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Full text of "Würzburg: Ein kulturhistorisches Städtebild"

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• • 



WURZBURG. 



EIN 



KULTURHISTORISCHES STÄDTEBILD 



VON 



S. GÖBL, 



KGL. KREISARCHIVAR. 



MIT 105 ABBILDUNGEN 

NACH DER NATUR AUFGENOMMEN. 



VIERTE, VERMEHRTE AUFLAGE. 



WÜRZBURG. 



DRUCK UND VERLAG DER KGL. UNIV..DRLk"-*SREI VON H. STÜRTZ. 

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HARVARD 

UNIVERSITY 

LIBRARY 

0CT11 1944 



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Alle Rechte vorbehalten. 



Vorwort zur IV. Auflage. 



„Natur, Geschichte und Kunst wirkten zusammen, um 
die Stadt des hl. Kilian, unser Würzburg, zu einer der schönsten 
und interessantesten Städte unseres engeren und weiteren Vater- 
landes zu gestalten. Was Mutter Natur für ihr Lieblingskind 
gethan, liegt offen zu Tage. Enger schon schliesst sich der Kreis 
derer, welche die tausendjährige Arbeit der Geschichte kennen. 
Sehr wenige endlich haben bis heute die Kunstschätze der 
altehrwürdigen Frankenmetropole zu finden und zu heben ver- 
ätanden. 

Die kgl. Universitätsdruckerei von H. Stürtz will es 
nun im Vereine mit dem Unterzeichneten versuchen, auf den 
folgenden Blättern den Einheimischen sowohl als den Fremden 
die reiche künstlerische und geschichtliche Vergangen- 
heit Würzburgs zu erschliessen. Unser Büchlein soll jedem 
Würzburger die Schönheiten seiner Vaterstadt in Wort und 
Bild vor Augen führen, es soll aber auch draussen in der 
Fremde unserer noch lange nicht nach Verdienst gewürdigten 
Stadt neue Freunde werben. Wer seine Heimat liebt und zu 
Ehren bringen will, sei unser Helfer! 

Der bildliche Theil, dessen Herstellung manchmal in 
Folge des ungünstigen Standortes einzelner Gegenstände mit be- 
deutenden Schwierigkeiten zu kämpfen hatte, bietet neben den 
bekannten Bau- und Kunstwerken viel Neues. Engere 
Schranken waren dem Texte gezogen. Derselbe wendet sich 
zunächst an die grosse Zahl derjenigen, welchen die älteren und 
umfangreicheren Arbeiten eines Oegg, Scharold, Heffner, Wegele 
u. a. nicht bekannt oder nicht zugänglich sind. Die hauptsäch- 
lichsten Ergebnisse dieser Forschungen in der Form einer mög- 



~ VI - 

liehst fliessenden und allgemein verständlichen Erzählung darzu- 
legen, war das uns gesetzte Ziel. Das daneben auch einige be" 
scheidene Früchte aus eigenem Garten auf die Tafel gelangen, 
wird dem Kenner der Würzburger Stadtgeschichte nicht entgehen/ 

Diesen Worten, welche wir im Dezember] 1895 unserem 
„Büchlein über und für Würzburg" zum Geleite gaben, ist heute, 
da es zum vierten Male zum Kampfe für die schöne Mainstadt 
in die Welt hinauszieht, ausser dem herzlichsten Danke für die 
freundhche Aufnahme nichts beizufügen als die wiederholte Bitte, 
dass alle, die irgend ein Interesse an der Hebung des Fremden- 
verkehrs und an dem Gedeihen unserer Stadt haben, unser Unter- 
nehmen unterstützen mögen. Denn das Ziel: dass all das Schöne 
und Gute und Merkwürdige Würzburgs endlich auch allgemein 
bekannt und anerkannt werde, daheim sowohl als insbe- 
sondere draussen in der Fremde, ist nur zu erreichen „mit ver- 
einten Kräften!" 

Wer die erste Auflage des Büchleins mit seiner heutigen 
Gestalt vergleicht, wird finden, dass das „Kindlein" von Jahr zu 
Jahr gewachsen ist. Durch die Berücksichtigung der jüngsten 
Entwicklung sowohl wie durch die neue Aufnahme verschiedener 
Kunstwerke aus alter Zeit haben Bilderschmuck und Text be- 
deutende Mehrung erfahren. Möge die Gunst der Würzburger 
diess' erfreuliche „Wachsthum" auch in Zukunft fördern! 



Würz bürg, im Juli 1901. 



S. Göbl, 

kgl. Kreisarchivar. 



I nh alts- Verzeiehniss. 

Seite 

I. Rückblick auf die politische Geschichte der Stadt und des 

Fiirstbisthums Wiirzburg 3 

Anfänge (7. — 9. Jahrhundert) 3 

Zeiten des Gedeihens (900 — 1253) 4 

Jahrhunderte des Kampfes (1253— 1525) 6 

Vom Bauernkriege bis zum Ausgange des 17. Jahrhunderts 9 

Im Jahrhundert der Aufklärung 14 

Nach der Säkularisation * 16 

II. Würzbursfs Geschichte in seinen Bauten 21 

Die Wohnstätten der Bischöfe 21 

Der Saal- oder Bischofshof 23 

Die Veste Marienberg 24 

Neue Residenz 29 

Bischöfliches Palais 62 

Staatsbehörden und Militär 63 

Alter Regierungsbau 63 

K. Kreisregierung 66 

Sonstige Verwaltungsbehörden 66 

Justizpalast 67 

Kasernen 67 

Pie Stifte, Klöster und Pfarreien 68 

Dom und Domstift 68 

Collegiatstift Neumünster • . . 78 

CoUegiatstift Haug 81 

Ritterstift (vorher Benediktiner- Abtei) St. Burkard .... 83 

Benediktinerklöster ' 85 

Johanniterorden 86 

Deutschhaus 86 



- VIII - 

Seite 

Cisterzienser, Klarissen u. a. Orden 86 

Jesuiten, Kapuziner, Ursulinerinnen etc. ....... 87 

Pfarreien 91 

Die Universität mit ihren Attributen . -95 

Das Juliusspital 118 

Die Bauten der Stadtgemeinde 122 

Rathhaus 122 

Die Marienkapelle " 129 

Das Bürgerspital 130 

Andere städtische Stiftungen 132 

Schulen 133 

Verkehrsanstalten ... 135 

Bahnhöfe 135 

Brücken 136 

Bürgerhäuser 140 

Gesundheitspolizei 146 

Wasserversorgung und Brunnen 149 

Glacis und Käppele 152 

III. Modernes Leben • . 157 

Register 164 

Verzeichniss der Illustrationen 169 



Rüokbliok auf die politisohe Gesohiohte der 
Stadt und des Fürstbistiuns Würzburg. 



AnfflnKe (7. — 9. Jahrhundert). 

t liegt zwischen jener ersten Ansiedel- 
^ , _. ^on der nur prähistorische Funde sprechen, und 
_ ^ii zwischen dem Tage, an dem das Licht der urkund- 
lichen Geschichte Ober der Stadt Würzburg aufgeht. 

Rom's Adler dringen vor bis zum Untermain, die Fluthen der 
Völkerwanderung brausen Ober Europa hinweg, hier hat keine 
dieser gewaltigen Epochen Spuren hinterlassen. 

Geschichtliche Dämmerung deckt noch zu Anfang des 7. Jahr- 
hunderts die Maingegenden. Thüringisches Volk wohnt hier, nicht 
mehr eigenen Königen gehorchend, sondern dem Scepter und 
Schwerte der fränkischen Merovinger sich beugend. Herzoge, die 
als Beamte der Merovinger in Thüringens Gauen walten, sitzen 
oben auf dem Castellum Virteburch, das zum erstenmale im Jahre 
704 aus der Dunkelheit hervortritt Wenige Jahre vorher hat der 
Schotte Kilian mit zweien Genossen den Christenglauben hier ge- 
predigt und das Begitmen, den getauften Herzog Gozbert von 

Quellen: WtgElc, Fri. X.. GctchichiHche Einltliann la dem bisloriichen Alban 
Aa Sliill Wünbuig (Würzlia^, $»1id ilif,; Scbiffler, A., Gründunit und em« Enl- 
nickdung der Stuji Würzburg (WOntin^, SiBni 1S7C); J. A. Ot%^, Eni Wickel ur^igt- 
KhichTc der Stadt Wanbnrg, hcnuur;cg(ben van A. ScbiCfler (Wünbare. Sidru iSSo]; 
Wtgdt, Fn X.. G«(bichie J»t üniversiUi Wänborg (WOribiirg. Stibel iSSijjSrb.. 
rg Id, K. C wanbnrg and teiai Umgebungen (iBiQ. 



- 4 - 

seiner blutsverwandten Gemahlin Geilana zu trennen, mit dem 
Leben gebüsst (689). 

Zwischen 716 und 719 verschwinden die Herzoge plötzlich 
wie spurlos, das Land erscheint wieder unmittelbar unter der 
Merovinger und Karolinger Gewalt, mächtig strOmt das fränkische 
Element ein und verdrängt thüringischen Namen imd Einfluss fllr 
immer. 

Unter Karl Martells Schutze nimmt Bonifatius das Werk, das 
Kilian unvollendet hinterlassen, in entscheidender Weise wieder 
auf und gibt den kirchlichen Verhältnissen dauernde Ordnimg imd 
Gestalt. Das Bisthum Würzburg entsteht (741/42). Auf der Burg, 
wo seit Hetan's Zeit eine christliche Kapelle sich befand, nimmt 
Würzburgs erster Bischof, der heilige Burkard, seinen Sitz. 

Zerstreute Gehöfte lagen damals in der Ebene unterhalb des 
Kastells, ein Dorf, noch keine Stadt. 

Ihre Geburtsstunde schlug, als Burkard an der Stelle, wo 
heute die Stiftskirche von Neumünster über der Gruft Kilian's sich 
erhebt, die bischöfliche Kathedrale errichtete und neben ihr seine 
Wohnung aufschlug. 

Schön in der karolingischen Periode tritt der Ort immer be- 
deutsamer hervor, Karl der Grosse feiert im Jahre 792 hier das 
Weihnachtsfest, eine königliche Münzstätte lag innerhalb des Weich- 
bildes. Aber erst in der folgenden Epoche (zwischen 920 und 1000) 
umgürtete sich die junge Stadt* mit ihrer ersten Mauer, die im 
Wesentlichen den jetzigen ü. und III. Distrikt umspannte. Die 
Burg imd das Mainviertel blieben ausserhalb derselben. 

Zeiten des Gedeihens (900—1253). 

Als „eine Zeit des sichtbaren Wachsens und Gedeihens unter 
der Gunst der Kaiser und der Leitung ausgezeichneter Bischöfe" 
kennzeichnet sich das zehnteJahrhundert. Insbesondere gegen 
das Ende desselben, als Bischof Heinrich I. (995—1018) auf dem 
Stuhle des hL Burkard sass, dehnte sich die Stadt nach allen 
Richtungen hin aus. Ihn nennen die Kollegiatstifte Neumünster 
und Haug und das später in ein Benediktinerkloster umgewandelte 
Stift St. Stephan ihren Gründer. 

Was im Zeitalter der Ottonen so glücklich begonnen worden, 
setzte sich in der Epoche der fränkischen Kaiser, wenn 
auch in langsamerem Schritte, fort. 

Die wichtigste Verändemng, die, mit ihren Wurzeln bis in*s 
8. Jahrhundert zurückreichend, jetzt (1030) zum Abschlüsse gelangt, 
ist die Vereinigung fast sämmtlicher Hoheitsrechte in der Hand 
der Bischöfe. Aus einer kaiserlichen ist Würzbvwg eine bischöf- 
liche Stadt geworden. 



Bevölkerung und Verkehr sind im V/achsen, ausserlialb der 
Altstadt beginnen die Vorstädte von St. Stephan, Hang und an 
der Pleichach sich zu entwickeln. 

Die Stadt hat ihre Kindheit hinter sich, kraftvoll greift sie ein 
in das politische Leben jener Zeit. Als Bischof Adalbero, gleich 
anderen seiner Standesgenossen auf der Seite des Papstthums 
stehend, gegen den Kaiser sich erhebt, bleibt sie diesem treu und 
zvräigt den Bischof, in die Verbannung zu gehen. Bald ist die 
päpstliche, bald die kaiserliche Partei Herrin der Stadt, nicht weit 



Romanischer Kreuieang ins dem Stift Neumüns 

von ihren Mauern wird im Jahre ro86 eim 
des ganzen Jahrhunderts geschlagen, 
unterliegt. 

Nachdem noch unter Kaiser Lothar, „der so häufig in 
Würzburg sich aufhielt, dass man sich versucht filhlt, es ftlr seine 
Ihatsflchliche Residenz zu halten," die Wogen sich geglättet hatten, 
begannen mit der Herrschaft der Staufer glänzende Tage 
lür unsere Stadt. „Zwischen ihr und den Bischöfen, die von jetzt 
an den Herzogstitel führten, herrschte die längste Zeit ungestörte 
Eintracht, die auf die beiderseitige Hingebung an das Kaiserhaus 



- 6 - 

gegründet war." Noch heute weiss fast jeder Würzburger zu er- 
zählen, dass Friedrich I. seine Hochzeit mit Beatrix von Burgund 
hier gefeiert, hier seine wichtigsten Reichstage gehalten hat. Nicht 
minder lebendig ist die Erinnerung an den grossen Sänger der 
Stauferzeit, Walther von der Vogelweide, geblieben, dessen Ge- 
beine im Kreuzgange des Stifts Neumünster ruhen. 

Unter der Sonne kaiserlicher und bischöflicher Huld gedieh 
die Stadt jetzt zu immer stattlicherem Ansehen. Die Aecker und 
Gärten, die noch bis vor Kurzem einen nicht kleinen Theil des 
Raumes innerhalb der Stadtmauern eingenommen hatten, bedeckten 
sich mit stattlichen Bauten kirchlicher und profaner Bestimmung. 

Jahrhunderte des Kampfes (1253— 1525). 

Je kräftiger die Stadt, auf ihre günstige Lage, ihren Weinbau 
und ein reichentwickeltes Handels- und Gewerbeleben sich stützend, 
in der Epoche der Staufer emporwuchs, desto mehr regte sich 
naturgemäss in ihr der Drang nach Selbständigkeit. Noch stand 
sie völlig unter der bischöflichen Herrschaft. Die liürgerliche Ge- 
richtsbarkeit übten Schöffen unter dem Vorsitze von Schultheissen, 
die der Bischof aus seinen Dienstmannen bestellte. Ein Stadtrath 
existirte nicht. Erst um die Mitte des 13. Jahrhunderts wird ein 
solcher genannt. Nicht im Einvernehmen mit dem Bischof Her- 
mann, dem gewaltigen Begründer der landesherrlichen Gewalt, 
vollzog sich die Entwickelung, im Kampfe gegen ihn und seinen 
Nachfolger Iring usurpirte sich die Stadtgemeinde das Recht, einen 
Stadtrath und Bürgermeister sich zu setzen, die immer mehr an- 
wachsenden demokratischen Elemente der Handwerker in Zünfte 
zusammenzufassen, des Bischofs Münze zu prüfen und beziehungs- 
weise zu verwerfen, Stadtsiegel und Thorschlüssel im alleinigen 
Verwahr zu halten, die Geistlichkeit zur Tragung der städtischen 
Lasten beizuziehen etc. Einmal im Besitze dieser Rechte konnte 
dann die Stadt auch den letzten und höchsten Gipfel, die voll- 
kommene Befreiung von jeder bischöflichen Gewalt, die Reichs- 
unmittelbarkeit, erreichen. 

Anderthalb Jahrhunderte wogte der Kampf, unterbrochen 
durch bald kürzere, bald längere Pausen der Ruhe oder der Er- 
mattung, ohne rechte Entscheidung hin und her. 

Die einzelnen Stadien dieses Ringens zu verfolgen, ist hier 
nicht der Platz. Bewunderungswürdig bleibt die zähe Kraft, mit 
der die Stadt selbst nach den härtsten Schlägen immer wieder sich 
emporrafft. Schien doch ihr Schicksal im Jahre 1357 bereits be- 
siegelt. Alle Autonomie hat sie damals verloren, Stadtrath und 
Zünfte wurden aufgehoben, viele wohlhabende Familien schüttel- 
ten Würzburgs Staub von ihren Sohlen und wanderten nach Nüm- 



- 7 - 

berg aus. Und doch, nicht zwei Jahrzehnte später tritt sie aufs 
Neue gegen Bischof Gerhard (1372—1400) in die Schranken, sie 
unterliegt abermals {1374). Zwanzig Jahre vergehen, dann erhebt 
sie sich zum gewaltigsten Kampfe, den sie je geführt. Im Bunde 
mit den übrigen Städten des Hochstifts lässt sie sich durch König 
Wenzel unter die Städte des Reiches aufnehmen, der Reichs- 
adler prangt an ihren Thoren, der Gipfel ist erklommen. Rasch 
aber und vernichtend folgt der Sturz. Wenzel lässt die Städte 
im Stich, im Friedhofe von Bergtheim findet die Blüthe der Würz- 
burger Bürgerschaft unter den Streichen des bischöflichen Heeres 
ihr Grab (1400, Januar 11). 

Krieg war nicht die einzige Plage, welche das 14. Jahr- 
hundert über unsere gute Stadt gebracht hat. Pestartige Seuchen, 
wie sie das ganze Mittelalter hindurch und noch tief in den fol- 
genden Zeitraum hinein in allen volkreicheren Städten mit unheim- 
licher Regelmässigkeit wiederkehren, haben damals auch hier 
furchtbare Ernte gehalten (1312, 1356, 1363). Ebensowenig ist ihr 
das Trauerspiel unmenschlicher Judenverfolgungen erspart geblie- 
ben (1348). 

Trotz alledem regt sich der Bürgersinn mächtig und die 
schönsten Bauten der Gemeinde, die reichsten Stiftungen werk- 
thätiger Nächstenliebe sind in jener Periode aufgeblüht. 

Auch den Bischöfen jener Epoche hat die Stadt manches zu 
verdanken. Insbesondere hat Bischof Otto von Wolfskehl (1335—45), 
unter den Würzburger Kirchenfürsten des 14. Jahrhunderts ohne 
Frage der ausgezeichnetste, um die Ordnung der städtischen 
Rechtspflege und Polizei hohe Verdienste sich erworben. 

Die beiden ersten Jahrzehnte des 15. Jahrhunderts ver- 
liefen leidlich ruhig. Die Stadt, deren politische Entwickelung seit 
dem Treffen von Bergtheim in absteigender Linie sich bewegt, 
erholt sich verhältnissmässig rasch wieder, wie sie denn in diesem 
ganzen Zeitraum noch in einer freien und würdigen Stellung sich 
behauptet. Ohne nachhaltige Wirkung für sie blieb die Errich- 
tung einer Universität durch den Bischof Johann von Egloffstein 
(1400— 1411), da die neue Schöpfung sehr rasch der Ungunst der 
Zeit und anderen Ursachen erlag. Wie weit das „grosse Ster- 
ben", welches zum Jahre 1423 die Chronik verzeichnet, den Tod 
der ersten Universität beschleunigt hat. vermögen wir nicht zu 
bestinunen. Bald darauf brachte dann der hochbegabte, aber 
unruhige Bischof Johann von Brunn (141 1— 1439) schwere Finanz- 
«oth und innere Wirren aller Art über das Hochstift. Die Stadt 
wurde in den Strudel hineingezogen, hatte jedoch jetzt an dem 
Domkapitel und an der Ritterschaft Bundesgenossen. Bessere 
Tage kamen, als Rudolph von Scherenberg den Stuhl des hl. Bur- 



kard bestieg (1466— 1495). Damals hat die Buclidruckcrkurst ihren 
Einzug in Würzburg gehalten und der Humanismus auch hier 
Pflege und Verehrer gefunden. Gleichzeitig aber flog auch ein 
Sturmvogel auf, der dem Lande tmd der Stadt die Prüfungen 
vorausköndete, die wenige Jahrzehnte später kommen sollten. 
Am 19. Juli 14715 loderte auf dem Schottenanger dahier ein Scheiter- 
haufen, der den „Pauker von Niklashausen", der Urheber einer 
bis in die höheren 
Klassen der Gesell- 
schaft hinaufrei- 
chenden revolutio- 
nären Bewegung, 
verzehrte. Die I deen 
lebten weiter. 

Friedlich und 
segenverheissend 
nahm das 16. Jahr- 
hundert seinen 
Anfang. Bischof 
Lorenz von Bibra 
(1495 - 1519) war 
ein müde denken- 
der, feinsinniger 
Mann, der Wissen- 
schaft und den Kün- 
sten hold. Gelehrte 
und angesehene 
Männer lebten da- 
mals in Würzburg, 

vor Allem der 
Schottenabt Johann 
Trithemius, derers- 
, ten einer in Deutsch- 
lands humanisti- 
schen Kreisen (f 
Bildniss Tilmann Riemenschneidera, 1516)- Mitundtheü- 

(im B«iiK dc> Frink, Kunii- urd Aiierihnmjvercbi.) weisc nach ihm sind 
zu nennen der „gol- 
dene Ritter" Sebas- 
tian von Rotenhan, als Gelehrter, Staatsmann und Krieger 
gleichberühmt, der Philologe Engelhard Funk, Dekan im Stift 
Neumünster, der um Würzburgs Geschichte und Archiv hochver- 
diente Lorenz Fries, endlich Frankens trefflichster Bildhauer, Til- 
mann Riemenschneider. 

Die beiden letzten Namen sind eng verknüpft mit der Kala- 



- 9 - 

Strophe, die nun über Würzburg hereinbricht, denn Fries ist der 
Geschichtsschreiber, Riemenschneider einer der Führer des 
„Bauernkrieges". 

Einem rasenden Strome gleich überfluthet diese sozialdemo- 
kratische Bewegung, der Luthers Lehre von der christlichen Frei- 
heit und Gleichheit aller Menschen den Weg geöffnet hat, das 
Hochstift und stürzt in gewaltigem Anprall die bisherige Staats- 
ordnung in Trümmer. Die Bürgerschaft Würzburgs, durch Steuern 
und andere Lasten gedrückt, über eine nicht ganz parteilose und 
schleppende Rechtspflege erbittert, von radikalen Elementen be- 
einflusst, den andrängenden Bauernhaufen gegenüber machtlos, 
schliesst sich der Revolution an. Der Fürstbischof Konrad von 
Thüngen flieht nach Heidelberg, das ganze Land ist in den Hän- 
den der Aufrührer, nur die Marienburg steht noch unerschüttert. 
An ihren Mauern, die Sebastian von Rotenhan mit einer kleinen, 
kriegsgeübten Schaar vertheidigt, brechen sich die Wellen und 
fluthen zurück; der schwäbische Bund, dem das Hochstifl vor 
drei Jahren beigetreten ist, erscheint ihm nun als Helfer in der 
höchsten Noth und schlägt bei Königshofen a. T. und Ingolstadt 
i. G. die Bewegung mit eiserner Faust nieder. Konrad von 
Thüngen zieht als Sieger in die Hauptstadt ein. Was folgte, ist 
oft genug erzählt worden. Tod, Verbannung und schwere Geld- 
bussen waren die Strafen für die Hauptbetheiligten, die Stadt 
aber, die noch einmal von voller Unabhängigkeit geträumt hatte, 
verlor ihre korporative Selbstverwaltung bis auf ein geringes Mass 
und sank in die Reihe der landsässigen Städte herab. Ihr Wohl- 
stand wurde aufs Empfindlichste erschüttert, da sie für den Scha- 
den, den die Geistlichkeit durch Plündenmg erlitten hatte, auf- 
kommen musste und überdies ein Theil der städtischen Liegen- 
schaften, wie die Viertelhäuser und ~ vorübergehend — auch das 
Bürgerspital, von dem erzürnten Landesherm konfiszirt wurde. 

Stille steht darum die Entwickelung der Stadt auch jetzt nicht, 
nur ist die treibende Kraft derselben nicht mehr die Bürgerschaft, 
sondern die fUrstbischöfliche Regierung. Selbstständige Regungen 
des Stadtraths, der fortbestehen blieb, aber nicht mehr aus der 
freien Wahl der Gemeinde hervorging, hören fortan auf, er ist 
im Wesentlichen ein Werkzeug in der Hand der Staatsgewalt 
geworden. 

Vom Bauernkriege bis zum Ausgange des 17. Jahrhunderts. 

Die Wunden, die der Bauernkrieg unserer Stadt geschlagen, 
hatten sich noch nicht zu schliessen begonnen, als der sogenannte 
Hessenkrieg (1528) neue Geldopfer forderte. Auch sonst wurde 
die Wehr- und Steuerkraft der Gemeinde vielfach in Anspruch 



- 10 - 

genommen, so für den schwäbischen Bund (1529, 1531) und zu 
den Türkenkriegen (1532, 1540). Kaum hatte Konrad's von Thüngen 
(1519— 1540) milder gesinnte Nachfolger Konrad von Bibra (1540 bis 
1544) durch die WiederhersteUung des Oberrathes die Polizei- 
pflege geordnet und der Stadt das Bürgerspital in Eigenthum und 
Verwaltung zurückgegeben, als eine bösartige Seuche (1542) die 
ohnehin schwache Bevölkerung dezimirte. Bald stand auch der 
Krieg neuerdings vor den Mauern. Der Markgraf Albrecht Alki- 
biades überfiel plötzlich (1552) das wehrlose Fürstbisthum Bam- 
berg, begann Nürnberg zu belagern und drohte das völlig über- 
raschte Hochstül Würzburg mit Feuer und Schwert zu verheeren. 
Zwar vermittelte Wilhelm von Grumbach, Berather des wilden 
Markgrafen imd Feind des damaligen Würzbürger Bischofs Mel- 
chior Zobel (1544—58), einen für letzteren höchst ungünstigen 
Vergleich, als aber dieser vom Kaiser kassirt wurde, loderte die 
Kriegsflamme von Neuem auf. Unsere Stadt hatte sich inzwischen 
in guten Vertheidigungszustand gesetzt, bei welchem Anlasse alle 
ausserhalb der Thore gelegenen festen Gebäude, darunter das 
Bürgerspital imd die Kirche des Stifts Hang demolirt wurden (1553). 
Der Markgraf wagte keinen Angriff. Nach seinem Tode (1557) 
verfolgte Grumbach die Ansprüche, die er aus dem Vergleiche 
des Jahres 1552 für sich herleitete, auf dem Wege der Selbst- 
hilfe. Mit Gewalt wollte er sich der Person des Fürstbischofs Mel- 
chior bemächtigen und so das Hochstift zur Anerkennung seines 
vermeintlichen Rechts und zur Herausgabe seiner konfiszirten 
Besitzungen zwingen. Der Versuch endigte mit der Tödtung Mel- 
ehior*s am 15. April 1558. Nun war ein friedlicher Austrag zwi- 
schen Grumbach und dem Hochstift ein für allemal unmöglich 
geworden. Nur mit dem Schwerte in der Faust konnte Ersterer 
sein Ziel erreichen. Am 4. Oktober 1563 überfiel er die Haupt- 
stadt und nahm sie, da alle Massregeln zur Vertheidigung unter- 
blieben waren, fast ohne Widerstand ein. Die Domhermhöfe, 
das Kloster S. Stephan und die Wohnungen der fürstbischöflichen 
Räthe wurden geplündert. Am 8. Oktober räumte Grumbach die 
Stadt, nachdem er das Domkapitel zu einem seine Ansprüche 
befriedigenden Vergleiche genöthigt hatte. Die Pest blieb zurück. 
Eine Zeit äusserer Ruhe folgte für die Stadt, im Innern aber 
begann ein neuer Kampf, nicht mehr um die politische Unab- 
hängigkeit, sondern um die religiöse Freiheit. Die neue Lehre 
hatte auch in Würzburg, im Klerus sowohl als in der Bürger- 
schaft, zahlreiche Anhänger gefunden. Allerdings war ihr der 
Bischof Konrad von Thüngen sofort mit Entschiedenheit entgegen 
getreten und hatte sich eifrig bemüht, durch eine Reform der 
Geistlichkeit und des kirchlichen Lebens der Gefahr die Spitze 
abzubrechen, aber demungeachtet ist die Bewegung bis zur Re- 



- 11 - 

gierung des Fürstbischofs Friedrich von Wirsberg im Anschwellen 
begriffen. 

Um die „widrige Religion" aus dem Hochstifte und in erster 
Linie aus der Residenzstadt zu verdrängen, hat Bischof Friedrich 
im Jahre 1567 die Jesuiten hierher berufen und ihnen das Agneten- 
kloster, das infolge der Reformation verödet war, zur Wohnung 
angewiesen. Gleichzeitig wurde dem Orden die Leitung der neu- 
gegründeten Parlikularschule übertragen. 

, Das Werk, das Bischof Friedrich (1558—73) begonnen, hat 
sein grosser Nachfolger Julius (1573-1617), „einer der fähigsten 
Herrscher seiner Zeit, der 
wirkungsreichste, der je 
auf dem Stuhle des hl. Bur- 
kard gesessen", mit rück- 
sichtsloser Konsequenz 
und gewaltiger Thatkraft 
vollendet. 

Die Gründung oder 
vielmehr die Wiederher- 
stellung der Universität 
{1582) steht bekanntlich 
im engsten Zusammen- 
hange mit dem System 
der Gegenreformation. 
Julius wollte sich vor Allem 
der heranwachsender Ge- 
neration versichern. 

Von weicher Bedeut- 
ung diese That für unsere 

Stadt geworden ist wie ^^^ M^pelbru^n/ 

die Universität auf das J ^ 

geistige, soziale und wirth- 

schaftliche Leben Würzburgs im Laufe von drei Jahrhunderten 
gewirkt hat und heute noch wirkt, kann hier nur angedeutet 
werden. 

Nicht minder folgenreich war jene andere Stiftung, die den 
Namen des Bischofs Julius und mit ihm den Ruhm Würzburgs 
weit über Frankens Grenzen hinausgetragen hat: das Juliusspital. 

Unerbittlich war Julius in Verfolgung seiner gegenreforma- 
torischen Pläne. Er Uess den zahlreichen und meist wohlhaben- 
den Protestanten, welche im Jahre 1587 noch in Würzburg 
wohnten, nur die Wahl, zur alten Kirche zurückzukehren, oder 
ihre Güter - mit Zurücklassung eines Drittels der Verkaufssumme 
— zu veräussern und auszuwandern. 



- 12 - 

Damit ist aber die weitumfassende Thätigkeit dieses Fürsten, 
soweit sie auf unsere Stadt sich erstreckt , noch keineswegs er- 
schöpft. Die Neuorganisirung der Bürgerwehr, die Wiederher- 
stellung der verfallenen Befestigungen, die Reformation des Stadt- 
und Brückengerichtes sowie der Polizeibehörde fallen in seine 
Zeit. Besondere Sorgfalt wendete er der Verschönerung der 
Residenzstadt (Schlossbau) und der Pflege der Gesundheits- 
polizei zu. 

Ein Jahr vor dem grossen Kriege starb Julius. Eine trübe 
Zeit bricht an, und wenig Erfreuliches ist zu erzählen. Zu Hun- 
derten flammen in und um Würzburg die Holzstösse empor, auf 
denen die Opfer des entsetzlichen Hexenwahnes ihr Leben lassen 
müssen, in den Kirchen liegt das Volk auf den Knieen und betet 
um Erlösung von dem „Laster aller Laster", das zu strafen der 
Himmel Theuerung, Verderbniss des Weinstocks, Krankheiten 
und Kriegsnoth über Stadt und Land verhängt hat! Gustav 
Adolf erscheint vor den Thoren Würzburgs, die fast ohne Wider- 
stand sich ihm aufthun. Mit stürmender Hand wird die Feste 
Marienburg genommen (1632, Oktober). Die schwedisch-weimarische 
Zwischenregierung (1632— 1634) ninmit ihren Anfang und droht, 
das Lebenswerk des Bischofs Julius zu vernichten; im Dome zu 
Würzburg wird protestantischer Gottesdienst gehalten. Theuerung, 
Noth, Elend aller Art häuft sich in der Stadt. Der Sieg der 
katholischen Partei bei Nördlingen (6. September 1634) befreit 
Würzburg von der Fremdherrschaft, nicht von den Lasten des 
Krieges. Namentlich gegen das Ende zu (1647) wuchsen Durch- 
märsche, Brandschatzungen und Plünderung schier in's Unerträg- 
liche. 

Als endlich, endlich der Friede wieder eingekehrt war, begann 
der weitschauende, energische Fürstbischof Johann Philipp von 
Schönborn (1642—73) alsbald gegen neuen Krieg sich zu sichern. 
Zunächst erhielt der Marienberg eine nach den besten Regeln 
damaliger Fortifikationsbaukunst angelegte Befestigimg. Dann 
wurde mit grossem Kostenaufwande die ganze Stadt mit . einem 
mächtigen Gürtel aus hohen Wällen, starkgefügten Mauern, breiten 
und tiefen Gräben, im Systeme Vauban's, umspannt. Ueber 130 
Jahre dauerten diese Arbeiten; 1786 wurde das letzte der sechs 
Thore, die den Mauerring durchbrachen, aufgerichtet. Man konnte, 
von Aussen kommend, glauben, eine völlig neue Stadt sei ent- 
standen, so vollständig hatte sich ihr Aussehen verändert 

Die erste Probe bestand die Festung im Jahre 1688. Eine 
französische Truppenabtheilung streifte bis vor Würzburg und 
warf auf dem Nikolausberge eine Batterie auf, zog aber, als die 
verlangte Uebergabe verweigert wurde, schnell wieder von dannen. 



- 14 - 

Im Jahrhundert der Aufklärunsr. 

Frischeres Leben regt sich allenthalben. Rechtspflege, Schul- 
und Unterrichtswesen, sämmtliche Zweige der Verwaltung und 
Polizei erfahren mehr oder minder eingreifende und nachhaltige 
Verbesserungeij , Kunst und Litteratur finden in immer weiteren 
Kreisen Verständniss und Pflege, ein Staat wetteifert mit dem 
andern in Beförderung der neu auftretenden Industrieen, in Aus- 
dehnung des Handels und Verl^ehrs. Würzburgs Fürstbischöfe, 
fast durchweg ausgezeichnete Männer, stehen in diesem Wett- 
streite mit unter den vordersten ihrer geistlichen und weltlichen 
Standesgenossen. Ihre Hauptsorge wenden sie der Residenzstadt 
zu. Hier wollen sie gleichsam ihr Meisterstück schaffen, das sie 
dann mit berechtigtem Selbstgeftlhle den jetzt immer häufiger in 
Würzburg einkehrenden fremden Fürstiichkeiten und anderen 
Personen „von Distinktion" zeigen. 

Fruchtbar an Werken des Friedens, der durch den spanischen 
Erbfolgekrieg nur kurz unterbrochen wurde, ist schon die Regier- 
img Johann Philipp's von GreifFenklau (1699— 1719). Er war „ein 
Freund von Festlichkeiten, ein Förderer öffentlicher Pracht**, der 
u. A. die Universitätskirche mit dem himmelanstrebenden Thurme 
vollständig wieder hergestellt, den herrlichen hinteren Flügel des 
Juliusspitals neuerbaut, dem Stift Neumünster durch Errichtung 
eines Portals ein imposanteres, wenn auch nicht stylgerechtes 
Aussehen gegeben und die Erweiterung des Jesuitenkollegiums 
begonnen hat. 

Noch bedeutsamer für die Entwickelung unserer Stadt ist die 
kurze, aber inhaltsreiche Regierung des Fürstbischofs Johann 
Philipp Franz von Schönborn (1719— 1724) geworden. Er war es, 
der den Grundstein zu der neuen Residenz am Rennwege gelegt 
und seinem Geschlechte in der an den Dom angebauten Schön- 
bornkapelle ein prachtvolles Mausoleum errichtet hat. Ihm gebührt 
das Verdienst, durch Schaffung einer städtischen Bauordnung und 
Einsetzung einer Baukommission, welcher u. A. der berühmte 
Architekt Balthasar Neumann angehörte, eine neue Periode er- 
öffnet zu haben, während welcher Würzburg allmählich mit so 
soliden und imposanten Gebäuden verschönert wurde, dass es 
hierin nur wenigen deutschen Städten jener Zeit nachstand. Auch 
dem Stadtrathe zeigte sich Schönborn gewogen: er bestätigte 
demselben die alten Privilegien und gab ihm zugleich eine er- 
weiterte imd zweckmässigere Ordnung. 

Der Herrschaft des Fürstbischofs Christoph Franz von Hütten 
(i724.;29), unter dem Johann Georg von Eckhart, ein Gelehrter 
ersten Ranges und ausgezeichneter Geschichtsschreiber, hier lebte 
und arbeitete, folgte die Regierung des vortrefflichen und nach 



- 15 - 

allen Seiten hin unermQdet thätigen Friedrich Kari von Schönbom 
(1729—1746). Der politische Horizont war, von einigen Wölkchen 
abgesehen, ungetrübt, so dass der Fürst seine Zeit und Kraft fast 
ungetheilt den Werken des Friedens widmen konnte. Jetzt (1744) 
wurde nach zwanzigjähriger Bauzeit die neue Residenz ihrer 
äusseren Vollendung zugeführt, ein wunderprächtiger Palast, die 
schönste Zier unserer Stadt. 

Die städtische Polizei wurde den Anforderungen der Zeit 
entsprechend umgestaltet, die Zufuhr und der Verkauf des Brenn- 
holzes in der Stadt neu geregelt. Eine für die Universität und 
die Mittelschulen geltende Studienordnung und die erste um- 
fassende Hebammen-Ordnung fallen gleichfalls in die Zeit Friedrich 
Karls. — Handel und Industrie suchte er durch Beiziehung italie- 
nischer Kaufleute, durch Anlegung einer Wollmanufaktur, einer 
Tabaksfabrik etc. zu heben. 

Wie ein imglaublicher Rückfall in alte Barbarei erscheint uns 
angesichts all dieser Fortschritte jenes Ereigniss, das unter 
Friedrich Karls zweitem Nachfolger, Karl Philipp von GreifFenklau 
(1749/54), den Ruhm Würzburgs verdunkelt hat: die Hinrichtung 
der „letzten Hexe" Renata Sänger, Subpriorin des Klosters Unter- 
zell (1749). 

Ernstere Zeiten hat das Hochstift unter der Regierung Adam 
Friedrichs von Seinsheim (1755—79) gesehen. Der siebenjährige 
Krieg, welchen die Würzburgischen Truppen im Heere des Kaisers 
mitfochten, mehrte nicht nur die Schuldenlast des Staates beträcht- 
lich und zwang zur Oeffnung neuer Finanzquellen (Lotto, Karten- 
stempel, Tabakmonopol), sondern er verheerte auch einige Aemter 
des Hochstifts unmittelbar » imd brachte die feindlichen Truppen 
einmal (1759) in sehr bedenkliche Nähe der Hauptstadt. Allge- 
meine Bestürzung riss ein, Geistlichkeit und Adel begannen ein 
eiliges Flüchten. Doch ging die Gefahr ebenso rasch, als sie ge- 
kommen, vorüber. Des Krieges Last drückte noch drei Jahre 
auf Land xjfad Stadt, insbesondere hatten beide unter den Ein- 
quartierungen französischer, sächsischer und württembergischer 
Truppen schwer zu leiden. 

Als dann der Friede zurückgekehrt war, nahm Adam Fried- 
rich, ein hochbegabter und hochstrebender Fürst, das imterbrochene 
Werk der Umgestaltimg des ganzen Staatslebens mit Eifer und 
Erfolg wieder auf. Insbesondere suchte er den Wohlstand des 
Hochstifts zu heben, indem er dem Handel durch Verträge mit 
Mainz und Bayern, durch Verbessenmg des Strassenbaues, durch 
Förderung der MainschifFahrt, neuen Aufschwung gab und Würz- 
burg durch Errichtung eines Krahnens, Erbauung von Lagerfiäusern 
und andere Anordnungen zum Mittelpunkte des „Kommerziums" 
erhob. Weitere Massregeln zur Förderung der materiellen Inter- 



- 16 - 

essen waren die Gründung einer Seidenbau-Gesellschaft und einer 
Immobiliar-Feuerversicherung, Verbesserung der städtischen Armen- 
pflege, Massnahmen zur ausreichenden Versorgung des 1770 von 
einer Fruchttheuerut^ heimgesuchten Landes mit Getreide u. A. 
Dass daneben die höheren geistigen Interessen keineswegs ver- 
nachlässigt wurden, ist bekannt Adam Friedrich hat insbesondere 
um das Volksschulwesen grosse Verdienste sich erworben, er hat 
auch die Aenderungen, welche in der Organisation der Universität 
und des Gymnasiums in Folge der Aufhebung des Jesuitenordens 
nothwendig geworden waren, mit Geschick durchgeführt Ein 
Freund der Kunst und 
Musik, feiner Geselligkeit 
geneigt, gestaltete er sei- 
nen Hof und seine Resi- 
denzstadt zum Mittel- 
punkte eines heiteren und 
ungezwungeneren Le- 
bens. In dem neuen 
Schlosse (Ührte die Hof- 
kapelle unter persönli- 
cher Leitung des FQrst* 
bischofs Operetten auf, 
in einer Bretterhütte {erst 
am Graben, dann auf dem 
Markt) spielte fÜT die 
„Gesellschaft" und das 
„Publikum" die Hge'sche 

Schauspiel-Truppe, 
öffentliche Konzerte wa- 
ren keineSeltenheit mehr. 
Fremden von „Distinc- 
tion" wurden gerne und 
mit Stolz die Sehenswürdigkeiten WOrzburgs gezeigt: derwunder- 
volle Residenzbau, der Hofgarten mit seinen heiteren Statuen und 
seltenen Pflanzen, das Juiiusspital, die „anatomische Kammer", 
die reichhaltige Uni versitäts-Bibiiothek, die Festung auf dem Marien- 
berg mit dem neuen Arsenal und den grossartigen Kelleranlagen. 
Am 18. Februar 1779 starb Adam Friedrich. Sein Nachfolger 
war Franz Ludwig von Erthal {i779'95), nach dem grossen Julius 
der bedeutendste unter allen Würzburger Fürstbischöfen. Es ist 
hier nicht der Raum, um auch nur im Vorbeigehen seine vielen 
Verdienste zu würdigen. Wie ernst und gewissenhaft, ja ängst- 
lich er es mit der Erfüllung all seiner, auch der kleinsten Regenten- 
pflichten nahm, wie er überall und immer nur als den ersten 
Diener des Staates sich betrachtete und die Interessen seines 



Franz Ludwig von Erthal. 



- 17 - 

Volkes in jeder Weise zu fördern suchte, wusste die gebildete 
Welt seiner Zeit schon ebenso hoch zu schätzen wie die von heute. 
Das Hochstift galt damals als einer der bestregierten Staaten im 
deutschen Reiche, Wtirzburg als eine glückliche Stadt Ihr Ge- 
deihen lag ja auch dem Herzen des Fürstbischofs am nächsten. 
Was er für die Universität (zweite Säkularfeier), das Gymnasium 
und die Volksschulen gethan, kam mittelbar auch der Stadt zu 
gute. Insbesondere aber verdankte sie ihm die Neuorganisation 
der Armenpflege, die Verbesserung des städtischen Quartier- und 
Steuerwesens, cüe Einführung einer ständigen Beleuchtung der 
Strassen zur Nachtzeit und vieles andere. Die Berichte über den 
Glanz, mit dem die Kaiser Leopold 11. (1790) imd Franz 11. (1792) 
hier aufgenommen worden, waren in allen damaligen Zeitungen zu 
lesen und trugen Würzburgs Namen weit in die Welt hinaus. 

Dass unter der Regierung eines solchen Fürsten die von 
Frankreich ausgehenden freiheitlichen imd revolutionären Ideen 
hier keinen günstigen Nährboden fknden, ist nicht zu verwundem. 
Allerdings darf nicht verschwiegen werden, dass die Bevölkerung 
in Folge Jahrhunderte langer Abstinenz jedes Verständniss für 
ein freieres politisches Leben verloren hatte, und dass es an den 
Organen ziu* Bethätigung eines solchen hier ganz und gar fehlte. 
Es gab keine selbstständige städtische Verwaltungs- und Polizei- 
behörde, keine Vereine, keine politische Zeitung. Die Presse war 
— von den in anderer Richtung wirksamen „Gelehrten Anzeigen* 
abgesehen — hier nur durch ein wöchentlich zweimal erscheinendes 
Nachrichten- oder Anzeigeblatt vertreten, das ausser den amt- 
lichen Bekanntmachungen bloss Inserate über Käufe, Verkäufe 
und dergL enthielt Und selbst dieses „Blättle", wie der Würz- 
burger es zu nennen pflegte, stand unter strenger CensurI 

Im Westen war es inzwischen immer dunlder imd dunkler 
geworden und noch in den letzten Jahren Franz Ludwigs brach 
das Ungewitter mit verheerender Gewalt los und rückte drohend 
gegen Franken heran. Seine vollen Schrecken hat es dann unter 
dem letzten Fürstbischof, Georg Karl von Fechenbach (1795— 1802), 
über unsere Stadt ausgeschüttet. Die französische Armee dringt 
in das wehrlose Hochstift ein, zwingt Stadt und Festung Würz- 
burg zur Kapitulation und legt der Bürgerschaft eine Kontribution 
von fünf Millionen Livres aufl Der Sieg, den im September 1796 
Erzherzog Karl mit dem kaiserlichen Heere über Jourdan hart vor 
den Mauern Würzburgs errang, brachte die Befreiung, aber nicht 
für lange. Im Jahre 1800 fielen Stadt und Festung zum zweiten 
Male den Franzosen in die Hände. Der Friede von Luneville 
(1801) und der Reichsdeputationshauptschluss (1802) bereiteten 
dann wie den übrigen geistlichen Staaten Deutschlands so auch 
dem Hochstift Würzburg den Untergang. Sein Gebiet wurde 



" 18 - 

dem Kurfürsten von Pfalz-Bayern als Entschädigung für die ver- 
lorenen linksrheinischen Besitzungen tiberwiesen. Am 3. Sep- 
tember 1802 nahmen bayerische Truppen von der Stadt Würzburg 
Besitz, am 28. November ging die gesammte Civilverwaltung von 
den fürstbischöflichen an die bayerischen Behörden über. 



Nach der Säkularisation. 

Die erste pfalz-bayerische Herrschaft hatte eine Dauer von 
wenigen Jahren (1802—1806), es drängt sich aber in diesem engen 
Räume eine Fülle schöpferischer Thätigkeit zusammen. Im Nu 
sozusagen soUte das alte Haus, auch in seinen erst neuaufgebauten 
Theilen, niedergerissen und ein völlig neues errichtet werden. 
Vor Allem wurde volle Parität zwischen Katholiken und Prote- 
stanten eingeführt; letztere, bisher nur geduldet, durften jetzt in 
Würzburg eine Gemeinde bilden und erhielten eine der Kloster- 
kirchen zur Feier ihres Gottesdienstes. Auch den Israeliten, denen 
die fiirstbischöfliche Regierung den Zutritt in die Stadt nur an 
Werktagen und da nur bis zum Beginne der Nacht gestattet 
hatte, wurden grössere Freiheiten eingeräumt. — In gleicher 
Richtung bewegte sich die Umwandlung der Universität in eine 
reine Staatsanstalt unter Beseitigung ihres bisherigen kirchlichen 
Charakters. Auch äusserlich wurde die Stadt, wenn der Ausdruck 
erlaubt ist, „entkirchlicht", indem fast alle die zahlreichen Stifte 
und Klöster, die wir im Laufe der Jahrhunderte haben entstehen 
sehen, der Säkularisation unterlagen und ihre Gebäude in Laien- 
hand übergingen. — Das Gerichts- und Polizeiwesen erfuhr eine 
durchgreifende Umgestaltung. Die bisherigen drei konkurrirenden 
Justizstellen (Stadtgericht, Vizedomamt und Hofschultheissenamt) 
wurden zu einer einzigen, dem Stadtgerichte, vereinigt Das 
Polizeigericht des Oberrathes hörte auf; seine Geschäfte besorgte 
von nun ab theils der Stadtmagistrat, theils die neuerrichtete 
Polizeidirektion. — Eine neue Eintheilung der Stadt in ftinf 
Distrikte wurde vorbereitet, die Strassenbeleuchtung verbessert, 
der Brunnen auf dem Marktplatze errichtet. Man begann den 
Lauf des Pleichacher Baches und der Kürnach zu korrigiren und 
im Glacis eine Pappel-Allee zu pflanzen. Ein ständiges Theater 
wurde gegründet, die Abhaltung öffentlicher Bälle zur Karneval- 
zeit und das Erscheinen einer politischen Zeitung gestattet. Er- 
wähnung verdient noch die Beseitigung der vielen Kirchhöfe in 
der Stadt und die Anlegung einer gemeinsamen, paritätischen 
Begräbnisstätte ausserhalb derselben. 

Dass durch eine derartige stürmische Entwickelung eine 
Menge von Interessen verletzt werden musste, ist begreiflich. In 
Würzburg war man thatsächlich froh, als der bayerischen „Fremd- 



" 19 -' 

lierrscliaft" ein Ende gemacht und das Fürstenthum in Folge des 
Pressburger Friedens dem ehemaligen Grossherzog von Toskana, 
Ferdinand, einem Habsburger, zugetheilt wurde {1806, Februar). 
Für die Weiterentwickelung der Stadt jedoch war die Periode, in 
der sie die Haupt- und Residenzstadt des Grossherzogthums war 
(1806— 1814), nicht besonders günstig, umsoweniger, als die unauf- 
hörlichen Feldzüge Napoleons auch sie, zuerst nur durch Ein- 
quartierungen und erhöhte Steuern, in empfindliche Mitleidenschaft 
zogen. Seit dem Jalire 
1806 lag eine französische 
Besatzung in der Festung ; 
im Jahre .1813 bekam auch 
die Stadt selbst eine fran- 
zösische Garnison, welche 
sich jedoch gegen das un- 
ter Wrede anrückende 
bayerische Heer nicht be- 
haupten konnte. Ein paar 
Monate später musste sich 
der Marienberg den Ver- 
bündeten ergeben (1814). 
Der Vertrag von Ried 
brachte das Grossherzog- 
(hum Würzburg neuer- 
dings und dauernd an die 
Krone Bayern. Seit dem 
28. Juni 1814 ist unsere 
Stadt eine bayerische Pro- 
vinzialstadt, seit 1817 Sitz 
der Regierung von Unter- 
franken und Aschafien- 
bürg. Das Gemeinde-Edikt 
vom Jahre j8i8 gab ihr 
eine neue Verfassung Prinz-Regent Luitpold von Bayern. 

durch Schaffung eines Ma- (geb. ™ n. Min iSii in Wanburg.) 

gistrates (zwei Bürgermei- 
ster, vier rechtskundige 

und zwölf borgerliche Räthe) und eines Kollegiums von sechs- 
unddreissig Gemeinde - Bevollmächtigten. Erst langsam, dann 
rascher und rascher schritt nun ihre Entwickelung weiter, bis 
sie, als Knotenpunkt wichtiger Eisenbahnlinien in den grossen 
Verkehr hineingezogen (1854), den Mauerring, der, einst sie 
schützend, jetzt sie zu erdrücken drohte, mit jugendlicher Kraft 
sprengte. Im Jahre 1856 wurde die Festungseigenschaft der Stadt 
Würzburg rechts des Mains aufgehoben und genehmigt, dass 



— 20 - 

die aufgegebenen Festungswerke allmählich eingelegt und die Er- 
trägnisse ihrer Verwerthung zum Vortheile des k. Finanz- und 
Militäretats verwendet werden sollten. Die Hoffnungen, welche 
sich an diese allerhöchste Entschliessung knüpften, gingen aber 
zunächst nicht in Erfüllung, da die Gemeinde es ablehnte, einen 
Theil der Demolitionskosten zu übernehmen. 

So kam das Jahr 1866. Die preussischen Truppen unter 
Manteuffel warfen die bayerische Armee und das achte Armee- 
korps bis Würzburg zurück, besetzten die westlichen Hügel links 
des Mains und beschossen von hier aus am 27. Juli Festung und 
Stadt mit dem Erfolge, dass das Zeughaus auf dem Marienberge 
eingeäschert wurde. Der Waffenstillstand machte den Feindselig- 
keiten ein Ende. 

Bezüglich der Entfestigungsfrage hatte das Jahr 1866 das 
Gute, dass einerseits die völlige militärische Werthlosigkeit der 
gesammten Würzburger Festungsanlagen rechts und links des 
Mains klar gestellt wurde, und dass sich anderseits die Ueber- 
zeugung Bahn brach, dass die Gemeinde selbst die Demolirungs- 
arbeiten in die Hand nehmen müsse. Durch allerhöchstes Dekret 
vom 7. Mai 1867 wurde die Festungseigenschaft der Marienburg 
aufgehoben und durch Vertrag vom 26. September 1868 gingen 
die Festungswerke rechts des Mains in das Eigenthum der Stadt 
über. Die planmässige Entfestigung wurde im Jahre 1869 in An- 
griff genommen und ist heute bis auf den Ausbau eines kleinen 
Theiles der die ganze Stadt umziehenden Ringstrasse vollendet 

Das rasche Wachsthum der Stadt zeigt sich am deutlichsten 
in folgenden Zahlen. Im Jahre 1895 S^^ ^s 3995 Gebäude mit 
Wohnungen gegen 2712 im Jahre 1867. Die Zunahme beträgt 
1283; ^s ^^^ demnach fast ein Drittel der gegenwärtigen Stadt 
seit 1867 neu gebaut. Die Civilbevölkerung der Stadt, welche im 
Jahre 1798 15538, 1813 19925, 1830 22674 (excl. Militär und Stu- 
denten), 1852 zirka 24000, 1867 33656, 1890 57457 Köpfe zählte, 
hat von 1867 bis 1890, also innerhalb nicht ganz 23 Jahren, um 
ca. 23800 Seelen oder um rund 71^/0 zugenommen. Nach der 
letzten Volkszählung vom Dezember 1900 hat Würzburg 75497 
Einwohner, von welchen 58733 Katholiken, 13758 Protestanten 
und 2566 Israeliten sind, während der Rest auf verschiedene Kon- 
fessionen sich vertheilt. Die Frequenz der Universität, an welcher 
53 Professoren und 26 Dozenten lehren, bewegt sich iu den letzten 
Jahren zwischen 1300— 1500. 




Würzburgs Gesohiehte in seinen Bauten. 

Wer beste und belehrendste „Föhrer" durch eine Stadt ist 
{ die Geschiclite derselben. An deren Hand wollen wir 

. unser Würzburg durchwandern. Sie geleitet uns 

nicht, mehr oder weniger planlos oder plangerecht, von Strasse 
zu Strasse, von Haus zu Haus, sondern lässt uns erkennen, 
warum und wie unsere Stadt in ihrem Äusseren das geworden 
ist und werden musste, was wir sehen. 

Würzburg ist seinem Ursprünge nach eine bischöfliche und 
kirchliche Stadt. Es gebührt sich daher, zunächst sich umzu- 
schauen, wie die Bedeutung der bischöflichen und landesherrlichen 
sowie der kirchlichen Gewallen in den Bauwerken sich wieder- 
spiegelt. Erst in zweiter Linie wenden wir uns dann den Leist- 
ungen der Stadtgemeinde und der Bürgerschaft zu. Bei dieser 
Art der Betrachtung zeigt sich schärfer und klarer als sonst der 
gewaltige Fortsehritt, den unsere Stadt im Gange einer mehr als 
zwölfhundertjährigen Entwicklung genommen hat. 

Würzburgs erster Bischof, der heilige Burkard, war aniäng- 
hch Willens, den bischöflichen Sitz mit dem Münster auf dem 
Marienberge anzubauen, sah sich aber durch das rauhe Klima 
auf demselben und insbesondere den Mangel an Wasser bald ge- 
nöthigt, sein Vorhaben fallen zu lassen und nach einem schick- 
licheren Orte sich umzuschauea Er fand denselben diesseits des 
Mains fast genau im Centrum der Stadt an der Stelle, wo die 
, Gebeine des ältesten Apostels des Frankenlandes, des Schotten 

QutLICTl;Dk Wcrlt SchtroU's unj Hcffncr's über Wunburg low« ArcW- 



- 23 - 

Kilian und seiner „Gesellen" Kolonat undTotnan begraben lagen. 
Hier, wo jetzt die Kirche des Kollegiatstifts Neumünster steht, 
erbaute Burkard die erste, hölzerne Pomkirche, und eben dort 
erhob sich später, als die Bischöfe nicht mehr mit den „Brüdern 
des hl. Kilian", (den Domherren) gemeinschaftlich im Bruderhofe 
zusammenwohnten, sondern eine selbstständige Haus- und Hof- 
haltung führten, die erste bischöfliche Residenz, genannt 

der Saal- oder Bischofshof. 

Derselbe dehnte sich über den weiten Raum aus, welcher 
östlich vom Stifte Neumünster, nördlich von der Martinsgasse 
und dem Marktplatze, westlich von der Juden- oder Schusters- 
gasse und südlich von der Domstrasse begrenzt war. Erschloss 
ausser den Wohngebäuden, Stallungen und zwei Kapellen, grosse 
Gartenflächen und insbesondere die öffentliche Amts- und Gerichts- 
halle (sale, palatium) ein. So lange der Bischof hier wohnte, war 
der Saalhofsicher ringsum „befriedet" oder ummauert. Das Haupt- 
thor befand sich da, wo man bis vor Kurzem durch den Schwib- 
bogen in den „Kürschnerhof' ging. 

Schon im Jahre 1261 hatte der Bischof seinen ständigen 
Wohnsitz nicht mehr im Saalhofe. Die Zeit der langwierigen 
Kämpfe, in welchen die Gemeinde das Recht der Selbstverwal- 
tung und weiterhin die Unabhängigkeit gegenüber der landesherr- 
lichen Gewalt zu erringen suchte und theilweise auch errungen 
hat, war angebrochen. Die Bischöfe fühlten sich inmitten der 
aufrührerischen Bürgerschaft nicht mehr sicher und zogen sich 
auf dem unnahbaren Marienberg zurück. 

Damals erfuhr der Saalhof seine erste bedeutsame Umge- 
staltung. Die Mauern, die ihn bisher von der Aussenwelt abge- 
schlossen hatten, fielen zum Teil, die Thore thaten sich auf 
und Handel und Verkehr hielten ihren Einzug. Auf dem weiten 
Platze Sassen nun die „Refträger" mit ihren Huckelkörben und 
boten Geflügel, Eier, Käse und dergl. feil, es standen da die Tische 
und Buden, die Kammern und Gewölbe der Kürschner, der 
Tuch- und Leinwandhändler u. a. Und über den Verkaufsläden 
wuchsen allmählich jene wunderlichen, engbrüstigjen Häuschen 
empor, die noch heute die westliche Seite des Kürschnerhofes 
zum Theil einfassen. Aus dem Saal- oder Bischofshof war 
ein öffentlicher Platz mit neuem Namen — Kürschnerhof 
— und eine Stätte des Verkehrs geworden. Heute, da auch das 
den Platz gegen Leichenhof und Domstrasse abschliessende Land- 
gerichtsgebäude gefallen, erinnert nichts mehr als die Bezeichnung 
H o f an das, was einstens hier gewesen. 

Von der Mitte des 13. Jahrhunderts an, als der Begründer 



der Würzburgischen Territorialhoheit, der Bischof Hermann von 
Lobdeburg, vor der empörten Bürgerschaft aus der Stadt flöchten 
musste, war 

die Veste Harienberg; 

bis ins 18, Jahrhundert fast ununterbrochen der Wohnsitz der 
Fürstbisehöfe. Vor ihnen hatten schon im 7. Jahrhundert 
thüringische Herzoge das easteüum Virteburh, das uns im Jahre 704 
zum ersten Male urkundlich entgegentritl, bewohnt, bis Immina, 
die Erbtochter des letzten dieser Herzoge, das Schloss dem Bi- 
schöfe Burkard gegen Güter zu Karlburg vertauschte. Wie es 
den alten Namen 
Virteburh in mons 
Mariae, Frauen- 
oder Marienberg 
änderte, hat sich im 
Laufe der Jahrhun- 
derte auch sein 
Äusseres mehr als 
einmal verwandelt. 
Schon die ersten 
Bischöfe, die oben 
sa5sen,mu3stenden 
Berg befestigen, um 
ihn gegen die An- 
stürme der aufrüh- 
rerischen Bürger- 
schaft zu halten. 
Das Scherenberget Thor der Fesiung MirieDberg. Insbesondere hat 
derBischofRudolf 
von Scherenberg (1468—1495) die Gebäude der alten Für- 
stenburg erweitert und deren Aussenwerke verbessert. Das 
aus jener Zeit stammende Thor, welches den dritten, inneren 
Hof gegen Westen abschliesst, gehört zu den interessantesten 
architeklomschen Motiven des alten Bergschlosses. F"leissig ist 
auch unter den Nachfolgern Bischofs Rudolf von Scherenberg 
auf und an der Veste gearbeitet worden, theils um sie wohn- 
licher zu gestalten, theils um ihre Widerstandskraft zu verstär- 
ken. Der Regierungszeit desBischof Lorenz von Bibra (1495 bis 
1519) gehört die steinerne Wendeltreppe an, welche zu den ehema- 
ligen ftrstlichen Wohnräumen föhrt. Sie ist ein Werk der Spätgo- 
thik, mit wundervollem Schluss im Gewölbe. Gleich alt mag auch 
der grosse Gesindesaal sein, der durch seine geschnitzten Durch- 
züge und durch seine ganz alterthtimlichen Formen sich aus- 



zeichnet. Unmittelbar nach dem Bauernkriege (1525) liess Bischof 
Konrati von Thiingen die Beschädigungen, welche die feind- 
lichen Kugeln an den Mauern und Dächern angerichtet, ausbessern 
und zugleich von Höchberg her gutes Trinkwasser in das Schloss 
leiten. Der über 100 Meter tiefe Hauptbrunnen ist erst einige 
Jahrzehnte hernach gegraben worden und noch später, unter J o- 
hann Philipp I. von Schönborn (1642 -1673), wurden in der 
Mainmühle sowohl 
als in der Kanal- 
möhle Druckwerke 

eingerichtet, wel- 
che sowohl das am 
Fusse des Marien- 
berges sich sam- 
melnde Quell- 
Wasser als auch für 

den Fall einer 
Feuersbrunst Was- 
ser aus dem Maine 
auf die Festung 
(rieben. 

Der schmalkal- 
dische Krieg (1546 
—47) , dann der 
Ueberfall des Mark- 
grafen Albrecht Al- 
kibia des (1552) ver- 
anlassten den Fürst- 
bischof Melchior 

Zobel, dessen 
Wiege in der Nähe 
Würzburgs, in dem 

Schlosse Gutten- 
berg im Guttenber- 
gcr Walde stand, Das Echter-Tbor. 

den Marienberg 
neuerdings zu verstärken. An seine Bauthätigkeit erinnern nur noch 
zweiWappen am Sonnenturm und an einerThÜre desinnerstenHofes. 
Dagegen haben sich die meisten Bauten, welche JuliusEchter 
in sehr ausgedehntem Maasse hat ausführen lassen, bis auf den 
heutigen Tag erhalten. Es sind fast durchweg künstlerisch werth- 
volle Denkmäler guter deutscher Renaissance. Ihm verdankt vor 
Allem die Südseile des Schlosses, wohin er die Winterwohnung 
und die Räume für seine grosse Bibliothek verlegte, ihre gegen- 
wärtige Gestalt. Er ist auch der Schöpfer oder richtiger Wieder- 



— 26 — 

hersteiler des last verfallenen alten Zeughauses. Nach dem 
Brande des Jahres 1600 wurde sodann in gleich würdigem und 
vornehmen Stile die ganze Nordseite der alten Burg und die 
Kirche neu aufgerichtet. Eines der schönsten Denkmäler, durch 
die Julius auf seinem fürstlichen Schlosse sein baufreudiges Schaffen 
verewigt hat, ist das sogenannte Echter-Thor, das zu dem vor 
dem letzten inneren Hofraume befindlichen Vorhofe führt. Mit 
einem unmittelbar links davon befindlichen alten Brunnen ver- 
einigt es sich zu einem wirkungsvollen Gesammtbilde. In der Nische 
über dem Thorbogen steht der Erzengel Michael, mit der Linken 
das Wappen des Fürstbischofs haltend, mit der Rechten den 
Speer gegen einen unten sichtbaren Dämon richtend, der nach 
jenem Wappenschilde greifen will. An der Innenseite des Thores 
gibt eine Inschrift in Versen das Jahr 1606 als Zeit der Erricht- 
ung an: 

Bischof Julius hat Gott vertraut 

Und dieses Vorhaus neu gebaut. 

Als er in seinem Regiment 

Bei drei und dreissig Jahr vollendt. 

Dem Vaterland zur Nutz und Ziert 

Hat er viel solcher Baw voUfiert. 

Gott geb, dass all diess werd' bewacht 

Durch seiner heiligen Engel Macht. 
Während so Julius Echter den eigentlichen Schlossgebäuden 
in der Hauptsache das Gepräge seiner Persönlichkeit und seiner 
Zeit aufgedrückt hat, ist Johann Philipp I. von Schönborn 
jener Fürst gewesen, der dem Festungsberge das Aussehen 
gegeben hat, das derselbe heute noch dem im Schatten alter 
Rüstern herauf wandernden Besucher zeigt. Sofort nach Be- 
endigung des dreissigjährigen Krieges wurde der Bau jener ge- 
waltigen Mauern, Thore und Wälle begonnen, welche um die 
Nord-, Ost- und Westsevve des Berges gleich Panzern sich legen. 
Als Abschluss der unter ihm durch die wälschen Baumeister 
Petrini und Righi ausgeführten Arbeiten, durch welche das 
mittelalterliche Schloss in eine grössere Festung modernen Stiles 
umgewandelt wurde, kann das prächtige „Neuthor" gelten. Es 
ist mit dem pompös ausgeführten Schönbornischen Wappen und 
den verschiedenen allegorischen Figuren ohne Frage das statt- 
lichste unter den zahlreichen Thoren auf Marienberg. 

Kriegerischen Zwecken diente auch das im Jahre 171 1 voll- 
endete Arsenal, unter dem — damit auch der Friede zu seinem 
Rechte käme — gewaltige Weinkeller ganz in Felsen ausgehauen 
sind. Beide Bauwerke erregten die vollste Bewunderung der 
Zeitgenossen, eine Bewunderung, die bei manchem Gaste durch 
die köstlichen Tropfen, die im Keller flössen, zur flammenden 



- 27 - 

Begeisterung erhijlit wurde. Selinsüchtig denkt der Wliribiirger 
von heute, der am Charfreitage und zur Zeit der , ewigen An- 
betung" den Berg besteigt, beim Anblicke der jetzt verödeten 
Kellerhallen der vergangenen Tage und wendet dann Trost 
suchend den Blick hinunter auf die östlichen und südlichen Ab- 
hänge der Marienburg, wo im heissen Sonnenschein jene gott- 
gesegnete Traube reift, die als Leistenwein den Ruhi» Würz- 
burgs und Frankens in alle Welt hinaus tragt. 



»An den sonnigen Halden früh. 
Lugt das Veilchen im warmen Lenz 
Durch die herrliche Juni- Nacht 
Zieht berauschender Dufthauch: 
Zieht dein Athem, o Rebenblust 
Zieht dein feuriges Minnelied, 
Wonne jauchzende Nachtigall 
Aus Wildrosen des Weinbergs. 
Und der Zauber der Sommernacht: 
Rebdult, Rosen und Nachtigall, 
Mischt entzückend den Edel-Wein 
Würzburg, deiner Geländel 



In Felix Dahns herrliche Verse, die uns. während wir von 
dem uralten, runden Wartthurm der Marienburg aus das schöne 
Slädtebild zu unseren Füssen betrachten, unwiUkürtich Über 
die Lippen geflossen, schallt plötzlich ein Schuss und noch ein 
Schuss aus den dort vorae gegen die Stadt zu aufgestellten 
Alarmkanonen, Es brennt! Doch schon meldet das Telephon, 
dass durch die stets thatbereite Feuerwehr das Feuer sofort ge- 
löscht worden ist. „Es brennt!" Mehr als einmal scholl dieser 
Schreekensruf durch die Räume des Schlosses und mehr als ein- 
mal sank ein Teil der Gebäude den Flammen zum Opfer (1572, 



Die Veste Marienbeie- 

1600, 1764). Alte Würzburger erzählen uns aus ihrer Erinnerung 
beim „Schöpple", wie am 11. Juni 1840 ein furchtbarer Brand den 
ganzen mittleren Hof und den oberen Theil des Michaelsthurmes 
zerstörte und wie am 27. Juli 1866 die preussischen Granaten von 
der Zeller Waldspitze aus zischend in die viel heimgesuchte Veste 
flogen und das Arsenal in Asche legten. Aus der Asche des 
Bruderkrieges entstand dem Phönix gleich nach Umlauf weniger 
Sommer das herrliche deutsche Reich unter jenen welterschüttern- 
den Kämpfen, an Ehren wie an Opfern überreich, bei deren Erinner- 
ung jedes deutsche Herz höher schlägt. Aus der Asche erhob sich 
auch der Bau auf der Marienburg wieder, aber „rostig sank ihr" 



- 29 - 

seitdem „Schild und Schwert aus der müden Hand"! Sie hat in 
Folge kgl. Reskripts vom 7. Mai 1867 aufgehört eine Festung zu 
sein, wenn sie auch heute noch militärischen Zwecken dient und 
insbesondere ausgedehnte Magazine in sich schliesst. Nur Ge- 
schichte und Sage wissen noch von ihrer kriegerischen Vergangen- 
heit. Erstere hat uns erzählt, wie im Jahre 1525 „der fränkische 
Haufen", der „durch verhengnus des allmechtigen" über Heidings- 
feld gegen die Marienburg heranzog, vergebens an ihre Thore 
pochte, wie sie am 18. Oktober 1632 nach tapferer Gegenwehr 
dem Schwedenkönige erlag, und später den Stützpunkt der napo- 
leonischen Macht im Maingebiete bildete. Frau Sage aber fuhrt 
uns geheimnisvoll flüsternd in die Festungskirche, deren Haupt- 
mauer wohl noch ihrer ersten Gründung durch Hedan 11. ange- 
hört, und zeigt uns vor dem Altare einen Blutflecken genau an 
der Stelle, wo der Kapuzinerpater Leopold von Gumppenberg 
unter den Streichen der schwedischen Eroberer sein Leben las- 
sen musste')' 

Von der Zeit an, da der Marienberg vollständig den Charakter 
und das Aussehen einer Festung angenommen hatte, war nicht 
mehr gut da oben wohnen. Der Zugang musste um der Sicher- 
heit willen ausserordentlich erschwert werden, während die fürst- 
liche Hofhaltung möglichst freie Bewegung verlangte. Dazu kam, 
dass die alterthümlichen Räume dem Geschmacke und den Be- 
düi'fnissen der späteren Zeit nicht mehr genügten. Die Erbau- 
ung einer 

neuen Residenz 

ward bereits im Jahre 1684 von dem Domkapitel beschlossen, die 
Ausführung unterblieb aber, bis der Fürstbischof Johann Philipp 
von G r e i ff e n k 1 a u (1699— 1719) durch den wälschen Baumeister 
A. Petrini ein kleines Schloss auf dem Rennwege erbauen und 
einrichten liess. Dasselbe war jedoch so schlecht gerathen, dass 
es sich, kaum vollendet, zu senken begann und gar nicht bezogen 
werden konnte. Johann Philipp und seine unmittelbaren Nach- 
folger mussten, da sie auf den Marienberg nicht mehr zurück- 
kehren wollten, in dem freiherrlich von Rosenbachschen Hause 
am Rennwege zu Miethe wohnen. Diesem unwürdigen Provi- 
sorium ein Ende zu machen, legte bald nach dem Tode Johann 
Philipps der neugewählte Fürstbischof Johann Philipp Franz 
von Schönborn am 22. Mai 1720 den Grundstein zu dem 
jetzigen Residenzschlosse. Ursprünglich war nur die Er- 



•) In der Festungskirche wurden die Eingeweide der Fürstbischöfe beerdigt. Pe- 
•chtenswerth ist der Grabstein des Bischofs Julius. 



- 31 - 

richtung eines „Sei ilössl eins", etwa in der Ausdehnung eines der 
beiden Residenzflügel, beabsichtigt, sehr bald aber wuchsen die 
Pläne, welciie der würzburgisehe Artillerie-Hauptmann Balthasar 
Neumann entworfen hatte, gewaltig in die Breite und Höhe. 
Prachtliebe und ein stark ausgeprägter Zug zum Ueber^rossen 
zeichneten alle drei Fürsten aus dem Hause Schönbom aus, die 
im 17. und 18. Jahrhundert den Stuhl des hl. Burkard zierten. 
Ihr Charakter spricht auch aus dem wunderherrlichen Bau der 



Die Kgl. Residenz, Rückansicht 

Residenz zu uns, di 
Deutschland zahlt 1 
gemacht hat. 

Balthasar Neumann'), geboren 1687 zu Eger als Sohn eines 
Kaufmanns, gestorben 1753 als Artillerie- und Ingenieur-Obrist 
dahier, erlernte in seiner Jugend die Stück- und Glocke ngiesserei 
und kam auf seinen, durch die Zunftgesetze vorgeschriebenen 
Wanderungen zu Anfang des 18. Jahrhunderts nach Würzburg. 
Nachdem er 1712 als Gemeiner in die fränkische Kreis- Artillerie 

■) Mn Benüiiune dei vortrcfflicbin Bn^hu von Fli. J. Keller: Balthisir Ncd- 



eingetreten war, (musste er mehrere Feldzüge in Ungarn wider 
die Tflrken mitmachen. Schon im Kriege Hess er sieh nichts ent- 
gehen, was zur Ausbreitung seiner Kenntnisse in der Architektur 



Die Freitreppe der Kgl. Residenz. 

beitragen konnte, noch mehr aber war dies der Fal! aul den 
Reisen nach Frankreich, Holland u. s. w., welche er von Würz- 
burg aus seit dem Jahre 1723 ganz oder zum Theil gerade zum 
Zwecke seiner Ausbildung unternahm. Ein glücklicher Stern 



- 33 - 

führte ihn zu den Schönborn, die damfils die BischofsstQhle in 
Würzburg, Bamberg, Speier und Trier inne hatten. Er war gleich- 
sam ihr Familien- Architekt und fand besonders an den Würz- 
burger Fürstbisehöfen Johann Philipp Franz (1719—1724) und 
Friedrich Karl (1729—1746) ebenso verständniss volle als freigebige 
Gönnerschaft. Sie waren es, die sein Talent erkannten und den 
zum fertigen Künstler Herangereiften fortwährend mit solchen 
Aufträgen bedachten, dass er zu immer höheren Stufen der Ver- 
vollkommnung emporsteigen konnte. Mit vollem Rechte rühmt ihn 
der vortreffliche Kenner des Barock- und Rococostils, C. GurliCt, 
als „den vielleicht grössten Baukünstler seiner Zeit". Neumanns 



FrescogemäUe Tiepolos im Kaiiersaale (BacbaroasaE TrauiiDg). 

Einfluss reichte weit Ober Franken hinaus und die sehr zahlreichen 
profanen und kirchlichen Bauten, die nach seinen Plänen und zum 
grossen Theile unter seiner persönlichen Leitung entstanden, sind 
über einen sehr weiten Raum, ein gut Stück Deutschlands, dazu 
Oesterreich, Böhmen und Ungarn zerstreut. An dieser Stelle 
seien nur das Hutten'sche Schlösschen, die Schönbomkapelle, die 
Augustinerkirche und das „Käppele" in Würzburg, sodann die 
Residenz in Bruchsal, das Dikasterialgebäude in Ehrenbreitstein, 
der Abteibau in Oberzel!, die Wallfahrtskirche in Vierzehnheiligen 
und die Abteikirche in Neresheim genannt. 

An Viebeitigkeit wird Neumann wohl von keinem seiner 
Fachgenossen übertroffen. Nicht genug, dass er die Pläne für die 



- 34 - 

Rohbauten entwarf, besorgte er auch die innere' Ausschinückung 
und Einrichtung und arbeitete seine Entwürfe bis ins kleinste Detail, 
,ia bis zum Schlüssel herab, selbst aus. Er war nicht blos Architekt, 
sondern auch Maler, Bildhauer, Dekorateur und Stukateur in einer 
Person. — Ausser den Privatbauten der Schönbom leitete der 
niemals ruhende Meister das gesammte öffentliche Bauwesen in 
den Fürstenthümem Bamberg und Würzburg, leistete insbesondere 
im Fortifikationsbau sehr Bedeutendes und gab als Vorstand der 
für unsere Stadt im Jahre 1731 eingesetzten Baukommission den 
Anstoss, dass auch die Bürgerhauser stattlicher und schöner ge- 



Frescogeraälde Tiepolos im Kaisersaale (Belelmung des Bisehots 
Herold). 

baut wurden und endlich gerade und breite Strassen, sowie freie 
Plätze entstanden. Daneben fand er noch Zeit, durch ein damals 
viel bewundertes Brunnen- und Pumpwerk Würzburg mit fliessen- 
dem Wasser zu versorgen, in Kissingen — wo er die uralte, untere 
Salzquelle wieder entdeckte — und in Bocklet Badeanlagen her- 
zustellen, die Hofgärten dahier und in Wemeck einzurichten, in 
Schleichach eine Glasfabrik zu betreiben und — als Professor der 
Universität Vorlesungen über Militär- und Civilbaukunst zu halten. 
Auch als Mensch gewinnt uns Neumann durch seine ausserordent- 
liche Thätigkeit, Gewissenhaftigkeit, strengste Redlichkeit und Be- 
scheidenheit Achtung und Liebe ab. 



- 85 - 

Sein Hauptwerk und zugleich sein schönstes Monument ist 
das Schloss zu Würzburg, an dem er die ganze Zeit seines 
Lebens hindurch thätig war und an dem sich seine Eigenart und 
seine fortschreitende Entwickelung auf das deutlichste zeigt. Der 
auf Veranlassung des Fürstbischofs Johann Philipp Franz von 
Schönbom von Neumann ausgearbeitete ursprüngliche Entwurf, 
der ja im grossen und ganzen auch ausgeführt wurde, ist eine 
durchaus selbständige und in unglaublich kurzer Zeit vollendete 
Leistung seines genialen Geistes. Erst nach Beginn des Baues 
wurde das Urtheil fremder Architekten, insbesondere der berühm- 
ten französischen Meister Robert de Cotte (1656— 1735) und Ger- 
main Boffrand (1667— 1754) eingeholt. Von den Vorschlägen des 
Ersteren kam keiner, von denen Boffrands nur zwei und diese 
nicht zum Vortheil des Ganzen zur Ausführung. Von einer ein- 
schneidenden Antheilnahme oder gar von einer Urheberschaft der 
französischen Architekten an dem Entwürfe und der Ausführung 
des Baues kann also nicht die Rede sein. Ebenso irrig ist die 
immer wiederholte Behauptung, dass das Würzburger Schloss 
sein Vorbild im Schlosse zu Versailles habe, oder in An- 
lehnung an dasselbe erbaut sei. „Hat man dabei die Grossartig- 
keit beider Schöpfungen im Auge, so ist der Vergleich richtig; 
sonst aber hat die Würzburger Residenz aber auch gar nichts 
mit Versailles, weder imGrundriss noch im Aufbau, gemein. Das 
Schloss zu Versailles ist eben nur ein Gebäudekomplex; das 
Schloss zu Würzburg aber ein einheitlich durchgeführter, 
in sich abgeschlossener Bau." 

Am 18. August 1724, im vierten Jahre nach der Grundstein- 
legung, als der gewaltige Bau noch nicht einmal in seinen Grund- 
mauern fertig war, starb plötzlich der geniale Bauherr 
Johann Philipp Franz von Schönborn. Unter seinem 
Nachfolger Christoph Franz von Hütten (1724— 1729), der 
an Baulust allen anderen Fürstbischöfen nicht nachstand, wurde 
der Residenzbau, soweit es eben die Verhältnisse gestatteten, 
weiter gefbrdert. „Es scheint, dass der neue Herr an dem Plane 
nichts geändert, auf die fernere Mitwirkung französischer Künstler 
vollständig verzichtet und seinem Architekten gänzliche Freiheit 
gelassen hat." 

Dies wurde anders, als nach dem Tode Christophs Franz der 
Bruder des verstorbenen Johann Philipp Franz, der gerade erst 
zum Fürstbischof von Bamberg erwählte Friedrich Karl von 
Schönborn (1729—1746), nun auch den .fürstbischöflichen Thron 
von Würzburg bestieg. „Er betrachtete gerade den Residenzbau 
als besonderes Vermächtniss des Verstorbenen, dessen Zustande- 
kommen er darum auch mit allen Mitteln betrieb, freilich nicht, 
ohne auch seinerseits bedeutende Abänderungen vorzunehmen." 



Hiebe! bediente er äch ausschliesslich des Rathes des ihm von 
Wi|en her bekannten grossen Baumeisters Hildebrand und es ent- 
stand zwischen diesem und unserem Neumann manch verdriess- 
liches Zerwürfniss. Der alternde und bedä,chtige Hildebrand be- 
kämpfte insbesondere die von dem Würzburger Architekten mit 
kühnster. Virtuosität ausgearbeiteten Gewölbekonstruktionen im 
Treppenhause und soll sich sogar bereit erklärt haben, nach 
Würzburg zu kommen tind da unter dem Gewölbe der berühmten 
grossen Stiege sich auf eigene Kosten hängen zu lassen, wenn die 



Tiepolo: Christus und die Ehebrecherin. 

Konstruktion sich bewähre. Neumann hingegen erbot sich, unter 
das Gewölbe des Treppenhauses Geschütze aufzufahren und selbst 
eine beliebige Anzahl von Schüssen abzugeben, um die Festigkeit 
seines Gewölbes zu erproben. Es kam nicht zum Austrage dieses 
„Duells" ; das Gewölbe steht heute noch so, wie der hiesige Meister 
es ersonnen, aber hängen liess sich Hildebrand darum nicht! 

Bis zum Herbste des Jahres 1737 waren die Arbeiten soweit 
gediehen, dass der Fürst in dem neuen Palaste residiren konnte. 
Am 30. Dezember 1744 wurde „der Strauss auf die letzte Helm- 



- 37 - 

Stange gesetzt" und war so das grosse Werk wenigstens im Roh- 
bau vollendet und zwar in derselben Gestalt, wie es auch heut^ 
noch vor unseren Augen steht; nur hatte es damals noch einen 
herrlichen Abschluss, das grosse eiserne Gitterwerk, wel- 
ches den rechten und linken Flügel mit einander verband. Dieses 
Meisterstück der Schiniedekunst, für das der Hofschlosser Johann 
Georg Oegg (ausSiltz in Tirol, 1703—1768) die für die damalige 
Zeit riesige Summe von 18745 Gulden erhielt, wurde leider im 
Jahre 1821 entfernt Erhalten haben sich nur zwei Flügel, die das 



Ti«po1o; Rcbekka am Brunnen. 

kgl. bayerische Nationalmuseum aufbewahrt, und die jetzt unsere 
Glacis-Änlagen schmückenden beiden Gruppen aus der Geschichte 
des Herkules, von der Meisterhand des Bildhauers J. W. van 
der Auvera. 

Mit der am letzten Tage des Jahres 1744 abgehaltenen Ein- 
weihungsfeier des grossartigen Baues war dessen innere Ein- 
richtung noch lange nicht vollendet An ihr wurde ruhig weiter 
gearbeitet. Den ganzen Bau „in seiner Ordnung" zu sehen, war 
aber dem Fürstbischöfe Friedrich Karl nicht mehr vergönnt. Am 



25. Juli 1746, als der Kaisersaal, das Stiegenhaus und der ganze 
linke Flügel noch unfertig waren, starb er. Bis zu seinem Tode 
war seit der Grundsteinlegung im J. 1720 über eine Million Gulden 
auf das Werk verwendet worden, obwohl die Unterthanen un- 
entgeltlich Hand- und Spanndienste leisten mussten. Allein die 
Ausgaben für Bauholz, welches in seiner ungeheueren Menge einen 
bedeutenden Wald repräsentirt und vorzugsweise dem Steigerwald 
und den Forsten in den Aemtern Ebern und Mainberg entnommen 
wurde, beliefen sich auf 99140 Gulden. Wahrend unter dem un- 



Tiepolo: Iphigenie. 

mittelbaren Nachfolger Friedrich Karls, Anselm Franz von 
Ingelheim (1746—1749), die Bauthätigkeit beinahe ganz ruhte, 
ward unter Karl Philipp vonGreiffenklau (1749— 1754) der 
Kaisersaal und das Stiegenhaus von der Meisterhand Tiepolos 
mit Gemälden geschmückt. Der eigentliche Vollender aber der 
Residenz ist Adam Friedrich von Seinsheim (1755-1779). 
Bis zu seinem Tode verwandte er auf deren innere Einrichtung 
und auf die Fertigstellung des Hofgartens ungefähr 300000 Gulden. 
Er war es, der, um den Platz vor dem Schlosse symmetrisch zu 
gestalten, 1765—70 den „ Gesandtenbau ' auf der rechten Seite, 
entsprechend dem älteren „Rosenbach'schen HoP (jetzt Wohnung 



- 39 - 

des Regierungs-Präsidenten zur Linken, und in demselben Stile 
aufrühren und sodann 1770 durch den Hofbaumeister J. P. Geige I 
die an beide Gebäude sich anschliessenden Arkaden errichten liess. 
Während die architektonische Gestaltung des Residenz- 
baues nach Aussen wie im Inneren, von der Kuppel des Kaiser- 
saales bis hinunter in die weinduftige „Sakristei" des Hofkeliers 
das alleinige und ureigenste Werk unseres Balthasar Neumann 
ist, hat die „innere Einrichtung" der Residenz, d. h, die 
zweck- und stilgemässe Ausstattung der weiten und hohen Räume 
mit Schmuck und Haus- 
rath aller Art, mit dem 

wechselnden Ge- 
schmacke der Zeiten 
sich geändert. Die hei- 
tere und leichte Göttin 
des Rococo, welche in 
den Tagen eines Fried- 
rich Karl von Schönborn 
und Anselm Franz von 

Ingelheim auf dem 
Throne der Kunst und 
der Mode sass, wurde 
später verdrängt durch 
den „Klassizismus" oder 
den „Stil des Empire", 
Grossherzog Ferdinand, 

der Habsburger aus 

Italien, ein grosser 
Freund der Baukunst 
und des Bauens, ging 
mit wahrem Feuereifer 
daran, die ganze innere 

Einrichtung zunächst in Balihasar Neum.nB. 

dem Hauptstocke der 

Residenz, nach dem neuen „feinen und reichen" Geschmacke um- 
zugestalten. Nicht weniger als die „königliche" Summe von einer 
halben Million Gulden soll in den acht Jahren von 1806— 1814, da 
unsere Stadt zum letzten Male der Sitz eines regierenden Herrn 
gewesen ist, in die hiesige Residenz verbaut worden sein. Der 
in seiner Art ausgezeichnete Meister, der all die blendenden aus 
der grossherzoglichen Zeit stammenden Einrichtungen und Deko- 
rationen geschaffen hat, war Würzburgs letzter, zu Unrecht ver- 
gessener „Hofbau direkter" Nikolaus Alexander de Salins de 
Montfort. 

Er stammt aus einem französischen Adelsgeschlechte, dessen 



— 40 — 

Wiege wohl in der nach ihren Salzquellen getauften Stadt Salins 
im Juradepartement stand. Früh erscheint er als Ingenieur-Offizier 
im französischen Staatsdienste und widmete sich schon damals 
der Architektur mit ausgezeichnetem Talente. Sein Meisterwerk 
aus jener Zeit, das de Salins selber als die bedeutendste Leistung 
seines Lebens ansah, war der Bau des Residenzschlosses der 
Fürstbischöfe von Strassburg in der unterelsässischen Stadt Zabern. 

Der Sturm der grossen Revolution hat den adeligen Baumeister 
sammt Hunderten seiner Standesgenossen über den Rhein nach 
Deutschland getrieben. Er taucht zu Anfang des 19. Jahrhunderts 
in Frankfurt auf und hat dort eine Reihe sehr interessanter Bauten 
aufgeführt. Seine Berufung hieher als grossherzoglicher Bau- 
direktor erfolgte zu Beginn des Jahres 1807. Trotz der Schwierig- 
keiten, welche ihm aus der mangelhaften Kenntniss der deutschen 
Sprache und Schrift erwuchsen, that de Salins alles Mögliche, um 
die Pflichten seines neuen Amtes getreulich zu erfüllen und nach 
Kräften Geschmack, Ordnung und Sparsamkeit in seiner Sparte ein- 
zuführen. Wie sein grösserer Vorgänger im Amte, Balthasar Neu- 
mann, zeichnete sich de Salins durch eine bewundernswerthe Viel- 
seitigkeit aus. Dem Institute für Künste und Handwerker, aus dem der 
polytechnische Verein später erwachsen ist, wendete er besondere 
Sorgfalt zu. Gleichfalls dem Bestreben, das Handwerk auf die Stufe 
der Kunst emporzuheben, entsprang die 1808 von ihm veranlasste Ein ' 
führung einer Prüfung für die Maurer-, Tüncher-, Zimmer- und Dach- 
deckergesellen. Weiter abseits von seinem Berufe lag die Aus« 
arbeitung von Denkschriften über die Errichtung von Fabriken, 
die Verbesserung und Verschönerung der Heilbäder Kissingen 
und Bocklet, die Ausbeutung der grossen Torfmoore auf der 
Rhön, die Schiff barmachung der Saale und vieles andere mehr. 
Die meisten dieser Projekte gelangten nicht zur Ausfuhrung. 

Mehr Erfolg brachte unserem Hof baudirektor die Leitung der 
vielen und immerwährenden Bauten des Grossherzogs in der 
hiesigen Residenz und in den Schlössern zu Wemeck und Veits- 
höchheim. Mit der grössten Präzision führte er die sämmtlichen 
Arbeiten aus und bewährte nicht nur seine Kenntnisse des Bau- 
wesens sondern auch ganz vorzüglich seinen — nach dem Urtheil 
der Zeitgenossen — „reinen Geschmack" und seine hervorragende 
Kunst als Dekorateur. „Um seiner Anstellung Ehre zu machen, 
habe er ganz allein so viel besorgt, als wozu gewöhnlich mehrere 
thätige Männer und fleissige Aufseher erforderlich sind." Mit 
einem aussergewöhnlichen Fleisse ordnete er alles, was auf die 
Dekoration Bezug hatte , bis auf das kleinste Detail an, entwarf 
alle Zeichnungen selbst im Grossen und brachte es endlich dahin, 
dass die hiesigen Handwerksleute seine Ideen mit einer Genauig- 
keit ausführten, welche die unter dem Grossherzog entstandenen 



- 41 - 

Bauten auf einen seltenen Grad der Vollendung brachte. Durch 
diese rastlose und vielseitige Thätigkeit für den Hof und die 
wirksame Förderung der Bildung und des besseren Geschmacks 
der hiesigen Künstler und Handwerker habe de Salins bleibenden 
Ruhm sich erworben, schrieb im Jahre 1815 die damalige höchste 
Regierungsstelle, die Hofkommission dahier, als sie dem kgl. 
Staatsministerium das Gesuch des letzten würzburgischen Hof 
baudirektors um Quieszirung in Vorlage brachte. — 

Aus der grossen Schaar der Künstler — Maler, Bildhauer, 
Stukkateure, Marmorarbeiter und Vergolder — , welche mit und 
nach Neumann bei dem Baue und der Ausschmückung der Resi- 
denz thätig waren, ragt als der bedeutendste der Maler Giovanni 
Battista Tiepolo hervor. Als vor etlichen Jahren seine Vater- 
stadt Venedig den 200. Geburtstag ihres berühmten Sohnes durch 
eine reichhaltige Ausstellung seiner Werke in würdigster Weise 
beging, wurde von Rechts wegen auch in Würzburg, der einzigen 
Stadt in ganz Deutschland, wo der Meister unvergänglich e Spuren 
seines Schaffens hinterlassen, sein Gedenken durch eine Ausstell- 
ung in der Residenz gefeiert. — 

Tiepolo'), genannt Tiepoletto, wurde als Sohn eines Kauf- 
fahrteischiffers zu Venedig in den letzten Tagen des Monats März 
1696 geboren und am 6. April in der Pfarrkirche von S. Pietro 
di Castello getauft. Im Februar 17 19 verheirathete er sich mit 
Cecilia Guardi, Schwester des gleichnamigen Malers, und ent- 
sprossen dieser Ehe neun Kinder, von denen Domenico und Lorenzo 
ebenfalls künstlerischen Ruhm erwarben, ersterer als Maler und 
Gehilfe seines Vaters, der letztere noch besonders als Kupfer- 
stecher. Lieber Tiepolo's Lehrjahre ist nicht viel bekannt. Bei 
seinen ersten Lehrmeistern, dem einfachen nüchternen Lazza- 
rini und dem bedeutenderen Franceschini, lernte er wenig und 
doch unendlich viel: er lernte zeichnen, und ohne das wäre sein 
Talent verkommen. Schliesslich kam Tiepolo zu Piazetta und 
dieser Künstler war ihm unter den Venetianern damals vielleicht 
allein stammverwandt. Jahrzehnte lang arbeitete er in der Hei- 
math, vielbeschäftigt namentlich auch in Mailand und von den Zeit- 
genossen hochgeschätzt. Im Jahre 1750 erhielt er die Berufung 
des Fürstbischofs Karl Philipp von Greiffenklau nach Würzburg, 
in dessen Dienst er bis Ende 1753 weilte. In seine Vaterstadt 
zurückgekehrt, übernahm er bald darauf — 1755 ~ ^i^ Leitung 
der von der Republik errichteten Akademie der schönen Künste, 
welche die grosse Vergangenheit zu neuem Leben erwecken 
sollte. Aber das Unmögliche gelang auch einem Tiepolo nicht 
und es war für ihn wohl eine Art Erlösung, als ihn 1762 König 

») Vergl. Frz. H. Meissner, Tiepolo (Velhagen & Klasing, 1897). 



Karl ni. nach Madrid berief. Mit seinen Söhnen Domenico und 
Lorenzo schuf er dort mit einer trotz seines Alters ungeschwäcliten 
Kraft Fresken und 
Oelbilder im königL 
Paläste und in vielen 
Privathäusem, bis 
ilm am 27. März 1770 

der Arbeit sozusagen 
ilberrasclite. Er wur- 
de in der Kloster- 
kirche St. Martin be- 
graben , doch sind 
spater, als diese 
Kirche demoiirt wur- 
de, die sterblichen 
Ueberreste Tiepolos 
zerstreut worden. 

wältigen Schaffens- 
kraft zeugt heute 
noch eine sehr statt- 
liche Reihe von Fres- 
ken , Tafelbildern, 
Zeichnungen , Ent- 
würfen, Radierungen 
und Kupferstichen. 
Zahlreiche Kirchen 
Italiens sind mitAltar- 
blattern von seiner 
Hand geschmückt. 
Zu den besten Schöpf- 
ungen dieserGattung 
gehören : „Aufstieg 
zum Calvariehberg" 

von ergreifender 
Grösse und Trauer, 
das Martyrium der 
hl. Agatha, ausge- 
zeichnet durch vor- ' 
-r- 1 AI K-.j ,, u ,] n treffliche Verlheil- 

Tiepolo: AU.rbLld .,1 der Holkapeüe. ^„^ ^^„ Licht und 

Schatten, und das 
Bildniss des Irenaposteis St. Pal rik, eine wahre Perle durch Kraft 
und Wahrheit der Farbe und das Ineinanderspielen glänzender 



LichtefFekte und düsterer Halbschatten. Den Höhepunkt aber er- 



reichte der Kir 
Vollkraft seine«' Le- 
bens, im Jahre 1739, 
lür das Versamm- 
lungshaus fscuola) 
der Karnieliten in 
Venedig schuf. Ins- 
besondere das den 

Mittelpunkt der 
neun Darstellungen 
bildende Deckenge- 
mälde : Die hl. Jung- 
frau überreiche dem 
seligen Simon Stock 
das Skapulier, be- 
zeichnet Zanetti, ein 

Zeitgenosse 
Tiepolos, als das 
Werk, in dem dessen 
Stil in grösster Rein- 
heit und Schönheit 
zu Tage trete. Wäh- 
rend unser Meister 
lür seine Staffelei- 
bilder fast aus- 
schliesslich religiöse 

Gegenstände sich 
zumVorwurfe nimmt, 
zeigt er sich in den 
Fresken als Virtuose 
in der Behandlung 
glänzender profaner 
Stoffe. Eine sichere 
und flüchtige Hand, 

eine fast unbe- 
schränkte Beherrsch- 
ung der Perspektive 
und eine wunderbar 
leuchtende Farben- 
gebung machten ihn 

zu einem 
Architekti 



iler Tiepolo in den Bildern, die 



dieser Art sind vor Allem die Schilderungen aus c 
Kleopatra, mit welchen er den Palazzo di Labia ii 



Hochbedeutende Leistungen 



- 44 - 

Stadt schmückte, sowie die Freskomalereien in der Residenz zu 
Würzburg. Ohne Zweifel war Tiepolo unter den italienischen 
Malern des i8. Jahrhunderts der grössten einer und derjenige, 
der am meisten an Paolo Veronese erinnert. Mit ihm sank 
Venedigs Künstlerruhm endgültig in's Grab. — 

Ob und wie weit die Berufung Tiepolos nach Würz- 
burg auf den Einfluss Neumanns zurückzuführen ist, lässt sich 
bei dem Schweigen der urkundlichen Quellen nicht feststellen. 
Gewiss ist, dass er zunächst und ausdrücklich zur Ausmalung des 
grossen Speisesaales, der jetzt gewöhnlich der Kaisersaal 
genannt wird, hierher verschrieben wurde und dass vor Tiepolo 
schon ein anderer Künstler sich an diesem Werke versucht 
hat^). Im Herbste 1749 kam nämlich ein gewisser Joseph Visconti 
aus Mailand „in Bekleidung hoher Vorschreiben", worin er „als 
einer der stärksten Maler" gerühmt wurde, an den Hof des 
Fürstbischofs Karl Philipp von GreifFenclau , und machte sich 
anheischig, noch während des Winters die Arbeit im Saale „nach 
der vorgelegten Skizze fertig zu machen und seine Kunst der- 
gestalt zu zeigen, dass solche von männiglichen die approbation 
finden solle." Der hohen Meinung, die Visconti von seiner Leistungs- 
fähigkeit hatte, entsprach auch der sehr hohe Lohn — 1000 Dub- 
lonen — , den er forderte. Nach langen Verhandlungen wurde 
unterm 17. Oktober 1749 die Hofkammer mit ihm dahin einig, 
dass er nach Vollendung des Werkes 4000 Reichsthaler (= 800 Dub- 
lonen) als Honorar, zur Anschaffung der Farben und des Goldes 
aber sofort einen Vörschuss von 1000 Reichsthalern erhalten 
sollte. Was weiter geschah, ob der „grosse Meister" überhaupt 
an die Arbeit gegangen oder gleich nach Empfang des Vor- 
schusses das Weite gesucht hat, ist in Dunkel gehüllt. Genug, 
am 18. März 1750 produzirte der Rath Ganzhom der Hofkammer 
„20 Büchlein venetianischen Goldes mit dem Vermelden, dass 
dieses alles sei, was vom Maler Visconti zur Schadloshaltung 
zurückverblieben." 

Unmittelbar nach dem „Abgange" dieses „Künstlers" wurden 
von hier aus unter Vermittlung des wahrscheinlich aus Würzburg 
stammenden Bankiers Lorenz Jakob Mehling in Venedig „mit dem 
sehr berühmten und kunstreichen Maler Johann Baptist Tiepolo" 
Verhandlungen eingeleitet, die aber, hauptsächlich in Folge zwei- 
maliger Erkrankung des Meisters, erst am 12. Oktober 1750 zu 
einem Vertrage führten. Demzufolge verpflichtete sich Tiepolo, 
den Saal „mit all möglicher attention, Kunst und Fleiss nach der 
vorgelegten description und dem mitgetheilten Abrisse, bevorderist 



*) Die Nachrichten über die Thätigkeit Viscontis, sodann Tiepolos und seines Sohnes 
in Würzburg sind aus archivalischen Quellen geschöpft. 



~ m - 

nach dem gnädigsten Willen Seiner hochfürstlichen Gnaden, in 
gehöriger Zeit all in fresco" zu malen. Dafiir wurde ihm zuge- 
sichert: looo fl. Reisegeld, Kost und Logis bei Hof ftlr sich „und 
seine mithabenden Personen", sowie „für sein Stipendio oder Ver- 
dienst" loooo fl. rh., wovon aooo fl. alsbald nach der Ankunft in 
Würzbui^ zahlbar sein sollten. Farben, Gold und andere Erfor- 
dernisse wurden auf Kosten des Hofes beschafft. 

Im Januar 1751 traf Tiepolo hier ein mit dem Entschlüsse, 



i Nahmen und Km 
30- 



1 Teutschland eben massig 



ewigen". 

Juni 1752 wird be- 
richtet, dass er „den 
grossen Speissaal 
(Kaisersaal) der- 
gestalten kunstreic)i 
und zierlich ausge- 
mahlt, dass S. hoch- 
fürstlichen Gnaden 
dero vollkommene 
Zufriedenheit darob 
gefunden". Der Ge- 
genstand der Dar- 
stellung war dem 
Künstler von vorne- 
herein genau vorge- 
sehrieben worden. 
Man griflT auf die 
glorreichste Epoche 
der würzbu Irischen 
Geschichte, auf die 
Zeit der Staufer, zu- 
rück. Damals , auf 
einem grossen 
Reichstage, den 
Friedrich Barbarossa 
im Jahre ir68 dahier 

abhielt, leistete mit den übrigen anwesenden Fürsten auch der 
Würzburger Bischof Herold dem Kaiser feierlich den Treueid, 
wurde mit den Regalien belehnt und erhielt zugleich jenen hoch- 
wichtigen „Brief mit anhangendem Siegel von gutem, lauterem 
Golde", darin die Bischöfe zu Würzburg als alleinige Inhaber 
der landgerichtlichen Gewalt und als rechte und wahre Herzöge 
zu Franken anerkannt und bestätigt wurden. Diesen für die 
ganze Enlwickelung des Fürstbisthums horhbedeutsamen Vor- 
gang verewigte Tiepolo in dem Felde an der Nordwand des 



Tiepolo: 
des BiUlliHuets Jakob van der Auv«ta. 



>- 46 - 

Saales mit leuchtenden Farben. Gegenüber hatte er die im 
Jahre 1156 in der Woche nach Pfingsten (10.— 17. Juni) dahier 
gefeierte Hochzeit Barbarossas mit der burgundischen 
Prinzessin Beatrix, wobei der Bischof zu Würzburg, Gebhard 
Graf zu Henneberg, „die solenne Benediktion verrichtete", dar- 
zustellen.' Unter den Gästen, die der Trauung beiwohnen, sehen 
wir zwei Kardinäle, zum Zeichen, „dass solche Ehe nicht wider 
das Gutheissen des päpstlichen Stuhles fürgenommen worden" •). 
Das Gemälde an der Decke selbst sollte die beiden 
„Historien" mit einander verbinden. Aus hellem Gewölke, hervor- 
brechend führt „der Phoebus Orientalis" auf seinem Sonnen wagen 
die Braut dem Kaiser zu, der in der Tiefe im Schutze des „Genius 
Imperii" ihrer harrt. Dem Sonnengotte gesellen sich ausser der 
Liebesgöttin Venus, als Verkörperungen der wichtigsten Erwerbs- 
zweige des Frankenlandes Ceres (Ackerbau), Bacchus (Weinbau) 
und Moenus (Schiffiahrt und Handel) zu. Der vor Apollo einher- 
fliegende Knabe bringt dem Kaiser das Schwert entgegen, damit 
er es als das Symbol der herzoglichen Gewalt dem Bischöfe von 
Würzbnrg verleihe. Ritterliche Träger des Reichspaniers und der 
Fahne des Herzogthums Franken beleben und ftlllen den Hinter- 
grund. — Wie das Deckengemälde erscheinen auch die Darstell- 
ungen in den kleineren Feldern zwischen den Fenstern 
und Pfeilern als eine Verknüpfung der „Historien". Es sind 
Personen aus dem Gefolge des Kaisers, die theils der Hochzeit, 
theils dem Reichstage beiwohnen. Gerade dieser Theil der Arbeit 
Tiepolos weicht von dem Entwürfe, der ihm aus dem Kabinete 
des Fürstbischofs mitgetheilt wurde, vollständig ab. Ursprüng- 
lich sollten nämlich hier in sechs Feldern die Verlobung Frankens 
mit dem Reich, die Vermählung des Würzburger Bisthums mit 
der Kirche und die vier .Erzämter, welche der Bischof Herold 
im J. 1168 „zu grösserem Ansehen seines herzoglichen Fürsten- 
thums angeordnet hatte", dargestellt werden. 

Hochbefriedigt über die vortreffliche Ausführung des ersten 
Auftrages entschloss sich der Fürstbischof, „zur Vergrösserung 
des Prachts und Zierde in dero fürstlichem Palais" durch den 
nämlichen Künstler das Gewölbe über der Hauptstiege 
auf gleiche Art „aF in fresco" malen zu lassen. Als Honorar 
ward die hohe Summe von 12000 fl. ausgeworfen. Im Oktober 
1753 hatte Tiepolo das gewaltige Werk „künstlich und nach 
seiner bekannten Force und Gewohnheit" vollendet. Die Idee 
ward sicher auch in diesem Falle ihm vom Hofe gegeben. In 
den damals beliebten Formen der Mythologie sollte die den ganzen 
Erdkreis umspannende und beherrschende Macht der Kirche 



*) Uarbaroäsas erste Ehe war bekanntlich geschieden wurden. 



- 47 - 

dargestellt werden ')■ "Daher sehen wir in der Mitte den Olymp 
als den Sitz der Götter und aussen herum an den vier Seiten die 
allegorischen Darstellungen der vier Welttheile. Die einzelnen 
Gruppen*) sind äusserst charakteristisch behandelt, in der Leichtig- 
keit der Beherrschung des grossen Raumes ist kein neueres Fresko- 
gemälde dieser Decke gleichgekommen. Es ist bekannt, in welch 
abfälliger Weise Anselm Feuerbach in seinem Tagebuehe dieses 
Werk Tiepolos beurtheilt; die Zeitgenossen waren anderer Mei- 
nung und auch der 
sonst kühl und nüch- 
tern abwägende Ge- 
schichtsschreiber des 
Barockstiles, C. Gur- 



Lobeshymnus fortge- 
rissen. „Allerdings" 
— sehreibt er — 
„hätte die ganz un- 
gegliederte Fläche 
der nur durch eine 
mächtige Kehle über 
die Architektur er- 
hobenen Decke den 

verhältnissmässig 
feinen, schon in den 
strengeren Formen 
des jüngeren Neu- 
mann gehaltenen Auf- 
bau der korinthischen 

Wandpilaster des 
Oberstocks erdrückt, „ „ 

wäreesdemstrahlen- Selbsipo.l.St Tiepolos. 

den Silberton des 

grossen Barockmalers nicht gelungen, seinem riesigen, etwa 
sechsthalbhundert Quadratmeter messenden Bilde eine seltene 
Leichtigkeit und unergründliche Luftperspektive zu geben. Alle 
Last ist aufgehoben. Wie die kräftig bunten, auf den Gesimsen 
hinwandelnden Gestalten der Nationen der verschiedenen Welt- 
theile frei und sicher über der .Architektur sich erheben, ein Ge- 

<) Nich eimr Mitthcilnng dn f Univ.-Pror. Dr. Situ. 



- 48 - 

schlecht lebensfroher, markiger Gestalten, wie über ihnen huldigende 
Genien, eine Welt leicht beschwingter, der Körperlichkeit scheinbar 
entkleideter Wesen durcheinander webt, ist nicht zu beschreiben, 
sondern muss bewundert und staunend begriffen werden." 

Mit der Herstellung der grossen Freskomalereien im Tre p p e n- 
hause und im Kaisersaale der Residenz war die Thätigkeit Tie- 
polos in Würzburg keineswegs erschöpft. Wir wissen, dass er 
im Oktober 1753, als er sich nach einem Aufenthalte von etwa 
2^/4 Jahren zur Heimkehr in die Lagunenstadt rüstete, über das 
für die Ausmalung des Stiegengewölbes bedungene Honorar hin- 
aus noch ein besonderes „Douceur" von 3000 fl. rh. „für diese 
Arbeit und verschiedene andere für bischöfliche Gnaden verfertig- 
ten Stücke" ausbezahlt erhielt. Unter diesen „Stücken" stehen 
wohl obenan die beiden Altarbilder in der Hofkapelle: Maria 
Himmelfahrt und Sturz der Engel. Ausserdem befanden sich ehe- 
dem in der Residenz zwei „Fabelstück aus dem Tasso" und der 
hl. Franziskus in Pastell gemalt „von dem alten Tiepolo". Auch 
für Private hat der venetianische Meister hier gearbeitet. Zu den 
besten Werken dieser Art und Tiepolos überhaupt zählen un- 
streitig die jetzt im Eigenthume des Reichsraths Freiherrn von 
Guttenberg stehenden Gemälde: Christus und die Ehebrecherin, 
sowie Rebekka am Brunnen 1). Andere Originalarbeiten [?] besitzt 
die Universität (Mucius Scaevola, die Familie des Darius vor 
Alexander dem Grossen, Christus am Oelberg, Susanna im Bade, 
Studienkopf), Dr. Ziegler (Iphigenia, 2 Miniaturköpfe venetianischer 
Nobili), der historische Verein (die Porträts des Bildhauers Jakob 
van der AuveraS) und seiner Frau). Ausserhalb Würzburgs er- 
hielt Tiepolo noch von der reichen Benediktinerabtei Münster- 
Schwarzach mehrere Aufträge. Für die prachtvolle, von B. Neu- 
mann erbaute Klosterkirche, welche leider in den Jahren 1821 
bis 1827 niedergerissen wurde, lieferte er gegen den Lohn von 
432 Gulden ein grosses Altargemälde: die Anbetung der hl. drei 
Könige, das jetzt unter den Schätzen der alten Pinakothek in 
München zu sehen ist. Ebenfalls in die Hauptstadt des Landes 
wurde nach der Säkularisation verbracht, was sonst noch von 
Tiepolo in Schwarzach sich vorfand, nämlich eine Skizze („eine 
heilige Familie mit vielen Engeln") und 14 „kleine Kupferstiche" 



*) Herrn Reichsrath Freiherrn Th. von Guttenberg, Herrn Dr. G. Ziegler und dem 
Vorstande des historischen Vereins, die uns bereitwilligst die Reproduzirung ihrer Ge- 
mälde gestattet haben, sei auch au dieser Stelle nochmals herzlichst gedankt. 

*) Jakob van der Auvera, aus Mecbeln, Schwiegersohn des Malers Onghers, war 
der erste (■{* um 1760) und bedeutendste aus der Familie A., welche in vier Generationen 
der Kunst gedient hat. Er ist der Schöpfer der Statuen an den Portalen von Neumünster, 
dem Seminar sowie der Peterskirche und hat mit seinen Söhnen Johann Georg Wolfgang 
(t '7S^) u"^ Lukas Anton (f 1766) ein reiches Arbeitsfeld an der Residenz gefunden. 



- 49 - 

(wohl Radirungen). — Nicht so produktiv wie der Vater Tiepolo 
war sein älterer Sohn Domenico, immerhin aber ist auch er 
in mehreren Gemälden hier vertreten. Ihm gehören nämlich die drei 
Bilder an, die als sogenannte SopraportosüberdenThüren 
desKaisersaales hängen. Das eine — über dem Eingange aus 
dem weissen Saale — stellt dar, „wie Justinianus die Rechte gegeben 
hat". Die Deutung des zweiten Gemäldes ist unsicher*). Gegen- 
stand des dritten Bildes ist, „wie der hl. Ambrosius, Bischof von 
Mailand, dem Kaiser Theodosio wegen seinem übereilten Zorn 
die Kirch versperret hat". Für diese Arbeiten verlangte und erhielt 
der Künstler im September 1751 180 Spezies-Dukaten. Um das 
geringere Honorar von 100 Dukaten malte er dann im Jahre 
1753 „vier Supraporten mit vielen Figuren" in den Speisesaal des 
„Lustschlössleins" zu Veitshöchheim. Wo diese Werke gegen- 
wärtig verwahrt werden, ist nicht bekannt. Dagegen weiss man, 
dass zwei Bilder Domenicos (Fusswaschung der Magdalena und 
Abendmahl), welche einst den „neuen hochfürstlichen Speise- 
saal" in der hiesigen Residenz zierten, im Jahre 1804 an die 
Münchener Gallerie eingeschickt und später in Schieissheim auf- 
gestellt worden sind. — 

Viel wäre noch zu erzählen von all den Künstlern, die neben 
Neumahn und Tiepolo an der Ausschmückung des prächtigen 
Schlosses betheiligt waren, aber die Zeit drängt und schon wartet 
der Diener, der uns durch den Bau führen soll. 

Die R e s i d e n z '*) ist ein im italienisch-französischen Renaissance- 
stile aufgeführter Prachtbau von 167 m Länge, 92 m Breite und 
21 m Höhe mit einer Kirche, 5 Sälen, 312 Zimmern, die durch 
sieben Höfe Licht und Luft erhalten. Das Schloss, von allen 
Seiten freistehend, bildet ein längliches Viereck, dessen westliche 
Front durch Zurücksetzung des mittleren Theiles in zwei Flügel 
getrennt ist, während die dem Hofgarten zugewendete Rückseite 
ohne Unterbrechung fortläuft. Fünf durch freistehende Säulen 
dorischer Ordnung getragene Altanen beleben die Westseite des 
Mittelbaues. Die Symmetrie des Ganzen, die grossen, reichver- 
zierten Fenster, der grüngelbliche Sandstein — alles macht den 
Eindruck einer vornehmen Grösse, einer massvoll und ruhig 
wirkenden Pracht. Diese Wirkung wird durch den riesigen, vor 
der Hauptfagade sich ausdehnenden Platz noch bedeutend ge- 
steigert. Ein Meisterstück der Baukunst ist im Mittelbau die mit 
einem flachen Gewölbe überspannte Halle, aus welcher man in 



¥) Ein altes Inventar erklärt es — im unlösbaren "Widerspruche mit den geschicht- 
lichen Thatsachen — als eine Darstellung der üeberwindung „Bellisars" durch Constantin 
den Grossen (I). 

*) Yergl, C. Gurlitt, Gesch. des Barockstiles etc. in Deutschland, S. 338 ff., und 
insbesondere Keller' Balth. Neumann S. 51—83, 



^ 50 - 

einen länglich achteckigen, gewölbten Gartensaal gelangt. Den 
Plafond desselben schmückt ein von Johann Zick al fresco gemaltes 
Göttermahl, wobei Diana von fürstbischöflichen, grünuniformirten 
Hofjägern bedient wird. Links von der Vorhalle liegt das Treppen- 
haus, eines der schönsten, das die Kunstgeschichte kennt, mit den 
schon beschriebenen Fresken J. B. Tiepolos. 

Vom Treppenhause gelangt man in den weissen Saal, der 
den künstlerisch vollendeten Rococostukkaturen an Decke und 
Wänden seinen Namen verdankt, und dann in eine lange Reihe 
von Wohnzimmern im Empire-Stil, deren jedes eine andere Farbe 
und anderen Fussboden und Plafond zeigt. Das grösste histo- 
rische Interesse beansprucht von all diesen Gemächern das Schlaf- 
zimmer, in welchem der Regent des Königreichs Bayern, Prinz 
Luitpold, am 12. März 1821 als Sohn des damaligen Kronprinzen 
und späteren Königs Ludwig I. geboren wurde. Die schier end- 
lose Flucht der eigentlichen Prunkräume befindet sich gegen die 
Gartenseite zu. Fussboden, Plafonds, Wände, Thüren und Ein- 
richtuhgsgegenstände sind von ausgesuchter Pracht und zeugen 
von dem hohen künstlerischen Geschmack der Erbauer. Beson- 
ders hervorgehoben seien hier nur : das berühmte Spiegelzimmer, 
„das schönste der Welt", dessen Einrichtung mehr gekostet haben 
soll als der ganze Rohbau, mit Malereien von Byss, Thalhofer, 
Högler und Urlaub; die herrlichen Gobelinzimmer, deren gewirkte 
Tapeten theils dahier unter der geschickten Hand des Meisters 
Pirot, theils in niederländischen Werkstätten entstanden sind, end- 
lich in der Mitte des Gartenbaues der schönste und grösste Saal 
des Schlosses, der Kaiser- oder Barbarossa-Saal, ein Achteck 
von 26 m Länge und 16 m Breite. Ueber ein von 20 kanelirten, röth- 
lichen Gipsmarmor-Säulen getragenes, reich vergoldetes Gesims 
von gleichem Marmor wölbt sich die Decke mit den oben ge- 
schilderten farbenprächtigen Freskogemälden J. B. Tiepolos. In 
den Nischen stehen vier Statuen, rechts Neptun und Juno, links 
Apollo und Flora. Ueber den drei Thüren befinden sich vor- 
treffliche Oelgemälde Domenico Tiepolos. Die schönste Harmonie 
aller Bestandtheile des wahrhaft kaiserlichen Saales vollendet der 
mit rothen und weissen Marmorplatten belegte Fussboden. 

Die Hofkirche (Haupteingang vom Residenzplatze aus) 
nimmt die ganze Höhe des Schlosses ein. Ihre Länge beträgt 
31,50 m, die Breite 10,10 m. Von ihrer Basis erheben sich 22 Säulen 
von röthlichem Gipsmarmor mit vergoldeten Kapitalen, welche 
theils die Emporen stützen, theils den Wandpfeilem vorgelagert 
sind. Das kräftige ringsum laufende Gurtgesimse, welches die 
Kirche gleichsam in zwei Etagen theilt, ist wie die Brüstung der 
Emporen aus schwarzenx Marmor; aus schwarzem und gelbem 
Marmor sind auch die Altäre. Der Hochaltar, der statt eines 



- 51 - 

Altarblattes blos mit einem grossen Knicifixe von Gips und mit 
den Standbildern der Franken apostel ICilian und Burkard ge- 
schmückt ist, steht völlig Irei. Die beiden Seitenaltäre mit spiral- 
förmig gewundenen Säulen sind nach den Entwürfen des schon 

erwähnten 
Wiener Archi- 
tekten Johann 
Lukas Hilde- 
richtet. Die 

Altarblätter, 
rechts Maria 
Himmelfahrt, 
links den Sturz 
der Engel dar- 
stellend, sind 

vorzügliche 
Werke Tiepo- 
los. Die drei- 
theilige, über- 
aus lebhaft be- 
wegte Decke 

zeigt den 
Himmel, die 
Hölle und die 

Ermordung 
des hl. Kilian: 
Arbeiten der 
HofmalerByss 
und Högler. 
Rühmende Er- 
wähnung ver- 
dient noch die 

Würzburger Imtte Ansicht der Hofkirche. 

Meister Ph. 
Seuffert kunstreich erbaute Orgel '). 

Dem allgemeinen Besuche verschlossen sind aus triftigen 
Gründen die gewaltigen Kellergewfllbe, welche sich, mit Ausnahme 
des Mittelbaues, unter dem ganzen Residenzgebäude hinziehen. 

1} Am i{. Mal i8j( N.ehmiii.gj )-6 Uhi »riiSn« ein litf.igts Fmtr den g.nitn 



- 52 - 

Sie sind nicht bloss wegen ihrer Grösse, sondern auch wegen ihrer 
praktischen Einrichtung bewundernswerth. Hier waren zu den 
Zeiten, da noch der Krummstab herrschte, die Weinvorräthe ge- 
borgen, die theils als Erträgnisse der in staathcher Regie gebauten 
Weingärten, insbesondere aber in der Form von Zehenten und 
Gülten aus den mit Weinwachs gesegneten Aemtem des Hoch- 
stifts zusammenflössen. 

Ein Weinland war ja das Fürstbisthum, das den grösseren 
Theil des heutigen Kreises Unterfranken und Aschaffenburg in 
sich schloss, seit den Zeiten der Merovinger und Karolinger, da 
mit den fränkischen Missionaren und Soldaten die Rebe aus Gallien 
über den Rhein kam. Die erste Urkunde, in welcher des Wein- 
baues in Unterfranken Erwähnung geschieht, ist älter den ii. Jahr- 
hunderte. Im Jahre 777 schenkte Karl der Grosse der Abtei 
Fulda das Schloss Hammelburg. Unter den Zugehörungen werden 
acht Weinberge genannt. Fast gleichzeitig mit Hammelburg tritt 
Würzburg auf den Plan. Als ihre Markung um das Jahr 780 
umgangen und die Grenzen urkundlich festgelegt wurden, blühte 
schon „an den sonnigen Halden" die Rebe. Mit einer Schnellig- 
keit, wie wir sie jeder guten Sache wünschen, breitete sich dann 
der Weinbau, der im 16. Jahrhundert gerne als die „Silber- und 
Schmalzgrube" des Hochstifts Würzburg bezeichnet wird, über 
das mittlere und obere Maingebiet aus. Sehr bedeutende Grund- 
flächen, die jetzt mit Getreide oder Gemüse bepflanzt sind, waren 
noch vor wenigen Jahrzehnten mit Reben bestanden. Inzwischen 
ist ja, unter dem unwiderstehlichen Drucke der mit der Zeit sich 
ändernden Verhältnisse, der Weinbau, der sich ins Uebermässige 
entwickelt hatte, in ein engeres Bett, in eine gesunde Beschränk- 
ung zurückgefluthet. Immerhin zählt derselbe auch heute noch 
zu den wichtigsten Bodenkulturen Unterfrankens. 

Die fertige Gottesgabe, der Wein, wird theils im eigenen 
Lande getrunken, theils fliesst sie im Wege des Handels hinaus 
in alle Welt. Auf allen Blättern der Geschichte kann man lesen, 
dass „guter, purer und gerechter Frankenwein durchgehends 
grosses Lob erhält, denn er ist allemal ein kostbarer Wein und be- 
sitzt sein Feuer ebenso, wie Rheinweine." Erwärmende und stär- 
kende Kraft, Feuer, Süsse, Bouquet und Haltbarkeit sind un- 
bestrittene Eigenschaften der fränkischen und insbesondere der 
Würzburger Weine. Denn Würzburg war von jeher und ist 
heute noch der Mittelpunkt der Weinkultur. Hier residirt das 
hohe Königspaar Leiste und Stein, milder nach Frauenart 
„sie", feuriger und stürmischer „er", beide edelsten Geblütes. 
Und rings um ihren Thron lagern enggeschaart ihre Paladine, 
der Schalksberger, die Harfe und wie sie alle heissen. Hier 
ist der Sitz einer hochentwickelten Schaumweinindustrie und gross- 



- 53 - 

artiger Weinhandlungen, hier unterhält der bayerische Staat als 
„Mustergut", zugleich mit der Bestimmung, den Frankenweinen 
im Auslande zu wohlverdienten Ehren zu verhelfen, ein Weingut, 
zu dem ausser den Lagen in der Leiste, am Pfülben und Stein 
noch Weinberge zu Hörstein gehören. Und diese „Mustertropfen" 
lagern, wie sichs gebührt, in einem der schönsten Keller, die es 
giebt, im Würzburger Hofkeller. 

Ueber dem Eingange zu dieser weltberühmten Unterwelt 
unsrer Stadt wollte, wie dunkle Sage meldet, ein Philologe, 
der bei dem letzten „Vereinstage" erst nach langem Suchen 
von seinen Kollegen in der weinduftigen „Sakristei" aufgefunden 
und mit schweren Mühen ans Tageslicht gebracht worden, den 
Spruch Virgils als warnende Inschrift angebracht wissen: 

— — facilis descensus Averno, 
Sed revocare gradum, superasque evadere ad auras. 
Hoc opus, hie labor est '). 
Es ging so rasch, so leicht hinunter über die bequeme, be- 
häbige Treppe, der springende Brunnen in der Vorhalle rauschte 
so lustig, die uralten Riesenfässer erzählten, wie sie einst in den 
Thälem des Spessarts gewachsen und dann zu würdigen Behäl- 
tern edelsten Rebensaftes auserlesen worden, wie sie flüchten 
mussten vor dem Riesendurste der Schweden und Franzosen und 
endlich zur Ruhe gesetzt wurden, um handlicheren Fässern ge- 
ringeren Umfanges Platz zu machen. Nicht lange horchte unser 
Freund auf das Geplauder der leeren Gefösse, so stattlich sie 
aussehen mochten; der Duft, der aus den unansehnlichen, aber 
vollen Gebinden aufstieg, that es ihm an und aus tiefster Ueber- 
Zeugung stimmte er ein in das „Weinlied der Philister", das sein 
hochverehrter Kollege Ludwig Bauer der Alma Julia zu ihrer 
dritten Säkularfeier gespendet: 

Du Leisten, edler Feuerwein, 

Kannst auch den Stein durchgeisten. 

Und selbst der Schwächste kann beim Stein 

Was Menschliches noch leisten. 
Der Stein lässt uns der Sorgen Chor 

Stets siegreich überwinden. 

Im Leisten kann ein jeder Thor 

Den Stein der Weisen finden. 

Stets ist eu'r Vortrag tief und neu, 
Unsterbliche Docenten, 
Euch bleiben die Philister treu 
Als ewige Studenten. 

l) Leicht ist der Abstieg in den Avemus (die Unterwelt), 

Aber den Schritt zurückzulenken und zu entweichen in die Luft der Oberwelt 
Das ist Mühe, das ist Arbeit. 



- 54 - 

Leider zu bald ward auch die letzte Strophe zur Wahrheit: 
Nun dreht sich gar im Ringelreih'n 
Der Saal mit Tisch und Wand um; 
Das macht der Stein- und Leistenwein — 
Quod erat demonstrandum! 

Glücklicherweise 
erholte sich der 
Kranke in dem 
frisch über den Re- 
sidenzplatz wehen- 
den Winde so rasch 
wieder, dass er den 
vor dem Mittelbaue 
des Schlosses auf- 
ragenden Franko- 



ziemlich deutlich er- 
kannte und nur die 
Figuren Walters 
von derVogel weide, 
Tillmann Riemen- 
schneider's und des 
Malers Mathias 
Grunewald von 
Aschaffenburg trotz 
ihrer stark ausge- 
prägten Individuali- 
tät fort und fort 
init einander ver- 
wechselte. Nach- 
dem er einige Mi- 
nuten auf dem Pflas- 
ter des Platzes hin- 
und hergewandert 
war, wurde er be- 
reits so nüchtern, 
dasserwieder lesen 
konnte: „Der Luit- 
pold- oder Frank o- 
nia-Brunnen ') ist 
von der Gesammt- 
Feier des 70. Geburtstages Seiner 

Buiich Seiner Kanigikbeii Kaheit <lo Ptitii- 




Det Frank onia-Brunnen. 



bevölkenmg Unterfrankens z 



K }, j.nL 1S94. wetibui«. VttUg ,1 



- 55 - 

Königlichen Hoheit des Prinz-Regenten Luitpold von Bayern 
als ein dauerndes Zeichen dankbarer Huldigung errichtet und 
am 3- Juni 1894 in Gegenwart des Regenten und unter dem 
Jubel der zu Tausenden herbeigeströmten Fremden und Ein- 
heimischen enthüllt worden. Der Erzgiesser Professor Ferdinand 
von Miller in München ist nicht nur der geistige Schöpfer des 
ganzen Werkes, sondern es sind auch alle Bronzefiguren aus 
seinem Atelier her- 
vorgegangen. Die 
ArchitekturhatPro- 
fessor Gabriel Sei- 
del in München ge- 
zeichnet und hier- 
von H. J. Metzger 
von hierdiesteiner- 
nen Figurensockel 
und Muscheln an- 
gefertigt, während 
die grosse Brunnen- 
schale und alle Mau- 
rerarbeiten ein- 
schliesslich derFun- 
dirung Baumeister 
J. Hofmann ausge- 
Jhhrt hat. Zu Füssen 
der „ Frank onia", 
deren hoch erho- 
bene Linke das Ban- 
ner des fränkischen 
Herzogthums hält, 
während die Rechte 
in gesenkter Halt- 
ung einen Lorbeer- 
kranz ihren am 
Brunnen ran de ruh- 
enden Söhnen 
reicht, ist der Per- 
son des Prinzregen- 



1 ge- 



sellen Bügel eines Hofgaiten-Thort». 



krönten, von Genien 
gehaltenen Bildniss in Medaillonform gedacht Die drei sitzen- 
den Figuren — — " „Na, die keimen wir ja noch, hier Walter, 
nein; Grunewald oder doch Riemenschneider, übrigens schön, 
sehr schön." — Nun aber an dem ehemahgen Gesandtenbau, 
der den Süden des Residenzplatzes abschliesst, wahrend ge- 



- M - 

rade gegenüber das Wohngebäude des Regierungspräsidenten 
sich erhebt, rasch vorbei, hinein in den Hofgarten, jedoch 
nicht, ohne dem wunderschön gearbeiteten Thor, einem der 
Meisterwerke des Würzburger Hofsehlossers Oegg, wenigstens 
eine flüchtige Betrachtung zu widmen. Unter der Hand dieses 
Mannes, neben dem noch MarxGattinger zu nennen ist, hat die 
Kunstschlosserei ihre herrlichsten Blüthen getrieben, das starre 
Eisen ist lebeiidig geworden und hat sich in Ranken, Blumen 
und Blätter verwandelt. 



Die erste Anlage des Hofgartens hob gleichzeitig mit der 
Erbauung des Schlosses an. Dass verschiedene Zeiten daran ge- 
arbeitet, zeigen die verschiedenen Stilarten, die einander ablösten. 
Das Meiste zu dessen Verschönerung hat ein Böhme, der im Jahre 
1770 hieher berufene, ausgezeichnete Botaniker und Pomologe Joh, 
ProkopMayer. geleistet. Damals kamen zahlreiche exotische Pflan- 
zen und Bäume Ober den atlantischen Ozean herüber in die Main- 
stadt, darunter jene, wohl den meisten Lesern noch bekannten ame- 
rikanischen Platanen, deren letzte, ein gewaltiger Riese, vor wenigen 
Jahren einem Frühlingssturm zum Opfer gefallen ist Einer persön- 



- 67 - 

liehen Anregung des für das geistige wie leibliche Wohl seiner 
Würzburger treu besorgten Fürstbischofs Franz Ludwig von Erthal 
(j,j^p_i^3) verdankt die im englischen Parkstile gehaltene Partie 
des Gartens hinter dem Arkadenbaa ihre Entstehung. Sie sollte 
der ganzen Einwohnerschaft, welcher damals nur die Alleen auJ 
dem oberen und unteren Graben (Julius- und Hofpromenade) 
schattige Spaziergänge boten, zur freien Benützung geöffnet sein. 
Ein von demselben Fürsten vorher gemachter Versuch, alle Tlieile 



Auf der Ho fgarlen- Terrasse. 

des Hofgartens dem Publikum zu erschliessen, war recht schlimm 
ausgefallen. Nach einem Berichte der Hofgarten inspektion aus 
dem Jahre 1791 „hat die Unordnung und Ausschweifung des 
Publikums in den Gärten dahier und zu Veitshöchheim den 
höchsten Gipfel der schuldigsten Respekts Vergessenheit erreicht; 
es scheine, als wenn wirklich diese Gärten jedermann preisge- 
geben seien. Es sei darum der Zutritt nur gestandenen und ehr- 
baren Leuten, auch von der Bürgerschaft, zu gestatten, allen 
Kindern aber, die nicht bei ihren Eltern bleiben, sowie der 
Jugend vom niedersten Stande und den gemeinen Soldaten zu 
verbieten. Auch Studenten seien, soviel möglich, fernzuhalten, 



weiche die meisten und grössten Ungezogenheiten begehen und 
sieh nicht woiien korrigiren iassen; sie scheuen sich nicht, mit 
der Tabacltspfeife einheiz ugehen und hinten am Wall Karten 
zu spielen. Am meisten Unfug werde an Sonn- und Feiertagen 
getrieben, wo fast Niemand mehr vom Stand im Garten gehen 
mag!" — Weit, weit liegt diese böse Zeit hinter uns und der 
aitc Hofkammerrath Ulsamer, der jenes Klagelied geschrieben 
hat, würde hoch- 
erfreut sein, könn- 
te er heute einmal 
an einem schönen 
Sommertage sich 
unter die Menge 
gesellen, welche, 
fröhlich plaudernd 
die einen, ruhig 
geniessend die an- 
dern, den Hof- 
garten belebt. 
Wenn die Klänge 
der gutgeschulten 
Regimentsmusi- 
ken bald laut, bald 
leise, durch die 

weichen Lüfte 
ziehen, da giebt 
die ganze „schö- 
ne" und elegante 
Welt WOrzburg's 
sich hier ein Stell- 
dichein. Manch' 
junges Paar hat 
sich da gesucht 
und gefunden, 
heute unten in den 
verschwiegenen 
Kindergruppe aus dem Hofgarteo. Laubgängen, mor- 

gen oben auf den 
baumgekrönten Wällen, von denen der Blick hinabschweift 
in das Laubmeer der Glacisanlagen und hinauf und hinaus 
zur uralten Marienburg, zum „Käppele" und zur „Franken warte" 
und weiterhin zum Guttenberger Walde. Wie wunderschön ist 
doch die Welt im Lichte der Maiensonne und der jungen Liebe ! 
Dazu singen die Nachtigallen, die jeden Lenz ihre Nistplätze 
wieder aufsuchen, ihre schönsten Lieder, Rosen und Flieder 



- 59 - 

duften und die reizenden Kindergruppen, denen man kaum glaubi, 
dass der Künstler sie aus leblosem Stein gemeisselt, lächeln unter 
dem Kusse der Sonne und — schweigen. Es stehen da auf den 
Steingeländern der Terrassen und auf einzelnen Postamenten 
in den Laubhallen Statuetten, in denen sich heiterer Lebensgenuss 
und herzerquickender Humor in schönsten, klinsllerisehen Formen 
verkörpert haben. Leider hat der „Zahn der Zeit" sie zum grossen 
Theile recht arg 

mitgenommen 
und in stummer 
Klage ragen die 

verstümmelten 
GUedmassen in 
die Luft'). Besser 

erhalten und 
gleichfalls beach- 
tenswerth sind die 
links und rechts 
von dem grossen 

Bassin befind- 
lichen, epheu um- 
rankten Stein- 
gruppen, die Ent- 
führung der Euro- 
pa durch Jupiter 
und den Raub der 
Proserpina dar- 
stellend. 

All diese dem 

Charakter des 
Hofgartens vor- 
trefflich angepass- 
ten Bildwerke sind 

Arbeiten des 

Johann Peter 
Wagner, der an 
Stelle Jakobs van Kinde.gruppe aus dem Hofgar^n. 

der Auvera im 
Jahre 1756 als Hofbildhauer getreten war'). Geboren zu Kloster- 
theres am 26. Februar 1730 halte er den ersten Unterricht in der 
Kunst von seinem Vater Thomas erhalten, mit 17 Jahren die 
Akademie in Wien bezogen und sich dann auf Reisen durch die 
österreichische:! Staaten, die Schweiz und die Niederlande mit 

') Die .m Jlärlilltn bfKliädn«n Fltinnii wnrftn darcli dit BlWIuuer Müller un.- 
Hcrieiith in dtn leizitn Jihmi neu lierf-Hiellt 

■} StaiiiniJiigtrIm Areh. d. hin. Vcr. Bl. jj S. »7. 



- 00 - 

j;rossem Fleiss und tiefem Verständniss weiter ausgebildet. Von 
ihm sind ausser den Werken im Hofgarten die Kindergruppen 
und Vasen auf der Haupttreppe des Residenzschlosses, ferner die 
Statuen und Urnen der Kolonnaden, welche den Hofplatz ein- 
schliessen, sowie der Brunnen an der Hofstrasse. In Veitshöcli- 
heim gehören ihm gleichfalls mehrere Bildwerke an, unter denen 
sich besonders das Dianabad auszeichnet. Die elf ersten Stationen 
auf dem Nikolausberge folgten. Vergleicht man diese mit den 
drei letzten, welche aus der Werkstätte der Auvera hervor- 
gegangen, so ist der Gegensatz klar. Gegenüber dem Meister des 
Barocks ist Wagner der eigentliche Künstler des Rococo. Aber 
mehr als dieses: er leitet als der erste in eine bessere Zeit hin- 
über. Seine Werke verrathen „durch ihren Aufbau und ihre 
schönen Linien, durch ihr Zusammenwirken mit der Natur, wie 
mit den Bauten, durch den Liebreiz der Figuren einen über die 
künstlerische Bedeutung aller gleichzeitigen deutschen Bildhauer 
hinausgehenden Schönheitssinn und Meisterschaft. Namentlich in 
den Gruppen der Kinder bewährt sich die Begabung dieser Zeit 
nach ihrer glücklichsten Seite; sie sind ebenso naturwahr und an- 
ziehend in den Formen wie naiv und heiter in ihrem kindlichen 
Spiel". Denselben Fortschritt zum Bessern zeigen die ganz in 
seinem Geiste gedachten Grabsteine der Fürstbischöfe Hütten, 
Ingelheim und Seinsheim in der Kirche auf dem Marienberge. 
Das Denkmal des letzteren im Dom ist wenigstens sicher von 
ihm. Wagner, unterstützt von seinem Verwandten S i m o n W a g- 
n e r und seinem Gehilfen JohannBaunach (geb. 1765 zu Eichels- 
dorf, gest. 1828) hat nebstdem über 100 Altäre und Kanzeln ge- 
baut. Er starb am 7. Januar 1809 und hinterliess zahlreiche und 
tüchtige Schüler, darunter Balth. Heinrich Nickel (f 1799), den 
Bildner des Reliefs über dem Thore des Juliusspitals und der 
Hueberspflege sowie des Ceres-Brunnens auf der Neubaustrasse. 
Gleich gross wie er war indessen nur sein Sohn, der Bildhauer 
und Maler Johann Martin Wagner (geb. 1777, gest 1858), der 
bekanntlich alle seine Sammlungen von Kupferstichen, Hand- 
zeichnungen, Bildern, Sculpturen u. s. w. der hiesigen Universität 
geschenkt und dadurch das Wagnerische Kunstinstitut begründet 
hat. — 

Das Plätschern der hochaufschiessenden Fontäne ruft uns 
zurück aus den Gängen der Würzburger Kunstgeschichte, in die 
wir dem Meister Johann Peter Wagner gefolgt sind, zurück in 
den herrlichen Hofgarten, den der viel gewanderte Fürst Pückler- 
Muskau die schönste Anlage Deutschlands genannt hat. Es ist 
Juni und zu Hunderten blühen die Rosen in den seltensten Formen 
und Farben, im Freien sonnen sich zartgefiederte Palmen, und ihr 
Beispiel nachahmend sind auch die Pomeranzen- und Citronenbäume 



- 61 - 

aus der feuchtwarmen Luft der Gewächshäuser heraus in den Garten 
gezogen und lassen uns fast vergessen, dass wir nicht unter Palmen, 
sondern an den Ufern des Mains unter dem 49. Grade nördlicher 
Breite wandeln. Ueber Zeit und Raum hinweg täuscht die Hof- 
gartenverwaltung auch im Winter den Würzburger, indem sie 
das grosse, die Südseite der Anlage abschliessende Orangenhaus 
in einen allgemein zugänglichen „Wintergarten" verwandelt 
„Still" steht da die Myrthe und „hoch" der Lorbeer, Azaleen und 
Rhododendren feiern wahre Farbentriumphe, Heliotrop, Reseda 
und Nelke entsenden ihre Düfte, während draussen die Fontäne 
vom Froste in Fesseln geschlagen ist und die steinernen Satyre 
und Faune dichte Schneekappen sich über die Ohren gestülpt 
haben. 

Obwohl in den letzten Jahren für die Erneuerung der Bild- 
hauerarbeiten an und in der „Residenz" vieles geschehen ist, Spuren 
leichten Verfalls sind noch da und dort zu finden. Sie erinnern 
daran, dass Neumanns Meisterwerk, dieser bei aller Grossartigkeit 
doch vornehm bescheidene, bei allem überwuchernden Reicht hu m 
doch massvolle und gehaltene Bau", wohl noch den Namen einer 
„Residenz" trägt — sie ist der kgl. Civilliste überwiesen — , that- 
sächlich aber seit fast 8 Jahrzehnten unbewohnt ist. Nachdem 
die Säkularisation die Thore des Schlosses hinter dem seiner 
Fürstenwürde beraubten letzten Fürstbischof Georg Karl ge- 
schlossen hatte, folgte die kurze Episode des „Grossherzogthums 
Würzburg" (1806— 1814), während deren der Grossherzog Ferdinand 
hier residirte und zweimal, 1806 und 1812, seinen kaiserlichen 
Vetter und „Herrn" Napoleon empfing. Nach dem Jahre 1814 
nahm noch einige Sommer hindurch Bayerns Kronprinz Ludwig I., 
seinen Aufenthalt hier, bis auch er, verstimmt und grollend, nach 
München sich zurückzog. Seitdem haben nur ein paar Besuche 
fürstlicher Persönlichkeiten, — insbesondere S. Königl. Hoheit des 
Prinzregenten Luitpold, der seit 1886 seine Vaterstadt viermal 
besucht hat, — vorübergehend das frühere Leben in den pracht- 
vollen Räumen wiedererweckt, um die Verödung dann doppelt 
fühlbar zu machen*). Aus der Residenzstadt, die mehr als ein 
Jahrtausend lang das Herz eines nicht unbedeutenden geistlichen 
Fürstbisthums gewesen, war eine Provinzialstadt geworden. Das 
Schwert war dem Fürstbischöfe aus der Hand genommen, die 
Stola nur behielt er. Eine Bischofsstadt ist ja Würzburg 
heute noch. Zum 



>) Im rechten Flügel der Residenz, vom Beschauer aus, stehen zwei Säle dem 
Wärzbarger Kunstverein zur Verfügung, links befinden sich in den oberen Räumen 
die sehenswerthen Sammlungen des historischen Vereins von Unterfranken und 
Aschaflfcnburg. 



Wohnsitz des Bischofs 

ward durch das Konkordat vom Jahre 1817, welchem das ietzige 
„Bisthum" Würzburg seine Organisation verdankt, der ehemalige 
Donilierrnhof Conti (Herrnstrasse Nr. 8) bestimmt, der wahrschein- 
licli nach seinem ersten 
Erbauer, dem im Jahre 
1184 genannten Dom- 
herrnFridericusContus 
den Namen fährt. Ein 
späterer Bewohner, 
der Domherr Julius 
Ludwig Echter von 
Mespelbrunn (f 1609), 
ein Neffe des Bischofs 
Julius, hat dem Ge- 
bäude seine nunmeh- 
rige Gestalt gegeben, 
wie die Echterschen 
Wappen an dem gros- 
sen Hofthor in der 
Hermstrasse, sowie an 
der Eingangspforte 
und am Altar der da- 
rin befindlichen Ka- 
pellebekunden.Dieser 
Altar ist ein in Ala- 
baster ausgeführtes 
Kunstwerk, verfertigt 
von Michael Kern, 
de m Angehörigen einer 
aus Forchtenberg am 
Kocher .stammenden 
Bildhauerfamilie , die 
durch vier Genera- 
tionen gediegene 
Künstler hervor- 
brachte. Der der drit- 
Erker am Bischofspalais. ten Generation ange- 

hörende Michael K, 
(1580— 1649) kam früh nach Würzburg, wo er 1606 in die Zunft 
der Maler, Glaser und Bildschnitzer (St. Lukasbruderschaft) auf- 
genommen wurde. Wir dürfen ihn in der für das hiesige Kiinst- 
ieben epochemachenden Juliusperiode als einen der gediegensten 
in seinem Fache und Oberhaupt ab einen der besten deutschen 
Bildhauer seiner Zeit ansehen. — Wie der Kern'sche Altar ist 



auch der hier abgebildete, schön verzierte Erker im besten Re- 
naissancestil gehalten, — 

So lange das Fürstbislhum bestand, war der „Hof" dei 
Mittelpunlit des ganzen Landes sowohl als der Stadt, und ersi 
in zweiler Reihe kam die „Regierung". Ganz deutlich tritt uns 
dieses Verhältniss heute noch in den Bauten entgegen, welchf 
einerseits dem Regenten und seiner Hofhaltung, andererseits der 



Aller Kanzlei- oder Regierungsbau (KOrschnerhof). 

fürstbischöflichen Staatsbehörden dienten. Dort erst der weil- 
gedehnte Bischofshof, hier der einfache 

Kanzlei- oder Reglern ngsbau, 

den Würzburgern besser als das ehemalige Landgericht bekannt, 
Mehrere Jahrhunderte hindurch bedurften die höchsten Verwal- 
tungs- und Justizstellen des Landes Idas kaiserliche Landgerichl 
des Herzogthums Franken, das Stadt- oder Saaigericht. das Hof 
gericht, die Kanzlei und der städtische Oberrathi, zur Ausübung 
ihrer Thätigkeit nur der Amtshalle oder des „Saales", der — 
wie erwähnt — einen Bestandiheil des alten Bischofshofes aus- 
machte und an seinem Platze auch dann weiter bestehen blieb, 
als der Landesherr hinauf auf die Marienburg gezogen war. Im 



- 64 - 

Laufe der Zeit, insbesondere während des 15. Jahrhunderts, 
dehnte sich die Regierun gsthäCigkeit immer weiter aus und 
während ehedem ein Notar mit etlichen Gehilfen alle Schreib- 
geschäfte bewältigen konnte, bildete sieh nun ein ständiger Hof- 
und Regierungsrath aus geistlichen und welüichen Gelehrten. Es 
wurde jetzt sehr vieles, das man früher mündlich abgemacht 
hatte, geschrieben und die Archive und Registraturen ftlUten sich 
mehr und mehr. Da neben der Regierungsbehörde auch die 
Gerichte eine wachsende Thätigkeit entfalteten, ward das alte 
Anithaus zu enge. Der Fürstbischof Lorenz von Bibra sali sich 



Kg!, Regieninesgebaude, Hofansicht. 

deshalb veranlasst, in den Jahren 1515 bis 1517 an der Stätte 
des alten Saales und mit Einziehung einiger anstossenden Häuser 
und Kramläden die neue Kanzlei aufzurichten. Es war dies , 
der gegen die Domstrasse zu stehende Flüge! des Landgerichts- 
gebäudes mit dem Schwibbogen, über dem das Bibraische Wappen 
an die Zeit der Entstehung erinnerte. 

Der neue Bau nahm vor Allem den Hofrath oder die welt- 
liche Regierung mit der Kanzlei und den dazu gehörigen Regi- 
straturen auf Oberhalb der Rathstube, die zu ebener Erde sich 
befand, tagen gegen den Kürschnerhof eine grosse „Stube", so- 
wie die „ZoUstube" mit dem Erker, über ihnen war im obersten 



— 65 — 

Stockwerke ein Gemach für den Fürsten bestimmt. In der grossen 
Stube fanden die Sitzungen des kaiserlichen Landgerichtes und 
des Hofgerichtes statt. Das Fürstengemach wurde regelmässig 
nur an den Wahltagen der Bischöfe benützt. Der Neugewählte 
wurde vom Dome in die Kanzlei und in jenes Gemach geleitet, 
leistete hier den vom Domkapitel aufgestellten bischöflichen Eid 
und nahm das Treugelöbniss der Räthe und Kanzleibediensteten 
entgegen. Nach diesem Akte wurde in der älteren Zeit in den 
anderen Räumen der Kanzlei vom Bischöfe, den Domherren, den 
adeligen und gelehrten Räthen das Mittagsmahl eingenommen. 

Eine neue bedeutende Erweiterung der „Kanzlei" des Bischofs 
Lorenz von Bibra erfolgte um die Wende des 17. und 18. Jahr- 
hunderts nach den Rissen des Werkmeisters Heinrich Zimmer, 
der mit dem ,wälschen Baumeister" Antonio Petrini an den Be- 
festigungswerken und am Baue der Hauger Kirche sowie des 
Domes beschäftigt gewesen und selbständig und nach seinen 
eigenen Plänen zwischen 1690 und 1694 das Vikariehaus des 
Stifts St. Burkard (den jetzigen „BurkardushoP) aufgeführt hatte. 

Dieser neue Bau, an den die meisten Leser sich noch er- 
innern können, nahm ausser der Hofkammer (sie befand sich in 
einer „Kammer" oder einem diebes- und feuersicheren Gewölbe 
des jeweiligen Residenzgebäudes) und dem Stadtrathe alle Landes- 
stellen in sich auf, d, h. er gewährte denselben Säle für die Sitz- 
ungen und Gewölbe zur Aufbewahrung der Registraturen. Arbeits- 
räume oder Bureaus für die einzelnen Beamten erachtete man 
bis ins 19 Jahrhundert herein für unnöthig, da jeder Referent 
seine Akten nach Hause nahm. Daraus erklärt es sich auch, 
dass bei der bischöflichen „Regierung" die Arbeits- oder Sitzungs- 
zeit auf 3 Stunden (7—10 Uhr Morgens) beschränkt war. Nach 
Schluss der Bureaustunden wurde in der, dem hl. Briccius ge- 
weihten Kanzleikapelle eine Messe für das Raths- und Kanzlei- 
personal gelesen. 

Nach der Säkularisation des Fürstbisthums blieb in diesem 
Regierungsbau, der seit dem Anfange des 18. Jahrhunderts fort 
und fort weitere Veränderungen erlitten hatte, nur das Stadt- 
gericht zurück, aus dem später das k. Landgericht, das Handels- 
gericht und das Amtsgericht Würzburg I sich entwickelt haben. 
Allmählich aber ward der Raum auch für diese Behörden zu 
beschränkt, der Bau selbst stemmte sich schwer und wuchtig 
zwischen die Hauptstrassen der Stadt und wurde deshalb 1893 
dem Erdboden gleich gemacht, um dem Verkehre, der ehedem 
aus der Domstrasse nur durch zwei Thorbogen in den Leichen- 
hof und Kürschnerhof gelangen konnte, eine breitere Bahn zu 
brechen. An seiner Stelle dehnt jetzt ein freier Platz zwischen 
dem Stift Neumünster und der Domkirche sich aus, über dessen 

5 



Verwendung die Verhandlungen zwischen den betheitigten Behörden 
zur Zeit noch in Schwebe sind. Es ist zu hoffen, dass ungeachtet 
der allgemein als nothwendig erachteten architektonischen Um- 
gestaltung derSOdseite der Neu mQn st erer Kirche die Neu münsterer 
.Freiheit* wenigstens in der Hauptsache erhalten bleibe. 

Das Anwachsen der Bedeutung der Staatsbehörden, welches 
bald nach der Säkularisation begann, kam auch Susserlich zur 



Kgl. Jusliigebäude. 
Erscheinung, indem nach und nach eine ganze Reihe vonAmts- 
gebäuden an die Stelle des einzigen aus der fürstbiachöflichen 
Zeit getreten sind. Zuerst suchte sich die 



k. Kreisregierung 

eine neue Wirkungsstätte. Sie fand solche in dem sogenannten 
„Borgiasbau" der k. Universität (Neubaustrasse Nr. ii, jetzt Uni- 
versitätsbibliothek) bis zum Jahre 1850, da sie in die Räume der 
vormaligen Benediktinerabtei S. Stephan {Petersplatz Nr. 7) 
verlegt wurde, wo sie weit ober hundert grössere und kleinere 
Säle und Zimmer zur Verfügung hat. 

Wie die Regierung, richtete auch die Mehrzahl der anderen 
staatlichen Aemter ihre Bureaus in solchen Gebäuden ein, 'welche 



- 67 - 

in Folge der Säkularisation in das Eigenthum des Aerars Über- 
gegangen und ihrem bisherigen Zwecke entfremdet worden 
"waren. So bekam z. B. in der k. Residenz, wo schon seit dem 
Jahre 1764 das fürstbischöfliche Staatsarchiv (jetzt Kreisarchiv) 
imtergebracht war, die k. Kreiskassa entsprechende Lokale, 
während das Stadtrentamt und die Bau'ämt^r in den sog. 
Gesandtenbau am Residenzplatz, das Bezirksamt und die 
Landrentämter in das Amtshaus des vormaligen Ritterstifts 
St. Burkard, genannt zum Rückermain (Rugerus ad Mogum) Kar- 
melitenstrasse Nr. 20, ihren Einzug hielten. Ein "Neubau wurde — 
von den Verkehrsanstalten und der Brandversicherungs-Inspektion 
(1901) abgesehen — nur für die Justizbehörden (Landgericht und 
Amtsgericht; errichtet, der im September 1892 vollendete 

Justizpalast 

an der Ottostrasse. Dieses nach den Plänen des kgl. Ober- 
baurathes von Langenfass in München im Renaissancestil auf- 
geführte Gebäude enthält die Räume für das Landgericht, Schwur- 
gericht und Amtsgericht mit 9 Sitzungssälen, von welchen der 
grosse Schwurgerichtssaal besonders bemerkenswerth ist, dann 
einen reich ausgestatteten Repräsentationssaal, der zugleich als 
Bibliotheksaal dient. Die Gemälde in demselben von Christian 
Wink und F. A. Leydendorf stammen aus der Schlei ssheimer 
Gallerie. Die Wände der geräumigen Eingangshalle und der 
anschliessenden stattlichen Haupttreppe haben Stukkolustro Ver- 
kleidung. Sämmtliche Räumlichkeiten, einschliesslich der Kor- 
ridore, werden durch eine Niederdruckdampfheizung erwärmt; 
bemerkenswerth ist auch die Einrichtung elektrischer Uhren in 
allen Räumen. 

Das gesammte Aeussere ist mit unterfränkischem Haumaterial, 
theils Kaik-, theils Sandstein, verkleidet. Die den Mittelbau be- 
krönende Gruppe der Gerechtigkeit mit der Weisheit und Wahr- 
heit ist von Professor Roth in München ausgeführt. 

Hinter dem Gebäude befindet sich das nach den neuesten 
hygienischen Grundsätzen eingerichtete Gefängniss. 

Bescheiden nehmen sich auch all die Gebäude aus, welche 
dem fürstbischöflichen Militär zum Aufenthalte dienten, obwohl 
im ganzen Fürstbbthum nur noch die Festung Königshofen i. Gr. 
eine eigene Garnison hatte. Die um Sold dienenden „Einspännigen" 
und Fussknechte lagen als Besatzung in der Marienburg und erst 
zu Ausgang des 17. Jahrhunderts erwies sich die Errichtung einer 
Kaserne — „alte Kaserne^ im MainViertel — als noth wendig, 
welcher dann verhältnissmässig rasch die Erbauung der am rech- 
ten Mainufer gelegenen „neuen Kaserne'^ 1724, folgte. Beide 

5* 



Bauten werden theüwciae heute noch zu ihrem ursprünglichen 
Zwecke benützt, daneben aber sind in neuester Zeit die grossen 
Komplexe der Artilleriekaserne an der Nürnberger Bahn- 
linie und der „neuen" Infanteriekaserne am linken Mam- 
ufer in der Nähe des Klosters Himmelspforten entstanden. 

■ Aus einer kirchlichen Gründung ist die Stadt Würzburg 
emporgewachsen und kirchlichen Charakter trägt die Alt- 
stadt in ihren Gebäuden heute noch. Im Mittelpunkte steht 



der Dom, 

eine gi-osse, romanische Pfeilerbasilika, in den Haupttheilen erbaut 
von 1164— 1189. Die beiden vorderen Thürme gehören der ersten 
Hälfte des 13. Jahrhun- 
derts an und fast jedes 
folgende Saku'um hat 
neue An- und Umbau- 
ten geschaffen. Die 
zopfige innere Aus- 
schmückung, in ihrer 
Art bewunderswerth, 
stammt aus dem vori- 
gen Jahrhundert In 

den Jahren 1882 83 
wurde der Bau äusser- 
lich resiaurirt; dabei 
erhielten die westlichen 
Thürme, sowie die Por- 
tale eine neue Fassung. 
Nachdem kürzlich das 
alte Landgeriehtsge- 
bäude gefallen, prasen- 
tirt sich der grossartige 
Bau, insbesondere vom 
Kflrschnerhof aus ge- 
sehen, weit imposanter 
und klarer in seinen 
Umrissen als bbher. 
Noch wirksamer aller- 

Aeus^ere Dom-Ansicht. ^S^ ^^^^ ^^^J 

Räume. Die Grund- 
form des Baues bildet 
\ beträgt. Das Hauptschiff 
"" lupteingange steht der 



1 Kreuz, dessen lichte Länge 105 
i Höhe von 33 m. Links 



Taufstein, hervorragendes Kunstwerk, 1279 v 



1 Meister Eckard 



— fiO - 

aus Worms gegossen. Rechts sieht man in einer kleinen 
Halle eine im altdeutschen Stile gearbeitete Gruppe, den Tod 
Mariae darstellend, und vor dem Chörlein zwei uralte Säulen, 
die wahrscheinLch noch aus der Zeit Bischof Brunos (ii. 
Jahrhundert) herstammen. Sehr beachtenswerth ist auch der 
im Jahre 1609 erbaute Predigtstuhl mit kunstreich gearbeiteten 
Figuren und Reliefs 
von dem berühmten 
Bildhauer Michael 
Kern aus Forchten- 
berg am Kocher. 
Die 14 Altäre des 
Langhauses, deren 
jeder oben das Fa- 
milienwappen des 
Stifters zeigt, sind 
ziemlich schmuck- 
los und für den 
Kunsthistoriker nur 
wegen ihrer Altar- 
blätter, die meistens 
von bekannten gu- 
ten Meistern, als 
Sandrart, Onghers, 
de Rül, Fesel etc. 
gemalt sind , von 
einigem Werthe. In 
dem QuersehifTe, zu 
welchem vom 
Hauptschiffe au3 
filnf Staffeln empor- 

filhren, befinden 
sich nebst 2 Orgel- 
chören 6 grössere 
und kleinere Altäre, 

woran Wappen und j„„„ Dom-Ansicht. 

Denktafeln die Ge- 
schlechter und Na- 
men der „ehrwürdigen Fundatores" bemerklieh machen. . Rechts 
der Sl Martins- oder Bruno-Altar mit den Gebeinen des Bi- 
schofs Bruno, der Peter- und Paub-Altar und der südliche 
Altar mit der Verspottung Christi. Auf diesem Bilde trägl 
einer der Spötter das Ordenskleid der Carmelitenmönche 
(Reuerer). Die Sage erzählt, Meister Onghers, der Maler, habe 
sich damit an den genannten Ordenspersonen rächen wollen, weil 



er durch dieselben in den uiigegrQndeten Verdacht kam, eine ihm 
vom Domstift 1686 aufgetragene Bestellung von kostbaren Tapeten 
in Antwerpen übel vollzogen zu haben. Links im Kreuzschifle 
sehen wir den Dompfarr-Altar, den Marienallar mit der „Himmel- 
fahrt Maria" und den nördlichen Altar mit dem Bilde „Maria 
Reinigung". Beide 
Altarblätter, von 
denen das erstere 
wohl das ausge- 
zeichnetste im 
ganzen Do nie ist, 

sind gleich falls 
Werke Onghers. 
Der Chor mit dem 

denen wirkungs- 
vollen Hochaltar, 
ist vom Querschifie 
durch ein aus der 
Werkstätte des 

Würzburger 
Schlossers Marx 
Gattinger her- 
vorgegangenes 
Gitterthor von be- 
deutendem Kunst- 
werthe abgeschlos- 

Taufbecken im Dome. f^'h^^^^'^^"} '^ 

der Chor viel höher 
als das Querschiff, 
Im Chore erhob sich bis an die Decke ein kunstreiches Sakra- 
menthaus, mit vielen Heiligenbildnissen von Tillmann Riemen- 
schneider vortrefflich geziert Von der Decke herab hing vor 
diesem, leider zerstörten Kunstwerke eine vierkantige bemalle 
Laterne, worin ein Ewiglicht brannte, hoch oben an der Decke 
' befestigt schwebte ein grosses, gleichfalls von Riemen Schnei- 
ders Meisterhand geschnitztes Kruzifix. 

Im Dome wurden die Fürstbischöfe und Bischöfe Würz- 
burgs zur letzten Ruhe bestattet. Erhalten sind noch 28 Denk- 
mäler, in Stein und Metall, einfach und kunstlos die einen, Meister- 
werke der Kunst die andern, jedes von eigener Art, wie die Todten, 
die darunter schlafen. Eines der ältesten ist jenem Gottfried von 
Spitzenberg aus dem schwäbischen Grafenhause von Helfenstein- 
Spitzenberg gewidmet, der im Jahre 1189 mit Friedrich Barba- 
rossa die Kreuzfahrt untentahm und, bald nach dem Tode seines 



— 71. - 

kaiserlichen Herrn, von der in Antiochia ausgebrochenen Seuche 
dahingeraffi wurde. Dort hegt er auch begraben/ Der im Dome 
befindliche Gedenkstein entstammt einer späteren Zeit. Die drei 
jüngsten Denkmäler, im rechten Seilenschiffe, zeigen die Statuen 
der nach der Säkularisation des Hochstifts gewählten Bischöfe 
Gross, Stahl und Reissmann. Die besondere Beachtung des Kunst 
kenners und Kunstfreun- 
des verdienen die Monu- 
mente der Fürstbischöfe 
Rudolf von Scherenberg 
(t 1495) a"! 7., und Lorenz 
von Bibra (t 1519) a™ 
6. rechten Pfeiler, beide 
von Riemenschneider, 
Julius Echter (+ 1617) am 
3. rechten Pfeiler, Philipp 
Adolph von Ehrenberg 
ii" 1631) am 3., und Adam 
Friedrich von Seinsheim 
(t 1779) am 4- linken 
Pfeiler. Aus diesen wieder 
das ein druck vollste ist das 
in röthlichem Salzburger 
Marmor ausgeführte Mo- 
nument Rudolfs von 
Scherenberg, Es zeigt den 
Fürsten lebensgross , in 
bischöflichem Ornat, mit 
Stab nndSchwert, in einer 
Nische, die mit einem reich 
durchbrochenen, phanta- 
stisch geschweiften Bal- 
dachin bedeckt ist. Das 
Haupt mit dem guten, 
kleinen, eingefallenen Ge 
sichte, ist gleichsam untei- 
der Last der hohen und 
schweren InfuI gebeugt. 

Hart hatte das Leben diesen Mann angefasst von Jugend auf. An dem 
letzten Osterfeste, das er auf Erden feierte, plauderte er Stunden 
lang mit dein Nürnberger Arzte Hieronymus Münzer, den er zu 
Tafel geladen hatte, und erzählte demselben, wie es ihm ergangen 
in den 90 Jahren seines Daseins. Voll Armuth und Arbeit war 
seine Studentenzeit in Rom und an anderen Orten dahingeflossen 
und als er endlich der eigenen Schulden los war, in einem Alter, 



_ 72 - 

da die meisten Menschen nach Ruhe sich sehnen, hatte ihn das 
Domkapitel auf den Stuhl des hl. Burkard berufen, damit er das 
Fürstbisthum . das unter einer ungeheuren Schuldenlast fast er- 
stickte, vom Untergange 
errette. „Und ich habe es 
gerettet", konnte er stolz 

und zufrieden seinem 
Gaste sagen. Dieses Ver- 
dienst rühmt auch die von 
Dr. Engelhard Funk ver- 
fasste Grabschrift, welche 
den Bischof mit Camillus, 
dem Befreier Roms, ver- 
gleicht. Rud. V. Sclieren- 
berg war der Letzte sei- 
nes Geschlechtes. ■- Die 
Domomatkammer besitzt 
nen Bischofsstab und 
e Inful, auf welcher in 
hocherhabener Arbeit die 
4 grossen Kirchenväter an- 
gebracht sind. Beides soll 
Rudolph im Jahre 1491 
dem Stifte zumGeechenke 
gemacht haben. 

Mitten unter den „re- 
gierenden Herren" ruht 
ein Mann, den nie die 
bischöfliche Inful ge- 
schmückt hat: der Ritter 
Sebastian Echter von 
Mespelbrunn (geb. 1546, 
t 1575). ein jüngerer 
Bruder des Fürstbischofs 
Julius. Sebastian, Doktor 
der Rechte, kurmainzi- 
scher Amtmann in Orb 
und Hausen, ward von 
den Zeitgenossen als 
decus nobilitatis Fran- 
coniae gepriesen. Das im 
südlichen Seitenschiffe des Domes befindliche Grabmonument, aus- 
geftlhrt in weissem Marmor im reichsten Renaissancestile, ist von 
bedeutendem Kunstwerthe. Julius, der vergebens auf die künftige 
Hilfe seines Bruders gehofft, hat ihm dasselbe errichten lassen. 



- 73 - 

Die Domherren hatten eine besondere im Jahre 1491 dem 
Kreuze derDomkirche südwärts angebaute Begräbnisskapelle 
(Sepultur), deren schöne spätgothische Formen, sowie die nach 
Hunderten zählenden Grabsteine auf dem Boden und an den 
Wänden mehr Beachtung verdienen, als ihnen bisher zu theil 
wurde. Die meisten Würzburger lernten dieses Schatzkästlein 
erst kennen, als darin während der fränkischen Kunst- und Alter- 



Grabkapelle (Sepultur). 

thumsausstellung im Jahre 1893 die Erzeugnisse der kirchlidien 
Kunst zur Schau gebracht wurden. 

i,Was vergangen, kehrt nicht wieder. 

Aber, gmg es leuchtend nieder, 

Leuchtet's lange noch zurück." 
Der stimmungsvolle Kreuzgang wurde zwischen 1423 und 
1453 von dem ehrsamen Meister Wolfram von Königsberg in 
Franken gebaut. In demselben versammelte äch in alter Zeit 
das „Kreuzgangsgericht', auch wurden da wichtige Verord- 
nungen publizirt und die Domschüler hatten hier ihre Schule, 
Der Kreuzgang birgt die Gräber der Domvikare und verdien- 
ter Laien aus dem Adels- und Bürgerstande. Eine Steinplatte, 



- 74 - 

iJcren Insclnrift lange nntcr dein schweren Scliritte der Jahrhundertc 
verschwnnden, deckt die sterblichen Ueberre&te des grössten 
wflrzburger Geschichtsschreibers, des Magister Lorenz Fries 
ans Mergentheim. Prunkende Denkmäler an den Wänden nennen 
manch' stolzen Namen. Hier das Marmor-Kenotaphiiim erinnert 
an den Dompropst Markgraf Friedrich von Branden- 
burg, der die Marienburg tapfer und geschickt gegen die an- 
stürmenden Bauemhaufen (1525I verlheidigen half und im Jahre 
1536 fem von der Heimath, in Marseille, mit tausend anderen ein 
Opfer der Pest geworden 
ist. Er war dorthin dem 

Kaiser Karl V. zum 
Kampfe gegen Frankreich 
gefolgt. Weiter östlich 
steht das vom Bildhauer 
Michael Kern meisterlich 
gearbeitete Alabastermo- 
nument des berühmten 
würzburgtschen Kriegs- 
obersten Johann Jakob 
Baur von Eiseneck, der 
in der Schlacht am weis- 
sen Berge 1620 die frän- 
kischen Tnippen zum 
Siege gefilhrt hat. 

Zwischen der Dom- 
klrche und dem Stift; Neu- 
münster befand sich seit 
uralter Zeit die Begräb- 
nisstätte Rlr die Angehö- 
rigen der Dompfarrei. Der 
letzte Todtc, der vor etwa 
zwei Jahrhunderten da 
Eiseneck. beerdigt ward, hiess 

Selzam. Alsini Jahrei8i5 
eine Strasse durch den Kirchhot geführt wurde, stiess man auf einen 
Sarkophag, dessen sattelförmiger Deckel fest verschlossen war. In 
dem Sarge fand sich der Sage nach eine Lampe mit brennende]« 
Lichte. Der Brennstoff war wie feiner Thau oder das Schwitzen der 
Fenster. Unter dem ersten Luftzuge erlosch die Flamme. Der 
Sai^ enthielt weiter nichts als ein Häuflein Asche. — Heute ge- 
mahnen nur noch die im Volksmunde fortlebende Bezeichnung 
„Leichenhof und ein paar an der Nordseite des Domes einge- 
mauerte Grabplatten, deren eine das Relief bildnissTillmannRiemen- 
schneiders zeigt, an die frühere Bestimmung des Platzes. Der schöne 



Gtabderkmal des Obers! 



Oelberg, der hier um'die Mitte des vorigen Jahrhunderts mit 
Benützung einiger Säulen, die bei dem Baue der Residenz übrig 



Die Schonborn shapelle. 

geblieben, aufgerichtet worden ist, hat jetzt auf dem allgemeinen 
BtAdtischen Friedhofe eine passende Stelle gefunden- 



- 76 - 

Im Dompfarrei-Leichenhofe steht auch die dem Dome ange- 
baute Schönbornskapelle, welche an Stelle der alten Schusters- 
oder Crispinuskapelle von dem Fürstbischöfe Johann Philipp 
Franz von Schönbom 1720 begonnen und von dessen Bruder 
Friedrich Karl 1736 vollendet worden, um als Mausoleum der 
Schönborn'schen Familie zu dienen. Thatsächlich sind dort nur 
die beiden Erbauer und eine Schwester des Prinzregenten 
Luitpold, die 181 7 im Alter von wenigen Monaten verstorbene 
Prinzessin Theodolinde, begraben. Die Kapelle, nach den Plänen 
des Architekten Balthasar Neumann aufgeführt, zeigt in ihrem 
Aufbau „eine Vereinigung des sprudelnden Reich thums, welcher 
dem deutschen Barock eigen ist, mit einer Zierlichkeit der Formen- 
behandlung, die eine französische Schulung vermuthen lässt.** 
Das Innere, in dem das deutsche Wesen des Meisters reiner er- 
scheint, zeichnet sich durch flotte Malereien von J. R. Byss, 
glänzende Marmorsäulen und kostbare Denkmäler aus. 

Das neuerdings aufgetauchte Projekt, diese Kapelle, weil sie 
den Verkehr störe, auf den freien Platz neben dem Stift Neu- 
münster zu versetzen, weckt die Erinnerung an die Tage der 
Säkularisation, da allen Ernstes von der Demolirung des ganzen 
Doms die Rede war, da er überflüssig sei, und durch den Ab- 
bruch „die Strasse nach der Residenz zu gerade und schöner 
hergestellt werden würde". 

So drohte damals der Fall des adeligen Domstiftes auch die 
Domkirche mit sich zu reissen. Zur Zeit seiner Auflösung be- 
stand das Dom Stift aus 54 Domherren oder Kanonikern sämmt- 
liche dem reichsritterschaftlichen Adel angehörend, welche zu- 
sammen eine Besoldung von 71900 fl. an Geld, 1079 Malter Weizen, 
5000 Malter Korn und 2180 Malter Haber bezogen, und 88^ h Mor- 
gen Weinberge in den besten Lagen sowie 22 Kurien besassen. 
In der ältesten Zeit wohnten die Geistlichen der bischöflichen 
Kathedralkirche oder „die Brüder des heiligen Kilian" gemeinsam 
in einem an den Kreuzgang der Domkirche anstossenden Hofe, 
welcher noch heute den Namen „Bruderhof führt. An den ge- 
meinschaftlichen Haushalt der Domherren erinnert auch die an 
der Pleichach gelegene „Brudermühle" (Pleicher Thorgasse 3). 
Hier sei weiter das domstiftische Dietrichsspital (Marktplatz 
Nr. 20, 22, 24, 26, 28, 38, 36) erwähnt, das in erster Linie zur 
Verpflegung alter und kranker Dienstboten der Domherren gestif- 
tet war. — Nach dem Aufhören der vita communis im Bruder- 
hof erbauten sich die Domherren eigene Höfe oder Kurien. 
Dieselben liegen sämmtlich in der Nähe der Domkirche und geben 
diesem Theile der Altstadt ein eigenartiges und alterthümliches 
Aussehen. Die Herrengasse, welche wohl ihren Namen den 
Herren vom Dom" verdankt, enthält vier Domhermhöfe, andere 



liegen in der Hofstrasse, Domerpfaffengasse, am Paradeplatz, in 
derEbraeher- undDomerschulgasse i) etc. Der grBsste und merk- 
würdigste dieser Höfe, der Katzenwicker, einst Eigenth am 
Kaiser Friedrich Barbarossas, ward in den fünfziger Jahren abge- 
brochen, um den Häusern an der Maxstrasse, insbesondere der 
sogen. Maxschule, Platz zu machen. Veränderungen haben 
auch die meisten der noch stehenden Kurien erlitten, doch zeigen 
fast alle noeli mehr oder weniger die Wappen der ehemaligen 
Besitzer. Den reichsten derartigen Schmuck trägt die hütech 



Zaudi'scher Hof. 

restaurirte Curia Tannenberg oder Hof zum wilden 
Schweinskopf (Paradeplatz 2), an dem ausser 20 Ahnenwappen 
des Domherrn Wilhelm Schutzbar, genannt Milchling, und dem 
Wappen des Fürstbisehofs Julius noch die Wappen der sämmt- 
lichen {52) Mitglieder des Domstiftes aus dem Jahre 1575 angebracht 
sind'). Wie das hochadelige Dorastift als Korporation, so bildeten 
die Domherrnhöfe gegenöber den übrigen städtischen Gebäuden 

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- 78 - 

eine eigene Welt für sich. Stattlich und massiv von aussen und 
über grosse Flächen sich ausdehnend, zeigen sie im Innern lau- 
schige, vielfach von wildem Wein beschattete Höfe und Hallen, 
. breite Stein- oder zierliche Holztreppen und Gallerien. Zu ebener 
Erde waren die Stallungen, Scheuern und andere Vorrathskam- 
mern sowie die Gesiijdekammem eingerichtet, während weite 
Wohn- und Empfangsräume und regelmässig auch eine Haus- 
kapelle das obere Stockwerk einnahmen. Erhalten hat sich von 
all diesen Kapellen nur eine einzige, im Hofe Lauda oder See- 
bach (Domerschulgasse 3), und auch sie nicht in der ursprünglichen 
Gestalt. Nach der Säkularisation sind alle Domherrnkurien in 
Laienhände übergegangen mit Ausnahme des Hofes zum Marmel- 
stein (Domerschulgasse 2), welcher Eigenthum des durch das 
Konkordat von 1817 neugebildeten bischöflichen Domkapitels ist 
und von dem Dompropste und dem Domdekane bewohnt wird. 
Dem Domstifte reihen sich, nicht der Zeit, wohl aber der 
Verfassung nach, die sogenannten Neben- oder Collegiat- 
s t i f t e an, deren Pröpste statutengemäss aus der Mitte des Dom-, 
kapitels genommen werden mussten. Wenige Schritte vom Dom 
erhebt sich 

die Stiftskirche Neumünster 

über dem Grabe des Frankenapostels Kilian. Um das Jahr 1000 
erbaute Bischof Heinrich, ein Graf von Rothenburg, an der Stelle, 
wo einst das alte Münster oder der erste Dom gestanden, eine 
dem Evangelisten Johannes geweihte CoUegiatkirche, wohin 1057 
auch die Kanoniker aus dem Stephanskloster versetzt wurden. 
Der Zeit der Gründung gehört an dem Baue, wie er heute vor 
uns steht, nur die Ostkrypta an, während die romanische Basilika 
etwa gleichzeitig mit den vorderen Domthürmen, also in der ersten 
Hälfte des 13. Jahrhunderts, entstanden ist. Sie reichte ehedem 
weiter nach Westen als jetzt. An der Stelle, wo jetzt Kuppel und 
Portal sich erheben, befanden sich bis zum Jahre 1708 neben der 
Kiliansgruft die aus dem 11. Jahrhundert stammende Marienkapelle 
sowie einige kleine Häuser. Erst als Johann Philipp von Greiifen- 
klau um 1708 das neue Regierungsgebäude (Landgericht) vollendet 
hatte, veranlasste er die Stiftsherren, mit der Kirche in die Bau- 
linie vorzurücken und versprach ausser klingender Beisteuer, dass 
er ein würdiges Portal aus eigenen Mittel herstellen werde. Also 
geschah es'). Im Innern der Kirche finden wir mehrere gute 
Werke Tillmann Riemenschneiders in Stein und Holz. Beim 
Eintreten durch das Hauptportal an der Seitenwand rechts 
fällt das Epithaphium des berühmten Gelehrten Johannes Trithe- 
mius in's Auge Dieses Monument, an dem die- Behandlung 

>/Dcn Umbau Stellte nach Pezanis Tode (1719^ B. Neumann fertig. 



-re- 
der in Flachrelief gehaltenen Gestalt hohe Meisterschaft bekundet, 
wurde nach Verwandlung der Schottenkirche in ein Militarmagazin 
auf Veranlassung von Dr. Franz Oberthür hieher versetzt '). 
Im nördlichen Seitenschiffe steht eine zweite Arbeit Riemen- 
schneiders : eine lebensgrosse Maria mit dem Kinde. Ein drittes 
Werk des nämlichen Meisters sind wohl die drei lebensgrossen 
bemalten Brustbilder des hl. Kilian und seiner Gefährten. Es 
dflrflen die drei Stiftsheiligen sein, die er für das verschwundene 
Tabernakel des Domes gefertigt hat. Beachtenswerth sind noch 



St. Kilian, Koloaat und TotDan. 

vier gute Bilder an den Wänden des Chores, die frtlher dem 
angeblichen Lehrer Dürers, M. Wohlgemut zugeschrieben wurden, 
wahrscheinlich aber der schwäbischen Schule angehören. Das 
grösste Interesse beanspruchen im Neumünster die beiden Grüften 
(Krypten). In der oberen Gruft hangt das wunderbare Kruzifix- 
bild, von dem die Sage gebt, dasselbe habe einen schwedischen 
Soldaten, der sich Nachts, lüstern nach dem daran befindlichen 
edlen Metalle, herein geschlichen, um dasselbe zu stehlen, mit 
seinen hölzernen Armen so lange festgehalten, bis Morgens ein 
Priester, dessen Wehklagen vernehmend, den Frevler durch sein 
Gebet aus der Haft befreite. 



- 80 - 

Würzburgs heiligste Stätte ist die untere Gruft. Das ist der Ort, 
wo der Legende nach die Leichname der ermordeten Frankenapostel 
verscharrt worden waren. Von diesem Grabe hat die Entwicke- 
lung der Stadt und des Bisthums Würzburg den Ausgang genom- 
men und dankbar feiert heute noch Stadt und Land den Heiligen. 
Am 8. Juli werden die „Heiligthümer", d. s. die Häupter der drei 
Glaubensprediger, in festlicher Prozession den Andächtigen zur 
Verehrung gezeigt und aus allen Gegenden Frankens strömen die 
Gläubigen herbei, um in der Gruft des Apostels zu beten und 
mit Wasser aus dem dort fliessenden Brünnlein die von des Tages 
Mühen kranken und matten Augen zu stärken, lieber Berg und 
Thal, durch Wald und Flur wallen Prozessionen gen Würz- 
burg, die Kirchenfahnen flattern und überall erschallt das uralte 
Kilianslied: 

Wir rufen an den theueren Mann 

Sankt Kilian, 

Sankt Kolonat und Sankt Totnan! 

Dich loben, dir danken 

Deine Kinder in Franken, 

Sankt Kilian! 

Ehedem hielt Geistlichkeit und Stadtrath, wenn die vormit- 
tägige Prozession zu Ende war, Einkehr in dem kühlen „Sommer- 
gewölbe" des Rathskellers zu einem gemüthlichen Gratisfrüh- 
schoppen, Abends aber veranstalteten in dem grossen Saale des 
Rathhauses zum grünen Baum die jungen Domherren ein Fest- 
mahl mit Musik und Tanz. Dabei mögen wohl Lieder und Melo- 
dien erklungen sein, die einst einer, der im Neumünster seines 
fahrenden Lebens letzte Tage genossen und dort, unter dem 
Bogen des romanischen Kreuzganges im Lusamgärtchen, in die 
kühle Erde gebettet wurde, gesungen und erftmden hatte: 

Herr Walther von der Vogelweide, 
Swer dez vergaezze, der taet mir leide. 

Dass er ganz dahier vergessen wurde, verhütete ein Stifts- 
herr vom Neuen Münster, der gelehrte und als Staatsmann 
und Historiker hochverdiente Michael vom Löwen (14. Jahr- 
hundert), der in einer Handschrift Walthers lateinische Grabschrift 
uns überliefert hat. Walthers Grabdenkmal ist verschwunden*), 
dagegen ist der Grabstein Michaels vom Löwen noch erhalten, 
mit dem von dem gelehrten Kanzler selbst gedichteten trefflichen 
Spruche : 

Daz Dir misseviel an mir, 

Daz bewar Du an Dir. 

*) An der sddöstl. Seite der Kirche befindet sich das 184} vom Hist. Ver. dem 
Minnesänger errichtete Denkmal. 



- 81 - 

Das Stift NeumQnster, schon von seinem Erbauer mit ziem- 
lich reichem Grundbesitze ausgestattet, besass daliier ausser der 
Stiftsliirehe über ao Häuser und Höfe, meist in der Martins- 
und Eicliliomgasse, in denen die, der Mehrzahl nach, bürgerlichen 
Stiftsherren oder Kanoniker {27), sowie die 9 Vikare und 10 welt- 
lichen Beamten wohnten. 

Reicher und angesehener noch als Neumünster war dag 
CoUegiatstift Haug, 
das den ersten Rang nach dem Domstift einnahm und darum 
auch in seinen Bauwerken vornehmer und stattlicher auftritt, als 
das Bruderstift Neu- 
mOnster, mit dem 
es übrigens den 
Stifter - Bischof 
Heinrich I. — ge- 
meinsam hat. Vor 
aUemistdieStifts- 
kirehe, die wie 
früher so noch jetzt 
zugleichPfärrkirche 
'ist, ein prächtiger 
Bau, der unwillkür- 
lich die Blicke des 
Vorübergehe nden 
auf sich lenkt und 
dem Fremden, der 
durch die Bahnhof- 
strasse die Stadt 
betritt, als ein im- 
posantes Bild der 
kirchlichen Herr- 
lichkeit Altwflrz- 
burgs sich darstellt. 
Der Bau (1670 bis 
1691), von Antonio 
Petrini,demMeis- 
ter des schweren 
und prächtigen Ba- 
rocke entworfen, 

erinnert an die Pe- „ ., „ 

terskirche b Rom. °'* ^"^^^ ^'"» Süft Haug. 

Eine majestätische 

Kuppel wölbt sich über dem Kreuze und zwei Thorme mit ita- 
lienischen Hauben prangen zu beiden Seiten des gegen Westen 
gekehrten Portals, dessen Nischen in den letzten Jahren 



- 82 - 

mit Statuen geziert worden sind. Die meisten Altarblätter sind 
von Oswald Ongh er s. Derselbe, geb. zu Mecheln 1628, war einer 
der berühmtesten Maler. Er kam 1660 hieher, verehelichte sich mit 
einer Bürgerstochter und erlangte 1667 das Bürgerrecht Religiöse 
Malerei war sein Hauptfach und er leistete hierin Vortreffliches. 
Rubens und van Dyk ahmte er mit Vorliebe nach. Oswalds Arbeiten 
waren sehr gesucht und machten ihn zum „reichen Maler." Er 
wohnte in seinem eigenen Hause am unteren Mainthor und starb, 
78 Jahre alt, am 27. Dezember 1706 plötzlich vor seiner Staffelei. 

Nach der Volkssage soll der Bau der Hauger Kirche bis zur 
Stunde noch unbezahlt sein, denn der Meister, der das gewaltige 
Werk nur mit Hülfe des bösen Feindes zu Stande gebracht hatte, 
floh erschrocken, als bei Wegnahme des Kuppelgerüstes die Mauern 
unter unheildrohendem Krachen sich senkten und kehrte nicht 
wieder, um seinen Lohn zu holen. — Die Stiftshöfe für die 
Kanoniker und Vikare füllten fast zwei Strassen vollständig aus: 
die Bahnhof- und die Stroh-, jetzt He3me-Strasse, die Stiflskellerei 
aber befand sich im Juristen- oder Pfauenhof an der Kettengasse. 
— In alter Zeit stand das Stifl nicht an der heutigen Stätte, son- 
dern ausserhalb der Stadtmauern in der Gegend des jetzigen 
Bahnhofes auf einer Anhöhe (hang, Hügel). Es war da völlig 
schutzlos dem Anpralle der aufrührerischen Bürgerschaft und 
feindlicher Kriegsvölker preisgegeben und ist mehr als einmal 
geplündert und zerstört worden, bis es um 1670 infolge des 
Baues der neuen Festungswerke für immer demolirt wurde. 

Eine Pfründe des Stifts Hang hatte Bischof Julius einem 
Professor der Theologie an der neugegründeten Universität zu- 
gewendet. Unter den Besitzern dieser „Doktorspfründe" finden 
sich Männer von ausgezeichneten Eigenschaften, so Johann Kaspar 
Barthel f i77i> 3er Weihbischof A. J. Fahrmann f i8c2 
und Franz Oberthür, t i83i> ein Mann, der mit Leib und Seele 
an seiner lieben Vaterstadt hing und nicht rastete noch ruhte, für ilir 
Gedeihen und ihren Ruhm mit Schriften und Thaten bis ins höchste 
Alter zu wirken. Seine Schöpfung ist der polytechnische 
Verein, eine für die Bildung des Handels- und Gewerbestandes 
dahier, wie im ganzen Kj-eise, unendlich segensreiche Anstalt. 
Er war es, der noch in der Zeit Franz Ludwigs von Erthal den 
Anstoss zur Gründung einer Lesegesellschaft gegeben hat, ,,als 
deren letzte und reifste Frucht wir die Gesellschaft Harmonie 
zu begrüssen haben, auf welche die Stadt Würzburg stolz zu 
sein Ursache hat.** Nicht minder hat Oberthür an der Hebung 
des Theaters mitgearbeitet, wie er auch einmal den Gedanken 
fasste, in Würzburg eine „poetische Gesellschaft" oder „eine Dichter- 
Akademie" zu gründen. Seine wahrhaft menschenfreundliche 
Gesinnung hat er noch durch seine letztwillige Verfügung doku- 



— 8S — 

mentirt, kraft welcher er sein trotz seiner fortgesetzten Wohl- 
thätiglceit erübrigtes, nicht unbedeutendes Vermögen zu Gunsten 
dürftiger Handwerker und Armenstiftungen vermachte. Sein 
Angedenken bleibe im Segen')!" — 

Neben und vor den Collegiatstiften hat als erster und ältester 
der zahlreichen kirchlichen Orden der Benediktiner-Orden 
hier festen Fuss gefasst. Ihm gehörte das dem hl. Andreas 
geweihte Kloster an, das Würzburgs erster Bischof Burkard 
um 748 am Fusse des Marienbergs gebaut hat. Es erhielt später 
den Namen seines Stifters und wurde im Jahre 1033 an die Stelle 
verlegt, wo die in letzter Zeit restaunrte 

Pfarrkirche zu St. Burkard 

emporragt, die in einigen Theilen den romanischen Baucharakter 
rein erhalten hat, während der Chor dem Ende des 15. Jahr- 
hunderts ent- 
stammt. Damals 

war dort kein 
Kloster mehr. Im 
Jahre 1464 ver- 
tauschten die 
Mönche ihre Kut- 
ten mit dem leich- 
teren Habit der 
Chorherren und 
Hessen durch den 
Papst Pius 11. die 
Abtei in einRitter- 
Stift umwandeln. 
DerletzteAbldes 

Benediktiner- 
klosters und zu- 
gleich der erste 
Propst des adeli- 
gen Stifts war 
Johann von Allen- 
dorf, der sich 
durch die Grün- 
dung des Hof- 
spitals zu den 14 
Nothhelfern ein 
unvergessliches 
Andenken ge- 
sicheRhat. —Die 
Mitglieder des l'ofUi der Kirche m St. Burkard. 



- 84 - 

Burkarder Ritterstiftes gehörten wohl ohne Ausnahme gleichzeitig 
dem hiesigen oder einem auswärtigen Dom- oder Ritterstifte an 
und besassen abweichend von den übrigen Stiften, keine Kanoni- 
k a t s h a f e. In dem Viertel jenseits des Mains, das auch Burkarder- 
viertel genannt wird, war nur ein Haus, das den Vikaren zur 
Wohnung diente — die spätere Frohnfeste, jetzt Burkardushof ~ 
Eigcnthum des Stifts, der Amts ho faber lag diesseits des Mains in 
der Karmelilen- 



Rückermain von 
dem einstigen Be- 
sitzer, einem Würz- 
burger Bürger 
Rüger am Maine. 
Die jetzige, imponi- 
rende Gestalt aber 
verdankt der Hof, 
der in den Jahren 
1715—1723 wieder 
aufgebaut wurde, 
dem bis jetzt wenig 
bekannten Josef 
Greising. „Der 
deutscheArchitekt" 
— urtheiltGurlitt — 
„zeigtsich in vollem 
Gegensatz zu den 
Schöpfungen des 
bis vor kurzem das 

Bauwesen der 
glänzenden Würz- 
burger Bisehöfe 
allein beherrschen- 
den Antonio 
Hof lum Rücke.main. Petrini. Seine 

Architektur ist 
leicht und zierüch, reich an Detail und weniger streng in den 
Verhältnissen". — Während der Kiliansoktave genoss das Stift 
St. Biirkard eine dreitägige Accisefreiheit von seinen in diesem 
Hofe ausgeschenkten Weinen, Am Vorabende des St. Kilians- 
festes verktmdete jährlich der jüngste Regierungskanzlist zu 
Pferde, in seidenen Strümpfen, mit einem Blumenstrausse ge- 
schmückt, mit Hut und Degen, an verschiedenen Plätzen der 
Stadt die Geleitsfreiheit für alle Fremden. Hierauf zog zu 
allen Thoren, der augenblicklichen Sicherheit sich erfreuend, 

>J Vollindci «urtlt 4ti B>D uch Griiilngi Tod 1710 durch B. Ntuninii 



der sogenannte jenische Adel ein, dessen Hauptsammelplatz dann 
des wohlleilen Weines wegen der Rückermain würde. 

Nach der Regel des hl. Benedikt lebten hier noch die 
Mönchein denKlöstemSt-Stephan undSt.Jakob oder zu den 

Schotten 
und Nonnen 
im St. Afra- 
und im Ul- 
richaklo- 
stcr. Letzte- 
res, vollstän- 
dig verarmt 
und verlas- 
sen, liess Bi- 
schof Julius 
niederreis- 
sen und er- 
baute an des- 
sen Stelle die 
Universität. 
Das Afra- 
kloster an 
der Neubau- 
und Otto- 
strasse 
wurde nach 
der Säkulari- 
sation theil- 
weise demo- 
lirt oder um- 
gebaut, ein 
FlOgel beher- 
bergt jetzt 
das Waisen- 
haus. Besser 
hat sich das 

im 12. Jahr- Alle proiest. (St. Slephani-) Kirchs. 

hundert von 

schottischen Mönchen gegründete Jakobskloster (Mainviertel) 
erhalten, unter dessen Aebten der Name des berOhmten Poly- 
histors Johannes Trithemius hell wie ein Stern hervor- 
leuchtet Die reichste und bedeutungsvollste der dem hl. Bene- 
dikt geweihten Niederlassungen aber war die Abtei St. Ste- 
phan. Die weitausgedehnten Gebäude und Gärten, jetzt von 
der kgl. Regierung in Besitz genommen, und die stattliche Kirche, 



- 86 - 

die seit dem J. 1804 der protestantischen Gemeinde als Pfarrkirche 
überwiesen wurde, sind noch Zeugen verschwundener Herrlich- 
keit. Ihren Ursprung führt die Abtei auf den Bischof Adalbero 
zurück, der im Jahre 1057 dreissig Mönche aus dem Gumbertus- 
kloster in Ansbach hierher berief. Unter den Konventualen verdient 
vor allem einer erwähnt zu werden, der Bibliothekar und Prior P. 
Ignaz Gropp (geb. in Kissingen 1695, f ^s Pfarrer zu Günters- 
leben 1758), der sich durch seine vier Foliobände füllende „Samm- 
lung der Würzburgischen Geschichtschreiber" nächst dem Archi- 
var Lorenz Fries (t 1550) das höchste Verdienst um die Ge- 
schichte der Stadt und insbesondere des Fürstbisthums Würzburg 
erworben hat. 

Den Benediktinern folgten im Laufe des Mittelalters rasch 
fast alle anderen kirchlichen Orden nach. Von den drei Ritter- 
orden hatten die Johanniter nachweislich schon im 12. Jahr- 
hundert ein Spital hier, während die Deutschherren ein paar 
Jahrzehnte später eine Commenda gründeten. An erstere erin- 
nert nichts mehr als der Name eines Platzes und einer Strasse, 
wohl aber steht die 

Deutschhauskirche , 

gegen Ende des 13. Jahrhunderts erbaut, heute noch und ist 
neben der Marienburg und der Burkarduskirche das sehenswür- 
digste Bauwerk des bis in die neuere Zeit in der Entwickelung 
etwas zurückgebliebenen und vernachlässigten Main vierteis. „Unter 
den ICirchen Würzburgs vertritt sie, vor allem in dem hier abge- 
bildeten Portal, den gothischen Stil in seinen reinsten Formen, in 
seiner edelsten Blüthe." Leider muss sie seit Anfang unseres 
Jahrhunderts profanen Zwecken dienen und schreitet so rasch 
dem Verfall entgegen, dass in absehbarer Zeit die frühere Herr- 
lichkeit verschwunden sein wird. 

Der Orden der Cisterzienser war durch das Frauenkloster 
zur Himmelspforten vertreten, das ausserhalb der Stadt 
gegen Zell einsam am linken Mainufer gelegen ist und jetzt Ka rm e- 
litinnen einschliesst '). Klarissinnen wohnten einst in dem 
Agnetenkloster, das im 16. Jahrhundert verödet war und in 
dem der Bischof Friedrich von Wirsberg im Jahre 1567 mit Hilfe 
der Jesuiten das erste Gymnasium eingerichtet hat. Später wurde 
dort das geistliche Seminar erbaut. Der Franziskanerorden 
hat seine im Jahre 1221 gegründete Niederlassung bis auf den 
' heutigen Tag behauptet. Die Klosterkirche, an welche die uralte 
Valentinuskapelle angebaut ist, zeigt den frühgothischen Stil und 
wurde neuerdings restaurirt. Dominikaner-Nonnen hatten 
eine Niederlassung im Pleicher Viertel. Dominikaner-Mönche 



^) Die Kirche gehört 4er frühgothischen Zeit im (1277), 



- 87 - 

bewohnten bis zur Säkularisation das amDominikanerplatze gelegene 
Kloster mit seh enswcrth er Kirche"), das im Jahre 1813 von den A u g u- 
stinern bezogen wurde, nachdem die bisher von letzteren inne- 
gehabten Gebäude zum Kriegslazareth eingerichtet worden. 1839 
siedelte das (alte) Gymnasium dahin über. Auf der Stätle der abge^ 
brochenen Augustinerklosterkirche erhob sich bis 1896 das Schul- 
lehrer-Seminar. Kar- 
meliten oder Frauenbrüder 
Sassen in dem Gebäude an 
der Karmelitengasse, in wel- 
chem nun die städtische Po- 
lizeibehörde ihres Amtes wal- 
tet. Die Kirche wurde dem 

Erdboden gleich gemacht. 
Das nämliche Schicksal er- 
eilte das Karthäuserklo- 
ster, das im 14. Jahrhundert 
in dem nach dem Würzburger 
Patriziergeschleehte der Teu- 
fel benannten Teufelsgarten 
errichtet, alsbald aber von 
den Mönchen in „Engelgar- 
ten" umgetauft wurde. Die 
Gebäude mussten dem ersten 
(alten) Bahnhofe weichen. 

Unter dem Einflüsse der 
grossen kirchlichen Beweg- 
ung des 16. Jahrhunderts 
erhob sich der Jesuitenor- 
den als gewaltiger Streiter Portal der Deulschhauskirche, 
gegen die neue „widrige Reli- 
gion", die hier tiefe Wurzeln 

geschlagen hatte. BischofFriedrichvonWirsbergöbertrugdem Orden 
die Leitung des Priesterseminars und das Lehramt am Gymnasium, 
und Bischof Julius besetzte an seiner Universität die Lehrstühle der 
theologischen und philosophischen Fakultät mit Jesuiten. Der Be- 
deutung des Ordens entsprechen die Gebäude, die er inne hatte: 
das schöne und grosse Kollegiumhaus sowohl, als die Jesui- 
tenkirche, welche nach der 1773 erfolgten Aufhebung des Ordens 
den Namen Michaels- oder Scminariumskirche annahm. — 
Das Koüegiumhaus erhielt seine dermalige Gestalt im Jahre 1716 
durch den bereits genannten Architekten Joseph Greising, der 
zwischen den beiden grossen Meistern, die unmittelbar vor imd nach 



ihm der Baulliäligkcit in Wtirzburg den Stempel ihres Geistes aul- 
prägten, A. Petriiii und B. Neumann, eine ganz eigenartige selbst- 
ständige Stellung behauptet'). Nach der Aufliebung des Jesuiten- 
ordens wurde der Bau zur Aufnahme des Klerikalseminars be- 
stimmt. Die nunmeiirige offizielle Bezeichnung desselben „ad pasto- 
rem bonum" kam aus- 
serlich dadurch zum 
Ausdruck,dassmandie 
tlber dem Hauptthore 
befindliche Statue des 
hl. Ignatius vonLoyoIa, 
ein Werk des Bild- 
hauers J. von der Au- 
vera, in einen guten 
Hirten umwandelte. — 
Die Kirche wurde 
zwischen 1765 und 1775 
nach dem Plane des 
Hofbauamtmanns Gei- 
gel neu erbaut. Die 
Freskomalereien an 
der Kuppel, im Lang- 
hause und in den bei- 
den Abseiten sind Ar- 
beiten des MainzerHof- 
maiers Appiani , die 
reiche Stukkatur und 
. die 4 Nebcnaltäre fer- 
tigte der Hofstukkator 
Mich. Bossi. Hochaltar, 
Predigtstuhl und der 
ganze Chor wurden 

erst zu Anfang dieses 

Portal ^der Michaelskirche. Jahrhunderts nach A. 

GärtnersPl an erri chtet. 
Nach den Jesuiten hielten noch die Kapuziner, die unbe- 
schuhten Karmeliten, die Ursulinerinnen und die Kon- 
gregation der „Töchter vom göttlichen Erlöser" ihren 
Einzug in Würzburg. Die Kirche der Karmeliten, welche ein 
ehedem von Reuerinnen bevölkertes Kloster bezogen und daher 
im Volksmunde die Reuerer genannt werden, ist das Erstlings- 
werk (i66a-i669) Antonio Petrin is, „ein ausserordentlich derber 
und sdilichter Bau, Die Fa^ade besteht aus den einfachen Grund- 



elcmenlen des Barockstils, das Detail ist schwer und starr. Der 
Grundrisszeigtdietypisehe, durch die Jesuiten ausgebiJdeteForm')," 
Iin Inneren finden sich einige recht gute Altarblatter. Den 
vom Fürstbisehofe Johann Gottfried von Guttenberg errichteten 
Hochaljar zieret die Darstellung der Vermählung Maria von 
Diepenbeck, einem Schüler von Rubens; Tür die Seitenaltäre malte 
J. B. de Rüll die hl. Theresia und den hl. Johann vom Kreuz, 
dann Storer den hl. Karl Borromaus. Da die Mitglieder dieses 
Ordens, als des jüngst eingeführten, bei öffentlichen Prozessionen 



Inneres der Kirche der „Barmherzigen". 

den anderen fünl Bettelorden nachgingen, so entstand daraus das 
Würzburger Sprichwort: „Die Reue rer (auch filr Reue oder Reue- 
thränenj kommen immer hinten nach". 

Das Ursulinerinnen -Kloster, welches noch heute 
segensreich für Unterricht, Erziehung und Bildung der weiblichen 
Jugend wirkt, wurde im Jahre 1710, zunächst als Filiale des 
Mutterklostcrs in Kitzingen, gegründet. Auf einem Strebepfeiler 
des Kirchleins erinnert noch die Statue des hl. Antonius mit einem 
Schweine daran, dass sich an dieser Stätte bis ins 16. Jahrhundert 

■) Cwlin S. .71. 



- 90 - 

ein Antoniterconvent befand Eine besondere Abgabe der Laien 
an die Klöster dieses im ii Jahrhundert entstandenen Ordens 
waren Schweine, dem hl. Antonius geweihte Thiere. Hier hatten 
die Antoniterherrn das Recht, ihre Schweine frei in der Stadt 
herumlaufen lassen zu dürfen, jedoch nicht mehr als vierzehn. 
Diese Schweine mussten ein Glöcklein am Halse tragen und mit 
einem besonders dazu gemachten Rechen gezeichnet werden. 

Die „Töchter vom göttlichen Erlöser", allgemeiner 
bekannt unter dem schönen und wohlverdienten Namen der barm- 
herzigen Schwestern, haben sich, nur vier an der Zahl, im Jahre 
1854 hier niedergelassen. Sie wohnten zunächst in einem Privat- 
hause, bis sie später in das an der Kettengasse gelegene There- 
sien- Erziehungsinstitut übersiedeln konnten, das ihnen von dessen 
Vorsteherin Franziska Koenig letztwillig vermacht worden war. 
Bald erwies sich das neue Heim als zu eng für die rasch an- 
wachsende Schaar der Barmherzigen. Der Anbau, der deshalb 
1869 in dem anstossenden Garten errichtet wurde, genügte bis 
vor wenigen Jahren. Da trat, nachdem inzwischen die Zahl der 
zum Mutterhause gehörigen Schwestern auf nahezu 700 gestiegen 
war, an die Kongregation die zwingende Noth wendigkeit heran, 
nach einem grösseren Heim und einer geräumigeren Hauskapelle 
sich umzuschauen. Zu diesem Zwecke erwarb sie im Jahre 1894 
die von der Ebrachergasse bis an die Domerschulgasse reichenden 
Anwesen Domherrnhof Sebach und Ebracher-Hof mit dem da- 
zwischen liegenden sehr geräumigen Garten. Der letztgenannte 
Hof gehörte seit dem 12. Jahrhundert bis sur Säkularisation dem 
Cisterzienserkloster Ebrach im Steigerwalde, das darin einen Mönch 
als Verwalter oder Kloster-Amtmann mit dem zum Baue der 
Weingärten etc. erforderlichen Personal sitzen hatte. 

Auf einem Theile des angekauften Terrains, inmitten der 
beiden Höfe, erhebt sich die neue, in der Zeit vom Frühling 1895 
bis zum Sommer 1897 erbaute Kirche oder richtiger Hauskapelle, 
denn sie ist ausschliesslich der Andacht und dem Gottesdienste 
der Schwestern gewidmet und dem öffentlichen Besuche ver- 
schlossen. Es wird jedoch jedem, der sich für die Kirche interes- 
sirt, auf vorhergehende Anmeldung im Hause Ebrachergasse Nr. 6, 
der Zutritt wohl gerne gewährt werden.- Und eine Sehenswür- 
digkeit für alle Kenner und Verehrer der Kunst ist der Bau, der 
in sämmtlichen Theilen und Einrichtungen bis herab zu den Schlüs- 
seln streng im altromanischen Stile durchgeführt ist und, insbe- 
sondere im Sonnenlichte, ausserordentlich stimmungsvoll wirkt. 
Den Plan der Kirche fertigte der „Restaurator" der Sebalduskirche 
in Nürnberg, Architekt Joseph Schmitz, während der hiesige 
Architekt Franz Ostberg die Detailpläne entworfen tind die 
ständige Bauleitung geführt hat. 



- 91 - 

Da -ausser den einheimischen Stiften und Klöstern auch zahl 
reiche auswärtige Klöster, wie Ebrach, Bronnbach, 
Heilsbronn, Schön thal u.a., hier mehr oder weniger grosse 
und stattliche Höfe ihr Eigen nannten, in denen die Prälaten 
beim Besuche der bischöflichen Residenz abstiegen und die an 
der Universität studirenden Brüder wohnten, war sicher mehr 
als die Hälfte des bebauten Areals der Altstadt in der Hand der 
Kirche. Ihr Einfluss erhöht sich noch bedeutend, wenn man be- 
denkt, dass auch die bürgerlichen Häuser wohl mit wenigen Aus- 
nahmen irgend einem der kirchlichen Institute lehen- und grund- 
zinsbar und viele noch dazu mit klösterlichen Hypotheken belastet 
waren. Deutlicher als lange historische Ausführungen zeigt ein 
Blick auf die Stadt vom Steinberg oder „Käppele" aus, oder ein 
Gang durch das Innere den kirchlichen Charakter Alt- 
Würzburgs. 

Gegenüber den Stiften und Klöstern treten bis 1802 die Pfarreien, 
welchen heute die Pflege des religiösen und kirchlichen Lebens 
obliegt, fast völlig in den Hintergrund, denn alle Inwohner der 
Stiftshöfe und alle Ordensangehörigen waren dem Pfarreiverbande 
entzogen. Dazu kam, dass von den seit ältester Zeit bestehenden 
ftinf Pfarreien vier organisch mit dem Domstifte , dem KoUegiat- 
stifte Haug,dem Ritterstifte StBurkard und dem Döminikanerinnen- 
kloster St. Marx verbunden waren, also keine eigenen Kirchen 
besassen und von Stiftsvikaren verwaltet wurden. Selbständig war 
nur did Pfarrei in der Vorstadt Sand, und nur sie besitzt ihrer 
Bedeutung entsprechend ein stattliches und würdiges Gotteshaus, 

die Peterskirche. 

Einzelne Theile derselben, wie der Chor und die beiden Thürme, 
weisen noch auf die romanische und gothische Bauperiode zurück, 
der Hauptbau aber ist in den Jahren 1717 — 1720 unter der Leitung 
des erst in neuerer Zeit mehr und mehr in seiner Bedeutung 
gewürdigten Architekten Joseph Gr eisin g, des Erbauers des 
Rückermaingebäudes, des Portales des geistlichen Seminars und 
wohl auch des Rosenbach'schen Hofes (jetzt Präsidenten-Palais), 
aufgeführt worden*). Durch die im Jahre 1892 geschmackvoll 
durchgeftihrte Restaurirung des Inneren ist insbesondere der hier 
abgebildeten Kanzel ihre ursprüngliche Schönheit wieder zurück- 
gegeben worden. Angeblich ein Werk des Bildhauers Balthasar 
Esterbäuer, eines geborenen Bayern, ist sie eine staunenswerthe 
Leistung im Rococostil. — Die Kirche hat Bilder von Onghers 
(Tod des hl. Petrus), Lünenschloss (die beiden Seitenaltarbilder) 
und Micka. Unter den vier vorhandenen Epitaphien in Marmor, 



*) VolleM4et wurd? der Bau dur^h 3. Neumann, 



Stein und Metall ist das des berühmten Historikers Johano Georg 
von Eckhart t 1730 hervorzuheben. 

Bei dem starken An- 
wachsen der Bevölker- 
ung erweisen sieh zur 
Zeit die Plarrsprengel 
als zu ausgedehnt, wes- 
halb neben der durch 
eine Stiftung gesicher- 
ten zweiten Dom- 
pfarrei (mit der Kirche 
des Stifts NeumOnster 
als Piarrkirche) die 
Erbauung von zwei 
neuen kath oh sehen 
Pfarrkirchen für die 

beiden Vorstädte 
Grombühl und San- 
de rau noth wendig ge- 
worden ist. Für die 

Zeit noch die erforder- 
lichen Mittel gesam- 
melt, dagegen ist die 

St Adalberokirche 

in derSanderau soweit 
gediehen, dass sie wohl 
in Kürze ihrer Be- 
stimmung übergeben 
werden kann. Am 
Sanderrasen auf einer 
breiten Terasse ge- 
legen ist diese Kirche 
dem Flächenraume 
nach die drittgrösste 
der Stadt (grösser sind 
der Dom und Stifthaug) 
und wurde in den 
Jahren 1894 bis 1899 
durch den Kirchenbau- 
Kanzel der St, Peterskirche. meister Professor 
Schmitz (Nürnberg) 
nach einer Skizze des 1893 verstorbenen Donibaumeisters von 
Denzinger erbaut. Sie ist eine dreischiffige, romanische Basilika 



mit Querhaus, einem Kuppelthurm aber der Vierung und mit 
zwei 68 m hohen Thürmen an der Westseite, welche das gegen 
den Sanderrasen gerichtete Hauptportal flankiren. Ausser dem 



Die St. Adalberohirche. 

1 sind noch vier Nebenportale vorhanden. In ihrer ganzen 
Anlage und den daraus resultirenden Architekturformen schliessl 
sich die Kirche an die romanischen Kirchen des 13. Jahrhunderts, 
wie sie am Rhein und Main sich vorfinden, an, zeigt jedoch in 



- 94 - 

der Detailausbildung Anklänge an die oberitalienische Architektur 
des frühen Mittelalters. Auf der Nordseite neben dem Chore 
befindet sich eine mit reicherer Gliederung der "Wände und Ge- 
wölbe ausgestattete Marienkapelle. 

Die Dächer sind, wie dies in der unteren Maingegenct charak- 
teristisch ist, je nach ihrer Steilheit mit Ziegeln und Schiefer 
gedeckt. 

Die Mittel zum Bau wurden durch den Sanderauer Kirchen- 
bauverein aufgebracht, an dessen Spitze Universitäts-Professor 
Dr. G opfert, der Hauptförderer des Kirchenbauwerkes, steht. 
Mit der speziellen Bauleitung war Architekt A. Ringelmann 
betraut. 

Im Aeusseren ist die Kirche ziemlich vollendet, jedoch harren 
noch alle Portale ihres bildnerischen Schmuckes. Hierzu, sowie 
zur Regulirung der Terrasse, Herstellung der Treppenaufgänge 
sowie zur Aufgabe des vor dem Hauptportale stehenden, stören- 
den Wohnhauses fehlen vorläufig die Mittel. 

Das Gleiche gilt für das Innere der Kirche, dessen Ausgestalt- 
ung in einer engeren Anlehnung an die italienischen Vorbilder, 
welche ja auch in der romanischen Zeit die Grundformen bildeten, 
stattfinden soll. ^ 

Für den Hochaltar wurde ein prächtiger Entwun durch Pro- 
fessor Brochier in Nürnberg hergestellt. Ein hervorragendes 
Kimstwerk besitzt die Kirche jetzt schon in einer Büste des hl. 
Adalbero von Bildhauer Balthasar Schmitt in München, dem 
Schöpfer des Standbildes auf dem Kiliansbrunnen. 

Im Chore finden sich drei Fenster mit Darstellungen der 
Würzburger Bischöfe Adalbero von Hofmaler Zettle r, sowie 
Kilian und Burkardus von Glasmaler van Treeck in München; 
diese Glasfenster sind im alten romanischen Charakter aus- 
geführt. — 

Im Verhältniss noch rascher als die katholische Einwohner- 
schaft ist die Mitgliederzahl der im Jahre 1803 unter der neuen 
kurpfalzbayerischen Regierung begründeten protestantischen Kir- 
chengemeinde gestiegen, so dass die bisherige Pfarrkirche (das 
Gotteshaus der vormaligen Abtei St. Stephan) längst dem Be- 
dürfnisse nicht mehr genügte. Es ist darum in den Jahren 1893 
bis 1895 nach den Plänen und unter Leitung des Professors Her- 
mann Steindorf in Nürnberg eine zweite protestantische Pfarr- 
kirche, die 

Johanniskirche 

an der Rennwegerglacisstrasse errichtet worden, welche in ihren 
schönen gothischen Formen das Stadtbild um eine neue Zierde 
bereichert. 



- 95 - 

Während die Stifte und Klöster nach einer überaus reichen, 
Jahrhunderte hindurch dauernden Entfaltung von dem Sturme 
der Säkularisation ebenso wie das Fürstbisthum Würzburg selbst 
vernichtet worden 
sind, stehen zwei 
Schöpfijngen des 
geistlichen Staates 
heute noch in voll- 
ster Blathe und in 
gedeihlichster Ent- 
wickelungrdiellni- 
versität und das 
Juliusspital. 



alte Universität. 

Der Gedanke, in 
Würzburg eine 
hohe Schule zu 

gründen, ist der 
Ueberlieferung zu- 
folge zuerst am 
Ende des 14. Jahr- 
hund ertä von dem 
Fürstbisehofe Ger- 
hard von Schwarz- 
burg gefasst und 
von dessen unmit- 
telbarem Nachfol- 
ger Johann von Eg- 
loffstein im Jahre 

1402 ausgeführt 
worden Als Uni- 
versitätsgebäude 
diente der Hof zum 
Katzenwicker. 
Nach kurzer Dauer 
verwelkte die junge 
l'flanze. Neuge- 
gnmdet wurde die 

Universität im 
Jalire 15*2 von dem 
[■■üi-stbischofe Julius 
Echter von Mespel- '. Neue protest. (St. Johanms)-Kirche. 



brunn. Das mächtige Haus, welches er für dieselbe in der Zeit 
von 1582 bis 1591 durch den Baumeister Adam Kahl mit einem 
Koslenaufwande von 131900 Gulden — im modernen Werthe 
etwa i'/> Millionen Mark — herstellen liess, steht noch, im 
Aeusser,en fast 
gänzlich die ur- 
sprüngliche 
Form zeigend 
utid seine Um- 
gebung mit stil- 
vollen, ernsten 
Formen hoch 
überragend. 
Die Fai;ade 

Grau gemalten 
Fresken, das 

Haupt portal mit 

sehen, neuer- 
dings fenovir- 
ten, figuren- 
reichen Gruppe 
geschmückt. Be- 
sonders schön 
präsentirt sich 
heute noch der 
Hof, durch den 

Stil der ihn um- 
rahmenden Ge- 
bäude das Auge 
des Beschaueis 
fesselnd. Das In- 
nere des Hauses 

der Zeit sehrein- 
schneidende 
Aeussere Ansicht des allen UniversilSts- Gebäudes. Veränderungen 
Über Üch er- 
gehen lassen. 
Insbesondere ist die alte, prachtvolle Aula, ein durch zwei Ge- 
schosse des westlichen Flügels reichender, 30 Meter langer, mit 
reichen Dekorationen ausgestatteter Saal, im Drange der Noth 
geopfert worden. 



- 97 — 

Trotz all dieser Umbauten wurde aber mit der raschen Ent- 
faltung der einzelnen Wissenschaften der Platzmangel von Jahr 
zu Jahr ai^er und drückender, so dass man endlich, nach langen 
Verhandlungen, im Jahre 1892 beschloss, die alte Universität aus- 
schliesslich der 
BibUothek, so- 
wie den Kunst- 
und Alterthums- 
sammlungen zu 
überlassen, fbr 
die Lehrzwecke 
aber der theo- 
logischenjuristi- 
schen vind zum 
Theil der philo- 
sophischen Fa- 
kultät, sodann 
fllr das Rektorat 
und die Ver- 
waltungsstellen 

zu schaffen. 

Im schönsten 
Theile der Stadt, 
von herrlichen 

Parkanlagen 
umgeben,erhebt 
sich letzt diese 



ein wahres Klei- 
nod unserer 
schönen Stadt 
imd ein Denk- 
mal dauernder Hofansicht des alten Univers itäis- Gebäudes. 
als Erz, für alle 

Betheiligten „Der zielbewussten, kunstverständigen Thätigkeit 
des Universitats-Architekten von Horstig, semem Zusammen- 
wirken mit dem Direktor des Verwaltungs- Ausschusses, dem 
unvergesslichen Risch und seinem Nachfolger Burekhard ist 



— 98 — 

es in erster Lini'e zu danken, dass die Universität und mk ihr 
unser WOrzburg der Vollendung dieses herrlichen Gebäudes sidi 
freuen dürfen." 

Der am Sandei^Uris gelegene, etwa ic» Meter lange Hanpt- 
bau, mit einseitigem, 40 Meter langem Flügel gegen den S^miMs- 
platz, ist auf Roth sandsteinsocket aus gelUich-weistjent ^lessart- 
stein iD ^>St- 
rmaissancrfor- 
men— im Innern 
in Barock und 
Rococo Obei-ge- 
hend — errich- 
tet Ueber der 
Attika, welche in 
ehernen Lettern 
die Aufschrift 
„Veritati" trägt, 
erhebt sich, das 
Ganze krönend, 
eine mächtige in 
Kalkstein ausge- 
führte Aufsatz- 
gruppe aus dem 
Atelier des Bild- 
hauers Hubert 
Netzer in Mün- 
chen. DerenMit- 
telfigur bt Pro- 
metheus, mit 
den Fackeln des 
zweifachen gei- 
stigen Fort- 
schritts in Wis- 
sen und Wirken 
die finsteren 
Mittelbau der neuen Univetsiiäl. Mächte der Un- 

wissenheit und 
Rohheit zurück-' 
scheuchend. Aul den beiden V Ursprüngen des Mittelbaues 
stehen die von Hermann Hahn in München gefertigten Co- 
lossalbüsten des Prinzregenten Luitpold und des Fürstbisehots 
Julius. In reichstem künstlerischem Schmucke prangen Vorhalle, 
Treppenhaus und die Aula, ein in seinen weiten Raumverhält- 
nissen und durch den Reiz der Dekoration imponirender Saal, 
würdig des Zweckes, dem er dient, Festraum der Universität 



Würzburg zu sein. Sechs Porträts früherer Fürstbischöfe, tüch- 
tige und sehr gut erhaltene Arbeiten aus dem vorigen Jahrhundert, 
welche früher die Räume der Universitätsbibliothek zierten, sowie 
die Bildnisse des Prinzregenten — von Holmberg in München — 



und Julius Echters — Copie von Sperlich hier — schmücken die 
Wände der Aula. Luftig, hell, geräumig und bis ins kleinste 
Detail zweckmässig eingerichtet erseheinen die Hörsäle, ^die Semi- 
narien und Geschäftszimmer. 



- 100 - 

Ueber dem ebenerdigen Untergeschosse für Turnsaal, 
Diener- und Maschinisten- Wohnung, sowie Registraturen der Be- 
hörden und für Caloriferen hat der Hauptbau drei Haupt- 
geschosse. Diese enthalten — durch i Haupt- und 2 Neben- 
treppen verbunden — die grosse Aula von 300 Quadratmeter 
Grundfläche für Festakte, die kleine Aula mit Garderobe und 
Vorzimmer für Examina, Promotionen und Habilitationen, 13 Hör- 
säle mit je zwischen 42—200 Hörerplätzen (Bänke mit Pendel- 
sitzen), 9 Seminarräume mit den Fachbibliotheken der einzelnen 
Disziplinen für Arbeiten der Dozenten und Uebungen der Stu- 
direnden, femer 8 zwischen den Hörsälen und Seminarien ge- 
legene Sprech- und Aufenthaltsräume für die Dozenten. 

ImSeitenflügel vereint wurden mit besonderem Eingange 
die Amtsräume des Rektorats, Syndikates und der Quästur, dann 
des k. Universitäts-Verwaltungs- Ausschusses, der Hauptkasse und 
Bauinspektion, endlich ein Carcerraum angeordnet. Zwei Sitzungs- 
säle, für den Senat und den Verwaltungsausschuss, und zwei 
Vorstandszimmer, sind die Haupträume dieses Flügels. Ein wei- 
teres Sitzungszimmer für die Fakultäten befindet sich nächst dem 
Mittelbau neben dem grossen Festsaale und dient zugleich als 
Vorraum für letzteren. 

Die Niederdruck-Dampfheizung der Anstalt ist mit der 
elektrischen Beleuchtungsanlage derart kombinirt, dass 
die beiden in einem Hofgebäude untergebrachten Hochdruck- 
Flammrohr-Kessel (zu je 80 Quadratmeter) sowohl für den Nieder- 
druck -Dampfreduzirapparat der Körting'schen Heizanlage als 
auch für die beiden 28 pferdigen Dampfmaschinen der elektrischen 
Anlage (einschliesslich der mitbeleuchteten 300 Meter entfernten 
Universitäts-Bibliothek 50 Bogenlampen und ca. 400 Glühlampen) 
den Dampf liefern. Der Abdampf der Maschinen wird, gegebenen- 
falls durch das nöthige Quantum direkten Dampfes ergänzt, mittelst 
des Reduzirapparates für die Heizung nochmals ausgenützt, alles 
Kondenswasser, durch Oelfilter gereinigt, den Kesseln mittelst 
Injektor und Dampfpumpe wieder zugeführt. Ein mit allen anderen 
Maschinen, den Kesseln und einer Accumulatorenbatterie (358 Am- 
p^restunden als Reserve) im Hofbau vereinter Gasmotor treibt 
während des ganzen Jahres den Flügelventilator, welcher, zwischen 
Frischluflhäuschen im Hofe und Vorwärmekammer gelegen, frische 
Luft in alle Räume des Hauses führt, und dient im Sommer zu- 
gleich zum Nachladen der Accumulatoren. 

Für die Beleuchtung der Hörsäle und des zugleich als Zeichen- 
saal dienenden mathematischen Seminars wurden Seh uckert'sche 
Deckenreflektor - Bogenlampen (Patent Piethe & Klizik) ver- 
wendet, nur für zwei grosse Säle des Obergeschosses, deren 
Höhe über die Normale von 5,05 Meter im Lichten beträchtlich 



- 101 - 

hinausgeht, Hrabowski- Bogenlampen von Siemens & Halske 
bezogen. Neu dürfte die von den Untemetiniern Siemens & 
Halske nur ungern ausgeführte Kandelaberbeleuchtung vor dem 
Mittelbau sein, wo die Bogenlampen im Steinschafte geborgen, 
durch diesen und die 0,7 Meter Durchmesser besitzenden Opal- 
glaskugeln vollständig verdeckt werden. 

Die Heizung ist meist eine direkte mit Ventilregulirung 
mittelst Nischen-Rippenelementen oder Körting'schen Radiator- 
Zierheizkörpern; für die Hörsäle nur fand Dampf luftheiz ung mit 



elektrischer Thermometer Verbindung zwischen Saal und Tableau 
an den Heizkammem Verwendung. 

Die Baukosten der im Jahre 1892 begonnenen, nun in Benütz- 
ung genommenen Anlage betragen über gooooo Hk. (mit Ein- 
richtung ca. loioooo Mk.), wovon ein beträchtlicher Theil auf die 
8—12 Meter im früheren Befestigungsgebiet auf Pfeilern hinab- 
geftlhrte Fundirung, auf die theilwelse reichen Barock-Stukkaturen 
des Innern und die verwendeten Säulen, Treppenwangen u. s- w. 
aus feineren Buntmarmorsorten des Alpengebietes entfallen, — 



- 102 - 

Aut einem der Hauptpodeste des grossen Treppenhauses ist 
das Denkmal für die im Feldzuge von 1870 gebliebenen Söhne 
der Hochschule aufgestellt, welches sich bisher in der alten Aula 
befunden hatte. Alle Hörsäle nebst den anstossenden Seminarien 
und Sprechzimmern sind mit hellem rothem Linoleum belegt, um 
die Reinigung zu erleichtern und den Schritt unhörbar zu machen. 
Gleiches ist bei dem Mittelstreifen der Korridore der Fall, soweit 
sie vor Lehrräumen gelegen sind. 

Die Einrichtungstheile : schwarze Bretter im Vestibül und 
Treppenhause, Wandbrunnen in allen Gängen, verschiebbare 
doppelte Wandtafeln in den Hörsälen und Seminarien, sind die 
gewöhnlichen. Die Wände für Kleiderablage in den Lehr- 
räumen wurden mit lederartigem LincrustastofFe überzogen. Ein 
Schlagwerk über jeder Tafel gibt mittelst elektrischen Kontaktes 
zur Thurmuhr das Ende der Stimden durch Mitschlagen der 
Stundenzahl an. — 

Ein guter Theil der inneren Einrichtung ist gleich den Stein- 
und Bildhauerarbeiten von hiesigen Meistern ausgeführt. Die 
sämmtlichen Entwürfe stammen, wie schon erwähnt, von dem 
k. Bauamts - Assessor und k. Universitäts - Bauinspektor von 
Horst ig. Bauführer war der Architekt Ernst Spiess von 
Karlsruhe. — 

Am 28. Oktober 1896 versammelten sich nach Schluss des in 
der Universitätskirche abgehaltenen Festgottesdienstes die Lehrer 
und Studirenden der Hochschule zum letzten Male in dem stim- 
mungsvollen Hofe der alten Universität, um Abschied zu nehmen 
von den ehrwürdigen Räumen, die 314 Jahre hindurch der Wohn- 
sitz unserer Alma Julia gewesen. Es war ein weihevoller Augen- 
blick, als über die von den Strahlen der Herbstsonne erleuchtete 
Treppe der Rector magnificus in vollem Ornate und umgeben 
von allen Professoren in ihren mittelalterlichen Trachten herunter 
in den Hof schritt, dem alten Hause den letzten Gruss und Dank 
zurief und als dann der lange Zug unter den Klängen der Musik 
und unter dem Rauschen der Banner aller Corps, Burschen- 
schaften und Verbindungen sich hinausbewegte zu dem neuen, in 
frischer Jugendschöne schimmernden Heim! 

Von der Stirne desselben, das würdig die stattliche Reihe der 
im Jahre 1870 begonnenen Universitätsbauten abschliesst und den 
schönsten Schöpfungen aus der Zeit des Rococo ebenbürtig zur 
Seite sich stellt, so dass es ohne Uebertreibung unmittelbar neben 
der wunderprächtigen Residenz genannt werden darf, leuchtet in 
grossen ehernen Lettern das bedeutungsvolle Wort : „Veritati!" — 
„Der Wahrheit" soll das Haus geweiht sein, jener Wahrheit^ 



— 103 - 

von der Felix Dahn in seiner herrlichen Festhymne zum ßc». Ge- 
burtstage der Alma Julia singt: 

— ob allem Gewaltigen 
Ist gewaltig die Wahrheit I 

Ja, die "Wahrheit: ob frommer Sinn 
Ihr in göttlichen Worten lauscht, — 
Ob Vernunft aus dem Volksgeist schöpft 
Strenge Wahrheit des Rechtes. — 

Ob das grübelnde Denken zerrt 
An dem Schleier der Ewigkeit, — 
Ob wir suchen im Sonnenball, 
Ob im Ball des Gehirns — : 

Wahrheit suchen wir überall: 
Wahrheit, welche das Unheil heilt, 
Wahrheit, welche da heilig ist: 
Denn Gott selbst ist die Wahrheit. 

Und Jahrhunderte wehe noch 
Alma Julia, fort in dir 
Jener Geist, der da Gottes ist: 
Freiheit, Schönheit, Wahrheit! 

Mit der Vollendung der ebenso schönen wie zweckentsprechen- 
den neuen Universität ist der Decentralisations-Prozess, welcher, 
im Jahre 1696 mit der Anlage des juliusspitälischen Gartens 
zu botanischen Studien begonnen hatte, nach Umlauf von 
zwei Jahrhunderten zum Abschluss gekommen. Aus dem einen 
stattlichen Baume, den Bischof Julius in Würzburgs Boden ge- 
pflanzt, hat sich allmählich ein kleiner Wald entwickelt. Zweig 
um Zweig lösten sich die medizinischen und naturwissenschaft- 
lichen Fächer ab, um zunächst im Juliusspitale ihren Nährboden 
zu suchen, bis der Raum zu enge wurde und jede Disziplin 
ihr besonderes Haus sich schuf. Die gewaltige Entwickelung, 
man kann nicht sagen, der Universität, sondern der medizini- 
schen Fakultät mit ihren Hilfswissenschaften, sowie das Ueber- 
wiegen eben dieser Fakultät den anderen gegenüber, tritt in 
den Universitätsbauten in der That greifbar zu Tage. Es ist 
keine Uebertreibung, wenn man das Stadtgebiet zwischen der 
Kaiserstrasse, der Juliuspromenade, dem Maine und den Glacis- 
anlagen schlechtweg als das medizinischeViertel bezeichnet. 
Seit dem Jahre 1870 entstanden innerhalb dieses Terrains acht 
vollständige Neubauten von bedeutender Ausdehnung, während 
gleichzeitig fast alle älteren Institute durch Anbauten erweitert 



f* 



- If4 - 

wurden. Räumlich getrennt ist jetzt nur mehr die psychiatrische 
Klinik, nachdem im Herbste i8g6 auch das chemische Institut aus 
der Maxstrasse hinweg in sein neues Heim am Pleicherring verlegt 
worden ist'). 

Den Ausgang dieser grossartigen Entwickelung bildet der 
schöne Pavillon, den der Fürstbischof Johann Philipp von Greiffen- 
klau im Jahre 1705 im Garten des Juliusspitales errichten liess. 
Hier befand sich seit 1724 das sogen, anatomische Theater, 
das im vorigen Jahrhunderte zu den Sehenswürdigkeite 



Der historische Pavillon im Juliusspital-Garteo. 

Stadt gerechnet wurde, hier lehrten und lernten bis zum Jahre 
1853 Deutsehlands grosse Anatomen, ein Virchow, ein Koelliker 
«. a. Dieser so unendlich beschränkte Raum war die Geburts- 
stätte welterobernder Entdeckungen; der Entwickelungsge schichte, 
der Cellularpathologie. Im Jahre 1853 ward dann der Anatomie 
im neuen botanischen Garten ein neues Haus gebaut, das aber 
schon nach wenigen Jahrzehnten seinem Zwecke nicht mehr 
genügte. Das jetzige, 1880— 83 aufgeführte Anatomie-GebSude 



enthalt neben den Räumen fllr normale und vergleichende Ana- 
tomie auch Abtheilungen fOr Chirurgie, Augenoperationskurse 



und für das ärztliche Vor- und Staatsexamen. Die Präparirsäle 
werden täglich von 250—300 Studirenden frequentirt. 



- 106 - 

Von der Anatomie haben sieh zwei weitere selbständige Dis- 
nplinen abgezweigt, die Pathologie und die Physiologie. 

Der hiesige Lehrstuhl für pathologische Anatomie 
wurde als einer der ältesten in Deutschland, 1850 von Virchow 
im Gartenpavillon eingerichtet. Die rasche Steigening der Fre- 
qaenz und das starke Anwachsen der Sammlungen, welche seit 
1853 'i> dem neuen (2.) Anatomiegebaude untet^ebracht waren, 
machten einen Neubau nothwendig, der, 1878 vollendet, die Haupt- 
und Demonstrations-Sammlungen , einen Sektionssaal, mehrere 



Pathologisches Instilat 

Laboratorien, einen grossen Hörsaal mit 160 Sitzplätzen und einen 
noch grösseren Raum (16 : 20 m weit) für mikroskopische Kurse 
in sich schliesst. 

Das physiologische Institut, das sich 1856 von der 
Anatomie getrennt hat und zunächst im Anatomiegebäude seme 
Unterkunft behielt, bekam in den Jahren 1885—87 sein eigenes 
Haus, in dem neben anderen praktischen Neuerungen insbe- 
sondere der grosse Hörsaal bemerk enswerth ist. Derselbe ist 
mit sehr mannigfaltigen und siniireichen Vorrichtungen flSr Ex- 
perimente, welche in zahlreiche Disziplinen hinübergreifen, aus- 
gestattet 



Die Frauenklinik, im Jahre 1790 von K. K. Siebold in 
dem sogenannten Freihause am inneren Graben begründet, be- 



fin_det sich seit 1857 in einem aus Kreismitteln errichteten Hause 
an der] Klinikstrasse, das nunmehr Eigenthum des Staates ge- 



- loa — 

worden ist- Eine bedeutende Erweiterung ward 1890/91 durch 
Aufbau eines Geschosses und Anbau eines Traktes für Lehr- und 
Operationsräume erreicht. Als eine sehr zweckmässige Ein- 
richtung hat sicli der hydraulische Personen- Aufzug iOr schwer- 
kranke und zu operirende Patientinnen bewährt. 

Eine der am spätesten selbständig gewordenen Töchter unserer 
Alma Julia, die Augenklinik, hatte bisher die stationäre Ab- 
theilung in einem der Frauenklinik benachbarten Mause, welches 



dessen Eigenthümer, der erste Professor der Augenheilkunde, 
von Welz, einer Stiftung zum Zwecke der Behandlung armer 
Augenkranken zugewiesen hatte. Getrennt davon befanden sieh 
die Lehr- und poliklinischen Räume iin medizinischen Kollegien- 
hause. Nunmehr sind beide Abtheilungen in einem Neubau an 
der Ecke des Pleicherrings und der Pleicherthorstrasse vereinigt. 
Derselbe, im Jahre 1901 vollendet, macht einen ungemein schmucken 
und schönen Eindruck und bildet einen würdigen Absehluss in 
der Kette der Universitätshauten am Pleicherring. Ueber dem 
Hauptportal ist das Reliefporträt des vorgenannten Professors 
angebracht. 



- 109 — 

Die beiden oberen Geschosse enthalten hauptsächlich die 
Krankenabtheilungen mit Isolierzimmern, Tag- und Speiseriumen, 
Bade- und Waschzimmem , Schwestern- und Wäsche gelassen: 
zu Oberst Frauen und Kinder mit zwei grösseren Terrassen, im 



ersten Stock die Männer und die sogenannte Privat abth eilung 
des Vorstandes für zahlende Patienten I. und II. Klasse. Ausser- 
dem befindet sich hier inmitten der Krankenräume und beim 
Treppenhause der Operationsraum mit weitem Nordfenster, in 



— 110 — 

welchem auch ein grösserer Elektromotor zum Ausziehen von 
Eisensplittem aus dem Auge Platz findet; femer ist hier ein 
Wartezimmer und das Verwaltungsbureau mit Oberin wohnung. 
Im Hochparterre ist der Westtrakt durch zwei Assistenten Wohn- 
ungen, die -Bibliothek sowie drei Laboratorien füT bakterio- 
logische und mikroskopische Arbeiten beansprucht; an der Ost- 
seite des Haupteingangs an der Ringstrasse schUessen sich die 
Räume des Vorstandes, das optische Zimmer sowie vier ver- 
schieden grosse, zum Theil zu verdunkelnde Zimmer ftir die 
Poliklinik an, in welcher in den letzten Jahren jährlich bis zu 



Psychiatrische Klinik. 



7000 Patienten meist unentgeltlich behandelt wurden. In un- 
mittelbarem Zusammenhang hiermit steht ein Augenspiegel- 
Uebungsraum fllr 50 Studirende, welcher wieder an den Hörsaal 
sich anschhesst. Letzterer ist in den Hof zurückgebaut, um dem 
Lärm und den Erschütterungen der Strasse entrückt zu sein und 
erhält Tagesbeleuchtung von Norden her über das flache Dach 
des Verbindungsbaues. 

Weitab vom medizinischen Viertel, in schöner Lage am 
Schalksberge, erhebt sich der 1893 seinem Zweck übergeben« 
Bau der psychiatrischen Klinik in drei Abtheilungen. Der 
Mittelbau enthält die Verwaltung und den Hörsaal, in den Seiten- 



bauten ist rechts die Manner-, links die Frauenkranken-Station 
eingerichtet. Geräumige Gärten ermöglichen die BeschäfUgung 



der Kranken im Freien. - Bis iSSB war das Juliusspital und 
neben diesem das BOi^erspital das Asyl filr Geisteskranke. 



— Uli - 

Da wie dort gab es Blockhäuser für die „deliratites et simul 
fiiriosi " 

Unter dem Dache des medizinischen Kollegienhauses 
entfalten, seitdem die Anatomie ausgezogen ist, eine ganze Reihe 
von Fächern ihre Thätigkeit. Wir finden da die Poliklinik und 
ambulante Kinderklinik (1807 von Horst eingerichtet), das chirur- 



gische Laboratorium , die Poliklinik für Ohrenheilkunde , das^ 
technologische Institut und die staatliche üntersuchungsanstalt 
für Nahrungs- und Genussmittel, und — als jüngste Kinder der 
medizinischen Fakultät — das hygienische und das pharmako- 
logische Institut. 

Das Juüusspital selbst bietet noch dreien Universitätskliniken. 
Stätte und Krankenmaterial. 



Die medizinische und pädiatrische Klinik, deren 
Anfänge sich bis zum Jahre 1729 zurück verfolgen lassen, er- 



lebte ihre erste grosse Blüthe unter Lukas Schönlein, den einer 
seiner bedeutendsten Nachfolger, Gerhardt, als den Schöpfer der 
naturwissenschaftlichen Heilkunde bezeichnet. Eine besondere 



Lehranstalt, an den östlichen Flügel des Spitals sich anschliessend, 
wurde für diese wichtige Disziplin erst im Jahre 1876 geschaffen. 



Die Klinik für Syphilis und Hau tkrankheiten hat ihre 
Wirkungsstätte im westlichen Flügel des Spitalbaues gegen die 
Koellikerstrasse zu. 



- 115 — 

PraktischerUnterricht in Chirurgie am Krankenbette wurde 
im Spitale seit 1725 ertheÜt. Einen regelmässigen klinischen 
Unterricht der Chirui^ie fllhrte sodann Karl Kaspar Siebold ein. 
Lange genügte biefflr ein kleiner Saal im Hause, bis iSBS'go die 
neue chirurgische Klinik im Garten des Hospitals erbaut 
wurde. „Thunlichste Sicherung gegen Infektionsgefahr, dann zur 
Erreichung des Lehrzweekes genügendes Sichtbarmachen jeder 
Vornahme an den Patienten", waren die Hauptaufgaben, welche 
hier dem Architekten gestellt waren. Er hat sie mit Glück und 
Geschick gelöst. 

Den Natu r Wissenschaften, Schwestern und Die- 
nerinnen der medizinischen Fächer, hat die neueste Zeit gleich- 



Chemisches Institut. 

falls neue Werkstätten innerhalb des medizinischen Viertels auf- 
gethan. 

Am längsten, seit zwei Jahrhunderten, wohnt und lebt da 
die Botanik. 1696 ward im Garten des Juliusspitals der 
erste botanische Garten angelegt. Er hat später, zuletzt in 
der Zeit von 1874 bis 1878 nach dem Falle der Befestigungen, 
wesentliche Erweiterungen erfahren. Die neuen Gewächshäu- 
ser sind 1859 entstanden. Das botanische Haus mit Hör- 
saal und Sammlungen erhielt die jetzige Form durch Auf- 
bau zweier Stockwerke (1870) und Anbau eines Hörsaales 
(1885I. 

Erst in den zwei letzten Jahrzehnten hielten Physik und 
Zoologie ihren Auszug aus dem Universitätsgebäude. Erstere 



- 116 - 

besitzt seit 1879 ein schönes Haus am Pleicherglacis , das „ab- 
sichtlich nicht in sehr grossen Dimensionen, dagegen mit reich- 
licher Erweiterungs-Möglichkeit" gebaut wurde. 

Das zoologisch-zootomische Institut verfügt in 
seinem Neubau (1888— 1889) über sehr zweckmässige Räume 
zunächst für den Unterricht und wissenschaftliches Forschen, 
weniger für die Sammlungen. Sehr interessant sind die ausser- 
ordentlich mannigfachen Züchtungseinrichtungen für einheimische 
und fremde Arten. 

Das chemische Institut, dem das 1866 gebaute Haus 
an der Maxstrasse gleichfalls zu enge geworden, ist im Jahre 
1896 gleichfalls zu seinen Schwestern am Pleicherring überge- 
siedelt in ein neues, allen Forderungen der Neuzeit entsprechendes 
Heim. — 

Eine solch rege Bauthätigkeit hatte Würzburg seit den Tagen 
des Mittelalters, da Kirche um Kirche, Kloster nach Kloster, 
Domherren- und Stiftshöfe in rascher Folge emporwuchsen, nicht 
mehr gesehen. Die Pläne zu den neuen Universitätsbauten sind 
in Berathung mit den Vorständen der betreffenden Anstalten von 
den Universitäts-Architekten Lutz (bis 1884) und Horstig ent- 
worfen und unter ihrer Leitung von Würzburger Baumeistern 
ausgeführt worden. 

Das ansehnlichste Attribut der Alma Julia und ein sehr origi- 
neller Bau ist die 

Universitäts- oder Neubaukirche, 

welche vom Bischöfe Julius am 8. September 1591 unter gross- 
artigen Festlichkeiten eingeweiht wurde i). Diese Konsekration ist 
der hochfeierliche Schlussakt der Gründung und Vollendung der 
Hochschule. Die Innenkirche, „eine grossartige Halle, einfach, 
erhaben und doch mannigfaltig, ein Unikum von wunderbarer 
Wirkung", hat im Wesentlichen ihre ursprüngliche Gestalt bewahrt 
und zeigt den sogen. Juliusstil, ein Gemisch von Gothik und 
Renaissance. Im Aeusseren erfuhr der Bau des Julius durch 
die zu Anfang des 18. Jahrhundert durchgeführte Restauration 
mannigfache Aenderungen und erhielt die Gestalt, in welcher er 
jetzt noch vor uns steht. Antonio? et rini, der Erbauer der Stift 
Hauger-Kirche, war der Meister, der den Bau leitete, war der 
Schöpfer des ebenso glänzenden als imposanten Thurmes. Nach 
der Säkularisation, im J. 1804, wurde die Kirche geschlossen 
und zur Aufbewahrung der älteren Werke der Universitäts- 
Bibliothek, sowie der Akten und Protokollbände der hochstifl- 



*) Vergl. Nirschl, die Universitätskirebe. 



- 117 — 

wQrzburgischen SteLen und Behörden bestimmt. Im J. 1820 ent- 
fernte und veräusserte man sogar alle Einrichtungsgegenstände. 
Jetzt hat die Kirche, in der seit 1867 wieder Gottesdienst gehalten 
wird, ein ganz neues und herrliches Gewand erhalten. Der Hoch- 
altar, den einst Bischof Johann Philipp von Greifenclau (1699— 1719) 

errichtet hatte, 
kehrte ausderPfarr- 
kirche zu Kitzingen, 
wohin er verkauft 
worden war, wie- 
der an den Ort sei- 
ner ersten Bestim- 
mung zurück. Die 
kahlen Wände hin- 
ter dem Hochaltar 
und den zwei Sei- 
tenaltären wurden 
durchBarthelme 
aus München mit 
sehr gelungenen 
Freskogemilden 
geziert, deren be- 
deutendstes — am 
Hochaltar — dar- 
stellt, wie die Pa- 
trone der Universi- 
tatskirche, die Apo- 
stel, durch den 
Herrn auf dem Oel- 
berg, ehe er gen 
Himmel auffährt. 



den in alle Welt 
als Lehrer der Völ- 
ker. Die Kanzel 

wurde 1890 im D>^ Universitäts-Neubaukirche, 

Spatrenaissanec- 
Stil neu errichtet. Die Orgel, von Walker in Ludwigs- 
burg gefert^, ist die bedeutendste in Würzbur^, und um ihret- 
willen sowie wegen der ausgezeichneten Akustik werden in der 
Kirche regelmässig jene grossen religiösen Musikwerke (Requiem 
von Mozart und vonBerlioz, Matthäus-Passion von S.Bach etc.) 
aufgeführt, in deren Einstudierung und Leitung der Direktor der 
hiesigen Musikschule so Vortreffliches leistet. 

Noch zu seinen Lebzeiten erkor sich Bischof Julius die 



- 118 - 

Kirche der Universität, die er wie ein Vater sein Kind ins Herz 
geschlossen hatte , zur Ruhestätte fiir sein Herz. Mit jener Pracht- 
liebe, die ihm eigen war, liess er sich ein Epitaphium errichten, 
in dem am 4. Oktober 1617 das Herz des grossen Fürsten feier- 
lich beigesetzt wurde. „Wo dein Schatz ist, da ist auch dein 
Herz**, (Ubi thesaurus tuus, ibi et cor tuum), war auf der einen 
Seite des Grabes zu lesen. Als Johann Philipp von Greifenclau 
den Umbau der zur Ruine gewordenen Kirche durchführte, erhielt 
auch das Herz des Julius einen andern Platz, indem es in einer 
Oeffnung des dem Hochaltare auf der Evangelienseite zunächst 
stehenden Pfeilers niedergestellt wurde. Dort ruht es noch heute 
unter einer ehernen Gedenktafel. 

Gleich bedeutsam für Würzburgs Entwicklung wie die Gründung 
der Universität war die Stiftung des mit derselben jetzt enge 
verbundenen 

* 

Juliusspitales. 

Für „allerhand Sorten arme, kranke, unvermögliche und schad- 
hafte Leute, die Wund- und anderer Arznei nothdürflig seien, des- 
gleichen verlassene Waisen und dann fürüberziehende Pilgram und 
dürftige Personen'^ bestimmt, ward es nach dreijähriger Bauzeit auf 
dem damaligen Judenkirchhofe am 10. Juli 1580 eingeweiht. Nach- 
dem 1699 der mittlere Theil des hinteren Hauptgebäudes durch eine 
Feuersbrunst zerstört worden, erhob sich dieser Flügel in der 
jetzigen imposanten Gestalt nach Petrinis Risse wieder M. Die 
vordere Fronte und die beiden Seitenflügel „ohne Schwung und 
ohne Schönheit" begann 1 791 der Baumeister Ickelsheimer auf- 
zuführen. Das Portal ist mit einer Figurengruppe von B. H. 
Nickels verziert, den Bischof Julius darstellend, welcher von 
seinen Räthen und einer Schaar armer Kranken umgeben, den 
Bauriss seines unvergänglichen Monumentes von dem Baumebter 
in Empfang nimmt. Sehenswerth sind auch die Hauskapelle mit 
der Erzbüste des Stifters, die grossartigen Küchen und Speisesäle, 
der Operationssaal, sowie der schöne Garten mit einer prächtigen 
Brunnengruppe. 

„Alle Anstalten, die das Juliusspital umfasst, sind entweder 
schon von Julius selbst eingerichtet oder doch im Keime vor- 
bereitet worden und haben sich je nach dem vorwaltenden Be- 
dürfnisse der Zeit mehr oder weniger entwickelt Ja einige der- 
selben haben sich so üppig entfaltet, dass sie, aus dem ursprüng- 
lichen Kreise des mütterlichen Juliusspitals ausgeschieden, jedoch 
immer in loserer oder innigerer Verbindung mit demselben, ein 
eigenes, ein Sonderleben, führen, so z. B. das Waisenhaus, die 
Anstalt für Fallsüchtige." 



*) Die Einrichtung des Spitals wurde von B. Naumann, nach Petrinis Entwürfea, 
im Jahre 17) s ^^ Ende geführt. 



Das Juliusspitat in seinem jetzigen Zustande ist sowohl eine 

Pfpflndeanstalt als ein Krankenhaus. In die allgemeine 



Pfründe werden nur katholische, im ehemaligen Grossherzog- 
fhvim Wörzburg hei niathbe rechtigte, alte, Itranke, bresthafte und 



dem^iy. September 1888 nicht mehr im Juliusspitale, sondern in 
3erJ psychiatrischen Klinik au*" Rechnung des Juliusspitales ver- 
pflegt werden. Die dritte Abtheilung der PfrQndenanstalt, fOr 



- 121 - 

die unheilbaren Fallsüchtigen, besitzt ein gesondertes Ver- 
mögen und ein auf juliusspitäüschem Boden an der Klinikstrasse 
erbautes Haus. Ihren Weltruf dankt des grossen Julius grosse 
Stiftung der Krankenanstalt Sie wurde im verflossenen Jahr- 
hundert ansehnlich erweitert und ihre Einrichtung unter der 
Regierung des Fürstbischofs Franz Ludwig von Erthal bedeutend 
verbessert. Jetzt scheidet sie sich, nachdem eine eigene Irrenklinik 
geschaffen worden, noch in die medizinische und chirurgische 
Abtheilung, deren jede von einem Oberarzte, der zugleich Uni- 
versitätsprofessor ist, geleitet wird. Nach dem Stiftungsbriefe sind 
arme Kranke aus dem ehemaligen Hochstifte Würzburg, ohne 
Unterschied des Standes, Alters und Glaubens, sowie zugereiste, 
erkrankte Handwerksburschen aufnahmsberechtigt. Ausserdem 
werden nach den mit der Spitalverwaltung geschlossenen Ver 
trägen kranke Handwerksgesellen, arme Dienstboten, die Studie- 
renden an der Hochschule etc., gegen gewisse Geldleistungen, 
verpflegt. Auf die Bedeutung des Spitals flir die Entwicklung der 
Universität ist bereits hingewiesen worden. Es gewährt der 
medizinischen Fakultät den grossen Vortheil durch die Benützung 
seiner Krahkensäle zur medizinischen und chirurgischen Klinik 
und liefert für die Anatomie die grösste Zahl der Leichen. Um 
einen Begriff von den Leistungen des Juliusspitals zu geben, seien 
hier aus dem Jahresberichte für 1897 ein paar Ziffern herausgehoben. 
Es wurden im Durchschnitte täglich 204 Pfründner, 102 Dienst- 
boten etc., und 364 Kranke verpflegte Die Ausgaben bezifferten 
sich auf 405909 Mk. 42 Pfg., darunter 50099 NIk. 79 Pfg. für 
Rindfleisch, 25675 Mk. 82 Pf für 39419 Liter Wein u. s. w. Das 
reine Vermögen mit Einschluss einiger Stiftungen betrug nahe an 
neun Millionen Mark. Das Spital, vom Bischof Julius von vom 
herein sehr reich ausgestattet, — er überwies demselben u. a. den 
Gesammtbesitz des „ausgestorbenen" Klosters Heiligenthal und 
das ganze Dorf Oberdürrbach — hat ausgedehnten Grundbesitz an 
Wäldern, Feldern, Wiesen und Weinbergen in ganz Franken. 
Die Verwaltung desselben besorgt das juliusspitälische Rentamt 
dahier im Zusammenwirken mit einigen äusseren Aemtem*). 

Ehe wir scheiden, gebührt es sich, in der Weinstube des 
Spitals dankbar des Stifters zu gedenken. Es wird nur bester 
Eigenbau, wie Stein, Schalksberg, Iphöfer etc., verzapft. An die 
frühere Verwendung des traulichen Gemaches, in dem Bacchus, 
der Sorgenbrecher, seinen Stab schwingt, erinnert ein Spruch 
über dem Eingang: 

In alter Zeit ward hier in diesem Haus 
Die Anatomie sehr gründlich getrieben! 

*) Der merkwürdige Portalstein von dem alten Spitalgebäude (1^80) befindet sich 
in dem Tborbogen das Fürstenbaues des Jaliusspitals. 



- 122 - 

Die Anatomie, sie wanderte aus, 

Die „Gründlichkeit", die ist geblieben. 

Drum kann nicht „Nippen" in diesem Saale dir frommen. 

Stets auf den „Grund" im Becher musst du kommen. 

Wie das zu machen ist, lehrt ein anderes Sprüchlein an der 
einen Wand der Zechstube: 

Willst spüren du des Weines feurigste Funken, 
Giess' nicht das edle Nass in Strömen ein; 
„Erst auf der Zung* erprobt, dann langsam getrunken!" 
So wills der rechte, ächte Frankenwein I — — 

Gegenüber den starken staatlichen und kirchlichen Gewalten 
unter deren Einfluss die Entwickelung Würzburgs bis zum Be- 
ginne dieses Jahrhunderts im Wesentlichen sich vollzogen hat, 
hatte die Bürgerschaft einen sehr harten Stand. Wie tapfer 
und zähe sie sich ihrer Freiheiten wehrte und wenigstens den 
Preis einer, wenn auch beschränkten, Selbstverwaltung aus dem 
Kampfe heimtrug, hat uns die Geschichte erzählt. Erst seit der 
Säkularisation entfalteten Stadtgemeinde und Bürgerthum die 
lange niedergehaltenen Kräfte und holten sozusagen im Sturme 
nach, was ihnen unter dem Drucke der früheren Verhältnisse 
versagt geblieben war. Ein Blick auf die Bauten unserer Stadt 
genügt, um den gewaltigen Unterschied zwischen Einst und Jetzt 
scharf und klar heraustreten zu lassen. 

In das Mittelalter weisen nur wenige von der Gemeinde er- 
richtete Bauwerke zurück. Obenan steht das „Haus der 
Stadt", das 

Rathhaus mit dem Grafen Eckard-Thurm» 

Seinen Namen erhielt dieser Thurm von einem bischöflichen 
Beamten Eckard, der den Titel Graf führte. Aus seinem Besitze 
kam der Hof, der einstens dort stand, erst an das Hochstift und 
im Jahre 1316 durch Kauf an die Stadtgemeinde. Die Raths- 
versammlungen, welche man bisher in dem gegenüber gelegenen 
Hofe zur Glocke oder Sturmglocke gehalten hatte, wurden nun- 
mehr hierher verlegt. Bald nach der Erwerbung des Hauses 
ward die schöne gothische Kapelle, welche den Heiligen Felix 
und Adauctus geweiht ist, erbaut Der hochragende Thurm ent- 
stand in den Jahren 1453— 1456. Mit Genehmigung des Bischofs 
Hess der Stadtrath im Thurme eine Glocke aufhängen, welche 
zur Anzeigung der Stunden und zum Lärmzeichen bei entstehen- 
den Feuersbrünsten benützt wurde und heute noch benützt wird 
Der zur linken Seite des Grafen Eckard angebaute Flügel heisst 
Grünbaum und führt an seiner äusseren Wand ein grösstentheils 



- 123 - 

verwittertes Bild emes belaubten Baumes. Durch den ersten 
und zweiten Stock dieses Baues ging der alte Raths- oder König- 
Wenzel-Saal, in dessen Architektur romanischer und gothischer 
Stil sich vereinigt finden. Ueberrcste des Saales kommen noch 
hier und da zum Vorschein; dazu gehört z. B, die aus Holz ge- 
schnitzte Figur vom Jahre 1458 mit der Unterschrift: 

Eins mans rede eine halbe (rede). 

Man soll sie verhören bede. 



hat man die Idee 
aufgefasst, den alten 
Saal in seiner alteii 
Herrlichkeit wie- 
derherzustellen und 
es sind zu diesem 
Zwecke Gutachten 
des I. Direktors des 
k. b. Nationalmuse- 
ums von Hefner- 
Alteneck und des 
Dombaumeisters 
Denzinger einge- 
holt worden. Beide 
sprechen sich da- 
hin aus, dass der 

Saal, in seine 
frühere Gestalt zu- 
rückgebracht, eine 

unvergleichliche 
Zierde des Rath- 

hauses und der 
Stadt bilden würde. 
Nach Hefner's An- 
sicht, dessen Skiz- 
zen hier wiederge- 
geben sind, „war 
der Saal ursprüng- 
lich von vier Kup- Rathhaus mit Grafen Eckarda-Thurm. 

peln überwölbt, 
welche ihren Ruhe- 

und Vereinigungspunkt auf einer Sdule im Mittelpunkte des 
Saales fanden. Zwölf auf Säulen ruhende Rundhogen trugen 
diese vier Kuppeln. Die Rundbogen wie der ganze Saal ge- 
hören dem la. Jahrhundert an. Als später in der Zeit der 



- 124 - 

Gothik — etwa in der 2. Hallte des 14. Jahrhunderts — der 
ganze Raum erhöht wurde, baute man auf die Rundbogen senk- 
rechte Mauern, welche oben in Spitzbogen formen endeten, an deren 
Rande die ziemlich gedrückten Kreuzgewölbe sich anschlössen. 
Diese spitzbogigen Ueberhöhungsmauem sind, wie unsere zweite 
Skizze zeigt, mit 
Wappenschildern, 
Schrift bändem und 

Teppichmustem 
bemalt, nur der In- 
halt der Wappen- 
schilde wie das 

Teppich muster 
wechselt in den 16 
Spitzbogen. Die 
Malerei ist im Gan- 
zen so gut erhalten, 
dass die fehlenden 
Stellen dersellpcii 
leicht nach dem 
Vorhandenen er- 
gänzt werden kön- 
nen. Bei einer Her- 
stellung mösste 
wohl darauf ge- 
sehen werden, dass 

sowohl der ur- 
sprüngliche i^mani- 
sche Theil als seine 
spätere gothische 
Ueberhöhung voB- 
ständig nach den 
vorhandenen 
Der «lie R»thhausB»al. Spuren wieder er- 

gänzt würden; denn 
diese Mischung stempelt das Ganze zu einem eigenthOmlichen 
und höchst interessanten Bauwerke, wie nicht leicht ein zweites 
gefunden wird. Dass die verhältnissmässig geringen Kosten zu 
so einer architektonischen Pracht und Merkwürdigkeit in gar 
keinem Verhältnisse stehen, ist gewiss leicht nachzuweisen.* 

Soweit Hefner. Leider musste die Ausftlhrung seiner Vor- 
schläge immer wieder zurückgestellt werden, da die Gemeinde 
in den letzten Jahrzehnten vordringlichere Aufgaben zu erftlllen 
hatte und insbesondere Räumlichkeiten fehlten, wohin die bis 
jetzt im ngrOnen Baum' untergebrachten Aemter verlegt werden 



- 125 — 

konnten. Jetzt (1699) ist diesem Mangel gesteuert und es wurden 
einstweilen die Zwischenmauern eingelegt, um die alte Gestalt des 
Saales klar heraustreten zu lassen. Die auf Grund dieser Ergeb- 
nisse von Stadtbaiirath Bernatz ausgearbeiteten Pläne ftlr die 
Wiederherstellung sind fertig. 

Der architektonisch schönste Theil des alten Magistratsge- 
bäudes, der etwas /'irückstehende, hochgiebelige Bau aus rothem 
Sandstein, wurde 
im Jahre 1659 an 
der Stelle eines ab- 
gebrochenen älte- 
ren Gebäudes unter 

der Leitung des 
Steinmetzen 
Sebastian Fillinger 
mit einem Kosten- 
aufwande von 6550 
fl. aufgeftihrt Den 

ersten Plan zum 
Giebel entwarf der 
Steinmetz Heinrich 
Eberhard. Für drei 
Wappen am Giebel 
und drei „Fratzen- 
gesichter' sammt 
den Wappen des 

Raths erhielt der 

Bildhauer Ph. 
Preuss 30 fl. In der 
Küche wurde auch 
ein „Pastetenofen" 
gesetzt In diesem 
Bau befanden sich 
die grüne Stube, 

die Bürgermeister- Ein Bogen des alten RathhatisEaalei. 

Stube und die ge- 
wöhnliche oder grosse Rathsstube. Letztere ist mit dem langer« 
Zeit für die Sitzungen des Schwurgerichtes benutzten Saale iden- 
tisch, welcher kürzlich restaurirt und dem Kollegium der Gemeinde- 
bevollmächtigten als „Berathungsraum" überwiesen wurde. 

Der sgrüne Baum" und der „rothe Bau" genOgten den Bedürf- 
nissen der Stadtverwaltung bis zum J, iftzz, wo sie das angrenzende 
Karmelitenkloster um loooo fl. ankaufte. Heute ist — ein Zeichen der 
immer mehr anwachsenden Bedeutung und Thätigkeit der städti- 
schen Behörden — auch der geräumige Klosterbau zu enge 



- 126 - 

geworden und ein grossariiger Um- und Neubau nach Plänen 
desStadtbaurathes Bernatz ist im Werke und in seinem ersten 
Theile während der Jahre 1898 und 1899 vollendet worden. 

Für den. Neubau wurde mit Rücksicht auf den alten Bau der 
Stil der deutschen Renaissance gewählt. Ein stattlicher Aufgang 
in's Vestibttl, 
zwei schmuck- 
volle Erker und 
reich geschnitzte 
Dachgau pen be- 
leben die Fa- 
9ade, welche 
von einem mäch- 
tigen Giebel 
Oberragt wird, 

goldete Wirce- 
bui^a bekrönt. 
Der Neubau ist 
43 m lang und 
stehen die Korri- 
dore desselben 
in direkter Ver- 
bindung mit 
jenen des alten 
Polizeigebäudes. 
Die Bureaux 
des Neubaues 
liegen nach der 

Karmelittn- 
strasse, die Kor- 
ridore nach dem 
Hof Letztere 
sind mit Stein- 
kaminen ge- 
schmückt und 
im Erdgeschoss 
Die Amtsräume, 
des Standes- 



Rother Bau des a 



und I. Stock mit Kreuzgewölben überdeckt, 
insbesondere die Zimmer des Bürger meiste 
beamten und der Bauräthe sind mit Wand- und D ecken vertäfel- 
ungen, welche an die Innerarchitektur alter Tiroler Schlösser er- 
innern, und mit Mobiliar in gleichem Geschmack ausgestattet. 
Besondere Sorgfalt wurde auf den Trauungssaal als Haupt- 
repräsentationsraum des Neubaues verwendet. In der Vorhalle 
an der Karmelitens'rasse und im Vorzimmer des Bürgern 



— 127 — 

wurden in passender Weise Abgüsse von den Stukkatttren aus 
dem alten Sandhofe angebracht. 

Den Südrisalit des Neubaues schmückt in einer Nische eine 
Madonna mit dem Christuskind, des Frankenlandes und der 
Frankenhauptstadt glorreiche Patronin. Segnend streckt sie ihre 
Hand aus über das Haus der Stadt und Ober die Stadt selbst 
mit ihren Einwohnern, sowie über WDrzburgs höchsten Sohn, 
den Prinzregenten Luilpold, dessen Bildniss unter der Madonnen- 



Neues Rathhaus. 



Statue zwischen den Wappen Bayerns und Frankens angebracht 
ist. Auf den Eckpostamenten des unter dem Regenten bildniss 
vorspringenden Balkons stehen mittelalterliche Bürge rsoldaten als 
Ehrenwache. Reicher Schmuck, der theilweise mit köstlichem 
Humor die Thätigkeit der „oberen und unteren Scadtvater", so- 
wie des Standesamtes darsteUt, belebt die Flächen des 1. und 
II, Stockes. Alle diese Arbeiten , mit Ausnahme der von Ferdi- 
nand von Miller in München modellirten und gegossenen Figuren 
der Madonna und Wirceburgia, sowie des Prinzregenten- Reliefs 



- 128 ^- 

sind von ortsansässigen Bildhauern gefertigt, ein rühmliches Zeug- 
niss heimischer Tüchtigkeit und Kirnst. 

Das alterthümliche Haus, welches rechtwinkelig an den rothen 
Rathhausbau angrenzte, hiess im 14. Jahrhundert der Met ho f. Es 
wurde damals hier und noch in anderwärts gelegenen sieben Zech- 
stuben Met verzapft. Später kaufte der Stadtrath den Hof und 
benützte ihn als Verkaufslokal für die in den Rathskellem lagern- 
den Weine und ftlr Bier. Letzteres war bis ins 17. Jahrhundert 
herein hier geradezu verpönt. Erst im Jahre 1643 entstand eine 
„herrschaftlidie" Brauerei, bis dorthin mussten die nach Bier 
durstigen Würzburger mit fremden Erzeugnissen, als: Coburger, 
Eimbecker, Göttinger, Bamberger, Weissenstatter, ihren Durst 
löschen. Die Meisten zogen die einstens sehr beliebten Süssweine 
(Malvasier, Reinfal, Muskat etc.) oder den köstlichen Stein wein 
vor. Letzterer wuchs in den der Stadt gehörigen Weinbergen, 
welche theil weise von edeldenkenden Männern, wie von dem 
Domherrn Andreas von Thüngen (1545) und dem Fürstbischöfe 
Johann Gottfried von Aschhausen {1620) dem Rathe geschenkt, 
theils von letzterem durch Kauf erworben wurden. Infolge der 
schweren Schuldenlast, welche die Revolutions- und Napoleoni- 
schen Kriege unserer Stadt autbürdeten, musste leider das 
33 Morgen umfassende Weingut und nicht minder der werthvolle 
Silberschatz der Stadt veräussert werden. Mit letzterem rüstete 
der Rath die grossen Festmahlzeiten aus, die regelmässig an 
Fastnacht, an der Kirch weihe, bei der Bürgermeisterwahl etc. 
gehalten oder fremden Gästen zu Ehren im Rathhaussaale ver- 
anstaltet wurden. Bei solchen Gelegenheiten machte der „Will- 
komm", ein grosser, silbervergoldeter Pokal, die Runde, imd wer 
denselben geleert hatte, schrieb seinen Namen und einen Reim- 
spruch in das „Willkommbuch" des Stubenamtes. Dieses Buch 
(1704— 1746); das kürzlich wieder aufgefunden wurde, ist das. 
Einzige, was aus jener feuchtfröhlichen Zeit übrig geblieben ist *). 

Wie die Gesammtgemeindc das Rathhaus, hatte jedes Stadt- 
viertel — es gab deren, allen mathematischen Regeln zum 
Trotze, acht — seinen eigenen Viertelhof, in welchem bis zum 
Bauernkriege die Viertelmeister ihre Sitzungen hielten. Später dien- 
ten die Höfe als Lagerräume für Getreide und Wein, theilweise auch 
als Schulen. Der letzte dieser Höfe, zugleich der einzige, der 
noch Eigenthum der Stadt war, der Sanderviertelhof, ist vor 
einigen Jahren niedergerissen worden. 

Die herrlichste bauliche Schöpfung der mittel- 
alterlichen Stadtgemeinde und ein unvergängliches Wahr- 
zeichen opferwilligen Bürgersinnes ist 

S. Göbl, die Rathschenke und der Willkomm der Sudt Wfirzburg, im Archiv 
des histor. Vereins, 37» 103 — 157. 



— 129 - 

die Marien kapelle 
auf dem grünen Markte. Einst stand an dieser Stätte die Syna- 
goge der Juden, welclie bei der 1348 allgemein stattgehabten Juden- 
verfolgung in Flammen aufging. Alsbald wurde auf der Brand- 
stätte ein kleines Kirchlein zu Ehren unserer lieben Frau Maria 
erbaut,welches aber 
bald die Menge der 
aus Stadt und Land 
zuströme ndenWall- 
fahrer nicht mehr 
fassen konnte. Es 
wurde abgebrochen 

und am Pfingst- 
abende 1377 legte 

der Bischof Ger- 
hard den Grund- 
Gotteshause. Die 
Baukosten wurden, 
theils durch freiwil- 
lige Gaben , theils 
aus der Stadtkasse 
gedeckt. Der Chor 
und das Langhaus 
wuchsen sehr rasch 
empor, dann aber 
trat eine Stockung 

ein, bis hundert 

Jahre nach der 

Grundsteinlegung 
endlich der Thurm 
vollendet ward. An 
der Ausschmück- 
ung des Aeusseren 
der Kirche arbei- 
tete u.a. ein Kunst- °'* Manenkapelle. 

1er allerersten 
Ranges, Frankens bedeutendster Bildhauer und Bildschnitzer 
Tillmann Riem enschneider aus Osterode am Harz. 
1491 verfertigte er die beiden an der südlichen Thüre stehen- 
den Figuren von Adam und Eva'). Man zahlte ihm für dies 
„köstlidi Werk" iio Gulden. Derselbe fing 1500 jene 14 Statuen 
zu bilden an, welclie die Strebepfeiler der Südseite zieren und 
unbedenklich den Arbeiten eines Adam Kraft und Veit Stoss an 
die Seite gesetzt werden dürfen. Sehr schön sind auch die von 



- 130 - 

einem unbekannten Meister herrührenden Skulpturen der drei 
Portale, insbesondere des Nordportals , auf dem die Empfängniss 
Maria in eigenartiger Weise dargestellt ist. Der jetzige Thurm 
wurde in den Jahren 1856 und 1857 nach den Plänen des Kreis- 
baubeamten Reuss ausgeführt Das Innere der Kirche besteht 
aus einer dreischiffigen Halle mit acht freien Pfeilern. Die Altäre, 
die Kommunikantenbank und ganz besonders die Kanzel sind her- 
vorragende Werke neuer Kunst. 

In der MarienkapeUe, die der Stadtrath mit Stolz als seine 
Kapelle bezeichnete, fanden die Mitglieder des Raths ihre letzte 
Ruhestätte. Um die Mitte des 16. Jahrhunderts, als die Mehrzahl 
der Bürgerschaft der neuen Lehre sich zugewendet hatte, diente 
die Kirche kurze Zeit dem lutherischen Gottesdienste, wie ja 
damals auch ein protestantischer Friedhof dahier vorhanden war. 
Derselbe, in dem Pestjahre 1542 angelegt und nach katholischem 
Ritus eingeweiht, lag vor dem alten Pleicherthore. 

Seit dem Jahre 1412 bestand in der Kapelle die von fi-änki- 
schen Edelleuten gestiftete Brudeischaft der Fürspänger und viele 
Mitglieder dieses Ritterordens sind dort begraben. Das Denkmal 
des Ritters Martin von S e i n s h e i m , des Stifters der heute noch 
bestehenden Rock- und Schuh- Almosenpflege , f 1434, ist haupt- 
sächlich desshalb interessant, weil dasselbe den Orden der Für- 
spange trägt. Auch Meister Tillmann Riemenschneider lieferte in 
dem Grabsteine für Konrad vonSchaumberg ein Werk seines 
Meisseis. Beachtenswerth ist femer das dem Vertheidiger des 
Frauenberges gegen die Bauern, Ritter Sebastian von Rotenhan, 
gesetzte, in Erz gegossene Denkmal. 

Ein rühmliches Denkmal wohlthätigen Bürgersinnes 
ist auch 

das Bürgerspital, 

oder, wie es bis nach der Entstehung des Juliusspitales immer 
genannt wird, das „neue Spital" vor dem Hauger Thore. Es 
wurde im Jahre 1319 von einem edlen Bürger, Johann vom 
Steren (de ariete, Widder) ins Leben gerufen und war zunächst 
der Krankenpflege gewidmet. Die Verwaltung übergab der 
Stifter sofort dem Stadtrathe. Im Jahre 1342 wurde dann das 
städtische Siechenhaus, das bisher eine Stunde östlich von der 
Stadt, im Wöllrieder Hofe, sich befunden hatte, mit dem neuen 
Spitale vereinigt Diesem flössen von allen Seiten reiche Schenk- 
ungen zu. Die bedeutendste Mehrung seines Vermögens erhielt 
es im Jahre 1340 durch eine reichbegüterte Würzburger Familie, 
die Brüder Rüdiger und Wölflein Teufel, welche der neuen 
Stiftung das Dorf Laub bei Prichsenstadt mit allen Rechten und 
Einkünften zu Eigen gaben. Weiter ist als besonderer Wohlthäter 



- 131 - 

des Spitals der Stadtrath Paul von Worms, t i579. zu nennen, 
der durch ein bedeutendes Vermächtniss die Stiftung in den 
Stand setzte, ihre bei der Grumbachischen Invasion theilweise 
zerstörten Gebäude zu erneuern und zu erweitern. Ein weiterer 
Neubau von beachtenswerthen architektonischen Formen wurde 
1718 im Hofe unter der Leitung des Residenzbaumeisters Neu- 
mann errichtet. Heute ist das Bürgerspital nächst dem Julius* 
Spital die reichste all der vielen hier bestehenden Stiftungen, denn 
es besitzt ein rentlrendes Vermögen von mehr als drei Millionen Mark. 



Das Bürgerspital. 

Eine Hauptquelle seiner Einkünfte findet das Haus in dem 
Verkaufe des Ertrages seiner vorzüglichen und zahlreichen Wein- 
berge. Unter dem nur auf Würzburger Markung liegenden 
Grundbesitze des Spitals zu 175 Hektar befinden sich etwa 
21 Hektar in Regie bewirthschaftete Weinberge in den Lagen 
Stein, Harfe, Schalksberg, Neuberg, Lindlesberg und Klinge. Der 
Ertrag der Weinberge kann in einem guten Herbste auf 700—800 
Hektoliter geschätzt werden und wird grösstentheils zum Verkaufe 
gebracht, theilweise ftr die Angehörigen des Hauses verwendet. 



- 132 - 

Im Anstaltsgebäude ist seit mehreren Jahren zur Bequemlichkeit 
des Publikums eine gemüthliche Weinstube mit altdeutscher Aus- 
stattung eingerichtet, in welcher der köstliche Trank in den origi- 
nellen, weltberühmten Boxbeuteln verabie'cht wird. 

Trefflich, Bürger- Hospital, 

Kannst du Kranke trösten, 

Denn in diesem Jammerthal 

Zählt ich stets des Durstes Qual 

Zu der Qualen grössten I (f. Daim.) 

Der Verschleiss der Weine dehnt sich auf ganz Deutschland, 
die Schweiz, England und Amerika aus: selbst auch nach Austra- 
lien fanden schon Sendungen statt. Nach einer Urkunde, welche 
im Jahre 1726 in den Knopf des neuhergestellten Thurmes der 
Spitalkirche eingeschlossen wurde, ist der Aufschwung des Wein- 
handels auf das Jahr 1718 zurück zu führen. Betrügerische 
Wirthe aus Stadt und Land brachten leichte und schlechte Waare 
unter der Marke der edelsten Weine Frankens, insbesondere der 
Steinweine, auf den Markt und schädigten dadurch den Absatz 
in der empfindlichsten Weise. Um das treffliche, heimische Ge- 
wächs wieder zu Ehren zu bringen, Hess der hochlöbliche und 
preiswerthe Stadtrath die in der Kellerei des Bürgerspitals lagern- 
den Steinweine aus dem Jahrgange 1718 in Flaschen von je 
I Mass Inhalt fassen und diese Flaschen zum Zeichen der Aecht- 
heit mit dem Stadtsiegel verschliessen. Und die Wahrheit, der 
.reine, unverfälschte Wein, siegte rasch und glänzend. Der Preis 
für das Fuder stieg auf 500 Thaler und hielt sich Jahre hindurch 
im Wesentlichen auf der gleichen Höhe. Frankens Ruhm als 
Weinland war gerettet und an den Tafeln fremder Fürsten kam 
neben spanischen und italienischen Weinen fränkischer Rebensaft 
zu wohlverdienten Ehren. Gern, von Herzen gerne, wollen wir 
darum den frommen Wunsch erfüllen, mit dem die Urkunde im 
Thurmknopfe des Spitales schliesst: „Ihr Nachkommen aber, die 
ihr hoffentlich in recht femer Zeit diese Botschaft leset, wünschet 
unseren Seelen und unseren Gebeinen die ewige Ruhe". 

Mit der Erbauung der Marienkapelle und der Stiftung des 
Bürgerspitals hatte sich der Wohlthätigkeitssinn der Bürger- 
schaft und der Geistlichkeit keineswegs erschöpft. Würzburg 
ist an Stiftungen der Nächstenliebe und der Frömmigkeit so 
reich wie wenige Städte im deutschen Reiche. Viele dieser Stift- 
ungen, wie das Siechenhaus im Sand, das jetzt Ehehalten- 
haus heisst, das Franzosenhaus (zur Pflege geschlechtlich 
Kranker), die Armenseelhäuser zum Gabriel oder Gabler, zur 
Himmelskrone, zur hohen Zinne etc. besassen ihre eigenen 
Gebäude. Jetzt sind sie meist mit dem Bürgerspitale vereinigt. 



- 133 - 

Besondere Erwähnung verdient das Hospital zum hl. Joseph, 
welches der hiesige Kaufmann und Stadtrath Adam Joseph Hueber 
im Jahre 1794 zur Verpflegung armer, dienstunfähiger Mägde 
ledigen Standes, welche eine mindestens zwanzigjährige Dienst- 
zeit bei Würzburger Bürgersleuten nachweisen können, gestiftet 
hat. Der gegenwärtige Vermögensstand beträgt etwa 1,065,000 
Mark I Das Anstaltsgebäude liegt in der Kapuzinergasse. Ueber 
dem Portale befindet sich ein von der Künstlerhand des trefilichen 
Bildhauers Nickels aus Stein gefertigtes Bildwerk mit Figuren in 
Lebensgrösse, den ehrwürdigen Hueber darstellend, welcher, die 
Stiftungsurkunde in der Hand, einigen Dienstmägden in alt- 
fränkischer Tracht die Aufnahme in seine neue Schöpfung kund- 
giebt. — 

Weniger reich ist die ältere Zeit an Stiftungen und Einrich- 
tungen fiir den Unterricht der Jugend *). Die seit Jahrhunderten 
bei den geistlichen Stiften bestehenden Scholasterien wurden ganz 
von dem betreffenden Stift unterhalten. Anfangs hatten sie den 
Charakter von gelehrten Schulen, sanken aber späte i, als unter 
Bischof Heinrich von Wirsberg eine höhere Lehranstalt, „Partikular- 
schule**, gegründet worden war, zu sogenannten Trivialschulen 
herab. Im 16. Jahrhundert finden wir neben den vier Stiftsschulen 
noch eine lateinische Schule zu St. Peter und 5 deutsche Schulen. 
Letztere waren aber Privatschulen (Winkelschulen), deren Lehrer 
nicht von der Stadt besoldet wurden, sondern sich nur auf das Er- 
trägnis des Schulgeldes angewiesen sahen. Die ältesten städtischen 
Schulen wurden 1650 und 1663 in dem der Gemeinde gehörigen 
Sanderviertelhofe errichtet. — Eine wesentliche Umgestaltung und 
grundlegende Förderung fand das hiesige Volksschulwesen 
infolge des Schuldotationsgesetzes vom 10. November 1861. Zu 
einem Schulhausneubau aber konnte man sich erst im Jahre 1881 
entschliessen; bis dahin versuchte man es mit Adaptierungen 
grösserer Gebäude. Seit 1881 sind vier neue, zweckmässig ein- 
gerichtete und schöne Schulhäuser (bei St. Burkard, am Durch- 
bruche der Münzgasse, bei Stifthaug und im Grombühl) entstanden. 
Ein fünfter grossartiger Bau, das Cent ralschul haus, geht eben 
jetzt seiner Vollendung entgegen. Es erhebt sich an der Stelle des 
alten Domhermhofes Stemberg am Ecke der Ebracher- und Domer- 
pfaffengasse und wurde 1897— 1899 nach dem Entwürfe und unter 
Leitung des Stadtbauraths P. Bernatz erbaut. Die Strassenfagaden 
sind im Spätrenaissancestil ganz von weissem Sandstein, der Sockel 
von Muschelkalk und die Rückfagaden in gelben Verblendziegeln 
ausgeftlhrt. Die Schulsäle sind in Hufeisenform um einen gegen die 



') VgL die Festschrift für die XII. Hauptversammlung des Bayer. Volksschullehrer- 
Vereins 1893. S. 83 ff. 



— 134 - 

DomerpfafFengasse offenen Spielhof- von 42 m Länge und 27 m 
Breite gruppirt, um ihnen möglichst viel Licht und Luft, sowie 
ruhigere Lage gegen den Strassenlärm zu verschaffen. Das Schul- 
haus enthält 29 Lehrsäle, einen Saal von 100 qm nebst Küche für 
einen Mädchenhort, Turnhalle, Conferenz- und Bibliothekzimmer, so- 
wie Brausebäder und entspricht allen Anforderungen der Jetztzeit. 
— Neben den Gemeindeschulen wirken ausserordentlich segensreich 
die von dem polytechnischen Centralverein unterhaltenen 
gewerblichen und Fortbildungsschulen, welche in dem Gebäude 
der Maxschule untergebracht sind. Derselbe Bau beherbergt die 
Kreis-Realschule und das staatliche Real-Gymnasium. 
Ausserdem bestehen hier noch zwei humanistische Gymna- 
sien, das alte in den Räumen des ehemaligen Augustinerklosters, 
das neue in einem an der Rennweger Ringstrasse 1886 erbauten 
staatlichen Hause. 

Ausserhalb der Stadt, in der Feldlage Frauenland, welche 
ihren Namen sehr wahrscheinlich von den dort ehedem stark 
begüterten Frauenklöstern St. Afra, Himmelspforten, St. Agnes 
und anderen erhalten hat, sind in den Jahren 1897 und 1898 die 
Neubauten fiir das Schullehrer-Seminar und für die land- 
wirthschaftliche Fortbildungsschule entstanden. 

Das Schulseminar in Würzburg — das älteste im Bestände 
des jetzigen Königreichs Bayern — wurde 1777 von dem hoch- 
sinnigen Fürstbischof Adam Friedrich von Seinsheim gegründet. 
Dreiundsiebzig Jahre lang befand sich die Anstalt, wie schon er- 
wähnt, gemeinsam mit dem kgl. alten Gymnasium in dem ehe- 
maligen Augustinerkloster, bis die ungenügenden imd ungesunden 
Raumverhältnisse sowie die theil weise Zerstörung des Seminars 
durch Brand (10. Januar 1893) einen Neubau nothwendig machten. 
Derselbe entspricht wohl hinsichtlich der Ausnütz ung der inneren 
Räume und der Einrichtung der Säle seinen Zwecken, die ästhe- 
tische Wirkung aber nach aussen hin wird stark beeinträchtigt 
einmal durch die zu niedrige Lage des Baues, dann durch das 
Fehlen des sonst üblichen Frieses unter dem Dache, wodurch das 
Ganze ein sehr „gedrücktes Aussehen" erhält. 

Der einzige Nachbar des neuen Schullehrer-Seminars ist bis 
jetzt eine gleichfalls Unterrichtszwecken dienende Anstalt, die 
landwirthschaftliche Fortbildungsschule. Dieses Institut musste 
sich bisher mit gemietheten Lokalitäten behelfen, bis aus Anlass 
der Feier des 25 jährigen Präsidenten -Jubiläums des jetzigen 
Regierungs-Präsidenten Dr. Graf von Luxburg der Landrath die 
Geldmittel und die Stadtgemeinde unentgeltlich den Bauplatz fiir 
einen Neubau zur Verfügung stellte. Letzterer wurde, nach den 
Plänen des Architekten Ostberg, Ende August 1898 fertig 
gestellt. 



Wie auf dem Gebiete des Scliuiwesens gehen auch da, wo 
es gilt, Handel und Verkehr zu tördern, Gemeinde und 
Staat einträchtig Hand in Hand. Die Lage am Flusse, an der 
AusmOndung mehrerer Thäler und an frequenten StrassenzOgen 
riet seit den ältesten Jahrhunderten ein reges Verkehrsleben 
hier wach, das freilich die neuere Zeit mit ihren weltum- 
wandelnden Fortschritten nicht mehr zu würdigen weiss. Wie 
klein, ja überflüssig erscheinen uns heute z. B. die Bauten, die 
unseren Altvorderen zur Förderung des „Commerciums" hier er- 
richteten; die längst verschwundene Stadtwage, der alte 
Krahnen mit dem Niederlaghaus, das S c hr annengebäude 
etc. Wie imponirend steht den engen Bureaus der deutschen 



Alter Bahnhof. 

II Privathäusern sich befanden, 

der alte Bahnhof oder die Lndwigsballe 

gegenüberl Und doch genOgte auch dieser Bau, in den Jahren 
1853 bis 1856 auf der Stätte der ehemaligen Karthause Engel- 
garten von G. Neureuther meisterhaft in italienischem Stile 
au^efOhrt, kaum zehn Jahre seiner Bestimmung. Im Jahre 
i86B schon ging er in die Hände der Stadtgemeinde über und 
ist noch heute deren Eigenthum. Die Lokalitäten werden theils 
zu Schulzwecken verwendet, theils sind sie dem Bürgerverein 
und Volksbildungsverein überlassen. Die Einsteighalle dient 
bei grossen Festlichkeiten als Festhalle. — Sehr bald genügte 



der neue Bahnhof, 

welcher in den Jahren 1863— 1869 mit einem Kostenaufwande von 
2164172 Gulden errichtet wurde, dem nesengross sich ausdehnen- 
den Verkehre nicht mehr und Millionen mussten neuerdings auf- 
gewendet werden, um denselben den Bedürfnissen der Gegen' 
wart entsprechend umzubauen und zu erweitern. Fast ebenso 
rasch hat sich auch der für den Schiff- und Flossverkehr bestimmte 
Staatshafen als zu klein erwiesen und die Erbauung eines 



gesonderten Hafens für den Holzhandel wird nach Legui^ der 
Mainkette sich nicht mehr hinausschieben lassen. 

Zu den ältesten Verkehrsmitteln zähU neben Schiff und 
Floss die Brücke. Zwölf Jahrhunderte hindurch vermittelte eine 
einzige, 

die alte Brücke, 
die Verbindung zwischen dem östlichen und westlichen Ufer. Von 
dem Baumeister Enzelin zu Beginn des 12. Jahrhunderts errichtet, 
wurde das — nach dem Urtheil der Zeitgenossen — überaus 



— 137 — 

schön und festgefügte Bauwerk am ai, August 1342 beinahe gänz- 
lich zerstört, als in Folge eines Wolkenbruches der Main zu einer 
Höhe anschwoll, wie sie die Bewohner Würzbui^s noch nicht 
-gesehen hatten. Man versuchte zwar alsbald, die Brücke wieder 
herzustellen, aber wegen Geldmangels konnte erst im Jahre 1474 
der Neubau begonnen, erst im Jahre 1607 die gänzliche Wölbung 
mit Steinen vollendet werden. Die zwölf Heiligenstatuen, welche 
die alte Brücke zieren, wurden unter den Fürstbischöfen Christoph 
Franz von Hütten (1724—29) und Friedrich Karl von Schönbom 
(1729-46) gefertigt 



Die alte Mainb 



Wahrend fast drei Jahrhunderle vergingen, bis Staat, Ge- 
meinde und christliche Mildthätigkeit zusammen die alte Brücke 
zu Stande brachten, hat innerhalb zehn Jahren die Gemeinde 
ganz allein zwei neue, wahrhaft monumentale Brücken geschaffen. 
Die ältere derselben führt nach Seiner Königliehen Hoheit dem 
Prinzregenten, dessen besonderer Huld unsere Stadt, seine Ge- 
burtsstadt, sich erfreut, den Namen 

Lnitpoldbrücke' 

Sie verbindet die beiden Mainufer am nördlichen Ende der 
Stadt, bildet ein Glied des Ringstrassenpolygons um Würzburg 



- 138 - 

und brachte die längst gewünschte Entlastung der alten Brücke, 
deren geringe Breite und steile Zufahrten dem seit der Entfestig- 
ung der Stadt gewaltig gesteigerten Verkehre nicht mehr ge 
nügten. Nachdem mehrere Projekte, welche einen eisernen Ober- 
bau vorsahen, glücklicher Weise zu Fall gebracht worden, arbeitete 
unter Züm's Nachfolger, Hofrath Dr. Steidle, der Stadtbaurath 
Joseph Scherpf im Jahre 1885 einen weiteren , den spater der 
Herstellung der Brücke zu Grunde gefegten Plan aus, wobei die 
Gewölbe nicht aus grossen Steinquadern, sondern aus kleinen 
Bruchsteinen in PortTandcementmörlel gebildet werden sollten 
Diese Bauart, welche damals noch wenig bekannt war, und daher 
vielfach angefeindet wurde, hat sich vortrefflich bewährt und 




sichert der Brücke den Charakter eines monumentalen, zum ganzen 
Städtebilde passenden Baues, den eine Eisenkonstruktion niemals 
zu erreichen vermag. Ausgeführt wurde das Werk in den 
Jahren 1886 und 1887 von den hiesigen Baufirmen Friedrich 
Buchner und J. E. Weber, welche unter den aus verschiedenen 
deutschen Gauen eingelaufenen Submissionen das billigste Angebot 
zu 501383 Mk. 73 Pfg. gelegt hatten. Das Steinmaterial wurde 
der Hauptsache nach aus den Steinbrüchen oberhalb Sommer- 
hausen genommen. 

Wenige Jahre später, am 25, August 1895, ward die Taute 
und Einweihung der dritten Brücke, welche den Main am süd- 
lichen Ende der Stadt überspannt , in feierlicher Weise voU 
zogen. Zu Ehren des ältesten Sohnes des Prinzregenten Luitpold 



Ludwig sbrflcke 

genannt. Sie verdankt ihre Gestalt einer im Februar 1891 ver- 
anstalteten Preiskonkurrenz, aus welcher der Oberingenieur der 
Firma Holzmann in Frankfurt a. M., Lauter, als Sieger hervor- 
ging. Unter Beibehaltung der Architektur des preisgekrönten 
Entwurfes wurde dann durch die Stadtbauinspektion ein neues 
Projekt ausgearbeitet, das im Juli 1892 die Genehmigung seitens 
der städtischen Kollegien fand. Die Herstellung der Brücke 
sowohl als der Auflahrtsrampen wurde der einheimischen Firma 
Buchner zugeschlagen, welche die Arbeiten unter Leitung 
der Stadtbauräthe Bernatz und Heinlein, so rasch förderte, 



dass schon am 1. Dezember 1894 der neue Verkehrsweg der 
Benützung geöffnet werden konnte. Die BrUcke, deren Gesammt- 
kosten sich auf rund 860000 Mark belaufen, zählt mit ihrer für 
Steinmaterial ungewöhnlich grossen Spannweite von 36 Metern 
zu den weitgespanntesten Brücken Deutschlands. Seine Bekrön- 
ung erhielt das imposante Werk mit der Aufstellung von vier 
Löwenfiguren, welche in der Erzgiesserei F. von Millers in 
München gegossen wurden. Von der hochgewölbten Brücke aus 
zeigt sich dem Auge ein reizendes Stadt- und Landschaftsbild, 
wie es wohl selten in solcher Schönheit sich finden wird. 

Die zivei neilen Brücken bilden im Wesentlichen den Ab- 
schlu BS jener grossartigen Bauthätigkeit, welche Gemeinde 
und Bürgerschaft in dem letzten Vierteljahrhunderte entfaltet 
haben. Die gewaltigen Entfestigungsarbeiten, die seit dem 



- 140 - 

Unglücksjahre 1866, das für Würzburg in mancher Beziehung 
zum Segensjahre geworden ist, von der Stadtvertretung durch- 
geführt worden sind, bereiteten den Boden, auf dem sich rasch 
und gesund die moderne Stadt entwickelt hat Von aussen her 
drang dann die neue Zeit erobernd in das Innere vor und er- 
zwang dem Verkehre breitere Bahnen. Zahlreidie Strassen- 
durchbrüche entstanden und frische Luft und stai^es Licht 
strömten durch ae in die Enge der mittelalterlichen Stadt 
belebend ein. Es kann hier auf das Nähere nicht eingegangen 
werden und es muss genügen, an den Abbruch der wie für die 
Ewigkeit erbauten Festungsmauem und Thore, die Ausfüllung 
der breiten und tiefen Gräben, die Erweiterung der Augustiner-, 
Eichhorn- und Sandstrasse, die Niederlegung des alten Landge- 
richtsgebäudes zu erinnern. 

Dem Niederreissen, das die Stadtgemeinde nach einem 
gross angelegten Plane durchführte, folgte in gleich raschem 
Schritte das Aufbauen. In keiner Periode der Stadtgeschichte 
entwickelte sich in der Bürgerschaft ein solch reges bauliches 
Schaffen, wie seit dem Jahre 1868. Es sei hier wiederholt betont, 
dass in dem engen Zeitraum von 1867 bis 1890 nicht weniger als 
1204 Wohnhäuser, also fast ein Drittel der g^enwärtigen Stadt, 
neu gebaut worden sind. Dem Bedürfnisse nach schönen und 
gesunden Wohnungen ist dadurch im weitesten Umfange Rech- 
nung getragen. 

Wie eng und ärmlich wohnte ehedem die bürger- 
liche Bevölkerung! Selten nur stossen wir bei einem Gange 
durch die Stadt auf alte schöne Höfe im bürgerlichen Be- 
sitze. Einer deri:elben, der 

Sandhof, 

der, wie so manch andere Denkmäler der Vergangenheit, von 
den Wogen der Neuzeit unrettbar bedroht erschien, ist in letzter 
Stunde noch durch den Kunstsinn und die Opferwilligkeit seines 
Eigenthümers, des Weingutsbesitzers Ernst Schierlinger, wenigstens 
in seinem interessantesten Theile gerettet worden. Der Hof, der im 
Jahre 1277 erstmals in einer Urkunde-genannt wird, war die Wiege 
eines der bedeutendsten und angesehensten Patriziergeschlechter 
des mittelalterlichen Würzburg, der Familie vom Sandhofe. Nach 
ihrem Aussterben zu Ende des 14. Jahrhunderts wanderte ihr 
Stammhaus über anderthalb Jahrhunderte von einer Hand zur 
andern. Zur Ruhe, d. h. in feste, wie in die rechte Hand kam der 
Hof erst wieder in der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts. Und wie- 
der, wie in den ersten Zeiten seines Bestehens sass in dem Hofe 
fast zwei Säkula lang ein durch und durch tüchtiges, hochver- 



- 141 - 

mögendes und hoch angesehenes Geschlecht, die aus Ochsenfurt 
stammende Familie Ganzhorn, welche in drei Jahrhunderten 
unserer Stadtgemeinde wie dem hochstifti sehen Staate, der Kirche 
wie der gelehrten Welt, eine Reihe ausgezeichneter Männer ge- 
schenkt hat. Einer derselben, der Dr. jur. utr. Johann Wilhelm 
Ganzhom, wel. 
eher in der Ju 
gend viele Rei- 
sen, insbeson- 
dere auch in Ita- 
lien gemacht 
hatte und später 
als reicher Pri' 
vatier seinen ge- 
lehrten u. künst- 
lerischen Neig- 
ungen lebte, liess 
in den neunziger 
Jahren des i6. 

Jahrhimderis 
den alten Hof in 
jener herrlichen 
Gestalt umbau- 
en '), in welcher 
er eine Zierden, 
Sehenswürdig- 
keit Wilrzburgs 
und eines der 
bedeutsamsten 
Denkmäler aus 
dem schönheits- 
trunkenen Zeit- 
alter d.Renais- 
s a n c e gewor- 
den ist. Denn 

sere Stadt auf Innenpanie des Sandhofs. 

dem Titelblatte 

dieses Büchleins „die Stadt des Roeoco' genannt wird, da gerade 
diese Stilform hier in ganz besonders reicher und reizvoller Ausbild- 
ung sich zeigt, so haben doch auch die früheren Zeiträume und 
nicht zuletzt die Renaissance auf dem Gebiete der Kunst bedeutende 
Spuren zurückgelassen. Es sei nur erinnert an die schon er- 

') H^ner in „Alifcinkiichi Bildet", J.hrg.ng 1895. 



— 1*J — 

wähnten Arbeiten Tilmann Kiemenschneiders im Dom und ander- 
wärts, an den rothen Rathhausbau, die alte Universität mit der 
Neubaukirche, einzelne Theile des Sclilosses auf dem Marienberge, 
das Haus „zum schönen Eck" im Kilrschnerhof und den Witteis- 
bacher Hof. 

So sehr es vom antiquarischen Standpunkte aus zu beklagen ist. 
dass der vordere Theil des Sandhofes den Forderungen der Neuzeit 
und der gänzlichen Umgestaltung der Sandstrasse zum Opfer fallen 
mussle,soerireulich 
und anerkennens- 
werth ist es, dass 
vor allem einmal die 
rückwärtige Partie. 
insbesondere der 
sti m m ungs volle a Ite 
„HoPmitdemErker 
erhalten und dass 
weiterhindieNeuge- 
staltung mitPietätu. 
Geschmack durch- 
geführt wurde. 

Ganz anders ab 
die reichen Gross- 
kaufleute undPatri- 
zier wohnten die 
kleinen Handels- u. 
Gewerbtreiben den. 
Sie erbauten sich 
überihrenschmaleti 
Kaufläden U.Werk- 
stätten, von denen 
sie einem Stifte oder 
■ Kloster Grundzins 

hohe Häuschen in 
Zimmerbreite und 
Ansiclii des Bachmann' sehen Hauses, Neubausir. rückten um etwas 
mehr Raum zu ge- 
winnen, die oberen Stockwerke über die unteren heraus. So 
erwuchsen die wunderlichen und winkeligen Häuser am Kürschner- 
hofe, in der Domslrasse und anderwärts, die trotz oder viel- 
mehr wegen ihrer Unregelmässigkeit und mit ihren eigenartigen 
Giebeln und roüien Ziegeldächern ein malerisches Bild AltwOrz- 
burgs sind. Da und dort trat an die Stelle des Steinbaues der 
architektonisch hochinteressante Holzbau mit reicher Skulptur 



Verzierung. Erhalten sind nur zwei Gebäude dieser Art, das eine 
auf der Neubaustrasse, das andere im Hofe desEliemann'- 
sehen Hauses an der Augusiinerstrasse. Die an dem Thore des 
letzteren Gebäudes gegen die Wohlfahrtsgasse befindliche Jahres- 
zahl 1547 dürfte wohl die Entstehungszeit des Werkes bezeichnen; 
die Balda- 
chine über 
den schön 
ausgellthrten 
Heiligenfigu- 
ren (Maria 
mit dem Kin- 
de, beide hL 

Johannes, 
Ursula und 
Barbara) ha- 
ben noch 
spätgothi- 
schen Cha- 

Einer spa- 
teren Zeit, 

Anfange des 
17. Jahrhun- 
derts, gehört 
das Bach- 



strasse an. 
Unter einem 
Relief, einen 
Knaben dar- 
stellend, der 

Händen die P»rli« »"s dem Hofe des Ehemann'scheo Hause». 

delphinarti- 
gen Estreme festhält, in welche sein Unterkörper ausgeht, steht 
die Inschrift; 

O Meeres Wunder in der Stadt: 
Hin Zimmermann dies Haus erbauet hat. 
J. Hagel') stellt diesen Renaissancebau, der in architektonischer 



<) Lelpiigu Illmirine Zciiung 1BS4, S. 66i. 



— 144 — 

und omamentaler Beziehung zu den hervorragendsten Profanbauten 
Würzburgs gezählt werden könne, den schönsten Holzbauten, 
wie sie am Rhein und an der Mosel vorkommen, an die Seite. 
Eine Zeit reicher BlQthe begann für die profane Baukunst 
mit der Regierung Johann Gottfrieds von Guttenberg (1684—1698). 
Er, und mit noch grösserer Energie seine Nachfolger, inbesondere 



Ansich: des Hauses lum l<'alken (vom Marktplätze aas). 



die pracht- und kunstliebenden Fürsten aus dem Hause Schönbom, 
setzten alle Mittel in Bewegung, um ihrer Haupt- und Residenz- 
stadt eine schöne Gestalt zu geben. Die veraltete Bauordnung 
wurde einer gründlichen Reform unterzogen, eine Baukommission 
unter J. B. Neumanns Leitung (tberwachte den Vollzug der neuen 
Vorschritten, durch Geldprämien und Ertlieilung der Steuerfreiheit 
för zehn und mehr Jahre wurden die Bürger zur AufRihrung 
stattlicher Häuser veranlasst. Das Beispiel, das zuerst der Hof, 
durch die Erbauung der Residenz, der SchönbomkapcUe u. S. w., 
dann der oder jener reichbegüterte Handelsmann gab, zog die Zau- 
dernden fort und bald entwickelte sich, von dem wachsenden Wohl- 
stände begünstigt, ein wahrer Wetteifer in der immer schöneren 
Ausgestaitung der Bürgerhäuser. Die Bauten an der Theaterstrasse, 
welche Ober dem ausgeftlliten inneren Stadtgraben entstanden ist, 



- 145 - 

am Marktplatze, in der Neubaugasse und anderwärts sind 
sprechende Zeugen aus jener Zeit fröhlichen Gedeihens. Manche 
dieser Häuser sind wahre Perlen des Barock- und Rococostils. 
Als ein Meisterstück in der omamentalen Ausstattung der Facade 
rühmt C. Gl I rillt das 

Hans zum Falken, 
.eines jener nur in Deutschland möglichen Prunkstücke flotter 
Dekoration, wie sie der 
Ueberdrang der Formenlust 
sich selbst und dem unbe- 
fangenen Betrachter zu- 
Freude in geistvoller Ausge- 
lassenheit schuf." Dieser Hof 
war seit 1338 die Wohnung 
des jeweiligen Dompfarrers 
und führte bis zum Jahre 
i6ia, da er in das Gasthaus 
zum Falken umgewandelt 
ward, den Namen „zurBurg- 
ptarre". Seine jetzige Ge- 
stalt verdankt derselbe dem 
FranzThomas Meisner, einem 
„fiirnehmen Handelsmann", 
der am 29. Dezember 1735 
dem Oberraihe anzeigte, 
da SS er das von ihm er- 
kaufte Brentzer'sche Haus 
„zur Zier der Stadt' nach 
und nach erbauen wolle '). Im 
„Falken" befand sich ehe- 
dem der einzige Concert- 
und Ballsaal Würzburgs. — 
Sehr häufig sind die Portale 
und Facaden mit Heiligen- 
figuren geziert, insbesondere 

mit dem Bilde der Patronin Theaietstrasse, 

des Frankenlandes, vor dem an Frauentagen und Samstagen 
nachts farbige Larapen brennen. Ein alter Spruch sagt ja; 
Zu Würzburg fast an jedem Haus 
Sieht ein Marienbild heraus. — 
Die Blßthezeit der profanen Baukunst im vorigen Jahrhundert en- 
digte mit dem Regierungsantritte Fran;^ Ludwigs von Erthal. Unter 
demEinflusse dieses der heiteren Kunst abholden Fürsten macht sich 

>) Biumtisiir x>r mcbi B. Ncununn, lond«» wihrscbeialicll tin« der am ResJdtlK 



- 146 - 

eine nüchterne und kalte Richtung geltend, für die das Eine bezeich- 
nend ist, dass alle Neubauten genau nach einem einzigen, von 
der Baukommission entworfenen Modelle ausgeftlhrt und gleich- 
massig hell angestrichen werden sollten! 

Dieser „Polizeistil" hatte offensichtlich ein recht zähes Leben, 
und an manchen Häuserreihen, die vor ein paar Jahrzehn- 
ten im Aussen- 
bezirke unserer 
Stadt entstanden 
and, könnte Franz 
Ludwig seine heile 
Freude haben. In 
der Mehrzahl je- 
doch bekunden die 
seit 1868 nach Hun- 
derten zählenden 

Neubauten am 
Ringe, in der Lud- 
wigs-, Kaiser- und 
SchOnbomstrasse 
etc., insbesondere 
einige prächtige Vil- 
len an der Pleicher- 
glacisstrasse, den 
Kunst- und Schön- 
heitssinn ihrer 
EigenthQmer oder 
Erbauer. Das bau- 
liche Büd unserer 
Stadt hat seit dem 
90jährigen Kriege, 
da der Festungs- 
gOrtel um sie ge- 
zogen wurde, keine 
so bedeutende 
Die Domslrasse. Änderung mehr 

erfahren, wie m 
dem letzten Viertel- 
jahrhundert. Es giebt sich da eine so frischquellende und starke 
Kraft des Bai^erthums kund, dass die weitere gedeihliche Ent- 
wickelung unserer schönen, fröhlichen und gesunden Stadt 
ausser allem Zweifel steht. 

Die Pflege der Gesundheitspolizei ist ja auch in den 
vergangenen Jahrhunderten niemals ganz vernachlässigt worden, 
aber sie lag immer etwas im Argen. Viele Strassen waren gar 



nicht oder schlecht gepflastert und den Begriff der Slrassenrein- 
liehkeit kannte man kaum dem Namen nach. Noch im vorigen 
Jahrhundert hatte die Polizei fort und fort, „gegen das Umher- 



HSuserschmiick a 



lauten der Gänse, Hflhner, Schweine und dergleichen in den 
Strassen" za kämpfen. Da alle Verbote nichts nützten, griff der 
Oberrath 1770 zu einem sehr drastischen Mittel. Es wurde , alles 



- 148 - 

solches Viehe hiermit iedermann solcher Gestalten preisgegeben, 
dass jeder dergleichen herumlaufende Stücke auffangen und be- 
halten kann und der EigenthOmer noch um 5 fl. gestraft wird." 
Heute werden auf Pflasterung und Reinhaltung der 



Strassen grosse Summen verwendet. Geradezu epochemachende 
Verbesserungen sind auf dem Gebiete der Entwässerung und 
Kanalisation, von der nur geringe Anfänge vorhanden waren, 
in neuesler Zeit in Angriff genommen worden. Durch den Bau- 



- 149 - 

rath H. W. Lindley in Frankfurt a. M. liess die Stadtgemeinde 
ein einheitliches, das ganze Stadtgebiet gleichmassig umfassendes 
und der fernsten Zukunft Rechnung tragendes Entwässerungs- 
projelct ausarbeiten. Der erste Schritt zur Durchführung dieses 
grossartigen Planes geschah im Jahre 1899 mit dem Beginne der 
Herstellung des rechtsmainischen Sammelkanals, der gleichzeitig 
der Reinigung des Maines, dem Hochwasserschutz , der Absenk- 
ung des Grundwassers und Reinigung des Bodens dienen soll, 
der aber namentlich auch die schnellste Abfuhr der übelriechen- 
den Schmutzwasser und SchmutzstofTe bewirken muss. 



Die Erbauung eines Schlachthauses muss gleichfalls unter 
den hygienischen Massregeln genannt werden. Besondere Auf- 
merksamkeit wendete ferner die Stadigemeinde der Wasser- 
versorgung zu. Bis ins 18. Jahrhundert wurde das Wasser 
mittels Eimern, die an Ketten hingen, aus dem Brunnenschacht 
gehoben. Die erstmalige Anlage öHenthcher „springender' Brunnen 
hat Würzburg der Initiative des Fürstbischofs Friedrich Karl von 
Schönborn (1729—46) und seines genialen Architekten Balthasar 
Neu mann zu danken. Neben den öffentlichen Brunnen aber 
standen vor Einführung der allgemeinen städtischen Wasserleit- 



- 150 - 

ung eine grosse Zahl Privatbrunnen in Benützung; jeder Hof und 
fast jedes Haus hatte seinen Brunnen. Fast alle diese innerhalb 
der Wohnplätze gegrabenen Pumpwässer enthielten Verunreinig- 
ungen. Heute wird durch zwei grossartig angelegte Wasserleit- 
ungen das Trinkwasser theils aus den alten Quellengebieten bei 
dem Bahnhofe, theils aus neu 
erschlossenen Quellen im Dorfe 
Zell am Main nicht nur in alle 
Häuser, sondern auch in alle 
Stockwerke der Häuser ge- 
trieben. Die Zeller Wasserleit- 
ung, deren Gesammtkosten nicht 
weit unter einer Million zurück- 
bleiben, ist auf Anregung des 
Gemeindebevollmächtigten Dr. 
Unger nach den Plänen des 
städtischen Gas- und Wasser- 
werksdirektors L a m b 1898 bis 
19c» ausgeführt worden. 

Unter den alten Brunnen 
zeichnen sich gar manche durch 
■ originellen Figurenschmuck aus. 
Der grösste derselben ist der 
Vierröhren brennen gegen- 
über dem Grafen- Eck ard-Thurm, 
1733 errichtet. Auf pyramidalem 
Kegel erhebt sich die Schutz- 
göttin Frankonia. Zu den ge- 
lungensten dieser Werke gehört 
der hier wiedergegebene 

Brunnen am Fisch markte, 

von Michael Daniel Köhler (t 
1778) herrührend. 

In den letzten zwei Jahren 
Brunnen am Fischmarkte. j^^ unsere Stadt mit zwei neuen 

herrlichen Brunnen geschmückt 
worden. Von dem einen derselben, dem Frankoniabrunnen 
vor der Residenz, war schon oben die Rede. Um der Stadt filr 
dieses Geburtstagsgeschenk und den ihm hier bereiteten, herzlichen 
Empfang zu danken, Hess der Frinzregent Luitpold von Bayern 
auf dem Bahnhofplatze 

den Kiliansbrunnen 



- 151 — 

Unser Würzbiirg ist im vollsten Sinne des Wortes die Stadt 
des hl. Kilian. Als um das Jahr 750 die Leichname des 
Frankenapostels und seiner ^Gesellen" an der Stätte, wo heute 
die Neuratlnsterkirche emporragt , aufgefunden und .erhoben" 



wurden, lagen diesseits des Mains nur wenige zerstreute Bauern- 
höfe, ein Dorf höchstens, nicht eine Stadt. Ihre Geburtsstunde 
schlug, als Bischof Burkard über der Kiliansgruft den ersten Dom 
errichtete. Der Sage, dass die Würzburger Kinder aus dem 
Brünnlein, das am Grabe Kilians fliesst, gezogen werden, liegt 
eine tiefe historische Bedeutung zu Grunde. Das Grab des Hei- 



- 152 - 

ligen ward zum Brunnen, aus dem die ganze, zwölfhundertjährige 
Entwickelung, alles materielle und geistige Gedeihen Würzburgs 
entsprungen ist. So war es ein sehr sinniger und glücklicher 
Gedanke Sr. Kgl. Hoheit des Prinzregenten, seiner Vaterstadt 
ein Bild des geistigen Vaters und Gründers derselben, des hl. 
Kilian, als Bekrönung eines „lebendigen Wasserbrunnens" zu 
widmen. 

Der Brunnen erhebt sich inmitten des herrlichen Bahnhofplatzes 
zu einer imposanten Höhe und wirkt durch die Grösse der Anlage, 
die Schönheit und Mannigfaltigkeit des verwendeten Materials, die 
harmonische Gliederung des Aufbaues und die geniale Durchbildung 
im Einzelnen als vollendetes Kunstwerk. Den Entwurf desselben 
fertigte und die Ausführung der sämmtlichen Arbeiten leitete 
Stadtbaurath Bern atz. Die Statue des hl. Kilian und der Relief- 
schmuck des Brunnens ist; von dem Bildhauer Balthasar Schmitt, 
einem geborenen Unterfranken, modellirt. Die Statue, aus derk Erz- 
giesserei in München hervorgegangen, darf als Meisterwerk des Erz- 
gusses angesehen werden. An der gegen die Stadt gewendeten 
Fläche des Sockels, welcher die untere Brunnenschale trägt, stehen 
in Bronzelettern die Worte, die Se. Kgl Hoheit im Jahre 1894 i^ 
das „Goldene Buch" der Stadt und in Wahrheit jedem Würzburger 
ins Herz und aus dem Herzen geschrieben hat : „In Treue fest ist 
mein Wahlspruch, fest baue ich auf die Liebe und Treue meiner 
Franken". Die Nordseite zeigt die Widmung: „Meiner lieben 
Geburtsstadt Würzbur^ zur Erinnerung an die tmvergesslichen 
Tage im Jahre 1894". 

Ausser diesen Brunnen, die der Stadt zu einer wahren Zierde 
und zur dauernden Ehre gereichen, sind hier im Verhältniss zu der 
Zahl ausgezeichneter Männer, welche in und für Würzburg gelebt 
und gewirkt, nur wenige öffentliche Denkmäler zu finden. Es 
seien genannt: das Standbild des Fürstbischofs Julius 
Echter von Mespelbrunn, von König Ludwig I. errichtet, das 
Denkmal des um Würzburgs Entwickelung ausserordentlich ver- 
dienten Bürgermeisters Zürn, f 1884, und die Erzbüste des Natur- 
forschers von Siebold, eines Würzburgers, der die japanische 
Flora in Deutschland einbürgerte. Zu Füssen seines Standbildes 
wie in den unmittelbaren anstossenden Glacisanlagen, einer 
unschätzbaren Perle Würzburgs, grünen und duften die Kinder 
der fernen Zone, kunstvoll mit den heimischen Bäumen imd 
Sträuchem zu reizenden landschaftlichen Bildern vereinigt.*) 

Wer unsere Stadt in ihrer vollen Schönheit und ihrem 
poetischen Zauber kennen lernen will, wandere am frühen Morgen 
durch diese Anlagen und dann hinüber über die alte oder die 
obere neue Brücke und hinauf den Nikolaus- oder Glessberg. 
Ein schöner Terassenbau mit kunstvollen Kreuzwegbildern, über- 
wölbt von gewaltigen Bäumen, führt zu der prächtigen Wall- 

1) Dem bchöpfcr der neuen Glacisanlagen, Stadtgärtner Linda hl (1886/87), wurde 
1901 ein einfachwürdiges Denkmal in den Anlagen errichtet. 



fahrtskirche, das Käppele genannt, in der Kapuzinermönche den 
Gottesdienst versehen. Ueber einem wunderthätigenMarienbilde hat 



sich'dieses Gotteshaus erhoben. Im Jahre 1640 hafte eines Fischers 
Sohn einkunstlos geschnitztes Vesperbild, dasdie Jungfrau Maria mit 
dem Leichnam ihres gekreuzigten Sohnes im Schosse darstellte, aui 



— 154 — 

halber Höhe des Glessberges aufgerichtet. Die Feldhüter, Wein- 
bergsleute, sowie die Metzgerjunger, die dort oben die Schafe we> 
deten, sprachen vor dem Bilde ihr Gebet und sehmäckten es mit 
Feldblumen und den ersten Trauben. Um 1650 fing „die neue 
Wallfahrt" an und reiche Opfer an Geld und Wachs begannen 
zu fliessen. Eines Hackers Frau, die 14 Tage lang ganz taub ge- 
wesen und grosse Sehmerzen gehabt,' verlobte ein wächsernes 
Köpflein und liess mit drei anderen Weibern ein hölzernes Häus- 
lein für dasBildniss machen. In den Jahren 16S5 bis 1688 zeigtfn 
sich auf dem Giessberge sieben wunderbare Erscheinungen. Die 
klebe Kapelle, die inzwischen gebaut worden, stand im Feuer, 
das Glöcklein läutete, von keiner Hand gezogen, und geisterhafte 
Fackelzüge bewegten sich den Berg hinauf. Abermals ward i6po. 



Das Käppele auf dem Nikolausbetge. 

dann 1713 die Kapelle vergrössert Im Jahre 1747 übertrug der 
Bisehof die Besorgung des Gottesdienstes den Kapuzinern. Gleich- 
zeitig wurde nach einem Risse Balthasar Neumanns der Bau 
der jetzigen Klosterkirche ') begonnen. Im Jahre 1792 durJte sie, den 
noch mangelnden Hochaltar abgerechnet, als vollendet betrachtet 
werden. Gleichen Schritt mit dem Bau der Kirche hielt die Ver- 
schönerung ihrer Umgebung. Während ehedem nur holperige, 
schattenlose Fahrwege den Berg hinauf zogen, entstand neben 
ihnen der schöne Terrassenbau mit den Stationen des Kreuz- 
weges und Über diesen wuchsen breitästige Platanen hoch in 



- 155 - 

die Lüfte. In ihrem Schatten sind seitdem Tausende zum „Käp- 
pele" emporgestiegen, zum Beten die einen, zum Schauen die 
anderen, alle aber, um in der Höhe sich selber geistig zu erheben 
und die Brust von des Tages Sorgen zu lösen im Aufblick zum 
Ewigen. 

Bis zur vollen Höhe des die Marienburg überragenden Niko- 
lausberges (333 m) haben noch vor kurzer Zeit nur wenige Na- 
turfreunde den Weg gefunden. Oede und steinig dehnte sich vor 
ihren Blicken eine winddurchfegte Fläche aus. Vor etwa 50 Jahren 
stand auf dem höchsten Punkte eine Pyramide von Holz, die zum 
Zwecke der ersten trigonometrischen Landesvermessung aufge- 
richtet worden. Muth willige Jungen — ein paar derselben, die 
freilich inzwischen sehr ernst und bedächtig geworden, kenne ich 
selbst — erkletterten an schönen Sonntagen wohl einmal das 
morsch gewordene Gerüst und staunten über die wunderbare 
Femsicht, die ringsum sich aufthat. Eines Morgens fiel die Pyra- 
mide, vom Volke gewöhnlich der Telegraph genannt, in sich zu- 
sammen. Heute ragt an ihrer Stelle, fest und schön gefügt, die 
Frankenwarte in dieLüfle und schaut weitaus über Berg und 
Thal und um sie her grünen und gedeihen Baumanlagen, gleich 
der Frankenwarte, vom Verschönerungsvereine geschaffen, 
und vom Himmel leuchtet die ewige Sonne. Wie hat sich so 
vieles geändert seit der Stunde, da ihre Strahlen zum ersten 
Male auf dem aus Meeresfluthen emporgetauchten Bergrücken 
ruhten, und doch; 

Die Sonne tönt nach alter Weise 
In Brudersphären Wettgesang, 
Und ihre vorgeschriebene Reise 
Vollendet sie mit Donnergang. 
Ihr Anblick gibt den Engeln Stärke, 
Wenn keiner sie ergründen mag; 
Die unbegreiflich hohen Werke 
Sind herrlich, wie am ersten Tag! 




Modernes Leben. 




geht 



ie in der äusseren Gestaltung Würzburgs Altes und Neues 
miteinander ringt und die Gegensätze zu einem Bilde 
von eigenartiger Schönheit sich zu vereinigen suchen^ 
ein gewisser Zwiespalt auch durch das geistige 
Leben unserer Stadt, nicht lähmend, sondern die Kräfte, die 
bisher schliefen, erweckend. Ein frischer Hauch weht durch die 
Strassen und die Geister. 

Wissenschaft und Kunst haben hier, wie in der Ver- 
gangenheit, so heute noch ihre Altäre, ihre Priester und ihre Ge- 
meinden. Nur sind es nicht mehr die alten Altäre, nicht mehr 
die Priester und Gläubigen von ehedem. 

Die Träger der Wissenschaften waren bis ins i6. Jahr- 
hundert herein die Stifte und Klöster, voran das Domstift, dessen 
Schule im Zeitalter der Karolinger, Ottonen und Staufer eines 
ausgezeichneten Rufes sich erireute. Die Chorherren und Mönche 
wurden abgelöst durch die Jesuiten und die vom Bischöfe Julius 
gegründete Universität. Letztere ist noch immer der Mittelpunkt 
des wissenschaftlichen Lebens. Ihr Einfluss reicht weit über die 
Kreise der Berufsstudierenden hinaus. Die Stadt der Professoren 
und Hofräthe hat man darum unser Würzburg hie imd da ge- 
nannt. Nicht ganz mit Unrecht. Von der Universität her dringt 
ein geistiger Strom in breite Schichten der Bevölkerung ein. Zu 
den Füssen der Professoren, die in jedem Semester abwechselnd 
sogenannte Publica über Themate von allgemeinem Interesse lesen, 
sitzen in Mitte der jungen akademischen Bürger alte Herren in 
grosser Zahl : Bürgersleute, Beamte und Offiziere. Ebenso lebhaft 
ist der Besuch der populär-wissenschaftlichen Vorträge, welche 



- 158 - 

fast in jedem Winter in einem öffentlichen Saale von Dozenten 
der Universität abgehalten werden. Reiche geistige Nahrung spendet 
daneben die wohlbestellte und trefflich geleitete Universitätsbiblio- 
thek jedem, der solche Nahnmg sucht und sie verdauen kann. 

Ergänzend wirken neben der Universität zahlreiche Vereine, 
welche die Pflege bestimmter wissenschaftlicher Bestreb- 
ungen sich zum Ziele gesetzt haben. Es sei hier nur der im 
Jahre 1831 gegründete historischeVerein für Unterfranken und 
Aschaffenburg genannt. Er hat bei leider sehr beschränkten Geld- 
mitteln nicht nur in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift ein 
sehr mannigfaltiges und werthvolles Material zur Geschichte 
unserer Stadt und des Kreises Unterfranken der Oeffentlichkeit 
übergeben, sondern sucht auch, indem er seine Sammlungen dem 
allgemeinen Besuche erschliesst und in den Wintermonaten öffent- 
liche Vorträge veranstaltet, Verständniss und Interesse für die 
hochbedeutsame Vergangenheit Würzburgs in immer weiteren 
Kreisen zu wecken. 

. Weniger der wissenschaftlichen Belehrung, als der Unterhalt- 
ung dient die sehr reichhaltige Bücherei der Harmonie-Ge- 
sellschaft. Erst nach schweren Kämpfen gelang es dem um 
unsere Stadt hochverdienten Professor Oberthür, im Jahre 1803 
einen Leseverein in's Leben zu rufen. Die bischöfliche Regierung, 
insbesondere der überaus ängstliche Fürstbischof Franz Ludwig 
von Erthal, hatte alle auf Errichtung einer öffentlichen Lese- 
gesellschaft abzielenden Versuche mit Strenge unterdrückt, be- 
stimmt von der Furcht, es könnten Schriften religionsfeindlichen 
oder revolutionären Inhalts Eingang und Verbreitung finden. 
Heute umfasst die Harmonie, die sehr bald nach ihrer Gründung 
auch die Pflege geselliger Vergnügungen in ihr Programm au? 
genommen hat, viele Hunderte von Mitgliedern aus den besten 
Kreisen der Gesellschaft. Neben den hervorragendsten Erschein- 
ungen der Belletristik findet der Besucher einen kaum zu er- 
schöpfenden Lesestoff in den ausserordentlich reich vertretenen 
Zeitschriften und Zeitungen des In- und Auslandes. 

Dem Lesebedürfnisse der unteren und ärmeren Schichten der 
Bevölkerung kommt der Volksbildungs-Verein entgegen. 
Er unterhält im ehemaligen Königssalon des alten Bahnhofes 
einen jeden Abend geöffneten Lesesaal, in welchem zahbeiche 
Tagesblätter und illustrirte Journale aufliegen, und verleiht jähr- 
lich etwa 12000 belehrende oder unterhaltende Werke. Hiebei 
wird strenge darauf geachtet, dass jeder Benutzer die für sein 
Alter und seinen Stand am besten geeignete Lektüre erhält. 

Im Besitze einer nach fachmännischem Urtheile nicht sehr 
bedeutenden Bibliothek befindet sich auch die Stadt gemeinde. 
Den Kern bildet die Bücherei, welche der Universitäts-Protessor 



— 159 - 

Schwab der Gemeinde vermacht hat. Zu wünschen wäre, dass 
aus diesem Kerne, im Anschlüsse an den Volksbildungs-Verein, 
eine grosse öffentliche oder Volksbibliothek, nach dem Muster der 
in Amerika, England, auch Oesterreich bestehenden Anstalten sich 
entwickeln möchte. 

Wenn von dem geistigen Leben einer Stadt die Rede ist, 
darf auch die Presse nicht mit Stillschweigen übergangen wer- 
den. Sie ist hier durch 7 Tagesblätter vertreten, welche fast 
ebensovielen, verschiedenen politischen Parteien als Organ dienen. 
Bis zum Jahre 1803 blühte auf dem Felde der Würzburger Jour- 
nalistik nur ein einziges, recht bescheidenes Blümchen: das im 
Jahre 1749 von drei Israeliten gegründete Intelligenzblatt. Wöchent- 
lich zweimal in der Stärke von 4 kleinen Quartseiten erschei- 
nend, machte es den Würzburgern kund, was die hohe Obrig- 
keit zu verordnen beliebte, was bei den Gerichten oder freiwillig 
unter den Hanmier kam, was etwa der oder jener zu kaufen oder 
zu verkaufen wünschte u. s. w. Erst nach der Säkularisation entstand 
neben diesem Gerichts- imd Annoncenblatte eine politische Zeit- 
ung im damaligen Sinne dieses Wortes, d i. ein Blatt, welches 
„ohne jegliches Raisonniren und Kritisiren* mit Scheere und Stift 
aus auswärtigen Blättern Nachrichten über die merkwürdigsten 
Tagesereignisse zusammenstellte. 

Welch* reiche Schätze an Erzeugnissen der Architektur, 
der Plastik und Malerei Würzburg in sich schliesst, haben 
wir im zweiten Theile dieses Büchleins wenigstens im Grossen in 
Wort imd Büd zu zeigen gesucht. Vom filihen Mittelalter an bis 
herab in die neueste Zeit findet der Kunsthistoriker wie der 
ausübende Künstler hier einzelne Meisterwerke, an denen er 
sich erfreuen und bilden kann. Vor allem aber ist und bleibt 
Würzburg die Stadt des Rococo. Auf Schritt und Tritt, in 
Kirchen, Palästen imd Bürgerhäusern, begegnet man den heiteren, 
lebensfroheuv Werken jener Periode, die zum guten Theile noch 
wenig bekannt und gewürdigt sind. Mustergiltige Leistungen der 
Kleinkunst und des Kunstgewerbes sind in reicher Fülle nicht nur 
in der Residenz, sondern auch in anderen Bauten geborgen und 
— leider auch verborgen. Wer mit Ernst sucht, wird sie finden. 
Was uns fehlt, ist ein Museum, in dem die verstreuten Kunst- 
sammlimgen erst zur vollen Wirkung gelangen können. Uebei 
welchen Reichthum an Kunstwerken auch heute noch, trot2 
schwerer Verluste, Unterfranken und unsere Stadt verfügt, hat 
in wahrhaft glänzender Weise die Ausstellung gezeigt, welche im 
Jahre 1893 der junge Kunst- und Alterthumsverein mit 
frischem Wagemuth veranstaltet hat. Möge dem Vereine, der 
bereits eine nach Zahl und Bedeutung beachtenswerthe Samm- 
lung sein Eigen nennt, es in nicht zu ferner Zeit, im Bunde mit 
Stadt und Staat gelingen, das zu schaffen, was er anstrebt: ein 



- 160 - 

grosses fränkisches Museum. Wer aber inzwischen nach Würz- 
buig kommt, versäume nicht, den Sammlungen des Kunst- und 
Alterthums- Vereins, sowie der Stadt, des Historischen Vereins und 
der Universität einen Besuch abzustatten. Während hier insbe- 
sondere das ästhetisch archäologische Institut, das v. Wagner'sche 
Kunstinstitut und eine hochinteressante Kleinodien- Ausstellung der 
Universitätsbibliothek Beachtung verdienen, sind in dem Gebäude 
des vormaligen chemischen Laboratoriums neben den Erwerbungen 
des Kunst- und Alterthumsvereins die Gemäldegallerie, sowie ein 
sehr reiches Münzkabinet der Stadt etc. zu finden. 

Warum auf einem Boden, der so viele und schöne Kunst- 
werke gezeitigt hat, nicht eine, solch grosser Vergangenheit 
würdige, moderne Kunst zur Entwicklung gelangte, muss hier 
unerörtert bleiben. Ganz erloschen ist das Feuer nicht. Würz- 
burg hat eine kleine, aber tüchtige Schaar schaffender Maler und 
Bildhauer, es hat eine nicht unbedeutende, treue Gemeinde von 
Kennern und Verehrern der Kunst. Sie haben sich in dem seit 
dem Jahre 1842 bestehenden Kunstverein zusammengefunden, 
der in seinen in der Residenz befindlichen Lokalen Jahr aus Jahr 
ein etwa 5—600 Oel- und Aquarellgemälde, Gouache- und Pastell- 
bilder, sowie plastische Werke der bedeutendsten Künstler unserer 
Zeit zur Ausstellung bringt und dadurch eine unberechenbare 
Fülle von Belehrung, Bildung und Anregung in die weitesten Kreise 
trägt. 

Zur schöneren Blüthe als die bildenden Künste hat sich hier 
die Tonkunst entfaltet. Frau Musik a war in der frommen imd 
frohen Wein- und Bischofsstadt alle Zeit hoch geehrt, sei es nun, 
dass sie in den vielen Kirchen und Klöstern den Gottesdienst be- 
gleitete, oder am Fürstenhofe zu Fest und Spiel sich gesellte, oder 
im Kreise der Studenten und Bürger frischen Gesang anstimmte. 
Schon im vorigen Jahrhunderte bestanden hier zwei Gesellschaften 
zur Auffiihrung öffentlicher Konzerte etc. Während die eine mehr 
die ernstere Instrumentalmusik gepflegt zu haben scheint, brachte 
das aus Universitätsangehörigen sich rekrutirende CoUegium 
musicum academicum im Saale des Spezereihändlers Peter ge^en 
ein Entree von 12 Kreuzern vorzugsweise Singspiele oder Operetten 
zur Aufführung. Dieses CoUegium, das im Jahre 1801 in Franz 
Joseph Fröhlich einen ausgezeichneten Exercitienmeister erhielt, 
war der Keim, aus dem sich unsere Musikschule entwickelt hat, 
deren Ruf und Wirksamkeit weit über die bayerischen Grenzpfähle 
hinausreicht. Sie ist der Brennpunkt des musikalischen Lebens 
Würzburgs, und ihre Konzerte, bei denen häufig auswärtige Kräfte 
allerersten Ranges mitwirken, erfreuen sich stets zahlreichen Be- 
suches. Daneben pflegen Virtuosen männlichen wie weiblichen 
Geschlechts besondere Produktionen zu veranstalten, so dass im 



- 161 - 

Winter kaum eine Woche vergeht, ohne einen ausserordentlichen 
musikalischen Genuss zu bringen. 

Zur Erfüllung des Dichterwortes : „Singe, wem Gesang gegeben! 
haben sich eine ganze Reihe von Gesangs vereinen zusammen- 
gethan, unter denen die Liedertafel und der Sängerverein, 
die beide bereits auf ein mehr als fünfzigjähriges Dasein, reich an 
Ehren und Erfolgen, zurückschauen können, obenan stehen. Im 
Sommer 1896 haben, brüderlich geeint, Würzburgs und Fran- 
kens Sänger einem heimgegangenen Sangesbruder und Kom- 
ponisten ein einfach schönes Denkmal aufgerichtet. Draussen im 
Glacis, unter den Sträuchern und Bäumen, wo er so oft sinnend 
und halblächelnd dahingesch ritten, eine Melodie auf den Lippen, 
steht er nun in Erz gegossen und schaut herein in die Stadt, 
die ihn mit berechtigtem Stolz ihren Sohn nennt : Valentin Eduard 
Becker, unser Becker, dessen unsterbliches Kirchlein überall 
erklingt, wo Deutsche singen. — Ein Urgewaltiger im Reiche der 
Musik hat auch einmal in unserer Stadt gelebt und geschaffen: 
Richard Wagner. Eine Marmortafel an einem Häuschen in der 
Kapuzinergasse, welche die Liedertafel gestiftet hat, erinnert daran, 
dass da Wagner's Erstlingswerk, die Feen, entstanden. Vergessen 
ist auch ein Dritter nicht, ein Würzburger Kind, der Abbe Georg 
Joseph Vogler (f 1814), einer der gründlichsen Musiktheoretiker 
und zugleich einer der grössten Meister auf der Orgel. 

Weit jünger als Frau Musika ist das Theater. In der fürst- 
bischöflichen Haupt- und Residenzstadt Würzburg kannte man 
bis in's 18. Jahrhundert herein nur lateinische Schulkomödien, wie 
sie insbesondere die Jesuiten durch ihre Zöglinge am Hofe des 
regierenden Herrn, oder in der Universitätsaula, hie und da auch 
im Rathhaussaale, aufführen Hessen. Nur vorübergehend, während 
der Regierung des kunstliebenden Fürstbischofs Adam Friedrich 
von Seinsheim, der im Residenzgebäude italienische und fran- 
zösische Operetten vor der Hofgesellschaft selbst zu dirigiren 
liebte, schlug dann eine herumziehende Schauspielertruppe eine 
Bretterbude erst am Graben, dann am Marktplatze auf und machte 
die Würzburger mit den neuesten dramatischen Erzeugnissen be- 
kannt. Als ständige Einrichtung erhielt unsere Stadt ein Theater 
unter der kurpfalzbayerischen Regierung (1804). Den Kern des Or- 
chesters bildete damals die fürstbischöfliche Hofkapelle, die aus 
tüchtigen und geübten Musikern zusammengesetzt war. Heute 
wird auf unserer Bühne, die immer noch in dem alten Bau des 
ehemaligen adeligen Damenstifts zur hl. Anna sich befindet, vom 
Beginne des Herbstes bis zur Mitte des Aprils gespielt. Es gelangen 
alle Gattungen des Schauspiels wie der Oper und Operette in 
reicher Abwechslung zur Aufführung. Personal und Ausstattung 
genügen vollauf allen berechtigten Ansprüchen, die man an eine 

11 



— 162 — 

nur massig subventionirte Provinzialbühne, wie es die hiesige ist, 
stellen kann. 

Langeweile, das Gespenst, das in manchen mittelalterlichen 
Städten den Fremden durch die öden Strassen geleitet, hat hier 
niemals eine Niststätte gefunden. Heiter wie die Natur ringsum 
ist auch der Würzburger und mehr noch die Würzburgerin. Sie 
war es gewiss von jeher, selbst in jener — schrecklichen Zeit, 
da es noch keine öffentlichen Bälle und Tanzbelustigungen gab. 
Gar so weit liegt diese Nacht noch nicht hinter den „Würzburger 
Mägdlein". Vor hundert Jahren wurden selbst während der 
Karnevalszeit nur Subskriptionsbälle geduldet, welche theils in 
dem 1797 eröffneten Hutten'schen Garten, theils in dem Hause 
„zum Falken" stattfanden. Ein solches Vergnügen aber kam 
ziemlich theuer, da regelmässig ein Eintrittsgeld von i fl. 30 kr. 
und mehr erhoben wurde. Dafür wurden allerdings den Damen 
„die gewöhnlichen Erfrischungen" als Thee, Limonade und Mandel- 
milch unentgeltlich gereicht, jedoch mit der Einschränkung, dass 
zum Soupe nur Wein getrunken werden durfte. — Jetzt erfreut 
sich Terpsichore in Würzburg der vollsten Freiheit und schwingt 
ihr Scepter nicht nur in den Vereinen, sondern auch in öffent- 
lichen Lokalen. 

In den Vereinen! Auch sie sind ein Gebilde der modernen 
Zeit. In dem Würzburg des 18. Jahrhunderts konnte nicht ein- 
mal eine öffentliche Lesegesellschaft, geschweige denn ein ge- 
selliger, oder gar ein politischer Verein aufkommen. Als aber 
der Druck aufhörte, schössen die Vereine gleich Pilzen zu Hun- 
derten empor und es giebt kaum einen Sport oder ein Vergnügen 
oder — irgend etwas, zu dessen besonderer Pflege nicht eine 
eigene Gesellschaft bestünde. 

Wer einer solchen nicht angehört, ist mindestens irgendwo 
als Stammgast angesessen. Plätze zu einer derartigen Ansiedel- 
ung sind in reichster Auswahl vorhanden und jeder Geschmack 
kann zu seinem Rechte kommen. Hie Bacchus, hie Gambrinus! 
Wer neutral ist, huldigt beiden. Und heute sind die Meisten 
neutral, so dass die Alleinherrschaft, welche der Wein viele Jahr- 
hunderte hindurch in der Stadt des Leistens und des Steins aus- 
geübt hat, längst gestürzt ist. Seit dem Jahre 1792 bewegt sich 
der Konsum und, dementsprechend auch die Produktion des Bieres 
in rasch aufsteigender Linie. Noch im Jahre 1815 betrug der 
durchschnittliche Bierverbrauch etwa iio Liter auf den Kopf der 
Bevölkerung, heute haben wir bereits die ansehnliche Ziffer 217 
erreicht. 

Studenten und Militär, zwei wichtige Elemente der Würz- 
burger Einwohnerschaft, haben ja gewiss zu dieser Steigenmg 
des Bierkonsums und zum „Ausgleiche" zwischen Wein und Bier 



163 - 



das Ihrige redlich gethan, aber zurückgeblieben sind die „Anderen" 
auch nicht. Wer je ein grosses Fest auf einem der hiesigen 
Bierkeller oder im Hofgarten zu Veitshöchheim oder sonstwo 
miterlebt hat, wird uns beistimmen. Ein Band der Geselligkeit 
und heiteren Lebensgenusses umschlingt und vereint da alle, die 
gestern und morgen ihre eigenen Wege gehen und vielleicht 
gegen einander kämpfen müssen. 

Des Dichters Losungswort: 

Tages Arbeit, Abends Gäste, 
Saure Wochen, frohe Feste — 
gilt eben auch hier wie überall. Hand und Kopf feiern nicht in 
der alten Stadt am Maine, die unter dem Hauche der Neuzeit 
sich verjüngt hat. Gewerbe, Handel und Industrie regen frischer 
ihre Schwingen, Wissenschaft und Kunst ringen nach Wahrheit 
und Schönheit. Dem Edlen gebe Gott den Siegl 



Register. 



Adalbero, Bischof 5, 86. 

Adalberokirche 92. 

Adam Friedrich von Seinsheim, 
Bischof 15, 16, 38, 71, 134. 

Afrakloster 85. 

Agnetenkloster 86. 

AUendorf, Joh. v. 83. 

Anatomie 104. 

Andreaskloster 83. 

Anselm Franz von Ingelheim, 
Bischof 38. 

Antoniter 89. 

Appiani, Maler 88. 

Artilleriekaserne 68. 

Augenklinik 108 -i 10. 

Augustinerkloster 87, 134. 

Auvera, Jakob van der, Bild- 
hauer 48, 59, 88. 

Auvera, Joh. Gg. Wolfg. 37, 48. 
„ Lukas Anton 48. 

Bachmann'sches Haus 142—144. 
Bahnhof, alter 135. 

, , neuer 136. 
Barmherzige Schwestern 89, 90. 
Barthel, J. K., Professor 82. 
Barthelme, Maler 117. 
Baunach, Joh., Bildhauer 60. 
Baur V. Eiseneck, J. J. 74. 
Becker, V. E., Komponist 161. 
Begräbnisskapelle (Dom) 73. 
Benediktinerklöster 83—86. 
Bernatz, Stadtbaurath 125, 126, 

133' i39> 152. 
Bischöfbches Palais 62. 

Bischofshof 23, 63. 



Boffrand, Germain, Architekt 35. 

Bonifatius hl. 4. 

Bossi,' Mich., Stukkateur 88. 

Botanischer Garten 115. 

Bronnbacher Hof 91. 

Bruderhof 76. 

Brudermühle 76. 

Brücken 136—138. 

Brunnen 59, 60, 150—152. 

Bruno, Bischof 69. 

Buchner, Fr., Baumeister 139. 

Bürgerhäuser 140-146. 

Bürgerspital 9, 10, 130—132. 

Burkard hl., bischof 4, 21, 83. 

Burkardsstift u. -Kirche 83, 85. 

Burkardushof 8a. 

Byss, J. R., Maler 50, 51, 76. 

Centralschulhaus 33 
Ceresbrunnen 60. 
Chemisches Institut 116. 
Chirurgische Klinik 115 
Christoph Franz v. Hütten, Bi- 
schof 14, 35, 137. 
Cisterzienser 86. 
Collegiatstifte 78 — 84. 
Conti, Domherrenhof 62. 
Cotte, Robert de, Architekt 35. 

Denzinger, Dombaumeister 92, 

123. 
Deutschhauskirche 86. 
Dietrichsspital 76. 
Dom 68—74. 
Domherrennöfe 76—18. 
Dominikaner-MönchsKloster 86. 



165 - 



Dominikaner-Nonnenkloster (St. 

Markus) 86. 
Dompfarrei-Leichenhof 74. 
Domstift 76. 
Domstrasse 142, 146. 



Eberhard, H., Steinmetz 125 

Ebrach, Kloster 90, 91. 

Echter v. Mespelbrunn, Seb. 72. 

Echterthor 25. 

Eckard' Meister, Erzgiesser 68. 

Eckardsthurm 122, 123. 

Eckhart, Joh. Gg , Historiker 14, 

92 
Ehehaltenhaus 132. 
Ehemann'sches Haus 143. 
Engelgarten, Karthause 87. 
Enzelin, Baumeister 136. 
Esterbauer, B., Bildhauer 91. 



Fahrmann, A. J., Weihbischof 82. 
Falken, Hof zum 145. 
Ferdinand, Grossherzog 19, 39, 

61. 
Fesel, Maler 69. 
Festung Marienberg 24—29. 
Filiinger, S., Steinmetz 125. 
Fisch markt, Brunnen am 150. 
Franken warte 155. 
Frankoniabrunneri 54, 55, 150. 
Franziskanerkloster 86. 
Franz Ludwig v. Erthal, Bischof 
^ J6, 17, 57, 145. 
Franzosenhaus 132. 
Frauenberg, Schloss 24—29. 
Frauenklinik 107. 
Friedrich Barbarossa, Kaiser 6, 

45» 46. 

Friedrich v. Wirsberg, Bischof 
II, 86, 87. 

Friedrich, Markgraf v. Branden- 
burg 74. 

Friedrich Karl v. Schönborn, 
Bischof 15, 33, 35, 37, 76, 137. 

Fries, Lorenz, Historiker 8, 74, 
86. 

Frohnfeste, ehemal. 84. 

Fürspange-Bruderschaft 130. 

Funk, Engelhard, Dekan 8, 72. 



Gabriel od. Gabler, zum, Armen- 
haus 132. 

Gärtner, A., Architekt 88. 

Ganzhorn, Bürger in W. 141. 

Gattinger, Marx, Schlosser 56, 70. 

Geigel, Hof bauamtmann 39, 88. 

Georg Karl v. Fechenbach, Bi- 
schof 17, 61. 

Gerhard, Bischof 7, 95, 129. 

Gesandtenbau 38, 55, 67. 

Glacisanlagen 152. 

Glessberg 152. 

Gottfried V. Spitzenberg, Bischof 
70. 

Gozberg, Herzog 3. 

Grabkapelle am Dom 73 

Graf-Eckards-Thurm 122, 123. 

Greising, J., Architekt 84, 87, 91. 

Gropp, Ign, Historiker 86. 

Gross, Freih. v., Bischof 71. 

Grünewald, M , Maler 54. 

Grumbach, Wilhelm v. 10. 

Günther, M., Maler 154. 

Gymnasien, humanist. 06, 87, 134. 

Harmoniegesellschaft 7, 82, 158. 
Hang, Stift u. Kirche 10, 81, 82. 
Hefner- Alten eck, J. v. 123. 
Heideck, Hof (Zandt'scher) 77. 
Heilsbronner Hof 91. 
Heinlein, Stadtbaurath 139. 
Heinrich L, Bischof 4, 78, 81. 
Hermann L, Bischof 6, 24. 
Herold, Bischof 45, 46. 
Hetan, Herzog 4. 
Hildebrand, Architekt 35, 51. 
Himmelskrone, zur, Armenhaus 

132. 
Himmelspforten, Kloster 86. 
Historischer Verein 61, 158, 160. 
Högler, Maler 50, 51. 
Hofearten 56-61. 
Hof Keller 51—54 
Hofkirche 50. 
Hofspital 83. 
Holzarchitektur 142. 
Horstig, V., Architekt 97, 116. 
Hueber, Adam Jos. 133. 

Jakobskloster 85. 
Ickelsheimer, Baumeister 118. 



- 16G - 



Jesuiten-Kolleg ii, 86, 87. 

„ -Kirche 87. 
Infanterie-Kaserne 68 
Johann v. Brunn, Bischof 7 
Johann v Egloffstein, Bischof 7, 

Johanniskirche 94. 

Johanniterorden 86. 
ohann Philipp v. Greiffenklau, 
Bischof 14^ 29, 78. 
Johann Philipp v. Schönborn, 

Bischof 12, 25, 26. 
Joh. Phil. Franz v. Schönborn, 

Bischof 14, 29, 33, 35, 76. 
josephsspital 133. 
Iring, Bischof 6 

Juden Synagoge 129. 
ulius Echter, Bischof tt, 12,25, 
29. 71, 72, 87, 95, 116, 117, 

118, Ip2. 

Juliusspital 11, 14, 103, 104. iii, 

112, 118— 122. 
Justizpalast 67. 

Käppele 152—155. 
Kahl, A., Baumeister 96. 
Kaiserstrasse 146. 
Kanalisation 14b. 
Kanzlei (Landgericht 63—65. 
Kapuzinerkloster, ehemal. 88. 
„ „ auf d. Käppele 

Karl d Gr., Kaiser 4. 

Karl Philipp v. Greiffenklau, 

Bischof 15, 38, 39, 44. 
Karmelitenkl. zu St. Barbara 89, 

T27. 
Karmeliten- od. Reuererkloster 

88. 
Karthause, Engelgarten 88. 
Kasernen 67, 68. 
Katzenwicker 77, 95. 
Kern, M., Bildhauer 62, 69, 74. 
Kilian, Frankenapostel 3, 21, 78. 
Kilian, Büste desselben 79. 
Kiliansbrunnen 150—152. 
Kiliansfest 80, 84. 
Kiliansgruft 80. 
Klarissinnenkloster 86. 
Klerikalseminar 87. 
Kliniken s. Universität. 



Kollegienhaus, medizin. 112. 
Konrad v. Bibra, Bischof 10. 
Konrad v. Thüngen, Bischof 9,25. 
Krahnen 135. 
Kreisregierung 66 
Kreuzgang im Dom 73. 
Kürschnerhof 23. 
Kunst- u. Alterthumsverein 159, 

160. 
Kunstverein 61, 160. 

Landgerichtsgebäude, altes 63. 

Landwirthschaftschule 134. 

Lauda, Hof 78. 

Leichenhof 74. 

Leiste, Weinbergslage 27 

Liedertafel i6t. 

Lindahl, J., Stadteärtner 152 

Löwen, vom, Michael 80. 

Lorenz v Bibra, Bischof 8, 24, 

64, 71. 
Lothar, Kaiser 5 
Ludwigsbrücke 139. 
Ludwigshalle 135. 
Ludwigsstrasse 146. 
Lünenschloss, Maler 91. 
Luitpold, Prinzregent 19. 50, 55, 

61, 76, 127, 137, 150, 152. 
Luitpoldbrücke 137, 138. 
Luitpold brunnen 54. 
Lutz, Architekt 116. 

Magistratsgebäude 122—128. 
Mainbrücken 136—139. 
Marienberg 3, 9, 12, 24—29. 
Marienkapelle auf dem Markt 

129, 130. 
Marienkapelle beim Neumünster 

78. 

Marktplatz 145. 



% 



Marmelstein, Hof 78. 

Maxschule 77. 

Mayer, Joh. Frokop, Hofgärtner 

56. 
Medizin. Klinik 113. 

Medizin. Kollegienhaus 112. 

Melchior Zobel, Bischof 10, 25. 

Methof 128. 

Michael vom Löwen 8o. 

Michaelskirche 87. 

Micka, Maler 91. 



- 167 - 



Militärgebäude 67, 68. 
Miller, Ferd. v. 55, 127, 152. 
Montfort de s. Salins. 
Musikschule 117, 160. 

Neubaukirche 116— 118. 
Neubaustrasse 145, 147. 
Neumann, Balth., Architekt 14, 

31-39, 76, 78; 87, 88, 91, 118, 
131, 144, 145 149, 154. 

Neumünster, Kreuzgang 5. 

Neumünster Stift 14, 48, 78—81. 

Neureuther, Architekt 135. 

Neuthor 27. 

Nickels, Bildhauer 60, 118, 133. 

Nikolausberg 152, 153 

Oberthür, Franz 82. 

Oegg, J Gg., Hofschlosser 37, 

56. 
Onghers, Maler 48, 69, 70, 82, 91. 
Ostberg 90, 134. 
Otto V. Wolfskehl, Bischof 7. 

Patholog. Institut 106. 

Peterskirche 48, 91. 

Petrini, A., Architekt 29, 81, 84, 

88, 116. 118. 
Pezani, Baumeister 78. 
Pfarreien 91 — 94. 
Philipp Adolf von Ehrenberg, 

Bischof 71. 
Physikalisches Institut 135 
Physiologisches Institut 106 
Pirot, Tapetenwirker 50. 
Polytechnischer Verein 82, 134. 
Post 135. 
Presse 17, 159. 
Preuss, rh., Bildhauer 125. 
Protest. Pfarrkirche, alte 86, 94, 

130. 
Protest. Pfarrkirche, neue 94. 
Psychiatrische Klinik iio. 

Rannen berg, Domherrenhof 77. 
Rathhaus 122—128. 
Realgymnasium 134. 
Realschule 134. 
Regierungsgebäude, altes 63. 
„ neues 66. 

Reissmann, Bischof 71. 



! Residenzgebäude 14, 15, 29— 51, 
61,65. 

Reuererkloster 88, 89. 
; Riemenschneider, T., Bildhauer 
I 8, 54, 70, 71, 74, 78, 79, 129, 
I 130, 142. 
I Rmgstrasse 146. 

Rosenbach'sches Haus am Renn- 
vveg 29, 38, 91. 
I Rotenhan, Seb. v. 8, 9, 130. 

Roth, Bildhauer 67. 

Rudolf V. Scherenberg, Bischof 
7, 8, 24, 71. 

Rückermain, Hof 67, 84. 

Rül, de, Maler 69. 

Saalhof 23, 63. 

Sängerverein 161. 

Salins de, de Montfort N. A., 

Hofbaudirektor 39—41. 
Sanderviertelhof 128 
Sandhof 140 — 142. 
Sandrart, Maler 69. 
Schaumberg, Konrad v. 130. 
Scherenberger Thor 24 
Schierlinger, E , 140. 
Schlachthaus 149. 
Schloss, kgl. 14, 15, 29—51, 61, 

65 
Schmidt, B., Bildhauer 94, 152. 

Schmitz, J., Architekt 90, 92. 

Schönbornskapelle 14, 76. 

Schönthalerhof 91. 

Schottenkloster 85. 

Schrannengebäude 135. 

Schulen 133-134. 

Schullehrerseminar 87, 134. 

Schwäbische Bibliothek 159. 

Schwarzach, Kloster 48. 

Schwedenkrieg 12. 

^chweinskopf^ z wilden, Hof 77. 

Seebach, Hoi 78. 

Seidel, Gabr., Architekt 55. 

Seinsheim, Martin v. 130. 

Seminar, geistl. 48, 87. 

Seminarskirche 87. 

Sepulturka pelle 73 

Seuffert, Ph , Orgelbauer 51. 

Sieboldsdenkmal 152. 

Siechenhaus im Sand 132. 

Staatshafen 136. 



- 168 



Stadtbibliothek 158. 
Stadtwage 135. 
Stahl, Bischof 71. 
Steindorf, H., Architekt 94. 
Stephan, St ,Bened.-KI. 66,85, 86. 
Steren, Joh. v. 130 
Sternberg, Hof 77, 133. 
Syphilitische Klinik 105. 

Tannenberg, Hof 77 
Teufel, würzb Patrizier 130. 
Thalhofer, Maler 50. 
Theater 16, 161. 
Theaterstrasse 144, 14.5. 
Theodolinde, Prinzessin 76. 
Tiepolo, joh. Bapt, Maler 41—49, 

50, 51. 
Tiepolo, Domen., Maler 48, 49,50. 
Trithemius, Joh. 8, 78, 85. 

Ulrichskloster 85. 

Universität 7, 11, 14, 20, 95-118, 

157, 160. 
Universitätsbibliothek 97, 158, 

160. 
Universitätskirche 116 - 118. 
Urlaub, Maler 50. 
Ursul.-Kloster 88—90. 

Verschönerungsverein 155. 
Vierröhrenbrunnen 150. 
Viertelhöfe 9, 128. 
Visconti, Jos , Maler 44. 
Vogler, Gg. Jos., Komponist 161. 



Volksbildungs verein 158. 
Volksschulen 133. 

Wagner, Joh. Martin, Maler u. 
Bildhauer 60. 

Wagner, Johann Peter, Bild- 
hauer 59. 

Wagner , Richard, Komponist 
161. 

Wagnersche Sammlung 160. 

Waisenhaus 85. 

Walker, Orgelbauer 117 

Walther v. d. Vogelweide 6, 54, 
80. 
i Wasserversorgung 149 -151. 

Weber, J. E., Baumeister 138. 

Weinbau 52. 

Weinstube im Bürgerspital 132. 
„ „ Juliusspital 121. 

Welz'sche Augenklinik 108. 

Wenzel, König 7. 

Witteisbacher Hof 142. 

Wohlgemuth, M., Maler 79 

Wolfram v. Königsberg, Bau- 
meister 73. 

Worms, Paul v. 131. 

Zandt'scher Hof 77, 78 
Zick, Johann, Maler 50. 
Zimmer, H., Baumeister 65. 
Zinne, zur hohen, Armenhaus 
132. 

Zoologisches Institut 116. 
Zürnsdenkmal 152. 



Verzeiehniss der Abbildungen. 



Seite 

Totalansicht Würzburgs vom Steinberg aus II 

Ein Hofgartenthor (Titelbild) i 

Wappen des Fürstbisthums Würzburg 3 

Romanischer Kreuzgang aus dem Stift Neumünster 5 

Bildniss Tilmaim Riemenschneiders (nach seinem Grabstein) . . 8 

Julius Echter von Mespelbrunn 11 

Würzburg im Jahre 1648 13 

Franz Ludwig von Erthal 16 

Prinz-Regent Luitpold von Bayern 19 

Zierleiste mit dem Wappen Julius Echters 21 

Blick auf Würzburg von der Luitpoldbrücke 22 

Das Scherenberger Thor der Festung Marienberg 24 

Das Echter- Thor 25 

Das Neuthor 27 

Die Veste Marienberg 28 

Die Kgl. Residenz, Vorder- und Rückansicht 30 u. 31 

Die Freitreppe der Kgl. Residenz 32 

Freskogemälde Tiepolos im Kaisersaale 33 u. 34 

Tiepolo : Christus und die Ehebrecherin 36 

Tiepolo : Rebekka am Brunnen 37 

Tiepolo: Iphigenie 38 

Tiepolo : Balthasar Neumann 39 

Tiepolo: Altarbilder in der Hofkapelle 42 u. 43 

Tiepolo: Porträt des Bildhauers Jakob van der Auvera .... 45 

Selbstporträt Tiepolos 47 

Innere Ansicht der Hofkirche 51 

Der Frankonia-Brunnen 54 

Seitenflügel eines Hofgarten-Thores 55 

Ansicht aus dem Hofgarten 56 

Auf der Hofgarten-Terrasse 57 

Kindergruppen aus dem Hofgarten 58 u. 59 

Erker am Bischofspalais 62 

Alter Kanzlei- und Regierungsbau 63 

Kgl. Regienmgsgebäude, Hofansicht 64 

Kgl. Justizgebäude 66 

Aeussere Dom-Ansicht 68 



170 - 



Seite 

Innere Dom-Ansicht 69 

Taufbecken im Dome 70 

Grabdenkmal des Fürstbischofs Rudolf von Scherenberg .... 71 
Grabdenkmal des Ritters Seb. Echter von Mespelbrunn im Dom . 7a 

Grabkapelle (Sepultur) des Domstifts 73 

Grabdenkmal des Obersten Baur von Eiseneck 74 

Die Schönbornskapelle 75 

Zandt'scher Hof 76 

St. Kilian, Kolonat und Totnan 79 

Die Kirche zum Stift Haug 81 

Portal der Kirche zu St. Burkard 83 

Hof zum Rückermain 84 

Alte protest. (St. Stephans-) Kirche 85 

Portal der Deutschhauskirche 87 

Portal der Michaelskirche 88 

Inneres der Kirche der „Barmherzigen" 89 

Kanzel der St. Peterskirche 92 

Adalberokirche 93 

Neue protest. (St. Johannis-) Kirche . 95 

Aeussere Ansicht des alten Universitätsgebäudes 96 

Hofansicht des alten Universitätsgebäudes . 97 

Mittelbau der neuen Universität 98 

Treppenhaus der neuen Universität 99 

Aula der neuen Universität loi 

Der historische Pavillon im Juliusspital-Garten 

Anatomie 

Pathologisches Institut 

Physiologisches Institut 

Kgl. Universitäts-Frauenklinik 

Augenklinik 

Psychiatrische Klinik 

Chirurgisches Klinikum 

Blick in den botanischen Garten 

Physikalisches Institut 

Zoologisch-zootomisches Institut - . 

Chemisches Institut 

Die Universitäts-Neubaukirche 

Fürstenbau des Juliusspitals . 

Alter Thorstein des Juliusspitals ............ 

Rathhaus mit Grafen Eckards-Thurm 

Der alte Rathhaussaal 

Ein Bogen des alten Rathhaussaales 

Rother Bau des alten Rathhauses 

Neues Rathhaus 

Die Marienkapelle 

Das Bürgerspital 

Alter Bahnhof 

Neuer Bahnhof 

Die alte Mainbrücke 

Luitpoldbrücke '. 



04 

05 
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08 

09 

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38 



- 171 - 

Seite 

Ludwigsbrücke 139 

Innenpartie des Sandhofs 141 

Ansicht des Bachmann'schen Hauses, Neubaustrasse 14a 

Partie aus dem Hofe des Ehemann' sehen Hauses I43 

Ansicht des Hauses zum Falken (vom Marktplatze aus) .... 144 

Portal des Hauses Nr. 4 an der Theaterstrasse 145 

Die Domstrasse 146 

Häuserschmuck aus der Blasiusgasse .... 147 

Schönbomstrasse (früher Sandgasse) 148 

Die Ludwigsstrasse vom Glacis aus 149 

Brunnen am Fischmarkte 150 

Kiliansbrunnen 151 

Partie aus dem Würzburger Glacis 153 

Das Kapelle auf dem Nikolausberge 154 

Total-Ansicht Würzburgs vom Schützenheim aus I56