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I
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• •
WURZBURG.
EIN
KULTURHISTORISCHES STÄDTEBILD
VON
S. GÖBL,
KGL. KREISARCHIVAR.
MIT 105 ABBILDUNGEN
NACH DER NATUR AUFGENOMMEN.
VIERTE, VERMEHRTE AUFLAGE.
WÜRZBURG.
DRUCK UND VERLAG DER KGL. UNIV..DRLk"-*SREI VON H. STÜRTZ.
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V
HARVARD
UNIVERSITY
LIBRARY
0CT11 1944
^
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Alle Rechte vorbehalten.
Vorwort zur IV. Auflage.
„Natur, Geschichte und Kunst wirkten zusammen, um
die Stadt des hl. Kilian, unser Würzburg, zu einer der schönsten
und interessantesten Städte unseres engeren und weiteren Vater-
landes zu gestalten. Was Mutter Natur für ihr Lieblingskind
gethan, liegt offen zu Tage. Enger schon schliesst sich der Kreis
derer, welche die tausendjährige Arbeit der Geschichte kennen.
Sehr wenige endlich haben bis heute die Kunstschätze der
altehrwürdigen Frankenmetropole zu finden und zu heben ver-
ätanden.
Die kgl. Universitätsdruckerei von H. Stürtz will es
nun im Vereine mit dem Unterzeichneten versuchen, auf den
folgenden Blättern den Einheimischen sowohl als den Fremden
die reiche künstlerische und geschichtliche Vergangen-
heit Würzburgs zu erschliessen. Unser Büchlein soll jedem
Würzburger die Schönheiten seiner Vaterstadt in Wort und
Bild vor Augen führen, es soll aber auch draussen in der
Fremde unserer noch lange nicht nach Verdienst gewürdigten
Stadt neue Freunde werben. Wer seine Heimat liebt und zu
Ehren bringen will, sei unser Helfer!
Der bildliche Theil, dessen Herstellung manchmal in
Folge des ungünstigen Standortes einzelner Gegenstände mit be-
deutenden Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, bietet neben den
bekannten Bau- und Kunstwerken viel Neues. Engere
Schranken waren dem Texte gezogen. Derselbe wendet sich
zunächst an die grosse Zahl derjenigen, welchen die älteren und
umfangreicheren Arbeiten eines Oegg, Scharold, Heffner, Wegele
u. a. nicht bekannt oder nicht zugänglich sind. Die hauptsäch-
lichsten Ergebnisse dieser Forschungen in der Form einer mög-
~ VI -
liehst fliessenden und allgemein verständlichen Erzählung darzu-
legen, war das uns gesetzte Ziel. Das daneben auch einige be"
scheidene Früchte aus eigenem Garten auf die Tafel gelangen,
wird dem Kenner der Würzburger Stadtgeschichte nicht entgehen/
Diesen Worten, welche wir im Dezember] 1895 unserem
„Büchlein über und für Würzburg" zum Geleite gaben, ist heute,
da es zum vierten Male zum Kampfe für die schöne Mainstadt
in die Welt hinauszieht, ausser dem herzlichsten Danke für die
freundhche Aufnahme nichts beizufügen als die wiederholte Bitte,
dass alle, die irgend ein Interesse an der Hebung des Fremden-
verkehrs und an dem Gedeihen unserer Stadt haben, unser Unter-
nehmen unterstützen mögen. Denn das Ziel: dass all das Schöne
und Gute und Merkwürdige Würzburgs endlich auch allgemein
bekannt und anerkannt werde, daheim sowohl als insbe-
sondere draussen in der Fremde, ist nur zu erreichen „mit ver-
einten Kräften!"
Wer die erste Auflage des Büchleins mit seiner heutigen
Gestalt vergleicht, wird finden, dass das „Kindlein" von Jahr zu
Jahr gewachsen ist. Durch die Berücksichtigung der jüngsten
Entwicklung sowohl wie durch die neue Aufnahme verschiedener
Kunstwerke aus alter Zeit haben Bilderschmuck und Text be-
deutende Mehrung erfahren. Möge die Gunst der Würzburger
diess' erfreuliche „Wachsthum" auch in Zukunft fördern!
Würz bürg, im Juli 1901.
S. Göbl,
kgl. Kreisarchivar.
I nh alts- Verzeiehniss.
Seite
I. Rückblick auf die politische Geschichte der Stadt und des
Fiirstbisthums Wiirzburg 3
Anfänge (7. — 9. Jahrhundert) 3
Zeiten des Gedeihens (900 — 1253) 4
Jahrhunderte des Kampfes (1253— 1525) 6
Vom Bauernkriege bis zum Ausgange des 17. Jahrhunderts 9
Im Jahrhundert der Aufklärung 14
Nach der Säkularisation * 16
II. Würzbursfs Geschichte in seinen Bauten 21
Die Wohnstätten der Bischöfe 21
Der Saal- oder Bischofshof 23
Die Veste Marienberg 24
Neue Residenz 29
Bischöfliches Palais 62
Staatsbehörden und Militär 63
Alter Regierungsbau 63
K. Kreisregierung 66
Sonstige Verwaltungsbehörden 66
Justizpalast 67
Kasernen 67
Pie Stifte, Klöster und Pfarreien 68
Dom und Domstift 68
Collegiatstift Neumünster • . . 78
CoUegiatstift Haug 81
Ritterstift (vorher Benediktiner- Abtei) St. Burkard .... 83
Benediktinerklöster ' 85
Johanniterorden 86
Deutschhaus 86
- VIII -
Seite
Cisterzienser, Klarissen u. a. Orden 86
Jesuiten, Kapuziner, Ursulinerinnen etc. ....... 87
Pfarreien 91
Die Universität mit ihren Attributen . -95
Das Juliusspital 118
Die Bauten der Stadtgemeinde 122
Rathhaus 122
Die Marienkapelle " 129
Das Bürgerspital 130
Andere städtische Stiftungen 132
Schulen 133
Verkehrsanstalten ... 135
Bahnhöfe 135
Brücken 136
Bürgerhäuser 140
Gesundheitspolizei 146
Wasserversorgung und Brunnen 149
Glacis und Käppele 152
III. Modernes Leben • . 157
Register 164
Verzeichniss der Illustrationen 169
Rüokbliok auf die politisohe Gesohiohte der
Stadt und des Fürstbistiuns Würzburg.
AnfflnKe (7. — 9. Jahrhundert).
t liegt zwischen jener ersten Ansiedel-
^ , _. ^on der nur prähistorische Funde sprechen, und
_ ^ii zwischen dem Tage, an dem das Licht der urkund-
lichen Geschichte Ober der Stadt Würzburg aufgeht.
Rom's Adler dringen vor bis zum Untermain, die Fluthen der
Völkerwanderung brausen Ober Europa hinweg, hier hat keine
dieser gewaltigen Epochen Spuren hinterlassen.
Geschichtliche Dämmerung deckt noch zu Anfang des 7. Jahr-
hunderts die Maingegenden. Thüringisches Volk wohnt hier, nicht
mehr eigenen Königen gehorchend, sondern dem Scepter und
Schwerte der fränkischen Merovinger sich beugend. Herzoge, die
als Beamte der Merovinger in Thüringens Gauen walten, sitzen
oben auf dem Castellum Virteburch, das zum erstenmale im Jahre
704 aus der Dunkelheit hervortritt Wenige Jahre vorher hat der
Schotte Kilian mit zweien Genossen den Christenglauben hier ge-
predigt und das Begitmen, den getauften Herzog Gozbert von
Quellen: WtgElc, Fri. X.. GctchichiHche Einltliann la dem bisloriichen Alban
Aa Sliill Wünbuig (Würzlia^, $»1id ilif,; Scbiffler, A., Gründunit und em« Enl-
nickdung der Stuji Würzburg (WOntin^, SiBni 1S7C); J. A. Ot%^, Eni Wickel ur^igt-
KhichTc der Stadt Wanbnrg, hcnuur;cg(ben van A. ScbiCfler (Wünbare. Sidru iSSo];
Wtgdt, Fn X.. G«(bichie J»t üniversiUi Wänborg (WOribiirg. Stibel iSSijjSrb..
rg Id, K. C wanbnrg and teiai Umgebungen (iBiQ.
- 4 -
seiner blutsverwandten Gemahlin Geilana zu trennen, mit dem
Leben gebüsst (689).
Zwischen 716 und 719 verschwinden die Herzoge plötzlich
wie spurlos, das Land erscheint wieder unmittelbar unter der
Merovinger und Karolinger Gewalt, mächtig strOmt das fränkische
Element ein und verdrängt thüringischen Namen imd Einfluss fllr
immer.
Unter Karl Martells Schutze nimmt Bonifatius das Werk, das
Kilian unvollendet hinterlassen, in entscheidender Weise wieder
auf und gibt den kirchlichen Verhältnissen dauernde Ordnimg imd
Gestalt. Das Bisthum Würzburg entsteht (741/42). Auf der Burg,
wo seit Hetan's Zeit eine christliche Kapelle sich befand, nimmt
Würzburgs erster Bischof, der heilige Burkard, seinen Sitz.
Zerstreute Gehöfte lagen damals in der Ebene unterhalb des
Kastells, ein Dorf, noch keine Stadt.
Ihre Geburtsstunde schlug, als Burkard an der Stelle, wo
heute die Stiftskirche von Neumünster über der Gruft Kilian's sich
erhebt, die bischöfliche Kathedrale errichtete und neben ihr seine
Wohnung aufschlug.
Schön in der karolingischen Periode tritt der Ort immer be-
deutsamer hervor, Karl der Grosse feiert im Jahre 792 hier das
Weihnachtsfest, eine königliche Münzstätte lag innerhalb des Weich-
bildes. Aber erst in der folgenden Epoche (zwischen 920 und 1000)
umgürtete sich die junge Stadt* mit ihrer ersten Mauer, die im
Wesentlichen den jetzigen ü. und III. Distrikt umspannte. Die
Burg imd das Mainviertel blieben ausserhalb derselben.
Zeiten des Gedeihens (900—1253).
Als „eine Zeit des sichtbaren Wachsens und Gedeihens unter
der Gunst der Kaiser und der Leitung ausgezeichneter Bischöfe"
kennzeichnet sich das zehnteJahrhundert. Insbesondere gegen
das Ende desselben, als Bischof Heinrich I. (995—1018) auf dem
Stuhle des hL Burkard sass, dehnte sich die Stadt nach allen
Richtungen hin aus. Ihn nennen die Kollegiatstifte Neumünster
und Haug und das später in ein Benediktinerkloster umgewandelte
Stift St. Stephan ihren Gründer.
Was im Zeitalter der Ottonen so glücklich begonnen worden,
setzte sich in der Epoche der fränkischen Kaiser, wenn
auch in langsamerem Schritte, fort.
Die wichtigste Verändemng, die, mit ihren Wurzeln bis in*s
8. Jahrhundert zurückreichend, jetzt (1030) zum Abschlüsse gelangt,
ist die Vereinigung fast sämmtlicher Hoheitsrechte in der Hand
der Bischöfe. Aus einer kaiserlichen ist Würzbvwg eine bischöf-
liche Stadt geworden.
Bevölkerung und Verkehr sind im V/achsen, ausserlialb der
Altstadt beginnen die Vorstädte von St. Stephan, Hang und an
der Pleichach sich zu entwickeln.
Die Stadt hat ihre Kindheit hinter sich, kraftvoll greift sie ein
in das politische Leben jener Zeit. Als Bischof Adalbero, gleich
anderen seiner Standesgenossen auf der Seite des Papstthums
stehend, gegen den Kaiser sich erhebt, bleibt sie diesem treu und
zvräigt den Bischof, in die Verbannung zu gehen. Bald ist die
päpstliche, bald die kaiserliche Partei Herrin der Stadt, nicht weit
Romanischer Kreuieang ins dem Stift Neumüns
von ihren Mauern wird im Jahre ro86 eim
des ganzen Jahrhunderts geschlagen,
unterliegt.
Nachdem noch unter Kaiser Lothar, „der so häufig in
Würzburg sich aufhielt, dass man sich versucht filhlt, es ftlr seine
Ihatsflchliche Residenz zu halten," die Wogen sich geglättet hatten,
begannen mit der Herrschaft der Staufer glänzende Tage
lür unsere Stadt. „Zwischen ihr und den Bischöfen, die von jetzt
an den Herzogstitel führten, herrschte die längste Zeit ungestörte
Eintracht, die auf die beiderseitige Hingebung an das Kaiserhaus
- 6 -
gegründet war." Noch heute weiss fast jeder Würzburger zu er-
zählen, dass Friedrich I. seine Hochzeit mit Beatrix von Burgund
hier gefeiert, hier seine wichtigsten Reichstage gehalten hat. Nicht
minder lebendig ist die Erinnerung an den grossen Sänger der
Stauferzeit, Walther von der Vogelweide, geblieben, dessen Ge-
beine im Kreuzgange des Stifts Neumünster ruhen.
Unter der Sonne kaiserlicher und bischöflicher Huld gedieh
die Stadt jetzt zu immer stattlicherem Ansehen. Die Aecker und
Gärten, die noch bis vor Kurzem einen nicht kleinen Theil des
Raumes innerhalb der Stadtmauern eingenommen hatten, bedeckten
sich mit stattlichen Bauten kirchlicher und profaner Bestimmung.
Jahrhunderte des Kampfes (1253— 1525).
Je kräftiger die Stadt, auf ihre günstige Lage, ihren Weinbau
und ein reichentwickeltes Handels- und Gewerbeleben sich stützend,
in der Epoche der Staufer emporwuchs, desto mehr regte sich
naturgemäss in ihr der Drang nach Selbständigkeit. Noch stand
sie völlig unter der bischöflichen Herrschaft. Die liürgerliche Ge-
richtsbarkeit übten Schöffen unter dem Vorsitze von Schultheissen,
die der Bischof aus seinen Dienstmannen bestellte. Ein Stadtrath
existirte nicht. Erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts wird ein
solcher genannt. Nicht im Einvernehmen mit dem Bischof Her-
mann, dem gewaltigen Begründer der landesherrlichen Gewalt,
vollzog sich die Entwickelung, im Kampfe gegen ihn und seinen
Nachfolger Iring usurpirte sich die Stadtgemeinde das Recht, einen
Stadtrath und Bürgermeister sich zu setzen, die immer mehr an-
wachsenden demokratischen Elemente der Handwerker in Zünfte
zusammenzufassen, des Bischofs Münze zu prüfen und beziehungs-
weise zu verwerfen, Stadtsiegel und Thorschlüssel im alleinigen
Verwahr zu halten, die Geistlichkeit zur Tragung der städtischen
Lasten beizuziehen etc. Einmal im Besitze dieser Rechte konnte
dann die Stadt auch den letzten und höchsten Gipfel, die voll-
kommene Befreiung von jeder bischöflichen Gewalt, die Reichs-
unmittelbarkeit, erreichen.
Anderthalb Jahrhunderte wogte der Kampf, unterbrochen
durch bald kürzere, bald längere Pausen der Ruhe oder der Er-
mattung, ohne rechte Entscheidung hin und her.
Die einzelnen Stadien dieses Ringens zu verfolgen, ist hier
nicht der Platz. Bewunderungswürdig bleibt die zähe Kraft, mit
der die Stadt selbst nach den härtsten Schlägen immer wieder sich
emporrafft. Schien doch ihr Schicksal im Jahre 1357 bereits be-
siegelt. Alle Autonomie hat sie damals verloren, Stadtrath und
Zünfte wurden aufgehoben, viele wohlhabende Familien schüttel-
ten Würzburgs Staub von ihren Sohlen und wanderten nach Nüm-
- 7 -
berg aus. Und doch, nicht zwei Jahrzehnte später tritt sie aufs
Neue gegen Bischof Gerhard (1372—1400) in die Schranken, sie
unterliegt abermals {1374). Zwanzig Jahre vergehen, dann erhebt
sie sich zum gewaltigsten Kampfe, den sie je geführt. Im Bunde
mit den übrigen Städten des Hochstifts lässt sie sich durch König
Wenzel unter die Städte des Reiches aufnehmen, der Reichs-
adler prangt an ihren Thoren, der Gipfel ist erklommen. Rasch
aber und vernichtend folgt der Sturz. Wenzel lässt die Städte
im Stich, im Friedhofe von Bergtheim findet die Blüthe der Würz-
burger Bürgerschaft unter den Streichen des bischöflichen Heeres
ihr Grab (1400, Januar 11).
Krieg war nicht die einzige Plage, welche das 14. Jahr-
hundert über unsere gute Stadt gebracht hat. Pestartige Seuchen,
wie sie das ganze Mittelalter hindurch und noch tief in den fol-
genden Zeitraum hinein in allen volkreicheren Städten mit unheim-
licher Regelmässigkeit wiederkehren, haben damals auch hier
furchtbare Ernte gehalten (1312, 1356, 1363). Ebensowenig ist ihr
das Trauerspiel unmenschlicher Judenverfolgungen erspart geblie-
ben (1348).
Trotz alledem regt sich der Bürgersinn mächtig und die
schönsten Bauten der Gemeinde, die reichsten Stiftungen werk-
thätiger Nächstenliebe sind in jener Periode aufgeblüht.
Auch den Bischöfen jener Epoche hat die Stadt manches zu
verdanken. Insbesondere hat Bischof Otto von Wolfskehl (1335—45),
unter den Würzburger Kirchenfürsten des 14. Jahrhunderts ohne
Frage der ausgezeichnetste, um die Ordnung der städtischen
Rechtspflege und Polizei hohe Verdienste sich erworben.
Die beiden ersten Jahrzehnte des 15. Jahrhunderts ver-
liefen leidlich ruhig. Die Stadt, deren politische Entwickelung seit
dem Treffen von Bergtheim in absteigender Linie sich bewegt,
erholt sich verhältnissmässig rasch wieder, wie sie denn in diesem
ganzen Zeitraum noch in einer freien und würdigen Stellung sich
behauptet. Ohne nachhaltige Wirkung für sie blieb die Errich-
tung einer Universität durch den Bischof Johann von Egloffstein
(1400— 1411), da die neue Schöpfung sehr rasch der Ungunst der
Zeit und anderen Ursachen erlag. Wie weit das „grosse Ster-
ben", welches zum Jahre 1423 die Chronik verzeichnet, den Tod
der ersten Universität beschleunigt hat. vermögen wir nicht zu
bestinunen. Bald darauf brachte dann der hochbegabte, aber
unruhige Bischof Johann von Brunn (141 1— 1439) schwere Finanz-
«oth und innere Wirren aller Art über das Hochstift. Die Stadt
wurde in den Strudel hineingezogen, hatte jedoch jetzt an dem
Domkapitel und an der Ritterschaft Bundesgenossen. Bessere
Tage kamen, als Rudolph von Scherenberg den Stuhl des hl. Bur-
kard bestieg (1466— 1495). Damals hat die Buclidruckcrkurst ihren
Einzug in Würzburg gehalten und der Humanismus auch hier
Pflege und Verehrer gefunden. Gleichzeitig aber flog auch ein
Sturmvogel auf, der dem Lande tmd der Stadt die Prüfungen
vorausköndete, die wenige Jahrzehnte später kommen sollten.
Am 19. Juli 14715 loderte auf dem Schottenanger dahier ein Scheiter-
haufen, der den „Pauker von Niklashausen", der Urheber einer
bis in die höheren
Klassen der Gesell-
schaft hinaufrei-
chenden revolutio-
nären Bewegung,
verzehrte. Die I deen
lebten weiter.
Friedlich und
segenverheissend
nahm das 16. Jahr-
hundert seinen
Anfang. Bischof
Lorenz von Bibra
(1495 - 1519) war
ein müde denken-
der, feinsinniger
Mann, der Wissen-
schaft und den Kün-
sten hold. Gelehrte
und angesehene
Männer lebten da-
mals in Würzburg,
vor Allem der
Schottenabt Johann
Trithemius, derers-
, ten einer in Deutsch-
lands humanisti-
schen Kreisen (f
Bildniss Tilmann Riemenschneidera, 1516)- Mitundtheü-
(im B«iiK dc> Frink, Kunii- urd Aiierihnmjvercbi.) weisc nach ihm sind
zu nennen der „gol-
dene Ritter" Sebas-
tian von Rotenhan, als Gelehrter, Staatsmann und Krieger
gleichberühmt, der Philologe Engelhard Funk, Dekan im Stift
Neumünster, der um Würzburgs Geschichte und Archiv hochver-
diente Lorenz Fries, endlich Frankens trefflichster Bildhauer, Til-
mann Riemenschneider.
Die beiden letzten Namen sind eng verknüpft mit der Kala-
- 9 -
Strophe, die nun über Würzburg hereinbricht, denn Fries ist der
Geschichtsschreiber, Riemenschneider einer der Führer des
„Bauernkrieges".
Einem rasenden Strome gleich überfluthet diese sozialdemo-
kratische Bewegung, der Luthers Lehre von der christlichen Frei-
heit und Gleichheit aller Menschen den Weg geöffnet hat, das
Hochstift und stürzt in gewaltigem Anprall die bisherige Staats-
ordnung in Trümmer. Die Bürgerschaft Würzburgs, durch Steuern
und andere Lasten gedrückt, über eine nicht ganz parteilose und
schleppende Rechtspflege erbittert, von radikalen Elementen be-
einflusst, den andrängenden Bauernhaufen gegenüber machtlos,
schliesst sich der Revolution an. Der Fürstbischof Konrad von
Thüngen flieht nach Heidelberg, das ganze Land ist in den Hän-
den der Aufrührer, nur die Marienburg steht noch unerschüttert.
An ihren Mauern, die Sebastian von Rotenhan mit einer kleinen,
kriegsgeübten Schaar vertheidigt, brechen sich die Wellen und
fluthen zurück; der schwäbische Bund, dem das Hochstifl vor
drei Jahren beigetreten ist, erscheint ihm nun als Helfer in der
höchsten Noth und schlägt bei Königshofen a. T. und Ingolstadt
i. G. die Bewegung mit eiserner Faust nieder. Konrad von
Thüngen zieht als Sieger in die Hauptstadt ein. Was folgte, ist
oft genug erzählt worden. Tod, Verbannung und schwere Geld-
bussen waren die Strafen für die Hauptbetheiligten, die Stadt
aber, die noch einmal von voller Unabhängigkeit geträumt hatte,
verlor ihre korporative Selbstverwaltung bis auf ein geringes Mass
und sank in die Reihe der landsässigen Städte herab. Ihr Wohl-
stand wurde aufs Empfindlichste erschüttert, da sie für den Scha-
den, den die Geistlichkeit durch Plündenmg erlitten hatte, auf-
kommen musste und überdies ein Theil der städtischen Liegen-
schaften, wie die Viertelhäuser und ~ vorübergehend — auch das
Bürgerspital, von dem erzürnten Landesherm konfiszirt wurde.
Stille steht darum die Entwickelung der Stadt auch jetzt nicht,
nur ist die treibende Kraft derselben nicht mehr die Bürgerschaft,
sondern die fUrstbischöfliche Regierung. Selbstständige Regungen
des Stadtraths, der fortbestehen blieb, aber nicht mehr aus der
freien Wahl der Gemeinde hervorging, hören fortan auf, er ist
im Wesentlichen ein Werkzeug in der Hand der Staatsgewalt
geworden.
Vom Bauernkriege bis zum Ausgange des 17. Jahrhunderts.
Die Wunden, die der Bauernkrieg unserer Stadt geschlagen,
hatten sich noch nicht zu schliessen begonnen, als der sogenannte
Hessenkrieg (1528) neue Geldopfer forderte. Auch sonst wurde
die Wehr- und Steuerkraft der Gemeinde vielfach in Anspruch
- 10 -
genommen, so für den schwäbischen Bund (1529, 1531) und zu
den Türkenkriegen (1532, 1540). Kaum hatte Konrad's von Thüngen
(1519— 1540) milder gesinnte Nachfolger Konrad von Bibra (1540 bis
1544) durch die WiederhersteUung des Oberrathes die Polizei-
pflege geordnet und der Stadt das Bürgerspital in Eigenthum und
Verwaltung zurückgegeben, als eine bösartige Seuche (1542) die
ohnehin schwache Bevölkerung dezimirte. Bald stand auch der
Krieg neuerdings vor den Mauern. Der Markgraf Albrecht Alki-
biades überfiel plötzlich (1552) das wehrlose Fürstbisthum Bam-
berg, begann Nürnberg zu belagern und drohte das völlig über-
raschte Hochstül Würzburg mit Feuer und Schwert zu verheeren.
Zwar vermittelte Wilhelm von Grumbach, Berather des wilden
Markgrafen imd Feind des damaligen Würzbürger Bischofs Mel-
chior Zobel (1544—58), einen für letzteren höchst ungünstigen
Vergleich, als aber dieser vom Kaiser kassirt wurde, loderte die
Kriegsflamme von Neuem auf. Unsere Stadt hatte sich inzwischen
in guten Vertheidigungszustand gesetzt, bei welchem Anlasse alle
ausserhalb der Thore gelegenen festen Gebäude, darunter das
Bürgerspital imd die Kirche des Stifts Hang demolirt wurden (1553).
Der Markgraf wagte keinen Angriff. Nach seinem Tode (1557)
verfolgte Grumbach die Ansprüche, die er aus dem Vergleiche
des Jahres 1552 für sich herleitete, auf dem Wege der Selbst-
hilfe. Mit Gewalt wollte er sich der Person des Fürstbischofs Mel-
chior bemächtigen und so das Hochstift zur Anerkennung seines
vermeintlichen Rechts und zur Herausgabe seiner konfiszirten
Besitzungen zwingen. Der Versuch endigte mit der Tödtung Mel-
ehior*s am 15. April 1558. Nun war ein friedlicher Austrag zwi-
schen Grumbach und dem Hochstift ein für allemal unmöglich
geworden. Nur mit dem Schwerte in der Faust konnte Ersterer
sein Ziel erreichen. Am 4. Oktober 1563 überfiel er die Haupt-
stadt und nahm sie, da alle Massregeln zur Vertheidigung unter-
blieben waren, fast ohne Widerstand ein. Die Domhermhöfe,
das Kloster S. Stephan und die Wohnungen der fürstbischöflichen
Räthe wurden geplündert. Am 8. Oktober räumte Grumbach die
Stadt, nachdem er das Domkapitel zu einem seine Ansprüche
befriedigenden Vergleiche genöthigt hatte. Die Pest blieb zurück.
Eine Zeit äusserer Ruhe folgte für die Stadt, im Innern aber
begann ein neuer Kampf, nicht mehr um die politische Unab-
hängigkeit, sondern um die religiöse Freiheit. Die neue Lehre
hatte auch in Würzburg, im Klerus sowohl als in der Bürger-
schaft, zahlreiche Anhänger gefunden. Allerdings war ihr der
Bischof Konrad von Thüngen sofort mit Entschiedenheit entgegen
getreten und hatte sich eifrig bemüht, durch eine Reform der
Geistlichkeit und des kirchlichen Lebens der Gefahr die Spitze
abzubrechen, aber demungeachtet ist die Bewegung bis zur Re-
- 11 -
gierung des Fürstbischofs Friedrich von Wirsberg im Anschwellen
begriffen.
Um die „widrige Religion" aus dem Hochstifte und in erster
Linie aus der Residenzstadt zu verdrängen, hat Bischof Friedrich
im Jahre 1567 die Jesuiten hierher berufen und ihnen das Agneten-
kloster, das infolge der Reformation verödet war, zur Wohnung
angewiesen. Gleichzeitig wurde dem Orden die Leitung der neu-
gegründeten Parlikularschule übertragen.
, Das Werk, das Bischof Friedrich (1558—73) begonnen, hat
sein grosser Nachfolger Julius (1573-1617), „einer der fähigsten
Herrscher seiner Zeit, der
wirkungsreichste, der je
auf dem Stuhle des hl. Bur-
kard gesessen", mit rück-
sichtsloser Konsequenz
und gewaltiger Thatkraft
vollendet.
Die Gründung oder
vielmehr die Wiederher-
stellung der Universität
{1582) steht bekanntlich
im engsten Zusammen-
hange mit dem System
der Gegenreformation.
Julius wollte sich vor Allem
der heranwachsender Ge-
neration versichern.
Von weicher Bedeut-
ung diese That für unsere
Stadt geworden ist wie ^^^ M^pelbru^n/
die Universität auf das J ^
geistige, soziale und wirth-
schaftliche Leben Würzburgs im Laufe von drei Jahrhunderten
gewirkt hat und heute noch wirkt, kann hier nur angedeutet
werden.
Nicht minder folgenreich war jene andere Stiftung, die den
Namen des Bischofs Julius und mit ihm den Ruhm Würzburgs
weit über Frankens Grenzen hinausgetragen hat: das Juliusspital.
Unerbittlich war Julius in Verfolgung seiner gegenreforma-
torischen Pläne. Er Uess den zahlreichen und meist wohlhaben-
den Protestanten, welche im Jahre 1587 noch in Würzburg
wohnten, nur die Wahl, zur alten Kirche zurückzukehren, oder
ihre Güter - mit Zurücklassung eines Drittels der Verkaufssumme
— zu veräussern und auszuwandern.
- 12 -
Damit ist aber die weitumfassende Thätigkeit dieses Fürsten,
soweit sie auf unsere Stadt sich erstreckt , noch keineswegs er-
schöpft. Die Neuorganisirung der Bürgerwehr, die Wiederher-
stellung der verfallenen Befestigungen, die Reformation des Stadt-
und Brückengerichtes sowie der Polizeibehörde fallen in seine
Zeit. Besondere Sorgfalt wendete er der Verschönerung der
Residenzstadt (Schlossbau) und der Pflege der Gesundheits-
polizei zu.
Ein Jahr vor dem grossen Kriege starb Julius. Eine trübe
Zeit bricht an, und wenig Erfreuliches ist zu erzählen. Zu Hun-
derten flammen in und um Würzburg die Holzstösse empor, auf
denen die Opfer des entsetzlichen Hexenwahnes ihr Leben lassen
müssen, in den Kirchen liegt das Volk auf den Knieen und betet
um Erlösung von dem „Laster aller Laster", das zu strafen der
Himmel Theuerung, Verderbniss des Weinstocks, Krankheiten
und Kriegsnoth über Stadt und Land verhängt hat! Gustav
Adolf erscheint vor den Thoren Würzburgs, die fast ohne Wider-
stand sich ihm aufthun. Mit stürmender Hand wird die Feste
Marienburg genommen (1632, Oktober). Die schwedisch-weimarische
Zwischenregierung (1632— 1634) ninmit ihren Anfang und droht,
das Lebenswerk des Bischofs Julius zu vernichten; im Dome zu
Würzburg wird protestantischer Gottesdienst gehalten. Theuerung,
Noth, Elend aller Art häuft sich in der Stadt. Der Sieg der
katholischen Partei bei Nördlingen (6. September 1634) befreit
Würzburg von der Fremdherrschaft, nicht von den Lasten des
Krieges. Namentlich gegen das Ende zu (1647) wuchsen Durch-
märsche, Brandschatzungen und Plünderung schier in's Unerträg-
liche.
Als endlich, endlich der Friede wieder eingekehrt war, begann
der weitschauende, energische Fürstbischof Johann Philipp von
Schönborn (1642—73) alsbald gegen neuen Krieg sich zu sichern.
Zunächst erhielt der Marienberg eine nach den besten Regeln
damaliger Fortifikationsbaukunst angelegte Befestigimg. Dann
wurde mit grossem Kostenaufwande die ganze Stadt mit . einem
mächtigen Gürtel aus hohen Wällen, starkgefügten Mauern, breiten
und tiefen Gräben, im Systeme Vauban's, umspannt. Ueber 130
Jahre dauerten diese Arbeiten; 1786 wurde das letzte der sechs
Thore, die den Mauerring durchbrachen, aufgerichtet. Man konnte,
von Aussen kommend, glauben, eine völlig neue Stadt sei ent-
standen, so vollständig hatte sich ihr Aussehen verändert
Die erste Probe bestand die Festung im Jahre 1688. Eine
französische Truppenabtheilung streifte bis vor Würzburg und
warf auf dem Nikolausberge eine Batterie auf, zog aber, als die
verlangte Uebergabe verweigert wurde, schnell wieder von dannen.
- 14 -
Im Jahrhundert der Aufklärunsr.
Frischeres Leben regt sich allenthalben. Rechtspflege, Schul-
und Unterrichtswesen, sämmtliche Zweige der Verwaltung und
Polizei erfahren mehr oder minder eingreifende und nachhaltige
Verbesserungeij , Kunst und Litteratur finden in immer weiteren
Kreisen Verständniss und Pflege, ein Staat wetteifert mit dem
andern in Beförderung der neu auftretenden Industrieen, in Aus-
dehnung des Handels und Verl^ehrs. Würzburgs Fürstbischöfe,
fast durchweg ausgezeichnete Männer, stehen in diesem Wett-
streite mit unter den vordersten ihrer geistlichen und weltlichen
Standesgenossen. Ihre Hauptsorge wenden sie der Residenzstadt
zu. Hier wollen sie gleichsam ihr Meisterstück schaffen, das sie
dann mit berechtigtem Selbstgeftlhle den jetzt immer häufiger in
Würzburg einkehrenden fremden Fürstiichkeiten und anderen
Personen „von Distinktion" zeigen.
Fruchtbar an Werken des Friedens, der durch den spanischen
Erbfolgekrieg nur kurz unterbrochen wurde, ist schon die Regier-
img Johann Philipp's von GreifFenklau (1699— 1719). Er war „ein
Freund von Festlichkeiten, ein Förderer öffentlicher Pracht**, der
u. A. die Universitätskirche mit dem himmelanstrebenden Thurme
vollständig wieder hergestellt, den herrlichen hinteren Flügel des
Juliusspitals neuerbaut, dem Stift Neumünster durch Errichtung
eines Portals ein imposanteres, wenn auch nicht stylgerechtes
Aussehen gegeben und die Erweiterung des Jesuitenkollegiums
begonnen hat.
Noch bedeutsamer für die Entwickelung unserer Stadt ist die
kurze, aber inhaltsreiche Regierung des Fürstbischofs Johann
Philipp Franz von Schönborn (1719— 1724) geworden. Er war es,
der den Grundstein zu der neuen Residenz am Rennwege gelegt
und seinem Geschlechte in der an den Dom angebauten Schön-
bornkapelle ein prachtvolles Mausoleum errichtet hat. Ihm gebührt
das Verdienst, durch Schaffung einer städtischen Bauordnung und
Einsetzung einer Baukommission, welcher u. A. der berühmte
Architekt Balthasar Neumann angehörte, eine neue Periode er-
öffnet zu haben, während welcher Würzburg allmählich mit so
soliden und imposanten Gebäuden verschönert wurde, dass es
hierin nur wenigen deutschen Städten jener Zeit nachstand. Auch
dem Stadtrathe zeigte sich Schönborn gewogen: er bestätigte
demselben die alten Privilegien und gab ihm zugleich eine er-
weiterte imd zweckmässigere Ordnung.
Der Herrschaft des Fürstbischofs Christoph Franz von Hütten
(i724.;29), unter dem Johann Georg von Eckhart, ein Gelehrter
ersten Ranges und ausgezeichneter Geschichtsschreiber, hier lebte
und arbeitete, folgte die Regierung des vortrefflichen und nach
- 15 -
allen Seiten hin unermQdet thätigen Friedrich Kari von Schönbom
(1729—1746). Der politische Horizont war, von einigen Wölkchen
abgesehen, ungetrübt, so dass der Fürst seine Zeit und Kraft fast
ungetheilt den Werken des Friedens widmen konnte. Jetzt (1744)
wurde nach zwanzigjähriger Bauzeit die neue Residenz ihrer
äusseren Vollendung zugeführt, ein wunderprächtiger Palast, die
schönste Zier unserer Stadt.
Die städtische Polizei wurde den Anforderungen der Zeit
entsprechend umgestaltet, die Zufuhr und der Verkauf des Brenn-
holzes in der Stadt neu geregelt. Eine für die Universität und
die Mittelschulen geltende Studienordnung und die erste um-
fassende Hebammen-Ordnung fallen gleichfalls in die Zeit Friedrich
Karls. — Handel und Industrie suchte er durch Beiziehung italie-
nischer Kaufleute, durch Anlegung einer Wollmanufaktur, einer
Tabaksfabrik etc. zu heben.
Wie ein imglaublicher Rückfall in alte Barbarei erscheint uns
angesichts all dieser Fortschritte jenes Ereigniss, das unter
Friedrich Karls zweitem Nachfolger, Karl Philipp von GreifFenklau
(1749/54), den Ruhm Würzburgs verdunkelt hat: die Hinrichtung
der „letzten Hexe" Renata Sänger, Subpriorin des Klosters Unter-
zell (1749).
Ernstere Zeiten hat das Hochstift unter der Regierung Adam
Friedrichs von Seinsheim (1755—79) gesehen. Der siebenjährige
Krieg, welchen die Würzburgischen Truppen im Heere des Kaisers
mitfochten, mehrte nicht nur die Schuldenlast des Staates beträcht-
lich und zwang zur Oeffnung neuer Finanzquellen (Lotto, Karten-
stempel, Tabakmonopol), sondern er verheerte auch einige Aemter
des Hochstifts unmittelbar » imd brachte die feindlichen Truppen
einmal (1759) in sehr bedenkliche Nähe der Hauptstadt. Allge-
meine Bestürzung riss ein, Geistlichkeit und Adel begannen ein
eiliges Flüchten. Doch ging die Gefahr ebenso rasch, als sie ge-
kommen, vorüber. Des Krieges Last drückte noch drei Jahre
auf Land xjfad Stadt, insbesondere hatten beide unter den Ein-
quartierungen französischer, sächsischer und württembergischer
Truppen schwer zu leiden.
Als dann der Friede zurückgekehrt war, nahm Adam Fried-
rich, ein hochbegabter und hochstrebender Fürst, das imterbrochene
Werk der Umgestaltimg des ganzen Staatslebens mit Eifer und
Erfolg wieder auf. Insbesondere suchte er den Wohlstand des
Hochstifts zu heben, indem er dem Handel durch Verträge mit
Mainz und Bayern, durch Verbessenmg des Strassenbaues, durch
Förderung der MainschifFahrt, neuen Aufschwung gab und Würz-
burg durch Errichtung eines Krahnens, Erbauung von Lagerfiäusern
und andere Anordnungen zum Mittelpunkte des „Kommerziums"
erhob. Weitere Massregeln zur Förderung der materiellen Inter-
- 16 -
essen waren die Gründung einer Seidenbau-Gesellschaft und einer
Immobiliar-Feuerversicherung, Verbesserung der städtischen Armen-
pflege, Massnahmen zur ausreichenden Versorgung des 1770 von
einer Fruchttheuerut^ heimgesuchten Landes mit Getreide u. A.
Dass daneben die höheren geistigen Interessen keineswegs ver-
nachlässigt wurden, ist bekannt Adam Friedrich hat insbesondere
um das Volksschulwesen grosse Verdienste sich erworben, er hat
auch die Aenderungen, welche in der Organisation der Universität
und des Gymnasiums in Folge der Aufhebung des Jesuitenordens
nothwendig geworden waren, mit Geschick durchgeführt Ein
Freund der Kunst und
Musik, feiner Geselligkeit
geneigt, gestaltete er sei-
nen Hof und seine Resi-
denzstadt zum Mittel-
punkte eines heiteren und
ungezwungeneren Le-
bens. In dem neuen
Schlosse (Ührte die Hof-
kapelle unter persönli-
cher Leitung des FQrst*
bischofs Operetten auf,
in einer Bretterhütte {erst
am Graben, dann auf dem
Markt) spielte fÜT die
„Gesellschaft" und das
„Publikum" die Hge'sche
Schauspiel-Truppe,
öffentliche Konzerte wa-
ren keineSeltenheit mehr.
Fremden von „Distinc-
tion" wurden gerne und
mit Stolz die Sehenswürdigkeiten WOrzburgs gezeigt: derwunder-
volle Residenzbau, der Hofgarten mit seinen heiteren Statuen und
seltenen Pflanzen, das Juiiusspital, die „anatomische Kammer",
die reichhaltige Uni versitäts-Bibiiothek, die Festung auf dem Marien-
berg mit dem neuen Arsenal und den grossartigen Kelleranlagen.
Am 18. Februar 1779 starb Adam Friedrich. Sein Nachfolger
war Franz Ludwig von Erthal {i779'95), nach dem grossen Julius
der bedeutendste unter allen Würzburger Fürstbischöfen. Es ist
hier nicht der Raum, um auch nur im Vorbeigehen seine vielen
Verdienste zu würdigen. Wie ernst und gewissenhaft, ja ängst-
lich er es mit der Erfüllung all seiner, auch der kleinsten Regenten-
pflichten nahm, wie er überall und immer nur als den ersten
Diener des Staates sich betrachtete und die Interessen seines
Franz Ludwig von Erthal.
- 17 -
Volkes in jeder Weise zu fördern suchte, wusste die gebildete
Welt seiner Zeit schon ebenso hoch zu schätzen wie die von heute.
Das Hochstift galt damals als einer der bestregierten Staaten im
deutschen Reiche, Wtirzburg als eine glückliche Stadt Ihr Ge-
deihen lag ja auch dem Herzen des Fürstbischofs am nächsten.
Was er für die Universität (zweite Säkularfeier), das Gymnasium
und die Volksschulen gethan, kam mittelbar auch der Stadt zu
gute. Insbesondere aber verdankte sie ihm die Neuorganisation
der Armenpflege, die Verbesserung des städtischen Quartier- und
Steuerwesens, cüe Einführung einer ständigen Beleuchtung der
Strassen zur Nachtzeit und vieles andere. Die Berichte über den
Glanz, mit dem die Kaiser Leopold 11. (1790) imd Franz 11. (1792)
hier aufgenommen worden, waren in allen damaligen Zeitungen zu
lesen und trugen Würzburgs Namen weit in die Welt hinaus.
Dass unter der Regierung eines solchen Fürsten die von
Frankreich ausgehenden freiheitlichen imd revolutionären Ideen
hier keinen günstigen Nährboden fknden, ist nicht zu verwundem.
Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass die Bevölkerung
in Folge Jahrhunderte langer Abstinenz jedes Verständniss für
ein freieres politisches Leben verloren hatte, und dass es an den
Organen ziu* Bethätigung eines solchen hier ganz und gar fehlte.
Es gab keine selbstständige städtische Verwaltungs- und Polizei-
behörde, keine Vereine, keine politische Zeitung. Die Presse war
— von den in anderer Richtung wirksamen „Gelehrten Anzeigen*
abgesehen — hier nur durch ein wöchentlich zweimal erscheinendes
Nachrichten- oder Anzeigeblatt vertreten, das ausser den amt-
lichen Bekanntmachungen bloss Inserate über Käufe, Verkäufe
und dergL enthielt Und selbst dieses „Blättle", wie der Würz-
burger es zu nennen pflegte, stand unter strenger CensurI
Im Westen war es inzwischen immer dunlder imd dunkler
geworden und noch in den letzten Jahren Franz Ludwigs brach
das Ungewitter mit verheerender Gewalt los und rückte drohend
gegen Franken heran. Seine vollen Schrecken hat es dann unter
dem letzten Fürstbischof, Georg Karl von Fechenbach (1795— 1802),
über unsere Stadt ausgeschüttet. Die französische Armee dringt
in das wehrlose Hochstift ein, zwingt Stadt und Festung Würz-
burg zur Kapitulation und legt der Bürgerschaft eine Kontribution
von fünf Millionen Livres aufl Der Sieg, den im September 1796
Erzherzog Karl mit dem kaiserlichen Heere über Jourdan hart vor
den Mauern Würzburgs errang, brachte die Befreiung, aber nicht
für lange. Im Jahre 1800 fielen Stadt und Festung zum zweiten
Male den Franzosen in die Hände. Der Friede von Luneville
(1801) und der Reichsdeputationshauptschluss (1802) bereiteten
dann wie den übrigen geistlichen Staaten Deutschlands so auch
dem Hochstift Würzburg den Untergang. Sein Gebiet wurde
" 18 -
dem Kurfürsten von Pfalz-Bayern als Entschädigung für die ver-
lorenen linksrheinischen Besitzungen tiberwiesen. Am 3. Sep-
tember 1802 nahmen bayerische Truppen von der Stadt Würzburg
Besitz, am 28. November ging die gesammte Civilverwaltung von
den fürstbischöflichen an die bayerischen Behörden über.
Nach der Säkularisation.
Die erste pfalz-bayerische Herrschaft hatte eine Dauer von
wenigen Jahren (1802—1806), es drängt sich aber in diesem engen
Räume eine Fülle schöpferischer Thätigkeit zusammen. Im Nu
sozusagen soUte das alte Haus, auch in seinen erst neuaufgebauten
Theilen, niedergerissen und ein völlig neues errichtet werden.
Vor Allem wurde volle Parität zwischen Katholiken und Prote-
stanten eingeführt; letztere, bisher nur geduldet, durften jetzt in
Würzburg eine Gemeinde bilden und erhielten eine der Kloster-
kirchen zur Feier ihres Gottesdienstes. Auch den Israeliten, denen
die fiirstbischöfliche Regierung den Zutritt in die Stadt nur an
Werktagen und da nur bis zum Beginne der Nacht gestattet
hatte, wurden grössere Freiheiten eingeräumt. — In gleicher
Richtung bewegte sich die Umwandlung der Universität in eine
reine Staatsanstalt unter Beseitigung ihres bisherigen kirchlichen
Charakters. Auch äusserlich wurde die Stadt, wenn der Ausdruck
erlaubt ist, „entkirchlicht", indem fast alle die zahlreichen Stifte
und Klöster, die wir im Laufe der Jahrhunderte haben entstehen
sehen, der Säkularisation unterlagen und ihre Gebäude in Laien-
hand übergingen. — Das Gerichts- und Polizeiwesen erfuhr eine
durchgreifende Umgestaltung. Die bisherigen drei konkurrirenden
Justizstellen (Stadtgericht, Vizedomamt und Hofschultheissenamt)
wurden zu einer einzigen, dem Stadtgerichte, vereinigt Das
Polizeigericht des Oberrathes hörte auf; seine Geschäfte besorgte
von nun ab theils der Stadtmagistrat, theils die neuerrichtete
Polizeidirektion. — Eine neue Eintheilung der Stadt in ftinf
Distrikte wurde vorbereitet, die Strassenbeleuchtung verbessert,
der Brunnen auf dem Marktplatze errichtet. Man begann den
Lauf des Pleichacher Baches und der Kürnach zu korrigiren und
im Glacis eine Pappel-Allee zu pflanzen. Ein ständiges Theater
wurde gegründet, die Abhaltung öffentlicher Bälle zur Karneval-
zeit und das Erscheinen einer politischen Zeitung gestattet. Er-
wähnung verdient noch die Beseitigung der vielen Kirchhöfe in
der Stadt und die Anlegung einer gemeinsamen, paritätischen
Begräbnisstätte ausserhalb derselben.
Dass durch eine derartige stürmische Entwickelung eine
Menge von Interessen verletzt werden musste, ist begreiflich. In
Würzburg war man thatsächlich froh, als der bayerischen „Fremd-
" 19 -'
lierrscliaft" ein Ende gemacht und das Fürstenthum in Folge des
Pressburger Friedens dem ehemaligen Grossherzog von Toskana,
Ferdinand, einem Habsburger, zugetheilt wurde {1806, Februar).
Für die Weiterentwickelung der Stadt jedoch war die Periode, in
der sie die Haupt- und Residenzstadt des Grossherzogthums war
(1806— 1814), nicht besonders günstig, umsoweniger, als die unauf-
hörlichen Feldzüge Napoleons auch sie, zuerst nur durch Ein-
quartierungen und erhöhte Steuern, in empfindliche Mitleidenschaft
zogen. Seit dem Jalire
1806 lag eine französische
Besatzung in der Festung ;
im Jahre .1813 bekam auch
die Stadt selbst eine fran-
zösische Garnison, welche
sich jedoch gegen das un-
ter Wrede anrückende
bayerische Heer nicht be-
haupten konnte. Ein paar
Monate später musste sich
der Marienberg den Ver-
bündeten ergeben (1814).
Der Vertrag von Ried
brachte das Grossherzog-
(hum Würzburg neuer-
dings und dauernd an die
Krone Bayern. Seit dem
28. Juni 1814 ist unsere
Stadt eine bayerische Pro-
vinzialstadt, seit 1817 Sitz
der Regierung von Unter-
franken und Aschafien-
bürg. Das Gemeinde-Edikt
vom Jahre j8i8 gab ihr
eine neue Verfassung Prinz-Regent Luitpold von Bayern.
durch Schaffung eines Ma- (geb. ™ n. Min iSii in Wanburg.)
gistrates (zwei Bürgermei-
ster, vier rechtskundige
und zwölf borgerliche Räthe) und eines Kollegiums von sechs-
unddreissig Gemeinde - Bevollmächtigten. Erst langsam, dann
rascher und rascher schritt nun ihre Entwickelung weiter, bis
sie, als Knotenpunkt wichtiger Eisenbahnlinien in den grossen
Verkehr hineingezogen (1854), den Mauerring, der, einst sie
schützend, jetzt sie zu erdrücken drohte, mit jugendlicher Kraft
sprengte. Im Jahre 1856 wurde die Festungseigenschaft der Stadt
Würzburg rechts des Mains aufgehoben und genehmigt, dass
— 20 -
die aufgegebenen Festungswerke allmählich eingelegt und die Er-
trägnisse ihrer Verwerthung zum Vortheile des k. Finanz- und
Militäretats verwendet werden sollten. Die Hoffnungen, welche
sich an diese allerhöchste Entschliessung knüpften, gingen aber
zunächst nicht in Erfüllung, da die Gemeinde es ablehnte, einen
Theil der Demolitionskosten zu übernehmen.
So kam das Jahr 1866. Die preussischen Truppen unter
Manteuffel warfen die bayerische Armee und das achte Armee-
korps bis Würzburg zurück, besetzten die westlichen Hügel links
des Mains und beschossen von hier aus am 27. Juli Festung und
Stadt mit dem Erfolge, dass das Zeughaus auf dem Marienberge
eingeäschert wurde. Der Waffenstillstand machte den Feindselig-
keiten ein Ende.
Bezüglich der Entfestigungsfrage hatte das Jahr 1866 das
Gute, dass einerseits die völlige militärische Werthlosigkeit der
gesammten Würzburger Festungsanlagen rechts und links des
Mains klar gestellt wurde, und dass sich anderseits die Ueber-
zeugung Bahn brach, dass die Gemeinde selbst die Demolirungs-
arbeiten in die Hand nehmen müsse. Durch allerhöchstes Dekret
vom 7. Mai 1867 wurde die Festungseigenschaft der Marienburg
aufgehoben und durch Vertrag vom 26. September 1868 gingen
die Festungswerke rechts des Mains in das Eigenthum der Stadt
über. Die planmässige Entfestigung wurde im Jahre 1869 in An-
griff genommen und ist heute bis auf den Ausbau eines kleinen
Theiles der die ganze Stadt umziehenden Ringstrasse vollendet
Das rasche Wachsthum der Stadt zeigt sich am deutlichsten
in folgenden Zahlen. Im Jahre 1895 S^^ ^s 3995 Gebäude mit
Wohnungen gegen 2712 im Jahre 1867. Die Zunahme beträgt
1283; ^s ^^^ demnach fast ein Drittel der gegenwärtigen Stadt
seit 1867 neu gebaut. Die Civilbevölkerung der Stadt, welche im
Jahre 1798 15538, 1813 19925, 1830 22674 (excl. Militär und Stu-
denten), 1852 zirka 24000, 1867 33656, 1890 57457 Köpfe zählte,
hat von 1867 bis 1890, also innerhalb nicht ganz 23 Jahren, um
ca. 23800 Seelen oder um rund 71^/0 zugenommen. Nach der
letzten Volkszählung vom Dezember 1900 hat Würzburg 75497
Einwohner, von welchen 58733 Katholiken, 13758 Protestanten
und 2566 Israeliten sind, während der Rest auf verschiedene Kon-
fessionen sich vertheilt. Die Frequenz der Universität, an welcher
53 Professoren und 26 Dozenten lehren, bewegt sich iu den letzten
Jahren zwischen 1300— 1500.
Würzburgs Gesohiehte in seinen Bauten.
Wer beste und belehrendste „Föhrer" durch eine Stadt ist
{ die Geschiclite derselben. An deren Hand wollen wir
. unser Würzburg durchwandern. Sie geleitet uns
nicht, mehr oder weniger planlos oder plangerecht, von Strasse
zu Strasse, von Haus zu Haus, sondern lässt uns erkennen,
warum und wie unsere Stadt in ihrem Äusseren das geworden
ist und werden musste, was wir sehen.
Würzburg ist seinem Ursprünge nach eine bischöfliche und
kirchliche Stadt. Es gebührt sich daher, zunächst sich umzu-
schauen, wie die Bedeutung der bischöflichen und landesherrlichen
sowie der kirchlichen Gewallen in den Bauwerken sich wieder-
spiegelt. Erst in zweiter Linie wenden wir uns dann den Leist-
ungen der Stadtgemeinde und der Bürgerschaft zu. Bei dieser
Art der Betrachtung zeigt sich schärfer und klarer als sonst der
gewaltige Fortsehritt, den unsere Stadt im Gange einer mehr als
zwölfhundertjährigen Entwicklung genommen hat.
Würzburgs erster Bischof, der heilige Burkard, war aniäng-
hch Willens, den bischöflichen Sitz mit dem Münster auf dem
Marienberge anzubauen, sah sich aber durch das rauhe Klima
auf demselben und insbesondere den Mangel an Wasser bald ge-
nöthigt, sein Vorhaben fallen zu lassen und nach einem schick-
licheren Orte sich umzuschauea Er fand denselben diesseits des
Mains fast genau im Centrum der Stadt an der Stelle, wo die
, Gebeine des ältesten Apostels des Frankenlandes, des Schotten
QutLICTl;Dk Wcrlt SchtroU's unj Hcffncr's über Wunburg low« ArcW-
- 23 -
Kilian und seiner „Gesellen" Kolonat undTotnan begraben lagen.
Hier, wo jetzt die Kirche des Kollegiatstifts Neumünster steht,
erbaute Burkard die erste, hölzerne Pomkirche, und eben dort
erhob sich später, als die Bischöfe nicht mehr mit den „Brüdern
des hl. Kilian", (den Domherren) gemeinschaftlich im Bruderhofe
zusammenwohnten, sondern eine selbstständige Haus- und Hof-
haltung führten, die erste bischöfliche Residenz, genannt
der Saal- oder Bischofshof.
Derselbe dehnte sich über den weiten Raum aus, welcher
östlich vom Stifte Neumünster, nördlich von der Martinsgasse
und dem Marktplatze, westlich von der Juden- oder Schusters-
gasse und südlich von der Domstrasse begrenzt war. Erschloss
ausser den Wohngebäuden, Stallungen und zwei Kapellen, grosse
Gartenflächen und insbesondere die öffentliche Amts- und Gerichts-
halle (sale, palatium) ein. So lange der Bischof hier wohnte, war
der Saalhofsicher ringsum „befriedet" oder ummauert. Das Haupt-
thor befand sich da, wo man bis vor Kurzem durch den Schwib-
bogen in den „Kürschnerhof' ging.
Schon im Jahre 1261 hatte der Bischof seinen ständigen
Wohnsitz nicht mehr im Saalhofe. Die Zeit der langwierigen
Kämpfe, in welchen die Gemeinde das Recht der Selbstverwal-
tung und weiterhin die Unabhängigkeit gegenüber der landesherr-
lichen Gewalt zu erringen suchte und theilweise auch errungen
hat, war angebrochen. Die Bischöfe fühlten sich inmitten der
aufrührerischen Bürgerschaft nicht mehr sicher und zogen sich
auf dem unnahbaren Marienberg zurück.
Damals erfuhr der Saalhof seine erste bedeutsame Umge-
staltung. Die Mauern, die ihn bisher von der Aussenwelt abge-
schlossen hatten, fielen zum Teil, die Thore thaten sich auf
und Handel und Verkehr hielten ihren Einzug. Auf dem weiten
Platze Sassen nun die „Refträger" mit ihren Huckelkörben und
boten Geflügel, Eier, Käse und dergl. feil, es standen da die Tische
und Buden, die Kammern und Gewölbe der Kürschner, der
Tuch- und Leinwandhändler u. a. Und über den Verkaufsläden
wuchsen allmählich jene wunderlichen, engbrüstigjen Häuschen
empor, die noch heute die westliche Seite des Kürschnerhofes
zum Theil einfassen. Aus dem Saal- oder Bischofshof war
ein öffentlicher Platz mit neuem Namen — Kürschnerhof
— und eine Stätte des Verkehrs geworden. Heute, da auch das
den Platz gegen Leichenhof und Domstrasse abschliessende Land-
gerichtsgebäude gefallen, erinnert nichts mehr als die Bezeichnung
H o f an das, was einstens hier gewesen.
Von der Mitte des 13. Jahrhunderts an, als der Begründer
der Würzburgischen Territorialhoheit, der Bischof Hermann von
Lobdeburg, vor der empörten Bürgerschaft aus der Stadt flöchten
musste, war
die Veste Harienberg;
bis ins 18, Jahrhundert fast ununterbrochen der Wohnsitz der
Fürstbisehöfe. Vor ihnen hatten schon im 7. Jahrhundert
thüringische Herzoge das easteüum Virteburh, das uns im Jahre 704
zum ersten Male urkundlich entgegentritl, bewohnt, bis Immina,
die Erbtochter des letzten dieser Herzoge, das Schloss dem Bi-
schöfe Burkard gegen Güter zu Karlburg vertauschte. Wie es
den alten Namen
Virteburh in mons
Mariae, Frauen-
oder Marienberg
änderte, hat sich im
Laufe der Jahrhun-
derte auch sein
Äusseres mehr als
einmal verwandelt.
Schon die ersten
Bischöfe, die oben
sa5sen,mu3stenden
Berg befestigen, um
ihn gegen die An-
stürme der aufrüh-
rerischen Bürger-
schaft zu halten.
Das Scherenberget Thor der Fesiung MirieDberg. Insbesondere hat
derBischofRudolf
von Scherenberg (1468—1495) die Gebäude der alten Für-
stenburg erweitert und deren Aussenwerke verbessert. Das
aus jener Zeit stammende Thor, welches den dritten, inneren
Hof gegen Westen abschliesst, gehört zu den interessantesten
architeklomschen Motiven des alten Bergschlosses. F"leissig ist
auch unter den Nachfolgern Bischofs Rudolf von Scherenberg
auf und an der Veste gearbeitet worden, theils um sie wohn-
licher zu gestalten, theils um ihre Widerstandskraft zu verstär-
ken. Der Regierungszeit desBischof Lorenz von Bibra (1495 bis
1519) gehört die steinerne Wendeltreppe an, welche zu den ehema-
ligen ftrstlichen Wohnräumen föhrt. Sie ist ein Werk der Spätgo-
thik, mit wundervollem Schluss im Gewölbe. Gleich alt mag auch
der grosse Gesindesaal sein, der durch seine geschnitzten Durch-
züge und durch seine ganz alterthtimlichen Formen sich aus-
zeichnet. Unmittelbar nach dem Bauernkriege (1525) liess Bischof
Konrati von Thiingen die Beschädigungen, welche die feind-
lichen Kugeln an den Mauern und Dächern angerichtet, ausbessern
und zugleich von Höchberg her gutes Trinkwasser in das Schloss
leiten. Der über 100 Meter tiefe Hauptbrunnen ist erst einige
Jahrzehnte hernach gegraben worden und noch später, unter J o-
hann Philipp I. von Schönborn (1642 -1673), wurden in der
Mainmühle sowohl
als in der Kanal-
möhle Druckwerke
eingerichtet, wel-
che sowohl das am
Fusse des Marien-
berges sich sam-
melnde Quell-
Wasser als auch für
den Fall einer
Feuersbrunst Was-
ser aus dem Maine
auf die Festung
(rieben.
Der schmalkal-
dische Krieg (1546
—47) , dann der
Ueberfall des Mark-
grafen Albrecht Al-
kibia des (1552) ver-
anlassten den Fürst-
bischof Melchior
Zobel, dessen
Wiege in der Nähe
Würzburgs, in dem
Schlosse Gutten-
berg im Guttenber-
gcr Walde stand, Das Echter-Tbor.
den Marienberg
neuerdings zu verstärken. An seine Bauthätigkeit erinnern nur noch
zweiWappen am Sonnenturm und an einerThÜre desinnerstenHofes.
Dagegen haben sich die meisten Bauten, welche JuliusEchter
in sehr ausgedehntem Maasse hat ausführen lassen, bis auf den
heutigen Tag erhalten. Es sind fast durchweg künstlerisch werth-
volle Denkmäler guter deutscher Renaissance. Ihm verdankt vor
Allem die Südseile des Schlosses, wohin er die Winterwohnung
und die Räume für seine grosse Bibliothek verlegte, ihre gegen-
wärtige Gestalt. Er ist auch der Schöpfer oder richtiger Wieder-
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hersteiler des last verfallenen alten Zeughauses. Nach dem
Brande des Jahres 1600 wurde sodann in gleich würdigem und
vornehmen Stile die ganze Nordseite der alten Burg und die
Kirche neu aufgerichtet. Eines der schönsten Denkmäler, durch
die Julius auf seinem fürstlichen Schlosse sein baufreudiges Schaffen
verewigt hat, ist das sogenannte Echter-Thor, das zu dem vor
dem letzten inneren Hofraume befindlichen Vorhofe führt. Mit
einem unmittelbar links davon befindlichen alten Brunnen ver-
einigt es sich zu einem wirkungsvollen Gesammtbilde. In der Nische
über dem Thorbogen steht der Erzengel Michael, mit der Linken
das Wappen des Fürstbischofs haltend, mit der Rechten den
Speer gegen einen unten sichtbaren Dämon richtend, der nach
jenem Wappenschilde greifen will. An der Innenseite des Thores
gibt eine Inschrift in Versen das Jahr 1606 als Zeit der Erricht-
ung an:
Bischof Julius hat Gott vertraut
Und dieses Vorhaus neu gebaut.
Als er in seinem Regiment
Bei drei und dreissig Jahr vollendt.
Dem Vaterland zur Nutz und Ziert
Hat er viel solcher Baw voUfiert.
Gott geb, dass all diess werd' bewacht
Durch seiner heiligen Engel Macht.
Während so Julius Echter den eigentlichen Schlossgebäuden
in der Hauptsache das Gepräge seiner Persönlichkeit und seiner
Zeit aufgedrückt hat, ist Johann Philipp I. von Schönborn
jener Fürst gewesen, der dem Festungsberge das Aussehen
gegeben hat, das derselbe heute noch dem im Schatten alter
Rüstern herauf wandernden Besucher zeigt. Sofort nach Be-
endigung des dreissigjährigen Krieges wurde der Bau jener ge-
waltigen Mauern, Thore und Wälle begonnen, welche um die
Nord-, Ost- und Westsevve des Berges gleich Panzern sich legen.
Als Abschluss der unter ihm durch die wälschen Baumeister
Petrini und Righi ausgeführten Arbeiten, durch welche das
mittelalterliche Schloss in eine grössere Festung modernen Stiles
umgewandelt wurde, kann das prächtige „Neuthor" gelten. Es
ist mit dem pompös ausgeführten Schönbornischen Wappen und
den verschiedenen allegorischen Figuren ohne Frage das statt-
lichste unter den zahlreichen Thoren auf Marienberg.
Kriegerischen Zwecken diente auch das im Jahre 171 1 voll-
endete Arsenal, unter dem — damit auch der Friede zu seinem
Rechte käme — gewaltige Weinkeller ganz in Felsen ausgehauen
sind. Beide Bauwerke erregten die vollste Bewunderung der
Zeitgenossen, eine Bewunderung, die bei manchem Gaste durch
die köstlichen Tropfen, die im Keller flössen, zur flammenden
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Begeisterung erhijlit wurde. Selinsüchtig denkt der Wliribiirger
von heute, der am Charfreitage und zur Zeit der , ewigen An-
betung" den Berg besteigt, beim Anblicke der jetzt verödeten
Kellerhallen der vergangenen Tage und wendet dann Trost
suchend den Blick hinunter auf die östlichen und südlichen Ab-
hänge der Marienburg, wo im heissen Sonnenschein jene gott-
gesegnete Traube reift, die als Leistenwein den Ruhi» Würz-
burgs und Frankens in alle Welt hinaus tragt.
»An den sonnigen Halden früh.
Lugt das Veilchen im warmen Lenz
Durch die herrliche Juni- Nacht
Zieht berauschender Dufthauch:
Zieht dein Athem, o Rebenblust
Zieht dein feuriges Minnelied,
Wonne jauchzende Nachtigall
Aus Wildrosen des Weinbergs.
Und der Zauber der Sommernacht:
Rebdult, Rosen und Nachtigall,
Mischt entzückend den Edel-Wein
Würzburg, deiner Geländel
In Felix Dahns herrliche Verse, die uns. während wir von
dem uralten, runden Wartthurm der Marienburg aus das schöne
Slädtebild zu unseren Füssen betrachten, unwiUkürtich Über
die Lippen geflossen, schallt plötzlich ein Schuss und noch ein
Schuss aus den dort vorae gegen die Stadt zu aufgestellten
Alarmkanonen, Es brennt! Doch schon meldet das Telephon,
dass durch die stets thatbereite Feuerwehr das Feuer sofort ge-
löscht worden ist. „Es brennt!" Mehr als einmal scholl dieser
Schreekensruf durch die Räume des Schlosses und mehr als ein-
mal sank ein Teil der Gebäude den Flammen zum Opfer (1572,
Die Veste Marienbeie-
1600, 1764). Alte Würzburger erzählen uns aus ihrer Erinnerung
beim „Schöpple", wie am 11. Juni 1840 ein furchtbarer Brand den
ganzen mittleren Hof und den oberen Theil des Michaelsthurmes
zerstörte und wie am 27. Juli 1866 die preussischen Granaten von
der Zeller Waldspitze aus zischend in die viel heimgesuchte Veste
flogen und das Arsenal in Asche legten. Aus der Asche des
Bruderkrieges entstand dem Phönix gleich nach Umlauf weniger
Sommer das herrliche deutsche Reich unter jenen welterschüttern-
den Kämpfen, an Ehren wie an Opfern überreich, bei deren Erinner-
ung jedes deutsche Herz höher schlägt. Aus der Asche erhob sich
auch der Bau auf der Marienburg wieder, aber „rostig sank ihr"
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seitdem „Schild und Schwert aus der müden Hand"! Sie hat in
Folge kgl. Reskripts vom 7. Mai 1867 aufgehört eine Festung zu
sein, wenn sie auch heute noch militärischen Zwecken dient und
insbesondere ausgedehnte Magazine in sich schliesst. Nur Ge-
schichte und Sage wissen noch von ihrer kriegerischen Vergangen-
heit. Erstere hat uns erzählt, wie im Jahre 1525 „der fränkische
Haufen", der „durch verhengnus des allmechtigen" über Heidings-
feld gegen die Marienburg heranzog, vergebens an ihre Thore
pochte, wie sie am 18. Oktober 1632 nach tapferer Gegenwehr
dem Schwedenkönige erlag, und später den Stützpunkt der napo-
leonischen Macht im Maingebiete bildete. Frau Sage aber fuhrt
uns geheimnisvoll flüsternd in die Festungskirche, deren Haupt-
mauer wohl noch ihrer ersten Gründung durch Hedan 11. ange-
hört, und zeigt uns vor dem Altare einen Blutflecken genau an
der Stelle, wo der Kapuzinerpater Leopold von Gumppenberg
unter den Streichen der schwedischen Eroberer sein Leben las-
sen musste')'
Von der Zeit an, da der Marienberg vollständig den Charakter
und das Aussehen einer Festung angenommen hatte, war nicht
mehr gut da oben wohnen. Der Zugang musste um der Sicher-
heit willen ausserordentlich erschwert werden, während die fürst-
liche Hofhaltung möglichst freie Bewegung verlangte. Dazu kam,
dass die alterthümlichen Räume dem Geschmacke und den Be-
düi'fnissen der späteren Zeit nicht mehr genügten. Die Erbau-
ung einer
neuen Residenz
ward bereits im Jahre 1684 von dem Domkapitel beschlossen, die
Ausführung unterblieb aber, bis der Fürstbischof Johann Philipp
von G r e i ff e n k 1 a u (1699— 1719) durch den wälschen Baumeister
A. Petrini ein kleines Schloss auf dem Rennwege erbauen und
einrichten liess. Dasselbe war jedoch so schlecht gerathen, dass
es sich, kaum vollendet, zu senken begann und gar nicht bezogen
werden konnte. Johann Philipp und seine unmittelbaren Nach-
folger mussten, da sie auf den Marienberg nicht mehr zurück-
kehren wollten, in dem freiherrlich von Rosenbachschen Hause
am Rennwege zu Miethe wohnen. Diesem unwürdigen Provi-
sorium ein Ende zu machen, legte bald nach dem Tode Johann
Philipps der neugewählte Fürstbischof Johann Philipp Franz
von Schönborn am 22. Mai 1720 den Grundstein zu dem
jetzigen Residenzschlosse. Ursprünglich war nur die Er-
•) In der Festungskirche wurden die Eingeweide der Fürstbischöfe beerdigt. Pe-
•chtenswerth ist der Grabstein des Bischofs Julius.
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richtung eines „Sei ilössl eins", etwa in der Ausdehnung eines der
beiden Residenzflügel, beabsichtigt, sehr bald aber wuchsen die
Pläne, welciie der würzburgisehe Artillerie-Hauptmann Balthasar
Neumann entworfen hatte, gewaltig in die Breite und Höhe.
Prachtliebe und ein stark ausgeprägter Zug zum Ueber^rossen
zeichneten alle drei Fürsten aus dem Hause Schönbom aus, die
im 17. und 18. Jahrhundert den Stuhl des hl. Burkard zierten.
Ihr Charakter spricht auch aus dem wunderherrlichen Bau der
Die Kgl. Residenz, Rückansicht
Residenz zu uns, di
Deutschland zahlt 1
gemacht hat.
Balthasar Neumann'), geboren 1687 zu Eger als Sohn eines
Kaufmanns, gestorben 1753 als Artillerie- und Ingenieur-Obrist
dahier, erlernte in seiner Jugend die Stück- und Glocke ngiesserei
und kam auf seinen, durch die Zunftgesetze vorgeschriebenen
Wanderungen zu Anfang des 18. Jahrhunderts nach Würzburg.
Nachdem er 1712 als Gemeiner in die fränkische Kreis- Artillerie
■) Mn Benüiiune dei vortrcfflicbin Bn^hu von Fli. J. Keller: Balthisir Ncd-
eingetreten war, (musste er mehrere Feldzüge in Ungarn wider
die Tflrken mitmachen. Schon im Kriege Hess er sieh nichts ent-
gehen, was zur Ausbreitung seiner Kenntnisse in der Architektur
Die Freitreppe der Kgl. Residenz.
beitragen konnte, noch mehr aber war dies der Fal! aul den
Reisen nach Frankreich, Holland u. s. w., welche er von Würz-
burg aus seit dem Jahre 1723 ganz oder zum Theil gerade zum
Zwecke seiner Ausbildung unternahm. Ein glücklicher Stern
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führte ihn zu den Schönborn, die damfils die BischofsstQhle in
Würzburg, Bamberg, Speier und Trier inne hatten. Er war gleich-
sam ihr Familien- Architekt und fand besonders an den Würz-
burger Fürstbisehöfen Johann Philipp Franz (1719—1724) und
Friedrich Karl (1729—1746) ebenso verständniss volle als freigebige
Gönnerschaft. Sie waren es, die sein Talent erkannten und den
zum fertigen Künstler Herangereiften fortwährend mit solchen
Aufträgen bedachten, dass er zu immer höheren Stufen der Ver-
vollkommnung emporsteigen konnte. Mit vollem Rechte rühmt ihn
der vortreffliche Kenner des Barock- und Rococostils, C. GurliCt,
als „den vielleicht grössten Baukünstler seiner Zeit". Neumanns
FrescogemäUe Tiepolos im Kaiiersaale (BacbaroasaE TrauiiDg).
Einfluss reichte weit Ober Franken hinaus und die sehr zahlreichen
profanen und kirchlichen Bauten, die nach seinen Plänen und zum
grossen Theile unter seiner persönlichen Leitung entstanden, sind
über einen sehr weiten Raum, ein gut Stück Deutschlands, dazu
Oesterreich, Böhmen und Ungarn zerstreut. An dieser Stelle
seien nur das Hutten'sche Schlösschen, die Schönbomkapelle, die
Augustinerkirche und das „Käppele" in Würzburg, sodann die
Residenz in Bruchsal, das Dikasterialgebäude in Ehrenbreitstein,
der Abteibau in Oberzel!, die Wallfahrtskirche in Vierzehnheiligen
und die Abteikirche in Neresheim genannt.
An Viebeitigkeit wird Neumann wohl von keinem seiner
Fachgenossen übertroffen. Nicht genug, dass er die Pläne für die
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Rohbauten entwarf, besorgte er auch die innere' Ausschinückung
und Einrichtung und arbeitete seine Entwürfe bis ins kleinste Detail,
,ia bis zum Schlüssel herab, selbst aus. Er war nicht blos Architekt,
sondern auch Maler, Bildhauer, Dekorateur und Stukateur in einer
Person. — Ausser den Privatbauten der Schönbom leitete der
niemals ruhende Meister das gesammte öffentliche Bauwesen in
den Fürstenthümem Bamberg und Würzburg, leistete insbesondere
im Fortifikationsbau sehr Bedeutendes und gab als Vorstand der
für unsere Stadt im Jahre 1731 eingesetzten Baukommission den
Anstoss, dass auch die Bürgerhauser stattlicher und schöner ge-
Frescogeraälde Tiepolos im Kaisersaale (Belelmung des Bisehots
Herold).
baut wurden und endlich gerade und breite Strassen, sowie freie
Plätze entstanden. Daneben fand er noch Zeit, durch ein damals
viel bewundertes Brunnen- und Pumpwerk Würzburg mit fliessen-
dem Wasser zu versorgen, in Kissingen — wo er die uralte, untere
Salzquelle wieder entdeckte — und in Bocklet Badeanlagen her-
zustellen, die Hofgärten dahier und in Wemeck einzurichten, in
Schleichach eine Glasfabrik zu betreiben und — als Professor der
Universität Vorlesungen über Militär- und Civilbaukunst zu halten.
Auch als Mensch gewinnt uns Neumann durch seine ausserordent-
liche Thätigkeit, Gewissenhaftigkeit, strengste Redlichkeit und Be-
scheidenheit Achtung und Liebe ab.
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Sein Hauptwerk und zugleich sein schönstes Monument ist
das Schloss zu Würzburg, an dem er die ganze Zeit seines
Lebens hindurch thätig war und an dem sich seine Eigenart und
seine fortschreitende Entwickelung auf das deutlichste zeigt. Der
auf Veranlassung des Fürstbischofs Johann Philipp Franz von
Schönbom von Neumann ausgearbeitete ursprüngliche Entwurf,
der ja im grossen und ganzen auch ausgeführt wurde, ist eine
durchaus selbständige und in unglaublich kurzer Zeit vollendete
Leistung seines genialen Geistes. Erst nach Beginn des Baues
wurde das Urtheil fremder Architekten, insbesondere der berühm-
ten französischen Meister Robert de Cotte (1656— 1735) und Ger-
main Boffrand (1667— 1754) eingeholt. Von den Vorschlägen des
Ersteren kam keiner, von denen Boffrands nur zwei und diese
nicht zum Vortheil des Ganzen zur Ausführung. Von einer ein-
schneidenden Antheilnahme oder gar von einer Urheberschaft der
französischen Architekten an dem Entwürfe und der Ausführung
des Baues kann also nicht die Rede sein. Ebenso irrig ist die
immer wiederholte Behauptung, dass das Würzburger Schloss
sein Vorbild im Schlosse zu Versailles habe, oder in An-
lehnung an dasselbe erbaut sei. „Hat man dabei die Grossartig-
keit beider Schöpfungen im Auge, so ist der Vergleich richtig;
sonst aber hat die Würzburger Residenz aber auch gar nichts
mit Versailles, weder imGrundriss noch im Aufbau, gemein. Das
Schloss zu Versailles ist eben nur ein Gebäudekomplex; das
Schloss zu Würzburg aber ein einheitlich durchgeführter,
in sich abgeschlossener Bau."
Am 18. August 1724, im vierten Jahre nach der Grundstein-
legung, als der gewaltige Bau noch nicht einmal in seinen Grund-
mauern fertig war, starb plötzlich der geniale Bauherr
Johann Philipp Franz von Schönborn. Unter seinem
Nachfolger Christoph Franz von Hütten (1724— 1729), der
an Baulust allen anderen Fürstbischöfen nicht nachstand, wurde
der Residenzbau, soweit es eben die Verhältnisse gestatteten,
weiter gefbrdert. „Es scheint, dass der neue Herr an dem Plane
nichts geändert, auf die fernere Mitwirkung französischer Künstler
vollständig verzichtet und seinem Architekten gänzliche Freiheit
gelassen hat."
Dies wurde anders, als nach dem Tode Christophs Franz der
Bruder des verstorbenen Johann Philipp Franz, der gerade erst
zum Fürstbischof von Bamberg erwählte Friedrich Karl von
Schönborn (1729—1746), nun auch den .fürstbischöflichen Thron
von Würzburg bestieg. „Er betrachtete gerade den Residenzbau
als besonderes Vermächtniss des Verstorbenen, dessen Zustande-
kommen er darum auch mit allen Mitteln betrieb, freilich nicht,
ohne auch seinerseits bedeutende Abänderungen vorzunehmen."
Hiebe! bediente er äch ausschliesslich des Rathes des ihm von
Wi|en her bekannten grossen Baumeisters Hildebrand und es ent-
stand zwischen diesem und unserem Neumann manch verdriess-
liches Zerwürfniss. Der alternde und bedä,chtige Hildebrand be-
kämpfte insbesondere die von dem Würzburger Architekten mit
kühnster. Virtuosität ausgearbeiteten Gewölbekonstruktionen im
Treppenhause und soll sich sogar bereit erklärt haben, nach
Würzburg zu kommen tind da unter dem Gewölbe der berühmten
grossen Stiege sich auf eigene Kosten hängen zu lassen, wenn die
Tiepolo: Christus und die Ehebrecherin.
Konstruktion sich bewähre. Neumann hingegen erbot sich, unter
das Gewölbe des Treppenhauses Geschütze aufzufahren und selbst
eine beliebige Anzahl von Schüssen abzugeben, um die Festigkeit
seines Gewölbes zu erproben. Es kam nicht zum Austrage dieses
„Duells" ; das Gewölbe steht heute noch so, wie der hiesige Meister
es ersonnen, aber hängen liess sich Hildebrand darum nicht!
Bis zum Herbste des Jahres 1737 waren die Arbeiten soweit
gediehen, dass der Fürst in dem neuen Palaste residiren konnte.
Am 30. Dezember 1744 wurde „der Strauss auf die letzte Helm-
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Stange gesetzt" und war so das grosse Werk wenigstens im Roh-
bau vollendet und zwar in derselben Gestalt, wie es auch heut^
noch vor unseren Augen steht; nur hatte es damals noch einen
herrlichen Abschluss, das grosse eiserne Gitterwerk, wel-
ches den rechten und linken Flügel mit einander verband. Dieses
Meisterstück der Schiniedekunst, für das der Hofschlosser Johann
Georg Oegg (ausSiltz in Tirol, 1703—1768) die für die damalige
Zeit riesige Summe von 18745 Gulden erhielt, wurde leider im
Jahre 1821 entfernt Erhalten haben sich nur zwei Flügel, die das
Ti«po1o; Rcbekka am Brunnen.
kgl. bayerische Nationalmuseum aufbewahrt, und die jetzt unsere
Glacis-Änlagen schmückenden beiden Gruppen aus der Geschichte
des Herkules, von der Meisterhand des Bildhauers J. W. van
der Auvera.
Mit der am letzten Tage des Jahres 1744 abgehaltenen Ein-
weihungsfeier des grossartigen Baues war dessen innere Ein-
richtung noch lange nicht vollendet An ihr wurde ruhig weiter
gearbeitet. Den ganzen Bau „in seiner Ordnung" zu sehen, war
aber dem Fürstbischöfe Friedrich Karl nicht mehr vergönnt. Am
25. Juli 1746, als der Kaisersaal, das Stiegenhaus und der ganze
linke Flügel noch unfertig waren, starb er. Bis zu seinem Tode
war seit der Grundsteinlegung im J. 1720 über eine Million Gulden
auf das Werk verwendet worden, obwohl die Unterthanen un-
entgeltlich Hand- und Spanndienste leisten mussten. Allein die
Ausgaben für Bauholz, welches in seiner ungeheueren Menge einen
bedeutenden Wald repräsentirt und vorzugsweise dem Steigerwald
und den Forsten in den Aemtern Ebern und Mainberg entnommen
wurde, beliefen sich auf 99140 Gulden. Wahrend unter dem un-
Tiepolo: Iphigenie.
mittelbaren Nachfolger Friedrich Karls, Anselm Franz von
Ingelheim (1746—1749), die Bauthätigkeit beinahe ganz ruhte,
ward unter Karl Philipp vonGreiffenklau (1749— 1754) der
Kaisersaal und das Stiegenhaus von der Meisterhand Tiepolos
mit Gemälden geschmückt. Der eigentliche Vollender aber der
Residenz ist Adam Friedrich von Seinsheim (1755-1779).
Bis zu seinem Tode verwandte er auf deren innere Einrichtung
und auf die Fertigstellung des Hofgartens ungefähr 300000 Gulden.
Er war es, der, um den Platz vor dem Schlosse symmetrisch zu
gestalten, 1765—70 den „ Gesandtenbau ' auf der rechten Seite,
entsprechend dem älteren „Rosenbach'schen HoP (jetzt Wohnung
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des Regierungs-Präsidenten zur Linken, und in demselben Stile
aufrühren und sodann 1770 durch den Hofbaumeister J. P. Geige I
die an beide Gebäude sich anschliessenden Arkaden errichten liess.
Während die architektonische Gestaltung des Residenz-
baues nach Aussen wie im Inneren, von der Kuppel des Kaiser-
saales bis hinunter in die weinduftige „Sakristei" des Hofkeliers
das alleinige und ureigenste Werk unseres Balthasar Neumann
ist, hat die „innere Einrichtung" der Residenz, d. h, die
zweck- und stilgemässe Ausstattung der weiten und hohen Räume
mit Schmuck und Haus-
rath aller Art, mit dem
wechselnden Ge-
schmacke der Zeiten
sich geändert. Die hei-
tere und leichte Göttin
des Rococo, welche in
den Tagen eines Fried-
rich Karl von Schönborn
und Anselm Franz von
Ingelheim auf dem
Throne der Kunst und
der Mode sass, wurde
später verdrängt durch
den „Klassizismus" oder
den „Stil des Empire",
Grossherzog Ferdinand,
der Habsburger aus
Italien, ein grosser
Freund der Baukunst
und des Bauens, ging
mit wahrem Feuereifer
daran, die ganze innere
Einrichtung zunächst in Balihasar Neum.nB.
dem Hauptstocke der
Residenz, nach dem neuen „feinen und reichen" Geschmacke um-
zugestalten. Nicht weniger als die „königliche" Summe von einer
halben Million Gulden soll in den acht Jahren von 1806— 1814, da
unsere Stadt zum letzten Male der Sitz eines regierenden Herrn
gewesen ist, in die hiesige Residenz verbaut worden sein. Der
in seiner Art ausgezeichnete Meister, der all die blendenden aus
der grossherzoglichen Zeit stammenden Einrichtungen und Deko-
rationen geschaffen hat, war Würzburgs letzter, zu Unrecht ver-
gessener „Hofbau direkter" Nikolaus Alexander de Salins de
Montfort.
Er stammt aus einem französischen Adelsgeschlechte, dessen
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Wiege wohl in der nach ihren Salzquellen getauften Stadt Salins
im Juradepartement stand. Früh erscheint er als Ingenieur-Offizier
im französischen Staatsdienste und widmete sich schon damals
der Architektur mit ausgezeichnetem Talente. Sein Meisterwerk
aus jener Zeit, das de Salins selber als die bedeutendste Leistung
seines Lebens ansah, war der Bau des Residenzschlosses der
Fürstbischöfe von Strassburg in der unterelsässischen Stadt Zabern.
Der Sturm der grossen Revolution hat den adeligen Baumeister
sammt Hunderten seiner Standesgenossen über den Rhein nach
Deutschland getrieben. Er taucht zu Anfang des 19. Jahrhunderts
in Frankfurt auf und hat dort eine Reihe sehr interessanter Bauten
aufgeführt. Seine Berufung hieher als grossherzoglicher Bau-
direktor erfolgte zu Beginn des Jahres 1807. Trotz der Schwierig-
keiten, welche ihm aus der mangelhaften Kenntniss der deutschen
Sprache und Schrift erwuchsen, that de Salins alles Mögliche, um
die Pflichten seines neuen Amtes getreulich zu erfüllen und nach
Kräften Geschmack, Ordnung und Sparsamkeit in seiner Sparte ein-
zuführen. Wie sein grösserer Vorgänger im Amte, Balthasar Neu-
mann, zeichnete sich de Salins durch eine bewundernswerthe Viel-
seitigkeit aus. Dem Institute für Künste und Handwerker, aus dem der
polytechnische Verein später erwachsen ist, wendete er besondere
Sorgfalt zu. Gleichfalls dem Bestreben, das Handwerk auf die Stufe
der Kunst emporzuheben, entsprang die 1808 von ihm veranlasste Ein '
führung einer Prüfung für die Maurer-, Tüncher-, Zimmer- und Dach-
deckergesellen. Weiter abseits von seinem Berufe lag die Aus«
arbeitung von Denkschriften über die Errichtung von Fabriken,
die Verbesserung und Verschönerung der Heilbäder Kissingen
und Bocklet, die Ausbeutung der grossen Torfmoore auf der
Rhön, die Schiff barmachung der Saale und vieles andere mehr.
Die meisten dieser Projekte gelangten nicht zur Ausfuhrung.
Mehr Erfolg brachte unserem Hof baudirektor die Leitung der
vielen und immerwährenden Bauten des Grossherzogs in der
hiesigen Residenz und in den Schlössern zu Wemeck und Veits-
höchheim. Mit der grössten Präzision führte er die sämmtlichen
Arbeiten aus und bewährte nicht nur seine Kenntnisse des Bau-
wesens sondern auch ganz vorzüglich seinen — nach dem Urtheil
der Zeitgenossen — „reinen Geschmack" und seine hervorragende
Kunst als Dekorateur. „Um seiner Anstellung Ehre zu machen,
habe er ganz allein so viel besorgt, als wozu gewöhnlich mehrere
thätige Männer und fleissige Aufseher erforderlich sind." Mit
einem aussergewöhnlichen Fleisse ordnete er alles, was auf die
Dekoration Bezug hatte , bis auf das kleinste Detail an, entwarf
alle Zeichnungen selbst im Grossen und brachte es endlich dahin,
dass die hiesigen Handwerksleute seine Ideen mit einer Genauig-
keit ausführten, welche die unter dem Grossherzog entstandenen
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Bauten auf einen seltenen Grad der Vollendung brachte. Durch
diese rastlose und vielseitige Thätigkeit für den Hof und die
wirksame Förderung der Bildung und des besseren Geschmacks
der hiesigen Künstler und Handwerker habe de Salins bleibenden
Ruhm sich erworben, schrieb im Jahre 1815 die damalige höchste
Regierungsstelle, die Hofkommission dahier, als sie dem kgl.
Staatsministerium das Gesuch des letzten würzburgischen Hof
baudirektors um Quieszirung in Vorlage brachte. —
Aus der grossen Schaar der Künstler — Maler, Bildhauer,
Stukkateure, Marmorarbeiter und Vergolder — , welche mit und
nach Neumann bei dem Baue und der Ausschmückung der Resi-
denz thätig waren, ragt als der bedeutendste der Maler Giovanni
Battista Tiepolo hervor. Als vor etlichen Jahren seine Vater-
stadt Venedig den 200. Geburtstag ihres berühmten Sohnes durch
eine reichhaltige Ausstellung seiner Werke in würdigster Weise
beging, wurde von Rechts wegen auch in Würzburg, der einzigen
Stadt in ganz Deutschland, wo der Meister unvergänglich e Spuren
seines Schaffens hinterlassen, sein Gedenken durch eine Ausstell-
ung in der Residenz gefeiert. —
Tiepolo'), genannt Tiepoletto, wurde als Sohn eines Kauf-
fahrteischiffers zu Venedig in den letzten Tagen des Monats März
1696 geboren und am 6. April in der Pfarrkirche von S. Pietro
di Castello getauft. Im Februar 17 19 verheirathete er sich mit
Cecilia Guardi, Schwester des gleichnamigen Malers, und ent-
sprossen dieser Ehe neun Kinder, von denen Domenico und Lorenzo
ebenfalls künstlerischen Ruhm erwarben, ersterer als Maler und
Gehilfe seines Vaters, der letztere noch besonders als Kupfer-
stecher. Lieber Tiepolo's Lehrjahre ist nicht viel bekannt. Bei
seinen ersten Lehrmeistern, dem einfachen nüchternen Lazza-
rini und dem bedeutenderen Franceschini, lernte er wenig und
doch unendlich viel: er lernte zeichnen, und ohne das wäre sein
Talent verkommen. Schliesslich kam Tiepolo zu Piazetta und
dieser Künstler war ihm unter den Venetianern damals vielleicht
allein stammverwandt. Jahrzehnte lang arbeitete er in der Hei-
math, vielbeschäftigt namentlich auch in Mailand und von den Zeit-
genossen hochgeschätzt. Im Jahre 1750 erhielt er die Berufung
des Fürstbischofs Karl Philipp von Greiffenklau nach Würzburg,
in dessen Dienst er bis Ende 1753 weilte. In seine Vaterstadt
zurückgekehrt, übernahm er bald darauf — 1755 ~ ^i^ Leitung
der von der Republik errichteten Akademie der schönen Künste,
welche die grosse Vergangenheit zu neuem Leben erwecken
sollte. Aber das Unmögliche gelang auch einem Tiepolo nicht
und es war für ihn wohl eine Art Erlösung, als ihn 1762 König
») Vergl. Frz. H. Meissner, Tiepolo (Velhagen & Klasing, 1897).
Karl ni. nach Madrid berief. Mit seinen Söhnen Domenico und
Lorenzo schuf er dort mit einer trotz seines Alters ungeschwäcliten
Kraft Fresken und
Oelbilder im königL
Paläste und in vielen
Privathäusem, bis
ilm am 27. März 1770
der Arbeit sozusagen
ilberrasclite. Er wur-
de in der Kloster-
kirche St. Martin be-
graben , doch sind
spater, als diese
Kirche demoiirt wur-
de, die sterblichen
Ueberreste Tiepolos
zerstreut worden.
wältigen Schaffens-
kraft zeugt heute
noch eine sehr statt-
liche Reihe von Fres-
ken , Tafelbildern,
Zeichnungen , Ent-
würfen, Radierungen
und Kupferstichen.
Zahlreiche Kirchen
Italiens sind mitAltar-
blattern von seiner
Hand geschmückt.
Zu den besten Schöpf-
ungen dieserGattung
gehören : „Aufstieg
zum Calvariehberg"
von ergreifender
Grösse und Trauer,
das Martyrium der
hl. Agatha, ausge-
zeichnet durch vor- '
-r- 1 AI K-.j ,, u ,] n treffliche Verlheil-
Tiepolo: AU.rbLld .,1 der Holkapeüe. ^„^ ^^„ Licht und
Schatten, und das
Bildniss des Irenaposteis St. Pal rik, eine wahre Perle durch Kraft
und Wahrheit der Farbe und das Ineinanderspielen glänzender
LichtefFekte und düsterer Halbschatten. Den Höhepunkt aber er-
reichte der Kir
Vollkraft seine«' Le-
bens, im Jahre 1739,
lür das Versamm-
lungshaus fscuola)
der Karnieliten in
Venedig schuf. Ins-
besondere das den
Mittelpunkt der
neun Darstellungen
bildende Deckenge-
mälde : Die hl. Jung-
frau überreiche dem
seligen Simon Stock
das Skapulier, be-
zeichnet Zanetti, ein
Zeitgenosse
Tiepolos, als das
Werk, in dem dessen
Stil in grösster Rein-
heit und Schönheit
zu Tage trete. Wäh-
rend unser Meister
lür seine Staffelei-
bilder fast aus-
schliesslich religiöse
Gegenstände sich
zumVorwurfe nimmt,
zeigt er sich in den
Fresken als Virtuose
in der Behandlung
glänzender profaner
Stoffe. Eine sichere
und flüchtige Hand,
eine fast unbe-
schränkte Beherrsch-
ung der Perspektive
und eine wunderbar
leuchtende Farben-
gebung machten ihn
zu einem
Architekti
iler Tiepolo in den Bildern, die
dieser Art sind vor Allem die Schilderungen aus c
Kleopatra, mit welchen er den Palazzo di Labia ii
Hochbedeutende Leistungen
- 44 -
Stadt schmückte, sowie die Freskomalereien in der Residenz zu
Würzburg. Ohne Zweifel war Tiepolo unter den italienischen
Malern des i8. Jahrhunderts der grössten einer und derjenige,
der am meisten an Paolo Veronese erinnert. Mit ihm sank
Venedigs Künstlerruhm endgültig in's Grab. —
Ob und wie weit die Berufung Tiepolos nach Würz-
burg auf den Einfluss Neumanns zurückzuführen ist, lässt sich
bei dem Schweigen der urkundlichen Quellen nicht feststellen.
Gewiss ist, dass er zunächst und ausdrücklich zur Ausmalung des
grossen Speisesaales, der jetzt gewöhnlich der Kaisersaal
genannt wird, hierher verschrieben wurde und dass vor Tiepolo
schon ein anderer Künstler sich an diesem Werke versucht
hat^). Im Herbste 1749 kam nämlich ein gewisser Joseph Visconti
aus Mailand „in Bekleidung hoher Vorschreiben", worin er „als
einer der stärksten Maler" gerühmt wurde, an den Hof des
Fürstbischofs Karl Philipp von GreifFenclau , und machte sich
anheischig, noch während des Winters die Arbeit im Saale „nach
der vorgelegten Skizze fertig zu machen und seine Kunst der-
gestalt zu zeigen, dass solche von männiglichen die approbation
finden solle." Der hohen Meinung, die Visconti von seiner Leistungs-
fähigkeit hatte, entsprach auch der sehr hohe Lohn — 1000 Dub-
lonen — , den er forderte. Nach langen Verhandlungen wurde
unterm 17. Oktober 1749 die Hofkammer mit ihm dahin einig,
dass er nach Vollendung des Werkes 4000 Reichsthaler (= 800 Dub-
lonen) als Honorar, zur Anschaffung der Farben und des Goldes
aber sofort einen Vörschuss von 1000 Reichsthalern erhalten
sollte. Was weiter geschah, ob der „grosse Meister" überhaupt
an die Arbeit gegangen oder gleich nach Empfang des Vor-
schusses das Weite gesucht hat, ist in Dunkel gehüllt. Genug,
am 18. März 1750 produzirte der Rath Ganzhom der Hofkammer
„20 Büchlein venetianischen Goldes mit dem Vermelden, dass
dieses alles sei, was vom Maler Visconti zur Schadloshaltung
zurückverblieben."
Unmittelbar nach dem „Abgange" dieses „Künstlers" wurden
von hier aus unter Vermittlung des wahrscheinlich aus Würzburg
stammenden Bankiers Lorenz Jakob Mehling in Venedig „mit dem
sehr berühmten und kunstreichen Maler Johann Baptist Tiepolo"
Verhandlungen eingeleitet, die aber, hauptsächlich in Folge zwei-
maliger Erkrankung des Meisters, erst am 12. Oktober 1750 zu
einem Vertrage führten. Demzufolge verpflichtete sich Tiepolo,
den Saal „mit all möglicher attention, Kunst und Fleiss nach der
vorgelegten description und dem mitgetheilten Abrisse, bevorderist
*) Die Nachrichten über die Thätigkeit Viscontis, sodann Tiepolos und seines Sohnes
in Würzburg sind aus archivalischen Quellen geschöpft.
~ m -
nach dem gnädigsten Willen Seiner hochfürstlichen Gnaden, in
gehöriger Zeit all in fresco" zu malen. Dafiir wurde ihm zuge-
sichert: looo fl. Reisegeld, Kost und Logis bei Hof ftlr sich „und
seine mithabenden Personen", sowie „für sein Stipendio oder Ver-
dienst" loooo fl. rh., wovon aooo fl. alsbald nach der Ankunft in
Würzbui^ zahlbar sein sollten. Farben, Gold und andere Erfor-
dernisse wurden auf Kosten des Hofes beschafft.
Im Januar 1751 traf Tiepolo hier ein mit dem Entschlüsse,
i Nahmen und Km
30-
1 Teutschland eben massig
ewigen".
Juni 1752 wird be-
richtet, dass er „den
grossen Speissaal
(Kaisersaal) der-
gestalten kunstreic)i
und zierlich ausge-
mahlt, dass S. hoch-
fürstlichen Gnaden
dero vollkommene
Zufriedenheit darob
gefunden". Der Ge-
genstand der Dar-
stellung war dem
Künstler von vorne-
herein genau vorge-
sehrieben worden.
Man griflT auf die
glorreichste Epoche
der würzbu Irischen
Geschichte, auf die
Zeit der Staufer, zu-
rück. Damals , auf
einem grossen
Reichstage, den
Friedrich Barbarossa
im Jahre ir68 dahier
abhielt, leistete mit den übrigen anwesenden Fürsten auch der
Würzburger Bischof Herold dem Kaiser feierlich den Treueid,
wurde mit den Regalien belehnt und erhielt zugleich jenen hoch-
wichtigen „Brief mit anhangendem Siegel von gutem, lauterem
Golde", darin die Bischöfe zu Würzburg als alleinige Inhaber
der landgerichtlichen Gewalt und als rechte und wahre Herzöge
zu Franken anerkannt und bestätigt wurden. Diesen für die
ganze Enlwickelung des Fürstbisthums horhbedeutsamen Vor-
gang verewigte Tiepolo in dem Felde an der Nordwand des
Tiepolo:
des BiUlliHuets Jakob van der Auv«ta.
>- 46 -
Saales mit leuchtenden Farben. Gegenüber hatte er die im
Jahre 1156 in der Woche nach Pfingsten (10.— 17. Juni) dahier
gefeierte Hochzeit Barbarossas mit der burgundischen
Prinzessin Beatrix, wobei der Bischof zu Würzburg, Gebhard
Graf zu Henneberg, „die solenne Benediktion verrichtete", dar-
zustellen.' Unter den Gästen, die der Trauung beiwohnen, sehen
wir zwei Kardinäle, zum Zeichen, „dass solche Ehe nicht wider
das Gutheissen des päpstlichen Stuhles fürgenommen worden" •).
Das Gemälde an der Decke selbst sollte die beiden
„Historien" mit einander verbinden. Aus hellem Gewölke, hervor-
brechend führt „der Phoebus Orientalis" auf seinem Sonnen wagen
die Braut dem Kaiser zu, der in der Tiefe im Schutze des „Genius
Imperii" ihrer harrt. Dem Sonnengotte gesellen sich ausser der
Liebesgöttin Venus, als Verkörperungen der wichtigsten Erwerbs-
zweige des Frankenlandes Ceres (Ackerbau), Bacchus (Weinbau)
und Moenus (Schiffiahrt und Handel) zu. Der vor Apollo einher-
fliegende Knabe bringt dem Kaiser das Schwert entgegen, damit
er es als das Symbol der herzoglichen Gewalt dem Bischöfe von
Würzbnrg verleihe. Ritterliche Träger des Reichspaniers und der
Fahne des Herzogthums Franken beleben und ftlllen den Hinter-
grund. — Wie das Deckengemälde erscheinen auch die Darstell-
ungen in den kleineren Feldern zwischen den Fenstern
und Pfeilern als eine Verknüpfung der „Historien". Es sind
Personen aus dem Gefolge des Kaisers, die theils der Hochzeit,
theils dem Reichstage beiwohnen. Gerade dieser Theil der Arbeit
Tiepolos weicht von dem Entwürfe, der ihm aus dem Kabinete
des Fürstbischofs mitgetheilt wurde, vollständig ab. Ursprüng-
lich sollten nämlich hier in sechs Feldern die Verlobung Frankens
mit dem Reich, die Vermählung des Würzburger Bisthums mit
der Kirche und die vier .Erzämter, welche der Bischof Herold
im J. 1168 „zu grösserem Ansehen seines herzoglichen Fürsten-
thums angeordnet hatte", dargestellt werden.
Hochbefriedigt über die vortreffliche Ausführung des ersten
Auftrages entschloss sich der Fürstbischof, „zur Vergrösserung
des Prachts und Zierde in dero fürstlichem Palais" durch den
nämlichen Künstler das Gewölbe über der Hauptstiege
auf gleiche Art „aF in fresco" malen zu lassen. Als Honorar
ward die hohe Summe von 12000 fl. ausgeworfen. Im Oktober
1753 hatte Tiepolo das gewaltige Werk „künstlich und nach
seiner bekannten Force und Gewohnheit" vollendet. Die Idee
ward sicher auch in diesem Falle ihm vom Hofe gegeben. In
den damals beliebten Formen der Mythologie sollte die den ganzen
Erdkreis umspannende und beherrschende Macht der Kirche
*) Uarbaroäsas erste Ehe war bekanntlich geschieden wurden.
- 47 -
dargestellt werden ')■ "Daher sehen wir in der Mitte den Olymp
als den Sitz der Götter und aussen herum an den vier Seiten die
allegorischen Darstellungen der vier Welttheile. Die einzelnen
Gruppen*) sind äusserst charakteristisch behandelt, in der Leichtig-
keit der Beherrschung des grossen Raumes ist kein neueres Fresko-
gemälde dieser Decke gleichgekommen. Es ist bekannt, in welch
abfälliger Weise Anselm Feuerbach in seinem Tagebuehe dieses
Werk Tiepolos beurtheilt; die Zeitgenossen waren anderer Mei-
nung und auch der
sonst kühl und nüch-
tern abwägende Ge-
schichtsschreiber des
Barockstiles, C. Gur-
Lobeshymnus fortge-
rissen. „Allerdings"
— sehreibt er —
„hätte die ganz un-
gegliederte Fläche
der nur durch eine
mächtige Kehle über
die Architektur er-
hobenen Decke den
verhältnissmässig
feinen, schon in den
strengeren Formen
des jüngeren Neu-
mann gehaltenen Auf-
bau der korinthischen
Wandpilaster des
Oberstocks erdrückt, „ „
wäreesdemstrahlen- Selbsipo.l.St Tiepolos.
den Silberton des
grossen Barockmalers nicht gelungen, seinem riesigen, etwa
sechsthalbhundert Quadratmeter messenden Bilde eine seltene
Leichtigkeit und unergründliche Luftperspektive zu geben. Alle
Last ist aufgehoben. Wie die kräftig bunten, auf den Gesimsen
hinwandelnden Gestalten der Nationen der verschiedenen Welt-
theile frei und sicher über der .Architektur sich erheben, ein Ge-
<) Nich eimr Mitthcilnng dn f Univ.-Pror. Dr. Situ.
- 48 -
schlecht lebensfroher, markiger Gestalten, wie über ihnen huldigende
Genien, eine Welt leicht beschwingter, der Körperlichkeit scheinbar
entkleideter Wesen durcheinander webt, ist nicht zu beschreiben,
sondern muss bewundert und staunend begriffen werden."
Mit der Herstellung der grossen Freskomalereien im Tre p p e n-
hause und im Kaisersaale der Residenz war die Thätigkeit Tie-
polos in Würzburg keineswegs erschöpft. Wir wissen, dass er
im Oktober 1753, als er sich nach einem Aufenthalte von etwa
2^/4 Jahren zur Heimkehr in die Lagunenstadt rüstete, über das
für die Ausmalung des Stiegengewölbes bedungene Honorar hin-
aus noch ein besonderes „Douceur" von 3000 fl. rh. „für diese
Arbeit und verschiedene andere für bischöfliche Gnaden verfertig-
ten Stücke" ausbezahlt erhielt. Unter diesen „Stücken" stehen
wohl obenan die beiden Altarbilder in der Hofkapelle: Maria
Himmelfahrt und Sturz der Engel. Ausserdem befanden sich ehe-
dem in der Residenz zwei „Fabelstück aus dem Tasso" und der
hl. Franziskus in Pastell gemalt „von dem alten Tiepolo". Auch
für Private hat der venetianische Meister hier gearbeitet. Zu den
besten Werken dieser Art und Tiepolos überhaupt zählen un-
streitig die jetzt im Eigenthume des Reichsraths Freiherrn von
Guttenberg stehenden Gemälde: Christus und die Ehebrecherin,
sowie Rebekka am Brunnen 1). Andere Originalarbeiten [?] besitzt
die Universität (Mucius Scaevola, die Familie des Darius vor
Alexander dem Grossen, Christus am Oelberg, Susanna im Bade,
Studienkopf), Dr. Ziegler (Iphigenia, 2 Miniaturköpfe venetianischer
Nobili), der historische Verein (die Porträts des Bildhauers Jakob
van der AuveraS) und seiner Frau). Ausserhalb Würzburgs er-
hielt Tiepolo noch von der reichen Benediktinerabtei Münster-
Schwarzach mehrere Aufträge. Für die prachtvolle, von B. Neu-
mann erbaute Klosterkirche, welche leider in den Jahren 1821
bis 1827 niedergerissen wurde, lieferte er gegen den Lohn von
432 Gulden ein grosses Altargemälde: die Anbetung der hl. drei
Könige, das jetzt unter den Schätzen der alten Pinakothek in
München zu sehen ist. Ebenfalls in die Hauptstadt des Landes
wurde nach der Säkularisation verbracht, was sonst noch von
Tiepolo in Schwarzach sich vorfand, nämlich eine Skizze („eine
heilige Familie mit vielen Engeln") und 14 „kleine Kupferstiche"
*) Herrn Reichsrath Freiherrn Th. von Guttenberg, Herrn Dr. G. Ziegler und dem
Vorstande des historischen Vereins, die uns bereitwilligst die Reproduzirung ihrer Ge-
mälde gestattet haben, sei auch au dieser Stelle nochmals herzlichst gedankt.
*) Jakob van der Auvera, aus Mecbeln, Schwiegersohn des Malers Onghers, war
der erste (■{* um 1760) und bedeutendste aus der Familie A., welche in vier Generationen
der Kunst gedient hat. Er ist der Schöpfer der Statuen an den Portalen von Neumünster,
dem Seminar sowie der Peterskirche und hat mit seinen Söhnen Johann Georg Wolfgang
(t '7S^) u"^ Lukas Anton (f 1766) ein reiches Arbeitsfeld an der Residenz gefunden.
- 49 -
(wohl Radirungen). — Nicht so produktiv wie der Vater Tiepolo
war sein älterer Sohn Domenico, immerhin aber ist auch er
in mehreren Gemälden hier vertreten. Ihm gehören nämlich die drei
Bilder an, die als sogenannte SopraportosüberdenThüren
desKaisersaales hängen. Das eine — über dem Eingange aus
dem weissen Saale — stellt dar, „wie Justinianus die Rechte gegeben
hat". Die Deutung des zweiten Gemäldes ist unsicher*). Gegen-
stand des dritten Bildes ist, „wie der hl. Ambrosius, Bischof von
Mailand, dem Kaiser Theodosio wegen seinem übereilten Zorn
die Kirch versperret hat". Für diese Arbeiten verlangte und erhielt
der Künstler im September 1751 180 Spezies-Dukaten. Um das
geringere Honorar von 100 Dukaten malte er dann im Jahre
1753 „vier Supraporten mit vielen Figuren" in den Speisesaal des
„Lustschlössleins" zu Veitshöchheim. Wo diese Werke gegen-
wärtig verwahrt werden, ist nicht bekannt. Dagegen weiss man,
dass zwei Bilder Domenicos (Fusswaschung der Magdalena und
Abendmahl), welche einst den „neuen hochfürstlichen Speise-
saal" in der hiesigen Residenz zierten, im Jahre 1804 an die
Münchener Gallerie eingeschickt und später in Schieissheim auf-
gestellt worden sind. —
Viel wäre noch zu erzählen von all den Künstlern, die neben
Neumahn und Tiepolo an der Ausschmückung des prächtigen
Schlosses betheiligt waren, aber die Zeit drängt und schon wartet
der Diener, der uns durch den Bau führen soll.
Die R e s i d e n z '*) ist ein im italienisch-französischen Renaissance-
stile aufgeführter Prachtbau von 167 m Länge, 92 m Breite und
21 m Höhe mit einer Kirche, 5 Sälen, 312 Zimmern, die durch
sieben Höfe Licht und Luft erhalten. Das Schloss, von allen
Seiten freistehend, bildet ein längliches Viereck, dessen westliche
Front durch Zurücksetzung des mittleren Theiles in zwei Flügel
getrennt ist, während die dem Hofgarten zugewendete Rückseite
ohne Unterbrechung fortläuft. Fünf durch freistehende Säulen
dorischer Ordnung getragene Altanen beleben die Westseite des
Mittelbaues. Die Symmetrie des Ganzen, die grossen, reichver-
zierten Fenster, der grüngelbliche Sandstein — alles macht den
Eindruck einer vornehmen Grösse, einer massvoll und ruhig
wirkenden Pracht. Diese Wirkung wird durch den riesigen, vor
der Hauptfagade sich ausdehnenden Platz noch bedeutend ge-
steigert. Ein Meisterstück der Baukunst ist im Mittelbau die mit
einem flachen Gewölbe überspannte Halle, aus welcher man in
¥) Ein altes Inventar erklärt es — im unlösbaren "Widerspruche mit den geschicht-
lichen Thatsachen — als eine Darstellung der üeberwindung „Bellisars" durch Constantin
den Grossen (I).
*) Yergl, C. Gurlitt, Gesch. des Barockstiles etc. in Deutschland, S. 338 ff., und
insbesondere Keller' Balth. Neumann S. 51—83,
^ 50 -
einen länglich achteckigen, gewölbten Gartensaal gelangt. Den
Plafond desselben schmückt ein von Johann Zick al fresco gemaltes
Göttermahl, wobei Diana von fürstbischöflichen, grünuniformirten
Hofjägern bedient wird. Links von der Vorhalle liegt das Treppen-
haus, eines der schönsten, das die Kunstgeschichte kennt, mit den
schon beschriebenen Fresken J. B. Tiepolos.
Vom Treppenhause gelangt man in den weissen Saal, der
den künstlerisch vollendeten Rococostukkaturen an Decke und
Wänden seinen Namen verdankt, und dann in eine lange Reihe
von Wohnzimmern im Empire-Stil, deren jedes eine andere Farbe
und anderen Fussboden und Plafond zeigt. Das grösste histo-
rische Interesse beansprucht von all diesen Gemächern das Schlaf-
zimmer, in welchem der Regent des Königreichs Bayern, Prinz
Luitpold, am 12. März 1821 als Sohn des damaligen Kronprinzen
und späteren Königs Ludwig I. geboren wurde. Die schier end-
lose Flucht der eigentlichen Prunkräume befindet sich gegen die
Gartenseite zu. Fussboden, Plafonds, Wände, Thüren und Ein-
richtuhgsgegenstände sind von ausgesuchter Pracht und zeugen
von dem hohen künstlerischen Geschmack der Erbauer. Beson-
ders hervorgehoben seien hier nur : das berühmte Spiegelzimmer,
„das schönste der Welt", dessen Einrichtung mehr gekostet haben
soll als der ganze Rohbau, mit Malereien von Byss, Thalhofer,
Högler und Urlaub; die herrlichen Gobelinzimmer, deren gewirkte
Tapeten theils dahier unter der geschickten Hand des Meisters
Pirot, theils in niederländischen Werkstätten entstanden sind, end-
lich in der Mitte des Gartenbaues der schönste und grösste Saal
des Schlosses, der Kaiser- oder Barbarossa-Saal, ein Achteck
von 26 m Länge und 16 m Breite. Ueber ein von 20 kanelirten, röth-
lichen Gipsmarmor-Säulen getragenes, reich vergoldetes Gesims
von gleichem Marmor wölbt sich die Decke mit den oben ge-
schilderten farbenprächtigen Freskogemälden J. B. Tiepolos. In
den Nischen stehen vier Statuen, rechts Neptun und Juno, links
Apollo und Flora. Ueber den drei Thüren befinden sich vor-
treffliche Oelgemälde Domenico Tiepolos. Die schönste Harmonie
aller Bestandtheile des wahrhaft kaiserlichen Saales vollendet der
mit rothen und weissen Marmorplatten belegte Fussboden.
Die Hofkirche (Haupteingang vom Residenzplatze aus)
nimmt die ganze Höhe des Schlosses ein. Ihre Länge beträgt
31,50 m, die Breite 10,10 m. Von ihrer Basis erheben sich 22 Säulen
von röthlichem Gipsmarmor mit vergoldeten Kapitalen, welche
theils die Emporen stützen, theils den Wandpfeilem vorgelagert
sind. Das kräftige ringsum laufende Gurtgesimse, welches die
Kirche gleichsam in zwei Etagen theilt, ist wie die Brüstung der
Emporen aus schwarzenx Marmor; aus schwarzem und gelbem
Marmor sind auch die Altäre. Der Hochaltar, der statt eines
- 51 -
Altarblattes blos mit einem grossen Knicifixe von Gips und mit
den Standbildern der Franken apostel ICilian und Burkard ge-
schmückt ist, steht völlig Irei. Die beiden Seitenaltäre mit spiral-
förmig gewundenen Säulen sind nach den Entwürfen des schon
erwähnten
Wiener Archi-
tekten Johann
Lukas Hilde-
richtet. Die
Altarblätter,
rechts Maria
Himmelfahrt,
links den Sturz
der Engel dar-
stellend, sind
vorzügliche
Werke Tiepo-
los. Die drei-
theilige, über-
aus lebhaft be-
wegte Decke
zeigt den
Himmel, die
Hölle und die
Ermordung
des hl. Kilian:
Arbeiten der
HofmalerByss
und Högler.
Rühmende Er-
wähnung ver-
dient noch die
Würzburger Imtte Ansicht der Hofkirche.
Meister Ph.
Seuffert kunstreich erbaute Orgel ').
Dem allgemeinen Besuche verschlossen sind aus triftigen
Gründen die gewaltigen Kellergewfllbe, welche sich, mit Ausnahme
des Mittelbaues, unter dem ganzen Residenzgebäude hinziehen.
1} Am i{. Mal i8j( N.ehmiii.gj )-6 Uhi »riiSn« ein litf.igts Fmtr den g.nitn
- 52 -
Sie sind nicht bloss wegen ihrer Grösse, sondern auch wegen ihrer
praktischen Einrichtung bewundernswerth. Hier waren zu den
Zeiten, da noch der Krummstab herrschte, die Weinvorräthe ge-
borgen, die theils als Erträgnisse der in staathcher Regie gebauten
Weingärten, insbesondere aber in der Form von Zehenten und
Gülten aus den mit Weinwachs gesegneten Aemtem des Hoch-
stifts zusammenflössen.
Ein Weinland war ja das Fürstbisthum, das den grösseren
Theil des heutigen Kreises Unterfranken und Aschaffenburg in
sich schloss, seit den Zeiten der Merovinger und Karolinger, da
mit den fränkischen Missionaren und Soldaten die Rebe aus Gallien
über den Rhein kam. Die erste Urkunde, in welcher des Wein-
baues in Unterfranken Erwähnung geschieht, ist älter den ii. Jahr-
hunderte. Im Jahre 777 schenkte Karl der Grosse der Abtei
Fulda das Schloss Hammelburg. Unter den Zugehörungen werden
acht Weinberge genannt. Fast gleichzeitig mit Hammelburg tritt
Würzburg auf den Plan. Als ihre Markung um das Jahr 780
umgangen und die Grenzen urkundlich festgelegt wurden, blühte
schon „an den sonnigen Halden" die Rebe. Mit einer Schnellig-
keit, wie wir sie jeder guten Sache wünschen, breitete sich dann
der Weinbau, der im 16. Jahrhundert gerne als die „Silber- und
Schmalzgrube" des Hochstifts Würzburg bezeichnet wird, über
das mittlere und obere Maingebiet aus. Sehr bedeutende Grund-
flächen, die jetzt mit Getreide oder Gemüse bepflanzt sind, waren
noch vor wenigen Jahrzehnten mit Reben bestanden. Inzwischen
ist ja, unter dem unwiderstehlichen Drucke der mit der Zeit sich
ändernden Verhältnisse, der Weinbau, der sich ins Uebermässige
entwickelt hatte, in ein engeres Bett, in eine gesunde Beschränk-
ung zurückgefluthet. Immerhin zählt derselbe auch heute noch
zu den wichtigsten Bodenkulturen Unterfrankens.
Die fertige Gottesgabe, der Wein, wird theils im eigenen
Lande getrunken, theils fliesst sie im Wege des Handels hinaus
in alle Welt. Auf allen Blättern der Geschichte kann man lesen,
dass „guter, purer und gerechter Frankenwein durchgehends
grosses Lob erhält, denn er ist allemal ein kostbarer Wein und be-
sitzt sein Feuer ebenso, wie Rheinweine." Erwärmende und stär-
kende Kraft, Feuer, Süsse, Bouquet und Haltbarkeit sind un-
bestrittene Eigenschaften der fränkischen und insbesondere der
Würzburger Weine. Denn Würzburg war von jeher und ist
heute noch der Mittelpunkt der Weinkultur. Hier residirt das
hohe Königspaar Leiste und Stein, milder nach Frauenart
„sie", feuriger und stürmischer „er", beide edelsten Geblütes.
Und rings um ihren Thron lagern enggeschaart ihre Paladine,
der Schalksberger, die Harfe und wie sie alle heissen. Hier
ist der Sitz einer hochentwickelten Schaumweinindustrie und gross-
- 53 -
artiger Weinhandlungen, hier unterhält der bayerische Staat als
„Mustergut", zugleich mit der Bestimmung, den Frankenweinen
im Auslande zu wohlverdienten Ehren zu verhelfen, ein Weingut,
zu dem ausser den Lagen in der Leiste, am Pfülben und Stein
noch Weinberge zu Hörstein gehören. Und diese „Mustertropfen"
lagern, wie sichs gebührt, in einem der schönsten Keller, die es
giebt, im Würzburger Hofkeller.
Ueber dem Eingange zu dieser weltberühmten Unterwelt
unsrer Stadt wollte, wie dunkle Sage meldet, ein Philologe,
der bei dem letzten „Vereinstage" erst nach langem Suchen
von seinen Kollegen in der weinduftigen „Sakristei" aufgefunden
und mit schweren Mühen ans Tageslicht gebracht worden, den
Spruch Virgils als warnende Inschrift angebracht wissen:
— — facilis descensus Averno,
Sed revocare gradum, superasque evadere ad auras.
Hoc opus, hie labor est ').
Es ging so rasch, so leicht hinunter über die bequeme, be-
häbige Treppe, der springende Brunnen in der Vorhalle rauschte
so lustig, die uralten Riesenfässer erzählten, wie sie einst in den
Thälem des Spessarts gewachsen und dann zu würdigen Behäl-
tern edelsten Rebensaftes auserlesen worden, wie sie flüchten
mussten vor dem Riesendurste der Schweden und Franzosen und
endlich zur Ruhe gesetzt wurden, um handlicheren Fässern ge-
ringeren Umfanges Platz zu machen. Nicht lange horchte unser
Freund auf das Geplauder der leeren Gefösse, so stattlich sie
aussehen mochten; der Duft, der aus den unansehnlichen, aber
vollen Gebinden aufstieg, that es ihm an und aus tiefster Ueber-
Zeugung stimmte er ein in das „Weinlied der Philister", das sein
hochverehrter Kollege Ludwig Bauer der Alma Julia zu ihrer
dritten Säkularfeier gespendet:
Du Leisten, edler Feuerwein,
Kannst auch den Stein durchgeisten.
Und selbst der Schwächste kann beim Stein
Was Menschliches noch leisten.
Der Stein lässt uns der Sorgen Chor
Stets siegreich überwinden.
Im Leisten kann ein jeder Thor
Den Stein der Weisen finden.
Stets ist eu'r Vortrag tief und neu,
Unsterbliche Docenten,
Euch bleiben die Philister treu
Als ewige Studenten.
l) Leicht ist der Abstieg in den Avemus (die Unterwelt),
Aber den Schritt zurückzulenken und zu entweichen in die Luft der Oberwelt
Das ist Mühe, das ist Arbeit.
- 54 -
Leider zu bald ward auch die letzte Strophe zur Wahrheit:
Nun dreht sich gar im Ringelreih'n
Der Saal mit Tisch und Wand um;
Das macht der Stein- und Leistenwein —
Quod erat demonstrandum!
Glücklicherweise
erholte sich der
Kranke in dem
frisch über den Re-
sidenzplatz wehen-
den Winde so rasch
wieder, dass er den
vor dem Mittelbaue
des Schlosses auf-
ragenden Franko-
ziemlich deutlich er-
kannte und nur die
Figuren Walters
von derVogel weide,
Tillmann Riemen-
schneider's und des
Malers Mathias
Grunewald von
Aschaffenburg trotz
ihrer stark ausge-
prägten Individuali-
tät fort und fort
init einander ver-
wechselte. Nach-
dem er einige Mi-
nuten auf dem Pflas-
ter des Platzes hin-
und hergewandert
war, wurde er be-
reits so nüchtern,
dasserwieder lesen
konnte: „Der Luit-
pold- oder Frank o-
nia-Brunnen ') ist
von der Gesammt-
Feier des 70. Geburtstages Seiner
Buiich Seiner Kanigikbeii Kaheit <lo Ptitii-
Det Frank onia-Brunnen.
bevölkenmg Unterfrankens z
K }, j.nL 1S94. wetibui«. VttUg ,1
- 55 -
Königlichen Hoheit des Prinz-Regenten Luitpold von Bayern
als ein dauerndes Zeichen dankbarer Huldigung errichtet und
am 3- Juni 1894 in Gegenwart des Regenten und unter dem
Jubel der zu Tausenden herbeigeströmten Fremden und Ein-
heimischen enthüllt worden. Der Erzgiesser Professor Ferdinand
von Miller in München ist nicht nur der geistige Schöpfer des
ganzen Werkes, sondern es sind auch alle Bronzefiguren aus
seinem Atelier her-
vorgegangen. Die
ArchitekturhatPro-
fessor Gabriel Sei-
del in München ge-
zeichnet und hier-
von H. J. Metzger
von hierdiesteiner-
nen Figurensockel
und Muscheln an-
gefertigt, während
die grosse Brunnen-
schale und alle Mau-
rerarbeiten ein-
schliesslich derFun-
dirung Baumeister
J. Hofmann ausge-
Jhhrt hat. Zu Füssen
der „ Frank onia",
deren hoch erho-
bene Linke das Ban-
ner des fränkischen
Herzogthums hält,
während die Rechte
in gesenkter Halt-
ung einen Lorbeer-
kranz ihren am
Brunnen ran de ruh-
enden Söhnen
reicht, ist der Per-
son des Prinzregen-
1 ge-
sellen Bügel eines Hofgaiten-Thort».
krönten, von Genien
gehaltenen Bildniss in Medaillonform gedacht Die drei sitzen-
den Figuren — — " „Na, die keimen wir ja noch, hier Walter,
nein; Grunewald oder doch Riemenschneider, übrigens schön,
sehr schön." — Nun aber an dem ehemahgen Gesandtenbau,
der den Süden des Residenzplatzes abschliesst, wahrend ge-
- M -
rade gegenüber das Wohngebäude des Regierungspräsidenten
sich erhebt, rasch vorbei, hinein in den Hofgarten, jedoch
nicht, ohne dem wunderschön gearbeiteten Thor, einem der
Meisterwerke des Würzburger Hofsehlossers Oegg, wenigstens
eine flüchtige Betrachtung zu widmen. Unter der Hand dieses
Mannes, neben dem noch MarxGattinger zu nennen ist, hat die
Kunstschlosserei ihre herrlichsten Blüthen getrieben, das starre
Eisen ist lebeiidig geworden und hat sich in Ranken, Blumen
und Blätter verwandelt.
Die erste Anlage des Hofgartens hob gleichzeitig mit der
Erbauung des Schlosses an. Dass verschiedene Zeiten daran ge-
arbeitet, zeigen die verschiedenen Stilarten, die einander ablösten.
Das Meiste zu dessen Verschönerung hat ein Böhme, der im Jahre
1770 hieher berufene, ausgezeichnete Botaniker und Pomologe Joh,
ProkopMayer. geleistet. Damals kamen zahlreiche exotische Pflan-
zen und Bäume Ober den atlantischen Ozean herüber in die Main-
stadt, darunter jene, wohl den meisten Lesern noch bekannten ame-
rikanischen Platanen, deren letzte, ein gewaltiger Riese, vor wenigen
Jahren einem Frühlingssturm zum Opfer gefallen ist Einer persön-
- 67 -
liehen Anregung des für das geistige wie leibliche Wohl seiner
Würzburger treu besorgten Fürstbischofs Franz Ludwig von Erthal
(j,j^p_i^3) verdankt die im englischen Parkstile gehaltene Partie
des Gartens hinter dem Arkadenbaa ihre Entstehung. Sie sollte
der ganzen Einwohnerschaft, welcher damals nur die Alleen auJ
dem oberen und unteren Graben (Julius- und Hofpromenade)
schattige Spaziergänge boten, zur freien Benützung geöffnet sein.
Ein von demselben Fürsten vorher gemachter Versuch, alle Tlieile
Auf der Ho fgarlen- Terrasse.
des Hofgartens dem Publikum zu erschliessen, war recht schlimm
ausgefallen. Nach einem Berichte der Hofgarten inspektion aus
dem Jahre 1791 „hat die Unordnung und Ausschweifung des
Publikums in den Gärten dahier und zu Veitshöchheim den
höchsten Gipfel der schuldigsten Respekts Vergessenheit erreicht;
es scheine, als wenn wirklich diese Gärten jedermann preisge-
geben seien. Es sei darum der Zutritt nur gestandenen und ehr-
baren Leuten, auch von der Bürgerschaft, zu gestatten, allen
Kindern aber, die nicht bei ihren Eltern bleiben, sowie der
Jugend vom niedersten Stande und den gemeinen Soldaten zu
verbieten. Auch Studenten seien, soviel möglich, fernzuhalten,
weiche die meisten und grössten Ungezogenheiten begehen und
sieh nicht woiien korrigiren iassen; sie scheuen sich nicht, mit
der Tabacltspfeife einheiz ugehen und hinten am Wall Karten
zu spielen. Am meisten Unfug werde an Sonn- und Feiertagen
getrieben, wo fast Niemand mehr vom Stand im Garten gehen
mag!" — Weit, weit liegt diese böse Zeit hinter uns und der
aitc Hofkammerrath Ulsamer, der jenes Klagelied geschrieben
hat, würde hoch-
erfreut sein, könn-
te er heute einmal
an einem schönen
Sommertage sich
unter die Menge
gesellen, welche,
fröhlich plaudernd
die einen, ruhig
geniessend die an-
dern, den Hof-
garten belebt.
Wenn die Klänge
der gutgeschulten
Regimentsmusi-
ken bald laut, bald
leise, durch die
weichen Lüfte
ziehen, da giebt
die ganze „schö-
ne" und elegante
Welt WOrzburg's
sich hier ein Stell-
dichein. Manch'
junges Paar hat
sich da gesucht
und gefunden,
heute unten in den
verschwiegenen
Kindergruppe aus dem Hofgarteo. Laubgängen, mor-
gen oben auf den
baumgekrönten Wällen, von denen der Blick hinabschweift
in das Laubmeer der Glacisanlagen und hinauf und hinaus
zur uralten Marienburg, zum „Käppele" und zur „Franken warte"
und weiterhin zum Guttenberger Walde. Wie wunderschön ist
doch die Welt im Lichte der Maiensonne und der jungen Liebe !
Dazu singen die Nachtigallen, die jeden Lenz ihre Nistplätze
wieder aufsuchen, ihre schönsten Lieder, Rosen und Flieder
- 59 -
duften und die reizenden Kindergruppen, denen man kaum glaubi,
dass der Künstler sie aus leblosem Stein gemeisselt, lächeln unter
dem Kusse der Sonne und — schweigen. Es stehen da auf den
Steingeländern der Terrassen und auf einzelnen Postamenten
in den Laubhallen Statuetten, in denen sich heiterer Lebensgenuss
und herzerquickender Humor in schönsten, klinsllerisehen Formen
verkörpert haben. Leider hat der „Zahn der Zeit" sie zum grossen
Theile recht arg
mitgenommen
und in stummer
Klage ragen die
verstümmelten
GUedmassen in
die Luft'). Besser
erhalten und
gleichfalls beach-
tenswerth sind die
links und rechts
von dem grossen
Bassin befind-
lichen, epheu um-
rankten Stein-
gruppen, die Ent-
führung der Euro-
pa durch Jupiter
und den Raub der
Proserpina dar-
stellend.
All diese dem
Charakter des
Hofgartens vor-
trefflich angepass-
ten Bildwerke sind
Arbeiten des
Johann Peter
Wagner, der an
Stelle Jakobs van Kinde.gruppe aus dem Hofgar^n.
der Auvera im
Jahre 1756 als Hofbildhauer getreten war'). Geboren zu Kloster-
theres am 26. Februar 1730 halte er den ersten Unterricht in der
Kunst von seinem Vater Thomas erhalten, mit 17 Jahren die
Akademie in Wien bezogen und sich dann auf Reisen durch die
österreichische:! Staaten, die Schweiz und die Niederlande mit
') Die .m Jlärlilltn bfKliädn«n Fltinnii wnrftn darcli dit BlWIuuer Müller un.-
Hcrieiith in dtn leizitn Jihmi neu lierf-Hiellt
■} StaiiiniJiigtrIm Areh. d. hin. Vcr. Bl. jj S. »7.
- 00 -
j;rossem Fleiss und tiefem Verständniss weiter ausgebildet. Von
ihm sind ausser den Werken im Hofgarten die Kindergruppen
und Vasen auf der Haupttreppe des Residenzschlosses, ferner die
Statuen und Urnen der Kolonnaden, welche den Hofplatz ein-
schliessen, sowie der Brunnen an der Hofstrasse. In Veitshöcli-
heim gehören ihm gleichfalls mehrere Bildwerke an, unter denen
sich besonders das Dianabad auszeichnet. Die elf ersten Stationen
auf dem Nikolausberge folgten. Vergleicht man diese mit den
drei letzten, welche aus der Werkstätte der Auvera hervor-
gegangen, so ist der Gegensatz klar. Gegenüber dem Meister des
Barocks ist Wagner der eigentliche Künstler des Rococo. Aber
mehr als dieses: er leitet als der erste in eine bessere Zeit hin-
über. Seine Werke verrathen „durch ihren Aufbau und ihre
schönen Linien, durch ihr Zusammenwirken mit der Natur, wie
mit den Bauten, durch den Liebreiz der Figuren einen über die
künstlerische Bedeutung aller gleichzeitigen deutschen Bildhauer
hinausgehenden Schönheitssinn und Meisterschaft. Namentlich in
den Gruppen der Kinder bewährt sich die Begabung dieser Zeit
nach ihrer glücklichsten Seite; sie sind ebenso naturwahr und an-
ziehend in den Formen wie naiv und heiter in ihrem kindlichen
Spiel". Denselben Fortschritt zum Bessern zeigen die ganz in
seinem Geiste gedachten Grabsteine der Fürstbischöfe Hütten,
Ingelheim und Seinsheim in der Kirche auf dem Marienberge.
Das Denkmal des letzteren im Dom ist wenigstens sicher von
ihm. Wagner, unterstützt von seinem Verwandten S i m o n W a g-
n e r und seinem Gehilfen JohannBaunach (geb. 1765 zu Eichels-
dorf, gest. 1828) hat nebstdem über 100 Altäre und Kanzeln ge-
baut. Er starb am 7. Januar 1809 und hinterliess zahlreiche und
tüchtige Schüler, darunter Balth. Heinrich Nickel (f 1799), den
Bildner des Reliefs über dem Thore des Juliusspitals und der
Hueberspflege sowie des Ceres-Brunnens auf der Neubaustrasse.
Gleich gross wie er war indessen nur sein Sohn, der Bildhauer
und Maler Johann Martin Wagner (geb. 1777, gest 1858), der
bekanntlich alle seine Sammlungen von Kupferstichen, Hand-
zeichnungen, Bildern, Sculpturen u. s. w. der hiesigen Universität
geschenkt und dadurch das Wagnerische Kunstinstitut begründet
hat. —
Das Plätschern der hochaufschiessenden Fontäne ruft uns
zurück aus den Gängen der Würzburger Kunstgeschichte, in die
wir dem Meister Johann Peter Wagner gefolgt sind, zurück in
den herrlichen Hofgarten, den der viel gewanderte Fürst Pückler-
Muskau die schönste Anlage Deutschlands genannt hat. Es ist
Juni und zu Hunderten blühen die Rosen in den seltensten Formen
und Farben, im Freien sonnen sich zartgefiederte Palmen, und ihr
Beispiel nachahmend sind auch die Pomeranzen- und Citronenbäume
- 61 -
aus der feuchtwarmen Luft der Gewächshäuser heraus in den Garten
gezogen und lassen uns fast vergessen, dass wir nicht unter Palmen,
sondern an den Ufern des Mains unter dem 49. Grade nördlicher
Breite wandeln. Ueber Zeit und Raum hinweg täuscht die Hof-
gartenverwaltung auch im Winter den Würzburger, indem sie
das grosse, die Südseite der Anlage abschliessende Orangenhaus
in einen allgemein zugänglichen „Wintergarten" verwandelt
„Still" steht da die Myrthe und „hoch" der Lorbeer, Azaleen und
Rhododendren feiern wahre Farbentriumphe, Heliotrop, Reseda
und Nelke entsenden ihre Düfte, während draussen die Fontäne
vom Froste in Fesseln geschlagen ist und die steinernen Satyre
und Faune dichte Schneekappen sich über die Ohren gestülpt
haben.
Obwohl in den letzten Jahren für die Erneuerung der Bild-
hauerarbeiten an und in der „Residenz" vieles geschehen ist, Spuren
leichten Verfalls sind noch da und dort zu finden. Sie erinnern
daran, dass Neumanns Meisterwerk, dieser bei aller Grossartigkeit
doch vornehm bescheidene, bei allem überwuchernden Reicht hu m
doch massvolle und gehaltene Bau", wohl noch den Namen einer
„Residenz" trägt — sie ist der kgl. Civilliste überwiesen — , that-
sächlich aber seit fast 8 Jahrzehnten unbewohnt ist. Nachdem
die Säkularisation die Thore des Schlosses hinter dem seiner
Fürstenwürde beraubten letzten Fürstbischof Georg Karl ge-
schlossen hatte, folgte die kurze Episode des „Grossherzogthums
Würzburg" (1806— 1814), während deren der Grossherzog Ferdinand
hier residirte und zweimal, 1806 und 1812, seinen kaiserlichen
Vetter und „Herrn" Napoleon empfing. Nach dem Jahre 1814
nahm noch einige Sommer hindurch Bayerns Kronprinz Ludwig I.,
seinen Aufenthalt hier, bis auch er, verstimmt und grollend, nach
München sich zurückzog. Seitdem haben nur ein paar Besuche
fürstlicher Persönlichkeiten, — insbesondere S. Königl. Hoheit des
Prinzregenten Luitpold, der seit 1886 seine Vaterstadt viermal
besucht hat, — vorübergehend das frühere Leben in den pracht-
vollen Räumen wiedererweckt, um die Verödung dann doppelt
fühlbar zu machen*). Aus der Residenzstadt, die mehr als ein
Jahrtausend lang das Herz eines nicht unbedeutenden geistlichen
Fürstbisthums gewesen, war eine Provinzialstadt geworden. Das
Schwert war dem Fürstbischöfe aus der Hand genommen, die
Stola nur behielt er. Eine Bischofsstadt ist ja Würzburg
heute noch. Zum
>) Im rechten Flügel der Residenz, vom Beschauer aus, stehen zwei Säle dem
Wärzbarger Kunstverein zur Verfügung, links befinden sich in den oberen Räumen
die sehenswerthen Sammlungen des historischen Vereins von Unterfranken und
Aschaflfcnburg.
Wohnsitz des Bischofs
ward durch das Konkordat vom Jahre 1817, welchem das ietzige
„Bisthum" Würzburg seine Organisation verdankt, der ehemalige
Donilierrnhof Conti (Herrnstrasse Nr. 8) bestimmt, der wahrschein-
licli nach seinem ersten
Erbauer, dem im Jahre
1184 genannten Dom-
herrnFridericusContus
den Namen fährt. Ein
späterer Bewohner,
der Domherr Julius
Ludwig Echter von
Mespelbrunn (f 1609),
ein Neffe des Bischofs
Julius, hat dem Ge-
bäude seine nunmeh-
rige Gestalt gegeben,
wie die Echterschen
Wappen an dem gros-
sen Hofthor in der
Hermstrasse, sowie an
der Eingangspforte
und am Altar der da-
rin befindlichen Ka-
pellebekunden.Dieser
Altar ist ein in Ala-
baster ausgeführtes
Kunstwerk, verfertigt
von Michael Kern,
de m Angehörigen einer
aus Forchtenberg am
Kocher .stammenden
Bildhauerfamilie , die
durch vier Genera-
tionen gediegene
Künstler hervor-
brachte. Der der drit-
Erker am Bischofspalais. ten Generation ange-
hörende Michael K,
(1580— 1649) kam früh nach Würzburg, wo er 1606 in die Zunft
der Maler, Glaser und Bildschnitzer (St. Lukasbruderschaft) auf-
genommen wurde. Wir dürfen ihn in der für das hiesige Kiinst-
ieben epochemachenden Juliusperiode als einen der gediegensten
in seinem Fache und Oberhaupt ab einen der besten deutschen
Bildhauer seiner Zeit ansehen. — Wie der Kern'sche Altar ist
auch der hier abgebildete, schön verzierte Erker im besten Re-
naissancestil gehalten, —
So lange das Fürstbislhum bestand, war der „Hof" dei
Mittelpunlit des ganzen Landes sowohl als der Stadt, und ersi
in zweiler Reihe kam die „Regierung". Ganz deutlich tritt uns
dieses Verhältniss heute noch in den Bauten entgegen, welchf
einerseits dem Regenten und seiner Hofhaltung, andererseits der
Aller Kanzlei- oder Regierungsbau (KOrschnerhof).
fürstbischöflichen Staatsbehörden dienten. Dort erst der weil-
gedehnte Bischofshof, hier der einfache
Kanzlei- oder Reglern ngsbau,
den Würzburgern besser als das ehemalige Landgericht bekannt,
Mehrere Jahrhunderte hindurch bedurften die höchsten Verwal-
tungs- und Justizstellen des Landes Idas kaiserliche Landgerichl
des Herzogthums Franken, das Stadt- oder Saaigericht. das Hof
gericht, die Kanzlei und der städtische Oberrathi, zur Ausübung
ihrer Thätigkeit nur der Amtshalle oder des „Saales", der —
wie erwähnt — einen Bestandiheil des alten Bischofshofes aus-
machte und an seinem Platze auch dann weiter bestehen blieb,
als der Landesherr hinauf auf die Marienburg gezogen war. Im
- 64 -
Laufe der Zeit, insbesondere während des 15. Jahrhunderts,
dehnte sich die Regierun gsthäCigkeit immer weiter aus und
während ehedem ein Notar mit etlichen Gehilfen alle Schreib-
geschäfte bewältigen konnte, bildete sieh nun ein ständiger Hof-
und Regierungsrath aus geistlichen und welüichen Gelehrten. Es
wurde jetzt sehr vieles, das man früher mündlich abgemacht
hatte, geschrieben und die Archive und Registraturen ftlUten sich
mehr und mehr. Da neben der Regierungsbehörde auch die
Gerichte eine wachsende Thätigkeit entfalteten, ward das alte
Anithaus zu enge. Der Fürstbischof Lorenz von Bibra sali sich
Kg!, Regieninesgebaude, Hofansicht.
deshalb veranlasst, in den Jahren 1515 bis 1517 an der Stätte
des alten Saales und mit Einziehung einiger anstossenden Häuser
und Kramläden die neue Kanzlei aufzurichten. Es war dies ,
der gegen die Domstrasse zu stehende Flüge! des Landgerichts-
gebäudes mit dem Schwibbogen, über dem das Bibraische Wappen
an die Zeit der Entstehung erinnerte.
Der neue Bau nahm vor Allem den Hofrath oder die welt-
liche Regierung mit der Kanzlei und den dazu gehörigen Regi-
straturen auf Oberhalb der Rathstube, die zu ebener Erde sich
befand, tagen gegen den Kürschnerhof eine grosse „Stube", so-
wie die „ZoUstube" mit dem Erker, über ihnen war im obersten
— 65 —
Stockwerke ein Gemach für den Fürsten bestimmt. In der grossen
Stube fanden die Sitzungen des kaiserlichen Landgerichtes und
des Hofgerichtes statt. Das Fürstengemach wurde regelmässig
nur an den Wahltagen der Bischöfe benützt. Der Neugewählte
wurde vom Dome in die Kanzlei und in jenes Gemach geleitet,
leistete hier den vom Domkapitel aufgestellten bischöflichen Eid
und nahm das Treugelöbniss der Räthe und Kanzleibediensteten
entgegen. Nach diesem Akte wurde in der älteren Zeit in den
anderen Räumen der Kanzlei vom Bischöfe, den Domherren, den
adeligen und gelehrten Räthen das Mittagsmahl eingenommen.
Eine neue bedeutende Erweiterung der „Kanzlei" des Bischofs
Lorenz von Bibra erfolgte um die Wende des 17. und 18. Jahr-
hunderts nach den Rissen des Werkmeisters Heinrich Zimmer,
der mit dem ,wälschen Baumeister" Antonio Petrini an den Be-
festigungswerken und am Baue der Hauger Kirche sowie des
Domes beschäftigt gewesen und selbständig und nach seinen
eigenen Plänen zwischen 1690 und 1694 das Vikariehaus des
Stifts St. Burkard (den jetzigen „BurkardushoP) aufgeführt hatte.
Dieser neue Bau, an den die meisten Leser sich noch er-
innern können, nahm ausser der Hofkammer (sie befand sich in
einer „Kammer" oder einem diebes- und feuersicheren Gewölbe
des jeweiligen Residenzgebäudes) und dem Stadtrathe alle Landes-
stellen in sich auf, d, h. er gewährte denselben Säle für die Sitz-
ungen und Gewölbe zur Aufbewahrung der Registraturen. Arbeits-
räume oder Bureaus für die einzelnen Beamten erachtete man
bis ins 19 Jahrhundert herein für unnöthig, da jeder Referent
seine Akten nach Hause nahm. Daraus erklärt es sich auch,
dass bei der bischöflichen „Regierung" die Arbeits- oder Sitzungs-
zeit auf 3 Stunden (7—10 Uhr Morgens) beschränkt war. Nach
Schluss der Bureaustunden wurde in der, dem hl. Briccius ge-
weihten Kanzleikapelle eine Messe für das Raths- und Kanzlei-
personal gelesen.
Nach der Säkularisation des Fürstbisthums blieb in diesem
Regierungsbau, der seit dem Anfange des 18. Jahrhunderts fort
und fort weitere Veränderungen erlitten hatte, nur das Stadt-
gericht zurück, aus dem später das k. Landgericht, das Handels-
gericht und das Amtsgericht Würzburg I sich entwickelt haben.
Allmählich aber ward der Raum auch für diese Behörden zu
beschränkt, der Bau selbst stemmte sich schwer und wuchtig
zwischen die Hauptstrassen der Stadt und wurde deshalb 1893
dem Erdboden gleich gemacht, um dem Verkehre, der ehedem
aus der Domstrasse nur durch zwei Thorbogen in den Leichen-
hof und Kürschnerhof gelangen konnte, eine breitere Bahn zu
brechen. An seiner Stelle dehnt jetzt ein freier Platz zwischen
dem Stift Neumünster und der Domkirche sich aus, über dessen
5
Verwendung die Verhandlungen zwischen den betheitigten Behörden
zur Zeit noch in Schwebe sind. Es ist zu hoffen, dass ungeachtet
der allgemein als nothwendig erachteten architektonischen Um-
gestaltung derSOdseite der Neu mQn st erer Kirche die Neu münsterer
.Freiheit* wenigstens in der Hauptsache erhalten bleibe.
Das Anwachsen der Bedeutung der Staatsbehörden, welches
bald nach der Säkularisation begann, kam auch Susserlich zur
Kgl. Jusliigebäude.
Erscheinung, indem nach und nach eine ganze Reihe vonAmts-
gebäuden an die Stelle des einzigen aus der fürstbiachöflichen
Zeit getreten sind. Zuerst suchte sich die
k. Kreisregierung
eine neue Wirkungsstätte. Sie fand solche in dem sogenannten
„Borgiasbau" der k. Universität (Neubaustrasse Nr. ii, jetzt Uni-
versitätsbibliothek) bis zum Jahre 1850, da sie in die Räume der
vormaligen Benediktinerabtei S. Stephan {Petersplatz Nr. 7)
verlegt wurde, wo sie weit ober hundert grössere und kleinere
Säle und Zimmer zur Verfügung hat.
Wie die Regierung, richtete auch die Mehrzahl der anderen
staatlichen Aemter ihre Bureaus in solchen Gebäuden ein, 'welche
- 67 -
in Folge der Säkularisation in das Eigenthum des Aerars Über-
gegangen und ihrem bisherigen Zwecke entfremdet worden
"waren. So bekam z. B. in der k. Residenz, wo schon seit dem
Jahre 1764 das fürstbischöfliche Staatsarchiv (jetzt Kreisarchiv)
imtergebracht war, die k. Kreiskassa entsprechende Lokale,
während das Stadtrentamt und die Bau'ämt^r in den sog.
Gesandtenbau am Residenzplatz, das Bezirksamt und die
Landrentämter in das Amtshaus des vormaligen Ritterstifts
St. Burkard, genannt zum Rückermain (Rugerus ad Mogum) Kar-
melitenstrasse Nr. 20, ihren Einzug hielten. Ein "Neubau wurde —
von den Verkehrsanstalten und der Brandversicherungs-Inspektion
(1901) abgesehen — nur für die Justizbehörden (Landgericht und
Amtsgericht; errichtet, der im September 1892 vollendete
Justizpalast
an der Ottostrasse. Dieses nach den Plänen des kgl. Ober-
baurathes von Langenfass in München im Renaissancestil auf-
geführte Gebäude enthält die Räume für das Landgericht, Schwur-
gericht und Amtsgericht mit 9 Sitzungssälen, von welchen der
grosse Schwurgerichtssaal besonders bemerkenswerth ist, dann
einen reich ausgestatteten Repräsentationssaal, der zugleich als
Bibliotheksaal dient. Die Gemälde in demselben von Christian
Wink und F. A. Leydendorf stammen aus der Schlei ssheimer
Gallerie. Die Wände der geräumigen Eingangshalle und der
anschliessenden stattlichen Haupttreppe haben Stukkolustro Ver-
kleidung. Sämmtliche Räumlichkeiten, einschliesslich der Kor-
ridore, werden durch eine Niederdruckdampfheizung erwärmt;
bemerkenswerth ist auch die Einrichtung elektrischer Uhren in
allen Räumen.
Das gesammte Aeussere ist mit unterfränkischem Haumaterial,
theils Kaik-, theils Sandstein, verkleidet. Die den Mittelbau be-
krönende Gruppe der Gerechtigkeit mit der Weisheit und Wahr-
heit ist von Professor Roth in München ausgeführt.
Hinter dem Gebäude befindet sich das nach den neuesten
hygienischen Grundsätzen eingerichtete Gefängniss.
Bescheiden nehmen sich auch all die Gebäude aus, welche
dem fürstbischöflichen Militär zum Aufenthalte dienten, obwohl
im ganzen Fürstbbthum nur noch die Festung Königshofen i. Gr.
eine eigene Garnison hatte. Die um Sold dienenden „Einspännigen"
und Fussknechte lagen als Besatzung in der Marienburg und erst
zu Ausgang des 17. Jahrhunderts erwies sich die Errichtung einer
Kaserne — „alte Kaserne^ im MainViertel — als noth wendig,
welcher dann verhältnissmässig rasch die Erbauung der am rech-
ten Mainufer gelegenen „neuen Kaserne'^ 1724, folgte. Beide
5*
Bauten werden theüwciae heute noch zu ihrem ursprünglichen
Zwecke benützt, daneben aber sind in neuester Zeit die grossen
Komplexe der Artilleriekaserne an der Nürnberger Bahn-
linie und der „neuen" Infanteriekaserne am linken Mam-
ufer in der Nähe des Klosters Himmelspforten entstanden.
■ Aus einer kirchlichen Gründung ist die Stadt Würzburg
emporgewachsen und kirchlichen Charakter trägt die Alt-
stadt in ihren Gebäuden heute noch. Im Mittelpunkte steht
der Dom,
eine gi-osse, romanische Pfeilerbasilika, in den Haupttheilen erbaut
von 1164— 1189. Die beiden vorderen Thürme gehören der ersten
Hälfte des 13. Jahrhun-
derts an und fast jedes
folgende Saku'um hat
neue An- und Umbau-
ten geschaffen. Die
zopfige innere Aus-
schmückung, in ihrer
Art bewunderswerth,
stammt aus dem vori-
gen Jahrhundert In
den Jahren 1882 83
wurde der Bau äusser-
lich resiaurirt; dabei
erhielten die westlichen
Thürme, sowie die Por-
tale eine neue Fassung.
Nachdem kürzlich das
alte Landgeriehtsge-
bäude gefallen, prasen-
tirt sich der grossartige
Bau, insbesondere vom
Kflrschnerhof aus ge-
sehen, weit imposanter
und klarer in seinen
Umrissen als bbher.
Noch wirksamer aller-
Aeus^ere Dom-Ansicht. ^S^ ^^^^ ^^^J
Räume. Die Grund-
form des Baues bildet
\ beträgt. Das Hauptschiff
"" lupteingange steht der
1 Kreuz, dessen lichte Länge 105
i Höhe von 33 m. Links
Taufstein, hervorragendes Kunstwerk, 1279 v
1 Meister Eckard
— fiO -
aus Worms gegossen. Rechts sieht man in einer kleinen
Halle eine im altdeutschen Stile gearbeitete Gruppe, den Tod
Mariae darstellend, und vor dem Chörlein zwei uralte Säulen,
die wahrscheinLch noch aus der Zeit Bischof Brunos (ii.
Jahrhundert) herstammen. Sehr beachtenswerth ist auch der
im Jahre 1609 erbaute Predigtstuhl mit kunstreich gearbeiteten
Figuren und Reliefs
von dem berühmten
Bildhauer Michael
Kern aus Forchten-
berg am Kocher.
Die 14 Altäre des
Langhauses, deren
jeder oben das Fa-
milienwappen des
Stifters zeigt, sind
ziemlich schmuck-
los und für den
Kunsthistoriker nur
wegen ihrer Altar-
blätter, die meistens
von bekannten gu-
ten Meistern, als
Sandrart, Onghers,
de Rül, Fesel etc.
gemalt sind , von
einigem Werthe. In
dem QuersehifTe, zu
welchem vom
Hauptschiffe au3
filnf Staffeln empor-
filhren, befinden
sich nebst 2 Orgel-
chören 6 grössere
und kleinere Altäre,
woran Wappen und j„„„ Dom-Ansicht.
Denktafeln die Ge-
schlechter und Na-
men der „ehrwürdigen Fundatores" bemerklieh machen. . Rechts
der Sl Martins- oder Bruno-Altar mit den Gebeinen des Bi-
schofs Bruno, der Peter- und Paub-Altar und der südliche
Altar mit der Verspottung Christi. Auf diesem Bilde trägl
einer der Spötter das Ordenskleid der Carmelitenmönche
(Reuerer). Die Sage erzählt, Meister Onghers, der Maler, habe
sich damit an den genannten Ordenspersonen rächen wollen, weil
er durch dieselben in den uiigegrQndeten Verdacht kam, eine ihm
vom Domstift 1686 aufgetragene Bestellung von kostbaren Tapeten
in Antwerpen übel vollzogen zu haben. Links im Kreuzschifle
sehen wir den Dompfarr-Altar, den Marienallar mit der „Himmel-
fahrt Maria" und den nördlichen Altar mit dem Bilde „Maria
Reinigung". Beide
Altarblätter, von
denen das erstere
wohl das ausge-
zeichnetste im
ganzen Do nie ist,
sind gleich falls
Werke Onghers.
Der Chor mit dem
denen wirkungs-
vollen Hochaltar,
ist vom Querschifie
durch ein aus der
Werkstätte des
Würzburger
Schlossers Marx
Gattinger her-
vorgegangenes
Gitterthor von be-
deutendem Kunst-
werthe abgeschlos-
Taufbecken im Dome. f^'h^^^^'^^"} '^
der Chor viel höher
als das Querschiff,
Im Chore erhob sich bis an die Decke ein kunstreiches Sakra-
menthaus, mit vielen Heiligenbildnissen von Tillmann Riemen-
schneider vortrefflich geziert Von der Decke herab hing vor
diesem, leider zerstörten Kunstwerke eine vierkantige bemalle
Laterne, worin ein Ewiglicht brannte, hoch oben an der Decke
' befestigt schwebte ein grosses, gleichfalls von Riemen Schnei-
ders Meisterhand geschnitztes Kruzifix.
Im Dome wurden die Fürstbischöfe und Bischöfe Würz-
burgs zur letzten Ruhe bestattet. Erhalten sind noch 28 Denk-
mäler, in Stein und Metall, einfach und kunstlos die einen, Meister-
werke der Kunst die andern, jedes von eigener Art, wie die Todten,
die darunter schlafen. Eines der ältesten ist jenem Gottfried von
Spitzenberg aus dem schwäbischen Grafenhause von Helfenstein-
Spitzenberg gewidmet, der im Jahre 1189 mit Friedrich Barba-
rossa die Kreuzfahrt untentahm und, bald nach dem Tode seines
— 71. -
kaiserlichen Herrn, von der in Antiochia ausgebrochenen Seuche
dahingeraffi wurde. Dort hegt er auch begraben/ Der im Dome
befindliche Gedenkstein entstammt einer späteren Zeit. Die drei
jüngsten Denkmäler, im rechten Seilenschiffe, zeigen die Statuen
der nach der Säkularisation des Hochstifts gewählten Bischöfe
Gross, Stahl und Reissmann. Die besondere Beachtung des Kunst
kenners und Kunstfreun-
des verdienen die Monu-
mente der Fürstbischöfe
Rudolf von Scherenberg
(t 1495) a"! 7., und Lorenz
von Bibra (t 1519) a™
6. rechten Pfeiler, beide
von Riemenschneider,
Julius Echter (+ 1617) am
3. rechten Pfeiler, Philipp
Adolph von Ehrenberg
ii" 1631) am 3., und Adam
Friedrich von Seinsheim
(t 1779) am 4- linken
Pfeiler. Aus diesen wieder
das ein druck vollste ist das
in röthlichem Salzburger
Marmor ausgeführte Mo-
nument Rudolfs von
Scherenberg, Es zeigt den
Fürsten lebensgross , in
bischöflichem Ornat, mit
Stab nndSchwert, in einer
Nische, die mit einem reich
durchbrochenen, phanta-
stisch geschweiften Bal-
dachin bedeckt ist. Das
Haupt mit dem guten,
kleinen, eingefallenen Ge
sichte, ist gleichsam untei-
der Last der hohen und
schweren InfuI gebeugt.
Hart hatte das Leben diesen Mann angefasst von Jugend auf. An dem
letzten Osterfeste, das er auf Erden feierte, plauderte er Stunden
lang mit dein Nürnberger Arzte Hieronymus Münzer, den er zu
Tafel geladen hatte, und erzählte demselben, wie es ihm ergangen
in den 90 Jahren seines Daseins. Voll Armuth und Arbeit war
seine Studentenzeit in Rom und an anderen Orten dahingeflossen
und als er endlich der eigenen Schulden los war, in einem Alter,
_ 72 -
da die meisten Menschen nach Ruhe sich sehnen, hatte ihn das
Domkapitel auf den Stuhl des hl. Burkard berufen, damit er das
Fürstbisthum . das unter einer ungeheuren Schuldenlast fast er-
stickte, vom Untergange
errette. „Und ich habe es
gerettet", konnte er stolz
und zufrieden seinem
Gaste sagen. Dieses Ver-
dienst rühmt auch die von
Dr. Engelhard Funk ver-
fasste Grabschrift, welche
den Bischof mit Camillus,
dem Befreier Roms, ver-
gleicht. Rud. V. Sclieren-
berg war der Letzte sei-
nes Geschlechtes. ■- Die
Domomatkammer besitzt
nen Bischofsstab und
e Inful, auf welcher in
hocherhabener Arbeit die
4 grossen Kirchenväter an-
gebracht sind. Beides soll
Rudolph im Jahre 1491
dem Stifte zumGeechenke
gemacht haben.
Mitten unter den „re-
gierenden Herren" ruht
ein Mann, den nie die
bischöfliche Inful ge-
schmückt hat: der Ritter
Sebastian Echter von
Mespelbrunn (geb. 1546,
t 1575). ein jüngerer
Bruder des Fürstbischofs
Julius. Sebastian, Doktor
der Rechte, kurmainzi-
scher Amtmann in Orb
und Hausen, ward von
den Zeitgenossen als
decus nobilitatis Fran-
coniae gepriesen. Das im
südlichen Seitenschiffe des Domes befindliche Grabmonument, aus-
geftlhrt in weissem Marmor im reichsten Renaissancestile, ist von
bedeutendem Kunstwerthe. Julius, der vergebens auf die künftige
Hilfe seines Bruders gehofft, hat ihm dasselbe errichten lassen.
- 73 -
Die Domherren hatten eine besondere im Jahre 1491 dem
Kreuze derDomkirche südwärts angebaute Begräbnisskapelle
(Sepultur), deren schöne spätgothische Formen, sowie die nach
Hunderten zählenden Grabsteine auf dem Boden und an den
Wänden mehr Beachtung verdienen, als ihnen bisher zu theil
wurde. Die meisten Würzburger lernten dieses Schatzkästlein
erst kennen, als darin während der fränkischen Kunst- und Alter-
Grabkapelle (Sepultur).
thumsausstellung im Jahre 1893 die Erzeugnisse der kirchlidien
Kunst zur Schau gebracht wurden.
i,Was vergangen, kehrt nicht wieder.
Aber, gmg es leuchtend nieder,
Leuchtet's lange noch zurück."
Der stimmungsvolle Kreuzgang wurde zwischen 1423 und
1453 von dem ehrsamen Meister Wolfram von Königsberg in
Franken gebaut. In demselben versammelte äch in alter Zeit
das „Kreuzgangsgericht', auch wurden da wichtige Verord-
nungen publizirt und die Domschüler hatten hier ihre Schule,
Der Kreuzgang birgt die Gräber der Domvikare und verdien-
ter Laien aus dem Adels- und Bürgerstande. Eine Steinplatte,
- 74 -
iJcren Insclnrift lange nntcr dein schweren Scliritte der Jahrhundertc
verschwnnden, deckt die sterblichen Ueberre&te des grössten
wflrzburger Geschichtsschreibers, des Magister Lorenz Fries
ans Mergentheim. Prunkende Denkmäler an den Wänden nennen
manch' stolzen Namen. Hier das Marmor-Kenotaphiiim erinnert
an den Dompropst Markgraf Friedrich von Branden-
burg, der die Marienburg tapfer und geschickt gegen die an-
stürmenden Bauemhaufen (1525I verlheidigen half und im Jahre
1536 fem von der Heimath, in Marseille, mit tausend anderen ein
Opfer der Pest geworden
ist. Er war dorthin dem
Kaiser Karl V. zum
Kampfe gegen Frankreich
gefolgt. Weiter östlich
steht das vom Bildhauer
Michael Kern meisterlich
gearbeitete Alabastermo-
nument des berühmten
würzburgtschen Kriegs-
obersten Johann Jakob
Baur von Eiseneck, der
in der Schlacht am weis-
sen Berge 1620 die frän-
kischen Tnippen zum
Siege gefilhrt hat.
Zwischen der Dom-
klrche und dem Stift; Neu-
münster befand sich seit
uralter Zeit die Begräb-
nisstätte Rlr die Angehö-
rigen der Dompfarrei. Der
letzte Todtc, der vor etwa
zwei Jahrhunderten da
Eiseneck. beerdigt ward, hiess
Selzam. Alsini Jahrei8i5
eine Strasse durch den Kirchhot geführt wurde, stiess man auf einen
Sarkophag, dessen sattelförmiger Deckel fest verschlossen war. In
dem Sarge fand sich der Sage nach eine Lampe mit brennende]«
Lichte. Der Brennstoff war wie feiner Thau oder das Schwitzen der
Fenster. Unter dem ersten Luftzuge erlosch die Flamme. Der
Sai^ enthielt weiter nichts als ein Häuflein Asche. — Heute ge-
mahnen nur noch die im Volksmunde fortlebende Bezeichnung
„Leichenhof und ein paar an der Nordseite des Domes einge-
mauerte Grabplatten, deren eine das Relief bildnissTillmannRiemen-
schneiders zeigt, an die frühere Bestimmung des Platzes. Der schöne
Gtabderkmal des Obers!
Oelberg, der hier um'die Mitte des vorigen Jahrhunderts mit
Benützung einiger Säulen, die bei dem Baue der Residenz übrig
Die Schonborn shapelle.
geblieben, aufgerichtet worden ist, hat jetzt auf dem allgemeinen
BtAdtischen Friedhofe eine passende Stelle gefunden-
- 76 -
Im Dompfarrei-Leichenhofe steht auch die dem Dome ange-
baute Schönbornskapelle, welche an Stelle der alten Schusters-
oder Crispinuskapelle von dem Fürstbischöfe Johann Philipp
Franz von Schönbom 1720 begonnen und von dessen Bruder
Friedrich Karl 1736 vollendet worden, um als Mausoleum der
Schönborn'schen Familie zu dienen. Thatsächlich sind dort nur
die beiden Erbauer und eine Schwester des Prinzregenten
Luitpold, die 181 7 im Alter von wenigen Monaten verstorbene
Prinzessin Theodolinde, begraben. Die Kapelle, nach den Plänen
des Architekten Balthasar Neumann aufgeführt, zeigt in ihrem
Aufbau „eine Vereinigung des sprudelnden Reich thums, welcher
dem deutschen Barock eigen ist, mit einer Zierlichkeit der Formen-
behandlung, die eine französische Schulung vermuthen lässt.**
Das Innere, in dem das deutsche Wesen des Meisters reiner er-
scheint, zeichnet sich durch flotte Malereien von J. R. Byss,
glänzende Marmorsäulen und kostbare Denkmäler aus.
Das neuerdings aufgetauchte Projekt, diese Kapelle, weil sie
den Verkehr störe, auf den freien Platz neben dem Stift Neu-
münster zu versetzen, weckt die Erinnerung an die Tage der
Säkularisation, da allen Ernstes von der Demolirung des ganzen
Doms die Rede war, da er überflüssig sei, und durch den Ab-
bruch „die Strasse nach der Residenz zu gerade und schöner
hergestellt werden würde".
So drohte damals der Fall des adeligen Domstiftes auch die
Domkirche mit sich zu reissen. Zur Zeit seiner Auflösung be-
stand das Dom Stift aus 54 Domherren oder Kanonikern sämmt-
liche dem reichsritterschaftlichen Adel angehörend, welche zu-
sammen eine Besoldung von 71900 fl. an Geld, 1079 Malter Weizen,
5000 Malter Korn und 2180 Malter Haber bezogen, und 88^ h Mor-
gen Weinberge in den besten Lagen sowie 22 Kurien besassen.
In der ältesten Zeit wohnten die Geistlichen der bischöflichen
Kathedralkirche oder „die Brüder des heiligen Kilian" gemeinsam
in einem an den Kreuzgang der Domkirche anstossenden Hofe,
welcher noch heute den Namen „Bruderhof führt. An den ge-
meinschaftlichen Haushalt der Domherren erinnert auch die an
der Pleichach gelegene „Brudermühle" (Pleicher Thorgasse 3).
Hier sei weiter das domstiftische Dietrichsspital (Marktplatz
Nr. 20, 22, 24, 26, 28, 38, 36) erwähnt, das in erster Linie zur
Verpflegung alter und kranker Dienstboten der Domherren gestif-
tet war. — Nach dem Aufhören der vita communis im Bruder-
hof erbauten sich die Domherren eigene Höfe oder Kurien.
Dieselben liegen sämmtlich in der Nähe der Domkirche und geben
diesem Theile der Altstadt ein eigenartiges und alterthümliches
Aussehen. Die Herrengasse, welche wohl ihren Namen den
Herren vom Dom" verdankt, enthält vier Domhermhöfe, andere
liegen in der Hofstrasse, Domerpfaffengasse, am Paradeplatz, in
derEbraeher- undDomerschulgasse i) etc. Der grBsste und merk-
würdigste dieser Höfe, der Katzenwicker, einst Eigenth am
Kaiser Friedrich Barbarossas, ward in den fünfziger Jahren abge-
brochen, um den Häusern an der Maxstrasse, insbesondere der
sogen. Maxschule, Platz zu machen. Veränderungen haben
auch die meisten der noch stehenden Kurien erlitten, doch zeigen
fast alle noeli mehr oder weniger die Wappen der ehemaligen
Besitzer. Den reichsten derartigen Schmuck trägt die hütech
Zaudi'scher Hof.
restaurirte Curia Tannenberg oder Hof zum wilden
Schweinskopf (Paradeplatz 2), an dem ausser 20 Ahnenwappen
des Domherrn Wilhelm Schutzbar, genannt Milchling, und dem
Wappen des Fürstbisehofs Julius noch die Wappen der sämmt-
lichen {52) Mitglieder des Domstiftes aus dem Jahre 1575 angebracht
sind'). Wie das hochadelige Dorastift als Korporation, so bildeten
die Domherrnhöfe gegenöber den übrigen städtischen Gebäuden
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- 78 -
eine eigene Welt für sich. Stattlich und massiv von aussen und
über grosse Flächen sich ausdehnend, zeigen sie im Innern lau-
schige, vielfach von wildem Wein beschattete Höfe und Hallen,
. breite Stein- oder zierliche Holztreppen und Gallerien. Zu ebener
Erde waren die Stallungen, Scheuern und andere Vorrathskam-
mern sowie die Gesiijdekammem eingerichtet, während weite
Wohn- und Empfangsräume und regelmässig auch eine Haus-
kapelle das obere Stockwerk einnahmen. Erhalten hat sich von
all diesen Kapellen nur eine einzige, im Hofe Lauda oder See-
bach (Domerschulgasse 3), und auch sie nicht in der ursprünglichen
Gestalt. Nach der Säkularisation sind alle Domherrnkurien in
Laienhände übergegangen mit Ausnahme des Hofes zum Marmel-
stein (Domerschulgasse 2), welcher Eigenthum des durch das
Konkordat von 1817 neugebildeten bischöflichen Domkapitels ist
und von dem Dompropste und dem Domdekane bewohnt wird.
Dem Domstifte reihen sich, nicht der Zeit, wohl aber der
Verfassung nach, die sogenannten Neben- oder Collegiat-
s t i f t e an, deren Pröpste statutengemäss aus der Mitte des Dom-,
kapitels genommen werden mussten. Wenige Schritte vom Dom
erhebt sich
die Stiftskirche Neumünster
über dem Grabe des Frankenapostels Kilian. Um das Jahr 1000
erbaute Bischof Heinrich, ein Graf von Rothenburg, an der Stelle,
wo einst das alte Münster oder der erste Dom gestanden, eine
dem Evangelisten Johannes geweihte CoUegiatkirche, wohin 1057
auch die Kanoniker aus dem Stephanskloster versetzt wurden.
Der Zeit der Gründung gehört an dem Baue, wie er heute vor
uns steht, nur die Ostkrypta an, während die romanische Basilika
etwa gleichzeitig mit den vorderen Domthürmen, also in der ersten
Hälfte des 13. Jahrhunderts, entstanden ist. Sie reichte ehedem
weiter nach Westen als jetzt. An der Stelle, wo jetzt Kuppel und
Portal sich erheben, befanden sich bis zum Jahre 1708 neben der
Kiliansgruft die aus dem 11. Jahrhundert stammende Marienkapelle
sowie einige kleine Häuser. Erst als Johann Philipp von Greiifen-
klau um 1708 das neue Regierungsgebäude (Landgericht) vollendet
hatte, veranlasste er die Stiftsherren, mit der Kirche in die Bau-
linie vorzurücken und versprach ausser klingender Beisteuer, dass
er ein würdiges Portal aus eigenen Mittel herstellen werde. Also
geschah es'). Im Innern der Kirche finden wir mehrere gute
Werke Tillmann Riemenschneiders in Stein und Holz. Beim
Eintreten durch das Hauptportal an der Seitenwand rechts
fällt das Epithaphium des berühmten Gelehrten Johannes Trithe-
mius in's Auge Dieses Monument, an dem die- Behandlung
>/Dcn Umbau Stellte nach Pezanis Tode (1719^ B. Neumann fertig.
-re-
der in Flachrelief gehaltenen Gestalt hohe Meisterschaft bekundet,
wurde nach Verwandlung der Schottenkirche in ein Militarmagazin
auf Veranlassung von Dr. Franz Oberthür hieher versetzt ').
Im nördlichen Seitenschiffe steht eine zweite Arbeit Riemen-
schneiders : eine lebensgrosse Maria mit dem Kinde. Ein drittes
Werk des nämlichen Meisters sind wohl die drei lebensgrossen
bemalten Brustbilder des hl. Kilian und seiner Gefährten. Es
dflrflen die drei Stiftsheiligen sein, die er für das verschwundene
Tabernakel des Domes gefertigt hat. Beachtenswerth sind noch
St. Kilian, Koloaat und TotDan.
vier gute Bilder an den Wänden des Chores, die frtlher dem
angeblichen Lehrer Dürers, M. Wohlgemut zugeschrieben wurden,
wahrscheinlich aber der schwäbischen Schule angehören. Das
grösste Interesse beanspruchen im Neumünster die beiden Grüften
(Krypten). In der oberen Gruft hangt das wunderbare Kruzifix-
bild, von dem die Sage gebt, dasselbe habe einen schwedischen
Soldaten, der sich Nachts, lüstern nach dem daran befindlichen
edlen Metalle, herein geschlichen, um dasselbe zu stehlen, mit
seinen hölzernen Armen so lange festgehalten, bis Morgens ein
Priester, dessen Wehklagen vernehmend, den Frevler durch sein
Gebet aus der Haft befreite.
- 80 -
Würzburgs heiligste Stätte ist die untere Gruft. Das ist der Ort,
wo der Legende nach die Leichname der ermordeten Frankenapostel
verscharrt worden waren. Von diesem Grabe hat die Entwicke-
lung der Stadt und des Bisthums Würzburg den Ausgang genom-
men und dankbar feiert heute noch Stadt und Land den Heiligen.
Am 8. Juli werden die „Heiligthümer", d. s. die Häupter der drei
Glaubensprediger, in festlicher Prozession den Andächtigen zur
Verehrung gezeigt und aus allen Gegenden Frankens strömen die
Gläubigen herbei, um in der Gruft des Apostels zu beten und
mit Wasser aus dem dort fliessenden Brünnlein die von des Tages
Mühen kranken und matten Augen zu stärken, lieber Berg und
Thal, durch Wald und Flur wallen Prozessionen gen Würz-
burg, die Kirchenfahnen flattern und überall erschallt das uralte
Kilianslied:
Wir rufen an den theueren Mann
Sankt Kilian,
Sankt Kolonat und Sankt Totnan!
Dich loben, dir danken
Deine Kinder in Franken,
Sankt Kilian!
Ehedem hielt Geistlichkeit und Stadtrath, wenn die vormit-
tägige Prozession zu Ende war, Einkehr in dem kühlen „Sommer-
gewölbe" des Rathskellers zu einem gemüthlichen Gratisfrüh-
schoppen, Abends aber veranstalteten in dem grossen Saale des
Rathhauses zum grünen Baum die jungen Domherren ein Fest-
mahl mit Musik und Tanz. Dabei mögen wohl Lieder und Melo-
dien erklungen sein, die einst einer, der im Neumünster seines
fahrenden Lebens letzte Tage genossen und dort, unter dem
Bogen des romanischen Kreuzganges im Lusamgärtchen, in die
kühle Erde gebettet wurde, gesungen und erftmden hatte:
Herr Walther von der Vogelweide,
Swer dez vergaezze, der taet mir leide.
Dass er ganz dahier vergessen wurde, verhütete ein Stifts-
herr vom Neuen Münster, der gelehrte und als Staatsmann
und Historiker hochverdiente Michael vom Löwen (14. Jahr-
hundert), der in einer Handschrift Walthers lateinische Grabschrift
uns überliefert hat. Walthers Grabdenkmal ist verschwunden*),
dagegen ist der Grabstein Michaels vom Löwen noch erhalten,
mit dem von dem gelehrten Kanzler selbst gedichteten trefflichen
Spruche :
Daz Dir misseviel an mir,
Daz bewar Du an Dir.
*) An der sddöstl. Seite der Kirche befindet sich das 184} vom Hist. Ver. dem
Minnesänger errichtete Denkmal.
- 81 -
Das Stift NeumQnster, schon von seinem Erbauer mit ziem-
lich reichem Grundbesitze ausgestattet, besass daliier ausser der
Stiftsliirehe über ao Häuser und Höfe, meist in der Martins-
und Eicliliomgasse, in denen die, der Mehrzahl nach, bürgerlichen
Stiftsherren oder Kanoniker {27), sowie die 9 Vikare und 10 welt-
lichen Beamten wohnten.
Reicher und angesehener noch als Neumünster war dag
CoUegiatstift Haug,
das den ersten Rang nach dem Domstift einnahm und darum
auch in seinen Bauwerken vornehmer und stattlicher auftritt, als
das Bruderstift Neu-
mOnster, mit dem
es übrigens den
Stifter - Bischof
Heinrich I. — ge-
meinsam hat. Vor
aUemistdieStifts-
kirehe, die wie
früher so noch jetzt
zugleichPfärrkirche
'ist, ein prächtiger
Bau, der unwillkür-
lich die Blicke des
Vorübergehe nden
auf sich lenkt und
dem Fremden, der
durch die Bahnhof-
strasse die Stadt
betritt, als ein im-
posantes Bild der
kirchlichen Herr-
lichkeit Altwflrz-
burgs sich darstellt.
Der Bau (1670 bis
1691), von Antonio
Petrini,demMeis-
ter des schweren
und prächtigen Ba-
rocke entworfen,
erinnert an die Pe- „ ., „
terskirche b Rom. °'* ^"^^^ ^'"» Süft Haug.
Eine majestätische
Kuppel wölbt sich über dem Kreuze und zwei Thorme mit ita-
lienischen Hauben prangen zu beiden Seiten des gegen Westen
gekehrten Portals, dessen Nischen in den letzten Jahren
- 82 -
mit Statuen geziert worden sind. Die meisten Altarblätter sind
von Oswald Ongh er s. Derselbe, geb. zu Mecheln 1628, war einer
der berühmtesten Maler. Er kam 1660 hieher, verehelichte sich mit
einer Bürgerstochter und erlangte 1667 das Bürgerrecht Religiöse
Malerei war sein Hauptfach und er leistete hierin Vortreffliches.
Rubens und van Dyk ahmte er mit Vorliebe nach. Oswalds Arbeiten
waren sehr gesucht und machten ihn zum „reichen Maler." Er
wohnte in seinem eigenen Hause am unteren Mainthor und starb,
78 Jahre alt, am 27. Dezember 1706 plötzlich vor seiner Staffelei.
Nach der Volkssage soll der Bau der Hauger Kirche bis zur
Stunde noch unbezahlt sein, denn der Meister, der das gewaltige
Werk nur mit Hülfe des bösen Feindes zu Stande gebracht hatte,
floh erschrocken, als bei Wegnahme des Kuppelgerüstes die Mauern
unter unheildrohendem Krachen sich senkten und kehrte nicht
wieder, um seinen Lohn zu holen. — Die Stiftshöfe für die
Kanoniker und Vikare füllten fast zwei Strassen vollständig aus:
die Bahnhof- und die Stroh-, jetzt He3me-Strasse, die Stiflskellerei
aber befand sich im Juristen- oder Pfauenhof an der Kettengasse.
— In alter Zeit stand das Stifl nicht an der heutigen Stätte, son-
dern ausserhalb der Stadtmauern in der Gegend des jetzigen
Bahnhofes auf einer Anhöhe (hang, Hügel). Es war da völlig
schutzlos dem Anpralle der aufrührerischen Bürgerschaft und
feindlicher Kriegsvölker preisgegeben und ist mehr als einmal
geplündert und zerstört worden, bis es um 1670 infolge des
Baues der neuen Festungswerke für immer demolirt wurde.
Eine Pfründe des Stifts Hang hatte Bischof Julius einem
Professor der Theologie an der neugegründeten Universität zu-
gewendet. Unter den Besitzern dieser „Doktorspfründe" finden
sich Männer von ausgezeichneten Eigenschaften, so Johann Kaspar
Barthel f i77i> 3er Weihbischof A. J. Fahrmann f i8c2
und Franz Oberthür, t i83i> ein Mann, der mit Leib und Seele
an seiner lieben Vaterstadt hing und nicht rastete noch ruhte, für ilir
Gedeihen und ihren Ruhm mit Schriften und Thaten bis ins höchste
Alter zu wirken. Seine Schöpfung ist der polytechnische
Verein, eine für die Bildung des Handels- und Gewerbestandes
dahier, wie im ganzen Kj-eise, unendlich segensreiche Anstalt.
Er war es, der noch in der Zeit Franz Ludwigs von Erthal den
Anstoss zur Gründung einer Lesegesellschaft gegeben hat, ,,als
deren letzte und reifste Frucht wir die Gesellschaft Harmonie
zu begrüssen haben, auf welche die Stadt Würzburg stolz zu
sein Ursache hat.** Nicht minder hat Oberthür an der Hebung
des Theaters mitgearbeitet, wie er auch einmal den Gedanken
fasste, in Würzburg eine „poetische Gesellschaft" oder „eine Dichter-
Akademie" zu gründen. Seine wahrhaft menschenfreundliche
Gesinnung hat er noch durch seine letztwillige Verfügung doku-
— 8S —
mentirt, kraft welcher er sein trotz seiner fortgesetzten Wohl-
thätiglceit erübrigtes, nicht unbedeutendes Vermögen zu Gunsten
dürftiger Handwerker und Armenstiftungen vermachte. Sein
Angedenken bleibe im Segen')!" —
Neben und vor den Collegiatstiften hat als erster und ältester
der zahlreichen kirchlichen Orden der Benediktiner-Orden
hier festen Fuss gefasst. Ihm gehörte das dem hl. Andreas
geweihte Kloster an, das Würzburgs erster Bischof Burkard
um 748 am Fusse des Marienbergs gebaut hat. Es erhielt später
den Namen seines Stifters und wurde im Jahre 1033 an die Stelle
verlegt, wo die in letzter Zeit restaunrte
Pfarrkirche zu St. Burkard
emporragt, die in einigen Theilen den romanischen Baucharakter
rein erhalten hat, während der Chor dem Ende des 15. Jahr-
hunderts ent-
stammt. Damals
war dort kein
Kloster mehr. Im
Jahre 1464 ver-
tauschten die
Mönche ihre Kut-
ten mit dem leich-
teren Habit der
Chorherren und
Hessen durch den
Papst Pius 11. die
Abtei in einRitter-
Stift umwandeln.
DerletzteAbldes
Benediktiner-
klosters und zu-
gleich der erste
Propst des adeli-
gen Stifts war
Johann von Allen-
dorf, der sich
durch die Grün-
dung des Hof-
spitals zu den 14
Nothhelfern ein
unvergessliches
Andenken ge-
sicheRhat. —Die
Mitglieder des l'ofUi der Kirche m St. Burkard.
- 84 -
Burkarder Ritterstiftes gehörten wohl ohne Ausnahme gleichzeitig
dem hiesigen oder einem auswärtigen Dom- oder Ritterstifte an
und besassen abweichend von den übrigen Stiften, keine Kanoni-
k a t s h a f e. In dem Viertel jenseits des Mains, das auch Burkarder-
viertel genannt wird, war nur ein Haus, das den Vikaren zur
Wohnung diente — die spätere Frohnfeste, jetzt Burkardushof ~
Eigcnthum des Stifts, der Amts ho faber lag diesseits des Mains in
der Karmelilen-
Rückermain von
dem einstigen Be-
sitzer, einem Würz-
burger Bürger
Rüger am Maine.
Die jetzige, imponi-
rende Gestalt aber
verdankt der Hof,
der in den Jahren
1715—1723 wieder
aufgebaut wurde,
dem bis jetzt wenig
bekannten Josef
Greising. „Der
deutscheArchitekt"
— urtheiltGurlitt —
„zeigtsich in vollem
Gegensatz zu den
Schöpfungen des
bis vor kurzem das
Bauwesen der
glänzenden Würz-
burger Bisehöfe
allein beherrschen-
den Antonio
Hof lum Rücke.main. Petrini. Seine
Architektur ist
leicht und zierüch, reich an Detail und weniger streng in den
Verhältnissen". — Während der Kiliansoktave genoss das Stift
St. Biirkard eine dreitägige Accisefreiheit von seinen in diesem
Hofe ausgeschenkten Weinen, Am Vorabende des St. Kilians-
festes verktmdete jährlich der jüngste Regierungskanzlist zu
Pferde, in seidenen Strümpfen, mit einem Blumenstrausse ge-
schmückt, mit Hut und Degen, an verschiedenen Plätzen der
Stadt die Geleitsfreiheit für alle Fremden. Hierauf zog zu
allen Thoren, der augenblicklichen Sicherheit sich erfreuend,
>J Vollindci «urtlt 4ti B>D uch Griiilngi Tod 1710 durch B. Ntuninii
der sogenannte jenische Adel ein, dessen Hauptsammelplatz dann
des wohlleilen Weines wegen der Rückermain würde.
Nach der Regel des hl. Benedikt lebten hier noch die
Mönchein denKlöstemSt-Stephan undSt.Jakob oder zu den
Schotten
und Nonnen
im St. Afra-
und im Ul-
richaklo-
stcr. Letzte-
res, vollstän-
dig verarmt
und verlas-
sen, liess Bi-
schof Julius
niederreis-
sen und er-
baute an des-
sen Stelle die
Universität.
Das Afra-
kloster an
der Neubau-
und Otto-
strasse
wurde nach
der Säkulari-
sation theil-
weise demo-
lirt oder um-
gebaut, ein
FlOgel beher-
bergt jetzt
das Waisen-
haus. Besser
hat sich das
im 12. Jahr- Alle proiest. (St. Slephani-) Kirchs.
hundert von
schottischen Mönchen gegründete Jakobskloster (Mainviertel)
erhalten, unter dessen Aebten der Name des berOhmten Poly-
histors Johannes Trithemius hell wie ein Stern hervor-
leuchtet Die reichste und bedeutungsvollste der dem hl. Bene-
dikt geweihten Niederlassungen aber war die Abtei St. Ste-
phan. Die weitausgedehnten Gebäude und Gärten, jetzt von
der kgl. Regierung in Besitz genommen, und die stattliche Kirche,
- 86 -
die seit dem J. 1804 der protestantischen Gemeinde als Pfarrkirche
überwiesen wurde, sind noch Zeugen verschwundener Herrlich-
keit. Ihren Ursprung führt die Abtei auf den Bischof Adalbero
zurück, der im Jahre 1057 dreissig Mönche aus dem Gumbertus-
kloster in Ansbach hierher berief. Unter den Konventualen verdient
vor allem einer erwähnt zu werden, der Bibliothekar und Prior P.
Ignaz Gropp (geb. in Kissingen 1695, f ^s Pfarrer zu Günters-
leben 1758), der sich durch seine vier Foliobände füllende „Samm-
lung der Würzburgischen Geschichtschreiber" nächst dem Archi-
var Lorenz Fries (t 1550) das höchste Verdienst um die Ge-
schichte der Stadt und insbesondere des Fürstbisthums Würzburg
erworben hat.
Den Benediktinern folgten im Laufe des Mittelalters rasch
fast alle anderen kirchlichen Orden nach. Von den drei Ritter-
orden hatten die Johanniter nachweislich schon im 12. Jahr-
hundert ein Spital hier, während die Deutschherren ein paar
Jahrzehnte später eine Commenda gründeten. An erstere erin-
nert nichts mehr als der Name eines Platzes und einer Strasse,
wohl aber steht die
Deutschhauskirche ,
gegen Ende des 13. Jahrhunderts erbaut, heute noch und ist
neben der Marienburg und der Burkarduskirche das sehenswür-
digste Bauwerk des bis in die neuere Zeit in der Entwickelung
etwas zurückgebliebenen und vernachlässigten Main vierteis. „Unter
den ICirchen Würzburgs vertritt sie, vor allem in dem hier abge-
bildeten Portal, den gothischen Stil in seinen reinsten Formen, in
seiner edelsten Blüthe." Leider muss sie seit Anfang unseres
Jahrhunderts profanen Zwecken dienen und schreitet so rasch
dem Verfall entgegen, dass in absehbarer Zeit die frühere Herr-
lichkeit verschwunden sein wird.
Der Orden der Cisterzienser war durch das Frauenkloster
zur Himmelspforten vertreten, das ausserhalb der Stadt
gegen Zell einsam am linken Mainufer gelegen ist und jetzt Ka rm e-
litinnen einschliesst '). Klarissinnen wohnten einst in dem
Agnetenkloster, das im 16. Jahrhundert verödet war und in
dem der Bischof Friedrich von Wirsberg im Jahre 1567 mit Hilfe
der Jesuiten das erste Gymnasium eingerichtet hat. Später wurde
dort das geistliche Seminar erbaut. Der Franziskanerorden
hat seine im Jahre 1221 gegründete Niederlassung bis auf den
' heutigen Tag behauptet. Die Klosterkirche, an welche die uralte
Valentinuskapelle angebaut ist, zeigt den frühgothischen Stil und
wurde neuerdings restaurirt. Dominikaner-Nonnen hatten
eine Niederlassung im Pleicher Viertel. Dominikaner-Mönche
^) Die Kirche gehört 4er frühgothischen Zeit im (1277),
- 87 -
bewohnten bis zur Säkularisation das amDominikanerplatze gelegene
Kloster mit seh enswcrth er Kirche"), das im Jahre 1813 von den A u g u-
stinern bezogen wurde, nachdem die bisher von letzteren inne-
gehabten Gebäude zum Kriegslazareth eingerichtet worden. 1839
siedelte das (alte) Gymnasium dahin über. Auf der Stätle der abge^
brochenen Augustinerklosterkirche erhob sich bis 1896 das Schul-
lehrer-Seminar. Kar-
meliten oder Frauenbrüder
Sassen in dem Gebäude an
der Karmelitengasse, in wel-
chem nun die städtische Po-
lizeibehörde ihres Amtes wal-
tet. Die Kirche wurde dem
Erdboden gleich gemacht.
Das nämliche Schicksal er-
eilte das Karthäuserklo-
ster, das im 14. Jahrhundert
in dem nach dem Würzburger
Patriziergeschleehte der Teu-
fel benannten Teufelsgarten
errichtet, alsbald aber von
den Mönchen in „Engelgar-
ten" umgetauft wurde. Die
Gebäude mussten dem ersten
(alten) Bahnhofe weichen.
Unter dem Einflüsse der
grossen kirchlichen Beweg-
ung des 16. Jahrhunderts
erhob sich der Jesuitenor-
den als gewaltiger Streiter Portal der Deulschhauskirche,
gegen die neue „widrige Reli-
gion", die hier tiefe Wurzeln
geschlagen hatte. BischofFriedrichvonWirsbergöbertrugdem Orden
die Leitung des Priesterseminars und das Lehramt am Gymnasium,
und Bischof Julius besetzte an seiner Universität die Lehrstühle der
theologischen und philosophischen Fakultät mit Jesuiten. Der Be-
deutung des Ordens entsprechen die Gebäude, die er inne hatte:
das schöne und grosse Kollegiumhaus sowohl, als die Jesui-
tenkirche, welche nach der 1773 erfolgten Aufhebung des Ordens
den Namen Michaels- oder Scminariumskirche annahm. —
Das Koüegiumhaus erhielt seine dermalige Gestalt im Jahre 1716
durch den bereits genannten Architekten Joseph Greising, der
zwischen den beiden grossen Meistern, die unmittelbar vor imd nach
ihm der Baulliäligkcit in Wtirzburg den Stempel ihres Geistes aul-
prägten, A. Petriiii und B. Neumann, eine ganz eigenartige selbst-
ständige Stellung behauptet'). Nach der Aufliebung des Jesuiten-
ordens wurde der Bau zur Aufnahme des Klerikalseminars be-
stimmt. Die nunmeiirige offizielle Bezeichnung desselben „ad pasto-
rem bonum" kam aus-
serlich dadurch zum
Ausdruck,dassmandie
tlber dem Hauptthore
befindliche Statue des
hl. Ignatius vonLoyoIa,
ein Werk des Bild-
hauers J. von der Au-
vera, in einen guten
Hirten umwandelte. —
Die Kirche wurde
zwischen 1765 und 1775
nach dem Plane des
Hofbauamtmanns Gei-
gel neu erbaut. Die
Freskomalereien an
der Kuppel, im Lang-
hause und in den bei-
den Abseiten sind Ar-
beiten des MainzerHof-
maiers Appiani , die
reiche Stukkatur und
. die 4 Nebcnaltäre fer-
tigte der Hofstukkator
Mich. Bossi. Hochaltar,
Predigtstuhl und der
ganze Chor wurden
erst zu Anfang dieses
Portal ^der Michaelskirche. Jahrhunderts nach A.
GärtnersPl an erri chtet.
Nach den Jesuiten hielten noch die Kapuziner, die unbe-
schuhten Karmeliten, die Ursulinerinnen und die Kon-
gregation der „Töchter vom göttlichen Erlöser" ihren
Einzug in Würzburg. Die Kirche der Karmeliten, welche ein
ehedem von Reuerinnen bevölkertes Kloster bezogen und daher
im Volksmunde die Reuerer genannt werden, ist das Erstlings-
werk (i66a-i669) Antonio Petrin is, „ein ausserordentlich derber
und sdilichter Bau, Die Fa^ade besteht aus den einfachen Grund-
elcmenlen des Barockstils, das Detail ist schwer und starr. Der
Grundrisszeigtdietypisehe, durch die Jesuiten ausgebiJdeteForm'),"
Iin Inneren finden sich einige recht gute Altarblatter. Den
vom Fürstbisehofe Johann Gottfried von Guttenberg errichteten
Hochaljar zieret die Darstellung der Vermählung Maria von
Diepenbeck, einem Schüler von Rubens; Tür die Seitenaltäre malte
J. B. de Rüll die hl. Theresia und den hl. Johann vom Kreuz,
dann Storer den hl. Karl Borromaus. Da die Mitglieder dieses
Ordens, als des jüngst eingeführten, bei öffentlichen Prozessionen
Inneres der Kirche der „Barmherzigen".
den anderen fünl Bettelorden nachgingen, so entstand daraus das
Würzburger Sprichwort: „Die Reue rer (auch filr Reue oder Reue-
thränenj kommen immer hinten nach".
Das Ursulinerinnen -Kloster, welches noch heute
segensreich für Unterricht, Erziehung und Bildung der weiblichen
Jugend wirkt, wurde im Jahre 1710, zunächst als Filiale des
Mutterklostcrs in Kitzingen, gegründet. Auf einem Strebepfeiler
des Kirchleins erinnert noch die Statue des hl. Antonius mit einem
Schweine daran, dass sich an dieser Stätte bis ins 16. Jahrhundert
■) Cwlin S. .71.
- 90 -
ein Antoniterconvent befand Eine besondere Abgabe der Laien
an die Klöster dieses im ii Jahrhundert entstandenen Ordens
waren Schweine, dem hl. Antonius geweihte Thiere. Hier hatten
die Antoniterherrn das Recht, ihre Schweine frei in der Stadt
herumlaufen lassen zu dürfen, jedoch nicht mehr als vierzehn.
Diese Schweine mussten ein Glöcklein am Halse tragen und mit
einem besonders dazu gemachten Rechen gezeichnet werden.
Die „Töchter vom göttlichen Erlöser", allgemeiner
bekannt unter dem schönen und wohlverdienten Namen der barm-
herzigen Schwestern, haben sich, nur vier an der Zahl, im Jahre
1854 hier niedergelassen. Sie wohnten zunächst in einem Privat-
hause, bis sie später in das an der Kettengasse gelegene There-
sien- Erziehungsinstitut übersiedeln konnten, das ihnen von dessen
Vorsteherin Franziska Koenig letztwillig vermacht worden war.
Bald erwies sich das neue Heim als zu eng für die rasch an-
wachsende Schaar der Barmherzigen. Der Anbau, der deshalb
1869 in dem anstossenden Garten errichtet wurde, genügte bis
vor wenigen Jahren. Da trat, nachdem inzwischen die Zahl der
zum Mutterhause gehörigen Schwestern auf nahezu 700 gestiegen
war, an die Kongregation die zwingende Noth wendigkeit heran,
nach einem grösseren Heim und einer geräumigeren Hauskapelle
sich umzuschauen. Zu diesem Zwecke erwarb sie im Jahre 1894
die von der Ebrachergasse bis an die Domerschulgasse reichenden
Anwesen Domherrnhof Sebach und Ebracher-Hof mit dem da-
zwischen liegenden sehr geräumigen Garten. Der letztgenannte
Hof gehörte seit dem 12. Jahrhundert bis sur Säkularisation dem
Cisterzienserkloster Ebrach im Steigerwalde, das darin einen Mönch
als Verwalter oder Kloster-Amtmann mit dem zum Baue der
Weingärten etc. erforderlichen Personal sitzen hatte.
Auf einem Theile des angekauften Terrains, inmitten der
beiden Höfe, erhebt sich die neue, in der Zeit vom Frühling 1895
bis zum Sommer 1897 erbaute Kirche oder richtiger Hauskapelle,
denn sie ist ausschliesslich der Andacht und dem Gottesdienste
der Schwestern gewidmet und dem öffentlichen Besuche ver-
schlossen. Es wird jedoch jedem, der sich für die Kirche interes-
sirt, auf vorhergehende Anmeldung im Hause Ebrachergasse Nr. 6,
der Zutritt wohl gerne gewährt werden.- Und eine Sehenswür-
digkeit für alle Kenner und Verehrer der Kunst ist der Bau, der
in sämmtlichen Theilen und Einrichtungen bis herab zu den Schlüs-
seln streng im altromanischen Stile durchgeführt ist und, insbe-
sondere im Sonnenlichte, ausserordentlich stimmungsvoll wirkt.
Den Plan der Kirche fertigte der „Restaurator" der Sebalduskirche
in Nürnberg, Architekt Joseph Schmitz, während der hiesige
Architekt Franz Ostberg die Detailpläne entworfen tind die
ständige Bauleitung geführt hat.
- 91 -
Da -ausser den einheimischen Stiften und Klöstern auch zahl
reiche auswärtige Klöster, wie Ebrach, Bronnbach,
Heilsbronn, Schön thal u.a., hier mehr oder weniger grosse
und stattliche Höfe ihr Eigen nannten, in denen die Prälaten
beim Besuche der bischöflichen Residenz abstiegen und die an
der Universität studirenden Brüder wohnten, war sicher mehr
als die Hälfte des bebauten Areals der Altstadt in der Hand der
Kirche. Ihr Einfluss erhöht sich noch bedeutend, wenn man be-
denkt, dass auch die bürgerlichen Häuser wohl mit wenigen Aus-
nahmen irgend einem der kirchlichen Institute lehen- und grund-
zinsbar und viele noch dazu mit klösterlichen Hypotheken belastet
waren. Deutlicher als lange historische Ausführungen zeigt ein
Blick auf die Stadt vom Steinberg oder „Käppele" aus, oder ein
Gang durch das Innere den kirchlichen Charakter Alt-
Würzburgs.
Gegenüber den Stiften und Klöstern treten bis 1802 die Pfarreien,
welchen heute die Pflege des religiösen und kirchlichen Lebens
obliegt, fast völlig in den Hintergrund, denn alle Inwohner der
Stiftshöfe und alle Ordensangehörigen waren dem Pfarreiverbande
entzogen. Dazu kam, dass von den seit ältester Zeit bestehenden
ftinf Pfarreien vier organisch mit dem Domstifte , dem KoUegiat-
stifte Haug,dem Ritterstifte StBurkard und dem Döminikanerinnen-
kloster St. Marx verbunden waren, also keine eigenen Kirchen
besassen und von Stiftsvikaren verwaltet wurden. Selbständig war
nur did Pfarrei in der Vorstadt Sand, und nur sie besitzt ihrer
Bedeutung entsprechend ein stattliches und würdiges Gotteshaus,
die Peterskirche.
Einzelne Theile derselben, wie der Chor und die beiden Thürme,
weisen noch auf die romanische und gothische Bauperiode zurück,
der Hauptbau aber ist in den Jahren 1717 — 1720 unter der Leitung
des erst in neuerer Zeit mehr und mehr in seiner Bedeutung
gewürdigten Architekten Joseph Gr eisin g, des Erbauers des
Rückermaingebäudes, des Portales des geistlichen Seminars und
wohl auch des Rosenbach'schen Hofes (jetzt Präsidenten-Palais),
aufgeführt worden*). Durch die im Jahre 1892 geschmackvoll
durchgeftihrte Restaurirung des Inneren ist insbesondere der hier
abgebildeten Kanzel ihre ursprüngliche Schönheit wieder zurück-
gegeben worden. Angeblich ein Werk des Bildhauers Balthasar
Esterbäuer, eines geborenen Bayern, ist sie eine staunenswerthe
Leistung im Rococostil. — Die Kirche hat Bilder von Onghers
(Tod des hl. Petrus), Lünenschloss (die beiden Seitenaltarbilder)
und Micka. Unter den vier vorhandenen Epitaphien in Marmor,
*) VolleM4et wurd? der Bau dur^h 3. Neumann,
Stein und Metall ist das des berühmten Historikers Johano Georg
von Eckhart t 1730 hervorzuheben.
Bei dem starken An-
wachsen der Bevölker-
ung erweisen sieh zur
Zeit die Plarrsprengel
als zu ausgedehnt, wes-
halb neben der durch
eine Stiftung gesicher-
ten zweiten Dom-
pfarrei (mit der Kirche
des Stifts NeumOnster
als Piarrkirche) die
Erbauung von zwei
neuen kath oh sehen
Pfarrkirchen für die
beiden Vorstädte
Grombühl und San-
de rau noth wendig ge-
worden ist. Für die
Zeit noch die erforder-
lichen Mittel gesam-
melt, dagegen ist die
St Adalberokirche
in derSanderau soweit
gediehen, dass sie wohl
in Kürze ihrer Be-
stimmung übergeben
werden kann. Am
Sanderrasen auf einer
breiten Terasse ge-
legen ist diese Kirche
dem Flächenraume
nach die drittgrösste
der Stadt (grösser sind
der Dom und Stifthaug)
und wurde in den
Jahren 1894 bis 1899
durch den Kirchenbau-
Kanzel der St, Peterskirche. meister Professor
Schmitz (Nürnberg)
nach einer Skizze des 1893 verstorbenen Donibaumeisters von
Denzinger erbaut. Sie ist eine dreischiffige, romanische Basilika
mit Querhaus, einem Kuppelthurm aber der Vierung und mit
zwei 68 m hohen Thürmen an der Westseite, welche das gegen
den Sanderrasen gerichtete Hauptportal flankiren. Ausser dem
Die St. Adalberohirche.
1 sind noch vier Nebenportale vorhanden. In ihrer ganzen
Anlage und den daraus resultirenden Architekturformen schliessl
sich die Kirche an die romanischen Kirchen des 13. Jahrhunderts,
wie sie am Rhein und Main sich vorfinden, an, zeigt jedoch in
- 94 -
der Detailausbildung Anklänge an die oberitalienische Architektur
des frühen Mittelalters. Auf der Nordseite neben dem Chore
befindet sich eine mit reicherer Gliederung der "Wände und Ge-
wölbe ausgestattete Marienkapelle.
Die Dächer sind, wie dies in der unteren Maingegenct charak-
teristisch ist, je nach ihrer Steilheit mit Ziegeln und Schiefer
gedeckt.
Die Mittel zum Bau wurden durch den Sanderauer Kirchen-
bauverein aufgebracht, an dessen Spitze Universitäts-Professor
Dr. G opfert, der Hauptförderer des Kirchenbauwerkes, steht.
Mit der speziellen Bauleitung war Architekt A. Ringelmann
betraut.
Im Aeusseren ist die Kirche ziemlich vollendet, jedoch harren
noch alle Portale ihres bildnerischen Schmuckes. Hierzu, sowie
zur Regulirung der Terrasse, Herstellung der Treppenaufgänge
sowie zur Aufgabe des vor dem Hauptportale stehenden, stören-
den Wohnhauses fehlen vorläufig die Mittel.
Das Gleiche gilt für das Innere der Kirche, dessen Ausgestalt-
ung in einer engeren Anlehnung an die italienischen Vorbilder,
welche ja auch in der romanischen Zeit die Grundformen bildeten,
stattfinden soll. ^
Für den Hochaltar wurde ein prächtiger Entwun durch Pro-
fessor Brochier in Nürnberg hergestellt. Ein hervorragendes
Kimstwerk besitzt die Kirche jetzt schon in einer Büste des hl.
Adalbero von Bildhauer Balthasar Schmitt in München, dem
Schöpfer des Standbildes auf dem Kiliansbrunnen.
Im Chore finden sich drei Fenster mit Darstellungen der
Würzburger Bischöfe Adalbero von Hofmaler Zettle r, sowie
Kilian und Burkardus von Glasmaler van Treeck in München;
diese Glasfenster sind im alten romanischen Charakter aus-
geführt. —
Im Verhältniss noch rascher als die katholische Einwohner-
schaft ist die Mitgliederzahl der im Jahre 1803 unter der neuen
kurpfalzbayerischen Regierung begründeten protestantischen Kir-
chengemeinde gestiegen, so dass die bisherige Pfarrkirche (das
Gotteshaus der vormaligen Abtei St. Stephan) längst dem Be-
dürfnisse nicht mehr genügte. Es ist darum in den Jahren 1893
bis 1895 nach den Plänen und unter Leitung des Professors Her-
mann Steindorf in Nürnberg eine zweite protestantische Pfarr-
kirche, die
Johanniskirche
an der Rennwegerglacisstrasse errichtet worden, welche in ihren
schönen gothischen Formen das Stadtbild um eine neue Zierde
bereichert.
- 95 -
Während die Stifte und Klöster nach einer überaus reichen,
Jahrhunderte hindurch dauernden Entfaltung von dem Sturme
der Säkularisation ebenso wie das Fürstbisthum Würzburg selbst
vernichtet worden
sind, stehen zwei
Schöpfijngen des
geistlichen Staates
heute noch in voll-
ster Blathe und in
gedeihlichster Ent-
wickelungrdiellni-
versität und das
Juliusspital.
alte Universität.
Der Gedanke, in
Würzburg eine
hohe Schule zu
gründen, ist der
Ueberlieferung zu-
folge zuerst am
Ende des 14. Jahr-
hund ertä von dem
Fürstbisehofe Ger-
hard von Schwarz-
burg gefasst und
von dessen unmit-
telbarem Nachfol-
ger Johann von Eg-
loffstein im Jahre
1402 ausgeführt
worden Als Uni-
versitätsgebäude
diente der Hof zum
Katzenwicker.
Nach kurzer Dauer
verwelkte die junge
l'flanze. Neuge-
gnmdet wurde die
Universität im
Jalire 15*2 von dem
[■■üi-stbischofe Julius
Echter von Mespel- '. Neue protest. (St. Johanms)-Kirche.
brunn. Das mächtige Haus, welches er für dieselbe in der Zeit
von 1582 bis 1591 durch den Baumeister Adam Kahl mit einem
Koslenaufwande von 131900 Gulden — im modernen Werthe
etwa i'/> Millionen Mark — herstellen liess, steht noch, im
Aeusser,en fast
gänzlich die ur-
sprüngliche
Form zeigend
utid seine Um-
gebung mit stil-
vollen, ernsten
Formen hoch
überragend.
Die Fai;ade
Grau gemalten
Fresken, das
Haupt portal mit
sehen, neuer-
dings fenovir-
ten, figuren-
reichen Gruppe
geschmückt. Be-
sonders schön
präsentirt sich
heute noch der
Hof, durch den
Stil der ihn um-
rahmenden Ge-
bäude das Auge
des Beschaueis
fesselnd. Das In-
nere des Hauses
der Zeit sehrein-
schneidende
Aeussere Ansicht des allen UniversilSts- Gebäudes. Veränderungen
Über Üch er-
gehen lassen.
Insbesondere ist die alte, prachtvolle Aula, ein durch zwei Ge-
schosse des westlichen Flügels reichender, 30 Meter langer, mit
reichen Dekorationen ausgestatteter Saal, im Drange der Noth
geopfert worden.
- 97 —
Trotz all dieser Umbauten wurde aber mit der raschen Ent-
faltung der einzelnen Wissenschaften der Platzmangel von Jahr
zu Jahr ai^er und drückender, so dass man endlich, nach langen
Verhandlungen, im Jahre 1892 beschloss, die alte Universität aus-
schliesslich der
BibUothek, so-
wie den Kunst-
und Alterthums-
sammlungen zu
überlassen, fbr
die Lehrzwecke
aber der theo-
logischenjuristi-
schen vind zum
Theil der philo-
sophischen Fa-
kultät, sodann
fllr das Rektorat
und die Ver-
waltungsstellen
zu schaffen.
Im schönsten
Theile der Stadt,
von herrlichen
Parkanlagen
umgeben,erhebt
sich letzt diese
ein wahres Klei-
nod unserer
schönen Stadt
imd ein Denk-
mal dauernder Hofansicht des alten Univers itäis- Gebäudes.
als Erz, für alle
Betheiligten „Der zielbewussten, kunstverständigen Thätigkeit
des Universitats-Architekten von Horstig, semem Zusammen-
wirken mit dem Direktor des Verwaltungs- Ausschusses, dem
unvergesslichen Risch und seinem Nachfolger Burekhard ist
— 98 —
es in erster Lini'e zu danken, dass die Universität und mk ihr
unser WOrzburg der Vollendung dieses herrlichen Gebäudes sidi
freuen dürfen."
Der am Sandei^Uris gelegene, etwa ic» Meter lange Hanpt-
bau, mit einseitigem, 40 Meter langem Flügel gegen den S^miMs-
platz, ist auf Roth sandsteinsocket aus gelUich-weistjent ^lessart-
stein iD ^>St-
rmaissancrfor-
men— im Innern
in Barock und
Rococo Obei-ge-
hend — errich-
tet Ueber der
Attika, welche in
ehernen Lettern
die Aufschrift
„Veritati" trägt,
erhebt sich, das
Ganze krönend,
eine mächtige in
Kalkstein ausge-
führte Aufsatz-
gruppe aus dem
Atelier des Bild-
hauers Hubert
Netzer in Mün-
chen. DerenMit-
telfigur bt Pro-
metheus, mit
den Fackeln des
zweifachen gei-
stigen Fort-
schritts in Wis-
sen und Wirken
die finsteren
Mittelbau der neuen Univetsiiäl. Mächte der Un-
wissenheit und
Rohheit zurück-'
scheuchend. Aul den beiden V Ursprüngen des Mittelbaues
stehen die von Hermann Hahn in München gefertigten Co-
lossalbüsten des Prinzregenten Luitpold und des Fürstbisehots
Julius. In reichstem künstlerischem Schmucke prangen Vorhalle,
Treppenhaus und die Aula, ein in seinen weiten Raumverhält-
nissen und durch den Reiz der Dekoration imponirender Saal,
würdig des Zweckes, dem er dient, Festraum der Universität
Würzburg zu sein. Sechs Porträts früherer Fürstbischöfe, tüch-
tige und sehr gut erhaltene Arbeiten aus dem vorigen Jahrhundert,
welche früher die Räume der Universitätsbibliothek zierten, sowie
die Bildnisse des Prinzregenten — von Holmberg in München —
und Julius Echters — Copie von Sperlich hier — schmücken die
Wände der Aula. Luftig, hell, geräumig und bis ins kleinste
Detail zweckmässig eingerichtet erseheinen die Hörsäle, ^die Semi-
narien und Geschäftszimmer.
- 100 -
Ueber dem ebenerdigen Untergeschosse für Turnsaal,
Diener- und Maschinisten- Wohnung, sowie Registraturen der Be-
hörden und für Caloriferen hat der Hauptbau drei Haupt-
geschosse. Diese enthalten — durch i Haupt- und 2 Neben-
treppen verbunden — die grosse Aula von 300 Quadratmeter
Grundfläche für Festakte, die kleine Aula mit Garderobe und
Vorzimmer für Examina, Promotionen und Habilitationen, 13 Hör-
säle mit je zwischen 42—200 Hörerplätzen (Bänke mit Pendel-
sitzen), 9 Seminarräume mit den Fachbibliotheken der einzelnen
Disziplinen für Arbeiten der Dozenten und Uebungen der Stu-
direnden, femer 8 zwischen den Hörsälen und Seminarien ge-
legene Sprech- und Aufenthaltsräume für die Dozenten.
ImSeitenflügel vereint wurden mit besonderem Eingange
die Amtsräume des Rektorats, Syndikates und der Quästur, dann
des k. Universitäts-Verwaltungs- Ausschusses, der Hauptkasse und
Bauinspektion, endlich ein Carcerraum angeordnet. Zwei Sitzungs-
säle, für den Senat und den Verwaltungsausschuss, und zwei
Vorstandszimmer, sind die Haupträume dieses Flügels. Ein wei-
teres Sitzungszimmer für die Fakultäten befindet sich nächst dem
Mittelbau neben dem grossen Festsaale und dient zugleich als
Vorraum für letzteren.
Die Niederdruck-Dampfheizung der Anstalt ist mit der
elektrischen Beleuchtungsanlage derart kombinirt, dass
die beiden in einem Hofgebäude untergebrachten Hochdruck-
Flammrohr-Kessel (zu je 80 Quadratmeter) sowohl für den Nieder-
druck -Dampfreduzirapparat der Körting'schen Heizanlage als
auch für die beiden 28 pferdigen Dampfmaschinen der elektrischen
Anlage (einschliesslich der mitbeleuchteten 300 Meter entfernten
Universitäts-Bibliothek 50 Bogenlampen und ca. 400 Glühlampen)
den Dampf liefern. Der Abdampf der Maschinen wird, gegebenen-
falls durch das nöthige Quantum direkten Dampfes ergänzt, mittelst
des Reduzirapparates für die Heizung nochmals ausgenützt, alles
Kondenswasser, durch Oelfilter gereinigt, den Kesseln mittelst
Injektor und Dampfpumpe wieder zugeführt. Ein mit allen anderen
Maschinen, den Kesseln und einer Accumulatorenbatterie (358 Am-
p^restunden als Reserve) im Hofbau vereinter Gasmotor treibt
während des ganzen Jahres den Flügelventilator, welcher, zwischen
Frischluflhäuschen im Hofe und Vorwärmekammer gelegen, frische
Luft in alle Räume des Hauses führt, und dient im Sommer zu-
gleich zum Nachladen der Accumulatoren.
Für die Beleuchtung der Hörsäle und des zugleich als Zeichen-
saal dienenden mathematischen Seminars wurden Seh uckert'sche
Deckenreflektor - Bogenlampen (Patent Piethe & Klizik) ver-
wendet, nur für zwei grosse Säle des Obergeschosses, deren
Höhe über die Normale von 5,05 Meter im Lichten beträchtlich
- 101 -
hinausgeht, Hrabowski- Bogenlampen von Siemens & Halske
bezogen. Neu dürfte die von den Untemetiniern Siemens &
Halske nur ungern ausgeführte Kandelaberbeleuchtung vor dem
Mittelbau sein, wo die Bogenlampen im Steinschafte geborgen,
durch diesen und die 0,7 Meter Durchmesser besitzenden Opal-
glaskugeln vollständig verdeckt werden.
Die Heizung ist meist eine direkte mit Ventilregulirung
mittelst Nischen-Rippenelementen oder Körting'schen Radiator-
Zierheizkörpern; für die Hörsäle nur fand Dampf luftheiz ung mit
elektrischer Thermometer Verbindung zwischen Saal und Tableau
an den Heizkammem Verwendung.
Die Baukosten der im Jahre 1892 begonnenen, nun in Benütz-
ung genommenen Anlage betragen über gooooo Hk. (mit Ein-
richtung ca. loioooo Mk.), wovon ein beträchtlicher Theil auf die
8—12 Meter im früheren Befestigungsgebiet auf Pfeilern hinab-
geftlhrte Fundirung, auf die theilwelse reichen Barock-Stukkaturen
des Innern und die verwendeten Säulen, Treppenwangen u. s- w.
aus feineren Buntmarmorsorten des Alpengebietes entfallen, —
- 102 -
Aut einem der Hauptpodeste des grossen Treppenhauses ist
das Denkmal für die im Feldzuge von 1870 gebliebenen Söhne
der Hochschule aufgestellt, welches sich bisher in der alten Aula
befunden hatte. Alle Hörsäle nebst den anstossenden Seminarien
und Sprechzimmern sind mit hellem rothem Linoleum belegt, um
die Reinigung zu erleichtern und den Schritt unhörbar zu machen.
Gleiches ist bei dem Mittelstreifen der Korridore der Fall, soweit
sie vor Lehrräumen gelegen sind.
Die Einrichtungstheile : schwarze Bretter im Vestibül und
Treppenhause, Wandbrunnen in allen Gängen, verschiebbare
doppelte Wandtafeln in den Hörsälen und Seminarien, sind die
gewöhnlichen. Die Wände für Kleiderablage in den Lehr-
räumen wurden mit lederartigem LincrustastofFe überzogen. Ein
Schlagwerk über jeder Tafel gibt mittelst elektrischen Kontaktes
zur Thurmuhr das Ende der Stimden durch Mitschlagen der
Stundenzahl an. —
Ein guter Theil der inneren Einrichtung ist gleich den Stein-
und Bildhauerarbeiten von hiesigen Meistern ausgeführt. Die
sämmtlichen Entwürfe stammen, wie schon erwähnt, von dem
k. Bauamts - Assessor und k. Universitäts - Bauinspektor von
Horst ig. Bauführer war der Architekt Ernst Spiess von
Karlsruhe. —
Am 28. Oktober 1896 versammelten sich nach Schluss des in
der Universitätskirche abgehaltenen Festgottesdienstes die Lehrer
und Studirenden der Hochschule zum letzten Male in dem stim-
mungsvollen Hofe der alten Universität, um Abschied zu nehmen
von den ehrwürdigen Räumen, die 314 Jahre hindurch der Wohn-
sitz unserer Alma Julia gewesen. Es war ein weihevoller Augen-
blick, als über die von den Strahlen der Herbstsonne erleuchtete
Treppe der Rector magnificus in vollem Ornate und umgeben
von allen Professoren in ihren mittelalterlichen Trachten herunter
in den Hof schritt, dem alten Hause den letzten Gruss und Dank
zurief und als dann der lange Zug unter den Klängen der Musik
und unter dem Rauschen der Banner aller Corps, Burschen-
schaften und Verbindungen sich hinausbewegte zu dem neuen, in
frischer Jugendschöne schimmernden Heim!
Von der Stirne desselben, das würdig die stattliche Reihe der
im Jahre 1870 begonnenen Universitätsbauten abschliesst und den
schönsten Schöpfungen aus der Zeit des Rococo ebenbürtig zur
Seite sich stellt, so dass es ohne Uebertreibung unmittelbar neben
der wunderprächtigen Residenz genannt werden darf, leuchtet in
grossen ehernen Lettern das bedeutungsvolle Wort : „Veritati!" —
„Der Wahrheit" soll das Haus geweiht sein, jener Wahrheit^
— 103 -
von der Felix Dahn in seiner herrlichen Festhymne zum ßc». Ge-
burtstage der Alma Julia singt:
— ob allem Gewaltigen
Ist gewaltig die Wahrheit I
Ja, die "Wahrheit: ob frommer Sinn
Ihr in göttlichen Worten lauscht, —
Ob Vernunft aus dem Volksgeist schöpft
Strenge Wahrheit des Rechtes. —
Ob das grübelnde Denken zerrt
An dem Schleier der Ewigkeit, —
Ob wir suchen im Sonnenball,
Ob im Ball des Gehirns — :
Wahrheit suchen wir überall:
Wahrheit, welche das Unheil heilt,
Wahrheit, welche da heilig ist:
Denn Gott selbst ist die Wahrheit.
Und Jahrhunderte wehe noch
Alma Julia, fort in dir
Jener Geist, der da Gottes ist:
Freiheit, Schönheit, Wahrheit!
Mit der Vollendung der ebenso schönen wie zweckentsprechen-
den neuen Universität ist der Decentralisations-Prozess, welcher,
im Jahre 1696 mit der Anlage des juliusspitälischen Gartens
zu botanischen Studien begonnen hatte, nach Umlauf von
zwei Jahrhunderten zum Abschluss gekommen. Aus dem einen
stattlichen Baume, den Bischof Julius in Würzburgs Boden ge-
pflanzt, hat sich allmählich ein kleiner Wald entwickelt. Zweig
um Zweig lösten sich die medizinischen und naturwissenschaft-
lichen Fächer ab, um zunächst im Juliusspitale ihren Nährboden
zu suchen, bis der Raum zu enge wurde und jede Disziplin
ihr besonderes Haus sich schuf. Die gewaltige Entwickelung,
man kann nicht sagen, der Universität, sondern der medizini-
schen Fakultät mit ihren Hilfswissenschaften, sowie das Ueber-
wiegen eben dieser Fakultät den anderen gegenüber, tritt in
den Universitätsbauten in der That greifbar zu Tage. Es ist
keine Uebertreibung, wenn man das Stadtgebiet zwischen der
Kaiserstrasse, der Juliuspromenade, dem Maine und den Glacis-
anlagen schlechtweg als das medizinischeViertel bezeichnet.
Seit dem Jahre 1870 entstanden innerhalb dieses Terrains acht
vollständige Neubauten von bedeutender Ausdehnung, während
gleichzeitig fast alle älteren Institute durch Anbauten erweitert
f*
- If4 -
wurden. Räumlich getrennt ist jetzt nur mehr die psychiatrische
Klinik, nachdem im Herbste i8g6 auch das chemische Institut aus
der Maxstrasse hinweg in sein neues Heim am Pleicherring verlegt
worden ist').
Den Ausgang dieser grossartigen Entwickelung bildet der
schöne Pavillon, den der Fürstbischof Johann Philipp von Greiffen-
klau im Jahre 1705 im Garten des Juliusspitales errichten liess.
Hier befand sich seit 1724 das sogen, anatomische Theater,
das im vorigen Jahrhunderte zu den Sehenswürdigkeite
Der historische Pavillon im Juliusspital-Garteo.
Stadt gerechnet wurde, hier lehrten und lernten bis zum Jahre
1853 Deutsehlands grosse Anatomen, ein Virchow, ein Koelliker
«. a. Dieser so unendlich beschränkte Raum war die Geburts-
stätte welterobernder Entdeckungen; der Entwickelungsge schichte,
der Cellularpathologie. Im Jahre 1853 ward dann der Anatomie
im neuen botanischen Garten ein neues Haus gebaut, das aber
schon nach wenigen Jahrzehnten seinem Zwecke nicht mehr
genügte. Das jetzige, 1880— 83 aufgeführte Anatomie-GebSude
enthalt neben den Räumen fllr normale und vergleichende Ana-
tomie auch Abtheilungen fOr Chirurgie, Augenoperationskurse
und für das ärztliche Vor- und Staatsexamen. Die Präparirsäle
werden täglich von 250—300 Studirenden frequentirt.
- 106 -
Von der Anatomie haben sieh zwei weitere selbständige Dis-
nplinen abgezweigt, die Pathologie und die Physiologie.
Der hiesige Lehrstuhl für pathologische Anatomie
wurde als einer der ältesten in Deutschland, 1850 von Virchow
im Gartenpavillon eingerichtet. Die rasche Steigening der Fre-
qaenz und das starke Anwachsen der Sammlungen, welche seit
1853 'i> dem neuen (2.) Anatomiegebaude untet^ebracht waren,
machten einen Neubau nothwendig, der, 1878 vollendet, die Haupt-
und Demonstrations-Sammlungen , einen Sektionssaal, mehrere
Pathologisches Instilat
Laboratorien, einen grossen Hörsaal mit 160 Sitzplätzen und einen
noch grösseren Raum (16 : 20 m weit) für mikroskopische Kurse
in sich schliesst.
Das physiologische Institut, das sich 1856 von der
Anatomie getrennt hat und zunächst im Anatomiegebäude seme
Unterkunft behielt, bekam in den Jahren 1885—87 sein eigenes
Haus, in dem neben anderen praktischen Neuerungen insbe-
sondere der grosse Hörsaal bemerk enswerth ist. Derselbe ist
mit sehr mannigfaltigen und siniireichen Vorrichtungen flSr Ex-
perimente, welche in zahlreiche Disziplinen hinübergreifen, aus-
gestattet
Die Frauenklinik, im Jahre 1790 von K. K. Siebold in
dem sogenannten Freihause am inneren Graben begründet, be-
fin_det sich seit 1857 in einem aus Kreismitteln errichteten Hause
an der] Klinikstrasse, das nunmehr Eigenthum des Staates ge-
- loa —
worden ist- Eine bedeutende Erweiterung ward 1890/91 durch
Aufbau eines Geschosses und Anbau eines Traktes für Lehr- und
Operationsräume erreicht. Als eine sehr zweckmässige Ein-
richtung hat sicli der hydraulische Personen- Aufzug iOr schwer-
kranke und zu operirende Patientinnen bewährt.
Eine der am spätesten selbständig gewordenen Töchter unserer
Alma Julia, die Augenklinik, hatte bisher die stationäre Ab-
theilung in einem der Frauenklinik benachbarten Mause, welches
dessen Eigenthümer, der erste Professor der Augenheilkunde,
von Welz, einer Stiftung zum Zwecke der Behandlung armer
Augenkranken zugewiesen hatte. Getrennt davon befanden sieh
die Lehr- und poliklinischen Räume iin medizinischen Kollegien-
hause. Nunmehr sind beide Abtheilungen in einem Neubau an
der Ecke des Pleicherrings und der Pleicherthorstrasse vereinigt.
Derselbe, im Jahre 1901 vollendet, macht einen ungemein schmucken
und schönen Eindruck und bildet einen würdigen Absehluss in
der Kette der Universitätshauten am Pleicherring. Ueber dem
Hauptportal ist das Reliefporträt des vorgenannten Professors
angebracht.
- 109 —
Die beiden oberen Geschosse enthalten hauptsächlich die
Krankenabtheilungen mit Isolierzimmern, Tag- und Speiseriumen,
Bade- und Waschzimmem , Schwestern- und Wäsche gelassen:
zu Oberst Frauen und Kinder mit zwei grösseren Terrassen, im
ersten Stock die Männer und die sogenannte Privat abth eilung
des Vorstandes für zahlende Patienten I. und II. Klasse. Ausser-
dem befindet sich hier inmitten der Krankenräume und beim
Treppenhause der Operationsraum mit weitem Nordfenster, in
— 110 —
welchem auch ein grösserer Elektromotor zum Ausziehen von
Eisensplittem aus dem Auge Platz findet; femer ist hier ein
Wartezimmer und das Verwaltungsbureau mit Oberin wohnung.
Im Hochparterre ist der Westtrakt durch zwei Assistenten Wohn-
ungen, die -Bibliothek sowie drei Laboratorien füT bakterio-
logische und mikroskopische Arbeiten beansprucht; an der Ost-
seite des Haupteingangs an der Ringstrasse schUessen sich die
Räume des Vorstandes, das optische Zimmer sowie vier ver-
schieden grosse, zum Theil zu verdunkelnde Zimmer ftir die
Poliklinik an, in welcher in den letzten Jahren jährlich bis zu
Psychiatrische Klinik.
7000 Patienten meist unentgeltlich behandelt wurden. In un-
mittelbarem Zusammenhang hiermit steht ein Augenspiegel-
Uebungsraum fllr 50 Studirende, welcher wieder an den Hörsaal
sich anschhesst. Letzterer ist in den Hof zurückgebaut, um dem
Lärm und den Erschütterungen der Strasse entrückt zu sein und
erhält Tagesbeleuchtung von Norden her über das flache Dach
des Verbindungsbaues.
Weitab vom medizinischen Viertel, in schöner Lage am
Schalksberge, erhebt sich der 1893 seinem Zweck übergeben«
Bau der psychiatrischen Klinik in drei Abtheilungen. Der
Mittelbau enthält die Verwaltung und den Hörsaal, in den Seiten-
bauten ist rechts die Manner-, links die Frauenkranken-Station
eingerichtet. Geräumige Gärten ermöglichen die BeschäfUgung
der Kranken im Freien. - Bis iSSB war das Juliusspital und
neben diesem das BOi^erspital das Asyl filr Geisteskranke.
— Uli -
Da wie dort gab es Blockhäuser für die „deliratites et simul
fiiriosi "
Unter dem Dache des medizinischen Kollegienhauses
entfalten, seitdem die Anatomie ausgezogen ist, eine ganze Reihe
von Fächern ihre Thätigkeit. Wir finden da die Poliklinik und
ambulante Kinderklinik (1807 von Horst eingerichtet), das chirur-
gische Laboratorium , die Poliklinik für Ohrenheilkunde , das^
technologische Institut und die staatliche üntersuchungsanstalt
für Nahrungs- und Genussmittel, und — als jüngste Kinder der
medizinischen Fakultät — das hygienische und das pharmako-
logische Institut.
Das Juüusspital selbst bietet noch dreien Universitätskliniken.
Stätte und Krankenmaterial.
Die medizinische und pädiatrische Klinik, deren
Anfänge sich bis zum Jahre 1729 zurück verfolgen lassen, er-
lebte ihre erste grosse Blüthe unter Lukas Schönlein, den einer
seiner bedeutendsten Nachfolger, Gerhardt, als den Schöpfer der
naturwissenschaftlichen Heilkunde bezeichnet. Eine besondere
Lehranstalt, an den östlichen Flügel des Spitals sich anschliessend,
wurde für diese wichtige Disziplin erst im Jahre 1876 geschaffen.
Die Klinik für Syphilis und Hau tkrankheiten hat ihre
Wirkungsstätte im westlichen Flügel des Spitalbaues gegen die
Koellikerstrasse zu.
- 115 —
PraktischerUnterricht in Chirurgie am Krankenbette wurde
im Spitale seit 1725 ertheÜt. Einen regelmässigen klinischen
Unterricht der Chirui^ie fllhrte sodann Karl Kaspar Siebold ein.
Lange genügte biefflr ein kleiner Saal im Hause, bis iSBS'go die
neue chirurgische Klinik im Garten des Hospitals erbaut
wurde. „Thunlichste Sicherung gegen Infektionsgefahr, dann zur
Erreichung des Lehrzweekes genügendes Sichtbarmachen jeder
Vornahme an den Patienten", waren die Hauptaufgaben, welche
hier dem Architekten gestellt waren. Er hat sie mit Glück und
Geschick gelöst.
Den Natu r Wissenschaften, Schwestern und Die-
nerinnen der medizinischen Fächer, hat die neueste Zeit gleich-
Chemisches Institut.
falls neue Werkstätten innerhalb des medizinischen Viertels auf-
gethan.
Am längsten, seit zwei Jahrhunderten, wohnt und lebt da
die Botanik. 1696 ward im Garten des Juliusspitals der
erste botanische Garten angelegt. Er hat später, zuletzt in
der Zeit von 1874 bis 1878 nach dem Falle der Befestigungen,
wesentliche Erweiterungen erfahren. Die neuen Gewächshäu-
ser sind 1859 entstanden. Das botanische Haus mit Hör-
saal und Sammlungen erhielt die jetzige Form durch Auf-
bau zweier Stockwerke (1870) und Anbau eines Hörsaales
(1885I.
Erst in den zwei letzten Jahrzehnten hielten Physik und
Zoologie ihren Auszug aus dem Universitätsgebäude. Erstere
- 116 -
besitzt seit 1879 ein schönes Haus am Pleicherglacis , das „ab-
sichtlich nicht in sehr grossen Dimensionen, dagegen mit reich-
licher Erweiterungs-Möglichkeit" gebaut wurde.
Das zoologisch-zootomische Institut verfügt in
seinem Neubau (1888— 1889) über sehr zweckmässige Räume
zunächst für den Unterricht und wissenschaftliches Forschen,
weniger für die Sammlungen. Sehr interessant sind die ausser-
ordentlich mannigfachen Züchtungseinrichtungen für einheimische
und fremde Arten.
Das chemische Institut, dem das 1866 gebaute Haus
an der Maxstrasse gleichfalls zu enge geworden, ist im Jahre
1896 gleichfalls zu seinen Schwestern am Pleicherring überge-
siedelt in ein neues, allen Forderungen der Neuzeit entsprechendes
Heim. —
Eine solch rege Bauthätigkeit hatte Würzburg seit den Tagen
des Mittelalters, da Kirche um Kirche, Kloster nach Kloster,
Domherren- und Stiftshöfe in rascher Folge emporwuchsen, nicht
mehr gesehen. Die Pläne zu den neuen Universitätsbauten sind
in Berathung mit den Vorständen der betreffenden Anstalten von
den Universitäts-Architekten Lutz (bis 1884) und Horstig ent-
worfen und unter ihrer Leitung von Würzburger Baumeistern
ausgeführt worden.
Das ansehnlichste Attribut der Alma Julia und ein sehr origi-
neller Bau ist die
Universitäts- oder Neubaukirche,
welche vom Bischöfe Julius am 8. September 1591 unter gross-
artigen Festlichkeiten eingeweiht wurde i). Diese Konsekration ist
der hochfeierliche Schlussakt der Gründung und Vollendung der
Hochschule. Die Innenkirche, „eine grossartige Halle, einfach,
erhaben und doch mannigfaltig, ein Unikum von wunderbarer
Wirkung", hat im Wesentlichen ihre ursprüngliche Gestalt bewahrt
und zeigt den sogen. Juliusstil, ein Gemisch von Gothik und
Renaissance. Im Aeusseren erfuhr der Bau des Julius durch
die zu Anfang des 18. Jahrhundert durchgeführte Restauration
mannigfache Aenderungen und erhielt die Gestalt, in welcher er
jetzt noch vor uns steht. Antonio? et rini, der Erbauer der Stift
Hauger-Kirche, war der Meister, der den Bau leitete, war der
Schöpfer des ebenso glänzenden als imposanten Thurmes. Nach
der Säkularisation, im J. 1804, wurde die Kirche geschlossen
und zur Aufbewahrung der älteren Werke der Universitäts-
Bibliothek, sowie der Akten und Protokollbände der hochstifl-
*) Vergl. Nirschl, die Universitätskirebe.
- 117 —
wQrzburgischen SteLen und Behörden bestimmt. Im J. 1820 ent-
fernte und veräusserte man sogar alle Einrichtungsgegenstände.
Jetzt hat die Kirche, in der seit 1867 wieder Gottesdienst gehalten
wird, ein ganz neues und herrliches Gewand erhalten. Der Hoch-
altar, den einst Bischof Johann Philipp von Greifenclau (1699— 1719)
errichtet hatte,
kehrte ausderPfarr-
kirche zu Kitzingen,
wohin er verkauft
worden war, wie-
der an den Ort sei-
ner ersten Bestim-
mung zurück. Die
kahlen Wände hin-
ter dem Hochaltar
und den zwei Sei-
tenaltären wurden
durchBarthelme
aus München mit
sehr gelungenen
Freskogemilden
geziert, deren be-
deutendstes — am
Hochaltar — dar-
stellt, wie die Pa-
trone der Universi-
tatskirche, die Apo-
stel, durch den
Herrn auf dem Oel-
berg, ehe er gen
Himmel auffährt.
den in alle Welt
als Lehrer der Völ-
ker. Die Kanzel
wurde 1890 im D>^ Universitäts-Neubaukirche,
Spatrenaissanec-
Stil neu errichtet. Die Orgel, von Walker in Ludwigs-
burg gefert^, ist die bedeutendste in Würzbur^, und um ihret-
willen sowie wegen der ausgezeichneten Akustik werden in der
Kirche regelmässig jene grossen religiösen Musikwerke (Requiem
von Mozart und vonBerlioz, Matthäus-Passion von S.Bach etc.)
aufgeführt, in deren Einstudierung und Leitung der Direktor der
hiesigen Musikschule so Vortreffliches leistet.
Noch zu seinen Lebzeiten erkor sich Bischof Julius die
- 118 -
Kirche der Universität, die er wie ein Vater sein Kind ins Herz
geschlossen hatte , zur Ruhestätte fiir sein Herz. Mit jener Pracht-
liebe, die ihm eigen war, liess er sich ein Epitaphium errichten,
in dem am 4. Oktober 1617 das Herz des grossen Fürsten feier-
lich beigesetzt wurde. „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein
Herz**, (Ubi thesaurus tuus, ibi et cor tuum), war auf der einen
Seite des Grabes zu lesen. Als Johann Philipp von Greifenclau
den Umbau der zur Ruine gewordenen Kirche durchführte, erhielt
auch das Herz des Julius einen andern Platz, indem es in einer
Oeffnung des dem Hochaltare auf der Evangelienseite zunächst
stehenden Pfeilers niedergestellt wurde. Dort ruht es noch heute
unter einer ehernen Gedenktafel.
Gleich bedeutsam für Würzburgs Entwicklung wie die Gründung
der Universität war die Stiftung des mit derselben jetzt enge
verbundenen
*
Juliusspitales.
Für „allerhand Sorten arme, kranke, unvermögliche und schad-
hafte Leute, die Wund- und anderer Arznei nothdürflig seien, des-
gleichen verlassene Waisen und dann fürüberziehende Pilgram und
dürftige Personen'^ bestimmt, ward es nach dreijähriger Bauzeit auf
dem damaligen Judenkirchhofe am 10. Juli 1580 eingeweiht. Nach-
dem 1699 der mittlere Theil des hinteren Hauptgebäudes durch eine
Feuersbrunst zerstört worden, erhob sich dieser Flügel in der
jetzigen imposanten Gestalt nach Petrinis Risse wieder M. Die
vordere Fronte und die beiden Seitenflügel „ohne Schwung und
ohne Schönheit" begann 1 791 der Baumeister Ickelsheimer auf-
zuführen. Das Portal ist mit einer Figurengruppe von B. H.
Nickels verziert, den Bischof Julius darstellend, welcher von
seinen Räthen und einer Schaar armer Kranken umgeben, den
Bauriss seines unvergänglichen Monumentes von dem Baumebter
in Empfang nimmt. Sehenswerth sind auch die Hauskapelle mit
der Erzbüste des Stifters, die grossartigen Küchen und Speisesäle,
der Operationssaal, sowie der schöne Garten mit einer prächtigen
Brunnengruppe.
„Alle Anstalten, die das Juliusspital umfasst, sind entweder
schon von Julius selbst eingerichtet oder doch im Keime vor-
bereitet worden und haben sich je nach dem vorwaltenden Be-
dürfnisse der Zeit mehr oder weniger entwickelt Ja einige der-
selben haben sich so üppig entfaltet, dass sie, aus dem ursprüng-
lichen Kreise des mütterlichen Juliusspitals ausgeschieden, jedoch
immer in loserer oder innigerer Verbindung mit demselben, ein
eigenes, ein Sonderleben, führen, so z. B. das Waisenhaus, die
Anstalt für Fallsüchtige."
*) Die Einrichtung des Spitals wurde von B. Naumann, nach Petrinis Entwürfea,
im Jahre 17) s ^^ Ende geführt.
Das Juliusspitat in seinem jetzigen Zustande ist sowohl eine
Pfpflndeanstalt als ein Krankenhaus. In die allgemeine
Pfründe werden nur katholische, im ehemaligen Grossherzog-
fhvim Wörzburg hei niathbe rechtigte, alte, Itranke, bresthafte und
dem^iy. September 1888 nicht mehr im Juliusspitale, sondern in
3erJ psychiatrischen Klinik au*" Rechnung des Juliusspitales ver-
pflegt werden. Die dritte Abtheilung der PfrQndenanstalt, fOr
- 121 -
die unheilbaren Fallsüchtigen, besitzt ein gesondertes Ver-
mögen und ein auf juliusspitäüschem Boden an der Klinikstrasse
erbautes Haus. Ihren Weltruf dankt des grossen Julius grosse
Stiftung der Krankenanstalt Sie wurde im verflossenen Jahr-
hundert ansehnlich erweitert und ihre Einrichtung unter der
Regierung des Fürstbischofs Franz Ludwig von Erthal bedeutend
verbessert. Jetzt scheidet sie sich, nachdem eine eigene Irrenklinik
geschaffen worden, noch in die medizinische und chirurgische
Abtheilung, deren jede von einem Oberarzte, der zugleich Uni-
versitätsprofessor ist, geleitet wird. Nach dem Stiftungsbriefe sind
arme Kranke aus dem ehemaligen Hochstifte Würzburg, ohne
Unterschied des Standes, Alters und Glaubens, sowie zugereiste,
erkrankte Handwerksburschen aufnahmsberechtigt. Ausserdem
werden nach den mit der Spitalverwaltung geschlossenen Ver
trägen kranke Handwerksgesellen, arme Dienstboten, die Studie-
renden an der Hochschule etc., gegen gewisse Geldleistungen,
verpflegt. Auf die Bedeutung des Spitals flir die Entwicklung der
Universität ist bereits hingewiesen worden. Es gewährt der
medizinischen Fakultät den grossen Vortheil durch die Benützung
seiner Krahkensäle zur medizinischen und chirurgischen Klinik
und liefert für die Anatomie die grösste Zahl der Leichen. Um
einen Begriff von den Leistungen des Juliusspitals zu geben, seien
hier aus dem Jahresberichte für 1897 ein paar Ziffern herausgehoben.
Es wurden im Durchschnitte täglich 204 Pfründner, 102 Dienst-
boten etc., und 364 Kranke verpflegte Die Ausgaben bezifferten
sich auf 405909 Mk. 42 Pfg., darunter 50099 NIk. 79 Pfg. für
Rindfleisch, 25675 Mk. 82 Pf für 39419 Liter Wein u. s. w. Das
reine Vermögen mit Einschluss einiger Stiftungen betrug nahe an
neun Millionen Mark. Das Spital, vom Bischof Julius von vom
herein sehr reich ausgestattet, — er überwies demselben u. a. den
Gesammtbesitz des „ausgestorbenen" Klosters Heiligenthal und
das ganze Dorf Oberdürrbach — hat ausgedehnten Grundbesitz an
Wäldern, Feldern, Wiesen und Weinbergen in ganz Franken.
Die Verwaltung desselben besorgt das juliusspitälische Rentamt
dahier im Zusammenwirken mit einigen äusseren Aemtem*).
Ehe wir scheiden, gebührt es sich, in der Weinstube des
Spitals dankbar des Stifters zu gedenken. Es wird nur bester
Eigenbau, wie Stein, Schalksberg, Iphöfer etc., verzapft. An die
frühere Verwendung des traulichen Gemaches, in dem Bacchus,
der Sorgenbrecher, seinen Stab schwingt, erinnert ein Spruch
über dem Eingang:
In alter Zeit ward hier in diesem Haus
Die Anatomie sehr gründlich getrieben!
*) Der merkwürdige Portalstein von dem alten Spitalgebäude (1^80) befindet sich
in dem Tborbogen das Fürstenbaues des Jaliusspitals.
- 122 -
Die Anatomie, sie wanderte aus,
Die „Gründlichkeit", die ist geblieben.
Drum kann nicht „Nippen" in diesem Saale dir frommen.
Stets auf den „Grund" im Becher musst du kommen.
Wie das zu machen ist, lehrt ein anderes Sprüchlein an der
einen Wand der Zechstube:
Willst spüren du des Weines feurigste Funken,
Giess' nicht das edle Nass in Strömen ein;
„Erst auf der Zung* erprobt, dann langsam getrunken!"
So wills der rechte, ächte Frankenwein I — —
Gegenüber den starken staatlichen und kirchlichen Gewalten
unter deren Einfluss die Entwickelung Würzburgs bis zum Be-
ginne dieses Jahrhunderts im Wesentlichen sich vollzogen hat,
hatte die Bürgerschaft einen sehr harten Stand. Wie tapfer
und zähe sie sich ihrer Freiheiten wehrte und wenigstens den
Preis einer, wenn auch beschränkten, Selbstverwaltung aus dem
Kampfe heimtrug, hat uns die Geschichte erzählt. Erst seit der
Säkularisation entfalteten Stadtgemeinde und Bürgerthum die
lange niedergehaltenen Kräfte und holten sozusagen im Sturme
nach, was ihnen unter dem Drucke der früheren Verhältnisse
versagt geblieben war. Ein Blick auf die Bauten unserer Stadt
genügt, um den gewaltigen Unterschied zwischen Einst und Jetzt
scharf und klar heraustreten zu lassen.
In das Mittelalter weisen nur wenige von der Gemeinde er-
richtete Bauwerke zurück. Obenan steht das „Haus der
Stadt", das
Rathhaus mit dem Grafen Eckard-Thurm»
Seinen Namen erhielt dieser Thurm von einem bischöflichen
Beamten Eckard, der den Titel Graf führte. Aus seinem Besitze
kam der Hof, der einstens dort stand, erst an das Hochstift und
im Jahre 1316 durch Kauf an die Stadtgemeinde. Die Raths-
versammlungen, welche man bisher in dem gegenüber gelegenen
Hofe zur Glocke oder Sturmglocke gehalten hatte, wurden nun-
mehr hierher verlegt. Bald nach der Erwerbung des Hauses
ward die schöne gothische Kapelle, welche den Heiligen Felix
und Adauctus geweiht ist, erbaut Der hochragende Thurm ent-
stand in den Jahren 1453— 1456. Mit Genehmigung des Bischofs
Hess der Stadtrath im Thurme eine Glocke aufhängen, welche
zur Anzeigung der Stunden und zum Lärmzeichen bei entstehen-
den Feuersbrünsten benützt wurde und heute noch benützt wird
Der zur linken Seite des Grafen Eckard angebaute Flügel heisst
Grünbaum und führt an seiner äusseren Wand ein grösstentheils
- 123 -
verwittertes Bild emes belaubten Baumes. Durch den ersten
und zweiten Stock dieses Baues ging der alte Raths- oder König-
Wenzel-Saal, in dessen Architektur romanischer und gothischer
Stil sich vereinigt finden. Ueberrcste des Saales kommen noch
hier und da zum Vorschein; dazu gehört z. B, die aus Holz ge-
schnitzte Figur vom Jahre 1458 mit der Unterschrift:
Eins mans rede eine halbe (rede).
Man soll sie verhören bede.
hat man die Idee
aufgefasst, den alten
Saal in seiner alteii
Herrlichkeit wie-
derherzustellen und
es sind zu diesem
Zwecke Gutachten
des I. Direktors des
k. b. Nationalmuse-
ums von Hefner-
Alteneck und des
Dombaumeisters
Denzinger einge-
holt worden. Beide
sprechen sich da-
hin aus, dass der
Saal, in seine
frühere Gestalt zu-
rückgebracht, eine
unvergleichliche
Zierde des Rath-
hauses und der
Stadt bilden würde.
Nach Hefner's An-
sicht, dessen Skiz-
zen hier wiederge-
geben sind, „war
der Saal ursprüng-
lich von vier Kup- Rathhaus mit Grafen Eckarda-Thurm.
peln überwölbt,
welche ihren Ruhe-
und Vereinigungspunkt auf einer Sdule im Mittelpunkte des
Saales fanden. Zwölf auf Säulen ruhende Rundhogen trugen
diese vier Kuppeln. Die Rundbogen wie der ganze Saal ge-
hören dem la. Jahrhundert an. Als später in der Zeit der
- 124 -
Gothik — etwa in der 2. Hallte des 14. Jahrhunderts — der
ganze Raum erhöht wurde, baute man auf die Rundbogen senk-
rechte Mauern, welche oben in Spitzbogen formen endeten, an deren
Rande die ziemlich gedrückten Kreuzgewölbe sich anschlössen.
Diese spitzbogigen Ueberhöhungsmauem sind, wie unsere zweite
Skizze zeigt, mit
Wappenschildern,
Schrift bändem und
Teppichmustem
bemalt, nur der In-
halt der Wappen-
schilde wie das
Teppich muster
wechselt in den 16
Spitzbogen. Die
Malerei ist im Gan-
zen so gut erhalten,
dass die fehlenden
Stellen dersellpcii
leicht nach dem
Vorhandenen er-
gänzt werden kön-
nen. Bei einer Her-
stellung mösste
wohl darauf ge-
sehen werden, dass
sowohl der ur-
sprüngliche i^mani-
sche Theil als seine
spätere gothische
Ueberhöhung voB-
ständig nach den
vorhandenen
Der «lie R»thhausB»al. Spuren wieder er-
gänzt würden; denn
diese Mischung stempelt das Ganze zu einem eigenthOmlichen
und höchst interessanten Bauwerke, wie nicht leicht ein zweites
gefunden wird. Dass die verhältnissmässig geringen Kosten zu
so einer architektonischen Pracht und Merkwürdigkeit in gar
keinem Verhältnisse stehen, ist gewiss leicht nachzuweisen.*
Soweit Hefner. Leider musste die Ausftlhrung seiner Vor-
schläge immer wieder zurückgestellt werden, da die Gemeinde
in den letzten Jahrzehnten vordringlichere Aufgaben zu erftlllen
hatte und insbesondere Räumlichkeiten fehlten, wohin die bis
jetzt im ngrOnen Baum' untergebrachten Aemter verlegt werden
- 125 —
konnten. Jetzt (1699) ist diesem Mangel gesteuert und es wurden
einstweilen die Zwischenmauern eingelegt, um die alte Gestalt des
Saales klar heraustreten zu lassen. Die auf Grund dieser Ergeb-
nisse von Stadtbaiirath Bernatz ausgearbeiteten Pläne ftlr die
Wiederherstellung sind fertig.
Der architektonisch schönste Theil des alten Magistratsge-
bäudes, der etwas /'irückstehende, hochgiebelige Bau aus rothem
Sandstein, wurde
im Jahre 1659 an
der Stelle eines ab-
gebrochenen älte-
ren Gebäudes unter
der Leitung des
Steinmetzen
Sebastian Fillinger
mit einem Kosten-
aufwande von 6550
fl. aufgeftihrt Den
ersten Plan zum
Giebel entwarf der
Steinmetz Heinrich
Eberhard. Für drei
Wappen am Giebel
und drei „Fratzen-
gesichter' sammt
den Wappen des
Raths erhielt der
Bildhauer Ph.
Preuss 30 fl. In der
Küche wurde auch
ein „Pastetenofen"
gesetzt In diesem
Bau befanden sich
die grüne Stube,
die Bürgermeister- Ein Bogen des alten RathhatisEaalei.
Stube und die ge-
wöhnliche oder grosse Rathsstube. Letztere ist mit dem langer«
Zeit für die Sitzungen des Schwurgerichtes benutzten Saale iden-
tisch, welcher kürzlich restaurirt und dem Kollegium der Gemeinde-
bevollmächtigten als „Berathungsraum" überwiesen wurde.
Der sgrüne Baum" und der „rothe Bau" genOgten den Bedürf-
nissen der Stadtverwaltung bis zum J, iftzz, wo sie das angrenzende
Karmelitenkloster um loooo fl. ankaufte. Heute ist — ein Zeichen der
immer mehr anwachsenden Bedeutung und Thätigkeit der städti-
schen Behörden — auch der geräumige Klosterbau zu enge
- 126 -
geworden und ein grossariiger Um- und Neubau nach Plänen
desStadtbaurathes Bernatz ist im Werke und in seinem ersten
Theile während der Jahre 1898 und 1899 vollendet worden.
Für den. Neubau wurde mit Rücksicht auf den alten Bau der
Stil der deutschen Renaissance gewählt. Ein stattlicher Aufgang
in's Vestibttl,
zwei schmuck-
volle Erker und
reich geschnitzte
Dachgau pen be-
leben die Fa-
9ade, welche
von einem mäch-
tigen Giebel
Oberragt wird,
goldete Wirce-
bui^a bekrönt.
Der Neubau ist
43 m lang und
stehen die Korri-
dore desselben
in direkter Ver-
bindung mit
jenen des alten
Polizeigebäudes.
Die Bureaux
des Neubaues
liegen nach der
Karmelittn-
strasse, die Kor-
ridore nach dem
Hof Letztere
sind mit Stein-
kaminen ge-
schmückt und
im Erdgeschoss
Die Amtsräume,
des Standes-
Rother Bau des a
und I. Stock mit Kreuzgewölben überdeckt,
insbesondere die Zimmer des Bürger meiste
beamten und der Bauräthe sind mit Wand- und D ecken vertäfel-
ungen, welche an die Innerarchitektur alter Tiroler Schlösser er-
innern, und mit Mobiliar in gleichem Geschmack ausgestattet.
Besondere Sorgfalt wurde auf den Trauungssaal als Haupt-
repräsentationsraum des Neubaues verwendet. In der Vorhalle
an der Karmelitens'rasse und im Vorzimmer des Bürgern
— 127 —
wurden in passender Weise Abgüsse von den Stukkatttren aus
dem alten Sandhofe angebracht.
Den Südrisalit des Neubaues schmückt in einer Nische eine
Madonna mit dem Christuskind, des Frankenlandes und der
Frankenhauptstadt glorreiche Patronin. Segnend streckt sie ihre
Hand aus über das Haus der Stadt und Ober die Stadt selbst
mit ihren Einwohnern, sowie über WDrzburgs höchsten Sohn,
den Prinzregenten Luilpold, dessen Bildniss unter der Madonnen-
Neues Rathhaus.
Statue zwischen den Wappen Bayerns und Frankens angebracht
ist. Auf den Eckpostamenten des unter dem Regenten bildniss
vorspringenden Balkons stehen mittelalterliche Bürge rsoldaten als
Ehrenwache. Reicher Schmuck, der theilweise mit köstlichem
Humor die Thätigkeit der „oberen und unteren Scadtvater", so-
wie des Standesamtes darsteUt, belebt die Flächen des 1. und
II, Stockes. Alle diese Arbeiten , mit Ausnahme der von Ferdi-
nand von Miller in München modellirten und gegossenen Figuren
der Madonna und Wirceburgia, sowie des Prinzregenten- Reliefs
- 128 ^-
sind von ortsansässigen Bildhauern gefertigt, ein rühmliches Zeug-
niss heimischer Tüchtigkeit und Kirnst.
Das alterthümliche Haus, welches rechtwinkelig an den rothen
Rathhausbau angrenzte, hiess im 14. Jahrhundert der Met ho f. Es
wurde damals hier und noch in anderwärts gelegenen sieben Zech-
stuben Met verzapft. Später kaufte der Stadtrath den Hof und
benützte ihn als Verkaufslokal für die in den Rathskellem lagern-
den Weine und ftlr Bier. Letzteres war bis ins 17. Jahrhundert
herein hier geradezu verpönt. Erst im Jahre 1643 entstand eine
„herrschaftlidie" Brauerei, bis dorthin mussten die nach Bier
durstigen Würzburger mit fremden Erzeugnissen, als: Coburger,
Eimbecker, Göttinger, Bamberger, Weissenstatter, ihren Durst
löschen. Die Meisten zogen die einstens sehr beliebten Süssweine
(Malvasier, Reinfal, Muskat etc.) oder den köstlichen Stein wein
vor. Letzterer wuchs in den der Stadt gehörigen Weinbergen,
welche theil weise von edeldenkenden Männern, wie von dem
Domherrn Andreas von Thüngen (1545) und dem Fürstbischöfe
Johann Gottfried von Aschhausen {1620) dem Rathe geschenkt,
theils von letzterem durch Kauf erworben wurden. Infolge der
schweren Schuldenlast, welche die Revolutions- und Napoleoni-
schen Kriege unserer Stadt autbürdeten, musste leider das
33 Morgen umfassende Weingut und nicht minder der werthvolle
Silberschatz der Stadt veräussert werden. Mit letzterem rüstete
der Rath die grossen Festmahlzeiten aus, die regelmässig an
Fastnacht, an der Kirch weihe, bei der Bürgermeisterwahl etc.
gehalten oder fremden Gästen zu Ehren im Rathhaussaale ver-
anstaltet wurden. Bei solchen Gelegenheiten machte der „Will-
komm", ein grosser, silbervergoldeter Pokal, die Runde, imd wer
denselben geleert hatte, schrieb seinen Namen und einen Reim-
spruch in das „Willkommbuch" des Stubenamtes. Dieses Buch
(1704— 1746); das kürzlich wieder aufgefunden wurde, ist das.
Einzige, was aus jener feuchtfröhlichen Zeit übrig geblieben ist *).
Wie die Gesammtgemeindc das Rathhaus, hatte jedes Stadt-
viertel — es gab deren, allen mathematischen Regeln zum
Trotze, acht — seinen eigenen Viertelhof, in welchem bis zum
Bauernkriege die Viertelmeister ihre Sitzungen hielten. Später dien-
ten die Höfe als Lagerräume für Getreide und Wein, theilweise auch
als Schulen. Der letzte dieser Höfe, zugleich der einzige, der
noch Eigenthum der Stadt war, der Sanderviertelhof, ist vor
einigen Jahren niedergerissen worden.
Die herrlichste bauliche Schöpfung der mittel-
alterlichen Stadtgemeinde und ein unvergängliches Wahr-
zeichen opferwilligen Bürgersinnes ist
S. Göbl, die Rathschenke und der Willkomm der Sudt Wfirzburg, im Archiv
des histor. Vereins, 37» 103 — 157.
— 129 -
die Marien kapelle
auf dem grünen Markte. Einst stand an dieser Stätte die Syna-
goge der Juden, welclie bei der 1348 allgemein stattgehabten Juden-
verfolgung in Flammen aufging. Alsbald wurde auf der Brand-
stätte ein kleines Kirchlein zu Ehren unserer lieben Frau Maria
erbaut,welches aber
bald die Menge der
aus Stadt und Land
zuströme ndenWall-
fahrer nicht mehr
fassen konnte. Es
wurde abgebrochen
und am Pfingst-
abende 1377 legte
der Bischof Ger-
hard den Grund-
Gotteshause. Die
Baukosten wurden,
theils durch freiwil-
lige Gaben , theils
aus der Stadtkasse
gedeckt. Der Chor
und das Langhaus
wuchsen sehr rasch
empor, dann aber
trat eine Stockung
ein, bis hundert
Jahre nach der
Grundsteinlegung
endlich der Thurm
vollendet ward. An
der Ausschmück-
ung des Aeusseren
der Kirche arbei-
tete u.a. ein Kunst- °'* Manenkapelle.
1er allerersten
Ranges, Frankens bedeutendster Bildhauer und Bildschnitzer
Tillmann Riem enschneider aus Osterode am Harz.
1491 verfertigte er die beiden an der südlichen Thüre stehen-
den Figuren von Adam und Eva'). Man zahlte ihm für dies
„köstlidi Werk" iio Gulden. Derselbe fing 1500 jene 14 Statuen
zu bilden an, welclie die Strebepfeiler der Südseite zieren und
unbedenklich den Arbeiten eines Adam Kraft und Veit Stoss an
die Seite gesetzt werden dürfen. Sehr schön sind auch die von
- 130 -
einem unbekannten Meister herrührenden Skulpturen der drei
Portale, insbesondere des Nordportals , auf dem die Empfängniss
Maria in eigenartiger Weise dargestellt ist. Der jetzige Thurm
wurde in den Jahren 1856 und 1857 nach den Plänen des Kreis-
baubeamten Reuss ausgeführt Das Innere der Kirche besteht
aus einer dreischiffigen Halle mit acht freien Pfeilern. Die Altäre,
die Kommunikantenbank und ganz besonders die Kanzel sind her-
vorragende Werke neuer Kunst.
In der MarienkapeUe, die der Stadtrath mit Stolz als seine
Kapelle bezeichnete, fanden die Mitglieder des Raths ihre letzte
Ruhestätte. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts, als die Mehrzahl
der Bürgerschaft der neuen Lehre sich zugewendet hatte, diente
die Kirche kurze Zeit dem lutherischen Gottesdienste, wie ja
damals auch ein protestantischer Friedhof dahier vorhanden war.
Derselbe, in dem Pestjahre 1542 angelegt und nach katholischem
Ritus eingeweiht, lag vor dem alten Pleicherthore.
Seit dem Jahre 1412 bestand in der Kapelle die von fi-änki-
schen Edelleuten gestiftete Brudeischaft der Fürspänger und viele
Mitglieder dieses Ritterordens sind dort begraben. Das Denkmal
des Ritters Martin von S e i n s h e i m , des Stifters der heute noch
bestehenden Rock- und Schuh- Almosenpflege , f 1434, ist haupt-
sächlich desshalb interessant, weil dasselbe den Orden der Für-
spange trägt. Auch Meister Tillmann Riemenschneider lieferte in
dem Grabsteine für Konrad vonSchaumberg ein Werk seines
Meisseis. Beachtenswerth ist femer das dem Vertheidiger des
Frauenberges gegen die Bauern, Ritter Sebastian von Rotenhan,
gesetzte, in Erz gegossene Denkmal.
Ein rühmliches Denkmal wohlthätigen Bürgersinnes
ist auch
das Bürgerspital,
oder, wie es bis nach der Entstehung des Juliusspitales immer
genannt wird, das „neue Spital" vor dem Hauger Thore. Es
wurde im Jahre 1319 von einem edlen Bürger, Johann vom
Steren (de ariete, Widder) ins Leben gerufen und war zunächst
der Krankenpflege gewidmet. Die Verwaltung übergab der
Stifter sofort dem Stadtrathe. Im Jahre 1342 wurde dann das
städtische Siechenhaus, das bisher eine Stunde östlich von der
Stadt, im Wöllrieder Hofe, sich befunden hatte, mit dem neuen
Spitale vereinigt Diesem flössen von allen Seiten reiche Schenk-
ungen zu. Die bedeutendste Mehrung seines Vermögens erhielt
es im Jahre 1340 durch eine reichbegüterte Würzburger Familie,
die Brüder Rüdiger und Wölflein Teufel, welche der neuen
Stiftung das Dorf Laub bei Prichsenstadt mit allen Rechten und
Einkünften zu Eigen gaben. Weiter ist als besonderer Wohlthäter
- 131 -
des Spitals der Stadtrath Paul von Worms, t i579. zu nennen,
der durch ein bedeutendes Vermächtniss die Stiftung in den
Stand setzte, ihre bei der Grumbachischen Invasion theilweise
zerstörten Gebäude zu erneuern und zu erweitern. Ein weiterer
Neubau von beachtenswerthen architektonischen Formen wurde
1718 im Hofe unter der Leitung des Residenzbaumeisters Neu-
mann errichtet. Heute ist das Bürgerspital nächst dem Julius*
Spital die reichste all der vielen hier bestehenden Stiftungen, denn
es besitzt ein rentlrendes Vermögen von mehr als drei Millionen Mark.
Das Bürgerspital.
Eine Hauptquelle seiner Einkünfte findet das Haus in dem
Verkaufe des Ertrages seiner vorzüglichen und zahlreichen Wein-
berge. Unter dem nur auf Würzburger Markung liegenden
Grundbesitze des Spitals zu 175 Hektar befinden sich etwa
21 Hektar in Regie bewirthschaftete Weinberge in den Lagen
Stein, Harfe, Schalksberg, Neuberg, Lindlesberg und Klinge. Der
Ertrag der Weinberge kann in einem guten Herbste auf 700—800
Hektoliter geschätzt werden und wird grösstentheils zum Verkaufe
gebracht, theilweise ftr die Angehörigen des Hauses verwendet.
- 132 -
Im Anstaltsgebäude ist seit mehreren Jahren zur Bequemlichkeit
des Publikums eine gemüthliche Weinstube mit altdeutscher Aus-
stattung eingerichtet, in welcher der köstliche Trank in den origi-
nellen, weltberühmten Boxbeuteln verabie'cht wird.
Trefflich, Bürger- Hospital,
Kannst du Kranke trösten,
Denn in diesem Jammerthal
Zählt ich stets des Durstes Qual
Zu der Qualen grössten I (f. Daim.)
Der Verschleiss der Weine dehnt sich auf ganz Deutschland,
die Schweiz, England und Amerika aus: selbst auch nach Austra-
lien fanden schon Sendungen statt. Nach einer Urkunde, welche
im Jahre 1726 in den Knopf des neuhergestellten Thurmes der
Spitalkirche eingeschlossen wurde, ist der Aufschwung des Wein-
handels auf das Jahr 1718 zurück zu führen. Betrügerische
Wirthe aus Stadt und Land brachten leichte und schlechte Waare
unter der Marke der edelsten Weine Frankens, insbesondere der
Steinweine, auf den Markt und schädigten dadurch den Absatz
in der empfindlichsten Weise. Um das treffliche, heimische Ge-
wächs wieder zu Ehren zu bringen, Hess der hochlöbliche und
preiswerthe Stadtrath die in der Kellerei des Bürgerspitals lagern-
den Steinweine aus dem Jahrgange 1718 in Flaschen von je
I Mass Inhalt fassen und diese Flaschen zum Zeichen der Aecht-
heit mit dem Stadtsiegel verschliessen. Und die Wahrheit, der
.reine, unverfälschte Wein, siegte rasch und glänzend. Der Preis
für das Fuder stieg auf 500 Thaler und hielt sich Jahre hindurch
im Wesentlichen auf der gleichen Höhe. Frankens Ruhm als
Weinland war gerettet und an den Tafeln fremder Fürsten kam
neben spanischen und italienischen Weinen fränkischer Rebensaft
zu wohlverdienten Ehren. Gern, von Herzen gerne, wollen wir
darum den frommen Wunsch erfüllen, mit dem die Urkunde im
Thurmknopfe des Spitales schliesst: „Ihr Nachkommen aber, die
ihr hoffentlich in recht femer Zeit diese Botschaft leset, wünschet
unseren Seelen und unseren Gebeinen die ewige Ruhe".
Mit der Erbauung der Marienkapelle und der Stiftung des
Bürgerspitals hatte sich der Wohlthätigkeitssinn der Bürger-
schaft und der Geistlichkeit keineswegs erschöpft. Würzburg
ist an Stiftungen der Nächstenliebe und der Frömmigkeit so
reich wie wenige Städte im deutschen Reiche. Viele dieser Stift-
ungen, wie das Siechenhaus im Sand, das jetzt Ehehalten-
haus heisst, das Franzosenhaus (zur Pflege geschlechtlich
Kranker), die Armenseelhäuser zum Gabriel oder Gabler, zur
Himmelskrone, zur hohen Zinne etc. besassen ihre eigenen
Gebäude. Jetzt sind sie meist mit dem Bürgerspitale vereinigt.
- 133 -
Besondere Erwähnung verdient das Hospital zum hl. Joseph,
welches der hiesige Kaufmann und Stadtrath Adam Joseph Hueber
im Jahre 1794 zur Verpflegung armer, dienstunfähiger Mägde
ledigen Standes, welche eine mindestens zwanzigjährige Dienst-
zeit bei Würzburger Bürgersleuten nachweisen können, gestiftet
hat. Der gegenwärtige Vermögensstand beträgt etwa 1,065,000
Mark I Das Anstaltsgebäude liegt in der Kapuzinergasse. Ueber
dem Portale befindet sich ein von der Künstlerhand des trefilichen
Bildhauers Nickels aus Stein gefertigtes Bildwerk mit Figuren in
Lebensgrösse, den ehrwürdigen Hueber darstellend, welcher, die
Stiftungsurkunde in der Hand, einigen Dienstmägden in alt-
fränkischer Tracht die Aufnahme in seine neue Schöpfung kund-
giebt. —
Weniger reich ist die ältere Zeit an Stiftungen und Einrich-
tungen fiir den Unterricht der Jugend *). Die seit Jahrhunderten
bei den geistlichen Stiften bestehenden Scholasterien wurden ganz
von dem betreffenden Stift unterhalten. Anfangs hatten sie den
Charakter von gelehrten Schulen, sanken aber späte i, als unter
Bischof Heinrich von Wirsberg eine höhere Lehranstalt, „Partikular-
schule**, gegründet worden war, zu sogenannten Trivialschulen
herab. Im 16. Jahrhundert finden wir neben den vier Stiftsschulen
noch eine lateinische Schule zu St. Peter und 5 deutsche Schulen.
Letztere waren aber Privatschulen (Winkelschulen), deren Lehrer
nicht von der Stadt besoldet wurden, sondern sich nur auf das Er-
trägnis des Schulgeldes angewiesen sahen. Die ältesten städtischen
Schulen wurden 1650 und 1663 in dem der Gemeinde gehörigen
Sanderviertelhofe errichtet. — Eine wesentliche Umgestaltung und
grundlegende Förderung fand das hiesige Volksschulwesen
infolge des Schuldotationsgesetzes vom 10. November 1861. Zu
einem Schulhausneubau aber konnte man sich erst im Jahre 1881
entschliessen; bis dahin versuchte man es mit Adaptierungen
grösserer Gebäude. Seit 1881 sind vier neue, zweckmässig ein-
gerichtete und schöne Schulhäuser (bei St. Burkard, am Durch-
bruche der Münzgasse, bei Stifthaug und im Grombühl) entstanden.
Ein fünfter grossartiger Bau, das Cent ralschul haus, geht eben
jetzt seiner Vollendung entgegen. Es erhebt sich an der Stelle des
alten Domhermhofes Stemberg am Ecke der Ebracher- und Domer-
pfaffengasse und wurde 1897— 1899 nach dem Entwürfe und unter
Leitung des Stadtbauraths P. Bernatz erbaut. Die Strassenfagaden
sind im Spätrenaissancestil ganz von weissem Sandstein, der Sockel
von Muschelkalk und die Rückfagaden in gelben Verblendziegeln
ausgeftlhrt. Die Schulsäle sind in Hufeisenform um einen gegen die
') VgL die Festschrift für die XII. Hauptversammlung des Bayer. Volksschullehrer-
Vereins 1893. S. 83 ff.
— 134 -
DomerpfafFengasse offenen Spielhof- von 42 m Länge und 27 m
Breite gruppirt, um ihnen möglichst viel Licht und Luft, sowie
ruhigere Lage gegen den Strassenlärm zu verschaffen. Das Schul-
haus enthält 29 Lehrsäle, einen Saal von 100 qm nebst Küche für
einen Mädchenhort, Turnhalle, Conferenz- und Bibliothekzimmer, so-
wie Brausebäder und entspricht allen Anforderungen der Jetztzeit.
— Neben den Gemeindeschulen wirken ausserordentlich segensreich
die von dem polytechnischen Centralverein unterhaltenen
gewerblichen und Fortbildungsschulen, welche in dem Gebäude
der Maxschule untergebracht sind. Derselbe Bau beherbergt die
Kreis-Realschule und das staatliche Real-Gymnasium.
Ausserdem bestehen hier noch zwei humanistische Gymna-
sien, das alte in den Räumen des ehemaligen Augustinerklosters,
das neue in einem an der Rennweger Ringstrasse 1886 erbauten
staatlichen Hause.
Ausserhalb der Stadt, in der Feldlage Frauenland, welche
ihren Namen sehr wahrscheinlich von den dort ehedem stark
begüterten Frauenklöstern St. Afra, Himmelspforten, St. Agnes
und anderen erhalten hat, sind in den Jahren 1897 und 1898 die
Neubauten fiir das Schullehrer-Seminar und für die land-
wirthschaftliche Fortbildungsschule entstanden.
Das Schulseminar in Würzburg — das älteste im Bestände
des jetzigen Königreichs Bayern — wurde 1777 von dem hoch-
sinnigen Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim gegründet.
Dreiundsiebzig Jahre lang befand sich die Anstalt, wie schon er-
wähnt, gemeinsam mit dem kgl. alten Gymnasium in dem ehe-
maligen Augustinerkloster, bis die ungenügenden imd ungesunden
Raumverhältnisse sowie die theil weise Zerstörung des Seminars
durch Brand (10. Januar 1893) einen Neubau nothwendig machten.
Derselbe entspricht wohl hinsichtlich der Ausnütz ung der inneren
Räume und der Einrichtung der Säle seinen Zwecken, die ästhe-
tische Wirkung aber nach aussen hin wird stark beeinträchtigt
einmal durch die zu niedrige Lage des Baues, dann durch das
Fehlen des sonst üblichen Frieses unter dem Dache, wodurch das
Ganze ein sehr „gedrücktes Aussehen" erhält.
Der einzige Nachbar des neuen Schullehrer-Seminars ist bis
jetzt eine gleichfalls Unterrichtszwecken dienende Anstalt, die
landwirthschaftliche Fortbildungsschule. Dieses Institut musste
sich bisher mit gemietheten Lokalitäten behelfen, bis aus Anlass
der Feier des 25 jährigen Präsidenten -Jubiläums des jetzigen
Regierungs-Präsidenten Dr. Graf von Luxburg der Landrath die
Geldmittel und die Stadtgemeinde unentgeltlich den Bauplatz fiir
einen Neubau zur Verfügung stellte. Letzterer wurde, nach den
Plänen des Architekten Ostberg, Ende August 1898 fertig
gestellt.
Wie auf dem Gebiete des Scliuiwesens gehen auch da, wo
es gilt, Handel und Verkehr zu tördern, Gemeinde und
Staat einträchtig Hand in Hand. Die Lage am Flusse, an der
AusmOndung mehrerer Thäler und an frequenten StrassenzOgen
riet seit den ältesten Jahrhunderten ein reges Verkehrsleben
hier wach, das freilich die neuere Zeit mit ihren weltum-
wandelnden Fortschritten nicht mehr zu würdigen weiss. Wie
klein, ja überflüssig erscheinen uns heute z. B. die Bauten, die
unseren Altvorderen zur Förderung des „Commerciums" hier er-
richteten; die längst verschwundene Stadtwage, der alte
Krahnen mit dem Niederlaghaus, das S c hr annengebäude
etc. Wie imponirend steht den engen Bureaus der deutschen
Alter Bahnhof.
II Privathäusern sich befanden,
der alte Bahnhof oder die Lndwigsballe
gegenüberl Und doch genOgte auch dieser Bau, in den Jahren
1853 bis 1856 auf der Stätte der ehemaligen Karthause Engel-
garten von G. Neureuther meisterhaft in italienischem Stile
au^efOhrt, kaum zehn Jahre seiner Bestimmung. Im Jahre
i86B schon ging er in die Hände der Stadtgemeinde über und
ist noch heute deren Eigenthum. Die Lokalitäten werden theils
zu Schulzwecken verwendet, theils sind sie dem Bürgerverein
und Volksbildungsverein überlassen. Die Einsteighalle dient
bei grossen Festlichkeiten als Festhalle. — Sehr bald genügte
der neue Bahnhof,
welcher in den Jahren 1863— 1869 mit einem Kostenaufwande von
2164172 Gulden errichtet wurde, dem nesengross sich ausdehnen-
den Verkehre nicht mehr und Millionen mussten neuerdings auf-
gewendet werden, um denselben den Bedürfnissen der Gegen'
wart entsprechend umzubauen und zu erweitern. Fast ebenso
rasch hat sich auch der für den Schiff- und Flossverkehr bestimmte
Staatshafen als zu klein erwiesen und die Erbauung eines
gesonderten Hafens für den Holzhandel wird nach Legui^ der
Mainkette sich nicht mehr hinausschieben lassen.
Zu den ältesten Verkehrsmitteln zähU neben Schiff und
Floss die Brücke. Zwölf Jahrhunderte hindurch vermittelte eine
einzige,
die alte Brücke,
die Verbindung zwischen dem östlichen und westlichen Ufer. Von
dem Baumeister Enzelin zu Beginn des 12. Jahrhunderts errichtet,
wurde das — nach dem Urtheil der Zeitgenossen — überaus
— 137 —
schön und festgefügte Bauwerk am ai, August 1342 beinahe gänz-
lich zerstört, als in Folge eines Wolkenbruches der Main zu einer
Höhe anschwoll, wie sie die Bewohner Würzbui^s noch nicht
-gesehen hatten. Man versuchte zwar alsbald, die Brücke wieder
herzustellen, aber wegen Geldmangels konnte erst im Jahre 1474
der Neubau begonnen, erst im Jahre 1607 die gänzliche Wölbung
mit Steinen vollendet werden. Die zwölf Heiligenstatuen, welche
die alte Brücke zieren, wurden unter den Fürstbischöfen Christoph
Franz von Hütten (1724—29) und Friedrich Karl von Schönbom
(1729-46) gefertigt
Die alte Mainb
Wahrend fast drei Jahrhunderle vergingen, bis Staat, Ge-
meinde und christliche Mildthätigkeit zusammen die alte Brücke
zu Stande brachten, hat innerhalb zehn Jahren die Gemeinde
ganz allein zwei neue, wahrhaft monumentale Brücken geschaffen.
Die ältere derselben führt nach Seiner Königliehen Hoheit dem
Prinzregenten, dessen besonderer Huld unsere Stadt, seine Ge-
burtsstadt, sich erfreut, den Namen
Lnitpoldbrücke'
Sie verbindet die beiden Mainufer am nördlichen Ende der
Stadt, bildet ein Glied des Ringstrassenpolygons um Würzburg
- 138 -
und brachte die längst gewünschte Entlastung der alten Brücke,
deren geringe Breite und steile Zufahrten dem seit der Entfestig-
ung der Stadt gewaltig gesteigerten Verkehre nicht mehr ge
nügten. Nachdem mehrere Projekte, welche einen eisernen Ober-
bau vorsahen, glücklicher Weise zu Fall gebracht worden, arbeitete
unter Züm's Nachfolger, Hofrath Dr. Steidle, der Stadtbaurath
Joseph Scherpf im Jahre 1885 einen weiteren , den spater der
Herstellung der Brücke zu Grunde gefegten Plan aus, wobei die
Gewölbe nicht aus grossen Steinquadern, sondern aus kleinen
Bruchsteinen in PortTandcementmörlel gebildet werden sollten
Diese Bauart, welche damals noch wenig bekannt war, und daher
vielfach angefeindet wurde, hat sich vortrefflich bewährt und
sichert der Brücke den Charakter eines monumentalen, zum ganzen
Städtebilde passenden Baues, den eine Eisenkonstruktion niemals
zu erreichen vermag. Ausgeführt wurde das Werk in den
Jahren 1886 und 1887 von den hiesigen Baufirmen Friedrich
Buchner und J. E. Weber, welche unter den aus verschiedenen
deutschen Gauen eingelaufenen Submissionen das billigste Angebot
zu 501383 Mk. 73 Pfg. gelegt hatten. Das Steinmaterial wurde
der Hauptsache nach aus den Steinbrüchen oberhalb Sommer-
hausen genommen.
Wenige Jahre später, am 25, August 1895, ward die Taute
und Einweihung der dritten Brücke, welche den Main am süd-
lichen Ende der Stadt überspannt , in feierlicher Weise voU
zogen. Zu Ehren des ältesten Sohnes des Prinzregenten Luitpold
Ludwig sbrflcke
genannt. Sie verdankt ihre Gestalt einer im Februar 1891 ver-
anstalteten Preiskonkurrenz, aus welcher der Oberingenieur der
Firma Holzmann in Frankfurt a. M., Lauter, als Sieger hervor-
ging. Unter Beibehaltung der Architektur des preisgekrönten
Entwurfes wurde dann durch die Stadtbauinspektion ein neues
Projekt ausgearbeitet, das im Juli 1892 die Genehmigung seitens
der städtischen Kollegien fand. Die Herstellung der Brücke
sowohl als der Auflahrtsrampen wurde der einheimischen Firma
Buchner zugeschlagen, welche die Arbeiten unter Leitung
der Stadtbauräthe Bernatz und Heinlein, so rasch förderte,
dass schon am 1. Dezember 1894 der neue Verkehrsweg der
Benützung geöffnet werden konnte. Die BrUcke, deren Gesammt-
kosten sich auf rund 860000 Mark belaufen, zählt mit ihrer für
Steinmaterial ungewöhnlich grossen Spannweite von 36 Metern
zu den weitgespanntesten Brücken Deutschlands. Seine Bekrön-
ung erhielt das imposante Werk mit der Aufstellung von vier
Löwenfiguren, welche in der Erzgiesserei F. von Millers in
München gegossen wurden. Von der hochgewölbten Brücke aus
zeigt sich dem Auge ein reizendes Stadt- und Landschaftsbild,
wie es wohl selten in solcher Schönheit sich finden wird.
Die zivei neilen Brücken bilden im Wesentlichen den Ab-
schlu BS jener grossartigen Bauthätigkeit, welche Gemeinde
und Bürgerschaft in dem letzten Vierteljahrhunderte entfaltet
haben. Die gewaltigen Entfestigungsarbeiten, die seit dem
- 140 -
Unglücksjahre 1866, das für Würzburg in mancher Beziehung
zum Segensjahre geworden ist, von der Stadtvertretung durch-
geführt worden sind, bereiteten den Boden, auf dem sich rasch
und gesund die moderne Stadt entwickelt hat Von aussen her
drang dann die neue Zeit erobernd in das Innere vor und er-
zwang dem Verkehre breitere Bahnen. Zahlreidie Strassen-
durchbrüche entstanden und frische Luft und stai^es Licht
strömten durch ae in die Enge der mittelalterlichen Stadt
belebend ein. Es kann hier auf das Nähere nicht eingegangen
werden und es muss genügen, an den Abbruch der wie für die
Ewigkeit erbauten Festungsmauem und Thore, die Ausfüllung
der breiten und tiefen Gräben, die Erweiterung der Augustiner-,
Eichhorn- und Sandstrasse, die Niederlegung des alten Landge-
richtsgebäudes zu erinnern.
Dem Niederreissen, das die Stadtgemeinde nach einem
gross angelegten Plane durchführte, folgte in gleich raschem
Schritte das Aufbauen. In keiner Periode der Stadtgeschichte
entwickelte sich in der Bürgerschaft ein solch reges bauliches
Schaffen, wie seit dem Jahre 1868. Es sei hier wiederholt betont,
dass in dem engen Zeitraum von 1867 bis 1890 nicht weniger als
1204 Wohnhäuser, also fast ein Drittel der g^enwärtigen Stadt,
neu gebaut worden sind. Dem Bedürfnisse nach schönen und
gesunden Wohnungen ist dadurch im weitesten Umfange Rech-
nung getragen.
Wie eng und ärmlich wohnte ehedem die bürger-
liche Bevölkerung! Selten nur stossen wir bei einem Gange
durch die Stadt auf alte schöne Höfe im bürgerlichen Be-
sitze. Einer deri:elben, der
Sandhof,
der, wie so manch andere Denkmäler der Vergangenheit, von
den Wogen der Neuzeit unrettbar bedroht erschien, ist in letzter
Stunde noch durch den Kunstsinn und die Opferwilligkeit seines
Eigenthümers, des Weingutsbesitzers Ernst Schierlinger, wenigstens
in seinem interessantesten Theile gerettet worden. Der Hof, der im
Jahre 1277 erstmals in einer Urkunde-genannt wird, war die Wiege
eines der bedeutendsten und angesehensten Patriziergeschlechter
des mittelalterlichen Würzburg, der Familie vom Sandhofe. Nach
ihrem Aussterben zu Ende des 14. Jahrhunderts wanderte ihr
Stammhaus über anderthalb Jahrhunderte von einer Hand zur
andern. Zur Ruhe, d. h. in feste, wie in die rechte Hand kam der
Hof erst wieder in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Und wie-
der, wie in den ersten Zeiten seines Bestehens sass in dem Hofe
fast zwei Säkula lang ein durch und durch tüchtiges, hochver-
- 141 -
mögendes und hoch angesehenes Geschlecht, die aus Ochsenfurt
stammende Familie Ganzhorn, welche in drei Jahrhunderten
unserer Stadtgemeinde wie dem hochstifti sehen Staate, der Kirche
wie der gelehrten Welt, eine Reihe ausgezeichneter Männer ge-
schenkt hat. Einer derselben, der Dr. jur. utr. Johann Wilhelm
Ganzhom, wel.
eher in der Ju
gend viele Rei-
sen, insbeson-
dere auch in Ita-
lien gemacht
hatte und später
als reicher Pri'
vatier seinen ge-
lehrten u. künst-
lerischen Neig-
ungen lebte, liess
in den neunziger
Jahren des i6.
Jahrhimderis
den alten Hof in
jener herrlichen
Gestalt umbau-
en '), in welcher
er eine Zierden,
Sehenswürdig-
keit Wilrzburgs
und eines der
bedeutsamsten
Denkmäler aus
dem schönheits-
trunkenen Zeit-
alter d.Renais-
s a n c e gewor-
den ist. Denn
sere Stadt auf Innenpanie des Sandhofs.
dem Titelblatte
dieses Büchleins „die Stadt des Roeoco' genannt wird, da gerade
diese Stilform hier in ganz besonders reicher und reizvoller Ausbild-
ung sich zeigt, so haben doch auch die früheren Zeiträume und
nicht zuletzt die Renaissance auf dem Gebiete der Kunst bedeutende
Spuren zurückgelassen. Es sei nur erinnert an die schon er-
') H^ner in „Alifcinkiichi Bildet", J.hrg.ng 1895.
— 1*J —
wähnten Arbeiten Tilmann Kiemenschneiders im Dom und ander-
wärts, an den rothen Rathhausbau, die alte Universität mit der
Neubaukirche, einzelne Theile des Sclilosses auf dem Marienberge,
das Haus „zum schönen Eck" im Kilrschnerhof und den Witteis-
bacher Hof.
So sehr es vom antiquarischen Standpunkte aus zu beklagen ist.
dass der vordere Theil des Sandhofes den Forderungen der Neuzeit
und der gänzlichen Umgestaltung der Sandstrasse zum Opfer fallen
mussle,soerireulich
und anerkennens-
werth ist es, dass
vor allem einmal die
rückwärtige Partie.
insbesondere der
sti m m ungs volle a Ite
„HoPmitdemErker
erhalten und dass
weiterhindieNeuge-
staltung mitPietätu.
Geschmack durch-
geführt wurde.
Ganz anders ab
die reichen Gross-
kaufleute undPatri-
zier wohnten die
kleinen Handels- u.
Gewerbtreiben den.
Sie erbauten sich
überihrenschmaleti
Kaufläden U.Werk-
stätten, von denen
sie einem Stifte oder
■ Kloster Grundzins
hohe Häuschen in
Zimmerbreite und
Ansiclii des Bachmann' sehen Hauses, Neubausir. rückten um etwas
mehr Raum zu ge-
winnen, die oberen Stockwerke über die unteren heraus. So
erwuchsen die wunderlichen und winkeligen Häuser am Kürschner-
hofe, in der Domslrasse und anderwärts, die trotz oder viel-
mehr wegen ihrer Unregelmässigkeit und mit ihren eigenartigen
Giebeln und roüien Ziegeldächern ein malerisches Bild AltwOrz-
burgs sind. Da und dort trat an die Stelle des Steinbaues der
architektonisch hochinteressante Holzbau mit reicher Skulptur
Verzierung. Erhalten sind nur zwei Gebäude dieser Art, das eine
auf der Neubaustrasse, das andere im Hofe desEliemann'-
sehen Hauses an der Augusiinerstrasse. Die an dem Thore des
letzteren Gebäudes gegen die Wohlfahrtsgasse befindliche Jahres-
zahl 1547 dürfte wohl die Entstehungszeit des Werkes bezeichnen;
die Balda-
chine über
den schön
ausgellthrten
Heiligenfigu-
ren (Maria
mit dem Kin-
de, beide hL
Johannes,
Ursula und
Barbara) ha-
ben noch
spätgothi-
schen Cha-
Einer spa-
teren Zeit,
Anfange des
17. Jahrhun-
derts, gehört
das Bach-
strasse an.
Unter einem
Relief, einen
Knaben dar-
stellend, der
Händen die P»rli« »"s dem Hofe des Ehemann'scheo Hause».
delphinarti-
gen Estreme festhält, in welche sein Unterkörper ausgeht, steht
die Inschrift;
O Meeres Wunder in der Stadt:
Hin Zimmermann dies Haus erbauet hat.
J. Hagel') stellt diesen Renaissancebau, der in architektonischer
<) Lelpiigu Illmirine Zciiung 1BS4, S. 66i.
— 144 —
und omamentaler Beziehung zu den hervorragendsten Profanbauten
Würzburgs gezählt werden könne, den schönsten Holzbauten,
wie sie am Rhein und an der Mosel vorkommen, an die Seite.
Eine Zeit reicher BlQthe begann für die profane Baukunst
mit der Regierung Johann Gottfrieds von Guttenberg (1684—1698).
Er, und mit noch grösserer Energie seine Nachfolger, inbesondere
Ansich: des Hauses lum l<'alken (vom Marktplätze aas).
die pracht- und kunstliebenden Fürsten aus dem Hause Schönbom,
setzten alle Mittel in Bewegung, um ihrer Haupt- und Residenz-
stadt eine schöne Gestalt zu geben. Die veraltete Bauordnung
wurde einer gründlichen Reform unterzogen, eine Baukommission
unter J. B. Neumanns Leitung (tberwachte den Vollzug der neuen
Vorschritten, durch Geldprämien und Ertlieilung der Steuerfreiheit
för zehn und mehr Jahre wurden die Bürger zur AufRihrung
stattlicher Häuser veranlasst. Das Beispiel, das zuerst der Hof,
durch die Erbauung der Residenz, der SchönbomkapcUe u. S. w.,
dann der oder jener reichbegüterte Handelsmann gab, zog die Zau-
dernden fort und bald entwickelte sich, von dem wachsenden Wohl-
stände begünstigt, ein wahrer Wetteifer in der immer schöneren
Ausgestaitung der Bürgerhäuser. Die Bauten an der Theaterstrasse,
welche Ober dem ausgeftlliten inneren Stadtgraben entstanden ist,
- 145 -
am Marktplatze, in der Neubaugasse und anderwärts sind
sprechende Zeugen aus jener Zeit fröhlichen Gedeihens. Manche
dieser Häuser sind wahre Perlen des Barock- und Rococostils.
Als ein Meisterstück in der omamentalen Ausstattung der Facade
rühmt C. Gl I rillt das
Hans zum Falken,
.eines jener nur in Deutschland möglichen Prunkstücke flotter
Dekoration, wie sie der
Ueberdrang der Formenlust
sich selbst und dem unbe-
fangenen Betrachter zu-
Freude in geistvoller Ausge-
lassenheit schuf." Dieser Hof
war seit 1338 die Wohnung
des jeweiligen Dompfarrers
und führte bis zum Jahre
i6ia, da er in das Gasthaus
zum Falken umgewandelt
ward, den Namen „zurBurg-
ptarre". Seine jetzige Ge-
stalt verdankt derselbe dem
FranzThomas Meisner, einem
„fiirnehmen Handelsmann",
der am 29. Dezember 1735
dem Oberraihe anzeigte,
da SS er das von ihm er-
kaufte Brentzer'sche Haus
„zur Zier der Stadt' nach
und nach erbauen wolle '). Im
„Falken" befand sich ehe-
dem der einzige Concert-
und Ballsaal Würzburgs. —
Sehr häufig sind die Portale
und Facaden mit Heiligen-
figuren geziert, insbesondere
mit dem Bilde der Patronin Theaietstrasse,
des Frankenlandes, vor dem an Frauentagen und Samstagen
nachts farbige Larapen brennen. Ein alter Spruch sagt ja;
Zu Würzburg fast an jedem Haus
Sieht ein Marienbild heraus. —
Die Blßthezeit der profanen Baukunst im vorigen Jahrhundert en-
digte mit dem Regierungsantritte Fran;^ Ludwigs von Erthal. Unter
demEinflusse dieses der heiteren Kunst abholden Fürsten macht sich
>) Biumtisiir x>r mcbi B. Ncununn, lond«» wihrscbeialicll tin« der am ResJdtlK
- 146 -
eine nüchterne und kalte Richtung geltend, für die das Eine bezeich-
nend ist, dass alle Neubauten genau nach einem einzigen, von
der Baukommission entworfenen Modelle ausgeftlhrt und gleich-
massig hell angestrichen werden sollten!
Dieser „Polizeistil" hatte offensichtlich ein recht zähes Leben,
und an manchen Häuserreihen, die vor ein paar Jahrzehn-
ten im Aussen-
bezirke unserer
Stadt entstanden
and, könnte Franz
Ludwig seine heile
Freude haben. In
der Mehrzahl je-
doch bekunden die
seit 1868 nach Hun-
derten zählenden
Neubauten am
Ringe, in der Lud-
wigs-, Kaiser- und
SchOnbomstrasse
etc., insbesondere
einige prächtige Vil-
len an der Pleicher-
glacisstrasse, den
Kunst- und Schön-
heitssinn ihrer
EigenthQmer oder
Erbauer. Das bau-
liche Büd unserer
Stadt hat seit dem
90jährigen Kriege,
da der Festungs-
gOrtel um sie ge-
zogen wurde, keine
so bedeutende
Die Domslrasse. Änderung mehr
erfahren, wie m
dem letzten Viertel-
jahrhundert. Es giebt sich da eine so frischquellende und starke
Kraft des Bai^erthums kund, dass die weitere gedeihliche Ent-
wickelung unserer schönen, fröhlichen und gesunden Stadt
ausser allem Zweifel steht.
Die Pflege der Gesundheitspolizei ist ja auch in den
vergangenen Jahrhunderten niemals ganz vernachlässigt worden,
aber sie lag immer etwas im Argen. Viele Strassen waren gar
nicht oder schlecht gepflastert und den Begriff der Slrassenrein-
liehkeit kannte man kaum dem Namen nach. Noch im vorigen
Jahrhundert hatte die Polizei fort und fort, „gegen das Umher-
HSuserschmiick a
lauten der Gänse, Hflhner, Schweine und dergleichen in den
Strassen" za kämpfen. Da alle Verbote nichts nützten, griff der
Oberrath 1770 zu einem sehr drastischen Mittel. Es wurde , alles
- 148 -
solches Viehe hiermit iedermann solcher Gestalten preisgegeben,
dass jeder dergleichen herumlaufende Stücke auffangen und be-
halten kann und der EigenthOmer noch um 5 fl. gestraft wird."
Heute werden auf Pflasterung und Reinhaltung der
Strassen grosse Summen verwendet. Geradezu epochemachende
Verbesserungen sind auf dem Gebiete der Entwässerung und
Kanalisation, von der nur geringe Anfänge vorhanden waren,
in neuesler Zeit in Angriff genommen worden. Durch den Bau-
- 149 -
rath H. W. Lindley in Frankfurt a. M. liess die Stadtgemeinde
ein einheitliches, das ganze Stadtgebiet gleichmassig umfassendes
und der fernsten Zukunft Rechnung tragendes Entwässerungs-
projelct ausarbeiten. Der erste Schritt zur Durchführung dieses
grossartigen Planes geschah im Jahre 1899 mit dem Beginne der
Herstellung des rechtsmainischen Sammelkanals, der gleichzeitig
der Reinigung des Maines, dem Hochwasserschutz , der Absenk-
ung des Grundwassers und Reinigung des Bodens dienen soll,
der aber namentlich auch die schnellste Abfuhr der übelriechen-
den Schmutzwasser und SchmutzstofTe bewirken muss.
Die Erbauung eines Schlachthauses muss gleichfalls unter
den hygienischen Massregeln genannt werden. Besondere Auf-
merksamkeit wendete ferner die Stadigemeinde der Wasser-
versorgung zu. Bis ins 18. Jahrhundert wurde das Wasser
mittels Eimern, die an Ketten hingen, aus dem Brunnenschacht
gehoben. Die erstmalige Anlage öHenthcher „springender' Brunnen
hat Würzburg der Initiative des Fürstbischofs Friedrich Karl von
Schönborn (1729—46) und seines genialen Architekten Balthasar
Neu mann zu danken. Neben den öffentlichen Brunnen aber
standen vor Einführung der allgemeinen städtischen Wasserleit-
- 150 -
ung eine grosse Zahl Privatbrunnen in Benützung; jeder Hof und
fast jedes Haus hatte seinen Brunnen. Fast alle diese innerhalb
der Wohnplätze gegrabenen Pumpwässer enthielten Verunreinig-
ungen. Heute wird durch zwei grossartig angelegte Wasserleit-
ungen das Trinkwasser theils aus den alten Quellengebieten bei
dem Bahnhofe, theils aus neu
erschlossenen Quellen im Dorfe
Zell am Main nicht nur in alle
Häuser, sondern auch in alle
Stockwerke der Häuser ge-
trieben. Die Zeller Wasserleit-
ung, deren Gesammtkosten nicht
weit unter einer Million zurück-
bleiben, ist auf Anregung des
Gemeindebevollmächtigten Dr.
Unger nach den Plänen des
städtischen Gas- und Wasser-
werksdirektors L a m b 1898 bis
19c» ausgeführt worden.
Unter den alten Brunnen
zeichnen sich gar manche durch
■ originellen Figurenschmuck aus.
Der grösste derselben ist der
Vierröhren brennen gegen-
über dem Grafen- Eck ard-Thurm,
1733 errichtet. Auf pyramidalem
Kegel erhebt sich die Schutz-
göttin Frankonia. Zu den ge-
lungensten dieser Werke gehört
der hier wiedergegebene
Brunnen am Fisch markte,
von Michael Daniel Köhler (t
1778) herrührend.
In den letzten zwei Jahren
Brunnen am Fischmarkte. j^^ unsere Stadt mit zwei neuen
herrlichen Brunnen geschmückt
worden. Von dem einen derselben, dem Frankoniabrunnen
vor der Residenz, war schon oben die Rede. Um der Stadt filr
dieses Geburtstagsgeschenk und den ihm hier bereiteten, herzlichen
Empfang zu danken, Hess der Frinzregent Luitpold von Bayern
auf dem Bahnhofplatze
den Kiliansbrunnen
- 151 —
Unser Würzbiirg ist im vollsten Sinne des Wortes die Stadt
des hl. Kilian. Als um das Jahr 750 die Leichname des
Frankenapostels und seiner ^Gesellen" an der Stätte, wo heute
die Neuratlnsterkirche emporragt , aufgefunden und .erhoben"
wurden, lagen diesseits des Mains nur wenige zerstreute Bauern-
höfe, ein Dorf höchstens, nicht eine Stadt. Ihre Geburtsstunde
schlug, als Bischof Burkard über der Kiliansgruft den ersten Dom
errichtete. Der Sage, dass die Würzburger Kinder aus dem
Brünnlein, das am Grabe Kilians fliesst, gezogen werden, liegt
eine tiefe historische Bedeutung zu Grunde. Das Grab des Hei-
- 152 -
ligen ward zum Brunnen, aus dem die ganze, zwölfhundertjährige
Entwickelung, alles materielle und geistige Gedeihen Würzburgs
entsprungen ist. So war es ein sehr sinniger und glücklicher
Gedanke Sr. Kgl. Hoheit des Prinzregenten, seiner Vaterstadt
ein Bild des geistigen Vaters und Gründers derselben, des hl.
Kilian, als Bekrönung eines „lebendigen Wasserbrunnens" zu
widmen.
Der Brunnen erhebt sich inmitten des herrlichen Bahnhofplatzes
zu einer imposanten Höhe und wirkt durch die Grösse der Anlage,
die Schönheit und Mannigfaltigkeit des verwendeten Materials, die
harmonische Gliederung des Aufbaues und die geniale Durchbildung
im Einzelnen als vollendetes Kunstwerk. Den Entwurf desselben
fertigte und die Ausführung der sämmtlichen Arbeiten leitete
Stadtbaurath Bern atz. Die Statue des hl. Kilian und der Relief-
schmuck des Brunnens ist; von dem Bildhauer Balthasar Schmitt,
einem geborenen Unterfranken, modellirt. Die Statue, aus derk Erz-
giesserei in München hervorgegangen, darf als Meisterwerk des Erz-
gusses angesehen werden. An der gegen die Stadt gewendeten
Fläche des Sockels, welcher die untere Brunnenschale trägt, stehen
in Bronzelettern die Worte, die Se. Kgl Hoheit im Jahre 1894 i^
das „Goldene Buch" der Stadt und in Wahrheit jedem Würzburger
ins Herz und aus dem Herzen geschrieben hat : „In Treue fest ist
mein Wahlspruch, fest baue ich auf die Liebe und Treue meiner
Franken". Die Nordseite zeigt die Widmung: „Meiner lieben
Geburtsstadt Würzbur^ zur Erinnerung an die tmvergesslichen
Tage im Jahre 1894".
Ausser diesen Brunnen, die der Stadt zu einer wahren Zierde
und zur dauernden Ehre gereichen, sind hier im Verhältniss zu der
Zahl ausgezeichneter Männer, welche in und für Würzburg gelebt
und gewirkt, nur wenige öffentliche Denkmäler zu finden. Es
seien genannt: das Standbild des Fürstbischofs Julius
Echter von Mespelbrunn, von König Ludwig I. errichtet, das
Denkmal des um Würzburgs Entwickelung ausserordentlich ver-
dienten Bürgermeisters Zürn, f 1884, und die Erzbüste des Natur-
forschers von Siebold, eines Würzburgers, der die japanische
Flora in Deutschland einbürgerte. Zu Füssen seines Standbildes
wie in den unmittelbaren anstossenden Glacisanlagen, einer
unschätzbaren Perle Würzburgs, grünen und duften die Kinder
der fernen Zone, kunstvoll mit den heimischen Bäumen imd
Sträuchem zu reizenden landschaftlichen Bildern vereinigt.*)
Wer unsere Stadt in ihrer vollen Schönheit und ihrem
poetischen Zauber kennen lernen will, wandere am frühen Morgen
durch diese Anlagen und dann hinüber über die alte oder die
obere neue Brücke und hinauf den Nikolaus- oder Glessberg.
Ein schöner Terassenbau mit kunstvollen Kreuzwegbildern, über-
wölbt von gewaltigen Bäumen, führt zu der prächtigen Wall-
1) Dem bchöpfcr der neuen Glacisanlagen, Stadtgärtner Linda hl (1886/87), wurde
1901 ein einfachwürdiges Denkmal in den Anlagen errichtet.
fahrtskirche, das Käppele genannt, in der Kapuzinermönche den
Gottesdienst versehen. Ueber einem wunderthätigenMarienbilde hat
sich'dieses Gotteshaus erhoben. Im Jahre 1640 hafte eines Fischers
Sohn einkunstlos geschnitztes Vesperbild, dasdie Jungfrau Maria mit
dem Leichnam ihres gekreuzigten Sohnes im Schosse darstellte, aui
— 154 —
halber Höhe des Glessberges aufgerichtet. Die Feldhüter, Wein-
bergsleute, sowie die Metzgerjunger, die dort oben die Schafe we>
deten, sprachen vor dem Bilde ihr Gebet und sehmäckten es mit
Feldblumen und den ersten Trauben. Um 1650 fing „die neue
Wallfahrt" an und reiche Opfer an Geld und Wachs begannen
zu fliessen. Eines Hackers Frau, die 14 Tage lang ganz taub ge-
wesen und grosse Sehmerzen gehabt,' verlobte ein wächsernes
Köpflein und liess mit drei anderen Weibern ein hölzernes Häus-
lein für dasBildniss machen. In den Jahren 16S5 bis 1688 zeigtfn
sich auf dem Giessberge sieben wunderbare Erscheinungen. Die
klebe Kapelle, die inzwischen gebaut worden, stand im Feuer,
das Glöcklein läutete, von keiner Hand gezogen, und geisterhafte
Fackelzüge bewegten sich den Berg hinauf. Abermals ward i6po.
Das Käppele auf dem Nikolausbetge.
dann 1713 die Kapelle vergrössert Im Jahre 1747 übertrug der
Bisehof die Besorgung des Gottesdienstes den Kapuzinern. Gleich-
zeitig wurde nach einem Risse Balthasar Neumanns der Bau
der jetzigen Klosterkirche ') begonnen. Im Jahre 1792 durJte sie, den
noch mangelnden Hochaltar abgerechnet, als vollendet betrachtet
werden. Gleichen Schritt mit dem Bau der Kirche hielt die Ver-
schönerung ihrer Umgebung. Während ehedem nur holperige,
schattenlose Fahrwege den Berg hinauf zogen, entstand neben
ihnen der schöne Terrassenbau mit den Stationen des Kreuz-
weges und Über diesen wuchsen breitästige Platanen hoch in
- 155 -
die Lüfte. In ihrem Schatten sind seitdem Tausende zum „Käp-
pele" emporgestiegen, zum Beten die einen, zum Schauen die
anderen, alle aber, um in der Höhe sich selber geistig zu erheben
und die Brust von des Tages Sorgen zu lösen im Aufblick zum
Ewigen.
Bis zur vollen Höhe des die Marienburg überragenden Niko-
lausberges (333 m) haben noch vor kurzer Zeit nur wenige Na-
turfreunde den Weg gefunden. Oede und steinig dehnte sich vor
ihren Blicken eine winddurchfegte Fläche aus. Vor etwa 50 Jahren
stand auf dem höchsten Punkte eine Pyramide von Holz, die zum
Zwecke der ersten trigonometrischen Landesvermessung aufge-
richtet worden. Muth willige Jungen — ein paar derselben, die
freilich inzwischen sehr ernst und bedächtig geworden, kenne ich
selbst — erkletterten an schönen Sonntagen wohl einmal das
morsch gewordene Gerüst und staunten über die wunderbare
Femsicht, die ringsum sich aufthat. Eines Morgens fiel die Pyra-
mide, vom Volke gewöhnlich der Telegraph genannt, in sich zu-
sammen. Heute ragt an ihrer Stelle, fest und schön gefügt, die
Frankenwarte in dieLüfle und schaut weitaus über Berg und
Thal und um sie her grünen und gedeihen Baumanlagen, gleich
der Frankenwarte, vom Verschönerungsvereine geschaffen,
und vom Himmel leuchtet die ewige Sonne. Wie hat sich so
vieles geändert seit der Stunde, da ihre Strahlen zum ersten
Male auf dem aus Meeresfluthen emporgetauchten Bergrücken
ruhten, und doch;
Die Sonne tönt nach alter Weise
In Brudersphären Wettgesang,
Und ihre vorgeschriebene Reise
Vollendet sie mit Donnergang.
Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke,
Wenn keiner sie ergründen mag;
Die unbegreiflich hohen Werke
Sind herrlich, wie am ersten Tag!
Modernes Leben.
geht
ie in der äusseren Gestaltung Würzburgs Altes und Neues
miteinander ringt und die Gegensätze zu einem Bilde
von eigenartiger Schönheit sich zu vereinigen suchen^
ein gewisser Zwiespalt auch durch das geistige
Leben unserer Stadt, nicht lähmend, sondern die Kräfte, die
bisher schliefen, erweckend. Ein frischer Hauch weht durch die
Strassen und die Geister.
Wissenschaft und Kunst haben hier, wie in der Ver-
gangenheit, so heute noch ihre Altäre, ihre Priester und ihre Ge-
meinden. Nur sind es nicht mehr die alten Altäre, nicht mehr
die Priester und Gläubigen von ehedem.
Die Träger der Wissenschaften waren bis ins i6. Jahr-
hundert herein die Stifte und Klöster, voran das Domstift, dessen
Schule im Zeitalter der Karolinger, Ottonen und Staufer eines
ausgezeichneten Rufes sich erireute. Die Chorherren und Mönche
wurden abgelöst durch die Jesuiten und die vom Bischöfe Julius
gegründete Universität. Letztere ist noch immer der Mittelpunkt
des wissenschaftlichen Lebens. Ihr Einfluss reicht weit über die
Kreise der Berufsstudierenden hinaus. Die Stadt der Professoren
und Hofräthe hat man darum unser Würzburg hie imd da ge-
nannt. Nicht ganz mit Unrecht. Von der Universität her dringt
ein geistiger Strom in breite Schichten der Bevölkerung ein. Zu
den Füssen der Professoren, die in jedem Semester abwechselnd
sogenannte Publica über Themate von allgemeinem Interesse lesen,
sitzen in Mitte der jungen akademischen Bürger alte Herren in
grosser Zahl : Bürgersleute, Beamte und Offiziere. Ebenso lebhaft
ist der Besuch der populär-wissenschaftlichen Vorträge, welche
- 158 -
fast in jedem Winter in einem öffentlichen Saale von Dozenten
der Universität abgehalten werden. Reiche geistige Nahrung spendet
daneben die wohlbestellte und trefflich geleitete Universitätsbiblio-
thek jedem, der solche Nahnmg sucht und sie verdauen kann.
Ergänzend wirken neben der Universität zahlreiche Vereine,
welche die Pflege bestimmter wissenschaftlicher Bestreb-
ungen sich zum Ziele gesetzt haben. Es sei hier nur der im
Jahre 1831 gegründete historischeVerein für Unterfranken und
Aschaffenburg genannt. Er hat bei leider sehr beschränkten Geld-
mitteln nicht nur in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift ein
sehr mannigfaltiges und werthvolles Material zur Geschichte
unserer Stadt und des Kreises Unterfranken der Oeffentlichkeit
übergeben, sondern sucht auch, indem er seine Sammlungen dem
allgemeinen Besuche erschliesst und in den Wintermonaten öffent-
liche Vorträge veranstaltet, Verständniss und Interesse für die
hochbedeutsame Vergangenheit Würzburgs in immer weiteren
Kreisen zu wecken.
. Weniger der wissenschaftlichen Belehrung, als der Unterhalt-
ung dient die sehr reichhaltige Bücherei der Harmonie-Ge-
sellschaft. Erst nach schweren Kämpfen gelang es dem um
unsere Stadt hochverdienten Professor Oberthür, im Jahre 1803
einen Leseverein in's Leben zu rufen. Die bischöfliche Regierung,
insbesondere der überaus ängstliche Fürstbischof Franz Ludwig
von Erthal, hatte alle auf Errichtung einer öffentlichen Lese-
gesellschaft abzielenden Versuche mit Strenge unterdrückt, be-
stimmt von der Furcht, es könnten Schriften religionsfeindlichen
oder revolutionären Inhalts Eingang und Verbreitung finden.
Heute umfasst die Harmonie, die sehr bald nach ihrer Gründung
auch die Pflege geselliger Vergnügungen in ihr Programm au?
genommen hat, viele Hunderte von Mitgliedern aus den besten
Kreisen der Gesellschaft. Neben den hervorragendsten Erschein-
ungen der Belletristik findet der Besucher einen kaum zu er-
schöpfenden Lesestoff in den ausserordentlich reich vertretenen
Zeitschriften und Zeitungen des In- und Auslandes.
Dem Lesebedürfnisse der unteren und ärmeren Schichten der
Bevölkerung kommt der Volksbildungs-Verein entgegen.
Er unterhält im ehemaligen Königssalon des alten Bahnhofes
einen jeden Abend geöffneten Lesesaal, in welchem zahbeiche
Tagesblätter und illustrirte Journale aufliegen, und verleiht jähr-
lich etwa 12000 belehrende oder unterhaltende Werke. Hiebei
wird strenge darauf geachtet, dass jeder Benutzer die für sein
Alter und seinen Stand am besten geeignete Lektüre erhält.
Im Besitze einer nach fachmännischem Urtheile nicht sehr
bedeutenden Bibliothek befindet sich auch die Stadt gemeinde.
Den Kern bildet die Bücherei, welche der Universitäts-Protessor
— 159 -
Schwab der Gemeinde vermacht hat. Zu wünschen wäre, dass
aus diesem Kerne, im Anschlüsse an den Volksbildungs-Verein,
eine grosse öffentliche oder Volksbibliothek, nach dem Muster der
in Amerika, England, auch Oesterreich bestehenden Anstalten sich
entwickeln möchte.
Wenn von dem geistigen Leben einer Stadt die Rede ist,
darf auch die Presse nicht mit Stillschweigen übergangen wer-
den. Sie ist hier durch 7 Tagesblätter vertreten, welche fast
ebensovielen, verschiedenen politischen Parteien als Organ dienen.
Bis zum Jahre 1803 blühte auf dem Felde der Würzburger Jour-
nalistik nur ein einziges, recht bescheidenes Blümchen: das im
Jahre 1749 von drei Israeliten gegründete Intelligenzblatt. Wöchent-
lich zweimal in der Stärke von 4 kleinen Quartseiten erschei-
nend, machte es den Würzburgern kund, was die hohe Obrig-
keit zu verordnen beliebte, was bei den Gerichten oder freiwillig
unter den Hanmier kam, was etwa der oder jener zu kaufen oder
zu verkaufen wünschte u. s. w. Erst nach der Säkularisation entstand
neben diesem Gerichts- imd Annoncenblatte eine politische Zeit-
ung im damaligen Sinne dieses Wortes, d i. ein Blatt, welches
„ohne jegliches Raisonniren und Kritisiren* mit Scheere und Stift
aus auswärtigen Blättern Nachrichten über die merkwürdigsten
Tagesereignisse zusammenstellte.
Welch* reiche Schätze an Erzeugnissen der Architektur,
der Plastik und Malerei Würzburg in sich schliesst, haben
wir im zweiten Theile dieses Büchleins wenigstens im Grossen in
Wort imd Büd zu zeigen gesucht. Vom filihen Mittelalter an bis
herab in die neueste Zeit findet der Kunsthistoriker wie der
ausübende Künstler hier einzelne Meisterwerke, an denen er
sich erfreuen und bilden kann. Vor allem aber ist und bleibt
Würzburg die Stadt des Rococo. Auf Schritt und Tritt, in
Kirchen, Palästen imd Bürgerhäusern, begegnet man den heiteren,
lebensfroheuv Werken jener Periode, die zum guten Theile noch
wenig bekannt und gewürdigt sind. Mustergiltige Leistungen der
Kleinkunst und des Kunstgewerbes sind in reicher Fülle nicht nur
in der Residenz, sondern auch in anderen Bauten geborgen und
— leider auch verborgen. Wer mit Ernst sucht, wird sie finden.
Was uns fehlt, ist ein Museum, in dem die verstreuten Kunst-
sammlimgen erst zur vollen Wirkung gelangen können. Uebei
welchen Reichthum an Kunstwerken auch heute noch, trot2
schwerer Verluste, Unterfranken und unsere Stadt verfügt, hat
in wahrhaft glänzender Weise die Ausstellung gezeigt, welche im
Jahre 1893 der junge Kunst- und Alterthumsverein mit
frischem Wagemuth veranstaltet hat. Möge dem Vereine, der
bereits eine nach Zahl und Bedeutung beachtenswerthe Samm-
lung sein Eigen nennt, es in nicht zu ferner Zeit, im Bunde mit
Stadt und Staat gelingen, das zu schaffen, was er anstrebt: ein
- 160 -
grosses fränkisches Museum. Wer aber inzwischen nach Würz-
buig kommt, versäume nicht, den Sammlungen des Kunst- und
Alterthums- Vereins, sowie der Stadt, des Historischen Vereins und
der Universität einen Besuch abzustatten. Während hier insbe-
sondere das ästhetisch archäologische Institut, das v. Wagner'sche
Kunstinstitut und eine hochinteressante Kleinodien- Ausstellung der
Universitätsbibliothek Beachtung verdienen, sind in dem Gebäude
des vormaligen chemischen Laboratoriums neben den Erwerbungen
des Kunst- und Alterthumsvereins die Gemäldegallerie, sowie ein
sehr reiches Münzkabinet der Stadt etc. zu finden.
Warum auf einem Boden, der so viele und schöne Kunst-
werke gezeitigt hat, nicht eine, solch grosser Vergangenheit
würdige, moderne Kunst zur Entwicklung gelangte, muss hier
unerörtert bleiben. Ganz erloschen ist das Feuer nicht. Würz-
burg hat eine kleine, aber tüchtige Schaar schaffender Maler und
Bildhauer, es hat eine nicht unbedeutende, treue Gemeinde von
Kennern und Verehrern der Kunst. Sie haben sich in dem seit
dem Jahre 1842 bestehenden Kunstverein zusammengefunden,
der in seinen in der Residenz befindlichen Lokalen Jahr aus Jahr
ein etwa 5—600 Oel- und Aquarellgemälde, Gouache- und Pastell-
bilder, sowie plastische Werke der bedeutendsten Künstler unserer
Zeit zur Ausstellung bringt und dadurch eine unberechenbare
Fülle von Belehrung, Bildung und Anregung in die weitesten Kreise
trägt.
Zur schöneren Blüthe als die bildenden Künste hat sich hier
die Tonkunst entfaltet. Frau Musik a war in der frommen imd
frohen Wein- und Bischofsstadt alle Zeit hoch geehrt, sei es nun,
dass sie in den vielen Kirchen und Klöstern den Gottesdienst be-
gleitete, oder am Fürstenhofe zu Fest und Spiel sich gesellte, oder
im Kreise der Studenten und Bürger frischen Gesang anstimmte.
Schon im vorigen Jahrhunderte bestanden hier zwei Gesellschaften
zur Auffiihrung öffentlicher Konzerte etc. Während die eine mehr
die ernstere Instrumentalmusik gepflegt zu haben scheint, brachte
das aus Universitätsangehörigen sich rekrutirende CoUegium
musicum academicum im Saale des Spezereihändlers Peter ge^en
ein Entree von 12 Kreuzern vorzugsweise Singspiele oder Operetten
zur Aufführung. Dieses CoUegium, das im Jahre 1801 in Franz
Joseph Fröhlich einen ausgezeichneten Exercitienmeister erhielt,
war der Keim, aus dem sich unsere Musikschule entwickelt hat,
deren Ruf und Wirksamkeit weit über die bayerischen Grenzpfähle
hinausreicht. Sie ist der Brennpunkt des musikalischen Lebens
Würzburgs, und ihre Konzerte, bei denen häufig auswärtige Kräfte
allerersten Ranges mitwirken, erfreuen sich stets zahlreichen Be-
suches. Daneben pflegen Virtuosen männlichen wie weiblichen
Geschlechts besondere Produktionen zu veranstalten, so dass im
- 161 -
Winter kaum eine Woche vergeht, ohne einen ausserordentlichen
musikalischen Genuss zu bringen.
Zur Erfüllung des Dichterwortes : „Singe, wem Gesang gegeben!
haben sich eine ganze Reihe von Gesangs vereinen zusammen-
gethan, unter denen die Liedertafel und der Sängerverein,
die beide bereits auf ein mehr als fünfzigjähriges Dasein, reich an
Ehren und Erfolgen, zurückschauen können, obenan stehen. Im
Sommer 1896 haben, brüderlich geeint, Würzburgs und Fran-
kens Sänger einem heimgegangenen Sangesbruder und Kom-
ponisten ein einfach schönes Denkmal aufgerichtet. Draussen im
Glacis, unter den Sträuchern und Bäumen, wo er so oft sinnend
und halblächelnd dahingesch ritten, eine Melodie auf den Lippen,
steht er nun in Erz gegossen und schaut herein in die Stadt,
die ihn mit berechtigtem Stolz ihren Sohn nennt : Valentin Eduard
Becker, unser Becker, dessen unsterbliches Kirchlein überall
erklingt, wo Deutsche singen. — Ein Urgewaltiger im Reiche der
Musik hat auch einmal in unserer Stadt gelebt und geschaffen:
Richard Wagner. Eine Marmortafel an einem Häuschen in der
Kapuzinergasse, welche die Liedertafel gestiftet hat, erinnert daran,
dass da Wagner's Erstlingswerk, die Feen, entstanden. Vergessen
ist auch ein Dritter nicht, ein Würzburger Kind, der Abbe Georg
Joseph Vogler (f 1814), einer der gründlichsen Musiktheoretiker
und zugleich einer der grössten Meister auf der Orgel.
Weit jünger als Frau Musika ist das Theater. In der fürst-
bischöflichen Haupt- und Residenzstadt Würzburg kannte man
bis in's 18. Jahrhundert herein nur lateinische Schulkomödien, wie
sie insbesondere die Jesuiten durch ihre Zöglinge am Hofe des
regierenden Herrn, oder in der Universitätsaula, hie und da auch
im Rathhaussaale, aufführen Hessen. Nur vorübergehend, während
der Regierung des kunstliebenden Fürstbischofs Adam Friedrich
von Seinsheim, der im Residenzgebäude italienische und fran-
zösische Operetten vor der Hofgesellschaft selbst zu dirigiren
liebte, schlug dann eine herumziehende Schauspielertruppe eine
Bretterbude erst am Graben, dann am Marktplatze auf und machte
die Würzburger mit den neuesten dramatischen Erzeugnissen be-
kannt. Als ständige Einrichtung erhielt unsere Stadt ein Theater
unter der kurpfalzbayerischen Regierung (1804). Den Kern des Or-
chesters bildete damals die fürstbischöfliche Hofkapelle, die aus
tüchtigen und geübten Musikern zusammengesetzt war. Heute
wird auf unserer Bühne, die immer noch in dem alten Bau des
ehemaligen adeligen Damenstifts zur hl. Anna sich befindet, vom
Beginne des Herbstes bis zur Mitte des Aprils gespielt. Es gelangen
alle Gattungen des Schauspiels wie der Oper und Operette in
reicher Abwechslung zur Aufführung. Personal und Ausstattung
genügen vollauf allen berechtigten Ansprüchen, die man an eine
11
— 162 —
nur massig subventionirte Provinzialbühne, wie es die hiesige ist,
stellen kann.
Langeweile, das Gespenst, das in manchen mittelalterlichen
Städten den Fremden durch die öden Strassen geleitet, hat hier
niemals eine Niststätte gefunden. Heiter wie die Natur ringsum
ist auch der Würzburger und mehr noch die Würzburgerin. Sie
war es gewiss von jeher, selbst in jener — schrecklichen Zeit,
da es noch keine öffentlichen Bälle und Tanzbelustigungen gab.
Gar so weit liegt diese Nacht noch nicht hinter den „Würzburger
Mägdlein". Vor hundert Jahren wurden selbst während der
Karnevalszeit nur Subskriptionsbälle geduldet, welche theils in
dem 1797 eröffneten Hutten'schen Garten, theils in dem Hause
„zum Falken" stattfanden. Ein solches Vergnügen aber kam
ziemlich theuer, da regelmässig ein Eintrittsgeld von i fl. 30 kr.
und mehr erhoben wurde. Dafür wurden allerdings den Damen
„die gewöhnlichen Erfrischungen" als Thee, Limonade und Mandel-
milch unentgeltlich gereicht, jedoch mit der Einschränkung, dass
zum Soupe nur Wein getrunken werden durfte. — Jetzt erfreut
sich Terpsichore in Würzburg der vollsten Freiheit und schwingt
ihr Scepter nicht nur in den Vereinen, sondern auch in öffent-
lichen Lokalen.
In den Vereinen! Auch sie sind ein Gebilde der modernen
Zeit. In dem Würzburg des 18. Jahrhunderts konnte nicht ein-
mal eine öffentliche Lesegesellschaft, geschweige denn ein ge-
selliger, oder gar ein politischer Verein aufkommen. Als aber
der Druck aufhörte, schössen die Vereine gleich Pilzen zu Hun-
derten empor und es giebt kaum einen Sport oder ein Vergnügen
oder — irgend etwas, zu dessen besonderer Pflege nicht eine
eigene Gesellschaft bestünde.
Wer einer solchen nicht angehört, ist mindestens irgendwo
als Stammgast angesessen. Plätze zu einer derartigen Ansiedel-
ung sind in reichster Auswahl vorhanden und jeder Geschmack
kann zu seinem Rechte kommen. Hie Bacchus, hie Gambrinus!
Wer neutral ist, huldigt beiden. Und heute sind die Meisten
neutral, so dass die Alleinherrschaft, welche der Wein viele Jahr-
hunderte hindurch in der Stadt des Leistens und des Steins aus-
geübt hat, längst gestürzt ist. Seit dem Jahre 1792 bewegt sich
der Konsum und, dementsprechend auch die Produktion des Bieres
in rasch aufsteigender Linie. Noch im Jahre 1815 betrug der
durchschnittliche Bierverbrauch etwa iio Liter auf den Kopf der
Bevölkerung, heute haben wir bereits die ansehnliche Ziffer 217
erreicht.
Studenten und Militär, zwei wichtige Elemente der Würz-
burger Einwohnerschaft, haben ja gewiss zu dieser Steigenmg
des Bierkonsums und zum „Ausgleiche" zwischen Wein und Bier
163 -
das Ihrige redlich gethan, aber zurückgeblieben sind die „Anderen"
auch nicht. Wer je ein grosses Fest auf einem der hiesigen
Bierkeller oder im Hofgarten zu Veitshöchheim oder sonstwo
miterlebt hat, wird uns beistimmen. Ein Band der Geselligkeit
und heiteren Lebensgenusses umschlingt und vereint da alle, die
gestern und morgen ihre eigenen Wege gehen und vielleicht
gegen einander kämpfen müssen.
Des Dichters Losungswort:
Tages Arbeit, Abends Gäste,
Saure Wochen, frohe Feste —
gilt eben auch hier wie überall. Hand und Kopf feiern nicht in
der alten Stadt am Maine, die unter dem Hauche der Neuzeit
sich verjüngt hat. Gewerbe, Handel und Industrie regen frischer
ihre Schwingen, Wissenschaft und Kunst ringen nach Wahrheit
und Schönheit. Dem Edlen gebe Gott den Siegl
Register.
Adalbero, Bischof 5, 86.
Adalberokirche 92.
Adam Friedrich von Seinsheim,
Bischof 15, 16, 38, 71, 134.
Afrakloster 85.
Agnetenkloster 86.
AUendorf, Joh. v. 83.
Anatomie 104.
Andreaskloster 83.
Anselm Franz von Ingelheim,
Bischof 38.
Antoniter 89.
Appiani, Maler 88.
Artilleriekaserne 68.
Augenklinik 108 -i 10.
Augustinerkloster 87, 134.
Auvera, Jakob van der, Bild-
hauer 48, 59, 88.
Auvera, Joh. Gg. Wolfg. 37, 48.
„ Lukas Anton 48.
Bachmann'sches Haus 142—144.
Bahnhof, alter 135.
, , neuer 136.
Barmherzige Schwestern 89, 90.
Barthel, J. K., Professor 82.
Barthelme, Maler 117.
Baunach, Joh., Bildhauer 60.
Baur V. Eiseneck, J. J. 74.
Becker, V. E., Komponist 161.
Begräbnisskapelle (Dom) 73.
Benediktinerklöster 83—86.
Bernatz, Stadtbaurath 125, 126,
133' i39> 152.
Bischöfbches Palais 62.
Bischofshof 23, 63.
Boffrand, Germain, Architekt 35.
Bonifatius hl. 4.
Bossi,' Mich., Stukkateur 88.
Botanischer Garten 115.
Bronnbacher Hof 91.
Bruderhof 76.
Brudermühle 76.
Brücken 136—138.
Brunnen 59, 60, 150—152.
Bruno, Bischof 69.
Buchner, Fr., Baumeister 139.
Bürgerhäuser 140-146.
Bürgerspital 9, 10, 130—132.
Burkard hl., bischof 4, 21, 83.
Burkardsstift u. -Kirche 83, 85.
Burkardushof 8a.
Byss, J. R., Maler 50, 51, 76.
Centralschulhaus 33
Ceresbrunnen 60.
Chemisches Institut 116.
Chirurgische Klinik 115
Christoph Franz v. Hütten, Bi-
schof 14, 35, 137.
Cisterzienser 86.
Collegiatstifte 78 — 84.
Conti, Domherrenhof 62.
Cotte, Robert de, Architekt 35.
Denzinger, Dombaumeister 92,
123.
Deutschhauskirche 86.
Dietrichsspital 76.
Dom 68—74.
Domherrennöfe 76—18.
Dominikaner-MönchsKloster 86.
165 -
Dominikaner-Nonnenkloster (St.
Markus) 86.
Dompfarrei-Leichenhof 74.
Domstift 76.
Domstrasse 142, 146.
Eberhard, H., Steinmetz 125
Ebrach, Kloster 90, 91.
Echter v. Mespelbrunn, Seb. 72.
Echterthor 25.
Eckard' Meister, Erzgiesser 68.
Eckardsthurm 122, 123.
Eckhart, Joh. Gg , Historiker 14,
92
Ehehaltenhaus 132.
Ehemann'sches Haus 143.
Engelgarten, Karthause 87.
Enzelin, Baumeister 136.
Esterbauer, B., Bildhauer 91.
Fahrmann, A. J., Weihbischof 82.
Falken, Hof zum 145.
Ferdinand, Grossherzog 19, 39,
61.
Fesel, Maler 69.
Festung Marienberg 24—29.
Filiinger, S., Steinmetz 125.
Fisch markt, Brunnen am 150.
Franken warte 155.
Frankoniabrunneri 54, 55, 150.
Franziskanerkloster 86.
Franz Ludwig v. Erthal, Bischof
^ J6, 17, 57, 145.
Franzosenhaus 132.
Frauenberg, Schloss 24—29.
Frauenklinik 107.
Friedrich Barbarossa, Kaiser 6,
45» 46.
Friedrich v. Wirsberg, Bischof
II, 86, 87.
Friedrich, Markgraf v. Branden-
burg 74.
Friedrich Karl v. Schönborn,
Bischof 15, 33, 35, 37, 76, 137.
Fries, Lorenz, Historiker 8, 74,
86.
Frohnfeste, ehemal. 84.
Fürspange-Bruderschaft 130.
Funk, Engelhard, Dekan 8, 72.
Gabriel od. Gabler, zum, Armen-
haus 132.
Gärtner, A., Architekt 88.
Ganzhorn, Bürger in W. 141.
Gattinger, Marx, Schlosser 56, 70.
Geigel, Hof bauamtmann 39, 88.
Georg Karl v. Fechenbach, Bi-
schof 17, 61.
Gerhard, Bischof 7, 95, 129.
Gesandtenbau 38, 55, 67.
Glacisanlagen 152.
Glessberg 152.
Gottfried V. Spitzenberg, Bischof
70.
Gozberg, Herzog 3.
Grabkapelle am Dom 73
Graf-Eckards-Thurm 122, 123.
Greising, J., Architekt 84, 87, 91.
Gropp, Ign, Historiker 86.
Gross, Freih. v., Bischof 71.
Grünewald, M , Maler 54.
Grumbach, Wilhelm v. 10.
Günther, M., Maler 154.
Gymnasien, humanist. 06, 87, 134.
Harmoniegesellschaft 7, 82, 158.
Hang, Stift u. Kirche 10, 81, 82.
Hefner- Alten eck, J. v. 123.
Heideck, Hof (Zandt'scher) 77.
Heilsbronner Hof 91.
Heinlein, Stadtbaurath 139.
Heinrich L, Bischof 4, 78, 81.
Hermann L, Bischof 6, 24.
Herold, Bischof 45, 46.
Hetan, Herzog 4.
Hildebrand, Architekt 35, 51.
Himmelskrone, zur, Armenhaus
132.
Himmelspforten, Kloster 86.
Historischer Verein 61, 158, 160.
Högler, Maler 50, 51.
Hofearten 56-61.
Hof Keller 51—54
Hofkirche 50.
Hofspital 83.
Holzarchitektur 142.
Horstig, V., Architekt 97, 116.
Hueber, Adam Jos. 133.
Jakobskloster 85.
Ickelsheimer, Baumeister 118.
- 16G -
Jesuiten-Kolleg ii, 86, 87.
„ -Kirche 87.
Infanterie-Kaserne 68
Johann v. Brunn, Bischof 7
Johann v Egloffstein, Bischof 7,
Johanniskirche 94.
Johanniterorden 86.
ohann Philipp v. Greiffenklau,
Bischof 14^ 29, 78.
Johann Philipp v. Schönborn,
Bischof 12, 25, 26.
Joh. Phil. Franz v. Schönborn,
Bischof 14, 29, 33, 35, 76.
josephsspital 133.
Iring, Bischof 6
Juden Synagoge 129.
ulius Echter, Bischof tt, 12,25,
29. 71, 72, 87, 95, 116, 117,
118, Ip2.
Juliusspital 11, 14, 103, 104. iii,
112, 118— 122.
Justizpalast 67.
Käppele 152—155.
Kahl, A., Baumeister 96.
Kaiserstrasse 146.
Kanalisation 14b.
Kanzlei (Landgericht 63—65.
Kapuzinerkloster, ehemal. 88.
„ „ auf d. Käppele
Karl d Gr., Kaiser 4.
Karl Philipp v. Greiffenklau,
Bischof 15, 38, 39, 44.
Karmelitenkl. zu St. Barbara 89,
T27.
Karmeliten- od. Reuererkloster
88.
Karthause, Engelgarten 88.
Kasernen 67, 68.
Katzenwicker 77, 95.
Kern, M., Bildhauer 62, 69, 74.
Kilian, Frankenapostel 3, 21, 78.
Kilian, Büste desselben 79.
Kiliansbrunnen 150—152.
Kiliansfest 80, 84.
Kiliansgruft 80.
Klarissinnenkloster 86.
Klerikalseminar 87.
Kliniken s. Universität.
Kollegienhaus, medizin. 112.
Konrad v. Bibra, Bischof 10.
Konrad v. Thüngen, Bischof 9,25.
Krahnen 135.
Kreisregierung 66
Kreuzgang im Dom 73.
Kürschnerhof 23.
Kunst- u. Alterthumsverein 159,
160.
Kunstverein 61, 160.
Landgerichtsgebäude, altes 63.
Landwirthschaftschule 134.
Lauda, Hof 78.
Leichenhof 74.
Leiste, Weinbergslage 27
Liedertafel i6t.
Lindahl, J., Stadteärtner 152
Löwen, vom, Michael 80.
Lorenz v Bibra, Bischof 8, 24,
64, 71.
Lothar, Kaiser 5
Ludwigsbrücke 139.
Ludwigshalle 135.
Ludwigsstrasse 146.
Lünenschloss, Maler 91.
Luitpold, Prinzregent 19. 50, 55,
61, 76, 127, 137, 150, 152.
Luitpoldbrücke 137, 138.
Luitpold brunnen 54.
Lutz, Architekt 116.
Magistratsgebäude 122—128.
Mainbrücken 136—139.
Marienberg 3, 9, 12, 24—29.
Marienkapelle auf dem Markt
129, 130.
Marienkapelle beim Neumünster
78.
Marktplatz 145.
%
Marmelstein, Hof 78.
Maxschule 77.
Mayer, Joh. Frokop, Hofgärtner
56.
Medizin. Klinik 113.
Medizin. Kollegienhaus 112.
Melchior Zobel, Bischof 10, 25.
Methof 128.
Michael vom Löwen 8o.
Michaelskirche 87.
Micka, Maler 91.
- 167 -
Militärgebäude 67, 68.
Miller, Ferd. v. 55, 127, 152.
Montfort de s. Salins.
Musikschule 117, 160.
Neubaukirche 116— 118.
Neubaustrasse 145, 147.
Neumann, Balth., Architekt 14,
31-39, 76, 78; 87, 88, 91, 118,
131, 144, 145 149, 154.
Neumünster, Kreuzgang 5.
Neumünster Stift 14, 48, 78—81.
Neureuther, Architekt 135.
Neuthor 27.
Nickels, Bildhauer 60, 118, 133.
Nikolausberg 152, 153
Oberthür, Franz 82.
Oegg, J Gg., Hofschlosser 37,
56.
Onghers, Maler 48, 69, 70, 82, 91.
Ostberg 90, 134.
Otto V. Wolfskehl, Bischof 7.
Patholog. Institut 106.
Peterskirche 48, 91.
Petrini, A., Architekt 29, 81, 84,
88, 116. 118.
Pezani, Baumeister 78.
Pfarreien 91 — 94.
Philipp Adolf von Ehrenberg,
Bischof 71.
Physikalisches Institut 135
Physiologisches Institut 106
Pirot, Tapetenwirker 50.
Polytechnischer Verein 82, 134.
Post 135.
Presse 17, 159.
Preuss, rh., Bildhauer 125.
Protest. Pfarrkirche, alte 86, 94,
130.
Protest. Pfarrkirche, neue 94.
Psychiatrische Klinik iio.
Rannen berg, Domherrenhof 77.
Rathhaus 122—128.
Realgymnasium 134.
Realschule 134.
Regierungsgebäude, altes 63.
„ neues 66.
Reissmann, Bischof 71.
! Residenzgebäude 14, 15, 29— 51,
61,65.
Reuererkloster 88, 89.
; Riemenschneider, T., Bildhauer
I 8, 54, 70, 71, 74, 78, 79, 129,
I 130, 142.
I Rmgstrasse 146.
Rosenbach'sches Haus am Renn-
vveg 29, 38, 91.
I Rotenhan, Seb. v. 8, 9, 130.
Roth, Bildhauer 67.
Rudolf V. Scherenberg, Bischof
7, 8, 24, 71.
Rückermain, Hof 67, 84.
Rül, de, Maler 69.
Saalhof 23, 63.
Sängerverein 161.
Salins de, de Montfort N. A.,
Hofbaudirektor 39—41.
Sanderviertelhof 128
Sandhof 140 — 142.
Sandrart, Maler 69.
Schaumberg, Konrad v. 130.
Scherenberger Thor 24
Schierlinger, E , 140.
Schlachthaus 149.
Schloss, kgl. 14, 15, 29—51, 61,
65
Schmidt, B., Bildhauer 94, 152.
Schmitz, J., Architekt 90, 92.
Schönbornskapelle 14, 76.
Schönthalerhof 91.
Schottenkloster 85.
Schrannengebäude 135.
Schulen 133-134.
Schullehrerseminar 87, 134.
Schwäbische Bibliothek 159.
Schwarzach, Kloster 48.
Schwedenkrieg 12.
^chweinskopf^ z wilden, Hof 77.
Seebach, Hoi 78.
Seidel, Gabr., Architekt 55.
Seinsheim, Martin v. 130.
Seminar, geistl. 48, 87.
Seminarskirche 87.
Sepulturka pelle 73
Seuffert, Ph , Orgelbauer 51.
Sieboldsdenkmal 152.
Siechenhaus im Sand 132.
Staatshafen 136.
- 168
Stadtbibliothek 158.
Stadtwage 135.
Stahl, Bischof 71.
Steindorf, H., Architekt 94.
Stephan, St ,Bened.-KI. 66,85, 86.
Steren, Joh. v. 130
Sternberg, Hof 77, 133.
Syphilitische Klinik 105.
Tannenberg, Hof 77
Teufel, würzb Patrizier 130.
Thalhofer, Maler 50.
Theater 16, 161.
Theaterstrasse 144, 14.5.
Theodolinde, Prinzessin 76.
Tiepolo, joh. Bapt, Maler 41—49,
50, 51.
Tiepolo, Domen., Maler 48, 49,50.
Trithemius, Joh. 8, 78, 85.
Ulrichskloster 85.
Universität 7, 11, 14, 20, 95-118,
157, 160.
Universitätsbibliothek 97, 158,
160.
Universitätskirche 116 - 118.
Urlaub, Maler 50.
Ursul.-Kloster 88—90.
Verschönerungsverein 155.
Vierröhrenbrunnen 150.
Viertelhöfe 9, 128.
Visconti, Jos , Maler 44.
Vogler, Gg. Jos., Komponist 161.
Volksbildungs verein 158.
Volksschulen 133.
Wagner, Joh. Martin, Maler u.
Bildhauer 60.
Wagner, Johann Peter, Bild-
hauer 59.
Wagner , Richard, Komponist
161.
Wagnersche Sammlung 160.
Waisenhaus 85.
Walker, Orgelbauer 117
Walther v. d. Vogelweide 6, 54,
80.
i Wasserversorgung 149 -151.
Weber, J. E., Baumeister 138.
Weinbau 52.
Weinstube im Bürgerspital 132.
„ „ Juliusspital 121.
Welz'sche Augenklinik 108.
Wenzel, König 7.
Witteisbacher Hof 142.
Wohlgemuth, M., Maler 79
Wolfram v. Königsberg, Bau-
meister 73.
Worms, Paul v. 131.
Zandt'scher Hof 77, 78
Zick, Johann, Maler 50.
Zimmer, H., Baumeister 65.
Zinne, zur hohen, Armenhaus
132.
Zoologisches Institut 116.
Zürnsdenkmal 152.
Verzeiehniss der Abbildungen.
Seite
Totalansicht Würzburgs vom Steinberg aus II
Ein Hofgartenthor (Titelbild) i
Wappen des Fürstbisthums Würzburg 3
Romanischer Kreuzgang aus dem Stift Neumünster 5
Bildniss Tilmaim Riemenschneiders (nach seinem Grabstein) . . 8
Julius Echter von Mespelbrunn 11
Würzburg im Jahre 1648 13
Franz Ludwig von Erthal 16
Prinz-Regent Luitpold von Bayern 19
Zierleiste mit dem Wappen Julius Echters 21
Blick auf Würzburg von der Luitpoldbrücke 22
Das Scherenberger Thor der Festung Marienberg 24
Das Echter- Thor 25
Das Neuthor 27
Die Veste Marienberg 28
Die Kgl. Residenz, Vorder- und Rückansicht 30 u. 31
Die Freitreppe der Kgl. Residenz 32
Freskogemälde Tiepolos im Kaisersaale 33 u. 34
Tiepolo : Christus und die Ehebrecherin 36
Tiepolo : Rebekka am Brunnen 37
Tiepolo: Iphigenie 38
Tiepolo : Balthasar Neumann 39
Tiepolo: Altarbilder in der Hofkapelle 42 u. 43
Tiepolo: Porträt des Bildhauers Jakob van der Auvera .... 45
Selbstporträt Tiepolos 47
Innere Ansicht der Hofkirche 51
Der Frankonia-Brunnen 54
Seitenflügel eines Hofgarten-Thores 55
Ansicht aus dem Hofgarten 56
Auf der Hofgarten-Terrasse 57
Kindergruppen aus dem Hofgarten 58 u. 59
Erker am Bischofspalais 62
Alter Kanzlei- und Regierungsbau 63
Kgl. Regienmgsgebäude, Hofansicht 64
Kgl. Justizgebäude 66
Aeussere Dom-Ansicht 68
170 -
Seite
Innere Dom-Ansicht 69
Taufbecken im Dome 70
Grabdenkmal des Fürstbischofs Rudolf von Scherenberg .... 71
Grabdenkmal des Ritters Seb. Echter von Mespelbrunn im Dom . 7a
Grabkapelle (Sepultur) des Domstifts 73
Grabdenkmal des Obersten Baur von Eiseneck 74
Die Schönbornskapelle 75
Zandt'scher Hof 76
St. Kilian, Kolonat und Totnan 79
Die Kirche zum Stift Haug 81
Portal der Kirche zu St. Burkard 83
Hof zum Rückermain 84
Alte protest. (St. Stephans-) Kirche 85
Portal der Deutschhauskirche 87
Portal der Michaelskirche 88
Inneres der Kirche der „Barmherzigen" 89
Kanzel der St. Peterskirche 92
Adalberokirche 93
Neue protest. (St. Johannis-) Kirche . 95
Aeussere Ansicht des alten Universitätsgebäudes 96
Hofansicht des alten Universitätsgebäudes . 97
Mittelbau der neuen Universität 98
Treppenhaus der neuen Universität 99
Aula der neuen Universität loi
Der historische Pavillon im Juliusspital-Garten
Anatomie
Pathologisches Institut
Physiologisches Institut
Kgl. Universitäts-Frauenklinik
Augenklinik
Psychiatrische Klinik
Chirurgisches Klinikum
Blick in den botanischen Garten
Physikalisches Institut
Zoologisch-zootomisches Institut - .
Chemisches Institut
Die Universitäts-Neubaukirche
Fürstenbau des Juliusspitals .
Alter Thorstein des Juliusspitals ............
Rathhaus mit Grafen Eckards-Thurm
Der alte Rathhaussaal
Ein Bogen des alten Rathhaussaales
Rother Bau des alten Rathhauses
Neues Rathhaus
Die Marienkapelle
Das Bürgerspital
Alter Bahnhof
Neuer Bahnhof
Die alte Mainbrücke
Luitpoldbrücke '.
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35
36
37
38
- 171 -
Seite
Ludwigsbrücke 139
Innenpartie des Sandhofs 141
Ansicht des Bachmann'schen Hauses, Neubaustrasse 14a
Partie aus dem Hofe des Ehemann' sehen Hauses I43
Ansicht des Hauses zum Falken (vom Marktplatze aus) .... 144
Portal des Hauses Nr. 4 an der Theaterstrasse 145
Die Domstrasse 146
Häuserschmuck aus der Blasiusgasse .... 147
Schönbomstrasse (früher Sandgasse) 148
Die Ludwigsstrasse vom Glacis aus 149
Brunnen am Fischmarkte 150
Kiliansbrunnen 151
Partie aus dem Würzburger Glacis 153
Das Kapelle auf dem Nikolausberge 154
Total-Ansicht Würzburgs vom Schützenheim aus I56