erwachenden Erde, 
weshalb ihm bei Frühlingsanfang 
ein Fest gefeiert wurde; hier kommt 
Atis von aithe Wärme lat. aestas 
Sommer oder von leas, tis Wärme 


Atismara — Atlas. 


mit vorgesetztem Artikel, woher 
das franz. tidd warm, und liola, tio- 
than, tethin, Sonne (teas-ion heisse 
Scheibe), und unser deutsches 
Süden, oder die Sonnengegend, 
desgl. Suther in der nordischen 
Mythe, der Feuer-mann tioth-air. 

Atismara, Personen-Name von 
maor Diener, Dienerin und Aodh, 
der altgälischen Form für Vesta, 
die Göttin des reinen Feuers, welche 
Form gezischt in Vesta überging, 
und mit dem griech. aithe, lat. 
ästus Hitze, ästas Sommer, und 
wohl auch mit ais, aeas Zeit zu- 
sammenhängt; denn die Zeitrech- 
nung bestimmte sich nach der 
Wiederkehr der Sommerwärme. 
Atismara lautete mit gio/, gezischt 
cil, Dienerin, Otacilla und be- 
deutet, wie gesagt, soviel als Ves- 
talin. 

Atlantis, Insel (is) des Atlas, 
sie sollte im atlantischen Ocean 
liegen, da man aber später daselbst 
keine grosse Insel fand, so glaubt 
man, sie sei untergegangen, oder 
man vermuthet Amerika darunter, 
wobin allerdings schon in ältester 
Zeit phönizische und karthagische 
Schiffe gekommen sein mögen. 

Atlas, hohes Gebirge im nörd- 
lichen Afrika, Name zusammenge- 
zogen aus Atlans, Atlant; es ist 
dasselbe Wort wie Ataranten, ein 
Volk, das im mittlern Atlas wohnte. 
Atlant ist zunächst ein Volksname, 
und bedeutet Bewohner der grossen 
Höhe, aith hoch, a’ gross, und an 
Leute, das / oder s ist angehäng- 
ter Zischlaut, Ataran bedeutet 


— 114 — Atretesheim — Atrebaten. 


dasselbe von ailk hoch und ar 
Berg. Am hintern Atlas wohnten 
die Garamanten, extremi Garaman- 
tes, von ger, ghear Grenze, maon 
Berg und dae, des Leute, die afri- 
kanischen Germanen, oder die Grenz- 
leute gegen die Sahara. Die höchste 
Kuppe des Atlas ist der stets mit 
Schnee bedeckte Milthin, mael-dun 
flacher Berg oder mael-din Berg- 
burg, der Hauptfluss die Muluia, 
mael-aha Bergwasser. Nach der 
Sage trägt der Atlas den Himmel, 
weshalb er als Titane dargestellt 
wurde, welchem nach dem abge- 
schlagenen Sturm auf den Himmel 
als Strafe aufgegeben wurde, das 
Himmelsgewölbe zu tragen. 

Atratesheim, alter Ort im Main- 
zischen vom gäl. adhıras Woh- 
nung. 

Alrebaten, zu deutsch Stadt- 
leute, Stadtbewohner, und deshalb 
Handwerker, Fabrikanten, vom gä- 
lischen ai-treabh Wohnort, aitre- 
abhat Bewohner. Die Atrebaten, 
oder belgischen Handwerker waren 
geschickt in allerhand Weberei. 
Die vlämischen Tuchweber sind 
ihre Nachkommen, bezw. Lehrlinge. 
Ihre Stadt war Atrebatum, jetzt 
Atrecht oder Arras. Diese Atre- 
baten kämpften im Verein mit den 
Nerviern einst tapfer gegen Cäsar. 
In England werden von Ptolemäus 
ebenfalls Atrebaten genannt, die 
nach Cäsar von den belgischen ab- 
stammen sollen, ihre Stadt hiess 
Calleva, oder Kaleoua, auf dem 
Wege von London nach Winchester 


(der Waldburg Winte-keaster). 


Atrecht — Atrechter. — 175 — Attacotten — Attergau. 


Kaleua bedeutetHof (00i) aufeinem | rath an Burgund kam, bis nach 


Hügel (co? lat. collis). 

Atrecht, oder Arras, Haupt- 
stadt des Atrechter Landes oder 
der Grafschaft Artois an der obern 
Schelde; sie gehörte früher zu den 
Niederlanden, kam aber durch Lud- 
wig XIV 1640 an Frankreich. Der 
Name Arras bedeutet aras feste 
Stadt, Burg, Atrecht dagegen 
kommt von der verwandten Form 
ai-treabh, welche indess dasselbe 
bedeutet. Daher die Atrebaten, 
gälich Aitreubhat ,, Stadtbewohner. 
Atrebatumhies auch Nemetacum, 
zu deutsch Heiligenstadt von na- 
ombh, neambh heilig und aidhe 
Stätte, gleich Speier, das alt Neme- 
tis hies; acum ist eine keltische 
Adjectivform, soviel als unser deut- 
sches ig, oder ich lat. icus. Bei 
Leipzig liegt auch ein Atrecht, 
oder aitreabh, welches aber inEu- 
tritsch slavisirt wurd. Ob 
Utrecht wirklich vom römischen 
Ultrajectum stammt, und nicht eber 
vom weit ältern aitreabh, bleibt 
zu untersuchen. 

Atrechter Land, oder die Graf- 
schaft Artois, latinisirt Artesia, Co- 
mitatus atrebatensis, Land der wal- 
lonischen oder belgischen Atreba- 
ten. Das Atrechter Land gehörte 
im Mittelalter erst zu Westflandern 
und kam 1180 als Mitgift der Isa- 
belle von Hennegau, Verwandtin 
des Grafen Philipp von Flandern, 
an König Philipp August von Frank- 
reich. Ludwig IX, der Heilige, 
machte es 1237 zu einer eigenen 
Grafschaft, die später durch Hei- 


Carls des Kühnen Tod Ludwig XI 
sich derselben bemächtigte. Dessen 
Sohn Carl VIII musste das Land 
aber 1493 im Vertrag von Senlis 
wieder herausgeben, und so blieb 
es bei den Niederlanden bis auf 
Ludwig XIV, der es eroberte, und 
durch den Utrechter Frieden be- 
bielt. Im Atrechter Land liegt 
unter andern noch Terouenne, 
die alte Hauptstadt der Moriner, 
verdeutscht Ternau; d. h. Wiesen- 
land vom gäl. tir Land und gwaun 
oder van, chuan, chanan Wiese. 
Moriner von muir-an, Meer-leute. 

Attacotien, zu deutsch Hoch- 
wäldler, oder Bewohner des schot- 
tischen Waldgebirges, vom gäl. aith 
hoch, Gebirg, coed Wald und dae 
Männer. Aus diesem Namen ergibt 
sich auch die Bedeutung des ein- 
fachen Namens Skoten, oder Schot- 
ten, so wie dass das s in Skoten 
nur vorgezischt ist, und nicht zur 
Wurzel gehört. 

Attenberg, alt Aettenberg in 
Baiern vom gäl. aithin Dem. von 
aith Hügel, gleich Ettenberg. 

Attergau, alt Atergau in Ober- 
östreich, früher zum Passauer 
Sprengel gehörig, rings um den 
Attersee vom Höhnhard oder Haus- 
ruckgebirg bis zum Traunsee. Er 
bildet jetzt den obern Theil des 
Hausruckviertels; der Sitz der Gau- 
Grafen war in Atersee. Kaiser 
Heinrich schenkte einst die Gegend 
dem Hochstifte Bamberg, welches 
hier Franken ansiedelte, daher die 
Orte Frankönmark und Franken- 


Attersee — Attigny. 


berg. Es liegen ferner in diesem 
Gau: Reit, alt riutal von reod 
Feld und dail Burg. Zell alt Cel- 
lae, von ceal, keal Haus, Kirche, 
Zelle. Scherfling, Skerolfinga, 
von sgor Fels, 0] gross, und fang 
Viehpferch. Powang Viehpferch 
von beo Vieh und wang Pferch, alt 
Buobenwanch, Vieh-Berg-Pferch, do 
heisst eigentlich blos Kuh, beo 
Vieh. Puch, alt Pohhe dasselbe 
von bu-cha. Waldkesing, alt 
Walz-kisinga d. h. Waldkissingen, 
letzteres von coed Wald und ka 
Ort. Forstereit, alt Foraheit, 
Fürstenort, Königsort von /or Fürst, 
und aidhe Ort gleich Foraheim, 
Forchheim beiErlangen, beide Orte 
beiVöckelmarkt. Pindorf, von bi- 
ean klein Wasser jetzt Pöndorf, 
oder von Din Berg. Pühlsbach 
bei Attnang alt Pukillspah vonbeag 
klein und alt Bach. Pichlwang 
alt Pirichinwanc Viehpferch mit 
Sennhütte von gwang oder fang 
Pferch, und bi-ruighe kleine Senn- 
hütte Kemmating alt Chem- 
mata, soviel als Kemnath und Chem- 
nitz (vergl. diese). Buchberg, alt 
Pohberg von buach Bergrücken. 
Einwalchen, alt Ein-wal-heres- 
dorf von in klein, bual Wasser, und 
aras Ort, es liegt bei Seewalchen. 
Attersee, alt A-ter-See, Berg- 
wasser von a Berg und fur Wasser, 
er liegt in Oberöstreich im Atter- 
gau und heisst auch Kammorsee, 
entstanden aus g0-muir klein Meer. 
Attigny, alt Attiniacum, Stadt 
in Frankreich an der Aisne; hier 
wurden mehrere Kirchenversamm- 


— 116 — 


Attika — Attila, 


lungen gehalten, Ludwig der Fromme 
822 zu Kirchenbusse verurtheilt, 
und Wittekind getauft. Der Name 
bedeutet wohl Eigentbum oder 
Wohnort des Atto, Otto, oder des 
Alten, was sich auf Merovingische 
Fürsten beriehen kann, die eine 
Zeit lang hier residirten (vergl. 
Attaman). 

Attika, das Land um Athen, 
Adjectivform von aidhe Ort, aid- 
hean (Athen) kl. Ort. Attica ent- 
hielt 174 Demen oder Dörfer, von 
denen 11, nebst Athen, schon von 
Kekrops, der aus Sais in Aegypten 
gekommen sein soll, 1550 vor Chr. 
gegründet waren, vorher hausten 
die Griechen oder graikoi in Felsen- 
höhlen (creagh Fels, wi Leute), 
Theseus (iuis-eus fürstl. Mann) 
vereinigte alle Demen zu einem 
Staate. 

Attila, der grosse Alte, wie er 
sowohl im Nibelungenliede dar- 
gestellt wird, als auch dem 
Wortsinne nach bedeutet, alh-U 
alt-gross, gezischt Etzel. Die 
Römer, deren Macht erbrach, nann- 
ten ihn dagegen die Geisel Gottes; 
von 434 bis 453 König der Hunnen, 
und Anführer aller rechtsrheini- 
schen keltischen, deutschen und 
slavischen Völker, überzog er 447 
Dllyrien, Thracien, Makedonien und 
Griechenland, dann Gallien, wo er 
aber 451 von den mit Westgothen 
und Burgunden vereinten Römern 
in den Catalaunischen Feldern, 
d.h. in den Ebenen derChampagne 
bei Chalons, geschlagen, und zum 
Rückzug über den Rhein genöthigt 


Atzelstein — Au, 


wurde; 152 drang er wieder in Ita- 
lien ein, zerstörte Aquileja und Pa- 
dua und starb 453 an seinem Hoch- 
zeitstage mit der schönen Ildiko, 
(im Nibelungenliede Helche, aill 
schön o:gk Jungfrau) an einem 
Blutsturze. 

Atzelstein bei Röhrenfurth an 
der Fulda in Niederhessen, hoher 
Berg mit der Burg Ludwigseck. 
Atzel von aith-il Berg - hoch, und 
Stein verdeutscht für din Burg. 

Atzenhain, in Würtemberg von 
aidhe, ais Haus, Ort, ebenso An- 
zenheim in Hessen, mit Nasenlaut. 

Au, Aue, häufiger Flussname, 
verdeutscht aus dem gäl. abh, oder 
dem kimrischen bezw. deutschen 
ach oder aha, Wasser, z. B. Mol- 
dau, Radaue. Kommt Au bei Berg- 
namen vor, so ist es die breitere 
Form für das gälische a Berg, und 
steht es statt Gau, so kommt es 
vom gäl. va Landschaft, z. B. in 
Wasag-o, Wasgau, Vogesengau, oder 
Vosag-au, deutsch Hochwaldgau; 
Hegau Berggau von aigh Berg. 
Bei Ortsnamen bedeutet Aue ein- 
mal soviel als qoi, aoib, Hof, so 
Aue in Obersachsen, gleich Aadorf 
oder Audorf; dann als häufige En- 
dung von Ortsnamen Hag oder Wall, 
oder Befestigung überhaupt, von 
cha, ka, kau, bezw. aha, acha, 
so Zwickau, Zwenkau, Spandau, 
Muskau, Moskau (oder slavisirt 
Moskow), bei Flussnamen owe, owa 
(Moldowa). Au als Wiesenfläche 
steht endlich gleich dem keltischen 
ins, ing, imn, inni, uan und wie die 
Formen alle lauten. 

Deutsch-kelt. Wöıterbuch, 


— 1 — 


Aubach — Aubusson. 


Aubach, Bach in Oberösterreich, 
alt Auuinpah vom gäl. abhan klei- 
ner Bach, in Au verdeutscht. 

Aubagne, Stadt bei Marseille, 
provencalische Form für Aubigny, 
und dies für Aubiniac, Aubiniacum, 
Ort oder Angehörige eines Aubin, 
und dieser Name wieder von aoibh 
Hof und an Mann, Hofmann, Quts- 
herr. In der Gegend wächst der 
feurige rothe Aubagner Wein. 

Aube, latinisirt Albis, Neben- 
fluss der Seine in der Champagne. 
Die Aube ist kein grosses Wasser 
im Gegensatz zur Seine, sondern 
umgekehrt; der Name kann also 
nicht wie bei der Elbe als a/-bais 
grosses Wasser, erklärt werden, 
sondern ist aus alt-bi, klein Was- 
ser entstanden oder versetzt für 
bual, bial Wasser. 

Aubenas, Stadt im südl. Frank- 
reich, an der Ardeche in den Co- 
vennen, Bergwasserstadt, a, au 
Berg, buin Wasser und ais, as Ort. 

Auberg, Berg bei Neckarzim- 
mern, ein anderer bei Oberackern 
nächst Bruchsal, ein dritter bei 
Eberbach am Neckar, noch andere 
bei Neufels und bei Jagstheim in 
Würtemberg, sämmtlich vom gäl. a 
Berg. 

Auberge, franz. Ausdruck für 
Herberge; letzteres aber nicht ein 
Ort, um Heere zu bergen, sondern 
wie die alte Form Heriburgum zeigt, 
ein fester Ort für Unterbringung 
der Heerden, oder ein Pferdestall 
für die Reisenden, von kur Heerde 
und bwr‘, bwrg, fester Ort. 

Aubusson, Stadt im mittlern 

12 





auch — Auch. 


Frankreich in der Berg- und Wald- 
Landschaft Marche, einer Unterab- 
theilung desLimousin an der Crouse; 
alt Albucio, Berg-Wald-ort, oder 
Hochwaldort, von al hoch, pis, bois, 
bus, Busch und dae, tio, Ort. Die 
Creuse hiess alt Crosa, cruadh- 
aha Felsen- oder Bergwasser, 
deutsch Krottenbach. Unterhalb 
Aubusson an der Creuse lag ein 
Crosentum, Berg-wasser-burg, cru- 
adh-ean, din oder dun; wie es 
scheint, das heutige Gleny (glin 
Burg). Die Limusiner March bildete 
entweder eine Zeitlang die Grenze 
des alten Franciens gegen die Aqui- 
tanen, oder 68 war ein grosser ge- 
meinsamer Wald (ein a/muind) von 
meirghe Genossenschaft. 

auch, diese Partikel lautet im 
Keltischen och, ocus, bedeutet aber 
hier soviel als „und“, daher in deut- 
schen Volksmundarten der Aus- 
druck och bald für „auch“ bald für 
„und“ gebraucht wird; im Grunde 
haben „auch“ und „und“ denselben 
Sinn. 

Auch, Stadt in der Gascogne, im 
Bezirk Armagnac am Gersfluss, alt. 
Ausci, griechisch Joskoi, Wasser- 
anwohner, Adjectivform von uisge 
Wasser. In Römerzeiten hiess der 
Ort Augusta,noch älter Clim-ber- 
ris, d. h. grosse Veste oder Was- 
serveste, von clin Burg und borr 
gross (vergl. Hliberis) oder Dior 
Wasser. In Italien gab es ein Volk 
der Osker, zwischen Rom und Nea- 
pel am Meere, sonst auch Opiker 
genannt von abh, obh Wasser. Es 
gehörten ihnen an die Volsker von 


— 178 — Auckland — Audenarden. 


bual Wasser, bualiski Wasserliche, 
Wasserleute. Der Name Gerskommt 
von caoir Wasser, und endlich die 
Form aus-ka von uis Wasser und 
ka Hag, Pfahlwerk, Pfahlbau. 

Auckland, Marktflecken in der 
Grafschaft Durham in England. Da 
der Ort kein Land ist, so kommt 
hier land von /ann Scheune, Vor- 
rathshaus und auck von oiche 
Wasser. In derselben Grafschaft 
liegt auch Sunderland, welches 
von ton, tund, Wiesenland, Weide- 
land, er gross und /ann Scheuer 
kommt; denn in dieson Gegenden 
wird das fette Durhamvieh gezogen. 
Die Stadt Durham, nach welcher 
die Grafschaft benannt ist, wird 
fast rings vom Flüsschen Wear 
(gouer Wasser) umflossen, und 
heisst darum dwr-om, Wasser-heim 
oder Wasser-ham. 

Aude, Flüsschen bei Carcassonne 
im Languedoc im südl. Frankreich, 
alt Atax, Bergwasser von aith hoch, 
Berg und uisge Wasser oder ad 
Wasser und aiyh Berg. An diesem 
Atax in den Ostpyrenäen wohnten 
einst die Ataciner. Carcasona mit- 
telalterlich, Carcaso in Römer Zei- 
ten bedeutet Ort, Burg, ois, bezw. 
dion, din, dun, am kl, Wasser, 90- 
earg. 

Audenarden, oder Oudenarde, 
Stadt und alte Baronie in vlämisch 
Flandern, an der Schelde. Die alte 
Burg der Barone, Pamele genannt, 
liegt noch mitten in Audenarden. 
Der frühere Name war Aldenarde 
zu deutsch Wasserburg von alt 
Wasser altan kl. Wasser und art 


RE 





Audh — Auelgan, 


Stadt, Burg; dasselbe bedeutet die 
alte Phahlburg Pamele von beum 
Wasser und //e Stätte. (Vergl. 
Baumbach in Hessen.) 

Andh, Aude, Oude, äusserst 
fruchtbare Landschaft im indischen 
Tieflande mit der Hauptstadt Luck- 
now am Gumty, Nebenfluss des 
Ganges; /aetlh, failh, und da das 
ff im Keltischen jetzt noch gewöhn- 
lich nicht, oder blos wie w oder u 
ausgesprochen wird, uade bedeutet 
fruchtbares Land (daher das süd- 
_ deutsche Lewat von leo oder Zliw 
Aerndte und u«ade). Luknow ist 
loc-nua Ort-neu, undGumtyFluss- 
klein von gunn-di. 

Audierne, Stadt an der West- 
spitze der Bretagne an einem Flüss- 
chen, das nahe dabei in das Meer 
mündet; dierne ist fuaran Ort- 
schaft, au bedeutet hier Berg oder 
Wasser je nach der Lage (vergl. 
au)ı Nahe dabei liegt Duarne-nez 
ebenfalls von /uaran, oder duaran 
mit naoth Wasser. Nach diesen 
Orten sind die Bayen von Audierne 
und Duarnenez benannt. 

Auelgau, Avelgau, die Land- 
schaft, welche dem Dekanate Sieg- 
burg am Rhein und an der untern 
Sieg entspricht; es finden sich darin 
die Orte Auelgass (von coed 
Wald) und Auelrath (von rathı 
Veste) bei Siegburg, dann der Wald 
Auelgarten, (gaard einge- 
hegter Ort) und die Dörfer Auel- 
beck, Ober Auel, endlich der Berg 
Auel, von @ Berg und il gross. Der 
Gau gehörte zum Erz-Bisthum 
Cöln, wie der Deutzgau und Kel- 


— 19 — 


Auenhofen — Auerbach. 


dachgau und war ursprünglich von 
Ubiern und dann von den Tenkteren 
bewohnt. In dem Auelgau liegen 
noch Vilich an der Sieg und Königs- 
winter. Hunbech dagegen gehörte 
in den südlich daran grenzenden 
Engersgau. Bi-lich ist kleiner 
Ort von bi und loc Ort. Hunbech 
kommt von ean Bach; Königs- 
winter von gwydd Wald und air 
Leute, also Königs-Wald-Lente, 
Forstleute.e Der Name Auel-, oder 
Avelgau bedeutet entweder gross 
Wassergau, Rheingau von abh Was- 
ser und i/ gross, und fällt dann 
mit dem Namen der Ubier zusam- 
men, die Wasser- oder Rheinanwoh- 
ner waren (von abh Wasser), aber 
von den hinter ihnen wohnenden 
Tencteren d.h.den Waldleuten (von 
ton Wald) über den Rhein getrie- 
ben wurden, und sich dann bei Cöln 
niederliessen; — oder aber Auel 
bedeutet grosser Berg von « Berg 
und &/ oder u! gross, und bezieht 
sich dann auf das Siebengebirg, 
welches in demselben liegt. In w/ 
liegt noch der Begriff schrecklich, 
eine Andeutung des Drachenfelses. 
Auenhofen, bei Leutkirch, alt 
Ufhova, uufhova vom gäl. aoibh, 
Erbhof, Erbgut. Hofa, Hof, hofen 
ist die verdeutschte Form für aoibh, 
hier als Uobersetzung angehängt. 
Auerbach, häufig vorkommender 
Bachname, desgl. von Städten und 
Dörfern, die an solchen Bächen lie- 
gen, so Auerbach in Obersachsen, 
ferner in der Oberpfalz, und an der 
Bergstrasse, unterhalb des Auer- 
bergerschlosses; dann ein Auerbach 
12* 


Auersberger. 


bei Brückenau in Franken. Andere 
Formen für auer sind Horobach, 
jetzt Gleishorbach in der bair. 
Pfalz ; Hoirunbach in Baiern, Horn- 
bach bei Zweibrücken, Hurbach 
(jetzt Auerbach) in Würtemberg, 
und Hurenbach in Oestreich. 
Alle diese Formen kammen von 
gouer, oder caor, caoir Bach, aspi- 
rirt chuer, huer, bezw. von der 
Deminutivform choran, huran, horn, 
caoiran, hoiran. 

Auerberger Schloss, wieder her- 
gestellte Burgruine an der Berg- 
strasse am Südabhang des Malchen- 
berges. Die Burg entstand aus 
einem alten Ringwall, dessen Ueber- 
bleibsel noch in mächtigen Gräben 
und Wällen sich erhalten haben. 
In diese Burg mit ihren Wällen zo- 
gen sich nach uraltem Brauche die 
Bauern der Umgegend, als 1674 die 
französischen Mordbrennerbanden 
das Rheinthal verheerten; sie wur- 
den daselbst belagert, machten 
mehrere glückliche Ausfälle, wur- 
den aber endlich von Türenne über- 
wältigt, der einen geheimen Gang 
in die Burg auffand. Türenne, von 
dessen Edelmuth wohl die Franzo- 
son und ihnen nachsprechend auch 
manche deutsche Historiker viel 
zu erzählen wissen, weshalb sein 
Denkmal bei Sasbach in der Orte- 
nau, wo er von einer Österreichischen 
Kugel niedergestreckt wurde, auch 
aufs sorgfältigste bewahrt wird, die- 
ser Türenne lies nach der Erobe- 
rung der Burg nicht nur alle Wehr- 
fähigen, sondern Alles, alt wie jung, 
Weiber und Kinder abschlachten. 


— 180 


— Aueroehs — Auerspetg. 


Er übertraf hierin noch den ebenso 
viel gerähmten Cäsar, der in Uxe- 
lodunum, einer Felsenburg in Frank- - 
reich, einst der ganzen dahin ge- 
flüchteten keltischen Besatzung, die 
sich aus Wassermangel ergeben 
musste, die Hände abhacken liess. 
Ausser dem Auerberg finden sich 
an der Bergstrasse noch Spuren von 
Bingwällen auf der Starkenburg bei 
Heppenheim, die schon 1064 unter 
dem Namen Zurch-il-don als Burg- 
gross-Berg bezeichnet wurde; dann 
bei Niederburbach nördlich vom 
Malchen; auf dem Heiligenberg bei 
Heidelberg, und auf der Schauen- 
burg bei Dossenheim etwas nörd- 
lich von dem Heiligenberg, während 
das Kloster Lorsch nach altkelti- 
scher Weise auf einer Insel in der 
Weschnitz bei deren Ausfluss aus 
dem Lorscher See durch Sumpf- 
befestigungen einen Rückhalt gegen 
Ueberfälle bot. Der Name Auer- 
berg kommt von a, au Berg und er 
gross. 

Auerochs, bos urus, im Nibe- 
lungenliede blos Ur, zu deutsch 
wilder, schrecklicher Ochse von ar, 
or, ur gross, wild, raub, schreck- 
lich. Der Auer-hahn, tetrao uro- 
gallus, der grösste unserer Hähne, 
hat seinen Namen ebendaher. 

Auersperg, ein Adelsgeschlecht 
in Öestreich, welches aus Schwaben 
stammen, und von dem Schlosse 
Ursberg seinen Namen führen soll. 
Im 11 Jahrh. sei es nach Krain ge- 
zogen, und habe dort die Burg 
Auersberg erbaut. Auers und urs 
kommen von aras Burg. Das Ge- 


Aufhausen -- Augau. 


schlecht der Auersperge, das sich 
in viele Linien theilt, lieferte Oest- 
reich mehrere Feldherrn; so schlug 
Andreas von Auersperg 1593 die 
Türken an der Sulza. In unsern Ta- 
gen viel genannt ist der unter dem 
Namen Anastasius Grün aufgetre- 
tene Dichter Anton Alexander, Graf 
von Auersperg. Die Form Auers- 
berg steht gleich Arras, Euras- 
burg, Eresburg, Arsberg, dann Ers- 
heim, Harreshausen, Orschweiler, 
Auerstädt, Auerswald. 

Aufhausen bei Geislingen, desgl. 
bei Neresheim und Heidenheim in 
Würtemberg,, vom gälischen aoibh 
oder aoi Hofgut. 

Aufhofen bei Biberach in Wür- 
temberg, altUfhova, vom gäl. aoibh 
Erbgut, Hof, dasselbe was Auen- 
hofen. 

Au-gau oder Auganagau, Land- 
schaft an der Weser mit dem Haupt- 
orte Corvey. Aufdemrechten Weser- 
nfer ging der Gau (der zum Pader- 
borner Sprengel gehörte) bis auf 
den Solling, im Norden grenzte er 
an den Thilitigau (Thalgau), welcher 
die Thalorte auf beiden Seiten der 
Weser bis Oldendorf umfasste, im 
Westen an den Solling- oder Suilber- 
gau, im Süden an den Nitegau (an 
der Nite), und im Westen an das 
Waldland des Huetigaues (von coed 
Wald). Im Augau lagen auf dem 
rechten Weserufer Luchtringen, 
alt Luhtringi, klein-Feldleute von 
lu, Zug klein, freann Feld und wi 
Leute, os liegt an der Weser unter- 
halb Corvey; dann Holtesmynne 
oder Holtesmenni, Holzminden, 


— 181 — 


Augan. 


an der Mündung eines Baches (alt, 
olt, verdeutscht Holz, gleich Bach, 
und men Mund, Mündung). Oberbalb 
Holzminden an demselben Bache 
oder alt, Deminutiv altan, liegt 
Oldendorpe, Bachdorf, nicht al- 
tes Dorf; denn die ursprünglich gä- 
lischen Dörfer sind alle alt, man 
kennt von keinem dessen erste Grün- 
dungszeit; Bofzen, alt Boffeshus, 
entweder gleich buches Melkplatz, 
oder von bi-abh kl. Wasser,-an wel- 
chem es liegt; Wiergessen, alt 
Wergesi oder Wiri-esi, Wasserort, 
von bior und ais Ort; es liegt hart 
an der Weser, Herstall gegenüber; 
Forst, alt Varstan, Fersthan, von 
bar Fürst und /an Land oder ion 
Wald, gleich Barrus; Bevern, klein 
Wasser bi-bior, und nae Leute; 
Meinbragtessen, jetzt Meinbrexen, 
Berg-Thal-ort, von main Berg, brag, 
brax Thal und iosda Ort. Auf dem 
linken Weserufer liegen Corvey, 
alt Corbeja, oder nova Corbeja, al- 
tes Kloster, das erst auf dem Sol- 
ling stand, deshalb Neu-Corvey ge- 
nannt, von caer, cor Ort und by 
klein; dann Höxter, alt Huxaria 
oder Huxari, von uisge Wasser und 
ri Ort. Sodann liegen noch in die- 
sem Gaue: Stael, alt Stalo, Stela 
an der Weser, entweder von daile 
Burg oder von di klein und /le 
Stätte; Bödexen, alt Bodikeshus 
(franz. boutique), Kuhhaus von bu 
Kuh und teagn, tigh Haus, taigheas 
Häuser; Tonnenburg an der We- 
ser, alt Thiunun, daingean (Thien- 
gen, Tübingen) Burg, Donjon; 
Maygadessen, alt Meyngoteshu- 





Augau. 


sun, Berg-Waldhaus, von main Berg, 
gwyddaWeald und aithe, iosdaHaus ; 
Bosseborn, alt Boffesburiun, von 
buches, Melkplatz, Viehpferch (beo, 
bu Vieh, Kuh, ches, cas eingefrie- 
digter Raum), Burion dasselbe von 
buar Vieh und ion Ort; Sülbke, 
ein Berg bei Holzminden, altSulbeke, 
von {ul Berg und dbuach Bücken; 
Altenbergen, alt Althean berga, 
von.ailtean, kleinesHaus; Bremer- 
berg, alt Breme, von bre Berg und 
ma Stätte; Löwendorf, alt Liau- 
eringthorpe, klein-Felddorf von ji 
klein oder /ia Wasser und reann 
bezw. ban Feld; Derenthal an der 
Weser, alt Divernthal, kl. Wasser- 
thal, von di klein und Dior Wasser, 
thal kann auch daile, Burg, bedeu- 
ten. Im Augau, nahe der nördlichen 
Grenze desselben bei Forst oder in 
dem Fürstenwalde lag das Schloss 
Eberstein (zu deutsch der Felsen- 
berg, von pyrn, bern steile Berg- 
spitze, oder bar steiler Berg, din 
Burg, verdeutscht in Stein und dem 
vorgesetzten Artikel e oder y), auf 
welchem die Grafen von Eberstein 
hausten, deren Güter, Ohsen und 
Grohnde an das Stift St. Bonifacii 
zu Hameln, schliesslich an Braun- 
schweig, Brakel aber an Preussen 
kamen. Ohsen ist oisan, kl. Burg, 
Grohnde kommt von cron Burg 
und dae Leute, Brakel von brac 
Thal und Zle Stätte. Der Name 
Aug-a oder Aug-ana endlich kommt 
von oichean oder uisgean Wasser 
und a, o Gau. Die Gaugrafen dieser 
Wasser- oder Thal-Landschaft wa- 
ren die Grafen von Nordheim, als 


— 182 — Augenbraue — Augesgan. 


Stiftsvögte von Corvey ; später dräng- 
ten sich die Grafen von Schwalen- 
berg als Viceadvocaten des Klosters 
mit ein, und bekamen allmälig die 
Verwaltung des Gaues auf der rech- 
ten Seite der Weser. 

Augeabraue, altdeutsch bra, 
brawa, gälisch Dra, braoi; da bra, 
bre, broin auch Berg bedeutet, so 
ergibt sich daraus der ursprüngliche 
Sinn für Augenbraue oder Braune, 
nämlich Erhöhung über den Augen, 
Augenberg. 

Augesgau, Ogesgau, Owesgau, 
Ougiskewe oder Ougeskowe; dann 
nach der Romanisirung von Augs- 
burg in Augusta Vindelicorum, glei- 
cherweise in Augstgau oder August- 
gau umgewandelt, denn Augsburg 
war darin der Hauptort. Den Kern 
dieses Gaues bildete das Lechfeld, 
und daher sein Name, der älter ist 
als dieRomanisirung von Angsburg‘; 
ouges kommt nämlich vom kelti- 
schen oiche oder uisge Wasser, also 
Lechgau, Lechfeld; die Form ouges 
war wohl für die Römer der Anlass, 
der von ihnen an der Mündung der 
Wertach in den Lech erweiterten 
Stadt den Namen Augusta zu geben. 
Zu dem Auges- oderLechgau gehör- 
ten ausser dem Lechfelde noch in 
weiterem Sinne der Keltenstein mit 
dem Wertachthale, und der Lech- 
rain, d. h. der hügelige Rand des 
Lechthales gegen Baiern zu, von 
den Alpen bis hinab zur Donaumark, 
wo die Hügel verschwinden. Im 
Augesgau lagen zu Römerzeiten: 
Concio(Versammlungsort) Legio- 
num, jetzt Gunzenlech; Adho- 


Angias. 


vas (bei den Höfen), jetzt Lands- 
berg (lan bedeutet Scheune); Apo- 
discum, latinisirt für abha Was- 
ser und feagh Ort, jetzt Epfach; 
Esconova, von uisgeanklein Was- 
ser und aoibh oder aoi Hof, jetzt 
Schongau; Wezzinbrunn, Wesse- 
brunn, von wisge Brunn; Stett- 
wang bei Kaufbeuern, alt Steti- 
wang, von stuad Wall und fang 
Pferch, also fester Viehhof; Forz- 
heim, jetzt Pforzen an der Wer- 
tach (alt Virdo von /eor, for 
Bach und di klein im Gegensatz 
zum Lech), Pforz für Jordd, oder 
Arwdd Furt; Zusoilinga, jetzt 
Schliengen, von di kl., sua Bach 
und /0ng Ort an der Wertach; Hu- 
gehus, jetzt Heusen, von choich, 
coiche Hütte, Haus, bezw. von 
iosda, was dasselbe bedeutet; He- 
riscella, jetzt Hirschzell, von har, 
heri Heerde und keal Vorraths- 
haus, Keller, auch Zelle; Büren, 
alt Burron, von buar Rindvieh und 
on, ion Ort; Firinesvilla, von 
fearann Feld (Firnweiler?). Zum 
Augesgau wurde auch die Failau, 
am untersten Theile des Lech bei 
Wertingen und Märdingen gerech- 
net; zu andern Zeiten gehörte sie 
zum Burggau, der westlich an sie 
stösst (vergl. Failan). 

Auglas oder Augeias, Augeas, 
ein reicher Ochsen-mann, oder Vieh- 
besitzer, auch König von Elis im 
Peloponnes, dessen Ställe so mit 
Mist überladen waren, dass Herku- 
les die Flüsse Peneus und Alpheus 
in dieselben leiten musste, um sie 
rein zu bekommen. Ych, yg bedeu- 


_ 189 — 


Augsburg. 


tet im Kymrischen Ochse,, und eus 
Mann. 

Augsburg, latinisirt Augusta 
Vindelicorum, wurde schon von 
den Vindelizischen Rhätiern ange- 
legt, und war damals eine wisge- 
oder aighe-Burg, d. h. eine Wasser- 
oder Bergburg, je nachdem sie erst 
am Lech bezw. der Wertach, oder 
schon anf der Höhe angelegt wurde, 
wo sie jetzt steht. Drusus verlegte 
eine römische Colonie hierher, und 
von da an hies die Stadt Augsburg. 
Eine Menge anderer Städte wurden 
von den Römern in gleicher Weise 
Augusta getauft, ohne dass sich 
dieser Name forterhielt, wohl des- 
halb, weil er mit den frühern kelti- 
schen Namen keins Aehnlichkeit 
hatte, und deshalb dem Volke fremd 
blieb. So war Straubing Augusta Aci- 
lia getauft worden; Regensburg Aug. 
Tiberü; Speier Aug. Nemetum; Lu- 
xemburg Aug. Romanduorum; Trier 
Aug. Trevirorum; Worms Aug. Van- 
gionum; Genf Aug. Allobrogum; St. 
Di6 Aug. Dea; St. Quentin Aug. Ve- 
romanduorum; Troyes Augustobona; 
Soissons Aug. Suessionum; Turin 
Aug. Turinorum; Busignano Aug. Ba- 
tiennorum; Astorga in Spanien Aug. 
Asturica; Braga in Portugal Aug.Bra- 
carum; Merida Aug. Emerita; Cadix 
Aug. Julia Gaditans; Torquemada 
Aug. nova; Saluzzo in Piemont Aug. 
Vagiennorum; Trebi Aug. Treba; Ve- 
sunno Aug. Vesunna; dann in Sieben- 
bürgen Karlsburg oder Weissenburg 
(uisge-burg) Aug. Colonia Apulum; 
Martos Aug. Gemella, und eine 
Menge anderer, namentlich auch in 


Augsburg. 


Vorderasien Erhalten haben sich 
blos Augst bei Basel, Aosta am St. 
Bernhard, Astigi (Augusta firma), 
was übrigens noch eher von aisteagh 
hoher Wohnort, abgeleitet werden 
kann, dann Aousti im Lande der 
Tricastiner. Cöln, römisch Aug. Co- 
lonia Agrippina, kann ebensogut sei- 
nen Namen von Colonis, als von 
giol-nae Wasserlente, führen, wie 
Cöln in Berlin und bei Meissen. 
Nach dem Sturze der Römerherr- 
schaft fiel Augsburg in die Hände 
der Juthungen, d. h. wahrscheinlich 
aus Jütland gekommener Schwaben 
bezw. Alemannen; denn so ver- 
schieden auch diese ins Deutsche 
übergegangenen keltischen Namen 
lauten, so beziehen sie sich doch 
auf ein und dasselbe Volk. (Vergl. 
Jüten u. 8. w.) Unter Karl dem 
Grossen kam die Stadt wieder in 
Aufnahme, im 13. Jahrhundert be- 
gannen ihre reichsunmittelbaren Ge- 
rechtsame; bis in neuere Zeit war 
sie stark befestigt. Das Rathhaus, 
wohl das schönste in Deutschland, 
wurde 1620 nach sechajähriger Ar- 
beit vollendet. Im bischöflichen Pa- 
laste wurden 1530 die lutherischen 
Glaubensartikel, die von Melanch- 
thon verfasste sog. Augsburger Con- 
fession, Kaiser Karl V übergeben. 
Die gothische Domkirche mit ihren 
aus dem Jahre 1043 stammenden 
ehernen Thorflügeln gehört zu den 
bedeutendsten Denkmalen mittelal- 
terlicher Kunst. Das Kloster zu St. 
Ulrich und St. Afra war früher 
reichsunmittelbar. Die Fuggerei in 
der Jacobsvorstadt, ein ursprünglich 


— 14 — 


Augsburg. 


aus 106 kleinen Häusern bestehen- 
des Stadtviertel mit drei Haupt- und 
drei Nebenstrassen wurde I51% von 
den Brüdern Ulrich, Georg und Ja- 
cob Fugger für arme Bürger erbant. 
Die Fugger stammen von Johannes 
Fugger aus dem Dorfe Graben bei 
Augsburg, der 1370 nach Augsburg 
zog, und als Leineweber in den Rath 
kam. Seine Söhne hiessen Andreas 
and Jacob, und trieben bedeutenden 
Handel; deren Söhne sind die oben 
erwähnten Drei, welche die Fuggerei 
erbauten. Kaiser Maximilian erhob 
die Fugger in den Adelsstand, Carl V 
1530 in den Freiherrn- und Grafen- 
stand. Anton Fugger, der reichste 
unter ihnen, hinterlies an baarem 
Gelde über 6 Millionen Goldkronen. 
Diesen Reichthum erlangten sie be- 
sonders dadurch, dass sie das Mo- 
nopol des Gewürzhandels für ganz 
Deutschland fast ein Jahrhundert 
hindurch besassen. ZumBisthum- 
sprongel von Augsburg gehörten 
diejenigen suevisch - alemannischen 
Lande, welche die Jütinger besetzt 
hatten, nämlich alle Gaue zwischen 
Lech und Iller bis an deren Quellen 
in den Alpen; daun auf dem nördli- 
chen Donauufer der Aalbuch, der 
Brenzgau, das Hertfeld, das 
Ries, der Virgundwald, der 
Nebelgau (bei Aichstruth)und das 
obere Ramsthal mit dem Hohen- 
staufen und dem Bechberg; Ulm 
dagegen gehörte zum eigentlich ale- 
mannischen Bisthum Constanz. Auf 
dem Südufer derDonau umfasste das 
Jütinger Bisthum den Burgau, 
den Illergau, das Lechfeld, 


Augst. 


oderdenAugesgau,denKelten- 
stein und den Algau. Die Be- 
sitzungen des Fürstbischofs von 
Augsburg fielen jedoch nicht ganz 
mit dem Kirchensprengel zusammen, 
sondern hatten einen geringern Um- 
fang, namentlich war fast alles Land 
nördlich an der Donau in den Hän- 
den reichsunmittelbarer Dynasten 
oder Städte; im Burgau hatten die 
Fugger grosse Besitzungen, und 
Mindelheim mit der Herrschaft 
Schwabeck im Illergau war bairisch 
geworden. Blos im Algan und Lech- 
feld bildeten die Besitzungen des 
Fürstbischofs ein zusammenhängen- 
des Ganze. Im 12. und 13. Jahrh. 
gehörten auch der Ammergau und 
Pietengau nebst der Grafschaft 
Moringen und dem Amte Staufen, 
sämmtlich rechts vom Lech, zum 
Fürstenthum Augsburg. Die Streck, 
zwischen Lech und Wertach über dem 
Lechfeld hies Strassenvogtei; 
der Keltenstein umfasste dieWertach- 
quellen und das Amt Schongau; 
das Illergebiet oberhalb Kempten 
hies der Albgau. 

Augst, lat. Augusta; es gibt 
mehrere Augst, das eine bei Basel 
heisst Basel-Augst, lateinisch Au- 
gusta Bauracorum, weil im alten 
Lande der Rauracher, eines kelti- 
schen Volksstammes, gelegen ; jetzt 
ist es ein Dorf mit Ueberresten der 
alten römischen Stadt. Das andere 
ist Wälsch-Augst, oder Auost, 
italienisch Aosta, lateinisch Augusta 
prastorica im alten Lande der kel- 
tisch-ligurischen Salasser, im Ang- 
ster Thale am Südfusse des St. 


— 185 — Augurn — Augustomagas. 


Bernhard, zu Savoyen gehörig mit 
mehr französischer als italienischer 
Bevölkerung. Bei Basel-Augst liegt 
noch Kaisersaugst, ein Dorf, das 
früher Österreich-kaiserlich war. 
Augurn, römische Weahrsager, 
oder Priester, welche aus dem Fluge 
der Vögel Gläck und Unglück vor- 
her verkündeten; au steht statt avis 
lat. Vogel, und gur, kymrisch gwr 
Mann, gleich air im Gälischen. Na- 
mentlich waren es dis Hühner, aus 
deren Fresslust der Gang des Krie- 
ges vorhergesagt wurde; deshalb 


folgten jedem Heere ein Pontifex, 


einige Auguren und der Pullarius 
mit seinem Hühnerkasten. Die la- 
teinische Form für augur war aus- 
pex, avispex, Vogelinspector. 
Augustomagus, Augustusfeld- 
oder Stadt, denn das gälische magh 
Feld wurde oft auch Stadtname, wie 
bei Worms, Borbetomagus, indem 
die auf den Feldern angelegten Höfe, 
die mogh hiessen, allınälig zu Dör- 
fern und Städten anwuchsen. Sen- 
lis in der Isle de France, nordöst- 
lich von Paris hies einmal Augusto- 
magus, dann auch Silvanectes, Wald- 
berg-Ort, von aighe Berg und tas 
Ort; silvani ist eine von den Bö- 
mern beigegebone Uebersetzung und 
bedeutet Waldleute; Sen-lis besagt 
wieder dasselbe, kommt aber von 
ton, son Weld und Ilys Veste. 
Beauvais war Caesaromagus, Cä- 
sars Hof oder Feld getauft. Rouen 
hies alt Rotomagus, Feldhof, von 
rodh Feld und maghHof. Noyon, 
nua-ion Neu-ort, hies latinisirt No- 
viomagus, oder Novionum. Von sol- 





Augustus — Aula, 


chen halb keltisch halb römischen 
Namen erhielt sich beim Volke 
schlicsslich immer derjenige, wel- 
cher ihm am mundgerechtesten war. 

Augustus, Beiname des Cajus 
Julius Cäsar Octavianus, der 44 
Jahre hindurch Rom als Alleinherr- 
scher regierte. Er stammte aus Ve- 
liträ (Veletri) im Lande der Volsker 
aus der angesehenen Familie der 
Octavier. Der Beiname Augustus 
ist schon vielfach gedeutet worden, 
z. B. als der Glänzende vom griech. 
augäeus, eine Deutung, die auch auf 
den Ochsenkönig Augias in Elis an- 
gewandt wurde; die nächstliegende 
ergibt sich aus cadr heilig, lat. 
. castus, deutsch God oder Gott, mit 
vorgesetztem kimbrischen Artikel 
au oder y, a, und dem nachgesetz- 
ten eus, us Mann, der heilige oder 
göttliche Mann. Der gewöhnliche 
lateinische Sinn von Augustus ist 
der Erhabene; es hat sich dieser 
jedoch erst ans dem ursprünglich 
keltischen entwickelt; denn jedes 
Wort, das aus mehreren Sylben be- 
steht, ist auch aus mehreren Wur- 
zeln entstanden, mögen os nun 
selbstständige Worte oder nur An- 
hängsel oder Vorlaute sein. Latei- 
nisch und Griechisch sind aber blos 
eigenartig entwickelte keltische 
Mundarten. 

Aula, Ober- und Niederaula am 
Aulabache oberhalb Hersfeld in Hes- 
sen. 778 kommt in einer Urkunde 
Karls des Grossen für Niederaula 
die Form Ovlaho vor, von abh-lee 
Wasserstätte, später Ovilah, Owi- 
laha, Owela, Oula, entstanden aus 


— 186 — 


Aulerker — Aulne, 


y-bial-acha die Wasserburg, oder 
aus y-bail-aha die Btadt-am-Was- 
ser. Aula war hersfeldisch, dann 
thüringisch und schliesslich hes- 
sisch. Bei Niederaula lag die Glu- 
burg, cli Burg. Der Bacliname Aula 
kommt von alt-li-aha Wasser-klein, 
im Gegensatz zur Fulda, in die er 
mündet, und ist dem Stadtnamen 
angepasst. 

Aulerker, Loireanwohner, al- 
oder ul-eargui gross-Wasserleute. 
Aulerker wohnten sowohl an der 
obern Loire unterhalb Roanne bei 
Charolles, als am Loir bei le Mans 
in der Maine. Die erstern hatten 
den Beinamen Brannovices (Fürsten- 
Dörfler, von braine Fürst und wig 
Dorf), die andern Cenomani (Wald- 
leute, von /on, twynBuschwald und 
maon Mann. Eine Abtheilung der 
Cenomanen zog mit Belluves 400 
Jahre vor Christus nach Italien und 
siedelt sich bei Brixia (Brescia) 
und Verona an, nachdem sie die li- 
gurischen Libier von da vertrieben 
hatte. Die Brannowiger Aulerken 
gehörten zur Eidgenossenschaft der 
Aoduer, und betheiligten als solche 
sich ebenfalls an den Zügen nach 
Italien. Die Aulerker an der mitt- 
lern Loire theilten sich in drei Unter- 
abtheilungen, nämlich in Eburo- 
vikor (bei Evreuz, Reiterstadt), Ce- 
nomanen, Waldleute bei Mans und 
Diablinten oder Diauliten von di 
klein, abh Wasser und glinn Veste, 
oder /iys Veste bei Laval (/ua- 
bail) Wasserstadt. 

Aulne oder Auneo, Flüsschen in 
der Bretagne in Frankreich, bei Brest 








Aums — AÄupe. 


in den atlantischen Ocean mündend, 
von ean Wasser bezw. alt-na Was- 
ser klein, oder versetzt für /ua-an, 
was dasselbe bedeutet. 

Auma, Städtchen bei Neustadt 
im Weimarschen Theile von Thürin- 
gen, ma Stätte an der Au oder aha, 
d.h. am Wasser. 

Aumale, alt Albemarla, Städtchen 
in der Normandie, an der Grenze 
der Picardie, einst Sitz einer Graf- 
schaft, die aber zu Lothringen ge- 
hörte, weshalb sich mehrere lothrin- 
gische Fürsten Herzoge von Aumale 
nannten, ebenso wurde der vierte 
Sohn Ludwig Philipps, Königs von 
Frankreich, Duc d’Aumale titulirt. 
Die Grafschaft erstreckte sich längs 
des Bresle-Flüsschens von Anmale 
bis zum Meere, Eu (alt Arcae) lag 
ebenfalls darin. Was die Namen 
betrifft, so kommt Bresle von 
braht, froud, frath Wasser und li 
klein, A/be-mar-Ile ist Bach-gross- 
Stätte, und earc-ae sind Wasser- 
leute, Seeleute; Eu bedeutet das- 
selbe, kommt aber von aa, ieo, ey 
Wasser. . 

Aumont, französischer Bergname, 
von dem das Geschlecht der Aumont 
seinen Namen führt; d, au Berg 
und mont die Uebersetzung davon, 
oder y, a, au Artikel, und mont für 
mmwnt Berg. 

Anpe, Aupa, Nebenfluss der Elbe 
in Böhmen; sie entspringt anf der 
Schneekoppe, stürzt in den Riesen- 
grund hinab und bildet den grossen 
Aupefall; Name von nbha, obha 
Wasser, gleich der Oppa in Ober- 
Schlesien, und hundert anderen 


17 — 


Auras — Auress. 


Flüsschen, deren Name von abh 
herkommt. “ 

Auras, Ort beiMittewalde an der 
Drau, desgl. in Schlesien, früher 
Auris, beides vom gälischen aras, 
kimbrisch aros, Haus, Wohnort, 
Burg, gleich Euras, Aras, Eres- 
burg u. s. w. 

Auray, Stadt in der Bretagne in 
Frankreich, am Einfluss des Auray- 
flüsschens ins Meer; Name der Stadt 
von aa, au Wasser und ra, ri, rai 
Stätte ; der Flussname earg-aha ist 
nach dem Stadtnamen umgeformt. 

Aurelius, römischer Personen- 
name, aur, or Berg und :/ hoch, 
oder oill Fels, Gebirgsmann, Be- 
wohner einer Felsenburg. Cajns Do- 
mitius Aurelianus, röm. Kaiser von 
270—276, erst Feldherr der Trup- 
pen in Mösien, und von diesen zum 
Kaiser ausgerufen, vertrieb die Mar- 
komannen, bezw. die jutungischen 
Alemannen wieder aus Italien, ver- 
lor aber die Walachei an die Gothen, 
besiegte die Zenobia von Palmyra, 
und fiel auf einem Zuge gegen die 
Perser durch eine von seinem 
Geheimschreiber angezettelte Ver- 
schwörung. 

Auress, hoher Gebirgsstrich im 
südlichen Atlas an der Grenze von 
Tunis, Algierund Biledulgerid, Name 
or-aith Berg-hoch. Die Bewohner 
desselben sind weisser als die übri- 
gen Berbern, man will deshalb in 
ihnen Nachkommen der Vandalen 
“erkennen; die Gälen waren aberauch 
weiss und blauäugig, und erhielten 
deshalb ihren Namen (geal, weiss) 
im Gegensatz zuden schwarzhaarigen 





Aurich — Auser. 


mit Hunnen gemischten Kymmern 
oder Nordleuten (gheam, Norden, 
Winter). 

Aurich, Stadt in Ostfriesland in 
einer weiten Feldfläche; daher der 
Name von ire Land und acha Wall; 
Wall nnd Graben laufen jetzt noch 
um die Stadt; in der Nähe, bei dem 
Dorfe Rahe (ra Stätte) stand der 
Upstalsboom, nämlich drei alte 
Eichen, unter denen alljährlich die 
Versammlung der zwischen Rhein 
und Weser wohnenden Friesen sich 
„aufstellte“, 

Aurillac, Stadt in der Auvergne, 
alt Aureliaco, Ort wo die Hörigen, 
oder Gutsbauern des Aurelius wohn- 
ten; in diesem Sinne findet sich die 
Endung iaco häufig. 

Aurora, auch Ausora, griech. 808 
Morgenröthe, deutsch Osten, wird 
wohl mit dem slavischen iasne 
Glanz, glänzend zusammentreffen. 
Die Aurora fährt morgens mit ihren 
Pferden Lampus und Phadöton aus 
der Tiefe des Ostmeeres, und hebt 
mit ihren Rosenfingern die Schleier 
der Nacht, 

Aurunker, altes Volk in Mittel- 
italion in den Abruzzen, daher "der 
Name von «or, or, auer Berg, hoher 
Berg und an, ank Mann. In römi- 
schen Zeiten verschwand der Aus- 
druck, und an seine Stelle traten 
andere Berg- und Waldnamen, als 
Aequer, Marser, Samniter. 

Auser, zu deutsch grosses Was- 
ser von ais oder uisg Wasser und 
er gross. In Etrurien gab es einen 
Fiuss Auser oder Auxer, auch Aosar. 
Die Ausonier bedeuten darnach 


— 188 — 


Ausonien — Austerlitz. 


Wasserleute, Seeleute, die über das 
Meer kamen, gleich Pelasgern oder 
Belgen. 

Ausonien, Wasserland, oder Land 
am Wasser, oder über dem Wasser, 
von uisge, gälisch, Wasser; aus die- 
sem uisge wurde das französische 
eaux. Ausonien war der alte Name 
für Mittelitalien, weil die griechi- 
schen und asiatischen Kelten (d. h. 
die Pelasgor), um dahin zu gelan- 
gen, über das Meer mussten. Ober- 
italion dagegen hies keltisch Etal, 
Thalland, von der Poebene. Später 
ging letzterer Name auf ganz Italien 
über. Ausonische Völker waren ins- 
besondere die Latiner, die Ae- 
quer, die Volsker, zwischen 
Rom und Neapel am Meere entlang. 
Die Ausonen wurden auch Osker, 
Josker genannt, andere Umbildung 
von uisge Wasser, oder Opiker, 
von abh, obh, Wasser. Die Vols- 
ker, welche bis gegen Terracina 
wohnten, führten ihren Namen von 
bual Wasser, bualiski Wasserleute. 

Aussee, alt Ousse, Städtchen im 
Salzkammergut in Oestreich, vom 
gäl. uisge oder uis Wasser mit an- 
gehängtem ae, Leute beim See; 
der See, uwis-aha mit angehängtem 
aha. In Mähren bei Olmütz an 
der Marcir liegt ebenfalls ein Ort 
Aussee. 

Aussig, Ort in Böhmen an der 
sächsischen Grenze, von aiteach, 
aitigh Wohnort, oder da es am Ein- 
fluss der Biala (bial-aha von bial 
Wasser) in die Elbe liegt, von uis- 
teagh Wasser-ort. 

Austerilitz, slavische Form für 





Austerweg — Austrasien. 


uis-der-Ä!ys, Wasser-klein-burg, es 
liegt bekanntlich in Mähren. 

Austerweg, altnordisch Austr- 
vega, entw. Weg ins Ostland, aus- 
tir, oder auch Wasser-gross- Weg 
uis-dear, nämlich über .das balti- 
sche Meer von Schweden nach Russ- 
land. Dahin gingen die Raubzüge 
der Wikinger nichtminder als gegen 
Westen. Schon Thor kam auf sei- 
ner Fahrt for i Austrvegi nach Ut- 
gard (Aussenland) über das Meer 
und erschlug dort den Biesen 
Hrungnir (einen Hiungnu oder 
Hunnenmann). Norwegen wird ge- 
wöhnlich als Gegensatz zum Oster- 
weg aufgefasst; Norwegen entstand 
aber eher aus Nor-ighe, Nörike, 
Nordinsel, denn es galt für eine 
Insel und darum könnte auch Au- 
sterweg schlieslich alsWasser-gross- 
Insel aufgefasst werden. Der Be- 
griff Ostweg, Weg nach Austr-riki, 
nach Austerland, Austrlönd, oder 
nach Ostrogard, wie die Dänen 
Russland nannten, blieb indess der 
überwiegende; in gleicher Weise 
hiessen die Russen und Polen bei 
den Normannen Austr-vindr, Ost- 
wenden im Gegensatz zu den Vestr- 
vindr in Pommern, Rügen und dem 
übrigen Westlande. 

Austrasien, alt Austrasia, ge- 
wöhnlich als das Ostland (aus 
Osten, fir Landschaft, eus, as Mann 
und ia Land) gedeutet, umfasste 
unter den Merovingern im Gegen- 
satz zu Neustrien die östlichen Be- 
sitzungen der Franken, namentlich 
Belgien und die Lande am Rhein 
und an der Mosel. Hauptstadt 


— 189 — 


Austrasien. 


Austrasiens war gewöhnlich Metz. 
Vom lateinischen Auster kann Aus- 
trien nicht herkommen, denn auster 
bedeutet Südwind. Den Gegensatz 
zu Austras bildete Neustras oder 
Niustras; zu Austri, Neustri oder 
Niwistri; zu Auster, Neuster oder 
Nuster. Was bedeutet aber Neuster? 
Wostland? Weder im Deutschen, 
noch Lateinischen noch Keltischen 
gibt es eine Forın neus, die Westen 
bezeichnete, wohl aber ist nu, nua 
und nuadh soviel als neu, und 
nuadh-tir bedeutet darnach das 
neu eroberte Land, während unter 
Auster, uis-tir stets die Wasserlän- 
der in Belgien, am Rhein und an 
der Mosel, oder das alte Franken- 
land verstanden wurden. Fuarankia 
bedeutet aber ebenfalls Wasser- 
land, also soviel als das latinisirte 
Ripuarien, das Uferland oder Rif- 
land; somit ebensoviel als Batua, 
Bataverland, woher die Saalfranken 
kamen, von bait-ua Wasserland, 
oder Belgien überhaupt; denn auch 
dieses kommt von buai/c Wasser. In 
Austrasien stehen die altfränkischen 
Wassergaue den neu eroberten 
trocknen Hochflächen der Picardie, 
der Champagne und der Isle de 
France entgegen, welche den Kern 
Noustriens bildeten. Als Grenz- 
orte zwischen beiden Reichshälften 
wird zur Zeit der Merovinger Thuin 
(Thimium) am Kohlenwald in Bel- 
gien, dann Virdunum (Verdun) an 
den Argonnen und Lingonica urbs 
(Langres) auf der Wasserscheide 
zwischen Seine und Maas einerseits 
und der Saone andererseits ange- 


Autenweiler — Autun. 


geben; letztere war burgundisch. 
Austrasien wurde in Oberfranken, 
— die Moselgegend mit Lothringen 
— und Niederfranken — am Nie- 
derrhein und der Schelde — ab- 
getheilt; später überwog für Au- 
strasien der Begriff Ostfranken, 
und man verstand darunter die 
Lande auf dem rechten Rheinufer, 
namentlich am Main (Frankonien), 
während der Begriff „neu erobertes“ 
Land, Neustrien, in den Hinter- 
grund trat, und dafür Franzia, ge- 
zischte Form für Frankia, übrig 
blieb. 

Autenweiler, Ort bei Markdorf 
im Linzyau am Bodensee ; Name s0- 
viel als Odenweiler, vom gäl. aidhıe 
Haus, aidhean kl. Haus; Weiler 
ist die angehängte lateinische Ue- 
bersetzung villa. 

Autenii, alt Altogilo, Ort unter- 
halb Paris an der Seine, Name von 
alı Wasser und Aeal Vorrathshaus, 
Keller, auch Zelle und Kirche, oder 
Wohnstätte überhaupt. 

Autre, Flüsschen in Frankreich, 
alt Altrus zusammengezogen aus 
alt Bach und der klein, 

Autun, altkeltisch Bibracte, in 
römischen Zeiten Aagustodunum, 
Augustusstadt, woraus Autun eıt- 
stand. Bibracte bedeutet Ort am 
kleineu Wasser, oder im kleinen 
Thal, vom gäl.bi klein, drag Quelle, 
Bach, bezw. Drac, brax Thal und 
tae, teagh Haus. Die Landschaft 
um Bibracte hies pagus arebrignus, 
ar hoch, Berg und brig, brag, 
Lach, gleich der Breg und Brigach 
in der Baar. Autun war der Haupt- 


- 190 — 


Autun. 


ort der Aeduer; in ihrem Lande la- 
gen noch Nevers (alt Nevirum 
oder Nevirnum, Noviodunum, latini- 
sirt für nua-bior-om oder nua-bior- 
ais, Neu-Wasser-ort) an der Loire ; 
Charolles(cari-locus Bachort von 
caoir und loc); Roanne(Rodumna 
Feldieute von rhod Feld und am- 
hain Leute), dann Chalons an der 
Saone (Cabillonum von cabal Schiff) 
und die Hauptveste Alesia im Nor- 
den im Quellgebiet der Yonne. Die 
Aeduer (vergl. diese) waren ein aus 
mehreren Bergvölkern gebildeter 
Bund von Eidgenossen, die einzel- 
nen Stämme waren die Mandubier 
um Alesia, die Bojer bei Nevers, die 
Aulerker bei Charolles, die Segusi- 
aner im Quellgebiet der Loire, die 
Ambarren an der Saone oberhalb 
Lyon und die Insubrer zwischen 
Lyon und Boanne. — In der näch- 
sten Umgebung von Autun haben 
auf Napoleons III Betreiben Aus- 
grabungen stattgefunden, wobei 
man auf die Beste der altgallischen 
Stadt kam. Man hat die Grund- 
mauern der alten Citadelle gefun- 
den, sowie die von etwa 70 runden 
und vierockigen gallischen Häusern; 
Mauerwerk von Luftziegeln ist zu 
Tage gekommen, und ebenso Guss- 
mauerwerk, steinerne Thüren, ge- 
plattete Fussböden, wobei Platten 
von drei Fuss Länge vorkommen, 
Backöfen und Beste von Bau- 
materialien aller Art. Auch die 
Grundmauern eines halbkreisförmi- 
gen Theaters haben sich gefunden, 
dessen Durchmesser mehr als 50 
Meter misst. 


Auvergne — Auxois. 


Auvergne, Landschaft auf dem 
südlichen Hochplateau Frankreichs, 
die meist ausGranitflächen besteht, 
mit muldenförmigen Thalrissen und 
einzelnen darüber hervorragenden 
vulkanischen Kegeln, als dem Can- 
tal(cean-ilSpitzehoch) undMont- 
d’or(orhoher Berg, mont die Ueber- 
setzung davor). Die gälischen Be- 
wohner hiessen Arverner, oder Al- 
verni, ihre Hauptstadt, Clermont, 
civitas oder urbs Arvernorum, oder 
Arverna. In gleicher Weise hies- 
sen Paris und Rheims urbs Parisi- 
orum oder Remorum. Der Name 
Arverner oder Alverner bedeutet 
Bergleute, von ar oder al hoch, 
gross, /aire Berg und nue Leute, 
Die Auvergnaten konnten erst spät 
von den Römern unterworfen wer- 
den. In der obern Auvergne ist 
Aurillac, in der niedern, nördlichen 
Clermont die Hauptstadt, letztere 
liegt in dem Thalgau Limagne, liu- 
maghin Fluss-feld, am Allier und 
dessen Seitenbächen. Clermont 
ist aus col-aur Hügel-hoch zusam- 
mengezogen, trotzdem dass es in 
clarus mons latinisirt wurde. 

Auxois, eine bis zum Tode Karls 
des Kühnen 1177 zu Burgund ge- 
hörige Landschaft, in welcher Au- 
xerre und Semur liegen; sie ist ge- 
birgig, und bildet den Uebergang 
zu der Champagne. Auxorre, alt 
Altissio-dorum, oder Autissiodorum 
von alt Bach, aith hoch, Berg und 
iuaran Häuser; Semur auf einem 
isolirten Felsen, mit drei ummauer- 
ten Stadttheilen, der Bourg, dem 
Donjon und dem Chateau bedeutet 


— 1 — 


Auxonne — Avallon. 


ummauerter Ort, von dae Ort und 
mur Mauer. 

Auxonne, feste Stadt in der Frei- 
grafschaft in Frankreich an der 
Saone alt Ausona, Wasser-ort von 
uisge oder uis-ion. 

Auzarbach, in Oesterreich von 
uisg Wasser und er gross. 

Ava, Hauptstadt des Birmanen- 
reiches in Hinterindien, an dem hier 
4000 Fuss breiten Ira-waddy 
(gross-Wasser). Ava von ablı Was- 
ser und ae Leute; Birmanen von 
bior Wasser und maon Leute. 

Avallon, Avallach, Apfelinsel, 
von abhal Apfel und /on bezw. loc 
Ort, oder in Insel. So hies das kel- 
tische Paradies, welches nach der 
Auffassung der Briten mitten im 
Ocean lag, und ganz aus leuchten- 
dem Magnetstein gebaut war. Da 
herrschen weder Nebel noch Stürme, 
nur Blumen bedecken die Wiesen, 
Rosen, Lilien und Veilchen blühen 
nebeneinander, die Aepfel hängen 
an den immergrünen Bäumen, die 
Trauben wachsen ohne alle Pflege. 
Weder Hitze noch Kälte, nur ewiger 
Frühling; keine Diebe noch Feinde; 
Friede und Eintracht. Da lebt der 
Jüngling mit der Jungfrau ohne 
schwere Arbeit in öwiger Jugend; 
kein Alter, keine Krankheit, kein 
Schmerz, Alles voll Freude. Da 
regiert die Fee Morgue oder Mor- 
gane, die sich den Dänen Ogier 
schon bei dessen Geburt zum Ge- 
liebten erkoren. Er litt auf einer 
Seefahrt Schiffbruch, und wurde auf 
die Insel verschlagen. Um in das 
Schloss der Faye zu gelangen, töd- 








Avallon. 


tete er mehrere wilde Bestien, wel- 
che die Zugänge hüteten und fand 
im Garten die Faye in Gesellschaft 
der Helden Arthur, Oberon und Ma- 
lambron. Ogier blieb bei ihr zwei- 
hundert Jahre in ewiger Jugend 
und kehrte dann auf das Festland 
zurück. — Dies ist die brittische 
Form des in Deutschland vielge- 
nannten Glasberges oder Venus- 
berges, des Wohnsitzes der Elfen, 
oder des himmlischen Seelenreiches 
Glasvellr. In den keltischen Sagen 
kehrt diese Insel vielfach wieder, 
auch Ossian (Osschin) der Sohn des 
Fionn Mac Cumbhal (Fingal) war ein 
Jahr lang dort bei einer glänzenden 
Jungfrau, die ihn als weises Füllen 
dahin gelockt hatte; als er wie- 
der auf die Erde zurückkehrte, war 
er 300 Jahre weggewesen. — In 
Schottland gab es verschiedene 
Elfenhügel (Shian), durch deren 
Felsenspalten das Licht aus dem 
Innern dringt, so einer im Wald von 
Glenavon bei Cairngorm. — Wasnun 
die hier aufgeführten Namen be- 
trifft, so kommt Morgue von 
marn, marb Tod (gleich der Morgue 
in Paris, wo die gefundenen Todten 
niedergelegt werden); Morgana hat 
noch ein gean (griech. gyne) Weib 
angehängt.Morpheus, der Schlum- 
mergott, ebenfalls von marmw Tod 
und eus Mann, ist die männliche 
Form für Morgana, der Sinn beider 
Namen zeigt, dass sie ursprünglich 
Todesgötter waren, gleich den Ma- 
ren oder Moiren (Parzen), aber bei 
den Dichtern allmälig eine lieblichere 
Gestalt annahmen. Fee, Faye ist 


— 192 — 


Avaren. 


das keltische be, ba Frau. Der 
schöne Däne Ogier ist ein reiner 
oder sauber gewaschener Seemann, 
Däne von tain Wasser, und Ogier 
französirt für og-air, reiner Mann. 
Die drei Helden, welche der Faye 
Gesellschaft leisten, sind Arthur, 
hoher Mann von ard hoch und air 
Mann, Oberon, der König der El- 
fen, von bar Fürst und on Mann, 
mit vorgesetztem Artikel, und Mal- 
ambron der edie Seemann von 
mal, maol edel, inbhir Wasser und 
on Mann. Ossian bedeutet, gleich 
Odin, ein wissender, gelehrter Mann, 
von /od, bezw. od, os, Wissen, und 
an Mann, im heutigen Irischen 
Gmwydion. Sein Vater Fingal war 
ein grosser Krieger feinn (Fenier) 
Infanterist, und gal stark, oder 
geal weis; Fionn mac Cumhal ist 
Krieger, Sohn des schönen, Gro- 
sen; caomh bedeutet schön, und 
fionn auch weis. Der Elfenhügel 
shian ist die gezischte Form für 
cuan, chuan Hügel, Erdaufwurf, 
deutsch Hünen- oder Heunengrab, 
denn in den Heunengräbern spuk- 
ten die Elfen, d. h. die Seelen der 
darunter Begrabenen. -- Eine Stadt 
Avallon, alt Abalo oder Avallo, 
abhal-Ile, Apfelstätte, liegt im mitt- 
lern Frankreich im Auxois. 
Avaren, Abaren, ein hunnisches 
Volk, das im Anfang des Mittel- 
alters in Pannonien hauste. Beiden 
Slaven hiessen sie Obren, polnisch 
Olbrzym,lausitzisch Hobor, und be- 
zeichneten sie damit gräuliche 
Riesen, wie die Deutschen, welche 
dafür die Ugern oder Ungarn nah- 











Ävaren. 


men, oder den Riesen Oger. Die 
Hunnen waren schon beim Beginne 
der Völkerbildungen Gegner der 
Deutschen und Slaven, kein Wunder 
also, dass sie in den urältesten Sa- 
gen schon als Feinde aufgeführt 
wurden. Der Name selbst ist indoss 
sehr unschuldig, er bedeutet Wasser- 
leute, Fischer, was die Finnen, die 
stammverwandten der Awaren heute 
noch sind, von abh, obh Wasser 
und air Mann. Oger kommt als 
Riese dagegen von aighe hoch und 
air Mann, steht also gleich Hagen 
aighe-an. Die polnische Form Ol- 
br-zym ist al-bior-duin gross-Was- 
ser-Mann. Der Hauptsitz der Awa- 
ren war im 6. Jahrh. an der Raab 
in Oberungarn, weshalb die dortige 
Landschaft auch Abaria, d. h. Was- 


serland, Avarenland hies. In Hoch- 


asien wurden sie von den Türken 
Ouarch-oniten genannt, wie die By- 
zantiner angeben ; denselben Namen 
führten auch die Hunnen, weshalb 
die Avarische Sage von zwei Stamm- 
vätern sprach, dem War und dem 
Chuni. Ouarch kommt von earg 
Wasser, wie Chun von gun oder 
ean Wasser. Von den Türken sol- 
len sie westwärts getrieben worden 
sein. Im Jahre 461 erschienen sie 
am Asowschen Meere, verheerten 
nun Jahrhunderte hindurch Thrazien 
und Makedonien, dann von Panno- 
nien aus Oberitalien, Niederöstreich, 
Böhmen und die Lausitz, bis sie 
endlich von den Franken und Sla- 
ven geschlagen und ihre Ringe oder 
Pfahlburgen zerstört wurden. Im 
9. Jahrhundert verschwanden sie 
Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


— 193 — 


Aveiro — Avens. 


unter den ihnen stammverwandten 
Ungarn. 

Aveiro, Stadt an der Küste Por- 
tugals zwischen Oporto und Coim- 
bra, mit einem Hafen, y-bior-ra, 
die Wasserstätte, war bis 1720 
Sitz eines Hoerzogthums. 1759 
wurde der letzte Herzog von Aveiro 
mit mehreren Andern hingerichtet, 
angeblich weil er auf den König ge- 
schossen. Später stellte sich deren 
Unschuld heraus, 1781 wurde das 
Verdammungsurtheil cassirt, aber 
die Erben erhielten darum ihre Gü- 
ter doch nicht zurück. 

Avellino, alt Abellinum, Ort am 
Fusse des Monte Vergine (firain, 
deutsch Ferner, Felsenberg) wo die 
grossen Haselnüsse wachsen; Öst- 
lich von Neapel, y-be/-!in, der Berg- 
Ort. 

Avenbach, von 'abhan, dem. 
von abh Bach, bei Kottspiel in 
Würtemberg. 

Avenches, Ort in der wälschen 
Schweiz, alt Aventicum, deutsch 
Wiflisburg, in der Nähe des Mur- 
tenersees; Name von y-ban-teach 
oder y-ban-ches, der-Feld-Ort, 
oder Feldhag. Wif-lis- bedeutet 
dasselbe von gwy/ ebenes Thal und 
Ilys Burg. Aventicum war ein- 
mal Hauptstadt des westlichen Hel- 
vetiens, wurde aber 62 nach Chr. 
von Caecina eingenommen. Von 
der alten Stadt finden sich noch 
Ueberreste, sie gehört jetzt zum 
Canton Waadt. 

Avens, soviel wie Abens, Fluss 
in Etrurien vom kymbrischen a/on, 
avon, Dem. von abh, Wasser. 

13 





Aversa — Avignon. 


Aversa, Stadt in der Ebene zwi- 
schen Capua und Neapel, zu deutsch 
die Feld-leute, y-/eart-ae. 

Avesmes, feste Stadt im Artois 
an der Holpe oberhalb Arras; Na- 
me von abh Wasser, ois oder ais 
Burg undnuadh, nuas neu. Der Ort 
war Sitz eines Grafen, hies darum 
Avesne le Comte. 

Aveyron, alt Avario Berg-Fluss 
im südl. Frankreich, der in den 
Covennen entspringt, und in den 
Tarn, bezw. in die Garonne mündet. 
Name von abAh Wasser ar Berg 
und ua Gegend. 

Avignon und die Landschaft 
Venaissin, in der Provence. Das 
Venaissin umschloss einst das ehe- 
mals nassanuisch o Fürstenthum 
Oranien und gehörte vor 1791 dem 
Pabste, an welchen es 1348 von 
Johanna I, Königin von Neapel und 
Gräßn der Provence für 80,000 
Goldgulden verkauft worden war. 
Uebrigens hatte schon der 1305 
zum Pabste gewählte Clemens V. 
seinen Sitz förmlich nach Avignon 
verlegt, allwo dann die Päbste bis 
1377 in französischer Abhängig- 
keit verblieben. Die Grafschaft 
Venaissin mit der Hauptstadt Ve- 
nasque wırde schon 1273 von Phi- 
lipp III König von Frankreich an 
Pabst Gregor X überlassen. Drei- 
mal nahmen die Franzosen Avignon 
und Venaissin in Besitz, um die 
Päbste nach ihrem Willen zu zwin- 
gen, im Jahre 1662, dann 1688 
und wieder 1768, bis endlich die 
franz. Revolution 1791 8tadt und 
Land völlig annectirten. Unter den 


— 14 — 


Arila — Avionen. 


Päbsten zahlte das Land fast keine 
Abgaben, daher heute noch die Un- 
zufriedenheit der Bewohner mit den 
französischen Zuständen. Die Stadt 
Avignon ist gegen früher jetzt eine 
Ruine, denn in der Revolutionszeit 
wurdehier Alles zerstört, wasvon den 
Päbsten gebaut und erhalten wor- 
den war; so namentlich auch Lau- 
ra’s, der Geliebten Petrarka’s, Grab- 
mal. Avignon hies keltisch Avenio, 
von beann Hügel, auf welchem es 
liegt, a oder y ist der Artikel und 


‘io, ion bedeutet Ort; bei den Rö- 


mern führte die Stadt den Beinamen 
Cavarum, der Höhlen oder des en- 
gen Felsenthales wegen, in welchem 
die Vaucluse entspringt, und in 
weichem die Cavaren, Höhlen- 
bewohner gehaust haben sollen. 
Venasque,alt Vindausca, bedeutet 
Berg-wasser-ort, bean-uis-ka; da 
von die Adjectivform Venaissin, 
Name der umliegenden Landschaft; 
Vaucluse kommt von gweyog 
Quelle und c/ais Thal, latinisirt in 
vallis clausa, geschlossenes Thal; 
der Bach, der hier in mächtigem 
Strome aus den Felsen bricht, heisst 
auch Sorgue, sor oder for Fels und 
rheog Quelle. 

Avila, Stadt in Altkastilien; 
y-bail, die Stadt, sie war früher 
eine der bedeutendsten Spaniens. 

Avionen, auch Obier, Wasser- 
anwohner von abA Wasser, ein 
Völkchen, das von Tacitus genannt 
wird; gleicher Name wie die Ubier 
am Rheine. Die Avionen zogen mit 
den Longobarden nach Pannonien, 
da letztere von der Elbe kamen, so 





Avon — Axholm. 


werden die Sitze der Avionen in 
ihrer Nähe zu suchen sein. | 

Avon, Flussname, der in Eng- 
land hänfig vorkommt, von abhan, 
kleiner Fluss. Ein Avon fliesst in 
den Severn, an demselben Stratford, 
der Geburtsort und auch letzter 
Wohnsitz Shakespeare’s, weshalb 
dieser oft der Schwan vom Avon 
genannt wird. 

Avranches oder Abranches, 
einst Hauptort der Abrincaten, eines 
kleinen gälischen Volksstammes 
im heutigen Avranchin, einem Land- 
strich an der Grenze der Nieder- 
normandie gegen die Bretagne. Der 
Name Abrinkateu bedeutet Berg- 
wald-leute von bryn Berg, coed 
Wald und dae Leute. Die Grenz- 
striche zwischen der Bretagne und 
der Normandie bestehen ans waldi- 
gem Hügelland. 

Avvim, Wasseranwohner in Phi- 
listäa von abh Wasser, und im, am, 
amhain Leute. Durch die aus Creta 
herübergekommenen Carier wurden 
sio vertilgt, so dass hinfort im Phi- 
listerlande nur Creti und Plethi, 
d. h. Creter und Philister wohnten. 

Ax, Stadt in Frankreich am 
Ariöge in den Pyrenäen mit 32 war- 
men Quellen, Name von wisge 
Wasser. 

Axel, Festung auf Seeland in Hol- 
land, wohl gleich acha-il Wall-gross. 

Axenberg, steile Bergwand am 
Vier-waldstätter See; dergl. Ax- 
berg bei Schlierbach in Würtem- 
berg; von uchdan oder uchedd 
Berg, Halde. 

Axholm, Landschaft in der engl. 


— 195 — 


Arum — Ayr. 


Grafschaft Nottingham, einst insel- 
artig vom Trent (deur-eun gross 
Wasser) und Dun (Zain) umgeben, 
daher der Name Wasser-insel ; uisye 
zusammengezogen in Ax, und Holm 
deutschgewordene Form für u 
feucht (oder auch für alt Wasser) 
und ma Stätte; also feuchte Niede- 
rung, Sumpfland ; dasselbe bedeutet 
Ulm an der Donau, desgl. in der 
Ortenau. 

Axum, hochgelegeneBurg, aighe- 
dion im nördl. Abessinien, einst 
Hauptort des Reiches von Axum, 
das sich zu Anfang unserer Zeit- 
rechnung bis nach Yemen in Ara- 
bien erstreckte. Unter König Ai- 
zanes 330 nach Chr. wurde das 
Land durch die Apostel Frumen- 
tins und Aedesius dem Christen- 
thume zugeführt. Im 6. Jahrh. 
nahm sich Axum der Christen in 
Arabien an, und gerieth darüber 
in schwere Kriege mit den Mohame- 
danern; in Folge innerer Wirren 
zerfiel dann Reich und Stadt Axum; 
grosse Ruinen bezeugen aber houte 
noch ihre frühere Horrliehkeit. 

Ayamonte, soviel als Aumont, 
Auberg von a, au Berg; Ayamonte 
ist eine Bergburg an der Mündung 
des Guadiana an der Grenze gegen 
Portugal. 

Aylesbary, Stadt in England im 
Thale des Thame, eines Nebenflus- 
ses der Themse, Thame von taom 
Wasser, und Ayl von aö/l, oillFels; 
die alte Felsenburg lag über der 
Stadt; Dury, bwr ist die keltische 
Form für Burg. 

Ayr, Stadt an der Westküste 


13* 


Azazei — Azoren. 


Südschottlands, an der Mündung 
des Ayr in den Clydebusen. Der 
Bachname Ayr ist so viel als Aar, 
abgekürzt aus eargy Wasser, und 
die Stadt ist die Stätte, ra, an die- 
ser Aar. 

Azazel, einer der vier Höllen- 
wächter bei den alten Babyloniern, 
der als böser Geist in den hebräi- 
schen Mythus überging. Beim gro- 
sen Versöhnungstag (dem Jom ha- 
kippurim, am Asor, dem zehnten 
Tag des siebenten Monats, Thisri), 
den Esra nach der Rückkehr aus 
der babylonischen Gefangenschaft 
anordnete (vorher war er denJuden 
nicht bekannt), musste der Hohe- 
priester zwei Böcke nehmen, und 
durch das Loos entscheiden lassen, 
welcher für Jehova, und welcher 
für Azazel sei. Der erstere wurde 
geopfert, der andere mit den Sün- 
den des Volkes beladen, nach der 
Wüste gebracht. Der Name Azazel 
lautete bei den Mendaiten im Syri- 
schen ’ezaz’el, ebenso heisst im 
äthiopischen Texte des Buches 
Henoch der gefallene Engel, und 
bedeutet „Gott ist mächtig, oder 
mächtiger Gott“. Im Koltischen 
würde der Name y-tuath-al, 
oder y-duais-al, y-tus-al oder 
e! lauten und Fürst-gross be- 
deuten. 

Azoren, Inselgruppe im atlan- 
tischen Ocean zwischen Afrika und 
Amerika; der Name bedeutetInseln, 
Wasserland as, wis Wasser und tor, 
tir, lat. terra Land; die grösste 
davon ist Terceyra, gross-Land 
dear-tirra, mit der Hafenstadt 


— 198 — 


Asteken, 


Angra, ang Küste und ra Ort. Als 
1432 die Portugiesen diese Inseln 
entdeckten, fanden sie schon eine 
ältere Bevölkerung vor. 

Arteken, ein zu Anfang des 13. 
Jahrh. von Norden her in Mexiko 
eingewanderter Volksstamm, der 
1325 die Stadt Tenochtitlan (heut- 
zutage Mexiko) gründete und unter 
Montezuma (1136—64) seine Herr- 
schaft bis zum Mexikanischen Golf 
ausdehnte. Montezuma II (1182— 
1502) eroberte noch Guatemala 
und Nicaragua. Vergleicht man 
das unter „amerikanischen Alter- 
thümern“ Gesagte mit den Namen 
Azteken, Tenochtitlan undähnlichen 
Wortformen, so ergibt sich auch 
hier eine ganz auffallende Ueber- 
einstimmung mit dem Altkeltischen. 
Denn Astek steht gleich aisteach 
hohes Haus; die Azteken waren 
darnach Häuserbauer, bezw. Städte- 
bewohner; Tenochtitlan, die 
Residenz des Montezuma, liegt be- 
kanntlich an mehreren Seen: tain- 
acha Wasserveste, mit fuath-Ion 
Fürsten- Ort. Mon-tez-uma, 
keltisch maon-tus-amhan, oder 
ohmna ist Mann-Fürst-heilig. Der 
oberste Gott der Azteken hies 
Taot-l, tuath-il Fürst-gross; die 
Tempel: Teocallis, von theos, 
griech. Gott, oder tuath keltisch 
Fürst und keal, Kirche oder Chil- 
che. Der Kriegsgott, wenn die Spa- 
nier den Namen richtig wiedergaben, 
war Huitzili-pochtli, etwa aith-il- 
bolk, hoch-gross-Fürst. Die Azte- 
ken kannten das Eisen noch nicht, 
ihre Waffen bestanden aus Kupfer; 


Ba — Baag. 


sie mögen Abkömmlinge keltischer 
Auswanderer gewesen sein, die noch 
in der Kupferzeit, also noch vor 
Christus, sei es von Osten her aus 
Europa, sei 03 von Westen über 
Nordasien nach Nordamerika ge- 
langten, und sich von hier süd- 
wärts nach Mexico zogen. Das Re- 
ligionswesen, der Priesterstand, das 
Schlachten der Gefangenen, dann 
das Gerichtswesen, die Adelsherr- 
schaft, ihr Calender wie ihre Chro- 


— 117 — 


Baal. 


nologie, alles erinnert an die Kym- 
bern, oder die nordischen Seeleute, 
und an deren Staatseinrichtungen, 
wie sie dieselben in Scandinavien, 
in Britannien und Gallien nach Un- 
terwerfung der Gälen eingeführt 
hatten. Vor den Azteken herrsch- 
ten in Mexiko die Tolteken, Berg- 
ort-leute von fu? steiler Berg, und 
teagh Ort, also Ringwallleute, wie 
die von den Kymbern unterworfonen 
Gälen in Europa. 


B. 


Ba oder Be, Frau, Fee, Faye, im 
Gälischen. Da ist die kürzere 
Form für ban oder bean lat. femina, 
franz. femme; wie alle solche Ge- 
schlechtsnamen bedeutet ba, be, bi 
auch Männer oder, geschlechtslos, 
Leute. In derselben Weise ver- 
hält es sich mit ae, ui, dae, do, 
iho, dea; duin, don, duina, dina ; 
nae; an, on, 0ng; am, amha, am- 
hain: ar, air, ere, ir, or, oir, er, 
(lat. arius), dann kimrisch gwr, wr, 
fear (lat. vir); endlich /uad, tis 
oder blos is, eis, os, as, lat. us, 
griech. eus, lauter Formen, die 
Mann, Frau, Mensch, Leute, Volk 
bedeuten. 2i ist auch eine Ver- 
kleinerungspartikel, gleich beagh, 
ebenso gleich mean, mi, min, mion, 
li, bil, in, go oder ci, ca und der. 

Baag, kleine dänische Insel bei 
Laaland, und Baag-oe ebenfalls kl. 
Insel im kl. Belt zu Schleswig ge- 


hörig, von beagh klein und oe, y 
Insel; ohne letzteren Zusatz kann 
Baag auch von bi-igh kl. Insel ab- 
geleitet werden. Piccolo im Italie- 
nischen bedeutet kl. Kind, Sohn 
oder Tochter von beagh und giol 
Kind (auch Diener) englisch child, 
deutsch hild oder gild, z. B. Chriem- 
hild,Gottesdienerin, oderKindGottes. 

Baal oder Bel mit dem Artikel, 
ha- Baal, war im grössten Theile 
von Vorderasien der Name des höch- 
sten Gottes; die ursprüngliche Be- 
deutung des Namens Baal, Bel er- 
gibt sich aus dem keltischen Dal, 
be! Stein, Fels, Felsenberg, eine 
Form, die zu unzähligen Malen in 
Bilstein oder Beilstein vorkommt. 
Der älteste Gottesdienst der Orien- 
talen war bekanntlich der Steincul- 
tus (vergl. diesen Abschnitt), später 
blieb der Name Baal auch noch dann 
die Bezeichnung für den höchsten 


Baal, 


Gott, als an Stelle dieses Kultus der 
ägyptische Apis- oder Stierdienst 
getreten war; ha-Baalist kimbrisch, 
denn y oder aspirirt Ay, ha ist in 
dieser Sprache der Artikel. Als man 
die Gestirne als Götter zu verehren 
begann, wurde Baal auch Bezeich- 
nung für die Sonne oder den Son- 
nengott, ebenso für die Planeten 
Saturn und Mars. Diese drei Pla- 
neten sollen nach Movers die erzeu- 
gende, die erhaltende und die zer- 
störende Kraft andeuten. Die Wort- 
bedeutung ist aber nicht ganz zu- 
treffend, denn Sat-torn ist böser 
Fürst, und Mars, Mavors der Mann 
des Todes, von marmw Tod und eus 
Mann. Bei den Karthagern und Phö- 
niziern war Saturn die höchste Gott- 
heit, oder der El(al, el, der Grosse, 
Mächtige, Allah), der über allen an- 
dern El oder Elohims stand. Auch 
die Israeliten verehrten Baal, wie 
Ezechiel (Cap. 20) bezeugt, so lange 
sie in der Wüste herumzogen, und, 
wenn auch unter Widerspruch der 
spätern Jehovisten, noch nachher; 
dienördlichen Stämme Israels thaten 
dies immer, Israel war einer der 
Namen Saturns, wie Sanchoniathon 
berichtet (pag. 42 nach der Ausgabe 
von Orelli). Das tragbare Heilig- 
thum dieses Baal-Saturn war die 
Stiftshütte; denn Amos, einer der 
ältesten Propheten (er lebte S11 
bis 781 vor Chr.), schreibt (5, 25 
und 26): „Hast du mir Opfer und 
Gaben dargebracht in der Wüste 
vierzig Jahre lang, o Haus Israel? 
Du trugest das Zelt deines Königs 
und Kijun, dein Götzenbild, den 


— 198 — 


Baal. 


Stern deines Gottes, den du mir 
gemacht hattest!“ Kijun, im Arabi- 
schen Keivan, ist der Planet Saturn- 
Baal. Auch die Karthager hatten, 
wie Diodor von Sicilien bezeugt, ein 
diesem Baal geweihtes tragbares 
Beiligthum. Die jüdische Bundes- 
lade, die sonst gewöhnlich im Aller- 
heiligsten der Stiftshütte stand, be- 
fand sich zur Zeit Davids zu Qirjath- 
Jearim in Juda; dieser Ort wurde 
auch Qirjath-Baal, Balstadt oder 
kurzweg Baal genannt. Qir etwa 
gleich caer Ort und aitk hoch, 
Jear von iar Westen und om Ort, 
im Leute. Nach der Chronik, die 
weniger von den Jehovisten umge- 
arbeitet wurde, als die andern Theile 
des Pentateuch, weil sie im Tempel 
selten vorgelesen wurde, steht (I, 
13, 6): David ging nach Baal in 
Juda, um dort die Bundeslade zu 
holen. Die dasselbe berichtende 
Stelle im zweiten Buch Sam. 6, 2 
wurde später corrigirt, so dass sie 
jetzt keinen Sinn mehr gibt. Dem 
Baal-Saturn war der siebente Tag 
der Woche geweiht, der Sabbath; 
er war ursprünglich, wie der Saturns- 
tag bei den Aegyptern, der erste 
Tag der Woche gewesen, wurde 
aber später als Ruhetag Gottes nach 
der Schöpfung, dem von Esra in 
Judäa eingeführten persischen Schö- 
pfungsmythus entsprechend, als der 
letzte Wochentag erklärt. Bei den 
Rabbinen wurde noch lange nach 
dem Untergang des jüdischen Rei- 
ches der Saturn Sabbethai genannt; 
noch Rabbi Isaak Caro, der mit sei- 
nenGlaubensgenossen im Jahre 1492 


Baal. 


aus Spanien vertrieben wurde, nennt 
den Saturn „den Stern Israels“. Dass 
der Samstag oder Sabbathtag auch 
bei den europäischen Kelten die- 
selbe Bedeutung hatte, lehrt der 
Name Saturday, Saturnstag bei den 
Engländen; Sam steht dagegen 
gleich sabb; Sabbath aber ist so- 
viel als Zebaoth, und dies bedeutet 
keltisch guter Opfergott von baoth 
gut undfabhraim opfern. (Die Ver- 
ehrung Baals in Stierform siehe unter 
dieser Rubrik.) Der weibliche Baal 
hies bei den Phöniken Baaltis, 
sonst auch Astarte genannt, Ster- 
nenfrau , Mondgöttin, entsprechend 
Baal, dem Sonnengott, oder dem 
Apollo der Griechen, letztere Form 
ist blos gräcisirt für ha-baal. Bei 
den Indern kommt ein Gott Vala 
vor, der als böser Gott die Sonne 
verhüllt und den Regen verhindert, 
oder mythisch ausgedrückt, die 
himmlischen Wasserfrauen oder die 
Milchkühe in den Wolken gefangen 
hält. Bei den Kelten in Gallien war 
Belen, Belin, Belines oder Bellenus 
der Sonnengott (be/-an Gott-mann); 
auch in Aquiloja und Vanedig hatte 
er diese Namensform, und ertheilte 
Orakel, gleich dem Apollo der Grie- 
chen. Belen hatte Widderhörner am 
Kopfe, wie der ägyptische Jupiter 
Ammon; diese Hörner sollten die 
Strablen der Sonne vorstellen, den 
Heiligenschein, die sog. Hörner Mo- 
ses. Nach Belen heisst der Widder 
in der deutschen Thiersage Belin. 
Die Mondgöttin bei den Galliern war 
Belisana, ihr war das Bilsenkraut 
(Belisa) heilig. Bil bedeutet im 


— 19 — 


Baalbeck. 


Keltischen übrigens jede Blume ; aus 
‚bils wurde im Lateinischen flos, 
im Deutschen Blust oder Blüthe. 
Die Belisana oder Blüthengöttin 
wurde bei grosser Dürre um Regen 
angefleht, in Frankreich sowie in 
Scandinavien noch im 11. Jahrh. 
Auch auf die Slaven ging der Cul- 
tus der Belena (oder Selene, denn 
wie Belena die weibliche Form für 
Bel ist, so ist Selene die weibliche 
Form fürSol, Sonne) über; im Rus- 
sischen bedeutet Belena ebenfalls 
Bilsenkraut, und blen soviel als 
Korn. In Deutschland wurde Bele- 
nus als Gott des Ackerbaues, bezw. 
der denselben ermöglichenden Son- 
nenwärme vorzugsweise bei den No- 
rikern im heutigen Baiern und Oest- 
reich verehrt. In christlichen Zeiten 
wurde Belen zum Teufel; die Hör- 
ner oder Sonnenstrahlen hatte er 
schon, die Bocksfüsse mit dem 
Schwanz wurden gratis beigegeben. 
Noch im Nibelungenlied heisst der 
Teufel Valand, die Teufelin Va- 
landin, verdeutschte Formen für 
Bal-ın und Bal-an-dina. 
Baalbeck oder Balbeck am Oron- 
tes in Cölesyrien, Stadt des Baal 
oder Sonnengotts, und deshalb von 
den Griechen Heliopolis, Sonnen- 
stadt, genannt. Die Hebräer ge- 
brauchten dafür (I Könige 9, 18) 
Baelath, Baals-haus oder Hochbau 
von aidhe bezw. aith, Haus, hoch. 
Die jetzt verödete Stadt enthält 
Ruinen aus verschiedenn Zeitaltern, 
aus den ersten vorhistorischen ein 
aus ungeheuren Quadern erbautes 
Mauerwerk, das als Veste diente, 


Baalsdorf — Baar. 


und woher wohl die Endung beck 
(bi-acha kl. Wall) stammt; dar- 
über prächtige Tempelruinen, zwei 
davon aus den Zeiten der Römer, 
denn die Antonier hatten die in Ver- 
fall gerathene Stadt wieder herge- 
stellt; die Araber endlich, welche 
sie unter Omar erobert hatten, be- 
nutzten die Tempelruinen als Fe- 
stung; Tamerlan zerstörte sie 1401 
noch weiter, und dazu kam 1759 
wieder ein Erdbeben, welches das 
noch Stehengebliebene vollends um- 
warf, so die schön polirten Säulen 
von rothem Sienit. Der Sonnentem- 
pel war 800 Fuss lang und 400 F. 
breit, als Grundlage hatte er Qua- 
dern von 60 Fuss Länge. Nach der 
Bibel war es Salomo, welcher Bae- 
lath neu erbaute. 

Baalsdorf, Dorf östlich bei Leip- 
zig von baile (griech. polis) Ort. 
Dass Baal bezw. Belenus, der Gott 
des Ackerbaues hier besonders ver- 
ehrt worden wäre, müsste erst ge- 
schichtlich nachgewiesen werden. 
Der Ort liegt übrigens auf einer 
breiten, otwashochgelegenen frucht- 
baren Feldfläche, 

Baar, eine bis 1803 reichsunmit- 
telbare, indess grösstentheils fürst- 
lich Fürstenbergisch gewordene 
Landschaft auf dem Schwarzwalde 
oder kurzweg auf dem Walde, wie 
das Volk sagt; denn ursprünglich 
war die Gegend ein Wald, und 
zwar, wie der alte Name Barrus aus- 
weist, ein Königswald, Forst (bar 
Fürst, rus Wald). Zur Zeit der 
alemannischen Herzoge gehörte die 
Baar diesen letztern. Die Schwarz- 


_ 0 — 


Baar. 


wälder Baar (es gibt nämlich auch 
eine Lothringische Baar auf dem 
dortigen Jurakalkgebirge, an der 
Grenze der Champagne und Baur- 
gunds) erstreckt sich vom obern 
Neckar an die Donauquellen und 
von da herab bis über die Land- 
schaft Scherra. Die Südgrenze der 
Baar bildet der obere Lauf der Wu- 
tach. Die Bewohner der Baar sind 
schwäbische Alemannen. Die west- 
liche Baar hies Bertholdsbaar, von 
Berthold, dem Enkel Herzog: Gott- 
frieds von Alemannien, die Östliche 
Folkholdsbaar, nach einem Ver- 
wandten des ersteren. Der Strich 
zwischen dem Hegau und der Donau 
hies, Goldenshundert, wie der Wies- 
badener Gau Königshundert (gol- 
den wohl von giolan kl. Wasser). 
Das Thal von Geisslingen bis Sig- 
maringen hies dieScherra (von syor 
Fels und uva Landschaft), und dann 
folgten neben einander die Birtils-, 
Albuns- und Adelhartsbaar, so ge- 
nannt nach den Nachkommen Her- 
zog Gottfrieds, von dem auch die 
Zähringer abstammten. Im östlichen 
Theil war Löffingen die Maalstätte; 
auf dem Hofe zu Neidingen starb 
Karl derDicke, nachdem er von den 
Grossen des Reiches wegen Geistes- 
schwäche abgesetzt worden war. Die 
Lothringer Baar, welche west- 
lich von Tull beginnt, hies lat. mons 
barricinus. Aus Barrus wurde fo- 
restis, und hieraus unser deutsches 
Forst. In der Schwarzwälder Baar 
oder auf dem Walde liegen: Für- 
stenberg, Stammburg der Fürsten 
von Fürstenberg, südöstlich von 








Baba. 


Donaueschingen auf einem Berge. 
Der Name Fürsten ist eine Ueber- 
setzung von barrus, das, wie gesagt, 
Fürstenwsld bedeutet. Donau- 
Eschingen, Bachort, von wisge 
Bach und inka kl. Ort. Löffin- 
gen von Ziub Bachwinkel oder /u- 
abh kl. Bach und inka. Neidin- 
gen, alt Neidingas, von nua neu 
und daingean Veste, oder teaghas 
Häuser. Geisingen, alt Geising- 
heim an der Donau, von gais Was- 
ser und inka. Villingen, alt Fi- 
lingon, Bachveste von bialan kl. 
Bach und gon Veste. Rothweil, 
von rath Burg und villa Weiler, alt 
Botenwil. Bonndorf, von bon 
Gründung. Blumberg, von blaen 
Bergkopf. Tuttlingen, alt Tuti- 
linga, von tuath Fürst und Jong Ort; 
hier war ein Sitz keltischer Fürsten. 
Lupfonberg, von/u-benn kl.Berg. 
Brigobanne, Bachfeld von brig 
Bach und bann Feld, bei dem heu- 
tigen Bräunlingen (von Dbroin 
Berg und /ong Ort). Pföhren, 
alt Forrun, wohl soviel als for-ion, 
Fürstenort oder /or-om Fürstenhaus. 

Baba, bei den Griechen, Persern 
und Türken, überhaupt bei fast allen 
Orientalen soviel als Papa, Vater, 
Pope, geistlicher Vater. Im Altnu- 
midischen lautete die Form babu, 
und bedeutete hier Vater des Stam- 
mes, Herr, Fürst. Baba kommt von 
abh Vater, mit verdoppeltem b, was 
im Familienleben in der Kinder- 
sprache noch heute allerwärts ge- 
bräuchlich ist; oder ba ist eine Ab- 
kürzung von baotk gut, gleich 
Mama, das aus ma, math, maith, 


— 201 — 


Babadagh — Babel. 


ebenfalls gut, 'denn 5b und m stehen 
häufig für einander, und amha Frau 
zusammengezogen ist. 

Babadagh oder Babatag, feste 
Stadt in Bulgarien in der Nähe des 
Schwarzen Meeres in der Dobrud- 
scha am Fusse des Baba-Berges ; 
dagh bedeutet im Türkischen Berg, 
hier handelt es sich aber um eine 
Stadt, weshalb an feagh Wohnort 
gedacht werden kann. Baba steht 
wohl statt ba-bean kl. Berg, wie in 
Babenberg, Bamberg. 

Babel könnte als Bau des Beel, 
des obersten Gottes der Chaldäer 
gedeutet werden, oder da bel Berg 
und ba, bi klein bedeutet, als kl. 
Berg. Der Thurm zu Babel war in 
der That ein kleiner, terrassenförmig 
aus Backsteinen und Asphalt auf- 
gebauter Berg von einigen hundert 
Fuss Höhe. Man kann be/ auch von 
baile (griech. polis) Stadt ableiten, 
oder endlich, und dies wird wohl 
das richtige sein, von bab-el Bau- 
gross, zumal da auch bail Stadt 
aus Bab-el oder Bab-il zusammen- 
gezogen scheint. Bab selbst kommt 
von feabh, Fichte, Holz, Wald, und 
zeigt, dass der Ort bei seiner Ent- 
stehung durch Flechtwerk undBaum- 
stämme eingefriedigt war; denn 
erst später kam man darauf, mit 
Asphalt, und noch später mit Kalk 
die Steine zu verbinden und senk- 
rechte Mauern aufzuführen. Baby- 
lon hat noch ein om, ion Ort, als 
Endung angehängt, gleich babhun, 
dem das dazwischen geschobene e/ 
fehlt. ZI bedeutet übrigens auch 
Gott, d. h. der Hohe, darnach Bub- 





Babel. 


el Ort Gotles. Was die Geschichte 
Babels betrifft, so soll der Ort lange 
vor der assyrischen Semiramis von 
einem Sohne des Medus gegründet 
worden sein, d. h. von einem Feld- 
mann, denn maid, mahd, magh ist 
Feld nnd eis Mann; Babel liegt be- 
kanntlich in einer weiten Feldfläche 
oder im Sinear (von cain-ar Feld- 
gross). Der Ort braucht darum noch 
nicht von einem aus dem nördlichen 
Feldland (Medien) eingewanderten 
Medus erbaut zu sein, denn das Feld 
fand sich schon in der Nähe. Indess 
lauten die Nachrichten der Alten 
dahin, dass Babel bald in den Hän- 
den der Meder und Perser, letztere 
im Osten von Babel, bald in denen 
der Chaldäer, bald in denen der Ae- 
thiopen oder Kuschiten war. Letz- 
tere mögen die ältesten Bewohner 
des Landes gewesen sein, denn Nim- 
rod, den die Sage als ersten Herr- 
scher Babels nennt, war, wie die 
Bibel angibt, ein Aethiope, Kephener 
oder Kuschite (von giubh (Kiefer)- 
wald bezw. von coed (Ceder)wald). 
Auf die Aethiopen folgten wohl die 
Chaldäer, d. h. jene Chaldäer, oder 
Kasdim, welche als Schiffer am un- 
tern Euphrat zu einem Volke er- 
wachsen waren, wenn auch ein Theil 
von ihnen aus Aegypten stammt, 
wie die Aegypter behaupten; denn 
der Name Chaldäer bedeutet hier 
Wasserleute von gil, giol, göllWas- 
ser und dae Leute. Diese Chaldäer 
hatten ihre Könige schon vor der 
Sindfuth in Babel; durch Ninus 
und Semiramis wurde 1250 vor Chr. 
dieses altchaldäische Babel erobert 


_ mn — 


Babel. 


und das assyrische Reich gegräün- 
det; 606 vor Chr. fiel nun aber 
auch Ninive, worauf in Babylon ein 
neues Chaldäerreich entstand, das 
aber von den nördlichen Steinlands- 
Chaldäern ausging (vergl. Chaldäa, 
Kasdim, Chaldia) und bis 538 vor 
Chr. dauerte, wo Kyros demselben 
ein Ende machte. — Zur Zeit Nebn- 
kadnesars oder nach den Keilin- 
schriften Nabu-khud-r-atschara (die 
Bedeutung vergl. unter Assyrien, 
die Keilinschrift hat ein r, d.h. air 
Mann oder ar gross, statt an Mann) 
war die Stadt in einem grossen 
Quadrat, dessen lange Seiten zwölf 
Meilen ausgedehnt waren, auf bei- 
den Ufern des Euphrat erbaut, mit 
100 Ellen hohen und 50 Ellen brei- 
ten Ziegelmauern eingefasst, und 
mit 100 Thoren versehen; im westi. 
ältern Theile stand der 625 Fuss 
hohe Thurm des Baal oder Belus, 
sowie die Königsburg; im östlichen 
waren die sog. hängenden Gärten 
auf hohen, terrassenförmig über 
einander sich erhebenden Bogen an- 
gelegt, mit Asphali und Erde ge- 
deckt, und durch Pampwerke aus 
dem Euphrat mit Wasser versehen, 
so dass grosse Bäume Wurzel fas- 
sen konnten. Nebukadnezar erbaute 
sie, um seiner aus den medischen 
Bergen stammenden Gemahlin Ni- 
kotris den Aufenthalt im Flachlande 
angenehmer zu machen. Nebukad- 
nezar II schlug den Aggypter Necho 
bei Karchemisch (oder Circesium) 
und führte den Hiskias sammt dem 
Kern des jüdischen Volkes 588 nach 
Babylon; unter Belsazar oder Na- 











Babenberg — Babindorf. — 203 — 


bonetus oder Nabunita (naeb Gott, 
Himmel, naoidhe Kind) fieldie Stadt 
in die Hände des Cyrus, der durch 
das trocken gelegte Bett des Euphrat 
bei Nacht eingedrungen war; von 
da an ging ihre Herrlichkeit zur 
Neige, zu Pausanias Zeit war sie 
schon eine Ruine. 

Babenberg, von bi kl. und bean 
Berg, jetzt Bamberg. Die alten Gra- 
fon von Babenberg waren schon im 
9.Jahrh. reich begütert; 983 wurde 
Leopold I Markgraf in Oestreich, 
1246 erlosch sein Stamm mit Fried- 
rich dem Streitbaren. 

Babenhausen, einst Reichsherr- 
schaft in Schwaben, dann später den 
Fuggern gehörig; dann Babenhau- 
sen in der Nähe von Darmstadt, 
beides von babhun Viehpferch. 

Babindorf, ein Ort in Oestreich, 
andere Form für Baffendorf oder 
Babendorf, vom gäl. babhun Vieh- 
pferch mit Wohnung dabei. (Vergl. 
Pavia.) Bubhun ist aus bab-ion zu- 
sammengesetzt, und bab steht mit 
feabh Fichte, Holz, Wald in Zu- 
sammenhang, so dass bubhun in 
seiner ersten Bedeutung ein mit Holz- 
werk oder Baumstämmen eingefrie- 
digter Ort (20%) ist. Indieser Weise 
waren alle Orte in der. Ebene be- 
festigt, blos wo Steine in Masse vor- 
handen waren, also auf den Bergen, 
konnte man diese zu Herstellung von 
Ringwällen benutzen, auf deren 
Kamm aber doch noch Zäune oder 
Zinnen aus Flechtwerk gestellt 
wurden. Solche Burgen wurden dann 
vomFeinde gewöhnlich durch Feuer 
zerstört. 


Babolna — Bacchus. 


Babolna, Dorf bei Komorn in 
Ungarn mit berühmtem kaiserlichen 
Gestüt; von bab eingehegter Ort, 
al oder ol gross und nae Leute, 
also dasselbe wie Babel, bezw. Ba- 
benbausen, Pfaffendorf, Poapenthal 
und andere aus Viehpferchen ent- 
standene Orte, 

Baccalaureus, alt auch Bacca- 
lareus, Bacularius und Bacillarius, 
franz. Bachelier, engl. Bachelor, im 
Mittelalter ein Knappe, der unter 
einem Ritter diente, um zum Ritter- 
schlag zugelassen zu werden; in der 
Kirche ein Canonicus des untersten 
Ranges. Im 13. Jahrh. wurde Bac- 
calaureus auf der Pariser Universität 
als akademischer Titel eingeführt; 
er bezeichnet jetzt den untersten 
Grad der zu Doctoren zu Promovi- 
renden. Ueber die Bedeutung des 
Wortes war man schon im Mittel- 
alter im Unklaren; bald wurde es 
von bacca laurea Lorbeer-Beere, bald 
von baculus Stab abgeleitet. Bei 
den Juddn bedeutet Bachur oder 
Bocher Jüngling, im Kirchlichen 
einen jungen Mann, der zum Talmud- 
studium zugelassen ist. Im Kelti- 
schen ist beagh klein, jung und or, 
ur, air Mann, also ein junger Mann; 
laureus, oder laureatus, mit Loor- 
beer gekrönt, wurde dem „jungen 
Mann“ angefügt, wenn er seine 
Aufgabe gut bestanden hatte. 

Bacchus, zu deutsch Trinker, 
Trinkmann, vom gälischen bachaim 
trinken und eis Mann. Daher auch 
unser Becher. Nach der Sage durch- 
zog Bacchus, der in Thracien von 
den Nymphen erzogen war, viele 


Bacenis — Baoharach. 


Länder, um die von ihm erfundene 
Pflanzung des Weinstocks zu lehren ; 
begleitet war er von einer Schaar 
lustiger Weiber, die seinen Dienst 
später fortsetzten; als dann aber 
auch Männer an demselben Theil 
nahmen, wurden die Bacchanalien 
oder Bacchusfeste zu toll, so dass 
sie schon 200 Jahre nach Chr. 
unterdrückt wurden. Bacchus wurde 
auch Jakchos und Dyonysos genannt. 
Bacenis. Nach Cäsar ein Wald, 
„Silva infinita magnitudine“, zwischen 
den Cheruskern und Sueven, also 
wohl der Harz, denn am Westfusse 
desselben sassen nach Cäsar die 
Cherusker oder Harzer, östlich da- 
von die Sueben. Was den Namen 
betrifft, so bedeutet bois, pis Wald, 
und bac, buach Bergrücken, wieder- 
kehrend im Meli-bocus, dem alten 
Namen des Brocken, wie im Oden- 
wälder Malchenberge. Bacenis kann 
dasselbe sein, wie das Waldland Pi- 
cenum in den Abruzzen oder Apen- 
ninen in Mittelitalien, oder es be- 
deutet, falls die altkeltische Form 
von Cäsar genau wiedergegeben ist, 
Wald-wiesen, pis-innis. 
Bacharach am Mittel-Rbhein, lat. 
Bachi ara, Bacchus-altar; im Mittel- 
alter Bacharacum, entweder eine 
Adjectivform, die anzeigt, dass der 
Ort zu den Altären des Bacchus ge- 
hörte, oder acum ist aus acha, Wall, 
entstanden; denn der Ort war schon 
in ältester Zeit befestigt, und hat 
jetzt noch seine zwölf Thürme und 
alten schwarzen Mauern. Als Altar- 
stein des Bacchus wird der jetzt 
noch im Rheine liegende, nur bei 


— %4 — Bacher Gebirg — Back. 


niederem Wasserstande sichtbare 
Elter- oder Altarstein bezeichnet, 
der, wenn sichtbar, ein gutes Wein- 
jahr prophezeit. Ueber der Stadt 
liegt die Burg Stahleck, alt Stalege, 
dail-aighe Burg-hoch. Hier resi- 
dirten die Pfalzgrafen bei Rhein, 
ehe Otto der Erlauchte 1240 nach 
Heidelberg übersiedelte. 

Bacher Gebirg, ein hoher Ge- 
birgszug südlich der Drau bei St. 
Lorenzen und Marburg in Unter- 
steiermark. Name von buagh Berg- 
rücken. Das Gebirge scheidet das 
Drauthal von der Cilleyer Mark ; die 
Gegend im und um das Bacher Ge- 
birg ist von Winden, Wenden (Wald- 
leuten) bewohnt. Der höchste Punkt 
des Gebirges ist der4695 Fuss hohe 
Planinka, slavisirter Ausdruck für 
biaen höchste Bergkuppe, Deminu- 
tiv bDlaenean, blaenin. 

Bachhaupten, Ort in Oberschwa- 
ben, alt Bachhopton, Bach-haupten, 
eine dem Keltischen nachgebildete 
Form statt Bachspring, Ursprung 
des Baches (vergl. Finten, Lohr- 
haupten und Spring). 

Bachtiaren, die unabhängigen 
Bewohner des Gebirgslandes von 
Luristan im südwestlichen Persien; 
sie haben ihre eigenen Sitten und 
Gebräuche und stehon unter einge- 
borenen Khans (Königen). Name 
von buach Bergrücken, du Land 
und air Leute, Berglandsbewohner. 

Back, der erhöhte Vordertheil bei 
den alten Kriegsschiffen, der zum 
Stoss eingerichtet war, soviel als 
Bock, keltisch bAoc ; die alten Kel- 
ten waren auf der Nord- und Ostsee 





Backe — Backnang. 


die ersten Seeleute, vonihnen gingen 
fast alle Seemanns- und Schiffsaus- 
drücke in die heutige Nautik über, 
wie unter den entsprechenden Ab- 
schnitten gezeigt wird. Backbord 
ıst jetzt die linke Seite des Schiffes 
vom Steuer aus gesehen, Steuerbord 
dierechte; bord, bort, wälsch bordd 
oder byrrd bedeutet heute noch 
allerwärts Brett; letzteres ist nur 
eine Versetzung des r. Eine andere 
Form für Back ist Bug, Bugspriet, 
d. h. Bockbrett, das Brett oder der 
Balken, welcher die Spitze des 
Schiffes oder dessen Bock bildet; 
Spriet ist die gezischte Form für 
Brett, oder brwdd, byrrd. 

Backe oder Wange, dann die 
Hinterbacken und Wadenbacken, ur- 
sprünglich jede rundliche Erhöhung 
von buach, woraus mit i/ gross 
auch unser Buckel wurde; bei Ge- 
birgen bedeutet es Bergrücken. 
Einen Backenstreich erhielten im 
Alterthum die Sklaven zum Zeichen, 
dass sie frei geworden; im Mittel- 
alter trat der Ritterschlag, mit dem 
flachen Schwert auf den Rücken, 
an dessen Stelle; in der kath. Kirche 
erhält der Firmling einen Backen- 
streich, als Zeichen seiner Befesti- 
gung im Glauben. 

Backnang, Ort an der Murr in 
Würtemberg, in einer ursprünglich 
stark bewaldeten hügeligen Gegend 
deralten Murrahard (mamwr gross» 
ardrauhesLand oder Gebirg). Back- 
nang steht wohl für beagh-fang 
oder wang, kl. Viehpferch, kl. um- 
zäunter Ort. 1116 wurde hier ein 
geistl. Stift gegründet. In der Nähe 


— 205 — 


Bacs — Bactrien. 


die Burgen Ebersberg und Reichen- 
berg (y-bar der Berg bezw. rugh 
Bergrücken). 

Bacs oder Batsch, Bat’s, Stadt in 
Niederungarn im Banate in der Nähe 
der Donau in einer fruchtbaren 
Ebene; /aith, feach, faoch Feld 
und ais Ort. Der Ort war einst eine 
befestigte Freistadt. 

Bactrien oder Bucharei, Land- 
schaft im Norden Persiens an der 
Grenze der turanischen Steppen; 
Name von buach, bach, bac, boc 
Bergrücken, und fir Landschaft, also 
soviel als Silva bacenis oder Meli- 
bocus, d. h. Bergland, am Nordrand 
des Paropamisus oder Imaus. Bac- 


'trien war in ältesten Zeiten von 
| Sogdiern oder Daken, Saken be- 


wohnt, die, wie man annehmen kann, 
zur Zeit, als Medien von den Assy- 
rern bedrängt wurde, nördlich aus- 
wanderten. Es war, wie aus der 
Versetzung der Juden nach Babylon 
und Ninive bekannt ist, assyrisch- 
babylonische Staatsmaxime, die be- 
siegten Völker zu versetzen, woraus 
nothwendig Auswanderungen der- 
jenigen Volkstheile entstehen muss- 
ten, welche sich die Knechtschaft 
oder die Versetzung nicht gefallen 
lassen wollten. Bactrien wurde von 
dem Makedonischen Alexander er- 
obert; dessen Statthalter Theodotos 
machte sich nach seinem Tode un- 
abhängig, und wusste die Selbst- 
ständigkeit des Landes gemeinsam 
mit den westlich an Bactrien stossen- 
den Parthern gegen die Seleuciden 
(makedonische Könige von Syrien) 
aufrecht zu erhalten. Hauptstadt 








Bacuntius — Badajoz.. — 2306 — Badakschan — Badenachgau. 


dieses griechisch-sakischen Bactrer- 
reiches war Bactra oder Zariaspa, 
heutzutage Balk; dasselbe erstreckte 
sich von den Massageten am Jax- 
artes bis zum Indus, Östlich bis 
Kusistan auf der asiatischen Hoch- 
ebene, westlich bis zum Ariasee, um- 
fasste also die heutige Bucharei, 
Kabul, Afghanistan und das Pend- 
jab. Dieses grosse Reich zerfiel aber 
bald in Folge innerer Unruhen, und 
dieParther rissen den grössern Theil 
an sich; zu Christi Zeiten wurde die 
östliche Hälfte von den hochasiati- 
schen Yeten unterworfen, und ge- 
rieth dann einige Jahrhunderte nach 
Christus erst an die Chinesen, dann 
an Hunnen, Türken und Mongolen. 
Dermalen steht die Bucharei unter 
Fürsten austürkischem Stamme. Aus 
Bactrien sind nach der sächsischen 
Stammsage in Folge derKriege unter 
Alexanders Nachfolgern die Sachsen 
(Sakon) und wohl auch noch andere 
deutsche Stämme ausgewandert und 
nach Thyskaland gezogen. 

Bacuntius, alter Name eines Flus- 
ses, der in die Sau mündet, vom 
gälischen gun reissender Fluss und 
bi klein. 

Badajoz, Hauptveste von Estre- 
madura in Spanien, am Guadiana, 
alt Badia, von bais, baid Wasser 
und ois Burg oder iosda Ort. Estre- 
madura soll nach dem Lateinischen 
Fxtrema duero, äusserstes Land am 
Duero bedeuten; das Land liegt aber 
nicht am Duero, sondern am Tajo 
und Guadiana, bezw. am Atlantischen 
Ocean; denn auch in Portugal gibt 
es ein Estremadura. Duro bedeutet 


hier fir, lat. terra Land, und ex- 
trema ist die lateinische Ueber- 
setzung von /us Ende, Lusitan Land 
am Ende; denn gerade diejenigen 
Landschaften, welche in alten Zei- 
ten Lusitania hiessen, gehören jetzt 
zu den beiden Estremadura’s. 
Badakschan, Gebirzslandschaft 
am obern Oxus in der Bucharei oder 
im Turkestan, an der chinesisch- 
tartarischen Grenze, früher selbst- 
ständig, jetzt dem westlich daran 
grenzondon Kunduz unterworfen. 
Chund Wald, dus, des Land, oder 
als Ortsname von ais, ois, us Veste, 
Stadt. Der Hauptort von Badakschan 
(bath Fluss, vighe hoch und chaan 
Feld) ist Syzabad oder Seizabad, 
von bais-badh, Wasserhütte am 
Kokschu, coiche-sun Bergwasser. 
Nördlich davon liegt Land und Stadt 
Hissar, ais-ar Burg-gross. 
Badenachgau, Landschaft in Ost- 
franken, stets zum Würzburger 
Sprengel gehörig, jetzt auch Ochsen- 
furtgau genannt. Der Name Bade- 
nach kommt vom gälischen bass, 
bait, Deminutiv baitean, oder von 
bi-tain, beides klein Wasser, und 
dem kymrisch-deutschen aha, ach 
Wasser, als Uebersetzung angehängt. 
Der Gau entsprach in seinem Um- 
fange dem alten Capitel Ochsenfurt; 
Ohsin, Ohson, Ohsen, Oczin und 
Obosin bedeutet im Keltischen nun 
allerdings Ochso; es wäre aber 
sonderbar, wenn durch die Furth 
vorzugsweise nur Ochsen getrieben 
worden wären, wie etwa beiSchwein- 
furt nur Schweine, bei Hasfurth gar 
blos Hasen, oder auch Hessen, bei 





Baden. 


Erpesfurth (Erfurt) Erbsen und 
dergl.mehr. Alle diese Namen müs- 
sen, wenn man nicht auf Unsinn ge- 
rathen will, anders erklärt werden. 
In Ochsenfurt wie bei Oxford in 
England kommen die ersten Sylben 
von uisgean kl. Wasser, also Furth 
über den hier kleinen, schmalen 
oder seichten Main; Schweinfurt 
ist dasselbe von suan kl. Wasser ; 
Hassfurt desgl. von ad, as Was- 
ser; Querfurt von gouer Wasser; 
Erfurt, Furt über die Erpe (earg- 
bi Wasser kl.), und endlich Frank- 
furt, abermals dasselbe von /uaran 
kl. Wasser, und nicht Furth der 
Franken oder in Franken; denn dies 
wird schon durch Frankfurt an der 
Oder widerlegt. — Im Badenachgau 
lag noch Aub, einst Eigenthum des 
Gaugrafen des benachbarten Hol- 
lachgaues; es war ein freier Erbhof, 
gäl. aoibh. 

Baden bei Wien war den Römern 
schon im ersten Jahrh. nach Chr. 
bekannt. (Namensbedeutung unter 
Baden im Oosgau.) 

Baden im Argau (lat. aquae oder 
vicas aquarum) oder Oberbaden, im 
Gegensatze zu Baden im Oosgau, 
hat wie dieses warme Bäder. Dabei 
liegen die Ruinen des Steins zu Baden, 
eines alten kaiserlichen Schlosses, 
einst der Sitz der Regierung für 
die österreichische Schweiz; der 
Stein (d. h. dir Burg, verdeutscht 
in Stein) wurde 1415 von den Eid- 
genossen zerstört, 1661 von den- 
selben wieder befestigt, 1712 aber 
wieder grossentheils geschleift. 
Durch den Frieden zu Baden, ge- 


— a — 


Baden. 


schlossen 17 14 zwischen dem Kaiser 
im Namen des Reiches und Frank- 
reich, wurde der spanische Erbfolge- 
krieg beendet. Die Stadt Baden 
sammt dem früher dazu gehörigen 
Gebiete der alten Grafschaft mit 
Klingnau, Kaiserstuhl, Dietikon, 
ebenso die freien Aemter mit Mel- 
lingen, Bremgarten und Kloster Muri 
standen bis 1803 unter der gemein- 
samen Verwaltung derjenigen alten 
Cantone, welche das Land erobert 
hatten; von da an kamen sie an den 
neugebildeten Canton Argau. Ueber 
die Bedeutung des Wortes Baden 
vergl. Baden im Oosgau. 

Baden im Oosgau, alt Badin, 
lat. Aurelia aquensis oder blos aquae, 
Wasser; letzteres ist eine wörtliche 
Uebersetzung des keltischen Wortes 
badin, baitean, welches kl. Wasser 
bedeutet. Einen dem Sinne nach glei- 
chen Namen hat Achen, von oichean 
kl. Wasser. DenNamen Baden kann 
man nicht wohl von „sich baden“ 
ableiten, weil, wie die lateinische 
Vebersetzung aquae zeigt, der Name 
Baden älter ist, als die deutsche 
Einwanderung; man müsste denn 
annehmen, dass die sprudelnden Heil- 
quellen bei den Kelten gar keinen 
Namen gehabt hätten. Wiesbaden, 
von uisge Wasser, führt ebenfalls 
einen keltischen Namen. Warum 
die uralte, schon zu Bömerzeiten 
blähende Stadt Baden erst von den 
Doutschen einen Namen erhalten 
haben sollte, während ringsum alle 
Berg-, Fluss- und Ortsnamen kel- 
tisch sind, ist ohnehin nicht abzu- 
sehen. Mit Baden in der Schweiz 


Badenstedt. 


und bei Wien verhält es sich ganz 
ebenso. Aquae Aureliae wurde von 
den Kaisern Trajan, Hadrian und 
Antonin in Flor gebracht. Den Na- 
men Aurelia gab ihr Kaiser Karakalla 
umsJahr 213. Zum Schutz der Stadt 
gegen die Alemannen war ein Stand- 
lager auf dem Rettigbühl (rath- 
aighe Burg-hoch) errichtet, ausser- 
dem war noch ein Castell am „Ur- 
sprang* und eines am Jesuiten- 
schlösschen. Trotzdem wurde die 
Stadt von den Alemannen zerstört 
und blieb Jahrhunderte lang wüste 
liegen, bis endlich König Dagobert 
die Ruinen im 7. Jahrh. an das 
Kloster Weissenburg an der Lauter 
verschenkte. Im 11. Jahrh. kam die 
Stadt an die Zähringer mit der 
schon damals gebauten alten Burg, 
deren Ruinen jetzt einen Hauptreiz 
des romantischen Thales bilden. 
Unter dem noch gut erhaltenen jün- 
gern Schlosse, das am obern Theile 
der Stadt liegt, und Residenz der 
badischen Markgrafen war, liegen 
tief unter der Erde die Gewölbe des 
alten Vehmgerichts, zum Schauder 
für alle dasselbe besuchenden Bade- 
gäste. Das Familienbegräbniss der 
Marggrafen von Baden-Baden war 
im Cisterzienser-Nonnenkloster Lich- 
tenthal im Beuerthal hinter Baden 
an der Oos. Lichtenthal kommt 
von Zeachdan Berghalde, Beuer- 
thal von buar Vieh. 

Badenstedt, alt Badenstede im 
Bremenschen, vom gälischen both 
Haus, Bude, Baude, franz. boutique. 
Buda, alter Name für Pest, eben- 
daher, desgleichen die alten Budi- 


— 208 — Badenweiler — Bärenberg. 


nen, Häuserbewohner im nordwest- 
lichen Russland. 

Badenweiler im Marggrävler- 
land oder hochbergischen Breis- 
gau, lat. Aquae villa, am Fusse des 
Blauen, war schon zu Römerzeiten 
ein stark besuchtes Bad. 1784 ent- 
deckte man ihr wohlerhaltenes 222 
Fuss langes Badehaus. Die Zährin- 
gerhatten auchhier ein Bergschloss, 
dessen Ruinen noch stehen. Ueber 
den Namen vergl. Baden im Oosgaı. 

Baduhenna, ältester Name für 
Nordholland, zu deutsch Wasser- 
Wiesenland, von bais, bait Wasser, 
gleich muir in Kennemaren, und 
gmwaun, uanna, uenna Wiesenland, 
gleich Kenne. 

Bäbingen in Würtemberg, soviel 
als Bebikon. (Vergl. dieses.) 

Bärenbach, Ort und Bachname 
im elsässer Breuschthal, desgl. bei 
Oppenau im Schwarzwald, dann in 
Würtemberg. Auch der Name Bären- 
thal kommt vor, schwerlich wegen 
der darin hausenden Bären, denn 
diese kamen früher in jedem Wald- 
gebirge, niemals aber in Bächen oder 
Ortschaften vor, deshalb muss die 
Sylbe Bären- bei Bachnamen von 
bioran kl. Wasser abgeleitet werden. 

Bärenberg, Beerberg, Boe- 
renberg, Barenberg, Bergna- 
men, die allerwärts vorkommen and 
schwerlich viel mit Bären oder mit 
Beeren zu schaffen haben, sondern in 
der Regel von bar, Deminutivbaran 
Berg abzuleiten sind; denn Beeren 
gibt esauf jedemBerge, und Bären 
waren früher ebenfallswohl aufallen 
Bergen zu treffen. 











Basturia — Bagdad. 


Baeturlia, alter Name für das 
Land an den Mündungen des Gua- 
diana und Guadalquivir in Andalu- 
sien, von bais, baith Wasser und 
ire Land. Der letztere Fluss hies 
Baetis, latinisirt für baith Wasser. 
An Stelle der Form Baeturia trat 
später And-a-lusia, Wasser - end- 
land, äusserstes Land am Meere, der 
Bedeutung nach gleich Estrema- 
dura, extrema-terra. (Vergl. Anda- 
lusien.) Bei den Römern hies ganz 
Andalusien provincia Baetica. 

Baeza in derProvinz Jaen in An- 
dalusien, schon zu Römerzeiten eine 
bedeutende Stadt, später Residenz 
maurischer Khalifen; sie liegt in 
einer fruchtbaren Ebene, daher der 
Name /aeth, faith Feld und ta Ort. 

Bagdad am Tigris, um 760 oder 
770 nach Chr. vom Khalifen Alman- 
sur erbaut, und von da bis 1258 
Sitz der arabischen Khalifen, seit 
1638 Hauptort eines türkischen Pa- 
schaliks. Eine passende Erklärung 
des Namens aus dem Arabischen 
liegt nicht vor, es scheint darnach, 
dass der Ort schon vor Almansur 
vorhanden gewesen; in diesem Falle 
bedeutet bog zunächst feuchte Nie- 
derung und doid Hof; bog kann 
auch aus Duailk Wasser oder end- 
lich aus bo/g Fürst zusammenge20- 
gen sein; letzteres würde andeuten, 
dass der Ort ursprünglich ein dem 
Khalifen gehöriger Landsitz war, 
der dann allmälig in eine pracht- 
volle Residenzstadt umgewandelt 
wurde. Die Araber hatten die Ge- 
gend, in welcher Bagdad liegt, 635 
nach Chr. besetzt, 1258 wurde die 

Deutsch-kelt. Wörterbuch, 


— 200 — 


Bagndres — Bagrad. 


Stadt von den Mongolen erobert, 
1410 von den Turkomannen, 1516 
von den Persern, und endlich 1639 
von den Osmanen. 

Bagneres, zwei Badeorte in den 
Pyrenäen, der eine in der Landschaft 
Bigorre am Adour, schon bei den 
Römern als aquae Bigerronum be- 
kannt; der andere Östlich davon bei 
Luchon, von den Römern aquae Con- 
venarum genannt; Bagnöres ist aus 
der latinisirten Adjectivform Vicus 
bagnarius entstanden, Ort der Was- 
ser- oder Badeleute, bi-ean-air kl. 
Wasser-Mann. 

Bagno, italienisch soviel als Bad, 
entstanden aus bi-ean kl. Wasser, 
also ähnlich wie alle andern Namen 
von Badeorten; es gibt bagni di 
Lucca, bagni di Pisa, u. 8. w. 

Bagnoles, zwei Badeorte in 
Frankreich, der eine bei Alencon 
an der Westgronza der Normandie, 
der andere an den Quellen des Lot 
im Gevaudan. Bagnoles entstand 
aus bi-ean kl. Wasser (ital. bagno); 
beim ersten mit alt, ailt Ort, also 
Badeort, deshalb wurde der Name 
im Französischen in les bains über- 
setzt; beim zweiten, das auf einem 
Felsen liegt, mit 03/2 Fels. 

Bagrad, angeblich Stammvater 
der Bagratiden, eines georgischen 
Fürstengeschlechts, welchem der ar- 
menische König Walarschag (149 bis 
127 vor Chr.) das Recht verliehen 
haben soll, dem jedesmaligen Kö- 
nige die Krone aufzusetzen. Der 
Bagratide Aschot erhielt 885 von 
den Khalifen die armenische Königs- 
krone; seine Dynastie erhielt sich 

14 


Bahnbrücken — Bahrein. — 210 — 


bis 1045. Das jetzt in russischen 
Diensten stehende Geschlecht der 
Bagration stammt von einer Sei- 
tenlinie dieser Bagratiden, nämlich 
von Wasag, dem zweiten Sohne 
Aschot’s, der 743 Statthalter in Ar- 
menien wurde. Ba-grad bedeutet 
kl. Burg, kl. eingezäunter Ort, sla- 
visch Bi-gorod. 

Bahnbrüäcken, alt Banbrugge, 
Dorf bei Bretten im Kraichgau; zu 
deutsch Feldhausen, vom gäl. ban 
Feld (daher noch Bannwarth, oder 


Bannert Feldhüter), und bruck statt | 


brog, gleich Burg, Haus; daher 
auch Bruchhauson; dann Ban- 
acker bei Mappach in der Nähe 
von Lörrach im Wiesethal, desgl. 
bei Weissenburg im Eisas, und 
weiter Bonfelden; Acker ist hier 
die Uebersetzung von ban, bon oder 
bene, daher endlich Benfeld im 
Elsas. 

Bahr, arabisch Meer, keltisch 
bior Wasser, z. B. Bahr Suez, Bahr 
Akaba, Bahr Hedschas, Bahr Mekka, 
Bahr Jemen, Bahr Oman; -Meer 
oder Wasser bei Suez, bei Akaba. 
Bahr-el-lut, Wasser-der-Sumpf, 
ist der arabische Name des 'TTodten 
Meeres, /ud oder loth bedeutet auch 
im Keltischen Sumpf. 

Bahrein- oder Aval-inseln im 
persischen Meerbuseu; bahr, bior 
ist Wasser und in oder innis, ins 
Insel; Aval kommt von abh Was- 
ser und i/e Insel; beide Appellativa 
bedeuten hier, wie gewöhnlich, das- 
selbe. Der Hauptort auf der gröss- 
ten der Inseln heisst Men-am oder 
Men-aina, von man Stätte, Ort 


Bahrenburg — Bajas. 


und amhain bezw. ean Wasser, also 
Ort am Wasser, er hat einen guten 
Hafen ; die Einwohner leben grossen- 
theils von der Perlenfischerei, die 
vom Juni bis September betrieben 
wird, 

Bahrenburg, Ort mit alter, jetzt 
abgetragener Burg in der Grafschaft 
Hoya im Hannoverschen; bahren 
ist entweder ein Deminutiv von bwr 
Burg, bwran kl. Burg, oder kommt 
von bioran kl. Wasser, in diesem 
Falle Wasserburg. . 

Baja, grosser Marktflecken im 
Banate (südl. Ungarn) an der Donau 
in einer fruchtbaren Gegend. Name 
soviel als Viehleute, Heerdebesitzer, 
von bu, beo Vieh und ae Leute; also 
gleich Päonen, Pan, Bojern, Böhmen, 
Baiern und Bauern; bei diesen letz- 
tern Formen stehen statt der Form 
ae die gleichbedeutenden maon, 
bezw. air, und an oder on. 

Bajae, einst Lieblingsaufenthalt 
reicher Römer an einer Meeresbucht 
nördlich von Neapel, mit einem Ha- 
fen und See-Bädern. Der Name be- 
deutet soviel als unser heutiges Bay, 
nämlich kl. Wasser, bi-aa oder ba-y, 
ba-ieo, und wie die Formen für bi 
und oa alle lauten. 

Bajas, bei Ptolemäus der Name 
für Böhmen, beo-iath Vieh-land, 
sonst Böheim, Bojoheim, latinisirt 
Bojohämum, Boihemum, gräcisirt 
Buiaimon; Heimath (om-iath) der 
Bojer (beo-air) oder Böhmen (beo- 
man). Die Bajo-varen, Baiern, 
bedeuten dasselbe, paig-ira von 
buwch Kuh und ire Land des- 
gleichen. 


Bajasid — Baillean. 


Bajasid oder Bajazid, feste Stadt 
in derarmenischen Provinz Bakewant, 
südlich vom Ararat, mit einer klei- 
nen auf einem Felsen gelegenen Ci- 
tadelle, Dbi-ais-aidhe kl.-hoch-Ort 
oder bi-ois-id kl.-Burg-gut. Bake- 
want ist Bergland, von buach Berg- 
rücken, und ban, band Landschaft. 

Baierbach oder Beierbach, häu- 
figer Bachname in Baiern, nach 
dem Namen dieses Volksstammes 
umgemodelt aus dom gälischen bior 
Wasser; im Schwarzwälder Murg- 
thale liegt einBaiersbronn, wo 
niemals Baiern hinkamen;; bronn ist 
hier die wörtlicheUebersetzung bezw. 
Verdeutschung von bioran kl. Was- 
ser. Bayersdorf in Mittelfranken 
dagegen kommt von beo-air Vieh- 
leute, gleich Beiertheim bei Karls- 
ruhe. 

Baikal-See in Hochasien, bailc- 
al gälisch grosses Wasser. Nach 
dem Türkischen soll er „reicher Sge“ 
bedeuten, Bei-kul. Kul wäre indess 
selbst wieder das keltische gio/, 
gol, göl Wasser; ein „reicher“ See 
gibt indess keinen verständigen Sinn, 
denn der See bietet in nichts einen 
besondern Reichthum. Ebenso un- 
passend ist die Erklärung „heiliger“ 
See, trotzdem dass et neben gross 
auch die Bedeutung der Grosse, 
d. h. Gott hat. 

Baileu, Ort in Lothringen, alt 
Bailodi, von baileod Deminutiv von 
baile, polis, Stadt. 

Bailleau, Dorf bei Chartres, 
westlich von Paris, lat. Baliolus, 
latinisirtes Deminutiv des gälischen 
bail, ball Stadt, Veste. Das Dorf 


- 1 — 


Bailli — Baimen. 


hies auch Balliac; diese Form ist 
das gälische Deminutiv. 

Bailli, ital. Balio, griech. Baju- 
los, latinisirt Ballivus, engl. Bailiff, 
bedeutet im Allg. jetzt jeden Vor- 
steher,, ursprünglich Vorsteher der 
Stadt, von dail (polis) Stadt mit 
angehängtem ae Mann oder ab Va- 
ter. Durch den Johanniterorden kam 
der Titel Balio nach Deutschland, 
wo Ballei daraus wurde. In Frank- 
reich waren die Bailli im Mittelalter 
Anführer des Heerbannes, Domänen- 
verwalter und Richter, in England 
Grafschaftsvorsteher, jetzt nur noch 
Gerichtsdiener. Nur in einigen 
Städten ist der Bailiff noch der 
oberste Beamte der Stadt. 

Baimen, von Ptolemäus Baimoi 
genannt, ein angeblich suevischer 
Volksstamm, der nach Tacitus auf 
der Nordseite der Donau in Ober- 
ungarn zwischen der March und 
dem Cusus (coed Wald, wis Wasser) 
hauste. Als ihr König wird Vannius 
genannt, aus dem Stamme der Qua- 
den (Waldleute von gwydd Wald 
und dae Leute), welcher über 
dreissig Jahre auf der Donau Zoll 
und Steuer erhob; ihm folgten seine 
Schwestersöhne Sido und Vangio. 
Der Namensähnlichkeit wegen leitet 
Kaspar Zeuss die Baimoi von den 
Böhmen oder Baiochaimen ab, was 
nicht gerade nothwendig ist, denn 
beum-ui bedeutet Wasser-leute, Do- 
nauanwohner; gie mögen übrigens 
immerhin aus Böhmen, oder da sie 
von einem Quaden oder Waldmann 
beherrscht wurden, aus den Sudeten 
dahin gekommen sein. Weiter ab- 

14* 





Bair — Baktschi-Serai. 


wärts an der Donau sassen die Teraca- 
trier, dwr-acha Wasserveste, fir 
Land und ae Leute, also Bewohner 
der Wasserburgen im Donaulande. 

Bair, französicher Flussname, alt 
Bairus, barrus vom gälischen Dior 
Wasser. 

Baireuth, alt Baierriute am ro- 
then Main; riute von reidhe, rhiod, 
rhod Feld, bair von buar Rindvieh, 
also Viehfeld. Den Ort als eine spä- 
tere bairische Colonie zu erklären, 
möchte ohne historischen Nachweis 
schwer anzunehmen sein. 

Bajucasser, alter Name für die 
Bewohner der Landschaft Bessin bei 
Bajeux (vergl. Bessin). 

Bakony Wald, zwischen der Raab 
und dem Plattensee im nordwest- 
lichen Ungarn; wohl dasselbe, was 
Bacenis sylva, womit die Alten aber 
den Harz bezeichneten. Der Bakony- 
wald ist ein bei 20 Stunden langes, 
und 8 bis 10 Stunden breites fiaches 
Hügelland mit dichten Waldungen 
und reichen Weiden namentlich für 
die Schweine. Buach bedeutet Berg- 
rücken, ony, inni, innis Wiese, 
Weide. 

Bakitschl-Serai oder Bagh-tscha- 
Saraj, früher Residenz der Tartaren- 
khane oder Könige in einem engen 
Thale auf der Krim, im 16. Jahrh. 
aus einem Gartenhaus entstanden. 
Nach dem Keltischen ist bak soviel 
alsbeagh klein, und tscha odertschi 
die gezischt-aspirirte Form für ci, 
chi, ka, cha Hag, Einzäunung, 
Garten; Serai gleich Serail wäre 
Fürstenhaus, von Ser, Sir gezischt 
für das altkeltische /or Fürst, Herr 


— mM — 


Baku — Balaklawa. 


und ail gleich ailt, hohes Wohn- 
haus, Palast, also fürstliches Haus 
im kleinen Garten; die Türken bezw. 
Tartaren, denn die Sprache beider 
ist wesentlich dieselbe, erklären den 
Namen ebenso, nämlich für Garten- 
palast; ein Beleg dafür, dass die 
weisshäutigen und oft blauäugigen 
Tartaren in irgend einer Vorwandt- 
schaft mit den Kelten stehen. 

Baku, feste Stadt auf der Halb- 
insel Abscheron, dem Ostende des 
Kaukasus nach dem Kaspischen 
Meere zu. Bi-ka wäre kleiner be- 
festigter Ort; da der Ort bei den 
Parsen heilig war wegen der um 
denselben vorkommenden brennen- 
den Steinölquellen, so kann man 
das slavische bog, Gott, herbei- 
ziehen, dann wäre es bog-ua Gottes- 
land. Die Halbinsel Abscheron hies. 
alt Gaetara, Wasserland gatid-ire, 
ungefähr dasselbe ist Abh-sgaran, 
Wasserfels. 

Balagaht oder Balaghaut, Berg- 
landschaft in Ostindien, auf der 
Hochebene von Dekan; bal-aigh- 
iath Berg-hoch-Gegend. 

Balaguer, Stadt am Segre in 
Aragonien in Spanien mit einem 
darüber ligenden Bergschloss, ball- 
y-gouer Burg am Wasser. 

Balak-hissar oder Balik - essari, 
Badeort mit warmen Mineralquellen 
westlich von Brussa am mysischen . 
Olymp in Vorder-klein-Asien; bua- 
log Quelle, ais, ois Burg und ar 
gross, hoch. 

Balaklawa, Seostadtaufder Süd- 
küste der Krim; bial-aigh-Ile (bezw. 
laws, Ziub, leben) Wasser -hoch- 





Balam — Balassa. 


Stätte; über dem Hafen auf einem 
Berge liegt eine alte von den Ge- 
nuesen theilweise restaurirte Burg, 
die Tschembalo oder Cembalo hies; 
cean Bergspitze und bailStadt oder 
ball Burg. 

Balam, nach dem Persischen eine 
Herberge, nach dem Altkeltischen 
ein kl. Haus, bil-om. 

Balas-falva, verdeutscht Blasen- 
dorf, walachischer Ort an der Ver- 
einigung der beiden Kokelflüsse in 
Siebenbürgen. Blasen- oder Balas- 
ist bil-ais klein-Wasser, und falva 
die schärfere Aussprache für bail- 
bi Ort-klein, d. h. Dorf; falva für 
Dorf kommt im Walachischen häufig 
vor, in der Form /eall Haus auch 
schon im Altkeltischen. 

Balasore oder Balasur, Stadt in 
Bengalen an der Mündung des Berra- 
boHong in den bengalischen Meer- 
busen. Bail-y-suir Stadt des Was- 
sers. Berra-bollong ist eine Tauto- 
logie, denn Dior bedeutet Wasser 
gleich bualog, oder bualan kl. 
Wasser; os sind hier zwei gleichbe- 
deutende Appellativa in einen Eigen- 
namen verschmolzen, wie dies öfter 
vorkommt, oder bollong bezieht sich 
auf bailean kl. Stadt, an welcher 
der Fluss vorbeifliesst. 

Balassa-Gyarmath, Ort an der 
Eupel oder Ypoli in Oberungarn, 
mit einem alten Bergschloss; ball- 
aith oder ais Burg-hoch; Gyarmath 
ist der ursprüngliche Name des 
Dorfes oder des zur Burg gehörigen 
Hofes gouer-modh, Bach-hof. Der 
Bach selbst heisst hier y-bia? oder 
Eipel, d. h. das Wasser. 


— 2113 — 





Balborn — Balder. 


Balborn, Ort bei Remling in 
Würtemberg, von bial Wasser, Born. 
Balbronnim Elsas, alt Baldebronn, 
von bial Wasser und di klein. 

Baldachin, franz. baldaguin, ital. 
baldachino, Bels oder Gottes Haus; 
bel Gott, teagh Dach, Haus, teagh- 
an kl. Haus; jetzt ein über dem 
Throne, der Kanzel oder dem Aller- 
heiligsten angebrachtes oder getra- 
gones Dach. 

Baldenburg, Städtchen an der 
Zahne, die hier Ball heisst, d. h. am 
tain Wasser, was keltisch aber auch 
bial heisst, in Westpreussen an der 
pommerschen Grenze. Bal-den ist 
bial-din Wasser-burg. 

Baldeneck, alte Burg an der 
Mosel, einst zu dem Erzstift Trier 
gehörig; bil klein, din Burg, aighe 
hoch; in der Nähe die Ruinen der 
Burg Beilstein; bdil, bal, bel 
Fels; Stein wohl verdeutscht für 
din Burg; darunter das Dorf Beil- 
stein, einst reichsunmittelbare Be- 
sitzung der Grafen Metternich. 

Balder, Baldor oder Baldur, nach 
der nordischen Mytho der zweite 
Sohn Odins, Gemahl der Nanna, 
oder goth. Nantho; der Gott, welcher 
durch Kampf und Sieg zum Frieden 
führt. In der jüngern Edda wird 
dieser Balder Beldegg genannt, 
er soll über Westphalen geherrscht 
haben, während Vegdegg in Ost- 
sachsen und Siggi in Rheinfranken 
regierten. Bal, bel bedeutet Gott, 
als Sohn Odins kann es auch von 
bil klein (lat. filius) kommen; der, 
dur ist forr Fürst, also Sohn des 
Fürsten; degg dagegen kommt von 


Baldern — Balduin. 


dagh gat, damach guter Bohn. 
Veogdegg ist dasselbe von beagh 
klein, bezw. Sohn (ital. piccolo); 
Siggi wieder dasselbe von di-oigh 
klein-jung (oghain Jüngling, oighe 
Jungfrau). Des Siggis (Anklang an 
Sigambern, wo aber Sig soviel als 
Sachse bedeutet) Sohn war Verir 
/uar-air Wassermann gleich /uar- 
an Franke (denn air und an, ank 
bedeuten dasselbe), und von da sei 
gekommen das Geschlecht der W 51- 
sungen,d.h. der Bualiski, Wasser- 
leute, Niederrheiner bezw. Belgen. 
Baldern, alt Balder, Bergschloss 
beiNeresheim im Herdfeld, von ball 
Veste, Wall und der klein. 
Balduin, ein keltischer Personen- 
name, der mancherlei bedeutet: 
duine steht zunächst im Kimbrischen 
für Mann und Frau; bal ist entweder 
gleich bil, bel, Dbille klein, oder 
gleich bail Stadt, Stadtbewohner, 
dann gleich dia? Wasser, Seemann, 
weiter gleich ba’, bel Berg, und 
endlich gleich 50/X Fürst, darnach 
Mann, Vasall des Fürsten. Ein Bal- 
duin, jüngster Bruder Gottfrieds von 
Beulen war von 1100—1118 erster 
König von Jerusalem. Ihm folgte 
Balduin II, sein Vetter, bis 1131, 
der den Tempelorden stiftete; dann 
dessen Schwiegersohn Fulko bis 
1142, dann Balduin III, Fulkos 
Sohn, bis 1162; dieser Balduin 
schlug den Mureddin, Sultan von 
Halep 1152 bei Jerusalem, dann 
1157 am Jordan und noch bei Pu- 
taha. Ihm folgte sein Bruder Amal- 
rich bis 1173, dann dessen Sohn 
Balduin IV, der Aussätzige, bis 1183, 


— 2114 — 


Balearen — Balg. 


und endlich dessen Neffe Balduin V, 
welcher 1187 starb, ein Jabr vor 
der Eroberung Jerusalems durch Sa- 
ladin, Sultan von Aegypten und 
Syrien. 

Balearen, Inseln im Mittelmeere, 
östlich von Spanien, zu deutsch Was- 
serland, bial-ir, dabei die Pityusen, 
von fiod Wald, Fichte und is, us, 
ins Insel. 

Balg, Dorf bei Baden im Oosgau; 
Balge, alt Balga, bei Nienburg in 
Hannover; Balgheim, alt Balge- 
heim bei Spaichingen in Würtem- 
berg, von bil, bal klein und ka ein- 
gezäunter Ort bezw. von Dual Was- 
ser, Wasserveste, oder von ba? Berg, 
je nach der Lage. Balkhausen 
hinter dem Malchenberg an der Berg- 
strasse wohl von Dbualog Quelle, 
denn es liegt am Ursprunge eines 
Baches. Balgach, Dorf am Rhein 
im St Galler Rheinthal dagegen von 
bailk Wasser und acha Wall, Wehr. 

Balga, Ort auf einer Halbinsel 
des frischen Haffs in Ostpreussen 
bei Heiligenbeil (beil == bail Stadt, 
Ort). Auf dem höchsten Punkt der 
Halbinsel hatten die alten (letti- 
schen) Preussen eine Burg erbaut, 
Honeda genannt, onn-aidhe Felsen- 
burg, welche 1239 nach langer Be- 
lagerung und blutigen Kämpfen von 
den Deutschordensrittern unter Diet- 
rich von Bernheim erobert und dann 
in eine Ordensburg umgewandelt 
wurde, von welcher der Thurm noch 
steht. Balka bedeutet kl. Hag oder 
Wasserhag , bil kl. oder Dial Was- 
ser und Aa eingezäunter Ort, oder 
endlich bailk Wasser und ae Leute; 











Balgen — Balkan. 


denn die Bewohner des Ortes sind 
fast durchweg Schiffer. 

Balgen, sich balgen, gäl. bagh 
Streit, baghach streitsüchtig. Die 
Grundform scheint balg zu sein. 

Balhorn, alt Balahorna, Balehor- 
nun, Dorf zwischen Kassel und Fritz- 
lar mit vortrefflichen Sandsteinbrü- 
chen. Name von bal, Felsen, ein 
Name, der in Beilstein, Bilstein 
mehrfach um Balhorn ebenfalls vor- 
kommt, und Horn entweder für aran 
Berg, oder caeran kl. Ort. Die alte 
Form Balahorni deutet aufbalaFels, 
or Berg und nae Leute. 

Bali oder Klein- Java, eine der 
Sundainseln, östlich von Java, von 
Malayen bewohnt, welche indess die 
indischen Götter verehren, nach in- 
dischem System in Kasten getheilt 
sind, also auch einmal von Indien 
aus unterjocht worden sein müssen. 
Name bil-y kleine Insel, klein Java; 
letzteres von abh Wasser und 0, ua 
Land mit vorgesetztem Artikel y, 
also das Wasserland, oder die Insel, 

Balingen, Stadt an der Eyach 
am Nordfusse der rauhen Alp in 
Würtemberg, sie besteht nur aus 
einer langen Strasse, kommt auch 
im Mittelalter nicht als bedeutender 
Ort vor; war also ein Di-long klei- 
ner Ort. Die Eyach entstand aus 
y Wasser und der Uebersetzung aha, 
acha, oder y ist der Artikel. 

Balkan, Bergwald von ba? Berg 
und chund Wald, in Bulgarien in 
der europäischen Türkei; die Alten 
nannten dies Waldgebirge Hämus, 
y-muint der Wald, oder a-muint 
Bergwald; er ist ein, namentlich im 


— 2115 — 


Balkh — Balm. 


westlichen Theile über 4000 Fuss 
hohes, stark bewaldetes und fast 
unwegsames Granitgebirge. 

Balkh, alte Stadt in der Nähe des 
obern Oxus in der Bucharei, in einer 
von Canälen bewässerten Ebene; 
Name von bial-acha Fluss- Voste, 
oder bailk-cha Wasser-Verzäunung, 
oder endlich bail-oiche Stadt-(am) 
Wasser. 

Balkhachsee im mittlern Hoch- 
asien, bailk Wasser, und daran die 
auch in ganz Deutschland übliche 
Vebersetzung aha, ach, was eben- 
falls Wasser bedeutet; südlich vom 
Balkhachsee liegt der Issikul- 
see, von aith Berg und gil, göl, 
giol, gul Wasser, also Bergsee; 
östlich vom Balkhachsee der kleinere 
Dzaisansee, di-aisean, oder di- 
uisgean kl. Wasser. 

Ballenberg, Ort im Bauland im 
Odenwald, von bal Anhöhe, balean 
kl. Anhöhe. 

Ballendorf, Ort in Würtemberg, 
von bailean, Deminutiv von baile 
Ort (polis); ebendaher Ballen- 
hausen und ähnliche Namen mehr. 

Ballenstedt, von balla Wall, im 
Nordschwabengau im östlichen Thü- 
ringen. Die alte Burg oder balla 
liegt auf einem Felsenhügel über 
der Stadt, und war in letzter Zeit 
Residenz der Herzoge von Anhalt- 
Bernburg. In der Schlosskirche ru- 
hen die Gebeine Albrechts des Bären. 

Bally-shannon, Stadt inder Pro- 
vinz Ulster am Atlantischen Meere 
in Irland; bail Stadt, yam, Shan- 
non, von tain-an kl. Wasser. 

Balm, Balma, franz. Baume, ein 


Balsamerland. 


in den Alpen häufig vorkommender 
Name für hervorstehende oder über- 
hängende Felsen, z. B. der Col de 
Balm am Montblanc. Der Name 
kommt aus dem Kimbrischen von 
balVorsprung, Bergrand und maen 
Felsblock. In Baiern und Salzburg, 
im Schwarzwald und in der deut- 
schen Schweiz lautet dieselbe Form 
Palfen oder Palven, latinisirt palva. 
Alm, auf der Alm, ist entweder eine 
Abkürzung von Balm oder von 
Almend, gemeinschaftlicher Alpen- 
weide. Die Bergnamen Ballon (d’Al- 
sace) deutsch Belchen kommen in 
gleicher Weise von bei Berg und 
aigh hoch. Es gibt auch Dörfer im 
Schwarzwald und in dar Schweiz, 
die Balm heissen; sie liegen hoch 
auf oder an Felsenbergen ; ihr Name 
von bal-ma Berg-stätte. 
Balsamerland oder Belkesheim, 
latinisirt Belxa, Belesengau, Name 
für das Wiesenland auf dem linken 
Elbufer zwischen Tangermünde, 
Arneburg, Werben, dann bis zur 
Biese und an derselben aufwärts bis 
Calbe, mit den Orten Bismark, Sten- 
dal und der alten Veste Osterburg. 
Der Name Belkes-heim kommt vom 
gäl. bailc Wasser. Die Biese von 
bais Wasser; Bismark, Ort an 
der Grenzemark längs der Biese,. 
Arneburg könnte von aran Berg 
herkommen, wie Arneburg in Thu- 
ringen; da aber an der Elbe bei 
Arneburg keine Berge sich vorfinden, 
so kann man den Ort als Landes- 
burg erklären, von ire, iran Land, 
Ländchen. Stendal hies alt Steine- 
dal, da indess daselbst kein steini- 


— 216 — Balta — Baltisches Meer. 


ges Thal vorhanden ist, wohl aber 
Stendal an einem Bache liegt, so 
wird es in Bachveste übersetzt wer- 
den müssen, von tain Wasser und 
dailVeste. Das Balsamerland wurde 
in geschichtlichen Zeiten von den 
überelbischen Slaven erobert, und 
blieb an 200 Jahre in deren Besitz 
(vergl. Mintga). Im Balsamerlande 
lagen ausser den obengenannten Or- 
ten noch: Beuster, alt Baystern, 
Viehort, beo-tuaran ; Metzdorf, 
Methisdorp, ausgemessenes Feld- 
Dorf (vergl. Miete und Metz); 
Schleiz, alt Slautiz (s!us Wasser 
und di-ais kl. Ort). Die Slaven er- 
klären Balsamerland als Weissland, 
Bjela-zemja; biela weiss fällt aber 
mit bial Wasser zusammen, wie 
weiss mit uisye. Ein „weisses Land“ 
gibt keinen Sinn, es müsste denn 
stets mit Schnee bedeckt sein. 
Balta, Stadt in Podolien an der 
Kodyma, Wasserort bial-ta oder kl. 
Ort, bil-ta. Kodyma Waldwasser, 
coed Wald- amhain Wasser. 
Baltisches Meer oder Ostsee. 
Name entweder von bial, bua! Was- 
ser und di klein, im Gegensatz zur 
grössern Ostsee, oder von belad’ Weg, 
Belt, Wasserstrasse.. Man erklärt 
baltisches Meer mitunter für weisses 
Meer, vom slavischen biela, biala 
weiss; diesist aber unpassend, denn 
erstens ist dieses Meor nicht weiss, 
und dann ist der Name älter als die 
Ansiedelung der Slaven an der Ost- 
see. Der grosse und kleine Belt 
können jedenfalls nicht von den 
Slaven ihre Namen erhalten haben, 
da dieselben nie so weit kamen. Die 





Baltistan — Balzweiler. 


Ostsee hies auch Waräger Meer, von 
ger Mann und gwig oder oiche 
Wasser, weil die schwedischen Wa- 
räger, d. b. die Seeleute, darüber 
nach Rnssland kamen. 

Baltistan oder Kleintibet am 
obern Indus mit der Hauptstadt Is- 
: cardo. Klein-Tibet kann eine Ueber- 
setzung von Balt-istan sein, denn 
bal, bil bedeutet klein, ais hoch, 
Berg und fan Land, während Tibet, 
von dubh hoch, grossund aith Höhe, 
dasselbe besagt. Nimmt man Dal 
für Berg und ti, du für Land, so 
entsteht Bergland; stan ist dann die 
persische Uebersetzung von du, 
Land; stan ist die gezischte Form 
für das keltische fan. Iscardo be- 
deutet Bergwasser-ort, uisge Was- 
ser, ar Berg und dae Leute oder 
tae Ort. 

Balzheim, Balzfeld, Balz- 
hofen, Balzhausen, Balzen- 
heim u. 8. w., in Baden, Würtem- 
berg und dem Elsas, von Du! Berg, 
bezw. Dial Wasser, bil klein, und 
ais Ort, ois Burg, oder von bail 
Ort und di klein. 

Balzthal, ein Längenthal im Jura, 
im obern Buchsgau, auch Schwarz- 
bubenland genannt, zum Canton So- 
lothurn gehörig. Der Name bedeu- 
tet Bergthal, Felsenthal, von ba} 
Feisenberg, Felsenrand. 

Balzweiler, franz. Badonwiller, 
im Alb- bezw. Salmgau in Lothrin- 
gen. Das Städtchen ist kein Bade- 
ort. Badh, both, buth bedeutet 
keltisch Hütte, Wohnung. Der Ort 
Badenheim in Rheinhessen heisst 
urkundlich Bodenheim, Bathenheim 


— 217 — 


Bamberg — Bandit. 


oder Battenheim, und bedeutet das- 
selbe, ebenso Badenstedt, Bo- 
denstodt. Die Verkleinerung von 
bath ist badhan, das auch von bi 
oder ba klein und dun Stadt oder 
Dorf abgeleitet werden kann. Die 
Form Badanviller entspräche dann 
am nächsten der französischen Ba- 
donwiller. Da aber urkundlich Bi- 
dulfi-villa auch in Badinville franzö- 
sirt wurde, so muss Balzweiler als aus 
Bidulfsweiler zusammengezogen be- 
trachtet werden. 

Bamberg, alt Babenberg, Babin- 
berg, vom kimbrischen per Spitze 
undder vorgesetzten Verkleinerungs- 
sylbe da oder by. Die alte Burg, 
oder Altenburg von Bamberg lag 
auf einem vorspringenden Hügel bei 
dem Dome. Schloss Babelsberg bei 
Berlin bedeutet nach dem Keltischen 
dasselbe, von bi, da klein und bel, 
bal Berg, gleich Babel in Mesopo- 
tamien. (Vergl. Babenberg.) 

Banburry, Stadt in der engl. 
Grafschaft Oxford am Charwellflüss- 
chen; letzteres kl. Wasser von caoir 
Wasser und Di} klein; bei Banburry, 
deutsch Banburg, kann ban, je nach 
der Lage von bean Berg oder von 
ban Feld, oder endlich von buinne 
Wasser herkommen. 

Banderlen, latinisirt Banderium, 
im Mittelalter die bewaffneten Be- 
gleiter des Ban, d. h. des Herm, 
Fürsten oder Markgrafen, ban-air 
Hoerren-leute. 

Bandit. Im Altdeutschen bedeu- 
tet bana Todschlag, im Alt-Nordi- 
schen bani der Tod, und ebenso Dana 
im Gälischen; gewöhnlich erklärt 


Banff — Bankok. 


man Bandit für einen Verbannten ; 
der Begriff Mörder liegt aber näher. 

Banff, Stadt im nördl. Schottland 
in einer fruchtbaren Ebene; ban- 
aoibh Feld-hof. Das Geschlecht der 
Banfi in Ungarn leitet dagegen sei- 
nen Namen von ban Herr und äilii 
Söhne ab, nämlich von einem 
Stephan, aus dem Geschlechte der 
deutschen Grafen von Hadolth, der 
1282 Ban in Ungarn ward. 

Bangor, Stadt in Wäles, desgl. 
in Irland, beide am Meere; buinne- 
caer Wasser-Stadt. 

Banjaluka, feste Stadt in Bos- 
nien an der Verbas, in einem frucht- 
baren Thale; ban-ia Feldland, Juik, 
loc fester Ort. 

Banjanen, Name der indischen 
Kaufleute in Arabien; im Keltischen 
bedeutet buinn Gewinn, buinim ge- 
winnen, fiun Werth und ar Leute; 
darnach sind die Banjanen Leute, 
die auf Gewinn ausgehen, also Han- 
delsleute. 

Banienthal, franz. Val de Bag- 
nies, ein Thal in Unterwallis, süd- 
lich von Martinach, durch welches 
die Strasse über den St. Bernhard 
führt. Der St. Bernhard hies mons 
peninus oder Summus peninus; das 
Thal, welches nach ihm den Namen 
führt, ist die Vallis penina, und 
daraus wurde Banienthal; pen be- 
deutet im Keltischen Bergepitze. 
Durch das Thal läuft die Drance, 
gleich der franz. Durance in der 
Provence, vom gäl. dur Bach, dur- 
ean kleiner Bach. 

Bankok, Hauptstadt von Siam 
am Menam, grossentheils auf Pfählen 


— 4185 — 


Banona — Bans. 


in diesem Fiusse erbaut; Koichen, 
keltisch coich, hiessen schon bei 
den alten Germanen (bezw. Kelten) 
an der Unterweser die Erhöhungen, 
auf welchen die Wohnungen der 
Veberschwemmungen wegen erbaut 
werden mussten; ban stände in die- 
sem Sinne gleich buinne Wasser. 
Die Inder erklären den Namen aber 
für Stadt der Gärten bezw. Felder 
von ban Feld. Menam ist moin-am 
grosser Fluss. 

Banona, gälisch edle Frau von 
ban, bean Frau und on edel, gut. 

Bantry, Stadt in Irland am Meer- 
busen gleichen Namens mit gutem 
Hafen; buinne Wasser, Ire, tri 
Stadt, abgekürzt aus {ref, treabh. 

Banns, latinisirte Form für das 
slavische pan und das ungarische 
Bojan, was Herr bedeutet; im Ru- 
mänischon Bojar. Boi-an kommt 
von fo, foi Fürst und an Mann, 
Bojar, von /oi und air Mann; Ban, 
Pan istaus Bojan zusammengezogen. 
In Niederungarn, Croatien und Dal- 
matien standen an der Spitze der 
Grenzprovinzen Bane oder Markgra- 
fen, daher die ihnen untergebenen 
Gegenden Banate hiessen; jetzt ver- 
steht man unter Banat die Gegend 
an der untern Theiss mit der Haupt- 
stadt Temeswar; die Marosch bildet 
die Nordgrenze, dieDonau die west- 
liche des fruchtbaren Flachlandes, 
welches eben deshalb auch von dan 
Feld abgeleitet werden könnte. 

Banya, Beiname mehrerer Städte 
in Ungarn; ban Feld, ia Land, Orte 
im Feldland. 

Banz, alte Burg und dann Kloster 





Bar. 


am Mainin Franken auf einem Berge; 
beann bedeutet kimbrisch Anhöhe, 
Berggipfel, und ois Burg, beann-ois, 
zusammengezogen in Ban-z, darnach 
Bergburg. Da, wo 1058 das Kloster 
von einer Alberada, der Gemahlin 
eines Grafen Otto gegründet wurde, 
stand früher ein Castrum, der Sitz 
derGaugrafen. Die Gegend um Banz 
hies früher der Banzgau, er um- 
fasste im Wesentlichen die Land- 
schaft, welche man jetzt den Itz- 
grund nennt. Das Kloster Banz 
wurde 1525 im Bauernkriege zer- 
stört, wieder aufgebaut, und im 
dreissigjährigen Kriege abermals in 
eine Buineverwandelt, endlich 1802 
aufgehoben. 

Bar, Stadt in Podolien am Bug, 
desgl. in Lothringen, dann in der 
Auvergne, ander Maas, an der Aube, 
an der Seine und verschiedenen an- 
dern Orten; im Kimbrischen bedeu- 
wt bwr Burg. Bei Bar le Duc in 
Lothringen kann man des Beisatzes 
le Duo wegen auch an bar Fürst, 
also Residenz des Fürsten denken. 
Das französ. barrer, verbarrikadiren 
ist derselben Wurzel wie bwr Burg, 
ebenso Baracke. 

Bar, franz. Barrois, früher ein 
selbstständiges Horzogthum an der 
Grenze von Lothringen und der 
Champagne, seit der Mitte des 15. 
Jahrhunderts aber mit Lothringen 
verbunden. In Folge der Vermäh- 
lung Isabellens, einer Erbin von 
Lothringen, mit dem Herzoge von 
Anjou, kam die Bar sammt Lothrin- 
gen später an Stanislaus Lescinsky, 
und nach dessen Tode an Frankreich. 


— 19 — 


Baraba. 


Das Schloss Bar-le-Duc wurde 964 
vom ersten Grafen von Bar, den 
Kaiser Otto I hierzu ernannt hatte, 
erbaut, 1354 war die Grafschaft, 
die damals zum deutschen Reiche 
gehörte, zugleich mit Luxemburg 
von Kaiser Karl IV zum Herzogthum 
erhoben worden. In der Bar liegen 
ausser dem Hauptort Bar le Duc 
noch Ligny, Damniarie, Gondrecourt, 
Fains (Fanis), Netissy laMarche, und 
die Landschaft Bassigny. Ein Theil 
der Bar war indess stets ein fran- 
zösisches Lehen, und hies deshalb 
Barrois francais; in diesem Theile 
liegen Longwy an der Grenze von 
Luxemburg, Stenay, Jamez und Ju- 
vigny. Der Ausdruck Bar, alt Bar- 
rus bezeichnet einen Fürsten-Wald, 
von bar Fürst und rus Wald. Die 
Bar ist nämlich ein rauhes waldiges 
Bergland, meist der Jurakalkforma- 
tion angehörig; ganz dieselben Ver- 
hältnisse, wie sie sich bei der deut- 
schen Bar auf dem östlichen Abhange 
des obern Schwarzwaldes an den 
Quellen der Donau Wieder finden. 
Zu der Bar im weitern Sinne 
gehörte auch der Argonnenwald. 
Bevor Bar le Duc erbaut war, 
sassen die Grafen in Mousson, alt 
Monson, Berg-burg, mmwni-dion, an 
der Mosel, oberhalb Pont & Mous- 
son; damals hiessen sie noch Grafen 
der Ardennen, Beweis, dass das 
ganze Gebirgsland sammt den Ar- 
gonnen auch Ardennen (ar-ion, rau- 
her oder hoher Wald) genannt wurde. 

Baraba, Weideland nördlich vom 
Altai, südlich von Tobolsk im west- 
lichen Sibirien, auf welchem die 


Barabra — Barbaren. 


tartarischen Barabinzen seit alten 
Zeiten Viehzucht treiben ; buar Vieh, 
ibh Gegend. 

Barabra, ein nubischer Volks- 
stamm im Nilthal an der Grenze 
Oberägyptens; ihr Land Dar el Ber- 
ber, Berberland von #ir (terra) Land; 
Berber wohl von buar Bindvieh und 
wr oder fear Mann; Bar-ab-ra, mit 
dazwischen geschobenem ibh Land- 
schaft, Bewohner einer Gegend, in 
welcher Viehzucht getrieben wird. 
Diese Berbern bilden einen der man- 
nigfachen Uebergänge von den Ne- 
gern zur weissen Race. Ihre Mund- 
art, die Nobinga-Sprache, ist vom 
Arabischen verschieden. 

Baracacä, Ziegenfelle vom gäli- 
schen barc oder barac Buch und 
aighe Hündin oder vaghan Lamm, 
also Pergament von Schaffellen. Im 
Russischen bedeutet Baranken oder 
Baranjen Lämmerfelle, und Baran 
das Schaf. 

Baranya oder Baranja, fruchtbare 
Landschaft im süd-westlichen Un- 
garn zwischen der Drau und der 
Donau um die Stadt Fünfkirchen; 
buar-an-ia Rindvieh-Leute-Land, 
oder Land der Leute, welche Vieh- 
zucht treiben, im Gegensatz zu den 
angrenzenden Wald - Berg - Steppen- 
oder Sumpfgegenden. 

Barbaren. Ein Ausdruck, womit 
die Römer undGriechen ungeschlach- 
tete Völker bezeichneten. Horatius 
bezeichnet nun insbesondere Phry- 
gien als Barbaria; Phrygien bedeu- 
tet aber Bergland von braigh Berg; 
darnach wäre Barbaria dasselbe von 
bar Berg, wr oder air lat. vir Mann 


— 0 — 


Barby — Bard. 


und ia Land. Das erste bar könnte 
indess auch von duar Rindvieh her- 
kommen. 

Barby, Stadt an der Elbe ober- 
halb Magdeburgs mit einem Schloss, 
einst Sitz einer Grafschaft. Die Ot- 
tonen schenkten Barby in den Jah- 
ren 974 und 999 dem Stifte Qued- 
linburg; damals war Barby nach 
den betreffenden Urkunden ein kai- 
serliches Landgut oder ein Burg- 
ward; die nachherigen Grafen von 
Barby stammten von denGrafen von 
Mühlingen im Anhaltischen. Als 
Landgut, auf welchem Vieh gehal- 
ten wurde, kommt Barby von buar 
Bindvieh, und bi Leute, als kleine 
Burg von bwr Burg und bi klein. 

Barcelona, Hauptstadt der Land- 
schaft Catalonien in Spanien, bei 
den Römern Barcinum, Bergburg, 
bar DBergspitze und dion, zion 
Burg, im Mittelalter Barchinona, bei 
den Arabern Barschanunah oder Bar- 
schaluna, eine Form, welche an die 
Bergburg Bar-cin oder Bar-gan 
noch ein ion oder Jon, Ortangehängt 
hat, um die um die Veste entstan- 
dene Stadt zu bezeichnen. Lonja 
ist jetzt der Name der Börse Barce- 
lonas. Dabei das Felsenfort Mont- 
juy; chui, chau, cau bedeutet Be- 
fostigung. 

Barchfeld, Ort im Werragrunde 
zwischen Meiningen und Salzungen 
an der Werra, mit einem Schlosse, 
dem Sitz einer hessischen Seiten- 
linie; Name von biorach Füllen, 
junges Pferd und 7a/d Pferch, Um- 
zäunung. 

Bard, italienisch Bardo, Ort im 


sn Milben. 





Barde — Bardengau. — 221 — 


Augstthale oder Thal von Aosta, 
zwischen Augst und Ivrea, mit einem 
Fort, welches den Uebergang über 
den St. Bernhard vertheidigt, und 
1800 Napoleon grosse Schwierig- 
keiten in den Weg legte. Bar-do 
ist Berg-haus, Berg-burg. 

Barde, alter Ausdruck für Dich- 
ter oder Sänger, ein Wort, das in 
allen keltischen Sprachen vorkommt; 
im Altirischen lautete das Wort 
bhaird, wie die Brüsseler altirischen 
Codices zeigen, woein Eoghan, Sohn 
eines Dichters, mac an bhaird, ge- 
nannt wird. Auch in der Schlacht 
bei Moira kommen die gälischen 
Barden vor. Die Harfe der Barden 
hieschrofta, cruit, auch clarseach; 
die Zunft der Barden genoss bei 
den alten Kelten grosses Ansehen, 
am längsten erhielten sie sich in 
Wales und Irland; ihre Wettkämpfe 
in Gesang und Dichtkunst hiessen 
Eisteddfods. 

Bardenburg, franz. Claire Fon- 
taine, Ort in belgisch Luxemburg 
westlich von Arlen. Ein anderes 
Claire fontaine liegt in Oberburgund 
bei Vesoul, einst eine Cisterzienser- 
abte. Das Luxemburgische war 
ebenfalls eine solche Abtei, ist jezt 
aber in eine Eisengiesserei umge- 
wandelt. Bardenburg wird wohl das- 
selbe bedeuten, was fontaine von 
bior Wasser und din Burg, denn 
sonst wäre 68 nicht in fontaine über- 
setzt worden. 

Bardengau, Bardagowe; so hies 
das heutige Lüneburgsche mit dem 
alten Hauptort Bardewig, wo 795 
Karl der Grosse ein Lager schlug. 


Bardengat. 


Die Einwohner des Bardengaues wer- 
den von Helmold Bardi, d. h. 
Wassermänner, Wasseranwohner ge- 
nannt, von Dior und dae;-ihr Land 
hies darum Bardungia zu Kaiser 
Ottos Zeiten. Im Jahre 862 wurde 
der Gau vom Papste Nicolaus Ber- 
dangoa, 992 in einer Urkunde Kaiser 
Arnulfs Bardanga genannt ; also im- 
mer Wasser-leute-land, oder wenn 
man dan für fanLand nimmt, Fluss- 
landgau, d. h. Anwohner der Elbe. 
Der Gau erstreckte sich am linken 
Elbufer von den wendischen Gegen- 
den bei Lüchow und Dannenberg 
(an der Jetzel) bis Wiesen bei Har- 
burg; nach dem Binnenlande zu bis 
zur Wasserscheide auf der Lünebur- 
ger Haide. Bar-do-wick bedeu- 
tet Ort der Wasseranwohner, von 
wigh Dorf, bior Wasser und do, 
dae Männer. Bardowigh war eine 
bedeutende Handelsstadt. Ob die 
Longobarden blos aus dem Bardogau 
kamen, mag dahin gestellt bleiben, _ 
die alten Orts- wie die Flussnamen 
sind im Bardogan ebensogutkeltisch, 
wie in den Nachbargauen. Die deut- 
schen Longobarden haben den ur- 
sprünglich keltischen Wassergauall- 
mäliginBesitz genommen, ohne dass 
der alte Name wechselte. Man könnte 
Bar-di übrigens auch als Hirtenvolk 
erklären, vom gäl. buar Bindvieh 
und dae, di Männer; denn der Bar- 
dengau scheint weniger an der Elbe 
als am Abhange der Lüneburger 
Haide längs der Ilmenau bewohnt 
gewesen zu sein; an der Elbe lag 
nur Artlenburg, die Grenzburg, sonst 
kein Ort von Bedeutung. Wenn die 





Bardengat. 


Barden ein Schiffervolk gewesen wä- 
ren, so müssten ihre Hauptorte sich 
vorzugsweise an der Elbe befunden 
haben. Die Deutschen, welche auf 
dem linken Elbufer, wahrscheinlich 
‘ im Bardengau, zuerst in grössern 
Massen auftraten, waren ein Hirten- 
volk, von dem durchaus nicht ange- 
nommen zu werden braucht, dass es 
überall sofort die Kelten vertrieben 
habe. Beide Völker lebten im Ge- 
gontheil neben einander, die Kelten 
mehr in den Ackergegenden, die 


Deutschen auf den Wiesen, Huten 


und Haiden. Schliesslich freilich 
gewannen die Deutschen die Ober- 
hand, sei es durch ihren Fleiss und 
ihre Ausdauer, sei es durch Waffen- 
thaten; aber unumstösslich bleibt 
es, dasslange Jahrhundertehindurch 
beide Völker in Deutschland neben- 
einander gehaust haben müssen, wie 
jetzt die Deutschen und Slaven an 
der Weichsel oder an der untern 
Donau, sonst hätten nicht die alten 
keltischen Namen von den Deutschen 
angenommen und bis heute erhalten 
werden können. In den Kriegen 
gegen die Römer fochten Kelten und 
Deutsche vereint gegen den gemein- 
samen Feind, die Heerführer mögen 
nunkeltischen oder deutschen Stam- 
mes gewesen sein. Die Gälen waren 
in ganz Mitteleuropa schon durch 
die Kymren zu Hörigen gemacht 
worden, das Erscheinen der Deut- 
schen änderte hieran im Wesent- 
lichen nichts; die Gälen blieben hö- 
rig, aber dieDeutschen wurden jetzt 
ihre Herren, insoweit sie sich nicht 
mit den Kymren in die Herrschaft 


— m — 


Bardengatı. 


theilten. Drei Sprachen wurden wäh- 
rend des ersten Jahrtausends in 
Deutschland gesprochen, gälisch, 
kymrisch und deutsch, dazu kam im 
Westen das Lateinische, im Osten 
das Slavische und Ungarische. Bei 
einem solchen Gewirre war die la- 
teinische Sprache, als die allein 
schriftfähige und den romanischen 
Mönchen bekannte, die einzig pas- 
sende, um Urkunden abzufassen, ge- 
rade wie dies vor wenig Jahren noch 
in Ungarn der Fall war. Als unter 
den Hohenstaufen der deutsche Adel 
anfing, Dichtkunstund Wissenschaft 
zu treiben, da erst wurde die deut- 
sche Sprache zur Schriftsprache, 
und von da an wurde sie Gesammt- 
sprache für ganz Deutschland; vor- 
her war sie blos die Sprache des 
deutschen Stammes, nicht der Be- 
wohner Deutschlands, oder desje- 
nigen keltisch -nordisch - slavischen 
Mischvolkes, das wir jetzt Deutsche 
nennen. Im Bardogau lagen ausser 
dem Hauptorte Bardowigh unter- 
halb Lüneburg an der Ilmenau und 
ausser der Grenzveste Ardalburg 
(Artienburg): das Kloster Ueltzen 
im Quellgebiet der Ilmenau und die 
Stadt Lüneburg; dann von klei- 
nern Orten: Withorp, Wittorf 
(Walddorf); Ochtmissen(altHot- 
mannessum); Bienenbüttel (alt 
bi-angi-budi-burg, klein- Wasser- 
hof-burg); Addenstorf (alt Ad- 
dunestorp, Wasserort); Suther- 
burg, jetzt Suderburg (ebenfalls 
klein Wasserburg von di, dw klein 
und fhur Wasser, oder von doid-er 
grosser Hof); Gerhaus, alt Ger- 





Baröges — Barka. 


wigshausen; Messinthorp; Ma- 
sendorf (mit ausgemessenem und 
eingehagtem : Feld); Wetzen (alt 
Whet-iunWald-ort); Dalehem, 
Thalheim, jetzt Dalem; Deensen 
(alt Dedi, kleiner Ort von du, di 
klein und dae Ort); Grünhagen, 
alt Grimoldeshagen; Sethorp; 
Stotenhusen, jetzt Stutensee, von 
stuad oder tyddynHof (gleich Stutt- 
gart); Stochem ‚alt/eachaim Hän- 
ser; Bardonthorp, jetzt Barren- 
dorf, gleich Bardowigh. Also auch 
in diesem, gewiss früher als die 
meisten andern Theile Deutschlands 
von Deutschen besetzten Landstriche 
sind fast alle alten Ortsnamen kel- 
tisch. Der Bardogau gehörte zum 
Verdener Sprengel, und bildete das 
Gebiet der Lüneburgschen Herzoge 
von Sachsen. | 
Bareges, Bad in den Pyrenäen 
in der Landschaft Bigorre; Dar 
Berg, oiche Wasser, Bergwasser. 
Bari, Stadt in Apulien in Unter- 
italien, alt Barium, auf einer Land- 
zunge am Adriatischen Meere; bar 
Spitze, Bergspitze, Landspitze, ion 
Ort. 

Baringau, Landschaft bei Röm- 
hild südlich von Meiningen im Grab- 
feld. Da bar, Deminutiv baran, Berg 
bedeutet, so dürfte dieser Baringau 
die Berggegend südlich von der 
Werra umfassen, wo die Gleichberge 
(cloch Felsen) und andere Kuppen 
liegen. 

Barka, ein alter Ort im nördli- 


chen Afrika zwischen Aegypten und 


Tripolis, am Nordfusse des Felsen- 
plateaus von Barka, nahe der Syrte 


— 223 — 


Barletta — Barnstable. 


oder dem Meerbusen von Seyrat 
oder Sort; letzteres ist ein Ort, der 
suir-aidhe, Wasserstadt bedeutet; 
Barka dagegen liegt im Innern in 
der fruchtbaren Cyrenaika; der Name 
buar-ka Viehpferch, zeugt von der 
früher stark betriebenen Viehzucht. 
Barletta, alte Veste mit Stadt 
am Adriatischen Meere in Apulien, 
rings von mit Burgen gekrönten Hü- 
geln umgeben; bwr Burg, li klein, 
aidhe Ort, klein-Burg-Ort. 
Barmen, Fabrikstadtim Wupper- 
thale bei Elberfeld, von buar-man“ 
Viehstätte oder Viehleute, denn man 
bezw. maon bedeutet beides; die 
Stadt liegt im Wiesengrunde an der 
Wupper, und entstand aus 36 Bauer- 
höfen, die vorzugsweise Viehzucht 
trieben; der HaupthofhiesDörner- 
Hof, von torn Fürst und air Mann, 
hier sass der Lehensmann der Grafen 
des Keldachgaues, die im 11. Jahr- 
hundert den Namen Grafen vom Berge 
snnahmen. Dem Dörner Hofe waren 
die andern Bauern oder bu-air, Kuh- 
leute, zinspflichtig. Später trat an 
Stelle der Viehzucht die Bleicherei, 
und damit das Fabrikwesen. 
Barnesley, Stadtinder Grafschaft 
York in England mit Steinkohlen- 
werken; baran kl. Berg, /le oder 
gezischt slee, Slah, verdeutscht 
schlag, schläg (r. B. Windschläg in 
der Ortenau) Stätte, also Bergort. 
Barnim, ein Kreis im Branden- 
burgischen, Name niederdeutsch für 
Barnheim, und dies für bioran-om 
Bach-ort, von welchem ursprünglich 
der Kreis seinen Namen erhielt. 
Barnstable, Ortin der Grafschaft 








Baron — Bartanland.. — 224 — Bartenstein — Barwalde. 


Devon in England, am Taw (di-aha 
kl. Wasser), nahe dessen Mündung 
in die Bucht von Bristol. Stable ist 
die latinisirte Form Stabulum für 
das kimbrische ystal, deutsch Stall; 
Barn ist buaran, kleines Vieh, oder 
bioran kl. Wasser. 

Baron kommt vom gälischen bar- 
ran oder burran Edelmann; dies 
von dorr oder bar edel, reich und 
on Mann, oder aber von bar Fürst 
und on Mann, Vasall. Burranus war 
auch ein Mannsname. Die Sagi- 
baronen waren die Sachverständi- 
gen bei Gericht. 

Barra, eine der Hobriden-Inseln, 
grossentheils aus Felsen bestehend; 
bar, bor Berg und ua Land; neben 
an die grössere Insel Barral, bar-il 
Berg-insel, oder Berg-gross. 

Barritus nennen die römischen 
Autoren das Gebrüll, welches die 
Germanen bei Beginn der Schlacht 
erhoben, wobei sie den Schild vor 
den Mund hielten, um den Ton 
furchtbarer zu machen. Im Gäli- 
schen bedeutet bairidh heute noch 
Gebrüll. 

Bars oder Barsch, Bergland- 
schaft im nördlichen Ungarn, mit 
den Städten Kremnitz und Neusohl ; 
bar Berg, ais Ort oder iath Gegend. 
- Barteniand, alt Barthia, Bartha 
in Ostpreussen nördlich vom Spir- 
dingsee bis zu dem Ostufer der Alle, 
eine Landschaft gleich den meisten 
andern altpreussischen Gauen, voll 
grosser und kleiner Seen, daher der 
Name bior Wasser und fan Land. 
Es liegt darin Sensburg, Rasten- 
burg, Barten und Bartenstein, dann 


Gerdauen, Allenburg, Insterburg, 
Darkemen oder Trakehnen, und 
Dringfort. Der Spirdingsee kommt 
wie Bartenland von bior Wasser 
und di klein mit vorgesetztem Zisch- 
laut. Barthe wurde in gross und 
klein Bartha abgetheilt, letzteres 
ein Stückchen Land im Süden vom 
Spirdingsee. 

Bartenstein, Stadt in Ostpreus- 
sen, desgl. in Würtemberg; Barten 
ist bar-dinBergburg, oder bior-din 
Wasserburg, je nach der Lage, und 
Stein die Uebersetzung bezw. Ver- 
deutschung von din Burg. 

Barth, Ort in Pommern an einem 
See, bior-aidhe Wasser-ort. 

Bartsch, Nebenfluss der Oder 
im Posenschen, kl. Wasser bior-ci ; 
also dasselbe, was Wartha, alt 
Vurta, nur mit der Deminutivform 
ci statt di. 

Baruch, hebräischer Mannsname, 
etwa der Hochmüthige, vom gäl. 
borr Hochmuth, borrach hochmü- 
thig, oder der Furchtbare, von dar 
Furcht, baroch furchtbar. Von den 
Hebräern wird Baruch als der Ge- 
sognete gedeutet. 

Barwald, alt Barrus silva, in 
Frankreich, zu deutsch Königswald 
von bar Herr, Fürst und rus Wald. 

Barwalde oder Bärwalde, 
Stadt bei Frankfurt an der Oder, 
desgl. bei Köslin ; letzteres in einem 
sumpfigen Thale, daher wohl der 
Name bior-ailt Wasser-ort; denn 
Bärenwald wäre wohl ein Wald- aber 
kein Ortsname. In ersterem Bär- 
walde schloss 1631 Gustav Adolph 
einen Allianzvertrag mit Frankreich. 








u 


Basan — Basel. 


Basan, Waldmann, von Dis, bus, 
bois Wald und an Mann. Zur Zeit 
der Einwanderung der Juden in Pa- 
lästina hausten auf den Waldgebir- 
gen Judäas sogenannte Enakim und 
Rephaim, d. h. Riesen und Felsen- 
bewohner, als deren letzter König Og 
(aigke hoch) von Basan genannt 
wird. Zu diesen riesigen Wald- und 
Bergvölkern gehörten besonders die 
Amoriter (maor Berg), die Horiter 
(or Berg), die Ammoniter (maon 
Berg) und die Moabiter (abh Was- 
ser, d. h. die Anwohner des Todten 
Meeres). 

Basbeck, Basbeke im Bremen- 
schen, von bais Bach und dem nie- 
derdeutschen beck für Bach, als 
Uebersetzung angehängt. 

Baschkyren, ein wie es scheint, 
ziemlich stark mit hunnischem oder 
mongolischem BlutgemischtesWald- 
volk im Ural; sie sollen Nachkom- 
men der Agathyrsen sein. Beide 
Namen bedeuten auch ungefähr das- 
selbe. Aga-thyrsä von aighe hoch, 
doir Wald und dae Leute, Bewoh- 
ner eines hohen Waldlandes; Basch- 
kyren dagegen blos Waldbewohner 
von pis, pus, franz. bois, deutsch 
Busch, niederdeutsch Busk, und eir 
Mann. Die Russen deuten das Wort 
Baschkyren oder Baschkuyl als Bie- 
nenzüchter und dann auch wieder 
als Erzräuber, was zeigt, dass weder 
die eine noch die andere Erklärung 
ihnen als sicher scheint, sonst hät- 
ten sie deren keine zwei. 

Basel, alt Basilia und Basila, 
franz. Basle, oder Bäle, einst deut- 
sche Reichsstadt, jetzt Hauptort 

Deutsch-kelt, Wörterbuch, 


— 25 — 


Basel. 


eines Schweizer Cantons. Basel war 
der Sitz des Bischofs der Deutsch- 
burgunden; soweit die alten Bis- 
thumsgrenzenreichen, ist heute noch 
die burgundische oder burgundisch- 
alemannischo Mundart vorherr- 
schend, so namentlich im Argau 
und im Breisgau. Basel stand schon 
zur Zeit der Vandalen, die es 407, 
sowie 43 Jahre später die Hynnen 
zerstörten. Zu Ende des 5. Jahr- 
hunderts wurde es wieder aufgebaut. 
748 wurde das Augster Bisthum 
hierher verlegt. Am 5. April 1795 
wurde hier im Burkhardschen Hause 
ein Separatfriede zwischen Frank- 
reich und Preussen abgeschlossen, 
durch den Preussen das Reich im 
Kampfe gegen Frankreich im Stiche 
lies und eine Demarcationslinie zog, 
welche von den Franzosen nicht 
überschritten werden sollte, woran 
sich diese aber später wenig kehr- 
ten. Basel bildet jetzt einen eigenen 
Halbcanton, seitdem der Sissgau 
mit Liestal in den dreissiger Jahren 
sich von ihm losgerissen. Der Name 
Basil kommt vom gäl. baidheal 
grosser Ort, gleich Bodelndorf und 
ähnlichen Formen. Das Bisthum 
oder Hochstift Basel war ein bedeu- 
tendes Fürstenthum und gehörte zu 
dem oberrheinischen Kreise des deut- 
schen Reiches. Der Sitz des Bis- 
thums war, wie bemerkt, erst in 
Augst, wurde dann nach Basel ver- 
legt, und als diese Stadt reformirt 
wurde, 1529 nach Pruntrut. Zu 
dem Bisthum gehörten 12 Gemein- 
den des jetzigen Cantons Basel (Ar- 
lesheim u. 8. w.), und sodann der 
15 


Basilus — Basken. 


jetzt zu Bern gehörige Bezirk Leber- 
berg. Der Bischof war deutscher 
Reichsfürst und hatte auf dem 
Beichsfürstenrathoe nach dem Bi- 
schof von Brixen seinen Sitz. Das 
Bisthum wurde 1803 mit Frankreich 
vereint, wobei eg bis 1814 blieb; 
von da an kam 68, wie gesagt, an 
Bern, welches das Land in die fünf 
Leberberger Oberämter theilte. 
Basilus, Basinus, keltischer Name 
von bas die flacheHand und 3/ gross, 
grosshändig, makrocheir griechisch. 
Basinus dagegen bedeutet Kleinhand, 
von in klein, weiblich Basina. 
Basken bedeutet gälisch Zins- 
bauern, von Deasguin, latinisirt 
Vascones, und dies von beas Zins 
und gunn Geisel, Gebundener. Die 
Basken sind dem Stamme nach Ibe- 
ren, wurden aber von den Galliern 
unterjocht; aus ihrer Mischung ent- 
standen in Spanien die Keltiberen. 
Aus der gälischen Erklärung des 
Wortes Baske ergibt sich deren 
Verhältniss zu dem herrschenden 
Stamme. Allmälig wurde aber der 
Name Zinsbauer, Baske, ein Volks- 
name, und ist es bis heute geblieben. 
Die baskische Sprache wird in Frank- 
reich besonders im Laburdan bei 
Bayonne gesprochen. Unlängst hat 
Capitän Duvoisin die vollständige 
Bibel ins Baskische übertragen. 
Diese Bibelübersetzung ward auf 
Kosten und unter Leitung des 
Prinzen Lwcian Bonaparte veranstal- 
tet. Auch die Bibelübersetzung im 
Guipuzcoa, dem spanischen Bas- 
kisch, ist von beiden Männern be- 
gonnen. Man kann Basken übrigens 


— U — 


Bassano — Bastan, 


auch von bois, bis, Wald herlei- 
ten, baski Wäldler, Waldgebirgs- 
bewohner. 

Bassano, Stadtim Venetianischen 
an der obern Brenta, kam 1401 mit 
seinem Gebiete an Venedig. 1796 
fiel hiereine Schlacht zwischen Oest- 
reichern und Franzosen vor. Der 
Name wird wohl von bais Wasser, 
Fluss (Brenta) und ion Ort her- 
kommen. 

Bassenheim, unterhalb Koblenz, 
wobl von bi klein und din, dion 
Burg, zusammengezogen.in Bassen. 

Bassora oder Balsora, zusammen- 
gezogen Basra, alt Forsath, Haupt- 
handelsplatz am untern Euphrat; 
Name von /uar bezw. bial, oder 
bais, bas Wasser und tuar, bezw. 
aidhe, iosda Ort. 

Bastan, ein Thal oder Waldland 
in den Pyrenäen, von bas, pis Wald 
und tan Land. Hier stand eine der 
berühmtesten alten Mal-Eichen. Sie 
war in den letzten Jahrzehnten in 
ganz Navarra als die Eiche Zumala- 
carreguy’s bekannt. Die Basken hiel- 
ten ihre gesetzgebenden Versamm- 
lungen unter dem Schatten uralter 
Eichen, von denen ausser der im 
Bastan, die von Ustaritz eine der 
stattlichsten ist. Der bekannte Car- 
listengeneral Zumalacarreguy hielt 
unter dem nun vom Blitze gespalte- 
nen Baume die erste Volksversamm-. 
lung zur Wahrung der alten Rechte. 
Dieser Baum war zugleich ein ur- 
altes Waldwunder, dem man einen 
zweitausendjährigen Bestand zu- 
schrieb. Ustsritz bedeutet hoher- 
Berg-Ort, ais-ar-aidhe. Bastan be- 





Bastarnen. 


deutet dasselbe wie Pusterthal in 
den Alpen. 

Bastarnen, ein skythisch- oder 
gothisch-germanisches Volk, das in 
der ersten Hälfte des zweiten Jahr- 
hunderts vor Christus dem makedo- 
nischen Könige Perseus Hülfsschas- 
ren gegen die Römer schickte. Sie 
fochten zu Fuss und Ross neben 
einander‘, wie dies noch die germa- 
nischen Hülfsvölker des Cäsar in 
der Schlacht bei Pharsalus in Thes- 
salien gegen Pompejus thaten, und 
dadurch den Sieg entschieden; es 
war dies die alte Sitte bei den kim- 
brischen und deutschen Reitervöl- 
kern. Auch unter den Schaaren des 
Mithridates kämpften Bastarnen ge- 
gen die Römer. Strabo, Plinius und 
Tacitusnennen sie Germanen (Grenz- 
völker), Appianus und Diokassius 
dagegen Geten, d. h. Waldvölker, 
von coed Wald. Die Sitze der Bas- 
tarnen waren im Norden der Donau. 
Der Name Bast oder Basd bedentet 
nach Grimm soviel wie Bart, im Go- 
thischen ist Bastairna Bartträger. 
Diese Erklärung als richtig ange- 
nommen, wäre der Name Bartträger 
ein Unterscheidungsmerkmal gegen 
die bartlosen hunnischen Skythen, 
die wie alle Finn-mongolen wenig 
Bart haben; die Hunnen brannten 
ihren Kindern noch sogar die Haut, 
um den Bartwuchs zu verhindern und 
ihnen ein garstiges, furchterregen- 
des Ansehen zu geben. Bedeutet 
Bastarnen aber Bartträger, so ist 
der Name keine eigentliche Stamm- 
bezeichnung, sondern passt auf alle 
Germanen, und in der That werden 


— 97 — 


Bastarnen. 


sio von Tacitus auch Peukinen ge- 
nannt, und die Karpathen bald bas- 
tarnische bald peukinische Alpen. 
Peukinen wohnten auch auf der 
Peuke, einer grossen Insel an der 
Donaumündung, und werden hier 
als Atmonoi, oder Almonoi, Olmo- 
noi, Holmbewohner bezeichnet ; eine 
andere Abtheilung als Sidones, d.h. 
Bewohner des weiter hinten liegen- 
den weiten Steppenlandes, denn sido 
soll weit, breit bedeuten. Der Führer 
der Bastarnen, welcher dem Perseus 
zu Hülfe zog, hies Clondicus. Die 
Griechen hielten die Bastarnen nun 
aber für keltische Galater, und 
lassen sie als solche die pontische 
Stadt Olbia belagern. Mit den sla- 
vischen Sarmaten standen sie in 
vielfacher Berührung und Mischung, 
dann verbanden sie sich mit den 
Ostgothen, trieben von Peuke aus 
Seeraub auf dem Schwarzen Meere 
zur Zeit des Kaisers Claudius, und 
wurden von Kaiser Probus über die 
Donau nach Thrazien verpflanzt, der 
Zahl nach angeblich 100,000 Seelen. 
Diese Annahmen setzen voraus, dass 
die Erklärung des Namens Bastar- 
nen als Bartträger richtig sei. Aus 
dem Keltischen ergibt sich aber eine 
andere Deutung, die dem Wesen der 
Bastarnen alseines Reitervolkesmehr 
entspricht; denn Bärte trugen alle 
kriegerischen Völker, Kelten wie 
Deutsche, Griechen wie Römer. 
Biasd bedeutet im Keltischen so- 
viel als bestia lat., deutsch Biest; 
das Wort lautete auch bast; ara ist 
Tragbahre, Wagen, und »ae Leute 
oder blos aire Mann. Bastarnen 
15 * 


Bastia — Bastuler. 


waren darnach Thiermänner, Reiter, 
also soviel als Eburonen. 

Bastia, feste Stadt auf Corsica, 
erst 1380 durch die Genueser ge- 
gründet. Der Name bedeutet soviel 
als Bastei, Bastion, Bastille und 
Bastide. Letzteres kommt einerseits 
von biasd Vieh und aidhe Haus, 
also Viehhof, Bauernhaus, später 
auch Landhaus; andrerseits von pis, 
bois, pus, bas Holz und bedeutet 
darnach Blockhaus. Bastion hat die 
Endung ion angehängt, Bastille die 
Form il gross; oder lat. Demin. 

Bastonach, franz. Bastogne, alt 
Bastonia in Wälschluxemburg, aber 
hart an der deutschen Sprachgrenze, 
war nach Luxemburg die bedeu- 
tendste Stadt desHerzogthums, und 
hies deshalb Paris in den Ardennen. 
Bas, bois, pis Wald, tan Land und 
acha Veste, Wall. 

Bastuler, alter Name für die 
Bewohner der Sierra Nevada und 
der anliegenden Gebirge längs des 
Mittelmeeres, um Malaga (alt Mal- 
aca Berg-veste). Bas-tul ist entwe- 
der steiles Wasser-Gebirg von bais 
und tul, odar steiles Wald-Gebirg 
von pis, bois, bus Wald und tu! 
steiles Gebirg. Die Bewohner der 
Sierra Nevada östlich von Malaga 
hiessen Pooni, was zwar auf eine 
punische Colonie gedeutet werden 
kann, aber näher liegend als pen 
Bergspitze und ni Leute erklärt wird, 
gleich dm Mons Apenninus oder 
den penninischen Alpen mit dem 
St. Bernhard und Monte Bosa 
(nicht Rosenberg, sondern von rhat 


Berg). 


m — 


Batau — Bath. 


Batau, holländisch Betuwe, Land 
der Bataver, Insula Batavorum, zwi- 
schen Rhein und Maas, oder zwi- 
schen den Städten Arnheim, Nym- 
wegen und Gorkum im Gelderlande. 
Der Name bedeutet Wassergau, von 
bais, baith Wasser und ua Gau. 
Patavium, Padua, hat aus gleichen 
Gründen denselben Namen, denn es 
liegt in der Po-Niederung; der Po, 
Padus führt aber diesen Namen oben- 
falls von bais, baith Wasser. Nach 
Tacitus waren die Bataver ein Stamm 
der Catten, die wegen innerer Un- 
ruhen aus der Heimath vertrieben 
worden seien. Mit Germanicus hiel- 
ten sie Bundesgenossenschaft, em- 
pörten sich aber zu Vespasians Zei- 
ten unter der Führung des Claudius 
Civilis gegen die Römer, schlossen 
dann mit ihnen einen Vergleich, der 
aber von letztern nicht gehalten 
wurde. Im 3. Jahrhundert nahmen 
die salischen bezw. deutschen Fran- 
ken die Insel Batau in Besitz, und 
eroberten von hier allmälig ganz 
Belgien. 

Bath, Stadt im westlichen Eng- 
land, am oder einst im Cotswald, 
mittelalterlich Cottes- wudu-wald, 
ein Ausdruck, der dreimal dasselbe 
besagt; denn cot, coed bedeutet für 
sich schon Wald, und wud, wood, 
oualt ebenfalls, immer eine Ueber- 
setzung an die andere gehängt. — 
Bath hies bei den Angelsachsen 
Badhon, als Burg auch Badhan- 
cesier, Baden-castrum; denn Bad- 
hon ist genau unser deutsches Ba- 
denvon bais, baidh Wasser, baidhan 
Wässerchen, wie Achen von oichean 








Batinum — Batten. 


ebenfalls Wässerchen, Heilquellebe- 
deutet; die Römer nannten den Bade- 
ort Aquae Solis, der Sonne zu Ehren, 
oder Sool-, Salz-wasser, die Grie- 
chen Hydata thorma, Wasser-bad. 
Bath hies auch Iscalis, verdeutscht 
Ischel, Wasserort von gio? Wasser 
und ais Ort, mit vorgezischtem s. 
Batinum, Fluss in Mittelitalien, 
zu deutsch kleines Wasser, bi-tain. 
Batten. Die Bewohner des Lahn- 
thales sollen diesen Namen geführt 
haben, wie in verschiedenen neuern 
Werken angenommen wird; der Aus- 
druck Batten kommt als Volksname 
bei den alten Schriftstellern übri- 
gens nirgends vor, wohl aber eine 
Menge einzelner Ortsnamen, wie 
Battenberg, Batzenberg, deren Be- 
deutung unter Battenberg erklärt 
ist. Die Anwohner der Lahn heissen 
bei Ptolemäus Sueboi Langobardoi, 
ein Doppelname, welcher zweimal 
dasselbe besagt, denn sua-bi sind 
Wasser-Leute, /on, long bedeutet 
gleich Z/oc (in der Form lakko-bar- 
doi) einen Wohnort oder befestigten 
Ort, und bar-doi sind wieder Wasser- 
leute von bior Wasser und dee Leute. 
Die Bewohner des Bardengaues an 
der untern Elbe, bezw. der festen 
Orte an derselben, wie z. B. Barden- 
wigh, hiessen darum Lakko-barden, 
und aus gleichem Grunde die Be- 
wohner der Burgen im Lahnthale; 
beide waren sua-bi, Fischer und 
Schiffer, und wurden deshalb dem 
grossen Volke der Schwaben beige- 
zählt. Was die Form Batten betrifft, 
so bedeutet sie dasselbe, was Bar- 
den von bais, bait Wasser und dae 


— 19 — 


Battenberg — Bauer. 


Leute, könnte also, falls sie als 
Volksname gebraucht wird, füglich 
auf die Lahngauer bezogen werden. 

Battenberg. Im Kimbrischen be- 
deutet Batten kleiner Berg von by 
oder ba klein, und dun Berg. Der 
Ort Battenberg im hessischen Hin- 
terlande wurde ehemals Battinberg 
geschrieben. Von demselben Dyd- 
din lassen sich auch der Batzenberg 
oberhalb Freiburg bei Ebringen, ein 
Pazzinberg oder Batzenberg in der 
Schweiz, die Bazenburg bei Ober- 
stetten in Würtemberg, Batzenegg 
im Argau, und die Batzenhäuser 
Batzenhäusle (Berghäuser) vomRhein 
bis nach Oestreich erklären. Letz- 
tere liegen an Bergen oder anf den- 
selben. 

Battenfeld in Oberhessen, alt 
Battenfeldun, oder Baddanfeldun, 
gälisch erklärt soviel als kleines 
Waidefeld von Di klein und ton, 
Waide, Grasland. Feld steht aber 
auch oft für 7ald, was Viehpferch 
bedeutet. 

Batum oder Batumi, Hafenstadt 
am schwarzen Meere in der Nähe 
von Trapezunt. Name von bais, 
bait Wasser undom Ort, Haus, Heim. 

Baude, Name für Hütte, Senn- 
hätte im Riesengebirge, gleich Bude 
(boutique) vom gäl. bod% Hütte. 

Bauer. Nach unserer heutigen 
gewöhnlichen Auffassung ist Bauer 
soviel als Landmann, oder Bebauer 
des Ackerlandes. Dieser Begriff ist 
aber nicht der ursprüngliche, denn 
einmal bedeutet bauen eigentlich 
blos das Errichten eines Baues oder 
einer Wohnstätte, unddann verstehen 


Bauerbach — Bauland. 


unsere Bauern heute noch unter 
Bauer etwas anderes als einen Be- 
bauer des Landes; sie meinen dar- 
unter diejenigen Bewohner der Dör- 
fer und Höfe, welche ausschliesslich 
das Recht haben, oder hatten, ihr 
Vieh auf die Almend zu treiben. 
Den Gegensatz zu den Bauern bil- 
den in diesem Sinn die Tagelöhner, 
Häusler oder Kossaten (von cofta 
Hütte). Bauer kommt darnach von 
beo Vieh oder dbuwKuh und air Mann, 
Viehbesitzer, gleich Bayer, Bojer, 
Böhme, Päone ; Du-air wurde im Gä- 
lischen in Durr zusammengezogen. 

Bauerbach, alt Burbach, bei 
Marburg, ein anderer Ort gleichen 
Namens bei Baden vom gäl. Dior 
Bach. 

Bauffremont in Burgund, alt 
Baffrimont, Bafrimont, Baframont, 
Befromont, statt Befronmont, zu 
deutsch kleiner Hügel vom kimbr. 
by klein und Dryn Hügel, verbunden 
byfryn; mont ist die angehängte 
franz. Uebersetzung. 

Bauland. Das Bauland ist gewis- 
sermassen die Odenwälder Baar, ein 
rauhes Hochland, das sich vom Oden- 
walde an gegen Osten zwischen Main 
undJaxt bis zum Taubergrunde aus- 
dehnt. Es gehört schon zu Ostfran- 
ken, und hies früher Wingartweiba. 
Die alten Gaugrenzen zogen sich 


von Eberbach am Neckar bis Mos- 


bach, von da nördlich an der Jaxt 
her gegen den Taubergrund, dann 
auf dem Höhenzuge, der diesen Gau 
westlich begrenzt, an den Main bei 
Miltenberg und von da über den 
Krähberg gegen den Neckar zwischen 


Baumbach— Baunach. 


Eberbach und Hirschhorn. Der 
Katzenbuckel ist noch ganz ostfrän- 
kisch, ebenso die Thäler, welche bei 
Amorbach in den Main, und bei 
Eberbach in den Neckar münden; 
rheinfränkisch dagegen sind Erbach 
und Hirschhorn. 

Im Bauland liegen Buchen und 
Waldürn; letzteres gehörte in äl- 
testen Zeiten den Grafen von Düren 
oder Dürne, dann zu Kurmainz, und 
ist jetzt ein berühmter Wallfahrts- 
ort. Boxberg miteinemalten Berg- 
schloss Di-cas und Osterburken, 
das früher Mainzisch war. Der 
Name Wing-art bedeutet Waldberg 
von gwydd Wald und ard Haard, 
oder Berg; weiba bedeutet Land, 
von ibA Gegend, Gau; also waldiges, 
bergiges Land, Waldgebirgsland. 
Dasselbe bedeutet Wettereiba, jetzt 
Wetterau. Bauland ist der Gegen- 
satz zu Waldland, entweder deutsch 
von bauen oder vom gäl. be® Vieh. 

Baumbach, Bach und Ort in 
Hessen, alt Boumbach und Boym- 
bach vom gäl. beum Bach. Der Ort 
ist Stammsitz der weit verzweigten 
hessischen Familie von Baumbach. 

Baume, oder Baumes les Dames, 
alt Balma, Ort in der Freigrafschaft 
auf dem Westabhang des Jura, mit 
Marmorbrüchen und Eisenwerken, 
bel, bal Stein, Fels, und ma Stätte. 

Baunach, Ort am Main, alt Bu- 
naha oder Bun-acha, Wasser-burg, 
buin-acha; der dabei fliessende 
Bach , Baunach, dagegen von bwin 
gälisch Wasser und aha, der 
deutsch -kimbrischen Uebersetzung 
davon. 


Baune — Bautzen. 


Baune, Bach südlich von Kassel, 
von buinne Bach, und dies zusam- 
mengezogen aus Di klein und ean 
Wasser. Nach dem Bach heisst der 
nahe liegende Berg Baunsberg, und 
ebenso der Ort Baune. Die alten 
Formen für diesen Ort lauteten Bun- 
‘ on, Bun-un, d.h. buin-on, Bach- 
leute. 

Bautasteine. In Skandinavien 
Gedenksteine für gefallene Helden 
oder Heerführer; bod, baidh (Au- 
baidh) bedeutet keltisch Anführer. 

Bautzen, Stadt in der Lausitz, 
alt Budyssin, oder Budiscu. Da die 
Stadt im Lande der slavischen Mil- 
zen lag, und diese bis heute ihre 
Mundart bewahrt haben, wenn auch 
nicht in allen Strichen der Land- 
schaft, sohatmanfrischweg Bautzen 
wie alle in denSlavenländern liegen- 
den Orts-, Fluss- und Bergnamen 
für slavisch erklärt, und da von den 
deutschen Geschichtsforschern sel- 
ten einer slavisch verstand, so dachte 
Niemand daran, hiegegen einen Zwei- 
fel zu erheben. Erst als die slavi- 
schen Gelehrten selbst den Versuch 
machteg, ihre Ortsnamen erklären 
zu wollen, stellte sich heraus, dass 
sie damit ebenso wenig zu einem 
befriedigenden Ergebniss kamen als 
die deutschen mit den ihrigen. Fast 
alle slavischen Erklärungen hängen 
sich an mythische Namen, die sie 
auf Geradewohl mit der zu erklä- 
renden Stadt, dem Berg oder Fluss 
in Beziehung setzen, ohne die nö- 
thigen Belege beibringen zu kön- 
nen, dass der fragliche Gott nun 
gerade auch an dem betreffenden 


— 13 — 


Bautzen. 


Orte verehrt wurde, und selbst dies 
zugegeben, so waren die Orte doch 
in der Regel älter, als die Einfüh- 
rung des slavischen Gottesdienstes; 
von den Bergen und Flüssen gar 
nicht zu reden, die doch auch schon 
in keltischen Zeiten, vor Ankunft 
der fSlaven, einen Namen haben 
mussten. Die Slaven kamen aber 
erst in der Mitte des ersten Jahr- 
tausenda nach Deutschland; vor 
ihnen waren die Deutschen und vor 
diesen die Kelten in ganz Mittel- 
europa die herrschende Nation. — 
Aus dem Keltischen lässt sich nun 
Bautzen ohne allen Zwang erklären, 
denn Budissin ist gleich bwth oder 
budh Haus, Hütte, Bude, Baude, 
und aithean, aithin kleine Höhe, 
also soviel als Berghausen oder 
Malstadt; denn der Name der Mil- 
zen, zu denen die Bautzener gehör- 
ten, bedeutet Bergleute, von mael, 
mil, melikahler Berg und dae Leute. 

Die Slaven bringen Bautzen mit 
dem Gotte Buddha in Beziehung, 
ebenso wie Buda (Posth). Bei Bautzen 
liegt ausserdem der Berg Czorne- 
boh, ein Name, der auf den slavi- 
schen Gott Czernobok bezogen wer- 
den kann, falls derselbe wirklich 
auf diesom Berge besonders verehrt 
wurde; im Keltischen bedeutet in- 
dess kearn, gezischt czearn Berg- 
spitze und Duach Bergrücken. Der 
Berg bildet in der That eine in das 
Flachland vorspringende Bergspitze, 
und bietet darum eine weite Aus- 
sicht. Um jedoch nicht jede An- 
knüpfung an die alten Götter abzu- 
weisen, kann man immerhin Budyssin 


Bavay — Bayern. 


oder Budyschin selbst nach dem 
Keltischen noch in mytbischer Weise 
erklären. Sin oder shin, die ge- 
zischte Form für din Burg hat im 
Kimbrischen nämlich die Neben- 
bedeutung eines Tempels, in dem 
Könige begraben wurden; darnach 
wäre Bautzen oder bwih - shin 
Tempel-haus oder fürstliches Todten- 
haus. (Vergl. die von Joh. Friedr. 
Frenzel, Pastor in Berggiesshübel 
über verschiedene sächsisch- kel- 
tische Namen angestellten Unter- 
suchungen.) 

Bavay, alt Bagacum, Stadt im 
franz. Theil des Hennegaues, einst 
Hauptort der alten Nervier; der 
Name bedeutet kleine Veste von 
beagh klein und acha Veste, Wall. 

Bavendorf, alt Bafindorf, Ort 
bei Tettnang in Schwaben, vom gäl. 
babhun Einfriedigung für Vieh mit 
Wohnung dabei, also gleich Beffen- 
dorf. 

Bay, Meerbucht von bi klein, das 
auch de und ba lautete, und aa, y, 
ieo Wasser. Bucht kommt von bi- 
oiche kl. Wasser; Busen (Meerbusen) 
von badh, bath, und dies von bi- 
ad kl. Wasser, während bais, bait, 
baiter einfach Wasser bedeutet. Im 
Spanischen und Portugiesischen wird 
für Bay Bahia geschrieben, daher 
der Name der Stadt San Salvador 
de Bahia an der Allerheiligenbay 
(Bahia de todos los Santos) in Bra- 
silien, die bis 1771 Hauptstadt die- 
sos Landes war. 

Bayern. Die alten Formen für die- 
sen Namen sind (vgl. Kaspar Zeuss, 
die Deutschen und die Nachbar- 


Bayern. 


stämme): Baiovarii, Beovariü, Baju- 
varii, Baioarii, Bojoarii, Bojovarii, 
Bavocarii, Baguarii, Bauguarii, Bau- 
varii, Bavarii, Bajobari, Bavari, Pei- 
giri, Pejari, dann Beiera, Beiere, an- 
gelsächsisch Baegeras, Baegdhvare, 
altnordisch Beiarar, Beigarar, Byia- 
rar, Bäjarar, u. s. w. Dann bei den 
Byzantinern Bagibareia, und Baiure, 
als Landname, endlich Paigirolant 
in der Wessobrunner Chronik, B&- 
jaraland u. 8. w. 

Alle diese Formen sind hand- 
greiflich keltisch, und bedeuten 
sämmtlich: Viehleute, Viehhirten, 
Viehland, wie die Namen Buri, oder 
Boji, welche vor dem Einrücken der 
Deutschen in die Süddonauländer 
hier erwähnt werden. Bu bedeutet 
im Keltischen Kuh, beo Vieh, und 
air Mann, Leute; blos bei Bauguarii 
oder Peigiri liegt die vollere Form 
bumwch, die ebenfalls Vieh bedeutet, 
zu Grunde. 

Bayern ist der Name der alten 
keltischen Bewohner des Landes, 
mögen diese nun als Buri aus unbe- 
kannten Zeiten hier gesessen haben, 
oder mit Sigoves aus dep Lande 
der gallischen Bojer (oder Vieh- 
hirten) von demHochlande des Cha- 
rollais hierher gewandert sein; der 
Name blieb dem Lande auch dann 
noch, als 68 von deutschen Völkern 
erobert und die keltische Sprache 
allmälig durch die deutsche ver- 
drängt wurde. Der Name Bayern 
bedeutet genau dasselbe, was Böh- 
men, oder Beoman, nur steht hier 
maon, Mann, für air, dasselbe was 
Boji, wo wi Leute für air gebraucht 


Bayern. 


ist; dasselbe, was Päonen, oder 
Päan, Pan, wo an Mann für air 
steht, dasselbe endlich, was der 
Ausdruck Baudr besagt. (Vergl. 
diesen.) Die deutschen Bayern brau- 
chen trotz der Namensgleichheit 
darum nicht gerade aus Böhmen 
nach ihren jetzigen Sitzen gekom- 
men zu Sein, wenn sie auch sicher 
von der Nordseite der Donau ein- 
wanderten. Auf dieser Seite der 
Donau werden als im Kriege mit 
den Römern befindlich, genannt: in 
erster Zeit did Markomannen und 
etwas später die Quaden. Die Er- 
steren waren schon zu Cäsars Zeiten 
unter Ariovist über den Rhein ge- 
gangen, und, von demselben zurück- 
geworfen, wieder in ihre Grenzwälder 
in Thüringen und Böhmen heimge- 
kehrt; von hier aus machten sie in 
den spätern Jahrhunderten, nament- 
lich zur Zeit Kaiser Aurelians Einfälle 
in die damals römischen Donaulande, 
von Bayern an bis hinab in die 
Wallachei. In einer solchen Aus- 
dehnung kann kein einzelner Volks- 
stamm aufgetreten sein, unter Mar- 
komannen ist desshalb eine ganze 
Reihe von Völkern zu verstehen, 
und zwar alle jene, welche den 
Römern an der Donau gegenüber- 
traten, während diejenigen, welche 
am Rheine gegen sie kämpften, bei 
den Kelten den Gesammtnamen Ger- 
manen führten. German, ghear- 
maon bedeutet Grenzmann, Grenz- 
volk; wesentlich dasselbe bedeutet 
auch Markomann. Mark kommt 
nämlich vom keltischen meirghe, 
Genossenschaft, Die grossen Wälder 


— 2 — 


Bayern. 


waren nicht zu Sondereigenthum 
abgetheilt, sämmtliche Stammes- 
genossen trieben dahin nach Sennen- 
art ihr Vieh; solche Wälder bildeten 
in der Regel die Grenze des Gaues, 
daher meirghe bei dem Uebergang 
in das Deontsche „Mark“ den Begriff 
Grenze erhielt. Markomannen sind 
darnach, gleich den Germanen, 
Grenzleute, Bewohner der Weald- 
und Berglandschaften im Norden 
der römischen Provinzen Rhätia und 
Noricum, im Thüringer- und Böh- 
merwalde sowie im Riesengebirge 
bis zu den Karpathen. 

Die Quaden (von gwydd Wald 
und daeLeute) bedeuten wieder das- 
selbe, indess bezeichneten die Römer 
unter Quaden mehr die östlichern 
Stämme am Biesengebirge und an 
denKarpathen, während an Stelle der 
Markomannen später der Name der 
Thüringer trat, ebenfalls Waldvolk 
bedeutend von doir Walddickicht 
und anMann. Imdritten Jahrh.nach 
Chr. waren es vorzugsweise Marko- 
mannen, welche in Bayern einbra- 
chen, im vierten dagegen dieQuaden 
und zwar im heutigen Oestreich, in 
Gemeinschaft mit Sarmaten, d. h. 
mit slavischen Stämmen. DieMarko- 
mannen waren wesentlich derselben 
Herkunft wie die westlich von ihnen 
mit den Römern in Kampf gerathe- 
nen Alemannen; beide kamen aus 
denselben Gegenden, d. h. aus Thü- 
ringen und Hessen, und wurden 
darum auch von den damals leben- 
den Schriftstellern abwechselnd mit 
beiden Namen bezeichnet. Unter 
Anrelian machten diese Völker einen 


Bayern. 


Einfall in Italien, und wurden nach 
blutigen Schlachten bei Mailand und 
Piscenza von den Römern wieder 
zurückgetrieben. Aurelius Victor 
und Zosimus sprechen hiervon einem 
Einfall der Alomannen, während Vo- 
piscus sie Markomannen nennt. 
Später kommt der letztere Name 
wieder in den Karpathen vor an 
Stelle der Quaden. Zu Attila’s Zei- 
ten verschwand der Name der Mar- 
komannen, und erschien dafür der 
der Toringi, gerade wie am Rheine 
auch der Ausdruck German erlosch, 
als die betreffenden Völker die süd- 
lichen und westlichen Keltenlande 
erobert und damit aufgehört hatten, 
für dieselben Grenzvölker zu sein. 
Das grosse Reich der Thoringer, 
ursprünglich gleichbedeutend mit 
dem der Markomannen, wurde zur 
Zeit der Merovinger von den Fran- 
ken zertrümmert, der Name During 
zog sich wieder auf die Landschaf- 
ten am (thüringer) Waldgebirge zu- 
rück, und für die zur Viehzucht ge- 
eigneten Flachlande im Süden der 
Donau tauchte der alte Name Bayern 
von Neuem auf, der indess bei den 
Kelten des Landes schwerlich verlo- 
ron gegangen war. Ausder Mischung 
der thüringisch - markomannischen 
Deutschen mit den bajowarischen 
Kelten entstanden die heutigen 
Bayern, wie westlich von ihnen die 
Schwaben aus der Mischung von 
deutschen Alemannen mit den kel- 
tischen Bewohnern der Zehntlande 
erwuchsen, wozu in der Schweiz 
noch die deutschen Burigunder tra- 
ten, am Rhein und Main die nieder- 


— 234 — 


Bayern. 


rheinischen Franken. — Aus den 
verschiedenen Mischungsverhältnis- 
sen der Deutschen und Kelten ent- 
stand die Verschiedenheit der heu- 
tigen deutschen Mundarten, denn 
dass die schwerlich sehr zahlreichen 
Deutschen allein den Grund zu der 
heutigen Mannigfaltigkeit derselben 
abgegeben hätten, ist unannehmbar, 
schon darum, weil in allen Volks- 
mundarten heute noch eine zahl- 
lose Menge keltischer Worte m 
Vebung sind, die freilich nur Der- 
jenige bemerkt, der etwas keltisch 
versteht. 

Dass die Bayern speciell aus Böh- 
men eingewandert seien, und von 
da ihren Namen mitgebracht hätten, 
dafür findet sich (nach Kaspar Zeuss 
Seite 368) nirgends ein Zeugniss; 
Jornandes nennt den Namen Baioarii 
zuerst, und zwar schon als Bewoh- 
ner des heutigen Bayerns; ebenso- 
wenig können die Thüringer, welche 
in der zweiten Hälfte des 5. Jahrh. 
nach Chr. Bayern für immer erober- 
ten, diesen Namen mitgebracht ha- 
ben, denn Bojoari oder Boji wer- 
den niemals in Thüringen genannt. 
Odoaker zog die „römischen“ Colo- 
nisten, nicht aber die keltischen, 
den Römern unterworfenen Bauern 
oder Bayern aus den Donaustädten 
nach Italien zurück; die betreffende 
Stelle bei Eugippius nennt aus- 
drücklich blos Romani, welche die 
oppida an der Donau den von Nor- 
den hereinbrechenden Völkern über- 
liessen, das keltische Landvolk blieb, 
wenigstens der Mehrheitnach, sitzen, 
und wurde den neuen deutschen 


Bayern. 


Herren ebenso zinspflichtig, wie frü- 
her den Römern. 

„Der Vebergang der Thüringer, 
Dözw. der nachmaligen deutschen 
Bayern über die Donau fand nach 
der Sage im Jahre 508 nach Chr. 
statt. Zur Zeit des Ostgothenkönigs 
Theodorich erkannten die Bayern 
die Oberherrschaft der Franken an 
und erhielten von Theodorich, dem 
Frankenkönig, welcher damals in 
Chalons sich aufhielt, zugleich 
mit den Franken und Alemannen ihr 
Gesetzbuch, die lex Bajuvariorum. 
554 wird von Gregor von Tours der 
erste dux derBayorn, Garivaldus er- 
wähnt. (Das Weitere hierüber unter 
Agilolfinger.) Ein Theil der bayeri- 
schen Geschichtsforscher, selbst 
Kaspar Zeuss, der doch sonst vor- 
urtheilsfrei zu Werke geht, kann es 
nicht über das Herz bringen, den 
Namen Bayern von den alten Bo- 
jern abzuleiten, trotzdem dass man 
schlechterdings keine andere Ablei- 
tung des Namens beizubringen weiss, 
und alte Autoren, z. B. Eustasius 
ausdrücklich die Angabe enthalten: 
Boji, qui nunc Bavocarii vocantur 
(air statt ui) und an einer andern 
Stelle dasselbe auch von Orosius 
(Zeuss Seite 380) erklärt wird. Der 
Name ist keltisch, das heutige Volk 
dagegen ein Gemisch aus keltischen 
Bojern und deutschen Thüringern 
bezw. Markomannen, d. h. Bewoh- 
nern der Waldgebirge Mitteldeutsch- 
lands, Thüringens wie Böhmens, 
Deshalb beginnt auch jetzt noch die 
bayrische Mundart schon am Fichtel- 
gebirge und reicht durch den Nord- 


— 25 — 


Bayeux — Bayonne. 


gau (d. h. die Nordhälfte Bayerns) 
bis zum Südgau und in die Alpen 
hinein. 

Kaspar Zeuss leitet den Namen 
der Bayern von den Böhmen her, 
damit erklärt er aber nichts, denn 
was bedeutet ihm dann Böhmen? 
Zudem weist er selbst nach, dass 
geschichtlich keine Angabe vorliege, 
dass die Bayern speciell aus Böh- 
men gekommen wären. Beo-man 
bedeutet aber, wie gezeigt, dasselbe 
was beo-air, oder beo-ui, nämlich 
weiter nichts als Viehhirten, ganz 
dasselbe was in Griechenland die 
Böotier, oder beo-dae. 

"Bayeux, alt Bajoca, Stadt im 
Bessin in der westlichen Normandie, 
einst Hauptort der Bajucasser, an 
dem Aure-Flüsschen. Baju steht hier 
gleich bi-aha, kl. Wasser, und cas 
bedeutet Burg, eingefriedigter Ort, 
ebenso acha oder blos ka, so dass 
Bajucasund Bajo-cadem Binnenach 
dasselbe ist. Dass aber Bayeux ur- 
sprünglich eine im Aure-Flüsschen 
angelegte Pfahlburg war, geht dar- 
aus hervor, dass es in ältester Zeit 
latinisirt, Arägenus hies; Argenus, 
von earg Wasser, war aber der 
Name der Aure bei den Römern 
(deutsch würde dies Aar lauten), 
earg-gan-eis bedeutet darnach 
Wasser-Burg-Leute. 

Bayonne, alt Lapurdum, im pays 
de Labour, oder im Labourdan, ital. 
terra di Lavoro bei Capua, deutsch 
Ackerland, bearbeitbares Land; die 
Stadt Lapurdum ist dum, dom Ort 
in diesem Lande. Die Bewohner des 
Landes sind Basken oder Vasken, 


Bearne — Beaurvilliers. 


Zinsbauern, von beas Zins. In 
Bayonne liegt die alte Burg Mar- 
rac, mamwr-acha grosse Veste. 

Bearne, baskische Landschaft 
auf der Nordseite der Pyrenäen, in 
den weniger hohen Vorbergen dieses 
Gebirges, in derUUmgegend von Pau; 
Name zunächst von by-aran kl. 
Gebirg; die mittelalterliche Form 
Benearnia, oder die noch ältere 
Beneharnum hat statt by klein die 
Form ban Feld und bedeutet dar- 
nach Feld-Bergland. 

Beauce, Ort an der Loire, alt 
Belsa, vom gäl. bill klein und dae 
Haus, Kleinhausen. Nach dem Orte 
Beauce führt die umliegende Land- 
schaft ihren Namen. 

Beaulieu, Ort in Frankreich, alt 
bellus locus, d.h. schöner oder klei- 
ner Ort, je nachdem er von den Rö- 
mern oder Galliern angelegt war; in 
letzterem Fall von bill klein und loc 
Ort, imerstern vom lat. bellus schön, 

Beaumont, gleich Belmont, Mont- 
bel, Bellamont, von De/ Berg und 
mont als Uebersetzung. 

Beaune, Stadt in Burgund, alt 
Belnum castrum, auch Belna, vom 
gäl. bail (polis) Stadt, und no, nua 
neu; also Neustadt. 

Beaute, Ort an der Marne in 
Frankreich, einst königliche Pfalr, 
lat. Bellitas, nicht als „Schönheit“ 
zu übersetzen, sondern als kleines 
Haus vom gäl. bille klein, und tas 
Haus. 

Beauvilliers, Ort in Frankreich, 
alt Bellum villare, kann schöner 
Weiler heissen, falls er erst in rö- 
mischen Zeiten angelegt wurde; ist 


— 236 — Bebikon — Becherbach. 


der Ursprung aber gälisch, dann 
bedeutet er kleiner Weiler, von bill 
klein, gleich Beaulien. 

Bebikon, Ort in der Schweiz, ass 
Bäbiaco, oder Bäbiagu, was die HÖö- 
rigen des bäbischen Hauses oder Ge- 
schlechts bedeutet, zweiter Theil 
des Namens von agadh oder achaid 
festes Haus und ae, 0, ui, u Leute. 
Achaid ist zusammengesetzt aus 
acha Befestigung und aidhe Haus. 

Bebra, Ort an der Bebra-Fuldaer 
Eisenbahn in Hessen, Name vom 
gäl. bi klein, Zior Wasser und ra 
Stätte, gleich Bibra, Bieberau und 
Biberach (im Schwarzwälder Kinzig- 
thal); bei letzterer Form acha Veste, 
statt ra Stätte. Die alten Formen 
von Bebra in Hessen lauten in der 
That auch Biberaho, Biberacha, Bi- 
bera, Biberahe. 

Bebronne, Bach in Frankreich, 
so viel als kleine Quelle, kleines 
Wasser, von by klein und Dior, 
bioran Brunnen, Born; ebenso Be- 
brus jetzt Bidvre, ein Bach, der 
innerhalb der Stadt Paris in die 
Seine mündet. 

Bec, Schnabel, ist keltisch, und 
unverändert in das Französische 
übergegangen. Becco, altkeltischer 
Schimpfname, Schnabelmann, Gelb- 
schnabel, vorlauter Schwätzer; die 
Endung 0 steht für ge, ui Mann. 

Becher, im Gälischen bedeutet 
bachaim trinken, bachaire Trin- 
ker, bachus (von ais Mann) Trink- 
mann, Trinker. 

Becherbach, Bach in der Rhein- 
pfalz, vom gäl. di klein und caoir 
caor Bach. 


Bedaium — Beedeln. 


Bedaium oder Bidaium, Name 
einer römischen Station zwischen 
Salzburg und Innsbruck, vom kelti- 
schen bwytti Speisehaus, Gasthaus, 
bezw. von biadh-dhae Speise-haus 
und ion Ort, Stätte. 

Bederkesa, Ort im Ostengau, 
nördlich von Bremen, alt Bederikes-a 
oder Bederikos-ha, d. h. Bederichs- 
ca oder cae, eingehegter Vieh- 
pferch des Bederich ; letzterer Name 
ist die slavisirte Form für Friede- 
rich, keltisch /rith-y-righ Diener 
des Königs. 

Beduin, Bewohner der Wüste, 
arme, geringe Leute gegenüber den 
Städtern und Feldbauern, be klein, 
arm, gering and duin Mann. 

Beeberg oder blos Beberg, %lei- 
ner Berg vom gäl. be oder by klein 
und bwr Berg, Burg; Beowies, 
kleines Wasser, von be und wisg 
Wasser; Beewangen, kl. Pferch 
von be und fang, gälL gmwaneg 
Viehpferch. 

Beedeln oder Bödeln, Dorf bei 
Rochlitz in Obersachsen; von bai- 
deal kleine Burg. (Oberlehrer Im- 
misch hat im Osterprogramm der 
Annaberger Realschule vom Jahre 
1866 eine Abhandlung über slavi- 
sche Ortsnamen im Erzgebirge ver- 
öffentlicht, in welchem Beedeln vom 
slav. po bei und dolina als „Ort am 
Thal“ erklärt wird; Beedeln liegt 
aber weder in noch an einem Thal, 
sondern auf derHochebene zwischen 
den beiden Muldethälern; zudem 
kann ein Ort wohl „in einem Thale“ 
oder „an einem Berge“, nicht gut 
aber „an einem Thale“ liegen. 


— 31 — 


Beera — Beiertheim. 


Beera, Bachname in Würtem- 
berg, vom gäl. bior Wasser. 

Beerbach, Dorf bei Darmstadt, 
vom gäl. bior Bach; Bieber, alt 
Bebera bei Wetzlar, desgl. bei Offen- 
bach und Gelnhausen von bi-bior 
kl. Bach; Bibra in Thüringen, 
als Bachname mit angehängter 
Uebersetzung aa; Beberbeck im 
Reinhardswald mit der niederdeut- 
schen Uebersetzung beck statt bach. 
Bior hat sich erhalten in „Bier“, 
bioran kl. Wasser in Born und 
Brunn. 

Beffendorf, alt Beffindorf, vom 
gäl. babhun Viehpferch mit Woh- 
nung dabei. Babo ist auch ein 
Mannsname, dann müsste das Dorf 
aber Babendorf heissen. 

Begga, keltischer Frauenname, 
die Kleine, vom gäl. beag klein; als 
Mannsname lautet der Kleine Bicco, 
oder französirt Piquot, italienisch 
Piccolo, Kleinchen. 

Beichlingen in Thüringen bei 
Cölleda (Waldort) im alten Engi- 
lingau, einst Stammsitz der Grafen 
von Beichlingen, auf einem Berge, 
buach Bergrücken, und Jon, long 
Wohnort. 

Beiertheim und Bnlach, zwei 
Dörfer nächst Karlsruhe, an der 
Alb, und den an derselben liegen- 
den Wiesengründen. Der Name des 
ersten bedeutet Bindviehort, vom 
gäl. Duar, und Bulach, Kuhort 
von bu Kuh und /oc Ort. Von 
Beiertheim nach Karlsruhe zieht sich 
die Schiesswiese, auf der jetzt 
der Bahnhof liegt, von coed oder 
gmwyddWald, denn auf beiden Seiten 


Beilngries — Bekumbern. — 238 — 


ist sie von Wald begrenzt; der nach 
Osten liegende heisst das Salle- 
wäldchen von sail, sal, Weide, Bal- 
weide, (lat. salix, deutsch Seil, d. h. 
aus Weiden geflochtenes Band). Bei 
Bulach liegt das alte Hardschloss 
Scheibenhard, wohin die Bauern 
ihren Zehnten abzuliefern hatten; 
Name von cwb, Schuppen und art 
Haus. Die übrigen Dörfer um Karls- 
ruhe führen ebenfalls keltische Na- 
men, als Rüppur, Feldburg von 
reidh Feld und bwr kymrisch Burg ; 
das dort liegende Schloss ist noch 
mit Gräben umgeben; Binten von 
rean Feld und dae Ort, Hags- 
feld von acadh Feld; Durlach 
von dur Wasser und /oc Ort, u.s.w. 

Beilngries, zu deutsch Stuterei, 
vom gäl. bailOrt und greadh Pferd, 
bail na greadh, Ort der Pferde. 
Solche Stutereien fanden sich bei 
den Kelten häufig, als zu Pöhlde 
am Harz, wörtlich Fohlenstadt und 
Ivrea,altEporedia Reiterstadt, von 
ebwr Beiter. 

Beirut, alt Berythus, Seestadt 
im nördlichen Syrien, bior-aiteas 
Wasser-Stadt. 

Beisseförth an der Fulda in 
Niederhessen. Furth über das Was- 
ser, bais. 

Bekum in Westphalen heisst ver- 
deutscht Kleinhofen, vom keltischen 
beag klein und om Hof, Heim. Die 
vielen in Deutschland vorkommen- 
den Eigennamen Bek stammen nicht 
alle von Bäcker oder von Bach, 
niederdeutsch bek, sondern häufig 
von beag klein. 

Bekumbern, altdeutsch, mit Be- 


Belchen. 


schlag belegen, Kumber gleich Be- 
schlagnahme, Sequestration. Das 
Wort kommt vom gäl. cumraichidh 
oder cumraigidh, welches diese 
Bedeutung hat. 

Beichen, franz. Ballan (d’Al- 
sace), der höchste Berg der Voge- 
sen, da wo diese im Sundgau schroff 
aus der Ebene emporsteigen, gegen- 
über dem Belchen im Breisgauer 
Münsterthal, dem höchsten Berge 
des Schwarzwaldes nach dem Feld- 
berge. Der Feldberg bietet oben 
eine breite Fläche, wie sein Namens- 
bruder im Taunus, während die Bel- 
chen mehr Ballonform haben, gleich 
dem Kandel bei Waldkirch im Elz- 
thal. Feldberg kommt darum aber 
doch nicht von Feld, sondern vom 
kimbrischen /el, Höhe. Der Name 
wurde vor Alters Felperc geschrie- 
ben; Felder im deutschen Sinne gibt 
es keine auf den Feldbergen; el 
ist die schärfere Form für bal Berg, 
letztere ist in Belchen und Ballon 
geblieben, bei Belchen mit dem Zu- 
satz cean Bpitze. Auch in Pfal ging 
die einfache Form ba} über, so im 
Pfalberg bei Halwangen und Hol- 
zern in Würtemberg. Ein Beichen 
liegt noch im Argau bei Jägerfelden ; 
dann gibt es verschiedene Orte, die 
ihren Namen von bal, bi} oder bei 
führen, z.B. Bellamont auf einem 
Hügel bei Biberach, Beilberg bei 
Zavelstein, beide in Würtemberg, 
Bellmuth, alt Bellemunt (Berg- 
Wald) in Oberhessen, alle auf oder 
an Bergen. Im Hessischen gibt es 
viele steile Berge, die Beilstein 
oder Bilstein heissen, 2. B. auf 





Belem — Belgen. 


dem Habichtswald, am Langönberg 
bei Beste, über Helsa im Kaufunger- 
wald, bei Weimar nördlich von Kas- 
sel, an der Werra, alle von bil oder 
byle, einem mit Dba/ ursprünglich 
gleichstehenden Worte, das aber 
den Nebenbegriff „scharfer Felsen- 
rand“ hat. 

Belem, Ort östlich von Osna- 
brück, von Daile Ort und dem an- 
gehängten om oder heim; hier soll 
Wittekind 785 getauft worden sein. 
Seine Burgen lagen angeblich in 
dieser Gegend, 80 die Wicksburg, 
auf einem Waldhügel nördlich da- 
von, die 783 von Carl dem Grossen 
zerstört wurde. Bei Holte südlich 
von Belem lag eine andere Burg, die 
Oldeburg genannt, von alt Haus, 
Burg, die erst 1150 zerstört wurde. 
Auch die Iburg (Bergburg) im Teuto- 
burger Walde soll ein Sitz Witte- 
kinds gewesen sein. 

Belfort (Belfurt), franz. B6fort, 
früher Hauptort des Sundgaues; 
Name vom gäl. bail (polis, bailliage) 
Stadt, und fort, stark, fost. Dies 
letztere ist die französische oder la- 
tinisirte Vebersetzung von bail. Die 
Stadt ist heute noch eine Festung. 

Belfuss, franz. belle fosse, Ort 
im Steinthal in den Vogesen, be- 
deutet nicht schöner Graben, denn 
erstlich gibt es keine schönen Grä- 
ben, und zweitens hat Bellefosse 
überhaupt keine; der Name beden- 
tet: kleiner Ort vom gäl. bill, bille 
klein und /ois Wohnung. 

Beilgen, zu deutsch Seeleute, 
eine Unterabtheilung der Kimbern, 
lat. Beigae, nach Mone zusammen- 


— 239 — 


Belgern — Belgrad. 


gezogen aus baleg oder balig. Aus 
Belge oder belsch wurde das deut- 
sche wälsch, englisch Wälsh, Wäles. 
Der Name findet sich noch in Pa- 
lästina, Philistim, Philistäer, dann 
in dem der Pelasger, und endlich 
in dem der russischen Polowzer, 
wie jetzt selbst slavische Linguisten 
annehmen. In derBibel scheint der 
Name Phaleg auf die Belgen ge- 
deutet werden zu können. Die Bel- 
gen waren ein Seevolk; die Philister 
colonisirten einen Theil der griechi- 
schen Inseln, dje Pelasger einen 
Theil Griechenlands und Italiens; als 
Kimmerier hausten sie am Asow- 
schen Meere, und als Kimbern in 
der Ost- und Nordsee. Die jetzt 
deutschen Schifffahrtsausdrücke sind 
fast alle kimbrisch oder belgisch. 
Bual, bial, bailc bedeutet gälisch 
Wasser und bailk-ae sind Wasser- 
männer, Seeleute. 

Beigern, alte Stadt an der Elbe 
oberhalb Torgau, alt Belgori, zu 
deutsch Wasserveste, von Dial Was- 
ser und caer, corr Ort, Veste; sla- 
visch erklärt hiesse es schöner, weis- 
ser Berg von Deiy weiss, schön und 
hora Berg. Es leuchtet ein, dass 
eine Stadt, die auf keinem Berge 
liegt, nicht schöner Berg bedeuten 
kann. 

Belgrad an der Donau inSerbien, 
zu deutsch Wasserstadt, und nicht 
wie die Slaven vermeinen, weisse 
Stadt; obwohl biala im Slavischen 
weiss bedeutet und grod Veste. 
Bel ist das gälische bia! Wasser, 
und grad ist das in die deutsche 
wie slavische Sprache übergegangene 


Belinsa — Bellia. 


Ccaer, cor, welches Veste oder 
jeden eingefriedigten Platz bedeu- 
tet, deutsch Garten, slavisch gorod. 
Der ältere Name von Belgrad lau- 
tete Singidunum, ebenfalls Was- 
serstadt, von fain Wasser, gezischt 
tsin oder sin, und dun Stadt. 

Belina, Bachname in Böhmen, 
vom gäl. Dialan kleiner Bach, bial 
Wasser. 

Bellaigues, Ort in der Schweiz, 
alt Ballevui und Baleigue, von bill 
klein und oiche Wasser, und ka, 
cha Haag. ® 

Belle, Ort in französisch Flan- 
dern, franz. Bailleul, vom keltischen 
baile (polis, bailliage) Stadt, bail- 
liol kl. Stadt. 

Bellenz, ital. Bellinzona, lat. Bili- 
tionis castrum, Ortim Canton Tessin, 
mit drei alten Schlössern, in welchen 
einst die Castellane oder Landvögte 
von Schwyz, Uri und Unterwalden 
jeder getrennt hausten. Bellenz war 
vorher der Hauptort einer Grafschaft 
gewesen, welche im 15. Jahrh. den 
Freiherren von Sax zu Monsax ge- 
hört® und von ihnen 1419 an Uri, 
Schwyz und Unterwalden verkauft 
wurde. Der Name Bilit oder Biliz 
zeigt den keltischen Ursprung; ent- 
weder von Di klein und /lys, lios 
Veste gleich Lissa in Polen, und 
hundert ähnlichen Burgnamen, oder 
von bil gut und dae, dio, tio 
Haus, Burg, also festes Haus, gute 
Burg. 

Belley, Ort am Jura, alt Bilisium, 
Kleinhausen, von Di klein und lios 
oder Ils festes Haus. 

Bellia, gälischer Weibername, 


— 4 — 


Beilikon — Bellores. 


von bill, bell klein, auch schön, 
niedlich, wie bellus im Lateinischen. 

Bellikon, Ort im Argau, schwei- 
zerisch für Belligheim, vom gäl. 
baile Dorf, Stadt, und der ange- 
hängten Uebersetzung heim, die in- 
dess im Keltischen 0m lautet. 

Bellovaken, ein mächtiger bel- 
gischer Volksstamm, der bei Beau- 
vais nordöstlich von Paris seine Sitze 
hatte. 

Beauvais hies bei den Römern 
Caesaromagus, Kaisersfeld, es ge- 
hörte im Mittelalter zur Isle de 
France oder zu Franzien. 

Der Name Bello-vaken kommt wie 
Bello-ves von peall Pferd und wigh 
Dorf, Ort, also Bewohner einer 
Beiterstadt, wieEburodunum, Pöhlde, 
Ivrea und andere. 

Unterabtheilungen der Bellovaken 
waren die Quadikasser oder Va- 
dikasser, von uath Wald und cas 
Burg bei Villers Cotterets (Wald- 
hausen-Weiler, denn Cott statt coed 
bedeutet Wald, und terets statt fua- 
rais oder daras Häuser). 

Zu den Bellovaken gehörte auch 
der Gau von Senlis, keltisch-latini- 
sirt Silva nectes (lat. silva Wald). 
Bei den Römern hies Senlis Augusto- 
magus, Augstfeld. Der rein kel- 
tischo Name für Silvansctes war 
Ulmanectes oder Ulmanetes, von u/ 
feucht, ma Platz und aicde oder 
aidhe Ortschaft, eine in einem 
Sumpfwald gelegene Veste. 

Belloves, zu deutsch edler Rei- 
ter, von peall Pferd, ae oder 0 
Mann und vas, uas edel; ein An- 
führer keltischer Völker aus dem 








Belloves. 


mittlern Gallien, der mehrere Jahr- 
hunderte vor Christus zugleich mit 
Sigoves auszog, neue Länder zu er- 
obern (vergl. Sigoves). Er sammelte 
zahlreiche Schaaren von Fussvolk 
und Reitern aus den Stämmen der Bi- 
turiger, Arverner, Senonen, Aeduer, 
Ambarren, Carnuten und Aulerker 
(vergl. diese), und rückte mit den- 
selben in das Gebiet der Trikastiner, 
d. h. die Rhone abwärts bis zum 
Pont St. Esprit, oberhalb Orange, 
wo er auf ligurische Völker stiess, 
namentlich auf die Salyer in der 
Provence, mit denen er in Streit ge- 
rathen sein muss, denn nach Plinius 
unterstüzte er die grischischen Pho- 
käer in Marseille, die mit den Ba- 
lyern in Fehdelebten, gegen letztere. 
Indess muss er sich schliesslich mit 
denselben doch geeinigt haben, denn 
ein Theil der Salyer machte nun 
den Zug über die Alpen nach Ober- 
italien mit. Der Marsch ging die 
Durance aufwärts über die Turiner 
Alpen in das PothaL Am Tessin 
stellten sich ihm die Tusker, welche 
damals noch den ganzen mittlern 
Theil der oberitalischen Ebene inne 
hatten, entgegen, wurden aber ge- 
schlagen, worauf Mediolanum, (Mai- 
land) von Belloves gegründet wurde; 
weshalb er gerade hier seinen Haupt- 
sitz aufschlug, lag wohl darin, dass 
die Gegend, welche gleich einem 
Striche in seinem Heimathlande In- 
subergau (d. h. Wiesenland) hies, 
den an Viehzucht gewöhnten Be- 
wohnern der .Weideländereien im 
Charollais (gallischer Insubergau) 
längs der vielen kleinen Bäche gutes 
Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


_ 24 — 


Belluno — Belus. 


Weideland bot. (Vergl. Insubrer.) 
Ein Theil der Einwanderer machte 
hier Halt, andere Schaaren, nament- 
lich solche, die später aus Gallien 
nachgerückt kamen, zogen weiter, 
so die Cenomanen nach Brixia 
(Brescia) und Verona, das sie den 
Libyern entrissen; die Bojer und 
Lingonen setzten über den Po 
und eroberten die heutige Romagna, 
die Senonen(Waldleute) kamen so- 
gar bis nach Rom, nachdem sie vor- 
her Clusium (Clause, d. h. Schloss) 
in Etrurien erobert hatten, liessen 
sich aber schliesslich in der Mark 
Ancona nieder. Die Geschichte der 
Senonen, welche unter ihrem An- 
führer Brennus (braine Führer) Rom 
zerstörten, ist aus der römischen Ge- 
schichte sattsam bekannt. Die Sallu- 
vier blieben am untern Tossin stehen, 

Belluno, alt Belunum, zu deutsch 
kleiner schöner Wohnort, vom gäl. 
bi oder bil und /on, lun, bezw. ion 
Wohnort. 

Beimont, gleich Montbel, vergl. 
dieses, ebenso Bellamont. 

Beit, der grosse und kleine Belt, 
Name vom gäl. belat Weg, Strasse 
aus der Ostsee in das Cattegat. Im 
Worte Pil-grim kommt dies belat 
ebenfalls vor; cruimn bedeutet Gott, 
also Weg Gottes. 

Belthem, Ort bei Castellaun auf 
dem Hundsrücken, alt Belthomaus, 
vom gäl. bill klein, und ihom (lat. 
domus) Haus. 

Belus, bial-eus, der Wassermann, 
kommt in diesem Sinne als ein 
Stammvater der seefahrenden Phöni- 
ker vor (vergl. Agenor). 

16 


Beisenberg — Ben. 


Beizenberg bei Humlangen ; Dorf 
Belsen auf einem Hügel bei Rotten- 
burg am Neckar; Belsenberg bei 
Künzelsau, sämmtlich in Würtem- 
berg, vom gäl. bille klein und dun 
Berg. 

Belzig, mehrfach vorkommender 
Ortsname, z. B. in Sachsen; je nach 
der Lage entweder gleich bial-tigh, 
Wasserort, oder bel-tigh Bergort, 
oder endlich bi/-tiyh kleiner Ort; 
zig ist wie bei Leip-zig die gezischte 
Form für tigh, teagh, Haus, Dach, 
lat. tectum. Die ersten Häuser be- 
standen blos aus einem zeltartig 
gebauten Dache, wie die meisten 
Bauernhäuser in Westphalen und 
im Schwarzwalde, bei denen heute 
noch das Dach zu beiden Seiten bis 
zur Erde reicht, 

Bemfeld, Ort in Bayern, alt Pen- 
nenvelt, Pennvelt, vom gäl pen 
oder ben, Feld und 7ald Pferch. 

Bemogeln, Volks-Ausdruck für 
betrügen, vom kelt. mealaim, me- 
allaim betrügen. 

Ben, arabisch Sohn, gleich bin 
bezw. bil im Keltischen, woher z.B, 
Pippin, Dbi-bin kleiner Sohn. Im 
Hebräischen bedeutet ben dasselbe. 
Die Beni-Elohim waren die 
Gottessöhne oder die Engel des 
alten Testamentes,, welche sich vor 
der Sindfluth mit den schönen Erden- 
töchtern mischten und damit die 
Biesengeschlechter erzeugten, die 
ihrerseits Nephilim genannt wur- 
den, nach hebräischer Erklärung die 
Auserwählten, welche vor der An- 
kunft der Juden in Palästina ge- 
wohnt haben sollen, also mit der 


— 242 — 


Benaco — Berborei. 


keltisch - xanaanitischon Urbevölke- 
rung des Landes zusammenfielen; 
noib bedeutet keltisch Himmel, naf 
Herr, Schöpfer, und bil Sohn; 
die Nephilim sind darnach die 
Kinder Gottes oder des Himmels. 

Benaco, alter Name des Garda- 
8008; Berg-Wasser, beann-oiche. 

Bendorf, Ort bei Koblenz, alt 
Bettendorf, gleich Bettenhausen bei 
Kassel, Klein-Dorf, von di und dun. 

Benfeld, Städtchen im Elsas, 
gehörte früher zum Bisthum Strass- 
burg, war befestigt, und wurde 
1632 von den Schweden erobert; 
früher hies eg Benevelt, vom gäl. 
ben Feld und fald Pferch. 

Benrath, Städtchen bei Düssel- 
dorf, von ban, ben Feld und rath 
Burg, also Feldburg. 

Bensheim an der Bergstrasse; 
der ältere Theil des Btädtchens 
liegt auf einem kleinen Hügel, da- 
her der Name; beannan oder be- 
annta, gälisch, kleiner Hügel; heim 
steht gleich om, Heimath, Wohn- 
ort. Benzenberg, gleiche Ab- 
stammung, ebenso der Bennenberg 
bei Neresheim im Hertfeld. 

Benuleia, keltisch soviel als 
schönes Weib, von Dean Weib und 
aille schön. 

Berberei, Barbaria, urspränglich 
Nordafrika vom Mittelmeere ab bis 
auf den Atlas; jenseits desselben 
liegt Biledulgerid, das Grenzland 
der Numiden. Die Berberstämme, 
soweit sie im Alterthume, nament- 
lich von Leo Africanus genannt wer- 
den, wohnten auf dem Gebirge, und 
führten darnach gewöhnlich ihre 





Berburg — Berchtösgaden. — 243 — 


Namen, als Musmudae von mmnt, 
mons Berg, modh Hütte und ae 
Leute, Berghüttenbewohner; San- 
hagii, von ton Wald und aighe 
hoch; Zeneti, von ton oder tain 
Fluss und aidhe Wohnung; Haoari, 
von a, au, hauBerg und air Mann; 
Gumeri, soviel als Gomer, ta- 
pferer Mann, cam-aire, Kampf- 
mann, heutzutage Gum (Schaar von 
Kriegern). 

Die Musmuden wohnten auf 
dem westlichen und südlichen Theile 
des Atlas, die Gumern in den 
nördlichen Gebirgen Mauretaniens 
am Meere, die Schulu (von coille 
Wald) werden heutzutageim grossen 
Atlas genannt, die Kabylen im 
kleinen (gobhail kleiner Ort), — 
Daraus ergibt sich die Bedeutung 
des Namens Berberis von selbst, 
gross-Bergland, von borr gross, 
bwr Berg und ia Land. Als rauhe 
Bergvölker gaben sie gleich dem 
kleinasiatischen Bergvolke der Phry- 
gen (braighe Berg) den Anlass zur 
Entstehung des Begriffs Barbaren. 

Berburg, franz. Beaureberg, Ort 
bei Grevemachern im Luxemburgi- 
schen; Der steht gleich bar oder 
bwr, was sowohl Berg als Burg 
bedeutet. 

Berchtesgaden, im Salzburggau, 
alt Berchtens-gadme oder nach einer 
Urkunde von 1122 Berchtgeres- 
gaden. Gewöhnlich nimmt man an, 
der Name sei aus Berchtoldgaden 
entstanden ; dem widersprechen aber 
die alten Formen. Berch oder Bercht 
ist unser deutsches Berg, entspre- 
chend dem keltischen bar, bwr, 


Bergamo — Bergedorf. 


bezw. braighe , was ebenfalls Berg 
bedeutet, tes oder tas, Ort, also 
Bergort. Die Form tens mag aus 
dun oder din, «Ort, Veste entstan- 
den sein. Gadme ist soviel als 
coed-ma, Wealdstätte. Berchtes- 
gaden ist sonach ein Doppelname, 
der im Lauf der Zeiten als einfacher 
aufgefasst wurde, wie dies häufig 
vorkommt; geres oder garas be- 
deutet eingefriedigter Ort, und Ga- 
den ganz dasselbe, letztere Form 
ist ins Deutsche übergegangen. 
Von den nächstliegenden Bergen 
kommt der: Name Watz-mann 
von aith Höhe und moin gross, der 
Göbl von copBergkof und el gross. 
Bergamo , lat. Bergomum, von 
den aus Gallien nach Italien einge- 
wanderten Kelten angelegte, oder 
neu befestigte Bergstadt. Tasso 
wurde hier geboren, 1447 kam die 
Stadt unter die Botmässigkeit Ve- 
nedigs. Nördlich davon oberhalb 
des Iseosses, vom Oglio durchflos- 
sen, liegt das Camonicathal, nach 
den tuskischen Camunen also be- 
nannt, mit dem Hauptorte Bre oder 
Breno. Der Name Bergamo kommt 
wie Berchtesgaden von bar, bwr, 
braigh Berg und ma Stätte, die 
Altstadt liegt heute noch auf der 
Höhe über den Vorstädten. Bre 
bedeutet dasselbe von bre, Dry, 
bryn Berg und nae bezw. ae, ui 
Leute; Camuni wieder dasselbe 
von mmnt Berg oder muind Wald. 
Die Vorsylbe %a entspricht hier 
dem deutschen Ge-birg. 
Bergedorf, Ort bei Hamburg 
am Einfluss der Bille in die Elbe, 
16* 


Bergen — Berlin. 


da wo die Vierländer Werder liegen. 
Name gleich Vierland von Dior 
Wasser und ka Ort, Dorf. Bille 
gleich klein Wasser, alt bilene von 
bil klein und ean Wasser. 

Bergen im Hoennegau, franz. 
Mons, alte Hauptstadt der Graf- 
schaft Hennegau, und jetzt der bel- 
gischen Provinz gleichen Namens, 
an der Henne, alt Montes, was die 
lateinische Form für das kimbrische 
mmwnt und dasgälische main, moin, 
muine ist, und Berg bedeutet; die 
deutsche Form Bergen ist dem kel- 
tischen bwr-ion bezw. braighe-ion, 
Berg-stadt, nachgebildet. 

Bergion, Bergios, auch Vergion, 
bei Ptolemäus Uergion (Okeanos 
uerginios), ältester Name für Irland, 
zu deutsch Wasserstätte, von earg 
Wasser und ion Stätte. Die Formen 
Vergion oder Bergion bilden den 
Uebergang von earg zu bior oder 
fuar, diedasselbe bedeuten; bergios 
ist Wasserinsel von is, Insel. 

Berlin, alt Berlyn. Ueber die 
Bedeutung des Namens Berlin ist 
schon unendlich viel gefabelt wor- 
den; die gewöhnlichste Annahme 
bringt iin mit Albrecht dem Bären 
in Verbindung, welcher gegen Ende 
des 12. Jahrhunderts die Wenden 
bezwang, und niederländische Colo- 
nisten herbeizog, welche die Vieh- 
zucht in der Gegend einführten, wie 
verschiedene Urkunden melden. Das 
jetzt mit Berlin verschmolsene Cöln, 
alt Colne, ist jedenfalls älter als 
Berlin; es ist keine Colonie, am 
wenigsten eine römische wie Cöln 
am Rheine, denn Römer kamen nie- 


— 244 — 


Bermbach. 


mals an die Spree; wohl aber zeigt‘ 
der Name, dass Cöln ein alt-kelti- 
scher, unter die Botmässigkeit der 
Wenden gekommener Ort war; er 
bedeutet nämlich Wasserleute, Fi- 
scher oder Schiffer, von gil, giol, 
gol, geul Wasser und nae Leute, 
Der Boden, auf dem Berlin später 
erbaut wurde, gehörte zu Cöln, und 
wenn die von Albrecht dem Bären 
herbeigerufenen Niederländer hier 
Viehzucht treiben konnten, 80 muss 
Wiesenland vorhanden gewesen sein. 
Daraus ergibt sich die Bedeutung 
des Namens Berlin; ber, bior ist 
Wasser und lin, lon Wiese, also 
Spreewiese. Spree, alt Spreowa, 
Spreua mit vorgezischtem di klein, 
kommt ebenfalls von bior oder der 
davon abgeleiteten Form brau, rau 
Bach, Wasser. — Eine amdere uns 
von Prof. H. Wuttke mitgetheilte 
Erklärung ist folgende: Im Mittel- 
alter bezeichnete man die Richt- 
stätte oder den auf derselben er- 
richteten Pfahl mit dem Ausdruck 
Berlinum, vom keltischen Dior, ber 
Speer und lannaim hinrichten. Dar- 
nach wäre auf der Stelle, wo der 
älteste Theil von Berlin erbaut 
wurde, die Richtstätte des alten 
Colne gewesen. 

Bermbach, Ort bei Idstein im 
Taunus, desgl. bei Weilburg an der 
Lahn; das Bermbächle zu Nen- 
weier bei Baden; Bernbach bei 
Ettlingen, das früher Bärenbach 
geschrieben wurde; Bernbach bei 
Eppingen im Kraichgau; desgl. in 
Würtemberg, in Bayern und in der 
Schweiz; dann Bernau in Baden, 


Bern. 


Ober-Schwaben und in der Schweiz; 
alle von bioran, Dem. von bior 
Wasser. Ebenso Beren- und Bä- 
renbach in der Schweiz; Bern- 
bronn in Würtemberg; Brom- 
bach im Kraichgau, Brambach, 
Brumbach, Bornbach u. s. w. 
Bei der Form Bern-au oderBorn-au, 
Borna (bei Leipzig) ist das deut- 
sche bezw. kimbrische aha oder aa, 
au als VUebersetzung an das gälische 
bioran angehängt. Alle diese Orts- 
Namen bedeuten dasselbe, was unser 
deutsches Ambach, bezw. Ort am 
Bach. 

Bern. Die Stadt liegt im alten 
Vechtlande und gehörte zu Klein- 
burgund. Der Gründer der Stadt 
war der letzte Herzog von Zährin- 
gen, Berchtold V, der sie 1191 auf 
Reichsboden erbaute, weshalb sie 
ursprünglich eine deutsche Beichs- 
stadt war. 1218 erhielt sie von 
Kaiser Friedrich II ansehnliche Pri- 
vilegien, 1353 trat sie der Eid- 
genossenschaft bei. 

Vor der Erbauung von Bern haus- 
ten die Herzöge von Zähringen in 
Burgdorf. 

Was den Namen betrifft, so- ist 
er trotz dem, dass man ihn als 
Bertholdsburg erklären wollte, kel- 
tisch gleich Verona. Man könnte 
den Namen einfach wie die Bern- 
bäche von bioran ableiten, wenn 
der Name des untern Theiles von 
Bern, der Matte, nicht auf feoran, 
Wiese, leitete, und damit zugleich 
anzeigte, dass die Matte älter ist, 
als das auf der Höhe liegende 
eigentliche Bern; feoran, Wiese, 


— 245 — DBerncastel — Bernstein. 


Matte kommt von fear Gras. Bern- 
castel an der Mosel ist von keinem 
Berthold erbaut worden, und stände 
Bern nicht gleich Verona, 80 würde 
letzteres nie wälsch Bern genannt 
worden sein. 

Berncastel an der Mosel zwischen 
Trier und Coblenz, lat. Princastel- 
lum und Tabernae Castellum; bryn 
bedeutet Berg, feoran Wiesengrund 
am Wasser. Berncastel liegt in 
einem solchen Wiesengrund an der 
Mosel, wie Bern bew. die Matte an 
der Aar, und Verona an der Etsch. 

Die römischen Castelle lagen 
nicht selten mitten im Thale, um 
dieses abzusperren, so Bliescastel, 
Burg an der Blies, bil-ais kl. Was- 
ser. Auch bei Weingarten zwischen 
Durlach und Bruchsal liegen römi- 
sche Bollwerke im Thale. Die Kel- 
ten legten ihre Pfahlbauten eben- 
falls im Wasser oder in Sümpfen 
an, daher die vielon Wasserburg®n, 
uisge-Burgen, von den Deutschen 
in Weissenburgen umgewandelt. 

Berns, franz. Beaurains, Ort bei 
Bolchen in Deutsch-Lothringen, alt 
auch Belrain, auf einem Berge; bail 
Stadt, ball Veste, Bollwerk und 


‚rann, rinn, roinn Berg. 


Bernstein, alt Burnestein, d. h. 
Wasserstein von bioran Wasser, 
weil er im Wasser gefunden wird, 
an der Küste Samlands nämlich und 
an den beiden Nehrungen, welche 
das Frische und das Curische Haff 
vom Meere scheiden. Nach Tacitus 
nannten die Aisten oder Esthen den 
Bernstein gles, lat. glesum, was 
dem deutschen Glas entspricht. 


Berre — Berseba. 


Gälisch heisst gloine Glas, yloingha 
gläsern, glinnidh und glinn glän- 
zend, hell. Im deutschen „Glanz“ ist 
die Form gles, Glas mit dem gäl. 
gloin, glinnidh vereint, oder mit 
andern Worten Glanz ist die nasale 
Form für Glas bezw. gles. 

Berre, franz. Fliussname vom gäl, 
bior Wasser. 

Berri, das Land am Gere in 
Mittel- Frankreich, alt Bituriges. 
Gers kommt vom kymrischen gouer 
Wasser, Fluss; Bourges, die 
Hauptstadt des Berri, hies alt Bitu- 
rigum, kleine Königsstadt, von’ bi 
klein und tor (jetzt Sir) König, 
Fürst. Die zu Biturigum oder dem 
kleinen König gehörenden Hörigen 
waren die Bituriges, wenn man sie 
nicht als Anwohner des kleinen 
Flusses, Di-dur, d. h. des Gers, im 
Gegensatze zur Loire auffassen will. 
Aus Biturigum ist Bourges und aus 
bior-ui, Wasserleute, Berri ent- 
standen. 

Berseba war ein Ort mit Brun- 
nen im Lande der Simeoniten im süd- 
lichen Palästina, Bor vom gäl. bior 
Brunnen; dabei war ein heiliger 
Stein und eine Tamariske, die nach 
den spätern Jehovisten von Abra- 
ham gepflanzt war; der Stein aber 
sei von Isaak errichtet, der dort 
eine göttliche Erscheinung gehabt. 

Soba, sebu-a soll nach den Jeho- 
visten in der Genesis Eid bedeuten, 
weil an diesem Brunnen ein Bünd- 
niss zwischen Abraham und Abime- 
lech geschlossen worden sei (Gen. 
21, 31); dann weil ein ähnliches 
Bündniss daselbst zwischen Isaak 


Bert und Berta, 


und Abimelech zu Stande gekommen 
(Gen. 26, 32. 33). Deshalb schwur 
man später gewöhnlich bei dem 
Gotte zu Berseba (vergl. Dan und 
Steincultus). Istaber die erste Sylbe 
ber, welche sich auf die Quelle be- 
zieht, ursprünglich keltisch (bezw. 
canaanitisch), 80 muss es auch seba 
sein. Zeb bedeutet Opfer, daher Zeb- 
aoth Opfer-gut, woraus der Opfer- 
tag oder Sabbath wurde. Will man 
seba dagegen auf die Tamariske be- 
ziehen, 80 erinnert seb an sapin, 
Fichte, Sabiner Waldleute und an 
saomb, taomb, taom, Holz, Wald. 

Bert und Berta, entweder End- 
sylben, mit Vaternamen verbunden, 
so viel als genitus, genita, d. h. 
Geborner, Geborne, Sohn, Tochter, 
vom gäl. bearta und beirte, Parti- 
cipium perfoctum passivum von be- 
araim oder beirim, gebären; oder 
bert bezw. berta stehen ausser Ver- 
bindung mit Vaternamen, dann be- 
denten sie artig, gesittet, eigentlich 
wohlgeboren. Machort bedeutet 
artiger Sohn, von mac Sohn, Ge- 
schlecht, Abkömmling, altdentsch 
Magen, daher die vielen Mac in 
Irland, welche die einzelnen Ge- 
schlechter oder Clane anzeigen. 
Girberta, Walt-berta bedeuten da- 
gegen Tochter des Gero oder Waldo, 
ebenso Adalbert, Albert, Hinkbert, 
Ingalbert, Engelbert, Gisbert, Isen-. 
bert, Robert, Rodobert, Norbert 
u. 8. w., Söhne des Athail, Hinko, 
Bodo u. s w. 

In der alten Mythe spielt der 
Name Bertha eine grosse Rolle, na- 
mentlich in der Form Berchta bei 


Bert und Berta. 


den Süddeutschen, wo er der hessi- 
schen Frau Holle oder Hulda und 
der Hildr oder Huldr der Nord- 
germanen gleichstand. Ihr altindi- 
scher Name war Perahta, die Bur- 
gunden nannten sie Berta; sie hatte 
dieselben Eigenschaften und Ver- 
richtungen wie die Freya; sie be- 
wahrte die Seelen der noch Unge- 
bornen, wie die der wieder durch 
den Tod zu ihr Zuräckkehrenden in 
den Wolken, Bergen oder Teichen, 
fahr mit ihnen durch die Lüfte im 
wüthenden Heere; auch ward ihr in 
der Perchtnacht Speise vorgesetzt, 
gerade wie den Heimchen oder 
Schrätlein, Schräzlen, deren Zirpen 
als von den Seelen der Elfen oder 
ungetauften Kinder herrührend an- 
genommen wurde. Die Heimchen 
oder Elben tauschten auch Kinder 
aus, woher die Wechselbälge, die 
nicht lachen können, denn Geister 
oder Todte sind ernst und schweig- 
sam; bringt man sie aber zum Spre- 
chen und zum Lachen, so verlieren 
sie ihren Elfencharakter, sie werden 
richtige Menschen, denn Lachen be- 
weist das Eingehen der Seele in die 
Menschennatur, oder aber sie wer- 
den von den Heimchen wieder zu- 
rückgeholt. Um Kinder zum Laehen 
zu bringen, braucht man ihnen ihr 
Essen blos in Eierschaalen zu ko- 
chen. Die Wechselbälge spielen am 
liebsten in der Asche; denn sie sind 
die ungezogenen Kinder, die Frau 
Berta zur Strafe wieder auf die 
Erde schickte, oft in Hundegestalt, 
die dann auf dem Horde liegen oder 
auf dem Ofen und blos Mehl oder 


— UT — 


Bert und Berta. 


Brodteig (wie die Heimchen) oder 
auch Asche fressen. Da sie vom 
Ofen schwer wegzubringen sind, so 
kommt daher das Sprichwort: „Damit 
kann man noch keinen Hund vom 
Ofen locken.® 

Oft lassen die Elben ihre jungen 
Hunde, die ebenfalls Elben sind, 
von menschlichen Weibern säugen, 
die ausgehen, ohne vorher ihren 
Kirchgang gethan zu haben. Deren 
Brüste werden dadurch so lang, 
dass sie dieselben über die Schul- 
tern schlagen können. 

Wie die Hulda die Spinnerinnen 
beaufsichtigt, und den faulen Mäd- 
chen die Zöpfe zu Hollezöpfen und 
Queckenköpfen verwirrt, so verur- 
sacht die Berchta die Berchköpfe, 
oder wie die Schwaben jetzt noch 
sagen, die Barchetköpfe; in Tirol 
heissen Kinder mit ungekämmten 
Haaren Poerchteln. (Vergl. hierüber 
sowie über die weiter im Buche zer- 
streuten ähnlichen Notizen die 
gründlichen Forschungen Dr.. W. 
Mannhardt's in seinen germani- 
schen Mythen.) 

Da die Berta in der Mythe nicht 
sowohl als Geborne, sondern als 
Mutter, mater genitrix auftritt, so 
wird ihr Name in diesem Sinne nicht 
als Particip von bearaim, sondern 
als bear-dae Geburtsfrau aufzufas- 
son sein. 

Die Weiber brachten derselben 
ihr Haupthaar zum Opfer, daher 
das Abschneiden der Haare bei den 
Jüdinnen, wenn sie sich verheirathen, 
und die in Form von Zöpfen ge- 
flochtenen Berchet-Kuchen, welct 


Berthas — Beschneidung. — 248 — 


auf den Sabbath oder Opfertag ge- 
backen werden, aber ursprünglich 
als Opfer für die Berchta bestimmt 
waren. Der Berchte-Dienst kam von 
den Kanaaniten auf die Juden, und 
war, wie die Perahta der Inder 
zeigt, im ganzen Orient verbreitet, 
er beruht also nicht, wie man ge- 
wöhnlich annimmt, auf einer speciell 
deutschen Mythe; eine solche lässt 
sich überhaupt nicht nachweisen, 
denn ihre Anschauungen kommen 
mehr oder weniger auch bei allen 
andern Völkern vor, namentlich bei 
den altkeltischen. 

Berthas hies in ältester Zeit das 
Land der Bulgaren an der mittlern 
Wolga. Bulgar bedeutet Wasser- 
mann, Fischer, von bailc, buailc 
Wasser und airMann. Berthas das- 
selbe von bior Wasser und des, dus 
Land. Die Wolga kommt ebenfalls 
von Duailc-aha, sie hies auch Itil, 
oder At-el Wasser-gross, Adda- 
gross gleich der Od-er; denn er be- 
deutet dasselbe wie e/, und ad ist 
Wasser. 

Beschneidung. Dieser sonder- 
bare Brauch, den jetzt ausser den 
Juden alle mohamedanischen Völker 
angenommen haben, stammt von den 
Aethiopen, welche in geschlecht- 
licher Beziehung gar eigenthümliche 
Einrichtungen und Sitten hatten, 
und noch haben. Schon das alte 
Testament erklärt den Ham, den 
angeblichen Stammvater der Asthio- 
pen, für schamlos, weil er seinen 
Vater Noah, als er ihn, von neuem 
Wein betrunken mit unbedeckter 
Schaam im Zelte fand, nicht sofort 


Beschneidung. 


mit einer Decke überwarf, wie dies 
sodann mit grosser Vorsicht dessen 
Brüder Japhet undSem bewerkstel- 
ligten, indem sie sich nur rückwärts 
gehend dem Betrunkenen näherten. 
Zur Strafe für Cham’s Verbrechen 
wurden dann auch dessen Nachkom- 
men, die Chanaaniter (die übrigens, 
wie ihre Ortsnamen beweisen, keine 
Aesthiopen, sondern Kelten waren, 
also auch nicht von Cham abstam- 
men konnten), den Juden als Knechte 
untergeben. In ältester Zeit übten 
die Beschneidung ausser den eigent- 
lichen Aethiopen blos die Aegypter 
(and die ägyptischen Kolcher), von 
diesen ging sie auf die Juden, Phö- 
niken, und von diesen auf ganz Sy- 
rien über. Die Philister, welche von 
den Juden unabhängig blieben, hat- 
ten auch die Beschneidung nicht. 
Bei den Arabern war sie ursprüng- 
lich nur im Süden bei den Himjari- 
ten üblich, und diese waren äthio- 
pische .Mulatten. Dem Gebrauche 
scheint der Gedanke eines Opfers 
zu Grunde zu liegen, indem statt 
des ganzen Knaben nur ein Theil 
von dessen männlichem Gliede dem 
Moloch dargebracht wurde. Die 
Erstgebornen wurden nämlich noch 
bie in die Zeiten der babylonischen 
Herrschaft dem Fouergott geopfert. 
Ein anderer äthiopischer, auf ein- 
zelne'Araberstämme übergegangener. 
Brauch ist folgender: Bei denlocken- 
haarigen Beni Jam im Wadi Nedjram 
im südlichen Arabien am Südostab- 
hang des Hochlandes Asyr, nächst 
Yemen gibt der Mann beim Verrei- 
sen sein Weib in das Haus eines 


Besenbach. 


Freundes, welcher ihr alle Pflichten 
des Ehemanns leistet, so lange 
jener abwesend ist, und bei dem 
Stamme der Asir erhält jeder fremde 
Gast ein weibliches Glied der Fa- 
milie, gewöhnlich die Frau des 
Wirths zur Lagergenossin während 
der Nacht. Bei verschiedenen an- 
dern äthiopischen oder mulattischen 
Stämmen, namentlich bei den Li- 
byern Afrikas herrschte Weiber- 
gemeinschaft; bei den Nasamonen 
oder deren Nachkommen soll noch 
jetzt die Sitte bestehen, dass die 
Fremdlinge auch mit den Frauen 
und Töchtern des Hauses bewirthet 
werden. Das Analogon der Beschnei- 
dung bei den Männern ist das Haar- 
abschneiden der Weiber (vergl. Bert). 

Wie die Beschneidung als Ersatz 
für dasOpfern der Erstgebornen auf 
eine Cultivirung der Nogervölker 
durch weisshäutige Sethiden, bezw. 
Semiten oder Kelten hinweist, so 
zeigt auch die Sprache der asiatisch- 
afrikanischen Mulattenvölker (z. B. 
der Aegypter, Juden, Araber) eine 
Mischung des Altkeltischen mit Idio- 
men, deren Ursprung bei den ver- 
schiedenen Negerracen gesucht wer- 
den muss, welche Aegypten und 
Arabien vor Ankunft der Semiten 
bewohnten. (Das Nähere hierüber 
unter den betreffenden einzelnen 
Abschnitten.) 

Besenbach. Bei Aschaffenburg 
liegen drei Orte, Ober-, Unter- und 
Strass-Besenbach, alt Bessenbach, 
zu deutsch Klein-Bach, von bais 
Bach, Deminutiv baisin, oder bai- 
sean. 


— u — 


Besse — Bethel, 


In Baiern liegt ebenfalls ein Be- 
senbach, alt Besinbach. 

Besse, alt Passahe, Dorf am 
Fusse des Bilsteines am Langen- 
berge in Niederhessen an einem 
kleinen Bache; bais gäl. Wasser, 
aha die deutsche Uebersetzung davon. 

Bessin, Land der Bajukasser, mit 
dem Hauptorte Bajeux, früher 
Eargens in der untern Normandie 
am Meere; Bajeux liegt an einem 
Flüsschen, das früher latinisirt Ar- 
genus hies, also denselben Namen 
führte, wie der Argen am Bodensee 
vom gäl. earg, Deminutiv eargan, 
Flüsschen. Eargens bedeutet Fluss- 
veste von yann (Gent, Caen) Veste. 

Baju-kasses bedeutet dasselbe von 
cas Veste und eus Männer; Baju 
aber kommt von Di klein und aha 
Wasser. Bajeux steht statt bi-uisge, 
die Kasses fielen in der neuern 
Sprache ab. 

Bessungen, jetzt Vorstadt von 
Darmstadt, zu deutsch Wald-burg, 
bis oder bois-taingean, franz. donjon. 

Bestenbach oder Böstenbach, ein 
Weiler im Benchthal in der Ortenau, 
von bois Wald und tain Wasser; 
also Ort am Waldbache. Betten- 
bach oder Langenbettenbach bei 
Dachau in Bayern, von bi klein und 
tain Wasser. 

Bethel, griech. Betylos, war der 
Name für die angeblich mit einer 
Seele begabten heiligen Steine, oder 
Lithoi empsychoi. (Vergl. Steincul- 
tus.) Beth-el bedeutet wörtlich Haus 
Gottes, keltisch badh, bodhk Haus, 
Hütte und al, el gross, mächtig, 
d. h. Gott, 


Betonung. 


In gewissen Steinen wohnte ein 
Gott, der übrigens sein Haus beliebig 
verlassen und wieder dahin zurück- 
kehren konnte. Diese Steine hiessen 
beidenJudenauchMagceba; darum 
sagt Jacob (Gen. 28, V. 22): „Dieser 
Stein, den ich als eine Margeba 
errichtet habe, soll ein Haus Gottes 
sein.“ Andere Namen für solche 
Göttersteine waren: 

El-i-gur, der Gott des Fels- 
blocks; Gur-i-el, der Felsblock 
des Gottes; Guri-saddai,derFels- 
block des Fürsten, Gewaltigen. Sad- 
dai (von tad, tuath Fürst) ist der 
gewöhnliche Beiname der Steingöt- 
ter, cur entspricht dem gäl. sgorr 
Fels, al, el? ist das allerwärts vor- 
kommende gross, oder der Grosse, 
Mächtige. 

An die Stelle der Steine wurden 
für die Götter später wohnlichere 
Aufenthaltsorte, nämlich Tempel ge- 
schaffen, weshalb unsere Kirchen 
gewissermassen als die höchsten 
Bläthen des urweltlichen Steincultus 
angesehen werden können. 

Betonung im Keltisch-Deut- 
schen. In den wälschen oder kim- 
brischen Wörtern liegt der Ton 
regelmässig auf der vorlezten Sylbe, 
so auch in Nordirland, während im 
südlichen Irland derselbe mehr auf 
den Flexionen als den Wurzeln liegt. 
In ähnlicher Weise wird bei den 
Deutschen die Stammsylbe betont, 
während bei den Franzosen (d. h. 
Gälen) und Italienern der Accent 
aufden Flexionen ruht, Beim Ueber- 
gang keltischer Worte ins Deutsche 


_ 20 — 


Betonung. 


die unbetonte Nacheylbe als Ablei- 
tung behandelt, wenn sie auch im 
Keltischen ein Wort war; so wurde 
aus der keltischen Endung a, 0, u, 
ebenso. aus den Zweilautern das 
stumme oder tonlose deutsche e. 

Ausserdem setzten die Deutschen 
den keltischen Worten, wenn sie 
mit Vocalen anfingen, weiche Con- 
sonanten vor, und zwar von den 
Lippenlauten w oder m, von den 
Kehllauten h oder j, von den Liqui- 
den n; letzteres mag aber oft auch 
den Artikel an bedeuten. Oft wird 
auch m vorgesetzt als Verkürzung 
von am oder im, z. B. Orsberg 
Morsberg, Marsberg ; Eppental, Mep- 
penthal bei Mundingen; Achental 
Machental bei Wasenweiler im Breis- 
gau; Eyches und Meiches; Erken- 
fritz und Merkenfritz in Hessen. 

Im Irischen werden die Vocale wie 
im Niederdeutschen und Burgun- 
disch-Allemannischen behandelt, die 
breiten Vocale erhalten häufig einen 
dünnen nachgesetzt, z.B. rait, raet, 
doit, doet, guit, guet, huys, hues. 
Bei Zusammensetzungen fallen diese 
dünnen Vocale wieder aus, =. B. 
dair Eiche, darach, darag eben- 
falls Eiche, oder hohe Eiche, dar- 
ubhallEich-apfel, Gallapfel ; ubAall 
unser Appel oder Apfel. Im Kymri- 
schen sind die rauhen Kehllaute 
häufig, z. B. ch, wo die Römer und 
Gälen blos zischen, das heisst, 8 
oder sch aussprechen, z. B. calvus, 
kahl, franz.chauve, kimbrisch chalo. 
Die Gälen sprachen das sch wie sk, 
gleich unsern Westphalen ; die Römer 


wırde die betonte Sylbe beibehalten, | desgl., z.B. statt schreiben, skriben. 











Bettans — Bettenhausen. — 251 — Bettighofen — Betzstein 


Die Aussprache im heutigen Fran- 
zösischen ist gälisch, d. h. die la- 
tinisirten Worte werden gälisch 
ausgesprochen. Im Gälischen oder 
Irischen ist die Vocalisation über- 
wiegend, ebenso im Französischen ; 
beide unterdrücken die Consonanten, 
trotzdem dass sie geschrieben wer- 
den. Im heutigen Mankischen (auf 
der Insel Man zwischen England 
und Irland) werden die Consonanten 
fast gar nicht mehr ausgesprochen. 
In den deutschen Rheinlanden, in 
Schwaben und Franken, namentlich 
aber in Lothringen äussert sich diese 
gälische Sitte noch darin, dass die 
Endsylben, wenn nicht der Ton auf 
ihnen ruht, kaum ausgesprochen 
werden. 

Bettana, Weibername, vom gäl. 
by klein und fana, dünn (temuis), 
soviel als Belletrudi, von Dille klein 
und fruadh, truagh (träge), arm, 
gemein, bäuerlich. 

Bettenberg, kleiner Berg, von 
bi klein und dun Berg; Bettenberge 
gibt es bei Fürnsal, desgl. bei Böt- 
tingen ; dann Betten, ein Bergkopf 
bei Pfeffingen, sämmtlich in Wür- 
temberg. Gleicher Abstammung ist 
Bezzenberg. 

Bettenbrunn, vom gäl. bi klein 
und fain Wasser; brunn ist die 
Vebersetzung von tain, entstand 
aber selbst aus bioran kl. Wasser. 

Bettendorf, alt Bedendorf, Dorf 
im Elsas, von bi klein und dun, 
din, dyn Burg, Stadt, Wohnplatz. 
Bendorf bei Coblenz hies früher 
auch Bettendorf. 

Bettenhausen, Dorf bei Kassel, 


ein anderes im Nassauischen, ein 
drittes in Würtemberg, sämmtlich 
von bi klein und dun Ort. 

Bettighofen, alt Patinhova in 
Wärtemberg. Die letztere Form 
kommt von Di klein und dun Ort; 
die erstere von Di und feag, tigh 
Haus, Dach. Dass an die Stelle der 
alten keltischen Form bafin später 
die andere ebenfalls keltische Form 
batig getreten, zeigt, dass das Kel- 
tische noch lange Jahrhunderte bei 
einem Theil des Volkes fortlebte 
und sich nur allmälig mit dem Deut- 
schen so verschmolz, dass es eine 
gemeinschaftliche Sprache für Alle 
wurde. Unsere mundartlichen Ver- 
schiedenheiton kommen grossen- 
theils von der geringern oder stär- 
kern Beibehaltung keltischer Formen 
oder Lauteneben den deutschen her. 

Betty, keltischer Weibername, 
die Gute von baotk gut. Verbunden 
mit aille sia, schöne Frau, deutsch 
Elise, entstand Elisabeth, schöne, 
gute Frau. Die männliche Form ist 
Betto; übrigens kann man beide 
Namen auch von Di klein und {o, 
do, dae Mann bezw. Frau ableiten. 

Betul, latinisirt Betulus, bedeu- 
tet einen Menschen mit kleinem 
Kopf oder kleiner Stirn, vom kelti- 
schen Di klein, und tal, tu] Stirn, 
oder toll Kopf. 

Betzenbach, gezischt für Betten- 
bach, vom gäl. bi klein und tain 
Wasser; ein Betzenbach fliesst bei 
Banzenweiler in Würtemberg, ein 
Pezenbach in Bayern. 

Betzstein oder Bestein, franz. 
Bassonpierre, Ort auf der Grenze 








Beucha — Beulen. 


von Lothringen und Luxemburg west- 
lich von Dietenhofen an der heuti- 
gen deutsch-franz. Sprachgrenze. 
Der Name Betzstein, Batzenstein, 
Battenstein kommt vom keltischen 
by-dun oder byddyn kl. Berg, bezw. 
kleine Burg. 

Beucha, Dorf zwischen Leipzig 
und Wurzen, zu deutsch kleiner 
Visehpferch oder kleine Einzäunung 
von di klein oder deo Vieh, und 
cha, ca, cau Haha, Einfriedigung, 
also dasselbe, was Pogau. Der Ort 
liegt auf einer Granitkuppe, am 
Bande weiter Wald- und Wiesen- 
flächen, in welchen die Parthe ent- 
springt. Die Granitkuppe liefert den 
Leipzigern das Material für den 
Unterbau der Häuser. 

Beule, Stadt in Frankreich, alt 
Bola, von baile (polis) Stadt, Ort. 

Beulen, alt Billon, wälsch Bouil- 
lon. Gottfried von Beulen war Her- 
zog von Niederlothringen, d. h. der 
heutigen Niederlande sammt Luxem- 
burg bis heraufan das jetzige Loth- 
ringen. Das Herzogthum Beulen ge- 
hörte zu Luxemburg, kam durch 
den pyrenäischen Frieden -1659 an 
Frankreich und 1814 und 15 an die 
Niederlande zurück, gehört aber 
jetzt zu Belgien. Der Besitzer des 
Fürstenthums war bis 1822 der 
Fürst von Rohan, der es um diese 
Zeit gegen eine jährliche Rente an 
den König von Holland abtrat. Die 
Stadt Beulen liegt an der französi- 
schen Grenze ‚mit der Stammburg 
Gottfrieds, des ersten Königs von 
. Jerusalem, auf einem hohen Felsen. 
Der Name ist gälisch, lautete lati- 


— 232 — 


Beurbach — Beuvron. 


nisirt bullum castellum, und kommt 
von balla Bollwerk, Festung. 

Beurbach in Oestreich, desgl. in 
Bayern, alt Piurbach; die letzte 
Sylbe ist die Uebersetzung der 
ersten, denn dior, beur ist soviel 
als Bach. 

Beuren, auch Buren oder Bevern 
(an der Alme in Westphalen), alt 
Burion, häufiger Dorfname, bald für 
sich allein wie bei Baden im Oos- 
gau, bald mit dem Namen der ersten 
Besitzer, als Ottobeuern, oder sonst 
mit Zusätzen, z. B. Ibbenbüren in 
Westphalen, Kaufbeuern in Ober- 
Bayern. Beuren bedeutet (ähnlich 
wie Bauern, Bayern, Bojer, nämlich 
Viehbesitzer) Viehstätte, von buar 
Vieh und ion Stätte; Ibbenbüren hat 
noch ein aoibh Erbgut, Kaufbouern 
ein cwb oder cy/od Schuppen vor- 
gesetzt. 

Beutau, alt Bitenowe, schwä- 
bische Aussprache für Bitau, Vor- 
stadt von Esslingen ; sie liegt m der 
Beutenau, durch welche der Beuten- 
bach fliesst, der der Au den Namen 
gab. Beuten kommt von Di klein 
und tain Wasser. Oberhalb Lorch 
fliesst ein anderer Beutenbach in 
die Reme. - 

Beutelsbach, alt Putelsbach, 
beu ist die breitere Aussprache für 
bi klein und fain Wasser; die rich- 
tigere wäre Beutenbach ; der Beutel- 
stein in Cadobrethal kommt da- 
gegen von bi-tul kleiner steiler 
Berg oder Fels. . 

Beuvron, latinisirt Bevero, Flüss- 
chen in Frankreich, von by klein 
und garw oder gouer, bior Bach. 








Bever — Beverungen. 


Bever, alt Biverna, ein Bach, 
der von Harsefeld her oberhalb 
Bremervörde in die Oste fällt, 
Name von bi-bior klein-Bach ; gleich 
Biberbach, Bievre und hundert ähn- 
lichen Bachnamen. 

Bevern, Ort. im Bremenschen 
im sogenannten Boverlande, d. h. 
dem Rindvishlande, denn buar be- 
deutet Bindvieh. Dies Beverland 
heisst auch die Hosedorfer Börde; 
Börde bedeutet aber dasselbe, was 
Beverland, von buar und du Land. 
Der Ortsname Bevern steht statt 
buar-ion oder om Ort, Stätte, also 
dasselbe, was Beverstedt. 

Beverstedt, im Ostengau nörd- 
lich von Bremen , zu deutsch Vieh- 
stätte, Viehställe mit Wohnung da- 
bei, von Duar, bever Rindvieh und 
aidhe, iosda Stätte. Man könnte 
eg auch von di klein und bior Was- 
ser herleiten. 

Beverungen, Städtchen in En- 
gern ander Weser, niederdeutsch für 
Biberungen, und dies von Di klein, 
buar Bindvieh, und der in Hossen, 
Thüringen und dem Engerlande häu- 
figen Endung ungen. Diese En- 
dung lautet in Lothringen angen, 
in Schwaben engen oder ingen, 
in Bayern ing, in den westfriesi- 
schen Landen ong; dann in Ober- 
italien engo, und endlich in Frank- 
reich igny. Sie ist entstanden ent- 
weder aus der keltischen Adjectiv- 
form ac, aco, lat. acum, und deu- 
tet in diesem Fall an, dass der Hof 
Eigenthum des Mannes war, dessen 
Name in den vorangehenden Sylben 
enthalten ist, oder die Endung 


— 13 — 


Bex — Bialystock. 


kommt von in-ka kleiner Haag, so 
dass also bi-buar-inka kleiner Vieh- 
pferch bedeutet. Dass die in der 
Lombardei vorkommenden auf ongo 
(Marengo, Puzzolengo) endigenden 
Orte, welche deutsch Möringen, 
Püttlingen lauten, deutsch-lombar- 
dische Ansiedelungen seien, ist Irr- 
thum; denn Möringen und Püttlin- 
gen sind selbst nicht deutsch, son- 
dern nur verdeutscht. 

Bex, lat. bacis villa, auch Bejum, 
Saline im Canton Waadt. 575 fiel 
hier eine Schlacht zwischen den Bur- 
gunden und Longobarden vor. Bacis 
wird wohl dem Namen des Ge- 
schlechts entsprechen, dem der Ort 
gehörte, sonst kann man an bi-ka 
kl. Haag denken, entsprechend dem 
zweiten Namen Be-jum, di-om kl. 
Haus, kl. Ort. 

Bezzingen, Ort im Fulder- 
Lande. Hier siedelte die Abtei Fulda 
vor tausend Jahren alavische Kriegs- 
gefangene als Holzhacker an, denn 
dies war damals der Slaven gewöhn- 
liche Arbeit, und der Wald über- 
haupt deren Lebenselement, wie 
schon die Namen der meisten sla- 
vischen Stämme anzeigen; pois, pis 
bedeutet Holz, Wald, franz. bois, 
und inka kleiner eingehegter Ort. 

Bialystock, von Dial Wasser und 
teagh, toigh Haus. Der Ort liegt 
inLithauen an der polnischen Grenze, 
in einer sumpfigen Gegend, und war, 
wie derName ausweist, ursprünglich 
eine keltische Pfahlburg. Vom sla- 
vischen bial, bel weiss, kommt der 
Name nicht, denn der Ort ist nicht 
weiss, und stock oder toigh istnicht 


aus dem Slavischen zu erklären, 
wohl aber fällt das keltische bia/ 
Wasser mit dem slavischen bial, 
weiss, zusammen, denn das Wasser 
ist weiss. 

Bianca, Blanka, die Weisse, sla- 
visch Belegne; daher Belegne-gini, 
weisse Fürstin oder schöne Herrin, 
von bial weiss und knegin Königin. 
Da Bianca italienisch, Blanca latei- 
nisch, Blanche französisch, Belegne 
aber slavisch ist, und da weder die 
Romanen diese ihre Namen von den 
Slaven entlehnt haben, noch umge- 
kehrt die Slaven von den Romanen, 
so muss das Wurzelwort aus einer 
Sprache stammen, die ursprünglich 
weder romanisch noch slavisch war. 
Die entsprechende keltische Form 
lautete fAionn weiss; verbunden mit 
oigh Jungfrau entstand Aon-oigh 
oder Biank; die slavische bezw. 
deutsche Deminutivform ka oder 
chen entspricht dem keltischen oig%, 
und lautet deutsch in voller Aus- 
sprache — jung. Dass Blanca nur 
die schärfere Form für Bianca ist, 
zeigt das Italienische durchweg, wo 
z. B. auch statt Florenz Fiorenze 
ausgesprochen wird. 

Biarmia, verdeutscht in Wärme- 
land; es liegt aber im nördlichen 
Russland, wo es sehr kalt ist. Der 
Name bedeutet Wasser-land, von 
bior Wasser, und ma Ort, Gegend ; 
denn es liegt am weissenMeere und 
an den in dieses Meer sich ergies- 
senden Flüssen. Weiss heisst dieses 
Meer nicht deshalb, weil es etwa 
weiss wäre, sondern weil ais oder 
uisge Wasser oder Meer bedeuten, 


— 254 — 


Biaur — Biberach, 


gerade wie dies auch in Deutsch- 
land bei den Namen: Weissenbach, 
Weissenborn , Weissenau, Weissen- 
burg der Fall ist. Ganz Russland ist 
im Winter weiss, im Sommer aber 
sind selbst die Umgebungen des 
weissen Meeres grün, sonst fänden 
die Tausende von Bennthieren, 
welche dort gehalten werden , keine 
Nahrung. 

Biaur, alt Viaurus, Fluss in 
Frankreich, vom gäl. bior Wasser. 

Biben oder Pitschen, ital. Pedena, 
Ort in der Grafschaft Mitterburg im 
Histerreich. Der früher nicht zur 
Grafschaft gehörige östliche Theil 
des Histerreichs gehörte zu „Libur- 
nien, d. h. dem westlichen Theile 
Kroatiens oder jetzt Morlachiens. 
Pe-dena steht gleich di-din kl. Burg; 
Pitschen entstand aus der gezisch- 
ten Form tsin oder tschin, und bi- 
ben bedeutet kl.Berg, weil die Burg 
auf einem solchen liegt. Libur- 
nien ist das Land an dem Golf oder 
kl. Wasser (bi-bior), an welchem 
Fiume oder St. Veit am Flaum liegt. 
Flaum ist das’lat. fiumen, Fluss, 
Wasser; also nicht Ort am Pflaumen- 
baum. Die dem lat. flumen im Kelti- 
schen entsprechende Form ist Dual- 
moinWasser-gross im Gegensatz zu 
bual-bi (lat. fiuvius) Wasser-klein. 

Biberach, einst freie Reichsstadt 
in Oberschwaben; in dem nahe da- 
bei liegenden Dorfe Oberholzhausen, 
welches dem städtischen Spital ge- 
hörte, wurde Wieland geboren. Der 
Name Bi-ber-ach bedeutet Burg am 
kl. Bach (dem Riss von rhidys 
oderredBach), Diklein, Dior Wasser 





Biberich — Biburg 


und acha Wall, Veste. Die umlie- 
gende Gegend hies der Ramgau, 
wohl von reann Feld; man rechnete 
ihn bald zum westlich davon liegen- 
den Eritgau (ebenfalls Feldgau 
von reith Feld), bald zu dem Östlich 
angrenzenden Burgau, der seinen 
Namen entweder von der Stadt 
Burgau führt, oder von buar Bind- 
vieh, wegen der stark darin betrie- 
benen Viehzucht. In keltischen Zei- 
ten hausten hier wie in Bayern die 
Buri, Bauern, Viehzüchter. Im 
Bamgau liegt noch die ehemals 
reichsunmittelbare Benedictinerab- 
tei Ochsenhausen, deren Namen 
ebenfalls an die Buri oder beo-air, 
Viehleute, erinnert. In der Ortenau 
ander Kinzig liegtauch ein Biberach. 

Biberich, Stadt am Rhein im 
Nassauischen, hies früher Biburg, 
kleine Burg, vön Dby klein und 
bwrch, welches Burg, Ort oder auch 
blos Dorf bedeutet, was indess frü- 
her mit unserer Bedeutung von Burg 
zusammenfiel, da alle Dörfer durch 
Zaunwerk eingefriedigt waren. 

Bibra, alt Bivora, Ort in Hessen, 
desgl. in Thüringen, Name gleich 
Bebra und Bieberau, von bi klein 
und bior Wasser, nebst aha, der 
Uebersetzung von bior. 

Bibrax oder blos Bibrac, auch 
Bibracte, Ort in Burgund, von bi 
klein, Drac oder brax Thal und dae 
Haus, Ort, 

Biburg, Ort bei Eichstädt, von 
bi klein und berg Ort, Dorf, Stadt, 
Burg; ebenso Vils-Biburg bei 
Landshut, kleiner Ort an der Vils, 
desgl. Bina-biburg, dann Bi- 


Bieco — Bidgau. 


brug, alt Bibrueg versetzt statt 
Biburg bei Tettnang; Biberich bei 
Wiesbaden hies früher ebenfalls 
Biburg. 

Bicco oder Piggo, gäl. Manns- 
name, jetzt gewöhnlich Piquot ge- 
schrieben, bedeutet kleiner Mann, 
vom gäl. beag klein und o oder ae 
Mann. Im Italienischen Piccolo 
Kleinchen. In deutschen Kinder- 
märchen kommt das Wort Bicke in 
verschiedenen Zusammensetzungen 
vor, um kleine Leute, Zwerge zu be- 
zeichnen. 

Bickenbach, Ort an der Berg- 
strasse bei Darmstadt, alt Bickin- 
bach, Bicchumbach, von beay klein 
und ean Wasser; Buchenbach da- 
gegen von bog, feucht (vgl. Magen- 
buch, Feldfeucht). 

Bickesheim, alt Buckensheim, 
von bi-ches, bi-cas kleine Burg. 
Der Ort liegt zwischen Karlsruhe 
und Rastadt; als Burg schützte er 
die Römerstrasse, welche von Ra- 
stadt nach Mühlburg, sowie über 
den Rhein nach Lauterburg führte. 
Auf den Fundamenten der Burg, die 
auf dem Hochrand der Rheinniede- 
rung lag, wurde im Mittelalter eine 
Wallfahrtskirche erbaut. 

Bidburg, Biedburg oder auch 
Bittburg, Ort in deutsch Luxemburg 
nördlich von Trier, alt Beda, gleich 
by-dae kleines Haus, kleine Veste. 
Von dieser Burg hat der Bidgau 
seinen Namen. Die Schreibart Bitt- 
burg ist verdeutscht, als wenn der 
Name von Bitten herkäme. 

Bidgau oder Bedagau, im Mosel- 
lande, auf dem südlichen Abhange 








Bieberau — Biedenfold.. — 256 — Biedenkopf — Bielach. 


der hohen Eifel; er gehörte zum 
Trierer Sprengel. Es liegen darin 
Manderscheid, Oeffling, Wittlich 
und Kröff. Der Name Beda kommt 
von der Burg Beda, die in Bidburg 
verdeutscht wurde (vergl. dieses). 

Bieberau, Ort bei Darmstadt, alt 
Beberau, Bibera, Bibra, von bi klein 
und Dior Wasser, mit als Ueber- 
setzung angehängtem aha oder au, 
was im Kimbrischen wie Deutschen 
Wasser bedeutet, 

Bieberbach, von bi-bior klein 
Wasser. Gleicher Bedeutung sind: 
Die Biberach im Schwarzwald, 
welche in die rauhe Münzach fliesst, 
die Biberehen bei Schaffhausen, frü- 
her Biberacha; dann der Biberbach 
beiAugsburg ; der Piuberbach in 
Bayern; dieBibert beiFürth; end- 
lich dieBidvre in Paris und der Bo- 
ber in Schlesien. DerBiberberg 
bei Pfaffenhofen dagegen kommt von 
bi-bar kl. Berg, der Ort Biburg 
in Bayern von bi-bwrg kl. Burg, und 
endlich Biberburg, ein altes Dorf 
bei Cannstadt, von bi-bior-bwrg, 
kl.-Wasser-burg. 

Biebing, Ort im Tunka oder 
Donaugau, in der Grafschaft Aitrach, 
alt Puopin-go, zu deutsch Ort mit 
Viehpferch, von babhun Pferch und 
ka Ort (vergl. Poapin-thal). Die 
Form Biebing beweist, dass Poapin- 
thal nicht Pfaffonthal bedeuten kann. 

Biedenfeld, Ort im Hessischen, 
kl Feld, kl. Wiese, von bi-tan oder 
ton, tun, Weideland ; daher dieTun- 
dras, grosse Weidelandstrecken im 
nördlichen Russland. Feld ist ent- 
weder die Uobersetzung von tun, 


oder kommt von /ald Viehpferch, 
wie bei Fulda, Hersfeld, Zwiefalten 
oder Affoltern; ton bedeutet auch 
Holz, Tanne, wie bei Bietenholz. 

Biedenkopf, alt Beidenkopf, 
Bergstadt im oberhessischen Hinter- 
lande, von bidein, andere Form für 
biodan, Deminutiv von biod Spitze 
eines Hügels, und cap, kaph Kopf. 
Bei biod wiederholt sich dasselbe, 
was auch bei dun und Dbwr oder 
bwrg vorkommt, dass es nämlich 
zugleich Berg und Burg bedeutet. 

Biegelbach bei Bühlerzell in 
Würtemberg, von Di klein und gil 
Bach. 

Biel, franz. Bienne, Stadt am 
Bieler See an der deutsch-französi- 
schen Sprachgrenze. Die Stadt er- 
kannte früher den Bischof von Basel 
als Oberherrn an, obne zum Erzstift 
zu gehören; sie war im Uebrigen 
ein den Eidgenossen zugewandter 
Ort, und hatte selbst Sitz und 
Stimme in der Tagsatzung, gehört 
aber jetzt zum Canton Bern. Biel 
hies in keltischen Zeiten Biela, von 
bial Wasser und ai Gut, Hof, also 
Wasserhofen; die franz. Form Bi- 
enne kommt von buinne, welches 
ebenfalls Wasser bedeutet. Dies 
bienne oder buinne hindert Biel 
von baile, polis Stadt abzuleiten, 
denn aus bail kann nicht wohl Bi- 
enne werden. An der Lahn nächst 
Wetzlar liegt noch ein Biel, welches 
in alten Urkunden ebenfalls Biela 
geschrieben wird. 

Bielach, Bach bei Melk in Oest- 
reich; Dia] Wasser mit angehängtem 
aha, acha Wasser. 








Bielefold — Bierstadt. 


Bielefeld, Stadt in Engern am 
Osning, mit altberähmten Bleichen, 
daher der alte Name Bilanvelde, von 
bi klein, Zun, lon, lin Wiese, und 
der angehängten deutschen Ueber- 
setzung Feld. 

Biembach und Bienbach in Hos- 
sen, kleines Wasser von Di klein 
und ean Wasser: 

Bienwald, ein grosser Wald im 
Speiergau an der heutigen deutsch- 
französischen Grenze zwischen Lau- 
terburg und Langenkandel; im 
Munde des Volks heisst er Bön- 
wald; käme der Name von den Bie- 
nen, die in demselben nicht häufiger 
sind, als in jedem Wald, so müsste 
er Immenwald heissen, denn das 
Volk nennt die Bienen in der@egend 
Immen. Der Name scheint Wasser- 
wald oder Sumpfwald zu bedeuten, 
was er in der That grossentheils ist, 
von buinne Wasser; Mone glaubt, 
er sei aus feabh Wald, Fichte zu- 
sammengezogen. 

Bierbach im Odenwald bei Rein- 
heim, von bior Bach, Born; ebenso 
Buirbach oder Buribach inHes- 
sen; dann Beuerbach, Burbach 
und Byrbach bei Ettlingenweier 
nächst Karlsruhe; ferner Bauer- 
bach, alt Burbach, bei Bretten; 
Burbach, alt Burchbach in Ober- 
hessen, Burbach in der Eifel; Buyr- 
bach am Niederrhein, Bierbach bei 
Zweibrücken, und Bierboke oder 
Bierbeek bei Löwen in Brabant. 

Bierstadt, Ort bei Wiesbaden, 
alt auch Bisistadt, von Di klein und 
ri Haus; die Form Bisistadt von bi 
und dae, do, tio, ti Haus, 

Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


— 237 — 


Biest — Biglonthal. 


Biest, keltisch biasd, soviel als 
Thier, lateinisch bestia. Statt biasd 
gebrauchten die Kelten auch die 
Form bast, daher Basterna, Bahre 
oder Sänfte, die von Thieren getra- 
gen wurde, von ara Tragbahre. Die 
Bastarnen, ein skythisches Reiter- 
volk, mag wohl von biasd seinen 
Namen erhalten haben; bast-air- 
nae Thier-männer-volk. 

Bietenbach und Beutenbach, von 
bi klein und tain Wasser, Bach. 

Bietenholz im Canton Zürich, 
kleiner Wald, von bi-ton deutsch 
Tanne; desgl. Binzholz, ebenfalls 
im Canton Zürich; dann Binzen- 
loh auch in der Schweiz. Im Nieder- 
deutschen hat sich Loe, Loh, lat. 
lucus für Wald erhalten. Bei Orts- 
namen kommt Bieden von bi-dun, 
kleine Stadt, daher Bittwylin der 
Schweiz; endlich bei Bächen von 
by-tain, klein Wasser, daher der 
Bitenbach. In solchen Fällen 
kommt es darauf an, ob der zu er- 
klärende Name einem Walde, einem 
Dorfe oder einem Bache angehört. 

Bietigheim, Ort .bei Rastadt, 
desgl. in Würtemberg, von Di klein 
und figk Haus, Dach, denn die 
ersten Häuser waren nur Hütten in 
Form von Zelten oder Dächern. 

Biävre, der Bach, der in Paris 
auf dem linken Ufer in die Seine 
mündet, gleich dem deutschen Beber, 
Beberbeck, Bieberbach u. 8. w., von 
bior, deutsch Born, und dem vorge- 
setzten Di klein. 

Biglonthal, Thal in der Schweiz, 
wörtlich kl. Clönthal; g/eanbedeutet 
im Gälischen Thal, also kleines Tb" 

17 


Bigorte — Billi-cedn, — 2358 — Billingsgate — Bina. 


Bigorre, Landschaft in den Vor- 
bergen der Pyrenäen auf französi- 
scher Seite in der Umgebung von 
Tarbe; der Name bedeutet gleich 
Bearne, kleines Gebirg, beag- klein 
und or Berg. 

Biledulgerid, arab. Beladalgerid, 
das Land am Nordrande der Sahara, 
durch welches die Karavanenstrasse 
aus Aegypten nach Marokko führt, 
daher der Name be/ad Weg (Belt), 
al gross, ghear Grenze und iath 
Gegend. Die Alten versetzten hier- 
her die Garamanten, d. h. die Grenz- 
leute, yhear-amhain. 

Bilin, Ort im Krakauischen, von 
di klein und Jon, dan Schuppen. 

Biliza oder Piliza, zu deutsch 
kleine Fee, kleine Frau, vom gäl. 
bille klein und siz Fee, Frau, oder 
vielmehr die „sie“ im Gegensatz von 
dem „er“ air, vir, Mann. Biliza war 
im 12. Jahrh. noch ein Weibername, 
er lautet versetzt Ilsebill, oder aill- 
sia-bil, schön-Frau-klein. 

Bilk, Ortsname, der Kleinhausen 
bedeutet, von bill klein und ka Haus 
(griechisch oikos). 

Billerbeck, oberdeutsch Biller- 
bach, Kleinbach, von bille klein und 
dur Wasser, oder von bial Wasser 
und der klein; Billerbeck steht für 
Bilderbeck. 

Billich, Wasserbillich, Ort am 
Einfluss der Sur in die Mosel, alt 
Bilicha, zu deutsch Kleinhausen, 
von bill klein und ka Haus. Sur 
von suir Bach, gleich Saar und 
Sauer. 

Blili-cedni, keltischer Weiber- 
name, von Dijle klein und caidni 


Jungfrau, lat. castus, deutsch keusch, 
also wörtlich kleine Kousche. 

Billingsgate, das Londoner Was- 
serthor ander Themse, wo der Fisch- 
markt abgehalten wird; der Name 
kommt wohl von bial oder bual 
Wasser. Da die Engländer diese 
Bedeutung nicht mehr kennen, so 
lassen sie das Wasserthor 400 Jahr 
vor Christus von Belin, einem briti- 
schen König erbaut sein. Hier auf 
dem Fischmarkt wird ein eigenes 
Englisch gesprochen, das, mehr kel- 
tisch als das sonstige Englisch, sich 
noch aus den alten Zeiten bei den 
Fischern und Schiffern erhalten hat, 

Bilsen, Ort bei Mastricht, alt 
Bilisia, Belisa, von Di klein und 
lios, llys Burg; lios bedeutet wohl 
ursprünglich Steinhaus, von Jeag, 
leye Stein, und aidhe, ais Haus. 

Bilsenkraut, alt Bilinuntia, von 
bil Blume und neanta Nessel; das 
Kraut war dem Belin (dem Apollo 
der Kelten oder dem Bel der Semi- 
ten geweiht). 

Bilstein oder Beilstein, von dyl 
Felsenrand, andere Form für bal, 
bei Stein, steiler Fels. Im Hoessi- 
schen und anderwärts gibt es eine 
Menge Bilsteine, oder steile Felsen- 
berge dieses Namens; der bekann- 
teste ist der Bilstein im Werragan 
zwischen Hitzerode und Abterode, 
der Stammsitz der alten Grafen von. 
Bilstein, welche das Gaugrafen- 
amt zwischen Meissner und Werra 
übten; die Gerichtsstätte war in 
Vierbach (Dior Wasser) beiBeichen- 
sachsen. 

Bina, kleiner Bach in Bayern, der 


Bingen. 


in die Bott fliesst, von bi klein und 
ean Wasser. 

Bingen, am Uebergange des Nah- 
gaues in den Rheingau, an der Mün- 
dung der Nahe in den Rhein; über 
erstere führt hier die Drususbrücke, 
weiter an der Nahe aufwärts steht 
die verfallene Warte Trutzbingen, 
die der pfälzische Amtmann Goler 
von Bavensburg aus Kreutznach 
gegen die Binger errichtet haben 
soll. Das Geschlecht der Göler von 
Ravensburg, wie es sich jetzt 
schreibt, blüht noch im Kraichgau 
in der badischen Pfalz. Auf dem 
Rupertsberg stand einst das durch 
die Seherin Hildegard berühmte 
Kloster des heiligen Rupert. Vom 
rechten Naheufer bis an den Don- 
nersberg zieht sich der Gau, ein 
Name, welcher hier keine geschicht- 
liche Bedeutung hat, sondern, wie 
vielfach in Franken, eine korn- 
reiche Gegend bezeichnet. Der Name 
Bingen soll nach Grimm wegen des 
hier in Felsen eingsengten, in Wo- 
gen dahinstürzenden stark brausen- 
den Rheins von dem altdeutschen 
Worte bungen herstammen, das sich 
im Bayerischen erhalten hat, wo 
Bunge eine Trommel bedeutet, da- 
her das Wort Pauke. Die Schweizer 
gebrauchen bangen für stossen, die 
Engländer bang, die Nordgermanen 
banga, die Bayern punken. Binkeln, 
banken, bedeutet kleine Stösse ge- 
ben. Das Kinder-Spiel, bei welchem 
man ein Eisenblättchen gegen einen 
Stein wirft, um es wieder absprin- 
gen zu machen und nach einem Ort 
hin zu dirigiren, wo eine Beihe Boh- 


— 2309 — 


Binningen. 


nen u. dergl. gelegt ist, um diese 
zu gewinnen, heisst Pinken oder 
auch Pentschen. Die tödtende Norn 
heisstin manchen Volksliedern eben- 
falls Binga. 

Diese aus dem Deutschen ver- 
suchte Erklärung eines schon zu 
Römerzeiten, also vor Ankunft der 
Deutschen vorhanden gewesenen 
Ortes ist, trotzdem dass die einsei- 
tigen Germanisten sich etwas Beson- 
deres darauf zu Gute thun, völlig 
verunglückt, denn erstens rauscht 
der Rhein nicht bei Bingen, sondern 
erst eine halbe Stunde weiter ab- 
wärts, und dann gibt es noch mehr 
Orte in Deutschland, welche Bingen 
heissen, ohne dass sie an einem rau- 
schenden Strome liegen, so Bingen 
im Breisgau, Bingenheim in Ober- 
hessen. Bingen im Nahegau hies alt 
Binga, und dies kommt einfach von 
bin, beinn Hügel und ka Einfriedi- 
gung, also Bergwohnung, Bergburg ; 
die Reste der letztern stehen noch 
in der von den Römern in Stein auf- 
geführten Kloppsburg, zu deren 
Fusse die Stadt Bingen später ent- 
stand. Klopp bedeutet kleine Burg 
von cli Burg und bi klein. Es gibt 


ausser Bingen noch mehrere solcher 


Kloppsburgen. Im Mittelalter über- 
setzte man Bingen in pinguia, die 
Fette. 

Binningen, Ort im Canton Basel 
im Laufenthal, hiess in Römerzeiten 
Arialbinnum, zudeutsch Königs- 
berghaus, von earc, earr, Herr, 
König (vergl. Argos), ailt Haus und 
binn, bennBerg. Ist diese Erklärung 
des latinisirt-keltischen Namens 

17* 


Binzenbach — Birkenfeld. — 260 — Birnbach — Birnbaumer Wald. 


richtig, so ergäbe sich. daraus, dass 
Binningen der Sitz eines Bauracher 
Fürsten war. Der Name wird aber 
auch Arlalbinum geschrieben, und 
dann bedeutet es Grenzberghaus, 
von ardal Grenze, bin Berg und om 
Haus; es lag aber an keiner Grenze, 
sondern ziemlich mitten im Baur- 
acher Gebiet. Die neuere Form Bin- 
ningen bedeutet kurzweg soviel als 
Berghausen, von Dbinn Berg und 
inka kleiner eingezäunter Ort. 

Binzenbach bei Bibersfeld, dann 
Bensenbach beiMainhardt, desgl. 
bei Rappoltshofen, sämmtlich in 
Würtemberg, von beinn, binn Berg 
und tain Wasser, Gebirgsbach. 

Binzenberg bei Schafisheim im 
Argau, von binn Berg und ton Wald, 
Bergwald. 

Birbach bei Queichheim nächst 
Landau, jetzt Flurbach, dann meh- 
rere Bierbäche im Kreise Prüm in 
der Eifel, ebenso Birresbronn in 
Bayern mit einersprudelnden Quelle, 
alt Birensburne, und endlich die 
Baierbäche im Murgtbal, sowie da- 
selbst ein Beiersbronn, sämmtlich 
von bior Wasser, und nicht weil 
etwa daselbst Bayern sich angosie- 
delt hätten. 

Birkenfeld, Ort mit Grafschaft 
an der obern Nahe auf dem Hunds- 
rück, gehörte einst zur hintern Graf- 
schaft Sponheim, welche auch die 
Grafschaft Starkenburg genannt 
wurde; der Soonewald bildete die 
Grenze gegen dievordere Grafschaft, 
später kam Birkenfeld gemeinsam 
an Baden und Pfalz-Zweibrücken, 
dann an Baden allein, nachdem eine 


Seitenlinie des Hauses Pfalz-Zwei- 
brücken von ihm den Namen erhal- 
ten hatte. 1815 kam Birkenfeld an 
Oldenburg. — In der Nähe liegen 
die Ruinen einer Burg, welche Ers- 
bischof Balduin von Trier hier auf 
Sponheimschen Grund undBoden zu 
Anfang des 13. Jahrh. erbaute, um 
sich des Landes zu bemächtigen; 
nachdem ihn aber die Gräfin Lau- 
rette von Sponheim, als er die Mosel 
herabfuhr, bei der Veste Starken- 
burg, wo sie residirte, mittelst einer 
über den Fluss gespannten Kette ge- 
fangen genommen, trat er die Burg 
bei Birkenfeld an sie ab, und gab 
ihr noch 30,000 Heller als Entschä- 
digung, mit welchen die Gräfin ober- 
halb Trarbach an der Mosel die ge- 
waltige Veste Gräfinburg erbaute. 
Birkenfeld ist selbstverständlich kein 
mit Birken bewachsenes Feld, son- 
dern war ursprünglich, wie derName . 
ergibt, ein auf einem Berge ange- 
legter Ringwall, oder eine Verzäu- 
nung für Menschen und Thiere, von 
bwrg Berg und 7ald Vorsäunung, 
Pferch. 

Birnbach oder Piernbach, alt Pe- 
rinbach, in Bayern an einem Bache, 
der in die Rott fliesst; Dior, Dem. 
bioran Wasser ; ebenso Pirmbrunn 
oder Birnbrunn in Oestreich. 

Birabaumer Wald. Ein solcher 
Wald liegt in Krain, ein anderer 
gleichen Namens nördlich von Cro- 
nach in Ostfranken; bei letzterem 
der Leitenberg, der Leutschberg, 
der Kammberg, der Hassenberg, der 
Auberg, Eppenberg, Kobelberg, die 
Döbra, der Rauschenberg u. 8, w., 





Birs Nimrud. 


lauter keltische Namen, sämmtlich 
an der Rodach aufwärts gegen den 
Frankenwald hin. Leiten-berg 
nämlich kommt von leathad Berg- 
halde, Leutschberg von /u klein 
und ais Berg, slavisch gezischt; 
Kamberg von cuanna Hügel; 
Hassenboerg von aisean kleinem 
Berg; Auberg von a oder au 
Berg; Eppenberg von eklein und 
pen Berg; Kobelberg von keab, 
kobBergkopf, und i7 gross; Döbra 
von di, du klein, und Dre, briBerg; 
Bauschenberg von rudhan, rus- 
kun Bergrücken. Sind alle Berg- 
namen des Birnbaumer Waldes kel- 
tisch, so wird Birnbaum es wohl 
auch sein, denn os ist kein aus Birn- 
bäumen bestehender Wald, sondern 
ein Gebirgswald, pyrn oder bryn 
bedeutet keltisch Gebirg, und Baum 
steht für Wald überhaupt, wie das 
auch bei den andern Waldnamen 
der Fall ist. 

Birs Nimrad, 'Thurm Nimrods, 
von Dbwr Burg und ais hoch; so 
heisst bei den Arabern ein Haufe 
von Backsteintrümmern in der Nähe 
des alten Babel, der von dem alten 
Thurme des Belus herrühren soll, 
welcher hier stand. Nach Herodot, 
welcher den Thurm noch sah, war 
er ineinem Viereck von 1000 Schrit- 
ten Umfang gebaut, und erhob sich 
in 8 Absätzen zu einer Höhe von 
625 Fuss, also höher als die höchste 
Pyramide. Zur Spitze führte aussen 
herum eins Wondeltreppe; im ober- 
sten Absatze befand sich das Heilig- 
thum Bels, des Sonnengottes. Beim 
Bau dieses Tompelthurmes soll nach 


_ % — 


Birten — Bisanz. 


der Genesis eine Sprachverwirrung 
unter den beim Bau beschäftigten 
Völkern entstanden sein, in Folge 
deren sich dieselben über die ganze 
Erde zerstreuten. Da der Thurm in 
Wirklichkeit vollendet wurde, so 
kann dieser Angabe nur insoweit 
etwas Thatsächliches zu Grunde lie- 
gen, als ein Theil der Arbeitsleute 
unzufrieden wurde und auswanderte. 
Babel soll deshalb Verwirrung be- 
deuten, in Wirklichkeit bedeutet 
dieser Name aber dasselbe, was 
Birs, nämlich grosser Bau, oder Bau 
Gottes. 

Birten, Ort bei Xanten am 
Niederrhein auf einem Hügel, in 
Römerzeiten eine Stadt, vom gäl. 
bri Hügel oder bar Spitze und dun 
Stadt. Alt hies Birten Bierzun, 
wörtlich Bergzaun, Bergverzäunung, 
Bergzinne, Bergveste, von dun, 
tzun, was diese Bedeutungen hat. 
Niederdeutsch ausgesprochen Bir- 
tan, Birthen (vergl. Dunestat und 
Bingwälle). 

Birwinken, Ort im Thurgau, alt 
Wirinchovs, keltisch bioran-kau, 
Verzäunung, eingefriedigter Ort am 
Bache. 

Bisanz, franz. Besangon, lat. Ve- 
sontium oder Bisontium, Festung 
am Doubs, einst neben Dole (dal 
Burg), das in dem Val d’Amour 
(maor Berg) liegt, Hauptstadt der 
oberburgundischen Freigrafschaft 
als solche hatte es Reichsfreiheit, 
wurde aber 1648 durch den west- 
phälischen Frieden an Spanien ab- 
getreten, und 1674 vonLudwigXIV., 
erobert. — Der Bischof von Bisanz 





Bischarier. 


nannte sich noch bis zur französi- 
schen Revolution Fürst des deut- 
schen Reiches. In keltischen Zeiten 
wohnten in der Gegend die Ambi- 
sonten, d. h. Anwohner der Saone, 
von amhain Leute, oder amd um, 
und saan Wasser, Saone; gleich den 
Ambarren, amb-bior-ae, weiter un- 
ten bei Lyon. Bisanz, oder Ve- 
sont kommt von bi klein und sunn 
Bingwall, Veste; sunn ist die schär- 
fere Form für dun. In der Nähe 
dieses Ringwalles wurde 57 Jahre 
vor Chr. Ariovist, d. h. der Heer- 
führer (ar-fiubhaid) der Markoman- 
nen, von Caesar geschlagen. 
Bischarler, Nomadenvälker zwi- 
schen dem Nil und demrothen Meere 
im Lande Cuschtan, d. h. Wald- 
land (coed-tan). Dasselbe bedeutet 
auch der Name bisch-air, von pis, 
pus, Busch, Wald und air Mann, 
Dies Volk gehört zur äthiopischen 
Mulattenrace, gleich den Habessi- 
niern; die von Strabo genannten 
Blemmpyer sollen ihre Vorfahren 
sein; letztere werden von demselben 
als kleine Leute mit kümmerlicher 
Lebensweise geschildert, daher ihr 
Name Dil klein und am, amhain 
Leute, zusammengozogen in blam, 
blem. Kambyses, der Sohn des Cy- 
raus, unterwarf sie seiner Herrschaft. 
Ein anderes Volk gleichen Stammes 
waren die Megabaren, Feld-wasser- 
Leute, magh-abh-air ; sie wohnten 
nach dem Namen zu schliessen, in 
den nubischen Weidestrichen am 
Nil oder am rothen Meere. Heutzu- 
tage wohnen in diesen Gegenden 
die Ababdeh-Araber, ebenfalls 


Biscaya — Bitsch. 


Wasser- Gegend-Leute, von abAh 
Wasser, ibh Gegend und dae Leute. 
Arabisch undKeltisch sind zwei eng 
verwandte Sprachen, Kinder ein und 
derselben Mutter, eine Thatsache, 
über welche unsere Orientalisten in 
ihrer Einseitigkeit schwer zu trösten 
sind. 

Biscaya, Waldland, waldiges 
Land, von pis, bois Wald, piseag 
waldig, und ia Land. Biscaya liegt 
im westlichen Theile der Pyrenäen. 
Bisk kann auchauspis-aighe, Wald- 
berg zusammengezogen sein, dann 
bedeutet es hohes Waldland, oder 
Waldgebirgsland. 

Bitenbach, Bitebach, Bach im 
Fuldischen, von bi fain kl. Wasser. 

Bithynien, Landschaft in Klein- 
asien, Constantinopel gegenüber, am 
Marmormeer und mehreren mit 
demselben theils in Verbindung ste- 
henden, theils isolirten Landseen; 
Name gleich bi-tain-ia, klein-Was- 
ser-land. Die Bithynier waren an- 
geblich thrakischen Stammes. 

Bitsch, kleine Burg, kleiner Ort, 
alt Bites, Bitis, von Di klein und 
tas Ort. Bitsch ist heute noch eine 
kleine, in Felsen gehauene Veste im 
Wasgau an der bayrischen Grenze; 
sie hies alt auch Biches, von Di 
klein und ches, kas Burg. Solche 
nebeneinander herlaufende gleichbe- 
deutende Appellativbezeichnungen - 
kommen fast bei allen alten Orten 
vor, und rühren durchaus nicht im- 
mer, wie man gewöhnlich annimmt, 
von einer unrichtigen Schreibweise 
in den betreffenden Urkunden her. 
Als einfacher Ort hies Bitsch bi-tas, 





Bittburg — Blagh. 


bites, bitis, als Veste, mag diese 
nun älter oder jünger denn der Ort 
sein, Diches oder bicas. 

Bittburg bei Trier, alt Beda, von 
bi klein und dae Haus, vergl. Bid- 
burg. 

Bitiwyl in der Schweiz, alt Bit- 
tenwile, Bitenwile, von Di klein, 
dun Stadt, Ort, und der angehäng- 
ten lat. Uebersetzung villa, deutsch 
Weil, allemannisch wyl. Wyler, 
Weiler bedeutet grosser Hof von 
bail-ar; denn aus dem keltischen 
bail, Ort, griech. polis, wurde das 
lat, villa. 

Biver, gleich Bieber, Bever u.s. w. 
klein-Bach, von Di klein und dior 
Born; die Biver ist ein Bach bei 
Aachen, alt Biver-a. 

Bizelbach bei Weitmars in Wür- 
temberg, von bi klein und fain Was- 
ser; bizel ist umgeformt aus biten, 
wie dies in ähnlicher Weise öfter 
vorkommt. 

Bizya war eine Burg der thra- 
kischen Könige; der Name be- 
deutet kleines Haus, von Di klein 
und fio Haus; diese Burg wird auch 
Bisziara und Bitiara genannt, 
was auf tuar Haus, führt. 

Blachfeld. Die erste Sylbe ist 
das gäl. bla oder plah, ebenes Feld, 
und die zweite ist die Uebersetzung 
der ersten, deutsch Flachfeld. 

Blagh bedeutet im Französischen 
Prablerei, blagarim im Gälischen 
prahlen ; Blech, deutscher Studenten- 
ausdruck, ungefähr dasselbe. Ein 
guter Theil der im Deutschen üb- 
lichen Schimpfworte, und fast alle 
obscönen Ausdrücke sind keltisch ; 


— 263 — Blaise — Blankenheim, 


es wäre nicht uninteressant, sie der 
Reihe nach in diesem Buche aufzu- 
führen, wenn sie eben nicht zu — 
obscön wären. Eine Rolle spielen 
hier namentlich chalt Milch, bior 
Wasser, AhtSchwein, Aht-il grosses 
Schwein, Vettel u. 8. w. 

Blaise, Ort bei Dijon in Burgund, 
zu deutsch kleines Haus, alt Besua, 
vom gäl. bi klein und dee, dio, tio, 
duae, gezischt sua Haus. 

Blamont, gewöhnlich verdeutscht 
in Blauberg, bla, b/ae bedeutet ein- 
mal kleiner Ort, zusammengezogen 
aus bi} klein und //e Stätte; dann 
bei Bergnamen soviel als Bergspitze, 
von blaen, was im Französischen 
in blanc (Montblanc) umgewandelt 
wurde. Der Ort Blamont liegt am 
Westabhang der Vogesen im Albgau 
in Lothringen. 

Blankenburg oder -berg, zu 
deutsch kleiner Wohnsitz, vom gäl. 
bi klein und Z/on, long, lang Wohn- 
sitz. Blankenburg liegt am Harz 
und war der Stammsitz der Gau- 
grafen des Unterharzgaues, deren 
ältester Unwian, als Stifter desKlo- 
sters Thale oder Winethalhusen ge- 
nannt wird; sein Geschlecht starb 
im 16. Jahrh. aus. Zu Blankenburg 
gehörte die Burg Reinstein, von rinn 
(Rhön) Felsenvorsprung, griechisch 
rhis, Genitiv rhinos, Gesichtsvor- 
sprung, Nase. Blankenstein hat den- 
selben Ursprung. 

Blankenheim von Di-Jang, bir 
long kl.Wohnsitz. Ebenso Blanken- 
hof bei Neresheim in Würt., und 
Blankstetten bei Beilengries in Bay- 
ern; lann bedeutet insbes. Schuppen. 


Blankenhorn — Blauberg. — 264 — Blauen — Blaues Ländchen. 


Blankenhorn von bilong, kleiner 
Wohnsitz und aran Berg oder ce- 
arn Bergspitze, kl. Ort auf einem 
Berge. 

Blankenloch, DorfbeiKarlsruhe, 
von bi-lann kleiner Schuppen und 
loc (lat. locus) Ort. 

Blasberg, ein Berg bei Wiesen- 
steig in Würtemberg, dann der 
Blasenberg bei Feldkirch, desgl. 
bei Bopfingenund Brackenheim, und 
der Blosenborg bei Weilderstadt, 
sämmtlich in Würtemberg; ferner 
der Plössberg, alt Plezberg in 
Bayern; endlich der Blosbühl bei 
Flözlingen in Würtemberg, alle von 
bil klein und aith, ais Berg, zu- 
sammengezogen in blaith, blais, 
blas, blos. 

Blatsinda, zu deutsch Weiss- 
brust, gälischer Weibername, von 
blath weiss (deutsch Blüthe, denn 
die Blüthen der Bäume sind fast alle 
weiss), und sine, sinne Brust, lat. 
sinns. Als Mannsname: Rlatharius, 
Weiss-mann, wohl oft versetzt in 
Balsar; arius von air Mann. 

Rlanberg, franz. Blaumont oder 
Blamont, Ort in der Grafschaft 
Mömpelgard, früher würtembergisch, 
jetzt französich ; der Name bedeutet 
weder blauer noch weisser Berg, 
bezw. Blanc-mont, wie es mitunter 
in Frankreich geschrieben wird, son- 
dern spitze Höhe, von b/aen Gipfel, 
Spitze. In Wales wird blaen noch 
als Bergname gebraucht. Das ehe- 
malige Kloster St. Peter zu Gent 
hies früher Blandinium oder Mons 
blandiniensis, denn es lag am Ende 
der Stadt auf einem Hügel, von 


blaen Hügel und din kleine Veste. 
Es war demnach in keltischen Zei- 
ten eins kleine Bergveste. Ein an- 
deres Blamont liegt in Lothringen 
im Salm- oder Albgau, es wird von 
den Deutschen Blankenberg ge- 
nannt. 

Blauen, ein Berg bei Müllheim 
im Breisgau, der viert-höchste im 
Schwarzwalde.e Name von Db/aen 
Spitze, Gipfel. Gleicher Herkunft 
st der Bliemberg in Schwaben, 
desgl. Burg und Städtchen Blom- 
berg oder Blumberg an der Wu- 
tach auf dem Schwarzwald auf einem 
Hügel; endlich der Mont-blanc, 
denn dieser ist nicht weisser als 
seine Nachbarberge,, wohl aber der 
höchste unter ihnen. 

Blaues Ländcben. Auf der nas- 
sauischen Hochebene zwischen Tau- 
nus und Lahn einerseits, dom Rhein- 
thal und dem Hairich andererseits 
mit Nastädten, Mühlen bis hinab 
gegen Ems, Der Name kommt, 
deutsch erklärt, daher, weilin diesem 
Strich fast durchweg die bläulich- 
beblätterten Kohlraben als Vieh- 
fatter gebaut werden, und dadurch 
das Land im Hoerbste in Wirklich- 
keit ein blaues Ansehen erhält. Das 
Ländchen gehörte früher theils zu 
Darmstadt, theile zu Hessen-Rhein- 
fels, wie zu Nassau und zu Trier. 
Will man den Namen blau bis ins 
Keltische zurückführen, so kann man 
bla Ebene, Blachfeld, grünes bezw. 
blaues Land herbeiziehen, darnach 
hiesse es grünes Feldland, denn 
blau und grün wurden in ältester 
Zeit nicht unterschieden. 








Blauthal. 


Blauthal wurde früher Pleunin- 
gerthal, Pleonungathaloder Plening- 
gau benannt; es ist das Thal, wel- 
ches von Ulm die Alp aufwärts 
gegen Blaubeuren zieht. Der Blau- 
gau umfasste aber auch noch die 
Landschaften weiter westlich bis 
Ehingen und Munderkingen, welch 
letzteres jedoch in einem andern 
kleinen Untergau liegt, welcher 
Mundrichshundert hies und sich bis 
zur Scherrhinzog. Die früher reichs- 
unmittelbare Benediotinerabtei Zwie- 
falten dient jetzt als Irrenhaus, sie 
legt in einem engen Thale am 
Fusse der Alp, und wurde 1089 
von den Grafen Cuno und Luitold 
von Wivelingen gestiftet. Das Klo- 
ster besas auch ein Gymnasium, das 
jetzt nach Ehingen verlegt ist, und 
in ein katholisches Convict umge- 
wandelt wurde. — Bei Blaubeuren 
entspringt die Blau in einem Wasser- 
becken, dem Blautopfe genannt; das 
Wasser soll einen bläulichen Schein 
haben, von dem Schreiber dieses 
beieigener Anschauung indess nichts 
bemerkte. Bei Schelklingen liegen 
die Ruinen der Stammburg der Gra- 
fen von Schelklingen, die einen 
Theil des Blaugaues an sich ge- 
bracht hatten ; den westlichen Theil 
hatten die Grafen von Gundelfingen 
erworben. Was nun die Namen be- 
trifft, so kommt Schelklingen 
von sgeilg Fels und long Ort; blau 
von bliant, bi-Iliant kleinem Berg- 
wasser, daher die Formen Pleuning- 
thal oder Pleonung mit angehängtem 
ing, ang Thalenge; Zwiefalten 
von //ald Umzäunung, zwie für duae 


— 205 — 


Bleibach. 


oder #io Wohnort. — Die Gaugrafen 
des Thales sassen auf der Burg 
Bucke, gäl. rugha Bergrücken, 
roc Fels; Wiwelingen oder Wi- 
bilingen, Ulm gegenüber am Ein- 
finss derIller in die Donau, bedeutet 
Kleinbachheim, von gmy Wasser, 
bi klein und Zing, long Ort. Ulma, 
Ulm, feuchter Ort von u? feucht 
und ma, mo Ort, gleich pomo, 
kleiner Ort, von bi-mo, jetzt Lauin- 
gen. Ehingen soll in Römerzeiten 
Bracuina geheissen haben ; aus uina, 


i-ean kl. Wasser geht hervor, dass 


Ehin gleich ean Wasser steht mit 
angehängtem cha, ka Hag; brac 
bedeutet Thal, bragean also Thal- 
wasserhag, 68 liegt nämlich an dem 
Bach, der aus dem engen Schelk- 
linger Felsenthale kommt. Mün- 
singen auf der rauhen Alp bedeu- 
tet kleiner Bergort, von mwnt Berg 
und inka kl. Haag. Stozingen 
von stuadh Wall und inka. Geis- 
lingen von gaid, gais Berg oder 
Bach, und /ong Ort. Wiesen- 
staig, alt Wisonte-staiga, Btaig 
von stuac bedeutet steile Anhöhe, 
Staige, Wisont gleich bisun kleine 
Burg, auch sonnach (vgl. Sonnen- 
berg), Stammsitz der Herren von 
Wiesenstaig. Mundrichshundert 
von mund adelig, edel undrigh Kö- 
nig, also soviel wie Königshundert 
bei Wiesbaden. 

Blaye, alt Blavia castra, kleine 
Veste an der Gironde in der untern 
Gascogne, von dla Dorf, Stadt und 
bi, vi klein; bla ist versetzt für 
bail (polis). 

Bleibach oder Blibach, Ort im 





Bleich — Bleidenstrasse.. — 266 — 


Breisgau im Elzthal am Simonswäl- 
der Bach; bli zusammengezogen aus 
bi klein und /ia Wasser im Gegen- 
satz zur Elz (alt), die etwas grös- 
ser ist. 

Bleich, ein Bach, der die Orten- 
au vom Breisgau scheidet, alt Bleih- 
aha; dann Bleichenbach bei 
Ortenberg in Oberhessen, ebenso 
Bleibach bei Waldkirch am Si- 
monswälder Bach, vom gäl. bi klein 
und /ia Wasser, zusammengez. blia, 
bleih; die vollere Form bleich hat 
statt aha das aspirirte acha ange- 
hängt. 

Bleidenstrasse, Bleidenbach 
und Blandbach oder Planbach, 
letzteres bei Malmsheim in Wärtem- 
berg, von. by-lliant bezw. bil-ais 
klem-Bach. Gleicher Herkunft ist 
Blattenbach im Canton Zürich, 
ebenso Bledesbach, Dorf und 
Bach be Kusel im Westrich, desgl. 
Bleidenbach, alt Blidenbach im Nas- 
sauischen, und wohl auchdie Blei- 
denstrasse in Frankfurt, die an 
die Borngasse stösst, und wohl ein- 
mal das Bett eines Wässerchens ge- 
wesen sein mag, waswir denFrank- 
furter Alterthumsforschern zur wei- 
tern Untersuchung anheimgeben. 
Die Saalgasse ist ebenfalls kelti- 
schen Ursprungs (vergl. Saal), und 
bedeutet Grundeigenthum und rei- 
chen Viehstand, vom kimbrischen 
saliu oder gäl. sealbh oder seilbh. 
Der alte Saalhof in der Frankfurter 
Saalgasse war demnach in keltischen 
Zeiten ein Viehhof. Die Lex Sa- 
lica war das Gesetz für die Grund- 
eigenthümer, die den Hof nach dem 


Blekingen — Bliesgau. 


Recht der Erstgeburt vererbten; 
daraus entstand die Vererbung der 
Landesherrschaft bei den germani- 
schen Fürsten nach dem Recht der 
Erstgeburt, da diese Herrschaft als 
Grundeigenthum aufgefasst wurde; 
darım auch der Unterschied zwi- 
schen roi de France vor der Revo- 
lution, und roi des Frangais nach 
derselben. 

Blekingen, Bleiking, Pleichin- 
gen, Landschaft im südlichen Schwe- 
den, gehörte in frühorn Zeitensammt 
Schonen und Halland zu Dänemark; 
es bildet einen schmalen Streifen 
längs des Meeres, daher der Name 
Seeküste von bailk, versetzt blek 
Meer, Wasser, und ing, ang, ong 
Küste, 

Blessberg, Berg bei Eisfeld, 
desgl. bei Frauenbreitungen in Thü- 
ringen, gleich Blasberg, kleiner 
Berg, von Dil.klein und ais oder 
aith Berg. 

Blies, alt Blesis, kleiner Bach, 
von bi klein und /liant Bach, oder 
bil klein und ais Bach. Eine Blies 
fliesst im Westrich, eine andere, 
Blaise geschrieben, bei Dreux 
hinter Paris. 

Bliesgau, die Landschaft an der 
Blies im Westrich (oder auch Buch- 
finkenland, denn Westrich bedeutet 
Waldland und nicht Westreich, be- 
herbergt daher viele Finken). Der 
Bliesgau zog sich von. St. Wendel 
auf der Ostseite der Saar über Blies- 
castel (castellum ad Blisam), Hom- 
burg, Zweibrücken bis nach Bitsch 
und Stüzelbronn; westlich grenzte 
er an den Saargau, Östlich an den 











Blieskastei — Blumberg. 


Wasgau, den Speiergau, das Worms- 
feld and den Nahgau. Er zerfiel im 
Mittelalter in die Grafschaften Sar- 
bruck und Zweibrücken. 

Blieskasteb, soviel als Blisum 
castellum oder Blois an der Loire, 
von di klein und /ios Haus. Wenn 
es Castell an der Blies bedeutete, 
so müsste die lat. Form Castellum 
ad Blesem gelautet haben, denn die 
Blies hies bei den Römern Blesis. 

Blindsee, ein kleiner Gebirgssee 
bei Lermos in Tirol, dann der blinde 
See im Schwarzwald, vom gäl. bi 
klein und Zinn See, oder vom kim- 
brischen by klein und Zlion See. Da 
die Seen keine Augen haben, 80 
kann es auch keine blinden Seen 
geben. 

Blofeld, Ort in Oberhessen, alt 
Bläfelt oder Blafelt, vom gäl. bla, 
grünes oder wörtlich blaues Feld, 
denn in alten Zeiten wurde zwischen 
grün und blau nicht unterschieden. 
Bei Würzburg liegt ein Blafelt, das 
jetzt in Grünsfeld verdeutscht 
ist, Nach einer andern Seite ging 
blainblach, flach, Blachfeld, Flach- 
feld über. , 

Blols, Stadt an der Loire, lat. 
Bilisio oder Blisum castellum, spä- 
ter gewöhnlich Blesum statt Bili- 
sum geschrieben, von Di klein und 
lios Hans, Hof. 

Blomberg, vergl. Blauen, Blum- 
berg, Montblanc u. s. w. 

Biumberg, französirt Florimont, 
Städtchen im Sundgau am Nord- 
abhange des Jura. Blum kommt 
nicht von Blumen, sondern vom gäl. 
biaen Bergspitze, auf welchem der 


— 267 — Blumenau — Biumenthal. 


Ort oder dessen alte Burg lag, vgl. 
Blamont. 

Blumenau, oder Plumgau, Land- 
schaft im Odenwald an der obern 
Gersprenz und Mümling mit Er- 
bach, Michelstadt, Eberbach. Blu- 
men wachsen daselbst nicht mehr 
als in jedem andern Gebirge, auch 
keine besondern Arten derselben 
kommen vor, 80 wenig als im Blu- 
menthal in den hohen Vogesen, 
oder auf dem Blumberg im Sund- 
gau. Der Name kommt von biaen 
Hochgebirg, höchster Bergkopf, 
gleich Blauen im Schwarzwald. Die 
Blumenan liegt in der That auf dem 
höchsten Strich des Odenwaldes. 
Nach dem Main grenzt der Gau an 
den nicht minder gebirgigen Bach- 
gau, von buach Bergrücken; beide 
gehörten zum Maingau. (Vgl. diesen.) 

Blumenthal, französirt Florival, 
vallis florida, Thal im obern Elsas. 
Am Eingange desselben liegt Geb- 
weiler, und im Thale die alte, frü- 
her reichsunmittelbare Benedictiner- 
abtei Murbach, alt Maorbach, deren 
Abt deutscher Beichsfürst war. Die 
Abtei wurde 427 gestiftet und 1759 
säcularisirt, oder wie man jetzt sagt, 
annectirt, d. h. erst ausgeraubt und 
dann fremder Herrschaft unterwor- 
fon, Alles von wegen der Aufklä- 
rung. Das Blumenthal bringt weder 
mehr noch schönere Blumen hervor, 
als die anliegenden andern Vogesen- 
thäler, wohl aber liegt es am Fusse 
der höchsten Kuppen dieses Gebir- 
ges, der Belchen und der Blauen, 
zu deutsch der Felsenberge und 
Hochkuppen. Blauen kommen zwar 


Blutseele — Bober. 


in den Vogesen nicht vor, wohl aber 
gegenüber im Schwarzwald und im 
Sundgauer Jura, aber der Name 
Blumenthal ist aus Blauenthal oder 
bIaenthal, Hochgebirgsthal entstan- 
den, wie Blumberg und andere ähn- 
liche Namen; Maorbach, Bergbach 
von maor Berg, Gebweiler von 
cwb Schuppen. 

Blutseele, Purpurseele. Das 
Verbot des Blutessens bei den 
Hebräern kommt daher, dass man 
annahm, im Blute wohne die 
Seele; deshalb dürfen die Juden 
auch kein Fleisch essen, an welchem 
noch Seele, d. h. Blut, hängt, weil 
sonst eine fremde Seele in den 
Leib des Essenden gerathen würde, 
wodurch Zank mit dem ersten Inha- 
ber des Leibes entstände. Es ist 
dies eine Anschauung, wie sie der 
Lehre von der Seelenwanderung, oder 
dem vom Körper unabhängigen Le- 
ben der Seele oder Elfe entspricht. 
Auch Virgil spricht von einer Pur- 
purseele, anima purpures, in der 
Aeneide 9, 348. 

Bober, slavisch soviel als der 
Biber, angeblich wegen der einst 
darin hausenden Biber; in Mähren 
fliesst eine Bobr-awa; in Deutsch- 
land gibt es eine Menge Biberbäche 
oder Biberache, dann Orte die Be- 
bra, Bibra heissen, in Frankreich 
Bidövre, Bebronne und ähnliche, die 
alle mit dem Biber nichts zu schaf- 
fen haben, sondern einfach von bi- 
bior kl. Wasser, Bach herkommen, 
und darum wird es sich mit Bober 
ebenso verhalten, zudem nirgends 
nachgewiesen ist, dass an diesem 


— %8 — Boborane — Bockenheinm. 


Nebenfluss der Oder mehr Biber ge- 
haust hätten, als an andern Bächen. 
Boborane, alter Name für die 
Anwohner des Bober, von Di klein, 
bior Wasser und nae Leute. 
Bochelt, Bockholt, alt Buche- 
lede, Ort in Westphalen, von Du- 
gail-dae, Hirtenhausloute oder Kuh- 
Knecht-Hütte; bu oder beo Kuh, 


"giollaDiener und dae Haus. Buch- 


holz bedeutet sonst auch Bergwald, 
von buach Bergrücken, Buckel. 

Bockau, Dorf beiSchwarzenberg, 
desgl. Bockwa bei Zwickau im 
Erzgebirge, dann Buckow in der 
Niederlausitz und Bukowke in 
Böhmen; endlieh Bockwen bei 
Meissen (alt Bukewen, Bockwin, 
Buchwen); lauter Orte, die weder 
mit dem slav. boh Gott, noch mit 
buk Buche zusammenhängen; denn 
Buchen gibt es überall, und ebenso 
wurden die Götter allerorten ver- 
ehrt. Kann nicht nachgewiesen wer 
den, dass ein Gott an einem be 
stimmten Orte besonders verehrt 
wurde, dass also der Ort aus oder 
am einen Tempel entstand, so sind 
solche Erklärungen nicht: zulässig. 
Die Formen Bockau, Bockwa sind 
slavisirt, wie Buchau, Buchen ver- 
deutscht, und kommen vom kelt. 
bu, bwch oder buwch Kuh mit den 
Endungen ka, cha, kau Pferch, bei 
Bockwen mit dem Anhang gwaun 
Wiese. 

Bockenheim bei Frankfurt am 
Main, desgl. Buckenheim an der 
Saar, kleiner Ort, kleine Veste, von 
beag klein und om Ort, bezw. gan 
Vosteo. 








Bocksberg — Bocksdienst. — 269 — 


Bocksberg, Ort mit alter Burg, 
namentlich uraltem Thurm im Oden- 
wälder Baulande, alt Bochesberg, 
von bi-kas, bi-ches kl. Burg. Am 
Ursprung der Lieser in der Eifel 
liegt ein Ort gleichen Namens. Ist 
Boxberg nur ein Bergname, so 
kommt er von buach Bergrücken, 
Buckel, so der Boxberg bei Sin- 
dolzheim im Baulande, der Box- 
bühl bei Ahldorf, der Bockstall 
(ful, steile Höhe, daher Stahlberg) 
bei Kreglingen in Würtemberg. Die 
Burg zu Boxberg im Baulande, we- 
nigstens ihr Thurm, scheint vor- 
römisch,, denn der Ort liegt ausser- 
halb, d. h. nördlich vom römischen 
Pfahlgraben. 

Bocksdienst, Im II Buch der 
Chronik Cap. i1, 15 wird erwähnt, 
dass im nördlichen jüdischen Beiche 
d. h. in Israel neben oder sogar vor 
den Stieren oder Kälbern die Böcke 
verehrt wurden; im südlichen Reiche 
Juda war es (Levit. 17, 7) verboten, 
den Böcken, d. h. den Jehovahbil- 
dern, welche die Gestalt eines Bocks 
hatten, zu opfern. Die Sitte, den 
Bock zu verehren, brachten die Ju- 
den aus Aegypten mit, gleich dem 
Stierdienst. Der Bock war in Aegyp- 
ton Gottheit desMendesischen Gaues, 
nur wurde dort der Bock bezw. der 
Apis als lebendiges Thier und nicht 
in Form eines Bildes verehrt. Von 
diesem Bocksdienste stammt der de- 
brauch, den Teufel mitHörnern und 
Bocksfüssen darzustellen, denn die 
Götter der Andersgläubigen wurden 
von den Orthodoxen stets in Dämo- 
nen umgewandelt. Bei Moses wie 


Bockwitz — Bode. 


bei Jupiter Ammon sollen die Wid- 
derhörner dagegen aus einem un- 
künstlerisch angebrachten Heiligen- 
schein entstanden sein. 

Bockwitz, Dorf bei Colditz in 
Obersachsen, slavisirte Form für 
Bockendorf (bei Hainichen, ebenfalls 
in Sachsen); witz entstand aus dem 
slav. wiz, wizy, und dies steht gleich 
dem lat. vicus Dorf. Bock dagegen 
kommt vom keltischen buwch Kuh, 
wie Bockwa und Buchaun. Die alten 
Formen von Bockwitz waren Bukko- 
witz, Bukewitz. Da Bukowice im 
Czechischen und Bukwiza im Wen- 
dischen Buchecker bedeutet, so hat 
Oberlehrer Immich den Namen als 
Buchockerdorf erklärt. Bucheckern 
gibt es aber überall, wo Wälder 
sind, und nirgends lebte wohl ein 
Dorf blos von dieser Frucht. Die 
Erklärung Viehhof, wie sie das 
Keltische ergibt, ist jedenfalls na- 
türlicher. 

Bode, Flüsschen im untern Harze, 
das auf der Südseite des Brocken 
entspringt, durch ein tief einge- 
schnittenes Felsenthal gegen Osten 
läuft, unterhalb der Rosstrappe in 
die Ebene mündet und an Quedlin- 
burg vorbei der Saale zuströmt. 
Der Name dieses Flusses wird von 
den Slaven für slavisch erklärt und 
soll mit Buda (Pesth), Bautzen 
(Budissin), Bodenstedt (Budenstede) 
und einer langen Reihe slavischer 
Orte in Südrussland, Polen, Gali- 
zion, Böhmen und Ungarn zusam- 
menhängen. In Süd-, namentlich 
Weissrussland, wo die Budinenu 
hansten, sind Namen wie Buda, 





Bode. 


Budajewa, Budaki, Budani, Budina, 
Budniza, Budnowa sehr häufig, in 
Polen beträgt die Zahl der ähnlich 
benannten Orte 178, in Galizien 
über 50, in Böhmen 8, in Ungarn 
über 30. Auch unter den Bulgaren 
und Serben findet sich der Name, 
&n ihrer Spitze steht Widdin, in alten 
Urkunden Budin. In der Herzego- 
wina war Budwa oder Budua einst 
der Sitz des Herzogs. Dass diese 
Namen aus dem Slavischen kämen, 
ist indess unrichtig, schon darum, 
weil die Bezugnahme auf das Volk 
der Budinen nichts erklärt, denn 
was bedeutet im Slavischen Budi- 
nen? All diese Orte, deren Grund- 
form Bo-den oder bo-dun ist, be- 
deuten kleiner Ort, von bi klein und 
dunOrt, oder von bothHaus, Hütte. 
Budaki hat noch den Nebenbegriff 
aighe, hoch. Als Bergname bodeu- 
tet bod, biod (Padberg) Bergspitze, 
als Flussname kommt Bode entweder 
von bi-tain, oder da er alt Bada 
hies, von bi-ad, bi-ad-aha, beide- 
mal kleines Wasser. An der Bode 
sassen niemals Slaven, sondern erst 
Kelten und dann Deutsche. Der 
Volksname Budinen bedeutet Häu- 
serbewohner, im Gegensatz zu den 
Nomaden, von both Haus, Hütte 
und an Leute; dadurch erklärt es 
sich, weshalb gerade in dem Lande 
der Budinen 30 viele Orte mit Na- 
men Budin entstanden. — Die Bu- 
zici waren einslavisches Geschlecht, 
das von Ditmar von Merseburg er- 
wähnt wird; aus diesem Geschlecht 
von Hausbewohnern (denn Buzici 
ist eine latinisirte Form für die kel- 


— 270 — Bodebur — Bodenlaube,. 


tische Adjectivform buth-ac oder 
buth-ic) stammte Dedi oder Dedo 
(tuath Fürst), Urvater des königlich- 
sächsischen Hauses; die slavischen 
Gelehrten wollen Dedi von Ded, sla- 
visch Urahn, ableiten, aber als Dedi 
lebte, wusste ja noch Niemand, 
dass er Urahn des sächsischen 
Hauses werden würde, man konnte 
ihn also so wenig darnach benennen, 
als die Aren, die angeblichen 
Stammväter der Indo-Germanen, als 
die Ehrwürdigen gedeutet werden 
können, denn als dies Volk existirte 
und seinen Namen erhielt, wusste 
auch Niemand, dass unsere Indo- 
germanen ihren Lenden entspringen 
würden, um so weniger, als diese es 
heute selbst nicht wissen. Die sla- 
vischen Personennamen Bodinos, 
Budim, Budny können übrigens 
auch vom keltischen baotk gut und 
am, an, nae, sämmtlich Mann be- 
deutend, herkommen, 

Bodebur, alter Ort im Eisas, 
von bwih, both, bod u. s. w. Hütte, 
Bude und buar Rindvieh, also Vieh- 
stall. 

Bodendorf, alt Budendorp, Ort 
bei Remagen am Niederrhein, von 
bi klein und dur Dorf, Stadt; Bo- 
delndorf in Ostfranken dagegen 
von baidheal oder budhail grosser 
Ort bezw. bi-dail kl. Burg, woher 
auch der Name Basels. 

Bodenlaube, alte Burg der Gau- 
grafen des westlichen Grabfeldes, 
bei Kissingen; die der Grafen des 
östlichen Grabfeldes war auf dem 
Mainberg bei Schweinfurt. Der Name 
Bodenlaube kommt von bi klein und 


Bodensee. 


dun Ort, Stadt, Veste; Laube wohl 
soviel als Leube, Wald, Laub. Der 
Thüringer Wald hies die Leube oder 
Laube. Der Ausdruck ist verwandt 
mit Lohe, Loe, der sowohlim Nieder- 
deutschen als in Hohenlohe in Fran- 
ken sich erhalten hat. In diesen 
Lohen oder Lauben wurde gewöhn- 
lich das Gaugericht abgehalten 
(vergl. Heyenloh). Als Ortsname 
kann Laube auch von loib Winkel, 
Ort in einem Winkel herkommen. 
Bodensee, eigentlich Bodmersee, 
oder Bodmannsee, vomalten Schlosse 
Bodman (vergl. dieses) im Hogau. 
Bei den Gälen hies der See einfach 
linn, d. h. See; daher der Name des 
Linzgaues oder Seo-gaues, ebenso 
der Linzer oder Lenzer, lat. Lentien- 
ses, d. h. der Seeanwohner, wie der 
Stadt Lindau. Die Römer nannten 
den See lacus brigantinus, 
Bregenzer See, oder auch lacus 
Venetus, Wenden- oder Vindeli- 
ziersee, nach den keltischen Vinde- 
lizien, die von da bis zum Lech 
wohnten, und ihren Namen eben 
von diesem Wasser führten; denn 
ean-dae bedeutet Wasser-leute, wie 
bei den Venetern oder Enetern am 
adriatischen Meere, und ean-il-ik 
Windelik, Wasser-gross-ig — eine 
Adjectivform, Anwohner des grossen 
Wassers oder schwäbischen Meeres. 
Der Untersee oder Zellersee hies 
bei denRömern Lacus acronius, 
wohl von caoiran kl. Wasser, im 
Gegensatz zum grössern Obersee 
oder dem eigentlichen Zinn. Dass 
der Name Bodensee von dem Schlosse 
Bodman herrühre, steht indess nicht 


— Mm — 


Bodfeld — Bodman. 


über jeden Zweifel erhaben; er kann, 
wenn er von der nördlichen Bucht, 
dem sog. Ueberlinger See ausging, 
auch von Dadh, bath Bucht abge- 
leitet werden; darnach badhan oder 
Boden, kleine Bucht, ebenfalls im 
Gegensatz zum grossem See oder 
linn. Hält man dagegen die Form 
Bodman-see fest, so kann diese — 
wie Leman von Jia-moin Wasser- 
gross — so von bais- oder bail- 
moin, &benfalls Wasser-gross her- 
rühren. Alle diese Erklärungen kön- 
nen indess neben einander fest ge- 
halten werden, da vielgebrauchte 
Namen in verschiedener Weise ent- 
standen, und schliesslich in Einen 
verschmolzen wurden. 

Bodfeld, alt Botfeld, ein altes 
kaiserliches Jagdschloss im Harz 
im sächsischen Theile an der Grenze 
des thüringischen, wo Kaiser Hein- 
rich III 1056 starb. Der Name be- 
deutet Bergburg, von biod Berg- 
spitze und //ald Ort, Veste. 

Bodman, alte Burg und Pfalz 
am Bodensee, alt Podoma, Potama, 
Potamum und Bodeme, vom gäl. bo 
für bi klein und dam, dom, duam, 
tuam Haus. Die spätere Form Bod- 
man entstand, als das kleine Haus 
eine grosse Burg und kaiserliche 
Pfalz geworden war, denn Bod-man, 
both- moin bedeutet grosses Haus, 
Die keltische Sprache wurde von 
dem unterworfenen Theile des Vol- 
kes noch bis in das Mittelalter hin- 
ein in Nord- wie Süddeutschland 
gesprochen. Das Schloss liegt auf 
der Halbinsel zwischen dem Unter- 
ses und Ueberlingersee, südwestlich 


Bodo — Böckelheim. 


von dem heutigen Ludwigshafen in 
der Nordwestecke des Bodensees, 
im Unterseegau. Eine andere Form 
für die alte Burg war Bodungo, 
bi-taingean, kl. Burg, kleines Don- 
jon, aufdessen Trümmern der Königs- 
hof Bodmann entstand. Auf diesem 
Hofe wohnte Kaiser Karl der Dicke, 
nachdem er 881 kränklich aus Ita- 
lien zurückgekehrt war. Er litt an 
andauerndem Kopfschmerz oder an 
Gehirnerweichung; eine Operation 
brachteihn vollends um seine Geistes- 
kraft. Nachdem er von den Nor- 
mannen geschlagen worden, wurde 
er von den Grossen des Reiches ab- 
gesetzt und erhielt einige Höfe in 
Schwaben zum Unterhaltangewiesen. 
Sein Leichnam wurde in das Kloster 
Reichenau gebracht, wo er im Mün- 
ster neben dem Altar der heiligen 
Maria beigesetzt ist. Auf dem 
Schlosse hausen jetzt die Freiherrn 
"von Bodmann. 

Bodo, gälischer Mannsname, auch 
Botho geschrieben, vom gälischen 
beodha, muthiger Mann, auch guter 
Mann, von baoth gut. 

Böblingen, Ort an einem Berge 
zwischen Stuttgart und Pforzheim, 
von bi klein, dal Berg und inka kl. 
eingehegter Ort, Böbelsborg bei 
Holzgerlingen ohne inka, aber mit 
der Uebersetzung von bal. 

Böckelheim, eine Burgruine an 
der Nahe im Nahgau. In dieser 
Burg wurde Kaiser Heinrich IV 
während der Weihnachtszeit des 
Jahres 1105, da er im Kirchenbann 
war, von seinem Sohne gefangen ge- 
halten und dadurch zur Abdankung 


— 1712 — 


Böddiger — Böhmen. 


gezwungen; damals war Böckelheim 
Wormsisches Lehen. Heinrich IV 
ging von da nach Lüttich, wo er im 
Bann starb. Andere verlegen den 
Ort der Gefangenschaft auf den 
Klopp bei Bingen. Burg Böckel- 
heim wurde 1688 von den Franzo- 
sen zerstört. — Bei Böckelheim 
liegt der höchste Berg des Nah- 
thales, der Lemberg, eine Porphyr- 
kuppe, die auch Steinkohlen und 
Quecksilber enthält; im Waldge- 
büsch zu dessen Seite liegt die von 
Schwiker von Sickingen, Vater Fran- 
zens von Sickingen erbaute Trim- 
bacher Clause. In den hintern 
Schluchten des Lemberges in ein- 
samer Waldung steht die Ruine des 
einst gefürchteten Räuberschlosses 
Montfort. — Das Dorf Hüffelsheim 
auf dem linken Nahufer wurde einst 
von Boos von Waldeck durch einen 
kräftigen Trunk gewonnen. Der 
Name Böckelheim kommt von 
bi klein und keal! Haus, Vorraths- 
haus, Keller. Lemberg ist wohl 
abgekürzt für Blemberg, von digen 
höchster Berg, Bergspitze, Trim- 
bach von dra klein und ea Was- 
ser, Hüffelsheim von aoib Erb- 
gut und il gross, 

Böddiger oder Bödiker, Dorf 
südlich von Kassel, alt Bodigernun, 
Bodengernun, Bodegerne, Buthe- 
gerne, zu deutsch Hütte, Wohnung 
am Bach, buth-y-caoir von bod, 
buth Hütte und caoir Wasser; die 
ältere Form gernun für die- Demi- 
nutivform caoiran. Der Ort liegt 
an der Emsbach. 

Böhmen als Landname alt Bee- 








Böotier. 


haim, Peehaim, Beheima, Bajohaim, 
Bojoheim, Bojohaim, Bojohämum, 
Boihemum (bei Tacitus), Bouiaimon 
(bei Strabo), Bainochaimai oder Bai- 
ochaimai (bei Ptolemäus); lauter 
Formen, die aus dem keltischen 
beo Vieh und om, deutsch Heim, 
Heimath, zusammengesetzt sind; die 
Form Bajas kommt von beo-iath 
Viehgegend, Baja von beo-ia Vieh- 
land. Die Bewohner Böhmens hiessen 
auch Beowinden, dann wieder 
Beomanni, letzteres Viehmänner, 
ersteres Vieh-waldleute, von gwind, 
wind Wald. Als Viehhirten fällt 
der Name Beo-man mit Boji und 
Bojoari, d. h. beo-uwi und beo-air 
zusammen, und bezieht sich auf die 
altkeltischen Bojer; der Name C ze- 
chen dagegen, womit sich jetzt die 


slavischen Böhmen bezeichnen, be- 


deutet Zeug-schmiede, gleich 
Tusken- und Zigeuner, von toisg 
Zeug, Werk. | 
Böotier, ein zum Stamme der 
Aeolier gerechnetes griechisches 
Völkchen, das nördlich von Athen 
seine Sitze hatte; ihr Hauptort oder 
Haupttempel war Theben, von daimh 
Tempel. Sie trieben, wie die Asolier 
überhaupt, vorzugsweise Viehzucht, 
daher ihr Name beo-dae Viehleute, 
und galten darum bei den feinern 
Stadtleuten d.h. den jonischen Athe- 
nern für ungebildet. Beo-dae ist 
dasselbe wie Beo-ui (Bojer), Beo- 
air (Bayer), Beo-am(Böhme), Beo- 
on (Päonen), denn dae, ui, ae, 
air, oir, vir, am, an, on u. 8. W. 
bedeutet alles Mann, Mensch, Leute, 
Bei Leuktra in Böotien schlug Epa- 
Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


— 273 — 


Börde — Bogen. 


minondas die Spartaner; Leuktra 
gleich Joc, /uic und dra Ort-klein. 

Börde, in Norddeutschland häufig 
vorkommender Name für fruchtbares 
Feldland, so die Soester, Warburger 
undMagdeburger Börde, dann unter- 
halb Bremen im Binnenlande die 
Lamstedter und Beverstädter Börde. 
Bei Paris gibt es einen Ort Borde, 
alt Borda, zu deutsch Viehhof, Vieh- 
haus, von buar Vieh und dae Haus, 
Als Landname kommt die zweite 
Sylbe bei Börde von du Land, oder 
wenn die Strecke klein ist, von ta 
Platz, bedeutetalso Viehland, frucht- 
bares für Viehzucht geeignetes Land. 

Bötzberg, latinisirt mons Voce- 
tius, der letzte Ausläufer des Jura 
bei Windisch oder Arau, an welchem 
die Helvetier von Aulus Cäcinna, 
dem Feldherrn des Kaisers Vitellius 
69 Jahre nach Chr. aufs Haupt ge- 
schlagen wurden; sie hatten sich in 
dem Streite um die Kaiserwürde zu 
den Gegnern des Vitellius, Otho und 
Galba gehalten. Des Volkes erster 
Vorsteher, Julius Alpinus, wurde hin- 
gerichtet, der zweite Claudius Cossus 
dagegen begnadigt, Helvetien aber 
von nun an völlig als eroberte Pro- 
vinz behandelt. Der Name Mons 
Vocetius bedeutet dasselbe wie 
Mons Vosagus, Waldgebirg, vom 
gäl. od, fioth, fios Wald und aith 
hoch, Höhe; bei Vosagus (oder Vo- 
gesen) steht statt aith das gleich- 
bedeütende aighe. 

Bogen, der hohe Bogen, ein Berg 
im bayerischen Walde, kommt von 
buach Bergrücken, Buckel; die Ge- 
gend heisst die Bogenan. 

18 


Bogenau — Boghöved. 


Bogenau, alt Pogena, oder „im 
Bogen“, der nördlich von der Donau 
im grossen Donaugau gelegene Ufer- 
strich von Regensburg abwärts bis 
Deggendorf; die Bogenau war eine 
Grafschaft, in der zwei Flüsschen 
mit Namen Bogen in die Donau 
münden, die Östliche bei Deggen- 
dorf, die westliche bei Bogen; letz- 
tere theilt die Bogenau in die west- 
liche Hälfte, welche die ursprüng- 
liche Grafschaft umfasst, und in die 
östliche oder das Capitel Deggendorf. 
Straubing, das jetzt am Südufer 
der Donau liegt, lag früher am nörd- 
lichen in der Bogenau, und war eine 
Besitzung des Domstifts Augsburg. 
Als Flussname bedeutet Bogen, alt 
Pogana, Bergbach, von buach Berg 
und ean Wasser, als Landname 
kommt Pogena von buach, Deminu- 
tiv Duachan; dieser kleine Berg- 
rücken heisst jetzt der Bayerwald 
und trennt die Bogenau vom Cham- 
brich. Heute heisst blos noch die 
Gegend bei Windberg (Waldberg 
von gwydd, gwint Wald) „im Bo- 
gen“. In der westlichen Bogenau, 
- welche die ursprüngliche Grafschaft 
bildete, liegen unter andern: Al- 
taich, alt Altaha, von alt Bach 
und dem angehängten aha, und 
Rattenberg, von rudhan Berg; 
in der östlichen Deggendorf, von 
teaghan kl. Ort, und Viechtach, 
von feach Fichte, Wald und teagh 
Ort, Dach. ' 

Boghöved, Eichenhöhe, eigent- 
lich Buchenhöhe, aber bög, Buche, 
bedeutet im Jütischen Eiche; eine 
Anhöhe bei Hadersleben in Nord- 


Bogumil, 


schleswig, auf welcher die Ver- 
sammlungen dieses Landestheiles 
abgehalten zu werden pflegten. Bög 
ist eine andere Form für das lat 
fagus, das keltische /eabh. In äl- 
testen Zeiten unterschied man die 
Baumarten nicht botanisch, wie 
heutzutage, sondern die Holz- und 
Waldnamen wurden für jede Art 
gebraucht; erst später fing man an 
für besondere Holzarten besondere 
Namen festzustellen, aber nach den 
verschiedenen Landschaften wieder 
verschieden, so dass z. B. fagus bei 
den Römern dasselbe bedeutet, was 
im eigentlichen Deutschland die 
Buche; in Jütland bezeichnet man 
aber, wie bemerkt, mit bög die Eiche; 
aus /eabh wurde ausserdem noch 
Fichte, trotzdem, dass alle diese 
Wortformen ein und derselben Wur- 
zel entstammen. Aus giubk wurde 
Kiefer, aus coed Ceder, aus gwydd 
Weide, aus /rith fraxinus (Esche), 
aus keirt quercus (Eiche), aus rus 
Reisig und Ries, aus fon Tanne, 
aus aighe (hoch) die Eiche, die 
übrigens auch mit dair bezeichnet 
wurde, woraus doire Walddickicht 
und Thüringen wurden. 

Bogumil, ein bei den Slaven üb- 
licher Mannsname, der Gottesdiener 
bedeutet, von bog Gott und maol 
hörig, demüthig, daher Molanie, die 
demüthige Frau mit angehängtem 
ana Frau. Die Slaven nahmen die 
altkeltischen Namen ebenso an, wie 
die Deutschen, denn vor der Aus- 
breitung der Slaven war auch das 
nördliche Europa, namentlich das 
Land der Skythen keltisch. Die 





Boguslaw — Bojer. 


Letten, Litthauer scheinen nament- 
lich noch viel keltische Elemente 
bewahrt zu haben, daher die nahe 
Verwandtschaft ihrer Sprache mit 
der lateinischen und griechischen. 

Boguslaw, zu deutsch Knecht 
Gottes, von bog (Czermobog) Gott 
und sclavus Knecht, böhmisch chlap, 
windisch klapez. Boguslaw war bei 
den Slaven ein Heiliger. Die mehr 
keltische Form für Boguslaw ist 
Bogumil. 

Bojer, ein keltisches Volk, das 
sowohl in Frankreich und Italien 
als auch in Süddeutschland eine be- 
deutende Rolle spielte. Der Name 
kommt von beo Vieh, bu Kuh und 
ae Leute, also Viehzüchter, Kuh- 
hirten. In Gallien sassen die Bojer 
im Charollais zwischen der Loire 
und dem Allier; sie gehörten zum 
Bunde der Aeduer und zogen mit 
diesen nach Italien und Ober- 
deutschland; in Italien gingen sie 
mit den Lingonen (Langres) über 
den Po, trieben die Etrusker und 
Umbrer zurück, und nahmen schliess- 
lich von dem Lande um Lodi und 
Bononia (Bologna) Besitz, bis hin- 
ein in die Thäler der Apenninen. 
Lodi wurde von ihnen gegründet. 
Von den Römern wurden sie später 
sammt den bis gegen Ancona ange- 
siedelten Senonen beinahe ausge- 
rottet, so dass nur im Norden des 
Po diese gallischen Elemente in der 
Bevölkerung übrig blieben, nament- 
lich in dem Striche zwischen der 
Sesia und dem Mincio, oder der 
Lombardei. In Oberdeutschland be- 
setzten die Bojer die Länder Bayern 


— 25 — 


Boigrich — Bolenberg. 


und Böhmen, und können deshalb 
die Namen Bojoheim und Bojoarien 
von ihnen abgeleitet werden, falls 
nicht vorher schon boji oder Vieh- 
hirten daselbst hausten. 

Boigrich oder Pewchreich ist 
der Bergrücken, welcher das Quell- 
gebiet der Tuya (alt Dyga) in Mäh- 
ren vom Gebiet des Campflusses 
scheidet; der letztere mündet der 
Trasen gegenüber in die Donau. 
Der Name kommt von bwch Kuh 
und rugha Berg-Bücken, fällt also 
mit Bojoheim und Bojoarien zusam- 
men. Südlich vom Boigrich am 


"Camp liegt die Ebene Polan, von 


bla, blah, blach grünes, flaches 
Feldland, Blachfeld plaine; oder 
von bi klein und /an, lon Wiese. 
Camp, latinisirt Cam-bus, bedeutet 
Bergbach oder Hügellands-bach, von 
cuanna Hügel und bais Wasser. 
Den Namen vom lat. campus Feld 
abzuleiten, gibt keinen passenden 
Sinn. 

Boland ist soviel als Viehhaus, 
von beo Vieh, bu Kuh und /ann 
Schuppen, Stall KirchheimamDon- 
nersberg führt den alten Beinamen 
Bolanden. 

Bolchen, franz. Boulay, Städtchen 
an der Nied in Deutsch-Lothringen, 
jetzt zu Frankreich gehörig; bual- 
ka Wasser-Hag, eingefriedigter Ort 
oder Pferch am Bach. 

Bolenberg, franz. Boulogne (sur 
mer), alt Bononia wie Bologna in 
Italien, noch älter Gesoriacum, 
Der letztere Name bedeutet Ort am 
Wassergebirg von gais Wasser, or 
Berg und acha Wall, oder aber Ort 

18 * 


Bolesiaw — Bolkenburg. — 276 — Boll — Ballenzer Thal. 


des Geiserich. Das pays de Boulogne 
bildet eine eigene Gebirgslandschaft, 
welche sich ansehnlich über das 
umliegende Kreideplateau der Pi- 
cardie erhebt, und gleich den Ar- 
gonnen aus Grünsandstein besteht; 
dieBewohner des Ländchens hiessen 
bei den Römern auch Oro-Man- 
saki, von earg Wasser, mwnt Berg 
(lat. mons) und aighe hoch, aki 
kann auch blos Adjectivform sein, 
Wasser-berg-liche; sie gehörten 
zum grossen Stamm der Moriner, 
Meerleute, von muir Meer. Das 
Dorf Bolenberg (bal-an Berg-klein) 
liegt in der Mitte der Bergland- 
schaft südlich von Boulogne. Im 
Mittelalter gehörte der Bolenberg 
zu Flandern, seine Grafen waren 
indess zeitweise auch Vasallen von 
Atrecht. Ludwig XI brachte Bou- 
logne an Frankreich, übergab in- 
dess die Lehensgerechtigkeit an die 
Kirche „Unserer lieben Frauen“ zu 
Bolenberg, und überreichte ihr ein 
6000 Livres werthes goldenes Herz, 
welches bis zur Revolution unan- 
getastet blieb. Bei dem Dorfe 
Wimillen im Bolenberg gewan- 
nen 881 die Normannen eine Schlacht 
gegen die Gessoriaken. Wimillen 
von bi klein und mil, mael Berg. 
Boleslaw, slavischer Personen- 
name, alt Boli-sclaius, Sclave, Knecht 
des Bol oder bel, bal, d. h. Gottes 
(vergl. Bal), somit dasselbe, was 
Boguslaw, Bogumil, Grimoald und 
Chriemhild (von cruimh Gott und 
giolla bezw. gild Diener, Kind). 
Bolkenburg, Burgruine im Rie- 
sengebirge, von bolg Fürst. Die 


Wolkenburg in Obersachsen wie in 
Tirol wird wohl dasselbe bedeuten. 

Boll, als Bergname von bal Berg- 
kopf; z. B. Bolberg bei Wilman- 
dingen, Boll bei Flözlingen, Bohl 
bei Altheim, Böllat bei Pfefän- 
gen, lauter Berge in Schwaben, letz- 
terer mit aitk hoch. Der Ortsname 
Bellingen bedeutet Berg-ort; 
Balingen an der rauhen Alp kann 
auch kleiner Ort bedeuten, von bi- 
long; Bollenbach im Kinzigthal, 
desgl. in Oberhessen dagegen kom- 
men von Dual Wasser, bualan klei- 
nes Wasser; Bohlspach, alt Bol- 
spach bei Offenburg hies im Jahre 
1303 Bailsbach, was dem keltischen 
bual oder bial noch näher stand. 
Der Ort Boll im Canton Fryburg 
im Uechtland, latinisirt Bullum, 
franz. bülle, bedeutet Veste, Boll- 
werk, vonballa Wall; Bollendorf 
an derNahe, und Pollen in Bayern 
kommen endlich von bailean Demi- 
nutiv von Dbail Ort oder auch von 
ball-an kl. Bollwerk. 

Bollenzer Thal oder Polesethal, 
val di Blegno oder val Brenna, 
nördlich von Bellenz im Canton 
Tessin, gegen Graubündten zu. Das 
Thal gehörte einst dem Domcapitel 
St. Mariä zu Mailand und trat 1500 
unter den Schutz von Schwyz, Uri 
und Unterwalden. Die verschiede- 
nen Namen dieses Thales haben fol- 
gende Bedeutungen: Bellenzer Thal 
bezieht sich auf Bellenz oder Bel- 
linzona (gute oder kleine Veste); 
der Hauptort im Bollenzer Thal 
heisst Doingio, von daingean 
Veste, franz. Donjon, deutsch Twing 








Bollerslef. 


(oder Tübingen); sie liegt auf oinem 
Berge, war also ein ball-ais, Boll- 
werk-hoch, und aus diesem ball-ais 
wurde Poleser Thal. Zrenna bedeu- 
tet Bergland, von bryn Berg und ai, 
ua Gegend. Bloegnovonbl/aenhoher 
Berg, dasselbe. Der Bach,welcher das 
Thal durchfliesst, heisst Brensa oder 
Brenta, Bergwasser von bryn Berg 
und sa, sua Wasser, gleich der 
Brenta, Brintesia im Venetianischen. 

Bollerslef, Baldersleben, Ort in 
Schleswig, soll nach Balder also ge- 
nannt sein, dem Gott des Sommers. 
Balders Tod zur Zeit der Sommer- 
sonnenwende soll in der deutschen 
Sage das Ende der holden Jahres- 
zeit bedeuten. Balders Sohn war 
Fosite oder Forsite; er wurde 
besonders anf Forsites-land oder 
dem heiligen Lande (Helgoland) 
verehrt. Faoiside bedeutet nun aber 
keltisch, was foi im Französischen, 
nämlich Glauben, foisite ist heilig, 
oder auch die Beichte, und somit 
weist sich der alte Gott .von Helgo- 
land als Kelte aus; war dies aber 
der Sohn, so war eg auch der Vater 
Balder; ba? bedeutet aber Gott und 
dear, der gross, es war der grosse 
Gott, der die Soemmerwärme brachte 
und den Pflanzenwuchs hervorrief. 
.Was dagegen Bollorslef betrifft, 
so hat dieser Ortsname mit Balder 
wohl schwerlich etwas zu schaffen, 
sondern bedeutet Bollwerk-gross in 
einem Schlupfwinkel, ball-ar-liub. 
Aus liub wurde mit vorgezischtem s 
unser Schlupf, wie in anderer Um- 
wandlung die Ortsendungen leben, 
lieben, laufen. 


_- m — 


Bolles — Bombaden. 


Bolles. An der Lahn wird das 
Ortsgefängniss also genannt; wohl 
von balla Bollwerk, Veste. 

Bollweiler, Ort im obern Elsas 
mit grossartigen Baumschulen und 
der Stammburg der alten Freiherrn 
von Bollweiler, welche 1616 aus- 
starben. Die Burg, welche dem Orte 
den Namen gab, kommt vom gäl. 
balla Wall, der Ort zu dessen Fuss 
war die villa oder der Weiler. 

Bollwerk, franz. boulevart, von 
balla, auch bulla Wall, Veste, daher 
bullum castellum, jetzt Bouillon 
oder Beulen in Wälsch-Luxemburg, 
Bulle in der Schweiz u. s.w.; werk 
ist als deutsche Uebersetzung an- 
gehängt. 

Bologna, alt Bononia oder Fes- 
sina in Oberitalien in einer weiten 
Ebene am Rhenfluss. Fessina kommt 
von faith Feld, faithean kl. Feld, 
odervon/aisg Pferch, Einfriedigung, 
Dem. faisgean; Bologna entweder 
von bail, Dem. bailean Stadt, Städt- 
chen; oder der Bedeutung von /aisg 
entsprechend eher von bolann Kuh- 
stall (von bo Kuh, Vieh und /ann, 
Ionn Schuppen), gleich Kirchheim- 
Bolanden am Donnersberg. Die Form 
Bononia kommt von bon, ban Feld, 
und ion, Dem. ionan Ort, ‚Stätte. 
Bologna war ein Hauptort der Bojer, 
d. h. der aus Gallien eingebrochenen 
Viehhirten; hier in dem Foeidlande 
hatten sie, wie die Namen auswei- 
sen, ihre Stallungen und Vorraths- 
speicher. 

Bombaden, ein Ort bei Braunfels 
im Unterlahngau, alt Bona-maden. 
Letzteres bedeutet Gutenburg von 


Bonde — Bonames. 


madh gut und dun Ort, Burg. Das 
vorgesetzte bona ist die lateinische 
Vebersetzung von madh. 

Bonde bedeutet in Jütland und 
Schleswig, überhaupt im Norden 
soviel als Bauer, keltisch /ende, 
feinne (woher auch Fantassin und 
Infanterie), und dies hängt wieder 
mit ban, sowohl Feldmark als Werk, 
Arbeit und mit /uinn Feld zusam- 
men, ban-dae Arbeitsleute, fuinn- 
dae Feldleute. Da blos der Adel zu 
Pferde kämpfte, so fiel den Bauern 
von selbst die Rolle des Fusssolda- 
ten zu; heutzutage nennen sich die 
bewaffneten Patrioten Irlands Fe- 
nier, ebenfalls von /einne Bauer, 
bezw. Kriegsmann. 

Bonland und Bonfeld, als Orts- 
name von bon, ban, was Land oder 
Feld bedeutet, und /ann Haus, bezw. 
feall Wohnung oder ald Pforch. 
Darnach bedeutet Bonland soviel 
als Feldheim oder Feldhausen, Haus 
im Felde, und Bonfeld dasselbe, oder 
Feldpferch. Orte mit Namen Bon- 
landen gibt es bei Stuttgart, Erolz- 
heim und Leutkirch in Würtemberg; 
dagegen liegt bei Rosenfeld ein 
hohes Feld, das Bohnlanden heisst, 
ein anderes, Bonland, bei Schöm- 
berg in Würtemberg; hier ist Land 
die Uebersetzung von bon. Ein Ort 
Bonfeld liegt bei Heilbronn. Bo- 
land (Kirchheimbolanden) endlich 
bedeutet Viehhof von beo Vieh, bo 
Kuh und /ann Haus, Schuppen; 
ebenso Bollen, Ortim Kreis Arber- 
gen, alt Bollande. 

Bonames, bei den Römern Bona 
messis, gute Ernte, und dies latini- 


— 278 — 


Bonn — Bopfigen. 


sirt aus dem keltischen bon, ban 
Feld, Feldbann und maes, gemesse- 
nes Feld, wie beiMessenkamp, Mes- 
sel und andern Orten. Bonames liegt 
an der Nidda zwischen Frankfurt 
und Homburg; sein Ackerland ist 
nicht fruchtbarer als das der umlie- 
genden andern Orte, wohl aber 
scheint hier zuerst eine geregelte 
Cultur mit abgetheilten Feldern be- 
trieben worden zu sein, im Gegen- 
satz zu der Almendwirthschaft, wo 
ein Jeder sein Vieh auf die gemein- 
same Weide trieb. 

Bonn, Stadt am Niederrhein, alt 
Julio-bona, zu deutsch Gründung 
des Julius; bonn gälisch soviel als 
Gründung, so Vindobona (Wien), 
Batisbona (Regensburg), beides 
Gründungen am Wasser (ean bezw. 
rhidys), Lissabon, Gründung am 
Ende (lus) des Landes oder Lusita- 
niens. Ebenso Bona im Algieri- 
schen. Die Form bonn scheint aus 
babhun zusammengezogen, und dies 
entstand aus feabh-ion, Ort mit 
Holzwerk eingefriedigt, wie ur- 
sprünglich alle Orte, bevor man mit 
Kalk oder Gyps senkrechte Mauern 
aufführen lernte. 

Bopfingen, Ort in Schwaben, in 
keltisch-römischen Zeiten Opic ge- 
nannt, später Pophingen oder Pop- 
fingen; letztere Form von babhun 
Viehpferch oder sonst Einfriedigung, 
fester Ort, Bingwall, und Aa Ort; 
Opic wohl von a Berg und pic 
Spitze, eine Form, die in den Pyre- 
näen als Pic du Midi wiederkehrt, 
oder beag klein. Bopfingen liegt im 
Brenzgau oder im Herdfeld an der 


Boppard — Boppelbach. — 279 — 


Grenze des Riesses, dabei der hohe 
Kapf, d. h. Kopf vom gäl. kap, 
keap, auf welchem der erste Ring- 
walllag. Trochtelfingen, nahe 
bei Bopfingen, bedeutet ungefähr 
dasselbe, von droch klein, dail 
Veste und /ang Viehpferch. Diese 
Orte entstanden aus befestigten 
Viehpferchen, bezw. Ringwällen, 
welche für Vieh und Menschen 
Schutz gewährten, und deren An- 
lage durch die isolirten Kalkfels- 
kegel jener Gegend erleichtert wurde. 

Boppard, einst Reichsstadt am 
Rhein, oberhalb Coblenz, alt Bodo- 
brica oder Baudobrica, d. h. Hütte, 
Wohnung auf dem Berge, bwth-y- 
braighe; Drusus legte hier ein Ca- 
stell an. Boppard dagegen kommt 
von brrbh-ard Viehpferch oder Ring- 
wall-hoch. Beide Namen beziehen 
sich auf die über der jetzigen, in- 
dess auch sehr alten Stadt gelege- 
nen Befestigungen. Eine davon hies 
Schöneck, cean-aighe Bergkopf- 
hoch. Unter den fränkischen Köni- 
gen war Boppard ein Königshof, 
eine Meierei, und hies deshalb in 
Urkunden von 1044 Bochbardun, 
Kuh-Berg-ort, von bwch Kuh, bar 
Berg und dun Ort. Die königlichen 
Vorsteher dieser Meierei waren die 
Bayer (bu-air Kuh-mann) von Bop- 
pard, welche den Hof als Lehen be- 
sassen und später Triersche Vasal- 
len und Erbburggrafen des Königs- 
hauses wurden, das 1497 abbrannte. 
Die Bayer starben 1598 aus. 

Boppelbach, Bach bei Weinheim 
an der Bergstrasse, von bi klein 
und Dual Wasser. 


Borde — Borkum. 


Borde, alt Borda, Ort bei Paris, 
zu deutsch Viehhaus, Viehhof, von 
buar Bindvieh und dae Haus. Ob 
wohl Bordel das Deminutiv von 
Borda ist? 

Bordeaux, keltisch Bourdigala, 
zu deutsch Viehhaushafen, von buar 
Bindvieh, dae Haus und calaHafen. 
Bordeaux war schon in keltischen 
Zeiten der Stapelplatz für den Han- 
del der an der Garonne wohnenden 
iberischen und keltischen Völker; _ 
der Tauschgegenstand war aber in 
der Regel blos Rindvieh, namentlich 
bei den Aquitanen oder iberischen 
Hochlandsbewohnern. Die keltischen 
Umwobner von Bordeaux hisssen 
Ubisker oder Vibisker, d. h. 
Flussanwohner, von abh, ubh Fluss, 
gleich den Ubiern am Mittelrhein ; 
als Bewohner der Stadt Bituriger, 
von bi klein, tuar Ort oder dur 
Fluss und rig, was als Königssitz 
gedeutet werden kann, oder auch 
blos die Adjectivendung ac ist; der- 
selbe Name wie Bourges. 

Borebach, von bior, gäl. Wasser. 

Borgloon, Ort bei Tongern in 
Belgien, niederdeutscher Name für 
Looz. Beides ist gälisch, Looz be- 
deutet festes Haus, lios und Jon 
dasselbe. Latinisirt hies der Ort 
Losdunum castrum, was dreimal 
dasselbe besagt, denn dun bedeutet 
soviel als castrum, französirt Lou- 
don; um diese Tautologie zu ver- 
meiden, kann man los auch von Zus 
Graben ableiten, dann bekommt 
man Burg mit Gräben umgeben. 

Borkum, Ort in Westphalen im 
Unimotigau (Wiesenhochland oder 


Born — Boroctra. 


Wiesenhofland); borkum gleich 
Burgheim von bwrg, und heim, 
hem, um, 0m Ort. 

Born, ein Berg bei Arburg in der 
Schweiz, soviel wie bar Berg, bar- 
an kl. Berg. 

Borna, Ort oberhalb Leipzigs an 
der Wyhra, einem Seitenfluss der 
Pleisse, zu deutsch entweder Wasser- 
leute, bior-nae, oder eher Viehleute, 
buar-nae; die Umgegend liefert 
heute noch viel Viehfutter, weshalb 
eine Abtheilung dersächsischen Rei- 
terei gewöhnlich hier stationirt ist, 
Wyhra ist bior-aha. 

Bornholm, Insel in der Ostsee, 
alt Burgundarholm, könnte wörtlich 
als Burgunderinsel genommen wer- 
den; es ist indess geschichtlich 
nicht erwiesen, dass sie je im Besitz 
von Burgundern gewesen; gälisch 
bedeutet bur-gund-arWasser-burg- 
land, von bior Wasser, gann, gunn 
Veste und ire Land; in Born-holm 
ist Veste, sowie Land ausgefallen, 
und blos bior-in Wasser-insel übrig 
geblieben, holm ist davon die deut- 
sche Uebersetzung. Gund kann auch 
als Wald gedeutet werden. Dass 
hier Kelten hausten, beweist neben 
dem Namen der Insel ein noch 
“ vorbandenes keltisches Denkmal. 
(Eckermann, Lehrbuch der Beligions- 
geschichte III, 2. S. 27.) 

Boroctra, das Bördeland im Sü- 
den der Lippe bis zur Ruhr, theil- 
weis noch über dieselbe und über 
den Haarstrang an der Asse, mit 
dem Hellweg (zwischen Lippstadtund 
Soest), und mit der Soester Börde 
bis gegen Lünen und Dortmund. 


— 280 — 


Boroctra. 


Der Name bedeutet Vieh-hoch- 
land oder hohe Börde, von Duar 
Vieh, aighe Höhe und tri, tra 
gleich fir Land; dasselbe ist kein 
eigentliches Bergland, wohl aber 
eine fruchtbare, hochgelegene, zur 
Viehzucht geeignete Börde. Der 
Name lautete alt auch Borahtra, 
was die Abstammung von aiyhe 
Höhe näher zeigt, als oc, obgleich 
diese Form fast ebenso häufig ist. 
Ptolemäus schreibt Buraoteroi, 
woraus aighe sich ganz deutlich er- 
gibt. Zusammengozogen lautete der 
Name der Bewohner des Gaues 
Brukteroi, ein Name, der indess 
auch von brugh, braighe Berg- 
rücken, abgeleitotwerden kann. Hier 
auf der Börde sassen die Bructe- 
rer oder Burcturi zu Tacitus Zeiten; 
Strabo und Ptolemäus unterschei- 
den grosse und kleine Bruc- 
terer. Nach Ptolemäus schied die 
Ems die grössern von den kleinern, 
letztere am Westufer (im Bursiband). 
Entweder haben nun die Bructerer 
von der Lippe aus das Emsland, d. 
h. das flache Westphalen bis gegen 
Friesland hin zeitweise erobert, 
oder Bructeri bedeutet hier etwas 
anderes als Boroctragauer, was nicht 
wahrscheinlich ist. Da Strabo die 
Lippe parallel mit der Ems in das 
Meer fliessen lässt, so scheint er in 
diesen Gegenden keinen Bescheid 
gowusst zu haben. Tacitus erzählt, 
die Germanen hätten einen auf dem 
Rhein erbeuteten Dreiruderer die 
Lippe aufwärts geführt, um ihn der 
Velleda zum Geschenk zu machen, 
die eine Bructerin war und in einem 





Boroctra. 


Thurm an der Lippe wohnte. Die 
Bructerer sassen darnach an der 
Lippe. Drusus kämpfte auf der Ems 
gegen Bructerer, somit waren sie 
damals Herren des Flachlandos, des- 
halb geriethen sie in Kämpfe mit 
den Chamaven am Rhein bei Wesel 
und weiter abwärts, sowie mit den 
Angrivaren, die von der untern We- 
ser kamen. Tacitus deutet an, dass 
sie als Eroberer bei den Nachbar- 
völkern nicht beliebt waren, und in 
einer grossen Schlacht von densel- 
ben geschlagen worden seien, wor- 
auf sie sich ohne Zweifel wieder 
über die Lippe zurückzogen, wo sie 
neben den Tencterern (Waldleuten) 
sassen, mit denen sie wohl einerlei 
Stammes waren. Da man Bructeri 
gewöhnlich als Bruchlandsbewohner 
auffasste, und deshalb ihre Stamm- 
sitze in das westphälische Flachland 
verlegte, so gelangte man vielfach 
zu irrigen Annahmen, wodurch die 
alte Geschichte Westphalens ver- 
schoben wurde. Im Bruch wohnt Nie- 
mand, am allerwenigsten ein mäch- 
tigesVolk, wohl aber konnte auf der 
fruchtbaren Börde im Süden der 
Lippe leicht ein zahlreiches Volk 
heranwachsen, das im Verein mit 
dem hinter ihm hausenden Waldvolk 
der Tencterer ohne schwere Mühe 
die unfruchtbare, also dünn bevöl- 
kerte Sand- und Moorlandsebene 
Westphalens eroberte und behaup- 
tete, bis mächtigere Völker vom 
Rheine her, namentlich die fränki- 
schen Chamaven und die von der 
Weser gekommenen sächsischen An- 
grivaren sie wieder hinter die Lippe 


\ 


— 2851 — 


Boroctra. 


trieben. — Die kleinern Bruc- 
terer, welche westlich von der 
Ems wohnten, sind offenbar die 
Bursibanten im Bentheimschen; 
denn bursi bedeutet kleine Börde, 
wie boragh hohe Börde; bant und 
tra heissen Land gleich wie du in 
buar-du Börde. Im Anfange des 4. 
Jahrh. n.Chr. kämpften die Bructeri 
mitCheruskern und Chamaven gegen 
den römischen Kaiser Constantin. 
Derselbe verwüstete einen Theil ihres 
Landes, und lies zwei ihrer Könige, 
Ascarich und Merogais hinrichten. 
Zu Ende des 4, Jahrh. verwüstete 
wieder Arbogast den westlichen Theil 
des Landes. — Die Notitia imperii 
nennt die Bructerer Anwohner der 
Sylva Hoercinia, d. h. des Sauer- 
landes. Zu Attilas Zeiten- fochten 
sie mit den Hunnen gegen die Rö- 
mer. Später gelang es dem heiligen 
Swidbert, einem Kelten, der aus 
Britannien kam, sie theilweise zum 
Christenthum zu bekehren; Beweis, 
dass wenigstens ein Theil des Vol- 
kes noch keltisch war, sonst hätte 
es den Swidbert nicht verstanden; 
da aber, wie Beda erzählt, kurz dar- 
auf die Boructuarier von den deut- 
schen Sachsen besiegt wurden, 80 
wurden die Getauften wieder zer- 
streut. Papst Gregor III nannte sie 
Borthari (Vieh-lands-leute, buar- 
fir-uf), als er ihnen durch Bonifacius 
das Christenthum zum zweitenmale 
predigen lies. — Eine andere Na- 
mensform für den Boroctragau war 
Bortorgau Viehlandgau, vonbuar 
Vieh und fir Land (darin lag ur- 
kundlich Castorp, von cas Veste, 


Borsdorf — Boruskoi. 


also festes Dorf), dann Borotra, 
darin die Villa Porricbeki, von Dior 
Bach und ka Ort, Hecke; Borac- 
tron und Boratre, darin werden 
genannt: Ismereleke, Hochberg- 
ort, von ais, aith hoch, mar Berg 
oder gross und loc Ort; Anadopa, 
Wasserdorf, von ean Wasser und 
dubh Dorf; Geiske, von gaisBach 
und ka Ort; Holtheim, von ailt, 
alt Ort; Hamarathi, von oman 
Bauerhof, ar gross und reidh Feld, 
also grosser Feldhof; Mulinhu- 
sun, Berghausen von mael, maol 
Hügel, Dem.maolean; Ratingen, 
von rath Voste, Haus oder reidh 
Feld und Velsenberg, beides noch 
südlich von der Buhr. In der Ta- 
bula Peutingeriana wird der Name 
des Volkes oder Gaues Burcturi 
geschrieben. 

Borsdorf, Dorf bei Leipzig, Ortan 
der Parthe oder bior-di, Wasser- 
klein. Das s von Bors ist von ais, 
Ort, übrig geblieben; bei Portitz, 
das in der Nähe liegt, steht dafür 
das slavisirte itz. 

Boruskoi od. Preussische, Preus- 
sen, Adjectivform von Dbi-rus kl. 
Wald, während dieGrossrussen blos 
rusdae Wald-leute heissen, weil sie 
im grossen Gothen- oder Skythen- 
walde wohnen (von coed, gezischt 
skydWeald). Grossrussland, das Land 
der heutigen Moskowiter steht im 
Gegensatz zu Kleinrussland ; unter 
letzterm begreift man aber jetzt die 
südrussischen Steppen, oder die 
Länder der Ruthenen oder Russi- 
nen (rus-an Wald-mann). In kelti- 
schen Zeiten bildeten die Lande an 


— 232 — Bosco — Bothnischer Meerb. 


der Ostsee dagegen klein-Bussland 
oder klein-Waldland, daher derName 
bi-rus-dae, zusammengezogen in 
Preussen. Dem Stamme nach ge- 
hörten die Borussen, welche beson- 
ders im heutigen Ostpreussen wohn- 
ten, zu den Lithauern oder Letten. 
Letten wohl soviel als li-dae kleine, 
arme, erst von Gothen, dann von 
Slaven und schliesslich von den 
Schwertrittern unterjochte Leute 
oder Lidi. 

Bosco, ein Dorfimjetzigen Canton 
Tessin, in einem westlichen Seiten- 
thale des Meinthales; seine Bowoh- 
ner sind Deutsche, obwohl sie auf 
der Südseite der Alpen wohnen. Der 
Name kommt von bois Wald und ka 
Viehpferch, Hag, also Buschhagen. 

Bosnien, alt Bosna, Waldleute, 
von pis, pois Wald und nae Leute, 
oder vom Flusse Bosna, alt Bo- 
sona, von Dais Wasser, baisean kl. 
Wasser, bezw.pois-ean Waldwasser. 

Bosphorus oder Bosporus, die 
Meerenge zwischen Europa und 
Asien, Östlich vonConstantinopel zwi- 
schen dem Marmor- und dem schwar- 
zen Meer. Der Name bedeutet Furth 
über das Wasser vom kimbrischen 
bais Wasser und //ordd Furth. Die 
Griechen erklärten Bosphorus als 
Ochsen tragendes Meer, weil irgend 
eine Schöne einmal auf einem Och- 
sen darüber geschwommen sei. Die 
Furth vom Kaukasus nach der Krim 
hies bosporos Kimmerios. 

Bothnischer Meer-Busen zwi- 
schen Schweden und Finnland. Name 
vom gäl. badh, bath Bucht, Busen. 
Zur Unterscheidung von dem finni- 





Bottelstedt — Bottschlott. — 283 — 


schen Busen, der Kyrialabottn hies, 
führte der bothnische Busen den 
Namen Helsingebottn, von Hel- 
singeland, das sich an der Ostküste 
Schwedens und Lapplands längs 
dieses Meerbusens hinzieht. Hol- 
sing kommt von oil Fels, si oder 
di klein und ean Wasser; aus si- 
ean wurde Sund; Helsingebottn al- 
so Felsensund-Busen, wegen der 
zahllosen sogenannten Scheeren 
oder Granitklippen, die darin liegen. 
Scheere vom gäl.syor Fels. Ky- 
riala-bottn kommt von Kyria- 
land oder Finnland, Seenland von 
caoir Wasser und a/ gross. Finn- 
land ist mit Seen übersäet. Das 
Baltische Meer an der preussischen 
und pommerschen Küste hies auch 
Eyrar-Sund, zusammengezogen 
aus earg-ar Wasser gross, ähnlich 
wie die Saone in Frankreich, welche 
Arar hies. 

Bottelstedt, Ort in Thüringen, 
vom gäl. budhail Ort, entstanden 
aus bwdh Hütte oder bi-dail kl. 
Berg. 

Bottenbach, Bach bei Zwei- 
brücken, vom gäl. bi klein und tuin 
Wasser. 

Bettenbrunn, Bach und Orts- 
name bei Lahr in der Ortenau, dann 
Bottenbrunnen in Oestreich ; kleines 
Wasser vom gäl. bi klein und fain 
Wasser. 

Bottschlott, eine Wasserrinne 
oder Schlutte (lu-ais, Zu-uisge kl. 
Wasser) zwischen den Halligen (ho- 
hen Sandbänken, von al hoch und 


Botzen. 


friesland zwischen der Insel Föhr 
(fear Gras, fearann Wiese) und 
dem festen Lande; Name von bat, 
badh Meerbusen, wie Bothnischer 
Busen, also rinnenförmiger Meer- 
busen. 

Botzen, ital. Bolzano, alt auch 
Bozano, bei den Römern pons Drusi, 
Brücke des Drusus; da trus imKel- 
tischen Engpass bedeutet, so kann 
dies, wie oft geschah, in den römi- 
schen Namen umgewandelt worden 
sein. Nördlich von Botzen liegt die 
Clause, mit einem alten Borg- 
schloss, welches das Thal schliesst. 
Clause, lat. clandere, keltisch Aleith, 
bezw. c/uth oder sluth ist unser 
deutsches Schloss, niederdeutsch 
sluit, slavisirt Schleus-sig, 
Schloss-ort (beiLeipzig). Das Berg- 
schloss an der Clause heisst auch 
Soeben oder Säben, dae-pen oder 
bean Ort-Berg, latinisirt Sabiona 
oder Saviona, darunter Untersäben 
oder Subsaviona, welches von At- 
tila zerstört wurde, worauf die Bi- 
schöfe des Norithales ihre Sitze von 
da nach Brixen verlegten. — Botzen 
oder Bolzen selbst bedeutet kleiner 
Ort von bi oder bi} klein und dun 
Ort. Botzen war einst Sitz eines 
Grafen, der unter dem Bischof von 
Trient stand, 680 wurde er comes 
Bojoariorum genannt; 1010 lebte 
ein Rudolph de Bozano aus dem Go- 
schlecht der Welfen, dessen Sohn 
Heinrich auf einer Jagd zu Lana 
verunglückte. 1026 wurde dessen 
Bruder Welf geächtet, weil er sich 


leach Abhang, Steingeröll) in der | gegen den Kaiser aufgelehnt hatte, 
Nordsee an der Küste von Nord- | und bekam dann der Gaugraf Engel- 


Botzen, 


bert vom Pusterthal die Grafschaft 
Botzen übertragen. 1180 kam die 
Grafschaft an das Bisthum Trident. 
In der Grafschaft Botzon lagen ur- 
kundlich: Villanders, von DU 
klein, ean Wasser und daras Wohn- 
ort; Saunders bedeutet dasselbe, 
von sua-ean und daras; Bar- 
bian, wieder dasselbe, von bior 
Wasser, biklein und ionOrt; Coll- 
man, Hüögelort, von coll Hügel 
(lat. collis) und maen Ort, Stätte 
(Manheim); Wangen, Viehpferch, 
von fang oder gmwaneg, Platz für 
die Bewegung des Viehes; Sifian, 
sua Wasser, bi klein und sion Ort; 
Cardaun, kleines Fort, von garth 
Veste, Dem. garthean, garthyn 
gleich Cröden, Cortona u. 8. w.; 
Campen, Feldort von camp und 
ion Ort; Morizing, von mor hoch, 
aith Berg und ka Ort; Gries, bei 
den Römern Praesidium Tiberii, von 
criut, cres, cret Grand, Sand, gleich 
Griesheim bei Darmstadt, oder von 
cro Burg und aith hoch; Bafen- 
stein, von rugha (rupes lat.) Fels, 
Berg; Terlan, Bachort, von fur 
Bach oder dear gross und lan Ort; 
Ulpian, feucht liegender kleiner 
Ort, von u! feucht, di klein und ion 
Ort. Steht w/ statt al, so bedeutet 
es hoher Ort; Mölten, Bergstadt, 
von maol Berg und dun Stadt; 
Gargazano an der Etsch, Bachort 
von earg Bach und dun Zaun, Ort; 
Campidelle, Feldburg, von camp 
Feld und dail Burg; Nols, alt 
Nolles, Neuburg, von nua neu 
und /lys Veste, Prissiano, von 
braid Berg und ion Ort; Lana, 


_ 8 — 


Bourbon — Bourges. 


von lan, lang Ort, Schuppen, sp&- 
ter auch Kirche, weil der christliche 
Gottesdienst erst in solchen Schup- 
pen abgehalten wurde. 

Bourbon, alt Burbo, Burbona, 
zu deutsch grosse Gründung, gros- 
ser Bau, vom gäl. borr gross (der- 
selbe Begriff wie Berg) und bon 
Bau, Gründung. Bourbon liegt im 
mittlern Frankreich und gab dem Ge- 
schlecht der Bourbonen den Namen. 

Bourgeron, kurze blaue Kittel, 
in Form der Fuhrmannshomden, aber 
nur bis an die Hüften reichend; sie 
werden in Frankreich von den Ar- 
beitern getragen; der Name hängt 
mit dem kimbrischen ber, byr kurz 
und crys Hemd zusammen, obwohl 
die letzte Sylbe in Bourgeron nicht 
mehr deutlich ist. Alt nannte man 
sie Berniscrist, lat. camisiae ul- 
tramarinae, also Matrosenjacken. Im 
Französischen nennt man sie jetzt 
auch Sarrots. 

Bourges, Hauptstadt der Land- 
schaft Berry am Gersflusse, einst be- 
deutendster Ort des mittlern Frank- 
reichs. Von hier zogen vierhundert 
Jahre vor Christus Belloves und Si- 
goves aus, um Oberitalien und Süd- 
deutschland zu erobern. Der älteste 
Name vonBourges war Avaricum, 
Wasserburg, Pfahlburg, latinisirt 
von aber (Ebro, Ivar) Wasser und 
acha Wall, falls icum, aco, ac nicht 
blos Adjectivform ist. Der spätere 
Name war Biturigum oder Bituriges, 
der wohl dasselbe bedeuten wird, 
von bi klein und dur Wasser, ges 
für cas Burg. Indess könnte dur 
auch von for (sir) Fürst herkommen, 








Boyneburg — Brabant. — 285 — Brabant, 


und ges blos ein latinisirter Plural 
sein, Leute des bi-tor, kleinen Für- 
sten. Die Bituriger hatten den Bei- 
namen Kuboi, kleine Leute, von 
go-bi, oder falls die Form Au für 
bu (Kuh) schon im Gallischen vor- 
handen war, Kuhleute, Viehhirten, 
gleich den ihnen benachbarten Bo- 
jern, die ebenfalls Viehhirten waren, 

Boyneburg, Burgruine auf einer 
Bergkuppe zwischen Netra und Son- 
tra im Ringgau in Niederhessen, 
Stammsitz derer von Boyneburg, 
Bomelburg oder Bomeneburg. Der 
Name kommt vom gäl. beann Hügel, 
Bomelburg von bi klein und meal 
Hügel. 

Bozemann (oder Steckenboz), 
keltischer Name für Vogelscheuche, 
d. h. für eine ausStecken oder Holz 
aufgerichtete und mit Lumpen be- 
hängte Figur; irisch pis, franz. bois 
heisst Baum oder Holz, und hatte 
früher auch die Form bos, boz, 
z. B. im Knieboz, Kniebis Bergwald, 
oder dem Anneboz bei Anweiler. 
Steckenboz, ein Spottname für 
kleine Jungen, die grosse Stöcke 
tragen, ist heute noch in Schwaben 
üblich. Der Buzemann spielt in 
unsern Kindermärchen eine grosse 
Rolle. 

Brabant wurde als Horzogthum 
von den Saalfranken im Lande der 
Belgen an den Grenzen der Nieder- 
sachsen und Friesen gestiftet, bil- 
dete sodann einen Theil des nieder- 
lothringischen Reiches, undkam mit 
demselben als Lehen an das deut- 
sche Reich. Der letzte Herzog von 
Brabant aus Carls des Grossen 


Stamm war Otto, der 1005 starb; 
nach ihmging dasLand auf mehrere 
weibliche Linien über; Johanns III 
älteste Tochter, Johanna, vermachte 
Brabant an ihrer Schwester Enkel, 
Anton von Burgund. Als Antons 
Sohn, Philipp I 1430 ohne Kinder 
starb, erbte Philipp II von Burgund 
dessen Lande. Seine Enkelin Maria, 


Tochter Karls des Kühnen, verhei- . 


rathete sich mit Maximilian I von 
Oestreich, wodurch Brabantan Oest- 
reich, und nach der Theilung der 
östreich-spanischen Monarchie an 
Spanien kam. In den Kriegen mit 
Holland wurde Nordbrabant von 
Südbrabant getrennt; durch den 
Rastadter Frieden 1714 kam letzte- 
res wieder an Oestreich, und ver- 
blieb dabei bis zur französischen 
Revolution. Die weiteren Schicksale 
hatte das Land sodann mit dem 
übrigen Belgien gemein. 

Der Name Bra-bant oder auch 
Brach-bant bedeutet nach dem Gä- 
lischen Flachland, von bri, bra, 
brag Ebene und ban, bann Land 
(Feldbann). Brabant ist der Gegen- 
satz zu Hasband, Hochland, zu 
Osterbant, Waldland, und zu 
Teisterbant, Wasserland. Brach 
ist unser deutsches Brache, eine 
härtere Form für DBlach - feld, 
Flachfeld. Die Bevölkerung dieses 
zwischen Maas, Schelda und 
Waal etwas hoch gelegenen Feld- 
landes ist, was den herrschenden 
Stamm betrifft, saalfränkisch, d. h. 
deutsch-kimbrisch; denn die Salier 
wuchsen aus beiden Völkern zusam- 
men; im Laufe der Zeiten verloren 


Bracken. 


sich die erstern unter den nieder- 
sächsischen Vlämingen (Blamann, 
Feldmann gleich Brabanter), die 
andern unter den romanisirten Kel- 
ten oder Wallonen. Die vlämische 
Mundart, ein Gemisch von Nieder- 
sächsisch, Friesisch und Saalfrän- 
kisch, wird in dem nördlichen Theil 
des heutigen Belgiens gesprochen; 
die Grenzlinie gegen das Wallonische 
vom Meere an bis zur Mosel ist fol- 
gende, und zwar sind noch deutsch 
die Städte: Gravelingen, Winox- 
bergen, Cassel, Belle (Bailleul), 
Moessen (Messines), Meenen (Me- 
nin), Cortryk (Courtray), Oudenaerde, 
Bonsen (Benaix), Geraerdsbergen 
(Grammont), Edingen (Enghien), 
Hal, Brüssel, Löwen, Thienen (Tirle- 
mont), St. Truiden (Trond), Tongern, 
Maestricht, Eupen, Achen, 8. Vith, 
Reuland, Vianden und Diekirch. 
Nach der Bodenbildung ergibt sich 
die Grenze zwischen Wallonen und 
Deutschen in der Weise, dass die 
Ardennen auf der westlichen und 
nördlichen Abdachung von erstern, 
auf der östlichen von Oberdeutschen, 
und das Flachland von Flamändern 
bewohnt ist. Weiter bildet der 
Soignewald, die Leye und dann die 
Aa westlich von Gravelingen die 
Grenze. Früher ging dieselbe mehr 
südlich. 

Bracken, eine Art starker Dachs- 
hunde, altdeutsch bracco; keltisch 
broc Dachs und Au Hund, Bracke 
also wörtlich Dachshund. Hund, 
Chund, Hun (hessisch) kommt auf 
das keltische Au heraus, weil die 
Kelten gewöhnlich das Ende der 


— 286 — Braem — Bräunlingen. 


Worte verschluckten, wie heute noch 
die Franzosen und die Rheinländer. 
Brachio bedeutet im Koeltischen 
auch junger Bär. 

Braem, ein Hügelland in West- 
phalen, westlich von Münster bei 
Coesfeld, wo die in der Kriegs- 
geschichte der Römer gegen die 
Cherusker vielgenannte Sylva caesia 
gelegen haben mag, (caesia latini- 
sirt für coedWald). Bräm bedeutet 
Berg, vom kelt. brean, broin, De- 
minutiv breannin; der Name kommt 
im Deutschen hundertfach vor in den 
Formen Brand, Brann, Bram- 
berg (an der Weser), Bromberg, 
Braunberg. Dass der Braem be- 
waldet war, zeigt der Name der 
Stadt Coesfeld (alt Coasfeld), die 
daran liegt, denn coed bedeutet 
Wald, und /7ald eingehegter Ort. 
Nördlich vom Braem liegt das 
Strömfeld, welches Hochrücken- 
feld bedeutet, von druim, drom, 
gezischt ausgesprochen wie Strang, 
Harstrang (hoher Strang ar-drom), 
oder Stromberg an der Ostgrenze 
des Kraichgaues und Trompeter- 
Berg im Rheingau,. drom-bois-ar 
hoher Waldrücken ; Trompeter woh- 
nen dort keine, und die bekannte 
Geschichte von dem Postknecht, der 
daselbst durch Trompeten sein Le- 
ben rettete, ist eines der vielen Mär- 
chen, die, um solche Namen zu er- 
klären, erfunden werden. 

Bräunlingen, Ort in der Baar 
an der Breg, soll bei den Kelten 
Brigobannis geheissen haben; die 
Breg hies Briga, die Brigach Brigi- 
ana; aus beiden entsteht beiDonau- 











Braine — Bramanet. 


eschingen bekanntlich die Donau; 
ban bedeutet keltisch Feld, und ais, 
aidhe Ort, Haus, Wohnung; Brigo- 
bannis also Ort im Brigfeld oder 
Bachfeld, denn brag, breg und brig 
bedeuten Bach. Bräunlingen liegt 
in der Baar in einer Ebene. Der 
Name Bräunlingen kann indess nicht 
aus Brigobannis entstanden sein, 
denn er bedeutet Bergort von broin 
Berg und /ong Ort. Es liegt in der 
Gegend noch: Pföhren, alt For- 
run, gräcisirt Pyrrhene, welches 
dasselbe wie Brigobannis bedeutet, 
aber von bior Wasser und rheann 
Feld herkommt; Brigobannis und 
Pföhren mögen deshalb wohl ein 
und derselbe Ort sein; nicht aber 
bedeutet Pföhren soviel als das lat. 
forum, Markt; dagegen sprechen die 
Formen Forrun und Pyrrhene. 

Braine le comte, alt Brania oder 
Brennacum, ein Ort im Hennegau; 
le comte ist die Vebersetzung von 
braine, denn dies heisst im Gäli- 
schen Anführer (lat. brennus). Der 
alte Name Bran-ia bedeutet Grafen- 
land, Brennacum Grafenburg, (soviel 
als Grevelingen), acum von acha 
Wall, Veste, oder Adjectivform gräf- 
lich. In der Nähe liegen noch 
Braine le Chat (coed Wald) am 
Soigne-Wald, und Brainela Leud 
(Zu-aidhe kl. Ort), beide einst dem 
braine gehörig, wie der Soigne-Wald 
heute noch. 

Bramanen, Brahmanen, Brach- 
manen, Brahminen, zunächst Män- 
ner des Brama oder obersten Gottes 
bei den Indern, also die Priester- 
kaste, Bra, bre, bar bedeutet aber 


— 287 — 


Bramanefi. 


Berg, ebenso braighe, daher die 
Formen Braman und Brachman. 
Brama steht gleich bDra-amha Berg- 
mann, lat. homo. Nach der indi- 
schen Ueberlieferung wanderten die 
Urältern der Hindus aus den Indien 
im Norden begrenzenden Gebirgen 
in das Tiefland am Indusfluss (ean 
Inn) herab; sie waren also Berg- 
männer; als Eroberer bildeten sie 
die herrschende Kaste gegenüber 
den unterjochten Autochthonen des 
Landes, nämlich den Negern und 
Malayen, aus welchen sodann die 
niedern Kasten entstanden. Aus dem 
Begriffe Berg oder braigh entstand 
(analog der Form ba} oder bei Stein) 
der entsprechende Begriff gross, 
mächtig, Herr, Fürst, Gott, und 
daher kann man die Bramanen in 
zweiter Linie als Männer Gottes, 
als Priester und Gelehrte auffassen. 

Brego bedeutet auch im Angel- 
sächsischen soviel als Fürst, ebenso 
wurden im Keltischen die verwandten 
Formen bar, braid, breadh für 
beides, sowohl für Berg als Fürst 
gebraucht. In der nordischen Mythe 
war Bragi der Gott der Dichtkunst 
und Beredsamkeit. Bei den Sla- 
ven hies Brama Perun, oder Pa- 
rom bei den Slowaken, Prowe in 
Wagrien, Piorun bei den Polen, 
Perkun bei den Preussen, Per- 
kunos oder Perkunust bei den 
Lithauern, lauter Formen, die auf 
bar, bwr, bre oder braigh und an, 
amha oder ae Mann zurückgeführt 
werden können. Die slavischen Ge- 
lehrten, z. B. Hanusch, leiten diese 
Götternamen vom slavischen peru, 


Bramanien, 


lat. ferio stossen, schütteln, her, 
weil Perun mit Blitz und Donner die 
Welt schüttelt. Solche symbolische 
Erklärungen passen jedoch nur für 
Zeiten, in denen die Religionen 
schon einen gewissen Grad von Aus- 
bildung erreicht hatten, nicht aber 
für die Kindheit oder die Thierheit 
des Menschengeschlechts. Dass die 
Götter auf den Bergen hausen und 
von da Donner und Regen schicken, 
war ein so einfacher Gedanke, dass 
or überall von selbst entstehen 
musste. Auch Homer lässt seinen 
Zeus (d. h. Gott, deus) auf dem 
Olymp hausen. Als Donnerer er- 
hielt Brama bei den Slaven den Bei- 
namen Hromolan, der Donnernde, 
Grummler, als Gott des Blitzes Ja- 
son oder Jessen, der Leuchtende. 
Bei den Slowaken, den Stammslaven, 
ist derName Parom noch heute in 
Jedermanns Munde, so der bekannte 
Fluch: „Parom do tebe, der Donner 
treffe Dich!“ und in zahllosen an- 
dern Sprichwörtern, beiwelchen an- 
derwärts der Teufel gebraucht wird. 
Im slavischen Mythus war Perun 
der Schützer des Ackerbaues, gleich 
Thor bei den Germanen; dann Gott 
der Weissagung und Vorsteher des 
Gerichtswesens; er fiel mit Swiato- 
wit in den meisten seiner Eigen- 
schaften zusammen; letzterer wurde 
aber mehr bei den Russen, Perun 
mehr bei den Westslaven verehrt. 
Beide sind wie Thor und Wodan 
nur Individualisirungen ein und der- 
selben Idee ; ebenso der dritte oberste 
Gott, Buddha, vom keltischen 
baoth gut, entsprechend unserm 


— 288 — 


Brand, 


deutschen god, guot, gut, Gott, 
oder dem Ceylonschen Gotama 
Gott-mann von amha oder amhain 
(homo) Mann, oder dem Persischen 
Khoda Swiatowit bedeutet ala- 
visch heiliger Wit oder Buddha. 
Gott oder der Gute steht gleich 
baoth oder Buddha, im Gegensatz 
zum Bösen oder dem Teufel, wie 
bei den Persern Ormuzd (oder 
Ahura mazda, aire-mati Mann-gut 
oder auch gross, denn math und 
baoth bedeuten dasselbe) zu Ari- 
man oder dem Kriegs- und Pest- 
mann, von ar Krieg, Pest, Unheil 
und maon Mann. 

Brand, ein häufig vorkommender 
Bergname oder Bergwaldname, vom 
kimbrischen dDryn, broin Berg; so 
der Brand, ein Berg bei Tuttlingen, 
desgl. bei Agenbach und Obermus- 
bach in Schwaben, dann bei Mellin- 
gen im Argau. Ein Brand und ein 
Brandbühl, Bergwälder bei Bod- 
mann am Bodensee, desgl. bei Berg- 
felden, Rexingen, Böblingen, Wald- 
dorf und Pfronndorf in Würtemberg. 
Der Brand, ein Waldberg nördlich 
von Kassel gegen Wilheimsthal zu. 
Dann der Brandenberg bei Kuf- 
stein in Tyrol, und der Pranten- 
berg inOestreich; endlich der „ge- 
brannte Borg“ beiHirschhorn am 
Neckar. In diesem wie vielleicht noch 


in dem einen oder andern der obigen 


Fälle mag der Name auch von einer 
abgebrannten Waldstrecke herkom- 
men; in der Begel jedoch ist die 
keltische Ableitung die richtigere, 
was sich aus den Formen Brannberg, 
Brannenberg ergibt. Branbach, 








Brand. 


alt Bramaha, heisst dagegen Berg- 
wasser, ebenso die Brensbach, 
beide in Hessen, und die Brend, 
ein Bach, der von der Rhön kom- 
mend, bei Neustadt in die fränkische 
Saale fliesst, von bre Berg und ean 
Wasser; Branach, Bramach, 
Bromen im Vorarlberg kommen da- 
gegen vom bre-amhain, wasübrigens 
dasselbe bedeutet. Diese Bachnamen 
können indess auch blos von bioran, 
Dem. von Dior Wasser abgeleitet wer- 
den. Der Bergforst Bravorst oder 
Branvorst, auch Bramvirst kommt 
ebenfalls von bre oder bryn Berg 
mit angehängtem Forst; der hohe 
Braunberg bei Oppenau im 
Schwarzwald, der Braunkopf bei 
Münsterim Elsas, die Braunhalde 
bei Esslingen von der etwas brei- 
tern Form broin, daher auch der 
Braunshard, alt Brunhard oder 
Brinhard in Hessen. Ferner ent- 
standen aus bryn: Brendweiler 
auf einem Berge bei Welzheim; 
Brendenkopf, hoher Berg bei 
St. Blasien im Schwarzwald; Bren- 
ten, Bergwald bei Schorndorf; 
Brennbüchel bei Imst in Tyrol; 
Brennerberg bei Neuenberg in 
Würtemberg und der Brenner in 
Tyrol, beide letztern mit ar gross. 
Dann der Bromberg im Schön- 
buch bei Stuttgart; Bromberg 
oder Branberg bei Wiener Neu- 
stadt, und der Bromberg bei Frei- 
burg im Breisgau, der 1341 noch 
Brunberg hies. Weiter: der Bron- 
ner, ein Berg bei Laupheim in 
Oberschwaben; die Brunnhalde 
bei Hoettenschwyl im Argau; der 
Deuisch-kelt, Wörterbuch. 


— 289 — 


Brandenburg. 


Brunnbühlin der Schweiz; dann 
Brünst (bryn-aidhe), Weiler und 
Berg bei Sulzbach in Würtemberg ; 
der Brunstwald, ein Bergwald 
bei Oberstetten in Würtemberg. Die 
Form Brunnen, keltisch dbrynin 
ist die Verkleinerung von dbryn, so 
der Brunnenberg bei Roth in 
Würtemberg, ein wasserloser Hügel, 
und der Brunnenberg bei Arau; 
ebenso dasBrunnenfeld, wasser- 
loser Berg bei Schwarzenbronn in 
Würtemberg. — Ob das Städtchen 
Brunnen im Canton Schwyz am 
Vierwaldstätter-See seinen Namen 
von bryn Berg oder von bioran kl. 
Wasser hat, mag dahingestellt blei- 
ben. Als Personennamen kommen die 
Formen Bran, Brand, Bryn(hilde), 
Braun, Bruno von braine Anführer, 
Meister, so namentlich Meister 
Hildebrand, der Aufseher über 
das Gesinde. 

Brandenburg, einst Hauptort der 
Mark Brandenburg an der Havel, alt 
Brennaburch oder Brannibor, zu 
deutsch Fürstenburg, von braine 
Fürst und bwrg oder blos bwr Burg. 
Der Gau, in welchem Brandenburg 
liegt, hies Haveldnn, zu deutsch 
Havelland, von fan Land; das Volk 
dieHevelli,Havelleute; dieHavel 
selbst, alt Havola, bedeutet grosses, 
breites Wasser, von abh Wasser und 
il, el gross, wegen der Seen, welche 
sie bildet. Lauter keltische Namen, 
trotzdem dasshier neben den Kelten 
erst die deutschen Semnonen (von 
taom Wald und nae Leute), und 
dann slavische Völker hausten, die 
übrigens ebenfalls Waldleute waren. 

19 





Brandis — Braunschweig. — 290 — 


Brandis, Ort zwischen Leipzig 
und Wurzen, Bergort, bryn Berg 
und aidhe, ais, is Ort. Er liegt et- 
was höher als das umliegende Sumpf- 
und Waldland. 

Brantreit, altdeutsch für Rost 
auf dem Herde, gäl.brannradh, mit 
derselben Bedeutung. 

Braubach, alt Brubach, Städt- 
chen am Mittelrhein oberhalb Lahn- 
stein; bei demselben mündet ein 
Giessbach in den Rhein, und daher 
der Name des Orts, denn rau oder 
brau bedeutet kimbrisch Giessbach. 

Braunfels, Städtchen im untern 
Lahngau, von bryn oder broin Berg; 
Fels kann entweder die Vebersetzung 
von broin oder aus fald (Fals, 
Pfalz) entstanden sein. Pfalz gilt 
gewöhnlich als ausdem lateinischen 
palatium zusammengezogen; diese 
Annahme ist indess nicht nothwen- 
dig, denn palatium entstand selbst 
aus palat-ion oder fald-ion, be- 
festigter, umpfahlter Ort. 

Braunsberg, alt Preunsperch, 
Ort in Oestreich, vom kymr. bryn 
Berg. Neben dem hier genannten 
gibt es noch verschiedene andere 
Orte dieses Namens und derselben 
Bedeutung, so einer in Ostpreussen 
zwischen Elbing und Königsberg. 

Braunschweig, alt Bruns-wig, 
Brunos-dorf, soll von einem Herzog 
Bruno gegründet sein, der nach der 
Meinung der Einen ein bayerischer 
Herzog war, wobeifreilich ein Bäthsel 
bleibt, wie er nach Ostfalen kam; 
nach Andern aber von den sächsi- 
schen Gaugrafen des Derlingaues ab- 
stammte. Schon Karl der Grosse 


Braunsehweig. 


kam im Jahre 775 an die Ocker, 
„die durch Brunswyk fliesst*, und 
von dem heiligen Bischof Swibert 
heisst es, dass er im 8. Jahrhundert 
nach Sachsen gegangen und in dem 
grossen Flecken Brunswyk gepre- 
digt und Viele bekehrt habe. Der 
Name Bruno kommt in jener Zeit 
mehreremale vor; der älteste be- 
kannte war ein Schwiegersohn Witte- 
kinds und Herzog in Engern. Sein 
Sohn hies wieder Bruno und war 
ebenfalls Herzog in Engern; der 
Sohn dieses zweiten hies Ludolf; 
dieser führte den Titel Herzog von 
Sachsen. Hiegegen ist aber zu be- 
merken, dass Braunschweig nicht 
in Engern liegt, und Bruno blos ein 
Titel, kein Eigenname war, denn er 
bedeutetvon braine (brennus, Hilde- 
brand) Fürst, Heerführer. Der Heer- 
führer der Ostfalen zu Karls des 
Grossen Zeit wurde Hezzo, Eitzel, 
Aette, der Alte benannt. Brunswig 
war zu Karls des Grossen Zeiten 
schon ein ansehnlicher Ort, sonst 
hätte die Ocker nicht durch densel- 
ben fliessen können, es kann also 
nicht erst nach Karl dem Grossen 
angelegt worden sein. Wyg bedeu- 
tet Dorf, Bruns kommt von braine 
Fürst; Braunschweig war demnach 
ein altkeltischer Fürstensitz (gleich 
Brannibur), oder eine Domäne, die 
allerdings von irgend einem braine 
oder Bruno angelegt worden sein 
kann, nur viel früher, als zur Zeit 
Karls des Grossen. Heinrichs des 
Vogelstellers Urenkel, Bruno (um 
diese spätere Zeit waren die altkel- 
tischen Titel oder Appellativa schon 





Braunslage — Breche. 


Eigennamen geworden), Graf von 
Melverode und Hohenwart erweiterte 
die Stadt. Erst dessen Sohn Ludolf 
erhielt aber nach Kaiser HeinrichsII 
Tode die völlige Oberherrschaft über 
Brunswig und Tankwarderode, wo 
jetzt das Mosthaus steht; er starb 
1038. Zur Zeit Heinrichs des Lö- 
wen bestand die Stadt aus fünf 
Weichbildern, nämlich aus der Alt- 
stadt, Neustadt, Sack, Hagen und 
dem alten Wick; 1177 zog Heinrich 
der Löwe eine Mauer um diose fünf 
Orte, von denen jeder vorher seine 
eigene gehabt hatte. Von Otto’s 
des Strengen Zeit oder von 1314 
an ertheilten die Herzoge „ihren lie- 
ben Bürgern“ mancherlei Gerecht- 
same; trotzdem empörten sich die 
lieben Bürger zu verschiedenen Ma- 
len, und wurden 1492, 1542, 1550, 
1553, 1605 und 1615 von ihren 
Herzogen vergeblich belagert; erst 
1671 gelang es denselben, die Stadt 
dauernd in Besitz zu bekommen. 
Braunslage, Ort auf dem Harz 
im Quellgebiet der Bode, alt Brams- 
loche, Bergort, von dbryn, brann 
Berg und /oc Ort. Anderwärts steht 
logan, das Deminutiv von /oc, 
deutsch legen, z. B. Gardelegen. 
Im Engerlande gibt es einen Ort, 
der blos Lage heisst, ebenfalls von 
loc, Zac (Wiesloch, Durlach). 
Breberg bei Ewatingen und 
Brehberg bei Weier in der Eifel, 
beide von bre, bri Berg. Eine an- 
dere Form für bre, bri ist braid, 
daher die vielen Breitenberge. 
Breche, franz. Bachname, alt 
Briga, von braga Bach, und dies 


— 291 — Bredenarder Land — Bregenz. 


entstanden aus Dior und aha oder 
ach, was beides Wasser bedeutet 
und auf zwei ursprünglich verschie- 
dene, durch Eroberung vereinte Völ- 
ker und Sprachen hinweist. 

Bredenarder Land, auch blos 
Arderland, von der Stadt Ardroes, 
dem Hauptorte der alten Grafschaft 
Guines, zu welcher auch Calais ge- 
hörte, also benannt. Das Ländchen 
war früher vlämisch, ist aber jetzt 
grossentheils französirt, namentlich 
in den Städten. Der Name Breden- 
arde ist ein Doppelname, der zwei- 
mal dasselbe bedeutet, denn Ardros, 
alt Arda ist Bergort, ar-dee, und 
bre-dun dasselbe. Man könnte Bre- 
den auch von bre-ton, Berg-wald, 
ableiten, da das Ländchen zum Theil 
noch auf oder an dem Bolenberge, 
pays de Boulogne, liegt. 

Bregelthal oder Bergell, ital. 
Bregaglia oder Pregalia, Alpenthal 
im Norden des Comersees, gehört 
in seiner obern Hälfte zu Grau- 
bündten, in der untern zu Cläven, 
und mit diesem zur Lombardei. Die 
Einwohner sind Italiener. Der Name 
kommt von bre Berg und gil Was- 
ser, Bergwasser. Auch die Saone 
hies in Oberburgund früher Brigul. 
Der Pregel in Ostpreussen kommt 
dagegen vonbrag, breg Bach, gleich 
der Breg und Brigach bei Donau- 
eschingen, mit angehängtem il gross, 
im Gegensatz zu den kleinern nicht 
schiffbaren Bächen, welche in den 
Pregel münden. 

Bregenz, lat. castrum Bregantia, 
alte Bergveste am obern Bodansee 
im Lande der ehemaligen Briganten 

19” 


Bregnitzbach — Breisach. — 292 — 


oder Brixenten; Name von bri oder 
bre Berg und gann Voste, bei Bri- 
ganten mit angehängtem dae Leute. 
Die Bregenzer Aach, oder der Bre- 
genzer Bach heisst bei seinem Ur- 
sprung im Bregenzer Wald blos die 
Bregenz oder Brogez von bregan, 
Dem. von breg, brag Bach, hat 
also mit dem Namen der Stadt, ob- 
wohl völlig gleichlautend, nichts zu 
schaffen. Dieser Bach entspringt bei 
Tamiüls, dae-mael Ort oder Leute 
auf dem Berg; kann darum auch 
von braigh Berg und ais Wasser 
abgeleitet werden. 

Bregnitzbach in Nassau, alt 
Brachysa. Die Endung nitz lautet 
zwar slavisch, aber diese Ashnlich- 
keit scheint zufällig, wie bei der 
Weschnitz, alt Wisgoz (uisge gäl.), 
bei Weinheim an der Bergstrasse. 
Der Name hat wohl denselben Ur- 
sprung wie die Bregez oder Bregenz 
am Bodensee, von bregan kl. Bach, 
oder von braigh Berg und ean Was- 
ser, entsprechend der Form brachysa, 
welche von braigh und ais, uisge 
Wasser herkommt. 

Bregetio, je nach der Lage Was- 
serhausen, von Draga Wasser und 
dae, tio Haus, oder Berghausen von 
braighe Berg. 

Breisach, alt Brisaga oder Mons 
brisiacus, einst Hauptstadt des 
Breisgaues; Name von bre, bri 
Berg und theagh Haus oder von 
braidh Berg und acha Veste. Der 
Felsen, auf welchem Altbreisach 
liegt, stand früher mitten im Rheine, 
da sich hier der OÖstrhein vom Haupt- 
rheine abzweigte und auf der Ost- 


Breisgau. 


seite des Kaiserstuhles durch das 
Moos der Ortenau zufloss. Nördlich 
von Breisach lag noch ein römisches 
Castell, wo jetzt Achkarren (von 
uchedd Bergbalde und caeran kl. 
Ort) steht, auf der Südspitze des 
Kaiserstuhls. Das ganze Mittelalter 
hindurch war Breisach der Schlüssel 
des Oberrheins, und bis gegen die 
Mitte des 14. Jahrhunderts eine 
Reichsstadt. Auf dem Felsen steht 
eine schöne gothische Kirche. Die 
Stadt heisst Altbreisach, im Gegen- 
satz zu der von den Franzosen gegen- 
über im Elsas angelegten Festung 
Neubreisach. 

Breisgau. Dieser Gau führt sei- 
nen Namen von der altkeltischen 
Veste Breisach; er füllt die Ecke 
ans, welche der Rhein bei Basel bil- 
det, vom Einfluss der Murg in den 
Rhein oberhalb Säckingenan bis zum 
Bleichbach unterhalb Kenzingen; 
landeinwärts bis an den Hünersedel 
und die Wasserscheide zwischen 
Donau und Rhein. Ehe der Gau ba- 
disch wurde, zerfiel er in folgende 
Haupttheile: der grössere Theil mit 
Freiburg, Waldkirch, Kenzingen, 
Endingen, Staufen und Breisach 
war östreichisch, der obere Theil 
mit Badenweiler, Kandern, Lörrach 
und Schopfheim bildete dagegen 
das Baden-Durlachische sog. Marg- 
gräfler Land oder die Herrschaften 
Röteln, Sausenberg und Baden- 
weiler; badisch war auch noch die 
alte Marggrafschaft Hochberg mit 
Emmendingen. — Im obern Breis- 
gau waren Maalstätten zu Hagen- 
bach, Kirchheim und Ofnadingen, 





Breisgau. 


im untern zu Theningen an der Elz. 
Von den Herzogen von Zähringen 
kam der grössere Theil des Breis- 
gaues an die Grafen von Hochberg, 
welche denselben 1367 für 55000 
Gulden an die Herzoge Leopold und 
Albrecht von Oestreich verkauften; 
1803 kam der Breisgau an den vor- 
maligen Herzog von Modena, und 
1805 durch den Presburger Frieden 
an Baden. — Im obern Breisgau 
liegt das Wiesenthal, alt. Wisontal, 


mit Lörrach, Schopfheim, Böteln. 


(vergl. dasselbe), ebenso Sausen- 
berg; im untern Freiburg, alt 
Friburch, von den Zähringern ange- 
legt, Name also wohl deutsch, wenn 
man nicht an bri Berg denken will. 
Bei Freiburg liegt die Burg Zäh- 
ringen, alt Zaringa, auf einem 
Berge hinter dem Dorfe Zähringen; 
Name von forr Berg und incha kl. 
Veste, Verzäunung. Zahrten an 
der Treisam, alt Tarodunum, Bach- 
stadt, von fur Bach und dun Ort. 
Waldkirch, deutsch Kirche im 
Walde. Es war ein Kirchlein süd- 
lich von der Stadt, das vor etwa 
hundert Jahren abbrannte, welches 
dem Orte den Namen gegeben haben 
soll, indess kommt der Ort Walt- 
chilcha schon 920 vor. Chilche ist 
heute noch der Volksausdruck für 
Kirche, er kommt vom gäl. keal, 
cheal, was ursprünglich Vorraths- 
haus, Keller, Haus, und erst später 
Kirche bedeutete. Simonswald, 
Waldgebirgsthal hinter Waldkirch, 
von tom Wald und mmwnt Berg. 
Sexau, Thal und Ort, alt Seccho- 
sowa, von sceagh Buschwald, ais 


— 293 — 


Breitenbach. 


Bach und ua Gegend. Siegelau, 
di-gil-aha kl. Bach. Hachborg, 


verdeutscht Hochberg, alte Berg- 


burg, einst Sitz der Markgrafen von 
Hochberg, von acha Wall, Burg. 
Kenzingen, alt Kenzingon, Berg- 
veste von kean Bergspitze und dain- 
gean Veste; über dem Städtchen 
liegen noch die Burgruinen. Riegel, 
alt Riegola amKaiserstuhl, ein alter 
Königshof, von re, ri König und 
keal Roller; Riegel war neben Zahr- 
ten und Breisach in keltischen Zei- 
ten der Hauptort des Gaues. Ach- 
karren, alt Achtekarle, von uchedd 
Berghalde, Aaer Ort und /i klein, 
es liegt auf dom Abhange des Kaiser- 
stuhles, karren gleich caeran, klein 
Dorf. Ihringen am Fusse dessel- 
ben im Feldland, von ire Feld und 
inka kl. Ort. Schafhausen, von 
sceagh Heckenwerk. Endingen, 
alt Endloinga, für ean-taingean 
Wasser-Donjon oder Wasser-Tübin- 
gen, Pfahlburg;; dieanderealte Form 
Endloinga kommt von ean-long 
Wasser-Ort. Der Ort war mit Grä- 
ben umgeben. Amoltern auf dem 
Kaiserstuhl, von e klein, maol Berg 
und tuar Dorf. Sasbach, di-ais 
kl. Bach. Krotzingen, alt Scro- 
zingun, von crota Park und dain- 
gean Veste oder inka kleiner Ort. 
Staufen, Stoufen, Bergburg von 
tob Berg, auf dem noch die Burg- 
ruinen liegen, und ion oder om 
Ort. Heitersheim, von adhras 
Wohnung. 

Breitenbach, häufig vorkommen- 
der Bachname, bedeutetnicht breiter 
Bach, denn dann wäre er ein Fluss, 


Breitenberg. 


zudem sind die betreffenden Bäche 
nicht breit. Braga, das auch bran, 
braht, bracht lautete, heisst im 
Keltischen Bach ; daher die Braht- 
aha in der Wetterau und die 
Brachtbach ebendaselbst, letz- 
tere mündet in die Kinzig; die 
Braychtpag, jetzt Brobbach 
in Nassau; die Precht, ein Zufluss 
der Elz im Breisgau bei Elzach, 
sie durchfliesst das Precht oder 
Prechthal, von brac Thal; dann 
Breitenbrunn bei Dietfurt in 
Bayern, der Breitenbach bei Engel- 
hofen, ein anderer bei Betzingen, 
beide in Würtemberg; Praeiten- 
brunnen in Kärnthen; Breitenau 
und viele andere. Läuft der Bach 
durch Gebirgsland, bezw. durch enge 
Thäler, so kann der Name auch von 
bri Berg und tain Wasser, also Ge- 
birgswasser, abgeleitet werden. 
Breitenberg. Dieser Bergname 
bezieht sich nicht auf breite Berge, 
denn dies sind sie fast alle, sondern 
er kommt vom gäl. Draid Berg. In 
Baden und Würtemberg gibt es ver- 
schiedene Breitenberge, als bei Op- 
penau im Renchthale, bei Künzels- 
au und Ebersthal in Würtemberg, 
daselbst auch ein Dorf Breitenberg. 
Dann Breitwang (Bergpferch) und 
Breithorn (Bergspitze) in der 
Schweiz und Würtemberg; braite 
Wiese, ein Berg bei Derdingen; 
Breitkopf undBreitegg, Berge 
in Salzburg und Steyer; Breit- 
feld (Feld hier von /e/,, bel Fels- 
rand), Bergwald bei Widdern; die 
Breitbank, Berge bei Altheim 
und bei Eutingen; der Breitwa- 


_ m — 


Breith — Bremgarten. 


sen bei Velberg, sämmtlich in Wür- 
temborg. 

Breith, Drath, irisch Richter, 
kommt als Endung von Personen- 
namen vor, z. B. Albret, Albrecht, 
Oberrichter, ein Name, der übrigens 
auch aus Albert, Albrecht, grosser 
Sohn, versetzt wurde; er kann auch 
gr@ser Krieger bedeuten von raid- 
him rüsten, reisen (vgl. Vergobret). 

Bremen, alt Bre-mon, zu deutsch 
Feldort, von bre, bri Feld, hochge- 
legener Landstrich, und man Stätte 
(vergl. Mannheim, Brie, Brabant 
u. 8. w.). Noch älter hies Bremen 
Asca-ling-ion, lat. Ascalingium, 
Wasser-Wiesen-ort; es bezieht sich 
diese Namenaform auf das Bremer 
Werderland. Hier schlug zu Karls 
des Grossen Zeiten der heilige Wil- 
lehad seinen Bischofssitz auf; es 
waren ihm zehn kleine Gaue unter- 
geben, die er aber in zwei, Wigmo- 
dia oder Wümmegau auf dem rech- 
ten, und Lorgau auf dem linken 
Weserufer vereinigte. 

Bremervörde, soviel als Bremer- 
börde, denn dabei liegt auch die 
Lamstedter Börde. Börde als Land- 
schaft bedeutet Viehland, von buar 
Rindvieh und du Land; als Orts- 
name Viehhof, Viehhaus, von buar 
und dae Haus, gleich Borde, alt 
Borda bei Paris. Bremervörde liegt 
an der Oste, nördlich von Bremen, 
und gehörte das Vieh in alten Zei- 
ten dem Bremer Erzstifte. 

Bremgarten, latinisirt prima Gu- 
ardia, Ort im Canton Argau an der 
Reuss, kam 913 an die Grafen von 
Altenburg und dadurch an die von 








Brend — Brenta. 


Habsburg; 1415 wurde der Ort von 
Kaiser Sigismund an die Stadt Zü- 
rich verpfändet,, ebenso wie Mellin- 
gen. Prima guardia bedeutet erste 
Wache oder Grenzposten, vonghear, 
ger, corr Grenze und dae Leute, 
daher auch das franz. garder bewa- 
chen und dasdeutsche Garde; prima 
ist lateinisch, guardia aus dem Kel- 
tischen herübergenommen. 

Brend. Die Brend ist ein Bach, 
der bei Neustadt in die ostfränkische 
Saale fliesst; er entspringt auf der 
Rhön am hohen Kreutzberge. Der 
Name bedeutet Bergwasser, von bre 
Berg und ean Wasser. 

Brenner, Berg in Tyrol, latini- 
sirt brennus, von Dryn Berg; Bren- 
ner von bryn-ar Berg-gross. Die 
Anwohner des Brenner hiessen bei 
den Römern Pregnarii oder Breuni, 
bryn-ui, bezw. braighan-air, bei- 
des Berg-leute. Neben dem Brenner 
gegen Westen liegt der Hoch- 
grind, von grianan Bergrücken, 
und südlich der Wendenberg, 
von beann, Berg oder gmwind Wald. 

Brennus, irisch braine Fürst, 
Hauptmann; so hiess bei den Rö- 
mern der Anführer der Gallier, als 
diese Rom zerstörten. Man könnte 
auch an Brennin König denken, was 
aber kimbrisch ist, und latinisirf, 
Brenninus lauten müsste, im Uebri- 
gon ebenfalls aus brain-an Fürst- 
mann, Hauptmann entstand. 

Brenta, Gebirgsfluss im Venetia- 
nischen, alt Brintesia, von bryn Berg 
und «is Wasser, dasselbe, was Athe- 
sis oder Etsch, nur steht hier statt 
dryn das gleichbedeutende «ish. 


— 205 — 


Brenzgau — Brescia. 


Brenzgau in Schwaben, Augs- 
burger Sprengels, umfasste der 
Hauptsache nach den hohen Land- 
strich nördlich von der Donau, den 
man sonst das Hertfeld nennt, aber 
bis herabzurDonaumit Lauingen, 
alt Lougingen, von /ua Wasser und 
inka kl. Ort, auch po-mo, bi-mo 
kleiner Ort; Dillingen, alt Dilin- 
gen, von di klein und Jong Ort; 
Giengen, voncoichean, Deminutiv 
von coiche Ort, nasal oder schwä- 
bisch ausgesprochen; Heiden- 
heim, von aidhean kl. Ort; Ne- 
resheim, von aras Ort mit vorge- 
setztem n, wie bei Nürnberg, Nori- 
cum; Schneidheim, alt Sneiten, 
von snuadh Bach und om heim; 
Herbrechtingen,Grossbergburg 
von er gross, braighe Bergrücken 
und daingean Veste, Donjon; Fai- 
ningen, alt Faeniana, von /uinne 
Feld und inka kl. Ort; Lonsee, 
alt Adlunam, d. b. an der Luna oder 
jetzt Lontel, Nebenfluss der Brenz, 
Luna von /u-ean kl. Wasser, Lonsee 
gleich /u-ean-dae, Ort am kl. Was- 
ser. Der oberste Theil des Brenz- 
gaues bei Weissstetten hies Flin- 
gau, von biaenhöchster Theil eines 
Gebirges. Der Brenzgau selbst führt 
seinen Namen vom Brenzbach, und 
dieser von Dbre-ean Berg-wasser. 
Gaugrafen waren die Grafen von 
Kyburg und Lechsgemünd, von denen 
die spätern Grafen von Dillingen 
abstammten. 

Brescia oder Wälsch-Brixen, 
lat. Brexia oder Brixia, Stadt zwi- 
schen Verona und Mailand, wurde 
angeblich von dem gallischen Heer- 


Breslau. 


führer (Brennus), der Rom zerstörte, 
neu erbaut, erhielt unter den Rö- 
mern Bürgerrechte, hatte im Mittel- 
alter verschiedene Herrn und wurde 
1426 Venedig unterworfen. Nörd- 
lich von Brescia ist das Trompia- 
thal (druimh, drom Bergrücken) 
mit Eisenwerken, das seinen Namen 
von den tuskischen Trompilinen, 
d. h. den in Bergorten wohnenden 
Zeugschmieden (Jin, lon Ort) führt; 
Hauptort darin Gordone (gardan 
kl. Veste). Die ganze Gebirgsland- 
schaft zwischen der Etsch und dem 
Langensee war übrigens früher tus- 
kisch, so auch das Sabbiathal und 
die Riviera, ein fruchtbarer Strich 
auf der Westseite des Gardasees 
mit Salo und Toscolano; es werden 
jetzt noch hier viele etrurische Ge- 
räthe gefunden. Die alten Brixen 
oder Brixenten, auch Briganten 
waren ein Berg-Volk, von welchem 
sowohl Bregenz im Vorarlberg, 
Brixen in Tyrol als Brescia ihre 
Namen erhalten haben könnten; in- 
doss bedeutet Brescia mit seinem 
alten Bergschloss Brixia weiter 
nichts, als eben Bergschloss, Berg- 
haus, Bergstadt, und zwar die Form 
Brixia von braigh Berg und tio, 
dae Haus, Brixen dagegen von 
braigh und dion oder dun Burg, 
Stadt, und Bres-cia von braiht 
Berg und dae, tio Haus, lauter kel- 
tische Formen, die neben einander 
gebraucht wurden, und wesentlich 
dasselbe bedeuten. 

Breslau, alt Wrazlavia, Brazlava, 
Drazlau, Schlesiens Hauptstadt am 
Einfluss der Olau (e-/ua kl. Wasser) 


— 296 — 


Bresse — Brest, 


in die Oder, in einer sumpfigen Nie- 
derung, daher der Name Wasser- 
schlupf, Wasservoste, von Draht 
(gleich bracht, Braga, Vorstadt 
von Warschau an der Weichsel) und 
liub, loib, leben, Jow, law Stätte in 
einer Wasser- oder Sumpfocke (und 
dies von Ze Stätte undabAh Wasser) ; 
Schlupf, s/ub ist die gezischte Form 
für liub, oder gleich di-Jiub kleiner 
Schlupf. 

Bresse, lat. Brexia, burgundi- 
sche Landschaft, dann sammt Sa- 
voyen zum deutschen Reiche gehö- 
rig, auf dem waldigen Westabhang 
des Jura mit der Hauptstadt Bourg. 
Die Bresse wurde 1501 mitder Land- 
schaft Bugey (Hauptstadt Belley) 
von Savoyen an Heinrich IV von 
Frankreich gegen das Marquisat von 
Saluzzo abgetreten, und bildet jetzt 
das Ain-Departement. Der Name 
bedeutet, je nachdem er von den 
Bergen des Jura oder dem westlich 
davorliegenden Sumpflande ausging, 
entweder Bergland von draighe oder 
braidh Berg- oder Wasserland, von 
brahd Wasser, beide Male mit ia, 
ua Land. 

Brest, Kriegshafen in der Bre- 
tagne, alt Brivates portus, Hafen 
der Leute in der Wassergegend oder 
auch Gesobrivate, Burg dieser Leute. 
Bri von bro, bri Gegend, vat von 
Dais Wasser und es von eis Männer, 
geso von cas, ches Veste. Die Insel 
Ouessant, westlich von Brest, hies 
Uxantis insula, d. h. Oceans Insel, 
von ug, aighe hoch oder tief und 
ean Wasser, also Tiefwasserinsel; 
aus aighean, ughean wurde Ocean. 





Bretagne. 


Auf dieser Insel wird das Altkeltische 
noch am reinsten gesprochen. Eine 
andere Insel Sein (alt Sena, von 
fain Wasser und ua Land, oder von 
di klein und in Insel), war ein 
Hauptsitz der Druiden, mit alten 
Steindenkmalen, wie bei Carnac, wo 
noch an 4000 aufrecht gestellte 
Felsenblöcke vorhanden sind. 

Bretagne, la Bretagne, Land- 
schaft in Westfrankreich, hat ihren 
Namen von den keltischen Britonen 
oder Britten, welche ursprünglich 
in England ansässig, von dort durch 
die Angelsachsen vertrieben wur- 
den; die letztern hatten die Britten 
selbst gegen die ihnen stammver- 
wandten Picten und Scoten zu Hülfe 
gerufen, da sie mit denselben in be- 
ständigen Kriegen lagen. Dies ge- 
schah um die Mitte des 5. Jahrhun- 
derts. Die Bretagne war früher von 
den Armorikern besetzt, einem eben- 
falls keltischen Stamme. Schon zu 
Ende des 5. Jahrhunderts unter- 
warfen sie sich Chlodwig dem 
Frankenkönig. Karl der Grosse hielt 
hier eine Flotte gegen die Normänner. 
Unter Karls Nachfolgern machte 
sich die Bretagne wieder unab- 
hängig, und hatte eigene Grafen 
und Herzoge. Die letzte Herzogin 
Anna ward die Gemahlin Karls VII, 
dann Ludwigs XII, ihre Tochter 
Claudia vermählte sich mit Franz I, 
wodurch die Bretagne 1532 mit 
Frankreich vereinigt wurde. 

Zur Bretagne gehören Rennes, 
früher Hauptstadt der Rhedonen, 
Geburtsort Duguesclin’s (F 1380), 
von rhat Burg und duin Leute, und 


— 297 — Bretenbach — Bretten. 


Carhaix oder Keraes, Geburtsort 
Latour d’Auvergne’s, der also ein 
Bretagner und kein Auvergnate war, 
von caer Ort und eis Leute, also 
beides Stadtleute im Gegensatz zu 
den Landleuten oder Bewohnern des 
bri-tan oder hohen Feldlandes, 
gleichbedeutend mit Brabant. Nimmt 
man Bretagne für bre-ton-ia, 80 
bedeutet es hoch-Wald-Land oder 
Waldland auf der Hochebene. Im 
mittlern Frankreich kommt dem ent- 
sprechend ein for6t de Bretonne, alt 
brotona sylva vor. Die Bretagne be- 
steht in der That meist aus hoch- 
gelegenen mit Gestrüpp bewach- 
senen Haidestrecken; fon oder fwyn 
ist Haidewald, niederer Tannenwald. 

Bretenbach, alt Breitenbach im 
Elsas, deutsch Bergwasser, von bre 
Berg und tain Wasser, oder von 
braht-an Bach-klein.- 

Brett oder Bord, im Kimbrischen 
bwrdd, im Irischen bord, hier so- 
viel als Tafel, Tisch. Cambord, 
krumme Planke, kymr. camfwrdd, 
auch cambotta; Backbord, klei- 
nes Brett, von beaghk klein. Mit 
Bagbord bezeichnet man jetzt die 
linke Seite des Schiffes, mit Steuer- 
bord die rechte. 

Bretten, alt auch Brettenheim, 
Städtchen im Kraichgau, und zwar 
in dessen Unterabtheilung, dem Salz- 
gau. Hier wurde Philipp Schwarzerd, 
gräcisirt Melanchthon, in einem 
Hause am Markte geboren. Name 
von Draidh Berg und dun Ort. In 
der Nähe liegen noch Gochsheim, 
von coiche Wohnstätte, Küche; 
Heidelsheim, athail, astail, 


Breunen — Brie. 


franz. hötel, hohe Wohnung, ais- 
dail; dann Eppingen von aoibh 
Erbgut, Dem. aoibhan, Hilsbach 
soviel als Elzbach, von alt Bach. 
Der Kraichgau war der Grenzgau 
von crioch Grenze, entweder zwi- 
schen Franken und Alemannen, bezw. 
Schwaben, oder in noch früherer 
Zeit zwischen den vom Main her 
andrängenden Alemannen und den 
südlich vom Kraichbach noch eine 
Zeitlang stehen gebliebenen Römern. 

Breunen oder Prognaren, An- 
wohner des Brennerberges in Tyrol, 
namentlich auf dessen Nordseite. 
Beide Namen bedeuten Bergvolk, 
der zweite von braigh bezw. bryn 
Berg und air odergwr, Plural gwyr 
Leute; Breuni von broin Borg, wi 
Leute. 

Breusch, ein Bach, der im Stein- 
thale in den Vogesen entspringt und 
bei Strassburg in die Ill mündet. 
Der Name bedeutet Gebirgsbach, 
von bre Borg und uisge Wasser. 

Briancon, kleine Voste in den 
französischen Alpen an der piemonte- 
sischen Grenze, alt Brigantio, gleich 
Bregenz, von braigh Berg, braighan 
kl. Berg (oder an Leute) und tio 
Haus, also Haus, Burg auf dem kl. 
Berg, oder Burg der Bergleute. 

Brie, der südöstliche Theil Fran- 
ziens oder der Ile de France, das 
heisst des Tertiärplateaus, in dessen 
Mitte Paris liegt. Die Brie ist eine 
durch viele Thalrisse gespaltene 
Hochebene, durch welche eine Menge 
Gewässer, z. B. die Marne der Seine 
zufliessen. In den Thälern ist guter 
Wiesenboden, daher starke Vieh- 


Brieg — Briel. 


zucht; der fromage de Brie ist in 
Paris sehr beliebt. Hauptstadt der 
Landschaft ist Melun; der Name 
Brie kommt von dem gäl. bri oder 
bra Hochebene. Bei Cannstadt am 
Neckar gab es auch eine Bryn, so 
hies nämlich die Ebene um Cann- 
stadt, die jetzt Brag, auch Prag ge- 
nannt wird, was an die Form Bra- 
bant oder Brach-bant erinnert. 

Brieg oder Brig, gälisch brog 
und Drug, versetzt statt Burg, 
kommt in Spanien häufig vor bei 
alten keltiberischen Städtenamen, 
als: Turobriga, Wasserburg, von 
dur Wasser; Mirobriga, Berg- 
burg, von mir, maor Berg; Nerto- 
briga, Starkenburg, von neart 
Stärke, Nerf; Segobriga, von 
teagh Haus, Burghausen; Laco- 
briga, dasselbe, von Zac, loc 
Wohnort; Arcobriga, auch Argo- 
briga, Arrobriga, Herrenburg, von 
eurr, earc Herr; Juliobriga, 
Burg des Julius, wenn nicht latini- 
sirt für 0i/l Fels, dann Felsenburg. 
In Deutschland kommt Brieg als 
Ortsname im Wallis und in Schle- 
sion vor. 

Briel oder Brielle, franz.1a Brille, 
alte Veste auf der Insel Voorno oder 
terre de Voorn (bior-nae oder fuar- 
nae Wasserleute, Franken und nicht 
vorderes Land) an der Mündung der 
Maas in Holland. DerName bri-al be- 
deutet Barg-gross, bri hier versetzt 
für bwr Burg, welches seinerseits 
ebenfalls oft in Brug, Brügge und 
Brücke versetzt wurde. Von dieser 
Burg mögen einst die/uar-nae, Voor- 
ner oder /uar-an, Franken gegen Bel- 








Brienne — Brigach. 


gien ihre Raub- und Eroberungszüge 
gemacht haben, gerade wie von hier 
aus 1572 die Seegensen ihre ersten 
Angriffe auf die Spanier unter Her- 
zog Alba unternahmen. Auf der 
Insel Voorne liegt noch der Ort 
Beyerlant, von buar Rindvieh 
und /ann Schuppen. Als Name einer 
Gegend bedeutet Briel oder Brühl 
grosse Hochebene bri-al, als 
Bergname hoher Borg, von bre- 
al und alsBachname, Broel (Wald- 
broel bei Andernach), Bergwasser 
bre-lua. 

Brienne, alt Breona oder Briona, 
zu dentsch Hügelwohnung, von bdri 
Hügel und ion Wohnung. Die Stadt 
liegt an der Aube, und entstand aus 
einem Bergschloss, jetzt Brienne le 
Chäteau, im Gegensatz zu Brienne 
la ville, welche am Fusse des Hü- 
gels liegt. — Brienz im Berner 
Oberlande, am steilen Brienzer Grat 
gelegen, ist entweder nur die ge- 
zischte Form für Brienne, oder kommt 
von Dri-ean-aidhe Berg-wasser-ort. 

Brigach. Die Breg und die Bri- 
gach, Bäche bei Donaueschingen, 
haben denselben Namen; dreg, 
brag, brah, auch braga, bedeuten 
Bach; bei Brigach wurde noch das 
deutsche ach angehängt, um sievon 
der Breg zu unterscheiden; durch 
ihren Zusammenfluss bei Donau- 
eschingen bilden sio die Donan; die 
Quelle, welche im fürstlichen Schloss 
zu Donaueschingen entspringt, und 
als Ursprung der Donau gilt, ist 
viel kleiner als die Breg und Brigach, 
welche weiter westlich im Schwarz- 
wald entspringen. 


— 299 — 


Brigand — Bristol. 


Brigand, jetzt Freibeuter, ur- 
sprünglich Bergmann, von braighe 
Berg und an Mann. Daher auch die 
Brigiani bei Plinius, und die Bri- 
gen, Phrygen, auch Fregen in 
Kleinasien, desgl. bei Bregenz, Brixen 
und Brescia in oder an den Alpen. 

Brigels, alt Bregelum, Ort in 
Graubündten auf einem Bergrücken, 
alt brigel, bri Berg und keal Zelle, 
Keller, Vorrathshaus. 

Brillonvllle, alt Brillonivilla, Ort 
in Lothringen, deutsch Berghausen, 
von bre, bri Berg und /on Wohnung. 

Brilon, Ort im Sauerlande, Berg- 
wohnung, von bri Hügel und /on 
Wohnung. 

Brink bedeutet im Engerlande 
soviel als Anhöhe, so ein Katten- 
brink an der engerschen Werra und 
dem Begeflüsschen. In Cassel heisst 
ein alter Stadttheil „auf dem Brink“; 
er liegt im Innern der Altstadt et- 
was über dem Ahnebach. Der Name 
kommt vom kimbr. bryn Berg, mit 
angehängtem k, gerade wie dies bei 
Berg bezw. braigh der Fall ist, 
dessen einfachere Form bre, bwr 
oder bar lautet. Eine andere An- 
höhe in Cassel hies der Preul oder 
Breuel, auf welchem jetzt die 
Castinalsgasse nach dem Kratzen- 
berge ansteigt, von Dre Hochfläche, 
al gross, breit (vergl. Brühl). 

Brioude, Städtchen in Frank- 
reich, in den Alpen, alt Bridda, zu 
deutsch Berghaus, von briBerg und 
dae Haus. 

Bristol, Stadt am Avon, alt auch 
Bricgston, zu deutsch Wasserburg, 
von brag, Draht, auch brig Wasser 


Britania. 


(brigach und breg Donauquellen), 
und dolbezw. din, dun Burg, Stadt; 
beides gezischt s/o/, ston, deutsch 
Stein. Der Avon kommt von abhainn 
Wasser. Lag über Bristol eine Burg 
auf einer Höhe, so kann Bris auch 
von braidh Berg herkommen. 
Britania oder Britannia, alt- 
deutsch Bretland. Darunter ist zu- 
nächst England zu verstehen, mit 
Ausschluss Schottlands. Weiter 
kommt der Name vor in der Bre- 
tagne im westlichen Frankreich, 
und ‚endlich wohnten Britanni am 
Ausfluss der Somme in der Picardie. 
Der Name besteht aus Drit-an-ia 
und bedeutet erstlich See-leute-land. 
Brit nämlich ist die weichere Form 
für das kimbrische /rwd Wasser, 
(Phrat, Euphrat). Die härtere ist 
in Frisen oder Fridden übergegan- 
gen. Für die Bretagne muss man 
dagegen eine andere Abstammung 
annehmen, obwohl es Thatsache ist, 
dass ein Theil der Einwohner dieses 
Landes vor den Sachsen aus Eng- 
land sich herüberflüchtete. Dies ge- 
schah aber erst um die Mitte des 5. 
Jahrhunderts nach Chr., und muss 
die Landschaft doch schon vorher 
einen Namen gehabt haben. re, 
bri (Brie bei Paris) bedeutet sowohl 
Berg als Hochfläche, fon ist niederer 
Haide-Wald, darnach wären dieBre- 
tons die Bewohner eines hügeligen 
oder hochgelegenen Haide- und 
Waldlandes. Statt ion Haidewald 
kann man auch tan Land, also 
flaches Bergland herbeiziehen. Vor 
der Einwanderung der belgischen 
Wäleser in England hies dieses 


_ 30 — 


Brixen. 


Dumnonia oder Dumna, d.h. Land 
der Waldleute, von taom, tom, 
tumb Wald und nae Leute; nach- 
dem das mittlere England von die- 
sen Belgen erobert war, blieb Dumna 
blos auf Cornwall sitzen. Dumna 
und breton wären in diesem Sinne, 
d. h. als Waldland, gleichstehend, 
und darnach müsste auch das eng- 
lische Bretland als Waldland erklärt 
werden. Nun bedeutet /aom aber 
auch Wasser, so dass man /aom-nae 
gleich Frisen oder Fridden für See- 
loute auffassen kann; dadurch er- 
hielte die Annahme, dass Britten 
soviel als Frisen sei, eine Stärkung. 
Endlich aber nannten die Angel- 
sachsen, nachdem sie England bis 
zum Severn erobert hatten, die jen- 
seits in den Bergen von Wales gegen 
sie noch in Waffen stehenden Bel- 
gen ebenfalls Brittas, Brettas, 
Bryttas, auch Bretene, latini- 
sirt Britones, und dies bedeutet von 
bri Berg, tan Land und eus oder 
duin Leute soviel als Bergleute, 
Berglandsbewohner. — Aus dieser 
Zusammenstellung ergibt sich, dass 
weitverbreitete, in vielfachen For- 
men vorkommende Namen auch viel- 
fach erklärt werden müssen, trotz- 
dem dass im Laufe der Zeiten 
sämmtliche Formen in eine zusam- 
menschmolzen, wobei ihre viel- 
fache Urbedeutung abhanden kam. 
Die heutigen Wäleser nennen sich 
Brython, ihre Sprache brytho- 
neg-gymruain (britonica-cumbri- 
ca), denn sie gehören zum Stamme 
der Kymbern. 

Brixen, lat. Brixina oder Brixia, 





Brixenthal — Brocken. 


gleich Brescia, von braigh Berg 
und dun Ort (vergl. Brescia). Die 
Brixenten oder Briganten be- 
wohnten das ganze Norithal, nicht 
blos den Ort Brixen; ihr Name 
kommt daher nicht von letzierem, 
aber ebenfalls von braighe Berg 
und an Leute. 

Brixenthal oder Brühsenthal, 
gehörte früher zum Erzbisthum Salz- 
burg, ist aber jetzt mit Tyrol ver- 
einigt, liegt übrigens nicht bei Brixen 
im Norithal, sondern nordöstlich 
vom Zillerthal, das ebenfalls früher 
salzburgisch war, und nordwestlich 
vom Pinzgau. Das Thal begriff das 
Capitel Rattenberg (rhat oder 
rudhan Berg) mit Brixenlek 
(Bergort, von braighe-loc) auch 
Prisslek, von braidh Berg und /oc 


Ort; Thierbach, gleich Turbach, 


von tur Bach; Kundel, grosser 
Wald, voncunt, gwydd, coedWald 
und il gross; Witschenau, Thal- 
gegend von Wergl aufwärts bis 
Brixen, vongwydd Wald, ean Wasser 
und ua Land; Bruck, alt Brixina, 
auch Brixen geschrieben, von braigh- 
ion Bergort. Der Name des Brixen- 
thales selbst kommt entweder von 
diesem braigh-ion, oder direct von 
braighe Berg. 

Brocken. Im Gälischen bedeutet 
braigh oder brugh Berg oder den 
höchsten Theil einer Gegend; der 
Brocken aber ist die höchste Kuppe 
des Harzes; bruighin, Deminutiv 
von bruyh, hat den Nebenbegriff, 
dass auf einem solchen die Feen 
wohnen, denn brugh bedeutet auch 
Burg, bezw. Bergwohnung. Aus den 


— 301 — 


Brögelbach — Brogen. 


keltischen Feen wurden in christ- 
licher Zeit die Hexen, die auf dem 
Brocken oder Blocksberg in der 
Walpurgisnacht zusammenkommen. 
Aillse, deutsch Else, bedeutet im 
Gälischen ebenfalls Fee, daraus 
könnte Ilse, der Name des Baches, 
der vom Brocken herab gegen Nor- 
den läuft, entstanden sein, wenn 
man nicht die nähere Ableitung von 
alt Bach (gleich Elz) vorzieht. 

Brögelbach bei Bekum in West- 
phalen, Bergwasser; bre Berg und 
gil Wasser. 

Brösen, Dorf bei Leisnig in Ober- 
sachsen , ebenso Priesen, dann die 
slavisirten Formen Briesnitz, Priess- 
nitz, sämmtlich Orte auf oder an 
Bergen, deshalb in Priessnitz die 
Wasserheilanstalt der Bergquellen 
wegen; braid bedeutet im Irischen 
Berg, braidan kl. Berg, braid-dun 
Bergstadt, braidan-aidhe (woraus 
Priessnitz) Ort am oder auf dem kl. 
Berg. Nach dem Wendischen er- 
klärt, wäre Brösen Birkenstadt, von 
breza Birke, brezina Birkenwald. 
Geschlossene Birkenwälder gab es 
in alten Zeiten so wenig als jetzt, 
und nach einzelnen Birken mag 
sich schwerlich ein Ortsname gebil- 
det haben, zumal in ältester Zeit 
die Baumarten gar nicht in der 
Weise unterschieden wurden, wie e8 
heute unsere Forstleute thun. (Vgl. 
hierüber die verschiedenen Wald- 
namen.) 

Brogen, Berg im Schwarzwald, 
heisst auch Brogach, vom gäl. 
brughach, hoher Berg, zusammen- 
gesetzt ausbrugh, braigh Berg und 


— — oo — — —— — — 


Brogmann — Bruchsal. — 302 — Bruckberg — Brukterer. 


aighe hoch. Die Wasserscheide des 
Rheins uud der Donau zwischen Vil- 
lingen und Hornberg im Schwarz- 
wald heisst auch der Brogen, das- 
selbe wie Brocken, höchster Theil 
eines Gebirges. 

Brogmann, zunächst so viel als 
Burgmann, denn brog ist versetzt 
Burg oderBerg. Zrugh bedeutet im 
Irischen jetzt noch Palast, Horren- 
haus; die Verkleinerung druighin, 
kleines Schloss; dann bedeutet 
bruighe freier Bauer, wohl des- 
halb, weil dieser ursprünglich nur 
durch Befestigung seines Wohnorts 
frei bleiben konnte; beide Bedeu- 
tungen fallen also zusammen. In 
Friesland hat sich der Name Brog- 
männer bis in die neueren Zeiten 
erhalten, und zwar im Brogmer- 
lande. Der Personenname Brogi- 
mara ist Dienerin des Herrn, von 
maor Diener, maora Dienerin. 
Brogimalus hat gleiche Bedeu- 
tung, von maol für maor. Beide 
Namen auf Iuschriften in Oestreich. 

Bruchhausen, Ort bei Ettlingen, 
desgl. bei Heidelberg, vom gälischen 
brog Haus, Burg. 

Bruchsal, einst Hauptort des zu 
Speier gehörigen Bruhrains, mit 
dem bischöflichen Schlosse, in wel- 
chem jetzt ein Obergericht seinen 
Sitz hat. Kaiser Heinrich III. 
schenkte 1056 die Stadt dem Bi- 
schofConrad von Speier. Bei Brach- 
sal liegt das alte Hardschloss Al- 
tenburg, später bischöfliches 
Jagdschloss. Zum Bruhrain gehö- 
ren noch Langenbrücken, Min- 
golsheim und Kisslau (eben- 


falls ein altes Hardschloss), das von 
dem deutschen Gegenkönige Wil- 
helm von Holland 1249 dem Hoch- 
stift Speier geschenkt wurde, und 
jetzt als Staatsgefängniss dient. Der 
Name Bruchsal ist derselbe wie 
Brüssel, und wird beim Volke auch 
wie dieses, nämlich Brusel ausge- 
sprochen. Brog, brug, brugkh ist 
versetzt für Burg, und sal bedeutet 
gross. Bruchsal hatte bis zum 11. 
Jahrhundert einen königlichen Hof. 
Auch in der Lombardei gibt es 
ein Brusella. Kisslau, in einem 
Sumpfe gais-Ile Wasserstätte, Min- 
golsheim, min klein, keal Vor- 
rathshaus, wenn nicht von giol 
Bach, 

Bruckberg in Bayern, alt Bruok- 
berg, soviel als Brockenberg, von 
braigh oder brugh Berg. 

Brnkterer, alter Name der Be- 
wohner des Boroctragaues (vergl. 
diesen) oder des Hellweges in West- 
phalen; sie nahmen Antheil an den 
Kämpfen gegen die Römer, lieferten 
den Franken Hülfsschaaren gegen 
Kaiser Constantius, wurden aber 
schliesslich von den Sachsen unter- 
worfen, und kämpften mit diesen in 
Attila’s Heer auf den Catalaunischen 
Feldern. Sie traten früher als die 
deutschen Sachsen zum Christen- 
thum über; Beleg, dass sie als Kel- 
ten den Ermahnungen der irischen 
Apostel zugänglicher waren als die 
ersteren, welchen e& sogar gelang, 
die neue Religion wieder gänzlich 
auszurotten, worauf sie von Karl 
dem Grossen zum zweiten Male mit 
Feuer und Schwert wieder einge- 








Brudertheilung — Brugg. — 303 — Bruggeheim — Bruhrain, 


führt wurde. Carl, nördisch Jarl 
kommt von earr-al Herr- gross. 
Die Franken selbst, wenigstens die 
salischen , waren zu einem Theile 
kimbrischen Blutes, daher ihr kirch- 
licher Eifer, der zugleich als Deck- 
mantel für ihre Eroberungssucht 
diente. 

Bruderthellung. In Gallien und 
in den römisch gewesenen Land- 
schaften Deutschlands theilten die 
Kinder das väterliche Gut nach rö- 
mischer Weise; der ältere Bruder 
machte die Theile, die jüngern wähl- 
ten ihre Antheile darunter aus. In 
den Ländern, die nie römisch waren, 
blieb die altkeltische Sitte der Erb- 
theilung, es machte der jüngste 
Bruder die Theile, und die älteren 
wählten. Diese Sitte bestand noch 
im 15. Jahrhundert in Thüringen, 
und im 12. in Wäles. So theilten 
z. B. die Landgrafen Friedrich und 
Wilhelm in Thüringen ihre Lande. 

Brugg, Stadt im Canton Argau, 
mit einer aus Einem Bogen beste- 
henden alten Brücke, welche über die 
hier zwischen den Kalkfelsen sich 
eng durchdrängende Aar führt. Der 
Ort gehörte früher den Grafen von 
Habsburg, nachmals den östreichi- 
schen Erzherzögen, denen er aber 
1415 wegen der dem Papste Jo- 
hann XXIII gewährten Freistätte 
auf Befehl Sigismunds und der 
Kostnitzer Kirchenversammlung von 
der Stadt Bern entrissen wurde. Der 
Name Brugg soll von der Brücke 
herkommen; ob aber der Ort nicht 
schon vor dem Bau einer solchen 
vorhanden war? Jedenfalls bedeutet 


Brugg, Brügge (in Flandern) ebenso 
gut Brücke wie Burg, denn die 
ersten Brücken waren befestigt schon 
wegen der Zollerhebung. 

Bruggeheim oder Brüggen im 
Leinethal unter Alfeld, ein altes 
Castrum, daher der Name, denn 
brugh, bruigh bedeutet im Gäli- 
schen Burg, Fürstensitz. Oberhalb 
Bruggeheim liegt Duingen, dain- 
gean, ebenfalls eine alte Voste, wie 
der Name bezeugt. 

Bruhrain. Der Bruhrain in der 
Pfalz ist das Ufer des alten Bettes 
des Ostrheins, der noch im 6. Jahr- 
hundert bei Rastadt, ja schon bei 
Breisach sich abzweigte, und bei 
Schwetzingen in den Südarm des 
Neckars sich ergoss. Er ist jetzt 
grösstentheils ausgetrocknet, jedoch, 
namentlich bei Bruchsal noch sehr 
bruchig, und bildet bei hohem Was- 
ser langgestreckte Seen. An diesem 
Bruhrain liegen eine Reihe Dörfer 
und Städte, die jedoch nur im frän- 
kischen Gebiete, namentlich soweit 
dasselbe zum Bisthum Speier ge- 
hörte, noch als „am Bruhrain“ be- 
zeichnet werden. Sonst gehörte der 
Bruhrain, als Landstrich aufgefasst, 
zum Kraichgau; er erstreckt sich 
zwischhn dem Hügelland dieses 
Gaues im Osten und der Sandplatte 
des Hardtwaldes im Westen von 
Weingarten über den alten Königs- 
hof Bruchsal, dann über Langen- 
Brücken und Mingolsheim bis gegen 
Wiesloch. Im Gälischen bedeutet 
breoch oder bruach Band, Hoch- 
ufer, dasselbe was Rain; letztere 
Sylbe ist hier die Uebersetzung der 


Brügge — Brühl. 


erstern. Der Name Bruhrain kommt 
für solche Raine oder alte Rheinufer 
auch bei Rastadt, bezw. Sandweier 
als Bruch- oder Brüchrain vor; eben- 


 sobeiHausen undMassenbach. Bre- 


och selbst ist wieder aus Dre Berg, 
Anhöhe und oiche Wasser zusam- 
mengesetzt. 

Brügge, alt Bruge, Brugä, vom 
gäl.brug, versetzt statt Burg, fostes 
Haus. Brügge ist die Hauptstadt 
von Westflandern oder dem westli- 
chen Theile von vlämisch-Flandern; 
der hiesige Bischof war früher Erb- 
kanzler von ganz Flandern. Die 
Brügger waren im Mittelalter eben- 
so reich und übermüthig wie die 
Genter. Im Jahre 14883 lockten sie 
Maximilian, den Gemahl ihrer Lan- 
desfürstin Maria von Burgund in 
die Stadt, setzten ihn gefangen, und 
folterten und onthaupteten mehrere 
seiner Anhänger. Nach vierthalb- 
monatlicher Gefangenschaft wurde 
der Kaiser gegen die härtesten Be- 
dingungen wieder freigelassen. In- 
dess war Maximilians Vater, Kaiser 
Friedrich, mit 15000 Mann Reichs- 
truppen herangerückt, zwang Brügge 
durch Hunger zur Uebergabe und 
lies 40 der Rädelsführer hinrichten. 
Brügge hatte in Flandern nach Gent 
den Rang, die dritte Stadt war 
Ypern, dann kam das freie Land 
mit Ostende. 

Brübl wird gewöhnlich als8umpf- 
land oder Bruch gedeutet, eine An- 
nahme, die aber gewöhnlich nicht 
passt, so namentlich nicht auf den 
Brühl, auf welchem der über der 
Pleisse-Niederung gelegene höhere 


— 304 — 


Brüssel. 


und verhältnissmässig jüngere Theil 
von Leipzig erbaut ist; denn der Ur- 
anfang dieser Stadt ist in einem be- 
festigten Sumpfwinkel, /iub, hart an 
der Pleisse zu suchen; der Brühl 
oder die Strasse „auf dem Brühl“, 
wie man gewöhnlich sagt, liegt 
höher als diese Sumpf-Niederung 
und bildet den Rand einer Hoch- 
ebene, die von hier sich östlich weit 
in das Land erstreckt; bri-al be- 
deutet aber grosse Hochebne. Das 
Weitere s. unter Briel. 

Brüssel (Bruchsal), französisch 
Bruxelles, alte Hauptstadt von Bra- 
bant, jetzt von ganz Belgien; die 
Mundart des Volkes ist hier noch 
vlämisch, wonigstens bei den untern 
Ciassen, während das Französische 
bei den höhern Schichten schon des 
Wallonischen wegen, das wenige 
Stunden südlich von Brüssel be- 
ginnt, stark im Gebrauch ist. Zur 
Zeit der brabantischen Herzoge war 
Brüssel zwar Sitz derselben, dem 
Range nach war aber Löwen die 
erste, Brüssel die zweite Stadt. Seit 
Kaiser Karls V Zeit war sie stets 
Sitz der Statthalter. Eine Viertel- 
stunde von der Stadt nach Südosten 
zu beginnt der Sonje-Bosch, ein 
8000 Morgen unfassender Wald, der 
früher viele Dörfer, Klöster, Abteien 
und Einsiedeleien enthielt, und die 
Sprachgrenze zwischen dem Vlämi- 
schen und Wallonischen bildet. Der 
Name Brüssel kommt wie der. von 
Bruchsal vom gälischen brog, brug, 
brugh, soviel als Burg und sa/gross; 
Brüssel bedeutet sonach Gross- 
Brügge. Der Sonje-Busch ist 





Brummat — Bruno. 


kein Sonnenwald oder sonniger Wald, 
sondern Sonje kommt von for oder 
son Wald, Tannenwald und wa Land, 
ähnlich dem Soonwald auf dem 
Hundsrück und dem Taunus (zu 
deutsch Wald-hoch) im Rheingau. 
Brummat oder Brumt, latinisirt 
Breucomagus, Städtchen zwei Stun- 
den von Strassburg, aber nicht un 
der Breusch, sondern an der Zorn, 
einst Hauptstadt der Tribocker, eines 
zu Cäsars Zeiten hier hausenden 
Stammes, der, wenn er deutsch war, 
die frühern keltischen Orte besetzte, 
und wie im Gau der Nemeter und 
Wangionen, deren Namen beibehielt. 
Ausser Brumt hatte dieser Stamm 
auch noch südlich von Strassburg 
die Stadt Elcebus inne. Der Name 
Tribocker ist keltisch, er kommt von 
dry oder dair Eiche, Wald, und 
bac, boc, buach Bergrücken, wie 
bei Melibokus. Darnach müssen die 
Tribocker auch die vom Rheine 
rückwärts liegenden Waldhöhen be- 
wohnt haben, während die Nemeter 
weiter nördlich mehr am Rheine 
sassen. Brocomagus, Breucomagus, 
Bruomagat bedeutet Breuschfeldort, 
von bruisge Bergwasser (bre Berg 
und uisge Wasser), magh Feld und 
ais Ort, ois Burg (vergl. Borbeto- 
magus oder Worms), Die Form 
Brummat kann auch auf bre-ean- 
modh Berg-wasser-hof zurückge- 
führt werden, und Bruom-agad hat 
als Schluss achadh, was dasselbe 
wie magh, nämlich Feld bedeutet 
(vergl. Eichsfeld und Hagsfeld). 
Bruno gleich draine Anführer, 
brennus. Die ältesten Führer der 
Deutsch-kelt. Wörterbuch, 


— 305 — 


Brunslar — Brsese. 


Sachsen gegen die Franken hiessen 
meist Bruno, d. h. ihr Titel lautete 
also, wurde aber allmälig Eigen- 
name, als die Bedeutung desselben 
bei den Deutschen verloren ging. 
Hildebrand, Hillbrand, Höllebrand 
kommt von giolla-braine und be- 
deutet Gesinde-meister. 

Brunslar, Ort in Hessen, zu 
deutsch Bergtenne, von bryn oder 
broin Berg und Zllawr Platz, 
Tenne. 

Brunst, eine Berggegend an den 
Quellen der Altmühl im Firgundwald 
zwischen Ansbach und Rotenburg; 
von bryn, broin Berg und aith, ais 
hoch, dasselbe was Brand, oben- 
falls häufiger Bergname. 

Bruntrut, franz. Porentruy, Stadt 
im Els- oder Alsegau, einem Theile 
des Leberbergs, im Jura, gehörte 
wie der ganze Leberberg einst zum 
Hochstifte Basel, wurde von 1529 
an, als die Baseler sich reformirten, 
Sitz des Bischofs, und ist jetzt 
Hauptort des Berner Jura. Die 
Sprache der Bewohner ist franzö- 
sisch. Der Name Porentruy kommt 
von bryn, broin Berg und tre, tri 
Ort, Stadt; iry ist eine Abkürzung 
aus treabh, treadh, dreas, daras, 
woher die von den Deutschen ange- 
nommene Form Bruntrut stammt. 
Brun kann übrigens auch von dbraine 
Fürst herkommen, als Sitz des Gra- 
fen im Elsgau. 

Brusson, alt Bruscio, Brustio, 
Fluss in Frankreich, deutsch Berg- 
strom, vom gäl. bri Berg und uisge 
Wasser. 

Brzesc, am Bug, Ort der Fresiti 

20 








Buccinobanten — Buchara. — 306 — 


oder Waldleute, von /ridd Wald 
und sidhe Ort, 

Buccinobanten, Bergrückenbe- 
wohner, latinisirter Name, entstan- 
den aus dDuach Bergrücken, on 
Mann, Leute und bant Feld, Land 
(Brabant, Osterbandu. s.w.). Andere 
leiten den Namen vom lateinischen 
buccina Hirtenhorn ab, und än der 
That mögen die Römer bei dem 
ihnen unverständlichen keltischen 
Namen Buchonia an buccina ge- 
dacht und darnsch den Namen ver- 
unstaltet baben; aber ein V.olk von 
Trompetern!? Rommel in seiner 
hessischen Geschichte zieht, um 
dieser Auffassung etwas Halt zu 
geben, den Trompeterberg bei Wies- 
baden herbei; ebenso denkt: er bei 
den benachbarten Tubanten an die 
römische Tuba. Dubh bedeutet aber 
schwarz, gross, schlimm, und an 
Leute, Tubanten darnach ao viel als 
Alemannen, oder der Name kommt 
von tob Bergkopf, darnach Bewoh- 
ner der auf denselben angelegten 
Bingwälle und Burgen. 

Buch, alt Buah, Buoch, Kub- 
pferch, vom gäl. bocha, buchd, bu- 
ka; Batolfes-buah oder Willigises- 
buah bedeuten Sennerei des Rudolph 
oder des Willigis. 

Buchara oder Bukhara, alsLand- 
name Bergrücken-land, von buach 
Bergrücken und ire Land; os wird 
nämlich die Abdachung des Paro- 
pamisus gegen Norden darunter 
verstanden. Die Stadt Buchara 
dagegen, welche in einer Ebene am 
Kohik-Flusse liegt, und früher 
Baktra hies, bedeutet kleiner. Ort 


“ Buohau. 


von Dbeag klein und fra, dear, dar, 
tuar Ort, oder bei Buchara von by 
klein und caer Ort. — Nach der 
Gegend buach erhielten die Buach- 
air oder Bucharen, Bergrücken- 
männer oder Gebirgsleute ihren Na- 
men, nicht umgekehrt, doms der Berg 
war früher vorhanden als die Stadt 
Bactra; mit dem Volksnamen Bak- 
trer , buach-tir-air Berg-land-leute 
verhält es sich ebenso, denn das 
Volk der Baktrer wohnte nicht blos 
in der Stadt Bactre, sondern im 
ganzen Gebirgslande bis an die Ufer 
des obern Yerken in Hochasien. 
Die Baktrer oder Bucharen spre- 
chen einen persischen (wohl altkel- 
tischen) Dialekt, im Gegensatz zu 
den aus Osten eingewanderten tür- 
kischen oder tatarischen Stämmen. 
Im Uebrigen kann man Bucharen 
auch als Viehhirten auffassen, 
von bwch Kuh und aire Leute; dies 
entspräche ihrer in alten. wie in 
neuen Zeiten anerkannten höhkern 
Cultur gegenüber den benachbarten 
rohen Nomadenrölkern. Der eim- 
heimische Name der Bucharen ist 
Tadschiok, was mit czoch, #oich, 
toisg, Tusken und dem deutschen 
Zeug(-schmied) gleicher. Wurzel ist, 
und auf ihre Kunstfertüigkeit hin- 
weist. 

Buchau, Stadt am Federsee in 
Oberschwaben, zu deutsch Kuhstall, 
Sennerei, vom gãl. buchae, bacha, 
buchau Kuhhaus, und dies von Zu 
Kuh oder beo Vieh und kse, kau 
Hecke, Haag (griechisch oikos). Da 
Buchau alt auch Buchovia benannt 
warde, so könnte man diese Form 


Buchen — Buchenberge. — 307 — Buchheim — Buchhorn. 


als Bog-an, Sumpfau. deuten, von 
bog sumpfig und ua Lend. 

Buchen, Städtchen im Odenwald, 
alt Buah, Buoch, zu deutsch Kuh- 
haus, Kuhpferch, Sennerei, lat. vac- 
caritia, von Deo Vieh, Dumch oder 
bu Kuh, verbunden mit kae Hecke 
oder acha Wall 

Buchenau, Ort im Buchengau 
oder Fuldaer Berglande, bedeutet 
entweder so viel als Buchenbach, 
denn. au, aha ist die alte Form für 
Bach; oder Borggegend, von buach 
Berg, buachan kleiner Berg und ua 
Gegand.: 

Buchenbach im Breisgau, alt 
Buochenbach oder blos Buochbach, 
von di klein und ach, aiche Bach. 
Weidenbäche und Erlenbäche sind 
dentsche Namen, da Erlen und Wei- 
den an Bächen stehen; aber Buchen- 
bäche gibt as keine, so wenig als 
Eichen- und Tannenbäche, denn 
diese kommen nur in trockenem Bo- 
den fort, 

Buchenberge gibt.os einsMenge, 
ohne dass gerade Buchen darauf 
ständen. Der Name kommt vom gäl. 
buach Buck,. Buckel, Bergrücken, 
Deminutiv buachan. In Würtem- 
berg gibt es Buche nnd Buchberge 
bei Waldenburg, Löwenstein, Och- 
senhausen, Schwandorf; dann ein 
Buochberg beiFrickingen nächst 
Markdorf im Linzgau; ferner bei 
Blumberg, desgl. bei Thaingen, beide 


im Kleggau, bezw. bei Schafhausen 


(denn letzteres liegt im alten Kleg- 
gau); Buch am Ahorn, und Win- 
adischbuch in Baden; Buchberg 
in Glarus, Bugenborg, Bogen- 


berg, am Bogen in Bayern, 
desgl. in Oestreich; dann ein Ort 
Buchenberg bei Eglisau nächst 
Schafhausen. Weiter kommt buac 
vor in Melibokus und im Lande der 
Triboker, auf dem Kochersberg am 
Rande der Vogesen, westlich von 
Strassburg. Weiter der Schön- 
buch zwischen Stuttgart und Tü- 
bingen; ein Buchenberg. in Hessen 
hies alt Buchmar oder Buchemar, 
von mar gross (wie Collmar,, von 
coll Hügel, oder Marburg grosse 
Burg oder Berg). Buchenberge gibt 
ea weiter bei Kempten und bei Bubs- 
beim; bei Lehningen nächst Pforz- 
heim ist ein Büchelberg und ein 
Buchrain; bei Bretten ein Büchel- 
berg, bei Elsauz im Kraichgau ein 
Büchen-buckel, 

Buchheim soviel als Buehen oder 
Buchau, Kuhpferch, Sennerei, von 
bocha.(vergl. Buchau u. 8. w.). 

Buchkolz, alt Buchult, nieder- 
deutsch Bochalt, Bockholt, in 
Franken Büchold, alt Buchelede, 
vom gãl. bugail, buachail Kuh- 
hirten-hütte, Schäferhaus, von bu 
Kuh, cald, gald, gioll Knecht und 
dä Haus. 

Buchhorn, alt Puochihorn, Ort 
im Linzgau am Bodensee; er heisst 
jetzt Friedrichshafen. Buchhorn war 
Maalstätte des Gaues und einer der 
Wohnorte der Linzgauer Grafen, die 
andern Grafen sassen auf dem Hei- 
ligenberg und in Pfullendorf. Von 
den Grafen von Buchhorn stammten 
die Grafen von Bregenz und Winter- 
thur, und der Abt von St. Gallen, 
Burkhard der Ungeborene und Geb- 

20 * 


Buchonia — Buchsgan. 


hard der Heilige, Bischof von Con- 
stanz. Nach dem Aussterben der 
Grafen von Buchhorn kam die Stadt 
an die welfische Grafschaft Altdorf, 
wurde aber schon unter den schwä- 
bischen Kaisern reichsunmittelbar. 
Der Name Buchhorn (Puochihorn) 
bedeutet Bergveste, vom gäl. buach 
Buckel, Bergrücken und caer, corr 
Ort, Veste, Deminutiv caeran, 
choran. 

Buchonia, altdeutsch Buohunna, 
auch Buchband. Das Land der Buki- 
nobanten, aus welchem die ersten ale- 
mannischen Gefolgschaften hervor- 
gingen. Es stand zu des römischen 
Kaiser Julians Zeit unter Makrian, 
und reichte des letztern Gebiet vom 
Fulderland bis herab an den Main. 
Er führte Kriege mit dem römischen 
Kaiser Valentinian und wurde von 
seinen Nordnachbarn, den Hessen, 
in einem Kriege gegen dieselben 
erschlagen. Der Name bedeutet 
Bergland, Bergvolk, vom gälischen 
buach Buck, Buckol, Berg. Der be- 
nachbarte Vogelsberg kommt von 
buach-il grosser Buckel; das bi 
wird oft in f verschärft. Hessen 
bedeutet ebenfalls Bergland oder 
Höhenland, Hügelland, von aithin, 
aisin kleine Bergkuppe. 

Buchsgau oder Buchesgau, der 
Ostabhang des Jura bis zur Aar, 
von Solothurn abwärts bis an den 
Zusammenfluss der Aar und Reuss; 
er gehört jetzt zum Canton Solothurn, 
Hauptort desselben ist Olten. Pa- 
rallel mit der Aar läuft hinter der 
vordersten Jurakette das Balzthal, 
das zwar zum Buchsgau gehört, 


— 08 — 


Buck — Buckigan. 


gewöhnlich aber Schwarzbubenland 
genannt wird. Hauptort darin Bal- 
stall. Der Name Buchs- oder Buches- 
gau kommtwie der des Buchengaues 
an der Fulda von buach Borgrücken; 
Balsthal von da’, bel Felsenberg. 
Buches kann auch von buches, was 
Sennerei, Kuhpferch bedeutet, her- 
kommen ; beide Erklärungen passen 
auf die Gegend. 

Buck, Berg bei Kombs unterhalb 
Basel; der kalte Buck bei Coblenz 
am Ausfiuss der Aar in den Rhein 
im Argau; daselbst auch der Hor- 
nissbuck; das Gebück, Hochrand 
des Taunus gegen den Rheingau, 
sämmtlich von buach Bergrücken. 

Buckenhbeim, Ort in Deutsch- 
Lothringen an der Saar, auch 
Bockenheim, Bockenem genannt, 
französisch Bouquenom, wurde mit 
Saarwerden vereint und von den 
Franzosen dann Sarre-union getauft. 
Der Name kommt wie bei Bocken- 
heim nächst Frankfurt und Bocke- 
nem, alt Bukenem bei Hildesheim 
vom gäl. beay klein und gan Veste, 
woran, als die Befestigung ver- 
schwand und ein einfaches Dorf 
übrig blieb, in deutschen Zeiten 
heim gehängt wurde. Bucking- 
ham, alt Buccingaham in England 
dasselbe, nur steht hier "statt gan 
die gleichbedeutende Form dainge- 
an, finga, Donjon zwischen bi klein 
und ham oder heim eingeschoben. 

Buckigau, jetzt das Bückeburger 
Land, sammtder Grafschaft Schauen- 
burg oder Schaumburg. Der Gau 
liegt auf der rechten Seite der 
Woser an der westphälischen Pforte, 


Buda. 


und besteht aus mehreren waldigen 
Bergrücken, daher der gälische 
Name Dbuach Bergrücken, buachi 
Bewohner dieses Borgländchens. Als 
Karl der Grosse 775 von Orheim an 
derOcker, wo dieOstfalen mit ihrem 
Herzoge Hessi sich ihm unterworfen 
hatten, nach der Weser zurückging, 
kamen die Häupter der Angarier in 
pago Bucki zu ihm, und unterwarfen 
sich ebenfalls. Dann ging er über 
die Weser zurück, stiess zu dem 
dort zurückgelassenen Theile seines 
Heeres, welcher von den-westlichen 
Sachsen angegriffen war und schlug 
diese bei Hlidbeke. (Zua-di klein 
Bach), jetzt Lübbeke in die Flucht, 
Im Buckigau liegen Apelern, alt 
Apuldrun, y-bual-der-ion der-Was- 
ser-klein-Ort; Algesdorf (alt Al- 
blokesdorf bei Rodenberg, y-bial- 
lok, bezw. alt-ches Wasser-Veste; 
Pohle, alt Padlo, gleich Pöhlde, 
Pferdehaus, von peall Pferd und 
dae Haus, oder blos kl. Ort bo-Ile; 
Vehlen bei Obernkirchen, alt Vel- 
dae, wohl dasselbe, was Pöhlde, 
peall-dae; Obernkirchen (alt 
Ovorankerken), deutsch und wohl 
erst in christlichen Zeiten angelegt. 
Ob die Gegend an der Weser von 
Hausbergen bis Oldendorf zum 
Buckigau oder zum Osterwaldgau bei 
Rinteln gehört habe, ist zweifelhaft. 
Buda, Budin, angeblich slavischer 
Name für Pesth; er ist aber keltisch 
und kommt von biklein und a, da, 
dae Haus, Hütte, Dach, bezw. din 
Burg. Im Keltischen wurde aus Dbi- 
dae die contrabhirte Form bmwih, 
budh Hütte, im Deutschen Bude, 


— 309 — 


Buddha, 


oder im Riesengebirge Baude, Senn- 
hütte, im Französischen boutique ; 
an der untern Donau Widdin, kl. 
Veste; letzterer Name kann indess 
auch, weil an der Donau gelegen, 
gwy-din Wasser-burg bedeuten. 
Buddha bedeutet nach der gäli- 
schen Sprache der Gute, von baoth 
oder buidhe gut und dae Mann, ge- 
rade wie im Deutschen Gott, God, 
guot ebeffalls der Gute ist, im 
Gegensatz zum Bösen, dubk-il, 
Schwarzen, Grossen oder Teufel. 
„Butje oder Budje in de See“, 
wie es in dem bekannten Volks- 
mährchen heisst, ist der gute 
Wassergott; die Inder stellten ihren 
Buddha auch als Wassergott in 
Fischgestalt dar. — Buta ist auch 
ein alter Mannsname, ebenso Buto» 
Bodo, er bedeutet dasselbe, nämlich 
guter Mann, oder auch tapferer 
Mann. Buddha lautete im Slavi- 
schen Bud, Buh, Boh, Boch, 
Bog, er war Herr des himmlischen 
Firmaments, des Lichtes und Feuers, 
wie bei den Deutschen Thor und 
Wodan. Budte war bei den Letten 
die Wachende, Weockende, mit 
dem Attribut der Sonne oder Bud- 
dhas, desErweckten. Im Slavischen 
bedeutet Bud das Wecken, im Indi- 
schen Bodhana dasselbe. Die wei- 
chere Form von budh oder baoth 
gut ist wut, wod, wit, keltisch 
gnwydd oder fod wissen, daher Wo- 
dan der wiss-Mann oder der Weise; 
bei den Slaven stand Swatowit 
gleich Swatobuh. Aus vit wurde 
St. Veit, zu welchem heutzutage 
noch im Schwarzwalde die Mägde 


Buddha. 


Abends beten: „Heiliger St. Vit, 
weck mi uf zu rechter Zit" Bud- 
wiega hies im Slarischen auch Ge- 
richtsversammlung, weil der Gott 
der ‘Weisheit bei deren Eröffnung 
angerufen wurde. — Der Buddha- 
dienst ist heute noch über einen 
grossen Theil Mittel- und Südasiens 
verbreitet, namentlich in Birma, wo 
auf 5 Millionen Einwohner hundert- 
tausend Buddhapriester oder Bonzen 
kommen, welchenach Art der Mönche 
unverheirathet in Klöstern zusam- 
menwohnen und den Unterricht des 
Volkes in Händen haben. Der Grund- 
gedanke des Buddhismus ist die 
Seelenwanderung, wie sie auch 
in Deutschland vorherrschend war, 
ehe sie durch das Christenthum 
verdrängt wurde, welches an Stelle 
der persönlichen Existenz vor und 
nach dem jetzigen Leben nur die 
Fortdauer nach diesem Leben, nicht 
aber die Praeexistenz lehrte, was 
jedenfalls ein logischer Widerspruch 
ist; denn was einmal ist und bleiben 
wird, muss auch vorher etwas ge- 
wesen sein, sei 68 in dieser oder 
jener Form; aus Nichts wird Nichts. 
Die Buddhisten sollen übrigens 
heute noch Menschenopfer bringen, 
um die bösen Dämonen zu versöh- 
nen; denn der Begriff Buddha, guter 
Gott, hat einen Bösen als nothwen- 
digen Gegensatz, wie bei den Par- 
sen Ormuzd den Ariman. In allen 
Naturerscheinungen sehen die Bud- 
dhisten das Walten der Götter, wie 
dies m ähnlicher Weise alle alten 
Völker thaten, ja unser deutsches 
Volk bis heute noch. Der Name 


— 300 — 


Budenheim — Bugey. 


Bonzen ist zasammengesetst aus 
boh Gott und an Mam, für bo 
lautet im Keltischen die schärfere 
Form fo Fürst, auch fo-an Fürsten- 
mann, vornehmer Mann; bei den 
Chinesen Foi, welcher den Buddha- 
dienst, d. h. die altkeltische oder 
alt-arische Beligion nach Chins 
brachte. 

Badenheim, kleiner Ort, von bi 
klein und dun englisch town Stadt, 
gleich Bodendorf, Buda u. 8. w. 

Bug, Fluss in Volhynien, griech. 
Hypanios oder Hypanis. 8lavische 
Gelehrte behaupten, der Bug sei 
den Slaven heilig gewesen wie der 
Ganges den Indern, und bringen 
deshalb den Namen Bug mit bog, 
Gott, zusammen. Dass ein Fiuss 
aber Gott genannt worden sei, ist 
schwer anzunehmen, eher wird Bug 
aus dem keltischen baile Wasser, 
entstanden sein, oder aus Bi-oich 
kl. Wasser im Gegensatz zur Weich- 
sel. Hypanis ist eine gräcisirte Form 
für abhain, abhuinn Fluss. Aus 
dieser sicher keltischen Form er- 
gibt sich, dass am Bug Kelten ge- 
sessen haben; gaben sie ihm aber 
den einen Namen, so wird wohl 
auch der andere von ihnen herrüh- 
ren. Der Name Volhynien, des 
Landes, in welchem der Bug ent- 
springt, steht gleich Dua}-an- ia 
Fiuss-Leute-Land oder Bug-kanäs- 
bewohner. . 

Bugey, burgundische Grafschaft 
auf dem Wostabhang des Jura, 
wurde durch die Horzoge von Sa- 
voyon erst von Burgund abgetrennt, 
und dann mit der Bresse von den- 


Buggensegel — Büchenbronn. — 3il — 


selben 1601 an Frankreich gegen 
das Marguisat von Saluzzo in Ligu- 
rien ümgetauscht. Der Name Bugey 
ist Bergländ, von buäch-ia; der 
Hauptort Belley hies alt Bolika oder 
Bellika, er liegt an der Rhone, und 
wird deshalb von dial Wasser und 
loc, luik Ort abzuleiten sein, oder 
auch, wenn er aus einer Burg über 
der Rhone entstand, Felsenort, be/- 
/uik. Im Jura liegt Nantua, 'alt 
Nantuacum, später Nantuatis cella, 
Zelle eines Nantua; da Nantes in 
der Bretagne seinen Namen von den 
Nemetern führt, so wird Nantua 
wohl dasselbe bedeuten, nämlich 
Heiligenort, von naomh heilig und 
acha Veste oder ac Adjectivform, 
dem Heiligen gehörig; somit das- 
selbe, was Nantuatis cella. Soys- 
sel, latinisirt Seyselum oder Sesse- 
iam kommt von sadhail Wohnsitz, 
altdeutsch Sedel, jetzt Sessel. 
Buggensegel und Wirrensegel, 
zwei Dörfer bei Meersburg am Bo- 
densee, alt Buggensegil, anch Büg- 
gensedel; segil kommt vom gäli- 


schen feaghail Haus, sedel von | 


sadhail Sitz, Sessel, d.h. Wohnung. 
Bucken kann aus Burkhard zusam- 
mengezogen sein, oder kommt von 
buachan Bergrücken. 

Büchelbach bei Sasbachwalden 
in der Ortenau, desgl. im Bühler- 
thal, dann Bühlbach bei Lermos in 


Tyrol, sämmtlich vom gäl. bi-gil | 


kleines Wasser. 

Büchenbronn, Ort im untern 
Schwarzwald, vom gäl. bi klein und 
oiche Wasser; Bronn, Brunnen ist 
die Uebersetzung von Di-oiche. 


Bächig — Bill. 


Büächfg, Ort bei Bruchsal, so viel 
als Buehen, bDuchae, Kuhpferch. 

Büchold, Ort in Franken bei 
Arnstein, alt Buchelede, Buhhnlidi, 
zu deutsch Kuhhirtenhäus vom gäl- 
bu-gail oder. bua-chail Kuh-hirt 
und dae, da Haus. Bocholt in West- 
phalen, Buchholz in Oberdeutsch- 
land bedeuten dasselbe. | 

Bückeburg, alt castrum Bucke- 
borch, Stadt im alten Buckigau, 
wurde 1180 von einem Sohne Hein- 
richs des Löwen an das Kloster 
Obernkirchen übergeben. Derselbe 
hatte es wahrscheinlich als Mitgift 
seiner Frau aus dem Geschlechte der 
Grafen von Schauenburg erhalten. 
Name 'gleich Berg-burg von buach 
Bergrücken. 

Büderich, alter Königshof bei 
Wesel, budh-y-righ Hatıs des Kö- 
nigs; statt budh auch bu-dae Kuh- 
haus des Königs, königl. Melkerei. 
Das franz. boutique kommt dagegen 
von bi klein und Zigh'"Tlaus, Dach. 
Ein anderes Büderich liegt bei Werl, 
alt Boderiki, ebenfalls Königshof. 

Büdesheim, Ort in Rheinhessen, 
desgl. in Oberhessen, alt auch Bu- 
dinsheim, Budensheim, von bi klein 


‚und /as bezw. dun Ort. 


Büdingen, Städtchen östlich von 
Dietenhofen in deutsch’Lofhringen, 
wird von den Franzosen Puting ge- 
schrieben, Di-daingean kl. Burg. 

Büll, ein in Nordfriesland häuf- 
ger Ortsname, der im Dänischen 
Bolle und Beulle lautet, im Kelti- 
schen baile Ort, balla Wall, Veste, 
im Griechischen polis Stadt, im 
Französischen ville, im Deutschen 


Bümplits — Bulgaren. 


Weil oder Weiler. — Als Bergname 
steht Büll gleich Bühel, Büchel, 
Buckel, buach-il. 

Bümplitz oder Pimpininga, lat. 
Pimpiniga, Ort in der alten Pipin- 
schen Grafschaft im Oberargau, Solo- 
thurn gegenüber, soll seinen Namen 
von Pipin führen und Pipinshaag be- 
deuten. Das alte Schloss Bipp im 
Jura wirdauch von Pipin hergeleitet, 
bi-bin kleinerSohn (daher Pipin der 
Kurze), und ka Haag. Die Form 
Bümplitz ist aus Pipinaidhe entstan- 
den; aidhe, Ort wurde auch im Sla- 
vischen stets in itz umgewandelt. 

Bürgel, Ort bei Offenbach am 
Main, alt Bergilla, Bergele, Pargil- 
lum, Birgilum, zu deutsch Wasser- 
haus, vom gäl. bior Wasser und 
keall Haus, Keller. 

Bürgeln auf der Höhe, bei Kan- 
dern, alt Burgilon, vom gäl. peir- 
kioll, Spitze eines Hügels; auf einer 
solchen liegt Bürgeln. 

Büttelborn, Ort bei Darmstadt, 
alt Budelborn, Boddelborn, Budil- 
burn, von bi klein und di-lia Bäch- 
lein, Quelle; doppelte Verkleinerung. 

Bukowina, flaches Bergland auf 
dem Ostabhange der Karpathen; 
Name von buach Bergrücken und 
ion Land, Boden. 

Bulgaren, ein hunnisches, später 
aber von den Slaven, welche erst 
von ihnen unterjocht worden waren, 
beinahe ausgerottetes Volk an der 
untern Donau, wobei die Slaven 
aber den Namen der Bulgaren bei- 
behielten; derselbe ist keltisch und 
kommt von bailc, bulc Wasser und 
aire Mann. Die Namen Wolga, 


_ 31 — 


Bullaun — Bullingen. 


Baikalsee kommen von demselben 
bailc. Indess könnte der Name Bul- 
garen auch vom kelt. bo/y Fürst, 
Herr abgeleitet werden. Als Donau- 
anwohner bedeutet Bulgar dasselbe 
wie Awar oder Ab-ar von abh 
Wasser, wie Ungar oder Hunne, 
von ean Wasser, und Finne von 
buinne Wasser, lauter Bezeichnun- 
gen für Fischervölker. 

Bullau, Wald- und Main-Bullau 
im Odenwald, alt Bul-aha, Bulla; 
dann der Bühlbach bei Mittel- 
fischach in Würtemberg ; Puolbach, 
jetzt Pullach in Bayern, sämmt- 
lich von Dual, Dial Wasser, woher 
auch der Name der Fulda und hun- 
dert andere Bach- und Flussnamen ; 
im Französischen bouillir kochen. 
Das Deminutiv von dual lautet gä- 
lisch Dualog, zusammen bulg, daher 
der Bulgenbach bei Thiengen; 
Bolnbach, alt Buollendbach in 
Hessen, von dem anders geformten 
Deminutiv bualan. 

Bulle, Ort in der Westschweiz, 
gleich Beulen, vom gäl. balla oder 
bulla Bollwerk, franz. boulevard, - 
und dies von bail, polis Stadt und 
dem deutschen Werk. 

Bullingeu oder Bullangen, fran- 
zösisch Boulange, Ort in der früher 
zu Luxemburg gehörigen Vogtei 
Dietenhofen, jetzt zu Frankreich ge- 
hörig, liegt westlich von Dietenbofen 
auf der deutschen Sprachgrenze. Die 
Endung angen statt ingen ist im 
ganzen Westrich, namentlich aber 
im Luxemburgischen und an der 
Saar üblich, wie ungen in Thüringen 
und Hessen, ing in Bayern, ong oder 


Bukolos — Buochs, 


onk in den Niederlanden, und engo 
in der Lombardei. Die Bedeutung 
von Bullingen ist gleich Bollingen, 
kl. Ort, von bailean, Dem. von bail 
Stadt oder Wasserhaag, bual-inka. 

Bukolos . bedeutet im Griechi- 
schen Viehhirt; das Wort kann in- 
dess aus dem Griechischen nicht er- 
klärt werden, denn bus bedeutet 
wohl Vieh, aber kolon Speise und 
nicht Hirt. Im Kymrischen ist bu- 
gail, im Gälischen buachail Kuh- 
hirt, von bo Kuh und gille, giolla 
Knecht. Daraus geht hervor, dass 
die Kelten in Griechenland die ersten 
Viehhirten hatten, sonst wäre deren 
Name nicht in der spätern Weiter- 
bildung bezw. Mischung der Sprache 
beibehalten worden. 

Bun bedeutet im Slavischen Berg, 
beann, binn, bann im Keltischen 
dasselbe. 

Bunow, Flüsschen in Mähren, 
alt Bunov, von buinne Fluss mit 
als Vebersetzung angehängtem aha, 
awa oder owa. 

Buochen, alter Hauptort des 
Entlibuches im Canton Luzern, be- 
deutet Kuhpferch, Sennerei, vom 
gäl. buah, buoch, bochä, buchä. 
Endli ist kleines Wasser (ean- li), 
darnach Entlibuch, Sennerei an der 
kleinen Emme. Von dem Orte Buo- 
chen, jetzt gewöhnlich Entlibuch 
genannt, erhielt das ganze Thal den 
Namen. 

Buochs am Vierwaldstättersee 
im Canton Unterwalden, gleich buah, 
buoch Kuhpferch, von bu Kuh und 
kai Pforch. Das s am Ende von 
Buochs mag von fae Haus, her- 


— 513 — 


Burbach — Burgau. 


kommen, also Pferchhaus, Kuhhaus. 
Boekenried, welches bei Buochs 
liegt, bedeutet wohl das Feld, wel- 
ches zur Sennerei gehörte, von bu- 
ach, buak und reidh Feld. 

Burbach, Bach bei Wolfach im 
Schwarzwalde, alt Eburinbah, vom 
gäl. e klein und bior Wasser, De- 
minutiv biorin, burin ; Eburin ent- 
hält eine doppelte Verkleinerung, 
Burbach dagagen keine. 

Buren, häufig vorkommender 
Ortsname, gleich Beuern, von buar 
Hornvieh und ion Ort; also Vieh- 
stall, Viehpferch, Molkerei. Häufig 
steht der Name des Besitzers voran, 
als Perehtoldes- puron oder Bert- 
holdsbeuren. 

Burg, bwrg, bmwr bedeutet im 
Keltischen dasselbe was im Deut- 
schen. Die Namen Burgdorf, 
Burgheim, Burghausen sind 
gleichbedeutendeDoppelsylben, denn 
Burg steht im Keltischen auch gleich 
Dorf, Heim oder Hausen, bezog sich 
aber zunächst auf einen Berg-wall, 
Ringwall oder Berghaag, bar-acha, 
bar-cha, Barka, von bar Borg 
und acha Wall, oder bei der Form 
Brieg bri Berg und ka Haag. 

Burgau, Städtchen und Gau in 
Oberschwaben zwischen der Iller, 
der Donau und dem Lechfelde; der 
nordöstliche Strich dieses Gaues 
zwischen der Donau und dem untern 
Lech hies der Fahlagau, von bla 
flach, Blachfeld. Der Burgau ge- 
hörte zum Bisthum Augsburg ; spä- 
ter wurde er eine Marggrafschaft, 
welche sich südlich bis Boos und 
Schwabeck ausdehnte, In diesem 


Burgan. 


Gau liegen unter anderem die Be- 
sitzungen der Familie Fugger, na- 
mentlich Kirchheim, dann Baben- 
hausen, wo eine fürstliche Linie 
residirt, Glött, wo die Grafen von 
Fugger-Glött hausen, Weissenhorn, 
das den Grafen von Fugger-Kirch- 
heim gehört, dann Wellenburg, 
Biberbach, Boos u. s.w. — In der 
im 9. oder 10. Jahrhundert gestif- 
teten vormals reichsunmittelbaren 
Augustinerabtei Wettenhausen liegt 
der 1283 gestorbene letzte Graf von 
Burgau, Heinrich, begraben. Das 
Städtchen Günzburg, römisch- 
keltisch Gantia, am Einfluss der 
Güng in die Donau, gehörte früher 
zur fürstl. Abtei Kempten. Guntia 
bedeutet Veste von gann, 68 war 
ein Römercastell gegen die Deut- 
schen. Wettenhausen ist Wald- 
hausen, von gwydd Wald, alt We- 
tenhusen. Wellenburg, von bai- 
lean kleine Burg, baile, polis, Burg, 
Stadt. Boos, pis, pos, pus Wald, 
oder bi-ais kleiner Ort. Baben- 
hausen wie Babenbarg, Di-benn 
klein Borg, lat. Vi-aca castra von 
aighe Höhe and bi klein. Schwab- 
ock, alt Sua-becke, sua Bach, nie- 
derdeutsch beck, gleich Schwabach 
im Nordgau. Der Name Burgau, 
alt Burgawe oder Burgow als Gau- 
name mag wohl die Aue, d.h. der 
Gau bedeuten, welcher zu der Burg 
gehört; der Ort Burgau kann aber 
diesen Namen erst in deutschen 
Zeiten erhalten haben, denn Burg- 
guu als Ortsname gibt keinen Binn, 
er scheint auch in alten Urkunden 
nicht als Ortsname vorzukommen,; 


— 354 — Burgdorf — Burgunder. 


wahrscheinlich hies er in keltischen 
Zeiten einfach Burg, kymrisch dwerg ; 
oder man muss eine ganz andere 
Bedeutungannehmen, nämlich bDuar- 
ca Bindviehpferch; c# lautet im 
Keltischen auch cau. Biberbatch, 
bi-bior klein Bach; Chelminzen, 
lat.-kelt. Cölius Mons, gäl. col H6- 
gel oder cu? Befestigung; Aldtt, 
giolaid Bach ; Weissenhorn hies 
in römischen Zeiten Venam-axodu- 
ram, zwei Appellativa, die dasselbe 
bedeuten, Ven-am Wasserort, von 
ean und om; Axodurum, von wisge 
und fuaran Dorf; die Römer ver- 
schmolzen beide Namen in einen. 
Weissenhorn kommt von einer drit- 
ten keltischen Form, uisge-caer, 
oder carr, wiederum Wasserort be- 
dentend. Finningen, lat.-kai. Pi- 
niana castra, von /uinn Feld und 
ka Haag. Agawang, Bergpferch, 
von aighe hoch und fand Pferch. 
Horgau, von earg Wasser und ka 
Haag. Jettingen, von aidhean 
kl. Ort; Thannhausen, von den 

Burgderf, am Ausgange des 
Emmenthales im Canton Bern, war 
Hauptort einer Grafschaft, die als 
Reichsiehen im Besitze der Herzoge 
von Zähringen Bich befand, welche 
als Regenten von Kleinburgund auf 
der Burg oder dem Bergschloss bei 
Burgdorf wohnten. Burg, kelt. bwr- 
ka bedeutet Bergveste, und Dorf ist 
entweder die Uebersetzumg' von ka 
oder acha Veste, oder bezieht sich 
auf das bei der Burg entstandene 
Dorf. 

Burgunder, Burgundiones bei 


Bürgander. 


Piimius, Bourgountoi bei Ptolemäus, 
Borgandii bei Ammianus, und spä- 
ter gewöhnlich Bargundi; daneben 
aber auch die Formen Boutonntoi 
und Bontones bei Strabo. Aus 
der Doppelform Bour und bou er- 
gibt sich die Bedeutung dieses Volks- 
namens, denn buar bedeutet Horn- 
vieh tınd beo, bu Kuh. Buar-gund- 
dae sind Vieh-wald-leute, und Bou- 
ton-toi, bu-ton-es dasselbe, denn 
gund sowie fon bedeuten Wald und 
dae, ui, eus, es Leute; es waren die 
Leute, welche in den Thälern und 
Wäldern des Riesengebirges bis zur 
Weichsel hin ihr Vieh weideten. 
Plinius nennt sie eine Unterabthei- 
lung der Vindili (oder Vanda- 
len); wind oder gmwind ist aber 
Wald, und i} gross; also wieder Be- 
wohner des grossen Waldes. Ihre 
Nerdnachbarn waren die Semno- 
nen in den Spree- und Havel- 
Waldungen, von faom Wald; ihre 
Ostnachbarn dieGothen, von coed 
Wald, gezisecht scoed, woher der 
Name der Skythen. — An den 
Karpathen, den Burgunden’ benath- 
bart,' sassen die Gepiden (giub- 
dae Kieferwaldleute oder Waldleute 
überhaupt), deren König Fastide 
die Burgunden besiegte und dea- 
durch gegen Westen oder Süden 
trieb, wie Jornandes erzählt. (Fas- 
tida bedeutet edler Mann, von vass, 
uas edel, adelig und dae Mann.) 
Erst erschienen Burgunden und 
Vandalen an der Donau, wo sie 
gegen Kaiser Probus fochten, dann 
von Gothen im Osten gedrängt, am 
obern Main, wo sie mit den Ale- 


— 35 — 


Burgunder: 


mannen in Kampf gerietben, und 
schliesslich ein Jabrhundert lang, 
(ungefähr von 289 — 870 nach Chr.) 
sitzen blieben. Zosimus und andere 
Griechen nennen unter den Völkern, 
welche mit den Gothen im Kampfe 
lagen, Urugunden oder Wuru- 
gunden, Formen, die mit ur, aor 
hoher Berg, also mit Bewohnern 
hoher Bergwälder erklärt werden 
können, was wieder auf das Riesen- 
gebirge hinweist. — Kaiser Valen- 
tinian regte die Main- Burgunden 
um 370 nach Chr. gegen die Ale- 
mannen am untern Main und Neckar 
auf, wo diese unter Hariobaudus 
(Herbod, ar Krieg, baoth gut, tapfer) 
undMakrian (machegriech. Kampf 
und air Mann) mächtige Reiche ge- 
gründet hatten. Die Burgunden, an- 
geblich 80,000 Mann stark, gelangten 
bis an denRhein, 412 hatten sie bei 
Mainz feste Sitze, während die Ale- 
mannen, südlich gedrängt, in das 
Eisas weiter vorgerückt waren. Um 
diese Zeit rief der Burgunder- 
könig Guntiar (@unter, Wald- 
mann, gund-air) im Verein mit dem 
Alanenkönig Goar (cu-eir Held- 
Mann) den Jorinus zum römischen 
Kaiser aus, denn beide waren in 
römische Dienste getreten mit ihren 
Schaaren von Alemannen und Fran- 
ken. — Von Mainz aus, welches da- 
mals Mundiacum hies, Mainburg oder 
Grossburg, moin-teayh, drangen die 
Burgunden weiter westlich, wurden 
aber um.435 von dem römischen 
Feldherrn Astius geschlagen und 
wieder dessen Botmässigkeit unter- 
worfen. Bald darauf, 451, fiel 


Burgunder. 


Gundikar mit einem grossen Theile 
seiner Leute gegen die Hunnen in 
einem Engpasse der Haardt. Das 
tragischo Ende dieser angeblich 
10,000 Mann starken Schaar ist im 
Nibelungenliede nach Ungarn ver- 
legt. Um dieselbe Zeit traten die 
Burgunden zum Christenthum über, 
erst zum Arianismus, dann zum 
Katholicismus, und erlangten, vom 
Rheine verdrängt, 443 durch die 
Römer neue Sitze in Sapaudia (Sa- 
voyen) angewiesen. Die betreffende 
Stelle in Tironis Chronic. ad a. XX 
Theodos. II Ronc. 1, 754 lautet: 
Sapaudia Burgundionum reliquiis 
datur cum indigenis dividenda, d.h. 
Savoyen wurde den Resten der Bur- 
gunder mit den Eingebornen zur 
Vertheilung gegeben; darnach wurde 
das Land sammt den Einge- 
bornen an die Burgunden ver- 
theilt, letztere wurden als Kriegs- 
leute die Eigenthümer, die Einge- 
bornen, d. h. die Kelten ihre Unter- 
gebenen. Ausden deutschen Landes- 
eigenthümern entstand der Adel, der 
aber allmälig im keltisch-romani- 
schen Volke wieder verschwand. 
Von Savoyen aus eroberten die bur- 
gundischen Kriegsieute mit ihrem 
keltischen Tross die westliche 
Schweiz, soweit als ihnen dies die 
von der andern Seite her vordrin- 
genden Alomannen gostatteten. Das 
burgundische Reich (nicht das Volk) 
erstreckte sich in jenen Zeiten süd- 
lich bis zum Pass von Aosta und 
bis in die Provence, gegen Westen 
in die Auvergne, im Norden bis So- 


— 316 — 


Burgwald. 


Im Innern waren ihrer Herrschaft 
unterworfen Lausonna (Lausanne), 
Genus (Genf), Lucdonon (Lyon), 
Vienna und Aquae (Aix). Schliess- 
lich (534) wurden die Burgunden 
unter ihrem König Godemar von 
den Franken besiegt und ihr Reich 
zerstört, und die erst den Römern, 
dann den Burgunden unterworfenen 
Kelten wurden jetzt Untergebene 
der Franken. Der Landschaft an der 
Saone verblieb indess der Name Bur- 
gund, und zwar Grossburgund, im 
Gegensatz zu der Westschweiz, 
welche Kleinburgund hies. Bei dem 
Auseinanderfallen des fränkischen 
Reiches entstand ein zweites bur- 
gundisches durch den Grafen Boso 
von Vienne, Schwager Karls des 
Kablen, welches aber bald an das 
deutsche fiel, wodurch eine Zeitlang 
die Grenzen dieses Reiches bis an 
die Sevennen ausgedehnt wurden. 
(Veorgl. Arelat.) Schliesslich kam 
Grossburgund Stück für Stück an 
Frankreich, Kleinburgund an die 
Schweiz. 

Burgwald, ein hoher Waldstrich 
in Oberhessen zwischen Wetter 
einerseits und Rosenthal und Bau- 
schenberg andererseits. Ob der Wald 
früher zu einer Burg gehörte, etwa 
zu Bürgeln am Einfluss der Ohm in 
die Lahn, wie der Name andeuten 
kann, oder ob Burg für bwr Berg 
oder borr gross zu nehmen, bleibe 
dahingestellt. Der Bergzug gehört 
zur Sandsteinformation, die hier in 
einer vom Grauwackengebirge offen 
gelassenen Bucht sich absetzte. Der 


lothurn und Busuntius (Besancon). | nordöstlich vom Burgwald liegende 


Burier — Bursibant. 


Kellerwald besteht aus Grauwacke, 
und erhebt sich 2000 Fuss über die 
Meeresfläche, ist also der höchste 
hessische Berg nach dem Meissner. 
Kellerwald ist keltisch, von coille 
Wald und ar gross, denn mit einem 
Keller steht er in keinerlei Be- 
ziehung. 

Burler, alter Name der Bewoh- 
ner des Wald- und Wiesenlandes 
an den Oderquellen, im heutigen 
Kuhländchen ; Name vom gälischen 
buar Rindvieh und ae Leute, also 
dasselbe, was Bauern und Bayern; 
Bur-gund mag Viehwald bedeuten, 
von buar- und cunt, gmwydd Wald, 
und könnten darnach die Burgun- 
der, welche in der That am Riesen- 
gebirge zu einem mächtigen Volke 
heranwuchsen, mit den Buriern 
gleichbedeutend sein ; bor bedeutet 
indess auch gross, desgl. Berg, dar- 
nach bwr-gund grosser Wald oder 
Bergwald. 

Bursibant, ein Gau in Wost- 
phalen, der spätern Grafschaft Bent- 
heim entsprechend, an der Vecht 
und der Ems. Der Gau ist nörd- 
lich, westlich und theilweis südlich 
von Mooren umgeben, enthält selbst 
aber gutes Weideland, daher der 
Name, der soviel ist als Börde 
(von buar Hornvieh und du Land). 
Buar-dae gezischt bursi sind 
Viehleute; bant bedeutet Bezirk, 
Gau, daher Bentheim dessen 
Hauptort, alt Bentem oder Bent- 
om Bezirksort. Rheine, alt Hreini, 
von rheann Bach und nae Leute. 
Lingen, von Jong, lang, ling Ort, 
Dorf. Emisburiun, Emsbeuren, 


— 317 — Burtanger Moor — Burzenland. 


Wiesen-Viehstätte, von imnis Wiese, 
buar Rindvieh und ion Stätte, Ort. 

Burtanger Moor, auf der Grenze 
Hannovers gegen Holland, zwischen 
der Ems und der Mussel; Name von 
bior Wasser, tan Land und er gross, 
Grosswasserland, Moor- oder Moos- 
land. Auf der Westseite der Mussel, 
welche das Westerwoldeland durch- 
fliesst, liegt der Mussel-Bruch, 
von Mus, Moos gleich Moor, und il 
gross. Der Name Moos für Bruch- 
land kehrt wieder in dem Gaunamen 
Mooswithi, d. h. ein Moorwald 
in Ostfalen, und im „Moos“, womit 
verschiedene- Moorgegenden Süd- 
deutschlands, z. B. bei Freiburg am 
Kaiserstuhl bezeichnet werden. Moor 
selbst ist verwandt mit muir Meer. 

Burzenland, das von Hoch- 
gobirgen umschlossene Ländchen in 
Siebenbürgen, in welchem Kronstadt 
liegt. Der Name, slavisch aufge- 
fasst, bedeutet finsteres, rauhes Ge- 
birgsland, von Bor finsterer Wald, 
bury dunkel, burza Sturm, yora 
schlechtes Wetter, Winter, daher 
auf dem Karst der rauhe Wind Bora, 
lat. boreas Nordwind; Porewit 
war der’ Wintergott, Sturmgott, 
Kriegsgott der alten Slaven, im 
Gegensatz zu Harewit oder Ja- 
rewit, dem Frühlingsgott und Ru- 
gowit dem Sommergott. Diese drei 
zusammen bildeten die slavische 
Dreieinigkeit, den Triglaus, in 
welchem der alleinige Brama oder 
slarische Suatowit sich individuali- 
sirte. Die Idee von dem Triglaus ist 
der indischen analog, während der 
Dualismus in Bielbog und Czer- 





Buschir — Buseck. 


nobog (d.h, dem guten oder wei- 
sen, hellen Gott, und dem schwar- 
zen Nachtgott) mit der paraischen 
Auffassung harmonirt. Beide An- 
schauungen durchkreuzten sich bei 
den Slaven, doch neigten die west- 
lichen mehr dem persischen, die 
östlichen mehr dem indischen My- 
thus sich zu, was als eine An- 
deutung verschiedener Stammes- 
mischungen aufgefasst werden kann. 
Aus dem Keltischen erklärt sich in- 
dess Burzenland einfacher, bwr ist 
Berg und /an Land, das Ländchen 
ist in der That rings von Bergen 
umschlossen, aber weder finster 
noch vom Nord- oder Ostwinde 
heimgesucht, weil es gerade durch 
seinen Gebirgekranz vor solehen 
Winden geschützt ist, Mit dem Sla- 
vischen kommt man bei der Erklä- 
rung alter Namen, trotzdem dass 
sich Schaffarik, Dobrowsky, Kopi- 
tar, Kollar, Hanusch, Palazky und 
Andere unendliche Mühe gaben, 
nicht weiter als mit dem Deutschen. 

Buschir, Stadt mit Hafen am 
persischen Moerbusen, auch Bu- 
schehr, alt Abuscohehr, von abh 
Wasser und caer Ort, gesischt in 
schehr umgewandelt. 

Buseck, alt Buches- Eichede, 
letstores deutsch aufgefasst gleich 
Eichengebüsch am Meikpistz, denn 
das kimbrische Duches heisst Melk- 
platz, von bu Kuh oder beo Vieh, 
und ches oder kas Einfriedigung, 
Bingwall, Burg. Eichede kann aber 
auch vonachaidhWohnung kommen, 
gerade wie Bucheswio, Dorf am 
Melkplatz oder da, wo das Vieh ein- 


— 318 — Busenbach — Buttelstadt. 


gepfercht wurde. Buseck kommt, ab- 
gesehen von dar alten Form Buchas- 
Eichede, die selbstständig nebenher 
lief, von pis Wald und achaidk 
Wohnung. 

Busenbach, Dorf bei Ettlingen, 
Busenborn bei Schotten in Ober- 
hessen, Busenbronnen zu Kinsel- 
tkum in Rheinhessen, vom gälischen 
baisean, Demin. von bais Wasser. 

Busencais, Ort im nördlichen 
Frankreich, alt Bosentiacas, d. h. 
teaghas (Häuser) am baisean (kl. 
Bach). 

Bussendorf, franz. Bouzonville, 
Städtchen iu deutsch Lothringen 
an der Nied, gehört jetzt, wie der 
ganze Niedgau, zu Frankreich. 
Bussen gleich baisean kl, Wasser, 
Nied, | 

Butel und Bödel; letzteres 
niederländisch, Hausrath, kymrisch 
bwytal Lebensmittel, gäl. beedil, 
Abgabe von der Verlassenschaft, 
das letztere bedeutet anch das alt- 
deutsche Wort der Butel, Büttel 

Butjadingen, das halb-inselar- 
tige Land zwischen der. Weser und 
dem Jahdebusen, bedeutetzu deutsch 
Meerland oder Meerbuchtland,, vom 
gäl. bath, badh, bodh Bucht und 
iath, ialhin Land, Ländchen. Aus 
bath, buth ist das deutsche Busen, 
Meerbasen geworden; der boihnische 
Meerbusen zwischen Finnland und 
Schweden kommt von der Deminutir- 
form bodhan, bodkin, bedeutet also 
kleiner Busen. 

Buttelstadt und Buttstedt, Orte 
im Thäringen; letzteres von bodh 
Hütte, ersteres von budnail, Daid- 





Buxtehude — By. 


heal grosse Hütte. Der Ort Butten- 
feld gehörte dagegen urkundlich 
einem Baddo oder Bodo, kann also 
nicht von bodk Hütte abgeleitei 
werden, Hüttenfold gäbe auch kei- 
nen passenden Sinn. 

Buxtehude, Bucstadin infrüharen 
Zeiten. Buxte ist Buches-tae, Melk- 
platz-Ort, Hude (Weide) ist die dent- 
sche Uebersetzung davon; Buches 
kommt von bw, beo Vieh und ches, 
cas eingezäunter Ort, Viehpferch, 
auch Burg. Buxtehude liegt auf der 
Grenze des Heilan- und Moadeganes, 
nordwestlich von Harburg; os war 
erst ein Kloster, das zum Bisthum 
Verden gehörte. Die Stadt ist jünger 
als das Kloster, und hies anfangs 
novam oppidum prope Buxtehude, 
während das Kloster Altkloster bios. 
Dieses letztere wurde 1197 vom den 
damals dort wohnenden Edlen von 
Buxtehude gestiftet. 

By ist eine häufig vorkommende 
Eindung von Ortsnamen im Jütischen, 
sie wird altjütisch buy geschrieben 
und bedeutet Baustelle (kelt. babn 
Umzäunung). Nach der Besetzung 
eines Landes vertheilten die Ge- 
meinden unter ihre gleichberechtig- 
ten Genossen den jeder derselben 
zugefallenen Landstrich oder ihre 
Gemarkung derart, dass jeder Bonde 
(keltisch deinn) oder Bauer (bu-air 
Viehbesitzer) zuvörderst einen Buy 
erhielt, um eins Wohnung zu bauen 
und zu umzäunen; dazu eine Toft, 
eine Tiefe oder Weidestelle für sein 
Vieh und eine Forthe oder Foorthe, 
d. h. einen Fahr-Weg, um zum Bau 
gelangen zu können. Das Ackerfeld 


— 419 — 


By. 


wurde erst in grössere Gewanne 
(jüt. Wang, kelt. Dan) nach dessen . 
Beschaffenheit vertheilt, und von 
jedem Wang erhielt jeder Bonde 
ein Loos (jüt. Lodder) oder Schift 
(Skift, Gift, Mitgift, Gabe).. Die Ei- 
genthümer der Loose hiessen Lods- 
eiere (Loosmänner, von air Mann) ;\ 
Haiden, Moore und Waldungen blie- 
ben Almend (Alminning), dessen 
Nutzung allen Gemeindemännern 
freistand ; das Eigonthum aber wurde 
dem Könige zugeschrieben. Daraus 
entstanden später die Reichsforste. 
Bei den südlichen Stämmen fand die 
Landvertheilung in gleicher Weise 
statt, wie schon Cäsar und Tacitus 
berichten. Das Ackerland bezeich- 
neten die Römer als Arvum (kelt. 
ara-pen oder ara-ban Pflug-land), 
die Almend als Ager. In Schleswig 
wird bei Wegevertheilungen noch 
heute in der angegebenen Weise 
verfahren. Ein Buy sammt Toft, 
Foohrde, Loos und Mitbanutzungs- 
recht der Almend hies einBohl oder 
Bol (kelt. deil, lat. villa oder man- 
sus, etwas Ausgemessenes, süd- 
deutsch Hufe, Hof, von aoidAh). Die 
Hufen waren ursprünglich gleich 
gross, und würden, falls sich ein 
Bonde benachtheiligt glaubte, mit 
einem: Reif (Read kelt. rAeb) neu 
vermessen; dies hies Beaifmessen 
(Beebmathe, Reifmaass oder Resb- 
deling, Reiftheilung). Von einem 
Bol oder Hofe konnten einzelne 
Theile nie bleibend getrennt wer- 
den, und jeder Hofbesitzer hatte 
das Recht, solche Theile zurückzu- 
fordern und einzulösen, Dies Recht 





By. 


war unverjährbar. Die Höfe waren 
zu allen öffentlichen Lasten pflichtig, 
als Lething, d.h. Heer- und Orlogs- 
(See)dienst, dann zu Stuth, d. h. 
Steuern, und Inne, d. h. Fuhren 
und Arbeiten. Der Eigenthümer des 
Bol hies Bonde oder Adelbonde. 
Der Gegensatz des Bonde war der 
Lanste (isländisch Landseti, dänisch 
Landbo), welcher ein Bol in Feste 
oder Pacht hatte. — Auf dem Buy 
lagen das Wohnhaus, gewöhnlich 
der Südseite zugekehrt, die Scheu- 
nen auf den Seiten, wenigstens bei 
den Jüten, daher die Namen Ostor-, 
Norder- und Westerscheune. Beiden 
Angeln und Friesen war in der Be- 
gel Alles unter einem Dach; die so- 
genannte altsächsische Bauart ist 
die altanglische; sie sächsisch zu 
benennen, scheint unrichtig, inso- 
forn als der sächsische Stamm in 
Niedersachsen blos der herrschende 
wurde, die Bauart aber schon in 
keltischen Zeiten feststand. Die 
Tofte oder Haustofte waren der aus- 
schliesslichen Benutzung des Bonden 
anheimgegeben, die Foohrte durften 
aber nicht verbaut werden, und 
blieben allen Gemeindegliedern zur 
"Benutzung offen. DieWangen wurden 
nach gemeinsamem Uebereinkommen 
bebaut, ebenso die Ruhe- und Acker- 
jahre und der Fruchtwechsel be- 
stimmt. — Jedes By bildete dem- 
nach eine Feldgemeinschaft (Fälled- 


_ 0 — 


Byblus — Byzanz. 


skab), im Jütischen Grandelaug, im 
südlichen Schleswig Bondelaug ge- 
nannt, im Sächsischen Bauerlag. 
Der Vorsteher der Dorfgemeinde 
hies sächsich Oldermann (Aelter- 
mann), jütisch Grandevogt, die Ver- 
sammlung der Dorfbonden Grande- 
stevne. — Von Fälledskab (Feld- 
schaft) waren ausgenommen die 
Stufenländereien ,‚ nämlich die Son- 
derkäufe (Särkjob), die aus der Ge- 
meinschaft ausgekauft waren, dann 
Ornum, Land, das von Alters her 
nicht zur Feldschaft gehörte und 
besonders eingezäunt war, und Kir- 
chenstufland zur Unterhaltung der 
Gotteshäuser. Alles Stufland war 
steuerfrei bis 1802, 

Byblus, Seestadt im nördlichen 
Syrien, jetzt Djaebbehl ; kleine Stadt 
vonbiklein und baile Ort, griechisch 
in bipolis umgewandelt; Djaebbehl 
steht gleich di-bail; di bedeutet 
gleich Di klein. 

Byzanz, alter Name für Constan- 
tinopel, oder Constantinsstadt, Con- 
stantino-polis; dy bedeutet im Gä- 
lischen klein, und cean Berg- oder 
Land-Spitze, heutzutage das goldne 
Horn, auf welchem das Serail liegt, 
und welches den Hafen von Byzanz 
vom Marmormeer scheidet. Wem 
diese Erklärung zu poetisch er- 
scheint, der kann Byzanz gleich 
Besangon, Vesuntium als di-sun oder 
bi sunnadh kl. Voste auffassen. 





Cadh — Cadobre. 


— 3211 — Cadrius mons — Cadusen. 


Ü 


Cadh bedeutet im Gälischen hei- 
lig, catha der Gottesdienst, daher 
Cathalon, jetztChalons, Heiligen- 
stadt (/on Wohnort). Ob der Volks- 
name Catten von cadh heilig, das 
heisst der Priesterkaste unter den 
Hossen, entsprechend denpersischen 
Katuren, wie die altmedische 
Priesterkaste hies, oder von caid 
Höhe, Hügel herkommt, diese Frage 
löst sich dadurch, dass die Priester 
auf den Höhen ‚wohnten oder da- 
selbst ihreOpfer verrichteten. Hes- 
sen steht mit Katten nicht gleich, 
denn es kommt von aith, was in- 
dess ebenfalls Höhe bedeutet, 

Cadix, Cadiz, alt Gad-es (gaid 
Wasser, aisOrt), tyrische Colonie in 
Spanien, eiwa1100 vor Christus an- 
gelegt, zu derselben Zeit, wie Utica 
(aiteach) in Afrika, also früher denn 
Karthago. Die Phöniken nannten 
den Ort Gaddir, von gaid und fir 
Land oder tuar Ort, auch Kar- 
teja, von caer, gard Stadt und 
ia Landschaft. Damit bezeichneten 
sie indess das ganze Land am untern 
Baetis oder Guadalquivir, welches 
sonst auch Turdetania, Wasser- 
leuteland hies (vergl. Tartessus). 

Cadobre, alte Grafschaft an den 
Quellen der Piave oberhalb Belluno 
im Venetianischen, hies alt Catubria, 
Comitatus Cadober, italienisch valle 
di Cadore. Der Name Cadober be- 
deutet Waldberg, von coed Wald, 
bre Berg und ia, als Anhängsel, 

Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


Land, Gau. Piave, alt Plavis, von 
bilkleinundabA Wasser. DerHaupt- 
ort hies ebenfalls Catubria oder 
jetzt Cadore ; ausserdem liegen darin: 
Boutelstein, Potestagno, italie- 
nisirt von bi-tut kleiner steiler Berg 
oder Fels; Ampezzo, alt Ampez, 
amhain-aidhe Wasserort; Cartina, 
kleiner Ort, von caer, gard, cor 
Ort, Dem. gardan. Der Pass von 
Cadobre nach dem Pusterthal heisst 
der Höllenstein (oill Fels), er geht 
über die Julischen Alpen; julisch 
ist einem Julius zu Ehren romanisirt 
für oill, Felsenalpen; sie heissen 
auch beim Volke die Kreuzberge, 
entweder weil an Stelle eines römi- 
schen Donkmals auf dem collis Vic- 
toriae ein Kreuz errichtet wurde, 
oder Kreuz steht statt cruadh Fels, 
so dass also der Begriff Fels in Ca- 
dobre (Berg), im Höllenstein, in den 
Julischen Alpen und in den Kreuz- 
bergen wiederkehrte. 

Cadrius mons, zu deutsch Kö- 
nigsberg, von caith oder cad Berg 
und ri, righ (rex) König. Es lag 
eine Königsburg darauf. 

Cadusen. Zu Kyros Zeiten, also 
fünf- bis sechshundert Jahre vor 
Chr. wohnten auf der Südwestseite 
des Kaspischen Meeres zwischen 
dem Araxes und dem Amardusflusse 
die Cadusier, ein Bergvolk, von caid 
Berg und eus Mann. Die von dem 
Perser Firdusi als medische Priester 
bezeichneten Katuren kommen da- 

21 


Caen — Caesar. 


gegen von cadh heilig und air 
Mann, während die Krieger Asga- 
ren hiessen, Speerleute, asA-air. 
Asgartia, das in den Keilschrif- 
ten von Ninive als eine medische 
Festung erwähnt wird, welche von 
Dejokes mit siebenfachen Mauern 
umgeben und selbstverständlich mit 
einer starken Besatzung von Asga- 
ron belegt war, kann als ask-air- 
tio Bpeer-leute-Ort aufgefasst wer- 
den; aber ebenso gut als as-gard 
hohe Burg. Da das spätere Echa- 
tana (aighe-badhan, hoch-Wohn- 
stätte) ebenfalls im Lande der Ca- 
dusen lag, so hält man beide Städte 
für die nämliche. 

CGaen, Hauptstadt der untern 
Normandie an der Orne (alt Olina). 
Der Nume Caen oder Kaan, gälisch 
gann, bedeutet wie Gent, Voste, 
Es war eine Wasserveste und hies 
deshalb bei den Kelten Viducas- 
808, d. h. Sumpfvestebewohner, von 
feath, fith Sumpf (vergl. Federsee), 
cas Veste und ais Mann. Die En- 
dung kasser kommt bei den Armori- 
kern oder Meeranwohnern Nordfrank- 
reiches öfter vor, als Bajokasser bei 
Bajeux, Eliokasser beiBouen, Duro- 
kasser bei Dreux, lauter Bewohner 
von Wasserburgen, von bi-aa, e-lia 
und dwr, Bach, kl. Wasser; Troyes, 
alt Tricasses, mag dagegen Wald- 
burg bedeuten, von dair, dri Wald. 
Urne ist entstanden aus eargan 
kl. Wasser, Olina aus y-/u-ean 
das kl. Wasser. 

Cäre, alte Stadt in Etrurien, vom 
kimbrischen caer Stadt. 

Caesar. Aosar bedeutet in fast 


— 32 — Caesia sylva — Calabrien. 


allen altkeltischen oder arischen 
Sprachen soviel als Gott, auch 
Fürst, Herr (vergl. Aesar), darnach 
C-aesar kleiner Gott, Halbgott, von 
90, ci, ca klein; Caesar stammte 
aus dem Geschlechte der Julier 
oder der Fremdlinge, von aile, eile 
fremd , hellen fremder Mann, eil-ui 
fremde Leute. Oil} Fels, also Fel- 
senbewohner, Bergbewohner liegt 
weniger nahe, man müsste denn 
eins solche Burg namhaft machen 
können. 

Caesia syiva, latinisirte Form 
für coedWald, zu deutsch Cottwald. 
Da coed kein Eigenname, sondern 
ein Appellativ, wie allealten Namen 
ist, so kann man die Sylva Caesia in 
jedem Wald oder Waldgebirge su- 
chen, und deren gibt es im nord- 
westlichen Deutschland, namentlich 
in Westphalen, die Menge. Spruner 
setzt die Caesia sylva zwischen Ed- 
der, Diemel und Ruhr, also in das 
heutige Sauerland, Andere suchen 
sie bei Coesfeld (zu deutsch Wald- 
ort) im westphälischen Flachlande. 
Der Wald wird in den Kriegen der 
Römer gegen die Cherusker mehr- 
mals genannt. 

Cahors im Quercy im südwestli- 
chen Frankreich, alt Cadurci ; aus die- 
sem Cadurci ist sowohl Quercy als 
Cahors entstanden. Letzteres liegt 
auf einem Felsen am Lot, daher der 
Name caid hoch und ur, or Berg. 
Ein anderer Name der Stadt war 
Divona, Heiligenort, vom kymri- 
schen duw, dev heilig und ion Ort. 

Calabrien, Gebirgslandschaft in 
Unteritalien, Sicilien gegenüber. 


Calais — Caledonien, 


Name von gall Fels, y oder a am, 
bior Wasser und ia Land, Meer- 
folsenland; abr vielleicht auch für 
apre, asper rauh. 

Calais, vom gäl. cala Hafen und 
aidhe Ort, also Hafenstadt, einst 
Hauptstadt des „wiedereroberten 
Landes oder des pays reconquis“, 
so genannt, weil os 1558 den Eng- 
ländern, die eg 211 Jahre besessen, 
wieder entrissen wurde. Eduard III 
von England hatte es 1346 erobert. 
Zu diesem Landstrich gehört auch 
Guines, von Siegfrieddem Dänen, 
ersten Grafen von Guines erbaut. 
Dann Ardre oder Bredenarde, wo- 
von das meist noch vlämische Bre- 
denarder Land den Namen trägt; 
das Land gehörte ursprünglich zu 
Flandern, kam aber zeitweise unter 
dänische oder normännische, dann 
wie bemerkt, unter englische und 
schliesslich unter französische Herr- 
schaft. Der Name cala Hafen lau- 
tet im Spanischen Calao (bei Lima 
in Peru), an der Küste Nordafrikas 
Kalle, ebenso in Portugal, wo 
Porto früher Cale-dae hies, d.h. 
Hafenleute. 

Calaus, alter Bergname in Frank- 
reich, von gal Fels und aith hoch. 

Caledonien, zu deutsch Felsen- 
. gebirgsland, vom gäl. gal Fels, dun 
Berg und iaLandschaft. Caledonien 
ist der älteste Name für Hochschott- 
land. Den Gegensatz hiezu bildet 
Niederschottland, das meist aus 
Feldflächen besteht, daher deren Be- 
wohner Majatai, Feldleute hiessen, 
von magh, maj Feld und dae 
Leute. 


— 23 — 


Calenberg — Calmit, 


Calenberg oder Kalenberg, ein 
verfallenes Schloss im Deisterwald 
am rechten Ufer der Leine. Es war 
vormals fürstliche Residenz, und 
von ihm hat das Fürstenthum Kalen- 
berg, in welchem die Stadt Hanno- 
ver liegt, seinen Namen. Letzterer 
könnte einen kahlen Berg bedeuten, 
keltisch heisst co} Hügel, wie collis 
im Lateinischen, Deminutiv colan. 
Calbach (in Hessen) dagegen 
kommt von gil oder giol Bach, und 
wurde früher Keulbach oder Keyl- 
bach geschrieben. 

Calle, Flussnamen in Frankreich, 
alt Calla, von göl, giol, gol, gäl, 
gal Bach und /a, lu klein. Im 
Deutschen ist daraus Gille, Mist- 
jJauche geworden. 

Callidromos, Berg in Thessalien, 
von gall Felsen und druim Rücken. 


‚Daher im Deutchen der Drom, der 


Drömling, arabisch oder chal- 
däisch das Dromedar. 

Calmit, der höchste Berg der 
pfälzer Hardt in der Nähe von Neu- 
stadt. Am Rande der Ebene gegen 
den Rhein hin bei Ilbesheim liegt 
noch ein Hügel, der Calmit heisst. 
Der Name ist eine andere Form für 
callBerg, oder gall Fels, und mwnt 
(mons) Berg, also Felsberg. Bei 
Schinznach im Argau liegt ein 
Kalmberg; Kalbbergo bei Ba- 
den im Oosgau, bei Kirchheim am 
Neckar; die Kalbe am Meissner, 
ein Felsenvorsprung, Kilben bei 
Niederweningen im Argau, Kilpen- 
steige im Schwarzwald. Oberhalb 
Wertheim liegt der Berg Kall- 
mutt, gewöhnlich als calvus mons 

21* 


Caluga — Cambern. 


erklärt; kahl ist er allerdings, aber 
kall bedeutet Fels, mutt ist mons. 

Caluga, Ort bei Bassano in Ober- 
italien, und Galugg in Rhätien, bei- 
des von 90, ga klein und loc Ort; 
in Russland gibt es eine Stadt Kaluga. 

Calw, Stadt in Würtemberg im 
Würmgau oder Wiringau, alt Calava, 
Chalawa, von calb, vorspringender 
Berg. Die Burg bei Calw liegt auf 
einem Bergvorsprung. Berge mit 
Namen Kälbling finden sich in Wür- 
temberg bei Enz, Grossbottwar und 
Mundelsheim; ein Kälbol bei Ba- 
den, calb-li Berg-klein, calb-i! Berg- 
gTOB8. 

Camargue, Name des Rhone- 
deltas, früher eine Sumpfwüste, jetzt 
mit Reis bepflanzt, von comar Fluss- 
niederung, Thal, latinisirt Camaria 
insula; comar entstand aus cam- 
earg Wasserkrümmung, von cam 
krumm und earg Wasser (vergl. 
Gumma). 

Cambern, Bewohner von Cum- 
berland oder Camberland in Eng- 
land, Kampf-Leute von camb tapfer 
und aire Mann, dasselbe wie Cum- 
bern, Kymbern, Cimbern, Kimme- 
rier, Sig-cambern am Niederrhein 
und Gomer in der Genesis; eine 
zweite Ableitung ist von gheam 
Winter, Norden, beide entsprechen 
den betreffenden Völkern; für Kim- 
merier sowie für Gomer möchte in- 
dess gheam vorzuziehen sein, weil 
diese Völker als Nordlandsbewohner 
geschildert werden, ebenso für Kim- 
bern oder Cimbern, weil neben 
ihnen die Teutonen (von tuath Nor- 
den) auftreten, ja sie selbst ab- 


— mM — 


Cambridge — Camo. 


wechselnd als Teutonen bezeichnet 
werden. 

Cambridge, alt Grantanbricge, 
Stadt und Universität im östlichen 
England, zu deutsch Brücke über 
den Cambach, der dabei fliesst; cam 
bedeutet im Keltischen krumm; 
gran könnteals Uebergang derkelti- 
schen zur deutschen Form krumm 
angesehen werden; indess ist auch 
ein keltisches gyrynt vorhanden, 
das Giessbach,, und ein grian, wel- 
ches Flussbett, Grant bedeutet. Cam 
kann auch aus go-amhain klein 
Wasser zusammengezogen sein. Man 
hat, wie ersichtlich, hier beliebige 
Auswahl. 

Camenz, Ort in Obersachsen mit 
Granitsteinbrüchen, welche dauer- 
hafte Platten für Fusssteige liefern. 
Im Slavischen bedeutet Kamen Stein, 
ontsprechend dem kelt. ꝙ0 klein und 
manFols; darnach wäre Kamen-wice 
bezw. 90-man-wigh soviel als Stein- 
dorf. Camenz ist dasselbe wie Ka- 
menitz oder Kamnitz in Böhmen 
und Kaminiec in Podolien. Da 
beide letztern Orte nicht durch 
Steinbrüche oder felsige Lage aus- 
gezeichnet sind, so wird 08 am ge- 
rathensten Sein, bei der rein kelti- 
schen Erklärung zu bleiben, wor- 
nach Kaminiec soviel als Chemnitz 
und dies die slavische Form für 
Kemnade oder Chemnade ist (vorgl- 
diese). 

Camo, ein alter Mannsname vom 
gälischen cama brav, tapfer, camb 
Kampf. Kamos war der Kriegsgott 
der Moabiter, von kam und eus, 08, 
us Mann, 





Camp — Canaan. 


Camp, Fluss in Oestreich, latini- 
sirt Cambus, krummes Wasser, von 
cam krumm und bais Wasser, sei- 
ner grossen Krümmungen wegen. 

Camulns, ein gallischer Beiname 
des Mars; er bedeutet gross, mäch- 
tig, von cam tapfer, mächtig ünd 
al, el, il, ul gross. Camulogenus, 
Anführer der Tapfern, von keann 
oder Aine (Cinna) Hauptmann. Ca- 
milli hiessen die Knaben, welche 
die römischen Priester beim Opfern 
bedienten, unsere heutigen Chor- 
knaben. Camillus, römischer 
Mannsname, ist dasselbe, was Ca- 
mulus oder Camilli. 

Cana oder Kanna, Seestadt im 
Hadramaut im südlichen Arabien 
auf einem Felsenvorsprung, bei den 
Griechen Kane. Die Bewohner von 
Cana erhielten von den Sabäern im 
Innern des Landes den Weihrauch, 
und führten ihn den Phöniziern zu. 
In Italien gab es auch ein Cannase, 
wo 216 vor Chr. Hannibal die Rö- 
mer schlug, letzteres liegt am Aus- 
fiuss des Aufidus oder Ofanto in das 
Meer in Apulien. Cana, Canae ist 
soviel als Kannstadt, von gan Burg 
und »ae Leute, Burgbewohner. 

Canaan oder Kenaan, latinisirt 
Caunion, griechisch Kenai, von cain, 
cains, caint niederes, flaches Feld, 
und an Mann, hebräisch kana, chona 
Niederung, alt cha, kna-an. Die Ca- 
naniter bewohnten die einst frucht- 
baren Ebenen Palästinas , sowohl 
am Meere bis Gaza im Philisterlande, 
als namentlich die Thalebene des 
Jordan, wo sie ansehnliche, feste 
Städte im Besitze hatten, die sie 


_ 325 — 


Canaan, 


lange gegen die Juden vertheidig- 
ten, so dass erst unter Salomo die 
letzten derselben in die Hände ihrer 
Feinde fielen. Als Feldleute standen 
sie im Gegensatze zu den Amoritern, 
Amonitern, Jebusitern, Hethitern 
und wie die Berg- und Waldvölkchen 
Palästinas alle hiessen. Die Cana- 
niter wohnten mit den Juden ver- 
mischt ; zu Josua’s, des „Räubers“ 
Zeiten, wie ihn ein Denkmal in 
Afrika nennt, verlies jedoch ein 
Theil des Volkes das Land und zog 
nach Afrika, ein anderer nach Phö- 
nizion. Die Zurückgebliebenen er- 
langten nicht selten die Obmacht 
über die Juden, so zur Zeit der 
Richter, wo Jabin, ein Cananiter, 
20 Jahre lang Israel beherrschte. 
Schliesslich gingen die Cananiter in 
den Juden auf, letztere nahmen 
grossentheils die Religionsgebräuche 
der erstern an, und beide wurden 
gleich einom einzigen Volke von 
den Assyrern ins Exil geschleppt. 
Nach jüdischen Erklärern soll Ca- 
naan (hebr. chona) das Land der 
Unterwerfung bedeuten, was aber 
von neueren Schriftstellern, z. B. 
Knobel, gründlich widerlegt wird; 
die Juden legten ihren Deutungen 
gewöhnlich Verhältnisse und An- 
schauungen zu Grunde, die weit 
jünger waren als der zu erklärende 
Name, gerade wie dies unsere heu- 
tigen Erklärer ebenfalls noch thın. 
Nach der Bibel waren die alten Ca- 
naniten Kinder des Ham, also Ha- 
miten oder Chamiten, gleich den Phö- 
niziern. Ham war der dritte, jüngste 
Sohn Noahs, und weil er seines 


Canaan. 


Vaters Blösse gesehen und davon 
gesprochen hatte, als derselbe in 
einem Weinrausch in seinem Zelte 
lag, so wurde nicht sowohl Ham als 
dessen Sohn Canaan von Noah ver- 
flucht, weshalb dann die Cananiter 
„unter die Herrschaft der Juden, und 
die Phöniken mit ihren Colonien auf 
den griechischen Inseln unter die 
der Japhetiden, d. h. der Griechen, 
gekommen sein sollen. Sem und 
Japhet hatten nämlich Noah wieder 
zugedeckt, indem sie sich mit einer 
Decke rückwärts gehend demselben 
näherten und dieselbe über ihn war- 
fen. Dies war der Grund, weshalb 
einige Jahrhunderte später die Ju- 
den ein Recht behaupteten, Canaan 
su erobern, und so weit es ihnen 
möglich war, dessen Bewohner zu 
vertilgen, und zwar, wie sie selbst 
erzählen, auf die scheusslichste 
Weise. Im Uebrigen liessen die Cha- 
miten, was den Punkt der Scham- 
haftigkeit betrifft, Vieles zu wün- 
schen übrig, wie ihr Tempeldienst 
zur Zeit der Jahrmärkte in Babylon 
beweist (vergl. Kuschiten), Die Cha- 
miten, als die ersten Weisshäutigen, 
welche in die Länder der Neger ge- 
langten, und ursprünglich bis an 
den Euphrat wohnten, mischten 
sich mit diesen, so dass Mulatten- 
racen entstanden; als solche hat 
man die alten Aegypter, Kopten, 
Nubier, Aethiopen oder Kuschiten 
anzusehen; reine Chamiten mögen 
blos die Cananiter und Phöniken 
geblieben sein; als solche unter- 
schieden sie sich wenig von den 
andern Nachkommen Noahs, den 


_ u — 


Canaan. 


Semiten und Japhetiden; alle drei 
sprachen keltisch, wie ihre alten 
Fluss-, Berg- und Ortsnamen aus- 
weisen, während die Juden, obwohl 
sie von dem Semiten oder Chaldäer 
Abraham abzustammen behaupten, 
jedenfalls in Aegypten durch Mi- 
schung mit den dortigen Mulatten 
ein mehr ägyptisches Gepräge er- 
hielten, was sich aber in Canaan 
durch weitere Mischung mit den 
chamitischen Bewohnern dieses Lan- 
des wieder theilweise verlor. Moses 
zweite Frau war selbst eine Kuschi- 
tin, d. h. Mulattin, und die wolligen 
Haare und negerartigen Physiog- 
nomien vieler unserer heutigen Ju- 
den stammen noch daher. — Die 
Landschaft Canaan erstreckte sich 
nach den alten Geographen vom 
Leontesfluss, der es von Phönikien 
schied, bis an das rothe Meer. Es 
zerfiel in drei Theile, das 1700 Fuss 
hohe, ziemlich flache Galiläa mit 
reichen Triften vom Leontes bis zum 
Bache Kison (in der Ebene Jesreel, 
dem alten Schlachtfeld der Israeli- 
ten, Esdraelon); beim Berge Carmel 
mündet derselbe in das Mittellän- 
dische Meer. Vom Carmel an steigt 
dies Hochland weiter an, und bildet 
die Ebene von Samaria, rauher 
und unfruchtbarer als Galiläa; west- 
lich vom Todten Meere, 2500 Fuss 
über dem Mittelmeere erhebt sich 
dann Judäa, kahl, steinig und voll 
Schluchten, in denen aber nur zur 
Regenzeit Wildbäche brausen. Gegen 
den Sinai wird das Land völlig zur 
steinigen Wüste und steigt 9000 Fuss 
über den Spiegel des Mittelmeeres. 


Caninefates — Canossa.. — 327 — Cantabern — Carantana. 


Auf der Halbinsel des Sinai noma- 
disirten die Midianiter und Amale- 
kiter, am flachen Meeresufer die Pe- 
lischthim oder Philister; östlich von 
diesen auf Judäa, bevor die Hebräer 
aus Aegypten einzogen, die Hethiter, 
und nördlich von diesen in Samaria 
die Heviter, am Todten Meere die 
Moabiter, nördlich von diesen die 
Ammoniter, und noch weiter nörd- 
lich bis zum Hermongebirge im Anti- 
libanon die Amoriter. Letztere waren 
ein kriegerisches und mächtiges 
Volk, schon 1650 vor Chr. fand 
Abraham hierfoste und reiche Städte. 
Um 1400 vor Chr. überfielen die 
Amoriter Canaan, warfen die Moa- 
biter hinter den in das Todte Meer 
mündenden Arnon, und zwangen die 
Hethiter und Heviter und Theile der 
Philister, die zugleich von den Ae- 
gyptern bedrängt wurden, an die 
Küstenstriche des Libanon sich zu 
flüchten. (Die Erklärung der hier 
aufgeführten Völkernamen steht un- 
ter den einzelnen betreffenden Ar- 
tikeln.) 

Caninefates, ein Volk, das an 
der Nordsee im heutigen Holland 
wohnte; der Name mag sich in 
Kenne-maren oder Konnenland or- 
halten haben; da dieses Moerwiesen 
oder Marschland bedeutet, so wird 
Caninefates dasselbe besagen, Canin 
wäre ywaun, cuana Wiese, Weide, 
und fates statt baih-eis Meerleute, 
von badh, both, but Meerbusen, 
und eis Männer. Audere meinen, 
die Caninefaten seien Kaninchen- 
fänger gewesen. 

Canossa, cean-ois, Bergburg bei 


BReggio im Modenesischen, mit den 
Ruinen eines Bergschlosses, in wel- 
chem Kaiser Heinrich IV sich vor 
Papst Gregor VII demüthigte. 

Cantabern, alter Name des Berg- 
volkes im nördlichen Spanien zwi- 
schen den Basken und Asturen längs 
des Biskayschen Meerbusens, cean- 
abh-air Gebirg-Wasser-Leute; ging 
der Name von den Uferstrichen am 
Meere aus, so kommt cant von caint 
Feldniederung. 

Caracalla. Kaiser Caracalla trug 
gallische Hosen, und erhielt deshalb 
diesen Namen, denn cara heisst im 
Gälischen Schenkel, Bein, und calla 
Kleid, also wörtlich Beinkleid. Calla 
bedeutet auch Schleier, cuäille 
schwarzes Kleid, kimbr. cuileadh. 
Sonst hiessen die Hosen braca, 
deshalb Gallia bracata, ein Theil 
Oberitaliens, dessen aus Gallien 
stammende Bewohner Hosen trugen. 

Carantana, Carnia, Carniolla. 
Diese Namen kommen von den Berg- 
spitzen, Alpenhörnern des Landes. 
Carn bedeutet Horn, cornu lat, 
koras griech.; Kornunnus (carn- 
an Hornmann) war ein keltischer 
Gott mit Hörnern, jetzt noch an der 
Notre Dame in Paris auf einem al- 
ten Steine zu sehen, der von der 
altkeltischen Kirche übrig blieb und 
in die christliche eingemauert wurde; 
als Gott mit Hörnern wurde er bei 
den Christen zum Teufel, obwohl 
Moses seinerzeit auch mit Hörnern 
dargestelltwurde, nachgebildet dem 
Jupiter Ammon, den die Juden in 
Aegypten kennen gelernt hatten. — 
Carantania, latinisirt Carinthia, 


Carasgergau. 


verdeutscht Kärnthen, bedeutet Berg- 
hornland, von carn und fan Land. 
Statt Carantania kommen auch die 
Formen vor: Carnuntum; beidem 
Russen Nestor Charutane, beides 
verdorbene Formen, denn Carnun- 
tum war eine Stadt und lag an der 
Donau; Crain 'oder Carnia ist das- 
selbe Wort mit Weglassung der 
Sylbe danLand, wofür ia angehängt 
ist, was ebenfalls Land, Hochland 
bedeutet; Carniola, Carneola da- 
gegen hat noch den Begriff Fels 
beigefügt, es umfasst das Land, in 
welchem die Alpes Julise liegen. 
Da diese Alpen ihren Namen Jul 
von oil Fels haben, und nicht von 
Julius, so bedeutet carn-oil Horn- 
Felsen, und Carniola oder Carniolia 
Felsen-Hörnerland. Krain lau- 
tet wie das slavische Chreine, von 
kraj Grenze, krajnaja zemlja Grenz- 
land oder krajna, weshalb es von 
den Slaven auch als Grenzland ge- 
gen Italien aufgefasst wurde; sie 
selbst nennen sich Krajnci, Krainer. 
Das slavische kraj entspricht dem 
keltischen crioch, was ebenfalls 
Grenze bedeutet, daher der Kraich- 
gau in Baden. 

Carasgergau oder Landschaft 
der Caereser, wie sie Cäsar nennt, 
ist die Gegend von Ipsch am Chiers, 
der früher Cruna hies, zusammen- 
gezogen aus caoran kleiner Bach. 
Die Cäreser waren eines jener bel- 
gischen Ardennenvölkchen an der 
Grenze der gallischen Trierer, die 
Cäsar Germanen nennt, aber durch- 
aus nichts Deutsches an sich hat- 
ten. Der Name Carasger ist indess 


_ 38 — 


Carben — Carden. 


gleichbedeutend mit Germanen, denn 
ghear, ger bedeutet Grenze, ghear- 
isk oder ghear-ask Grenzliche, falls 
nicht isk von uisge Wasser kommt, 
wornach eg die Anwohner des Grenz- 
baches wären. Die einfachere Form 
Caereser kommtvon ghear-eisGrenz- 
leute, os sei denn, dass sie sich auf 
caer Stadt (nämlich Ipsch, Epusium) 
bezieht, 

Carben. Caer, corr bedeutet 
Stadt, Wohnort, deutsch gaard, Gar- 
ten, slavisch gorod, daher Carwei- 
ler am Niederrhein; Ocarben in 
der Wetterau, hies früher blos Car- 
ben, das vorgesetzte O soll wohl 
ah Wasser bedeuten, denn es liegt 
an der Nidda. Dagegen kommt 
Karbach vom kimbrischen garw 
oder gälischen caoir Bach, es hies 
früher Carabach und liegt bei Ro- 
thenfels am Main, ein anderes liegt 
bei Wangen im Algau. Corr ver- 
bunden mit di klein, also kleiner 
Ort, findet sich in Corby, Corbe, 
Korb in Frankreich, Würtemberg, 
Baden und Nassau; Korweiler am 
Niederrhein; Korbsweiler, alt 
Carbiswilre, jetzt Kerzweiler, Hof 
bei Kerzenheim in Bheinbayern; 
Kurben, ein Hof in der Eifel, 
Korben, 1341 noch ein kleiner 
Ort im Breisgau; Karpfham, alt 
Corphäim in Baiern. Versetzt für 
caer ist cra, crach, crag, daher 
Cray in Frankreich; Crayhom, 
alt Crayenem, Crainhem in Brabant 
und Crahstadt in Bayern. 

Carden, Ort an der Mosel Die 
kimbrische Form für caer Ort ist 
garth,verkleinertgarthen,garihyn, 


Carden. 


deutsch Garten, slavisch gorod, nor- 
disch gaard, und bedeutet jeden 
eingezäunten oder befestigten Platz, 
namentlich also Stadt. Bei den 
Franzosen ist der ursprüngliche Sinn 
gare, Bahnhof, bisheute geblieben. 
In Asien kommt schon in ältester 
Zeit der NameAsagard vor, Hoch- 
burg oder Wasserburg, je nachdem 
manasvonaith hoch, oder aisWasser 
ableitet. Da die Gälen in Europa 
wenigstens älter sind als die Kim- 
bern und die Deutschen, so kann 
caer, gar nicht als eine Verküm- 
merung von gaard Garten aufge- 
fasst werden, sondern umgekehrt, 
letzteres hat sich aus der einfachern 
Form weiter entwickelt und indi- 
vidualisirt; dieser Fortschritt der 
Sprache muss auch schon für Asien 
angenommen werden, denn es ist 
natürlicher, dass die menschliche 
Sprache aus den einfachsten Natur- 
lauten sich weiter bildet, und höher 
steigt, als dass eine fertige, vollen- 
dete Sprache gleichsam vom Himmel 
fill, wie die Indologen annehmen, 
und sodann allmälig in Verderbniss 
gerathen sei, wie etwa die Mensch- 
heit durch den Sündenfall. Bei den 
einfachen Bedürfnissen und Begriffen 
unserer Urahnen hätte eine vollen- 
dete Sprache weder Sinn noch Zweck 
gehabt; im Sprachschatze derselben 
konnten keine Worte oder Wort- 
formen vorhanden sein, wozu die 
Objecte fehlten. Die Sprache schrei- 
tet mit der Bildung der Völker wei- 
ter, unter Umständen auch einmal 
rückwärts, aber jedenfalls hat sie 
sich aus Urtönen und Urformen ent- 


— 39 — 


Carhaix, 


wickelt. Das Altgälische steht bei 
seiner Einfachheit und Unbestimmt- 
heit solchen Urformen weit näher, 
als das reich ausgebildete Sansecrit, 


‘das eben deshalb nicht als Grund- 


lage für die Erklärung uralter Wort- 
formen benutzt werden kann, im 
Gegentheil durch das Gälische viel- 
fach erläutert werden muss. Inder 
kamen niemals nach Deutschland, 
Deutsche in alten Zeiten niemals 
nach Indien, wohl aber muss ein 
drittes Volk von einem Punkte Mittel- 
asions aus sowohl an den Indus wie 
nach Europa gelangt sein, sonst 
bliebe die vorhandene Verwandt- 
schaft der indo-germanischen Spra- 
chen unerklärlich. Einmal von dem 
Mutterstamme losgerissen, ent- 
wickelte sich aber jeder Zweig 
selbstständig, dort dasSanscrit, das 
Persische, das Arabische, hier das 
Keltische, Deutsche, Slavische und 
wie die Sprachen alle sich indi- 
vidualisirten, und durch vielfache 
Mischungen im Verlaufe der Zeiten 
sich umbildeten. Ob die Sprache 
der Samnjeden, eines Volkes, 
dessen Reste man neben Rennthier- 
goweihen versteinert in Mitteleuropa 
auffindet, noch ältere Wortformen 
bietet als das Gälische, darüber 
werden weitere Forschungen ent 
scheiden. oo 

Carhalx, Stadt im Cornwall, 
franz. Cornouaille, d. h. der west- 
lichen Bretagne an der Aulne oder 
Aune. Carhaix hies auch Vorga- 
nium, klein Wasserstadt, von ear- 
gan klein Wasser und ion Ort, 
desgl. Osismi, Stadt der Osismer, 


Caridol — Carniolien. 


von aiteas Wohnort, mit der Ad- 
jectivendung ismi. Carhaix ist caer- 
uisge Stadt-Wasser, also dasselbe 
was Vorganion. Um Carhaix liegen 
die Arröe-Berge, die Menebr6-Berge 
und südlich davon die schwarzen 
Berge. Ar-&e bedeutet Bergland, 
von ar, or Berg und ia Gegend, 
gleich Arya im östlichen Persien. 
Menebröe, klein Bergland, von 
min klein und bri Berg; Corn- 
wall, Felsenspitzenland, von kearn 
Horn und oil! Felsen. Denselben 
Namen führt die Westspitze Süd- 
englands, ebenfalls ihrer Granit- 
klippen wegen. 

Caridel, Ort in Wäles, Ceridol, 
Caradello, Ceratello in Oberitalien, 
zu deutsch Thalstadt, von caer 
Stadt und do’ Thal; caer-y-dol 
Stadt des Thales. 

Carniollen, alt Carniola oder pa- 
gus Chreine, im Gegensatz zu der 
östlich davon liegenden Mark Chreine 
oder der windischen Mark. Der pa- 
gus Chreine oder Kraingau lag 
an den Julischen Alpen, an der 
Save und um den Terglou; die Ju- 
lischen Alpen haben ihren Namen 
von oillFels, daher noch der Höllen- 
steinpass vom Cadobre ins Puster- 
thal. Carniola bedeutet dasselbe, 
von kearn-oill Felsenhorn, es hies 
auch Carneolien und Carn-ech, von 
kearn-aighe hohes Gebirgshorn. 
Der höchste Berg der Julischen oder 
Carniolschen Felsenhörner ist der 
dreiköpfige Terglou, eip Name, 
den die Slaven für slavisch halten, 
und mit ihrem Gotte Triglav, Drei- 
einigkeit, in Verbindung bringen. 


_ 90 — 


Carnud — Carpi. 


Terglou bedeutet aber einfach Drei- 
Felsen, von ter und c/wg Fels, wie 
bei den Gleichen und dem Gross- 
glockner. Carneolien wurde von 
Friaul aus durch die Longobarden 
erobert; die Masse des Volkes blieb 
aber immer windisch. Der longo- 
bardische Herzog von Friaul, der 
zuerst in ihr Land einbrach, hies 
Batchis, 

Carnud, zu- deutsch Neustadt, 
von caer Stadt und newydd, nu- 
adh neu, kommt in Italien und Ty- 
rol in verschiedenen Formen vor, 
als Cornuda, Cornedo, Gar- 
neda, Karneid (alt Carnuda), 
Karned,Gernith, dannin Frank- 
reich in Chartres. 

Carnuten, Bewohner der Stadt 
Carnutum, jetzt Chartres, hinter Pa- 
ris, zu deutsch Neustadt (caer Stadt 
und newydd neu). Carnuten sogen 
mit Belloves 400 Jahre vor Chr. 
nach Italien, und liessen sich mit 
demselben bei Mailand nieder. 

Carpetaner, alter Name für die 
Bewohner des Mons carpetanus, des 
Felsengebirgslandes in Castilien zwi- 
schen Madrid und Valladolid. Name 
von hrip, chrb, grib, grob, ver- 
setzt carp Fels, tan Land und us 
Leute. Das Vorkommen dieses Kar- 
pathennamens in Spanien zeigt, 
dass auch der Name der ungari- 
schen Karpathen nicht slavischen 
Ursprungs sein kann, weil keine 
Slaven nach Spanien kamen, wohl 
aber Kelten in Ungarn wie in Spa- 
nien wohnten: 

Carpi, Stadt bei Modena; car 
oder caer Wohnung und bi klein. 





Carvilius — Casertn. 


Carvilius, römischer Personen- 
name, der guter Freund bedeutet, 
von car Freund lat. carus, und bil 
gut; Ale bedeutet auch Dichter. 

Carthago, Hochstadt, feste Stadt, 
von caer, carlh, gard fester, um- 
zäunter Ort (Garten) undaighehoch; 
die Stadt soll im 9. oder 11. Jahr- 
hundert vor Christus oder schon 50 
Jahre vor dem Falle Trojas durch 
die vielgenannte Dido gegründet 
worden sein. Dido gleich Weib- 
chen, di klein und do, dae Mann 
oder Frau; statt di klein, kann man 
auch doi oder id gut (daher Ida) 
herbeiziehen. Bei den Griechen hies 
die Stadt Karchedon, bei den 
Carthagern selbst angeblich Kar- 
thad-hadtha, was Neustadt be- 
deuten soll. Dies scheint aber zwei- 
felhaft, denn erstens erbaute Dido 
nur eine Stadt, es bestand also 
kein Gegensatz zu einer Altstadt, 
und dann ist hadtha offenbar nichts 
anderes als aith hoch, also dasselbe, 
was aighe in der bei den Römern 
üblichen Form Carthago; endlich 
stimmt hiermit die griechische Form 
Karch-edon, denn letzteres ist aith- 
ean, die Deminutivform von aith 
hoch. Karthad ist, wenn richtig ge- 
schrieben, eine breitere Form von 
gard, etwa wie umgartet, umgfrtet. 

Casale, Hauptstadt der Provinz 
Montferrat in Oberitalien, in dessen 
altligurischem Theile; Name von 
cas Burg und a] gross. 

Caserta, hochgebautes Residenz- 
schloss der Könige von Neapel, nörd- 
lich von dieser Stadt; casaHaus und 
art oder ard lat. arduus, hoch, steil. 


— 3 — 


Cashel — Castel. 


Cashel oder Cassel, alt Casella, 
Cassilia, Ort in der Landschaft 
Mounster in Irland. Dasselbe Wort 
wie Cassel in Hessen, von cas Voste 
und :/ gross. 

Cassel op den Berg oder Berg- 
kassel, franz. Mont-cassel, lat. ca- 
stellum Morinorum , liegt auf einem 
Berge in Flandern, in pago Men- 
pisco, auf welchem schon die alten 
Moriner ein Castell erbaut hatten, 
daher der Name. Monapier oder 
Moriner bedeutet wesentlich das- 
selbe, men-abh Mündung-Wasser, 
Bewohner der Lande an der Schelde- 
Mündung, Moriner von muir Meer. 
Cassel kam durch den Nymweger 
Frieden an Frankreich. 

Castel, Brückenkopf Mainz ge- 
genüber auf der nördlichen Seite 
des Rheins, war einst ein römisches 
Castellum, das von Drusus erbaut 
wurde, oder worden sein soll, um 
den Uebergang von dem, ebenfalls 
von ihm stark befestigten Mainz, 
castrum Moguntiacum, nach Mittel- 
deutschland sicher zu stellen. Ca- 
stellum ist die römische Form für das 
keltische cas-el. Drusus soll auch 
die fast zwei Stunden lange Wasser- 
leitung angelegt haben, welche von 
den Höhen südlich von Mainz Trink- 
wasser in die Stadt führte; ebenso 
befestigte er einen Theil der auf 
dem Taunus ursprünglich von den 
Kelten angelegten Pfahlgräben und 
Ringwälle nach römischer Weise, 
und kehrte deren steile Seite gegen 
Norden, während dieselbe früher 
gegen Süden gewendet war. Die 
Alemannen drehten später diese Be- 


Castiglione - - Catalonien. — 332 — 


festigungen wieder gegen Süden, 
daher man heute bei deren Resten 
die Gräben bald vor bald hinter dem 
Walle findet. 

Castiglione delle Stiviere, west- 
lich von Verona, war früher ein 
eigenes Fürstenthum, ebenso Solfe- 
rino, das nahe dabei liegt. Die Für- 
sten von Castiglione stammten von 
den Gonzagas von Mantua ab, er- 
hielten vom deutschen Kaiser den 
Titel Marggrafen, und waren Für- 
sten des deutschen Reiches. Castig- 
lione und Solferino wurden öfter ge- 
trennt und wieder vereinigt, 1692 
wurde der Fürst von seinen Unter- 
thanen vertrieben, der Streit dauerte 
bis 1773, wo der Fürst das Länd- 
chen um 300,000 Gulden an Oest- 
reich abtrat. Das Ländchen liegt 
am Südrande dos Gardasees, ist hü- 
gelig und in neuerer Zeit durch die 
blutigen Schlachten bekannt gewor- 
den, welche am Bande der Hügel- 
kette gegen die Mantuanische Ebene 
hin zwischen Oestreichorn und Fran- 
zosen bezw. Italienern geschlagen 
wurden. Castiglione ist eine alte 
italienische Form für das lat. Ca- 
stellum; sie lautete Castiglio. Cas, 
ches, cast ist die altkeltische Form 
für Burg, cast-il oder kass-el ist 
Burg-gross, ebenso cast-ar, woraus 
im Lateinischen castrum wurde. 
Stiviere ist in Felder abgetheiltes 
Land, s/cv oder stiv ist unser 
deutsches Stufe und ara bodeutet 
Pflug. 

Catalonien, spanisch Catalunna, 
Land derCatalanen im nordöstlichen 
Spanien, wird gewöhnlich als Land 


Catania — Catharina. 


der Goth-Alanen erklärt; die Ala- 
nen liessen sich aber nicht hier, 
sondern im westlichen Theile Spa- 
niens nieder; cat-al bedeutet gros- 
ser Wald und an Mann; Gothen 
kommt zwar ebenfalls von coed 
Wald und dae Leute, aber das Land 
hatte seinen Namen Waldland schon 
ehe die Westgothen einrückten. Bei 
den Römern bildete es die provineia 
tarraconensis, 788 kam es an die 
Franken als Theil der spanischen 
Mark, welche daselbst Grafen ein- 
setzten, die sich später von Frank- 
reich unabhängig machten. 1137 
kam die Grafschaft an Arragonien, 
1479 an Castilien. 

Catania oder Catanea, Stadt auf 
Sicilien am Fusse des Aetna, Wald- 
leute-Gegend, coed-an-ia. In der 
Nähe grosse Kastanienwälder. Ka- 
stanie ist die gezischte Form für 
coed Wald, und scheint diese Frucht 
ihren Namen von dem Waldlande 
Cas-tan-ia am Aetna zn führen, von 
wo sie zuerst in den Handel kam. 

Cataonleu, das Waldland des 
Taurus in Kleinasien (torr-ais stei- 
les Gebirg), das Cilicion umkränst, 
von coed Wald, an, on Mann und 
ia Land, Wald-leute-land. Der Ge- 
birgsname Taurus hat mit dem lat 
taurus, Ochse, nichts zu schaffen. 

Catharina;. caidh, caith bedeu- 
tet rein, lateinisch castus, daher 
caidhni reine, keusche Frau, Jung- 
frau; ni, naeFrau. Das griechische 
katharos rein, istaus kaidh und air 
Mann bezw. Frau zusammengesetzt, 
und daraus entstand schliesslich 
Katharina, mit angehängtem ino, 


Cativolk — Catts. 


ana, was Weib bedeutet. In der 
russischen Form Kathinka, Ka- 
therinchen ist die Mittelsylbe or 
als überflüssig ausgefallen. 

Cativolk, edler, heiliger Fürst, 

von caidh rein, edelgeboren, auch 
heilig (vergl. Chalons und Katten), 
und 5o/g Fürst. Im Deutschen wurde 
darausHeidfolch undHeidwolf. 

Cattaro, Stadt im südlichen Dal- 
matien an der Bucht von Cattaro, 
früher selbstständig, seit 1420 ve- 
netianisch, und seit 1797 Österrei- 
chisch; coed-air-ua Waldleuteland 
oder gaoth-air-ua Seeleute-land. 

Cattegat, alt Sinus Codanus 
(Meerbusen) ; gaotfh bedeutet Meer, 
See, darnach hies die Insel Seeland 
alt auch Cobanden statt guoth- 
bund, See-land. Das Cattegat ist 
kein Katzenloch, wie der Name ge- 
wöhnlich erklärt wird, sondern Catte 
steht entweder für caidh heilig 
und bezieht sich dann, wie bei Hel- 
goland, auf irgend eine Insel in 
demselben, aufwelcher ein bestimm- 
ter Gott verehrt wurde, oder aber; 
und dies wird das Nächstliegende 
sein, catte bezieht sich auf Goth- 
land, Gotheburg (Waldland, Wald- 
burg, von coed Wald), und bedeutet 
dann gothisches Meer, Wald- 
lands-Meer. Gothland liegt näm- 
lich am Kattegat. 

Catts, Ort im friesischen See- 
lande, desgl. in Nordbewerland, 
soviel als Wald-ort, vom gäl. coed 
oder kymr. gwyddWald und aidhe, 
ais, ois Ort, Burg. Ebenso Catt- 
wick opSee, Cattwickop den Rhyn, 
Walddorf an der See und am Rhein 


— 333 — 


Cattun. 


(von wigh Dorf), Cattwinde in 
Friesland, Waldwiese, von gmwaun; 
Cattenbrouk bei Utrecht, Wald- 
burg, denn brouk oder brog ist 
nicht immer Brücke, sondern oft 
versetzt für Burg, kymr. bwr; 
Kattlyk, Waldort, von loc (lat. 
locus) bei Husum. Hessische G@e- 
schichtschreiber wie Rommel lassen 
alle Orte, welche dieSylbe kat ent- 
halten, von hessischen Katten ge- 
gründet sein, namentlich weil ein 
Theil dieser Orte im alten Bataver- 
lande liegt, und die Bataver nach 
Tacitus eine Cattische Colonie ge- 
wesen seien, die wegen innerer Un- 
ruhen auswanderte; diese Annalıme 
geht zu weit, der Begriff Waldort 
liegt näher, zudem bedeutet Katten 
Kriegsleute; solcher gab es aber 
überall, und brauchen die batavi- 
schen Katten darum noch nicht aus 
Hessen gekommen zu sein. 

Cattun, Kriegsmann, von cath 
Kampf und an Mann, gälisch; da- 
her wohl der Name der Katten, 
cadh bedeutet aber auch rein, hei- 
lig, lat. castus. Da bei den alten 
Kelten nur der herrschende Stamm, 
also die Kimbern, in den Krieg zo- 
gen, während die unterjochten Gälen 
höchstens den Tross bildeten, so 
mögen die Katten, als besonderer 
Volksstamm aufgefasst, Kimbern ge- 
wesen sein, deren Name verschwand, 
als das hessische Bergland von 
einem dritten Stamme, dem deut- 
schen Nordvolke oder den Tuathis- 
ken erobert wurde; denn jetzt waren 
auch die Kimbern keineKatten, d.h. 
Kriegsleute mehr. An ihre Stelle 





——— — — 


Caudevig — Caux. 


trat dor Namo dor Alemannen, dor 
wilden fremden Leute, denn dies 
waren die Deutschen sowohl für die 
Gälen wie für die Kimbern. 

Caudevig, Walddorf, von coed 
Wald und wigh Dorf. Als Waldname 
bedeutet Caudwig, bezw. Cottwigh 
einen Bannwald, Forst, eingehegten 
Wald, denn vigh, lat. vicus, slarv. 
wice, steht gleich Hecke, Haag, Ver- 
zäunung, und können damit ebenso- 
wohl Wohnungen als Wälder einge- 
friedigt sein. 

Cauge, alt Caugia, Ort bei Etam- 
pes inderSologneim mittlern Frank- 
reich, vom gälischen coiche Küche, 
Wohnstätte. 

Caux. DasPays de Caux im littus 
Saxonicam, bei Havre in der Nor- 
mandie, wurde während der Völker- 
wanderung von einer niedersächsi- 
schen, wie man des Namens wegen 
glaubt, aus dem Chaukenlande (bei 
Bremen) gekommenen Abtheilung 
Wikinger besetzt, gleich der ganzen 
Normandie, welche später von Nord- 
männern erobert wurde. Ebenso 
liessen sich auch in den Uferland- 
schaften am Ausfluss der Loire, ins- 
besondere in der Vendéo Nieder- 
sachsen nieder, und stammt noch 
von diesen, wie man annimmt, die 
Bitte, jedes Gehöfte mit einem bu- 
schigen Wall zu umfassen, woraus 
le Boccage entstand, eine durch 
Gräben und Hecken fast unzugäng- 
lich gemachte Gegend, in der die 
Bewohner der Vend6e sich jahrelang 
gegen die Angriffe der republikani- 
schen Armeen halten konnten. Erst 
als das ganze Land rasirt und alles 


_ 334 — 


Cavalier — Ceder. 


Buschwerk niedergehauen oder nie- 
dergebrannt war, wurde die Vendee 
besiegt. Im Pays de Caux sind die 
Gehöfte ebenfalls mit Knickwald 
umgeben. Der Name pays de Caux 
kommt indess schwerlich von den 
Chauken, sondern von den armorisch- 
keltischen Caleten, die zu Cäsars 
Zeiten hier sassen, cala Seehafen 
und dae Männer. Die Chauken im 
heutigen Niedersachsen waren die 
ersten „keltischen“ Bewohner dieses 
Landes, ihr Name verschwand, als 
die Sachsen darin Herren wurden. 
Die deutschen Ansiedler im pays de 
Caux konnten also nicht Chauken 
heissen, auch wenn sie aus dem 
Bremerlande gekommen wären, weil 
os damals keine Chauken mehr gab. 
Zudem ist der Name Chauke seiner 
Bedeutung nach rein local, soviel 
als Erdhügelbewohner. 

Cavalier, Reiter, franz. chevalier, 
von cheval Pferd, span. caballero; 
keltisch heisst peall Pferd, daraus 
wurde caballus, wohl zunächst klei- 
nes oder schönes Pferd, Reitpferd, 
von g0 klein. Das Schiff heisst gä- 
lisch ebenfalls cabal, daher Cha- 
lons, cabillo Schiffsplatz und ga- 
billon Schiffmann, Schiffer. 

Cecina, Cecinna, Kekina, Fluss- 
name in Etrurien, vom gäl. caochen 
kl. Fluss. Der römische Personen- 
name Cecina kommt schwerlich von 
diesem Flussnamen, sondern von 
ce-cinna kl. Anführer, Unterbefehls- 
haber; er war dies in den Kriegen 
der Römer gegen die Katten und 
Cherusker. 

Ceder, grosser Baum, coed-ar. 





Cela — Cennen. — 335 — Cenomanen. 


Cela, gälischer Weibername, von 
geal weiss, also soviel wie Blanca, 
Bianca. 

Celle, alt Kiellu, Stadt in Han- 

nover, Name vom gäl. ceall, was 
Haus, Keller, Zelle und Kirche (ale- 
mannisch Chilche) bedeutet, das an- 
gehängte /u ist klein. Altencelle 
liegt an der Brücke über die Aller, 
und ist jetzt ein Dorf, die Stadt 
Celle hies anfangs Neucelle. Von 
Altencelle westlich liegt noch ein 
drittes, Westercelle, das ebenfalls 
älter als die Stadt Celle ist; letztere 
mag durch die Anlage der Wehren- 
Mühlen und der grossen Brücke 
über die Aller entstanden sein. In 
Celle hatte die Pfalzgräfin Agnes, 
Schwiegertochter Heinrichs des Lö- 
wen, ihren Witwensitz, sie hies des- 
halb ducissa de Zelle; für sie wurde 
wahrscheinlich die Burg bei Alten- 
celle erbaut. In der Kirche von 
Altencelle sind 7 welfische Herzoge 
beigesetzt. 

Ceneda, alte Stadt im Venetia- 
nischen, wurde 450 von Attila und 
später vom Gothenkönig Totila zer- 
stört. Im Mittelalter gehörte die 
Stadt dem Bischofe, der deshalb 
Fürst von Coneda hies. Der Name 
Ceneda kommt vom gälischen cean 
Spitze und dae Haus, denn Ceneda 
liegt auf einem Berge. Von diesem 
cean mit angehängtem er gross 
kommt auch der Monte Cenere 
bei Bellinzona, lat. mons Cenerus, 
grosse Bergspitze. Der Mont Ce- 
nis kommt von cean und aith hoch. 

Cenuen oder Sennen, ein kleiner 
Volksstamm, der neben den Ale- 


mannen genannt wird, als diese am 
Main gegen Caracalla kämpften. 
Dio Cassius nennt sie ein keltisches 
Volk, ein Epitomator desselben ein 
chattisches. Die Ceunen, welche 
den gerade am Main gegen Caracalla 
kämpfenden Alemannen zu Hülfe 
kamen, mussten in der Nähe woh- 
nen. Es waren die keltischen, bezw. 
chattischen Bewohner des Taunus, 
denn Taunus lautete keltisch ton- 
oder twyn-ais und bedeutet Wald- 
hoch. Aus diesem tor, deutsch 
Tanne, sind die Namen Sennae 
oder Twynnä, Waldmänner, ebenso 
die Tenct-uarii oder Tenkterer, 
hervorgegangen und viele andere, 
als Senonen, Cenomanen, Suniker; 
dann Tönche, Sonjewald, Sonwald, 
Senne, Sennhirten, endlich Zaun und 
Zinne. 

Cenomanen, Name der alten Be- 
wohner desjeuigen Landstrichs im 
westlichen Frankreich, der jetzt 
Maine heisst, mit der Hauptstadt le 
Mans. Die Cenomanen ficlen auf 
demselben Wege, den früher Bello- 
ves mit den Berriern und Auvergna- 
ten eingeschlagen, als zweiter Heer- 
haufen in Italien ein, ihr Führer 
hies Elitovius; sie setzten sich mit 
Unterstützung des Belloves in der 
Gegend von Brescia (Brixia) und 
Verona nieder, wo früher Libuer 
gewohnt hatten. Ihnen folgten die 
Salluvier (Salasser), dann die Bojer 
nnd Lingonen, und endlich die 
Senonen, die bis Rom gelangten. 
Hauptort der Cenomanen wurde 
Brixia oder Brescia. Der Name 
Ceno-manen bedeutet Haide- oder 














Cerevisia — Corennen. — 336 — 


Buschlandsmänner, wie sie heute 
noch bei Mans vorkommen, von ton, 
twyn Buschland, Niederwald. 

Cerevisia, der lateinische Aus- 
druck für Bier kommt von dem kim- 
brischen cwryf/. Im Gälischen hie3 
das Bier corma, curmi. Gleicher 
Wurzel ist das deutsche gähren, 
vergohren. Die Nomadenvölker am 
Kaspischen Meere nennen ihr aus 
vergohrener Pferdemilch bereitetes 
Getränk Kumik. 

Cerewalt, Gebirgswald im Quell- 
gebiet der Mürz auf der Westseite 
des Sömmering in Steiermark. Name 
von doire Walddickicht (Söhre bei 
Kassel). Der Sömmering bedeutet 
ungefähr dasselbe von tom Wald, 
ar gross und rugha oder rinn Berg, 
also grosser Waldberg. 

Cevennen, keltisch Gebennen 
oder Kemmenen, vom kelt. ceap, 
ceib, cab Bergkopf, Demin. ceap- 
ean im Gegensatz zu den Alpen. 
Die Form Kemmenen kommt von 
keann, Dom. keannean, was das- 
selbe bedeutet. Ge-bennen kann 
auch von bean, ben Berg (Peni- 
nen, Apeninen) und der verklei- 
nernden Vorsatzsylbe co oder go 
erklärt werden, wie Gabretawald. 
Die gezischte Aussprache Cevennen 
oder Dzevennen ist provengalisch, 
d. h. wohl altligurisch, denn längs 
der ganzen ligurischen Küste wird 
gezischt, d. h. die von Natur etwas 
längere Zunge stösst häufiger an die 
Zähne als bei kurzzüngigern Stäm- 
ınen. Griechen, Engländer und Juden 
zischen ebenfalls, ohne dass sie des- 
halb stammverwandt sein müssten. 


Chablais — Chaimen. 


Chablais, italienisch Ciablese, 
alte Grafschaft in Nordsavoyen am 
Südrande des GenferSees, die Wiege 
des Königreichs Savoyen, gehörte 
ursprünglich zu Kleinburgund gleich 
dem Herzogthum Genf, und ist seit 
1360 von Frankreich annectirt. Der 
Name entstand aus keap-il-iath 
Bergkopf-gross-Land, denn es ist 
voll hoher Berge, die steil nach 
dem Genfer See abfallen. An die- 
sem See liegen Evian, aoibh-ean 
Hof am Wasser, und Thonon dun- 
ean Stadt am Wasser. 

Chaimen, Teuriochaimai und Bai- 
nochaimai bei Ptolemäus, keine be- 
sonderen Völker, sondern gräcisirte 
Namen für Thüringer und Böhmen. 
Teurio ist doire Walddickicht, wel- 
ches in Deuren, Duren, Düren die 
Wurzel bildet, chaim ist eine Mittel- 
form von camp Feld und om heim, 
Heimath, daher die alte Form Bö- 
heimb statt Böheim. Teuriochaim 
ist in Duringen umgewandelt, wie 
Bojoheim, Böheimb in Böhmen. Bai- 
nochaim bedeutet übrigens etwas 
Anderes als Bojoheim, denn banza, 
ben, bon bedeutet Feld, dajo, beo 
dagegen Vieh, Bainoheim also Feld- 
land, Bojoheim Viehland, Teuriochaim 
Waldland. Statt Bainochaimai wurde 
auch Benochaimai oder Bonochaimai 
geschrieben, was indess dasselbe ist. 
Die Teuriochaimai sassen nach Pto- 
lemäus nördlich von Böhmen im 
heutigen Obersachsen und Thürin- 
gen, die Bainochaimen in Böhmen; 
die ersteren hiessen, namentlich 
nach der hessischen Grenze zu, 
Hermunduren, die anderen nach der 


Chalcis — Chaldäa. 


Donaugrenzehin Markomannen. Statt 
Bojoheim kommt auch die Form Bu- 
jaimon vor, von du Kuh. Im Lande 
der Brukterer in Westphalen kommt 
ebenfalls der Name Chaimoi vor. 

Chalcis, Ort auf der Insel Euböa 
in Griechenland, Bergveste, von calg, 
colg Bergkegel (oder Kogel, colg- 
iD) und ois Burg. Jetzt heisst der 
Ort Egripo, von grob Fels. In 
Griechenland gab es noch mehrere 
Bergvesten mit dem Namen Chalcis. 
Chalcedon, alte Stadt in Bithy- 
nien, Constantinopel gegenüber, von 
den Megarern 700 Jahre vor Chr. 
gegründet, bedeutet dasselbe, von 
kalk-aithean Bergstadt. 

Chaldäa, das alte Stammland 
der nördlichen Chaldäer, ist die mit 
Basalttrümmern dicht überschüttete, 
unangebaute, wasserarme Hochfläche 
im nordwestlichen Mesopotamien, 
südlich vom Murad oder Euphrat, 
zwischen Apamea, Urfa (oder Ur, 
später Edessa), Samsat (alt Samo- 
sata) und Diarbekir (alt Amida). Aus 
der Beschaffenheit des Landes ergibt 
sich die Erklärung desNamens, denn 
gall bedeutet im Gälischen Fels, 
Stein (vergl. Kallenfels in Deutsch- 
land) und dae Leute. Chaldäer und 
Kelten oder Galater sind ähnliche 
Namensformen, haben aber nicht 
gleiche Bedeutung, denn Kelten 
kommt entweder von geal weiss, 
bezw. „gel“ gelb, blondhaarig, oder 
als Kriegsname, von gal Kraft. Die 
Gälen waren in der That blond und 
sind 68 meistens noch. Uebrigens 
sprachen die Chaldäer keltisch, wie 
sich dies aus der Form ihrer alten 

Deutsch-kelt, Wörterbuch, 


_ 37 — 


Chaldäa. 


Orts-, Berg-, Land- und Flussnamen 
ergibt, die meist noch reiner kel- 
tisch lauten, als die in Deutschland, 
Frankreich und Grossbritannien ; 
z. B. Apamea, gräcisirt für abh- 
om Wasserstadt, von abh Wasser 
und om Ort, es liegt am Euphrat 
und heisst jetzt Biredschik, 
von bior Wasser und teag, toigh, 
aiteach Ort; dann noch Kalai- 
Beda, von kale türkisch Stadt 
oder kala gälisch Hafen und bi-dae 
kleiner Ort. Samsat, griech. Sa- 
mosata, ebenfalls am Euphrat oder 
Murad, Wasserort, von faom Fluss 
und aidhe oder iosda Ort. Ur, 
Urfa, Orrhoe oder Edessa, in einem 
Thale am Scirtus oder Daisan; 
letzteres von di-tain klein Wasser, 
Scirtus latinisirt von caoir-di kl. 
Bach; Ur bedeutet Thal, in der Bi- 
bel heisst es deshalb Land Ur, Thal- 
land, Or-rhoe ist der Ort (ra) in 
diesem Ur oder Thal, Urfa enthält 
die alte Form für das lat. urbs Stadt, 
orbis Kreis, Bingwall. Edeasa ist 
gräcisirt aus aiteas Wohnort. Car- 
rhae, Haran, Charan, kl. Ort, von 
caer Ort, caeran‘ Deminutiv davon, 
Carrhae gleich caer-ae Stadtleute. 
Ur und Haran werden in der Ge- 
schichte Abrahams genannt. Tela, 
in römischen Zeiten Antoninopolis- 
Constantia, eine Burg in der Ebene 
östlich von Ur auf einem Felsen- 
hügel, von dail Voste, welche Form, 
in Tell umgewandelt, jetzt noch 
häufig für Bergvesten im nördlichen 
Mesopotamien vorkommt. Die Chal- 
däer dieser Gegenden sind wohl zu 
unterscheiden von denen am untern 
22 


Chaldia — Chalen. 


Euphrat, welche lange vor der Grün- 
dung des Assyrischen Reiches in 
Babylon ein Staatswesen eingerich- 
tet hatten, und als Fiussleute nicht 
von gal Fels, sondern von gil, geul 
Wasser abgeleitet werden müssen 
(vergl. Kasdim und Chaldia). 

Chaldia, Landstrich am Schwar- 
zen Meere mit der Hauptstadt Tra- 
pezunt. Der Namensähnlichkeit we- 
gen hält man die Bewohner dieses 
Landes für Abkömmlinge der Chal- 
däer, was aber unerweisbar ist, denn 
chal bedeutet hier Wasser, von gil, 
giol, göl, geul; darum hiessen die 
Bewohner des Landes auch Chal- 
yber, von iph Gegend. Den Beleg 
für diese Erklärung gibt erstlich die 
Form Tschildir, eine Gegend bei 
Kars mit mehreren Seen, wovon der 
grössere Tschildir-göl heisst; ꝙòol 
ist die gewöhnliche Bezeichnung für 
alle Seen in Armenien in rein kelti- 
scher Form, Tschil ist dasselbe, 
aber gezischt, und dir kommt von 
dear gross, als Landname dagegen 
von fir Land. Der Tschildir-göl im 
Tschildir ist demnach der grosse 
See im Seslande. Den weitern Beleg 
gibt die Stadt Trapezunt, Trebisond, 
gräcisirt Trapezus, armenisch oder 
altkeltisch Tarabusun, von darab, 
treabh Dorf, Ort, ais, uis, wisge 
Wasser und an Leute. 

Chalen, bei Ptolemäus Chaloi, 
ein Völkchen im mittlern Schleswig; 
gälisch heisst cala Hafen, caloi 
oder chaloi also Hafenanwohner, wo- 
mit Flensburg, der Haupthafen in 
diesem Theile des Landes gemeint 
seinwird. Calais und die Caleter bei 


Chalons — Cham. 


Havre führen ihre Namen ebenfalls 
von cala, desgl. der Fluss Chalus, 
oder die Trave, welche bei Lübeck 
den Hafen bildet, cala-uisg Hafen- 
fuss. 

Chalons, Stadt an der Marne, 
hies gälisch Cathalon, zu dentsch 
Heiligenstadt, von cad%r heilig und 
lon Wohnort, oder von catha Gottes- 
dienst. Chalons wurde auch Duro- 
Catalauni genannt, von dur Wasser, 
also Heiligenstadt an der Marne. 
Chalons an der Saone hies 
früher Cavalo, Cavallo, Cavillo, Ca- 
billo, von cabal Schiff und loc, 
loch, loh (locus) Platz, also 
Schiffplatz; ein solcher ist es noch, 
denn erst von hier an wird die 
Saone regelmässig schiffbar. 

Cham, Chum oder blos Ham, 
nach der Genesis der zweite Sohn 
Noah’s, gewöhnlich als Stammvater 
der Neger aufgefasst. Noah war 
aber ein Weisser, kann also keine 
schwarzen Kinder gehabt haben, es 
sei denn mit einer Negerin, dann 
kann aber Cham als deren Sohn 
nicht auch deren Stammvater gewe- 
sen sein. Im Keltischen bedeutet 
am, amha, amhain, latein. homo 
Mann oder Mensch. Die Chamiten 
waren keine Neger, sondern der 
Name bezieht sich, soweit er im 
Alterthum vorkommt, auf die bräun- 
lichen, weil mit Negern gemischten 
Bewohner Arabiens, Aegyptens und 
des übrigen Afrikas. Ebensowenig 
bedeutet Japhet weiss und Sem 
roth oder braun. Es lassen sich 
überhaupt keine drei Ur-Racen in 


jenen Gegenden unterscheiden, son- 








Cham. 


dern nur Weisse und Schwarze und 
dann aus beiden gekreuzte Mulat- 
ten; letztere kann man in Chamiten, 
d. h. Mulatten der ersten Zeugung 
und Semiten, Kinder dieser Chami- 
ten mit später aus dem Norden nach- 
gerückten Japhetiden abtheilen. In 
Wirklichkeit mischten sich aber die 
Völker Vorderasiens unendlich viel- 
fach, so dass an eine systematische 
Scheidung nach den ursprünglichen 
Racen gar nicht mehr gedacht wer- 
den kann. Das Wort chaum, chom, 
chomaum, chomom bedeutet im Ho- 
bräischen, Chaldäischen, Syrischen 
und Arabischen nun allerdings heiss 
und auch schwarz, d. h. verbrannt 
sein, ebenso ist chum im Hebräi- 
schen schwarz, im Koptischen be- 
deutet häm, hem heiss sein, und 
chame, chamä, kame, kamae, alt- 
ägyptisch khemi, ebenfalls schwarz. 
Die Aogypter nannten sich Ham, 
und ihr Land chemia, schwarzen 
Boden, weil er, wie jeder Wasser- 
niederschlag, dunkelfarbig ist. Dar- 
nach kann man mit Fug und Recht 
die Aethiopen Chamiten nennen, nur 
muss man dann die directe oder aus- 
schliessliche Abstammung von Noah 
fallen lassen. Die Stammtafel der 
Genesis ist überhaupt nicht voll- 
ständig, denn die Neger wie die 
Mongolen sind in derselben gar nicht 
erwähnt, noch weniger die Malayen 
und amerikanischen Rothhäute. Was 
die Hautfarbe der Chamiten oder 
äthiopischen Mulatten betrifft, so 
bietet sie alle möglichen Schatti- 
rungen von Weiss bis Schwarz; 
braungelb sind gewöhnlich die Abes- 


— 339 — 


Chamaven, 


sinier, fast ganz schwarz die Nu- 
bier; die Berbern sind dunkelroth- 
braun, und wenn die Mutter aus 
Habesch ist, bei den Kindern hell- 
braun. Die Bewohner von Mekka 
undDjidda sind ebenfalls hellbraun; 
Kinder von Negern und Abessinie- 
rinnen sind dunkelkupferfarbig. 
Chamaven wohnten am Nieder- 
rhein im Hamaland, da wo der Rhein 
sich gegen Westen krümmt, daher 
wohl der gälische Name car krumm 
und abh Fluss. Andere leiten das 
Wort vom deutschen Himins Him- 
mel oder Hemidi Homde ab, was 
indess keinen Sinn gibt. Tacitus 
erzählt von den Chamaven, dass sie 
in Fehde mit ihren Ostnachbarn, 
den Boroctrern lebten. Mit ihren 
Stammverwandten, den Sigcambern 
wurden sie später von Kaiser Con- 
stantins Chlorus geschlagen und 
zum Theil nach Oberburgund ver- 
setzt, wo der Pagus Chamavorum 
und der Pagus Amaus in Folge des- 
sen entstand. Als die Sigcambern 
an die Waal zogen, rückten die 
Chamaven nördlich in deren Gebiet 
nach, ihrerseits gedrängt von den 
Sachsen, welche einen Theil des 
Landes besetzten, woraus das säch- 
sische Hamland entstand, während 
der andere, mehr nördliche Theil 
fränkisch bezw. rifländisch, ripua- 
risch blieb. Die niederrheinischen 
Franken entstanden theils aus die- 
sen Hamländern, dann aus Chattus- 
ren, Tenkterern, und endlich vor 
Allem aus den Sigcambern, welche 
in der Batau und in Brabant mit 
den Kimbern zu einem Volke ver- 
22* 


Chamberich. 


Schmulzen. In ihre alten Sitze auf 
dem rechten Rheinufer drängten sich 
grossentheils die Sachsen. 
Chamberich, alt Champriche oder 
blos Chambe, das Regenthal zwi- 
schen dem Bayer- und Böhmerwald 
im Regensburger Sprengel in Nieder- 
bayern; es hies auch die Mark Cambe 
oderCham und umfasste das Capitel 
Cham mit dem Orte Cham, das zum 
Regensburger Sprengel gehörte. Das 
Chambrich war in deutschen Zeiten 
eine Vormark des Nordgaues gegen 
Böhmen, und führten daher die Voh- 
burger den Titel Markgrafen. Der 
Name Kampe ist keltisch wie der 
von Kempten (Campodunum), denn 
vor Einwanderung der Markomannen 
war das Land von keltischen Bojern 
bewohnt. Die keltischen Kampen 
theilten sich nach der Annahme von 
Kaspar Zensse in zwei kleinere 
Stämme, in Parmaikampen (Schild- 
kampen, denn dielateinischenWaffen- 
benennungen stammen meistentheils 
aus dem Keltischen) und Adrabai- 
kampen, d. h. Panzerkampen. Letz- 
tere wohnten Östlich vom Chambe- 
rich an der Donau. Beide Abthei- 
lungen hiessen auch Bojochämen, 
sie wohnten früher im nördlichen 
Böhmen, wo sie mit den nördlich 
vom Gebirge hausenden Teuriochä- 
men (thüringischen Chämen) zusam- 
menstiessen (vergl. indess Rakaten). 
Der. Name Chamberich bedeutet ent- 
weder Burg des Königs, von gann 
Burg, y des und righ Königs, was 
aber nicht für einen Landstrich, 
sondern blos für den Ort Chambe, 
kleine Burg, gann-bi passt, oder 


— 310 — 


Chamberich. 


es kommt von geamh Winter und 
ruighe Hirtenhaus, Stallzum Ueber- 
wintern des Viohes, was aber auch 
nur auf einen einzelnen Ort passt; 
rich wird daher gleich rugha Berg 
stehen. Die Gegend hat wohl von 
dem Orte Cambe den Namen erhal- 
ten. Im Chaınberich kommen unter 
Andern noch folgende Namen vor: 
Weiss-Regen, alt Wizenregen, 
von gwydd Wald und regan, rehan 
Fluss. Marklach, Grenzort mark- 
loc. Grabitz, alt Grawat, von 
cruadh Fels und aidhe Ort, es liegt 
im Böhmerwald, die Form grab von 
grob Fels. Furt, alt Vurte, von 
Awrdd Furth. Kotmaisling oder 
blos Mazelin, Waldhöfchen, von coed 
Wald, modn Hof und /i klein, im 
Böhmerwald. Degelberg, alt Ti- 
chenesberg, von teakh, tik Ort, 
Dem. foichean und ais Berg. Tro- 
sendorf, alt Trasanesdorf, von 
dras Ort, Dem. drasan. Buch- 
berg, von buach Berg. Hezing 
am Traubenbach, alt Hezinga ad 
drubenaha, von aidheankleine Woh- 
nung, druben von dro, dra klein 
und dDuinne Bach. Bösing, alt 
Besinga, von Dbais Bach und inka 
kleiner Ort. Friding, altFridinga, 
kleiner Waldort, von /ridd Waldund 
inka kleiner Ort. Trautenbach, 
von dro, dra klein und tain Bach. 
Waldmünchen, kleiner Ort, von 
min klein und ka Ort im Walde. 
Arnschwang, Bergpferch, von 
aran Berg und wang, fang Pferch. 
Eschelkam gleich Cham mit ge 
Wasser odersgeilg Fels. Kirchen- 
rorbach, von rhyar Giessbach. 


Chambly — Champagne. — 341 — 


Közting, Waldburg, von coed 
Wald und din Veste. Lam, kleiner 
Ort, von li-om. Mosbach, von mi 
klein und uisge oder ais Wasser. 
Nittenau, alt Nittenowa, von na- 
odh nass, Bach und angehängtem 
aha. Bimpach, von rhean Bach. 
Roding, von reod Feld und inka 
kleiner Ort. Wetterfeld, grosses 
Feld, von faith Feld und er gross. 
Bunting, Feldort, vonreann Feld, 
“ daingean Veste. Satelbogen, von 
sadhail Wohnsitz und buachan kl. 
Berg, u. 8. w. U. 8. w. 

Chambly, Ort bei Paris, alt Ca- 
meliscum, Ort des Camel, Camulus, 
Camillus (vergl. diese). 

Champagne, alt Campania, sie 
besteht grossentheils aus weiten 
Ebenen, die zur Kreideformation ge- 
hören, und mitunter sehr dürr und 
unfruchtbar sind, wie die lausige 
Champagne, südlich von Chalons 
(Champagne pouilleuse); den Rand 
des Landes gegen Osten dagegen 
bilden Gebirgsreiheu, welche das- 
selbe ringförmig umgeben, darunter 
namentlich der Argonnenwald. Der 
Name Campania, in Holland Cam- 
pigne, bedeutet Feldland, Flachland, 
von camp. Als zur Zeit der Mero- 
vinger Chlodwigs Söhne sich in das 
Reich theilten, gehörte die Cham- 
pagne zu Austrasien, dossen Hanpt- 
stadt damals Metz war. Später hatte 
das Land eigene Grafen bis 1274, 
und kam dann durch Verheirathung 
derletzten Erbin desselben, Johanna, 
mit Philipp dem Schönen von Fran- 
zien an letzteres; nach längern Erb- 
schaftsstreitigkeiten gelangte das 


Chanani — Charabia, 


Land aber erst 1361 für immer 
an Frankreich. Der Champagner 
Wein wächst nicht in der eigent- 
lichen Champagne, sondern an dem 
zu Franzien gehörigen Rande des 
Tortiärplateaus längs der Grenzen 
der Champagne, und in den Thälern, 
welche nach der Seine hin führen, 
blos die Fabrikation in gährenden 
Wein wird in den Städten derCham“ 
pagne betrieben. 

Chanani, Feldleute, zleich Ca- 
naaniter; der heilige Augustin er- 
zählt, die „Landleute“ seiner Diöcese 
in Afrika hätten sich Chanani ge- 
nannt, was beweist, dass auch dort 
can, chan, henan Feld bedeutet, 
wie cain, caint in Europa. Dass 
diese Chanani aber darum von den 
Canaanitern abstammten, geht aus 
dieser Namensgleichheit nicht her- 
vor. 

Charabia. In einer aus London 
datirten Mittheilung der Neuen freien 
Presse in Wien stand im Laufe des 
Frühjahrs von 1567 folgende Notiz: 
„Was das Wallonische betrifft, so 
ist dasselbe nicht eine ‚alte Form‘ 
des Französischen, sondern ein Dia- 
lekt, in welchem französische Sprach- 
Elemente mit anderen fremdar- 
tigen gemischt sind, die bisher 
allen Untersuchungen der 
Fachgelehrten getrotzt ha- 
ben. In einem Theile des belgischen 
Wallonenlandes nennt das Volk diese 
seine Sprache Charabia.” Unsere 
Fachgelehrten, sowohl in Deutsch- 
land als in Frankreich und England 
haben sich bis jetzt lediglich mit 
den alten sog. olassischen Sprachen, 


Charente — Charleroi 


desgl. mit den orientalischen be- 
schäftigt, dem Keltischen sind sie 
dagegen mit wenigen Ausnahmen 
ebenso fern geblieben, als dem Ma- 
layischen oder Patagonischen; kein 
Wunder also, wenn ihnen das Wal- 
lonische fremdartig vorkommt; und 
doch müssten sie schon aus Cäsars 
Bellum gallicum wissen, dass im 
Wallonenlande Belgen, bezw. bel- 
gische „dermanen* gewohnt ha- 
ben; ghear, ger, gor,chor (deutsch 
kurz), bedeutet das Ende oder die 
Grenze, und maon Mann, also Grenz- 
volk; dies waren sie für die galli- 
schen Trierer, von welchen Cäsar 
das Wort German bekam. Char- 
ab-ia ist nun dasselbe, char mit 
ibk Gegend, oder aibA Volksstamm 
und ia Land. In Charabia hat 
sich sohin der alte Name der belgi- 
schen Germanen oder Grenzvölker 
erhalten. 

Charente, Fluss im westlichen 
Frankreich, lateinisch Carantonus, 
von caoirBach, caoirean kl. Bach; 
das in der latinisirten Form ange- 
hängte tonus kommt von fain, wel- 
ches ebenfalls Bach bedeutet, wor- 
aus sich ergibt, dass hier, wie häu- 
fig, zwei gleichbedeutende Appella- 
tiva von den nachfolgenden Völkern 
aus Unkenntniss in Einen Eigen- 
namen verschmolzen wurden. 

Charleroi, Stadt in der Graf- 
schaft Namur im belgischen Henne- 
gau an der Sambre, alt Cariolon, zu 
deutsch Fluss-Ort, caoir-/on, was 
von den Franzosen in Karl-König 
umgewandelt wurde. Eine andere 
alte Form des Namens war Cher- 


— 392 — 


Chartres — Charuder. 


noi, von caoir oder gouer Fluss 
und nae Leute. 

Chartres, alt Carnutum oder Car- 
notum, Stadt in Frankreich, westlich 
von Paris, zu deutsch Neustadt, von 
caer (gaard) Stadt und nuadh neu. 
(Der Mannsname Carnot kommt von 
diesem Carnotum.) Da Carnutes 
Bewohner einer neuen Stadt bedeu- 
tet, so mag sie wohl erst von den 
Kimbern erbaut worden sein, denn 
ihr älterer, gälischer Name lautete 
latinisirt Autricum, entweder von 
aidhe Wohnung und righ (rex) Kö- 
nig, also Wohnung des (gälischen) 
Königs, die beim Einfall der Kim- 
bern zerstört worden wäre, worauf 
letztere eine neue Stadt, Carnutum, 
an deren Stelle setzten; oder aber 
Autricum kommt von frigias Woh- 
nung und dem vorgesetzten abA 
oder aa Wasser, dann Wasser- 
burg gleich Durotriges.. Genabum 
(Orleans) gehörte ebenfalls zum 
Gau der Carnuten, es war deren 
Handelsplatz an der Loire; gan- 
abAh ist abermals Burg- Wasser. 

Chartum, gleich Carrhodunum, 
dem alten Namen Krakaus, Ort am 
Wasser, caoir Wasser und dur Ort. 

Charuder, Völkchen im nördli- 
chen Schleswig oder südlichen Jüt- 
land, das Ptolemäus Charudes nennt, 
wobei man an Hadersleben denken 
kann; sonst lautete ihr Name alt- 
nordisch Gördhar (bezw. Hördhaland 
auf der norwegischen Küste), in 
Deutschland Harzer oder Cherus- 
ker, Bewohner der ard, d. h. jedes 
hohen, rauben Landes. Jütland und 
Schleswig sind jetzt nach Harden 





Charybdia. 


eingetheilt, was jedoch von ghear 
Grenze herzukommen scheint. Der 
Name der Heruler lautete bei 
Procop Arouth, bei Paulus Diaconus 
Arodus, bedeutete also Hardbewoh- 
ner, Haruther. Arodil ist grosse 
Hard, gleich Arod-er, Hördhar in 
Norwegen. Im Heere des Ariovist 
werden ebenfalls Haruder genannt; 
da es nun allerwärts in Deutschland 
Harden gibt, so braucht man hier 
nicht gerade an diese jütländischen 
Harzer zu denken, obgleich nichts 
im Wege steht, einen Theil des 
Markomannen-Heeres aus Nordvöl- 
kern bestehen zu lassen; näher lie- 
gen aber hier die Harzer oder Che- 
rusker oder auch die Erzgebirgs- 
bewohner. 

Charybdis, Wirbelmeer zwischen 
Sicilien und der calabrischen Küste, 
genau an der Nordostspitze der Insel, 
wo die westliche Moerströmung von 
Palermo her auf die aus dom Süden 
von Messina kommende stösst und 
dadurch einen Wirbel erzeugt, dar 
sich gegen die calabrische Felsen- 
küste, die Scilla, dreht, und von da 
als Strömung nördlich gegen Nea- 
pel zieht. Der Name ist gälisch, 
denn aibheis bedeutet Golf, Meeres- 
tiefe, von abh Wasser und ais hoch 
oder tief, und char, cor Wirbel, 
Kreisbewegung (lat.cirrhus). Daher 
die Chortänze, Kreistänze. Für 
kleine Schiffe ist die Fahrt durch die 
Charybdis insofern gefährlich, als 
sie leicht nach der Scilla (sgeilg 
Fels) hin getrieben werden können, 
wenn Bis sich nicht hart an der sici- 
lischen Küste halten, die aber hier 


_ 33 — 


Chas — Chattuaren. 


eine flache, spitz zulaufende Band- 
bank bildet. Dampfschiffe, die nach 
Belieben ihre Richtung nehmen kön- 
nen, gelangen ohne Gefahr durch 
die Enge, Segelschiffe kommen bei 
westlichen Winden aber schwer hin- 
durch, und machen daher lieber den 
Umweg um gans Sicilien. 

Chas, has oder cas bedeutet im 
Gälischen Haar, darnach könnte 
man die Hessen als Haarige erklä- 
ren, als Suevi longobardi, wie Bie 
Piolemäus nennt. Da nun aber cat 
auch Messer bezw. Schwert, coed 
Wald und cadh heilig bedeuten, so 
hat man zur Erklärung des Namens 
cat-dae beliebige Auswahl, kann 
auch alle nebeneinander gelten 
lassen, als Bezeichnung für den 
im hessischen Waldlande hausenden 
langhaarigen Kriegerstamm, der zu- 
gleich den Gottesdienst versah, die 
Opfer brachte, und somit heilig war. 

Chattnaren, Hattgauer. Ein al- 
tes Volk, das ursprünglich im Sauer- 
lande oder im Gau Wostfalon sass, 
d. h. im Waldlande, denn Sauer 
kommt von doire Walddickicht und 
Westfalon von uast Wald, /al, bal 
Berg und on Leute, daher ihr Name 
Chattuaren oder Waldleute, von 
coed Wald und uari, airi Männer. 
Vom Sauerlande rückten sie an den 
Rhein in den Ruhrgau, gemeinsam 
mit den Sigambern, von denen sie 
wohl nur eine Unterabtheilung bil- 
deten, oder es sind die Namen 
Chattuaren und SBigambern, ebenso 
Tencterer nur verschiedene Bezeich- 
nungen für ein und dasselbe Volk; 
der eine Name geht auf ihre Wohn- 


Chavila. 


sitze im Waldgebirge, der zweite 
röhmt ihre Tapferkeit als wackere 
Streiter (vgl. Sigcambern). Tenc- 
terer, von fwyn, ton Buschwald 
bedeutet dasselbe wie Chattuaren, 
sie werden auch stets bei den Sig- 
cambern genannt. Von der Batau 
wurden sie später von den Römern 
nach Brabant gezogen und ver- 
schmolzen dort mit den Kimbern 
oder Belgen zum Volke der sali- 
schen Franken. Zweihundert Jahre 
später eroberten sie Frankreich. In 
ihre alten Sitze am Ostrhein rück- 
ton dafür Sachsen ein. Ein Theil 
der Hattuaren war schon früher 
über den Rhein in das Land der 
Gubernen gewandert, wo er seine 
Sitze an der Niers zwischen Rhein 
und Maas nahm, und später in den 
fränkischen Ripuaren aufging. Con- 
stantius Chlorus verpflanzte einen 
Theil von ihnen nach Oberburgund 
in den Pagus Attuariorum. 

Chavila war ein Sohn des Kusch 
nach der Genesis, also ein Aothiopo 
oder Halbneger. Kusch von coed 
bedeutet Wald, wie Habesch das- 
selbe von pis, bois, und Charv-il end- 
lich wieder dasselbe von il gross 
und giubh Wald, speciell Kiefer- 
wald; denn unser Kiefer ist die 
schärfere Form für giubh. Die Cha- 
vila’s als Waldvolk führen somit im 
alton Testamente, obwohl Aethiopen, 
denselben Namen wie unsere deut- 
schen Gepiden, die nach der einen 
Angabe aus den Kiefor- oder Tannen- 
wäldern Schwedens oder des nord- 
östlichen Deutschlands, nach einer 
andern aus den Karpathen stammten. 


_ 34 — 


Charila. 


Die Chavila werden in Aethiopien 
genannt, sowohl im afrikanischen 
als asiatischen, im südlichen Ara- 
bien, am untern Euphrat und am 
Indus, überall wo auch Kuschiten 
hausten, denn beide Namen bedeu- 
ten, wie gesagt, dasselbe. In Ara- 
bien mischten sie sich mit chaldäi- 
schen Joctaniden, weshalb einZweig 
der letztern in derGenesis ebenfalls 
Chavila genannt wird. 

In der Sage vom Paradies ist Cha- 
vila auf das indische Aethio- 
pien zu beziehen, auf das Land des 
Goldes und des Bdolach (bdella, 
bdellion, madelkon, Bolchon, mal- 
dakon), eines wohlriechenden Har- 
zes nämlich, das aber auch in Ara- 
bien, Babylonien, Medien und Bak- 
trien vorkam, und des Schoham, 
eines werthvollen Steines, unter dem 
man bald den Sardonyx und Sar- 
dius, beides eine Art Chalcedon 
gleich dem Onyx (von onyx Finger- 
nagel, weil er eine ähnliche Farbe 
hat), bald den Beryll, einen meer- 
grünen Edelstein verstand. Verlegt 
man das Paradies nach Armenien, 
und nimmt man den Gihon für den 
Araxes, den Pison für den Phasis, 
dann müsste man „Chavila, wo die 
Kusch wohnen“, als Colchis und das 
nördliche Medien ansehen, wo ein 
Volk hauste, das Kossäer oder Kus- 
säor genannt wurde. Kossäer be- 
deutetebeonfalls Waldleute, von coed 
Wald. Aus Armenien aber stammt 
der Name Cherubim, der im Para- 
dies genannt wird, nicht (Cheru 
Schwert vergl. Cherubim); Cains 
Auswanderung nach Nord passt auch 





Chavionen — Chazaren. 


nicht nach Armenien. Auch die Per- 
ser, woher die Paradiessage stammt, 
versetzten ihren Ormuzd auf den 
Albordj oder Eibrus am Kaspischen 
Meere, ihr Eden an den Indukusch, 
die Inder ihren Meru ebenfalls da- 
hin (vergl. Paradies, Meru u. s. w.). 

Chavionen oder Chaibonen, auch 
Chauben, brachen einmal mit den 
Herulern in Gallien ein, sie werden 
also ihre Stammsitze in deren Nähe 
gehabt haben. Die Heruler kamen 
von den rauhen Höhen des Hördha- 
landes in Norwegen ; die Bedeutung 
des Namens Chaibonen weist auf 
ähnliche Gegenden ; denn Chaib 
kommt von giub Kiefer, Kieferwald» 
wie deren in Jütland und Norwegen 
dieMenge sind, on vonan, onMann. 

Chazaren, hebräisch Cuzri, Wald- 
leute, von coed Wald und aire 
Mann. Die Chazaren werden im 
Jahre 626 nach Chr. zuerst von 
Theophanes als Türken genannt; 
damals zogen sie mit Kaiser Hers- 
klius gegen den Pereerkönig Chosro ; 
sie seien aus den innersten Gegen- 
den Berziliens (vergl. Borkhas) 
vom Kaspischen Meere her über die 
Wolga gekommen und hätten sich 
am Asowschen Moere festgesetzt. 
Von hier aus unterjochten sie die 
Gothen am kimmerischen Bosporus, 
oder auf dem Südrande der Krim, 
bezogen bis in die Mitte des9.Jahr- 
hunderts Tribut von den Völkern 
am Dniepr, nämlich den Wiatitschen, 
den Seweriern und den Poljanen, 
bis sie ihrerseits wieder von den 
Petschenegen verdrängt wurden. 
Letzterer Name, auch Picenaci, Po- 


— 45 — 


Chasaren. 


stinagi oder blos Bisseni und Bessi 
geschrieben, bedeutet dasselbe, was 
Chazaren, nämlich Waldleute, von 
pis, bois Wald; sie kamen wie die 
Chazaren vom Ural, dem Stammlande 
der westlichen Hunnen, von wo auch 
später die Cumanen und schliess- 
lich die Ungarn hervorbrachen- 
Diese Völker gehörten wohl sämmt- 
lich ein und demselben Stamme an, 
oder vielmehr es sind verschiedene 
Namensformen für dasselbe Wald- 
volk, das von Zeit zu Zeit Reiter- 
schwärme über das östliche Europa 
ergoss. Es sind die heutigen Basch- 
kyren (ebenfalls von Dois Busch, 
Busk-aire Wald-leute). Cumani ist 
zusammengesetzt aus ku, chu, chun 
fürchterlich, bezw. Held und maon 
Mann, also dasselbe, was Hunae, 
chun-ae oder Hung-air, Hungar 
oder Hunnen-mann. Verwandt mit 
ihnen sind die heutigen Kirgisen 
in den Steppen südlich vom Ural, 
deren Name indess wieder dasselbe 
bedeutet, von keirth bezw. kerk 
Wald (Kork, Quercus, Korkontier, 
Tscherkessen). Für diese Waldvölker 
kommt auch der Name Usen, bei 
den Arabern Gusen oder Gussen vor 
(wiederum von coed Wald, also 
gleich Gothen und Skythen). Diese 
Völker hausten im Türkland (Tu- 
ran), und waren oder sind dem 
Stamme nach diesen auch gleich- 
stehend ; sie sind erwachsen aus einer 
Mischung dunkelfarbiger, schwarz- 
und glatthaariger Mongolen mit 
schief stehenden schwarzen Augen 
einerseits, und weisshäutigen blon- 
den, blauaugigen Gälen bezw. Deut» 


Chasuaren. 


schen andererseits. Dass dem also 
war, geht aus der Beschreibung der 
Chazaren hervor, welche zu ihrer 
Zeit der Araber Jakut in seinem 
geographischen Wörterbuche lie- 
ferte, er sagt nämlich: es gibt ein 
doppeltes Chazarengeschlecht, die 
Kara-Chasar (schwarzen Chazaren) 
sind bräunlich bis zum Schwärzli- 
chen, so dass sie beinahe wie Inder 
aussehen; das andere Geschlecht 
dagegen ist von weisser Farbe und 
ausgezeichnet durch Schönheit und 
Körperbildung. Sie hatten nach den 
Angaben der Morgenländer dieselbe 
Sprache wie die Bulgaren und Tür- 
ken. Auch bei den heutigen Türken 
findet sich diese Mischung der blon- 
den mit der schwarzhaarigen Race. 
Der Fürst hies bei Bulgaren wie 
Türken in alter Zeit Tarchan, tork 
bedeutet aber im Keltischen Fürst. 

Chasuaren bei Tacitus, Kasuaroi 
bei Ptolemäus, ein Volksstamm, der 
östlich vom Abnobäischen Gebirge 
über den Sueben, in der Nähe der 
Nertereaner und Dandutenge- 
wohnt haben soll Man glaubt sie 
wegen der Namensähnlichkeit an 
die Hase versetzen zu müssen; in- 
dess kann chas oder kas ganz das- 
selbe bedeuten wie bei Chatten; zu- 
nächst wohl von coed Wald, coed- 
ua Waldland, coed-ua-air Wald- 
landsleute. Da die Nertereaner wohl 
im Netragau oder im Werrathale 
hausten, die Danduten etwa an der 
Weser (tain Wasser) oder im Wald 
(ton Wald), du Land und dae Leute, 
so werden die Chasuaren wohl oben- 
falls in den Engerschen Waldgegen- 


— 46 — 


Chemnitz — Cherub. 


den zu suchen sein. Das Haseflüss- 
chen ist zu unbedeutend, als dass 
darnach ein ansehnliches Volk be- 
zeichnet worden wäre. 

Chemnitz, alt Cheminizi, slavi- 
sirte Formen für die mehr deutsche 
Form Kemnade, d.h. umzäunter Ort. 

Chen oder ken, Deminutivform 
gleich /e oder Zi Männchen, Männle, 
Männli, Männlein. Die Form lein ist 
ein doppeltes Deminutiv, entstanden 
aus Je-an oder li-an; chen oder ken 
ist ebenso verdoppelt ausyo, ge, che, 
was klein bedeutet (z. B. Golis kl. 
Burg, Gotha klein Haus) und dem- 
selben an. Im Siavischen lautet 
diese Verkleinerung Xa, z.B. Minka, 
Minchen. 

Cherub oder Cherubim, nach 
dem alten Testament Engel mit dem 
Schwerte, soviel als „Greif“ oder 
Gryps. Im Altdeutschen (oder Kel- 
tischen?) bedeutet Aeru soviel als 
Schwert; darnach hat man die Che- 
rusker und Heruler als mit Schwer- 
tern bewaffnete Männer erklärt, was 
indess nicht gut passt, einmal, weil 
alle Völker, die in der Varusschlacht 
mitkämpften oder später in der Völ- 
kerwanderung auftraten, Schwerter 
trugen, und dann weil die anderen 
in jenen Zeiten genannten Volks- 
namen sämmtlich Landschaftsnamen 
sind, Cherusker deshalb passender 
in Harzer übersetzt werden wird. . 
Bei Cherub liegt die Sache aber 
anders, denn es ist der Engel mit 
dem Schwerte, deshalb erscheint die 
Erklärung von heru, cheru, hebrä- 
isch cheref, Schwert, durchaus an- 
gemessen, bim kommt keltisch von 





Chorusker. 


ban, bean, andere Form für be, Fee 
lat. fomina, franz. femme, und be- 
deutet ebensowohl Mann als Weib; 
im Hebräischen steht „im“ gleich dem 
keltischen am, amhain Mann. Die 
Engel waren aber geschlechtalos, 
oder wurden bald als Männer bald 
als Weiber aufgefasst. Im Altdeut- 
schen bedeutet GerWurfspiess. Nach 
der Genesis lies Gott die Cherubim 
von Osten zum Garten Edens woh- 
nen, um die etwa herandringenden 
Menschen davon abzuhalten. Das 
Wort Cherub stammt indess ur- 
sprünglich nicht aus dem Hebräi- 
schen, sondern aus Persien, von wo 
die Schöpfungssage durch Esra nach 
Judäa kam. Die Cherubim waren 
auf der Bundeslade als Träger des 
göttlichen Thrones angebracht. Die 
Griechen setzten nach Eden die 
Greifen mit Löwenklauen, Flügeln, 
Adlerschnäbeln, flammenden Augen, 
um dort das Gold zu bewachen. 
Cherusker, griech. Chairouskoi. 
Der Name wird von Heru, Schwert, 
hergeleitet wie der der Sachsen von 
Sahs Messer, Sage, Säge, oder ver- 
sotzt Axt, und der der Suardonen 
von Swert. Erklärungen nach Waffen 
sind Schwer haltbar, da alle Völker 
bewaffnet waren, und wohl mit glei- 
chen Waffen, Schwert und Sahs 
also keine besondern Merkmale für 
ein bestimmtes Volk abgaben; auch 
müsste dann Saxones eher Saxisci 
lauten, Suardonen Suardisci. Die 
uns durch die Römer überlieferten 
alten Volksnamen wurden denselben 
von den Kelten mitgetheilt, es sind 
keltische Namen, wenn auch das 


— 47 — 


Chesberg — Chiemgau. 


fragliche Volk ein deutsches war. 
Die Cherusker wohnten am Harz, 
gäl. ard, steiler Berg (lat. arduus), 
Cheruski ist eine latinisirte Form 
für Harzische, Harzer, Harisker, 

Chesberg, Kettenberg in Bayern, 
von caith Höhe, Demimutiv caithin, 
daher der Chetenperg, jetzt Ketten- 
berg bei St. Bernhard in Ober- 
östreich. 

Chevre-mont, latinisirt caprae 
mons, Ziegenberg; diese Ueber- 
setzung ist aber unrichtig, denn der 
Name lautet gälisch gabar, oder 
kymrisch cy/re, cyfryn (von cy 
spitz und Dre, bryn Berg), also 
steiler Berg. Im Deutschen wurde 
gabar oder cabur in Käferberg 
umgewandelt, wie caid Höhe in 
Gaisberg. 

Chiemgau, die Gegend in Ober- 
östreich um den Chiemsee, nament- 
lich an dessen süädlichem und östli- 
chemUfer. Inalten Zeiten erstreckte 
sich der Gau vom Inn bis zur Traun 
bei Traunstein, und von der Tyroler 
Grenze bis Wald und Schnaitsee. 
Der Chiemsee, von dem der Gau 
seinen Namen hat, hies alt Chiemin- 
seo, 03 liegen darin zwei kleine von 
Alters her bewohnte Inseln, daher 
wobl der Name, denn m-in heisst 
kleine Insel und chie statt gmwy 
Wasser, also Inselwasser, seo ist 
die deutsche Uebersetzung. Der 
Kochelsee in der Nähe kommt 
von caochlan, goglan, was kleines 
Wasser bedeutet. Im Chiemgau la- 
gen: Baumburg, alt Bamburc, 
Wasserburg, von beum Bach (Baum- 
bach. Wasserburg, auf einer 


Chiemgau. 


vom Inn umflossenen Landzunge, 
der Name ist deutsch, obwohl die 
erste Anlage sicher keltisch, da 
solche Wasserwinkel (liub) von den 
Kelten vorzugsweise zur Anlage 


fester Plätze gewählt wurden. Der- 


altkeltische Name mag gwaz-er- 
burg gelautet haben, Grosswasser- 
burg, ging aber leicht in Wasser- 
burg über, da gwaz und Wasser 
fast identisch sind, gwaz, ywazen 
ist belgischh Scohnaitsoe, alt 
Snaitsee, von snuadh Wasser; 08 
liegt an einem Bach, aber an kei- 
nem eigentlichen See, deshalb steht 
seo bei Bnaitsee wohl gleich dae 
Ort, also Wasserort. Kling, alte 
Veste auf einem Hügel, von glinn 
Veste. Seon, Kloster auf einer 
Landzunge in einem kleinen See, 
hies in Römerzeiten Bedajum, und 
wear damals ein wichtiger Punkt, 
wo mehrere Strassen zusammen- 
liefen, weshalb ringsherum mehrere 
Orte die Strass heissen, vom kim- 
brischen ysiryi Strasse. Seon be- 
deutet Wasserort, von sua Wasser 
und ior Ort, Bedaium bedeutet lati- 
nisirt dasselbe, von baith Wasser 
und ion Ort. Altenmarkt an der 
Vereinigung der Alz, die aus dem 
Chiemsee kommt, mit der Traun, 
deshalb wird Alten wohl von alt, 
Demin. altean Bach herkommen; 
denn alte Märkte oder Dörfer gibt 
es nicht; als sie angelegt wurden 
und ihre Namen erhielten, waren sie 
alle neu. Ein Neumarkt als Gegen- 
satz ist nicht in der Nähe. Trost- 
burg oder Trossburg von deras, 
dars Ort, Burg. Traunstein an 


— 348 — 


Chillon. 


der Traun, stein steht hier für dun 
Stadt, din Burg; in keltischer Zeit 
hies der Ort Tranwalha, d. h. Traun- 
stadt, von Daile Stadt oder von 
balla Bollwerk. Tining, alt Idu- 
num, kleine Stadt, von ; klein und 
dun Stadt, um ist lateinisches An- 
hängsel. Seepruck, am Ausfluss 
der Alz aus dem Chiemsee, römisch 
Castrum, daher bruck hier statt 
Burg stehen mag. Peuerbach, 
von bior Bach. Prutting, wohl 
von bro, bri Berg und daingean 
Veste. Strasskirchen, Kirche 
an der altrömischen Strasse oder 
ystryt, die von Salzburg über Tei- 
sendorf und Seebruck nach Pfunzen 
(pons Oeni, Brücke über den Inn) 
führte. Aschau, an einem Zufluss 
des Chiemsees; asc von uisge Was- 
ser und ua Gau, ein Name, den 
wohl das ganze Thal führte; dabei 
Hohenaschau, wohl erst in deut- 
schen Zeiten angelegt, denn einen 
Ort auf einem Berge würden die 
Kelten nicht Wasserau genannt 
haben; im Gegensatz zum hohen 
Aschau heisst der alte Ort jetzt 
Niederaschau. Grassau, von criut, 
cruadk Sandgegend. Söllhuben, 
Berghof, von ul Berg und aoibh 
Bauernhof. 

Chillon oder Chillion, festes 
Schloss im Genfer See, war erst 
savoyisches Staatsgefängniss, dann 
bis 1733 Sitz der Berner Land- 
vögte von Vivis. Name von sgeilg 
Fels, Klippe, denn es liegt auf 
einem Felsen im See, und ion, 
om Ort (gleich scylla und Skilli 
Inseln). 


Chimaira — Chittim. 


Chimalra, Chimäre, ein fabel- 
haftes weibliches Ungethüm, nach 
Hesiod von göttlichem Geschlechte, 
mit Löwen- oder Hundekopf, Ziegen- 
leib und brachenschwanz ; co, cho, 
chu bedeutet Hund und maor Die- 
nerin, auch Mädchen, ganz wie gi- 
olla, child zugleich Dienerin, Mäd- 
chen und Kind bedeutet. Beide Be- 
griffe waren in ältester Zeit gleich- 
bedeatend. Die Chimaira soll in 
Lykien bei den Solymern gehaust 
haben, Chimaira wird wohl mit dem 
französischen cauche-mar, Alp, Alp- 
drücken, zusammenfallen, ebenso mit 
den deutschen Maren. | 

China, alt Tschin, Thin, Zin, Sin, 
etwa vom gälischen caint Feldland, 
Ackerland (auch kains, cheines), 
weshalb man den Namen Kain als 
Stammvater der Chinesen damit in 
Verbindung bringt, denn Cain war 
kein Nomade, er erbaute im Gegen- 
theil die erste Stadt Henoch (eun- 
acha Wasserburg), wobei man an 
die Provinz Kan-su im westlichen 
China gedacht hat. 

Chittim, Waldinseln, von coed 
Wald und ejim hebr. Inseln oderEi- 
länder, das hebr. ije entspricht dem 
keltischen ighe ; so hiessen die wal- 
digen Inseln des Mittelmeeres, von 
welchen die Phönizier zum Theil ihr 
Schiffsbauholz bezogen, und worauf 

sie zu dem Zwecke Colonien anlegten. 
Die grösste Chittim war Cypern 
Cyprus (giubrus, giub-ar-is Kiefer- 
wald-gross-insel); dann Rhodus. 
Ebenso waren von den Phöniken co- 
lonisirt: Thera durch Cadmus; dann 
Jos, die auch Phönike hies; Oliarıs, 


— 149 — 


Choche — Chreine. 


Delos, Melos, das auch Byblus hies; 
weiter Kythera, Samothrake, wo 
Cadmus die Harmonia heirathete, 
Thasos, wo fünf Menschenalter vor 
Herkules sich schon die Phöniken 
angesiedelt hatten. Die Phöniken 
wurden auf den meisten dieser In- 
seln wieder von den Karern ver- 
drängt, und diese wieder von den 
Joniern und Dorern. So lange sie 
im Besitz der Karer waren, hiessen 
sie die Makarischen, so namentlich 
Lesbos, Samos, Chios, Kos, Rhodus, 
Cypern und Creta. Als Bewohner 
der Städte dieser Inseln hiessen die 
Karer auch Leleger, lia-loc- air 
Wasser-Veste-Leute, während Karer 
sonst blos Städtebewohner bedeutet, 
von caer Stadt. 

Choche. So wird ein uralter Ort 


am Tigris genannt; er wurde von 


den äthiopischen Kephenen besetzt, 
als diese von den Chaldäern aus 
Babylon vertrieben wurden; später 
soll daraus Seleucia entstanden sein; 
hier soll auch Nimrod den Abraham 
haben ins Feuer werfen lassen, wie 
die Araber erzählen. Choche ist das 
hundertfach in Europa vorkommende 
coiche, erhöhter Wohnort, woher 
auch die Chauken, Bewohner der an 
der Niederweser auf Erderhöhungen 
angelegten Wohnstätten. 

Chreine, deutsch Krain, zerfiel 
in alten Zeiten in die Mark Chrein 
und den Gau Chrein; letzterer lag 
westlich nach Friaul zu, an den Ju- 
lischen Alpen, und hies darum auch 
Carniolien. Die Mark Chreine lag 
östlich gegen Croatien. Der Name 
Chreine ist elavisirt und bedeutet in 


Chriemhilde — Chrodobert. 


dieser Form Grenze, vom alav. kraj 
Grenze, krajnaja zemlja Grenzland 
oder Krajna, zu deutsch Windisch- 
Mark; indess ist dies nicht die ur- 
sprüngliche Bedeutung, denn chreine 
steht statt carniaBerghornland, vom 
gäl. carn Berg-Horn und ia Land, 
gleich Kärnten (carn-lan Hornland). 
Das benachbarte Istrien wurde von 
den slavischen Krainern erobert; 
610 überfielen sie die keltischen 
Einwohner, vertrieben dieselben, und 
behielten das Land in Besitz. 
Chriemhilde, altgälisch. Weiber- 
name, von cruimh Gott und giolla, 
gilda, kilda Diener, Dienerin, Got- 
tesdienerin; der entsprechende Man- 
nesname lautet Grimoald. Bryn- 
hild dagegen kommt von braine 
Fürst, Anführer, Brennus, und nicht 
von brynne Brustpanzer, denn dies 
gäbe keinen einfachen Sinn. Crom- 
lech, Cruimleach bedeutet Gottes- 
altar, ein flacher Stein oder Leye, 
der in Tischform auf andere Steine 
gelegt wurde. Aus giol, gild, hild 
wurdez.B.auchMangold, Herren- 
diener, von maon Maun, Herr. 
Chrodobert, Robert. Die Bylbe 
chrod lautet im Gälischen chrodha 
und bedeutet streng, im Deutschen 
dagegen ist chrod, hruad, rod, rud 
soviel als roth, glänzend. Ein Bei- 
name Wodans war Hrodo und sei- 
ner Gattin Rosa oder Hrosa, Frau 
Rose in unsern heutigen Kinder- 
spielen, sonst Frau Holle oder Hulda, 
Bert bedeutet gälisch Sohn, Berta 
Tochter, d. h. der oder die Geborene, 
von bearaim gebären. (Bei diesem 
Aulasse die Bemerkung, dass sich 


— 350 — 


Chum — Chur. 


ein gewisser Franz Stark in Pfeiffers 
Germania sehr ungnädig über die 
Erklärungen aus dem Keltischen ge- 
äussert hat, so namentlich auch über 
Bert, Berta; in ganz ähnlicher Weise 
that es ein Herr St. (wohl derselbe) 
in Zarncke’s Literarischem Central- 
blatte. Wenn durch blosses Schim- 
pfen etwas erwiesen werden kann, 
dann hat Herr Stark seinem Namen 
Ehre gemacht, wenn aber zur Wider- 
legung einer Erklärung eine bes- 
sere nothwendig ist, sei es aus dem 
Deutschen, sei es andere woher, 
dann hat sich Herr Stark sehr 
schwach gezeigt, denn er hat nicht 
eine einzige Erklärung, geschweige 
denn eine bessere beizubringen ge- 
wusst. Mit dem blossen Götzen- 
dienst, den die Germanisten mit 
mittelalterlichen Dichtungen und 
Wortformen treiben, ist es nicht 
gethan.) 

Chum, italienisch Como, Stadtam 
Chumer See in der Lombardei, Ge- 
burtsort Catulls und des jüngern 
Plinius. Der Name Chum kommt 
von caomh schön (woher auch der 
Name Conrad, caombrath, wohlge- 
rüsteter Soldat), und ma, moStätte, 
oder von ka, kau Haag und am- 
hain Wasser, See. 

Char, lat. curia Bhastorum, ro- 
manisch Quiera, ital. Coira, franz. 
Coire, Hauptstadt von Graubündten. 
sowie noch besonders des Gotteshaus- 
bundes. Das Bisthum Chur wurde 
schon 440 errichtet, der erste Bi- 
schof hiesAsimo. Die Bischöfe wur- 
den später deutsche Reichsfürsten 
und beschiokten den Reichstag bis 


Char. 


zur Auflösung des Reiches 1506. 
Der Name Coire ist das gäl. caer, 
corr Hof, Wohnort, woraus das 
heutige französische cour wurde; 
curtis, alt curtas dagegen bedeutet 
einen Schafhof, von caor Schaf und 
tas eingefriedigter Ort, Pferch. In 
römischen Zeiten war Chur der 
IIauptort von Hochrhätien oder 
Rhaetia prima, das von den Römern 
orat eroberte Bergland, während das 
später besetzte vorliegende Flach- 
land bis zur Donau Rhaetia secunda 
hies, obwohl hier der Name Rhaetia 
Bergland (von rhath Berg und in 
Land) nicht mehr passte. Nach dem 
Sturz der Römerherrschaft wurde 
Rhaetia prima erst ostgothisch, dann 
fränkisch. Der Comitatus Rhaetise 
begriff im Mittelalter Graubündten, 
Chur, den Walgau (an der Iller oder 
das Montafun) nebst dem Trasthal 
(vallis drusiana), und hies bei den 
Dentschen im Allgemeinen Chur- 
walgau, Churwälschland oder auch 
Kauderwälschland. In einem Theile 
dieses Churwälschlandes ist noch 
die alte romauisch-keltische Sprache 
üblich, und zwar in mehreren Mund- 
arten, von denen die eine oder an- 
dere mit dem alten Tuskischen nahe 
verwandt sein mag. Die alten Etru- 
rier führten den Namen Rhasennen 
(Rhasetier) ebenfalls, (sie sollen aus 
Lydien in Kleinasien erst in die Al- 
pen und dann nach Etrurien ge- 
wandert sein,) und zwar deshalb, 
weil viele rhätische Ortsnamen in 
Graubündten sich in Etrurien wieder- 
finden, und dann, weil die Religions- 
gebräuche der Etrusker an das 


— 351 — Chusisten - Chutigigau. 


Orientalisch-Semitische erinnerten, 
obenso ihre Denkmale, Vasen und 
dergl. In Toscana lag z.B. Are- 
tium, jetzt Arezzo, gleich mit 
Bhezüns im Domletschg -Thale, 
von rhath Berg und ion oder 
aidhe Ort. Lavinium, Lavin im 
Unterengadin, von /a klein und 
buinne Bach oder binn Berg, und 
viele andere. Dies beweist aber nur, 
dass sowohl die Toscaner als die 
Rhäten Kelten waren, wenn auch 
von einem ältern Zweige, als 
die später von Frankreich unter 
Belloves eingewanderten Bojer und 
Cenomanen, welche die Poebene 
besetzten und dadurch die Verbin- 
dung der Rhäten mit den Tusken 
unterbrachen. Die Tusken waren 
besonders geschickte Handwerker, 
daher ihr Name von toisg Kunst, 
Handwerk. 

Chusistan, dasselbe wie Kusch, 
von coedWald und tan Land. Chn- 
sistan liegt im persischen Gebirgs- 
lande östlich von Babylon; die Chu- 
sen werden im 1. Buch Moses Cap. 
10 zum Zweige der Hamiten ge- 
zählt, waren darnach Aethiopen. 

Chutizigau, zu deutsch Wald- 
gau oder Waldleutegau, vom gäli- 
schen coed oder gwydd Wald und 
dae Leute, oder aithe Höhe; so 
hies in gälischen Zeiten das Erz- 
gebirge von der Eibe bis zur 
Mulde. Die Umgegend Leipzigs hies 
ebenso, weil sie waldig war, der 
Rest dieses Waldlandes ist noch im 
Bosenthal vorhanden, wo aber keine 
Rosen wachsen, wohl aber Erlen 
und Eichen und sumpfiges Riedgras 


Cicero — Cilleyer Mark. — 352 — 


Cinna — Circipaner. 


(Rosen kommt hier von rus Wald). | falls klein. Zur Zeit des Kaisers 


Südlich von Leipzig war die Scuntira, 
d. h. abermals Waldland, von cunt 
Wald und ire Land. 

Cicero oder Kikero, Erbsenmann, 
von cicer die Erbse; eine andere 
Erklärung wäre von ci, go klein, 
/aer Ort und o Mann. 

Ciliclen, Flussland oder Land 
am Kalikadnus, von coileach, gili- 
ach Berg-Fluss, und dies von gil, 
giol Bach (franz. couler fliessen), 
und aighe Berg. Cali-cadnus 
gleich giol-caid bedeutet ebenfalls 
B:ırgwasser, dasselbe, und heisst 
heutzutage Dihon, Dschihon, gleich 
di-ean klein Wasser; der Hauptort 
Adana, Wasserburg, liegt an einem 
Flusse, ad Wasser und din Burg. 
Das Gebirgs- oder Waldland, wel- 
ches Cılicien umsäumt, hies alt Ca- 
taonien, von cocd Wald, on Leute 
und ia Land. 

tilleyer Mark, alter Name für 
Untersteyermark oder die Mark an 
der Sau; hies auch Pettauer Mark. 
Cilli, die Hauptstadt der Mark, alt 
Celeja oder Zellia, auch Aglia und 
Cagellia, liegt an der obern Sau 
oder in Pago Souna, d.h. di-eana 
klein Wassergau; denn Souna hies 
die Sau in ihrem obern Theile, wo 
sie noch klein ist, auch Souwa, d.h. 
sua-bi Wasser-klein, daraus wurde 
Suabe, Sabe, Save, Sau. Cilli, la- 
tinisirt Celeja oder Zellia kommt 
vom gäl. kealOrt, Keller, Vorraths- 
haus, auch Kirche. Aglia steht 
statt Akellia, a ist entweder der 
Artikel, oder bedeutet e, i klein. 
Die Vorsylbe ca, co bedeutet eben- 


Moorland, 


Heraclius im 7. Jahrhundert, als 
Gisulf Herzog der Friauler war, 
waren die Slaven in der Cilleyer 
Murk diesem Herzoge unterworfen, 
sie wohnten bis Mauterdorf, 
Mutardorf, alt Moedaria (grosse 
Scheuer oder Hof, von modh, medh, 
miet Hof und ar gross), d. b. bis 
an die Grenze Istriens, später em- 
pörten sie sich gegen den Herzog 
Ratchis. Sie waren übrigens damals 
erst kurze Zeit im Lande, denn um 
562 hatten noch die keltischen 
Karnen und Noriker die Oberhand. 
Im Jahre 579 waren die Bischöfe 
von Tiburnia und Celeja noch auf 
dem Concilium von Grad, erst 590 
wurden diese und andere Städte von 
den Slaven zerstört, und damit ging 
das keltisch-romanische Christen- 
thum wieder verloren, bis os nach- 
her von Salzburg aus abermals ein- 
geführt wurde. 

Cinna, Cinnam bedeutet gälisch 
Hauptmann, von ceann, Genitiv 
cinn Haupt, Spitze und amha Mann. 

Circipaner oder Zerezepani, Zir- 
cipani, slavisirt Zcirizspani, slavisch 
erklärt von czrez oder czerez, soviel 
als über, jenseits der Peene; allda 
lag das Land, Rügen gegenüber im 
östlichen Mecklenburg oder in Vor- 
derpommern ; keltisch könnte es als 
ceirt Wald und dan Land gedeutet - 
werden. Es ist ein Sumpf- und 
ein Theil davon hies 
Trebuser-Land, alt Trebisees, von 
treabh Dorf; dann die Landschaft 
Loitz für Lusitz, Lutiz, Lositz; 
ferner Plote oder Bisciani, von 





Cläven — Clastidium. 


blo, blah Flachfeld und reidh Feld, 
oder riosg Sumpfland. Dann lagen 
noch hier der Chozego wa, Wald- 
gau, von coed Wald, was die kel- 
tische Ableitung der Circipaner von 
ceirt Wald zu bestätigen scheint, 
wie der offenbar keltische Name der 
Kossiner, der Westnachbarn der- 
selben. 

Cläven oder Cleven, italienisch 
Chiavenna, alt Clavenna, Hauptort 
der alten Grafschaft Cläven, gehörte 
früher zu Graubändten und hatte 
mit dem Veltlin gleiche Schicksale. 
Die festen Schlösser des Clefner- 
landes wie des ganzen Veltlins wur- 
den von den Graubündtnern ge- 
schleift. Oberhalb Cleven an der 
Maira lag der Flecken Plürs, der 
1618 durch einen Bergsturz ganz 
verschüttet wurde, wobei 2430 Men- 
schen umkamen. Der Name Chia- 
venna italisirt für Clavenna, bedeu- 
tet Bergfestung, von cli Burg und 
beinn, benn, bin Hügel. 

Clan, Geschlecht, altgäl. cloind. 

Clarenna, Bergburg, von cli 
Burg und rinn Berg. Crevenna, 
von cro und beinn Hügel, dasselbe. 

Clastidium, eine Veste der alten 
Liguren am Nordabhang der Ape- 
ninen in der Nähe des heutigen 
Voghera, von kleith Hügel und dion 
Burg, didion kl. Burg. Clastidion 
war der Hauptort der ligurischen 
Ananen, die zu beiden Seiten der 
Trebia wohnten, und auch Anamaren, 
Marikeroderkurzweg Androi, Männer 
genannt wurden. Als die Insubrer 
unter Belloves und dessen Nachfol- 
gern das Mailändische eroberten und 

Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


Clausthal — Clermont. 


die ligurischen Libier daraus vertrie- 
ben, eroberten sie auch Clastidium. 

Clausthal entstand nach der 
gewöhnlichen Annahme aus einer 
Einsiedler- Clause, denn erst im 
13. Jahrhundert wurden die dorti- 
gen Bergwerke entdeckt, worauf 
die Stadt bald heranwuchs. C/ais, 
clandd bedeutet indess keltisch 
Thal; dass Kelten im Harz gehaust 
haben, geht daraus hervor, dass die 
bedeutenderen Berge sämmtlich noch 
heute keltische Namen tragen, wie 
Brocken und Bruchberg, von braighe 
Berghöhe, höchstem Theil einer 
Gegend, oder von brugh Feenberg, 
Hexenberg; dann der Agger, 
aighe-er grosse Höhe, Auerberg, 
or grosser Berg, Winterberg, 
grosser Waldberg, von gwind Wald. 

Clerf, lat. clara vallis, ver- 
deutscht Klarenthal, franz. Clair- 
vaux, Stadt in deutsch Luxemburg 
im Eberwald, dabei die alte Augusti- 
nernonnenabtei Hosingen oder Ho- 
sin. Clairvaux entstand aus einem 
alten Benedictiner-Kloster, daher 
wird clair wohl von cleir Geistlich- 
keit oder Clerus herkommen, vaux 
entweder aus vallis Thal oder aus 
bail Ort oder vigh Dorf entstanden 
sein. Klar ist das Thal, bezw. die 
Stadt oder das alte Kloster jeden- 
falls nicht. Im Uebrigen könnte 
clair auch aus //wr Felsenvorsprung 
entstanden sein. 

Clermont in den Argonnen, Stadt 
und früher Grafschaft, die zu Ver- 
dun gehörte, dann an die Grafen 
von Bar, weiter an die Herzoge von 
Lothringen kam, und von Karl IH 

23 


Cleruas — Clutam. 


von Lothringen an Frankreich ab- 
getreten wurde. Clermont war eine 
Zeit lang die äusserste Grenzstadt 
des deutschen Reiches gegen Westen. 
In der Auvergne liegt ein anderes 
Clermont, latinisirt clarus mons. 
Cler kommt hier von /Jjwr Felsen- 
vorsprung, hervorstehender Berg 
oder mont. 

Clerus, cleir bedeutet geistlich, 
cleireachd die Geistlichkeit. Die 
Endung eachd entspricht der deut- 
schen „heit“ oder „keit“. 

Cleve, früher ein Herzogthum, 
jetzt zu Preussen gehörig, mit Aus- 
nahme von Zevenser oder Zeventer 
und Heussen, die bald bei Geldern 
bald bei Cleve waren, und schliess- 
lich von Preussen an Holland ab- 
getreten wurden. Die Stadt Cleve, 
von welcher die Landschaft den Na- 
men hat, bedeutet kleine Burg, von 
clee, cli Burg und bi klein. 

Clida, altdeutsch gleich Flechte, 
gäl. cliadh. 

Clönthal, im Glarnerland, zwi- 
schen Glarus und Schwyz, von 
gleann Thal; ein anderes Thal 
heisst ds-Clönthal, kleines Thal. 

Cluse, häufig vorkommender Name 
für enge Thäler, von c/ais oder 
clawdd Thal, so auch Clausthal. 

Ciusium, zu deutsch Schloss 
oder Clause, war eine alte Veste in 
Etrurien, die von den gallischen Se- 
nonen, bevor sie unter Brennus 
nach Rom kamen, erobert wurde. 
Kluth Berg, ion Ort, oder clais 
Thal und dion Veste. 

Clatam, altgälischer Name, von 
Cloth Lob, Ruhm und am, amhain, 


— 34 — 


Cochem — Cölesyrien. 


lat. homo, berühmter Mann; cloth 
ist derselben Wurzel wie das latei- 
nische laus. Cloth-wig oder Lud- 
wig, Sohn des Klotho; c/o/h-ar be- 
rühmter Mann. 

Cochem, Ort an der Mosel, alt 
Cucheme, Cuchuma, von coiche 
Höhe, Hügel und ma Stätte, daher 
Küche, kochen, weil der Herd eine 
Erhöhung bildet. Aus der Küche 
und dem darüber gebauten Dach 
keltisch feagh, entstand das Haus, 
aus mehreren mit einem Erdaufwurf 
umgebenen Häusern ein fwarp, fuar 
Dorf, war noch ein Zaunwerk zur 
weitern Befestigung angebracht, so 
entstand ein dun oder ein fester 
Platz, lag er auf einem Berg, so 
wurde er zur Burg. 

Codogno, Städtchen in Ober- 
italien in den Alpen, von ka, ga, 
go klein und din, dion Burg; ver- 
wandte Ortsnamen sind Cadin, 
Cadon, Gadon, Gadeina, Ga- 
tugno, sämmtlich alte Berghäuser 
oder Burgen in Rhätien. 

Cölesyrien, griech. koile Syria, 
Hohlsyrien, das Land zwischen den 
Ketten des vordern und hintern Li- 
banon. Bei den Hebräern und Ara- 
bern dagegen heisst das Land blos 
Chul oder Chula, von giol, geul 
Wasser, gleich Gilead, Wasser- 
gegend am Orontes. Oulatha bei 
Josephus dagegen ist Folsengegend, . 
von oil Fels und iath Landschaft. 
Somit bedeutet Cölesyrien nicht 
Hohlsyrien, denn hohle Länder gibt 
os nicht, sondern genau soviel als 
Syrien schon für sich, nämlich Land 
am Flusse oder Wasser. 





Cöln — Coimbra. 


Cöln, Ort Meissen gegenüber an 
der Elbe in Obersachsen, desgl. 
Altester Stadttheil von Berlin an der 
Spree; offenbar keine römischen 
Colonien wie etwa Colonia Agrippina 
am Rhein, sondern Wasserorte, Was- 
serleute, Schiffer gio/-nar. Aus die- 
ser Bedeutung von Cöln an der Spree 
ergibt sich auch die von Berlin, 
Wasserstadt, bior-lan, oder viel- 
mehr Schuppen am Wasser, ähnlich 
wie Dublin, grosser Schuppen. Cöln 
am Rhein wurde von den Römern 
in Colonia Agrippina umgetauft, und 
gilt bis heute als eine ursprünglich 
römische Colonie; ob mit Becht, 
mag dahin gestellt bleiben; später 
wurde Cöln Hauptstadt des Rif- 
landes oder der ripuarischen Fran- 
ken, d. h. der niederrheinischen 
Flussanwohner, keltisch Fuar-anki, 
woraus der Name Franken entstand; 
frank bedeutete ursprünglich nicht 
frei, sondern die Franken als der 
allwärts -siegreiche Stamm waren 
allwärts frei. 

Cöihen, alt Cotene, Waldort, von 
coed Wald und tae Ort, oder Wald- 
leute, von coed-nae. 

Cognac, altCondate, Waldort im 
Saintonge an derCharente; Condate 
kommt öfter vor, von coed, gwydd, 
gwind Wald und aidhe Wohnort 
(vergl Saintonge). An Stelle des 
Waldes sind jetzt die Hügel mit 
Reben bepflanzt, deren Treber einge- 
maischt zu Cognac destillirt werden- 
Die Form Cognac wird wohl von 
cuanna Hügel und acha Wall her- 
kommen. 

Coimbra, Stadt in Portugal am 


_ 35 — 


Colatio — Colberg. 


Ceira-Flüsschen ; letzteres von caoir 
Wasser. Coimbra hies alt Conim- 
briga, gleich Cambridge in Eug- 
land, von gan Burg, ean oder am- 
hain Wasser und dbriga gleich Burg 
oder Brücke, also Burg mit einer 
Brücke über den caoir. 

Colatio, zu deutsch Berghausen, 
von col Hügel(lat.collis) und /yau, 
teiau Häuser. 

Colberg, von co/, im Altdeut- 
schen Chole, Hügel, daher Chole- 
berc bei Zwifalten im Donaugrund 
in Oberschwaben. Aus chole wurde 
mitunter Kohle, Kohlenberg, 
auch Coliberg; dann Collen- 
berg, alte Burg am Main bei Prod- 
selten auf einem kleinen schroffen 
Hügel, desgl. der Kollenberg bei 
Schwarzenborn in Hessen; Gollen- 
berg bei Magstadt in Würtemberg, 
desgl. in Pommern, wo auch die 
Stadt Colberg (wörtlich Hügel- 
berg) liegt. Gleicher Wurzel wie 
col ist das kimbrische gallt, was 
Felsabhang, Steige bedeutet, daher 
die vielen Goldiberge in Oestreich, 
bei Krautheim an der Jagst, bei 
Forchtemberg, Pflaumbach und 
Unter- Türkheim in Würtemberg; 
weiter der Goldbühl bei Hohen- 
staufen, Goldenbühl bei Dunnin- 
gen, der Goldrain bei Ellwangen, 
die Goldäcker, Anhöhe bei Mög- 
lingen in Würtemberg, der&@older- 
berg bei Streichen. Endlich der 
Galberg bei Oehringen, der Gal- 
lenberg bei Unter-Gröningen am 
Kocher, und die Geldfelsen, 
schroffe Felsenmassen in einem 
Seitenthal der Donau bei Beuron in 

23* 


Colchester — Colmar. 


Schwaben. In kohl ging co/ über 
imKohlbergbeiMähringen, desgl. 
bei Seitingen; bei Oberkessach steht 
ein Berg, der kurswog der Kohl 
heisst, sämmtlich in Wärtemberg, 
endlich in den Kärnthner Alpen die 
Kohlspitze. Bei Neresheim im 
Hertfeid Andet sich der Köllberg 
mit steilen Spitzen. 

Colichester, im östlichen Eng- 
land, Wasserburg, von giol Wasser 
und chas-dear Burg-gross. 

Colditz, Ort bei Grimma in Ober- 
sachsen, alt Coledizi, Waldsitzer, 
vom gäl. coille Wald und aidhe 
Wohnung, oder dem deutschen Ge- 
sati, oder dem slav. ajedati, Sitzer. 

Collmen, Dorf bei Colditz in 
Obersachsen, alt auch Culm, zu 
deutsch Bergstätte co/-man. Aus 
dem Slavischen erklärt kommt man 
zu demselben Ergebniss, da das 
wendische kholm oder czechische 
chlum Hügel bedeutet (beides ent- 
stand aber aus colean Dem. von 
co! Högel), nur bleibt dann men 
unerklärt. Die Form Culm kommt 
von col-ma, der Bedeutung nach 
dasselbe, was Colmen. 

Colmar, römisch Collis Martis, 
Hauptstadt des Oberelsasses. Unter 
der fränkischen Herrschaft war hier 
ein Königshof, aus dem die Stadt 
entstand; sie erhielt 1220 Stadt- 
gerechtsame, und wurde dann freie 
Reichsstadt. Der Dichter Pfeffel 
wurde 1736 hier geboren und starb 
auch hier 1809. Der Name ist wohl 
aus Collis Martis, Mars-Hügel zu- 
sammengezogen, denn die gälische 
Deutung „grosser Hügel“ col-mar 


Colonge — Condrust. 


oder mawr passt nicht, da die 
Stadt in der Rheinebene liegt. Im 
Mittelalter latinisirte man den Na- 
men in Columbaris, Taubenhof, was 
insofern einen Sinn hatte, als hier 
ein fränkischer Königshof, eine villa 
regia war. 

Colonge, Ortsname in Frank- 
reich, aus Colonia gebildet, bedeu- 
tet indess ein kleines Bauergut, der 
richtige lateinische Name war Colo- 
niuncula, verkürst Colonica, und 
daraus Colonge. 

Comnisia, gälisch coimhneas, 
Personenname, von comA, cum mit 
und neas, neadh edel, gleich edler 
(netter) Geburt, 

Comorn, Festung in Ungarn am 
Zusammenfluss der Waag und Neutra 
indie Donau, von Sümpfen umgeben, 
alt latinisirt Comercium oder Cama- 
rum; dasselbe, was Camargue an 
der Mündung der Rhone ins Mittel- 
meer, Sumpf-Ort, von comar-ion. 
Comar oder comarc ist entstanden 
aus cam krumm und eary Wasser. 

Compatsch oder Chlampatsch, 
alt Campatz, Ort im Vintschgau in 
Tyrol, von gan Veste, bi klein und 
aithe hoch. 

Condrust, wallonisch Condroz, 
Waldland, von cunt (coed, gwydd) 
Wald und ros oder rus Feld, Land- 
strich. Der Condrust liegt im Ar- 
dennerwald, südlich und südöstlich - 
von der Maas zwischen Namur und 
Lüttich; er gehörte wie der Haspen- 
gau, nördlich von der Maas, zum 
Bisthum Lüttich. Die Condrusker 
waren ein belgisches (vielleicht kelt- 
iberisches) Volk, wie die Eburonen, 


Condrust. 


und wurden von Cäsar unter die 
Halbgermanen gerechnet. Sie sind 
heute Wallonen, d. h. romanisirte 
Kelten, wie ihre Nachbarn. Der 
Name German, den Cäsar von den 
Galliern überkam, bedeutet im Kol- 
tischen bekanntlich nicht soviel als 


Deutsch, sondern entweder Bergvolk 


oder Grenzvolk. Die vier anderen 
sogenannten halbgermanischen Völ- 
ker des Cäsar waren die Eburonen 
(Beitersmänner) bei Tongern; die 
P&ämanen in der heutigen Famenne 
(Viehhirten), die Carasker bei 
Prüm (Grenzleute) und Sogner 
(Waldleute). Eswäre nicht undenk- 
bar, dass diese Ardennenvölkchen 
gleich den Basken in den Pyrenäen 
einer Altern Race als der gäli- 
schen angehört haben, eben weil sie 
in die Waldeinöden zurückgedrängt 
waren, und mit den benachbarten 
gälischen Völkern, so namentlich 
den Trierern in stetem Hader leb- 


ten. Die Baskische Sprache hat nach. 


Wilh. Humboldt viel Uebereinstim- 
mendes mit dem Finnischen, trotz- 
dem dass ihre Ortsnamen meist rein 
keltisch sind; sie wurden eben von 
den aus Asien eingebrochenen Kel- 
ten unterjocht; aus ihrer Mischung 
entstanden die Keltiberen, die Väter 
der heutigen (nicht romanisirten) 
Basken. Aehnlich mögen sich die 
Verhältnisse in den Ardennen aus- 
gebildet haben, denn Cäsar ge- 
brauchte einen spanischen Dol- 
metscher, um sich mit den Eburo- 
nen zu verständigen. Darnach wären 
diese Völker finnischen bezw. hun- 
nischen Stammes gewesen, und dies 


— 37 — 


Condraust. 


stimmte wieder mit den neuesten 
Forschungen der Geologen, 
welche annehmen, dass zur Zeit der 
Gletscherperiode Europa von einer 
von Bennthierzucht lebenden „samo- 
jedischen“ Race durchstreift wurde. 
Im Uebrigen zeigt die Geologie, dass 
schon vor hunderttausenden von 
Jahren Menschen oder menschen- 
artige Wesen in Europa hausten, in 
Gemeinschaftvon Thieren, die längst 
ausgestorben oder wenigstens aus 
Europa verschwunden sind. Man un- 
terscheidet jetzt sogar drei Perioden 
dieser Urwelt: die Vorgletscher- 
Zeit, in welcher Europa wärmer 
war als in der zweiten, der Glet- 
scherperiode, wo unser ganzer 
Continent, mit Ausnahme der Süd- 
spitzen ein sibirisches Klima hatte, 
und höchstens das Bennthier seine 
Nahrung finden konnte, und drittens 
die Nachgletscher - Periode, 
in welcher an Stelle der Steinwaffen 
erst bronzene, dann allmälig eiserne 
traten. Erst diese dritte Periode ist 
die der Gaelen und der Pfahl- 
bauten; früher wohnten die fin- 
nisch-hunnischen bezw. baskisch- 
iberischen Rundköpfe (und das 
sind sie heute noch) meist in Höh- 
len, wenigstens findet man dort am 
häufigsten ihre versteinerten Reste ; 
die Liguren hausten sogar noch zur 
Zeit in solchen, als sie von den Rö- 
mern unterjocht wurden. Die Gaelen 
sind blond, schlank, und haben 
meist ovale Köpfe; einen Basken, 
Liguren oder Wallonen erkennt man 
schon von hinten, denn er ist breit, 
rundköpfig, und hat fastkeinen Hals. 


Condrust. 


Aus der Mischung dieser Höhlen- 
race mit den Pfahlbauern entstanden 
diejenigen Völker, welche zur Zeit 
der Römer Europa bewohnten, und 
sodann von den Deutschen, Blaven 
und Hunnen abermals mit neuen 
Mischungselementen heimgesucht 
wurden. — Was die altkeltische 
Sprache betrifft, so muss sie 
schon vor den Römern und Deut- 
schen die Folgen der Mischung mit 
den Basko-Finnen empfunden haben ; 
nothwendig gingen eine Menge bas- 
kischer oder ligurischer Worte in 
das Keltische über, so dass sich 
von Gau zu Gau besondere Mund- 
arten ausbildeten, wie später wieder 
in gleicher Weise bei der Mischung 
des Keltischen mit dem Deutschen 
oder Slavischen. Jede Mundart oder 
jeder Gau erhielt dadurch für die ge- 
wöhnlichen Lebensbedürfnisse seine 
eigenen Ausdrücke, für Wasser, 
Berg, Wald, Haus, Vieh entstanden 
Dutzende von Wortformen, welche 
bei dem Durcheinanderwerfen der 
Völker, sei os bei der Unterjochung 
durch die Kymbern (wahrscheinlich 
ebenfalls ein hunnischer Misch- 
stamm), dann durch die Römer, 
Deutschen, Slaven endlich in ein 
einziges, aber sehr unbestimmtes 
Idiom verschmolzen, das wir heute 
kurzweg keltisch nennen, und wo- 
von auf Irland, Schottland, Wales 
und der Bretagne die Beste sich 
erhalten haben. Anders lassen sich 
die vielen Wortformen für Wasser, 
Berg, Haus nicht erklären; denn 
wäre das Keltenvolk Einer Race ge- 
wesen, stammte eg von Einem Ur- 


— 358 — 


Connewits — Conrad, 


vater ab, so würde auch nur ein ein- 
ziges Stammwort für Wasser, bezw. 
Berg, Wald u. s.w. in Gebrauch ge- 
kommen und geblieben sein. 

Connewitz, Ort bei Leipzig, sonst 
Gannewitz, Gambiz, gleich Camburg, 
fester Ort, von gann Veste und dem 
angehängten slavischen wice, witz, 
wies (lat. vicus) kelt, wigh Ort; 
oder auch Alk Wald, in welchem 
Fall es Waldburg bedeutete. Conne- 
witz liegt am Rande des Rosenthal- 
waldes an der Pleisse. 

Conrad, kelt. Caombrath, schö- 
ner Reisiger, schön gerüsteter Krie- 
ger, von caomh, caomb schön und 
reidhim rüsten, reisen, d. h. ins 
Feld ziehen; denn andere Beisen, 
als zu Pforde in Begleitung von zwei 
Beisigen d. h. gerästeten Knechten 
waren in alten Zeiten nicht üblich 
und auch schwer möglich, da Fremd- 
Iinge, die sich nicht vertheidigen 
konnten, zu Sklaven gemacht wur. 
den. Reidh bedeutet irisch heute 
noch gerüstet und rath Sold. Die 
Reisigen waren im Mittelalter ge- 
rüstete Söldner oder Soldaten, eine 
Reise war eine Fehde mit Reiterei; 
Conrad ist also ein schön gerüsteter 
Beisiger oder Beitersknecht. Die 
Söldner hiessen im Altgälischen 
auch Gaisat oder Gäsal, von cais 
oder cios Bold, Rente, Einnahme, 
daher die in den Kriegen mit 
den Römern vorkommenden Gäsaten, 
Caiseaidhe. Die Schwälmer in Ober- 
hessen haben jetzt noch fast durch- 
weg den Vornamen Conrad, das 
erste kurhessische Regiment, das 
in der Schwalm rekrutirt wurde, 


Constanz. 


hies bei seinen Cameraden stets die 
Conrädercher; die Schwälmer führ- 
ten noch vor dreihundert Jahren die 
alten Schwerttänze auf, sie waren 
also Conrade, und daher ihre bis 
heute von Pathe zu Pathe vererbten 
Vornamen, die ursprünglich wie alle 
Namen Appellativa waren. 
Constanz oder Kostnitz, lat. Con- 
stantia, Stadt im Thurgau, war bis 
1803, wo sie badisch wurde, öster- 
reichisch , vorher freie Reichsstadt, 
aber von Karl V 1550 in dieReichs- 
acht erklärt und 1559 von Ferdi- 
nand I mit Oestreich vereinigt. Der 
Bischof war reichsunmittelbar und 
hielt sein Gericht in der Pfalz, einem 
kleinen Bezirk auf dem Domplatze, 
der mit der Stadt sonst nicht in 
Verbindung stand. Das Bisthum 
wurde 570 von Windisch, Vindonissa 
in der Schweiz hierher verlegt. Von 
1414 bis 1418 tagte hier die be- 
kannteKirchenversammlung, umdem 
Unwesen mit den Gegenpäpsten, da- 
mals deren drei, ein Ende zu ma- 
chen. Es waren oft an die 150000 
Menschen und 30000 Pferde anwe- 
send, darunter Theilnehmer kirchli- 
chen und weltlichen Standes aus Ita- 
lien, Frankreich, England, Deutsch- 
land, Schweden, Dänemark, Polen, 
Ungarn und Constantinopel, welches 
bekanntlich erst 50 Jahre später in 
die Gewalt der Türken gerieth. 1415 
wurde hier auch Johann Huss ver- 
brannt, und 1416 dessen Freund 
Hieronymus von Prag. Huss sas im 
Dominicanerkloster gefangen, wo 
sein enges Gewahrsam noch gezeigt 
wird. Das Concil wurde im Kauf- 


— 359 — 


Corbe — Corcontier. 


haus abgehalten, das ebenfalls noch 
steht. Potershausen über dem Rhein 
war ein Kloster und bildete den 
Brückenkopf. Der Name Constanz, 
lat. Constantia ist römisch, zu Ehren 
des Kaisers Constans; Kostnitz ist 
die slavisirte Form und entstand 
zur Zeit der Kirchonversammlung, 
bei der viele Böhmen anwesend 
waren. 

Corbe, einst Stadt der Tectosagen 
in klein-asiatisch Galatien, ein an- 


doros Cor bie bei Amiens in Frank- 


reich, Corbia in Sardinien, Cor- 
bio im alten Lateinerlande oder La- 
tium, desgl. in Spanien, sämmtlich 
von cor, caer (gaard) Stadt und 
bi klein; CorBilo und Corbulo 
in Gallien gleicher Bedeutung, nur 
bill klein statt bi. Corvoy an der 
Weser, Horb in Würtemberg des- 
gleichen. 

Corbers, latinisirt Corbaria, 
zu deutsch Wagenhäuser, Schuppen, 
von corb gleich Wagen, Korbwagen, 
Benne. Davon mag Corbers oder 
Corbidre im Canton Fryburg im 
Vechtland seinen Namen führen; 
ers ist aus aras Burg entstanden, 
fester Ort zur Aufbewahrung der 
Wagen. 

Coreontier, alter Name für die 
Bewohner des Riesengebirges oder 
Grenzgebirges gegen Schlesien, von 
cor Grenze und cunt Wald; sie 
wohnten an den Quellen der Elbe. 
Aus diesem keltischen Worte haben 
die slavischen Böhmen Kerko- 
nosze oder krkonoske hory gebil- 
det (hory : griech. oros bedeutet 
slav. Gebirg). 


Cordova — Corsica. 


Cordova, Stadt in Spanien, alt 
Corduba, caer Ort und dubnh gross. 

Corfu, die bedeutendste der sie- 
ben jonischen Inseln im Adriatischen 
Meere, alt Scheria oder Skeria, zu 
deutsch Felsenland, von sgor Fels 
und ia Land, auch Korcyra, ver- 
setzt für sgor-ire, was dasselbe be- 
deutet. In der Form Corfu zeigt 
sich entweder der Uebergang von 
sgor inscharf, (scharfer Stein, Stein- 
beil, denn scharf kommt von sgor,) 
oder es bedeutet Felsengegend, von 
sgor-ibh. 

Corinth, deutsch Felsenstadt, von 
cor, caer, deutsch gaard Woh- 
nung, Stadt und onn Fels. Die alte 
Burg von Corinth lag auf einem 
Felsen. 

Corsica, gälisch von gor Berg 
und iagh, igheInsel, Berginsel oder 
im Gegensatz zu Sardinien die kleine 
Insel, von gor kurz, während sar 
gross bedeutet. Die Insel wurde 
1768 von der Republik Genua an 
Frankreich abgetreten, und 1769 
durch französische Truppen bezwun- 
gen. Die Corsen stammen von den 
Ureinwohnern Italiens, den alten 
Italern ab, die zum rundköpfigen 
baskischen, berberischen oder ibe- 
rischen Stamme gehören, vermisch- 
ten sich später mit griechischen 
(phokäischen) Colonisten, gleich den 
Provengalen, und wurden dann ro- 
manisirt. Eine Zeitlang unter Herr- 
schaft der Araber, wurden diese 
806 von den Genuesen vertrieben. 
Von da an stritten sich die Repu- 
bliken Pisa und Genua um die Ober- 
herrschaft; Pisa, welches in der 


Corsics, 


Begel zum deutschen Kaiser hielt, 
oder ghibellinisch war, Genua da- 
gegen welfisch oder antikaiserlich. 
Auch Frankreich eroberte einen Theil 
der Insel 1533, gab ihn aber im 
Frieden von Chätesu-Cambresis 1559 
wieder heraus. 1564 empörten sich 
die Corsen gegen die Republik Ge- 
nua, wurden aber 1569 wieder unter- 
jocht und von Genua achwer miss- 
handelt. Der corsische Adel wurde 
ausgerottet, aller Handel verboten, 
die Corsen wurden von allen Aem- 
tern ausgeschlossen, ihre Landes- 
erzeugnisse schlecht bezahlt, da- 
gegen ihnen alle Waaren von den 
Genuesern zu hohen Preisen aufge- 
nöthigt, wie dies die Krämerstaaten 
jederzeit mit ihren Unterthanen tha- 
ten, so Holland und England jetzt 
noch in Ostindien; dabei schwere 
Auflagen, habsüchtige Beamte, und 
bei den öftern Aufständen Verhee- 
rung ganzer Gegenden. 1735 wurde 
Baron Theodor von Neuhof aus der 
westphälischen Grafschaft Mark von 
denCorsen zu ihrem Könige erwählt. 
Neuhof wurde mit einem Kranz von 
wildem Lorbeer gekrönt, und lies 
Münzen von Kupfer und Silber 
schlagen. Gegen ihn rief Genua 
französische Hülfe an, wodurch 
Neuhof gezwungen wurde, nach 
England zu entfliehen, wo er im 
Schuldthurme 1756 starb, nachdem 
er mehrmals nach Corsica zurück- 
gekehrt war. Da Genua den Hass 
der Corsen nicht zu bemeistern ver- 
mochte, so trat es die Insel 1768 
anFrankreichab, worauf dieses nach 
blutigen Kämpfen im Jahre 1769 





Cortona — Corvey. 


sich des Landes bemächtigte, und 
der Führer der Corsen, Pascal Paoli 
sich nach England flüchtete. Bastia, 
alte Hauptstadt der Insel, wurde 
1748 von den Oestreichern und Pie- 
montesen belagert, in Ajaccio, jetzi- 
ger Hauptstadt wurde am 15. Au- 
gust 1769 Napoleon I geboren. ' In 
Corte, einem Felsenschloss, hatte 
Paoli seinen Sitz. In Alleria stieg 
Neuhof 1736 zuerst ans Land. In 
Carahese auf der Westseite der In- 
sel ist seit 200 Jahren eine Mainot- 
tische Colonie aus der südlichen 
Morea stammend, angesiedelt. 

Cortona oder Corythas, alte 
Hauptstadt Etruriens, die von einem 
Tarco (torc Fürst) oder einem Co- 
rythus erbaut worden sein soll. Co- 
rythus bedeutet Stadt des Fürsten, 
von caer Stadt, y des und thus 
Fürst, Cortona Stadt des Mannes 
oder Herrn, caer-duine. 

Corvee, ein französisches Wort, 
welches Spannfrohnd, Wagenfrohnd 
bedeutet, vom alten corvada, gä- 
lisch corb, carbad, wälsch cerbyd, 
deutsch Karch, Karren. Der Gegen- 
satz zu Corvada, lat. carr-opera 
waren die man-opera, Handfrohnden, 
keltisch dagwan, dagemwan, von 
dag Hand und bann Arbeit, ver- 
deutscht Tagwann oder Tauen, 
was Sodann auch soviel als Wiese 
bedeutet, weil diese mit der Hand 
bearbeitet warden. Homo dagewa- 
nus war ein Handarbeiter. 

Corvey an der Weser, zu deutsch 


kleiner Ort, von corr, caer, gaard 


“ Ort und bi klein; im Mittelalter ein 
berühmtes Kloster, in dessen Schule 


— 361 — Cospuden — Courberoie. 


der Mönch Wittekind im 10. Jahr- 
hundert erzogen und später dessen 
Vorsteher wurde. Dieser Wittekind 
leitete den Ursprung der Altsachsen 
von den Makedoniern ab, und hatte 
darin insofern nicht Unrecht, als 
dieselben erst in Bactrien hausten, 
von wo sie inFolge der Kriege unter 
den Nachfolgern Alexanders aus- 
wanderten. Im Kloster Corvey fand 
man vor 300 Jahren das einzige 
handschriftliche Exemplar der ersten 
fünf Bücher der Annalen des Tacitus, 
welche Herrmanns des Cheruskers 
Thaten enthalten, vorher wusste in 


Deutschland Niemand etwas davon. 


Cospuden, Ort bei Leipzig, Wald- 
hüttchen, von coed Wald und both 
Dem. bothan Hütte. 

Cossonex, franz. Caussonay, ein 
Städtchen westlich von Lausanne in 
der Waadt, etwa von cot, cotla 
Hütte, ton Wald und aighe hoch. 

Cotta bedeutet im Gälischen 
Hütte, daher der Name des Frei- 
herrn von Cotta, Buchdruckers und 
Buchhändlers in Stuttgart und Augs- 
burg. 

Cottbus, alt Cotbuz, Ort in der 
Niederlausitz, von cofta Hütte und 
bus Wald. Hier wird von den Sla- 
ven des flachen Landes noch die 
alte sorbische Sprache gesprochen. 
In ältester Zeit lag hier ein Ort, der 
Susudata hies, di-sua-tae-dae klein- 
Bach-Ort-Leute. 

Couches, altes Kloster in Frank- 
reich, das sonst Coltica hies, von 
col Hügel und figh Haus. 

Coarbevole, Courville, alt Curbe- 
villa, latinisirt Curva villa, Orte bei 





Coutesu — Crosten. 


Paris und Chartres, deutsch kleiner 
Ort, cor Ort und bi klein, mit 
der angehängten lateinischen Uober- 
setzung villa, 

Couteau, franz. das Messer. Im 
Kinfbrischen bedeutet cath Schlacht 
und fuadh oder tuagh Axt, zusam- 
men cath-twagh Streitaxt; abge- 
kürzt catai, couteau. Virgil hielt 
Catai für eine tentonische Waffe, 
Servius für eine gallische. Darnach 
wären Catton Messerträger oder auch 
Opferpriester, denn zum Schlachten 
der Opfer gehörte ein Messer, und 
haben die jüdischen Schlächter die 
alte Form des Opfermessers noch 
beibehalten, sogar die steinernen 
Messer blieben noch lange nach der 
Erfindung der Metallmesser bei den 
Opfern im Gebrauch. Chatan heisst 
hebräisch beschneiden. 

Crawatgau, Name einer Land- 
schaft im mittlern Murthal in Ober- 
steiermark, nicht Croatenthal, son- 
dern Felsengau, von cruadh Fels, 
Stein. 

Creussen, Ortim Fichtelgebirge, 
alt Crusni, slavisch Chrusin, Crusen ; 
von cruadh oder cruit Stein, Rand, 
Grand und din Ort, Veste, gleich 
Grezzistadt und Krautheim, 
alt Crutheim im Volkfelde in Fran- 
ken. 

Crimitzschau, Ort in Obersach- 
son, scheint gleich Grimma ein hei- 
liger Ort gewesen zu sein, von cru- 
imh Gott, aidhe Haus, Ort und cau 
Verzäunung. Es liegt an der Pleisse 
oberhalb Altenburg. 

Croaten, Felsengebirgsbewoh- 
ner, von cruadh Fels, Stein und ae 


Cröt — Crumesse, 


oder dae Leute; Corwaten das 
selbe, von Arib, chrd, woher auch 
Karpathen. 

Cröf, Ort an der Mosel im „Crö- 
ver Reiche", von grob Fels, auf 
welchem die alte Veste lag. 

Crone, Ort bei Paris, alt Crona, 
deutsch neuer Pferch, Viehhof, von 
cro Pferch und nua neu. 

Crossen, Ort bei Mitweida in 
Sachsen; crot Viehpferch, crotan 
kl. Viehpferch. Crottendorf bei 
Leipzig und im Erzgebirge ist das- 
selbe, ebenso Krossen im Branden- 
burgischen. 

Crostigall, alte Strasse bei oder 
jetzt in Wurzen in Obersachsen, sie 
führt vonDresden nach Leipzig, und 
ist am Abhang nach der Mulde durch 
Granitfelsen gebrochen: cruadk 
Fels, gall wohl gleich cuil Schanze, 
Felsenschanze. 

Crot, Ort bei Dreux in Frank- 
reich, alt Crotum, von crofa Vieh- 
Park ; in Deutschland Krotzingen, 
Krotzenburg, ebenso Crotta 
und Crothen-laide mit dae Ort, 
bezw. li-aidhe kl. Ort,also Pferch mit 
Wohnort. Das slavischegorod, grod, 
hrod Burg, passt bei diesen Orten 
nicht, weil sie keine Burgen waren, 
zudem ist gorod selbst nur slavisirt 
für gard, caer Ort. 

Crou, Bach bei Paris, lat. cro- 
doldus rivus, von cruadk Stein und 
alt Bach, also Steinbach. 

Crumesse, alt Agrimesou, Ort in 
Lauenburg an der wagrischen Grenze 
südlich von Lübeck. Ag mag aighe 
hoch sein, rim, reann Feld, esse 
gleich aidhe Ort, Hochfoldort. 





Cucalon — Culmer Land. — 363 — Cumberland — Cypern. 


Cucalon, alter Name für Hasen- 
fuss, wörtlich Kleinherz, von calon 
Herz und 90 verkleinernde Vorsylbe. 

Cura, lat. Sorge, keltisch core 
Frieden. 

Cujavien, alt Coja, polnisches 
Land im Norden der Netze zwischen 
Nakel und Thorn. Es liegt darin 
Wienesburg, Pakosch, Labicz oder 
Labissin, letzteres von /u-bais oder 
uisge an der Nakel, Winsburg, 
Waldburg, von gwind Wald. Cuja- 
vien bedeutet von coed bezw. cui, 
hui Wald und ua oder ia Land, 
Waldland; es liegen darin oder an 
dessen Nordgrenze die Waldauer 
Wüste und die Tucheler Haide, die 
beide hoch®und jetzt noch theilweis 
bewaldet sind. 

Cülly, lat. Coclium, Ort am Le- 
mansee zwischen Lausanne und Vi- 
vis, von coiche Ort und li klein. 

Culm oder Kulm, Bergstätte, von 
col-ma; Kolmitz, Kolmnitz, 
Golmitz und Golm, slavisirte 

Formen für co/-ma-aith Hügel- 
Stätte-hoch. Als Bergname bedeu- 
tet Culm oderColm soviel als Berg, 
colean, kholm bei den Wenden, 
chlum bei den Czechen, deutsch 
Kolberg oder Kolmberg,, lateinisch 
collis. Polnisch Chulm an der Weich- 
sel, das auch Chelme geschrieben 
wird, liegt auf keinem Berg, des- 
halb wird es durch gil-ma Wasser- 
stätte, zu erklären sein. 

Culmer Land in Westpreussen, 
östlich von Culm an der Weichsel, 
auch Chulm geschrieben. War von 
ältester Zeit, wie die Löbau, von 
Silaven bewohnt, wurde aber von 


den Deutschordensrittern zu Preus- 
sen geschlagen. In der terra Lubo- 
wiae wurde ebenfalls stets polnisch 
gesprochen, die Grenze gegen Preus- 
sen war die Ossa (uisge), die bei 
Graudenz in die Weichsel mündet. 
Löbau bedeutet Zua-bi-aha klein _ 
Wasser, polonisirt Lubow, das Land 
heisst auch Michelavia, was das- 
selbe wie Löbau bedeutet, von mi 
klein, gil Wa®ser und ua Land; es 
liegt östlich vom Culmer Land jen- 
seits der Drowenz. 

Cumberland, Gebirgs-, bezw. 
Thalland im nordwestl. England, 
alt Cumbria, von cwmm, cmmb Thal 
und ire Land. Von diesem cwmm 
kann man auch Como (cmm-mo) 
Thalort am Comersee, Val camu- 
nica bei Brescia (cwm-mwnt Thal- 
Gebirg), dann Chambe im Bayer- 
wald, alt Campen, Thalleute und 
Chamberich, endlich Val di 
Cembra im südlichen Tyrol ablei- 
ten (cmm-bre Thal-Gebirg). Mitdem 
Volksnamen Kymbern oder Cimbern 
haben diese Orts- und Thalnamen 
nichts zu thun; Humberland, Nord- 
humberland ist dasselbe, was Cum- 
oder Chumberland. 

Cusson, Fluss in Frankreich, alt 
Cusso, vom kimbrischen gwysg Was- 
ser, Dem. gwysgan. 

Cvpern, Insel im östlichen Theil 
des Mittelmeeres, griech. Kypros, 
ein Name, der zugleich auch Kiefer, 
Kieferbaum bedeutet; bei den He- 
bräern und Phöniken hies die Insel 
Chittim oder Kittim , oder vielmehr 
sie war eine der Kittim, d. h. der 
Waldinseln, von welchen die Phöni- 


Cypern. 


ken Holz zum Schiffbau bezogen. 
Kittim oder Chethim kommt von 
‚ coed, Wald und ijim hebr. Inseln; 

keltisch ighe, deutsch Ey-land. Eine 
solche Waldinsel war auch Rho- 
dus (rkat Berg oder rus, ruth 
Wald und is Insel, darum hiessen 
die Rhodier, gleich den Cypriern, 
bei den Griechen auch Kitioi Wald- 
leute); ebenso gab es im Waldland 
Rhodope (von rkaPund ibh Ge- 
gend) in Makedonien dem entspre- 
chend Kyprier und Bhodier, wie Jo- 
sephus meldet. Auf Kypern wurden 
um 1400 vor Chr. durch die Phö- 
nizier die Städte Kittion (Ketion, 
Citium) und Hamath (Amathus) an- 
gelegt, indem die von den Amori- 
tern aus Canaan vertriebenen und 
zu den Phönikern geflohenen Hethi- 
ter und Heviter daselbst angesiedelt 
wurden. Auch auf Creta (Kaphtor) 
wurden diese Flüchtlinge unterge- 
bracht, dann auf Melos und Kythera. 
Hamath, deutsch Hamaide, om- 
aithe Heim-hoch; Cition, Wald- 
ort, coed-ion. Andere Kittim oder 
Waldinseln waren Samos (taom-is 
Waldinsel), Cos (coed), Les-bos 
(lu-ais-bois kl. Wasser-Wald, weil 
es nur durch einen Canal vom Fest- 
lande getrennt ist). Kypros selbst 
bedeutet wörtlich Kiefer-gross-Insel, 
von giubh Kiefer oder Wald über- 
haupt, ar gross und is Insel, oder 
Kieferwald, giubh-rus. Aus dem 
Namen der Insel entstand der des 
Kupfers, weil dieses wohl zuerst 
von hier bezogen wurde, doch stellt 
sich die Zusammensetzung bei die- 
sem Erznamen anders, nämlich aus 


Cyrene — Czernobog. 


giubh-pras Kiefer-erz oder kypri- 
sches Erz. Die Venus hies Kypris, 
weil sie angeblichvon hier stammte, 
wenigstens hier, und zwar in Ama- 
thunt besonders verehrt wurde. Beste 
von ihrem Tempel sind noch vor- 
handen. Amathunt mag Liebe-Frau 
bedeuten, von amare, das seinerseits 
mit amha Mensch, Mann zusam- 
menhängt, thunt ist duin Frau. 

Cyrene, Ort inLibyen am Mittel- 
meere, soviel als caer-ean, Ort am 
Wasser. 

Czernobog, ein Berg in der 
obern Lausitz, zwei Meilen von 
Bautzen oder Budetin. Er soll nach 
der slavischen Mythe seinen Namen 
von Czernobog, dem schwärzen Gotte 
führen. Auf demselben wird noch 
ein breiter Felsrücken gezeigt, auf 
welchem die Slaven angeblich die 
Opferthiere schlachteten. Die an- 
dere Seite des Berges heisst Prasiga, 
auf welchem die Priester dem nach 
der Zukunft fragenden Volke Orakel 
ertheilten. Prasit heisst im Serbi- 
schen fragen. Eine Felsenöffnung 
galt für das Ohr Czernobogs, der 
im Innern des Berges wohnte. In 
der Nähe des Berges steht eine 
Statue des Todengottes Flins, Bei- 
name Czernobogs, der durch Löwen- 
gebrüll einst die Todten erwecken 
soll. Im Keltischen bedeutet fios, 
fliez Fürst, Widar-Fliez war im Alt- 
deutschen der Widerfürst, Antichrist 
oder Teufel. F/ios ist dasselbe, was 
flath, daher Fladungen, flath- 
daingean ‚Fürstenburg. Bei den 
Krainern hiesCzernobog auch Vrag 
oder Vrah, der Verwüster, Tödter, 





Csikos. 


keltisch varg oder bearg, soviel 
als Würger, Räuber, im Altdeut- 
schen Warg Tyrann und Teufel. Im 
Ilyrischen war Vraga-stan die Woh- 
nung oderdasLand, tan, des Vraga, 
indisch Uraga-sthana mit gleicher 
Bedeutung. Czernobog hies auch 
Ziyboh, vonZle, dasBöse. Wrag, 
Wrog stimmt mit dem altdeutschen 
Wärwolf und mit dem indischen 
Vrithra, dem Inbegriff alles Bö- 
sen. Czernobog wurde bei den Sla- 
ven oft als Wolf dargestellt, dann 
wieder als Drache (slav. Drak), als 
Wurm (slav. tscherw), gerade wie 


— 365 — 


Dach. 


bei den Parsen und Indern. Czerno- 
bog als Bergname kommt keltisch 
von cearn Bergspitze und buach 
Bergrücken, slavisch von czarny oder 
tschert, parsisch dschurd, deutsch 
schwarz. Bei den Wenden hies der 
Berg auch Chaudag oder Chundag, 
d. h. Waldberg, von cunt Wald und 
aigh Berg. 

Czikos, Rosshirten in Ungarı, 
lautet versetz$ wie Hiksos, das 
Reitervolk, welches vor 4000 Jah- 
ren Aegypten eroberte; beides ge- 
zischt von each Pferd und eis 
Mann. 


D. 


Daberstädt, Ort bei Erfurt, von 


dubhras Dorf, desgl. Dobras- 
burg an der Taya in Mähren; Do- 
bratzhofen bei Leutkirchen in 
Oberschwaben, Dobratendorf in 
Oestreich. Dobringdorf undDo- 
berndorf kommen dagegen von 
tuaran kl. Dorf, Demin. von tuar, 
das auch Dowar, Dober ausgespro- 
chen wurde, daher Dover in Eng- 
land. Dobrus statt Dobraz war 
eine Burg in Sachsen. Debriach, 
alt Tobriach, Ort am Millstädter 
See in Kärnthen, von domwar, 10- 
wer und oiche oder ach Wasser. 
Dach, d. h. Haus ohne Seiten- 
wände, keltisch teagh, tigh, toigh, 
hebräisch theka, toka, lateinisch 
tegere decken, tectum Dach, etwas 
Gedecktes. Gezischt sic, tzig, zig, 


2. B. Leipzig, gedeckter Ort in 
einem Sumpf- oder Flusswinkel, von 
liub Winkel, Schlupf. Abgekürzte 
Formen für steagh sind ia, dae, 
duae, du, tio, li, di, ty, gezischt 
isi. Aelter als die Dachform oder 
Zeitform waren die blossen Erd- 
oder Felsenhöhlen, Löcher (keltisch 
loc, lat. locus Ort), in denen die 
Liguren (loc-, luik-aire Lochmän- 
ner, Höhlenbewohner) hausten, und 
zwar noch zur Zeit, als sie von den 
Römern unterjocht wurden. Caer 
scheint dagegen in erster Zeit sich 
auf Ringe, von Stein erbaut, bezo- 
gen zu haben, daher die Carer. 
Dun, din, dion waren durch Zaun- 
werk oder Zinnen geschützte Orte, 
tuar, Iwarp mit Erdaufwürfen um- 
gebene. So scheint jede der hundert 


Dachsburg — Dachstein. — 366 — Dadolach — Dädalus. 


Bezeichnungen fürWohnstätten einer 
besondern Art derselben gegolten 
zu haben. 

Dachsburg, franz. Dabo, Ort 
südlich von Elsaszabern am Nord- 
ende der hohen Vogesen, alt Dages- 
burg, Tagesburch, Dagisburg, Da- 
burg und Dannburg; der Name 
kommt nicht vom Dachs, sondern 
von teagh-ais Haus-hoch, entweder 
hoch gebaut oder auf einem Berge 
liegend, oder aber von teaghas, 
Pluralform von teagh. 

Dachsielden, Ort im Berner Jura 
bei Solothurn, französirt Tavannes, 
alt Tasphenne, Tasvanne, Taffen, 
zu deutsch Berghausen, von tas 
Haus und beann Berg. Die Kirche 
liegt auf einer Höhe. 

Dachstein, alte Burg im Elsas, 
alt Dabechen- oder Dabichenstein, 
von teach Haus, Dach und dychan 
klein. Dachau in Bayern entstand 
aus dem Plural teacha Häuser; 
Mau-dach in Rheinbayern, alt 
Mudach, Kleindach, von mion klein. 
An der Lahn nennt man Maudich 
eıne kleine Vorrathskammer, klei- 
nen Schuppen, um Obst aufzube- 
wahren, Heu zu trocknen. Dagers- 
heim in Würtemberg, von teagh 
Haus und ergross; Tägerweilen 
in der Schweiz desgl. Von der Form 
toigh kommt Dauendorf bei Ha- 
genau, alt Douchindorf, Tochendorf, 
Dauchendorf. Dechunwilre war 
ein Dorf bei Thann im SBundgau. 
Deggenhausen, alt Teckenhu- 
sen im Linzgau am Bodensee, vom 
Plural teagha; Deggundorf an 
der Donau in Bayern desgl. Durch 


die Nase gesprochen, wie dies in 
Schwaben üblich ist, lautet die 
Form Donkendorf, so mehrere 
Orte inWürtemberg und Bayern. Aus 
teaghas Dächer, Wohnungen wurde 
Dexheim in Rheinhessen, ali The- 
dichesheim, oft verdreht in Dedi- 
chesstein, soviel als Kleindachheim, 
di-Dechesheim. 

Dadolach oder Totulegi, Name 
einesgallischen breiten Messers oder 
Schwertes, versetzt ward daraus der 
lateinische gladius, der auch kurz 
und breit war; ursprünglich war der 
Dadolach von Stein, wie der Sinn 
des Wortes ausweist, denn es ent- 
stand aus fuadh oder tuagh Axt 
und Zeagk flacher Stein, Leye, 
Schiefer. Tuadh mag mit Tod, in- 
disch „da*, zusammenhängen, Stein 
zum Todtschlagen. 

Dädalus, griechisch Daid-el-os, 
zu deutsch geschickter Handwerks- 
mann; daid hängt mit tos-aighin 
ein Werk vollbringen, und mit toisg 
Werk, Geschäft zusammen, al ist 
gross und os, eus Mann, also gros- 
ser Werkmann; Dädalus stammte 
aus dem attischen Geschlechte der 
Erechthiden (reach Recke oder rigk 
König), wurde mit seinem Sohne 
oder Freunde Icarus vom Kreter- 
könige Minos gefangen genommen, 
entflog ihm aber mit Hülfe wäch- 
serner Flügel, wobei aber lca- 
rus, welcher der Sonne zu nahe 
kam, herabstürzte, weil das Wachs 
durch die Hitze schmolz. Ica- 
rus, von car Freund, der be- 
freundete Mann; Minos, moim- 
eus grosser Mann. Die Form däd 








Dähre — Daen. 


fällt schliesslich mit unserm That, 
thu-en zusammen. 

Dähre und Darendorf, Orte bei 
Salzwedel, alt Dore, Dorendorp, von 
tuar, Haus, Dorf. 

Daen, chinesisch Tahi, ein sky- 
thisches Volk, welches zur Zeit 
Alexanders des Grossen am untern 
Oxus und Jaxartes hauste, sich 
nach chinesischen Angaben aber 
später mehr Östlich in das Quell- 
gebiet desOxus zog. Herodot nennt 
sie Nomaden, bei den Persern hies- 
sen sie auch Dauches, und dies 
zeigt die Bedeutung des Namens, 
denn toigh, teagh oder auch blos 
dah oder dae, unser deutsches 
Dach, bedeutete ursprünglich blos 
ein Zelt oder Haus in Dachform. 
Aehnlich kam in Skandinavien der 
Name Daukionen oder Deuo- 
nen vor, indem statt foigh-ui oder 
Dae-ui die andere Form toigh-on, 
Dac-on Dach-mann, Zeltbewohner 
gebraucht wurde. Diese Zeltbewoh- 
ner bildeten in Dänemark die herr- 
schende Kaste unter dem Namen 
Theken (feagh-an) gegenüber den 
finnischen Höhlen- oder Löcherbe- 
wohnern. In gleichem Sinne finden 
wir in Thrakien die Daken neben 
oder unter den Geten, letzteres 
coed-dae Waldleute; Strabo nennt 
diese Daken auch Daen. Saken, 
ein Name, womit die Perser alle 
Skythen bezeichneten, kann als die 
gezischte Form für feagh-ui aufge- 
fasst werden, und zwar um s0 mehr, 
als derselbe Strabo auch diese Sa- 
ken mit dem Namen Daen bezeich- 
net. Bei den Chinesen wurden zu 


— 367 — 


Dänen. 


Anfang der christlichen Zeitrechnung 
die Bewohner Bactriens an dem Büd- 
ufer des obern Oxus im Norden des 
Paropamisus Tahen genannt, ihr 
Land Tahia, während.nördlich vom 
Oxus Sogdiana lag, dasLand der 
Sogdae oder toigh-dae, abermals 
Zeltbewohner, nur in aspirirter 
Form; es waren Nomadenvölker, wie 
sie heute noch in jenen Gegenden 
hausen, im Gegensatz zu den /oc- 
air (Liguren, Locrier, d. h. Loch- 
oder Höhlenbewohnern) einerseits 
und den Carern, Joniern und Dun- 
oder Städtebewohnern andererseits. 

Dänen, altnordisch Danir, angel- 
sächsisch Dene, zu deutsch Wasser- 
leute, Seefahrer, von tain Wasser 
und ae, ui Leute, bei Danir von 
tatn und air Leute. In nordischen 
Sagen kommen auch Berg-Danir 
vor, hier kommt dan von dur Berg, 
es waren Bergriesen oder Bergbuarn 
d. h. Berg-viehhirten, bu-eir. Da- 
nimadr, ein Mann von erprobter 
Treue in altdänischen Schriften, 
kommt von duin Mann und muadh 
edel, das angehängte r ist der 
im Nordland häufig angebrachte 
Schnurrlaut. In den indischen Sa- 
gen kommt der Name Danus unter 
Indras und der Angirasen Feinden 
häufig vor, Indra erlegte deren sie- 
ben. Hier kann man auf tain Was- 
ser oder dun Berg zurückgehen; 
ausserdem kommen in den Veda’s 
auch Daen oder Dain vor, Riesen, 
die beiNacht umherschweifen gleich 
den Todten, denn „da“ bedeutet im 
Indischen auch Tod. Indess bedeu- 
tet hier Daen soviel als in Zeiten 





Dänen. 


wohnende Nomaden, die allerdings 
noch heute das Räuberhandwerk 
treiben. Auch die Nordvölker hat- 
ten ihre todten Riesen, die bei 
Nacht umherzogen, die Nachtreiter 
oder Onthuthr (daher wohl Neun- 
tödter, Name eines kleinen Raub- 
vogels). Die Dänen oder Seeleute, 
welche nach Dudo und Robert Vace, 
einem Canonicus in Caön, im 12. 
Jahrhundert als Seeräuber im Canal 
erschienen, brachten nochMenschen- 
opfer und besprengten sich mit dem 
Blute der geschlachtetenGefangenen, 
umsich den Sieg zu sichern. Im Land- 
namabok wird erzählt, dass Thorolf 
Mostraskegg dem Thor einen Hof ge- 
weiht habe, in welchem sich ein 
spitzer Stein, Thorstein genannt, 
befunden, mit welchem den zum 
Opfertod bestimmten Gefangenen der 
Bücken zerbrochen wurde, daneben 
lag der Gerichtskreis (Domring, tom 
Tempel, Haus), in welchem über die 
dem Opfertod zu weihenden Men- 
schen das Urtheil gesprochen ward. 
Die nordischen Vikinge (von uiginge 
Flotte) hatten noch den grausen Ge- 
brauch, kleine Kinder in die Luft zu 
werfen und mit der Speerspitze wieder 
anfzufangen, was alsein dem Kriegs- 
glück gebrachtes Todtenopfer galt. 
Die erste Nachricht über das Auf- 
treten der Dänen in Europa gibt 
Procop. Er erzählt, dass, als um das 
Jahr 512 nach Chr. eine Abtheilung 
Heruler nach Skandinavien zurück- 
zog, das westliche Küstenland an 
der Ostsee, welches vor einiger Zeit 
die Heruler noch im Besitz gehabt 
hatten, von Dänen besetzt war. 


— 8 — Dagaire. 


Nach Jornandes waren sie aus 
Skandien d. h. Schonen gekommen. 
Die altdänischo Sage lässt Dan, 
denKönig derDänen, von Schweden 
ausziehen, und Withesleth (gwidd- 
il-iath Wald-gross-Gegend) auf See- 
land, Mön, Falster und Laaland be- 
setzen, und von da sich weiter nach 
Fühnen und noch später nach Jüt- 
land ausdehnen. Dan war der Sohn 
des Königs Ypper von Upsala und 
hatte noch zwei Brüder Nori (or 
Berg) und Oesten (was! Wald), von 
Nori sollen die Norweger stammen. 
Nach einer andern Sage war Dan 
ein Sohn des Humblus und sein 
Bruder hies Angul, der Stammvater 
der Angeln. Y-bwrr ist der Starke, 
Grosse, Mächtige. Ptolemäus nennt 
die Dänen Daukionen, wohl von 
toigh Haus, Dach, Zelt. Dir erste 
Angriff zur See, den die Dänen 
gegen Deutschland ausführten, galt 
dem Gau der Hattuaren am Nieder- 
rhein um das Jahr 515, aus dem 
sie aber von Theodebert, Theode- 
richs Sohn mit Verlust ihres An- 
führers zurückgetrieben wurden. Mit 
den Jüten, welche von den Dänen 
unterjocht wurden, kämpften im 
Laufe des 6. Jahrhunderts die Fran- 
ken auch an der Eider, welche da- 
mals schon die Grenze zwischen 
Sachsen und Jüten bezw. Angeln war. 

Dagaire oder dag-fhear, latini- . 
sirt Ducarius, zu deutsch guter Mann, 
Gutmann, von dag gut und /hear, 
lat. vir Mann; /hear steht gleich 
earr Herr und air Mann, denn im 
Keltischen wurde das /A gewöhn- 
lich nicht ausgesprochen. 


Dagh — Dagon. 


Dagh. Im Oriente bedeutet dagh 
soviel als Berg, es scheint gleicher 
Wurzel mit aighe Ecke, was oben- 
falls Berg bedeutet. 

Dagmar, guter Diener oder Die- 
nerin, von dagh gut, (das deutsche 
„gut“ griech. agathos scheint das 
versetzte dagh) und maor Diener, 
Dienerin. Durch die Nase gespro- 
chen Dankmar. Die dänische Prin- 
zessin Dagmar heirathete in unsern 
Tagen den russischen Tbronfolger. 
Die dänische Spral he enthält über- 
haupt weit mehr Reste aus dem Kel- 
tischen, als das eigentlich Deutsche 
oder Oberdeutsche. 

Dag-oe, Fischinsel, von dag Fisch 
und ighe, ey Insel; sie liegt an der 
Küste von Esthland im Baltischen 
Meere. 

Dagon, ein Fischgott, der in 
Gaza und Asdod, zwei Seestädten 
Philistäas , übrigens auch bei den 
hebräischen Stämmen Juda und As- 
ser, und zwar bei letzteren in Beth 
Dagon (beth gleich bodh Hütte) 
verehrt wurde. Der Gott stammte 
aus Babel, wo er Odakon hies, der- 
Fisch-Mann, denn dagh bedeutet 
keltisch Fisch und on Mann, o ist 
der vorgesetzte Artikel. Dagon’s 
Frau hies Derketo, zu deutsch 
Fürstenfrau, von /forc Fürst und 
dae Frau; sie war eine Syrene, d.h. 
ein Wasserweib, von suwir Wasser 
und nae Weib bezw. Mann, oder 
wenn man ihre musikalischen Ta- 
lente als Hauptmerkmal voranstellt, 
von rinn Musik und sia Fee. Torc 
bedeutet übrigens auch Schwein, 
und wenn der Mann ein Fisch war, 

Deutsch-kelt, Wörterbuch, 


— 369 — 


Dahlen — Dahn. 


so kann seine Ehehälfte ganz wohl 
ein Meerschweinchen gewesen sein, 

Dahlen, Ort zwischen Wurzen 
und Oschatz in Obersachsen, kleine 
Veste, dail-an. Ein anderes Dahlen 
liegt am Niederrhein. 

Dahn. Der Bach Dahn in Rhein- 
bayern im Dahnthale kommt von 
tain Wasser, der Ort Dahn ist ent- 
weder nach dem Bach genannt oder 
von dun Ort, dion Veste. Daher 
auch Daun. Dahnbäche und 
-Flüsse gibt es eine Menge, abge- 
sehen vom Don und der Donau 
fliesst ein Dahnbach bei Münster 
am Kocher; der Dainbach bei 
Boxberg im Odenwälder Bauland; 
der Andenbach im Elisas, mit 
vorgesetztem Artikel an; Dentel- 
bach bei Rossstaig und Westheim 
am Kocher, von tain und li klein; 
der Dintebach bei Jebenhausen 
in Würtemberg; Dettenbach bei 
Waldkirch statt di - tain - bach; 
Thennebach, alt Tenibach, altes 
Kloster zwischen Waldkirch und 
Emmendingen im Breisgau; Then- 
nebronn, zwei Dörfer bei Horn- 
berg im Schwarzwald; Tetin oder 
Toetin (di-tain), Fluss in Oest- 
reich; Tettenbach bei Baden; 
Tettenborn am Harz, auch Det- 
telborn ausgesprochen. Bei Emmen- 
dingen ist ein kleiner Bach, der aus 
dem Gebirge kommt und Bretten 
heisst, d. h. von bre Berg und tain. 
Tain lautete auch Tan oder Tann, 
daher Guetentanne, jetzt Gueten- 
brunn bei Zwetel in Oberöstreich, 
was ursprünglich Waldbach, von 
coed Wald bedeutete. 

24 


Daisendorf — Dalemintier. — 370 — 


Daisendorf bei Salmansweiler, 
alt Taysend- oder Tysindorf, von 
tyddyn, gezischt Iysin, taysin 
Bauernhof. 

Daiberg, alt Dalburg, Stamm- 
burg des bekannten rheinfränkischen 
Geschlechts , von dail Burg, gleich 
Dalheim bei Verviers. 

Dalem oder Dalhem, oberdeutsch 
Graventhal, franz. Dolhain, Stadt 
im Herzogthum Limburg zwischen 
Mastricht und Lüttich. Der Name 
Graventhal zeigt, dass der Ort Sitz 
eines solchen gewesen, kommt also 
von dailean kleine Burg oder dail- 
om Burg-heim. In Hessen liegt 
auch ein Dalheim. 

Dalemiutier, auch Dalmatii oder 
Dalamantii, von dail Veste und 
mwni Berg, jetzt die Stadt Meissen, 
deren alte Burg über der Stadt auf 
dem Berge liegt; darnach hies das 
Land Daleminzien, deren Bewohner 
Dalmintier, sonst hies das Land 
auch pagus Dalminze sive Zlomekia, 
letsteres gleich Lomatach, alt 
Glomuzi, Zliomizi. In diesen Formen 
wechseln Glom mit Zlom, beide ver- 
einigen sich im gäl. cli oder glinn 
Veste, ekia von aighe hoch, muzi 
von mwnt Berg, was auch maus, 
z.B. Emaus, der Berg, lautete. Im 
Lomatscher oder Meissner Lande 
wird noch einer andern Vesto ge- 
dacht, die Grona hies, von cro 
Voste und nua neu, gleich Gronau 
an der Leine, sie hies auch Gana, 
von gann Veste. Dieselbe wurde 
927 von Heinrich I erobert und da- 
mit das Land unterjocht. Mit dem 
Lomatzer Gau fällt die Gegend, 


Dailon. 


welche jetzt Lomatschor Pflege ge- 
nannt wird, zusammen, e8 ist ein 
fruchtbares Hochland, das sich an 
der Hanna (ean Wasser) herab 
gegen die Elbe zieht; es liegt darin 
auch Lamitzg, dasselbe Wort wie 
Lomatsch. Die Bewohner Dale- 
minziens oder der spätern Mark- 
grafschaft Meissen waren Sorben 
(Wasseranwohner suir-by), auch 
Siusuli (tiot Fürst, ul gross, wi 
Leute). 80 lange sie nicht den Deut- 
schen unterworfen waren, machten 
sie stets Einfälle in Thüringen, 
bald mit den andern Sorben und 
den Tschechen, bald allein, nament- 
lich in den Jahren 782, 806, 816, 
839, 858, 869, 874, 877, 830 und 
892. Das Meissner Land im engern 
Sinn erstreckte sich von der Elbe 
westwärts bis zur Mulde, von Meis- 
sen bis Torgau, und umfasste 14 
Städte mit deren Gebiet; der Siusli-, 
Siusuli- oder Siusiligau lag nord- 
westlich davon bei Gronau und De- 
win. Der Gau Chutizi oder Gutici 
zog sich von der Elster über Leip- 
zig bis zur Elbe, aber südlich von 
Dalminzien mehr im Gebirgsland und 
bedeutet Waldleute, von coed und 
dae. Ein anderer Theil bei Col- 
ditz hies Coledizi oder Choledici, 
von coilie Wald; Nerchau lag 
noch im Chutizigau. Erst im 14. 
Jahrhundert wurden diese Lande 
völlig deutsch, im Jahre 1327 hörte 
man in Leipzig noch srbisch oder 
syrbisch sprechen. 

Dallon, Dallan, blinder Mann, 
von dall blind, blinzend und ar 
Mann, lateinisch Caecilius, 








Dalmatien — Dammbheim. — 371 — 


Dalmatien, die Küstenstrecke im 
Nordosten des Adriatischen Meeres, 
führt ihren Namen 'nach Strabo’s 
und Appians Versicherung von der 
alten Stadt Dalminium, was 
richtig ist, denn dal oder dail ist 
Burg, mat gross und ia Land. Die 
Bewohner dieser Stadt hiessen Dal- 
mal-ae Burg-gross-Leute. Dal- 
min-ium latinisirt für dail-moin- 
ion bedeutet dasselbe, Burg-gross- 
Wohnort. 

Damaskus, Damask, Dimesk, Da- 
mas, Damaschk, auch blos Scham, 
alte Hauptstadt von Syrien, zu 
deutsch Haus am Wasser, von 
luaim, tuam, iom, lat. domus Haus 
und uisge Wasser. Die Quellen von 
Damaskus wurden zu allen Zeiten 
von den Dichtern besungen. Die 
Form Scham ist gezischt für tuaim, 
ohne uisge. 

Dambach, Städtchen im Elsas, 
desgl. in Bayern und Würtemberg, 
dann mehrere Dörfer dieses Namens, 
sodann ein Bach, Dambach, bei 
Bühlerthann in Würtemberg, desgl. 
bei Schleussingen, sämmtlich vom 
gäl tain oder Iaom Wasser. 

Dame, Nebenbach der Persante 
an der Ostsee, von taom Wasser, 
in Belgien Domer, von taom und 
er gross. 

Dammbheim, alt Demeheim, Ort 
bei Landau, von tom, tuam Haus, 
Ort; der Damberghof bei Adelsheim 
in Würtemberg kommt dagegen von 
iom kleiner Hügel, tumulus; beide 
Bedeutungen fallen indess schliess- 
lich zusamınen, da die in Domform 
gebauten Wohnungen Erdhügeln 


Dammuls — Dan. 


glichen, weil sie in die Erde gegra- 
ben und hügelartig mit Erde über- 
deckt waren, wie die Bauernwoh- 
nungen in der Wallachei heutenoch. 

Dammula, eine Frau von grosser 
Familie, von damh Familie und il 
groas. 

Damũls, alt Tamuls, Tomuls, Tu- 
muls (lat. tumulus), von tuam, 
iuaim Haus, domus. Die zweite 
Sylbe kommt von mael, maol (Mal- 
berg), Berg, Gerichtsstätte. Damüls 
ist ein Bergdorf im Vorarlberg. 

Damweiier, franz. Damvillers, 
Ort im Ornegau, gehörte früher 
zum Herzogthum Luxemburg, wurde 
1528 von Kaiser Karl V befestigt, 
und kam 1689 durch den’ pyrenäi- 
schen Frieden an Frankreich. Dam 
bedeutet Haus, von fam, uam, 
und Weiler ist das lat. villa, also 
die Uebersetzung von Dum. 

Dan, jüdischer Stamm mit dem 
Orte Lais oder Dan im alten Palä- 
stina, wo Jehovah in der Gestalt 
eines Stieres verehrt wurde. Des- 
halb schwuren die alten Israeliten : 
„So wahr Dein Gott lebt, o Dan, 
und so wahr Dein Gott lebt, o Ber- 
seba” (Amos 8, 14). An letzterem 
Orte war ein Brunnen (bir, bior), 
ein Götterstein und eine göttliche 
Tamariske, zu der man wallfahrtete, 
und bei welcher Abraham oder 


' Isaak mit Abimelech einen Bund 


geschlossen haben soll (vergl. Lais). 
Dan als Personenname mag dem 
kimbr. duin entsprechen, das Mann 
oder Herr bedeutet, als Ortsname ist 
es dun oder dion, din Burg, als Bach- 


name kommt es von Zain Wasser. 


24° 


Danaguil — Danlo. 


Danagull, trotzige Dienerin, von 
dainaighim trotzen, danachd Trotz 
und giolla Diener, Dienerin. 

Danaus, war nach Plinius der 
erste über das Meer nach Argos in 
Griechenland gekommene Einwan- 
derer aus Aegypten, er kam über 
Rhodus. Sein Name bedeutet Soe- 
mann, Wasser-mann t/ain-eus. Da- 
naus baute oder befestigte aufs Noue 
die Burg zu Argos (earg Fürst, ois 
Burg, Fürstenburg), und errichtete 
darin dem Apollo (Bel, Baal) einen 
Tempel. Nach ihm hiessen die Ar- 
giver und schliesslich alle Pelopon- 
nesier auch Danaer, d. h. Seeleute. 
Von den Töchtern des Danauslernten 
die Ureinwohner mancherlei ägyp- 
tische Gebräuche. 

Dauduten. Ein Völkchen, das 
in den Waldgebirgen Niederhessens 
gewohnt haben soll oder auch weiter 
abwärts; der Name fon Wald, du 
Land und dae Leute deutet wenig- 
stens darauf hin. 

Dangeul, altDangsolum castrum 
in Frankreich, von daingean (Don- 
jon) Veste und il gross, deutsch 
gleich Dingelstedt. 

Dankmar gleich Dakomar, guter 
Diener, von dagh gut und maor 
Diener. 

Danilo, ein Waldstrich in der 
Lüneburger Haide, entweder Wasser- 
wald von fain-lo oder Bergwald von 
dun-lo. Lo, Loe, Lohe, lat. lucus 
bedeutet im Niederdeutschen heute 
noch Holz, Wald; im oberdeutschen 
Hohen-Iohe kommt es ebenfalls 
vor, ist also nicht ausschliesslich 
niederdeutsch. 


— IN — 


Dansenberg — Dar 


Dansenberg, Ort bei Kaisers- 
lautern, entweder kleiner Berg von 
dunan, oder kleine Veste von dior- 
nan, Dem. von dion, din Veste, 
woher auch Dinant in den Ardennen. 

Danzig, alt auch Danzwig, zu 
deutsch Wasserstadt, von fain Was- 
ser und wigh Dorf, Stadt; die Bia- 
ven bildeten daraus Gdansk. Die 
Form Danzig ist dagegen aus lain- 
tigh Wasser-haus entstanden. 

Dapfen oder Tapfen, alt Taffo, 
Taphen, Ort in Würtemberg, zu 
deutsch Schwaigerei, Viehhof zur 
Nachsucht, von dabh Kuh, dabhoch 
Viehhof für etliche 60 Kühe, Ist. 
vaccaritia; och gleich acha Wall, 
Befestigung. DieForm Dapf-en von 
dabh-ionKuhstätte. Auch in Bayern 
gab os solche Viehhöfe, wie die Orts- 
namen Tafersheim und Tab- 
fhen oder Tapfheim bezeugen. 
In Kurhessen liegen mit gleicher 
Bedeutung Grosen- und Weni- 
gon-Taft. 

Dar. In Nubien oberhalb Aegyp- 
tens heissen die einzelnen Land- 
striche im Arabischen Dar, lat. 
terra, kelt. fir, 2. B. Dar-Nuba, 
Land der Nuba oder Wasserleute 
am Nil (nae-abh), Dar-Atbara, 
früher Insel Merodö, Wassergegend, 
von iath Gegend und Dior Wasser, 
während Meroö von muir Meer, 
Wasser, und ia Land kommt, also 
Seeland der grossen Ueberschwem- 
mungen wegen, welche die vielen 
Arme des blauen Nils anrichten, 
wenn der Schnee inHabesch schmilzt. 
Dann Dar-Sennaar, Woaldland, 
von fon, son Wald und ire Land. 





Dardania. 


Zwischen dem Altarabischen und 
dem Altkeltischen, bezw. Sethiti- 
schen war kein wesentlicher Unter- 
schied, denn die Bevölkerung an 
den Grenzen der Negerländer, na- 
mentlich auch in Arabien entstand 
aus einer Mischuug der von Norden 
her eingewanderten glatthärigen 
Weisshäute mit den schon früher 
dagewesenen schwarzhäutigen Woll- 
köpfen. 

Dardanla, Landschaft im nörd- 
lichen Makedonien; sie bildete ei- 
gentlich den Gegensatz zu diesem, 
denn Makedon bedeutet wie Mygdon 
im nördlichen Mesopotamien Acker- 
mann, Feldbebauer, von magh Feld 
und duin Mann, bezw. fan Land, 
während Dardan einen Eichwald- 
mann oder überhaupt Waldbewohner 
bezeichnet. Dardanien war das Wald- 
land zwischen Makedonien und Ser- 
bien, östlich von Albanien, oder der 
westliche Theil desHämus-Gebirges, 
das Land, wo noch jetzt die Eichen- 
knoppern herkommen und die Ser- 
ben ihre grossen Schweineheerden 
mästen. Der Name kommt von dair 
Eiche oder doire Walddickicht und 
tan Land, oder duin Mann, je nach- 
dem die Landschaft oder deren Be- 
wohner bezeichnet sind. Nun gab 
es aber auch in Troja Dardaner, 
entweder ebenfalls der Eichenwal- 
dungen am Olympos wegen, oder 
weil die Trojaner aus dem makedo- 
nischen Dardania stammten. Nach 
der Sage kam König Dardanus von 
Samothrake nach Asien, heirathete 
hier die Tochter des Königs Teu- 
kros von Troas und stiftete ein 


— 3173 — 


Dardania. 


grosses Reich; nach einer andern 
Sage kam Dardanus aus Arkadien 
(wo übrigens ebenfalls Eichwälder 
stehen) nach Samosthrake, und von 
da nach Troas. Letzteres Wort be- 
deutet soviel als Treisa im Schwalm- 
grund oder bei Darmstadt, Dorf, 
Wohnort (ireas, tras, taras), und 
Teukros ist soviel als toigh-ar-. 
eus, Haus-gross-Mann, Burgbe- 
wohner, Burgherr. Samothrake 
(die thrakische Samos oder Wald- 
insel, Samos von taom Wald und is 
Insel) hies auch Dardania der Eich- 
wälder wegen. Die Teukrer sollen 
aus Creta eingewandert gewesen 
sein, waren somit als Städtebauer 
Karer, der übrige Theil der Troer 
waren Mysier; beide, Teukrer und 
Mysier, seien lange vor der Belage- 
rung von Troja nach Makedonien 
gezogen und hätten sich am Stry- 
mon niedergelassen; von den Teuk- 
rern sollen daselbst die Päonen 
(beo-an Viehhirten), und von den 
Mysiern die Mösier am Balkan ab- 
stammen, was nun freilich blos der 
Namensgleichheit wegen angenom- 
men wurde, denn beides bedeutet 
Waldbewohner, von muind, muis 
Wald. Nach dem trojanischen Kriege 
zogen makedonische Völker wieder 
nach Asien zurück, so namentlich 
Phrygen (braigh Berg); ob dies 
aber altasiatische Phrygen, d. h. 
Bergbewohner oder europäische wa- 
ren, das ist bei der Gleichheit der 
Namen nicht zu ermitteln. Die Do- 
danim oder Dardanim in der Ge- 
nesis mögen die hier charakterisir- 
ten Dardanier sein. 


Darius — Darman. 


Darius, Dareios, pereischer Per- 
sonenname, von for Fürst und uas 
edel; letzteres ging in Vas-al, edel- 
gross auf unsere Zeiten über. Da- 
rius war, ehe er König der Perser 
wurde, ein Vasall des Kambyses, 
einer von den persischen Grossen. 

Dargungau, pagus Dargunensis 
in Wagrien im Ööstl. Holstein. Bei 
der Theilung Wagriens unter die 
Sachsen erhielten die Westfalen 
diesen Gau. Dar-gun bezw. tor- 
gan bedeutet Fürstenburg, os mag 
wohl Oldenburg darunter zu ver- 
stehen sein. 

Darmstadt, Hauptstadt desGross- 
herzogthums Hessen am Darmflüss- 
chen, das durch den grossen Woog, 
einen Teich oberhalb der Stadt 
fliesst; letzteres Wort kommt von 
gwyog Quelle (Queckborn in Dres- 
den). Darm kommt von fairm, tar- 
madh Wohnung, farmon Schutzort. 
In alten Urkunden heisst Darmstadt 
blos Darme, Darmunde und 
Tharm. Daskeltische tarmadıh ist 
zusammengesetzt aus fuar, twar 
Dorf und madh gross oder gut; 
tarmon hat dafür moin gross. 
In Würtemberg gibt es auch 
ein Darmsheim, alt Darmeshain. 
Dürrmens bei Pforzheim und 
Darmenz im Oberinnthal kommen 
ebenfalls von farmon oder tear- 
muin. Woog kehrt wieder in Resch- 
woog und Rosswaag (vergl. diese) 
und tairm in Schirmeck. Bessun- 
gen, jetzt Vorstadt von Darmstadt, 
Waldburg, bois-daingean oder blos 
kl, Burg bi-daingean. 

Darnau, alt Darnowe, Name des 


— 374 — Darstorp — Dauerheim. 


hügeligen Waldstrichs in Belgien, 
der sich auf der Nordseite der 
Sambre hinzieht; er heisst auch der 
Kohlenwald, lat. Silva carbonaria, 
weil in demselben die reichen Koh- 
lenreviere liegen. Der Name Darn 
bedeutet Wald, Walddickicht, von 
doire, Deminutiv doirean; owe, au 
ist gleich dem deutschen Gau. 

Darsterp, Ort in Hannover, dau- 
ras oder dars Wohnort, torp Dorf. 

Dasborg, alt Desburg, Ort in 
Niedersachsen; fas Haus oder von 
dais Burg; letzteres entstanden aus 
dae Haus und aith hoch. 

Dassel, Stammsitz der Grafen 
von Dassel im Hannoverschen, tas 
Haus und e/ gross. 

Dattenried, franz. Delle, Ort im 
Sundgau mit den Trümmern ein«e 
1674 von den Franzosen verwüste- 
ten Bergschlosses. Der Name Dat- 
ten kommt von di klein und dun 
Berg, ried von rath Burg. Aehn- 
liche Namen sind: Dettenberg 
bei Sinsheim, Dattenberg bei 
Bockschaft ebenfalls im Elsenzgau, 
desgL bei Linz am Mittelrhein; 
Daudenheim in Rheinhessen da- 
gegen von doid, tyddyr Bauernhof. 
Die französische Form Delle kommt 
von daile, was ebenfalls Voste be- 
deutet. 

Dauerheim, Ort in Hessen, alt 
Duerheim, Turenheim, von tuar Dorf, 
iuaran kleines Dorf, ebenso Dau- 
ernheim, alt Durenheim; Durn- 
heim, Thurnheim, Thorn- 
heim, Dürrheim, dann Torby, 
Thornburg u. s. w., die man indess 
auch von torr Fürst ableiten kann, 











Dautenstein — Deidesheim. — 375 — Dejeuner — Deisterwald. 


falls ein solcher daselbst seinen 
Sitz haben konnte. Mit dem Gotte 
Thor haben diese Namen nichts zu 
schaffen, obwohl die Begriffe Fürst 
und Gott in torr zusammenfallen. 

Dautensteln, alte Burg im Schut- 
terthal in der Ortenau hinter Lahr, 
entweder von di-dun kl. Berg oder 
dem Begriff Stein entsprechend, von 
Iuath Fürst und onn Stein, oder 
endlich von daitin, Deminutiv von 
dait Burg. 

David, Personenname, auch Da- 
vud, Daud, wie die Araber und Tür- 
ken aussprechen, kelt. fualh Fürst. 

Davos, alt Tabas, Ort im Chur- 
walahgau in Graubündten; dabh 
Kuh und ais, ois, gezischt für 
aidhe, adh Ort; es werden hier die 
Kühe überwintert, welche den Som- 
mer über im Davosthale weiden. 

Daxberg, Ruine einer kleinen 
Burg bei Bensheim an der Berg- 
strasse, dabei Dachsbach auf dem 
Berge, ohne an einem Bache zu lie- 
gen, alte Form Dagesbach, von 
teaghas Wohnsitz und beag klein. 
Dachse gibt es keine auf den Ber- 
gen, sondern nur in den Frucht- 
feldern. 

Dechs, Ortsname, zusammenge- 
zogen aus leaghais oder teaghas 
Wohnhäuser, so auch Andechs. 

Deich oder Damm, gälisch dig, 
diog. 

Deidesheim, Ort an der Pfälzer 
Hardt, alt Ditinsheim, Didinesheim, 
von didean, didionn kleine Veste. 
Käme Deidesheim von di klein und 
dun Ort oder tyddyn Hof, so hiesse 
og jetzt wohl eher Dettenheim. 


Dejeuuer, französisch gleich 
frühstücken, wörtlich entfasten, von 
jean Fasten, und dies vom gäl 
aoine fasten. 

Deimbach, alt Deinbach, Ort 
bei Kreuznach , von fain oder taom 
Wasser, gleich Thennebach im 
Breisgau und hundert ähnlichen 
Orts- und Bachnamen. 

Deinheim, Dorf im Elsas, alt 
Techinheim, von teagk Dach, Haus, 
Deminutiv teaghan. 

Deisfeld, Ort inOberhessen, von 
des Land, Feld; die zweite Sylbe 
ist darnach Uebersetzung der ersten, 
kann übrigens auch aus //ald Pferch 
entstanden sein, wie bei Hersfeld 
und Fulda. 

Deisselberg an der Lahn, desgl. 
der Deisenbühl in Würtemberg 


| bei Sulgan; im Wallis der Deisch- 


berg, alt Tössberg, Toüshalde, 
latinisirt in mons Dei, was wohl 
kaum richtig sein dürfte, eher von 
dais Burg, Wall, dais-i/ Wall-gross, 
wegen der darauf gelegenen Ring- 
wälle. 

Deissendorf, alt. Tusindorf am 
Surbach im Salzburggau, alt auch 
Artobriga, zu deutsch Fürstendorf 
oder Königsburg, von tus, tuis Fürst 
(Thusnelda Fürstentochter) und ion 
Ort; Artobriga von art Haus- 
burg, o statt y „des“ und bri, brig 
oder righ Königs. Ist die Erklä- 
rung richtig, so war hier vor An- 
kunft der Römer ein Sitz keltischer 
Fürsten des nachherigen Salzburg- 
gaues oder der Alaunen, Salzlands- 
bewohner. 

Deisterwald an der Weser, so- 


Deiswyl — Demer. 


viel als düsterer Wald, von fost 
düster, bei Personen streng und er 
gross. In Süddeutschland bedeutet 
Dosten soviel als Gestrüpp. 

Deiswyl, alt Teiswile in der 
Schweiz, von dais, tais, dus Burg; 
wyl ist die dazu gehörigevilla, d.h. 
der Bauernhof oder Weiler. 

Deitenbach, soviel wie Detten- 
bach, von di klein und fain Wasser. 

Delphl, alter Tempel in Griechen- 
land, nicht von „delphos Bruder, 
überhaupt nicht griechisch, sondern 
kommt vom gäl. dalbhda, dolb, 
dolbhthi Zauberei, doilbh dunkel. 
Die Pythia, welche in Delphi die 
Orakel ertheilte, entsprang dem gäl. 
bith, bioth Welt, im Kimbrischen 
pyth. Python, der Name des Del- 
phischen Drachen, bedeutet bei den 
Iren Weltsystem; dragon ist gä- 
lisch aber soviel als Anführer, 
Hauptmann, daher der Name der 
Dragoner. Pythones soviel als 
eine Frau, die die Entstehung des 
Himmels und der Erde kennt und 
lehrt, endlich hies Delphi selbst 
such Pytho. 

Delsberg, französisch Delemont, 
Städtchen im Alz- oder Salzgau, 
einst zum Bisthum Basel gehörig, 
jetzt bernisch, auf der deutsch- 
französischen Sprachgrenze im Jura, 
und zwar in dem Leberberge, wie 
der gesammte bernische Theil des 
Jura auch heisst. Der Name Dele- 
mont oder Delsberg kommt von tula 
Hügel oder von daile Burg, oder 
von di-lios kl. Haus, di-!!ys kl. Hof. 

Demer, Fluss in Brabant, von 
taom Bach und er gross. 


— 376 — 


Demeter — Densigau. 


Demeter, zu deutsch Mutter der 
Fülle, vom gäl. dia Fülle und ma- 
thair, lat. mater, griechisch meter 
die Mutter. Andere stellen Demeter 
mit Gemeter, Mutter der Erde 
gleich, aber das D wandelt sich 
wohl nie in G um. 

Demmin, Ort in Mecklenburg, 
alt Di-mine, klein-Ort, von di klein 
und maen Ort, Stätte (Manheim). 

Dempfelbach bei Ingersheim in 
Würtemberg, von faom Bach und 
bill klein. Der Dämpfelberg bei 
Malmsheim in Würtemberg dagegen 
kommt von tom (tumulus) Hügel 
und il gross. 

Dendelberg bei Viehberg in 
Würtemberg, von dun Berg und ı 
gross. 

Dendermonde, französisch Ten- 
remonde oder Termonde an der 
Mündung der Dender in die Schelde 
in Ostflandern; Dender von fain 
Wasser und der klein, im Gegen- 
satz zur grössern Schelde; Monde 
von mer Mund, Mündung und dae 
Ort. 

Denhard, schneller Mann; deine, 
dene bedeutet im Koltischen schnell, 
dian heftig, daher Diana heftiges 
Weib; den-aire schneller Mann. 

Densigau, Busch-Waldland, von 
ton, twyn Buschwald, Haideland; 
so wird in einer Urkunde Hein- 
richs III von 1047, die er in nova 
Troja (oder Sanbun) in Apulien 
ausstellte, die Gegend im und am 
nordwestlichen Harz genannt, welche 
die Orte Jerstedt bei Liebenburg 
an der Ostseite der Innerste, dann 
Langelsheim, Astfeld und den Harz 





Derenburg — Derlingau. — 377 — 


bis Lautenthal umfasst, wostwärts 
bis gegen Seesen ; in der Mitte des- 
selben lag Goslar. Von diesem 
Gau ist sonst weiter keine Rede, 
und werden in jener Gegend ge- 
wöhnlich nur der Liergau und Salz- 
gau genannt, während der Harz 
ein abgesonderter Bergwerksbezirk 
wurde. Ueberhaupt scheinen die 
Gaugrenzen in Norddeutschland 
nicht so fest gestanden zu haben 
wie im Süden des Mains, wo sich 
deren Namen für die entsprechen- 
den Gegenden bis auf den heutigen 
Tag unter dem Volke erhalten ha- 
ben. Es mag dies daher rühren, 
dass die Gaue, als ursprünglich kel- 
tische Bezirke, mit ihren keltischen 
Namen in Norddeutschland weit 
früher in deutschen Besitz gerie- 
then als im Süden, und dass bei der 
Verschiebung der Stämme während 
der Völkerwanderung, welche in die 
ersten Jahrhunderte unserer Zeit- 
rechnung fällt, auch die Gauein- 
theilungen im Norden in Unordnung 
geriethen. 

Derenburg, Ort bei Halberstadt, 
alt Darniburg oder Darnebure, vom 
gäl. tuaran kleines Haus oder Dorf. 
Die Form bure statt burg ist die 
kymrische Form bwr. Man kann 
Deren indess auch von doire Wald- 
dickicht, doirin waldige Gegend ab- 
leiten. 

Derlingau, such Darlingau, Thor- 
lingau, dann Derningon und Dermin- 
gon, ein Gau in Nordthüringen an 
der Grenze Ostphalens auf der Ost- 
seite der Ocker. Der Name Derlin- 

gau bedeutet Waldwiesengau ,‚ von 


Derlingan. 


doir Wald, lin oder Jianag Wiese 
und au Gau. Derningau blos von 
doirean, Deminutiv von doire. 
Der Gau, obgleich ursprünglich 
nordthüringisch, kam 528 schon 
unter sächsische Herrschaft. Braun- 
schweig, an den (Grenzen beider 


Länder gelegen, hat auch beide 


Stämme verschmolzen, so dass die 
Braunschweiger als ein Gemisch von 
Ostphalen und Nordthüringern an- 
gesehen werden können. Die Ocker 
bildete ebenso die Grenze zwischen 
der Ostphälischen Hildesheimer Diö-" 
cese und der nordthüringisch Hal- 
berstädtschen. In demselben liegen: 
Königslutter, alt Luthera, ent- 
weder von Z/eStätte und forr Fürst, 
oder von Zu klein bezw. /ua Wasser 
und tuar Dorf; Schöppenstedt, 
von cwb Schopf, Schuppen, Demin. 
cnban; Twiflingen, alt Ti-uf- 
linga, klein-Bachort di-ubh-lin; 
Bochinafeld, jetzt Bockendorf, 
von buach, buachan kl. Bergrücken 
und 7ald Pferch; Sunstede, alt 
Suntsstede, Waldort, von son, 
twyn Buschwald, Haide; Kissen- 
brück, alt Chirsenbrucge an der 
Ocker, caoir Bach dun Ort; Ah- 
lum, alt Aluchi, von a/ gross und 
om Heim bezw. loc Ort; Linden, 
alt Liambeki, klein Bach, von /i und 
ean Wasser; Lauingen, Wasser- 
ort, von ua Wasser und inka kl. 
Haag; Seinstedt, alt Sinistorp, 
Waldort, von twyn Wald oder tzin 
Tempel, Burg; Eitzen, alt Eccan- 
hus, von aighe bezw. aithHlöhe und 
dun Haus, Ort; Weferlingen 
mitten im Walde bei Walbeck, von 


Derlingan. 


feabh Wald, er gross und lon, long 
Ort; Ehmen, alt Emun oder anch 
Gimin, kleiner Ort, von 90, gi bezw. 
e klein und man Stätte; Lehre, 
alt Leri, kleiner Ort, von /i klein 
und ri Ort; Rautheim, alt Rot- 
hem, Feldheim, von rotk Feld; 
Börsum, alt Berghstallun, Berg- 
stall oder Vishstall, von Duar Vieh 
und ystal Stall; Sikte, alt Siculi- 
thi, klein Waldort, von di klein, 
coille Wald und dae Ort; Süpp- 
lingen, alt Sippestorpe, von cnb 
Schuppen und /ong, ling bezw. ais 
Ort, Dorf; Salzdahlum, alt Dal- 
hem, von daile festem Ort, wo 13 
Liti und 1 Colonus zurZeit desKai- 
sers Arnulph 888 wohnten; Uhri, 
alt Uredu, Thaldorf, von ur Thal, 
auch Grenze, und du Dorf bezw. 
ri Stätte; Dannenbüttel, alt 
Dallangibudli, Burghöfchen, von 
dailean kleine Burg, buth Hof und 
itklein; Biewenden, alt Beriwidi, 
Wasserwald-Leute, von Dior Wasser, 
gwydd Wald und ui Leute, oder 
Viehwaldleute, von beo, bezw. buar 
Bindvieh; Schliestadt, alt Slad- 
vorde, Furth über einen kleinen 
Bach, von lua Wasser und di klein, 
mit vorgezischtem s, wie es oft vor- 
kommt; Fallersleben, alt Vala- 
roslebo, von DialWasser, arasBurg 
und Ziub Winkel (Burg in einem 
Wasserwinkel); Küblingen, alt 
Cugelingen, von coiche Ort, bezw. 
cnb Schuppen und ling Wiese; 
Semmenstedt, von tuam, Dem. 
tuaman Ort; Mollenstedt, von 
maollan kleinem Berg; Achim, alt 
Aehem oder Achem, aihochgelegene 


— 378 — Dermbach — Dersaburg-gau. 


Gegend, acha Wall und om Heim; 
Schöningen oder Sconingen, von 
gann Vesto, an der Grenze gegen 
den Nordthüringergau; Mainum, 
Sumpfort bei Gifhorn, von moin 
Sumpf und om Ort, jetzt Meine; 
Vordorf, alt Vurdorf, von fear 
Gras, Wiese, oder buar Vieh; 
Flechtdorf, von flaisg Feldu.s. w. 
Im Derlingau liegen sechs grosse 
Forste, nämlich 1) der Hakel, alt 
Hakul, von ka, a Artikel und coille 
Wald (vergl. Cölleda); 2) der Hui- 
wald, hui statt cAuid oder coid 
Wald (vergl. Huimiling); der erste 
lag indess mehr im Schwabengau, 
der zweite im Harzgau;; 3) der Fall- 
stein, Falcstein beiOsterwigk, von 
bal, bel Stein; 4) die Asse, alt 
Assa, statt uast, uas, was Wald; 
5) der Elm, e/-ma hohe Stätte, alt 
El-iu, hoch-Land, auch Aile-mund, 
Hoch-berg, von mwnt Berg, bezw. 
Hochwald, von muind Wald; 6) der 
Nordwald, jetzt Lehrewald bei 
Campen und der Dorm oder Dorn, 
doirean Bnschwald. Von diesen 
Wäldern erhielt der Gau seinen 
Namen. 

Dermbach bei Geysa in Hessen, 
desgl. im Meiningenschen, dann 
Derenbach in Hessen, und verschie- 
dene Dernbäche, Dürrbäche 


„und Dierbäche in Rheinbayern, 


alle von duran Bächlein, dur Bach. 

Dersaburg-gau in Westphalen 
auf der Nordwestseite des Dümmer- 
soes, links von der Hunte bis in das 
Queligebiet der Hase, im südlichen 
Theile aus fast lauter Moor- und 
Haideland bestehend, so namentlich 




















— — — 


Desenberg. 


der schwarze Bruch, alt Dyvbrok, 
von dubh schwarz. Dersaburg, 
gross- oder klein-Wasserburg, denn 
der bedeutet klein und dear gross, 
sa, sua ist Wasser. Solcher Burgen 
fanden sich mehrere im Gau, na- 
mentlich war Marien-Drebber 
an der Hunte, alt Thriburi, ein Kö- 
nigssitz, von /reabh Dorf, y des, ri 
Königs, gleich Trier, Trebur u. s. w. 
Gandrup, festes Dorf, von gann 
Veste.e Diepholz, alt Tiew-holz 
auf einer Insel der Hunte, von dubh 
schwarz und alf Ort oder ailt Bach. 
Dinklage, von dinn Veste und 
loc Ort. Ihorst oder Haus-Ihorst, 
wo Haus die Uebersetzung von 
Horst, d. h. art (Haus) ist, mit vor- 
gesetztem wälschen Artikel y. Horst 
entstand gewöhnlich aus Hartessen 
oder Art-hausen. Bockern, alt 
Bochorna villa, von beo Vieh, caer, 
corr Ort und nae Leute. 

Desenberg, Basaltkuppe mit 
Burgruine auf der Warburger Börde, 
östlich von Warburg über dem Die- 
melthal, von di klein und din, tzin 
Burg. Gleicher Abstammung ist im 
Pusterthal der Tesenberg, da- 
gegen kommt der Tessiberg im Can- 
ton Bern von dais Burg. In der 
Volkssage wird der Name Desenberg 
davon abgeleitet, dass Karl der 
Grosse dem Stammvater derer von 
Spiegel, alser ihm die Burgschenkte, 
zu den andern Rittern gesagt habe: 
In „desem sollt Ihr Euch spiegeln“, 
d. h. in dessen Tapferkeit, die er 
gegen die Sachsen bewies. Der De- 
senberg hatte aber schon vorher 
diesen Namen. 


— 379 — Dessenheim — Dettelbach. 


Dessenheim, Ort beiNeubreisach 
im Elsas, von tas Haus oder iyddyn 
Hofgut. 

Detmold in Engern, alt Theot- 
malli, Thiat-melli, Thiet-malli, Thiet- 
melle, wie die fränkischen Chronisten 
den Ort 783 noch nannten, bedeu- 
tet Hügel oder Maalstätte, Ver- 
sammlungsort des Volkes oder auch 
des Fürsten, von fuath Volk und 
mael, maol, meli flacher, nicht be- 
waldeter Hügel. Die Form thuat 
lautete auch theot, thiat, thiet, 
dann fhuis, tus, duais, und bedeu- 
tet ebonsowohl Volk, als Fürst, als 
Norden. Thusnelda, kleine schöne 
Fürstentochter oder Frau. Teuto- 
burg, Fürstenburg, Name des Ber- 
ges, der sonst auch Groteburg, Fel- 


sonburg, von cruadh Fels heisst. 


Die Umwandlung Mal in Mold findet 
sich auch bei dem Orte Versmold 
im Ravensbergschen, in Gesmold 
im Osnabrückschen und Kirchdit- 
mold, alt Detmelle, Dietmelle bei 
Kassel, der alten Maalstätte für die 
Kasseler Gegend. Bei Detmold 
kämpfte 783 Karl M. gegen Witte- 
kind, später hielt hier der Graf des 
Pagus Thiatmelli jährlich dreimal 
das Jahrgeding oder öffentliche Ge- 
richt. Zum Detmoldgau gehörten 
die Vogteien Lage, Heiden, Detmold 
und Falkenberg, und ein Theil der 
Asmter Horn und Schieder. 
Dettelbach, Ort am Main bei 
Würzburg, alt Thetilebach, von di 
klein und tain Wasser, umgeformt in 
tel, ebenso Dettelbach beiRenchen ; 
sonst hies Dettenbach (z. B.beiWald- 
kirch) auch Tettenbach, Tettenborn. 





Dettenberg — Deulberg. — 380 — 


Deus — Deutsche, 


Detienberg bei Dunningen in | wird Deul aber von dail Burg ab- 


Würtemberg, von di klein und dun 
Berg, Dunningen von dun Berg 
und inka kl. Pferch oder eingehag- 
ter Ort. 

Dettenheim, ein Dorf am Rhein, 
Dettweiler im Elsas, Detten- 
berg, Hofin Würtemberg aufeinem 
Hügel, entweder von di klein und 
dun Ort bezw. Berg, oder nament- 
lich letzteres von fyddyn Hof. 

Dettingen. Verschiedene Dörfer 
heissen so, entweder von di klein 
und figh Haus, oder wenn der Ort 
einst fest war, von di klein und 
daingean Veste. 

Deubach bei Belsenberg in Wür- 
temberg, von di klein und abA oder 
auch aha Bauch. 

Deuben, Düben, Orte in Sach- 
sen, kleiner Hof oder kleines Erb- 
gut, von di-aoibh. 

Denull, latinisirt Diogilum, Ort in 
Frankreich, tio, dioOrt, gil Wasser. 

Deukallou, soviel als fremder 
Mann, dae Mann und gaillean von 
fremder Geburt; er gründete das 
Orakel zu Dodona in Epirus, wo- 
hin er, wie sein Name angibt, von 
Forn her gekommen war. Die Priester, 
welche aus dem Rauschen der Blät- 
ter einer Eiche, später einer unter 
der Eiche hervorsprudelnden Quelle 
weissagten, hiessen Selloi oder Hel- 
loi, wasmit Hellen, fremder Mann, 
gleichbedeutend ist. 

Deulberg , franz. Deulemont, 
Stadt an der Deule in Flandern, 
kam 1769 an Frankreich. Der 
Flussname Deule, von di-lia oder 
ya kleines Wasser; als Burgname 


zuleiten sein. 

Deus, lat. Form für Gott, griech. 
Zeus, franz. Dieu, indisch Diaus, 
nordisch Tiu, was in Tyr, Thor 
Donnergott überging, ägyptisch 
Taut, phönizisch Tot, keltisch Teut, 
was wieder mit /uatlh, duais, diel 
d. h. Fürst identisch ist. 

Deus Moritasgus auf alten In- 
schriften bedeutet nach Mone rex 
glorise, König des Buhmes, von ri 
König und tasc Ruhm. 

Denute, alt Thoyten, Teuten, Dorf 
bei Gudensberg in Hessen, vom gäP® 
di klein und dae Haus, bezw. fyd- 
dyn Bauernhof. 

Deutenbach in Würtemberg, Ne- 
benbach der Rems, von di klein 
und tain Wasser. 

Deutenberg bei Schwenningen 
in Würtemberg, von di klein und 
dun Berg. 

Deutsche (vergl. Teutonen), zu 
deutsch Nordmänner, vom Gälischen 
iuath, tioth oder totk Norden, bei 
Teuton oder Teuto mit angehängtem 
ui, ae oder an, on Mann, Männer. 
Aus dem Adjectiv deufisk, nordisch, 
wurde der Name deutsch. Die Deut- 
schen kamen für die Gälen aus dem 
Norden zunächst aus Nordalbingien 
oder aus Thiatmarsis, Dietmarschen. 
Noch im Mittelalter hiessen darum 
die Leute an der untern Elbe im 
Bardengau und weiter abwärts Nord- 
leute; hauptsächlich begriffman aber 
darunter die Holsteiner; Thiat- 
marsi, kelt. fuath-merydd-dae, 
bedeutet wörtlich Nord- Marsch- 
Leute. Im 9. Jahrhundert bezeich- 





Deutsche. 


nete man die deutsche Sprache 
mit lingua theutisca, theo- 
tisca, tiutisca, teutisca, altnordisch 
thydsca, was unsere Germanisten vom 
althochdeutschen diutan, deuten 
ableiten wollen (daher githiuti das 
Gedeutete, angelsächsisch getheode, 
soviel alsSprache überhaupt). Diese 
abstracte Erklärung hat aber schon 
darım keinen Halt, weil jede 
Sprache ein Mittel’ zur Verdeutli- 
chung ist, man aber bei keiner an- 
dern als der deutschen den Versuch 
gemacht hat, dieselbe blos als Ver- 
deutlichung zu bezeichnen, und 
dann weil {uatisc handgreiflich eine 
Adjectivform von tuatist, und dies 
mit on Mann verbunden, als der 
Volksname Teuton in der Ge- 
schichte auftritt. Niemand wird 
aber behaupten wollen, dass die 
Kimbern ihre Genossen in dem 
Kriege gegen die Römer Deutliche 
oder Deutbare, oder sich unter sich 
Verständigende genannt hätten. Zu- 
dem wurden diese Teutonen von den 
Römern abwechselnd auch Kimbern 
genannt, weil beide Namen dasselbe 
bedeuten, nämlich Nordvolk (geamh- 
air oder Kymmerier). Ob die Deut- 
schen erst im Holsteinschen, wie 
oben angenommen, zu einem mäch- 
tigen Volke anwuchsen, oder als 
solches schon aus den weiter rück- 
wärts liegenden Ländern einwan- 
derten, bleibt fraglich. Jedenfalls 
geschah der Uebergang auf die 
Westseite der Elbe nur allmälig 
und ohne die keltischen Ureinwoh- 
ner gänzlich zu verdrängen, denn 
sonst würden dort die Flüsse, 


— 3831 — 


Deutzgau — Dbaun. 


Sümpfe und Orte ihre keltischen 
Namen nicht bewahrt haben, wie 
dies doch thatsächlich der Fall ist. 
Ebenso ging die Mischung mit den 
Kelten und deren Verdeutschung 
nur allmälig vor sich, denn die kel- 
tische Sprache erlosch in Nord- 
deutschland vollständig orst im Laufe 
des Mittelalters. 

Deutzgau imRiflande, entsprach 
dem Umfange des Archidiakonats 
von Deutz, Cöln gegenüber, er war 
in erster Zeit von Ubiern (Uferleu- 
ten) und dann von Tenkterern (Wald- 
leuten) bewohnt. Die Stadt Denz, 
früher Diuicis, auch Diutia, Diuza, 
war ein mit Wall und Gräben be- 
festigter Ort, ein Brückenkopf von 
Cöln. Daher der Name, denn diog 
bedeutet im Gälischen Graben, diog- 
tio Grabenstadt, wie die Festungs- 
namen Foss6, Fosses im heutigen 
Französischen. 

Dhaun, alt Dhun, vom gäl. dun, 
dion Veste, einst Burg der Wild- 
und Rheingrafen im Nahegau, von 
den Franzosen zerstört, wofür sie 
eine Linde als Freiheitsbaum vor 
das Burgthor pflanzten. In der Nähe 
dieser Burg liegen noch mehrere 
andere in Trümmern, als der Brun- 
kenstein (dbrynn Berg), Stein- 
kallenfels(gallFels), Warten- 
stein (ard steiler Berg), Hein- 
zenberg (onn, honn Fels), und 
am Soonwald die Sponheimer Warte 
von Koppenstein (keap Berg- 
kopf). Auf dem Johannisberg bei 
Hochstätten an der Nahe liegen in 
der Johanniskirche die Grabmäler 
der Wildgrafen. Die Bewohner des 





Diana — Diebach. 


Dorfes Meddersheim an der Nahe 
(modh Hof, ar gross) zeichnen sich 
durch stattlichen Körperbau auf- 
fallend vor den übrigen Nahgauern 
aus. Ein anderes Dorf, Monzin- 
gen, wurde noch fast in unseren 
Tagen Monzega genannt (mwni 
Berg, ka Haag). Das Städtchen 
Sobernheim (cwb Schuppen, ar 
gross) wurde durch die Franzosen 
nnter Ludwig XIV ebenfalls sammt 
der im Süden desselben stehenden 
Burg zerstört. 

Diana, römische Göttin des Wal- 
des, zu deutsch die schnelle oder 
auch heftige, rasende Frau, von 
dian, was diese Bedeutungen hat, 
welche in der That auch für eine 
wilde Jägerin passen, 

Dido, die Gründerinvon Carthago, 
eine aus Tyrus geflüchtete Fürstin, 
deren sagenhafte Geschichte Jeder- 
mann bekannt ist. Der Name be- 
deutet entweder kurzwog Weibchen 
oder das gute Weib, von di klein 
und dae Mann und Frau, beziehungs- 
weise von id oder doi gut (daher 
Ida gute Frau), woher auch Dodo 
Kinderbezeichnung für Mutter, d.h. 
gute Frau. 

Didoron, Name der Dachziegel 
bei den Galliern, da sie zwei Hände 
oder Fäuste lang waren, denn di, 
de ist gleich dem lateinischen duae, 
duo, deutsch zwei, zwo, und dorn, 
durn oder dern Faust, griechisch 
doron. 

Diebach, mündet bei Geisslingen 
in den Kocher; Diebach in Ober- 
hessen und bei Hammelburg u. s. w., 
alt di-abh-ach, von di klein und 


Diedesi — Diel. 


abh Wasser; ach ist die Ueber- 
setzung von abA. 

Diedesi, ein Gau oder ein Ort 
am mittlern Bober, an der alten 
Grenze Polens, mit dem Orte Ilva, 
jetzt wohl Halbau, wo der Fürst der 
Polen den Kaiser beim Einzug in 
sein Gebiet zu empfangen pflegte. 
ODba wohl gleich Elba, i/-bi Insel- 
klein. Diedesi, Diedesisi, Dedosese 
oder Dadosesani wohl von tuath 
Fürst, aidhe Wohnort und ui Leute; 
Angehörige der auf einer Insel 
des Bober gelegenen Wohnung des 
Fürsten, 

Diefenbach, Ort bei Maulbronn 
am Ursprung eines kleinen Baches, 
von di klein und abh Bach; desgl. 
Tiefenbach bei Odenheim am Ur- 
sprung eines Baches im Kraichgau. 
Der Name tief passt nicht für einen 
Bach, denn ein solcher hat nur ein- 
zolno tiefe Stellen; ist er durchweg 
tief, dann ist es kein Bach mehr, 
sondern ein Fluss. 

Diekirch oder Dietkirch, franz. 
Dicry, Stadt in deutsch Luxembarg, 
von di klein und cray oder yrag 
Dorf, woher auch Crayhem, oder 
von cro Veste. Will man diesen 
Ortsnamen wegen der wahrschein- 
lich erst später entstandenen Sylbe 
kirch deutsch auffassen, so bleibt 
immer die erste Sylbe Die oder 
Diet unerklärt; diet, tuaih bedeutet . 
Fürst, desgl. Volk; aber was soll 
eine Volkskirche oder Fürstenkirche 
besagen, zumal dann ein keltisches 
mit einem deutschen Worte verbun- 
den wäre? 

Diel, Deule, Fluss in Belgien, 








Diemel — Dienberg. 


alt Thilia; di-lia kleines Wasser, 
daher auch die Dörfer Ober- und 
Unterdielbach bei Eberbach im 
Odenwalde am kleinen Erbache; 
dann der Dielbach bei Zwei- 
brücken; Dorndiel bei Umstadt 
im Darmstädtischen, Waldbach, denn 
Dorn oder „im Dorn“ ist soviel als 
im Wald, im Eichwald, von dair 
Eiche, Demin. dairean oder doire, 
doiran Walddickicht. 

Diemel und Dommel, alt Timella, 
Diemola, zu deutsch grosser Bach, 
von faom Bach und il, el, ol gross, 
bei Diemola mit der angehängten 
Uebersetzung aha. Die Diemel fliesst 
in Niederhessen an der engerschen 
Grenze, die Dommel in Nordbrabant, 
letztere hies auch Duthmola, eine 
Form, die verschrieben zu sein 
scheint, denn sie stimmt nicht zu 
faom; eine gälische Form duthm 
für Wasser ist bis jetzt nicht nach- 
gewiesen. Die Dommel wie die Die- 
mel sind an und für sich keine 
grossen Gewässer, sie heissen nur 
gross im Gegensatz zu ihren Neben- 
bächen ; so läuft in die Dommel von 
Westen her die kleine Aa, noch 
weiter westlich bei Gertrudenberg 
die Dunge, alt Digouna, von di 
klein und gun Bach. Mit der Die- 
mel verhält es sich ebenso; in die- 
selbe münden bei Warburg die 
Twiste, alt Tuiste, von du klein 
und uisge Wasser; dann bei Lieben- 
au die Warme, von bior oder feor 
Bach und mi statt bi klein, und die 
Esse (uisge) bei Hümme. 

Dienberg im Canton Zürich, alt 
Deinh, Dienneh, von dion, dionne 


— 383 — Diendorf — Dietenhofen. 


fester Hügel, gleich der Burg Zion 
in Jerusalem, oder dem Dins- 
berg bei Giessen. 

Dieudorf, Ort in Oestreich am 
Flusse Camp, hies früher Tyemdorf, 
von tuaim Dorf. 

Dienheim, Ort bei Oppenheim, 
alt Deinenheim, Deninheim, Teinen- 
heim, Demin. von din, dein, dion 
Veste, dionan kl. Veste. 

Diersburg, Ort bei Offenburg, 
Thiersheim bei Wunsiedel, di 
klein und aras Burg, Wohnstätte, 

Diest, Ort in Brabant, alt Estae, 
Esthee, Osta, bedeutet kleines Berg- 
haus, von di klein und iosda oder 
iostas Berghaus, letzteres von aith, 
ais hoch und dae oder tas Haus. Die 
Namen iosda oder im Hessischen 
blos Joss beziehen sich gewöhnlich 
auf Bergorte. Die Burg von Diest, 
altfränkisch Disparch, latinisirt 
Dispargum, d. h. Diesburg, von di 
klein, ais Berg und bwrg Burg lag 
in der Stadt auf einem Hügel; ein 
anderes Duysborch liegt östlich 
von Brüssel am Sonjewald. Welches 
von beiden das in der Geschichte 
der Merovinger genannte Dispargum 
sei, möge weiterer Untersuchung 
vorbehalten bleiben. 

Dietenberg bei Hohenklingen in 
Würtemberg, von di klein und dun 
Berg. 

Dietenhofen, auch Diedenhofen, 
alt Theodonis oder Totonis villa, 
franz. Thionville, Stadt an der Mosel 
in Frankreich, die Bewohner spre- 
chen indess noch ziemlich allgemein 
deutsch. Der Ort gehörte sammt 
der Dietenhofener Vogtei einst zu 





Dietenmühle — Dietmarsen. — 384 — Dietrich — Digisheim. 


Luxemburg, kam aber 1659 an 
Frankreich. Hier hielt um 700 
nach Christus Pipin von Herstall 
Hof. Daher der Name villa des To- 
ton, latinisirt für tualh-on Fürsten- 
mann, denn er war, ohwohl Major 
domus unter vier merovingischen 
Königen, dennoch blos deren Vasall 
oder Mann. 

Dietenmühle bei Wiesbaden, von 
di klein und tain Wasser. 

Dietmarsen, alt Thetmarsen, als 
Gau Tiethmarsia, noch älter Thiat- 
maresgalıo (781 nach Chr.), zu 
deutsch Nord-marsch-leute, Nord- 
marsch-Land oder -Gau, vom gäli- 
schen /uatlh, tioth Norden (woher 
auch der Name Deutsche, /ualisci 
d. h. Nordmänner kommt), merydd 
Marsch, Tiefland, feuchtes Land, 
Marnland, und dae Leute bezw. ia 
Gau. Im Mittelalter hies die Gegend 
über der Elbe dem tuatk ent- 
sprechend Nordalbingien, denn 
Dietmarschen liegt nördlich von der 
Elbemündung. Aus merydd wurde 
im Deutschen bald Mersch (Dorf 
bei Rastadt), bald Mars, Marsch, 
daher die abwechselnde Aussprache 
Ditmarsen und Dietmarschen, letz- 
teres ist die beim Volke üblichere, 
erstere kommt in den Urkunden 
vor; mitden Marsen im Waldecker 
Lande hat der Name nichts gemein, 
denn letztere waren Gebirgsbewoh- 
ner, von mar Berg und dae Männer. 
Im Thetmarschland liegt am Aus- 
fluss der Elbe Marne, alt Mario- 
nis Monasteriam oder Marien-ehe, 
ein Wort, in welchem der keltische 
Ausdruck maran Strand in Marien- 


kloster umgewandelt wurde. Die 
Maalstätte der Thetmarschen war 
in Meldorf, alt Melinthorpe, noch 
älter Liri-miris; letzteres bedeutet 
Hügelort am Bache, Zlyri Bach, 
mir Hügel und is, ais, ait Stätte; 
Melinthorpe dasselbe ohne den Bach, 
von maol, mega! Hügel, mealean 
kleiner Hügel ader Maalstätte, 

Dietrich, hat eine doppelte Be- 
deutung, orstlich Volkskönig, 
von tuath, diet Volk und righ (res) 
König; in dieser Bedeutung ent- 
stand die griechisch sussehende 
Form Theodorich, die an Theos Gott 
erinnern sollte, gleich Theodoros, 
dem von Gott gegebenen. Die 
zweite Bedeutung ist Fürstendiener, 
Dienstmann, oder kelt.-deutsch 
Diezmann, von fuatk Fürst, ver- 
deutscht Diez und reagh Vasall, 
Mann, Recke. Im Sächsischen hies 
deshalb MarkgrafDietrich von Meis- 
sen und Landgraf von Thüringen 
beim Volke stets Markgraf Dier- 
mann. 

Dietz, Städtchen an der Lahn 
in Nassau, alt Ditese, Diedese, zu 
deutsch kleiner Ort, von di klein 
und /as Ort, Haus, Wohnung. Ein 
anderes Dietz, franz. Dieuze liegt 
in Lothringen im Albgau, alt Decia, 
von di-tio kl. Ort. In Bömerzeiten 
soll der Ort decem pagi, zehn Gaue, 
geheissen haben, was aber für einen 
einzelnen Ort kein passender Name 
wäre; eher könnte man an einen, 
indess näher bei Metz gelegenen 
Ort denken, der ad duodecimum, 
d. h. am I2ten Meilensteine, hies 

Digisheim, Ort in Schwaben, 





Dijon — Dillingen. 


alt Tigishain, Thigesen, Tigenshain, 
von feaghas Häuser. 

Dijon (lat. Divio), alte Haupt- 
stadt des Herzogthums Burgund, 
weiches nach dem Tode Karls des 
Kühnen 1477 von Ludwig XI mit 
der Krone Frankreichs vereinigt 
wurde; zu deutsch entweder kleiner 
Ort di-ion oder kl. Burg di-gan. 
Die latinisirte Form Divio wird 
wohl gleich Loddve und Glandöve 
von daimh, teb, tef Tempel her- 
kommen. 

DIN, Flüsschen, das vom Wester- 
wald kommend in die Lahn mündet, 
alt auch Dilena, Dilina, von di klein 
und /ia Wasser, gleich Diel und 
Deule, Die Form Di-lena ist soviel 
als kleine Lahn. 

Dillich, Dorf mit alter Burg in 
Niederhessen, alt Thieleichi, Diliche 
oder Deiche, dail-aighe Burg-hoch, 
woraus Dalwigh, der Name des Ge- 
schlechts wurde, welches auf dieser 
Burg sass; sonst kann man wigh 
auch als Dorf auffassen, und Dal- 
wigh mit Burgdorf übersetzen. 

Dillingen, Städtchen an der Do- 
nau in Oberschwaben, früher Resi- 
denz des Fürstbischofs von Augs- 
burg, zu welcher Zeit daselbst auch 
eine Universität war. Das Hochstift 
wurde schon 590 gestiftet; Dillin- 
gen war einst der Hauptort der 
Grafschaft Dillingen, welche sich 
über einen Theil des Hortfeldes mit 
Neresheim und Höchstädt erstreckte. 
Der Name Dillingen bedeutet kleine 
Burg, dailean, Demin. von daile 
Burg; Neresheim dasselbe, von 
ni-aras. 

Deatsch-kolt. Wörterbuch. 


— 385 — 


Dilsberg — Ding. 


Dilsberg,alt Diligesberg, Hirsch- 
horn gegenüber am Neckar, war 
früher eine nicht unbedeutende, in- 
dess jetzt verfallene Festung auf 
einem hohen Berge. Der Name 
kommt von dail Burg und aighe 
hoch; Dielshofen bei Darmstadt 
dagegen von di klein und //ys Hof. 

Dimbach, Dorf und Bach in Wür- 
temberg, von di klein und can Was- 
ser, oder von faom Bach, letztere 
Form ist gleich tain aus di-ean 
entstanden, hat aber die Bedeutung 
„Klein“ verloren. 

Dina, alter Weibername, von dine 
angenehm, gefällig, oder auch blos 
gleich duine Mann, Horr, bezw. Frau, 
woraus im heutigen Schottischen 
Than, im Spanischen Don und 


Donna, Herr, Herrin wurden; im 


Kimbrischen lautete die Form dyn. 

Dinant, alt Dinantis, Veste an 
der belgisch- französischen Grenze, 
hies auch Dyon, ihre Einwohner 
Dyonenser; Dyon kommt vom gäli- 
schen diong, Dem. dionnan Hügel, 
bei Dinantis mit fis, tus, tais Veste. 
Dion bedeutet auch kleiner Ort, von 
di klein und ion Stätte, daher Dorf- 
namen wie Dione in Frankreich 
und Dion in Belgien. 

Ding, Gerichtsstätte, Ort, wo die 
Zeugen schwören, von {ung, tiunge 
Eid, iyngu schwören, tunginus, 
tunzinus lat.-keltisch, Schwurmann, 
Zeuge; lat. testis, welches von der 
Form tunzinus herkommt, Teistea- 
mhain oder -mhuint ist das latei- 
nische testimonium, Zeugnis. Am 
Oberrhein blieb die Form Dung, 
Volldung im Gebrauch. Das Wort 

25 


Dingau — Dingolfing. 


Ding für res, Sache, wird dagegen 
mit dem keltischen sion, sina, was 
soviel ale Etwas bedeutet, zusam- 
menfallen. 

Dingau, oberer Theil des Erit- 
gaues oder Riedgaues in Ober- 
schwaben, mit Sulgau oder Saulgau 
(suail-ka kl. Ort, denn es ist kein 
Gau). Ding-au von tain Wasser, 
weil der Fodersee darin liegt. 

Dingeldel, rheinischer Personen- 
name, soviel als Burgmann, von din 
Burg, i/ gross und daeMann. Aehn- 
liche Namen sind Venedei, von 
ean-dae Wasser-mann, Schiffer, 
gleich Veneter od. Eneter; Mackel- 
dey, Feld-mann, von magh Feld, 
oder auch von magal weiss- 
händig. 

Dingelstädt, Ort im Thüring- 
schen , deutsch feste Stätte, von 
diong, dion, dinn befestigter Hü- 
gel, Bergburg und il gross. 

Dingolfing, alte Villa regia oder 
königlicher Viehhof an der Isar im 
Viehbachgau, Name vom keltischen 
domn, tumn, donn (lat. dominus) 
Herr, Fürst, o/, il, ul gross und 
fang oder gwaneg Viehpferch, Stal- 
Inng. Die deutschen Pfalzen (ald 
Pferch, woraus Palatium, Palast) 
entstanden in der Regel aus kelti- 
schen königlichen Meierhöfen, denn 
die Deutschen setzten sich bei der 
Eroberung des Landes an die Stelle 
der kimbrischen Adeligen und Für- 
sten, liessen aber das Verhältniss 
der gälischen Hörigen unangetastet; 
diese blieben und wechselten blos 
ihre Herren; an vielen Orten blie- 
“qn auch die Kimbern und ver- 


— 386 — Dinkelsbühl — Dioclea. 


schmolzen mit den Deutschen in die 
neue Adelskaste, wie dies bei den 
Saliern oder Franken der Fall war, 
was aus der lex salica hervorgeht, 
in welcher für Kimbern und Deutsche 
gleiches Wehrgeld festgesetzt ist, 
weil sie dem Range nach gleich- 
standen. Deshalb stammt ein Theil 
unseres AdelsauskimbrischemBlute, 


wenn auch im Laufe des Mittelalters 


allmälig die deutsche Sprache die 
herrschende wurde, freilich mit zahl- 
losen keltischen Worten gemischt. 
Dinkelsbühl, alt Dinchilspuole, 
von dinn, diong befestigter Hügel 
und i/ gross. Die Ashren im Wap- 
pen der Stadt wurden hinterher dem 
Namen Dinkel zu lieb angenommen. 
Dinkelfirst, ein Berg bei Pfahl- 
bronn in Würtemberg. Bühl inDin- 
kelsbühl ist entweder blos Ueber- 
setzung von diong Berg, oder es 
kommt von baile Stadt, polis. Din- 
kelsbühl liegtim schwäbischen Ries, 
war erst kaiserliche Domäne, und 
wurde dann Reichsstadt. 
Dinsberg, Berg mit Burg bei 
Giessen, von din oder dion Hügel, 
Berg und ais hoch oder aidhe Ort. 
Dintenberg bei Harthausen in 
Würtemberg, Dintenbühl bei 
Rottweil, vom Demin. dinnan. 
Dinsheim, alt Dingesheim, Dorf 
bei Strassburg, von teaghas Häu- 
ser, nasal ausgesprochen. 
Dintesheim, Ort in Rheinhessen, 
alt Tidinesheim, Thitensheim, Tines- 
heim, auch Thysen, Thysin, von 
tyddyn Bauernhof. 
Dioclea, Ort und Landschaft im 
alten Dalmatien, woher Kaiser Dio- 








Djordjan — Dissen. 


cletian seinen Namen führt; diog 
Deich, Damm, !le Stätte. 

Djordjan, arabischer Name für 
Medien, von ire, ior Land, Feld, 
Ackerland und fan Landschaft, also 
gleich Media, Maidioi, von magh, 
mahd, may Feld und ia Land bezw. 
ui Leute. 

Dippach, Ort am Ursprung eines 
Baches bei Wipfeld am Main, ein 
anderer bei Hamelburg, ein drit- 
ter bei Eltmann am Main; dip ist 
entweder zusammengezogen aus di 
klein und abk Wasser, mit dem 
deutschen Bach als Uebersetzung 
angehängt, oder von dubh gross 
und acha Wall. 

Dirmsteln, alt Dirmenstein, Ort 
in Rheinhessen, von tearmun Zu- 
fluchtsort, und dies von fuar, duar 
Haus und moin Berg bezw. gross. 

Dirnach, Bach in Oberschwaben, 
fliesst in die Westernach, von duran 
kleines Wasser, dur Wasser, mit 
angehäugtem ach Bach. 

Dis, lautete im Gallischen Tis und 
bedeutete soviel als Mann, Mensch. 
Die Gallier hielten sich, wie Cäsar 
berichtet, für Abkömmlinge vom 
Dis-pater. Im Deutschen lautete 
Tis Tuisto, von welchem Manus, 
der Mann herstammen sollte, mit 
andern Worten: von Dis-pater, dem 
Menschenvater, stammt der Mann. 

Dispargum, zu deutsch Diesberg, 
Burg von Diest in Brabant, anf 
einer Anhöhe in der Stadt (vergl. 
Diest). 

Dissen, alt Dusinum, Tosen, To- 
sene, Tusen, Thyssen, Toysse, Ort 
bei Gudensberg in Hessen, zu deutsch 


— 3897 — 


Dissentis — Ditmold. 


Hof, Bauernhof, von tyddyn. Dissen 
oder Dessen bildet im Eingerlande 
öfter die Endung von Dörfern, die 
aus Höfen entstanden, als Suabe- 
dissen, Hof am Bach-klein (sua-Dbi) ; 
Willebadessun Willebaldshof; Si- 
wardessun Siefertshof oder auch 
-hausen. Bei Adeloldessun (jetzt 
Adelepsen), Wallieressun, Erpessun, 
Pumissun, Hemmadessun kommt Es- 
sun, Essen von ailean, aisean kl. 
Ort, gleich Essen in Westphalen. 

Dissentis, Ort in Graubündten, 
latinisirt Desertina, mit einem 614 
gestifteten Benedictinerkloster, des- 
sen Abt früher deutscher Reichs- 
fürst war, es gehörte zum obern 
oder grauen Bunde. Ob die Ueber- 
setzung Desertina richtig, oder dass 
hieraus Dissentis entstanden, unter- 
liegt gerechtem Zweifel, denn iyd- 
dyn, gezischt Tyssen oder Dissen 
kommt anderwärts als Name von 
Höfen häufig vor, ohne dass diesel- 
ben in einer Einöde lägen; tis mag 
tais, tus Burg bedeuten, sonach be- 
festigter Hof, Hofburg. Das Bene- 
dictinerkloster entstand auf den 
Ruinen dieser Hofburg. 

Distelhausen, Ort an der Tau- 
ber, desgl. in Bayern, alt Distilhu- 
sen, von di klein und astail Woh- 
nung, Hotel, undnicht weil daselbst 
Disteln wachsen, denn diese finden 
sich überall. 

Ditmold, Dorf bei Kassel, alt 
Thietmelle, Diethmelle, Thiedmali, 
Dytmelle, gerade wie Detmold in 
Engern, von maol, meall kahler 
Hügel und tuath Volk, Maalstätte 
des Volkes; tuathk bedeutet r-+ 

25” 


Divodurus — Dnaieper. 


Fürst, darnach Fürstenberg. Hier 
war das oberste Gerichtim Kirchspiel 
Weissenstein, wozu Kirchditmold, 
Bothenditmold (oder Kleinditmold), 
Wahlershausen und Wehlheiden 
(Weleda) gehörten. Die Herren 
von Wolfershausen trugen das Ge- 
richt von Mainz zu Lehen, wurden 
aber von dem Landgrafen von Hos- 
sen daraus verdrängt. Aus Wolfers- 
hausen oder Wolfhart -deshusen, 
auch Waldolfishusen, Waldoliphes- 
husen, dann auch Waroldishusen, 
Woroldishusin wurde schliesslich 
Wahlershausen, das heisst Haus 
des Wolfhart, Waldwolf u. s. w., 
wie die Besitzer in den verschiede- 
nen Jahrhunderten hiessen, als die 
Urkunden aufgenommen wurden, in 
welchen die angeführten Namens- 
formen verzeichnet sind. (Vergl. 
„Hessengau von Dr. Landau“, Kassel 
1857.) 

Divodurus, Heiligenbronn , vom 
kymr. duw, altkyır. dev, lat. deus 
(dis, divs), altdeutsch tiu, heilig 
und dur Wasser. Die Stadt Divo- 
durus lag westlich von Paris hinter 
Versailles. Aehnliche Namen sind 
Divona, von ean Wasser, und Di- 
vitiacus. 

Dizzenbach, alt Tizzenbach, Bach 
bei Geislingen, Diezenbach bei Of- 
fenbach, von di klein und tain Was- 
ser, gezischt ausgesprochen. 

Dnieper, bei den Alanen Dana- 
pris, bei den Griechen Borysthenes, 
zu deutsch gross-Wald-wasser. Bei 
den Alanen bedeutete dun oder dan 
wie heute noch bei den Osseten im 
Kaukasus Fluss oder Wasser, das- 


— 388 — Dniester — Dobelbach. 


selbe bedeutet tain im Keltischen. 
In Dana-pris steckt erstlich fair 
und in dem gräcisirten pris das 
keltische bor gross und rus Wald, 
weiches in Borysthenes voransteht, 
tenes ist die gräcisirte Form für 
tain Wasser. Beide Formen beden- 
ten also grosser Waldfluss oder 
Russenfluss, denn der Ausdruck 
Russen, rus-dae oder rus-ui bedeu- 
tet Waldleute, gleich dem in Russ- 
land früher üblichen Namen Sky- 
then (coed-dae), von coed Wald. 

Dalester, grosser Fluss im süd- 
lichen Russland, altalanisch Dana- 
stris, griechisch Tyras, letzteres 
ist gräcisirt für der Wasser. Bei 
Danastris oder Danaster kommt dana 
wie bei Danapris von tain Wasser, 
welches auch im Don und der Do- 
nau wiederkehrt; die Endsylbe ster 
ist gezischt für dear gross, so dass 
Dniester der Form Eri-dan gleich 
steht (von er gross). Andere alt- 
keltische oder wenn man lieber 
will, alanisch-skythische Namen für 
die südrussischen Flüsse waren: 
Porata oder gräcisirt Pyretos, von 
bwr gross und ada Wasser, dann 
Gyrgis, von earg Wasser, was 
bei den Griechen auch in Oaros 
umgewandelt wurde. 

Dobeibach, Bach aufder Herren- 
wiese im Schwarzwald, führt braun- 
gelbes Moorwasser von den flachen 
Höhen herab, daher der deutsche 
Name Schwarzenbach, welchen er 
in seinem untern Laufe führt; Dobel 
von dubh schwarz und Dial Wasser. 
Ein anderer Dobelbach fliesst weiter 
oben gleichfalls in die Murg. 








Dobra — Döben. 


Dobra, altDabra, Dorf am Camp 
in Oestreich, von dubhras Wohnort, 
und nicht vom slav. dobre gut. In 
einem andern Österreichischen Orts- 
namen Dobratendorf oder Dor- 
pendorf steht die Uebersetzung von 
dubhras, nämlich Dorf, angefügt. 

Dobruszka, Ort bei Königsgrätz 
in Böhmen, dubhras Wohnort und 
90 oder ka klein. 

Dodenau, Bach in Hessen, von 
di klein und /ain Wasser, mit ange- 
hängter Uebersetzung aha. 

Dodona, alte Stadt in Epirus 
mit einem berühmten Orakel, Name 
von di-dun kl. Stadt. 

Dodorp, Ort in Westphalen, von 
di klein und duar, twar, twrp 
Dorf. 

Döbeln, Ort in Sachsen, gleich 
Dublin, von dubh gross und /ann, 
lin Schuppen bezw. Tempel, da der 
erste christliche Gottesdienst bei den 
bekehrten Kelten in solchen Schup- 
pen abgehalten wurde. 

Döben, Ort in Obersachsen, alt 
Dibni, ebenso Düben, Dorfleute, 
von dubh Dorf und nae Leute. Et- 
was anderes ist die Burg Döben 
unterhalb Grimma, altDewin, soviel 
als Tübingen, welches früher Tuin- 
gen, Tuwingen oder Duingen, Twing 
geschrieben wurde und von dain- 
gean Burg, Donjon, herkommt, wie 
auch Duingen in Hannover. Stände 
an Stelle der Burg eine Kirche, so 
könnte man Döben oder Dewin 
von dev, tey, zusammengezogen 
aus daimh Tomp-el ableiten, und 
erhielte dann ein Analogon von 
Grimma, cruimh-ma Gottesstätte. 


— 3389 — Döberschitz — Dörenschlucht. 


Döberschitzin Ostfranken, schitz 
ist gezischt für coed Wald, das im 
Hagenschiess bei Pforzheim und in 
Eberschütz in Engern wiederkehrt. 
Döber ist dubhras Wohnort, gleich 
Daberstädt bei Erfurt. 

Döhlen, Orte in Sachsen, entwe- 
der kl. Burg dailean, oder je nach 
der Lage do! Thal und ion Ort oder 
an Leute. Im Slavischen bedeutet 
dol dasselbe und delan Thalbewoh- 
ner, gerade wie im Keltischen. 

Dölltz, Delitsch, Ortsname, 
der in Obersachsen häufig ist und 
kleine Burg bedeutet, wie Golis, 
von di, du klein und Jiys, lios Hof- 
Burg; tz und tsch statt des ein- 
fachen s sind slavische Zischlaute. 
Bei Dölitz oberhalb Leipzig an der 
Pleisse steht noch die Burg mit 
ihren alten Gräben, wie überhaupt 
die Wasserburgen längs des Rosen- 
thales oder Ruschenthales, d. h. 
Erlenthales in ihren Gräben noch 
fast alle leicht erkennbar sind. Mit 
Rusche bezeichnet man in Säüd- 
deutschland bald die Erle bald die 
Esche, keltisch rus. 

Dölbach bei Fulda, von di klein 
und /ia Wasser, gleich Diele, Deule 
u. 8. W. 

Dölle, eine Anhöhe bei Obernau 
am Neckar, von tu/a Hügel, gleich 
Dohlenhau, Stellberg, Stahlberg. 

Dölleitz, Ort in Ostfranken bei 
Neustadt, slav. Dolnice, von daile 
Burg und nualh neu. 

Dörenschlucht, ein Pass im Os- 
ning, westlich von Detmold, der 
von Westphalen in das Lippesche 
führt und von den Römern gewöhn- 





Dörenschlucht. 


lich benutzt wurde, um von der 
Lippe und ihrer an derselben liegen- 
den Festung Aliso an der enger- 
schen Werra abwärts nach der We- 
ser vorzudringen. Wahrscheinlich in 
dieser Schlucht war es, wo Drusus 
auf seinem Rückzuge von der Weser 
von den Germanen beinahe vernich- 
tet worden wäre. Es rettete ihn 
nichts als die Verwegenheit seiner 
Gegner, die, seines Unterganges 
schon gewiss, keine Ordnung mehr 
hielten, und ihm dadurch den Durch- 
bruch nach der Senne hin möglich 
machten. Das Schicksal, welchem 
Drasushier entging, erreichte einige 
Jahre später Varus, wahrscheinlich 
aber etwas südlicher von der Dören- 
schlucht, da er diese, durch die 
Unfälle des Drusus gewarnt, wohl 
vermieden haben wird. Von der 
Dörenschlucht, auf deren Nordwest- 
seite der Hermannsberg zunächst 
der Senne, und dann mehr östlich 
der Hörsterberg, auf der Südseite 
aber der grosse und kleine Eberg 
liegen, zog sich durch das Moor- 
land des Hörster-Bruches eine von 
Domitius Ahenobarbus angelegte 
lange Brücke (pontes longi)_ nach 
Lage ander Werra. Sechs Jahre nach 
der Varusschlacht griff Herrmann 
hier den Cäcina, den Unterbefehls- 
haber des Germanicus an, als er nach 
Xanten zurückmarschiren wollte und 
an dem Flüsschen Retlage ein Nacht- 
lager geschlagen hatte. Herrmann 
stand auf den Höhen über der Dören- 
schlucht und leitete in der Nacht 
die Retlage in Cäcina’s Lager. Was 
die hier vorkommenden Namen be- 


— 390 — 


Dörfle. 


trifft, so bedeutet Thören-schlucht 
wohl schwerlich soviel als Thüren- 
schlucht, denn dieswäre eine Tauto- 
logie, Dören kommt von doire 
Walddickicht; die dabei liegenden 
E-borge von a, au Berg; Lage 
ist Joc, Zach Ort; als Flussname 
dagegen li-acha klein Wasser, mit 
vorgesetztem rei, raih Berg, Berg- 
bach; Werra gleich bior oder 
fear-aha. 

Dörfle. Bei Schleiz im einst sla- 
vischen Osterlande liegt ein Ort, 
der Dörfle heisst, ebenso einer bei 
Karlsruhe oder vielmehr jetzt in 
Karlsruhe. Man hält diese Namen 
gewöhnlich für Spitznamen, wohl 
irrthümlich, denn das Karlsruher 
Dörfle ist älter als die Stadt, muss 
also vorher einen Namen gehabt 
haben ; seine Anfänge lagen auf der 
Insel, da wo der Landgraben be- 
ginnt. Vom Kloster Gottsau heisst 
es urkundlich, dass es bei einem 
Orte augelegt wurde, der Godesau 
hies, d. h. Waldau oder Waldbach 
von coed-aha, dies wurde von den 
Mönchen dann in Gottesau umge- 
wandelt. Dörfle lässt sich gälisch 
als Ort am kleinen Wasser auffassen, 
von tur Bach, Di klein und /e Stätte. 
Dem entsprechend findet man in der 
Nähe von Hassfurt am Main einenOrt, 
der Dorfleins oder Dörfles, alt Thur- 
pfilun, heisst, von /hur, bi und lon 


Ort; dann bei Koburg einDörfles 


(Alt- und Neu-Dörfles), alt Trufali, 
von /reabh, trubh Dorf und li 
klein. Es wird Niemand behaupten 
wollen, dass Trufali oder freabA-ii, 
drubh-li ein rein deutsches Wort 








Dörnbach — Dohak. 


sei, obwohl es wörtlich übersetzt 
genau so viel als Dörfle bedeutet, 
und darum auch mit Leichtigkeit in 
diese ihr nahestehende Form über- 
gehen konnte. 

Dörnbach bei Amorbach, an 
einem kleinen Bache, gleich Düren- 
bach, von duran kleiner Rach, dur 
Bach. 

Dörnhagen, Ort bei Cassel, früher 
auch Grouenwernershain. Die heu- 
tige Form bedeutet Haag oder ein- 
gehegter Ort an der Söhre, doire 
d. h. dem Walddickicht, an welchem 
es liegt. Gegenüber liegt Freien- 
hagen an einem Bergabhang, bre, 
bri, schärfer /riBerg; dann Denn- 
hausen an der Fulda, von tain 
Wasser. 

Dörrenbach in Rheinbayern, alt 
Duringebach, von duran oder du- 
rog kleiner Bach. Og ist eine Ver- 
kleinerungspartikel, die umgekehrt 
go lautete, im Slavischen wurde ka 
daraus und im Deutschen che, chen. 

Dörsdorf, alt Durstorf, Ort im 
untern Lahngau, d. h. im nassaui- 
schen Theile des Lahnthales zwi- 
schen Weilburg und Dietz, Name 
von duras, daras, dars Dorf, Ort. 

Dösen, kleiner Ort bei Leipzig 
und anderwärts in Sachsen, von 
doidan, doidean kleiner Bauernhof, 
oder auch kleine Burg, von daisan. 

Dohak, Dhahhak, Tschohak, 
ein in der ältesten persischen Ge- 
schichte vielgenannter assyrischer 
Tyrann; Name von dae, do Mann 
und aighe hoch, demnach soviel als 
der Hagen im Nibelungenliede 
oder Ahi in den indischen Sagen. 


— 391 — 


Dohlonhau — Dombes. 


Letzterer wird als Schlange geschil- 
dert, und auch dem Dohak sollen 
Schlangen aus den Schultern ge- 
wachsen sein, daher man auch an 
das griechische Echis, Natter, den- 
ken kann. 

Dohlenhau, ein Berg beiSchlath 
in Würtemberg, von tulan, Demin. 
von tul Berg, gleich Stellberg, Stahl- 
berg, Dölle. 

Dohren, alt Dorne, Ort im Bre- 
menschen, von fuarankleines Haus, 
Dem. von tuar. 

Dole, früher Hauptstadt der ober- 
burgundischen Freigrafschaft, als 
Bisanz noch reichs-frei war, liegt 
in dem angeblich reizenden Val 
d’Amour, Amorthal, ein Name, der 
wie Amorbach, Ammerbach, Amber- 
bach, Ammersee von amh, ean 
Wasser und or Berg oder von am 
Artikel, und Dior Wasser herkommt, 
Dole bedeutet Hügel, Berg, kel- 
tisch fula, wie in Deutschland der 
Dolmar bei Meiningen, grosser 
Berg von tu/a und mar, dann der 
kleine Dolmar bei Schmalkalden. 
Indess kann Dole auch von dal 
Festung herkommen, was mit fula 
Berg einerlei Wurzel hat, wie Burg 
und Berg. 

Doilzig, Dölzig, Ortsnamen bei 
Leipzig und in der Lausitz, fester 
Ort, von dail, dole, delle Burg und 
tigh Haus, Ort. 

Dombachwald, Bergwald in 
Würtemberg, alt Dunberg, von dun 
Berg, die Form Dombach kommt 
von faomb Wald und aighe hoch. 

Dombes, einLandstrich oberhalb 
Lyon an der Saone, der früher zu 


Domburg — Domnonier. — 392 — 


Burgund gehörte, aber sich schon 
zu Anfange des 11. Jahrhunderts 
davon losriss und eine gesonderte 
Herrschaft wurde; das Land hatte 
verschiedene Herren, 1764 kam es 
an Frankreich. Der Name des Gaues 
kommt wohl von taomh, taomb 
Wald und eis Leute. 

Domburg, Ort auf Walcheren 
in Holland, von dom, duam (domus) 
Haus oder auch Wasserburg, von 
Iaom Wasser. 

Domieschgthal, italienisirt Tu- 
miliasca, ein Thal in Graubündten, 
und zwar im Gotteslıausbunde, darin 
liegt das alte Schloss Ortenstein, 
gleich der Burg Ortenberg in der 
Ortenau bei Offenburg, von ordan, 
uirdan, runder Burgberg, daher 
auch Würtemberg, Werdenberg, 
Werdenfele, Würzburg, Wurzen 
u. 8.w. Domleschg bedeutet kleines 
Waldwasser, von /aom Wald, /iklein 
und ask, uisge Wasser. 

Domm bedentet im Russischen 
Haus, die gälische Form dafür ist 
tuam, die lateinische domus, die 
deutsche Dom, hier jedoch nur für 
gewölbte Kirche, entsprechend dem 
lateinischen tumulus Erdhügel, d.h. 
kleiner Dom, 

Dommel, alt Dumella, Ort bei 
St. Trond in Belgien, von du, dubh 
Dorf und meall kahler Hügel, also 
Bergdorf. 

Dommelsberg, Hof in Würtem- 
berg auf einem hohen Berge, von 
dun Berg und :/ gross. 

Domnonier oder Domnanier, ein 
kriegerischer Stamm der alten Brit- 
ten, der nach dem Namen zu ur- 


Domngnier. 


theilen nach Clanen kämpfte wie die 
Schotten, von daimh, domn, dumsn 
Geschlecht und on Leute, daher 
Domnulus, domnal von hohem Ge- 
schlecht, Die Dumnonen wohnten 
auf der Südwestspitze Englands im 
heutigen Cornwall, wohin sie aus 
den mehr östlichen Theilen Eng- 
lands durch die Angelsachsen ge- 
drängt worden. Daselbst hiessen 
sie auch Cornubii oder West- 
wälsche, Cornwälsche, Vest-vealas, 
Cornvealas. Letzteres sind angel- 
sächsische Benennungen, cora da- 
gogen ist keltisch, bedeutet Felsen- 
horn, Felsenspitze, Klippe; Ubii ist 
der häufig vorkommende Name für 
Wasseranwohner, von abA, ubh Was- 
ser; Cornubii also Bewohner der 
Meeresklippen oder des Klippen- 
landes. Domnania wurde von den 
Angelsachsen in Defenas umgebil- 
det, daraus wurde Defenascyre, Def- 
nascyre, jetzt Devonshire, alt auch 
Devonia. Die keltichen Einwohner 
von Devonshire, welche sich den 
Sachsen nicht unterwerfen wollten, 
zogen zum Theil über den Canal 
und liessen sich in der Bretagne, 
und zwar in den Landschaften der 
Veneter (bei Vannes) und der Co- 
riosoliten (bei St. Malo) nieder, 
also nicht in der ganzen Bretagne, 
sondern nur auf der Westhälfte des 
Landes. Es geschah dies vor 461, 
denn damals besuchte ihr Bischof 
schon das Concilium zu Tours und 
unterschrieb sich als Bischof der 
Britannen. Dies wäre nun gerade 
kein sicherer Beleg dafür, dass er 
Bischof der aus England eingewan- 





Domo d'Ossola. 


derten Briten war, denn die Bre- 
tagne kann auch ohne die Domno- 
nier Bretagne geheissen haben, da 
es ein Appellativ ist und Buschwald- 
gegend oder auch flache Berggegend 
bedeutet. Die Dumnonischen Bre- 
tagner standen im Bunde mit den 
Bömern gegen die Westgothen. Ihr 
König Riothimus (von ri König und 
taom Wasser, also Seekönig), kam 
über den Ocean mit 12000 Mann 
nach Bituriga (Bourges), wurde aber 
von dem Westgothenkönig Euricus, 
bevor die Römer ihm zu Hülfe kom- 
men konnten, geschlagen, und fioh 
zu den mit den Römern befreunde- 
ten Burgundern. Aus Bituricum ver- 
trieben, verlor er noch viele Leute 
bei dem Vicus dolensis (Dole?). Zur 
Zeit der Frankenherrschaft hatten 
die Domnonischen Bretagner einen 
comes oder dux, der den Franken 
unterthänig war, sie lagen jedoch 
mit den Franken stets in Hader, 
sogar bisin die Zeiten der Revolution 
und der Venddekriege. Im Mittel- 
alter hies die Niederbretagne noch 
Domnonis, ein Theil davon pagus 
achmensis (Hochbergen aighe- 
mwnt), in der Wessobrunner Chro- 
nik auch Prettonolant. Die Bretag- 
ner nennen sich selbst Bretonet, 
franz. Brotons. 

Domo d’Ossola, lat. domus Os- 
cellae, am Fusse des Domoberges 
am Südende der Simplonstrasse in 
dem Theile der Lombardei gelegen, 
welcher schon im Anfange des 18: 
Jahrhunderts von Oestreich an Pie- 
mont abgetreten wurde, und sich in 
einem schmalen Streifen von hier 


— 393 — 


Dompaire — Don. 


bis gegen Parma hin erstreckte, 
Alessandria, Novara und Tortona 
liegen unter Anderem in demselben. 
Dieser Streifen blieb jedoch deut- 
sches Reichslehen bis zur französi- 
schen Bevolutionszeit, wie über- 
haupt die ganze Lombardei deut- 
sches Reichslehen war. Der Name 
bedeutet Haus dom (domus) auf 
dem Fels sgeilg (Scylla), woselbst 
die Burg lag, an deren Fuss sich 
die Stadt entwickelte, 

Dompaire, Ort in Lothringen, 
einst Sitz austrasischer Könige. 
Name von dam, dom, duam, luam, 
tuaim, tamh Haus und auch Tem- 
pel, Dom. Bar bedeutet König, al- 
su Königshuus. Vor den Austrasiern 
haben wohl schon keltische Fürsten 
hier gesessen. 

Domremy, Heimath der Jungfrau 
von Orleans, franz. Jeanne d’Arc, 
welche am 6. Januar 1412 hier ge- 
boren wurde; der Ort liegt an der 
Grenze der Champagne, wurde aber 
zu Zeiten der Jungfrau noch zu 
Lothringen, d. h. zum deutschen 
Reiche gerechnet, obwohl franzö- 
sisch gesprochen wird. Johanna er- 
klärte selbst, als sie wegging, sie 
wolle „nach Frankreich“ gehen, um 
den König zu retten. Dom, duam, 
tuaim, tamh bedeutet Hans, also 
Haus des Remus. 

Don, griechisch Tanais, Fluss im 
südl. Russland, der indas Asowsche 
Meer mündet. Der Name kommt 
von iain Wasser, bei den Osseten 
im Kaukasus Dun oder Dan, der- 
selbe Name wie Düna, Donau, Eri- 
dan. Auch der Jaxartes, der in den 


Dohna — Donau, 


Aralsee fliesst, hies Don, ausserdem 
noch Bilis, von sa! gross und wis 
Wasser. 

Dohna, Fürstenberg, Herrenberg, 
von don, donn, duin Herr und a 
Berg. Donyn Königsland, von inn, 
ion, yn Land, Stätte. 

Donau, alt Eridan, wie auch der 
Po, der Rhein und die Rhone hies- 
sen, von er, eri gross und tain, 
tan, dan, don Wasser; Danubius 
ist ein Doppelwort, von den Römern 
missverständlich gebildet aus tain 
Wasser und abh Wasser. Altdeutsch 
hies die Donau Tun-aha, Tain-aha, 
Tuon-aha, slavisch Dunaj, gleich 
Düna, Don. Ahs ist die angehängte 
deutsche Uebersetzung. In ihrem 
untern Laufe hies die Donau Ister, 
von y-ster der Fluss, Die Argonau- 
ten schifften den östlichen Arm des 
Eridanus (d. h. die Donau) aufwärts 
und gingen von da inden westlichen 
(die Bhone) über; beide dachte man 
sich nämlich als in der Schweiz 
unter sich sowohl als mit dem nörd- 
lichen oder äussern Eridanus (Rhein) 
zusammenhängend. Diese Vorstel- 
lung war nicht ganz unrichtig, denn 
heute noch, wo doch Flüsse und 
Seen in engere und tiefere Betten 
eingezwängt und die meisten Sümpfe 
abgeleitet und ausgetrocknet sind, 
hängen die Zuflüsse der Donau und 
des Bheins im Riedgau oder Madach 
nordöstlich vom Bodensee zusam- 
men, und die Bäche im Sundgau 
laufen nebeneinander, die einen der 
Il und dem Rheine, die andern der 
Saone und Rhone zu, ohne durch 
einen Bergrücken geschieden zu 


— 393 — Donaueschingen — Donaugan. 


sein. Auch zwischen dem Neuen- 
burger und Genfer See sind keine 
bedeutenden Erhöhungen, 80 dass 
die Vorstellung einer ununterbro- 
chenen Wasserstrasse vom Schwar- 
zen Meere zwischen Alpen und Ar- 
kynien bis zum Mittelmeere für den 
Urzustand Mitteleuropas annehmbar 
und ebenso der Rhein als nördlicher 
Arm dieser Strasse denkbar ist, Der 
Bodensee wie der nun ausgetrock- 
nete Seo zwischen Schwarzwald, Vo- 
gesen und Taunus waren die gro 
sen Becken, in denen sich die Alpen- 
gewässer sammelten und dann nach 
drei Seiten abflossen. 

Donaueschingen oder Eschingen 
an der Donau wurde als Dorf von 
König Arnulph der Kirche zu Ober- 
zoll geschenkt, ist jetzt die Haupt- 
stadt des mediatisirten Fürsten- 
thums Fürstenberg, liegt am Zu- 
sammenfluss der Breg und Brigach, 
woraus mit der im Schlosshofe ent- 
springenden Quelle die Donau ent- 
steht. Name von uisge Bach und 
inka kleiner Ort, oder daingean 
Burg. 

Donaugau, oder wie man in der 
Gegend sagt, im Tunka, Dieser 
bayerische Gau liegt zu beiden Sei- 
ten der Donau von Neustadt über 
Regensburg bis Deggendorf, und 
an derIsar aufwärts bis Landshuth, 
und von da westlich bis zum Haller- 
berge, am nördlichen Donauufer bis 
zum Bayerwalde. Aus ihm stammte 
das Geschlecht der Hailinger (Ha- 
hilinga), denen die Scheyern und 
diesen wieder die Wittelsbacher ent- 
sprossen sein sollen; ausserdem die 


Donaugaun. 


Grafen an der Aitrach, die von 
Mallersdorf, von Haidau, die Roten- 
burg und die von Abenberg. Auf 
dem Nordufer der Donau liegt die 
Grafschaft Regenstauff und die Bo- 
genau, Unterabtheilungen des Tunka. 
Ein Graf Engelschalk oder Engildeo 
von Aitrach aus dem Hause Baben- 
berg, der zugleich 878—895 öster- 
reichischer oder pannonischer Mark- 
graf war, wurde entsetzt und wegen 
Entführung einer Tochter Kaiser 
Arnulphs durch seinen Neffen Wil- 
helm geblendet. Diese österreichi- 
schen Babenberge hatten im Donan- 
gau ihren Sitz, und zwar in Plattling 
(Fürstenort). Straubing, das früher 
auf dem nördlichen Donauufer lag 
und zur Bogenau gehörte, war eine 
uralte Besitzung des Domstiftes zu 
Augsburg. — Im Donaugau lagen 
ausser Regensburg und Straubing 
folgende kleinere Orte, und zwar 
südlich von der Donau: Aitrach 
an der Aitrach, welche unterhalb 
Straubing in die Donau mündet, 
von ai, ieo Wasser und der klein, 
mit angehängtem aha; Atting an 
der Laber, in der Nähe eines frü- 
hern römischen Castrums, das Au- 
gustana hies, von -aitean kleiner 
Ort oder adBach und inka kleinem 
Ort; Pilsting, alt Pilstingon, von 
bil klein und duingean Veste; 
Pladling, alt Plattinga, Fürsten- 
veste, von flad, blad Fürst und 
daingean Veste, gleich Fladungen, 
Plattling, von /ong Ort, es lagen 
dabei die pontes Rensibus; letzteres 
Wort, das im Lateinischen keinen 
Sinn gibt, mag nach dem Keltischen 


_ 395 — 


Donaugan. 


Flusswald bedeuten, von rhean 
Fluss, di klein und bus, pis Wald; 
Aiterhofen, von ai Hof, Erbgut, 
gleich aoibh, und dear gross; 
Geltofing, von gil Bach, di klein 
und /ang Viehpferch; Scham- 
bach, alt Samutespach, von sa 
Bach und mwnt Berg; Schnei- 
ding, alt Snudinga, Neuort, von 
nua neu und inka kleiner Ort; 
Stephans-Posching, alt Pasuhing, 
an der Donau, entweder von bais 
Wasser oder von pis, pus, pusi 
Busch, Wald, inga kleiner Ort; 
Aufhausen, von aoibh Erbgut; 
Sinzing ander Aitrach, Bachveste, 
von tain-din, und dazu Strau- 
bing, alt Strubinga, von freabh, 
{rubh, strubh Dorf, trubhean klei- 
ner Ort; Perg, alt Berka, Bach- 
ort, von bior und ka; Biebing, 
alt Puobingo, von babhun Pferch, 
eingefriedigter Raum und 90 klein; 
Begenstauff, alt blos Stouphe, 
von tob Bergkopf mit Burg darauf, 
gleich Staufen, von tob-ion Berg- 
stätte; Mallersdorf, alt Malhe- 
resdorf, von mael, Hügel, Maal- 
stätte und aras Burg; hier war die 
Maalstätte der Gegend, in christli- 
chen Zeiten wurde eine Kirche auf 
den Hügel gebaut, und von da an 
hies der Ort nebst der Grafschaft 
„Kirchberg“. Schirling, alt Sci- 
rilinga, von caoir Bach, lin Ort, 
es lag daselbst ein Schloss der Gra- 
fen von Mallersdorf, ebenso in Ei- 
ting, alt Aotinga, Schafhaus, von 
aodh Schaf und inka kleiner Ort; 
Hofedorf, von aoibh, off Hof; 
Geissel-höring, alt Geri-gisinga, 


Donaumark. 


Gisinga von gais Bach, an dem os 
liegt und inka kleinem Ort, daraus 
wurde Geissel, heri bezieht sich 
wohl auf har, her, hyr Hoerde; 
Hailsberg, von oil! Fels, Stamm- 
burg der Truchsessen von Eckmühl; 
Auburg bei Illkofen, a, au Berg; 
Traubach, wohl versetzt für ter 
Bach; Leiblfing, von liub Win- 
kel, il gross oder /i klein und fing 
Pferch; Mettenbach, mi klein, 
tain Bach; Mostham, modh Hof 
und ham statt heim oder om Ort; 
Kolnbach, altCholinbach, giolan 
Bach; Pfaffenberg, gehörte er 
den Pfaffen®? wo nicht, von babhun 
Pferch; Steinbach, von tain 
Bach, gezischt stain; Tunzun- 
berg, von dun Berg, Demin. tun- 
ean; Verrom-waida, von feo- 
rann Wiese, Weide; Langweid, 
von lonn Wiese, Weide; Köfering, 
von cwb Schuppen, er gross und 
inka kleiner Ort; Erling, gross- 
Wiesen-Ort, von er gross, lin Wiese 
und ka Ort, oder blos er-long 
grosser Ort, er heisst jetzt noch 
Langenerling, u. 8. w. u. 8. w. 
Donaumark, alt Tuneramarca, 
der obere Donaugau in Bayern zwi- 
schen dem untern Lech und dem 
Feilenforst, der die Donaumark vom 
Kelsgau schied. Die Schlacht gegen 
die Ungarn im Lechfelde wird beim 
Volke die Schlacht im Feilenforst 
genannt. Längs des Südrandes der 
Donau zieht sich das Donaumoos 
oder Moor, auf dem Nordrande der 
Donau liegt das Gäu bei Pergen 
oder Vergen, bis wohin nach dem 
Nibelungenlied Chrimhild von ihrem 


— 396 — 


Donaumark. 


Bruder Giselher auf ihrem Braut- 
zuge zu Etzel nach Ungarn beglei- 
tet wurde. Veringen in Oberschwa- 
ben wird übrigens auch Vergen ge 
schrieben, /uirion bedeutet Feld, 
Gäu. In der Donaumark lagen die 
drei Grafschaften Neuburg, Wittels- 
bach und Lechsgemünd, letztere 
dem Capitel Burkheim entsprechend. 
Zu dem Wittelsbacher Comitat der 
Grafen von Scheyern gehörten die 
Capitel Aichach, sonst Kunbach, 
Hohenwart oder Hohenried und 
Rain. Aus dieser Gaugrafschaft ent- 
stand später die Pfalzgrafschaft von 
Oberbayern. Schrobenhausen liegt 
noch darin; es stammen aus der- 
selben auch die Gumpenberge und 
Sandizell, welche von den Marschäl- 
len von Schiltberg ihren Ursprung 
herleiten. Der Name Donaumark 
bedeutet zunächst Donaugrenze, Tu- 
nera grosses Wasser, von lain, don, 
donaha und er gross. Die Marken 
wurden aber gewöhnlich durch Wäl- 
der gebildet, deshalb steht Mark 
oft blos für Wald, die Markoman- 
nen können ebensogut als Grenr- 
hüter, Grenzbewohner wie als Wald- 
landsbewohner aufgefasst werden; 
Mark könnte hier schliesslich auch 
statt merydd Sumpfland, Moor, 
Moos stehen. Als Grenze aufgefasst 
wäro die Donaumark das bayerische 
Grenzland gegen die Schwaben, frö- 
her der Bojer gegen die Vindelizier, 
oder beider gegen die deutschen 
Thüringer oder Markomannen. Als 
Grenzland wurde es auch bald zu 
Bayern, bald zu Schwaben gersch- 
net. Esliegen darin ausser Neuburg: 








Donaumark. 


“ Aichach, von oiche Bach und 
aha, auch Chuebach genannt, 
von gwy Bach; Rain, entweder 
von rhean Bach, es liegt an einem 
solchen, oder von reann Feld; 
Scheyern, alt Schyren, Stamm- 
sitz der Wittelsbacher, hat wohl 
schwerlich mit dem Volksnamen der 
Skyrren etwas zu schaffen, denn es 
gibt viele Orte, die Scheiern heis- 
sen, wohin keine Skyrren kamen, 
z. B. bei Baden im Oosgau, Schauern- 
heim, Schura, Schurrenhof in Rhein- 
bayern und Würtemberg. Skyrren 
als Volksname bedeutet Bewohner 
der Felsen (sgorr) in Skandinavien, 
sei e8 der Scheeren oder Felsen- 
inseln längs der Küste, sei os der 
Felsengebirge im Innern des Lan- 
des; der Ortsname Scheiern dagegen 
ist die gezischte Form für caer, 
corr, Demin. caeran, corran Hof, 
Veste. Dabei Affolterbach, Af- 
foltrabach, grosser Pforch am Bach, 
von abAh Bach, ald Pferch, Um- 
zäunung und er gross, am Feile- 
Forst, zusammengezogen aus feabh- 
il grosser Wald. Schrobenhau- 
sen, alt Scrobinhusir oder Scrupin- 
husir, zu deutsch Schweinehäuser, 
von scroba Mutterschwein, also ein 
Ort, wo Schweine im Grossen gezo- 
gen wurden; aus dieser Gegend 
stammen nämlich die sogenannten 
Bayersäue. Hohenwart, lat. Su- 
montorium an der Paar. Zur Donau- 
mark gehörte auch noch im Norden 
der Donau Lechsgemünd, grö- 
eisirt Lycostoma, von lykos, lykias 
Lech und stoma Mund. Der Aus- 
druck Moos, Moor bedeutet wohl 


— 397 — Donanwerth — Donnersberg. 


soviel als kleines, seichtes Wasser, 
von mi klein und uisge Wasser, 
Moor für mi-earg gleich Muhr und 
Murg. 

Donauwerth, Stadt in bayerisch 
Schwaben, bedeutet Donauinsel ; sie 
war bis 1607 freie Reichsstadt. 
Hier lies Ludwig der Strenge (1253 
bis 1294) seine Gemahlin Maria von 
Brabant wegen falschen Verdachts 
der Untreue enthaupten. 1704 wur- 
den hier die auf dem Schellenberge 
verschanzten Bayern von den Kaiser- 
lichen und Engländern geschlagen. 
Schellenberg von gal Felsen, gal- 
leun kleiner Fels. 

Dongola, Hauptort der Nubier 
am Nil, dun, din, daing Burg und 
il gross. Die Dongolaner sind eine 
mit arabischen Stämmen gemischte 
Mulattenrace. 

Donndorf, Ort in Schwaben, von 
dun Dorf, Stadt. Ist die zweite 
Sylbe nicht blos deutsche Ueber- 
setzung von dun, 30 bedeutet letz- 
teres entweder Berg, denn dun be- 
deutet sowohl Ort als Berg, oder 
aber Wald von ton, oder endlich 
Wasser von tain, don. Es kommt 
auf die Lage des Orts und die 
älteste Form des Namens an. Bei 
Bayreuth liegt ebenfalls ein Donn- 
dorf, auch Thondorf geschrieben. 

Donnenheim, Ort bei Brumat 
im untern Elsas, alt Dunenheim, 
von dunan kleiner Ort, dun einge- 
zäunter Ort, 

Donnersberg in der Rheinpfalz, 
von dun Berg und er gross. Um 
den Namen mit Donner oder Thu- 
nar, dem Donnergott ir 





Donnstetten — Dordogne. — 398 — 


zu bringen, wurde die Genitivform 
Donnersberg daraus gebildet. Bei 
Sersheim in Würtemberg liegt auch 
ein Donnersberg, bei Bern ein Don- 
nerbühl, alt Tonrbühl. Mit Thor 
dem Donnergott scheinen dagegen 
die nordischen Ausdrücke Thors- 
lund (Donnerlinde) und der deut- 
sche Ausdruck Donnerkaute zusam- 
menzuhängen, letzteres lässt sich 
indess auch keltisch als gross-Berg- 
wald (coed Wald) erklären, eben- 
so Donnermark, Grossberggrenze, 
Thorsbjerg, Thorslöf, Thorsleben. 
Bei solchen ınythologischen Erklä- 
rungen muss mit Vorsicht zu Werke 
gegangen werden, da wohl in den 
meisten Fällen erst der Klang des 
Namens die Herbeiziehung mytho- 
logischer Deutungen veranlasste. 
So liegt bei Kassel eine Donuer- 
wiese mit dem Donnerborn, dem 
besondere Heilkräfte zugeschrieben 
werden; ton, tond bedeutet aber 
Wiese und er gross. 

Donnstetten, alt Tunestat, Ort 
in Schwaben, von dun Stätte. 

Dorchester, Stadt in Dorset- 
sbire im südlichen England, alt 
auch Dorcig, an einem Flüsschen, 
das aber nicht mehr dur, sondern 
Froome heisst, gleich kleiner Rhume 
(am Harz bi-sruaimh). Dorcig ist 
dur-tigh Wasserort und Dor-choster 
grosse Burg chus-dear am Wasser. 
Dorset-shire führt seinen Namen 
wohl von Dorchester, aber nach der 
Form tuar-as, was ebenfalls Ort 
am Wasser bedeutet. Shire ist ge- 
zischt für tir, ter Land, lat. terra. 

Dordogne, alt Dordunus, Fluss 


\ 


Dorer. 


im südlichen Frankreich, der in die 
Garonne mündet, von der klein 
und fain Wasser; bei Conches fliesst 
noch ein Bach Dordun. Nimmt 
man dor für da’r Bach und dunus 
für dun Berg, so erhält man Ge- 
birgswasser, was ebenfalls passt. 
Dorer, von do:re Walddickicht, 
war derjenige Theil der griechisch- 
gälischen Urbevölkerung, welche 
den zur See gekommenen Pelasgern 
ausweichend, sich in die Gebirge 
namentlich des Pindus und Parnass 
zurückzog, um später als mächtiger 
Stamm wieder hervorzubrechen. Um 
1100 vor Christus wanderten nach 
Herodot die Dorer in den Pelopon- 
nes und erschienen hier den bishe- 
rigen Bewohnern als Hellenen, d.h. 
Fremdlinge (aile oder eöle fremd, 
eile-an fremder Mann), obwohl die- 
ser Name eigentlich blos den aus 
Asion herübergeschifften Pelasgern 
gebührte. Die Dorer waren mehr 
den Aeoliern verwandt, weil diese 
ebenfalls sich länger in den Thälern 
und Gebirgen Thessaliens gehalten 
hatten, während die Jonier , deren 
Hauptsitz Attika war, schneller 
fremde Cultur annahmen, oder viel- 
mehr wesentlich aus Pelasgern, d.h. 
Seeankömmlingen aus dem Osten 
oder Süden bestanden. Die Dorer 
hiessen später auch Makedner, gleich 
Makedonier, Feldleute, Bauern, von 
magh Feld und duin Mann, im 6* 
gensatz zu den jonischen Städtern. 
Nachdem die Acolier meist in den 
Peloponnes abgezogen, folgten die 
Dorier ihrem Beispiele und ver- 
trieben dieselben wieder aus Korinth. 








Dorergau — Dormael. 


(Thüringer, Duren in Deutschland 
bedeutet dasselbe wie Dorer.) 

Dorergau, latinisirt pagus dore- 
rinsis, darin die Abtei Werden, la- 
tinisirt Werthina an der Ruhr, im 
Ruricgau im Herzogthum Ripuarien. 
Der Doire-Gau oder Dorergau, d.h. 
Wald-gross-gau gehörte zum Ruhr- 
gau. Die Abtei Werthina an der 
Buhr bedeutet wohl dasselbe, was 
Verden in Hannover und Verdun an 
der Maas, von fear Gras, Wiese 
und din, dun Ort, Veste. 

Dorf, niederdeutsch Drup, Druf 
(Ohrdruf), versetzt twarp (Antwer- 
pen), eigentlich Wurf, Erdaufwurf, 
mit einem Erdwall umgebener Ort, 
keltisch treabh, drubh. Erhöhun- 
gen, auf welchen Wohnstätten an- 
gelegt wurden, um vor Ueber- 
schwemmungen sicher zu sein, hies- 
sen dagegan Coiche, Kauke, daher 
die Chauken an der untern Weser. 

Dorla, Ort in Hessen an der 
Ems, alt Dorle, auch Durloon, Tor- 
lon, noch älter Thourisloun und 
Thouresloun. Die Endung le oder 
la ist Zle Stätte, Jon, loun, loon 
bedeutet Ort; die erste Sylbe Dur, 
Tor, Dor kann ebensowohl auf dwr 
Bach, als auf tuar Dorf bezogen 
werden; Thouris, Thoures ist/uaras 
Häuser oder latinisirt von turris 
Thurm, was im Keltischen tor 
lautet. 

Dorm, ein Wald in Nordthärin- 
gen, von dairean Eichwald oder 
doirean Walddickicht. 

Dormael, Ort bei St. Truiden in 
Brabant, von fuar Dorf und mael 
kahler Hügel, Maalstätte. 


— 399 — Dorbach — Dortmund. 


Dornbach, alt Dornpach, in Hes- 
sen, kleiner Bach, von duran, Dem. 
von dur, dwr Wasser. 

Dornburg, Ort unterhalb Jena, 
Herrnburg von forn, learn, teyrn 
Fürst, Herr, Tyrann. 

Dorneck, vlämisch Doornik, la- 
tinisirt Turnacum, franz. Tournay, 
Stadt in wälsch Flandern; der Name 
kommt von learn, torn, lurn Fürst, 
Herr und aighe Höhe, Berg, Egge, 
also Fürstenberg, Fürstenburg. — 
Hagen von Tronege im Nibelungen- 
liede kann darnach als der Grusse, 
Gewaltige von Fürstenberg aufge- 
fasst werden, ohne dass man ihn 
gerade aus dem vlämischen Dorn- 
ock abstammen zu lassen brauchte. 
Dorneck wurde im Aachener Frieden 
1668 an Frankreich abgetreten, wor- 
auf Ludwig XIV daselbst dieCitadelle 
anlegte; 1713 kam die Stadt durch 
den Utrechter Frieden aber wieder 
an ÖOestreichisch - Niederland. Sie 
war bis Ende des vorigen Jahrhun- 
derts Hauptort einer von Flandern 
wie dem Hennegau abgesonderten 
Herrschaft mit eigenen Ständen. 

Dornstetten und Dorndorf in 
Würtemberg, Dornhausen bei 
Gunzenhausen, von fuaran kleines 
Dorf. 

Dortmund, alt auch Dremun, 
Trutimannstadt, urbs Trutmanni, 
Tremonia, gleich Tremunis in Grau- 
bündten, jetzt Trimmis, von fear- 
munn, learmuinn, larmon fester 
Ort, auch grosser Ort (tuar-moin). 
Truttmanstadt, urbs Trutmanni da- 
gegen kommt von trus, Irusiad, 
trust Wächter und maon Mar’ 


Dortrecht. 


man Stätte. Dortmund war hier- 
nach eine schon in keltischen Zeiten 
wichtige Veste. Von /rust Wächter 
kommt der westphälische Name 
Drost, und der hessische Trott, 
wie unser Ausdruck Schutz- und 
Trutzbündniss, ebenso Trotz, trotzen, 
d. h. sich in Vertheidigungsstand 
setzen. Truste domenica war die 
Leibgarde der alten Fürsten. In 
Dortmund erhielt sich noch am 
längsten die alte Form der unter 
freiem Himmel abgehaltenen Gau- 
gerichte, welche bei ihrer Unter- 
dröckung in die heimliche Vehme 
übergingen, oder in das im Namen 
der Kaiser abgehaltene heilige Ge- 
richt, fo-amhan oder fo-eimh, 
Fürst-heilig, zusammengezogen in 
Vehme. 

Dortrecht, alt Thurdrecht, Stadt 
inHolland an einem der vielen Arme 
der Maas und des Rheines, welche 
hier eine grosse Wasserfläche bil- 
den; daher der Name von dur, der 
Wasser und freagh, frig, trigias 
Wohnort. Man könnte die zweite 
Sylbe auch von dem lateinischen 
trajectum, Ueberfahrt, ableiten, wie 
bei Utrecht (ultrajectum), oder 
Mastricht (Ueberfahrt über die 
Maas), wenn dor, dur, dwr nicht 
rein keltisch, und die Verbindung 
eines solchen mit einem erst später 
ins Land gekommenen lateinischen 
Ausdruck annehmbar wäre. In Cor- 
tryk (Schaf-ort, von caor Schaf, 
oder Grenzort, von cor, gor, ghear, 
ger Grenze) kehrt die Endung treagh 
wieder, dieselbe lautet sonst /reabr, 
treaf, drubh, dorp Dorf. 


— 4100 — 


Dossonheim — Dorer. 


Dossenheim, Ort an der Berg- 
strasse, desgl. im Breisgau und im 
Elsas, von fas Haus, iasan kleines 
Haus oder fyddyn Hof; Dochsen- 
heim, von feaghas Dach, Hans; 
Thusenhausen inBayern, gleich 
Dossenhausen; indess können alle 
diese Formen auch auf tuaik, duais, 
tus Fürst bezogen werden. 

Dottenberg im Canton Sole- 
tkurn, diklein und dun Berg, gleich 
Duttenberg. 

Detieaderf, Ort am Niederrhein, 
gleich Dossenheim, von tyddyn Hof 
oder von di klein und dun Ort. 

Douay, latinisirt Duacum, Stadt 
in wälsch Flandern, kam 1667 an 
Frankreich, Name von teagh Haus, 
Dach, oder von dae Haus und acha 
Wall. 

Doubs, Nebenfluss der Saone, 
der ihr die Gewässer aus Pfalsbur- 
gund odor vom Jura zuführt. Name 
von dob Bach, Fluss, dob selbst ist 
aus di-abh zusammengezogen und 
bedeutet darnach kleiner Fluss im 
Gegensatz zur grössern Saone. 

Doue, Stadt in Frankreich, alt 
Yheodad oder Tedoad; letzteres sc- 
viel als kleiner Hof, von di klein 
und doid Hof, Dou6 dagegen gleich 
Douay. 

Deulos, Douloi, arme Leuk. 
unterjochte Volksstämme bei den 
Griechen, vom keltischen duile ar 


mer Mensch, Knecht. 


Dover, alt Dubris, Stadt m 
England, Calais gegenüber, Name 
von dubras, dubh-aras grosse Burg. 
grosser Ort. Die einfachare Form Dr- 
ver von duar, tuar Dorf. 


Down — Drachen. 


Down, ein in England häufig 
vorkommender Name für hohe, 
trockene Landstriche, auf welchen 
Schafe geweidet werden, von dun 
Hügel, Düne, oder von /orn Haide- 
wald, in Deutschland Dunwald, Tau- 
nus, Soon-Wald, Sonjewald. 

Drachen waren Sumpfthiere, die, 
wie ihre versteinerten Reste zeigen, 
in der That vorhanden waren, ohne 
Zweifel noch zu der Zeit, als schon 
Menschen die Erde bewohnten, sonst 
könnte deren Bild sich nicht erhal- 
ten lraben, sowohl in Europa als bis 
in den fernsten Osten nach China, 
wo der Drache das Sinnbild der 
kaiserlichen Macht ist, wie bei uns 
der Adler (bezw. der Rabe Odins, 
aus welchem der „schwarze“ Adler 
entstand). Der Name, wenn er aus 
dem Keltischen stammt, kommt von 
torc, was jetzt Wildschwein bedeu- 
tet und on, un furchtbar, scheuss- 
lich. In unsern alten keltisch-deut- 
schen Sagen wird der Drache als 
Wasserthier oft mit den Nixen oder 
Nissen (nae-uisge Weib- Wasser) 
zusammengeworfen, welche die Ba- 
denden herabziehen, bei sich be- 
halten oder auch auffressen. Sonst 
erscheint derDrache auch als Land- 
thier, als elfenartiger Hund mit fou- 
rigem Schwanz, der zuweilen mit 
Wuotan, dem Jäger durch die Lüfte 
fährt oder die Mädchen zum Tanze 
zwingt, bis sie ormattot niederfallen. 
Es gab auch Geld-, Milch- und 
Korndrachen, welche ihren Lieblin- 
gen diese Dinge in Gestalt eines ro- 
then Hahnes oder glühenden Baum- 
stammes durch den Schornstein zu- 

Deutsch-kelt, Wörterbuch. 


— 401 — 


Drachensteine. 


trugen. Der Drache war nämlich 
nicht immer schlimm, er unterwies 
sogar die Leute, die ihn fütterten, 
in der Musik, namentlich im Singen 
des Elfonliedes, Albleichs oder des 
Sturmliedes, was an die Syrenen er- 
innert. Als Hund lag der Kobold 
gewöhnlich auf dem Herde und 
frass Asche; daher die Redensart, 
den Hund vom Ofen oder Herde 
locken; als Teufel führte er den 
Namen Uhlius oder Uhle, von uw 
gross, fürchterlich. In Asien spiel- 
ten die Drachen eine ebenso grosse 
Rolle als bei uns; der Inderführer 
Indra, der mit unserm Thor gleich- 
stehen mag, hatte mit dem Drachen 
Ahi (echis Natter) schwere Kämpfe 
auszufechten. Ahi hies im germani- 
schen Norden Oegir, eine Schlange, 
die im Kattegat hauste, bei den 
Südgermanen kann man den Hagen 
damit vergleichen. Der Riese Oger 
in unsern Heldensagen entsprang 
wohl derselben Vorstellung, kommt 
übrigens von aighe hoch und air 
Mann, wie Hagen von aighe und an 
Mann. 

Drachensteine gibt es eine 
Menge, so bei Bonn im Sieben- 
gebirg, bei Deidesheim und Berg- 
zabern ander Haardt. Der Name ist 
nach den Holdensagen verdeutscht, 
kommt aber vom keltischen caraig, 
craig, creag Fels, davon das Dimi- 
nutiv cragan, creachan kleiner 
Fels. Der Drache führtin den Volks- 
märchen mitunter noch den Namen 
Krach. Rolf Krake bei den Dä- 
nen hängt wohl nicht mit creag 
Fels, sondern mit rac, reach Recke 

26 





Dragoner — Drausensee. — 402 — 


zusammen, oder mit rig% König; 68 
wird immer als König-Wolf über- 
setzt. 

Dragoner, gewöhnlich als Dra- 
chen aufgefasst, vom franz. dragon, 
der Name kommt aber aus dem GB- 
lischen, wo dragon Anführer, Haupt- 
mann bedeutet, zusammengesetzt 
aus forc-an Fürst-Mann. 

Drakenburg, OrtunterhalbNien- 
burg an der Weser im umtern Leine- 
gau, zu deutsch kleine Burg, von 
dra, droch klein und gann Burg. 

Drangen oder Sarangen, einst 
Bewohner der Ebenen am Ferrah- 
rnd-Fluss, welcher aus der Gegend 
von Herat im östlichen Persien in 
don Zahrehsee mündet. Ferrah ist 
fear oder for, feoran, fearan, 
fistrion Feld, Wiesenland, von fear 
Gras, und rud ist red, ridys Bach. 
Aeimliches bedeutet Drangen, von 
trean-ae Feldleute; Sarangen hies- 
sen sie, weil sie am sar, suir Was- 
ser wohnten. 

Dransfeld, Ort zwischen Mün- 
den und Göttingen, von freann 
Feld. 

Drau, lat. Travus, zu deutsch 
grosser Fluss, von dear gross und 
abh Fluss, gleicher Name wie 
Trave bei Lübeck, im Gegensatz 
zur Save, kleiner Fluss, von sua-bi; 
Sau, wohl blos von sua Fluss. 

Drausensee, ein grosser Seo bei 
Elbing östlich von der Weichsel, 
aus welchem der Elbing-Fluss nach 
äom Frischen Haff abfliesst. Der 
Ort Truso lag an ihm. Der See 
selbst hies Stagnum Drusne, Dru- 
sine oder Drusnie. Der Name Drus 


Drawähn. 


ist zusammengezogen aus dear 
gross und ais oder wisge Wasser. 
Truso ist die Gegend oder Stätte 
am See, von 0, ua Gegend. Es war 
hier ein esthnischer Handelsplatz 
für Bernstein und Pelzwerk; jetzt 
ist Elbing dafür entstanden, wss 
dasselbe bedeutet, von a’, el gross, 
buinne Wasser und ka Ort. Der 
Gegensatz zu dem grossen Wasser, 
el-duinne bildet der Thien oder 
die Thiene, welche bei Eibing in die 
Elbing mündet, denn Thien beden- 
tet kleines Wasser von di-ean, eben- 
so die Sorge, welche in den Dran- 
sensee mündet, von di-earg kleines 
Wasser. 

Drawähn. Eine früher slavische 
Gegend an der Jotzel auf dem lin- 
ken Elbeufer bei Lüchow, Dannen- 
berg, Hitzacker, Wustrow und Gar- 
tow, die man auch noch zum Bar- 
dengau rechnen kann, wenigstens 
stand sie unter den Herzogen von 
Lüneburg. Der Drawähn theilt sich 
in den obern und untern; im obern 
liegen die Kirchspiele Zebelin und 
Crumasel, im untern mehr südlichen 
die Kirchspiele Klentze, JeetZe, Kü- 
sten mit dem Filial Menschesitz und 
Satemin. Die unmittelbaren Obern 
der Drawähner waren die Grafen 
von Lüchow und von Dannenberg 
und die Burggrafen von Hitzacker. 
Drawähn lautete alt Drevani, was 
vom gälischen tref, treabh Der 
abgeleitet werden könnte und dann 
Dorfbewohner bedeutete; da es aber 
eine Landschaft ist mit ziemlich 
vielem Wald, wird man zur Erklä- 
rung dair Eichwald und dan Gegend 














Drawähn. 


herbeiziehen müssen, oder doire 
Buschwald, Walddickicht. Slawisch 
bedeutet drewo Baum, was mit dem 
keltischen daire zusammenfällt. 
Klentze hies alt Claniki, etwa 
von clin Burg, Burgleute. Slavisch 
waren auch noch lange der Marsch- 
district Bleckede mit Garze oder 
Karze und Radegast, dann die Ge- 
gend bis Salzwedel und Arendsee 
bis zum Balsamer Lande jenseits der 
Biese. Die Schlösser Wustrow, Gar- 
tow und Schnakenburg waren erst 
brandenburgisch, wurden aber nebst 
Klötze 1390 von den Lüneburgi- 
schenHerzogen Bernhard und Hein- 
rich den damaligen Inhabern der 
Mark Brandenburg, dem Jodocus 
und Procop von Mähren abgenom- 
men. Ausserdem waren noch slavisch 
der sogenannte Lennego im Kirch- 
spiel Predöhl, Gerichts Gartow, alt 
Linegow, Wiesengau, von /ianWiese; 
dann Oering oder Nöring in den 
Kirchspielen Rebenstorf und Wol- 
bersdorf; Geyn mit demDorfe Cheine 
bei Salzwedel und dem Domanial- 
forste Chein (coidean, coid Wald), 
dann Broking und auf der Haide. 
Dass das Wort Drawähn ursprüng- 
lich nicht slavisch sondern keltisch 
ist, geht daraus hervor, dass in 
Westphalen, wohin die Slaven nie- 
mals kamen, ein grosser Sumpfwald 
ebenfalls Drevan heisst, mit dem 
ebenfalls keltischen Zusatz meri, 
welches merd, merydd Sumpf oder 
Marsch bedeutet (vergl. Dietmarsen, 
Märstengau, Merz, Mörsch u. s. w.). 
Dieser Dre-vano-meri liegtnordwest- 
lich von Osnabräck auf dem halben 


— 4103 — 


Dreba — Dreieck. 


Wege gegen Lingen an der Ems. 
In Wustrow und Lüchow wurde 
noch bis in die letzte Hälfte des 
vorigen Jahrhunderts slavisch ge- 
sprochen, in Wustrow 1751 zuletzt 
slavischer Gottesdienst gehalten, 
trotzdem dass Albrecht der Bär 
schon vor Jahrhunderten Nieder- 
länder hierher geführt hatte, na- 
mentlich in die Gegend von Salz- 
wedel und ins Marschland, alt Mars- 
cinerland (Marsc, Marisk, merydd 
Marsch). Ob diese Westslaven nicht 
vielleicht eber als Reste von kelti- 
schen Stämmen aufgefasst werden 
müssen, wäre weiterer Untersuchung 
werth. 

Dreba, Ort bei Schleitz, slavisirt 
für das gäl, treabh (twarp) Dorf. 

Dreetz, alt Dragawiti, alter Ort 
im Zemzizi-Gau, d.h. dem Semnonen- 
lande an der Havel bei BRuppin. 
Dra-ga-wit-i bedeutet klein-Wald- 
orts-leute, von dra klein, ka Ort, 
Haag, gwydd Wald und ui Leute. 

Dreieck als Sinnbild der Drei- 
einigkeit findet sich bei den meisten 
alten Völkern, doch scheint bei den 
Indern die Dreieinigkeit, dort Tri- 
m urti genannt (/ri-mawr-dae drei- 
gross-Maun), zuerst in einen Glau- 
bensartikel ausgebildet worden zu 
sein. Bei den Slaven hies sie Tri- 
glav, auch Trigelaus, Tryglow, 
Troyglow, Dreikopf, von tri drei und 
glowa oder klawa Haupt (lat. glo- 
bus Kugel, keltisch Aa!b Bergkopf). 
In Stettin hatte Triglav einen Tem- 
pel mit prächtigem Schnitzwerk, 
Thier- und Menschenköpfe darstel- 
lend, angeblich so naturgetreu, da“ 

26* 


Dreieck. 


man glaubte, sie lebten. Die Bild- 
säule des Triglaus trug drei Köpfe 
auf einem Rumpf, wie der Trimurti 
bei den Indern, der auch, wie der 
Triglaus, ein Dreieck auf dem Kopfe 
hatte oder die drei Köpfe durch ein 
Dreieck verbunden. Dieses Dreieck 
ist bei den Indern heute noch das 
heiligste Zeichen, wie bei denJuden, 
bei denen eg aber keine Bedeutung 
hat, weil diese die Dreieinigkeit 
nicht kannten. Auch bei den Slaven 
war das Dreieck ein heiliges Zeichen, 
bei den Germanen dagegen scheint 
dies nicht der Fall gewesen zu sein, 
weil diese sich schon zu einer Zeit 
von den Indern trennten, wo letztere 
ihre Dreieinigkeit noch nicht ausge- 
bildet hatten. Dass die Juden blos 
die Form, nicht den Sinn des Drei- 
ecks kannten, zeigt, dass sie ihre 
Religionsbegriffe aus einer andern 
Quelle schöpften als die Inder. Bei 
letzteren bestand Trimurti oder die 
drei grossen Männer, bezw. Götter 
aus Brama, Wischnu und Shiwa; 
ihr Symbol war das geheimnissvolle 
Wort Oum, über welches schon in 
Indien Unsägliches gefabelt wurde, 
es sollte anzeigen, dass Brama den 
Himmel, Wischnu dieLuft bis zur 
Erde, also die Wolkenregion ent- 
sprechend dem Sturmgott Wodan, 
und Shiwa die Erde und was unter 
derselben (dia, sia Menge, Fülle 
der Früchte) bedeute. Oum ist aber 
weiter nichts als das keltische am- 
han, omhna oder eimn heilig, Hei- 
ligthum. Brama kommt von bar- 
amha oberster-Mann, bezw. Gott. 
”odan, oder Wischnu ist der All- 


— 404 — Dreieicherhayn — Dreinigau. 


wissende, von /od wissen und an 
bezw. nae Mann. Der Trimurli 
thronte in Indien auf dem Berge 
Meru (maor Berg oder mawr gross 
und a, u Berg), wie Zeus auf dem 
Olymp und Triglav auf dem Terg- 
lou in den Alpen; letzterer wurde 
wieTrimurti bald als Mann bald als 
Weib gedacht, oder vielmehr als 
Mannweib, wie die meisten indi- 
schen Götter. 

Dreieicherhayn, früher Reichs- 
forst, zwischen Darmstadt, Dieburg 
und Frankfurt. Darin die Orte: im 
Hayn und Götzenhain, und die alte 
Burg Dreicheich. Der Wald schei- 
det das Gerauerland vom Bodgan, 
in welchem Seeligenstadt und Die- 
burg liegen, welche bis zur Revolu- 
tion mainzisch waren. Der Name 
Dreieich kommt von dair, dri oder 
drei, wasEiche bedeutet; die zweite 
Sylbe Eich ist die Uebersetzung der 
erstern. Der Guntwald ist ein Theil 
des Dreieicher Forstes, von coid 
oder gwydd Wald. Dorneich ist eine 
andere Verdeutschung für Dreieich, 
Dornstatt, dairan kleiner Eichwald, 
oder doiran kleines Walddickicht. 
Götzenhain soviel wie Wald-hain, 
von coed Wald, schwerlich weil 
hier Götzen besonders verehrt wur- 
den, obwohl in der Nähe ein Hexen- 
berg ist. 

Dreinigau, das hügelige Land 
im Norden der obern Lippe in West- 
phalen, auch Traginni genannt, 
darin Drensteinfurt, Dren, Drem 
kommt von treann Feld; Tragiani 
von tric, drag klein und can 
Bach, stein, tain bedeutet ebenfalls 











I 


Drei Reiter. 


Wasser. Westlich von Hamm liegt 
Werne, alt Werina, von fearan 


Feld; Heessen oder Hessen bei 


Hamm, alt Heizi, bedeutet Bergleute, 
von aith, ais hoch und dae Leute; 
Ludinghausen, von /ua Wasser 
oder /i klein und taing fester Ort; 
Lipporch, von /ua-bikl. Wasser- 
burg, denn der Fluss Lippe selbst 
bedeutet kleines Wasser, von /ua- 
bi; Sumersedi (nicht Sommer- 
sitz), von/om Haus oder /aom Wald 
und er gross; Beckum, alt Bike- 
hem, kleiner Ort, von beagr klein 
und om Ort, Heim; Lisborn, klein 
Wasser, von Ji klein und ais, uisge 
Wasser; Diestede, von di klein 
und stuad Hof; Cappenberg, 
von keap Bergkopf; Selm, alt Se- 
lihem, von di klein und //y Stätte; 
Stokheim, von teaghaim Wohn- 
ort; Büttrup, von bi klein und 
treabh Dorf, alt Bottesdorf, von 
bi-tas kl. Ort; Kolkebeck, alt 
Calinbechi, von giolan Bächlein; 
Herzfeld, alt Hirutfeld an der 
Lippe, von raidh, reoth, ruth Feld, 
gleich Hertfeld. 

Drei Reiter. „Es reiten drei 
Reiter zum Thore hinaus“ u. 8. w. 
Wenn in den alten Volksliedern von 
einer Mehrzahl von Reitern die Rede 
ist, so sind es nie zwei, oder vier 
oder fünf, sondern immer drei. Es 
ist dies der Ritter mit seinen beiden 
Knappen, die altkeltische Triade, 
oder Trimarkisia (iri drei und 
marchnys Reiter). Esfochten näm- 
lich die alten Kimbern und nach 
ihnen die Deutschen bis in das 
Mittelalter stets zu dritt, nach 


— 4105 — 


. Drengr — Dresden. 


Glenen, von /ann Lanze, oder in 
Gleven, glaive, chladeb, gladius 
Schwert. Der Ritter focht zu Pferd, 
seine beiden Edelknechte, zu Pferd 
oder bei ärmeren zu Fuss, deckten 
ihm den Bücken und die Seiten, 
hielten auch seinem Pferde die Zü- 
gel. Zu einem Spies oder Gleve ge- 
hörten immer diese drei Personen. 
Pausanias beschreibt schon diese 
Trimarkisia als keltische Fechtart. 
Im Mittelalter hatte ein Herzog 
einen Ritter und einen Edelknecht 
hinter sich. Zu Cäsars Zeiten foch- 
ten die Germanen (Kimbern oder 
Deutsche) in gleicher Weise neben 
dem Reiter, und hielten sich die 
Fusssoldaten an den Mähnen des 
Pferdes, wenn es schnell vorwärts 
gehen sollte; in der Schlacht bei 


' Pharsalus entschieden diese Reiter 


den Sieg für Cäsar gegen Pompejus. 

Drengr, nordisch gleich dem 
irischen drong Volk, daher wohl 
Drontheim inNorwegen, wenn nicht 
eher von /reann Feld. 

Dresden, alt Dresnen, Dresen, 
Dreseden, Dresdin, latinisirt Dresda 
und Dresdena; drysi, Plural dry- 
sien bedeutet Gestrüpp, Dornge- 
sträuch und dun, din Burg, Veste, 
Wohnort, also ein mit Dornenflecht- 
werk umgebener Wohnort. „Dres“ 
mag indess auch soviel sein als 
Treysa, von trais, daras, dras 
Dorf, und „den“ kann von ion Nieder- 
wald oder von fain Wasser (Elbe) 
herkommen. Von den Böhmen wird 
Dresden Drazdany, alt Drazdo- 
nedz genannt, was von dem slar. 
trasi Fähre, Furt herkomm-- *--- 


Dreux — Drochatts. 


trasdanina oder tras-dan (von da- 
nina Steuer) wäre sonach ein Ort, 
wo das Fährgeld bezahlt oder sonst 
ein Zoll erhoben wurde. 

Dreux, alt Durokasses, Wasser- 
veste-Bewohner, von dur Wasser, 
cas Veste und ais Mann. Dreux 
liegt in der Isle de France an der 
Grenze der untern Normandie. 

Drevanomerl, vergl. Drawähn. 

Driburg, zu deutsch Eichenburg, 
Waldburg, von dair, deri, dri 
Eiche, es ist ein Badeort am Ost- 
fuss des Teutoburger Waldes. 

Dritteisbau, bei welchem der 
Grundherr und der Lehenbauer den 
Ertrag nach Dritteln mit einander 
theilten, ist eine altkeltische Ein- 
richtung, die sich bis in das Mittel- 
alter erhielt. Im Keltischen hies 
dieselbe tresius oder tresius-jurnalis, 
vom gäl. (reas Drittel und ais Dar- 
lehen oder tus, vis Niessbrauch, also 
Drittelslehen, Drittelsniessbrauch. 

Droalsy, Ort in Frankreich, vom 
gäl. der klein und aiteas Wohnort, 
alt Dreausia. 

Drochatts, Ort in Sachsen, zu 
deutsch Brücke, von drochad; 
gleich Drogheda in Irland an der 
Boynemündung, der Schlüssel Ir- 
lands genannt, einst von Cromwell 
erobert, wurde die ganze Besatzung 
niedergemetzelt. 1690 wurde hier 
abermals die bekanute Schlacht an 
der Boyne geliefert, welche die Ir- 
länder vollends um ihre Freiheit 
brachte. Es handelte sich hierbei 
stets um den Uebergang über den 
Fluss, bezw. den Besitz der Brücke 
nd der sie beherrschenden Stadt. 


_ 106 — 


Drömling — Drom. 


Drohiczyn am Bug in Polen ist 
dasselbe, mit czyn, tsin Burg, wäh- 
rend die erstgenannten Formen dae, 
Ort, angehängt haben, was bei Dro- 
chatts in s umgewandelt wurde. 
Drömling, grosser Hoch-Wald 
an der Aller, zwischen dem Magde- 
burgischen, Braunschweigischen und 
der Altmark. Er ist voll Mooren und 
vorzugsweise mit Erlen (oder Ellern), 
Eschen und Birken bewachsen. Aus 
dem Erlenholze verfertigen die An- 
wohner des Waldes Mollen, Wurf- 
schaufeln und anderes Geschirr. 
Diesem Drömling steht der Drom, 
südlich von Detmold gleich, beide 
bilden eine Hochfläche, ebenso der 
Strombergim Kraichgau. Name von 
druim Bergrücken, flache Höhe. 
Drolie, Tralle, Dralli, ein Tölpel, 
nordisch thraell, Sklave; im Ir- 
schen bedeutet drol/, drall, Dem. 
dreollan dasselbe, was das ober- 
deutsche Dralle, während /rail/ dem 
nordischen thraell gleichsteht, fran- 
zösisch drole, tölpelhaft, drollig. 
Drom, auch Fallrum, Feld- 
rom, ein Dorf am Teutoburger 
Wald, etwas südlich von Detmold. 
Man hat den Namen dieses Dorfes 
in „Fall Rom!“ gedeutet und die 
Varusschlacht hierher verlegt, was 
indess irrig ist, denn die Gegend 
um Feldrom hies früher de Drom 
(Drömliug). Diesen Namen hat man 
auch aus Trumm erklären wollen, 
d. b. dem Ende des Gebirges, weil 
der Osning hier eine nach Osten 
vorspringende Ecke bildet. Druim. 
dröm bedeutet aber flacher Berg. 
Der Drom war früher nicht be 











Dron — Drontheim. 


wohnt, sondern wurde aus dem 
herrschaftlichen Schlosse zu Horn 
zur Weide für Ochsen und Pferde 
benutzt. Allmälig wurden Stücke 
daraus zu Feld umgebrochen und 
eine herrschaftliche Meierei ange- 
legt, die den Namen das Feld auf 
dem Drome oder Dromfeld erhielt. 
Die Bauern, die sich nun nach und 
nach auf dem Drome ansiedelten, 
hiessen die Drömer, und ihre Ascker 
das Drömerfeld. Auf dem Drome 
findet sich noch der Ausdruck Drö- 
merberg. Mit Fall Rom! hat, wie 
sich aus Obigem ergibt, Feldrom 
offenbar nichts zu schaffen, sowenig 
als das Winnfeld oder die Roden- 
becke, ein Bach, den man in 
Blutbecke umwandelte. Klopstocks 
Phantasie verlegte die Varusschlach- 
ten nach Warburg, Vartar, Varn- 
holz (angeblich Varus-Holz), Orte, 
die zwanzig bis dreissig Stunden 
von einander liegen, und doch in 
einem Tage von Varus mitten unter 
Kämpfen erreicht worden sein sol- 
len. Den Rothenbach lässt er von 
Bömerblutroth werden, im Knochen- 
bach ihre Gebeine verfaulen. Ro- 
thenbach kommt aber von rhet, 
rhidys Bach, und Winnfeld oder. 
Windfeld von gwydd, gwind Wald. 
Wenn die Form Fallrum aus dem: 
Alterthum stammt, dann kann Fall 
auch von /ald Pferch abgeleitet 
werden. 

Dron, ein Bach auf dem Hunds- 
rücken, alt Drahonus, von dra ver- 
setzt für der klein und an, ean 
Wasser; mittelalterlich Drona. 

Drontbeim oder Trondheimr, 


— 407 — 


Drosendorf — Druse. 


Stadt in Norwegen, bedeutet Feld- 
ort, von treann Feld und om, aim, 
heim, d. h. Wohnstätte (Heimath 
bedeutet Heimathsland, von iatk 
Landschaft, Gegend). 

Drosendorf, alt Drozendorf, vom 
gäl daras, dars, dras, dros Dorf, 
Haus. 

Droue, latinisirt Draavia villa, 
Ort in Frankreich, von treabh Dorf 
und bi klein. 

Droyes, Ort in Lothringen, dreas 
Ort. 

Druide bedeutet im Keltischen 
Zauberer, und zwar in allen Mund- 
arten, und dauerte sogar noch in 
christlichen Zeiten fort. In der 
Schlacht von Moira, die 637 nach 
Christus geschlagen ward, wo also 
Irland schon christlich war, spiel- 
ten die Druiden mit ihren Zauber- 
sprüchen noch eine Rolle. Die Ge- 
schichte dieser Schlacht (the battle 
of Magh-ratk: = Feldburg, dafür 
später Moira). wurde in der zweiten 
Hälfte des 12. Jahrhunderts zuletzt 
bearbeitet und. neuerdings von O’Do- 
novan herausgegeben. In Deutsch- 
land gibt es- einen Drudenbühel zu 
Winzingen bei Neustadt an der 
Hardt, Truttondal zu Eächstetten 
am Kaiserstuhl, Druedengrueben, 
eine Foldgegend bei Kdingen nächst 
Ladenburg. 

Druse oder Drusenthal in. Grau- 
bündten, welches durch das- enge 
Druser Thor diesen Canton mit dem 
Montafunerthal im Vorarlberg ver- 
bindet, dann das enge Trusenthal 
im Thüringerwald, durch welches 
die Truse vom kleinen Imselsberge 


Drusus — Dubach. 


an Brotterode vorbei südlich nach 
der Worra strömt, westlich von 
Schmalkalden; ferner die Drusel, 
eine Enge zwischen hohen Basalt- 
felsen im Habichtswald südlich vom 
Schlosse Wilhelmshöhe. Der kleine 
Bach, der die Schlucht durchströmt, 
heisst ebenfalls die Drusel, ein 
Wirthshaus dabei „an der Drusel“, 
Von da ist der Name Druseln auch 
auf alle Abzugsrinnen in den Stras- 
son der Stadt Cassel übergegangen. 
Endlich in Kärnthen westlich vom 
Lavantthal ein Truhsenthal mit dem 
Orte Trusen. Alle diese Namen ha- 
ben selbstverstäudlich mit dem rö- 
mischen Feldherrn Drusus nichts 
zu schaffen, sondern kommen vom 
kimbr. drws Thor, Pass, Durchgang. 
Die einfachere Form lautete kimbr. 
ärmy, gälisch tre, gothisch thairh, 
woraus dann unser deutsches Thor, 
“ Thüre wurde. 

Drusus, der Stiefsohn des Au- 
gustus, der als römischer Feldherr 
verschiedene Feldzüge gegen die 
Germanen auf dem rechten Rhein- 
ufer ausführte, hatte keltisches Blut 
in seinen Adern, er war der Urneffe 
(pronepos) eines gallischen Anfüh- 
rers, der Drusus hies und ermordet 
wurde. Im Gälischen bedeutet fuirse 
Herr, Anführer, latinisirt wurde dar- 
aus Drusus. In den deutschen Sagen 
wurden aus den Thursen Biesen. 

Dschebel, arabisch für Berg, ur- 
sprünglich kleiner Berg, vom kelti- 
schen di klein und be/, ba? Berg, 
Fels, Stein. 

Dubach im Elsas, vom gäl. di 
oder du klein und ab, abh Wasser. 


— 408 — 


Duben — Dublin. 


Duben, Dorf bei Budweis in Böh- 
men, gleich Düben oder Döben. 

Dubheda, gälischer Mannsname, 
der Schwarzohr oder Braunohr be- 
deutet, von dubh schwarz und od, 
aud Ohr, lateinisch audire. 

Dubila, alt Duflyn, auch Eblana, 
Hauptstadt von Irland. Der Name 
wird von den irischen Sprachfor- 
schern als schwarzer See erklärt, 
von dubh schwarz und lin See. Es 
liegt aber kein solcher See bei Dub- 
lin, zudem ist Dublin ein Orts- und 
kein Wassername. Die richtige Er- 
klärung gibt die Form Eblana, denn 
diese bedeutet Hofscheuer, zu einem 
Bauernhofe gehöriger Feldschuppen, 
von aoibh, oibh, ebh Hof und lann, 
Ionn, Tun, Iyn Schuppen, später 
auch Kirche. Dubh bedeutet nicht 
blos schwarz, sondern auch grose. 
Bei Trient in Wälschtyrol liegt ein 
Ort Toblino, latinisirt Tublinum, 
ein Schloss mit See; hier nun be- 
deutet /in See. Macduff, ein Clan 
in Schottland, ist das Geschlechtder 
Schwarzen, Grossen, Gewaltigen. 
Dass aber Dublin in Wirklichkeit 
aus einer Fruchtscheuer entstand 
und noch in späteren Zeiten Vor- 
rathskammern für Getreide enthielt, 
ergibt sich aus folgender Sage. 
Der Normanne Frithlef steckte den 
Ort dadurch in Brand, dass er eine 
Menge Sperlinge einfangen lies und 
ihnen glimmenden Schwamm unter 
das Gefieder band; als diese nun in 
ihre heimischen Fruchtspeicher zu- 
rückflogen, geriethen letztere sammt 
den Strohdächern in Brand. Ohne 
das Vorhandensein von Fruchtspei- 





Dubniss. 


chern wäre es nicht möglich gewe- 
sen, Schwärme von Sperlingen ein- 
zufangen, denn wo keine Frucht ist, 
gibt es diese Art von Vögeln nicht. 
Das Anzünden von Orten durch das 
angegebene Mittel kam in ältester 
Zeit öfter vor; so wurde die alte 
Stadt Duna (dun, din Burg) in der- 
selben Weise durch den Normannen 
Hading verbrannt. Caer Vyddin 
(Wald-ort, jetzt Cirencester zwischen 
Oxford und Bristol) wurde von Kö- 
nig Gormund dadurch erobert, dass 
er den Vögeln Pech und Schwefel 
in Nussschalen unter die Flügel 
band; Caredig hies der Vertheidi- 
ger dieser Burg. Harald Hardrathi, 
der mit einigen Warägern in byzan- 
tinischem Solde stand, eroberte auf 
dieselbe Art eine Stadt in Sicilien. 
Er band nämlich den Vögeln mit 
Wachs und Schwefel bestrichene 
Kienspäne auf denRücken. Die rus- 
sische Fürstin Olga belagerte mit 
Warägern eine Stadt der Drewier, 
mit Namen Korosten (jetzt Iskorost 
an der Usha in Wolhynien) lange 
vergeblich, endlich versprach sie 
Frieden gegen die Abgabe einer 
Taube und dreier Sperlinge von 
jedem Hof; sie gab an, die Vögel 
auf dem Grabe ihres von den Dre- 
wiern getödteten Gemahles opfern 
zu wollen. Der Tribut kam. Da 
lies sie jedem Vogel ein kleines 
Strohbäschel mit Schwefel und Feuer 
anbinden und sie in ihre Nester zu- 
rückfliegen, wodurch die Stadt in 
Brand gerieth. 

Dubniss, schwarzer Krieger, gäl. 
dubh schwarz oder auch gross und 


— 409 — 


Duda — Duderstadt. 


niadh Held, latinisirt Dubnissus auf 
Inschriften. 

Duda und Dudari, zwei alte Orte 
im Lahngau. vom gäl. du Dorf und 
di oder der klein, oder umgekehrt 
von di, du klein und da, dae bezw. 
duar Haus, Ort. 

Duderstadt, Stadt auf dem un- 
tern Eichsfelde, bedeutet wie Duden- 
hofen bei Speier und Todenhausen, 
Todenwart inHessen entweder einen 
Hof des Dudo, in welchem Falle je- 
doch eine alte Form Dudonis villa 
nachzuweisen wäre, oder keltisch 
grosser Hof; denn das gälische 
doid und daskymrische fyddyn be- 
deuten Bauernhof, letzteres kleiner 
Hof. Hierher gehören auch Dutt- 
weiler, Dittweiler, Titting 
(alt Tutin) in Bayern. Duderstadt 
könnte auch vom gäl. du Dorf und 
der klein abgeleitet werden, was 
aber weniger passt, denn Duder- 
stadt war von ältesten Zeiten her 
der Hauptort des Eichsfeldes oder 
wenigstens des untern, nördlichen 
Theiles desselben, der alt das Om- 
feld hies; zudem war sein alter 
Name Dudunstede, also wörtlich 
tyddyn. Diesist, wie bemerkt, kym- 
risch, deutet also auf einen kymri- 
schen Beherrscher, während Duder- 
stadt gälische Form hat und als 
grosser Hof übersetzt werden kann, 
von doid Hof und er gross. Eine 
der ältesten adeligen Familien von 
Duderstadt heisst von Sothen (tyd- 
dyn), es mag dieselbe von den al- 
ten Grundherren des Ortes abstam- 
men, woraus gerade noch nicht 
folgt, dass sie einst kimbrisch war, 


Duere — Dübelstein. 


denn die deutschen Herren erhiel- 
ten von den gälischen Hörigen die- 
selben Titel (doid-un oder doid-an 
Hof-mann), wie die ihnen vorausge- 
gangenen kimbrischen. Duderstadt 
lag im Lisgau in der sogenannten 
Duderstädter Mark oder in einem 
Grenzbezirk, der auch die goldene 
Mark hies und die sächsische Grenze 
gegen Thüringen bildete, denn das 
untere Eichsfeld war sächsisch, das 
obere von den Ombergen an thürin- 
gisch. Duderstadt war einer von den 
fünf Höfen oder Pfalzen, welche 
Heinrich I 929 seiner Gemahlin 
verlieh, um sie zu geistlichen Stif- 
tungen zu veräussern, die anderen 
waren Pöhlde, Gronau, Quedlinburg 
und Nordhausen. 

Duero, Fluss in Spanien, latini- 
sirt Durius oder Turius, von der, 
dur Wasser. Bei Aquileja floss 
auch ein Turrus. Aus dwr wurde 
im Griechischen mit vorgesetztem 
Artikel Hydor, im Deutschen Dur- 
bach, und Thur. 

Dorstadt, alt Duerstede, latini- 
sirt Dorestatum, Ort in Nieder- 
deutschland, von fuar Dorf. 

Dübel, Ort in Schleswig, wo die 
vielgenannten Dübler Schanzen, der 
Insel Alsen gegenüber, von du, 
dubh Dorf und bill klein. 

Dübelstein, Fels im Canton Zü- 
rich ; alte Formen dafür sind toebel, 
tuebel, duebel, thuebeln, tuebiln, 
taobeln,' tueblen, tubel, diebol, tu- 
bulcol, zu deutsch schwarzer oder 
grosser Fels, von dubh schwarz, 
gross und aill, oill Fels, Stein. 
Man fasste Felsen solchen Namens 


— 40 — 


Düben — Dümmersee. 


gewöhnlich als Teufelssteine auf; 
Teufel ist indess selbst aus dubh-il 
schwarz-gross entstanden. Bei der 
Form Dubulcol ist noch ein co} 
Berg, angehängt. 

Düben, Ort in Sachsen, dasselbe, 
was Döben, schwerlich von zywyn 
Ufer, Sandufer. 

Dümmersee, westlich von der 
Weser an den Grenzen Westphalena, 
von der Hunte durchflossen, ein 
grosses Moorwasser, alt Dum-meri, 
schwarzes Meer, von dubh schwarz 
und muir Meer. Dabei der Dyvbrok 
oder schwarze Bruch gegen Oana- 
brück hin. Der Dyvbruch hies auch 
Devense Morast. Als Gegensatz zum 
schwarzen Moorboden heisst der 
Theil des Landes gegen die Hase hin 
dasweisse Feld, weil es mehr sandig 
ist, darin die Horsteine, alte Gräber 
in Hügelform, von or Berg. Der 
südlichste Theil der Gegend heisst 
das Kerlsfeld, angeblich weil 
Wittekind hier von Karl geschlagen 
wurde; die Schlacht soll drei Tage 
und Nächte gedauert haben. Dieses 
Karlsfeld liegt westlich von Ovel- 
gönne an den Quellen der Altebach 
(alt Bach), die in die Hase mündet 
bei Wigbold (gwig Wasser und 
baile Veste, polis) und der Krebs- 
burg (cro-bi kleine Burg gleich 
Kropp). Dabei die Lecker, von lu- 
caoir klein Bach, und daher mag 
auch Kerlsfeld entstanden sein, von 
caoir Bach und /i klein. Ovel- 
gönne gleich grosse Wasserburg, 
von obh-il-gannWasser-gross-Veste, 
es liegt an der Hunte. Weiter oben 
an der Hunte die Lppenburg, 


N 











Duin — Dünkirchen. 


Wasserburg, von abh-an kl. Wasser 
oder von aoibhan kl. Bauernhof, 
gleich Ibbenbüren oder Hof-bauern. 

Duin, alter Ortsname gleich din 
oder dun Burg, Wohnort. Duin 
wird auch oft Toewen, Dywein, Ty- 
bein, Thebein, Theben geschrieben, 
und kommt sowohl in Griechenland, 
in den Slavenländern als in Aegyp- 
ten vor; auch Magdeburg hies 
slavisch Dewen, weshalb es von 
Einigen mit der Diana in Zusam- 
menhang gebracht wird, weil die 
slavische Dewana daselbst verehrt 
wurde; es mag aber der gälische 
Name duin, dewen erst die Ver- 
anlassung zum slavischen Dewana- 
cultus daselbst gegeben haben. Tev, 
teb bedeutet übrigens auch Tempel, 
teb-ion Tompel-stadt, theb-an Tem- 
pel-leute oder Thebaner. Für die 
Tempelstadt Theben in Aegypten 
wird diese zweite Bedeutung wohl 
jedenfalls die richtigere sein. 

Däna, Fluss, der in Lithauen ent- 
springt und beiRiga mündet, gleich 
Donau, Don, von tain Wasser ; die 
Dwina kommt wohl eher von di- 
ean klein Wasser, im Gegensatz zur 
Wolga, die von bailc, bualc her- 
kommt. 

Duingen, alt Duthungun, zu 
deutsch kleine Burg, von di, du 
klein und daingean Veste ; Duingen 
liegt an der Leine im Aringau bei 
Alefeld. Aus daingean wurde auch 
Thiengen, Tübingen u. s. w. 

Dünkirchen, flämisch Dünkerke, 
franz. Dunkerque, Stadt in Flan- 
dern, kam unter Ludwig XIV an 
Frankreich. Der Name der Stadt 


— 411 — Dünnersberg — Düren. 


kommt von einer auf den Dünen 
von dem heiligen Eloy, welcher den 
Flamändern zuerst das Christenthum 
predigte, erbauten Kirche. Im 10. 
Jahrhundert umgab Graf Balduin 
von Flandern die Stadt mit Mauern. 
Im 12. Jahrhundert wurde hier eine 
Flotte gegen die Normänner ausge- 
rüstet. Robert von Bethüne, Graf 
von Flandern trennte Dünkirchen 
mit Umgebung von Flandern und 
bildete daraus einen besondern in- 
dess im flandrischen Lehensverband 
verbliebenen Bezirk. 1646 und 1658 
wurde Dünkirchen von den Franzo- 
sen erobert, kam sodann einige Zeit 
anEngland, verblieb aber seit 1662 
bei Frankreich; förmlich abgetreten 
wurde es indess erst durch den 
Utrechter Frieden. Kaiser Karl V 
übte noch die Oberhoheit über Dün- 
kirchen aus, und lies daselbst ein 
Schloss bauen. Düne kommt von 
dun Hügel, englisch down, dunan 
kl. Hügel. 

Dünnersberg bei Hollerbach in 
Würtemberg gleich Donnersberg, 
von dun Berg und er gross. 

Düren, Ort bei Aachen, alt Mar- 
codurum, zu deutsch Pferdehaus, 
Gestütshof, vom kimbrischen march 
Mähre, insbesondere Stute, und 
duar Ort. Solcher Stutereien hat- 
ten die Kelten verschiedene, z. B. 
in Pöhlde am Harz, alt Palithi, 
Polede, von peall Pferd, deutsch 
Fohle und dae Ort; dann in Ivrea 
in Oberitalien, alt Eporedia, von ep 
Pferd, griech. hippos, ebwr Reiter 
und dae, tio Ort; endlich in Eburo- 
dunum, jetzt Tongern, dam Hauptort, 


— — — — — — 


Dürnbach — Därrenberg. — 412 — Dürrheim — Dürelsmoor. 


des Reitervolkes der Eburonen, hier 
dun statt dae Ort, bei Ephesus 
steht dafür aiteas mit gleicher Be- 
deutung. 

Dürnbach, alt Durrinbach in 
Oestreich, Dürrenbach in Würtem- 
berg bei Hedelfungen und Neufen, 
desgl. bei Breisig am Niederrhein, 
such Dörrenbach genannt; Düren- 
bach bei Ahrweiler; Duerenbronne 
zu Landshausen bei Eppingen im 
Kraichgau, sämmtlich von dur, dr 
Wasser und der Verkleinerungs- 
Endung an oder yn. 

Dürnstein an derDonau in Oest- 
reich und Dürnburg bei Salzburg, 
gleich Dörnberg, Dürrenberg u. s. w., 
von forran kleiner Berg, torr Berg, 
Storren. 

Dürren, Weiler an der Argen 
(earg Wasser) in Oberschwaben, 
zu deutsch kleines Hans, kleines 
Dorf, von fuaran, Dem. von fuar 
Dorf, Haus. 

-Dürrenberg, Dörrenberg, 
Derrenberg, Dörnberg, vom gäl. 
torr Berg oder torran kleiner Berg, 
Storren. Dürrenberge gibt es bei 
Bröckingen und Plinzhausen in Wür- 
temberg, dann bei Rothenfels im 
Murgthal; Durrinperch, Duor- 
rinperch, Ort in Oesterreich. Ein 
Dürrenwald bei Hohenberg in Wür- 
temberg, ein Bergwald. DerDörn- 
berg bei Kassel wie der Dorn- 
berg im Salzburgischen könnten 
auch als Eichwaldberg erklärt wer- 
den, wenn ein solcher Wald darauf 
" stünde, von dair Eiche (wie bei 
Dorneich) ; der Dörnberg bei Kassel 
ist aber grossentheils kahl und 


dient als Schafweide, scheint auch 
in ältesten Zeiten nicht bewaldet 
gewesen zu sein, sonstwäre er nicht 
zu verschiedenen Malen im Mittel- 
alter als Standquartier für grössere 
Truppenmassen gewählt worden; 
seine Abhänge sind nach allen Sei- 
ten steil, er ist daher leicht zu ver- 
theidigen, seine Hochfläche ist mit 
Ringwällen eingefasst, die jetzt aber 
wenig mehr hervortreten. Ebenfalls 
von forran kommt mons Durroberg 
in der Schweiz und der Dürrebühl 
bei Bubsheim in Wärtemberg. 
Dürrheim, Dorf und Saline bei 
Villingen, alt Durreheim, von tuar 
Dorf, ebenso Durrweiler bei 
Freudenstadt, alt Durwilare. Der 
Plural von fuar lautete alt furu 
oder duru, latinisirt durum, was 
als Endungbei vielen latinisirtenalt- 
keltischen Städtenamen vorkommt, 
als Octodurum im untern Wallis, 
tuar ist das arabische Duar Dorf. 
Duisburg, Ort am Niederrhein, 
Duysburg, Dorf zwischen Löwen 
und Brüssel, Tusendorf in Oest- 
reich, von dus, tus, tais Festung 
oder (asHaus. Duisburg kann auch 
als Fürstenburg erklärt werden, von 
duais Fürst, Herr. 
Düsseldorf, grosser Bauernhof, 
von doid Hof, Gut und i/ gross. 
Düvelsmoor, schwarzes Moor 
und nicht Teufelsmoor, von dubh 
schwarz und il gross, ein beinahe 
acht Quadratmeilen grosser Moor- 
strich in der Mitte des Herzogthums 
Bremen, früher eine völlige Wild- 
niss, jetzt theilweise urbar gemacht 
und bewohnt. Das Torf-Moor ze- 


Dullwald. 


fällt jetztin verschiedene Abschnitte, 
als Wallhofer Moor, Gieler Moor, 
Wilster Moor, Gnarsenberger Moor. 
Von der Weser ist das Moor durch 
eine bis 350 Fusshohe Sanddüne, den 
sogenannten Weiherberg geschieden, 
der vom Volke kurzweg up der Wehe 
genannt wird, und der höchste Borg 
weit und breit ist, Der Hauptfluss, 
der aus dem Moor abläuft, ist die 
Hamme (amhain Wasser), sie ver- 
einigt sich kurz vor ihrer Mündung 
in die Weser mit der Wümme, von 
welcher die Gegend zwischen dem 
Moore und der Weser der Wümme- 
gau oder alt Wigmodia hies; yryg- 
mal-ia Wasser-gross-Land. Dem 
Moore gegen Osten liegt höheres 
bewaldetes Geestland, der alte Wald- 
sassengau, während das Moor selbst 
sich nördlich an der Oste (uisge) 
abwärts noch in den alten Ostegau 
zieht, andererseits an der Wümme 
aufwärts bis ins Verdensche, wo die 
höher gelegene Lüneburger Haide 
beginnt, die sich zu beiden Seiten 
der Moore längs der Elbe und Weser 
als Geestland bis an die Mündungen 
dieser Flüsse hinzieht, und das Moor, 
das alte Stammland derChauken kes- 
selförmig umschliesst. Schon Plinius 
beschreibt dieses Chaukenland mit 
seiner Torfstecherei, so wie sie heute 
noch betrieben wird. Chauke, coiche 
Wohnort auf einer Erderhöhung. 
Dullwald. Ein Waldstrich an 
der Weser, wie man annehmen kann 
im Lande der alten Dulgibinen, 
Dulgubunen oder Dulgumnier, 
Nachbarn der Angrivaren undLongo- 
barden, wie Tacitus und Ptolemäus 


— 43 — 


Dullwald, 


berichten. Dolgr bedeutet im Alt- 
nordischen Feind, Dolg angelsäch- 
sisch Kampf, althochdeutsch ist 
Tolk Wunde, daher jetzt noch der 
Ausdruck Jemanden talken, herum- 
talken, durch Angreifen beschädi- 
gen; gibinen wäre geben, also 
Wunden gebende Kämpfer. ImNor- 
dischen kommt als Eigenname Dolg- 
thrasir vor, Wundenträger. In die- 
ser Weise erklärt Kaspar Zeuss den 
Namen des Volkes. Damit wäre 
aber blos die Form Dulgibinen er- 
klärt, nicht aber Dulgumnier. Wäre 
der Stamm in Wirklichkeit ein ge- 
waltiger Wundenschläger gewesen, 
wie man nach Zeuss annehmen 
müsste, so hätte sich der Name 
unter den Deutschen erhalten; dem 
ist aber nicht so, von einem Volke 
der Dulgibinen weiss die spätere 
Geschichte nichts mehr, blos im 
Namen Dullwald findet sich noch 
ein Anklang an denselben, und die- 
ser Waldname gibt den Fingerzeig 
für die Erklärung. Dull oder to} 
bedeutet steil, hoch, giubh Wald, 
insbesondere Kieferwald und en, 
on, in Leute; die Dulgibinen waren 
(ähnlich den Gepiden) Bewohner der 
Waldhöhen, sei es des Harzes oder 
der Wesergebirge, etwa des Sün- 
tals oder Süutels (Wald-steil), bei 
welchem der Dullwald liegt, — zwi- 
schen den Angrivaren an der Weser 
und den Longobarden an der Elbe, 
— entweder eine Unterabtheilung 
der Cherusker oder ein zweiter 
Name für diese Härzer. Die Form 
Dulgumni kommt von fol-cmmm- 
nae hoch-Thal-Leute. 





Dulos — Dangstrap. 


Dulos oder Doulos, Sklave bei 
den Griechen, vom gäl. duile Knecht, 
armer Mensch. 

Dumpf, ein Bergwald bei Bein- 
stetten in Würtemberg, von faomb 
Buschwald. 

Dun, Flüsschen in Nordfrank- 
reich, latinisirt dunus, von tain 
Wasser. 

Duneiberg bei Trier, alt mons 
duonnlberg, von dun Berg und W/ 
gross. 

Dunenberg im Canton Zürich, 
von dunan kleiner Berg. 

Dunestat, Ort in Thüringen; 
Thundorf, Dundorf bei Münner- 
stadt, von dun Stadt, verzäunter 
Ort, Zaun, englisch town. Solche 
Befostiguugen bestanden in Pfahl- 
werk, sei eg in seichten Wassern, 
wo sie gewöhnlich liub, lle-abh, 
Stätte-Wasser, hiessen,, sei es auf 
Höhen; beiletzteren wurden Balken- 
lagen mit Steinen ausgefüllt nach 
Art der Blockhäuser über ein- 
ander befestigt und oben mit Zinnen 
oderFaschinenkörben gekrönt; dar- 
aus entstanden die Ringwälle und 
Burgen. 

Dangstrup, Ort bei Wildeshau- 
sen in Westphalen, alt Dungesdorpe; 
daing, tuing, twing bedeutet Zwin- 
ger, Burg. Die Form dorpe, wie sie 
in den Corveyischen Traditionen vor 
tausend Jahren geschrieben wurde, 
neben strup, das heute in West- 
phalen und Jütland häufig ist, 
zeigt, dass beide Formen in ein und 
demselben Lande gebraucht wurden, 
keine also blos oberdeutsch oder 
blos niederdeutsch war. Dorpkommt 


— 44 — 


Dunkelbach — Doras. 


übrigens von tfreabh, was Dorf be- 
dentet. 

Dunkelbach im Odenwald, von 
dun Berg und gil Wasser, Berg- 
wasser; dunkel, finster bedeutet im 
Gälischen doilbh. 

Duppenberg in Rheinhessen, 
kleiner Berg, von du klein und 
benn Berg, oder auch grosser Berg, 
von dubh gross, schwarz. 

Durani, ein Volksstamm in Af- 
ghanistan, gleich Thüringer, von 
doir Walddickicht und an Mau 
oder Leute; sie kamen aus de 
Waldgegenden des Hindukusch nach 
Afghanistan, wo sie jetzt nocheinen 
der herrschenden Stämme bilden. 

Durance, Nebenfluss der Rhone, 
der in der obern Provence entspringt 
und unterhalb Avignon in dieselbe 
mündet; sein keltisch - latinisirter 
Name war Druentia, von der oder 
dur Wasser, durean kleines Wasser, 
im Gegensatz zur Rhone. An derDu- 
rance liegen: Embrun, alt Ebre 
dunum, entweder gleich Ivrea, alt 
Iporedia, Reiterstadt oder Ebre- 
stadt, von aber Fluss oder endlich 
von e-bar kl. Berg, also Bergstadi. 
— je nach der Lage der ersten An- 
siedelung; dann Cavaillon, alt 
Cabellio, von cabal Schiff, gleich 
Chalons an der Saone, und Siste- 
ron, von sosta oder sois-ta gut, 
foster Ort und aran Berg; es ww 
eine Bergburg, welche das hier eng? 
Durancethal beherrschte. 

Duras, Ort in Brabant, früher 
auch Durake und Durachium, gleich 
dem Dyrrachium in Süditalien am 
jonischen Meere; letzteres von dr 











Durbach — Durlach. 


und acha Wall, Veste, also See- 
veste. Die einfachere Form Duras 
ist wohl blos daras, tuaras Häu- 
Ser, wenn man, um es mit Durake 
gleichbedeutend zu erhalten, nicht 
an der Wasser und ois Burg den- 
ken will. 

Durbach, Dorf in der Ortenau 
bei Offenburg, von dwr Wasser. 

Durenbach, Ort bei Ettenheim, 
von duran, Deminutiv von dur oder 
dwr Wasser (Thur, Duero, griech. 
Hydor), andere Formen sind Dür- 
renbach, Dürnbach u. 2. w. 

Durfos, altes Castell an der un- 
tern Maas, zu deutsch Wasserburg, 
von dur Wasser und /ois Wohnung, 
Voste. 

Durlach, Stadt an der Pfinz und 
dem jetzt ausgetrockneten Ostrhein 
am Fusse eines steilen Borges, auf 
welchem noch ein aus grossen Sand- 
steinguadern aufgebauter hoher rö- 
mischer Wartthurm steht, alt Dur- 
lahe und Duriacum; Lahe ist Ze 
Stätte, acum acha Veste. Dur da- 
gegen kann von dwr Wasser oder 
auch, wenn die Warte den Anlass 
zur Erbauung des Ortes gab, von 
torr Thurm abgeleitet werden; die 
Form lach entspricht dem keltischen 
loc Ort, welche selbst wieder, wie 
aus lahe sich ergibt, nur eine aspi- 
rirte Form von We Stätte ist, mit 
dem Nebenbegriff fester Ort, festes 
Loch; möglich, dass die erste An- 
siedelung eine Höhle in dem wage- 
recht geschichteten, leicht auszu- 
brechenden Sandsteine des Thurm- 
berges war. Auf letzterem befindet 
sich noch jetzt eine kleine Höhle, 


— 415 — Trurnocor — Durocortorum. 


die aber in Kalk gebrochen ist, der 
den Gipfel des Berges bildet. In 
deutschen Zeiten gehörte Durlach 
den Zähringern, deren Sitz im Breis- 
gau wie in Kleinburgund (West- 
schweiz) war. Mit den Hohonstaufen 
lagen diese häufig in Fehde, weil 
sie wia alle Landesfürsten sich auf 
Kosten des Reiches zu vergrössern 
trachteten. Während Friedrich der 
Rothbart im heiligen Lande weilte, 
wurde Berthold V wegen solcher 
Uebergriffe von Conrad, Herzog von 
Schwaben, Friedrichs Bruder, mit 
Krieg überzogen; derselbe lagerte 
zu Durlach, wurde aber hier im 
Kaisergässchen von einem Metzger 
erstochen, welcher denselben bei 
seiner Frau betroffen hatte. In ba- 
dischen Zeiten war Durlach Resi- 
denz der Durlacher Linie, Karl 
erbaute hier die Karlsburg, nach- 
dem er von Pforzheim hieher über- 
gesiedelt war. Die Franzosen unter 
Melac verbrannten diese Burg; die 
malerischen Ruinen derselben wur- 
den erst in neuester Zeit von der 
Bürgerschaft sammt den alten Stadt- 
thoren abgerissen, um dem Zeit- 
geiste zu genügen und diealte Stadt 
damit vollends wieder zu einem Dorfe 
umzuwandeln, nachdem 1715 die 
Markgrafen sich in Karlsruhe eine 
neue Residenz angelegt hatten. 

Darnocor, Schutzherr, torn Herr, 
König und comh Schutz, Verthei- 
digung. 

Durocortorum, ein Grenzort der 
Bemer oder Rheimser an einem Fluss, 
von dwr Wasser, corr Grenze und 
tuar, Plural tuaran Häuser. 





Durrweiler — Duysborch. — 416 — 


Durrweiler, Ort in Würtemberg, 
alt Turewilare, dann Türheim in 
Bayern, alt Turehem, zu deutsch 
Dorf, von fuar Dorf. 

Dutphe, Hauptort einer alten 
hessischen Grafschaft im sogenann- 
ten Hinterlande an der obern 
Edder und Lahn; dut ist ualh 
oder deud, dud Fürst, Gaugraf und 
aoibh Hof. Eine ähnliche Form ist 
Lasphe, alt Liedi an der Edder, 
lia-dae Wasser-Haus oder Wasser- 
Leute, ebenfalls mit später ange- 
hängtem aoibh, woraus anderwärts 
off, uff, z. B. Ufhofen wurde. Mit 
den Danduten, einem alten hessisch- 
engerschenVolksstamme, hat Dutphe 
wohl schwerlich etwas zu schaffen. 

Duttenberg, Anhöhe bei Nellin- 
genin Würtemberg, desgl. bei Wall- 
bach in Baden, soviel als Dotten- 
berg bei Solothurn, kleiner Berg, 
von di klein und dun Berg. 

Duttweller, Ort in der bayeri- 
schen Pfalz, von doid Bauernhof. 
Duttenhofen, eben da, von /yddyn 
mit gleicher Bedeutung, ebenso 
Titting, alt Tutin, in Bayern. 

Duysborch, lateinisch Dispar- 
gum, zu deutsch Fürstenburg, von 
duais Fürst und bwrg Burg, ein 
altes Schloss mit einem Flecken 
südöstlich von Brüssel, südwest- 
lich von Löwen am Sonjewald im 
Haspengau oder der Francia secunda. 
Hier wohnte Clodio, der König der 
Saalfranken, um das Jahr 427 nach 
Chr. in einem Castrum, das an der 
Grenze der Tungern gegen das da- 
mals noch römische Gebiet von 
Cambray lag. Von Duysborch aus 


Dworr — Dyvelaha, 


sandte Clodio seine Kundschafter 
gegen Cambray, eroberte es sammt 
allem Lande bis zur Somme. Bra- 
bant, dessen nördlicher Theil schon 
358 in saalfränkische Hände ge- 
kommen, zerfiel später in ein Lüt- 
ticher und Cambrayer Archidiakonst, 
Dispargum blieb an der Scheidung 
beider, Löwen kam zum Lütticher 
Sprengel, Duysborch zu dem von 
Cambray. Da Dispargum von Gre- 
gor von Tours ausdrücklich als an 
den Grenzen der Thoringer liegend 
aufgeführt wird, man aber hierbei 
immer nur an Thüringen im mitt- 
lern Deutschland, nicht an Tongern 
an der Maas dachte, so kam in die 
älteste Geschichte der Saalfranken 
eine gewaltige Verwirrung, denn 
nun musste Clodio aus dem innern 
Deutschland ausrücken, um Belgien 
zu erobern, während das Stammland 
der Saalfranken stets am Nieder- 
rhein war. — Kaiser Otto Il 
verweilte anfangs Mai 9492 eben- 
falls einen Tag auf dem Schlosse 
Dusparge. (Vergl. Ledeburs Thö- 
ringer.) 

Dworr russisch, dwor polnisch, 
tuar gälisch, duar arabisch, twarp, 
dorp, drup, Dorf deutsch, dem 
ersten Sinne nach ein mit einem 
twarp oder Erdaufwurf umgebenes 
Haus oder Dorf. 

Dynsberg oder Dinsberg bei 
Giessen, von dun Berg. 

Dyvelaha, Bach in Hossen, jetzt 
Diel, von di klein und bia? Wasser, 
oder von dob Wasser und /i klein, 
Diel von di-lia ebenfalls klein 
Wasser. 











Each — Eber. 


— 417 — Eberbach — Ebernburg. 


E. 


Each bedeutetim Gälischen Pferd, 
daraus wurde das äolische Hikkos 
Pferd, wie aus der verwandten Form 
ebh die jonische Form hippos. Aus 
eachentstand dasaltsyrische Reiter- 
Volk der Hiksos, welches lange vor 
Moses Aegypten eroberte. ImDeut- 
schen haben wir noch hicklen, 
hocklen; each ist also ein Thier, 
auf dem man hockt; each-rus, bezw. 
each-aras war ein Pferdehaus oder 
Stall, wie dabh-och ein Kuhstall, 
von dabh Kuh und acha befestig- 
ter Ort, Wall. | 

Eau, französirte Form für aa, 
aha, aqua, bezw. ieo, y Wasser. 

Ebbe, latinisirt Abnoba, zu 
deutsch Flussgegend, Rheinland. 
Die Römer nannten die Gebirge 
am rechten Rheinufer Aunobäische 
oder Abnobäische, namentlich den 
Schwarzwald. Abhinn, abhain, am- 
hain oder aibhne ist Fluss und ibli 
Gegend. Der Schwarzwald hies bei 
den Römern auch Silva marciana, 
Markwald, Grenzwald; Schwarz-wald 
entstand wohl aus art, arz steil, 
hoch, denn schwarz ist er nicht, so 
wenig als die gegenüber liegenden 
Vogesen. 

Ebelsberg, Ort beiLinz in Oest- 
reich auf einem kleinen Hüggl, von 
a Berg und bil! klein. 

Eber, alter Personenname, soviel 
als Reiter, Iberen, Eburonen, vom 
kimbrischen ebwr Pferd-mann (eb 
oder each Pferd und aire Mann). 

Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


Darnach wären die Hebräer ein aus 
Mesopotamien in Canaan eingewan- 
dertes Reitervolk, falls Ebräer und 
Eber gleichzuachten wäre. Die Al- 
ten, insbesondere Origenes und Chry- 
sostomus erklärten die Hebräer als 
über den Euphrat gekommene, pe- 
ratikoi, trajectitii, also gleich un- 
serem deutschen „über” (Ueberrhei- 
ner). Die Eburonen waren ein Reiter- 
volk. 

Eberbach bei Michelfeld nächst 
Sinsheim, von e klein und bior 
Wasser oder von aber Bach. 

Ebergötzen, Ort in dem Wald- 
gebirge zwischen Göttingen und dem 
Eichsfelde, gleicher Name wie Eber- 
schütte an der Diemel, von aber 
Bach (oder e klein und Dior Bach) 
und gwydd oder coed Wald, also 
Ort am Waldbach. Der alte Name 
war Eber-gotesen, soviel als Zber- 
coed-hausen, Waldbachhausen. Eine 
ähnliche Form ist Vorschütz, Dorf 
bei Fritzlar, alt Buriscuzze, Burs- 
cuzze, Furscuzze, Worscuzze, von 
br Berg oder buar Bauer und 
gwydd, gwyz Wald. 

Ebernburg im Nahgau, oberhalb 
Kreuznach, einst im Besitze des 
Ritters Franz von Sickingen. Auf 
dieser Burg fand Ulrich von Hutten 
eine Zufluchtsstätte, und erlies von 
hier seine Sendschreiben an die deut- 
schen Fürsten und Völker, nachdem 
er fünf Jahre vorher zu Augsburg 
von der schönen Constantia, Tochter 

27 





Eberstein. 


Peutingers mit dem Lorbeerkranz 
als Dichter gekrönt und von Kaiser 
Maximilian zum Ritter geschlagen 
worden war. In der Nähe der Ebern- 
burg, die auf einem Porphyrkogel 
liegt, befinden sich noch verschie- 
dene ähnliche Felskuppen, als der 
Altenbaumberg mit einer Burgruine, 
der Hirtenfels, der Rothenfels, der 
Rheingrafenstein mit der Gans, durch 
welche das Nahethal mit zu den ro- 
mantischsten Thälern Deutschlands 
erhoben wird. Der Name Ebern-burg 
kann nicht wohl von einem l;ber oder 
einer Wildsau herkommen, denn dio 
Wildschweine halten sich in Sumpf- 
löchern, nicht aber auf Porphyr- 
kegeln auf; bar oder pyrn versetzt 
statt brun bedeutet Bergspitze, und 
e oder y ist entweder klein oder der 
kimbrische Artikel (vergl. Pyrmont 
und Pyrn); Ebern- burg bedeutet 
also Felsenburg, gleich Eberstein. 
Eberstein. Die Ruine Eberstein- 
burg zwischen Baden und Kuppen- 
heim war der Stammsitz der alten 
Grafen von Eberstein, deren erst- 
genannter Berthold hies und um 
1120 lebte. Seit Ende des 14. Jahr- 
hunderts kam die Grafschaft nach 
und nach an Baden. Der grösste 
Ort in derselben ist Gernsbach im 
Murgthal, dabei das Schloss Eber- 
stein, welches in neuern Zeiten auf 
den Ruinen oines ältern wieder auf- 
gebaut wurde. Zur Grafschaft Eber- 
stein gehörte auch das 1138 von 
dem Grafen Berthold gestiftete 
Benedictiner-Nonnenkloster Frauen- 
alb im Albthale, unterhalb Herren- 
alb, jetzt eine Bierbrauerei, sodann 


— 48 — 


Eberwald — Ebro. 


Muckensturm und Forbach. Der 
Name Ebarstein kommt von e klein 
und dar Bergspitze; Gerns-bach, 
von gyryni Bach; Forbach, von 
/eor Bach; Muckensturm, von 
muc, mucan Schwein und duaran . 
kl. Ort, es liegt an der sumpfigen 
Federbach, die heutenoch tausenden 
von Gänsen und grossen Schweine- 
heerden Nahrung gibt und einen 
Theil des Bettes des alten Ost- 
rheines bildet, der hier vorbeifloss. 

Eberwald, derjenige Theil des 
Ardennenwaldes, welcher sich auf 
deutsches Gebiet erstreckt. In dem- 
solben liegt die alte Abtei Clerf 
(Clairvaux). Der Name könnte etwa 
von Ebern herkommen, die in dem 
Walde hausten, vorausgesetzt, dass 
dies als besonderes Merkmal nach- 
weisbar wäre. Eberwald ist aber 
die Verdeutschung für Wabria, 
und dies bedeutet grosser Wald, 
vom gälischen /eabh, feach Wald, 
Fichte und er gross. Weavria hies 
im Mittelalter der ganze Waldstrich 
von Verdun bis gegen die Eifel hin; 
der verdeutschte Name Eberwald 
hat sich dann allmälig für den deut- 
schen Theil Luxemburgs festgesetzt, 
im ongsten Sinne für die Umgebung 
von Clerf. 

Ebro, Fluss im nordöstlichen 
Spanien. Der Name bedeutet Fluss, 
von aber, y-bior oder abh-er, 
letztorgp Wasser-gross. In Bayern 
wurde aber in Ivar vorändert, wie 
die Salzach früher hies. Möglich, 
dass das Volk der Iberen als 
Anwohner des Ebro von diesem den 


! Namen erhielt, der sich später über 





Eburonen. 


ganz Spanien ausdehnte, wie der 
der Italer oder Italiener vom Pothale 
(dal) auf Italien überging. Zbwr 
bedeutet indess auch Reiter. 
Eburonen, Reitersmänner, von 
eb-nwr Pferde-mann. Die Eburonen 
wohnten in Belgien, für ihre ibe- 
rische Abstammung könnte man Fol- 
gendes anführen: Vor der Einwan- 
derung der Kelten in Gallien war 
dies Land gleich Spanien und Ligu- 
rien von iberischen oder baskischen 
bezw. finnischen Völkern bewohnt. 
Durch Mischung mit den Kelten 
entstanden in Spanien die Kelt- 
iberen, im südwestlichen Frankreich 
die Bascogner oder Gascogner, im 
nordöstlichen die wallonischen Bel- 
gen. Das iberische Hauptvolk in 
den Ardennen waren die Eburonen, 
ihr Land wurde Hasbania (Hispania) 
genannt, woraus im Mittelalter der 
Name Haspengau entstand. Dieser 
Gau ist jetzt in seiner Nordhälfte 
von den alten Tungern, vermischt 
mit Saalfranken, bewohnt; die Ebu- 
ronen, jetzt Wallonen, wurden von 
ihnen mehr südlich in die Ardennen 
gedrängt, wo schon zu Cäsars Zeiten 
deren Hauptmasse angesiedelt war, 
namentlich im Osten von der Maas 
zwischen Lüttich und dem hohen 
Veen. Ob die übrigen Ardennen- 
völker, nämlich die Condrusker im 
Condrustgau, die Cäräser im Ka- 
raskergan, die Pämanen in der Fa- 
menne und die Segner bei Spaa am 
hohen Veen, mit den Eburonen glei- 
cher oder ob sie keltischer Abstam- 
mung waren, bleibt noch zu unter- 
suchen; romanieirt wurden diese 


— 419 — Eecaillon — Echternach. 


Völker schon zu Römerzeiten. Der 
Führer der Eburonen, Ambiorix, 
führte nach Art der Spanier einen 
Guerillaskrieg gegen Cäsar, und als 
dieser mit ihm verhandeln wollte, 
musste er sich eines Spaniers als 
Dolmetschers bedienen. Der Charak- 
ter der Wallonen entspricht heute 
noch weder dem gutmüthig-deut- 
schen noch dem leichtsinnig-galli- 
schen, sondern erinnert lebhaft an _ 
die Hartnäckigkeit der iberischen 
Spanier. 

Ecaillon, kleiner Fluss in Frank- 
reich, von giolan, Deminutiv von 
gil Wasser, französirt Sgiolan, Es- 
caillon, Ecaillon. Das Flüsschen 
hies früher Galthera, von gi} und 
der klein. 

Ecbatana, alte Hauptveste Me- 
diens, später Hamadan; og ist aighe 
hoch, bad biod Bergepitze und ion, 
on Ort. Hamadan ist dem Sinne 
nach dasselbe, ka Artikel, madh 
gross und dun, din Burg; sie lag 
auf einem steilen Berge mit mehr- 
fachen Ringwällen umgeben. 

Echs, Bachname, gleich Achs, 
zusammengezogen aus dem kymri- 
schen aches Wasser. 

Echternach, auch Echster an 
der Sur in deutsch Luxemburg, alt 
Epternacum, noch älter Atternacus 
und Andethana. Der Name bedeutet 
Oertchen am Bach, von ach Was- 
ser und /uar, tuaran Ort. Die Form 
Echternach von abh Wasser, Atter- 
nach von ad, ebenfalls Wasser, An- 
dethanna, die allerälteste Form, von 
eun Wasser und aitean Wohnort. 
Die Endung acum ist eine latinisirte 

27° 


Eckersdorf — Eden. 


Adjectivform, gleich Antonacum 
Andernach, oder entstand aus ach«a 
Wall. 

kckersdorf, Ort in Oestreich, 
alt Ockersdorf, von cachrus Pferde- 
stadt, gleich Oggersleim. 

Eckhart, Mannsname, von aighe 
hoch und aire Mann. 

Edder, kleiner Fluss in Hessen, 
alt Adrana oder Aderna, gleich At- 
ter in Oestreich und Iiter im Wal- 
deckschen, Idar und Jeder auf dem 
Hundsrück und Hydor, Wasser im 
Griechischen; der Idarbach wurde 
sogar im Mittelalter Hydor geschrie- 
ben; alles von dur Wasser und ji, 
e klein, dünn, schmal, im Gegensatz 
zur grössern Fulda (bual-aha). 
Die Isar hat dieselbe Bedeutung 
im Gegensatz zur Donau, die Isdre 
im Gegensatz zur Rhone, von i klein 
nnd swir Bach, Fluss. 

Eddersheim, Ort am untern 
Main, dann in der Dreieich bei 
Darmstadt (jetzt Münchhof), von 
adhras Wohnort. 

Edel, adelig, gälisch ai’. 

Edelberg, Berg bei Steinfurt im 
Elsenzgau in der Neckarpfalz, dann 
bei Offenau am Neckar, bei Gärtrin- 
gen und bei Grossglattbach in Wür- 
temberg, von ade’, adaill felsiger, 
steiler Bergabhang, zusammengezo- 
gen aus aith hoch und ail!, oill 
Fels. 

Eden. Ausser dem Eden des al- 
ten Testaments gibt es noch ver- 
schiedene andere, so heisst z. B. der 
Hauptort oder Hauptsitz der Maro- 
niten im Libanon heute noch Eden. 
Da die Perser nie im Libanon sich 


4% — 


Eden. 


niedergelassen haben, ebensowenig 
die Juden, so geht hieraus hervor, 
dass Eden weder speciell persisch 
noch hebräisch ist, e3 bedeutet klei- 
ner Ort, von aidhke Ort, Deminutiv 
aidhean. Imalten Testament kommt 
auch die Form Beth-eden vor, 


’bodh, badh bedeutet Hütte (Bande 


im Riesengebirge), also Hüttenwoh- 
nung. Aden im südlichen Arabien, 
Athen in Griechenland, Udine in 
Friaul, Essen in Westphalen kom- 
men von demselben aidhean. Die 
Zendbücher kennen eine Gegend 
Heden, und lassen in Hedenesch 
Zoroaster geboren sein, in einer an- 
dern Stelle aber in Airjana Veed)o, 
weshalb man Eden als einen in Air- 
jana Voedjo liegenden Ort ansehen 
muss. Zoroaster war ein Bactrier, 
wohnte also in der Nähe des persi- 
schen Kaukasus oder des Hindn- 
kusch. Arjana oder Airjana bedeu- 
tet Hochland, von ar hoch und ıa 
Land, airjana ist Adjectivform und 
bezieht sich auf Veedjo, gälisch 
faith, deutsch Feld, also Hochlands- 
fold, und zwar fruchtbares Feld. 
Ackerland; Jo wird statt ua Ge 
gend stehen. Hedenesch scheint 
eine Pluralform von aithean, näm- 
lich witheanas zu sein. In der Ge- 
nesis wird Eden als Beiwort mit 
gano, gino verbunden, und soll 
anmuthig bedeuten, während gan 
als Garten übersetzt wird. Im Kel- 
tischen bedeutet gan Veste, einge- 
zännter Ort, gieich gaard Garten. 
Da der Name Eden aus dem Osten, 
d. h. ans Persien stammt, so kanı 
derhebräische Begriffanmuthig nicht 














« 


Edenbühl — Ellingen. 


der ursprüngliche sein. Eden hat 
übrigens im Hebräischen keine ad- 
jective Bedeutung, sondern ist Lust, 
Anmuth. Bei Jesaias heisst Eden 
der Garten Gottes, was dem kelti- 
schen Sinne des Wortes Paradies 
entspricht, von bwr Burg oder bar 
Berg (dem die vier Paradiesflüsse 
entspringen), a oder y des und du- 
ais, duis, tualh Fürst, Herr. 
Edenbühl, Anhöhe bei Neuhau- 
sen ob Eck in Würtemberg, vom 
gäl. ailk Höhe, aithean kl. Höhe. 
Edersheim, Edernsheim, Ort in 
Hessen, von adhras Wohnung. 
Edessa, Ort in Chaldäa, von @i- 
teas Wohnort. Die Stadt hies auch 
- Urfa oder Örrhoe, endlich in der 
Geschichte Abrahams Ur, letzteres 
bedeutet altkeltisch Thal, denn die 
Stadt liegt in einem solchen am Dai- 
san (di-tain kl. Bach) oder Scirtus 
(von di-caior, ebenfalls kl. Bach), 


rhoe steht gleich rAa, ra Ort, Or- 


rhoe also Thalort. 

Edigheim, Ort bei Oggersheim, 
alt Odinchheim, vom gäl. ailich 
Wohnung (vergl. Edingen). 

Edinburg, alt urbs Guidi, d. h. 
Waldstadt, von gwydd Wald, sonst 
eidin- dun Hochstadt, Bergstadt, 
von aithean, Dem. von aith Höhe, 
Berg und dun Stadt; sie liegt be- 
kanntlich so steil an einem Berge 
angebaut, dass man aus den obersten 
Stockwerken nach hinten ebenen 
Fusses aufs Land kommt. Edinburg 
hies auch Pengual, von penn Berg 
und ailt Ort. 

Edingen, franz. Enghien, Stadt 
im Hennegau, mit cinem Schlosse 


— 4A — 


Edomiter. 


der Herzoge von Aremberg und 
einem Park, der Ludwig XIV die 
erste Idee zur Anlegung des Parks 
von Versailles gab. Nach dieser 
Stadt führte das Haus Bourbon- 
Condö den fürstlichen und der 1804 
hingerichtete Prinzaus diesem Hause 
den Herzogs-Titel. In Deutschland 
gibt es ein Edingen bei Heidel- 
berg, ein Oetighoim bei Rastadt, 
ein Edigheim bei Oggersheim 
und Oettingen und Oetting in 
Bayern. Die alten Formen lauteten 
Odinchheim, Aotingheim, von aite- 
ach, im Plural aitich, Deminutiv 
aiteachan Wohnung, kleine Woh- 
nung, zusammengesetzte Form aus 
ait hoch oder aidhe Haus und teugh 
Dach. 

 Edomiter, ein arabisch-canaani- 
tisches Völkchen in Idumäa, südlich 
von Judäa und dem Todten Meere 
am Flüsschen Seir (keltisch suir, 
Saar). Das Berg-Thal muss einmal 
bewaldet gewesen sein, denn y-taom 
bedeutet der Wald. Vor den Edo- 
mitern wohnten hier und auf den 
benachbarten Höhen die Horiter, 
hebräisch Chorim, von hor, or, 
griech. oros, stärker aspirirt chor 
und slavisch gor, Berg. Das Wald- 
land Phönikiens hies ebenfalls Edom 
oder gräcisirt Idumea. Edomkahn 
auch Bergvolk bedeuten, von aith 
Höhe und am Mann, Volk. Endlich 
nannten die Juden die Stadt Rom in 
Italien Edom; hier aber hat der 
Ausdruck den Sinn Haus, Ort, von 
dom (lat. domus), das vorgesetzte 
e ist entweder der Artikel oder aith 
hoch. Als Waldvolk werden die 


Edro — Egelsbach. 


Edomiter südlich vom Todten Meere 
auch Kuschiten genannt, von coed 
Wald, auch Kedarener, von coed- 
ar Wald-gross (Ceder) und nae 
Leute, letztere wohnten in Zelten 
zwischen dem Sinai und Babylon. 
Sie werden wie alle Kuschiten für 
Aethiopen gehalten ; von ihnen nahm 
Moses auf demZuge durch das stei- 
nige Arabien sein kuschitischesWeib. 
Diese Aethiopen kämpften später 
mit den Philistern gegen die Juden. 

Edro, latinisirt Edrum, Stadt im 
Lande der Euganeer im östlichen 
Oberitalien, dem heutigen Venetia- 
nischen, von aitk hoch und ra 
Stätte. 

Edwia, alt Audoin, kelt. aith- 
duin hoher Mann; wyn bedeutet 
übrigens auch Freund, was aber 
keinen einfachen Sinn gibt. 

Egart, Borg bei Dürrwangen, die 
Hohogart bei Bochingen in Wür- 
temberg, Egarten bei Irslingen, 
desgl. bei Isingen und Oberflacht; 
Hohe Eckerten, Berg bei Leip- 
fordingen in Würtemberg, sämmt- 
lich von aighe Berg, Egge und art 
hoch. 

Egelberg bei Schellklingen in 
Würtemberg, desgl. ein Hügel des 
Namens bei Bern, der Egelsberg 
bei Weilheim in Würtemberg, der 
Egelsee, ein grosser Bergwald auf 
dem Hertfeld in Würtemberg, von 
aighe Berg und il gross. 

Egelsbach, kleiner Bach, von 
e klein und gil Wasser. Statt Egil 
wurde gezischt Esgil gesprochen, 
und daraus wurden Eschelbach 
bei Wisloch, Eschelbronn bei 


— 42 — 


Egenburg — Eger. 


Sinzheim, Steisslingen und bei Ra- 

dolfzell, daselbst auch ein Eschel- 

riet. Der Nestel- oder Aisenbach 

bei Ellwangen hies früher auch 

Eschelbach ; bei Neuenstein in Wür- 

temberg ein Dorf Eschelbach nebst 
gleichnamigem Bach. — Aschen- 
bachundAskenbachkommend- 
gegen von uisge Wasser. Escholl- 
brücken bei Bensheim an Jer 
Bergstrasse hies früher Eschel- 
brucken oder Schellbrucken, Brücke 
über einen Esgil oder kleinen Bach. 
Escholzmatt im Entlibuch ist 
Bachwiese, statt Eskilsmatte. In 
Rheinhessen spricht man Essel statt 
Eschel aus, daher daselbst Essel- 
born, alt Eschilborn. An anden 
Orten hat man daraus Eselsborn 
gemacht. Ischel im Salzkammer- 
gut in Oberöstreich ist Eskil, einer 
der dortigen Bäche heisst auch die 
Ischel. Egelfurt bei Nördlingen zeigt, 
dass es sich hier um einen Ueber- 
gang über einen Bach, nicht um 
eine Fuhrt für Blutegel handelt, 
während bei Egelsee, Egelsew, Egd- 
seuv, Egelpful, Egelache, Egelgra- 
ben ebensowohl an Blutegel als an 
aigiol, 'aigeal sumpfige Niederung, 
gedacht werden kann. 

Egenburg, alte Veste im Eiz: 
auf einem hohen Berge, desgl. D 
Oberöstreich; der Egenfirst, Ber 
bei Neidlingen in Würtemberg, ros 
aighe, Egge, Höhe. 

Eger, Fiuss in Böhmen, l# 
Agira, Agara. ImschwäbischenBi® 
findet sich ebenfalls eine Eger, um 
zwar bei Bopfingen, desgl. eine bei 
Nördlingen. Der Name ist also nich! 











Egersdorf — Egge. 


slavisch. Bei den Böhmen heisst 
die Eger Ogre oder Ohrze, auch 
Cheb oder Chub wie die Stadt Eger. 
Diese Formen stammen sämmtlich 
aus dem Keltischen, Eger von e 
klein und cuor oder garm Bach; 
Ohrze von earc Wasser und di 
klein, Cheb von 90 klein und ab} 
Wasser. Gleicher Abstammung mit 
Eger sind Agger-am Mittelrhein, 
die Acher in der Ortenau, alt Ac- 
chera, ebenso die Ocker und Ucker. 
Der Name der Stadt Eger kann 
wohl von dem Flusse herkommen, 
indess ist dies nicht ganz passend; 
er müsste dann Egerburg, d. h. 
Wasserburg, lauten; vielleicht war 
ihr alter Name Wogast, von 
gwiog Wasser und iosda Ort (vgl. 
Wogast). Indess ist es natürlicher, 
den Stadtnamen E-ger von y, e, 
Artikel oder e, i klein und caer Ort 
abzuleiten. Darnach steht Eger 
gleich Caere in Altitalien und 
Gera an der Elster. 

Egersdorf, Ort in Oestreich, von 
eachrus Pferdestall und dann Wohn- 
ort überhaupt. 

Egestorf im Hannoverschen, alt 
Esdorpe, zu deutsch Hochdorf, von 
ailh, ais oder aighe hoch. 

Egga, alter Bachname im Oden- 
wald, in Urkunden tenuis egga, d.h. 
Schmalbach, von e, aspirirt ech 
(nasal ausgesprochen eng) und aa 
Wasser. 

Egge, Bergzug im Sauerlande, 
von aighe hoch. Im Linzgau bei 
Ueberlingen heisst ein Gebirgszug 
ebenfalls -die Egge; desgl. viele 
Berge imSchwarzwald, so die Hasla- 


— 423 — Eggenbach - Eggestersteine. 


cher Egg, die Siegelauer Egg im hin- 
tern Kinzigthal; der südliche Theil 
des Osning heisst ebenfalls Egge, 
daher die Eggestersteine am Fuss 
dieser Egge. Vom Deminutiv aigh- 
ean, kleine Egge kommt Eggen- 
bo] (Bühel) zu Wollmatingen bei 
Constanz. Der Ehberg bei Jagst- 
beim, der Eheburg bei Lautlingen 
in Würtemberg haben das Eg in 
weicherer Aussprache. Bei Arau 
liegt ein Eggborg undein Eck- 
berg; Egsperg inBayern; Egg- 
bühl in der Schweiz. Ein Eckberg 
im Schönbuch bei Stuttgart und 
bei Beimbach an der Jagst. Die 
Eck bei Owingen im Linzgau, ein 
hoherBerg. Der Eckenberg (von 
aighean) zu Nussbaum bei Pforz- 
heim, desgl. bei Adelsheim im Oden- 
wälder Bauland. (Vergl. Eichelberg 
und Eichberg.) Mit dem gälischen 
aighe ist das lateinische acutus, 
scharf, spitz, das französische aigu 
scharf, und die Bergnamen in der. 
asiatischen Türkei, die auf ac und 
dag enden, gleicher Wurzel, was 
nebenbei zeigt, dass diese Namen 
älter sind, als die Einwanderung der 
Türken in Kleinasien. 

Eggenbach im Elsas, von oich- 
ean oder oichinkleiner Bach, oiche 
Wasser. 

Eggestedt, alt Eggestede, Ort 
bei Lesum im Bremenschen, von 
aicde Gebäude, und zwar Hochbau, 
aighı hoch und dae Haus. Eben- 
daher Eychtze bei Cöln, gezischt 
gesprochen. 

Eggestersteine oderExtersteine, 
zu deutsch Steine am Eggegebirge 


Egisheim. 


oder Osning, oder Thurm-hohe 
Steine, von aighe hoch und torr 
steil, bezw. Thurm. Der Bach, der 
von diesen Felsen nach der Berle- 
bach hin fliesst, heisst die Licht- 
heupte, /eıygh Leye, Fels, abh 
Wasser und di klein. Die Eggester- 
steine sind hohe, aus weissen Sand- 
steinquadern gleichsam künstlich 
aufgebaute Pfeiler oder Thürme, die 
von einem Thalabhang zum andern 
reichen, ähnlich den Sandstein- 
Pyramiden und andern groteeken 
Formen, die im Wasgau so häufig 
auf den Spitzen der Berge wie an 
den Abhängen stehen geblieben sind, 
nachdem der Regen das umliegende 
Gerölle abgeschwemmt hat. Egge 
bedeutet einen langgestreckten 
scharfkantigen oder schroff abfal- 
londen Bergzug oder auch Berg- 
übergang. Die beiden Engpässe, 


welche von der Stadt Horn nach. 


der Senne führen, heissen die grosse 
und kleine Egge; die erstere führt 
nach dem Kreuzkruge, die kleine 
nach Kohlstedt und Schlangen. An 
den Eggestersteinen wurden aufAn- 
ordnung der Fürstin Pauline zur 
Lippe die Schuttmassen weggeräumt 
und sie dadurch vollständig blos- 
gelegt. 

Egisheim im Oberelsas mit den 
Trümmern der alten Egenburg, dem 
Stammsitz derGrafen von Egisheim, 
von welchem noch ein sehr hoher 
Thurm auf dem Berge hinter dem 
Dorfe hervorragt. Der Name kommt 
von acaidh Wohnstätte, Egisheim 
hies alt auch Egesheim, Eigesheim, 
Egensheim, Egenesheim. 


— mM — 


Egon — Ehrenfeld. 


Egon, alt Ecco oder Ego, Manns- 
name, der in der Familie der Für- 
sten von Fürstenberg als Vorname 
üblich ist; er bedeutet Reiter, vom 
kimbrischen ech, gälisch each Pferd 
und ae oder an Mann, zusammen- 
gesetzt eacho, eachan. 

Ehingen, Ort an der Donau im 
Mundrichshundert, alt Ebinge und 
römisch Bracuina. Brac ist Thal, 
uina oder Ehin i-ean klein Wasser, 
mit angehängtem ger Burg oder 
ka Ort, also Ort am kleinen Thal- 
bach. Mundrichshundert bedeutet 
Königsberger Landstrich. 

Ehrenbach, kleiner Bach bei 
Tübingen, von e klein, schmal und 
rhean Wasser. 

Ehrenberg bei Tuttlingen und 
Kocherthärn in Würtemberg, Eh- 
renstein bei Ulm an einem Hügel, 
Ehrenfels am Niederwald über 
dem Binger Loch, Fels mit Burg- 
ruine, sämmtlich vom gäl. aran 
Berg. 

Ehrenbreitstein, Bergveste, Cob- 
lenz gegenüber; braighe, braid, 
braith bedeutet höchster Theil eines 
Gebirges, und Ehren kommt von 
aran Berg oder auch Burg, also 
Burg aufder Bergspitze oder höchste 
Kuppe des Gebirges. Stein, der 
Name für viele Burgen, z. B. Stein 
über Baden im Argau;; Stein, Stamm- 
burg der Freiberren von Stein un- 
terhalb der Burg Nassau bedeutet 
hier soviel als Burg, vom kelt. din 
Burg, gezischt gesprochen. 

Ehrenfeid, eine Vorstadt von 
Cöln am Rheine; irean bedeutet 
kleines Feld. 











Ehringen — Eichelberg. 


Ehringen, Dorf bei Volkmarsen 
in Hessen, gleich Oehringen, Ihrin- 
gen, Heringen, Ackerlandsort, von 
ire Feld, Land und inka kl. Ort. 

Eiberg an der Enz in Würtem- 
berg, gäl. a Hügel, sonst aith, ais. 

Eich, Ort bei Worms, von ach- 
aidh Wohnort. 

Eichberge gibt es durch ganz 
Deutschland, ohne dass gerade im- 
mer Eichwälder auf denselben stün- 
den. Der Name kommt vom gäli- 
schen aighe Höhe; so bei Mur- 
bach, bei Bühlerzell, bei Wildberg 
in Würtemberg, bei Weissenburg 
im Elsas. Im Güntersthal bei Frei- 
burg im Breisgau liegt der Eiche- 
berg und bei Rotweil am Kaiser- 
stuhl der Eichaberg. Weiter der 
Eichberg bei Emmendingen und bei 
Blumberg im Klettgau, der Eich- 
berg beikEbringen im Breisgau, dann 
ein Eichberg bei Kassel über Ih- 
ringshausen. Ebenso gibt es eine 
Menge Eichbühel, als bei Och- 
senberg und Schwöllbronn, bei Höl- 
zern, bei Oberstetten, bei Tuttlin- 
gen, sämmtlich in Würtemberg; 
dann bei Miltenberg im Odenwald 
und in der Schweiz; der Eichbuel 
zu Schwörstadt bei Säckingen; die 
Eichkohle, Berg bei Kandern, 
der Eichenfirst bei Lüssenho- 
fen, der Richkopf bei Königstein 
im Taunus. 

Eichelbach bei Mittelroth in 
Würtemberg, von e eng, klein und 
gil Wasser. 

- Eichelberg, grosser Berg links 
am Eingange des Murgthales im 
Oosgau, von aighe hoch, Berg und 


— 25 — 


Eichelstein. 


il gross, ebenso ein Eichelberg bei 
Schlettstadt im Elsas. Bei Kandern 
heisst ein hoher Berg Eichelacker, 
bei Backnang in Würtemberg ein 
Eicheneberg, ebenso Eichelberge bei 
Oelbronn, Leonbronn, Oberbrücken, 
Gröningen, Mariakappel, Ailringen, 
Zaisenhausen, Orendellsall, Sulz- 
bach am Kocher, Seebronn u. 8. w., 
dann im Odenwald bei Heddesbach 
und Lampenhain, zu Dürn bei Pforz- 
heim, bei Maikammer an der Pfälzer 
Haardt; ferner Eichelfirst bei 
Stürzelbronn in Rheinbayern u.s. w. 
u.8.w. Von denEicheln haben diese 
Berge schon darum ihre Namen 
nicht, weil sie theils unbewaldet, 
theils, wo bewaldet, nicht blos mit 
Eichen bestanden sind; zudem gab 
es in alten Zeiten keine Wälder, in 
welchen wie heutzutage in Folge 
der Forstkultur blos Eichen, blos 
Buchen, blos Tannen und dergl. ge- 
standen hätten. 

Eichelstein. Die Eichelsteine bei 
Mainz und Cöln sind Reste alter rö- 
mischer Bollwerke, Steinwälle, mas- 
siv gebaut in Thurmform, aber nicht 
hohl; wenigstens der in der Mainzer 
Citadelle stehende nicht. Letzterer 
war im Anfange des 17. Jahrhun- 
derts noch 70 Fuss hoch, jetzt ist 
er niederer, ohne Fenster- und Thür- 
Öffnungen und aus Sandsteinen auf- 
gemauert, im Innern mit unregel- 
mässigen Steinen und Kalkmörtel 
ausgefüllt. Nach der Aussenseite 
der Citadelle, da wo dieselbe von 
der Hochebene hinter Mainz bestri- 
chen werden kann, ist die äussere 
Bekleidung des Eichelsteines start 


Eichfeld — Eichsfeld. 


zerschossen. Figuren, Adler oder 
sonstige Verzierungen finden sich 
keine an demselben, und wenn der 
Eichelstein als Denkmal für Drusus 
(den Stiefsohn des Augustus) von 
dessen Soldaten errichtet wurde, so 
haben sie dabei nicht viel Kunst 
entwickelt. Deshalb mag der mas- 
sive Thurm wohl eher als Bollwerk 
und als Hochwarte gedient haben, 
um die Ebene hinter Mainz zu über- 
schauen. Der Name ist keltisch, 
von acha Bollwerk, Wall, Schanze, 
Erhöhung (gleich aighe, Egge) und 
aill, oillStein oder blos el, il gross. 
Aus diesem Eichelsteine, der jeden- 
falls mit Eichen in keiner Beziehung 
steht, ergibt sich mit Sicherheit, 
dass auch die Mehrzahl unserer 
Eichelberge von aighe Höhe her- 
kommt und nichts mit Eicheln zu 
schaffen hat. 

Eichfeld, Feldfläche zwischen 
Judenburg und Leoben an der Muhr, 
von achadh Feld, gleich Eichsfeld 
in Thüringen. 

Eichhorn. Die Landzunge zwi- 
schen Constanz und Meersburg 
heisst seit dem 12. Jahrhundert 
Eichhorn, früher Aichhorn, von 
aighe Höhe und cearn Spitze, Horn 
(lat. cornu), also bergige Spitze, 
Vorgebirge. 

Eichsfeld, alt Eichesvelt oder 
Eychisfeld im westlichen Thürin- 
gen; dasselbe führt angeblich sei- 
nen Namen von den dort gewesenen 
grossen Eichenwaldungen, wie der 
Buchengau angeblich von den Bu- 
chen und der Maiengau von den 
Maien. Dem steht aber entgegen, 


— 426 — 


Eichsfeld. 


dass nicht nachgewiesen werden 
kann, ob benannte Gegenden vor- 
zugsweisevon Eichen, Buchen u. s. V. 
bewachsen waren, denn wild wach- 
sende Wälder enthalten in der Regel 
ein Gemisch von Baumarten. Dann 
passt der Name Feld nicht zu Eich- 
wald, endlich verlautet geschicht- 
lich nichts davon, dass das Eichs- 
feld je einmal überhaupt stark be 
waldet war; es war wohl schon in 
keltischen Zeiten eine hohe Feld- 
fläche, gälisch bedeutetaber achadh 
Feld, daher auch das Dorf Hagr 
feld bei Karlsruhe auf einer weiten 
Feidfläche. Das Eichsfeld wird au 
alten Karten auch Eisfeld geschrie- 
ben, dies käme von aith, ais Höhe. 
Das Eichsfeld bildete während des 
Mittelalters einen eigenen Gau, der 
schon 897 in einer Urkunde Kaiser 
Arnulphs vorkommt; in dieser Tr- 
kunde gab Chunrad, Gaugraf von 
Hessa und Angraris, an die Abtei 
folgende Orte auf dem Eichstfelde 
nächst Mühlhausen: Ammern, alt 
Ambraha, von inbhir kleines Was- 
ser und dem angehängten deutschen 
aha gleich Wasser; Germar, alt 
Kermara, Grenzberg, von ger, ghear 
Grenze und mar, maor Berg; Len- 
genfeld, von lianag Wiese; En- 
melbausen, alt Eimlihusen, vor 
om Haus und /i klein; Ditdorf. 


jetzt Didorf, von doid Bauernhof; 


Dachreden, alt Dachreda, a 
teagh Haus und raith Feld; Mühl- 
hausen, altMolinhuso, wurde 7:3 
von Karl dem Grossen der Abt 
Hersfeld verliehen; es war keint 
Mühle; in einer Urkunde heisst es, 














Eichsfeld. 


dass in Mühlhausen franci homines 
wohnten, d. h. freie oder fränkische 
Leute. Warum in dem Molinhuso 
freie Leute wohnten, dies scheint 
der Name zu erklären, denn Molin 
bedeutet Malstätte, von mea/, maol 
Hügel, auf dem die Gerichte abge- 
halten wurden; für Mühle wird im 
Altdeutschen das Wort „Gang“ ge- 
braucht. Auf dem Eichsfelde lagen 
ferner: Aplast, jetzt Apfelstädt im 
Gothaischen, von uabh Wasser, li 
klein und iosdu Stätte, oder auch 
von abhal Apfel. Da das Eichsfeld 
im Grunde nur einen Theil der Ger- 
marmark, d. h. der thüringischen 
Berggrenze gegen Hessen bildete, 
so wurden obige Orte auch zur 
Germarmark gerechnet. Geisle- 
den, alt Geislaha, von gais Bach, 
li klein und dun Haus oder Ze 
Stätte; es kam 1022 durch Hein- 
richII an das Kloster Heiligenstadt, 
das um diese Zeit zum ersten Male 
vorkommt. Um 1300 war das Eichs- 
feld kein politischer Gau mehr, son- 
dern nur noch ein Landschaftsname 
für die Gegend, wo die Burgen 
Gleichenstein, Scharpenstein und 
Birkenstein (bei Birkungen) lagen, 
die der Graf Heinrich von Gleichen 
(cloch, clag Fels) 1294 an den 
Erzbischof Gerhard von Mainz ver- 
kaufte; vorher hatte er-das Jagd- 
und Fischrecht den Tempelherren 
eingeräumt. In der betreffenden Ur- 
kunde von 1294 heisst es, dass die 
Gegend theutonice Eychisfeld ge- 
nannt wurde, woraus hervorgeht, 
dass in jener Zeit im Gegensatz 
zum Lateinischen alles theutonisch 


— 471 — 


Eichstädt. 


genannt wurde, was das Volk sprach. 
Zur Landschaft Eichsfeld gehörte 
noch Worbis, wohl gleich Orbis, 
urbs, Veste; es gehörte den Grafen 
von Lora und Beichlingen, welche 
es um das Jahr 1300 an den Land- 
grafen von Thüringen verkauften. 
Heiligenstadt und Rusteberg 
waren lange vorher Mainzisch ge- 
worden, ebenso das Kloster Gerode 
und das Schloss Harburg. Har- 
burg kommt von caer Ort, Burg, 
gaard; Rusteberg, eine Mainzische 
Burg, von rudhun, gezischt rustan 
kl. Berg; Gerode von ca, cae Ort 
und raith, roth Feld. Nach der 
hessischen Grenze zu gegen Allen- 
dorf und Wizzenhausen lag oder 
liegt der Westerwald, von uast 
Wald und er gross; Wizzenhau- 
sen bedeutet Waldort, denn es liegt 
an diesem Walde, von gwydd, gwiz 
Wald. 

Eichstädt, alt Eichstat, Stadt 
an der Altmühl. Hier errichtete Bo- 
nifazius ein Bisthum für die west- 
lichen Nordgauer und Sualafelder. 
Der Ort hatte, wie es in dem Leben 
des heiligen Bonifazius heisst, schon 
vorher diesen Namen, ist also kel- 
tisch, und bedeutet entweder Hoch- 
stadt, von aighe hoch und aidhe 
Stätte; er liegt über der Altmühl, 
die hier von Hügeln begrenzt ist, 
oder blos Wohnort, von achaidh, 
gleich Aichstetten im Breisgau, 
Eichheim in Oestreich und Eich 
bei Worms. Achaidh bedeutet in- 
dess ursprünglich entweder hohe 
Stadt oder mit einem Wall, acha, 
umgebene Stadt, es fallen -"-- 





Eidberg — Eifa. 


beide Erklärungen schliesslich zu- 
sammen, 

Eidberg, alt Eitberc, Eiperch 
im Canton Zürich, von aith Hügel, 
hoch. 

Elder, Fluss zwischen Holstein 
und Schleswig, alt Eidora, altnor- 
disch Agidora oder Oegisdyr, an- 
geblich Thüre zum Meergott oder 
Meerriesen Oegir. Dieser Riese 
wohnte gleich Poseidon zu Aigai 
(Meertiefe) in einem unterseeischen 
Palaste, wo Gold statt brennenden 
Lichtes diente. Oegirs Diener wa- 
ren Eldir (angeblich Feueranmacher) 
und Funafengr (Gluthaschenauffän- 
ger), Ran war Oegirs Gattin, die 
unter dem Wasser auf einer Wiese 
(rhann Wiese) wohnte, auf der die 
Kinderseelen spielten, ehe sie durch 
den Storch auf die Oberwelt ge- 
bracht wurden. Die Frau Holde 
oder Holle ist der Ran oder Raun 
(isländisch) gleichbedeutend, auch 
sie pflegte die Kinderseelen vor der 
Geburt im Kinderbrunnen; dieser 
Brunnen ist aus dem Wolkenhim- 
mel, wo eigentlich die Seelen, Elfen 
und Maren hausten, entstanden. Die 
Eidora kann übrigens viel einfacher 
aus dem Keltischen erklärt werden, 
nämlich von y Artikel und dwr, 
tur Wasser, oder von e eng, klein, 
also kleines Wasser im Gegensatz 
zur Elbe. Das altnordische agi und 
oegi ist die aspirirte Form ech, die 
im Deutschen in eng überging. 

Eiersheim, Ort bei Külsheim, 
alt Jersheim, von e klein und aras 
Wohnung. 

Eifa, Bach in Hossen, alt Ypha, 


— 423 — 


Eifel — Eimbeck. 


von abA Bach, daher auch die Efze 
bei Homberg. 

Eifel, alt Eifla, Eiflia, zu deutsch 
Hochland, von idh, if Gegend und 
al, il hoch, gross. Der Eifelgau 
war einer der sieben Rifländer Gaue, 
gehörte zum Cölner Sprengel, ob- 
wohl ein Theil des Gebirgslandes 
nach dem Mayenfelde hin zum 
Trierer Sprengel geschlagen wurde, 
da er einen Theil des Mayengaues 
bildete; dieser Theil liegt an der 
Nitze, Acht, Elz und Endert, und 
heisst „in der Eifel“, während die 
eigentliche hohe Eifel oder Schnee- 
eifel dem Cölnisch-ripuarischen Er 
felgau angehörte, und auf der Eifel 
genannt wird. Bei Nentershausen 
im Ringgau in Niederhessen liegt 
auch eine Hochfläche, die Eifels- 
feld heisst. 

Eigenbach im Schwarzwald, von 
oiche Wasser, oichean kl. Wasser. 

Eilenburg, altIlenburg, in Sach- 
sen an der Mulde, zum Theil auf 
einer Insel, also rings von Wasser 
umgeben, weshalb der Ort einst 
gny-sezi Wasser-Sitzer hies; ein 
anderer Theil der Stadt liegt auf 
einer felsigen Höhe, von oil Fels, 
oil-an kleiner Fels, daraus ist Ei- 
lenburg entstanden; letzteres war 
ursprünglich eine Felsenburg, er- 
steres ein Pfahlbautenwerk. 

Eilse, Bach bei Langenkandel im 
Speiergau, entweder zusammengt- 
zogen aus aigiol, aigeal sumpfg! 
Niederung, oder gleich Ilz, El:, 
Alz, alt Bach. 

Eimbeck, Stadt in Engern au 
einem Seitenbach der Leine, von 








Ein — Einsiedeln. 


ean oder amhain Bach, nieder- 
deutsch beck. In Baden gibt es 
-auch einen Einbach. 

Ein, Zahlwort, ven, aoin gälisch. 

Einfisch- Thal. Das erste von 
Romanen bewohnte südliche Seiten- 
thal des Wallis, das bei Siders in 
das Rhonethal mündet, an der Grenze 
der deutschen Sprache; Einfisch 
wohl von onn Fels und pis, pisk 
Busch, Wald, Bergwald; der fran- 
zösisch e Name Anivier hat statt 
pisk Wald den Anhang vier, bior 
Wasser, Gebirgsbach. 

Einig, Ort in der Eifel, alt Inika, 
entweder von in klein und ka Haus 
oder inteach Engpass, gleich Inni- 
chen im Pusterthal, das alt Intica 
hies, 

Einsiedeln, lat. Eremus Deiparae 
Matris, Monasterium Eremitarum, 
franz. l’Hermitage oder les Hermites, 
ital. la Madonna di Waldo, früher 
auch St. Meinrads Zell im finstern 
Wald, grosser Wallfahrtsort, bei 
dessen Engelweihe sich jährlich am 
14. September an die 30000 Pilger 
um das Bild der „schwarzen“ Maria 
versammeln; das Kloster wurde 1798 
von den Franzosen ausgepländert. 
Vor Zeiten war hier an der Syhl 
dichter Wald, in welchem sich 838 
der heilige Meinrad oder Meginrad 
aus dem Benedictinerorden ansie- 
delte. Die Aebtissin des Frauen- 
münsters zu Zürich, zu welchem 
das Land gehörte (Schwyz liegt 
nämlich im alten Zürichgau), lies 
ihm hier eine Zelle bauen, Meinrad 
wurde aber 863 ermordet, und Alles 

verfiel wieder. Erst 906 legte der 


— 49 — 


Einsiedeln. 


heilige Benno den Grund zur jetzi- 
gen Benedictinerabtei. Der Abt war 
bis zur Auflösung des deutschen 
Reiches deutscher Reichsfürst. Eine 
halbe Stunde von Einsiedeln liegt 
noch ein Benedictinerkloster, das 
der Schwestern bei allen Heiligen 
in der Aue, dessen Kirchenschatz 
ebenfalls die Franzosen plünderten. 
Zu Einsiedeln gehört der wilde 
Etzelberg, auf dem erst Meinrad 
lebte, dann die Insel Uffnan im Zü- 
richersee, wo Ulrich von Hutten 
1523 starb und in der daselbst lie- 
genden Kirche begraben wurde. 
Kaiser Otto I schenkte sie 965 dem 
Stifte Einsiedeln, ebenso das Dorf 
Pfefikon. Der Name Einsiedeln ist 
deutsch; man könnte daraus den 
Schluss ziehen, dass bei Gründung 
des Klosters in der Gegend schon 
ausschliesslich deutsch gesprochen 
wurde; indess lautet Einsiedeln, 
wörtlich ins Keltische übersetzt, 
ebenso, ven-sadhail einsame An- 
siedelung, so dass also obiger 
Schluss nicht unanfechtbar ist. Der 
Etzel-Berg kommt von aith hoch 
und il gross; Benno ist kleiner 
Mann, von bin, ben klein, auch 
Sohn, und nae Mann, oder aber von 
ban weiss; wenn man seinen Stand 
berücksichtigt, auch von buin heil- 
sam, lat. bonus; Meginrad kann 
für Meginhard stehen, von mag 
Feld und air Mann; rad wäre auch, 
wie bei Conrad, gerüstet, von reid- 
him rüsten, und magh, man, main 
dann soviel als Hand, also eine zum 
Kampf gerüstete Hand- - "" 
eine sehr künstliche Au 





Eis — Eisenberg. 


Als Heiliger kommt Meginrad von 
mogh oder moin gross, an Mann, 
rhad Gnade, Glück, grosser Mann 
der Gnade. 

Eis, gälische Endung, die Mann 
bedeutet, sie wurde im Griechischen 
in ys, eus umgewandelt, z.B. Achil- 
leus, von aichill behend, im Latei- 
nischen Achilles, weil eis ebensogut 
in eus wie in es überging. Die gäli- 
schen Endungen ar und duin, die 
auch Mann bedeuten, wurden im 
Griechischen in on umgewandelt, 
z. B. Poseidon aus baisduin oder 
buis-duoine Wasserherr. 

Eisack, Fluss in Tyrol, alt Isar- 
cus, Hisarcus, gleich der Sarca, die 
in den Gardasee fliesst, von earg 
Wasser und di, gezischt si, klein. 
In den Mundarten Oberitaliens setzt 
man gern ein i vor das 8. 


Eisberg, gälisch bedeutet ais. 


oder aith Höhe, daher der Eisberg 
bei Freudenthal am Ueberlingersee, 
der nur 1800 Fuss hoch, also kein 
Gletscherberg ist, desgl. der Eis- 
berg bei Nagold und Eisbühl, Dorf 
auf einem Hügel in Bayern. 

Eiselberg bei Stein hinter Dur- 
lach, von aith Berghöhe und il 
gross, wird oft auch Eisenberg 
ausgesprochen, obgleich daselbst 
kein Eisen gegraben wird. 

Eisenberg bei Göllheim in Rhein- 
bayern, dann mehrere in Würtem- 
berg, z. B. bei Ballendorf, und der 
Eisenbühl bei Trochtelfingen, zu 
deutsch kleiner Berg, vom gäl. aisin 
oder aithin, Demin. von ais, aith 
Berg; an all diesen Bergen wird 
kein Eisen gegraben. 


— 4% — Eisenburg — Eiterbach. 


Eisenburg, Ort östlich von Jena, 
von ois Burg, oisar kl. Burg. 
Eisenwurz, Bergland in Unter- 
östreich an der obern Ips und Tra- 
sem, bis hinüber ins Salzachthal. 
Der Name wird auch Eisenarzt ge- 
schrieben, woraus sich die Erklä- 
rung des Namens ergibt, denn arzt 
ist ard hoher, steiler oder dürrer 
Berg, lat. arduus, aridus. Wurz 
ist dasselbe, wie die hohe Wurzel 
bei Wiesbaden, nur ist hier noch ein 
il gross, angehängt. In der Eisen- 
wurz liegt der Arzberg, über dem 
Arzbach, dann an den Quellen des 
Ips der Höllenstein, von 03/7 Fels. 
Ob der Vorsatz Eisen sich auf 
Eisengruben bezieht, oder ailheon 
Berg bedeutet, mag dahingestellt 
bleiben. Eine Zeit lang hies das 
Land Hunnia, entweder weil die 
hunnischen Awaren bis hieher, d.h. 
bis an die Ens herrschten, ehe sie 
von den Bayern wieder nach Ungara 
zurückgetrieben wurden, oder aber 
Hunnia bedeutet blos Felsenland, 
von onn, unn Fels.und ia Land, so- 
mit dasselbe, was Eisenwurz. 
Eissfeld oder Essfeld, alt Achi- 
feld, Dorf in Würtemberg, vom gäl 
achadh Feld. Die Form Eiss wird 
wohl auf inz, innis Wiese zurück- 
zuführen sein, und das Wort Feld 
auf 7ald Pferch, eingezäunter Ort. 
Eitenberg bei Mülligen im Aar- 
gau, von ailhin kleiner Berg, ebenso 
der Eizzenberg in Würtemberz. 
Eiterbach im Schwarzwald, von 
e klein und dur Bach. Eiterha- 
gen im Kaufungerwald an einem 
kleinen Bach, dem Kehrenbach 














Eiterberge — Elam. 


(von caoran kleines Wasser), ist 
Haag oder eingehegter Ort am klei- 
nen Bach. 

Eiterberge bei Flacht undNeuen- 
burg in Würtemberg, der Eider- 
berg bei Brixen, der Eiterberg 
bei Zimmern in Thüringen, desgl. 
in den untern Vogesen, zu deutsch 
grosse Höhe, von aith Höhe und er 
gross. 

Eizberg bei Tannenkirch nächst 
Lörrach, von aith Höhe, Berg. 

Elam, biblischer Name für das 
persische Hochland, dem Sinne nach 
soviel als Aram; e/ und ar bedeu- 
ten hoch und am, om ist unser deut- 
sches heim, keltisch aimh Wohn- 
stätie, Heimath. Persien, Farsi- 
stan bedeutet dasselbe, von pyr 
oder bar Borg, dae Leute und stan 


Land, während die benachbarten 


Meder, griechisch maidioi, Feldleute, 
Ackerbauern waren, von magh, 
muhd, may Feld und dae Leute. 
Elam, el-amhain der grosse Mann, 
wenn man den Namen auf eine Per- 
son bezieht, war nach der Genesis 
der erste Sohn Sems. In Eiymäis 
lag Susa’'am Flusse Ulai, griech. 
Eulaivs, von al, u! gross und aa, 
ieo, y Wasser (vergl. Ulai). Elam 
hies auch Chusistan, Waldland, 
von coed Wald, oder es war ein 
Tlieil davon. Im Pehlevi wird Chu- 


sistan Airyama genannt, von @- 


Berg, ire Land und am, amhain 
Leute. Unter Elam verstanden die 
Alten bald dasalte persische Stamm- 
land, bald das ganze Gebirgsland 
östlich vom Tigris von Kurdistan 
bis an den Indus, In diesem ausge- 


— 431 — 


Elba. 


dehnten Sinne gehörten auch die 
Assyrer zu Elam. Zur Zeit Abra- 
hams bekriegte der König Kedor- 
Laomer von Elam in Verbindung 
mit andern Königen die Bewohner 
des Thales Siddim (Sodom), weil sie 
den seit 12 Jahren bezahlten Tribut 
im 13. Jahre verweigert hatten. 
Kedor bedeutet Waldmann coed- 
air, also soviel als Kusch, Laomer 
Kriegsmann oder Todtschläger, von 
lannaim, landaim, lotaim, llad- 
daim erschlagen und air Mann. 
Zur Zeit der Blüthe der assyrischen 
Herrschaft war ganz Elam dersel- 
ben unterworfen, um 600 vor Chr. 
hatte es aber wieder unabhängige 
Könige; die nach dem Falle Ninives 
mit dem an dessen Stelle getretenen 
Babylonien in Kriege geriethen, bis 
endlich Kyros an der Spitze der 
elamitischen Perser die Herrschaft 
in ganz Vorderasien an sich brachte. 
Die Elamiten verehrten wie alle kel- 


-tischen Völker den Belus oder Dal, 


den Steingott, und den Adonis, 
Odin oder den Herrgott, von duin 
Mann, Herr. al und Duin waren 
nur verschiedene Bezeichnungen für 
ein und denselben Begriff. In Elams 
südlichem Theile hausteneinst äthio- 
pische Kuschiten, von Susa an nörd- 
lich aber weisshäutigo Kelten; aus 
der Mischung beider entstanden die 
heutigen Völker und Sprachen des 
Landes (vergl. Pehlevi und Huz- 
varesch). 

Eiba, alt Ilba oder Ilva, kleine 
Insel im tuskischen Meere an der 
Küste von Toscana, Name von te 
Insel und di klein. 


Elbe. 


Elbe, lat.-kelt. Albis, vom gäli- 
schen al gross und bais Wasser, 
also grosses Wasser, griech. Albias, 
altdeutsch Elba oder Albja, nordisch 
Elf, Elfa, slavisch versetzt Labe. 
Die gälische Bedeutung grosses 
Wasser trifft für die Elbe zu, nicht 
aber für andere Flüsse, die ähnliche 
Namen führen, als die Alb bei 
Karlsruhe, desgleichen im Hauen- 
stein, dann nicht für die vielen El- 
fen in Scandinavien oder für die 
Aube, Albis in der Champagne, 
dem obersten Nebenflüsschen der 
Seine; hier wird eine Versetzung 
des gäl. bia/, bual (Wasser) anzu- 
nehmen sein, oder alt-by Wasser- 
klein. 

Eiben, Elfen oder Gütchen (im 
Wendland) sind nach altem Glauben 
Soelen, und da diese, wenn sienicht 
in einen Körper gebannt sind, in der 
Wolkon- oder Wasserregion hausen, 
zugleich Luftgeister. Mit Wwuotan 
ziehen sie durch die Lüfte, als ihr 
Führer heisst dieser in Thüringen 
Elbel, d.h. Elf-gross. Hulda, 
die Seelenmutter hies in Westflan- 
dern Alvinna, Elfin. In jeder her- 
vorragenden, schädlichen oder se- 
gensreichen Naturerscheinung sind 
Seelen Verstorbener oder Elfen thä- 
tig. Wenn sich ein Wirbelwind er- 
hebt, so ist eine Mutterseele mit 
ihrem Kinde im Arm in die Lüfte 
gestiegen, d. h. eine Wöchnerin ist 
mit ihrem Kinde gestorben, sagen 
“die Niederländer. Stirbt ein Tugend- 
hafter, so geht seine Seele als weis- 
ses Wölkchen, als Eife aus seinem 
Munde. Der Sturmwind ist die 


— 42 — 


Elben. 


Eifenmusik oder der Albleich. 
Die Waldelfen heissen auch Lon- 
jungfern, Moosweibehen oder 
Holdermännchen, die Wasserelben 
Nixen und Meerfrauen; als Al- 
pen oder Druten heissen sie auch 
Maren oder Marten; os sind dies 
bösartige Elfen, welche den Schla- 
fenden drücken, aber auch Bäume, 
Steine, Wasser und Eis zertrünm- 
mern. WerElfen sieht, wird albern, 
er wird ein Elbertrötsch oder E)- 
bentritsch, nordisch Ellewild. Der 
Albleich heisst auch Wichtelschall, 
Hulderslat, Liuflingslag, Alfdanı, 
Elfentanz, Personificationen für 
Windgebrause, Wirbelwind oder für 
die Windsbraut, d. h. für die 
Elfen, die im Winde ihren Braut- 
tanz aufführen. In Indien heissen 
die Elben Bibhu. Was die verschie- 
denen Namensformen betrifft, sv 
könnte man bei Elbe an albus weiss, 
glänzend oder an einen Flussnamen. 
Elbe, denken, was aber keinen ein- 
fach passenden Sinn gäbe, e? ist 


‚entweder gross, hoch, hier über- 


menschlich, oder kommt von al 
Wind, aeolus, oder endlich von aille 
schön; be, fe ist Frau, Fee. Die 
bösen Elfen oder Maren, griechisch 
Moiren, kommen von marw Tel, 
Marta gleich marw-dae Todtenfrau 
Gütchen sind gute Elben. Alb- 
leich oder Elfenleich kommt ven 
leighiomh (Lection), leighim, lt 
legere lesen, d. b. nach alter, nich 
in denKirchen üblichen Art singen 
vortragen; altdeutsch „leich“ Tanı 
mit Gesang, gothisch laikan tanzen. 
Elfentans, Bibhu, der indische 











Eichenthal — Elis. 


Name kommt entweder von rhyfedd 
schön, bewunderungswürdig, wun- 
derbar, also gleich aille schön, ail- 
be schöne Frau, oder von rhwyf 
König, Mann des Reichthums, woher 
unser Rübezahl, rhmy/-salKönig- 
gross oder Elfenkönig. 

Elchenthal, in den piemontesi- 
schen Alpen, wird von der Tosa 
durchströmt und heisst italienisch 
im obern Theile Formazzathal, im 
untern Thal von Antigorri; nächst 
Vogogna mündet sich in das El- 
chenthal das Lantzerthal, dessen 
oberer Theil Eschenthal heisst; das 
obere Elchenthal mit den Ortschaf- 
ten Gries und Pommat (italienisch 
Formazza) ist deutsch, desgleichen 
das Eschenthal. Eichen kommt von 
oill, aill Fels, oilleach felsig. 
Pommath ist beum-aidhe Bach- 
ort, gleich Form-azza /uar-mi- 
aidhe oder aiteas Wasser-klein-Ort. 
Gries ist dasselbe, was Griesheim 
bei Darmstadt. 

Eldred, englischer Weibername, 
von Aldrada, truadh arın, elend und 
al gross. 

Elis, y-!!ys, die Burg der Eleer 
im westlichen Peloponnes, in deren 
Nähe die Olympischen Spiele ge- 
feiert wurden, ursprünglich ein länd- 
liches Erntefest. Die Eleer gehör- 
ten dem grossen Aeolischen Volks- 
stamme an, und trieben, wie dieser, 
vorzugsweise Viehzucht. Eleer kann 
nicht wohl als Bewohner von Elis 
aufgefasst werden, denn die Burg- 
leute bewohnten nicht den ganzen 
Gau, sondern Eleer wird wohl so- 
viel sein als Hellenen, ail, eile-ui 

Deutsch-keit. Wörterbuch, 


— 433 — 


Elisa — Elisabeth. 


fremde Leute, weil sie wie alle 
Aoolier (dasselbe Wort, nur breiter 
gesprochen) aus dem Norden, d.h. 
aus Thessalien (tuath Norden) ein- 
gewandert waren. 

Elisa, Völkername, oder Name 
des Vaters eines Stammes in der 
Völkertafel der Genesis; er bezieht 
sich auf Hellenen oder Aeolier, den 
Hauptstamm der@riechen dies- und 
jenseits des Aegäischen Meeres. Die 
wörtliche Bedeutung ist Fremdlinge, 
fremde Leute, vom keltischen aoile, 
aile, eile fremd und dae gezischt 
sae Leute. Gleichen Ursprungs sind 
die Worte Aeoloi oder Aioles, nur 
stehen hier statt dae die Formen 
ui, ae und eis, die ebenfalls Män- 
ner oder Leute bedeuten, in gleicher 
Weise wie en, an bei Hell-en. 

Elisabeth oder Elsbeth, Weiber- 
name, bestehtausElseundBotty; 
ersteres von aillse, schöne Fee, 
schönes Weib — aille schön, sia 
Weib, „sie” im Gegensatz zu air 
Mann, „er —; letzteres von baoth 
gut, also gute, schöne Frau; ent- 
sprechend der durch Schönheit und 
Mildthätigkeit berühmten „heiligen“ 
Elisabeth, die, bekanntlich aus Un- 
garn gebürtig, Landgräfin von Thü- 
ringen und Hessen wurde. Dieselbe 
residirte auf der Wartburg und 
wurde in Marburg in der durch 
ihren herrlichen Bau ausgezeichne- 
ten Elisabethkirche beigesetzt, wo 
ihre Gebeine aber von ihrem eigenen 
Nachkommen, Philipp dem „Gross- 
müthigen“, der im Sarge grosse 
Beichthümer vermuthete, eigenhän- 
dig aufgewählt, und daseine Habgier 

28 


Ellfeld — Ellwangen. — 434 — Elm — Elohim. 


getäuscht ward, in einem Sack bei 
Seite geworfen wurden. 

Elifeld, alt Eltvile, Hauptstadt 
des untern Rheingaues. Hier wur- 
den urkundlich 1293 die ersten ro- 
then Trauben gepflanzt. Der Name 
ist keltisch, kommt von ailt Haus 
und bill klein, latinisirt wurde alta 
villa daraus, was aber nicht passt, 
denn Ellfeld liegt nicht hoch. 

Elinbogen. Elin bedeutet im 
Kimbrischen Ecke, scharfer Winkel; 
es wird auch ell und ellen ge- 
schrieben, Bogen ist die angehängte 
deutsche Uebersetzung davon. Mit 
Elinpoga werden im Altdeutschen 
Krümmungen der Bäche im Gebirge 
angezeigt, als der Aschach in Ober- 
östreich, die Ellbögen an der 
Sil in Tyrol, die Stadt Ellbogen 
an einer Krümmung der Eger in 
Böhmen, Katzenellenbogen in 
Nassau, wo die Aar sich um einen 
hohen Waldberg krümmt, Katze von 
coed Wald, Katzenellenbogen also 
soviel wie Waldecke. An der Kinzig 
in der Ortenau gibt es auch einen 
Elinbogen, ebenso ein Dorf solchen 
Namens im Vorarlberg. Von dem 
keltischen uilean, was den mensch- 
lichen Einbogen bedeutet und mit 
elin gleicher Wurzel ist, kommt 
das lateinische ulna, deutsch die 
Elle. 

Ellwangen, alt Elchenwang, oder 
blos Ellwank, im fränkischen Virn- 
grund oder Virgundwald, Name 
gross-Wald-Pferch, von el, i} gross, 
chen für chun, gun! Wald(Virgund) 
und /ang Vieh-Pferch, Schuppen 

der Ställe zum Ueberwintern des 


Viehes, während es den Sommer 
über frei im Virgund, d. h. Gras- 
wald (von fear Gras) oder im Firn- 
grund, d. h. Gebirgsthal (von /eo- 
ran) herumlief. 

Elm, alt Ailimund, ein hochgele- 
gener mooriger Waldstrich zwischen 
Braunschweig und Helmstädt, vom 
gäl. al hoch oder ul! feucht und 
mmnt Berg. Helmstädt in der- 
selben Gegend bedeutet Stätte am 
Elm. Statt Ailimund kommt auclı 
Alabure vor, Hochberg, bur statt 
bar, bor Berg. 

Elohim, Götter, Mehrzahl von e/ 
Gott oder Eloah, arab. Allah. Im 
Keltischen bedeutet a/, el, il, ol, 
ul gross, hoch, mächtig, £/-Zlohim 
Gott der Götter. Unter El, dem Ho- 
hen, Mächtigen verstanden die Ju- 
den alle ihre verschiedenen Götter 
vom Stein, Stier, Bock bis zum un- 
sichtbaren, und in Bildern nicht 
darstellbaren Jehova (lateinisch Je- 
hovis, Jovis, Genitiv von Jupiter, 
vom kelt. ab, iab, iob, Hiob, Vater 
mit angehängtem piter, pater, Va- 
ter). Es wird in der Regel ange- 
nommen, dass das alte Testament 
von zwei Verfassern herrühre, einem 
Elohisten, dem die älteren Stel- 
len, welche noch vielfach an den 
Steincultus erinnern, ihr Dasein 
verdankten, und dem Jehovisten, 
welcher schon Jehovah verehrte, 
und den Elohisten nicht nur umän- 
derte, sonderu auch neue Verse in 
seinem Sinne dazwischen schob. 
Die alten Bücher gingen nämlich 
bei der Verbrennung Jerusalems 
theilweise zu Grunde und warden 











. Elsas. 


von Esra nach der Rückkehr aus 
dem Exil wieder hergestellt, verar- 
beitet und nach Jehovistischer Auf- 
fassung vervollständigt, wobei denn 
freilich die geschichtliche Wahrheit 
gewaltig Noth litt. Der Ausdruck 
Elohim wird bis Exodus 6, 2 ge- 
braucht, von da an stets Jehovas; 
wo er früher vorkommt, ist er Ein- 
schiebsel des Jehovisten Esra, wel- 
cher auch im Gegensatz zum Elo- 
histen, der den sündlichen Fleisch- 
gonuss erst mit Noah, und die 
Jehovaerkenntniss erst mit Moses 
beginnen lässt, beides schon in die 
Zeit der vorsündfluthlichen Patriar- 
chen hinaufrückt. Die Geschichte 
Cains mit dessen Stammtafel ist Je- 
hovistischer Nachtrag, in welchem 
Abel schon Fleischopfer bringt, also 
auch solches selbst isst, während 
der ärmere Cain nur Feldfrüchte zu 
opfern hatte. 

Elsas, lat. Ilsatia, von den Ale- 
mannen des rechten Rheinufers einst 
auch Alisaz, Alisat genannt; in die- 
sem Sinne bedeutet es Sitz der 
Fremden oder nach altem Sprach- 
gebrauch der Elenden, Alilendi, von 
all, aile, eile fremd, ailean Fremd- 
ling (Hellene, Alleman). Sati ist 
dasselbe was in der Form sezi für 
die Stämme zwischen Elbe und Oder 
vielfach wiederkehrt, z. B. Lusazi 
oder Luatizi, Wassersitzer, Lau- 
sitzer (von /ua Wasser); daraus 
ergibt sich aber auch die Zulässig- 
keit einer zweiten Erklärung als 
Illsitzer, denn die Elsässer woh- 
nen an der Ill, welche fast den 
ganzen Landstrich der Länge nach, 


_ 45 — 


Elsas. 


parallel mit dem Rheine durchfliesst 
und unterhalb Strassburg in den- 
selben mündet. Das Elsas war vor 
der Völkerwanderung von keltischen 
Völkern bewohnt, wie die Orts-, 
Berg- und Flussnamen unwiderleg- 
lich darthun; zur Zeit der Völker- 
wanderung kam es an die deutschen 
Alemannen, heutzutage wird vom 
Volke noch überall deutsch gespro- 
chen, mit Ausnahme des Stein- 
thales, Ban de la roche, wo 
noch ein altromanischer Dialekt 
vorherrscht, weshalb dieser hinter 
dem Odilienberge gelegene Gau im 
Mittelalter zu Lothringen gerech- 
net wurde. Auch in anderen südlich 
davon gelegenen Vogesenthälern 
wird in den obersten Zinken roma- 
nisch gesprochen, obwohl die in 
denselben entspringenden Bäche 
ostwärts dem Rheine zufliessen. Die 
Nordgrenze des Elsasses ist der 
Hagenauer Forst, bezw. die Sur 
(suir Bach). — Nördlich von der 
Sur standen eine Zeit lang die Bur- 
gunden, und als diese vor den Hun- 
nen weiter westlich und südlich zo- 
gen, fiel das Land in Folge der 
Schlacht bei Zülpich an die Rhein- 
franken, nachdem die Alemannen 
erst versucht hatten, sich wieder 
ihrer alten Sitze bis gegen Mainz 
und Aschaffenburg hin zu bemäch- 
tigen. Ein Theil der Alemannen 
floh“vor den Franken in das Gebiet 
der Ostgothen, welche eine Zeit lang 
von Oberitalien bis an den Bodensee 
herrschten, und wurden von diesen 
an der Brenta in den sette und 
tredeci Communi angesiedelt, 
28 * 


Elsas. 


Zur Zeit der Karolinger gab Ludwig 
der Fromme das Eisas an seinen 
Sohn Lothar. Nach dessen Tode 
kam es 870 an Ludwig den Deut- 
schen. Das Land gehörte nun 50 
Jahre lang zum Herzogthum Loth- 
Tingen, wurde aber 916 zu dem 
neu errichteten Herzogthum Schwa.- 
ben geschlagen, bei dem es bis zu 
dessen Auflösung 1268 blieb; wäh- 
rend dieser Zeit nannten sich die 
Herzoge von Schwaben mitunter 
auch Herzoge von Alemannien und 
Elsas, oder schlechthin Herzoge 
vom Elsas, Im 12. Jahrhundert 
hatte das Elsas folgende politische 
Verfassung: der Herzog hatte für 
das Kriegswesen, den Landfrieden 
und die Öffentliche Ruhe zu sorgen, 
zwei Landgrafen standen den Ge- 
richten vor, ein Landvogt verwaltete 
die Kammergüter und Regalien des 
Kaisers, und in den Städten hand- 
habten die Stadträthe die kaiser- 
lichen Rechte. — Das Unterelsas 
(von Schlettstadt nördlich) hies der 
Nordgau, das Obeorelsas Süd- 
oder Sundgau; nach der Zeit der 
Karolinger zog sich der Name Sund- 
gau auf den obersten Theilzwischen 
Jura und Vogesenzurück. Von 1268 
bis 1648 war das Elsas unmittel- 
bares Reichsland, ein Theil davon, 
namentlich der Sundgau, Österrei- 
chisch. Im westphälischen Frieden 
1648 wurde das Elsas an Frank- 
reich abgetreten mit Ausnahme eini- 
ger Reichsstädte, namentlich Strass- 
burgs, welches erst durch den Rys- 
wiker Frieden förmlich an Frank- 
reich kam, nachdem es vorher schon 


— 4365 — 


Elsassabern — Else. 


durch Verrath den Franzosen in die 
Hände gespielt worden war. Der 
Bischof von Strassburg sowie der 
elsässer Reichsadel gehörte indess 
noch bis zur Revolution zum deut- 
schen Beiche. 

Elsaszabern, im Gegensatz zu 
Berg- und Rhein-zabern in der 
bayerischen Pfalz, franz. Saverne, 
bei den Römern tres tabernae. 
Der Ort liegt am Uebergang der 
eigentlichen hohen Vogesen in den 
weniger hohen Wasgau, und war 
von der Reformationszeit bis zur 
Revolution Sitz des Bischofs vun 
Strassburg, dessen prächtiges Besi- 
denzschloss jetztin eine Kaserne um- 
gewandelt ist. Der NameZabern ist 
ausT.ubernae, Wirthschaft, entstan- 
den, und dies aus dubh-ar Ort- 
gross und nae Leute. 

Eise, römisch Aliso, altdeutsch 
llasan, ein Dorf bei Neuhaus, west- 
lich von Paderborn, nahe dem Ein- 
fluss der von Süden kommenden 
Alme (Almaha) in die Lippe. Hier 
legte Drusus nach seinem Rückzuge 
von der Weser her die Festung 
Aliso an, um einerseits die Strasse 
von der Lippe nach dem Rheine 
bezw. Xanten zu decken, anderer- 
seits die Sennerhaide sowie die Zu- 
gänge zum Teutoburger Walde be- 
herrschen zu können, in denen er 
auf seinem Bückzuge von den 
Germanen in der Dörenschlacht 
angegriffen worden, und nur mit 
schwerem Verluste durchgekommen 
war. Von Else aus dehnten die Bö- 
mer ihre Befestigungen bis zur 
Quelle der Lippe aus, sowie abwärts 


Else. 


bis zum Rheine, und zwar durch 
kleine Castelle, die sie munitiones 
viarum nannten, weildarin die Mund- 
und Kriegsvorräthe aufgespeichert 
lagen. Nach Aliso führte eine Römer- 
strasse von Mainz über Friedberg, 
Butzbach, Giessen, Marburg, Cor- 
bach und Stadtbergen; eine andere 
von Cöln über Schwelm, Unna, Werl, 
Erwitter und Salzkotten ; eine dritte 
von Xanten an der Lippe her; an 
die Ems führte der Weg von Aliso 
über Wiedenbrück, Hersebrock, 
Wahrendorf und Münster nach dem 
Rheine, und endlich nach der Weser 
die Strasse über Herford und Rehme. 
Jetzt münden diese Strassen nicht 
mehr in Else, sondern in dem eine 
Stunde weiter östlich gelegenen 
Paderborn. In dem mit Aliso durch 
Schanzen verbundenen Lippspringe 
überwinterte Tiberius seine Armee 
4 Jahre nach Chr. Geburt. Ein sol- 
ches Winterlager bildete eine förm- 
liche Stadt mit Häusern und Maga- 
zinen. Nach der Niederlage des 
Varus zerstörten die Deutschen die 
Linien zwischen Aliso und dem 
Rheine, Aliso aber erst, als die Rö- 
mer e8 heimlich geräumt hatten, 
nachdem sie mehrere Stürme abge- 
schlagen, aber durch Mangel an 
Lebensmitteln zum Abzug gezwun- 
gen worden waren. In einer stör- 
mischen Nacht machten die Römer 
einen Ausfall und schlugen sich 
unter Anführung des Lucius Cädi- 
tius nach dem Rheine hin durch. 
Die Trompeter der Römer bliesen 
Marsch, dadurch wurden die Ger- 
manen getäuscht, indem sie glaub- 


— 47 — 


Else. 


ten, die von Asprenas abgesandten 
Hülfstruppen seien angekommen, 
und deshalb verfolgten sie die Rö- 
mer nicht weiter. Asprenas, des 
Varus Neffe, war nämlich mit zwei 
Legionen vom Oberrhein herabge- 
kommen, hatte aber nicht gewagt, 
bis Aliso vorzudringen, sondern be- 
schränkte sich, den Niederrhein zu 
besetzen und den aus Aliso Entflo- 
henen Hülfe entgegen zu schicken. 
Sechs Jahre später erschien des 
Drusus Sohn, Germanicus, wieder 
in der Gegend, baute die zerstörten 
Werke von Else nochmals auf, be- 
grub die Gebeine der auf der Senne 
erschlagenen Römer, stellte das 
Drususdenkmal (den alten Drusus- 
Altar) wieder her und zog dann 
nach der Weser, wo er auf dem 
Idistavisischen Felde dem Herrmann 
eins unentschiedene Schlacht lie- 
forte. Während dessen griffen die 
rückwärtsstehenden Germanen Aliso 
abermals an (16 Jahre nach Chr. 
Geburt, 7 Jahre nach der Varus- 
schlacht), zogen sich aber in die 
Gebirge zurück, als Germanicus mit 
sechs Legionen zum Entsatze Aliso’s 
zurückeilte. Dies war der vierte und 
letzte Feldzug des Germanicus. Von 
da an verschwand Aliso in der rö- 
mischen Geschichte. Kaiser Clau- 
dius, der 41 bis 54 nach Chr. in 
Rom regierte, gab die Eroberung 
Mitteldeutschlands auf und zog die 
Besatzungen über den Rhein zu- 
rück; da fiel auch Else in deutsche 
Hände und wurde zerstört. Aus 
den Steinen der alten Veste wurde 
ein Theil der Kirchen von Paderborr 


Elsenz — Elsenzgau. 


erbaut. 777 errichtete daselbst Karl 
M. die erste derselben. Bei Elise 
finden sich Kirchborchen, Nord- 
borchen und Südborchen, letzteres 
ist eingegangen. Diese Burgen mö- 
gen neben Elise als Ueberreste der 
alten Römerburg angesehen worden. 
Elise selbst ist keltisch, von all, 
ailt Haus oder Ilys, lios Burg, das- 
selbe, was Alesia in Burgund, wel- 
ches Cäsar belagerte und zerstörte, 
oder Elze an der Leine und Neckar- 
elz bei Mosbach. 

Eisenz, das Flüsschen, welches 
von Sinsheim gegen Neckargemünd 
fliesst und hier in den Neckar mün- 
det, hies romanisirt Alisontia, gleich 
der Alsenz bei Alzei (Alisentia, 
Alise), und der Elz bei Waldkirch 
im Breisgau, von alt Wasser, Dem. 
altean, gezischt alsean kl. Wasser. 

Elsenzgau oder Alsenzgau, das 
Thal der Elisenz nordöstlich vom 
Kraichgau in der Neckarpfalz, mit 
dem es einerlei Bevölkerung und 
gleiche Schicksale hatte. In Sun- 
nisheim und in Steinfurt waren die 
Gaumaalstätten oder die Stallbühle, 
wie diese Stätten auch genannt wur- 
den. Bis zu Ende des 13. Jahrhun- 
derts war Sinsheim eine freie Reichs- 
stadt. Das eine der hier gewesenen 
Klöster gehörte der Heiligen-Geist- 
Kirche in Heidelberg. In dem Gau 
liegen: Sinzheim, alt Sunnis- 
heim, von sunn, sonnadh, sonnaidhe 
Festung, umzäunter Ort, sunn ist 
gleich dunZaun; Hofheim, Horva- 
heim, von aoikh Hof, Erbgut; Zu- 
senhausen, von fyddin, doidin 
Bauernhof; Meckesheim,altMe- 


— 48 — 


Elsloo. 


kinesheim, von magh Feld, magkhin 
kl. Feld und ais Ort; Waibstadt, 
alt Weibestat, von aoibh Erbgut; 
Helmstadt, altHelmustat, Hoch- 
stätte, von a] hoch und ma, mo 
Stätte; Reihen, alt Bien, von 
reann Feld und ion Ort; Richen, 
alt Reocho, von ruighe Hirtenhaus 
für den Sommer; Gemmingen, 
alt Gemmincheim, Winterort, um 
das Vieh den Winter über zu ver- 
pflegen, von geimh Winter und inka 
kl. Ort; Dautenzell, Fürsten- 
keller oder Kirche, von tuath Fürst 
und keal Keller. 

Eisloo, Ort unterhalb Mastricht 
auf dom rechten Ufer der Maas, alt 
Ascloha oder auch Haslac oder Ahs- 
lon, lauter Formen, welche Ort am 
Wasser bedeuten, von all bezw. 
uisge, ais, as Wasser und le, IoA, 
loc, lac und lon Ort, Stätte, Dorf. 
Der Ort kommt in der Geschichte 
der Wikingerzüge vor, denn hier 
lagerten 882 die Dänen oder Nord- 
mannen, um ihren Raub aus den 
Rheinlanden wie aus Belgien wn- 
sammenzuführen. Damals plünder- 
ten und zerstörten sie Lüttich, 
Utrecht, Tongern, dann in einem 
zweiten Zuge Cöln, Bonn, Zülpich, 
Jülich, Neuss, ferner Aachen, Mal- 
medy, Stablo (und Inda?). Von da 
zogen sie, durch reiche Geschenke 
bewogen, weiter gegen Rheims, 
Soissons, Laon, Noyon bis zum 
Jahre 857, wo sie sich gegen Paris 
nnd die Gegenden an der Oise 
wendeten. Von der Seine gingen 
sie in die Marne nnd raubten bis 
nach Burgund hinauf. Paris hatten 











Elster — Elysion. 


sie 845, 857 und 861 erobert, 887 
aber war es so gut befestigt, dass 
sie, um weiter aufwärts gelangen zu 
können, ihre Schiffe über das Land 
um die Stadt herum schleifen muss- 
ten, worauf sie dann bis Sens und 
Auxerre plünderten. 

Elster, alt Elstrit, Elstra oder 
Alistra bedeutet gleich Alster in 
Hamburg grosses Wasser, vom gäli- 
schen ?/ gross und sruth bezw. ster 
Bach. Sruth findet sich wieder in 
der Unstrut. Den Gegensatz zur 
Elster bildet die kleinere Pleisse, 
bill-ais kl. Wasser, desgl. die eben- 
falls kleinere Luppe, li-abh oder 
lua-bi kl.-Wasser bezw. Wasser-kl., 
dann die Parthe, bior-di Wasser- 
kl. Eine andere etwas poetischere 
Erklärung von Elster wäre von ele- 
ster, eleastar, feleaster (Oleaster, 
Oleander), Wasserlilie, gelbe Iris, 
und für Pleisse von plais Schlamm, 
Namen, die etwa für die Gegend 
um Leipzig passen möchten, nicht 
aber für die Strecken ober- und 
unterhalb derselben. 

Elte, Bach an der Ostsee, gleich 
der Elta in Schwaben, von alt Bach. 

Eliten, Berg bei Emmerich am 
Niederrhein, alt Mons Eltnä oder 
eltnengis, von il gross und dun Berg. 

Elyslon, zu deutsch entweder 
Zauberland, vom gälischen eolas 
Zauber und ion Land, oder Unter- 
welt vom kimbrischen alis tiefster 
Ort, Hölle, und dies von ailt Ort, 
is unter und ion Boden, Grund, oder 
drittens-von e/ gross und dem gäli- 
schen ionnd Ebene, Feld (elysäische 
Felder), oder viertens von alis Tiefe 


— 439 — 


Elz — Emden. 


und ion Sonne, da die Sage Elysium 
im äussersten Westen, wo die Sonne 
untergeht, gelegen sein lässt, wo 
auch die Gärten derHesperiden oder 
Avallon, der Apfelort, liegen 
sollen. 

Elz, alt Alisus, Bach bei Wald- 
kirch im Breisgau. Der Name ist 
die gezischte Aussprache für das 
gälische alt Bach. Im Rhöngebirge 
gibt es zwei Dörfer mit Namen Elz- 
bach an kleinen Bächen, in Meck- 
lenburg die Elte, bei Zweibrücken 
die Elsbach, desgl. daselbst die 
Elzenbach, d. h. kleine Elzbach, 
vom Deminutiv alfan, von welchem 
auch Alsenz, Elsenz kommen. 

Elze. An der Leine liegt ein Ort 
Elze im Gudingau oder Waldgau, 
alt Alisga, Alicga, wohl derselbe 
Name wie Aliso und Alesia, vom 
kymr. liys Veste, gälisch Zios, das 
angehängte ga ist 90 klein, und das 
vorgesetzte & bedeutet entweder 
Berg oder ist blos der Artikel. 
Neckar-Elz bei Mosbach, alt 
Alanza oder Alenza, letztere Form 
gleich glinn oder linn (Linz) Veste 
mit demselben vorgesetzten a. 

Embach, Bachname im Eisas, 
vom gäl.ean, amhain, ammenBach. 

Embrun, alt Eburodunum, Reiter- 
stadt, vom kymr. ebwr Reiter und 
dun Stadt. Embrun liegt an der 
obern Durance in den Alpen der 
Provence; Eburodunum kann auch 
Flussstadt, Wasserveste bedeuten, 
von aber (Ebro) Wasser. 

Emden, Stadt an der Nordsee 
am Ausfluss der Ems, alt Amades, 
von amhnin Wasser, Ems, und fais, 





Emerberg — Emersleben. — 440 — 


bezw. dun Burg. Emden verdankt 
seine Entstehung wohl einem römi- 
schen Kriegshafen und Standlager, 
das Drusus anlegte, um von hier 
aus den Fluss aufwärts gegen das 
mitteldeutsche Gebirgsland vorzu- 
dringen. Ebenso legte Drusus bei 
Stade an der untern Elbe ein 
Winterlager an, um die Chauken in 
Botmässigkeit zu erhalten. Desglei- 
chen besetzte er mehrere der friesi- 
schen Nordseeinseln. In den Kriegen 
der Römer gegen die Bergvölker 
waren die Flachlandsbewohner ge- 
wöhnlich Verbündete der Bömer, 
8o namentlich die Friesen, Chauken 
und auch die Bataver, die mit den 
Bergvölkern schon vor Ankunft der 
Bömer in Feindschaft gelebt hatten 
(vergl. Boroctragau) und erst später 
durch Verbindung mit den mehr 
kriegerischen deutschen Sachsen von 
der Ostseite der Elbe her wieder zu 
thatkräftigem Auftreten gegen die 
Römer bestimmt wurden. Bojocalus, 
der Anführer der Amsivaren (Ems- 
anwohner) rühmte sich sogar noch 
lange nach der Niederlage des Va- 
rus, stets den Römern treu geblie- 
ben, und deshalb von Herrmann 
‚zar Zeit der Varusschlacht in Fes- 
seln gelegt w.rden zu sein. Sein 
Name ist latinisirt für beogail, bo- 
Jogail Viehhirt. 

Emerberg boi Zwiefalten in Wür- 
temberg, von a Berg und mor 
gross. 

Emersleben, Ort in Nordthürin- 
gen, von amhain-er-liub Wasser- 
gross-Schlupf; Oschors-, bezw. 
Aschersleben, von uisge und 


Emosa — Emmenthal. 


Wegerslebenron gwyg, beideseben- 
falls Wasser. 

Emesa, alt Höms oder Hums, 
Ort im nördlichen Syrien, auf einer 
Höhe von Wüsten umgeben, gleich 
om-aith Ort-hoch. 

Emil soviel als Aemilius im La- 
teinischen, amal im Keltischen 
Mann-gross, am-il; der Name kann 
auch von ma’, maol edel, herkem- 
men, mit vorgesetztem Artikel. 

Emmendingen, Ort im Breisgau, 
Hauptort der frühern Grafschaft 
Hachberg. Die Ruinen der Burg 
Hachberg liegen östlich von der 
Stadt im Sexauerthale In Emmer- 
dingen wurde 1590 eine selbstver- 
ständlich fruchtlose Unterredung 
zwischen katholischen und lutheri- 
schen Theologen abgehalten. Der 
Name Emmendingen bedeutet Bach- 
veste, von amhain Bach und duin- 
gean Veste, es liegt au der Elz. 

Emmenthal im Canton Ben; 
darin liegen Langnau, Trachsel- 
wald, Hutweil, Summiswald u. s. w., 
letzteres gehörte seit 1225 den 
Deutsch-Ordensrittern, von 168 an 
aber den Bernern. Das Emmenthal 
gehörte zu Kleinburgund und bil- 
dete die Grenze gegen die mehr ale- 
mannischen Nachbarthäler im Can- 
ton Luzern. Im Emmenthal wie im 
nebenan liegenden Entlibuch heisst 
der Bach, der das Gebirgsthal durch- 
fliesst, die Emme oder Emmen; die 
Berner Emmen heisst zum Unter- 
schied von der kleinern Luzerner 
Emme die grosse; letztere mündet 
in die Aar bei Solothurn, die klei- 
nere in die Reuss bei Luzern, beide 











Emmer — Ems. 


entspringen in dem Hochgebirge 
nördlich vom Brienzer See. Die 
Emme hies alt Amma, gäl. amhain 
Wasser; Emmer hat noch ein er 
gross, angehängt; die kleine Emme 
im Entlibuch hies wohl ean-li oder 
endli, kleines Wasser, im Gegensatz 
zur Reuss, in welche sie mündet. 
Das Gebirgsland, aus welchem dieses 
ean-li kommt, ist eben das Entli- 
buch; buch von buach Bergrücken, 
gleich Buchonia, Melibokus und ähn- 
lichen Namen, oder gleich buoch 
Kuhpferch, dem Namen des Haupt- 
ortes im Thale. 

Emmer, Flussname in Westpha- 
len, soviel wie Ammer, vom kelti- 
schen inbhir oder ynfer Bach, 
Fluss, und dies zusammengesetzt 
aus amhain-er Wasser-gross, oder 
von bior und dem vorgesetzten Ar- 
tikel am. 

Empede, Empena oder Eime, 
Ort bei Gronau an der Leine nächst 
Alefeld, alt auch Empnegau und 
Amplidi, von ean-bi kleines Wasser, 
dae Haus und nae Leute bezw. kau 
Haag; es liegt nämlich an der Saale, 
einem Bache, der in die Leine mün- 
det (sa Bach, /u klein). Empnegau 


war kein Gau, sondern eine uralte‘ 


Burg, für welche Bischof Siegfried II 
von Hildesheim, nachdem sie verfal- 
len war, in Gronau (Neuburg) wieder 
eine andere aufführte. 

Emphing, Bach bei Mühldorf in 
Bayern, von amhain Bach. 

Ems, Badeort an deruntern Lahn, 
latinisirt Vicus ambiatinus, Wasser- 
dorf, von amhain, abhuin, ambuin 
Wasser. 


— 441 — 


Ems — Enna., 


Ems, Fluss, latinisirt Amisia, Ami- 
sins, Amasios, Amisa, Emesa, von 
amhain Wasser, Bach; der ge- 
zischte Endlaut s ist angehängt wie 
bei Ens, das von ean Wasser 
kommt. Ausser der Ems in Wost- 
phalen gibt es noch einen Bach Ems 
im hessischen Maden- oder Feld- 
gau zwischen Kassel und Fritzlar, 

Emschbühel soviel als Emeiss- 
bühel oder Ameisenberg (vergl. Mir- 
melberg). 

Enakim, die Riesen oder Urvöl- 
ker Palästinas, kelt. an, en Mann, 
aighe hoch, also hohe Männer; im 
ist im Hebräischen die Endung, um 
das männliche Geschlecht zu be- 
zeichnen, gäl. am, amhain Mann. 
Die Enakim wurden von Josua aus 
dem Lande vertrieben und hielten 
sich später nur noch in den phi- 
listäischen Städten Gath, Asdod und 
Gaza auf, wo sie schliesslich von 
David vertilgt worden sein sollen. 
Goliath war einer dieses Ge- 
schlechts (gal stark, aith hoch). 

Endersbach im Remsthal in Wür- 
temberg, von in klein und der 
Wasser, oder ean Wasser und der 
klein. 

Enna, altnordischer Name für 
Europa in der Ynglingersage, welche 
die Urgeschichte Schwedens enthält. 
Der Name bedeutet Wasserland, von 
ean: Wasser und ia, ala Land, weil, 
um ausSchweden nach demFestlande 
von Europa zu kommen, man über 
das Meer musste, oder weil Skan- 
dinavien selbst als Insel, und von 
Skythien aus als Anfang von Europa 
betrachtet wurde. Serkland war 





Eneter. 


der alte Name für Indien und Ara- 
bien, und Blauland (Blaland) für 
Aethiopien. Serkland, gleich Serica 
(Seidenland), soll vom arabischen 
Scherk, Schark herkommen, was 
Orient bedeutet; vom Plural Schar- 
kin haben die Saracenen ihren Na- 
men, Unter Serkland verstanden die 
Alten aber nicht blos das eigentliche 
Indien, sondern auch Chaldäa, das 
Tiefland am Tigris und Nordafrika, 
während das Blauland das Land der 
blau-schwarzen Neger war. 

Eneter, Henster, Veneter, Uene- 
ter, nach Kaspar Zeuss ein illyri- 
scher Volksstamm, von dem auch 
die heutigen Albanesen abstammen 
mögen. Sicher ist, dass der Name 
Eneter, wie ihn Herodot schreibt, 
und Veneter, wie ihn die benach- 
barten Völker aussprachen, nicht 
blos am Adriatischen Meere vor- 
kommt, sondern auch in der heuti- 
gen Bretagne bei VYannes am Meere, 
ebenso in Paphlagonien am Schwar- 
zen Meere, und endlich als Vindiler, 
Vindeliker am Bodensee. Daraus er- 
gibt sich die Bedeutung des Namens 
von ean Wasser und d«e Männer, 
also Wassermänner, Seeleute, Meer- 
anwohner. Bei Vindiler ist noch ein 
il gross, eingeschoben. Wendel- 
see war der alte Name für das 
Adriatische Meer oder das grosse 
Wasser (ean-il), Lacus Venetus 
für den Bodensee. Die Insel Belle- 
isle bei Vannes hies vind-il-is, d. h. 
Insel im grossen Wasser. Das Land 
längs der Ostsee hies bei den alten 
Gothen Win, was sich ebensowohl 
auf Wenden als auf ean Wasser 


- 42 — 


Eineter. 


beziehen kann; um so mehr als die 
slavischen Wenden ebensogut als 
Wasseranwohner aufgefasst werden 
können wie als Waldleute von gwind 
Wald, denn sie kamen von der 03- 
see nach Deutschland, wie die 
Winden vom Adriatischen Meere. 
Alle diese Namen stammen aus den 
Munde der Kelten, ohne dass des- 
halb die betreffenden Völker unter 
sich gleichen Stammes gewesen zu 
sein brauchten. Polyb sagt, dass 
die Veneter eine andere Sprache als 
die Kelten gehabt hätten, in Gt 
wohnheiten und Putz dagegen we 
nig von ihnen verschieden gewesen 
seien. Kelten von denjenigen galli- 
schen Stämmen, welche 400 Jahre 
vor Chr. mit Belloves nach Italien 
kamen, waren sie bestimmt nicht, 
denn diese überschritten die Etsch 
nicht; ob sie aber mit den altgäli- 
schen Umbern in Mittelitalien vor 
dem Einzuge der Tusken und dan 
der Gallier nicht zusammenhingen, 
bleibt zu untersuchen, denn die Ve- 
netischen Ortsnamen lassen sich 
aus dem Gälischen erklären. Dis 
westlichen Städte der Veneter gegen 
die gallischen Cenomanen waren: 
Ateste (Este), vom gäl. iosde 
Haus; Hadria oder Adria, von 
dem das Adriatische Meer oder de 
Wendelsee seinen Namen hat, 7 
deutsch Wasserhaus, von ad Ws 
ser und ri Haus; Patavium (Tr 
dua, Po-hofen), von bais, bait (Pr 
dus) Wasser und doibh, aoi Lot. 
Bauergut; Vicentia, Vicenza, söl 
von den Galliern angelegt wordet 
sein, bi-gann -tio klein-Burg-Ort: 

















Engadin — Engelberg. 


Venedig, teagh, tigh Haus und 
ean Wasser. 

Engadin, Ingadine, Name des 
Innthales, soweit es noch ladinisch 
ist. DieGrenze gegen deutsch Tyrol 
bildet ‘der Pass bei Finstermünz 
(lat. Venusta mons). Das Engadin 
theilt sich in Ober- und Unterenga- 
din, es gehörte zum Gotteshaus- 
bunde, zu welchem auch noch der 
obere Theil des an der Etschquelle 
gelegenen Münsterthales, dann das 
Oberalbsteinerthal, das Aversthal 
und Bregellthal gehörten ; letzteres 
gehört jetzt zur Lombardei. Die 
hohe Brücke, pont auta (alta) über 
den Inn trennt das obere vom untern 
Engadin. Zum Unterengadin gehört 
auch das Scarlthalund das Mün- 
sterthal an der Etschquelle. Der 
Name Engadin kommt aus dem Kel- 
tischen und bedeutet Wassergegend, 
Fiussthal oder Innthal, denn aus 
en, ean Wasser wurde Inn; iath 
ist Landstrich. Noch im Jahre 930 
hies das Engadin Vallis eniatina. 

Engelbach, Hof in Oberhessen 
bei Niederaula, der Engelsbach, 
Nebenbach derFils, das Engelbächle 
bei Gerbertshofen, beide in Würtem- 
berg, dann die Angelbach bei Wies- 
loch, letztere alt Engila oder En- 
gela, sämmtlich von in klein und 
gil Bach. 

Engelberg, Kloster im Suren- 
thal, alt Monasterium Angelorum im 
Canton Unterwalden; der Kloster- 
name ist deutsch, Surenthal kommt 
dagegen von suir Wasser. Die das 
Thal gegen Uri abschliessenden Al- 


— 443 — Engelbostel — Engelgan. 


Surenen-Alpen, wenn nicht von for 
steil und onn Fels. 

Engelbostel, Ort bei Langeha- 
gen im Hannöverschen, alt Eilwar- 
dinga-burstalle; stalle ist das kym- 
rische yslal Stall, Dur, buar be- 
deutet Rindvieh, Hornvieh, zusam- 
men also Viehstall. Eilwardinge 
lautete auch Elwardinga, Haus des 
Elwert; bert, wart ist Sohn, aille 
schön. Eilward also schöner Sohn; 


inka endlich kleiner eingehegter 


Ort. Das ganze Wort Engelbostel 
somit Elwerts oder Alberts Woh- 
nung mit Viehstall. 

Engelgau oder Egelgau, alt En- 
gilin oder Englide, auch Egelin, 
Englehem, ein Gau im östlichen 
Thüringen am Einfluss der Wipper 
in die Unstrut bei Kindelbrück, 
Cölleda, Sachseburg, Engeln, Beich- 
lingen u. s. w. Der Name kommt 
von en oder in klein, bezw. e schmal 
und gti! Bach; bei Engilin ist in 
oder yr Landschaft angehängt, bei 
Englide dae Männer oder dw Land, 
Englehem ist Heimath, Heim am 
kleinen Bach; der kleine Bach ist 
die Wipperim Gegensatz zur Unstrut, 
nach welcher der nebenanliegende 
Altgau (alt Fluss, Bach) sowie der 
Wigsezigau (gmwig Wasser, sezi 
Sitzer) benannt ist. In diesem Gaue 
wohnten die Anglii, welche in der 
von Karl dem Grossen gegebenen Lex 
Angliorum et Werinorum hoc est 
Thuringorum genannt sind. Im En- 
gelgau lagen urkundlich: Kirch- 
Engel, Holz-engel, Feld-engel und 
Westerengel, alle vier im Schwarz- 


penstöcke heissen wohl darnach die burgischen Amte Klingen (glinn 


Engelbard — Engelsee. 


Veste), Engel, alt Engilin, als Orts- 
name kommt hier von in klein und 
keall Vorrathehaus; Trebra bei 
Feldengel, alt Triburi, gälisch {re/- 
y-ri Wohnung des Königs, von 
treabh Dorf und ri König, gleich 
Trier. Hier sas sonach der Gau- 
König. Colleda, alt Coll-ide, 
Waldort, von coille Wald und aidhe 
Ort, os wurde 813 von Karl dem 
Grossen der Abtei Hersfeld verlie- 
hen; Görschleben, altGeariches- 
leiba, /iub oder Schlupf des Gerich, 
und dies von goar oder Au-ar Held- 
gross und reagh Lehnsmann, Recke ; 
Beichlingen, alt Buheling, von 
buach Bergrücken oder beagh klein 
und Zinn, glinn (Linz) Burg. Hier 
sassen die Billinge (Dil! klein, 
linn Veste), die Grafen des Gaues. 
Scheidungen, alt Schidinga an 
der Schiedinger Mark, einem gros- 
sen Wald, Schid, von coed Wald 
und daingean Veste. Bibra, alt 
Bivora, Di-bior-ra klein-Wasser-ort, 
wo dieBillinge ein Kloster stifteten. 
Steinbach, alt Stembeki, Stem 
von taom Bach, niederdeutsch bek 
und ui Leute daran. 

Engelhard, Personenname, von 
ang gross, il, ull wild und aire 
Mann; Engelbert, vonbertSohn; 
Enke, Enko, Hinko, grosser 
Mann, von ang und o, ae Mann; 
Ingulf, grosser Wolf. Wolf und 
Bär, auch Hund waren wohl die 
ersten aus der Kleidung oder den 
Abzeichen auf den Schilden ent- 
standenen Personennamen. 

Engelsee, alt Ennglsehe, bei 
Leimen in der Neckarpfalz, Nasen- 


— 444 — 


Engen — Engem. 


laut für Egel, vom gälischen aigio!, 
aigeal sumpfiges Thal. 

Engen, Ort im Hegau, alt Enga, 
vom gäl. in klein und ka Haag, ein- 
gehegter Ort. 

Eugern, Engorland, alt Angaris, 
Landschaft an der Weser, grenzt 
gegen Süden an Franken, bezw. Hes- 
sen, im Westen an Westphalen, im 
Osten an Ostpbalen, im Norden 
reichte es in alten Zeiten bis an die 
Nordsee, selbst das Land Hadeln 
wurde manchmal noch dazu gerech- 
net. In einer Urkunde vom Jahre 
1062 -übertrug wenigstens Kaiser 
Heinrich IV dem Erzbischof Adel- 
bert von Bremen die Grafschaft 
Stade, die der Markgraf Udo beses- 
sen, als in Angeri belegen. Daraus 
ergibt sich, dass der Name Engen 
jedenfalls einen andern Sinn habes 
muss, als in der „Enge“ zwischen 
Ostphalen und Wostphalen belegen. 
wie mitnnter angenommen wird. Zu 
Engern gehörten die Bisthümer 
Paderborn, Minden und Verden, 
dann der sächsische Theil des Main- 
zer Sprengels. Sogar im Lahngaz 
verlieh Kaiser Ludwig der Fromme 
der Abtei Corvey Güter als in Ar- 
gariis belegen. Bezüglich des Osns- 
brücker Sprengels ist es dagegen 
zweifelhaft, ob er zu Engern oder 
Westphalen gerechnet wurde. Im 
Jahre 782 versammelten sich die 
Sachsen an der Hase in finibss 
Westfalorum, also bei Osnabrück. 
Der Graingau und Hrecwithi-Gse. 
zwischen welch beiden Osnabrück 
liegt, wird in einer Urkunde Kaiser 
Ludwigs des Frommen zum Ducatas 














Engers — England 


Westphalorum gerechnet. Dagegen 
sagt Adam von Bremen, die Ems 
trenne Westphalen von dem übrigen 
Sachsen; die Ems bildete aber die 
Grenze zwischen dem Münsterer und 
Osnabrücker Sprengel. Die bald 
engere bald weitere Ausdehnung 
des Engerlandes erklärt sich ein- 
fach durch die Bedeutung des Wor- 
tes; ang ist Uferland, Strand, ang- 
aire sind Strandleute, sei es an der 
Weser, oder an der Elbe oder an 
der Lahn, schliesslich blieb der 
Name am Weserufer vom Zusammen- 
fluss der Werra und Fulda bis zur 
Porta Westphalica hängen. Die An- 
garier hatten in den Kriegen gegen 
Karl den Grossen ihren besondern 
Herzog oder braine (Bruno). Der- 
selbe unterwarf sich im Buckigau 
775 dem Frankenkönig. Nach sei- 
nem Tode wurde die Stelle nicht 
weiter besetzt, und das Land zerfiel 
ın kleinere Grafschaften ; don grös- 
sern Theil nahmen im Süden die 
Bischöfe von Paderborn und Min- 
den, im Norden die von Bremen und 
Verden an sich. 

Engers, Ort bei Neuwied, alt 
Curtis engersche, von eachrus Pfer- 
dehaus. 

Engersgau, latein. Ingerisgan, 
Landschaft der Ingrionen oder En- 
gern, von der Mündung der Lahn in 
den Rhein bis in die Gegend von 
Linz und landeinwärts bis an die 
Quellen der Wied auf dem Wester- 
wald; der Name kommt von dem 
Orte Engors, gäl. euchrus. 

England, alt Angelland, Anglia, 
führt seinen Namen von den aus 


— 45 — 


Englis — Enneberg. 


Norddeutschland und der kimbri- 
schen Halbinsel gekommenen An- 
geln. Mit diesen waren auch Jüten 
und Sachsen eingewandert, aber 
durch ein zu Wentonia (Winchester) 
erlassenes Edict König Egberts von 
Woestsachsen, 827 zum Könige von 
ganz Bretland gekrönt, wurde an- 
geordnet, dass von nun an sowohl 
Jüten als Sachsen den Namen An- 
geln annehmen sollten. Von den 
Nachkommen der Briten wurden sie 
dagegen immer noch Sachsen (kym- 
risch Season, bretonisch Soson) be- 
nannt. Zu dem unter der Rubrik 
Angelsachsen Mitgetheilten ist hier 
noch beizufügen, dass der Name 
Angeln hier wohl soviel als Fremd- 
linge bedeutet von aineal, aineol, 
denn sie waren als Deutsche den 
Kelten fremd, wie den griechi- 
schen Ureinwohnern die eingewan- 
derten Hellenen, oder den Kelten in 
Deutschland die Alemannen ; letztere 
von al-maen Fremd-mann, Hellen 
von ail-an. 

Englis, alt Angelgise, Enghel- 
gbis, Engilis, Engilgiz, Engelgys, 
Dorf in Hessen bei Borken an der 
Schwalm, in-keal-gais kl. Vorraths- 
haus, oder auch Wohnhaus, Kirche 
am gais, d.h. Wasser. Dabei Sing- 
lis, alt Sungule, Sungelen, Sun- 
gelsen, von son Wald und Xeul 
Kirche, bezw. }lys Burg, Hof. 

. Enneberg, ein kleines Seiten- 
thal des Pusterthales, südlich von 
Brunnecken, mit den Orten Pflaurenz, 
Welschellen, Untermay, Pickalein, 
Campill u. s. w. Südlich wird das 
Thal durch das Ellengebirg vom 





Ens — Ensthal 


Piavethal geschieden. Der Name ist 
aus Vallis Eniana entstanden, dem 
altrömischen Namen des ganzen 
Etschthales; er bedeutet entweder 
Flussthal, von ean Wasser, gleich 
Engadin, oder kommt von onn Fels, 
entsprechend der DebersetzungBerg. 

Ens, latinisirt Anesus oder Anisa, 
dasselbe wie Oenus, Inn, vom kelti- 
schen ean Wasser; das s wird nach 
n oft angehängt. 

Ensisheim, Städtchen im Ober- 
elsas, vormals Hauptort desselben 
und Sitz der österreich. Regierung 
über Oberelsas, Breisgau, Schwarz- 
wald und die vier Waldstädte (Rhein- 
felden, Säckingen, Laufenburg und 
Waldshut). Der Name Ensisheim ist 
kimbrisch, von enghis, wälesisch 
anncdd Wohnstätte, er wurde frü- 
her Annghehisheim geschrieben. Im 
Münsterthal im Elsas gab os ein 
Dorf Annghisheim, das auch 
Anescheim und Anissehein geschrie- 
ben wurde und jetzt ausgegangen 
ist. Gleicher Abstammung mit En- 
sisheim sind die Orte Ens in Ober- 
östreich, Enzheim bei Strassburg 
und Inns, franz. Anet am Bieler 
See, letzteres hat den keltischen 
Namen ungeändert beibehalten. 

Ensthal, alt Ensital, zu deutsch 
Bachthal (vgl. Ens), von ean Wasser, 
gezischt gesprochen ; der oberste 
Theil dieses in Steiermark gelege- 
nen Thalos heisst der Enswald. 
Nebentbäler gegen Süden sind: Das 
Selichathal, von suail klein und 
oiche Wasser; derDonnersbach, 
von tain Bach; der Gau Palta, 
jetzt Baltenthal, von bal Berg und 


— 46 — 


Ent — Ente. 


da, du Land, darin der Gaizar- 
wald, von coidWald und er gross. 
Nördlich von der Ens liegt die 
Ramsau, von reann Feld, und die 
Püchau, von buach Bergrücken, 
östlich an der Salzach heisst das 
Gebirgsland Eisenwurz oder Ei 
senarz, von ard steiler Berg, Harz, 
darin der Arzberg und die Rath- 
mar oder Radmar, von rat Berg 
und mawr gross. Orte liegen im 
Ensthal unter andern folgende: 
Ruhenberg, von sugha Berg; 
Rotenmann, alt BRotenmanns:. 
von rudhan Berg und man Ott. 
Stätte; Admont an der Ens, alt 
Adamunta, von ad Bach und man, 
maon Stätte, vielleicht auch later 
nisch gleich ad-montem am Berge. 
Eat oder Entas nannten die Ar 
gelsachsen die Biesen; dassell« 
Wort wie das griechische Antaios 
es kommt von onn, unn gross, wilü. 
furchtbar, auch Fels, im Deutscher 
Unthier, auch im Slavischen hs 
sich un in diesem Sinne erhalten. 
Eute, latein. anas, ein auf des 
Wasser lebendes Thier, bedeutet v.: 
Gans und Schwan ursprünglich » 
viel als Wassermännchen, von ee 
Wasser und dae Mann bezw. Tier: 
die Gans kommtvongais-ar, nas! 
ausgesprochen; der Schwan v.# 
sua-an, beides Wasser-mann. Auct 
der Fisch führt seinen Namen wa 
Wasser, bi-uisge Mann - Was. 
desgl. Schwein, sua-in. Heutıı 
tage noch gebraucht das Volk An- 
drücke wie Wassermännchen, Wa: 
serweibchen für Wassertbiere, wess 
es keinen andern Namen weis, De 














Enterigau. 


bei den Gälen heutzutage übliche 
Name für Ente ist /acha, ein Ton, 
der dem Geschnatter der Enten 
nachgebildet ist, wie Arp, rab, rax, 
corax für Rabe, der sonst auch Zug 
heisst. 
Enterigau, alter Landschafts- 
name für die Westseite der Weser 
von Stolzenau bis hinab nach Hoya, 
westlich bis an die Hunte, dem Um- 
fang der spätern Grafschaft Hoya 
entsprechend; darin lagen urkund- 
lich: Sühlingen oder Scholen, alt 
Curtis Sulegon, von svai? klein und 
gan Veste; Loge bei Bassum oder 
Hoya, altLömgo, /u-ean-ka, klein- 
Wasser-ort; Hoya, alt Hoaga oder 
Hoiga, von kai, choi Haag und 
90, ga klein, oder Ahui-acha 
Wald-Veste; Büren, Burion, von 
buar Rindvieh und ion Stätte; 
Steyerberg, alt' Staverevar, die 
erste Form etwa von torr Berg, 
woraus auch Tauer, Stauer, Staren- 
berg wurden; es wird aber schwer 
sein, in jener Gegend Berge zu ent- 
decken. Dabh oder stabh Kuh, ire 
Land und /aire Männer gäbe für 
Staverevar Kuhlandsbewohner. Aus 
dabh, stabh entstand Stabulum 
Kubstall. Bei Hoya, das gleich 
Drakenburg (drah, drak klein) 
und Nienburg (Neuenburg von 
nua-ion) rechts von der Weser liegt, 
ist die Hämeler Haide, die an 
die Kemeler Haide bei Schwalbach 
erinnert; beide führen auf den 
Hümiling-Wald, von hui Wald und 
mael Berg. Hui steht gleich cha, 
choi, hae Haag, also Heckenwald. 
Der Name En-teri-gau kommt 


— 41 — 


Entlibuch — Enzgau. 


von ean Wasser oder inn Wiese 
und fire Land (latein. terra), also 
Wasser- oder Wiesenland. 

Entlibuch oder Endlibuch. Das 
vielgenannte Kuhhirtenland an der 
kleinen Emme im Canton Luzern, 
mit dem Hauptorte Entlibuch oder 
blos Buochen. Letzteres bedeutet 
Kuhpferch (dbu-acha Kuh-veste), 
Entli kleines Wasser, von ean-li, 
also Sennerei an der kleinen Emme. 
Vom Orte erhielt das ganze Thal 
den Namen. 

Entvogel. Im rheinischen Ober- 
lande gebraucht man Jen Ausdruck 
Entvogel für Ente, Enterich. Man 
sagt aber nie Gansvogel oder Hüh- 
nervogel. Im Gälischen bedeutet 
antete Vogel, irisch eathaide, Plu- 
ral anthedio oder antedio; so 
kommt das Wort in den Malberger 
Glossen zum Salischen Gesetze vor. 
In Entvogel ist demnach Vogel die 
Vebersetzung von Ent. 

Enz, Fluss im mittlern Schwarz- 
wald, altdeutsch Enzin, Anitin, An- 
tin, entweder gleiches Wort mit 
Ens, Anesus in Oberöstreich und 
Inn, Oenus in Bayern, von ean Was- 
ser mit angehängtem Zischlaut, oder 
gleich dem Enzenbach bei Fauten- 
bach im Renchthal, von in klein 
und fain Wasser; letzteres wird für 
die alten Formen Enzin, Antiu an- 
genommen werden müssen; kleines 
Wasser, im Gegensatz zum Neckar, 
in welchen die Enz mündet. 

Enzgau. Die Gegend an der Enz 
von oberhalb Pforzheim bis zu deren 
Mündung in den Neckar. Der Gau 
gehörte wie der Würm- und Glems- 


Epfendorf — Ephesus. 


gäu politisch noch zu Rheinfranken, 
der Bevölkerung nach mehr zu 
Schwaben. Es liegen darin Pforz- 
heim (ſurdd), Furth über die 
Ens, und nicht, wie die Römer es 
erklärten, porta sylvae Hercyniae, 
denn da der Schwarzwald mit kei- 
ner Mauer eingefasst ist, so braucht 
man auch kein Thor, um in densel- 
ben oder aus demselben zu gelan- 
gen. Vaihingen oder Enzvaihin- 
gen, von fuoch, faich Feld und 
inka kl. Ort; Hohenhasbach 
am Stromberg, von aith hoch und 
loc Ort, ois, ais bedeutet auch 
Burg; Illingen, grosser Ort oder 
hoher Ort, von «al, il und long Ort; 
Oetisheim, von aiteas Wohnort; 
Eutingen, von e klein und dain- 
gean Veste; Deschelbronn, von 
uisge Bach und /i klein, bronn ist 
die Uebersetzung davon; Kiesel- 
bronn, vongaisBach und Zi klein; 
Ispringen, ka Ort am Spring 
oder der Quelle der Pfinz, oder 
eines ihrer Seitenbäche, Spring ist 
deutsch für das gälische bioran 
Brunn, Born; Wurmberg, von 
aran Berg; Pinnache, Colonie 
der Waldenser im Hagenschies, letz- 
terer von aighe hoch und coed 
Wald. 

Epfendorf, Ort bei Rotweil, von 
aoibhin kleiner Bauernhof. 

Ephesus, einst Hauptstadt von 
Jonien in Kleinasien, mit dem von 
Ierostratin Brand gesteckten präch- 
tigen Tempel der Diana; Name von 
eb, eph Pferd (hippos) und aiteas 
Wohnstätte, Reiter, bezw. Ritter- 
stadt, gleich Ivrea und Eburodunum 


48 — 


Epinal. 


oder Tongern, oder blos Pferdestall; 
denn Ephesus war angeblich von 
den Amazonen gegründet, welche 
zu Pferde kämpften. Als Seostadt 
hies sieauch Ortygia, von artach 
Schiff (ar-teagh gross-Haus); als 
Burg Ptelea, von bi-dail kleine 
Burg; letztere soll von Androklu;, 
Sohn des Codrus, Königs von Atheı 
angelegt worden sein. Jetzt heisst 
der Ort Asaluk, aidhe Ort ud 
Zugh klein. 

Epinal, Ort in Lothringen an der 
Mosel, alt Spinale, von pen, bin 
Bergkopf und al gross, jetzt Haupt- 
ort des Vogesen-Departementa; # 
gehörte früher zum deutschen Reich. 
Die Familie von Bassompierre bes 
hier grundherrliche Rechte, sie er- 
hielt unter Anderem von jede 
Fruchtgattung,, die auf den Markt 
nach Epinal zum Verkauf kam, eine 
Maaslöffel voll. Dieser Maaslöfel 
stammte nach der Familien-Sage der 
Bassompierre von einer Nixe od! 
Fee, welche ihn einem Grafen Simo2 
von Bestein, dem Urgrossvater de 
Marschallsv. Bassompierre (} 1646) 
verehrt hatte. Dieser Simon, ob 
gleich verheirathet mit einer Gräia 
von Orschweiler (Orgevilliers zm- 
schen Nanzig und Luenstadt), hatt 
eine schöne Nixe zur Geliebten, nit 
der er jeden Montag in seiner Gar 
tenlaube zusammenkam. Seiner Fra& 
gab er vor, er gehe auf die Jagl 
Nachdem das Verhältniss mehrer 
Jahre gedauert, merkte die Grifs 
Unrath und überraschte das Pär- 
chen an einem schönen Sommel- 
morgen im Schlafo. Statt Lärm rn 











Epyrus — Erdinggau. 


machen, nahm sie nur ihren Schleier 
vom Kopf und breitete ihn über die 
Füsse der Schlafenden. Beim Er- 
wachen stiess die Nixe einen lauten 
Schrei aus und erklärte dem Grafen, 
sie müsse ihn nun auf owig verlas- 
sen. Beim Abschiede gab sie ihm 
besagten Maaslöffel, einen kostba- 
ren Ring und einen Becher als An- 
denken und Familien-Erbstück. 
Epyrus, das heutige Albanien, 
soviel als Berg-wald, von y-pyr 
oder bri Berg und rus Wald; Alba- 
nien ungefähr dasselbe, von alhoch, 
bean Berg und ia Land. 
Erbe, Ortsname gleich Orb und 
Urf, von orb, orban Erbgut. 
Erchenbrecher, ein dickblätte- 
riges fahles Unkraut, gewöhnlich 
im Hanf, von erch schrecklich, 
braich Arm, er gross; von der Ge- 
fährlichkeit dieses Unkrauts erzählt 
sich das Volk heute noch allerhand 
Fabeln, es frässe die Wurzeln auf, 
zerstöre die Saaten und dergl. 
Erdinggau, alt Hartingau, Hardt- 
gau, in Niederbayern, Freising ge- 
genüber auf dem rechten Isarufer 
bis an den Strogen bei Wartenberg. 
Der Gau soll ein Untergau des nicht 
sicher ermittelten Westergaues ge- 
wesen sein, d. h. des grossen Wald- 
gaues, von uast Wald und er gross. 
Die alte Burg der Pfalzgrafen war 
auf dem Wartenberg bei Preising, 
östlich von Freising, später wurde 
Landshut deren Residenz. Die Gra- 
fen von Moosburg stammen aus dem 
Theile links von der Isar. Hartin 
bedeutet niedere Höhe, von ard 
hoch, Demin. ardean (kleiner Harz). 
Deutsch-kell, Wörterbuch. 


— 449 — 


Erdinggan. 


Auf dieser Höhe entspringen von 
Westen nach Osten gerechnet: Die 
Seebach, von sua Bach, sie kommt 
aus keinem See; dann die Dorfen, 
von tur Bach und bi klein; die 
Semt, vontaom-dikleiner Bach, alt 
hies derBachSemita oder Senda (/ain- 
di); Strogen, von drogh kleiu 
und ean Wasser. Alle diese Bäche 
laufen in die Isar; dann die Vils 
(Filusa, Dbil-uisge), die Rot (red, 
rhidys), die lsen (von misean), 
sämmtlich Bach bedeutend, laufen 
in die Donau. In dem Hartingau 
oder Westergau (beide Namen könnte 
man in grossen Hardtwaldgau zu- 
sammenfassen, wie dies mit der 
Waldstrecke um Karlsruhe geschah) 
liegen Erding, alt Ardingon, Berg- 
veste oder grosse Veste, von ur 
Berg oder er gross und daingean 
Veste, kommt als Curtis 841 in Ur- 
kunden vor. Dorfen, alt Dorfin, 
klein Dorf, von iuar Dorf und bi 
klein, oder fwarp-an mit gleicher 
Bedeutung. Landshut wurde von 
den deutschen Gaugrafen des Hardt- 
waldes als Landesschutzwehr erbaut 
und hat deshalb einen deutschen 
Namen. Eitting, alt Aotinga, klei- 
ner Schafort, von aodh Schaf und 
inka kl Ort. Buoch im Wester- 
gau, jetzt Buch bei Burgrain und 
Isen, Viehort oder Kuhstall, von bu 
Kuh, beo Vieh und ka, cha Ort, 
Umzäunung, Pferch, Ein Theil des 
Gaues wurde auch Plieningau, 
Pleoningau genannt, die Gegend um 
Pliening (von bla, bio Blachfeld,. 
blanan kleines Feld,. kleiner Feld- 
gauundka Ort). Gegen den südlich 
29 


Erebus — Erechtheus,. 


angrenzenden Sondergau lag die 
Frieromarca bei dem Orte Frierun, 
wohl statt /uirion Feld, jetzt Pfrä- 
minger Mark. Preissing bei War- 
tenberg ist gleich Freissing, bri- 
tzin Feldburg. Ebersberg, von 
e-bar-ois kl. Berg-Burg, alter Gra- 
fensitz. Neuching, alt Nuihinga, 
neuer kleiner Ort, von zua neu und 
inka Ort. Schwaben, alt Suabun 
an einem Bach, sua Wasser, ban 
Feld. Steiuhöring, alt Stein- 
heringa, von irean-ka Feldort, Stein 
ist din Burg; es lag hier die Burg 
der Grafen von Steinhöring. Im 
Westergau oder (nach „Lang baye- 
rische Gaue“) Sundergau lag ferner 
die Grafschaft Wasserburg am Inn 
mit Attl, alt Atila, ebenfalls am 
Inn, von daile Burg mit vorgesetz- 
tem ad Wasser, also Wasserburg, e8 
liegt bei Wasserburg; Mehring, 
gleich Möringen, Marengo, von 
mawr gross oder mor, mar, mir 
Berg und inka Ort; Ottenhofen, 
von aidhean (Eden) kl. Haus, Hof; 
Pastetten, Wald-ort, von bust, 
bast Wald und aidhean; Pfaf- 
fing, babhun Viehpferch; Rieden, 
reidh-yn Feldort; Bot, alt Bote, 
von rhat Burg u. 8. w. 

Erebus, Land des Todes, vom 
gälischen ire Land (Irland) und 
bais oder bas Tod. Daher im Fran- 
zösischen & bas, nieder! Man könnte 
das Wort auch von iar Westen, 
Sonnenuntergang, Dunkelheit, und 
ıbh Gegend ableiten, weil die Sonne 
im Westeu in die Unterwelt sinkt. 

Erechtheus, alter König von 
Attika, zu deutsch Landesfürst, von 


40 — 


Erember — Erfurt. 


earg oder arc Fürst, Herr und 
des Land, zusammen eargdhese 
oder kurz earag. Demnach waren 
die Ureinwohner Attikas Gälen, sonst 
würden sie ihren Urahn nicht mit 
einem gälischen Namen bezeichnet 
haben. Er soll der Sage nach aus 
Aogypten gekommen sein und den 
Athenern Getreide mitgebracht ha- 
ben, an welchem 8 gerade fehlte, 
wofür er.dann zu ihrem König ge 
wählt wurde. 

Erember, Westleute, von iar 
Westen, emb statt ibhh Gegend, und 
aire Leute (vergl. Aram). 

Erfi, Flüsschen im Riflaude, das 
in der Eifel entspringt und weit in 
das Flachland hinein von einer Hü- 
gelreihe begleitet ist, alt Arnafa, 
von aran Berg und abh Wasser. 

Erfelden, früher auch Orfelden, 
Iirfelden und Worfeldeu, Dorf bei 
Grossgerau nächst Darmstadt, von 
ire Feld, Land (daher Artland und 
Irland), felden kann deutsch und 
gälisch sein, in letsterem Fall be- 
deutet es Wohnung von feall. Die 
alten Formen für ein zweites Erfel- 
den weiter oben am Rhein bei Gerns- 
heim waren Erefeld, Erifeld, Erin- 
feld, letzteres genau wie Erin oder 
Irland ‚. vom Deminutiv irean klei- 
nes Feld oder Land. 

Erfert, alt Erpesfurt oder Erfes- 
furtb, Furth über die Erpe, Erfe 
oder Erphe (Erpe ist altsächsisch, 
Erf oberdeutsch, gothisch airps, 
angelsächsisch eorp und altnordisch 
iarpr bedeutet gelb, braungelb, erb- 
sengelb). Die Erpe fliesst im th&- 
ringischen Hügelland durch Lehm- 











Ergersheim — Erin. 


boden. Aus dem Gälischen erklärt, 
entsteht dagegen kleiner Fluss, von 
earg und bi, furt von /wrdd Furth. 

Ergersheim, alt Argersheim oder 
Argeresheim, Ort im Elsas, dann 
ein Bach Ergers, latinisirt Ar- 
genza im Elsas an der Breusch, weit 
von dem Orte Ergersheim. Der 
Bachname kommt von eargan klei- 
nes Wasser, das Dorf von eachrus 
Pferdehaus. Ergistorf in Oest- 
reich ebendaher. 

Erichsburg, Ort bei Markolden- 
dorf am Solling, alt Eriggau. Der 
Ort oder die Burg war kein Gau, 


sondern Gau steht hier für kau |' 


-Haag, eingefriedigter Ort, also so- 
viel wie Burg im ältesten Sinne oder 
nach ältester Construction. Erich 
oder Erig, jetzt ein Personenname, 
kommt von y-righ der König. 

Eriels, ital. Airolo, Ort im Can- 
ton Tessin auf dem St. Gotthard; 
er hies auch Albersweil. Eriels 
steht gleich Realt oder Rialt in 
Graubündten, hoher Wohnort, do- 
mus alta, von ri, ra Stätte, al lat. 
altus hoch und dem vorgesetzten e, 
das entweder klein bedeutet oder 
der Artikel ist; Airolo ist darnach 
italisirt; Albersweil soll wohl 
Weiler eines Albert bedeuten, wenn 
nicht al-bar hoher Berg dahinter 
steckt, wo os dann dem Sinne nach 
Airolo gleich stände. 

Erin, alt Erenn, deutsch Irland. 
Die Verkleinerungsform vom gäli- 
schen ire Land lautet irean kleines 
Land, Ackerland, im Gegensatz zum 
schottischen Waldland. Erenn kann 
auch von y-reann das-Feld herkom- 


— 451 — Eringerfeld — Erlangen. 


men. Schon bei Aristoteles hies Ir- 
land Jerne, bei den Argonauten Jer- 
nis (is Insel), lat. Hibernia. /reun 
kommt auch vor in Heringen, Oeh- 
ringen, Ihringen u. s. w. 

Eringerfeld in Westphalen auf 
der Höhe zwischen Ruhr und Lippe, 
kann zunächst von irean kl. Feld 
abgeleitet werden; da es aber hoch 
liegt und früher auch Arbalo oder 
Arpesfeld hies, und dies Hochfeld 
und Bergwald bedeutet, so muss 
Eringerfeld- wohl auch als Bergfeld 
genommen werden, von a Berg und 
reann Feld. 

Eris, Göttin desZankos, Mutterder 
Erinnyen, weibliche Form für Areus, 
Ares, Gott desKrieges, ar oder aer 
bedeutet Schlacht, Kampf, auch Pest 
und eis, is Mann und Frau, 

Erkene, lat. Erginus, alter Name 
eines Flüsschens bei Constantinopel, 
von earc Wasser, Demin. eargan, 
deutsch Argen am Bodensee, oder 
Orke und Murg, letztere mit vor- 
gesetztem bi oder mi klein. 

Erlach, franz. Erlier oder Cer- 
lier, Städtchen am Ostufer des Bie- 
ler Sees mit dem alten Stamm- 
schloss derer von Erlach; hier wird 
noch deutsch gesprochen. Der Name 
Erlach kommt von er gross und 
loc Ort, Erlier steht gleich Erlau 
in Ungarn, er-lle grosse Stätte; 
dieses Erlau heisst auch Eger, 
d. bh. y-caer die Stadt, und ebenso 
kann Cerlier mit caer zusammen- 
hängen, wenn es nicht caoir-lle 
Wasser-Ort ist. 

Erlangen, alt Erlangun, Stadt 
an der Reduitz in Ostfrankon im 

29 * 


Ermschwerd — Esbach. 


Rednitzgau, Name von er gross, 
lang, long, lonn Scheune und yn 
Ort oder gan Veste. 

Ermschwerd, Dorf an der Werra 
bei Witzenhausea, von airm Wohn- 
ort, schwerd wohl für wert, Werder, 
Insel. 

Ersteiu, Ort bei Strassburg, alt 
Erinstein und Neheristein (mit ver- 
setztem n gleich Nierstein bei Op- 
penheim), von aran Berg oder 
irean Feld, Stein für din Burg. 

Erzberg bei Dischingen in Wür- 
temberg; es wird hier kein Erz ge- 
graben, sondernvon ard, lat. arduus 
steil; der Ersborg bei Nürtingen 
in Würtemberg hat gleiche Bedeu- 
tung. Die gewöhnliche Form für 
ard ist im Deutschen Hard, Harz, 
Arz, Art, Ort (Ortelesspitze) u.8.. 

Erzgebirg in Obersachsen hies 
früher auch Fergundwald, Fergunna, 
wie das Hochland zwischen Franken 
und Schwaben nördlich vom Bies. 
Fergund bedeutet Bergwald, von 
Airain Berg und gunt, cunt Wald. 
Dasselbe bedeutet der Gauname des 
Erzgebirgs, der in den slavischen 
Zeiten, d. h. in der zweiten Hälfte 
des ersten Jahrtausends ungerer Zeil- 
rechnung öfter genannt wurde und 
Chutizi lautete, von coed Wald 
und aith hoch. Der Name Erz- 
gebirg kann ebenfalls keltisch sein, 
wenn man Erz für Harz, ard hoch 
nimmt; es frägt sich, wie alt der 
Name ist, und ob er früher vor- 
kommt als die Anlegung der Berg- 
werke in diesem Gebirge. 

Esbach bei Kirchberg in Wür- 
tsmberg, von ad Wasser, auch ais, 


— 4523 — 


sch — Esche. 


as und eas, letzteres bedeutet auch 
Wasserfall. Eschbach bei Usin- 
gen dagegen vom uisge Wasser; 
dann Eschenbach, von uisgeum, 
Demin. von wisge; Eschbach im 
Amt Goarshausen hies früher aueh 
Essbach, von demselben ad, as 
oder ais. 

Esch, Stadt in deutsch Laxem- 
burg an der französischen Grenze, 
heisst auch Kaiser-esch;; ein anderes 
Esch heisst „an der Esch“, franz. 
mauvaise Esch. Die alte Form lau- 
tete Esche, und kommt von Esch 
bezw. uisge Wasser, an welchem es 
liegt; aoi oder blos a Hof, das in 
Esche noch gehört wurde, ging all- 
mälig in der Aussprache verloren. 

Eschbach, alt Ahsbach (vergl. 
Esbach, Agsbach, Asbach und 
Eschelbach). 

Eschborn, Ort zwischen Frank- 
furt und dem Taunus, altAsgabrun- 
num (vergl. Asca), von uisge Was- 
ser, Born ist die Uebersetzuug davon. 

Esche oder Ask, nordisch askr, 
war der heilige Baum der Nord- 
völker, während bei den südlichern 
Gälen mehr die Eiche, bei den Sla- 
ven die Linde verehrt wurde. In 
der Edda heisst der Weltbaum oder 
die Esche, weiche das Weltall trug, 
Yggdrasill. Ygg bedeutet nun 
im Nordischen Esche, bei den Kim- 
bern, die auch aus dem Norden ka- 
men, ist ych aber soviel als Ochse, 
und bei den alten Türken war es 
ein Ochse, der die Erde trug; dra 
scheint „tragen“ zu sein, sill steht 
für dul, was keltisch Welt beden- 
tet. Der erste Mensch, der Adam 


Escheberg — Eschenthal. — 453 — Eschkopf — Eschwege. 


der Nordvölker hies Askr, der 
Name seiner Eva war Embla, Erle; 
diese Bezeichnung hing mit dem 
Baumcultus zusammen, der sich na- 
mentlich bei den Angelsachsen lange 
erhielt, während die mulattischen 
Südvölker mehr die Steine verehr- 
ten und deshalb den Adam aus 
einem Erdenkloss erschaffen sein 
lassen; ihr Hauptgott hies darum 
auch Bal, Stein. 

Escheberg, auch Esseberg, lat. 
Askiburgium, kommt in Deutschland 
öfter vor, so namentlich für das 
Riesengebirge, das wohl schwerlich 
der Eschen wegen diesen Namen 
erhielt, da diese Baumart dort nicht 
häufiger wächst, als auf jedem an- 
dern Gebirge. Esseberg kommt je- 
denfalls von aiih, ais hoch, und 
Eschenberg ist nur der Eschon 
wegen aspirirt ausgesprochen. Bei 
Askiburgium ist burg die mehr 
keltische Form, weil burg ebenso 
gut in Berg wie Burg übergehen 
konnte. Eine Burg ist das Biesen- 
gebirge nicht, wenn auch Rübezahl 
oder rhwyf-sal Gott-gross, darauf 
oder darin hauste. 

Eschen, Bachname in Hessen, 
alt Esgin oder Esginebah, von 
uisgin kleines Wasser. 

Eschenthal, ital. val d’Anzasca, 
in Piemont am Ostabhange des 
Monte-Rosa. In den obersten Zinken 
dieses Thales gegen Wallis Zu be- 
finden sich noch deutsche (Walliser) 
Dörfer, z. B. Macugnaga (maghean 
kl. Feld-Ort); in gleicher Weise ist 
Alagna (/ann Schuppen) an den 
Quellen der Sesia noch deutsch. 


Das Eschenthal ist übrigens blos 
der oberste Theil des Lanzer- 
thales, welches bei Vogogna in 
das Elchenthal (ital. Formazza- 
thal) mündet. Anzaska, von anz, 
inz, innis Wiese und uisge Bach, 
Wiesenland am Bache, in Eschen 
zusammengezogen; ingleicher Weise 
scheint Elchenthal aus aigiol 
Wiesengrund entstanden, endlich 
Lanzerthal aus J/ann Wiese, 
Formazza aus /eoran Wiese, Feld 
am adda oder azza Wasser. 
Eschkopf, ein Berg in Rhein- 
bayern; der Eschbühl beiKaisten 
im Argau, entweder von den Eschen, 
die im felsig-foeuchten Boden häufig 
anf den Höhen getroffen werden, 
oder von ais Berg, Hügel. 
Eschstruth, auch Eschenestrud, 
Ort an der Thalstrasse von Kassel 
nach Thüringen im Kaufungerwalde 
oberhalb Helsa, gezischt für ystrad 
Thal oder ys/ryd Strasse, oder so- 
viel alsEschenbach, von sruth Bach. 
Eschwege, alt Eskimwag, dabei 
Frieda, alt Frioda, Waldort, von 
frith Wald.und dae Ort. Eskim- 
wag bedeutet Wasserbank, von uisge 
Wasser, Demin. uisgean oder wis- 
gin und acha Damm, Bank, Wehr, 
was gewöhnlich in Wag verdeutscht 
wurde, wie bei Wagram oder Wag- 
rain. Eschwege liegt in einer Ebene 
an der Werra, die hier mehrere 
Arme bildet, welche die Stadt um- 
geben und durchschneiden; dadurch 
entstehen Banken oder Inseln, wel- 
chen die Stadt ihren Namen ver- 
dankt. Eskimwag wurde 973 von 
Kaiser Otto II seiner Gemahlin 


Eseualdunac — Eselsberge. — 454 — 


Theophania geschenkt, nebst Frieda 
und anderen Orten in der Germar- 
mark; 994 wurde dasselbe Eskim- 
wag von Otto III seiner Schwester 
Sophia, damals Canonissin zu Gan- 
dersheim, zugewendet, und zwar auf 
Fürbitte seiner Mutter Theophania, 
die ihn auf dem Todtenbette darum 
ersucht habe. Damalsgehörten auch 
Weinberge zu dem Gute Eschwege. 
Später kam das Schloss Eschwege 
in den Besitz des Grafen Rüdiger 
von Bielstein, und von den Biel- 
steinern an Hessen. 

Escualdnnac, Bezeichnung für 
die baskische Sprache bei den Bas- 
kon, zu deutsch waldbergisch, du- 
nac Adjectivform von dun Berg 
oder fon Wald und sgal/ Fels. Die 
Basken bezeichnen ihre Sprache auch 
ale euscara oderescuara, esquera, 
von sgor, ebenfalls Fels. 

Eselsbach bei Heuchlingen in 
Würtemberg, von ais Wasser und 
il gross, oder da der Bach nicht 
gross ist, verdentscht für Esenbach, 
aisean, Demin. von ais, gleich as, 
ad Wasser. 

Eselsberge gibt es eine Menge; 
ihr Name kommt von aith, ais Höhe 
und il gross, z. B. bei Deidesheim 
an der Hardt, bei Schwörstadt im 
Breisgau; bei Flein, dann bei Ulm; 
bei Kirchberg an der Jagst; bei 
Massenbach, Willmandingen und 
Wimmenthal in Schwaben. Dann 
blos Esel; z. B. der grosse und 
kleine Esel, Berge bei Richten- 
schwyl im Canton Zürich, dann ein 
Esel bei Eigenzell in Würtemberg. 
Die Eselhalde bei Möhringen, der 


Espasingen — Essen. 


Eselbuch, grosser Berg bei Königs- 
bronn in Würtemberg. An all die- 
sen Orten werden Esel als Haus- 
thiere entweder gar nicht oder nur 
ausmahmsweise gezogen, die Berge 
können also nicht als Eselsweiden 
erklärt werden. Bei Krems in Oest- 
reich steht ein felsiger Hügel, der 
Eselstein genannt. Am Hochrande 
des Meissner liegt eine Esels- 
kuppe, gegenüber dem Kalbe, bei- 
des steile unfruchtbare Basaltkup- 
pen; kalb ist Bergkopf, gleich dem 
Kälbel, kalb-il Kopf-gross, am 
Eingang in das Oosthal bei Baden. 

Espasingen, Ort bei Stockach 
im Hegau, von easba klein und 
tigh Dach, Haus. 

Esponane sur Maudre, Ort an der 
Seine, alt Spedonna, Kleinstadt, von 
bi klein und dun Stadt; das 8 ist 
vorgesetzt wie bei Ischel statt gil 
Wasser. 

Esscdum, Schutzwagen, Kriegs- 
wagen, von ais, gälisch Wagen und 
eadk Schutz (beides etwas Hohes 
bedeutend). Wollteman es von dem 
lat. sedere sitzen ableiten, 80 wider- 
spräche dem, dass man auf dem 
Kriegswagen stand. 

Essen, altes Kloster an dar Grenze 
Westphalens gegen das Rifland, alt 
auch Essinda; erstere Form gleich 
aidhcan kl.Ort, letztere von «ithin 
ki. Hügel und dae, ta Ort, Als En- 
dung von alten, vielfach ausgegan- 
genen Dorfnamen kommt essen na- 
mentlich im Diemelgau vor, z. B. 
Helbold-essen, bei Grobenstein 
nördlich von Kassel, soviel als Hel- 
bolds-hausen, Beinhardessen, 








Essigberge — Esthen., — 455 — 


Hald-essen (von alt hoch), 
Meinbressen (Meinraths- haus- 
sen), Willebadessen u. s. w. 

Essigberge bei Kleinsachsen- 
heim und Bietigheim in Würtem- 
berg, von ais Berg und e, eag oder 
easb klein, eng. 

Este, vor Zeiten Ateste, zu deutsch 
Haus, vom gäl. iosda (gleich Prän- 
este Berghaus), bezw. ait-este hoch 
Haus; es liegt drei Meilen von Pa- 
dus am Fusse der Euganerberge, ist 
Stammort des Hauses Este, also 
des modenesischen wie des britti- 
schen, hannoverschen und braun- 
schweigischen Fürstengeschlechts. 
Die Stammburg lag nahe bei Este 
auf dem Monselice oder Moncelese, 
einem Felsen am Fusse der Euga- 
neischen Berge (cel-aith, keall-ailh 
hohes Haus). Die Vipern, aus wel- 
chen die Apotheker in Venedig The- 
riac brauen, werden meist hierlands 
gefangen. 

Estella, Stadt im spanischen Na- 
varra, einem Theile des Basken- 
landes auf einem steilen Berge; 
aith-daile hoch-Burg; daile als 
Burgname kehrt wieder in Delle, 
Delsberg, Delmont. 

Esterhach. ImKimbrischen heisst 
ster Bach und y ist der Artikel da- 
vor, daher auch der Isterbach, 
2. B. bei Belsenborg in Würtem- 
berg, und Ister, der alte Name für 
die untere Donan. 

Esthen, Aisten, alt Asstui, Volk 
an der Ostsee, von der Weichsel bis 
zur Düna, und noch bis Livland und 
Oesel, Altpreussen, Lithauen, Kur- 
land, Semgallen, Samogitien u. s w. 


Esthen. 


umfassend. Tacitus sagt von den 
Aestuern, dass sie zwar in der Le- 
bensweise den Sueven ähnlich seien, 
aber in ihrer Sprache der britan- 
nischen näher ständen; sie waren 
also Kelten, und sind es gewisser- 
massen heute noch, wie ihre Sprache 
ergibt, von der allgemein angenom- 
men wird, dass sie der griechischen 
oder römischen näher stehe, als 
irgend eine andere Europas. Das 
Griechische und Lateinische sind 
aber ausgebildete keltische Mund- 
arten. In Livland werden die Aisten 
nördlich von Finnen begrenzt, im 
Süden von Slaven. Pytheas nannte 
sie 320 vor Chr. Ostiaioi, ein 
anderer Grieche, Stephanus Byzan- 
tinus, Ostiones, Artemidor aber 
Kossinoi; letzteres kommt sicher 
von coed Wald und duinMann, also 
Waldleute; daraus ergibt sich von 
selbst die Bedeutung von Ostiaioi 
oder Aestui; uası ist Wald und wi 
Leute, sonst könnte man ais-dae 
auch von ais Wasser und dae Leute 
herleiten. Cassiodor nennt die Esthen 
Haesti, Jornandes Aesti, Egin- 
hard Aisti, nordisch Eistir, dä- 
nisch oder anglisch Estas oder 
Eastas, latinisirt Estones; ihr 
Land Estonia, Estia, Hestia. 
Die Esthen zerfielen in drei Haupt- 
stämme, Preussen, Lithauer 
und Kuro-Letten. Die Preussen 
theilten sich wieder in: Galinder 
oder Galinditer auf der Süd- und 
Westseite des Spirdingsees, und in 
Sudiner oder Sudowiter auf der 
Nordostseite desselben. Eine dritte 
Abtheilung der Preussen waren die 


Esthen. 


Schalauen, alt Scalowen, Scalo- 
witen, die mit den von Piolemäus 
genannten Stauanen gleich zu ach- 
ten sein mögen. Der Name Galin- 
dae bedeutet Wasserleute, von gal, 
gil, Demin. giolan Wasser und dae 
Leute; Sudinen dasselbe, von di, 
du, su klein und iain Wasser. Ga- 
lindien und Sudauen sind mit zahl- 
losen kleinen Seen bedeckt, die sich 
von der Weichsel bis zur Memel 
ziehen. An letzterer, um Tilsit da- 
gegen dehnt sich ein Feldstrich aus, 
der mehr trocken liegt und zur 
Viehzucht geeignet ist, seine Be- 
wohner hiessen, wie schon berührt, 
Stauani, Stawani oder Stabani, 
gezischt für dabk Kuh und an 
Leute. Derselbe Name mit densel- 
ben Umformungen kommt i Penr- 
sion vor, als Stauenoi, Sta- 
baioi und Astabenoi. Scha- 
lauen bedeutet Flussgau,, von giol 
Wasser und uaGau, es liegt an der 
Meomel. Die Schalauen dehnten 
sich nach Piolemäus bis zu den 


Alaunen, d.h. bis zu den Anwoh-- 


nern des grossen Wassers am Aus- 
fluss der Memel, al-ean grosses 
Wasser, aus. Unter diesen Alaunen 
sind natürlich nicht die Alanen des 
Schwarzen Meeres zu verstehen; 
Alaun lässt sich indess auch auf 
hal Salz und on Mann zurückführen. 
(Die andern preussischen Gaue vergl. 
unter Preussen.) Preussen, Pruszi, 
bi-russi bedeutet klein-Waldbewoh- 
ner, während im Gegensatz dazu die 
Russen einfach Waldleute sind. An 
die Stelle des Aistennamens traten 
später deren einzelne Gane; Esthen 


— 46 — 


Esthen. 


ist blos geblieben für das heutige 
Esthland am finnischen Meer- 
busen, wo aber keine Esthen, son- 
dern Finnen wohnen; der Name 
Esthen ist für diese Finnen auch 
nur bei den Deutschen üblich, nicht 
bei den Slaven und Finnen. Dieses 
Esthland galt dem Adam von Bre- 
men als eine Insel und sollte zu- 
nächst einer andern liegen, auf der 
blos Weiber lebten. Die Liven, 
alt Lip oder Liw, lat, Livones sind 
Finnen, sie beginnen schon bei As- 
kerode, alt Ascherade (Aschrath 
Wasserburg, von uisge Wasser und 
rath Burg) und Lonewarden an 
der Düna (Lenewarden gleich Zu- 
ean-art klein-Wasserburg , es liegt 
an einem Bach, der in die Düna 
mündet), lib ist wohl gleich Zub 
Schlupfwinkel, Jiub-on Leute, die 
in Schlupfwinkeln oder Pfahlbau- 
ten wohnten, denn gerade den Fin- 
nen werden letztere zugeschrieben. 
In Lithauen, Semgallen, Letgalen 
und Podlachien sind die alten Na- 
men meist keltisch, 3. B. in Kur- 
land: Schwenden, su-ean-dae 
klein-Wasser-Ort an einem kleinen 
See; Goldingen inCurland an der 
Weta, von giol Bach und daingean 
Burg; Wetabach, Wet-aha, gleich 
Wessa (Wessabrunn), von ais, uisge 
bezw. uadha Wasser; Windau an 
einem Bach gleichen Namens, eaa- 
aha; Irben, gleich Orb, Vrt, 
Erbgut, von orban; Dondangen 
an einem Bach, von /ain Wasser 
und daingean\Veste; Piltyn, klei- 
nor Ort, von bil klein und ion, yn 


' Stätte; Candau, von gann Veste 





Esthen. 


und aoi Hof; Sebel, von di-bail 
kleiner Ort; Durben, tuar Dorf, 
by klein; Grubyn, crob Veste und 
in klein; Libau, von Zub Winkel 
und aoi Hof, es liegt auf einer 
Landzunge am Meere; in Samo- 
gitien: Polangen, bi-/ang klei- 
ner Ort; Piatek, Dbi-aiteach klei- 
ner Wohnort; Birsen an einem 
See, von bior-dun Wasserstadt; 
Boutsge an der Moussa in Sem- 
gallen, bi-uisge-ka klein-Wasser- 
ort; Dodina an der Duna, von di- 
dion kl. Veste; Dubenow an der 
Düna entweder gleich Tybein und 
Theben, von daimbh Tempel, oder 
dubh-ean-aoibh gross-Wasser-Hof; 
Dalen bei Riga, daile Burg, das- 
selbe, wie bei Oschatz in Sachsen; 
Gorzdy bei Memel, cuer, corr 
Wohnort und di klein; Garden 
oder Crotingen südlich davon, von 
caer, gaard Ort, Veste, ebenso 
Koretany oder Korciany, verdeutscht 
Krotzingen, von cro Pferch und 
daingean Veste;danninLithauen: 
Wilna oder Wilno an der Wilis, 
von Dial Wasser und nae Leute; 
Grodno am Niemen, alt Garthe, 
von gaard, caer Ort und nua neu; 
Kowno, von cwb Schuppen; Osz- 
nana, von ois Burg, nua, na neu 
und nae Leute; Braslaw (Bres- 
lau) Wasserstätte, vonbraht, brace 
Wasser und /le Stätte; an der Me- 
mel und im Preussischen liegen: 
Schakunen, gun oder gann 
Veste, mit vorgesetztem 90 oder di 
klein; Kaukenen, coichean klei- 
ner Ort; Lapinen, /ua-bi oder la- 
buinne klein Wasser; Chilgallen, 


— 457 — 


Esthen. 


keal-giolan Kirche, Ort, Vorraths- 
haus am kl. Wasser; Bojenen, 
bi-ean klein Wasser und nae Leute; 
Tilsit, wohl gleich til-sezi, daöl 
(Burg-)sitzer; Tauroggen, Tau- 
roga, tuar Dorf und aighe hoch ; 
Pottagen, bwdh Hütte und aighe 
hoch; Schmaleninken, suail 
klein und irka kl. Ort; Bagnit an 
der Momel, rchan, regan Wasser 
und aidhe Ort; Memel, moim-il 
gross Wasser; Gargzdy, Garsden, 
gleich Cordona, Cordegno in Ober- 
itslien; Witullen, Di-duilean kl. 
Burg; Wenutten, ean-aidhean 
Wasserörtchen; Langallen, lon 
Ort, gal, gilBach, gallen kl. Bach; 
Pillkallen, bill kleinund gallen ; 
Duden, tyddin Hof; Stallupd- 
nen, daile-y-buinne Burg am Was- 
ser, oder Dann Land, Landesburg; 
Gumbinnen, Wasserburg, von 
gann Burg und buinne Wasser; 
Guddin, coed-din Waldburg; In- 
sterburg, in-ster klein-Wasser- 
burg; Darkemen, di-earg-man 
klein Wasserstätte oder von forc 
Fürst; Goldapp, Wasser-Hof, von 
gol Wasser und aoib Bauernhof; 
Schönjarken, Wasserburg, von 
din-earg u. s. w. In dieser Weise 
könnten wir aus den Lithauisch- 
Preussischen Gegenden noch hun- 
derte von Orten aufführen, deren 
Namen keltisch sind, hie und da 
mit slavischen Endungen oder auch 
verdeutscht. Hätten wir von allen 
die alten Formen zur Hand, so wäre 
das Ergebniss noch sicherer, indess 
steht jedenfalls fest, dass die ersten 
einigermassen gebildeten Bewohner 


Estremadurs, 


dieser Ostseeländer Kelten waren, 
und dass trotz der Vermengung mit 
Deutschen, Slaven und im Norden 
mit Finnen der Korn des Volkes 
noch keltisch sein muss, da seine 
Sprache weder deutsch, noch sla- 
visch noch finnisch ist, also, wenn 
man nicht ein in der Geschichte 
völlig unbekanntes anderes Volk 
erfinden will, diese Sprache eine 
keltische Mundart sein muss. Zu 
diesem Ergebniss ist, wie gesagt, 
anch schon Tacitus gekommen, in- 
dem er berichtet, dass die Aestuer 
zwar in der Lebensweise den Sueven 
ähnlich seien, ihre Sprache aber 
der britannischen näher stehe. Vergl. 
noch Preussen und die einzelnen 
preussischen Gaunamen, als Galin- 
dien, Wärmeland, Pomesanien, Poge- 
sanien, Samland, Hockerland, Nat- 
tangen, Sudauen, Nadrovien, Barten- 
land, — dann Samogitien, Semgallen, 
Letten, Lithauen, Kurland, Oesel, 
Haft, Mentonomon u. 8. w. 
Estremadura, Name einer Pro- 
vinz im westlichen Spanien, und 
daran grenzend im mittlern Portu- 
gal; der Name ist die lateinische 
Uebersetzung des kelt. /us Ende, 
woraus Lusitania Land am Ende, 
entstand, denn /an, persisch stan 
bedeutet Land; dura kommt nicht 
vom Duerofluss, denn dieser liegt 
weit nördlicher, sondern von fir, 
lat. terra Erde, Land, oder von der 
Wasser im Allgemeinen, wovon denn 
freilich auch Duero, altlat. Durius, 
abgeleitet werden muss. In alter Zeit 
begriff Lusitania blos die beiden 
Landschaften Estremaduras in sich. 


— 458 — Etampes — Ethelragen. 


Etampes, Ort bei Paris, von dam, 
tuam Haus, Wohnort und Di klein. 

Etenbach bei Urloffen in der 
Ortenau, von e klein, eng und fein 
Wasser, desgl. ein Etenbach bei 
Sasbachwalden, der auch Entenbach 
heisst, von in klein. 

Etheirugen und Holmerugen. 
Jornandes führt unter den Völkern 
Skandinaviens die Ethelrugen an; 
sio bildeten den Gegensatz zu den 
Ulmerugen oder Holmerugen, d. h. 
Insel- oder Feuchtlandsrugen. Der 
Name der letziern kommt vom kim- 
brischen u/ feucht (uligo lat. Feuch- 
tigkeit) und ma Stätte. Die Ethel- 
rugen werden demnach als Hoch- 
landsrugen zu deuten sein, von aith 
Höhe und 3 gross. Der Name Ru- 
gen bezeichnet wesentlich dasselbe 
von rugha Bergrücken. Die Ethel- 
rugen hiessen im Altnordischen Ry- 
gir, ihr Land Rogaland. Die Holme- 
rugen, die an den Mündungen der 
Weichsel und Oder sassen, waren 
wohl eine von den Ethelrugen aus- 
gegangene Abtheilung, die später 
an die Donau kam, wo ihr Land den 
Namen Rugiland erhielt, sie zogen 
zum Theil mit Odoaker weiter nach 
Italien. Dass die Ethelrugen auf 
dem skandinavischen Hochlande das 
Stammvolk waren, ergibt der Name 
Rugen, denn er bedeutet, wie ge- 
sagt, Bergrückenbewohner, kann 
also nicht bei den Ulmerugen ent- 
standen sein. Von der Insel Rügen 
können sie wohl nicht gekommen 
sein, denn dazu ist diese zu klein, 
obwohl der Name Rügen ebenfalls 
von rugha abzuleiten ist. 











Etingen — Etrusker. 


Etingen, Dorf bei Augsburg, alt 
Etigga oder Etinga, von aith Hü- 
gel uud figh Haus, oder inka klei- 
ner eingeräunter Ort. 

Etrusker, Etrurier, Tyrrhe- 
ner oder Tyrsener, ein zunächst 
aus den Alpen nördlich von Brescia 
nder vielmehr aus dem östlichen 


Theile der Poebene in das Arnothal. 


eingewanderter Volksstamm, der 
durch den Einbruch der Gallier 
unter Belloves und dessen Nach- 
folgern in zwei Hälften geschieden 
wurde, wovon der eine Theil unter 
dem Namen Etrurer oder Toscaner 
am Arno sich erhielt, während die 
Nordhälfte mehr in die Alpen ge- 
drängt wurde, wo sie in den Thä- 
lern oberhalb Brescia, dann im En- 
gadin und in Graubündten sich 
ziemlich unvermischt noch vorfindet. 
Dass das Volk der Etrurer ein ein- 
gowandertes war, bezeugt schon 
Cato, welcher von einer Zeit ante 
adventum Etruscorum spricht; vor 
ihnen sassen die Umbrer in dem 
östlichen Theile Norditaliens, wur- 
den aber von den Etrurern, wie 
später von den Galliern auf das 
hentige Umbrien eingeengt. Um- 
bern bedeutet soviel als Ambro- 
nen, Ambarren, Wasserleute, von 
amhain Wasser und air oder viri 
Männer, Anwohner des Ambro- 
fiusses oder im weiterh Sinne des 
Adriatischen Meeres wie des Arno. 
Die Etrusker brachten die Schrift 
nach Italien, sie erbauten Caere 
(caer Stadt) oder Agylla (von 
keall Vorrathshaus), dann Tarko- 
nion (Tarquinium, Ort wo der 


— 459 — 


Etrusker. 


Tarc oder Fürst wohnte, von tarc- 
ion); Spina (Bergleute von bin- 
nae; spin ist entweder blos die ge- 
zischte Form oder aus di-bin kl. 
Berg entstanden), und Ravenna 
(Wasserort, ra Ort, buinn Wasser). 
Schon zur Zeit des Trojanischen 
Krieges waren die Etrurer ein mäch- 
tiges Volk, als über das Meer ge- 
kommen, wurden sie auch Pelas- 
ger genannt. Tyrsenus, heisst os, 
sei ein Bruder des Lydus gewesen, 
die Lyder kamen aber, wie mit 
ziemlicher Wahrscheinlichkeit an- 
zunehmen, aus Unterägypten, wo 
sie Ludim hiessen, zum Krieger- 
stammegehörten und wegen Zwistig- 
keiten mit den ägyptischen Königen 


and anderen Kasten, von Zeit zu 


Zeit auch von den Aethiopen und 
Arabern gedrängt, auswanderten 
nach Kleinasien an den Mäander 
oder in das Colchische Schilfland 
oder endlich über das Adriatische 
Meer an die Mündungen des Po, 
wo sie wieder ihr unterägyptisches 
Sumpfland vorfanden, denn Ludim 
bedeutet Sumpfbewohner, von Zud 
Sumpf. Vor dem Aufkommen der 
Römer hatten die Etrusker auch 
Campanien inne, d.h. das zum Fold- 
bau besonders geeignete Flachland 
beiCapua, wurden aber hier von den 
benachbarten Waldvölkern (Samni- 
ten) wieder vertrieben; auch in Cor- 
sica und Sardinien bauten sie Städte. 
Auf dem Tyrrhenischen Meere trie- 
ben sie Schifffahrt und Seeraub, das 
Meer westlich von Italien führt dar- 
um heute noch ihren Namen. Die 
Etrurer in den Alpen werden 


zum Rhätischen Stamme gerechnet, 
oder wohnten mit den Rhätiern ge- 
mischt; rAai bedeutet Berg, auch 
Burg, und darnach hiessen die 
eigentlichen Etrurer auch Rhase- 
nen, angeblich von einem ihrer 
Führer, der Rhas-ena hies, d. h. 
Burg- oder Bergmann. Dem ent- 
sprechend kann man die Form Tyr- 
renoi oder Tyrsenoi als Thurm- 
bewohner von turris, tyreis Thurm 
bezeichnen; die Urbedeutung von 
turris Thurm, {or steiler Berg und 
torc Fürst, fallen in dem Begriff 
hoch, erhaben, zusammen. Statt Torc 
sprachen die Juden den Namen 
Tarsch oder auch Tars aus, wor- 
aus Tartessus in Spanien, eine ita- 
lische Colonie geworden sein kann. 
Der Name Etrusker oder Etrurer 
endlich bedeutet Städtische oder 
Stadtieute, von fuar-isci oder tuar- 
air; tuar bedeutet Dorf, Ortschaft, 
air Mann, das vorgesetzte e ist ent- 
weder der kimbrische Artikel oder 
aus aith hoch abgekürzt, darnach 
Hochstadt-leute, Bewohner von 
Bergvesten, was die Etrurer in der 
That waren. 

Eisch, ital. Adige, lat. Athesis, 
von ad Wasser mit angehängtem 
aighe, bezw. aith hoch, Berg, also 
Gebirgswasser. Auch die Brenta 
hies Athesis, weil sie ein Berg- 
oder bryn-Wasser ist. 

Eital, Ort im Ammergau in Ober- 
bayern, von e-dail kleine Burg oder 
aith-dail Bergburg. 

Etite, Deminutiv-Endung franzö- 
sischer und deutscher Weibernamen, 
die dem of bei den Mannsnamen 


Eitte — Ettenheim. 


entspricht (vergl. dieses), z.B. Ho- 
riette, Jeannette. 

Elite, Ettenbach, Bachname, 
von ad Wasser, adan kleines Wı+ 
ser. Ettenbach bei Freudenstadt, 
desgl. im Breisgau, dieauch Undi: 
ean-aith Wasser-hoch heisst; dam 
die Ette bei Künzelsau, der He 
Etzenbach im Breisgau; letzterer 
auch von e klein und tain Wasser. 

Ettenberg, ausgegangenes Dorf 
am Bodensee, dann ein Berg bei 
Deckenpfronn in Würtemberg, Br 
tenberg und Ettenbohl in de 
Schweiz, der Ettenberg bei Mühl- 
heim an der Donau, dann bei Wer 
den in Würtemberg;; der Ettenbuch 
bei Freudenstadt im Schwarzwald, 
sämmtlich vom gäl. aitkin kleine 
Höhe. 

Ettendorf bei Elsaszabern, Et- 
tenstat oder Ettenstadt in Bayern, 
von aidhean kl. Ort, Idstädt ın 
Schleswig, vun aidhe Ort. 

Eltenheim, Städtchen am säd- 
lichen Endpunkte der Ortenas, 
gehörte zum reichsunmittelbaren 
Hochstift Strassburg. Hier war es, 
wo der Herzog von Enghien sich 
aufhielt, als er, einer Verschwörung 
gegen das Leben des ersten Consuls 
Buonaparte beschuldigt, von fran- 
zösischem Militär in der Nacht vom 
14. März 1804 gewaltsam abgeholt, 
um in Vincennes bei Paris am 
20. März gleich nach seiner An- 
kunft erschossen zu werden. Die 
Franzosen waren in zwei Colonnen 
bei Kehl und Rheinau unter den 
Generalen Caulincourt und Ordener 
über den Rhein gegangen und ver- 


Etterberge — Etrz. 


hafteten sowohl zu Kohl als Etten- 
heim ausser dem Herzog von Enghien 
noch andere französische Ausge- 
wanderte. Weiter oben im Thale 
liegt die alte Benedictinerabtei Et- 
tenheimmönster, und noch weiter 
zurück liegt St. Landolin mit einer 
Wallfahrtskirche und der Wunder- 
quelle des heil. Landolin und einem 
grossen dazu gehörigen Badehause, 
Der Name Ettenheim kommt von 
aidhean kl. Ort oder von aithin kl. 
Mlügel und om Ort. 

Eilerberge, nördlich von Wei- 
mar, von aith Höhe und er gross; 
sie sind indess nicht hoch; ein Ort, 
der darauf liegt, heisst Etters- 
berg; Etters kommt von adhras, 
hochgelegoner Wohnort (aitſ Höhe 
und aras Wohnort), Indem man 
bald blos an die Berge, bald an den 
Ort Adras dachte, entstand die 
doppelte-Bezeichnung Eitterberg und 
Ettersberg. Beides ist nicht richtig 
übersetzt, denn wollte man die nie- 
dern Hügel bezeichnen, so musste 
man Etitberge sagen, wenn blos den 
Ort, Ettersdorf, aber nicht Etters- 
berg. 

Ettlingen, Städtchen im Albgau, 
südlich von Karleruhe, mit einem 
alten noch erhaltenen Schloss. Name 
von aith hoch und Jong Ort. Das 
Schloss liegt auf einer Erhöhung 
über der Alb; alt hies der Ort auch 
Eteningen, von aithean kl. Höhe 
und inka kl. Ort. 

Eiz, Etzberg, soviel als Oetz- 
berg, Oezthaler Ferner, von aith 
Höhe, Berg.- Bei Pfitzingen in Wür- 
temberg liegt ein Etz, ein Etzberg 


— 461 — 


Etzdorf — Euböa. 


in der Schweiz, der alt Etzis-, 
Ettzis-, Etzels- und Ezenberg heisst, 
ebenso Etaliberg, Etzlisberg und 
Etzlenberg; bei den letztern For- 
men ist 3 gross oder li klein ein- 
geschoben. 

Etzdorf bei Krems in Oestreich, 
Etzweil, alt Ezwile im Schwarz- 
wald, Ezzinstat in Bayern, von 
ait, aidhe Ort, Demin. aidhean. 

Etzel, grosser Berg beiEinsiodeln, 
von aitk Berg und öl gross; Ezel- 
buele bei Tüllingen nächst Basel, 
Ezelberg bei Güglingen, Essel- 
berg in Bayern; andere Formen 
sind Eselsberg, Hesselberg, 
Asselberg. Der Mannsname 
Etzel, Ettil, Attila bedeutet da- 
gegen der grosse Alte, von all, 
aette Vater und i} gross, mächtig. 
Diese Bedeutung des Namens ent- 
spricht der alten Auffassung vom 
Etzel im Nibelungenliede, wo er als 
ein mächtiger guter alter Herr er- 
scheint, als Vater der untergebenen 
Fürsten, nicht als Länderverwäster. 
Letzteres ist christlich-römisch, denn 
er war ein Gegner des römischen 
Reiches, während beinahe ganz 
Deutschland damals auf seiner Seite 
stand. /d bei Weibernamen ud 
Eito als Mannsnume bedeutet gü- 
lisch auch gut. 

Euböa, die grosse Insel an 
der Ostküste Griechenlands, ital. 
Negroponte, angeblich schwarze 
Brücke, die vom festen Lande dahin 
führte. Negropons entstand aber 
wohl aus Egripos, wie Eubös 
auch hies, und womit negro-pons 
nichts zu schaffen hat; Egrypos 


2 0 — — — — 


Eudoser — Eupel. 


bedeutet hohes Ufer (ripe) oder 
hohes Felsenland, von aighe hoch 
und grob Fels; das vorgesetzte e 
kann auch blos der Artikel sein, 
ebenso das Eu in Euböa, so dass 
bu-ia, beo-ia Vieh-land bedeuten. 
Als Gegensatz zu dem Kuhland 
Böotien auf dem festen Lande wird 
aber en soviel als y Insel sein, 
Kuhlandsinsel, während bei Egri- 
pos die Endsylbe os gleich is Insel, 
stehen kann, oder statt eus Leute. 

Eudoser, alter Volksname, der 
auf der Ostseite der Elbe genannt 
wird, er kommt wohl von aiteas 
Wohnung und mag ein keltisches 
Völkchen bezeichnen, das feste 
Wohnsitze hatte, im Gegensatz zu 
den Deutschen und Wenden, welche 
als Waldleute mit ihren Heerden 
von Weide zu Weide zogen. 

Euganer, ein alter’ tuskischer 
Volksstamm, der von Verona bis zu 
den Euganerbergen wohnte, desgl. 
in den südlichen Alpenthälern. 
Unterabtheilungen derselben waren 
die Triumpiliner, von welchen das 
Thal der obern Mella über Brescia 
noch Val Trompia heisst, und die 
Camuner im Val Camonica. Auch 
die Lepontier waren Tusken. Der 
Name Eugan kommt vom gäl. 
aighean kleiner Berg, was die Eu- 
ganischen Berge bei Vicenza in der 
That sind. Trompia kommt von 
druimh Bergrücken und ia Land, 
und Camonivon comm Thal und 
on Leute. 

Eupel, Fluss in Nordungarn, der 
zwischen Gran ‚und Waizen in die 
Donau mündet, ungarisch Ipoly, 


_ 492 — 


Euphrat. 


Ipol, alt Bollia, für bo/-aha. Bol 
kommt von bual Fluss (Fulda), y- 
pol ist kleiner Fluss, daraus wurde 
Eupel. 

Euphrat oder Phrat, vom kim- 
brischen frwd oder froud Fluss. 
In Belgien gab es nach Ptolemäus 
auch einen Phrudis. Eu ist der Ar- 
tikel y. Der Pruth in der Moldau 
ist dasselbe. Der Fluss heisst jetst 
auch Fürst, eine bequemere Aus- 
sprache statt des kimbrischen rd, 
Dass der Euphrat einen kimbrischen 
und keinen gälischen Namen trägt, 
möchte andeuten, dass an seinen 
Ufern der kimbrische Volksstamm 
einst mächtig war. In der That 
hausten die kriegerischen Chaldäer 
am obern Euphrat zwischen Apames, 
Diarbekir und Urfa auf einer fast 
unangebauten wasserarmen Hoch- 
fläche voll Basaltirämmern, von wo 
aus sie ihre Raubzüge in die Nach- 
barländer machten und allmälig das 
grosse assyrische Reich gründeten. 
Nach dessen Sturz durch die Perser 
zogen wohl kımbrisch-chaldäische 
Schwärme nach Europa und unter- 
jochten hier die europäischen Gäles, 
wie sie es vorher schon mit den asia- 
tischen gethan hatten. Die Neber- 
flüsse des Euphrat führen ebenfalls 
keltische Namen, ala Gök-Su, von 
go klein, oiche Wasser, sua Plus; 
Murad, Bergwasser, von mar, mir 
Berg und ad Wasser, oder wroswes 
Wasser von mar, mor oder masr 
gross. Murad ist der Name des 
Phrat, so lange er im Gebirge läuft. 
Sultan-su, von suail klein und 
tain Wasser, 











Eurasbüurg — Europa. 


Eurasburg bei Augsburg, daun 
das Castrum Eurs in Tyrol, das 
1283 genanut wird; die alte Eres- 
burg bei8tadtberge in Westphalen, 
sämmtlich vom gälL aras Haus, 
Wohnung; ebendaher Erisdorf 
bei Riedlingen in Schwaben, Eris- 
wil in der Schweiz, alt Eroswile; 
Ersheim, und davon die Ersch- 
heimer Kirche bei Hirschhorn am 
Neckar u. 8. w. Auras ist eine an- 
dere Form für aras (vergl. dieses). 
Die Form Ehren-stetten da- 
gegen von irean, Demin. von ire 
Land, Feldstrich, daher auch Ere- 
stetten gleich Ihringen, Eringen, 
Heeringen, welche Namen mit der 
Endung ca, cau Haag, soviel als 
Feldpferch, eingefriedigter Feldort 
bedeuten; die alten Formen laute- 
ten Irinca. 

Europa soviel als Afrika, d. h. 
Westland von Asien aus angesehen, 
vom keltischen iar Westen und ibh 
Gegend; zunächst war os die Insel 
Crota, ‚welche unter der West- 
gegend verstanden wurde, denn da- 
hin entführte Zeus, der Himmels- 
stier, d. h. die Sonne, die Jungfrau 
Europa, oder Europia von Syrien 
aus; nit andern Worten, die Sonne 
geht gegen Westen, also auf Creta 
unter, und verbindet sich dort mit 
der Europa, die dadurch seine Frau 
wird. Here oder Juno, des Zeus 
Gemahlin und ebenso Ceres führ- 
ten darum den Beinamen Europia. 
Here kann als ire Erde aufgefasst 


werden, und Creta als Erdort, cray- 


ta, Kreideinsel, so dass die Verbiu- 
dung der Sonne mit der Erde, und 


— 463 — Eurotas — Euterbach. 


damit des Stiers mit der Kuh her- 
auskommt; denn „ge“, der griech. 
Name für Erde, entspricht dem 
indisch-deutschen „go“ Kuh; diese 
war aber bei den Indern das Symbol 
der Erde. Auch bei diesen raubte 
Dyaus (Zeus) eine Kuh; in dieser 
Gestalt klagte sie den Göttern ihr 
Leid, als der hundertköpfige Riese 
Ravana von Lanka (Ceylon) aus die 
Welt bezwungen hatte. Bei den 
Deutschen war ein Goldstier, das 
Gullinhorn, Goldhorn das Sym- 
bol des Sonnengottes Freyr; ein 
Stierhaupt von Gold, auf der Stirn 
mit einem Sonnenrad mit neun 
Speichen, fand sich im Grabe Chil- 
dericha zu Doornyk. Die Erdgöttin 
hies bei den Germanen Rind, nor- 
disch Rindr, von reann Feld; die 
Urkuh Audhumbla, d.h. die alte 
Embla, von aet alt und Embla, 
was als Erle (bezw. Eva) Frau der 
Esche oder des Askr (Adam) go- 
deutet wird. 

Eurolas, Flässchen bei Sparta, 
kimbr. y-rhidys der Bach. 

Eussersthal, enges Thal bei 
Annweiler, vom kimbr. ysirad Thal, 
Strasse, das im Deutschen die For- 
men Utris-, Uzirs- oder Uzerstlal 
annahm; dies sind die alten Namen 
von Eussersthal. 

Eutenberg, ein Hügel bei Hau- 
sen in Würtemberg, vom gälischen 
aithin oder ailhean kleine An- 
höhe. 

Euterbach am untern Neckar, 
alt Eutara oder Judra, Bergwasser, 
von y Artikel, e klein oder a Berg 
und dwr Wasser, dasselbe, was 





Eutin — Evroux. 


Itterbach und Kdder in Hessen, 
Hydor bei den Griechen. 

Eutis, alt Utine, Ort in Wagrien 
am Eutinersee. Das Ländchen wurde 
bei der Theiluug Wagriens nach 
Besiegung der Slaven den Hollän- 
dern zugetheilt. Ob unter diesen 
Holländern unsere jetzigen Hollän- 
der zu verstehen seien oder blos 
Waldlandsbewohner aus Holstein 
oder aus den Ostfälischen Wald- 
gauen, mag dahin gestellt bleiben. 
Helmold nennt „Hollandi* als die 
neuen Besitzer. Eutin kommt von 
aidhean kl. Ort, oder wegen der 
Lage am See von aoi-tain Hof am 
Wasser. 

Eutritzsch, Ort bei Leipzig, von 
ailreabh oder y-trigias Ort, klei- 
nem Ort; y oder eu ist der kim- 
brische Artikel. 

Evenus, alter Flussname in Ana- 
tolien in Griechenland, kymrisch 
afon Fluss, gälisch abh Wasser, 
abhan kl. Wasser. Im Lande der 
Molasser floss die Apha., 

Evergeten (vergl. Arachosier), 
von earg-dae Wasserleute. 

Kvesen, altHobesheim, alteVeste 
in der Darling-au, in den Kriegen 
gegen die Slaven Öfter genannt. 
Evesen liegt östlich von Wolfen- 
büttel am Elm und bedentet Hof- 
burg, von aoib Hof und din, tin 
Burg. 

kEvian, Stadt auf der Savoyer 
Seite des Genfer Sees, zu deutsch 
Seehof aiobh-ean, aoibh Hof, ean 
Wasser. 

Evreux, Stadt in der obern Nor- 
mandie, alt Eburovikes oder Medio- 


— 44 — 


Ewatingen — Erxeter. 


lanum Aulercorum ; der erste Name 
bedeutet Reiterstadi, vom kymr- 
ebwr Reiter und wigh Ort, Dorf; 
der zweite Feldheim, von magA, 
mahd Feld und /or Ort, gleich Mai- 
land und Meilen; Aulerker ist 
der Gesammtname der gälischen 
Völker, die zwischen den grossen 
Flüssen Loire und Seine wohnten, 
von al, il, ul gross und earg Was- 
ser. Feldheim und Beiterstadt pas- 
sen zu einander, denn aufden Weide- 
flächen legten die Kymren ihre Stu- 
tereien an. 

Ewatingen, Ort im Thurgau, alt 
Ekipetingun oder Mekipetingun. Vie 
letztere Form bedeutet kleine Feld- 
burg, von bi-daingean kleine Burg 
und magh Feld; Eki wird wohl 
von aighe hoch und EKwatingen 
von uade Fruchtfeld und inka kl. 
Ort herkommen. 

Exeter, altkeltisch latinisirt Iska 
Dumnoniorum, später Exeancaster 
an der Exe in Devonshire im südwest- 
lichen England. Exe, alt iska steht 
gleich uisge Wasser, Exean gleich 
uisgean klein Wasser, und caster 
ist cas-dear Burg-gross. Die ältere 
Form Is-ka als Ortsname bedeutet 
eingefriedigter Ort, Haag am Was- 
ser, ais-ca. Devonshire bedeutet 
tir, terra, gesischt sAir oder sAer, 
d. h. Land am kleinen Gebirge di- 
bin oder di-beann, welches hier 
beginnt und als Gebirg von Corn 
wallis bis zurWestspitze Südenglands 
reicht. Nach Kaspar Zeuss entstand 
‘dagegen Devon aus Dumnonia, 
Land der Dumnonen oder Defenas, 
welche einst hier wohnten und von 

















Eychtze — Ezzo. 


dan Angelsachsen vertrieben wurden. 
(Vergl. Domnonier.) 

Eychtze, Ort bei Cöln, vom gäl. 
oic-de hoch Haus, von uigh hoch 
und dae Haus. 

Eyerberg, hoher Berg, von a, 
au oder auch aighe Berg und er 
gross; so der Eyorberg an der Lau- 
ter, der Eierberg bei Löwenstein, 
beide in Würtemberg; das Eyfeld, 


— 465 — 


Fabel — Failau. 


ein Berg bei Bernau in Würtombarg, 
wohl eher von ai Hochebene. 

Ezzo, Etto, auch Hetto, alter 
Mannsname vom gäl. id (vergl. Ida) 
gut, zusammenfallend mit zeiti, att, 
atto, was der Alte, der Vater be- 
deutet; denn gut und Vater sind 
nahestehende Begriffe; jetzt noch 
heisst der gute Grossvater in Ober- 
deutschland Asetti. 


F. 


Fabel. Im Gälischen bedeutet 
fiubhaidh Dichter, zugleich aber 
auch Anführer; diese doppelte Be- 
deutung geht auf die Zeiten zurück, 
wo die Priester zugleich Anführer 
im Kriege und Sänger der Kriegs- 
lieder waren, wie dies auch boi dem 
hebräischen Moses der Fall war; 
aus fiubh-il Gedicht-gross entstand 
fabula, Fabel. 

Fachingen, Ort im untern Lahn- 
gau mit Sauerwasserquellen, von 
faich Feld und inka kl. Ort; Fach- 
bach, von /aiche und dem deut- 
schen Bach, Feldbach. 

Faden, gäl. /ad lang. 

Fäxe, Flechse, häutiges Ende der 
Muskeln, gäl. /asgan; im Bayeri- 
schen bedeutet Faisch jetzt soviel 
als Blut, faist, feist inOberdeutsch- 
land soviel als fett. Im Kymrischen 
bedeutet gwaed, ymwad, goad soviel 
als Blut. 


Fahrenbach oder Varenbach im 


Schwarzwald, in Hessen u. s. w., von 
Deutsch-kelt, Wörterbuch. 


feoran, Deminutiv von feor Bach, 
schärfere Form für Dior, bioran. 

Fahrenbühl, Anhöhe bei Berma- 
tingen am Bodensee, von faire, 
fairan oder firain Hügel; daher 
auch die Firnlaiten, Farnlei- 
ten oder Farmleiten mit Jea- 
thad Halde; dann Farnsburg, 
Virngrund und Firnskuppe, 
Farrenberg. 

Failan, alt Falaha-gau, Land- 
schaft in Schwaben zwischen Donau 
und Lech, nordwestlich von Augs- 
burg an der Zusam. Der Namo 
könnte versetzt für b/a, blach, 
blaues, grünes oder flaches Feld 
stehen, wegen der Endung aha Bach 
wird es aber von bial Bach abzu- 
leiten sein, woher denn auch der 
Ort Falaha an der Zusam und Bal- 
toshusen (bial-tas Bachort) weiter 
oben an demselben Bache kommen. 
Zusam bedeutet ebenfalls kleiner 
Bach von du, di klein und taom 
Bach, In der Failau liegen noch: 

30 


Falascha. 


Vultenbach, von Dual-di klein 
Bach; Logenaha, gleich Lahn, 
von /u-ean klein Wasser; Mor- 
dingen, alt Mardingen, jetzt auch 
Märdingen, grosse Burg, von mar, 
mor gross und daingean Burg; 
Bazenhova, Bachhofen, von bai- 
sean klein Bach, der Schmuotter 
nämlich, die parallel mit dem Lech 
der Donau zufliesst, und bei Donau- 
wörth (Donauinsel) in dieselbe mün- 
det, Name von snuadh Bach und 
der klein; Wertingen, bior- 
daingean, Wasserburg, latinisirt 
Parradum, von bior und dun, din 
oder aidhean kleiner Ort, Veste am 
Wasser; Thierheim, von iuar 
Dorf. Die Failau wurde bald zum 
Auges- oder Lechgau, bald zum 
Burgau gerechnet. 

Falascha. Jesaias, der im 8. 
Jahrhundert vor Chr. lebte, gibt an, 
dass in Oberägypten und Aethiopien 
Hebräer wohnten, die wohl durch 
den Aagypterkönig Sishak (975 vor 
Chr.) dabin geführt sein möchten. 
Sie haben dieselbe Gesichtsbildung 
wie die Abessynier, dunkelbraune, 
fast schwarze Haut und etwas 
wulstige Lippen, wie die Neger; 
sie sollen unter sich einen talmudi- 
schen Dialekt sprechen, hebräische 
Bibeln und Synagogen besitzen und 
gute Metall- und Waffenarbeiter sein. 
Ihr altes Testament sei in der Geez- 
Sprache abgefasst, sie selbst be- 
haupten, zu Salomons Zeit aus Pa- 
lästina weggezogen zu sein. Dar- 
nach wären sie Juden. Eine andere 
Ansicht bringt sie mit der Auswan- 
derung eines Theiles des ägyptischen 


— 466 — Faibach — Fallersleben. 


Kriegerstammes 6— 700 vor Chr. in 
Verbindung. Diese Krieger bewohn- 
ten in Unterägypten den Landstrich 
Tennis (lain-iaih Wasser - gegend) 
und ebenso hies ihre neue Heimath 
südlich von der Insel oder dem 
Zwischenflussland Meroe (muir-ua 
Meerland) Tenesis. Herodot nannte 
sie Sembritae (faom Wasser oder 
Wald und air Leute), ihre Haupt 
stadt hies Esar oder Sape, swir 
Wasser, e klein, Sape gleich di 
abh bedeutet dasselbe. Falascha 
bedeutet endlich wieder dasselbe, 
von bial Wasser, bialisk am Was- 
ser wohnend, gleich Volaker. 

Falbach im Elsas, von bual 
Wasser, gleich Fulda und Faulbach. 

Falkenberg, franz. Fauquemont, 
es gibt deren mehrere, das bedeu- 
tendste liegt in deutsch Lothringen 
an der deutschen Nied; im Uebrigen 
wird Falkenberg auch in Deutsch- 
land oft noch Vokenberg genannt, 
so im Taunus. Ein anderes Fauqui- 
mont, Valkenberg liegt bei Mastricht 
im Limburgschen, das früher Haupt- 
ort einer Grafschaft war. Der Name 
Foken-berg kann ebensowohl von 
Vogel, bezw. Falke (altdeutsch fo- 
cal, focla) herkommen alsvon buat, 
buacan, schärfer /uacan, Berg- 
rücken. 

Falldorf, alt Falathorp, Ort bei 
Syke südlich von Bremen, von baile 
Wohnort, Dorf (franz. bailly Dorl- 
schulz, griech. polis Stadt) oder 
von feall Haus, oder endlich voa 
fald umazäunter Ort. 

Fallersleben, alt Valareslaben 
oder Feleresleben, Ort im Derlingau 











Fallstein — Fanagoria. — 467 — 


in Nordthüringen; leben von Ziub 
Schlupf, Bach- oder Sumpfwinkel, 
Valares von bil} klein und aras 
Burg, also kleine Pfahlburg, denn 
diese lagen in Sümpfen, Bachkrüm- 
mungen, flachen Seen und Wald- 
mooren; es waren Schlupfwinkel 
von Natur wie durch Heckenwerk 
und Baumstämme gegen die Angriffe 
der Thiere und Menschen geschützt. 

Fallstein, ein alter Forst bei 
Osterwigh (gross-Wald-dorf) an der 
Südgrenze der Derlingau; fall ist 
hier gleich ba! Berg, Fels, Stein. 

Falster, Insel zwischen Seeland 
und Laaland in Dänemark, von bial 
Wasser und fir Land; dasselbe, was 
die Insel Laaland nebenan bedeu- 
tet, von /ua Wasser und ua Land, 
eigentlich /u-ua Land. 

Famine oder Famenne, ein Gau 
in wallonisch Luxemburg, wo früher 
die Pämanen oder Phemanen haus- 
ten. Hauptstadt der Famine ist 
Marche, wohin 1577 Don Juan 
ab Austria die missvergnügten Nie- 
derländer berief und das.sogenannte 
Edictum perpetuum errichtete. Oest- 
lich von der Famenne gegen die 
Eifel hin liegt der Karaskergau, der 
von den Cäräsen bewohnt war, welche 
gleich den Pämanen, Condrustern, 
Eburonen, Tongern und Aduatikern 
von Cäsar Halbgermanen genannt 
werden. Eine andere Stadt in der 
Famenne heisst Roche en famenne 
et en Ardennes. Pa-man-ia steht 
gleich beo-man-ia Vieh-leute-land. 

Fanagoria oder Phanagoris, alte 
Stadt am Asowschen Meere, mit 
einem Tempel der Venus oder Va- 


Fanas — Fannia, 


nadis. Name von bean Frau (slarv. 
pani), caer Stadi und aith, ais oder 
is hoch. Da das jetzige Kertsch 
jedenfalls nahe der Stelle liegt, wo 
Fanagoria stand, und dessen Name 
ebenfalls von caer-ais herkommt, 
so könnte es als aus Fanagoria ent- 
standen anzusehen sein. Von dieser 
Venusstadt geht folgende uralte 
Sage, die schon Strabo erzählt: Die 
Venus oder Vanadis habe hier die 
Jätten (Riesen) betrogen, und sei 
deshalb von letzteren angegriffen 
worden; da habe sie den Horkules 
zu Hülfe gerufen, ihn in eine Höhle 
versteckt, und einen Jätten nach 
dem andern in dieselbe gelockt, wo 
Herkules dieselben tödtete. Diese 
Sage wird auch in der ältern Edda, 
also bei den Nordgermanen erzählt. 
Da hätten die Jätten die Freya, nor- 
discher Name für Venus, zu besitzen 
gefordert, Thor, der nordische Her- 
kules, habe sich aber in Freya’s 
Kleider gesteckt, ihren Schmuck 
umgelegt, dadurch den Riesen Thrym 
(from schwer oder treun stark) be- 
trogen und ihn sammt seinem Ge- 
schlechte mit dem Steinhammer Mjol- 
nir (lat. malleus) erschlagen. Der 
schlauen Venus zu Ehren wurde in 
Fanagoria ein berühmt gewordener 
Tempel erbaut, der Apatoron hies, 
d. h. Wasserburg, vom keltischen 
abh, apa Wasser und tuaran kl. 
Ort, toran kl. Thurm. 
Fanas, Ort in Graubündten, alt 
Affenes, am-Berg-Ort ad-pen-ais. 
Fannla, das Hochland an den 
Quellen der Sambre zwischen Chi- 
mai und St. Quentin; Name von 
30* 


Faramand — Farkonim. 


beann, benn, beinn, binn Berg und 
ia, ua Gegend, Land ; dasselbe Wort 
wie hohes Veen hei Aachen und 
Spaa. 

Faramund oder Faramunt, zu 
deutsch „deliger oder edler Mann, 
vom gäl. /ear Manu, lat. vir und 
muadh adelig, wörtlich muthig, 
muthvoll, von hohem Gemüth. — 
Feradag ist guterMann, von /ear 
und day, versetzt gleich agathos, 
gut. 

Farkonim, Name_der Nieder- 
rheiner oder der Saalfranken bei 
den Juden des Mittelalters. Fairge 
bedeutet Meer, on Mann, im ist die 
hebräische Pluralendung. Die Saal- 
franken kamen von der Walau zu 
Wasser nach dem Festlande Bel- 
giens, waren also Wasserleute, 
Schiffer oder Vor gon (wie im Ni- 
belungenliede der Ausdruck lautet). 
In der fränkischen Stammsage heisst 
es, der „trojanische“ Held Franke 
sei bis an den Niederrhein gekoin- 
men und habe dort Xanten erbaut. 
Es ist dies eine Verwechselung mit 
Aeneas und Askanios, welche zu 
Schiffe von Troja flächteten, und 
deshalb diese ihre Namen erhielten, 
denn beides bedeutet Seemann, 
Schiffer, gerade wie Franke, von 
ean, bozw. uisge Wasser. Die Fran- 
ken sind nach ihrer Stammsage über 
Ungarn an den Rhein gekommen. 
Nach Tacitus ging auch die Sage, 
Ulysses sei bis an den Rhein go- 
langt und habe Askiburg (Was- 
serburg) erbaut (von uisge Wasser). 
Ob diesen" Sagen etwas Thatsäch- 
liches zu Grunde liegt, wird schwer 


— 468 — 


Farmleiten — Fatum. 


zu ermitteln sein, jedenfalls waren 
os aber keine Deutsche, sondern 
keltisch-griechische Franken oder 
Seeleute, die an den Niederrhein 
gelangten und Xanten, die Wasser- 
burg, bauten. 

Farnleiten oder Farmleiten, ein 
Berg bei Wunsiedel, von /airean 
kleiner Berg und /eathan Haldo. 

Farusburg, Ort im Aargau, von 
/uirean kleiner Berg. 

Farrenberg bei Belsen in Wür- 
teınberg, von /airean kleiner Berg, 
Bergknppe, /air Berg, härtere Form 
für Dwr, kymrisch Berg und auch 
Burg. 

Farriswald in Nordschleswig an 
der jütischen Westgrenze, entweder 
gleich saltas Wabrensis, Wabrewald 
in Belgien, von feabh Wald, und 
zwar Fichtenwald und er gross, 
oder aber von /ear Gras und 
rus Wald, gleich dem Virgundwald 
an der schwäbisch - ostfränkischen 
Grenze. 

Fascha oder Fäscha, gälisch 
faisg, Kinfriedigung, Pferch, Hürde, 
ist ein häufiger Name in Grau- 
bündten und Vorarlberg. Im badı- 
schen Vberlande werden die Kinder 
in die Nabelbinde nicht eingewickelt, 
sondern cingefätscht. Das ita- 
lienische fazzeoletto, in Oberdeutsch- 
land Fazzenetli, bedoutet Halstuch. 

Faltiga oder Fattigau, Ort an 
derfränkischen Saale, von /«with Feld 
und ga, kau Haag, also Feldhagen. 

Fatum, das Vorausgesagte oder 
Bestimmte, vom gäl. faidhim vor- 
hersagen, daher kommt such das 
Wort Prophet, der Voraussager, 














Faubourg — Fauerbach. — 469 — 


das pro ist griech.-lateinischor Zu- 
satz, der „vor“ bedeutet, um den 
Begriff zu verstärken; fatal, fa- 
talis ist fatumartig oder vorher- 
bestimmt. 

Faubourg, Vorstadt, aber nicht 
falsche Stadt, trotzdem es oft faux- 
bourg geschrieben wird; /0, [eu 
bedeutet im Gälischen unter, lat. 
Sub-urbium, denn es bezeichnet 
denjenigen Stadttheil, der unter, 
d.h. am Fusse einer Burg liegt, 
oder der Gerichtsbarkeit einer Burg 
oder Stadt unterworfen war. Burg 
bedeutet auch im Keltischen Burg. 

Faucigny, lat. Falciniacum, alte 
Freiherrschaft in Nordsavoyen, die 
1235 durch Heirath an die Grafen 
von Savoyen kam; es liegen darin 
die Städte Bonneville, Salanche, 
Cluse und das enge Chamounythal 
am Fusse des Montblanc, das ge- 
wissermassen erst durch zwei Eng- 
länder 1741 entdeckt wurde. Vor- 
her hielt man das Thal, selbst in 
Genf, nur von Wilden bewohnt. Der 
Name Faucigny kommt von fauces, 
Gebirgsengen, durch welche die 
Arve strömt. Chamouny bedeutet 
dasselbe, von cwmm Thal, mmnt 
Berg und ia Land. Cluse ist Enge 
oder auch Schloss, vom lat. clau- 
dere schliessen, entsprechend dem 
keltischen c/wdd oder clais, enges 
Thal. Salanche oder Salenche 
grosse Wiese, sal-inghis. Arve, 
von garm Wasser. 

Fauerbach, drei Dörfer in Ober- 
hessen, alt Finr-, Fuir-, Fuer- und 
Furbach, von /eor Wasser, an wel- 
chem die Orte liegen. 


Faulbach — Federsee. 


Faulbach am Main bei Prodsel- 
den an der Mündung eines Baches, 
desgl. in Nassau, alt Vulebach, von 
bual Wasser, daher auch Fulda. 
Vom Deminutiv bualan kommen 
Faulonbach bei Würmlingen in 
Würtemberg und Feillenbach, 
alt Vaeulenbach in Bayern. , 

Faurndau, Ort bei Göppingen in 
Würtemberg, alt Furentowa, Furin- 
towa und Furuntows, von /earann 
oder /uirionn Feld; owa, au ist 
aoi Hof; das dazwischengeschobene 
d mag di klein sein. 

Favernach, französ. Farvagnie, 
Stadt im Uachtland in der wälschen 
Schweiz. Uecht keitisch uchd oder 
uchedd bedeutet steile Berghalde 
und nicht Wüste, wie man gewöhn- 
lich Uecht auffasst; Favernach 
kommt von feabh Wald, aran Berg 
und acha Wall, Veste. 

Federbach, Bach bei Daxlanden 
nächst Karlsruhe, bei Weilheim in 
Würtemberg, ebenso die Pfett- 
rach, alt Pheterah in Bayern. Die 
orstgenannte Federhach ist in ihrem 
ganzen Laufe sumpfig, namentlich 
soweit sie im Bette des alten Ost- 
rheines fliesst, wird also von /eatlh 
Sumpf und er gross herkommen. 
Ob diese Erklärung auch für die 
beiden andern Bäche passt, bleibt 
dahingestellt. 

Federsee in Oberschwaben, ein 
breites Sumpfwasser, von /eath 
Sumpf uMl er gross. Von demsel- 
ben /ealh kommt das lateinische 
fetidus oder foetidus garstig und 
faeces Koth; sodann das deutsche 
pfui, franz. f, und endlich der volks- 


Fehlheim — Feldheim. 


thümliche Name dessen, was die 
Bömer cunnus oder rima nannten. 
Fith bedeutet Schwein, Vettel oder 
Vittel, grosses Schwein. 

Fehlheim, Ort bei Bensheim an 
der Bergstrasse, von /eall Wohn- 
stätte; in Hessen Feltheim, 
in Bayern Fellheim, Fellach, 
Fellenburg, Fellburg u. s. w. 

Feibach oder Veibach in der Ei- 
fol, fliesst in die Erft, vom kimbri- 
schen gwy Wasser. 

Feinfeld, alt Fuenvelt, Ort in 
Oestreich, von /uinn Feld und Jald 
Pferch, Einzäunung. 

Feld, Felden, Name von Höfen 
und Weilern in Schwaben und 
Bayern, auch mitunter Felz; sie 
kommen nicht vom deutschen Feld, 
denn es sind keine Felder, sondern 
Wohnungen, wohl aber von /eall 
Wohnstätte und 7ald Viehpferch. 

Felda. Gross- und Kleinfelda in 
Oberhessen, von bil! klein und dae 
Haus, Ort, oder auch von /fald 
Pforch und dae Haus dabei. 

Feldberg, die höchsten Berge 
des Schwarzwaldes wie des Taunus, 
führen ihren Namen nicht wegen 
der darauf befindlichen Felder, denn 
solche sind nicht vorhanden, wohl 
aber Viehweiden, sondern vom kim- 
brischen ba? Höhe; noch 1125 hies 
der Schwarzwälder Feldberg Felperc. 
Da Belchen, Ballon ebenfalls von 
bal herkommt, so haben diese Berge 
eigentlich denselben Namen. 

Feldheim kann ebensowohl 
deutsch als keltisch sein; im letz- 
tern Falle von Jald Pferch, einge- 
zäunter Ort, heim von 0m Wohn- 


— 170 — 


Feldkirch — Felonie. 


stätte. Bei Feldbach kann die 
zweite Sylbe, wenn es sich nicht um 
einen Bach, sondern um ein Dorfhan- 
delt, von beagh klein, herkommen, 
also nicht Bach im Felde, zondern 
kleiner Viehpferch. 

Feldkirch, ital. Campo di San 
Pietro, Hauptort der ehemaligen 
Grafschaft Starkenberg (Montfort 
oder Montafun) im Vorarlberger 
Nebelgau. Dabei liegt Rankweil, 
ein ehemaliger Reichsflecken, in 
welchem bis zu Anfang dieses Jahr- 
hunderts freies kaiserliches Land- 
gericht gehalten wurde, dessen Ge- 
richtsbarkeit sich über die österrei- 
chischen Unterthanen in den Graf- 
schaften Bregenz und Feldkirch so- 
wie über die reichsunmittelbaren 
Grafschaften Hohenems und Vaduz 
erstreckte. Der Name Rankweil be- 
deutet wesentlich dasselbe wie Feld- 
kirch, nämlich Feldhofen, von reann 
Feld und villa Weiler; bei Monta- 
fun ist fun entweder pen Berg gder 
/uin Feld; Nebel steht gleich ni- 
bal kl. Berg, auf dem die Burg 
Montfort liegt. 

Feildorf, Ort beiHorb, von /eall 
Wohnstätte, vorausgesetzt, dass der 
Ort aus keltischen Zeiten stammt. 

Fellenberg, Ort in der Schweiz, 
von feallWohnstätte, /eallan kleine 
Wohnstätte. 

Fellern, alt Veldern, Ort im 
Salzburgschen, von /eall Wohnung, 
der klen. . 

Fellers, Ort in Graubändten, la- 
tinisirt Fallaria, von bill klein, aras 
Burg. 

Felonie. Im Keltischen bedeutet 








Felten — Femerm. 


fele, feile Ehre, fel-amh, felaimh, 
felam das Gegentheil von Ehre, 
nämlich Ehr-ohne. Für ehrlos oder 
für Folonie galt es vor Allem, wenn 
der Vasall seinen Lehnsherrn im 
Stiche lies oder gar gegen densel- 
ben auftrat. 

Felten, Ort bei Winterthur, alt 
Felthaim, von /eall Wohnstätte, 

Felz, Ort bei Diekirch im Luxem- 
burgschen, franz. la Rochette, alt 
Rochoettae, zu deutsch Berghausen, 
von sugha Bergrücken oder roc 
Fels und dae Haus, Wohnort. Bei 
andern Orten steht Felz, statt /eal/ 
Wohnstätte oder Jald Pferch. 

Femern, alt Fembre, in Walde- 
mars Erdbuch Ymbrä, Insel an Hol- 
steins Ostküste, früher gleich Wag- 
rien von Slaven bevölkert; sie kam 
an Dänemark durch Knud Laward, 
dor König der Wenden und Obotriten 
ward; von da an blieb sie bei Däne- 
mark, bezw. Schleswig, obgleich sie, 
wie Lolland (Langeland) und Falster 
unter dem Bischof von Odense stand. 
Femern war wie alle wendischen 
Eroberungen Krongut der Könige 
und führte deshalb eine Krone im 
Wappen. Allmälig kamen zu den 
Wenden dänische Ansiedler; bei 
letztern war der Landbesitz nach 
Hufen (hoben), bei den Wenden 
nach Haken (unci), einem jetzt noch 
in slavischen Ländern üblichen Feld- 
mass, eingetheilt. Die Insel zerfiel 
in zwei Gerichtsbezirke, Ostertheil 
mit der Dingstätte Burg (oder Burg- 
häby, Burghafen) und Westertheil 
mit dem Ding Petersdorf (Peters- 
thorp). Die Landesversammlungen 


— 41 — 


Ferge —- Ferkel. 


wurden zu Landkirchen (dän. Lands- 
crona) gehalten. Das alte Schloss 
Glambeck lag auf einer Land- 
zunge zwischen dem Burgsee und 
dem Meere. Der Name Fomern 
kommt von /omhor-in Seeräuber- 
Insel; /emere, femire, fimire be- 
deutet im Gälischen Seeraub, /om- 
hor ein Seeräuber, von faobhaim 
rauben und muir Meer (slav. more), 
faobh-mara Raub zur See; Ym- 
br& bedeutet dagegen gleich Am- 
rom Seeleute, von inbAhir Wasser 
und ui bezw. amAh Leute; Glam- 
beck kommt von glinn Burg und 
bi-oiche kl. Wasser, verdeutscht in 
Bach, Beck. 

Ferge. Im Nibelungenlied der 
Fährmann, der die Burgunden über 
die Donau setzte, oder vielmehr 
nicht setzte; denn Hagen schlug 
ihn todt und machte dann selbst den 
Fährmann. Gälisch heisst /airge 
das Meer, fairgivius oceanus das 
schmale Meer, von /airge und fe 
schmal oder bi klein; /airg-ae sind 
Seeleute, Schiffer, und daher der 
Ferge im Nibelungenlied. 

Ferkel, junges Schwein, vom 
gäl. pork Schwein und /i klein. 
Die Gälen trieben starke Schweine- 
zucht, wie heute noch die Iren, da- 
her gab es eine Menge Ausdrücke 
für Schwein, als crain (chranne, 
chrinne etwa Grunzer), Aht, Dem. 
fithean, jetzt junges Wildschwein, 
von/eath Sumpf, dann coilead, auch 
Calte, endlich muc, daher Muggen- 
sturm, Schweinedorf bei Rastadt und 
scrob, daher Schrobenhausen in 
Bayern am Donaumoos. 


Ferner — Feuchtwangen. 


Ferner, Name von Gebirgsstöcken 
in den Alpen, gleich Firn, vom gäl. 


- 472 — 


ſairean oder firain Bergkuppe, /air 


Berg. 

Ferrol, alt Ferrolis, schwerlich 
vom lat. forrum Eisen, denn es wird 
hier weder Eisen gegraben, noch ist 
die Stadt von Eisen gebaut, wohl | 
aber liegt sie am Meere, feor 
Wasser; lis ist //ys Burg, Hof, 
rolis ist grosse Burg. 

Fesenbach oder Fessenbach, Dorf 
beiOffenburgan einem kleinen Bach, 
von bais Bach, baisin Bächlein; 
vom altdeutschen fosan Spreu, Spelz 
kann man einen Bachnamen nicht 
herleiten; dasselbe Fesenbrunn, 
Ort in Unteröstreich, desgl. Fe- 
senbeck, niederdeutsche Form für 
Fesenbach. 

Fessauvilliers, alt Fossonvilla, 
von /ois Wohnung, /oisson kleine 
Wohnung. 


— — — — — — — 


Feuerbach — Ferzau. 


Saalland, freies oder fränkisches 
Land, welches von der fränkischen 
Landvogtei in Rothenburg wie an- 
dere Beichsgüter zu Nördlingen, 
Harburg u. s. w. verwaltet wurde. 
Indess wird in einer ander Urkunde 
von Heinrich III aus dem Jahre 1053 
eine Quelle bei Irsingen an der Wer- 
nitz südlich von Feuchtwang bei 
Wassertrühdingen als die Grenze 
Schwabens und Frankoniens ange- 
geben, Irsingon selbst, alt Ursin- 
gen, bedeutet Grenzveste, von ur 
Grenze und daingean Veste. 
Feuerbach, Dorf bei Stattgart, 
desgl. im Breisgau, alt Fiurbach, 
Furbach, von /eor härtere Form für 
bior Bach, Born; Forbach in 
Murgthal, dasselbe in Lothringen 
an der deutsch-französichen Grenze; 
Vöhrenbach auf dem Schwar:- 
wald, alt Verenbach oder Ferenbach. 
vom Demin. feoran Bächlein; Fer- 


Fetzenbach, ein Weiler und Bad ! nach bei Oberkirch in der Ortenau 


bei Schopfheim im obern Schwarz- ' 


wald, entweder gleich Fesenbach, 
Fessenbach, von bais, baisin oder 
von Di-tain, beides kleines Wasser. 

Feuchtwangen, alt Fiutwanga, 
Stadt an der obern Wernitz am 
Firgundwald, vom gäl. fioth Wald 
und /ang, gwaneg Viehpferch ; Aoth 
lautete auch focht, deutsch Fichte, 
Fichtenwald. Feuchtwang wird ge- 
wöhnlich noch zum schwäbischen 
Ries gerechnet, os heisst aberin einer 
Urkunde von 1258, die deutsch ab- 
gefasst ist, „zu Feuchtwang auf frän- 
kischer Erde“; das könnte nun auch 
bedeuten, dass der alte Viehhof eine 
Reichsdomäne war, eine terra Salica, 


.- — — 


ist Feren mit angehängtem deut- 
schen ach Wasser, desgl. Fehr- 
bach bei Zweibrücken, Ferrer- 
bach, alt Verenbach, im Canton 
Zürich, 

Feuersbronn, alt Phusbrungnen 
oder Vuzzesbrunnen in Oestreich: 
phus ist die aspirirte Form ven 
uisyg oder bais Wasser; Feuers- 
bronn ist dasselbe, was Feuerbacl. 

Fez, Stadt in Marokko, Name ron 
faith, phaiad Feld, hebräisch pat 
oder phut; phaiadac sind Feld- 
leute. 

Fezzan, alt Phazania, eine vom 
Flugsande der Sahara schon grosser- 
theils überdeckte, aber immer noch 








Fichte — Filder. 


ansehnliche Oase westlich von Ober- 
ägypten, südlich von Tripoli; es 
wird in derselben einiger Ackerbau 
getrieben, daher der Name Feld, 
Feldleute, von /uith, phaidt, phaiad 
Feld, welches im Althebräischen in 
phut, put umgewandelt wurde und 
Anlass dazu gab, dass in der Gene- 
sis Hams dritter Sohn Put genannt 
wurde; hier wird aber das ganze 
Libysche oder Berbervolk darunter 
verstanden, von dem Fezzan jetzt 
nur einen Theil bildet. Phazania 
bedeutet Feld-leute-land, von phal- 
an-ia. 

Fichte, gäl. Aodh, fioth, auch 
feabh Wald, Baum, fothgha wal- 
dig. Im Deutschen haben sich die 
keltischen Waldnamen allmälig für 
bestimmte einzelne Baumarten fest- 
gestellt, doch wird der Ausdruck 
Fichte heute noch in verschiedenen 
Landstrichen für verschiedene Nadel- 
holzarten gebraucht. 

Fichtelgebirg, ein zwar gros- 
sentheils mit Fichten und Tannen 
bestandenes Waldgebirge an den 
Quellen des Mains und der Eger, 
trotzdem ist der Name nicht ur- 
sprünglich deutsch, denn er müsste 
Fichtengebirge lauten, der Name 
kommt von fiodh oder feabh, was 
Wald überhaupt bedeutet, und i 
gross, also grosser Wald, und nicht 
grosse Fichte. 

Figeac, Ort in Südfrankreich, alt 
Figiaco, von /aich Feld und acha 
Wall, oder blos Adjectivform. 

Filder oder die Felder am Ost- 
abhang desSchönbuchs von Grötzin- 
gen und Degerloch bei Stuttgart bis 


— 43 — 


Fils — Filsgau. 


an den Nöckar herab; ein frucht- 
barer Landstrich, bekannt durch 
die grossen Weisskraut- oder Weiss- 
koblköpfe, die hier gebaut werden 
und Stuttgart mit Sauerkraut ver- 
sehen. Es gehören hierher Vaihin- 
gen bei Stuttgart, Degerloch, Muss- 
berg, Steinenbronn, Waltenbuch, 
Grötzingen, Wolfschlugen, Köngen, 
Mellingen, Ruith u. s.w. Doger- 
loch, von feagh Haus, er gross 
und /oR Wald; Mussberg statt 
Munsborg, von mmwnt Berg; Stei- 
nenbronn, von /uinan kl. Was- 
ser, Brunnen; Waltenbuch, von 
altean kleiner Ort und buach Berg- 
rücken, oder bog foucht, es liegt in 
einem Thal im Schönbuch; Wolf- 
schlugen, /uc Ort, Dem. /ukun 
kl. Ort, einem Wolf gehörig; Kön- 
gon, Coichean kl. Ort; Mellin- 
gen, mael flacher Hügel und inka 
kl. Ort; Ruith, raidh Feld. 

Fils, Bach in Würtemberg, ent- 
weder versetzt für Flies, Fluss, kel- 
tisch Dial oder bual, woher auch 
Fulda kommt, oder da die alte Form 
filusa lautet, von di} klein und «is, 
uisge Wasser. Ebenso die Vils in 
Bayern. 

Filsgau oder Filvesgau an der 
Fils in Schwaben östlich von Plo- 
chingen (Feldort, von b/a, blo, 
blach grünes flaches Feld, und coi- 
chin oder inka kl. Ort). Der Gau 
ging an der Fils aufwärts und dehnte 
sich über die benachbarten Höheu 
der rauhen Alp bis zur Hardt, der 


"höchsten Fläche der rauhen Alp, 


von ärd hoch. Die Form filves steht 
statt bil-bais kl. Wasser, bedeute 


Fingal — Finnen. 


also dasselbe wie Al-ais oder filusa, 
wie der alte Name der Fils lautete. 

Fingal, altirischer Dichter und 
Held, dessen Thaten von Ossian be- 
sungen wurden, zu deutsch starker 
Kämpfer zu Fuss, von feinn oder 
fende Fussvolk, Fussgänger und 
gal stark; aus /ende wurde frans. 
fantassin, deutsch Infanterist ; feinn 
bedeutetaber auch Bauer, im Gegen- 
satz zum Adel, derzu Pferd kämpfte. 
Fingals voller Name lautete Fionn 
Mac Cumbal; Aon bedeutet auch 
weiss, mac Sohn und cumhal von 
caomh schön und al gross. 

Fingast, alter keltischer Name; 
er bedeutet fleissiger Bauer, von 
feine Bauer und gasla fleissig, ge- 
schickt; das deutsche Wort Hast, 
hastig ist damit verwandt. 

Flune, Finneberge, alt Vinne, 
schärfere Form für binn, beann, 
benn, beinn Berg. Die Finneberge 
liegen im östlichen Thüringen und 
scheiden das Ried an der Unstrut 
oder den Wigsezigau (Wasser- 
sitzergau) vom Engilingan. 

Finnen, bei Tacitus Fenni, 
Wasserleute, von buinne Wasser 
und nae Leute, In der That leben 
die Finnen noch heute vorzugsweise 
vom Fischfang, nicht blos die Be- 
wohner Finnlands, sondern auch all 
die verschiedenen hunnischen Völ- 
ker an der Wolga, am Ural, durch 
Sibirien bis Kamtschatka. Im Go- 
thischen bedeutet fani, altdeutsch 
fanni, fenni Sumpf, Trefonnä bei 
Jornandes, Waldsumpf, von daire 
oder doire Walddickicht, während 
Skrithfinnen auf den Felsengebirgen 


— 411 — 


Finnen. 


Schwedens und Norwegens Gebirgs- 
finnen bedeutet, von cruadh Stein, 
Fels. Skrith bezieht man gewöhnlich 
auf Schlitt- oder Schneeschuhe, diese 
werden aber von allen Nordvölkern 
im Winter getragen. Das Wort Venn 
für Sumpf kommt auch an den 
Grenzen Finnlands vor, z. B. nönl- 
lich von Pernow in Esthland, wo 
ein grosser Bumpf Fendren heisst, 
von venn und er oder dear grose. 
Neben diesem Ausdruck finden sich 
in Esthland und Livland die Moor- 
namen Moeras und Musta, letzteres 
an den Musidegau in Niedersachsen 
erinnernd, von muadh modrig, moc- 
sig, moorig, denn Moos ist gleich 
Moor; Moeras gleich muir - ialh 
Sumpfgegend. Die finnischen Be- 
wohner dieser Moorstriche werden 
wohl auch Mirri genannt, slavisch 
Merja bei Nestor, dem altrussischen 
Geschichtschreiber, oder Lami, Las- 
mi, wie auch ein Sumpf in Esthland 
heisst, von /ud, lus Sumpf und ma, 
mo Stätte. Die Finnen scheinen 
schon vor den Kelten in Europas 
gehaust zu haben, und nicht blos 
im Norden des Erdtheiles, sondern 
überall, wo wir Pfahlbauten autref- 
fen; denn diese Wasserburgen und 
Schlupfwinkel in den Sümpfen waren 
für ein Fischervolk gerade ange 
messen, weniger für die Gälen, 
welche, aus Vorderasien kommend, 
schon Ackerbau und Viehzucht mit- 
brachten, so dass ihnen mit blossen 
Sumpfwinkeln nicht gedient sein 
konnte. Die Basken, deren Sprache 
mit der finnischen besondere Aehr- 
lichkeit haben soll, mögen wohl dis 














Finsteraarhorn — Finstermünz, — 475 — Finstingen — Firnskuppe. 


von den Kelten in die Pyrenäen 
gedrängten Beste südlicher Finnen 
sein. Ob die Kimbern mit den Fin- 
nen näher verwandt sind, muss noch 
festgestellt werden. 
Finsteraarhorn, das höchste 
Felsenhorn der Berneralpen, das 
aber so wenig finster ist, als jede 
andere Bergspitze, wenn sie nicht 
gerade durch Nebel oder Wolken 
verdeckt wird. Finster ist eine 
Verdeutschung des gälischen irn, 
firain, zu deutsch Ferner. Felsen- 
spitze; arhorn bedeutet hohes Horn, 
von ar, er gross und kearn Horn; 
Finsterarhorn ist somit eine Tauto- 
logie, es sind zwei gälische Appel- 
lativa, die fast dasselbe bedeuten, 
in einen Namen verdeutscht. Uebri- 
gens kann arhorn auch deutsch 
sein, denn die Felsenspitze hat 
wirklich die Form eines Hornes, 
und an ihrem Grunde liegt der Aar- 
gletscher, aus welchem die Aar ent- 
springt. Firn (frain) wäre dann 
der gälische, Aarhorn der ange- 
hängte deutsche Name. Im Ziller- 
thal liegt der Ahorn, von a Berg 
und cearn Spitze, auch in Schwaben 
gibt es Ahorn-Berge. 
Fiastermünz, lat. Venusta mons, 
ein Bergpass in Tyrol an der Grenze 
des Engadin, bedeutet nach dem 
Kimbrischen Bergstrasse, von ysire 
Lauf, Gang oder ystryd Strasse und 
munydd Berg. Der Berg ist nichts 
weniger als reizend oder venusta, 
sondern ein enger Felsenpass. Die 
verschiedenen Orte Strassburg, 
Strassberg, Strateburg, die alle 
noch von den Kelten stammen oder 


wenigstens von ihnen benannt wur- 
den, selbst wenn sie auch von den 
Franken angelegt wurden, kommen 
von diesem siryd Strasse. 

Finstingen, Ort im Saargau in 
Lothringen, Name von /uinne Feld, 
gezischt Ans und daingean, franz. 
donjon kleine Veste; im Französi- 
schen heisst der Ort Fonestrange; 
fenes ist dasselbe wie fins, trange 
aber steht gleich fuaran kl. Ort 
oder toran kl. Thurm. In Finstin- 
gen wird noch deutsch gesprochen. 

Finten, Ort bei Mainz, alt Fun- 
tana, an der Quelle der Zey, eine 
römische Gründung, denn die Rö- 
mer nannten den Ursprung der Ge- 
wässer fontes, Quellen. Der Name 
des Baches Zey ist dagegen gälisch, 
von sus Wasser. Die Deutschen 
nannten die Flussquellen Spring 
oder Urspring, Ursprung, die 
Franzosen die Dörfer an Bachquellen 
Lafontaine. 

Firmo, Ort in der Mark Ancona, 
alt Fermum, von /air Berg und man 
Stätte. 

Firn, soviel als Ferner, Berg-. 
kopf in den Alpen, vom gälischen 
firainn, fairean Bergkopf, Felsen- 
spitze. 

Firnskuppe bei Kassel, eine Ba- 
saltkuppe am Fusse des Habichts- 
waldes, die eine geräumige Höhle 
in Form einer seitwärts geöffneten 
Blase bildet, an deren innerem Bo- 
den sich eine tiefe weite Spalte be- 
findet, ein natürlicher Stollen nach 
der Unterwelt hin, vielleicht ein 
Ueberbleibsel eines Basaltkraters, 
denn in der Nähe am Habichtswald 


Firth — Fischbeck. 


hinauf finden sich ganze Felder von 
Basaltkugeln von der Grösse einer 
Faust bis zu der eines Kopfes. Der 
Name Firn kommt vom gälischen 
firainn, fairean Bergkuppe, faire 
Berg, härtere Form für bwr Berg 
und Burg. 

Firth, Fiord oder Fiörd, Meer- 
einschnitte oder schmale, langge- 
dehnte Moerbusen in England und 
Skandinavien, Der Name ist soviel 
wie Furth, kymrisch Jwrdd, und 
dies eine Nebenform für /rmwd, 
/roud (Euphrat) Fluss, und dies 
wieder von bior Wasser. Der Lim- 
fiord in Jütland ist die klein Was- 
serfurth von /u-ean klein Wasser, 
oder Inselfiord wegen der Insel Mors, 
die darin liegt, von /in Insel. 

Fisch, lat.piscis, steht ursprüng- 
lich dem gälischen uisg oder kim- 
brischen gwysg Wasser gleich, also 
Wassertbier, wie Sau, Schwein und 
Schwan von sua und suan, was 
auch Wasser bedoutet. Die Orte 
Fischbach am Taunus, desgl. bei 
Langenschwalbach u. s. w. können 
ebensogut aus dem Deutschen als 
aus dem Keltischen erklärt werden 
und bedeuten im letstern Fall Ort 
am Bach. (Vergl. den nachstehen- 
den Artikel.) 


Fischbeck, altes Kloster im Wwe- 


serthalgau (Tilithi), alt Visbeke oder 
Uisbeke, d. h. Wasser-bach, von 
nisge Wasser und dem angehängten 
- deutschen Bach, niederdeutsch Beck. 
Dieses Kloster wurde von einer Ma- 
trone Helmburg, Wittwe Ruperte, 
deren Söhne Richard und Aldeges 
verstorben waren, gegründet und 


— 416 — Fisibach — Flandern. 


von Kaiser Otto IIL 1002 wie von 
Konrad II 1025 bestätigt. Zu dem 
Stifte gehörten Wickboldessen, alt 
Wigbalteshuson oder Wendrodess; 
Bensen, alt Benneshusen; Hadde- 
sen, alt Haddeshusen; Zerssen, 
alt Trackanhusun, sämmtlich im 
Schaumburgschen gelegen, ihrer Be- 
deutung nach Haus des Wigbold, 
des Benno, des Haddo, lauter kel- 
tische Personennamen. Jetzt bilden 
die Güter diesos alten Frauenklosters 
ein Stift für adelige Fräulein, gleich 
dem zu Kaufungen und Wetter. 

Fisibach in der Schweiz, von 
keltischen uwisge oder gwysg Wasser, 
gleich Fischbeck und Fischbach, 
oder von bais Wasser. 

Fistel, Wundkanal, altdeutsch 
vic, kymrisch fc, fich. 

Fivelgau in Friesland, führte 
seinen Namen von seinen Waldur- 
gen, /eabh Wald und il} gross. 

Flache Hand, altdeutsch laffa, 
kymrisch Nam, gälisch /amh. 

Flachslanden, Ort in Bayern, 
von ffeask Feld, Land. 

Fläsch, Ort in Graubündten, ali 
Fläsc-ca, fleasc Feld und Aa Haag. 

Flamersheim bei Euskirchen as 
Niederrhein, alt villa regia Flarser:- 
heim, also eine königliche Yilla 
Flath bedeutet Fürst, König und 
mur. Mauer, Bollwerk, Haus. Flar- 
heim bei Mühlhausen in Thüringen, 
alt Fladecheim und Flathecheim. 
ebenfalls eine alte keltische Königs- 
burg, von flath König und teagk 
Dach, Haus; desgl. Fladungen. 

Flandern, das belgische Flach- 
land nördlich von dem Bergland der 

















Flaum. 


Wallonen und südlich von den alt- 
friesisch - holländischen Seelanden, 
von blaen Ebene und dear gross 
oder #ire Land; Vläming in ähn- 
licher Weise von bla, dasselbe, was 
blaen und maon Mann. Flandern 
gehörte unter den Karolingern zu 
Neustrien, wodurch, sowie durch die 
Nachbarschaft der Wälschbrabanter 
(Wallonon) die romanische Sprache 
begünstigt wurde. Die Schelde war 
damals die Grenze von Austrasien. 
Demungeachtet ist in Flandern 
das Vlämische überall noch Volks- 
sprache, und es haben sich eine 
Menge Volkslieder, namentlich aus 
dem Sageukreise der Karolinger, die 
bekanntlich aus Brabant stammten, 
erhalten. Die alte Grafschaft Flan- 
dern bestand aus Ost- und West- 
fiandern (vlämisch Flandern), Staats- 
flandern und dem Atrechter Lande 
(Artois), während Reichsflandern und 
Brabant, obwohl auch grossentheils 
von Vlämingern bewohnt, von Alters 
her das erste eine eigene Markgraf- 
schaft, das andere ein besonderes 
fränkisches Herzogthum bildeten. 
Der erste Graf von Flandern war 
Balduin I im 9. Jahrhundert, die 
Tochter des 24. Grafen, Ludwigs LI, 
Margaretha, vermäblte sich 1369 
mit Philipp dem Kühnen von Bur- 
gund, der dadurch Graf von Flan- 
dern wurde. 1667 bemächtigte sich 
Frankreich des südlichen Theils von 
Flandern. 

Flaum. Im Hessischen nennt man 
das zartere Schweinefett Flaum, es 
könnte dies seiner Beschaffenheit 
wegen nach Flaumfedern benannt 


— 417 — 


Fleckenstein — Fleims, 


sein; im Keltischen heisst blain 
aber Fett. 

Fleckenstein, Burg im Unter- 
elsas auf einem breiten Felsen, von 
gälischen J/each, kymr. ll/ech brei- 
ter liegender Stein, Leye, Schiefer ; 
mit vorgesetztem by klein und der 
Deminutivendung on. 

Flehite, altkeltischor Name für 
die Gegend zwischen Utrecht und 
der Zuidersee oder dem lacus Flovo, 
lat. fluvius. In diesem Wassergau 
liegen Amersfort, Naarden und 
Muiden (Münden an der Mündung 
der Vecht). Am Flevo-See selbst 
lag in ältester Zeit ein Ort Mana- 
ritinm, aus dem wohl das heutige 
Naarden hervorging. Manar be- 
deutet im Gälischen einon mit Mauer 
oder Steinwall umschlossenen Be- 
zirk, also einen Ringwall, manar- 
itium (von aite), einen anf solcho 
Weise befestigten Ort. Flevo oder 
lateinisch fluvius bedeutet kl. Fluss 
flu-by im Gegensatz zu flumen 
flu-moin Fluss-gross. Die Zuider- 
see war ursprünglich blos ein Fluss, 
die Fortsetzung der Vocht, che die 
Hälfte Nordhollands bezw. Fries- 
lands versank und den Seo bildete; 
die Vecht ist aber gegenüber der 
Waal (gwa-al Wasser-gross) ein 
flu-bi Wasser-klein, Flehite ist 
die ialı oder Gegend am Flevo. 
Flu ist zusammengezozon aus buu/ 
Wasser. 

Fleims, Flimns, val di Flemme 
oder Fiemme, auch val die Cembra 
in der untern Hälfte genannt. Letz- 
tern Namen soll das Thal daher 
haben, weil einige Reste de 


Fleims, 


Marius in Oberitalien geschlagenen 
Cimbern sich hier niedergelassen 
hätten. Die Mundart der Bewohner 
ist indess italienisch und gehört 
das Thal zu wälsch Tyrol. Der 
oberste Theil der Fleims erstreckt 
sich bis zum Gröduer und Enne- 
berger Thal, ja die Sprache der 
Fleimser geht noch über die Berg- 
joche in die obern Seitenthäler der 
Etsch, gegen Botzen zu. Da liegt 
z. B. noch Wälschenofen neben 
Deutschenofen. Von der Fleims süd- 
lich durch das Sugana- oder Brenta- 
thal finden sich eine Reihe altdeut- 
scher Ortschaften bis zu den sieben 
und dreizehn Gemeinden im Verone- 
sischen und Vizentinischen, obgleich 
deren Namen italienisch sind, z. B. 
Fierozzo, Frasilongo, Rovoda, Vig- 
nola, Torcegno, Roncegno, Lavarone, 
Folgaria. Was die Bedeutung der 
Namen betrifft, so kommt Cembra 
schwerlich von den Kimbern, son- 
dern von cwmm Thal und bwr Berg 
oder bra Ebene, also Bergthal oder 
Thalebene; Fleims wird dasselbe 
sein, von fleasg oder blaen Ebene, 
Feld, ebenso sind die Ortsnamen im 
Thale keltisch, wenn auch italisirt, 
z. B. Cavalese, go-peall-aidhe 
Fohlenhof, der Hauptort im Thale. 
Die früher deutschen Orle, als Fie- 
rozzu, waren alemannische Ansiede- 
lungen, zur Zeit der fränkischen 
Eroberung der Rheinlande von den 
Ostgothen angelegt an Stellen, die 
vorher schon im Besitz von roma- 
nisirten Rhätiern gewesen, daher 
deren Namen auf die deutschen 
Dörfer überging. 


— 418 — Fiennithigau — Fleischessen. 


Fiennithigau oder zusammengr- 
zogen Fleithigau, zu deutsch Berg- 
höhenland, von db/aen Bergspitse, 
ailk hoch und ia Land oder « 
Männer, Gebirgsleute. Dieser Gau 
lag in dem Berglande rechts von 
der Leine zwischen Gandershein, 
Alfeld, Duingen, Brüggen, Salzdet- 
furt, Bodenburg und Lammspringe; 
darin die sieben Berge und der 
Sackwald am Rande des Leinethales. 
Das südliche Ende des Gaues gegen 
den fränkisch-mainzischen Bittegan 
(Feldgau, von raith Feld), worn 
Nordheim liegt, bildete die Mark 
Gandersheim, aus welcher die säch- 
sischen Kaiser stammten. In diesen 
Gau liegt auch Segeste, alt Se 
gusti, jetzt Siegestedt am Ostabhang 
der sieben Berge, in dem man die 
Burg desSegest, Armins Schwieger- 
vater, vermuthen kann. Der Name 
Segusti bedeutet kleine Waldburg. 
von di klein, coed Wald und d« 
Hans, Burg. Ausserdem liegen is 
diesem Bergland Wrisberghol- 
zen (alt Holthusen), Petze, alı 
Pezun (bi-dun kl. Ort), Sellen- 
stedt (alt Soellenstide, von syeily 
Fels), Graffeld (alt Grafls, vo 
grab, grob Fels und /le Stätte. 
Eizum (alt Aluzun, alt-dun Was 
serort oder aill-dun Ort auf den 
Berge), Asbike (uisge Weasser- 
bach), Bellinghausen, altBeis- 
leresheim, reann Feld, Zisb Winkel. 
Tüste (alt Tuiguste, von /eaghe 
Häuser), Söhre, alt Suthre (doid- 
er grosser Hof) u. 8. w. 

Fleischessen, alt Flaiscezzee. 
kleines Dorf in Oestreich, von fleask 














Fletb — Flotwedel. 


Feld und aidh, Demin. aidhin, ver- 
deutscht ezzen Wohnort, also Feld- 
dorf. Im Odenwald gab es einen 
Ort Wisilfeisch. 

Fleih, Endung von Ortsnamen 
in Norddeutschland, von bil-aidhe 
kleiner Ort, nach Lage des Orts 
auch statt fliess Bach, oder endlich 
von flies, flied, flath Fürst. 

Flinsbach, zuaammengezogen aus 
bi klein und /liant Bach. In Baden 
gibt es ein Dorf Flinsbach, desgl. in 
Oestreich, beide an kleinen Bächen. 
Bei Buggingen im Breisgau ist der 
Flinsgraben. 

Flitsch oder Pletsch, Pletz, Pless, 
Hauptort des Flitscher Bodens, eines 
kaiserl. Kammerguts im nördlichen 
Theile der gefürsteten Grafschaft 
Görz, bil-uidhe oder bil-iosda kl. 
Ort. 

Flotwedel, alt Flutwide, Flut- 
widde, Vlotwede, ein grosser Wald- 
strich in Niedersachsen zwischen 
Celle, Burgdorf, Peine und Meinersen 
an der Fuse auf dem linken Ufer der 
Aller. Die Strecke an der Aller her 
wird heute noch der Flotwedel ge- 
nannt, und in den grossen und klei- 
nen abgetheilt; der grosse ist der 
westliche Theil von Langlingen bis 
Wienhausen, der kleine, Östliche, 
zieht sich bis an die Grenze des 
Amtes Meinersen, wo auch Fletmar 
liegt. Der Name Flotwedel bedeutet 
grosser Fürstenwald, von ath Fürst, 
wed oder gwidd Wald und il gross, 
er war im Mittelalter ein Beichs- 
forst oder kaiserlicher Jagdbezirk. 
In demselben liegen jetzt Berg- 
dorf; dann Edesse (aiteas Wohn- 


— 49 — 


Fohrhang. 


ort), alt auch Edinkhusen (von 
aithean kl. Ort) bei Meinersen; 
Wiedenrode, alt Wedelingerotli 
beiEicklingen, von gwidd Wald und 
reodh Feld; Uetze, alt Uttisson, 
aitensan kl. Ort; Seershausen, 
alt Sirdisson (Bachhausen, von suir 
Wasser); dann das Kloster Wien- 
hausen, alt Huginhusen, die Mut- 
terkirche der ganzen Gegend, über 
der Aller gelegen, super Aleram 
fluvium, wie in der Stiftungsurkunde 
des Klosters vom Jahre 1233 steht; 
hugin von aighean kleine Höhe, als 
solche wird sie 1051 als eine Öffent- 
liche Kirchenpfarrei aufgeführt. 
Fohrhaag oder Virnwald, alt 
Forahi, ein meist mit Föhren oder 
Kiefern bestandener Landstrich auf 
der Sandinsel, welche sich vom Ein- 
fluss des Neckars in den Rhein oder 
von Käfferthal bei Mannheim über 
Virnheim und das alte Kloster Lorsch 
bis gegen Gernsheim erstreckt, west- 
lich von den Rheinniederungen, öst- 
lich vom Bette des alten Nord- 
Neckars begrenzt, der sich von 
Ladenburg längs der Bergstrasse, 
durchschnittlich eine halbe Stunde 
von derselben entfernt, gegen Wein- 
heim und von da im Bette der 
Weschnitz weiter zog Beim Seehof, 
Laudenbach und Heppenheim gegen- 
über, war ein förmlicher See, der 
Lorscher oder Oberneckar-See ge- 
nannt, der immer schmäler werdend 
bei Lorsch endete, und erst in den 
letzten Jahrhunderten durch die 
Weschnitz abgeleitet wurde. Der 
Fohrhaag ist einerseits cine natür- 
liche Fortsetzung des Haardtwaldes 





Fohrhaag. 


im Altbadischen, der bei Schwetzin- 
gen ondet, und bildet andererseits 
den Uebergang zu der nördlich ge- 
legenen Tann, d. h. dem Kieferwald, 
welcher sich aus dem Oberrheingau 
bis an den Main bei Frankfurt und 
noch über denselben in die Ebene 
zwischen dieser Stadt und Hanau 
fortzieht. Der südlich von Lorsch 
gelegene Tann heisst dor Lorscher 
Wald, dor nördliche der Nordwald 
oder Bibliserwald. In letzterem an 
der Weschnitz beiNordheim scheint 
der hörnene Siegfried nach dem 
Nibelungenlied von Hagen ermordet 
worden zu sein, oder aber im süd- 
lichen Tann bei Otenheim, das jetzt 
kEdigheim geschrieben wird, auf dem 
Oppaner Werth; in keinem Fall aber 
bei Lindenfels im Odenwald, wie 
man gewöhnlich annimmt, denn so- 
weit erstreckte sich die eintägige 
Jagd nicht: 
„vor dem Otenwalde ein 
Dorf lit, Otenlisim 
Da vliuzet noch der Brunne 
Des ist Zwiofel dehein.” 

Da Brunnen, keltisch bioran, ur- 
sprünglich jedes kleine Wasser be- 
dentet, so braucht man bei dem 
Sirgfriedsbrunnen nicht nothwendig 
an einen Springquell zu denken, es 
genügt jedes fliessonde Wasser. 
Virnwald steht gleich Föhren- 
wall, und Fohr-haag gleich 
Fohrenhacke, niederer Kioferwald. 
Otenhoim ist aidhean kl. Ort, 
Edigheim e-tigh dasselbe; Op- 
pau obh-aoi Wasser-hof, Biblis 
bi-abh-Ilys klein-Wasser-hof oder 
Burg. 


— 480 — 


Foix — Forchheim. 


Folx, alt Fuxum, Landschaft 
am Fusse der Pyrenäen, gehörte vor 
Zeiten zum Westgothischen Reiche, 
hatte später eigene Grafen und wurd: 
durch Heinrich IV 1589 mit der 
französischen Krone vereinigt. Wäh- 
rend der Religionskriege war der 
grösste Theil der Grafschaft prote- 
stantisch. Hinter dieser Grafschaft 
in den oberen Pyrenäen liegt die 
weder zu Frankreich noch zu Spa- 
nien gehörige Republik Andorra, 
in welcher die angeblichen Ueber- 
bleibsel der Westgothen, Cagot: 
genannt, noch am hänfigsten gefun- 
don werden. Die Stadt Foix oder 
alt Fıxum mag von /aiche Feld und 
dom Haus herkommen, denn sie 
liegt in einer Ebene des Arritge- 
Thales. 

Fontainebhlceau, alt fons bliaudı 
oder blaudi, vom kimbrischen by 
klein und J/yanı Wasser, zusammen- 
gezogen biyant, also kleines Wa: 
ser, Quelle. Dieses kleine Wasser. 
welches dem Orte den Namen gal. 
liefert jetzt noch das Wasser zu der 
See von Fontainebleau, auf welchen 
Napoleon III sich in Schifferkünste: 
zu üben pflegt. 

Forbach, Städtchen in deutsch 
Lothringen, einst Hauptort der Graf 
schaft Forbach; desgl. cin Dorf ie 
Murgthale, von /eor Wasser, schär- 
fere Form für bior. 

Forchant, Ort bei Partenkirch 
in Bayern, zu deutsch Feldort, von 
fearann, fuirionn Feld und ia Ott. 

Forchheim, alt Foraheim ix 
Bednitzgau in Franken, einst eir 
königliche Pfalz, daher der Nam 





Fores. 


von /o König und ra Haus. Die 
altkeltischen Pfalzen gingen in die 
Hände der deutschen Könige mit 
Beibehaltung ihrer Eigenschaftüber. 
Die Form Forachheim ist verdeutscht, 
um einen Forlen- oder Föhrenwald, 
Forahi, daraus zu bilden. Am Rhein 
oberhalb Karlsruhe liegt auch ein 
Forchheim, alt Vor-echeheim 
(von for Fürst und cha, ka Ort). 
Hier residirten die Grafen des Gaues. 
Einer davon, Berthold, gründete 
Gottsau, das frühere Benedictiner- 
kloster bei Karlsruhe. Bei Forch- 
heim liegt die grosse Forchheimer 
Haide, das Uebungsfeld für die ba- 
dische Artillerie. Im ostfränkischen 
Foraheim hielt König Ludwig der 
Fromme im Jahr 872 eine Ver- 
sammlung und vertheilte für den 
Fall seines Todes, er wollte gerade 
gegen die Mähren zu Felde ziehen, 
das Reich unter seine Söhne, woraus 
dann die Streitigkeiten gegen ihn 
entstanden; 874 kam er mit densel- 
ben nochmals deshalb in Forchheim 
zusammen. 

Forez, Landschaft an der obern 
Loire im Waldgebirge, von St. 
Etienne bis Roanne; im Mittelpunkt 
derselben liegt Feurs, alt-latinisirt 
Forum, Marktflecken (der Segusia- 
ner), woraus Forest entstanden sein 
soll. Beides hat aber seine Beden- 
ken; denn Forez lautete alt Fore- 
stum oder pagus forestensis, eine 
Form, welche leichter aus /o-rus 
Fürsten-wald, Forst, abgeleitet wer- 
den kann, während der Ort Feurs 
aus for Fürst und ois Burg ent- 
standen sein mag. Die Römer ver- 

Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


— 451 — 


Forke — Fortore. 


wandelten /or-ois oder Feurs in 
Forum, weil ihnen die keltische Be- 
deutung, nachdem der Fürst von 
ihnen vertrieben worden, unver- 
ständlich war. Roanne hies alt 
Rodumna, Feldort-leute, von rod 
Feld, om Haus und nae Leute; 
Roanne blos von reann Feld und 
nae Leute; Montbrison, eben- 
falls im Forez, hies latinisirt mons 
Brussonis, was aus DraiktBerg und 
on Leute entstand. Die Bewohner 
dieses Waldlandes wurden Segu- 
sianer genannt, von di klein und 
coed Wald, im Gegensatz zu den 
höher gelegenen Arvernern oder 
Auvergnaten. 

Forke, Mistforke im Niedersäch- 
sischen, lat. furca Gabel; da die 
Niedersachsen den Namen ihrer 
Mistgabeln wohl schwerlich von den 
Lateinern überkommen haben, 50 
muss man auch hier, wie bei fast 
allen Ackergeräthen auf das Kel- 
tische zurückgehen; forc bedeutet 
aber in dieser Sprache ebenfalls 
Gabel. 

Formio, Fluss in Istrien, von 
bior oder feor Bach und Di klein. 

Forst, Reichswald, grosser Wald, 
zunächst vom lateinischen forestis, 
und dies eine Adjectivform, die aus 
dem gälischen barrus gebildet 
wurde, welches Wort Königswald 
bedeutet, von bar Fürst und rus 
Wald. 

Fortore, Flüsschen in Unter- 
italien; in Ligurien ein Fluss, der 
Feritor hies, beides vom gälischen 
bior oder feor Wasser, Bach und 
der klein. 

al 


Fortuna — Franken. 


Fortuna, vom gäl. tui, tuit, tui- 
tim Zufall und for, forbe stark, 
demnach Fortuna gleich starkem 
Zufall, Glück. Das frans. fortuit, 
zufällig, ebendaher. 

Fosen, ein Volk, das Tacitus ge- 
meinsam mit den Cheruskern auf- 
führt; sie wohnten an der Fuse wie 
die Cherusker am Harz. Der alte 
Name der Fuse, die von Süden bei 
Celle in die Aller mündet, war Fosa, 
Waldbach, von Aoth Wald und sa 
Fluss oder von feath Sumpf und sa 
Wasser; beide Erklärungen passen 
für die Gegend, in welcher die 
Fosen, fiod-dae oder featlh-dae 
Wald- oder Moorlandsbewohner hau- 
sten. Ihre Gaunamen waren Flot- 
wida, jetzt Flotwedel an der Aller, 
Muthwide (muadkh Moor und 
gwidd Wald), Witinga, Derlin- 
gau, Osterwald, lauter Namen, 
die Waldland bedeuten. Harz und 
Fuseland bildeten später zusammen 


das Herzogthum Ostfalen oder den. 


Kirchensprengel von Hildesheim. 
Ostfalen, alt Ostfala selbst bedeutet 
Wald-Flachland, von uast Wald, 
bla, blah, blach grüne (oder nach 
der heutigen deutschen Bedeutung 
blaue) Fläche, Wiesenhboden und ua 
Gegend, Gau. Der Gegensatz zu 
Westphalen ist erst später entstan- 
den, als man ast und uast, statt 
beides für Wald zu nehmen, in Ost 
und West umwandelte. 

Faur, Backofen, vom gäl. /uin 
Ofen und er gross. 

Franken. Nach dem Griechen 
Libanius Sophista (Kaspar Zeuss 
„die Deutschen“ S. 326) waren die 


— 42 — 


Franken. 


Franken ein „genos keltikon hyper 
Rhenon“, d. h. ein keltisches Volk 
über dem Rheine, das bis zum Ocean 
reichte und sehr kriegerisch war; 
es waren also die Rheinländer oder 
Bipuaren, Rifländer, weiche zu Cä- 
sars Zeiten Ubier (von abA, ubh 
Wasser) genannt worden waren; 
fuar, feor ist Wasser, /uar-an 
Wasser-mann, Schiffer, Fischer; na- 
sal ausgesprochen oder mit der Ad- 
jectivendung ik entsteht /uaranki 
oder /ranki Wasserliche, Rheinische. 
Dass frank soviel als „frei“ bedeute, 
ist spätern Ursprungs, als die Fran- 
ken nämlich halb Europa erobert 
und als Herren sich Vorrechte ge- 
nommen hatten, wodurch sie im 
Gegensatz zu ihren Untergebenen 
allerdings als Freie erschienen. 
Kaspar Zeuss will frank aus fr, 
frei, goth. freis oder friks, altnor- 
disch frekr, frech, entstanden sein 
lassen, was aber etwas allzu frei er- 
scheinen dürfte. Andere haben an 
frangere brechen gedacht, weil die 
Franken Alles in Stücke geschlagen 
hätten. Es sind dies etymologische 
Spielereien, die man nicht im Ernst 
aufstellen darf. Kriegerisch waren 
damals alle Völker, und hätten die 
Alemannen bei Zülpich gesiegt, so 
wären sie die Herrscher Europas 
geworden und die Franken dann 
trotz ihres Namens so gut wie die 
Andern unterdrückt und zu Unter- 
thanen gemacht worden. Als Fran- 
ken, d. h. Rheinländer, traten nach 
den Ubiern zunächst die Sigcam- 
bern an der Lippe und am Nieder- 
rhein auf, ebenso die Chamaven 


Franken. 


im Hamlande, da wo der Rhein sich 
theilt; dann weiter hinab bis zur 
Yssel und zur Batau die sächsisch- 
friesischen Wasservölker. Die Sig- 
cambern bildeten den Kern dersel- 
ben, ihr Name blieb Ehrentitel selbst 
zu der Zeit, als schon Frankreich 
von ihnen erobert war. Bei der 
Taufe Chlodwigs sprach zu ihm der 
Bischof Remigius: „Mitis depone 
colla Sicamber, adora quod incen- 
disti, incende quod adorasti.” Si- 
camber bedeutet nämlich tapferer 
Streiter, tapferer Sige oder Sachse, 
und konnte also ganz füglich neben 
dem blos geographischen Namen 
Franke oder Rheinländer in Gebrauch 
bleiben. Da die Sachsen Deutsche 
waren, 80 werden es auch ihre Na- 
mensvettern, die seag-cambri ge- 
wesen sein, und es stammt wohl 
von ihnen vorzugsweise das deutsche 
Blut und die deutsche Sprache, 
welche allmälig am Rheine an die 
Stelle der keltischen trat. Der Name 
Franken dagegen bezog sich auf alle 
Rheinländer, und zwar erst auf die 
keltischen, und dann auf die deut- 
schen. In der Mitte des 3. Jahr- 
hunderts wurden die Umwohner von 
Mainz ebenfalls schon Franken ge- 
nannt, sie kämpften unter diesem 
Namen mit gegen die Römer; vor- 
her, d. h. im zweiten Jahrhundert, 
hiessen sie noch Chatten (Waldleute, 
von coed), neben den Kennen, 
die als Kelten bezeichnet werden, 
und wohl als die Bewohner der be- 
festigten Orte (gan Burg, Bingwall) 
genommen werden dürfen, während 
die deutschen Chatten in den Wäl- 


— 483 — Frankenberg — Frankenhausen. 


dern hausten und bei ihrem Ueber- 
gang über den Main zu Caracalla’s 
Zeiten von den süddeutschen Koel- 
ten den Namen Alemanni, fremde, 
wilde Leute erhielten. (Vergl. noch - 
Farkonim.) 

Frankenberg, französ. Franchi- 
mont, ein Schloss bei Lüttich, nach 
welchem ein Marquisat benannt 
wurde, welches Kaiser Ludwig das 
Kind 908 dem Bisthum Lättich 
schenkte. Es gehörten zu diesem 
Marquisat noch Spaa und Verviers,. 
Der Name wird wohl schwerlich so- 
viel als fränkischer Berg oder Berg, 
auf dem Franken hausten, bedeuten, 
schon darum nicht, weil in jener 
Gegend keine Franken, sondern Wal- 
lonen leben; es müsste denn ge- 
schichtlich ein besonderer fränki- 
scher Entstehungsgrund nachgewie- 
sen werden können; unter fränki- 
scher Herrschaftstand das Marquisat 
allerdings, aber dies war auch noch 
in ganz Mitteleuropa der Fall, ohne 
dass man die von fränkischen Grossen 
bewohnten Burgen darum Franken- 
burgen genannt hätte. Der Name 
wird wohlvon Drann, Berg, herkom- 
men, und im Mittelalter nach den 
Franken umgewandelt worden sein- 

Frankenburg, altes Bergschloss 
im Elsass zwischen dem Weiler- und 
Leberthal im Ban de la roche, etwa 
von den Franken gegen die Ale- 
mannen erbaut, oder eher wie Fran- 
kenberg von brann Berg. 

Frankenhausen, alt Franconhus, 
ein altes Salzwerk im Nabelgau in 
Thüringen, dessen Bewohner etwa 
deshalb für Franken, d.h. * ° " 

31° 





Frankenthal. 


gehalten werden könnten, weil man 
nur solche zum Salzsieden verwen- 
den konnte; in Halle nahm man 
aber die wendischen Halloren dazu, 
die Leibeigene waren. Der Ort mit 
der Salzsiederei wurde 998 von 
Otto TI der Abtei Memleben, die 
Otto II gestiftet hatte, verliehen, 
sammt Wiehen, Hochendorf, Aler- 
stedt, Wolmerstedt, Mundra und 
Allem, was dazu gehörte, namentlich 
allen mobilibus etimmobilibus, cur- 
tibus, capellis, seu cum locis patel- 
larum, in quibus sal efficitur. Wenn 
Frankenhausen mit allem bewegli- 
chen undunbeweglichen Gute, selbst 
mit den Siedepfannen verschenkt 
werden konnte, so hatte es jeden- 
falls mit der fränkischen Freiheit 
nicht viol aufsich, und es wird des- 
halb erlaubt sein, bei Orten wie 
Frankenhausen gerade wie bei Hass- 
berg oder Sachsenberg eine andere 
Erklärung zu suchen als die, dass 
sie von Franken, Hessen oder Sach- 
sen ihren Namen hatten; /eoran, 
fearan heisst im Keltischen Feld- 
land, Wiesenland, Grasland; Fran- 
kenhausen liegt in einer solchen 
Gegend am Südabhang der Kyff- 
häuser Berge neben dem Angelgau, 
der eine ähnliche Bedeutung hat. 
Frankenthal, Stadt zwischen 
Mannheim und Worms, in keinem 
Thal, sondern in der platten Rhein- 
ebene, etwa eine Stunde vom Rheine, 
wohin ein Canal führt. Der alte 
Name lautete Franchindal oder Fran- 
konodal; dal, daile bedeutet kel- 
tisch Veste, darnach wäre der Sinn 
von Frankenthal Frankenveste. Man 


_44 — 


Frankfurt. 


muss aber noch weiter gehen und 
Franchin für feorann Feld erklären, 
also Feldveste, da die Gegend rings- 
um aus Ackerland besteht. Dieses 
Ackerland bildet einen Theil des 
Wormsfeldes, das sich von hier am 
Rhein abwärts bis gegen Oppenheim 
zieht, landeinwärts bis an den Don- 
nersberg. Frankenthal kann keine 
fränkische Grenzveste etwa gegen 
Alemannien gewesen sein, denn es 
liegt mitten im Frankenland, aller- 
dings an der Grenze des Speier- 
gaus, der aber auch noch fränkisch 
war. 
Frankfart. Der Name dieser 
Stadt wird gewöhnlich erklärt als 
Furt in Franken, oder nach Franken, 
oder der Franken. Bei Lichte be- 
trachtet erweisen sich aber alle drei 
Erklärungen als haltlos; denn dass 
hier blos Franken über den Main 
gegangen, ist ungereimt, ebenso 
dass dieselben bloss diese Furt be- 
nutzt hätten; zudem, welche Fran- 
ken sollten dies gewesen sein? 
Die Frankenkönige gingen über den 
Rhein und Main, um in das Innere 
Deutschlands zu kommen, wo es 
ihnen gerade passte. Auch ist die 
Furt gewiss schon lange vor dem 
Auftreten der Franken benutzt wor- 
den. Nach dem Frankenlande führt 
die Furt auch nicht, namentlich 
nicht nach Ostfranken oder Fran- 
konien, und was Rheinfranken be- 
trifft, so liegt die Furt mitten in 
demselben, führt also nicht dahin. 
Da der Name in der Nähe Frank- 
furts entstanden sein muss, 80 kann 
man auch nicht annehmen, dass die 














Frankfurt. 


Schwaben, Lothringer oder sonst 
ein entfernt wohnender Stamm den 
Namen „Furt in Franken“ veran- 
lasst hätten, sonst müsste es 
auch Schwabenfurten, Bayernfurten, 
Sachsenfurten geben. Rings um 
Frankfurt sind alle alten Orts-, 
Berg- und- Flussnamen keltisch, in 
Fränkfurt selbst finden sich heute 
noch keltische Namen, warum sollte 
nun Frankfurt allein eine Ausnahme 
machen? Schweinfurt bedeutet Furt 
über das kleine Wasser, d.h. den 
hier seichten oder schmalen Main, 
von suankl. Wasser. Hassfurt steht 
gleich ad-furt, Wasserfurt; Frank“ 
furt muss dasselbe bedeuten, denn 
da, wo die alte Brücke steht, ist der 
Main, wenn auch nicht seichter, 
doch schmäler als ober- und unter- 
halb, weil er durch eine Insel ge- 
theilt ist. Fuar heisst im Altgäli- 
schen Wasser, /uaran kleines, 
schmales Wasser; aus letzterem ist 
fuaranffwrdd, zu deutsch Frank- 
furt geworden. Trotz alledem steht 
aber der Name Frankfurt doch in 
Beziehung zu dem Volksnamen Fran- 
ken, und zwar deshalb, weil frank, 
keltisch /uar-an, auf deutsch oben- 
falls Wasser-mann (Rheinländer) 
bedeutet. Beide Namen entsprangen 
derselben Wurzel, keiner kommt 
aber von dem andern her. Jeder 
Einwurf gegen die hier gegebene 
Aufstellung schwindet schliesslich, 
wenn man an Frankfurt an der 
Oder denkt, welches nie in Fran- 
ken lag, und auch von den Franken 
nie als Furth benutzt wurde; hier 
bedeutet Frankfurt dasselbo wie am 


— 485 — 


Frankreich. 


Main, Furth über eine seichte Fluss- 
stellee Ochsenfurt am Main ist 
keine Furth für Ochsen, sondern 
der Name kommt von uisgean kl. 
Wasser, und Querfurt bedeutet 
nicht quer übers Wasser, denn dies 
ist bei allen Furthen der Fall, son- 
dern kommt von gouer Wasser. 
Frankreich, Francia, la France, 
erhielt seinen Namen von den Fran- 
ken, welche im 5. Jahrhundert das 
früher Gallien genannte Land er- 
vberten. Die Gallier, von den Rö- 
mern also genannt, gehörten zum 
grossen Stamme der Kelten und 
theilten sich in drei Unterabthei- 
lungen, die Kymren, vorzugs- 


. weise im nördlichen Frankreich, die 


Gaelen oder eigentlichen Gallier 
im mittlern, und die halbbaski- 
schen Aquitanier oder Keltiberen 
in der Gascogne wie in Spanien. Zu 
den Kymren zählten die Belgen;» 
insoweit sie keltischen Stammes wa- 
ren; sie waren später als die Gaelen 
und Iberen in Frankreich eingewan- 
dert und hatten diese theils unter- 
jocht, theils mehr nach dem Süden 
sowie nach Spanien und Oberitalien 
verdrängt, wo sie als Gallier mit 
den Römern die erste Bekanntschaft 
machten. 58—50 Jahre vor Chr. 
eroberte Cäsar ganz Gallien bis an 
den Rhein; das Land wurde roma- 
nisirt und dermassen um alle Selbst- 
ständigkeit gebracht, dass es den 
Einfällen der Hunnen und Doutschen 
im 4. und 5. Jahrhundert keinen 
ernstlichen Widerstand zu leisten 
vermochte. Schon zu Ende des 3. 
Jahrhunderts eroberten die Saal- 





Frankreich. 


franken die Niederlande und tra- 
ten eine Zeit lang mit den Römern 
gegen die Niedersachsen, von denen 
sie gedrängt waren, in ein Bündniss. 
Im Anfange des 5. Jahrhunderts 
drangen Vandalen aus den wen- 
dischen oder Waldliandschaften zwi- 
schen Oder und Elbe, mit ihnen 
Alanen, ein Reitervolk aus den 
Steppen des südlichen Russlands, 
das mit den jetzt noch im Kaukasus 
lebenden Osseten verwandt war, und 
Sueven aus dem heutigen Branden- 
burgischen über den Rhein, durch- 
zogen Frankreich, und liessen sich 
in Spanien und dem nördlichen 
Afrika nieder, von wo aus die Van- 
dalen später Rom zerstörten. Ihnen 
folgten die Burigunden, welche, vor 
den Hunnen und Ostgothen wei- 
chend, von den Römern die Länder 
an der Saone, Rhone und in der 
westlichen Schweiz überlassen er- 
hielten. Die Westgothen waren ihnen 
in Italien vorausgegangen und be- 
setzten schliesslich die Gascogne 
nebst einem Theil Spaniens; sie be- 
siegten dann, mit den Römern und 
Burgunden vereint, südlich von Cha- 
lons auf den Catalaunischen Feldern 
451 den Hunnenkönig Attila (Etzel), 
auf dessen Beite damals alle rechts- 
rheinischen Germanen fochten, so 
namentlich die Ostgothen, Sueven, 
Thüringer und Ostfranken. Dreissig 
Jahre nach dieser Schlacht erober- 
ten die Saalfranken von Belgien aus 
fast ganz Frankreich. 448 sass 
Merwig (Merovaeus), König der 
Franken noch in der Batau, sein 
Sohn, Childerich, hatte aber 


_ 4186 — 


Frankreich. 


schon seinen Sitz in Dornick in 
Flandern, und dessen Sohn Chlod- 
wig eroberte von 482 - 486 fast 
ganz Frankreich, vertrieb die West- 
gothen grossentheils nach Spanien 
und unterwarf die Burgunder, nach- 
dem er vorher schon die Alemannen 
bei Zülpich geschlagen hatte, bei 
welcher Veranlassung er zum Chri- 
stenthum übertrat, welches schon 
längst die Religion der romanisirten 
Gallier gewesen war. Nach seinem 
Tode 511 theilten sich seine vier 
Söhne in das Reich, Touterich 
bekam Austrasien mit der Haupt- 
stadt Metz, Chlodomir Orleans 
mit dem südlichen Frankreich, 
Childebert Neustrien mit Paris, 
und Chlotar die Niederlande mit 
Soissons. Die westlichen Lande fielen 
später unter dem allgemeinen Na- 
men Neustrien wieder zusammen. 
An die 200 Jahre herrschten die 
Merowinger und bekriegten sich 
gegenseitig, bis sie zuletzt alle 
Macht an ihre Hausmeier (major 
domus) verloren, die erst blos den 
Oberbefehl über das Gesinde, dann 
über alle streitbaren Männer führ- 
ten, und dann in ihren Aemtern sich 
erblich zu machen wussten. Der 
erste, dessen Name genannt wird, 
war Pipin von Herstall (beiLüttich); 
sein Sohn Karl Martell schlug die 
Araber bei Tours 732; dessen Söhne 
waren Karlmann und Pipin der 
Kleine; dieser steckte den letzten 
Merowinger Childerich III in ein 
Kloster und lies sich zu Soissons 
752 zum Könige krönen und salben. 
Sein Sohn war Karl der Grosse. 











Frankreich. 


Pipin nahm dem Longobardenkönig 
Aistulph (Adolph) das Exarchat bei 
Ravenna ab und schenkte es dem 
Papste, welche Schenkung Karl der 
Grosse (768—814) bestätigte und 
vermehrte, nachdem er das Longo- 
bardenreich zerstört hatte. Karl 
besiegte sodann die Sachsen und 
lies sich 800 am Weihnachtsfest in 
Bom zum Kaiser krönen. Karls 
Beich erstreckte sich von der Eider 
bis tief nach Italien, vom Ebro bis 
an dieRaab in Ungarn; nach seinem 
814 erfolgten Tode zerfiel es jedoch 
wieder, vorzüglich deshalb, weil 
sein Sohn Ludwig der Fromme die 
Statthalterschaften erblich machte. 
Ludwig wurde zweimal von seinen 
Söhnen abgesetzt und starb als 
deren Gefangener. 843 theilten diese 
Söhne durch den Vertragvon Verdun 
das Reich; Austrasien (Deutschland) 
kam an Ludwig den Deutschen bis 
an den Rhein, nebst Mainz, Speier 
und Worms auf dem linken Rhein- 
ufer, „damiter Wein habe“, Neustrien 
oder Westfrankreich an Karl II oder 
den Kahlen, und Lotharingien vom 
Mittelmeer bis zu den Niederlanden 
mit der Kaiserwürde und Italien an 
Lothar. Des letztern Stamm erlosch 
schon 875, Ludwigs Stamm erlosch 
911 mit Ludwig dem Kinde, und 
die französischen Karolinger star- 
ben mit Ludwig V, dem Faulen, 937 
aus. Hugo Capet, Graf von Paris, 
gründete nun die eigentliche fran- 
zösische Dynastie, die sich bis zu 
den Napoleoniden auf dam Throne 
erhalten hat. — Was die in der Ge- 
schichte der Merowinger und Karo- 


8 


— 487 — 


Frankreich. 


linger vorkommenden Personenna- 
men betrifft, so sind sie ohne Aus- 
nahme keltisch, woraus jedoch noch 
nicht der Schluss gezogen werden 
darf, dass die betreffenden Persön- 
lichkeiten ebenfalls Kelten gewesen 
seien; die Merowinger stammten, 
wie gesagt, ausBelgien. Hier waren 
die deutschen (bezw. fränkischen 
oder niederrheinischen) Sigambern 
mit den Kimbern zu einem herr- 
schenden Stamme, dem der Salier 
(freie Grundbesitzer) zusammenge- 
schmolzen, und aus dieser Mischung 
gingen die Saalfranken, die Eroberer 
Galliens hervof. Merwig kommt ent- 
weder von mamr gross oder von 
maor Diener und wigh Sohn, er 
mag im letztern Fall ein Vasall 
eines andern Fürsten, etwa eines 
Clotho, oder Berühmten gewesen 
sein; sein Sohn Childerich ist Kind 
des Königs, child-y-righ; Chlod- 
wig, Sohn des Clotho; Chlodo- 


mir, Diener des Chlodo; Childe- 


bert, Kind-artig oder auch Sohn 
(bert) des child; Teuterich so- 
viel ala Theodorich, Vasall des Für- 
sten, von reagh Vasall und fuath 
Fürst; die andere Erklärung, näm- 
lich Volkskönig, von tuath, teut. 
diet Volk und righ König, passt 
hier nicht; tuath bedeutet auch 
Norden, damach, weil Teuterich 
Austrasien erhielt, Nordkönig oder 
König der Deutschen, denn deutsch 
kommt von fuadisk nordisch ; end- 
lich Chlotar, Lothar, berühmter 
Mann, von c/oth berühmt und air 
Mann. Mit den Karolingern verhält 
es sich ebenso, Karl ist das nor- 


Franzien. 


dische Earl, und dies kommt von 
earr Herr und al gross, also ge- 
wissermassen wörtlich Carolus Mag- 
nus. Pipin ist bi-bin kl. Sohn. 
Neustrien bedeutet nicht West- 
land, sondern Neuland, neu erober- 
tes Land, nuadh-tire, im Gegen- 
satz zu dem nicht Östlich, sondern 
nördlich davon liegenden Stamm- 
lande Belgien. Austrasien wird 
als Ostland angenommen, dann 
müsste es aber Austria lauten, 
uast-er-iath scheint eher gross- 
Wald-land zu bedeuten. 

Franzien, franz. Isle de France, 
diejenige Landschaft, in deren Mitte 
Paris liegt; sie ist östlich and süd- 
lich beinahe ganz von der Cham- 
pagne umgrenzt, und besteht geo- 
logisch aus den Gebilden der soge- 
nannten Tertiärformation, d. h. ver- 
schiedener Sandstein- und Kalk- 
schichten, während in der Cham- 
pagne die Kreide vorherrscht. Im 
Norden grenzt Franzien an die Nor- 
mandie und Picardie, im Westen an 
die Touraine. Von diesem Franzien 
aus, welches der Stammsitz Hugo 
Capets war, bildete sich allmälig 
durch Annectirungen aller Art das 
heutige Frankreich, wozu die geo- 
logisch - plastische Formation des 
Landes vorzugsweise behülflich war. 
Denn Franzien bildet, namentlich 
von Osten her betrachtet, ein durch 
steile Böschungen gegen die Cham- 
pagne geschütztes Hochland, das 
sich gegen Paris absenkt. Durch 
die von aussen in dasselbe einströ- 
menden Flüsse Seine, Marne, Oise 
werden ebenso viele Thore oder 


— 418 — 


Franzien. 


leicht zu vertheidigende Defileen 
gebildet, an denen die Strassen hin- 
ziehen, und bei deren Eingängen 
stets die Schlachten vorfielen, durch 
welche sich Franzien gegen die von 
anssen andringenden Feinde verthei- 
digte. Wir erinnern nor an die 
grosse Schlacht gegen die Hunnen 
bei Chalons und an den Feldzug 
von 1814. Im Volksmunde galt 
Franzien immer für das eigentliche 
Frankreich, und man unterschied 
deshalb die Brie frangaise als eine 
von der Brie Champenoise verschie- 
dene Landschaft. So gibt es auch 
ein Vexin francais. — Die Mero- 
winger wohnten nicht immer in Pa- 
ris, der alten Hauptstadt Franziens, 
die Karolinger gar nicht, so dass 
diese leicht in die Hände der Vor- 
fahren Hugo Capets gerathen konnte. 
Letzterer lies sich 987 in Paris zum 
König von Franzien krönen, und 
daraus entstand alsdannim Laufe der 
Jahrhundertedurch beständige meist 
gewaltsame Besitzergreifungen das 
heutige Frankreich. Franzien um- 
fasst folgende Landschaften: die 
Brie (pagus brigensis), das Gatinois, 
die Beauce, die Sologne und das 
französische Vexin, worin Chau- 
mont liegt, im Gegensatze zum 
Vexin normand, mit den Städten 
Paris, St. Denis, Meaux, Melun, 
Fontainebleau, Senlis, Versailles, 
Pontoise, Mantes, Corbeil, Brie, 
Nangis, Nemours und Dreux. Die 
Namen dieser Orte sind an den be- 
treffenden Stellen erklärt. Was den 
Ausdruck Isle oder Ile de France 
betrifft, so ist diese Landschaft keine 


o 


Frat — Frau. 


Insel, wohl aber war sie zur Zeit 
der Karolinger ein Ducatus Franciae, 
eine fränkische Grafschaft, deren 
Vorgesetzter Lehensmann des Kö- 
nigs war; im Keltischen bedeutet 
nun aill Lehen (letzteres ist das 
versetzte aill), und aus diesem 
aill mag ile entstanden sein, was 
man dann schliesslich als Insel auf- 
fasste. Hugo Capet, der sich beim 
Aussterben der Karolinger zum 
Herrscher aufwarf, war ein Sulcher 
Lehensmann. 

Frat oder Euphrat, griech. Eu- 
phrates, der Hauptstrom Mesopota- 
miens, von /rwd Fluss, gleich 
Pruth in der Moldau; das vorge- 
setzte eu ist der kimbrische Artikel. 
Mit frater oder brathair Bruder, 
fratagyne Brudersfrau, Fratafernes 
hat der Flussname nichts zu schaf- 
fen, obwohl man ihn als den Bruder 
des Tigris auffassen könnte; solche 
poetische Deutungen stammen erst 
aus spätern Zeiten, in welchen der 
Sinn der alten Worte abhanden %e- 
kommen war. 

Frau, altdeutsch fruwe, fro, freia, 
Gegensatz zu freyr Mann, kimbrisch 
frag, gälisch /rag und /reag, auch 
reac, daher Rectrud hörige, arme 
Frau. Auch auf die Thiere wurde 
diese Wortform angewandt. So hies 
der Stier in Heliopolis oder On in 
Aegypten Phra oder ebenfalls blos 
Ra; er wurde als Sonnengott ver- 
ehrt wie der nordische Freyr, dessen 
Frau, die Freya, Göttin der Ehe und 
Liebe wurde. Aus phra-air (Frau- 
mann) wurde Farren, und damit 
hängt wieder das lateinische ferire 


— 


— 489 — Frauenzimmer — Freiberg. 


stossen zusammen, und vielleicht 
ferrum das Eisen, als Stosswerk- 
zeug, Keule. Dem Freyr waren die 
Farren oder Stiere heilig, und Kühe 
zogen seinen Wagen, wenn sein Bild 
im Chorreigen durch das Land ge- 
führt wurde. Der Freya Bild war 
die Kuh, deshalb trägt sie (d. h. die 
Frau Holle) noch in unsern Volks- 
sagen einen Kuhschwanz und hohlen 
Kuhrücken, was obligater Weise 
dann auch dem Teufel angedichtet 
wurde. 

Frauenzimmer. Nicht Zimmer 
oder Stube der Frauen, sondern 
Frauen -geschlechtlich, vom Ge- 
schlecht der Frauen. Die alte Form 
lautete zimber, cin-bar geschlecht- 
lich, bar ist eine Adjectivform wie 
bei mann-bar, streitbar, und cin, 
tzin, gin, latein. genus, deutsch 
chun, gun (Kunigunde) bedeutet Ge- 
schlecht, Art. Zimpferlich, dem 
Sinne nach gleich jüngferlich, hat 
dem keltischen cin-bar noch die 
deutsche Adjectivendung lich als 
Uebersetzung von bar angehängt; 
bar selbst hängt mit bearaim tra- 
gen, gebären, hervorbringen, fähig 
machen, zusammen. 

Freden, Grossen Freden, Ort im 
Sollinggau oder Suilbergau; die 
umliegende Gegend hies Fretepagau, 
von /ridd oder /rith Wald und dun 
Ort. 

Freiberg, alt Vriberg in Sach- 
sen, bezw.Schlesien und andern Ge- 
genden; bedeutet schwerlich freier 
Berg, denn das gäbe keinen Sinn, 
sondern frei ist die schärfere Form 
für Dri Berg. 


m. ——— — en 6 — 


Freiburg — Freie Land. — 490 — 


Freiburg im Breisgau, 1118 von 
Berthold III Herzog von Zähringen 
am Fusse des Schlossberges erbaut. 
Der hiesige Münster, eines der herr- 
lichsten Denkmale deutscher Bau- 
kunst, wurde um die Mitte des 12. 
Jahrhunderts begonnen und in 160 
Jahren vollendet; er ist wie der 
Strassburger aus rothem Sandstein 
erbaut, der durchbrochene Thurm 
ist 356 Fuss hoch, der Strassburger 
437, der Stephansthurm in Wien 
434, oder nach der neuesten Aus- 
besserung noch etwas höher, der 
Hamburger Michaelisthurm 156. — 
Die Universität wurde 1457 gestiftet. 
Im dreissigjährigen Kriege wurde 
die Stadt mehrmals von den mit 
den Franzosen verbundenen Schwe- 
den, und dann von den Truppen 
Ludwigs XIV allein erobert Das 
Dorf Zähringen mit dem verfallenen 
Stammschloss der Zähringer liegt 
eine halbe Stunde unterhalb Frei- 
burg gegen Waldkirch zu Der 
Name wird wie der von Fryburg im 
Uschtland (bezw. Bergland, von 
uchedd Berghulde) als freie Burg 
erklärt; frei waren aber alle Burgen, 
so lange sie nicht erobert waren; 
wohl aber lag der Ursprung aller 
dieser Städte auf Bergen — bri, 
schärfer /ri Berg — so namentlich 
der von Freiburg im Breisgau auf 
dem Schlossberge, an dessen Fuss 
erst später die Stadt angelegt 
wurde. 

Freie Land, flandrisch het vrye 
Land, Ditio franconatum oder terra 
franea, ein Landstrich im westlichen 
Theile von vlämisch Flandern, der 


Freie Aemter. 


anfangs unter der Gerichtsbarkeit 
von Brügge stand, aber unter Graf 
Philipp I von Flandern sich davon 
los machte und später zum vierten 
Gliede von Flandern erklärt wurde 
neben Gent, Brügge und Ypern. 
Das Land hatte seinen eigenen Ma- 
gistrat, der sich gewöhnlich im 
Landhause zu Brügge versammelte. 
Es war lange von allen Abgaben 
frei, daher der Name, und zahlte 
erst seit 1674 eine geringe Steuer. 
Im freien Lande liegen: Damme, 
entweder weil e3 auf einem Damme 
liegt, oder von dom, tuaim Haus; 
Middelburg in Vlanderen, im 
Gegensatz zu dem in Seeland, war 
früher ein Dorf, welches einem 
Kloster in Middelburg in Seeland 
gehörte, wurde 1617 zu einer Graf- 
schaft erhoben; Middel wohl von 
mi-dail kleine Burg; Blanken- 
berghe, von blaen Berghöhe; 
Ostende, liegt am Westende 
Flanderns, ein Ort Westende liegt 
nioht in der Nähe, wohl aber liegt 
die Stadt an einer Meerbucht, wis- 
din oder ois-tain Burg-Wasser; 
Oudenburg, von aidhean kleiner 
Ort; Thorout, einst dem Kur- 
fürsten von der Pfalz gehörig, dabei 
die grosse Thorouter Haide, uaras, 
tuarat Häuser; Dixmuyden, frie- 
sisch, statt Dixmünden, dix von di- 
uisge kl. Wasser; Veurne, franz. 
Furnes, /feoranais Wiesenort u. s. v. 

Freie Aemter, gehören jetzt zum 
Canton Aargau, sie umfassten die 
Bezirke von Mellingen, Bremgarten, 
Hitzkirch, das Kloster Muri u. s. w. 
Bremgarten und Mellingen wurden 








Freigrafschaft. 


1415 vom Kaiser Sigismund an 
Zürich verpfändet. Bremgarten, 
vom lat. prima guardia erste Wache, 
guardia aber von gaard eingehag- 
ter Ort, Garten; Mellingen, von 
maol, mael Maalstätte und inka 
kl. Ort. 

Freigrafschaft, franz. Franche 
Comts, deutsch auch Hochburgund 
und Pfalzburgund. Ursprünglich bil- 
dete diese Grafschaft einen Theil 
des Reiches der Burgunden, kam 
dann an die Franken, und bei der 
Theilung von Verdun an Grosslotha- 
ringien; als dieses zerfiel, hatte 
e8 seine eigenen Grafen und wurde 
Lehen des deutschen Reiches und 
Besitzthum der Hohenstaufen. Graf 
Beinhard III entzog sich aber der 
Oberherrschaft des deutschen Kai- 
sers Lothar UI (von 1125—1137). 
Durch Vermählung kam Pfalzbur- 
gund im 14. Jahrhundert an Phi- 
lipp von Frankreich, der zugleich 
Stammvater der zweiten herzoglich 
burgundischen Linie war, welche 
mit Karl dem Kühnen bei Nanzig 
im Mannesstamm ausstarb; dessen 
Tochter Maria brachte die Frei- 
grafschaft durch Vermählung mit 
Maximilian an Oesterreich. Unter 
Karl V wurde sie mit den Nieder- 
landen vereinigt und bildete einen 
Theil des’ burgundischen Reichs- 
kreises. Nach Karls V Tod kam 
sie an Spanien, bis sie Ludwig XIV 
1668—1674 eroberte und im Nym- 
weger Frieden 1679 abgetreten er- 
hielt. In keltisch-römischer Zeit 
hies die Landschaft pagus Va- 
rascum oder Warascum, Gau der 


— 491 — Freising — Fremersberg. 


Warasker oder Bergischen, von bar 
Berg, barask bergisch oder gebir- 
gig; denn der Gau umfasst so ziem- 
lich den ganzen Westabhang des 
Jura von dessen Kamm an der jetzi- 
gen Schweizergrenze bis zur Saone. 
Hauptorte sind Besangon, Bisanz, 
alt Vesontium oder Bisontio, Bi- 
suntio, von Di klein, sur Veste und 
tio Haus; Baume, .alt Bal-ma 
Berg-stätte; Vesoul, alt Vesulum, 
bi-dail kleine Burg, und das alte 
Mandreda bei Mömpelgard, moin 
gross, dry Wald und dee Ort. 

Freising, Stadt an der Isar in 
Bayern, alt latinisirt Fruxinum, spä- 
ter Frigisinga, von brac, frac Thal 
und din oder daingean Burg. 

Frekestein, früher auch Fre- 
kastatin, alter Ort bei Eggenstein 
auf der Lushard bei Karlsruhe, von 
brac, frac Thal und din oder 
(zyn Burg, im Deutschen in Stein 
umgewandelt, es liegt an der Rhein- 
niederung auf einer Sandplatte ohne 
alle Felsen. Eggestein hat die- 
selbe Lage auf dem Hochrand der 
Haardt gegen den Rhein, von aighe 
hoch und din Burg; diese kleinen 
Burgen waren wie viele andere von 
den Römern gegen die von Norden 
andringenden Alemannen wie zum 
Schutz der Rheinübergänge ange- 
legt; im Mittelalter gehörten sie zu 
den Haardtschlössern, an welche de! 
Zehnte abgeliefert wurde, jetzt sind 
es einfache Dörfer. 

Fremersberg, altes Kloster am 
Fusse des steilen Ybergs bei Baden 
im Oosgau, alt Freimersberg, von 
bri oder fri Berg und mamwr oder 





Frenisberg — Fretum Gallicum. — 492 — 


mar gross. In Steiermark gibt es 
einen mons Primarspurch, wo das 
bri in weicherer Form sich erhalten 
hat. Der Yberg kommt von a, au 
oder y Berg, er wird der alten Burg 
wegen, die darauf liegt, jetzt ge- 
wöhnlich die Yburg genannt. 
Frenisberg oder Frienisberg, lat. 
Aurora oder Mons aurorae, eine alte 
Cisterzienserabtei zwischen Bern und 
Aarberg. Der Name Frenisberg wird 
mit Freia, der altdeutschen Liebes- 
göttin zusammengebracht, daher die 
Uebersetzung in Mons aurorae bei 
den Mönchen des Mittelalters; fren 
ist aber die stärkere Form für brin, 
brean, brenBerg und is, ais, aidhe 
bedeutet Haus, Ort, oder ois Burg. 
Fretichen, eine Wieselart, die 
zur Jagd auf Kaninchen abgerichtet 
wird, indem sie gleich den Dachs- 
hunden in deren Löcher kriecht und 
sie heraustreibt. Im Gälischen be- 
deutet /riocho ein junges Kaninchen, 
und fricot im heutigen Französi- 
schen einen Kaninchenbraten, dann 
auch jeden Braten in saurer Sauce. 
Frettenheim, Ortin Rheinhessen, 
zu deutsch kleine Stadt oder Wald- 
stadt, von /rilh klein oder /ridh 
Wald und dun Stadt; Friesen- 
heim dasselbe. 
Fretum Gallicum, die gallische 


Furth oder Ueberfahrt; fretum ist 


- latinisirt für /rwdd; das Ganze war 
der römische Name für den Canal 
la Manche, über welchen man aus 
Gallien nach Britannien gelangt. 
Fretum kommt übrigens auch noch 
anderwärts vor, namentlich in Eng- 
land. 


Freudenbach — Friaul, 


Freudenbach, niederdeutach Fre- 
denbeck. Im Kimbrischen bedeutet 
/rwd Bach oder Fluss, im alten 
Chaldäerlande Phrat, mit dem Arti- 
kel Euphrat, Demin. Zrmwden oder 
/rydan. Aus letzterem wurden im 
Deutschen die Freudenbäche (alt 
Fridunbach) in Franken, Würtem- 
berg bei Mergentheim, der Froeide- 
bach im Breisgau, Fredenbeck oder 
Vredenbeke in Westphalen. Aus 
Freidenbach wurde hie und da auch 
Breitenbach, so bei Kassel, gerade 
wie im Keltischen aus /ryd oder 
/rau brau und braht wurden, was 
ebenfalls Bach bedeutet. Frobach 
in der Schweiz, Freibach, Bäch- 
lein bei Klagenfurt, desgl. bei Min- 
golsheim am Brurain, kommen von 
der Form frau; Freiersbach im 
Renchthal in der Ortenau dagegen 
von /rau und or Berg; Freien- 
bach im Schwarzwald, Frien- 
bach in der Schweiz und Fron- 
bach, alt Vronebach in Hessen 
vom Deminutiv /ru-an. Fruz oder 
Frutzach, Gebirgsbach bei Feld- 
kirch im Vorarlberg, kommt endlich 
von der Form //rydd; ebendaher 
auch der Fritz- und Freizbach 
in Tyrol. Die Form Fritz kann da- 
gegen auch von /ridd, frith Wald, 
herkommen. (Vergl. Sterbfriz und 
Fritzlar.) 

Friaul, lat. Forum Julü; letzte- 
res war eine Östlich von Udine am 


- Tagliamento von den Römern ange- 


legte Stadt, da wo derselbe aus dem 
Gebirge in die Ebene tritt, oder bei 
Zuglio in der Nähe von Cividale. 
Der Ort heisst jetzt Sibodat, d. h. 








Frickenhausen. 


civitas. Die Landschaft Friaul war 
ursprünglich von den keltischen Kar- 
nen bewohnt, die ihren Namen von 
den benachbarten zackigen Felsen- 
gebirgen führten, denn carn be- 
deutet im Keltischen Horn ‚ Felsen- 
horn. Unter .den Longobarden war 
Friaul ein besonderes Herzogthum, 
im 10. Jahrhundert kam es unter 
den Patriarchen von Aquileja, der 
dem Stande der Lehensleute 1393 
seine besondere Verfassung und 
Freiheit gab, 1420 wurde Friaul 
jedoch durch Waffengewalt und 1445 
durch Vertrag Venedig unterthan. 
Im 16. Jahrhundert kam die Graf- 
schaft Görz an Oestreich. Früher 
hatte dieser Theil Friauls zu Tyrol 
gehört, und war nie den Venetianern 
unterworfen. 

Frickenhausen, Dorf am Neuffen 
an einer hohen Bergkuppe am Nord- 
rande der schwäbischen Alb, war 
nach der Sage ein heiliger Ort der 
Frikka oder Freya, wo der erste 
Storch genistet haben soll, der den 
Weibern aus dem Frickenhäuser See 
die Kinder brachte. Darum heissen 
heute noch die Frickenhäuser bei 
ihren Nachbarn die Storchen. In 
diesem Dorfe sollen noch in späte- 
rer Zeit die Bauern einen Esel als 
Schutzheiligen des Dorfes in einem 
Keller verborgen gehalten haben. 
Auf dem Hausberge im Harz, wo 
Frau Holle wohnt, liegt der Esels- 
born, aus dem, wie aus dem Holle- 
teich auf dem Meissner, ebenfalls 
die kleinen Kinder kommen. Bei 
Lauenburg findet sich mit gleicher 
Bedeutung ein Eselsbrunnen, bei 


— 493 — 


Frickenhausen. 


Querfurt eine Eselswiese; daher der 
Ausdruck: der Eselhat dich aus der 
Wand geschlagen. Die Bieresel 
sind Geister, die in Eselsgestalt das 
Bier aussaufen, dreibeinig wie Odins 
Ross, sie hocken sich wie die Hasen 
den Leuten auf den Rücken, die zu 
lange im Bierhause sitzen bleiben, 
eine Andeutung auf den Eselreiter 
Silen. In Westphalen sagt man statt 
Esel Jesel, was mit Ise oder Isel, 
Häselin, Häschen, alt Heselin, He- 
selken zusammenfällt. Esel und Ha- 
sen spielen in der alten Mythe die- 
selbe Rolle, und heisst es oft, ein 
Hase wie ein Esel, schon der gros- 
sen Ohren wegen, oder der Esel sei 
die Mutter des Hasen. Auf der 
Rhön liegt ein Eselsborn neben der 
Teüfelswand, auf dem Born spukt 
der Teufel als dreibeiniger Esel. 
Wer am Gründonnerstag keinen Ho- 
nig isst, bekommt Eselsohren, auch 
muss man an diesem Tage neunerlei 
Kraut essen, desgl. zu Weihnachten 
Bohnen und zur Fastnacht Brezeln, 
sonst trifft Einen die gleiche Strafe. 
Diese Kräuter und Bohnen galten 
am heiligen Thorstage als demsel- 
ben gebrachte Opfor. Der Esels- 
cultus ging bei den Christen auf 
den Palmesel über, auf welchem 
Christus in Jerusalem am Palm- 
sonntag einzog. Bei den Nordger- 
manen war Frigga Odins Gemahlin, 
die in Vallhöll(Walhalla) die Seelen 
der Helden empfing, der Ehe Frucht- 
barkeit verlieh und die Geburten 
zur Welt beförderte. Bei den Süd- 
germanen war sie, wie bemerkt, die 
Frau Holle, welche die Kinder durch 








Frickthal. 


den Storchen (in Asien durch den 
Schwan) schickte, und die Seelen 
der Verstorbenen wieder in den 
Wolken aufnahm. Im Harz kennt 
das Volk die Frigga noch unter 
dem Namen Frau Frien oder Fru 
Freen; sie ertheilt den Leuten Rath, 
macht Musik, tanzt und sucht ihren 
Freier, um den sie, wie die Frau 
Holle in Hessen, furchtbar weint, 
da er sie verlassen hat, so dass die 
Steine darüber weich werden und 
Binnen bekommen, wo die Thränen 
herablaufen. Odin verlies auch nach 
der nordischen Sage seine Frau, 
weshalb ihm diese nachzog; er war 
überhaupt ein lockerer Geselle, wie 
ans seinen Gesängen hervorgeht, wo 
er viel von Siegen über die Mädchen 
spricht. In dieser Beziehung glich 
er vollständig seinen Collegen Zeus 
und Jupiter bei den Griechen und 
Bömern, welche ebenfalls von ihren 
Ehehälften Here bezw. Juno verfolgt 
wurden. Der Name Frickenhausen 
müsste nach dem hier Ausgeführten 
„Haus der Frigga“ bedeuten, was 
wir dahingestellt sein lassen; eben- 
sogut kann er aber auch von drigh, 
braigh Berg, herkommen, da der 
Ort am hohen Neuffen liegt, oder 
von brac Thal, bracan kl. Thal, 
und konnten die Sagen von der 
Frigga erst dem altkeltischen Na- 
men zu lieb mit dem Orte verbun- 
den worden sein. Neuffen wohl 
gnab, gnaban Bergkopf. 

Frickthal oder Frickgau, eine 
Reihe Thäler im Canton Aargau, 
welche sich vom obern Hauenstein 
oder dem Sissgau nach dem Rheine 


— 494 — 


Fricot — Friesen. 


ziehen, und zwar von Rheinfelden 
über Laufenburg aufwärts bis an 
die Mündung der Aar in den Rhein. 
Der Gau gehörte biszu Anfang dieses 
Jahrhunderts sammt dem unten 
Hauenstein, d. h. dem gegenüber- 
liegenden Südabhang des Schwart- 
waldes und sammt den vier Wald- 
stätten Bheinfelden, Säckingen, 
Lauffenburg und Waldshut zu Vor- 
deröstreich. Der Name Frickthal 
kommt von brac Thal und scheint 
damit in keltischen Zeiten das ganze 
Rheinthal mit den Nebenthälern von 
der Aarmündung bis gegen Basel 
bezeichnet worden zu sein. 

Fricot, beliebter Volksausdruck 
in Frankreich für jedes Saueressen 
oder Fleisch in saurer Sauce, ur- 
sprünglich blos für Kaninchenbraten, 
von fricho, frioch, friocho Kanin- 
chen, die noch jetzt in Frankreich 
viel verspeist werden; Dreog be- 
deutet junger Hase. 

Friderich, gälischer Mannsname, 
der Dienstmann bedeutet, von 
frith, auch frioth Dienst (wörtlich 
Frond) und reach Mann; „reich an 
Frieden“, wie man nach dem Deut 
schen manchmal fabelt, gibt keinen 
Sinn. 

Friedewald, Ort im Seulings- 
wald in Hessen, von /ridd oder 
/rith Wald und 7ald Pferch, also 
Waldpferch. Das Wort Pferch be- 
deutet übrigens, gleich Parc, eben- 
falls weiter nichts als Vieh-haag, 
von buar Vieh und ka Haag. 

Friesen oder Frisen, latinisirt 
Frisii bei Plinius und Tacitus, Fris- 
sioi bei Ptolemäus, Freisioi bei Dir 











>, 
Friesen. 


Cassius — vom kymrischen rmwdd 
Wasser, Meer und wi Männer, — 
später Fresones, Frisones, von on, 
an Mann, angelsächsisch Frisan; 
also Wasseranwohner, Seeleute, das- 
selbe, was Britten, und nicht „Wa- 
gende“, vom goth. frais Gefahr, wie 
Kaspar Zeuss annimmt; eine solche 
Erklärung wäre viel zu gesucht. 
Als Unterabtheilungen der Friesen 
nennt Tacitus die Marsacii, Meer- 
ansitzer, auch Foresazi, von 
feor Wasser, daraus wurde später 
Wurstfriesen; dann Sturier, 
von ster oder dwr Wasser; letztere 
sassen neben den Caninefaten und 
Bataven in Holland. Die Frieseu zu 
Tacitus Zeiten waren noch Kelten, 
und zwar Kimbern, da diese gute 
Seeleute waren, auch die Form 
/rwdd kymrisch ist. Sie wohnten 
nach Clanen wie die Iren und 
Schotten unter ihren Häuptlingen, 
die meist nur über einzelne Kirch- 
spiele und kleinere Districte zu ge- 
bieten hatten. In Holland hatten 
sie indess auch Grafen; im Bremen- 
schen vereinigten sie sich nie zu 
einem grössern Ganzen, die Hadeler 
führten sogar blutige Kriege mit 
den Wurstern, und schliesslich fielen 
sie alle unter die Botmässigkeit der 
im Binnenlande entstandenen grös- 
seren Grafschaften und Bisthümer. 
Die Westfriosen hatten ur- 
sprünglich das nördliche Nieder- 
land am rechten Waalufer, dann die 
Seelande und die Uferstriche im 
Osten von Flandern inne. Durch 
die Stiftung des Bisthums Utrecht 
und der Grafschaft Holland im 8. 


— 49) — 


Friesen. 


und 9. Jahrhundert drang aber frän- 
kische Herrschaft und Bevölkerung 
auch hier vor, und überlies den 
Friesen nur die Küstenstriche an 
der Nordsee. Die Ostfriesen wurden 
von den Sachsen und Normannen 
von der See aus heimgesucht, so 
dass sie jetzt nur noch einen 
schmalen Strich von Schleswig an 
bis Seeland inne haben. Ihre alte 
Sprache, ein kimbrischer Dialekt, 
war den Altsachsen, Franken und 
Angelsachsen unverständlich, wes- 
halb Kaiser Karl ihnen den Liudeger, 
einen geborenen Friesen, als Bekeh- 
rer schickte. Als Kaufleute liessen 
sie sich später am Rheine, beson- 
ders in Mainz und in England nie- 
der. Der grösste und schönste Theil 
von Mainz gehörte ihnen. Die frie- 
sische Sprache ist ausgestorben, 
dagegen hat sich aus ihrem Ver- 
ein mit dem Fränkischen und Platt- 
deutschen eine neufriesische gebil- 
det, welche von den Holländern 
Bauern- oder Landfriesisch genannt 
wird. Die alte Sprache dauerte west- 
lich von der Lauwers bis ins 15. 
östlich bis ins 16. Jahrhundert als 
Schriftsprache. Ausder Uebergangs- 
periode gibt es keine Schriften. Die 
Bauernsprache bildete sich unbe- 
merkt aus, aber erst in ganz 
neuester Zeit fing man in Holland 
an, auch landfriesisch zu schreiben. 
Das Friesische wird nach der nörd- 
lichen und südlichen Landschaft 
unterschieden, sein Hauptsitz ist in 
Bolsward. Die neufriesische Litera- 
tur enthält schon bemerkenswerthe 
Producte, besonders Comödien. — 


- 


Friesen. 


Im westlichen oder jetzt holländi- 
schen Friesland liegen: Liewer- 
den, holländisch Leeuwarden, 
Wasserinsel, von /ua oder lia Was- 
ser und Werd, Insel; Bolswerd, 
oder Bolsward, einst Hansestadt, 
dasselbe, von bual Wasser, werd 
vielleicht auch für /mwırd Furth; 
Snits oder Sneek; Harlingen, 
har Heerde und Jong Ort; Stave- 
ren an der Westspitze Frieslands, 
war einst Domäne der friesischen 
Könige, stab, dabh Kuh, ireun Land 
oder aire Leute; Hindelopen, 
hat seine alten Sitten, Sprache und 
Kleidertracht noch am reinsten er- 
halten, ein Gleiches gilt von dem 
Dorfe Molkweren: Hindelopen von 
ean, in, di-liub Weasser-klein- 
Schlupfwinkel. Die Insel Ameland 
war früher eine ganz freie Herr- 
schaft, welche dem alten friesischen 
Geschlechte von Kammega gehörte, 
deren Stammhaus daselbst noch 
steht. Ame-land von amhain Was- 
ser, Kammega von comm Thal und 
ka Haag. Gröningen ist zwar 
friesisch, bildet aber jetzt eine 
eigene holländische Provinz; die 
Stadt war früher freie Hansestadt; 
zu derselben gehört ein District 
mit mehreren Dörfern, das Gaurecht 
oder Gorecht genannt. Alles übrige 
zur Provinz Gröningen gehörige Land 
heisst die Ommelande; darin liegen 
Delfzyl, Emden gegenüber, Win- 
schoten und Bourtang mit dem 
grossen Moor. Gröningen, alt 
Groninka, von grinn oder cron Burg 
und inka kl. Ort, oder gleich cron- 
ach, cron-aigheBurg-hoch; Ome- 


— 396 — Friesensteine — Frisonofeld. 


lande entweder von amhain Was- 
ser oder imn Wiese; Delf-zyl 
am Dollart, See-burg, von fuilbheim 
Wasser und dail Burg; Winscho- 
ten, Wasser-hütte, ean-cotian; 
Bour-tang, gross-Wasser, beer- 
tain. 

Friesensteine, zwei Felsenblöcke 
oder aus Felsenblöcken aufgebaute 
kleine Berge im Biesengebirge; 
Name entweder von dDreith, Demin. 
braithan kl. Berg, in schärferer 
Form /ris, frisan, oder von frith 
klein und dun Berg, gleich Friesen- 
berg. 

Frignana, der südöstliche Theil 
des Herzogtums Modena, der sich 
von der Lunigiana auf dem Apenni- 
nenkamm in den Thälern gegen die 
Bologneser Ebene herabzieht, von 
brac, bezw. /ric Thal, nae Leute, 
das zweite na ist italienische Ad- 
jectivendung. 

Frisonofeld, Friesefeld, auch 
Freisionfeld, Vresinefeld, Landschaft 
im Östlichen Thüringen zwischen 
Mansfeld, Eisleben, Allstedt, San- 
gershausen und Wippra; sie ge- 
hörte mit dem Östlich daranstos- 
senden Hosgau zum Halberstädter 
Sprengel, und wurde deshalb auch 
zu Nordthüringen bezw. zu Nieder- 
sachson gerechnet. Der Name soll 
anzeigen, dass sich hier Friesen 
niedergelassen hätten, gerade wie 
der anstossende Hosgau auf Hessen 
deuten soll; Frisono bedeutet aber 
eher Waldleutegau (wie Mansfeld, 
das dabei liegt, Bergfeld), von fridd 
Wald, on Leute undo, ua Gau, Feld. 
Der Gau ist noch heute wenigstens 








Frithjof. 


in seiner Nordwesthälfte voll Wäl- 
dern. In den fränkischen Annalen 
heisst es, „Pipin sei auf seinem 
Zuge gegen die östlichen Sachsen 
im Jahre 748 nach der Einnahme 
von Sachseburg an der Unstrut im 
Engilingau nach Frankenhausen ge- 
kommen, in welcher Gegend ihm die 
Könige der Friesen oder Wen- 
den gegen die Nordschwaben zu 
Hülfe gekommen.“ Dies zeigt, dass 
hier Friesen und Wenden für ein 
und dasselbe Volk genommen wer- 
den. Wendä bedeutet nun eben- 
falls Waldvolk, von gwydd, gwynt, 
wind Wald und dae Leute. Obige 
Stelle zeigt zugleich, dass diese 
keltischen oder slavischen Waldleute 
mit den deutschen Nordschwaben, 
nördlich von Mannsfeld, die von der 
Ostelbe erst kurz vorher herüber- 
gekommen, auf schlechtem Fusse 
standen, sonst wären sie nicht dem 
Pipin gegen diese zu Hülfe gekom- 
men. (Das Weitere über diesen Gau 
unter Hosingau.) 

Frithjof, nordischer Held, wel- 
cher in der zu Ende des 13. Jahr- 
„hunderts aufgeschriebenen Frithjofs- 
saga die Hauptrolle spielt, seine 
Geliebte hies Ingebjorg.. Die Sage 
soll aus Island stammen und die 
Geschichte 700 - 800 Jahre nach 
Christus vorgefallen sein. Frithjof 
wird als „Friededieb“ erklärt, was 
ein curioser Personenname wäre. 
Frith bedeutet aberDiener, Knecht, 
und iof steht statt eab Pferd, 
Pferdeknecht, Stallknecht, oder auch 
Vasall zu Pferde, Ritter. Inge- 
bjorg, Ingeborg von vigh Jung- 

Deuisch-keli. Wörterbuch. 


— 491 — 


Fritzlar — Frönnp. 


frau, jung, borg von bearaim ge- 


bären, borg geborene, also junge 


Tochter. 

Fritzlar, alt Fritislar, Frideslar, 
Fridislarae, Stadt auf einer trocke- 
nen Hochebene oberhalb der Edder 
in Niederhessen. Hier stand eine 
heilige Eiche, welche Bonifacius 
fällte und auf deren Stelle ein Bet- 
haus, dann 732 ein Kloster daneben 
gründete, welches im 11. Jahrhun- 
dert in ein Chorherrenstift verwan- 
delt und 1802 aufgehoben wurde. 
Name von /ridd oder /rith Wald 
und Zawr Tenne, erhöhter Platz. 
Der Sinn des Namens Fritzlar ent- 
spricht somit genau dem, was 68 
war, ein freier Platz im Walde, auf 
welchem die heilige Eiche stand. 
Ganz dasselbe bedeuten Wetz-lar, 
von gwydd oder coed Wald, eben- 
so Gos-lar. Aus llawr, bezw. der 
Form Zarach oder llawr-aighe 
Platz-hoch entstanden Lahr, Lohr, 
Laer, Laar, Lorch. Südlich von 
Fritzlar auf einer Anhöhe liegt Bür- 
berg, alt oppidum, urbs, castellum 
und castrum Buriburg, Buraburg, 
Buriaburg, Bureborch, einst Sitz 
der hessischen Bischöfe, jetzt Wall- 
fahrtskirche; bür ist bv»r Burg; die 
zweite Sylbe ist die Uebersetzung 
der ersten. 

Friz, in der Friz, ein Thal im 
Pangau zwischen Werfen und Rad- 
statt, bedeutet „im Wald“, von/ridd 
Wald. Der Pangau bestand meist 
aus Waldland, pan ist ban, bean 
Berg. 

Frörup, ein Flecken zwischen 
Schleswig und Flensburg, nahe bei 

32 


Frohburg - Fryburg. 


Oeversee (Obersee, dem Qnellsee 
der Treene), wo 1964 ein blutiges 
Gefecht zwischen der dänischen 
Nachhut und der österreichischen 
Brigade Gondrecourt vorfiel; der 
Name hängt wohl schwerlich mit 
Frö, Freo, angelsächs. gleich Frea, 
Fria, Frigga oder Freya, der Göttin 
derErde, Wodans Gemahlin, zusam- 
men ; er kommt von bre, bri flaches 
Hochland, und rap gleich freabh, 
drubh, dorp, Dorf. 

Frohburg, alte Burg an der 
Wyhra, einem Nebenfluss der Pleisse 
oberhalb Leipzigs, zu deutsch Für- 
stenburg, von /ro oder for Fürst; 
Wyhra von gouer Wasser mit an- 
gehängtem deutschen aha, gleich 
der Wohra in Hessen, gouer ist 
eine Nebenform von bior. 

Fronsac, Ort in Südfrankreich, 
alt Fronsiacus, von bran, bryn Berg 
oder braine Fürst; iacus ist latini- 
sirte Adjectivendung oder von acha 
Wall, also Fürsten- oder Bergburg. 

Froschnitzbach in Steiermark, 
alt Frosnice, slavisirte Form für 
fridd Wald und naothBach, Wald- 
bach. 

Frotigen, Ort im Berner Ober- 
lande, im Simmenthal an der Simme. 
Letzteres von tuomWasser; Frutigen 
entweder Ort am Wasser //rwdd- 
tigh oder Ort im Walde /ridd- oder 
früh-tigh. 

Fryburg im Uechtland, wird 
durch die Saane in zwei Theile ge- 
theilt, über welche in einer Höhe 
von 174 Fuss eine Kettenbrücke 
führt. In der Oberstadt wırd fran- 
zösisch, in der Unterstadt deutsch 


— 498 — 


Fuchsbach — Fünen. 


gesprochen. Die Stadt wurde von 
Berchtold IV, Herzog von Zähringen 
und Regenten von Kleinburgund 
1179 erbaut, und ist jetzt Haupt- 
stadt des Cantons Fryburg, dessen 
östlicher Theil deutsch, der west- 
liche wälsch ist. Der Bischof von 
Genfund Lausanne hat jetzt in Frey- 
burg seinen Sitz; Name gleich Frey- 
burg im Breisgau, von bri, /ry, 
Berg, auf welchem die alte Burg 
lag. Gewisse Vorrechte oder Frei- 
heiten hatten alle Burgbewohner 
gegenüber den hörigen Bauern, 
darum wurde aber schwerlich eine 
Burg besonders freie Burg genannt. 
Uechtland von ucheddBerghalde 
und nicht Wüste, wie man auf Ge- 
rathewohl annahm; denn was wir 
jetzt mit Wüste bezeichnen, hies 
früher „Wilde“, Waldland, was 
Wüste ebenfalls bedeutet, von uast 
Wald. 

Fuchsbach, vom altbelgischen 
gwysg, wysg oder gallischen wisge 
Wasser, Bach. Hierher gehört auch 
Fussbach bei Gengenbach in der 
Ortenau; dann Vuzzesprunne, alter 
Name von Feuersbrunn, Feuer von 
[eor, bior Wasser. 

Fuezen, lat. ad Fauces, alte rö- 
mische Befestigung in einer Berg- 
schlucht des Banden am Wege aus 
der Baar nach Schaffhausen, das- 
selbe was Füssen im Lechthal. 

Fünen, Insel in der Ostsee, dä- 
nisch Fyen, bildete in alter Zeit 
mit Jütland, Langeland, Alsen, 
Aerrö, Samsö und Lessö ein eigenes 
Beich. Die Fundusoi bei Ptole- 
mäus waren wohl die Bewohner von 











Fürfeld — Füssen. 


Fünen. Nach Odin soll die Insel 
auch Othins-ey, Othinsinsel, jetzt 
Odensee geheissen haben, falls Oden- 
see nicht von nidhean kl. Ort her- 
kommt. Fünen bedeutet Feld- 
insel, ähnlich wie Irland oder Erin, 
von /uin Feld und in Insel; die dä- 
nische Form Fyen ist blos /uin 
Feld, im Gegensatz zu Seeland, das 
in alten Zeiten ein grosser Wald ge- 
wesen sein soll; da letztere Insel 
grösser ist als Fünen oder Fyen, so 
könnte man auch an by-in kl. Insel 
- denken. Die Fundusier, /uin-is-ui 
sind Feld-insel-leute, denn is, ins, 
innis, in und schliesslich blos y 
oder ey bedeuten sämmtlich Insel. 

Fürfeld, Ort in Rheinhessen, 
desgl. in Würtemberg, alt Furinfeld 
oder Furnifeld, vom gäl. fearan, 
fuirion Ackerfeld. 

Fürstenberg, ein Städtchen in 
der Baar, südlich von Donaueschin- 
gen, bei welchem auf einem hohen 
Berge die Ruinen des Stammschlosses 
der Fürsten von Fürstenberg liegen. 
Die Familiengruft der Fürstenberge 
ist im ehemaligen Cisterzienser- 
Nonnenkloster Neidingen an der 
Donau. Das Staatsgefängniss war 
auf dem fosten Bergschloss Wilden- 
stein, ebenfalls an der Donau. Wil- 
denstein von oill Fels, oillan kl. 
Fels. Fürstenberg ist die Ueber- 
setzung von bar oder for Fürst, 
wonach die Baar oder der Baar- 
wald, Fürstenwald, seinen Namen 
hatte, nämlich vonbar Fürstund rus 
Wald, lat. forestum, deutsch Forst. 

Füssen, lat. St. Magni ad Fauces 
Alpium, am Gebirgspass, der das 


— 199 — 


Fulda. 


zu östreichisch Tyrol gehörige Lech- 
thal von dem bayerischen Lechfelde 
scheidet, das jedoch erst unter dem 
Keltenstein beginnt. In der aus 
den Zeiten Karls des Grossen her- 
rührenden Benedictinerabtei wurde 
der wunderthätige Stab des heiligen 
Magnus aufbewahrt. Füssen ist jetzt 
bayerisch, gehörte aber früher zum 
schwäbischen Bisthum Augsburg, 
und zwar zum Keltensteiner Gau. 
Letzteres nicht Stein der Kelten, 
denn diese sassen in ganz Süd- 
deutschland, sondern von gal-dun 
oder gal-din Felsenberg oder Burg. 
Stein ist die Verdeutschung von din 
oder fzin. Ad Fauces ist lateinisch 
gleich Fuezen, an den Engpässen. 
Fulda kommt als Ortsname, ob- 
wohl an der Fulda gelegen, nicht 
wie diese von bual Wasser, sondern 
von Jaldd Umzäunung, wie bei 
Felda, Zwiefalten, Affoltern, Hers- 
feld u. 8. w. Fulda war ursprüng- 
lich ein Viehpferch oder ein um- 
zäunter und dadurch befastigter Ort. 
*Zwiefalten in der Scherr an der 
obern Donau hies alt Zuifulda, d.h. 
duae oder tio fJald Ort mit Ver- 
pfählung; ebendaher der Name des 
Pfahlhaages, latinisirt Palas oder 
Capellatium. Der Fluss Fulda, alt 
Fuld-aha, Vult-aha oder auch Walt- 
aha, beim hessischen Volke Fulle, 
kommt von Dual Wasser, gleich 
dem Fulbach oder Fullebach bei 
Jebenhausen in Würtemberg, und 
dem Fuling (bualan kl. Wasser) 
bei Kenzingen im Breisgau, desgl. 
Füllbach bei Harthausen in Wür- 
temberg und Fellabrunn in Oest- 
32* 


Fuldera — Fussbach. 


reich. Felda und Flieda sind 
Nebenflüsschen der Fulda und ha- 
ben dieselbe Abstammung von bual 
bezw. bial. Die Form Wald-aha, 
wie die Fulda auch genannt wurde, 
ist eine Verdeutschung für bual- 
aha oder für alt-aha ; alt bedeutet 
ebenfalls Wasser, und by-alt oder 
mi-alt (Mulde) kl. Wasser. 

Fuldera, Ort in Tyrol, deutsch 
Bachheim, von bual Wasser und 
tuar Haus, Dorf. 

Fullemunt, alter Ausdruck für 
Fundament, gäl. fol/Umhuin Stütze. 

Fandusier, ein Völkchen im Nor- 
den der Hafenstriche Nordschles- 
wigs, von Ptolemäus Fundusoi ge- 
nannt, worunter wohl die Bewohner 
von Fünen verstanden werden müs- 
sen, vergl. Fünen. 

Furbach in Nassau, alt Furbeche, 
von bior oder feor Wasser. 

Furka, Alpenstock am St. Gott- 
hard, gälisch /orc Spitze, lat. furca 
die Gabel, welche ursprünglich wie 
bei den Chinesen heute noch nur 
eine Spitze hatte. In Niedersachsen 
heisst die Mistgabel noch Mistforke. 

Fuse, Nebenfluss der Aller, alt 
Fosa, Waldbach, von floth Wald 
und s«# Fluss, oder Moorbach, von 
feath Moor und sa. Die Fuse läuft 
in der That fast blos durch Moor 
und Waldgegenden. Der alte Volks- 
name Fosen hat denselben Ur- 
sprung, er bedeutet die Bewohner 
dieser Moorwaldstriche. 

Fussbach bei Gengenbach , auch 
Fuhsbach und anderwärts Fuchs- 
bach, vom gälischen uisge, bezw. 
kimbrischen gwysg Wasser oder 


— 500 — 


Fustenbach — Fylgien. 


gleich Fuse, von fAotlh-sa Wald- 
bach. 

Fastenbach im Schwarzwald, von 
floth Wald und ean oder tain Wasser. 

Futallle, franz. Ausdruck für 
Schlagholz, von Ad, Aoth Baum, 
Fichte, Wald, und tailler schlagen, 
fällen. 

Fyigien, Schutzgeister, Hamin- 
gien, Disen, kommen nach der Sage 
unserer Altvordern mit der Geburt 
des Menschen in die Welt, und 
zwar mit der Eihaut, die um den 
Fötus im Mutterleibe liegt, und 
oftmals vom Kinde bei der Geburt, 
um den Kopf gelegt, mitgebracht 
wird; daher der Name Glücks- 
haube, sonst heisst das Häutchen 
Wehmutterhäubchen, Kinderbälgle, 
Glückshelm, in Island Fylgja oder 
Vordögl. Wird diese Haut fort- 
geworfen oder verbrannt, so ent- 
behrt der Neugeborene zeitlebens 
seinen Schutzgeist. Dieser folgt sei- 
nem Schützlinge auf Wegen und 
Stegen, in Haus und Hof. Man be- 
gleitet deshalb heute noch seinen 
Gast (in Norwegen selbst den ge- 
ringsten) vor die Thüre, oder Öffnet 
wenigstens, wenn er fort ist, noch- 
mals dieselbe, damit der Folgegeist, 
falls er zurückgeblieben, seinem 
Schutzbefohlenen gleich nachkom- 
men kann, weil er sonst von einem 
bösen Geiste geschädigt werden 
könnte, der ebenfalls jedem Men- 
schen folgt. Die Fylgien haben 
theilsMenschen-, theils Thiergestalt, 
und zwar die Gestalt desjenigen 
Thieres, dessen Gemüthsart dem 
Charakter des betreffenden Menschen 





Fylgien. 


am ähnlichsten ist. Des Muthigen 
Schutzgeist hat Wolfs- oder Bären- 
gestalt, der des Listigen Fuchs- 
oder Katzenform, der des Furcht- 
samen Hasen- oder Vogelgestalt. 
Die Fylgien werden manchmal sicht- 
bar, und stirbt Einer, so geben sie 
vorher ein Zeichen, was man Ah- 
nungen nennt. Oft haben die Fyl- 
gien ganz dieselbe Gestalt wie der 
Mensch, den sie begleiten, sie sind 
dann dessen Doppelgänger, und er 
sieht sie kurz vor seinem Tode. — 
Von den Christen sind die Schutz- 
geister in Engel umgewandelt wor- 
den, denn jedem Kinde steht ein 
Engelchen zur Seite. In Schlesien 
heissen die Schutzgeister Jüdel oder 
Gütchen. Diese sind Elben, die oft 
zu sehr mit den Kindern spielen, 
dass sie nicht schlafen können; 
man hängt den Elben daher ausge- 
biasene Eier über die Wiege, um 
damit spielen zu können, worauf sie 
dann die Kinder in Ruhe lassen. 
So oft eine Seele den Aufenthalt 
bei der Holda verlässt, so muss 
entschieden werden, ob sie in einen 
menschlichen Körper steigen oder 
mit Bewahrung ihrer Elfonnatur ein 
Fylgie werden solle. Den Entscheid 
geben die Schicksalsgöttinnen, die 
Nornen. Die Seelen der verstorbe- 
nen Verwandten, mit denen die 
Ueberlebenden noch gern in Verein 
zu bleiben wünschen, wurden als Fyl- 
gien gedacht, dieüber dem Schicksal 
ihrer Angehörigen wachen, daher die 
weissen Frauen, die Ahnfrauen, von 
denen in den Schlössern der Fürsten 
noch mancherleiSagen gehen ; daher 


— 501 — 


Fylgien. 


auch deren nordischerName Haming- 
jen, Heimathgeister, Hausgeister, 
von omh, eimh Haus oder Aeltar- 
fylgiur (Avlternfylgien), Kynfylgjur 
Familienfylgen (von cin Geschlecht). 
Bei den Walachen heissen die Fyl- 
gien heute noch Vilwa, und be- 
zeichnen dieselben damit genau un- 
sere in derWolkenregion hausenden 
Elben, die in allerhand Thiergestalt 
durch die Lüfte fahren und Regen 
veranlassen, namentlich als Lind- 
würmer (/inn See, klein Wasser, 
Sumpf). Jedem Land und jedem 
König ist ein Vilwa zugetheilt, der 
ihn schützt. Auch kämpfen die Vil- 
wen unter einander wie die Walky- 
ren, und hängt davon das Schicksal 
der ihnen untergebenen Länder wie 
der Witterung ab. Bei den Serben 
tritt die Vila (Willis) dagegen als 
weisse Frau oder als lichtweisses 


Mädchen mit schwarzen Locken auf, 


bei den Illyriern als Willa, die 
Bergen, Schlössern und Ländern 
vorgesetzt ist, und aus den Bergen 
die Helden zum Kampfe ruft. Der 
Name Vilwen kommt im Nordland 
als Vülvur oder Völen vor, sie 
stehen den Nornen gleichund sagen 
den Kindern ihr Schicksal voraus. 
Es sind Zauberweiber, den Riesen 
ontsprossen oder den Waldwölfen 
(Witholfr gmwidd Wald), die als 
Geister gedacht waren. Sie werden 
auch Valen, Valven oder Völ- 
ven genannt und fallen schliesslich 
mit den Valkyren zusammen, in 
ältester Zeit mit den Maren, d. h. 
den Seelen der Verstorbenen, welche 
in der Luftregion hausend, über das 





G und j — Gabel. 


Schicksal ihrer noch lebenden An- 
gehörigen wachen, und ihnen bald 
in Gutem, bald Schlimmem die Zu- 
kunft anzeigen. — Dass die hier ge- 
schilderten Anschauungen schon bei 
den Keltan sich fanden, geht aus 
der Bedeutung der Namen hervor, 


— 502 — Gabelkofen — Gabromagus. 


womit diese Geister bezeichnet wur- 
den. Maren kommt von marw Tod, 
lat. mors; Völvar, Völen, Valen, 
Fylgien, von /uil, fol Familie, 
fuil-ik Adj., zur Familie gehörig 
(deutsch Volk, lateinisch voalgus); 
Disen von divs, deus (Gott), Zeus. 


G. 


G und j. Die Böhmen setzen g 
für j, also geras, wo andere slavische 
Dialekte jeras aussprechen. Jeras, 
Geras ist das gälische aras, Haus, 
was z. B. in Jerusalem wiederkehrt. 
Bei den Süddeutschen wird das g 
gleichsam böhmisch ausgesprochen, 
während die Norddeutschen, nament- 
lich die Brandenburger, dafür j 
setzen, Jott statt Gott, jut statt gut. 
In der Oberlausitz sprechen die 
Nachkommen der alten Milzen gleich 
den Böhmen „g*, in der Niederlausitz 
die Liutizer bei Cottbus und im 
Spreewald „j“, gleich den Polen und 
Berlinern. Sollte die süddeutsche 
„@“-Aussprache, welche sich aus 
dem einst slavischen Obersachsen 
durch Thüringen bis nach Schwaben 
zieht, etwa von oberslavischer Mi- 
schung herrühren, und zweitens, 
deutet der Unterschied zwischen & 
und j auf ursprüngliche Verschie- 
denheit unter den Slaven, oder rührt 
diese schon von den Kelten her, etwa 
den Kimbern oder Gälen? 

Gabel, Doppelzinken, gäl. gab- 
hal, gobhal mit gleicher Bedeutung. 


Gabelkofen, Ort in Bayern, alt 
Gebelchoven und Gebelkofen, vom 
gäl. gabhatl Ansiedelung. 

Gabellas, kleiner Fluss in Ober- 
italien, 90 gälisch und &y kimbrisch 


.ist das verkleinernde Vorwort, und 


bial Wasser, also kl. Wasser. 
Gablenz, Dorf bei” Chemnitz, 
desgl. bei Stollberg im Erzgebirge, 
dasselbe, was in slavischen Ländern 
Gablonz, Jablonec, Jablona, Ja- 
blonka, Jablowken, Jablunka u. s. w.,, 
entweder von yabhail, Demin. gab- 
hailan oder gabhailanka kl. An- 
siedelung, oder von abhal Apfel 
und /on Stätte, also Apfel- oder 
Obstgarten, gleich Avalon in Frank- 
reich und Jablon im Slavischen. 
Gabretwald, alter Name für den 
Böhmerwald, von giubk Wald, Kie- 
ferwald, Tannenwald, und rhath, 
rudh, rudhan oder ruadhr Berg, 
also Bergwald, entsprechend dem 
Ausdruck Böhmerwald. 
Gabromagus, Landschaftsname 
im alten Noricum, zu deutsch Bocks- 
feld, von gabhar, lat. caper Bock 
und magh Feld. Gabhar bedeute 











Gadebusch — Gälen. 


aber auch Pferd. Der deutsche Aus- 
druck Gaise ist gabh, ohne den ar, 
Mann. 

Gadebusch, verdeutscht statt des 
slavisirten Kottbus oder Cotebus, 
und dieses von cotto Hütte und 
bois, bus Busch, Wald, also Wald- 
hütte. 

Gälen. Dieser blondhaarige und 
blauaugige Volksstamm ist wohl der 
erste, dessen Wanderung von Asien 
nach Europa — bis jetzt wenigstens 
— sprachlich nachgewiesen werden 
kann. Freilich könnte man auch 
umgekehrt eins Wanderung aus 
Europa nach Asien annehmen, über 
eine solche liegen aber keinerlei An- 
deutungen, nicht einmal mythische, 
vor. Die europäischen Gälen be- 
wohnten neben den rundköpfigen 
und schwarzhaarigen Iberen in Spa- 
nien, Südfrankreich, Ligurien und 
andern Theilen Italiens, sowie neben 
den Finnen im Nordosten Europas 
ganz Mitteleuropa, bis sie erst von 
den Kimbern, dann von den Römern 
und endlich von den Deutschen, 
Siaven und Hunnen unterjocht wur- 
den. Die Römer nannten sie Galli, 
Gallier, verstanden darunter nicht 
selten aber auch die meist kimbri- 
schen Belgen. Die Galater in Klein- 
asien scheinen Gälen gewesen zu 
sein, die aber erst in verhältniss- 
mässig später Zeit dahin zurück- 
strömten. Die heutigen Iren und 
Hochschotten sind in ihrer Haupt- 
masse Gälen, während die Waleser 
oder Wälschen schwarzhaarige Kim- 
bern sind, wie die Bretagner und 
Wallonen, allerdings mit Gälen ge- 


— 503 — 


Gälen. 


mischt. In Deutschland wurden die 
Gälen allmälig gleich den Kimbern 
in Deutsche umgewandelt, d. h. sie 
verschmolzen mit dem eingewander- 
ten Nordvolke zu dem Stamme, wel- 
chen man jetzt deutsch nennt, und 
welcher im Osten noch eine slavische, 
an der Donau noch eine hunnische 
oder ungarische Beimischung erhielt. 
In Frankreich und Italien dagegen 
kam zu den ligurisch-gälisch-kim- 
brischen Elementen noch das rö- 
mische, welches indess selbst nur 
eine eigenartige Ausbildung des Alt- 
keltischen war, gemischt mit an- 
dern asiatischen oder pelasgischen 
Elementen. Die heutigen Iren nen- 
nen sich Gaoidhal, Gaoidhil, und 
die Hochschotten Gaidhil. Die Be- 
deutung dieses Namens lässt sich, 
wie Mone glaubt, bis jetzt nicht 


"nachweisen, Kaspar Zeuss zieht 


guoid, gaid oder gwynt Wind, lat. 
ventus, herbei; daraus ergäbe sich 
gaoid-il-dae Wind-gross-Leute, eine 
Bedeutung, die höchstens als Spitz- 
name einen Sinn hätte, aber nicht 
als tausendjährige Bezeichnung für 
ein grosses Volk passt. Näher läge 
gath, goth, gaeıs, keis Spiess (lat. 
Ba-gitta K. Spiess, Pfeil), gaidn-il 
Speer-gross, also ein Kriegsaus- 
druck, gleich Lanzenknechte gridh- 
üU-wi. — In den von O’Connor 
h®rausgegebenen Jahrbüchern und 
Chroniken von Erin wird für Gälen 
stets der Ausdruck gael und gael- 
ag (gälisch) gebraucht, was ent- 
weder aus gal Kraft, — gal-dae 
Kelten, Keltoi, ebenso gal-ui Gal- 
lier, kräftige Leute, starke Männer. 


Gülen. 


Kriegsvolk — entstand, oder ein- 
facher von geal weiss, bezw. gel 
(süddeutsch für gelb); also Weiss- 
häutige, Gelb- oder Blond- 
haarige, wie heute noch unsere 
Bauernkinder fast durchweg in 
Schwaben, Hessen, Niedersachsen 
und Jütland sind, im Gegensatz zu 
den schwarzhaarigen und braun- 
häutigen Liguren, Kimbern, Slaven 
und Hunnen. Nach den angeführten 
Jahrbüchern, welche die Gälen aus 
Vorderasien stammen lassen und 
deren Züge über Gallien und Spanien 
bis Irland und Schottland beschrei- 
ben, bedeutet gaal Volk, Volks- 
stamm. Nuch dem jetzigen Sprach- 
gebrauch versteht man unter gaelig 
blosschottisch, untergaidheal einen 
Schottländer, gaidhealach od. gael- 
tacht die schottischen Hochlande; 
gaid, gais, caid, ceide, auch blos 
cas bedeutet Berg und al gross, 
also Hochland; gaelig oder gaelic 
dagegen dürfte, auf geal weiss oder 
gel bezogen, als Stammbezeichnung 
für alle Gälen, Schotten, Iren, Gal- 
lior und deutsche Gälen beizubehal- 
ten sein. In Gallien haben die vor- 
nehmen Gälen zuerst ihre Sprache 
gegen die der Römer aufgegeben, 
weil dies zum bürgerlichen Fort- 
kommen behülflich war, gerade wie 
jetzt die „gebildeten“ Elsässer auch 
meist französisch sprechen, wenig- 
stens so oft sie mit „Ditschländern“ 
oder Franzosen zusammenkommen. 
In der Auvergne fing aber erst 460 
nach Christus der Adel an lateinisch 
zu lernen. Das gemeine Volk sprach 
noch viel längere Zeit keltisch; das 


— 504 — 


Gänsbach — Gäsaten. . 


heutige Volksfranzösisch ist eigent- 
lich noch keltisch, nur lateinisch 
überfirnisst. Deshalb ist die Sprache 
der Auvergnaten den Parisern fast 
unverständlich, und lernen diese Ge- 
birgsbewohner erst in Paris franzö- 
sischh — In Deutschland wurden 
die Gälen zunächst durch die Kim- 
bern, dann im Norden durch die 
Deutschen, im Süden durch die Bö- 
mer unterjocht, später besetzten die 
Deutschen auch noch den Süden. 
Die ersten Einfälle der Deutschen 
waren blosse Raubzüge, allmälig 
traten Einzelne oder ganze Schwärme 
in keltische Dienste, was durch die 
Personennamen, welche fast alle 
Dienstverhältnisse bezeichnen, dar- 
gethan wird; schliesslich wurden 
aber die Diener Herren und Meister 
und teutonisirten nach und nach 
die keltische Bevölkerung. In Frank- 
reich, Spanien, Afrika und Italien, 
welche Länder ebenfalls von den 
Deutschen erobert wurden, gewan- 
nen die romanisirten Kelten da- 
gegen bald wieder das Uebergewicht, 
weil ein zahlreicher Nachschub aus 
Deutschland dahin nicht erfolgte. 

Gänsbach, Nasenlaut für Gais- 
bach, fliesst in die Murr in Würtem- 
berg, von gais Bach. 

Gänsberg. Gäns ist der Nasen- 
laut für gaid, caith Höhe. Ein 
Gänsberg liegt bei Wiesloch, andere 
bei Ittlingen und Menzingen in Ba- 
den, dann bei Lauterburg, Berg- 
felden und Birkenhardt in Würtem- 
berg, endlich ein Gensberg bei 
Derdingen. 

Gäsaten,gallische Söldlinge, vom 

















Gätulen — Gän. 


“ gälischen cais und cios Sold, Rente, 
Einnahme, caiseaidhe Sölälinge, 
Söldner, dasselbe was Reisige, vom 
kelt. neidh gerüstet, reisig, wovon 
dann raih Sold, daher Conrad, 
Caombrath schön gerüsteter Soldat. 
Eine andere Erklärung wäre von 
gath, goth, keis Spiess oder Ger, 
goithne Lanze, darnach gaisatoi 
Lanzenträger, gaithil, gaisil grosse 
Lanze, gaisil-aire Gisilher, Lanzen- 
mann, Lanzenknecht, jetzt Gess- 
ler. Die Gäsaten waren nach Polyb 
Miethsoldaten, in den Alpen und an 
der Rhone geworben, gerade wie in 
denselben Gegenden jetzt noch die 
Schweizer reisslaufen, d.h. als Rei- 
sige (reidh gerüstet) sich anwerben 
lassen. 

Gätulen, Volk in Nordafrika, zu 
deutsch Waldvolk, von coed Wald 
und il, ul gross; ihr Land, Gätulia, 
war der Atlas. Mauretanien, von 
maor, mamwr Berg und fan Land 
bedeutet dasselbe. Der Name Gä- 
tulen kam im ganzen nördlichen 
Afrika vor, soweit sich Waldgebirge 
vorfinden, von Libyen an bis zum 
Atlantischen Ocean. Im Sudan, wo 
sie sich mit Aethiopen mischten, 
hiessen sie Melano - Gätuler, 
d. h. schwarze Waldbewohner. 

Gäu. Beim Volke in Schwaben 
wird der Nagoldgau jetzt kurzwog 
Gäu genannt; dieses Gäu umfasst 
vornehmlich die Orte Herrenberg, 
Thailfingen, Sindlingen sowie die 
Landschaft bis gegen Rothenburg 
bin, es ist eine Hochebene, die 
sich durch Pferdezucht auszeichnet. 
Sonst kommt der Ausdruck Gäu auch 


— 505 — 


Gaggenau — Gailthal. 


sehr häufig in Ostfranken vor, be- 
zeichnet aber hier keine altpolitische 
Begrenzung, sondern eine flache 
fruchtreiche Gegend, so Pergen im 
Gäu nördlich von Neuburg an der 
Donau; Ochsenfurt im Gäu, liegt im 
Badenachgau; Buttelbrunn im Gäu; 
Aettersheim im Gäu; Astfeld, Ost- 
heim, Hofheim, Bleichfeld, Königs- 
hofen, Aschach, alle im Gäu, und 
zwar in Unterfranken. In den Rhein- 
gegenden: Gau-Böckelheim, Gau- 
rechweiler, im Gegensatz zu Wald- 
bökelheim und Waldrechweiler. Das 
Wort Gau altdeutsch gowo lautet 
im Persischen pai, pate, z. B. mah- 
pai Feldgau, im Sanscrit pada, im 
Keltischen ua bezw. uade Frucht- 
feld. 

Gaggenau, Ort im Murgthal, alt 
Kachinova, vom gälischen caochan 
kleiner Bach, an dem es liegt, und 
aoib Hof. 

Gahlenz, Dorf im Erzgebirge, alt 
Golenziza, Gonizizza, von golan oder 
g0-ean klein Wasser, oder von coi- 
lean kl. Wald, Sitzer am kl. Bach 
oder im kl. Walde. Das keltische 
coille Wald lautet im Slavischen 
gola oder hola und bedeutet das- 
selbe. Der Ort hies auch Goben, 
von 90 klein und ben Berg oder 
ban Feld, - 

Gaila, keltischer Name für Weib, 
von caile Frau oder kaila Braut, 
(hebräisch kalle), auch cele, ceile, 
dann soceile, socaile junge Frau, 
im Deutschen gail. 

Gallthal an der Gail in Kärnthen, 
latinisirt vallis Julia, vom gäl. giol, 
gil, gail, d.h.Bach. DieKelten, die 


Gaine — Gaisbach. 


hier wohnten, sollen Ambiliker ge- 
heissen haben, von amb um und Üi- 
oiche klein Wasser. 

Galne, franz. die Scheide, Messer- 
scheide, vom gäl. gainne Schilfrohr, 
aus weichem die ersten Scheiden ge- 
macht wurden. 

Gaindorf in Unteröstreich, vom 
gäl. gann Veste oder ka-in Haag- 
klein. 

Gais, Dorf auf dem Gäbris-Berg 
im Canton Appenzell Ausserrhoden, 
mit einer Bade- und Molkenanstalt, 
zunächst vom gäl. gaid, keid Berg; 
so liegt bei Gündringen in Würtem- 
berg ein Gais, ebenso bei Malms- 
heim. Da indess Gais aufdem Gäbris- 
berg, alt Casa, Hütte hies, und der 
Name Gä-brisberg von cae, gae 
Viehpferch unddry Berg herkommen 
mag, — in der That sind die wei- 
ten Wiesenflächen des Gäbrisberges 
(zwischen St. Gallen und Appenzell) 


"noch heute fast vollständig durch 
Heckenwerk, Häge (cae) und Stan- 


gen in grosse Pferche abgetheilt — 
so. könnte Ca-8a auch von cae Haag 
und dae Haus abgeleitet werden, 
so dass es Pferchhaus, Viehhof be- 


deutete, Gabhar heisstim Gälischen 


aber auch Bock, so dass Gäbrisberg 
Bocksberg bedeuten könnte, Gais 
wäre dann die deutsche Uebersetzung 
von gabhar. 

Gaisbach bei Belsen in Würlem- 
berg, und Gaisach in Bayern, vom 
gäl. gais Wasser, deutsch giessen. 
Gaesbeke in Brabant ist die nieder- 
deutsche Form für Gaisbach. Gais 
ist das versetzte uwisge Wasser und 
bais die härtere Aussprache dafür. 


— 506 — Gaisberge — Galankerthal. 


Gaisberge, Geisberge oder Geir- 
berge gibt es eine Menge in Deutsch- 
land. Der Name hat mitGaisen oder 
Ziegen nichts zu thun, sondern 
kommt von gaid, kaid, caid, keid 
Anhöhe. So der Gaisberg bei Wies- 
baden, bei Heidelberg und Urach; 
bei Simmotzheim, Gochsen, Waiblin- 
gen und Küpfendorf, letztere in Wür- 
temberg; dann bei Waldmichelbach 
im Odenwald, desgl. beiBuchen und 
Bocksberg, dann im Kraichgau bei 
Unteröwisheim und be?#Hilsbach, wo 
auch ein Gaisbuckel ist; ebenso ein 
Geisbuckel bei Reisenbach im Oden- 
wald; ein Gaisenberg bei Schries- 
heim an der Bergstrasse. Dann 
Geissberge bei Villingen und Baden 
im Aargau und bei Streichen 
Würtemberg. Gaisbühl bei Beut- 
lingen, Geisbühel beiCrailsheim und 
Gaisburg bei Stuttgart, Geissebuhel 
bei Altdorf in der Ortenau, desgl. 
bei Kuppingen und Rexingen in 
Würtemberg; bei Dambach im Elsas, 
der auch Geistbühel heisst, Gais- 
rücken bei Irslingen in Würtemberg, 
Gaishalde bei Bebenhausen. Gais 
acker bei Pfronndorf, Geis- oder 
Keisacker, Berg bei Obersulz im 
Aargau u. 8. W. 

Galsgrund in Oberhessen; Gai- 
sengrund oder Gassengrund, auch 
Dachsengrund bei Anspach, von 
gais Bach. 

Gaisserwald in Oberösterreich, 
vom gäl. coid Wald und er gross. 

Galankerthal, Seitenthal des 
Misoxerthales oberhalb von Bellenz, 
zum Canton Tessin, früher zu Grar- 
bündten gehörig. Die Einwohner 








Galant — Galater. 


sprechen indess italienisch. Ga? ist 
Fels, inka kl. Ort, kl. Viehpferch. 
Galant, ein altgälisches Wort, 
das von calandina, gefälliges Frau- 
chen, herkommt; denn caile, heb- 
räisch kalle, heisst Frau, Weib, 
Verkleinerung cailean oder cuailin 
Weibchen, und dine angenehm, ge- 
fällig. Statt galandine wurde im 
Keltischen auch jalandina ausge- 
sprochen, gerade wie die Branden- 
burger jut statt gut sagen. 
Galater. Etwa 280 Jahre vor 
Christus zog eine Abtheilung Gallier, 
etwa 20000 Mann stark, von denen 
nur die Hälfte bewaffnet war, aus 
Thrakien über die Meerenge nach 
Kleinasien, und unterwarfsich durch 
den Schrecken, der vor ihnen her- 
ging, das ganze Land bis zum Tau- 
rus. Diese Galater, von denen später 
der heilige Hieronymus schrieb, dass 
sie dieselbe Sprache hätten wie die 
Trierer, können demnach aus Gal- 
lien abgeleitet werden, von wo Sie, 
sei es über Oberitalien, sei es durch 
Pannonien, erst Thrakien durchzo- 
gen, um an den Hellespont zu ge- 
langen. Wahrscheinlich gehörten sie 
zu jenen Galliern, welche im Verein 
mit den ihnen nahe verwandten Scor- 
diskern Delphi geplündert und noch 
früher Rom verbrannt hatten (vergl. 
Belloves, Sigoves, Scordisker u. 8.w.). 
Livius erzählt, dass sie unter Leo- 
norius und Lutarius, den angesehen- 
sten ihrer 17 Anführer nach Asien 
gezogen, nachdem sie wegen Zwistig- 
keiten bei den Dardanern sich von 
der Abtheilung des Brennus getrennt 
hätten, der gegen Delphi rückte, 


> 


— 507 — 


Galater. 


Lutar, Lothar, Chlotar bedeutet 
berühmter Mann, von clotk Ruhm 
und aire Mann; Leonorius von 
leannaimverfolgen oder/annaim 
tödten, mit dem Schwert erschlagen, 
hinrichten. Die Schaaren der Ga- 
later bestanden aus drei Völkchen 
oder Schichten: den Tolistobo- 
jern (Bergwiesenhirten), den Troc- 
mern (Waldleuten oder aber Knech- 
ten) und den Tectosagen, d.h. 
den gerechten Leuten, welche wohl 
die herrschende Kaste bildeten (vgl. 
diese). Ganz Kleinasien bezahlte 
ihnen Zins, die Trocmer erhielten 


die Mündungen des Hellespontus . ° 


zugetheilt, die Tolistobojer Aeolien 
und Jonien, die Tectosagen das öst- 
lichere Kleinasien. Sogar die syri- 
schen Könige zahlten ihnen Tribut, 
bis endlich Attalus, der Vater des 
Eumenes, König in Pergamus um 
240 vor Chr. denselben verweigerte 
und die Galater auf das Land zwi- 
schen Sangarius und Halys be- 
schränkte. Der Sangarius oder 
Sakari, etwas Östlich von Nicomedia 
(Name von di odersi-caoirkl. Fluss, 
gleich Segre in Spanien, Sicoris in 
Italien und Tigris in Mesopotamien), 
ergiesst sich gleich dem Halys 
(grosses Wasser, von al gross und 
ais, uisge Wasser) an der Grenze 
von Phrygien und Armenien ins 
Schwarze Meer. Dazwischen hies 
das Land Galatia, oder wegen der 
Mischung mit den Griechen Graeco- 
galatia oder Gallo-graecia. Die To- 
listobojer wohnten nach Strabo und 
Ptolemäus am westlichsten um Pe- 
sinus, die Trocmer am Halys um 


Galba — Galiläerthal. 


Tabium, zwischen beiden bei An- 
kyra die Tectosagen (Ankyra gleich 
Chur, Coire, von caer Wohnort und 
an entweder klein oder ean am 
Wasser). Auch Gordium (Grenzstadt, 
von gor Grenze und dion Veste, Ort) 
gehörte zu Galatien. Plinius nennt 
neben den Tolistobogen noch Vo- 
turi (jotk Wald, aire Mann) und 
Ambitui (etwa ean-bi-dae klein- 
Wasser-leute, Flussanwohner), und 
neben den Tectosagen noch Teuto- 
bodiaken (von /uath Fürst und bod- 
beotka muthiger Mann, also wohl 
Leibgarde des Fürsten, dasselbe, 
was sonst Tristan, Trustan, Truste 
hies). Im Jahre 189 vor Chr. wur- 
den die Galater von dem römischen 
Consul Cnejus Manlins unterjocht, 
behielten aber eine eigene freie Ver- 
fassung. Der Name Gal-at-ia ist 
gael-iath Gälenland; die Endung 
ia ist hier griechisches Anhängsel. 

Galba, deutsch Schlemmer, gäl. 
galabhas. Suoton sagt, Kaiser Galba 
war sehr fett, was die Gallier mit 
galba bezeichneten, somit hatte er 
diesen Namen von den Galliern er- 
halten. 

Galilaea, Landschaftin Palästina, 
zu deutsch Seeland, von giol Was- 
ser, il gross und ia, ua, ai Land, 
weil es um den See von Tiberias 
liegt; die römische Provinz Galiläsa 
dehnte sich indess etwas weiter aus, 
der See oder die Gegend am West- 
ufer des Sees blieb aber stets der 
Kern des Bezirks. 

Galiläerthal, val Galilaei; so 
wurde das Land an den Quellen der 
Moeurthe in Lothringen benannt, der 


— 508 — 


Gams — Galizien. 


Name wird wohl mit gal Fels und 
il gross zusammenhängen, wegen 
der dort befindlichen schroffen Sand- 
steingebilde, welche sich als zweite 
Vogesenkette von der Meurthe bis 
in den Wasgau ziehen, wo sie im 
Dahnthal wie alte Burgen auf den 
Spitzen der Berge emporstehen. Im 
Mittelalter dachte man bei dem Na- 
men gal-il-ia an die Galiläer in 
Palästina. 

Gams, Hauptort einer alten Land- 
vogtei, die sich 1497 an Schwyz 
und Glarus ergab, gehört jetzt zum 
Canton St. Gallen, cwmm Thal und 
ois Burg. 

Galindien, Galindai des Ptole- 
mäus, später Galinditen, ihr Land 
Galanda, Galandia, Galendia, slavi- 
sirt Golenz; das Seeland in Alt- 
preussen nördlich vom Narew mit 
den Städtchen Radzilow und Chor- 
zele bis an den Spirdingsee und in 
dessen westlichen Umgebungen ge- 
gen die Quellen der Drewenz zu. 
Name von gil/, gel, golWasser, De- 
minutiv giolan, giolaid und ia Land, 
Land an den kleinen Seen; derselbe 
Name wie Igyllionen oder Jagellonen. 

Galizien im nordwestlichen Spa- 
nien bedeutet nicht das Land der 
Gallier, denn Gaelen wohnten auf 
der ganzen Halbinsel, sondern das 
Hafenland, von cala, calle Hafen, 
wie Porto (lat. portus) und die an- 
dern Häfen des Landstrichs hiessen. 
Der Name Portu-gal ist eine 
mittelalterliche Zusammenstellung 
von portus und cala, und Galizien 
ist aus der Adjeotivform calaikvi, 
latinisirt Calaici, entstanden, Hafen- 





Gallavölker. 


leute; damit fiel eine zweite Form 
coille Wald, zusammen, denn Gkli- 
zien hatte neben seinen Häfen grosse 
Bergwälder, und daraus entstanden 
in Römerzeiten die Calaici bracari 
(von brac, brax Thal), die Thal- 
Galizier und die Calaici Lucenses, 
welche bei Lugo — keltisch loc 
fester Ort, wohnten, was aber von 
den Römern mit Rücksicht auf die 
umliegenden Wälder in Lucus Au- 
gusti, Hain des Augustus, umge- 
wandelt wurde. Die Spanier nennen 
die Galizier Galegos. — Gali- 
zien auf dem Nordabhang der Kar- 
pathen bedeutet Waldland, von 
coilleWald und ia/k Gegend, daher 
die slavisirte Form Halitz oder 
auch „roth Russland“; dies vielleicht 
gleich Berg-Waldland, von rath 
Berg und rus Wald, sonst gewöhn- 
lich als Gegensatz zu Weissrussland 
aufgefasst. 

Gallavölker, inAfrika an der Süd- 
spitze des Rothen Meeres, schwarz- 
häutige, aber in den Formen der 
kaukasischen Bace sich nähernde 
tapfere Negerstämme, die man noch 
zu den äthiopischen Mulatten rech- 
nen kann. Schon Herodot nennt sie 
grosse und schöne Menschen, die 
an 120 Jahre alt würden. Kambyses 
unternahm einen Feldzug gegen sie, 
kam aber nicht bis in ihr Land, Die 
Gallas wohnen rings um das Abes- 
sinische Hochland, an dessen Ab- 
hängen bis zum Meere und am Nil 
abwärts bis gegen Aegypten hin, 
wenn man die Nubier noch zu ihnen 
rechnet. Aus dieser Aufstellung er- 
gibt sich, dass sie wohl die Ur- 


— 509 — 


Gallavölker. 


bewohner des ganzen Landstrichs, 
Habesch mit inbegriffen, waren, und 
dass in letzteres Gebirgsland eine 
kaukasisch - keltische Colonie ein- 
drang, welche die Asthiopen theils 
vertrieb, theils sich mit ihnen kren- 
zend, eine Mischrace, die heutigen 
Abessinier, erzeugte. — Die Gallas 
spalten sich in zahlreiche Stämme, 
die je nach der Mischung den Neger- 
typus mehr oder weniger beibehiel- 
ten, oft auch fast ganz den Arabern 
gleichen. Wenn die Gallas als grosse 
starke Makrobioten (Langlebende) 
Herodot schon bekannt waren, so 
darf man ihren Namen vom kelt, ga} 
stark und eis Mann ableiten, ein 
Name, der ihnen dann von den kel- 
tischen Habessiniern gegeben wor- 
den sein muss. Die Namen der ein- 
zelnen Gallastämme lassen sich in 
gleicher Weise aus dem Koltischen 
erklären. Die Nuba sind, wie schon 
bemerkt, die Anwohner des Nil, nae 
Leute und abh Wasser; die Bi- 
scharen auf der Nordostseite von 
Habesch bedeuten dasselbe wie letz- 
teres, pis-aire Waldleute, obgleich 
sie jetzt theilweise in die Wüste 
verdrängt sind; die Danakil im 
Lande Samhara hart am RBothen 
Meere bedeuten etwa Wasser-Gallas, 
von fain Wasser; Samhara, Was- 
serland, von iaom-ire; die Adaiel 
oder Adel, schon ausserhalb des 
Rothen Meeres am grossen Indischen 
Ocean, ad Wasser und el gross; 
südlich von den letztern wohnen die 
Somalis oder Somauli, ebenfalls 
grosse, wohlgeformte Gestalten, /om- 
al Wald-gross. Alle diese und 


Gallavölker. 


schiedene andere unter und neben 
ihnen wohnende Stämme sprechen 
ziemlich ein und dieselbe Sprache, 
von welcher sich im Habessinischen 
asahlreiche Anklänge und Ueber- 
bleibsel vorfinden. In der Genesis 
werden diese Völker gleich denen 
auf der arabischen Seite als am 
Rothen Meere wohnend, Abaliten 
oder Aualiten (von abh Wasser) ge- 
nannt, im südlichen Arabien von 
den Griechen in ähnlicher Form 
Aualenoi. Sie werden von Chavila, 
einem Sohne des Kusch, abgeleitet; 
beide Worte bedeuten Wald: Kusch 
von coed und Char-il gleich giubAh- 
il (Kiefer) Wald-gross. Noch heute 
sind die arabischen Bewohner des 
Niederlandes oder Tehamas in Jemen, 
dem südlichsten Theile von Arabien, 
längs des Rothen Meeres fast ganz 
schwarz; ihr Name Dehama oder 
Tehama kommt von dae Leute und 
amhain Wasser, während Yemen 
gleich Oman, das hinter Tehama 
liegende Bergland bedeutet, wo der 
Mokkakaffoe wächst, von main Berg. 
In Ost-Arabien, am persischen Meer- 
busen bei Maskat stehen sich Oman 
und Tehama ganz in derselben Weise 
gegenüber; dabei noch ein Felsen- 
land, Jailan, von o:/, ailFels und 
ein Meerbusenland, Battua, von 
badh Busen, am Eingang in den 
persischen Golf. Es würde zu weit 
führen, hier alle die aus einer Kreu- 
zung von Negern und Indo-Kelten 
hervorgegangenen Mulattenstämme 
aufzuzählen, das Gegebene möge 
darthun, dass zu beiden Seiten des 
rothen wie des persischen Meer- 


— 510 — Gallblrunn — Gamma. 


busens die Namen ziemlich alle kel- 
tisch oder altarabisch sind, dass 
aber die Urbevölkerungeiner schwar- 
zan Bace angehörte. 

Gallbrunn, alt Galprunn, Gal- 
prunne in Oestreich, von gil, giol, 
göll, gel, gal u.s. w.Wasser. Eben- 


‚daher Gallbach und Gailsbach in 


Bayern. 

Gallenbach im Odenwald, fliesst 
in die Itterbach, desgl. ein Gallen- 
bach bei Steinbach bei Baden, von 
giolan, Dem. von gil, giol Wasser. 

Galstern, gellende Töne von sich 
geben, in Oberdeutschland üblich, 
vom gäl. galaru heulen, wehklagen, 
galarwr kymrisch Heuler. 

Galthera, ein Nebenbach der 
Schelde, von gilBach und der klein. 

Gamburg an der Tauber, von 
gann Burg. 

Gamma, alter Name für die Vier- 
lande (oder Wasserlande, von bior 
Wasser, denn es sind ihrer mehr als 
vier), d. h. die Werder in der Elbe 
oberhalb Hamburgs, die, von Fries- 
ländern angebaut, das Gemüse nach 
Hamburg liefern. Die grössten die- 
ser Werder heissen Ochsenwerder, 
Kirchwerder, Bill-Werder, die neue 
Gamme und die alte Gamme. Nit 
gamma oder gamba hängt der Name 
von Hamburg, alt Hammabnrg, zu- 
sammen; es bedeutet krummes Was- 
ser oder Wasserkrümmung, denn bei 
den Vierlanden fängt die Elbe an 
sich zu theilen und bildet zahlreiche 
Inseln, um welche sich das Wasser 
krümmen muss, um unterhalb Al- 
tonas wieder einen vollen geraden 
Strom zu bilden. Cam, cham, ham 





Gammus — Gandersheim. 


“ bedeutet im Gälischen krumm, a 


oder aha Wasser; derselbe Aus-- 


druck kommt in der Camargue 
am Ausfluss der Rhone vor, cam- 
earge krummes Wasser, und am 
Niederrhein im Chamavengau 
oder Hamland, von cam-abh krum- 
mes Wasser. Darnach bedeutet 
Hamaburg dieBurg an denElbe- 
krümmungen, Hamonia das Land 
am krummen Wasser cam-ean-ia. 
Hamus lat. undHameau franz. für 
Angel kommt von demselben cham. 

Gammus, alter Mannsname, von 
cam, camb im Kampfe stark, daher 
camb-air Kampfmann, Kämpfer, 
Kambyses camb-eis dasselbe. 

Gandern, Hohengandern, Kirch- 
gandern und Niedergandern, Orte 
an der obern Leine, an der Grenze 
der Germarmark gegen den Leine- 
gau. Name von gann Veste und 
dear gross oder der klein. (Vergl. 
Kandern, Kamburg, Sargans.) 

Gandersheim, Ort zwischen Nord- 
heim und Alfeld, rechts von der Leine, 
hies früher auch Brunshausen, von 
braine Fürst, denn es war der 
Stammsitz des sächsischen Kaiser- 
hauses; es lag im Flenithi-Gau 
(blaen-aith Berghöhenland), wel- 
cher das ursprüngliche Gebiet des 
sächsischen Kaiserhauses umfasste. 
Gan-der bedeutet hier wohl grosse 
Burg, von gann Burg und dear 
gross. Die Gegend von Gandersheim 
hies alt auch Gandersfeld, keltisch 
gandese-magh; sie wurde als ein 
kleiner besonderer Gau angesehen, 
der Gandese-mag-awi geschrie- 
ben wurde. 


— 511 — 


Ganges, 


Ganges, der grösste Fluss in 
Hindostan oder dem Lande (tan) 
des Indus (ean Wasser) oder des 
Sind (sgeind unstät, bald rasch, 
bald langsam laufend), und ais, uis 
Wasser. Ganges, indisch Ganga be- 
deutet grosses Wasser, Strom, gleich 
dem Hoangho in China. In der 
Sprache dieses ältesten Culturlandes 
bedeutet hoang nämlich gross, mäch- 
tig, gleich dem kelt. onn, unn ; das 
angehängte ho oder ouo, oua ist das 
kelt. ieo, franz. eau oder altdeutsch 
aha Wasser. Von den andern kelti- 
schen Formen, welche Wasser be- 
deuten, kommt noch ein guter Theil 
im Chinesischen vor, als: han, kelt. 
ean (Inn); chouy, kelt. gwy (Wi- 
pach); tan, kelt. tain (Don, Donau, 
Seine); so, kelt. sa, sua, sia (Sau, 
See, chinesisch tze); moen, kelt. 
moim (Mümling und Main); lie oder 
breiter lieou, kelt. /ia oder lua 
(Laubach); lan, kelt. /u-ean kl. 
Wasser (Lahn); und endlich fong, 
fan, schärfere Aussprache für bun, 
buinne, woher Punier und Phönizier 
und der Baunebach bei Kassel. Was 
die keltischen Bergbezeichnungen 
betrifft, so wiederholen sie sich im 
Chinesischen seltener, doch kommt 
auch hier moin, main, mmwnt mons 
ebenfalls in der Form moen vor, 
desgl. coiche Berg in kouey; bei 
andern Worten, wie bei hy gleich 
ai oder aighe (hoch) und bei ling 
gleich /eagh flacher Fels, Leye ist 
die Identität weniger handgreiflich, . 
ebenso bei fou, feou, etwa gleich 
ban, bein. Unter den Ortsbezeich- 
nungen ist z.B. die Urform /le Stätte 





Gannaspitz — Garche. 


(Lage, Loch, locus, franz. lieu), im 
Chinesischen Iy vorhanden, ebenso 
dae, tio Haus, Dach in sou. (Ein 
Mehreres über die Verwandtschaft 
des Chinesischen mit dem Keltischen 
bei einer andern Veranlassung.) 

Gannaspitz, Bergkopf bei Natu- 
rens in Tyrol, von Aeann Bergspitze. 

Gannes. In der Graubündtener 
Volkssage sind Gannes wilde Weib- 
lein, Zwerginnen oder Elfinnen ; gean 
bedeutet im Gälischen Weib, im 
Griechischen gyne. 

Gansbähl, Höhe bei Schorndorf 
und Gansnest, Berg bei Fridingen 
an der Donau, Nasenlaut für kaid 
Berg, gleich Gänsberg und Gais- 
berg. Ganser, ein Berg bei Bier- 
lingen, ebenfalls in Würtemberg, 
hat noch ein er gross, angehängt. 

Garamanten, die Bewohner der 
äussersten Grenzlande (extremi Ga- 
ramantes) Afrikas gegen die Wüste 
Sahara hin, also namentlich des 
Fezzan (phaidan Feldlandes oder 
Phut nach der Genesis). Der Name 
Garamanten bedeutet dasselbe, was 
Germanen, d. h. Grenzleute, von 
ghear Grenze und maon Mann. Ihr 
Hauptort hies Garama, arab. Djer- 
mah Grenzstätte, von ghear und 
mah Ort; er wird als im Fezzan g6- 
legen angenommen. Dieses Feld- 
land war in älterer Zeit weit ausge- 
dehnter als jetzt, wo der Wüsten- 
sand einen grossen Theil des Landes 
überschwemmt hat. 

Garche oder Garges, alt Bi- 
gargium, zu deutsch kleiner Wald- 
ort, von bi klein, Aeirt oder keirk 
Wald nnd ion Ort, es liegt bei Paris 


— 52 — 


Garda — Gardachgan. 


hinter St. Cload von Wäldern um- 
geben, und war im Mittelalter ein 
Jagdschloss. 

Garda, früher festes Städtchen 
in Oberitalien an dem See, der da- 
von seinen Namen trägt. Garth be- 
deutet im Kimbrischen dasselbe, was 
Garten ursprünglich im Deutschen 
and gorod im Slavischen, ein einge- 
zäunter, fester Ort. — Der Gardasee 
hies bei den Römern lacns larius, 
nach dem Gälischen grosses Wasser, 
lia-er, zusammengezogen /eor oder 
lear Meer; dieselbe Bedeutung hat 
Lemansee, von Jia Wasser und moin 
gross. In letzter Zeit wurden in der 
Nähe der langgestreckten Halbinsel, 
auf welcher Peschiera liegt, beim 
Ausbaggern der dortigen Rhede von 
dem österreich. Hauptmann Koster- 
sitz gegen 120 werthvolle Bronze- 
gegenstände, Waffen, Geräthe und 
Schmucksachen aufgefunden, die in- 
nerhalb eines ausgedehnten Pfahi- 
baues lagen, dessen Plan von be- 
sagtem Hauptmann aufgenommen 
wurde. Die Bronze- Gegenstände 
sammt mehreren gewaltigen Pfählen 
wurden nach Wien in das Antiken- 
cabinet geschickt. 

Gardachgau, das Land an der 
Gardach oder Leyn, westlich von 
Heilbronn bis zum Kraichgau, nörd- 
licb vom Zabergäu, südlich vom 
Elsenzgäu. Name von caoir Bach 
und di klein, mitangehängtem deut- 
schen aha Bach. Leyn von Jieaa 
klein Wasser; darin der Ort Gar- 
tach, alt Gardah am Einfluss der 
Gartach in den Neckar, anscheinest 
gleicher Bedeutung wie der Fluss, 











Gardarike — Gardelegen. — 513 — Gardolo — Garküche. 


wohl aber eher von cuer, gaard 
Ort und acha Wall, denn es war 
eine alte Veste. Schlüchtern, 
alt Sluchtern, entweder von loc 
Ort und der klein, oder von /u, /ugh 
klein und tuar Dorf; Eppingen, 
alt Epbingen, entweder von abh Bach 
und inka Ort, oder von aoibh Gut, 
Hof, aoibhean oder aoibhin kleinem 
Hof. Eppingen ward im Mittelalter 
zum Kraichgau gerechnet, dessen 
Grenzen als Grenzgau bald weiter 
bald enger gezogen wurden, denn 
crioch bedeutet Grenze. 
Gardarike oder Gardh-ar-iki, 
Name Russlands bei den Norman- 
nen, auch Holm-gardhariki, abge- 
kürztinHolmgardh. Gardh-ar-ik-ui 
ist rein keltisch und bedeutet Veste- 
gross-Insel-Leute. Der Zusatz Holm 
bestätigt diesen Sinn, denn dieses 
steht für u/-ma Sumpfstätte, In- 
sel; der älteste Königssitz im nörd- 
lichen Russland war nämlich Hol- 
mogori, die Inselstadt (uIma- 
caer) in der Dwina nächst Arehan- 
gel am Weissen Meere; von diesem 
keltischen Königssitz erhielt bei den 
Normannen das dazu gehörige Land 
und schliesslich ganz Russland den 
Namen. 
Gardelegen im Balsamerland oder 
Beilxagau an derWestseite der Mittel- 
elbe, alt Gardeleve, an der Milde, 
Biese oder Alend; der Bach führt 
diese drei keltischen Namen oben, 
mitten und am Ende vor seiner Mün- 
dung in die Elbe. Gardelegen bs 
deutet darnach Ort am kleinen Bach 
(cwoir-di); legen und leve als 
gleichbedeutend von /oc Ort, /ogan 
Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


kleiner Ort, bezw. /iub Winkel. Bei 
Bernburg liegt ein Gardesleben. 
Braunlag e auf dem Harz zwischen 
Andreasberg und Elbingerode hat 
wie Gardelegen die Form logan, es 
wird auch Bramsloche genamnt, 
welche Form deutlich die Entste- 
hung aus broin oder brann Berg 
und /oc Ort zeigt. Die drei Bach- 
namen: Milde, von mi-alt kleinem 
Wasser; Biese, von bais Wasser, 
und Alend, von li-ean kl. Wasser 
mit vorgesetztem Artikel a. 
Gardolo, Ort bei Trient an der 
grossen Heerstrasse nach Deutsch- 
land, alt Gardule, vom kimbr. garth, 
altdeutsch gaard, Garten, eingeräun- 
ter, fester Ort und do/ Strasse. 
Garenberg, eine breite waldige: 
Bergkuppe im Beinhardswald be 
Wilhelmshausen nördlich von Kas- 
sel, von garan Dickicht, Busch- 
wald, soviel als Gern, Gehren, 
Göhrenberg in Schwaben. Bei 
Künzelsau in Wäürtemberg liegt ein 
Dorf Garnberg auf einer Anhöhe. 
Garan ist wohl aus garh-, garg-an 
entstanden, und dies kommt von 
garg, kork, quercus Eiche, Eich- 
wald, daher der Garganoberg in 
Apulien im südlichen Italien. 
Garküche, Garkoch ; kar bedeu- 
tet altdeutsch Kessel, gäl. coire; 
Usher Garkoch, Garküche. Der Kes- 
sel war in alter Zeit nicht in jeder 
Küche zu finden, bios die Wirthe 
hatten solche. Man könnte auch 


"den Charfreit ag hierher beziehen, 


weil an diesem, dem Sabbath vor- 

angshenden Tage noch jetrt bei den 

Juden die Kessel gescheuert werden, 
33 


Garmischgau — Gascogne. — 514 — 


wenn nicht Fasttag, careme, näher 
läge; letzteres vom latinisirten ca- 
rena und dies von carere, entbehren ; 
eine andere Ableitung wäre von 
carus lieb, griech. charis Gnade. 

Garmischgau, ein Dorf oder eine 
Feldmark im bayerischen Ammer- 
gau, alt Germariskewe, d. h. Grenz- 
berggau, von ghear Grenze und 
maor Berg, gleich Germarmark. 

Garonne, im untern Theil ihres 
Laufes Gironde, altlatinisirt Ga- 
rumna, von ghear Grenze und am- 
hain Wasser; dieser Fluss bildete 
nämlich in alten Zeiten die Grenze 
zwischen den baskischen Aquitanen 
und den Kelten in der heutigen 
Guienne und Gascogne. Die Form 
Garonne kommt nicht von ghear- 
amhain, sondern von der verwandten 
ghear-ean, mit gleicher Bedeutung. 

Gars, Ort am Inn, alt Garoz, ein 
anderes Gars in Bayern, slavisirt 
Gariza, Goriza, Görz gezischte Form 
für gaarth eingezäunter Ort, oder 
von ghear Grenze und ois Burg. 

Garzan, Carzano, Carzone, Gor- 
zone, Giarsun, Orte in Oberitalien 
undRhätien, vom kimbrischen garth 
oder gardd Einfriedigung, Veste, 
Dem. gardden Garten. Der Grund- 
begriff ist derselbe, die Veste ist 
mit Wall und Faschinenwerk oder 
auch blos mit Hecken, der Garten 
mit Steindamm oder blos mit einem 
Zaun (dun) umgeben. 

Gascogne, südfranzösische Land- 
schaft, welche von den baski- 
schen Pyrenäenthälern an der Ga- 
ronne hinab bis an das Poitou und 
die Auvergne reicht. Sie theilt sich 


Gascogne. 


in die Guyenne nördlich von der 
Garonne und die eigentliche Gas- 
cogne, südlich von diesem Flusse. 
Unter den Römern hatte das Land 
verschiedene Namen, als Aquita- 
nia, nach PliniusLand der Mineral- 
Wasser; man verstand aber darunter 
die ganze Seeküste bis zur Vend6e, 
wo sich keine Mineralquellen mehr 
vorfinden. Aqui ist latinisirt für 
oiche Wasser und tan Land, also 
Wasserland, Seeland. Möglich, dass 
die vielen Flüsse, welche in die Ga- 
ronne münden, den Namen veran- 
lassten, jedenfalls kommt daher die 
Bezeichnung Septimanis, seacht- 
amhain-ia sieben - Wasser - Land. 
Diese sieben Flüsse sind nämlich: 
die Arriöge, der Tarn, der Aveyron, 
der Lot, die Dordogne, die Drome 
und die Garonne selbst. Aus Aqui- 
tania oder eher aus der rein kelt. 
Form gwy-an-ia, Wasser -leute- 
land wurde Guyenne. Gascogne 
dagegen entstand aus Vasconia, 
Wasconia oder Guasconia, Basken- 
land, wörtlich Wald-leute-land, von 
bois, bas, busk Busch, on Leute 
und ia Land. — Die Bewohner der 
Gascogne sind dem Grundstamme 
nach wie die Basken rundköpfige 
Iberen, gemischt mit ovalköpfigen 
Kelten, von welchen sie unterjocht 
worden; die Ortsnamen sind wohl 
alle keltisch, denn die alten Basken 
waren, wie ihr Name ausweist, Wald- 
leute, also ohne feste Sitze. Aus 
der Mischung beider Stämme ent- 
standen hier wie in Spanien die Kelt- 
iberen, welche ihrerseits wieder von 
den ebenfalls grossentheils rund- 











' Gascogne. 
köpfigen Römern unterjocht wurden. 
Im 5. Jahrhundert erhielten die 
Westgothen von Catalonien aus, wo 
sie sich festgesetzthatten, das Land, 
und zwar im Einverständniss mit 
den Römern, mit welchen vereint sie 
sodann gegen die aus Osten andrän- 
genden Hunnen und Franken kämpf- 
ten. In der Schlacht gegen Attila 
aufden Catalaunischen Feldern (d. h. 
bei Chalons) entschieden die West- 
gothen den Sieg. Tolosa (Toulouse) 
war die Hauptstadt des neuen west- 
gothischen Reiches. 730 brachen 
die Araber aus Spanien herüber in 
das Land, wurden aber von dem 
Franken Karl Martell in der drei- 
tägigen Schlacht bei Tours besiegt, 
worauf die Gascogne an das frän- 
kische Reich fiel; Karl der Grosse 
machte 778 seinen Sohn Ludwig 
zum Könige von Aquitanien. Dieses 
Reich zerfiel jedoch bald in die 
beiden Herzogthümer Guyenne und 
Gascogne, diese wurden aber 1070 
durch Heirath wieder vereinigt und 
kamen 1150 abermals durch Ver- 
heirathung der Erbin Eleonore mit 
Heinrich II von England an dieses, 
bei welchem beide Landschaften fast 
300 Jahre verblieben. Karl VII 
nahm sie endlich 1453 den Eng- 
ländern ab, und von da an blieben 
sie bei Frankreich. — Die Guyenne 
besteht aus folgenden Landschaften: 
dem Bordelais oderder Umgegend 
von Bordeaux, alt Burdigala, Hafen 
(cala) der buar-dae Vieh-leute, aus 
der Nachbarschaft, die hier ihr Vieh 
gegen Waaren umtauschten; dann 
dem Perigord, alt Petrocorii, Bo- 


— 515 — 


Uascogne. 


wohner der Felsenstädte (caer, corr 
Stadt, petro latinisirt für br Berg, 
Fels); drittens dem Agenois, der 
Umgegend von Agen, alt Aginnum 
(Bergburg, a Berg und gan Burg); 
viertens dem Quercy, Eichenland, 
von querk oder keirt, kerk (Kork, 
cortex) Eiche, oder aber von gouer 
Bach, mit Cahors, alt Cadurci, 
von kaid Berg, ar hoch und dae 
Leute, oder von cadh heilig; fünf- 
tens der Rouergue mit Rhodez, 
alt Rutheni, von rath Burg oder 
Berg und an Leute, Rhodez von 
rhatBerg und oisBurg, Rouergue, 
von earg Wasser mit vorgesetztem 
rou statt or Berg, or-earg-ia Berg- 
wasser-land; sechstens dem Land 
von Bazas, alt Vasatis, bas-iath 
Wald-land, oder bais-aidhe Fluss- 
ort; siebentens dem Lande Medoc, 
alt Medulica, um das Fort Medoc, 
Blaye gegenüber, an der untern Ga- 
ronne, mi-toigh kl. Haus bezw. mi- 
dail kl. Burg. Südlich von Medoc 
am Meere liegt das Buchland 
mit dem Städtchen Töte de Bauch, 
lat. caput Bogii, Kuhkopf am Bas- 
sin von Arcachon (earg-acha 
Wasser-Burg), dessen Herren, die 
Captals von Buch, in der Geschichte 
des Landes eine grosse Rolle spiel- 
ten. Captal ist Aeap Kopf, An- 
führer und a/ gross (gleich Capitän 
od, Kapudan, keap-duin Kopfmann), 
Buch kommt von buwch Kuh, also 
Kuhland, oder von bog feucht. Bei 
Cajane oder Cajar am Lotfluss sind 
die vier Waiffriers- Höhlen, durch 
die Blutscenen Pipins des Kleinen 
bekannt (gwy/ Thal, aire Leute). — 
33* 


Gasseus — Gast. 


Zur Gascogne im engern Sinne 
gehören: die Landschaften Armag- 
nac (gross Feld oder Bergfeld) mit 
Auch und Tarbes, dann das La- 
bourdan (Ackerland) mit Bayonne, 
wo die Bevölkerung jetzt noch bas- 
kisch spricht; sodann die Landes, 
flaches Haideland längs des Meeres 
(Neme entweder deutsch von den 
Westgothen herrührend, oder von 
ionn Wiese), darin Dax, teaghas 
Häuser; viertens das Herzogthum 
Albret mit dem Hauptort Nerac, 
wo die Vorfahren Heinrichs IV als 
Herzoge von Albret Hof hielten (al- 
braidh hoher Berg, Nerac von near 
Wildschwein und acha Burg, Wall); 
fünftens die Grafschaft Bigorre 
(beagh-or kl. Berg) mit Tarbes, 
Barröges und Bagnerre in den Py- 
renäen, und endlich Bearn, Bene- 
arnia, Bergland, Pyrenäenland. — 
‘ Zur Zeit, als dieBasken noch unab- 
hängig waren, galt Eauze, alt 
Elusa (y-l!ys die Burg) als Haupt- 
stadt des aus neun Stämmen beste- 
henden Landes (Novempopulania). 
Eauze wurde 722 von den Arabern 
zerstört. 

Gasseus, griech. agasseus, zu 
deutsch Windhund, vom gälischen 
gadhar oder gaoid Wind und eus 
Mann, also „Windmännchen‘“, a ist 
der Artikel; agacer im Französi- 
schen bedeutet hetzen, reizen. 

Gast als Endung von Ortsnamen, 
z. B. in Leugast, Laubegast, Lube- 
gast in Obersachsen, Ostfranken 
u. 8. w. Leu von /ua Wasser, Lube 
von Zua-bi klein Wasser, bezw. liub 
Wasserwinkel ; gast von josdaWohn- 


— 516 — Gastaldi — Gasterland. 


ort oder von wast Wald. Aehnliche 
Ortsnamen sind: Mark - Schor- 
gast, alt Scorgaste, corr Grenze, 
Mark am Fichtelgebirge an der 
Grenze gegen Böhmen; Trebgast 
oder Treucgast, von treabh Dorf 
und uast Wald. Obwohl letztere 
Orte nach dem Siege des Tschechen- 
führers Samo über den Franken- 
könig Dagobert um 630 nach Chr. 
in slavische Hände fielen, so änderte 
dies doch nichts an den altkelti- 
schen Ortsnamen, selbst wenn die 
Kelten, bezw. Deutschen alle dar- 
aus vertrieben worden wären, was 
aber schwerlich der Fall war. 
Gastaldi, Gastaldiones, adelige 
Diener, kommen in den alten Ge- 
setzen von Deutschland, Frankreich 
und der Lombardei vor. Gälisch be- 
deutet uas edel, adelig, toillim die- 
nen, totllidhe Diener, zusammenge- 
zogen tolldhe oder talde. Es wur- 
den damit die jüngeren Diener be- 
zeichnet, die juniores, Jungherren 
oder Junker, im Gegensatz zu den 
Seneschallen, den alten Dienern (von 
sean alt und gtolla Diener). 
Gastein, alt Gasdun, in den Salz- 
burger Alpen, berähmtes Wildbad, 
vom gäl. yais Bach oder cas steiler, 
hoher Berg, Fels und dun festes 
Haus oder Ort, also soviel als Bach- 
hausen oder Berghausen. 
Gasterland in der Ostschweiz, 
lat. Castra rhaetica, kam nach der 
Besiegung der Alemannen durch die 
Franken zu ostgothisch Rhätien oder 
dem Wallgau, hatte später eigene 
Grafen und wurde 1438 an Schwyz 
und Glarus verpfändet, welche es 





Gastewitz — Gau. 


durch Landvögte verwalten liessen; 
os gehört jetztzum Canton St. Gallen. 
Darin liegt die806 gestiftete adelige 
Abtei Schänis, deren Aebtissin 
früher deutsche Reichsfürstin war, 
und Wesen lat. Guescha am untern 
Ende des Walenstadter Sees. Im 
Gasterlande oder am Südrande des 
Walensees liegen die alten römi- 
schen Castelle: Primsch (prima) auf 
den Flimseralpen, dann Siguns 
(secunda), Terzen (tertia), Quar- 
ten (quarta), Quinten (quinta). 
Gaster, lat. castrum, keltisch cas- 
dear bedeutet Burg-gross, dasselbe, 
was cas-ıl oder Kassel. Wesen, 
quos-cha, Wasserhaag, von gwisg 
Wasser und cha Haag, bezw. ion, 
en Ort. Schänis, cean Bergkopf 
und ois Burg, Beleg, dass das Klo- 
ster auf dem Grund einer frühern 
Burg erbaut wurde. 

Gastewitz, Ort in Sachsen, von 
gasd, josda Wohnort und dem slar. 
witz, kelt. wigk Dorf, als Ueber- 
setzung angehängt, oder aber von 
fiodh Wald. 

Gathund Gaza, Burgen im Lande 
der Philistäer, gleich cas Burg. Die 
Bewohner dieser wie der andern 
Philisterstädte galten den Hebräern 
für Riesen oder Enakim. 

Gatinois, eine Landschaft der Isle 
de France in der Nähe von Paris, 
einst Waldland, von coed Wald und 
tan Land; nebenan die Beauce, 
ein Viehland, gleich Boeotis, von 
beo Vieh und du Land, wenn nicht 
nach dem Orte Beauce benannt, das 
alt Belsa, bill-tae kl. Ort hies. 

Gau und Gauverfassung. Gau 


— 517 — 





Gau. 


ist die deutsche Form für das gäl. 
ua, au, 0, a, was Landschaft be- 
deutet, das Weitere vergl. unter Gäu. 
An derSpitze einer Au stand in kel- 
tischen Zeiten ein Häuptling, Prin- 
ceps, wie bei den Clanen in Schott- 
land; in deutschen Zeiten trat an 
dessen Stelle der Gaugraf, der ent- 
weder von den keltischen Häupt- 
lingen abstammte oder von deut- 
scher Seite eingesetzt war, oder, 
wie es die Umstände mit sich brach- 
ten, auch sich zum Herrn aufwarf. 
Der Uebergang der Herrschaft der 
Kelten in die der Deutschengeschah 
in der ersten Hälfte des ersten Jahr- 
tausends unsrer Zeitrechnung, zuerst 
in Norddeutschland, dann auch im 
Süden des Mains, ohne dass hier- 
über bestimmte Angaben bei den 
römischen Schriftstellern vorlägen; 
diese hatten damals zuviel mit ihren 
eigenen Wirren zu thun, und kein 
Verständniss für die Kämpfe der 
Deutschen und Kelten im Innern 
Germaniens, deren Sprachen, sowohl 
die eine als die andere ihnen fremd 
waren. Die Römer melden aus jener 
Zeit blos die Einfälle der „Barbaren“ 
ins römische Gebiet, nannten die- 
selben mit den Appellativnamen, 
welche ihnen die römischen Kelten 
gaben, und bemerkten nichts von 
der grossen Umwandlung, die jen- 
seits des Rheines allmälig vor sich 
ging. — Die Asmter der Gaugrafen 
oder Comites waren in deutschen 
Zeiten Lehen, d. h. mit Einkünften 
aus Grundstücken ausgestatteteAem- 
ter, die der König diesen seinen Be- 
gleitern anfangs nach Gutbefinden 


Gau. 


verlieh; später aber wurde es Sitte, 
dass der König den Sohn des Be- 
lehnten nicht überging, und daraus 
leiteten diese allmälig ein Recht ab, 
das sie sogar mit den Waffen in der 
Hand gegen den König zu behaup- 
ten suchten; hierüber entstanden 
zahlreiche Kriege, deren Ende war, 
dass das Erbrecht der Grafen all- 
wälig überall zur Geltung gelangte, 
trotz des Widerspruchs der Könige 
oder Kaiser. Seit dem westphäli- 
schen Frieden bildete sich dieses 
Vasallenthum zur sogenannten Lan- 
deshoheit oder Souveränetät aus. Zu 
Karls des Grossen und Ludwigs des 
Frommen Zeiten mussten z. B. die 
Grafen in Sachsen dafür sorgen, 
dass wenn ein Krieg gegen Spanien 
oder Avaritien (Ungarn) ausbrach, 
fünf Sachsen den sechsten ausrü- 
steten, wenn eg gegen Böhmen ging, 
zwei den dritten, wenn aber die 
Sorben sich empörten, dann musste 
alle waffenfähige Mannschaft sich 
stellen. Die Aufgebotenen hatten 
die nöthigen Lebensmittel mitzu- 
bringen, so dass sie, wenn sie z. B. 
nach Spanien zogen, an den Pyre- 
näen noch auf drei Monate mit Mund- 
vorrath versehen sein mussten, eben- 
8o mit Kleidern auf ein halbes Jahr. 
Die waffenfähige Mannschaft wurde 
in altfränkischen Zeiten mit dem 
latinisirt - gälischen Namen Milites, 
Soldaten, bezeichnet (keltisch mi- 
leadh) ; es waren erst blos Franken, 
welche zugleich das Vorrecht hatten, 
mit Ausschluss der unterjochten Kel- 
ten, auf den Landtagen erscheinen 
zu dürfen. Um das Uebergewicht 


— 518 — 


Gau. 


dieser Franken in solchen Versamm- 
lungen zu brechen, ernannten die 
Könige, namentlich von Chlodwig 
an, auch Römer und Gallier zu Gra- 
fen und Herzogen, also Leute, die 
ihre Hörigen und Diener waren, um 
dadurch die königlichePartei auf den 
Beichstagen zu stärken. Auf letzte- 
ren erhielt dann auch die Geistlich- 
keit Sitz und Stimme, wofür sie das 
hebräisch-romanische Staatsrecht 
zur Geltung brachten, wonach der 
König der Gesalbte des Herrn war, 
und das ganze übrige Volk dessen 
Unterthanen. Mit Hülfe des Klerus 
und dieses Hof-Adels sicherte sich 
Chlodwig, der Christ geworden war, 
das Uebergewicht über die Milites 
oder den niedern fränkischen Adel, 
und drückte denselben allmälig in 
ein ähnliches Unterthanenverhält- 
niss, in welchem die Kelten sich 
befanden, herab; doch erschien der 
niedere Adel noch bis in die Zeiten 
der Hohenstaufen auf den Beichs- 
tagen, bis endlich namentlich seit 
dem grossen Zwischenreiche alle 
geringern Freien entweder Vasallen 
der Herzoge und anderer unmittel- 
barer Lehensträger oder Unterthanen 
der Kirche geworden waren, welche 
ihnen dafür Schutz gegen weitere 
Bedrückungen verliehen. Die mero- 
vingischen Könige vor Chlodwig 
waren nur Heerführer, primi inter 
pares unter den Franken gewesen, 
ebenso die alten Herzogs; die Gra- 
fen waren denselben nicht unter- 
than, sondern blos amtlich unter- 
geordnet, denn beide wurden vom 
Könige beliehen; aber allmälig ge- 





Gauböckelheim — Gausberg. — 519 — 


lang os den Herzogen, das Comitat 
oder das Grafenamt in den meisten 
der ihnen untergebenen Gaue an 
sich zu bringen und die übrig ge- 
bliebenen Grafen zu Vasallen her- 
abzudrücken, bis endlich der Satz 
aufgestellt wurde, lehnsässig macht 
landsässig, d. h. unterthan. Der 
den Herzogen unterthane niedere 
Adel konnte von da an nicht mehr 
auf den Reichstagen, nur noch auf 
den Landtagen erscheinen. 

Gauböckelheim an der Nahe im 
Gau, d. h. hier dem Fruchtlande, 
alt Bekelenheim, von bi klein und 
keall Vorrathshaus, Keller, Spei- 
cher, schliesslich auch Kirche; das- 
selbe was Ingelheim, in-keal. 

Gauer, ein in Deutschland häu- 
figer Personenname, der Sclmid be- 
deutet, denn gauo, gau, gao alt- 
gälisch, und neuirisch gabha be- 
deutet Schmied. Horogauo bedeutet 
Herrenschmied, von ur (gleich vas- 
sus oder uas) edel, frei, adelig. 
Statt Horogauo kommt auch vor 
ihoro-gao oder stro-gau, von tor 
Edelmann. 

Gausbach, Dorf im Murgthal, 
von gwaz oder gwysg, uisg, andere 
Form für gais Bach, es liegt an 
einem Nebenbach der Murg. Gais- 
bach, Gaisau in Hessen ist das- 


selbe; ebenso Gusen, alt Gwsin in 


Oberöstreich, statt des Deminutiv 
gwysgyn klein Wasser; desgl. Gos- 
pach in Oberhessen, jetzt Ober- 
und Niederjosbach, dann Gois- 
bach, Gos und Gosbach in 
Würtemberg. 

Gausberg bei Schützingen in 


Gautssch — Gedrosien. 


Würtemberg, andere Form für Gais- 
berg, von kaid oder gaid Berg, 
kann auch für Gaugsbeorg stehen, 
mit gleicher Bedeutung von coiche 
Anhöhe. 

Gautzsch, Ort bei Leipzig, g90- 
aidhe kleiner Ort oder coed-aidhe 
Waldort, beide Male slavisch ge- 
zischt, statt aidhe Ort auch ois 
Burg, also Waldburg. 

Gay. Der schwäbische Ausdruck, 
Einem ins Gaygehen, bedeutet nicht, 
Einem in den Gau gehen, obwohl 
Gau im Schwäbischen auch Gäu 
ausgesprochen wird, sondern Einem 
ins Gehege gehen, vom keltischen 
kae, kau Gehege, eingefriedigter 
Ort, Wohnstätte. 

Gayer, Gayersberg, Bergname, 
versetzt für Aiger oder Ayer, und 
dies von aighe Höhe und er gross. 

Gayrenberg bei Blaubeuern, und 
der Berg Gaiern bei Hoheneck in 
Wärtemberg, von 90 klein und aran 
Berg, oder von garan Bergwald. 

Gebück oder das Landgebück, 
Name der Gebirgsgrenze längs des 
Taunus im Norden des Rheingaues 
gegen das Lahngebiet, von buach 
Buck, Buckel, Berghöhe. Der Name 
Buck kommt noch anderwärts vor, 
z. B. bei Coblenz, im Aargau der 
Hornissbuck, dann bei Kembs unter- 
halb Basel. 

Gedrosien, hohes Waldland am 
indischen Meerbusen zwischen der 
Mündung des Indus und der Meer- 
enge von Ormus, an den Grenzen 
von Beludschistan, Kerman und La- 
ristan, wo sich namentlich im Busch- 
kurdgebirge Höhen befinden, die 





Geeste — Gefion. 


20 deutsche Meilen weit sichtbar 
sind, aber bis jetzt noch nicht von 
Europäern besucht wurden. In die- 
sem hohen Waldlande und an den 
daran stossenden Gestaden des Mee- 
res erhielten sich schwarzhäutige 
Negervölker bis in spätere Zeiten. 
Der Name Gedrosien, coed-ar-iath 
bedeutet hohes Waldland, von coed 
Wald, ar gross und iath, ias Land- 
strich. Das hohe Gebirge heisst 
heutzutage Busch -K urd oder Bur- 
kund, ersteres von pis, pus, bois 
Busch oder Wald, und Kurd von gor 
Berg oder ghear Grenze, letzteres 
gleich Burgund von borr gross und 
chund, gwind Wald. An diesem 
Gebirge vorbei führt der Karawanen- 
weg aus dem südlichen Persien nach 
dem untern Indus, daher der Name 
Beludchistan, von belad Weg (vgl. 
Biledulgerid), chis für coed Wald 
und fan Land. Chis ist das viel- 
genannte Kiss oder Kusch, woher 
die Kuschiten oder äthiopischen 
Waldvölker ihren Namen führten. 
Am Meere her hiessen sie bei 
den Griechen Ichthyophagen, Fisch- 
fresser. 

Geeste, Flüsschen im Bremen- 
schen, das bei Bremerleha oder 
 Gestemünde in die Weser mündet, 
da wo in neuerer Zeit ein Soehafen 
angelegt wurde; nach dem Gälischen 
kleines Wasser, von gais Bach und 
di klein. 

Gefion, nach der Edda eine nor- 
dische Sängerin, welche sich in Jö- 
tunheim in einen jungen Biesen. ver- 
liebte, der mit ihr vier Stiere zeugte. 
Gefion bedeutet nämlich weisse Kuh, 


2 590 — 


Gehren — Geich. 


von 40 Kuh und An weiss. Troiz 
dieser ihrer thierischen Eigenschaft, 
welche sie mit der Hulda wie mit 
der Froya theilte, denn auch diese 
wurden in Kuhgestalt dargestellt, 
entzückte sie das Ohr des Königs 
Gylä in Upsala durch ihren Gesang, 
und erhielt dafür von ihm soviel 
Land zum freien Eigenthum, als 
ihre vier Stiere in vierundzwanzig 
Stunden umpflügen konnten. Der 
Pflug ging aber so tief, dass er 
ein Stück Land abschnitt, das dann 
westlich in das Meer schwamm, wor- 
aus die Insel Seeland wurde. Auf 
der Insel gründete Gefion die Stadt 
Lethra (li klein, tre, tri Stadt), 
heirathete König Skiold (Schild) 
und wurde dadurch Mutter des alten 
dänischen Königshausese, 

Gehren, von garan Buschwald, 
Dickicht; häußger Bergname in 
Würtemberg, z.B. Falschengeh- 
ren, Breitengehren bei Weg- 
stetten, Gehrenweier bei Ellwan- 
gen, Buchgehren bei Hohenberg, 
Brittergehren bei Schlichten, 
Birkengehren bei Esslingen, 
Gehren, Bergwälder kei Bonlan- 
den in Oberschwaben, Schild- 
gehran, Bergwald bei Walzheim, 
die Gehrenklinga hei Böblingen, 
der Eichgehren bei Vaihingen, 
Holzgehren, eine Anhöhe bei 
Frickandorf, die früher bawaldet war. 

Geich oder Goich, Ort beiZälpich 
am Niederrhein, vom gäl. caiche 
Erdanfwurf, Hügel, bezw. Wohn- 
stätte. darauf; soviel als Giach 
in Franken, und Gochsheim im 
Kraichgau. 





Geigenberg -— Geismar. 


Geigenberg bei Beffendorf, und 
Geigenrain bei Zimmern ob Rotweil 
in Würtemberg, von coichin, De- 
minutiv von coiche Anhöhe; da- 
gegen Geigerberg bei Pfahlheim 
und Geigersbühl bei Illerrieden 
in Würtemberg, von coiche und er 
gross. 

Geiggen, alt Gaighain, Ort bei 
Ravensburg in Oberschwaben, vom 
gäl. coichean kleine Wohnstätte auf 
einer Anhöhe. 

Geil, Fluss in Kärnthen, vom gäl. 
giol, gil, kimbr. cuil, franz. couler, 
Wasser; ebendaher die Geilbach 
bei Zweibrücken und der Geiles- 
pach in Oestreich; Gailbach, 
Ort an einem Bache, der in die Blies 
geht; ebenso ein Gailbach bei Ster- 
zing, der in den Eisack mündet. 

Geisau oder Geisa, Geiso, fuldai- 
sches Beichsrittergeschlecht, von 
gats Bach und aoi Hof. Zu Eich- 
stetten am Kaiserstuhl ein Geis- 
hach oder Geizebach, ebenfalls von 
gais, dann Geiswasser, Dorf im 
Elsas. Im Gaisthale siedelte die Ab- 
tei Fulda um das Ende des ersten 
Jahrtausends slavische Kriegsgefan- 
gene an, und zwar mitten unter den 
schon von früher vorhandenen kel- 
tischen und deutschen Bewohnern. 

Geisfluh, Berg bei Aarau, von 
gaid, kaid, keid Berg. Fluh ist 
schärfer und versetzt für byle Fel- 
senrand. 

Geismar, ein Dorf westlich von 
Fritzlar, wo nach Einigen Wuotans 
oder Thunars heilige Eiche stand, 
welche Bonifacius fällte; dann Hof- 
geismar, alt auch Gicesmare, nörd- 


— 521 — 


Geissel — Gelau. 


lich von Kassel, jetst an Badeert. 
Letzterer lag als Hof früher weiter 
gegen Norden, am Eingaange des 
engen Waldgebirgthales, dazch wel- 
ches die Esse (uisge) und die Hisen- 
bahn sich nach der Diemel ziehen, 
Der Name Geismar bedeutet grosser 
Wald, codd Wald und mar gross; 
denn beide, Hof- wie Dorf Geismar 
liegen an grossen Wäldern. Bei 
Hofgeismar erhebt sieh z. B. der 
Westberg, d.h. wast-Berg, Wald- 
berg; hinter ihm der behe Heu- 
berg (von aitk Berg), nach der 
andern Seite der iselirte Schöneberg 
(ceann Bergkappe), und östlich der 
grosse Reinhardswald. Geismar war 
6rst Mainzisch, kam aber 1583 an 
Hessen. 

Geissel, ein Berg bei Lauchheim 
in Würtemberg; dann der Geisels- 
berg beiWeinsberg, vom gäl. kaid, 
keide Bexg und il gross. 

Geistbaeh, Ort an einem Bach 
in Wöürtemberg, entweder von gais 
Bach und di klein, oder von gaisidh 
oder geothadh Giesbach, So wird 
auch statt Gaishühel im Elsas ein 
Geistbühel genannt. 

Gelau, alt campus Gelau, Gebiet 
der alten Herrschaft Ianichen im 
Unterpustertbal, von gi Wasser und 
waGan, Feld. Dieser Gau wurde von 
dem bayerischen Herzog Tassilo, als 
or 770 von seiner glücklichen Braut- 
bewerbung amlongobardischen Hofe 
zurückkehrte, dem Abt Otto in der 
Scharnitz geschenkt, gelangte aber 
später an das Hochstift Freising. 
Es liegen darin: Innichen (alt 
Inticba, von inteach Bergpass, auch 





Gelbfiuh — Geldenaken. 


Agunt, Bergveste, von a Berg 
und gann Veste; hier fielen die 
ersten Kämpfe der Bayern gegen 
die kärnthner Wenden oder Winden, 
die slavischen Waldleute oder Puster- 
thäler vor (letzteres von pis, bus, 
bust Busch, Wald). Arnbach, ar- 
ean oder ar-an Bergbach, von ar 
grosser Berg und an oder ean 
Wasser. Abfaltersbach, von 
abh Bach, Fall, Mald Umzäunung 
und er gross, grosser Bach-Pferch 
(vergl. Affoltern). Aufkirchen, 
Kirche an einem Erbhof oder aoibA. 
Gsiess, alt Tesito, Fürstenort, von 
tuath Fürst und aidhe Ort. PA- 
dingbach, bi-tain klein-Bach. 
Heimvöls, alt Huinvelles, gleich 
Hünefeld in der Buchenau, beide 
liegen an einer Hüne oder Haune, 
ean Bach; Feld, felles ist /ea? Ort. 
Sillian, dailean kl. Burg. Tob- 
lach, alt Dublago, von dob Bach 
und loc Ort oder von dubh gross. 
Vittgraten, Waldort, von Ywydd 
oder fotk Wald und gard Ort. 
Vierschach, von buar Vieh und 
sceagh Heckenwerk. Victorbühl, 
lateinisch Victoriae collis; dabei der 
Höllenstein (oillFels, Stein) und 
der Pass in das Cadobre-Thal, 
Waldbergthal (coed und bre Berg) 
mit Beutelstein, von bi-ful kl. 
steiler Berg. 

Gelbfluh, ein vorspringender 
Bergkopf der Geisfluh im Canton 
Solothurn, von calb Kopf. 

Geldenaken, franz. Jodoigneoder 
Judoigne, Stadt in Brabant, alt Bo- 
doja an der Geule, alt Galdius. 
Letzteres von giol, Demin. giolaid 


— 522 — 


Geldern. 


Wasser, und daher wohl auch die 
beiden ersten Sylben von Gelden- 
aken, aken dagegen von acha Wall, 
Veste. Die alte Form Sod-ois von 
doid Hof und aha Wasser. 
Geldern, Gelderland ist der alte 
Name für das Niederland an Maas 
und Rhein; denn der Name bedeu- 
tet Wasserland, vom kelt. giol, gil, 
geulWasser und fir, lat. terra Land. 
Zu Geldern gehörten in ältester Zeit 
der Teisterband, die Betuwe oder 
Batau und die Weluwe oder Walan, 
Namen, die ebenfalls Wasserland 
bedeuten (vergl. diese). Geldern 
war ursprünglich von Friesen be- 
wohnt, d. h. Wasserleuten, Fischern 
oder Schiffern (von /rwdd Wasser 
und daeLeute), wurde aber nament- 
lich in seinem südlichen Theile von 
den Rheinfranken erobert. Franken 
bedeutet aber ebenfalls wieder Was- 
serleute, Rheinanwohner, Nieder- 
rheiner, von /uar Wasser und an, 
nasal ausgesprochen anx Leute. Im 
Gelderlande wohnten zu Römer Zeiten 
auch Gubernen, von giubh Kiefer, 
ar gross und nae Leute, oder 
Gugernen, von coiche Erdaufwurf, 
Kauche, ar gross und nae Leute; 
denn zwischen den Niederungen lie- 
gen weite mit Kiefern bewachsene 


- Sandplatten, die Leute selbst wohn- 


ten aber auf Erdaufwürfen wie 
die Chauken an der untern Weser, 
um gegen Ueberschwemmungen ge- 
schützt zu sein, daherGugernen und 
Friesen hier als ein und dasselbe 
Volk angesehen werden müssen. Im 
Bataverkriege kämpften die Gelderer 
unter Civilis gegen die Römer bei 








Gellenbeck — Gelonen. 


Gelduba, das ist giol- di-aoibh 
Wasser-klein-Hof oder Bauernhof 
am kleinen Wasser, nächst Kaisers- 
werth, wo sie mit den Ubiern zu- 
sammengrenzten; Ubier Wasseran- 
wohner, Rheinländer, Rifländer, von 
abh, obh Wasser und wi Leute. 
Jetzt gehört der südliche Theil vom 
Gelderlande zu Preussen, der nörd- 
liche zu Holland. Die Herzoge von 
Geldern hatten im Mittelalter ihren 
Sitz zu Arnheim (aran Hügel). 

Gellenbeek, oberdeutsch Gellen- 
bach bei Minden, von giolan klei- 
ner Bach; Gelenau, alt Gelen- 
aha, Ort im Erzgebirge an einem 
kleinen Bach ist dasselbe. Im Wen- 
dischen bedeutet jelen (deutsch 
Elen, Elenthier) soviel als Hirsch, 
darnach wäre Gelenan soviel als 
Hirschau, eine etwas gesuchte Er- 
klärung. 

Geinhausen im Hanauischen, alt 
Geilenhausen, vom gäl. keall Vor- 
rathshaus, grosses Haus, deutsch 
Keller; es war schon in keltischen 
Zeiten ein fürstlicher Keller und 
Vorrathshaus gleich Ingelheim (in- 
keal), und dies gab Veranlassung, 
dass auch hier eine Kaiserburg er- 
baut wurde. 

Gelonen, nach der Lithauischen 
Sage die Nachkommen des Helden 
Gellon, des Sohnes eines lithauischen 
Gottes und dessen Priesterin Elona ; 
er befreite das Land von allerhand 
thierischen und menschlichen Un- 
geheuern. Herodot erzählt von den 
Gelonen, sie seien ursprünglich Hel- 
lenen gewosen, die sich unter den Bu- 
dinen (Hüttenbewohnern) in Weiss- 


—_ 53 — 


Gelt, 


russland niederliessen und die Stadt 
Gelonus bauten. Diese war von Holz, 
aber befestigt. Es waren daselbst 
hellenische Götterbilder und Altäre 
in hölzernen Tempeln aufgestellt. 
Diese Gelonen seien von ihren Han- 
delsplätzen am Schwarzen Meere 
vertrieben, bis zu den Budinen in 
Lithauen vorschlagen worden, und 
hätten halb skythische halb helle- 


‚nische Sprache geredet, die Budi- 


nen dagegen hätten anders gespro- 
chen und andere Lebensweise ge- 
habt. Darnach scheint Gelonen der 
slavische oder finnische Ausdruck 
für Hellenen gewesen zu sein, deren 
sich viele in den Handelscolonien 
am Schwarzen Meere aufhielten. 
Hellen bedeutet aber Fremdling, 
von aile-an fremd-Mann. Im neun- 
ten und zehnten Jahrhundert nach 
Chr. leitete man die schottischen 
oder irischen Gaelen von den sky- 
thischen Gelonen ab, was gar wohl 
annehmbar ist, denn gael-on be- 
deutet dasselbe, was gael-ui oder 
Galli, Gallier, gele, oderblondeLeute, 
im Gegensatz zu den schwarzhaari- 
gen Hunnen und Kimbern. Der li- 
thauische Held Gellon mag dagegen 
eher von gall Kraft und on Mann 
herkommen, die Priesterin Elona 
von aill schön und ana Frau. 
Gelt. In den süddeutschen Dia- 
lekten soviel als: nicht wahr? Im 
Altenburgischen wird es kelde aus- 
gesprochen, von acaldam oder agal- 
lamh, griechisch kalein rufen, an- 
reden, schreien, süddeutsch gal- 
stern; gelt ist dem Sinne nach ge- 
nau das französische dites-donc. 


Gelte — Gemmi. 


Gelte, einer der manoherlei Na- 
men für Milch, er wird in der 
Schweiz gebraucht; chalt bedeutet 
kymriseh Milch, irisch gall, griech. 
gala. Im Gälischen oder Irischen 
heisst Milch auch as, latinisirt as- 
sus. Scroba in asso gleich Milch- 
schwein. 

Geltsach, ein Bach in Bayern, 
der in die Wertach fliesst; dann der 
Geldenbach bei Bakonitz in Böhmen, 
beide von giolaidk Bach, giolaid- 
an kl. Bach. 

Gemar, Städtchen im Oberelsas, 
mit den Trümmern der Wolkenburg, 
dieim 13. Jahrhundert erbaut wurde. 
Gemar selbst kommt schon im 8. 
Jahrhundert in Urkunden vor; Xkai- 
mawr Haag-gross oder Haag-Berg, 
oder Grossenhagen, Berghagen. 

Gemmerich, alt Gembrica, Dorf 
im Nassauischen hinter Braubach 
auf der Höhe, fast ganz von Wäl- 
dern umgeben, zu deutsch Winter- 
hausen, von geamh oder geimbre 
(lat. hiems) Winter und ka Haag. 
Zunächst dabei liegt Winterwerb, 
d. h. Wintertwarp oder Winterdorf, 
ebenfalls von Wald umgeben. Gem- 
merich kann man auch als Hirten- 
haus oder Viehhof für den Winter, 
d.h. zum Schutze des Viehes wäh- 
rend des Winters erklären, von ge- 
amh Winter und ruighe Hirtenhaus, 
gleich Cambray in Flandern und 
Chamberich im Bayerwald. 

Gemmi, ein tief eingeschnittener 
Bergpass, der über die Berner Alpen 
nach dem Wallis, in das Leukerthal 
führt, von cwmm Thal und a, ai, 
aighe hoch, also Bergthal. Der Weg 


a — 


Genap — Genf. 


zur Gemmi führt vom Norden her 
durch das Kanderthal, von gund 
Wald und er gross. Leuk ist duik, 
loc Ort. 

Genap, franz. Genepe, Ort im 
Haspengau in Brabant, alt Genapia, 
zu deutsch Wasserburg, von gan 
Burg und abh Wasser, gleich Ge- 
nabum, dem altkeltischon Namen 
von Orleans an der Loire. 

Genetrud, altkeltischer Weiber- 
name für Hörige, er bedeutet Frau 
von niederer Herkunft, gälisch gein 
Geburt, lat. gignere zeugen, und 
trudh, truadh, arm, elend. 

Genf, franz. Gendve, alt Genera 
und Gebenna, am Ausfluss der Rhono 
aus dem Lemansee, bedeutet gleich 
Genua, Genova, Burg am Wasser, 
gan-abh; Gebenna dagegen ka- 
buinn, Haag am Wasser, war ur- 
sprünglich ein Hauptort der galli- 
schen Allobrogen, wurde dam rö- 
misch und kam zu Anfang des 5. 
Jahrhunderts an die Burgunden; 
König Gundebald (475— 515) baute 
sie wieder auf. 502 hielt derselbe 
allda den burgundischen Landtag 
ab; 526 wurde Genf sammt Wallis 
von den Ostgothen erobert, 534 
denselben von den Franken wieder 
entrissen, worauf 536 letztere ganz 
ostgothisch Helvetien unterwarfen. 
Im 9. Jahrhundert wurde Genf ein 
Bestandtheil des zweiten burgundi- 
schen Reiches, unter dessen Köni- 
gen die Grafen von Genf sich erb- 
lich machten, woraus lange Streitig- 
keiten mit den deutschen Kaisern, 
als Oberherren von Burgund ent 
standen, worein sich später auch 


Gengenbach — Genovefa. — 525 — 


die Horzoge von Savoyen mischten. 
Im 15. Jahrhundert schloss Genf 
ein Bündniss mit den Eidgenossen, 
zur Zeit Napoleons war Genf Haupt- 
stadt des franz. Departements Lé- 
man, durch den zweiten pariser 
Frieden 1815 wurde Genf durch 
einen Theil der franz. Landschaft 
Gex und Savoyens etwas vergrös- 
ser. Zum letztern Theil gehört 
- Carouche. Das Genfer Horzog- 
thum, französisch Genevois, ital.’ 
Genevese, gehörte ursprünglich den 
Grafen von Genf, nach deren Ab- 
gang im Anfange des 15. Jahrhun- 
derts es an Humbert und Otto von 
Villars fiel, und von diesen 1401 
an den Grafen Amadeus VIII von 
Savoyen kam. Die Hauptstadt des 
Hoerzogthums Genf ist Annecy, von 
annedd Wohnstätte, gleich Anet 
bei Biel. Das Genevois gehört seit 
1860 zu Frankreich; Leman von 
lia-moin Wasser-gross,. 

Gengenbach, Städtchen im Kin- 
zingerthale in der Ortenau, war eine 
freie Reichsstadt. Die in derselben 
gelegene 740 gestiftete ehemalige 
Benedictiner- Abtei war ebenfalls 
reichsunmittelbar. Gengen ist die 
nasale Form für das irische caochan, 
was kleiner Bach bedeutet; Gög- 
gingen inWürtemberg, das früher 
Cachingen hies, kommt dagegen von 
coiche, Demin. coichin kleiner Ort, 
daher auch Kagn, alt Kagine in 
Bayern. 

Gennerhorn im Salzburggau, von 
keann Spitze und er gross. 

Genovefa, ein keltischer Weiber- 
name; die in Paris verehrte Geno- 


Gent, 


vofa stammte aus der Nachbarschaft 
vonParis, von Asniöre; die deutsche 
aus Brabant, ihre Geschichte spielt 
aber im Mayonfeld bei Coblemz. Gen 
kommt auch vor in Gene-arius, 
Mann des Geno, Henne, Haine, d. h. 
des Hohen oder auch Gerechten, 
von aigean hoch und gerecht, wo- 
her auch Haginrich oder Heinrich, 
verwandt mit dem dentschen eigen, 
Eigenthümer, der ein Recht anf das 
Gut hat; vefa kommt von vech, fech 
Sohn, Tochter, entstanden aus deag, 
beg klein, woraus bei Mannsnamen 
wig, Ludwig (Chlodowig), Merwig 
wurde. Man könnte bei Gene auch 
an cin, gen (genus) denken, wie bei 
Genetrud und Kunigunde; aber 
Tochter des Geschlechts, der Fa- 
milie gibt keinen passenden Sim. 
Gent, holländisch Ghendt, franz. 
Gand, alt Ganda, Gantum, vom gäl. 
gann Veste, auch Gandavum, von 
gann und abh Wasser, Wasserburg; 
Hauptstadt von vlämisch Flandern 
wie von Flandern überhaupt, jetzt 
Hauptstadt der belgischen Provinz 
Ostflandern. Die Einwohner sprechen 
durchweg vlämisch. Kaiser Otto der 
Grosse lieshier 949 eine Burg bauen. 
Gent hatte vor 300 Jahren weit 
mehr Häuser und Einwohner als 
jetzt, und zeichneten sich seine Bür- 
ger früher durch ihren tollen Ueber- 
muth aus; so waren es namentlich 
die Genter, welche Kaiser Maximilian 
nöthigten, 1482 den nachtheiligen 
Frieden von Arras mit Frankreich 
abzuschliessen. 1539 empörten sich 
die Genter gegen Karl V und ver- 
banden sich wiederum mit Frank- 


Gentilly — Genus. 


reich; Karl aber trieb sie zu Paaren, 
nahm ihnen ihre besten Privilegien 
und baute auf ihre Kosten eine foste 
Burg bei der Stadt zwischen dem 
Kaiser- und Muiden-Thor. 
Gentilly, Ort bei Paris, alt Gen- 
tiliaco, d.h, Ort eines Gentilius oder 
Gentil-homme, Edelmanns, von gen, 
cin Geschlecht und il gross, hoch, 
vornehm; dermalen bedeutöt gentil 
im Französischen soviel als artig. 
Genua, ital. Genova, franz. Gönes, 
gleich Genf soviel als Wasserburg, 
von gan Veste und abha, obha Was- 
ser, im Lande der Liguren, einem, 
wie es scheint, den spanischen Ibe- 
ren verwandten Volksstamme, der 
später sammt den unter ihnen woh- 
nenden Kelten romanisirt wurde. Die 
Stadt ist sehr alt, wurde schon von 
dem Carthager Mago zerstört, und 
von den Römern wieder aufgebaut. 
Später kam sie an die Ostgothen, 
denen sie durch Belisar entrissen 
und mit dem Byzantinischen Reiche 
vereinigt wurde. 670 ward die Stadt 
von den Longobarden zerstört, 80- 
dann fiel sie an Karl den Grossen. 
Seit dieser Zeit erkannte Genua die 
Oberherrschaft der Kaiser an, bis 
es sich nach mehreren Jahrhunder- 
ten allmälig factisch unabhängig 
machte. 806 schon hatten sich die 
Genueser der Insel Corsica bemäch- 
tigt, im 12. Jahrhundert eroberten 
sie die Hälfte der Insel Sardinien 
sowie Syrakus auf Sicilien, und be- 
setzten die wichtigsten Häfen im 
Schwarzen Meere, namentlich auf 
der Krim. Im 13. Jahrhundert ver- 
grösserte sich Genua durch die 


— 56 — 


Georgien. 


Städte Albenga, Savona, Vintimaglia 
und Oneglia, führte dann mit Vene- 
dig aus Handelsneid 130 Jahre lang 
Krieg, der erst 3381 durch einen 
Frieden beendet wurde. In Folge 
dieses Krieges wie innerer Kämpfe 
zwischen Aristokraten und Demo- 
kraten wurde die Republik so ge- 
schwächt, dass sie ihre Colonien im 
Schwarzen Meere verlor und bald 
unter französischen bald Mailändi- 
“schen Schutz gerieth. Von 1464 an 
galt Genua als Zubehör des Horzog- 
thums Mailand und wurde in den 
Kriegen zwischen Franz von Frank- 
reich und Kaiser Karl. V bald von 
dem einen bald von dem andern er- 
obert. 1528 wurde es durch Andreas 
Doria wieder eine unabhängige Re 
publik und blieb es bis zur ersten 
französischen Revolution. Die Ver- 
schwörung des Fiesco gegen die 
Dorias fällt in das Jahr 1547. Na- 
poleon bildete aus Genua erst eins 
ligurische Republik, die von 1797 
bis 1805 dauerte und dann Frank- 
reich förmlich einverleibt wurde; 
1814 von den Engländern besetzt, 
kam die Stadt durch den Wiener 
Congress alsHerzogthum an Piemont. 

Georgien, ein Landstrich südlich 
vom Kaukasus, von einem armeni- 
schen Volksstamme bewohnt, Haupt- 
stadt Tiflis (dubh-Ilys grosse 
Burg). Der Name Georgien sieht 
aus, als käme er von irgend einem 
Georg her, es ist dies aber ge 
schichtlich nicht nachweisbar. Die 
Russen nennen das Land Grusien, 
die Perser Guräschistan, in al- 
ten Zeiten hies es auch Iberien. 





Gera — Gerauer Land. 


Gurd ist cor- oder ghear-du Grenz- 
land, stan diepersische Uebersetzung 
von du; Grus kommt von cruadh 
Fels, was auch Iberien bedeutet, 
von bwr Berg, y-bwr-ia das Berg- 
land. Georgien endlich ist aus ghear- 
ik-ia Grenz-lich-land entstanden, 
es bildete nämlich vom Beginn der 
Geschichte an die Grenze der persi- 
schen Völker gegen die Skythen im 
Norden des Kaukasus. 


Gera, Stadt an der Elster im 


Osterland, soviel als Caere in Etru- 
rien und Eger (y-caer) in Böhmen, 
von caer Stadt. 

Gerach oder Neckargerach am 
felsigen Uferrand des Neckars, vom 
kimbrischen careg schroffer Fels. 
Im Vorarlberg heisst ein hoher Fel- 
senberg der Hochgerrach. Eine 
andere Ableitung wäre von ghear 
Grenze und acha Wall; das Städt- 
chen liegt in der That an der Grenze 
von Ost- und Rheinfranken, bezw. 
der Rheinpfalz. 

Geras, Ort bei Drosendorf in 
Oberöstreich, alt Garos, Geros, Ja- 
russ, Jeras, Yerus, lauter slavisirte 
Formen für das gälische aras Wohn- 
ort, Burg. Die Form Yerus wieder- 
holt sich in Jerusalem, yerus-sal- 
om Burg-gross-Heim, Doppelname, 
der sich auf die Burg Zion wie auf 
die untere eigentliche Stadt bezieht. 

Gerauer Land im obern Rhein- 
gau, umfasst das Dreieck zwischen 
Rhein und Main von Gernsheim bis 
gegen Darmstadt und bis an den 
Frankfurter Stadtwald. Hauptort ist 
Gerau. Es liegt darin das alte 
Trebur zwischen Gerau und Mainz, 


— 527 — Gerbweiler — Germanen, 


wo 811 und 1031 Reichsversamm- 
lungen abgehalten wurden. Trebur 
bedeutet Königsdorf gleich Trier, 
von tref-y-ri Dorf des Königs, es 
war eine kaiserliche Pfalz Gerau 
bedeutet entweder dasselbe, was 
Gera, oder es kommt von caoir-aoi 
Bach-hof. 

Gerbweiler, franz. Gerbeville, 
Ort an der Meurthe in Lothringen, 
gleich Okarben beiFrankfurt, caer- 
bi Ort-klein; Weiler, villa wurde in 
römischen Zeiten angehängt. 

Gereiden kommt vom gäl. reithe 
Austrag, Schiedsspruch, Bichter- 
spruch, wörtlich Rath (vergl. Al- 
mend). 

Gerhardisbergen oder Gerts- 
bergen, franz. Grammont, Stadt in 
Ostflandern, mittelalterlich Gerardi 
mons, Berg des Gerhard, entstand 
angeblich aus einem Kloster. Ob der 
Name von einem Gerhard stammt, 
wird dadurch zweifelhaft, weil caer- 
ard gälisch Bergort bedeutet, und 
dıes der Lage des Ortes entspricht, 
wie der deutschen und lateinischen 
Uebersetzung. Ebenso mag es sich 
mit Gerhardsmeer oder Gerard- 
mer in den obern Vogesen an der 
Moselquelle verhalten; das Meer ist 
hier ein kleiner Bergsee. 

Germain, Vetter, kommt von 
German, einem altkeltischen Manns- 
namen, der Nachbar (wie germo 
naher Bauer) bedeutet, von ger 
nahe und maon Mann. 

Germanen. Wäre dieses Wort 
ein deutsches, so müsste es Ger- 
mannen lauten oder Germänner, und 
in der That hält man es gewöhnlich 


Germanen. 


für gleich mit Lanzenträgern oder 
gar mit Hoer-männern. Das Wort 
German war aber im Mittelalter in 
Deutschland unbekannt, es kam erst 
durch die römischen Classikor Cäsar, 
Tacitus sowie durch den Griechen 
Strabo und Andere zu unserer Kennt- 
niss. Die Römer erhielten den Na- 
men von den Kelten, und zwar wohl 
zuerst Cäsar, als er in Gallien mit 
Ariovistin Kampf gerieth. Der Name 
muss also aus den keltischen Spra- 
chen erklärt werden. Wälsch, d.h. 
belgisch oder kimbrisch bedeutet 
ger Nachbar und maon Mann, Ger- 
man alse Nachbarvolk; gälisch 
bedeutet gatr, neuirisch gar das- 
selbe. Die Belgier waren Nachbarn 
der Remer (Bewohner von Rheims), 
welche Gälen waren, und von diesen 
hörte Cäsar, dass die Belgen meisten- 
theils von Germanen abstammten. 
Da die Belgen aber Kelten waren, 
denn ihre Namen sind alle keltisch, 
so müssen 08 zu jener Zeit auch die 
Germanen des rechten RBheinufers 
gewesen sein. Nach Cäsar sind die 
Belgen über den Rhein gekommen 
und haben den Gälen das beste Land 
entrissen, wie os später Ariovist 
versuchte, und noch später die Ale- 
mannen, Franken und Sachsen wirk- 
lich ausführten. Die Deutschen wa- 
ren den Belgen Nachbarn, wie diese 
den Gälen; auf beide passt daher 
der Name German, Nachbarvolk. 
Als ganz Frankreich später von den 
Deutschen, bezw. Saliern erobert war, 
hörten die Deutschen auf, Nachbarn 
der Kelten zu sein, denn sie wohnten 
mitten unter ihnen; darum ver- 


— 528 — 


Germanen. 


schwand der Name German, und au 
seine Stelle traten die der Alemas- 
nen, Franken und Sachsen. Auch 
in Spanien gab es Germanen; Pii- 
nius sagt: Oretani, qui et Germani 
cognominantur. Darnach waren diese 
oretanischen Germanen ein Bergvolk, 
von or Berg und tan Land. Als 
Bergvölker kann man auch die Bel- 
gen, wie die Bewohner der Rheini- 
schen Gebirge und des Harzes wie 
Thüringerwaldes auffassen, welche 
sämmtlich den Römern als Germa- 
nen entgegentraten. Ger stände dann 
gleich dem slavischen gor, hor Berg. 
Diese Erklärung passte auch auf die 
Bergvölker Caramaniens und Ker- 
mans in Persien. Aber auch in die- 
sem Falle wären die Germanen nicht 
nothwendig für Deutsche zu halten, 
sondern jedes Bergvolk könnte dar- 
unter verstanden worden sein, wie bei 
der erstern Erklärung jedes Nachbar- 
volk. Die lichten Haare und blauen 
Augen der Germanen geben kein 
unterscheidendes Merkmal gegen die 
Kelten ab, weder für die alten Zer- 
ten noch für jetzt, denn die Gälen 
hatten auch blonde Haare. Im 5. 
Jahrhundert, wo in Gallien Deutsche 
und Kelten neben einander wohnten, 
hob Augustinus ausdrücklich die 
weisse Haut der Gallier her- 
vor. Hieronymus und Sidonius Apol- 
linaris dagegen, welche die Deut- 
schen von Angesicht kannten, be- 
richten, dass sie rothe Haare und 
weisse Haut gehabt hätten, wie es 
schon Tacitus gethan hat. Bios die 
Belgen (Wälsche oder Kimbern) hat- 
ten zu Strabo’s Zeiten dunklere 





Germanen. 


Haare als die Gallier; die Wälschen 
(in Wales) haben nun auch heute 
noch alle schwarze Haare. Die iri- 
schen Weiber wurden schon in alten 
Zeiten wegen ihrer weissen Haut 
und gelben Haare gepriesen. Die 
Gälen hatten auch blaue Augen wie 
die Deutschen. War zwischen Deut- 
schen und Gälen ein Unterschied im 
Aussehen, so müssten die ersteren 
rothhaarig, die Gälen blond gewesen 
sein ; dieKymren waren, wie gesagt, 
schwarzhaarig, gleich den Hunnen, 
Slaven und Iberen oder Basken. 
Da in Deutschland die Nachkommen 
der Gälen, Kimbern und Deutschen 
heute noch neben einander wohnen, 
so könnte eine Vergleichung der 
Haare bei den Kindern einen unge- 
fähren Massstab für die Vertheilung 
der drei Racen abgeben, wobei die 
zahllosen Mischungen freilich jeden 
festeren Anhaltspunkt, wenigstens in 
den Städten, unmöglich machen; auf 
dem Lande dagegen, namentlich in 
Westdeutschland, entsprechen die 
Haare der Kinder meist dem gäli- 
schen (gelben oder blonden) Typus, 
was seinen natürlichen Grund darin 
hat, dass unsere Bauern überwiegend 
von den gälischen Ureinwohnern, 
welche durch die Kimbern wie durch 
die Deutschen unterjocht und zu 
. Hörigen gemacht waren, abstammen. 
Ebenso verhält es sich im mittlern 
Frankreich, durch Lothringen, die 
Champagne bis an die Loire. Im 
Süden Frankreichs dagegen wie bei 
den Wallonen in Belgien, ebenso in 
der Bretagne herrschen die schwar- 
zen Haare vor. Im 5. Jahrhundert 
Deutsch-kelt. Wörterbuch, 


— 529 — 


Germanen. 


nannte man in Gallien die Sprache 
der von den Römern angesiedelten 
deutschen Burgunder germanisch, 
während die neben ihnen wohnenden 
Auvergnaten gälisch sprachen. Zu 
Cäsars Zeiten wurde die Sprache 
Ariovists ebenfalls germanisch ge- 
nannt, die der Aeduer (bei Autun) 
und Auvergnaten (Arverner) gallisch. 
Noch im 6. Jahrhundert sprachen 
letztere keltisch. Die Volkssprache 
jener Gegenden war also von Cäsar 
bis Gregor von Tours dieselbe; und 
ebenso ist es wahrscheinlich, dass 
die germanische Sprache Ariovists 
die deutsche war, weil die unzweifel- 
haft deutsche Sprache der Burgun- 
den ebenfalls germanisch genannt 
wurde. Sichere Beweise fehlen in- 
dess, denn einige Wörter und Na- 
men aus den beiden ersten Jahr- 
hunderten nach Christus, welche die 
Altenalsgermanisch angeben, konn- 
ten bis jetzt nicht entziffert werden. 
Der Uebelstand bei den Namen- 
erklärungen ist vor Allem der, dass 
wir die alten deutschen Namen 
durch die Kelten, also keltisirt, er- 
hielten, oder dass die Deutschen 
schon in ältester Zeit sich keltische 
Namen beilegten. Segimer, Maro- 
bodu und Armini sind keltische Na- 
men, oder wenigstens keltisirt (vgl. 
diese und andere), es lässt sich aus 
ihnen darum kein Schluss auf die 
Sprache des Volkes ziehen, dem 
diese Männer angehörten. — In der 
Germarmark, dem gebirgigen 
Grenzstrich zwischen Hessen und 
Thüringen, östlich von der Werra, 
kehrt der Ausdruck ger Grenze, 
34 


Germanen. 


ger-mar Grenzberg wieder. Die 
Formen Germanen und Hermanen 
oder Herimanni, wie heute noch die 
Deutschen von den Spaniern genannt 
werden, stehen sich indess gleich, 
woraus folgt, dass Hermundu- 
ren, die thüringischen Grenz-berg- 
wäldler, denselben Namen führten 
wie die Germanen, und zwar des 
halb, weil sie an der Grenze der 
Chatten wohnten. Einen geschicht- 
lichen Beleg, dass die alten Clas- 
siker unter Germanen nicht noth- 
wendig die Deutschen verstanden, 
sondern alle Völker Germaniens, d.h. 
desLandes jenseits des Rheines und 
der Donau, liefert Tacitus in seiner 
Germania im 29. Capitel, wo er die 
gallischen Bewohner der agri decu- 
mates Germanen nennt. Die Stelle 
lautet folgendermassen: Non nume- 
raverim inter Germanias populos, 
quamquam trans Rhenum Danubium- 
que consederint, eos, qui decumates 
agros exercent. Levissimus quisque 
Gallorum, inopia audax, dubiae pos- 
sessionis solum occupaverunt. Er 
will also hier „unter den Bewohnern 
Germaniens, trotzdem, dass sie über 
dem Rhein und der Donau (d. h. auf 
deren Ost- und Nordseite) wohnen, 
diejenigen leichten Gallier nicht auf- 
zählen, die blos aus Noth kühn ge- 
worden, den zweifelhaften Boden in 
Besitz nahmen.“ Hier werden also 
Gallier unter die Bewohner Germa- 
niens gerechnet, aber nicht beson- 
ders nach ihren einzelnen Stämmen 
oder Wohnsitzen aufgeführt, weil 
sie Tacitus dessen nicht für werth 
hielt. Bei den andern Germanen 


— 590 — 


Germar Mark. 


nennt Tacitus alle einzelnen Völker 
soweit er sie kannte, er sagt aber 
nirgends, dass sie dem Stamme nach 
von seinen leichtfertigen Galliern 
der agri decumates wesentlich ver- 
schieden gewesen seien. Germania 
ist für ihn alles den Römern nicht 
unterworfene Grenz-Land über dem 
Rhein und der Donau, und Germani 
sind dessen Bewohner, gleichviel ob 
Deutsche oder Kelten. Ein anderer 
Ausdruck für Germanen ist Marko- 
mannen; die letzteren kamen zu- 
nächst aus der Grenzmark der Thö- 
ringer, d. h. der hermundurischen 
Germarmark. 

Germar Mark, alt Kermara, das 
Grenzgebirge im Westen Thüringens 
längs der Werra; es scheidet die 
mehr flachen und niedrigeren Gegen- 
den des mittlern Thüringens vom 
Werrathal und Hessenlande. Der 
Name kommt vom gäl. ger Grenze 
und mar, mir Berg, was schon in 
der deutschen Uebersetzung Mark 
ausgedrückt wird. Die Germarmark 
erstreckte sich bald über das ganze 
thäringische Grenzland, also über das 
Eichs- und Onefeld, bald schrumpfte 
der Begriff auf die Umgegend des 
Dorfes Germar auf dem Eichsfelde 
ein, mitunter wurde auch das Werra- 
thal mit Frieda, Eschwege und Wiz- 
zenhausen zur Germarmark gerech- 
net. Statt Görmar kommt auch die 
Form German vor, von man, maon, 
mun, mmnt, was gleich mar oder 
mir Borg bedeutet, so namentlich 
bei den Ortsnamen Germershau- 
sen, alt Germaneshausen oder Her- 
manigerode, jetzt Minnigerode an 





Germar Mark. 


der thüringisch-sächsischen Grenze 
bei Duderstadt. Ger, cher, her, ker 
stehen sich gleich, deutschScheer, 
Scherung; letzteres in Nieder- 
deutschland soviel als Schneisse, 
Schnede, Durchschnitt eines Bezirks 
oder Waldes. Das Wort Hermun- 
duren bedeutet in gleicher Weise 
Waldleute auf dem Grenzgebirg; so 
wurden nämlich die Thüringer von 
ihren Nachbarn, den Chatten, ge- 
nannt (Duri, von doire Walddickicht 
und ae Leute). An der Werra führ- 
ten sie wegen der an der Grenze 
bei Allendorf-Soden liegenden Salz- 
quellen lange Kriege. — Das Volk 
der Germanen bedeutet, wie im vor- 
stehenden Artikel gezeigt, Grenz- 
volk, von ger- und maon Mann; 
Herrmann oder Armin als Titel 
des Kriegsobersten dagegen soviel 
als Herr-mann, vom gäl. earr Herr, 
Fürst und maon Mann, Vasall, 
Krieger, daher der Ausdruck die 
Mannen statt Krieger. Hermionen 
oder Herminonen fällt in seiner Be- 
deutung mitHermun-duren oder Ger- 
manen zusammen; es wurden damit 
die an die Hessen (Istävonen) gren- 
zenden Thüringer bezeichnet, von 
her Grenze, mion Berg und on, an 
Mann; Ista, von aith Berg mag 
dasselbe Wort wie Hessen sein, 
während Ingäven die Engern od. 
Niederdeutschen bezeichnen soll. 
Die Germarmark war kein eigent- 
licher Gau, denn alle urkundlich in 
derselben benannten Orte werden in 
andern Urkunden auch als im Eichs- 
feld, im Ohnefeld, im Westergau 
und im Altgau liegend aufgeführt. 


— 53 — 


Germerode. 


Grenzgrafen der Hessen in dieser 
Mark waren die Grafen Wigger 
von Bilstein. Bei Abterode zwi- 
schen Soden und dem Meissner lie- 
gen die Ruinen ihrer von den Grafen 
von Hessen zerstörten Burg, von 
welcher sich der letzte Graf mit 
Ross und Wagen, seine Frau oder 
Tochter im Arm über die Felsen 
herunterstürzte, als er sich in der 
Burg nicht länger halten konnte. 
Die Bilsteiner stammten übrigens 
aus dem Eichsfelde. Der Name Ger- 
marmark kommt zuerst in einer Ur- 
kunde von 973 vor, in welcher Otto II 
seiner Gemahlin Theophania mehrere 
Orte schenkte, nämlich: Eskin- 
wag (Eschwege, Wehr im Wasser); 
Frioda (Waldort, von /rioth Wald, 
jetzt Frieda); dann Mühlhausen, 
alt Mulenhusa; Tudinsoda (fyd- 
dyn Bauernhof und sua-di Wasser- 
klein), es lag bei Mühlhausen oder 
Soden (bei Allendorf) an einem Bäch- 
lein, das hier in die Werra mündet; 
Schlotheim (alt Sletheim, von 
sluis, clus Schluss, es befand sich 
hier ein Schloss oder eine civitas). 
Die Kaiserin vermachte diese Orte 
später den Klöstern Fulda und Hers- 
feld. Dorla, alt Turnilan (von 
doire Wald, il gross und an Leute), 
vermachte Graf Wigger der jüngere 
987 dem Erzstift Mainz; Merten- 
feld, alt Mertinefeld, von merydd, 
mörs, Marsch, feuchtes Feld, von 
Heinrich IV 1071 an Hersfeld ver- 
liehen. 
Germerode, altes Kloster am 
südöstlichen Fusse des Meissner, 
wahrscheinlich von einem Rüdiger 
34 * 





Germinaga — Gernsbach. — 532 — Gersdorf — Gerstenwald. 


von Bilstein gestiftet; doch scheint 
der Ort älter zu sein, denn sein 
Name ist keltisch. Ger-mer bedeu- 
tet Grenz-berg, und rode, rodh 
Feld. Darnach wäre der Meissner 
der Grenzberg zwischen den eigent- 
lichen Hessen an der Fulda und den 
mehr thüringischen Germarmärkern 
oder Nertereanern im Werrathale. 

Germinaga, Ort in der Lom- 
bardei, alt Germaniaca, Ort eines 
German. 

Gera, In Schwaben gibt es meh- 
rere Wälder, die Gern heissen, vom 
gäl. garan Buschwald, Dickicht, 
gleich Gehren am Bodensee und Ga- 
renberg bei Kassel. 

Gernsbach, alt Genresbach, 
Städtchen im Murgthal im untern 
Schwarzwald, Name von gyryai, 
einer Deminutivform von caoir Bach; 
die gewöhnliche Verkleinerung lau- 
tet caoiran oder caoran. Von der 
einen oder andern dieser drei Wort- 
formen kommen noch folgende Bach- 
und Ortsnamen: Gersbach bei 
Schopfheim im Wiesenthal; Kers- 
pach bei Pettau und Kerschen- 
bach bei Kyli in der Eifel; Ger- 
stenbach bei Altenburg in Thü- 
ringen; dann Grenzebach, alt 
Grintsenbach, bei Ziegenhain im 
Schwalmgrund; Grezenbach, alt 
Greizenbach bei Olten in Solothurn; 
Gronzach bei Basel, alle an klei- 
nen Bächen; Grendelbruch im 
Breuschthaliın Elsas,altGrundelbac; 
Gräzbach in Hossen, alt Grezi- 
bach; Griesbach im Schwarzwald 
und Griesenbach in Bayern; 
Kressbach bei Ellwangen; 


Cressbach, Dorf und Bach in 
Würtemberg, desgl. Bach auf der 
Herrenwiese im Murgthal; dann 
Graspach in Oestreich; Grin- 
denbach bei Allerheiligen im 
Schwarzwald; Grundbach in der 
Schweiz; Grünbach, alt Grunnen- 
bach oder Gruonenbach in Bayern und 
Oestreich; endlich hieraus Grum- 
bach oder Grombach bei Bruch- 
sal, desgl. in Ostfranken, bei Kassel, 
bei Sinsheim im Kraichgau. (Alle 
Bäche laufen krumm, blos die Canäle 
haben eine gerade Richtung, dem- 
nach kann keinem Bach als beson- 
deres Merkmal der krumme Lauf 
beigemessen und darnach sein Name 
fostgestellt werden, zudem ist der 
alte Name von Grumbach, Gruonbach 
oder Gronbach.) Das Grindel- 
waldthal im Weissland oder Ber- 
ner Oberland kann auch von gria- 
nan Bachbett, Flussbett und 3/ gross 
herkommen; um nämlich in das Thal 
zu gelangen, musste man, bevor die 
Strasse gesprengt war, im steinigen 
Bachbette durch eine enge Felsen- 
schlucht aufwärts waten. 

Gersdorf bei Zittau in der Lau- 
sitz, Gersweiler bei Sarbrücken, 
Geresheim bei Mettmann, Ger- 
wyl im Klettgau, sämmtlich von 
gers, contrahirt von garas, garos 
kl. Wohnung, und dies von g0 klein 
und aras Wohnort, slavisch jerus, 
franz. Arras. 

Gerstenwald bei Siegelsberg in 
Würtemberg, von keirt Wald, Gerte, 
eigentlich Eiche, gleich keirk, quer- 
cus und Kork, cortex. Gersten wäre 
keirt-ton Eichwald. 





Gerstungen — Gestrike. 


— 533 — 


Gethen. 


Gerstungen an der Werra im | was hier Adjectivform ist, also das 


sog. Gerstengau, einer fruchtbaren 
Ackerlandsgegend. Name von keirt 
Wald, Gerte, was zur heutigen Be- 
schaffenheit der Gegend allerdings 
nicht mehr passt, und laingean 
Veste, also Waldburg. Vom Kloster 
Fulda nämlich wurden hier zu Ende 
des vorigen Jahrtausends slavische 
Kriegsgefangene angesiedelt, um den 
Wald auszurotten und das Land an- 
zubauen. Die Slaven waren von Haus 
aus Waldleute und für solche Ar- 
beiten geschickt. Gerstengau ist 
Waldgau, nicht Gerstenfeld, obwohl 
dermalen die Gerste hier recht wohl 
geräth. . 

Gerterode oder Gertherode, Ort 
in Hessen bei Friedlos, von keirt 
Wald, Gerte und rodh Feld, dabei 
Tann oder in der Tann, von fon 
Haidowald, Tannenwald. 

Gesatenä waren bei den Galliern 
weibliche Gottheiten, die wahrsagten. 
Gälisch bedeatet yeasaim vorher- 
sagen, wahrsagen (geas ist versetzt 
für sag, aim die Infinitivendung), 
und nae Frau. 

Gessler, alt Gieselher, gaith-il- 
aire, zu deutsch Lanzenmann, Lanz- 
knecht, von gath, goth, gaid, keis 
Spiess, il gross und aire Mann. 
Gerenot, Gieselhers Bruder im 
Nibelungenlied bedeutet not, gnot 
(gnatus) Sohn eines Gero, und dieser 
entweder von gwr Mann, Vasall, 
oder aber von ghear kurz, klein. 

Gestrike, altnordisch Gestreka- 
land, nördlich von Schweden im 
oengern Sinne, Grosswaldland von 
uast, wast Wald, ar gross und ie, 


waldige, das grosse Dickicht. 
Gethen. Die älteren polnischen 
Chronisten nennen die Altpreussen 
oder Preussen auch Gethen, und 
sagen von ihnen, dass sie an die 
Seelenwanderung glaubten (exutas 
corpore animas nascituris denuo in- 
fundi corporibus). Es geht hieraus 
hervor, dass die alten Preussen, die 
schwerfich etwas anderes als ein 
keltischer Stamm waren, ebenso an 
die Seelenwanderung glaubten wie 
die alten Deutschen. Die Frage 
bleibt nun, haben die Deutschen 
diese Anschauung von den Kelten, 
oder diese von jenen, oder ist sie 
ursprünglich beiden gemeinsam? 
Letzteres wird wohl das Richtige 
sein. Statt Gethä lautet die Form 
auch Gettä, Getä, zuweilen Gothi. 
Zu Prätorius Zeiten wurde die jetzige 
Sprache der Nadrauer und Schalauer; 
also was wir jetzt lithauisch nen- 
nen, von den deutschen oder halb- 
verdeutschten Preussen, die in Su- 
dauen, Galinden, Nattangen und Po- 
mesanien wohnten, zumal vom ge- 
meinen Volke, die Guddische 
Sprache genannt; ebenso werden 
die Nadrauer und Schalauer von den 
andern ebengenannten Guddenge- 
nannt, desgleichen aber auch die 
Lithauer und Reussen. Diese Be- 
zeichnung ist offenbar dieselbe wie 
Kossiner, ein Name, der für die 
Aestier oder Preussen von Stepha- 
nus Byzantinus gebraucht wird. — 
Wer sind nun diese Gethen, Gothen, 
Gudden und Kossiner, die zugleich 
Preussen, Lithauer und Russen Bein 


Gethen. 


sollen? Das Deutsche wie das Bla- 
vische gibt hierüber keinen Auf- 
schluss, wohl aber das Keltische 
auf ganzeinfache Weise; coed heisst 
Wald, rus desgleichen,, und ebenso 
bi-rus, kl. Wald, zusammengesogen 
in Prus. Die Gethen, Gothen, Gud- 
den und Koddiner oder Kossiner 
sind Waldbewohner, die Russen des- 
gleichen, denn bei den Kelten wurde 
Alles Waldmann genannt, was nicht 
in Städten und Dörfern lebte. Fast 
alle deutschen wie slavischen Volks- 
namen bedeuten Waldvolk, so die 
Namen Wenden, Vandalen, Burgun- 
den, Gepiden, Ruthenen, Quaden 
u. s. w. Unter den teutonisirten 
Preussen erhielt sich der Ausdruck 
Gudden sowohl für ihre früheren 
Stammgenossen,, die noch ihre alte 
Sprache beibehalten haben, als für 
die Bussen, die als Waldleute eben- 
sogut auch Gudden genannt werden 
konnten. An der Weichselmündung 
wohnten einst die Widivarier, 
ebenfalls Waldloute, von foth oder 
gnydd Wald und gmwr oder aire 
Mann, und vor ihnen die Gepiden, 
von giub Wald und dae Leute. 
Unter diesen verschiedenen Namen 
kann ebensogut ein und dasselbe 
Volk verborgen sein, als mehrere 
ganz verschiedene, sobald der Ap- 
pellativname Waldbewohner auf sie 
passte, Die Geten am Hamus oder 
Balkan wurden von den Römern 
gleichbedeutend mit Gothen erklärt, 
so von Spartianus in dessen Leben 
Caracallas; Procop behauptet das- 
selbe; ähnliches viele andere rö- 
mische und griechische Schrift- 


— 5334 — 


langhaarig genannt, 





Geuchsberg. 


steller; ebenso Jordanes nach Oro- 
sius. Die Sagen und Gesetze der 
Geten und Gothen waren dieselben. 


Die Donau-geten hiessen auch Daken, 


oder beide hausten in denselben Ge- 


genden; Dak-ae, teagh-ui bedeu- 
tet Lente, die unter Dächern oder 


Zelten wohnen. Domitian führte 


Krieg gegen sie, sein Feldherr Fus- 
kus wurde von ihnen geschlagen. 
Bei Geten und Gothen galten die 
Heerführer als Ansen, onn gross 
und dae Leute. Dikeneus (feaghan- 


eus Hausherr) war: unter dem „go- 


thischen“ Könige Borbista Gesetz- 


geber. Letztern nennt aber Sirabo 
einen Geten; beide wurden capillati, 
daher wohl 
Borbista, von barba Bart, wie die 
Bastarnen und Chatten. Bei den 
Chinesen werden die Gothen Yeten 
genannt, und ausgeführt, dass ihre 
Sitze vom Aralsee bis zur untern 
Donau gereicht hätten. In dem letr- 
ten Jahrhundert vor Christus be- 
sassen sie die Stadt Olbia und an- 
dere feste Plätze am Schwarzen 
Meere. Der Ausdruck Ma ssdgeten 
oder Marsageten bezeichnet beson- 
ders den Theil des Waldvolkes, der 
am Aralsee hauste, denselben, wel- 
cher später den Namen der Parther, 
bei den Chinesen aber den der Asen 
führte. Asen war wohl blos der 
Name der herrschenden Geschlech- 
ter, von eus, as Mann, Held, Gott. 
Massa -gethen bedeutet soviel als 
Grossrussen, von mal, mas gross, 
rus gleich coed Wald. 
Geuchsberg bei Eberstadt nächst 
Weinsberg, soviel als Gauchberg, 





Geule — Geyser. 


von coiche, jede Erhöhung, Erdauf- 
wurf, auch der Bauch, altdeutsch 
Gauch, Dickbauch, fauler Fresser; 
Bauch verhält sich zu Gauch wie 
buach Buckel, Bergrücken, zu 
coiche Höhe, Kauche, Küche, d.h. 
Herd oder Erhöhung zum Kochen. 

Geule, alt Gullus, Fluss bei 
Maestricht, vom gälischen gil, giol, 
kimbrisch cuil Bach, deutsch Gille, 
sonst Mistpfuhl, letzteres von pw? 
Pfuhl. 

Gevaudan, Landschaft im Lan- 
guedoc mit dem Hauptorte Mende ; 
in ältester Zeit hiessen die Bewoh- 
ner dieses Gebirgslandes Gabali, ihr 
Hauptort Anderitum oder Gabalum, 
die Landschaft auch pagus Gavul- 
danus, von keap Bergkopf und i 
gross, denn hier liegen die höchsten 
Berge der Cevennen. Mende hies 
alt Memate, Ort am Wasser, von 
moim Wasser und aidhe Ort, es 
liegt amLot, Anderitum ist ean- 
der-aidhe Wasser-klein-Ort. 

Gex, Hauptort der einst burgun- 
dischen Grafschaft Gex, ursprüng- 
lich den Grafen von Genf, dann 
den Herzogen von Savoyen gehörig, 
wurde 1601 an Frankreich abge- 
treten. Zur Grafschaft Gex gehörten 
Ferney, Voltaire’s Wohnsitz, und 
das Fort de l’Ecluse, welches den 
Pass zwischen Jura und Rhone auf 
dem Wege von Genf nach Lyon be- 
herrscht. Der Name Gex wohl von 
go-aicde kl. hoher Wohnort. 

Geyser, grosser heisser Sprudel 
auf Island in der Nähe des Hekla- 
vulkans. Name gälisch, von gais 
Wasser und er gross, Hekla ist 


— 535 — 


Gfad — Giblu. 


aigh-il Berg-hoch. Diese Namen 
deuten an, dass vor den deutschen 
Normannen schon Kimbern auf Is- 
land sassen, oder aber dass die Nor- 
mannen in erster Zeit noch keltisch 
sprachen, wie dies in Deutschland 
ebenfalls noch lange Zeit der Fall 
war, nachdem die Kelten von deu 
Deutschen überfluthet worden. Man 
kann Geyser auch mit dem deut- 
schen Wort giessen, Giessbach in 
Verbindung bringen, wobei jedoch 
zu bemerken, dass giessen eben auch 
mit dem gäl. gais zusammenhängt. 
Von Island geriethen die Kelten 
wohl auch nach Nordamerika. 

Gfad, Ort in Rhätien, alt Cafate, 
von ka Haag und /ailh Feld. 

Ghistel, Ortin Brabant, Göstel- 
dorf, alt Gossendorf, Gostendorf 
in Bayern; 90 klein und astail Woh- 
nung, Hotel. 

Gibelstadt in Franken, von gab- 
hail Ansiedelung, desgl. Gabels- 
dorf. 

Giblu, Gibloo, franz. Gemblours 
oder Gemblouse, alt Gemblacum, 
Stadt in der jetzigen belgischen 
Provinz Namur, gehörte früher zum 
Herzogthum Brabant. Es war allda 
eine Benedictinerabtei, die unmittel- 
bar unter dem Papste stand, ihr 
Abt hatte den Rang eines ersten 
Grafen von Brabant und den Vor- 
sitz vor den Herzögen und Prinzen. 
Hier erfocht Don Juan ab Austria 
1578 einen Sieg über die Nieder- 
länder; dabei liegt Ligny, wo am 
16. Juni 1815 die Preussen gewor- 
fen wurden, drei Tage darauf siog- 
ten sie dann mit den Engländern 


Giech — Giengen. 


bei Waterloo. Der Name Gembla- 
cum bedeutet Winterort, vom gäl. 
geamk (lat. hiems) Winter und /oc 
(lat. locus)Ort. Die Stadt war dem- 
nach bei ihrem ersten Entstehen ein 
Viehhof, in welchem die Schafe und 
das Rindvieh überwinterten, gleich 
Kammerich, Cortryk, Rheims 
und Gemmerich im Hairich, 
Gimto bei Münden. 

Giech, Ort in Ostfranken, von 
coiche Anhöhe, dabei auf einem 
bohen Felsen die Kügelkapelle, von 
coich-el Hügel-hoch; ebendaher: 
Gugenheim am Kochersberg im 
Elsas; Guginsheim, jetzt Ju- 
genheim an der Bergstrasse; 
Gucking, alt Guckendorf in 
Osstreich. Noch kommt die Form 
Gyhum, Gygem in Nioderdeutsch- 
land vor, vom Deminutiv coichin 
kleines Dorf. Daher Goggendorf, 
alt Kokendorf in Oestreich, und 
Cochen an der Mosel. Was nun 
Giech anlangt, so wurde os früher 
Gych, Gyech und Gyche geschrieben, 
also wörtlich Küche oder coiche, 
ausserdem Gychenburg. Aehnlich 
lautete -der ausgegangene Ort Ku- 
gesburg inHannover und der ein- 
gegangene Hof Kukenshus eben- 
daselbst. Bei Neresheim liegen 
Gross- und Klein-Kuchen, ein 
anderes Kuchen bei Geislingen. Bei 
Euskirchen am Niederrhein liegt 
Kuchenheim; former Koch- 
städt bei Quedlinburg. Endlich 
Gooch am Niederrhein; Gohhu- 
sen in Thüringen; Gochsheim 
im Kraichgau. 

Giengen, Städtchen im Brenzgau 


— 536 — Gieselwerder — Gifhorn. 


oder Hertfeld, von coichean, Dem. 
von coiche Erhöhung, Küche (d. h. 
Herd oder erhöhte Stelle in der 
Hausflur), und darnach auch Wohn- 
stätte. 

Gieselwerder, Ort an der Weser, 
nicht weit von Karlshafen, alt In- 
sula, daraus mag wohl Giesel ent- 
standen sein, werder ist die beige- 
fügte Uebersetzung. Im Ammergau 
bei Sesen gab es Grafen de Werdere 
oder de Insula, sie erbauten das 
Schloss Wohldenberg auf dem rech- 
ten Ufer der Nette, zwei aus diesem 
Geschlecht wurden Bischöfe von 
Hildesheim; im Uebrigen kann Gie- 
sel auch von gais-il Wasser-gross 
herkommen. 

Giessen, alt Zu den Giessen, am 
Einfluss der Wieseck (Wies-ach) in 
die Lahn. Der Name kommt von 
gais, gaisin Bach, woher auch das 
Zeitwort giessen, dann (Giesbach, 
Gisibach, Gais, Gaisbach u. 8. w. 
Zu den Giessen ist vordeutscht für 
Ort an dem gisean oder der Wies- 
ach. Giessen war im Mittelalter 
eine ansehnliche Festung, noch frü- 
her eine keltische Wasserveste, die 
Wieseck lieferte das Wasser in die 
Laufgräben. 

Gifhornan der Aller, alt Geflines- 
hornan oder Gestine spekia, letzteres 
soll Brücke bedeuten; Gestine steht 
wohl gleich 90 klein und din, fzin 
Burg; hornan oder horn für caeran 
oder corran kleiner Ort, und Gif 
gleich gwif Thal, lines endlich für 
glinn Burg; somit mehrere Appel- 
lativformen, die kleine Thalburg be- 
deuten. 


Gigemoros — Gilda. 


Gigemoros, hoher Berg in Thra- 
kien, vom kelt. coiche Höhe und 
mor gTOSB. 

Gigenburg im Nabelgau in Thü- 
ringen, von Coiche, Dem. coichean 
Anhöhe, oder von go klein und gan 
Burg. 

Gihon oder Djihun, gewöhnlich 
Oxus, auch Ama deria, ein Fluss, 
der auf dem Hindukusch oder indi- 
schen Kaukasus in Baktrien ent- 
springt und in den Aralsee mündet; 
uach älterer Annahme floss er in 
das Kaspische Meer, was damit zu- 
sammenhängen mag, dass der Aral- 
see selbst früher mit dem Kaspischen 
Meere in Verbindung stand. Der 
Name Gihon kommt schon in der 
Genesis als einer der vier Paradies- 
flüsse vor. Hon ist das altkeltische 
ean oder chinesische han Wasser, 
und g0 oder ci, !schi ist klein, im 
Gegensatz zum Jaxartes, der grosser 
Fluss bedeutet, von uisge (Jagst in 
Franken) und ar gross. Der Jaxar- 
tes heisst auch Sir, von swör Fluss, 
und ebenfalls Sihon kleines Wasser, 
im Gegensatz zum Aralsee oder earg- 
al grosses Wasser. Oxus ist die 
gräcisirte Form für uisge Wasser, 
gleich unseren deutschen Ochsen- 
bächen; Amu deria bedeutet gros- 
ses Wasser, von amhain Wasser und 
dear gross. 

Gilda oder Kilder (englisch child 
das Kind), gälischer Weibername, 
der aber zunächst nicht Kind, son- 
dern Diener und Dienerin bedeutet 
und ursprünglich yiolla lautete. 
Daherdie Mannsnamen Manugold, 
Manegold, Manigold, Mangold, 


— 537 — Gildschi — Gisshübel. 


Manogald, Manacald, zu deutsch 
Herrendiener, von maon Herr. 

Gildschi, ein afghanischer Volks- 
stamm, der wiedie Duranis Wald- 
volk bedeutet, von coille Wald und 
dae Leute, Duranis von doir Wald- 
dickicht und an Leute. Diese Wald- 
völker kamen nämlich aus den öst- 
lich an Afghanistan grenzenden Ge- 
birgen und unterjochten die älteren 
Bewohner des Landes. 

Gilead, bei den Hebräern das 
Land am Jordan, namentlich dessen 
östliches Ufer, von gil Wasser und 
iath Gegend. 

Gille, ein Ausdruck, der in Ober- 
deutschland für Jauche oder das 
von der Miststätte ablaufende Was- 
ser gebraucht wird, gil, giol Wasser, 
und Jauche von oiche, ebenfalls 
Wasser. 

Girgenti, latein. Agrigentum, 
griech. Akragas, Stadt im südl. 
Sicilien. Ag ist aighe hoch, ri oder 
ra entweder gleich ro gross, stark 
(z.B. Ro-ma feste Stätte), oder aber 
von ri, rig König, gent für gann 
Burg und as (in Ak-rag-as) eben- 
falls soviel als Burg, von ois, also 
hochgelegene, starke oder Königs- 
burg. 

Gisibach in der Schweiz, gleich 
Gaisbach, von gais Bach, deutsch 
giossen, Giessbach. 

Gisshübel, soviel als Geisshübel 
und Geishügel (ein Hof bei Laach), 
dann Rohrbach am Gissübel 
bei Eppingen im Kraichgau; der 
Gissübel bei Queichheim nächst 
Landau; Gysübel, Feldgegend bei 
Jettenbach in Würtemberg; dann 


Gitschin — Giukungen. 


Güsshübel, Orte in Oestreich 
und Böhmen, auch Chizbuhel oder 
Güssübel, Anhöhebei Birkmanns- 
weiler, desgl. bei Gältlingen in Wür- 
temberg, endlich Berg-Giesshü- 
bel in Obersachsen und Gisse- 
übel bei Türkheim im Elsas; alles 
von kaid, kais Berg, und insofern 
es sich um einen Ort handelt, von 
aoib Hof und il! gross, also Berg- 
hofen, oder bei blossen Bergnamen 
von keap Kopf und i} gross, bezw. 
li klein, deutsch Kippel, Hübbel. 
Gitschin, Städtchen im nordöst- 
lichen Böhmen, gleich kleiner Burg, 
von g90- oder gi- klein und din, 
isin oder gann Burg, git kann auch 
von coed Wald oder gaid Bach her- 
kommen. Der Ort liegt auf einer 
Hochfläche, von Teichen umgeben. 
Ginkungen. In der nordischen 
Siegfried- oder Sigurthsage wird der 
Name der Hunnen, chines. Hiung- 
nus, in Giukungen versetzt; statt 
der Wölfinger, einer Unterabtheilung 
der Ostgothen, wird Völsunger ge- 
schrieben, während statt Burigunden 
Budlungen gebraucht wird. Diese 
drei Geschlechter gingen nach der 
Sage unter, weil die Nornen grimmig 
zwischen Sigurth und der Brynhilidr 
einhergingen, als derselbe durch 
GrimhildsZaubertrank berückt, diese 
seine frühere Geliebte vergass, sie 
durch List dem Gunnar oder Gunter 
erwarb, und an dessen Stelle, durch 
em Schwert geschieden, neben 
ihr ruhte. In der Nibelungensage, 
welche diese Mähr poetischer aus- 
geschmückt enthält, kommen die 
Hunnen ebenfalls neben den Buri- 


— 538 — 


Glabbeek — Gladbach. 


gunden und den Ostgothen Wolf- 
hart, Wolfprant und Wolfwin vor. 
Im Chinesischen bedeutet hoang 
gross, stark, mächtig, wild, ebenso 
on, ong im Keltischen, und ru oder 
nae sind Leute; die Giukungen, 
Hiungnus oder Hunnen also wilde, 
starke Leute. 

Glabbeek, Bach in Brabant, 
niederdeutsche Form für Gladbach, 
von giolaid Bächlein. 

Glackfels bei Griesbach im 
Benchthal im Schwarzwald, ein 
hoher Felsblock, von cloch Fels, 
woher auch der Grossglockner, 
die Gleichen und andere Felsen- 
berge. 

Gladbach, auch Clappach in 
Oberhessen, an einem Nebenbach 
der Lahn, von c/ad kleiner Bach, 
zusammengezogen aus giolaid, De- 
minutiv von gil Wasser. Ebendaher 
Klein-Glattbach bei Maulbronn, 
alt Gladebach, und Gross-Glattbach 
bei Vaihingen, beide an kleinen Bä- 
chen; Glattbach im Odenwald bei 
Lindenfele, ein anderes bei Aschaf- 
fenburg, beide an Bächen; Glad- 
bach bei Neuss, alt Gladebach; 
Glaidbach, desgl. bei Wittlich 
in der Eifel, ebenfalls an einem 
Bach; Glatbrunne bei Neuers 
hausen im Breisgau; der glatte 
Brunnen zu Bottingen, ebenfalls 
im Breisgau; Gladenbach in 
Oberhessen; das Glattbächle bei 
Hallwangen in Würtemberg ; Glad- 
bach oder Gladenbach bei Langen- 
kandel im Speiergau; Gladbeck, 
niederdeutsche Form, bei Dorsten 
in Westphalen, u. 8. w, 





Gladiator — Glarus. 


Gladiator, keltisch gleiceadoir 
Kämpfer, desgl. gleictheoir käm- 
pfender Mann, von gleioim kämpfen 
und aire, oir Mann. Derselben 
Wurzel ist claideb, claideamh 
Schwert, lat. gladius, franz. glaive. 

Glanz, keltisch glinn, glänzend 
qlinnidh ; Glas gloine. 

Glambeke bei Lützow in Meck- 
lonburg, alt auch Glambik, Ort an 
einem Bach, giolan kleiner Bach, 
beke die Uebersetzung davon. 

Glan oder Glon, Bachname, zu- 
sammengezogen aus giolan kleines 
Wasser, Bach. Im Westrich fliesst 
eine Glan; in die römische Tiber 
ein Glanis, Glanes oder Gla- 
nius. Auch in der Schweiz gibt es 
eine Glan, in Bayern mehrere Orte 


“ mit Namen Glan oder Glon; bei 


Osnabrück und bei Münster Glan- 
bäche. 

Glandeve, Stadt in Frankreich, 
alt Glannateva; die beiden letzten 
Sylben kommen vom gäl. daimbh, 
templum, die beiden ersten von gio- 
lan, zusammengezogen glan Bäch- 
lein, Tempel am Bach; dev gleiches 
Wort mit Theben. 

Glarus, Hauptort des gleichna- 
migen Cantons am Fusse des Glär- 
nisch, eines hohen fast senkrecht 
in das ebene Thal hereinreichenden 
Felsstocks. Lateinisch hies das Thal 
vallis Glarona, im Mittelalter auch 
Hilarithal, dem heiligen Hilarius zu 
Ehren, welchem hier eine Kirche 
gebaut wurde. Das Thal gehörte da- 
mals dem Kloster des heil. Fridolin 
zu Säckingen am Rheine. Dass’ der 
heilige Hilarius von den Säckinger 


— 539 — 


Glas — Glasbach. 


Mönchen gerade in das Hilarithal 
versetzt wurde, hatte darin seinen 
Grund, dass dasselbe schon vorher 
also hies, denn //wr (Lur, Lur-ley) 
bedeutet hervorragender Fels, und 


onn gross, somit y-Ulwr-onn der 


grosse Lurley oder Glärnisch; letz- 
teres ist eine Adjectivform Zlwr-on- 
isk. Der Ort Näfels, bei dem 
1338 die Glarner einen Sieg er- 
fochten, bedeutet Neupferch, nua- 
faldd, es wird hier grüner Kräuter- 
käse bereitet. 

Glas, gälisch gloine, gläsern 
gloingha, glänzend glinn, Bern- 
stein gles, sonst Burnestein, Wasser- 
stein, von Dbioran Wasser. Der 
Glasberg spielt in der alten 
Mythe eine grosse Rolle, denn er 
bedeutet dort soviel als das glän- 
zende Himmelsgewölbe, auf dessen 
Spitze der Himmelspalast selbst 
steht, und in welchem die Elfen 
oder Engel wohnen, daher er in un- 
seren Kinderliedern auch Engelland 
heisst. Der nordische Name für den 
Glasberg war Gläsisvellir, (letzteres 
gleich bal-ar Berg-gross oder Feld- 
berg-gross), bevor Odiu dafür As- 
gard setzte; noch älter war wilh- 
blain, Weissberg, von b/aen die 
höchste Spitze. Die erschlagenen 
Helden mussten, um in den Himmel 
zu gelangen, diesen Glasberg oder 
Eisberg hinaufreiten, ein Unterneh- 
men, über dessen Schwierigkeiten 
in den alten Sagen Mancherlei er- 
zählt wird. . 

Glasbach bei Fischbach in Wür- 
temberg; der Gläserbach bei 
Salzburg, von gelaz, glais, giolaid 





Glasberg — Glatt. 


Bächlein, desgl. Glasbrunnen bei 
Lachen in der Pfalz. 

Glasberg zu Fahrnan bei Lör- 
rach im Wiesenthal, von cleith, 
cleis Hügel. 

Glasten, Ort in Sachsen, Thalort, 
vonclais, clwyd od. clawdd Thal und 
dunOrt; glasbedeutetauch kl Was- 
ser, See und auch grün, glaslienen 
ist endlich soviel als steinicht, was 
aber als Ortsname nicht passt. 

Glastonbury, Ort in England, 
angelsächsisch Gläsenburuh, kelt. 
auch /nisritrin oder Inisgutrin, 
Insel von Glas, latinisirt Gladstonia, 
Glastonia, altdeutsch Glaekingaburg, 
lauter Namen für den mythischen 
Glasberg, der inSkandinavien Glasis- 
vellr genannt wurde. Dieser Glas- 
berg lag nach der Mythe im Lande 
der Fairy oder Feen, in Wirklichkeit 
war er ein alter Druidensitz in Eng- 
land, der schon im 2. Jahrhundert 
nach Chr. in ein Kloster umgewan- 
delt wurde. In Glastonbury soll 
Arthur, der Hauptheld der Briten 
begraben liegen, von da zieht er 
mit dem wüthenden Heere aus oder 
wird von der Fee Morgane auf die 
Insel Avallach (Apfelinsel, oder 
griechisch in die Gärten der Hes- 
periden) geführt, wo er in ewiger 
Jugend lebt, um einst als Retter 
seines Vaterlandes wiederzukehren. 

Glatt, alt Glata, Bach bei St. 
Gallen, mit den Dörfern Ober- und 
Niederglatt; dann ein Bach Glatt 
bei Sulz in Würtemberg, mit den 
Dörfern Glatt und Glatten; Glaadt 
bei Stadtkyli in der Eifel an einem 


— 540 — 


Glatz — Glees. 


Glatz, alt Klad-es, Veste im Bie- 
sengebirg in einem von Bergen um- 
schlossenen Thale, daher der Name, 
von clawdd, clwyd, clais Thal und 
ais Ort. Ortsnamen wie Chladez 
kommen im östlichen Deutschland 
mehrere vor, aus dem Slavischen 
lassen sie keine passende Erklärung 
zu, weshalb einzelne Ftymologen 
auf den glücklichen Einfall gene- 
then, sie für „urslavische“ zu er- 
klären, gerade wie im westlichen 
Deutschland, wo man sich mit dem 
Urslavischen nicht helfen kann, 
solche Orte von verschiedenen Ge 
lehrten für „urdeutsch“ angenommen 
werden. Findet sich in diesem 
„Urdeutschen“ keine entsprechende 
Wurzel, so ist sie eben verloren 
gegangen. 

Glauburg in Oberhessen, alt 
Glaiburg, Glouburg, von c/i Veste, 
daher auch Glyberg, Kleeberg, 
Kleyberg, Markkleeberg u. s. w. 

Glauchau, alt Glauchow, Clu- 
chowe, Gluch, Glachau, Stadt an 
der Mulde, entweder gleich Glogau 
an der Oder, Haag am Wasser, von 
giol, gol Wasser und ka, kau Haag, 
oder da die alte Burg von Glauchau 
auf einem Felsen über der Mulde 
liegt, von cloch Fels und kau Haag, 
Befestigung. Jedenfalls kommt Glau- 
chau nicht vom slavischen gluche, 
kluchy taub, leer, unfruchtbar, wie 
Oberlehrer Immisch glaubt, deun 
ein solcher Begriff passt nicht für 
eine Felsenburg. 

Giees, Ort am Niederrhein, alt 
Glensa, von glinn Veste, gleich Lin: 


kleinen Bach, von giolaid Bächlein. | in Oberöstreich. 








Gleichberge — Glemsgäu. — 541 — Gilennerbach — Globus. 


Gleichberge. Der Steinberg und 
der Bernborg in Thüringen bei Gotha 
heissen zusammen die Gleichen; sie 
liegen etwa eine Stunde von einan- 
der, auf jedem eine Burgruine, sonst 
zeigen sie nichts Gleiches; der Name 
ist verdentscht für das gäl. cloch, 
kimbr. c/wg Fels, woher auch der 
Name des Grossglockners in Steier- 
mark; Steinberg ist die richtige 
Vebersetzung des cloch-Berges, und 
Bernberg kommt in gleichem Sinne 
von pirn, bryn Berg. Gleichen 
Ursprungs ist in Würtemberg ein 
Gleichenberg bei Schützingen. 

Gleichen, zwei Felskuppen, die 
oberhalb Göttingen hoch über das 
andere Waldgebirge, in welchem die 
Leine und ihre Seitenbäche ent- 
springen, hervorragen. Auf jedem 
der Felsen lag eine Burg. Name 
von clochFels. Statt Gleichen wird 
auch der Name Uslar, Uslargleichen 
gebraucht; Uslar bedeutet das- 
selbe, von aith hoch, steil und 
Zlwr, llar hervorstehender Fels, wie 
beim Lurley. Bei Fritzlar liegt ein 
Dorf Gleichen am Fusse einer Basalt- 
kuppe, auf der früher ein Wart- 
thurm stand, 

Gleisweiler, Ort an der Pfälzer 
Hardt, von c/awdd Thal oder Aleith 
Hügel. 

Glemsgäu, alt Glemisgow. Das 
Thal der Glems zwischen Stuttgart 
und Pforzheim, oder zwischen dem 
Schönbuch und dem Ostabhang des 
Schwarzwaldes, gehörte politisch 
einst zu Rheinfranken, obgleich die 
Bewohner Schwaben sind. Das Volk 
nennt den Glemsgäu auch Strohgäu, 


von sruadh Bach, was gewöhnlich 
in Stroh umgewandelt wurde, denn 
es gibt hier nicht mehr Stroh als 
in jedem andern umliegenden meist 
fruchtbaren Ackerstriche. Glems 
kommt entweder von giolan Bäch- 
lein, oder auf das Thal bezogen von 
gleann Thal (Glönthal im Glarus), 
In diesem Thal liegen: Mark- 
Gröningen am Fusse des As- 
berges (ailh, ais Berg) an der 
Grenze Rheinfrankens und Alaman- 
niens oder Schwabens, von cro 
Veste, cronean kl. Veste, cronach 
od. cron-aighe hohe Veste; Leon- 
berg, von leachan Berghalde, es 
ist an dem Berg hinauf gebaut; 
Pulverlingen am Ausfluss der 
Glems in die Enz, von Di? klein, 
bior Bach und long, ling Ort; da- 
bei Rixing an der Enz, von rheag, 
rheig Bach und inka kleiner Ort; 
gegenüber Leinfeld, von Zinn 
Feld, Wiese, 

Glennerbach in Graubündten, alt 
Gelenge, von giolan kl. Wasser. 

Giobus. Die höchste Basaltkuppe 
des Kaufungerwaldes bei Kassel 
heisst der Globus. Dieser Name ist 
nicht deutsch; globus bedeutet im 
Lateinischen Kugel, glowa.oder klawa 
im Slavischen Haupt, Kopf. Wie 
kommt nun aber ein römischer oder 
slavischer Bergname ins Kaufunger- 
thal? Doch wohl nur deshalb, weil 
das lat. globus und slav. glowa mit 
dem kelt. calb, calbh oder auch 
gnob, colg identisch sind; alle 
diese Formen bedeuten Bergkopf. 
Die lateinisch scheinende Endung 
us oder bus in Globus ist das kelt. 


Glött — Goch. 


bis oder pis Wald, franz. bois Holz, 
somit steht Globus gleich Kniebis 
im Schwarzwald und Chnieboz im 
Wasgau, welches ebenfalls Bergwäl- 
der sind. 

Glött, Ort und Bach bei Dillin- 
gen an der Donau, von giolaid 
Bächlein. 

Glotterbach, Bach, Thal, Bad 
und Dorf im Breisgau nächst Wald- 
kirch, von giolaid Bach und der 
klein; der Bach mündet in die Elz. 

Gloucester, Stadt am Servern im 
westlichen England, alt Gleavan- 
caster, von cli Burg und ban, beann 
Berg; caster kam als Tautologie in 
angelsächsischer Zeit hinzu, denn 
vorher hies die Burg blos Glevum, 
latinisirt für clea-bann; caster 
gleich cas-dear Burg-gross. 

Goburg, ein alter Ringwall auf 
dem Eisfelde (ai/h hoch) Östlich 
vonder Werra bei Allendorf zwischen 
Asbach und Vockerode. Nach dieser 
kleinen Burg (denn 90 bedeutet im 
Keltischen klein) heisst die ganze 
1600 Fuss hohe Kalkfläche die Go- 
burg, sie fällt nach allen Seiten 
steil ab, ist mehrere Stunden lang, 
aber nirgends über eine Viertel- 
stunde breit, und bildet seit alten 
Zeiten die Grenze zwischen Thürin- 
gen und Hessen. 

Goch, vom kelt. coiche Hügel 
oder erhöhter Ort, ein Städtchen im 
Clevrischen, dessen Name an die 
einst hier wohnenden Gugernen er- 
innert, ein Volk, das später mit 
einer Abtheilung Hattergauer, die 
von den Römern aus dem rechts vom 
Rheine gelegenen Ruhrgau hierher 


— 542 — Gochsheim — Görtschits. 


versetzt worden, zusammenschmolz, 
und mit ihnen die Bewohner des 
Hattergaus bildete. Es liegt in die- 
sem Hattergau noch Neorsen an 
der Niers (kl. Wasser, von ni klein 
und earc Wasser, Neersen mit an- 
gehängtem dun, din, tzin Ort, Burg, 
Zaun). In dem tief liegenden Gel- 
der- oder geul- d. h. Wasserlande 
mussten der Ueberschwemmungen 
wegen die Wohnungen auf natür- 
lichen oder künstlichen Erhöhungen 
oder Coichen angelegt werden, wie 
im Chaukenlande an der Weser, da- 
her der Name Gug-er-nae coich- 
ire-nae Kauchen-land-leute. 

Gochsheim, Ort im Volkfeld un- 
terhalb Bamberg, von coiche erhöh- 
ter Ort; im Kraichgau liegt auch 
ein Gochsheim. 

Godwin, Goswin entweder Krie- 
ger, Kampfmann von kath Kampf 
und duine Mann, oder Waldmann 
von coed Wald. 

Göffeibrunnen zu Tüllingen bei 
Lörrach, Quelle, kleiner Bach, vom 
kimbr. gofer Bach. 

Göggingen in Würtemberg, alt 
Cachingen, von coichtn, Dem. von 
coiche, hochgelegener Ort, ebense 
Kagn, alt Kagine in Bayern. 

Göhrenberg, ein waldiger Berg 
bei Markdorf im Linzgau; ander 
Form für Gehren Garen oder Gen, 
gäl. garan Dickicht, Busch wald. 

Göl. So beissen in Armenien ver- 
schiedene Seen, oder vielmehr Göl 
ist ein Appellativ und bedeute 
schlechtweg See, Wasser, vom kelt. 
gil, giol Wasser. 

Görtschitz, verdeutschter Rach- 








Görz — Göttingen. 


— 5413 — 


Göttweig — Gog. 


name, vom slav. Kuroiza, und dies ! deuten, also kl. Burg. Im Jahre 953 


die Verkleinerungsform für Gurk, 
und dieses wieder vom gäl. currog 
kleiner Bach, Deminutiv von caoir, 
curr oder gouer Bach. 

Görz oder Goritz, eine einst von 
slavischen Winden bewohnte Land- 
schaft im östlichen Theil Friauls an 
der Krainer Grenze; sie bildet jetzt 
mit dem Idrianer Boden, mit Gra- 
diska und der Hauptmannschaft Tol- 
mein (/ol-main hoher Berg) und 
dem Littorale von Agley den Görzer 
Kreis. Die Grafschaft Görz gehörte 
im 11. Jahrhundert dem Geschlecht 
der Grafen von Tyrol. Von Main- 
hards III. Söhnen pflanzte Main- 
hard IV dentyrolischen, Albrecht II 
den görzischen Stamm fort. 1500 
starb Graf Leonhard von Görz ohne 
männliche Erben, worauf Kaiser 
Maximilian I vermöge alter Ver- 
träge die Grafschaft, die ihm ohne- 
hin schon längst verpfändet war, in 
Besitz nahm, seit welcher Zeit sie 
bis auf die Periode von 1809 bis 


1813, wo sie französisch war, bei 


Oestreich verblieb. Hauptstadt der 
Grafschaft ist die Stadt Görz am 
Isonzo. Name von corr, ghear 
Grenze und aidhe Ort. 

Götterberg bei Fleinheim, dann 
der Göttler, Bergwald bei Frie- 
senhofen, beide in Würtemberg, vom 
gäl. caid Hügel und er gross, oder 
von coed Wald. 

Göttingen, alt Gudingen, auch 
Gutingi oder Gudinga, Waldort, von 
coed Wald und daingean Veste. 
Die Vorsylbe go kann wie bei Go- 
burg, Coburg auch blos klein be- 


kommt Gutingi schon in einer Ur- 
kunde Kaiser Ottos I vor. 
Göttweig, östreichisches Kloster, 
Name von coed Wald und gwig ein- 
gehogter Ort, Dorf, also Walddorf, 
wie Codwig oder Coswig; coed- 
wigh bedeutet auch blos Waldhaag, 
d. h. eingehegter Wald, Bannforst. 
Gog und Magog bedeuten den 
Kaukasus und die nahe oder jenseits 
desselben liegenden Lande, nament- 
lich also Skythien oder Russland. 
Gog ist das kelt. coiche Höhe, Berg, 
Kaukasus ist die gräcisirte Form 
für coich-aith Berg-hoch; Magog 
bedeutet entweder mah gross oder 
ma Stätte, d. h. die Gegend um oder 
bei dem Orte, welcher der Sylbe ma 
folgt. Gog und Magog kommen in 
der Weissagung Ezechiels vor, in 
welcher derselbe(in der ersten Hälfte 
des 6. Jahrhunderts vor Chr.) einen 
neuen Einbruch der Skythen nach 
Vorderasien und Palästina in Aus- 
sicht stellt, wie dieselben etwa 50 
Jahre vorher schon einen ausgeführt 
hatten. Damals vertrieben diese 
Nordkaukasier erst die Gomer (Kim- 
bern oder Kymerier) aus ihren Sitzen 
um das Asowsche Meer, wendeten 
sich dann gegen Süden, besiegten 
633 vor Christus die Meder und 
drangen durch Palästina bis gegen 
Aogypten vor, wo sie jedoch durch 
Bitten und Geschenke zur Umkehr 
bewogen wurden, und endlich nach 
28jähriger Herrschaft wegen ihrer 
Räubereien und Bedrückungen durch 
die Meder wieder aus Asien vertrie- 
ben wurden. Die Krieger des Gog 


Gog. 


worden alsReiter und Bogenschützen 
geschildert, als seine Bundesgenos- 
sen die Rosch (Russen), d. h. die 
Waldvölker, von rus Wald, dann 
Mesech und Tubal, d. h. die Völker 
der Gebirge im nördlichen Klein- 
asien, im Pontus und in Lasistan. 
Rosch oder rus Wald, Rusche, Erle 
ist eine andere Form für coed Wald, 
woher die Skythen oder Waldleute 
(coed-dae, gezischt skyd-dae oder 
Skoten, Schotten) ihre Namen füh- 
ren. — Die Araber gebrauchen statt 
Mug und Magog die Ausdrücke Jagug 
va-Magug, und verstehen darunter 
ebenfalls die Skythen im Norden 
des Kaukasus. Im Mittelalter wur- 
den diese Ausdrücke in gleicher 
Weise stets mit dem Kaukasus oder 
dem Gebirge Kaspie in Verbindung 
gebracht, wo der „grosse Alexander 
den Gog und Magog eingesperrt“ 
habe. In christlichen Sagen werden 
dieselben jedoch als „verfluchte Ju- 
den“ aufgefasst, wobei man an die 
Karaitischen Juden in der Krim 
denken kann, welche dort im Ge- 
birge auf einem steilen unzugäng- 
lichen Felsen ihren Wohnsitz Tschu- 
futkale bis heute noch haben. — 
Die Bewohner des Kaukasus nann- 
ten ihre Gebirge, wie Eratosthenes 
berichtet, Kaspios, von kasp, ge- 
zischte Form für keap Bergkopf. 
Im Ossetischen bedeutet ghogh 
heute noch Berg, die höchsten 
Spitzen heissen Mugogh oder 
Moglıef, mu ist hier soviel als 
mah, mahd, mat, mas gross, beide 
Worte also soviel wie mah-coiche 
oder mah-keap. — In der Genesis 


— 544 — 


Goggles — Goldach. 


ist Magog der zweite Sohn Japhets, 
er folgt auf Togarma oder Armenien. 

Goggles, Ort in Tyrol, woselbst, 
wie im alten Rhätien, sich folgende 
ähnliche Ortsnamen finden: Kogel, 
Cacal, Cogul, Cogolo; sie bedeuten 
Ort auf kl. Fels, co klein, ya} Fels 
und aidhe, ais Ort. 

Goktschaisee in russisch Arme- 
nien, Name von coiche Berg und 
tze, tschai, tschu, chinesisch für 
das keltische su, sua Wasser oder 
See. Dieser Bergsee liegt 5500 Fuss 
über dem Meere in einem Gebirgs- 
kessel östlich von Eriwan. Am Süd- 
rande desselben der Ort Maidan, 
Feldort, von magh, mai Feld und 
dun Ort. Der See heisst armenisch 
auch Kegam, von coiche und am- 
hain Wasser, oder dzow Geghamai, 
(dzow gleich tschua Wasser) ; endlich 
auch Sewanga-See, vondi-eankl. 
Wasser, im Gegensatz zum Mat-ian 
gross-Wasser, wie der nahe liegende 
grössere Urmia-See auch heisst. 

Gola, Gula, Vorrathshaus, von 
keall. 

Golberoda, Ort in Sachsen, nach 
dem Slavischen Taubenschloss, von 
golb oder holb Taube; solche Schlös- 
ser mag es aber schwerlich je ge- 
geben haben, einfacher erscheint 
giol-bi Wasser -klein oder coJ-bi 
Berg -klein und rhat Schloss. Im 
Slavischen bedeutet rhad oder hrod, 
sonst gorod, grod ebenfalls Schloss. 

Goldach, Dorf und Bach bei St. 
Gallen, alt Coldaha; dann Goldau, 
verschüttetes Dorf am Fusse des 
Rigi, beides von giolaidh Wasser 
mit angehängtem aha, 








Goldbach — Goldene Aue. — 545 — Gold. Hundert — Gold. Zeitalter 


Goldbach, von giolaidh Wasser, 
Bach; so gibt es einen Goldbach 
bei Saaz in Böhmen, Dörfer dieses 
Namens bei Ueberlingen, bei Pflaum- 
bach in Würtemberg. Mehrere Gold- 
bäche in der Schweiz, dann bei Han- 
nover ein Golnbach, alt Goldbiki; 
Goldbach bei Gotha; die Goldbach 
bei Stimpfach in Würtemberg; ein 
Goltbrannen beiMappach nächst 
Basel. Die Form Goln von giolan, 
ebenfalls ein Deminutiv von gio? 
Wasser. 


Goldene Aue. Im weitern Sinne |, 


die Niederung zwischen Vorharz und 
Kyffhäuser-Gebirg, von Nordhausen 
bis Altstedt. Diese Erweiterung des 
Namens ist neu, früher umfasste 
die goldene Aue nur die Sumpf- 
gegend zwischen Heeringen und 
Kelbra, soweit sie nämlich noch 
vor 200 Jahren ein See war, daher 
auch der Name, denn golden ist die 
Aue keineswegs, sondern grün, mit 
Riedgras bewachsen, wie alle feuch- 
ten Wiesen; 9Ö/, gil, giol, Demin. 
giolaidh und giolan bedeuten Was- 
ser, See; in Armenien heissen die 
grossen Seen bei Wan und Urmia 
heute noch GÖöl, Aue ist das kelt. va 
Gegend, Gau, daraus wurde goldene 
Au, giolaid-ua. Die feuchteste Stelle 
in der Aue unterhalb Aueleben heisst 
das Aulebener Ried; Auleben von #27 
feucht, sumpfig und liub Schlupf- 
winkel; oberhalb Kelbra heisst eine 
Strecke der Aue die Stimmen, von 
taoman kleinem Wasser. Die Stim- 
men, welche man nach der Volks- 
sage hier hört, sind die der Frösche, 
welche in dem Ried hausen. Unter- 
Deutsch-kelt. Wörterbuch. 


halb Kelbra (giol-bi-ra Wasser- 
klein-Stätte) ist der See schon früher 
ausgetrocknet worden, die Gegend 
ist aber noch heute bis Artern 
(art-aran Ort-Berg) und Nebra 
(naimb} heiligu. ra Stätte) sumpfig, 
und heisst darum dasBied. Die Be- 
wohner desselben hiessen keltisch 
Wigseszi, die im Wasser Sitzen- 
den, von wig, gwig Wasser; Wig- 
sezi wurde darnach ein Gauname, 
wie Lusizi, Lausitzer, die im lua, 
Wasser des Spreewaldes, sitzen. 
Goldenes Hundert oder Madach 
an der Grenze des Linzgaues, des 
Hogaues und des Rietgaues in Ober- 
schwaben, Namegleich goldener Aue 
in Thüringen, von giolaidh Wasser, 
See; die jetzt noch sumpfige Gegend 
war früher ein Soe. Madach gros- 
sos Wasser, von mat gross und aha, 
acha, ist dasselbe; Hundert ist die 
Bezeichnung einer Unterabtheilung 
des Gaues, soviel als Cent. 
Goldenes Zeltalter. Im Wider- 
spruch mitder natürlichen Entwicke- 
lung der Dinge aus einem niedern 
Urzustande findet sich bei den alten 
Völkern der Gedanke eines ursprüng- 
lich goldenen Zeitalters, dem ein 
silbernes, dann ein ehernes und 
schliesslich ein eisernes folgten. 
Nach Hesiod waren die Menschen im 
goldenen Zeitalter gleich Göttern, 
entfernt vonMühen, Leiden und jeg- 
lichem Uebel, dagegen im Besitz aller 
Güter der Erde. In den folgenden 
Zeitaltern wurden sie aber schlimm, 
und dafür mit Unheil belastet. Pro- 
metheus hatte das Feuer den Göttern 
entwendet und den Menschen ge- 
35 


Goldenes Zeitalter. 


bracht. Zur Ahndung dieses Frevels 
sandten die Götter die Pandora, das 
ersto Weib auf Erden, und sie brachte 
alle die zahllosen Uebel dahin, uuter 
welchen das Menschengsschlecht lei- 
det. Zum Unheil der Männer hat also 
Zeus die Weiber eingeführt. So der 
alte Hesiod. Aeschylus fasst die 
Sache dagegen anders auf; er lässt 
durch die Gabe des Prometheus die 
Menschen aus dem Zustande der Un- 
vollkommenheit zu höherer Bildung 
gelangen. Ovid stimmt wieder mit 
Hesiodüberein und lässt im eisernen 
Zeitalter die Menschen wegen ihrer 
Verderbtheit durch eine von Jupiter 
geschickte Sündfuth zu Grunde ge- 
hen. Auch Tacitus spricht von der 
ersten Zeit als einer solchen, wo we- 
derSittenlosigkeit, noch Verbrechen, 
noch Strafen vorhanden waren, son- 
dern die Menschen in kindlicher Ein- 
fachheit, ohne Kenntniss des Guten 
und Schlechten, ihr Leben verträum- 
ten. Bei den Parsen findet sich eine 
ähnliche Anschauung, Meschia und 
Moschiane, die Stammeltern desMen- 
schengeschlechtes, waren ursprüng- 
lich zur Soligkeit bestimmt und un- 
tadelig, aber Ahriman bemächtigte 
sich ihrer Gedanken und zog sie von 
Ormuzd ab, so dass sie Sünder wur- 
den. Sie ergaben sich derJagd und 
tranken Milch, was als thierisch 
ihnen nachtheilig war, später assen 
sie Früchte, die ihnen Ahriman gab, 
worauf sio von hundert Glückselig- 
keiten alle bis auf eine verloren; sie 
erhielten nun Feuer, assen Fleisch 
und brachten den Izeda (Dämonen) 
Opfer, anch kleideten sie sich jetzt 


— 516 — 


Goldenes Zeitalter, 


in Thierfelle. Bei den Indern, Chine- 

sen und Tibetanern finden sich ähn- 

liche, aus einer spätern Moralphilo- 

sophie entsprungene Anschauungen. 

— Bei den Hebräern laufen beider- 

lei Anschauungen durcheinander, 

doch überwiegt die moralistische; 

aus ihr entsprang der Sündenfall 

und die daran geknüpfte Lehre von 

der Erbsünde. Im alten Testament 
ist aber von einer ursprünglichen 
Vollkommenheit der Menschen nicht 
die Rede. Sie waren nicht unsterb- 
lich geschaffen, hätten es aber wer- 
den können, wenn sie vom Lebens- 
baume genossen hätten, wozu es 
aber nicht kam; sie assen, durch 
die Schlange verführt, blos vom 
Baume der Erkenntniss, wodurch 
sie ihre ursprüngliche kindliche Un- 
kenntniss des Guten und Bösen ein- 
büssten und sich schämen lernten, 
nackt zu gehen. Dadurch wurden 
sie aber sittlich noch nicht verderbt, 
sondern im Gegentheil durch Erlan- 
gung sittlicher Erkenntniss Gott 
ähnlicher (Cap. 3 Vers 22 der Ge- 
nesis); um so weniger konnte sich 
auch ein sittliches Verderbniss weiter 
pflanzen. Von der Erbsünde ist in 
der Genesis nirgends die Rede, sie 
ist eine Erfindung späterer Rigo- 
risten, namentlich des Jehovisten 
Esra und der Priester der grossen 
Synagoge, welche das Böse schon 
beim ersten Menschen beginnen und 
immer weiter bis zur Sündfluth fort- 
schreiten lassen. Dievom Elohisten 
herrührenden älteren Theile der Ge- 
nesis wissen von diesen jehovistisch- 
rigoristischen Doctrinen nichts, nen- 





Goldgründe — Golich. 


nen nicht einmal das Wort Jehova, 
sondern gebrauchen stets den alten 
Namen Elohim. In Wirklichkeit ha- 
ben die Menschen sich aus einem 
thierähnlichen Zustande im Laufe 
der Jahrtausende allmälig empor- 
gearbeitet, sie gingen von der Stein- 
periode in die der Bronze, und von 
da in die des Eisens über. Jedes 
Yolk oder jede Race hat diese drei 
Perioden durchgemacht, aber nicht 
zu gleichen Zeiten; während die Kel- 
ten in Asien schon das Kupfer zu 
schmelzen und zu bearbeiten ver- 
standen, behalfen sich die Liguren 
und Finnen in Europa noch mit 
Steinwerkzeugen; schliesslich sieg- 
ten die Bronzewaffen über die Stein- 
hämmer, und das Eisen über das 
weichere Kupfergemenge. Heutzu- 
tage ist es das Pulver, welches die 
Entscheidung im Kampfe um die 
Güter der Erde verleiht. 

Goldgründe nennt man die Stel- 
len, wo an den Flüssen Gold gewa- 
schen wird; im Mittelalter lautete 
der Ausdruck Goltgriene. Im Gäli- 
schen bedeutet grian Flussbett, 
grean Grand, grober Kies. Die Kel- 
ten wuschen Gold am Rheine, sie 
brachten diese Kunst aus dem Orient 
mit, wo sie früher als am Rheine 
betrieben wurde. Gold hatten die 
Kelten in Münzen und als Zier an 
ihren Geräthen. 

Goliath, Riese im alten Tosta- 
ment, gälisch ga? stark und aith 
hoch; sein Gegner David, arabisch 
Daud, gäl. /uath, bedeutet Fürst, 
Anführer. 

Golich, Anhöhe in Obersachsen, 


— 547 — 


Golis — Gombs, 


(nach Pastor Frenzel in Berggiess- 
hübel) soviel als Schönsicht, von 
golwech Anblick, Sicht, oder von 
golyg schön anzusehen, daraus ent- 
stand Golige, verdeutscht goldene 
Höhe, später schöne Anssicht. Da- 
bei die wälsche Hufe. 

Golis, Ort bei Leipzig am Rande 
des Rosenthales (richtiger Ruschen- 
waldes), an einem der vielen Arme 
der Elster, zu deutsch kleine Burg, 
von 90 klein und /!lys, lios Burg, 
auch Hof. Die Burg stand da, wo 
jetzt das sog. Waldschlösschen liegt. 
Es gibt übrigens noch mehrere Go- 
lis in Sachsen, z. B. eines an der 
Elbe bei Meissen; Golis ist gleich 
Goburg, Coburg, oder 90-gan, jetzt 
Kokand, in Asien. 

Gollach, häufiger Bachname, dann 
Göllersbach in Bayern, beide von 
cotleach, Deminut. von cuil Bach. 
Bei Göllersbach ist ein er beige- 
setzt, wodurch ein grosser Bach an- 
gezeigt werden soll. Ober- und 
Unter-Golbach bei Gemünd in 
der Eifel, und Golpach in der 
Schweiz, letzteres von giol, gil, 
ebenfalls Bach. An der Gollach in 
Ostfranken liegt der Gollachgau, 
vergleiche das Weitere hierüber un- 
ter Ifligau. 

Gombs, französisch Conches, der 
oberste Zehnte des deutschen Ober- 
Wallis auf beiden Seiten der Rhone, 
Hauptort Münster. Die Gomser sol- 
len Stammverwandte der niedersäch- 
sischen Chauken sein, und zwar des- 
halb, weil sie bei den Römern 
Kaulker oder Kabilker hiessen, 
woraus dann weiter geschlossen wird, 

35 * 


Gomanar. 


dass sie schon damals wie ihre Nach- 
bar weiter ab im Thale, die Tu- 
linger und Dalterner, Deutsche ge- 
wesen, die sich später mit den kel- 
tischen Sedunern oder Sittenern und 
Viberen oder Briogern gemischt hät- 
ten. Diese Schlussfolgerungen sind 
wie alle solche auf blosse Namens- 
ähnlichkeit gebaute Combinationen 
haltlos, denn erstens wissen wir 
nicht, ob die Weser-Chauken wirk- 
lich Deutsche waren, ihr keltischer 
Name bedeutet Bewohner von Erd- 
hügeln oder Coichen, um sichgogen 
Ueberschwemmungen zu schützen, 
später traten an Stelle der isolirten 
Hügel fortlaufende Dämme, keltisch 
stuadh, woraus der Name der Ste- 
dinger entstand. In Ober-Wallis 
sind weder Erdhügel noch Dämme 
nöthig, um sich gegen Ueberschwem- 
mungenzuschützen, da Bergabhänge 
überall in der Nähe sind. Auch be- 
deutet Kabilker, was in Kaulker 
zusammengezogen wurde, Hoch- 
walds-bewohner, von giubh Wald, 
i/ hoch und iX Adjectivform gleich 
icus, oder deutsch isch; kab kann 
auch blos für keap Bergkopf stehen, 
dann Hochgebirgsbewohner. Die Tu- 
linger, von do/, dail Thal, Dal- 
terner, von dail-tuaran Thal-ort, 
Seduner, von di-dun kl. Ort und 
Brieger, von braighe Berg, Vi- 
berner endlich von di klein und 
bryn ebenfalls Berg. Gombs end- 
lich von cwmm Thal und iach 
Gegend, also Thalland. Münster 
endlich ist das latein. Monasterium, 
Kloster. 

Gomanar, kleiner Hof, von 90 


— 58 — 


Gomer. 


kleinund maenawr kimbrisch, ma- 
noir französisch, ein mit trockenen 
Mauern oder Steinhaufen umgrens- 
ter Bezirk, Ringwall. In Kärnthen 
gab es ein Gomanaron und einen 
Berg Gomanara, der auf Erz gebaut 
wurde. 

Gomer, nach der Genesis der 
erste Sohn Japhets, Vater der As 
kenas, der Riphat und der Togarma, 
Unter Gomer oder Gamer versteht 
man die Kimbern oder Kimmerier, 
welche im Norden Kleinasiens sı- 
nächst am Kaukasus und auf der 
Kymmerischen Halbinsel, d. h. der 
Krim wohnten; von da verbreiteten 
sie sich über ganz Europa, nament- 
lich über dessen nördlichen Theil; 
als Anwohner des Asowschen Moeres 


mussten sie Fischfang und Schif- 


fahrt treiben, als Steppenbewohner 
waren sie Beiter, dabei tapfer 
Kriegsvölker; dies kann auch ihr 
Name bedeuten, von camb tapfer, 
deutsch Kampf, camb-air Kanp!- 
mann, Krieger; näher liegt indes 
auch hier die Bedeutung Nordsulk, 
von gheam Winter, lat. hiems. Von 
den Söhnen des Gomer sind Askenss 
diejenigen, welche am wisge oder 
Wasser wohnten; mag man nun di 
Ostsee sammt den dänischen Insela 
(tain Wasser) oder blos das Asor- 
sche Meer, also die eigentlichen 
Kimmerier darunter verstehen; die 
Biphat, von Arib, chrib Berg und 
aith hoch, waren die Bewohner de‘ 
mitteleuropäischen Gebirgsinsel, de: 
Ripsen, insbesondere der Karpr 
then und Alpen, dem Stamm: 
nach Liguren oder Iberen, währen! 


Gommern — Gonten. 


die Askenas hier etwa Finnen oder 
Hunnen. Die Togarma endlich 
sind die Armenier und Phrygen 
auf dem kleinasiatischen Hochlande; 
Togarma Hausbewohner, Phrygies 
Bergvölker. Unter Askenas die Deut- 
schen und unter Riphat die Slaven 
zu verstehen, wie es Knobel in sei- 
ner Völkertafel thut, geht nicht 
wohl an, denn einmal stammen diese 
nicht von den Kimbern ab, und dann 
traten sie weit später in der Ge- 
schichte auf, als die Genesis abge- 
fasst wurde, wenn auch zugegeben 
werden kann, dass unter den Sky- 
then schon in ältester Zeit deutsche 
wie slavische Stämme sich befunden 
haben mögen, denn skyddae bedeu- 
tet weiter nichts als Waldvölker. 
Die Alten glaubten, Kimmerien sei 
ein Winterland voll Eis und Schnee, 
wo die Sonne nicht scheine und stets 
Nebel und strenge Kälte herrschten; 
nach dieser Anschauung muss Go- 
ımer oder Kimerien, wie gesagt von 
geamh Winter abgeleitet werden, 
und sind, wie die Genesis annimmt, 
die Armenier und Phrygen Gomers 
Kinder, so mussten sie aus dem 
Norden eingewandort sein. 

Gommern, weit gedehnter Thal- 
ort, von comm Thal und mamwr 
weit ausgedehnt, 

Gonesse, alter Stadtname, alt 
Gaunisss, Gonescha, Gonessia, 
deutsch Wasserburg, von gann, 
gonn Burg und uisge Wasser. 

Gonten, Ort im innern Theil des 
Cantons Appenzell. Gunt bedeutet 
Wald, gunt-ion Waldort, gun heisst 
auch Giessbach. 


— 549 — 


Gorgon — Gorm. 


Gorgon, grausamer Mann, von 
gorg Würger und an Mann. Gorge, 
die Kehle, im Französischen und 
varg der Räuber sind gleicher Ab- 
stammung. 

Gorheim, Ort in Hohenzollern, 
vom gäl.corr, caer, lat.curia, Hof, 
Wohnung; Gorkum im Nieder- 
land wird wohl dasselbe bedeuten, 
denn aus hem, chem, chaim wurde 
hierkum, wie bei Borkum, buar-kum 
gleich Beuern oder Beiertheim, Vieh- 
ort, von buar Bindvieh. 

Gorhum, alter bei den Arabern 
üblich gewesener Name für die Is- 
raeliten oder Fremdlinge, insofern 
sie in Arabien wohnten. Die Araber 
unterscheiden die ersten Gorhums, 
d. h. den Stamm Simeon, der (nach 
Dozy) zur Zeit der Richter Palästina 
verlies und dasHeiligthum zu Mekka 
gründete, also lange vor Mohammed, 
und die zweiten Gorhum, die Juden, 
welche sich zur Zeit der baby- 
lonischen Herrschaft nach Arabien 
flüchteten. Dozy erklärt das Wort 
Gorhum aus dem hebräischen gur, 
Fremdling-sein, ger Fremdling, gar 
fremd, daher Hagar, die Fremde, 
dann Garim oder Gerim, Name 
der Erzväter, die in Kanaan Fremd- 
linge waren, ebenso der Juden in 
Aegypten. Im Keltischen nun be- 
deutet ghear oder corr ganz das- 
selbe, nämlich grenzlich, über dor 
Grenze wohnend, so die Germanen 
oder Grenzvölker. 

Gorm, altgälischer Mannsname, 
derin „tdorm dem Alten“ sich in 
Dänemark erhielt; er bedeutet edel, 
wurde auch guarm und guorm ge- 


Gosen — Goslar. 


sprochen. Im Altdeutschen Wurm- 
herioderWerinheri, Edelherr, Edel- 
mann, daraus entstand der Name 
Wernher. 

Gosen, das Ländchen in Aogyp- 
ten, wo angeblich Milch und Honig 
floss; es lag am Pelusischen (oder 
östlichen) Arme des Nils ostwärts 
bis zur Wüste. Es muss fruchtbar 
und für Viehzucht geeignet gewesen 
sein, sonst wäre keine Milch darin 
geflossen. Der Hauptort war Bu- 
bastus oder Bubastis (jetzt Basta) 
mitdem Tempel der Bubastis, welche 
man mit der griech. Artemis oder der 
röm. Diana zusammenstellt. Dar- 
nach wäre Bubastis von bu Kuh, 
bois, bas Wald und tis, divs Göttin 
zu erklären; desgl. Gosen, von 
coed Wald und yn Stätte, Gegend, 
also ein am Rande des Ostnils ge- 
legener Waldstrich, in dem aber 
Viehzucht getrieben werden konnte, 
und welcher den Israeliten als Co- 
lonisten zur Cultivirung angewiesen 
worden war. 

Goslar, alt Goslaria, von /awr 
Tenne, /aruch Wohnung und coed 
Wald (vergl. Fritzlar). In der Stadt 
Goslar war eine kaiserliche Pfalz für 
Ostfalen, dieselbe befand sich vor 
1086 in Werla an der Ocker. Gos- 
lar lag an der Grenze des Salz- und 
Liergaues, und wurde von dem Bi- 
schofzu Hildesheim für seinen Spren- 
gel in Anspruch genommen. In dem 
blutigen Streite, der 1063 im Münster 
zu Goslar zwischen dom Hildesheimi- 
schen Bischof Hezilo und dem Abt 
Widerad von Fulda über den Vorsitz 
ausbrach, gründete jener seine An- 


— 50 — 


Cote. 


sprüche darauf, dass er sich hier in 
seiner Diöcese befinde. Der Erz- 
bischof Siegfried von Mainz behaup- 
tete später, sein Sprengel reiche bis 
an die Gose (coed-sa Wald-bach, 
gleich Fose, foth-sa), also bis in 
die Stadt Goslar. Dieser neue Streit 
wurde 1225 von Kaiser Heinrich VI 
dahin geschlichtet, dass das Stift 
Simonis und Judae keinem von 
beiden gehöre, sondern als beson- 
dere Reichskapelle angesehen wer- 
den solle. Durch die Silberbergwerke 
in der Nähe kam Goslar sehr in die 
Höhe, ‘dieser Werke wegen hielten 
die fränkischen Kaiser ihr Palatium 
darin fest, während sie die andern 
Pfalzen in Niedersachsen aufgaben, 
welche ohnehin vom sächsischen 
Volke nur als sächsisch-herzogliche 
Pfalzen anerkannt wurden, weshalb 
es, alsHeinrich IV in der Umgegend 
Goslars neue Schlösser anlegen lies, 
diese niederriss. 

Gote. An die Stelle der Schutz- 
geister oder Fylgien trat in christ- 
lichen Zeiten die Gote oder Gotel, 
damit wurde aber früher auch die 
Hulda oder Frau Holle bezeichnet. 
Um auch die Männer an der Be- 
schützung des Täuflings Antheil 
nehmen zu lassen, wurde der Gote 
oder Guten ein Pati (pater, Vater) 
beigegeben, beides zusammen sind 
die Gevatterleute; das Kind ist ibr 
Götchen, gleichstehend dem Aus- 
druck Gütchen, womit im wendischen 
Deutschland die Elfen oder Butz:n 
(von baolh gut) bezeichnet werden. 
Sowie in den nordischen Sagen die 
Nornen, bei den Kelten die Feen 








Gote. 


(Faien, Fairis) zu der Taufe gela- 
den wurden, um dem Kinde durch 
Wünsche ein gutes Geschick zu be- 
stimmen, so erscheinen jetzt die Pa- 
then, und hängt das Schicksal des 
Kindes vielfach von deren Verhalten 
ab. Die Gote muss das Kind küs- 
sen, wenn sie es zur Taufe trägt, 
dann bekommt os Grübchen beim 
Lachen. In sein erstes Bad legen 
die Pathen drei Pfennige, dann hat 
es immer Geld, und eine Schreib- 
feder, dann lernt es leicht; auch der 
Vater kann dies thun. Das erste 
Bad stand in alter Zeit der Taufe 
gleich, letztere ist aus diesem Bade 
hervorgegangen. Ein Rosenkranz im 
Bade macht das Kind fromm, ein Ei 
gibt ihm eine klare Stimme; unter 
den Tisch gelegt, wird es geduldig, 
aufdas Pferd gesetzt, wird der Knabe 
muthig; das Mädchen muss buttern, 
dann wird es fleissig. Beim Kochen 
des ersten Breies und bei der Tauf- 


mahlzeit muss gesungen werden, 


dann lernt das Kind gut singen. 
Ruht dagegen die Gote während des 
Kirchgangs mit dem Täufling, so 
wird er langsam und bekommteinen 
schweren Tritt. Schlagen die Pathen 
ihr Wasser ab, wenn sie sich schon 
zur Kirche angezogen haben, so 
wird das Kind unreinlich. Die Pa- 
then dürfen während der Taufe nicht 
an Mondsucht oder andere Krank- 
heiten denken, sonst bekommt sie 
das Kind, auch darf man es während 
der Taufe nicht schütteln, sonst 
reisst es alle seine Kleider entzwei. 
Bindet man ihm aber Brod und Käse 
in die Windeln, so leidet es nie 


— 551 — 


Gotha — Gothen. 


Hunger. Soll es recht fleissig wer- 
den, so muss die Mutter während 
der Taufe zehnerlei Arbeit thun, 
und soll es ein Alter von hundert 
Jahren erreichen, so muss man die 
Gevattern aus drei Kirchspielen bit- 
ton. Schlägt aber die Uhr während 
der Taufe, so stirbt das Kind. Liegt 
das Kind zwei Freyatage ohne Taufe, 
so behält es die Freya, es bleibt 
dann Elfe und sieht seine Kamera- 
den, es kann schichtern, d. h. es 
sieht Geister. Merkwürdig ist, dass 
noch heute in den wendischen Lan- 
den der Gebrauch herrscht, dass 
als Weiber verkleidete Männer mit 
schwarzgemachtem Gesicht bei den 
Hochzeiten erscheinen. Selbst der 
keltische Ausdruck Feie, Fee, be 
(Frau) ist in der Grafschaft Buppin 
für diese Nachbildungen der alten 
Schicksalsgöttinnen geblieben. Die 
Männer machen während des Kirch- 
ganges allerhand Possen, um die 
Leute zum Lachen zu bringen. Ge- 
wöhnlich sind es ihrer drei. Bei 
Templin kommen sie um Mitternacht 
des ersten Hochzeittages, und heis- 
sen Maschkers, die Braut muss mit 
ihnen tanzen. 

Gotha, Stadt in Thüringen, zu 
deutsch kleines Haus, kleiner Ort, 
von 90 klein und dae Haus; oder 
auch Waldhaus, von cocd-dae, im 
erstern Falle gleich Co-burg, kl. 
Burg. 

Gothen, auch Gotti, erschienen 
zu Anfange des 3. Jahrhunderts an 
der untern Donau gleichzeitig mit 
dem Auftreten der Alemannen am 
Main gegen Caracalla. Spartian, der 


Gothen. 


bier von ihnen spricht, nennt Sie 
auch Geten. Pitolemäus hatte sie 
vorber schon als auf der Ostseite 
der Weichsel hausend, aufgeführt. 
Nach Jornandes kamen sie dahin 
von den Sitzen der Ulmerugen an 
den Ufern der Ostsee oder aus 
Skandinavien, und seien von da 
nach Win oder Ouin im Lande der 
Skythen gewandert (Win, gwind 
Wald), und zwar unter König Be- 
rich (deklein, righ König). Procop 
nennt die Gothen ausdrücklich ein 
gethikon ethnos, d.h. ein Waldvolk, 
von coed Wald; dasselbe thut Jor- 
nandes. Beide, Gothen wie Gethen, 
werden von griechischen wie römi- 
schen Schriftstellern jener Zeit auch 
als Skythen bezeichnet, was sehr 
natürlich ist, denn Skythe ist nur 
die gesischte Form für goth, get 
oder coed, und bedeutet ebenfalls 
Waldvolk. — Als Führer der Donan- 
gothen zur Zeit Kaiser Gordians wird 
Arguntis genannt, von earg Herr 
und an Mann oder onn gross, stark, 
also Herrmann, oberster Kriegs- 
mann; einen ihrer Feldherrn nennt 
Jornandes Argaitus, ebenfalls 
von earg Herr und aith hoch. — 
Darnach waren die Gothen Bewoh- 
ner der Waldstriche im heutigen 
Russland, gerade wie die Skythen, 
während der Name Gesten mehr für 
die Balkanvölker im Gebrauch war. 
Ob die angebliche Abstammung aus 
Skandinavien, bezw. aus Gothis- 
candza nicht daher entstand, dass 
dort in Gothland ebenfalls Wald- 
völker hausten, die heute noch 
Gothen genannt werden, während 


— 552 — 


Gothinen — Gothland, 


nebenher auch die Anwohner der 
Seeküsten als Gauten oder auch 
Gothen, von gaolk Seo bezeichnet 
wurden, mag schwer zu entwirren 
sein, da schon die Alten hierüber 
verschiedener Ansicht waren. — Von 
der untern Donau aus verhoerten 
die Gothen die Küsten des Schwar- 
zen und Aegäischen Meeres, plün- 
derten Trapezunt im Verein mit den 
Boranen oder Boraden (verschie- 
den erklärbar, dor stolz, huar Vieh, 
bior Wasser und nae oder dae 
Leute), dann Chalcedon, Ephesus, 
Athen, Argos, Sparta, Kreta, Rho- 
dus, Thessalonich, wurden aber von 
Kaiser Claudius bei Naissus aus- 
einandergesprengt und dann von 
Aurelian wieder über die Donau 
getrieben, wo sie indess Dacien im 
Besitz behielten. 321 brachen sie 
wieder in Thracien ein, wurden aber 
von Constantin zurückgetrieben. 
Zosimus nennt diese Gothen auch 
Sauromaten, ihren Führer Rausi- 
modos (ruadh streng, rauh, muatk 
edel); ihr König hies Aria-rich, 
d. h. Kriegs-König, von ar Krieg 
und righ König, gleich Ariovist 
Kriegs-Führer. Von da an blieben 
sie etwa ein Jahrhundert ruhig, 
brachen dann aber als Westgothen 
wieder über die Donau, indem sie 
wie ihre Ostnachbarn, die Ost- 
gothen, von den Hunnen vorwärts 
gedrängt wurden. 

Gothinen, Waldleute, von coed 
Wald und duin Mann, einst einer 
der mancherlei Namen der Bowohner 
des Riesengebirges. 

Gothland, Insel im Baltischen 








Gotleuba — Gotteshausbund. — 553 — Gottfried — Gottlieben. 


Moere. Hier bedeutet Goth nicht 
Wald von coed, auch nicht Gothen- 
land, sondern Seeland, von gaoth 
See, Meer, wie bei Cattegat. 

Gotleuba, Ort in Obersachsen, 
zu deutsch Waldwinkel, von coed 
Wald und /iub Winkel, wörtlich 
Schlupf. 

Gotric, nordisch Gautrekr, alter 
Personenname, der nicht Gottreich, 
sondern Gottesdiener bedeutet, denn 
im Gälischen bedeutet reachd Va- 
sall, Diener, gerade wie Dietrich 
Fürstendiener, von tuath Fürst. 

Gott oder blos Got, englisch god, 
hängt einerseits mit „gut“, wie Bud- 
dha mit baoth oder bäodh gut, zu- 
sammen, andererseits mit dem kelti- 
schen cadAh heilig, cadha Gottes- 
dienst, und dies wieder mit caidh, 
caith, lat. castus, keusch, rein, mild. 

Gottsbüren, alt auch Gundes- 
büren, Ort im Beinhardswald in 
Hessen, Name von coed Wald, dar- 
aus Codsbfren; Gundsbüren da- 
gegen von gwydd, gmwint oder gund 
kimbrischer Form für coed. Büren 
entweder von Dbwr Burg oder eher 
von buar Bindvieh und on Leute, 
“ also Waldbauern, Waldviehbesitzer. 

Gotteshausbund, der erste in 
Graubündten von den freien Gemein- 
den geschlossene, schon vor 1424 
gestiftete Bund, Chur als Sitz des 
rhätischen Bischofs war dessen 
Hauptort; es gehörten weiter dazu: 
Pusklav (Poschiavo), das Engadin, 
das Münsterthal (ladinisch Mystair), 
Zizers (latein. Ciceres, Zizaria) und 
Ortenstein im Domleschgerthale,. 
Diese Namen sind selbstverständlich 


alle altkeltisch und nicht lateinisch, 
trotzdem dass in einem Theile des 
BundesinFolge derRömerherrschaft 
ladinisch gesprochen wird. Posk- 
law ist busk-liub Wald-Winkel; 
Engadin, alt Eneatin, Inngegend 
ean-iath; Zizers, klein Caero, di- 
caer mit angehängtem Zischlaut; 
Ortenstein ist nicht deutsch, 
sondern klingt nur so: ordan run- 
der Fels, Stein statt din, tzin Burg, 
endlich Domleschg oder Tomi- 
liaska, taom-li-uisge Weald-klein- 
Wasser. 

‘Gottfried, alt Godofred, Godfroi 
französisch, zu deutsch Gottesdiener, 
von frith, frioth Dienst. Schon die 
alten Gälen hatten die Gewohnheit, 
sich Gottes Diener zu nennen. 
Chriemhild und Grimoald be- 
deuten ebenfalls Gottesdiener. In 
christlichen Zeiten kamen zu Gott- 
fried noch Gottlieb, Gottlob; die 
christlichen Kelten nannten sich 
maoil-josa Diener Jesu, maol-muire 
Diener Mariä, von maol Diener. Da 
der Name Gottfried aus einer deut- 
schen Vorsylbe, Gott, und einem 
keltischen Anhang besteht (Gottes- 
friede oder Friede mit Gott passt 
nicht als Personenname, denn der 
Gegensatz fehlte, weil Niemand mit 
Gott Krieg führt), so muss er in 
einer Zeit entstanden sein, wo 
dentsch und keltisch durcheinander 
gesprochen wurde, also zu Anfange 
des Mittelalters. 

Gottlieben, Dorf bei Constanz 
am Untersee, alt Gottelubon, Gote- 
lieben, zu deutsch Seewinkel, Land- 
ecke, die in den See hineinragt, von 








Gottsau. 


gaolh See, Meer oder coed Wald 
und /uib Ecke; aus letzterem wnrde 
in Nordthüringen leben oder leven, 
z. B. Aschersleben, Hadmersleben; 
dann Lebenban oder Lobenheim 
in Franken, ebenso Ober- und Untern- 
alb in Oestreich, alt Naliub, Nali- 
uph, Neleub, Schiffswinkel, vonnaoi 
Schiff, Nähe, Nachen; Külp, 
Bergwinkel, von coiche Höhe und 
ftub, alt Chuliup, Chiuliup, Chuo- 
luop; Zemling, altZemiliup, Wald- 
winkel, von /aom. Liebeneck, 
Liebenstein und andere Namen, wo 
lieb die erste Sylbe bildet, können 
wohl aus dem Deutschen, nämlich 
von Liebe erklärt werden, obwohl 
nicht gut einzusehen, wie man in 
einen Stein oder eine Felsecke ver- 
liebt sein kann; os müsste sich denn 
eine Sage von irgend einer Lieb- 
schaft daran knüpfen, die aber ge- 
wöhnlich erst hinterher, um den Na- 
men zu erklären, erfunden wurde. 
Liubenthal, ein Ort in Unter- 
österreich, soviel als Thalwinkel, 
Schlupf im Thal. 

Gottsau, früher eine Benedictiner- 
abtei bei Karlsruhe in einer sumpfi- 
gen Wiesengegend, welche schon in 
keltischen Zeiten durch Anlage eines 
Landgrabens entwässert wurde; an 
diesem Graben unterhalb Gottsau 
liegt jetzt Karlsruhe. Rings um die 
Wiese ist Wald, daher der alte Name 
Waldwiese oder Waldland, von coed 
Wald und ua Gegend, was dann in 
Gottesau umgewandelt wurde. Die 
Wiose ist eine Fortsetzung der 
Schiesswiese hart bei Karlsruhe, die 

uch Waldwiese bedeutet, von dem- 


— 554 — 


Gottschee. 


selben coed, gleich dem Hagen- 
schies oder Hochwald bei Pforzheim. 
Wohl angelockt von dem Namen 
Gottesau legte hier zur Zeit Bert- 
holds H von Zähringen ein anderer 
Berthold, Graf zu Vorchheim (am 
Rhein zwei Stunden von Karlsruhe) 
das Kloster an, welches mit zwölf 
Mönchen aus Hirschau besetzt wurde 
die umliegende Gegend wurde dem. 
Kloster vermacht, dazu ein Wein- 
garten zu Hohenberg. Dass die 
Gegend oder ein Ort schon vorher 
Godesau geheissen habe, also der 
Klostername Gottesau erst darnach 
gebildet wurde, ergibt sich aus der 
Geschichte der Stiftung, wie sie in 
Bader’s badischer Landesgeschichte 
erzählt wird. 

Gotischee, kleines Hersogthum 
inKrain, ein rings von Kalkgebirgen 
umgobenes waldiges Ländchen, von 
den Gotschewerern, oder wie sie sich 
selbst nennen, Gottscheabarn be- 
wohnt. Dieselben ziehen als Handels- 
leute durch aller Herren Länder, wäh- 
rend die Weiber dem felsigen, mit 
Farrenkräutern überdeckten Boden 
ınagere Ernten abgewinnen. Gott- 
scheabar ist ar, air, Mann, der 
Gotisch-ibh Wald-gegend oder des 
Goltsch- aibh Wald -geschlechtes. 
Gottsch ist gezischt und aspirirt für 
das einfachere coed Wald. Gothen 
sind die Gottscheer keine, wenigstens 
berechtigt der Name hierzu noch 
lange nicht, obwohl die alten Go- 
then ebenfalls von coed Wald ihren 
Namen führten, wie die Besitzer 
ihrer einstigen Sitze, die Bussen 
(von rus Wald), und vor den Gothen 





Gottsfeld. 


die Skythen, eine blos gezischte 
Form für Gothen oder coed-dae 
Wald-leute; sie sind auch keine 
Slaven bezw. Winden, wohl aber 
könnten sie ein Ueberrest aus kel- 
tischen Zeiten sein, sie sprechen 
übrigens jetzt alle deutsch. Im 
Mittelalter schickten sie einmal Ge- 
sandte an Ludwig den Frommen, 
wobei sie mit dem latinisirten Na- 
men Guduscani und Goduscani be- 
zeichnet wurden. 

Gottsfeld oder Cottsfeld, ein Gau 
in Ostfranken, zum Würzburger 
Sprengel gehörig, er, bildet die 
Landzunge, welche von Schweinfurt 
gegen Würzburg herabzieht und von 
drei Seiten vom Main umflossen ist. 
Codds kommt von gwydd, coed 
Wald. Es liegen darin Kizzingen, 
alt auch Chizzinga, ebenfalls von 
coed Wald und faingean Veste. 
Auf der Westseite liegt Würz- 
burg, alt Wirziburg, gleich Wür- 
temberg, von orden, Genitiv uirdan 
kleiner, runder Berg, auf dem jetzt 
die Festung liegt. Auf dem linken 
Ufer des Mains gehörte noch Grafen- 
Rheinfold zum Gottsfeld. Bei Retz- 
bach (rhed Bach) war seine Grenze 
gegen den Waldsassengau. Sonst 
liegen noch im Gau: Sommer- 
hausen, von tom Wald und er 
gross; Sülzfeld (suail klein und 
faldd Pferch); Eibelstadt, von 
aoibh Hof und il gross; Randes- 
acker, von reann Feld, Acker; 
Rottendorf, vonrathan kl.Burg; 
"Dottolbach statt Dettenbach, von 
di klein und !ain Wasser; Veits- 


höchheim, alt blos Hoheim, dem. 


— 555 — 


Gottstadt — Grabfeld. 


‚heiligen Veit zu Ehren; Proselz- 


heim, alt Brozeltesheim, von bro 
hohe Gegend, ceal-di kl. Vorraths- 
haus; Astheim, von tosda oder 
aidhe Ort; Eisenheim gleich 
Astheim; Bleichfeld, von blah 
Flachfeld; Wipfeld, von ibh Ge- 
gend, Feld; Theilheim, von daile 
Burg; Zaizleben, Waldwinkel, 
von coid und liub; Werneck, von 
feoran Feld und achu Wall. 
Gotitstadt bei Niedau am Bieler 
See, ruht wie dieses auf Pfählen, die 
in den Sumpfboden eingetrieben sind. 
Die Gegend um Gottstadt hies früher 
Holzstatt oder locus ligni, weil 
hier in ältester Zeit die Ureinwohner 
auf Pfählen ruhende, von Wasser 
umgebene feste Wohnsitze hatten, 
sogenannte Pfahlbauten, wie man 
sie nachgerade auch anderwärts, 
z. B. im Züricher See und vielen 
andern Orten ähnlich wie in Irland 
und Schottland namentlich auf den 
dortigen kleinen Inseln fand. Gott- 
stadt von coed Wald, Holz bedeutet 
dasselbe wie Holzstatt oder locus 
ligni, Niedau kommt von naoth 
nass, insofern os ebenfalls eine im 
See gelegene Pfahlburg war, sonst 
könnte es auch von nuad neu ab- 
geleitet werden, au ist «oi Hofgut. 
Graben, Marktflecken unterhalb 
Karlsruhe auf der Haard, einer san- 
digen Feldfläche oder Sandinsel zwi- 
schen den alten Rheinarmen. Name 
wohl gleich cra-ban Sandfeld, von 
cre, cra, cray Erde, Sand, franzö- 
sisch Kreide, und ban Feld. 
Grabfeld, Landschaft in Hessen 
und Ostfranken, es zerfiel in das 


Grabfeld, 


östliche und westliche; das letztere 
ist gleichbedeutend mit der Bucho- 
nia, dem Bergrückengau im Fuldi- 
schen, der zu Rheinfranken gehörte ; 
das östliche Grabfeld zwischen dem 
Main und Thöringerwald bildet einen 
Bestandtheill Ostfrankens. Beide 
Grabfelde gehörten zum Würzburger 
Sprengel. Grab ist zusammengezo- 
gen aus ghear oder gor, ger, corr 
Grenze und ibA Land, Gegend; denn 
der Landstrich war, so lange die 
Deutschen noch jenseits des Thü- 
ringerwaldes als Hermunduren oder 
Markomannen ihre Heerden weide- 
ten, die Grenze zwischen ihnen und 
den süddeutschen Kelten, wie er 
heute noch die Grenze zwischen den 
Franken und den Thüringern bildet. 
In Hessen rechnet man das west- 
liche Grabfeld oder Fulderland noch 
zu Süddeutschland, hier gilt noch 
durchweg die Guldenrechnung, nörd- 
lich davon der Thaler. Von der 
grossen Grenzwüste zwischen den 
Kelten und Markomannen ‘erzählen 
die römischen Schriftsteller zu An- 
fang unserer Zeitrechnung, sie er- 
streckte sich von Böhmen bis zum 
Odenwalde; jetzt ist das Grabfeld 
auf die Gegend um Königshofen im 
Gebiet der fränkischen Baale einge- 
schrumpft; gerade wie die Germar- 
mark, welche die Westgrenze Thürin- 
gens gegen Hessen bildet, schliess- 
lich nur noch an der Gegend um 
Germar auf dem Eichsfolde hängen 
blieb. Ger-mar bedeutet Grenz-berg 
wie ger-ibh oder Grab Grenzgegend. 
Das Grabfeld war kein Gau im eigent- 
lichen Sinn, es gab keine Gaugrafen 


— 556 — 


Grabhägel. 


des Grabfeldes, sondern es zerfiel in 
mehrere wirkliche Gaue, als: den 
Banzgau an der Itz bei Koburg, 
den Hasagau an den Hassbergen, 
den Baringau auf der Rhön, das 
Tullifeld an der Worra bei Leng- 
feld und Vach, und den Wester- 
gau bei Neustadt und Meiningen. 
Im westlichen Grabfeld lagen die 
Buchonia, das Fulder Land, der Sinn- 
grund oder Sinngau und der Saal- 
gau an der Saale. Für den letztern 
Theil war die Bodenlaube bei Kis- 
singen der Grafensitz, für den öst- 
lichen der Mainberg bei Schwein“ 
furt. Was man jetzt noch dasGrab- 
feld nennt, bildet ungefähr die Grenze 
zwischen dem alten östlichen und 
westlichen Grabfelde. In Steiermark 
im Gurkthal liegt auch ein Grab- 
feldt oder jetzt Krappfeld geschrie- 
ben, alt Chrapucfeld. 

Grabhügel. Die alten Völker be- 
gruben ihre Todten gewöhnlich an 
den Landstrassen, daher die bei den 
Römern übliche Grabschrift: Siste, 
oder Sta viator lege: Stehe still, 
Wanderer und lies. Die Germanen 
warfen über ihren Todten oder über 
der Asche-Urne der Verbrannten 
Grabhügel auf. Aus solchen Grab- 
hügeln lässt sich deshalb oft die 
Richtung der alten Heerstrassen oder 
Holwege erkennen. So fand man in 
den Jarlbergen, d. h. Grabhügeln 
von Jarlen oder angesehenen Krie- 
gern (earr Herr) auf der Strasse, 
welche von Lüneburg nach Braun- 
schweig durch den Papenteich führt, 
eine grosse Menge Urnen. An der 
alten Heerstrasse nach Aliso durch 





Grabs — Gradiska. 


den Tentoburger Wald, an der Werra 
abwärts über Herfordnach der Weser 
liegt eine grosse Zahl solcher Grab- 
hügel, die theilweise wohl aus der 
Zeit der Hermannsschlacht herrüh- 
ren mögen, da auf dieser Strasse 
Varus v rnichtet wurde. Erst nach 
dem Jahre 803, in welchem Karl 
der Frankenkönig zu Selz im Elsas 
mit den Sachsen den letzten Friedens- 
vertrag abschloss, trat dessen Verbot 
der Verbrennung der Todten auch 
in Norddeutschland in Kraft. Bei 
Todesstrafe mussten nun die gewalt- 
sam Neubekehrten ihre Todten auf 
den Höfen der neuerrichteten Kir- 
chen nach christlichem Ritus, und 
nicht mehr wie früher an den Land- 
strassen begraben. Die Furcht vor 
den Kreuzwegen, an denen es jetzt 
noch nicht geheuer sein soll, stammt 
ebendaher, dass da, wo die Wege 
sich kreuzten, die Todten am hän- 
figsten begraben wurden. 

Grabs, lat. Quadravedes, Ort im 
Sargauserland, gehört jetzt zum 
Canton St, Gallen; vedes ist Feld- 
ort, von /aith Feld und tas Ort, 
also vierter Feldort. Grabs liegt in 
der Nähe der alten Burgen Mont- 
fortand Werdenberg. Quadra könnte 
auch statt guardia stehen, dann er- 
hielte man den Sinn Feldwache, und 
daraus ergäbe sich die Entstehung 
der bei Grabs liegenden Burgen. 
Hinter Pfeffers (Waldort von feabr) 
an den Quellen der Tamina liegt 
Vettis, dies bedeutet aber hier 
Waldort, von Aodh Wald und tas Ort. 

Gradiska, altes Bergschloss, jetzt 
Hauptort der Grafschaft Gradiska 


— 557 — 


Grächen — Graf. 


im östlichen Friaul, 1473 von den 
Venetianern gegen die Türken be- 
fostigt; 1641 wurde die Grafschaft 
von Kaiser Ferdinand III dem fürst- 
lichen Hause Eggenberg geschenkt, 
welches 1717 ausstarb, worauf die 
Grafschaft an Oestreich zurückfiel; 
der Name bedeutet Felsenort, von 
cruadh Stein, Fels, aith hoch und 
ka Umzäunung, Haag. Ein anderes 
Gradiska liegt an der Sau, nicht 
auf einem Felsen, hier von gorod 
oder gard Stadt und uisge Wasser. 

Grächen, Ort im Wallis, von 
graig Dorf, graichean kleines Dorf. 
Im Neckargau stand 768 ein Ort 
Grechu, der jetzt ausgegangen ist. 

Grätz oder Gratz in Steiermark, 
dann Graitz am obern Main, Groitz 
an der Elster, Greitz im Oster- 
lande, desgl. Groitsch, Grodice 
und wie die Formen im Slavischen 
alle geschrieben werden, trotzdem 
dass sie nach dieser Sprache keinen 
passenden Sinn geben; sie kommen 
entweder von graig Dorf, was auch 
greag, greg, kreik, crech, kreices 
und kreuches lautete, oder von cro 
Burg und aöth hoch oder von cruadh 
Fels und ois Burg; wie z. B. Graz 
in Steiermark, das an einem steilen 
Berge hinaufgebaut ist, auf welchem 
eine Burg liegt, oder endlich von: 
crota Park, Viehpferch. 

Grafoder Grebe, eine ins Deutsche 
übergegangene keltische Bezeich- 
nung für den Vorsitzenden des Ge- 
richts, latinisirt gravio oder garavio. 
Die ursprüngliche Bedeutung war 
comes Begleiter, vom kimbrischen 
gwr Mann und eb, Plural ebion 


Grafenstein. 


Reise, Gang, gwr-y-eb Mann der 
Reise, alte Schreibart gur-e-eb, zu- 
sammengezogen Greebe, Grebe. Das 
lateinische comes, aus „cum iens“ 
Mitgängerentstanden, bedeutet wört- 
lich dasselbe. Der Comes begleitete 
den Kaiser auf seinen Rundreisen 
im Reiche. Greebe, Grebe ist nieder- 
deutsch (daher Grevenstein nördlich 
von Kasselim altsächsischen Gebiet), 
Grafe, Grafio ist fränkisch,, denn in 
dieser Mundart wird e vor und nach 
rin a umgewandelt, angelsächsisch 
gereva. Die Grafen leiteten im Na- 
men desKaisers und statt desselben 
die Gerichtsverhandlungen, sie tra- 
ten in deutschen Zeiten an die Stelle 
der altkeltischen Fürsten oder Gau- 
könige oder der principes, wie Bie 
Cäsar und Tacitus nennen. Jedem 
Princeps standen in keltischen Zei- 
ten 100 freie Männer aus dem Volke 
beim Gerichte zur Seite, und diese 
waren die eigentlichen Comites (vgl. 
Hunderte). 

Grafenstein, Grebenstein, Raven- 
stein bedeutet zunächst den Sitz, 
Stuhl des Grafen bei den alten, 
öffentlich abgehaltenen Gerichts- 
sitzungen und Volksversammlungen. 
Da aber nicht auf allen Grafen- 
steinen solche Sitzungen abgehalten 
wurden, auch vor der Errichtung 
eines geordneten Gerichtswesens 
solche Steine oder Felsenblöcke ihre 
Namen haben mussten, so wird er 
in vielen Fällen auf grob, grab, 
hrab, hrip, Ahrp zurückzuführen 
sein; lirp bedeutet aber Stein, Fels, 
Berg im Keltischen wie jetzt noch 
im Slavischen. Aehnlich verhält es 


— 558 — Grajische Alpen — Granits. 


sich mit den Rabensteinen, die 
erst dann ihre hentige Bedeutung 
erhielten, als die Raben Veranlas- 
sung fanden, die Leichen von Misse- 
thätern zu umflattern. 

Grajische Alpen, Bezeichnung 
für die höchsten Felsengebirge in 
Savoyen mit dem Montblanc. Name 
von creagh oder cruadh Fels; die 
Cottischen Alpen dagegen von coed 
Wald. Die ersten Bewohner dieser 
creagh oder Felsen waren die Gra- 
joceli, von keall Zelle, Keller, 
Höhle, Wohnung; ebendaher führen 
die Griechen (graikoi) ihren Na- 
men, endlich wohl auch das Ge- 
schlecht der Grachen in Rom, 

Graina, Berg in Graubündten, 
alt Agren, von aighe hoch und rin, 
rann Berg. 

Gran, alt Strigonium, letzteres 
gleich Burg am Wasser, d. h. an der 
Donau in Oberungarn, von ster oder 
stry Fluss und gan Burg; Gran 
von cron Veste. Die Donau hies in 
ihrem untern Laufe y-sier, d. h. der 
Fluss; versetzt Stry, Fluss in Gali- 
zien. Der Flussname Gran bei der 
Stadt Gran, alt Granus, Granua, 
Granahaentweder Burgwasser, Fluss 
bei Gran, oder gleich gyrynt, ga- 
rant bezw. caor-an Wasser-klein, 
im Gegensatz zur grössern Donau. 

Granada, Stadt im südlichen 
Spanien, alt Illiberis oder Eliberis, 
grosse Burg, von ill gross, bar 
Berg und ois Burg. Granada von 
grin Burg und aith hoch. 

Granitz, Dorf im Erzgebirge, 
gleich Krinitz, Kreinitz entweder 
slavisirt für cron, gran Burg und 


Gransen — Graubündten. — 559 — 


nuadh neu, oder vom slavischen 
hranica, graniza, weichere Form für 
das deutsche Grenze. Lagen aber 
diese Orte wirklich an irgend einer 
Grenze? Granschütz bedeutet 
Wald-Burg, von cron und coed 
Wald. 

Gransen, franz. Granson, Städt- 
chen am Neuenburger See, früher 
Hauptort einer Landvogtei, welche 
1484 den Städten Bern und Frey- 
burg zugetheilt wurde; gran Burg, 
son gleich Saone, Seine, gezischt 
für tain Wasser. 

Graubündten war ein Theil des 
alten Rhätiens; der Name soll da- 
her kommen, dass die Einwohner 
früher Kleider von grauer Haus- 
leinen trugen, deshalb latein. cani, 
franz. grisons, ital. grisoni, vielleicht 
aber auch von cruadhFels, Felsen- 
land. Im 5. Jahrhundert bemäch- 
tigten sich die Alomannen eines 
Theiles von Rhätien, namentlich 
des Rheinthales, während daseigent- 
liche Graubündten schon vorher von 
Italien aus unter die Ostgothen ge- 
kommen war, die eg durch Herzoge 
regieren liessen. 529 brachte es 
Theodebert, fränkischer König von 
Austrasien unter seine Botmässig- 
keit, und es wurde mit dem Herzog- 
thum Schwaben oder Alemannien 
vereinigt. Kaiser Otto I und Herzog 
Ludwig von Alemannien verliehen 
951 dem Bischofe Hartbert von Chur 

verschiedene Gerechtsame in der 
Stadt Chur und in der Grafschaft 
Rhbätien, und Kaiser Friedrich I er- 
hob den Bischof Eginon 1170 zur 
reichsfürstlichen Würde. Die Rhätier 


Graubündten. 


erhielton wegen ihrer Treue auch 
von Kaiser Friedrich II wichtige 
Freiheiten. Als Rhätien die Herr- 
schaft der schwäbischen Hoerzoge 
nicht mehr anerkannte, standen ihre 
Grafen (von Bregenz, Montfort, Wer- 
denberg, Sargans, Tyrol und Chur) 
unmittelbar unter dem deutschen 
Reiche. 1419 errichtete der Bischof 
von Chur nebst der Stadt Chur das 
erste Bündniss mit Zürich, und die 
freien. Gemeinden Rhätiens schlossen 
unter sich drei Bünde, den obern 
oder grauen 1424, den Gotteshaus- 
bund noch früher, dann den Bund 
der Zehngerichte 1436. Diese drei 
Bünde traten 1471 zu Vatzerol in 
ein ewiges Bündniss zusammen. Zu 
Graubündten gehörten als eroberte 
Landschaften das Veltlin, Worms 
und Clefen, welche 1797 Buonaparte 
mit der Lombardei vereinigte, bei 
der sie auch bis jetzt verblieben. 
Im grauen oder obern Bunde, wel- 
cher dem ganzen Thale den Namen 
gab, liegen: Ilanz, oberste Stadt 
aın Rhein, von Z/ann Scheune bezw. 
Kirche; Dissentis, der Abt der 
hiesigen Benedictinerabtei war deut- 
scher Reichsfürst, /yddyn Hof, tais 
Burg; Tron s oder Truns, hier wurde 
1424 der graue Bund geschlossen, 
was in der hiesigen Kapelle in alt- 
deutschen Reimen noch verzeichnet 
steht; /reann Feld, ais Ort; Tenna, 
eine altschwäbische Colonie, deren 
Einwohner deutsch sprechen, din 
Burg, dun Ort; Rezüns oder Rä- 
zuns (lat. Rhätium, Rhetium), rhat 
Berg, ion Ort; der Heinzenberg 
(mons Heinsilianus), in der Landes- 


Greif. — 560 — Greifenburg — Greingan. 


sprache Montagnia, ein mit Matten 
oder Wiesen bedeckter Bergstock 
(innis, hinnis Wiese); Tusis oder 
Thusis (lat. Tuscia, ital. Tossana), 
von fuadh Fürst und ois Burg; Caz 
oder Käzis, auch Kazis am Fuss 
des Heinzenbergs im Domleschger- 
thal, von coed Wald und ois Burg, 
entsprechend taom-il Wald-gross- 
Wasser, woraus Tomiliasca oder 
Domleschg wurde; Splügen am 
Hinterrhein und am Nordfusse des 
Splügener Berges und Passes; die 
deutschen Einwohner wurden von 
den Hohenstaufen zum Schutze des 
Passes hier angesiedelt, sie sprechen 
noch deutsch, heissen auch Walser; 
Splügen gleich bill-aighe kl. Höhe, 
Pass; Andeer im Schamserthal, 
tuar Dorf, an entweder Artikel oder 
in klein oder onn Fels; Tamins 
oder Damins am Zusammenfluss des 
Vorder- und Hinterrheins, Einwoh- 
ner ebenfalls deutsch, oman, omins 
Bauernhof, mitvorgesetztem diklein. 

Greif, althochdeutsch Krifo, grie- 
chisch gryps, gryphus, im alten Te- 
stament cherub, Vögel oder Engel 
mit Adlerschnäbeln, Löwenklauen, 
Flügeln und funkelnden Augen, 
welche die Goldschätze im Lande 
Eden oder in Charvila an den Quellen 
des Indus oder weiter nördlich bei 
den Arimaspen bewachten. In der 
persisch-hebräischen Schöpfungs- 
sage bewachen die Cherubim oder 
himmlischen Greifen den Garten 
Eden und sind hier als Engel mit 
dem Schwerte dargestellt, woher 
denn auch der Name kommen mag 
von heru, cheru Schwert und ba, 


be Fee, oder bean (fomina, feınme) 
Mann un dFrau. 

Greifenburg, alte Veste im Lurn- 
gau an der obern Drau in Kärnthen, 
vom gäl. groban Felsenspitze. 

Grein, Stadt an der Donau in 
Oestreich, von grinn Veste. Grün- 
burg an der Steyer in Oestreich 
ist andere Aussprache für Grein- 
burg; statt grinnsprachen die Gälen 
weicher glin oder blos gli, daher 
die Gliberge oder Gleiberge. 
Grinn ist eine Verkleinerung von 
caer Ort, Ringwall, caer-an, auch 
caeryn; daraus wurden in der 
Schweiz, in Rhätien und Oberitalien 
Garina, Curun, Graun, Grun, 
Gorn, Garn, dann Krina, Ca- 
rona, Carono, Carano, Ca- 
renno, Carena, und im Slavi- 
schen Crone, Grona, Gruna, 
Gorno u. 8. w., letztere Formen je- 
doch mit angehängtem nu neu, so 
dass sie mit cro-nua, Burg-nen, zu- 
sammenfallen. 

Greingau, das Land um die nie- 
dern Bergrücken östlich von Osna- 
brück an den Quellen der Hunte 
(ean-di oder gun-di klein Wasser). 
Grein kommt hier von grianan 
Bergrücken; darin Kilver, alt 
Kelveri, kleiner Königskoller oder 
Vorrathshaus, oder blos Haus des 
Königs, von keal-bi-ri Keller-klein- 
König. Nordwestlich davon Tote- 
bure, Fürstenburg, von /u«atfh oder 
tus, tuis Fürst (Thüsnelda Fürsten- 
tochter) und bwr Burg. Ravens- 
berg, alt Ravinesberg, von ra Ort, 
Veste, binn, bean Berg, liegt auf 
dem Osning. 





Grenemark — Grenoble. 


Grene-mark , so hies der Grenz- 
strich des Hildesheimer gegen den 
Mainzer Sprengel an der Leine bei 
dem Orte Greene zwischen Nord- 
heim und Alfeld. Bei Greene liegt 
ein breiter Bergrücken, der das 
Leinethal auf der Westseite ab- 
schliesst und sich bis gegen Eim- 
beck zieht, daher wohl der Name, 
denn grianan heisst ein breiter 
Bergrücken, sonst auch in Grinde 
verdeutscht z. B. Hornissgrinde, 
höchster Borg des mittlern Schwarz- 
waldes; der Ortsname Greene da- 
gegen von grin Burg, cro-an kl. 
Burg. Die Germarmark, das Grenz- 
land zwischen Thüringen und Hes- 
sen hat eine ähnliche Form, kommt 
aber von ger Grenze und mar Berg. 
Der Grenemark gegenüber auf dem 
rechten Leineufer lag die Mark 
Gandersheim. Beide gehörten noch 
zum Hildesheimer Sprengel, also 
zum Herzogthum Sachsen, während 
die südlich daran stossenden Gaue 
mainzisch waren und damit zum 
Herzogthum Franken. Die sächsi- 
schen Kaiser stammten aus der Mark 
Gandersheim, welche im Uebrigen 
einen Theil des Gaues Flenithi oder 
Berghöhenlandes bildete. Die Grener 
Mark hios alt auch Grenagau, wie 
die Gegend um grossen Freden Fre- 
tenagau (/ridd Wald), die bei 
Wenzen Venzagau, bei Erichs- 
burg Eriggau, bei Empe Em- 
pengan. 

Grenoble, Hauptstadt der Dau- 
phins an der Isäre, römisch Gratiano- 
polis, altgälisch Cularo, zu deutsch 
Bergpass oder Bergveste, Au! oder 

Deutseh-kelt, Wörterbuch. 


— 561 — 


Grete — Greutungen. 


kaul bedeutet Schutzwehr, ar oder 
er gross, stark, or Berg. Die Cita- 
delle von Grenoble liegt auf einen 
hohen Felsen, der das enge Thal, 
durch welches sich die Isere zwängt, 
völlig beherrscht. 

Grete, zu deutsch Sandort, von 
cre, criut, cres, gries Grant, Sand 
und dae Ort. Gretingau war der 
alte Name des Sandlandes um Celle; 
Grete, Sandort, war wohl der älteste 
Name von Celle an der Aller, bevor 
es eine fürstliche Vorrathskammer 
(von keall Keller) wurde, woraus 
dann allmälig die Stadt entstand. 
Cre ist das franz. craye und beden- 
tet dort Kreide. In Griesheim im 
Darmstädter Sandlande kommt der 
Name ebenfalls vor, ebenso in ähn- 
lichen Strichen des Breisgaues, des 
Elsasses und Tyrols. Oestlich von 
dem niedersächsischen Sandlande 
oder den beiden Grantgauen (Gretin- 
gau und Grindirigau) hinter Burg- 
dorf und Celle nimmt, oder nahm 
das Waldland überhand, daher von 
da, an der Aller aufwärts, lauter 
Waldgaunamen, als Mutw.ide 
(Sumpfwald), Flotwide (fürstli- 
cher Wald), Witinga (Waldgau), 
Osterwalde, Derlingau 
(Waldwiesengau) bis zum Dröm- 
ling (druim flache Höhe). Grete 
kann übrigens auch Pferdestall be- 
deuten, von greadh Pferd und dae 
Haus, 

Greutungen, alt Greothingi, grie- 
chisch Grouthingoi, auch Grotunai, 
Grutunni, ein skythisches Reitervolk, 
von greadh Pferd und an, or Mann, 
nasal ung odering. Diese Greutungen 

86 


Grervelingen. 


hausten zwischen dem Dnieper und 
Don in den Steppen des östlichen 
Russlands, während die Terwin- 
gor, ebenfalls ein skythisches Volk, 
mehr westlich in den Waldstrichen 
am Dniester seine Hoerden weidete. 
Terwing, von doire Walddiekicht, 
oder von daire, versetzt triu Eiche, 
Wald. Die Greutungen kann man 
auch, wie Grete, von criut oder griut 
Gries, Grand, Sandlandableiten. Die 
Nachfolger der Terwinger hiessen 
in selavischen Zeiten Derewljane, 
griechisch Derbleninoi, vom slav. 
drewo, gleich triu oder dair Baum. 
Als Waldbewohner führten die 
Terwinger denselben Namen wie 
die Gothen, coed-dae oder skid- 
dae; sie mögen auch desselben 
Stammes ‚gewesen sein wie diese; 
Athanarich der Westgothe wird bei 
Ammian sogar Judex Thervingorum 
genannt; dagegen werden Ostgothen 
und Greutungen bei den ältesten 
Schriftstellern stets neben einan- 
der aufgeführt. Das Dniesterthal 
nennt Ammian einmal vallis Greu- 
thungorum, dann wieder auch, dass 
diese am Don mit den Alanen zu- 
sammengrenzten, 80 dass man ge- 
zwungen ist, unter Greuthungen 
ein weit umherschweifendes Beiter- 
volk anzunehmen, entsprechend den 
heutigen Kosacken, während die 
unter oder neben ihnen wohnenden 
Ostgotheu mehr ein Waldvolk waren, 
das von Jagd und Viehzucht lebte, 
wahrscheinlich auch erst zur Zeit 
der Völkerwanderung aus Hochasien 
im Skythenlande erschien. 
Grevelingen, Grafelingen, franz. 


- 502 — 


Greyers — Griechen. 


Gravelines, Stadtin Flandern, wurde 
1528 von Kaiser Karl V befestigt 
und kam durch den pyrenäischen 
Frieden 1659 an Frankreich. Der 
Name bedeutet Grafensitz, von grer- 
y-eb Mann der Reise, zusammen- 
gezogen in Grebe oder Graf, und 
Ilan oder lang Scheune, Wohnsitz, 
Kirche, 

Greyeorz, Gryers, franz. Gruydre, 
latein. Grueria, Städtchen mit alter 
Felsenburg am Fusse des Molesson 
im Canton Fryburg. Name von 
creagh Fels und aras Burg, die 
lat, Form von cro Veste und ar 
hoch. Der beliebte Greyerzer Käse 
wird in dem nahen Charmeythale 
gemacht, mit dem gleichnamigen 
Dorfe (germo Nachbarbauer). 

Griechen, Graekoi, Graikoi, auch 
Graioi, ein Name, der sich aus dem 
classischen Griechischen nicht er- 
klären lässt. Im Keltischen ist 
cruadh oder creagh Fels, Felsen- 
gebirg, darnach sind creagh-wi 
Felsengebirgs- oder Felsenhöhlen- 
bewohner, wie die alten Liguren, im 
Gegensatz zu den später zu Wasser 
eingewandertenPelasgern, von bailc, 
pelag, gesischtpelasg Wasser, Meer; 
letzteres dasselbe Wort wie Belgen 
und Philister, ohne dass sie deshalb 
von einander abzustammen brauch- 
ten, denn Seeleute gab es an jedem 
Meere. Aus der Mischung der den 
Iberen oderLiguren verwandten Ur- 
einwohner mit diesen Pelasgern ent- 
standen drei grosse Stämme, die 
Dorer, die ungebildetsten, welche 
am längsten in den Wäldern blie- 
ben, von doire Walddickicht (gleich 





Griesheim — Grimm. 


Thüringer); die Aeolier, welche 
in den Thälern Thessaliens durch 
Viehzucht zu einem mächtigen Volks- 
stamm erwuchsen (aigio} Thal), und 
die Jonier, welche Ortschaften 
bauten (ion Wohnstätte), und darum 
am ersten zu einer gewissen Cultur 
gelangten. 

Griesheim, Ort zwischen Darm- 
stadt und Mainz im Sandlande, Name 
von cre, cres, cret, criut Gries, 
Grant, Sand, Erde, Kreide (craye). 
Bei Heitersheim im Breisgau ist 
auch einGriesheim, alt Cresh, desgl. 
ein Gries bei Botzen. 

Grieswart, Greiswärtel; der Aus- 
druck kommt nicht von Kreis, auch 
nicht von Gries, Sand, arena, son- 
dern vom kelt. greis, greit, griada 
gerüsteter Kämpfer, was mit reidh 
gerüstet, Reisiger zusammenhängt. 
Der Grieswart war Aufseher bei den 
Turnieren, und hätte deutsch Streit- 
oder Kampfwart genannt werden 
müssen. Lateinisch wurde Gries- 
wart in Justitiarius oder Sequester, 
griech. in Agonitheta, also Kampf- 
richter übersetzt. 

Grimm, unser berühmter Germa- 
nist leitete seinen eigenen Namen 
wie- den der Germanen vom gäl. 
gairm Ruf, Geschrei, gajrmin ru- 
fon, schreien, gairman Schreier ab. 
Als Schimpfname möchte eine solche 
Ableitung annehmbar sein; die Ger- 
manen waren aber keine Schreier, 
wenigstens widerspräche dies der 
slavischen Auffassung, welche die 
Deutschen Niemce, Stumme, nennen. 
Cruimh bedeutet Gott, mit einem 
angehängten a oder o, Mann, welches 


— 563 — 


Grimma. 


aber beim Uebergang ins Deutsche 
verlorenging, wäre Grimm Mann 
Gottes oder Priester. Was übrigens 
das Capitel der Namenerklärungen 
betrifft, so war unser Grimm, — hier 
nebenbei bemerkt, — leider nicht 
glücklich; als strenger Germanist 
wollte er nämlich Alles möglichst 
aus dem Deutschen erklären, was 
zwar sehr patriotisch, aber nicht 
durchführbar war. 

Grimma, Stadt in Obersachsen 
an der Mulde, zu deutsch Gottes- 
stätte, von cruimh Gott und ma 
Stätte; hart bei Grimma auf einem 
steilen Hügel, welcher Schlossberg 
oder auch Tompelberg genannt wird, 
liegen die mit Rasen überwachsenen 
ringförmigen Trümmer einer Burg 
oder vielleicht noch ältern Tempels; 
dann weiter abwärts auf einom Fel- 
sen an der Mulde das alte Schloss 
Döben oder Dewin, dessen Name 
entweder von daingean Veste oder 
von daimh Tempel und Dan Berg 
abgeleitet werden kann. Oberhalb 
Grimma endlich befindet sich die 
Ruine der Kirche des alten Klosters 
Niemtsch (von naimbh heiligund 
aidhe Ort), in welchem Luthers 
Katharina von Borna Nonne war. 
Sieben Thore, wie das Böotische 
Theben (nach Brandis den sieben 
Planeten bezw. Wochentagen, welche 
die Alten kannten, Sonne, Mond, 
Mars, Mercur, Jupiter, Venus und Sa- 
turn gewidmet), hatte der Grimmaer 
Sonnen- oder Belustempel wohl 
schwerlich, der Ringwall auf dem 
Tempelberg hat wenigstens nur einen 


Aufgang. 
36* 


Grimmisleben — Grodno — 564 — 


Grimmisleben (oder loba), Ort 
am Zusammenfluss der Bode und 
Saale, hiess bei den Slaven auch 
Budizi, Budisko, Budsez, Sitz an 
der Bode, d.h.am bais, baid Wasser. 
Grimmis ist dasselbe was Grimma, 
nur statt ma die Endung ais Ort 
oder ois Burg, mit angehängtem 
liub, Winkel an einem Bach. 

Grindiri-gau, die Landschaft am 
Ausfluss der Aller in die Leine von 
Hannover bis Bergen, östlich bis 
Celle, hatte in keltischen Zeiten die- 
sen Namen. Denselben, Mr anders 
verdeutscht, führte die Gegend etwas 
weiter nach der Lüneburger Haide 
bin, von Cellenördlich, nämlich den: 
Greze, Grete oder Gretingau. 
Das Land besteht aus Sandstrecken, 
Haiden, Moorland und Buschwerk, 
deshalb wird man cre, criut, cres, 
gries Grant, Sandgeschiebe herbei- 
ziehen müssen, wodurch die Bedeu- 
tung Sandland criul-ire, nasal 
grind-ire entsteht. Grindwald 
oder Grinwald, der in jenen Sand- 
gegenden vorkommt, ist darnach 
sandiger Wald. In diesem Gau la- 
gen Grindau und Greten am 
Ausfluss der Leine in die Aller. 
Der Gau gehörte zum Mindener 
Sprengel. 

Grodno, alt Garthe, Stadt in 
Lithauen, und zwar im Gaue der 
Jazwingen oder Jatwäger (Jaswin- 
gia, Waldland oder Wasserland, von 
iath, ias Gegend und gwynt Wald, 
bezw. gny Wasser). Grod oder Go- 
rod ist die slav. Form für gaard Ort. 
Daher der alte Name Garthe, no ist 
nua neu, Grodno also Neustadt, 


Gröblitg — Gröäner. 


Gröblitz, Gröbschütz und 
Graben, Orte bei Rochlitz, d.h. 
der Felsenburg an der Mulde in 
Obersachsen; grob gleich roc be- 
deutet Fels, schütz kommt von 
coed Wald, litz von //ys Burg oder 
blosHof, und Graben gleich grob- 
ion Felsenort oder grob-.an Fels- 
klein. Grob lautet im Slavischen 
hrip, grip (Riphaen), auch horb, 
Horb-ol Fels-gross. Groba, Gröba 
ist grob-aoi Felsenhof; Grobitz 
und Grubitz grob-aidhe Felsen- 
ort; Grobken, grob-ka Felsen- 
haag; Gröben und Kroppen, 
cro-ben Burg-berg; Crobnitz ist 
cro - ben-nuath Burg - berg - neu; 
Kropsdorf ist grob-ais Fels-ort 
mit angehängter Uebersetzung Dorf. 

Grödner, Bewohner eines kleinen 
Thales östlich von Clausen in Tyrol, 
dieeinen eigenthümlichen mit portu- 
giesischen Worten gemischten Dia- 
lekt sprechen. Sie verfertigen näm- 
lich aus dem Holze der Zirbelkiefer 
allerlei Schnitzwerk und Heiligen- 
figuren, die namentlich in Portugal 
Absatz fanden. Von da brachten sie 
Weiber mit, wodurch das Kauder- 
wälsch von Sprache entstand. Der 
Grund derselben ist ein romanisirtes 
Keltisch. Die Grödner haben auch 
eine besondere Tracht. Der Haupt- 
ort im Thal heisst St. Ulrich; hinten 
im Thal liegt Wolkenstein. Der Ort 
Gröden heisst italienisch Gardens. 
von garth Veste, Ort, garthen. 
garthyu kleine Veste. Dieser Name 
kommt in Rhätien, Tyrol, der Lom- 
bardeiundin Toscana äusserst häufig 
vor in verschiedenen Formen, als 





Grötsingen — Groitsch 


Corteno, Cardano, Cardana, Garda, 
Gardone, Gardona, Gorduno, Kar- 
daun, Kardona, Cortona u. 8. w. 
Grötzingen, alt Groizingen, Dorf 
bei Durlach mit einer alten Burg, 


auf deren Trümmern das Schloss 


Augustenburg erbaut wurde, das 
jetzt ebenfalls am Verfallen ist. Am 
Neckar im Ramsthal liegt auch ein 
Grözingen oder Groizingen. Name 
von cruadh Fels und daingean 
Veste. 

Grofde oder Girufde, ein Thal 
bei Wahlhausen nächst Mannsfeld, 
das in alten Zeiten Ostsachsen und 
Thüringen schied, d. h. das Friesen- 
feld vom Helmegau, und den Halber- 
städter Sprengel vom Mainzischen. 
Es heisst in einer Urkunde Ottos II 
vom Jahre 979: a summitate vallis, 
ubi se Saxones et Thuringi disjun- 
gunt, quae teutonice dicitur Girufde 
u. 8. w., später wird dafür Grofde 
geschrieben. Darnach wäre das Wort 
ein teutonisches, deutsches, soviel 
als Gruft, Graben; im Keltischen 
bedeutet nun aber crioch Grenze, 
das ch wird, wie im Englischen 
(enough, enaf genug) auch wie f aus- 
gesprochen, und sonach wäre crioch- 
dae Grenz-ort. Südlich von Kassel 
liegt ein Ort Grifte, alt Griffede, 
mit einer Burgruine, das etwa an 
der Nordostgrenze des Maden-gaues 
gelegen haben könnte, wenn es 
nicht von grob Fels und dae Ort 
herkommt. 

Groitsch, Groitzsch, Groizsch, 
slavisch Crowizk; Crois bedeutet 
Marktplatz und cruadh Fels, mit 
aidhe, aiteach Ort oder ois Burg 


— 565 — 


Gronau. 


verbunden, entstanden die genann- 
ten Formen, ebenso Greitz. 
Gronau, zu deutsch Neuburg, 
von cro Veste und nua neu. Es 
gibt mehrere Gronau in Deutschland; 
eines davon liegt auf einer ehema- 
ligen Insel der Leine unterhalb Ale- 
feld, es wurde zur Zeit der sächsi- 
schen Kaiser angelegt, und zwar von 
Bischof Siegfried II von Hildesheim, 
nachdem das Schloss in Empede 
verfallen war. Wäre in damaliger 
Zeit die deutsche Sprache in jener 
Gegend schon die ausschliessliche 
gewesen, so wäre die Veste „Neu- 
burg“ genannt worden, so aber er- 
hielt sie von dem anwohnenden kel- 
tischen Volke den noch echt kelti- 
schen Namen Gronau. Um Gronau 
zu heben, wurde die Feldmark des 
dabei liegenden Dorfes Lede (alt 
Ledhi, von Z/e Ort und di klein) 
dazu gezogen, es geschah dies 
1013, wie eine Urkunde HeinrichsII 
ausweist. Die alten Ringwälle dien- 
ten als Schutzwehren für Menschen 
und Vieh, daher cruPferch und cro 
Veste ursprünglich dasselbe waren, 
nämlich mit hohen Steinen (cruadh 
Stein) eingehegte Plätze. Ein zwei- 
tes Gronau liegt weiter oben bei 
Göttingen; dieses war eine der fünf 
sächsischen Reichspfalzen, es hies 
lateinisch Castellum Gruons oder 
auch urbs Grona, denn urbs wurde 
im Mittelalter gleich castellum ge- 
braucht; so hies die Burgstrasse in 
Hannover lateinisch platea urbis ' 
(urbis, urbs, ursprünglich gleich 
orbis Kreis, Ringwall). In diesem 
Gronau stellte sich 913 Heinrich I 


Gronau. 


als damaliger Horzog von Sachsen 
gegen Kaiser Konrad, letzterer kam 
aber nur bis Kassel, wo er einige 
Diplome ausstellte, und kehrte dann 
nach Schwaben zurück, um dort Un- 
ruben zu stillen; während dessen 
wurde sein Bruder Eberhard von 
Heinrich bei Eresburg an der Die- 
mel aufs Haupt geschlagen; später 
kam Konrad wieder in die Gegend, 
Heinrich setzte sich in Gronau aber- 
mals, worauf es zu einem Vergleich 
kam. Später ging diese Pfalz ein, 
weil die fränkischen Kaiser, wenn 
sie nach Sachsen kamen, in Goslar 
sich aufbielten; 1071 vermachte 
Kaiser Heinrich IV den kaiserlichen 
Hof Gronau der Kirche zu Goslar. 
Der letzte sächsische Kaiser, Hein- 
rich II, hielt sich öfter in Gronau 
auf, ist auch daselbst gestorben. 
1146 vermachte Konrad III die in 
Gronau damals noch vorhandene 
Reichskapelle dem Kloster Fredels- 
loh (/ridd Wald, il gross und /le 
Stätte). Ein drittes@ronau oder 
Grana liegt an der Mulde in Ober- 
sachsen, jetzt Gruna im Amte Eilen- 
burg, Belgern gegenüber, es hies 
auch blos Gana, d.h. Veste, von 
gan. Als König Heinrich I (der 
Vogler) Brandenburg erobert hatte, 
zog er nach Dalmantien (d. h. ins 
Meissner Land) und eroberte die 
Burg Grona nach einer Belagerung 
von zwanzig Tagen, von da zog er 
gegen die Böhmen nach Prag und 
unterwarf auch diese. Später, 1012 
stellte sich Kaiser Heinrich II hier 
wieder auf, als er gegen Boleslav 
von Polen Krieg führte; in diesem 


— 566 — Grossglockner — Groteburg. 


wurde er aber von Bolealav ge- 
schlagen, welcher darauf die von 
Heinrich angelegte Veste Liubusua, 
jetzt Lebus wieder zerstörte. (Liub 
Ort in einem Winkel, ais, uis, us 
Wasser) Ein viertes Kronau 
liegt in der Neckarpfalz am Bruh- 
rain bei Kisslau oder Mingolsheim, 
in einer sumpfigen Niederung, es 
war ebenfalls fest. Kronach in 
Ostfranken bedeutet dagegen Hoch- 
burg, von cro und aighe, denn die 
Burg liegt dort auf einem Berge. 

Grossglockner, derhöchste Berg 
in den Salzburger Alpen, Name vom 
gäl. clock oder kimbr. clwg Fels, 
und n’ar für ar, or hoher Berg, 
gleich Noricum für Orikum Berg- 
land, oder Naranberg, Nürnberg für 
aran-Berg. 

Grossvaterstiuhl, eine hohe, 
einem breiten Stuhl etwas ähnliche 
Felsenklippe im Biesengebirg. Stuhl 
wird hier wohl wie bei den Kaiser- 
und Königsstühlen aus dem gäl. fu! 
steiler Fels oder Berg entstanden 
sein. 

Groteburg oder Teutoburg, eine 
westlich von Detmold aus dem Zuge 
des Osnings hervorspringende 700 
Fuss über die Werra sich erhebende 
steile Bergkuppe, die noch vur zwei 
Jahrhunderten der Teut oder die 
Teuteburg genannt wurde. Grote- 
burg wäre mythisch aufgefasst mit 
Teuteburginsofern gleichbedeutend, 
als Hroto, Crodo oder Bodo wie 
Teut, Tin ein Beiname Wodaus war. 
Deutsch wäre diese Erklärung aber 
immer noch nicht, denn feut, fuatı, 
tiod, tod, Ihead, ikuid, tuis, tus, 








Groteburg. 


Duais u. s.w. bedeuten im Kelti- 
schen Fürst, und chrodha, hruad, 
rod, rud rauh, rüde, desgl. reodh 
Kälte, franz. raide steif. Die Grote- 
burg führt ihren Namen aber nicht 
hievon, auch nicht von „gross“, son- 
dern von cruadh Fels. Am Fusse 
dieses Felsenberges, denn dies ist 
er in der That, erlitt Varus am 
zweiten Schlachttage die entschei- 
dende Niederlage, und zwar in dem 
Thale der Berlebecke (bior-li klein- 
Wasser) zwischen der Groteburg und 
dem Königsberge, und weiter zwi- 
schen dem Stemberge (om Wald) 
und dem Helberge (oil Fels), auf 
welchem das Winnfeld liegt. Am 
Fusse der Teuteburg liegt der Teut- 
hof, der Besitzer desselben heisst 
der Teutemeier. In der lippisch- 
engerschen Mundart bedeutet das 
Wort Teut heute noch Vater, gleich 
Dädi im Alemannischen. An der 
Strasse von Lemgo nach Hameln bei 
Sternberg findet sich ein Berg, der 
ebenfalls Teut genannt wird, hier 
aber von di-aith kl. Höhe. Auf 
der Groteburg liegen zwei Hünen- 
ringe und eine sogenannte Cyklopen- 
mauer. Der grosse Hünenring läuft 
um die höchste Kante des Berges, 
der kleinere, gleichsam ein Vorwerk 
hierzu, deckte den Weg, der all- 
mälig vom Teuthofe heraufführt; 
noch weiter nordwestlich über dem 
Dorfe Hiddessen (aith hoch, hausen) 
zieht sich eine 500 Schritte lange 
Felsenmauer hin; sie besteht aus 


grossen, oft mannshohen Felsen-. 


stücken, die senkrecht neben ein- 
ander in die Erde gestellt, und über 


— 567 — 


Groteburg. 


welche andere Steinblöcke gelegt 
sind. An zwei Stellen ist diese Mauer 
durch Holzwege unterbrochen. Der 
kleine Hünenring bildet ein läng- 
liches Viereck, die Höhe seines 
Walles beträgt aus dem Graben ge- 
messen 18—20 Fuss, sein Umfang 
etwa 500 und sein Durchmesser 
etwa 170 Schritte. Ein Weg führt 
durch denselben zu dem grossen 
Hünenring; derselbe beginnt bei 
Hiddessen an der Walbaumsstätte. 
Im grossen Ringe, der 100 Fuss 
höher liegt, befindet sich, wie in 
dem Ringwalle des Altkings bei 
Frankfurt eine trichterförmige mit 
Steinen umlegte Vertiefung, die wohl 
als Wasserbehälter oder Magazin 
diente. Der Wall dieses Ringes ist 
weniger hoch als der des kleinen, 
und bildet nur die scharfe Kante der 
Hochfläche des Berges. Kalk oder 
Mörtel ist bei dem Bau dieser Be- 
festigungen nicht angewandt wor- 
den, sie datiren also aus vorrömi- 
scher Zeit. Auf der Ostseite der 
Groteburg schützte das Steingerölle 
vor einem Angriff, nach Südosten 
dagegen über Heiligenkirchen lag 
die Sprekenburg auf dem Helberge 
über dem Berlobecker Thal als Vor- 
werk, wie der kleine Hünenring auf 
der andern Seite. Zur Zeit der Rö- 
merkriege dienten die beiden Hoch- 
platten der Teuteburg als Sammel- 
plätze, um von hier aus die beiden 
Pässe durch den Osning, die Dören- 
schlucht und das Berlebecker Thal 
zu beherrschen. Auf der Teuteburg 
wird jetzt das Herrmansdenkmal er- 
richtet, und ist dies ohne Zweifel 


Grotte — Grub. 


auch der geeignetste Ort dafür; denn 
um diese Burg tobte die Schlacht, 
in welcher der Römer Herrschaft 
im mittlern Deutschland gebrochen 
wurde — Die Sprekeburg ist 
schon längst verschwunden. Im An- 
fange des 15. Jahrhunderts traten 
an ihre Stelle zwei Bauernhöfe, die 
„auf der Sprekeburg“ benannt wur- 
den. Die Meier hiessen Spreger und 
Dietrichsmeier; dazu kam noch ein 
dritter, Albert vor dem Schling, 
weil er den Schling vor der Spreke- 
burg d. h. den Zugang zu derselben 
zu wahren hatte. Sprek steht statt 
breg, braighe höchster Theil eines 
Bergstocks (vergl. Sprechenstein im 
Norithal in Tyrol). Die Groteburg 
ist nicht der höchste Punkt des Os- 
ning, der Vermerstoot (faire 
Berg, mawr gross und stuadh Wall, 
grosser Bergwall) in der Centralkette 
des Osning, ist 200 Fuss höher. 
Der Kötherberg (coed Wald, ar 
gross) im Amte Schwalenberg ist 
noch höher, überhaupt der höchste 
im ganzen Wesergebirge, er erreicht 
etwa 1300 Fuss. Der Bovensta- 
pel (Kuhstall) bei Niedertalle zwi- 
schen Lemgo und Vlotho erhebt sich 
300 Fuss über der Weser. 

Grotte oder Höhle, zu deutsch 
Felsenwohnung, von cruadh Fels 
und dae Wohnung. 

Grub, alter Grafensitz im Mies- 
bach bei Rosenheim in Oberbayern, 
wohl von grob, groban Fels. Im 
Ammergau liegt ein Saulgrub, 
von suail klein, und ein Kohl- 
grub, von cuille Wald. Möglich, 
dass auch grag Dorf in die Form 


— 563 — Grünenberg — Grunswithigau. 


Grub überging oder dass es Feld- 
land bedeutet, von cre, cra Erde 
und ib} Gegend. Gruben im deut- 
schen Sinne waren diese Ortschaften 
wohl schwerlich, es müssten denn 
Höhlen darunter verstanden werden. 
Grünenberg, Orte in Hessen und 
anderwärts, Gründenberg bei 
Immenstadt in Schwaben, Grins- 
perg in der Schweiz, sämmtlich 
von grianan Bergrücken. 
Gruithuys oder Gruthausen, 
Pferdehaus, von greadh Pferd. Der 
Ort liegt im westlichen Flandern 
am Bulscamp (Ochsenfeld) einer- 
seits und dem Maldeghem Velt an- 
dererseits (letzteres vom Orte Mal- 
deghem, der dabei liegt). Es mögen 
die Kymren hier starke Pferdezucht 
getrieben haben, denn unter den 
Hülfsvölkern der Nervier gegen Cä- 
sar werden Grudier aufgeführt, 
die wohl als Reiter greadh-air er- 
klärt werden müssen. Während des 
ganzen Mittelalters bezogen die Rit- 
ter ihre schweren Turnier- und 
Schlachtrosse aus diesen flandri- 
schen Gegenden. Selbst der Name 
Ritter mag mit greadh Pferd, 
greadh-aire Pferdemann, Reiters- 
mann zusammenhängen, denn das 
Ritterwesen ist keltischen Ursprungs 
(vergl. drei Reiter). 
Grunzwithigau. Das Berg- und 
Waldland, Passau gegenüber, am 
sogenannten bayerischen Nordwald 
zwischen der Ilz im Westen und den 
Bergen, welche der Enz gegenüber 
bis zur Donau reichen, im Osten. 
Der Name kommtvon grianan Berg- 
rücken (Grind, Grinz, Hornissgrind) 





Guanchen — Guben. . 


und gwydd, fioth, fidd Wald. Aus 
gwydd wurde später Wind, und dar- 
aus die Grafschaft am Wind- 
berg, welchen Namen heute noch 
die Gebirgsgegend bei St. Peter am 
Pesenbach (baisean Bächlein) zwi- 
schen dem Mühlfluss und der Rottel 
führt. Die Mühl, von welcher die 
Gegend auch das Mühlviertel 
hies, wird alt Mihel geschrieben, 
von mi, bi klein und gel, gil Was- 
ser, die Rottel von red, rhidys 
Wasser und /i klein, denn il gross 
passt für dieselbe nicht. 
Guanchen, die früheren Bewoh- 
ner der canarischen Inseln; 90 ist 
klein, ighe oder inche, auch innis 
Insel, also kleine Insel-Leute; sie 
gehörten zum Stamme der Berbern. 
Guastalla, Hauptort des frühern 
Herzogthums Guastalla am Po, von 
Modena umschlossen. Die alten Her- 
zoge von Guastalla stammten aus 
dem Hause Mantua, standen unter 
kaiserlicher ILehensherrschaft und 


starben 1746 aus, worauf Maria 


Theresia das Herzogthum einzog 
und im Aachener Frieden 1748 an 
den spanischen Infanten Don Phi- 
lipp abtrat. Von da an theilte es 
die Schicksale der andern Lombar- 
dischen Landschaften. Der Name 
bedeutet Kuhstall, von 90 Kuh und 
ysialStall. Der jetzt italisirte Name 
ist deutsch wie keltisch, und kann 
 ebensogut von den Longobarden 
herrühren, als von den früheren 
Galliern. 

Guben, Stadt an der Neisse 
im Brandenburgischen, rings von 
Kieferwäldern umgeben, daher der 


— 569 — 





Gudden — Gudingan. 


Name von giub Kieferwald und an 
Leute, oder aber von cwb Schuppen, 

Gudden, Volksname für die noch 
lithauisch sprechenden Altpreussen 
an der Memel; er bedeutet gleich 
Gothen, Gethen, Preussen, Russen 
u. s. w. Waldvolk, Wilde, von coed 
Wald und dae Leute. 

Gudensberg, alt Wudenesberg, 
wohl gleich Wodansberg, in alten 
Zeiten der Hauptort der Grafschaft 
Niederhessen. Am Südfusse der ho- 
hen Basaltkuppe, auf welcher die 
alte Burg oder jetzt deren Ruine 
liegt, dehnt sich die Madener-Ebene 
(mahd, magh Feld), und etwas 
weiter hin dieMader Haide aus, auf 
welcher die alten Volksversammlun- 
gen und Gerichte gehalten wurden. 
Der Berg ist und war wohl nie ein 
Waldberg, weshalb man hier nicht 
an coed Wald wie bei Kuttenberg 
und andern Gudenbergen denken 
darf. 

Gudingau, alt Guottingo, Wald- 
gau, um den Osterwald zwischen 
Weser nnd Leine, bezw. zwischen 
Eldagsen und Coppenbrügge, von 
coed Wald, coideach, coidich wal- 
dig, coideacho waldiges Land. In 
diesem Waldgau lagen Gronau 
(Neuburg), dann Mehle bei Elze 
(alt Midele, Medele, von midd Hof 
mit abgemessenem und eingezäun- 
tem Feld, und i/ gross); dann Am- 
plithi, wo ein Salzwerk war, wes- 
halb wohl Salzemmendorf darunter 
verstanden werden muss (amhain 
oder abhain Wasser, li klein und 
dae Haus); Levedagsen, von 
liub Winkel und teaghas lWäuser; 


Guggisberg. 


Alvesrode (alt Alfrikesrod, Hoch- 
bergfeld, von al hoch, frik gleich 
brig, braigA Berg und reith, riolh 
Feld), es liegt hoch im Gebirge an 
der Springe oder dem Ursprung der 
Haller; ebendaselbst Bockenrod, 
von buach Bergrücken; Tüste bei 
Wallensen, alt Tuistai, zu deutsch 
Fürstenhaus, von duais Fürst und 
dae Hausgleich Duisburg ; Haller- 
mund bei Alvesrode, war Stamm- 
sitz der Grafen von Hallermund; bei 
Adenhausen am Ausfluss der 
Aller wohnten die Edeln v. Ade- 
noys (von aidhe Wohnsitz und ois 
Veste). Die Spiegelberge haus- 
ten bei Lauenstein (von buach-il 
grosser Bergrücken, woraus Spiegel 
wurde, wie aus bil Spilberg); end- 
lich bei Bryniehausen die Edeln 
von Brunigehausen (von bryn Berg 
und ka Haag). 

Guggisberg in der Schweiz, alt 
mons Guche, von coiche Berg; 
ebendaher Gugliberg bei Sulz 
im Argau, Gockeler, Bergkopf 
bei Onstmettingen, Guggler, ho- 
her Berg bei Mächenwyl, Gugeln, 
Berg bei Villigen; Gugel heissen 
ferner die Spitzen des Lägeriberges 
bei Baden, sämmtlich in der Schweiz. 
Das angehängte e/ oder il bedeutet 
gross. Dann Cockelberg in Bra- 
bant, Gugenberg bei Aarau, der 
Gugenbühl bei Tägerfelden, dann 
eine Menge Guggenbühl z. B. 
bei Ludwigshafen am Bodensee, bei 
Winterspäüren, bei Villingen, bei 
Queckbronn und Schellklingen in 
Würtemberg u. s.w. Der Gucken, 
Berg bei Möckmühl an der Jagst, 


— 570 — 


Guildford — Gulten. 


der Guckenberg bei Gächingen 
in Würtemberg. Die Verdoppelung 
des g mit angehängtem en oder an 
ist die Verkleinerungssylbe. Bei 
Bruchsal, bezw. Odenheim wird 
1318 ein Gugenberg erwähnt; 
bei Flözlingen in Würtemberg heisst 
ein Berg Gukenhausen. Die Form 
Göckel, Gückel haben Göckel- 
berg bei Bittelbron in Würtemberg, 
und der Berg Gückhül bei Streit- 
berg in Franken und die Kapelle 
Gügel auf einem hohen Felsen bei 
Giech in Franken. Da man Gückel 
für Hahn auffasste, so entstanden 
die Namen: Gückelhahn, Berge 
bei Ilmenau in Thüringen und im 
Spessart bei Alzenau. Aus coiche 
wurde ferner Gauch, daher der 
Gauchsborg bei Berghausen, 
desgl. bei Durlach; ein Gaugen- 
berg bei Pleidelsheim in Würtem- 
berg, dann Gochesberg und 
Gauchesberg. Endlich der Gau- 
ger, Coiche-er, grosser Berg bei 
Kocherstetten in Würtemberg. 

Guildford, Stadt in der Graf- 
schaft Surrey im südlichen England 
am Wey(gwy Bach), Guildford selbst 
bedeutet Furth über diesen gwy 
oder giolaid kl. Bach. 

Gülten, früher auch Gelten, der 
vertragsmässige Zins, den der Nutz- 
niesser von seinem Zinsgute dem 
Herrn gab, latein. laudemium. Gült 
kommt vom kimbr. Ayllid, zu deutsch 
Rente, Taxe; Gelt, vom gäl. geallta, 
das Versprochene, von geallaim ver- 
sprechen, zusagen; geallheisstauch 
das Unterpfand, weil der Rückgriff 
auf das Gut vorbehalten blieb, 


Gündlingen — Güterslo. 


Gündlingen, alt Gundiningen, 
za deutsch Waldort, Waldhausen, 
von gund, gwind, gwidd Wald und 
linn, lonn Ort oder glinn Veste,. 

Guines, alt Guisnae, zu deutsch 
Wassermänner, Seeleute, von gwysg 
Wasser und nae Männer. Guines 
war eine alte Grafschaft und um- 
fasste das Land um Calais von Gre- 
velingen bis Wissant. Das Schloss 
von Guines oder die heutige Stadt 
liegt auf einem Hügel im Binnen- 
lande. Calais, der grössteOrt der 
Landschaft, bedeutet Seehafen, von 
cala. 

Gäns, alt Guntia, Bach in Bayern, 
vom gäl. gun reissender Bach und 
di klein. 

Günzburg, am Einfluss der Iller 
in die Donau im Burgau, alt Guntia, 
d.h. Burg, von gann Burg, latinisirt 
guntia, eine Adjectivform, wozu ci- 
vitas oder urbs gedacht wurden. 
Günzburg war eine feste Stadt, ein 
Römercastell gegen die deutschen 
Hermunduren, welche später das 
Bojerland eroberten, und nach die- 
sem jetzt Bayern genannt werden. 

Guipuscoa, diejenige der drei 
baskischon Gebirgs- und Wald- 
landschaften, welche zunächst dem 
Meere bei San Sebastian liegt. Der 
Name von gmwy Wasser, pisk oder 
pusk Busch und ia Land. Die bei- 
den andern sind Biscaia (blos 
Waldland) und Alava (Hochland). 

Güterslo in Westphalen, alt Gute- 
resloh, ander Sonner Haide (Tannen- 
haide), zu deutsch Grosswaldort, von 
coid Wald, aras Burg und Ile Stätte, 
Hier im Sandlande wächst dasKorn, 


- 571 — Gützkow — Guntershausen. 


aus welchem der echte Pumpernickel 
in Laiben von 20 bis 40 Pfund ge- 
backenwird. Erbesteht bekanntlich 
aus grob gemahlenem Roggenmehl 
samınt der Kleie und schmeckt aro- 
matisch kräftig, etwas süsslich, fällt 
schwer ins Gewicht, hält sich aber 
lange frisch. Gütersioh gehörte 
gleich Wiedenbrugg, Hoersebrock, 
Rheda und Stromberg in die Graf- 
schaft Suderlage (klein Bachort 
di-tur-loc), der südliche Theil der 
Gegend in die Grafschaft Stromberg 
(drom Bergrücken). 

Gätzkow in Pommern, alt Coh- 
zegowa, Waldort, von coed Wald 
und kau eingehegter Ort. 

Gundinger, Waldvölker, von 
Cunt, qgund, coed, gwydd Wald. 
Gundinger kommen in der Longo- 
bardischen Stammsage vor, wo 68 
heisst, beim Auszuge habe Ebbe 
oder Ibor die Jüten und Aage oder 
Ayo die Gundinger geführt. Dar- 
nach stammte ein Theil der Longo- 
barden aus Waldstrecken, wo aber 
diese lagen, etwa an der Hunte, der 
Namensähnlichkeit wegen? Hunte 
kommt aber von ean Wasser. Ibor 
der Edle, von borr edel, reich; 
Ayo wohl von aighe hoch und 0 
Mann, woher auch Hagen, aigh-an. 

Gundorf, Burg-Dorf, von gan, 
gun Burg, es könnte auch Walddorf 
bedeuten, von gund Wald, und 
ebenso Wasserdorf, von gun Was- 
ser. Es liegt unterhalb Leipzig an 
der Luppe und am Bosenthalwald. 

Guntershausen am Zusammen- 
fiuss der Fulda und Edder in Nieder- 
hessen kann als Berghausen erklärt 


Gunsenhausen — Gurk. 


werden, wie Cunters, ein Dorfname 
in Rhätien, der aus cuanna Berg 
und /uaras Häuser zusammenge- 
setzt ist. Gunter ist indess ein 
Mannsname, — alt Gundihar, Gun- 
dikar, — der Waldmann bedeutet, 
von gund, gwydd, coed Wald und 
air Mann. Der Konnenberg bei 
Plüderhausen in Würtemberg kommt 
von cuanna. Das Haus Conne- 
burg bei Zehndenik in Branden- 
burg, das einst eine grosse Burg 
war, von gan Burg. 

Gunzenhausen, Stadt an der 
Altmähl, da wo sie den römischen 
Pfahlgraben durchschneidet. Name 
von gann, gant Veste und ean 
Wasser ; der Ort muss in römisch- 
keltischen Zeiten grosse militärische 
Wichtigkeit gehabt haben, da er an 
der Nordspitze des Pfahlgrabens 
gegen die Markomannen oder Her- 
munduren lag. 

Gurig, Ort in Obersachsen. Ein- 
zäunung, Gehäge, von gwrych, 8or- 
bisch heisst derselbe Ort Horka, 
kl. Berg. 

Gurk, alt Kurka, Flüsschen bei 
Klagenfurt in Kärnthen, vom gäl. 
currog kleines Wasser, Deminutiv 
von curr, auch gouer; die slavi- 


'. 


— 


— 572 — 


Gurre — Gyalifluh. 


sirte Verkleinerung davon lautet Ku- 
roiza, verdeutscht Görtschitz. 

Gurre, schwarzwälder Volksaus- 
druck für unartiges Mädchen, grie- 
chisch kore; daraus ist der Aus- 
druck Hure entstanden, Gurre hat 
diesen Sinn aber noch nicht. Im 
Kimbrischen lautet die Form gwr 
oder blos wr, entspreohend dem 
gälischen air oder oir Leute, lati- 
nieirt arius, weiblich aria, eine häufig 
vorkommende Endung bei Völker- 
namen, z. B. Teutonoari, Leute aus 
dem Norden, gleich tuathiski, d. h. 
Deutsche. 

Gusch, auch Gusty, Guzci, Guzc, 
slavisirter Bachname in Sachsen, 
vom kimbrischen gwysg Wasser. 

Gussenberg oder Gyssenberg bei 
Neresheim im Hertfeld, zu deutsch 
Waldberg, von gwydd oder cocd 
Wald und dun Berg. 

Guttenberg soviel als Kutten- 
berg, vom gälischen codadA, cuttut 
Waläberg, und dies von coed Wald 
und aith Höhe. 

Gyhum, alt Gygem, Ort im Bre- 
menschen, vom gäl. coiche Erhö- 
hung und om Ort. 

Gysliflub bei Aarau, von caid 
Hügel und il gross. 


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Fr. Nies’sche Buchdr. (Carl B. Lorck) in Leipzig. 


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