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Full text of "Zeitschrift für Laryngologie Rhinologie und ihre Grenzgebiete 3.1911"

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La ry nada, Rhinologi : 


und ihre. Grenzgebiete.. 


pet, ständiger Mitarbeit. der — 


Hofrat Prof. ©. Chiari Wien, Professor’ Bir. Citelli-Cotinia, Professor. Friedrieh- Kiel, Sub? 
Gerber-Konigsherg, Gel. San.-Rst Prof. Gluck-Berlin; Or, Qoris-Brüssel, San- Rat Gras foe: 
Berlin, Dr. Guthbrie-Liverpoof, Prot, Gotrmsna-Berliti, Privatdozeni Hajek-Wien, Professer 
Herxheimer- Wiesbaden, Gel, San.-Rat Professor PY Hermano. Berlin, Dherarzt Dr. Richárd | 
 Hoffmtanp-Dresden, Or. laihofer-Prug, Professor Jurasz-Lemberg, Professor: Kan-Leiden,. ` 
Dr: Katz-Kaiserslautern, Dr. Kronenberg-Solingen, Geb, Med -Rat Kubat Bonn, Professor: 
LindeBern, Dr. Lnc-Peris, Dr, Emil Mayer-New York, Dr. Jörgen: Mötter-Kopenhagen, F 
Professor Nenmayer-München, Hofrat Professor vor Mowrden- Wien, Professor Dr. Ünodi- 
Budanesr Primararzt Dr, L. Polyak-Budapesi, Professor Dr. H- Prevsing-Kó5in, Hofrat Prob. 
SAFRI Primararzt. Alfr. von Sokalawski-Warschau, Prof. Starck- ‘Karlsruhe, SE von i 
= Stein: Moskau, Professor. pr. St. Glait: Thornson- ‘Leadon. — eur * 


Herausgegeben von Dr. Felix Blumenfeld (Wiesbaden). 


“Band IL 
Mir s a Tatala und KL See im HIR 





: 2 Würzburg. Wal 
Curt Kavitesch Zä. Sinber' s Verlag 
= amu. x Don 


Citelli, Yatibation- und Tassen 


Hoffmann, 


Imhofer, Rezidive nach Adenotomie 
Iwanoff, Über die Stimme Laryngo- 


Personalia 
Mitteilungen 


Inhalt des Ill. Bandes. 


Originalarbeiten. 


Seite 


Avellis, Notiz über gebrauchsfertige 


Anwendungsformen von Neben- 
nierensubstanzen in der Rhinologie 729 


Avellis, Ehrlich-Hata in der TOES 


logischen Praxis . 495 


Blumenfeld, Zur pithaloetschen Ana: 


tomie der Stimmlippe. Mit Tafel 
XIII— XV und 6 nn im 
Teat ey . 225 


Buraek, Zur Kasuistik de Kompli- 


kátionen nach Adeno- und Tonsillo- 
tomien . . 477 


der 
. 231 


bei akuten EN 
Kinder . 


Cohn, Die oberen ‘Taliwese bei den 


Leprösen des Memeler E 
Mit Tafel XVI . . 


. 341 


Deneker, Ein Fremdkórper im — 


Sinus piriformis, Tuberkulose rep 


Tumor vortäuschend . 241 


Flatau, Chirurgische und funktionelle 


Behandlung der Stimmlippenknótchen 
mit besonderer Berücksichtigung der 
Frage der Berufsschädigung . . 369 


Frankenberger, Augenstórungen bei 


Erkrankungen der Nebenhöhlen der 
Nase. (Ein kasuistischer Beitrag) . 207 


Frese, Eigenartige Erkrankungen der 


Mond, und Rachenschleimhaut . . 455 
Klinische und patho- 
logische Beiträge zu den Erkran- 
kungen der oberen Luftwege. I. Über 
einen Orbitalabszess nach Siebbein- 
eiterung. Mit Tafel XII . 109 
— II. Zur Pathologie der Kiefer. 
zysten, Mit Tafel XXI, XXII, 
XXIII und 1 Abbildung im Text 467 


113 


stomierter, Mit 2 Figuren und 9 

Kurven im Text . . . 131 

Iwanoff, Technisches zur — 

stomie. . . 

Kassel, Die Nasenheilkunde des. Alter- 
tums , ,. . ; . 255 


. 115 


Katz , Über das endonasale Karzinom. 
(Mit Betrachtungen über das Wachs- 
tum epithelialer Elemente in der Nase.) 
Mit Tafel I— VI und3 Abb. im Text 

Lautmann, Zur Anästhesie bei der 
Adenotomie, Mit 1 Abbildung im Text 

Massei, Die Sensibilitätsstörungen des 
Larynx und die Anästhesie des 
Vestibulum bei der Rekurrens- 
lähmun 

Menier, Ober a akute retropharyngeale 
Abszesse bei Kindern . . 

Meyer, Über die Beziehungen der 
oberen Luftwege zum weiblichen 
Genitalapparat . . 

Meyer, Über nasale Fortsätze hyper. 
trophischer Rachenmandeln . 

Onodi, Über die intrakraniellen und 
zerebralen Komplikationen d, Nasen- 
nebenhóhlenerkrankungen ‘ 

Preysing, Atypische Nebenhöhlen- 
operationen. Mit Tafel VII—XI 

Preysing, Spongiosierung der Stirn- 
hóhlen. Mit Tafel XVII, XVIII 

Safranek, Ehrlich-Hatas Arsenoben- 
zol bei syphilitischen Erkrankungen 
der oberen Luftwege . 

Schwerdtfeger, Beitrag zur ‘Patho. 
logie und Therapie der Chondrome 
der Nase und ihrer Nebenhóhlen. 
Mit Tafel XXIV, XXV und I 
Abbildung im Text : 

Seifert, Beitrag zur Amputation der 
tuberkulósen SE Mit 2 Text- 
abbildungen . . 

v. Stein, Ein Fall von sehr verlang- 
samter Atmung infolge eines Nasen- 
leidens. Mit Tafel XXXIV . 

Sytsehow, Trichloressigsäureätzungen 
bei Kehlkopfschwindsucht ; 

Uffenorde, Komplizierte Fälle von 
Nasennebenhóhlenerkrankung. Mit 
5 Textabbildungen und Tafel X X VI 
bis XXXIII . . 

Weski, Die moderne zahnärztliche 
Diagnostik im Dienste der Rhino- 
und Otologie. Mit Tafel XIX u. 
XX und 11 Textabbildungen . 

Ziekgraf, Xerose und Anosmie , 





Referate 
Literaturverzeiehnis 
Bücherbespreehungen . 
Gesellschafts- und Kongressberichte 


Kongresse und men 


un 


Namensverzeichnis . I : 
Saehregistep . . . . . . 


. 97, 139, 3071, 393, 517, 
ocw. d b dE cu^ o4 28, 
. 88, 167, 321, 444, 557, 
. 90, 171, 325, 446, 558, 
. 99, 202, 339, 452, 580, 


. 99, 206, 340, 453, 580, 


. 580, 


Seite 


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357 


43 


39 


119 


. 251 


23 
17 
349 


. 503 


581 


. 125 
. 481 


507 


. 315 


53 


133 
434 
151 
153 
155 
158 
101 
158 
159 
166 


Über das endonasale Karzinom. 


(Mit Betrachtungen über das Wachstum epithelialer Elemente 
in der Nase.) 


Von 
Dr. Leo Katz, Kaiserslautern. 


Mit 6 Tafeln und 3 Abbildungen im Text. 


Bei der Seltenheit nasaler Karzinome verlohnt es sich wohl, bei 
jedem neuen Falle in eine Analyse des gesamten Krankheitsbildes 
einzutreten, da, abgesehen von der Karzinomfrage selbst, noch manches 
ungeklärt ist, was sich auf die Lokalisation des Leidens ın der Nase 
bezieht. Zu diesen noch strittigen Punkten gehören z. B. manche 
ätiologische Besonderheiten nasaler Karzinome, die Metastasenbildung, 
vor allem die histologischen Strukturverhältnisse in ihren Bezie- 
hungen zum Mutterboden, um von manchen anderen nur einige heraus- 
zugreifen. 

Hinsichtlich der Häufigkeit steht vor allem fest, dass die Karzinome 
der Nase viel seltener sind als die Sarkome, auch dann noch, wenn 
wir einerseits die vielen unsicheren Fälle, die fälschlicherweise als Sar- 
kome der Nase beschrieben sind, in Abzug bringen und andererseits 
diejenigen malignen Tumoren, deren Klassifikation immer noch Gegen- 
stand der Kontroverse ist, wie die Zylindrome, Endotheliome usf. 
den Karzinomen zuzählen würden. Auch scheint die Karzinom- 
kasuistik eine viel sicherere zu sein, insofern die publizierten Fälle mit 
wenigen Ausnahmen, besonders auch nach der histologischen Seite, viel 
kritischer behandelt wurden, was auch bereits Kümmel!) aufgefallen 
ist. Was die absoluten Zahlen angeht, so konnte letztgenannter Autor 


') Heymanns Handbuch. Bd. III, 2. S. 875. 
Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 1. 1 


2 Leo Katz. [2 


bis zum Jahre 1896 40 Fälle von endonasalem Karzinom ausfindig 
machen ; im Jahre 1902 waren Gibb 78 Fälle aus der Literatur be- 
kannt. Lenart und Donogany legen ihrer Arbeit über den 
primären Krebs der Nase 7 eigene und 80 aus der Literatur ge- 
sammelte Fälle zugrunde, und bis auf den heutigen Tag hat sich 
das kasuistische Material, soweit ich die Literatur übersehe, nur 
ganz wenig vermehrt. Die Zahl der Karzinome, bezogen auf die 
Gesamtzahl der Patienten, ist so inkonstant, dass ich auf die ein- 
zelnen Daten nicht weiter eingehen will. Das Nähere hierüber findet 
sich bei Zarniko!) schön zusammengestellt. Nur möchte ich die 
Bemerkung hier nicht unterlassen, dass die Verhältniszahl auf meine 
Klientel berechnet, noch viel grösser wäre, als die von Zarniko für 
M. Schmidt berechnete maximale Proportionszahl 17, insofern ich 
während meiner bisherigen Tätigkeit bei einer weit geringeren Pa- 
tientenzahl 8 endonasale Karzinome gesehen habe, die sämtlich histo- 
logisch festgestellt sind. Es mag dies vielleicht darin seinen Grund 
haben, dass ich seit Jahren sámtliche exstirpierten Tumoren der Nase 
histologisch durchmustere. Stellen wir diesen kleinen Zahlen die un- 
geheuer grosse Zahl der sonst in der Nase vorkommenden Tumoren, be- 
sonders der verschiedenen Formen des ódematósen Fibroms gegenüber, . 
so treten wir gleichsam von selbst an das Problem der malignen Ent- . 
artung gutartiger Tumoren heran, eines jener Momente, das von 
allen Autoren für die Ätiologie maligner Tumoren beigezogen wird. 

Diese Erscheinung ist den Gynäkologen geläufiger als uns Rhino- 
logen, obwohl auch die gynäkologische Kasuistik, welche von der Um- 
wandlung gutartiger Tumoren in maligne handelt, nicht sehr reich- 
haltig ist. In dieser allgemeinen Form scheint diese These überhaupt 
nicht ganz richtig zu sein und müsste auf Grund des vorliegenden 
Materials bedeutend eingeschränkt werden. De facto handelt es sich 
immer um Myom und Sarkom, und zwar um die sehr zellreichen 
Myome, die an und für sich schon Ähnlichkeit mit Spindelzellensar- 
komen haben. Dabei ist nicht erwiesen, ob sich richtiges Sarkom- 
gewebe an Stelle des Zwischenbindegewebes entwickelt, also ein aus 
Sırkom- und Myomgewebe zusammengesetzter Tumor, ein Leiomyo- 
sarkom vorliegt, oder ob die Proliferation wesentlich die Muskelzellen 
betrifft; nur im letzteren Falle hätten wir dann ein Sarkom, das 
wirklich im Myom selbst enstanden ist (Lexer). 

In der rhinologischen Literatur existiert bisher überhaupt nur 
ein einziger Fall, der einigermassen beweiskräftig sein könnte; es ist 
dies der bekannte Hellmannsche Fall, der auch von allen Autoren 


') Zarniko, Die Krankheiten der Nase etc. 3. Auflage 1910. S. 517. 


3] Über das endonasale Karzinom. 3 


als Beweis zitiert wird. Nach zwölfjährigem Bestehen eines harten 
Papilloms, das allerdings in dieser Zeit oft rezidivierte, fand sich an 
einer Stelle, an der früher in der Stirnhöhle ebenfalls ein hartes 
Papillom entfernt worden war, ein klinisch und anatomisch unan- 
fechtbares Karzinom. Indes soviel Bestechendes für die Umwandlungs- 
möglichkeit an und für sich benigner Tumoren in maligne dieser Fall 
hat, er lässt auch eine viel einfachere, viel weniger gekünstelte Er- 
klärung zu; man kann hier die Entwickelung des Karzinoms gemäss 
der alten Virchowschen Reiztheorie, die ja heute noch von den 
meisten Pathologen anerkannt wird, aus dem Locus minoris resisten- 
tiae erklären. Solche Reizzustánde sind durch die vorausgegangenen 
entzündlichen und operativ traumatischen Einflüsse gegeben, so dass 
die Entwickelung des Karzinoms in diesem Falle ebensogut ein Ana- 
logon darstellt zu der den Klinikern sehr gelüufigen Tatsache, dass 
ein Magenkarzinom z. B. auf einer alten Ulcusnarbe entsteht. Als weitere 
Sonderheit, die seine Beweiskraft sehr wohl abzuschwächen imstande 
ist, ist beim Hellmannschen Falle der Umstand anzuführen, dass 
es sich gerade um ein Papillom handelt, also einen dem Karzinom 
zum mindesten schon sehr verwandten Tumor, von dem viele be- 
haupten, dass er morphologisch überhaupt nicht oder nur sehr schwer 
vom Karzinom auseinander zu halten sei und sich nur klinisch 
durch die geringere Wachstumsenergie von ihm unterscheide. 


Auch der Lues hat man als ätiologisches Moment maligner 
Tumoren, besonders der Karziome, eine gewisse Bedeutung beige- 
messen. Auch in der rhinologischen Literatur existieren einige Fälle, 
die als Beweis für diese Annahme dienen. Es sind dies der Fall 
von Michaelis und die beiden Fälle von Keimer!). Diese Fälle 
zeigen uns nicht mehr und nicht weniger, als dass in seltenen Fällen 
das Karzinomgewebe auf dem Boden syphilitischer Ulzerationen 
sich entwickelt, welche dann einen anderen Charakter annehmen. 
Also auch hier wiederum verliert die Lues als solche ihre spezifische 
Ätiologie, auch hier spielt der entzündliche Reiz, die Ulzeration, 
oder wenn man will, die lokale Gewebsschwäche die Haupt- 
rolle für die Entstehung des Krebses. Überhaupt scheinen für die 
Entwickelung nasaler Tumoren in erster Linie Gewebsveründerungen, 
welche durch chronische Reize verschiedenster Art oder durch chro- 
nische Entzündungen entstanden sind, verantwortlich zu sein. Dabei 
mag wohl richtig sein, dass die Verschiedenheit des primären Reizes 
auf die Art des sich entwickelnden Tumors von Einfluss sein kann. 


') Zeitschr. f. Ohrenheilkunde. Bd. 40. S. 260. Laryng. Sektion d. 70. Ver- 
sammlung deutscher Naturf. u. Ärzte. 


1* 


4 | Leo Katz. [4 


Im allgemeinen wird jedoch zunächst immer der Mutterboden be- 
stimmend für die Art des Tumors sein. Diese Erscheinung ist uns 
Rhinologen ım Hinblick auf die häufigste Form nasaler Tumoren, die 
wir unbeschadet ihrer histologischen Struktur unter dem Namen von 
Nasenschleimpolypen zusammenfassen, geläufig. Sie wurde von Hey- 
mann!) folgendermassen formuliert: „Polypen sind Produkte der 
Schleimhaut, der sie mehr oder weniger gestielt aufsitzen und deren 
Gewebe sich in ihnen in wechselnder Anordnung wiederfindet.“ Diese 
Definition ist aber sofort auf alle Tumoren, besonders auch auf die 
endonasalen Karzinome ausdehnbar, sobald der Begriff der chroni- 
schen Entzündung als Folge eines Reizzustandes mit hineingebracht 
wird, so paradox dies auch im ersten Moment klingen mag, im Hin- 
blick auf die Heteroplasie mancher Tumoren, d. h. auf die Atypie 
seiner Formbestandteile im Verhältnis zum Mutterboden. 


Kleiden wir dieses Problem in eine zunächst die nasalen Ver- 
hältnisse berücksichtigende Fragestellung, so muss diese folgender- 
massen formuliert werden: Wie kann ein Plattenepithelkarzinom der 
Muschel oder des Septums als Produkt der zylinderepitheltragenden 
Schleimhaut aufgefasst werden ? 


Das Bindeglied in dieser Entwickelungsreihe bildet eben der 
chronische Entzündungsreiz der Schleimhaut und die durch ihn sich 
allmählich entwickelnde Umbildung von Zylinder- in Plattenepithel. 
Diese Metaplasie von Zylinderepithel in Plattenepithel ist für die 
Nasenschleimhaut einwandfrei erwiesen. Vor allem waren es Sieben- 
mann und Schónemann, die durch ihre Untersuchungen feststellen 
konnten, dass die Ersetzung des Zylinderepithels durch Pflasterepi- 
thel im Respirationsteil der Nase ein sehr häufiges Vorkommnis ist. 
Wenn nun auch diese Metaplasie an jeder Stelle der Schneider- 
schen Membran statthaben kann, so ist doch daran festzuhalten, dass 
im allgemeinen die Disposition zur Metaplasie proportional der Ent- 
fernung vom Naseneingang abnimmt, was, wie wir später sehen werden, 
hinsichtlich der Lokalisation primärer, endonasaler Karzinome von grosser 
Bedeutung ist. Das ist auch ganz natürlich. Wenn eben der ent- 
zündliche Reiz die letzte Ursache der Epithelmetaplasie ist, so werden 
eben diejenigen Stellen am meisten prädisponiert sein, die am öftesten 
‘und am leichtesten solchen Reizen zugänglich sind; das sind aber die 
Stellen, die gleich hinter dem Naseneingang liegen, also an der me- 
dialen Wand etwa das vordere Drittel des Septums, das immer und 
immer wieder als Prädilektionstelle nicht nur pathologischer Verän- 
derungen im allgemeinen, sondern der Tumorentwickelung im be- 


', Heymanns Handbuch. Bd. III, 2. S. 785. 


5] Über das endonasale Karzinom. 5 


sonderen zu gelten hat. An dieser Stelle ist der wichtigste Angriffs- 
punkt traumatischer Insulte, hier an der Grenze zwischen Schleimhaut 
und Haut vollzieht sich die Epithelmetaplasie und hier spielt sich 
die von Siebenmann zuerst beschriebene Rhinitis sicca anterior 
ab als Ausgangspunkt der für diese Stelle typischen, pathologischen 
Veränderungen. Eine solche vollzogene Epithelmetaplasie am Sep- 
tum cartilagineum sehen wir deutlich auf Tafel I. Die Abbildung 
— ein Mikrophotogramm von der Nasenscheidewand eines Hingerich- 
teten — verdanke ich wie die Tafeln II—IV der Liebenswürdigkeit 
des Herrn Universitätsprofessors Dr. Sobotta in Würzburg. Man 
sieht deutlich, wie Flimmer- und Plattenepithel wechseit. 

An der lateralen Nasenwand sind es insbesondere die vorderen 
Enden der beiden unteren Muscheln, an denen sich die Epithelmeta- 
plasie vollzieht, also auch hier wieder diejenigen Stellen, die dem 
Naseneingang am nächsten liegen. Auch diese Tatsache können wir 
an der Hand von Tafel II sehr instruktiv illustrieren. Tafel II stellt 
die untere Muschel desselben Hingerichteten dar. Hier findet sich 
an der Spitze, also derjenigen Stelle, die den äusseren Insulten 
am meisten ausgesetzt ist, Plattenepithel, sonst überall Zylinderepithel. 
Aber wir finden auch sonst an dieser Muschel die Zeichen chroni- 
scher Entzündung. Schon äusserlich unterscheidet sie sich von 
Tafel III durch ihr stärkeres Volumen. Tafel III stellt eine normale 
Muschel desselben Hingerichteten dar; sie zeigt keine Sonderheiten ; 
vor allem ist sie iiberall mit flimmerhaartragendem Zylinderepithel 
bekleidet. Dagegen finden wir auf Tafel II eine ausgesprochene 
Hypertrophie der Muschel mit deutlicher Zunahme der kavernósen 
Blutráume, sowohl nach Zahl als auch nach Grösse. Hier finden 
wir also ein chronisch entzündetes Organ mit vollzogener lokaler 
Epithelmetaplasie. Gleichzeitig bedeutet aber diese Form der chro- 
nischen Entzündung, in der wir bereits eine polypöse Hypertrophie 
der unteren Muschel zu erblicken baben, die erste Etappe der Tumor- 
entwickelung. 

Kehren wir nun in diesem Stadium unserer Beweisführung zum 
Ausgangspunkt unserer Erörterungen zurück und suchen nach Gründen, 
warum das primäre Karzinom der Nasenschleimhaut angesichts der 
günstigen Vorbedingungen zur Tumorentwickelung im allgemeinen und 
der grossen Prädisposition des Mutterbodens zur Tumorentwickelung ` 
im speziellen ein so seltenes Ereignis ist, so ist es naheliegend, nach 
anderen Organen Umschau zu halten, die ebenfalls selten oder nie 
Sitz primärer Karzinome sind, um vielleicht von dieser Seite her ver- 
gleichende Anhaltspunkte zu gewinnen. Da stellt sich nun die über- 
raschende Tatsache heraus, dass alle diese Organe, denen nur eine 


6 Leo Katz. [6 


geringe Tendenz zur primáren Karzinomentwickelung innewohnt, sich 
durch grossen Reichtum adenoiden Gewebes auszeichnen. 

Als Beweis möchte ich zunächst die Milz, die wohl den grössten 
Komplex adenoider Substanz unseres Körpers darstellt, anführen. 
Wenn sie auch an und für sich keine grosse Tendenz zu Tumoren- 
bildung zeigt, so nehmen doch unter der vorhandenen Tumoren- 
kasuistik die Karzinome die letzte Stelle ein. Ziegler!) z. B. kennt 
überhaupt keinen Fall von primárem Karzinom der Milz und nach 
Litten?) dem wir wohl die sorgfültigste und ausführlichste Mono- 
graphie der Milzkrankheiten verdanken, ist der primäre Krebs der 
Milz überhaupt selten. Von den 10 überhaupt bekannten Fällen hält 
er nur die wenigsten für histologisch sicher erwiesen. 

Wenden wir uns von dieser Perspektive aus der Betrachtung 
des Darmtraktus zu, so ist es eine auffallende Erscheinung, dass der 
Dünndarm, der ebenfalls einen grossen Reichtum lymphadenoider Sub- 
stanz, wie sie in den Solitärfollikeln und vor allem in den Payer- 
schen Plaques gegeben sind, nur selten primäre Karzinome zur 
Entwickelung kommen lässt, selten, besonders im Hinblick auf die 
ungeheure Karzinomkasuistik an den übrigen Abschnitten des Magen- 
Darmkanals. So behauptet Nothnagel’), dass die primären 
Karzinome des Jejunums und des lleums ungeheuer seltene Er- 
eignisse sind. 

Als der geläufigste Prototyp Iymphadenoiden Gewebes sind uns 
die über den ganzen Körper disseminierten Lymphdrüsen und 
speziell uns Rhinologen die verschiedenen, den Waldeyerschen 
Ring konstituierenden Tonsillen bekannt. Was nun die Lymph- 
drüsen angeht, so gehört das primäre Karzinom zu den grössten 
Seltenheiten, wohlgemerkt im Gegensatz zu dem metastatischen, das 
als Kriterium der Malignität lediglich eine Etappe des durch die 
Lymphbahnen vom primären Herd zugeführten Zellmaterials dar- 
stellt. Auch die Zahl der primären Tonsillenkarzinome ist eine ge- 
ringe, und auch hier nimmt die an und für sich geringe Kasuistik 
— entsprechend unseren früheren Ausführungen — noch in dem 
Masse ab, je weniger das Organ traumatischen oder entzündlichen 
Reizzuständen ausgesetzt ıst. Daher ist die Kasuistik der Gaumen- 
tonsillenkarzinome noch etwas grösser als die der Karzinome der 
Zungen- und Rachentonsille, letztere nicht zu verwechseln mit den 
vom Rachendach resp. der Schädelbasis ausgehenden Karzinomen. 


1) Lehrbuch der speziellen pathol. Anatomie. 8. Auflage. S. 95. 


?) Nothnagel, Spezielle Pathologie und Therapie, Bd. VIII, 2; Litten, 
Krankheiten der Milz. 


*) Die Krankheiten des Darmes und dea Peritoneums. Wien 1898. S. 248. 


7] Über das endonasale Karzinom. 7 


Dabei ist fernerhin interessant, dass gerade das primäre Karzinom 
der Zungentonsille so ausserordentlich selten ist, dass Butlin in 
seiner Zusammenstellung von 80 Zungenkarzinomen nur in einem 
Fall ein von der Zungenmandel ausgehendes anführt — ausserdem ist 
noch ein einziger weiterer Fall von Michael!) publiziert — während 
hingegen gerade die Zunge doch sonst nicht selten Sitz des Karzinoms 
ist. Und es ist auch gerade hier die merkwürdige Tatsache zu re- 
gistrieren, dass die Zunge dort am häufigtsen vom primären Kar- 
zinom befallen wird, wo die wenigsten lymphfollikularen Elemente 
vorhanden sind, nach Butlin also auf der Seitenfläche oder dem 
Rücken der Zunge, meistens in der Nähe der Zungenspitze, oder der 
vorderen Hälfte der Zunge. 

Wenn wir nun mit diesen Befunden die Tatsache in Überein- 
stimmung zu bringen suchen, dass auch das primäre Karzinom der 
Nasenschleimhaut ein seltenes Ereignis ist, so werden wir uns mit 
dem Verhalten lymphatischer Elemente in der Nase zu befassen 
haben. Während die massenhafte Ansammlung von adenoidem Ge- 
webe im Schlundring in Form von Follikeln oder Follikelklomplexen, 
die wir als Tonsillen zu bezeichnen gewöhnt sind, allbekannt ist, 
wird die konstante Anwesenheit adenoider Elemente in der Nasen- 
schleimhaut immer etwas als quantité negligeable behandelt, ob- 
wohl es nicht an eingehenden Beschreibungen fehlt. Am aus- 
führlichsten ist die adenoide Schicht der Nasenschleimhaut bei 
Zuckerkandl,dem auch Schiefferdecker folgt, undbei Zarniko 
beschrieben. Dieses adenoide Gewebe kommt nun in den beiden 
auch sonst typischen Formen in der Nase vor, sowohl als retikuläres 
Bindegewebe, dessen Maschen mit kolossalen Mengen Leukozyten er- 
füllt sind, oder in Form von Komplexen, die wir als Follikel bezeichnen, 
welche bis dicht unter das Oberflächenepithel heranreichen. Beide 
Formen kommen in gradueller Verschiedenheit auf beiden Seiten vor; 
an der septalen Schleimhaut ist die follikuläre Anordnung die häufi- 
gere, wie überhaupt das Septum auch quantitativ der Hauptsitz ade- 
noider Substanz in der Nase ist. Tafel IV zeigt uns einen solchen 
Schnitt durch das Septum mit reichlich eingebetteten lymphoiden 
Elementen, die sich stellenweise zu Solitärfollikeln vereinigen. An 
den Nasenmuscheln stellt die unter der Epithelschicht gelegene, sehr 
stark entwickelte Tunica propria, ein Retikulum fibrillären Binde- 
gewebes mit grossen eingelagerten Leukozytenmassen, die sich 
nach oben gegen die Epithelschicht durch eine ungeheuer feine, 


1) Heymanns Handbuch: Michael, Die Krankheiten der Zungenton- 
sille, Bd. II, S. 634. 


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9] Über das endonasale Karzinom. 9 


wegen ihrer äusseren Form als Papillome bezeichnet werden, in 
Wirklichkeit den Fibromen zuzuzählen sind, ausscheiden. Es ver- 
bleiben dann nur ganz wenige der als Papilloma verum sive durum 
bekannten Tumoren, von denen bis zum Jahre 1897 Hellmann 19 
bekannt waren. Auch die Zahl der Adenome ist eine sehr minimale. 
Marx!) konnte in seiner unlängst erschienenen Arbeit über das 
Adenom der Nase 14 Fälle aus der Literatur ausfindig machen und 
einen weiteren selbst beobachteten Fall anfügen, so dass im ganzen 
15 Fälle vorliegen. Die Nasenschleimhaut zeigt also eine 
sehr minimale Tendenz zur Entwickelung epithelialer 
Tumoren überhaupt. 


Verfolgen wir nun innerhalb der Nase die Prädilektionsstellen 
der primären Karzinome, so finden wir hier wiederum dieselbe Er- 
scheinung wie beim Zungenkarzinom, dass die Stellen, die normaler- 
weise die wenigsten adenoiden Elemente enthalten, am häufigsten 
Ausgangspunkt des Karzinoms sind. Allerdings muss ich hier be- 
kennen, dass die Angaben der einzelnen Autoren in diesem Punkte 
nicht ganz übereinstimmen. Kümmel?) sagt ohne nähere Zahlen- 
angaben: „Ausgangspunkt ist auch bei Krebsen häufig das Septum 
und soweit genauere Angaben vorliegen, scheint es auch hier häufig 
der vordere Teil desselben zu sein. Nicht viel seltener ist aber die 
seitliche Nasenwand der Ursprungsort und zwar die Gegend der beiden 
unteren Muscheln zugleich. Manche der letzten Tumoren mögen 
eigentlich von dem Sinus maxillaris ausgegangen sein, dessen Wände 
wohl noch öfter als das Naseninnere Karzinome entstehen lassen.“ 
In letzterem Punkte hat Kümmel sicher recht. Dagegen sind die 
Angaben der anderen Autoren und auch meine eigenen Zahlen hin- 
sichtlich Septum und Muscheln mit seinen Aufstellungen nicht in Ein- 
klang zu bringen. Donogany und Lenart berechnen die Zahl der 
Fälle hinsichtlich der Lokalisation folgendermassen : 














EE | a | ofo 
Nasenseptum . | 6 14 
Untere Muschel . | 9 21 
Highmorshóhle | l 2 
Mittlere Muschel e 21 90 
Nasendach . . . . . . . . . . X. | 3 7 


Os sphenoideum . i 
| 


!) Zeitschrift f. Ohrenheilkunde. Bd. 60, S. 50. 
) L. c. 


10 Leo Katz. [10 


Meine eigene Kasuistik von 8 Fällen verteilt sich folgendermassen : 


Nasenseptum b 
Untere und mittlere Muschel 3, 
Nebenhóhle 4 


Es finden sich also hinsichtlich der Nebenhóhlen Widersprüche 
zwischen den beiden letzten Tabellen, während hier wiederum Über- 
einstimmung zwischen meinen Fällen und den Kümmelschen Angaben 
besteht. Meine feste Überzeugung ist es übrigens, dass unter den 
30 Karzinomen der beiden unteren Muscheln in der Aufstellung von 
Donogany und Lenart manches sein wird, das den Nebenhöhlen ange- 
hört. Es mag nun dem sein, wie ihm wolle, für uns kommt zu- 
nachst der, wie mir scheint, bedeutungsvolle Umstand in Betracht, 
dass das Septum, das für gewóhnlich einen grósseren Reichtum lymph- 
adenoider Elemente aufweist, erheblich seltener der Ausgangspunkt 
primärer Karzinome ist als die laterale Nasenschleimhaut, die im Ver- 
gleich hierzu ärmer an diesen Elementen ist. 

Auf Grund der Gesamtheit dieser Ausführungen glaube ich, 
wenn auch unter aller Vorsicht und mit allem Vorbehalt, den Schluss 
wagen zu dürfen, dass durch die konstante Funktion der 
adenoiden Schicht, durch dasununterbrocheneDurch- 
strömen der Leukozyten nach der Schleimhautober- 
fläche, durch das gewaltsame Durchbrechen derselben 
durch die sie bedeckende Epithelschicht und durch das 
damit verbundene ständige Vergehen und Entstehen 
neuer epithelialer Zellen das atypische, vor allem das 
ungebundene exzessive, aus dem Organverbande los- 
gerissene Wachstum epithelialer Elemente hintange- 
halten wird, weil der Mutterboden schon eine maximale 
Arbeitsleistung in der Ersetzung des normalen Epithels 
zu leisten hat. 


Die wenigen nasalen Karzinome nun, die bekannt sind, tragen 
noch ein anderes Charakteristikum in sich, wodurch sie sich von den 
Karzinomen anderer Organe unterscheiden. Zur Wesenheit des malignen 
Tumors gehórt die Tendenz der Metastasenbildung als Hauptkriterium 
der Malignitát. Es ist nun kein sicherer Fall von endonasalem Karzi- 
nom bekannt, der entweder als Metastase eines anderweitig etablierten 
Karzinoms aufzufassen würe oder selbst zu Metastasen in anderen 
Organen geführt hätte. Nicht als ob dadurch das endonasale Karzinom 
an Malignität verlieren würde. Dieselbe ist gleichwohl bedingt durch 
den Genius loci. Denn stellen die dem Tumor leicht zugänglichen 


11] Über das endonasale Karzinom. 11 


Raume lebenswichtige Organe dar — wie in unseren Fallen Orbita 
und Schádelkapsel —, dann wird der von Haus aus gutartigste Tumor 
zum malignen, selbst wenn er nicht die histologischen Charakteristika 
der Malignität darbietet. Da nun der Transport der Geschwulstkeime 
durch das Lymphgefássystem zu den regionüren Drüsen als die erste 
Etappe zur Metastasenbildung aufzufassen ist, so ist das Verhalten 
dieser regionären Drüsen ein Massstab der Tendenz zur Metastasen- 
bildung. Bei dem primären Karzinom der Nase kommt es relativ 
spät und in manchen Fällen überhaupt nicht zur Infiltration der 
regionären Drüsen. Das letztere konnte ich in einem Falle konstatieren, 
den ich während des vorigen. Jahres behandelte. Ein von der linken 
Kieferhöhle ausgehendes Karzinom bei einem 71 jährigen Manne wuchs 
unaufhaltsam weiter. Als ich den Patienten zum ersten Male sah, 
füllte der Tumor bereits Nase und Nasenrachen vollständig aus — 
auch die Heidelberger chirurgische Klinik konstatierte inoperables 
Karzinom. Der Tumor drang allmählich in die Keilbeinhöhle und 
usurierte, von hier die Schädelbasis durchdringend, die Carotis interna. 
Der Tod trat nach drei heftigen Blutungen, die sich innerhalb zwei 
Stunden wiederholten, ein. Operative endonasale Eingriffe zur Weg- 
sammachung der Nase waren 8 Wochen ante exitum nicht mehr ge- 
macht worden. In diesem Falle, der durch alle Symptome des lokalen, 
malignen Wachstumes verschärft war, war keine einzige der der Pal- 
pation zugänglichen, cervikalen Drüsen fühlbar vergrössert. Der Grund 
des Ausbleibens der sonst so konstanten Infiltration der regionären 
Drüsen ist zum Teil wenigstens im anatomischen Verlauf der ab- 
leitenden Lymphgefässe der Nasenschleimhaut zu suchen. Nach Most!) 
richtet sich der Hauptstrom der Lymphe des Naseninnern nach den 
Choanen hin und sammelt sich in der seitlichen Pharynxwand direkt 
hinter dem harten Gaumen náchst dem pharyngealen Tubenostium 
und etwas unterhalb desselben. Auch vom Nasenseptum gelangt die 
Lymphe durch die Lymphgefásse des Nasenbodens und der nach oben 
gekehrten Fläche des Velum palatinum dahin. Von hier wird nun 
die Lymphe in zwei Hauptstrémen ihren Drüsengebieten zugeführt 
(s. Fig. 2). 

Der eine zieht nach aussen und unten zu den vorderen tiefen 
Cervikaldrüsen, welche um die Vena jugularis interna gelagert sind. 
Der zweite nach Most wichtigste Strom verläuft in der seitlichen 
Pharynxwand direkt nach hinten, um zu der seitlichen Retro- 
pharyngealdrüse zu gelangen, die median von der Carotis 


’) Most, Topographie des Lymphgefässapparates des Kopfes und des Halses 
etc. Berlin 1906. Verlag von August Hirschwald. S. 87 u. ff. 


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13] Über das endonasale Karzinom. 13 


infiltratives oder expansives; es ist im allgemeinen abhüngig von der 
Beschaffenheit seines Ansiedelungsortes. Es liegt nun in der Natur 
der Sache, dass die neugebildeten Zellenmassen zunächst alle Räume 
ausfüllen, welche der Ort der Entwickelung selbst darbietet und 
welche von ihm aus zugänglich sind. So füllt das im Wachstum be- 
griffene Karzinom der Nase alle Lumina, die die Nasenhóhle darbietet, 
aus, dringt unaufhaltsam, alles zerstörend und indurierend vorwärts, 
sendet seine Fortsätze in alle erreichbare Spalten, in Orbita, Stirn- 
höhle und Keilbeinhöhle und wächst von hier aus die Schädelbasis 
durchdringend, hirnwärts; und seine Expansionskraft scheint spielend 
alle Widerstände zu überwinden. Diese Destruktivität, dieses Ein- 
dringen und Zerstören lebenswichtiger Organe ist nach Rindfleisch 
eine besondere Funktion der Malignität. Beim nasalen Karzinom 
bringen es also die örtlichen Verhältnisse mit sich, dass es bereits zu 
einer Zeit destruktiv wirkt, bevor durch die sich mehrenden Wider- 
stände die Geschwulstkeime in die Lymphbahnen hineingezwängt werden, 
um so den ersten Anstoss zur Metastasenbildung zu geben. Der 
zeitliche Ablauf des endonasalen Karzinoms ist also ein solcher, dass 
durch die Destruktivität des Wachstums, ‘durch das Eindringen und 
Zerstören lebenswichtiger Organe der Tod bereits zu einer Zeit ein- 
tritt, zu der es nach Massgabe des Wachstums und der anatomischen 
Verhältnisse der Lymphbahnen noch gar nicht zur Metastasenbildung 
kommen konnte. Mit anderen Worten: Der Tod tritt bereits während 
des expansiven Wachstums des Tumors ein, ohne dass es zu infiltra- 
tivem oder zu nennenswertem infiltrativem Wachstum gekommen ist. 
Aber nur das infiltrative Wachstum und das durch es bedingte Fort- 
wuchern im Quellengebiete der Lymplhbahnen vermittelt die Meta- 
stasenbildung. 


Wahrend ich nun auf Grund des gesamten vorhandenen Ma- 
terials im Laufe der bisherigen Ausführungen immer die Tatsache in 
den Vordergrund stellte, dass das endonasale Karzinom stets ein 
primáres ist — ich rechne dazu auch die per continuitatem in die 
Nasenhóhle gewachsenen Karzinome der Nebenhöhlen —, während 
ich mit aller Entschiedenheit darlegte, warum es nie zu Metastasen 
kommt, bin ich gleichwohl in der Lage, ein endonasales Karzinom 
zu beschreiben, das sicher sekundärer Natur ist. 

Klinisch und therapeutisch bot der Fall so wenig des Inter- 
essanten, dass wir ihn hier nur nach der ätiologischen und histologi- 
schen Seite beleuchten wollen. 


14 Leo Katz. [14 


Es handelte sich um eine 53 jührige Bauersfrau, die wegen ihres 
„Ausschlages“ auf der Nase mich konsultierte. Derselbe sei sehr hart- 
näckig und bestehe schon zirka 11/s Jahre; auch’ ist sie schon ander- 
weitig mit Salben etc. behandelt worden. Über Beschwerden in der 
Nase (Luftmangel, Schnupfen etc.) klagte sie nicht. Der äussere Be- 
fund liess ohne weiteres ein flaches Hautkarzinom vermuten. Die 
untere Hälfte des rechten Nasenrückens in seinen abhängenden Par- 
tien zeigte eine markstückgrosse zirkumskripte ulzerierte Fläche, die 
mit Schorf und festhaftenden Hornmassen bedeckt war. Die In- 
filtration hat schon einen solchen Grad erreicht, dass die intranasale 
Schleimhautauskleidung, die der áusseren Lokalisation des Tumors ent- 
spricht, weit in das Lumen der Nase wallartig hineinragt. Die untere 
Muschel ist nur in vagen Umrissen zu erkennen, sie ist in schmut- 
zige Gewebsmassen eingehüllt, welche bis an die durch Infiltration 
vorgeschobene Schleimhaut der Innenfläche des Nasenflügels heran- 
reicht (s. Fig. 3). Sonst waren intranasal Besonderheiten nicht zu 
konstatieren; besonders bot die mittlere Muschel nichts Abnormes ; 
auch bei der Rhinoscopia posterior konnte ein Befund von Bedeutung 
nicht erhoben werden. 


Fig. 3. 


Hautkarzinom des 
Nasenrückens mit Infil- 
trat ins Lumen der Nase 


Karzinom der unteren ^ 
Muschel 





Um so interessanter gestalteten sich die histologischen Befunde. 
Das Karzinom auf der äusseren Fläche des Nasenflügels erwies sich 
als ein Basalzellenkarzinom, d. i. ein nicht verhornendes, 
flaches Hautkarzinom. In die Augen springend ist die driisenartige 
Struktur der Zapfen (s. Taf. V), weshalb Krompecher den Be- 
griff des drüsenartigen Oberflächenpithelkrebses oder Basalzellenkrebses 
eingeführt hat. Er geht dabei von der Vorstellung aus, dass diese 
Karzinome ihren Ursprung von den Basalzellen, d. h. von den zylin- 
drischen Zellen des Stratum Malpighii nehmen im Gegensatz zu den 
Hornkarzinomen, die von den Stachelzellen stammen. Jedenfalls 
sehen wir im histologischen Präparat (s. Taf. V) langgestreckte, 
schmale, spitz endende Zellstränge, die Lumina enthalten. Daraus 


15] Über das endonasale Karzinom. lo 


erklart sich die drüsenartige Anordnung der Zapfen. Die Zellen 
selbst sind länglich und klein. Das ist sehr deutlich auf Tafel VI 
zu sehen. Die Tafel VI gibt das Schleimhautkarzinom der unteren 
Muschel desselben Patienten wieder. Auch dieses ist ein Basalzellen- 
karzinom. Die Struktur desselben tritt auf der Abbildung auf Tafel 
VI bei 200facher Vergrösserung nicht so sehr in die Erscheinung. 
Bei 40 facher Vergrösserung gibt dieses Präparat im Mikroskop die- 
selben zierlichen Konturen, wie wir sie auf Tafel V als für das Basal- 
zellenkarzinom charakteristisch konstatieren konnten. Wir sehen hier 
deutlich die Lumina der Zellstränge und vor allem die epitheliale 
Anordnung zylindrischer Zellen als Auskleidung der verschieden ge- 
formten, bald länglich ovalen, bald runden Lumina, so dass wir hier 
in diesem Teile des Basalzellenkarzinomes schon einen Übergang vom 
Plattenepithelkarzinom zum Zylinderepithelkarzinom zu erblicken haben. 
An anderen Stellen ist die ungeheuer grosse Masse regellos gehäufter 
Tumorzellen auffallend, die in der Nähe der grossen Lumina eine ge- 
wisse konzentrische Anordnung erkennen lassen. Dabei ist es auf- 
fallend, dass die Auskleidung dieser Räume aus Endothel besteht, und 
dass in diesem Teile des Tumors ein spärliches, bindegewebiges Stroma 
vorhanden ist, welches in den Hauptzügen den Lymphspalten folgt. 
Wir erkennen also auch hier wieder, dass mit Recht die Stellung des 
Basalzellenkarzinoms angefochten wird und kónnen gerade an diesem 
Beispiele verstehen lernen, dass Borst die fraglichen Gebilde zu den 
Endotheliomen hinzuzählt. Für uns steht aber das eine fest, dass, 
während der Tumor der äusseren Nase eine hinsichtlich der histo- 
logischen Struktur einheitliche Geschwulstform darstellt, der Tumor 
der unteren Muschel mehrere, freilich verwandte Gewebsarten enthält. 
Und von dieser Perspektive aus haben wir die beiden voneinander 
sicher abhängigen Tumoren zu betrachten, und von dieser Perspektive 
aus habe ich die Behauptung aufgestellt, dass in diesem Falle 
das Karzinom der unteren Muschel sicher sekundärer Natur, 
aber ebenso sicher nicht metastatisch sei. Als Erklärung können 
nur zwei Möglichkeiten in Betracht kommen. Entweder ist der Tumor 
des Nasenflügels, der, wie wir bereits früher nachgewiesen und 
auf der Skizze (Fig. 3) schematisch angedeutet haben, die ganze 
Dicke der Haut infiltriert und die innere Schleimhautauskleidung 
des Nasenflügels wallartig vorgetrieben hat, per continuitatem 
auf die untere Muschel hinübergewachsen, oder aber es handelt 
sich um den seltenen Fall eines sogenannten Abklatschkar- 
zinoms. Dass eine Kontinuität zwischen den beiden Tumoren’ nicht 
bestand, ergab sich am deutlichsten bei der Operation, bei der der 
erkankte Teil des Nasenflügels herausgeschnitten werden konnte, ohne 


16 Leo Katz: Über das endonasale Karzinom. [16 


dass irgend eine Verletzung der unteren Muschel mit dem ihr auf- 
sitzenden Karzinom eingetreten wäre. Es bleibt also nur die An- 
nahme des Abklatschkarzinomes übrig, wie solche an den gegenüber- 
liegenden Flächen der Lippen, der Zunge und Wange, der Labien, 
der Innenseite der Oberschenkel oder der Stimmbänder gelegentlich 
beobachtet worden sind. Dafür spricht auch, dass die beiden sich 
berührenden Flächen teilweise ulzeriert waren und dass dieselben, wie 
bereits erwähnt, nicht miteinander verwachsen waren, was mit der 
Sonde leicht festzustellen war. Als wichtigstes Argument ist aber 
der Umstand anzuführen, dass die benachbarten Teile der beiden 
Tumoren histologisch dieselbe Struktur aufweisen, und dass das Kar- 
zinom der unteren Muschel erst allmählich die Übergänge zum typi- 
schen Schleimhautkarzinom entwickelt hat, je mehr dasselbe in 
seinem weiteren Wachstum vom primären Tumor sich entfernte 
und dadurch von ihm unabhängig geworden war. Daraus erklären 
sich die verschiedenen Strukturverhältnisse dieses Tumors. Der 
primäre Anstoss zum Karzinom der unteren Muschel war in 
diesem Falle die Implantation, die zufällige Verpflanzung von Ge- 
schwulstzellen von ulzerierter Fläche zu anliegender ulzerierter 
Fläche. Hier bieten also die Tumoren vollständig gleiche histo- 
logische Strukturverhältnisse. Je weiter aber das Karzinom der unteren 
Muschel in die Tiefe nach dem Muschelknochen zu dringt, um so 
mehr verändert es den primären Typus und produziert die oben ge- 
schilderten Übergänge zum Typus des wirklichen Schleimhautkar- 
zinomes. 

Auch aus diesem Umstande, dass der sekundäre Tumor, in unserem 
Falle also das Karzinom der unteren Muschel, nicht genau dieselbe 
Struktur aufweist wie das primäre Karzinom, können wir ableiten, 
dass wir keine Metastase im landläufigen Sinne in ihm zu erblicken 
. haben, insofern der metastasische Tumor immer die Zellart des 
primären Tumors bewahrt. Trotzdem steht die Tatsache fest, dass 
es sich hier um den seltenen Fall eines sekundären, nicht 
metastasischen endonasalen Karzinomes handelt. 


Atypische Nebenhöhlenoperationen. 


Von 
Prof. Dr. Preysing, Cöln. 
Mit 5 Tafeln. 


Bei mehreren Gelegenheiten habe ich in medizinischen Gesell- 
schaften Fälle vorgestellt!) von Nasenoperationen, welche von den 
üblichen Methoden abwichen. Es ist von Kollegen bis in die letzte 
Zeit wiederholt bei mir angefragt worden, in welcher Weise ich in 
diesen Fällen operiert habe, so dass ich trotz aller Scheu, etwa eine 
neue Methode schaffen zu wollen, doch an einigen Bildern und mit 
kurzen Worten schildern möchte, wie ich bei solchen besonderen Ge- 
legenheiten vorgegangen bin. 

Es handelt sich um Aufdeckungen des Nasen- und Nebenhöhlen- 
gebietes entweder einer oder beider Nasenseiten, von aussen her 
und zwar niemals bei einfachen Empyemen, sondern meist bei bös- 
artigen Tumoren, welche vom Gebiet der oberen Nasen- und 
Nebenhöhlen ausgingen (Stirnhöhle, Siebbein, Septum). Bei der 
Ausdehnung der Geschwülste kam eine der üblichen Methoden, be- 
sonders die Killiansche gar nicht in Betracht, da sie nicht im Ent- 
ferntesten ausgereicht hätten, das Erkrankungsgebiet genügend zu 
übersehen. Am meisten war ich anfangs noch geneigt den Gedanken- 
gängen zu folgen, wie sie Winckler wiederholt dargelegt hat?). So 
gab ich mir Mühe, durch temporäre Resektionen der vorderen 
Stirnhöhlenwand und des Nasengerüstes den Tumoren beizukommen, 
aber stets mit dem Erfolg, dass ich in einem bestimmten Stadium 


1) Med. Gesellschaft zu Leipzig, 24. Okt. 1905. Gesellschatt sächs.-thüring. 
Ohrenürzte Leipzig, 19. Mai 1906. 


2) Zuerst auf d. D. Otolog. Ges. 1897 Dresden. (S. 161 ff. d. Verhandlungen.) 
Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 1. 2 


18 Prof. Dr. Preysing. [2 


der Operation vor der Wahl stand, entweder auf eine radikale Ent- 
fernung der Geschwulst zu verzichten oder auf die sorgam herge- 
stellten Knochenlappen. Und da musste ich mich denn fiir das 
letztere entscheiden. Ich habe auch in der Folge oft gefunden, dass 
die schönsten osteoplastischen Pläne über den Haufen geworfen 
wurden durch die Ausdehnung der vorliegenden Geschwulstbildung. 

Darum empfehle ich jetzt nach meinen Erfahrungen, sobald die 
Diagnose eines bösartigen Tumors im Gebiete der oberen Nase und 
Nebenhöhlen feststeht, ohne Rücksicht auf die Kosmetik, gleich zu 
Beginn der Operation die Vorderwand einer oder beider 
Stirnhöhlen ganz wegzunehmen, das Septum ebenfalls hochbe- 
ginnend und vom äusseren Nasengerüst entweder die ganze Nasen- 
wurzel bis auf einen Rand um die Apertura piriformis, welcher den 
vernähten Weichteilen der Nase später genügend Halt gibt, oder bei 
einseitiger Operation die ganze eine Hälfte des äusseren 
Nasengerüstes. Dazu kommt je, nach der Art der Erkrankung 
Wegnahme des ganzen Orbhitaldaches des Siebbeins, vor allem wieder- 
hole ich: möglichst viel vom knöchernen Septum, das weitet den 
Überblick ausserordentlich. 

Das klingt ja alles ein wenig rücksichtslos; aber ich hebe noch 
einmal hervor: es handelt sich um Fälle, in welchen der Einsatz 
gar nicht hoch genug sein kann, wenn man das Spiel gewinnen will, 
und wir werden später an einzelnen Bildern sehen, dass die äussere 
Verunstaltung in den Fällen, welche gleich vernäht werden, gar nicht 
so gross ist, wie man zuerst fürchtet. 

Besser als durch lange Beschreibungen lässt sich das, was zu 
sagen ist, wohl an einigen Abbildungen Operierter zeigen: 

Tafel VII gibt ein ungefáhres Bild von einer doppelseitigen Re- 
sektion bei ausgedehntem Sarkom. Ich muss aber hervorheben, 
dass dies Photogramm nicht am Schlusse der Operation aufgenommen 
ist, sondern es ist in einem späteren Stadium noch das Sep- 
tum weiter nach der Tiefe zu reseziert. Der stehenge- 
bliebene Stumpf des Nasengerüstes ist aber endgültig. Die unter dem 
oberen grossen Haken liegende Knochenplatte stellt die Tabula vitrea, 
die Hinterwand der beiden beseitigten Stirnhöhlen dar. Die beider- 
seitigen Siebbein- und die Stirnhöhlenböden sind vollständig entfernt 
und der Orbitalinhalt liegt überall bis in die Tiefe abtastbar frei. 
Denkt man sich noch das Septum dicht an der Lamina cribrosa 
weiter weggenommen und beide Keilbeinhöhlen breit eröffnet, so hat 
man einen ausgedehnten Überblick auch in beide Oberkieferhöhlen 
und zwar jedesmal von der Gegenseite her. Den Orbitalinhalt lasse 
ich, wie das Bild zeigt, nicht mit stumpfen Haken zur Seite nehmen, 


3] Atypische Nebenhóhlenoperationen. 19 


sondern absichtlich mit scharfen, welche aussen in der Haut einge- 
setzt werden. Das drückt nicht unnötig die Bulbi und lässt das 
eigentliche Operationsgebiet freier. 

Der Hautschnitt ist ein T-Schnitt, bestehend aus einem Hori- 
zontalschnitt über beide Supraorbitalränder und einem Vertikalschnitt 
über den Nasenrücken. Letzterer führt in vorliegendem Falle nur 
bis zur Grenze des knöchernen Nasengerüstes. Musste ich einseitig 
operieren, so führte ich den Vertikalschnitt auf den Nasenrücken bis 
in das Nasenloch und es wurde die eine Hälfte des Nasengerüstes 
ausgedehnt reseziert. Das zeigt am besten die Abbildung Tafel VII. 

Was die klinische Seite dieser beiden Fälle angeht, so handelt 
es sich in Nr. I um ein ausgedehntes, schnellwachsendes kleinzelliges 
Rundzellensarkom bei einem löjährigen Knaben, ausgehend wahr- 
scheinlich von einer Epulis der linken oberen Prämolaren. Es nahm 
beide Stirnhóhlen, beide Siebbeine und die linke Oberkieferhóhle ein. 
Auffallend war bei dem Operationsbefund, wie die Schleimhaut beider 
Stirnhóhlen nur wenig entzündlich gereizt, aber sonst intakt, in Tumor- 
massen eingebettet lag. Die Geschwulst war überall zwischen Schleim- 
haut und Knocheninnenfláche gewuchert. Die Operationswunde wurde 
bis auf eine Stelle in der Mitte vernáht, der Patient blieb 4 Wocheu 
rezidivfrei; aber dann zeigte sich zuerst ein kleines Rezidiv im linken 
Wundwinkel, und da gleichzeitig ein Lymphdrüsenpaket in der linken 
Achsel festzustellen war, so wurde von einer Nachoperation abgesehen. 
Das Rezidiv wuchs so schnell, dass in wenigen Tagen unter menin- 
gitischen Erscheinungen der Tod eintrat. 

Der zweiteFall(Tafel VIII) war ein K arzinom, welches einseitig 
operiert wurde. Es blieb rezidivfrei; aber 2 Monate nach der Operation 
starb die Patientin unter Fiebererscheinungen, ohne dass sich bei der 
Obduktion ein Rezidiv oder irgend eine Todesursache gefunden hätte. 

Glücklicher verliefen alle anderen operierten Fälle, von welchen 
ich noch einige abbilde. Da ist zunächst der Fall auf Tafel IX 
(Abbildung 3 und 4). Die 50jáhrige Patientin hatte ein grosses Sar- 
kom des Septums. Ich konnte sie 2 Jahre rezidivfrei beobachten. 
Hier ist die ganze rechte Hälfte des Nasengerüstes rezesiert, ebenso 
das knöcherne Septum. Beide Stirnhöhlen sind beseitigt. Trotzdem 
kann man mit dem kosmetischen Effekt wohl zufrieden sein. Ich 
bitte dabei in Betracht zu ziehen, dass die photographische Aufnahme 
kurze Zeit nach der Operation gemacht ist und dass von der auf 
dem Bilde noch deutlichen Horizontalnarbe später fast gar nichts 
mehr zu sehen war. 

Ähnlich verlief ein anderes Septumsarkom, von welchem ich 
leider keine Abbildung besitze. 

2* 


90 Prof. Dr. Preysing. [4 


Abbildung 5 stammt von einem 44jährigen Patienten mit 
schweren Noma-ähnlichen Nekrosen, welche vom rechten Oberkiefer 
auf die oberen Nasenhöhlen übergegangen waren. Nach Lage der 
ganzen Erkrankung war hier zuerst die rechte Oberkieferhöhle von 
der Gaumenplatte her eröffnet und da sich von hier aus das Er- 
krankungsgebiet nicht beherrschen liess, wurde die Aufklappung der 
Nase und Resektion der Stirnhöhlen und des Septums vorgenommen. 
Septum und Keilbeinhöhlungwandungen waren nekrotisch. Die Opera- 
tion gab guten freien Überblick, es konnte alles kranke entfernt werden 
und der ziemlich verzweifelte Fall heilte aus. Das Bild (5) stellt die 
Operationsnarbe nach über 5 Monaten dar. Auch hier konnte der 
Patient mit Rücksicht auf die Schwere der Erkrankung mit der 
Narbe wohl zufrieden sein. (Ich habe manche ,typische^ Stirnhóhlen- 
operation von renommiertesten Händen gesehen, bei welcher die Narben 
weit entstellender waren, das an Empyem aber nicht einmal 
immer beseitigt war.) 

Abbildung 6 zeigt eine 60jáhrige Frau, 3!/» Wochen nach 
der Operation. Hier wurde nur teilweise vern&ht, weil es sich um 
einen ganz ausserordentlich grossen Tumor handelte, ein scheinbar 
aus der Gegend des rechten Siebbeins entpringendes Fibro-Adenom 
mit karzınomatöser Entartung. Die Entwickelung einer einseitigen 
Geschwulst von solcher Grösse hatte ich in der Nase überhaupt noch 
nicht gesehen. Alle vorhandenen Knochenwände, auch die harte 
Gaumenplatte, war z. T. zum Schwund gebracht. Die Geschwulst 
hatte sich mit ihren Ausläufern in alle Nebenhöhlen beider Seiten 
ausgedehnt und füllte auch den ganzen Nasenrachenraum, war dabei 
aber noch ganz einheitlich und wenn man so will, breitgestielt im 
Gebiet der Lamina cribrosa und des rechten Siebbeines. Sie blutete 
ausserdem bei der geringsten Berührung so stark, dass keiner der 
mir zur Verfügung stehenden Kollegen überhaupt mehr an eine 
Probeexzision heranging. Interessant war, dass nirgends, ausser im 
Ursprungsgebiet, die Schleimhaut zerstört war. Am erstaunlichsten 
war diese Wirkung auf die Nasenscheidewand. Zunächst erschien 
diese vollständig geschwunden und die Geschwulst schien von der 
rechten Nasenseite, nachdem hier alle Höhlen ausgefüllt waren 
unter Einschmelzung des Septums nach der linken Oberkieferhóhle 
hineingewuchert zu sein. Als aber, nach vollständiger Ausräumung 
des Tumors, vom linken Nasenloch aus sondiert wurde, stiess man 
gleich am Eingang auf einen Widerstand, eine Schleimhautmembran, 
welche sich stumpf in weiter Ausdehnung aus der linken Oberkiefer- 
höhle ohne Mühe herausbob und sich als der Rest der Nasenscheide- 
wand erwies. Sie war unter Schwund des Knochens als Schleimhaut- 


5] Atypische Nebenhöhlenoperationen. 2] 


duplikatur vor dem Tumor her in die linke Oberkieferhóhle hinein- 
getrieben. Die Grösse der Geschwulst lässt sich hiernach vorstellen: 
sie war reichlich von dem Umfang einer Erwachsenenfaust. Bei 
ihrem zentral malignen Charakter hielt ich es doch für geboten, mir 
das Ursprungsgebiet unmittelbar übersichtlich zu erhalten, durch die 
persistente Öffnung, wie sie auf der Abbildung (6) sichtbar ist. Nach 
längerer Beobachtungszeit wollte ich dann die Öffnung sekundär 
schliessen. ®/s Jahre konnte ich auch die Frau noch rezidivfrei be- 
obachten, habe aber über ihr weiteres Schicksal nichts mehr gehört, 
da ich nach einem anderen Wirkungskreis verschlagen wurde. 

Dieser letzte Fall darf nicht als Beispiel dafür genommen werden, 
dass man sich von dieser Art zu operieren abschrecken liesse, nur 
weil zunächst eine stärkere Entstellung im Gesicht entstünde. Ich 
setze ja immer voraus, dass es sich um schwerste Erkrankungen 
handelt, um bösartige Geschwülste oder dergleichen, bei wel- 
chen das erste Erfordernis in der gründlichen Entfernung des Kranken 
besteht und nicht in dem schönen Aussehen der Operationsnarben. 
Immerhin zeigen aber doch auch die Abbildungen 3, 4 und 5, dass 
nicht notwendigerweise eine abschreckende Entstellung die Folge der 
Operation sein muss. 

Ich darf nebenbei wohl noch hervorheben: dass ich wesentliche, 
dauernde Sehstörungen nach der Operation nicht erlebt habe. 

Schliesslich bemerke ich noch, dass ich die Art, wie in den ge- 
schilderten Fällen operiert wurde, nicht-als ein prinzipielles Vor- 
gehen empfohlen wissen möchte, sondern dass es durch die Art der 
Erkrankung mehr oder weniger vom einzelnen Falle erzwungen 
werden kann. | 

Wie man zu starken Abweichungen von den üblichen Operationen 
gedrängt werden kann, das zeigt eine ganz anders geartete Erkran- 
kung bei einem Patienten, welcher in Figur 7 und 8 abgebildet ist. 

Hier habe ich die rechte Oberkieferhöhle breit von der Orbita 
aus eröffnen müssen, neben einer gleichzeitigen Radikaloperation der 
rechten Stirnhöhle und des rechten Siebbeines. Der junge Mann 
hatte ein universales, chronisches Empyem aller Nebenhöhlen der 
rechten Nasenseite, welches nach aussen an zwei Stellen durch- 
gebrochen war: erstens durch die Lamina papyracea nach dem inneren 
Augenwinkel und zweitens von der Oberkieferhóhle am unteren Or- 
bitalrande in die Orbita. Beidé kariósen Fistelstellen sind auf Bild 7 
in Gestalt der beiden Granulationsknópfe zu sehen. Bei der Operation 
hielt ich es für geboten, mich an diese Stellen als Basis zu halten. 
Die in Fig. 7 eingezeichneten Schnitte zeigen deutlich, in welcher 
Weise Stirnhóhle, Siebbein- und Oberkieferhóhle einheitlich eróffnet 


22 ‚Prof. Dr. Preysing: Atypische Nebenhóhlenoperationen. [6 


wurden. Es bestand ausgedehnte Caries, eine fast einheitliche Ab- 
szesshöhle und von Spangenbildung nach Killian und anderen kon- 
servativen Hilfsmitteln konnte nicht die Rede sein. Der Orbitalin- 
halt wurde ringsum isoliert. Bild 8 zeigt das Operationsergebnis 
nach 8 Tagen; die obere Hälfte der Wunde war primär vernäht. 
Im Laufe der Nachbehandlung hat sich das auf dem Bilde noch ent- 
stellende Loch geschlossen, ohne dass eine auffallendere Narbe sicht- 
bar war. Es bestand nur eine tiefere untere Lidfalte und in ihr 
für eine allerfeinste Sonde durchgängig ein schwer auffindbarer, mit 
Haut überkleideter Fistelgang. 


Über die intrakraniellen und zerebralen Kom- 
plikationen der Nasennebenhóhlenerkrankungen. 


Von 
Prof. A. Onodi, Budapest. 


In der Atiologie der intrakraniellen und zerebralen Komplikationen 
der Nasennebenhóhlen spielt die Infektion und die Fortpflanzung des 
entzündlichen Prozesses eine Hauptrolle. Die Infektion kann ihren 
Weg sowohl durch die Gewebe als durch die Gefässe nehmen. Die 
Infektionsträger sind besonders die Streptokokken und die Staphylo- 
kokken, von dem Grade ibrer Virulenz hängt die Raschheit des Fort- 
schreitens der Infektion ab. Der Infektionsweg ist in der Kontinuität 
der Gewebe und durch die Gefässe festgestellt, die Bakterien waren 
sowohl in der Kontinuität der Nebenhöhlenschleimhäute als um und 
in den Gefässen anzutreffen. Die Läsion der Nebenhöhlenschleimhaut, 
die gesteigerte Virulenz der Infektionsträger, die Thrombose der in 
der Schleimhaut verlaufenden Venen bedingt die Miterkrankung der 
Knochenwände und die direkte Kontaktinfektion des Schädelinhaltes. 
Die Thrombophlebitis, der Zerfall des Thrombus, die in die Gefäss- 
bahnen geratenen Bakterien führen mit der Fortpflanzung des Pro- 
zesses zu lokalen und allgemeinen Erscheinungen. Die Thrombose 
der ın der Nebenhöhlenschleimhaut verlaufenen Venen kann sich durch 
den Knochen zur Dura mater und von hier zu den Blutleitern der 
Schädelhöhle fortsetzen. Die häufige Erkrankung der die Schädel- 
höhle trennenden dünnen Knochenwände der Nebenhöhlen können zu 
Verwachsungen der zerebralen Nebenhöhlenwände mit den Gehirn- 
häuten und mit dem Gehirn, ferner neu entstandenen Gefässver- 
bindungen führen. 

Die intrakraniellen und zerebralen Komplikationen der Nasen- 
nebenhöhlen können infolge einer direkten Kontaktinfektion, in der 


24 À. Onodi. [2 
Kontinuität der Gewebe entstehen, diese direkte Kontaktinfektion 
kann durch angeborene oder erworbene Knochendehiszenzen in hohem 
Masse begünstigt werden. Die Komplikationen kónnen auch ganz 
direkt durch die Erkrankung der zwischen der Nebenhöhlenschleimbaut 
und zwischen den Gehirnháuten und Blutleitern bestehenden Venenana- 
stomosen und durch die in diese Bahnen geratenen Bakterien verur- 
sacht werden. Die indirekte Entstehung der intrakraniellen und 
zerebralen Komplikationen kann einerseits durch die sekundäre Er- 
krankung der die Schädelhöhle begrenzenden Nebenhöhlen, anderer- 
seits durch die Erkrankung der entfernter gelegenen Gefässstämme 
und Venenanastomosen, ferner durch die Erkrankung des Augenin- 
haltes durch Vermittelung der Augenhöhlenwände, der Augennerven 
und der Sehnerven bewirkt werden. Den Lymphgefässen fällt auch 
eine Rolle zu sowohl bei der direkten als bei der indirekten Infek- 
tion des Schädelinhaltes. 

Was die direkte Kontaktinfektion des Schädelinhaltes betrifft, 
so kommen diesbezüglich die Grösse der Nebenhöhlen, die Ausbrei- 
tung ihrer zerebralen Knochenwände in der vorderen, in der mittleren 
und in der hinteren Schädelgrube, ferner die Stärke und Dicke dieser 
Knochenwände, ihre Dehiszenzen und die durchtretenden Gefässe, 
die Nebenhóhlenschleimhaut, Diploe, Gehirnháute und Blutleiter der 
Schädelhöhle in Betracht. Dass die Grösse der Nebenhöhlen ein 
ätiologisch begünstigendes Moment bei der Entstehung der Neben- 
höhlenerkrankungen und ihrer Komplikationen bilden kann, ist selbst- 
redend. Wenn man aber aus den einzelnen anatomischen Angaben 
und aus dem Ergebnis einer Krankenstatistik, wie dies Gerber be- 
züglich der Stirnhöhble tut, annimmt, dass die linke Stirnhöhle grösser 
ist und daher auch leichter erkranken kann, dann muss dieser An- 
nahme die anatomische Grundlage entzogen werden, da es sich, so- 
wohl die anatomische Ausdehnung der linken Stirnhöhle und ihre 
häufigere Erkrankung betreffend, nur um einen Zufall handeln kann. 
Unsere radiographischen Aufnahmen der Stirnhöhlen an 1200 Schädeln 
zeigen in horizontaler und vertikaler Richtung in einem Drittel die 
Stirnhöhlen auf beiden Seiten, in einem Drittel auf der rechten Seite 
und in einem Drittel auf der linken Seite annähernd gleich gross 
entwickelt. 

Mit der grösseren Entwickelung der einzelnen Nebenhöhlen steht 
die grössere Zahl der Venenanastomosen zwischen Nebenhöhlenschleinı- 
haut und duralem und meningealem Venennetze, ferner die grössere 
Berührungsfläche der einzelnen Nebenhöhlen mit der Dura mater der 
einzelnen Schädelgruben in Zusammenhang. Diese Tatsachen sind 
wichtige begünstigende Faktoren in der Ätiologie der intrakraniellen 


— ze = 
— — — 


3] Über die Komplikationen der Nasennebenhóhlenerkrankungen. 2 


und zerebralen Komplikationen. Die histologisch und makroskopisch 
nachgewiesenen Veränderungen der zerebralen Nebenhöhlenwände 
bilden die Beweise der direkten Kontaktinfektion des Schädelinhaltes 
in einem erheblichen Prozentsatze. Perforationen der einzelnen Neben- 
höhlen in der vorderen und in der mittleren Schädelgrube sind häufig 
beobachtet worden. 

Zumeist schliesst sich an die Erkrankung der zerebralen Neben- 
höhlenwände die Entzündung des entsprechenden Gebietes der Dura 
mater an, auf diese Weise kann eine Pachymeningitis interna und 
ein intraduraler Abszess entstehen. Im weiteren Verlaufe oder durch 
eine direkte Infektion kann Leptomeningitis, Thrombophlebitis und 
Gehirnabszess auftreten, wobei auch die Nebenhöhlenvenen, die Di- 
ploevenen und die direkten und indirekten Venenanastomosen mit 
dem duralen und meningealen Venennetze eine Rolle spielen kónnen. 

Zuerst wollen wir die zerebralen Wande der einzelnen Neben- 
höhlen betrachten. Die Stirnhöble hat gewöhnlich im Schuppenteile 
des Stirnbeines eine mittelgrosse Ausdehnung, welche zumeist nur 
dem Gebiete des Gyrus frontalis medius entspricht, mit der Begren- 
zung der horizontalen Platte des Stirnbeines berührt die Stirnhöhle 
das Gebiet des Sulcus fronto-marginalis, den Übergang der Konvexität 
zur unteren Fläche des Stirnlappens, letztere kann auch je nach der 
Ausdehnung der Stirnhöhle an der oberen Augenhöhlenwand begrenzt 
werden. Bei extremen Ausdehnungen kann die Stirnhöhle die ganze 
vordere Schädelgrube begrenzen, ja sie kann sich auch, wie wir es 
einmal beobachteten, in der mittleren Schädelgrube zwischen der Fis- 
sura orbitalis superior und der Schläfengrube ausbreiten. 

In solchen Fällen kann die Stirnhöhle zu dem Sehnerven, der 
die Schädelhöhle durch das Foramen opticum verlässt und zu den 
Augennerven, die die Schädelhöhle durch die Fissura orbitalis supe- 
rior verlassen, ferner zur unteren Fläche des Stirnlappens und zum 
vordersten Teil des Schläfelappens in ein Nachbarverhältnis geraten. 
Nach oben kann sich die Stirnhöhle nach unseren Beobachtungen 
über 4 bis 7,5 cm im Gebiete des Gyrus frontalis superior und 
medius erstrecken. Die Stirnhöhle kann sich asymmetrisch auf das 
Gebiet des entgegengesetzten Stirnlappens erstrecken, diese Ausbrei- 
tungen auf dem Gebiete des kontralateralen Stirnlappens schwankte 
in unseren Fällen zwischen 10 und 35 mm iu der Breite. 

Ausser den erwähnten ätiologischen Faktoren kann durch Er- 
krankung der zerebralen Stirnhöhlenwand und ihre Perforation neben 
den Komplikationen der Hirnhäute ein Abszess im konvexen Teile 
und an der Basis des Stirnlappens entstehen, ausserdem kann auch 
auf diese Weise ein Abszess im Schläfelappen, ferner im Stirnlappen 


26 À. Onodi. 5 [4 


der anderen Seite auftreten. Die erwähnten Asymmetrien der Stirn- 
höhlen geben auch die morphologische Grundlage zur Erklärung der 
Entstehung kontralateraler und doppelseitiger Gehirnabszesse bei 
einer einseitigen Stirnhöhlenerkrankung. 

Die Siebbeinzellen bilden den Querdurchmesser des Siebbeinlaby- 
rinthes entsprechend medialwärts einen Teil der vorderen Schädel- 
grube. Die Frontoorbitalzellen können sich in der vorderen Schädel- 
grube ausdehnen, in unseren Fällen schwankte die Breite der vorderen 
Frontoorbitalzellen zwischen 10 und 29 mm, die Breite der hinteren 
Frontoorbitalzelle zwischen 12 und 21 mm, diesen Ausdehnungen ent- 
sprechend können sie die untere Fläche des Stirnlappens begrenzen. 
Die hinterste oder sphenoidale Siebbeinzelle erstreckt sich in das 
Gebiet des Keilbeines. In unseren Fällen schwankte ihre Breite 
zwischen 8 und 40 mm. Sie kann die Hälfte der Sella turcica bilden 
und sich bis zur Fissura orbitalis superior und zum Foramen rotun- 
. dum erstrecken. Die hintersten Siebbeinzellen kónnen, nach unseren 
Beobachtungen, auf beiden Seiten oder nur auf der einen Seite in 
engere Beziehung treten zu den einzelnen Wänden des Canalis opticus 
und zu den einzelnen Abschnitten des Sulcus opticus, ferner kann 
sowohl die rechte als die linke hinterste Siebbeinzelle den Canalis 
opticus und den Sulcus opticus, somit die vordere Schädelgrube der 
entgegengesetzten Seite begrenzen. 

Die Siebbeinzellen berühren zumeist an der unteren Fläche des 
Stirnlappens das Gebiet des Gyrus rectus und eines Teiles des Gyrus 
orbitalis. Die Frontoorbitalzellen können in einer gewissen Ausdeh- 
nung die ganze untere Fläche des Stirnlappens berühren. Die hinterste 
Siebbeinzelle kann in der Mitte dem Gebiete des Tuber cinereum 
entsprechen, lateralwärts kann sie das Gebiet des Schläfelappens be- 
rühren. In einzelnen Fällen kann sich die hinterste Siebbeinzelle auf 
das Gebiet der unteren Fläche des Stirnlappens auf der anderen 
Seite erstrecken. 

Ausser den erwähnten ätiologischen Faktoren kann durch Er- 
krankung der zerebralen Wände der Siebbeinzellen und ihre Perfo- 
ration neben den Komplikationen der Hirnbüute, ein Abszess im 
Stirnlappen und im Schläfelappen derselben Seite, ferner im Stirn- 
lappen der anderen Seite entstehen, ausserdem das Chiasma, der 
Sehnerv derselben und der anderen Seite erkranken. 

Die Keilbeinhöhle hat zwei zerebrale Wände, die obere und die 
seitliche Keilbeinhöhlenwand, welche einen Teil der mittleren Schädel- 
grube bilden. Gewöhnlich bildet die obere Keilbeinhöhlenwand die 
Sella turcica und begrenzt die Hypophysis, die seitliche 'Keilbein- 
hóhlenwand mit dem Sulcus carotis kommt mit der Carotis interna 


5] Über die Komplikationen der Nasennebenhóhlenerkrankungen. 27 


und dem Sinus cavernosus in Berührung. Die Sella turcica kann 
aber nur teilweise oder in gar keiner Weise von der Keilbeinhóhlen- 
wand gebildet werden. Sie kann sich asymmetrisch, wie unsere Be- 
obachtungen zeigen, auf die vordere und mittlere Schädelgrube der 
entgegengesetzten Seite erstrecken, ferner kann sie sich in der 
Mittellinie oberhalb der Nasenscheidewand vom Ostium sphenoideale 
1,5 cm nach vorne ausdehnen und kann auf diese Weise in der 
Mittellinie beide vordere Schädelgruben berühren. Die grösste Breite 
der Keilbeinhöhle sahen wir mit 6 cm. Die Keilbeinhöhle kann auf 
beiden Seiten oder nur auf der einen Seite mit den einzelnen Wänden 
des Canalis opticus und mit den einzelnen Abschnitten des Sulcus 
opticus in ganz enger Beziehung stehen, ebenso kann auch nach 
unseren Beobachtungen die rechte und die linke Keilbeinhöhle den 
Canalis opticus und den Sulcus opticus der entgegengesetzten Seite 
begrenzen. 

Die Keilbeinhöhle kann auch die hintere Schädelgrube begrenzen 
in verschiedener Ausdehnung, so sehen wir in einem Falle die Keil- 
beinhöhle 10 mm vom Dorsum sellae an sich noch 30 mm am Clivus 
erstrecken. Die Keilbeinhöhle liegt zumeist im Gebiete des Tuber 
cinereum und der Schläfelappen. Sie kann auch die untere Fläche 
des Stirnlappens auf derselben und auf der entgegengesetzten Seite 
berühren, ferner den Schláfelappen der anderen Seite und schliesslich 
die Brücke. 

Ausser den erwühnten átiologischen Faktoren kann durch Er- 
krankung der zerebralen Wände der Keilbeinhöhle und ihre Perfo- 
ration neben den Komplikationen der Hirnhäute ein Abszess im Stirn- 
lappen und im Schläfelappen derselben und der anderen Seite ent- 
stehen, ausserdem der Pedunculus cerebri und die Brücke, ferner 
der Sehnerv derselben und der anderen Seite erkranken. Ebenso 
können die im Sinus cavernosus verlaufenden Nervenstämme erkranken, 
ferner die Arterienstämme und die venösen Blutleiter, worüber bei 
den Gefässen ausführlicher die Rede sein wird. 

Die Fortpflanzung des pathologischen Prozesses in der Kontinuität 
der Gewebe, die direkte Kontaktinfektion kann bei Vorhandensein 
angeborener oder erworbener Knochendehiszenzen und eines Semi- 
canalis ethmoidalis sehr begünstigt werden. Wir haben einen Semi- 
canalis ethmoidalis gefunden und beschrieben; dieser Halbkanal ver- 
läuft in verschiedener Länge vom Foramen ethmoidale anterius an 
der Wand der Stirnhöhle oder der Frontoorbitalzellen zur vorderen 
Schädelgrube. In diesem Halbkanal verlaufen die Ethmoidalvenen, 
frei von der Nebenhöhlenschleimhaut bedeckt, in den bezeichneten 
Höhlen. Über die Verbindung der Ethmoidalvenen mit dem duralen 


28 A. Onodi. [G 


Venennetze und über die Entstehung einer Thrombophlebitis wird 
später die Rede sein. Bei dieser Gelegenheit wollen wir nur darauf 
hinweisen, dass an den betreffenden Enden dieses Halbkanales die 
Nebenhöhlenschleimhaut das orbitale Periost und die Dura mater be- 
rührt, letztere dort, wo der Semicanalis ethmoidalis mit einem läng- 
lichen Spalt in der vorderen Schädelgrube endet. Infolge dieses Zu- 
sammenhanges kann sich ausser der Thrombophlebitis der Ethmoidal- 
venen, die Fortpflanzung der Entzündung, der krankhafte Prozess 
direkt auch auf die Dura mater fortsetzen. Die orbitale Fortpflan- 
zung der Entzündung wird bei der indirekten Entstehung der intra- 
kraniellen Komplikationen berührt werden.  Einigemal sahen wir den 
Semicanalis ethmoidalis in der Stirnhöhle, in drei Fällen schwankte 
` seine Länge zwischen 5 und 8 mm, in einem Falle, wo die Stirn- 
höhle mit einer die Stebbeinzellen vertretenden Höhle zusammenfloss, 
setzte sich der 16 mm lange Semicanalis ethmoidalis an der lateralen 
Stirnhöhlenwand nach unten fort. Die Länge des Semicanalis ethmo- 
idalis schwankte in der vorderen Frontoorbitalzelle zwischen 7 und 
10 mm, in der hinteren Frontoorbitalzelle zwischen 4 und 10 mm. 

Bei vorhandenen angeborenen oder erworbenen Knochendehis- 
zenzen kann die Schleimhaut der Nebenhöhlen in direkte Berührung 
kommen mit der Periorbita, der Dura mater und der Sehnerven- 
scheide und auf diese Weise kann sich der krankhafte Prozess leicht 
auf die bezeichneten Teile direkt fortsetzen. Ausserdem können die 
Dehiszenzen der Gefássfurchen zur Erkrankung der betreffenden Ge- 
fásse führen, worüber noch spáter verhandelt wird. 

Angeborene physiologische Knochendehiszenzen beobachteten an 
der hinteren zerebralen Stirnhöhlenwand Mouret, Lindt, Castex, 
Cisneros und Jaques: Zuckerkandl sah eine aus einer Alters- 
atrophie entstandene Dehiszenz der zerebralen Stirnhöhlenwand an 
der horizontalen Platte des Stirnbeines, wodurch die Stirnhöhle mit 
der vorderen Schádelgrube kommunizierte. Wir beobachteten teils 
die starke Verdünnung der oberen Wand der zwischen den Lamellen 
der oberen Orbitalwand sich befindenden Stirnhóhle, teils einzelne 
punktfórmige und lineare Dehiszenzen. Was die Dehiszenz des Ca- 
nalis opticus betrifft, so beobachteten dieselben Gallmaerts in 
200 Fällen zweimal, Holmes in 50 Fällen zweimal und wir in 300 
Fällen einmal. Was die Dehiszenzen physiologischer Herkunft der 
Keilbeinhöhlenwandungen betrifft, so beobachtete Zuckerkandl 
an der seitlichen Wand kleine Lücken, Dehiszenzen, welche die Keil- 
beinhóhle mit der mittleren Schädelhöhle verbinden. Spee beobach- 
tete in einem Falle einen Defekt im Sulcus caroticus. Wir haben 
an mehreren Schädeln Gefässlücken beobachtet, manchmal symmetrisch 


«] Über die Komplikationen der Nasennebenhóhlenerkrankungen. 29 


auf beiden Seiten unmittelbar unter der lateralen Wurzel des kleinen 
Keilbeinfliigels. In einzelnen Fällen ziehen zu diesen Gefässlücken 
Gefässfurchen, an welchen kleinere, grössere, längliche Dehiszenzen 
vorkamen. 

Ätiologisch ist ferner wichtig die Stärke, Dicke der zerebralen 
Knochenwände der Nebenhöhlen, ferner die kompakte Beschaffenheit 
dieser Wände und ihre schwammige, gefässreiche Diploe. Sie können 
die Fortleitung des krankbaften Prozesses, die Destruktion, die Zir- 
kulationsstörungen und die Fraktur begünstigen oder erschweren und 
verhindern. Nach unseren Beobachtungen schwankte die Dicke der 
zerebralen Stirnhöhlenwand im Schuppenteile zwischen 1 und 7 mm, 
ım orbitalen Teile zwischen 1 und 4 mm. Die Dicke der zerebralen 
Knochenwande der Siebbeinzellen schwankte zwischen 1 und 8 mm. 
Die Dicke der oberen zerebralen Keilbeinhöhlenwand schwankte zwi- 
schen 1 und 14 mm, und die der hinteren zerebralen Keilbeinhöhlen- 
wand zwischen 1 und 20 mm. Die zerebralen Knochenwánde der 
Nebenhóhlen können auch dünner als 1 mm, äusserst dünn, seiden- 
papierdünn sein. Die Knochenwand zwischen der hintersten Sieb- 
beinzelle und dem Canalis opticus und Sulcus opticus ist zumeist 
áuserst dünn, seidenpapierdünn, in einigen Füllen war sie 1 bis 2 mm 
dick. Zwischen der Keilbeinhóhle und dem Canalis opticus und 
Sulcus opticus haben wir ófters eine stárkere Scheidewand gefunden, 
die Dicke dieser Scheidewand schwankte zwischen 1, 2, 3, 4, 5, 9 
und 12 mm. Es ist klar, dass eine kompakte, gefássarme, mit keiner 
oder schwach entwickelter Diploe versehene zerebrale Knochenwand je 
nach ihrer Stárke und Dicke der direkten Kontaktinfektion im Wege 
liegen kann, die Fortpflanzung des pathologischen Prozesses, die De- 
struktion, die Perforation und die Fraktur der Knochenwinde er- 
schweren oder verhindern kann. Je dicker und kompakter die 
zerebrale Nebenhóhlenwand ist, um so grósser ist ihre schützende 
und verhindernde Rolle bezüglich der intrakraniellen Komplikationen. 
Umgekehrt ist die grosse Dünnheit der zerebralen Nebenhöhlenwände 
als ein sehr begünstigender Faktor der direkten Kontaktinfektion zu 
betrachten, ebenso begünstigen die schwammigen, gefässreichen dicken 
Diploeschichten der zerebralen Nebenhöhlenwände die leichtere Ent- 
stehung der Gefässerkrankungen und der Komplikationen der Hirn- 
häute und des Gehirnes. Die erwäbnten äusserst dünnen die Seh- 
nerven begrenzenden Knochenwände begünstigen in hohem Masse die 
Zirkulationsstörungen, den Druck, das Übergreifen des entzündlichen 
Prozesses auf die Sehnervenscheide und auf die Sehnerven, welche 
zu Sehnervenstörungen und auch bleibender Erblindung führen können. 


30 A. Onodi. [8 


In der Átiologie der intrakraniellen Komplikationen spielen eine 
sehr wichtige Rolle die direkten und die indirekten Infektionen durch 
die Gefässbahnen. Bevor wir diese Frage besprechen, wollen wir die 
indirekte Entstehung der Komplikationen durch die sekundäre Er- 


. krankung der die Schádelhóhle begrenzenden Nebenhöhlen und durch 


die Erkrankung des Augenhóhleninhaltes berühren. 

Ebenso wie die Fortpflanzung des entzündlichen Prozesses, die 
Infektion in der Kontinuitát der Gewebe, als direkte Folgeerschei- 
nungen der Kontaktinfektion, die intrakraniellen und zerebralen 
Komplikationen hervorrufen kónnen, kann das Übergreifen des krank- 
haften Prozesses der einzelnen Nebenhóhlen durch die gemeinschaft- 
lichen Scheidewände auf die benachbarten Nebenhöhlen stattfinden 
und ihre sekundäre Erkrankung hervorrufen. Auf diese Weise kann 
durch die sekundär erkrankte und die- Schädelhöhle begrenzende 
Nebenhöhle die indirekte Infektion des Schädelinhaltes erfolgen. Die 
Kieferhöhle kann gemeinschaftliche Scheidewände mit der Keilbein- 
höhle und mit den Siebbeinzellen haben. Die gemeinschaftliche 
Scheidewand zwischen Kieferhöhle und Keilbeinhöhle haben wir be- 
schrieben und in sieben Fällen beobachtet, ihre Breite schwankte 
zwischen 4 und 10 mm. Die gemeinschaftliche Wand zwischen Kie- 
ferhöhle und Siebbeinzelle betreffend baben wir einigemal eine Aus- 
dehnung von 6 bis 10 mm beobachtet. Eine Kommunikation zwischen 
der Kieferhöhle und der hinteren Siebbeinzelle hat Zuckerkandl 
beschrieben, wir beobachteten eine Kommunikation zwischen Kiefer- 
hóhle und vorderer Siebbeinzelle. Somit kann sich die Fortpflanzung 
der pathologischen Prozesse durch die gemeinschaftliche Scheide- 
wand von der Kieferhöhle auf die Keilbeinhöhle fortsetzen, ferner 
von der Kieferhöhle durch die gemeinschaftlichen Scheidewände und 
durch die Kommunikationen auf die Siebbeinzellen erstrecken, und 
von diesen sekundär erkrankten Höhlen kann die indirekte Infektion 
des Schädelinhaltes erfolgen. Die Stirnhöhle hat gemeinschaftliche 
Scheidewände mit den Siebbeinzellen und mit der Keilbeinhöhle, es 
kann eine Kommunikation mittelst eines Foramen interfrontale zwi- 
schen beiden Stirnhöhlen bestehen, ferner kann die Stirnhöhle mit 
den Frontoorbitalzellen kommunizieren. Die erstere Kommunikation 
beobachteten wir in einem Falle, die letztere in fünf Fällen. Die 
sekundäre Erkrankung der erwähnten Höhlen kann sowohl durch die 
eventuell vorhandenen Kommunikationen als durch das direkte 
Übergreifen des Prozesses auf die gemeinschaftlichen Scheidewände 
entstehen. Die Siebbeinzellen haben gemeinschaftliche Scheidewände 
ausser der erwähnten Stirnhöhle und Kieferhöhle, mit der Keilbein- 
höhle; gewöhnlich ist eine Scheidewand zwischen der hintersten Sieb- 


9] Über die Komplikationen der Nasennebenhöhlenerkrankungen. 3l 


beinzelle und der Keilbeinhöble vorhanden, wir beobachteten auch in 
einem Falle eine gemeinschaftliche Scheidewand zwischen der Bulla 
ethmoidalis und der Keilbeinhóhle. Die Keilbeinhóhle kann mit der 
Kieferhöhle, mit der Stirnhóhle und mit den Siebbeinzellen. gemein- 
schaftliche Scheidewände haben. Wir beobachteten ausserdem noch 
gemeinschaftliche Scheidewände einer rechten Keilbeinhöhle mit 
beiden hintersten Siebbeinzellen und gemeinschaftliche Scheidewände 
der linken hinteren Siebbeinzelle mit beiden Keilbeinhöhlen. Die 
gemeinschaftlichen Scheidewände sind zumeist sehr dünn und können 
leicht erkranken. Sowobl die physiologischen Kommunikationen als 
die Perforationen können gegenseitig die benachbarten Nebenhöhlen 
in Mitleidenschaft ziehen und durch die Gefässverbindungen oder 
durch eine Kontaktinfektion indirekt die Komplikationen der Hirn- 
háute und des Gehirnes verursachen. 

Wir fassen noch jene Verbindungen der Venenstimme: und 
Venennetze zusammen, welche die direkte und indirekte Infektion des 
Schädelinbaltes, ferner die direkte und indirekte Entstehung der Zir- 
kulationsstérungen, der Thrombophlebitiden und Thrombosen erklären. 

Die Tatsache, dass die Venen der Nebenhóhlen miteinander und 
ausserdem durch den Knochen mit den Gehirnháuten zusammenhängen, 
hat neuerdings auch Killian bestätigt. Die von Zuckerkandl 
nachgewiesenen, direkten Verbindungen mit dem meningealen Venen- 
netze, die von Zuckerkandl, Kuhnt und Killian nachgewiesenen 
Verbindungen der Diploevenen mit dem duralen Venennetze, der von 
Zuckerkandl beobachtete, in der Siebbeinzelle frei verlaufende 
Venenast und die von uns beschriebenen, teilweise frei verlaufenden 
Ethmoidalvenen im Semicanalis ethmoidalis geben die morphologische 
Grundlage zur Entstehung direkter meningealer und zerebraler Kom- 
plikationen. Die mit diesen Verbindungen zusammenhängenden, ent- 
fernter gelegenen Venenstämme und Venennetze können indirekt zu 
den erwähnten Komplikationen führen. Die Venen der Nasenschleim- 
haut stehen in Zusammenhang mit der Gesichtsvene, die vorderen 
Ethmoidalvenen hängen mit der Dura und Pia mater zusammen, 
ferner die Venenstämme der Nasenschleimhaut mit den Gaumen- und 
Pharynxvenen, mit den Venennetzen der Fossa pterygopalatina. Das 
Venennetz des Tränennasenganges und des Tränensackes hängt mit 
der Vena facialis anterior, mit der Vena ophthalmica und Vena 
infraorbitalis zusammen. Die von Zuckerkandl beschriebene Vena 
lacrimofacialis hängt mit einem stärkeren Venenzweig zusammen, 
welcher aus den vorderen Siebbeinzellen stammt und das Tränenbein 
durchbohrt. Das Venennetz der Kieferhöhle steht mit einem Venen- 
ast, der die Kieferhöhlenwand durchbohrt, mit der Vena ophthalmica 


32 A. Onodi. [10 


facialis in Verbindung. Nach Kuhnt, Zuckerkandl und Gur- 
witsch stehen die Venae perforantes mit dem duralen Venennetz 
in Verbindung. Die Venen der Stirnhöhle durchsetzen die untere 
Stirrhöhlenwand und münden in die Vena ophthalmica superior 
oder in die Vena supraorbitalis, die vordere Stirnhöhlenwand durch- 
setzenden Venen münden in die Vena frontalis oder in die Vena 
supraorbitalis. Die Diploevenen hängen mit der Vena frontalis, 
mit dem Durafortsatze des Foramen coecum und mit dem Sinus 
longitudinalis superior zusammen. Die die hintere Stirnhöhlenwand 
durchsetzenden Venen stehen mit den Venen der Dura und mit 
dem Conus des Foramen coecum in Verbindung. Die Vena ethmo- 
idalis anterior und posterior ergiessen sich in die Vena ophthalmica 
superior. Die Vena ethmoidalis anterior kann eine Verbindung mit 
der Vena angularis und der Vena supraorbitalis eingehen. Die Vena 
ethmoidalis anterior kann nach unseren Beobachtungen eine ver- 
schieden lange Strecke in dem Semiçanalis ethmoidalis in der Stirn- 
höhle, in der vorderen und in der hinteren Frontoorbitalzelle frei ver- 
laufen. Die Vena ophthalmica superior steht ebenso mit den Venae 
ethmoidales und mit der Vena centralis retinae, als mit der Vena 
ophthalmica inferior in Verbindung. Die Augenvenen hängen sowohl 
mit den Gesichtsvenen, mit den Venen der Nasenhóhle, mit dem 
Plexus pterygoideus wie dem Sinus cavernosus zusammen. Die Vena 
centralis retinae kann direkt mit dem Sinus cavernosus zusammen- 
hängen. Die Venen der Keilbeinhöhlen können mit dem Plexus oph- 
thalmicus und dem Sinus cavernosus in Zusammenhang stehen. Nach 
Krauss kann es vorkommen, dass die Vena ophthalmica inferior 
oder ein Ast derselben in die Fossa pterygopalatina austritt, ferner 
dass die Zentralvene der Sehnerven ihren Weg durch die Fissura 
orbitalis inferior nimmt. Eine direkte Venenverbindung besteht 
zwischen den einzelnen Nebenhöhlenwänden, zwischen diesen und den 
duralen Venennetzen, ferner zwischen den Diploevenen der Stirnhöhlen 
und den Venen der Dura und des Sinus longitudinalis, zwischen der 
Ethmoidalvene und der Pia mater, zwischen den Venen der Keilbein- 
höhle mit dem Sinus cavernosus und mit den Plexus ophthalmicus. 
Indirekt werden die soeben erwähnten Venenanastomosen durch die 
Vermittelung der Venen der Nasenschleimhaut, der Gesichtsvenen 
und der Augenvenen verbunden. 

Wie wir schon erwähnten, sind die Bakterien in den Gefäss- 
bahnen und um die Gefässe festgestellt, auf diese Weise kann eine 
direkte Infektion der Gehirnhäute, des Gehirnes und der Blutleiter 
der Schädelhöhle entstehen, ferner durch die Erkrankung der Diploe- 
venen, der mit dem duralen und meningealen Venennetze zusammen- 


11] Über die Komplikationen der Nasennebenhóhlenerkrankungen. 33 


hàngenden Nebenhóhlenvenen, der in den Siebbeinzellen frei verlau- 
fenden Aste und der im Semicanalis ethmoidalis frei verlaufenden 
Etbmoidalvenen und der mit den Blutleitern der Schädel zusammen- 
hängenden Nebenhöblenvenen kann eine Kontaktinfektion des Schädel- 
inhaltes eine direkte Fortpflanzung der Thrombophlebitis, der Throm- 
bose erfolgen, die zu Meningitis, Sinusthrombosen und Gehirnabszessen 
führen können. Die Erkrankung der entfernter gelegenen Venen- 
stämme und Venennetze kann ebenso durch die Fortpflanzung des 
krankhaften Prozesses auf die direkten Venenverbindungen indirekt 
intrakranielle und zerebrale Komplikationen hervorrufen. Die Throm- 
bophlebitiden der Kieferhöhlenvenen, der Gesichtsvenen und der 
Augenvenen, ihre Thrombosen und der Zerfall der Thromben können 
sich durch die erwähnten vielfachen Venenverbindungen auf die 
duralen und meningealen Venennetze fortsetzen und auf diese Weise 
indirekte intrakranielle Komplikationen verursachen. 

In jenen Fällen, wo der Canalis opticus und der Sulcus opticus 
einen ergänzenden Teil der hinteren Nebenhöhlen bildet, dort hängen 
die Gefässe mit denen der Höhlenwandungen zusammen, können die 
Zirkulationsstörungen, die venöse Stauung im Sehnerven, die Fort- 
pflanzung der Entzündung auf die Sehnervenscheide und auf den 
Sehnerven, die Blutungen in der Sehnervenscheide, die Thrombose 
und Embolie der Zentralgefässe des Sehnerven zu Sehstörungen und 
zu bleibender Erblindung führen. Die durch die Nebenhöhleneiterungen 
bedingten Entzündungen des Augeninhaltes, die Orbitalphlegmone, 
der Orbitalabszess kann indirekt zu intrakraniellen und zerebralen 
Koniplikationen führen, die Periostitis, Karies und Nekrosis des Augen- 
hóhlendaches, die Perforation der knóchernen Scheidewand zwischen 
Augenhöhle und vorderer Schädelgrube, bedingt die Fortleitung des 
krankhaften Prozesses auf die Gehirnhäute und auf das Gehirn. Die 
Fortpflanzung der eiterigen Periostitis auf die Sehnervenscheide, ferner 
die Thrombophlebitis der Augenvenen können die Infektion sowohl 
der Gehirnhäute, als der Blutleiter der Schädelhöhle verursachen. 

Neben den angeführten Faktoren spielen auch die Lymphbahnen 
eine Rolle in der Übertragung des infektiósen Materials von der 
Nasenhóhle und von den Nebenhóhlen zum Scháüdelinhalte. Nach den 
Untersuchungen von Schwalbe, Key und Retzius und anderer 
hángt der subdurale Raum und der arachnoidale Raum mit den peri- 
neuralen Scheiden des Olfaktorius, zusammen und diese sind mit einem 
Netze der Lymphgefüsse verbunden. Zu dieser bei Tieren und beim 
Menschen festgestellten Verbindung zwischen den perimeningealen 
Räumen und den Lymphwegen der Riechschleimhaut steht auch jene 
Tatsache fest, dass die perivaskulären Lymphbahnen der Gefasse der 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 1. 3 


24 A. Onodi. [12 


Nebenhóhlen nicht nur miteinander zusammenhangen, sondern auch 
jenen Venenanastomosen entsprechen, welche die Verbindung zwischen 
den Nebenhóhlen und der Dura mater und Pia mater vermitteln. 

Was die Mikroorganismen betrifft, so wurden die in der Nasen- 
hóhle befindlichen Bakterien infolge ihrer gesteigerten Virulenz als 
Infektionserreger betrachtet. 

Als Infektionserreger wurden von Howard und Ingersoll der 
Diplococcus lanceolatus, der Streptococcus pyogenes, der Bacillus di- 
phtheriae und der Bacillus influencae bezeichnet. Holmes betont die 
Anwesenheit des Streptokokkus und des Pneumokokkus in der Nasen- 
hóhle und in den Nebenhóhlen. Luc fand bei einer akuten Stirn- 
hóhleneiterung den Pneumokokkus.  Zumeist sind bei Nebenhohlen- 
eiterungen mehrere Mikroorganismen zu finden. Die Untersuchungen 
von Logan Turner, Lewis und Winckler u. a. haben vor- 
herrschend den Streptokokkus angetroffen. Wolff konnte bei Nasen- 
diphtherie überall in den Nebenhöhlen den Diphtheriebazillus nach- 
weisen. Vereinzelt wurde auch das Bacterium coli gefunden. Weichsel- 
baum, Dmochovszky und E. Frankel und Darling b*trachten 
den Pneumokokkus als den häufigsten Erreger der Nebenhöblenei- 
terungen, dem sich auch meistens Streptokokken und Staphylokokken 
hinzugesellen. Der Influenzabazillus ist seltener selbst bei Influenza- 
empyemen gefunden worden. Ostmann fand in der Kontinuität der 
Gewebe den Diplokokkus, Hajek in und um die Gefasse den Strepto- 
coccus pyogenes, Killian beobachtete den Streptokokkus. Gerber 
fand in seinen 65 Fällen ein deutliches Überwiegen des Strepto- 
kokkus, dessen Vorkommen in Reinkultur zu dem Staphylokokkus 
sich verhält wie 16:7, daneben verschwinden fast die anderen Bak- 
terien. Bei den komplizierten Fällen legt Gerber ein besonderes 
Gewicht auf das Auftreten des Staphylococcus aureus. Bei der Stirn- 
hóhlenosteomyelitis wurden Streptokokken von Luc, Lermoyez, 
Claoué, Laurens und Knapp, Staphylokokken von Luc, 
Capart, Dotey und Gerber und Pneumokokken von Luc, 
Grunert und Gerber nachgewiesen. Als der Erreger der Osteo- 
myelitis werden von Miller; Gerber, Canon, Guisez, Lanne- 
longue et Achard und Lexer die Staphylokokken betrachtet. 
somit steht jene àtiologisch wichtige Tatsache fest, dass neben den 
angeführten und besprochenen ätiologischen Faktoren bei gesteigerter 
Virulenz hauptsächlich der Streptococcus pyogenes und der Staphylo- 
coccus pyogenes als Infektionsträger zu betrachten sind. 

Zur Ergänzung schliessen wir noch soweit es uns möglich war, 
die statistischen Angaben der beobachteten intrakraniellen und zere- 
bralen Komplikationen an. Es liegt in der Natur der Sache, dass 


13] Über die Komplikationen der Nasennebenhóhlenerkrankungen. 35 


die mitgeteilten Statistiken nicht vollständig sind. Dreyfuss 
veröffentlichte zwei Statistiken der durch die Nebenhöhlen -Ei- 
terungen bedingten intrakraniellen und zerebralen Komplikation, St. 
Clair Thomson ergänzte die auf die Keilbeinhöhleneiterungen sich 
beziehende Statistik und schliesslich gab Gerber bezüglich der 
durch die Stirnhöhleneiterungen bedingten Komplikationen eine aus- 
führliche Statistik. Dreyfuss versuchte seine erste Statistik zu 
ergänzen, seine zweite Statistik wurde von Hajek übernommen. 
Wie schwer es ist eine vollständige Statistik zu machen, soll ein teil- 
weiser Vergleich der chronologischen Ergänzungen zeigen, welche 
noch immer nicht als beendet betrachtet werden können. So z. B. 
enthält die erste Statistik von Dreyfuss 13 Fälle von Keilbein- 
höhlenkomplikationen, die von St. Clair Thomson mit 42 Fällen ver- 
mehrt wurde und von Dreyfuss in seiner zweiten Statistik wieder 
mit 19 Fällen ergänzt wurde. Ein weiteres Beispiel, Dreyfuss 
stellt die Zahl der Gehirnabzesse infolge von Stirnhöhleneiterungen 
auf 36, Gerber ergänzte sie noch mit 30 Fällen und wir erhöhen 
diese Zahl wieder mit einigen Fällen. Dreyfuss gibt in seiner 
zweiten Statistik drei Fälle von operativ geheiltem Gehirnabszesse 
an, wir haben in unserem Werke schon über 7 Fälle geheilter Ge- 
hirnabszesse berichtet. Diese kurze Auslese genügt schon zu be- 
weisen, dass die Statistik trotz der sorgfältigen Bemühungen zur- 
zeit als vollständig nicht betrachtet werden kann. Die Schwierigkeit 
liegt in den ungenauen Veröffentlichungen, in den mangelhaften Be- 
obachtungen, in den fehlenden Sektionsbefunden, Tatsachen, welche 
in der Beurteilung der einzelnen Fälle bei der Zusammenstellung der 
Statistik in die Wagschale fallen, wozu noch zu bemerken sei, dass 
mehrere Veröffentlichungen schwer oder gar nicht zugänglich sind 
und daher leicht übersehen werden können. Andererseits sind auch 
in der deutschen Literatur kurze Mitteilungen übersehen worden, da 
sie eben nicht in extenso veröffentlicht wurden. Die wenigen stati- 
stischen Angaben der Sektionsbefunde betreffend wollen wir erwähnen. 
Wertheim fand unter 10394 Obduktionen 127 Fälle intrakranieller 
Eiterungen, 53 Fälle waren otogener Natur, in 60. Fällen fehlten 
nähere Angaben über den Ausgangspunkt der Eiterung. Von den 
14 Fällen sind 6 als sicher bewiesene zu betrachten. Treitel fand 
unter 6000 Obduktionen 2, Pitt unter 9000 Sektionen 2, wir fanden 
unter 13400 Sektionen 4 rhinogene Gehirnabszesse, neben diesen 4 
rhinogenen Gehirnabszessen waren 45 otogene Gehirnkomplikationen 
vorhanden. 

Die erwähnten Krankenstatistiken wollen wir in folgender Weise 
benützen und stellenweise ergänzen. Aus den Statistiken übernehmen 

| gt 


36 A. Onodi. . (M 


wir von Dreyfuss die Kieferhéhlenkomplikationen und die Siebbein- 
komplikationen, von Gerber die Stirnhóhlenkomplikationen und 
von St. Clair Thomson und Dreyfuss die Keilbeinhóhlenkom- 
plikationen. 

Die Kieferhöhleneiterungen betreffend erwähnt Dreyfuss sechs 
Fälle, unter diesen 4 Gehirnabszesse, 3 im Frontallappen, 1 im Tem- 
porallappen, 1 Meningitis und 1 Thrombopblebitis der Vena ophthal- 
mica und des Plexus pterygoideus. 

Aus der Statistik Gerbers, die Stirnhohlenkomplikationen be- 
treffend, entnehmen wir folgende Angaben: Unter 473 Fällen stellte 
er 140 Gehirnkomplikationen zusammen. Unter 51 Meningitisfällen 
ohne Hirnabszess war Pachymeningitis mit Extraduralabszess 14 mal, 
unter 65 Hirnabszessen 25 mal vorhanden, selbständige Extradural- 
abszesse waren in 28 Fällen vorhanden, unter diesen war 18mal die 
zerebrale Stirnhöhlenwand affiziert. Bei den 51 Meningitisfüllen war 
affiziert die vordere Wand 9mal, die untere Wand 2 mal, die zere- 
brale Stirnhöhlenwand 20 mal, das Septum 3 mal, 12 Angaben fehlen. 
Über die Fálle von Meningitis serosa erwahnt er deren 3, ausserdem 
einen von Dreyfuss angegebenen, diesen fügen wir noch einen von 
uns beobachteten Fall zu, von diesen 5 Fällen heilten 4. Die Lepto- 
meningitis purulenta war in 51 Fállen, ohne Hirnabszess, davon 6 
mit Thrombosen, der Hirnabszess, davon 27 mit Meningitis, 2 mit 
Thrombosen vorhanden. Die Fälle der Thrombophlebitis der Blut- 
leiter sind mit 15 Fällen angegeben. Unter diesen war ergriffen der 
Sinus longitudinalis superior 12 mal, der Sinus cavernosus 6mal, der 
Sinus transversus 3 mal, der Sinus sigmoideus 1 mal, der Sinus petro- 
sus 2 mal, der Torcular Herophyli 2mal, Vena ophthalmica 5mal und 
die Vena frontalis 1mal. | 

Diese Statistik ergänzen wir mit einem neuen Falle Killians, 
in welchem Stirnhóhleneiterung und Thrombophlebitis des Sinus longi- 
tudinalis auftrat. 

Gerber führt eine Statistik von 66 Fällen der Gehirnabszesse 
an infolge Stirnhóhleneiterungen und noch 8 Fälle infolge Poly- und 
Pansinusitis, bei denen die Rolle der Stirnhóhle unklar ist. 

In 44 Fällen war eine Affektion der hinteren zerebralen Stirn- 
höhlenwand, zumeist Nekrose, Perforation vorhanden, neben der Hinter- 
wand war die Unterwand ergriffen in 11 Fällen, neben der Hinter- 
wand die Vorderwand in 5 Fällen, die Vorderwand allein in 2 Fällen, 
die Unterwand allein in 5 Fällen, Vorder-Unterwand und Septum in 
einem Falle. 

Die Sektionsbefunde beziehen sich auf 50 Fälle. Der Sitz des 
Abszesses war zumeist in den Frontallappen, dreimal waren multiple 


15] Über die Komplikationen der Nasennebenhóhlenerkrankungen. 3 


Gehirnabszesse, einmal im Temporallappen, einmal im Kleinhirn und 
einmal im Pedunculus cerebri vorhanden. In der Gerberschen 
Statistik fehlen die von Dreyfuss aufgenommenen Fälle von Blessig 
und Tilbing, Botey, Finlay und Lack. Die Gerbersche Statistik 
ergänzen wir noch mit 3 Fällen von Chiarı, 2 Fällen von Freuden- 
thal, 2 Fällen von Killian, einem Falle von Reiking und einem 
Falle von Joachim. 

Was die operativ geheilten Gehirnabszesse betrifft, erwähnt Drey- 
fuss in seiner zweiten Statistik 3 Fälle von Rafin, Denker und 
Herzfeld, Gerber 7 Fälle von Denker, Donalies, Grün- 
wald, Hagen, Hammesfahr, Herzfeld und Rafin. Wir er- 
wähnten in unserem Werke 7 Fälle Denker, Donalies, Hammes- 
fahr, Herzfeld, Killian, Grünwald und Müller und ergänzen 
diese Statistik mit einem Falle von Freudenthal. Mit dem von 
Gerber erwähnten Falle von Hagen hätten wir bis heute über 8 
geheilte Hirnabszesse zu verfügen. 

Die von Dreyfuss zusammengestellte Statistik der Siebbein- 
zellenkomplikation zählt 10 Gehirnabszesse im Frontallappen, 12 Me- 
ningitiden, 1 Thrombophlebitis des Sinus cavernosus und 1 Meningitis 
serosa. Diese Statistik erginzen wir durch den Fall von Huber mit 
Gehirnabszess im Frontallappen. 

Die Statistik der Keilbeinhóhlenkomplikationen nach St. Clair, 
Thomson und Dreyfuss zeigt 25 Fälle von Meningitis, 5 Fälle 
von Thrombopblebitis des Sinus cavernosus, 1 Fall von Thrombo- 
phlebitis des Sinus longitudinalis superior mit Meningitis, 17 Fälle 
von Thrombophlebitis mit Meningitis, 2 Fülle von extraduralem Ab- 
szess und Meningitis, 2 Fálle von Meningitis serosa, 1 Fall von Ge- 
hirnabszess, 3 Falle von Encephalitis, 1 Fall von intrakranieller Blutung. 
Diese Statistik ergänzen wir mit einem Falle von Freudenthal. 

Gerber fasste, wie erwähnt wurde, 19 Fälle von Poly- und 
Pansinusitis zusammen, unter denen befanden sich 8 Fälle von Ge- 
hirnabszesse und 11 Fälle von Meningitis. 

Es sei noch kurz erwähnt, dass von Logan Turner, Drey- 
fuss, Gerber auf die postoperative Meningitis hingewiesen wurde. 
Die Zahl der veröffentlichten Fälle beträgt bereits 40. Leider muss 
angenommen werden, dass die Zahl der nichtveröffentlichten Fälle 
eine bedeutend grössere ist. 

Die besprochenen morphologischen Tatsachen, die makroskopi- 
schen pathclogisch-anatomischen Befunde, die pathohistologischen und 
bakteriologischen Untersuchungen bilden die Grundlage der Lehre 
von den durch Nebenhöhleneiterungen bedingten intrakraniellen und 
zerebralen Komplikationen. Die erwähnten Statistiken zeigen die 


38 A. Onódi: Über die Komplikationen der Nasennebenhöhlenerkrank. [16 


grosse Zahl der Komplikationen und ihres ungünstigen Verlaufes. Die 
direkte und indirekte Infektion, die Kontaktinfektion des Schädel- 
inhaltes, die Infektionswege finden auf Grund des Gesagten ihre Er- 
klärung. Genaue pathohistologische und bakteriologische Unter- 
suchungen sind nur vereinzelt vorhanden, und die genaue Feststellung 
der Infektionswege in den einzelnen Fällen ist wegen ihrer Tragweite 
und wegen des endgültigen Aufbaues der Lehre der Komplikationen 
sehr erwünscht, die genauen pathohistologischen und bakteriologischen 
Untersuchungen der Gewebe in der Kontinuität und der Gefässe 
sind berufen, die Lücken zu füllen und noch viele wichtige offene 
Fragen zu lösen. 


Über akute retropharyngeale Abszesse bei 
Kindern. 


Von 


M. Menier, Figeac-Frankreich. 


Im Gegensatz zu früheren Jahren, in denen ich retropharyngeale 
Abszesse nur sporadisch beobachtete (ein, zwei, höchstens drei Fälle 
jedes Jahr) hatte ich in den vergangenen Wintermonaten Gelegenheit» 
eine verhältnismässig hohe Zahl (fünf) zu sehen und zu behandeln. 
Alle kamen in ziemlich naher Folge zu mir, so dass ihr Vorkommen 
einen so zu sagen endemischen Charakter hatte. 

Abgesehen von den ätiologischen Momenten, von welchen ich 
weiter unten sprechen werde, scheint es mir, dass man dafür die 
sehr ungünstigen, d. h. nasskalten Witterungsverhältnisse dieses 
Jahres beschuldigen kann, welche zu latent verlaufenden Tonsillen- 
und Pharynxentzündungen Veranlassung gaben. | 

Andere áussere Ursachen sind, meiner Meinung nach, der Ge- 
brauch eines mehr weniger reinlichen Lutschers (die mit Brotkrumen 
gefüllte Saugpuppe spielt bei unserer Landbevölkerung eine bedeutende 
Rolle) und einer nicht immer sorgfältig gespülten Saugflasche, und weiter 
das häufige Hineinführen schmutziger Finger in den Mund, besonders 
zur Zeit des Zabnens. Es wäre interessant, zu erforschen, ob solche 
Abszesse eine spezielle Häufigkeit bei künstlich ernährten Säuglingen 
nicht aufweisen. Vielleicht spielt auch die Mundatmung eine nicht 
unbedeutende Rolle. 

Ein anderer Faktor, und zwar ein innerer, liegt in der anatomi- 
schen Verfassung des kindlichen Pharynx; ich meine die starke Ent- 
wickelung des lymphatischen Systems (Lymphgefásse und Lymph- 
drüsen). 


40 M. Menier. [2 


Seltener verdanken solche Abszesse ihren Ursprung einer Otitis. 
Unter dem Titel: Contributo alla Casistica degli oscessi 
retrofaringei veröffentlichte Alagna einige Fälle aus der Lite- 
ratur und aus seiner eigenen Praxis, bei denen eine Otitis media (ent- 
weder akut oder chronisch, aber akut exazerbiert) solche Abszesse 
veranlasste. Neulich veröffentlichte auch der Prof. Tanturri (Neapel) 
einen solchen Fall, bei welchem eine Otitis externa (Ekzem des äusseren 
Ohres) eine Schwellung der Warzenfortsatzdrüse und dadurch einen 
retropharyngealen Abszess verursachte. Wie Alagna und Tanturri 
dargetan haben, sind in solchen Fällen die Lymphbahnen als Ver- 
mittler der Infektion anzusehen. Aus diesen Gründen müssen wir 
immer bei Otitispatienten, und speziell bei EIER den Rachen 
sorgfältig beobachten. 

Meines Erachtens geht Packard (Philadelphia) zu weit, wenn 
er behauptet, dass die Abszesse bei marantischen, tuberkulösen oder 
beredosyphilitischen Kindern besonders häufig sind. Die von mir 
beobachteten Fälle waren, für die Mehrzahl, gesunde, obgleich ange- 
griffene Bauernkinder. Es liegt vielleicht hier ein Irrtum vor; wahr- 
scheinlich hat Packard die kalten Abszesse (Wirbelkaries) der Tuber- 
kulösen und die Gummata des Rachens unter dem Titel Retro- 
pharyngeal Abscess eingereiht. 

Endlich werden solche Abszesse nach Abtragung der adenoiden 
Wucherungen, nach Entzündungen und Abszessen der Rachenmandeln, 
nach besonders ungeschickten oder nicht aseptisch ausgefiihrten Unter- 
suchungen des Cavum naso-pharyngeum beobachtet. 

Der Verlauf der retropharyngealen Abszesse ist öfters langsam, 
schleichend und tückisch, wenigstens bei den von mir bis jetzt be- 
obachteten Fallen war es so. Erst die Symptome (Dyspnoe, Schluck- 
und Saugbeschwerden, Erstickungsanfülle, Zyanose, Mundatmung usw.), 
die durch den Sitz des AbszesSes bedingt sind und bei welchen wir 
uns nicht lànger aufhalten werden, erwecken den Verdacht eines im 
Pharynx sitzenden Hindernisses. Das Fieber wird von den Eltern 
dem Zahnen oder irgend einer Magen- bezw..Darmstérung zuge- 
schrieben. | 

Die Diagnose ist leicht und einfach: die Rótung und die Schwel- 
lung der hinteren Pharynxwand lassen keinen Zweifel über die Natur 
der Affektion zu. Differentialdiagnostisch käme nur der kalte retro- 
pharyngeale Abszess in Betracht. Man beobachtet ihn meistens nur 
bei Tuberkulösen; die Nackensteifigkeit (Wirbelkaries) würde ein aus- 
schlaggebendes Symptom sein; übrigens würde ein diagnostischer Irr- 
tum keine nachteiligen Folgen nach sich ziehen, da der kalte Abszess 
dieselbe Behandlung wie der idiopathische erheischt. 


3] Über akute retropharyngeale Abszesse bei Kindern. 41 


Sollte der. Abszess hoch im Pharynx liegen, dann würde eine 
mit grosser Schonung ausgeführte Fingeruntersuchung erforderlich sein. 

Die Prognose der retro-pharyngealen Abszesse ist eine gute, wenn 
man rechtzeitig (früher ist hier besser als später) operiert. Nur bei 
sehr heruntergekommenen Kindern dürfte sie etwas bedenklich sein, 
obgleich die Hebung des Leidens eine rasche und manchmal gerade- 
zu verblüffende Rückkehr zur Gesundheit zur Folge hat. Ein unvor- 
hergesehener Zwischenfall, wie spontaner Durchbruch des Abszesses 
mit Hineingelangen des Eiters in die Luftwege mit Erstickung oder 
folgender Bronchopneumonie oder Pyämie kann den Tod herbeiführen. 
Darum sind kleine Kinder mit wenn auch geringster Störung der 
Atmung oder der Saugtätigkeit, scharf zu bewachen. 

Wie soll man operieren? | 

Die direkte Operation (d. h. durch den Mund) ist, besonders 
auf dem Lande, wo es an einer genügenden und geschulten Assistenz 
fehlt, vorzuziehen. Die äussere Methode, welche die Narkose und 
peinliches Präparieren der Karotisgegend erfordert, hat manche Ge- 
fahren; dazu handelt es sich meistens, wie Tanturrı mit Recht be- 
ınerkt, um schon stark leidende, heruntergekommene (und ich füge 
hinzu: schlechtatmende) Kinder; bei diesen hat man keine allzu hef- 
tige Abwehrbewegungen zu befürchten; die Narkose könnte das Ende 
herbeiführen. 

Es ist unnötig, die Rosesche Kopfhaltung in Anwendung zu 
ziehen. Das in ein Bettlaken gut umwickelte Kind sitzt auf den 
Knieen eines Assistenten, der den Kopf in senkrechter, unbeweglicher 
Stellung festhält, so dass er den Kopf des jungen Patienten vornüber 
neigen kann, sobald der Einschnitt gemacht worden ist. 

Ich glaube, dass man den Mundsperrer umgehen kann, obgleich 
Tanturri ihn befürwortet; er ist sogar nicht ganz gefahrlos; das 
forcierte Mundóffnen kann frühzeitigen und plötzlichen Durchbruch 
des Abszesses veranlassen. Die Zungenspatel ist auch unnötig; der 
Zeigefinger genügt, um die Zunge herabzudrücken und um das Messer 
zu leiten und, was die verschiedenen Autoren nicht sagen, ist man 
ohne Zungenspatel weniger behindert, um den linken Zeigefinger so- 
fort nach dem Einschnitt in die Abszesshöhle einzuführen, um Ver- 
wachsungen zu lösen. 

Was für ein Instrument soll man anwenden? D’Ajutolo in 
Bologna hat eine sichelförmige Zange erdacht, die eine Kornzange 
darstellt, deren distale Enden je eine sichelförmige Schneide tragen; 
die schneidenden Flächen sind einander zugekehrt; das Instrument 
kann geschlossen in den Mund eingeführt werden. Packard stosst 
in den Abszess eine gewóhnliche Arterienklemmzange und, indem er 


42 M. Menier: Über akute retropharyngeale Abszesse bei Kindern. [4 


das Instrument zurückzieht, öffnet er dessen Blätter. Barajas y 
Gallego hat einen Saugtroikart konstruieren lassen, der viele Vor- 
teile bietet, obgleich seine Anschaffung etwas kostspielig sein dürfte. 
Es ist ein Troikart (23 cm lang, 7T cm im Durchmesser), dessen Ende 
eine leichte Krümmung hat; er trägt einen Hahn und einen Aufsatz, 
der durch einen Gummischlauch in einen Behälter mündet; dieser 
Behälter, dessen Stöpsel zwei Röhrenmündungen besitzt, ist zur Auf- 
nahme des Eiters bestimmt; die eine Mündung ist mit dem Gummi- 
schlauch des Troikarts verbunden, die andere trägt einen Gummi- 
ballon zur Aspiration des Eiters, welcher, vom Ballon aufgesogen, 
in den Behälter fällt. Wir müssen noch den Ruaultschen Haken 
(sichelförmiger Haken; crochet faucille e Ruault) erwähnen, 
der, für die Eröffnung der tonsillären und peritonsillären Abszesse 
bestimmt, uns in einem Falle von retro-pharyngealen Abszesse gute 
Dienste leistete. 

Das beste wie auch das einfachste aller Instrumente ist das 
älteste: nämlich das Messer, das man stets bei sich führt. Man 
nimmt das erste beste, oder wenn man die Wahl hat, nimmt man 
ein Skalpell mit mittelbreiter Klinge und wickelt dieselbe mit Gaze, 
Watte oder wie Ambrosius Paré schon tat, mit Diachylum um; 
‘nötigenfalls kann ein Blatt Seidenpapier genügen. Man lässt nur 
einen bis zwei Zentimeter von der Spitze frei. Der Einschnitt muss 
den am meisten vorspringenden Punkt treffen und sehr rasch von 
oben nach unten geführt werden; je länger der Einschnitt ist (in 
gewissen Grenzen selbstverständlich — zwei bis drei Zentimeter werden 
hinreichend sein), desto besser wird der Eiter abfliessen. Nachdem 
man den Eiter ausgeleert hat, kann man auf beiden Seiten des Ein- 
schnitts einen sanften Druck ausüben. Dann kommt eine Mund- 
spülung oder besser eine Einspritzung mit lauwarmem gekochtem 
Wasser oder Wasserstoffsuperoxydlösung (2 Esslöffel einer 129/oigen 
Lösung pro Viertelliter Wasser). 

Ich bin bewusst, dass ich in diesem anspruchslosen Beitrag nichts 
Neues gebracht habe; es sind nur die Resultate einer alltäglichen 
Erfahrung, die ich hier niedergelegt habe. 

Diese bescheidenen Ausführungen haben nur den Zweck, zu 
zeigen, dass der einfachste Weg, den uns die Umstände zu nehmen 
zwingen, manchmal der richtigste und der natürlichste ist. Bei allen 
meinen jungen Patienten kam es ohne Zwischenfälle zu einer glatten 
und raschen Heilung. 


Die Sensibilitätsstörungen des Larynx und die 
Anästhesie des Vestibulum bei der Rekurrens- 
lahmung. 


Von 


Prof. F. Massei, Neapel. 


Das Studium der Sensibilitätsstörungen des Larynx ist jetzt in 
ein neues Stadium getreten. Haben meine Veröffentlichungen über die 
Anästhesie des Vestibulum laryngis bei Rekurrens- 
lähmungen auch mehr Widerspruch als Unterstützung gefunden 
so haben sie jedenfalls Kliniker und experimentelle Untersucher. zu 
Arbeiten über Dinge veranlasst, die bislang etwas vernachlässigt 
waren. Nachdem das Experiment bisher die Lösung der Frage nicht 
gebracht hat, verlegte Iwanoff durch seinen in dieser Zeitschrift 
(Bd. II Nr. 5 1910) erschienen Aufsatz die Diskussion auf das Gebiet 
der Klinik. Ohne die experimentelle Untersuchungen, die ich meinem 
bewährten Mitarbeiter Herrn Prof. Martuscelli übertragen habe, 
bei Seite zu lassen fühle ich mich verpflichtet auf die gegen mich 
erhobenen Einwände zu antworten und zwar will ich das mehr in 
historischer als in kritischer Form tun. 

Zunächst habe ich, mangels eigener anatomischer Untersuchungen, 
mir niemals erlaubt mit Gewissheit zu behaupten, dass der Rekurrens 
beim Menschen ein gemischter Nerv sei. Ich habe das einfach aus 
meinen klinischen Beobachtungen folgern müssen und finde mich 
dabei im Einklang mit Ziemssen, der ausdrücklich (Handb. der 
Krankheiten des Respirationsapparates I. Erste Hälfte S. 428 Leipzig 
1876) dasselbe behauptet und weiterhin mit den Untersuchungser- 
gebnissen die Broeckaert (Presse Oto-laryngologique Belge 1909) 
an seinen mikroskopischen Schnitten erhalten hat. Broeckaert 
fand, dass der Stamm des Rekurrens in einem Bündel umfasst 


44 F, Massei. [2 


die sämtlichen motorischen Nerven des Larynx und die motori- 
schen nur sensiblen Nerven für Trachea und Ösophagus. Immerhin 
ist die Frage der gemischten Natur des Rekurrens, da ich nur zwei 
Autoren für dieselbe beibringe, zweifellos zurzeit noch strittig. 

Nach dieser kurzen Erklärung gehe ich nun sofort zum klinischen 
Teil über. Ich muss Herrn Iwanoff dankbar dafür sein, dass er 
die Frage der Beurteilung der Larynxanästhesie zur Diskussion 
gebracht hat und werde noch dankbarer sein, wenn er mich wirklich 
davon überzeugen kann, dass ich mit meiner Beurteilungsmethode 
mich in einem grossen Irrtum befinde. Die Tugend, eigenen Irr- 
tum einzusehen glaube ich zu besitzen und schliesslich: errare hu- 
manum est. 

Statt meiner will ich zwei Verstorbene reden lassen; zwei kom- 
petente Autoren, einen bedeutenden Laryngologen und einen hervor- 
ragenden Kliniker (Krishaber und Peter), beide um so unver- 
dächtiger, als sie die folgenden Ausführungen schon im Jahre 1868 
niedergeschrieben haben. Im ,,Dictionnaire encyclopédique des sosences 
médicales’ herausgegeben von Dechambre steht im Kapitel über 
Larynxneurosen auf S. 677 des LIII. Bd. zu lesen wie folgt: ,Quand 
on cautérise avec une substance liquide corrosive ou cautérétique 
quelque peu concentrée, la muqueuse du larynx, ou bien quand on 
la touche avec une substance solide qui en modifie instantanément la 
surface, comme par exemple le nitrat d'argent en nature, on provoque 
l’occlusion convulsive du larynx, qui se manifeste par plusieurs 
mouvements successifs d'inspiration bruyante et pénible; les 
mouvements d'expiration restent calmes et profonds. La muqueuse 
du larynx est douloureuse pendant quelques heures ou quelques minutes, 
suivant lintensité de la substance employée, mais il ne survient 
pas de toux. — Si au lieu de corroder la muqueuse du larynx, on 
y porte, au contraire, une simple goutte d'eau (avec le petit porte- 
éponge laryngé) en imitant ainsi ce qui arrive si fréquemment quand 
on avale de travers, il survient encore un mouvement convulsif des 
muscles de la glotte comme dans le cas précité, mais les phéno- 
ménes sont trés différents. Parmi les phénomènes le seul qui 
domine alors c'est une toux violente, brutale, bruyante pour la 
production de laquelle tous les muscles expiratoires se trouvent 
sollicités par action réflexe; quant aux inspirations elles sont 
génées au commencement de l'accès, mais elles deviennent 
bientôt calmes et normales. La toux, au contraire, continue 
aussi longtemps que dure la moindre sensation pénible sur la mu- 
queuse du larynx. Il s'ensuit que les attouchements légers de cette 
muqueuse provoquent une sensibilité qui préside au travail expulsif 


3] Die Sensibilitätsstörungen des Larynx etc. 45 


des corps étrangers engagés dans les voies aériennes; c'est cette 
sensibilité à laquelle convient le nom de sensibilité 
réflexe. 

Est elle hyperesthésiée par une cause quelconque, comme cela 
arrive dans diverses affections, elle provoque alors la toux, méme à 
la simple sollicitation de l'air atmosphérique passant à travers la 
glotte. Mais nous avons vu, il y a un instant, que des attouchements 
corrosifs et douloureux provoquent des phénoménes d'un ordre tout 
différent, ils donnent lieu à l'occlusion de la glotte, sans accès de 
toux. lls se passe alors dans les muscles situés au dessous de la 
muqueuse laryngée, ce qui se passe dans tout autre organe pourvu 
d'une membrane à plan musculaire sous-jacent, c'est-à-dire le spasme 
local correspond à une excitation locale. C'est donc en ce cas la 
sensibilité générale ou commune du larynx qui a été ex- 
citée. 

Ainsi, en resumé si l'excitation porte sur la sensibilité re- 
flexe, il en résulte le chatouillement et la toux; — si l’exci- 
tation s'exerce sur la sensibilité commune, elle provoque la 
douleur et le spasme local. 

Et cette distinction est très essentielle, car les effets produits 
dans lun ou l’autre cas sont diamétralement opposés. La toux, dont 
le but physiologique est l'expulsion des matières contenues dans les 
voies aériennes, n'est qu'une fonction éventuelle et se rattache à 
une sensibilité spéciale, tandis que la perméabilité de la glotte est 
une fonction permanente, vitale au premier chef, et elle se rattache 
à la sensibilité commune, dont les pertubations peuvent donner lieu 
à un accident rédoutable, l'occlusion des voies de l'air par le spasme. 
La toux se rattache à l'expiration, le spasme à l'in- 
spiration.“ 

Man könnte nicht mehr und nichts Besseres über unsere Frage 
sagen und es gereicht mir zum Trost, dass ich demnach mich mit 
meinem Irrtum in guter Gesellschaft und auf dem Boden elementarer 
physiologischer Gesetze befinde. Denn was in den zitierten Sätzen 
mit bewundernswerter Klarheit ausgesprochen wird, ist nicht An- 
sicht sondern Resultat eines Experimentes, dessen tatsäch- 
liche Richtigkeit wir nach Belieben nachzuprüfen imstande sind. 

Wenn ich also zur Prüfung die Reflexsensibilität angewandt 
habe, so habe ich mir damit die feinste Äusserung der Kehlkopfsen- 
sibilität nutzbar gemacht. Krishaber und Peter (in demselben 
Kapitel) fügen betreffs der anästhetischen und analgetischen Alterie- 
rung die Reflexsensibilität hinzu: „le plus sonvent la sensibilité n'est 
pas complétement abolie, elle est seulement émoussée. Les individus 


46 F. Massei. [4 


ont alors cessé d'étre chatouilleux de leur larynx comme d'autre de 
la plante du pied ou de l'aisselle^. Wo liegt nun mein Irrtum? 
Warum wirft mir Iwanoff vor, ich ignoriere, dass für die Prü- 
fung der Sensibilität des Larynx nicht Husten sondern der Krampf 
das entscheidende Kriterium sei, während er, der jünger ist an 
Jahren und Erfahrung, allen Anschein nach vergessen hat, dessen ich 
mich noch mit solcher Genauigkeit aus meiner Studienzeit erinnere ? 

Und ist denn der Husten nicht auch ein Krampf? d. h. eine 
intermittierende klonische Kontraktion der inneren Muskulatur des 
Larynx, ein Exspirationskrampf, während der eigentliche Glottis- 
krampf einen inspiratorischen Krampf darstellt? 

Es bängt alles ab von der Grösse des Reizes; ich werde darauf 
zurückkommen, ich möchte für jetzt auch noch hinzufügen, dass ich mit 
der Anwendung geringer Reize (einfaches Kitzeln des Vestibulum) ge- 
glaubt habe, möglichst den natürlichen Bedingungen nahe zu kommen 
und dadurch um so besser die Äusserungen der wenig be- 
merkbaren Sensibilitätsstörungen beobachten zu können. 

Niemand kann leugnen, dass der Husten der Ausdruck einer Rei- 
zung der sensiblen Nerven ist und dass dieser Reflex eine wichtige 
Selbstverteidigungsmassregel herstellt gegen alles, was nicht respirable 
Luft ıst; — verstärkt man den Reiz, so wird man statt des Hustens 
den Krampf haben. Dementsprechend will ich also mit Iwanoff 
sagen, dass bei der Rekurrenslähmung die Reflexsensibilität d. h. die 
feinste Empfindlichkeit abgestumpft ist, während die gröbere allge- 
meine Sensibilität erhalten bleibt. 

In absehbarer Zeit hoffe ich auch beweisen zu können, dass 
und warum das so sein muss. Auf dem Wege zu diesem Beweise 
ist mir von Männern von unbestrittener Autorität schon vorgearbeitet 
worden. So schreibt Mackenzie gelegentlich der Beschreibung eines 
Falles von Larynxanästhesie infolge von Diphtherie (in seinem „Manual 
of diseases of the throat and nose, London 1880 Vol. I p. 422): „On 
introducing a laryngeal probe into the larynx and touching the epi- 
glottis and vocal cords, no effect was produced, but the action 
of the vocal cords prevented the passage of the sound into the sub- 
glottic region“. Damit ist also gesagt, dass Mackenzie Anästhesie 
annimmt, obwohl das Stimmband mit Krampf antwortete. 

Weiterhin sagt Ziemssen (loc. cit. p. 432) bei der Besprechung 
der Symptome der Kehlkopfanästhesie: „Die Prüfung durch Betastung 
mit der Sondenspitze ergibt, dass die Schleimhaut des Kehldeckels 
und der oberen Kehlkopfhöhle ihre Sensibilität und die Reflexerreg- 
barkeit eingebüsst hat. Man kann mit der Sonde die Giesskanne, 
die Taschenbänder und die Stimmbänder beklopfen, ohne dass eine 


5] | Die Sensibilitätestörungen des Laryux etc. 41 


Empfindung oder Hustenreiz oder irgend eine Aktion am Muskelap- 
parat des Kehldeckels oder des Kehlkopfs hervorgerufen wird.“ 

Um Missverständnissen vorzubeugen, bemerke ich ausdrücklich, 
dass ich diese Äusserungen nur zitiert habe, um auf die Methode hin- 
zuweisen, die Mackenzie und Ziemssen zur Beurteilung der An- 
ästhesie anwandten, ohne Rücksicht auf die Ursache der Anästhesie, 
um die es sich ja hier nicht handelt. 

Die Hauptschwierigkeit der Prüfung beruht darin, direkt isoliert 
auf den Larynx einzuwirken mit völligen Vermeidung der Pharynx- 
reflexe. Es gibt augenscheinlich sehr reizbare Individuen, die schon 
bei der Annäherung des Spiegels und beim blossen Anblick der Sonde 
verstärkte Reflexe zeigen. Ich möchte nicht missverstanden werden: 
ich will damit darauf hinweisen, dass diese pharyngealen Kontrak- 
tionen sich leicht auf den Aditus laryngis fortsetzen und dass trotz- 
dem der Larynx auf Sondenprüfung event. nicht mit Husten reagiert. 
Vorherige Kokainisierung des Pharynx würden diese Kontraktionen 
verhindern, aber ich habe dabei niemals kokainisiert, weil das eine 
Waffe für meine Gegner gewesen wäre, von denen die meisten — 
ich muss es offen aussprechen — sowohl Kliniker als Auatomen vor- 
eingenommen sind und den verschiedenen Dingen, die ich für sehr 
wichtig halte, jede Bedeutung absprechen. 

Beschäftigen wir uns nun des genaueren mit der Sensibilität 
des Larynx: dieselbe ist nach übereinstimmendem Urteil allgemein 
eine recht grosse. Nichtsdestoweniger gibt es Stellen (Stimmbänder 
etc.), die ganz besonders stark ausgeprägte Sensibilität besitzen. Es 
dürfte sich erübrigen die relativen Unterschiede der Sensibilität ein- 
zelner Stellen besonders zu besprechen. Es sei nur daran erinnert, 
dass Brünings in seinem kürzlich erschienenen schönen Buche (die 
direkte Laryngoskopie, Bronchoskopie und Ösophagoskopie) verschie- 
dentlich darauf hinweist, dass es bei der Autoskopie (eine nicht immer 
leichte Untersuchungsmethode, die ganz besonders die Unterdrückung 
der Reflexe verlangt) nötig ist „nicht zu berühren oder gut zu 
kokainisieren die laryngeale Oberfläche der Epiglottis“ (das ist ge- 
rade eine der Stellen, die ich bei meiner Prüfungsmethode benutzte). 
Brünings sagt: „Man ist nämlich in diesem Falle genötigt, den 
Spatel ,prülaryngeal^ zwischen Zunge und Kehldeckel, nicht auf dessen 
sehr reflexerregbare laryngeale Flàche, aufzusetzen^ — s. S. 182 — 
und etwas später (S. 183): „Unter Leitung des Kehlkopfspiegels wird 
nun der gut getránkte Pinsel ohne Nebenberührungen einmal 
kurz (1—2 Sekunden) auf den oberen Teil der laryngealen Epiglottis- 
fläche aufgesetzt“. Wenn es nun auch richtig ist, dass die Sensi- 
bilität der verschiedenen Organe und Gewebe im allgemeinen und 


48 F. Massei. [6 


diejenige des Larynx im besonderen bei den einzelnen Iudividuen 
Stark variiert, so handelt es sich dabei doch immer nur um Schwan- 
kungen von geringer Breite und was die Reflexsensibilität des Larynx 
betrifft, die ja eine wichtige Selbstverteidigung der Luftwege dar- 
stellt, so ist verständlich, dass ihre individuellen Schwankungen nur 
sehr gering sein können. Wenn meine Gegner diese individuellen 
Unterschiede der Sensibilität des Larynx so besonders hervorheben, 
so geben sie damit implicite doch zu, dass auch sie in manchen 
Fällen von Rekurrenslähmung eine gewisse Herabsetzung der Sensi- 
bilität gefunden haben, sie legen dieser Herabsetzung aber nicht die 
Bedeutung bei, die ich ihr zumesse. Es ist aber doch sonderbar, dass 
gerade bei Individuen mit Kompressionslähmung des Rekurrens diese 
physiologischen Differenzen der Sensibilität mit solch merkwürdiger 
Konstanz in die Erscheinung treten sollten und noch wunderbarer, 
dass diese Differenzen sich bei demselben Individuum an ver- 
schiedenen Stellen des Larynx so stark ausgeprägt zeigen sollten, 
dass Sondenberührung des Vestibulum gar keine Reaktion hervorruft, 
während Glottiskrampf entsteht sobald. die Stimmbänder berührt 
werden! Logischerweise ist es nicht möglich, so ausgeprägte 
Differenzen bei demselben Individuum unter normalen 
Verhältnissen anzunehmen. Mein Alter gestattet mir die Erinnerung 
an die Zeit, als die feinsten Kehlkopfoperationen ohne Kokain vor- 
genommen werden mussten. Damals zwang jede unbeabsichtigte Be- 
rührung des Larynx zur Unterbrechung der Operation und niemals 
ist mir ein Individuum vorgekommen, das durch ausnahmsweise ge- 
ringere Sensibilität ausgezeichnet gewesen wäre! Übrigens muss 
ich noch eine andere Beobachtung erwähnen, die demnach auch auf 
Autosuggestion zu beziehen sein müsste.  Einigemal fand ich bei 
demselben Individuum (mit Rekurrenslähmung) bald eklatante An- 
ästhesie bald nur leichte H y pästhesie und zwar dies dann, wenn in- 
folge interkurrenten Katarrhs die Reflexe gesteigert waren. Des 
weiteren fand ich in frischen Fällen oder wenn die Lähmung die 
Folge einer Rekurrensdurchschneidung war, keine Anästhesie. 
Je mehr die Kompression des Nerven zunahm, desto mehr trat die 
Anästhesie auf und mehrere der Patienten konnten nicht angeben, 
ob die Sonde kalt oder warm war. 

Iwanoffbetont, dass nur meine Italienischen Kollegen meine 
Beobachtungen bestätigt hätten. Der Grund ist wahrscheinlich darin 
zu finden, dass diese sich strikte an meine Methode der Prüfung ge- 
halten haben und dass sie eben dem Ausbleiben des Hustens die- 
selbe Bedeutung beilegen wie ich selbst. 

Ich fühle mich übrigens verpflichtet, neben Mancioli, den 


7] Die Sensibilitätsstörungen des Larynx etc. 49 


Iwanoff zitiert, auch Ruganı zu erwähnen, der verschiedene be- 
weiskräftige Beobachtungen veröffentlicht hat (s. Archiviieital. di 
Laringologia 1908 Bd. XXVIII), ferner die Veröffentlichung von 
Prota (ebenda 1907 Bd. XXVIII), die Untersuchungen von Mara- 
gliano (ebenda 1907 Bd. XXVIII), und schliesslich die Arbeit von 
Martuscelli (ebenda 1910 Nr. 1). Es freut mich auch noch an- 
führen zu können was Ziemssen (der wie erwähnt den Laryngeus 
inferior für einen gemischten Nerven erklärt) 1876 in seinem „Hand- 
buch“ in einer bewundernswerten Monographie der Neurosen des 
Larynx schrieb (loc. cit. p. 428). Seine Worte lauten wie folgt: 
„Totale Leitungslähmung des Rekurrens wird sich hier- 
nach zu erkennen geben durch Anästhesie der Schleim- 
haut der unteren Kehlkopfhöhle und Paralyse der Mus- 
culi cricoarytaenoidei postici und laterales.“ Weiter sagt 
Ziemssen nicht an dieser Stelle, sondern an anderer (cf. oben), wie er 
die Anästhesie konstatiert hat und lokalisiert sie im unteren Kehl- 
kopfraum, aber er erwähnt ausdrücklich, dass bei Fällen von Rekur- 
renslähmungen neben den Störungen der Motilität auch gleichzeitig 
Störungen der Sensibilität nebenhergehen. 

Ich glaube demnach doch mit meiner Methode, die Reflexsen- 
sibilitat und nicht die allgemeine Sensibilität als Kriterium bei der 
Prüfung zu verwenden, nicht ein Vergessen physiologischer Gesetze 
zu beweisen. Wenn aber die Methode wirklich nicht völlig einwand- 
frei sein sollte, so bleibt doch — selbst die individuellen und lokalen 
physiologischen Differenzen in Rechnung gestellt — die Tatsache 
bestehen, dass gerade bei Individuen mit den klassischen Symptomen 
der Rekurrenslàhmung sich eine Verlangsamung, eine Abstumpfung 
der Sensibilitätsreaktion zeigt. Ist es nicht direkte Anästhesie 
oder wenigstens Hypästhesie (wie meine Gegner wollen), so ist es 
sicherlich ein Symptom: Abschwächung oder Verlangsamung des Re- 
flexes — auf das die Aufmerksamkeit gelenkt zu haben mein Ver- 
dienst ist. Die Tatsache, dass ich dieses. Symptom nicht fand, 
wenn der Rekurrens durchschnitten war, wohl aber, wenn der 
Nervenstamm einer langsamen und andauernden Kompression aus- 
gesetzt war, hat mich immermehr in meiner Überzeugung bestärkt, 
indem sie mich zu einer Ideenfolge führte, die pathogenetisch mit 
unserem Gegenstand in Beziehung steht. 

Wenn sich die pathologisch-anatomischen und histologischen Be- 
funde, die Martuscelli bei Hunden im Experiment erhoben hat - - 
nach lànger dauernder Kompression des Rekurrens einer Neuritis as- 
cendens des Nervus laryngeus inferior bis zum Ganglion nodosum 
und Neuritis descendens des Nervus laryngeus superior mit den 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 1. 4 


50 F. Massei. [8 


Zeichen progressiver Degeneration — auch für den Menschen bestä- 
tigen sollten, so wird nicht nur — freilich auf indirektem Wege — 
die gemischte Natur des Nervus recurrens auch für den Menschen er- 
wiesen sein, sondern es wird auch das Paradoxon erklärt sein, dass 
Vestibularanästhesie veranlasst wird durch Kompression des 
Nerven, der eigentlich nur den hypoglottischen Teil des Larynx mit 
Sensibilität versorgt. Vielleicht wird man dann verstehen, warum in 
solchen Fällen die Reflexsensibilität gestört ist und nicht die allge- 
meine Sensibilität, wenn man sich vor Augen hält, wie nach allem, 
was wir über einseitige Kompression des Rekurrens wissen, trotz 
schwerer Verletzungen d*e Anastomosen zwischen den beiderseitigen 
Laryngei superiores und die Unversehrtheit des Rekurrens der 
unverletzten Seite die Funktionsstórung zu kompensieren vermógen 
und es nicht zur Aufhebung des reflektorischen Krampfes kommen 
lassen. 

Schon vor längerer Zeit habe ich an die Direktoren der Univer- 
sitätskliniken in Neapel ein Zirkular versandt mit der Bitte mir 
in Fällen von Kompression des Rekurrens, die zur Sektion kommen, 
den Rekurrensstamm, den Laryngeus superior und das Ganglion 
plexiforme zu überlassen. Aber auch ehe entsprechendes Material zu 
eingehenden Untersuchungen vorliegt, ist es vielleicht nicht unange- 
bracht daran zu erinnern, welche Wandlungen vorgegangen sind mit 
der Tbeorie zur Erklärung der frühzeitigen Erkrankungsneigung der 
Abduzensfasern gegenüber den anderen Fasern des Rekurrens und 
wie ferner die Theorie der Innervation des weichen Gaumens sich 
entwickelt hat in flagrantem Widerspruch mit den Lehren der Ana- 
tomie. Es ist nicht das erste Mal, dass die Klinik der Anatomie die Wege 
zeigt zur Aufklärung dunkler Probleme. Bei der Brown-Sequard- 
schen Krankheit z. B. kombiniert sich eine motorische Lähmung der 
verletzten Seite mit Sensibilitätsstörungen der anderen Seite, ein 
Paradoxon, dessen Aufklärung die Anatomie uns bisher schuldig ge- 
blieben ist. 

Ich will mich nicht auf verfrühte Folgerungen einlassen. Die 
Absicht dieser Veröffentlichung war, im Interesse meiner Selbstach- 
tung als Kliniker klarzustellen, dass der Widerspruch zwischen An- 
hängern und Gegnern des Hustenreflexausfalles bei Rekurrens- 
lähmung (und zwar bei den von mir speziell studierten Kompressions- 
làhmungen) zu erklüren ist durch das verschiedene Vorgehen bei der 
Prüfung der Sensibilität und der Resultate, die man dabei erwartet. 
Es ist eine einfache aber nicht ganz leichte Probe; sie muss mit ` 
Vorsicht, Zartheit und Geschick vorgenommen werden, um nicht ver- 
schiedenartige Deutungen zuzulassen. Ich kitzle den Kehlkopf ein- 





9] Die Sensibilitätsstörungen des Larynx etc. 51 


fach und sehe zu, was sich dann ereignet; ich verlängere den Reiz 
der Sondenberührung für mehrere Sekunden, wenn keine Reaktion 
erfolgt. Meine Gegner, befangen in dem Vorurteil rein anatomischer 
Anschauungen, richten ihr Hauptaugenmerk auf den Krampf und 
suchen diesen hervorzurufen und vernachlässigen so ein Kriterium, 
das ich mir nutzbar mache, üben einen stärkeren Druck aus und 
stören dadurch den empfindlichen Reflex auch schon bei Gesunden 
und schaffen dadurch unrichtige weil auf irrtümlichem Vorgehen be- 
ruhende Vergleichsbeispiele. 

Iwanoff hat mit seinen wertvollen Untersuchungen das Gebiet 
der Sensibilitätsstörungen des Larynx beträchtlich erweitert. Er hat 
solche Störungen bei verschiedenen Krankheitsprozessen nachweisen 
können, hat aber (mit seiner Methode und seinen Urteilskriterien) 
keinerlei graduelle Beziehungen zwischen den motorischen und sensiblen 
Störungen gefunden. Aber auch er erklärt nicht, wie es kommt, 
dass diese Störungen bei amyotrophischer Lateralsklerose, bei progres- 
siver Muskelatrophie, bei Tabes dorsalis, bei Syringobulbie und Syringo- 
myelie vorkommen sollen, dagegen niemals bei Rekurrenslähmungen ! 

Man könnte mit demselben Recht, wie man bei mir von Sug- 
zestion sprach, bei ihm angesichts dieser Untersuchungsergebnisse, 
vielleicht von „Voreingenommenheit“ sprechen; denn man muss ge- 
rechterweise zugeben, dass die ersten Einwände gegen mich gemacht 
wurden mit Berufung auf die Ansichten derer, die die Existenz sen- 
sibler Fasern im Rekurrens leugneten, und jetzt fügt man dazu aus 
der Klinik genommene Einwände, die aber auf einer den rein per- 
sönlichen Überzeugungen angepassten Physiologie basiert sind. 


Deutsch von Dr. Brühl, Gardone-Riviera. 


Herr Alexander Iwanoff, dem die vorstehende Arbeit vor- 
gelegen hat, wird demnächst weitere klinische Beobachtungen zur 
Frage der Sensibität der Larynx veröffentlichen. 

Der Herausgeber. 


4* 


Xerose und Anosmie. 


Von 


Dr. med. Goswin Zickgraf, Bremerhaven. 


Zu den Beobachtungen über Aufhebung des Riechvermógens im 
Verlaufe der Schleimhautveränderungen, die man als Xerose oder 
Xerasie der Schleimhäute bezeichnet, bin ich durch die zufällige An- 
gabe eines Patienten. gekommen, der durch eine konsequent durch- 
geführte Nasen. und Nasenrachenbehandlung von einer Ozaena foetida 
im Verlaufe von mehreren Monaten fast vollkommen befreit wurde. 
Dieser junge Mensch besass seine Ozina von Jugend her und hatte 
nie auch nur eine Spur von Riechvermögen. Mit der fortschreitenden 
Besserung, die die Behandlung der Ozaena foetida zeitigte und mit Zu- 
nehmen einer gut sezernierenden feuchten Schleimhaut in Nase und 
Nasenrachen, bekam der Patient die Fahigkeit zu riechen. Merk- 
würdigerweise roch dieser Patient warme feuchte Geriiche, z. B. 
Bratengeruch viel eher und besser als starke typische Geriiche, wie 
z. B. Veilchen. 

Diese einzelne Beobachtung im Jahre 1905 hat mich dazu ge- 
führt, später zweimal unter einer grösseren Anzahl von Lungenheil- 
stättenpatienten Geruchsinnsprüfungen anzustellen, bei denen ich zu 
meiner Überraschung eine verhältnismässig grosse Anzahl von Anos- 
mieen und Hyposmien entdeckte. 

So habe ich 1907 unter zirka 180 Patienten 10 mal vollkommene 
Anosmie und mehrmals Hyposmie gefunden und später haben sich 
diese Beobachtungen noch erheblich vergrössert. 

Zur Prüfung des Geruchsinns verwandte ich die von Onodi an- 
gebenen Substanzen Jonon (Veilchen) und Athylbisulfid (Knoblauch). 


54 Goswin Zickgraf. [2 
Ich bereitete mir die für das Onodische Olfaktometer nótigen Ver- 
dünnungen, sodass ich mit Hilfe einer einfachen Vorrichtung ent- 
sprechend dem Onodischen Olfaktometeter 4 Prüfungen vornehmen 
konnte: 


1. mit Jonon 1: 1000000 = 10 Olfaktien, 
2. „ Athylbisulfid 1:10000 = 500 "a 
3. , Jonon 1 : 10000 — 1000 > 


4. „ Äthylbisulid 1:10000=5000 , 


Zur Definition, was als Anosmie und Hyposmie zu bezeichnen ist, 
folge ich dem Lehrbuch von Moritz Schmidt, herausgegeben von 
Edmund Meyer. Anosmieen unterscheidet man darnach drei Arten. 
Die respiratorische Form, z. B. durch Nasenengigkeit verursacht, die 
essentielle Form, bei der die Riechzellen erkrankt oder zerstört sind 
und die zentrale, durch die Olfaktoriusatrophie verursachte. 

Vollkommene Geruchsunempfindlichkeit und mindere Geruchsper- 
zeption gehen unmerklich in einander über. Ein scharfer Unterschied 
lässt sich nicht machen, da es Geruchschädigungen gibt, die zwar auf 
die Riechsubstanzen des Olfaktometers nicht mehr reagieren, also als 
Anosmieen zu bezeichnen sind, deren Träger aber wohl noch imstande 
sind, andere Gerüche zu perzipieren. Für die Praxis ist wohl richtig, 
diejenige Geruchsverminderung die auf 5000 Olfaktien nicht reagiert, 
als Anosmie zu bezeichnen. | 

Der Befund, den ich an der Nasenschleimhaut der oben er- 
wühnten 10 Patienten mit Anosmie erhob, war nun jedesmal der 
gleiche und so typisch, dass die Anosmien ausnahmslos als essentielle, 
d. h. durch Schädigung der Geruchszellen hervorgerufene, bezeichnet 
werden konnten. Es bestand entweder Ozaena foetida oder Rhinitis 
sicca mit Atrophie der Schleimhaut. 

Durch diesen stets gleichen Befund auf das häufigere Zusammen- 
treffen von xerotischen Schleimhautveränderungen mit Anosmie auf- 
merksam geworden, habe ich eine Reihe (30) von Patienten mit 
schweren oder leichteren Veränderungen dieser Art systematisch durch- 
untersucht und bin dabei zu dem Resultat gekommen, dass die Hälfte 
dieser Patienten eine vollkommene Anosmie und ein Drittel starke 
Hyposmie aufwiesen (Reaktion erst auf 5000 Olfaktien). Nur vier 
Patienten hatten einen nach dem Olfaktometer-Versuch als normal 
zu bezeichnenden Geruch. Unter diesen vier Patienten befand sich 
merkwürdigerweise eine typische Ozaena foetida mit starker Borken- 
bildung. 

Diesen einen Fall habe ich mehrmals genau rhinoskopisch unter- 
sucht und dabei festgestellt, dass die Borkenbildung in der Nase und 
die hochgradige Atrophie der Schleimhaut nicht bis in die Riech- 


-- 


3] Xerose und Anosmie. 55 


spalte hinaufreichte. Ich habe so genau anfänglich nicht bei allen 
Fällen auf dies Verhalten geachtet, aber seitdem ich das tue, kann 
ich regelmässig feststellen, dass die trockene Schleimhautveränderung 
in der Riechsphäre ganz parallel mit dem Ausfall des Olfaktometer- 
Versuchs verläuft, bei Anosmie, Trockenheit und Atrophie, soweit 
man sehen kann, bei Hyposmie und normalem Geruch Freisein des 
vorderen Septums von der Höhe der mittleren Muschel an. 

Nicht in allen Fällen von sogenannter nach dem Olfaktometer- 
Versuch anzunelımender Anosmie bestand eine tatsächliche voll- 
‚kommene Anosmie. In mehreren Fällen konnte ich konstatieren, dass 
warme, feuchte Gerüche noch wahrgenommen und zwar ziemlich exakt 
bezeichnet werden konnten, während für Jonon und Athylbisulfid die 
Perzeption erloschen war. 

Es wird daher zweckmässiger sein, das Resultat der vorliegenden 
Prüfung so zu bezeichnen, dass in den meisten Fällen von trockener 
Nasenschleimhaut mit Atrophie eine hochgradige Hyposmie bis unter 
die Grenze des Olfaktometer-Versuchs reichend besteht. 

Wenn man die dauernden gewerblichen Schädlichkeiten bedenkt, 
die das Untersuchungsmaterial (Arbeiter aus den Hansestädten) aus- 
zuhalten hat, so ist es eigentlich selbstverständlich, dass so feine 
Gebilde wie die Riechzellen, trotz ihrer geschützten Lage, bei der 
Überflutuug der Nase mit schädlichem Staub allmählich notleiden 
und zugrunde gehen. Ich habe besonders einige Kategorien von 
Kranken häufig an Anosmie leiden sehen, die viel unter Staub zu 
leiden hatten, das waren Arbeiter und Arbeiterinnen in Jutefabriken 
und Reismühlen (vegetabilischer Staub) und Schlosser und Eisendreher 
imetallischer Staub) und Löter (entzündungserregende Gase), während 
Tischler weniger häufig Anosmie zeigten, trotzdem sie zu den Xerose- 
Kranken einen ganz beträchtlichen Prozentsatz nach meiner Er- 
fahrung stellen. 

Der anfangs erwähnte Fall bei einer Ozaena foetida, der im Laufe 
einer intensiven täglichen Behandlung mit Quillajadecoct einer auf- 
fälligen Besserung der Ozäna zugeführt wurde, und der mit fort- 
schreitender Besserung ein geringes Geruchsvermögen bekam, gibt 
mir Veranlassung, noch mit einem Wort auf die Therapie der Anos- 
mie und Hyposmie zu sprechen zu kommen. A priori miisste man 
annehmen, dass alle jene therapeutischen Eingriffe und Massnahmen, 
die für die Ozäna und für die leichteren Fälle von Rhinitis sicca und 
Schleimhaut-Atrophie in Betracht kommen, auch für die Erhaltung 
und Verbesserung des Geruchsvermögens richtig seien. Ich glaube 
das nicht. Von den zumeist verordneten Spülungen ist kein wesent- 
licher Erfolg zu erwarten, da die Schleimhautveränderung, die die 


56 Goswin Zickgraf: Xerose und Anosmie. [4 


Anosmie und Hyposmie verursacht, zu hoch in der Nase ihren Sitz 
hat, um von dem spülenden Wasserstrom erreicht zu werden. Deut- 
lichen Erfolg habe ich nur von den, von mir angegebenen Saponin- 
Inhalationen gesehen, die ich jetzt ausschliesslich in der Form eines 
Nasen-Sprays machen lasse. Der Nasen-Spray wird mit Tabletten 
zum Auflósen, in denen Saponin in einer bestimmten Konzentration 
enthalten ist, gebrauchsfertig von B. Hadra-Berlin in den Handel 
gebracht. 


II. Referate. 


l. Allgemeines, Geschichte usw. 


1. H. Aboucker, Erkrankungen des Mundes, des Rachens und 
der Nase, Lungenkraukheiten vortüáuschend. (Fausses affections 
pulmonaires d'origine bucco-naso-pharyngeenne.) Annales des 
maladies de l'oreille. Nr. 2. 1910. 


Alle Spezialisten wissen, wie oft es genügt, ein verlängertes Zäpfchen 
abzuschneiden, einen „nicht vermuteten Polypen aus der Nase zu ent- 
fernen, um mit einem Schlage auch einen jahrelang Jauernden Husten 
zu kupieren. Sehr eklatante derartige Fälle sind in letzterer Zeit Gegen- 
stand besonderer Publikation geworden (Lermoyez, Avelino Martin). 
Wenn wir dennoch des längeren bei der Arbeit Abouckers verbleiben, 
80 geschieht es wegen der scheinbaren Erfolge, die er bei Blutungen aus 
dem Rachen und der Nase bei Patienten erzielt hat, die von anderen 
Ärzten als tuberkulös betrachtet worden sind. Eine durch mehrere Jahre 
fortgesetzte Beobachtung von Patienten, die an scheinbarer Cavumblutung 
sine materia oder namentlich aus den sogenannten Pharynxvarizen ge- 
blutet haben, zeigt später doch, dass ein grosser Teil derselben an Lungen- 
tuberkulose erkranken. Damit soll freilich nicht geleugnet werden, dass 
hie uni da, namentlich bei Ozäna echte Pharynxblutungen auftreten 
können, die mit Tuberkulose nichts zu tun haben, wenn auch, was die 
Ozäna anlangt, in letzterer Zeit immer mehr deren ätiologische, oder 
sagen wir prädisponierende Beziehung zur Tuberkulose nachgewiesen wird. 

Lautmann, Paris. 


2. Alexander, Reichenhall, Inhalationsapparat mit Kühler und 
Kondenswasserverhütung. Med. Klin. Nr. 10. 1910. 


Alexander beschreibt uns einen Inhalationsapparat, bei dem durch 
Abschrägung des Inhalationsrohres am Ende die Kondenswasser- 
bildung daselbst verhütet wird. Zur Abkühlung des Dampfes ist das 
Inhalationsrohr durch einen Kasten geführt, der mit Eis und Wasser 
gefüllt ist. W ürth, Würzburg. 


58 Referate. | [2 


3. Barajos, Madrid, Intervenciones an anestesia local. Eingriffe 
mit lokaler Anüsthesie.  Bolitón de Laringologia otologia y 
rinologia Januar-Februar 1910. 

Barajos berichtet über folgende Eingriffe, die er mit Hilfe der 
lokalen Anästhesie gemacht hat:Caldwell-Lucsche Operation, Ogston- 
Lucsche Operation, Rouges Operation (Rhinotomia infralabialis), Tracheo- 
tomien usw. Er gibt dem Kokain den Vorrang und den Vorzug von 
den neueren Analgetika (Alypin, Stovain, Eukaiu); um die grósste an- ` 
ästhetische Wirkung mit der geringsten Gefahr verbunden zu erzielen, 
fst es notwendig, die Kokainlósungen zu neutralisieren, was durch Hinzu- 
lügen von doppelkohlensaurem Natron und nachfolgender Filtrierung sehr. 
ieicht geschieht. Menier. 


4. R. Goldmann, Kairo. Die Indikationen Ägyptens bei Er- 
krankungen des oto-laryngologischen Spezialgebietes. Monats- 
schrift für Ohrenheilkunde 2. 1910. 


Die prophylaktische wie heilende Wirkung des ägyptischen Klimas 
bei akuten und chronischen Affektionen des Ohres, der Nase und des 
Halses. Sippel, Würzburg. 


5. Jansen, Berlin, Was leistet das Róntgenverfahren auf oti- 
atriscehem' und rhinologiscehem Gebiete für die Diagnose? 
Deutsche Zeitschr. für Chirurgie. Bd. 99. 


Die sehr ausführliche Arbeit gliedert sich in 2 Hauptabteilungen, 
nämlich in die Besprechung des Nutzens des Röntgenverfahrens für die 
Anatomie und in diejenige für die Diagnostik auf dem Gebiete der Rhino- 
logie und der Otiatrie. Das Bedürfnis nach Aufklärung über anatomische 
Verhältnisse erstreckt sich in der Otiatrie in der Hauptsache auf den 
Warzenfortsatz und ist deshalb geringer als bei den kompliziert gebauten 
Nebenhöhlen der Nase. Jansen bedient sich für die Ohren ausschliess- 
lich des photographischen Verfahrens. Die Aufnahmen erfolgen im Profil 
(transversale Durchstrahlung) und en face (sagittale Durchstrahluug). Bei 
der Profilaufnahme wird die Gegend des Warzenfortsatzes fest auf die 
Platte gedrückt. Die Expositionszeiten betragen bei den Profilaufnahmen 
1!/s—2!/s, bei den en face Aufnahmen 3—4 Minuten. Durch die Auf- 
nahme erlangt man eine genaue Kenntnis vom Bau des Warzenfortsatzes 
und gewinnt Anhaltspunkte dafür, ob die Operation leicht oder schwer 
sein wird und ob durch die Beschaffenheit des Warzenfortsatzes die Ent- 
stehung von Komplikationen innerhalb der Schädelhöhle wahrscheinlich 
ist. Auch für die Wahl des Operationsverfahrens kann das Röntgen- 
verfahren den Ausschlag geben. Auf diagnostischem Gebiete sind seine 
Leistungen indessen, was die ÖOtiatrie betrifft, ziemlich beschränkt. Man 
muss hier die en face Aufnahmen vorziehen, um beide Warzenfortsitze 
zum Vergleiche vor sich zu haben. Hierbei werden aber oft die Warzen- 
fortsátze, wenn sie nicht sehr gross sind, durch den Unterkiefer verdeckt. 

Auf rhinologischem Gebiete erlangt man durch das Róntgen- 
verfahren Kenntnis: über die Gestalt der einzelnen Nebenhöhlen. Auf 
der Vorderplatte erscheinen sämtliche Höhlen ausser der Keilbeinhöhle; 
auf der Seitenplatte erscheinen sämtliche Höhlen derselben Seite, und 
ausserdem die Keilbeinhóhle. Die genauere Kenntnis dieser anatomischen 


3] Referate. 59 


Verhältnisse ist für vorzunehmende Operationen von ganz eminenter 
Bedeutung. Was die Diagnose betrifft, so ist das Röntgenverfahren ebenso- 
wenig unfehlbar, als die anderen hier in Betracht kommenden Unter- 
suchungsmethoden. Es ist sehr schwierig zu erkennen, welche Höhle als 
erkrankt zu betrachten ist. In jedem Falle ist die Röntgenbehandlung 
aber der elektrischen Durchleuchtung an positivem Werte überlegen. Was 
die Keilbeinhóhle betrifft, so bietet sie überhaupt die einzige Möglichkeit, 
hier Einblick zu gewinnen. Oft ist das Resultat der Röntgendurchleuch- 
tung demjenigen der elektrischen Durchleuchtung direkt entgegengesetzt. 
In solchen Fällen darf man wohl annehmen, dass das Röntgenverfahren 
das Zuverlässigere ist. Ein scheinbarer Widerspruch ergibt sich oft 
zwischen beiden Methoden bei der partiellen Erkrankung der Schleim- 
haut in den Nebenhóhlen. Wenn z. B. die Schleimhaut am Boden der 
Kieferhöhle oder am unteren Abschnitt der Kieferhöhle erkrankt ist, so 
werden die von unten her kommenden elektrischen Strahlen abgedunkelt, 
während die Röntgenstrahlen, welche durch gesundes Gebiet leuchtend 
von hinten nach vorn durchgehen, keine Verschleierung anzeigen. Man 
muss desbalb immer am besten sich beider Verfahren in Kombination 


bedienen. 


Bei der Besprechung der Röntgenbilder, welche die Erkrankungen 
der einzelnen Hóhlen geben, wird besonders darauf hingewiesen, dass eine 
selbst leichte Verschleierung oder Schattierung bei der Stirnhóhle für 
das Vorhandensein einer Erkrankung schon hohe Beweiskraft besitzt. 
Dagegen trifft man bei der Kieferhöble stets, wenn auch keine Erkran- 
kung vorhanden ist, leichte Schattierungen und muss daher sehr vor- 
sichtig sein. Ebenso ist die Deutung am Siebbein sehr schwer. Es ist 
dieserhalb stets anzuraten, Aufnahmen in sagittaler und in transversaler 
Richtung zu machen und diese miteinander zu vergleichen. 


Es kann nicht weiterhin auf die Einzelheiten der sehr dankens- 
werten und sehr interessanten Ausführungen an dieser Stelle eingegangen 
werden. Demjenigen, welcher sich mit der Róntgenuntersuchung auf den 
hier in Betracht kommenden Gebieten befassen will, wird die Arbeit 
wichtige Anleitungen und Fingerzeige geben. Die auf Tafeln beige- 
gebenen 16 Abbildungen sind leider in der Reproduktion nicht gut 
ausgefallen und daher zur Belehrung kaum zu verwenden. 

Stein, Wiesbaden. 


6. K. Leuwer, Bonn, Versuche über den Sehluckweg. Wiener 
klin. Rundschau 3—7. 1910. 


In einem längeren Bericht über den Schluckmechanismus, aus- 
gehend von den ersten Untersuchungen von Hippokrates, von Galen, 
die die Lehre von der Aspiration durch die Lunge bezw. durch den 
Magen aufstellen, werden die Forschungen einer Reihe späterer Autoren 
nach Erfindung des Kehlkopfspiegels, der auch auf diesem Gebiete hahn- 
brechend wirkte, dargestellt. Hauptsächlich war es das Verhalten des, 
Kehlkopfes beim Schluckakt, das am meisten der Aufklárung bedurfte. 
Am Schlusse seiner Behandlung bringt Leuwer den Bericht über seine 
eigenen Versuche an Tier und Mensch und über die daraus sich erge- 
benden Resultate. Sippel, Würzburg. 


60 Referate. [4 


7. B.Grossmann, Wien, Zur Frage der Bedeutung der Wasser- 
mannschen Reaktion in der Rhino-Laryngologie. Monatsschr. 
für Ohrenheilk. 3. 1910. 


Die Ergebnisse der Untersuchung an 52 Fällen mit der Wasser- 
mannschen Reaktion können dahin zusammengefasst werden, dass die 
Wassermanneche Reaktion in der Rhino-Laryngologie eine wertvolle 
Untersuchungsmethode darstellt, ferner dass für die Luesätiologie der 
Ozaena simpl. keinerlei Beweisgründe durch die serologischen Unter- 
suchungen beigebracht werden können, sondern dass im Gegenteil die 
Lues als ätiologisches Moment der Ozaena simpl. nicht angesehen werden 
kann. | Sippel, Würzburg. 


8. Monges, Ein Fall von Lepra, (Un cas de Lepre.) Le Larynx. 
Januar-Februar 1900. 


28jährige Patientin in den französischen Kolonien (Guadalupe) ge- 
boren. Was die speziellen Nasenmundkehlkopfsveränderungen anbelangt, 
findet man: Abplattung der Nase, Verdickung der Lippen, Verdickung 
der Nasenflügel, Lepromnarben; das knorpelige Septum ist verbreitert; 
das vordere Ende der unteren Muschel ist mit dem Septum verwachsen. 
Indurierte Knótchen auf der Zungenspitze. Im Kehlkopf findet man 
Knötchen, welche die Mukosa abheben und eiförmige oder runde oder herz- 
förmige Vorsprünge bilden. Die Stimme war einigermassen verloren, die 
Abtragung eines Leproms stellt sie wieder her. Die Motilität der Stimm- 
bänder hat keine Einbusse gelitten; es scheint, dass die Knötchen die 
Muskeln und das knorpelige Gerüst des Kehlkopfs frei liessen und nur 
die Schleimhaut ergriffen. Die histologische Untersuchung des abge- 
tragenen leprösen Tumors zeigte als charakteristisches Merkmal eine be- 
deutende Zahl von Hansens Leprabazillen. Dieser Fall ist der 
dritte Leprafall, der in Marseille von dem Laryngologen Prof. Doktor 
Molinié gesehen worden ist. Zwei davon waren Eingeborene aus 
den französischen Kolonien, die dritte war eine Italienerin. Menier. 


9. Neisser, Lupus oder tertiäre Lues? Sarkom oder primäre 
Lues? Berl. klin. Wochenschr. 1909. Nr. 33. 


In zwei Fallen (Mutter und Tochter) hatte der behandelnde Arzt 
den luetischen Prozess nicht erkannt und beide Patienten als Lupus- 
kranke behandelt. Als traurige Folge dieser Verwechslung kam es bei 
der Tochter zu hochgradigen Zerstórungen des Nasengerüstes, zu Ver- 
wachsungen zwischen Velum und hinterer Rachenwand und zur Amau- 
rose wührend die Erscheinungen bei der Mutter durch eine energische 
Kur noch zum Stillstand gebracht werden konnten. Im Anschluss an 
diese verhängnisvolle Fehldiagnose mahnt Neisser, in jedem zweifel- 
haften Falle zur diagnostischen subkutanen Tuberkulin-Injektion zu 
greifen, überall, wo primäre oder sekundäre Syphilis differentialdiagnostisch 
in Betracht kommt, eine energische Quecksilberkur als diagnostische 
Probebehandlung anzuwenden, resp. bei Verdacht auf tertiäre Formen 
Jod probeweise zu geben — ebenso soll bei jeder absonderlichen Tumor- 
form zunächst die Möglichkeit: Syphilis, in Erwägung gezogen werden, 
besonders wenn der positive Ausfall der Serodiagnose die Anwesenheit 
von Lues erweist. Georg Cohen, Königsberg i. Pr. 


5] Referate. 61 


10. P. Sebileau, Die metallische Prothese des Schüdels. (La 
prothése métallique du crane.) Annales des maladies de 
l'oreille etc. Tome XXXVI. Nr. 2. 


Man glaubt allgemein, dass die in das Innere von Geweben ver- 
pflanzten metallischen Prothesen ständig Fremdkörper bleiben und früher 
oder später als solche vom Organismus ausgestossen werden. Als Sebileau, 
der von der allgemeinen Chirurgie in unsere Spezialität „umgesattelt“ ist, 
im Jahre 1903 in der Pariser Gesellschaft für Chirurgie einen Patienten 
vorstellte, bei dem er die Vorderwand einer vereiterten Stirnhöhle abge- 
tragen und dieselbe durch eine gefensterte Goldplatte ersetzt hatte, liessen 
ibn die Diskussionsredner befürchten, dass die Prothese einer konsekutiven 
Osteoitis nicht lange standhalten würde. Diese Befürchtungen schienen 
anfangs nicht mit Unrecht gehegt zu werden, da Sebileau kurze Zeit 
darauf einen Patienten in derselben Gesellschaft für Chirurgie vorstellen 
konnte, bei dem sich ein künstlicher aus Gold hergestellter Nasenriicken 
allmäblich aber sicher aus seiner Unterlage auszustossen begann. Die 
fortlaufende Beobachtung hat jedoch ergeben, dass solche Prothesen tat- 
sächlich jahrelang verbleiben können und mit der Zeit so innig von den 
Weichte’len durchwachsen werden, dass sie die schützende Funktion des 
normalen Knochens übernehmen könne. Nicht nur hat der 1903 operierte 
Patient bis auf den heutigen Tag seine Prothese behalten, sondern zwei 
andere Patienten, von denen der eine von Rouvillois operiert worden 
ist, haben ihre Protbesen, der eine schon seit Jahren, der andere aller- 
dings erst seit Monaten, bebalten, trotzdem die Patienten, ohne Rücksicht 
auf den Knochendefekt, jedem Sport nachgeben und der eine sogar ein 
schweres Schädeltrauma durchgemacht hat. In den beiden letzteren Fällen 
handelte es sich um ausgedehnte Krauiektomien. 


Allerdings ist die Technik der Prothese nicht jedermanns Sache und 
verlangt die beispiellose Geschicklichkeit eines Delair, der seit Jahren 
für alle französischen Chirurgen die Kopfprothese besorgt. Das Anfertigen 
der Prothese kann erst in der letzten Minute, das heisst während der 
Operation, zu Ende geführt werden, da Dimensionen und Form nicht 
einfach nach dem Augenschein bestimmt werden dürfen. Das Ausschnei- 
den des deckenden Hautlappens, die überaus schwere Blutstillung, das 
Abglätten der Wundränder des Knochendefektes und endlich die Fixation 
der Prothese sind die einzelnen Punkte, auf die es ankommt und von 
denen das Gelingen der Prothese abhängt. Leider geht der Autor, der 
bisher ziemlich breitläufig beschrieben bat, auf diese wichtigen Punkte 
. nicht des näberen ein. Dagegen erinnert er an die Versuche eines seiner 
Schüler, G. Lemerle, über die Toleranz des tierischen Körpers gegen 
aseptisch eingeführte Fremdkörper. Uns erscheinen die Versuche an 
Tieren um so überflüssiger, als wir alle die grosse Toleranz des mensch- 
lichen Körpers Revolverkugeln, den: Paraffin etc. gegenüber kennen, ohne 
auf die alt-ägyptische Chirurgie zurückzugreifen, in der Metallprothesen 
und namentlich Zahnplomben bekannte Dinge waren. 

Lautmann, Paris. 


62 Referate. [6 


2. Nase und Nebenhöhlen. 


11. Caldera, Sopra un nuovo caso clinico di papilloma del setto 
nasale. Uber oinen neuen klinischen Fall von Papillom der 
Nasenseheidewand. Archivio ital. di Otologia, Rinologia, Larin- 
gologia 1910. Nr. 2. 

Wahre Papillome des Septums sind trotz gegenteiliger Anschauung 
älterer Autoren, die ihre Diagnose nur auf klinischen Merkmalen basierten, 
relativ recht selten. Caldera findet im ganzen nur etwa 30 einwands- 
freie Fälle in der Literatur. — Der von ihm selbst beobachtete Fall, der 
durcb histologische Untersuchung sichergestellt und mittelst kalter Schlinge 
rasch und definitiv operiert wurde, zeigte im Gegensatz zu den Erfah- 
rungen der meisten übrigen Autoren ein sehr schnelles Wachstum 
(innerhalb 2—3 Wochen bis zur Grösse einer Bohne). 

Brühl, Gardone Riviera, Binz a. R. 


12. R. Castaneda, San Sebastian, Etmoiditis supurada crónica 
aislada con fistulacion y siu manifestatión endonasal. (Iso- 
lierte chronische vereiterte Ethmoiditis mit Fistelbildung und 
ohne endonasale Manifestation.) Boletin de laringologia, oto- 
logia y rinologia. Januar-Februar 1900. 

Verfasser beobachtete einen Fall von geschlossenem Empyem in einer 
hinteren Zelle des Siebbeinlabyrinths; das Empyem entleerte sich durch 
eine Fistel am hinteren Orbitawinkel; der Fistelgang war unabhängig 
und isoliert von den anderen Zellen des Ethmoidallabyrinths. Kein Eiter 
war in der Nase zu sehen. Ethmoidektomie; die Untersuchung der Stirn- 
hóhle war negativ. Eine Zelle der hinteren Gruppe des Ethmoids war 
mit Karies affıziert; die Affektion reichte nicht bis zum Keilbein. Heilung 
in vierzehn Tagen. 

Verfasser erklärt die isolierte Erkrankung durch die Mikrobenein- 
wanderung; er bekennt selber, dass diese Hypothese etwas gezwungen 
ist, da bei der Patientin, einem skrofulösen 18jährigen Mädchen. nur 
Katarrhe der Konjunktiva und der Augenlider existiert hatten, 

Menier. 


13. Deshayes, Notes cliniques sur la pyohémie à streptocoques. 
Deux eas mortels à point de départ naso-pharyngien. (Kli- 
nische Beobachtungen über die Streptokokkenpyhümie. Zwei . 
tödliche Fälle mit naso-pharyngealem Ausgangspunkte.) La 
Clinique. 19. Februar 1900. 


Fal I. Nach Abtragung der adenoiden Wucherungen hatte der 
junge Patient eine Nasenblutung, die durch Tamponade beherrscht wurde. 
Von diesem Tag an war er leidend und nach und nach entwickelte sich 
das Bild mit Septikopyhämie mit Metastasen. 


Fall II. Eine 31jährige Dame litt seit einigen Tagen an sehr 
schmerzhaften Schwellungen der Extremitäten. Nach 2 Tagen klagte sie 
über Störungen der Nasenatmung und 4 Tage nachher gewahrt man in 
der Nase eine Pseudomembran ; keine Veränderung im Halse. Ein- 
spritzung von Heilserum; in Strichpräparaten findet man reichliche 


1] Referate. 63 


Lóffler-Bazillen. Kurzum, nach zahlreichen Metastasen stirbt Patientin, 
ein Opfer einer Pyhämie, die den energischsten Mitteln trotzte. 

Verf. erblickt in der Nasenrachenhöhle den ursprünglichen Sitz der 
Infektion. Das Interessante des zweiten Falles liegt in der nasalen 
Diphtherie, welche die Nase primar angriff und nicht weiter fortschritt. 

Menier. 


14. Santos Fernandez, Exoftalmia pod polipos de la órbita 
procedentes del seno-maxilar. Exophthalmie dureh Polypen 
der Augenhöhle, die vom Antrum Highmori herkamen, Archivos 
de oftalmologia Hispano-americano Januar 1910. 

Die Polypen entwickelten sich in dem Naseninneren eines 5jăhrigen 
Mädchens, drangen in die Kieferhöhle und, ohne dass es jemals Symptome 
seitens des Antrum Highmori gab, wurde die Augenhöhle invahiert durch 
Perforation der oberen Wand des Antrums. Ler Tumor war: Endo- 
theliom, das Bindegewebezellen, polymorphnukleäre Leukozyten, kleine 
mononukleáre Zellen enthielt. Dazu fand man Gefáüsse mit Anzeichen 
einer Perivaskulitis. Menier. 


15. Fons, Dos casos de atresia de la abertura anterior de las 
fosas nasales. evista de Medicina y Cirurgia Practicas de Mad. 

rid. Nr. 1. 101. 7. Dez. 1909. 

Fons berichtet über 2 Kranke von 40 bezw. 44 Jahren, welche 
eine vollkommene Atresie der einen Nasenhälfte und Verengerung der 
anderen Nasenhälfte hatten. In beiden Fällen handelte es sich um Narben. 
Es hatten Verätzungen mit Ammoniak stattgefunden. Die Patienten 
hatten sich Wattepfropfen, welche mit Ammoniak getränkt waren, in die 
Nase gesteckt. Dies ist ein in Spanien gebräuchliches Gegenmittel gegen 
die akute Alkoholvergiftung. Stein, Wiesbaden. 


16. W. Gemmili, Behandlung eines Uleus rodens mit Kalium- 
biehromat. Med. Klin. 15. 1910. 


Das Ulcus sass über dem knóchernen Teil der Nase. Da chirurgische 
Entfernung unausführbar, Bepinselung mit einer 10°joigen Lösung von 
Kaliumbichromat. Nach der dritten Applikation vollständige Heilung mit 
etwas unregelmässiger Narbe. Sippel, Würzburg. 


17. M. Hajek, Wien, Mukozele der Keilbeinhöhle, kompliziert 
durch Neuritis optiea. Operation. Heilung. Monatsschr. für 
Ohrenheilkunde 3. 1910. 

. Im vorliegenden Falle, bei dem nebenbei noch eine hochgradige 
Ozäna bestand, schloss sich an das Ende der linken mittleren Muschel 
ein diffuser, ganz glatter Tumor an, der die hintere Partie der Fissura 
olfact. völlig verlegte und sich innig an die Scheidewand anlegte. Nach 
Anreissen des Gebildes mittelst des Siebbeinhakens stürzte sofort eine an- 
sehnliche Menge serös-schleimiger Flüssigkeit in die Nasenhöhle hervor. 
Die vordere Wand wurde abgetragen und nun wurde der Tumor als eine 
Auftreibung des Sinus sphenoid. erkannt. 

Beachtenswert ist dabei, dass bereits 1/2 Stunde nach der Operation 
die Patientin mit dem linken Auge wieder Gegenstände unterscheiden 
konnte, was vorher nicht der Fall war. Sippel, Würzburg. 


64 Referate. [8 


18. Harmes, London, Fibrosarkom der Nase, entfernt nach tem- 
porürer Ligatur der üusseren Karotiden und Laryngotomie. 
Proc. Roy. Soc. Med. vol. III. Nr. 5. 

Die Geschwulst zeigte sich bei einem Manne von 47 Jahren. Sie 
war ausserordentlich gefassreich, von grossem Umfang und in die linke 
Orbita, das linke Antrum und den Naso-Pharynx hervorragend, aber nicht 
in die Fossa temporalis. Bei der Operation zeigte es sich, dass sie vorne 
vom Sinus frontalis bis nach hinten zum Sinus sphenoidalis an der 
Schádelbasis festsass. Es musste ein Teil der Lamina cribrosa und ein 
kleiner Teil der Dura mater mit entfernt werden, an welcher die Geschwulst 
zu haften schien, Der Verf. legt besonders Nachdruck auf die Wichtig- 
keit der temporüren Ligatur der Carotides externae und Laryngotomie, ohne 
welche voıbereitenden Massnahmen der Patient sich wahrscheinlich zu 
Tode geblutet hätte. Guthrie, Liverpool. 


19. O0. Kahler, Wien, Zur Pathologie und Klinik der gutartigen 
Oberkiefergeschwiilste. Monatsschr. f. Ohrenheilk. 2. 1910. 


Die Abhandlung erstreckt sich über Kieferhöblenfibrome und über 
partielle Hyperostose des Oberkiefers, ihre Symptome und ihre operative 
Behandlungsweise. Sippel, Würzburg. 


20. K.Kofler, Wien, Beitrag zur Behandlung mittlerer Synechien. 
Monaisschr, f. Ohrenheilk. 3. 1910. 


Es handelt sich hier um einen Fall von mittlerer Synechie, bei dem 
die untere und mittlere Muschel in breiter Ausdehnung mit dem Nasen- 
boden, der lateralen Nasenwand, dem Septum und unter sich verwachsen 
waren. Die Operation nach Denker, d. h. die Abtragung der lateralen 
Nasenwand, ergab ein gutes Resultat. Sippel, Würzburg. 


21. Kelson, London, Erkrankung des Sinus frontalis mit Ne- 
krose bei einem Manne von 33 Jahren. Proc. Roy. Soc. Med. 
vol. III. Nr. 3. 


Der Patient, ein Schneider, zog sich Syphilis im Jahre 1905 zu. 
Drei Jahre später wurde wegen Erkrankung der linken Kieferhóhle eine 
Radikaloperation ausgeführt, "Vier Tage nach der Operation zeigte sich 
auf beiden Seiten über dem Sinus-frontalis eine grosse Schwellung. Eine 
Eröffnung des linken Frontal Sinus nach drei Tagen zeigte eine ausgedehnte 
Nekrose des äusseren Randes und grosse Sequester wurden entfernt. Bei’ 
mehreren späteren Gelegenheiten wurden einige Teile abgestorbenen Kuochens 
entfernt. Guthrie, Liverpool. 


22. Maurice, Nouvelle pince pour les vegetations adenoides. 
(Neue Zange für die adenoiden Wucherungen.) Archives intern. 
de laryngologie. März-April 1910. 
Bei dieser Nasenrachenzange wirken die schneidenden Flächen von 
oben nach unten und von vorne nach hinten (d. b. nach der senkrechten 
Achse des Nasenrachenraumes). Der Griff ist so gebogen, dass die Ein- 


führung und die verschiedenen Bewegungen leicht ausführbar sind. 
Menier. 


3] | Referate. 65 


33. Onodi, Die chirurgische Behandlung der Nasenscheidewand- 
tuberkulose. Berl. klin. Wochenschr. 1909. Nr. 35. 


Die primäre Tuberkulose in der Nase kommt in jeder Altersstufe, 
an jedem Teil der Nase vor, am häufigsten am knorpeligen Septum; sie 
kann infiltrativer, ulzeröser und proliferativer Form sein; die bisher ge- 
übten Methoden: Auskratzung, Ätzung und Kauterisation können Rezidive 
. nicht verhindern und sollen durch radikale chirurgische Behandlung er- 
setzt werden. Als solche schlägt Onodi vor: endonasale Resektion der 
erkrankten Teile oder Resektion der Scheidewand nach vorheriger Spaltung 
der Nase. Bei sekundärer Tuberkulose ist lokale Behandlung am Platze, 
wobei natürlich das Allgemeinbefinden des Individuums für das mehr oder 
minder radikale therapeutische Vorgehen ausschlaggebend sein soll. 

Georg Cohn, Königsberg. 


24. Rebaudi, Über einen Primüraffekt der Membrana pituitaria. 
Sifiloma iniziale della pituitaria. Gazetta degli ospedali. S. 33. 
13. Marz 1900. 


Solche Fälle sind sehr selten und die Ätiologie ist fast immer sehr 
dunkel ; es ist unmöglich, die Quelle der Ansteckung zu finden. Der vom 
Verf. beobachtete Fall betrifft einen 59jährigen Schuhmacher, der einen 
Primäraffekt der Nasenschleimhaut mit submaxillärer Drüsenschwellung und 
nachträglich eine Hautaffektion hatte, welche die Diagnose bestätigte. 
(Syphiloderma erythemato-papulosum). Menier. 


25. Charters J. Symonds, London, Entfernung des Stirnbeins 
wegen septischer Osteomyelitis. Proc. Roy. Soc. Med. Vol. III. 
Nr. 3. 


Die Infektion folgte chronischer Eiterung der beiden Frontal-Sinus 
und war vor der Operation vorhanden. Durch eine Reihe von Operationen 
wurde das Stirnbein entfernt zugleich mit einem Teile des Siebbeines, 
der Decke der rechten Orbita, ihrer inneren Wand und des vorstehenden 
Knochens des Orbitalrandes. An der linken Seite liess man den Orbital- 
rand zum Teil stehen. Das Interessante an dem Falle war, dass nach 
so ernster Komplikation Heilung eintrat und dass die Wiederherstellung 
des grössten Teiles des Stirnbeines mit folgender Restaurierung der Wólbung 
der Stirne stattfand. Guthrie, Liverpool. | 


26. G. Tapia, Indicaciones y tratamiento quirürgico de la sinu- 

sitis frontal. Revista Clinica De Madrid. Band II. Nr. 18. 

15. September 1909. 

Tapia stellt zwei Fragen auf: 

1. Soll man, nachdem die Diagnose einer Stirnhöhlenentzündung 
sicher gestellt ist, operieren und den Sinus frontalis von aussen Öffnen ? 

2. Welches Verfahren soll man anwenden, wenn die Operation be- 
schlossen ist? Die erste Frage beantwortet er dahin, dass die Ansicht 
derjenigen Autoren, welche die Operation in jedem Falle anraten, nicht 
zu Recht bestehen könne; denn es gäbe eine sehr grosse Anzahl von 
Fällen, bei denen auch eine konservative Behandlung oder eine endonasale 
Operation vollkommen zum Ziele führen könne. Unbedingt durch Er- 
öffnung des Sinus von aussen seien nur die sogenannten komplizierten 
Fälle zu behandeln, welche schon mit einer Phlegmone oder mit einem 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 1. 5 


66 Referate. [10 


periostalen Abszesse, oder mit Fisteln, oder mit Erscheinungen, welche 
auf eine Beteiligung der Schädelhöhle hinwiesen, zur Beobachtung kommen. 
Im übrigen aber gibt es eine grosse Anzahl von Fällen, welche jahrelang 
nur ganz unbedeutende Erscheinungen machen können und bei denen 
eine konservative endonasale Behandlung durchaus zum Ziele führen kann. 
In einer weiteren Gruppe von Fällen, bei denen starke Eiterabsonderung 
verbunden mit sehr heftigen Schmerzen besteht, soll man auch erst noch 
eine endonasale Operation versuchen, ehe man zu der Radikaloperation 
von aussen seine letzte Zuflucht nimmt. Tapia batte sehr gute Erfolge 
in solchen Fällen durch Resektion des Kopfes der mittleren Muschel und 
empfiehlt diese Operation auch für Fälle, bei denen eine Erkrankung 
mehrerer Nebenhöhlen der Nase zu gleicher Zeit vorliegt. 
Stein, Wiesbaden. 


27. Tapia, Cuerpo extrano de la región superciliar simulando 
una sinusitis frontal supurada. (Fremdkörper der Regio super- 
ciliaris eine eiternde Stirnhöhlenerkrankung vortäuschend.) 
Revista ibero americana de Ciencias Médicas. Februar 1900. 
Ein junger Mann erleidet einen Wagenunfall und trägt eine kleine 

Wunde der rechten Stirngegend davon. Fünf Monate später empfindet 
er Schmerzen, es bildet sich eine Schwellung, aus welcher Eiter reichlich 
fliesst; es bestand ein kleiner Fistelgang. Kein Eiter in der Nase, die 
rechte Höhle ist undurchsichtig; die Sondierung der Fistel zeigte, dass 
dieselbe mit der Stirnhöhle nicht verbunden war. Alles sprach gegen 
das Vorhandensein einer Sinusitis. Nach Einschnitt durch den Fistel- 
gang und Dissektion des harten, ihn umgebenden Gewebes (der Knochen 
war gesund) fand Verf. ein Gerstenkorn. In dem umgekippten Wagen 
waren mehrere Gerstensäcke und bei der ersten Behandlung hatte man 
einige Gerstenköner in der Nähe der kleinen Wunde gefunden. — Nach 
dem Eingriff von Tapia war Patient rasch geheilt. Menier. 


28. Logan Turner und Lewis, Edinburgh, Eine weitere Studie 
über Bakterien bei Eiterung in den Nebenhöhlen der Nase. 
Edinb. Med. Jour. April 1910. 

Einige der hauptsächlichsten Schlussfolgerungen, zu denen die Verf. 
gelangten, sind folgende: 

a) die vier Haupttypen der gefundenen Kokken sind Pneumokokken, 
Streptokokken, Staphylokokken und Diplokokken vom Typ des Micro- 
coccus catarrhalis. 

b) Bazillen sind weniger haufig, aber nicht so selten zeigt sich der 
Bacillus Coli und mit ihm Faulnisbakterien, Proteus: Zahnbakterien, wie 
der Bacillusgangraenae-pulpae und der Bacillus necrodentalis: eine obligat- 
anaerobe Gruppe, von welcher die häufigsten der Bacillus perfringens 
und der Bacillus ramosus sind: eine diphtheroide Gruppe: und der Bacillus 
influencae. 

c) Wie angegeben ist die klinische, wie auch die bakteriologische 
Infektion der Kieferhöhle in ?/3 der Fälle nasalen und in !/s dentalen 
Ursprungs. 

d) Bei frischer Sinus-Eiterung sind die Streptokokken, wenn vor- 
handen, in 60°,o virulent; bei chronischer Eiterung sind sie virulent in 
80 9/0. 


11] Referate. 67 


e) Alveolar- Eróffnung sollte zugunsten der nasalen Methode auf- 
gegeben werden, 

f) In chronischen Fällen (über 3 Wochen) geben der Verlauf, die 
Dauer und der Infektionsweg keinen Anhalt für die Heilbarkeit bei 
Ausspülung. 

g) Spülungen sollten nicht versucht werden in einem chronischen 
Falle, wenn der Eiter sowohl Streptokokken als auch ein Übermass an 
Lympbhozyten enthält. 

h) Misserfolge bei Anwendung von Spülungen in Fällen mit Strepto- 
kokken könnten auch auf Mangel an Schutzkörpern im Patienten zurück- 
zuführen sein und hier könnte dann Streptokokken-Vakzine von Wert sein. 

i) Eine spezielle Verbindung von Mikroorganismen, welche die Ur- 
sache der Misserfolge bei Spülungen wären, ist nicht erwiesen. 

| Guthrie, Liverpool. 


29. V. Urbantschitsch, Wien, Uber den Einfluss von Mittel- 
ohrentziindungen auf die Geruchsempfindungen. Monatsschr. 
f. Ohrenheilk. 3. 1910. 


Aus den 30 Fallen von einseitiger Mittelohrentziindung angestellten 
Versuchen mit 5 verschiedenen Geruchsarten geht hervor, dass Mittelohr- 
erkrankungen für sich allein den Geruchsinn zu beeinflussen vermögen 
und dass bei bestehenden otitischen Grosshirnabszessen nur solche Fälle 
von Störungen des Geruchsinns auf das Hirnleiden mit Sicherheit zu 
beziehen sind, bei denen dieselben mit der Ausheilung ‘des Abszesses 
wieder zurückgehen. Sippel, Würzburg. 


30. Wagner, Schwanburg, Über einen Fall von Heuschnupfen 
und dessen Behandlung. Med. Klinik 10. 1910. 


Bericht über die erfolgreiche Behandlung eines Falles von Heuschnupfen 
mit Kokain. Die Therapie setzte vor 2!/» Jahren ein und bestand in 
Spülung der Nasenschleimbaut mit je 1 ccm einer 2 ?/oigen, spáter 1 °/oigen 
Lösung, welche in dünnem, kräftigem Strahle (Pravazspritze) steil in die 
Nase aufgespritzt wurde. Die Spülungen wurden täglich oft 6—8 mal 
wiederholt. Dabei schien es von Wichtigkeit, die Regio olfactoria sicher 
zu treffen. Sippel, Würzburg. - 


31. Ziem, Danzig, Über Beziehungen der Lühmung des Nervus 
oculomotorius zu Krankheiten der Nase bezw. der Keilbein- 
hóhle. Med. Klinik 9. 1910. 

Darstellung eines Falles, bei dem sich im Anschluss an eine Affektion 
der Keilbeinhóhle bezw. der Nase starke Störungen im Gebiete des 

Nervus oculomotorius einstellten. Sippel, Würzburg. 


3. Rachen. 


32. Barany, Wien, Demonstration eines Patienten mit vom 
Ohre aus operierten Retropharyngealabszess. Wiener Klin. 
Wochenschr. 10. 1910. 

Es handelt sich um einen Senkungsabszess im Anschluss an eine 
chronische Otitis med. pur. Nach vollständiger Abtragung des Proc. mast. 


5* 


68 Referate. (12 


und Durchschneidung des Fazialis am Foramen stylomastoideum gelangte 
man in eine grosse Abszesshöhle. Patient ist jetzt vollständig geheilt. 
Sippel, Würzburg. 

33. Brelet, La mycose leptothrixique du Pharynx. Die Lepto- 

thrixmykosis des Pharynx. Gazette des Hôpitaux 10. Marz 1910. 


Verf. beschreibt die schon bekannte Symptomatologie. Es scheint, 
dass der Pilz nur in sehr angegriffenen Individuen wuchert und Hutinel 
bemerkte, dass man ihn ófters bei tuberkulósen Patienten beobachtet. 
Behandlung: Abtragung der Pilzwucherungen und Atzung mit Jod-Jod- 
kalilösung (Jod 2 g, Jodkali 3, Welser 20 g) oder mit Eisenchlorid oder 
Chlorzink zu 1 pro 20. Menier. 


34. Citelli, Catania, Ipofisi laringea nei bambini. Rapporti 
colla tonsilla faringea e coll’ apofisi centrale. (Die Rachen- 
hypophyse bei Kindern. — Beziehungen derselben zu der 
Rachenmandel und zur Hirnhypophysis.) Bolletino delle mal 
dell’ orecchio etc. 1909. Nr. 11. 


Ausgehend von der Vermutung, dass ein grosser Teil der Allgemeiner- 
scheinungen bei adenoiden Wucherungen zurückzuführen sein könnte auf 
einen durch den entzündlichen Prozess bedingten Andrang der inneren 
Sekretion eines bestimmten Drüsenorganes und angeregt durch die seiner 
Vermutung entgegenkommende Veröffentlichung Killians und anderer 
über die sogenannte Hypophysis pharyngis hat Citelli an 18 Leichen 
von Kindern bis zu 10 Jahren das Vorkommen einer solchen Rachen- 
bypophyse und ihre Beziehungen zu Rachenmandel und Hirnhypophysis 
studiert und ist dabei zu bemerkenswerten Ergebnissen gekommen. 

Er konnte in 67°/o der Fälle d. h. in 12 Hypophysisgewebe im 
Rachen nachweisen, das meist in Form eines 1—3!/s mm langen rund- 
lichen Stranges sich, oft schon in der Epithelschicht der Schleimhaut, 
meist aber tiefer beginnend, nach hinten oben, bis zum Periost der Schädel- 
basis erstreckte. Mit der Rachenmandel steht das Organ in engen räum- 
lichen und zirkulatorischen Beziehungen, da es in seinem hinteren Teile 
fast völlig in der Rachenmandel eingebettet liegt und dabei in mehreren 
Fällen sich auch direkte Gefässverbindungen nachweisen liessen. Es ist 
daher eine erhebliche Beeinflussung des Organs durch pathologische Zu- 
stände der Rachenmandel und deren therapeutisches Angreifen wohl zu 
erwarten. Zwischen Hypophysis pharyngis und Hypopbysis cerebri konnte 
Citelli mehrfach Gefässverbindungen feststellen, die durch das Periost 
des Keilbeins (und eventuell auch durch einen Rest des Canalis cranio 
pharyngeus) sich nach dem Schädelinnern erstrecken. Direkte Kontinuität des 
Hypophysisgewebes, aber auch einen persistenten Canalis craniopharyngeus, 
hat Citelli in keinem Fall nachweisen können. Citelli hält dem- 
gemäss die beiden Hypophysen für völlig voneinander getrennte 
Organe. Brühl, Gardone Riviera — Binz a. R. 


35. Dr. v. Gyergyai, Klausenburg, Ein neues, direktes Unter- 
suchungsverfahren des Nasenrachens, der Ohrtrompete und 
der hinteren Nasenpartie. Deutsche med. Wochenschr. 1910. 
Nr. 12. 


Die von Gyergyai geschilderte, jedenfalls neuartige Methode er- 
fordert zu ihrer Ausführung eine Metallróhre (8—10 cm Lánge und 4 bis 


13} Referate. 69 


12mm Durchmesser), an welcher das Briiningsche Spezialelektroskop 
angebracht ist. In Rickenlage des Patienten wird bei stark zurickge- 
beugtem Kopfe der weiche Gaumen durch den in den Nasenrachenraum 
eingeführten Zeigefinger der linken Hand vorgezogen und sodann bei weit 
geöffnetem Munde vom Mundwinkel her die Röhre in den Nasenrachen- 
raum vorgeschoben. Es gelingt zunächst, die Rosen müllersche Grube 
und den Porus tubarius, sodann die ganze hintere Rachenwand, das 
Rachendach und die Tubenöffnung zu übersehen. Selbst „das ganze 
hintere Ende des Choanenseptums und ein Teil der vorderen unteren, 
demnach bereits in der XNasenbóhle befindlichen Partie der vorderen 
unteren Wand des Keilbeinkórpers, gegebenenfalls das bintere Ende der 
eventuell hypertrophierten unteren Nasenmuschel, als auch der mittleren, 
ausnahmsweise des Recessus spheno-ethmoidalis, die obere Nasenmuschel 
und die Öffnungen einzelner Ethmoidalzellen* kónnen zu Gesicht gebracht 
werden. Verf. schildert die therapeutischen Verwendungsmöglichkeiten 
des Verfahrens. Unter ihnen verdient die Freilegung der Keilbeinhöhle 
durch Resektion der unteren Wand besondere Anfmerksamkeit. Auch 
die Hypophysis cerebri konnte auf diesem Wege an der Leiche erreicht 
werden. Hirsch, Magdeburg. 


36. Reiche, Pharyngitis exsudativa ulcerosa meningococeiea, 

Berliner klin. Wochenschr. 1909. Nr. 29. 

In einem in 9 Tagen letal verlaufenden Falle von echter Cerebro- 
spinalmeningitis entwickelte sich eine anfänglich pseudomembranöse, später 
stellenweise flache Ulzerationen darbietende Pharyngitis, die deshalb im 
Beginn eine Diphtherie vortáuschte; diese Beobachtung ist bisher ausser- 
ordentlich selten gemacht worden und Verf. kommt zu dem Ergebnis, 
dass der Diplococcus meningitis Weichselbaum unter noch nicht näber 
bekannten Bedingungen in seltenen Fällen auch exsudative und ulzeröse 
Alterationen auf der Rachenschleimhaut auslösen kann. 

Georg Cohn, Königsberg. 


37. Schneider, Prophylaxie de la meningite cerebro-spinale 
epidémique et désinfection du Rhino-pharynx. Prophylaxe 
der epidemischen cerebrospinalen Meningitis und Desinfektion 
des Nasenrachenraums. Journal de Médecine de Paris. 19. Marz 
1910. | 
Bei 54 gesunden Meningokokkenträgern desinfizierte Schneider 

den Nasenrachen: Pinselungen mit Jodglyzerin (1,30), Gurgelungen mit 

Wasserstoffsuperoxyd (1/10. Einatmung einer lauwarmen Mischung (Jod, 

Guajakol, Thymol und Alkohol zu 60°). Nach 4 Tagen waren die Keime 

verschwunden. Menier. 


38. Schönemann, Bern, Die rationelle Therapie und Prophy- 
laxe der Angina (Tonsillitis acuta). Korrespbl. für Schweizer 
Arzte Nr. 9. 1909. | 
Nach einem Rückblick auf die Ansichten über die physiologische 

Bedeutung der Mandeln macht uns Schönemann auch wieder mit 

seiner Anschauung bekannt: die Tonsillen sind nichts anderes als „auf 

die äussersten Posten vorgeschobene Halslymphdriisen,“ deren lymphatisches 

Quellengebiet vornehmlich in der Nasenschleimhaut zu sehen ist. Zum 


70 Referate. (14 


Hauptthema übergehend, üussert er die Ansicht, dass die Tonsillitis in den 
allermeisten Fällen eine sekundäre Erkrankung sei, hervorgebracht durch 
Verschleppung der Infektionsträger von der Nasen-, wie auch von der 
Rachenschleimhaut aus; nur sehr selten sei die Mandelentzündung primär. 
Diese sekundäre Lokalisation einer Allgemeininfektion von der Nasen-, 
selten der Rachenschleimhaut aus sei auch nur allgemein zu behandeln 
durch Salizylpräparate: Aspirin in ziemlich grossen Dosen, durch Schwitzen. 
von einer lokalen Therapie verspricht sich Schönemann nichts. Pro- 
phylaktisch empfiehlt er tägliche Eintráufelungen in Rückenlage von 2 /o 
Protargol oder 3°/o Kollargollösungen in beide Nasenlöcher, ferner Ab- 
tragen aller chronisch hypertrophischen Schleimhautpartien in der Nase 
und glaubt in sehr glücklichem Optimismus dadurch die akuten Rhinititiden 
und die denselben folgenden akuten Anginen verhindern zu können. Schöne- 
mann trägt hier den in seinen Arbeiten über die Physiologie der Mandeln 
vorgebrachten anatomischen, pathologischen und klinischen Tatsachen nicht 
genügend Rechnung. Lindt. 


39. Tanturri, Neapel, Il tessuto ipofisario del faringe o le vege- 
tazioni adenoide hanno valore nell asma riflessa? (Hat das 
Hypophysisgewebe des Rachens oder die Adenoidenwucherung 
Bedeutung für die Entstehung des reflektorisehen Asthma?) 
Bolletino delle mal dell’ orecchto etc. 1910. Nr. 2. 


Mehrfache klinische Beobachtungen von Asthmafällen, die nach 
Exstirpation einer mässigen mechanisch sicher nicht die Re- 
spiration störenden und nicht von Hypertrophie der Gaumen- 
mandeln begleiteten Rachenmandel geheilt wurden, scheinen dem Autor 
am ehesten ihre Erklürung zu finden in der neuerdings mehrfach diskutierten 
Annahme einer im Bereich der dritten Mandel gelegenen Rachenhypo- 
physis. Infolge direkter Gefässverbindung dieser mit der Hirnhypophysis 
könnten selbst leichte entzündliche Reizungen des Nasenrachenraumes 
eventuell reflektorisch vom Gehirn aus Atmungsstörungen auslösen. 

Brühl, Gardone Riviera, Binz a. R. 


40. Derselbe, Ascesso retro-faringeo consecutivo ad otite esterna 
in un bambino. Retro-pharyngealer Abszess nach Otitis externa 
bei einem Kinde. Gazetta internazionale di Medicina 6. Febr. 
1910. 


Der Titel erklärt den Inhalt des Artikels. Der Fall zeigt, dass der 
Abszess eine Folge der Otitis sein kann und dass es die Pflicht des 
Arztes ist den Pharynx bei Otitiskranken zu untersuchen. Die Iymphatische 
Bahn ist der Weg, durch welchen die Keime bis zum Pharynx dringen. 
Endlich zieht Verf. die Operation durch den Mund vor, da der Eingriff 
ein leichter ist und weder die Narkose noch die peinliche Dissektion der 
Karotisgegend erfordert. Menier. 


41. Derselbe, Quelle est l’abees péritonsillaire chez les malades 
atteints de tuberculose pulmonaire? Von welcher Natur ist 
der peritonsilläre Abszess bei den mit Lungenschwindsucht 
behafteten Patienten? Archives internationales de Laryngologie. 
März- April 1900. 


15] Referate. 71 


Verf. ist der Ansicht, dass solche Abszesse tuberkulóser Natur sein 
können; in seinem Falle fand er Bazillen, die eine grosse Ähnlichkeit mit 
Kochschen Bazillen hatten (Smegmabazillen oder azidophile Bakterien ?). 
Immerhin beansprucht die Heilung einen langen Zeitraum. Die Hals- 
drüsen waren nur auf der kranken Seite infiltriert, und diese Infiltration 
hängt von der Tuberkulose und nicht von der pyogenen Affektion 
der Tonsille ab. Menier. 


42. Macleod Yearsley, London, Eine Untersuchung über die 
Häufigkeit von Adenoiden in drei der London-Country- 
Council Elementarsehulen. Brit. Journ. of Childrens Diseases. 
Feb.-March 1910. 


Die wichtigsten Schlussfolgerungen, zu welchen die Verf. gelangten, 
sind folgende: 

a) 37°/o der Kinder weisen Adenoide auf und von diesen haben 
72—%6 %Jo auch vergrösserte Tonsillen. 

b) Bei 31,2°/o der Adenoiden zeigt sich Mundatmung. Vergrösserung 
der Tonsillen ohne Adenoide kann Atmen durch den Mund verursachen. 

c) Adenoide sind am häufigsten im 8. Jahre vorhanden. Das Ge- 
schlecht hat keinen Einfluss. 

d) Wirkliche Aprosexie muss von Schwerhörigkeit unterschieden 
werden. Wirkliche Aprosexie kommt nur in 4,7 °/o Fällen von Adenoiden 
vor und häufiger bei Mädchen. 

e) Hoher Gaumen ist wahrscheinlich nicht durch Adenoide verursacht, 
sondern eher die Ursache ihres Vorhandenseins. 

f) Die Bakterienentwickelung im Munde ist bei Kindern mit Adenoiden 
grósser und dieses ist die Ursache der grósseren Neigung zur Zahnfáulnis. 

g) Die Ungleichheit der oberen Schneidezühne ist weniger eine Folge 
von Adenoiden, sondern mehr durch fehlerhafte Gestaltung des Gaumens 
verursacht. 

h) Obrkomplikationen fanden sich in ungefähr 10,8°/o der Fälle. 

Guthrie, Liverpool. 


43. Marsden und White, Manchester, Ein seltener Tumor des 
Gaumens. Medical Chronicle. April 1910. 


Eine eingehende Beschreibung der Histologie des Tumora wird ge- 
geben, welcher sich als Cylindrom erwies, Er war vollstándig abgekapselt 
und bestand hauptsächlich aus Röhren von verschiedener Grösse, stellen- 
weise dilatiert zu zystischen Räumen, welche intrazystische Wucherungen 
enthielten. Guthrie, Liverpool. 


4. Kehlkopf. 


44. E. Baumgarten, Budapest, Eine operative Behandlung einiger 
Stimmbandverdickungen. Monatsschr. für Ohrenheilkunde 2. 
1910. 

Verf. berichtet über 3 Fälle von Stimmbandverdickungen, von denen 
sich der erste im Anscbluss an ein durch Anstrengung entstandenes 
Hämatom zeigte. Bei dem zweiten Falle handelt es sich um eine durch 
den Reiz von Papillomen gesetzte Verdickung, während bei dem dritten, 


72 Referate. [16 


wo im Gegensatz zu den beiden anderen die Erkrankung sich auf beide 
Stimmbänder erstreckte, Baumgarten eine Lymphektasie annahm. 
Die Operation bestand in vorsichtigem Abschälen der Stimmbänder 
mit einer kleinen scharfen Pinzette nach vorhergehender Kokainisierung. 
Sippel, Würzburg. 


45. J. A. Galdiz, Bilbao, Prognose der Stenosen der obereu 
Luftwege bei Kindern. Pronostico de las estenosis de los 
primeras vías aéreas en los ninos. Boletin de Laringología. 
Marz-April 1900. 

Die Prognose muss bei Dyspnoefallen der Kinder immer reserviert 
sein, da die Ursache sehr verschieden sein kann. Die Intubation ist gar 
nicht gefährlich bei der dipbtheritischen Dyspnoe, während sie viele Gefahr 
bei den nicht diphtheritischen Affektionen bietet (Laryngitis submucosa, 
subglottica, Influenza laryngitis, luetische Laryng. und Laryng. stridulosa), 
da dieser Eingriff den Zustand der Reizung und der Infiltration unterhält 
und vergrössert. Menier. 


46. Gleitsmann, Exzision der Stimmbänder wegen beider- 
seitiger Lähmung der Glottisdilatatoren. Cordectomie pour 
une paralysie bilaterale des abducteurs. Archives internat. 
de Laryngologie. März- April 1900. 

Ein Patient wurde tracheotomiert; um das lästige Tragen einer Kanüle 
zu vermeiden, verlangt er eine Operation. Die bilaterale Abtragung der 
Stimmbänder wurde mit Erfolg ausgeführt; die Dyspnoe kehrte nicht 
wieder. Patient starb an Pneumonie, Obgleich die histologische Unter- 
suchung‘ keine zentrale Ursache der Lähmung entdecken liess, glaubt 
Verf., dass dieselbe bulbären Ursprungs war. Menier. 


47. M. A. Goldstein, St. Louis, Lipom des Larynx. Monatsschr. 

für Ohrenheilkunde 1 u. 2. 1910. 

Goldstein fügt den 12 bereits aus der Literatur bekannten Fällen, 
die er ausführlich wiedergibt, einen neuen aus seiner eigenen Praxis hin- 
zu. Hier ging das Lipom von der linken Ventrikulargrube aus und er- 
füllte die ganze Glottis. Die Operation wurde mit der kalten Schlinge 
und nach Entfernung der ersten Geschwulstpartie mit kalter Schlinge 
und langer gebogener Schere ausgeführt. Sippel, Würzburg. 


48. Eugen Hopmann, Cöln, Stimm- und Sprachübungen nach 
Kehlkopfausrottung. Deutsche Zeitschr. f. Chirurgie. Bd. 99. 


Hopmann teilt die Beobachtungen mit, welche er bei einem 
Patienten hinsichtlich der Sprachbildung gemacht hatte, welchem von 
Prof. Dr. Bardenheuer, Cöln, der Kehlkopf mit gutem Erfolge voll- 
kommen herausgenommen worden war. Das wesentliche Ziel sieht er 
dabei, ebenso wie Gutzmann, in der Herstellung der Koordination der 
Atmung und der Sprechtätigkeit, welche ja bei normaler Sprache vom 
ersten Sprachversuch an besteht. Bei dem hier beschriebenen Falle 
handelt es sich um einen 32jährigen Patienten, welchem wegen ausge- 
dehnter luetischer Verwachsungen, welche einer anderen Therapie nicht 
mehr zugänglich waren, der ganze Larynx hatte exstirpiert werden müssen. 
Der Schlundkopf konnte erhalten werden. Die Trachea wurde 2 cm ober- 


17] Referate. 13 


halb des obersten Sternalrandes eingenäht und blieb gänzlich ohne Ver- 
bindung mit dem Phbarynx. Patient sprach mit einer grunzenden, fort- 
wahrend von ruktusartigen Geräuschen unterbrochenen, aber deutlichen 
Pseudosimme. Die Übungen erstreckten sich auf 3 Hauptaufgaben: 
1. Wurde angestrebt, die Koordination zwischen Atem- und Sprechtätigkeit 
zu losen. Zu diesem Zwecke liess Hopmann den Patienten seine 
Übungen immer am Ende einer forcierten Exstirpation machen. 2. Wur- 
den Übungen angestellt, um den Windkessel möglichst ergiebig zu 
machen. Zu diesem Zwecke wurden von dem Patienten unter Leitung 
ron Auge und Gefühl Kontraktionsbewegungen der Mundbodenmuskulatur 
und der vorderen Halsmuskulatur gemacht. 3. Wurden Übungen hin- 
sichtlich der Artikulation vorgenommen. Hierbei wurde besonders Wert 
darauf gelegt, bei allen stimmhaften Konsonanten den grunzenden Ton 
mit hervorzubringen, um hierdurch die rechte Unterscheidung zwischen 
stimmlosen und stimmhaften Konsonanten zu ermöglichen. 
Stein, Wiesbaden. 


49. M. Küll, Radevormwald, Ein Fall von Kiemengangeiterung. 

Med. Klin. 15. 1910. 

Eine kleine walnussgrosse, rundliche, feste, glatte, verschiebliche Ge- 
schwulst an der linken Halsseite neben dem Kehlkopf 3 Tage nach der 
Geburt konstatiert. 14 Tage später nahm eine prall-fluktuierende 
Schwellung die ganze Gegend zwischen Unterkiefer und Brust von Ohr 
zu Ohr ein. Das Kind war bis zur Unkenntlichkeit abgemagert. Bei 
Druck auf die linke Halsseite entleerte sich .Eiter unter dem linken seit- 
lichen Zungenrande in reichlicher Menge. Beide Halsseiten werden 
inzidiert. Nach Abfluss des stinkenden Eiters erholt sich das Kind sehr 
bald. | Sippel, Würzburg. 


50. L. Mahler, Om Kuhns perorale Tubage. Hospitalstidende 

Xr. 11. 1910. 

Die Kuhnsche Tubage hat sich in der Klinik von Schmiegelow sehr 
gut bewährt; sie wurde sowohl bei Operation in Mund und Rachen als 
auch bei Nebenhöhlenoperationen verwendet. Ein ‘grosser Vorteil ist die 
ruhige Narkose, die dem Operateur erlaubt, die Operation ungestört fort- 
zusetzen, wāhrend anderseits auch der Narkotiseur nicht von den Mani- 
pulationen des Operateurs behindert wird. Jörgen Möller. 


51. Marangoni, Padua, Beitrag zur Kenntnis der angeborenen 
Halszysten, Contributo alla conoscenza delle cisti congenite del 
collo. Gazetta degl: Ospedali. 1. März 1910. 

Der Tumor ist wegen seiner Grösse (die einer Apfelsine vergleich- 
bar war), seiner Beziehungen zu den Gefässen und Nerven des Halses 
interessant. Er gehórt zur Gruppe der amygdaloiden (mukoiden-schleim- 
artigen) Zysten, die in ihrer Wand Lymphfollikel enthalten. Menier. 


52. Martuscelli, Paralisi del ricorrente ed anestesia del vestibolo 
laringeo. Ricerche anatomiche e sperimentali. (Recurrens- 
lahmung und Vestibularaniisthesie. — Anatomische und ex- 
perimentelle Untersuchungen.) Archivi it. d. Laringolog. 1910. 
Nr. 1. 


14 .. Referate. (18 


Martuszelli hat an Hunden durch Einführen von sterilen Lami- 
nariastücken eine dauernde Kompression auf den tiefst-erreichbaren Teil 
des Rekurrens ausgeübt und die Folgeerscheinungen im klinischen und 
anatomischen Bild mit Beziehung auf die Masseische Lehre geprüft. 
Er konnte nach 14 Tagen Lähmung des entsprechenden Stimmbandes 
und Anästhesie des Vestibulum konstatieren. Die mikroskopisch-histo- 
Jogische Untersuchung des komprimierten:Rekurrens, des Ganglion nodosum 
und des Laryngeus superior ergab Degenerationserscheinungen an Nerven- 
fasern und Ganglienzellen. Durchschneidet man, im Gegensatz zu langsam 
wirkender Kompression, den Nervus recurrens, so findet man, wenigstens 
sofort nach der Verletzung, keine Anüsthesie. Martuscelli schliesst aus 
seinen Untersuchungen deshalb, dass das Masseische Phánomen aufzu- 
fassen sei als Resultat einer Neuritis descendens des Nervus laryngeus 
superior, die sich anschliessen an eine das Ganglion nodosum in Mit- 
leidenschaft ziehende Neuritis ascendens des komprimierten Nervus 
laryngeus inferior, Brühl, Gardone Riviera, Binz a. R. 


53. K. M. Menzel, Wien, Demonstration eines Kranken mit Ver- 
ützung des Sinus piriformis dureh ein Kristall von Kalium 
hypermanganicum. Wien. klin. Wochenschr. 9. 1910. 

Die Verätzung entstand durch ein Kristall, das in einem frisch be- 
reiteten Gurgelwasser nicht zur Lösung gekommen war. Um dieser Ge- 
fahr vorzubeugen, empfiehlt es sich, das Gurgelwasser aus einer kon- 
zentrierten Stammlösung herzustellen. Sippel, Würzburg. 


54. Onodi, Budapest, L'anestesia del vestibolo laringeo nelle 
paralisi del Ricorrente. (Die Vestibularanüsthesie bei Recur- 
rensláhmungen.) Archivi it. d. Laringolog. 1910. Nr. 1. 

Im Gegensatz zu Massei hat Onodi in seinen Fallen peripherer 
Kompression des Rekurrens niemals die von Massei als Frühsymptom 
dieser Läsion ansgesprochene Anästhesie des Vestibulums laryngis kon- 
statieren können. Neben seiner klinischen Erfahrung sprechen auch die 
Resultate der von Onodi selbst und anderen Autoren vorgenommenen 
anatomischen Untersuchungen menschlicher Kehlköpfe, unterstützt durch 
vergleichend anatomische Daten, gegen die Masseische Lehre. Sowohl 
kreuzweise zwischen den Nerven der beiden Seiten als auch zwischen 
Laryngeus superior und Laryngeus inferior lassen sich Anastomosen nach- 
weisen. Brühl, Gardone Riviera, Binz a. R. 


55. Sturm, Leigh, Bemerkungen über Thyroidektomie mit An- 
führung erläuternder Fälle. Brit. Med. Journ. 19. Februar 
1910. 

Dieser Bericht handelt von 100 Fällen der verschiedenen Arten von 
Kropf. Von diesen wurden 26 operiert und bei einem trat der Tod ein. 
Alle, an denen eine Operation ausgeführt wurde, litten an Symptomen 
von Thyreo-Toxämie, welche der inneren Behandlung widerstanden hatten, 
oder an einem anderen Zustande der Schilddrüse, der das Leben bedrohte. 
Der Verfasser ist schr skeptisch, was den als akuten Thyreoidismus be- 
kannten Zustand anbelangt, welcher auf die Operationen bei Graves 
Erkrankungen folgt, und er glaubt, dass die Bezeichnung häufig da falsch 
angebracht ist, wo es sich in Wirklichkeit um einen gewöhnlichen chirur- 


19] Referate. (0 


gischen Schock handelt. Was die Indikationen für eine Operation an- 
langt, so ist er der Ansicht, dass eine solche in allen Fállen von weichem 
parenchymatösen Kropf bei jungen Mädchen — gleichviel wie gross der 
Kropf sein mag — vermieden werden sollte, vorausgesetzt, dass keine 
dringenden Drucksymptome oder Symptome von Hyper-Thyreoidismus vor- 
handen sind. Kein Fall von Graves Krankheit sollte operiert werden, 
bis angemessene innere Behandlung sich resultatlos erwiesen hat. Unter 
angemessener innerer Behandlung ist zu verstehen: seche Wochen im Bett 
und eine Behandlung mit Belladonna und Strophantus, oder noch besser 
Ammoniumpikrat. 

Alle zystischen Kröpfe sollten so früh als möglich entfernt werden, 
weil sie bei interner Behandlung nie besser werden und im späteren 
Leben grosse Schwierigkeiten verursachen können. Eine Operation ist 
ferner unumgänglich in allen Fällen von Kropf mit retro-sternal- oder 
retro-klavikular-Auswüchsen, oder bei solchen die Symptome von Tracheal- 
Kompression aufweisen. — Für die Anästhesie sind die lokalen Infiltra- 
tionsmethoden immer vorzuziehen und verwendet der Verfasser eine 
schwache Eukain-Adrenalin-Lösung, die er vollständig befriedigend findet, 
wenn eine Skopolamin-Morphium-Injektion vorangegangen ist. 

Guthrie, Liverpool. 
56. St. Clair Thomson, London, Vier Fülle von Epitheliom 

des Larynx nach der Operation. Proc. May. Soc. Med. vol. III. 

Nr. 5. 

Ein kurzer Bericht wird über jeden der vier Patienten gegeben, die 
der Gesellschaft vorgestellt werden. Es folgt eine Diskussion. Im ersten 
Falle war nach 6 Jahren kein Rezidiv gewesen. — Beim zweiten hatte 
nach 2 Jahren kein Rezidiv stattgefunden, die Stimme war laut und 
stark, obgleich beide Stimmbänder und ein Teil des Schildknorpels ent- 
fernt waren; die Operation war unter lokaler Anästhesie ausgeführt 
worden. Im dritten Falle war die Stimme ein Jahr nach der Operation 
gut. Im vierten musste der Laryngo-Fissur eine vollständige Entfernung 
des Larynx folgen, aber das Resultat war befriedigend, da der Patient 
imstande war zu sprechen und einen guten Teil der Respiration durch 
seine Nase und seinen Mund machen konnte mit Hilfe einer Tracheotomie- 
Kanüle nach von Bruns. Guthrie, Liverpool. 


5. Trachea. Bronchien. Ösophagus. 


57. D. Ernesto Botella, Cuerpo extrano del bronquio izquierdo 
extraido por broncoscopia. Revista Clinica De Madrid. Bd. I. 
Nr. 8. 15. April 1909. | 
Entfernung einer Pfeife aus dem linken Bronchus mit Hilfe der 

Bronchoskopie bei einem 11 jahrigen Knaben. Stein, Wiesbaden. 


58. J. Goyanes, Un caso de cuerpo extraño (pinon) alojado en el 
bronquio derecho, — Extraccion por broncoscopia superior. 
Revista Clinica De Madrid. Bd. 1. Nr. 6. 15. März 1909. 
Entfernung eines Pinienzapfens aus dem rechten Bronchus eines 

5 jährigen Knaben mit Hilfe der oberen Bronchoskopie. Der Zapfen 


hatte eine Länge von 19 mm und einen Umfang von 9 mm. 
Stein, Wiesbaden. 


76 Referate. (20 


59. Ephraim, Breslau, Über die Bedeutung der Bronchoskopie 
für die innere Medizin. Berl. klin. Wochenschr. 1909. Nr. 
43— 44. 


Verf. gibt zunächst eine kurze Skizze über den Umfang des Gebietes 
der Bronchoskopie, über Farbe und Bewegung des normalen. Bronchial- 
baumes, über die Pathologie seiner Bewegung und seiner Färbung; er 
hebt hervor, dass bei Bronchitiden der bronchoskopische Befund nicht 
immer dem auskultatorischen entspricht, indem das Auge oft Veränderungen, 
die das Ohr in die grossen Bronchien verlegt, nicht findet; ferner sieht 
man häufig mittelst Bronchoskopie ala Residuen früherer Erkrankungen 
Formveränderungen, wie Verdrängungen und Verbreiterung der Carina. 
Für das Gebiet der Bronchostenosen, besonders bei der Bronchialsyphilis 
ist die Bronchoskopie von entscheidender, noch nicht genügend gewürdigter 
Wichtigkeit, sowohl diagnostisch wie therapeutisch ; bei Tumoren, die Ver- 
engerungen bedingen, ist sie eine wertvolle Ergänzung des oft versagenden 
Röntgenverfahrens, ebenso dürfte ihr auch bei den häufigen Erkrankungen 
der Bronchialdrüsen, deren Diagnose noch im argen liegt, ein grosses 
Feld beschieden eein. Verf. gibt an der Hand einiger bronchoskopisch 
untersuchten Fälle Kriterien für die Erkennung der Erkrankung und be- 
tont, dass das Verfahren bei Durchbrüchen erweichter Bronchialdrüsen 
sich nicht nur für die Diagnose als äusserst wertvoll, sondern auch 
therapeutisch als lebensrettend erwies; er erwartet, dass in Zukunft eine 
grosse Anzahl von Fällen mit Husten und Atemnot, in denen plötzlich 
unter heftiger Dyspnoe Exitus erfolgte, durch die Bronchoskopie gerettet 
werden können; für die Verwertung des Verfahrens bei Aortenaneurysma 
rät er zur Vorsicht. 


Als wichtig und unbedenklich spricht er sich für die Anwendung aus: 
in vielen Füllen von Husten, Hámoptysis, von Schmerzen im Bereich 
der Brustwirbelsáule oder am Manubrium sterni, von eitrigem Auswurf, 
deren klinische Ursache durch die gewóhnlichen Methoden nicht geklart 
werden kann, ferner in ungeklürten Fallen von Rekurrens- resp. Postikus- 
lähmung. Kontraindiziert ist sie nach Verf. Ansicht nur bei schlechtem 
Allgemeinbefinden, und bei direkten mechanischen Hindernissen in den 
oberen Luftwegen; in allen anderen Fällen hält er .abgesehen von der 
Unbequemlichkeit und den Nebenwirkungen durch Kocain die Broncho- 
 Skopie für völlig unschädlich und im allgemeinen für technisch leicht aus- 
führbar. Georg Cohn, Königsberg. 


60. Finzi, London, Radium bei Behandlung von malignen Tu- 
moren. Proc. Roy. Soc. Med. vol. III. Nr. 3. 


Dieser Artikel handelt von Bebandlung mit Radium bei malignen 
Tumoren in allen Teilen des Körpers, aber der mit Dr. William Will 
arbeitende- Verf. hat dem Karzinom des Ösophagus besondere Aufmerk- 
samkeit gewidmet. Die Röhre, welche das Radium enthält, wird zur 
Striktur hinunter geführt, oder wenn möglich mit Hilfe des Ösophago- 
skopes in dieselbe eingeführt. Man lässt es ungefähr 12 Stunden in 
ihrer Lage. Der Verf. meint, dass diese Methode die einzige ist, welche 
bei Karzinom des Osophagus einige Hoffnung gibt. Er berichtet, dass 
sie bei Obstruktion fast immer Erleichterung bringt, und er hofft, dass 


21] Referate. 77 


Heilung erzielt werden kann, wenn der Fall in genügend frühem Stadium 
behandelt werden kann. 

Er hat diese Behandlung auch bei malignen Erkrankungen des 
Mundes, der Nase, des Pharynx und des Larynx, (bei äusserer Anwendung) 
angewandt, doch anscheinend ohne viel Erfolg. 

Guthrie, Liverpool. 


61. E. Hónck, Hamburg, Die Behandlung des Keuchhustens 
und anderer Luftróhrenkatarrhe dureh die Bauchmassage. 
Fortschritte der Medizin. 7. u. 8. 1910. 

Hönck hat in einer früheren Arbeit auf die Entstehung von Luft- 
röhrenkatarrhen im Anschluss an Blinddarmentzündung hingewiesen und 
diese Erscheinung auf Sympathikus bezw. Vagusreizung zurückgeführt. 

Ausgehend nun von dem guten Einfluss, den er durch Bauchmassage 
bei einem an sog. Sympathizismus leidenden Patienten auf eine gleich- 
zeitig bestehende katarrhalische Affektion der Lunge ausübte, wendete er 
diese Methode bei anderen derartigen Erkrankungen, auch bei akuten 
Kehlkopfkatarrhen und besonders bei Keuchhusten an. 

Sippel, Würzburg. 


62. H. Schols, Diphtheritis in ihrem Verlauf ein Corpus alienum 
im Hauptbronehus vortüusehend. (Diphtheritis verloopend onder 
het beeld van vreemd voorwerp in een hoofbronchus,) Ned. 
Tijdschrift voor Geneeskunde, 1910, 1ste helft, Nr. 10, blz. 668. 
Am 24. April wurde Schols gerufen zu einem Kinde von 2!/2 Jahren, 

welches schwere Atemnot haben sollte, bei welchem er aber keine Krank- 

heitssymptome finden konnte. 

Drei Tage später aber fand er das Kind sehr cyanotisch, es hatte 
Dyspnoe und Stridor. Die rechte Brusthälfte atmete nicht. Die Diagnose 
wurde gestellt auf Fremdkörper im rechten Hauptbronchus. Das Kind 
wurde nach Utrecht in die Klinik gebracht zur Bronchoscopie und dort 
ungefähr sterbend tracheotomiert. | 

Obgleich bei der Tracheotomie keine Membran gefunden wurden, 
hielt man die Krankheit für Diphtherie, welche Diagnose später bakterio- 
logisch befestigt wurde. Bei der Operation funktionierte die rechte Lunge 
wieder. | 

Das Kind starb unter zunehmender Dyspnoe und bei der Sektion 
wurden in den Bronchien Membranen gefunden. Wahrscheinlich hat 
durante Vita eine Membran den rechten Hauptbronchus zeitweise ver- 
schlossen. Kan, Leiden, 


63. G Schwarz, Wien, Demonstration eines Falles von Carci- 
noma oesophagi mit Perforation in die Trachea. Wien. klin. 
Wochenschr. 17. 1910. 

Interessant an diesem Fall ist, dass die zwecks Röntgenuntersuchung 
verschluckte Wismutwassersuspension nicht in den Osophagus, sondern 
durch die Perforation in beide Bronchialbäume hineinfloss, ohne dem 
69jährigen Patienten, abgesehen von einigen Hustenstössen, besondere 
Beschwerden zu verursachen. Dieses „Verschlucken“, wie Patient sich 
ausdrückt, besteht schon seit. 3 Wochen, so dass er also einen Teil seiner 
flüssigen Nahrung schon seit geraumer Zeit in die Bronchien hineinschluckt. 


78 Referate. [22 


Auch das Wismut hat er gut vertragen. Es besteht keinerlei Beschwerde 
von seiten der Lunge. Sippel, Würzburg. 


6. Mundhöhle. 


64. E. Bergh, Malmö, Ein Fall von kongenitaler Zyste des 
weichen Gaumens.  Monatsschr. f. Ohrenheilk. 3. 1910. 


Bei einem 7 Monate alten Kinde, das an einer eigentümlich pfeifenden 
und schnarchenden Respiration litt und von bellenden Husten und ófteren 
Würganfällen gequält wurde, bestand eine Geschwulst von weisslicher 
Farbe und Mandelgrösse an der Rückseite des weichen Gaumens in der 
Verlängerung der Uvula. Nach Entfernung erwies sich das Gebilde als 
eine Zyste, die wohl durch eine Störung in der embryonalen Entwickelung 
des Mutterbodens entstanden war. Sippel, Würzburg. 


65. v. Beust, Die pleomorphen fadenbildenden Organismen des 
Zahnbelages und die fusiformen Bazillen. Berl. klin Wochen- 
schrift 1909. Nr. 46. 


In einer kurzen Mitteilung sucht Verf. nachzuweisen, dass die im 
Zahnbelag von an Gingivitis oder Stomatitis leidenden Patienten gefundenen 
Goniden des Leptothrix falciformis und die frei im Belag befindlichen 
fusiformen Bazillen identisch sind; durch diese Befunde sollen einerseits 
die gegenteiligen Mitteilungen von Miller widerlegt werden, andererseits 
will Verf, den Gebilden selbst pathogene Wirkung beilegen; zum Schluss 
Angabe der Farbe- und Untersuchungsmethode. 

Georg Cohn, Königsberg. 
66. Dionisio, Carcinoma del palato. (Gaumenkarzinom.) Gazetta 
degli Ospedali. 13. Februar 1910. 


Es handelt sich um einen Fall, der schon 1907 als inoperabel be- 
trachtet wurden war und bei welchem Röntgenstrahlen sowie Radium er- 
folglos blieben. Verf. behandelte ihn mit speziellen Radiationen, die er 
bei Ozäna mit Erfolg anwendet. Patient ist jetzt im besten Gesundheits- 
zustande und der Tumor ist beinahe verschwunden. Die Diagnose war 
durch histologische Untersuchung eines Stückchens von der Neubildung 
bestätigt. | Menier. 


67. koebel, Breslau, Über symmetrische Parotisschwellung. 
(Vortrag, gehalten in der Breslauer Chirurgischen Gesellschaft.) Berl. 
klin. Wochenschr. 1909. Nr. 36. 


Vorstellung von 2 Fällen, bei denen ohne besondere Ursache von 
Zeit zu Zeit völlig schmerzlos die Parotisgegend in Hühnereigrösse an- 
schwillt, um bald wieder zur Norm zurückzukehren. Therapie war bisher 
ohne jeden Erfolg. Den einen der Fälle spricht der Vortragende als 
chronischen Mumps an, während das Bild des anderen als ein Analogon 
zu der Beobachtung von Remouchamp als „inflammation chronique muco- 
purulente bénigne des parotides* bezeichnet werden kann. Zu erwägen 
sind jedoch noch die sog. sklerozystische Erkrankung der Parotis von 
Righetti wie auch die Siladochitis fibrinosa Kussmauls, so dass alsd eine 
sichere Diagnose nicht gestellt werden kann. | 

Georg Cohn, Kónigsberg. 


23] Referate. 79 


68. Körbitz, Berlin, Neue Kiefer-orthopädische Methoden. Berl. 
klin. Wochenschr. ' 1909. Nr. 32. 


Während Landsberger und Peyser für ihre Gaumendehnungen 
die Möglichkeit der Sprengung der Sutura palatina nachzuweisen suchen 
und sie für therapeutische Zwecke verwenden, hält Verf. in Überein- 
stimmung mit den meisten Praktikern dieses für einen Febler; er will 
vielmehr eine plastische Umformung des Kiefergerüstes erstreben und gibt 
zu diesem Zwecke einfacheren Methoden, die er kurz angibt, den Vorzug. 

Georg Cohn, Königsberg. 


69. Mantelli, Linfangioma circoscritto della lingua a forma 
papillare. (Umschriebenes papilläres Lymphangiom der Zunge.) 
Archivio ital. di Otolog. Rinol. e Laringol. 1910. Nr. 2. 

Nach kritischer Übersicht über die Literatur der relativ seltenen 

Affektion Mitteilung eines einschlägigen Falles bei einem 5 jährigen Kind. 
Die Neubildung der etwas erweiterten Lympbgefässe betraf haupt- 

sächlich die Papillen, nicht weil diesen eine besondere Neigung zu dieser 

Hyperplasie innewohne, sondern einfach weil sie die oberflächlichsten 

Lymphorgane der Zunge darstellen und dadurch am ehesten die Be- 

dingungen zur Entstehung der Affektion — geringer durch Saugen und 

kauen noch verminderter Gewebswiderstand — darbieten. 
Brühl, Gardone Riviera, Binz a. R. 


70. L. Mendelsohn, Berlin, Zur Mundpflege. Mediz. techn. 
Rundschau 1910. Nr. 10. 


Mendelsohn empfehlt zur Reinigung der Mund- und Rachen- 
höhle ein vernickeltes, mit einem Gewinde versehenes Metallstäbchen. 
Würth, Würzburg. 


71. Paul Steiner, Kolozsvar, Beiträge zur chirurgischen Be- 
handlung der Mundhöhlenkrebse. Deutsche Zeitschr. f. Chir. 
Bd. 98. 


Steiner, bespricht die Behandlung der Mundhóhlenkrebse an der 
Hand eines zehnjährigen Materials der Dollingerschen Klinik in Buda- 
pest. In dieser Zeit wurden beobachtet: 61 Fälle von Wangenkrebs, 13 
Fälle von Krebs des Zahnfleisches, 7 Fälle von Krebs des Gaumens 
und der Tonsillen, 51 Fälle von Krebs der Zunge und der sublingualen 
Gegend. Steiner zieht am Ende seiner Arbeit folgende interesante 
Schlussfolgerungen: 


1. Der Krebs der Mundhöhle kommt vom zweiten Dezennium an in 
jedem Alter vor. 57°/o der Wangenkrebsfälle entfallen auf das Alter 
von 41—55 Jahren, 60°/o der Zungenkrebsfälle auf das Alter von 
46—6() Jahren. 

2. 3°%o betrafen das weibliche Geschlecht. 

3. Angeborene Anomalien, Narben, Psoriasis, Leukoplakie bilden 
in zahlreichen Füllen prákankróse Symptome. 

4. Reichliches Rauchen, Tabakkauen sind der Entwickelung des 
Krebses günstig. 

5. In den regionáren Drüsen sind bereits im Anfangestadium krebs- 
artige Metastasen nachzuweisen; mehr entfernte Metastasen sind selten. 


80 Referate, [24 


6. Die Operation soll in jedem Falle in der Entfernung des primären 
Herdes und der Ausräumung der beiderseitigen Halsregionen bestehen. 
7. Die operative Mortalität der Krebse der Mundhöhle beträgt 24,1 °/o; 
am kleinsten beziffert sich die operative Mortalität des Wangenkrebses 
(11,5°/o), am grössten die beim Zungenkrebs (36°/o). 
8. Eine radikale Heilung — nämlich eine Rezidivfreiheit von mehr 
als 3 Jahren — erreicht man in 10,3°/u der Fälle. 
Stein, Wiesbaden. 


72. Strelitz, Über akute Parotisschwellung, Berliner klinische 
Wochenschr. 1909. Nr. 49. 


Kurze kasuistische Mitteilung: 67 jähriger Mann verspürte bei einer 
schnellen Umdrehung des Kopfes nach hinten eine Spannung in der 
linken Gesichtsseite, in welcher ganz plötzlich eine teigige Anschwellung 
über der Parotis entstand, ohne Schmerz oder stärkeren Speichelfluss; in 
den nächsten Tagen allmählich Abklingen der Schwellung; Verf. nimmt 
plötzliche Ablenkung oder Verletzung des Ductus stenonianus an. 

Georg Cohn, Königsberg. 


73. 0. Wimmer, Prag, Hemispasmus linguae hystericus. Wiener 

klin. Wochenschr. 11. 1910. 

Demonstration eines 40 jährigen Kranken mit | Hyperüsthesie der 
spastischen Seite. Die Spitze der herausgestreckten Zunge bleibt im 
rechten Mundwinkel, wobei es zu rhythmischen Zuckungen der Zunge und 
des Mundbodens nach vorne kommt. Beim Versuch, die Zunge in die 
Mittellinie zu bringen, fühlt man deutlichen Widerstand. Gang ist leicht 
spastisch, leichter Tremor der Extremitäten. Subjektiv besteht fort- 
während Spannen der rechten Zungenhälfte Facialis und die übrigen 
Hirnnerven sind frei. Sippel, Würzburg. 


7. Grenzgebiete. 


74. Baumgarten, Rachen- und Kehlkopfsymptome bei der 
Syringomyelie. Berl. klin. Wochenschr. 1909. Nr. 34. 


Bei einem 39 jährigen Manne, der sich wegen Heiserkeit vorstellte, 
fand sich: Porticusparalyse links, Porticusparese rechts, Hemiatrophia 
linguae rechts, und geringe Beweglichkeit des Velum rechts; die weitere 
Untersuchung des Nervensystems ergab Syringomyelie, jedoch war im 
Rachen und Kehlkopf keine Thermoperversion. — Im Anschluss an diese 
Mitteitung gibt Verf. einen Überblick über die in der Literatur mitge- 
teilten Fälle nebst Angabe des Kehlkopfbefundes und betont, dass bisher 
stets erst dann der Larynx untersucht wurde, wenn die Diagnose bereits 
feststand, während in seinem Falle erst das Larynxbild zur weiteren 
Untersuchung und zur Diagnose führte — eine Beobachtung, die Baum- 
garten als sehr selten hinstellt, die aber keinegswegs als solche Rarität 
aufzufassen ist. : Georg Cohn, Königsberg. 


75. Binet u. Henyll, Zwei Fülle von akuter tödlicher Strumitis 
suffoeans, (Deux observations de strumites suffocantes surai- 
gues mortelles.) In Annales des maladies de l'oreille tome 
AXXVI. Nr. 2. 


25] Referate. 81 


Etwas mysteriös muss die Medizin immer bleiben. In der modernen 
Medizin sorgen die sogenannten Drüsen mit innerer Sekretion dafür. 
Binet und Henlly nehmen an, dass die Schilddrüse plötzlich, einmal 
im Anschluss an eine Entbindung, das andere Mal im Anschluss an eine 
Angina, in so maligner Form erkranken kann, dass die Patienten zu- 
grunde gehen, ehe es noch zu besonderer Veränderung im Parenchym 
der Struma kommen kann. Für den ersten Fall eine 23jährige Frau 
anlangend hätte der autoptische Befund einer Bronchopneumonie jeden- 
falls eine andere Deutung zugelassen. Der zweite Fall sei in Kürze 
resumiert. Einen 53jährigen Mann musste der Ringfinger amputiert 
werden. Am 10. Marz, von der Operation fast ganzlich hergestellt, 
akquiriert Patient eine »angine erythémateuses, die mit hohem Fieber ein- 
hergeht. Am 16. Marz konsultiert Patient am Tage seines Austrittes 
aus dem Hospital wegen eines Knotens am Halse von Nussgrösse, den 
er schon jahrelang besitzen soll. Es handelt sich um einen kleinen 
Knoten der Schilddrüse. Patient verlässt das Spital um 1 Uhr. Am 
Nachmittag wird der Patient von heftiger Dyspnoe befallen, die von 
Stunde zu Stunde zunimmt. Gleichzeitig schwillt der Hals an und lassen 
sich in der Schildkörpergegend zwei faustgrosse Tumoren feststellen. 
Patient wird sofort ins Spital zurücktransportiert und zur Operation auf 
den Tisch gelegt, wo er sofort stirbt, seit dem Austritte aus dem Spitale 
und dem Tode des Patienten waren nicht 12 Stunden verstrichen. 

Bei der Autopsie fand sich eine enorme Struma, deren Lappen über 
Faustgrösse hatten und je eine mit grauer Flüssigkeit gefüllte Zyste . 
trug. Der linke Lappen komprimierte die Trachea und ragte tief in das 
Mediastinum hinein. Der Rest der Autopsie war negativ, von der allge- 
meinen Cyanose abgesehen. 

Binet und Henlly nehmen an, dass unter dem Einflusse der 
Angina eine alte Struma plótzlich in Entzündung geraten ist und den 
Patienten getótet hat (durch welchen Mechanismus ?), ehe noch die Drüse in 
Eiterung übergegangen ist. Offenbar hat der Mangel jeder anderen Todes- 
ursache, das riesige Anwachsen der Struma innerhalb einigen Stunden, 
die Autoren zu dieser Auffassung verleitet. Lautmann, Paris. 


76. E. Bireher, Aarau, Experimenteller Beitrag zum Kropfherz. 
Med. Klinik 10. 1910. 


Aus Birchers Tierexperimenten geht hervor, dass das Wasser aus 
Molassequellen und Triasquellen am regelmüssigsten kropferzeugend ist, 
wührend das Wasser aus dem Jura niemals diese Folgeerscheinung gab, 
ferner dass die Struma durch ein Toxin, nicht dureh ein Miasma her- 
vorgerufen wurde, was mit Hilfe des Berkefeldfilter nachweisbar war. 

Bei der Nekropsie ergab die Untersuchung der Kropfherzen fast 
regelmässig eine Hypertrophie des linken Ventrikels, daneben bestand 
jedoch eine auffallige Vergrósserung des rechten Ventrikels. Die histo- 
logische Untersuchung zeigte neben Zunahme des musk. Gewebes öfters 
trübe Schwellung und fettige Entartung des Herzmuskels. Aus weiteren 
Versuchen ist zu ersehen, dass der strumigenen Noxe ein direkt schiidigender 
Einfluss auf das Herz zugeschrieben werden muss. Auch kommt Verf. 
mit Hilfe der histologischen Kropfbefunde zu dem Schlusse, dass das 
Kropfherz als eine Krankheitsform sui generis nicht als forme fruste des 
Morbus Bas. zu betrachten sei. Sippel, Würzburg. 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 1. 6 


82 i Referate. [26 


77. Bellamy Gardner, London, Lymphatismus. Proc. Roy. 

Soc. Med. vol. III. Nr. 3. 

Der Verf. beschreibt sechs Fälle (den einen hat er selbst beobachtet), 
in welchen der Tod plötzlich eintrat und bei denen IL,ymphatismus der einzige 
pathologische Zustand war, der sich bei der post mortem Untersuchung 
fand. In seinem Falle trat der Tod während der Operation ein, die 
unternommen wurde, um die Tonsillen und Adenoiden zu entfernen unter 
Anästhesie, bewirkt durch eine Mischung von einem Teil Chloroform und 
zwei Teilen Äther. Ein genauer Bericht über die Autopsie wird von 
Salusbury Taylor gegeben. In Anbetracht der vielen Fälle dieses 
Zustandes, über welche in den letzten Jahren berichtet worden ist, lenkt 
der Verf. die Aufmerksamkeit auf die grosse Wichtigkeit des Gegen- 
 standes und auf die Notwendigkeit der Untersuchung über: 

1. Die Ursache plötzlichen Todes bei Lymphatismus. 

2. Bei welchen Personen lymphatieche Hyperplasie vorauszusetzen ist. 

:8. Wie sie zu diagnostizieren ist. 

4. Wie sie zu behandeln ist. 

5. Wie Anásthesie bei Patienten, welche durch dieselbe leiden, mit 
Sicherheit anzuwenden ist. Guthrie, Liverpool. 


78. Jimenes Encina, De la insuficiencia de la respiration nasal 
en los enfermos de tuberculosis pulmonar. Uber die Insuffi- 
zienz der Nasenatmungen bei der Lungenschwindsucht. Berista 
ibero americana de Ciencias médicas. März 1910. 


Verf. hat 2040 Lungeukranke rhinoskopisch untersucht. 53 hatten 
eine normale Nase; 56 hatten atrophische Rhiritis, von dieser Zahl 50 
mit Borkenbildung, 4 ohne Borken; 10 hatten Ozäna mit dem Fötor 
sui generis. 

61 andere Patienten hatten hypertrophische Affektionen der Nase 
mit vollständig oder teilweise aufgehobener Nasenatmung. 30 andere: 
Patienten litten an verschiedenen Làsionen (abgebogenes Septum, Rhinitis 
spasmodica, Hautaffektionen des Naseneingangs), welche die Nasenatmung 
beeinträchtigen. Also zusammen 75 /o mit Insuffizienz unter 200 Lungen- 
kranken. 

Der Mechanismus der Infektion wäre also ein zweifacher, direkte 
Infektion des lymphatischen Systems der Mund- und Nasenhóhle durch 
die Mundatmung; Fehlen der schützenden Wirkung des Nasenepithels 
und des Nasenschleims und vielleicht auch Verletzung der Rachenhöhle 
und des Kehlkopfs durch die in der Nase eingedickten und eingetrockneten 
Schleimmassen. Dann sind die Tracheobronchial-Drüsen ergriffen. (Verf. 
bezieht sich auf die von F. Blumenfeld bei operierten Fallen von 
adenoiden Wucherungen gemachten Untersuchungen). Menier. 


79. N. Federn, Wien, Morbus Basedowii. Wen. klin. Wochenschr. 
1910. Nr. 16 
Federn vertritt auf Grund seiner genauen Untersuchung die An- 
schauung, dass der Basedow sich nur auf der Basis eines abnorm ge- 
steigerten Blutdruckes entwickelt, der in der Regel hervorgerufen wird 
durch eine Darmatomie, welche Reizung des Splanchnikus und damit 
Kontraktur der Gefässe herbeiführt. Zur Behandlung des Basedow emp- 


2d Referate. 83 


fiehlt er deshalb, regelmässige Entleerung des Darmes herbeizuführen, 
und Faradisation des Darmes. Würth, Würzburg. 


nu. M. Grossmann, Wien, Experimentelle Beiträge zur Lehre 
vom nasalen Asthma. Wien. Med. Wochenschr. 1910. Nr. 3—5. 


Im Laufe eingehender Versuche über die Beziehungen zwischen Blut- 
zirkulation und Atmung fand Verf, dass die zentripetale Reizung des 
Trigeminus und Laryngeus superior im Gegensatz zu der Reizung aller 
anderen Nerven den Nutzeffekt der Herzarbeit herabsetzt. Auch Reizung 
der Naseuschleimhaut hat diese Wirkung. Dabei steigt das Lungen- 
volumen und auch das Volumen des Lupgenbinnenraums. Das Zwerch- 
fell steht in Exspirationsstellung und macht, so lange die Reizung dauert, 
nur ganz geringe exspiratorische Bewegungen. Der Effekt der Reizung 
ist eine erhebliche funktionelle Stórung des Herzens und Blutstauung im 
Lungenkreislauf. Das Lungenvolumen steigt durch Blutfüllung und Er- 
weiterung des Binnenraumes. Die dadurch bedingte. Starrheit der Lunge 
ist das eigentliche Atmungshindernis. Alle diese Wirkungen bleiben aus 
nach Durchtrennung des zweiten Trigeminusastes oder nach bilateraler 
Durchtrennung der Vagi. Demnach bildet der Trigeminus den aufsteigen- 
den, der Vagus den absteigenden Ast eines Reflexbogens. Die experi- 
mentell erzeugten Erscheinungen haben eine frappante Ähnlichkeit mit 
dem nasalen Asthma. M. Levy, Charlottenburg. 


si. Gutmann, Berlin, Augensymptome bei Erkrankungen der 
Nebenhöhlen. Mediz. Kl. 16. 1910. 


Gutmann bringt eine übersichtliche Zusammenstellung der im An- 
schluss an. Erkrankungen der Nebenhöhlen auftretenden Erkrankungen 
der Augenhóhle inkl. des Nervus opticus. Würth, Würzburg. 


82. Oskar Hirsch, Wien, Zur endonasalen Operation von Hypo- 
physentumoren. Wiener Med. Wochenschr. 1910. Nr. 13. 


Verf. hat vor einem Jahre eine Methode zur endonasalen Operation 
von Hypophysentumoren angegeben. Inzwischen hat er die Operation bei 
einer Patientin mit gutem Erfolg ausgeführt. Allerdings handelte es sich 
um eine Zyste. Um nun in eiligen Fällen den Hauptnachteil der 
Methode, das Operieren in einzelnen Etappen, zu vermeiden, hat Verf. 
eine andere Methode ausgedacht, die das einzeitige Operieren ermöglichen 
soll. Nach der Killianschen Methode wird das ganze knorpelige und 
knöcherne Septum narium und schliesslich auch das Septum der Keil- 
beinhöhle entfernt. Dann ist auch die Eröffnung des Türkensattels 
zwischen des Branchen des Killianschen Spekulum möglich. Ob auch 


in vivo? M. Levy, Charlottenburg. 
83. Derselbe, Hypophysistumor. Wien. klin. Wochenschr. 1910. 
Nr. 15. 


Demonstration eines Patienten, bei welchem ein Hypophysentumor 
nach seiner Methode: Endonasal ohne äussere Verletzung und in Kokain- 
anästherie mit gutem Erfolg operiert wurde. Die praktischen Erfahrungen 
mit dieser Methode dürften noch zu gering sein, um ein Endurteil darüber 
zu fällen. Würth, Würzburg. 


6* 


&4 Referate. [28 


84. W. J. Jung, Ein Beitrag zu den Beziehungen zwischen Seh- 
nervenentzündung und Nasenerkrankung. v. Graefes Archiv 
für Ophthalmologie LXXIV. Band 1910. 

Jung veröffentlicht zwei insofern sehr interessante Fälle, als bei 
einseitiger Erkrankung der hinteren Siebbeinzellen beide Male beide Seh- 
nerven ergriffen waren; im ersten Falle mit beiderseitiger starker Ent- 
zündung des Sehnervenkopfes, grossen Skotomen und Herabsetzung der 
Sehschärfe auf 1/30 bezw. auf Handbewegungen, in dem zweiten Fall ohne 
sichtbare Veränderungen am Sehnerv, aber fast totaler Erblindung. Die 
Behandlung war unblutig und führte in beiden Fällen zu profuser Ent- 
leerung der in den betreffenden erkrankten Höhlen zurückgehaltenen Sekret- 
massen, wonach sich bald die Neuritis zurückbildete und in beiden Fállen 
eine gute Sehschärfe erzielt wurde.. 

Das Nasenleiden hatte wenig Erscheinungen verursacht und wurde 
erst festgestellt, nachdem man Anhaltspunkte für multiple Sklerose usw. 
als Ursache der Neuritis mit Sicherbeit hatte ausschliessen können. Man 
muss daher in zweifelhaften Fällen bei jeder Neuritis optica genau wie 
den Urin und das Nervensystem, auch die Nase untersuchen. 

Verf. ist der Meinung, dass eine einfache Kompression durch zirkum- 
skripte Schwellung in der Gegend der canal. opt. durch die Siebbein- 
zellenentzündung am zwanglosesten die Erscheinungen erkläre. 

Haeffner. 


85. A. De Kleyn, Der Zusammenhang zwischen Nervus opticus 
und Nasenleiden. (Het verband tusschen gezichtszenuw en 
neuslyden.) Ned. Tijdschrift voor Geneeskunde, 1910. 1ste helft, 
Nr. 13, blz. 928. 


De Kleyn hat seit vielen Jahren, als Augenarzt Patienten beobachtet, 
bei welchen das Augenleiden abhängig war von Nasenaffektionen. Um 
den Zusammenhang besser studieren zu können, hat er auf der Univer- 
sitäts-Poliklinik für Obren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten in Utrecht 
viele Patienten mit Eiterungen der Nasennebenhöhlen untersucht und 
unter diesen neben deutlichen Affektionen des Nervus opticus auch sehr 
leichte, nicht vermutete und nur bei sehr genauer Untersuchung zu findende 
Abweichungen festgestellt. 

Und gerade diese leichten Affektionen haben grossen Wert für die 
noch dunkele Pathogenese dieser Augenerkrankungen. 

In allen Fällen wurde bestimmt: der Augenspiegelbefund, der Visus, 
Refraktionsanomalien und das Gesichtsfeld, wobei der blinde Fleck für 
Weiss und Farben (rot und blau) speziell berücksichtigt wurde. 

Die Diagnose der Nebenhöhlenaffektion war in allen Fällen sicher, 
weil entweder durch Punktion und Durchspülung oder bei der Operation 
die Herkunftstelle des Eiters sichergestellt werden konnte. 

Bei den Eiterungen des Sinus sphenoidalis und der hinteren Siebbein- 
zellen kommt die Neuritis retrobulbaris am háufigsten vor und diese konnte 
durch Feststellen des sehr wichtigen Symptoms von van der Hoeve 
genauer studiert werden. 

Birch- Hirschfeld hat darauf hingewiesen, dass als erstes Symptom 
der Optikusaffektion ein zentrales Skotom für Farben und Weiss auftritt, 
van der Hoeve aber zeigte, dass viel früher schon eine Vergrósserung 
des blinden Flecks für Weiss und Farben entsteht. 


29] Referate. Hi 


Ob dabei grössere Vulnerabilitàt der makulären . Fasern, Zirku- 
lationsstórungen oder Toxinwirkung zu Grunde liegen, ist nicht sicherge- 
stellt, jedenfalls beweisen sehr schnelle Heilungen, oft schon in wenigen 
Tagen nach der Operation, dass nicht immer tiefgehende anatomische 
Veráuderungen im Nervus opticus zu bestehen brauchen. 

De Kleyn meint aus seinen Fällen schliessen zu können, dass 
Zirkulationsstörungen und Toxinwirkung meist eine sehr wichtige Rolle 
spielen. 

Es wurden 22 Fälle von Neuritis retrobulbaris wahrgenommen, von 
welchen 16 die Affektion doppeltseitig zeigten. In 13 Fällen wurde die 
Diagnose: Nebenhöhlenentzündung durch die Operation bestätigt, während 
bei 9 Fällen durch Rhinoskopie mit Sicherheit festgestellt werden konnte, 
dass die Keilbeinhöhle und die hinteren Siebbeinzellen affiziert waren. 
Der Visus (abgesehen von Refraktionsanomalien) und das periphere Ge- 
sichtsfeld waren in allen Fällen normal, bei der Augenspiegeluntersuchung 
wurde in drei Fällen leichte Hyperämie der Papillen gefunden, einmal 
waren die Venen der Papille sehr erweitert und verliefen geschlängelt, in 
einem Falle bestanden kleine Hämorrhagien im Fundus und war ein 
weisser temporaler Sektor an der Papille wahrnehmbar, übrigens war im 
Fundus keine Abweichung zu finden. 

In 19 der 22 Fällen aber fand deKleyn Vergrösserung der Makula 
für Farben und in einigen Fällen auch für Weiss. In drei Fällen wurde 
keine Vergrösserung des blinden Flecks gefunden, obgleich Entzündung 
der Keilbeinhöhle und der hinteren Siebbeinzellen vorhauden war. 

In allen 13 operierten Fällen wurde der blinde Fleck nachher wieder 
normal, in 7 oder 9 nur durch Rhinoskopie diagnostizierten Fällen trat 
Heilung auf durch Nasenspülungen. Die Untersuchung nach Vergrósse- 
rung des blinden Flecks soll sehr genau gemacht werden. In den 6 Fällen 
von einseitigen Nebenhóhlenaffektionen fand de Kleyn die Veründe- 
rungen in der Makula immer an der kranken Seite, wührend die gesunde 
Seite das Symptom von van der Hoeve nicht zeigte. 

Bei den operierten Patienten hat de Kleyn die Makula untersucht 
vor der Operation, nach der Operation, während die Nase noch tamponiert 
war, und nach Entfernung der Tamponade. Er meint, daraus schliessen 
zu können, dass die Blutung während und kurz nach der Operation 
günstig auf die Optikusaffektion einwirkt, dass durch die Tamponade Ver- 
echlimmerung auftritt, welche nach der Entfernung des Tampons wieder 
verschwindet. 

de Kleyn meint, dass diese Tatsache als Beweis gelten kann, dass 
in vielen Fällen Zirkulationsstörungen und Toxinwirkung die Optikus- 
affektion hervorrufen können. 

Weniger häufig wird Neuritis optica wahrgenommen, eine Entzün- 
dung, entweder per continuitatem von den entzündeten Nebenhóhlen auf 
die Nerven übergegangen oder durch Lymph- und Blutgefässe fortge- 
pflanzt. 

Wenn diese Entzündung längere Zeit bestanden hat, so dass Atrophie 
aufgetreten ist, dann ist nicht viel mehr zu erreichen. Ein Fall wird 
erwähnt, wobei bei Eröffuung der Keilbeinhöhle und der unteren Sieb- 
beinzellen Eiter und Polypen gefunden wurden, aber keine Besserung der 
Optikusaffektion folgte. 


&6 Referate. [30 


Bei einem Fall wurde beiderseits Neuritis optica gefunden, welche 
nach einer Nasendiphtherie spontan verschwand. 

Thrombosis Venae centralis Retinae hat de Kleyn einmal wahr- 
genommen bei Eiterung der Keilbeinhóhle und der hinteren Siebbeinzellen 
und ist Heilung erzielt durch Operation. Stauungspapille hat er nicht 
beobachtet, aber in zwei Fällen von Ablatio Retinae mit Neuritis retro- 
bulbaris erachtet er den Zusammenhang mit Keilbein- und Siebbeineiterung 
für sehr wahrscheinlich. 

In vier Fällen von Oberkiefereiterung (1 Fall doppelseitig und 1 Fall 
kombiniert mit Stirnhóhleneiterung) hat de Kleyn keine Veründerungen 
im Visus, im Gesichtsfeld und in der Makula wahrgenommen. In einem 
Falle hatte ein Patient mit Kieferhöhleaffektion Vergrösserung der Makula 
für rot an der erkrankten Seite, aber später zeigte sich, dass an derselben 
Seite die hinteren Siebbeinzellen und die Keilbeinhöhle erkrankt waren. 

In 8 Fällen von Stirnhöhlenentzündung mit Affektion der vorderen 
Siebbeinzellen und in 4 Fällen isolierter Entzündung der vorderen Sieb- 
beinzellen wurden nie Optikusaffektionen gefunden. 

Aus den wahrgenommenen Fällen zieht de Kleyn die folgenden 
Schlüsse: 

1. Affektionen der Stirnhöhle und der vorderen Siebbeinzellen üben, 
ohne Orbitalaffektion und unter normalen anatomischen Verhältnissen 
keinen Einfluss auf den Nervus opticus. 

2. Dasselbe gilt meist auch für Oberkiefereiterungen. - 

3. Entzündungen der Keilbeinhöhle und der hinteren Siebbeinzellen 
sind von grosser Gefahr für den Nervus opticus. 

4. Von den Optikusaffektionen kommt die Neuritis retrobulbaris am 
häufigsten vor. 

5. Das erste Symptom der Neuritis retrobulbaris ist die Vergrösserung 
des blinden Flecks (Symptom von van der Hoeve). 

6. Die Zunahme in Grösse oder die schon bestehende Vergrösserung 
der Makula gibt die Indikation zur Nasenoperation. 

7. Die Ursache der Vergrösserung ist eine zirkulatorische und toxische. 

8. Bei Optikusaffektionen ohne deutliche ätiologische Momente ist 
Eröffnung der hinteren Siebbeinzelen und der Keilbeinhöhle indiziert, 
auch wenn die Nasenuntersuchung keine deutlichen Abweichungen zeigt. 

9. Die Meinung von Lapersonne u. a, das doppelseitige Papil- 
litis meist von konstitutionellem Ursprung sei, ist falsch, weil einseitige 
Siebbein- und Keilbeineiterung doppelseitige Optikusaffektion bedingen 
kann und Entzündung der hinteren Nasennebenhöhlen oft doppelseitig 
vorkommen kann. . Kan, Leiden. 


86. Fr. Pineles, Über die Empfindlichkeit des Kropfes gegen 

Jod. Wiener klin. Wochenschr. 19. 1910. 

Nach Anführung von 6 Fällen von Thyreoidismus fasst Pineles seine 
klinischen Beobachtungen dahin zusammen, dass Individuen, die Basedow-, 
Diabetes, oder neuropatischen Familien entstammen, selbst nach Darreichung 
geringer Jodgaben bisweilen an Thyreoidismus erkranken. Es ist nahe- 
liegend, anzunehmen, dass allen diesen Füllen dieselbe pathologische 
Veränderung der Schilddrüse zugrunde lag, die deren Überempfindlichkeit 
gegen Jod bedingte. In therapeutischer Hinsicht ergibt sich aus diesen 


3l] Referate. 87 


Beobachtungen die Schlussfolgerung, bei kropfbehafteten Kranken aus 
derlei Familien die Jodbehandlung nur mit grósster Voraicht anzuwenden. 
Sippel, Würzburg. 


87. Schönemann, Bern, Die (nicht tuberkulöse) Lungenspitzen- 
induration als Folge der behinderten Nasenatmung. Schweiz. 
Rundschau fiir Medizin 1909. 


Schönemann versucht die Ansicht Krönig’s (Über einfache 
nicht tuberkulóse Kollapsinduration der rechten Lungenspitze bei chronisch 
behinderter Naseuatmung: Deutsche Klinik am Eingang des XX. Jahr- 
hunderts 1907, Bd. 11) durch eigene Untersuchungen und Erfahrungen 
in seiner Praxis zu stützen. Er möchte nur für seine und Krönig’s 
Überzeugung, dass es wirklich eine eolche nicht tuberkulöse Spitzenindu- 
ration bei Mundatmern gebe, gewinnen. Nach einigen theoretischen Aus- 
.einandersetzungen über die Folgen der behinderten Nasenatmung uud 
habitueller Mundatmung auf Oberkiefer, Thoraxform und Lungen- 
spitzen Ventilation führt er in Wort und Bild uns einige Beispiele aus 
seiner Praxis vor, die die Existenz eine nicht tuberkulösen Spitzen „Re- 
traktionsinduration“ als Folge von Nasenstenose dartun sollen. — Der 
Referent und mit ibm wohl viele Leser dieser Arbeit können sich von 
der Richtigkeit der Krönig-Schönemannschen Ansichten nicht 
überzeugen. So wenig wie die früheren von verschiedenen Autoren ge- 
äusserten und immer noch, wenn auch in etwas modifizierter Form da 
und dort auftauchenden übertriebenen Ansichten von den starken Thorax- 
und Oberkieferdeformitáten nach Nasenstenose und Rachenmandelhyper- 
trophie durch die Tatsachen bewiesen werden konnten, so wenig ist bis 
jetzt der Beweis für die Existenz einer nicht tuberkulösen Spitzenindura- 
tion wirklich erbracht worden. So lange keine eindeutigen klinischen 
Befunde und keine beweisenden Autopsieen vorliegen, tut jeder Spezialarzt 
besser mit dieser Affektion nicht zu rechnen und keine rhinochirurgischen- 
therapeutischen Konsequenzen daraus zu ziehen. Wir wissen ja alle, dass 
es glücklicherweise tuberkulöse Spitzenindurationen gibt, die nie zur 
Phthisis pulm. führen. 


88. A. Tereschkowitsch (Chir. Klin. Basel), Beitrag zur Trans- 
plantation der Schilddrüse (Experimentelle Studie). Inaug.- 
Dissert. Basel 1909. 28 s. 


1. Das überpflanzte Schilddrüsengewebe heilt sowohl bei der Auto- 

plastik als auch bei der Heteroplastik. 
: 2. Das histologische Bild zeigt eine Nekrose des Zentrums und eine 

Regeneration und Sekretionstätigkeit der peripher gelegenen Follikel. 

3. Die Alloplastik gelingt nicht, insofern, als die Resorption des 
implantierten Drüsengewebes rasch vor sich geht. 

4. Praktische Verwertbarkeit besitzt nur die Heteroplastik. 

Fritz Löb, München. 


89. Ullmann, Wien, Über Beziehungen zwischen dem Uterus- 
myom und dem Kropf. Wien. klin. Wochenschr. 1910. 16. 
Vert, bat bei einer Reibe von Fällen, wo Frauen an Uterusmyom 

und Strumen zugleich litten, nach ausgeführter Myomektomie auch die 

‘Struma zurückgehen und die durch dieselben hervorgerufenen Beschwerden 


88 Biicherbesprechungen. [32 


and 


schwinden sehen. Ähnlich geht auch in analogen Fällen im Klimakterium 
mit Rückbildung des Myoms eine Verkleinerung der Struma Hand in 
Hand. Würth, Würzburg. 


90. H. Wiener, uber den Thyreoglobulingehalt der Schilddrüse 
nach experimentellen Eingriffen. Fortschritte der Medizin 8. 
1910. 


Untersuchungen über (Gewicht der Schilddrüse bei verschiedenen 
Tieren, über Thyreoglobulingehalt der einen Schilddrüse bei Entfernung der 
anderen desselben Tieres, über Einwirkung verschiedener Gifte auf Gewicht 
und Thyreoglobulingehalt und endlich über die Innervationsverhältnisse der 
Glandula thyreoidea. Sippel, Würzburg. 


IIl. Büeherbesprechungen. 


Dr. G. Chauvean, Les Maitres de l'école de Paris dans la période pré- 
specialistique des maladies du pharynx, du larynx et du nez. Tome 1I. 
Paris 1910. 

Der vorliegende II. Teil des Werkes unseres Pariser Fachgenossen behandelt 
die Laryngologie in der vorspezialistischen Zeit an den Pariser Krankenanstalten. 
Wir finden eine grosse Zahl klangvoller Namen, und es gewührt einen eigenen 
Reiz an der Hand des sachkundigen Führers die Anschauungen und die Behand- 
lungsmethoden der grossen Pariser Kliniker und Chirurgen jener Zeit auf dem 
Gebiete der Kehlkopfkrankheiten an uns vorüberpassieren zu lassen. War doch 
Paris in jenen Tagen, insbesondere, was’chirurgische Technik anbelangt, führend, 
— wir brauchen hier nur die Namen Desault, Dupuytren, Lisfranc, 
Nélaton, Vélpeau, an Trousseau, Valleix, Louis, Cruveilhier und 
viele andere zu erinnern. — I 

Chauveau hat für seine Darstellung die alphabetische Form gewühlt, er 
lässt die einzelnan Autoren, Kliniker und Chirurgen getrennt, an uns vorbeipassieren, 
er gibt gewissermassen kurze laryngologische Biographien von ihnen. Die ein- 
zelnen Portraits gewinnen dadurch gewiss an Plastik; die praktische Brauchbar- 
keit des Buches leidet aber zweifellos darunter, wenn über dieselbe Affektion an 
den verschiedensten Stellen nachgelesen werden muss. Die vom Verf. ausdrück- 
lich zurückgewiesene Einteilung nach Materien wäre nach dieser Richtung unbe- 
dingt vorzuziehen gewesen. So muss man z. B. über Glottisodem bei Bayle, 
Cruveilhier, Bouillaud, Trousseau, Sestier nachlesen. Über Tracheo. 
tomie bei Trousseau, Boyer, Desault, Dupuytreu, etc. Es ist das um 
so bedauerlicher, als bei dem grossen Fleiss und der musterhaften Gründlichkeit 
des Buches niemand, der sich mit Geschichte der Laryngologie beschäftigt, das- 
selbe in Zukunft wird übergehen können. Denn man darf wohl behaupten, dass 
man sich aus der Abhandlung Chauveaus ein zuverlässiges Gesamtbild über den 
Stand und die Fortschritte der Laryngologie in der ersten Hälfte des vorigen 
Jahrhunderts machen kann, — wir begegnen in ihm den meisten in unserem Ge- 
biete bekannt gewordenen Namen aus jener Zeit, auch wenn sie nicht maitres 
d'école de Paris waren, z. B. Albers, Brétonneau, Middeldorpf, Ehr- 
mann u. v. & Doch muss man sich sein Gebäude aus den zahlreichen vom 
Verfasser gelieferten Bausteinen selbst errichten. Diese aber stelleu ein äusserst 


33] Dücherbesprechungen. NY) 


wertvolles Material dar; auch ist die Arbeit ein niitzlicher Wegweiser fir alle, 
die auf die Quellen zurückgehen wollen. Kronenberg. 


Dr. Otto Kahler, Klinische Beiträge zur Ösophagoskopie und Tracheo- 

Bronchoskopie. Wien 1910. Moritz Perles. 

An der Hand des umfangreichen Materials der Wiener Universitátsklinik für 
Kehlkopf- und Nasenkrankheiten (Chiari), des grössten und reichhaltigsten der 
Welt, wie Verf. mit einigem Stolz betont, unternimmt Kahler es, in der vor- 
liegenden Abhandlung die Bedeutung und klinischen Erfolge der direkten Unter- 
suchungsmethoden der tieferen Luftwege und der Speiseröhre zu schildern, 

Das an der Chiarischen Klinik benutzte Instrumentarium weicht in einigen 
Einzelheiten von dem Killian-Brüningsschen ab. Zur Beleuchtung wird das 
Leitersche Panelektroskop benutzt, dessen verstellbarer Griff vom Verf. als be- 
sonders vorteilhaft gerühmt wird. Die ösophagoskopische Untersuchung zu dia- 
gnostischen Zwecken wird fast stets beim sitzenden Patienten, bei der Unter- 
suchung in Narkose und zur Entfernung von Fremdkörpern in Rückenlage vor- 
genommen. Das Instrument wird stets unter Leitung des Auges eingeführt, 
wobei unglückliche Zufälle fast mit Sicherheit vermieden werden. Unter 800 Öso- 
phagoskopien erlebte Verf. einen Todesfall nach Fremdkürperextraktion, der aber 
nicht mit Sicherheit der Methode zur Last gelegt werden konnte und einmal ein 
Emphysem am Halse. Weitere Komplikationen wurden nicht beobachtet. 

Bei der Erwähnung der Hypopharyngoskopie hätte neben den Namen 
v. Eicken und Gerber derjenige Blumenfelds nicht übersehen werden sollen, 
da Blumenfeld bekanntlich früher als die beiden genannten Autoren den Ge- 
danken der Hypopharyngoskopie ausgesprochen hat. 

Die Bronchoskopie wurde im wesentlichen nach den Regeln der Killianschen 
Schule ausgeführt. 

Die Zahl der ósopbagoskopisch entfernten Fremdkóürper ist mit 75, davon 
allein im ersten Halbjahr 1909 23, eine imponierende. Die von Kahler sorg- 
faltig durchgeführte Kasuistik ist für jeden, der ósophagoskopisch arbeiten will, 
sehr lehrreich; die Einzelheiten müssen im Original nachgelesen werden. 

Auch zur Klinik des Karzinoms, der Ösophagusgeschwüre, der Hyperkinesen, 
etc. bringt die Arbeit wertvolle Beobachtungen. 

Aus Trachea und Bronchien wurden 16 Fremdkörper entfernt, dabei ein 
Todesfall infolge von Bronchopneumonie, ein sehr günstiges Resultat. Unter 164 
von Killian zusammengestellten tracheoskopischen Fremdkörperfällen finden sich 
21 Todesfälle, ein erheblich höherer Prozentsatz. Wie sehr die Ausbildung einer 
Methode das Material beeinflusst, zeigt der Umstand, dass von den 16 beobachteten 
Fällen allein 7 auf das erste Halbjabr 1909 entfallen. 

Hervorragendes Interesse beansprucht die bis zur Ausbildung der Killian- 
schen Methode klinisch fast völlig unzugüngliche Lues des Tracheobronchial- 
baumes. Auch in dieser Beziehung ist das Wiener Material sehr lehrreich. 

Die Kahlersche Arbeit ist keino Anleitung zur Erlernung der direkten 
Methoden für den Ungeübten; sie setzt eine gewisse Kenntnis und Erfahrung in 
diesen Methoden voraus. Aber, indem sie das grosse und schöne Material der 
Chiarischen Klinik sichtet und allgemein zugänglich macht und aus den überaus 
reichen Erfahrungen dieser Klinik heraus kritisch zergliedert, indem sie ferner 
zahlreiche Einzelheiten der Technik, wie sie sich im täglichen Gebrauch an dem 
vorgeführten Material als nützlich erwiesen haben, anschaulich vorführt, wird 
für diejenigen Leser, die sich selbst mit den dirckten Methoden beschäftigen, zu 
einer ebenso anregenden wie nützlichen Lektüre. 

Der Umstand, dass im wesentlichen die subjektiven Erfahrungen und Ein- 
drücke an der Chiarischen Klinik wiedergegeben sind, gestaltet die Darstellung 
frisch und lebendig und ist für den fachkundigen Leserkreis gewiss ein Vorteil. 

Kronenberg. 


90 Gesellschafts- und Kongressberichte. [34 


IV. Gesellschafts- und Kongressberichte. 


Berliner Laryngologische Gesellschaft. 


Sitzung vom 19. November 1909. 


1. Herr Gluck: a) Patient mit Totalexstirpation der Zunge. Vor 
2 Jahren bat Gluck nach seiner Methode (vom Munde aus, nach präliminarer 
Drüsenexstirpation und Lingualisligatur, unter etappenweiser Naht des Mund- 
bodens wührend der Operation) die ganze Zunge entfernt. Das Sprachresultat 
ist vorzüglich, indem der Mundboden das fehlende Organ ersetzt. 


b) Totalexstirpation des Larynx und Sprechapparate. Vor- 
tragender demonstriert zunüchst einen Patienten, dem vor 1!/ Jahren Larynx, 
Pharynx, Zungengrund, Ösophagus bis unterhalb der A. thyreoid, inf. und ?^ der 
Schilddrüse entfernt wurden. Patient trug bis zur Plastik die Trichterprothese, 
schluckt jetzt durch das Hautrohr (in dem sich ein Bart gebildet hat) ausge- 
zeichnet. Für solche totalexstirpierte Patienten, bei denen sich nicht eine ge- 
nügende Pharynxstimme entwickelt, hat Gluck schon vor 10 Jahren den „künst- 
lichen Kehlkopf* angegeben, welcher der Kantile anfgesetzt wurde, und dessen 
Ton durch einen Schlauch dem Munde oder der Nase zugeführt wurde. Da der- 
selbe starke Reizung verursachte, konstruierte Vortragender neuerdings Apparate, 
die durch mechanisch oder elektrisch getriebene Blasebälge in Gang gesetzt 
werden, also ohne Mitwirkung der Lunge. — Er hat auch den Versuch gemacht, 
den Ton, der von Sängern auf phonographische Walzen gesungen worden ist, 
zu reproduzieren und vermittelst isolierter Drähte und einer Zahnplatte der Mund- 
höhle der Patienten zuzuführen. Er verspricht sich hiervon eine Verbesserung 
des Stimmklanges. 


Diskussion: Herr Grabower fragt, wie lange Zeit die Operierten 
brauchen, um das Sprechen mit Apparaten zu erlernen. 

Herr Fránkel bedauert den blechernen Klang der Apparate. 

Herr Gutzmann erklürt den Mechanismus der Pharynxstimme. 

Herr Gluck: Die Patienten erlernen das Sprechen sofort. Der Klang wird 
sich bessern, wenn die Einführung der phonographischen Methode gelingt. 


2. Herr Edm. Meyer: a) Patient mit Totalexstirpation des Larynx 
undkünstlichem Kehlkopf. Ein brückenähnlicher Apparat bedeckt sämtliche 
Zähne; das Zuleitungsrohr tritt am Mundwinkel in das Vestibulum und hinter 
dem letzten Molaris in die eigentliche Mundhöhle. 


b) Bronchoskopisch entfernter Nagel, den das Róntgenbild dicht 
neben dem Herzschatten zeigte. 6jähriges Kind. Bronchosc. inferior. 


3. Herr Finder: a) Fall von Nasentuberkulose. Bei dem in der 
vorigen Sitzung demonstrierten Kind war Wassermann positiv. Im Hinblick 
auf das histologische Bild handelt es sich um ein hereditür luetisches Kind mit 
Nasentuberkulose. 


Diskussion: Herr Schoetz: Die Diagnose mag richtig sein; man hütte 
aber sich nicht durch das histologische Bild festlegen lassen sollen, sondern 
gleich an Lues denken, Wassermann uud Jodbehandlung probieren sollen. 
Herr Frankel ste!lte vor 2 Jahren einen Fall vor, an dem ich das gleiche 
vermisste. 

Herr B. Fränkel: Wir haben dem Kinde ausser der Tuberkulinbehandlung 
leider auf Herrn Schótz' Wunsch auch Jodkali gegeben. Nun wissen wir nicht, 
welchem von beiden die (voraussichtlich baldige) Heilung zu verdanken iet. 


35) Gesellschafts- und Kongressberichte. 91 


Herr Finder: Bei Verdacht auf Lues geben wir stets Jodkali, aber doch 
nicht in jedem Krankheitsfalle. 


b) Lupus oder Lues? 1ljähriges Mädchen mit Geschwür an der linken 
Muschel, Narbenbildungen am weichen Gaumen und der hinteren Rachenwand 
deren Schleimbaut dick und wulstig ist. Klinisches und histologisches Bild 
sprechen für Lupus, aber Tuberkulinreaktion ist negativ, Wassermann positiv 
und auf KJ. ist Besserung erfolgt. 


Diskussion: Herr B. Fränkel: Es gibt einen Lupus syphiliticus, der 
vom echten Lupus klinisch nicht zu trennen ist. 


c) Kind mit Angina Vincenti. Grosses Ulcus, das von der linken 
Tonsille auf Pharynx, Gaumensegel und -Bogen übergreift. Der dicke, gelbliche 
Belag hat sich unter H,O, abgestossen, das Geschwür ist in Heilung begriffen. 

Diskussion: Herr Schötz: Man hätte Jodkali geben sollen. 

Herr B. Fränkel: Dann wäre der Fall unter der Flagge „Lues“ gesegelt, 
sehr zum Nachteil des Kindes. 

Herr Finder: Kein Mensch hat an Syphilis gedacht; es heilt ja auch ohne KJ. 

d Angiokavernom der Nase. Schwarzgrauer Tumor, der die rechte 
Nasenseite ausfüllte und auftrieb, ausgehend von der unteren Muschel. Nach 
Teilexstirpatiou enorme Blutung, deshalb Entfernung nach Freilegung der Nase. 

Diskussion: Herr Edm. Meyer bat einen ähnlichen Fall gesehen. 


4. Herr Scheier: 3 Präparate von verirrten Zähnen in der 
Nasenhóhle. 


5. Herr Goldmann: a) Aus dem Osophagus entferntes Bruch- 
stück eines Gebisses. | 

Diskussion: Herr E. Meyer macht auf die Gefahren der ósophagosko- 
pischen Extraktion eingekeilter Fremdkórper aufmerksam. 

b Ausgedehnte Geschwüre des Pharynx und Larynx. Vor- 
tragender hat bei dem ätiologisch nicht ganz klaren Falle eine Hg-Kur eingeleitet. 

Diskussion: Herr Kuttner empfiehlt gleichzeitige Chromsüure-Ätzuugen. 

Herr Schötz widerrät diese bei so ausgedehnten Prozessen wegen Ver- 
giftungsgefahr. 

Herr E. Meyer: Es könnte sich möglicherweise um leukümische Gangrün 
handeln. 

Herr Kuttner: Der Vergiftungsgefahr bei Chromsäure kann man leicht 
begegnen, wenn man mit alkalischem Wasser nachspiilt. 

Herr Rosenberg rit zu Jodkali. 

Herr Frankel; Herr Goldmann. 


6. Herr Echtermeyer: Sarkom des Pharynx. Der inoperable Tumor 
hat sich unter Arsen auf die Hälfte verkleinert. 
Diskussion: Herr P. Heymann erinnert an seinen 1895 vorgestellten Fall. 


7. Herr Levinstein: Über die histologische Bewertung der 
Appendix ventriculi Morgagni (erscheint in Archiv für Laryngologie). 

Diskussion: Herr Katzenstein: Der Ventrikel nebst Appendix dient 
hauptsächlich als Resonanzorgan, wie aus Versuchen hervorgeht. 

Herr Levinstein: Was die Appendix betrifft, so widerspricht dem der 
histologische Bau. 


Sitzung vom 17. Dezember 1909. 


1. Herr P. Hey mann: Fall von Rekurrenslühmung. Das linke 
Stimmband steht absolut still. Der Aryknorpel und mit ihm das Taschenband 
nıachen aber rhythmische, bald nystagmusartige, bald unregelmässige Bewegungen 
von ziemlicher Ausdehnung. Ätiologie dunkel. 


92 Gesellschafts- und Kongressberichte. [36 


Diskussion: Herr Schótz: Die Zuckungen sind als Reaktion der ge- 
sunden Transversusfasern auf den Reiz, den die Absterbenden ausüben, aufzu- 
fassen. Vielleicht liegt auch beginnende Tabes vor? 

Herr G rabower: Der Fall ist im Übergang von der Posticus- zur Rekurrens- 
láhmung. Der Transversus kontrahiert sich noch, aber wie ein absterbender Muskel. 

Herr Hey mann lehnt beide Erklärungen ab. 


2. Herr Haenlein: Kankroid des Siebbeins. Patient wurde von 
anderer Seite operiert, weist jetzt grossen Hautdefekt an der Stelle der Narbe auf. 

Diskussion: Herr H. J. W olff: Die Operation geschah in unserer Klinik 
wegen Kopfschmerz und Schwellung am inneren Orbitalwinkel. Es ergab sich ein 
Endotheliom, daher ist es unwahrscheinlich, dass jetzt ein Kankroid da sei. 

Herr Haenlein: Karzinomserum Spengler uud Róntgenbestrahlung 
wurden vergeblich angewandt. Der Verlauf ist jedoch sehr allmählich und aus- 
gezeichnet durch dos Fehlen von Metastasen. 


3. Herr Halle: a) Fremdkörper der Nase. Stark inkrustierte Glas- 
perle, die bei der 43jährigen Patientin sicherlich schon seit Kindheit in der Nase 
lag. Ihr langes, unbemerktes Verbleiben ist auf eine totale knöcherne Atresie 
der gleichen Seite zurückzuführen. Die Operation geschah mit Fraise. 

Diskussion: Herr Finder bestreilet, dass membranöse Choanalatresien 
stets luetisch seien. 

Herr B. Frünkel beseitigt knócherne Verschlüsse jetzt immer elektro- 
lytisch, da operative Öffnungen schnell verwachsen. 

Herr Halle. 

Derselbe; b) Riesiger Nasenrachenpolyp. Aus der rechten Kiefer. 
hóhle entspringender Schleimpolyp. Bei Durchleuchtung erschien diese hell, die 
linke, ganz gesunde Hóhle dunkel. 

Derselbe: c) Stirnhóhlenempyem, von der Nase aus operiert, 
nach einem von Halle vor 3 Jahren in der Berl. med. Ges. publizierten Ver- 
fahren. Bei demselben Patienten wurde eine sehr grosse Keilbeinhóhle in aus- 
giebiger Weise mit der Fraise freigelegt. 


. 4. Herr Levinstein: Mikroskopische Präparate der Appendix 
ventriculi, die Anwesenheit von Follikeln und den Drüsenreichtum demon- 
strierend. 


9. Herr M. Senator: Speichelstoein aus dem Ductus Whartonianus. Die 
Mundbodengegend war teigig geschwollen, auf Druck entleerte sich Speichel in 
dünnem Strahl. Diagnose und Entfernung des Calculus gelang leicht, was nicht 
immer der Fall ist. 


6. Herr Gräffner: Beobachtungen am Gaumen, Rachen und 
Kehlkopf bei zerebralen Hemiplegien. (In Heft 5 dieser Zeitschrift im 
Original erschienen.) 


Sitzung vom 14. Januar 1910. 


1. Herr A. Blumenthal. Histologisches Präparat eines Pa- 
pilloma durum von der Übergangsstelle des Vestibulum nasi zur unteren 
Muschel. 


Diskussion: Herr A. Meyer, Herr Blumenthal. 


2. Herr Alexander: a) Zur Vererbungsfrage bei Ozäna. Mutter 
mit Ozünaform der inwendig ganz gesunden Nase, Sohn mit Ozäna. Die Mutter 
muss in der Jugend an Ozäna gelitten haben und geheilt sein. Der Fall spricht 
gegen die Infektions- und für die Vererbungstheorie. 

Diskussion: Herr Haike warnt vor unüberlegten Schlüssen in der 
Ozünafrage. 


37) Gesellschafts- und Kongressberichte. 93 


Herr Kuttner: Die Form der Nase ist nicht für Ozüna beweisend. 

Berr Alexander: Im Gegenteil, sie kommt nur bei oder nach ozänösen 
Prozessen vor. Nur Lues nasi gibt das gleiche Bild. 

Derselbe: b) Fall von Ozaena trachealis. Die Nase war sekretfrei, 
die Schleimhaut geschwollen. Nach 4 Wochen fand sich auch in der Nase echte 
Ozina. Das ist eine Mahnung, bei Ozána des Kehlkopfs und der Luftróhre sich 
nicht bei einem negativen Nasenbefund zu beruhigen, sondern wiederholt zu 
untersuchen. 

Diskussion: Herr Kuttner, Herr Alexander. 


3. Herr Finder: a) Präparat von Abszess des Aryknorpels. 
Patient war fieberhaft erkrankt mit schwerem Ödem der rechten Aryepiglottischen 
Falte. Tracheotomie; nach kurzer Besserung Exitus unter septischen Erschei- 
nungen. Sektion ergibt fast völlige Zerstörung des Aryknorpels, Durchbruch 
nach dem Sinus piriformis, sowie Kommunikation mit einem hoch hinauf und bis 
ins Mediastinum berab reichenden retropharyngealen Abszess. Im Eiter Strepto- 
kokken. 

Diskussion: Herr Blumenthal. 

Derselbe: b) Bronchoskopischer Fremdkórperfall. 11 monat- 
liches Kind sollte eine Brotkruste aspiriert haben. Bei Br. superior zeigt sich 
im rechten Bronchus ein harter, gelblicher, obturierender Fremdkórper, der mit 
dem Haken nicht extrahiert werden kann, da er eingekeilt ist. Tags darauf 
Tracheotomie, bei der Dr. inferior kollabiert das Kind bedrohlich, erholt sich für 
kurze Zeit, stirbt aber am Nachmittag. Sektion ergab ein fast eingekeiltes Knochen- 
stück. — Der Fall lehrt, dass man bei Säuglingen sofort die Bronchoscopia 
inferior machen soll. Vergebliche Versuche von uben her verschlechtern die 
Aussichten der Heilung erheblich. Überhaupt ist bei kleinen Kindern die Prognose 
sehr zweifelhaft. 

Diskussion: Herr E. M ey er hält gleichfalls die Bronchoscopia inferior 
bei kleinen Kindern für das angezeigte Verfahren, teils wegen der ungünstigen 
Raumverhältnisse, teils wegen der Gefahr nachfolgenden Glottisödems. 


4. Herr Halle: a) 4 jähriges Kind, dem wegen hochgradiger, das Leben 
gefibrdender Deviation das Septum reseziert wurde, und zwar in Narkose 
mittelst peroraler Tubage. 

Diskussion: Herr Schótz und Herr Brühl bestreiten, dass Septum- 
deviationen das Leben geführden kónnen: Kinder vertragen sie ganz gut, so dass 
man mit der Operation ruhig abwarten kann. 

Herr H. J. Wolf, Herr H alle. 

Derselbe: b) Der inder vorigen Sitzung vorgestellte Patient mit Stirn- 
hóhleneiterung. Die Stirnhóhle wurde nach Halles Verfahren von der 
Nase aus eröffnet. Er trägt jetzt eine silberne intranasale Stirnhöhlenkanüle, 
die Sekretion ist sehr verringert. Ausserdem hat Vortragender ihm eine nasale 
Öffnung der Kieferhöhle (n. Sturmann) angelegt. 

Diskussion: Herr Senator: Es ist immer ein Zufall, wenn man mit 
Halles Methode in die Stirnhöhle gelangt; mau kann eben so leicht in die 
Schädelhöhle kommen. 

Herr Halle: Wenn man sich genau an meine Vorschrift hält, ist die Ver- 
letzung lebenswichtiger Organe ganz unmöglich. Fast in all denjenigen Fällen, 
in denen die Stirnhöhle sondierbar ist, ist das Verfahren anwendbar. 


5. Herr E. Meyer: Fixationsapparat zum Halten von Leichen- 
köpfen für Übung von Nasenoperationen. Preis ca. 100 Mk. Der Apparat 
kann umgelegt werden, so dass man wie am sitzenden resp. liegenden Patienten 
operieren kann. Arthur Meyer. 


94 Gesellschafts- und Kongressberichte. [38 


Wissenschaftliche Gesellschaft deutscher Ärzte in Böhmen. 
Sitzung vom 10. Dezember 1909. 


Herr F. Pick demonstriert. 1. Einen Fall von ausgedehntem Sklerom der 
Trachea. In der Nase nur polypöse Wucherungen, doch gelang die Züchtung von 
Rhinosklerom Bac. aus derselben. Im Larynx nur ein kleines Knótchen an der 
Epiglottis. Interessant ist, dass der Fall aus Westbóhmen stammt, wührend in 
Bóhmen wie wir aus den Untersuchungen von Frankenberger!) wissen, das 
Rhinosklerom ausschliesslich in dem nordóstlichen Quadranten vorkommt. Die 
Krankheit datiert bei dem jetzt 26jährigen Manne seit 5 Jahren, seit 1 Jahre 
Atembeschwerden. 


2. Einen 62jährigen Mann, der dem laryngologischen Institut, da er nicht 
sprechen konnte, zugeschickt wurde. Es handelt sich um progressive Bulbär- 
paralyse. Auffallend ist das fast vollständige Fehlen der Aıtikulation der Sprache 
bei ziemlich fleischiger und gut vorstreckbarer Zunge, was im Sinne von Duchenne 
für das Vorwiegen der Lähmung gegenüber der Atrophie spricht. Das Unver- 
mögen zu schlingen soll nach Angabe des Patienten, durch die elektrische Be- 
handlung bedeutend gebessert worden sein. 


Sitzung vom 28. I. 1910. 


Herr Piffl demonstriert eine Patientin mit angeborenem rechtsseitigem 
Choanalverschlusse. Der Nasenboden steht rechts etwas höher als links. An dem 
Falle ist das Bemerkenswerte das einseitige Schwitzen der rechten Kopfhälfte, 
wo sich die Choanalatresie befindet, besonders in der Umgebung des rechten 
Nasenfitigels an der Unterlippe. In einem ähnlichen: Falle hat Vortr. dieses 
Phinomen gleichfalls beobachtet, doch blieb es nach operativer Beseitigung der 
Atresic bestehen. Dagegen schwand es in einem Falle von traumatischer Septum- 
deviation mit Verlegung einer Nasenhülfte nach operativer Beseitigung der 
Deformität. Piffl meint, dass es sich um vikariierendes Eintreten der Haut für 
die mangelnde Feuchtigkeitsabgabe durch die verschlossene Nasenhälfte handle. 
Prof. F. Pick demonstriert ein Präparat, wo es sich um beiderseitige Posticus- 
lähmung infolge Karzinom des Ösophagus handelte. Die Adduktionsstellung der 
Stimmbänder war noch bei der 6 Stunden post mortem vorgenommenen Ob- 
duktion an der Leiche deutlich. R. Imhofer. 


Verein deutscher Ärzte in Prag. 


Sitzung vom 4. Februar 1910. 


Herr Otto Wiener: Hemispasmus linguaehyst. 40jähr. Kranker, 
der seit mebreren Jahren wechselnde Erscheinungen darbietet, Paresen der unteren 
Extremitäten, Augenmuskelläbmungen, die jedoch nicht die typischen Doppelbilder 
gaben. Zeigt gegenwärtig frische Plaques luetischer Natur im Munde und am 
Skrotum. Infektion vor einem Jahre. Öffnet der Kranke den Mund, so sieht man 
am Boden der Mundhöhle die Zungenspitze nach rechts abweichen und die rechte 
Zungenhilfte kontrahiert. Streckt er die Zunge heraus, so bleibt die Spitze im 
rechten Mundwinkel, wobei es zu rhythmischen Zuckungen der Zunge und des 
Mundbodens nach vorne kommt. Versucht man die Zunge in die Mittellinie zu 
bringen, eo fühlt man einen deutlichen Widerstand. Gang leicht spastisch, leichter 
Tremor der Extremitäten in Ruhe, rechts viel stärker als links, der sehr zu- 
nimmt, wenn man den Kranken irgend eine Muskelarbeit machen lässt, so dass 
der Kranke zu fallen droht. Subjektiv gibt der Kranke ein fortwährendes Spannen 


1) Diese Zeitschrift, Bd. I, S. 479. 


39] Gesellschafts- und Kongressberichte. 95 


in der rechten Zungenbälfte an. Weder von seiten des Fazialis, noch von seiten 
der anderen Hirnnerven irgend eine Störung. Rechte Pupille ^ als die linke, 
jedoch beide prompt auf Licht, Akkommodation und konsensuell reagierend. Augen- 
‚hintergrund normal ebenso das Gesichtsfeld (untersucht von Herrn Hirsch), hin- 
gegen komplette Anästhesie für alle Qualitäten links auch die Schleimhäute be- 
treffend sowie Anosmie und Ageusie links, rechts Hyperästhesie. 


Mit Rücksicht auf den Wechsel der Erscheinungen insbesondere aber mit 
Rücksicht auf die lokale Hemianästhesie und die exquisite Konfabulation, die der 
Kranke darbietet, ist die Erkrankung als eine funktionelle d. h. hysterische anzu- 
sehen. Da der intellegente Kranke eine vorausgehende Lähmung nicht angibt, 
so ist man wohl berechtigt, den Krampf als primär anzusehen, um so mehr als 
sekundäre Krämpfe (nach Binswanger) mit Anästhesie der spastischen Seite 
einhergehen, während den primären Krampf Hyperästhesie begleitet. Vortr. hält 
den Fall besonders bemerkenswert, da er sonst immer mit Fazialiskrampf ge- 
meinsam auftritt. Bisher konnte er in der einschlägigen Literatur keinen einzigen 
ähnlichen Fall vorfinden. 


Monatsversammlung des Vereins tschechischer Laryngo-Otologen, 
Prag. 


Sitzung vom 29. Oktober 1910. 


Herr Cisler demonstriert einen Rhinolitben, dessen Kernpunkt ein Kirsch- 
kern bildet, einen ähnlichen etwas kleineren Rhinolithen demonstriert Herr Gutt- 
mann. 

Herr Frankenberger demonstriert einen Skleromfall aus Prachatitz 
(Böhmerwald), dann ein Diaphragma tracheae post vulnus scissum. 

Herr Guttmann demonstriert eine ausgebreitete Lues laryngis, einen Sialo- 
lithen, und 2 Fälle fast ausgeheilter Tuberculosis laryngis nach der Methode von 
Sorgo behandelt. 

Herr Cisler berichtet über einen Fall von Larynxstenose, bei dem Tracheo- 
tomie nötig wurde. Vor 1 Jabr akquirierte Patient eine Lues. Nach Inunktion 
verschwanden die hóckerigen Infiltrate und mit ihnen die Stenose in kurzer Zeit. 
Schliesslich trägt Dr. Guttmann über „Chronische Kehlkopfdiphiherie‘“ vor. 

Guttmann Imhofer. 


Sitzung vom 11. Februar 1910. 


Herr Frankenberger demonstriert I. einen 16jührigen Patienten mit 
Siebbeinempyem und Verdrüngung des rechten Bulbus, bei welchem, da endonasale 
Behandlung erfolglos blieb, Operation von aussen vorgenommen wurde. Resektion 
eines Teiles des Os lacrymale und des Proc. nasalis des Oberkiefers. Drainage 
gegen die Nase und Orbita. II. 2 Fälle von Papillomen des Larynx bei einem 
26jährigen Manne und einem 6 jährigen Mädchen. Ferner Papillome, die bei einem 
l2jährigen Knaben auf endolaryngealem Wege entfernt worden, waren und be- 
richtet über einen Fall, wo auf extralaryngealem Wege operierte Papillome 
rezidivierten, während die endolaryngeale Operation das Rezidiv definitiv 
beseitigte. 

IIl. 2 Fälle von Lues des Larynx (zerfallene Papeln) ohne solche des 
Pharynx. Endlich einen Fall von Asthma, der nach Entfernung des hyper- 
trophischen mittleren Muschelendes und Adenotomie wesentliche Besserung zeigte. 

Herr V. Guttmann demonstriert I. eine Zyste des linken 'Taschenbandes 
und weist darauf hin, dass er in der Literatur diese Lokalisation einer Zyste 
des Larynx nicht weiter finden konnte. Die Zyste machte keine Symptome, 
weder Atembehinderung noch Heiserkeit. II. berichtet über einen Fall von 
Rekurrenslähmung bei einem 12jährigen Mädchen bedingt durch Vergrösserung 
des rechten Vorhofes des Herzens. R. Imhofer. 


96 Gesellschafts- und Kongressberichte. [40 


Verhandlungen des Vereins der Árzte Wiesbadens. Januar 1910. 


Blumenfeld: Seltene Befunde in Nase und Hals bei zentralen Nerven- 
krankheiten. 

I. Fall von crises nasales bei Tabes. 

K. 50-iger Jahre, von seinem Hausarzt wegen Atemnot und abnormer 
Sensationen im Hals, sowie wegen Schmerzen in der Nase zur Untersuchung 
überwiesen. Befund in der Nase: Sehr geringe Schwellung der Muschel, keinerlei 
pathologischer Befund ; Halsschleimhüute trocken; keinerlei Narben. Beide Stimm- 
binder stehen in Adduktionsstellung, die jedoch noch einen etwa 2 mm breiten 
Spalt zwischen sich lassen. Atmung deutlich stenotisch. 

Es handelt sich um eine Postikuslähmung (erstes Stadium der Lähmung 
beider Nervi recurrentes). Die Sensibilität des Kehlkopfes ist nicht wesentlich 
herabgesetzt. Im weiteren Verlauf ginz die Adduktionsstellung wesentlich zurück, 
ohne dass eine vollständige Kadaverstellung eingenommen würe. Die Adduktion 
wird nunmehr behindert, ist jedoch nicht vollkommen aufgehoben, so dass Patient 
mit etwas heiserer Stimme sprechen kann. Ausserdem bestand reflektorische 
Pupillenstarre und Strabismus int. am rechten Auge. Leichte Ptosis beiderseits. 
Die Diagnose wurde demgemäss von mir als wahrscheinlich auf Tabes dorsalis 
gestellt und fand durch die allgemeine Nervenuntersuchung Bestätigung durch 
Herrn Dr. Hezel. Die erwähnten Schmerzen in der Nase waren in der Folge 
der Gegenstand sehr lebhafter Klagen des Patienten. Sie beschränkten sich nach 
seiner Angabe dauernd auf das Innere der Nase. Über Kopf- und Augenschmerzen 
wurde nicht geklagt, doch bestand leichtes Tränen der Augen. Irgendwelcher 
. objektiver Befund, welcher die Schmerzen in der Nase, die nach Angabe des 

Patienten besonders nachts einen stechenden anfallsweisen Charakter hatten, er- 
klärt. hätte, fand sich nicht. Die Medikation war vollkommen machtlos. Auch 
die vielfach angewandten Analgetika wie Orthoform waren ohne jeden Einfluss, 
nur die Opiate innerlich angewandt brachten einige Erleichterung. Unter einer 
antiluetischen Kur trat allmählich eine Besserung der Schmerzen ein, doch war 
deren Wirkung keineswegs sofort zu erkennen, sondern trat erst ungefähr nach 
1g Jahr in die Erscheinung. Die taktile Sensibilität war entschieden herabgesetzt. 
Es handelte sich also ausser der Postikuslähmung, die zur Diagnose der Tabes 
führte, um eine Form von anfallsweiser Schmerzempfindung in der Nase, wie sie 
von den Franzosen unter dem Namen „crises nasales“ beschrieben ist. 

II. Kehlkopfbefund bei Paralysis agitaus. Patientin D., 52 Jahre alt. 

Stimme sehr leise und schwach, wird bei geringer Anstrengung z.B. Zählen 
bis 10 fast unhörbar. 

Die Halsmuskeln, besonders Scaleni hart, zeigen, beaonders bei Bewegungen, 
leichtes Zittern, die äusseren Kehlkopfmuskeln zeigen, soweit fühlbar, leichtes Zucken. 
Muskeln des Mundbodens rigide, die Zunge ist schwer hervorzuziehen, zeigt in 
der ganzen Muskulatur ein bald hier, bald dort stärker auftretendes zitterndes 
Wogen, das bei Anstrengung stärker wird. Mund wird schwer geöffnet. Gaumen- 
segel hat keinerlei zitternde Bewegungen, der Pharynx zeigt fast vollkommene 
Areflexie. 

Die Epiglottis ist in zitternder Bewegung, doch ist nicht festzustellen, ob 
es sich dabei um eine eigene Bewegung handelt, vielmehr scheint der Tremor 
des Kehldeckels von dem der Zunge, der er eng anliegt, übertragen zu sein. 
Die Aryknorpel zeigen kleine zuckende Bewegungen, die Stimmbänder bewegen 
sich gut, Patientin intoniert, wenn auch schwach. Zeichen, die auf Rigidität der 
Kehlkopfmuskeln schliessen liessen, sind nicht vorhanden, die Bewegungen der 
Stimmbünder sind in Adduktion und Abduktion schnell und exakt, wie sich das 
besonders bei den schnellen Ab- und Adduktionsbewegungen beim Lachen ergibt. 
In der Bewegung zeigen die Stimmbünder in ihrer ganzen Lünge ein Zittern, das 
ihnen den Eindruck des Flackernden gibt. Der Eindruck ist etwa so, als wenn 
ınan ein blankes Messer in ganz kleinen seitlichen Bewegungen funkeln lässt. 


41] Gesellschafts- und Kongressberichte. 97 


Auch in der Ruhe zeigen sich deutlich zuckende Bewegungen, besonders in der 
Respirationsstellung und etwas deutlicher am linken Stimmbande, doch fehlen 
diese Bewegungen in der übrigens sehr kurz dauernden Phonationsstellung 
nicht ganz. 

Kehikopfbefunde bei Paralysis agitans sind ausserordentlich selten erhoben, 
was vielleicht seinen Grund: in der Schwierigkeit der Untersuchuug dieser Kranken 
hat. Cisler hat in neuerer Zeit einen Fall beschrieben, bei dem das eine 
Stimmband in Abduktion, das andere in Adduktionsstellung stand. Er führt 
diese Fixation der Stimmbänder auf Rigidität der Muskeln zurück. Andere Be- 
funde (Gerhardt, von Schrötter) haben ebenfalls Zittern der Stimmbänder 
ergeben. Ein grösseres Untersuchungsmaterial liegt, so viel ich sehe. von keiner 
Seite vor, jedoch ist bemerkenswert, dass Graeffner im 2. Band dieser Zeit- 
schrift, Seite 441 angibt, dass er vom ruhigen normalen Funktionieren der 
Stimmbänder bis zum schnellschlägigen Tremor alle Abstufungen bei über 
40 Fällen von Paralysis agitans, die er laryngoskopisch genau beobachtet hat, 
gesehen hat. Autoreferat. 


Von der 17. Tagung des Vereins deutscher Laryngologen. 


Als im Jahre 1909 bei der Tagung des Vereins in Freiburg Leipzig als 
Tagungsort der nächstjährigen Versammlung gewählt wurde, wird es mauchem 
der Teilnehmer ergangen sein wie dem Schreiber dieses, dass er sich freute, in 
der Hoffnung einmal wieder die alte Universitätsstadt aufsuchen zu können, in 
der er erinnerungsreiche und angenehme Studiensemester verbracht hatte. 

„Mein Leipzig ist ein klein Paris und bildet seine Leute.“ So war es zu 
Goethes Zeiten, und seine Worte wurden bei Gelegenheit der Dresdener Ver- 
sammlung vielfach zitiert, nicht immer im freundlichsten Sinne. 

Gewiss nicht ohne grosses Bedauern hat der Vorstand des Vereins deutscher 
Laryngologen beschliessen müssen, die 'l'agung statt nach Leipzig nach Dresden 
einzuberufen. Ich móchte der Überzeugung Ausdruck geben, dass diese Verlegung 
keineswegs im Sinne der Majorität unserer Leipziger Fachgenossen gewesen ist. 
Die Verantwortung dafür trägt einzig und allein Herr Prof. A. Barth. 

Aber die sächsische Gastfreundschaft ist nicht umsonst weit und breit be- 
kannt und das, was in Leipzig in dieser Beziehung zu vermissen war, machte 
das Dresdener Lokalkomitee unter der bewährten Leitung Richard Hoffmanns 
in der glänzendsten Weise gut. 

Es war kein Wunder, dass die Augen des Vorstandes des Vereins deutscher 
Laryngologen sich nach Dresden wandten, als die Verhandlungen mit dem offi- 
ziellen Vertreter der Laryngologie an der Leipziger Hochschule sich als aussichts- 
los herausstellten; war doch die Aufnahme, welche der deutschen laryngologischen 
Gesellschaft und der laryngologischen Sektion der Versammlung deutscher Natur- 
forscher und Árzte im Jahre 1907 in Dresden bereitet war, noch in frischer und 
angenehmer Erinnerung. Unsere Dresdener Fachgenossen haben den hohen Er- 
wartungen, die man in sie setzte, nicht nur entsprochen sondern sie weit über- 
troffen. 

So ward denn der Begrüssungsabend schon ein ausserordentlich angenehmes 
Zusammensein, zu dem man sich fand, nachdem eine gróssere Zahl der Teilnehmer 
den sehr interessanten Demonstrationen der Herren Hoffmann und Mann im 
Johannstüdter und Friedrichstädter Krankenhause beigewohnt hatte. Uber die 
wissenschaftlichen Verhandlungen werden wir später ausführlich berichten. Eine 
lebhafte Diskussion knüpfte sich besonders an die ersten Vorträge, welche die 
Chirurgie der Nase betrafen, während späterhin unter dem Einfluss des Dranges 
der kurz bemessenen Zeit die Diskussionen fast ganz unterblieben. Wir möchten 
den Wunsch äussern, dass es dem Vorstande in der Folge gelinge, die Dinge so 
zu ordnen, dass die Diskussionen nicht nur auf die ersten Vorträge keschränkt 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 1. 7 


98 Gesellschafts- und Kongressberichte. [42 


bleiben; es ist das allerdings ein Übelstand, der sich bei den meisten Kongressen 
kundgibt. 

In der Geschäftsitzung beantragte Herr Geheimrat Bernhard Fränkel 
brieflich die Verleihung des Preises aus der Bernhard Fränkel-Stiftung an 
Herrn Professor Killian in Freiburg, ein Vorschlag, der die allgemeine Zustim- 
mung der Versammlung fand. Es war das erste Mal, dass dieser Preis verlieben 
wurde. 

Die Bernhard Frünkel-Stiftung besitzt zurzeit ein Kapital von 4000 Mark, 
so dass die Möglichkeit besteht, alle 5 Jahre einen Preis zu verleihen. Es dürfte 
dio Leser interessieren, die Stiftungsurkunde dieses Preises kennen zu lernen. Wir 
lassen dieselben daher hier folgen: 


„Nachdem ein halbes Jahrhundert seit der Erfindung des Kehlkopfspiegels 
verflossen ist, schien auf Anregung der Deutschen Laryngologischen Gesellschaft 
einer Anzahl von Laryngologen, deren Namen dieser Urkunde beigefügt sind, 
die richtige Zeit gekommen, einen ersten deutschen Laryngologenpreis zu stiften. 
Sie wählen den heutigen Tag, den 70. Geburtstag ihres verdienten Altmeisters 
Bernhard Fränkel um aus Dankbarkeit für seine rastlose Arbeit, aus An- 
erkennung für die unter seiner tätigen Mitwirkung errungene Stellung der 
Laryngologie und zum Gedächtnis an seine so hervorragenden Leistungen auf 
dem Gebiete der medizinischen Wissenschalt und besonders auf dem der Rhino- 
Laryngologie einen Deutschen Laryngologenpreis zu stiften. Sie überreichen 
ihn heute ehrerbietig dem Jubilar mit der Bitte, Bestimmungen über die Ver- 
wendung desselben treffen zu wollen. Es wäre im Sinne der Geber wenn alle 
fünf Jahre die wertvollste Arbeit oder Erfindung auf dem Gebiete der Rhino- 
Laryngologie mit einem Preise gekrönt würde.“ 

„Die Geber wollen mit dieser Stiftung den Namen Bernhard Fränkel 
auf ewige Zeiten mit der rhino-laryngologischen Wissenschaft verknüpft sehen.“ 


: Berlin, 17. November 1906. 


Für den Vorstand der Deutschen Laryngologischen 
Gesellschaft und im Namen der Stifter. 


gez. Prof. Moritz Schmidt. 


Ferner stand auf der Tagesordnung der Antrag Barth, welcher eine Ver- 
schmelzung des Vereins deutscher Laryngologen mit der deutschen otologischen 
Gesellschaft anstrebt. Es zeugte von dem guten Geschmack der Versammlung, 
wenn dem Antrage Killian auf Ubergang zur Tagesordnung Folge gegeben wurde. 
Die Ablehnung der Barthschen Antrages war ohne weiteres sicher und die Ver- 
sammlung wird sich mit Recht bewusst gewesen sein, dass wissenschaftliche Ver- 
einigungen und Tagungen nicht dazu da sind, um in überschüssiger Breite und 
unter Hervorkehrung der eigenen Persönlichkeit einseitige Wünsche zu verhandeln. 

Zum Vorsitzenden für das Jahr 1910 wurde Herr Professor Killian, Frei- 
burg gewählt, zum zweiten Vorsitzenden Herr Professor Seifert, Würzburg. 
Aus dem Vorstande schieden satzungsgemäss aus Herr Neugass als Kassen- 
führer und der Unterzeichnete als Schriftführer. Es wurden an ihrer Stelle ge- 
wählt die Herren Bönninghaus und Hoffmann. 

Als Ort der nächsten Tagung wurde Frankfurt a. M. gewählt. Auf Antrag 
des Herrn Jo&l. Görbersdorf, wurde beschlossen, bei der nächstjährigen Tagung 
das Festessen gemeinsam mit dem der deutschen otologischen Gesellschaft statt- 
finden zu lassen. Wir móchten gegen diesen Beschluss erhebliche Bedenken 
geltend machen. Es ist für diejenigen der Teilnehmer, welche nur die laryngo- 
logische Tagung mitmachen wollen, entschieden unbequem, wenn man sie zwingt, 
um an dem Festessen teilzunehmen, 1—2 Tage zu warten und es ist in den 
Kreisen der Laryngologen nicht mit Unrecht vielfach die Befürchtung ausge- 
sprochen, dass dadurch die Selbständigkeit des Vereins in gewisser Weise ge- 


43] Kongresse und Vereine. — Personalia. 99 


fáhrdet ist. Majoritätsbeschlüsse in gesellschaftlichen Fragen haben stets ihr 
Bedenkliches, denn es ist immer fraglich, ob sich die Minorität ihnen unterordnet 
oder es vorzieht, sich zurückzuziehen. 

An die Verhandlungen schloss sich, wie üblich, ein Festmahl. Dasselbe fand 
in den schönen Räumen des Bellevedere statt, von denen man eine herrliche Aus- 
sicht auf das zu beiden Seiten der Elbe hingelagerte Dresden geniesst. Von zahl- 
reichen Reden, die gehalten wurden, sei besonders diejenige hervorgehoben, welche 
Herrn Prof. Jurasz, dem der Verein als langjährigem Vertreter des Heidelberger 
Lokalkomitees vielen Dank schuldet, feierte. 

Die Tagung stand, das wird niemand bestreiten, in vielfacher Beziehung im 
Zeichen des Kampfes. Das hinderte aber nicht, dass in gewohnter Weise die 
Pflege der Kollegialität und der persönlichen Annäherung ihre Stätte fand. Wenn 
überall da, wo Vereinsangelegenheiten und ernste Wissenschaft schwiegen, ein 
ausserordentlich gemütlicher und heiterer Ton sich geltend machte, so ist das in 
erster Linie der Veranstaltung der Dresdener Kollegen zu danken, deren Wirkung 
in dieser Richtung gar nicht genug anzuerkennen ist. Bl. 


V. Kongresse und Vereine. 


82. Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte in 
Kónigsberg i. Pr. 18.—24. September 1910. 


IIl. Internationaler Laryngo-Rhinologen-Kongress zu Berlin. 
30. und 31. August und 1. und 2. September 1911. 


VI. Personalia. 


E. Zuckerkandl T. 


Die Wiener medizinische Schule hat einen neuen, schweren Verlust erlitten. 
Der Wiener Anatom Emil Zuckerkand], Vorstand der ersten anatomischen 
Lebrkanzel an der Wiener Universitit, Nachfolger Karl Langers, ist am 
28. d. M. an einem veralteten Herzleiden, das ihn schon seit Jahren gegnält hatte, 
gestorben. 

Zuckerkandl hat noch die unvergessliche Glanzzeit der Wiener Schule, 
die Epoche eines Skoda, Brücke, Rokitansky und Hyrt] geschaut, und 
sowie wir an dem vor zwei Jahren dahingegangenen Leopold v. Schrótter noch 
die Unmittelbarkeit der Tradition eines Skoda bewunderten, der uns in 
Schrótters Vorlesungen fast persónlich entgegentrat, so lebte in Hyrtls 
Schüler Zuckerkandl der eigentümliche Wesenszug des grossen Anatomen fort, 
den wir noch beim Lesen seiner Schriften mit solchem Vergnügen geniessen. 
Man erkaunte in Zuckerkandl das Bestreben, es dem Lehrer gleichzutun, das 


7* 


100 Personalia. (44 


Vermächtnis Hyrtls zu hüten, welches in der gleichsam spielenden Einführung 
der jungen Mediziner in die auf den ersten Anblick hin spröde und abschreckende 
Wissenschaft Anatomie bestand, die aber doch den Gründstock alles weiteren 
medizinischen Wissens bilden muss. 

EmilZuckerkandl, 1849 zu Raab geboren, absolvierte die medizinischen 
Studien in Wien, wurde hier 1874 zum Doktor der Medizin promoviert und fünf 
Jahre später zum ausserordentlichen Professor der Anatomie an der Wiener 
Universität ernannt, nachdem er bereits mehrere Semester au der Utrechter 
Universität doziert hatte. Seit 1882 in Graz wirkend, wurde er 1888 zum ordent- 
lichen Professor der deskriptiven und topographischen Anatomie und zum Vor- 
stand der ersten anatomischen Lehrkanzel an der Wiener Universität ernannt. 
Im Jahre 1890 war er Dekan der medizinischen Fakultät. 

Zuckerkandls wissenschaftliche Tätigkeit war überaus fruchtbar. Es 
gibt kaum eines der grösseren Gebiete seines Faches, das er nicht durch irgend 
einen wertvollen wissenschaftlichen Beitrag bereichert hätte. Er vertrat die ver- 
gleichende anatomische Richtung in der Medizin und hat die Wichtigkeit des ver- 
gleichenden Studiums der Wirbeltiere stets betont. Er setzte die grossangelegten 
Untersuchungen Hyrtls über das Gefässsystem der Wirbeltiere fort und hat 
namentlich über die Lungengefässe und den Bau der Lungen überhaupt viel ge- 
arbeitet. Weiter schrieb er eine „Anatomie der Mundhöhle‘ mit besonderer Be- 
rücksichtigung der Zähne und entsprach damit einem dringenden Bedürfnis der 
Zahnärzte, ferner über „das Riechzentrum“ und „das Hirnrelief“, über Herznerven, 
über „das Wesen der anatomischen Methodik in der Gegenwart und Vergangen- 
heit“, über „das epitheliale Rundiment eines zweiten Malzahns beim Menschen“ 
etc. etc. Seine „Anleitungen für den Seziersaal“ sind Gemeingut aller geworden, 
die anatomisch arbeiten. 


Das Lebenswerk Zuckerkandls muss aber die topographische Anatomie 
genannt werden, die er von allen Anfang an vorzugsweise pflegte und deren Er- 
gebnisse er schliesslich in dem weltbekannten Atlas der topographischen 
Anatomie niederlegte. Wie er als Lehrer stets bemüht war, den Studierenden 
die Beziehungen und den Einfluss der Anatomie als Grundlage aller anderen 
Disziplinen klar zu machen, so behandelte er auch wissenschaftlich die topographische 
Anatomie mit Beziehung zu den anderen Füchern, insbesondere der Chirurgie. 
Besitzen wir doch von ihm unter anderem einen , Beitrag zur Operationstechnik 
des Leibschadens“. 


Aufsehen erregte es im Jahre 1901, als Zuckerkandl mit der Mitteilung von 
der Entdeckung bisher unbekannter Kirper in den Nebennieren der Wirbeltiere 
und des Menschen von eigenartiger und hóchst wichtiger physiologischer Funktion, 
die seither als Zuckerkandlsches Organ bekannt sind, hervortrat. Das Auf- 
sehen war nicht minder gross ob der Natur dieser Körper selbst, deren Entdeckung 
in eine Zeit fiel, als das Studium und die Erkenntnis der Drüsen mit innerer 
Sekretion, Schilddrüse, Epithelkörperchen, Nebenniere, Hypophyse usw. den be- 
kannten Aufschwung nahmen, als ob der Tatsache, dass es möglich war, dass 
den Anatomen zu einer Zeit, wo die makroskopische Erforschung des menschlichen 
Körpers erschöpft und abgeschlossen schien, diese makroskopischen Körperchen 
entgehen konnten. 


Die moderne Rhinologie hat Zuckerkandl viel, wenn nicht alles zu 
verdanken. Neben kleineren Veröffentlichungen über spezielle Themen, so über 
„Aanthose der Schleimhaut‘, über „die Tonsilla pharyngea des Löwen“ u. a. sind 
es vor allem seine grundlegenden Untersuchungen über die Anabemie der Nase, 
die einerseits ihren äusseren Ausdruck fanden in der wertvollen Sammlung 
normaler und pathologischer Präparate des Wiener anatomischen Museums, sowie 
in dem bekannten Werk über „normale und pathologische Anatomie der Nasen- 
höhle und ihrer pneumatischen Anhänge“, andererseits an der ganzen neueren 
Lehre von den Nebenhöhlenerkrankungen, mitgeschafft und die Rhinologie in ziel- 


45] Mitteilungen. 101 


bewusste Bahnen geleitet haben. Sie haben einen Hauptanteil an der Entwickelung 
dieses Faches, man kann fast sagen, aus dem Nichts zu einer in steter auf- 
steigender Linie fortschreitenden, unentbehrlichen Spezialdisziplin der Chirurgie. 
Zuckerkandl.zeigte zum erstenmal, die noch zu Hyrtls Zeiten als eine der 
unzugänglichsten Körperstellen geltende Keilbeinhöhle mit Benützung einer kon- 
stanten Linie aufzusuchen und zu behandeln: von ihm stammt der erste Vor- 
schlag zur Punktion der Kieferhöhle von der Nase aus, sein Verdienst ist es, die 
Bedeutung des Infundibulum und seiner Varietäten ins rechte Licht gerückt zu 
haben und manches andere. 

Zuckerkandl war auch Mitherausgeber der Wiener Monatsschrift für 
Obrenbeilkunde und Ehrenmitglied der Wiener Laryngologischen Gesellschaft. 

Als Lehrer wird er seinen Schülern unvergesslich bleiben. Neben der schon 
erwähnten Hyrtischen, fesselnden, nie im rein Fachlichen beschränkten Dar- 
stellung, die mit grosser Vorliebe auch immer die Beziehungen der Anatomie zur 
bildenden Kunst streifte, schätzten wir vor allem die grosse Güte und Menschen- 
freundlichkeit, die aus seinen Augen sprach und an der sich jedermann erfreuen 
konnte, der mit ihm in persönlichem Verkehr trat. Sein Tod erweckt die Trauer 
nicht nur um den Verlust des Forschers, sondern weit mehr noch des Lehrers 
und Menschen. Marschik-Wien. 


VII. Mitteilungen. 


Die oto-laryngologische Bibliothek des Kommunehospitals 
zu Kopenhagen. 


Durch Beiträge seitens der Kopenhagener Kommunalbehörden sowie durch 
die liebenswürdige Freigebigkeit zahlreicher Spezialkollegen im Ausland und in 
Dänemark ist es der oto-laryngologischen Klinik des Kommunehospitals zu Kopen- 
hagen gelungen, eine Bibliothek der Spezialliteratur zu begründen, welche bis 
jetzt 3000 kleinere Abhandlungen und Separatabdrücke nebst ca. 200 Bände Hand- 
bücher, Atlanten und grössere Monographien umfasst. Über diesen Bestand ist 
ein systematischer Katalog ausgearbeitet worden. 

Indem ich diese Gelegenheit benutze, um meinen vielen ausländischen 
Kollegen, welche mit ihren Arbeiten unsere Bibliothek bereichert haben, und ins- 
besondere denjenigen, welche aus zufälligen Gründen meine persönliche schrift- 
liche Danksagung nicht erreicht haben sollte, aufs neue bestens zu danken, ge- 
statte ich mir die Bitte an alle oto laryngologischen Kollegen zu richten, auch 
künftig unserer Bibliothek in Wohlwollen zu gedenken und derselben neue Ar- 
beiten, Bücher, Monographien, Separatabdrücke gütigst überweisen zu wollen. 

Da unsere Bibliothek eine Anzahl von katalogisierten Dubletten besitzt, 
sind wir gern bereit, solche mit ähnlichen Bibliotheken zu tauschen, sowie wir 
gern, Reziprozität vorausgesetzt, Bücher, Separatabdrücke usw. an andere Spezial- 
bibliotheken ausleihen werden. Holger Mygind. 


Von Donnerstag, den 28. Juli bis Mittwoch, den 3. August inkl. findet in 
Jena (Univ.-Ohrenklinik) der 


II. Fortbildungskurs fiir Spezialiirzte 
mit nachstehendem Programm statt: 


102 Mitteilungen. [46 


Wittmaack: 1. Normale und pathologische Histologie des inneren Ohres 
mit Berücksichtigung klinischer Krankheitsbilder (ca. 14 Std.). 2. Klassifikation 
und Bakteriologie der akuten Otitis (ca. 3 Std.). 3. Besprechung und Demon- 
stration typischer otologischer Operationen (ca. 6 Std.). 

Brünings: 1. Vorlesung und Praktikum der direkten Laryngo-Tracheo- 
Bronchoskopie und Osophagoskopie (ca. 16 Std.). 2. Besprechung und Demon- 
stration typischer rhino-laryngologischer Operationen (ca. 6 Std.). 3. Physiologie 
und funktionelle Diagnostik des Vestibularapparates (ca. 4 Std.). 4. Praktikum 
der rhino-otologischen Róntgendiagnostik (ca. 4 Std.). 

Die Kurse kollidieren nicht miteinander, kónnen aber einzeln belegt werden. 
Assistenten deutscher Kliniken sind honorarfrei. 

Da für den obigen Kurs die maximale Teilnehmerzahl bereits überschritten 
ist, kónnen nur noch Meldungen für die nüchste Wiederholung angenommen 
werden. Nähere Auskunft crteilt Privatdoz. Dr. Brünings, Jena, Lutherstr. 88. 


Beitrag zur Amputation der tuberkulósen 
Epiglottis. 
Von 
Prof. Dr. Otto Seifert, Würzburg. 
Mit 2 Abbildungen im Tezt. 





In der Ende des Jahres 1909 erschienenen Statistik von Loc- 
kard-Denver!) konnte weder die Arbeit von Jorgen-Moller?) 
noch die von Gerber?) Berücksichtigung finden, was allein daraus 
zu erkennen ist, dass bei Aufzáhlung der verschiedenen Operations- 
methoden und des Instrumentariums zwar die kalte Schlinge, die Gal- 
vanokaustik, die Zangen, aber nicht die Alexandersche Guillotine 
genannt ist. Diese Statistik vonLockard-Denver bezieht sich auf 
240 Amputationen der Epiglottis, die von 20 verschiedenen Autoren 
vorgenommen wurden mit dem Resultate in 134 Fällen: Heilung der 
Epiglottis in 79?/o, Heilung des Larynx in 14?/o, Heilung des Kranken 
in 8,9 °%o. 

Jörgen Möllers Mitteilungen beziehen 'sich auf 10 Fälle, 
bei welchen die Operation mittelst der Alexanderschen Guillotine 
vorgenommen wurde, im ganzen trat in 4 Fällen Heilung ein, in 
4 Fällen verschwand die Dysphagie, ein Fall stand zur Zeit der Publi- 
kation noch in Behandlung, ein Patient, der wegen seiner Schlund- 
tuberkulose an heftiger Dysphagie litt, starb. 

Gerber bediente sich in 3 Fällen der kalten Schlinge und rühmt 
als deren Vorteile: geringe Reaktion der benachbarten Gewebe, geringe 
Schmerzen, raschen Erfolg. In einem Falle von primärem Lupus des 
Larynx wurde von Cohen‘) die Epiglottis mit der Epiglottiszange 

1) Lockard-Denver, Annal. of Otol., Rhinol. and Laryng. Dez. 1909. 

2) Jörgen-Möllər, Zeitschr. f. Laryng. I. Bd. 

3) Gerber, Zeitschr. f. Laryng. I. Bd. 

4) Cohen, Zeitschr. f. Laryng. II. Bd. S. 152. 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 2. 8 


104 Otto Seifert. (2 


von M. Schmidt in 2 Sitzungen glatt abgetragen. Weder bei der 
Operation noch nachher nennenswerte Blutung. Auffallend war die 
geringe Schmerzhaftigkeit bei der Operation und nachher. Die Wund- 
ränder überhäuteten sich ım Verlaufe von 10 Tagen vollständig. Til- 
ley!) amputierte bei einem 43jährigen Manne die tuberkulöse Epi- 
glottis mit einer Zange von Lake. Ein Tuberkulom der Epiglottis 
wurde von Nager?) in drei Stücken mit der Gleichschlinge abge- 
tragen unter Zuhilfenahme des Kirsteinspatels. 

In den letzten 3 Jahren wurde von mir in 5 Fällen von Tuber- 
kulose eine Amputation resp. Resektion der Epiglottis vorgenommen. 

1. Fall: 48jähriger Mann mit isolierter Tuberkulose am linken 
Rande der Epiglottis, etwa ein Drittel der laryngealen und lingualen 
Fläche umfassend. An der linken Lungenspitze alte Veränderungen 
tuberkulöser Natur, Patient hatte mehrmals in Sanatorien Behandlung 
gefunden. 20. III. 1908 Resektion des linken Drittels der Epiglottis 
mit der Heryngschen Deppelkürette, was mit dem kleinen Instrument 
mehrmaliges Eingreifen in einer Sitzung erforderte. Die Blutung bei 
und nach der Operation sehr mässig, Schmerzen gering, völlige Über- 
narbung der Wundränder nach Ablauf von 10 Tagen. Der Patient 
ist seither andauernd gesund geblieben. 

2. Fall: 35jähriger Mann mit geringer Infiltration des linken 
Oberlappens der Lunge und tuberkulöser Infiltration der Epiglottis 
im oberen Drittel (laryngeale und linguale Fläche). 

Kehlkopfinneres frei. 

Am 9. XI. 1908 Abtragung des oberen Drittels der ziemlich 
schmalen Epiglottis durch einmaliges Eingreifen mit der Alexander- 
schen Guillotine. Schmerz bei der Operation und nachher sehr mässig, 
aber die Blutung direkt nach der Operation ziemlich stark, durch 
Schlucken von Eisstückchen aber rasch zum Stillstand zu bringen. 
Übernarbung der Wundränder nach 14 Tagen. Der Patient sollte 
aus der Klinik entlassen werden, als er beim Verlassen des Zimmers 
plötzlich an Herzlähmung starb. Es stellte sich durch nachträgliche 
Erhebungen heraus, dass der Patient ein starker Potator war. 

3. Fall: 42jähriger Kaufmann, der am 17. Januar 1909 in Be- 
handlung trat. Er war wegen seiner Lungentuberkulose nach Meran 
geschickt worden. Während seines dortigen Aufenthaltes steigerten 
sich die vorher nur andeutungsweise vorhandenen Schluckbeschwerden in 
einer Weise, dass es ihm kaum mehr möglich war, feste Speisen oder 
Flüssigkeiten zu sich zu nehmen. Rechte Lungenspitze mässig in- 
filtriert, kein Fieber, wenig Husten. 


1) Tilley, revue de laryng. 22. 1910. p. 652. 
2) Nager, Korresp.-Blatt f. Schweizer Árzte 13. 1910. 


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5] Beitrag zur Amputation der tuberkulésen Epiglottis. 107 


konnte, nach dessen Beseitigung die Stimme fast vollkommen klar 
wurde. 

Histologische Untersuchung der amputierten Epiglottis ergab: 
Tuberkulose. 

Die Patientin steht noch in Behandlung und fühlt sich voll- 
kommen wohl, Stimme ziemlich rein. 

5. Fall: 36jährige Frau, bei welcher schon vor einem Jahre 
tuberkulöse Granulationen von beiden unteren Nasenmuscheln und 
Granulationen von den Taschenbändern entfernt worden waren. Pa- 
tientin, die seit 2 Jahren an Stimmlosigkeit gelitten batte, erhielt 
nach dem endolaryngealen Eingriff ihre volle Stimme wieder. 

Am 6. VI. 1910 stellt sich Patientin wieder vor mit Stimmlosig- 
keit und Schluckbeschwerden. In der Nase neuerdings tuberkulöse 
Granulationen, die sofort entfernt wurden ebenso wie eine lappige 
Hyperplasie der linken Tonsille, deren histologische Untersuchung auch 
Tuberkulose ergab. Der erkrankte Kehlkopf wurde erst am 12. VI. 
in Angriff genommen, nachdem die Nase ohne Tampons gelassen 
werden konnte. 

Epiglottis in toto wulstig verdickt, stark gerötet, an einzelnen 
Stellen miliare Knötchen eingelagert. Taschenbänder stark verdickt 
und mit Granulationen besetzt. Am 12. VI. Abtragung der Epiglottis 
mit der Alexanderschen Guillotine, Blutung bei und nach der 
Operation sehr gering, Schmerzen unbedeutend. Am 14. VI. schon 
konnten die Taschenbünder kürettiert werden, am 16. VI. forderte 
Patientin ihre Entlassung. 

Diese 5 Fälle von Amputation resp. Resektion der Epiglottis bei 
tuberkulóser Erkrankung illustrieren in Übereinstimmung mit den 
Beobachtungen anderer Autoren die relative Gefahrlosigkeit und die 
günstigen Erfolge dieser Operation, für welche mir ebenso wie Jórgen- 
Möller die Alexandersche Guillotine das brauchbarste Instrument 


zu sein scheint. 


Aus dem Stadtkrankenhause Johannstadt in Dresden. 





Klinische und pathologische Beiträge zu den 
Erkrankungen der oberen Luftwege. 


I. Über einen Orbitalabszess nach Siebbeineiterung. 


Yon 
Dr. Richard Hoffmann. 
Mit 1 Stereoskop-Tafel. 


Der 20jährige Ofensetzer Curt Z. erkrankte am 29. IX. 1909 
mit heftigen rechtsseitigen Kopfschmerzen, welche die ganze rechte 
Kopfhalfte einnahmen. Eine Ursache derselben ist ihm nicht be- 
kannt, insbesondere will er nie etwas Krankhaftes an seiner Nase 
bemerkt haben. 

Am 30. IX. trat unter Nachlass der Kopfschmerzen das rechte 
Auge aus seiner Höhle heraus. 

Ein hinzugezogener Augenarzt veranlasste die Untersuchung von 
Seiten eines Nasenarztes, der dem Patienten am 1. X. ein Stück der 
mittleren Muschel aus der rechten Nasenseite entfernte, wonach sich 
eine reichliche Menge rahmigen Eiters entleerte. 

Darnach ging der Exophtbalmus etwas zurück, um aber bereits 
am 2. X. seinen früheren Grad zu erreichen. 

Es wurde deswegen eine tiefe Inzision in die Orbita gemacht, 
am inneren Áugenwinkel unter dem M. rectus medialis: die innere 
Wand der Orbita schien glatten Knochen zu haben, es entleerte sich 
kein Eiter. Am Nachmittag desselben Tages (2. X.) wurde beim Ver- 
bandwechsel ein zentral gelegenes, kleines Hornhautgeschwür festge- 
stellt mit infiltrierten Rändern. Der Exophthalmus war unverändert. 

Patient wurde nunmehr der Augenabteilung des Stadtkranken- 
hauses Johannstadt überwiesen, wo ich durch die Güte des Oberarztes 
Herrn Sanitätsrat Dr. Becker den Patienten sah. 


110 Richard Hoffmann. [2 


Es wurde am 4. X. folgender Befund erhoben (siehe Tafel): 
Rechts beide Lider massig geschwollen. Chemosis der Conjunctiva 
bulbi entlang der unteren, inneren und inneren oberen Peripherie der 
Hornhaut. Karunkel mindestens um das Doppelte geschwollen. 
Kleines zentrales Geschwür auf der Hornhaut mit infiltrierten 
Rändern. Exophthalmus und Verschiebung des Bulbus nach aussen 
und unten. Beweglichkeitsbeschränkung nach allen Richtungen, be- 
sonders nach innen. Druck auf den Bulbus nicht empfindlich. 
Ophthalmoskopisch: Optikus nicht geschwollen, mässige venöse Stau- 
ung. V. mit 4-2— 4/25. Links kein Befund V. — 4/4. 

Äussere Wand der Stirn- und Kieferhöhle rechts nirgends druck- 
empfindlich. Rechts im Oberkiefer karióser druckempfindlicher erster 
Molaris. Der letzte Mahlzahn fehlt, der zweite Praemolaris im geringen 
Maße kariös, die übrigen Zähne o.B. 

In der rechten Nasenseite im unteren und mittleren Nasengang 
reichlich rahmiger Eiter, linke Seite ganz frei davon. Scheidewand 
S-förmig verbogen, rechts im Bereiche des mittleren, links des unteren 
Nasenganges. Rechter mittlerer Nasengang durch die Verbiegung 
sehr eng. Polypen aus dem mittleren Gang. 

Diagnose: Orbitalabszess nach Nebenhöhleneiterung. 

Am selben Tage wurde rechts eine fötide Kieferhöhleneiterung 
festgestellt und in der Folge eine solche der Siebbeinzellen und der 
Stirnhöhle. Schon nach der ersten Ausspülung fühlte sich der Patient 
wesentlich erleichtert. Am 5. X. konstatiert die Augenabteilung: 
Bulbus beweglich, nach oben, aussen, unten. Mit Spiegel keine 
weitere Veränderung. 

Am 6. X. Schwellung des unteren Lides und Chemosis ge- 
ringer, die’ des oberen wie bisher. Deutliche Infiltration an der 
inneren und inneren oberen Orbitalwand, oberhalb des inneren Lid- 
bandes. Deutliche Resistenz hier und Empfindlichkeit auf Druck. 

Am 7. X. Spontandurchbruch des Orbitalabszesses durch das 
obere Lid, am inneren Lidwinkel nach innen und oben von der 
Karunkel. V. mit + 1 = 4/20. 

Nach diesem Durchbruch gingen alle Erscheinungen in der Orbita 
zurück unter gleichzeitiger Behandlung der Nase (täglich Ausspülung 
der Kieferhöhle, Extraktion des ersten Molaris [Granulationen an 
der Wurzel, die Sonde dringt nach Entfernung des Zahns leicht in 
die Kieferhóhle], Entfernung der Polypen, Eróffnung von erkrankten 
Siebbeinzellen, Ausspülung der Stirnhóhle — am Auge waren dreimal 
táglich je eine halbe Stunde lang vom Aufnahmetage an warme Ka- 
millentheeumschláge angewandt worden —), bestehen blieb eine kleine 
Resistenz am inneren bezw. inneren oberen Augenwinkel und die 


3] Klin. u. pathol. Beiträge zu den Erkrankungen d. oberen Luftwege. 111 


4 
— 
Augenhintergrund normal. Cornea glatt. Die Fistel sonderte stündig 
Eiter ab besonders bei Bewegungen des Auges uach innen. Führte man 
eine Sonde in die Fistel ein, so gelangte man gerade nach innen in 
die Tiefe der Orbita. Man konnte die Sonde in eine Tiefe einführen, 
welche nach Messungen am Präparat etwa dem hinteren Ende der 
Papierplatte entsprach. Etwa entsprechend dem vorderen Teil der 
letzteren fühlte man rauhen Knochen. 

Bei diesem Befunde in der Orbita, einschliesslich des Ergebnisses 
der Sondierung, im Hinblick darauf, dass die bisherige intranasale 
Therapie einen vollständigen Erfolg nicht erreicht hatte, in Anbetracht 
dessen endlich, dass die vorliegenden Empyeme besonders das der 
Kieferhöhle wohl chronisch waren, schien eine Freilegung der medialen 
Orbitalwand und der erkrankten Nebenhóhlen von aussen geboten. 

Eine Róntgenaufnahme vor der Operation zeigte die Stirnhóhle 
mittelgross und eine deutliche Verschleierung an Stirnhóhle, Kiefer- 
höhle und Siebbein rechts. | 

Am 30. X. wurde die Stirnhóhle und das Siebbein nach Killian- 
scher Art, sowie die Kieferhóhle von der Fossa canina aus eróffnet. 
Sämtliche aufgedeckten Nebenhöhlen erwiesen sich mit Eiter bezw. 
chronisch entzündlich geschwollener Schleimhaut erfüllt. Besonders 
bemerkenswert war der Befund an der medialen Orbitalwand. Beim 
Ablösen der Weichteile hier zeigte sich, dass die Papierplatte an 
ihrem vorderen Ende, dicht hinter dem Tränenbein fistulös durch- 
brochen war. Man gelangte in eine mit Granulationen ausgekleidete 
Abszesshóhle (ohne freien Eiter) deren mediale Wand die fistulös 
durchbrochene Papierplatte bildete. Der Durchbruch war fast erbsen- 
gross, von blassblàulichroter ódematóser Schleimhaut ausgefüllt. Der 
den Durchbruch umgebende Knochen war besonders nach hinten zu 
erweicht, die Ränder der Fistel mit kleinen Granulationen besetzt. 
Untere Stirnhóhlenwand o. B. 

Die Stirnwunde wurde primár genüht, Orbitalwunde, Siebbein 
und die Kieferhöhle zunächst offen behandelt. Der weitere Verlauf 
war durchaus normal. In der Folge wurden noch mehrfache Opera- 
tionen in der Nase vorgenommen. Das Septum wurde korrigiert, 
Polypenreste aus der Nase entfernt. Dabei zeigte sich, dass die Er- 
krankung des Siebbeins nur bis zur Lamelle der mittleren Muschel 
ging, also nur die Siebbeinzellen des mittleren Nasengangs betraf. 
Endlich wurde unter Anlegung einer Gegenöffnung im unteren Nasen- 
gang nach Methode Denker die Kieferhöhle geschlossen. Bei der 
nochmaligen Auskratzung der Höhle fand sich am Orbitalboden, etwa 


Fistel, ferner eine geringe Vortreibung des Bulbus. 11.X. V. E. — 


112 Richard Hoffmann. [4 


entsprechend der Mitte desselben, der Knochen in etwa Kirschkern- 
grósse nekrotisch. Die Periorbita war intakt, frei von Granulationen. 
Der Sequester wurde nicht gefunden. 

Bei der Entlassung aus der Behandlung waren Sehschürfe und 
Augenhintergrund normal, die Nase frei von Eiter und Polypen. 


Patient ist mehrfach kontrolliert worden, zuletzt vor kurzem. 


Es handelte sich also um einen Orbitalabszess, entstanden durch 
den Durchbruch einer Eiterung der Siebbeinzellen des mittleren Nasen- 
gangs nach der Orbita. Dass an den orbitalen Erscheinungen auch 
die Kieferhöhle beteiligt war, ist anzunehmen, da sich am Orbital- 
boden eine deutliche Knochen-Nekrose nachweisen lies, andererseits 
nach Ausspülung der Kieferhóhle die Beweglichkeit des Bulbus freier 
wurde, die Schwellung am unteren Lid, die übrigens ja auch unten 
lokalisierte Chemosis abnahm. Allerdings wurde durch die Ausspülung 
der Kieferhöhle, die vom unteren Nasengang aus vorgenommen wurde, 
auch das Siebbein entlastet. 

Der Ursprung der Kieferhöhleneiterung war zweifellos ein dentaler. 
Die Eiterung hat sich dann von hier aus bei den engen anatomischen 
Beziehungen auf das Siebbein und die Stirnhöhle fortgepflanzt. 

Bei den ungünstigen Abflussverhältnissen für den Eiter im mitt- 
leren Nasengang hat sich dann weiter unter dem Einfluss einer 
irgendwie veranlassten Exazerbation der chronischen Entzündung die 
Eiterung auf die Orbita fortgepflanzt. 

Sehr bemerkenswert ist, dass Patient weder yon der Ursache 
seines Nasenleidens, noch von der Existenz desselben überhaupt eine 
Ahnung hatte: die Orbitalaffektion bildete hier das erste Symptom 
der Nebenhöhleneiterung. 

Wie ich in meinem Referat auf der Naturforscher-Versammlung 
in Dresden 1907 (Verhandlungen der Deutschen laryngologischen Ge- 
sellschaft, II. Versammlung) hervorgehoben habe, ist das auch sonst 
beobachtet worden (Schmiegelow, Zentralblatt von Semon 1904, 9. 466, 
W. C. Posey ebenda 1906, S. 326). Ich erwähne nur kurz zwei Be- 
obachtungen von Ramage (Lancet, 10. März 1897), sowie von Blessig 
und Tilling (St. Petersburger med. Wochenschrift Nr. 26, 1897), wo 
die Orbitalaffektion das erste Symptom einer Stirnhöhleneiterung war. 

Noch mehr bilden Störungen von Seiten des Auges die ersten 
Anzeichen einer Nebenhöhleneiterung bei einer Erkrankung der hinteren 
Nebenhöhlen der Nase. Da können die Symptome von Seiten der 
Nase und auch der objektive rhinoskopische Befund recht gering sein 
und erst die Abnabme der Sehschärfe weist auf eine ursächliche 
Nebenhóhlenaffektion hin. 


5] Klin. u. pathol. Beiträge zu den Erkrankungen d. oberen Luftwege. 113 


Ein hierher gehöriger lehrreicher Fall ist von Fuchs (Lehrbuch, 
X. Auflage, 1905, S. 766) und drei nicht minder markante sind von 
Birch-Birschfeld mitgeteilt worden (von Gräfes Archiv für Ophthal- 
mologie, LXV. Bd., Heft 3). 

Dass meinem Patienten sein Nasenleiden entging, trotzdem auch 
noch die rechte Nasenseite erheblich enger war als die linke, mag 
vielleicht daran liegen, dass manche Menschen nur Leiden, die mit 
sehr auffallenden Symptomen einhergehen, Aufmerksamkeit zu widmen 
pflegen, andererseits ist vielleicht während des Intervalls der chroni- 
schen Entzündung die Absonderung aus der Nase eine relativ geringe 
gewesen. 

Der Bulbus war hier nicht nur nach vorn und aussen, sondern 
auch nach unten verdrängt. Wenn es auch im Allgemeinen eintrifft, 
dass bei Affektionen der Kieferhöhle der Bulbus nach vorn und oben 
bei solchen des Siebbeinlabyrinthes nach vorn und aussen, endlich bei 
solchen der Stirnhöhle nach unten und aussen verdrängt wird, so 
lässt doch die Dislokation des Bulbus allein keinen bindenden Schluss 
za auf die Lokolisation der ätiologisch wirksamen Nebenhöhleneiterung. 
Vielmehr wird die Verdrängung abhängen von der wechselnden Grösse 
des Abszesses und auch von den Varietäten in der anatomischen 
Ausdehnung der Nebenhöhlen. 

So kann, wenn ich nur ein Beispiel hervorheben darf, das Sieb- 
bein mit seinen Zellen die innere obere Orbitalwand einnehmen, 
wührend die Stirnhóhle darüberliegt, andererseits kónnen sich Sieb- 
beinzellen in den Orbitalboden erstrecken bis in sein mediales Drittel. 

In meinem Fall war die Dislokation bedingt durch die Ausdehnung 
des Abszesses nach dem inneren oberen Orbitalwinkel. 


Subperiostale Abszesse der Orbita, welche durch eine Stirnhóhlen- 
oder Siebbeineiterung entstehen, folgen den anatomischen Verhältnissen 
gemäss bei ihrem Durchbruch nach aussen einem bestimmten Weg. 
Entlang dem Knochen breitet sich der Eiter nach vorn aus, senkt 
sich hinter der festen Fascia tarso-orbitalis bis über den konvexen 
Rand des Tarsus und durchbricht die Haut des oberen Lides. Bei 
Z. erfolgte der Durchbruch typisch wie beim Siebbeinempyem durch 
die Haut des oberen Lids am inneren Augenwinkel. 


Der Durchbruch durch die Papierplatte fand statt an einer Stelle, 
wo der Knochen derselben besonders dünn ist, d.h. dicht hinter der 
Verbindung derselben mit der hinteren Lamelle des Tráünenbeins. 

Nun noch ein Wort über die Therapie der obigen Mitteilung. 

Ich erwähnte oben, dass von dem zuerst behandelnden Augenarzt 
eine Inzision in die Orbita vorgenommen wurde. Derartige Inzisionen 


114 Richard Hoffmann: Klin. u. pathol. Beitrüge etc. [6 


in die Orbita behufs Entleerung subperiostaler Abszesse sind nicht 
nur nicht zweckmässig, sondern können direkt nachteilig sein. 

Nachteilig, weil man einen im mittleren oder hinteren Teil der 
Orbita gelegenen Abszess nicht erreichen kann, ohne die Periorbita 
zu durchstechen. Dadurch kann eine Infektion des Orbitalinhalts 
herbeigeführt werden, die man durch Entleerung des Abszesses ja 
gerade vermeiden will. Unzweckmässig, weil es nicht sicher ist, ob 
man auf diese Weise den Eiterherd überhaupt trifft, und wenn, ob 
die Entleerung genügend ist, woher der Eiter kommt und wie sich 
der Knochen im erkrankten Bezirk verhält. Durch eıne der Inzision 
folgende orientierende Sondierung werden die Gefahren der Infektion 
des Orbitalinhalts nicht vermindert (Birch-Hirschfeld, Handbuch der 
Augenheilkunde von Graefe-Saemisch, IL Aufl., 167.—170. Lieferung, 
Seite 294). Vielmehr ist es in allen Fällen von subperiostalem Abszess 
einzig und allein rationell, den Abszess nach Ablösung des Periosts 
von der Orbitalwand aufzusuchen. Man erreicht so den sekundären 
Herd ohne Gefahr, kann sich über den Knochen im erkrankten Be- 
zirk orientieren und zugleich die Therapie der ursächlichen Neben- 
höbleneiterung anschliessen. 

Ich hätte mich gewiss sogleich zu dieser Therapie in meinem 
Fall entschlossen, wenn eine stärkere Herabsetzung der Sehschärfe, 
wenn stärkere Veränderungen: am Augenhintergrund vorhanden ge- 
wesen wären. Da dies bei ständiger Kontrolle nicht der Fall war, 
ja die Orbitalaffektion sich bei zunächst konservativer Behandlung 
schon besserte, wurde Zeit gewonnen, um eine genaue topische Nasen- 
diagnose zu machen. Freilich war nach der klinischen Beobachtung 
anzunehmen, dass die Kieferhöhleneiterung eine chronische war, aber 
die Stirn- und Siebbeineiterung konnte ja jüngeren Datums sein und 
es war nicht ausgeschlossen, dass die Erscheinungen in der Orbita durch 
eine konservative Behandlung der letzteren sich vollständig zurück- 
bildeten. 

Jedenfalls sind recht erheblich stärkere orbitale Entzündungen 
mit starken Veränderungen am Augenhintergrund nach Siebbeineite- 
rung auf konservativem Wege zur Heilung gebracht worden. Ich 
verweise diesbezüglich auf meine Arbeit in der Zeitschrift für Augen- 
heilkunde, Bd. 16, und in derselben besonders auf eine Mitteilung 
von Hajek (Pathologie und Therapie der entzündlichen Erkrankungen 
der Nebenhóhlen der Nase, I. Auflage, S. 217, Fall 1). 

Nachdem nun aber die orbitalen Erscheinungen auf konservativem 
Wege nicht vollstándig zurückgingen, wurde die Operation von aussen 
vorgenommen, die denn auch einen vollen Erfolg in Bezug auf die Be- 
seitigung des orbitalen Prozesses und der Nebenhóhleneiterungen hatte. 


Aus der Basanowaschen Klinik für Ohren-, Nasen- und Hals- 
krankheiten an der Universität in Moskau. 


Technisches zur Laryngostomie. 


Von 
Privatdozent Alexander Iwanoff. 


—— —— 


Vor einem Jahre habe ich meine Erfahrungen über Laryngosto- 
mie bei Perichondritis des Kehlkopfs veróffentlicht (Zeitschrift für 
Laryng. Rhinolog. etc. Bd. II, H. 3). Diese Behandlungsmethode der 
Kehlkopfstenosen, die einzige bisher, welche Dauerresultate ergibt, hat 
doch einen grossen Mangel, welcher darin besteht, dass die Heilung 
sehr lange Zeit, bis zwei und mehr Jahre erfordert. 

Da ich die operierten Kranken lange beobachtete und da die 
Behandlungsmethode selbst neu und unvollkommen war, ist es ganz 
natürlich, dass ich von dem festgelegten Operationsplane abwich und 
meine Massnahmen variierte. Die Erfahrung ergab, dass diese Ver- 
änderungen als ganz zweckmässig sich bewährten, einige Operations- 
massnahmen einfacher machten und zu einer Verkürzung der Beband- 
lung führten. Ohne Zweifel wird die Dauer der Behandlung allgemein 
mit weiterer Verbesserung der Methode sich abkürzen. Ä 

Hier möchte ich einige technische Verfahren der Laryngostomie 
betrachten, die ich bei meinen 11 Operierten erprobte. 

Erster Akt: 1. Die Spaltung des Kehlkopfes wird gewöhnlich 
in der Mittellinie von der Trachealöffnung nach oben bis zum oberen 
Rande des Schildknorpels geführt. Wenn man bei Eröffnung. des ge- 
spalteten Kehlkopfs zu wenig Raum findet, so kann man den Schnitt 
durch Spaltung eines Teiles der Membrana thyreo-hyoidea etwas nach 
oben verlängern. Später wachsen die Ränder zusammen, die Öffnung 
verkürzt sich und man muss sorgfältig die nötige Länge erhalten. 
Gewöhnlich verwächst der obere Wundwinkel, denn die Kanüle ver- 


116 Alexander Iwanoff. [2 


hindert das Verwachsen des unteren. Aber in zwei Fällen erlebte ich 
ein solches Verwachsen des oberen Winkels nicht und es ergaben 
sich die grössten Schwierigkeiten bei der späteren Ausweitung des 
Kehlkopfraumes durch Kautschukröbrchen. 

Wenn man in den verengten Kehlkopf das Kautschukröhrchen 
einführt, ist es wichtig, dass das obere Ende desselben nicht höher 
als bis zum Niveau der Aryknorpel hervorragt, andernfalls bekommt 
der Kranke starkes Kitzeln im Kehlhopf und Husten. Vereinigt sich 
der obere Wundwinkel nicht, so muss das Kautschukröhrchen über 
die Aryknorpel hinausragen, was, wie gesagt, zu Reizerscheinungen 
führt; andererseits findet das Kautschukrohr keinen Halt, wenn man ` 
es nicht so weit heraufführt, da ihm bei fehlender Verwachsung des 
oberen Wundwinkels vorne das Widerlager fehlt. Wie jene zwei 
Fälle, wo ic'ı einen Teil der Membrana thyreo-hyoidea angeschnitten 
habe, zeigten, hält diese die oberen Ränder des gespalteten Schild- 
knorpels in gegenseitiger Berührung; daraus folgert sich die prak- 
tische Regel: Beim Spalten des Kehlkopfs muss man den 
Schnitt möglichst nur bis zum oberen Rande des Schild- 
knorpels führen und nicht höher, ferner muss man beim Ver- 
binden die obere Ecke der Wunde nicht zu fest tamponieren. 

2. Beim Spalten des Kehlkopfs bei durch Perichondritis be- 
dingten Stenosen findet man meistenteils Eiterhöhlen und Fistelgänge 
um den Kehlkopf. Beim Auskratzen derselben fülılt man gewöhnlich 
rauhen Knorpel. Die erste Zeit habe ich diese Gänge täglich tam- 
poniert und mit Jod- und Lapislösungen ausgetupft; bei solcher Be- 
handlung erfordert es einige Monate, bis sie sich schliessen. Bei 
einem der letzten Fälle entfernte ich, da ich eine rauhe Stelle fühlte, 
mit der Zange den Knorpel soweit er erkrankt war; dabei habe ich 
die Schleimhaut mit dem Perichondrium abgehoben, mit anderen 
Worten, den erkrankten Teil des Knorpels submucös reseziert. Es 
fand sich schon nach einer Woche von der Eiterhöhle keine Spur 
mehr. Es ergibt sich die praktische Regel: der erkrankte Teil 
des Knorpelgerüstes ist submucös zu entfernen. 

Den Gedanken, die affizierten Knorpel zu entfernen, habe ich 
schon früher gehabt, aber ich habe es nicht gemacht, weil ich fürch- 
tete, die Festigkeit des Luftrohres zu schädigen. Es schien mir, 
dass man jeden Quadratmillimeter des Knorpels schonen und erhalten 
müsse. Wenn auch der Knorpel blosgelegt ist und eine rauhe Ober- 
fläche hat, so bedeutet das noch nicht, dass er total verloren ist; 
der Knorpel ist entzündet, oberflächlich nekrotisiert, aber bei günstigen 
Bedingungen kann er, nachdem der nekrotisierte Teil abgestossen ist, 
zur Norm zurückkehren und später eine feste Kehlkopfwand bilden. 


3] Technisches zur Laryngostomie. 117 


Aber die zweijährige Erfahrung zeigte mir, dass ich in meinen 
Anschauungen nicht ganz recht hatte. Es fand sich, dass die Festig- 
keit des Luftkanals nicht in geradem Abhängigkeitsverhältnis zur 
Grösse der erhaltenen Kehlkopfknorpel steht. Bei einigen Kranken, 
wo das Knorpelgerüst zum grösseren Teil ergriffen war, ist das nor- 
male Atmen viel schneller wieder hergestellt als da, wo die Knorpel 
nur wenig ergriffen waren. Es zeigte sich, dass die umfangreichen, 
dichten Infiltrate der Schleimhaut, welche die Verengerung bewirken, 
Entzündungsprodukte des Knorpels darstellen und dass diese desto 
schneller wachsen, je mehr man sie entfernt, solange, als der Knorpel 
nicht ganz normal ist. Deshalb wird es im Interesse der Verkürzung 
der Heilungsperiode besser sein, im ersten Akt der Laryngostomie 
alles, was vom Kehlkopfknorpel erkrankt ist, zu entfernen. Es ver- 
steht sich von selbst, dass ich von solchen: Fällen spreche, in denen 
sich mehr oder weniger grosse Eiterhöhlen finden, da, wo nur enge 
Fistelgänge vorhanden sind, muss man sich nur mit gründlichem und 
wiederholtem Auskratzen derselben begnügen. 

3. In meinen ersten Fällen habe ich stets die Wundründer 
durch Nähte vereinigt, aber die Nähte eiterten immer und es war 
nötig, sie bald zu entfernen; da habe ich die Wunde ohne Naht ge- 
lassen und der Heilungsverlauf wurde dadurch nicht schlechter. 

Zweiter Akt. Die hügeligen Verdickungen und Infiltrate der 
Schleimhaut, die das Lumen des Kehlkopfes und der Trachea ver- 
engen, sind am besten in der Art zu excidieren, wie es in meiner 
ersten Arbeit beschrieben ist. Aber am Ende der zweiten Periode, 
wenn sich eine glatte Oberfläche bildet, kommt es zuweilen vor, dass 
stellenweise umfangreiche Wülste sich erheben, die das Lumen be- 
deutend verengen; solche Wülste vernichtet man am einfachsten und 
schnellsten mit dem Galvanokauter. 

Autoplastik. Wenn die Wundöffnung eng ist, kann man sie 
durch einfaches Anfrischen der Ränder und Naht schliessen, andern- 
falls bedeckt man sie mit zwei Hautlappen nach Gluck oder Berger; 
bei grossen Defekten macht man die Chondroplastik nach Mangoldt, 
oder nimmt zur Deckung des Defektes Hautknochenlappen aus Brust- 
oder Schlüsselbein. In einem Falle habe ich unter die Halshaut ein 
Stück des Nasenscheidewandknorpels gelegt in der Überlegung, dass 
dieser von zwei Seiten mit Perichondrium bedeckte Knorpel, der da- 
her eine bessere Ernährung hat, besser und schneller einheilen werde; 
er ist tatsächlich ausgezeichnet eingeheilt, wurde aber auch wahr- 
scheinlich infolge seiner besseren Ernáhrung und Vascularisation 
schneller resorbiert; nach drei Monaten war von ihm keine Spur 
mehr vorhanden. 


118 | Alexander Iwanoff. ` 14 


Was die mehr oder weniger umfangreichen Defekte der vorderen 
Wände der Luftröhre betrifft, so hat die Erfahrung mir gezeigt, dass 
man mit ihrem Verschluss nicht zu eilen braucht, dass vielmehr im 
Lauf der Zeit die Grósse dieser Defekte sich von selbst vermindert, 
dass ihre Ränder glatter werden und sich einander nähern und da, 
wo mir früher eine Deckung des Defektes mit Hautknochenlappen 
unvermeidlich schien, ergibt sich die Möglichkeit, durch einfache Naht 
der aufgefrischten Ränder auszukommen. So wurde in dem Falle, in 
dem der Nasenknorpel nicht einheilte, der Kranke mit einem ziem- 
lich grossen Defekt in der Trachea nach Hause entlassen; nach fast 
einem Jahr ist er wieder in die Klinik gekommen und es wurde 
konstatiert, dass der Defekt jetzt spaltförmig war, seine Ränder sich 
gegenseitig berührten. Es wurde durch einfache Verbände erreicht, 
dass der Kranke ganz frei mit dem Munde atmet und mit deutlicher, 
lauter Stimme spricht. Die Spalte ist bei ihm durch Anfrischen der 
Ränder und Naht geschlossen. 

Ein anderer Kranker hatte einen kolossalen Defekt der vorderen 
Wand der Luftröhre, sodass er beim Sprechen diese Öffnung mit dem 
gebogenen Zeigefinger schloss, wobei die ganze zweite Phalange sich 
in die Öffnung legte. Nach einem Jahr war diese Öffnung spalt- 
förmig und ist jetzt nach Gluck ganz gedeckt. 

Bei einem dritten Kranken ist ein bedeutender Defekt der 
Trachea mit der Zeit auch spaltförmig geworden und durch einfache 
Naht geschlossen. 

Was das Anfrischen der Ränder und die Naht der Wundränder 
betrifft, so machte ich den Hautschnitt dafür längs dem Rande der 
Wunde, präparierte etwas die Haut ab und legte Nähte an. Zu 
letzteren eignen sich besser die Michelschen Klammern, da die 
Fäden hier fast immer zu Eiterung Anlass geben. Es sind das 
technische Kleinigkeiten bei der Laryngostomie, von denen allerdings 
im höchsten Grade der Enderfolg der Operation abhängt. 


Aus der Königl. Universitätsfrauenklinik (Geheimrat Winter) und 
der Königl. Universitätspoliklinik für Hals- und Nasenkranke 
(Professor Gerber) zu Königsberg i. Pr. 


— — 


Über die Beziehungen der oberen Luftwege zum 
weiblichen Genitalapparat. 


Von 
Dr. Erwin Meyer. 


Der komplizierte Bau und die Differenzierung des Genitalappa- 
rates zeigen sich in ihrer Totalität nicht auf das Genitalorgan selbst 
beschränkt, sondern abgesehen von der mächtigen Herrschaft auf die 
Psyche gibt es im ganzen Körper analoge und homologe Gebilde, die 
unter physiologischen und pathologischen Verhältnissen parallel sich 
verändern. Es ist vielleicht kein Zufall, dass an den Genitalorganen 
die Corpora cavernosa des Penis oder der Klitoris analog sind denen 
der unteren Muschel der Nase und homolog den Tubercula septi. Bei 
Tieren sehen wir einen direkten Zusammenhang zwischen Nase und 
Genitalorgan. 

Schiff macht darauf aufmerksam, dass Tiere mit exstirpiertem 
Olfaktorius die Weibchen nicht mehr herausfinden können. 

Der Mensch benutzt zu seiner Orientierung hauptsächlich das 
Auge. Dementsprechend tritt bei ihm die reflektorische Beziehung 
zwischen Nase und Geschlechtsorgan wenig hervor. Und doch treten 
auch bei ihm Wirkungen von Gerüchen auf die Geschlechtssphäre ein, 
jedoch deutlicher beim männlichen Geschlecht. | 

Wenn solche Organe und Verbindungen angelegt, in der hóheren 
Reihe der Lebewesen aber zurückgebildet sind, so müssen auch die 
Nervenbahnen vorhanden sei, durch die ein Zusammenhang zwischen 
den beiden Organen erfolgt. Normalerweise nicht nachzuweisen, 
treten sie bei allgemein erhöhter Reizbarkeit des Nervensystems oder 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. IIT, H. 2. 9 


120 Erwin Meyer. E 


erhóhter physiologischer Tátigkeit eines der beiden beteiligten Organe 
wieder in Funktion. Solche Erfahrungen sind für den Menschen zahl- 
reich in der Literatur niedergelegt. 


Celsus rát bei drohendem Ausbruch eines Schnupfens sich zu 
„abstinere a sole, a balneo, a venere“. In der Ayourveda, dem 
heiligen medizinischen Buche der alten Hindu, wird der Geschlechts- 
genuss als Ursache des Katarrhes der Nase neben Erkältung, Staub 
und Rauch aufgeführt. Neuere Beobachtungen bestätigen diese An- 
gaben. Beim männlichen Geschlecht treten bisweilen während der 
sexuellen Erregung Niesen, Schwellung der kavernösen Gewebe, stark 
vermehrte Sekretion, abnorme Trockenheit der Nase auf, ebenso wie 
Alteration, Halluzination und Anosmie auftreten können. Mackenzie 
und Wall berichten über Nasenbluten nach dem Koitus, ebenso 
wie Ival, Girod und Peyer über solche nach sexuellen Exzessen 
(Masturbation etc.) Doch zu allen diesen Erscheinungen gehórt 
eine gesteigerte Erregbarkeit des Nervensystems, das Bild des Sexual- 
neurasthenikers. 


Der Konnex zwischen der Nase und den Genitalien findet immer 
auf dem Wege des Sympathikas statt und zwar 


1. durch den Olfaktorius allein, dessen Bahnen vom Rücken- 
mark durch Rami communicantes mit dem Sympathikus in 
Verbindung treten, | 

2. durch Olfaktorius und Sympathikus im Gefássnervenzentrum 
der Medulla oblongata, 

9. durch. Verbindung des Olfaktorius und Trigeminus, der 
wiederum mit dem Sympathikus zusammenhängt, 

4. Durch Sympathikus unter Mitwirkung des Trigeminus und 
Nervus petrosus profundus maior vom Karotisgeflecht ab- 
wärts. 


Alle diese präformierten Bahnen treten nur bei erhöhter Ner- 
venerregbarkeit oder bei physiologischen oder pathologischen Verän- 
derungen des Genitaltraktus in Aktion, wie sie das geschlechtsreife 
Weib in der Menstruation, Gravidität und im Puerperium darbietet. 
Physiologische oder abnorme Zustände in der Genitalsphäre rufen auf 
dem Wege des Ramus anterior des Nervus ethmoidalis das Erythem 
der Nase oder die Akne rosacea hervor, der wiederum als Trigeminus- 
ast unter dem Einfluss des Ganglion Gasseri steht oder vom Sym- 
pathikus vasomotorische Fasern erhält. Gleiche Funktionen haben im 
Zentralnervensystem gleiche Projektionen, die Copora cavernosa der 
Nase und der Genitalien solche in der Formatio reticularis der Mednlla 
oblongata (Recko). 


3] Über die Beziehungen der ob. Luftwege zum weibl. Genitalapparat. 121 


Fliess war bekanntlich der Erste, der die intranasalen Ver- 
änderungen bei physiologischen oder pathologischen Vorgängen in der 
weiblichen Genitalsphäre beschrieben hat. Man wusste schon lange, 
dass sich Nasenleiden während der Menstruation, bei geschlechtlichen 
Erregungen, bei uterinen oder Ovarien-Krankheiten verschlimmerten, 
hatte nach intranasalen Eingriffen Aborte beobachtet, kannte das 
nervóse Niesen und Sehnupfen, wie auch das starke Nasenbluten in 
der Zeit der Menstruation und die Heilung von Nasenleiden nach 
Heilung von Genitalaffektionen, die Verschlimmerung von Ozinen 
während der Menstruation: und Besserung während der Gravidität. 

Intranasal treten die anatomischen Veränderungen an den so- 
genannten Fliessschen Genitalpunkten hervor. Normalerweise exi- 
stieren diese nervösen Bahnen zwischen Nase und Genitaltraktus nur 
anatomisch, physiologisch nur bei erhöhter Reflexerregbarkeit oder 
verminderter Widerstandsfähigkeit des Nervensystems gegen äussere 
Reize, der Neurasthenie, und sie ist die Vorbedingung zur nasalen 
Dysmenorrhöe. 

Wir haben also bei allen diesen Fällen auf den psychischen Zu- 
stand der betreffenden Patientin zu achten. Anders verhält es sich 
mit den hysterischen Schmerzen während der Periode Wohl können 
sie im Anschluss an nasale oder mechanische Schmerzen entstehen, 
sie sind aber selbständig geworden durch ihren Ursprung aus der 
Psyche und nur ins Körperliche „konvertiert“, und daher nicht der 
nasalen Therapie zugänglich. Positiver Ausfall der Kokainisierung der 
Genitalstellen beweist notwendigerweise den nasalen Ursprung der 
Dysmenorrhoe. ‚In seinem Buche „Die Beziehungen zwischen Nase 
und weiblichem Geschlechtsorgan“ gibt uns Fliess zum Beweise 
dieser Tatsachen die nötigen Resultate einer erfolgreichen: Therapie. 
Die Angaben von Fliess bestätigt Royet durch günstige Beein- 
flussung der Dysmenorrhoe durch die nasale Therapie in 4 Fällen 
Heermann in 2 Fällen, Schiff ın 72°/o seiner 47 auf diese Art 
behandelten Fälle, Freund in 40°, Dalch& und Legay bei 11 
von 60 Frauen wie auch Jurasz und Marczel Falta. Ganz ab- 
lehnend gegenüber der Dysmenorrhoe nasalen Ursprungs verhalten 
sich Kroenig, Menge und Teilhaber, die nur die Suggestion bei 
Erfolgen gelten lassen, vermittelnd Opitz und Linder, der neben 
der Kokainwirkung der Suggestion eine gewisse Bedeutung zuspricht, 
und Kuttner, der neben der psychischen Beeinflussung eine Bes- 
serung des Allgemeinbefindens nach Beseitigung von Nasenleiden an- 
nimmt. Schäffers Ansicht der Allgemeinwirkung des Kokains ent- 
kräftet Fliess durch die Angabe, dass die Wirkung nach 5—8 
Minuten einsetzt, nur Kokainisierung der Genitalstellen Erfolg hat, 

9* 


122 Erwin Meyer. [1 


und dass dem Kokain als solchem keine Allgemeinwirkung analog der 
des Morphiums zukommt. Speziell diese Frage will ich bei der Be- 
einflussung des Wehenschmerzes von den Genitalstellen aus erörtern. 


Heermann hat zur Therapie chronischer Rachenkatarrhe, deren 
Ätiologie zum Teil noch unklar ist, das Produkt der Ovarien in Ge- 
stalt von Ovarigen verwandt und will hier Erfolge gesehen haben, 
d. h. er hat den dem bisher beschriebenen entgegengesetzten Weg 
anzuwenden versucht. 


Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett geben uns durch ihre 
längere Dauer, grössere Unabhängigkeit von äusseren Verhältnissen und 
augenblicklichen psychischen Veränderungen besser als die Menstrua- 
tion die Möglichkeit, unsere Untersuchungen bei längerer Beobach- 
tung durch verschiedene Stadien der Gravidität auf objektivere Basis 
zu stellen. 


So hatte Herr Professor Gerber schon im Jahre 1905 versucht, 
diese in Rede stehenden Punkte durch Untersuchungen einer grösseren 
Reihe von Graviden, Kreissenden und Wöchnerinnen, zumeist aus 
der königl. Universitäts-Frauenklinik klarzustellen. Die Unter- 
suchungen konnten damals nicht zu Ende geführt werden und so 
habe ich sie denn auf Anregung des Herrn Prof. Gerber, der mir 
sein bisher gesammeltes Material überliess, und mit Unterstützung 
des I. Assistenzarztes der Klinik Herrn Dr. Georg Cohn fortge- 
setzt. Alle Untersuchungen wurden in der hiesigen königl. Frauen- 
klinik an dem laufenden Material gemacht. Die Kokainversuche 
wurden teils vom Professor Gerber, teils von mir selbst beobachtet. 


Dem Material entsprechend wurden fast ausschliesslich Gravide 
im 8.—10. Monat untersucht, Wöchnerinnen bis spätesten 14 Tage 
post partum. 


Der Gang der Untersuchung war der, dass möglichst systematisch 
Nase, Nasenrachenraum und Kehlkopf untersucht wurden. Unter- 
suchung derselben Frau wührend Graviditát, Partus und Puerperium 
konnte durch äussere Verhältnisse nur in 9 Fällen stattfinden, die aber 
im Vergleich mit den anderen Ergebnissen schon ein klares Bild gaben. 
Mehrmalige Untersuchungen einzelner Graviden in Zwischenráumen, 
oft auch als Gravide und Puerpera sind mehrfach gemacht worden. 


Die hauptsächlichsten Veränderungen, die wir bei Graviden an- 
treffen, bestehen in Hyperämie der Schleimhaut der Nase und Hyper- 
trophie, besonders der Conchen und zwar des vorderen Endes der - 
unteren Muschel. Die mittlere Muschel verändert sich nur selten. 
Der Grad der Veränderung ist verschieden: nebst hochroter bis bläu- 
lich verfärbter Schleimhaut finden wir solche von blassroter, kaum 


5] Uber die Beziehungen der ob. Luftwege zum weibl. Genitalapparat. 123 


rot tingierter Färbung, die aber in allen Graden diffus verteilt ist; 
deutlichere Gefässzeichnung tritt nur in einzelnen Fällen hervor. Am 
Septum finden wir fast ausschliesslich Gefässramifikationen bald von 
stärkerer, bald von schwacher Injektion, oft den Locus Kiselbachii 
besonders ausgeprägt. Durch Sondenberührung lässt sich sehr leicht 
stärkeres Nasenbluten hervorrufen, das sich bei 51 Fällen 26 mal 
spontan während der Gravidität, also in ca. 50°/o, einstellte. Er- 
brechen während der Gravidität fand ich bei denselben Graviden 
sicher in 10°/o, doch konnten viele keine genaue Angaben darüber 
machen. 

Rhinitis hyperplastica, meistens Hypertrophie der Muscheln, findet 
sich meist mit der Hyperämie vergesellschaftet und ebenfalls deutlich 
nur auf der unteren Muschel, die dadurch ein voluminöses Aussehen 
erhält, in hochgradigen Fällen das Lumen verlegt. Das Primäre ist 
die Hyperämie. Findet man hochgradige Hypertrophien in der Nase, 
so rufen sie auch subjektiv das Gefühl des Schnupfens hervor. In 
wenigen Fällen kommt Hypertrophie ohne Verfärbung der Nasen- 
schleimhaut, d. h. Hyperämie vor. 

Eine besondere Reflexempfindlichkeit durch Sondenberührung 
auch der Fliessschen Genitalpunkte konnte ich nicht mit Sicherheit 
feststellen. 

Diese geschilderten Veränderungen betrafen bald beide Nasen- 
hälften, bald nur die linke, bald die rechte. Jedoch ist die eine 
Nasenhälfte nicht mehr disponiert als die andere, sondern je nach 
Lagewechsel, je nach dem gewohnheitsmässigen Schlafen der Be- 
treffenden auf der einen oder der anderen Seite war auch die ent- 
sprechende Seite mehr betroffen. Ich habe fast in allen Fällen 
danach gefragt und immer diese Tatsache bestätigt bekommen. Das 
Experiment liefert den Beweis dafür. Legte ich den Kopf der Gra- 
viden für 5—10 Minuten auf die der schwächeren Füllung ent- 
sprechende Seite, so war die vorhin stärker intumeszierte Seite ab- 
geschwollen und die untere voluminöser geworden. 

Hyperämie ohne Hypertrophie allein begegnet man fast nur bei 
deutlichen Zeichen einer unter normalen Verhältnissen bestehenden 
Rhinitis atrophicans, so dass sich also die Gravidität nicht nur auch 
bei lokal-destruierenden Prozessen der Nase bemerkbar machen, 
sondern auch einen günstigen Einfluss auf dieselben gewinnen kann. 

Der Unterschied der beiden Nasenhälften ist oft eklatant, da 
man auf der einen Seite Atrophie findet, die die andere infolge der 
Hyperämie nicht hervortreten lässt. 

Von 80 während der Gravidität oder der Geburt Untersuchten 
konnte ich die geschilderten nasalen Veränderungen in 70 Fällen 


124 Erwin Meyer. [6 


erheben, das gibt 87,5?/0. H. W. Freund findet eine Prozentzahl 
von 66, Zacharias von 85. Bei negativem Ausfall waren von den 
10 Graviden 3 an Rhinitis atrophicans, 2 an Phthisis pulmonum und 
2 an Nephritis erkrankt, wührend bei positivem Befunde nur einmal 
Nephritis und einmal Phthisis festgestellt wurde. Hierdurch gewinnt 
die Konstanz der nasalen Veränderungen durch die Gravidität noch 
mehr an Sicherheit, die eintreten, wenn sie nicht stark lokal- 
destruierende oder allgemein anämisierende Krankheiten hintanhalten. 
Starke Blutverluste sollen nach einigen Autoren die nasalen Ver- 
änderungen auch nicht zustande kommen lassen. | 

Einen Einfluss der Zahl der Schwangerschaften auf die nasalen 
Veränderungen lässt sich nicht feststellen, da sich negative Befunde 
ebenso häufig bei Erst- und Mehrgeschwängerten, wie auch in der 
ersten und letzten Zeit der Schwangerschaft finden. Nach Zacharias 
wiederholen sich dieselben Veränderungen bei wiederholter Gravidität. 

Wohl aber ist die Zeit der Gravidität bestimmend, da die 
nasalen Erscheinungen sich meistens bis zur Geburt zu steigern 
scheinen. 

Während der Geburt, mit Beginn der Wehen, werden die nasalen 
Veränderungen deutlicher ausgeprägt. Das vordere Ende der unteren 
Muschel, blau verfärbt, verlegt wie ein Wulst den ganzen unteren 
Nasengang. Während der Wehe, nicht aber vor derselben schwillt 
die untere Muschel ad maximum an, um in der Wehenpause in 
geringem Masse abzuschwellen. Bringt man durch Kokain die untere 
Muschel zum Abschwellen, so sieht man in der Gegend der Tubercula 
septi eine polsterformige Verdickung, sicher grösser wie bei nicht 
gravidem Zustand der Betreffenden. Die mittlere Muschel gewinnt 
nicht an Volumen und ist nur in wenigen Fällen injiziert. Negativen 
Befund während der Geburt fand ich nur bei einer Nephritika. 

Bei Sondenberührung erfolgt leicht Nasenbluten. 

Die ganze Schleimhaut ist spiegelnd und glatt, häufig mit Sekret 
bedeckt. Während der Wehentätigkeit beobachtete Dr. Pforte, 
‘Oberarzt der königlichen Frauenklinik, bei einer Frau eine förmliche 
Rhinorrhoe von serós-schleimiger Beschaffenheit. Nach der Geburt 
kehrte die Sekretion zur Norm zurück, um bei spüteren Geburten 
wieder in derselben Weise aufzutreten. 

Über die mechanische Unterstützung der Wehenarbeit durch die 
veränderten Luftwege mag thoretisch noch folgendes hinzugefügt sein. 
Die Sukkulenz der unteren Muschel und, wie wir später noch sehen 
werden, der Interarytaenoidgegend des Larynx nimmt mit Beginn der 
Wehentätigkeit zu und erhöht als mechanisches Hindernis die Dyspnoe. 
Durch die länger dauernde Exspiration tritt die Bauchpresse mehr 


i] Über die Beziehungen der ob. Luftwege zum weibl. Genitalapparat. 125 


in Wirkung, und dieser Einfluss macht sich erst am Schluss der 
Austreibungsperiode geltend, zu einer Zeit, wo die nasalen Wehen- 
Schmerzen schon aufgehórt und die lokalen Druckschmerzen des 
Geburtsmechanismus auf den sakralen Nervenplexus beginnen. 

Physiologisch am interessantesten ist die Frage über die nasale 
Beeinflussung der Wehenschmerzen. 

Es wurden im ganzen 16 Fälle beobachtet und zwar alles 
Kreissende mit heftigen Wehenschmerzen. 13mal wurde 10°/o iges 
Kokain verwandt, 1 mal Eukain, 2 mal Suprarenin. Das Naseninnere 
wurde im Spekulum eingestellt, während einiger Wehen beobachtet und 
dann das hypertropische Gewebe ausgiebig zum Abschwellen gebracht. 

Sicher wurden von der Nase die Wehenschmerzen beeinflusst in 
8 Fällen und zwar alle durch 10°/oiges Kokain mit einigen Tropfen 
Suprarenin, 4 mal war das Ergebnis bei derselben Versuchsanordnung 
zweifelhaft, in 4 Fällen negativ; bei letzteren wurde einmal 10°/oiges 
Kokain-Suprarenin, einmal 10 ?/oiges Eukain-Suprarenin und zweimal 
Suprarenin verwandt. Um eine Suggestionswirkung auszuschliessen, 
wurde den Kreissenden nichts über den Zweck der Untersuchung gesagt ; 
jedoch ist es immer fraglich, ob nicht die Manipulation an sich die 
Kreissenden von den Wehenschmerzen ablenkt. 

Die Zahl der Versuche ist gering. Doch wer nach Kokaini- 
sierung der Nase gesehen hat, wie Kreissende, die vorher vor Wehen- 
schmerzen geschrien haben und sich im Bett warfen, fast ruhig die 
Wehen über sich ergehen lassen, wird an einer spezifischen Wirkung 
nicht mehr zweifeln. Die Kreissenden selbst geben an — ich zitiere 
wörtlich — : die Schmerzen wären erträglich geworden, bedeutend 
geringer, nicht so arg und anhaltend. Bei der einen war es mehr, 
bei der andern weniger ausgeprägt, um bei zweien eher noch ins 
Gegenteil umzuschlagen. Der Nervenbahnen, die vom und zum Ge- 
nitaltraktus gehen, sind eben sehr viele. Die anatomische Grund- 
lage der nervösen Verbindung zwischen Nase und Genitalorgan ist 
oben dargelegt. Doch stellt sie sicher nur eine der vielen Bahnen 
des sympathischen Systems dar, und je mehr die eine oder andere 
Einzelbahn ausgebildet ist, hier die nasale, einen desto grösseren 
Effekt werden wir erwarten können. Es ist eine Art Atavismus, 
wenn eine Bahn, die angelegt, durch Nichtgebrauch gewöhnlich de- 
generiert sein sollte, nicht so zurückgebildet ist, dass sie unter er- 
höhter Anforderung an den Körper und das Nervensystem nicht mehr 
in Wirkung treten könnte. Rechnet man hinzu die durch das Ge- 
burtstrauma an und für sich hervorgerufenen, nicht geringen Schmer- 
zen, so spricht schon ein gewisses Nachlassen derselben durch 
die nasale Therapie für das Bestehen einer naso-genitalen Bahn 


126 Erwin Meyer. [8 


und, um es vorweg zu nehmen, einer nasogenitalen Reflexbahn. 
Daraus ergibt sich auch die Zeit, in der ausschliesslich der Wehen- 
schmerz von einer Reflexbahn beeinflussbar ist, nàmlich die Zeit der 
Eróffnungsperiode, denn in der Austreibungsperiode wird der lokale 
Druckschmerz auf den Plexus sacralis überwiegen. Wir unter- 
scheiden zwei Arten von Schmerzen, solche, die vom Rücken in 
die Hypogastrien ausstrahlen und solche über der Symphyse. 
Bei heftigen Rückenschmerzen habe ich die Gegend der Tuberkula 
geschwellt gefunden. An eine Allgemeinwirkung des Kokains glaube 
ich nicht. Denn abgesehen von der geringen Menge Kokain, die bei 
den Versuchen verwandt wurde, konnte ich eine Wirkung nach 
5—10 Minuten konstatieren, die zirka 20—40 Minuten anhielt, ganz 
analog der lokalen Anwendung des Kokains. Auch besitzt, wie schon 
hervorgehoben, Kokain nicht die Eigenschaften des Morphiums und 
liess die Schmerzen über der Symphyse bestehen. 

Wie kann man sich die Wirkung des Kokains erklären? Etwa 
durch seinen vasomotorischen Einfluss? Um das zu entscheiden, 
brachte ich die kavernösen Gewebe durch Suprarenin zum Abschwellen, 
und zwar in 4 Fällen. Alle 4 Fälle ergaben ein negatives Re- 
sultat, davon zwei, bei denen 15 Minuten später durch Kokain die 
Schmerzen in der Eröffnungsperiode beseitigt werden konnten. Der 
vasomotorische Einfluss allein ist es also nicht. Vielmehr glaube 
ich, dass durch die direkte Einwirkung des Kokains die Endigungen 
der sensiblen Nerven gelähmt und dadurch die Wehenschmerzen be- 
einflusst werden, und das Abschwellen der Gewebe nur der Ausdruck 
dafür ist, dass das Kokain auf die Nervenendigungen wirkt. Anderer- 
seits könnten durch die Schwellung der kavernösen Gewebe die sensiblen 
Nervenendigungen gereizt werden. Der Wehenschmerz müsste also 
wieder erscheinen, wenn eine erneute Schwellung der Gewebe durch 
die Wehen und den gesteigerten Blutdruck zustande kommt, auf die 
das aufgelockerte Gewebe deutlich reagiert. Es sind also zwei Wir- 
kungen des Kokains, die nebeneinander bestehen, die vasomotorische 
und die anästhesierende, von denen jedoch die letztere die bei weitem 
stärkere in der Beeinflussung der Wehenschmerzen ist. Dass die 
sensiblen Nervenendigungen durch Sekret oder Temperaturunterschiede 
erregt werden können, ist wohl zuzugeben. Eine Kontaktwirkung 
durch Berühren der unteren Muschel mit dem Septum ist nicht an- 
zunehmen, vielmehr gibt sie denselben Reiz für die sensiblen Nerven- 
endigungen wie das Sekret etc. ab. Bewiesen wäre eine Kontakt- 
wirkung, wenn durch Isolierung der angelagerten unteren Muschel 
von dem Septum z. B. durch eine Pappschiene ein Einfluss auf die 
Wehenschmerzen bemerkbar wäre. Ich habe es nicht versucht, da 


9] Über die Beziehungen der ob. Luftwege zum weibl. Genitalapparat. 127 


ich mir keinen Erfolg versprach; der mechanische Reiz des Fremd- 
körpers hätte bei den Volumschwankungen der unteren Muschel immer 
ein auslösendes Moment abgegeben. 


Auch die Erklärung, dass durch Abschwellen der unteren Muschel 
eine freiere Atmung ermöglicht sei, wodurch das Allgemeinbefinden 
sich bessere und der Wehenschmerz gelindert werde, ist nicht zu 
akzeptieren, da Kreissende angaben, sie könnten freier atmen, dann 
bei einigen noch trotzdem die nächste Wehe schmerzhaft war, und 
der Schmerz erst bei den folgenden geringer wurde. 


Ob von der Nase aus Wehen angeregt werden können, kann ich 
nach eigenen Beobachtungen nicht entscheiden, dazu waren die ein- 
zelnen Ergebnisse zu unsicher. Doch sah ich einige Male nach Sonden- 
oder Tamponbehandlung Wehen auftreten, die sich vielleicht auch 
spontan eingestellt hätten. Jerusalem und Falkner berichten 
mit Fliess über positive Resultate. Erstere erwähnen zwei Fälle, 
bei denen auf andere Weise der Uterus nicht zur Kontraktion ge- 
bracht werden konnte. 


Im Puerperium wurden 67 Frauen in derselben Weise wie die 
Graviden untersucht an verschiedenen Tagen post partum, von denen 
34, also 51°/o, nasale Veränderungen zeigten. Dieselben bestehen 
ebenso wie in der Gravidität in Hyperämie der Schleimhaut und 
Hypertrophie der Gewebe, erstere von schwacher Injektion bis zur 
bläulichen Verfärbung, letztere oft noch so stark, dass das vordere 
Ende der unteren Muschel das Lumen vollständig verlegt. Die Hyper- 
trophie scheint sich etwas länger zu erhalten wie die Hyperämie. 
Fast alle Wöchnerinnen stillten. Ob hierin ein Reiz zur Unterhal- 
tung der nasalen Veränderungen über die Geburt hinaus gegeben ist, 
lässt sich nicht mit Bestimmtheit entscheiden, da bei einem grossen 
Teil der stillenden Wöchnerinnen jede nasale Veränderung fehlt. Bei 
den systematisch Untersuchten war ein deutliches Nachlassen der 
Hyperämie und Hypertrophie in der Nase während Gravidität und 
Puerperium zu erkennen, was ja auch das prozentuale Verhältnis der 
nasalen Erscheinung bestätigt. 


Im Nasenrachenraum fanden sich bei 57 daraufhin Unter- 
suchten bei 21, also in 37 °/o, Veränderungen, die in meist mässiger 
Injektion der Rachenschleimhaut bestanden und nichts Charakteristi- 
sches für typische Schwangerschaftsveränderungen boten, jedoch als 
durch die Gravidität bedingte anzusprechen sind, da sich dieselben 
Erscheinungen bei 43 Wöchnerinnen nur 4mal, also in 10,5?/o, fanden. 
Schwellungen der Rachenorgane wurden in einer geringen Anzahl 
der Fálle beobachtet. 


198 Erwin Meyer. [10 


Das Larynxbild wies in 42°/o von 62 untersuchten Fällen 
Veränderungen auf. Hier ist besonders die Lokalisation wichtig. An 
der Epiglottis fand ich Hyperämie in 10 Fällen, also in 16°/o, die 
jedoch nie sehr hochgradig war. Besonders sind es die Aryregion, 
die Aryfalte, die Hinter- und Vorderwand bis in die Trachea hinein 
und die falschen Stimmbänder. Hyperämie und Hypertrophie, vor 
allem die letztere, sind oft so hochgradig, dass die Aryfalte 
völlig verstrichen ist, und ein guter Schluss der Stimmbänder 
nicht zustande kommen kann. Die Stimmbänder, die in einigen 
Fällen gerötet sind, werden oft vollständig von den Taschen- 
bändern verdeckt. Diese Lokalisation überwiegt, wo sie sich findet, 
bei weitem die Veränderungen der Epiglottis, nicht nur durch den 
Grad der Veränderung, sondern auch dadurch, dass sie von den 26 
positiven Ergebnissen 25 für sich in Anspruch nimmt. Die Aryregion 
allein ist 16mal beteiligt, also in 61,5% der laryngealen Verände- 
rungen und in 26°/o der im ganzen untersuchten Fälle. Schwangere 
geben denn auch auf Befragen an, dass sie während der Gravidität 
heiser gewesen wären. Praktisch wichtig wird die lokale 
Veränderung durch die Tatsache, dass sich Larynx- 
phthisen im Beginn an der Aryregion lokalisieren und 
die Schwangerschaft bei Larynxphthisis die ominöseste 
Komplikation bedeutet. Wird auch noch über dieEinzelheiten 
der durch die Gravidität bedingten lokalen Disposition, neben der früher 
angenommenen Alteration des Organismus und Veränderungen des 
Stoffwechsels gestritten, so haben uns die mikroskopischen Unter- 
suchungen Hofbauers insofern weitergebracht, dass durch Meta- 
plasie des Larynxepithels und durch die entzündlichen Veränderungen, 
die in Lymphzelleninfiltration der Gewebe bestehen, ein geeigneter 
Boden für exogene und endogene Tuberkelinfektion an der Hinter- 
wand des Larynx vorbereitet ist. Sind dann Tuberkelbazillen in das 
Gewebe eingedrungen, so finden sie in den weiten Lymphräumen 
günstige Bedingungen zur Entwickelung vor, die das in das Gewebe 
ausgetretene Serum unterstützt, sobald die Bakterien die bakterizide 
Kraft desselben überwunden haben. Im Puerperium bilden 
sich die laryngealen Veränderungen sehr bald zurück, 
früher als die nasalen, so dass wir in den ersten acht Tagen 
nach der Geburt nur noch in 17 °/o von 30 untersuchten Wöchnerinnen 
geringe Hypertrophien bei blasser Schleimhaut finden. 

Es besteht weder in der Gravidität noch im Puerperium eine 
Koinzidenz oder Abhängigkeitsverhältnis zwischen den Veränderungen 
der Nase, des Nasenrachenraumes und Kehlkopfes. Diese Tatsache ist 
nur zu verstehen, wenn man das Nervensystem als den Vermittler zwi- 


11] Uber die Beziehungen der ob. Lufiwege zum weibl. Genitalapparat. 129 


s:hen Genitalorgan und oberen Luftwegen ansieht. Durch die Blut- 
bahn müssten die Veränderungen in gleicher Weise im ganzen Be- 
reiche der oberen Luftwege stattfinden, da unmöglich ein im Blute 
kreisendes Agens oder der Blutdruck primär den einen Teil mehr 
betreffen würde als den anderen, ausser dass eine lokale Disposition 
der einzelnen Teile bestánde oder eine solche in einer exogenen Ur- 
sache seine Erklärung fände. 

Es ist mir eine angenehme Pflicht, vor allem Herrn Prof. Dr. 
Gerber meinen ergebenen Dank abzustatten für die Überlassung des 
Themas und des von ihm schon gesammelten Materials, wie auch 
für die während der Arbeit gegebenen wertvollen Anregungen. Ein 
gleicher Dank gebührt Herrn Dr. Georg Cohn für seine freundliche 
Hilfe bei den Untersuchungen. Herrn Geheimrat Winter danke 
ich für die gütige Überlassung des Materials, Herrn Dr. Pforte 
für sein Interesse an der Arbeit und die Mitteilung des in der Arbeit 
erwähnten Falles. 


Literatur. 





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130 Erwin Meyer: Über die Beziehungen der oberen Luftwege etc. [12 


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Head, Henry, Die Sensibilititsstórungen der Haut bei Visceralerkrankungen. 
Berlin 1898. 

Heymann, P., Handbuch. 1900. S. 387. 

Hofbauer, Larynx und Schwangerschaft. Monatsschr. f. Geburtsh. u. Gyn. 
1908. 1. 

Heermann, Über die Lehre von den Beziehungen der oberen Luftwege zu der 
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Jurasz, Die Krankheiten der oberen Luftwege. Heidelberg 1891. 

Jerusalem, Max und Anselm Falkner, Über Wehen und Wehenschmerz 
und deren Beziehung zur Nase. Wien. klin. Wochenschr. 1907. 

Koblank, Über nasale Reflexe. Deutsche med. Wochenschr. 1908. 

Kuttner, Die nasale Dysmenorrhoe. Deutsche med. Wochenschr. 1908. 

Lindner, Über nasale Dysmenorrhoe. Münch. med. Wochenschr. 1902. 

‚Opitz, Verhandlungen der deutschen Gesellschaft für Gynäkologie. Leipzig 1904. 

Oppenheimer, Über Rhin. hypertrophica und Amenorrhoe. Berliner klin. 
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Peyer, Über nervósen Schnupfen und Speichelfluss und deren Zusammenhang 
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Trautmann, Zur Frage der Beziehungen zwischen Nase und Genitalorgan. 
Monatsschr. f. Ohrenheilk. 1903. S. 129. 


Aus der Basanowaschen Klinik für Ohren-, Nasen- und Hals- 
krankheiten an der Universität in Moskau. 


Über die Stimme Laryngostomierter. 


Von | 
Privatdozent Alexander Iwanoff. 


Mit 2 Abbildungen und 9 Kurven im Text. 


Die Laryngostomie ist von mir in elf Fallen s. diese Zeitschrift 
(Bd. II S. 241) bei Kranken mit Kehlkopfstenose nach Abdominal- 
typhus und Lues gemacht. Bei den meisten von ihnen fanden sich 
Eiterhöhlen, ausgedehnte Nekrosen des Knorpelgerüstes und umfang- 
reiche Infiltrate der Mukosa und Submukosa. Die Abszesse wurden 
ausgekratzt und drainiert, die ergriffenen Knorpel entfernt, die In- 
filtrate mehrmals ausgeschnitten und gleichzeitig führte man eine, 
allmähliche Ausweitung des Kehlkopfs und der Trachea mit Kaut- 
'schuk-Röhren durch. Das ganze Bestreben bei dieser Behandlung 
war darauf gerichtet, ein weites Luftrohr mit festen Wänden zu 
schaffen, welches dem Kranken die Möglichkeit auf natürlichem Wege 
zu atmen bieten soll. i 

Meine ganze Sorge richtete sich auf die Wiederherstellung der 
normalen Atmung, das stimmliche Resultat interessierte mich zunächst 
nicht. Deshalb schnitt ich die Infiltrate in der Gegend der Stimm- 
bänder, energisch und gründlich aus, denn hier war die Verengerung 
meist besonders hartnäckig und hier war esam schwersten eine feste 
Wand zu bekommen. Und wenn sich endlich das normale Atmen 
wie zum Lohn für die von dem Kranken, wie auch von dem Arzte 
geübte grosse Geduld wieder herstellte, erschien bei den Kranken 
auch die Stimme wieder, anfangs etwas schwach und heiser, nachher 
stärker und reiner. Dieser unerwartete, wunderbare funktionelle 


132 Alexander Iwanoff. 2] 


Effekt der Laryngostomie erregte mein Interesse und veranlasste 
mich zum Studium des Mechanismus der Stimmbildung und der pho- 
netischen Eigentümlichkeiten der Stimme selbst. 

Bei drei Kranken konnte man laryngoskopisch am Anfange des 
Einganges der Luftröhre zwei breite weiche Schleimhautfalten sehen, 
welche bei der Phonation sich gegenseitig berühren und die umfang- 
reiche schwankende Bewegungen wie ein Segel machten. Diese Falten 
stellen nicht die falschen Stimmbánder dar, dagegen spricht ihre 
Lage und die histologische Untersuchung ausgeschnittener Stückchen, 
welche zeigte, dass sie aus mit zylindrischen Epithel bedecktem frischen 
Bindegewebe bestehen. Es ist eine ganz eigentümliche Einrichtung, 
welche die funktionelle Anpassungsfähigkeit des menschlichen Or- 
ganismus hervorgebracht hat. In einem Falle erreichten diese Falten 
eine solche Entwickelung, dass sie die Atmung hinderten und man 
sie endolaryngeal entfernen musste. 

Bei einer Kranken formierte sich an der Stelle der wahren Stimm- 
bänder ein narbiger Ring etwa wie eine Diaphragma, welcher sich 
bei der Phonation ausdehnt und eine enge Spalte formierte. 

Eine sehr interessante Einrichtung zur Stimmbildung formierte 
sich bei einem Kranken. Er hatte in der vorderen Wand der 
Trachea auf der Höhe des 1—3 Trachealringes eine enge Spalte von 
2 cm Länge. Im Niveau dieser Öffnung sprangen die seitlichen Tracheal- - 
wände so viel vor, dass zwischen ihnen eine enge Spalte entstand. 
Während der Phonation nähern sich diese hervorragenden Teile der 
seitlichen Wände der Trachea einander noch mehr, die Spalte wird 
noch enger und bietet etwa einen Anblick wie die Stimmbänder dar. 
Die Stimme bei diesem Kranken ist merkwürdig rein, hell, ein ziem- 
lich lauter Bass. Man braucht nur zwischen diese Wände ein enges 
Kautschuk-Röhrchen einzuführen und die Stimme verschwindet. 

Um genauer den Charakter und die Besonderkeiten der Stimme 
bei Laryngostomierten zu studieren, untersuchte ich sie phonetisch. 
Von den zahlreichen Methoden der phonetischen Analyse, beschránkte 
ich mich auf zwei, die meinen Zwecken am meisten entsprechen. 
1. Habe ich die Kurve der Mundatmung bei Phonation eingeschrieben 
und 2. registrierte ich die Schwingungen der Kehlkopfswände oder 
richtiger zu sagen, des Luftrohrs, welches sich an Stelle des Kehl- 
kopfes bildete. 

Ich will nicht die Registrierung der Mundatmung bei der Phonation 
beschreiben; sie ist klar genug aus beistehender Zeichnung, die ich 
der „Phonétique expérimentale“ des Abbé Rousselot entnommen: 
habe, ich habe die Naseatmung nicht registriert, denn sie spielt keine 
grosse Rolle bei der Phonation der Vokale. 


3] Über die Stimme Laryngostomierter. 133 


Vor Beschreibung der Kurven einige allgemeine Bemerkungen. 
Die phonetischen Kurven bieten an sich nicht etwas streng be- 
stimmtes, unveründerliches für den gegebenen Fall dar; auf ihre Form 
hat eine Menge verschiedener Umstände Einfluss: die Grösse des 
Mareyschen Tambours, die Dicke, die Spannung der elastischen 
Membranen, die Länge und das Gewicht der Feder, der barometrische 
Druck, die Temperatur und die Feuchtigkeit der Luft, der Grad des 
Andrückens des Mundtrichters an den Mund und vieles andere. 
Zwei Kurven, die bei übrigens gleichen Bedingungen bei zwei Per- 
sonen eingeschrieben sind, werden verschieden sein, je nach dem 





Fig. 1. 


Timbre und dem Register der Stimme. Aber alles das bezieht sich 
auf Grösse und den Charakter der Wellen, welche die Kurve machen, 
das allgemeine Bild der ganzen Kurve bleibt ungefähr jedoch gleich. 

Deshalb kann man die von mir gefundene grosse Abweichung 
von der Norm der Atmenkurve während Phonation bei den Laryn- 
gostomierten nicht durchaus durch die Unvollkommenheit und die 
Abweichungen der Technik erklären, sondern sie ist abhängig von 
den Eigentümlichkeiten der Phonation bei Laryngostomierten. 

Gehen wir zur Analyse der Kurven über. Wenn man einen 
Menschen mit normaler Stimme die Vokale a, o, u mit fest ange- 
legtem Mundtrichter aussprechen lüsst, so wird sich die Kurve Nr.I 
ergeben. 


BES EIS Alesander Lengt NE M me A A N 





Max sieht hier, Jane die — See von: der Bakestellong. ie 
Cunhittélbar zn idee schwingenden. Beregne Zieec, mi ame Kehe — 
DUREE. "zchledänen. Vokale sind nur ddr e eus diee 
— Tas - aher sehr kurze Atmenbewegun: yon enandee 
= ‚getrennt. Bem Registrieren der Phonation © 
des: ee ‚bekommen Fir. die 
Kurye ew EE was 
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Ps mi mächt; ant. deren Mie mua Sne 


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i — Kleinen: Schwingungen machen, "srobei - man 
| ! für. jede. Schwingung. ‚sehr. omg ` "Luft vers ZS 
ET e i "raue: amd deshalb kann die Phonation | 
— Ek Wig ‘daneri ‚Nicht BO ist es bei. 
| Vë, “hes ngoslontiaiten c + bier: 'entweicht während: ‚der. Dhionatis m, 
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SP sty ue P Rest He Stimme EE Ra e C d sd 


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: Vokal. aushalten, Be: ‚sprechen $ atian 
due aus áls pb sie sehrien, auf. 

Einen Zug. Die Sprache ist 
bel ihren nicht eegend. son- 

| era -stossend., staccate, Bes 
braucht 4iel Luugenluft, ange 

strengtes - ‘Almen ` ‘und deshalb ` 

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S SS? aufeinander folgendes Schliessen uud then, der. hervorstehenden 
"led: der seitlichen: T nechaal windy durmiert, die eue Ti eihe luftdmnek-: w 
— ee der Loft. hervorrufen ; zn während‘ des Ülfnens macht die vu S 
Kurve èine ‘hohe, schain. Yacke; tlie Période dés. Selidiesseng, ist länger T 
als: die Paride: bes neus. Bei. der T'honation: mib, fener Tracheal- — 


dnote Laft: durch: die: Spalte: bins. nnd in der Mi = 
-Wähle ergahen: ; sich. aulıwäebere. ‘Laftdravksschwankungen. ` DS 
SU Kur MI ‚welehe‘ die hei der Phonation avs der Tracheal. 


inane oahweictionde Luft. "registriert, ist sehr den Kurven Nr. H. 


his: IN: ahnlich; “ibe wie aber: Sa scharfe Erhebung und rasche Senkung. 
upd are ae Nibeationen. eigen, Jetzbpe. send. wuhrscheinlielt, dech 
-Nibratkonem der Ränder der Wundspalte. selbst. ‘hervorgerufen. Be 7 
‚zeigt dass honetisc be ` Wild, dass diè ‚zeitlichen Erhebungen. der... 
Yrachen. ABO diesem: E e gene analog. der? wn Vires ‚mmbendenn a 
-funktionieren | NN eem il RE 





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1] Ze die Simme. Taryngostomierter. — NUS VR 
Naer der Adran, Wahrend ie oau maree w 
soit hei meinen. Kranken alie. Vibration: dés. Keblkopfs oder richtiger i 
E ‘sagen, des Talus, das ech" an ‚Stelle des Kehikoptes: Sormierte. In. 
der Norm toacht: der. Kehilkopt während: der“ Plonation ’ gweierlet:. 
Bewegungen: 2 tin yertikaler and horiscptaler. Richtung; 25 schwingende, ` 
‘Bewegougen ` we de Vibratiesen — oder Wind. Lese Xibrationen: 
gehen Yon den. ‘Sthambandern: ant dien. Koor Aber le kinnen : 
daher als: Bewegungen der. Stimmhänder: cadet. belrachtet- werden. s 
‚Diese. letzten Schwingungen, interessierten mich da meinten. nnt ihrer 
Hille hoffe ich die Holle der. Schleimhantfafteni, ber der Bildung der 
Suami Sënner zi erklären, E 3 SATE 
Um die Vibration: deg Kehlkopfs & kt ENEE ——— ach. desc 
-Keblton-Schreibet* | von Erunger ind Wirth: das: hesle vun allen & 
Instramenten, dia für ‚diesen. Zweck. angegeben wardens ‚Dank: dem Pin: ` 
stande, dass: in diesem Apparate Statt Ver M a re y schen: T Trommel väng 7 
| Kapsel: von sehr. kënen Umfangs eimdefügt istand statt der Sehreibe- 
deder eiue leichte Bünde, die. sich: itin: Gelenleühert jr hewegh 
helindet , “registriurien ‚sich. uch die. Gei. EN ES 
er gromen Genamgkeik. SPANIA P SR SA ul 
| Non dun mit ihösen: Apparate an Karen Min: Pd 
adele: sagen; was omy von: plionetischen Kuen iva) allgemeinen ` 
" gesagt ist; sie sind sehr “individuell BU Kurven, alic sieh walirend ^ 
der Phouation hei: gesunden: Menschen. ergehen, ‚stellen, sich’ als biie. 
leihé von ‚kleinsten. besser mit, der Tips ES V Ubrationen: BC 
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Dei einen’ "Reni sdicidi: der Kehlton-Schreihir. Walken! dn 
Phonation eine: gerade: bie em. sopar mit iner starken Jang. unite: 
dán keine Vibrationen essere, muwelen fur. sind. Ha E 
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138 Alexander Iwanoff. [8 


schwingende Bewegung, wie die wahren Stimmbánder kommen: sie 
rufen nur mit ihrem Schliessen und Öffnen eine Reihe von Luft- 
schwankungen hervor. 

Bei dem Kranken mit der Trachealöffnung hat der dem Rande 
der Öffnung angepasste Apparat die Kurve Nr. IX ergeben; auf der- 
selben kann man sehr kleine Vibrationen und eine gröbere wellen- 
förmige Unregelmässigkeit unterscheiden; diese ist wahrscheinlich 
der Ausdruck eines Wechsels in der Spannung der Weichteile in 
der Nachbarschaft der Offnung, die kleinen Vibrationen aber sind 
ohne Zweifel durch Vibration der Seitenwände der Trachea verursacht. 

Also auch dieses Verfahren bestätigt die volle Analogie der seit- 
lichen Trachealwülste mit den wahren Stimmbändern. 

Ich machte einen Versuch die Sprache Laryngostomierter auf 
den Zylinder eines Phonographen zu schreiben, aber die Reproduktion 
- ergab sich als sehr blass und undeutlich, die Reproduktion der ver- 
hältnismässig leisen normalen Sprache war reiner, deutlicher, als die 
Reproduktion der lauteren Sprache des Laryngostomierten. 

Die glänzenden funktionellen Erfolge der Laryngostomie geben 
uns Veranlassung diese Operation nochmals für die verschiedenen 
Arten der Kehlkopfstenose zu empfehlen. 


ll. Referate. 


l. Allgemeines, Geschichte usw. 


91. Bulling, Inhalationskuren in der Therapie des praktischen 
Arztes. Wien. Klin. therapeut. Wochenschr. 1909. Nr. 17. 
Übersichtliche Zusammenstellung aller Indikationen und Besprechung 
des Apparates mit den Rezepten für die verschiedensten Erkrankungen. 
Bulling befürwortet die Inhalationstherapie zur Einverleibung medika- 
mentöser Mittel, wenn der Magen geschont werden soll, und berichtet über 
unzweifelhafte Erfolge. Marschik. 


92. T. H. Farrel, Utica. A Panacea for Catarrh. (Ein Pana- 
ceum gegen Katarrh.) N.J. State Journ. of Med. Febr. 1910. 
Verf. zieht gegen die Patentmedizinen zu Felde, die, wenn überhaupt, 
nur durch ihren Kokain- oder Alkoholgehalt vorübergehend erleichtern, 
wodurch sie — bei längerem Gebrauch — gefährlich werden. Er rät, 
die guten „alten“ Medikamente nicht beiseite zu schieben. Der praktische 
Arzt soll „Katarrh“ nicht behandeln ohne das Innere der Nase durch 
reflektiertes Licht untersucht und so dessen Ursache festgestellt zu haben. 
Gleichzeitig müssen Herz, Niere und Magendarmtrakt examiniert und 
gegebenenfalls behandelt werden. Otto Glogau, New York. 


93. Haudek, Über Dysphagietabletten. Klin. therap. Wochen- 
schrift. 1909. Nr. 4. 

Befürwortung der Treibelschen Dysphagietabletten, bestehend aus: 
Cocaini mur. 0,005, Mentholi puri asiat. Anaesthesini aa 0,01 bei 
Larynxphthisen, akuten und chemischen Anginen. Weniger Erfolg zeigte 
sich bei Ösophagusgeschwüren. Marschik. 


94. Hegener, Die binokular-stereoskopische Untersuchung des 
Larynx, des Epipharynx sowie des Trommelfells. Passows 
Beitr. zur Anat. des Ohres, der Nase u. des Halses. Bd. III. 
Heft 3. 1909, 

Verf. hat nach längeren Vorarbeiten durch die Zeisswerke ein hand- 
liches Instrument konstruieren lassen, welches es ermöglicht, bei Hals-, 

Nasen- und Ohruntersuchungen stereoskopisch zu sehen, bei mässiger Ver- 


140 Referate. (2 


grösserung. Das in seinem Äusseren in etwa an die bekannten Prismen- 
fernrohre erinnernde Instrument wird an einem Stirnreifen befestigt ge- 
tragen; die Beleuchtungseinrichtung befindet sich zwischen den beiden 
Fernrohren. Die Einzelheiten der Konstruktion müssen im Original nach- 
gelesen werden. Das Gewicht des Instrumentes beträgt weniger als 200 g. 

Verf. rühmt die Plastik, Grösse und Schärfe feinster Details bei der 
Untersuchung und glaubt, das Instrument würde für unser Fach dieselbe 
Bedeutung gewinnen, wie das Hornhautmikroskop für die Ophthalmologie. 
Falls sich die Konstruktion in der Praxis als bequem und leicht brauch- 
bar erweisen wird, dürfen wir in der Tat ein solches Instrument als eine 
der wertvollsten Bereicherungen unserer Untersuchungsmethoden bezeichnen. 

Kronenberg. 


95. V. Jakubeik, Zur Frage der Eintrittspforte der mensch- 
lichen Tuberkulose. Casopis lékaruv ceskych. Nr. 7. 1910. 


Jakubeik weist auf die Verbindungen zwischen Pars olfactoria 
und Meningen hin, durch die Löcher der Pars cribrosa des Siebbeines 
gehen zahlreiche Lymphgefässe von der Nasenschleimhaut hindurch; in 
Mund und Rachen ist das reichliche adenoide Gewebe zu berücksichtigen. 
Im Larynx ist das lymphatische Gewebe durch die wahren Stimmbánder 
in zwei streng voneinander geschiedene Bezirke geteilt, die nur mit 
schwachen Ästchen an der Hinterwand des Larynx kommunizieren. In 
der Trachea ist die Zahl und Weite der Lymphgefässe beim Erwachsenen 
wesentlich geringer als beim Kinde. Die regionären Drüsen des Larynx 
sind die Gldl. cervicales profundae. Für die Trachea sind es die tiefen 
Halsdrüsen und die Drüsen in der Furche zwischen Trachea und Öso- 
phagus. R. Imhofer. 


96. De Keating Hart, Die Behandlung des Karzinoms mittelst 
Fulguration. Nach einem Vortrag in der franzüsischen Ges. 
zum Studium des Krebses. Klin. (herap. Wochenschr. 1909. 
Nr. 11. 


Die Fulguration hat immer der Operation mit dem Messer als 
Schlussakt zu folgen. Der Grad der Einwirkung ist unmessbar; er kann 
nur durch Übung besimmt werden. Bei der Fulguration hat man sich 
zu hüten, grössere Nervenstämme zu treffen, namentlich Vagus. Die 
Wundränder können vereinigt werden, müssen aber sehr gut drainiert 
werden. Während Czerny und Schultes ungünstige Ergebnisse der 
Fulguration veröffentlicht haben, bat Desplats (Lille) August 1908 über 
18 inoperable Fälle berichtet, davon 11 Heilungen. Von ihnen sind 4 
bereits wieder rezidiv geworden. Desplats hielt sich bezüglich der 
Technik genau an Keating Harts Angaben. Marschik. 


97. A. Knokiewiez, Über die Wirkungen von subkutanen 
Injektionen von normalem Pferdeserum bei Blutungen. 
Klin. therap. Wochenschr. 1909. Nr. 49. 


Krokiewicz injizierte nach dem Vergehen Wirths 20 cm8, haupt- 
sächlich bei Hämoptoe der Phthisiker, konnte aber zu keinem befriedigen- 
den Ergebnis gelangen, welches ihm die anderen blutstillenden Mittel ent- 
behrlich gemacht hätten. i Marschik. 


3] | Referate. 141 


98. Krone (Sooden a. d. Werra), Über Inhalationstherapie mit 
besonderer Berücksichtigung der Soleinhalationen. Med. 
Klinik. 21. 1910. 


Schon Hippokrates erkannte die heilende Wirkung der salzigen 
Seeluft auf Erkrankungen der Atmungsorgane und auf Allgemeinerkran- 
kungen. Soleinhalationen — sei es nun der Aufenthalt am Gradierwerk 
und in Verdunstungsräumen oder Einzelinbalationen sind ein ausgezeich- 
netes Heilmittel für katarrhalische Affektionen jeglicher Art der oberen 
Luftwege, ganz abgesehen von ihrem günstigen Einfluss auf das Allge- 
meinbefinden, den Verfasser gemäss seiner Untersuchungen hauptsächlich 
in einer Erhöhung der Zahl der roten Blutkörperchen sieht. Lokal wird 
durch die Inhalationstherapie eine technisch nicht immer leichte Reinigung 
der Schleimhäute von Sekret und Borken erreicht und durch die mittelst 
der feuchten Wärme erzielte aktive Hyperämie wird auch bei veralteten 
Katarrhen eine Tendenz zur Heilung bewirkt. Sippel, Würzburg. 


99. Fr. Neumann (Wien), Ein Beitrag zur Klinik des Skleroms. 
Monatsschr. f. Ohrenheilk. 4 u. 5. 1910. 


Die Frühsymptome des Skleroms der Nase sind dieselben wie bei 
Rbinitis chronica, als Frühsymptome des Larynxskleroms ist Heiserkeit 
und Husten mit erschwerter Expektoration anzuführen. Probeexzision und 
der Nachweis der Fritschschen Bazillen in den Mikuliczschen Zellen 
des Granulationsgewebes stellen die Diagnose sicher. Unrichtig ist die 
Annahme, dass die Tumoren nicht ulzerieren. Unter den vom Autor be- 
handelten Fällen waren 40°/o weiblichen und 60°/o männlichen Ge- 
schlechtes, teilweise waren sie aus bekannten Skleromherden, verschiedene 
aber auch aus Gegenden, die für gewöhnlich frei von Sklerom sind. 


Was den Sitz des Skleroms anlangt, so kann man sagen, dass die 
Erkrankung am häufigsten dort besteht, wo die Luftwege am engsten 
sind. Tabellarisch festgestellt ist die Nasenhóhle der häufigste, das Zahn- 
fleisch der seltenste Sitz. Oft ist Sklerom mit Lues und Tuberkulose 
vergemeinschaftet. Bei Sklerom des Gesichtes ist Radiotherapie, bei 
Sklerom der Nasenhóhle Exkochleation mit dem scharfen Löffel und 
Einführung von Gummibougies, bei Larynxsklerom Dilatation mit den 
Schrötterschen Hartgummiröhren mit sehr gutem Erfolg angewendet 
worden. Sippel, Würzburg. 


100. B. Schiffer, Über Coryfin, eine neue Mentholverbindung. 
Klin. therap. Wochenschr. 1909. Nr. 33. 
Coryfin (ein Mentholester der Glykolsäure) übertrifft an Wirkung alle 


anderen Mentholpräparate und hat keine üblen Nebenerscheinungen zur Folge. 
Marschik. 


101. Parke, Davis u. Co. (London-Detroit), ,,Glaseptic“-Nebel- 
stäuber, ,,Glaseptic*-Taschenuebelstüuber, ,,Glaseptic**-Spray. 
Med. Klinik. 25. 1910. 


Verwendung für Affektionen der Nase und des Rachens, Laryngitis 
Bronchitis, Asthma, Heufieber. Sippel, Würzburg. 


142 Referate. [4 


2. Nase und Nebenhóhlen. 


102. Adolf Blumenthal (Berlin), Weichteilzyste am Oberkiefer. 
Deutsche med. Wochenschr. 1910. Nr. 17. 


Im Gegensatz zu den häufiger vorkommenden Knochenzysten des 
Oberkiefers, die von Epithelscheidenresten ihren Ursprung nehmen, stellt 
der von Blumenthal beobachtete und beschriebene Fall eine Weich- 
teilzyste des Oberkiefers dar, wie sie aus Resten der Zahnleiste ent- 
stehen können. Hirsch, Magdeburg. 


103. Freudenthal (New York), Das Empyem der Kieferhöhle 
in seinen Beziehungen zu anderen Erkrankungen und die 
Behandlung desselben. Nach einem Vortrag. Klin. therap. 
Wochenschr. 1909. Nr. 50. 


Übersichtsvertrag, durch eigene Beobachtungen illustriert. Nichts 
Neues. Freudenthal operiert nach Luc-Caldwell oder Denker 
entfernt nie die ganze Schleimhaut und lässt auch die untere Muschel 
nach Möglichkeit stehen. Marschik. 


104. E. Glas (Wien), Zur Indikation und Operation der ver- 
borgenen Nasenscheidewand. Monatsschr. f. Ohrenheilk. 5. 
1910. 


Als Hauptindikation ist im allgemeinen die Rhinostenose mit ihren 
mehr oder weniger manifesten Symptomen zu betrachten. Ausserdem ist 
noch bei drei Gruppen von Affektionen die subperichondrale Resektion 
von gutem Erfolg begleitet, nàmlich: 

1. bei gewissen Fällen von Ozäna, 

2. bei Fällen von nasalem Asthma, 

3. bei Sinusitis frontalis aut ethmoidalis bezw. sphenoidalis, um die 
Abflussbedingungen günstiger zu gestalten. 

Unter den Instrumenten, die Verfasser bei dieser Operation benützt, 
sind besonders hervorzuheben das selbsthaltende Spekulunm von Shurly, 
das Bajonetteelevatorium von Killian, das Knorpelmesserchen von 
Ballenger, die knipsende Zange von Middleton-Jansen u. a. 
Am Schlusse gibt Glas, besonders für weniger Geübte, nützliche Winke 
zur Ausführung der subperichondralen Operation. 

Sippel, Würzburg. 


105. Grünwald, Die Lymphgefässe der Nebenhöhlen der Nase. 
Arch. f. Lar. Bd. 23. H. 1. 


An einem Falle gelang von der Kieferhöhlenschleimhaut aus (Ver- 
schlussmembran der vordereu Nasenfontanelle) die Injektion des Lymph- 
systems bei einem Erwachsenen. Von den Ergebnissen ist am wichtigsten, 
dass trotz einer Dehiszenz keine Gefässe durch die Lamina papyracea 
zur Periorbita führen, und dass im Niveau der Schleimhaut das ganze 
Lymphsystem der Nase und der Nebenhöhlen zusammenhängt, nicht aber 
durch Wände hindurch. Arth. Meyer. 


106. Gundermann, Uber Paraffinprothesen in der Rhinologie. 
Dissert. Würzburg 1909. 


Gute Literaturübersicht mit eigenen Erfahrungen aus der Würzburger 
Poliklinik für Nasen- und Kehlkopfkranke (Seifert). Zur Korrektur 


5] Referate. 143 


von Sattelnasen verwendet Seifert Paraffin von 43—45 ° Schmelzpunkt, es 
wird nicht mehr als !/s—1 ccm auf einmal injiziert und sorgfältig model- 
liert. Die acht mitgeteilten Fälle betreffen die verschiedensten Formen 
von Sattelnase (nach Septumabszess, Ozaena congenita, Lues hereditaria 
und acquisita, Lupus) In allen Fällen war das Resultat befriedigend 
und wurde nicht durch Komplikationen beeinträchtigt. In einem neunten 
Fall war von anderer Seite eine viel zu grosse Menge Paraffin injiziert 
worden, so dass ein Teil derselben operativ entfernt werden musste. 
Kronenberg. 


107. Hajek u. Polyák (Wien), Myxoma Iymphangiectaticum 
des Nasengerüstes. Arch. f. Lar. XXIII. H. 1. 

Ein in Bd. XV des Arch. f. Lar. als multiple Nebenhóhleneiterung 
mit beiderseitigem Exophthalmus und Optikusatrophie von Polyàk be- 
schriebener Fall klären sich durch Autopsie als Myxom des Vomer und 
Pterygoid etc. auf. Die Schwierigkeiten, welche die Diagnose verhinderten, 
der quasi gutartige, über viele Jahre sich erstreckende Verlauf ohne 
Lymphdrüsenaffektion und Metastasen, die eigentümlich infiltrierende 
Natur des Tumors machen den Fall sehr merkwürdig und die Lektüre 
des Originalartikels lohnend. Arth. Meyer. 


108. Haike, Die Röntgenuntersuchung der Nasennebenhöhlen 
der Kinder. Arch. f. Lar. XXIII. H. 2. 


Das Röntgenbild des kindlichen Gesichtsschädels wird durch Augen- 
hóhlen und Zahnanlage beherrscht, die Knochengrenzen sind minder scharf, 
die Höhlen kleiner. Die Kiefer. und Siebbeinhóhlen sind schon beim 
Neugeborenen vorhauden; bei jungen Kindern sieht erstere dreieckig aus, 
letztere erscheinen als vertikaler, schmaler Spalt, um spáter breiter und 
differenzierter sich zu gestalten. Eine Stirnhöhle findet sich ausnahms- 
weise schon vor dem 5. Jahr, vom 8. an ist ihr Vorhandensein die Regel, 
vom 12. fast ausnahmslos. Bei wiederholten Aufnahmen am gleichen 
Kind kann man das Wachstum der Höhlen beobachten. Keilbeinhöhlen 
wurden vom 6. Jahre an in Bohnengrósse gesehen, einmal bei einem 31/2 j. 
Kinde. 

Die Nasenverstopfung als solche übte auf die Entwicklung der 
Höblen keinen Einfluss aus, sondern es trat nur lokale Hemmung der 
Kieferhöhlen durch Hochstand des Nasenbodens oder durch Deviationen 
ein. Die Ozäna übte eine starke Hemmung auf Entstehung und Wachs- 
tum der Höhlen aus. 

Bei den Schwierigkeiten, die sich im Kindesalter der Untersuchung 
der Nebenhóhlen entgegenstellen, gewinnt das Róntgenbild für die Dia- 
gnostik ebenfalls besondere Wichtigkeit, jedoch ist bei seiner Verwer- 
tung Vorsicht am Platze. Sinusitiden sind bei Kindern häufiger als man 
glaubte. Bei Kiefer- und Siebbeinhöhle sind die Resultate am besten. 
Bei der Stirnhöhle wird man meist ausser dem antero-posterioren auch 
ein Profilbild aufnehmen müssen. Die Schwierigkeiten der Deutung 
werden, bald den klinischen, bald den skiagraphischen Befund wertvoller 
für die Diagnose erscheinen lassen. Für die Keilbeinhöhle sind nur aehr 
klare Bilder zu verwerten, vorzugsweise Profilaufnahmen bei einseitiger 
Erkrankung, da sich die Bilder ja decken. — Bei Kindern bis zu 8 Jahren 


144 Referate, [6 


wird das Róntgenbild die Hauptstütze der Diagnose sein, spüter kommt 
auch die klinische Untersuchung mehr und mehr zur Geltung. 
Bei Ozäna fanden sich multiple Hóhleneiterungen in grosser Zahl, 
neben der erwähnten Entwicklungshemmung. 
Der Arbeit liegen ca. 600 Aufnahmen von ca. 150 Kindern zu- 
grunde; viele gute Reproduktionen erläutern den Text. 
Arth. Meyer, Berlin. 


109. Hastings (London), Ein Fall von ,,blutendem Polyp* der 
unteren Muschel. Proc. Hoy. Soc. Med. Vol. III. Nr. 6. 


Der Patient, ein Mann von 42 Jahren, hatte seit Monaten an 
Blutungen aus dem rechten Nasenloch gelitten. Die Blutung war nie 
sehr stark und nie spontan. Ein gestielter Tumor ungeführ von der 
Grósse einer Erbse befand sich an dem unteren Rande der rechten unteren 
Muschel nächst ihrem vorderen Ende. Die Farbe war purpurrot und die 
Oberfläche glatt. Die Geschwulst wurde mit einem Teile der unteren 
Muschel entfernt, von der sie ausging. Die Heilung war rapid und es 
trat kein Rezidiv ein. Der Tumor erwies sich als ein Angiofibrom, und 
sehr ähnlich einem blutenden Polypen des Septums. Man hat sehr wenig 
solcher Tumoren gefunden, die von der unteren Muschel ausgingen. 

Guthrie, Liverpool. 


110. H. Hays (New York), Bismuth Subnitrate Gaze for Use 
in the Nose. (Bismuth-Subnitricum-Gaze bei Nasenoperationen). 
Journ. A. M. A. 22 Januar 1910. 


Verf. benützt, durch den Artikel eines Gynäkologen angeregt, in Bis- 
muthum subnitricum gesättigte Gazestücke von 6 cm Quadratfláche. In- 
dikation: nach Septumoperation und Entfernung unterer Muscheln. 

(Neu an der sehr alten Biamuthmethode ist nur die Verpackung. Ref.) 

Otto Glogau, NewYork. 


111. Rob. Leroux, Pathologie et traitement de l’ozene. Paraf- 
finothermotherapie. Presse Médicale. Nr. 37. 1910. 


Es ist nicht ganz ersichtlich, was Leroux als Ätiologie der Ozäna 
ansieht. Er betrachtet dieselbe wahrscheinlich als eine Trophoneurose im 
Sinne Zarnikos, doch glaubt er, dass die abnormale Weite der Nasen- 
höhlen ebenfalls als ursächliches Moment angesehen werden kann. Für 
den charakteristischen Geruch glaubt er die Mitwirkung von Mikroben 
(von welchen?) beschuldigen zu müssen. Glücklicherweise ist es nicht 
nötig, eine bestimmte Meinung hinsichtlich der Ätiologie der Krankheiten 
zu haben, um zufriedenstellende Resultate zu erzielen. Diese hat Leroux 
mit der Paraffinisation der Nasenhöhlen bei Ozäna erzielt. Er benützt 
die vielfach erprobte Spritze von Gault (in Deutschland noch wenig be- 
kannt), die er im Detail modifiziert hat. Als Paraffin verwendet Leroux 
Hartparaffin, das bei 45° schmilzt. Da dieses aber wenig modellierbar 
ist, kam Leroux auf die Idee, einige Tage nach der Paraffininjektion 
die Nasenhöhle mit Heissluft zu behandeln, um hierdurch das Paraffin 
zum Schmelzen zu bringen und auf diese Weise die Vorteile des von 
Moure und Brindel benützten Weichparaffins ohne dessen Nachteile 
zu erzielen. Lautmann, Paris, 


7) Referate. 145 


112. K. Mayer (Posen), Über sakrale Anästhesierung in Ver- 
bindung mit Kokainisierung der Nase zur Linderung der 
Geburtsschmerzen. Med. Klinik. 12. 1910. 


Nach Anwendung der Stoeckel-Koblankschen Anästhesierungs- 
methode, d. h. der epiduralen Injektion verbunden mit Kokainisierung 
der ,,Geschlechtsstellen* der Nase be 50 Geburten kommt der Verfasser 
zu folgendem Resultate. Die Vorteile der Methode bestehen in einer un- 
zweifelhaft günstigen Beeinflussung der Geburtsschmerzen. Die Nachteile 
liegen darin, dass die Wirkung nicht mit Sicherheit in allen Fällen auf- 
tritt und auch in ihrer Zeitdauer beschränkt ist, ausserdem mit einer Ver- 
längerung der Geburtsdauer in einer Anzahl der Fälle gerechnet werden 
muss. Sippel, Würzburg. 


113. P. J. Mink (Utrecht), Die Nase als Reflexorgan. (De neus 
als reflexorgaan.) (reneeskundige bladen uit Kliniek en La- 
boratorium. Reeks XV. Nr. II. 

Mink betrachtet die Nase als ein Sinnesorgan für die Atmungsluft, 
weil sie das Vermögen besitzt einwirkende Reize zu analysieren. Sie kann 
in vielen Fällen die Zusammensetzung der Luft bestimmen, sie kann Tem- 
peratur- und Feuchtigkeitsunterechiede wahrnehmen und Mink meint, dass 
sie dabei eine wichtigere Rolle spielt wie die Haut. Übrigens ist die 
Arbeit nicht zum kurzen Referate geeignet. Kan. 


114. Natier (Paris), Ozéne et gymnastique respiratoire. (Ozäna 
und Atmungsgymnastik.) Journal de Médecine de Paris. 
11 Juni 1910. 

Ein 8jähriges Kind, welches an Ozäna litt und dessen Entwicklung 
durch eine im Alter von 6 Monaten durchgemachte Dysenterie stark be- 
einträchtigt worden war, wurde, sozusagen, durch die Atmungsgymnastik 
umgewandelt was das Körpergewicht und den Brustumfang sowie die 
Statur betrifft; parallel mit dieser Besserung ging eine Verminderung des 
Ozänagestanks und der übrigen Symptome dieser Krankheit einher. Zwei 
andere einschlägige Fälle bewegen den Verfasser zu einem Lobgesang der 
Atmungsgymnastik bei der Ozäna, die er als Ausdruck einer ursprünglich 
schweren Störung des Allgemeinbefindens auffasst mit spezieller Lokali- 
sation des Übels auf die Nasenschleimbaut. Menier. 


115. Partsch, Pathogenese der Kieferzysten. Deutsche med. 
Wochenschr. 1910. Nr. 21. Bericht der Schles. Ges. f. vaterl. 
Kultur in Breslau. 

Die entscheidende Rolle beim Zustandekommen der Kieferzysten spielt 
nach dem Vortragenden nicht das Epithel, sondern das Bindegewebe, wo- 
durch auch die Schrumpfung der Zysten nach breiter Eróffnung zu er- 
klären ist. Die Ursache der Zystenbildung ist eine Degeneration des Granu- 
lationsgewebes. Hirsch, Magdeburg. 


116. Pike (Chellenham), Ein Fall von cerebrospinaler Rhinorrhoe 
mit doppelseitiger Optikus-Atrophie. Brit. Med. Journ. 7. Mat. 
1910. 

Die Patientin, 22 Jahre alt, war bis zu ihrem 12. Jahre gesund ge- 
wesen, da machte sie eine schwere Krankheit durch und lag fast 1 Jahr 


146 . Referate. D 


zu Bett. Die Hauptsymptome waren : Kopfschmerzen, Erbrechen, Schläfrig- 
keit, Konvulsionen mit Bewusstlosigkeit und Steifheit des Nackens. Die 
Augen wurden prominent und es entwickelte sich totale Blindheit. Während 
der ersten Tage der Krankheit war Fieber vorhanden; aber später war 
die Temperatur normal. 

Seit dieser Krankheit waren alle 3 oder 4 Wochen schwere Anfälle 
von Kopfschmerz und solche von epileptiformem Charakter eingetreten. 
Der beständige, wässerige Ausfluss aus dem rechten Nasenloch hatte 9 
oder 10 Monate gedauert, bevor die Patientin unter Beobachtung kam und 
seit dieser Ausfluss eingetreten, waren die Kopfschnierzen weniger heftig 
geworden und es hatte nur ein Anfall stattgefunden. Von besonderem 
Interesse war bei diesem Falle, dass einige Proben der Flüssigkeit keine 
reduzierende Substanz enthielten, während es bei andern der Fall war. 
Der Verfasser glaubt daher, dass in den Fällen, auf die in St. Clair 
Thomsons Veröffentlichung hingewiesen wird, bei denen die Substanz 
fehlte, ihr Vorhandensein sich bei wiederholten Untersuchungen der 
Flüssigkeit doch ergeben hätten. Guthrie, Liverpool. 


117. W. Sobernheim, Bakteriologische Untersuchungen zur 
Prognosestellung und Behandlungswahl bei chronischen 
Kieferhóhlenempyemen. Arch. f. Lar. XXII. H. 2. 

In 25 Fällen von Kieferhöhleneiterung wurden Ausstrichpräparate, 
Kulturen und Versuche an Mäusen gemacht. In 7 Fällen erwies sich der Eiter 
als steril; dann kam es regelmässig nach Spülungen oder konservativer 
Eröffnung zu baldiger Heilung, ebenso dann, wenn nur spärliche Kokken 
von geringer Virulenz vorhanden waren. Dagegen bestand in Fällen mit 
grossem Bakterienreichtum von höherer Virulenz die Eiterung bis zur und 
bisweilen selbst nach der radikalen Operation fort. Sobernheim schliesst 
daraus, dass man bei reichlicher Bakterienflora die Prognose mindestens 
quoad tempus vorsichtig stellen und sich nicht lange bei konservativen 
Methoden aufhalten soll. Arth. Meyer. 


118. Sturmann (Berlin), Erfahrungen mit meiner intranasalen 

Freilegung der Oberkieferhöhle. Arch. f. Lar. Bd. 23. H. 1. 

Sturmann hat vor 2 Jahren eine Methode publiziert, welche bei 
. intranasalem Vorgehen ein ähnliches Resultat erzielt wie die Radikalope- 
ration nach Denker. Inzision in den Nasenflügel, Bloslegung und Ab- 
tragung des aufsteigenden Oberkieferfortsatzes, Entfernung der fazialen 
und nasalen Höblenwand nur so weit, als für gute Übersicht unerlässlich. 
Kurettement hochgradig erkrankter Schleimhautpartien, Lappenbildung aus 
Haut und Schleimhaut der lateralen Nasenwand bis zum vorderen An- 
satz der unteren Muschel mit Basis unten; Tamponade. — Nach ca. 
25 selbstoperierten Fällen findet Sturmann, dass die Methode vor der 
Radikaloperation vom Munde aus den Vorzug hat, dass sie ambulant in 
Lokalanästhesie ausführbar ist, vor den übrigen intranasalen Methoden hat 
sie die bessere Übersicht über die Höhle voraus. Anlegung einer weiten 
Daueröffnung im unteren Nasengang bält Verf. nicht für nötig. 

Arth. Meyer. 


119. Valenti (Bologna), Mancanza unilaterale dell’ apparecchio 
olfattivo. (Einseitiges Fehlen des Riechapparats.) Gazzetta 
degli Ospedali. 29. Mai 1910. 

In der Leiche einer 78jàhrigen an Darmkatarrh gestorbenen Frau 


ot Referate. 147 


konstatierte Verfasser das Fehlen des Bulbus olfactivus und die fast voll- 
stándige Atrophie der Stria olfactiva (linkerseits) In der linken Nasen- 
höhle konnte er, sogar mit Hilfe des Mikroskops, keine Riechnerven auf- 
finden, obgleich die Schleimhaut und das Periost normales Aussehen hatten. 
Menier. 


120. J.G. Wilson (New York), Anatomical hereditary pecularities 
as an etiological factor in deflected nasal septa and acces- ` 
sory sinus disease. (Die Vererbung anatomischer Eigen- 
heiten als ätiologischer Faktor der Deviationen des Septums 
und der Sinus-Erkrankungen.) Med. Rec. 29. Jan. 1910. 


Angeregt durch einen Artikel des Referenten über „nasal obstruction 
in children“ (Nasenverstopfung der Kinder, Americ. Medicine April 1909) 
wo an 4400 Patienten 3823 Deformitäten des Septums festgestellt wurden, 
untersuchte Verf. die Nase von Einwanderern aller Nationen und fand 
ebenfalls einen hohen Prozentsatz von Deviationen. 

Verf. weist nach, dass die niederen Säugetiere grössere Gesichtsknochen- 
masse haben, während bei den höberen die Hirnmasse grösser ist und da- 
her einen stärkeren Druck auf das Septum ausübt. Auf der höheren 
Tierstufe finden wir auch eine Zurückbildung des Geruchsapparates und 
der Nebenhöhlen, die als „verschwindendes Organ“ beim Menschen ganz 
zwecklos sind. Otto Glogau, NewYork. 


3. Rachen. 


121. Finzi und Hill (London), 3 Rachen. Maligner Tumor des 
Halses mit Radium behandelt, mit Rezidiv im Mediastinum. 
Proc. Roy. Soc. Med. Vol. III. 


Der Patient, ein Mann von 30 Jahren, hatte an und um die Kiefer- 
winkel, eine breite harte Masse die fest an den tiefen Geweben haftete. 
Die Haut und die unteren Äste der Fazialis waren ergriffen und vollstän- 
dige Rekurrenslähmung der erkrankten Seite eingetreten. Ein zur mikro- 
skopischen Untersuchung entfernter Teil des Tumors zeigte, dass es ein 
Endothelialsarkom war, die Behandlung mit Radium wurde innerlich und 
äusserlich angewandt und eine bedeutende Besserung trat ein, was die 
Möglichkeit zeigt, selbst grosse und tiefe Wucherungen auf diese Weise 
zu behandeln. Guthrie, Liverpool. 


122. R. Kafemann (Königsberg i. Pr.), Über eine wichtige Ver- 
wendungsmöglichkeit der Elektrolyse in den oberen Luft- 
wegen im Anschluss an einen geheilten Fall von Epithelial- 
karzinom der Basis cranii. Deutsche med. Wochenschr. 1910. 
Nr. 26. 

Der vom Verf. geschilderte Fall, ein nach der Operation rezidivieren- 
des Epithelialkarzinom des Nasenrachens, dessen weitere chirurgische Behand- 
lung vom Operateur abgelehnt wurde, ist nach Kurettement und 13 elek- 
trolytischen Sitzungen geschwunden. 

Nach 2 Jahren noch kein Rezidiv. Diagnose und Verlauf der Er- 
krankung sind von kompetenten Beobachtern mitkontrolliert worden. 

Hirsch, Magdeburg. 


148 | Referate. [10 


123. J. D. Roe (Rochester), Palatopharyngeal Adhesions; Methods 
adapted for their Relief, with report of à new operation. 
(Die Behebung von Adhäsion zwischen weichen Gaumen und 
Rachenwand; Angabe einer neuen Operation.) Journ. A. 
M. A. 15. Jan. 1910. 

Verf. gibt eine ausführliche Übersicht und Kritik aller üblichen 
Operationsarten. In einem Falle von traumatischer Adhäsion nach Ton- 
sillenoperation verhindert Verf. die Wiederanklebung der gelösten Ad- 
häsionen durch Bildung eines Schleimhautlappene, den er aus der Wange 
gewinnt und nach rückwärts und oben um den weichen Gaumen dreht, 
so dass die Schnittstelle von Schleimhaut bedeckt ist. 

Otto Glogau, NewYork. 


124. M. Ruprecht (Bremen), Technische Bemerkung über die 
Spritze und die Kanülen zur Injektionsanästhesie der Mandeln. 
Monatsschr. f. Ohrenheilk. 4 u. 10. 

Hierbei ist besonders auf 3 Dinge zu achten: 1. Feine 0,6 mm 
starke Nadelkanüle; 2. steilwinklige kurze, aber wohlgeschärfte Spitze; 

3. völlig ebene, nicht kugelige Stirnfläche. Sippel. 


125. Ruprecht (Bremen), Örtliche Anästhesierung der Mandeln. 
Arch. f. Lar. XXIII. H. 1. 

Für die Gaumenmandeln wird von einer 2°/o Novocain-Supra- 
reninlösung zuerst etwas in den unteren Teil des vorderen Gaumenbogens 
injiziert, dann dicht oberhalb der Gaumenbógen-Kommissur. Diese beiden 
Punkte entsprechen den Eintrittsstellen der Mandelnerven. Endlich wird 
die Mandelsubstanz, besonders der obere Pol, mit der Lósung infiltriert. 
— Die Rachenmandel wird mittelst Silbersonden, die vorn mit Watte 
umwickelt sind und durch die Nase eingeführt werden, mit 10°/o Alypin- 
Suprareninlösung bepinselt. Ein 1°/o Kokain-Suprareninspray macht die 
Nase weit und unempfindlich, dann legt der Pat. sich mit etwas herab- 
hängendem Kopfe und erhält 6-8 Sonden mit dem Anästheticum nach- 


einander eingeführt. — Die meisten Operationen waren ganz schmerzlos, 
Ruprecht hat sofort nach Jeder Operation einen Vermerk über die 
Anästhesie gemacht. Arth. Meyer. 


126. Eustace Smith (London), Eine wenig bekannte Felge von 
adenoiden Wucherungen. Practitioner. Vol. LXXIV. Nr. 7. 
Die hier erwähnte Folge ist die häufige Sekretion eines dicken, 
scharfen Schleimes, oder schleimigen Eiters, welcher einerseits Husten 
veranlasst, zuweilen spasmodischen Charakters, und ähnlich dem der Per- 
tussis, und anderseits zu gastrischen Störungen von sehr hartnäckiger Art 
führt. Erbrechen grosser Mengen eines zähen Schleimes von stark alkali- 
scher Reaktion ist ein gewöhnliches Symptom und ist immer von bemerk- 
barem Schwinden des Appletites begleitet. Guthrie, Liverpool. 


4. Kehlkopf. 
127. E. Brandenburg (Sternberg), Über die Entstehung der 
Kehlkopftuberkulose. Med. Klinik. 17. 1910. 
Verfasser kommt in der Streitfrage über die Entstehung der Larynx- 
tuberkulose an der Hand seines statistischen Materials zur Theorie der 
Kontaktinfektion. Sippel, Würzburg. 


11] Referate. 149 


128. Brünings und Albrecht, Experimentelle und kritische 
Untersuchungen über die Wirkung des Sonnenlichtes, der 
Röntgenstrahlen und des Quecksilberdampflichtes auf die 
Kehlkopftuberkulose des Kaninchens. Zeitschr. f. Ohrenheilk. 
LX. Bd. 3. u. 4. H. 


Da die Kehlkopftuberkulose des Kaninchens denselben histologischen 
Krankheitsverlauf zeigt wie die menschliche, haben die Verfasser die 
Strahlenbehandlung derselben experimentell geprüft; die bisherigen Behand- 
bandlungsversuche der menschlichen Kehlkopftuberkulose genügen nicht 
den physikalischen und histologischen Voraussetzungen der Phototherapie. 
— Sie sind zu dem Resultat gekommen, dass die Bestrahlungen des 
tuberkulösen Kaninchenkehlkopfes mit dem kurzwelligen Spektralabschnitt 
konzentrierten und gekühlten Sonnenlichtes, sowie die Bestrahlungen mit 
Quecksilberdampflicht, klinisch und histopathologisch völlig unwirksam 
sind. — Dagegen bietet richtig abgestimmte Röntgenstrahlung hinsichtlich 
der Penetranz, die Homogenität der Tiefenwirkung und des elektiven Zer- 
störungsvermögens theoretisch am meisten Aussicht auf eine günstige Be- 
einflussung der Larynxtuberkulose; die Bestrahlungsversuche mit Röntgen- 
licht haben sowohl klinisch als histopathologisch ein zweifelloses Heilungs- 
ergebnis geliefert. Oertel, Dresden. 


129. Castex, Die Larynxatrophien. Le Larynr. Müárz-April 1910. 
Die Kehlkopfatrophien, deren besten Typus die kanületragenden Pa- 
tienten darbieten, können nur einen Teil des Organs treffen (d. h. die 
Schleimhaut): die Mukosa ist grau, atrophisch, mit Pocken bedeckt (solche 
Zustände trifft man bei Özänapatienten und heredo-syphilitischen): die 
Atrophie kann den Muskelapparat angreifen, wie bei der Lippen-, Zungen-, 
Keblkopflähmung (paralysie labio-glossolaryng&e); endlich die 
Läsion kann die Stimmbänder ohne Zustandekommen von sichtbaren Ver- 
änderungen ergreifen. Verfasser beschreibt 7 Fälle einer solchen Atrophie 
der Stimmbänder, in welcher die Stimmbänder klein, blass, kraftlos waren. 
Fast immer tritt diese nach einer Infektion (Masern, Diphtheritis, Typhus, 
Scharlach, Influenza) auf. Nur eine orthophonische Behandlung kann 
Resuliate quoad restitutionem geben. Menier. 


130. Dreyfuss, Uber Optimismus und Pessimismus in der 
Therapie der Laryngotuberkulose. Deutsche med. Wochenschr. 
1910. Nr. 16. Bericht des Unterelsdssischen Arztevereins in 
Strassburg. 

Der Vortragende tritt dafür ein, dass die Initialstadien der 

Keblkopftuberkulose laryngologisch bebandelt werden, und zwar móglichst 

im Krankenhaus, noch besser in der Heiletütte. Hirsch, Magdeburg. 


131. Grabower, Bemerkungen zur centralen Kehlkopfmuskel- 
lähmung und zum Rosenbach-Semonschen Gesetze. Arch. 
f. Lar. Bd. 23. H. 1. 


O. Kórners Behauptung, dass die Lehre von der grösseren Vulnera- 
bilität der Erweiterer auf die zentralen Lähmungen nicht zutreffe, hält 
Grabower für mindestens verfrüht, bei dem geringen Material, von 
welchem laryngoskopische und histologische Beobachtungen zugleich vor- 
liegen. Das Gesetz kann naturgemäss nur da Anwendung finden, wo 


150 Referate. [12 


sämtliche Kerne des Rekurrens zugleich erkranken, während die Möglich- 
keit vorliegt, dass z. B. die Syringobulbie nur einen Teil befällt. 
Arth. Meyer. 


132. A. da Gradi (Pavia), Über den Verlauf der Kehlkopftuber- 
kulose bei der mit kiinstlichem Pneumothorax behandelten 
Lungenschwindsucht. Deutsche med. Wochenschr. 1910. Nr. 22. 


Verf. berichtet über schnelle und bedeutende Besserung auch schwerer 
Falle von Larynxtuberkulose, die eintrat, wenn die Lungenerkrankung 
gleichzeitig mit künstlichem Pneumothorax behandelt wurde. 

Hirsch, Magdeburg. 


133. Fr. Hutter, Über die Behandlung der Larynxtuberkulose 
mittelst Galvanokaustik. Monatsschr. f. Ohrenhetlk. 5. 1910. 


Uber das galvanokaustische Verfabren bei Larynxphthise, herrschen 
sehr geteilte Ansichten. Während viele Autoren wegen des drohenden 
Odems ganz von dieser Behandlungsweise absehen oder sie nur in be- 
schränktem Masse anwenden, haben wieder andere sie als vorziigliches 
Verfahren bezeichnet und die Häufigkeit übler Folgezustände geleugnet. 
Die bei operativen Eingriffen im Larynx oft so unangenehme Blutung 
fällt bei, dieser Methode weg. Weiterhin bat man die Möglichkeit alles 
Krankhafte zu zerstören ohne wie beim blutigen Eingriff fürchten zu 
müssen, das Virus durch Eröffnung der Lymphbahnen in neue Wege zu 
führen, und vermag man bereits bestehende Eintrittspforten für die Sekun- 
därinfektion durch den schützenden Schorf zu verschliessen. 

Die Applikation des Brenners geschieht entweder als Tiefenstich oder 
als flächenhbafte Verschorfung. Verfasser will ersteren für jene Fälle 
reserviert wissen, in denen man versucht Stimmbänder ohne Neigung zu 
rascher Progredienz oder Zerfallserscheinungen zur Abschwellung zu 
bringen. Indikation zum Eingriff geben tumorartige, zirkumskripte oder 
einseitige Affektionen, chronische, hartnäckige Ulcera, Kontraindikation 
geben hochgradige, fieberhafte Lungenphthise, Miliartuberkulose, hoch- 
gradige Kachexie, diffuse Infektion des Larynx. 

Am Schlusse 32 Fälle in tabellarischer Zusammenstellung. 

Sippel, Würzburg. 


134. A. Kuttner, 0. Körners Stellung zur Rekurrensfrage. 
Arch. f. Lar. Bd. 23. H. 1. 


Auch Kuttner protestiert gegen den Versuch, die zentralen Láh- 
mungen von dem Rosenbach-Semonschen Gesetz auszunehmen. 
1. Die Analogie mit dem Okulomotorius.Kern beweist nichts, da hier die 
einzelnen Teile viel weiter auseinander liegen als beim Rekurrens-Kern. 
2. Die Behauptung, tabische Lähmungen (die im allgemeinen dem Gesetz 
folgen), seien peripherer Natur, ist (mindestens nicht für alle Fälle) be- 
gründet. 3. Bei akuten Bulbürerkrankungen kommen zwar Schliesser- 
paresen nach Oppenheim vor, doch ist ihre direkte Abhängigkeit von 
der Kernerkrankung nicht erwiesen, zumal die Paresen meist nicht pro- 
gredient verlaufen. Arth. Meyer. 


135. ©. Levinstein, Die Anästhesie in der modernen Laryngo- 
phthisiotherapie. Arch. f. Lar. XXIII. H. 2. 


Nach Besprechung der operativen und konservativen Bestrebungen 


15] Referate. 151 


zur Behandlung der Kehlkopftuberkulose wird die Anästhesierung durch 
Alkoholinjektionen in den Nervus laryngeus superior nach Schlösser- 
Hoffmann empfohlen. Levinstein hat sie 6 mal mit Erfolg ausge- 
führt, in anderen Fällen liess sich die Dauer der Anästhesie nicht kon- 
trollieren. Über die Frage der kurativen Wirkung wird kein Urteil gefällt. 
Arth. Meyer. 


136. Marage, Entwickelung der Stimme. Académie des Sciences. 
Paris. 11 Mai 1910. 

Die Stárke der Stimme hüngt vom Volumen der von der Lunge aus- 
stromenden Luft und vom Druck dieser Luft ab. Durch Atmungsübungen 
kann man die Lungekapazität (und somit das Volumen) grösser machen; 
die Ursachen, die den Luftdruck geringer machen können, sind die 
Schwäche der exspiratorischen Muskeln und die Schwäche der Stimm- 
bandmuskeln. Um die Brustmuskeln zu stärken, muss Patient sich hori- 
zontal legen und den Rumpf heben, während die unteren Extremitäten 
unbeweglich bleiben und ohne dass die Arme dabei helfen (10 mal pro 
Tag) Um die Stimmbandmuskeln kräftiger zu machen, muss man 
Übungen auf den Vokalen E und I singen. Menier. 


137. Porter (Edingburgh), Fülle von laryngealen Tumoren 
mit Bemerkungen über die Technik ihrer Entfernung. 
Edinb. Med. Journ. Vol. IV. Nr. 3 

Von den hier angeführten Fállen waren 3 mit ,Süugerknótchen", 
zwei mit Papillomen und einer mit stark vaskularisiertem Fibrom von 
zweifelhaftem Ursprung. Der letzte dieser Fälle zeigte sich bei einem 

Manne von 33 Jahren, der seit ungefähr 6 Monaten an Heiserkeit litt. 

Die Untersuchung zeigte eine bläuliche Masse, welche anscheinend vom 

Ventrikel ausging und den äusseren Teil des linken Stimmbandes be- 

deckte. Sie sass sehr fest und musste stückweise mit der Krause- 

Heryngschen Zange entfernt werden, wonach man bemerkt, dass der 

Rand des Stimmbandes, an welchem die Wucherung gehaftet hatte, ge- 

bogen war. Zwei Tage spüter war diese Biegung verschwunden und der 

Verfasser glaubt, dass er auf Dehnung des Stimmbandes zurückzuführen 

sei und auf Nachlassen des Musculus thyroarytenoideus zum Teil durch 

das Gewicht des Tumors und auch durch die besondere Kraftenifaltung 
bei Adduktion der Stimmbánder. Deshalb genügten einige Tage der Ruhe 
nach Entfernung des Tumors um das wieder in Ordnung zu bringen, die 
entfernten Gewebe bestanden aus stark vaskularisiertem, lockerem Binde- 
gewebe, welches unter der Schleimhaut lag und viele Hämorrhagien ent- 
hielt. In den 3 Fällen von „Sängerknötchen“ wurden diese erfolgreich mit 

Moritz Schmidts Zange entfernt. Der Verfasser wendet mit sebr be- 

friedigendem Erfolge Krauses Methode der Einführung des Anästheti- 

kums mittelst einer Kehlkopfspritze an, deren Hohlnadel eine sehr kleine 

Öffnung hat. Guthrie, Liverpool. 


138. C. H. Shutt (St. Louis), Laryngeal Diphteria Experiences. 
(Erfahrungen bei Kehlkopfdiphtherie.) Journ. A. M. A. 5. Febr. 
1910. 

Medikamentöse Behandlung: wenn Dyspuoe nur langsam fortschreitet, 

Erschöpfung und Zyanose gering ist. Schwache Dosen von Antitoxin, 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 2. 11 


152 Referate. [14 


alle 4—6 Stunden wiederholt. Errichtung eines Zeltes über dem Bette 
zur Aufnahme von Terpentin- oder Benzoetinkturdámpfen. 

Intubation: wenn die Symptome auf junge, fest anhaftende Membran 
deuten; nur bei tüchtiger Pflege und steter Erreichbarkeit des Arztes. 

In allen anderen Fällen: Tracheotomie, die nach Ansicht des Verf. 
jeder Arzt sollte vollführen können. Er schlägt folgende Lage des Pa- 
tienten vor: Der Assistent sitzt vorgebeugt auf einem Stuhle. Auf seinem 
Rücken hält er das Kind so an den Füssen, dass dessen Kopf nach 
unten hängt. Otto Glogau, New York. 


139. Tilley (London), Ein Fall von geheilter tuberkulöser Laryn- 
gitis, der mit Galvanopunktur behandelt worden war. Proc. 
Roy. Soc. Med. Vol. III. Nr. 7. 


Die Patientin, 27 Jahre alt, klagt über Heiserkeit und war in einem 
Sanatorium in Behandlung wegen Lungentuberkulose. Das linke Taschen- 
band war geschwollen, so dass das korrespondierende Stimmband unsicht- 
bar war. Vier tiefe Stichelungen mit dem Galvanokauter hatten derartige 
Besserung zur Folge, dass die Stimme klar wurde und die Patientin im- 
stande war, ihre Arbeit als Lehrerin wieder aufzunehmen. Eine Diskussion 
folgte. Guthrie, Liverpool. 


5. Trachea. Bronchien. Ösophagus. 


140. Casati (Ferarra), Asfissia da grosso faginolo alla bifor- 
cazione della trachea. Erstickung durch eine grosse Bohne 
an der Bifurkation der Trachea.  Gaeeelta degli ospedali. 
8. Mai 1910. 


Das asphyktische Kind, das nicht mehr atmete und dessen Herz- 
schläge beinahe erloschen waren, wurde durch eine T'rracheotomia inferior 
gerettet; die Bohne konnte mit einer langen Zange gefasst und extrahiert 
werden. Menier. 


141. Guisez, Nouveaux résultats dus à l'oesophagoscopie. Neue 
ósophagoskopische Resultate. Académie de Médecine. Paris. 
26. Avril. 1910. 


a) Von 51 Fremdkórpern, 48 (unter welchen 7 künstliche Zahn- 
gebisse) wurden mit Erfolg durch die Osophagoskopie extrahiert; in den 
drei anderen Fällen wurde man gezwungen, die Ösophagotomia 
externa auszuführen. In 5 Fällen bestand ein Abszess der Ösophagus- 
wand; man konnte ihn durch den natürlichen Weg eröffnen und entleeren. 

b) Unpassierbare Narbenstenosen konnten mit Hilfe des Ösophago- 
skops behandelt und erweitert werden. Einige davon, wie die Ösophago- 
skopie es zeigte, sind die Folge einer Ösophagitis oder eines runden 
Geschwürs. Die Stenosen können sehr oft Karzinome vortäuschen. 

c) Die spastischen Kontrakturen, die Dilatatio ventriculi nach 
sich ziehen, sind mit Hilfe des Ösophagoskops diagnostiziert und be- 
handelt. 

Die Speiseróhrelues gehórt zu den Seltenheiten. Die Tuberkulose 
der Speiseröhre ist bei weitem häufiger und erst die Osophagoskopie er- 
laubte die gründliche Kenntnis dieser Affektion. Menier. 


15] Referate. 153 


142. Guthrie, Liverpool. Tuberkulóse Erkrankung der Trachea, 
die zur Knorpelnekrose und Erkrankung der Schilddrüse 
führte. Journ. of Laryngology. Vol. XXV. Nr. 5. 


Der Patient, ein Mann von 34 Jahren war an Lungentuberkulose 
erkrankt. Während eines zweimonatlichen Aufenthaltes in einem Sana- 
torium besserte sich der Zustand der Lungen bedeutend, so dass ein phyai- 
kalischer Befund der Krankheit in der Brust tatsächlich nicht vorhanden 
war und die Tuberkelbazillen aus dem Sputum verschwanden. In der- 
selben Zeit aber zeigten sich Atembeschwerden. Den Grund hierzu fand 
man in einer tumorartigen Anschwellung, welche sich äusserlich in dem 
Lumen des unteren Teiles des Larynx und dem oberen Teile der Trachea 
befand. Das Erkrankte wurde durch eine äussere Operation entfernt und 
Dr. E. E. Glynn berichtete, dass die. Masse aus einem Gewebe bestand, 
welches sich deutlich als Tuberkulose kennzeichnete. Es zeigten sich zahl- 
reiche Riesenzellen und eine grosse Menge fibrösen Gewebes, deren Vor- 
handensein auf einen sehr chronischen Typ der Krankheit hinwies. Teile 
der ersten und zweiten Trachealringe fanden sich lose liegend und wurden 
zusamınen mit dem Isthmus der Schilddrüse entfernt, der von der Krank- 
heit ergriffen worden war. 


Während ungefähr zweier Monate nach der Operation zeigten sich 
keine Atembeschwerden. Später aber, dank dem Narbenzug, der durch 
den Verlust so vieler Trachealringe entstanden war, wurde das Tragen 
einer Tracheotomiekanüle notwendig. Die lokale Erkrankung zeigte sich 
nicht wieder, aber ein Wiederaufbrechen der Lungenerkrankung trat ein 
und ungefähr 17 Monate nach der Operation erfolgte der Tod. — Der 
Fall war interessant wegen der Seltenheit einer ausgebreiteten Nekrose 
der Trachealringe und besonders das Ergriffensein der Schilddrüse im 
Gefolge der Tuberkulose. A u to- Referat. 


143. K. Preleitner, (Wien). Demonstration einer Ösophagus- 
striktur nach Scharlach, Wiener kl. Wochenschr. 1910. 


Es besteht ausser einer strahligen Narbenbildung an der hinteren 
Rachenwand, Defekten in den hintern und vorderen Gaumenbógen und 
Narben am weichen Gaumen und Uvula eine Ösophagusstriktur 21 cm 
von der Zahnreihe entfernt, die zu Anfang der Behandlung nur für eine 
1 mm starke Bougie durchgángig war. Sippel, Würzburg. 


6. Mundhóhle. 


144. E. A. Babler, St. Louis. Causes of Failure in Treatment 
of Cancer of the Lip. (Ursachen der Misserfolge bei Be- 
handlung von Lippenkarzinomen.) Journ. A. M. A. 8. Jan. 
1910. 

Misserfolg ist bedingt durch 1. späte Diagnose. 2. Weigerung des 

Patienten gegen Frühoperation und 3. unvollkommene chirurgische Technik. 

„Risse“ an der Lippe von über 30 Jahre alten Patienten sollten 
nicht mit Kaustika behandelt, sondern mikroskopisch untersucht werden. 

Der Erfolg ist bedingt durch Frühdiagnose und gründliche Entfernung 

der Geschwulst, unter Ausräumung der submentalen und submaxillaren 

Lymphgebilde. Otto Glogau, New York. 


11* 


154 Referate. [16 


145. F. P. Emerson, Boston, The Responsibility of the General 
Practitioner and the Specialist in the Prevention of Deafness 
(Die Verantwortlichkeit des Praktikers und Sezialisten in 
der Verhütung der Taubheit). Boston Med. u. Surg. Journ. 
Vol. CLXII. Nr. 11. 

Taubheit ist eine Folge von Tubenentzündung nach Erkrankungen 
der Nase und des Nasenrachenraumes, denen der Praktiker besondere 
Aufmerksamkeit schenken muss; er soll den Spezialisten veranlassen, 
adenoide Wucherungen, hypertrophische mittlere Muscheln (der Hyper- 
trophien des hinteren Endes der unteren Muscheln legt Verf. sonderbarer 
Weise kein Gewicht bei) und Tonsillen zu entfernen, sowie Deviationen 
des Septums zu beheben. Otto Glogau, New York. 


146. R. Fraenkel, Wien, Beitrüge zur Kenntnis der Mundpflege. 
Die Heilkunde 5. 1910. | 

Die von Kórner angestellten Experimente mit Perhydrolmund wasser 
ergaben, dass dasselbe schon in schwacher Konzentration in wenigen Minuten 
stark bakterizid wirkt. Eine weitere Eigenschaft des Wasserstoffsuperoxyds 
ist ein gärungshemmender Effekt. Diese Eigenschaft ist für die Mund- 
pflege von grosser Wichtigkeit, da durch die Gärung von Kohlehydraten 
im Munde Säuren entstehen, die die Entkalkung der harten Zahnsubstanz 
b2wirken. 

Verfasser wendet, wie aus den angeführten 5 Füllen hervorgeht, 
H,O, schou seit längerer Zeit bei Alveolarpyorrhoen, Gingivitiden, Fisteln etc. 
mit gutem Erfolg an. In kosmetischer Hinsicht bewirkt Perhydrol im 
Gegensatz zu anderen Mundwässern ein Bleichen der Zähne. 

Sippel, Würzburg. 


147. D. C. Greenejr., Boston, The Transplantation of Cartilage 
in the Correction of Deformities of the nose. (Korrektion 
von Nasenverunstaltungen durch Knorpeltransplantation.) 


Zwei Fälle von Septumabszess mit fast vollstäudiger Zerstörung der 
Cartilago quadrangularis. Inzieion wie bei submuköser Resektion, Tren- 
nung der beiden Schichten. Einverleibung von Knorpel, der durch eine 
andere submuköse Resektion gewonnen und in physiologischer NaCl-lösung 
aufbewahrt war. In beiden Fällen wurde der Knorpel vollständig ab- 
sorbiert, doch meint Verf., dass er „zumindest bei Kindern das Fortschreiten 
der Deformität verhindert.“ Otto Glogau, New York. 


148. Fr. Hanszel, Wien, Angeborene zystische Erweiterung des 
Duetus thyreoglossus. Monatsschr. f. Ohrenheilk. 4. 1910. 


Im Anschluss an das anstrengende Pressen bei einem schweren 
Partus bildete sich bei der 35 Jahre alten Patientin aussen am Halse 
in der Gegend des Zungenbeins streng median eine pralle Geschwulst 
von Wallnusagrósse. Haut darüber verschieblich und normal. Laryngo- 
skopisch fand sich in der Gegend des linken Hypopharynx eine kugelige 
Geschwulst von etwa Hühnereigrösse, durch welche die linke Valekula 
abgeflacht und die linke glosso- und pharyngo-epiglottische Falte und die 
Epiglottis stark vorgebuchtet wurden. Schleimhaut darüber normal, nur 
Gefässe erweitert. Operation. Heilung. Makroskopischer und histologi- 
scher Befund ergaben die Diagnose: Zyste des persistierenden Ductus 


17] Referate. 155 


thyreoglossus mit zystischer Erweiterung der seitlichen Verzweigung des 
Ductus lingualis, ein Vorkommnis, welches in der Literatur noch nicht 
beschrieben ist. Der Inhalt der Zyste liess eine Blutung álteren Datums 
erkennen. Sippel, Würzburg. 


149. A. Irwin, Camden, Oral Prophylaxis (Mund-Prophylaxe). 
Journ. A. M. A. 12. Febr. 1910. 


„Mund-Prophylaxe ist die Kunst der Verhütung von Krankheiten, 
Deformitäten oder Verletzungen des Mundes durch Manipulation, Intru- 
mentation und geschickte chirurgische Behandlung.“ An der Hand von 
Statistiken weist Verf. nach, dass ein grosser Prozentsatz «(er Schulkinder 
schlechte Zahnpflege hat und so lokalen und Allgemein-Erkrankungen 
ausgesetzt ist. Er fordert die Errichtung von freien zahnärztlichen Schul- 
kliniken (eine derartige Institution wurde kürzlich an einer N. Y. Schule 
eingeführt.) Otto Glogau, New York. 


150. Hans Kämpf, Über extragenitale Syphilisinfektion am 
Mund und im Mund. Diss. Wiirzburg 1909. 


Verf. stellt aus der Literatur seit 1905 169 Fälle von Primäraffekt 
der Mundrachenorgane zusammen, darunter 68 mal an den Lippen, 58 mal 
an den Tonsillen, 11 mal am Zahnfleisch, 14 mal an der Zunge und 3 mal 
am harten Gaumen. Am häufigsten finden sich Übertragungen durch 
Ess- und Trinkgeschirr angegeben, häufig auch durch Kuss, während die 
Angabe geschlechlichter Perversitäten sich nicht in den Anamnesen findet; 
Verf. meint aber, dass vielleicht gerade in den Fällen, in denen eine 
Anamnese fehlt, die Perverstät eine Rolle spielt. 

Aus der Poliklinik Seiferts fügt Verf. 3 Fälle hinzu. 

1. Knabe, 7 Jahre. Aufblasen eines aufgefundenen Kondoms. 

Lippeninfektion. 
2. Mann, 25 Jahre. Kuss. Primäraffekt der Tonsille. 
3. Fräulein, 25 Jahre. Kuss. Primäraffekt der Unterlippe. 
Kronenberg. 


151. Hans Leyden, Berlin, Ein neuer Zungenhalter. Deutsche 
med. Wochenschr. 1910. Nr. 21. 


Beschreibung eines hauptsächlich aus zwei gefensterten Fassplatten 
bestehenden Zungenhalters, der, dem Kinn anliegend, durch ein um den 
Nacken geschlungenes Band befestigt wird. Er gestattet insbesondere das 
Auflegen der Sauerstoffmaske bei Wiederbelebungsversuchen und ist auch 
für die Narkose verwendbar. Hirsch, Magdeburg. 


152. Sakutaro Kano, Über das Epithel des weichen Gaumens. 
Arch. f. Laryngologie. XXIII. H. 2. 


Kano untersucht speziell die intraepithelialen Drüsen und hat sie 
ausser bei Erwachsenen auch beim Neugeborenen und Embryo nachge- 
wiesen (jedoch nicht bei Katze und Kaninchen) Das Vorkommen in so 
früher Zeit beweist, dass die intraepithelialen Drüsen nicht pathologischen 
Verhältnissen ihre Entstehung verdanken können. In Anbetracht ihrer 
Verteilung hált Kano sie für vikariierende Gebilde, welche die echten 
Schleimdrüsen ersetzen. Arth. Meyer. 


156 Referate. [18 


153. Rouffiandis, Zahnwurzelzyste in die Oberkieferhöhle er- 
öffnet. Kyste radieulo-dentaire ouvert dans le Sinus maxilaire. 
Gazette des Hôpitaux 11. Juni 1910. 

Der Patient zeigt mehrere Zahnanomalien; trotzdem sind alle Záhne 
gesund und ohne Spur von Karies. Plötzlich bot er die Zeichen einer 
Infektion: Zuerst Eiteransammlung am Grunde des Sulcus gingivo-labialia, 
gegen das Wurzelende des ersten kleinen Mahlzahns (praemolaris), dann 
unzweifelhafte Symptome einer Kieferhöhleentzündung. 

Verfasser glaubt an das Vorhandensein einer Wurzelzyste (Malassez) 
die einen epithelialen Ursprung hat. Das Interessanteste dabei ist die 
Entzündung einer solchen Zyste und das Auftreten iufektiöser Kompli- 
kationen, obgleich es an jeder Zahnalteration fehlte, die eine Eintritts- 
pforte der septischen Keime hätte darstellen können. Menier. 


154. Sachs, Wien, Demonstration eines 40jährigen Mannes mit 
zwei Tumoren am Zungengrund. Wien. klin. Wochensch. 25. 
1910. i 


Der Tumor in der linken Hälfte des Zungengrundes ist walnuss- 
gross, der in der rechten haselnussgross. Die Schleimhautoberflache ist 
entsprechend den beiden Tumoren mit feinsten Würzchen bedeckt. Die 
histologische Untersuchung ergibt einen gemischten Parotistumor. 

Sippel, Würzburg. 


155. Sertoli, Anatomisch-pathologischer Beitrag zur Kenntnis 
der gemischten Tumoren der Speicheldrüsen. 7? Morgagni, 
März 1910. 

Nach dem Verfasser haben solche Tumoren ihren Ursprung im Endo- 
thelium der Lymphräume und Lakunen des Bindegewebes der Kapsel 
und der grösseren Septa, welche von dieser Kapsel ausgehen. 

Menier. 


156. J. €. Stewart, Minneapolis, The Radical Treatment of 
Epithelioma of the Lip. Die radikale Behandlung des Lippen- 
Epithelioms. Journ. A. M. A. 15. Jan. 1910. 


Verfasser warnt vor der keilförmigen Exzision, da durch dieselbe 
die beteiligten Lymphbahnen nicht ausgeschaltet werden. Seine Radikal- 
operation ist: Schnitt entlang des Oberkieferrandes, von einem Winkel 
zum andern, Herunterschlagen der Lappen, Auspräparierung und Ent- 
fernung der Lymphgefäsee und besonders der Glandula submaxillaris, Iso- 
lierung des Epithelioms durch Schnitt links und rechts davon, gründliche 
Entfernung des so entstandenen Lappens. Diese Methode gibt bloss 10 9/o 
Rezidive, während die lokale 25°/o hat. Otto Glogau, New York. 


Grenzgebiete. 


157. Crämer, Über die günstige Wirkung des Extr. Cann. Ind. 
butyrat., speziell bei Morb. Basedow. Klin.-ther. Wochenschr. 
1909. Nr. 24. 

Crämer sah überraschende Erfolge bei Morb. Basedow, in einigen 


Fällen völligen Rückgang aller subjektiven und objektiven Erscheinungen. 
Marschik. 


19) Referate, 157 


158. W. Danielsen u. F. Lundois, Breslau, Transplantation 
von Epithelkörperchen. Med. Klinik. 19 u. 20. 1910. 
Transplantationen drüsiger Organe im allgemeinen sind mit wenig 
Ausnahmen (Ovarien) bis jetzt mit nur geringem Erfolg vorgenommen 
worden. Dagegen bat die Verpflanzung von Epithelkörperchen bei be- 
stehender Tetanie, wie auch unter anderen der von beiden Autoren an- 
geführte Fall zeigt, sehr gute Resultate gezeitigt. Sippel, Würzburg. 


159. Durante, Rom, Nuova via di ipoflseetomia. Neuer Weg 
zur Hypophysektomie. Gazetta degli Ospedali 22. Mat 1910. 
Verfasser beschreibt das neue von ihm erfundene Verfahren, nämlich 
durch den oralen Weg; die palato-pharyngeale Bresche ist sehr kurz und 
man kann den unteren Teil der Keilbeinhóhle fassen; dazu ist der Weg 
senkrecht und das Abfliessen der Flüssigkeit geschieht leichter. 
Menier. 


160. 0. Hirsch, Wien, Demonstration einer Patientin, bei der 
ein Hypophysentumor mit Lokalanisthesie auf endonasalem 
Wege operiert wurde. Wiener klin. Wochenschr. 25. 1910. 
Bei der Operation wurde die Killiansche submukóse Septumope- 

ration zur Erótfnung der Keilbeinhóhle und Freilegung der Hypophyse 

benützt, Sippel, \Vürzburg. 


161. v. Khautz jun., Wien, Demonstration eines 4 Monate alten 
Kindes, das durch eine Gieschwulst am Halse starke Atem- 
besehwerden hatte. Wiener klin. Wochenschr. 21. 1910. 


Die gut hühnereigrosse, elastische Geschwulst soll in ihrem Anfangen 
schon bei der Geburt des Kindes beobachtet worden sein und zeigte kli- 
nisch alle Symptome einer retrosternalen Struma. Die histologische Unter- 
suchung des exzidierten Tumors ergab ein Teratom. 

Sippel, Würzburg. 


162. Lardennois, Paris, Sur quelques moyens propres à éviter 
les accidents cérébraux aprés ligatures de la carotide primi- 
tive ou de la carotide interne. (Uber einige prophylaktische 
Massnahmen gegen die Hirnsymptome nach Unterbindung 
der Carotis communis oder der Carotis interna.) Gazette des 
Hopitaux, 31. Mai 1901. 


Solche Massnahmen sind folgende: 1. Wenn man wegen Hämorrhagien 
oder Tumor operiert, soll man, wenn Patient durch Blutverluste geschwächt 
ist, zuerst den Blutdruck durch Einspritzungen vom physiologischen Serum 
(Kochsalzlösung) erhöhen; 2. Den Patienten eine abschüssige Lagerung 
innehalten lassen (Deklivität der Lagerung); 3. Eine gründliche Narkose 
ausführen, da die starken Dosen der einschläfernden Mittel eine vaso- 
dilatatorische Wirkung entfalten; 4. Die Arterie sehr sanft anrühren und 
sie mit grosser Schonung lospräparieren; 5. Vor der Unterbindung etwas 
Amylnitrit (oder irgend ein Ersatzmittel) einatmen lassen; 6. Die Unter- 
bindung schrittweise ausführen; zuerst fest anbinden, dann wieder los- 
binden, um den Gefässspasmus zu unterdrücken; 7. Endlich in Fällen mit 
ungünstiger Prognose und wenn entweder die Communis und die Externa, 
oder die Carotis interna unterbunden werden müssen, wird die Sektion 


158 Referate. [20 


des Halssympathikus oberhalb des mittleren Halsknotens (Ganglion medium). 
2—3 Minuten vor der Unterbindung ausgeführt, eine bedeutende Sicher- 
heit gegen die Unfälle gewähren. Menier. 


163. L. Levi u. H. v. Rothschild, Die kleinen Dosen in der 
Schilddriisentherapie. Klin. ther. Wochenschr. 1910. Nr. 7. 
Nach e. Vortr. in der Soc. ther. Parts. 

Die kleinen Dosen sind indiziert (0,025 des Schilddrüsenpulvers an- 
statt 0,10) im Anfang der Behandlung, während der ganzen Behandlung, 
wenn Hyperthyreoidismus oder labiles Nervensystem besteht, nach der Be- 
handlung, wenn die Pat. die Schilddrüsenpräparate nicht mehr entbehren 
können. Ihre Anwendung erfordert keine so strenge Überwachung wie 
die der grossen Dosen. Marschik. 


164. C. Leiner u. R. v. Wiesner, Wien, Experimentelle Unter- 
suchungen über Poliomyelitis acuta. Wiener klin. Wochen- 
schrift 22. 1910. 


Das Ergebnis dieser Untersuchungen ist im allgemeinen dahin zusammen- 
zufassen, dass der Erreger der Poliomyelitis in virulentem Zustand durch 
längere Zeit im Rückenmark enthalten sein kann, dass er zumindest vor- 
züglich in die regionären Lymphdrüsen übertritt, sowie zum Teil in die 
Schleimhaut des Nasenrachenraums ausgeschieden werden kann. Darmtrakt 
und uropoetisches System scheinen für die Ausscheidung des Virus nicht 
in Betracht zu kommen. Sippel, Würzburg. 


165. Oelsnitz, Die Symptome der Hypertrophie der Thymus. 
Presse Med. Nr. 29. 1910. 

Heute, wo die Thymus allenthalben chirurgisch angegangen wird, 
lohnt es sich, zusammenfassend die Symptome der Hypertrophie der 
Thymus anzufihren. Die Thymus befindet sich im sogenannten kritischen 
Raume von Gra witz, der unausdehnbar zwischen Manubrium sterni und 
Wirbelsáule die hypertrophische Thymus zu einer Gefahr für die Trachea 
und die grossen Herznerven macht. Aus diesen mechanischen Verhält- 
nissen stammen alle Symptome der Hypertrophie der Thymus her, da von 
einer sonstigen (sekretorischen) Einwirkung der Thymus auf den Gesamt- 
organismus keine Anzeichen vorliegen. 

Die Dyspnoe ist das hervorhebendste Symptom. Sie ist permanent 
und nimmt zu bei Horizontallagerung des Patienten. Sie ist von einem 
eigentümlichen Stenosengeräusch begleitet (cornage). Hierzu gesellen sich 
plötzliche Anfälle von Erstickung, die ohne Vorboten sich einstellen und 
sich im Tage öfter wiederholen können. Von dieser Atmungsstörung ist 
auch die konstant anzutreffende Zyanose abhängig. Hingegen sind die 
übrigen Atemstörungen der Spasmus glottidis, die Laryngitis stridulosa 
und der Stridor congenitalis von der Hypertrophie der Thymus unab- 
hängig. 

Offenstehen der Fontanellen, Gefülltsein und deutliche Markierung 
der oberflüchlichen Hals- und Brustvenen sind weniger wichtige Symptome 
und treten zurück vor dem Zeichen, das man durch die Inspektion und 
Palpation der Brustbeingegend gewinnt. Hier kann man stets eine Her- 
vorwólbung sehen und tasten, die zuerst von Myers als abnorme Aus- 


21] Referate. 159 


buchtung des Sternums beschrieben, seither wiederholt von den Autoren 
konstatiert worden ist. Diese Ausbuchtung ist gewöhnlich nur einseitig 
und lässt sich namentlich palpatorisch sehr gut nachweisen. Sie betrifft 
die obersten Rippenknorpel. Hingegen gibt die Palpation durch die Fossa 
suprasternalis nur wenig Auskünfte. Drückt man aber recht tief in diese 
Fossa den Finger ein, so gelingt es manchmal den Stridor zu unter- 
drücken, der, sobald der Druck aufhört, wieder beginnt. Die Auskultation 
gibt keine verwertbaren Resultate. Die radiologische Untersuchung ist 
selbstverständlich sehr wertvoll, wenn ihre Resultate richtig gedeutet werden. 
Die Hypertrophie der Thymus bleibt manchmal lange Zeit latent, bis 
die schwersten Erscheinungen rapid auftreten. Es ist nicht immer leicht 
die richtige Diagnose zu stellen. Man kann wahrend einer notwendig 
gewordenen Tracheotomie an die Hypertrophie der Thymus denken, wenn 
die Luft in die eröffnete Trachea nicht mit dem bekannten Lärmen ein- 
dringt. Was die Operierbarkeit der hypertrophischen Thymus anlangt, 
so scheint die mit dieser Operation verbundene Gefahr mehr theoretisch 
zu sein, als wie durch Tatsachen erhártet. In letzter Zeit haben sich in 
Frankreich wenigstens die glücklich operierten Fülle sehr gebauft. 
Lautmann, Paris. 


166. R. Pollak, Wien, Demonstration eines 4jührigen Müdchens 
mit Tetanie begleitet von Laryngospasmus. Wiener klin. 
Wochenschr. 21. 1910. 


Das Kind zeigte ein Symptom, das bei infantiler Tetanie eine grosse 
Rolle spielt, bei der Tetanie der Erwachsenen selten auftritt, nämlich 
typischen Laryngospasmus. Bei den je ca. 1 Minute dauernden Anfällen 
kann es bei Steigerung der übrigen Tetaniesymptome zu typischen laryngo- 
spastischen Inspirationen unter beträchtlicher Zyanose und Atemnot. 

Pineles erklärt die Tatsache, dass der Laryngospasmus bei der 
infantilen Tetanie so ungemein häufig auftritt mit der Annahme, dass der 
kindliche Kehlkopf in anderer Weise auf das parathyreoprive Tetaniegift 
reagiert als der von Erwachsenen, wie ja der kindliche Kehlkopf auf 
Nervenreize viel leichter und intensiver reagiert. Sippel, Würzburg. 


167. A. Siegmund, Berlin-Wilmersdorf, Schilddrüse und Epi- 
lepsie. Med. Klinik. 18. 1910. 


Die Behandlung eines 9jàhrigen Kindes mit schlecht entwickelter 
Schilddrüse und epileptischen Anfällen mit Thyreoidin hatte zur Folge, 
dass die Anf&lle immer seltener und schwücher wurden. Die Schilddriise 
entwickelte sich besser, das Kind wuchs erheblich und nahm schnell an 
Gewicht zu, ein Beweis, dass Thyreoidin nicht immer eine Abnahme des 
Körpergewichts bewirken müsse. Sippel, Würzburg. 


168. Soldin, Die Behandlung des Keuchhusten mit Eukalyptus. 
Klin. ther. Wochenschr. 1909. Nr. 29. 


Die Versuche wurden mit Sanesin, einem in England in den Han- 
del gebrachten Eukalyptuspräparat, angestellt. Verf. sah in fast allen 
Fällen prompten Rückgang der Anfälle und des Fiebers, günstige Ein- 
wirkung auf den Hustenreiz. Das Mittel wird in Form der Zimmer- 
räucherung gegeben. Marschik. 


160 Referate. (22 


169. B. A. Thomas, Philadelphia, Results of three years Ex- 
perience in Bacterial immunization. Drei Jahre bakterieller 
Immunisierung. Journ. A. M. A. 29. Jan. 1910. 


Verf. hat in 106 verschiedenen Erkrankungen die Opsonintherapie 
angewendet und kommt zu dem Ergebnisse, dass dieselbe überschätzt ist. 
Ein Fall darunter war eine chronische Mittelohreiterung, bei der wieder- 
holt Bacterium ferrugineum in Reinkultur isoliert werden konnte. Sechs 
Inokulationen mit spezifischen Bacterinen hatten, von einer leichten Ver- 
mehrung des Eiterflusses abgesehen, keinerlei Einfluss auf den Krank- 
heitsprozess. Otto Glogau, New York. 


170. Victor Veau et Eugène Olivier, Die Abtragung der 
Thymus. Presse Medicale Nr. 29. 1910. 


Die Abtragung der Thymus, und es kann ja wegen der anatomischen 
Verhältnisse immer nur von einer partiellen Abtragung die Rede sein, 
scheint technisch viel leichter zu sein, als man a priori vermuten sollte. 
Am Lebenden ist nämlich die Thymus etwas total Verschiedenes von 
dem, was man an der Leiche zu sehen gewöhnt ist. Durch die respira- 
torische Verschieblichkeit der Thymus bildet sich um diese Drise ein 
laxes Bindegewebe, das die anderen lebenswichtigen Organe von ihr 
trennt und eine bequeme Abtragung der Driise gestattet. Ein supraster- 
naler Hautschnitt gestattet leichten Zugang und genügt zur Ausführung 
der drei bisher üblichen Operationsmethoden: Exothymopexie, Thym- 
ektomie mit oder ohne vorhergehende Resektion des Manubrium sterni. 


Die Exothymopexie, d. h. die Fixierung der Thymus ohne Abtragung 
der Drüse ist als Operation vollständig zu verwerfen. Desgleichen ist die 
vorhergehende Resektion des Manubrium sterni eine im allgemeinen über- 
flüssige Komplikation. Die Thymektomie, so vollständig als möglich, ist die 
einzige rationelle Vorgangsweise. Selbstverständlich ist die extrakapsu- 
läre Resektion ebenfalls zu verwerfen, weil sie technisch sehr grosse 
Schwierigkeiten bietet und praktisch keine Vorteile vor der intrakapaulären 
Resektion bietet. Sobald die Kapsel eingeschnitten ist, stülpt sich die 
Thymus vor und kann dann ohne Rücksicht auf Rekurrens und Phrenikus 
so weit als möglich ausgeschnitten werden. Es bleibt immer noch genug 
von der Drüse zurück. Wahrscheinlich dürfte aber auch eine totale Resek- 
tion der Driise ohne schädliche Wirkung auf den Organismus bleiben, wie 
man aus den jüngsten Tierversuchen von Lunén und Parisot (Arch. 
de médec. exper. 1910. Vol. XXII. Nr. 1. p. 98) entnehmen kann. 


Es ist natürlich nicht möglich im Detail die Technik der von Veau 
befolgten Operation anzugeben. Nur die Frage der Anästhesie möge ge- 
streift werden. Ganz allgemein ist die Meinung verbreitet, dass die all- 
gemeine Narkose bei Hypertrophie der Thymus kontraindiziert ist. Die 
vier von Veau operierten Fälle (unter denen sich ein Fall aus der Praxis 
des Ref. befindet) sind sämtlich mit Chloroform narkotisiert worden, ohne 
den leichtesten Zwischenfall. Wenn man nicht wie Hinrichs überhaupt 
ohne jede Anästhesie operieren will, was sicher auch die Shockgefahr nicht 
vermindert, ist die allgemeine Narkose mit Rücksicht auf das jugendliche 
Alter der Patienten sicher der Lokalanästhesie vorzuziehen. 

Lautmann, Paris. 


23] Referate. 161 


171. Voss, Operatives Vorgehen gegen Schüdelbasisfrakturen bei 

Mitbeteiligung von Ohr und Nase.  Passows Beitr. z. Anat. etc. 

des Ohres, der Nase und des Halses. Bd. III. Heft 5. 

Verf. kommt zu folgenden Ergebnissen : 

1» Schadelbasisfrakturen bei Mitbeteiligung von Ohr und Nase sind der 
operativen Behandlung zu unterwerfen. 

2. Die Operation ist indiziert: 
a) aus kurativen Rücksichten. 

a) bei Infektion des Schádelinhalts von Ohr oder Nase aus. 

P) bei Hirndruckerscheinungen, die ihren Ausgang sicher oder wahr- 
scheinlich von Ohr oder Nase aus nehmen; 

b) aus prophylaktischen Rücksichten. e 

a) bei alter oder frischer Infektion in einzelnen oder sämtlichen 
Abschnitten von Ohr (äusserer Gehörgang, Mittelohr, inneres Ohr, 
W arzenfortaatz) oder Nase (Haupthöhle, Nebenhöhlen, Nasenrachen- 
raum); 

8) bei jeder sicher nachgewiesenen Mitverletzung einzelner oder 
mehrerer Partien von Ohr oder Nase, namentlich bei Ausfluss 
von Liqu. cerebrospinalis, bei Mitbeteiligung des inneren Ohres, 
bezw. des Siebbeinlabyrinths. 

3. Die Operation hat in allen diesen Fallen ihren Weg durch Ohr oder 
Nase zu nehmen. 

4. Die dafür in Frage kommenden Operationsverfabren sind am Ohr 

die sog. Radialoperation (Totalaufmeisselung), eventuell mit aus- 

schliessender Labyrintheröffnung, an der Nase die Killiansche 

Radikaloperation, je nach Lage des Falls mit oder ohne gleichzeitige 

Eröffnung der Stirnhöhle. 

. Die dabei aufgedeckten frakturierten Partien sind der ausgedehntesten 

chirurgischen Inangriffnahme zu unterwerfen. 

6. Nach Bedarf sind vordere, mittlere oder hintere Schädelgrube freizu- 
legen und etwaige intrakranielle Komplikationen nach den dafür 
gültigen chirurgischen Grundsätzen zu behandeln, 

7. Bei Beteiligung beider Ohren, beider Nasenseiten oder von Ohr und 
Nase ist im Prinzip nach den gleichen Grundsätzen zu verfahren. 
Modifikationen richten sich nach der Lage des jeweiligen Falles. 

Kronenberg. 


Oo 


172. Joh. West, Die Chirurgie der Hypophysis vom Standpunkte 
des Rhinologen. Arch. fiir Laryngol. XXIII S, 228. 

Zur Vermeidung der geführlichen intrakraniellen und der entstellen- 
den extrakraniellen Methoden hat West einen rein intranasalen Zugangs- 
weg gesucht und methodisch ausgearbeitet. Nach Entfernung beider mitt- 
lerer Muscheln werden beide Sinus sphenoidales breit eröffnet. Sodann 
wird ein Parallelogramm entsprechend der Zuckerkandlschen Linie aus 
dem Septum herausgemeisselt, welches direkt auf das Keilbeinhóhlenseptum 
führt; dies wird gleichfalls entfernt. Bis hierher kann sicher unter lokaler 
Anästhesie gearbeitet werden. Sodann wird die Sella turcica eröffnet, wo. 
bei man wegen der Nähe der Karotiden und Optici nabe der Mittellinie 
bleiben muss.  Róntgenuntersuchung muss vorher über die Weite das 
Sella-Eingangs orientieren, ist er mehr als 2 cm erweitert, so ist trans- 
sphenoidale Operation nicht möglich. Arth. Meyer. 


162 Literaturverzeichnis. [24 


173. Wunder, Wolfstein, Über die Wirkung von Sauerstoff- 
(Ozet)-Bädern auf den Stoffwechsel bei Basedowscher Krank- 
heit. Med. Klinik 17. 1910. 


Abgesehen von dem subjektiven Kältegefühl und der Erhöhung des 
Muskeltonus, welche durch die Ozet-Bäder hervorgerufen werden, wirken 
diese derart, dass die Harnstoffausscheidung meist um ein betrüchtliches 
herabgesetzt und die Ausscheidung von Salzen (Elektolyten) im Harn er- 
hóht wird; mit letzterem geht auch gleichzeitig die Harnmenge in die 
Hohe. ! Sippel, Würzburg. 


174. J. Znojemsky, Adenoma congenitale verum glandulae 
thyreoideae accessoriae lateralis.  Mitteil. der böhmischen 
Akademie Katser Franz Joseph f. Wissenschaft Literatur und 
Kunst 1908. Nr. 3. 

Hühnereigrosse Geschwulst mit mächtiger Bindegewebskapsel. Mikro- 
skopische Struktur der fötalen Schilddrüse. 

Die Geschwulst musste am 2. Lebenstage ohne Narkose oder Anäs- 
thesie wegen Indicatio vitalis operiert werden. Das Kind genas. Es ist 
dies der 5. Fall derart aber beobachtet wurde, der 3. mit günstigem Aus- 
gang. Eine kongenitale Struma aus einer azzesorischen Drüse wurde vor- 
ber noch nicht beobachtet. R. Imhofer. 


III. Literaturverzeichnis. 


Allgemeines. Geschichte. 


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25] Literaturverzeichnis. 163 


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Bd. 23. H 2. 


164 Literaturverzeichnis. [26 


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2T Literaturverzeichnis, 165 


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166 Literaturverzeichnis. (28 


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einem 20jährigen Mädchen mit gleichzeitig bestehendem tuberkulösen 
Geschwür am rechten Stimmband und einer beiderseitigen Apizitis. 
Wiener klin. Wochenschr. 25. 1910. 

— — Demonstration eines Lichen ruber planus bei einem 34 jahrigen 
Bahnarbeiter mit typischer Erkrankung beider Wangenschleimhäute. 
Wiener klin. Wochenschr. 25. 1910. 

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Geschüftsdiener mit rechtsseitiger Apizitis. Wiener klin. Wochen- 
schrift 25. 1910. 

Türkheim, Hamburg. Referat über einen von E. Roques veróffentlichten 
Fall von Parotitis blenorrhoica bei einem 18jährigen Mädchen mit 
akuter Gonorrhoe. Monatshefte für prakt. Dermatologie. 11. 1910. 

Vitolo, Contributo casistico sulle cisti dermoidi del pavimento boccale. 
Kasuistischer Beitrag zu den Dermoidzysten des Mundbodens. Gazetta 
inlernaz. di Medicina. 13. Februar 1910. 


Grenzgebiete. 


Amrein, 0., Arosa. Einige Erfahrungen bei Asthma bronchiale. Therap. 
Rundschau IV. Jahrg. 1910. Nr. 13. 

Baumgarten; E., Budapest, Sehstörung infolge von Nasenleiden. Orvosi 
Hetilap Nr. 14. 1910. 

Lauzurica, Un caso de Eseorbuto. Ein Fall von Sharbock. Rivista 
tbero-americana de Ciencias médicas. April 1910. 

Laub, L., Budapest Durch Nebenhóhlenerkrankung verursachte Erblin- 
dung, Operation, Heilung. Orvosi Hetilap. Nr. 23. 1910. 

Matthews, Colwyn Bay. The Use of Adrenalin in acute asthma. Brit. 
Med. Journ Feb. 19th. 1910. 


29] Bücherbesprechungen. 167 


Nassetti, Sul metodo nasale per aggredire l'ipofisie. Über den nasalen 

as ES der Hypophyse. Gazz. degl? Ospedali 10. April 1910. 
. 462. 

Nikitin, W. N., St. Petersburg, Über die Bedeutung der Nasenhóhle in 
der Entstehung des Bronchialasthma. | Arch. für Lar. Bd. 23. H. 1. 

Onodi, A., Budapest, Die Eröffnung der Schädelhöhle und des Gehirns 
durch die Nasenhóhle. Orvosi Hetilap. Nr. 12. 1910. 

Pritchard u. Stephenson, London, Graves Disease in a lad aged 8. 
Proc. Roy. Soc. Med. Vol. III. Nr. 4. 

Remzi, E., Wien, Demonstration eines Falles von Hypophysistumor, 
welcher vor 6 Wochen auf nasalem Wege nach der Schlofferschen 
Methode entfernt wurde. Wiener kl. Rundschau. 25. 1910. 


IV. Bücherbesprechungen. 


Taylor, David C., Reform der Stimmbildung. Autorisierte Übersetzung 
aus dem Englischen von Dr. Friedrich B. Stubenvoll. Verlag Schuster 

& Löffler, Berlin. Preis Mk. 7.—. 

»Auf rein mechanischer Grundlage beruhenden Gesangsunterricht gibt es nicht 
Der Lehrer hat absolut kein Mittel, um dem Schüler rein mechanisch zu zeigen, 
wie er den Ton zu bilden und auszuführen hat, er kann nichts anderes tun, 
als sich auf das Nachahmungsvermügen des Schülers, kontrolliert durch das ver- 
feinerte musikalische Gehör desselben, zu verlassen und nur auf diesem Wege 
ist eine Stimmbildung möglich; darin beruht auch das Geheimnis der Lehrmethode, 
der alten italienischen Meister, welche scheinbar verloren gegangen ist." 

Dies ist der Succus dessen, was Taylor auf 314 Seiten zu sagen hat, wobei 
gleich bemerkt werden muss, dass eine kürzere Fassung des Buches, vor allem 
durch Einschrünkung der endlosen und ermüdenden Wiederholungen, möglich und 
vorteilhaft gewesen würe, obne dass dabei der gedankliche Inhalt zu kurz ge- 
kommen würe. Dennoch muss man sagen, dass Taylors Werk durchaus ernst 
genommen zu werden verdient und dass es turmhoch über einer grossen Reihe 
ähnlicher Elaborate steht, die alle nach einem Leisten gearbeitet sind. Erst wird 
über alle Methoden geschimpft und dieselben in den Staub getreteu und zuletzt 
eine mindest geradeso widersinnige Methode als allein seligmachende orbi et urbi 
verkündet, die dann wieder im nächsten Werke erbarmungslos von ihrem Piedestal 
herabgerissen wird. Auch Taylor reisst das Gebüude des bisherigen Gesangs- 
unterrichts ein, aber das, was er an dessen Stelle setzt, ist tatsächlich etwas 
von dem Bisherigen Grundverachiedenes und Taylor zieht direkt gegen die Grund- 
prinzipien der heutigen Unterrichtsmethoden zu Felde, in vieler Hinsicht mit Recht. 
Jeder vernünftige Lehrer und auch die Stimmärzte werden zugeben, dass die rein 
empirische Methode mehr in den Vordergrund gestellt werden sollte, und vor allem 
der Nachahmungstrieb des Schülers mehr geweckt und geschult werden müsste, 
als dies bisher der Fall war. Aber das ganze Lehrgebüude allein darauf auf- 
zubauen geht doch zu weit, und Taylor müsste erst durch eine stattliche Reihe 
praktischer Erfolge die Richtigkeit seiner Ideen erweisen. Es ist nicht möglich, 
im Rahmen dieses Referates auf alle Punkte, die Taylor in seiner, ich wieder- 
hole es nochmals, sehr schätzenswerten Arbeit ausführt, zurückzukommen. Es 
wären dafür wohl nicht 300, aber mindestens 100 Seiten nötig. Nichtsdestoweniger 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 2. 12 


168 Bücherbesprechungen. [30 


kann ich es mir nicht versagen, wenigstens einiges von Taylors Lehren 
kritisch zu beleuchten. Taylor übersieht eines vollständig: nämlich, dass an 
der Stimmbildung eine Reihe verschiedenwertiger Muskelgruppen beteiligt sind, 
die in verschiedenster Weise dem Willen untergeordnet sind. Es ist gauz 
richtig, dass der Schüler absolut nicht weiss, wie er die Muskulatur seines Kehl- 
kopfes stellt und auch der Lehrer darüber keine sichtbaren oder fühlbaren Anhalts- 
punkte besitzt. Diese Muskeln sind also nur insoferne dem Willen unterworfen, 
als der Ton hervorgebracht werden und in seiner Höhe und Stärke verschieden 
abgestuft werden kann, ohne dass hier eine bewusste, kontrollierbare Muskelaktion 
in Anspruch genommen wird. Dagegen sind alle Muskeln vor dem Gaumensegel, 
aleo die Zunge, die Lippen, die Wangen-Muskulatur durchaus dem Willen des 
Sängers unterworfen, sie können nicht nur durch das Gefühl, sondern auch durch 
.das Auge kontrolliert werden und es ist unrichtig, dass diese Muskeln von Natur- 
sängern in vollkommen richtiger Weise beherrscht und nach dem Prinzipe des 
kleinsten Kraftausmasses verwendet werden. Hier kann, soll und muss der Lehrer 
eingreifen, hier muss er dem Schüler an die Hand gehen, um Hindernisse, die eben 
durch unzweckmässige Stellung dieser Muskelgruppen entstehen, zu beseitigen, 
und gerade diese Muskelgruppen haben auf die Klangfarbe des Tones und auf seine 
Tragfähigkeit einen grossen Einfluss. Wenn man aus Taylors Anschauungen 
die Konsequenzen ziehen wollte, so könnte eigentlich nur der unterrichten, der 
eine tadellos ausgebildete und geschulte Stimme sein eigen nennt. Dies scheint 
auch Taylor bis zu einem gewissen Grade einzusehen und er sucht diese Forderung 
doch, so gut es geht, mit den Tatsachen in Einklang zu bringen, indem er (Seite 311) 
sagt: ,Wührend man ferner nicht von ihm — (dem Gesangslehrer) — verlangen 
kann, dass er ein grosser Sänger sei, muss man wenigstens verlangen, dass er die 
Mittel seiner eigenen Stimme vollkommen beherrsche* und doch, wie viel Lehrer 
gibt es, die kaum über einen nennenswerten Rest von Stimme verfügen und sich 
wohl hüten, ihren Schülern diese Reste zur Nachahmung vorzuführen? Ist es doch 
bekannt, dass Garcia den Gesangslehrerberuf erst ergriff, ala er — durch Singen 
während der Mutation — um seine Stimme gekommen war. Hat jemand von 
einem Sänger namens Ress oder Iffert gehört? Und doch geniessen diese 
als Lehrer Weltruf. Ja, ich kenne Gresangslehrer, die überbaupt nie als Sänger 
tätig waren sondern aus dem Kapellmeisterberufe hervorgegangen sind und deren 
Unterrichtsresultate, wie ich aus eigener Erfahrung weiss, durchaus tadellose sind. 

Der Begriff der Kehlsteifheit, die Taylor als Hauptursathe aller Erkrankungen 
des Süngerkehlkopfes auffasst, ist nur als Terminus neu; die in diesem Punkte 
niedergelegten Anschauungen sind durchaus zutreffend, doch hätte insbesondere 
eine kurze Erwähnung der Phonasthenie Platz finden sollen, die aber dem Ver- 
fasser nicht bekannt zu sein scheint, und die doch auch ftir den Gesangslehrer 
eine mindestens ebenso grosse Bedeutung hat, wie für den Arzt. Mit Genugtuung 
zu begrüssen ist auch die strikte Betonung und Aufrechterhaltung des Prinzipes 
des kleinsten Kraftausmasses beim Singen (Seite 160), nur móchte ich, ohne mich 
hier auf Prioritütsstreitigkeiten und Kifersüchteleien einzulassen, konstatieren, dass 
ich in drei meinet Arbeiten („die Krankheiten der Singstimme“ 1904, „Le chast 
avec fausse attaque“ 1905, und „Die Phonasthenie der Sänger“ 1909) auf die Be- 
deutung eben dieses Prinzipes eindringlichst hinzuweisen Gelegenheit genommen habe. 

Da ich selbst weder ausübender Sünger noch Lehrer bin, habe ich es der 
Mühe Wert geglaubt, die Ansichten der Berufsgenossen Taylors über diesen 
Punkt anzuhören und zweien unserer hervorragendsten Lehrer — einer Dame und 
einem Herrn — die Ansichten Taylors vorgelegt und ihre Meinung eingeholt, 
Beide sagten übereinstimmend, dass das Nachahmungsvermögen des Schülers abs olut 
nicht zu einer fehlerfreien Ausbildung der Stimme hinreiche. Beide hatten Schüler 
in Hünden gehabt, die nach diesem Prinzipe ausgebildet worden waren und bei 
sämtlichen dieser Schüler waren Defekte der Stimme vorhanden gewesen. Die 
Stellung der Lippen, des Mundes etc. sind etwas ganz Individuelles und nicht von 
der Natur Gegebenes und diese für das Optimum der Tonerzeugung einzustellen, 


31] Bücherbesprechungen. 169 


ist Sache des Lehrers und kann nur durch Anschauung, aber nicht durch das Ohr 
allein gelebrt werden. , Würde ich mich auf die Nachahmungsfähigkeit des Schülers 
verlassen“ sagte mir Frau L. N.", 80 würden meine Lehren gerade so lange reichen, 
bis der Schüler durch die Türe meines Zimmers hinausgegangen würe". Die 
selbe Dame konnte mir sofort ad oculos demonstrieren, wie man den Knódelton 
durch Rückwürtsdrüngen des Zungengrundes erzeugt und in derselben Minute ver- 
anschaulichen, wie man diesem Ton durch entsprechende Stellungsünderung der 
Zunge abhilft. Ich will zugeben. dass es auch möglich wäre, einem Schüler, der 
knddelt, durch Vorsingen der falschen und dann der richtigen Töne diesen Fehler 
abzustellen, aber ich glaube, dazu würde man eben so viele Stunden brauchen, wie 
auf mechanischem Wege (um mit Taylor zu sprechen) Minuten. Unter 100 Schülern, 
meinten beide Gewährsmänner, wird kaum einer sein, der durch Nachahmung allein 
es zu einer nennenswerten Stimmbildung bringen kann. 

Ich willnoch erwähnen, dass T a ylor für seine Arbeit umfangreiche Literatur- 
stydien gemacht hat ; über 50 Nummern enthält das am Schlusse angeführte Literatur- 
verzeichnis, nur sind dabei die von ärztlicher Seite beigesteuerten Publikationen 
etwas zu kurz gekommen und was Taylor hier unter die Hände gekommen ist, 
so die Werke von Mandl, M. Mackenzie, ist längst veraltet. Auch ist Jie 
nicht in englischer Sprache erschienene Literatur, wie es bei amerikanischen Autoren 
leider meist der Fall ist, sehr stiefmütterlich bedacht. Hätte Taylor auch einmal 
die Werke von Gutzmann und Flatau, A.und E. Barth, Gerber, Castex 
und anderen studiert, dann hätte er die Grenzen unserer Erkenntnis der Tätigkeit 
des Stimmapparates etwas weniger eng gesteckt. Ich glaube. dem Werke Taylors 
eine ausführlichere Würdigung schuldig zu sein; denn das, was wir sonst auf 
dem Gebiete der Stimmbildung in den letzten Jahren zu Gesicht bekommen 
haben, „das lohnte wahrlich keinen Streich“. Gewiss wäre das Buch berufen, 
wenn auch nicht die beabsichtigte Umwälzung der Stimmbildung hervorzurufen, 
so doch auf dieses wichtige Fach einen wohltätigen Einfluss auszuüben. Wenn 
die Lehrer und auch die mit der Stimmbehandlung sich beschäftigenden Ärzte, 
denen das Buch wärmstens zum Studium empfohlen werden kann, beim Unter- 
richte, resp. bei der Behandlung der Stimme ohne Verdrüngung des mechanistischen 
Unterrichtes der Nachahmung und der Kontrolle des Ohres einen grösseren Spiel- 
raum einräumen als es bis jetzt geschieht, so wird dies schon einen Erfolg be. 
deuten, der nicht zu unterschützen ist. 

Ein Wort der Anerkennung sei dem Übersetzer des Werkes, Heirn Dr. 
Friedrich B. Stubenvoll gewidmet, der durch eine fliessende Wiedergabe 
sich dag nicht zu unterschützende Verdienst erworben hat, das interessante Werk 
auch den deutschen Fachkreisen näherzubringen, und sich in taktvoller Weise von 
Zusätzen, Fussnoten und Anmerkungen, von denen sonst solche Übersetzungen 
wimmeln, ferngehalten hat. R. Imhofer. 


Doc. Dr. J. Cisler, Prag. Choroby nosu, hitanu a dutiny ustni. (Die 
Krankheiten der Nase, des Rachens und der Mundhóhle). Prag 1909, 
mit 95 Abbildungen. 

Während bei der grossen Anzahl von Lehbrbüchern der Rhino-Laryngologie, 
ein Werk dieser Art sonst vor der Kritik erst seine Daseinsberechtigung erweisen 
muss, erweist sich dieselbe bei diesem ersten in tschechischer Sprache geschriebenen 
Buche von selbst und so konnte Cisler unbekümmert um solche Konkurrenz- 
rücksichten an die Arbeit gehen und ein wirkliches Lehrbuch in besten Sinne des 
Wortes schreiben, d. h. ein Buch, wo Student und Praktiker in extenso das ge- 
schildert finden, was sie brauchen, wo ihnen aber auch Fortschritte der modernen 
Rhinologie, die wenigstens heute noch in das Gebiet des Spezialisten gehören, wie 
z. B. die Paraffinbehandlung der Ozüna, die Hypopharyngoskopie, in Umrissen 
vermittelt werden; Cisler versteht es ausgezeichnet das hervorzuheben, was der 
Technik und dem Instrumentarium des Praktikers erreichbar ist, besonders sei hier 
auf die Kapitel Nasenbluten, Ozüna, Nebenhühlenempyeme aufmerksam gemacht. 


12* 


170 Bücherbesprechungen. [32 


Beim Kapitel Epistaxis sei besonders der Satz, dass bei plethorischen Individuen 
und bei vikariirenden Blutungen es am besten ist, dieselben in Ruhe zu lassen, ver- 
merkt, ebenso richtig ist die Warnung vor dem Eisenchlorid. Dagegen vermisse 
ich hier das gerade für den Praktiker brauchbare Wasserstoffsuperoxyd. Einige 
kleine Bemerkungen mögen noch Platz finden. Die Abtragung der mittleren Muschel 
mit der Schlinge allein, wie sie Cisler abbildet, wird dem Anfänger in den 
wenigsten Fällen gelingen; hier ist der von Hajek meines Wissens zuerst ein- 
geführte kleine Kunstgriff der vorherigen Einkerbung sehr brauchbar. Bei der 
Angina lacunaris hätte die nur bei der Diphtherie kurz erwähnte gerade von tschechi- 
scher Seite (G u tt ma n n) empfohlene Pyocyanase auch genannt werden müssen. Die 
Haarpinsel und Schwämmchen, die Cisler abbildet, sollten allmählich aus dem 
Instrumentarium des modernen Rhinologen verschwinden. 

Dem praktischen Zwecke des Buches entsprechend hat der Verf. den Dermatosen 
der Nase einen ziemlich breiten Raum gewidmet und hier verdienen die den 
Abbildungen und Moulagen der tschechischen dermatol. Klinik entnommenen 
Illustrationen alles Lob (besonders sei hier eine Abbildung von Aktinomykose und 
Hämangioma cavernosum erwähnt). Den Schluss des Buches bildet ein Kapitel 
Parotitis und Pfeiffersches Drüsenfieber, die sich sonst kaum in laryngologischen 
Lehrbüchern finden, aber gerade wegen ihrer differential-diagnostischen Bedeutung 
von den Laryngologen gekannt sein sollen. 

Man kann dem Buche Cislers, welches mit dem vorliegenden Bande voll- 
endet ist, nachrühmen, dass die tschechische medizinische Literatur damit ein 
Fachwerk gewonnen hat, das denen anderer Sprache in keiner Weise nachsteht. 

R. Imhofer. 


Otto Körner, Lehrbuch der Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten. 
Nach klinischen Vorträgen für Studierende und Ärzte. Zweite, 
völlig umgearbeitete und vermehrte Auflage des Lehrbuches der 
Ohrenheilkunde. Wiesbaden, Verlag von J. F. Bergmann. 1910. 

Wenn dieses Werk auch den Titel Lehrbuch der Ohren-, Nasen- und Kehl- 
kopfkrankheiten trügt, es bleibt in erster Linie, was es war, ein vortreffliches 
Lehrbuch der Ohrenheilkunde, dem nur ein kurzer Abriss der Rhino-Laryngologie 
vorangegeben wurde. Da aber der Autor in besonderem Masse ,den Bedürfnissen 
der auf dem Lande oder in kleinen Stüdten oft fern von spezialistischer Hilfe 
wirkenden Árzte* Rechnung trügt, so wird wohl die etwas zu kompendiöse 
Zusammenfassung der Materie den vom Autor gewollten Zweck erfüllen kónnen. 
Sehr instruktiv sind die anatomischen Illustrationen, die, was den laryngo-rhino- 
logischen Teil betrifft, fast alle dem vortrefflichen Atlas der topographischen 
Anatomie von Corning entnommen sind. Katz, Kaiserslautern. 


P. H. Gerber, Die Syphilis der Nase, des Halses und der Ohren. 
Zweite Auflage. Berlin bei S. Karger. 1910, 6 M. 

Erst kürzlich ist in dieser Zeitschrift ein umfassendes Werk des Verfassers 
besprochen worden. Die hier vorliegende zweite Auflage reiht sich den übrigen 
Werken Gerbers würdig an; seine guten Eigenschaften als medizinischer Autor 
wie reiche persönliche, kritisch durchgearbeitete Erfahrung, umfassende Literatur- 
kenntnis und klare Darstellung zeichnen auch dieses Erzeugnis rastloser wissen- 
schaftlicher Arbeit aus. 

Das erste Kapitel zerfällt in die Besprechung der Syphilis der Nase und 
ihrer Nebenhöhlen. Es ist Gerbers Verdienst, die Beteiligung der Syphilis aa 
der Entstehung der Komplikationen der Stirnhöhlenerkrankungen auf das richtige 
Mass zurückgeführt zu haben. Er verkennt jedoch durchaus nicht, dass das 
Bild eines klassischen Empyems durch eine primäre syphilitische Erkrankung 
der Wand einer Nebenhóhle hervorgerufen werden kann und gibt dafür ausser 
einer eigenen Krankengeschichte reichliche Angaben aus der Literatur. Es ist 
aber nicht zu verkennen, dass es sich bei den entzündlichen Eiterungen der 
Nebenhöhlen fast ausschliesslich um sekundäre Beteiligung des Knochens handelt, 


33) Gesellschafts- und Kongressberichte. 171 


während bei einer grossen Gruppe der syphilitischen Empyeme der Knochen 
primär erkrankt ist. Auf die Knochenerkrankung muss daher der grösste Nach- 
druck gelegt werden und es dürfte sich daher meines Erachtens mehr empfohlen 
haben, von der Syphilis der Nase und Gesichtsskeletts zu sprechen, in dieser 
Beziehung von der gebräuchlichen Darstellung abzuweichen, die Nebenhöhlen- 
erkrankungen hätten sich dann zwanglos in diesen Ralımen eingefügt. In einer 
solchen Form der Bearbeitung hätte sich dann auch leichter für ein Moment 
Raum ergeben, das für die Kenntnis des Verlaufs der syphilitischen Knochen- 
erkraukungen von der grössten Wichtigkeit ist, nämlich das durchaus regellose 
dieser nekrotischen Prozesse, die sich an keine anatomische Grenze halten, die 
daher auch nicht als isolierte Erkrankung einer Nebenhöhlenwand aufzutreten 
brauchen, wenn sie es auch manchmal tun. Auch derjenige, der häufiger Lues 
der Nase sieht, wird immer wieder überrascht dadureh, dass eine scheinbar 
kleine raube Knochenstelle nur einen Teil einer weitgreifenden Nekrose darstellt, 
deren Bestehen die Heilung verzögert. Ich glaube, dass die hier angedeuteten 
Momente, deren klinische Bedeutung gar nicht hoch genug einzuschätzen ist, 
bei einer anderen Darstellungsform besser zum Ausdruck kommen würden.. Die 
bisherigen , Untersuchungen auf Wassermannsche Reaktion (S. 25) haben 
die Ansicht von dem syphilitischen Ursprung der Ozaena nicht zu stützen 
vermocht. | 

Wir wollen weiter nicht auf Einzelheiten eingehen. 

Das Buch Gerbers ist in einem Augenblicke erschienen, in dem durch 
die Therapia magna sterilisans Ehrlichs in der Behandlung der Syphilis ein 
gewaltiger Umschwung sich vorzubereiten’ scheint. Aber noch dürfte selbst bei 
hochfliegenden Hoffnungen die Zeit recht fern sein, in der die reichen Kenntnisse, 
die hier niedergelegt sind, an praktischem Wert einbüssten. Das Buch sei daher 
wärmstens empfohlen. | Bl. 


V. Gesellschafts- und Kongressberichte. 


Verhandlungen der Dänischen Oto-Laryngologischen Gesellschaft. 
64. Sitzung vom 3. November 1909. 


Vorsitzender: Prof. Mygind. 
Schriftführer: Dr. Blegvad. 


I. A. Gramstrup: Ein Fall von asymmetrischen adenoiden Vegetationen 
mit Abszess. 

Ein 18jähriger Mann bekam plötzlich rechtsseitige Ohr- und Schluck- 
schmerzen; Röte und Schwellung des rechten Seitenstranges, sonst nichts Be- 
sonderes. Katheterisieren der rechten Tube mechanisch erschwert. Exploration: 
Vegetationen, vorwiegend rechts; die entfernte Rachentonsille zeigte nach rechts 
stärker hypertrophische Lappen, in der Gegend der Tuba einen geschlossenen 
Abszess. | 

Diskussion: Mygind, Gramstrup. 


II. A. Gramstrup: Drei Fälle von traumatischen Erkrankungen der 
Kieferhöble. 

In zwei Fällen handelte es sich um Patienten, die durch starke Traumen 
des Alveolarfortsatzes mit späterer Fistelbildung bei sonst gesunden Zähnen ein 
Antrumleiden erworben hatten. 


172 Gesellschafte- und Kongressberichte. [34 


. Der dritte Fall betraf einen 35j&brigen Mann, der sich ver 10 Jahren mit 
einer Stecknadel den ersten Mahlzahn im knken Oberkiefer reinigte; es schien ihm, 
als verschwünde die Nadel in den Zahn hinauf, weshalb er denselben ziehen liess, 
ohne dass jedoch die Nadel gefunden wurde. Während der letzten paar Jahre 
ab und zu eitriger Schnupfen der linken Nasenhälfte; Concha media rot und ge- 
schwollen; Rhinoscopia posterior und Durchleuchtung ergibt nichts Besonderes. 
Röntgenuntersuchung jedoch zeigte, dass unter und hinter der mittleren Muschel 
eine 2!/s cm lange Stecknadel sass, den Kopf in der Wand des Antrum. Die 
Nadel wurde mittelst einer gebogenen Zange entfernt. 

Übrigens otologische Mitteilungen. 


65. Sitzung vom 18. Dezember 1909. 
Nur Otologisches wurde vorgetragen. 


66. Sitzung vom 16. Februar 1910. 
Vorsitzender: Dr. Gott]. Kiär. 
Schriftführer: Dr. Blegvad. | 

N. Rh. Blegvad: Tonsillektomie (mit Demonstration von Instrumenten). 

Die beste Behandlung der chronischen Tonsillarerkrankungen bei Er- 
wachsenen ist die Tonsillektomie, und zwar muss sie in folgenden Fällen vor- 
genommen werden: 1. bei wiederholten Anfällen akuter Tonsillitis, 2. bei 
wiederholten Anfällen peritonsillärer Abszesse, 3. bei einer Tonsillitis lacunaris 
chronica, die besondere Symptome verursacht, 4. in Fällen, wo der Patient schon 
einmal eine von der Tonsille ausgehende ernste Infektion durchgemacht, 5. in 
Fällen von Adenitis colli, bei denen kein anderer Ausgangspunkt nachgewiesen 
werden kann. 

Blegvad empfiehlt die Tonsillektomie mittelst der Schlinge. Die Schlinge vom 
Peters arbeitet gut und zuverlässig. Ferner hat Blegvad eine Zange zum Fest- 
halten bzw. Hervorzieben der Tonsille konstruiert; sie ist in der Weise verfertigt, 
dass sich die Schlinge über die schon angelegte Zange einschieben lässt. 

B. hat 16 Tonsillektomien vorgenommen und in keinem Falle beträchtliche 
Nachblutung erlebt. Die Resultate waren befriedigend. 

Diskussion: 

Vald. Klein frügt, ob man nicht statt Kokain Novokain verwenden könne. 

P. Tetens Hald: Eine wirklich vollständige Entfernung des adenoiden 
Gewebes lässt sich wohl bei der angegebenen Operation nicht erzielen. 

Die aufgestellten Indikationen fand Hald sehr zutreffend, nur kónnte man 
sich bei chronischen „Mandelpfropfen“ gewöhnlich mit Amygdalotripsie begnügen. 

Hald würde die Schlinge von Vacher vorziehen. 

Schmiegelow hat mehrere Tausende Tonsillotomien vorgenommen und 
sei mit dem Tonsillotom von Mackenzie sehr zufrieden. Bei den kleinen 
Tonsillen hat er bei partieller Resektion ausgezeichnete Resultate erzielt; die 
Methode von Blegvad sei seiner Meinung nach erstens zu kompliziert, zweitens 
überflüssig. ij 

Mygind ist mit der gewöhnlichen Tonsillotomie bei Kindern sehr zu- 
frieden, nur selten sei eine Wiederholung der Operation nötig. Bei den fast. aua- 
schliesslich bei Erwachsenen vorkommenden „small but diseased tonsils“ aber 
habe die 'l'onsillektomie sicher ein grosses und dankbares Feld. 

Jórgen Móller hatte bisher ein wirklich praktisches Instrument zum Her- 
vorziehen der Tonsille vermisst und sei deshalb froh, dass Blegvad seine Zange 
konstruiert habe. 

Die fortwährend wiederkehrenden Infektionen gehen bei Erwachsenen vor- 
wiegend von dem oberen Pol aus und Möller hat deshalb schon vor 7 Jahren 
auf die Bedeutung einer gründlichen Behandlung dieser Region aufmerksam ge- 
macht. «Er sei bisher mit dem Morcellement sehr zufrieden gewesen, die Tonsill- 
ektomie in der von Blegvad vorgeführten Gestalt scheine ihm aber so bequem, 
dass er geneigt, sei die Methode zu versuchen. 


36] Gesellschafts- und Kongressberichte. 173 


Willaume Jantzen: Die Entfernung der Tonsillen mittelst der kalten 
Schlinge ist eine sehr hübsche Methode, jeduch kann es bei einer gewöhnlichen 
Schlinge bisweilen passieren, dass beim Zuziehen der Draht bricht. 

Gottl. Kiär: Die peritonsillaren Abszesse sind bekanntlich weit 
häufiger als die tonsillären; die Ursache sei vielleicht die, dass die Infektion 
nicht immer durch die Tonsille stattfindet, sondern durch oberflächliche Läsionen 
der Schleimhaut. 

Jörgen Möller denkt, dass der peritonsillare Abszess gerade von dem 
oberen Pol her entsteht, wo man keine fibróse Kapsel findet. 

Blegvad hat das Novokain versucht, es aber ziemlich wirkungslos ge- 
funden und sei deshalb wieder zum Kokain zurückgekehrt. Die Frage wie oft 
nach einer einfachen Tonsillotomie Rezidiv auftritt, ist schwer zu beantworten; 
man muss in Betracht nehmen, dass teils nicht alle Patienten sich einer erneuten 
Operation unterziehen wollen, teils dass sie nicht immer zu dem Arzt zurück- 
kehren, der die erste Operation vorgenommen hat. Bei Erwachsenen ist es am 
sationellsten eine erkrankte Tonsille mittelst Tonsillektomie zu behandeln, nach 
Morcellement u. dgl. treten häufig Rezidive auf. Gegen Bebandlung mit Amygdalo- 
tripsie u. dgl., die immer wieder vorgenommen werden muss, hat die ‘onsill- 
ektomie den Vorteil, dass der Patient mit einem Schlag geheilt wird. 

Natürlich ist es nicht immer möglich, alles zwischen den Gaumenbögen 
liegende adenoide Gewebe zu entfernen, der pathologisch sehr wichtige obere 
Pol lässt sich aber vollständig entfernen. 

Was den Infektionsweg der peritonsillären Abszesse betrifft, ist es wohl 
die allgemeine Meinung, dass dieselbe durch die Tonsille selbst oder auch durch 
eine tiefe Fossa supratousiluris gebt; dass die Entzündung nicht die Tonsille 
selbst ergreift, sondern das ausserhalb derselben liegende lockere Bindegewebe 
lässt sich wahrscheinlich dadurch erklären, daes die Bedingungen für eine An- 
sammlung von Eiter daselbst viel besser sind als in dem straffen Tonsillengewebe, 
wo ausserdem eine lebhafte Phagozytose besteht. 

Ausserdem eine otologische Mitteilung. Jörgen Möller. 


Jahressitzung der Franzésisehen Gesellschaft für Oto- Rhino- 
Laryngologie. 
Paris 9. bis 12. Mai 1910. 
Rhino-Laryngologischer Teil. 
Sitzung vom 9. Mai. 


Trétrop (Antwerpen): Uber Asepsis und Antisepsis in der 
tiglichen oto-rhino-laryngologischen Praxis. Zusammenstellung der 
im allgemeinen üblichen antiseptischen Vorsichtsmassregeln und Angabe eines 
neuen Instrumentes, um kleinere Instrumente wührend der Untersuchung zu 
fixieren, um die aseptische Glasplatte der Instramententisches nieht zu be- 
schmutzen. 

Raoult (Nancy): Strumitis suffocans subacuta. In den Re- 
feraten mitgeteilt. 


Luc: Behandlung der eiterigen Kieferhóhlenentzünduug. 
Die Spülungen der Kieferhöhle vom unteren Nasengange aus sollen nicht öfter 
wie 10—12mal gemacht werden. Kieferhöhlenentzündungen, die mit dieser 
Anzahl von Spülungen nicht geheilt sind, haben wenig Aussicht nach dieser 
Methode geheilt zu werden. Es ist aber unter allen Fällen vorteilhafter von 
vornherein dem Patienten die Methode anzuraten, die ihm die gróssten Chancen 
der Heilung sichert und das ist die breite Eröffnung von der Fossa caniua aus. 
Seitdem diese Operation in Lokalanásthesie gemacht wird, hat sie den Haupt- 
einwurf, den man gegen sie erhob, die relative Schwierigkeit der Technik, ver. 


174 Gesellschafts- und Kongressberichte. [36 


loren. Alle anderen, mehr konservativen Methoden, den Sinus von der lateralen 
Nasenwand aus zu eröffnen, leiden an dem Nachteil, dass sie eine Verstümmelung 
der unteren Nasenmuschel vorausseizen, die bei der Luc-Caldwellschen 
Operation nicht notwendig ist. 

In der darauffolgenden Diskussion haben sich die Diskussionsredner ziem- 
lich zurückhaltend gegen den Vorschlag von Luc gezeigt. Vacher hält an 
seiner Methode fest, vom unteren Nasengang mit der elektrisch getriebenen 
Fraise den Sinus anzubohren, Mahu möchte die von ihm eugesenenen Instru- 
mente zum Anbohren des Sinus verwendet wissen. 

Jacques (Nancy): Uber Meningitis nach Operation der Sinu- 
sitis fronto-ethmoidalis. Der Autor hat zwei Patienten, die ausser ihrer 
Nebenhóhleneiterung keine Krankheitssymptome zeigten, 48 Stunden nach der 
Operation an foudroyanter Meningitis verloren. Bei der Autopsie fand sich keine 
Erkrankung des Knochens, keine Verletzung der Lamina cribrosa, die Lymph- 
gefüsse der Hirnhaut waren strotzend gefüllt. Jacques glaubt, dass es an. 
gezeigt ist, während der Schmerzattacken nur eine kleine Öffnung am Boden der 
Stirnhöhle zu machen und ven da aus zu drainieren. Die radikale Operation soll 
für das schmerzfreie Intervall aufbewahrt werden. Bei der radikalen Operation 
muss man die obere Muschel, die Siebplatte und die Gegend der Riechspalte am 
Septum schonen. 

Diskussion: 

Luc hat die schreckliche Komplikation nicht mehr erlebt, seitdem er den 
Boden der Stirnhóhle nach dem Vorschlage von Killian und Taptas voll- 
kommen entfernt und auf diese Weise das Siebbein ausrüumt. In den zwei Fällen 
von Jacques bestand wahrscheinlich die Meningitis schon vor der Operation. In 
solchen Füllen ist es angezeigt nach Killians Vorschlag den Krankheitsherd 
breit zu eröffnen und unter feuchten Verbänden durch 48 Stunden offen zu halten. 

Vacher hält die radikale Stirnhöhlenoperation als in den seltensten 
Fällen für indiziert. In den weitaus meisten Fällen ist Vacher mit intranasalen 
Operationen ausgekommen. 

Lavrand (Lille); Pathogenie und Behandlung der Polypen 
der Nasenhóhle. Der Autor resümiert die Theorie von Woakes. 

Sargnon (Lyon): Über Laryngostomie: Zusammenstellung der im 
Jahre 1909 über die Kehlkopftracheal-Stenosen veröffentlichten Arbeiten. Kurze 
Angabe der vom Autor befolgten Technik der Laryngostomie, die im allgemeinen 
der Killianschen äbnlich ist. 

Sargnon (Lyon): Über Tracheo-Ösophagoskopie. Zensorische Zu- 
sammenfassung einiger vom Autor bebandelter endoskopischer Fille. 

Sieur und Rouvillois: Desinfektion des Nasopharynx. Die 
Autoreu haben einen Apparat konstruiert, mittelst dessen durch eine Nasenkanüle 
Dämpfe (Jod, Formol) in das Cavum geleitet werden. 

Jacques: Über Nasenrachenfibrome. Die Nasenrachenpolypen ent- 
springen nicht, wie allgemein angegeben wird von der Apophysis basilaris (Rachen- 
dach), sondern von der Nasenhöhle, und zwar von der Regio ethmo-sphenoidalis 
aus. Später entstehen sekundäre Wucherungen und Adhärenzen namentlich mit 
dem Vomer. Besonders wichtig ist der Auswuchs in den Keilbeinkörper, weil 
dieselbe von hier aus in den Schädel eindringen kann. Die Entfernung dieser 
Tumoren vom Munde aus ist unsicher. Der einzige richtige Weg, der vollen 
Schutz gegen Blutung gewährt und die Möglichkeit bietet, alles zu entfernen, ist 
der Weg von der Nase aus, nach Erweiterung der Apertura piriformis. 

Moure: Zur Querdurchtrennung des Zungenbeins. (LaLaryn- 
gotomie transhyoidienne) Die von Gussenbauer eingeführte Methode 
kann von schweren Stórungen gefolgt sein. Moure hat an allen so operierten 
Füllen eine Stenose des Kehlkopfes entstehen sehen, die durch Dehnung des 
Kehlkopfes von vorne nach hinten bedingt war. Aryknorpel und Stimmbünder 


37] Gesellschafts- und Kongressberichte. 175 


können sich während der Inspiration nicht genügend voneinander entfernen, die 
Glottis bleibt elliptisch, statt die Form eines Dreiecks anzunehmen. 


Sitzung vom 10. Mai. 


Es folgt zunächst die Diskussion zu dem otologischen Referate der Herren 
Jacques und Gault. Die isolierte Ostitis und Periostitis des Felsenbeines. 
Auf diese folgen einige kurze Vorträge, namentlich otologischen Inhaltes.- 


Sitzung vom 11. Mai. 


Guisez (Paris) und Philip (Bordeaux) Berichterstatter: Indi- 
kationen und Resultate der Broncho-Ösophagoskopie. Das Referat 
gibt nur eine ganz kursorische Übersicht über die Bereicherung der Pathologie 
und namentlich der Klinik, durch die Üsophagoskopie. . Das Studium des Krebeea, 
der Speiseröhre ist insofern gefördert worden, ale wir die verschiedenen Formen 
besser kennen gelernt haben und namentlich gesehen haben, wie oft fülschlich 
Krebs diagnostiziert wird, wenn pathologische Prozesse, die klinisch die grisste 
Analogie mit Krebs haben, sich abspielen. Ebenso ist das Studium der Stenose 
des Osophagus erst durch Inspektion müglich geworden. Als neue Kapitel in der 
Pathologie des Ösophagus können die Syphilis und Tuberkulose seit allerjüngster 
Zeit gerechnet werden. Alle diese Krankheitsformen sind .von 'Guisez schon 
wiederholt in früheren Pubhkationen ausführlich besprochen worden. Der Fremd- 
kórper und Divertikel der Speiseróhre sind gleich zu Beginn der endoskopischen 
Methode studiert worden. Ebenso wurden die klinischen Erfolge der Broncho. 
skopie von Philip auseinandergesetzt. In den Schlussfolgerungen sagen "die 
Berichterstatter, dass die üblen Zufülle bei der Endoskopie immer einer mangel- 
haften Technik zuzuschreiben sind. Die Gelegenheit, die Broncho-Ösophagoskopie 
auszuführen, sei so selten, dass diese Methode lieber eine Ausnahmsmethode in 
den Händen sepziell hierzu Eingeübter bleiben sollte. 

Diskussion. 

Mermod berichtet über den Fall eines Patienten, der, von ihm cesophago- 
Skopiert, solche Schmerzen in der Brust bekam, dass er seinem Leben durch 
Suicidium ein Ende machte. Bei der von Mermod verlangten Autopsie fand 
sich eine Perioesophagitis caseosa und Mediastinitis vor. 

M oure berichtet über zwei ósophagoskopische Fülle, die technisch Schwierig- 
keiten boten. Im ersten Falle glitt das Oesophagoskop so ungestórt in die Tiefe, dass 
Moure das Fehlen des Fremdkórpers angenommen hatte, wenn er nicht beim 
Rückziehen des Rohres eines Teiles des Fremdkörpers ansichtig geworden wäre. 
Nach Extraktion desselben stellte es sich heraus, das es sich um. ein enormes 
Fleischstück, fast eine ganze Kotelette, gehandelt hatte. Der zweite Fall betrifft ein 
6 Monate altes Kind, bei dem Moure eine Brosche mit gleichzeitiger Benützung 
der Róntgenstrahlen, die ihm ‘die Einstellung der Extraktionszange auf den 
Fremdkórper gestatteten, entfernen konnte. 

F. Lemaitre glaubt, dass es zu weit gegangen ist, jeden üblen Zufall bei 
der Tracheo-Osophagoskopie der mangelhaften Tecknik zuschreiben zu wollen. 
Andererseits heisst es sehr die Schwierigkeiten der Tecknik der neuen Methode 
überschätzen, wenn man sie nur ganz speziell geschulten Spezialisten über- 
lassen soll. 

Lannois und Durand (Lyon), Submuköse Resektion des Septums 
nach vorhergehender Rhinotomia. sublabialis. In einem Fall der 
Autoren war die Deviation des Septums und die Naseneuge derartig, dass die 
Autoren nicht vom Nasenloch aus operieren konnten, sondern zuvor die Operation 
nach Rouge machen mussten, um sich Zugang zu verschaffen. 

Diskussion: Rouvillois hält diese Modifikation der Killianschen 
Operation nicht für nötig. Doch benützt er den von den Autoren betretenen 
Weg, um die Anästhesie der Zahnwurzeln und des chondroostalen Wulstes am 
Nasenboden, an der Spina nasalis, zu bewerkstelligen. 


176 Gesellschafte- und Kongresaberichte. (38 


Castex, Palatoplastik. Beschreibung der Technik. Castex operiert 
nicht vor dem 7. Lebensjahre; doch hatte er Gelegenheit auch eine 52 Jahre alte 
Patientin noch zu operieren. 

König (Paris), Neue Instrumente zur submukósen Septum- 
Resektion. a) Ein Lappenhalter, bestimmt den Schleimhautlappen in jeder 
Position zu balten. b) Eine Modifikation der Struycken-Grünwaldschen 
Scheere. 

Kraus (Paris), Herstellung der Sprache nach Thyroidektoinie 
und Abtragung von 5 Trachealringen. 


Sitzung vom 12. Mai. 


Die Zahl der Anwesenden hatte beträchtlich abgenommen. Mangels Be- 
teiligung musste die Sitzung sogar auf einige Zeit unterbrochen werden. 

Paul Viollet (Parie), Über die Drüsen der Nasenschleimhaut. 
Merkwürdigerweise erwähnt der Autor nicht die intraepithelialen Drüsen. 

Chavanne (Lyon), Sterilisierbare Hülse für das Pharyngoskop 
vonHarold Hays. Der einzige Nachteil dieses Instrumentes war neben seinem 
hohen Ankaufspreise die Unmöglichkeit dasselbe zu sterilsieren. Chavanne 
liess sich eine Hülse, halb Metall, halb Glas über das Pharyngoskop machen (bei 
Lépine in Lyon) und braucht so nur die Hülse zu desinfizieren. Gleichzeitig gibt 
Chavanne auch an, wie mit leichten Modifikationen.das Pharyngoskop benützt 
werden kann, zur Durchleuchtung der Kiefer- und Stirnhóhle. 

Tbooris (Paris), Druckschwankungen unter Bespirationswir- 
kung. 

Delair, Über Prothesen des Gaumens, Die äusserst sinnreichen Pro- 
thesen gestatten, wie mehrere vorgestellte Patienten zeigen, eine solche Korrektur 
der Sprache bei Gaumenspalten, dass tatsächlich die mit Delairschen Prothesen 
erzielten funktionellen Resultate die durch Operation erzielten bei weitem über- 
treffen und sogar die Notwendigkeit derselben in Frage stellen. 

Lautmann- Paris. 


Niederlündischer Verein für Kehlkopf-, Nasen- und Ohrenheilkunde, 
XVIH. Versammlung in Amsterdam, 23. und 24. Oktober 1908!). 


Vorsitzender: Van Anrooy. 


Die nächste Versammlung wird in Leiden stattfinden. Es wird beschlossen, 
fortan auf Kongressen die Vereinigung von Laryngologie und Otologie zu be- 
fördern und dem vorläufigen Komitee des nächsten internationalen Laryngologen 
kongresses den Wunsch des Vereins kennbar zu machen. 

I. F. H. Quix (Utrecht). a) Die Atiologie der angeborenen Taubstummheit. 
b) Demonstration von Präparaten des Gehörorgans eines Kindes mit tuberkulöser 
Entzündung des Ohres und der Gehirnhäute. 

II. G. J. E. Ruysch (Utrecht). Otolithbenverschiebung. 

IIT. J. Leopold Siemens (Amsterdam). Die neue ka in der Diagnostik 
der Labyrinthaffektionen. 

IV. P..Th. L. Kan (Leiden). Ein Fall von otogenem Kleinhirnabszesa. 

V. Th. E. Ter Kuile (den Haag). a) Retromaxillüres Fibrom und Nasen- 
rachenpolyp. Redner weist auf die Verwirrung hin, welche bei vielen Autoren 
noch immer besteht zwischen Nasenrachenpolypen, gewóhnlichen Polypen. welche 
aus der Nase in die Nasenrachenhóhle hineinwachsen und diese ganz ausfüllen 
können und dem klinisch sehr bösartigen, von der Schädelbasis wachsenden 
retromaxillaren Fibroid. Die sehr grossen Nasenrachenpolypen operiert Ter Kuile 
gewöhnlich unter Chloroformnarkose mit einer Drahtschlinge, welche er durch die 


1) Nach dem Bericht des Schriftfibrers, Prof. Dr. H. Bur ger. 


39] Gesellschafts- und Kongressberichte. 177 


Nase in die Nasenrachemhóhle führt und mit dem Finger um den Tumor legt. 
Bei einem 5jührigen Kinde operierte Ter Kuile ein Nasenrachenfibrom, welches 
auch in der Orbita und in der Schädelhöble lag und welches Blindheit des linken 
Auges verursacht hat. Das Jochbein und die laterale Wand der Orbita wurden 
temporär reseziert. Unter der Fascia wurden schon Ausläufer des Tumors ge- 
funden, welche nirgends mit der Umgebung verwachsen waren. Die in der 
Schädelhöhle liegenden Ausläufer sollten später durch Trepanation entfernt werden, 
aber die Operation wurde verweigert und der Patient starb einigen Wochen später. 
b) Stereoskopische Demonstrationen.  Hetromaxilláres Fibrom und retronasaler 
Polyp, Jugularthrombose, Sarkom der inneren Nase, doppelseitige Stirnhöhlen- 
operation, l,abyrinthoperation, tiefe Halsphlegmone, Mikrotie, Polyotie und andere 
äusserlich sichtbare Ohren-, Nasen: und Halsaffektionen. 

VI. B. Van Anrooy (Rotterdam). Demonstration eines Falles von Nasen- 
geschwulst. Patient von 60 Jahren hatte seit zwei Monaten zunehmende Nasen- 
 verstopfung mit wiederholten Blutungen links. Ein grauer Tumor breitbasig 
links vom knorpeligen Septum ausgehend. Bei mikroskopischer Untersuchung 
zeigte sich der Tumor als Sarkom. 

VII. J. R. Van Haselt (den Haag). Fremdkörper im Ohr. Der Fremd- 
körper ist auf einem ungewohnten Wege in das Ohr geraten. Der Patient rannte 
als 11 jähriger Knabe mit einem Griffel im Munde gegen einen andern Knaben. 
Der Griffel brach ab und verursachte Ohrenblutung. Nach 5jähriger Behandlung 
seitens des Hausarztes wird Patient von van Hasselt untersucht, welcher einen 
grossen Ohrenpolypen festgestellt. Nach Entfernung des Polypen wird der Griffel 
quer in dem äusseren Gehörgang sichtbar. Der Griffel konnte wohl rotiert werden, 
aber die Extraktion von dem äusseren Gehörgang aus misslang. Endlich konnte 
er entfernt werden dureh Ablösung der Ohrmuschel mittelst einer Inzision hinter 
dem Ohr. 

Vill. J. C. Henkes (Middelburg).: Nasenstein. Henkes zeigt einen Rhino- 
lith mit einem Pflaumenstein ale Kern. Der Stein wurde entfernt bei einem 
Herrn von 20 Jahren. Die Nase war sehr verstopft, aber nie hatte Patient ab- 
norme Absonderung aus der Nase. Links hatte der Patient eine Spina septi und 
hinter dieser befand sich eine graue Masse, welche sich mit der Sonde hart anfühlte. 
Nach Resektion der Spina konnte der Stein nicht nach vorn entfernt werden und 
wurde nach hinten in die Nasenrachenhöhle gestossen und vom Patienten durch 
den Mund entfernt. 

IX. J. van der Hoeven Leonhard (Amsterdam). Demonstration von 
Instrumenten: WattetrAger für Zungenbasis und Nasenrachenböhle, Meissel für 
Auswüchse am Septum nasi, einfaches Antiphon, Schlingenschnürer für schwere 
Traktion, neusilbernes Róhrehen mit Tamponstábchen für Kondomtamponade der 
Nase, aseptische Zange. 

X. A. S8. Jacobson (Amsterdam). Demonstration von Instrumenten. In- 
strument zur Parazenieee des Trommelfells und ein Instrument zum Anbohren 
des Oberkiefers vom unteren Nasengang aus. 

XI. C. H. Gantvoort (Amsterdam). a) Ein Fall von Lymphosarkom der 
Nasenrachenhóhle. Eine Patientin von 19 Jahren war vor einem Jahre adeno- 
tomiert. Im Mai 1909 wurde ein Rezidiv von Adenoiden entfernt, welches bei 
mikroskopischer Untersuchung sich als adenoides Gewebe zeigte. Einen Monat 
später ist die ganze Nasenrachenhöhle wieder ausgefüllt und ist Lymphdrüsen- 
schwellung &m Halse aufgetreten. Unter zunehmendem Marasmus ist die Pa- 
tientin im Dezember gestorben. b) Demonstration eines Nähinstrumentes für den 
Mund. 

XII. H. Burger (Amsterdam). Orbitalentziindungen von der Nase aus- 
gehend. In 8 Jahren sind in Burgers Klinik 9 Patienten behandelt mit Orbital- 
entzündung. In allen Fällen gingen die Entzündungen von der Nase aus, 8mal 
von akutem 1mal von einer chronischen Eiterung der Nebenhóhlen. Burger 
erwähnt kurz die Krankengeschichten und zieht folgende Schlussfolgerungen 


178 Gesellschafts- und Kongressberichte. [40 


1. Entzündungen der Orbita sind meist von nasalem Ursprung. 2. Entstehen 
sie durch eine chronische. Nebenhöhlenentzündung, ist radikale Operation der 
Höhle indiziert. 3. Die akuten Fälle kommen meist bei Kindern vor. 4. In einigen 
Fällen kann die Orbitalentzündung hervorgerufen werden durch Eiterung von 
Siebbeinzellen, welche nach der Nase keinen Abfluss haben, 5. Inzision eines Orbital- 
abszesses allein führt bisweilen zur Heilung, weil akute Nebenhóhleneiterungen 
spontan heilen können. 6. Wenn einfache Inzision in die Orbita dem Abszess 
keinen genügenden Abfluss gewührt, ist breite Einschneidung mit Abhebeln des 
Periostes und Operation der erkrankten Nebenhóhle angezeigt. 7. In vielen Füllen 
leistet Adrenalinspray (1:6000, mehrmals tüglich) gute Dienste. Es gibt Fülle 
von beginnender Orbitalentzündung, welche allein auf Adrenalin zurückgehen. 
Diskussion: Quix, Struycken, Ter Kuile. l 

XIII.. H. J. L. Struycken (Breda). a) Demonstration einiger otologischer 
Instrumente. b) Die obere Grenze unseres Gehörs. 

, XIV. H. De Groot. Das paneer ner ones verschiedener Stoffe 
fir: Schall. - 

XV. W. Pos — Meyjes Get Nasenleiden und Hyperazidität 
des Blutes.' Redner meint, dass die Rhinitis vasomotoria eine lokale Áusserung 
eines allgemeinen Leidens ist. Abweichungen in der normalen Zusammensetzung 
des Blutes geben Anderungen in der Sekretion der Schleimhäute. Die Rhinitis 
vasomotoria kommt vorab .in den besseren Ständen vor, nach Redners Meinung 
als Folge einer veränderten Zusammensetzung des Blutes durch zu reichliche 
Nuhrungsaufnahme. Dıe Untersuchung des Harns von Patienten mit. Rhinitis 
vasomotoria zeigte, dass bei allen ein erhóhter Süuregrad bestand. Bei allen 
Patienten fand Meyjes eine Hypertrophie der Conchae. Durch rigorose Diät 
ohne lokale Behandlung wurde wesentliche Besserung erzielt (s. diese Zeitschr. 
Bd. II S. 581 ff). Diskussion: Struycken, Baeza. 

— XVI. G. Brat (Rotterdam). a) Ein Fall von septisch-diphtheritischer Entzün- 
dung von Pharynx und Larynx. Der Fall hatte einen tödlichen Verlauf, es wurden 
nur Streptokokken und keine Löfflerschen Bazillen gefunden. Diskussion: 
Fallas, Binnerts, Posthumus Meyjes. b) Ein Fall von Gehirnabszess, 
——— gravidarum vortüuschend. . a 
| © XVIL- P. H. J. van Gilse. Demonstration eines Falles eines geheilten 
Schläfenlappene. : ` ) | 

XVIII. F. H. Quix (Utrecht). Ein Fall von doppelseitigem otogenen Ge- 
hirnabszess. - 

XIX. P.Th.L. Kan (Leiden). a) Ein Fall von Narbenstenose des rechten Haupt- 
bronchus. . Redner wurde konsultiert von einem Patienten, welcher seit Jahren an 
Lungenbeschwerden litt. Die Luft konnte nur sehr schwer in die rechte Lunge hinein- 
kommen und dabei entstand jedesmal schwerer Husten. Jede 3. oder 4. Woche 
hatte der Patient Fieberanfälle, welche gefolgt wurden von Expektoration von 
Eiter. Im rechten Hauptbronchus wurde bronchoskopisch, ungefähr 8 cm unter 
der Bifurkation eine schlitzförmige Stenose festgestellt, nahezu 3 mm lang und 
1! mm breit, welche nach der Anamnese als postluetisch erachtet werden muss. 
Nach einigen Injektionen von Fibrolysin wird im Mai 1909 die Stenose mit konisch 
verjüngten Röhren durch das Bronchoskop gedehnt und nach 12 Sitzungen ist eine 
sehr bedeutende Verbesserung erreicht. Redner bespricht kurz die Schwierigkeiten, 
welche sich bei der Dehnung zeigten. b) Ein Fall von Fremdkörper in der Trachea. 
Ein Kind von 2 Jahren sollte im Juni 1909 morgens den Federkiel einer Zigarren 
spitze eingeatmet haben. Das Kind war danach nur sehr wenig kurzatmig und 
hustete leicht. Abends wurde das Kind in das Krankenhaus in Leiden geführt. 
Bei der Untersuchung wurden beiderseits die Symptome einer diffusen Bronchitis 
gefunden. Der Patient fieberte, es war kein Stenosegeräusch da. Redner hielt 
es daher für zweifelhaft, ob der Fremdkörper wirklich inhaliert war. Das Kind 
wurde in Observation genommen. Zwei Tage blieb die Temperatur hoch und es 
zeigte sich in dem Lungenbefund keine Veränderung. Inzwischen stellte sich 


41] Gesellschafts- und Kongressberichte. ` 179 


heraus, dass der Fremdkórper herstammte von einer oft gebrauchten Zigarren. 
spitze und war es sehr gut möglich, dass die braune Masse, welche sich gewöhnlich 
darin befindet, aufgelöst im Bronchialschleim, kurz nach dem Einatmen schon eine 
diffuse Bronchitis hervorgerufen hatte. Am 10. Juni wurde unter Chloroformnarkose 
die kleinste bronchoskopische Röhre durch den Larynx eingeführt und wurde ein 
weisses Federröhrchen sichtbar, dass in der Trachea lag und sich auf die Bi- 
furkation stützte. Es war nicht möglich, den Fremdkörper per vias naturales 
zu entfernen; die Zange für hohle Fremdkörper war zu gross. Nach *\« Stunde 
vergeblicher Mühe wurde die Tracheotomie gemacht und konnte der Fremdkörper 
mit einem Häckchen sehr leicht entfernt werden. 


XX. J. C. Henkes (Middelburg). a) Ein Fall von perakut entstandencr 
Sinus thrombosis. b) Ein Fall von Mukocele der Stirnhöhle. Eine 70jährige Dame 
hatte zunehmende Dislokation des rechten Auges nach unten und aussen mit 
Doppelbildern. Vor 9 Jahren wurden Polypen rechts aus der Nase entfernt. Die 
Augenbewegungen waren mässig beschränkt und es waren keine Skotome da. 
Die Regio supraorbitalis prominiert stark. Nach Extraktion einiger Polypen 
rechts und Entfernen des vorderen Endes der Concha media wird die Stirnhóhlen- 
operation rechts gemacht. Die vordere Wand ist sehr dünn und aus der Stirn- 
höhle kommt sehr viel Eiter und Schleim zum Vorschein. Gleich darauf nimmt 
das Auge seine normale Stellung wieder ein. Der Boden und die hintere Wand 
des Sinus fehlen, so dass man den Bulbus palpieren kann und die Dura pulsieren 
sieht. Nach einigen Monaten ist völlige Heilung erzielt mit sehr geringer Ent- 
stellung. Die Flüssigkeit aus der Stirnhöhle war ungefähr steril und zeigte 
Muzinreaktion. Kan (Leiden). 


Berliner laryngologische Gesellschaft. 
Sitzung vom 25. Februar 1910. 


= L Diskussion zum Vortrag von Herrn Gräffner: Beobachtungen an 
Rachen und Kehlkopf bei zerebralen Hemiplegieen. 

Herr Grabower: So gross der statistische und klinische Wert der Gräffner- 
schen Arbeit ist, so hätten bei genauer histologischer Untersuchung die Befunde 
erst wissenschaftliche Bedeutung gewonnen. Gerade über das Ursprungsgebiet 
der Kehlkopfnerven, von dem wir beim Menschen fast garnichts wissen, konnte 
Genaues eruiert werden. 

Herr Kutt ner betont Herrn Gräffners Verdienst, der Gesellschaft ein eigenes 
Urteil über seine Befunde ermöglicht zu haben.. 

Herr Gutzmann: Abgesehen von wirklichen Láhmungen, kommen bei 
Hemiplegikern häufig auch Funktionsstórungen vor, die dem Auge keinen Befund 
ergeben. 

Herr Grüffner: In dem sezierten Falle, der bereits 3 Jahre zurückliegt. 
befand sich in der Gegend des nucleus ambiguus ein Erweichungsherd. 2 weitere 
Falle von klonischen Zuckungen des Velum und des Larynx dürften in absehbarer 
Zeit zur Sektion kommen. | 

2. Herr Gutzmann: DemonstrationvonVokalschwingungen. Man 
spricht in einen Phonographentrichter, an dessen Ende eine Rezeptionsmembran 
sich befindet. Auf dieser sind 2 Spiegelchen senkrecht aufgeklebt, welche einen 
Lichtstrahl 2 mal reflektieren und auf einen Königschen Flammenspiegel werfen, 
von dem aus der Strahl auf einen Schirm projiziert wird. Schwingt die Membran 
durch einen gesprochenen oder gesungenen Vokal, so erscheint am Schirm die 
Schwingungskurve. Man kann sie genau ausmessen und die einzelnen Sinuskurven, 
aus denen sie sich zusammensetzt, berechnen. Bemerkenswert ist die Verschieden- 
heit der Kurve des gleichen Vokals in gleicher Höhe, wenn er von verschiedenen 
Personen gesungen wird. 


180 Geselischafts- und Kongressberichte. [42 


Diskussion: Herr Katzenstein: Man kann mit der Anordnung Gutz- 
manns sehr exakte Photographien der Kurven aufnehmen. 


8. Herr Finder: Hays’ Pharyngoskop. Demonstrationen des in Bd. Il 
Nr. 5 d. Ztschr. von Hays beschriebenen Instruments. Finder rihmt die Leichtig- 
keit der Untersuchung, die Anwendbarkeit bei Bettlügerigen, das weite Gesichta- 
feld, die Sichtbarkeit der Tuben. Der untere Teil der Choanen ist schwer zu 
sehen. Für das Studium feiner Veränderungen ist die Methode weniger geeignet, 
dagegen dürfte die Phonetik von ihr Nutzen ziehn. 


4. Herr Heymann: a) Fall von Perichondritis thyreoidea dextra 
nach Argentum-Ätzung. Einem Zabnarzt entfiel der Argentum-Stift, mit dem er 
in der Mundhöhle eine Kauterisation vornahm, der Stift wurde verschluckt. Jetzt, 
nach 4 Wochen, besteht Ódem des Ligamentum ary-epiglotticum sowie der Ventrikel- 
schleimhaut rechts. Die ganze Seite des Larynx ist unbeweglich. 


b) Seltenes Hindernis für intralaryngeale Eingriffe in Gestalt 
einer vergrésaerten, median zweigeteilten Zungentonsille. Das Instrument legte 
sich stets in den Schlitz zwischen beiden Lappen. Zur Ermöglichung der Operation 
liess Hey mann einen verbreiterten Reichertschen Epiglottiehalter konstruieren. 


5. Herr G. Ritter: 2 Fälle von Trachealverengerung. Der eine 
betrifft eine 12 mal tracheotomierte und laryngotomierte Frau. Von Stimmbändern 
ist nicht viel zu sehen, Taschenbandphonation. Das Tracheallumen ist dreieckig 
mit Spitze vorn, kollabiert im Liegen. Ritter beabsichtigt, zwischen die vorderen 
Knorpelenden ohne Eröffnung des Tracheallumens eine Periost-Knochenspange vom 
Sternum zu implantieren, um sie auseinanderzudrängen. — In Fall 2 handelt es sich 
um eiuen l5jährigen Knaben, der vor 11 Jahren wegen Diphtherie tracheotomiert 
wurde und eine komplete Verwachsung des unteren Larynx- und oberen Tracheal- 
raumes hatte. Nach Spaltung wurde Haut und Schleimhaut vernäht und so eine 
Rinne gebildet, die durch Elektrolyse vertieft werden musste. Anfangs wurde 
oberhalb einer Trachealkanüle mit Tampons der untere Kehlkopfraum offengehalten, 
später wurde eine leicht gebogene Silberröhre, die den Kehlkopf mit der Trachea 
verbindet und an der Trachealverbindung eine Öse trägt, eingeführt. Dies Röhrchen 
bleibt wochenlang liegen, der Patient atmet nasal und hat eine vernehmliche 
Sprache erlangt. 

Diskussion: Herr Senator erwartet im ersten Falle Operationaschwierig- 
keiten infolge der narbigen Veränderungen. 


Sitzung vom 18. März 1910. 


1. Herr Gräffner: Fall von intermittierendem Tremor der 
Stimmbänder, zugleich des Velum, der Zunge und des Kiefers bei einem 76 jährigen 
Mann. Die Diagnose schwankt zwischen Apoplexie, Paralysis agitans, Tumor- 
cerebri und seniler Hysterie. 


2. Herr Katzenstein: Vokalkurven-Photographien, aufgenommen 
mit dem von Gutz mann in der vorigen Sitzung demonstrierten Mechanismus. 
Der Ton des angeblasenen Leichenkehlkopfs ohne Taschenbünder ergibt eine reine 
Siouskurve, mit Taschenbandern eine schon kompliziertere. Vortr. liess sich ein 
bronchoskopisches Rohr bis dicht an die Glottis führen und bekam mit diesem 
„Kehlkopfton‘‘ identische Resultate. Vokalkurven ergaben gleiche Schwingungs- 
formen, wie sie Hermann erhalten hatte. Bei verstopfter Nase änderten sich 
dieselben, und die Analyse ergab, dass die tieferen Obertöne fehlten. Es ergibt 
sich also, dass durch die Nasenresonanz dem Klange die tieferen Obertöne hinzu- 
gefügt werden. 


3. Herr Halle: a) Ösophagoskopisch entfernter Fremdkörper 
von bedeutender Grösse, ein Hühnerknochen mit daransitzendem Fleisch. 


43] Gesellschafts- und Kongressberichte. 181 


b) Silberring zum Offenhalten der Keilbeinhöhlenöffnungen, 
Da nach Wegnahme der vorderen Wand der Zugang sich schnell verengert, legt 
Halle eine biegsame silberne Hülse hinein, die durch Spreizen einer Zange sich 
den Rändern anpassen lässt. Auch dann aber muss man bisweilen ätzen. Demon- 
stration zweier Patienten. In einem Falle wurde der Ring zur Erhaltung des 
Operationseffekts nach Beseitigung einer Choanalatresie benutzt. 

Diskussion: Herr Rosenberg bezweifelt, dass der so erreichte Erfolg 
ein dauernder sei. 

Herr H. J. Wolff: Wie die Stift» in der Kieferhóhle, so dürften diese Ringe 
Fremdkórpereiterung unterhalten. 

Herr H alle: Der Ring verbürgt natürlich nicht Dauerh eil un g, sondern nur 
dauerndes Offenbleiben. Man muss ihn in den ersten Tagen durch einen Gazebausch 
stützen. Die durch Stifte in der Kieferhóhle unterhaltene Kiterung wird ver- 
Schuldet durch die Kommunikation mit dem Munde, es fehlt also jede Analogie. 


4. Herr Scheier:ÜberdasPharyngoskop. Demonstration der Flatau- 
schen und Schmuckertschen Modifikation desselben, die einige Vorteile besitzen. 
Die Idee des Instruments ist nicht neu, schon in den achziger Jahren haben 
Zaufal und Trautmann sehr ähnliche Endoskope konstruiert, freilich mit 
minder vollkommener Optik. Hirschmann s Antroskop beruht auf dem gleichen 
Prinzip. 

Diskussion: HerrGutzmann: Der alltägliche Gebrauch des Pharyngoskops 
wird teils durch den Reiz verhindert, den es im Rachen verursacht, teils durch 
die starke parabolische Verzerrung aller Linien. Für die Phonetik ist aber bereits 
ein Resultat gewonnen, nümlich dass bei der Tenuis (P, T, K) die Glottis nicht 
schliesst. 

Herr Katzenstein: Der praktische Wert ist sehr gering, da sowohl Farben- 
»uanzen als feimere Details der Zeichnung nicht erkennbar sind. Jedes Hindernis 
der Laryngoskopie hat auch hier Geltung. 

. Herr Finder konstatiert die Übereinstimmung über den nur relativen Wert 
der neuen Methode. Immerhin ist es ihm damit bei einem bettl&gerigen Patienten, 
der nicht laryngoskopiert werden konnte, gelungen, eine Perichondritis festzustellen. 
Bemerkenswert ist auch das überraschend schóne Bild. 

Herr Hirschmann, Herr Claus, Herr Scheier. 
5. Herr Halle: Orale und nasale Methode der Septumresektion. 


Halle hat an Leichen die Löw esche orale Methode geprüft und gefunden, 
dass man einen guten Überblick erbält, und dass sich das Septum resezieren 
lässt, dass aber die Schwierigkeiten mindestens die gleichen sind wie bei nasalem 
Vorgehen. Lówes Empfehlung der Methode für Operateure, die mit endo-nasalen 
Eingriffen nicht genügend vertraut sind, ist also ganz falsch. Es besteht kein 
Grund, von dem Prinzip abzugehen, dass alle endonasal möglichen Operationen 
auch endonasal ausgeführt werden sollen. Die Nachteile der L ó w eschen Methode 
sind der gróssere Eingriff, welcher lüngere Dauer der Operation und jedesmal 
Narkese bedingt, die Schwellung und Beschwerden nachher und die gróssere 
Blutungsgefahr. Halle würde die orale Methode nur anwenden in den seltenen 
Fällen, in denen bei ganz kleinen Kindern Septa operiert werden müssen (und dann 
unter peroraler Narkose nach Kuhn), ferner zu grösseren plastischen Operationen 
in der Nase und bei malignen Tumoren. Arth. Meyer. 


Sitzung vom 22. April 1910. 


1. Herr Haike: Frühdiagnose einer Kieferzyste durch das Röntgenbild. 
Diskussion: Herr Alexander fragt, ob es sich um Knochen- oder 
Schleimhautzyste gehandelt habe. — Herr Haike: Es war eine odontogene Zyste. 


182 Gesellschafts- und Kongressberichte. [44 


2. Herr Finder: Fall von Rekurrenslühmung bei gleichzeitigem Be- 
stehen von Tabes und Aneurysma. 


Diskussion: Senator, Schoetz, Finder. 


8. Herr Fliess:Osteom yelitis des Oberkiefers bei einem 4monat 
lichen Kinde. Es bestand ein Abszess des harten Gaumens, nach dessen Inzision 
sich 2 gut ausgebildete Zühne und Knochensplitter entleerten. 


Diskussion: Herr A. Meyer teilt einen ähnlichen Fall von einem Säugling 
mit, der einen Sequester des Proc, alveolaris und der Spina nas. ant. inf. aufwies. 
Ein weiterer Fall wurde im 22. Bande des Fränkelschen Archivs veröffentlicht. 


4. Herr Halle: Fallvon multiplen Lähmungen auf luetischer 
Basis. Es bestebt Parese des rechten Armes und des Fazialis. Patient klagt 
über Verschlucken und Heiserkeit. Es findet sich Gaumensegelparese, Lähmung 
beider Rekurrentes, Pulsbeschleunigung, Atrophie des Sternokleidomastoideus. Da 
der Vater an Lues erkrankt war, ist die Affektion hereditär-luetischer Natur. 

Diskussion: Herr Kuttner sieht nur beiderseitige Parese des Rekurrens. 

5. Diskussion zum Vortrag des Herrn Halle: Orale und endonasale 
Methode der Nasenscheidewandoperationen. 


Herr Löwe: Die orale Methode ist leicht auch für den mit endonasalen Ein- 
griffen wenig Vertrauten und ist bequem in der Sprechstunde auszuführen. Nicht 
die endonasale Ausführbarkeit ist das Zeichen einer guten Methode, sondern die 
Anpassung an die anatomischen Verhältnisse. In einigen Fällen gewährt die orale 
Methode einen Überblick, den andere nicht ermöglichen: Nämlich bei den Quer- 
frakturen des Septum und den sog. Hammelnasen (wo der vorderste Teil des 
Septumknorpels rückwärts umgebogen ist); ferner lässt sich bei ausgedehnten 
Synechien des unteren Nasengangs oral eine plastische Wiederherstellung desselben 
ausführen. 

Herr Peyser bezweifelt die Ausführbarkeit der oralen Operation in der Sprech- 
stunde und hält sie nur für ungewöhnlich schwierige Fälle für angebracht. 


Herr Alexander hat Leichenversuche gemacht und sieht die orale Methode 
für einen schwerwiegenden Eingriff an. Es ist nicht die Aufgabe, normale ana- 
tomische Verhältnisse zu schaffen, sondern die Beschwerden zu beseitigen, was 
endonasal stets gelingt. 

Herr Finder: Die Wiedervereinigung der Mundschleimhaut kann ausbleiben, 
so dass Fisteln resultieren. Das habe ich in 2 von Herrn Löwe operierten Fällen 
konstatiert. 

Herr Sturmann tritt gleichfalls für endonasales Operieren ein, protestiert 
aber gegen die Bezeichnung ,,Killiansche Methode" , da Killian nur unwesentliche 
Verbesserungen eingeführt habe. 


Herr Ló we betont nochmals die leichte Ausführbarkeit und beruft sich auf 
Winckler und Kretschmann. 


Herr Rosenberg, Brühl, Wolff, Sonntag, Halle (Schlusswort) be- 
tonen übereinstimmend das Missverhültnis zwischen Schwere des Eingriffs und der 
zu beseitigenden Beschwerden. Die endonasale Methode sei so gut wie immer 
völlig ausreichend. 


6. Herr Halle: Operative Beseitigung desAnsaugensder Nasen- 
flügel. Die Untersuchung ohne Spekulum wird zu wenıg geübt. Das Ansaugen, 
dessen Therapie bisher rein orthopädisch war, kann verschiedene Ursachen 
haben. Liegt Schlaffheit der Flügel vor, so empfiehlt Halle Silberspiralen 
einheilen zu lassen. Sind die Flügel zu stark einwürts gekrümmt, so trägt 
er einen Teil der Cartil. alaris ab. Ist an der Enge des Eingangs eine Verdickung 
des Septum membranaceum oder der Spina nas. ant. inf. schuld, so verdünnt 
er es auf subkutanem Wege. 


Diskussion: Herr Peyser, Herr Gutz mann, Herr Fliess, Herr Halle. 


45] Gesellschafts- und Kongressberichte. 183 


Sitzung vom 27. Mai 1910. 


1. Herr Weski: Hereditäre elephantiastische Hypertrophie 
des Zahnfleisches. In einer Familie finden sich hereits in der 4. Generation, 
in allen Lebensaltern, enorme hickerige Verdickungen des Zahnfleisches, so dass 
der Alveolarfortsatz auf 6 cm Dicke und mehr anschwillt.e Auch der Knochen 
kann sich beteiligen uud zur Lockerung der Zähne führen. Die Neubildung ist 
gutartig und erscheint mikroskopisch als Kleinzelleninfiltration mit Mastzellen. 
Ein Patient und eine Anzahl von Bildern und Moulagen anderer Mitglieder der 
Familie werden demonstriert. 


2. Herr Sobernheim: Fall von Argyrose des Gesichts und Rachens 
nach 5jährigen Pinselungen mit AgNO,. Gesamtverbrauch 24 g. 


Diskussion: Herr A. Alexander: Bei der Fabrikation von Koblenstiften 
für Bogenlampen erleiden die Arbeiter ähnliche Verfärbung in der Nase, im Gesicht 
und an den Händen. 

Ferner Herr Heymann, Herr Sobernheim. 


3. Herr Scheier: Róntgen-Momentaufnahmen (!'/:0—!/100 Sek.) zur 
Physiologie des Schluckaktes. Als wichtigstes Ergebnis erscheint das 
Umklappen der Epiglottis beim Schlucken, entgegen den neueren Annahmen. 


Diskussion: Herr Haike: Die Momentaufnahmen werden Bedeutung er- 
langen für die Röntgenographie des kindlichen Kopfes. 


Herr M. Senator: Es ist nicht geleugnet worden, dass die Epiglottis um- 
klappt, sondern nur, dass diese Abwärtskrümmung den wesentlichen Verschluss 
des Kehlkopfs bildet. Das Schlucken ist auch Sofort nach Entfernung der Epiglottis 
unbehindert. 


Ferner Grabower, Barth, Rosenberg, Scheier. 


4. Herr Brunck: Pfäblungsverletzung der Nase. Beim Abspringen 
von der Strassenbahn stiess Patient sich den Spazierstock in die rechte Nasen- 
éffnung. Der Stock durchbohrte das Septum und (anscheinend) das linke Tränen- 
bein und die Haut dicht unter dem linken inneren Lidwinkel, wo er wieder zum 
Vorschein kam. Das Auge ist unverletzt, die Wunden sind in guter Heilung be- 
griffen. 


5. Herr Scheier: Weitere Beiträge zur Verknöcherung des 
Kehlkopfs. Wie Róntgenographie ergibt, beginnt die Verknócherung des Schild- 
knorpels am hinteren Rande. Beim Manne folgt dann der untere Rand, von dem 
nahe der Mittellinie sich ein Verknöcherungszapfen nach oben erstreckt. Zuletzt 
geht auch vom oberen Rande Verknöcherung aus. Bei der Frau schreitet der 
Prozess vom hinteren Rande aus allmählich am unteren Rande vor, so dass sich 
ein hinteres unteres Dreieck bildet. Niemals erreicht die Ossifikation beim Weibe 
den vorderen Winkel, und nie geht sie von medianen Knochenkernen aus. 


6. Herr Peyser: Zur Röntgenologie der Nebenhöhlen. Bei einem 
Manne war ein gläserner Verschlussstift einer eiternden Kieferhöhle abgebrochen 
und war als schwacher Schatten in einer prälakrymalen Bucht röntgenographisch 
nachweisbar. Auch ein daran befindlicher Gummischlauch gab einen Schatten. — 
Gläser sind im Röntgenbild erkennbar, wenn sie mindestens 2,5 spezifisches Gewicht 
besitzen. 

Diskussion: Herr Scheier hat in früheren Versuchen Glas in der Nase 
nicht nachweisen können. 


Herr Weski: Auch beim Gummi hängt die Röntgen-Transparenz von der 
Sorte ab. 


Herr Haike: Verschlussstifte aus Gummi für die Kieferhöhle geben einen 
Schatten. Arth. Meyer. 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. IIT, H. 2. 13 


184 Gesellschafts- und Kongressberichte. [46 


Wiener laryngologische Gesellschaft. 
Sitzung voın 3. November 1909. 


Glas demonstriert 1. einen Fall von schwerer Kieferhöhleneiterung 
dentalen Ursprungs mit septischen Erscheinungen, der zur Nekrose der 
fazialen Wand und der Wangenmuskulatur geführt hatte. Die Operation nach 
Luc-Caldwell, deren Indikation vorher ein Chirurg negiert hatte, brachte Heilung. 
Der Verlauf war durch zweimalige bedenkliche Blutungen aus der nekrotischen 
Wangenmuskulatur kompliziert. 

Zur Diskussion: Hajek, Fein, Kahler. 

2. Stomatitis ulcerosa mit Präparaten von Bacillus fusiformis und Spirochaete 
refringens. 

8. Ein hinteres Uranokolobum mit völlig gespaltener Urula, mit kolossaler 
Hypertrophie der unteren Muscheln, welche vikariierend für den Gaumendefekt 
eintreten. Diskussion: Hajek und Chiari warnen, diese Hypertrophien, so ver- 
lockend sie auch scheinen, zu operieren, um die Sprache nicht zu beeintrüchtigen. 

Kahler demonstriert 1. einen Fall von ]y mphatischer Leukümie mit 
Infiltaten im Nasenrachenraum und an der linken Stimmlippe. Die Infiltrate im 
Nasenrachenraum zeigen Vernarbungs- und Rückbildungserscheinungen. Kahler 
demonstriert gleichzeitig das Haysche Pharyngoskop. 

2. Einen Fall von Überbeweglichkeit der Zunge bei einem Patienten, 
der es durch Übung soweit gebracht hatte, die Zunge hinter das Velum zu bringen 
und damit seinen an trockenem Katarrh leidenden Nasenrachenraum zu reinigen 
und zu befeuchten. 

Chiari hat schon mehrere Fälle beobachtet, in der Literatur ist noch keiner 
festgelegt. 

3. Eine retronasale Membran nach Chiari, am Rachendach und Velum 
inseriert, und mit einer zentralen Öffnung. 

4. Einen 42jährigen Patienten mit Totalexstirpation des Kehlkopfs nach 
Gluck wegen Larynxkarzinom (Operateur Marschik). 

Braun demonstriert einen 61j&hrigen Mann mit pharyngo-dsophagealem 
Pulsionsdivertikeldes Ösephagus. Typische Symptome, kolossale Sekretion. 
Die Diagnose war zuerst ósophbagoskopisch (Randschwelle) gemacht worden und 
wurde dann radiologisch bestütigt. Operation verweigert. 


Sitzung vom 3. Dezember 1909. 


Hutter demonstriert 1. einen Fall von Leontiasis ossea (Virchow) 
oder Ostitis fibrosa (Paget). Heilung durch Operation. Leider war eine 
leichte Einsenkung des Nasenrückens bei den diversen Knochenresektionen nicht zu 
umgehen. 

Diskussion: Ähnliche Fälle beobachteten Kahler, Hajek, Réthi. 

2. Zwei operierte Zahnzysten, die eine mit Vorwölbung der Kieferhöhlenwand 
in allen drei Richtungen, die andere nur mit Gaumenvorwölbung. Beide wurden 
mit Kommunikation gegen die Nase zu behandelt. 

Menzel demonstriert 1. eine 31jährige Frau mit wahrscheinlicher Neben- 
schilddrüse im Kehlkopf, in Form eines Tumors auf der Hinterfläche des linken 
Aryknorpels. Der Tumor war erst durch Behandlung eines Ödems der Aryknorpel 
mit Jodsalbe sichtbar geworden und zeigte nach Thyreoidindarreichung entschiedene 
Verkleinerung. Daher Diagnose: Struma aberrans. 

Diskussion: Glas, Réthi, Chiari, Weil halten die beabsichtigte endo- 
laryngeale Exstirpation nicht für indiziert, da jetzt wenig Beschwerden bestehen 


4i] Gesellschafts- und Kongressberichte. 185 


und andererseits wegen möglicher Blutung oder Perichondritis die Operation ge- 
fährlich ist. 

2. Einen Fall vonchronischem Pemphigus der Mundschleimhaut, 
in Form von rezidivierenden belegten Substanzverlusten einhergehend, die unter 
Narbenbildung ausheilen. Diskussion: Glas, Hajek, Chiari. Die Diagnose 
Pemphigus wird angezweifelt, da nie Blasen zu sehen waren. 


Hein di demonstriert einen Fall von geheilter Tuberkulose des Larynx 
bei einem Schulleiter. Die Behandlung begann mit Galvanokaustik, die eigentliche 
Heilung setzte aber erst bei energischer Sonnenlichtbehandlung ein. 


Glas demonstriert zwei Fälle grosser Zahnzysten, die den grössten 
Teil der Kieferhöhle verdrängt hatten. Radikaloperation nach Luc-Caldwell. 
Heilung. Röntgenbild neim ersten Fall. 


Ferner einen Fel) von Kieferhóhleneiterung, welche sich im Anschlusse an 
eine Zahnkaries entwickelt und zur Nekrose und Perforation im Gebiete der medialen 
Wand und zur orbitalen sowie infraorbitalen Fistelbildung geführt hatte. Radikal- 
‚operation. Heilung. 

Diskussion: Weil, Hajek und Roth entscheiden sich für die Diagnose 
Periostitis maxillaris e carie dentum mit nachfolgender Nekrose des Knochens 
und Sekundärinfektion der Schleimhaut. Dieser Einwand kann von Glas nicht 
beweiskräftig widerlegt werden. 

Marschik spricht an der Hand eines einschlägigen Falles (Demonstration) zur 
Technik der radikalen Siebbeinoperation. Ist die Stirnhöhle bei der 
Operation gesund, so dass sie nicht radikal operiert wird, so bilden sich nach 
llesektion des Duktus Granulationen, die schliesslich vernarben und zum voll- 
ständigen Verschluss des Ausganges führen können, wie dies bereits vier an der 
Klinik beobachtete Fälle zeigen. Die Stirnhöhle erkrankt dann unter Retentions- 
erscheinungen entweder mit einfachem Ödem oder auch mit wirklicher Eiterung 
und muss ihrerseits radikal operiert werden. Dieser Narbenverschluss ist also 
zu verhindern. Besprechung der verschiedenen Wege hierzu. 

Diskussion: Hajek betont die Bedeutung ausgiebiger Drainage und Lapisierung 
nachher. 

Demonstriert 2. einen Fall von Sklerom der Nase und desRachens, 
das zurchronischen Kiterung sämtlicher Nebenböhlen einer Seite und perfo- 
rierender Ostitis des Stirnbeins geführt hatte, mit Nekrose der Hinterwand. 
Radikaloperotion aller Hóhlen in einer Sitzung. Heilung. 

3. Das Präparat und das Róntgenbild eines Tu mors des Keilbeins, sog- 
Zylindroms. Beiderseitige Optikusatrophie. Radikaloperation verweigert. Das 
Röntgenbild zeigt vollständige Zerstörung des Keilbeinkörpers und der Sella, ausser- 
dem ungewöhnlich dicke Schädeldecke (Leontiasis ossea?) und Fehlen, resp. 
abnorme Kleinheit der Nebenhóhlen. 

Braun demonstriert einen Fall von Pemphigus der Mundschleim- 
haut, der lange Zeit unter der Flagge Stomatitis aphthosa gelaufen war. 


Sitzung vom 12. Januar 1910. 


Braun demonstriert einen Fall von Gumma septi cartilaginei bei 
Lues hereditaria tarda. 

Diskussion: Roth, Hirsch, Hajek, Heindl, Glas, Menzel be- 
richten über Beobachtungen von negativem Ausfall der Wassermannschen 
Reaktion bei positivem klinischem Befund und prompter Wirkung antiluetischer 
Behandlung. Weil meint, die Diagnose Lues kónne ex adjuvantibus nicht mehr 
gestellt werden, da auch Tuberkulose durch antiluetische Kur geheilt werden kann. 

Glas a) einen Fall von isoliertem Pemphigus der Mund- und Kehl- 
kopfschleimhaut, der auch Eruptionen an den Tu benostien zeigt. 


13* 


186 Gesellschafts- und Kongressberichte. [48 


b) einen Fall von Gumma des Mundhöhlenbodens. 

Kahler a) einen Fall von Divertikel der Trachea. 

b) Einen Fall von Totalexstirpation des Larynx wegen Rezidiv nach 
Halbseitenexstirpation vor 8 Jahren. Wegen teilweiser Pharynxresektion ist noch 
eine Pharyngoplastik in Aussicht genommen. 

c) Einen Fall von Fremdkórper (Nagel) im rechten Unterlappen- 
bronchus, extrahiert mittelst oberer Bronchoskopie. 

Marschik einen Fall von luetischer Narbenstenose der Trachea 
mittelst oberer Bronchoskopie. 

Kofler a) einen Fall von Dakryocystitis purulenta nach Radikal- 
operation von Luc-Caldwell, wahrscheinlich durch Verletzung des Ductus 
nasofrontalis bei der Operation, nachfolgendem Narbenverschluss desselben, Retention 
und sekundürer Infektion des Saccus lacrymalis entstanden, unter 300 klinischen 
Füllen von Kieferhóhlenoperation der einzige. 

Diskussion: Hajek salı einen ähnlichen Fall. | 

b) Eine 22jährige Patientin, die ihm mit der Augendiagnose: Neuritis. 
retrobulbaris dextra, Fingerzühlen auf ca. 40 m Distanz, zentrales Skotom 
für alle Farben, zugeschickt worden war, und bei der blosse Resektion des vorderen 
Endes der mittleren Muschel alle jene bedenklichen Augensymptome zum Schwinden 
gebracht hatte. Die Eiterung, der durch jene Operation erst freier Abfluss ver- 
schafft worden war, hórte ohne weitere Behandlung auf. 

Hajek ein Präparat eines Myxoms des Nasengerüstes. Der Tumor 
hatte Auftreibung des Nasenrückens, Exophthalmus und Amaurose beiderseits er- 
zeugt und intra vitam der Diagnose die grössten Schwierigkeiten bereitet, da er 
durch eine kolossale Knochenblase der mittleren Muschel auf der einen Seite, die 
mit Eiter gefüllt war, maskiert worden war und ausserdem in diffuser Infiltration 
am Septum und Nasenboden weitergewuchert war. Die Nekroskopie — Patient 
war bald an chronischer, allgemeiner Tuberkulose zugrunde gegangen — zeigte, 
dass der Tumor vom Keilbein ausgegangen war und das ganze knöcherne Nasen- 
gerüst inklusive harten Gaumen, sowie Teile der Schädelbasis substituiert hatte. 
Die Krankheit hatte 5 Jahre gedauert, ohne Metastasen oder Meningitis hervor- 
zurufen. 

Menzel teilt das Ergebnis der histologischen Untersuchung des von ihm 
als Struma aberrans in der vorigen Sitzung angesprochenen‘ Tumors des 
linken Aryknorpels mit. Es handelt sich um einen aus zahlreichen Zystchen be. 
stehenden branchiogenen Tumor. 


Sitzung vom 9. Februar 1910. 


Fein demonstriert ein Sklerom der Nase, des Kehlkopfs und der Trachea, 
das neben der organischen Stenose eine funktionelle, durch Glottisspasmus gezeigt 
hatte. Nachdem der Spasmus sich gelóst hatte, war erst die richtige Diagnose 
möglich und die Tracheotomie konnte umgangen werden. 

Kahler den in der letzten Sitzung vorgestellten Fall von Totalexstir- 
pation des Larynx. Die Plastik mit haarloser Halshaut hatte bis auf eine 
erbsengrosse Fistel gehalten. Da aber Patient durch diese Fistel ausgezeichnet 
spricht, ohne dass das Schlucken gestört wäre, wird die Fistel nicht geschlossen 
werden. 

Kofler a) einen Fall von angeborner Faltenbildung im rechten 
Recessus piriformis. 

Diskussion: Fein hält diese Falte für eine hoch hinaufreichende Plica nervi 
laryngei superioris. 

b) Eine Kieferzyste mit ungewöhnlich starkem, die Nase obstruierendem 
Gerberschen Wulst. 

Menzela)einen malignen Tumor desZungengrundes vom Charakter 
eines Endothelioms oder Zylindroms. "Trotz mindestens achtmonatlichen Bestehens 
keine Lymphdrüsenmetastasen und Zunahme des Kórpergewichts um 2 kg. 


49] Gesellschafts- und Kongressberichte. 187 


b) Eine Stirnfistel, die in einem abgeschlossen enAnteil des Sinus frontalis 
führt. Das Röntgenbild zeigt tatsächlich zwei getrennte Höhlen im linken Stirnbein. 

Glas einen Fallvon Radikaloperationeiner traumatischen Stirn- 
höhleneiterung. Glas hat 14 Fälle nach Killian operiert, stets mit Schonung 
der Trochlea. 

Hanszel das histologische Präparat einer kongenitalen Zyste des 
Ductus thyreoglossus (wird ausführlich im 4. Heft der Monatsschr. f. Ohrhlk. 
publiziert). 

Müller Rud. (als Gast) spricht über dio Verwendbarkeit der Wasser- 
mannschen Reaktion. Die Methode, die früher mit vielen Fehlerquellen zu 
rechnen hatte, ist derzeit im Laboratorium der Klinik Finger zu solcher Technik 
gediehen, dass ein vóllig negativer Ausfall bei manifester Lues des Sekundür- 
oder Tertiürstadiums eine ungemein seltene Ausnahme bildet, so dass aus einem 
solchen Ausfall manifeste Lues mit allergrósster Wahrschoeinlichkeit ausgeschlossen 
werden kann. 

Diskussion: Menzel, Koschier. Roth, Weil. 

Hutter zeigt ein Kehlkopfprüparat von einem 11jührigen Kind, das 
nach Diphtherie laryngis unter pneumonischen Erscheinungen zugrunde ging. Es 
handelt sich um eine Taschenbildung an der Vorderseite der Larynx, vielleicht 
durch kongenitale totale Spaltung der Cartilago thyreoidea infolge Fehlens der 
oe intermedia erzeugt, ähnlich dem von Hutter vor 2 Jahren vorgestellten 
Fall. 


Sitzung vom 2. Mürz 1910. 


Fein demonstriert einen Fall von kongenitalem membranósem 
Diaphragma der linken Nase bei einem 33jährigen Mann. Es besteht nur 
eine kleine Lücke im oberen Anteil der Membran. 

Diskussion: Glas sah und operierte einen ähnlichen Fall, durch Sklerom 
entstanden, Weil einen solchen, nach Diphtherie ausgebildet. 

Weil einen 58jährigen Mann mit einem grossen pilzförmigen Tumor des 
Zungengrundes. Histologische Untersuchung steht noch aus. Weil denkt 
an Fibrom, Sarkom und Struma aberrans, 

Menzel berichtet über den Fall von Stirnfistel aus der vorigen Sitzung 
Radikaloperation nach Killian; dabei zeigte sich die fistelnde Höhle, welche die 
kranke Stirnhöhle nach aussen beträchtlich überragte, als Rezessus der gesunden 
rechten Stirnhöhle, welcher nur durch eine haarfreie Öffnung mit ıhr konımunizierte. 
Dieser Rezessus und die linke Stirnböhle waren chronisch eiterig erkrankt. An der 
Schleimhaut der scheinbar gesunden rechten Stirnhöhle zeigten sich histologisch 
Spuren abgelaufener Entzündung. Normaler Wundverlauf. 

Löwy (Karlsbad) mikroskopische Präparate a) eines Epithelioma durum 
s. Condyloma acuminatum des Septums bei einem 23 jährigen Mann, in Form von 
blumenkohlartigen Wucherungen, b) von gutartigem Epitheliom der Nase 
bei einer 40jährigen Frau, in Form von gewöhnlichen Nasenpolypen auftretend, 
eine ungewöhnlich seltene Bildung: Das Epithel sendet tiefe Zapfen in das Gewebe 
ähnlich den Tonsillenlakunen (nach Heymann). 

Moszkowicz hält einen durch Projektion illustrierten Vortrag über Nasen- 
korrekturen, speziell über die Methoden, ohne sichtbare äussere Narbe zu 
operieren. 1. Vaselin oder Vaselin-Olivenöliojektionen. 2. Wennn Narbenfixation 
vorhanden, dann zuerst Mobilisierung der Nase vom Nasenloch aus und gleich- 
zeitige Aufrichtung einer Knochenspange am Nasenrücken oder Vaselininjektion. 
Auch Hóckernasen werden vom Naseninnern aus durch Resektion der prominenten 
Teile geheilt. Beschreibung der Technik, Demonstration der besonderen Instrumente. 

Diskussion: Weil befürwortet Hartparaffin. Es sprechen noch Fein und 
Menzel. Moszkowicz: Gleichwie das bei normaler Temperatur fitssige Kirper- 
fett in den Zellen fixiert ist, wird das Vaselin in den Gewebslücken nach kurzer 
Zeit an den Ort der Injektion gebunden, da es bald von Bindegewebe um- und 


188 Gesellschafts- und Kongressberichte. [50 


durchwachsen wird. Moszkowicz kann sich fir die Hartparaffininjektionen 
nicht erwärmen. Wichtig sei eben das Festhalten an der ursprünglichen Technik 
Gersunys. Marschik. 


Gesellschaft für innere Medizin und Kinderheilkunde in Wien. 
Berichte in der Wiener med. Wochenschr. 1909. 


Sitzung vom 3. Dezember 1908. 


W.Schlesinger demonstriert einen Fall von Spasmus palatinus mit objektiv 
deutlich wahrnehmbarem tickendem Gerüusch bei einem 20 jührigen Patienten, wahr- 
scheinlich auf hysterischer Grundlage. Das beim Gaumensegelkrampf entstehende 
Geräusch wird auf Bewegungen der schleimverklebten Tubenwünde im Momente 
der Kontraktion der Muskeln’ zurückgeführt. 


Sitzung vom 17. Dezember 1908. 


A. Herz demonstriert das Präparat eines Aneurysma aortae, mit Carcinoma 
oesophagi kombiniert. Der Befund an den Arterien, Pulsation in jugulo, linksseitige 
Bronchusstenose und Rekurrensparalyse sprachen für Aneurysma, dagegen ein derbes 
Drüsenpaket am Halse, das Fehlen der Pulsation des vermeintlichen Aneurysmas. Öso- 
phagoskopie ergab an der Stelle des Tumors ein ringförmiges ulzeriertes Karzinom. 
Die Obduktion zeigte, dass beide Diagnosen richtig waren. Es fand sich ein zwei- 
mannsfaustgrosses Aneurysma am Arcus aortae. Das Karzinom war gerade an 
der Stelle der grössten Kompression des Ösophagus. Ein ursächlicher Zusammen- 
hang mit dem Aneurysma ist nicht ausgeschlossen. 


Sitzung vom 2. Februar 1909. 


v. Eiselsberg demonstriert eine 32 jährige Frau mit Tetania parathyreopriva 
nuch Kropfoperation. Dieselbe war nach Schilddrüsenfütterung und Verabreichung 
von Thyreoidintabletten geschwunden und trat bei der Gravidität wieder auf. Ge- 
plant ist jetzt Einpflanzung von Epithelkörperchen. Eiselsberg hat unter 
600 Strumen zehnmal deutliche Tetaniesymptome beobachtet, einmal mit tödlichem 
Ausgang. 

K. Wirth demonstriert das Präparat einer spindelförmigen Dilatation des 
Oosphagus mit Ulzerationen, die eine letale Blutung verursachten. Die 27 jährige 
Frau hatte vorher die Zeichen zunehmender Üsophagusstenose geboten und es war 
Kardiakarzinom diagnostiziert worden. Nach einem spontanen Abortus trat 
plótzlich die letale Blutung aus dem Osophagus auf. Bei der Obduktion fand sich 
kein Karzinom, nur betrüchtliche zylindrische Erweiterung des Osophagus mit zahl- 
reichen, teilweise blutig sutfundierten Geschwüren. 


Sitzung vom 5. März 1909. 


W. Böhme demonstriert das Präparat eines Falles von Atresie des Öso- 
phagus und Kommunikation desselben mit der Trachea bei einem Säugling. Die 
Diagnose war schon intra vitam aus der Sondenuntersuchung und der Expektoration 
gallenartiger Massen gestellt worden. Der untere Ösophagusanteil mündet in die 
Trachea oberhalb der Bifurkation. 

Panzer demonstriert einem Tmonatigen Säugling mit einem akuten 
Empyem der Kieferhöhle, starker Schwellung der erkrankten Gesichtshälfte. 
Die Probepunktion bestätigte die Annahme dieser bei Kindern seltenen Erkrankung. 


Sitzung vom 3. März 1909. 

E. Schwarz demonstriert das Röntgenbild eines Falles von fibröser Lungen- 
phthise mit Bronchostenose, welche von den Drüsen des Hilus ausgegangen war. 
Gewöhnlich führt die fibróse Phthise, von einem Lungenherde ausgehend, zu 
Bronchiekatsien und zeigt frühzeitig Baziilen im Sputum, was hier nicht der Fall war. 


51] Gesellschafts- und Kongressberichte. 189 


Sitzung vom 29. April 1909. 

J. Flesch demonstriert eine 30jährige Frau mit Tetanie mit Augen- und 
Kehikopfsymptomen, ausser dem bekannten Kardinalsymptomen. Spontane Par- 
üsthesien. und Krämpfe von den Fingern über die Schultern auf den Scheitel und 
in den Kehlkopf (Glottiskrämpfe) und die Augenhöhlen laufend, immer iu den 
Monaten März und Mai, also für Tetanie typisch. 

Eppinger und Hess. Zur Pathologie der Basedowerkrankungen. Zahl- 
reiche Beobachtungen zeigen, dass tatsächlich die Fälle von Morbus Basedow 
sich in zwei Gruppen gliedern lassen, in deren einer die Reizerscheinungen des 
sympathischen Systems vorherrschen, während in der anderen die Erscheinungen 
von erhöhtem Vagustonus im Vordergrund stehen. 


Sitzung vom 13. Mai 1909. 

Tedesko demonstriert einen 51jührigen Kranken mit Syringobulbie. Für 
diese Diagnose spricht der chronisch fortschreitende Halbseitenprozess mit dis- 
soziierter Empfindungslähmung. Dagegen spricht nur die lange Dauer des Prozesses 
(16 Jahre) mit konstanter Beschränkung auf bulboınedulläres Gebiet. Es wäre 
auch an eine periphere Rekurrenslähmung mit einer assoziierten funktionellen 
Komponente zu denken. 

Schlesinger demonstriert eine 50jàhrige Frau mit Gerüuschen, wahr- 
scheinlich infolge von Gaumensegelkrümpfen, auf 1 m Distanz zu hóren. Die 
Frequenz ist sehr regelmüssig. Es besteht Erweiterung der rechten Tubenmündung. 

In der Diskussion spricht Landesberg, welcher einen ühnlichen Fall an 
der Klinik Schrótter beobachtete. Der Umstand, dass beide Fülle einen durch 
ein Nasenleiden bedingten trockenen Rachenkatarrh zeigen, spricht für die Annahme 
einer funktionellen Neurose. 


Sitzung vom 17. Juni 1909. 

Haberfeld und Schilder. Vorläufige Mitteilung zur Tetaniefrage. Die 
Autoren konnten an Kaninchen, die die Exstirpation aller vier Epithelkörperchen 
überstanden hatten, durch Exstirpation der 'I'hymus akute oder chronische typische 
Tetanie hervorrufen. Die Untersuchung der Thymus ergab jedesmal reichliche 
abzessorische Epithelkörperchen in derselben. Thymusexstirpation allein ruft keine 
Tetania hervor. Weitere Versuche an Kaninchen ergaben, dass die Epithelkörperchen 
sich vikariierend vergrössern können, und zwar in reiner Hyperplasie. Zur Diskussion 
Türk und Falta. 


Sitzung vom 2. Dezember 1909. 


Pollak demonstriert ein 4jühriges Müdchen mit Tuberkulose des Rachens 
Die Uvula, der angrenzende Teil des weichen Gaumens und die Tonsille mit einem 
grauweissen, konfluierten Belage bedeckt, der bei näherer Betrachtuug miliare 
Geschwüre erkennen lässt. 


Sitzung vom 20. Januar 1910. 


E. Prepper demonstriert ein 12jähriges Mädchen mit Morbus Basedowii, 
welcher im Kindesalter sehr selten ist. Marschik. 


Verhandlungen des Vereins Deutscher Laryngologen. 
xVU. Tagung zu Dresden am 11. und 12. Mai 1910. 
Referat, erstattet vom Schriftführer Dr. F. Blumenfeld, Wiesbaden. 
Vorsitzender: Herr Professor Dr. Jurasz, Lemberg. 


11. Mai: Demonstrationen der Herren Mann und Hoffmann im Johann- 
städter und Friedrichsstädter Krankenhaus zu Dresden. 


190 Gesellschafts- und Kongressberichte. [52 


Es wurden ine Reihe interessanter Präparate aus den verschiedenen Ge- 
bieten der Rhinologie, Laryngologie und Bronchoskopie vorgezeigt und erläutert. 

12. Mai: Aus der Geschäftssitzung ist hervorzuheben, dass als Ort der 
nächsten Tagung Frankfurt a. M. gewählt wurde. Zum Vorsitzenden wurde Herr 
Professor Killian in Freiburg i. B., zum 2. Vorsitzenden Herr Professor Seifert 
in Würzburg, zum Schriftführer Herr Dr. R. Hoffmann in Dresden, zam Kassen- 
führer Herr Professor Dr. Bónninghaus gewühlt. Der B. Frünkel-Preis 
wurde auf Antrag Heırn Geheimrat B. Frünkels Herrn Professor Dr. Killian 
verliehen. 

Wissenschaftliche Verhandlungen. 

1. Herr L. Polyak-Budapest: Über Prinzipien derintra-nasalen 
Chirurgie. 

Polyak ist zu der Ansicht gelangt, dass die Rhinologie, den Prinzipien der 
grossen Chirurgie folgend, die Eingriffe an der Nase und deren Nebenhöhlen möglichst 
in einer Sitzung erledigen sollte. Die Neigung, das Vorgeben auf verschiedene 
Sitzungen zu verteilen, stammt aus der Zeit, als man noch nicht durch die modernen 
Blutstillungsmittel vor erheblichen Blutungen gesichert war. Die Vorteile des ein- 
zeitigen Vorgehens werden näher üusgeführt. Die ambulante Behandlung ist 
allerdings bei dieser Art des Vorgehens nicht möglich. Die Kranken sollten daher, 
soweit es die Umstände irgend erlauben, in klinischer Behandlung gehalten werden. 
Bei dieser ist auch im allgemeinen die Tamponade der Nase nichi notwendig. 
Seit 12 Jahren hat Polyák es sich zum Prinzip gemacht, in einer Nasenseite 
die Aufgabe, die der Fall stellt, vollkommen zu erledigen. Seit 2 Jahren verfolgt er das 
Prinzip, bilateral vorzugehen. Er hat in der Zeit vom 1. Mai 1908, bis 31. März 1910, 
also in 28 Monaten, 220 Nasenoperationen ausgeführt, darunter 87 einseitige und 138 
bilaterale. Unter den 87 einseitigen Operationen waren (11 submuküse Septum- 
resektionen mit einbegriffen) 57, in welchen nur eine einfeche Aufgabe zu lósen 
war. In den übrigen 30 Füllen sind kombinierte Operationen von Mandelhyper- 
. trophie, Nasenpolypen, Eiterungen des Siebbeins usw. ausgeführt worden. Die 
einfucheren Operationen, wie Entfernung der Hypertrophie der unteren Muschel, 
Nasenpolypen etc. erledigten sich auf diese Weise bestens. Etwas schwieriger 
waren die Fülle von Lupus und Tuberkulose der Schleimhaut wegen der Blutung. 
Doch gelang es auch hier, in einer Sitzung schnell Vernarbung zu erzielen. Ein 
Abweichen von diesen Prinzipien hat Polyák im wesentlichen nur insofern für 
notwendig erachtet, als er gleichzeitig mit der submukösen Septumresektion keine 
anderen Eingriffe ausführte, da er befürchtete, dass bei der event. Nachblutung 
die Tamponade der Nase die nur aus Schleimhaut bestehende Nasenscheidewand 
gefährden könnte. Doch ist nach Angabe von Katz auch eine gleichzeitige Ent- 
fernung von Muschelhypertrophie nicht ausgeschlossen. Polyák hat mit seiner 
Methode 90?/o der Operationen bilateral erledigt und nur in 10?/o war er zu einem mehr- 
zeitigen Vorgehen gezwungen. Anlass zu einer derartigen Verschiebung des Ein- 
griffes gaben etwas stärkere Blutung und Neigung zu Synkope. Nach Aufhören 
der Adrenalinwirkung pflegt eine geringere Blutung einzutreten, die aber keine 
Tamponade notwendig macht. Nur in 20°, der Fälle kam eine etwas erheblichere 
Blutung, die durch Adrenalin-Spray 1: 10000 stand, nur in 5° der Fälle musste 
die eine oder die andere Nasenseite tamponiert werden, 3mal Bellocsche Tamponade, 
eine bilaterale Blutung wurde nicht bemerkt. Vorbereitung und Asepsis werden 
genauer besprochen. Anästhesie mit Kokain, 10—20°:o-ige Lösung. Durch Spray 
vorher Zerstäuben einer verdünnten Kokain-Adrenalin-Lösung. Bei eingreifenden 
Operationen 'i Stunde vor der Operation Morphium-Injektion. Nach der Operation 
Bettruhe, ständige Überwachung, öftere Inspektion des Rachens, besonders in der 
Zeit, in der eine Blutung zu erwarten ist; Schneuzen nicht vor 24—48 Stunden. 


Diskussion: 
Herr von Eicken-Basel stimmt besonders mit der vom Vortragenden be- 
tonten Notwendigkeit der klinischen Behandlung überein. Die beste Tamponade 


93] Gesellschafts- und Kongressberichte. 191 


ist die mit Gummischwamm. Noch einfacher die Einfübrung eines Gummifingers 
in die Nase, der aufgeblasen und dann zugeschnürt wird. 

Herr Kretschmann-Magdeburg betont, dass dieses Prinzip schon früher 
von Auf recht geübt wurde. 

Herr W inckler-Bremen schliesst sich den Prinzipien des Vortragenden an, 
empfiehlt zugleich bei multiplen Empyemen die Röntgenaufnahme. 

Herr Rosenberg-Berlin: Historische Bemerkungen zur Gummifinger-Tam- 
ponade. : 
Herr Denker-Erlangen: Herr Polyák hat empfohlen, einen Wattetampon 
nach der Operation zum Verschluss einzufügen. Denker lässt den Wattepfropf 
fort und glaubt, dass das Durchstreifen der Luft durch die Nase die Koagulation 
des Blutes fördert und vor Nachblutung schützt. 

Herr Krebs-Hildesheim: In gewissen Fällen, namentlich bei Rhinitis hyper- 
trophica ist ein einzeitiges Operieren nicht möglich. Nachblutungen sind dadurch 
zu vermeiden, dass man den Patienten empfiehlt, tief durch die Nase einzuatmen 
und durch den Mund auszuatmen. 

Herr Killian-Freiburg nimmt, seit er eine Klinik hat, jeden Patienten mit 
intranasaler Operation 1—3 Tage in diese auf. Operationen der unteren Muschel 
werden fast immer gleichzeitig auf beiden Seiten ausgeführt und dann 2—8 mal 
Pinselungen mit Wasserstoffsuperoxyd 10°/o, Wattepfropf in Naseneingang. Auch 
sonst operiert Killian doppelseitig, empfiehlt aber strenges Individualisieren. 

Herr Ruprecht-Bremen: Die einzeitigen Operationen erleiden gewisse Be- 
schränkungen durch das Prinzip der Erhaltung rückbildungsfähiger Teile. Wenn man 
bie Mandeloperationen nicht nakotisiert, kann man gleichzeitig auch Wucherungen 
der unteren Muschel entfernen. 

Herr Pol y ák -Budapest (Schlusswort) stellt fest, dass im ganzen die Diskussion 
Zustimmung zu seinen Anschauungen ergeben hat. Nachblutungen sind bei klinisch 
behandelten Kranken, wenn diese bilateral behandelt werden, nicht häufiger. 


2. Herr Denker-Erlangen: Zur Radikaloperation des chro- 
nischen Kieferhóhlenempyems in Lokalanüsthesie. 

Denker führt die Radikaloperation des chronischen Kieferhöhlenempyems 
nach seinem Verfahren in folgender Weise aus. '/s Stunde vor Beginn des Ein- 
griffs Morphiuminjektion (0,01—0,02); Einpinselung der Gingivaschleimhaut der 
zu operierenden Seite mit 10—20°.o-iger Kokainsuprareninlösung; subperiostale 
Injektion einer Novokain-Suprareninlösung (Novokain 1,0 auf 100 g physiol. Koch- 
salzlösung, der 80 Tropfen einer 1°;co-igen Suprareninlösung zugesetzt werden). 
Die Einspritzung erfolgt. zuerst in der Richtung nach oben gegen den Supraorbital- 
rand, dann nach vorn oben gegen die Apertura piriformis zu und schliesslich an 
der Austrittsstelle des Nervus infraorbitalis. Nun wird an die laterale Wand des 
unteren Nasenganges ein in 10°/-iger Kokainsuprareninlisung getauchter Gaze- 
tampon eingelegt (20 Tropfen einer 1°/o-igen Suprareninlösung auf 10 ccm der 
10°;-igen Kokainlösung). 10 Minuten nach Beginn der Infiltration Durchtrennung 
und Zurückschiebung der Weichteile. Nachdem mit flachen Meisselschlägen die 
faziale Wand in etwa 10 Pfennigstückgrósse abgetragen ist, wird die freigelegte 
Kieferhöhlenschleimhaut mit einem in 10?/o iger Kokainsuprareninlósung getauchten 
Gazetampon bedeckt. Alsdann folgen von der Apertura piriformis aus subperiostale 
Novokain-Suprarenininjektionen entlang der lateralen Wand des unteren Nasenganges 
(2-~3 ccm). 

Nach Exzision der freigelegten Kieferhöhlenschleimhaut wird nun ein mit 
10°/-iger Kokainsuprareninlósung getränkter Gazetampon in die Kieferhöhleeingelegt. 
Um bei empfindlichen Personen vollständige Schmerzlosigkeit zu erreichen, kann 
man an der hinteren Kante der Kieferhóhle (perforierende Trigeminusfasern) noch 
Novokain-Suprarenininjektionen machen. Im ganzen werden bei einzeitigen Operation 
10—12 ccm Novokain-Suprareninlösung injiziert, bei doppelseitiger Operation kann 
man 20 ccm obne Gefahr einspritzen. Denker hat nach seiner Methode 41 zum 


192 Gesellschafts- und Kongressberichte. [54 


Teil sehr schwere veraltete chronische Empyeme mit dem stets gleichen Erfolge 
dauernder Heilung operiert. 

Vor der vonSturmann empfohlenen endonasalen Operation 
des Kieferhóhlenempyems kommt der Methode nach Denker der 
Vorzug der grósseren Übersichtlichkeit wührend der Operation, 
derglatteren Heilungundderkürzeren Nachbehandlungsdauer zu. 


Diskussion: 


Herr Wasermann-München benutzt zur Anästhesie Novokain-Alypinlösung, 
und zwar als Leitungsanästhesie von aussen her geführt. Er geht direkt in den 
Nerv durch das Foramen infraorbitale, empfiehlt auch Morphin-Skopolamin- 
Narkose, Die Langenbeckschen Haken hat Wassermann in der Weise 
modifiziert, dass er ihnen noch 8 scharfe Zinken angefügt hat. Die Weichteile 
werden dadurch besser zurückgehalten. 

Herr Stu rm ann Berlin verteidigt das von ihm an anderer Stelle beschriebene 
Operationsverfahren. Von der Nase aus kann man vollkommen hinreichende Uber- 
sicht der Kieferhóhle bekommen. Klinische Behandlung ist nicht erforderlich. 
Bei der Eróffnung von der Fossa canina aus hat Sturm aun so starke Blutungen 
gehabt, dass er die Operetion nicht zu Ende führen konnte. 

Herr Denker-Erlangen (Schlusswort) zieht es vor, von der Skopolamin- 
Narkose Abstand zu nehmen. Die von Herrn W asserman n empfohlene Leitungs- 
anüsthesie ist der Nacbprüfung wert, doch kommt man auch ohne sie aus. Die 
von Herrn Sturmann befürchtete Intoxikation tritt nicht auf. Die Chirurgen 
verwenden selbst bei Kindern weit grössere Dosen von Novokain. Die Vorzüge 
der SÓturmannschen Operation erkennt Denk er nicht an. Unstillbare Blutungen 
hat Denker bei seiner Methode nicht beobachtet. 

3. Herr Winckler-Bremen: Schnittführung zur submukósen 
Septumresektion. | 

In denjenigen Füllen, in welchen die an das Septum mobile sich ansetzende 
vordere Knorpelspange nach Beseitigung der Devation noch ein Atmungshindernis 
bildet, empfiehlt sich der von Hajek und Menzel empfohlene Schnitt dicht 
vor dem vorderen Knorpelende als das Beste. Ein Nasenspekulum ist dazu nicht 
erforderlich. Sobald man bei schichtweisem Prüparieren an einer Stelle auf Knorpel 
gelangt, lässt sich von hier aus der Überzug in toto leicht mit einem schmalen 
Elevatorium unterminieren, abheben und der noch unvollendete Teil des Schleim- 
hautschnittes mit einer Schere beenden. Ist der vordere Rand des Knorpels nicht 
80 deviiert, dass er erhalten bleiben kann, so legt Winckler den Schnitt weiter 
nach hinten und erhält einen vorderen Knorpelrand. Gewisse Schwierigkeiten 
ergibt die Ablösung des Schleimbautüberzuges bei breit dem Nasenboden anliegenden 
Leisten. In diesen Fällen muss der typische Schnitt nach hinten verlängert werden. 
Die Schleimhaut ist unter allen Umständen zu erhalten. In den Fällen von tief- 
liegenden Leisten wird mit einem bogenförmig sogleich vorn in den Nasenboden 
zu legenden Schnitt der vordere Knorpelrand umkreist. Die Ablösung der Peri- 
chondriums und der Mukosa gestaltet sich allerdings schwieriger. Doch wird die 
Freilegung erleichtert, wenn man am Nasenboden mit dem Zurückstreifen des 
Überzuges beginnt. Man geht dann sukzessive weiter nach innen und oben 
Unter die abgeliste Schleimhaut schiebt Winckler Gazestreifen, die mit Wasser- 
stoffsuperoxyd getränkt sind. Die Vorteile der Menzelschen Schnittführung sind: 
l. die vorderen Verkrümmungen der Kartilago sind leichter zu beseitigen; 2. man 
bedarf keiner Hilfsmittel; 8. die Adaption der Wundründer und Naht gestaltet sich 
leichter. 

Diskussion: 

Herr Edm. Meyer-Berlin: Die gedachte Schnittführung ist, von Menzel 
unabhüngig, von Hajek angegeben. l 

Herr Killian-Freiburg fragt an, ob Herr Winckler in jedem Fall das 
vordere Stückchen der Nasenscheidewand wegnimmt. 


55] Gesellschafts- und Kongressberichte. 193 


Herr Winckler-Bremen: Die erwähnte Schnittführung soll sich auf sehr 
weit nach vorn und unten liegende Septumleisten beschränken. 

Herr Killian-Freiburg betont, dass es doch recht gut ist, vom knorpeligen 
Septum einen Streifen stehen zu lassen. 

4. Herr von Eicken-Basel: Behandlung von Synechien der 
Nase. 

Zur Behandlung von Synechien gibt es zwei neue Verfahren. 1. Submuköse 
Septumresektion mit Trennung der Synechien, darauf Tamponade für einige Tage. 
Die Wundfläche überzieht eich alsbald mit Epithel. Das zweite Verfahren wird 
von Siebenmann mit bestem Erfolge bei ausgedehnten Synechien auch im 
Vestibulum ausgeführt, nach ev. submuköser Septumresektion, Durchtrennung der 
Synechien und Deckung der Wundfläche mit Thierschschem Lappen. Dem Ober- 
arm oder Oberschenkel entnommene Lappen breitet man auf einem aus 8—16 
Schichten Gaze bestehenden mit Borsäurelösung getränkten, fest ausgedrückten 
und dadurch ziemlich rigiden Tampon aus. Die Hornschicht der Hautlappen kommt 
auf den Tampon. Nach 4—6 Tagen Entfernung des Tampons mit Wasserstoff- 
superoxyd und Durchschneidung des Kopfteils des Thierschschen Lappens in der 
Tiefe der Nase. Der Lappen ist inzwischen fest angeheilt. Auch in einem Falle 
von Verwachsung des Gaumensegels mit der hinteren Rachenwand hat sich das 
Verfahren bewührt. 

Diskussion: 

Herr Denker-Erlangen fragt an, wie sich der Lappen in der Nase verhält, 
ob es zu Krustenbildung etc. kommt. 

Herr von Eicken-Basel (Schlusswort): Eine Metaplasie der transplaniierten 
äusseren Haut tritt nicht ein, doch kommt es es einer Art von Mukosierung. 

5. Herr Hansberg-Dortmund: Zur Operation der in der Fossa 
sphenopalatina sitzenden Fibroide. 

Ein 16jähriger Arbeiter leidet seit einem Jahre an rechtsseitiger Nasen- 
verstopfung und Anschwellung der rechten Molargegend. In letzter Zeit häufiger 
auftretende Blutungen aus der rechten Nasenhöhle. Der hintere Teil der letzteren 
ist ausgefüllt mit rötlicbem auf Berührung leicht blutendem Tumor. Im Nasen- 
rachenraum eine rundliche Geschwulst mit glatter Oberfläche zu fühlen, die den- 
selben zum grössten Teile ausfüllt, deren breite Basis in dem seitlichen Teil der 
hinteren Nasenhöhle sich befindet. Diagnose: Tumor, ausgehend von der Fossa 
sphenopalatina, der einen Fortsatz nach der Molargegend entsandt hatte. Letzterer 
konnte von aussen deutlich gefühlt werden. 

Enifernung des gróssten Teils des Tumors in Kleinhühnereiergrósse von der 
vorderen Nasenóffnung aus mittelst Nasenzange, worauf die Atmung frei wird. 
Blutung unbedeutend. Mikroskopische Untersuchung ergibt zellenreiches Fibrom. 

Die von den natürlichen Wegen beabsichtigte Entfernung der Geschwulst 
aus der Fossa sphenopalatina scheiterte an der Empfindlichkeit des Patienten, 
daher Denkersche Operation, wobei sich zeigt, dass die hintere mediale Wand 
der Oberkieferhöhle zum grössten Teil bereits von dem Tumor zerstört ist. Nach 
Entfernung der hinteren äusseren Kieferhöhlenwand wird "derselbe leicht mit der 
Zange gefasst und gründlich samt dem Fortsatz entfernt. Seine Insertion befand 
sich in der Fossa sphenopalatina. Patient gesund entlassen, nach einem halben 
Jahre kein Rezidiv. 

Auf die Vortrefflichkeit der Denkerschen Methode bei derartig ungünstig 
sitzenden Geschwülsten wird besonders hingewiesen, die gegenüber anderen prälimi- 
naren Operationsmethoden grosse Vorzüge besitzt. 


Diskussion: 
Herr Hopmann-Köln sieht in den Ausführungen des Herrn Hansbergs 
eine Bestätigung der von Herrn Hopmann sen. seit langen Jahren empfohlenen 
Methode, die Fibrome vom Nasenrachenraum aus vollständig zu entfernen. Auch 


194 Gesellschafts- und Kongressberichte. [56 


nicht allzugrosse Fortsätze sind auf diese Weise mit einer starken Kornzange 
zu fassen. 

Herr Kahler-Wien: Auch auf der Klinik Chiaris wird auf die äussere Operation 
der Nasenrachen-Fibrome nicht verzichtet, wegen der Gefahr der Blutung bei Angio- 
fibromen. K ahler empfiehlt die elastische Ligatur nsch Koschier. Die Denker- 
sche Operation wird in Kombination mit dem äusseren Schnitt nach Langen- 
beck durchgeführt, mit der Resektion der ganzen lateralen Nasenwand, wenn 
es notwendig ist. Auf Entfernung der Wapgenfortsätze kann man verzichten. 

Herr Zarnik o-Hamburg betont, dass auch durch schonendere Verfahren 
gute Resultate erreicht werden. Er empfiehlt besonders bei blutreichen Tumoren 
die Elektrolyse. 

Herr Kümmel-Heidelberg: Es gibt Fälle, die nach den Angaben des Herrn 
Hansberg zu behandeln sind. Bei stark blatenden Nasenrachenfibromen, besonders 
dann, wenn die Immunitütsgrenze noch eine ganze Reihe von Jahren entfernt liegt, 
also bei Patienten von 13—14 Jahren, sollte man von Anfang an radikal vor 
gehen. Kümmel hat jüngst einen Fall beobachtet, in dem ein Rezidiv auftrat, 
durch das der Patient so ausgeblutet war, dass er trotz gelungener Operation im 
Kollaps starb. 

Herr Killian-Freiburg gibt den intranasalen Methoden den Vorzug, wenn 
der Tumor nicht so ausgedehnt ist. In den übrigen Fällen empfiehlt Killian nach 
Denker vorzugehen und zuerst in der Flügelgaumengrube die Gefässe aufzusuchen, 
welche von aussen her in den Tumor hineingehen. 

Herr Imhofer-Prag fragt nach dem histologischen Verhalten des Tumors. 

Herr Rudolf Panse -Dresden weist an der Hand eines Falles auf die 
Möglichkeit, diese Tumoren durch dauernde Ligatur zu heilen, hin. 

Herr Denker-Erlangen teilt den Standpunkt Kümmels, den Tumor nicht 
stückweise, sondern möglichst an der Basis abzutragen. Die galvanokaustische 
Schlinge gibt keine absolute Garantie, die Blutung zu verhindern. In einem Falle 
ist es Denker gelungen, mit einer hierzu konstruierten Zange nach Ablösung 
mit dem Finger den Tumor an der Basis zu entfernen. Allerdings war bier nichts 
von dem Tumor in die Schläfengrube hineingewuchert. Bei stark entwickelten 
temporalen Fortsätzen muss man seine Zuflucht zum Eingriff von aussen nehmen. 

Herr Ruprecht-Bremen empfiehlt besonders das elektrolytische Vorgehen 
mit der von ihm angegebeuen korkzieherfórmigen elektrolytischen Nadel. 

Herr Kuttner-Berlin: Das von Kuttner und Grönbeck eingeführte 
elektrolytische Verfahren hat sich auch weiter bewährt. Keine der sogenannten 
schonenden Behandlungsmethoden gibt eine durchaus sichere Gewähr gegen schwere 
Blutung. Bei.der chirurgischen Behandlung ist diejenige die beste, bei der man 
die blutenden Gefässe direkt fassen kann. Die temporäre Kiefer-Resektion scheint 
dem am meisten zu entsprechen. 

Herr Habermann-Graz berichtet von einem Fall, bei dem eine dem Tumor 
aufsitzende Rachenmandel zu einer irrigen Diagnose führte, 

Herr Jurasz-Lemberg empfiehlt die galvanokaustische Schlinge. Man hat 
keine Blutung zu befürchten, selbst bei Angiofibromen. Man muss nicht mit 
Weissglut, sondern mit Rotglut der Schlinge vorgehen. Auch die Elektrolyse ist 
zu. empfehlen. Doch kann sie nicht bei grösseren Tumoren angewendet werden; 
sie ist sehr nützlich nach Ablösung des Tumors, um den Stumpf zu vernichten. 

Herr Hansberg-Dortmund (Schlusswort): Der Tumor ergab sich bei der mikro- 
kopischen Untersuchung als zellreiches Fibrom. Hansberg ist Anhänger der 
radikalen Methode, schliesst aber gestielte Tumoren aus. Bei breitbasigen Tumoren, 
auch wenn Verwachsungen eingetreten sind, gelang die Entfernung in einer resp. 
zwei Sitzungen. 

6. Herr Manasse-Strassburg i. E.: Über Exostoren und Muko- 
cele der Stirnhöhlen. 

16 jähriger Knabe. Seit 7 Monaten Vortreibung des rechten Auges und 
Schwellung über demselben. Befund: Gegend des rechten Arcus supraorbitalis 


5i] Gesellschafts- und Kongressberichte. 195 


stark vorgetrieben durch prallen elastischen Tumor. Protrusio bulbi, Verdrängung 
des Augapfels nach unten und aussen. Augenhintergrund: Venen beiderseits 
stark gefüllt, geschlängelt, rechts mehr als links, rechte Papille ziemlich scharf 
begrenzt, aber etwas mehr gerötet als links. Physiologische Exkavation beider- 
seits deutlich. Augenhewegungen rechts nach oben behindert. Pupillen normal. 
R. S. ! 2o, L. S. *s. Punktion des Tumors’ ergibt farblose Flüssigkeit mit lebenden 
Flimmer-Epithelien. Operation in Narkose. Freiprüparieren des graublauen Tumors, 
Die &ussere Wand der Stirnhóhle zeigt sich papierdünn, teilweise zerstórt. Bei 
weiterem Präparieren entleert der Tumor sulzige Massen und wässerige Flüssigkeit. 
In der Stirnhöhle wölben sich knollige elfenbeinfarbige Massen vor, die sich median- 
wärts und nach dem Siebbein zu erstrecken. Der Arcus supraorbitalis, zu einer 
dünnen Knochenspanne verkleinert, wird entfernt. Die von der Zerebralwand der 
Stırnhöhle ausgehenden Exostosen werden entfernt. Es handelt sich also gleich- 
zeitig um Exostosen und Mukocele der Stirnhóhle. Die Exostosen sind offenbar 
das Primäre gewesen. Sie haben den Ductus nasofrontalis verschlossen und 
dadurch zur Bildung der Mukocele geführt. | 

Demonstration einer weiteren Stirnhóblen-Exostose von Wolf in Metz dem 
Vortragenden übergeben. 

Ferner Demonstration einer dritten Exostose bei einem 18jührigen Mann 
am Iofraorbitalrand, der den Bulbus nach oben verlagerte. Bei ihrer Entfernung 
wurde die Kieferhóhle eröffnet, die sich in dem Knochenwulst  hineinbuchtete. 


Dieselbe erwies sich als gesund. 


Diskussion: 

Herr von Eicken-Basel schliesst sich den Ausführungen des Vortragenden 
m bezug auf das Abhängigkeitsverhältnis von Mukocele und Exostose an. 

Herr Sturmann-Berlin: Weitere Ausführungen der Ätiologie der Mukocele. 

Herr Kretschmann-Magdeburg demonstriert eine Elfenbein-Exostose, die 
vom Siebbein ausging. 

Herr Manasse-Strassburg (Schlusswort): Bei den Exostosen handelt es 
sich häufig um jugendliche Individuen. Man muss daher an eine angeborene 
Disposition denken. 

7, Herr Zarniko-Hamburg: Turbinotomia submucosa. 

Vortragender empfiehlt für die häufigen Fälle, in denen eine störende Ver- 
grösserung einer unteren Nasenmuschel lediglich auf Vergrösserung oder abnorme 
Vorwölbung des Muschelbeines beruht, statt der ganz zu verwerfenden Abtragung 
der Muschel an ihrer Anbeftung (Turbinectomia), de submuköseResektion 
des Muschelbeins (Turbinotomia submucosa). 

Schilderung der Operation, die in folgenden Etappen ausgeführt 
wird: Senkrechter Scherenschnitte am vorderen Ende, der die Schleimhaut bis auf 
den Knochen durchtrennt; von diesem Schnitt aus Abhebeln der Schleimhaut auf 
der konvexen Seite mit einem geeigneten Elevatorium; Durchschneidung der 
Schleimhaut von innen nach aussen mit einem geknüpften Messerchen; Abhebeln 
der Schleimhaut der konkaven Seite; Abkneifen oder Abbrechen des Muschelbeins 
soweit es nötig ist, und Entfernung des losgelósten Knochenstücks; Glüttung des 
Randes und Reposition der Schleimhautlappen; Tamponade nur bei stürkerer 
Blutung (selten erforderlich). 

Die Operation bietet kleine technische Schwierigkeiten, die aber stets zu 
überwinden sind. 

Vortragender hat die Turbinotomia submucosa mit strenger Auswahl der 
Falle im Laufe der letzten beiden Jahre über dreissig Mal ausgeführt und ist mit 
den Erfolgen sehr zufrieden Er betrachtet sie in vielen Fällen als durchaus not- 
wendige Ergänzung der submukösen Septumresektion. 


Diskussion: 
Herr Winckler-Bremen hat das Verfahren von Zarniko in einem Falle 
sehr praktisch gefunden, konnte aber die Tamponade nicht entbehren. 


196 Gesellschafts- und Kongressberichte. [58 


Herr Seifert-Würzburg empfiehlt keilfórmige Resektion des Muschelgewebes 
mit dem Moureschen Messer, das für die Beseitigung der Septumleisten emp- 
fohlen ist. Wenn man bei solchen starken Hyperplasien das Muschelgewebe von 
hinten her in das Fenster des Messers hineindrüngt und die Schleimhaut mit dem 
entsprechenden Teil des knóchernen Muschelgewebes herausschneidet, so legt 
sich bei entsprechender Tamponade die obere Flüche an die untere Wunde und 
man erzielt eine Verkleinerung der Muschel ohne Störung ihrer Funktion. 

Herr Ritter-Berlin fragt, ob beim Zarnikoschen Verfahren keine Ge- 
fährdung des nasalen Endes des Tränenkanals stattfindet. 

Herr Killian-Freiburg empfiehlt für gewisse Fälle die Infraktion der unteren 
Muschel mit dem von ihm angegebenen Spekulum. 

Herr Denker-Erlangen hat auch in Fällen, wo sonst die partielle Resektion 
der unteren Muschel vorgenommen wird, die Turbinotomie versucht. Er wird über 
seine Erfahrungen weiter berichten. 

Herr Zarniko-Hamburg (Schlusswort) hat keinerlei Störungen von seiten 
des Tränennasenganges gesehen. Der Vorschlag Herrn Denkers sollte weiter 
geprüft werden. | 

8. Herr A. von Gyergyai-Klausenburg: 

a) Ein neues direktes Untersuchungsverfahren des Nasen- 
rachens und der hinteren Nasenpartie. 

Die Methode besteht darin, dass bei hängendem Kopf der weiche Gaumen nach 
vorn gezogen wird, und dadurch ein gerades Untersuchungsrohr so in den Nasen- 
rachen eingeführt werden kann, dass sein inneres Ende dem hinteren Rande des 
harten Gaumens unmittelbar anliegt. Das äussere Ende stösst dabei an die untere 
Zahnreibe. Die Untersuchung findet gewöhnlich in Lokal-Anästhesie statt. Es 
werden 4—20 mm weite und 8—10 cm lange gerade Röhren benützt, die an das 
Brüningssche Elektroskop befestigt werden. Ein Saugapparat zur Entfernung 
des Schleims ist notwendig. Zur ersten Orientierung empfiehlt es sich, ein 12—20 mm 
breites Rohr einzuführen. Alsdann kann man auch engere verwenden. Man über- 
sieht die Gegend der Rachenmandel, die Seitenwände des Nasenrachens, des Ostium 
pharyngeum der Tube, die Rosenmüllersche Grube etc. und in der Mittellinie 
den Rand des Septums. In günstigen Fällen kann man auch das hintere Ende 
und ein Stück vom unteren Rand der mittleren Muschel sowie einen Teil des 
mittleren Nasenganges überblicken. Zwischen mittlerer Muschel und Septum sieht 
man die steil aufsteigende vordere Wand der Keilbeinhöhle, davon nach vorn den 
oberen Nasengang mit der oberen Muschel. Man kann in die Tube ein Rohr von 
4—7 mm Stärke 2'!/s cm weit einführen, so dass man die Trommelfellhöhle durch 
den äusseren Gehörgang leicht sehen kann. Man kann auch bei geeigneten 
Individuen ein dünnes Rohr in den oberen Nasengang und in den Recessus spheno- 
ethmoidalis einführen. Die Technik der Untersuchungsmethode und deren Vorteile 
werden weiter ausgeführt. 

b) Derselbe: Operationen mit- dieser Methode. 

Zum operativen Vorgehen bedarf es eines Saugapparates und es empfiehlt sich 
daher, um beide Hände frei zu haben, das Rohr zu fixieren. Die starken Rohr- 
weiten eignen sich mehr zum Operieren. Gyergyai hat in letzter Zeit adenoide 
Vegetationen, hypertrophisshe Muschelenden, Choanalpolypen auf diese Weise ent- 
fernt, möchte das aber nicht für alle Fälle empfehlen. Er empfiehlt die Eröffnung, 
der Keilbeinhöhle auf diesem Wege. 


Diskussion: 

Herr Mann-Dresden hat Gelegenheit gehabt, die Untersuchungsmethode zu 
prüfen und hält sie für gewisse Fälle für ausführbar. 

9. Herr Salzburg-Dresden: Krankenvorstellung. 

1. Fall von Karzinom der Nase, der seit 10'/: Jahren rezidiv- 
frei geblieben ist. 

2. Fall von Rundzellensarkom der hinteren Larynxwand; 
Total-Exstirpation des Larynx. Heilung seit 10 Jahren. 





59) Gesellschafts- und Kongressberichte. 197 


11. Herr Möller-Hamburg: Atmokausis bei Ozäna. 

An der Hand von etwa 100 Fällen, die im Eppendorfer Krankenhause in der 
Abteilung von Thost mit dem von Pincus angegebenen Apparat behandelt wurden, 
zeigt Möller, dass die Atmokausis bei der Ozäna sehr viel leisten kann, sowohl 
allein, wie auch in Verbindung mit Methoden, die eine Verkleinerung des Nasen- 
lumens bezwenken. Zunächst wird die Nase aufs Säuberlichste mit Wasserstoff- 
superoxyd gereinigt, bis die ganze Schleimhaut frei von Borken ist. Dann 10°/c-iger 
Kokainspray. Einreiben des Naseneinganges mit 10°/ Kokain. Ausserdem Ein- 
reiben des Naseneinganges, üusserer Nase und Operlippen mit Vaselin. Dauer 
der Einwirkung des von Kondenswasser freien auf 117—118? erwürmten Dampfes 
1—8 Sekunden in jedem Nasenloch. Die günstige Einwirkung zeigte sich in Be- 
seitigung des Druckgefühls im Kopf, der Kopfschmerzen und des üblen Ge- 
ruches, Verringerung der Borkenbildung, Erleichterung der Reinigung. Die Atmo- 
kausis bat sich als nicht gefährlich gezeigt. Nur einmal wurde eine Otitis media, 
die ohne Besonderheiten verlief, beobachtet. Kindliches Alter bildet keine Kontra- 
indikation. Wassermann war überall negativ. 


12) Herr Brünings-Jena: a) Über neue diagnostische Hilfs- 
mittel und Methoden. 


Die Fenstersonde. Brünings hat hohle Oliven aus Hartmessing von ab- 
gestufter Dicke mit seitlichen scharfrandigen Fenstern als Sondenansätze anfer- 
tigen lassen, welche dazu dienen, mittelst Probeexzision die Diagnose Speiseröhren- 
karzinom zu stellen oder ein solches auszuschliessen. Das schon seit Jahren vom 
Verf. gebrauchte Instrument wurde bisher in 41 Fällen von malignem Speise-- 
röhrentumor angewendet und hat ausnahmslos beim ersten Eingehen die zur 
mikroskopischen Diagnose erforderlichen Tumorstücke heraufgebracht. Anderer- 
seits konnte durch regelmässige Ösophagoskopie bei negativem Erfolge nachge- 
wiesen werden, dass die Sonde in normaler Speiseröhre und gutartigen Stenosen 
keinerlei Verletzung hervorrufen kann. Nachteilige Folgen einer Probeexzision sind 
nicht vorgekommen. Brünings ist der Ansicht, dass die neue Methode absolut. 
sicher wirkt und auch für den endoskopisch geschulten Arzt in den meisten 
Fällen mit Vorteil die Ösophagoskopie ersetzen kann. 


2. Verbesserungen des Broncho-Elektroskops und der bronchoskopischen 
Zangen. 


Der Reflexionsspiegel des Elektroskops wurde anstelle des zentralen Loches 
mit einem durchgehenden Spalt versehen. Dadurch sind nicht nur die störenden 
Reflexe vermieden, sondern man kann jetzt Zanger und andere Instrumente von 
beliebiger Lange anwenden, da sie sich ohne weiteres durch den Spiegelspalt 
führen lassen. Die bisher gebräuchliche verlängerbare Zange von Brünings konnte 
deshalb durch ein sehr vorteilhaftes nicht verlängerbares Modell ersetzt werden, 
das bei sehr einfacher Handhabung besonders grazil und stabil ist. 


8. Anastigmatische Vergrösserungsspiegel, Spiegel mit erweitertem Gesichtsfeld. 


Die schon im Beginn der Laryngoskopie angestellten Versuche, einen Kehl- 
kopfspiegel mit Lupenvergrösserung zu konstruieren, haben bisher zu keinem 
brauchbaren Resultat geführt, weil ein schräg gestellter Hohlapiegel sehr stark: 
verzeichnet. Brünings hat nachgewiesen, dass es sich dabei um Astigmatismus 
handelt, welcher sich leicht und vollkommen dadurch beseitigen lässt, dass man 
die Vorderfläche der Spiegel zylindrisch anschleift. Diese anastigmatisch korri- 
gierten Kehlkopfspiegel, welche sich äusserlich nicht von der gewöhnlichen Form 
unterscheiden, liefern ein verzeichnungsfreies 2 bis 3 mal vergróssertes Kehlkopf- 
bild von gesteigerter Helligkeit und werden in sehr vielen Fällen den gewöhnlichen 
Planspiegel mit Vorteil ersetzen. 

Brünings hat das gleiche Korrektionsprinzip auch in umgekehrter Form 
angewendet und so einen verkleinernden Spiegel mit eutsprechend erweitertem 
Gesichtsfeld erhalten. Diese Spiegel sind besonders vorteilhaft zur Postrhinoskopie, 


198 Gesellschafts- und Kongressberichte. [60 


da sie bei gleicher Grósse die vierfache Flüche zu übersehen gestatten. — Die 
neuen Spiegeltypen werden von dem Zeisswerk in Jena fabriziert, 

4, Die Stereo-Laryngoskopie. 

Brünings, der sich schon seit Jahren mit dem Problem der binokularen 
Laryngo-Rhino-Otoskopie beecháftigt hat, erórtert die gesamten theoretischen 
Möglichkeiten, unter denen er 2 ganz neue Wege gefunden hat. In Zusammen 
arbeit mit dem Zeisswerk sind so eine Reihe von neuen Versuchskonstruktionen 
entstanden, die er zur Zeit einer gründlichen praktischen Erprobung unterwirft, 
bevor er sich für ein definitives Modell zum allgemeinen Gebrauch entscheiden wird. 

Derselbe: b) Über eine röntgenographische Darstellungs- 
methode der Nebenhöhlen und des Schläfenbeins (mit Demon- 
stration). 

Brünings bespricht zunächst die theoretisch und praktisch möglichen Ver- 

besserungen des röntgenographischen Verfahrens für Schädelaufnahmen uud weist 
dann nach, dass die stereoskopische Darstellung den weitaus grössten Fortschritt 
bedeutet, „dass sie das so schwer zu deutende Röntgenogramm des Schädels mit 
einem Schlage in ein lebensvolles, klar verständliches Bild“ verwandelt (Albers- 
Schönberg). Die Gründe, weshalb die Stereographie des Schüdels bisher nicht 
über das Versuchsstadium hinausgelangt ist, sind doppelte: Einmal existierte bis- 
her kein stereoskopischer Aufnahmeapparat, welcher die beim Kopf unerlüssliche 
Anwendung von Róhrenblenden gestattete, und zweitens war eine Verdoppelung 
der bisherigen langen Belichtungszeiten ohne Ánderung der Róhrenhürte praktisch 
undurchführbar. 
: Brünings hat diese Schwierigkeiten durch die Konstruktion eines sehr 
einfachen Stereo-Aufnahmeapparates beseitigt, bei dem sich die RKöhrenblende be- 
wegt, so dass der Lichtkreis bei der stereoskopischen Verschiebung selbsttätig auf 
die Plattenmitte eingestellt bleibt. Durch das Prinzip der Kugelflüche ist dies 
auch für jede Art von Schrágaufnahmen erreicht. Die Belichtungszeit wurde durch 
Anwendung der neuen Gehler-Folie auf 1/20 abgekürzt, so dass eine stereo- 
skopische Doppelaufnahme bei normaler Róhrenbelastung in 10 bis 15 Sekunden 
beendet ist. 

Brünings demonstriert hierauf eine Reihe stereoskopischer dorso-ventraler 
Kopfaufnabmen, auf denen das gesamte Skelett des Gesichtsschädels einschliesslich 
der Keilbeinhöhle, der Felsenbeine, der Wirbelsäule vollkommen körperlich er- 
scheint, Besprechung der klinischen Bedeutung des neuen Verfahrens. 

13. Herr Killian-Freiburg: Demonstration eines Binnen- 
spatels. . 

Für die direkte Laryngoskopie und Tracheoskopie hat Killian in verschiedenen 
Lüngen ein Instrument anfertigen lassen, das den Vorzug leichterer Ausführbar- 
keit der Untersuchung hat. Der Druck kann geringer sein als bei Anwendung 
des Róhrenspatels. Der Spatel ist im Querschnitt V-fórmig und presst in die Zunge 
eine Rinne, die direkten Einblick in den Kehlkopf ermöglicht, passt auch sehr gut 
in die vordere Kommissur, durch die er sich leicht hindurchführen lässt. Die 
Brüningssche Gegendruckmethode kann gleichzeitig am schonendsten so an- 
gewendet werden, dass der hinter dem Patienten stehende Assistent mit dem 
Finger einen Druck auf den Ringknorpel ausübt. 


Diskussion: 

Herr A. Hartmann-Berlin demonstriert einen Spatel, der sich von dem 
eben gezeigten durch konisch-ovale Form unterscheidet. Man kann mit gewöhn- 
lichem Stirnspiege! untersuchen. 

Herr Walter Hünel-Dresden: Demonstration eines Falles von Syphilis 
der Trachea an 6 tracheokopierten Bildern aus 5 Wochen langer Beobachtungs- 
zeit und an dem Obduktionspräparat. 26jähriger Mann. Wassermann positiv. 
Verengung der Trachea durch gummöse Erkrankung dicht oberhalb der Bifurkation. 
Heilung auf antisyphilische Kur, Atemnot. Durch Abtragung von Granulationen 


61] Gesellschafts- und Kongressberichte. 199 


wurde vorübergehende Besserung bewirkt. Trotz Dilatation führt die ringförmige 
Stenose zum Tode. 

14. Herr O. Kahler-Wien: Zur Kenntnis der Tracheal-.Diver- 
tikel. 

Demonstriert endoskopische Bilder von einem Tracheal- und einem Bronchial- 
divertikel. Die F&lle sind zweifellos mit dem von Hans Chiari beschriebenen 
Typus identisch und als rudimentäre überzählige Bronchien aufzufassen. Bei einem 
34jährigen Mann fand sich etwa 1 cm oberhalb der Bifurkation rechts 1!» cm 
tiefer Blindsack, bei einer 32jährigen Frau ein solcher im Anfangsteil des rechten 
Bronchus. Bronchialverzweigung in beiden Fällen normal. 

15. Herr W. Uffenorde-Göttingen: Hochgradige Schwellung 
der Tracheal- und Bronchial-Schleimhaut nach Dekanülement bei 
einem Fall von Papillom desLarynx, geheilt durch Kürettemen- 
der Schleimhaut. 

Tracheotomie beim 14jährigen Kind, dessen Kehlkopfbefund wegen starker 
Schleimabsonderung nicht festgestellt werden konnte. 8 "Tage später Entfernung 
zweier grosser Papillome der Stimmbänder durch Laryngofissur. Nach Entfernung 
der Kanüle mässiger Stridor. Im bronchoskopischen Bild ergab sich sukkulente 
Schwellung der Tracheal und Bronchialschleimhaut. Kürettement der Schleimhaut, 
das bald wesentliche Erleichteruug brachte. 

16. Herr Hegener-Heidelberg: Kin binokulares stereoskopi- 
sches Kehlkopffernrohr. 

In der deutlichen Sehweite von 25 cm kann man nur mit einem Auge das 
a, sehen, muss daher auf den Vorzug des binokularen Sehens ver- 
zichten. Ähnliches gilt von Rbinoscopia posterior und Otoskopie. Die Verkleinerung 
des Konvergenzwinkels ist nur durch optische Instrumente möglich. Will man 
zu normaler Plastik gelangen, so muss das scheinbar in die Weite gerückte Bild 
optisch herangeholt werden. Das geschieht, wenn man es durch ein Fernrohr 
gleichzeitig vergrössert. Die Vorteile der stereoskopischen binokularen Betrachtung 
sind hinreichend gross, um die Anwendung eines komplizierten Apparates, wie er 
für die stereoskopische Untersuchung notwendig ist, zu rechtfertigen. Die Ent- 
fernungs- und Tiefenschätzung wird gebessert. Ferner wird das richtige Gefühl 
für die Körperlichkeit eines Gegenstandes durch das stereoskopische Sehen er- 
leichtert. Es ist daher besonders für die Betrachtung feinerer Veränderungen im 
Larynx vom grossem Wert. Das von Hegener konstruierte Fernrohr wird des 
näheren erläutert. Die Anwendung des Kehlkopffernrohrs soll die gewöhnliche 
Untersuchungsmethode nicht ersetzen, soll sie aber in gewissen, besonders dazu 
geeigneten Fällen ergänzen. 


Diskussion: 
Herr Kümmel-Heidelberg hat Gelegenheit gehabt, das Instrument ver- 
schiedentlich zu prüfen und weist auf seine Bedeutung hin. 
17. Herr A. Kuttner-Berlin: Demonstration eines neuen (ie- 
lenkes fir Hals-, Nasen- und Ohren-Instrumente. 
Die Vorzüge dieses Gelenkes sind folgende: 
1. Es lässt sich unschwer auseinandernehmen und zusammensetzen: es lässt 
sich bequem desinfizieren und ist wenig empfindlich. 
2. Es gestattet eine grosse Kraftentfaltung. 
3. Es lässt sich für Kehlkopf-, Hals- und Ohren-Instrumente gleich gut ver- 
wenden. 
4. Der Schnabel des Instrumentes „wippt“ beim Gebrauch nicht, d. h. er 
hebt sich bei Schluss nicht von der Stelle, auf die es eingestellt ist, ab. 
18. Herr Killian-Freiburg: Über Ethmoidal-Neurose n. 
Killian fasst mit dem Ausdruck Ethmoidal-Neurosen alle diejenigen Reflex- 
neurosen zusammen, welche von dem vorderen Abschnitt der Nasenschleimhaut, d. h. 
von dem Gebiet ausgehen, das vom Nervus Ethmoideus versorgt wird. Er möchte 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H, 2. 14 


200 Gesellschafts- und Kongreseberichte. (62 


diesen Neurosen eine besondere Stellung einriumen. Es ist bekannt, dass Geruch- 
reize Reflexneurosen auslösen, doch scheinen typische und reine Fälle selten zu 
sein. Aych von dem hinteren Schleimhautgebiet der Nase, dem Bezirk der Nervi 
nasales posteriores scheint selten eine Reflex-Neurose auszugehen. Selbstverständlich 
ist eine genauere Kenntnis der anatomischen und physiologischen Verhältnisse not- 
wendig. Diese werden näher an der Hand von Tafeln ausgeführt. Zunächst be- 
tont Killian, dass chemische und mechanische Reize die Kthmoidalregion als 
besonders exponierte treffen und zwar bei unserer Lebensform ganz besonders in 
geschlossenen Räumen. Auch kommt die starke Staubentwickelung in grösseren 
Städten in Betracht. Gröbere Staubteile werden am Naseneingang zurückgehalten, 
andere folgen der Atmungsluft und steigen gegen die mittlere Muschel empor, 
wie man sich leicht bei Kranken, die im Staub gearbeitet haben, überzeugen kann; 
auch experimentell lässt sich derartiges nachweisen. Die fortgesetzte Einwirkung 
verunreinigter Luft bedingt kontinuierlichen Reiz der sensiblen Nervenendigungen, 
eine Hyperüsthesie. Diese ist die Grundlage und der Ausgangspunkt jeder Art 
von Reflex-Neurose Um sich ein richtiges Urteil zu bilden, sind Sensibilitäts- 
prüfungen notwendig. Es empfieblt sich einen mit Watte armierten Sondenkopf 
zu benutzen, um einen Schwellenwert der Reizbarkeit festzustellen. Killian 
hat im Bereiche der ethmoidalen Nerven häufig Überempfindlichkeit festgestellt. 
Der Grad der Hyperästhesie lässt sich auf zweierlei Weise feststellen. 1. Durch 
subjektive Angaben, befreffs des Grades des Juck- und Schmerzgefühls, 2. durch 
die objektiv wahrnehmbaren Folgeerscheinungen der Reize, deren klinische Be- 
deutung verschieden ist. Killian unterscheidet lokale, regionäre und Fernwirkung 
der Reize. Die lokalen Reflexerscheinungen bestehen in Hyperämie und Hyper- 
sekretion der Nasenschleimhaut im Gebiet der Reizstelle und darüber hinaus. 
Dabei werden Irridationen auf die äussere Haut etc. beobachtet. Als regionäre 
Folgeerscheinungen der Reizung betrachtet Killian Empfindungen des Juckreizes 
im inneren Augenwinkel, an den inneren Teilen der Augenlider, der Konjunktiva 
und Caruncula lacrimalis, und Hyperümie der Conjunktiva sowie Trünensekretion. 
Unter den Fernwirkungen kommt in Betracht erstens der Nasenhusten, der ste!s 
als pathologischer Reflex zu bezeichnen ist. Eine gewisse Ähnlichkeit damit hat 
das Niesen. Es handelt sich ebenso wie beim Husten auch hier um einen Reflex, 
bei dem der Vagus in Betracht kommt. Auch der Zwerchfellsnerv ist beteiligt. 
Der letzgenannten Gruppe vou Erscheinungen (Husten, Niesen) reiht sich der 
Asthmaanfall an. Dieser ist von der Nasenschleimbaut aus nur dann auszulösen, 
wenn die asthmatische Neurose schon ausgebildet ist. Auch die Herztätigkeit er- 
leidet eine reflektorische Beeinflussung von der Nase aus, wovon Killian einen 
eklatanten Fall bei einem Säugling beobachtete. Das Wesen der Ethmoidal-Neu- 
rosen sieht nun Killian darin, dass durch eine Summation der Reize, wie sie 
im tüglichen Leben sich ergibt, neuere und stürkere Reflexe hervorgerufen werden, 
deren stórendes Hervortreten als Neurose angesprochen werden kann. Jedoch soll 
nicht geleugnet werden, dass es auch Fülle von nasalem Astma gibt, die nicht 
von dem Gebiet des Ethmoideus ausgehen. Auf diese Voraussetzungen baut sich 
die Therapie. Die Luftstrómung durch die Nase muss frei gemacht werden, da 
sich in engen Nasen die Staubteilchen viel mehr ansammeln. Es ist deshalb beim 
Asthma alles zu beseitigen, was die Nasenatmung stórt. Ferner wird die Átzung 
bestimmter Punkte der Nasenschleimhaut gute Dienste leisten. Kommt man mit 
dieser Therapie nicht zum Ziel, so bleibt die Unterbrechung der Reflexbahn übrig. 
Bei Ethmoidal-Neurosen kann man den Stamm des Nervus Ethmoidalis leicht in 
in der Orbita erreichen und durchtrennen, wie schon früher von Eugen Yonge 
und Neumayer und Blos geschehen. Die Technik des Verfahrens wird näher 
beschrieben. Killians Erfahrung erstreckt sich bis jetzt nur auf einen einzigen Fall. 


Diskussion. 
Herr A. Rosenberg-Berlin: Das Gebiet der Reflex-Neurosen ist nicht einzig 
und allein auf das Ethmoidalgebiet zu beschränken, wie einige Fälle, die Rosen- 
berg anführt, zeigen. 


63] Gesellschafts- und Kongrossberichte. 2)] 


Herr Neu may er-München berichtet von zwei schweren Fällen von nasalem 
Asthma, die er vor zwei Jahren durch Resektion des Nervus ethmoidalis bobandelt 
hat, und zwar mit gutem Erfolge. Bei einem dritten Falle, der vor einem halben 
Jahre operiert wurde, war der Erfolg nicht so ausgesprochen. Neumayer hat 
auch Untersuchungen über das Verhalten der Sensibilität im Innern der Nase und 
nach aussen gemacht, nach Resektion des Ethmoidalis und eine Herabsetzung der 
Sensibilität feststellen können. 

Herr Bönninghaus-Breslau weist auf die Neuralgie des Nervus ethmoidalis 
hin und gibt bestimmte Druckpunkte bei derselben an. 

Herr Aronson-Bad Ems-Nizza erinnert an seine experimentellen Unter- 
suchungen zur Physiologie des Geruches. Er hält das Tuberkulum septi für das 
am meisten hyperästhotische Gebiet der Nase. 

Herr Hartmann-Berlin weist auf den Wert der einfachen Kokainisierung 
der Nasenschleimhaut hin. Auch er hat Reflexneurosen gesehen, welche von den 
hinteren Teilen der Nase ausgingen. | 

Herr Killian-Freiburg (Schlusswort): Die Diekussion hat bestätigt, dass 
tatsächlich das vordere Gebiet der Nasenschleimhaut vorwiegend Reflexneurvsen 
auslöst. Eine genaue Trennung der verschiedenen Nervengebiete der Nase ist er- 
forderlich. 

19. Herr Hugo Stern- Wien: Die Bedeutung des sogenannten 
primären Tons für die Stimmbildung. 

Unter primärem Ton im physiologischen Sinne ist der von den schwingenden 
Stimmlippen erzeugie Ton, d. i. der reine Kehlkopfton, zu verstehen, wie man ihn 
z. B. am ausgeschnittenen Kehlkopf hören kann. Es ist ein dünner, zarter Ton, 
weit verschieden von dem aus der Mundhöhle heraustretenden Stimmklang. Das, 
was von Seiten der Gesangspüdagogen als primáürer Ton bezeichnet wird, ist etwas 
hiervon verschiedenes. Gutzmann schlügt vor, diesen Ton als primüren Gesang- 
ton zu bezeichnen, wodurch Verwechselungen vorgebeugt würde. Stern ist der 
Ansicht, dass im richtigen Hóren nicht allein der Massstab für die Bildung des 
primáren Gesangtons zu suchen sein soll. Vielmehr móchte er auf Grund eigner 
Erfahrung auch dem Muskelgefühl des Süngers resp. seinem Muskelgedüchtnis 
grosse Bedeutung beimessen: Stern kommt nach Zitierung ‘einer Reihe von 
Autoritáten zum Schlusse: Der primüre Ton ist jener Ton, von dem eine richtige 
systematische Stimmentwickelung auszugehen hat. Er ist der Ton, der bei zweck- 
mässiger Inanspruchnahme der Atmung und der Funktion der Stimmlippen durch 
ein richtiges Format des Ansatzrohres und die zweckdienlichste Stellung des Larynx 
eine möglichst starke Resonnanz (Schallreflextion) im Ansatzrohr hervorruft und 
durch seine Fessellosigkeit und richtige Führung den Kehlkopf entlastet und 
periphere Teile belastet. Es ist schliesslich der Ton, der sich dem Muskelgefühl 
und Muskelgedächtnis des Sängers einprägt und der eine möglichst grosse und 
weite Verschmelzung von Brustton und Kopfton, also eine Register ausgleichendo 
Wirkung, zur Folge hat. 

20. Herr Nadoleczny-München: Beobachtungen an Gesang- 
schülern. 

Nadoleczny weist zunächst auf die Bedeutung der Resonnanzstérung in- 
folge von Veränderung der Nase hin, deren Beseitigung von ausserordentlicher 
Wichtigkeit ist, wiübrend er den Verdickungen der Seitenstránge nicht so viel 
Bedeutung beilegen möchte, wie ihnen häufig zugeschrieben wird. Die von Im- 
hofer gemachte Beobachtung von akuter Stimmermüdung mit anfänglichen Defekten 
einzelner Töne konnte Nadoleczny bestätigen. Er sah ferner bei 14 Sängern 
und Sängerinnen, die noch nicht fertig ausgebildet waren, Störungen. Es handelte 
sich dabei um Kratzen im Hals, Hustenreiz, Schmerzen nach oder beim Singen, 
Druckgefühl und Ermüdung. Es ergibt sich bei diesen Füllen häufig eine Schwierig- 
keit der Stimmbildung innerhalb bestimmter Lagen. Man muss die 'Tongebung 
innerhalb des Gesamttonbereiches mlt verschiedener Vokalisation selbst prüfen. 
Auch muss auf Fehler der Atmung und Artikulation geachtet werden. Die pneumo- 


]4* 


202 Gesellschafts- und Kongressberichte. [64 


graphischen Aufnahmen zeigten, dass die von Gutzmann festgestellte typische 
Atemkurve bei diesen Stimmstörungen verloren ging, Am häufigsten war ein zu 
rasches Absinken der Bauchkurve, seltener das der Brustkurve. Nadoleczny 
hat bei diesen Stimmstörungen auch auf das Verhalten der Kehlkopfatellung ge- 
achtet und dabei gefundeu, dass der Kehlkopf mit steigender Tonhöhe nach oben 
geht. Auch sonst hat er bemerkt, dass bei Indispositionen der Kehlkopf aufstieg, 
während nach deren Abklingen die normale Bewegung nach unten eintrat. Er 
sieht also in der Palpation des Kehlkopfes ein diagnostisches Hilfsmittel. Nado. 
leczny führt weiter aus, dass das, was man durch Beobachtung der Singstimmen 
herausanalysiert, mehr Wert für den Gesanglehrer als für den Gesangschüler hat. 
Er warnt davor, durch bewusste Übertreibung der einen oder anderen Atmungs- 
form und durch Übertreiben auf Seiten des Singenden diesen zu einer Steifheit 
des Körpers zu veranlassen, welche für das Allgemeinbefinden sowohl wie für 
den Gesang nachteilig sind. Er legt auf das psychische Moment bei den Gec- 
sangsübungen grossen Wert. | 
Diskussion: 

Herr Gutzmann-Berlin. 

21. Herr Imhofer-Prag: DieVeründerungen der oberen Luft- 
wege in Schwangerschaft, Geburt und Wochenbett. 

Imhofer kommt zu folgenden Schlussfolgerungeu: 

Es ist zweifellos, dass während der Gravidität und im Wochenbette Schwellungs- 
zustánde in den oberen Luftwegen und zwar in Nase und Larynx, in letzterem 
mit besonderer Prüdilektion der Hinterwand vorkommen. 

Diese Schwellungen bilden sich im Wochenbette allmühlich wieder zurück 
und zwar scheint hierbei die Dauer der Rückenlage von Einfluss zu sein. 

Wührend der Geburt selbst verhalten sich die oberen Luftwege ganz in- 
different, nur bei lange dauernden, schweren Geburten kann es zur Hyperümie 
und Stauung im Kehlkopfe kommen. 

Es liegt durchaus kein Anhaltspunkt dafür vor, die Schwellungen der Larynx- 
hinterwand trotz ihrer Ähnlichkeit mit tuberkulösen Infiltraten als durch Tuber- 
kulose bedingt, oder als ein für dieselbe prädisponierendes Moment anzusehen. 

Blutungen in den oberen Luftwegen während der Schwangerschaft und während, 
resp. kurz nach der Geburt, kommen vor, sind aber durchaus nicht so häufig, als 
in der Literatur angenommen wird. 

Sehr selten sind mit Sicherheit auf Gravidität zu beziehende Paresen der 
Kehlkopfmuskulatur. 

Die pratische Bedeutung dieser Befunde liegt darin, dass bei schon vor- 
handener Verengung des Larynx (es kommen hier vor allem tuberkulöse Infiltrate 
in Betracht) eine bedrohliche Zunahme derselben in der Schwangerschaft sich er- 
geben könnte, doch ist in praxi diese Gefahr als nicht sehr bedeutend anzusehen, 
viel wichtiger ist in praktischer Hinsicht die Möglichkeit diagnostischer Irrtümer, 
besonders der Verwechselung mit Tuberkulose. 

Die Veränderungen der oberen Luftwege in Schwangerschaft, Geburt und 


Wochenbett lassen sich durch rein mechanische Verhältnisse ungezwungen er- 
klären. 


VI. Kongresse und Vereine. 





Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte, Königsberg 
18—24 Sept. 1910. 
Sektion für Laryngologie und Rhinologie. 


Flatau, Berlin: Chirurg. und funktionelle Bebandlung der Stimmlippen- 
knótchen mit besonderer Berücksichtigung der Frage der Berufsschüdigung. 


05] Kongresse und Véreine. AB 


Blumenfeld, Wiesbaden: Zur pathologischen Anatomie der Stimmlippe. 

Jaques Joseph, Berlin: Uber Nasenkorrekturen. 

Saenger, Magdeburg: Die Beziehungen zwischen Nasenerkrankungen und 
Summstórungen. 

Réthi, Wien: Thema vorbehalten. 

v. z Mühlen, Riga: Zur Diagnosenstellung der Stirnhóhleneiterung. 

Max Senator, Berlin: Thema vorbehalten. 

Ruprecht, Bremen: Die allgemeine Narkose bei Mandeloperationen. 

A. Thost, Hamburg: Über die Anwendung der Anilinfarben in der Rhino- 
Larypgologie. 

Gluck, Berlin: Thema vorbehalten. 

Jurasz, Lemberg: Thema vorbehalten. 

Freese, Halle a. S.: Thema vorbehalten. 

Zarniko, Hamburg: Thema vorbehalten. 

Grünwald, München: Thema vobehalten. 

Winckler, Bremen: Bewertung der Röntgenbilder bei Nebenhöhlener- 
krankungen. 

Uffenorde, Göttingen: Orbitale Komplikationen den Nebenhöhlenent- 
zündungen. 

Katzenstein, Berlin: Über Brust- und Falsettstimme. 

Hajek, Wien: Thema vorbebalten. 

Gerber, Königsberg: 1. Über Spirochäten in den oberen Luftwegen. 2. Das 
Schicksal der ostpreussischen Skleromkranken. 

Cohn, Königsberg: Die oberen Luftwege bei den Leprösen im Memeler 
Lepraheim. 

Kafemann, Königsberg: Über die Verwendungsmöglichkeiten der Elektro- 
lyse im Anschluss an einen geheilten Fall von Epithelkarzinom der Basis cranii 
mit Demonstrationen. 

Brieger, Breslau: Thema vorbehalten. 

Hoffmann, Dresden: Über anatomische Verhältnisse welche bei der Uber- 
leitung von Entzündungen aus den Nebenhöhlen der Nase auf die Orbita wichtig 
sind. (Demonstrationen mit Epidiaskop.) 

Verpflegungsloka!: Theaterrestaurant. 


III. Internationaler Laryngo-Rhinologen-Kongress. 
Berlin 30. August bis 2. September 1911. 
Herrenhaus, Leipzigerstrasse 3. 


Hochgeehrter Herr Kollege! 


Nach dem einstimmigen Beschluss des Internationalen Laryngo:Rhinologen- 
Kongresses in Wien vom 25. April 1908 sollte der nächste Internationale Laryngo- 
Rhinologen-Kongress nach einigen Jahren in einer erst später zu bestimmenden 
Stadt abgehalten werden. Gleichzeitig wurde ein internationales Komitee ein- 
gesetzt, um die Vorbereitungen dafür zu treffen. 

In das Komitee. dem das Recht zugestanden wurde, durch Kooptirung neue 
Mitglieder heranzuziehen, wurden folgende Herren gewählt: Chiari (Österreich), 
B. Fränkel (Deutschland), Semon (England), Hellat (Russland), Moure 
(Frankreich), Massei (Italien) und Lefferts (Vereinigte Staaten von Nord- 
amerika). 

Gelegentlich des XVI. Internationalen Medizinischen Kongresses in Budapest 
1909 trat dieses Komitee zusammen. Semon hatte seinen Rücktritt angezeigt 
und an seine Stelle ist Dundas Grant getreten. Für die abwesenden Herren 
Frankel, Hellat und Lefferts traten ein: P. Heymann (Berlin), Lubliner 
(Warschau) und Gleitsmann (New-York). Kooptirt wurde Herr Dr. Finder, 


204 Kongresse und Vereine. [66 


der Herausgeber des Internationalen Zentralblattes und ihm das Amt des Schrift- 
führers des Komitees übertragen. 

Einer Anregung Masseis folgend wurde mit Rücksicht darauf, dass schon 
im Jabre 1880 in Mailand ein Internationaler Laryngo-Hhinologen-Kongress statt- 
gefunden hatte, beschlossen, den nächsten Kongress als III. Internationalen 
Laryngo-Rhinologen Kongress zu bezeichnen. 

Die Entscheidung über Ort und Zeit dieses Kpngresses wurde einem. engeren 
Komitee, bestehend aus den Herren: O. Chiari, als Prüsidenten, B. Frünkel, 
Dundas Grant und Moure, übertragen. Da ersterer aber die Stimmen aller 
Mitglieder des Internationalen Komitees hören wollte, so sandte er an alle ein 
Rundschreiben. Es ergab sich als Komiteebeschluss. dass der III. Internationale 
Laryngo-Rhinologenkongress 1911 in Berlin tagen soll. 

Herr Fränkel, dem das Präsidium des Kongresses übertragen — teilte 
Chiari darauf bereits am 22. Oktober 1909 mit, dass er die Wahl Berlins als 
eine hohe Auszeichnung betrachte und dafür sorgen würde, dass die Einladung 
zu dem Kongress von den beteiligten Faktoren in aller Form erfolgen würde. 

Herr Fränkel, als Vorsitzender, hat dann den Gesamtvorstand der Laryn- 
gologischen Gesellschaft zu Berlin als Exekutivkomitee für den Kongress 
einberufen. Dieses Komitee hat Herrn Finder, als Schriftführer des inter- 
nationalen Komitees und Herrn B. Baginsky cooptirt und sich durch Kooptation 
einer Anzahl nahmhafter Laryngologen aus allen Teilen Deutschlands erweitert. 

Es hat beschlossen, ein Ehrenkomitee zu bilden; die Namen der in dasselbe 
eingetreteuen Heeren sowie der Mitglieder des Exkutivkomitees sind im Anhang 
angegeben. Weiter hat es beschlossen, dass der Kongress am 30. und 3l. 
August und 1. und 2. September im Herrenhause, das uns von dem Präsi- 
denten, Freiherrn v. Manteuffel, freundlichst zur Verfügung gestellt worden 
ist, tagen soll. 

Von einer allgemeinen Ausstellung soll abgesehen werden, dagegen soll 
die Entwickelung und der heutige Stand einiger luryngo-rhinologischer Sonder- 
gebiete in einer Ausstellung illustriert werden; es sind dafür in Aussicht ge- 
nemmen: die experimentelle Phonetik und die Broncho- und Ösophagoskopie. 

Nach den Besrhlüssen des internationalen Komitees sind die offiziellen 
Kongresssprachen Deutsch, Englisch und Französisch und die Themata für die 
Referate folgende: 

. I. Die Beziehungen der experimentellen Phonetik zur Laryngologie, 

Referenten: Gutzmann (Berlin), Struy ken (Breda). 

II. Bronchoskopie und Osophagoskopie, Indikation und Kontrainin- 
dikationen. 
Keferenten: Killian (Freiburg), Kahler (Wien), Chevalier Jackson 
(Pittsburg). 

III. Der Lymphapparat der Nase und des Nasenrachenraums in seiner 
Beziehung zum übrigen Körper. 
Referenten: Broeckaert (Gent), Poli (Genua), Logan Turner 
(Edinburg). 

IV. Die sogenannten fibrósen Nasenrachenpolypen; Ort und Art ihrer 
Insertion. 
Referenten: Jacques (Nancy), Hellat (Petersburg). 

Ausser den Referaten kommen die von den Mitgliedern angemeldelen Vor- 
träge zur Verhandlung. 

Wir beehren uns, Sie zur Teilnahme an dem Kongress einzuladen, und 
bitten Sie, die Anmeldung ilrer Mitgliedschaft sowie Ihres Vortrags mit Angabe 
des Titels bei Herrn Prof. Rosenberg, Berlin N. W. Schiffbauerdamm 26 be- 
wirken zu wollen. 

Der Beitrag zu den Kosten des Kongresses beträgt 25 Mark. Dieser Beitrag 
ist an Herrn Geheimrat Dr. Schötz, Berlin W. Kurfüstendamm 22 durch Post- 
anweisung einzusenden, der seinerzeit in Berlin gegen Vorzeigung der Quittung 


67] Kongresse und Vereine. 205 


die Mitgliedskarte ausstellen wird. Ebenda werden die Damenkarten — im Preise 
von 10 Mark — ausgefolgt werden. 


Anmeldungen zur Ausstellung sind zu richten an Herrn Geheimrat Prof. 
Hey mann, Berlin W. Lützowstrasse 60. 


Berlin, August 1910. 


B. Frünkel A. Rosenberg 
Vorsitzender Schriftführer 


Ehrenkomitee des III. Internationalen Laryngo-Rhinologen- 
Kongresses Berlin 1911. 


Sr. Exzellenz, der Herr Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- 
angelegenheiten v. Trott zu Solz. 

Wirklicher Geheimer Ober-Regierungsrat, Herr Ministerialdirektor Dr. 
Naumann. 

Wirklicher Geheimer Ober-Regierungsrat, Herr Dr. Schmidt. 

Wirklicher Geheimer Ober-Medizinalrat, Herr Prof. Dr. Schmidtmann. 

Geheimer Ober-Medizinalrat, Herr Prof. Dr. Kirchner. 

Geheimer Ober-Medizinalrat, Herr Prof. Dr. Dietrich. 

Geheimer Medizinalrat, Herr Dr. Abel. 

Sr. Exzellenz, Generalstabsarzt der Armee, Herr Prof. Dr. v. Schjerning. 

Sr. Exzellenz, Herr Staatssekretär des Innern Dr. Delbrück. 

Wirklicher Geheimer Ober-Regierungsrat, Herr Präsident Dr. Bumm. 

Herr Oberbürgermeister Kirschner. 

Herr Stadtrat, Geheimrat Dr. Strassmann. 

Herr Geheimer Medizinalrat Prof. Dr. Waldeyer. 

Herr Generalkonsul Eugen Landau. 

Sr. Exzellenz, Wirklichher Geheimer Rat, Landesdirektor v. Manteuffel, 
Prüsident des Herrenhauses. 

Sr. Exzellenz, Generalintendant der Königl. Schauspiele, Herr Graf von 
Hülsen-H üseler. 

Sr. Exzellenz, Herr Kammerherr Baron v. d. Knesebeck. 

Vorsitzender der Arztekammer, Herr Geheimrat Dr. Stöter. 


Exekutivkomitee des III. Internationalen Laryngo-Rhinologen- 
Kongresses Berlin 1911. 


Die mit * versehenen Berliner Herren bilden den Arbeitsausschuss. 
*Herr Geheimer Medizinalrat Prof. Dr. B. Frünkel, Vorsitzender. 


*Herr Generalarzt Dr. Landgraf I 
*Herr Geheimrat Prof. Dr. P. Heymann \ stellvertretende Vorsitzende. 


*Rerr Prof. Dr. A. Rosenberg, Schriftführer. 
*Herr Prof. Dr. Grabower, stellvertretender Schriftführer. 
‘Herr Geheimrat Dr. Schótz, Schatzmeister. 
*Herr Prof. Dr. A. Kuttner. 

*Herr Geheimrat Dr. Schwabach. 

*Herr Prof. Dr. Gutzmann. 

*Herr Prof. Dr. Baginsky. 

*Herr Prof. Dr Finder. 

*Herr Sanitätsrat Dr. Musehold. 

*Herr Sanititsrat Dr. Hoffmann. 

Herr Prof. Dr. Killian, Freiburg. 

Herr Prof. Dr. Spiess, Frankfurt a. M. 

Herr Dr. Blamenfeld, Wiesbaden. 


ONG Personalia. (68 


Herr Sanitätsrat Dr. Hansberg, Dortmund. 
Herr Prof. Dr. Seifert, Würzburg. 

Herr Prof. Dr. Neumayer, München. 

Herr Prof. Dr. Manasse, Strassburg. 

Herr Dr. Winckler, Bremen. 

Herr Sanitätsrat Dr. Thost, Hamburg. 
Herr Prof. Dr. Friedrich, Kiel. 

Herr Prof. Gerber, Königsberg. 

Herr Prof. Hinsberg, Breslau. 

Herr Prof. Dr. Freese, Halle. 

Herr Dr. R. Hoffmann, Dresden. 

Herr Staatsrat Geheimrat Prof. Dr. v. Bruns, Tübingen. 


VI. Personalia. 





Die Herren Ferreri-Rom und Gradenigo-Turin sind zu ordentlichen 
Professoren ernannt worden. 

Herr von Lénart hat sich in Budapest für Laryngologie habilitiert. 

In Budapest wurde eine neue Klinik für Hals- und Nasenkranke gegründet; 
zu ihrem Leiter ist Herr Professor e. o. Dr. Onodi ernannt worden. 

Herr Dr. Chauveau in Paris, der Herausgeber des Archives internationales 
de Lar. etc. ist zum Senator des Départements Cóte-d'or (Bezirk Beaume) gewühlt. 

Herr Dr. G. Finder in Berlin ist der Titel Professor verliehen. 


Augenstórungen bei Erkrankungen der Neben- 
hóhlen der Nase. 


(Ein kasuistischer Beitrag.) 


Von 


Prof. Dr. 0. Frankenberger, 
Vorstand des k. k. böhmischen Universitäts-Instituts für Laryngologie 
und Rhinologie in Prag. 


Die Beziehungen zwischen der Nasenhöhle und deren Neben- 
höhlen einerseits, der Augenhöhle und dem Sehorgane andererseits 
sind längst bekannt. Wir wissen, dass die Entzündung der Nasen- 
schleimhaut, sowohl die einfache katarrhalische, als die fibrinöse, 
pseudomembranöse, per continuitatem auf den Tränenkanal, den 
Tränensack und weiter auf die Bindehaut übergehen kann, dass in- 
folge Verschlusses der Mündung des Tránenkanals im unteren Nasen- ` 
gang bei akuter oder chronischer Schwellung der Schleimhaut Epi- 
phora entstehen kann, die Erkrankung einer Nebenhöhle, insbesondere 
Geschwülste und eiterige Entzündungen, durch die dünne Scheidewand, 
welche manchmal die Nebenhóhle von der Augenhöhle trennt, sich 
in die Orbita ausbreiten, zu Periostitis oder Orbitalphlegmone führen, 
aus je nach der Nebenhóhle, von welcher der Prozess ausgeht, den 
Augapfel in verschiedener Richtung verdrängen und dessen Beweg- 
lichkeit stören kann. Die durch Erkrankungen der einzelnen Neben- 
höhlen bedingten Infiltrate haben ihre Prädilektionsstellen, welche die 
Richtung, nach der der Bulbus verdrängt wird, bestimmen.  Breitet 
sich ein Stirnhöhlenempyem in die Orbita aus, so entsteht gewöhnlich 
ein Orbitalabszess an der inneren oberen Wand der vorderen Orbital- 
hälfte, der Bulbus wird nach aussen und unten verdrängt, und, wenn 
sich der Abszess nach aussen öffnet, so entsteht eine Fistel im inneren 
Teile des oberen Augenlides. Bei Eiterungen des Siebbeinlabyrinths 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. Ill, H. 3. 15 


208 O. Frankenberger. [2 


entwickeln sich Orbitalabszesse gewóhnlich an der Innenwand und 
im hinteren Teile der Orbita, weshalb der Augapfel nach aussen und 
vorne verdrängt wird. 


Entwickelt sich ein Orbitalabszess beim Empyem der Keilbein- 
höhle, so entsteht ein Retrobulbärabszess, welcher den Bulbus nach 
vorne drängt, also Protrusion des Bulbus oder Exophthalmus erzeugt. 
Das Empyem der Kieferhöhle führt selten zu Orbitalabszessen, wenn 
ja, dann wird der Bulbus nach oben und innen verdrängt. Von dieser 
Regel gibt es aber viele Ausnahmen, welche teils durch eine abnorme 
Erweiterung der Nebenhöhle in einer gewissen Richtung bedingt 
werden, teils dadurch, dass der an der typischen Stelle entstandene 
Orbitalabszess bei seiner weiteren Ausbreitung später an einer von 
dem Ursprungsorte entfernten Stelle seine grösste Entwickelung er- 
reicht. So kann bei einem Stirnhöhlenempyem, wenn sich diese 
Höhle weit in die Schläfengegend hinein ausbuchtet, der Orbitalabszess 
sich an der oberen äusseren Orbitalwand entwickeln, und eine Ent- 
zündung der Tränendrüse vortäuschen; besitzt die Stirnhöhle nach 
hinten eine weite Bucht, so kann ein Retrobulbärabszess entstehen 
und der Augapfel nach vorne gedrängt werden. 


Aus dieser Verdrängung des Bulbus resultieren dann sekundär 
funktionelle Störungen: die Bewegung des Bulbus wird beeinträchtigt 
und es entsteht Doppelsehen. Die Papille pflegt dabei ganz normal 
zu sein, nur bei bedeutender Dislokation des Bulbus lässt sich oph- 
thalmoskopisch eine leichte Hyperämie und eine etwas weniger scharfe 
Umgrenzung der Papille nachweisen. 


Wir haben Gelegenheit gehabt, einige derartige Fälle zu beobachten 
und zu behandeln, von denen ich jedoch nur drei anzuführen 
mir erlauben will. Alle wurden uns von der Augenklinik Deyl zuge- 
wiesen, woselbst sie wegen verschiedener Augenstörungen Hilfe suchten. 
Es ist mir eine angehme Pflicht, Herrn Prof. Deyl auch an dieser 
Stelle meinen besten Dank auszusprechen. 


I. Der erste, verhältnismässig einfache Fall betrifft einen 37 jährigen Postbe- 
diensteten aus Sch., K. welcher am 21. 1V. 1910 unter Prot.-Nr. 1174 aufgenommen 
wurde. Vater starb an Hirnschlag, Mutter an Gehirnentzündung. Patient selbst 
war in seiner Jugend stets gesund, in seinem 19. Jahre hatte er geschwollenen 
Hals, so dass er nicht sprechen konnte. Seit etwa 5 Monaten sieht er mit dem 
linken Auge weniger gut und beim Sehen auf die Seite sieht er alles doppelt. 
Seit 2 Tagen leichte Heiserkeit. Häufiger Kopfschmerz und Schnupfen. 

Somatischer Befund: Über der Lunge hier und da, besonders hinten, 
leichtes Pfeifen. Herzaktion regelmässig, die Herztöne etwas dumpf. Sonst 
nichts Pathologisches. 

Der linke Bulbus etwas nach aussen verdrüngt, seine Bewegungen richtig, 
nur bei Bewegungen nach rechts bleibt derselbe etwas zurück. Bei direktem 


3] Augenstórungen bei Erkrankungen der Nebenhóhlen der Nase. 209 


Sehen sieht Patient gut, schaut er dagegen nach rechts oder links, so sieht er 
doppelt. Ophthalmoskopisch ist keine Veränderung nachzuweisen. 

Vordere Rhinoskopie: Septum etwas nach links deviiert, rechte Nasen- 
höhle etwas weiter als die linke. Am Septum, an der Basis und den Nasen- 
muscheln etwas eingetrocknetes Sekret, links ebenfalls, besonders zwischen unterer 
Muschel und Septum. Im linken mittleren Nasengang eine auffallend grosse 
Bulla ethmoidalis. 

Hintere Rhinoskopie: Die hinteren Enden der unteren und mittleren 
Muscheln bypertrophisch, auf denselben und im Kavum reichlich eiteriges Sekret. 

Im Kehlkopf Schleimhaut etwas hyperämisch. Bei der Durchleuchtung er- 
scheinen beide Oberkieferhöhlen gleichmässig durchleuchtet. 

Beide Antra wurden unter den unteren Nasenmuscheln angebohrt, jedoch 
kein Eiter entleert. 2. V. 1910. Mit Hajeks Haken wird die linke Bulla 
ethmoidalis geöffnet, und die Öffnung erweitert. Dabei entleert sich eine reich- 
liche Menge stinkenden Eiters. Die Höhle wird mit physiologischer Lösung aus- 
gespült. 

3. V. 1910. Mit Hajeks Haken und Stanze werden die vorderen Ethmoidal- 
zellen geöffnet, wobei jedoch kein Eiter zum Vorschein kommt. 

9. V. 1910. Patient hatte vier Tage Halsschmerzen, kommt deshalb erst 
heute wieder in die Ordination. Die Diplopie ist völlig verschwunden, die Ver- 
drängung des linken Bulbus bedeutend geringer, wenn auch noch bemerkbar. In 
der Nase kein Eiter. 

17. V. 1910. Patient sieht gut, Verdrängung des linken Bulbus unbe- 
deutend. Im mittleren Nasengang etwas schleimiges Sekret. Kopfschmerzen 
vollkommen verschwunden. 

Der Patient lässt sich nicht länger halten, und da er mit seinem Zustande 
zufrieden ist, fährt er nach Hause !). 


Es handelte sich also in diesem Falle um ein geschlossenes Em- 
pyem der linken Bulla ethmoidalis, durch welches die knócherne 
Wand derselben sowohl nach innen gegen die Nasenhóhle, als auch 
nach aussen gegen die Orbita ausgebuchtet und hier der Augapfel 
nach aussen gedrängt und die Funktion des Musc. rectus int. beein- 
tráchtigt wurde. Beide Symptome schwanden bald nach Eroffnung 
des Empyems und Entleerung des Eiters bis auf einen unbedeutenden 
Rest der Verdrángung. 


Der zweite Fall betrifft den 16jährigen Ch. J., Holzschnitzerlehrling aus P. 
Eltern und Geschwister sind gesund. Seit 4 Tagen bemerkt Patient eine Ge- 
schwulst am rechten Auge, weshalb er am 11. I. 1910 die Augenklinik des 
Herrn Professor Deyl aufsuchte, von wo er in unsere Ambulanz geschickt wurde. 
Stat. praesens: Patient blass, Lungen und Herz ohne pathologischen 
Befund. Beide rechtsseitigen Augenlider stark geschwollen, so dass der Patient 
das Auge nicht öffnen kann. Das Ödem reicht nach innen bis auf die Nasen- 
wurzel. Bei Druck auf die rechte Seite der Nasenwurzel und auf die innere 
Partie des rechten oberen Augenlides wird Schmerz angegeben. Über dem Margo 
supraorbitalis hört der Schmerz vollständig auf. 


1) Patient wurde in der Wochenversammlung des Vereins bóhmischer Árzte 
am 23. V. 1910 vorgestellt. 
15* 


210 O. Frankenberger. [4 


Im Urin etwas Eiweiss. 


Vordere Rhinoskopie: Septum symmetrisch, rechte mittlere Nasen- 
muschel etwas hypertrophisch, auf derselben etwas schleimig-eiteriges Sekret. Bei 
der hinteren Rhinoskopie nichts Pathologisches. 


In Rachen und Kehlkopf nichts. 


Es wird der Sondermannsche Saugapparat mit Olivenansätzen angesetzt, 
jedoch kein Sekret ausgesaugt. 


12. I. 1910. Ódem der Augenlider wie gestern, übergreift die Mittellinie 
und reicht fast bis zum linken Auge. Schmerz bei Druck auf die innere Partie 
des rechten oberen Lides ziemlich heftig. In der rechten Nasenhóhle schleimig- 
eiteriges Sekret. Bei der Durchleuchtung zeigt sich, wie es scheint, die 
rechte Stirnhóhle etwas weniger durchleuchtet als die linke. Mit dem Sonder- 
mannschen Apparat wird heute rechterseits ziemlich viel Eiter ausgesaugt. 


18. J. 1910. Das Odem der Lider gleich; Schmerz oberhalb des rechten 
inneren Augenwinkels hat noch etwas zugenommen. 


15. I. 1910. Inzision des Abszesses am oberen Augenlid, nach oben vom 
Augenwinkel reichlich Eiter. 


17. I. 1910. Operation. In Chloroformnarkose wird die Inzision nach 
unten etwa 1 cm, nach oben und bogenfórmig nach aussen unter dem Augen- 
brauenbogen etwa bis zur Incisura supraorbitalis erweitert, hierauf die Weich- 
teile teils scharf, teils stumpf von der inneren Orbitalwand abgelóst, wobei in 
der Papierplatte ein mit Granulationen ausgefüllter Defekt von der Grósse einer 
grösseren Linse entdeckt wurde, der in das Siebbeinlabyrinth führte. In der 
Richtung nach vorne von diesem Defekt wurde die Papierplatte, sowie ein Teil 
des Tränenbeins und des aufsteigenden Nasenfortsatzes des Oberkiefers reseziert 
und so das Siebbein-Labyrinth breit eröffnet, worauf die überaus reichlichen 
Granulationen innen ausgekratzt wurden. Ebenso wurden die in der Orbita an 
den mit stumpfem Haken abgezogenen Weichteilen derselben und an der oberen 
inneren Orbitalwand, unter dem Sinus froutalis, befindlichen Granulationen aus- 
gekratzt. Hierauf wird mittelst gebogenen scharfen Löffels eine breite Kommuni- 
kation nach der Nasenhöhle hin geschaffen, durch die Kommunikation ein 
schmaler Streifen Jodoformmull gezogen, wozu eine eigens hierzu konstruierte 
bogenförmig gekrümmte P6anzange benutzt wurde. die äussere Wunde mit Jodofom- 
gaze tamponiert und ein Verband angelegt. Der Patient wird 3 Stunden in der 
Anstalt behalten, hierauf nach Hause entlassen. 


Der Heilungsverlauf war ganz normal, erster Verbandwechsel nach drei 
Tagen, dann dreimal wöchentlich, wobei später, da sich die äussere Wunde mehr . 
und mehr verengerte, immer ein längerer Jodoformgazestreifen durch die Nase in 
das Siebbeinlabyrinth eingeführt und das vordere Ende durch die äussere Wunde 
nach aussen gezogen wurde. Die Sekretion nahm stetig ab, die äussere Wunde 
schloss sich, das Ödem der Augenlider schwand rasch. Temperatur war die 
ganze Zeit normal. 


14. III. 1910. Wunde bis auf eine enge Fistel geschlossen, Eiterung minimal, 
Verband weggelassen, auf die Wunde ein Leukoplastpflaster. 


21. III. 1910. Äussere Wunde nahezu vollkommen geheilt. In der Nasen- 
höhle kein Sekret. In das Siebbeinlabyrinth wird durch die Nase ein gebogenes 
Röhrchen eingeführt und ersteres ausgeblasen; es zeigt sich kein Sekret. Leuko- 
plast auf die äussere Wunde, Jodoformstreifen weggelassen. 


5] Augenstörungen bei Erkrankungen der Nebenhöhlen der Nase. 211 


1. IV. 1910. Wunde vollständig geheilt; in der Nase kein Sekret. Ödem 
des Auges verschwunden. Patient wird aus der Behandlung entlassen !). 

In diesem Falle handelte es sich um eine eiterige Sinuitis ethmoidalis, welche 
unter Vermittlung eines wahrscheinlich angeborenen Defektes in der Lamina 
papyracea zu einer eiterigen Entzündung in der Orbita geführt hat, welche jedoch 
weder eine Verdrängung des Augapfels noch eine Sehstörung bedingte, und 
nach operativem Eingriff binnen einigen Wochen vollkommen zur Heilung kam. 

III. Fall. A. S. 23jähriges Taglöhnersweib aus K., aufgenommen den 
13. III. 1909. Früher nie ernstlich krank gewesen. Vor acht Tagen schwoll ihr 
plötzlich das rechte Auge an. Patientin suchte einen Arzt auf, der ihr Umschläge 
mit Burrowscher Lösung ordinierte. Die Schwellung nahm etwas ab, doch 
schwollen ihr vor vier Tagen die Augenlider und die Bindehaut aufs neue an, 
und da sich der Zustand nicht besserte, wurde sie in die Augenklinik geschickt, 
von wo sie uns zugewiesen wurde. Einige Tage bevor sich die Schwellung 
zeigte, hatte sie Schnupfen und Kopfschmerzen. 

Stat. praesens: Patientin von höherer Gestalt, mittelgut genührt; über 
der Herzspitze systolisches Geräusch. Lungen normal, im Harn nichts Abnormes. 

Augenbefund (in der Augenklinik erhoben): Ödem des rechten unteren 
Augenlides, die Haut am oberen Lide gerötet, besonders über dem inneren Augen- 
winkel, woselbst ein festes Infiltrat zu tasten ist. Bei Druck auf den Tränensack 
entleeren sich reine Tränen. Die Gefässe des oberen und unteren Augenlides 
blutüberfüllt und die Conjunctiva bulbi stark chemotisch. Bewegungen des 
Bulbus richtig, obzwar etwas beschränkt, insbesondere in der Richtung nach 
unten. Mässige Protrusion. 

Opthalmoskopischer Befund: Geringe Myopie, Papille hyperämisch, 
ibre Konturen etwas verwischt, Retina oben und unten bei der Papille getrübt, 
sonst normale Verhältnisse. 

Nase: Polypoide Hypertrophie des vorderen Endes der rechten mittleren 
Muschel; bei Vornüberbeugen des Kopfes zeigt sich im rechten mittleren Nasen- 
gang Eiter. Bei der hinteren Rhinoskopie nichts Pathologisches. 

15. III. 1909. Gestern ist der Abszess über dem inneren rechten Augen, 
winkel aufgebrochen. Heute wird in Lokalanästhesie das vordere hypertrophische 
Ende der rechten mittleren Muschel reseziert, wobei sich im mittleren Nasengang 
etwas Eiter zeigt; hierauf werden die vorderen Siebbeinzellen mit dem scharfen 
Löffel ausgekratzt. 

16. III. 1909. Das vordere Siebbeinlabyrinth wird mit einer schwachen 
Wasserstoffsuperoxydlösung ausgespült, wobei etwas Eiter herausgeschwemmt 
wird. Der Patientin wird eine Operation von aussen vorgeschlagen, von ihr je- 
doch abgelehnt. 

18. IIl. Rechter Bulbus viel weniger prominent als früher, seine Be- 
wegungen normal, die Chemosis geringer, die Fistel über dem inneren Augenlide 
sezerniert wenig; eine Sonde dringt durch die Fistel in horizontaler Richtung etwa 
3 em in die Tiefe und stósst auf rauhen Knochen. 

24. III. 1909. Das Siebbein wird täglich ausgespült. Das obere Augenlid 
ist heute etwas mehr geschwollen und gerótet, der Bulbus etwas mehr nach vorn 
gedrängt. Fistel unverändert. 

5. IV. 1909. Tägliche Ausspülungen. Im rechten mittleren Nasengange 


1) Vorgestellt in der Februarsitzung 1910 der böhmischen Oto-Rhino-Laryn- 
gologen. 


212 O. Frankenberger. [6 


reichlich Eiter. Die Fistel sezerniert immer, Die Schwellung des oberen Lides 
viel geringer, Bulbus in normaler Lage. 

16. IV. 1909. Heute wird der Rest der rechten mittleren Muschel entfernt, 
das hintere Siebbeinlabyrinth erdffnet und ausgekratzt, reichliche Granulationen. 

22. IV. 1909. Auge in normaler Lage, die Fistel verheilt, über dem rechten 
inneren Augenwinkel nur eine geringe Verhürtung tastbar. Bei der Ausspülung 
entleert sich immer reichlicher Eiter aus der Siebbeinhóhle. 

26. IV. 1909. Fistel definitiv geheilt. Bei der vorderen Rhinoskopie wenig 
Eiter zu sehen; jedoch wird derselbe noch immer in reichlicher Menge ausgespült. 

30. IV. 1909. Rechtes Auge normal. Laut Bericht der Augenklinik ist die 
Stauungspapille vollkommen verschwunden. Aus dem Siebbeinlabyrinth entleert 
sich bei der Ausspülung noch immer schleimig-eiteriges Sekret in müssiger Menge. 

1. V. 1909. Auf eindringliches Verlangen wird Patientin heute entlassen. 
Auf Anfrage berichtet sie im Mai 1910, das Auge sei gesund geblieben, und der 
Eiterausfluss aus der Nase habe nach beinahe einem Jahre aufgehört'). 


Dieser Fall scheint mir dadurch interessant und wichtig, dass 
sämtliche Symptome einer Augenhöhlenerkrankung, Protrusion des 
Bulbus. Intraorbitalabszess, der sich nach aussen óffnete, und be- 
ginnende Neuritis optica ohne jeden äusseren operativen Eingriff, 
durch einfache endonasale Encheirese, nàmlich Resektion der mittleren 
Muschel, Eróffnung des Siebbeinlabyrinths und Ausspiilungen des letz- 
teren im Laufe einiger Wochen schwanden und der Prozess zur Aus- 
heilung kam. Der Fall lehrt uns, dass wir in Fällen, wo keine 
schweren, das Gesicht oder das Leben bedrohenden Symptome (Am- 
blyopie, Fieber, Meningealsymptome usw.) da sind, zuerst eine mehr 
konservative Therapie einleiten können, nämlich versuchen, dem Eiter 
durch die Nase einen Weg zu bahnen. Gleichzeitig bildet dieser Fall 
gewissermassen den Übergang zu den weiteren Zeilen. 

Die infolge von Nebenhöhlenerkrankungen entstehenden Orbital- 
prozesse müssen sich nicht auf die mechanischen Störungen des Bul- 
bus beschränken, sondern können den Augapfel selbst in Mitleiden- 
schaft ziehen. Auf diese Weise können entstehen: 

1. Affektionen der Bindehaut, der Hornhaut und der Tränen- 

gänge, 

2. Affektionen des Uvealtraktus, und 

3. Affektionen der Netzhaut und des Sehnerven. 

ad 1. Auf die Bindehaut kann der Prozess auf dem Wege des 
Ductus nasolacrimalis übergreifen. Der Tränenabführungsapparat er- 
krankt öfter bei der Sinuitis maxillaris als bei Erkrankungen der 
anderen \ebenhöhlen, was natürlich aus den nahen anatomischen Ver- 
hältnissen zwischen Ductus nasolacrimalis und Antrum Highmori leicht 
zu erklären ist. Der Saccus lacrimalis kann entweder per continui- 


1) Patientin wurde in der Aprilsitzung 1909 der Vereinigung böhmische 
Oto-Rhino-Laryngologen vorgestellt. 


1] Augenstörungen bei Erkrankungen der Nebenhóhlen der Nase. 213 


tatem von der Nasenschleimhaut aus infiziert werden, oder auf dem 
Wege der venösen Bahnen, welche die Schleimhaut der Highmorshöhle 
mit dem Ductus nasolacrimalis verbinden. 

ad 2. Über die Beziehungen zwischen den Affektionen der Neben- 
höhlen und den Erkrankungen des Uvealtraktus hat sich Ziem!) zu- 
erst ausführlich geäussert. Dieser Autor meint, die Jritis entstehe 
auf direktem Wege aus einer entzündlichen Affektion einer Neben- 
hóhle. Kuhnt?) dagegen meint, dass die Affektion der Nebenhóhle 
nur ein prüdisponierendes Moment zur Erkrankung der Uvea dar- 
stelle. Kuhnt hat eine definitive Heilung einer Jritis nach Besei- 
tigung einer Nebenhóhlenaffektion nie gesehen, sondern stets erst 
nach einer spezifischen, antiluetischen Therapie, weshalb seiner Mei- 
nung nach an einen direkten Zusammenhang zwischen den beiden 
Affektionen nicht zu denken sei. Wie dieser indirekte Zusammen- 
hang zu erklären sei, ist bis jetzt ebenfalls nicht klar. Der 
Wahrheit am nächsten scheint die Ansicht Ziems zu sein, nach 
welcher eine Erkrankung des Uvealtraktes bei Nasen- und Neben- 
höhlenleiden durch eine Störung des physiologischen Blutkreislaufs 
herbeigeführt werde, die sich als passive Stase im Uvealtrakte äussert. 


Katarakta, bedingt durch Eiterung der Nebenhöhlen ist von 
Ziem beschrieben worden, welcher auch in einigen Fällen von un- 
reifem Star durch Behandlung des Empyems eine Besserung der 
Gesichtsschärfe erzielte, obwohl die Linse getrübt blieb. Diese Er- 
fahrungen hat dann Kuhnt bestätigt, welcher bei Empyem der 
Kieferhöhle öfter Trübung der hinteren Kortikalis sah, während bei 
Stirnhöhleneiterungen nichts Ähnliches beobachtet werden konnte. Ob 
dieser Unterschied in der pathogenetischen Dignität der Kiefer- und 
Stirnhöhle ein zufälliger oder aber ein tieferer ist, darüber lässt sich 
gegenwärtig nichts sagen. Aber soviel sei noch bemerkt, dass auch 
Kuhnt, ebenso wie Ziem, nach Entfernung des Eiters aus der 
Stirnhöhle und nach wiederholten Ausspülungen eine Besserung der 
(sesichtsschärfe konstatieren konnte. 


Dass Trübung des Glaskörpers durch Erkrankung einer 
Nebenhöhle, besonders der Kieferhöhle entstehen kann, zeigte eben- 
falls Kuhnt; er beobachtete Fälle, in denen nach Behandlung des 
Antrumempyems die Mouches volantes entschieden an Zahl und In- 
tensität abgenommen haben, und konnte einmal auch objektiv fest- 
stellen, dass grosse Glaskörpertrübungen kleiner, ihre Anzahl geringer 
und die Sehschärfe stärker wurde. Die Vermittlerrolle zwischen dem 





1) Monatsschr. f. Ohrenheilk. 1893. p. 231, 261. 
2) Deutsche med, Wochenschr. 1908. Nr. 37 u. 38. 


214 Ä O. Frankenberger. [8 


Nebenhöhlenempyem und der Katarakta bezw. der Glaskörpertrübung 
kann nach Kuhnt nur dem Corpus ciliare zukommen. Da aber in 
diesem Organe Zeichen entzündlicher Prozesse fehlen, so kann es sich 
bei einer auf diese Weise entstandenen Trübung nur um Zirkulations- 
störungen handeln, in deren Folge eine ungenügende Menge der zur 
Ernährung der Linse und des Glaskörpers nötigen Nährflüssigkeit 
ausgeschieden wird, was eben sich durch Trübungen der erwähnten 
Organe äussert. 

So wie die eben behandelten Tatsachen Erkenntnisse neueren 
Datums sind, so ist auch insbesondere der Zusammenhang zwischen 
den Krankheiten der Nebenhöhlen und dem Nervus opticus erst in 
den letzten Jahren durch die eifrigen Bemühungen der Ophthalmologen 
und Rhinologen erkannt und bis zu einem gewissen Grade beleuchtet, 
und insbesondere haben Onodis Arbeiten sehr wesentlich zu dieser 
Klärung beigesteuert. Onodi!) studierte speziell die anatomischen 
Verhältnisse, in welchen die Orbita und das Sehorgan überhaupt zu 
den Nebenhöhlen der Nase stehen kann, insbesondere das anatomische 
Verhältnis zwischen Chiasma, Traktus und Nervus opticus, und dem 
Sinus sphenoidalis, beziehungsweise den hinteren Siebbeinzellen. Er 
fand die allermannigfaltigsten Möglichkeiten. Einmal war der Traktus 
und Nervus opticus in der ganzen Länge seines Verlaufes im Sulcus 
und Canalis opticus durch eine mächtige, einige Millimeter dicke 
Knochenwand von der Keilbeinhöhle getrennt, ein anderes Mal bildete 
die Keilbeinhöhle beziehur.gsweise die hintere Siebbeinzelle die untere 
und innere, oder auch die obere Wand des Canalis opticus, der von 
den genannten Höhlen nur durch eine dünne, manchmal papierdünne 
Knochenwand getrennt sein kann, so dass ein grösserer oder kleinerer 
Teil des optischen Kanales mehr oder weniger durch die Nebenhöhle 
selbst verläuft; ja die Wände desselben können Dehiszenzen aufweisen, 
so dass dann die Schleimhaut der Nebenhöhle dem Perineurium des 
Sehnerven direkt aufliegt. Allerdings sind die Dehiszenzen sehr selten. 
Galmaerts beobachtete sie unter 300 Fällen zweimal, Holmes 
unter 50 Fällen ebenfalls zweimal, Onodi selbst unter 300 Fällen 
nur einmal. 

Es ist klar, dass in den Fällen, wo der Sulcus oder Canalis op- 
ticus von der Siebbeinhöhle, bezw. dem Siebbeinlabyrinth nur durch 
eine dünne Knochenlamelle getrennt ist, oder wo sogar in dieser La- 
melle sich eine Dehiszenz befindet, ein entzündlicher Prozess, insbe- 
sondere eine eiterige Entzündung in der betreffenden Nebenhöhle sich 
leicht auf den Nerven ausbreiten und einen Druck auf denselben, 


1) Der Sehnerv und die Nebenhöhlen der Nase. Wien. Alfr. Hölder. 1907. 


9J Augenstörungen bei Erkrankungen der Nebenhöhlen der Nase. 215 


eine Perineuritis oder selbst eine Neuritis retrobulbaris erzeugen kann. 
Daraus kann dann eine Gesichtsfeldeinschránkung, Amblyopie, zentrales 
Skotom und Amaurose der ergriffenen Seite resultieren. 

Gegenüber dieser Auffassung hebt Hajek*) hervor, dass man in 
Fällen, wo die Neuritis optica mit einem reinen Empyem, oder wie 
in seinem Falle, mit einer Mukocele der Keilbeinhöhle, ohne entzünd- 
liche Veränderungen in derselben, vergesellschaftet ist, nicht so 
sehr auf die Fortpflanzung der Entzündung von der Keilbeinhöhle 
auf den Nerven schliessen darf, als vielmehr auf einen Druck, den 
der Höhleninhalt ausübt, teils auf die innere Wand des Canalis 
opticus, teils auf den Venenkomplex der Keilbeinhöhle, welcher in 
kollateraler Beziehung zu dem Venengebiet des Nervus opticus steht, 
und infolgedessen zu Zirkulationsstörungen im letzteren führt. Nur 
diese Annahme könne die merkwürdige Erfahrung erklären, dass in 
manchen Fällen von Eiterung der Keilbeinhöhle, welche mit Neuritis 
opticus kompliziert sind, schon kurze Zeit nach Eröffnung der Keil- 
beinhöhle, zu einer Zeit, wo die Eiterung der Höhle noch in voller 
Blüte steht, eine erhebliche subjektive und objektive Besserung der 
Neuritis optica sich einstellt. 

Neben diesen anatomischen Tatsachen, welche in den letzten 
Jahren bekannt geworden sind, sorgten die Rhinologen, und unter 
ihnen besonders Hajek, Ziem, Kuhnt u.a. um die Vervollkomm- 
nung der Diagnostik eiteriger Prozesse in den Nasennebenhóhlen, ins- 
besondere bei den latenten Formen.  Durchleuchtung, Anwendung 
des Kokains und Adrenalins, um die Schleimhaut zum Abschwellen 
zu bringen und dadurch die tieferen Teile der Nasenhóhle dem Ge- 
sichte zugänglicher zu machen, Resektion der mittleren Muschel, Be- 
nützung des Killianschen Nasenspekulums, explorative Eröffnung 
des Siebbeinlabyrinths und der Keilbeinhöhle, Röntgenoskopie und 
Röntgenographie, das sind die Behelfe, welche zur Diagnosenstellung 
in den letzen Jahren eingeführt und ausgestaltet wurden. Dadurch 
ist wiederum das Verhältnis zwischen Sehorgan und Nebenhöhlen ganz 
bedeutend beleuchtet worden. 

Die Frage, wie oft sich okulo-orbitale Komplikationen bei Er- 
krankungen der Nasennebenhóhlen einstellen, wird von verschiedenen 
Autoren verschieden beantwortet. Lapersonne gibt im Jahre 
1903 39/o an, dagegen beobachtete Rollet unter 2700 Kranken diese 
Komplikation nur einmal. Nach Kuhnt sind bei entzündlichen endo- 
nasalen Prozessen Augenkomplikationen nur in 0,29?/o, nach Berlin 
sogar bloss in 0,0079/o. 


1) Mukocele der Keilbeinhóhle, kompliziert durch Neuritis optica. Operation. 
Heilung. Monatsschr. f. Ohrenheilk. Bd. XLIV. 3. H. 1910. S. 331. 


216 O. Frankenberger. [10 


Trotz dieser relativen Seltenheit ist bis jetzt eine ganze Anzahl 
Falle von Sehnervenerkrankung infolge von eitrigen Entzündungen 
der hinteren Nebenhöhlen beschrieben worden. 

So berichtete Paunz!) über einen Fall, wo es sich um eine Pa- 
pilitis n. optici, hervorgerufen durch Empyem der hinteren Sieb- 
beinzellen handelte. Objektiv liess sich in der Fissura olfactoria 
etwas schleimig-eiteriges Sekret nachweisen. Nach Eröffnung und 
Ausspülung der vorderen, später auch der hinteren Siebbeinzellen 
besserte sich die Papillitis wesentlich und die Sehschärfe nahm zu. 

Pollatschek?*) teilt den Fall einer beiderseitigen Papillitis mit, 
die nach Auskratzen der hinteren Siebbeinzellen und Eróffnen der 
Keilbeinhóhle heilte. 

Interessant ist die Beobachtung von W. Glegg und Perceval 
J. Hay?), in welcher es sich um Empyem der hinteren Siebbein- 
zellen und zugleich um Paralyse der Ássoziationsbewegungen und bi- 
temporale Sehfeldeinschránkung bei einem seit einem Monat kranken 
Mädchen handelte. Die Krankheit begann plötzlich mit Schmerzen 
hinter dem rechten Auge, und mit heftigen neuralgischen Schmerzen 
in der rechten Kopfhälfte. Eine Ursache war nicht sicher nachzu- 
weisen. Objektiv war kein Zeichen einer Nebenhöhlenerkrankung zu 
finden, nur hinten am Dach der rechten Choane fand sich etwas 
Eiter. Nach Resektion des hinteren Drittels der mittleren Muschel 
und nach Eröffnung des hinteren Siebbeinlabyrinthes schwanden die 
Kopfschmerzen, die Asszoiationsbewegungen stellten sich wieder ein, 
Gesichtsfeld und -schärfe wurden wieder normal. 

Delneuville*) beobachtete einen Fall von Neuritis retrobul- 
baris bei einem 46 jührigen Patienten, dessen Visus stark herabge- 
setzt war. Objektiv wurde ein akutes Empyem der Keilbeinhóhle 
konstatiert, nach dessen Heilung (konservativ) das Gesicht auf beiden 
Seiten wieder normal wurde. 

Alexander?) teilte einen Fall mit von beiderseitiger Neuritis 
optica bei einem 41 jährigen Mann, der vor zwei Jahren plötzlich an 
Influenza mit heftigen Kopfschmerzen erkrankt war. Als Ursache 
der Neuritis fand sich ein Empyem der hinteren Siebbeinzellen und 
der Keilbeinhöhle. In einem anderen Falle desselben Autors handelte 
es sich um einen Abszess des Corpus vitreum bei einem 13 jährigen 


1) Zentralbl. f. Laryngol. XXII. 1906. p. 48. 

2) Ibidem p. 173. 

3) Archiv f. Laryngol. XVIIL 1905. p. 525. 

4) La Presse oto-rhino-laryngol. Belge 1906. Nr. 1. Ref. in Zentralbl. f. 
Ohrenheilk. Bd. IV. 1906. p. 383. 

5) Verhandl. d. deutsch. otol. Gesellsch. 1905. 


11] Augenstórungen bei Erkrankungen der Nebenhóhlen der Nase. 211 


Madchen, der infolge eines Empyems der linken Kieferhóhle und der 
vorderen Siebbeinzellen entstanden war. J 

Einen interessanten Fall latenten Empyems mit Exophthalmus 
und Amaurose teilte Grönbäk!) mit: Ein 51 jähriger Mann wurde 
dem Autor vom Augenarzte zur Untersuchung geschickt. Es bestand 
ein Leiden des linken N. opticus und mehrerer motorischer Nerven- 
äste des linken Auges samt Exophthalmus; vollständige Amaurose. 
Die Ophthalmoskopie zeigte nichts Abnormes. Er hat niemals Sym- 
ptome eines Nasenleidens gespürt, nur das Gefühl von Drücken und 
Spannen hinter dem Auge. In der linken Nasenhälfte findet man 
Schleimpolypen, nach deren Entfernung ein grosses kariöses Stück 
der linken unteren Muschel abgetragen wird; jetzt erst sieht man 
dicken, stinkenden Eiter aus den Siebbeinzellen herabsickern. Es 
wurden allmählich die Zellen und die Keilbeinhöhle ausgeräumt, wo- 
nach die Beweglichkeit des linken Bulbus jetzt fast normal und der 
Exophthalmus nur sehr gering ist; die Amaurose ist unverändert. Es 
steht noch zurück, ein vorhandenes Empyem der Kieferhöhle zu er- 
öffnen. 

Schmiegelow?) teilt zwei Fälle retrobulbärer Neuritis optica 
bei latentem Empyem der Keilbeinhöhle und der hinteren Siebbein- 
zellen mit. Der erste Fall betraf einen 11 jährigen Knaben, der an 
einer schleimigen Sekretion im Nasenrachen und an zeitweisen 
Scheitelkopfschmerzen litt. Vor drei Wochen bekam er plötzlich 
Fieber, Magenüblichkeiten und Erbrechen. Nach einigen Tagen 
schwanden diese Beschwerden, dafür stellten sich Schmerzen im linken 
Auge ein, und vor acht Tagen bemerkte der Knabe, dass er mit dem 
Auge nichts sehe. Der Ophthalmologe Prof. Bjerrum diagnostizierte 
eine linksseitige Neuritis optica und nach drei Tagen wurde der 
Kranke in der oto-laryngologischen Abteilung aufgenommen, woselbst 
bei der vorderen Rhinoskopie konstatiert wurde, dass das hintere 
Ende der linken mittleren Muschel etwas hypertrophisch ist; nach 
Applikation von Kokain-Adrenalin sah man etwas Eiter in der Rich- 
tung zur Keilbeinhóhle. Am nächsten Tage wurde Resektion des 
hinteren Endes der mittleren Muschel mit der Grünwald schen 
Zange ausgeführt und dann die Mündung der Keilbeinhöhle erweitert. 
Die Nase wurde täglich ausgespült, und von der Zeit an besserte sich 
das Gesicht. 

Es ist zweifellos, dass es sich um eine retrobulbäre Neuritis 
optica gehandelt hat, die durch Entzündung der Keilbeinhóhle und 
des Siebbeinlabyrinths hervorgerufen wurde. 

1) Verhandl, d. dänisch. oto-laryngol. Vereins, 2. IV. 1904. Ref. in Monate- 


schr, f. Ohrenheilk. Bd. 88. p. 286. 
2) Archiv f. Laryngologie XVIII. 1906. p. 478 u. ff. 


218 O. Frankenberger. [12 


Der 2. Fall ist etwas komplizierter: ein 18 jahr. Madchen wurde 
am 2. IV. 1906 von Prof. Bjerrum an Schmiegelow geschickt. 
Vor sieben Jahren hatte sie Diphtherie überstanden, seit 2!/» Jahren 
hat sie starke Kopfschmerzen, besonders in der linken Schläfe, zu- 
gleich bemerkte sie, dass das rechte Auge schwächer wurde. Später 
nahmen die Schmerzen ab und hörten im Jahre 1905 links ganz auf, 
dafür stellten sich Schmerzen in der rechten Schläfengegend ein; das 
Gesicht nahm auf beiden Seiten ab. Ophthalmoskopisch werden weisse, 
atrophische Papillen konstatiert, ohne Zeichen einer vorhergegangenen 
Neuritis optica. Behandelt wurde sie mit Roborantien und Strychnin- 
injektionen. — Ausserdem hatte die Patientin einen eitrigen Ausfluss 
aus beiden Nasenhöhlen, besonders bei: Vornüberbeugen des Kopfes; 
der Eiter war nie fötid gewesen. Temperatur normal. | 

Laut Bericht der Augenklinik wurde am 206. II. 1906 folgender 
Bericht aufgenommen: Àm rechten Auge Lichtempfindung bei inten- 
siver Beleuchtung, links Sehschärfe = !/ee. Rechte Pupille reagiert 
gut auf Licht. Die Gefässe nicht verengt, ihr Verlauf unverändert, 
Papille weisslich mit verhältnismässig wenig Gefässen. Augenbewe- 
gungen normal. Therapie antiluetisch. 

Nach Eröffnung der hinteren Siebbeinzellen und der Keilbein- 
höhle auf beiden Seiten, wobei sich Eiter entleerte, fühlte sich die 
Kranke wohler, insbesondere hörten die alten Kopfschmerzen auf, 
die Gesichtschärfe besserte sich, und zwar links mehr, rechts etwas 
weniger. Die Kranke fuhr nach Hause, woselbst sich jedoch eine 
starke Eiterung aus der Nase, besonders links, einstellte, und in den 
letzten drei Tagen verschlimmerte sich die Sehkraft wieder derart, 
dass sich die Kranke gezwungen sah, wieder das Krankenhaus auf- 
zusuchen. Daselbst wurde bei der Untersuchung viel Eiter in beiden 
Recessus sphenoethmoidales konstatiert. 

Am 4. IV. wurde in der Narkose der hintere Teil der mittleren 
Muschel und die Vorderwand der Keilbeinhöhle reseziert, hierauf die 
Nase und die Nebenhöhlen täglich ausgespült, wobei dicker Eiterschleim 
herausbefördert wurde. Nach diesem Eingriff schwanden die Kopf- 
schmerzen, das Gesichtsfeld am linken Auge erweiterte sich, und auch 
rechts nahm die Sehkraft zu. 

Wie latent eine Eiterung im Sinus sphenoidalis und ethmoidalis 
verlaufen kann, zeigen auch zwei Fälle von C. R. Holmes?!) In 
beiden handelte es sich um eine Sinuitis sphenoidalis mit Erkrankung 
des Nervus opticus. Im ersten Falle blieb das Nasenleiden lange un- 
erkannt. Erst als der Kranke nach Influenza Sehstörungen bekam, 


1) Archives of ophthalmology. Bd. XXV.'1896. 


13i Augenstörungen bei Erkrankungen der Nebenhöhlen der Nase. 219 


suchte er ärztliche Hilfe auf. Weder in der Nase, noch im Rachen 
fand man Eiter; die mittlere Nasenmuschel war hypertrophiert. Nach 
Entfernung eines Teils dieser Hypertrophie trat subjektive Erleichte- 
rung ein, aber bald darauf starb der Patient infolge Blutung an der 
Basis crani. Bei der Sektion fand sich Nekrose des Keil- und Sieb- 
beins, Eiter in allen Nebenhóhlen. 

Im zweiten Falle hatte ein Empyem der linken Keilbeinhóhle 
heftige Kopfschmerzen und totale Erblindung des linken Auges zur 
Folge. Auch hier fehlte jedes Zeichen eines Nasenleidens, aber nach 
Eröffnung der Keilbeinhöhle entleerte sich eine Menge Eiter und der 
Patient wurde gesund, das Gesicht kehrte wieder. 

Einer der letzten Autoren, die kasuistische Beiträge zu dieser 
Komplikation brachten, ist v. d. Hoeve!). Der erste Fall dieses 
Autors betraf einen 24 jährigen Mann, bei dem die Entzündung der 
hinteren Nebenhöhlen beider Seiten zu einer Entzündung der 
Axialbündel des Nervus opticus geführt hatte, so dass bereits, als der 
Kranke in die Behandlung trat, die Atrophie der Papillen ausge- 
sprochen war. Die Operation der linken Nasenhälfte war resultat- 
los, dagegen besserte sich der Zustand gleich nach Eröffnung der 
Nebenhóhlen der rechten Seite, und die Besserung nahm noch durch 
fortgesetzte Ausspülungen allmählich zu. 

Im zweiten Falle mit rechtsseitiger Erkrankung der Neben- 
höhlen und retrobulbärer Neuritis wurde jeder operative Eingriff ver- 
weigert. Im dritten Falle handelte es sich um Erkrankung des 
Nervus opticus bei Ethmoiditis posterior mit Veränderungen des 
blinden Flecks als einzigen Augensymptoms, welches sich durch Be- 
handlung des Nasenleidens vollständig verlor. 

Hajek hat kürzlich?) einen einzigartigen Fail von Mukocele der 
linken Keilbeinhöhle mitgeteilt, der mit einer bedeutenden Sehstörung 
des linken Auges kompliziert war. Die Papille war rot, verschwom- 
men und leicht geschwollen. Lichtbewegungen vor dem Auge werden 
wahrgenommen, dagegen können die dem Auge vorgehaltenen Finger 
nicht gezählt werden. Nach Eröffnung der Mukocele entleerte sich 
eine Menge serös-schleimiger Flüssigkeit; die Öffnung wurde erweitert. 
Alsbald hörte die seit Monaten bestehende ununterbrochen andauernde 
schmerzhafte Spannung in der linken Kopfhälfte auf, eine halbe Stunde 
nach der Operation gab die Patientin an, dass sie mit dem linken 
Auge Gegenstände unterscheiden könne, was in den letzten Monaten 
niemals der Fall gewesen ist. Das Gesicht besserte sich weiter, und 


!) Archiv. f. Augenkeilk. BJ. 64 1909. Ref. in. Zentralbl. f. Laryngol. 1909. 
p. 909. 
2) ]. c. 


220 O. Frankenberger. [14 


nach drei Wochen war der Spiegelbefund vollkommen normal, Seh- 
schärfe betrug 4,50 D. Sie, 


Ich selbst hatte Gelegenheit einen Fall zu beobachten und zu 
behandeln, der von der Augenklinik des Herrn Prof. Deyl in unser 
Ambulatorium geschickt wurde. 


K. F., 28 Jahre alt, aus K., aufgenommen am 18. III. 1909. Eltern gesund, 
von vier Geschwistern starben zwei in zarter Jugend. Patient selbst hatte Nasen- 
polypen, welche ihm dreimal anderwärts operiert wurden, zuletzt am 27. Februar 
1909. Bald darauf bekam er heftige Kopfschmerzen, die einige Tage anhielten. 
Nach vier Tagen verlor er plötzlich das Gesicht am linken Auge, nur von der 
Seite sah er etwas. Deswegen suchte er die Augenklinik auf, von wo er in unser 
Institut geschickt wurde. In der letzten Zeit ist das Nasenatmen wieder etwas 
beeinträchtigt. 

Somatischer Befund normal. Die Sehkraft des linken Auges war so herab- 
gesetzt, dass er die Bewegungen der Hand kaum wahrnahm; perimetrisch wurde 
konstatiert, dass ein Teil des Gesichtsfeldes auf der nasalen Seite nur für Weiss 
erhalten war. Ophthalmoskopisch war eine müssige Hyperümie des ganzen 
Augenhintergrundes zu konstatieren; die Papille scharf abgegrenzt. 

Bei der vorderen Rhinoskopie sah man vor der Insertion der linken 
mittleren Muschel einen Polyp von der Grósse einer Bohne, kein Sekret in der 
Nasenhóhle. Nach Adrenalisieren der linken Nase und darauffolgender Frünkel- 
scher Position zeigte sich auf der mittleren Muschel etwas schleimig-eiteriges 
Sekret. In der rechten Nasenhóhle ein Polyp von der Grósse einer Bohne, aus- 
gehend aus dem mittleren Nasengang, kein Sekret. 

Bei der hinteren Rhinoskopie ist ausser der müssig hypertrophierten 
mittleren Muschel nichts Pathologisches wahrzunehmen. 

Bei der Durchleuchtung zeigten sich beide Kiefer- und Stirnhóhlen gleich- 
mässig durchleuchtet. 

In der Mundhöhle, dem Rachen und Kehlkopf nichts Pathologisches. 

Am 19. III. 1909 wurden aus der linken Nasenhöhle zwei Polypen entfernt, 
darauf mit Schere und kalter Schlinge der vordere Teil der mittleren Muschel 
rezesiert. Gleich nach diesem Eingriff gibt der Kranke spontan an, dass er 
besser sehe. 

22. III. Im linken mittleren Nasengang ein auf der Labyrinthwand auf- 
sitzender kleiner Polyp, der mit dem scharfen Löffel entfernt wird. Hierauf 
werden die vorderen Siebbeinzellen eröffnet, ausgekratzt und ausgespült, wobei 
schleimig-eiteriges Sekret herausgeschwemmt wurde. 

27. III. Die eröffneten Siebbeinzellen werden täglich ausgespült. Der Polyp 
in der rechten Nasenhöhle wird heute entfernt. 

29. III. Im rechten mittleren Nasengang noch ein erbsengrosser Polen, 
der mit kalter Schlinge exstirpiert wird. 

5. IV. Es wird täglich ausgespült, wobei jedesmal etwas schleimig-eiteriges 
Sekret entleert wird. Der Kranke wurde röntgenoskopiert und vom Schädel ein 
Skiagram angefertigt, an dem man an der Stelle des Sinus sphenoidalis einen 
Schatten erkennt. 

6. IV. Die ganze mittlere Muschel wird entfernt; hinter und unter ihr sieht 
man zahlreiche polypoide Wucherungen, die mit der Hajek schen Kürette aus- 
gekratzt werden. 


15] Augenstórungen bei Erkrankungen der Nebenhóhlen der Nase. 22] 


7. IV. Unter Kokain-Adrenalinsnästhesie wird zunächst eine Sonde in das 
Ostium sphenoidale eingeführt, dann wird dieses Ostium mit Hajeks Haken und 
Stanze nach unten und aussen erweitert. 

Einige Tage nach diesem Eingriff bekam der Kranke Fieber (89,2?) und 
Halsschmerzen. 

13. IV. Beide Tonsillen byperämisch, auf denselben graugelbliche, punkt- 
fomige Belage (Tonsillitis lacunaris ac.), Die Mandeln werden mit Pyocyanin be- 
stáubt und ein Gurgelwasser ordiniert. 

14. IV. Sümtliche Halssymptome geschwunden. 

16. IV. Vor der vorderen Siebbeinwand noch einige Polypenreste, die ent- 
fernt werden. Durch die Offnung im Sinus sphenoidalis sieht man die polypoid 
veränderte Schleimhaut desselben. Die Öffnung wird noch mit dem H aje k schen 
Haken nach unten, aussen und innen erweitert, wobei sich unter der erwähnten 
Hypertrophie etwas Eiter zeigt. Zugleich werden heute die hinteren Siebbeinzellen 
eróffnet, ausgekratzt und ausgespült. 

19. IV. Vor dem Corpus ossis sphenoidalis noch zwei kleinere Polypen, 
welche mit der Zange enifernt werden. Im Sinus sphenoidalis haben sich 
Granulationen gebildet, die ausgekratzt werden. 

15. V. Der Kranke stellt sich regelmässig einigemal in der Woche in der 
Aınbulanz ein, woselbst der Sinus sphenoidalis und ethmoidalis ausgespült und 
dann und wann mit ö°/oiger Lapislösung tuschiert wird. Das Gesicht bessert sich, 
so dass er Blumen erkannte, jedoch konnte er die Farben der Blüten und Blätter 
nicht unterscheiden, alles erschien ihm gleichfarbig. Heute erkennt er bereits 
alle Farben, ausser rot, das ihm eher wie gelb erscheint. 

9. VI. Aus der Keilbeinhóhle und den Siebbeinzellen wird noch immer 
etwas schleimiges Sekret ausgespült. Da der Kranke über Verstopfung der linken 
Nase, sowie über vermehite Sekretion und üblen Geruch auf dieser Seite klagt. 
wird heute der vordere Teil der rechten mittleren Muschel reseziert und die 
vorderen Siebbeinzellen eróffnet und ausgespült. 

Am A VII. 1909 wurde das Visus notiert, und betrug dasselbe rechts s, 
links 5/10. Links zentrales Skotom für grün und rot. 

2. IX. Der Kranke besucht uns regelmässig zweimal in der Woche. Er 
sieht mit dem linken Auge nahezu normal. nur die rote Farbe erkennt er bei 
direktem Fixieren nicht, während er dieselbe von der Seite richtig sieht. 

2. XI. Die Öffnung in der Keilbeinhöhle hat sich wieder verengt, weshalb 
selbe mit dem scharfen Löffel erweitert und der Höhleninhalt ausgekratzt wurde. 

Eine weitere Besserung des Sehvermögens ist aus den ophthalmoskopischen 
Befunden vom 2. XI. und 18. XII. 1909 ersichtlich. Wir sehen, dass noch ein 
relatives Skotom für rot und grün zurückgeblieben ist, die Papille ist weisslich, 
sonst keine Veründerungen. 

22. I. 1910. Der Kranke wird zweimal wöchentlich ausgespült, jedesmal 
entleert sich mit der Spülflüssigkeit etwas schleimiges Sekret. Seit einiger Zeit 
klagt der Kranke über üblen Geruch in der rechten Nase und zeitweise auf- 
tretende Hinterhauptkopfschmerzen. 

9. II. 1910. Das Ostium sphenoidale, welches sich allmählich wieder verengert 
hat, wird heute abermals erweitert und die Höhle mit dem scharfen Löffel ausgeräumt. 

16. III. 1910. Sekretion aus dem linken Sinussphenoidalis und ethmoidalis 
unbedeutend. 

Ophthalmoskopisch wurde der Kranke auf der Augenklinik zuletzt am 18. 
II. 1910 untersucht und folgender Befund notiert: Linke Papille ein wenig 
blasser als die rechte. 


222 O. Frankenberger. [16 


Der Patient muss noch weiter unter unserer Kontrolle bleiben, da einerseits 
noch immer von Zeit zu Zeit Polypen hervorsprossen, andererseits die Sekretion 
aus der Siebbeinhóhle und den Keilbeinzellen, wenn auch minimal, doch fortbesteht. 


Wir haben also eine Erkrankung des Sinus sphenoidalis und des 
Siebbeinlabyrinths vor uns, die zur Neuritis optica und in deren 
Folge zur Erblindung geführt hat. Durch rechtzeitige Eróffnung, 
. Entleerung und Ausräumung der Höhlen trat auch hier wie in anderen, 
oben zitierten Fällen Heilung ein. Wenn freilich die richtige Zeit 
verpasst wird, und sich einmal bleibende Veränderungen des Nervus 
opticus herausgebildet haben, dann kann natürlich jeglicher endo- 
nasaler Eingriff nichts nützen. Auch einen solchen Fall habe ich be- 
obachtet: er betraf eine ältere Dame, die ebenfalls infolge einer 
Sinuitis sphenoidalis auf dem linken Auge erblindete, und welche, 
nachdem sie anderwärts behandelt worden war, erst nach einem Jahr 
zu mir kam; ich resezierte die mittlere Muschel, eröffnete die Keil- 
beinhöhle und die hinteren Siebbeinzellen, räumte dieselben aus, leider 
jedoch ohne Erfolg, das linke Auge blieb blind. 

Aus den in der Literatur niedergelegten, sowie auch aus meinen 
beiden Fällen geht klar hervor, wie notwendig es ist, in allen Fällen 
von Neuritis optica retrobulbaris, in denen eine andere Ursache nicht 
nachweisbar ist, auch rhinologisch zu untersuchen, beziehungsweise, 
da die Ethmoiditis und Sinuitis sphenoidalis nicht selten latent ver- 
laufen können, in solchen Fällen nach diesen Sinuitiden, wenn nötig, 
auf operativem Wege zu fahnden, da nur durch Behandlung derselben 
eine Besserung des Gesichts zu erwarten ist. 

Interessant und auffallend ist in unserem Falle, dass gleich nach 
dem ersten endonasalen Eingriffe, nachdem ich nämlich aus der linken 
Nase zwei Polypen entfernt und das vordere Stück der mittleren 
Muschel reseziert hatte, die Sehkraft sich besserte. Einen ähnlichen 
Fall teilte Kofler!) mit, in dem es sich um eine 22 jährige Kranke 
mit rechtsseitiger Neuritis retrobulbaris, schlechtem Sehen (Finger- 
zählen auf etwa 40 cm Distanz), zentralem Skotom für alle Farben, 
Kopfschmerzen in der rechten Schläfe- und Stirngegend, sowie star- 
kem Schwindel handelte. Der rhinoskopische Befund war negativ. 
Trotzdem ging Vortragender daran, das Siebbein und eventuell auch 
das Keilbein zu eröffnen, resezierte jedoch bloss das vordere Ende der 
mittleren Muschel, da die Kranke keinen weiteren Eingriff zuliess. 
Am nächsten Tage meldete sie, dass die Kopfschmerzen und der 
Schwindel bald nach der Operation nachgelassen hätten und die Seh- 


1) Sitzung d. Wien. laryngol. Gesellsch. 20. I. 1910. Monatsschr. f. Ohren- 
heilk. Bd, 44. 1910. Nr. 8. p. 847. 


17] Augenstörungen bei Erkrankungen der Nebenhóhlen der Nase. 223 


kraft des rechten Auges sich gebessert habe. Acht Tage später war 
die Kranke frei von Schwindel und Kopfschmerzen und sah wieder 
so gut wie früher. Nach weiteren zwölf Tagen lautete der Augen- 
befund folgendermassen: „Normale Sehschärfe, zentrales Skotom ver- 
schwunden, nur noch eine Abblassung der temporalen Hälfte der 
rechten Papille vorhanden.“ 

Hier sind also nach einem verhältnismässig unbedeutenden Ein- 
griff alle Symptome der Neuritis im Verlaufe von zwei bis drei 
Wochen vollkommen verschwunden. Es hat sich gewiss nach der 
oben erwähnten Ansicht Hajeks um eine Zirkulationsstörung gehan- 
delt, welche durch diese an sich geringfügige Operation ausgeglichen 
wurde. In meinem Falle trat ebenfalls nach Resektion der mittleren 
Muschel eine Besserung der Sehkraft ein, jedoch waren zur vollkom- 
menen Heilung weitere Encheiresen in der Keilbeinhöhle und den 
Siebbeinzellen notwendig. 


Zeitschrift für Laryngologie. Rd. III, H. 3. 16 





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226 Felix Blumenfeld. [? 


lohnt es sich, den Ursachen dieser Wachstumseigentümlichkeit nach- 
zugehen. 


Epitheliale Tumoren breiten sich aus, indem sie den Lymphbahnen 
ihrer Umgebung folgen. In ihrer Ánordnung wird man daher den 
Weg, den sie bei ihrem Wachstum nehmen, gegeben sehen. 


Über die submukósen Lymphráume der Stimmlippe wie des Kehl- 
kopfes überhaupt liegen eine Reihe wertvoller Arbeiten vor. Sie sind 
vorwiegend zum Studium des Ódems des Kehlkopfes gemacht worden. 
M. Hajek!)?) sagt über das Ódem des Stimmbandes: 


„Um die Eigenartigkeit des Ödems der Stimmbänder gut auf- 
fassen zu können, ist es notwendig, ein wenig auf die Struktur des 
Stimmbandes einzugehen. 

Der freie Rand des Stimmbandes mit einem Teil seiner 
inneren Fläche, besteht aus einem dichten, elastischen Maschen- 
werk, in welchem es keine Schleimdrüsen und unter welchem es nur 
sehr spärliches submuköses Gewebe gibt. 

Erst am unteren Teil des Stimmbandes treten wieder Schleim- 
drüsen und auch locker gefügtes Bindegewebe auf, wo deshalb auch 
für die Ansammlung einer grösseren Menge Flüssigkeit günstigere 
Bedingungen vorhanden sind. Mit dem elastischen Rand des Stimm- 
bandes ist der unter ihm gelegene Musculus thyreoarytaenoi- 
deus internus innig verwebt. Auch lagert die Muskelschichte 
des Stimmbandes ohne Zwischengewebe auf dem Perichondrium des 
Schildknorpels, so dass auch hier keine lockere Gewebsschichte, die 
zu ödematöser Infiltration geneigt wäre, vorhanden ist. Nur zwischen 
den einzelnen Bündeln des Musculus thyreo-arytaenoideus internus 
und externus gibt es Zwischenräume und in letzteren lockeres Binde- 
gewebe. Dass dieses spärliche intermuskuläre Gewebe nicht sehr 
geeignet ist grössere Mengen einer Flüssigkeit in sich aufzunehmen 
und der Fortpflanzung des Ödems Vorschub zu leisten, ist ein- 
leuchtend“. 

Dementsprechend zeigt auch die Abbildung Hajeks (Tafel 2, 
Figur 8, in Heymanns Handbuch Figur 6, Seite 512) die die Stimm- 
lippe im Querschnitt darstellt, dass die Schleimhaut der Stimmlippe 
an der oberen Fläche dem elastischen Bande direkt aufliegt. Die 
Schwellung der Stimmlippe ist daher nicht durch Abhebung der 
Schleimhaut von ihrer elastisch-muskulären Unterlage bedingt sondern 


1) M. Hajek, Anatomische Untersuchungen über das Larynxódem. Arch. 
f. klin. Chirurgie. Bd. 42. 1891. 


2) Derselbe, Heymanns Handbuch. Bd. 1. 1. Seite 511. 


3] Zur pathologischen Anatomie der Stimmlippe. 291 


durch Volumzunahme des Stimmbandmuskels. Die Angaben Logan 
Turners!) decken sich vielfach mit denen Hajeks, doch gelang 
es ihm, eine submukóse Infiltration herzustellen. Er beschreibt das 
Ergebnis seiner Versuche wie folgt: 


„If the needle of the syringe be introduced beneath the mucous 
membrane covering the upper surface of the cord, at a point imme- 
diately in front of the vocal process, the injection passes forwards 
without opposition. It finds its way also outwards into the inferior 
and outer wall of the ventricle, and in doing so ends to conside- 
rably occlude the entrance to that space. If only moderate pressure 
be employed, the fluid is confined to this aspect of the cord, and 
does not pass below its free margin. If, however, further injection 
be made in the same situation, the under surface of the cord and 
the subglottic area also become injected, a rounded swelling being 
formed, such as is represented in Fig. 8, Plate IX. If the injection 
be made beneath the inner free margin of the cord, similar changes 
are observed, that is to say, the fluid is at first confined to the 
subchordal area, but under increased pressure will extend to the 
upper surface of the vocal cord“. 


Paul Heymann?) betont, gestützt auf die älteren Autoren 
Teichmann, Sappey, Poirrier, Klein) dass, während die 
Lymphgefásse an anderen Stellen des Kehlkopfes, wie an den ary- 
epiglottischen Falten und an den oberen Teilen der Zungenbänder 
zwei übereinanderliegende Netze bilden, auf den wahren Stimmbändern 
das Netz der Lymphgefässe spärlicher wird und nur eine Schicht 
langgestreckter weitläufiger Maschen bildet. 


Noch sei Most?) zitiert. 


„Nahe den wahren Stimmbändern nehmen im Kehlkopf Grösse 
und Dichtigkeit der Gefässe rasch ab und auf den Ligamenta vocalia 
sind sie am zartesten und spárlichsten. Hier gelingt es nur wenige, 
einander parallele äusserst zarte Kapillaren höchst unvollkommen 
darzustellen. Über die Ligamenta vocalia hinweg lässt 
sich die Injektionsmasse nicht treiben“. 


Die feinere anatomische Erklärung des letzten, für die Aus- 
breitung des Stimmbandkrebses sehr wichtigen Satzes, geben die 


1) The submucous areolar tissue of the larynx, and its significance in the 
spread of oedema. Edinburg. Medical journal. May 1902. p. 430. 

2) P. Heymann, Heymanns Handbuch. Band 1. 1. S. 157. 

3) Most, Die Topographie des Lymphgefüssapparates des Kopfes und des 
Halses. S. 119. Berlin. Hirschwald 1906. 


228 Felix Blumenfeld. [4 


Arbeiten Reinkes!)?, die in der laryngologischen Literatur wohl 

nicht überall die verdiente Würdigung gefunden haben. Reinke 

zeigte, 
„dass es leicht gelingt, in der Schleimhautfalte der Stimmlippe, 
zwischen dem elastischen Bande einerseits und dem Epithel anderer- 
seits, durch Leim- oder Luftinjektion, ein künstliches Ödem zu er- 
zeugen, dessen untere scharfe Grenze durch eine nach oben stark 
konkave Falte der Schleimhaut, Linea arcuata inferior, begrenzt 
wird. Diese Linie ist an jedem normalen Kehlkopf als mehr oder 
minder deutliche Falte sichtbar und steigt rückwärts bedeutend 
weiter als das Ödem selbst zur Spitze der Arytänoidknorpel empor. 
Bei dieser Umbiegung nach oben entspricht ihr Verlauf genau der 
vorderen Kante des Arytänoidknorpels, wie man sich nach Ab- 
präparierung der Schleimhaut leicht überzeugen kann. Sie bildet 
im wesentlichen auch die untere Grenze der Plattenepithelzone, und 
stellt den Rand der Rima glottidis dar, die eben dorsalwärts stark 
emporsteigt. Die obere Begrenzungslinie des Ödems, Linea arcuata 
superior, bildet ebenfalls im wesentlichen die laterale Grenze des 
Plattenepithelterritoriums. Beide Linien stellen Verwachsungslinien 
des Perimysiums des M. vocalis mit der Schleimhaut dar und setzen 
der Injektionsmasse eine fast undurchdringliche Barriere, während 
sich jenseits dieser beiden Linien, wie namentlich M. Hajek ge- 
zeigt hat, sehr leicht künstliche Ödeme der Schleimhaut erzeugen 
lassen“. 


Das Bild Figur 2 zeigt diese Verhältnisse ohne weiteres; 
Figur 3 zeigt die nach Luftinjektion durch sagittalen Querschnitt er- 
öffnete Schleimhaut. Man kann durch Injektion mit Pravazscher 
Nadel sehr leicht die Abhebung der Schleimhaut bewirken. Wir 
haben es also am Stimmband mit einem in sich geschlossenen Lymph- 
raum zu tun, dessen Begrenzungsfläche einerseits das elastische Band 
bildet, andererseits die Jeistentragende Schleimhaut. Sie ist durch 
eine Art feiner elastischer Membran mit längs verlaufenden Fasern 
mit dem elastischen Bande verbunden. 


Kehren wir zu unserem Präparat zurück. Das Karzinom hat, 
wie schon bemerkt, die ganze Stimmlippe ergriffen, ohne deren ana- 
tomische Grenzen zu überschreiten. Die Grenzlinie nach oben und nach 
unten entspricht wie die Schnitte Fig. 4 und Tafel XIII, XIV, XV, Figur 





1) Reinke, Friedrich, Untersuchungen über das menschliche Stimm- 
band. Fortschritte d. Medizin 1895. 

3) Derselbe, Über die funktionelle Struktur der menschlichen Stimmlippe. 
Anatomische Hefte 1897 (Festschrift f. Merkel). 









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d Zur pathologischen Anatomie der Stimmlippe. 231 


Offenbar verharrt das Karzinom des primür ergriffenen Stimmbandes 
in der Richtung, die seiner Wucherung einmal gegeben ist, wodurch 
die zirkuläre Form vielleicht ihre Erklärung findet. Eine ringförmige 
Ausbreitung des Krebses ist übrigens auch sonst an röhrenförmigen Or- 
ganen (Speiseröhre, Mastdarm) sehr häufig; sie findet sich jedoch nirgends 
in einer so eng umschriebenen, durch natürliche, anatomische Grenzen 
vorgezeichneten Bahn, wie am Stimmband. Man wird daher den Bau 
des Epithels als solchen kaum für die Richtung, die das Karzinom 
bei seinem Fortschreiten nimmt, bestimmend ansehen können, sieht 
man doch gerade im Kehlkopf häufig Krebse ohne den geringsten 
Widerstand von dem Gebiet der einen Epithelart auf das der anderen 
übergreifen. 

Nach dem Gesagten kann man nicht umhin, dem Stimmband- 
karzinom eine gewisse Sonderstellung unter den Kehlkopfkrebsen, 
ja vielleicht unter den Schleimbautkrebsen überhaupt zuzuerkennen, 
die von eminenter praktischer Bedeutung ist. Während der Weiter- 
entwickelung der Karzinome der aryepiglottischen Falten der Inter- 
arytänoidalgegend und der pharyngealen Fläche des Kehlkopfes, auf 
deren besonders üble Prognose ich schon früher hinwies!), ein sehr 
reiches, ein- oder zweischichtiges submuköses Lymphgefässsystem offen- 
steht und dadurch eine schrankenlose Entwickelung in continuo und 
frühzeitige Lymphdrüsenmetastasen bedingt sind, liegt beim Stimm- 
bande die Sache anders. Hier wird durch natürliche Schranken des 
Lymphraumes, bis zu einem gewissen Grade der Entwickelung das 
Tiefenwachstum des Krebses durchaus auf das Ligamentum vocale ge- 
richtet. Es befällt also zunächst wesentlich einen Teil, der über die 
Seitenwand des Kehlkopfes hervorragt und dadurch dem operativen 
Vorgehen einen besonders geeigneten Angrifispunkt bietet. Wie die 
Querschnitte des Präparates zeigen, würde es sehr wohl möglich ge- 
wesen sein, dieses Karzinom endolaryngeal zu operieren, wenn man 
nur das ganze Stimmband resp. das Karzinomgewebe, welches es er- 
setzt hat, abgetragen hätte, was technisch durchaus ausführbar ist. 
Die Entfernung dieses Karzinoms durch Laryngofissur, wie sie Felix 
Semon?) in erster Linie empfohlen hat, würde ebenfalls erfolgver- 
sprechend sein können, ohne dass, abgesehen allenfalls von einem 
Teil des Aryknorpels, das Knorpelgerüst des Kehlkopfes hätte an- 
gegriffen werden müssen. Man braucht sich nur einmal einen Krebs 
von gleicher Ausdehnung statt am Stimmband an den aryepiglottischen 
Falten lokalisiert zu denken, um sich der verschiedenen Wertung, die 


1) Blamenfeld, Zur Diagnose des tiefsitzenden Pharynxkarzinoms. Ver- 
handlungen des Vereins süddeutscher Laryngologen. Bd. 2. S. 287. 
3) Felix Semon, Archiv f. Laryngologie. Bd. 6. S. 375. 


232 Felix Blumenfeld. [8 


bei der Indikationsstellung dem Sitz des Karzinoms zukommt, bewusst 
zu werden. 

Die Trennung der äusseren und inneren Larynxkarzinome ent- 
spricht der alten Einteilung Krishabers. Ich möchte aber weiter 
gehen und darüber hinaus eine Trennung der übrigen inneren Larynx- 
karzinome von denen des Stimmbandes vorschlagen. Den inneren 
Karzinomen des Kehlkopfes kommt die Eigenschaft, dass sie wenig 
zu Lymphdrüsen und anderen Metastasen neigen, gleichmässig zu, im 
Gegensatz zu den Karzinomen der oberen Kehlkopfumrandung. Da- 
gegen kommen für das Kontinuitätswachstum der nicht am Stimmband 
lokalisierten Karzinome annähernd gleich günstige Momente der Aus- 
breitung im submukösen Lymphgefässsystem in Betracht, während 
das Wachstum des Stimmbandkarzinoms, wie auseinandergesetzt, ganz 
anderen Bedingungen unterliegt. 

Es ist von verschiedenen Seiten (Preysingu. A.) betont worden, dass 
das, was man unter dem Namen „Kehlkopfkarzinom‘‘ zusammenfasst, 
in bezug auf klinischen Verlauf und Malignität ganz heterogene Dinge 
umfasst. Ich glaube einen wesentlichen Grund hierfür, wenn auch 
nicht den einzigen, in den anatomischen Verhältnissen des Mutter- 
bodens, speziell in der differenzierten Anordnung der submukösen 
Lymphgefässe am Stimmband einerseits und an der übrigen Kopf- 
schleimhaut andererseits sehen zu sollen. Selbstverständlich erklärt 
sich der mehr oder minder progrediente Verlauf eines Kehlkopf- 
karzinoms nicht aus diesen Verhältnissen allein, es kommt auch 
wesentlich der Typ des betreffenden Karzinoms in Betracht. Von 
Navratil!) gibt auf eine über 100 Fälle umfassende Erfahrung ge- 
stützt, an, dass der verhornte Plattenepithelkrebs viel gefährlicher ist 
als der nicht verhornte. Im übrigen sind die Angaben über die ver- 
schiedene Wachstumsenergie der Karzinome im Kehlkopf wenig be- 
stimmt. Ein grosser Zellreichtum der Karzinome wird im allgemeinen 
auf eine grössere Neigung zur Progredienz gedeutet, wie das auch 
anderswo der Fall ist, jedoch handelt es sich auch hier um keine 
absolut feststehende Regel, sah doch Herxheimer?) z. B. vollkommenen 
Stillstand des Wachstums eines zellreichen Mammakarzinoms. Eine 
gesonderte Stellung nehmen vielleicht die Adenokarzinome, von denen 
Krieg und Kraus?) und Schmiegelow*) Fälle beschrieben, ein, 

1) von Navratil, Über die Indikationen und Methode der Operationen 
des Kehlkopfkrebses. Archiv f. klin. Chirurgie. Bd. 76. S. 695. 

2) Gotthold Herxheimer, Neuere Ansichten über Geschwulst(Karzi- 
nom)genese. Zeitschr. f. ärztliche Fortbildung. Bd. 6. 1909. Nr. 16. 

3) Krieg und Kraus, Archiv f, Laryngologie. Bd. I. S. 150 ff. 1898. 


4) Schmiegelow, Klinische Beiträge zur Pathologie des Kehlkopfkrebses, 
Daselbst. Bd. 23. S. 203 und ff. 1910. 


9] Zur pathologischen Anatomie der Stimmlippe. 233 


soweit sie eine Neigung zur Stielbildung haben. Will man daher, 
was aus praktischen Gründen sehr wünschenswert ist, die Karzinome 
des Kehlkopfes nach ihrer Verlaufsart trennen, so wird man neben 
dem Sitz auch die Gattung des Karzinoms berücksichtigen müssen. 
Was ersteren betrifft, so möchte ich folgende Einteilung vorschlagen: 

1. Äussere Kehlkopfkrebse (aryepiglottische Falten, Interarytänoi- 
dalgegend, pharyngeale Kehlkopfwand) ; 

2. Innere Kehlkopfkrebse (ohne Stimmlippenkrebse); 

3. Krebse, die auf eine oder beide Stimmlippen beschränkt sind. 

Eine derartige Einteilung wird besonders für die Statistik von 
Wert sein und damit für die auf sie zu beziehende Beurteilung der 
Heilerfolge der verschiedenen Operationsmethoden. Es bleibt selbst- 
verständlich noch eine Gruppe von ausgedehnteren Larynxkarzinomen, 
deren Ausgangspunkt nicht mehr festzustellen ist. 

Die besondere Stellung, die man, wie ich glaube, den Stimm- 
ippenkrebsen einräumen muss, ist nicht aus dem hier vorliegenden 
Präparat und klinischer Erfahrung allein hergeleitet, auch nicht aus 
den zu Grunde liegenden anatomischen Verhältnissen konstruiert 
sondern sie findet in der Therapie des Kehlkopfkrebses deutlichen 
Ausdruck, namentlich dadurch, dass diejenigen Karzinome, die zur 
endolaryngealen Operation geeignet sind, so gut wie ausschliesslich 
der Stimmlippe angehören. B. Fränkel!) der hervorragendste 
Vertreter der endolaryngealen Behandlungsweise, hat unter seinen 
9 Fällen keinen einzigen endolaryngeal operiert, der nicht dem Stimm- 
band angehörte und die 5 Fälle, die geheilt sind, betreffen mit einer 
Ausnahme (3. Rezidiv in Fall 1) die Stimmlippe allein. 

Hansberg?) sieht unter 18 endolaryngeal behandelten Fällen 
4 für definitiv geheilt an. Unter diesen 18 sind 6 B. Frünkels, 
ohne diese bleiben 3 definitiv geheilt (von ihnen betreffen zwei 
Schnitzler, M. Schmidt) eine oder beide Stimmlippen, eines 
(Schech) war ein gestieltes Epitheliom der aryepiglottischen Falten. 
Sendziak?) will nur 4 definitive, auf endolaryngealem Weg geheilte 
Fälle anerkennen. Er führt ausser den schon genannten (Fränkel, 
Schnitzler, M. Schmidt) ein Karzinom der Epiglottis (Bronner) 
als geheilt an. Dass isolierte Karzinome der Pars libera der Epig- 
lottis eine besondere Stellung einnehmen, bedarf nicht der Erwähnung. 
Schmiegelow l. c. führt 5 Fälle an, davon 3 gestielte Adeno- 





1) B. Fränkel, Intralaryngeale Behandlung des Kehlkopfkrebses. Archiv 
f. Laryngologie. Bd. 6. S, 361 und ff. 

?) Hansberg, T. W., Beiträge zur Operation des Kehlkopfkrebses. Da- 
selbst. Festschrift f. Bernhard Frünkel 1896. 

3) Sendziak, Die bösartigen Geschwülste des Kehlkopfes. Wiesbaden 1897. 


234 Felix Blumenfeld. [10 


karzinome des Kehlkopfeingangs; von denen eines nach 7 jahriger 
Heilung órtlich rezidiviert, 2 Stimmbandkrebse, davon einer vollstándig 
geheilt. Ferner 2 Fälle von Jurasz!) die beide auf die Stimm- 
bänder beschränkte Karzinome betrafen. Heilung. Auch W. K. 
Simpson?) operierte einen Fall von Stimmbandkarzinom, nach drei 
Jahren kein Rezidiv. Von Navratil l. c. operierte 2 Fälle von 
Stimmbandkrebs endolaryngeal, davon einen mit dauerndem Erfolg. 


Es ist also nicht zu verkennen, dass, wenn man von den Fällen 
von gestieltem Karzinom (Schech, Schmiegelow) und der Epi- 
glottis (Bronner) absieht, das Karzinom der Stimmlippe dasjenige 
ist, das ausschliesslich zur endolaryngealen Entfernung aufgefordert 
hat und am ehesten Erfolge verspricht. Dass diese Ausnahmestellung 
des Krebses der Stimmlippe auf ihrer Armut an Lymphgefässen be- 
ruht, geben auch Jurasz und v. Navratil an. Ich will mit dem 
Vorstehenden mich keineswegs zur Indikation der endolaryngealen 
Therapie des Karzinoms geäussert haben, es ist aber wohl unbestreit- 
bar, dass man in den mit der endolaryngealen Methode erzielten Er- 
folgen den Ausdruck dafür sehen muss, dass der Stimmlippenkrebs 
besonderen Wachstumbedingungen unterliegt, solange er eben auf das 
Stimmband beschränkt ist. 


Ich fasse zusammen: Das Karzinom der Stimmlippe 
breitet sich bei seinem Wachstum zunächst in der 
Längsrichtung der Stimmlippe aus; es ergreift diese 
ganz oder zum grössten Teile, ehe es auf die Umgebung 
der Stimmlippe übergreift und richtet demgemäss sein 
Tiefenwachstum bis zu einem gewissen Stadium aus- 
schliesslich auf das elastische Band. Diese Wachstums- 
eigentümlichkeit des Stimmbandkrebses ist bedingt 
durch die Anordnung des submukösen Lymphraumes, 
der in sich geschlossen ist. Die obere und untere 
Grenzlinie des beginnenden auf die Stimmlippe be- 
schránkten Karzinoms bilden die Lineae acuatae supe- 
rior und inferior (Reinke) denen entsprechend der sub- 
mukóse Lymphraum der Stimmlippe gegen die des 
Morgagnischen Ventrikels und der subglottischen 
Schleimhaut abgegrenzt ist. 


1) Jurasz, Verhandlungen d. Vereins süddeutscher Laryngologen, Demon- 
strationen. Bd. 1. S. 2083 und Bd. 2. S. 43. 


2) W. K. Simpson, Report of a case illustrating the importance and 


possibilities in the early recognition and treatment of malignant growths of the 
larynx. Laryngoscope, March 1906. 


11] Zur pathologischen Anatomie der Stimmlippe. 235 


Diese anatomischen Verhältnisse bedingen für das 
Stimmbandkarzinom eine gewisse Ausnahmestellung in 
klinischer und therapeutischer Beziehung, die in den 
endolaryngeal erzielten Heilerfolgen ihren Ausdruck 
findet. 


Es liegt die Frage nahe, ob die gedachte Anordnung der 
Lymphgefässe an den Stimmlippen nicht auch auf die Entwickelung 
anderer pathologischer Vorgänge bestimmendenen Einfluss hat, ins- 
besondere drängt sich die Frage auf, ob die nicht sehr selten iso- 
lierten tuberkulösen Infiltrate und Ulzerationen der Stimmlippe nicht 
auch in diesen Verhältnissen eine Erklärung ihres Verlaufes finden. 
Ich bin aber nicht in der Lage, hierfür irgend welche anatomische 
Beweise bringen zu können. Einige Schnitte, welche von tuberkulösen 
Kehlköpfen gemacht wurden, haben etwas Typisches nicht ergeben, 
doch wird man in Erwägung ziehen müssen, dass Fälle wie die ge- 
nannten von isolierter tuberkulöser Infiltration und Ulzeration recht 
selten zur Autopsie kommen, da meistens die Tuberkulose sich bis 
zum Ende weiter und regellos im Kehlkopf ausbreitet. Man wird da- 
her Aufschluss in dieser Beziehung wesentlich von solchen Kehlkopf- 
tuberkulosen erwarten dürfen, bei denen der Exitus durch eine inter- 
kurrente Krankheit oder durch eine akute Wendung der Lungen- 
tuberkulose herbeigeführt wird. 

Auf die Bedeutung der Anordnung der Lymphgefasse fiir die 
Entstehung des Glottisódems brauche ich nicht mehr einzugehen, da 
diese Dinge vielfach gewürdigt sind (Hajek, Logan Turner), 
hingegen finden wohl die submukósen Dlutungen, welche man nicht 
selten nach Stimmanstrengungen, Erbrechen etc. findet, fraglos in dem 
von Reinke beschriebenen submukósen Raum statt. 

Zum Schluss spreche ich Herrn Professor Reinke fiir die An- 
fertigung der Präparate meinen verbindlichsten Dank aus. 


Erklärung der Bilder auf den Tafeln. 

Fig. 1—4, Taf. XIII—XV stellen bei ganz schwacher Vergrösserung das 
Wachstum des Stimmlippenkrebses dar, Fig. 1 und 2 im vorderen Drittel, Fig. 3 
etwa in der Mitte, Fig. 4 am hinteren Ende der Stimmlippe. Fig. 5 (Tafel XV) 
zeigt das Karzinom bei stärkerer Vergrösserung. 


Intubation und Tracheotomie bei akuten Larynx- 
stenosen der Kinder. 


Von 


Prof. Citelli, 
Prof. der Oto-Rhino-Laryngologie an der Kgl. Universität zu Catania. 


Seitdem die Intubation in die praktische Therapie eingeführt 
wurde, haben beinahe alle Autoren, die sich mit der operativen Be- 
handlung der akuten Larynxstenosen beschäftigt haben (oft in einem 
speziellen Kapitel oder in einem besonderen Abschnitt), Vergleiche 
angestellt, zwischen den Vorzügen und Nachteilen der Tracheotomie 
einer- und der Intubation andererseits und haben schliesslich einer 
oder der anderen Methode den Vorzug eingeräumt. Sehr viele Autoren, 
die sehr geübt in der Technik der Intubation sind, und vielleicht 
nicht ganz so erfahren in der Ausführung einer dringlichen Tracheo- 
tomie, sind zu dem Schluss gekommen, dass in allen Fällen (aus 
vielen Gründen) die Intubation der Tracheotomie vorzuziehen sei. 
Demgegenüber haben relativ wenige (meist sind es Vertreter der all- 
gemeinen Chirurgie, mehr geübt in der Tracheotomie und weniger 
gewöhnt an die Intubation) der Tracheotomie vor der Intubation den 
Vorzug gegeben; vor allem weil die Intubation mit einer gewissen 
Häufigkeit chronische, recht schwierig und langwierig zu behandelnde 
Verengerungen hinterlasse. Einige möchten aus diesem Grunde die Intu- 
bation überhaupt völlig verwerfen. Die Frage, wie sie bisher immer 
wieder diskutiert und behandelt worden ist, lautet also Intubation 
oder Tracheotomie, d. h. welcher von den beiden Methoden ist der 
Vorrang einzuräumen? Ich meinerseits bin, auf Grund ausgedehnter 
Erfahrungen mit der Intubation und meiner immerhin nicht ganz 
unbedeutenden Erfahrungen mit der Tracheotomie, überzeugt, dass 
beide Lager, sowohl die hartnäckigen Verteidiger der Intubation als 


238 Prof. Citelli. [2 


auch die gleich hartnäckigen und einseitigen Verfechter der Tracheo- 
tomie, zu weit gehen und denke, dass die beiden Operationen, weit 
entfernt, sich gegenseitig auszuschliessen, im Gegenteil sich in ganz 
ausgezeichneter Weise ergänzen, so dass man, häufiger als man bis- 
her getan hat durch Kombination beider Methoden weit bessere 
Resultate erzielen könnte: Daher der Titel meiner Arbeit: Intubation 
und Tracheotomie. 

Die Intubation stellt zweifellos eine therapeutische Methode dar, 
die einen bemerkenswerten Fortschritt in der operativen Behandlung 
der uns beschäftigenden Affektionen bedeutet. Verdientermassen hat 
sie deshalb in der Praxis weitverbreitete Anwendung gefunden. 
Man bedenke nur, dass man in wenigen Sekunden ohne geschulte 
Assistenz (unter alleiniger Mithilfe von Laien, meist Familienmitgliedern) 
durch die Intubation imstande ist (selbstverständlich einen geschickten 
und erfahrenen Operateur vorausgesetzt) einem Kind, das im Begriff 
ist zu ersticken, oder schon direkt asphyktisch, wie es mir in zahl- 
reichen Fállen passiert ist, das Leben zum mindesten eine Zeitlang 
wieder zu ermóglichen, und das ohne einen Tropfen Blut und ohne 
das Kind durch den Akt des Vorgehens selbst irgend einer Gefahr 
auszusetzen! — und man wird ohne weiteres für derartige Fälle 
die Überlegenheit der Intubation gegenüber der Tracheotomie zu- 
geben und O' Dwyer für seine geniale Erfindung begeisterten Dank 
und schuldige Anerkennung nicht versagen. Diese gewiss berechtigte 
Begeisterung für die Intubation darf aber nicht zu dem allzu 
weitgehenden und gefährlichen Schluss verleiten, dass 
man bei akuten Stenosen bei Kindern immer die Intubation er- 
zwingen müsse und (wie O’Dwyer und viele Anhänger der Intuba- 
tion wollen) die Tracheotomie völlig zu verwerfen sei. Mit dieser ge- 
fáhrlichen und über das Ziel hinausschiessenden Ansicht habe ich bei 
anderer Gelegenheit auf dem italienischen Laryngologenkongress in 
Mailand 1906 mich beschäftigt. Ich hob damals hervor, es sei in 
manchen Fällen nötig, die. Tracheotomie der Intubation folgen zu 
lassen, und zwar einmal, wenn 4—8 Tage nach der Intubation und 
nach völliger Heilung des diphtheritischen Prozesses die Kehlkopf- 
stenose noch fortdauert und weiterhin, wenn häufige spontane Ex- 
tubation erfolge, die das Leben des Kindes gefährde und eine Quelle 
beständiger Sorge und Störung für den Arzt bilde. Um in solchen 
Fällen einen befriedigenden therapeutischen Erfolg zu erzielen, zeigte 
ich damals eine sichere und einfache Methode zur Befestigung der 
Tube im Larynx durch die Trachealwunde hindurch, ein Vorgehen, 
das mir in meiner Praxis schon sehr gute Dienste geleistet hat. 

Jetzt bin ich zu der Ansicht gekommen, dass die Tracheotomie 
der Intubation noch viel häufiger angeschlossen werden sollte als 


3] Intubation u. Tracheotomie bei akuten Larynxstenosen der Kinder. 239 


ich es damals annahm, und zwar um noch besser die mancherlei Un- 
zuträglichkeiten zu verhüten, die mit einer gewissen Regelmüssigkeit 
im Gefolge einer lànger dauernden Intubation sich einstellen. 

Die Intubation, selbst mit grósstem Geschick und mit der best- 
entsprechenden Róhre ausgeführt, veranlasst in einer grossen Anzahl 
von Fällen, speziell bei solchen von schwerem primärem Larynxcroup, 
von post-morbillöser Laryngitis etc., recht unangenehme Folgeerschei- 
nungen sowohl für den Patienten und dessen Familie als auch für 
den Operateur selbst. Ist — wenn es sich um akute Stenose bei 
Diphtherie gehandelt hatte — nach 4—8 Tagen die Diphtherie ab- 
geheilt, so kann man eventuell nicht extubieren, da die Stenose sich 
(gewöhnlich nach einigen Stunden) wieder herstellt; meist infolge 
Ödems der Subglottis (einfaches oder von oberflächlichen oder tieferen 
Ulzerationen begleitetes Ödem). Es lässt sich das leicht verstehen, 
wenn man einerseits die geringen Dimensionen des kindlichen Larynx 
und die Leichtigkeit der Entstehung von subglottischen Ödemen bei 
Kindern bedenkt und andererseits den Reiz erwägt, den die tagelang 
liegende Tube ausübt. Manchmal passiert es auch (wie mir in zwei 
Fällen), dass man extubiert und die Stenose 5—8 Tage lang nicht 
wieder kommt; man hält das Kind schon für völlig geheilt, da tritt 
plötzlich wieder die Stenose auf, wahrscheinlich durch subglottisches 
Ödem oder im Gefolge einer Tracheobronchitis oder Bronchopneumo- 
nie, die so oft den Croup begleitet oder ihm folgt. Verlässt man 
sich in solchen Fällen nochmals auf die Intubation, so gelingt die 
Extubation eventuell überhaupt erst nach langwieriger und mühevoller 
Behandlung wie sie etwa bei der Laryngotracheostomie indiziert ist. 

In einer bestimmten Anzahl von Fällen bleiben nach der Intu- 
bation akuter Larynxstenosen bei Kindern, wenn die Tube 3—5 oder 
mehr Tagen gelegen hat, chronische Larynxstenosen zurück, die, 
wie allgemein bekannt, eine Qual für die Familie des Patienten und 
den Arzt bedeuten. Es ist richtig, dass man jetzt durch die Laryn- 
gotomie und auch durch meine eigene Methode (Tracheotomie und 
Einlegung und Befestigung einer leichten und kleinen Tube mit oder 
ohne Bauch durch die Tracheotomiewunde hindurch) oft völlige und 
definitive Heilung der Stenose erzielt; aber es ist auch sicher, dass 
die Nachbehandlung von solchen Stenosen, speziell in der Privat- 
praxis den Patienten und den Arzt physisch und psychisch ganz 
ausserordentlich ermüdet und anstrengt, selbst wenn ausser dem 
nötigen Geschick die Geduld eines Hiob zu Hilfe kommt. Für mich 
bedeutet ein Kind, das nach Intubation wegen akuter Larynxstenose 
eine chronische Stenose zurückbehält, das schlimmste Kreuz, das einem 
Operateur auferlegt werden kann. 

Zeitschrift für Laryugologie: Bd. III, H. 8. 17 


240 Prof. Citelli. [4 


Auf der anderen Seite kann auch die Tracheotomie, abgesehen 
davon, dass sis nicht in allen Fällen möglich ist, sie verlangt schliess- 
lich doch gewisse Vorbedingungen an Örtlichkeit und Assistenz, ab- 
gesehen weiter davon, dass in einer gewissen Anzahl von Fällen das 
Kind unter dem Messer oder kurz nachher zugrunde geht, entweder 
an Herzschwiche (der Operationsshock ist bei der Tracheotomie 
zweifellos grósser als bei der Intubation) oder durch Eindringen von 
Blut in die Luftwege etc. — abgesehen von all diesen Eventualitäten 
kann auch die Tracheotomie sehr wohl eine chronische 
Stenose hinterlassen, die ein grosses Hindernis für die definitive 
Heilung bietet. Und das um so eher, als bei der oft so nötigen Eile 
des Vorgehens häufig eher eine Cricotracheotomie als eine richtige 
Tracheotomie gemacht wird, denn nach oben liegt die Luftröhre ober- 
flächlicher und ist dort schneller zu eröffnen. In solchen Fällen kann 
man schliesslich durch verschiedene Vorkommnisse gezwungen sein, 
die schon entfernte Kanüle entweder sofort oder nach einigen Tagen 
wieder einzuführen. Es kann durch den Reiz der Kanüle bei der 
Nähe der subglottischen Gegend leicht ein dauerndes Glottisödem 
entstehen oder aber es bilden sich Granulationen in der Tracheotomie- 
wunde oder sogar in der ganzen Zirkumferenz der Trachea in der 
Höhe der Wunde, die an sich oder durch narbige Schrumpfung nach 
Entfernung der Kanüle eine neue Stenose hervorbringen. 

Gerade das ist der Ausgang eines Falles, den ich kurz berichten 
will, vor allem auch, um noch besser zu demonstrieren, wie man nicht 
nur durch die Tracheotomie nach der Inkubation, sondern 
in manchen Fallen auch durch die Intubation nach der zuerst 
ausgefiihrten Tracheotomie Heilerfolge zu erzielen vermag, 
die weder das eine noch das andere Operationsverfahren fiir sich 
alein hátte ergeben kónnen. Im folgenden die Krankengeschichte 
des betreffenden Falles: 

Am 21. Juni 1909 wurde in einem Städtchen der Provinz Syrakus 
von einem dortigen Kollegen an einem Kind von 4 Jahren wegen 
drohender Erstickung durch anfangs nicht diagnostizierten Larynx- 
croup die Nottracheotomie ausgeführt. Nach der gutgelungenen Ope- 
ration wurden dem Kind mehrfache starke Dosen Diphtherieserum 
eingespritzt und nachdem dadurch der diphtherische Prozess sehr gut 
zur Heilung gekommen war, wurde am 29. d. Mts. (am 8. Tag nach 
der Operation) die Kanüle entfernt. Nach einigen Stunden jedoch 
musste man die Kanüle wieder einführen, da von neuem Stenosen- 
symptome auftraten. Am 4. Juli (13 Tage nach der Operation) nahm 
man abermals die Kanüle heraus, aber nach einem Tage, während 
dessen das Kind gut atmete, begann die Atmung abermals geräusch- 


5] Intubation u. Tracheotomie bei akuten Larynxstenosen der Kinder. 241 


voll zu werden. Am 6. Juli wurde ich von Catania herübergerufen, 
und fand am Abend das Kind schlecht atmend vor. Die Tracheo- 
tomiewunde begann sich zu schliessen. Da es sich um ein sehr ver- 
ständiges und braves Kind handelte (das mich inständig bat, es zu 
heilen) versuchte ich die Laryngoskopie. Der kleine Patient hielt 
sehr gut bis zu einer gewissen Grenze: d. h. er liess sich ruhig in 
die geeignete Position bringen, óffnete den Mund, streckte die Zunge 
heraus und liess sich ruhig den Spiegel in den Mund stecken. Aber 
dann, anstatt zu atmen oder e zu sagen, presste der Kleine und hielt 
den Átem an. Beim zweiten Versuch machte das Kind, genótigt zu 
atmen, nach einer gewissen Dauer krampfartigen Pressens, plótz- 
lich eine tiefe Inspiration und ich konnte mit grosser Klarheit die völlig 
gesunden in Abduktion stehenden Stimmbänder sehen und ein paar 
Zentimeter unterhalb dieser am unteren Rande der Cartil. cricoidea 
einen elliptischen Narbenring, der die Lichtung der Luftröhre be- 
trächtlich verengerte. Die Tracheotomiewunde lag ein wenig hoch (es 
war auch der Cricoidknorpel eingeschnitten worden) und der innere 
Narbenring entsprach ungefähr dem höchsten Punkt des Tracheal- 
schnittes. Dieser fibröse Ring musste das Hindernis des Decanulements 
darstellen. Mit der Erweiterung der Trachealwunde und dem Wieder- 
einlegen der Kanüle hätte man unter diesen Umständen nichts er- 
reicht, wenn man nicht eventuell hätte eine T-Kanüle einlegen wollen, 
die aber ihrerseits wieder hätte den Reiz zu neuer Granulations- 
bildung oder sogar zu hypoglottischem Ödem abgegeben und damit die 
Heilung noch für wer weiss wie lange hätte verzögern können. Nach 
meinem Dafürhalten war in diesem Falle die Intubation das ideale 
Heilmittel. Ich intubierte also und es gelang mir sofort, eine O’Dwyer- 
tube Nr. 2 einzuführen, die sehr gut lag; aber beim letzten Vor- 
schieben hatte ich die Empfindung, unter den Stimmbändern einen 
leichten Widerstand zu fühlen, den ich durch einen leichten Finger- 
druck auf den Kopf der Tube überwand. Das Kind atmete nach der 
Intubation sofort sehr gut und ich konnte nach Catania zurückkehren. 
Die Tube sass vorzüglich an ihrer Stelle bis ich das Kind nach 14 
Tagen nach Catania kommen liess und dort mit der Enukleations- 
methode extubierte. Das Kind atmete ohne die Tube vollkommen 
frei und die Heilung blieb eine endgültige. Das ist in kurzen Zügen 
die interessante Geschichte eines klinischen Falles, der demonstriert, 
wie nützlich es sein kann, nach der Tracheotomie noch zu intubieren. 
Übrigens sind in der Literatur eine ganze Reihe von Fällen beschrie- 
ben, in denen sich die Intubation als Nachoperation der Tracheo- 
tomie sehr wertvoll erwiesen hat, insbesondere in Fällen schwierigen 
Decanulements teils wegen Granulationswucherung um die Tracheal- 
17* 


242 Prof. Citelli. [6 


wunde, teils wegen subglottischen Odems, teils wegen narbiger Ste- 
nose oder schliesslich wegen Lähmung oder Krampf der Glottis 
(Ranke, Bokai, Killian, Schwalbe, Baginski, Anderson, 
Chiari, Ferrond, Massei, O’Dwyer, Longo etc.). Es lohnt 
daher kaum der Mühe, weiter dabei zu verweilen. 

Nach meiner Ansicht würde man im Falle der dringenden opera- 
tiven Behandlung einer bedrohlichen akuten Larynxstenose beim Kinde 
am besten folgendermassen vorgehen: 

Wird man zu einem Kind (insbesondere zu einem Kinde der 
Privatpraxis) gerufen, das infolge Croup oder Masern oder Typhus 
etc. an Larynxstenose zu ersticken droht, so muss man zur Intuba- 
tion schreiten, die in solchen Fällen zweifellos der Nottracheotomie 
vorzuziehen ist. Mit der Intubation (natürlich mit dem nötigen tech- 
nischen Geschick ausgeführt) gelingt es fast immer, dem Kind, das 
an Asphyxie zugrunde zu gehen droht oder anscheinend schon tot 
ist, das Leben zu erhalten. Die Tube bleibt, wenn sie gut liegt, 24 
Stunden an ihrem Platze, dann wird man extubieren. Tritt die Ste- 
nose von neuem auf, so wiederholt man die Intubation und lässt die 
Tube weitere 24 Stunden liegen. Wenn dann nach der Extubation 
die Stenosenerscheinungen abermals wiederkehren, dann tut man gut, 
wieder zu intubieren und direkt die Tracheotomie zu machen. Die 
Tracheotomie am intubierten Kind gestattet nicht nur (falls 
keine anderweitige Kontraindikation vorliegt) die Narkose des Kindes 
und ist damit nicht nur eine der leichtesten und sichersten Opera- 
tionen (man hat Zeit und kann durch die einzelnen Gewebsschichten 
sukzessive und fast ohne Blutung vorgehen), sondern sie gestattet 
auch, die Trachea möglichst weit vom subglottischen Raum entfernt 
zu eröffnen (wo gerade die schwersten Entzündungserscheinungen sich 
zu lokalisieren pflegen, die eine Heilung der Stenose hintanhalten). 
Es ist deshalb zu empfehlen, die Trachea entsprechend dem 2.— 3. 
Trachealring zu eróffnen, so dass Trachealwunde und Kanüle in ge- 
nügender Entfernung von der erkrankten Larynxregion sich befinden. 
Diese Larynxregion, in vólliger Funktionsruhe, ohne den Druck der 
Intubationstube und verschont von dem Reiz der Kanüle, wird in den 
meisten Füllen rasch heilen und damit wird die Stenose behoben sein. 

Ich ziehe die Eróffnung der Trachea am 2. und 3. Trachealring 
der eigentlichen tiefen Tracheotomie (die ja an sich der Forderung, 
die Trachea móglichst weit vom erkrankten Kehlkopf zu eróffnen, am 
besten entspricht) vor aus dem Grunde, weil, falls die Stenose einmal 
nicht heilen will, dann (wie ich weiter ausführen werde) zur Intu- 
bation durch die Trachealwunde zurückgegriffen werden und 
die Tube nach meiner oder einer anderen Methode fixiert werden kann. 


1] Intubation u. Tracheotomie bei akuten Larynxstenosen der Kinder. 243 


Wenn nun aber die Tube während der 24-48 Stunden, für die 
ich, wie oben auseinandergesetzt wurde, auf die Intubation sich zu 
beschränken rate, nicht gut liegt, sondern sıch öfters spontan extu- 
biert, dann halte ich es für ratsam, 'statt den schon entzündeten 
hypoglottischen Raum noch mehr zu malträtieren und zu irritieren 
(ganz abgesehen von dem Risiko, dass das Kind erstickt, ehe man zur 
Reintubation da sein kann), nach 2—3 Spontanextubationen so bald 
als möglich die Tracheotomie auszuführen, und zwar in der oben be- 
schriebenen Weise am wieder intubierten Kind. Falls schliesslich ein 
Kind ausserhalb des Wohnsitzes des Arztes zu behandeln wäre und 
man könnte nicht 1—2 Tage zur Überwachung des zum erstenmal 
intubierten Patienten dort bleiben, dann ist es besser, die Tracheotomie 
einige Stunden nach der Intubation auszuführen und die Überwachung 
des Kindes einem anderen Arzt oder ev. der Familie zu überlassen. 
Ich habe mich bislang zweimal in solcher Lage befunden (wegen pri- 
märem Larynxcroup) und habe mit diesem Vorgehen zwei glänzende 
und dauernde Erfolge erzielt. Man hat nach 6—8 Tagen die Kanüle 
herausnehmen können und die Kinder sind prächtig geheilt. Im all- 
gemeinen bin ich überzeugt, dass, je eher die Tracheotomie nach der 
Intubation gemacht wird, desto sicherer eine schnelle und definitive 
Heilung zu erwarten ist. Und wenn ich für angebracht gehalten 
habe, vorzuschlagen, bei gut sitzender Tube und bei der Möglichkeit 
das Kind selbst zu überwachen, ev. 1—2 Tage mit der Tracheotomie 
zu warten, so habe ich das getan, weil man in einer ganzen Reihe 
von Fallen auf diese Weise mit der Intubation allein die Heilung 
wird erzielen kónnen und um in etwa den Vorwürfen zu begegnen, 
die mir (wie ich auf dem Kongress in Rom erfahren habe) vielleicht 
von seiten der „hartnäckigen Intubationsanhänger“ gemacht werden. 
Im übrigen ist es, falls man schwerere entzündliche Alterationen der 
Larynxschleimhaut befürchtet oder falls nach einigen Tagen schein- 
barer Heilung durch Intubation die Stenose rezidiviert, zu empfehlen, 
die Tracheotomie der Intubation baldigst folgen zu lassen. 

Wenn wegen einer der bekannten Ursachen, nach der Ausführung 
der Tracheotomie das Decanulement nach der gewöhnlichen Frist von 
6—10—12 Tagen auf Schwierigkeiten stossen sollte, dann lässt man 
die Kanüle länger in der Trachea liegen und führt etwa jede Woche 
einmal eine Tube in den Larynx ein, um Verwachsungen zwischen 
beiden Larynxhälften zu verhüten. Man kann so 1—2 Monate ab- 
warten, bis die akute Entzündung der Larynxschleimhaut völlig ab- 
geheilt ist. Wenn nach dieser Zeit die Stenose noch immer nicht 
ausgeglichen ist, dann kann man eventuell nochmals intubieren und 
die Tube im Larynx durch die Trachealwunde hindurch 


244 Prof. Citelli. [8 


fixieren (nach meiner oder irgend einer anderen Methode) Auf 
diese Weise wird man auch selten gezwungen sein, zur Laryngo- 
stomie zu greifen, die, wie ich zu Anfang ausführte, nicht sowohl wegen 
der Operation an sich, sondern wegen der sehr langwierigen Nach- 
behandlung (speziell wenn es sich um ein Kind aus der Privatpraxis 
handelt) stets besser vermieden wird. Ich halte es schliesslich für 
geboten, davor zu warnen, in solchen Fällen gefensterte Kanülen ein- 
zu legen, da gerade durch diese leicht in der Umgebung des Fensters 
Granulationsbildung veranlasst wird, abgesehen davon, dass sie nicht 
die genügende Funktionsruhe des erkrankten Organs gewährleistet. 
Das sind im grossen und ganzen die Prinzipien, die ich bei der 
operativen Behandlung akuter Larynxstenosen für die besten halte. 
Es versteht sich von selbst, dass jeder Operateur, je nach Lage des 
Falles, die ihm geeignet scheinenden Modifikationen vornehmen kann; 
die fundamentalen Grundsätze der Methode sollten aber möglichst ge- 
wahrt bleiben. Diese meine Methode besteht im wesentlichen darin, 
so oft als irgend möglich, die Intubation mit der 
Tracheotomie zu verbinden, vor allem in der Absicht, die 
nicht geringe Zahl chronischer Stenosen zu vermindern, 
die der alleinigen Anwendung sowohl der Intubation 
als auch der Tracheotomie zur Last zu legen sind. Frei- 
lich setzt meine Methode voraus, dass der Arzt, der akute Larynx- 
stenosen zu behandeln übernimmt, sowohl die Intubation als auch 
die Tracheotomie technisch durchaus beherrscht, eine Voraussetzung, 
die eigentlich auch bei der bisherigen Behandlungsweise der Larynx- 
stenosen zu Recht besteht, aber leider nur zu oft nicht erfüllt ist 
Meine Methode bildet einen Vermittlungsvorschlag zwischen den allzu 
enthusiastischen Befürwortern der Intubation, die der Tracheotomie 
das Urteil sprechen wollen und den — weniger zahlreichen — Autoren, 
die in zu weitgehender Übertreibung der sicherlich vorhandenen 
Schattenseiten der Intubation diese so wertvolle Operation zugunsten 
der Tracheotomie völlig verwerfen. Aufgebaut auf praktische Be- 
obachtungen und vernünftige Überlegungen sucht die Methode die 
einseitige Übertreibung sowohl des einen als auch des anderen Stand- 
punktes zu vermeiden. Und ich bin überzeugt, dass sie in der Praxis 
die besten Resultate geben wird, wie auch ich sie in den bisher 9 
Fällen, die ich nach diesen Grundsätzen behandelt habe, erzielen 
konnte. Ich weiss wohl, dass bei Befolgung meiner Behandlungs- 
prinzipien eine gewisse Anzahl von Tracheotomien ausgeführt wird, 
die man sich hätte ersparen können; denn eine ganze Reihe von 
Fällen wird man sicher in 3—8—15 Tagen oder auch selbst noch 
nach einigen Monaten mit der Intubation allein heilen können. Aber 


9] Intubation u. Tracheotomie bei akuten Larynxstenosen der Kinder. 245 


man wird den grossen Vorteil haben, eine beträchtliche Zahl von 
chronischen Larynxstenosen zu verhüten, für die in erster Linie zweifel- 
los der schädliche Reiz der Tube auf die entzündete Schleimhaut 
verantwortlich zu machen ist. Übrigens sind die Tracheotomie am 
intubierten Kind und die von geübter Hand ausgeführte Intubation 
fast gefahrlose Operationen und es ist schlimmstenfalls sicherlich kein 
Unglück, wenn bei einigen Patienten statt einer die beiden Opera- 
tionen vorgenommen werden. 

Meine Behandlungsmethode bezweckt nicht, die Intubation in der 
Praxis zu diskreditieren, sondern erstrebt im Gegenteil ihre Fórde- 
rung, denn sie sucht die hauptsüchlichsten Unzutrüglichkeiten, die 
in ihrem Gefolge auftreten kónnen, zu verhindern. 

Meine Ausführungen werden sicherlich bei einem Teil der Kolle. 
gen (wie das schon auf dem Kongress in Rom geschah) entschiedenen 
Widerspruch finden. Aber ich bin seit langem an wissenschaftliche 
Kampfe gewóhnt und ich bin überzeugt, gestützt auf die rationelle 
Begründung meiner Anschauungen, dass (wie schon so manchesmal) 
so auch diesmal die Zeit mir schliesslich Recht geben wird. 


Deutsch v. Dr. Brühl, Gardone, Riviera. 


Ein Fremdkórper im rechten Sinus piriformis, 
Tuberkulose resp. Tumor vortäuschend. 


Von 


Dr. med. H. Dencker, 
I. Assistent bei Prof. Dr. G. Spiess, Frankfurt a. Main. 





Die Kasuistik von Fremdkörpern, die in den verschiedensten 
Buchten des Schlundes und Kehlkopfes gefunden werden, ist eine 
derartig reichhaltige, dass die Wiedergabe eines neuen Falles wohl 
nur durch einige besondere, allgemein interessierende Nebenumstände 
gerechtfertigt erscheint. 

Ein 51 jähriger Landwirt suchte die Sprechstunde am 10. März 
d. J. auf, weil er über folgende Beschwerden klagte. Seit ca. sechs 
Wochen bestand nach seiner Angabe eine zunehmende Heiserkeit, 
seit längerer Zeit vor dem litt er an heftigem Husten und Auswurf. 
Irgend einen Grund für das Auftreten der Heiserkeit wusste er nicht 
anzugeben. Nur erklärte er, dass seit einiger Zeit, vielleicht seit 
dem Bestehen der Heiserkeit, das Schlucken Beschwerden machte. 
Über grössere Schmerzen wurde jedoch nicht geklagt. — Die Inspek- 
tion des Larynx ergab ein eigenartiges Bild. Es bestand ein hoch- 
gradiges Ödem der Larynxhinterwand und des rechten Aryknorpels. 
Das Kehlkopflumen war enorm verengert, von den Stimmbändern 
gar nichts zu sehen, beide Taschenbänder, besonders das rechte, waren 
gerötet und sehr stark geschwollen. Trotz der laryngoskopisch un- 
zweifelhaft bestehenden Stenose war nur eine geringe Dyspnoe vor- 
handen. — Die Untersuchung der Lungen ergab eine Bronchitis und 
zwar fand sich Giemen R. H. U. L.H.O. waren einzelne trockene 
Rhonchi hörbar. In der Annahme, dass die entzündliche Infiltration 
wahrscheinlich von einem unter der ödematösen Schwellung liegenden 
Tumor oder aber eventuell von einer tuberkulösen Affektion herrühren 


248 H. Dencker. [2 


müsse, wurden zur Stellung einer sicheren Diagnose intralaryngeal 
mit der Doppelkürette Stückchen aus den Schwellungen am rechten 
Aryknorpel und am rechten Taschenband herausgeschnitten. Eine 
vorhergegangene Sondierung hatte sowohl in bezug auf die Druck- 
empfindlichkeit wie auch auf die Resistenz kein besonderes Resultat ge- 
zeitigt. Durch diese Exzisionen hoffte man gleichzeitig eine Ent- 
spannnung und damit eine Abschwellung des ódematósen Gewebes 
herbeizufiihren. — Die mikroskopische Untersuchung der Stiicke er- 
gab eine chronische, speziell subepitheliale Entzündung, aber absolut 
keinen Anhaltspunkt fiir die Annahme einer spezifischen Erkrankung. 
Dasselbe Resultat zeitigten im Laufe der nachsten Wochen wieder- 
holt vorgenommene Probekiirettagen. Bei einer Untersuchung mit 
dem bronchoskopischen Rohre sah man sehr stark infiltrierte Taschen- 
bander mit höckeriger Oberfläche; dieselben liessen sich beiseite 
drücken, und das Rohr konnte dann die Rima glottidis glatt 
passieren. — Nach den ersten beiden Kürettagen war bereits eine, wenn 
auch geringe Abschwellung der Larynx-Hinterwand zu konstatieren. 
Ebenso war die Infiltration des linken Taschenbandes deutlich zurück- 
gegangen. Nur der rechte Aryknorpel und das rechte Taschenband 
blieben noch stark angeschwollen. Subjektiv war gleichfalls eine Besse- 
rung eingetreten, die Stimme war klarer geworden, und die Schluck- 
beschwerden hatten abgenommen. 

So war der Status, als der Patient nach zirka einmonatlicher 
Pause sich vormittags in der Sprechstunde vorstellte. — Zwecks Vor- 
nahme einer nochmaligen Kürettage kam er am Nachmittage des- 
selben Tages wieder und erzählte, dass nach dem Essen ein starker 
Hustenreiz aufgetreten sei, und zwar, ohne dass er sich im geringsten 
verschluckt habe. — Bei der gleich vorgenommenen laryngoskopischen 
Untersuchung sah man ein längliches gelb-bräunliches Gebilde in sa- 
gittaler Richtung. ‚über dem Kehlkopfeingang liegend, zwischen der 
Unterseite der Epiglottis und dem Hypopharynx. Der extrahierte 
Fremdkórper erwies sich als ein 3,5 cm langer, 3 mm breiter vier- 
kantiger Holzpflock, an einem Ende zugespitzt, wie sie zum Fest- 
stecken der gerollten Heringe (Rollmópse) gebraucht werden. Auf 
Befragen erzählt nun der Patient folgendes: 

Bei einer kleinen Vorfeier zu Kaisers Geburtstag am 24. oder 
25. Januar habe er nach reichlichem Alkoholgenuss Rollmöpse gegessen. 
Seit jenem Abend, so erinnerte er sich nachträglich, hätten seine Be- 
schwerden begonnen. Dass er aber etwas verschluckt habe, dessen 
sei er sich nicht bewusst, auch Hustenreiz sei nicht verspürt worden. 
— Eine sofort nach der Extraktion des Fremdkörpers nochmals vor- 
genommene Untersuchung des Kehlkopfs und Schlundes ergab absolut 


3] Ein Fremdkórper im rechten Sinus periformis etc, 249 


keinen besonderen Anhaltspunkt in bezug auf den früheren Sitz des 
Holzes. Irgendwelche durch den Pflock verursachte Schleimhaut- 
verletzungen waren nicht zu sehen. — Bei der, acht Tage später 
vorgenommenen Kehlkopfuntersuchung war das Bild vollkommen ver- 
ändert. Die Taschenbänderschwellung war bis auf eine kleine, 
rechtsseitige, höckerige Verdickung verschwunden. Die Stimm- 
bänder waren von normalem Aussehen und normaler Beweglichkeit. 
Wiederum acht Tage später war auch eine vorher noch vorhandene 
Schwellung des rechten Aryknorpels und der Hinterwand beinahe 
völlig zurückgegangen. Die Sprache war wieder klar, Beschwerden 
beim Schlucken bestanden überhaupt nicht mehr. Das Kehlkopfbild 
war, bis auf die vorher erwähnte kleine Schwellung am rechten 
Taschenband, die wohl als Folgeerscheinung der vorhergegangenen 
Kürettagen aufzufassen ist, ein durchaus normales. Auffallend: er- 
schien nur noch eine stärkere Vorwölbung der Hinterwand des Hypo- 
pharynx, die, wie bei der Röntgendurchlenchtung sich herausstellte, 
von einer leichten Deformität der Halswirbelsäule herrührte. — Als ur- 
sprünglicher Sitz des Fremdkörpers kommt wohl nur der Sinus piriformis 
nach dem ganzen Verlaufe der Affektion in Betracht, und zwar der 
rechte, denn auf dieser Seite waren die Schwellungen entschieden die 
stärksten. Irgendwelche ulzerative Prozesse, Schleimhautverletzungen 
etc. waren jedoch in ihm nicht nachweisbar, nachdem das Abschwellen 
des Aryknorpels eine genauere Inspektion des Sinus ermöglichte. 
— Man könnte noch an den Sinus Morgagni denken, aber wie hätte 
ein Fremdkörper von solch respektabler Grösse in ihn hineingelangen 
können, ohne die heftigsten Hustenstösse auszulösen, — trotz der 
vielleicht infolge reichlichen Alkoholgenusses herabgeminderten Emp- 
findlichkeit der Schleimhaut. Der im Sinus piriformis steckende 
Holzpflock rutschte, wahrscheinlich infolge der Schluckbewegungen 
beim Essen nach oben und nahm die bereits beschriebene Lage ein. 
Vermutlich wurde diese Lageänderung noch befördert oder erleichtert 
durch die Abschwellung des Gewebes infolge der Entspannung durch 
die mehrfachen Kürettagen. Zum Glück für den Patienten geschah 
dies gerade zu einer Zeit, in der spezialärztliche Hilfe sofort zur 
Stelle war. 

Vom Standpunkte der Diagnosestellung aus erscheint dieser Fall 
von nicht ganz gewöhnlichem Verlaufe. Die erhaltenen anamnesti- 
schen Daten mussten zunächst den Verdacht auf Tuberkulose lenken. 
Auch das klinische Bild liess dies sehr wohl möglich erscheinen. Man 
findet ja so oft bei einer Phthisis laryngis, dass das eigentliche tuber- 
kulöse Geschwür selbst von den sekundären Ödemen und Infiltrationen 
so überlagert ist, dass von ihm selbst anfangs nichts entdeckt werden 


250 H. Dencker: Ein Fremdkörper im rechten Sinus piriformis etc. [4 


kann. Oder die Tuberkulose tritt überhaupt anfangs mehr in infil- 
trativer Form auf und führt erst später zum Zerfall des Gewebes. 

Auch an das Vorhandensein eines Tumor von wahrscheinlich 
maligner Natur konnte gedacht werden. In der Tat ist auch, soweit 
man sich auf die Angaben des Patienten verlassen kann, von einem 
noch konsultierten Arzte eine dahingehende Wahrscheinlichkeits- 
diagnose gestellt, und eine Operation von aussen vorgeschlagen worden. 
Gewissheit konnten bei beiden Annahmen nur wiederholte Probe- 
kürettagen schaffen. Eine Rontgenaufnahme resp. -Durchleuchtung 
wurde nicht gemacht. Nebenbei bemerkt hätte eine solche auf Grund 
unserer nachträglich mit dem Pflocke probeweise vorgenommenen 
Untersuchungen mit aller Wahrscheinlichkeit nur ein negatives Re- 
sultat gehabt. Da der rechte Sinus piriformis von dem enorm ge- 
schwollenen Aryknorpel vollkommen überlagert und verdeckt war, bot 
auch dort das laryngoskopische Bild keinen Anhaltspunkt. Nirgends 
war eine Wunde zu sehen. Auch subjektiv wurde nur ein allgemeiner 
Druck im Halse angegeben, und der Schmerz nicht etwa rechts lo- 
kalisiert. Auffallend erscheint ferner, dass trotz 31/s monatlichen 
Verweilens des Holzpflockes es nicht zu stürmischen Erscheinungen 
oder zur Abszessbildung kam. Bestärkt werden musste man noch in 
seiner Annahme vom Bestehen einer eventuell tuberkulösen Affektion 
durch die unbestreitbare, bereits geschilderte Besserung, die sowohl 
objektiv wie subjektiv nach den verschiedenen Eingriffen eintrat. 

Jedenfalls beweist dieser Fall, dass die Diagnose eines Fremd- 
körpers unter Umständen trotz aller Untersuchungmittel eine ausser- 
ordentlich schwierige sein kann. 


Über nasale Fortsätze hypertrophischer Rachen- 
mandeln. 


Von 
Dr. Arthur Meyer, Berlin. 





Der Sitz der adenoiden Vegetationen ist das Gewölbe des Pharynx. 
In der grossen Mehrzahl der Fälle erreicht der Tumor die Choanen 
nicht ganz, und nach einer gründlichen Kurettage mit dem Messer 
von Gottstein-Beckmann, dessen oberer Rand gegen den Winkel 
zwischen dem freien Vomerrande und dem Rachendach gedrückt wird, 
erweist sich das letztere und die Choanen als frei. 

Bisweilen jedoch erstrecken sich kleine Verlängerungen des 
adenoiden Gewebes an der unteren Fläche des Keilbeins nasalwärts. 
Hier sind sie durch das Septum nasi gegen die breite Klinge des 
Adenotoms geschützt. Und nach der Operation, auch wenn sie sorg- 
fältig ausgeführt ist, sieht man im postrhinoskopischen Bilde — bei 
weiter Nase auch vorn — kleine, etwa erbsengrosse Reste, wie 
Granulationen aussehend, vom Dache beider Choanen symmetrisch 
herabragen. 

Diese Reste sind nicht immer gleichgültig; sie kónnen Schwellungs- 
zustánde der Muscheln oder auch eiterige Katarrhe der Schleimhaut 
unterhalten und so die Erreichung des Zweckes der Operation ver- 
eiteln. Ihre Existenz wird oft übersehen, da nach einer anscheinend 
erfolgreichen Operation die postrhinoskopische Untersuchung, wenn 
sie nicht sehr leicht gelingt, erklürlicherweise nicht forciert zu werden 
pflegt. 

Das adenoide Gewebe des Rachendaches ist ja sehr häufig nicht 
scharf begrenzt, sondern lässt sich oft seitlich in die Rosen- 
müllerschen Gruben hinein verfolgen, und erstreckt sich oft in 
Form gehäufter Follikel, bisweilen sogar in kompakter Masse, an der 
Hinterwand herab bis in die pars oralis. So kann es nicht wunder- 
nehmen, dass eine allmáhliche Abflachung auch nach der Nase zu 


252 Arthur Meyer. [2 


vorkommt. Ich habe sie nur bei Erwachsenen und grósseren Kindern 
gesehen, und stets nur bei erheblicher Grósse der hypertrophischen 
Mandel. 

Das Vorhandensein solcher nasalen Fortsütze kann vor der 
Operation nicht erkannt werden. Bestehen nach der Adenotomie 
die Beschwerden fort, so wird die Rhinoscopia posterior Aufschluss 
über die Ursache geben. 

Die Operation der Reste kann vom Munde aus mit der stark 
abgebogenen schmalen Kurette von Grünwald erfolgen, nach 
Anästhesierung des Rachens und unter Leitung des Spiegels, eventuell 
nach Einlegung eines Velitraktors oder Gaumenhakens. Wenn aber 
die Nase weit ist oder mit Adrenalin-Kokain sich erweitern lässt, 
dann operiert man besser von vorn. Man kann dann die Wuche- 
rungen mit einer einfachen Nasenkürette oder mit der kalten Schlinge 
abtragen. Genügt die Weite der Nase zwar zum Einführen des 
schlanken Instrumentes, aber nicht zu ausreichendem Einblick, so 
kann man die Kürette oder Schlinge von vorn einführen und post- 
rhinoskopisch ihre richtige Lage kontrollieren. 

In den Lehrbüchern, so weit sie mir zugänglich waren, fanden 
sich keinerlei Hinweise auf die Vorbereitung der adenoiden Substanz 
am Choanendach nach vorn zu. Nur Onodi und Rosenberg 
sagen: „Entdeckt man, dass nahe den Choanen noch Reste zurück- 
geblieben sind, so kann man sie meist von der Nase aus mit der 
kalten Schlinge fassen und abreissen‘. — Luc!) und Sallard?), 
der ihn zitiert, sprachen gleichfalls von Fragmenten, die wegen ihrer 
Lage dicht an den Choanen der Kürette entgangen sind; sie raten 
sie durch ein nochmaliges Kurettement zu entfernen, woraus hervor- 
geht, dass sie nicht innerhalb der Choanen sitzende Reste meinen 
können. 

Trotz dieser spärlichen Hinweise ist das Vorkommen intra- 
choanaler Reste nicht ganz selten. Bei einem Material von 
3000 —4000 Patienten habe ich sie etwa 2—3mal jährlich gesehen. 

Daher glaube ich auch, dass das Vorkommen choanaler Reste der 
Rachentonsille vielen Fachgenossen geläufig sein wird, und würde 
mir nicht erlaubt haben, das Thema zu behandeln, wenn ich nicht 
kürzlich einen Fall von sehr bedeutender Grösse solcher Reste be- 
obachtet hätte, der mir der Mitteilung wert erscheint. Sie reichten 
hoch an der vorderen Keilbeinfläche hinauf, bis nahe an das 
Nasendach. 

Ein 35jähriger Kaufmann suchte mich auf mit Klagen über 


1) Luc, Opérations incomplétes des tumeurs adénoides. Arch. de Lar. 1889. 
2) Sallard, Hypertrophie des amygdales. Paris 1894. 





3] Über nasale Fortsätze hypertrophischer Rachenmandeln. 253 


starke Kurzatmigkeit und Verstopfung der Nase. Er hatte sich be- 
reits einer Adenotomie unterzogen, sowie einer Kauterisation der 
unteren Muscheln, jedoch ohne Erfolg. — Patient litt an starker 
Adipositas und an erheblicher Dyspnoe. Letztere war kardialer 
Natur; der Puls war klein und frequent, die Herzdämpfung ver- 
breitert, besonders nach rechts. Die Lungenuntersuchung ergab keine 
Erkrankung, speziell bestand kein Asthma. Digitalis brachte keine 
Besserung. Diagnose: Myokarditis. 

Die Nase war beiderseits sehr eng, die unteren Muscheln 
kissenförmig geschwollen, besonders links. Postrhinoskopisch erwies 
sich der Nasenrachenraum als frei von adenoiden Vegetationen; in 
den Choanen dagegen hing beiderseits ein kegelförmiger Zapfen vom 
Choanaldach herab, den Raum zwischen Septum und mittlerer Muschel 
‚grösstenteils füllend. Er war von der Farbe normaler Schleimhaut, 
flachhöckerig. — Mit Kokain-Adrenalin liess sich die Nase so gut er- 
weitern, dass man nun auf beiden Seiten das Rachengewólbe und die 
vordere Wand des Keilbeins übersehen konnte. Letztere war bis 
wenige mm unterhalb des Nasendaches hinauf von einem flach- 
hóckerigen Tumor bedeckt, der, wie Sondenpalpation ergab, von 
weicher, tonsillenartiger Konsistenz war und breitbasig aufsass. 

Es bestand kein Zweifel, dass es sich um in die Nase entwickelte 
Reste der Rachenmandel handelte. Die Entfernung gelang beiderseits 
in einer Sitzung leicht, indem von unten her eine Schlinge um jeden 
Tumor gelegt wurde, der in einem Stück abgetragen werden konnte. 
Die Operation hatte den erwarteten Erfolg; der Patient konnte nach 
9 Tagen mit gut durchgängiger Nase entlassen werden. 

Die beiden entfernten Stücke sind fast genau gleich gross, von 
1.8 cm Höhe, 1: cm Breite, 8 cm Dicke; Gewicht zusammen 1.2 g. 

Schon makroskopisch lässt sich die follikuläre Struktur erkennen. 
Die histologische Untersuchung ergibt den typischen Bau der 
hypertrophischen Rachenmandel. Das Deckepithel ist ein hohes 
Flimmerepithel, in mässigem Grade mit Rundzellen durchsetzt. Die 
Substanz besteht grösstenteils aus wohlentwickelten Follikeln mit 
schönem Keimzentrum, welche stellenweise auch konfluieren; reichlich 
sind Drüsenausführgänge vertreten, deren eine Wand oft durch in ihr 
entwickelte Follikel in das Lumen vorgewölbt wird. Zahlreiche kleine 
Gefásse sind zu sehen, eine Art Hilus bildend. 

Der mikroskopische Befund bestätigte also, dass es sich um 
intranasal aberrierte Teile der Rachenmandel handelte. 
Die beträchtliche Grösse derselben und ihre breite Anheftung an der 
vorderen Sphenoidalwand scheinen mir diese kurze Mitteilung des 
Falles zu rechtfertigen. 


Die Nasenheilkunde des Altertums. 


Von 


Dr. med. Karl Kassel, Posen. 


Einleitung. 


Gelegentliche Notizen, welche ich mir im Laufe der Jahre beim 
Studium der alten Meister ärztlicher Kunst machte, betrafen vor- 
wiegend das Gebiet der Nasenheilkunde Sie wuchsen allmählich 
zu stattlichem Umfange heran, aber es fehlte ihnen schliesslich 
der innere Zusammenhang und, was mir noch wichtiger erschien, 
sie gaben als Notizen kein rechtes Bild des Arztes selbst und seiner 
Zeit, trotzdem doch gerade die alte Rhinologie kaum jemals ausser- 
halb des innigsten Konnexes mit der Physiologie und Pathologie 
des gesamten Körpers gestanden. 

Das Ganze zu schaffen ward nun mein Streben, so dass ich 
mich bemühte, in systematischer Reihenfolge die Quellen der ärzt- 
lichen Wissenschaft zu studieren und hierbei so vollständig, als 
es eben in meinen Kräften stand, die Lehren zu sammeln, welche 
das Gebiet der Nasenheilkunde betrafen. Es ist klar, dass ich dabei 
weite Strecken öden Brachlandes durchwandern musste. Aber auch 
sie als Spiegelbilder ihrer Zeit entbehren kulturhistorisch nicht 
immer eines gewissen Interesses. Andererseits fühlt man gerade 
im Laufe des systematisch-chronologischen Studiums mit Bedauern 


1) Die Geschichte der Nasenheilkunde wird in einzelnen Abschnitten inner- 
halb von drei Jahren an dieser Stelle erscheinen. Das Altertum und das Mittel- 
alter sind von Kassel-Posen, die Neuzeit von Imhofer-Prag bearbeitet. Das 
Ganze erscheint darauf im Verlage der Zeitschrift als Buch. 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. IIT, H. 3. 18 


256 Karl Kassel. [2 


den Verlust der ältesten Schriftdenkmäler als Grundlagen für die 
spätere Entwickelung. Erst in den letzten Jahrzehnten wurde ein 
Teil von ihnen der forschenden Welt wiedergegeben. Durch sie 
erhalten wir allmählich ein klareres Bild von dem langsamen Auf- 
bau unserer Kunst bis zu dem Augenblicke, in welchem das Riesen- 
werk des göttlichen Hippokrates fertig vor uns steht. Die Zauber- 
sprüche der Ägypter, einige Krankheitsschilderungen der Babylonier, 
die in ihrer Zeitbestimmung viel umstrittenen Werke Susrutas geben 
uns eine Andeutung von der allmählichen Entstehung der humoralen 
Lehren. Viel enger wird die Kette, wenn wir die Entwickelung 
physiologischer Gesetze verfolgen. Die Kenntnis dieser Dinge, für 
welche allerdings kulturhistorisches Interesse vorausgesetzt werden 
muss, hilft uns über jene óden Wanderungen hinweg, zu denen 
uns das Studium der Jahrhunderte nach Galen zwingt. 

Wir begegnen da dickleibigen Bänden medizinischer Werke, 
in denen nicht ein Funken origineller Geistesarbeit zu finden ist, 
oft geistloser Abschreiberei ohne Nennung der Quellen, anderwärts 
wieder recht geschickten Exzerpten aus alten Schriftstellern, wiederum 
anderen, welche auf diesen fussen, dabei aber dem Alten manches 
hinzufügen, was der Zeitgeist geboren. — 

Dementsprechend wird die Rhinologie des Mittelalters mancherlei 
Wiederholungen als lästigen Ballast mit sich bringen — auch der 
medizinische Kulturhistoriker muss es sich gefallen lassen, nicht 
immer Neuem und dadurch Interessantem zu begegnen. Wenn ich 
nun auch in der Wiedergabe der alten Texte an manchen Stellen 
Halt vor meiner Ungeduld und derjenigen des Lesers gemacht und 
mich nach genauer Quellennotiz mit abgekürzter Inhaltswiedergabe 
abfand, so wollte ich doch von meiner Absicht nicht abgehen, zu- 
nächst alle mir zugänglich gewordenen rhinologischen Quellen zu- 
sammenzufassen. Soweit mir bekannt ist, liegt eine derartige Samm- 
lung noch nicht vor. 

Es ist mir klar, dass das reichhaltige Material Anlass und 
Stoff genug zu vielseitigen Ausblicken bietet. Diese sollen in diesem 
Werke nur soweit berücksichtigt werden, als sie zur Darstellung 
historischer Kontinuität dienen. — 

Übersetzungen der alten Werke ins Deutsche existieren nur 
in sehr beschränktem Masse. Soweit sie mir zur Verfügung standen 
und von mir benützt wurden, sind sie in der ausführlichen Literatur- 
angabe erwähnt. — Noch ein Wort über die im Interesse des ganzen 
Werkes notwendig gewordene Arbeitsteilung. 

Ursprünglich beabsichtigte ich, ausschliesslich die Nasenheil- 
kunde des Altertums herauszugeben. Bei der Grenzbestimmung 


3] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 257 


zwischen diesem und dem Mittelalter stiess ich auf Schwierigkeiten, 
welche mir nicht lösbar erschienen. Sollte ich das Jahr 476, in 
welchem das weströmische Reich zu Grunde ging und welches als 
die historische Grenze zwischen Altertum und Mittelalter angesehen 
wird, auch als Teilgrenze für grosse Abschnitte der medizinischen 
Entwickelungsgeschichte annehmen? War nicht vielmehr der Ein- 
tritt des Christentums in die Weltgeschichte von einschneidendster 
revolutionärer Bedeutung für sie, so dass hinter ihr jahrhundertelang 
alle entwickelungsfördernden oder entwickelungshemmenden Momente 
für die Medizingeschichte in den Hintergrund treten ? Selbst Galen, 
aus dessen Werken das Arzttum bis spät in die Neuzeit hinein 
geistig schöpfte, tritt hinter der Umwälzung der ärztlichen Wissen- 
schaft durch das Christentum zurück. 

Doch alle Zweifel zeitlicher Abgrenzung wurden durch das 
Interesse des Studiums der Dekadenz überholt. So kam es, dass 
meine Sammlung allmählich das grosse Gebiet des Mittelalters um- 
fasste. 

Jetzt wurde mir aber die Notwendigkeit der Arbeitsteilung 
immer klarer. Ich fand in dem Kollegen Imhofer (Prag) den 
Mitarbeiter, welcher seine auf dem Gebiete historischer Medizin be- 
währte Kraft in dankenswerter Weise durch Bearbeitung der Nasen- 
heilkunde der Neuzeit zur Verfügung stellte und die begonnene 
Arbeit zu einem Ganzen abzurunden half. 


Dr. med. Karl Kassel, Posen. 


Ägypten — Assyrien — Babylonien. 


Ägypten ist die Wiege aller ärztlichen Kunst. Die Papyri und 
die Inschriften auf Steinmälern sind die Quellen, welche uns all- 
mählich ihre Kenntnis vermitteln. Das reichhaltigste Material für 
die Erforschung der Nasenheilkunde bietet der Papyrus Ebers. Ebers 
selbst verlegt die Entstehung der Handschrift auf die Jahre 1553 
bis 1550 v. Chr., während Joachim, der Übersetzer, für die Nieder- 
schrift wohl diese Zeit annimmt, sie aber für ein medizinisches 
Sammelwerk hält, das in seinen einzelnen Teilen mehr oder weniger 
älteren Zeitepochen angehört. Eine Mischung von ärztlicher Beob- 
achtung, Phantasie und Zauberei bilden den Grundzug des Ganzen. 

Trotz der Beschäftigung der Ägypter mit den Leichen sehen 
wir, dass ihre anatomischen Kenntnisse ganz geringfügig sind und 
dass an ihre Stelle vielfach die Phantasie tritt. 

18* 


258 Karl Kassel. [4 


Das Herz ist das Zentrum aller Gefásse. Von diesen sind 
vier in den beiden Nasenlöchern, zwei geben Schleim und zwei 
geben Blut. , Wenn der Hauch in die Nase geht, so dringt er 
zum Herzen und zum Mastdarm hin; sie (die Gefásse) geben dem 
Leib reichlich (davon). An späterer Stelle lesen wir von nur zwei 
Gefässen, die zum Nasenloch gehen. Alle Gefässe der Nase, der 
Ohren und Augen kommen vom Herzen und verteilen sich in der 
Nase, um sich in den beiden Hinterbacken zu sammeln. 


Von Krankheiten sind erwähnt die Verstopfung der Nase, eine 
Geschwulst und der Schnupfen. 


„Wenn du eine Person untersuchst, die das Leiden an ihren 
ro-áb (Herzgrube, Herz-, Magengegend) hat, sie bricht oft und du 
findest es (als etwas) Hervorragendes immer auf der Vorderseite, 
seine beide Augen sind ermattet und seine Nase verstopft; sag 
du zu ihr: „es ist Fäulnis seiner Exkremente; es geht nicht durch 
seine Weichen ab als Exkremente von ihm. Mach ihm dafür (folgendes 
Mittel) : 

Weizenbrot, Absinth in besonders grossen Mengen; dazusetzen 
ein kleines Gefáss voll mit Knoblauch nebst saatet (Gebrochenes ?), 
dann mit Bier; fettes Ochsenfleisch vom Patienten zu essen und 
mit Bier, das aus mehreren Ingredienzien gebraut ist, zu trinken, 
um seine beiden Augen zu óffnen, seine Nase zu óffnen und Abgang 
für die Exkremente zu schaffen." — Zu den Symptomen der Krank- 
heit gehórte also Verstopfung der Nase, deren Lósung durch eine 
Absonderung aus ihr erfolgt. — 


Als Geschwulst in der Nase, xent in fent, ist eine Neubildung 
erwähnt, die Ebers als Dakryozystitis erklärt. 


Bei res (Schleim) der Nase wird die Öffnung (kann heissen der 
Nase oder Mund) mit Dattelsaft gefüllt. Auch wird empfohlen, 
Pfefferminz in Datteln zu reiben und auf die Nase zu tun. 


Ein Mittel gegen Näa; dieses Wort übersetzt Brugsch mit 
„schnaufen, verschnupft sein, Schnupfen“, während Joachim an Stink- 
nase denkt. Es soll die Krankheit bezaubern: Spuck du Schleim 
aus, Sohn des Schleimes! Fass die Knochen, berühre den Schädel, 
bestreiche mit Talg, gieb dem Kranken 7 Öffnungen im Kopf, diene 
dem Gott Ra, danke dem Gott Thoth. Denn ich brachte deine 
Mittel für dich, deinen Trank für dich: Milch einer Frau, die 
einen Knaben geboren hat und wohlriechendes Brot vertreiben, heilen 
es. Noch einmal. Es trete hervor auf die Erde die Fäulnis, die 
Fäulnis! Viermal. Zu sprechen über Milch einer Frau, die einen 
Knaben geboren hat und wohlriechendes Brot; in die Nase tun.“ 


I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 259 


ge 
— 


Ein Mittel, eine Geschwulst in der Nase zu vertreiben: 
Collyrium 1, fauliges Holz 1, trockene Myrrhen 1, Honig 1. 4 Tage 
damit salben. — 

Der Papyrus des ägyptischen Museums Nr. 1558 stammt aus 
dem 14. Jahrhundert v. Chr. In ihm finden wir eine für die 
Atmungslehre interessante Stelle: „Es gehören zwei Adern zu seinem 
linken Ohre, durch welche der Atem des Lebens (oder um zu leben) 
geht, es gehören zwei Adern zu seinem rechten Ohre, durch welche 
der Atem geht.“ 

Jüngeren Datums ist der grössere Berliner Papyrus. In ihm 
begegnen wir folgenden Heilmitteln fiir die Nase: ,,Dattelwein, den 
Mund damit füllen." , Ein anderes (Rezept), um zu vertreiben das 
Niesen: Pfefferminze (eigentlich Nieskraut) anwenden mit Datteln, 
auf die Nase zu tun." Den Schluss der Rezepte bildet eine Be- 
sehwórung oder Besprechung gewisser Mittel, die gegen Stinknase 
angewandt werden, námlich: Milch einer Frau, die einen Knaben 
geboren hat und ,,wohlriechendes Brot“. 

In dem ersten Traktat des Papyrus ,,Geheimbuch des Arztes“ 
erhalten wir Kenntnis vom Gange des Herzens. Das Herz als Zentrum 
schickt Gänge zu allen Gliedern, im ganzen 48, davon 4 in die 
Nasenlöcher. Von diesen geben 2 Schleim, 2 Blut (Papyr. Ebers: 
2 Gänge nach dem Nasenloche). — 

Nach dea Berichten Herodots sind die Kenntnisse der Ägypter 
ın der Chirurgie sehr gering gewesen, trotzdem die komplizierte 
Tätigkeit des Einbalsamierens von Leichen zu den Verrichtungen 
der Ärzte gehörte Ein Teil der vornehmsten und teuersten Art 
des Einbalsamierens bestand darin, dass man vermittels eines 
krummen Eisens durch die Nase das Gehirn herauszog und in die 
Höhle Gewürze und Spezereien schüttete. — Die Verbindung zwischen 
Nase und Gehirn war den Ägyptern also bekannt. 

Hierauf und auf, der stechenden Wirkung scharf riechender 
Substanzen beruht wohl der alte ägyptische Glaube, dass die Nase 
der Weg zum Sitze der Dämonen, dem Gehirn, ist. Daher wählten 
sie auch diesen Weg, um durch scharf riechende Räuchermittel 
die Dämonen zu vertreiben. Als solche wurden Schwefel, Asphalt, 
Weinranken, Weinrebenholz, Majoran u. a. m. benützt. — 

In bezug auf den Aussatz schreibt Iwan Bloch (Zeitschr. 
f. Ethnologie 1899): 

„Ägypten muss vorläufig als der älteste Aussatzherd auf der 
ganzen Welt bezeichnet werden. Dies bezeugen schon übereinstimmend 
die Schriftsteller des Altertums. Die ersten sicheren historischen 
Nachrichten über die Existenz der Lepra in Ägypten weisen un- 


260 Karl Kassel. [6 


gefähr auf die Jahre 1550—1300 v. Chr. Der Papyrus Ebers wurde 
um 1550 v. Chr. niedergeschrieben. Seinem Inhalte nach aber stammt 
er aus viel älterer Zeit. In ihm haben Schenthamer und Joachim 
unzweifelhafte Beschreibungen des Aussatzes nachgewiesen, so die 
Schilderung der Lepra maculosa, der Lepra tuberculosa, des Haar- 
ausfalls, der Hyperästhesien, der Kontagiositä. Auch die Lepra 
mutilans wird erwähnt. Dem an Lepra erkrankten Gotte Chensu 
fällt die Nase plötzlich ab, wie von unsichtbarem Schwerte ge- 
troffen.... Dieses plötzliche Abfallen der Nase kann nur bei 
Lepra vorkommen und ist schon von vielen kompetenten Beobachtern 
geschildert worden.“ — 

In der ägyptischen Heilkunde treffen wir schon Spuren der 
Humoralpathologie. So berichtet das medizinische Keilschriftfragment 
aus Niffer in Konstantinopel üfer die Lösung von Krankheiten durch 
Ausscheidung schlechter Säfte, u. a. durch Niesen. 

Der ägyptische Papyrus P 3027, Spalte II, 6—10, enthält 
folgende von Erman übersetzte Beschwörung: 

„Laufe aus, du Asiatin, die aus der Wüste kommt, du Negerin, 
die aus der Fremde kommt. Bist du eine Dienerin? so komme 
ein Erbrechen! Bist du eine Vornehme? so komme in seinem Harn! 
Komme ein Niesen (?) seiner Nase! Komme ein Schweiss seiner 
Glieder etc. etc.“ 

Ähnlich lautet eine babylonische Beschwörung (Nr. 583), welche 
Scheil übersetzt hat, so dass eine Abhängigkeit der ägyptischen 
Form von der babylonischen unverkennbar ist. 

Schliesslich sei noch eine babylonische Beschreibung eines rätsel- 
haften Krankheitsbildes wiedergegeben, in welchem die Verstopfung 
der Nase als eines der Symptome erwähnt wird: 

Kopfweh ist von der Unterwelt hinweggegangen, ausgehend 
von dem Aufenthalt of Bel. Ein gewaltiger Hexen-Teufel keine 
Ruhe gebend, noch gütigen Schlaf. Es ist die Krankheit von Nacht 
und Tag, deren Kopf ist gleich einem Dämon, deren Gestalt ist 
wie der Wirbelwind. Sein Aussehen ist wie der verdunkelte Himmel, 
und sein Gesicht wie der tiefe Schatten des Waldes. Seine Hand 
ist eine Schlinge, sein Fuss ist eine Falle (?)... Eine glühende 
Muskel raiseth. Die Glieder sengend, die Beine erschütternd, den 
Körper verwüstend. Eine Krankheit, welche die Glieder zerbricht 
gleich einem eisernen Topf, die Muskeln untergrabend, die Nerven 
entkräftend, den ganzen Menschen entkräftend gleich...... ? 
Untergrabend d..... Die Nasenlöcher wie mit Pech verstopfend, 
durch die Rippen sprengend wie ein Schlepptau, die Finger zer- 
brechend wie ein Seil vom Winde. Es zerstört die Weichen gleich 


1] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 261 


einem Flussdamm, es sprengt die Brust entzwei gleich einem Stengel 
des Hennabaumes, es zerquetscht die Seiten gleich einem alten 
Schiff, es greift an den tapferbeherzten gleich kleinen . . . Es biegt 
die Hohen gleich einem Schilfrohr nieder, es köpft den Mächtigen 
gleich einem Ochsen. Ochsen zerschmetternd, es verschont nicht 
die Herden, wilde Bullen zerschmetternd, es giebt ihnen keine Ruhe, 
die Bergziege zerschmetternd so, dass sie nicht ihre Hörner behält. — 

Für die Abhängigkeit der hippokratischen Chirurgie von der 
assyrischen spricht ein assyrischer Brief (K 519) des Hofchirurgen 
Aradnana Dieser schreibt an den König gelegentlich einer anderen 
geschäftlichen Mitteilung: ,,Betreffs des Patienten mit den Blutungen 
aus der Nase sagte der Rabmugi zu mir, dass gestern gegen Abend 
eine Blutung auftrat. Der Verband des Patienten ist nämlich ein 
chirurgischer Kunstfehler. Denn auf die Nasennüstern ist er be- 
festigt, so dass sie die Atmung behindern und die Blutung dennoch 
durch den Mund nach hinten erfolgen kann. Lasse doch die Nase 
tamponieren, so wird der Luftdurchtritt ganz gehemmt und die 
Blutung wird abgeschlossen. Wenn es vor dem König, meinem Herrn, 
angenehm ist, so will ich morgen entsprechende Anweisungen geben. 
Nun möchte ich Antwort, was daraufhin beschlossen wird.“ — 

Die assyrischen Papyri K 8089, K 9072, K 10733, K 13388, 
K 13831 besprechen die Dyspnöe als Folgen der Erkrankung von 
Mund und Nase (von Öfele: Vorhippokr. Medizin Westasiens, 
Ägyptens und der mediterranen Vorarier in Neuburger-Pagel, 
Handbuch der Geschichte der Medizin, Bd. I). 


Juden. 


Ebensowenig wie wir heute schon in der Lage sind, aus den 
Sammelwerken ägyptischer, babylonischer und assyrischer Überliefe- 
rung für die einzelnen Epochen der Geschichte den jeweiligen Stand 
der medizinischen Kenntnisse genau abzugrenzen, ebensowenig ge- 
lingt uns dies mit Sicherheit bei der Bestimmung medizinischer 
Kenntnisse im alten Judentum. 

Darüber ist doch die Geschichtsforschung sich einig, dass das 
alte Testament in seiner Entstehung kein einheitliches Werk ist. 
Wenn es nun auch erst fernerer Zukunft vorbehalten bleibt, seine 
einzelnen Teile genetisch zu bestimmen, so dürfen wir dies für 
einige Teile doch schon heute mit ziemlicher Sicherheit tun. 

So verlegt Kautzsch, der bedeutendste Forscher alttestament- 
lich-historischen Schrifttums, die Schlussredaktion des Pentateuchs 
auf die Zeit um 400 v. Chr. Wenn wir dieser Zahl das Geburts- 


262 Karl Kassel. [8 


jahr von Hippokrates, um 460 v. Chr., an die Seite stellen, so 
ergeben sich gar manche interessante Vergleichspunkte für den 
Kenner griechischer und jüdischer ärztlicher Wissenschaft. 

Neben der hochstehenden, bis weit in die neue Zeit hinein 
unerreichten hygienischen Volksgesetzgebung der Juden finden wir 
im Gegensatz zur gleichzeitigen griechischen Medizin im alten Testa- 
ment wenig nennenswerte medizinische Kenntnisse niedergelegt, was 
allerdings bei der hervorragenden Bedeutung ihrer Träger, der 
Priester, und ferner bei der historisch feststehenden Wechselwirkung 
ägyptischer und jüdischer Kultur einigermassen auffallend ist. 

Dem Glauben der Juden und Ägypter ist die Anschauung ge- 
meinsam, dass die Nase der Weg ist, durch welchen der Lebens- 
geist in den vorher seelenlosen Körper einzieht. „Gott bliess dem 
Menschen den lebendigen Odem in die Nase“ (1. Mos. 2, 7). Die 
Ägypter nahmen allerdings als zweiten Weg für den Lebensgeist 
noch die Ohren an. 

Salomo ermahnt, die Jugendzeit gut zu benützen und durch 
moralische Lebensführung sich darauf vorzubereiten, dass die Ge- 
brechen des Alters uns nicht unerträglich werden. Unter diesen will 
der talmudische Erklärer in einer poetischen Schilderung der Ver- 
finsterung der Sonne und des Lichtes die Verunstaltung der Stirn 
und der Nase, die im Alter faltenreich und unansehnlich werden, 
sehen. „Die Lippen und die Nasenflügel, als äusserste Organe des 
Geschmackes und Geruches, werden hier die äusseren Türen ge- 
nannt, welche diese beiden Sinne wegen der verminderten Ess- und 
Geruchlust im Alter verschliessen.“ 

Wichtig ist eine Stelle (Sprüche 30, 30), welche sich auf die 
Entstehung von Nasenbluten bezieht: 

„Wenn man Milch stösst, so machet man Butter daraus; und 
wer die Nase hart schneuzt, zwingt Blut heraus; und wer den 
Zorn reizet, zwingt Hader heraus.“ 


Inder. 


Es kann nicht Aufgabe dieses Buches sein, sich eingehend mit 
der Streitfrage über das Alter und die Selbständigkeit der Werke 
indischer Medizin zu beschäftigen. Die vielen Anklänge an die 
hippokratische Medizin werden uns auch in dem Gebiete der Nasen- 
heilkunde auf eine Wechselwirkung zwischen indischer und griechi- 
scher Heilkunde hinweisen. Und gerade weil wir den Werdegang 
einer einzelnen Disziplin kennen lernen wollen, ist es von Interesse, 
das reichhaltige Material zu betrachten. Die indische ärztliche Kunst 


9] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 263 


finden wir noch innig mit dem religidsen Kultus verwachsen, dabei 
aber in mancher Hinsicht einen die griechische Kunst überragenden 
Hochstand. Allerdings fehlt ihr im Gegensatz zu der griechischen 
Heilkunde völlig die Kenntnis anatomischer und physiologischer 
Dinge. 

Susrutas Werk stammt nach Pagel aus der brahminischen 
Zeit, also aus der Zeit der Griindung des Buddhismus, etwa 550—500 
v. Chr. Die Lehren Susrutas, soweit sie sich auf die Nasen- 
heilkunde beziehen, gebe ich in der Reihenfolge seiner Schriften 
wieder. 

Wer Wohlgeriiche als unangenehme empfindet und diese als 
Wohlgerüche oder wer überhaupt den Geruch verloren hat, der 
ist nach dem Urteile des Arztes der fünf Lebensgeister beraubt. 

Susrutas tritt der Ansicht vieler entgegen, dass Nerven, 
Blutgefässe und Kanäle dasselbe seien und dass sich aus den Blut- 
gefässen durch Umwandlung auch Nerven und Kanäle bilden. Da- 
gegen schliesst er sich der alten Lehre an, dass 24 Nerven aus 
dem Nabel entspringen, von denen 10 nach aufwärts, 10 nach ab- 
wärts und 4 quer durch den Körper gehen. Zu den ersten gehört 
auch der Geruchnerv. — Susrutas erklärt die irrige Auffassung 
von jener Umwandlung damit, dass tatsächlich die Funktion der Ge- 
fässe, Nerven und Kanäle einander so verwandt ist, dass, trotzdem 
alle drei verschiedene Gebilde sind, sie doch in ihrer Zweckbestim- 
mung einander gleichen. — 

In der Pathologie finden wir eine innige Vermischung der 
humoralen und der pneumatischen Lehren, wobei die Beobachtung 
der Krisen und insbesondere der kritischen Entleerungen im Mittel- 
punkte der klinischen Beobachtungen steht. Hierbei scheint mir 
die geringe Schärfe der Deskription im Verhältnis zu dem auffallend 
grossen Wissensumfange des indischen Arztes nicht dafür zu 
sprechen, dass Susruta von Hippokrates abhängig gewesen. Viel- 
mehr sprechen gerade die Berührungspunkte zwischen beiden in 
(remeinschaft mit der präziseren Beobachtung und Darstellung bei 
dem letzteren für eine höhere Entwickelung der griechischen Medizin 
auf der Grundlage der indischen Kenntnisse. 


Krankheiten, welche durch die Nase zum Durchbruch kommen. 


Schnupfen, übler Geruch, Kochung der Nase, blutige und gallige 
Erkrankung, eitrige und blutige Erkrankung, Niesen, Ausfluss, Ent- 
zündung, Verstopfung, Ausfluss und Trockenheit — das sind 11 
Krankheiten. Dazu kommen 4 Arten von Knoten, 4 von Anschwel- 
lung, 7 schmerzlose Anschwellungen, 5 Katarrhe. Diese Krankheiten 


204 Karl Kassel. [10 


der Nase und zugleich ihre Heilung werden beschrieben, zusammen 
31 Krankheiten der Nase. 

Wenn die Nase verstopft ist, wenn es in ihr pocht, sie haufig 
kocht oder auch, wenn sie austrocknet, wenn der Patient angenehme 
Geriiche nicht wahrnimmt, dann stellt der Arzt Schnupfen fest. 
Er soll sagen, dass dieses Leiden von der Luft und von der Feuchtig- 
keit im Kórper herrührt und dass es mit dem Katarrh áhnliche Er- 
scheinungen habe. 

Wenn einem an der Stelle, wo Gaumen und Rachen zusammen- 
stossen, die Luft durch verbrannte Säfte verdorben ist und aus 
Nase und Mund übler Geruch sich entleert, diese Krankheit soll 
der Arzt Stinknase bezeichnen. | 

Tritt Galle in die Nase und erzeugt eine heftige Kochung Ge- 
schwüre in ihr, dann soll man dieses Leiden das Kochen der Nase 
nennen. 

(Dieser Satz wird nun fast wortgetreu wiederholt mit dem Zu- 
satz: wenn hierbei das Auge durch verdorbene Säfte gequält ist.) 

Nun will ich 4 Arten von galligen Blutungen der Nase be- 
schreiben, námlich 2 nach ihrem Ursprung und 2 nach dem Wege 
verschieden. 

Wenn die Sáfte aber verbrannt sind, ein Stoss gegen die Nase 
in der Stirngegend erfolgt ist, dann kann Eiter mit Blut vermischt 
sich aus der Nase ergiessen. Diese Krankheit soll man blutig- 
eitrigen Ausfluss nennen. 

Wenn die Geruchswahrnehmung gestört ist, wenn Luft aus der 
Nase mit Flüssigkeit vermischt unter grossem Geräusch austritt, 
diese Krankheit nennen die Gelehrten das Niesen. 

Hat man scharfe Heilmittel verwendet oder hat man an stechen- 
den Substanzen scharf gerochen, oder in die Sonne gesehen, oder 
hat man die zarten Nasenknochen mit Fäden gequält, so entsteht 
das Niesen. (Wir finden bei Susruta noch keine Differenzierung 
der inneren Nasengebilde.) 

Wenn sich aus der Nase dicke, scharfe, saure Flüssigkeit ent- 
leert, die schon vorher im Kopfe sich angesammelt hatte, dann sagt 
man, es liege ein Schnupfen vor, der durch Verbrennung von Galle 
verursacht ist. Aus einer sehr heissen Nase kann sich Rauch ent- 
leeren, welcher der Luft ähnlich ist; hierbei ist die Nase des 
Patienten entzündet: man spricht von Entzündung der Nase. 

Ist die Luft im Kopfe mit Flüssigkeit vermengt, ist ferner 
diese auf ihrem Wege verdorben und hat sie keinen Abfluss, so 
liegt eine Verstopfung der Nase vor. 


11] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 265 


Wenn die Nase immer durchgängig, die Absonderung wie Wasser 
so klar ist, gleichsam eine wohldurchwärmte Flüssigkeit, besonders 
nachts, dann soll der Arzt Nasenfluss feststellen. 

Ist Flüssigkeit in die Nase getreten, dann aber durch Luft 
und Galle sehr eingetrocknet, wenn dabei der Patient die Luft nur 
mit Mühe nach aufwärts und hinten zieht, dann liegt Trockenheit 
der Nase vor. Wenn die Säfte verdorben sind, jeder Saft für sich, 
dann soll der Arzt blutige Knoten und Anschwellungen feststellen 
oder auch eine gefühllose allgemeine Geschwulst (entstanden da- 
durch, dass alle Säfte verdorben sind).... 

Der Katarrh kann nach meiner Beschreibung ein sieben- 
facher sein. 

„Die Anschwellungen in der Nase sind bei der Beschreibung 
der Geschwülste überhaupt erwähnt.“ Mit dieser Bemerkung wird 
im Text auf Bd. 2, Kap. 23 hingewiesen. In ihm wird ausgeführt, 
dass die Geschwülste durch Verderben der Luft, Galle und Flüssig- 
keit, ferner der drei Körpersäfte zugleich im Körper, schliesslich 
durch den Einfluss von Gift entstehen. 


Behandlung der Nasenkrankheiten. 


Bei Stinknase: Einsalbung, Schwitzen, Erbrechen, (für) Abfluss 
(sorgen). Geeignete scharfe, mässige und leichte Nahrung. Warmes 
Wasser, Einatmen von Dämpfen zur richtigen Zeit. — Teufelsdreck, 
langer Pfeffer, schwarzer Pfeffer, trockener Zimt, Wrightea anti- 
dysenterica, Celtis orientalis (Narde?), Lacca, Samen von Michelea 
Campacea, Cayaphat, Morunga hyperanthera, arabische Angelina, 
wohlriechender Pandanus und schwarze Beeren (einer tropischen 
Stachel- oder Johannisbeerart), das sind die besten Mittel. In ganz 
schlimmen Fällen nimmt man noch dazu Galedupa arborea. Diese 
Medikamente werden mit zwei Teilen Senföl gemischt, dazu wird 
Urin gegossen, das Ganze wird von einem erfahrenen Arzte gekacht 
und in die Nase gebracht. 

Bei Kochung der Nase werden innerlich und äusserlich die 
Mittel verwendet, welche sich auf die Galle beziehen: Aderlass und 
Feigenschalen werden zusammengepresst und aufgelegt, ferner werden 
Pulver (aspersiones) und Salben verwendet. 

Ich will jetzt zuletzt die Behandlung der blutigen und galligen 
Erkrankung besprechen. Eiter und Blut behandelt man mit Röhr- 
chen (Medikamente, welche durch Kanülen in die Nase gebracht 
werden). Dann verwendet man Brechmittel und sogleich scharfen 
Rauch für die Nase und damit Reinigung derselben. 


266 Karl Kassel. (12 


Bei Niesen und Schnupfen blase man mit einem Röhrchen 
Pulver in die Nase, welche den Kopf reinigen. Man verwende 
Dämpfe für den Kopf, welche die Krankheiten der Luft beseitigen, 
angenehme Dämpfe und sonstiges Heilsames. 

Bei Entzündung muss «nan die Galle bekämpfen und zwar mit 
angenehmen und abkühlenden Mitteln. 

Bei Verstopfung der Nase trinke man Öl, verwende man Wohl- 
gerüche. Einwickelungen des Kopfes sind sehr gut. Das Öl der 
Pavonia odorata ist irgendwie zu verwenden und was sonst gut 
ist bei Erkrankung der Luft. 

Bei Nasenfluss sorge man durch Pulver, welche mittelst Röhr- 
chen eingeblasen werden, für den Geruch und zwar durch zusammen- 
ziehende und scharfe. Ferner sollen die Ärzte scharfen Rauch aus 
indischer Fichte und rotem Zucker, sowie Fleisch und helle Butter 
empfehlen. 

Bei Trockenheit der Nase ist Butter das beste Mittel; sie wird 
mit orientalischem Sesamöl vermengt und mit einem Naseninstrument 
eingeführt. Flüssige Butter zum Trinken. Fleischnahrung. Salbungen, 
Schwitzen, fette Dämpfe zum Einatmen. 


Behandlung des Katarrhs. 


Als Ursachen des Katarrhs gelten: Beischlaf, Kopfschmerz, 
Rauch, Staub, Kälte, grosse Hitze, Harn- und Stuhlverhaltung. 

Wenn Säfte, Luft und Blut, jedes für sich oder auch alle zu- 
sammen im Kopfe sich anstauen, wenn die Säfte irgendwie krank- 
haft verändert sind, so erzeugen sie Katarrh. 

Schwere des Kopfes, Niesen, Unbehaglichkeit in den Gliedern, 
Schauer und andere Erscheinungen gehen dem Ausbruch des Katarrhs 
voran. 

Verengung und Verschluss der Nase, dünner Ausfluss, Trocken- 
heit des Rachens, Gaumens und der Lippen, Pochen in den Schläfen, 
Atembeschwerden können beim Katarrh infolge der (erkrankten) Luft 
eintreten. 

Warmer, gelber Ausfluss aus der Nase tritt bei galligem Katarrh 
ein. Der Patient kann abmagern, er wird blass, fühlt sich sehr 
krank, leidet an Durst. Ein solcher speit gleichsam Rauch und 
Feuer (ist sehr heiss). 

Der wässrige Ausfluss beim wässrigen Katarrh kann hell und 
gleichzeitig kalt sein. Der Patient ist gewöhnlich blass, hat ge- 
schwollene Augen, schweren Kopf und ernstes Gesicht. Oft tritt 
am Kopf, in der Kehle, an den Lippen und am Gaumen ein heftiges 
Jucken ein, wenn der Katarrh plötzlich einsetzt. Der reife und 


13] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 267 


der unreife Katarrh können alle möglichen Erscheinungen zeigen. 
Bei demjenigen Katarrh, bei welchem alle Säfte verdorben sind, sind 
die Symptome aller Arten von Schnupfen vorhanden. Wenn das 
Blut den Katarrh erzeugt, so tritt Nasenbluten ein. Die Augen 
sind kupferfarben, der Patient hat Beschwerden in der Brust. Es 
tritt übler Geruch und schwere Atmung ein. Der Kranke nimmt 
keinen Geruch wahr und er wird geistig matt. Hierbei bilden sich 
kleine weisse und schwarze Würmer. Das Krankheitsbild ähnelt 
dem bei der Wurmkrankheit und der Erkrankung des Gehirns. 
Die Nase wird abwechselnd nass und trocken; bald ist sie ver- 
stopft, bald offen. Beim Einatmen und Ausatmen ist übler Ge- 
ruch vorhanden. Der Kranke riecht nichts. So kann auch der bös- 
artige Katarrh entstehen. Dieser ist schwer heilbar. Alle diese 
Katarrhe aber sind unheilbar. 

Zuweilen entstehen aus dem bösartigen Katarrh andere Krank- 
heiten: Verwirrung, Blindheit, Verlust des Geruchs, schreckliche 
Augenleiden, Husten, Entzündung, Abzehrung und Anschwellungen. 

Ist ein frischer Katarrh vertrieben, so soll der Arzt die übrigen 
Symptome durch Trinkenlassen von flüssiger Butter, verschiedene 
Dämpfe, Brechmittel, welche zeitgemäss sind und zusammenziehen, 
bekämpfen. Denn es ist heilsam, unreife Katarrhe durch Schwitzen 
zum Reifen zu bringen; scharfe Nahrung aber ist ungesund. Sehr 
dienlich ist auch Milch und eine Abkochung von Ammon, Ingwer 
und Zuckerrohr. Wenn beim reifen Katarrh sich dicke Flüssigkeit 
aus dem Kopfe entleert, so soll man Mittel anwenden, welche die 
Entleerung befördern, Rauch einziehen lassen und Latwergen reichen, 
welche die verdorbenen Säfte beseitigen. Das Lager darf den Winden 
nicht ausgesetzt sein, ebensowenig soll man im Winde sitzen und 
gchen. Die Kleidung sei schwer und warm. Man reiche scharfe 
Abführmittel, dämpfe den Kopf, gebe kräftige Nahrung aus Fleisch 
und Hanf. Der Patient vermeide Frauen, sehr kalte Bäder, Nach- 
denken, sehr scharfe Speisen, Stuhlverstopfung, Trauer und jungen 
Wein. 

Ist der Kranke von Schlaffheit in den Gliedern, Fieber und 
Schwere (im Kopfe) geplagt, fehlt der Appetit, besteht zornige Auf- 
regung und Diarrhöe, so soll der Arzt mit schmaler Diät und Heil- 
mitteln, welche zerteilen und erwärmen, behandeln. 

Junge Patienten, welche durch häufige Kochungen Schnupfen 
bekommen haben, soll man von der (kranken) Luft und Feuchtig- 
keit durch Brechmittel befreien. Wenn man erkannt hat, dass der 
Fall leicht liegt, so soll man durch geeignete Medikamente und 
Diät die Symptome bekämpfen. 


268 Karl Kassel. [14 


Bei Katarrh, welcher von (kranker) Luft entstanden ist, trinke 
man flüssige Butter, welcher fünf Arten Salz zugesetzt sind. Für die 
Nase soll man diejenigen Medikamente anwenden, welche man bei 
halbseitiger Lähmung gebraucht. 

Bei Katarrhen, die von Galle und Blut entstanden sind, gibt 
man flüssige Butter mit Heilkräutern zu trinken. Einpulverungen 
und Salbungen, welche abkühlen. Fichtenharz und Harz der Shorea 
robusta, rotes Sandelholz, italienischer Buchweizen, Honig und Zucker 
mit Weintrauben, Aloe, Goji, Erdstachelnuss und geschältes Süss- 
holz. Entleerungs- und Abführmittel mit Syrup. 

Aus der Schale des Mauerkrauts, drei Salbeneicheln, schwarzen 
Turgetsblüten, Alaunbaum, geschültem Süssholz, Erdstachelnuss und 
Indigofarbstrauch und Milch koche man ein Öl. Dies ist zu rechter 
Zeit bei blutigem und galligem Katarrh ein gutes Heilmittel. 

Wenn der Schnupfen von der Feuchtigkeit entstanden und ge- 
lockert ist, dann reibe man helle Butter ein, verordne orientalisches 
Sesam mit türkischer Bohne als Brechmittel. Dann wende man die 
Heilmittel gegen den Fluss an. 

Die beiden stark wirkenden Nachtschattenarten, schwarze Beeren 
(einer tropischen Stachel- oder Johannisbeerart), langblättriger 
Ruellia, Svetamula, weisser Barleria, Tragant und Kröten werden 
zusammengebracht. Hieraus koche man ein Öl zur Behandlung der 
Nase. 

Aus langblättriger Kiefer, Achyrante aspera, indischer Fichte, 
bläulicher Euphorbie und indischer Myrobalane mache man Kügel- 
chen zum Räuchern. 

Stechende und bittere Butter, scharfer Rauch, stechende Medi- 
kamente können jeden Katarrh beseitigen, welcher von einer Reizung 
herrührt. 

Ein Öl, gekocht aus Gelbwurzel und rundem Cyperngras sowie 
indischer Kiefer ist ein gutes Nasenmittel. 

Rundes Binsengras, Pothum officinalem, Cysampelum hexandram, 
Cayaphal, scharfe Rinden, Senf, Pfeffer, Bergsalz, Haselnuss, blaues 
Vitriol, Galedupae arboreae semen, Meersalz und indische Fichte 
nelıme man und bereite daraus durch Aufguss Latwerge. 

Zur Reinigung des Kopfes dient ein aus diesen Mitteln ge- 
kochtes Öl. 

Man koche Milch, zur Hälfte mit Wasser vermischt, mit dem 
Fleische vom Hirsch und von Vögeln, mit Blumen und mit Wasser- 
kräutern, welche (erkrankte) Luft vertreiben. Die Mischung lasse 
man kalt werden und bereite sorgfältig mit Milch eine Butter aus 
dem Ganzen. Dann setze man Benzoegummi, weissen Zucker, Dattel- 





15] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 269 


fleisch, geschältes Süssholz und myrtenfórmigen Beifuss zu und koche 
von neuem. Das ist eine aus zwei Mal Milch zubereitete Butter. 
Als Nasenmittel angewandt, ist sie ein treffliches Mittel gegen 
Katarrhe. 

Zur Behandlung verdorbener Säfte soll der Arzt sorgfältig ein 
geeignetes Öl zubereiten. 

Bezüglich der Nasenerkrankungen, welche im Urin und in der 
Galle ihren Grund haben, soll ein erfahrener Arzt Wurmmittel ver- 
wenden, nämlich anthelminthica zur Vertreibung der Würmer. 


Über die Heilmittel für die Nase. 

Heilkraut oder ein aus Heilkraut bereitetes Öl. Dieses Nasen- 
mittel wirkt in doppelter Weise: es ist ein Reinigungsmittel für 
den Kopf und dient zum Einsalben. Diese beiden wiederum haben 
eine fünffache Wirkung: für die Nase, sie reinigen den Kopf, er- 
regen Niesen, wirken gegen die Spannung und schlechte Luft. Da- 
her hat die nasale Verwendung eine fünffache Kraft. 

Da nun dieses Öl, in den Hohlräumen des Kopfes angewendet, 
den Nacken, die Schultern und die Brust kräftigt, dabei auch die 
Augen stärkt, spricht man hiervon hauptsächlich als von einem 
Nasenmittel. 

Dieses Nasenmittel ist aber zu gebrauchen: wenn der Kopf 
durch Luft voll und gedrückt ist, bei Ausfall der Zähne, des Haupt- 
haars und des Bartes, bei starkem Ohrschmerz, bei Ohrklingen, 
bei Erblindung, bei Heiserkeit, bei Nasenleiden, bei Trockenheit des 
Mundes, bei Speichelfluss, bei zeitweiligem Fluss, wenn die Haare 
grau werden, bei schwerer Schlaflosigkeit, bei Erkrankungen des 
Mundes, die von der Luft und von der Galle herkommen u. a. m. 
Man muss dabei nämlich ein Öl gebrauchen, welches aus solchen 
Substanzen bereitet ist, durch welche Luft und Galle beseitigt werden. 

Das Nasenmittel ist zur Reinigung des Kopfes zu reichen, wenn 
der Gaumen vom Fluss voll ist, bei Erkrankungen der Kehle und 
des Kopfes, bei Hunger, Schwere und Schmerz des Kopfes, Schnupfen, 
Gaumenspalte, bei Würmern, Katarrh, Epilepsie, schlechtem Geruch. 
Man nimmt hierbei reinigende Mittel oder ein aus ihnen bereitetes 
Öl. Dieses doppelt wirksame Mittel ist nüchtern zur Zeit der Haupt- 
mahlzeit zu reichen; den am Fluss Leidenden vormittags, den an 
der Galle Leidenden mittags, den an der Luft Leidenden nach- 
mittags. 

Zunächst soll der Kopf des Kranken gereinigt werden, darauf 
dessen Mund und Nase durch ein Mittel, welches die Zähne be-. 
trifft und durch Rauch. Dann bringt man Hals, Wangen und Stirn 
zum Schwitzen und reibt sie. Der Kranke hält sich im Hause auf, 


270 Karl Kassel. (16 


dem Luftzug, dem Sonnenbrand und Staub nicht ausgesetzt. Er 
wird hochgelagert, hält Hände und Beine gestreckt, den Kopf etwas 
gesenkt, die Augen sind mit einem Tuch bedeckt. Nun hebt man 
die Nasenspitze etwas mit der Spitze des linken Zeigefingers. In 
die vorher gereinigte Nase soll dann der Arzt mit der rechten Hand 
mässig warmes Öl, das in einem silbernen, goldenen, kupfernen oder 
irdenen Gefäss oder einer Muschel aufbewahrt war, mittelst einer 
Muschel oder einem mit Wolle umwickelten Stabe langsam, hinter- 
einander tropfenweise so eingiessen, dass nichts davon in die Augen 
kommt. 

Während das Öl einfliesst, soll der Patient nicht den Kopf 
bewegen, nicht zornig werden, nicht sprechen, nicht niesen, nicht 
lachen. Hierdurch wird nämlich das Öl ausgetrieben und es kann 
nicht in die Tiefe der Nase dringen. Ausserdem entstehen infolge- 
dessen Husten, Katarrh, Kopf- und Augenleiden. 

Was die Menge des Öls betrifft, so giesse man zunächst acht 
Tropfen ein und zwar so, dass sie von den beiden vorderen Gliedern 
des Zeigefingers aus hinabtráufeln. Beim zweiten Male fülle man 
eine Muschel, beim dritten Male eine Muschel von der Grösse einer 
Hohlhand. Diese drei Quantitäten bemesse man je nach den Kräften 
des Kranken. Das Nasenöl darf man keineswegs verschlucken. 

Ist der Rachen trocken, so dass das Nasenöl aus dem Munde 
austritt, so soll der Patient aus Besorgnis vor (einem dadurch ent- 
stehenden) Fluss das Öl ausspeien und nicht bei sich behalten. 

Nach dem Eingiessen des Öls soll der Arzt den Hals, die 
Wangen usw. schwitzen lassen, Rauch einziehen lassen, eine Brühe 
dem Patienten zum Trinken geben, darauf ihm die heilige Ein- 
richtung lehren. Dann soll der Kranke Staub, Rauch, Öl, Sonnen- 
brand, Wein, Bewegung, Trank, Waschen des Kopfes, Zorn usw. 
vermeiden. 

Die Zeichen dafür, dass das Nasenöl gut gewirkt hat, sind 
folgende: 

Der Kopf ist leicht, der Schlaf und das Erwachen sind an- 
genehm, die Krankheitserscheinungen hören auf, die Sinne sind klar, 
der Geist ist wieder heiter. 

Starker Fluss, Kopfschwere und Erregtheit sind Zeichen dafür, 
dass zuviel Öl eingegossen wurde. ..... 

Bei Unwirksamkeit ist die Beschaffenheit der Sinne eine 
schlechte, die Krankheit ist heftig und unheilbar. Der Arzt soll 
noch einmal ein geeignetes Nasenmittel versuchen. 

Er soll 4, 6 oder auch 8 Tropfen je nach den Kräften zur 
Reinigung des Kopfes bestimmen. 


17] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 271 


Gelehrte Arzte, welche in der heiligen Wissenschaft bewandert 
sind, haben drei besondere Zeichen festgestellt fiir Anwendung des 
Ols: dass es richtig oder nicht genug oder zu sehr reinigend wirkt. 

Jucken, sehr starker Fluss, Schwere in den Sinnesorganen, Zu- 
sammenstrómen des Kopfes deuten auf zu geringe Reinigung. 

Erregung, Zunahme der Luft (im Kopfe?), Aufregung der Sinne, 
Leere des Kopfes deuten auf zu starke Reinigung. 

Ist der Kopf zu wenig oder zu stark gereinigt, so muss der 
Arzt Mittel verwenden, welche den Fluss und die Luft vernichten. 

Wenn der Kopf richtig gereinigt ist, soll man flüssige Nasen- 
butter eingiessen. | 

Der behandelnde Arzt soll nach einem, zwei oder sieben Tagen 
oder dann wieder nach einundzwanzig Tagen oder je nachdem er 
es für richtig hält, dem mit Luft allzuvollen Patienten, auch zwei- 
mal das Nasenmittel eingiessen. 

Das zerteilende Nasenmittel soll der behandelnde Arzt zur 
Reinigung des Kopfes denen geben, die an Schnupfen oder Schlangen- 
biss leiden. Er soll nàmlich ein Mittel zur Reinigung des Kopfes 
zerdrücken und zerreiben und als Pulver denen in die Nase blasen, 
welche an Irresein oder Würmern leiden oder vergiftet sind. Heil- 
zucker oder roher Zucker oder flüssige Butter oder Fleischbrühe 
ist für gallige Patienten gut, die durch Nasenbluten abgemagert 
sind. 

Mageren, schwachen, furchtsamen und zarten Männern und 
Frauen sind nach Reinigung des Kopfes ölige Beruhigungsmittel gut. 

Das Nasenmittel soll man nicht geben gesättigten und nüchternen 
Patienten, sehr jungen, katarrhalischen, schwangeren Frauen, die 
Öl, Wasser oder Wein getrunken, die Nahrung noch nicht ver- 
daut haben, ein Klystier bekommen haben, zornig, krank, durstig, 
traurig, müde, jung, sehr alt, verstopft sind und danach sich sehnen, 
den Kopf zu waschen. In der trüben Jahreszeit soll man kein 
Nasenmittel anwenden und den Rauch vermeiden. 

Aus zu grosser oder zu kleiner Menge, aus zu kalter, zu warmer 
und zu plötzlicher Anwendung, wenn der Kopf zu sehr hängt, wenn 
der Patient durch die Nase aufzieht, wackelt oder schluckt, und 
wenn das Mittel ohne Grund gebraucht wird, dann entstehen Be- 
schwerden, z. B. Durst, Erbrechen usw., die dafür sprechen, dass 
die Säfte verdorben sind oder zu verderben beginnen. — 

Die üblen Folgen des Nasenmittels und der Kopfreinigung sind 
die erwähnten zweifachen. Sie sind gewöhnlich aus der Verände- 
rung und den Beschwerden seitens der Säfte zu erkennen. Der 
Arzt bekämpfe die Beschwerden mit Erfolg durch Beruhigungs- und 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. 111. H. & 19 


272 Karl Kassel. [18 


Reinigungsmittel. Die Folgen der krankhaften Veränderung aber be- 
seitigt er insbesondere durch ein nährendes Medikament. 

Niesemittel muss man in vierzehn Fällen nehmen: wenn man 
vom Ruhebett aufsteht, wackelnde Zähne hat, aus dem Hause geht, 
von Arbeit, Beischlaf und Reisen ermüdet ist, nach Ufin- und Stuhl- 
entleerung, Mundspülen, nach Gebrauch von Augensalbe, nach Fasten, 
Erbrechen, wenn man nach langem Schlaf aufsteht und abends. 

Das Niesemittel, nach dem Aufstehen genommen, zerteilt den 
während der Nacht angesammelten Schleim, der in die Nase sich 
ergossen hat und beruhigt den Geist. Wackelnde Zähne macht es 
fest und dabei macht es den Mund wohlriechend. Nimmt man es 
beim Ausgehen aus dem Hause, dann reizt es den Nasengang so, 
dass Staub und Rauch ihn nicht schädigen. Dem durch Arbeit 
und Beischlaf Ermüdeten verscheucht es die Abspannung. Nach 
Harn- und Stuhlentleerung angewendet, beseitigt es die Schwere 
der Augen. Nach Salben der Augen und Mundspülen angewendet, 
ist. es den Augen dienlich. Nach Fasten reinigt es die Sinnesorgane 
und gibt dem Menschen ein leichtes Gefühl. Dem durch Erbrechen 
Erschöpften gibt es dadurch, dass der in den Sinnesorganen haftende 
Schleim losgerissen wird, Appetit. Dem nach langem Schlafe Auf- 
gewachten verscheucht es die Müdigkeit und Schwere, es beseitigt 
die Säfte und macht den Geist scharf. Abends angewandt lässt 
es gut schlafen und gut aufwachen. 

Der Arzt soll die Wirkung des Nasenmittels kennen lernen, 
wenn man nur wenig von dem Öl durch die Nase in den Mund 
zieht. Es dämpft alle die Krankheiten, welche oberhalb der Schlüssel- 
beine entstehen und vermag die Sinnesorgane zu reinigen und den 
Mund wohlriechend zu machen!). Es kräftigt Kiefer, Zähne, Kopf, 
Nacken. Schulterblätter, Arme und Brust. Dabei bilden sich nicht 
Säfte, graue Haare, Haarausfall und schwarze Gesichtsflecken. 
Orientalisches Sesamöl sei das Universalmittel bei (erkrankten) 
Säften und Luft. Bei letzterer gebe der Arzt auch Fett; flüssige 
Butter stets bei Galle; Mark auch bei Luft. Auch das vierfache 
Öl ist empfehlenswert. Bei Verstopfung am Sitze der Säfte ist, 
wenn jene Symptome eintreten, das orientalische Sesamöl gut. 

In dem Buche von den Gegengiften spricht Susrutas von 
den verschiedenen Arten und Gelegenheiten der Vergiftung: ver- 
giftete Waffen im Kriege, übelwollende, schöne und rachsüchtige 
Frauen, Zauberinnen, welche dem Manne schnell wirkendes Gift nach 
Geschlechtsverkehr beibringen. Neben anderen Sympomen wird der 





1) Hippokrates reicht gegen schlechten Geschmack im Munde Niesemittel ! 


19] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 273 


Verlust des Geruchs erwähnt. Ein Gift, das die Zähne zerstört 
und auf dem Wege durch die Zähne in den Körper eindringt, zer- 
stort den oberen Teil der Nase. — 


Es erscheint mir nicht ausgeschlossen, dass wir hier an syphi- 
litische Infektion zu denken haben. — 


Die Ursache der Lepra findet Susrutas in falscher Lebens- 
weise. Wer ungesunde, unverdauliche Nahrung zu sich nimmt, wer 
viel Fett und Galle in sich hat, wer erbricht, die abspannenden 
Lebensgewohnheiten der Schlemmer pflegt, Schweine- und Rinder- 
fleisch oder Milch in grosser Menge zu sich nimmt usw., dessen 
Säfte verderben und es kommen am ganzen Körper runde Flecken 
zum Vorschein. Im Verlaufe der Krankheit kommt es unter dem 
Einflusse der Galle zur Zerstörung der Nase. Auch können übler 
Geruch und eitrige Absonderung eintreten. 


Bei Susruta findet sich eine Beschreibung des plastischen Er- 
satzes der Nase, Ohren und Lippe, eine Erfindung, zu der wahr- 
scheinlich die in Indien sehr gebräuchliche Strafe des Abschneidens 
der genannten Teile Veranlassung gab. Die Stelle lautet in der 
Übersetzung von Haeser: 


„Nun will ich die Wiederherstellung der getrennten Nase ge- 
nau erklären. Der Arzt nimmt ein Pflanzenblatt von der Grösse 
der Nase und schneidet nach der Grösse des daraufgelegten (Blattes ?) 
aus der Seite der Wange heraus; dann ritzt er den festen vorderen 
Teil der Nase ein und vereinigt schnell mit gutem Verbande, sorg- 
fältig. Nachdem er dann das richtig Angesetzte mit zwei Röhren 
(Rohrstengeln ?) genau prüfend verbunden und (die Nase) aufge- 
richtet hat, überzieht er sie mit Salbe von rotem Sandel- und Süss- 
holz, und nachdem er sie mit weisser Baumwolle bedeckt, befeuchtet 
er sie wiederholt mit Öl von Sesam. Wenn der Mann gute Ver- 
dauung gehabt hat, gibt man ihm zerlassene Butter zu trinken; 
einen Korpulenten lässt man nach Vorschrift purgieren. Wenn es 
geheilt und zur Vereinigung gelangt ist, schneidet man das, was 
über das Genügende hinausgeht, wieder ab; eine zu kleine (Nase) 
bemüht man sich, wieder grósser zu machen, und eine solche, deren 
Fleisch zu stark gewachsen ist, macht man gleichmässig. — — — 
Wer da weiss, dass die Herstellung der Lippe ebenso ist, wie die 
der Nase, mit Ausnahme der Anwendung der Röhren, der kann 
sie an einem Könige vollziehen.“ 


Eine Zeitbestimmung für die Anwendung dieser Plastik ist nicht 
möglich. Der Abschnitt Susrutas von den plastischen Operationen 
wird in einer Berliner Handschrift als unechter Zusatz bezeichnet. 

19* 


274 Karl Kassel. [20 


Die Methode war Celsus nicht bekannt; die von diesem beschriebene 
kommt nur bei geringen Defekten in Betracht. 

Bei Bruch und Quetschung der Nase soll der Arzt diese 
zunächst mit Hilfe eines Stabes (sagitta) gerade stellen. Dann führe 
er in jede Nasenhöhle eine auf beiden Seiten offene Röhre, um- 
wickle die Nase mit einer Binde und verwende flüssige Butter. 
(Aspersiones, das kann wegen der Bedeckung der Nase mit einer 
Binde doch nur heissen, die Butter wird in die Nase gegossen.) 

Es darf als feststehend betrachtet werden, dass den indischen 
Ärzten schon der Lupus, die Lepra und Syphilis mit ihren kon- 
sekutiven Nasenzerstörungen bekannt waren. Mit deutlicher Sicher- 
heit spricht das Kapitel über die Hämorrhoiden für die Bekannt- 
schaft mit der Syphilis. „Kranke Säfte greifen den Penis an, er- 
zeugen durch krankhafte Veränderung des Fleisches und des Blutes 
Jucken (Pruritus). Hierdurch entsteht ein Geschwür. Auf ihm 
wachsen Fleischwarzen, welche eitriges Blut absondern. Diese zer- 
fressen den Penis. Ausserdem erzeugen sie auch am Ohr, an den 
Augen und der Nase Hämorrhoiden. Hierbei entstehen Katarrhe 
in der Nase, wobei die Atmung schmerzhaft ist, die Nase übel 
riecht und die Sprache nasal wird.“ 

Dieser kurze Einblick in die alte indische Medizin zeigt uns 
zwar nicht die imposante hippokratische Darstellungsweise, dabei 
aber doch einen teilweise bedeutend höheren Stand der Medizin als 
derjenige war, den wir in der Glanzperiode der griechischen und 
römischen ärztlichen Kunst kennen lernen werden. Bei den Indern 
liegt die Quelle für diese. 

Sicher einer alten Periode der indischen Geschichte, nämlich 
der Vedischen Literatur (etwa 1500—500 v. Chr.) gehört das Ge- 
setzbuch Yäjnavalkyas an. Dieser selbst ist der Schöpfer des ortho- 
doxen Brahmanentums des Ostens von Indien. — Ihm sind folgende 
Notizen entnommen: 

Aus der Schöpfungsgeschichte: Von der Erde bekommt der 
Mensch (Fötus, Geist) im dritten Monat Duft und Geruch, Schwere 
und Form; dann bewegt er sich. Der Nasenknochen wird als ein- 
heitliches festes Gebilde beschrieben. 

Geruch, Gestalt, Geschmack, Gefühl und Laut werden als Gegen- 
stände der Sinne genannt. Nase, Augen, Zunge, Haut und Ohr 
aber sind die Werkzeuge der Wahrnehmung. — An anderen Stellen: 

Heiliges Wasser, aus einem See geschöpft, wird als Mittel zur 
ewigen Vertilgung aller Leiden am Haupte gepriesen. 

Einer Frau, welche einen Mord begangen, durch Gift oder Feuer, 
oder an ihrem Manne, Guru oder Kinde, soll zunächst Ohren, Hand, 


21] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 215 


Nase und Lippen abgeschnitten werden. Dann soll sie durch Stiere 
getötet werden. 

„Wer verläumdet hat, bekommt eine stinkende Nase...... ein 
Ankläger wird einen stinkenden Mund haben.“ 


Übersicht über die Entwickelung der griechischen und 
römischen Philosophie und Medizin’). 


Heraclitus von Ephesus, etwa 535—475, begründet die 
Lehre von Antagonismus. 

Alles ist aus dem Feuer entstanden und wird wieder zu Feuer. 
In allen Dingen sind entgegengesetzte, einander entgegenwirkende 
Prinzipien — Krieg und Uneinigkeit ist der Ursprung aller Dinge. 

Die Erde zerschmilzt, so entsteht das Wasser. Aus diesem wird 
durch Verdunstung Feuer. 

Die Lehre Hippocrates von Cos, geb. um 460, hat viele 
Ähnlichkeit mit der des Heraklit. Die bisher herrschende. Empirie 
verwarf er und begründete die auf Semiotik sich stützende Klinik. 

Die Natur heilt die Krankheiten. Ausleerungen, Atmung, Puls, 
Hautfarbe, Verhalten des Patienten usf. lassen die Art der Krank- 
heiten erkennen. — Sie entstehen durch Veränderung in der Zusammen- 
setzung und Menge der Körpersäfte, welche erst in Kochung geraten 
müssen, bevor ihre Ausscheidung erfolgt. Diese kritische Erscheinung 
bedarf einer gewissen Zeit, ist also im Beginne der Krankheit nicht 
möglich. Deshalb vermied Hippokrates therapeutisch alles, was 
den Eintritt der Krise beschleunigen könnte. In fieberhaften Krank- 
heiten sind der 4., 7., 11., 14., 17. und 20. Tag von der wichtigsten 
kritischen Bedeutung. Durch diese Beobachtung wurde Hippo- 
krates der Schöpfer der Prognose. In der Therapie spielte die 
Diätetik die Hauptrolle. Sie berücksichtigte jede kleinste Erschei- 
nung am Kranken, baute also die Forderung nach Individualisierung 
weitestgehend aus. — Seine anatomischen Kenntnisse waren gering. 
Er schöpfte sie wahrscheinlich aus Zergliederungen von Tieren. Als 
Quellen der paarigen Blutgefässe sah er Nacken, Kopf, Schläfen, 
Stirn und Augen an, während Milz, Leber und Genitalien ihre 
Endorgane sind. — Venen und Arterien unterschied er nicht. Das 
Wesen von Nerven, Sehnen und Bändern war ihm unbekannt. — 
Die Grundstoffe des Körpers sind Blut, Schleim, gelbe und schwarze 
Galle. Auf ihrem qualitativen und quantitativen Verhältnisse beruht 
seine humorale Lehre. 


1) Ich hielt es für angebracht, für denjenigen Teil der Leser, welche in der 
Geschichte der Medizin nicht ganz bewandert sind, diese Übersicht einzuschalten. 


276 Karl Kassel. |22 


Nach dem Tode des Hippokrates ging die griechische 
Freiheit zugrunde. Die Wissenschaft fand einen neuen Boden in 
Alexandrien und in Rom. 

Trennung der Arzneiwissenschaft in drei Teile: die diätetische, 
chirurgische und pharmazeutische. 

Die pharmazeutische Wissenschaft teilte sich in zwei Seiten: 

die dogmatische: Vorausbedingung für ärztliche Tätigkeit 
sind physiologische Kenntnisse und Erforschung der Ursachen der 
Krankheit: | 

die empirische: nur die hervorstechenden Ursachen sind 
von Bedeutung; das Wichtigste ist die Erfahrung. Der Skeptizismus 
ist von grösstem Einfluss. 

Asklepiades aus Prusium in Bithynien, um 100 v. Chr. 
Er trug, trotzdem er nicht frei war von Charlatanismus, viel dazu 
bei, das Ansehen der in Rom wirkenden griechischen Ärzte zu 
heben. Er versuchte einen Ausgleich und lehrte: das richtige Ver- 
hältnis der Gefässweite zu ihrem Säfteinhalt ist Gesundheit, die 
Störung des Verhältnisses ist Krankheit. — Zur Beurteilung der 
Krankheit stützte er sich auf die Empiriker, therapeutisch schloss er 
sich mehr den Dogmatikern an. Seine Schriften existieren nicht 
mehr. Die Sekte, deren Haupt er wurde, hiess die mechanische. 

Die Schüler des Asklepiades erweiterten seine Lehre und 
gründeten die Schule der Methodiker. Sie lehrten, dass Krank- 
heit nicht nur durch ein Missverhältnis in den Gefässen entstehe, 
sondern auch durch ein solches in allen anderen Kórperteilen. 
Ihre Folge wáre Erschlaffung, Einschnürung oder beides. Die Heil- 
methode zerfiel in meist dreitägige Cyklen. In dem einen wurden 
Medikamente gereicht, in dem darauffolgenden -wurde die Lebens- 
ordnung geregelt. 

Gegen Ende des ersten Jahrhunderts n. Chr. entstanden drei 
neue Sekten: 

1. Pneumatiker (Stifter Athenaeus). ‚Die Luft (Spiritus) ist 
Bestandteil des Körpers; ihre Veränderungen sind Ursachen der 
Krankheiten.“ 

2. Eklektiker (Stifter Archigenes aus Apamea). Grundsatz, alles 
zu prüfen und das beste zu behalten. 

3. Episynthetiker versuchten, die streitenden Parteien zu ver- 
söhnen. 


23] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 277 


Griechenland. 


Es ist auffallend, dass in den Gesängen: Homers (ungefähr 
900 v. Chr.) weder bei der Schilderung der Schönheit, noch bei 
derjenigen hässlicher Personen die Nase erwähnt ist: Kopfhaar, 
Kopfform, Stirn, Augen, Zähne, Kinn werden beschrieben, nicht 
dagegen die Nase. Auch finden wir kein Beispiel von ihrer Ver- 
wundung. In einem Falle dringt der Speer an der Nase neben dem 
Auge ein, zerbricht Zähne, zerschneidet die Zunge an ihrer Wurzel 
und dringt unter dem Kinn heraus. An einer anderen Stelle der 
Ilias lesen wir von einem Eindringen des Speeres in den Mund 
mit Blutung aus Mund und Nase. In der Odysse wird erzáhlt, dass 
Odysseus dem Antinous einen Pfeil durch den Hals schiesst, dessen 
Spitze hinten wieder heraustritt. Dem Getroffenen sinkt der Kopf 
nach der anderen Seite, ein Blutstrom dringt ihm aus der Nase. 
Von physiologischem Interesse ist das dgeuv pevog (Od. AXTV. 32). 
Es gibt mannigfachen Anlass zu Kommentaren: es ist das scharfe, 
stechende Gefühl, welches dem Odysseus beim Anblick seines Vaters 
in der Unterwelt in die Nase stieg. 

J. B. Friedreich (die Realien in der Iliade und Odyssee) 
erklärt diese Stelle mit dem durch ‚‚Consensus der Nerven der Tränen- 
drüse mit jenem der Nasenschleimhaut bedingten Gefühl in der 
Nase, welches daselbst entsteht, wenn man weinen will.“ Aristoteles 
nimmt an, dass mit dgsuv uevog eine Empfindung bezeichnet wird, 
welche man in der Nase bei starkem Affekte und besonders im 
Zorne hat. Daher übersetzt auch Voss: „Es schnob ihm in die 
Nase der erbitterte Mut." Thiersch dagegen sagt: ,,Odysseus 
konnte sich, als er seinen Vater in der Unterwelt jammern sah, 
nicht halten, das Gefühl stieg ihm so heftig empor, dass ihm dquuv 
utvog jenes heftige Gefühl, welches oben in der Nase empfunden 
wird, wenn wir plötzlich von überwallendem Mitleide oder sonst 
einem heftigen Gefühle bewegt werden, den Atem mit Gewalt heraus- 
drängt," (Odyss. XVI. 345—347. — V. 290—293.) 

Die auffallende Erscheinung, dass bei Homer der Nase gar 
nicht Erwähnung getan wird, finden wir in der ganzen ältesten 
Geschichte. 

Bei Besprechung des Solonischen Zeitalters (Solon 639—559 
v. Chr) schreibt Daremberg: 

„Man darf sich nicht wundern, dass in der alten Medizin die 
Physiologie und Pathologie des Kopfes und seiner Teile so sehr 
vernachlässigt wird, gegenüber den Betrachtungen des Magens, der 
Brust und der Füsse. Denn in die Gesundheit dieser legte man 


278 Karl Kassel. [24 


damals das Wesen kräftiger Gesundheit, der Kopf spielte damals 
nicht die Rolle wie in der modernen Lehre." — — 

In der Zeit von Solon bis Hippokrates machte die Physiologie 
und Anatomie keine nennenswerte Fortschritte. . . Die Nomenklatur 
dagegen wächst, so dass Hippokrates diese fast fertig vorfindet."' 

„Euripides (Aristoph. Vesp. 1480) ist wohl der erste (480—406) 
v. Chr), der das Wort uwerne —= Nasenloch, Nasenflügel, Nüster 
braucht. Sophocles (496—406 v. Chr.) und besonders Aristophanes 
(452—388 v. Chr.) scheinen hiermit auch den aus ihr sich ent- 
leerenden Schleim bezeichnet zu haben.“ 

Auf dem Gebiete ärztlichen Wissens war es eine unfruchtbare 
Zeit, die einige Hundert Jahre währte und fast bis zum Pelo- 
ponnesischen Kriege (431—404) anhielt. Apollos Nachkommen, die 
Aeskulapiden, hüteten den Schatz. Eine Schule löste die andere 
ab, bis endlich die von Cnidus und Cos den Grund für künftige 
Entwickelung legten. Aus der letzteren soll ja der hippokratische 
Eid stammen, die erstere versuchte wenigstens die höhere Bewertung 
der Krankheitszeichen. 

Die Empirie trat aber doch wieder immer mehr in den Hinter- 
grund, die Philosophie wurde herrschend und aus ihren Vertretern 
erstanden die ärztlichen Berater. Pythagoras, 580 v. Chr. auf Samos 
geboren, der als erster den Begriff der chronischen Krankheiten 
und auch den der kritischen Tage aufgestellt haben soll, wurde 
der Stifter der Schule von Croton. Aus ihr ging Empedocles aus 
Agrigent in Sizilien (492—432 v. Chr.) hervor. Er soll als erster 
die vier Urstoffe alles Seins aufgestellt haben. Und als erster hat 
er sicher der Philosophie den realen Boden wiedergegeben. Genial 
stellt er Lehrsätze auf, deren Richtigkeit zu beweisen späteren Zeiten 
vorbehalten blieb. 

Der Geruch entsteht, wie er lehrt, durch Einatmen der Luft. 
Cf. Plutarch?), Naturgeschichte: 

aL xvveg, we qol» 'Euredoxige, xéupara 
Orosio» usiéov uvxizgou egevvwoat. 

Empedokles folgt der Pythagoreischen Lehre: similia non nisi 

a similibus comprehendi, wie es auch bei Homer (Odyss) heisst: 
Oe aiei tov duotov ayee 9e0g Og vÓv Ouolov. 

Ferner lesen wir in Empedoclis carmina v. 275 ff.: 

„So atmen alle Lebewesen die Luft ein und aus. Allen ziehen 
blutleere fleischige Röhren durch den Körper bis zur Oberfläche. 


1) Plutarch, bedeutendster griechischer Schriftsteller der Kaiserzeit. Er 
stammte aus Chaeronea in Böotien, lebte 50 bis 120 n. Chr. 


25] L Die Nasenheilkunde des Altertums. 279 


Die oberste Haut an dieser ist mit zahlreichen Lóchern wie mit 
Miindchen durchbohrt, so dass sie zwar Blut nicht durchlassen, 
für Luft dagegen leicht durchgängig sind.“ 

Es liegt, wie auch die meisten alten Erklärer annehmen, eine 
Beschreibung der nasalen Atmung vor (Gei Eoxara). V. 300 ff. 
erzählen vom Hunde, der mit der Nase die Spur der wilden Tiere 
verfolgt.... Es kommt im Text dann eine Lücke... und hierauf 
heisst es: 

Õde uëy on oe va Aslöyxacı navra xal ouv, 
d. h. so sind Atmung und Geruch in Einem vereint. 

Empedokles sieht die Atmung nicht aussschliesslich als eine 
Funktion der Nase, des Mundes und der Lunge an. Nach ihm ver- 
mittelt sie vielmehr der ganze Körper durch die Poren der Haut. 

Den Geruch betrachtet er als eine Folge der dampfartigen Aus- 
dünstungen, welche sich durch die Luft ausbreiten. Diese Erklärung 
nimmt später auch Plutarch auf, der die Geruch erregenden Partikel- 
chen (arsogßoag) als ganz dünne Substanzen ansieht. Daher, schreibt 
dieser, ist bei erschwerter Atmung z. B. bei Katarrhen und anderen 
Flüssen, der Geruch gestört. — — 

Wenn wir nun noch in Kürze erwähnen, dass aus der Zahl 
der ältesten griechischen Philosophen Thales von Milet (636—546 
v. Chr.) das Wasser, Diogenes von Apollonia (zwischen 530 und 
460 v. Chr.) die Luft als Grundprinzipe alles Seins aufstellten, 
während Heraclit aus Ephesus (ungefähr 500 v. Chr.) das Feuer 
als das Grundelement ansah, so finden wir alle die Grundbedingungen 
vor, auf denen die ganze Zukunft der ärztlichen Philosophie und 
Kunst sich aufbaute. 

Hippokrates. 

Wir begegnen jetzt Hippokrates, der ungefahr 460 v. Chr. auf 
der Insel Cos geboren ward. 

Die Lehre Heraclits von dem Feuer als Grundprinzip, aus dem 
alles entsteht und zu welchem alles wieder zurückkehrt, enthält 
ihrerseits die Lehre von der angeborenen Warme und vom Antagonis- 
mus als Ursache aller Erscheinungen. 

Der Erwähnung dieser philosophischen Grundgedanken sei auch 
noch die Bemerkung beigefügt, dass zu Hippokrates Lebzeiten 
Demokrit von Abdera (460 bis etwa 370 v. Chr.) ein eifriger Zer- 
gliederer war und dass schon vor ihm Anaxagoras von Klazomenae 
(500—428), ein Schüler von Pythagoras, diese Kunst geübt. 

So wird es uns klar, dass Hippokrates keineswegs der Ur- 
schópfer der griechischen Heilkunst gewesen. 

Er fasste allerdings die Kenntnisse seiner Zeit zusammen, die 
ihrerseits eine Jahrhunderte alte Geschichte hatten; er hatte sie 


280 Karl Kassel. [26 


auf seinen Reisen kennen gelernt und wurde als der revolutionäre 
Ordner des Ganzen und geniale Arzt der Gründer wissenschaftlicher 
Heilkunst. So wirkte er in seiner Art schöpferisch in allen Einzel- 
heiten der ärztlichen Kunst, der Diagnostik und Prognostik, der 
inneren Medizin und der Chirurgie. 

Und auch bei der Darstellung des Spezialgebietes der Rhino- 
logie des Hippokrates werden wir die Grundzüge seiner Lehre zu 
berücksichtigen haben. Seine Kenntnisse von dem Bau und den 
natürlichen Funktionen der Nase bedeuten zwar einen Fortschritt 
in dem Gange der Entwickelung, sie bewegen sich aber noch in 
recht vagen Vorstellungen. Wir finden das Nasenbein, die Scheide- 
wand und die Knorpel, nicht aber die Muscheln erwähnt. Er kennt 
die Verbindung der Nasenhöhle mit dem Rachen. Über seine An- 
schauung vom Geruch klärt uns eine Stelle in dem Buche „Das 
Fleisch“ auf: „Das Gehirn, welches selbst feucht ist, riecht das 
Trockene, indem es durch die trockenen Nasenkanäle den Geruch 
zugleich mit der Luft einzieht; denn das Gehirn erstreckt sich bis 
in die Nasenhöhlen. An dieser Stelle ist ihm nicht ein Knochen 
vorgelagert, sondern ein Knorpelstück, weich wie ein Schwamm, 
welches weder Fleisch noch Knochen ist. Wenn die Nasenhöhlen 
trocken sind, nimmt das Gehirn den Geruch der trockenen Sub- 
stanzen genauer wahr. Wasser riecht es nicht, denn es ist viel 
feuchter als das Gehirn, ausser wenn es faulig ist. Das faulige 
Wasser wird nämlick nicht minder als all das andere, sobald es 
faulig wird, dicker. Wenn die Nasenhöhlen hingegen feucht sind, 
vermag das Gehirn nicht zu riechen, da es dann die Luft nicht 
mehr einzieht. Wenn das Gehirn auf diesem Wege einen beträcht- 
lichen Teil von sich selbst nach dem Gaumen, der Kehle und nach 
dem übrigen Körper abtropfen lässt, so erkennen die Menschen darin 
einen Katarrh und nennen es so.“ 

Nun ist diese ganze Auffassung nichts anderes als die folge- 
richtige Spekulation auf Grund der Beobachtungen am Kranken und 
der Lehre von den Säften, welche er in ihren Grundzügen über- 
nommen und dann allerdings ausgebaut hat. Sie zeigt uns dabei 
einen Fortschritt, indem sie auf die Bedeutung der Gebilde hinweist, 
welche zwischen Gehirn und Nasenhöhle liegen. Diese sind aber 
in dem sicher zwar apokryphen Kapitel von der Zergliederung eben- 
sowenig erwähnt, wie die Nase überhaupt. Weder Galen, der uns 
eine genaue Beschreibung der Nase gibt, kennt das Fragment, noch 
Erotian, welche beide die echten Bücher des Hippokrates von den 
unächten geschieden haben; der Ruf des grossen Mannes hatte näm- 
lich nach seinem Tode die Habsucht des Ptolemäer angestachelt, 


21] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 281 


jenem gefalschte Werke unterzuschieben und sie als seltene Bücher 
für die Alexandrinische Bibliothek den Pergamenischen Regenten 
zu verkaufen. Ein Teil eines solchen Buches scheint das Fragment 
Zu sein. 

Um nun den Zusammenhang zwischen der hippokratischen Lehre 
von den Krankheiten des Kórpers und denjenigen von den physio- 
logischen Funktionen zu erkennen, dürfte es ratsam sein, einige 
markante Gesichtspunkte aus der Pathologie anzuführen, sofern sie 
im weiteren für die Krankheiten der Nase in Betracht kommen. 

Die Ausscheidungen (Blut, Schleim, Galle, Eiter etc.) sind ent- 
weder Symptome einer Krankheit oder sie wirken entscheidend auf 
deren Verlauf (kritisch) und zwar im günstigen Sinne oder im 
ungünstigen. Sie gelten als eine Art Reinigung, die den kürzesten 
Weg von der Stelle der Erkrankung bis zur Entleerungsstelle 
nehmen muss. Z. B.: ,Wer am Kopf leidet und rund herum 
Schmerzen hat, bei dem hebt sich die Krankheit, wenn Eiter oder 
Wasser oder Blut durch Nase, Mund oder Ohr abfliesst.‘ 


Und zwar gilt der Satz, dass Krankheiten, welche oberhalb 
des Zwerchfells ihren Sitz haben, durch eine Ausleerung nach oben 
(Nasenbluten, Erbrechen, Auswurf usw.) gelöst werden. Diejenigen 
Krankheiten, welche unterhalb des Zwerchfells entstehen, werden 
durch Ausleerungen nach unten gelöst (Stuhl, Urin, Hämorrhoiden, 
Menses, Lochien). 


Regelmässige Ausleerungen, wozu auch Nasenbluten gehören 
kann, darf man nicht beeinflussen. Vorbedingung der Heilung ist 
die Trennung der kranken Säfte von den gesunden. „Kopfschmerz 
wird durch Eiterfluss aus der Nase behoben.“ An anderen Stellen 
wird Nasenbluten oder Schleimfluss aus der Nase genannt. 


Die beste Krise ist die Vereiterung. Auch wirkt starkes Nasen- 
bluten kritisch in günstigem Sinne. Den Unterschied, den Hippo- 
krates und seine Schüler zwischen gutartigen und bösartigen Kopf- 
schmerzen machen, führt auch zu der kritischen Differenzierung 
des Ortes der Blutentleerung: bei gutartigen Kopfschmerzen hilft 
Nasenbluten, während in den bösartigen Fällen, in welchen der 
Schmerz nach Hals und Rücken zieht, hämorrhoidale Blutungen 
von Nutzen sind. 


Zur Unterstützung dieser Selbstheilung werden warme Um- 
schläge und Blutentziehung in der Nähe der kranken Stelle ver- 
ordnet. .— 

Nach diesen allgemeinen Bemerkungen ist es einfacher, sich 
in den Geist der hippokratischen Pathologie einzuarbeiten. 


282 Karl Kassel. [28 


Unter Katarrhen versteht Hippokrates den Abfluss der nach 
Menge und Art der Zusammensetzung krankhaft veränderten Körper- 
säfte. Sie entstehen durch übermässige Erhitzung und Erkältung, 
sowie durch Anschwellung des Körpers. (Von den Teilen des Körpers.) 
Der Nasenkatarrh zählt zu den Kopfflüssen, die ihre Quelle im 
Gehirn haben. — In den Lehrsprüchen finden wir die Ätiologie 
eines Symptoms, des Niesens, besonders erwähnt. Es erfolgt, sobald 
das Gehirn erwärmt oder der leere Raum des Kopfes mit Feuchtig- 
keit angefüllt ist, denn die darin befindliche Luft wird hinaus- 
gestossen. Das Geräusch entsteht hierbei dadurch, dass die Luft 
durch die enge Öffnung zwischen Nase und Gehirn plötzlich aus- 
gepresst wird. — Winde und Jahreszeiten haben auf die Entstehung 
von Katarrhen besondere Einflüsse. Nordwinde und gleichzeitige 
Trockenheit im Sommer, Südwinde und gleichzeitiges Regenwetter 
im Herbst zeitigen Schnupfen, Husten, Heiserkeit und bei einigen 
auch Schwindsucht. Nordwind dagegen im trockenen Herbst be- 
kommen zwar Leuten mit feuchter Natur, also der Jugend, und 
auch dem weiblichen Geschlechte gut, die übrigen leiden an Schnupfen 
und Fieber. Der Frühling bringt alten Leuten Fliessen der Nase. 
(Lehrsprüche.) Diese Neigung der Greise beruht darauf, dass ihre 
Gefässe dünn und ausgedehnt sind. „Denn wenn die Körper sich 
in einem warmen Winter, in welchem Südluft vorherrscht, nicht 
zusammenziehen, so wird das Gehirn bei eintretendem kaltem Früh- 
ling, in welchem Nordluft vorherrscht, noch dichter und noch mehr 
zusammengezogen, anstatt dass es sich zugleich mit demselben hätte 
auflockern und vom Schnupfen und von der Heiserkeit hätte reinigen 
sollen.“ (Von der Luft, dem Wasser und den Gegenden.) 

Als veranlassende Momente für alle Katarrhe kommen vorzüg- 
lich kalte Dinge, Schnee und Eis, in Betracht. (Lehrsprüche.) In 
den Vorhersagungen lesen wir: „Diejenigen, welche nach heftiger 
Erhitzung in starken Winden und in der Kälte Schmerzen am Kopf 
und in der Stirn bekommen, werden von diesen vorzüglich durch 
einen fliessenden Schnupfen gänzlich befreit. Auch hilft ihnen Niesen 
und in der Nase sich einfindender gekochter Schleim und zwar 
hauptsächlich, wenn er von selbst sich einstellt, ausserdem aber 
auch, wenn er durch Kunsthilfe herbeigeführt wird.“ Als Folge 
feuchter Beschaffenheit der Nase z. B. beim Schnupfen bezeichnet 
Hippokrates die Verminderung der Geruchsempfindung. (Von den 
Muskeln.) 

Dafür dass Hippokrates den Schnupfen als die Ursache von 
Erkrankungen der tieferen Luftwege ansieht, spricht vor allem eine 
Stelle in den Vorhersagungen: „Der Schnupfen verursacht manch- 


29] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 283 


mal auch Husten. Wenn das Niesen den Schmerz (im Kopfe) nicht 
hebt, so sind Lungengeschwüre und schlechtes Aussehen zu be- 
fürchten.“ Trotzdem sieht er im allgemeinen den Schnupfen als 
eine harmlose Erkrankung an, da die Wege, auf welchen sich so 
die schlechten Säfte entleeren, weit sind und diese Entleerung an 
sich schon einen Heilungsprozess bedeuten. Dagegen „wenn sich 
der Fluss durch den Gaumen nach hinten zieht und der Schleim 
in den Darmkanal wandert, so erfolgt ein Durchfall, der ohne 
Schaden ist. Wenn aber der Schleim unten sitzen bleibt, so ent- 
steht die Darmgicht, eine langwierige Krankheit.‘ (Von den Drüsen.) 
— In den Vorhersagungen heisst es: ,,Róte der Nase (bei Katarrhen) 
ist ein Zeichen des Durchfalls; sie ist bedenklich, wenn zugleich 
Schmerz des Unterleibs und der Lunge da ist, der mit Eiterung 
endet.“ — — — ‚Die fliessenden Schnupfen breiten sich so aus, 
dass sich auch Husten damit verbinde. Notwendig müssen da 
Lungenknoten und kachektische Farbe entstehen, wo das sich ein- 
findende Niesen die Schmerzen nicht stillt.“ — Mittelohrentzün- 
dungen im Anschluss an Schnupfen beschreibt Hippokrates sehr 
häufig. 

Auf Nebenhöhlenerkrankung scheint eine Stelle (von den Krank- 
heiten) hinzuweisen. Er spricht da von galliger Unreinheit, die 
Kopfschmerz verursache. „Manchmal fliesst eine gallige Schärfe aus 
der Nase, bei sehr vielen nimmt der Schmerz den halben, bei anderen 
den ganzen Kopf ein." — Die Beziehung der Hypersekretion der 
Nase zur ganzen Körperkonstitution ist in den Landseuchen er- 
wähnt: „Diejenigen geniessen schwächere Gesundheit, welche von 
Natur eine fliessende Nase haben.“ 

Schnupfen mit halbseitigem Kopfschmerz, Fieber und Frost 
finden wir mehrfach erwähnt. Hierbei deutet das gleichzeitige Auf- 
treten von Schnupfen und Fieber darauf, dass nach Heilung nicht 
leicht ein Rückfall zu erwarten ist. — 

Kritische Bedeutung ist auch dem Niesen beizulegen. Es kann 
Schmerzen im Kopfe oder auch Schlucken beseitigen (Volkskrank- 
heiten), Mutterkrampf heilen und schwere Entbindungen erleichtern 
(Lehrsprüche) — Niesemittel verordnet Hippokrates auch, um 
schlechten, salzigen Geschmack aus dem Munde zu beseitigen (von 
den Krankheiten), sowie bei starkem Weinrausch (Il. c.). 

Für die Therapie gilt der Lehrspruch als leitender Satz: „Wenn 
eine kritische Ausleerung eben eintreten will oder schon eingetreten 
ist, so darf man sie weder durch abführende Mittel, noch durch 
andere Reizmittel in Bewegung setzen, sondern man verhalte sich 
ganz ruhig." Sonst werden ableitende Mittel in die Nase gebracht, 


284 Karl Kassel. [30 


um dadurch zu verhindern, dass der Fluss wieder in den Kopf 
zurück und ins Ohr zieht. Das souveräne Mittel scheint das 
Schwitzen gewesen zu sein. In den Volkskrankheiten wird von 
einem Timochares erzählt, er habe im Winter Katarrh besonders 
in der Nase gehabt. „Als er der Liebe pflegte, hörte jenes ganz 
auf. Es erfolgte Müdigkeit, Hitze, Schwere und starker Schweiss 
am Kopfe; denn er war selbst in gesunden Tagen sehr zum Schweisse 
geneigt. Am dritten Tage war er wieder gesund.“ 

In dem Buche „Von der Einrichtung der Gelenke“ handelt 
es sich doch wohl um die Syphilis: „Wo sich der Knochen vom 
Gaumengewölbe ablöst, da sinkt die Nase ein.“ 

Es wäre nun ein vergebliches Unternehmen, das überaus reich- 
haltige Material, welches sich auf den Zusammenhang des Nasen- 
blutens mit inneren Erkrankungen bezieht, in ein System bringen 
zu wollen. Trotz der vielen Widersprüche, denen wir in der hippo- 
kratischen Schriftensammlung begegnen, wäre es wohl möglich, die 
hippokratische Diagnostik zu rekonstruieren und auch wohl über- 
sichtlich darzustellen, aber ein klares Bild im Sinne der modernen 
Klinik ist schon deshalb unmöglich, weil uns die Bekanntschaft 
mit Krankheitsbildern fehlt, welche in damaliger Zeit zu den tag- 
täglichen gehört haben mögen. 

Wir stehen da vielfach vor diagnostischen Rätseln hinsichtlich 
der Beziehungen des Nasenblutens z. B. zum Erbrechen, zur Gelb- 
sucht, Schlaflosigkeit, Kachexie, zum Schweiss, Frösteln, zur Epi- 
lepsie usf., hinsichtlich der Tageszahl, an der es mit guter oder 
böser prognostischer Bedeutung auftritt, ob es schliesslich nur ein- 
mal oder öfters und tropfenweise oder reichlich auftritt. 

Es ist nicht einmal möglich, an der Hand der Werke des 
Hippokrates, die Krankheiten kritisch zu sichten, die „vom Kopf 
aus entstehen.“ Das wäre doch für unseren Zweck um so wichtiger, 
als nach Hippokrates das Bluten der Nase durch Wallung des 
Blutes im Kopfe entsteht. — Wir beobachten Nasenbluten im Initial- 
stadium von Typhus, bei Malaria, Stauungen, hämorrhagischer Dia- 
these, als Frühstadium der progressiven Paralyse, bei Arterio- 
sklerose usw. Aber trotzdem lassen sich die hippokratischen klini- 
schen Bilder nur mit grosser Unsicherheit in eine moderne klinische 
Erfahrung einreihen. 

Eine der wesentlichsten Ursachen für die Unmöglichkeit einer 
Übertragung der hippokratischen Lehre auf moderne Beobachtungen 
beruht im vorliegenden Punkte darin, dass, wie wir annehmen 
dürfen, im Mittelpunkte der ganzen damaligen Lehre, die Malaria, 
der Typhus, die Influenza und andere Infektionskrankheiten stehen, 


13] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 285 


und zwar in einer uns heute durchaus unbekannten Schwere und 


Erscheinungsart. 
Wir begegnen da den schwersten Komplikationen seitens des 
Gehirns, der Lunge, der Leber, der Milz — immer wieder das 


Nasenbluten als kritisches Moment, stets auch therapeutisch ver- 
schieden zu behandeln; z. B. soll man im remittierenden Fieber 
dem Nasenbluten einige Zeit freien Lauf lassen, in anderen Fallen 
es bald stillen. 

Es genügt nunmehr, einige kurze Zitate anzuführen, welche 
für jene Unmöglichkeit Belege sein mögen: 

Wenn in Hitzfiebern oder anderen Fiebern ein Schmerz im 
Genick, eine Schwere an den Schläfen, Dunkelheit vor den Augen 
oder eine unschmerzhafte Spannung des Unterleibs entsteht, so tritt 
Nasenbluten ein (Volkskrankheiten). 

Wenn in hitzigen Fiebern, besonders in den eigentlichen Hitz- 
fiebern, die Tränen unwillkürlich fliessen, so ist ein Nasenbluten 
zu erwarten, im Falle sich der Kranke nicht sehr schlecht be- 
findet. Ist aber dies der Fall, so bedeutet jenes nicht Nasenbluten, 
sondern Tod (Volkskrankheiten). 

Starkes Bluten während des kritischen Frierens ist sehr ge- 
fährlich (Volkskrankheit). — Bei Fieber sind folgendes die Vor- 
zeichen bevorstehenden Nasenblutens: Kopf- und Ohrschmerz, Ohren- 
sausen und -Klingen, Dunkelsehen, Tränen der Augen, Schwere ın 
den Schläfen und in der Nase, Halsschmerz, Zittern der Hände, 
Spannen im Hypochondrium. 

Wenn sich der Hüftschmerz nach Kopf und Händen zieht, 
Schläfrigkeit und Magenschmerz entsteht und gallige Säfte ange- 
häuft werden, so erfolgt reichliches Nasenbluten, manchmal auch 
starker Durchfall. 

Aus den Vorhersagungen: 

Sparsames, galliges Erbrechen ist böse, zumal mit Schlaflosig- 
keit des Kranken. Ein bei solchen Krankheiten eintretendes Nasen- 
bluten ist verderblich. 

Nasenbluten mit unbedeutenden Schweissen und allgemeiner 
Kälte zeigt bösartige und verderbliche Krankheit an. 

Schmerz im Nacken und sehr rote Augen verkünden Nasen- 
bluten. 

Profuses ungestüm und oft eintretendes Nasenbluten führt bis- 
weilen zu Krämpfen; ein Aderlass hilft dagegen. 

Wird reichliches Nasenbluten gewaltsam unterdrückt, so ent- 
stehen bisweilen Krämpfe; Aderlassen hebt diese. — Wenn Leute, 
denen zu bestimmten Zeiten die Nase blutet, Durst bekommen, sich 


286 Karl Kassel. [32 


schwer krank und erschópft fühlen, wenn dann kein Nasenbluten 
bei ihnen eintritt, so bekommen sie Fallsucht. — — — 

Die Nase ist einer der Ausscheidungswege für die Sáfte. Und 
das Blut, welches durch sie auftritt, kommt aus dem Gehirn. Das 
Nasenbluten entsteht nämlich, wenn jenes in Wallung gerät und 
aus dem Kopfe in die Nase durchbricht. (Von den Krankheiten. 
Aphorismen.) So kann es’ in vielen Krankheiten lösend wirken, 
z. B. Kopfschmerzen, Taubheit, Finstersehen aufheben. 

Die Beziehungen des Nasenblutens zu den Veränderungen in 
den Sexualorganen beider Geschlechter kannte schon Hippokrates. 
So bezeichnet er es als ein Leiden der Kinder, welche sich der 
Mannbarkeit nähern (Vorhersagungen). Es findet sich ein, „sobald 
man angefangen hat, der Liebe zu pflegen oder sobald infolge der 
eintretenden Mannbarkeit die Stimme rauh zu werden anfängt.“ 
(Landseuchen.) 

Er beschreibt das vikariierende Nasenbluten bei Frauen: ‚Es 
ist gut, wenn bei einer Frauensperson, die ihre Zeit nicht hat, 
Nasenbluten entsteht." (Aphor.) 

Hierher gehört auch sicher die Bemerkung in den Volkskrank- 
heiten: „Wenn Frauenspersonen Fieberschauer mit Ermüdung haben, 
so ist ihre Zeit auf dem Wege. Ein schmerzhafter Hals (hierbei) 
deutet Nasenbluten an.“ 

In diesem Buche wird auch von der Tochter des Leonides er- 
zählt, dass bei ihr die Natur zum ersten Male durchbrechen sollte, 
sich aber einen anderen Weg wählte (d. h. wohl, sie hatte starke 
Beschwerden irgendwelcher Art). Sie warf sich auf die Nase und 
erzeugte Nasenbluten. Dieses wurde von dem Arzte, der die Kunst 
nicht verstand, gestopft und das Mädchen musste sterben. 

An verschiedenen Stellen finden wir Bemerkungen darüber, 
dass bei Erkrankungen der Leber das Nasenbluten aus der rechten 
Seite erfolgt, bei denen der Milz aber linksseitig. Und in den Vor- 
hersagungen lesen wir: ,,Blutfliisse aus (dem erkrankten Organe) 
gegenüberliegenden Teilen sind böse, wie Nasenbluten aus dem 
rechten Nasenloche bei Anschwellen der Milz. Bei den Krankheiten 
der übrigen zwischen dem unteren Rippenrande und dem Darmbein 
gelegenen Eingeweiden verhält es sich ebenso. Noch schlimmer aber 
ist es, wenn der Blutfluss mit geringem Schweisse auf der Stirn 
und an der Brust eintritt." — Hippokrates erwähnt das Nasen- 
bluten nach kórperlichen Überanstrengungen, ferner an wiederholten 
Stellen das Verschwinden von Taubheit nach Nasenbluten. — Von 
prognostisch schlimmer Bedeutung ist die Entleerung dicken Blutes 
aus der Nase nach einem Schädelbruch am Hinterhaupt, besonders 


33] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 287 


wenn es reichlich fliesst und wenn der Patient Kopfschmerzen hat. 
Hierbei tritt Frost ein, wenn vorher die Augen schmerzen. 

Die Therapie des Nasenblutens (Lebensordnung in akuten Krank- 
heiten) besteht in Tamponade der Nase mit Wolle, welche mit dem 
scharfen Safte der unreifen Feigen getrünkt ist. Auch kann man 
zusammengeballten Käselab in die Nase stecken, roten Atrament- 
stein so zurechtdrücken, dass er in sie hineinpasst und dann die 
Nasenflügel von aussen fest zusammenpressen. 

Ferner Abführen mittelst gesottener Eselsmilch, nach Abscheren 
des Kopfes in heisser Jahreszeit kühlende Umschläge. Eine Mischung 
von Oxymel und Sesam soll Patient zum Brechen einnehmen. Da 
dieses Mittel Brustbeklemmungen verursacht, kann man ihm auch 
weissen Elleborus zusetzen. 

Bei vikariierendem Nasenbluten der Frauen empfiehlt Hippo- 
krates Schröpfköpfe. Während sonst bei den wiederholt und zu be- 
stimmten Zeiten eintretenden vikariierenden Nasenblutungen der 
Männer und Frauen jede Therapie untersagt ist, lautet für die 
prognostisch schlechten Fälle von tropfenweise, öfter hintereinander 
sich zeigenden Nasenblutungen die Lehre, dass bei ihnen der Arzt 
sofort eingreifen muss. 


Chirurgie. 


Bei der Besprechung der Nasenbrüche lehnt Hippokrates 
zünächst die Neigung unkluger Wundärzte ab, die nicht schnell genug 
die kunstvollsten Verbände um die Nase bringen können (vgl. den 
assyr. Brief des Aradnana). Er sagt, dass Patient und Arzt wohl 
ein oder zwei Tage Freude an diesem schliesslich doch sinnlosen 
Verfahren haben, dass dann aber die Schäden deutlich zutage treten; 
denn offenbar werden durch den Druck des Verbandes breit ge- 
schlagene Nasen noch breiter, während bei seitlicher Verletzung 
der Schiefstand noch verstärkt wird. Höchstens dann billigt Hippo- 
krates den Verband, „wenn das Fleisch über dem Knochen auf 
dem Nasenrücken längs der Kuppe von beiden Seiten zusammen- 
gequetscht wird, oder, wenn das Nasenbein nur wenig beschädigt 
worden ist. In diesen Fällen bekommt die Nase eine Knochennarbe 
und eine längliche runde Unebenheit." Doch auch bei dieser Ver- 
letzung begnügt sich Hippokrates damit, eine mit Wachs bestrichene 
Kompresse über den Bruch zu legen und sie mit einer Binden- 
tour zu befestigen. Als beste Heilart empfiehlt er das Auflegen 
eines aus gutem Weizenmehl und Wasser angerührten klebrigen 
Breiumschlages. Ist das Weizenmehl nicht klebrig genug, so rühre 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 3. 20 


238 Karl Kassel. [34 


man zerstossenen Weihrauch mit Wasser und schütte dann Mehl 
hinein. Auch kann man Gummi verwenden. 


Nun unterscheidet Hippokrates den Bruch der unteren (vorderen) 
Nase und den Querbruch der Nase. 


Findet man einen Bruch des vorderen Teils und dadurch eine 
Breitdriickung der Nase, so kommt es darauf an, ob sie vorn am 
Knorpel eingesunken ist oder nicht. Im ersteren Falle soll man 
etwas in die Nase stopfen, was diese hebt, im anderen Falle fiihrt 
man die Finger oder eine Sonde in die Nasenlócher bis dahin, wo 
sie eingesunken ist, umfasst die Nase von beiden Seiten und bringt 
sie durch Drücken und Heben in die richtige Lage. Zur Tampon- 
behandlung und Stütze benützt man Leinenscharpie oder kartha- 
giniensisches Leder. — Bei hóher gelegenen Brüchen führt dieser 
Weg nicht zum Ziele; denn die Tampons sind dann noch beschwer- 
licher zu tragen als bei den vorderen Brüchen. Vielmehr muss man 
mit den Fingern so tief als möglich in die Nase gehen und mit 
ihnen sowie durch Druck von aussen die Nase einrichtep. Hierbei 
ist es, wofern der Patient sich dazu hergibt und es aushält, am 
besten, dass er selbst seine beiden Zeigefinger in die Nase einführt 
und sie so lange er es nur vermag, ruhig in der Nase hilt, bis 
der Knochen fest ist. Sonst soll man dies wegen der Zartheit ihrer 
Finger durch einen Knaben oder eine Weibsperson machen lassen. 
So hat er stets Heilungen gesehen. Die Kallusbildung in der Nase 
erfolgt innerhalb von zehn Tagen, wofern nicht vorher der Brand 
in die Wunde getreten. — 


Bei Querbruch muss man mittelst der eingefiihrten Finger die 
nach innen gesunkenen Stiicke heben, bis die Reposition beendet 
ist; dann mit den Fingern von aussen die Nase an der Stelle, die 
vorher die Hervorragung gezeigt, komprimieren oder durch einen 
Gehilfen festhalten lassen, bis der Knochen vernarbt ist. Mit dem 
kleinen Finger muss man von Zeit zu Zeit in die Nase eingehen, 
um die Bruchstelle zu reponieren. Tritt eine Entziindung auf, so 
werden Umschlage mit Weizenbrei gemacht, ohne dass aber die 
Finger ihre Aufgabe der Reposition unterbrechen. 


Ist der Knorpel in transversaler Richtung gebrochen, so wird 
die Nasenspitze schief. Daher soll man diese mittelst Tampons auf- 
richten. Hierzu nimmt man Material, das geruchlos ist und nicht 
nachgibt, z. B. Schafslunge, Schwamm. Hiernach kann man aus 
weichem karthaginiensischen Leder einen Riemen von etwa einem 
Daumen Breite äusserlich am eingesunkenen Nasenloch kleben und 
den Riemen, soweit es vertragen wird, stark anziehen, bis die Nase 


35] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 289 


frei und gerade absteht. Der Riemen wird unter dem Ohre weg 
um den Kopf herumgezogen und das Ende an der Stirn befestigt. 
Oder der Riemen wird noch weiter um den Kopf geführt und dann 
verbunden. Diese Methode bezeichnet Hippokrates als eine sehr be- 
queme, denn sie gestattet, den Zug an der Nase nach Belieben 
stärker oder schwächer zu gestalten. 


Besteht neben dem Bruche eine Verletzung der Weichteile, so 
wird diese mit Pech oder einem blutstillenden Pflaster zur Heilung 
gebracht, welche dadurch schnell vonstatten geht. Falls der Knochen 
sich loslösen will, so muss die Reposition unverzüglich und sorg- 
fältigst erfolgen, im übrigen bleibt das Vorgehen mit den Fingern, 
allerdings mit gelindem Druck dasselbe, weil die Einrichtung der 
Nase von allen Körperteilen am leichtesten auszuführen ist. Dabei 
kann man sich unbeschadet etwaiger Hautwunden oder Entzün- 
dungen, der Klebepflaster und des Riemens bedienen; denn dies 
geschieht schmerzlos. — 


An anderer Stelle finden wir eine weitere interessante Vor- 
schrift fiir die Knochenbruchbehandlung, der er den lehrreichen Satz 
vorausschickt, die Reposition nicht mehr (sc. in derselben Sitzung) 
zu versuchen, wenn sie einmal missglückt ist. — Hippokrates ver- 
bietet den Genuss fester Speisen. Dagegen reicht er einen milden 
Trank aus weissem Eleboros. Kranken galliger Konstitution giesst 
man etwas wohlriechendes Honigwasser in das Wasser und be- 
schränkt sie auf dieses Getränk. Ist aber kein Überfluss an bitterer 
Galle vorhanden, so bekommen sie blosses Wasser. Bei Fieber wird 
diese Diät vierzehn Tage beibehalten, sonst nur sieben Tage. Nach- 
her geht er zu seiner gewöhnlichen Diät über. — Hippokrates warnt 
vor kalten Umschlägen. Dagegen lässt er alle drei Tage nachsehen, 
ob der Verband in Ordnung ist, nach erfolgter Konsolidation die 
Schiene entfernen und warmes Wasser auf den gebrochenen Teil 
giessen. „um die Säfte herbeizuziehen und den Kallus zu nähren.“ 
— Über das Abstossen von Knochenstücken schreibt Hippokrates: 
Dieses geht langsam vonstatten. „Solchen Krankheitszuständen musst 
du am meisten ausweichen, wenn es nur auf eine anständige Weise 
geschehen kann, da hier wenig Hoffnung auf Wiederherstellung 
und viel Gefahr vorhanden ist; und, wenn du nicht einrichtest, 
so kommst du in Gefahr, als unerfahren in der Kunst zu gelten; 
richtest du ein (sc. wenn Knochenteile sich ablösen), so führst du 
den Kranken schneller zum Tode als zur Gesundheit.“ 


Über die Nasenpolypen spricht Hippokrates nur an wenigen 
Stellen. 


20* 


290 | Karl Kasse. ` [36 


„Die Leiden“, Kap. 5 (die Zitate aus Hippokrates gebe ich 
nach der vorzüglichen Übersetzung von Dr. Robert Fuchs 
wieder). 

„Wenn sich in der Nase ein Polyp bildet, so entsteht eine Art 
Emphysem (Schwellung) und es ragt ein Tumor schräg aus der 
Nase hervor. Der Polyp wird entfernt, indem man ihn vermittelst 
einer Schlinge aus der Nase in den Mund herunterzieht, andere 
faulen unter Einwirkung eines Arzneimittels ab. Der Polyp ent- 
steht aber durch den Schleim. 

(Dies sind die Krankheiten, welche vom Kopfe ausgehen.) „Die 
Krankheiten" 2. Kap. 33 ff. 

»Wenn ein Polyp in der Nase auftritt, so hangt er mitten aus 
den Knorpelmassen heraus, sowie ein Zapfchen. Wenn der Betreffende 
den Atem ausstösst, geht der Polyp nach aussen und ist weich, 
wenn er den Atem einzieht, geht der Polyp nach hinten. Patient 
hat eine gedämpfte Stimme, und wenn er schläft, schnarcht er. 
Unter solchen Umständen schneide man ein Stückchen Schwamm 
rund, forme daraus ein Bällchen, umwickl& es mit einem ägyptischen 
Linnenfaden und mache es (auf diese Weise) fest. Die Grösse des- 
selben aber sei so, dass es in die Nasenóffnung hineinpasst. Man 
binde das Schwämmchen mit einem vierfachen Faden fest; die 
Länge eines jeden derselben aber soll eine Elle betragen. Diese 
Fäden vereinige man hierauf an dem einen Ende, nehme einen 
dünnen Zinnstab, welcher an dem einen Ende ein Öhr hat und 
stecko den Stab mit seiner Spitze (durch die Nase) bis in den 
Mund. Nachdem man ihn erfasst hat, fádle man den Faden in 
das Öhr ein und ziehe so lange (nämlich an dem Zinnstabe), bis 
man den Anfang (der Fäden) fassen kann. Darauf lege man einen 
Geisfuss unter das „Zäpfchen“, zerre in entgegengesetztem Sinne 
und ziehe so lange, bis man den Polyp herausgezogen hat. Nach- 
dem man ihn aber herausgezogen und das Blut zu fliessen auf- 
gehört hat, wickle man um eine Sonde trockne zu Scharpie zer- 
zupfte Leinwand. Im übrigen aber koche man (Kupfer =) Blüte 
in Honig auf, bestreiche die Scharpie damit und lege sie in die 
Nase. Wenn die Wunde bereits in Heilung übergeht, mache man 
sich eine Bleistange, welche bis zur Wunde hinaufreicht, bestreiche 
sie mit Honig und führe sie so lange ein, bis der Betreffende 
wieder gesund geworden ist.“ 


Ein anderer Polyp. 
„Es füllt sich die Nase mit Fleischstückchen. Das Fleisch er- 
scheint, wenn man es anfühlt, hart, und Patient vermag nicht 


81] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 201 


durch. die Nase zu atmen. Unter solchen Umständen muss man 

eine Röhre einführen und mit drei oder vier Eisenstüben brennen. 
Nachdem man aber gebrannt hat, lege man zerriebene schwarze 

Nieswurz in die Nase, und wenn das Fleisch verfault und heraus- 

gefallen ist, bestreiche man Leinwandscharpie mit Honig und mit 

(Kupfer =) Blüte und führe sie ein. Sobald aber die Wunde in 

Heilung übergeht, lege man. das mit Honig bestrichene Blei ein, 

bis Patient genesen ist.“ 


Ein anderer Polyp. 
„Innen ragt aus dem Knorpel ein rundes Fleischstück her- 
vor; wenn man es befühlt, erscheint es weich. Unter solchen Um- 
stinden mache man einen Sehnenfaden, mache an demselben. eine 
kleine Schlinge, wickle einen dünnen Faden darum, hierauf stecke 
man das andere Fadenende durch die Schlinge hindurch, wobei 
man eine gróssere Schlinge macht (als die andere war) Darauf 
fädle man das Ende der Schnur durch den Zinnstab, lege alsdann 
die Schlinge in die Nase ein, lege die Schlinge mit Hilfe einer 
mit einem Einschnitt versehenen Sonde um den Polyp herum, ziehe, 
sobald der Faden herumgelegt ist, den Stab nach dem Munde durch, 
erfasse ihn und ziehe in der nämlichen Weise, indem sich die 
Schlinge dagegenstemmt. Nachdem man den Polyp herausgezogen 

hat, behandle man den Patienten, wie den vorigen.“ | 


Ein anderer Poly p. 

„Innen am Knorpel entlang wächst aus irgendwelcher Ver- 
anlassung etwas Hartes, es hat das Aussehen von Fleisch; wenn 
man es aber berührt, klingt es wie Stein. Unter solchen Umständen 
spalte man die Nase mit einem Messer, reinige sie und gebrauche 
dann das Glüheisen. Nachdem man das getan, nähe man die Nase 
wieder zu und heile die Wunde durch Bestreichen mit der Salbe; 
man lege ein Stück Zeug ein, und wenn es ringsum faulig wird, 
streiche man die dem Honig beigemischte Kupferblüte auf. Die 
Heilung führe man aber mit Hilfe des Bleistabes herbei.“ Es handelt 
sich vermutlich um einen Nasenstein. 


Ein anderer Polyp. 

„Es wachsen aus dem Knorpel und an der Spitze eine Art 
kleiner Krebsgeschwüre hervor. Alle diese muss man aber weg- 
brennen. Nachdem man sie weggebrannt hat, streue man Nieswurz 
darauf.“ — 

Das umfangreiche rhinologische Material, welches uns in den 
hippokratischen Werken überliefert ist, bleibt auch für ung von 


292 Karl Kassel. (38 


mehrfachem Interesse. Der chirurgische Fortschritt, die Beziehungen 
lokaler Erkrankungen zu den übrigen Veränderungen am Körper, 
die ins kleinste eingehende Differenzierung der Symptome, die thera- 
peutische Umsicht und Vorsicht, die Vermeidung scharf wirkender 
Mittel, alles dies gibt uns schon ein Bild, welches gegenüber den 
vielfach unklaren und phantastischen indischen Darstellungen einen 
ausserordentlichen Fortschritt bedeutet. 


Nachfolger des Hippokrates. 

Aus der Lehre eines unmittelbaren Schülers des Hippokrates, 
Dexippos aus Cos, berichtet der Anonymus Londinensis: ,, . . . indem 
die Galle und der Schleim schmelzen und fliissiger werden, ent- 
stünden daraus Lymphe und Schweiss. 

Wenn sie aber faul würden und sich verdicken, entstünden 
Ohrensausen, Schnupfen und Triefaugen.“ 

Unter dem Werke des Anonymus Londinensis verstehen wir 
kollegheftartige Auszüge, welche ein sonst Unbekannter aus Aristo- 
teles-Menons Handbuch der Medizin und aus älteren Ärzten gemacht 
hat. Es handelt sich um den Papyrus Nr. 137 aus dem Britischen 
Museum, dessen Entstehung von Diels an die Wende des 1. Jahr- 
hunderts, etwa in die Zeit des Domitian und Trajan gesetzt wird. 

Wiewohl die Zeitbestimmung für die einzelnen in dem Papyrus 
genannten Autoren nicht genau móglich ist, sollen diese doch hier 
der Reihe nach angeführt werden, da sie einen interessanten Ein- 
blick in die Wandlungen der hippokratischen Lehre gewähren. 

Trotzdem uns von einigen der für uns in Frage kommenden 
Ärzte, z. B. Timotheos, Abas, Aeginos sonst nichts bekannt ist, 
bleiben ihre Ansichten, eben weil sie in einer Art von Kollegheft 
niedergelegt sind und weil ihnen in jener Zeit einiger Wert bei- 
gelegt worden zu sein scheint, immerhin von historischem Interesse. 

»limotheus von Metapont sagt, dass die Krankheiten auf 
folgender Weise zustande kämen: Wenn der Kopf gesund ist und 
sauber, wird auch die Nahrung von ihm aus dem ganzen Körper 
zugeführt und das Geschöpf ist gesund. 

Wenn er aber nicht gesund ist, bringt er Krankheiten dadurch, 
dass die Durchgänge sich verstopfen. Wenn diese verstopft sind, 
bleibt der nach den Stellen im Kopf aufsteigende Überschuss, so 
lange er keinen Ausweg hat, darin und dann verwandelt er sich 
in salzige und scharfe Flüssigkeit, und wenn er dann noch länger 
darin bleibt und durchbricht, dringt er in irgend einen Teil und 
führt je nach dessen Verschiedenheit verschiedene Krankheiten 
herbei.‘ 


39] L Die Nasenheilkunde des Altertums. 293 


Abas!) meint, abweichend von den übrigen, die Krankheiten 
entstünden durch Reinigung des Gehirns. Es reinige sich aber das 
Gehirn durch Nase, Ohren, Augen und Mund.... Infolge dieser 
Reinigungen aber, sagt er, entstünden fünf Katarrhe.“ 

Aeginos von Elis erkennt in den Ausscheidungen durch den 
Darm, die Blase, die Ohren, die Nase und den Mund ein natür- 
liches Hindernis für die Überfüllung des Körpers mit Nahrungs- 
säften. 

Wir finden die Lehre des Hippokrates von den Flüssen ver- 
zeichnet. 


Lehre von der Atmung. 


Philistion ?) lehrt: „Wenn der ganze Körper richtig atmet und 
die Luft ungehindert durchgeht, entsteht Gesundheit: denn nicht 
nur durch den Mund und die Nase geschieht die Atmung, sondern 
am ganzen Körper.‘ (Hautatmung.) 

Erasistratos®) nimmt das Pneuma als Ursache von Allem an. 

Es „wird von aussen durch Mund und Nase eingezogen und 
kommt durch die Luftröhre in Lunge und Herz, ferner in die Brust- 
höhle.“ Der Anonymus fügt dem zu: „Etwas sickert auch durch 
den Schlund in den Magen nach unserer Anschauung, nicht jedoch 
nach der des Erasistratos.‘‘ Nach diesem wird durch Mund und 
Nase mehr Pneuma ausgeatmet als eingeatmet. Er beschreibt dann 
die Erwärmung der Inspirationsluft und ihre Verwendung im kórper- 
lichen Haushalt, besonders zur Abkühlung der Hitze des Herzens. 

Über die Ursache der Atmung: ,,Grundlage ist also die Luft, 
indem sie dureh Mund und Nase gezogen wird; sie bildet den Stoff 
für das Atmungsbedürfnis, wobei sie nach zwei Seiten verteilt wird; 





1) Unbekannter Arzt. 

2) Zeitgenosse des Platon (429—348 v. Chr.). 

3) Erasistratos in Julis auf der Insel Kos geboren (8. Jahrhundert v. Chr.), 
war ein Enkel und Schüler Aristoteles'. Bedeutender Anatom. Er darf wohl 
als der Begründer der Physiologie angesehen werden. Seine Bedeutung wurde 
erst durch Pagels Forschungen bekannt. Celsus, Galen, Oribasius, 
Aetius u. a. teilen — freilich mit Variationen — eine Verordnung des Era- 
Sistratos mit, welche für Nasen., Ohren-, Rachen- und andere Leiden pro- 
phylaktisch und therapeutisch bestimmt war. Er nannte es 5ypoxoAAoUQiov = 
Feuchtmittel. Es bestand aus: 

Rp. Geröstetem Kupfer 180,0 
Geróstetem Misy 90,0 
Myrrhe 90,0 
Safran 45,0 
Mf. s. Honigdicke. — Zum Einreiben. 


294 . Karl Kassel. [40 


zum einen, kleineren Teil geht sie durch die Nase ins Gehirn, zum 
anderen grösseren durch die Luftröhre in die Lunge.‘ 

Über den Geruch lesen wir: „Man sucht nachzuweisen, dass 
der ganze Körper fortwährend Stoff abgibt, wobei man etwa von 
folgenden Erwägungen ausgeht: man beruft sich auf die Wohl- 
gerüche; diese, sagt man, riechen wir auch, wenn sie weit weg- 
liegen, weil von ihnen Körper zu uns gelangen. Dagegen wird man 
vielleicht einwenden, dass die Wohlgerüche keine Körper abgeben, 
sondern dass die Luft eine Änderung ihrer Zusammensetzung er- 
fährt durch die Wohlgerüche und wir auf diese Weise beim Ein- 
atmen eine Empfindung für den von den Wohlgerüchen herrühren- 
den Einfluss auf die Luft bekommen und dass keine Abgabe 
statthat. | 

Das erscheint recht schwach. Denn es sind eben nicht mit 
den Sinnen wahrnehmbare Kórper, was von den Wohlgerüchen aus- 
geht. Das sieht man bei den alt gewordenen Riechmitteln; deren 
Kraft ist schwach und unwirksam, weil durch die lange Zeit eine 
starke Abgabe erfolgt ist, woraus sich das Gesagte ergibt.‘ 

Diese Anschauung wird später noch durch die Beobachtung 
der Spürhunde gestützt: man schickt sie nur bei feuchtem Wetter 
auf die Jagd, weil eine Ausdünstung nötig ist, um den Riechstoff 
der Spur in die Nase des Hundes zu leiten. 

Der Asklepiadeischen Lehre von den Ausscheidungen fügt der 
Anonymus eine therapeutische Notiz bei: „Die Nieswurz dient zur 
Entfernung des Galligen und zwar die weisse, um es nach oben 
zu treiben, die schwarze nach unten.“ Die Purgiergurke, „durch 
die Nase aufgenommen oder auch auf den Nabel des kleinen Kindes 
gelegt, reinigt sie bald nach oben und bald nach unten und bald 
vom Galligen und bald vom Wässrigen. Offenbar dringt die darin 
befindliche Kraft durch die unsichtbaren Poren bis zu diesen Flüssig- 
keiten. Führt ja doch die weisse Nieswurz, als Räuchermittel ge- 
braucht, bei den Frauen aus derselben Ursache den Monatsfluss 
herbei.‘ | 

Des weiteren wird der Geruch des Brotes als Mittel gegen 
Krämpfe und als Analeptikum erwähnt. — — 


Fast die gleiche Zeit, welche durch Hippokrates einen Um- 
schwung in der Heilwissenschaft brachte, wurde auch für die Philo- 
sophie von grundlegender Bedeutung. 

Plato (429—348 v. Chr.), einem Schüler von Sokrates ver- 
danken wir eine Reihe physiologischer und pathologischer Betrach- 
tungen, lebensfrisch schöpferisch zwar, aber doch vorwiegend speku- 


41] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 295 


lativ, wührend Aristoteles (384—322 v. Chr), sein Schüler, 
in seinen Betrachtungen am Lebewesen stellenweise mehr den Boden 
der Nüchternheit betritt und dabei mit seinem Riesengeiste das 
irdische Sein in einer bisher ungeahnten Klarheit erfasste. Er packte 
förmlich die philosophischen Gemüter. Aber gerade dadurch, dass 
seine Lehre, die naturwissenschaftlich-medizinische, das Verständnis 
der Gelehrtenwelt auch der kommenden Jahrhunderte fand, trat später 
zwischen ihr, der Lösung der Rätsel diesseitigen Lebens, und dem 
Dogmatismus des Christentums, der Lösung der Rätsel des Jen- 
seits, jene unheilvolle Verbindung ein, die sich zur Scholastik ver- 
dichtete. 


Aristoteles (384—323), geb. zu Stagyra auf der Halbinsel 
Chalcidice, wurde der Lehrer Alexanders des Grossen. Auf den 
Feldzügen lernte dieser die weit ausgebildeten naturwissenschaft- 
lichen Kenntnisse und Schätze Indiens kennen. Und diese blieben 
nicht ohne Einfluss auf die Forschungen seines Lehrers. Es ist 
wohl mit Sicherheit anzunehmen, dass er sich mit anatomischen 
Studien am menschlichen Körper beschäftigte, deren wichtigstes Er- 
gebnis die Entdeckung der Nerven (mogot to éyxeqadov) ist. 

Da wir hier zum ersten Male auf tiefere Studien physiologischer 
Art stossen, erscheint es mir angebracht, diese in ihren allgemeinen 
Grundzügen darzustellen: 


Eine Unterscheidung der Nerven, Sehnen und Bänder war bis 
zu Aristoteles unbekannt. Während ferner bei Plato die Lungen den 
Durchgangskanal für die zu den Nieren und der Blase gehenden Ge- 
tränke bilden und ausserdem die Aufgabe haben, die zum Herzen 
gehende Luft abzukühlen, nimmt Aristoteles nur die letztere Funktion 
als die Aufgabe der Lungen an. Das Gehirn ist nach ihm eine blut- 
leere feuchte Masse, die mit dem Rückenmark im Zusammenhang 
steht. Wegen dieser blutleeren, also kalten Natur ist das Schleim 
absondernde Gehirn die Ursprungsstelle aller Flüsse. Das Empfin- 
dungszentrum ist das Herz. Das Gehirn kann es wegen seiner kalten 
Natur nicht sein. Es ist empfindungslos und hat die Aufgabe, das 
aufwallende Herzblut abzukühlen und somit zu mässigen. Die mittlere 
Temperatur des Körpers kommt auf diesem Wege der Mischung 
durch das kalte Gehirn und das warme Herz zustande. 

Flüsse aus dem Kopfe entstehen nun dadurch, dass die das 
Gehirn umgebende Teile des Körpers unter das Mittel sich ab- 
kühlen. | 

Diese Veränderung der Säfteregulierung spielt sich nach 
Aristoteles so ab, dass die aus der aufgenommenen Nahrung ge- 


206 | Karl Kassel. [42 


bildeten Säfte durch die Gefässe nach oben steigen und im Gehirn 
erkalten. Die Absonderung (Fluss) tritt schliesslich als Schleim 
oder Jauche nach aussen. Das aus den Nahrungssäften durch Ver- 
dauung entstandene Blut kann erkranken und Blutflüsse (Nase, Darm, 
Krampfadern) erzeugen. — 

Im Gegensatz zu Hippokrates nimmt er an, dass nicht das Ge- 
hirn der Sitz des Geruchsinnes ist, sondern dass die Funktion des 
Riechens ausschliesslich der Nase zukommt. Das Gefühlszentrum 
freilich ist das Herz. Zu diesem hin strömt durch die Nase die 
Atmungsluft. Und nur durch die Einatmung durch die Nase ent- 
steht die Sinnesempfindung des Geruchs. Diese wiederum stellt den 
Regulierungsapparat für die Atmung dar. Unter Riechen versteht 
Aristoteles das Wahrnehmen von Dünsten mit Hilfe der nasalen 
Einatmungsluft. 


Während die Ohren unbeweglich sind, ist die Nase leicht be- 
weglich. Er erwühnt anatomisch nur die Nasenscheidewand, welche 
die Nase in zwei Hohlkanäle teilt. 


Von pathologischen Bemerkungen sind zu erwähnen die über 
das Niesen, der Schnupfen und das vikariierende Nasenbluten. 


Das Niesen ist ein Hervorpressen angesammelten Atems durch 
die Nase. Aristoteles bezeichnet es als ein ominöses und heiliges 
Zeichen. | 


Über das vikariierende Nasenbluten sagt er, es trete bei Aus- 
bleiben der Menses ein. Andere Frauen bekommen Aderbrüche oder 
goldene Ader. „Wenn dergleichen sich ereignet, so ist die Monats- 
zeit nicht in Ordnung.“ 


Die Entstehung des Schnupfens vergleicht er recht interessant 
mit derjenigen des Regens; „indem die Dünste von der Erde auf- 
steigen und von der Wärme emporgetragen werden, so werden sie, 
in der über der Erde befindlichen Luft angelangt, durch die Kälte 
wieder zu Wasser verdichtet und strömen zur Erde hernieder." -— 


Der Niedergang der griechischen Macht und ihre Ablösung 
durch die römische Weltherrschaft bereitete sich auf allen Gebieten 
kultureller Arbeit deutlich vor. 

Immer unruhiger wird die Entwickelung, Sekte kämpft gegen 
Sekte — nur Bruchstücke ihres Wissens sind uns erhalten. Auf 
fremdes Gebiet flüchtet die griechische Gelehrtenwelt. 

Kurz nach dem Tode des Hippokrates ging Griechenlands 
Freiheit zugrunde Alexandrien wurde der Sammelpunkt und die 
Stütze aller Wissenschaft, daneben aber auch Pergamus. Und schon 


43) I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 297 


begann, wenn auch vereinzelt, die Wanderung griechischer Arzte 
nach Rom. 

Wer das Verhältnis zwischen Rom und Griechenland kennen 
lernen will, der beachte die Wut, mit der schon M. Porcius Cato 
(gestorben 149 v. Chr.) die erste Niederlassung eines griechischen 
Arztes in Rom begrüsste. In einem uns erhaltenen Fragmente, Libri 
ad Marium filium, schreibt er: 

„Über jenes Griechenvolk schreibe ich dir noch an geeignetem 
Orte nach den Erfahrungen, welche ich mit ihm in Athen gemacht 
habe. Man soll ihre Werke kennen lernen, aber man soll sich 
nicht in sie vertiefen. Sicher ist jenes Volk überaus nichtswürdig 
und ungebildet. Und das hat, glaube es mir, jener Seher voraus- 
gesagt, dass jener Stamm dereinst mit seiner Wissenschaft alles 
verderben wird und das nicht zum wenigsten, wenn er uns seine 
Ärzte hierher schickt. Geschworen haben sie es unter sich, mit 
ihren Arzneien die Barbaren umzubringen. Sie werden es getreu- 
lich um Sold tun, um uns völlig zu vernichten. Auch uns noch 
schimpfen sie Barbaren, besudeln uns mit der Bezeichnung Dumm- 
köpfe. Ich warne dich vor den Ärzten!“ 

Gegen den Widerspruch Catos wurde auf öffentliche Kosten 
der erste griechische Arzt, Archegathus, in Rom angesiedelt. Er 
war Arzt und Tabernenwirt. Durch sein Schneiden und Brennen 
machte er sich allerdings bald unbeliebt. Man gab ihm den Bei- 
namen Carnifex, Schlächter. ... 

Auf solchem Boden, welcher trotz der langen Zeit seit Catos 
Tode für die Wissenschaften derselbe geblieben, begegnen wir jetzt 
der Kunst Aeskulaps. Wenig Lichtpunkte nur bietet sie uns, am 
wenigsten natürlich die autochthonrómische, soweit von einer solchen 
überhaupt die Rede sein kann. Daher erscheint es ratsam, die Reihe 
der griechischen Ärzte zunächst weiter zu verfolgen. Allerdings 
finden wir da jetzt eine grosse Lücke, bis wir bei Galen Spuren 
aus den medizinischen Werken dieser Zeit wieder antreffen. —- 


Um das Jahr 47 n. Chr. schrieb Seribonius Largus, der 
Leibarzt des Kaisers Claudius seine Compositiones von 271 Rezepten. 
Allerhand Volksmittel finden Eingang in diese Sammlung, worunter 
u. a. die Elektrizität des Zitterrochens bei hartnickigem Kopf- 
schmerz und Podagra Erwähnung verdient. Er rühmte den Nutzen 
der Stahlbäder. 


Scribonius Largus zählt den Herophilus!) zu den grössten 


ET Herophilus aus Chalcedonia, um 800 v. Chr, war neben Erasistratos, 
(gest. 280 v. Chr.), der bedeutendste Arzt der Alexandrinischen Schule, jedoch 


208 c - A Karl Kassel. E [44 


Ärzten. Von ihm berichtet er das Wort, Heilmittel gleichen den 
Händen Gottes, deren Berührung wirke wie ein Medikament aus 
erfahrener Hand. Für ein und dasselbe Leiden müssen mehrere 
Mittel zur Verfügung stehen, da wegen der verschiedenen Beschaffen- 
heit der Körper nicht jedes Mittel für alle Körper passt. Dabei 
empfiehlt er zunächst die einfachen, da diese zuweilen wirkungs- 
voller sind als die zusammengesetzten. Er preist die Lehre . des 
Hippokrates und auf sie stützt er auch seine Therapie. 


Anhaltenden Kopfschmerz, Ohr- und Zahnsehmerz, plótzlichen 
Schwindel, Epilepsie, geistige Verwirrung behandelt er mit Ableitung 
der Kopfsáfte durch die Nase und den Mund. — Tags vorher muss 
der Patient fasten, an den folgenden Tagen darf er nur Wasser 
bekommen. 


Die Reinigung der Nase geschieht mittelst eines Horns, 
Rhinenchytes, aus dem das Mittel tropfenweise in die Nase fliesst. 


Bei Juvenal!), Satyr. 14, ist ein gleiches Instrument erwähnt: 
magno cum rhinocerote lavari, d. h. das Badehorn oder Olglas, 
welches die Barbiere beim Baden zur Durchspülung der Nase be- 
nützen. 


Der Medikamentenschatz ist ein sehr umfangreicher: Efeusaft 
oder Rübensaft, diese allein oder mit geringer Menge Kupferblüte, 
ferner Erdápfelsaft (cyclamen) mit Milch oder Wasser zu gleichen 
Teilen. 


Eine gute Mischung, die Safte durch die Nase abzuleiten, be- 
steht auch aus Salz, Soda, Honig, Essig, altem Ol zu je zwei 
Denargewichten, Erdäpfelsaft, Läusekraut — womit man die Läuse 
tötet — zu je einem Denargewicht. Das Ganze wird zusammen- 
gemischt und mittelst des Hornes oder einer langen Feder in die 
Nase gebracht. Hat man hiervon genug eingegossen, so spüle man 
längere Zeit mit klarem Wasser nach oder mit Wasser, in welchem 
ein Tag lang zerschnittener Crocus gelegen. 


Wenn die Ableitung durch die Nase schmerzhaft ist, so leite 
man durch den Mund ab. 


Die Kur bei langanhaltendem Kopfschmerz ist eine vorwiegend 
ableitende. Der Kopf wird rasiert und massiert. Gleichzeitig wird 
schon vorwiegend Empiriker. Beide sind die Begründer wissenschaftlicher Anatomie 
und Physiologie. Beide haben menschliche Leichen zu Studienzwecken zerkleinert. 
— Herophilus durchforschte im besonderen den Bau des Gehirns (Torcular Hero- 
phili). gt | | 
!) D. Junius Juvenal, römischer Satyriker, 47—188 n. Chr. 


45] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 299 


folgendes Niesemittel mit einer Feder oder einem Schreibgriffel in 
die Nase gebracht: es besteht aus weisser Nieswurz, Bibergeil, 
Seifenkraut, weissem Pfeffer zu je einem Denargewicht. Das Ganze 
wird fein zerstossen und gesiebt. Auch kann man einen Pinsel in 
Wasser tauchen, dieses abschütteln und jenen dann in die Nase 
führen. Schliesslich erregt Nieswurz allein Niesen. : 

Scribonius Largus bespricht die Behandlung der Ohrpolypen 
und erwähnt zum Schluss, dass sie die. námliche ist wie die Ge- 
schwürsbildung der Nase und bei Ozaena. Er hebt besonders her- 
vor, dass seine Therapie schmerzlos ist und auf das Glüheisen ver- 
zichtet. Er lässt Pastillen anfertigen, welche aus je drei Gewichts- 
teilen gespaltenem Alaun, Grünspan, gebranntem gelben Atrament- 
stein, sinopischem Rótel, Commi zu sechs Teilen. Dies wird mit 
scharfem Essig verrieben, bis es Salbenkonsistenz angenommen; 
dann wird Commi zugesetzt. Hieraus schliesslich werden Pastillen 
gefertigt. 

Starkes Nasenbluten muss schnell gestillt werden, da es sonst 
geführlich ist. Hierbei hilft Wasser oder Essigwasser, unerwartet 
ins Gesicht gespritzt oder mit einem Schwamm ans Gesicht ge- 
klatscht, um dieses abkühlen. Scharfen Essig giesst man in das 
Ohr der blutenden Seite, oder, wenn die Blutung eine doppelseitige 
ist, in beide Ohren. Mit Gips bestreicht man dick das ganze Ge- 
sicht und die Stirn, hauptsächlich aber die Nase. Über den Kopf 
giesst man reichlich kaltes Wasser aus einem darüber gehaltenen 
Gefáss. Ans Hinterhaupt legt man einen Schröpfkopf. In die Nase 
aber bringt man das Fleisch einer lebenden Muschel oder dieses 
verrieben mit pulverisiertem Weihrauch oder auch Blutkraut, das 
ja tiberall zu finden ist, ferner Mauerkraut. Auch empfiehlt es 
sich, ein Stiickchen eigens fiir die Nase zugeschnittenen Schwamm, 
in Essig getaucht, einzuführen. Zuweilen ist es gut, Gallapfel oder 
fein zerstossenen gelben Atramentstein oder beides zusammen zu 
gleichen Teilen mit Wasser vermischt in die Nase zu führen; denn 
dies wirkt sicherer. 

Nach Aufzählung anderer längst bekannter Blutstillmittel be- 
spricht Scribonius die Beschwerlichkeit der Therapie: der Erfolg 
ist zuweilen kein voller, dabei hat es den Anschein, als ob die 
Patienten ersticken, wenn beide Seiten dicht verschlossen sind und 
die Atmung erschwert ist. Deshalb muss man wissen, auf welchem 
Wege trotz Tamponade der Nase man die Blutung stillt, ohne 
dass die Atmung verlegt wird. Man nehme eine möglichst dicke 
Gänsefeder oder ein Schreibrohr, das innen genügend hohl ist, be- 
schneide sie der Tiefe der Nase entsprechend, so dass beide Enden 


300 Karl Kassel. —  — - [46 


offen sind, umwickle sie mit Leinwand, so dass das Ganze in die 
Nase passt, tauche es in scharfen Essig oder ausserdem noch in 
irgend eines der genannten Medikamente. Diese Methode empfiehlt 
sich am meisten, wenn beide Seiten bluten. 

Gegen Geschwüre in der Nase: Bleischlacke, mit Wein und 
Myrthenöl verrieben und eingedickt, dann mittelst Feder in die Nase 
gebracht. 

Auch folgendes ist gut: Hüttenrauch 4 Denargewichte, Wachs 12, 
Ysop 3. Dieses wird mit Falernerwein und Rose zur Honigdicke 
vermengt. 

Gegen Ozaena: Grünspan und Kupferhammerschlag werden zu 
je sechs Unzen mit Honigschaum gekocht und flüssig durch eine 
Feder in die Nase gebracht. 

* Gegen Nasenpolypen werden die alten Medikamente empfohlen. 

Das wichtigste Leiden ist der Nasenfluss, welcher aus der An- 
schwellung in der Nase entsteht. Hiergegen hilft eintägige voll- 
ständige Ruhe und Enthaltung von aller Arbeit. Die Schleimhaut 
der Nase ist einzusalben mit flüssigem Judenpech oder Myrrhenöl 
oder flüssigem Pech. Am folgenden Tage gibt man dem Patienten 
zur Nacht ausser der gewöhnlichen Nahrung eine jener Pastillen, 
und wenn es erforderlich ist, drei Tage hintereinander zur selben 
Zeit. Ausserdem erhält er folgendes Medikament: 3 Teile Sellerie- 
samen, Anis 4, Schierlingsamen 3, Opium 1 Unze. Hiervon werden 
Pastillen zu 3 Teilen gemacht und mit 3 Zyathen Wasser gegeben. 

Es wird das sogenannte grüne Irispflaster des sonst unbekannten 
Chirurgen Glyco beschrieben. Scribonius bezeichnet es als das beste 
in seiner Art. Es ist beinahe ein chirurgisches Allheilmittel. U. a. 
stillt es Nasenbluten und heilt es Geschwüre in der Nase, wenn man 
es auf die Stirn legt. Es enthält: Gebranntes Kupfer, Cyprisches Erz 
(Kupfer), Grünspan, Salz (sal fossium), Ammoniaktropfen, männ- 
lichen Weihrauch, rundes Osterluzei (malum terrae, aQuoroàoxía 
oteoyyvAn), kretisches Osterluzei, wie es die Salbenmacher brauchen, 
runden Alaun, von allem je 1 Unze, Myrrhe, Galbanumharz, Aloe 
je 2 Zyathen, Wachs 4 Unzen, Kolophoniumharz 4, Öl 1 Sextarius. 
Das Ganze wird auf Feuer in einem Mörser unter Essigzusatz 
flüssig gemacht und gemischt und schliesslich wird ein Pflaster 
daraus bereitet. — 


So bedeutungsvoll Pedanios Dioskurides aus Anazarbros 
in Kilikien für die Geschichte der Pharmakologie ist, so kommt er 
doch für unsere Spezialgeschichte nur wenig in Betracht. Er war 
der Erste, welcher die Arzneimittellehre wissenschaftlich vorgetragen 


41] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 301 


hat. Für die Behandlung der Nasenkrankheiten übernahm er alle 
Heilmittel aus vergangener Zeit. Von Bedeutung bleibt es, dass in 
seinem umfangreichen Werke de medicinali materia jedes einzelne 
derselben wissenschaftlich erórtert ist. Er lebte zur Zeit des Kaisers 
Nero, um 54 n. Chr. | 


Das erste Jahrhundert nach Christus brachte uns ferner einen 
der trefflichsten Árzte des Altertums, Aretaeus von Kappa- 
dozien!), der in seiner Diagnostik und Beschreibung der hitzigen 
und langwierigen Krankheiten dem Altvater Hippokrates sehr wohl 
an die Seite gestellt zu werden verdient. Vom Aderlass macht er 
den weitestgehenden Gebrauch und während Hippokrates lehrte, man 
solle möglich weit vom kranken Orte die Ader öffnen, um das 
Blut von ihm abzuleiten, stellt er sich, wie vor ihm schon Celsus, 
auf den entgegengesetzten Standpunkt und entzieht bei Krankheiten 
der Nase das Blut aus der Cephalaea. Ferner bedient er sich zur 
Blutentziehung einer originellen chirurgischen Methode und zwar 
mittelst eines schneidenden Instruments (xavidótov) oder eines 
stumpfen Löffels (zogvvn). Ist ein solches nicht zur Hand, so 
beschneidet man eine Gänsefeder derart, dass der Rand sägeförmig 
wird. Ein derartiges Instrument führt man bis zum Siebbein und 
skarifiziert hier die Schleimhaut. Aretaeus erzählt, dass im Volke 
ein noch einfacherer Weg Sitte wäre: rauhe Kräuter oder trockene 
Lorbeerblätter bringt man in die Nase und reibt diese so lange, 
bis die Blutung erfolgt. — Er erwähnt, dass bei der Gicht die Nase 
ergriffen werden kann. 


In dem Kapitel über Blutflüsse beschreibt er die aus dem 
Kopfe stammenden Blutungen der Nase, die ihren Weg teils vorn- 
heraus, teils zum Gaumen hinunter nehmen. Ich gebe diesen Teil 
in der Übersetzung von Mann wieder: 


„Der Kopf ist schwer und tut weh, die Ohren klingen, das 
Gesicht ist gerötet, die Venen sind strotzend angefüllt, vor den 
Augen drehen sich die Gegenstände. Oft haben diese Erscheinungen 
eine ganz bestimmte Ursache: einen Schlag, Erkältung, Erhitzung, 
Trunkenheit. Durch den letzteren Umstand wird der Kopf schnell 
angefüllt, aber auch ebenso schnell durch Ruptur eines Gefässes 
wieder entleert. Bei einer nur geringen Trunkenheit geschieht die 
Ptysis durch Auflockerung. Bisweilen hört ein gewohntes Nasen- 


1) Aretaeus aus Kappadozien, etwa 100 n. Chr., Zeitgenosse des Archigenes. 
Er war Pneumatiker, wurde aber im Altertum so wenig geschützt, dass Galen, 
dessen Werke für uns doch eine Fundgrube an damaligen, uns leider verloren 
gegangenen Literarschätzen ist, ihn gar nicht erwähnt, 


302 Karl Kassel. > -— [48 


bluten auf, das Blut aber läuft nach dem Gaumen hin und bewirkt 
so anscheinend eine Anagoge (Blutung aus der Tiefe). Kommt es 
aber vom Kopfe, so entsteht am Gaumen ein kitzelndes Gefühl mit 
häufigem Räuspern und schnell dringt das Blut hervor. Damit ist 
immer Hustenreiz, aber nicht viel Husten verbunden. Fliesst da- 
gegen das Blut vom Gaumen her in die Luftröhre, so wird es mit 
Husten heraufgebracht, und dann gewinnt es den trügerischen An- 
schein, als käme die Blutung aus den tiefer gelegenen Eingeweiden. 
Auch ergiesst sich zuweilen das Blut vom Kopf in den Schlund 
und wird dann ausgebrochen, wodurch man ebenfalls zu der falschen 
Meinung verleitet werden kann, dass das Blut aus dem Magen 
stamme. Bei der Ptysis pflegt das Blut nicht sehr dick, schwarz 
von Farbe, glatt, eben und ohne andere beigemischte Stoffe zu sein. 
Beim Räuspern löst es sich leicht und kommt sofort in Form eines 
geballten Sputums auf die Zunge. Sieht man sich aber den Gaumen 
an, so erscheint dieser rauh, hat hie und da Geschwüre und ist 
blutig. Daraus kann man schliessen, dass das Blut vom Kopf 
herrühre. 

Eine einfache Behandlung reicht in diesem Falle aus. Die an 
den Gaumen zu applizierenden Mittel müssen adstringierend und 
kalt sein; denn bei Anwendung erwärmender, erschlaffender, er- 
weiternder Substanzen wird die Blutung noch grösser. Den Kopf 
aber entleere man durch Blutentziehung an den Venen oder an 
der Nase oder auf einem anderen Wege. Dies muss aber schnell 
geschehen; denn ist das Blut erst längere Zeit geflossen, so ge- 
wöhnt sich der Körper an die Blutung und aus Gewohnheit nehmen 
die betreffenden Teile immer von Neuem wieder Blut auf.“ 

Aretaeus beobachtete bei dem halbseitigen Kopfschmerz (Hetero- 
crania) auch eine Erkrankung des Geruchsorgans: der Patient flieht 
angenehme wie auch unangenehme Gerüche. Er beschreibt ferner 
im Verlaufe der Paralyse halbseitige Lähmungen, die auch eine 
Hälfte der Nase bis zur Mittellinie treffen. — 

Die Melancholie entsteht durch Überschwemmung des Körpers 
mit schwarzem galligem Blute. Wenn bei Frauen die Menstruationen 
ausbleiben, bei Männern die gewohnten hämorrhoidalen Blutungen 
und wenn das Blut sich keinen anderen Ausweg (z. B. Nase) verschafft, 
so treten Konvulsionen, Wahnsinn, Paralyse oder Melancholie ein. 

In der Aretaeischen Therapie spielt die Ableitung und Ent- 
leerung durch die Nase eine grosse Rolle. 

Neben den anderen Massnahmen bei der Behandlung der Lethargie 
verordnet sie Einatmung von Castoreum durch die Nase. Es erregt 
Niesen und dadurch Blähungen. Es verstärkt die Absonderung von 


49] I. Die Nasenheilkunde des Altertums. 308 


Urin und von Nasenschleim. Es hat vor den übrigen Niesemitteln 
(Pfeffer, Helleborus, Saponaria off., Euphorbiensaft) den Vorzug, 
dass es den Körper erwärmt und dass es nicht wie diese unangenehme 
Reizerscheinungen und Erschütterungen in Nase und Kopf ver- 
ursacht. Er rät, die Reizmittel für die Nase in feuchter Form in 
diese zu bringen und hierzu scharfe, aber wärmende Substanzen 
zu wählen, z. B. Castoreum, Satureia thymbra, Mentha pulegium, 
Thymus serpyllum, entweder grün oder mit Essig angefeuchtet. 

Archigenes (um 100 n. Chr), ein Pneumatiker!) Für 
Nasengeschwüre stellt er folgende fette Salbe her: zerstossene Blei- 
schlacke wird mit altem Wein und Myrthenól zu gleichen Teilen 
vermischt, in einem irdenen Gefásse auf Kohlenfeuer gekocht und 
dabei fortwáhrend gerührt. Wenn das Medikament nun die Konsistenz 
des Kotes erlangt hat, hebe man es in einer bleiernen Büchse auf. 

Archigenes sucht die wesentlichste Ursache für die Entstehung 
der Nasenkrankheiten in der Abkühlung der Nase und ihrer be- 
nachbarten Teile durch Einatmung kalter Luft. 

Gegen Verstopfung der Nase und Stórung des Geruchs ver- 
ordnet er Reinigung des Leibes mittelst Kürbissaftes. — Ferner 
das schwarze Mittel aus dem Safte von Meerlattich, Meerzwiebelsaft 
und ähnlichem. Dieses muss man aber 15 Tage lang benützen. 

Bei Schmerzen in der Nase und Ozäna soll man den Saft 
von wildem Poley oder den Poley getrocknet und zerstossen mittelst 
eines Halmes in die Nase blasen. Den Saft muss man hintereinander 
längere Zeit eintropfen. Auch kann man Honig in die Nase bringen 
und dann durch Niesemittel die Borken entfernen. Darauf lässt man 
weissen Nieswurz mit reichlichem Kressensamen durch die Nase 
aufziehen und schliesslich Ölschaum mit Honig einführen. 

Bei Rufus von Ephesus?), einem Eklektiker, aus dessen 
Werken uns durch Rhazes (850—930 n. Chr.) Fragmente über- 
liefert sind, finden wir folgende Beschreibung: 

Die vorspringenden knöchernen Teile (des Schädels) unterhalb 
der Augen nennt man die Regio subophthalamica. Sie bildet den 
vorderen Teil des Oberkiefers und wird von anderen Regio suboptica 
(Ow) genannt. — Die Nase nimmt das Gebiet zwischen den Augen. 
brauen ein. Die Hohlraume der Nase heissen bei den einen die 
Abzugskanäle, Reinigungskanäle für den Nasenschleim, oder wie die 
Athener sie bezeichnen, für die Feuchtigkeit überhaupt. Hippo- 
krates versteht unter Nasenabsonderung die Verschleimung der Nase, 
während die Athener hierfür das Wort Schnupfen (xogv.e) setzen. 





1) Von Aetius überliefert. 2) Mitte des 1. Jahrhunderts. 
Zeitschrift für Laryngologie. Bd. Il!, H. 3. 21 


304 Karl Kassel. [50 


Die beiden Nasenhóhlen sind durch eine knorplige Scheidewand ge- 
trennt. Auf jeder Seite des Knochengerüstes zieht ein Dorn in der 
Richtung zur Wange. Die fleischige Bedeckung nennt man Nasen- 
flügel. Diese bewegen sich bei starker Atemnot aber auch sonst, 
wenn man will. Die Nasenscheidewand geht nach unten in die 
Lippen tiber. Die Nase endet nach vorn in einer kleinen Rundung. 
Uber der Oberlippe und unterhalb des unteren Teiles der Scheide- 
wand ist ein grubenartiges Gebilde. Unterhalb der Nase dehnt sich 
die Oberlippe aus. 

Zwischen den Augenhohlen ragt das Nasengeriist hervor, welches 
in sich das Siebbein einschliesst. Dieses hat seinen Namen daher, 
dass es von einer grossen Anzahl von Löchern durchbohrt ist. — 
Dureh die Siebbeinlócher ziehen Nerven hinab zur Nase. 

Rufus sagt: Gegen Nasengeschwüre hilft eine eingedickte Ab- 
kochung von Galläpfeln, Honig, Myrtensamen, Wein und Saft von 
Granatäpfeln. 

Bei Bruch der Nase füllt man diese kräftig mit Seide voll, 
darauf stellt man sie von aussen richtig und zieht die Seide nicht 
eher heraus, als bis die Nase die normale Gestalt behält. Hierbei 
empfiehlt es sich auch, mittelst Röhrchen zernagende und beissende 
Mittel in die Nase einzuführen. Dann soll man durch Niesemittel 
das aus der Nase herausbefördern, was durch jene Medikamente 
zerfressen worden ist. 

Salbe gegen Nasengeschwüre: Bleischlacke, Blei und alter Wein 
werden mit Myrtenöl verrieben und auf Feuer langsam gekocht, 
umgerührt bis zur Eindickung, darauf in einem ehernen Gefässe bis 
zum Gebrauch aufbewahrt. Oder: Gebranntes Blei wird mit Wein 
und Myrtenöl zubereitet. Oder: Silberglätte, Wachs, Rinde von 
Granatäpfeln werden mit Myrtenöl und Wein gemischt und zur 
Salbe verrieben. 

Gegen Fleischgewächse in der Nase: Schwefelsäure (vitreolum), 
Grünspan (aes viride) und Teufelsdreck werden gut verrieben und 
fünf Tage lang wiederholt aufgelegt. Dann wird das Gewächs mit 
einem geeigneten Instrument herausgezogen. Bleibt etwas davon in 
der Nase, so muss man es durch stark wirkende Niesemittel heraus- 
befördern. 

Über den Geruch aus der Nase: Besteht der Fötor erst kurze 
Zeit, so träufle man. den Saft der wilden Minze ein oder lasse 
diesen eintrocknen und blase das Pulver ein. Oder: man mische 
Zyperngras, Alaun, Myrrhe, Safran und Auripigment mit Essig und 
lege es auf. Oder: Der Saft des siissen und des herben Granat- 
apfels wird in einem ehernen Gefässe durch Kochen eingedickt, 


51] I. Die Nasenbeilkunde des Altertum. 30 


wehlrieckenie Mitte} werden zuzesetzt. hiermit wird ein Leinen- 
tamper testrichen. weieher in die Nase zebraetit. wird. -- 

In der zesamten Therapie des Caelius Aurelianus" 
spielen. die Oderamente eine. zrosse Rolle. Er wendet sieh gecen 
Asklepiades. welcher deren Wert bestritt und z. B. die Verwendung 
der Haut, bei Irresein. deswezen ablehnte, weil sie. dureh. die. Nase 
einzeatmet. das (Gehirn allzusehr reize. Aber gerade wegen dieses 
Einflusses ist Aurelian fur die Reizmittel der Nase. Er hält dem 
Asklepiages die Wirkung des Bibergeil vor und zwar habe er oft 
beim Eintritt ins Krankenzimmer geroehen. dass der Patient Biber- 
geil benützt habe. Er habe dabei diesen von Schwindel befallen ge 
funden. Daher frazt er: .Was kann es also Wirksameres für das 
Gehirn geben?” 

Bei Herzkrämpfen wirken Riechmittel krafugend wie zugefuhrte 
Nahrunz. Bei Epilepsie hilft der Geruch von Essig, Rosenol und 
Bibergeil Es treibt die schlechten Säfte zurück. 

In der Beschreibung und Behandlung des Katarrııs schliesst 
Aurelian sich vorwiezend Celsus und Galen an. Jedoch finden wir 
von ihm den Luftwechsel als Heilfaktor hervorgehoben und zwar 
den Aufenthalt am Meere und das Baden in ihm. 


Aus einer Polemik gegen Erasistratus und Asklepiades erfahren 
wir einiges Interessante aus deren Therapie: sie bevorzugen eine 
zusammenziehende Therapie und Diät, ohne zu sehen, dass die Er- 
krankung selbst auf Zusammenziehung beruht. Daher geben sie 
bei verschiedenen Krankheiten reichlich Schwefel, beschütten damit 
auch die Wolle, mit welcher der Patient warm eingewickelt wird, 
zeben illyrische Iris, gestossen und in öliger Mischung als Riech- 
mittel. Auch lassen sie Balsam und Schwarzkümmel lange vor die 
Nase halten; sie verordnen ferner Anis, Kronkümmel, Raute, Myrrhe 
mit Weihrauch, Schwefel usf. — Dabei füllen diese doch noch 
mehr den Kopf und sind deshalb zu vermeiden. Dagegen helfen 
sie und sind sie zu empfehlen, wenn man sie mit Unterbrechung und 
vorsichtig anwendet. — In einer sehr eingehenden Besprechung 
der Paralyse erwähnt Aurelian auch den Verlust des Geruchs im 
Verlaufe dieser Erkrankung. Er unterscheidet diesen Verlust sehr 
scharf von dem Geruchsverlust bei der Ozäna. Im Gegensatz zu 
der Paralyse tritt bei der Ozäna weder eine Reaktionslosigkeit des 
Organs selbst, noch ein Erblassen der inneren Nasenwand, noch eine 
Ernáhrungsstórung ein, welche die Griechen Atrophie bezeichnen. 


— — — — ete 


1) 8. Jahrhundert (jedenfalls nach Galen), Methodiker, aus Sicca in Numidien, 
lebte in Rom. 
21* 


306 Karl Kassel. [52 


Aus dem Codex Augiensis CXX s. IX/X. veröffentlichte Val. 
Rose Bruchstücke, von denen es nicht feststeht, ob sie von Caelius 
Aurelianus oder von Soranus (Methodiker um 100 n. Chr.) 
stammen. 


Die Notiz 58 handelt von dem Zeichen des Wahnsinns, unter 
denen Kopfschmerz mit Schnupfen, Ohrensausen und Ohrenklingen 
genannt werden. 


Notiz 71ff., von denen die einleitenden Sätze im Texte wieder- 
gegeben sein mögen: 

Quid est catarrus. Fluens variis et faucis et pulmone. — 

Unde catarrus dictus est afluere. Greci enim catarrum fluorem 
vocant. | 

Quibus aliis speciebus in omnibus catarrus appellatur. Anares 
factus bronceosa faucis corrigiam (der sich hinzieht nach) ad pul. 
monem tisis. d 

Hieraus erhellt, so lesen wir weiter, dass die Nase der Ur- 
sprung des Katarrhs ist. Es besteht Schnupfen und Verstopfung 
der Nase und der Stirn, dabei fortwährender Abfluss dünner oder 
dicker oder grüner Säfte. Der Geruchsinn ist sehr geschwächt. 


Im Pseudo-Soranus (122/123) wird das Nasenbluten als 
kritische Erscheinung erwähnt. Die Stelle sei wegen der neuen Nomen- 
klatur erwähnt: 


Quid est nothros febris? quae cum carebaria fit id est capitis 
gravitate et proprie ex naribus sanguinis facit fluxum et ventris 
solutionem constricti. 

Quid est phricodes febris? quae fit cum carebariis et per nares 
sanguinis facit fluxum et ventris solutionem, habens rigorem cum 
calore et pulsus valde tenues et imbecilles. 

(Fortsetzung folgt.) 


II. Referate. 


l. Allgemeines, Geschichte usw. 


175. Hasslauer, München, Ein Taschenbesteck für den prakti- 
schen Arzt und Militärarzt für Behandlung von Ohren», 
Nasen- und Halskrankheiten. Münch. med. Wochenschr. 1910. 
Nr. 20. S. 1070. 


Inbalt aus Überschrift. Illustration. Katz. 


176. S. A. Pfannenstill, Ein Fall von vorgeschrittener Tuber- 
kulose des Sehlundes und des Kehlkopfes, welcher durch 
eine neue Behandlungsmethode geheilt wurde. Hygiea 1910. 
Nr. 5. S. 472. 


177. Derselbe, Demonstration von neuen Fallen, mit Jodnatrium 
und Ozon behandelt, sowie einige weitere Worte über diese 
Behandlungsmethode.  Hygiea 1910. Nr. 5. S. 492. 


178. Derselbe, Weitere Fülle von Tuberkulose und Lupus der 
oberen Luftwege, mit Jodnatrium und Ozon behandelt. 
Hygtea 1910. Nr. 6. S. 619. 

Die Methode von Pfannenstill besteht darin, dass er innerlich Jod- 
natrium verabreicht und gleichzeitig die Patienten Ozon inhalieren lässt; 
es soll hierdurch auf der Oberfläche von Geschwüren Jodnatrium gespalten 
werden, so dass Jod freigemacht wird und in statu nascendi wirken kann. 
Die betreffende Methode ist natürlich nur dann verwendbar, wenn Ge- 
schwüre vorliegen und auch dann nur, wenn der ganze Prozess nicht zu 
sebr in die Tiefe geht. Pfannenstill berichtet im ganzen über 4 ge- 
heilte Fülle; in einem Fall von Kehlkopftuberkulose wurde jedoch vorerst 
eine Exzision mit Doppelkürette gemacht; zwei der anderen Fälle gaben 
positive Wassermann ’sche Reaktion, eine Tatsache, die Verf. nicht 
recht zu erklären vermag; trotzdem meint er aus dem ganzen Aussehen 
und Verlauf der Krankheit schliessen zu können, dass es sich um Tuber- 
kulose, bzw. Lupus handle, u. a. zeigte sich energische Behandlung mit 
Jodnatrium allein sowie mit Hg völlig wirkungslos. Jörgen Möller. 


308 Referate. [2 


179. Schmuckert, Freiburg i. Br., Zur endoskopischen Unter- 
suchung des Nasenrachenraumes u. des Kehlkopfes. Münch. 
med. Wochenschr. 1910. Nr. 11. S. 876. 


Uber den Wert des Schmuckert’schen Pharyngoskopes kann man 
geteilter Ansicht sein. In einzelnen Fállen mag es sich als ganz nützlich 
erweisen, in anderen kann es auch zur Verflachung der gewohnten Unter- 
suchungsmethoden führen. Auch scheint das optische System nicht ganz 
richtig zu sein, insofern man vielfach verzeichnete Bilder erhalt, die den 
dem Orginal beigegebenen Abbildungen absolut nicht gleichwertig sind. 

Katz. 


180. A. v. Sokolowski, Zur Klimatotherapie Madeiras und der 
kanarischen Inseln. Zeitschr. f. Tuberkulose. Bd. XVI. Heft 1. 


Diese Schilderung des bekannten Warschauer Klinikers ist auch für 
den Halsarzt von Interesse. Aus eigener Anschauung schildert der Verf. 
die klimatischen Vorzüge der Inseln für Kranke mit katarrhalischen 
Affektionen der oberen Luftwege und der Lungen. 

Schröder, Schömberg. 


181. Wells, W. A., Washington, The hygienic, economic and 
sociologic aspect of the throat. (Die Erkrankungen des Halses 
in hygieniseher, ökonomischer und soziologischer Hinsicht.) 
The Laryngoscope 1910. Nr. 1 


Die Sterblichkeit infolge Erkrankungen des Halses ist verhältnis- 
müssig gering, doch ist kein Organ von grösserer hygienischer Wichtigkeit. 
Halserkrankungen bedeuten ökonomischen Verlust (Redner, Sänger etc.), 
ihrer Verbreitung Einhalt zu tun, ist die soziologische Aufgabe des 
Staates. 

Neben Erkältung ist das Entweichen von Gasen aus Kanälen für 
die Háufigkeit der Halskrankheiten verantwortlich. 

Industrielle Betriebe sollen gut ventiliert, von schädlichem Staube 
und giftigen Gasen freigehalten sein, wozu staatliche Aufsicht, guter Wille 
der Fabrikanten und intelligente Mitarbeit der Angestellten nötig ist. 

Otto Glogau, New-York. 


2. Nase und Nebenhóhlen. 


182. Casselberry, W. E., Chicago, A new method of packing 
the nostril, designed to prevent post-operative hemorrhage 
and a new quadrivalue self-retaining nasal speculum. (Neue 
nasale Blutstillungsmethode, Beschreibung des dabei ver- 
wendeten Speculums.) The Laryngoscope 1910. Nr. 1 


Ein Gummifinger mit keulenfórmigem Ende wird in der Nase nach 
rückwürts geschoben und mit Gaze gefüllt nach deren glatter, leichter 
Entfernung die Hülle von selbst aus der Nase gleitet. Das dabei ver- 
wendete Speculum besteht aus vier Spangen und halt von selbst fest. 
Ref. sah die Methode am vorjährigen amerikanischen Ärztekongress in 
Atlantic City von D. Casselberry demonstriert und findet sie 
genial einfach. Otto Glogau, New-York. 


183. von Eicken, Transplantation bei Synechien in der Nase 
und bei Verwachsungen des Gaumensegels mit der hinteren 
Rachenwand. Zeztschr. fiir Ohrenhetlkunde etc. LXI. Bd. 2. H. 


3] Referate. 309 


In der Siebenmannschen Klinik wird bei Synechieen in der Nase und 
bei Verwachsungen des Gaumensegels mit der hinteren Rachenwand mit 
günstigem Erfolg die Transplantation angewendet. — Nachdem, wenn er- 
forderlich, die submukóse Septumresektion ausgeführt ist, wird die Synechie 
durchtrennt und ein zu einem derben Tampon mehrfach zusammengelegter 
und mit Borsäurelösung getrünkter Gegenstreifen zwischen die Wund- 
flächen eingelegt, nachdem er von einem dem Oberarm oder Oberschenkel 
entnommenen Thiersch’schen Hautlappen überzogen ist, so zwar, dass 
die Hornschicht nach innen und die Schnittfläche nach aussen liegt. — 
Der Lappen muss doppelt so lang sein wie der Tampon und so breit 
wie der Umfang desselben, damit sich beim Einschieben der Lappen 
nicht umkrempt. — Nach 3—6 Tagen wird der Tampon nach Aufweichen 
mit Wasserstoffsuperoxyd vorsichtig aus der Nase entfernt; im Bereich 
der ehemaligen Synechie haftet der Lappen der Unterfläche meist fest 
an, doch auch bei Lösung desselben trat stets schnelle Überhäutung und 
voller Erfolg ein. — Die Gefahr, dass das geschichtete Plattenepithel des 
Epidermislappens zu Epitheldesquamation und Krustenbildung führen 
könnte, besteht kaum, da das Epithel des Lappens allmählich sich in 
dem Sinn umzuwandeln scheint, dass keine Verhornung der Epithelien 
mehr eintritt. Möglicherweise kann das Siebenmannsche Verfahren 
auch bei analogen Veränderungen im Kehlkopf von Erfolg sein. 

Oertel, Dresden, 


184. Hirsch, Prag, Demonstrationen von Augenaffektionen bei 
Hydrops der Nebenhöhlen der Nase. Wiener klin. Wochenschr. 
1910. Nr. 29. 


1. 58 jähriger Kranker mit Hydrops des rechten und linken Sinus 
frontalis wie des linken Sinus ethmoidalis und des linken Antrum Highmori. 
Beiderseitige Sehnervenatrophie. 2. Röntgenbild einer 46 jährigen Frau 
mit Hydrops der linken Stirnhóhle. Unbedeutende Augenbeschwerden, 
jedoch seit 20 Jahren Migräne mit Erbrechen. Sippel, Würzburg. 


185. Jouty, Kritik der pathogenetischen Theorien der Ozüna. 
(Critique des théories pathogéniques de l’ozene.) Archives 
internat. de laryngologie. Mar. Junt. 1910. Nr. 3. 

Nach einer eingehenden Kritik der verschiedenen Ozänatheorien, neigt 
Verf. zur Annahme einer neurotrophischen Ursache Er vergleicht den 
Ozánaprozess mit der Entwickelung des Ekzems, welches auch mit einer 
Kongestion beginnt und als Endstadium eine Atrophie mit Schuppen- 
bildung, manchmal Bildung von nässenden Borken aufweist. Und dabei 
(nämlich beim Ekzem) ist nur die fehlerhafte Trophizität (Gewebsernährung) 
und nicht die Infektion verantwortlich. Vielleicht liegt bei der Ozäna die 
Ursache weit entfernt von der affizierten Stelle und es ist vielleicht die 
mangelhafte Funktion irgend eines Organs oder eine Störung irgeud einer 
Drüsenfunktion, die den Prozess veranlasst oder unterhält. Menier. 


186. Kyle, John J., Indianapolis, Die Erkrankungen der Nase 
in sozialer, hygienischer und ökonomischer Hinsicht. (The 
social, hygienic and economic aspect of the nose.) The 
Laryngoscope. 1910. Nr. 1. 

Der auegeströmte Körpergeruch und die Form der Nase ist ein 

Rassencharakteristikum. Geruchssinn und Geschlechtstrieb sind untrennbar. 


310 Referate. [4 


Bei vielen Allgemeinerkrankungen ist das Verhalten der Nase von diag- 
nostischer Bedeutung. Erkrankungen und Missgestaltungen der Nase sind 
kriminalogisch nicht verwertbar. Unter den hygienischen Verhaltungs- 
massregeln ist das ausschliessliche Verwenden von papiernen Taschen- 
tüchern die wichtigste. Die Allgemeinstörungen bei adenoiden Wucherungen 
kommen dadurch zustande, dass deren toxische Exkretionen mit Nasen- 
und Rachenschleim verschluckt werden. Das Fernbleiben nasenkranker 
Kinder von der Schule bedeutet für den Staat einen ökonomischen Verlust. 
Mangelhafter Geruchssinn ist für viele Berufe ein Hemmnis deren Appli- 
kanten daher einer nasalen Untersuchung unterworfen werden sollten. 
Otto Glogau, New-York. 


187. Marx, Fetttransplantation nach Stirnhöhlenoperation. Zeitschr. 

für Ohrenheilkunde etc. LXI. Bd. 1. H. 

Verf. hat in einem Fall von Kuhntscher Operation bei auffallend 
grosser Stirnhöhle mit tiefen Orbitalbuchten die granulierende Wundhóhle 
leicht angefrischt, in dieselbe einen dem Oberschenkel entnommenen Fett- 
pfropf eingepflanzt und die Haut darüber geschlossen. — Das Resultat 
war 1 Jahr nach der Operation ein Vorzügliches; in der Stirnhöblengegend 
war nur eine ganz seichte, keine auffallende Mulde vorhanden. — Nach 
Tierexperimenten geht das Fettgewebe allmählig zugrunde und wird durch 
Bindegewebe ersetzt. Oertel, Dresden. 


188. Mounier, De la cure radicale dans la sinusite maxillaire 
(Uber die Radikalbehandlung des Empyems der Highmors- 
höhle.) Archives internat. de laryngologie. Mai. Juni. 1910. 

Die Vereinfachung der Technik, die die Operation in einer Zeit er- 
laubt, ohne Resektion der unteren Muschel welche intakt bleibt, mit einer 
sehr kleinen Verbindung zwischen Oberkieferhóhle und Nase, und ohne 
jede postoperative Spülung ist durch die Stanze des Verf. ermöglicht. 

Das Instrument hat einige Vorzüge unter welchen die einer leichten Hand- 

habung und einer raschen Ausführung der kleinen verbindenden Öffnung. 

Menier. 


189. Nobl, Wien, Demonstration zweier mit Kohlensäureschnee 
behandelten Fälle von Epitheliom des rechten Nasenflügels 
bezw. der linken Retroaurikulargegend. Wiener klin. 
Wochenschr. 1910. Nr. 29. 


Der erste Fall wurde zur vollständigen Heilung gebracht, beim zweiten 
wurde der kindshandtellergrosse Herd mit Ausnahme einzelner Ver- 
dichtungen in eine zarte, im Hautniveau der Umgebung liegende, seit 
Monaten unveränderte Narbe umgewandelt. Sippel, Würzburg. 


190. Wassermann, München, Uber die kosmetische und thera- 
peutische Anwendung des Paraffins auf dem Gebiete der 
Nasenkrankheiten. Minch. med. Wochenschr. 1910. Nr 20. 
S. 1066. 

Nach einleitenden theoretischen Erörterungen über die Einheilung 
von Fremdkórpern in den Organismus bespricht Wassermann die 
technische Seite der Paraffininjektion. Er selbst bedient sich der Ler- 
moyez-Mahuschen Spritze, durch die es ermöglicht wird, das Paraffin 
von höherem Schmelzpunkt als Körpertemperatur in kaltem Zustand in 


5] Referate. 311 


fester Form dem Organismus einzuverleiben. Er verwendet Paraffin vom 
Schmelzpunkte 42—45°. Demgegenüber hält Ref. nach wie vor daran 
fest, nur Hartparaffin von über 50? Schmelzpunkt zu benützen. Als 
Hauptanwendungsgebiete bezeichnet dann Wassermann die Sattelnase 
und die Ozäna. Katz. 


191. J. Zange, Über Pyämie nach Kieferhöhleneiterung. Zeitschr. 
für Ohrenheilkunde etc. LX. Bd. 3. u. 4. H. 
Genauer Bericht über 2 Fälle von Pyämie im Anschluss an akute 
Kieferhöhleneiterung mit Sektionsprotokollen und bakteriologischem Befund. 
Oertel, Dresden. 


3. Rachen. 


192. Bergmann, Berlin, Zur Selbstdesinfektion der Rachenhöhle. 
Arztl. Vierteljahrsrundschau 1901. Nr. 11. 


Der Speichel, und besonders der beim Kauen entleerte wirkt auf 
die Bakterien entwicklungshemmend und zwar ist diese Fähigkeit an seine 
Alkaleszenz gebunden. Es entspricht daher einer rationellen Prophylaxis, 
die Umgebung von infektiös Erkrankten die vom Verfasser angegebenen 
Hals-Kaupastillen gebrauchen zu lassen. Sippel, Würzburg. 


193. Dionisio, Sopra un caso di careinoma del palato e delle 
tnosille curato con radiazioni finora non usate in medicina. 
(Uber einen Fall von Karzinom des Gaumens und der Ton- 
sillen, geheilt durch bis jetzt ungebrauchte Radiationen.) 
Gazzetta medica italiana 23. Juni 1910. 

Der Patient wurde zuerst durch Radiumemanationen und Róntgen- 
strahlen erfolglos behandelt Es gelang Dionisio den Patienten zu 
heilen mittels der Radiationen, die er schon in der Ozäna und in den 
Mittelohreiterungen angewandt hatte; die Radiationen, über welche er keine 
weitere Auskunft gibt sind Radiationen von bestimmten Wellenlüngen 
(Radiazioni di determinate lunghezze). Menier. 


194. Hubrich, Nürnberg, Ein Rachentonsillotom. Miinch. med. 
Wochenschr. 1910. Nv. 12. S. 644. 


Ein nach dem Prinzip des Schütz-Passowschen Instrumentes 
gebautes Adenotom mit Vorrichtung zum Auffangen der entfernten Rachen- 
tonsille. Abbildung ist beigegeben. Katz. 


195. Ragnvald Ingebrigtsen, Ein Fall von Fibroma naso- 
pharyngeum. Medicinsk revue 1910. Nr. 6. S. 312. 


Die Geschwulst war ein Lymphangiofibrom von 121 g Gewicht, das 
eine Fortsetzung in die rechte Nasenhóhle und eine in die rechte Wange 
hinein sendete; der daumendicke Stiel der letzteren passierte zwischen den 
Mm. Pteryg. ext. und int. an den Ramus ascend. mandibulae vorüber. 
Der Haupttumor und seine nasale Fortsetzung wurden durch eine osteo- 
plastische Nasenresektion entfernt, die Wangenfortsetzung in einer späteren 
Sitzung durch einen Hautschnitt. Heilung. Jörgen Möller. ` 


312 Referate. [6 


196. A. Meyer, Die Hamorrhagien nach der Tonsillotomie. 
(Les hémorragies après l'amygdalotomie.) Archives internat. 
de laryngologie. Mai-Juni 1910. Nr. 3. 

Ausführliches Sammelreferat über die Häufigkeit, den Verlauf, den 
Ursprung, die Ursachen und Behandlung der post-operativen Blutungen. 
Der interessanteste Abschnitt scheint uns derjenige zu sein, welcher die ein- 
zelnen der Blutungen beschuldigten Arterien behandelt. Die Maxillaris 
externa, die Lingualis, die pharyngea ascendens, die palatina ascend. und 
die Art. tonsillaris sind als die häufigsten Quellen der Blutungen zu be- 
trachten. Menier. 


197. Pickenbach, Berlin, Mandelentziindung und Rheumatis- 
mus. Mtinch. med. Wochenschr. 1910. Nr. 14. S. 748. 


An der Hand von 2 Fällen bespricht Pickenbach die Beziehung 
zwischen abscedierender Tonsillitis und Rheumatismus, worauf in letzter 
Zeit der unlängst verstorbene Leipziger Kliniker Cursch mann und 
Schichold aufmerksam gemacht. Als Therapie wird mit Recht gründ- 
liche Behandlung der Tonsillen gefordert. Katz. 


198. L. Tenzev, Über die Radikaloperation der Tonsille (Ton- 
sillektomie). Wiener klin. Wochenschr. 1910. Nr. 27. 


Die Tonsillektomie, die nach dem Verf. in einem hauptsächlich 
stumpfen Herauslösen der Tonsillen aus ihrem Lager besteht, ist für jene 
Fälle indiziert, wo es sich um chronisch-eitrige Tonsillen bei Erwachsenen 
handelt, die nicht zwischen den Gaumenbögen hervorragen und die zu 
fortwährenden Rezidiven von Anginen und peritonsillären Abszessen führen, 
ferner für jene prominenten Tonsillen, bei denen die konservative Behand- 
lung keinen Erfolg erzielte. Die Enukleation ist in diesen Fällen die 
zweckmässigste Methode. Wegen Blutungsgefahr ist von ambulatorischer 
Behandlung abzusehen. Sippel, Würzburg. 


199. Ernst Wikner, Über adenoide Vegetationen und Tuber- 
kulose. Hygiea 1910. Nr. 4. 8. 345. 

Wikner hat 27 Fälle untersucht und nur einmel Tuberkulose ge- 
funden und zwar bei einem Patienten, bei dem keine Tuberkulose sonst 
nachweisbar war; vielleicht handelt es sich nur um an der Oberfläche 
der Rachenmandel haftende Bazillen, indem in diesem Falle die Oberfläche 
nicht vor der bakteriologischen Untersuchung abgespült wurde. Die ent- 
fernten Rachenmandeln wurden unter Beimengung von physiologischer 
Kochsalzlösung zerrieben und dann auf Meerschweinchen geimpft. — 
Jedenfalls sei eventuell vorhandene Tuberkulose einer Rachenmandel 
nicht als Ursache der Hyperpiasie sondern als eine Komplikation aufzu- 
fassen. Jörgen Möller. 


4. Kehlkopf. 


200. W. Albrecht, Zur chirurgischen Behandlung der Kehl- 
kopftuberkulose.  Ze:tschr. für Ohrenheilkunde etc. LXI. Bd. 
2. H. 
Auf Grund von klinischen Beobachtungen und Tierversuchen kam 
Verf. bei der chirurgischen Behandlung der Kehlkopftuberkulose zu folgen- 


7] Referate. 313 


den Resultaten: die scharfe Abtragung des erkrankten Gewebes mittelst 
Küretten hat nach Klinik und Experiment nur in Ausnahmefällen aus- 


heilenden, Erfolg. — Sie vermag den Krankheitsherd wohl zu verkleinern 
und zu begrenzen, doch in den: begrenztem Infiltrat keine Heilungsvorgänge 
zu entwickeln. — Dugegen vermag die Galvanokaustik weit über den 


direkt zerstörten Bezirk hinaus eine destruktive und reaktiv entzündliche 
Wirkung auszuüben und verspricht dadurch auch in den stehengeblie- 
benen Infiltrationsresten Ausheilung. Die Gefahr allzustarker Ent- 
zündung und Ödembildung, lässt sich durch Verwendung des „galvano- 
kaustischen Tiefenstichs“ vermeiden, der für eine grosse Anzahl von Fällen 


ausreicht. — Genügt er nicht, so ist radikaleres Brennen am Platze, 
wobei sich die Energie des Eingriffs nach der auf den Tiefenstich erfolgten 
Gewebsreaktion zu richten vermag. — Oertel, Dresden. 


201. W. Benni, Über die Behandlung der Larynxtuberkulose 
. durch Elektrokaustik. Zeitschr. für Ohrenheilkundeetc. LXI. Ba. 
2. T. 


Verf. berichtet über die in der oto-laryngologischen Klinik in Basel 
gebräuchliche Methode der kaustischen Behandlung der Larynxtuberkulose. 
— Es wird, eventuell in Verbindung mit der Doppelkürette, womöglich 
in einer Sitzung mit dem Knopfbrenner alles krank erscheinende Gewebe, 
— Infiltrate und Ulzera — bis an dessen äusserste Grenze und bis in 
die Nähe des Knorpels weggebrannt. — Der reichlich sich entwickelnde 
störende Rauch wird mittelst Wasserstrahlgeblàse herausgeblasen. — Der 
Erfolg ist anscheinend ein recht günstiger, doch kann ein derartig eingreifen- 
des Verfahren natürlich nur für die Krankenhauspraxis geeignet sein, zumal 
üble Zufälle, ein Larynxödem, Hautemphysem etc., nicht selten als Folge- 
erscheinungen beobachtet wurden. — Der anderweitig mit günstigen Er- 
folgen verwendete ungefährliche „Tiefenstich“ scheint nicht verwendet zu 
werden. Verf. warnt vor galvanokaustischen Eingriffen bei vorgeschrittenen 
Lungenveränderungen und vor subchordaler Kaustik bei Nichttracheo- 
tomierten. — Oertel, Dresden. 


202. Biondi, Svustamento del laringe con asportazione dell’ epi- 
glottide. (Kehlkopfsausräumung mit Abtragung der Epi- 
glottis.) Gazzetta degli ospedali 17. Juli 1910. 


Die Residuen der ary-epiglottischen Bänder wurden durch Plastik 
mit der Pharynxschleimhaut vereint, so dass sie sich zusammenziehen und, 
nach der medianen Linie gehend, den Eingang zum Larynx schliessen 
und Flüssigkeiten und feste Nahrung werden ohne Husten oder andere 
Beschwerden verschluckt. Menier. 


203. Cantas, Über die Radiumtherapie bei den narbigen Ste- 
nosen des Kehlkopfes und der Trachea. (Sur la radium- 
therapie dans les stenoses eicatricielles du conduit laryngo- 
tracheal.) Arch. internat. de laryngologie Mai-Juni 1910. Nr. 3. 


Theoretische Betrachtungen über die Möglichkeit der Radiuman- 
wendung; sie soll der Laryngostomie nachfolgen wenn die Intubation 
unmöglich ist und das Lumen beinahe verschwunden ist; sie wird die 
Operation ersetzen, wenn die Intubation noch geschehen kann und die 
Radiumanwendung wird die Intubation unterstützen. Menier. 


314 Referate. [8 


204. Juan Cisneros, Madrid, Resultados del tratamiento ope- 
ratorio del cancer laringeo. (Resultate der operativen Behand- 
lung des Kehlkopfkrebses.) Bolelin de Laringologia, Mai- 
August 1910. 


Unter den 320 Patienten, die Cisneros beobachtet hat, waren 7 
in einem Zustand, wo die Operation unterlassen wurde, da sie ohne jede 
Hoffnung war; 138 verweigerten den Eingriff; bei 78 wurde die Tracheo- 
tomie gemacht. (Der Patient der am längsten überlebte, lebte noch 2 Jahre); 
bei fünf wurde der Tumor endolaryngeal opetiert. (Längste Lebensdauer 
nach der Operation 14 Monate); bei 13 führte man die Thyrotomie aus 
(1 Patient lebt ohne Rezidiv, nach 5 Jahren); die Pharyngotomie bei 
14 (keine sehr günstige Resultate); mehr weniger ausgedehnte Kehlkopf- 
resektion, 42 Falle (9 Heilungen: 1 bis 11 Jahre); totale Larynxexstir- 
pationen; 23 (2 Heilungen nach anderthalb und 2 Jahren). Nach der 
Operation blieb man ohne Nachrichten über 33 Patienten. Menier. 


205. H. Clarus, Zur Behandlung der Kehlkopftuberkulose in der 
Volksheilstütte. Brauers Beiträge zur Klinik der Tuber- 
kulose. Bd. XV. Heft 2. 


In dankenwerter Weise redet Verf. einer gründlichen Behandlung 
noch besserungs- und heilungsfähiger Lungentuberkulöser auch in der 
Volksheilstätte das Wort. — Er gibt eine Übersicht über die von ihm 
angewandten Behandlungsmethoden. Neben den Atzungen mit Acid. 
lactic. verwendet er vorwiegend den kaustischen Tiefenstich nach Grün- 
wald. — Von mehr symptomatischer Bedeutung ist die Besonnung der 
erkrankten Teile. — Dass sonstige mehr konservative therapeutische Ver- 
fahren zur Anwendung kommen müssen, ist selbstredend. Das Alt- 
tuberkulin und die Bazillenemulsion brachten ihm nie Besserung, im 
Gegenteil zuweilen Verschlimmerungen. (Einschmelzung von Infiltraten.) 
Er warnt direkt vor dem Gebrauch der Tuberkulinprüparate bei der 
Lungentuberkulose. Schröder, Schömberg. 


206. Ferrari, Un caso di Sindrome Longhi-Avellis, (Ein Fall 
von Longhi-Avellisschem Syndrom.) Riforma medica 1910. 
Nr. 24. 


Patient hatte eine Láhmung des Gaumensegels, des Sternokleido- 
mastoideus und des Cuccularis. Verf. meint dass der Zustand mit einer 
toxischen, infektiósen Neuritis der Gaumen- und Kehlkopfsäste des Nervus 
accessorius begann; von diesem an schritt der Prozess rückwärts bis 
zum Kern dieses Nerven. Die Annahme eines zirkumskripten meningi- 
tischen Herdes scheint ihm unbegründet. Menier. 


207. Graff, Bonn, Bericht über zwei Fülle von Larynxstenose. 
Med. Klinik. 28. 1910. 


Im ersten Falle handelte es sich um Druck von der Wirbelsäule 
aus, die eine ganz abnorme Lorddse aufwies, im zweiten um einen Fremd- 
körper, ein Metalldeckelchen einer Mineralwasserflasche, das sich zwischen 
Wirbelsäule und Kehlkopf bezw. Trachea eingeklemmt hatte. Beide Fälle 
durch Operation geheilt. Sippel, Würzburg. 


9] Referate. 315 


208. Hansberg, Dortmund, Demonstration eines Falles von 
partieller Laryngoflssur bei Chorditis voc. infer. hypertroph. 
chronica. Med. Klinik 30. 1910. 


Siebenjähriger Knabe wegen Diphtherie tracheotomiert. Nach 4 Monaten 
hochgradige Atemnot. Bei der Phonation war das linke leichtgerötete und 
geschwellte Stimmband unbeweglich, die subglottische Gegend derselben 
Seite stark geschwellt. Partielle Laryngotomie im Anschluss an die 
Tracheotomie, Zerstörung des subglottischen Wulstes mittes Paquelin. Völlige 
Heilung. Sippel, Würzburg. 


209. Kaspar, Nürnberg, Fortschritte in der Intubationsbehand- 
lung der diphtheritischen Larynxstenose. Münch. med. 
Wochenschr. 1910. Nr. 11. S. 874. 


In dieser lesenswerten Arbeit werden genau Indikation und Kontra- 
indikation der Intubierung besprochen unter Berücksichtung der Kompli- 
kationen besonders der Dekubitalgeschwüre. Bemerkenswert sind die 
Intubationserfolge der Zurückdrüngung der Tracheotomie gegenüber, die 
im Knopfschen Kinderspital i. J. 1909 nur 3 mal gegenüber 47 Intu- 
bationen ausgeführt wurde. Katz. 


210. K. M. Menzel, Wien, Demonstration von Rüntgenbildern 
und eines histologischen Prüparates von einem Hypernephrom 
des Kehlkopfes. Wiener klin. Wochenschr. 26. 1910. 


Der kurz gestielt aufsitzende, kugelige Tumor ging aus vom vorderen 
Ende des rechten Taschenbandes oberhalb der vorderen Kommissur. Es 
bestand seit 3 Monaten Heiserkeit und Abmagerung seit 4—5 Monaten 
Ischias der rechten Seite, der Lungenbefund sowie Hamoptoe und Ab- 
magerung liessen auf Tuberkulose der linken Spitze schliessen. Erst die 
histologische Untersuchung des endolaryngeal entfernten Tumors gab der 
Diagnose eine andere Richtung. Die infolgedessen unternommene radio- 
logische Untersuchung ergab Metastasen in den Hilusdrüsen rechts und mit 
linken Spitzenfelde der Lunge, sowie eine Metastase in den oberen An- 
teilen der Massa lateralis des rechten Kreuzbeins. Der primäre Tumor 
konnte nicht konstatiert werden. 

Der Fallstellt vom Standpunkt des Laryngologen und des Anatomen 
ein Unikum dar, insofern eine Hypernephrom-Metastase im Larynx noch 
nie beobachtet wurde. Sippel, Würzburg. 


211. Holger Mygind, Störungen der Singstimme mit besonderer 
Rücksicht auf ihre Ursachen. Ugeskr. for Läger 1910. Nr. 25. 
S. 731. | 


Mygind hebt die Bedeutung der Allgemeinerkrankungen hervor, 
Chlorose, Verdauungskrankheiten, Bronchitis usw., ferner Malmenage, bzw. 
Surmenage und fehlerhafte Klassifikation der Stimme und gibt dann 
einen Überblick über die verschiedenen pathologischen Zustände der 
oberen Luftwege, welche Stimmstörungen bedingen können. 

Jörgen Möller. 


212. Nadoleczny, München, Beobachtungen an Gesangschülern. 
Monatsschr. f. Ohrenheilk. 6. 1910. 


316 Referate. [10 


Bericht einer Reihe von Untersuchungen über Fehler bei der Sing- 
stimmbildung die hauptsächlich auf falsche Atmung und Kehlkoptbewegung 
zurückzuführen sind. (Vergl. Bericht der Verhandlungen Vereins Deut- 
scher Lar. diese Zeitschr. Bd. III. S. 63. Bl.) Sippel, Würzburg. 


213. Sanz, Un caso de hemiplegia gloso-laringea (Sindrome de 
Tapia). (Ein Fall von glosso-laryngealer Hemiplegie [Tapia- 
sches Syndrom].) Revista Espanola de Laringologia, otologia 
y Rinologia Juli- August 1910. 


Ein Patient hatte einen ulzerierten Tumor, der die Epiglottis und 
die glosso-epiglottische Falte rechterseits ergriffen hatte; er wurde tracheo- 
tomiert; bis zu dieser Zeit war die Bewegung der Stimmbänder normal. 
Nach einiger Zeit und infolge der Lymphdrüsenmetastase konnte man die 
Lähmung der rechten Zungenhülfte, mit beginnender Atrophie derselben, 
sowie Lähmung des rechten vom Tumor ergriffenen Stimmbandes kon- 
statieren. 

Es handelt sich, wie man sieht um eine Lähmung peripheren Ur- 
sprungs die ihre Ursache in den Druck- und Zerrungserscheinungen seitens 
des Vagus und des Hypoglossus (durch die Drüsenmetastasen) hatte. 

Menier. 


214. Tapia, Algo acerea de las paralisis laringeas de origen 
bulbar con ocasión de un caso de parálisis bilateral del 
laringeo superior y del hipogloso. (Etwas über die Kehl- 
kopfslähmungen bulbären Ursprungs auf Grund eines Falles 
 beiderseitiger Lühmung des N. laryngeus sup, und des N. 
hypoglossus.) Archivos Espanoles de Neurologia psiquiatria 
y fisioterapia. Juni 1910. 

Erörterung der verschiedenen Ursachen einer solchen Lähmung. Verf. 
glaubt, dass die Läsion isoliert und solitär ist und am Boden des vierten 
Ventrikels sitzt, Es handelt sich wahrscheinlich um eine Blutung. 

Menier. 


215. Derselbe, Consideraciones anatomo-patologicas y clinicas 
acerea de algunas formas de leucokeratosis laringea (Paqui- 
dermia) con motivo de cuatro casos clinicos, (Anatomo- 
pathologische und klinische Betrachtungen über einige Formen 
von Leukokeratosis des Kehlkopfes (Pachydermie) auf 4 
Fülle gegründet.) Rewista Espanola de laringologia, otologia 
y rinologia Juli-August 1910. 

Die Läsionen die flach und gekörnt sind (flache Form von Rosen- 
berg) haben eine gutartige Prognose. Diejenigen dagegen, die warzen- 
artig, wuchernd, papillomartig sind, lassen nicht so viel Hoffnung zu. 
Verf. berichtigt einen landläufigen Irrtum, nach welchem der Farbe solcher 
Keratosen die Bedeutung eines Zeichens der Malignität zugeschrieben wird. 

Menier. 


216. A. Winternitz und M. Pauncz, Budapest, Neue Bei- 
träge über den Wert der direkten Laryngotracheoskopie und 
Bronchoskopie. Orvosi Hetilap. 1910. Nr. 23. 


Winternitz und Pauncz berichten über jene Fälle, welche sie 
seit ihrer letzten Publikation 1908 mit den verbesserten Instrumenten 


11] Referate. 317 


und mehr entwickelter Technik behandelt hatten. Die Kinder wurden in 
tiefer Chloroformnarkose, verbunden mit lokaler Anästhesie untersucht. 
Der Kehlkopf wird in sitzender Lage aufgesucht, was die Aufgabe sehr 
erleichtert; dem ist zu verdanken, dass die Verf. die obere Tracheobroncho- 
skopie öfter mit Erfolg anzuwenden in der Lage waren, sie konnten 
aber die Tracheotomie nicht immer entbehren. Nach Einführung der 
Róhre bis zur Bifurkation wurde die weitere Untersuchung in der Rücken- 
lage fortgesetzt. Durch direkte Laryngoskopie sind zweimal (5 und 3 J.) 
multiple Papillome und einmal (1 J. alt) ein Knochen entfernt worden, 
Die obere Tracheobronchoskopie kam 3mal zur Anwendung: 1. Patient 
41/2 Jahre alt, Knopfteil mit Öse im linken Hauptbronchus, Entfernung, 
Heilung. 2. Patient 1 Jahr alt Bohne in dem rechten Hauptbronchus, 
Entfernung Heilung. 3. Patient 14 Monate alt, Bohne in dem rechten 
Hauptbronchus, Entfernung, Heilung. Es folgen berout A Falle von 
unterer Tracheobronchoskopie bei 1!/sz 2, 9 und 27 Jahre alten Patienten, 
die Entfernung des Fremdkörpers gelang in jedem Falle und sämtliche 
Patienten wurden nach Abklingen der Reaktionserscheinungen geheilt 
entlassen. 

Verf. legen grosses Gewicht darauf dass die Lage des Fremdkórpers 
vor der Röhrenuntersuchung aktinoskopisch festgestellt sei und erklären den 
Umstand, dass sie keinen Todesfall zu verzeichnen hatten, damit, dass 
mit Ausnahme eines Falles, sie stets mit Fremdkörpern, welche aus einem 
Stücke bestanden, zu tun hatten und diese daher unzerstückelt entfernen 
konnten. Polyäk. 


5. Mundhöhle. 


217. A. Austoni, Über die Zungentumoren thyroider Natur. 
(Sui tumori linguali di natura tiroidea.) Gazzetta degli ospe- 
dali 5. Juni 1910. 


Ein junges Mädchen mit Schluck-, Atmungs- und Phonationsstörungen 
hatte einen Tumor, von der Grösse eines Taubeneies, an der Zungenbasis 
(foramen coecum). Die Schilddrüse war nicht am Halse zu fühlen. 
Der Tumor wurde teilweise durch den oralen Weg abgetragen. Die 
histologische Untersuchung zeigte, dass der Tumor aus Schilddrüsengewebe 
bestand, welches den Charakter einer byperplastischen Struma hatte. Es 
existierte eine bindegewebige Umhüllungskapsel. Die Zeichen der fehlen- 
den thyroiden Funktion beweisen, dass dieser Zungentumor die ganze 
Schilddrüse darstellte. Menier. 


218. Castelli, Sull’ Etiologia della parotidite epidemica. (Über 
die Etiologie der epidemischen Parotiditis.) Gazzetta degli 
ospedali. 3. Juli 1910. 


Nach Verf. Versuchen soll die Parotitis epidemica einem filtrierbaren 
Virus, einem Chlamytozoon im Sinne Prowazecks, ihre Ursache verdanken. 
Menier. 


219. Buceolini, Eseissione di un tratto del dotto di Stenone 
e reintegrazione di esso,  (Exzision einer Strecke des Duc, 
tus stenonianus und Plastik desselben.) Gazzetta degli ospe- 
dali 19. Juni 1910. 


318 Eeferate. [12 


Ein Epitheliom der Wange nótigte zur Abtragung eines Stückes des 
Ductus Stenonianus. Die Stümpfe wurden gesucht und über einen metal- 
lenen Stift zusammengenäht, der durch den Mund ausging; der Stift 
wurde nach 8 Tagen entfernt. Die Restitutio ad integrum ward in 
12 Tagen vollständig. Der Erfolg wäre ein besserer gewesen, sagt Verf. 
wenn der Stift durch eine entsprechende Kanüle ersetzt worden wäre, so 
hätte man auch die Naht der Stümpfe entbehren können. Menier. 


220. Pagliai, Sulla seerezione interna delle ghiandole salivari. 
(Über die innere Sekretion der Speicheldrüsen.) Rivista 
critica di clinica medica 25. Juni 1910. 


Die vollständige Entfernung der Speicheldrüsen beim Kaninchen hat 
immer eine Abmagerung und Kachexie zu Folge, welche in etwa 20 Tagen 
das Tier zum Tode führen. Die Opotherapie (Einspritzungen vom frischen 
Extrakt der Drüsen, intraperitoneale Pfropfung) beseitigt diese Erschei- 
nungen und bewirkt Überleben der Versuchstiere. Wenn diese 
Opotherapie selbst im Anfangsstadium der Kachexie vorgenommen wird, 
kann man das Tier retten; Hauptbedingung ist immer, dass der Zustand 
nicht vorgeschritten sei. Diese Tatsachen berechtigen zur Annahme einer 
inneren, dem Organismus nützlichen Sekretion. Menier. 


6. Trachea, Bronchien, Ösophagus. 


221. Juan Garcia 6 Jlurre, Estrechez cicatricial del esófago 
consecutiva á ingestión de acido nitrico. Dilatación lenta 
y progresiva con esofagoscopia. Curación. (Narbenstenose 
des Osophagus nach Ingestion von Salpetersiure. Langsame 
und schrittweise Erweiterung durch Osophagoskopie. Heilung.) 
Clinica y Laboratorio. Juni 1910. 


Nach 56 Sitzungen von Erweiterung durch Bougies, nach voran- 
gehender Ösophagoskopie ist man imstande eine Bougie der Nummer 25 
einzuführen. Menier. 


222. v. Hacker, Steiermark, Demonstration einer operativ ge- 
heilten usophagus- und Mediastinumhalsfistel. Wiener klin. 
Wochenschr. 32. 1910. 


Die Mediastinalfistel wurde durch eine Lappenbildung aus dem 
Sternokleido zur Heilung gebracht. Sippel, Würzburg. 


223. Kern, Walter, Beiträge zur Pathologie des Ösophagus. 
Virchows Archiv. Bd. 201. H. 1. 


Anatomische Beschreibung von Fällen von Ösophagusatresie und von 
Ösophaguszysten. Bl. 


224. Mandel, München, Zur Osophagotomia externa.  Miinch. 
med. Wochenschr. 1910. Nr. 9. S. 460. 

An der Hand eines Falles — es handelt sich um eine im Osophagus 
stecken gebliebene Piéce — führt Mandel den chirurgischen Eingriff 
aus, ohne überhaupt eine ösophagoskopische Untersuchung vorgenommen 
zu haben, nachdem ein Extraktionsversuch mit dem „Münzenfänger“ 


13] Referate. 319 
erfolglos war. Die ganze bronchoskopische und ösophagoskopische Literatur 
scheint immer noch, soweit meine Erfahrung reicht, vielen Chirurgen un- 


bekannt zu sein. K atz. 


225. Tapia, Monede detenida en el esófago durante tres anos 
y tres meses. Extracción por esofagoseopia. (Münze, die 
drei Jahre und drei Monate im Osophagus verblieb. Ex- 
traktion durch das usophagoskop.) Pieza dentaria detenida 
en el esofago circa de diez anos, (Gebiss, das zirka 10 Jahre 
im usophagus verweilte.) Revista Espanola de laringologia, 
otologia y rinologia. Juli-August 1910. 


Der erste Patient batte keine spontanen Schmerzen; und während 
längerer Zeit hatte er keine Schluckbeschwerden. 

Im zweiten Fall, verschluckte Patient im Jahre 1901 ein Gebiss, 
dessen Vorhandensein und Lage durch Radiographie bestätigt wurden. 
Seit dieser Zeit, verblieb der Fremdkörper im Ösophagus, und Patient 
verträgt ihn wundervoll; keine Abmagerung; er hat sich so sehr an 
seinen Gast und an eine flüssige und weiche Nahrung gewöhnt, dass er 
jeden Extraktionsversuch verweigerte. Menier. 


7. Grenzgebiete. 


226. Berliner, Berlin, Zur Therapie des Stickhustens. Eine 
Behandlung mit Chininsalbe auf dem Wege durch die Nase, 
Miinch. med. Wochenschr. 1910. Nr. 7. S. 360. 


Der Verf. empfiehlt bei jedem Falle von Keuchhusten Chininsalbe, 
je nach dem Alter 1—2,6 auf 10—15 g Adip. suill, 3—4 mal pro die 
mit Glasstab in jedes Nasenloch eingeführt. Katz. 


227. Joh. Fein, Zur Operation der Hypophyse, Wiener klin. 
Wochenschr. 28. 1910. 


Darstellung einer Operationsmethode, die es ermöglicht durch die 
Kiefer- und Siebbeinhöhle an die Hypophyse zu gelangen. 
Sippel, Würzburg. 


228. Kocher, Albert, Die Behandlung der Basedowschen Er- 
krankung. Münch. med. Wochenschr. 1910. Nr. 13. S. 676. 


Die Quintessenz dieser zusammenfassenden Abhandlung liegt in dem 
Satz: ,,Der Schwerpunkt der Behandlung der Basedowschen Erkrankung 
ist in der chirurgischen Behandlung zu erblicken.* Zum Beweis werden 
die Statistiken der Internisten und Chirurgen verglichen. Dabei ergibt 
sich die Tatsache, dass durch die chirurgische Behandlung in ca. 70—809/o 
der Fálle Heilung erzielt wird, wührend die Internsiten nur gelegentlich 
von Heilungen berichten. Auch ist die interne Therapie heutzutage noch 
eine unbestimmte, mitunter planlose, was auch aus der grossen Zahl der 
bisher empfohlenen Mittel hervorgeht. Katz. 


229. Mohr, Bielefeld, Stauungshyperämie nach Exstirpation 
tuberkulóser Halsdrüsen, 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III. H. 3. 22 


320 Referate. [14 


Die Kombination der Exstirpation tuberkulóser Halelymphome mit 
postoperativer Stauungsbehandlung erscheint nach den Erfahrungen des 
Verfassers geeignet, Komplikationen durch Zurückbleiben tuberkulösen 
Materials zu beseitigen, vielleicht auch Recidiven vorzubeugen. Katz. 


230. L. Nielsen, Kopenhagen, Generalisierte Pityriasis rubra 
pilaris — Ausgebreitete leukoplasiforme Aftektion ver- 
schiedener Schleimhäute — Syphilis. Monatsschr. f. prakt. 
Dermatologie 11 u. 12. Bd. 50. 


Vorliegender Krankheitsfall muss nach allen seinen Erscheinungen 
aufgefasst werden als eine Pityriasis rubra pilaris mit einer bisher un- 
bekannten Lokalisation auf verschiedenen Schleimhäuten in Gestalt leuko- 
plasiformer Veränderungen, welche klinisch im ganzen mit den Schleim- 
hautaffektionen bei Lichen ruber planus übereinstimmen. Die Schleim- 
hauterkrankung erstreckte sich bei ihrer grössten Ausbreitung auf fast 
die ganze Innenseite der Wangen und auf sehr grosse Partien der 
Schleimhaut der Zunge, auch auf die Prolabien, auf Teile des harten und 
des weichen Gaumens, auf die rechte Tonsille, die hinteren Gaumenbögen 
Zungenwurzel, auf Pharynx sowie auf die Carunculae lacrimales. Ob die 
gleichzeitig bestehende Syphilis nur disponierende Bedeutung oder partiellen 
Anteil au der Leukoplasie hat, lässt sich nicht entscheiden. 

Sippel, Würzburg. 


231. D. Winter, Bad-Reichenhall, Zur Pathogenese des bron- 
chialen Asthma, Monatsschr. f. Ohrenheilk. 6. 1910. 


Im Gegensatz zu den gewöhnlich angenommenen Ursachen des 
bronchialen Asthma, dem bronchialen Muskelkrampf oder den sekretori- 
schen Störungen der Bronchialschleimbaut, sieht der Verf. in den vasodila- 
tatorischen Prozessen der Atemschleimhaut den letzten Grund der asthma- 
tischen Symptome und kommt am Ende einer längeren Abhandlung zu 
folgenden Schlüssen: 

»Eine von den peripheren Endigungen des Vago-Sympathicus der 
Schleimháute oder der &usseren Haut oder eine vom Grosshirn ausgehende 
Erregung ruft reflektorisch Gefässdilatation der Atemschleimhaut hervor. 

Die damit einhergehende Erweiterung der Lungenkapillaren veranlasst 
subjektive Dyspnoe durch Verlangsamung der Zirkulation sowie besonders 
durch Herabsetzung des Gasaustausches in den Alveolen infolge ver- 
minderter Sauerstoffaufnpahme und Kohlensäureabgabe. 

Die erhöhten Atemmuskelanstrengungen werden bedingt hauptsächlich 
durch eine mit der Lungenhyperämie einhergehende Herabsetzung der 
Dehnbarkeit des Atemorganes, nicht durch ein mechanisches Hindernis in 
Gestalt einer Verengerung der feinen Luftwege. 

Zwerchfelltiefstand und Lungenblabung sind die Folge der dyspnoe- 
tischen Reizung des Atemmuskelzentrums und des dadurch verstärkten 
Inspirationstonus. Sippel, Würzburg. 


15] Bücherbesprechungen. 321 


Ill. Bücherbesprechungen. 


Wilh. Fliess, Über den ursüchlichen Zusammenhang von Nase und Ge- 
schlechtsorgan. Zugleich ein Beitrag zur Nervenphysiologie. 2. verm. 
Aufl. Halle 1910. Carl Marholds Verlagsbuchhandlung. 60 S. 

Einleitend bemerkt Verf., es sei das Schicksal seiner Forschungen, dass sie 
über die Grenzen der Spezialwissenschait hinaus in neue Zusammenhänge führen. 
In der Tat sind es wesentlich biologisch-philosophische Probleme, die Fliess in 
seinem umfangreichen Werke „Vom Ablauf des Lebens (1906), in seinem Buche 
„Vom leben und Tod“ (1909) und in anderen Arbeiten zu lösen sucht. Auch in 
dem vorliegenden Aufsatze versucht Fliess eine biologische Lösung der zweifel- 
los vorhandenen Beziehung der Nase zu vielen fern liegenden Organen und er 
sieht dieselbe in der Lehre von dem segmentären Aufbau des Körpers, dessen 
Spuren sich noch heute in der Nase finden. Er findet, dass die Schmerzempfin- 
dung gewöhnlich in einen segmentären, und einen nicht segmentären Teil ge- 
spalten ist, von denen der erstere von der Nase her ausgelöscht werden könne. 
Er zeigt die Bedeutung seiner Lehre im einzelnen, anknüpfend an frühere Arbeiten, 
insbesondere an den Beziehungen der Nase zu den weiblichen Geschlechtsorganen. 
Vor allem gewisse Formen der Dysmenorrhoe haben nach Fliess ihre Repräsen- 
tation in der Nase (Tuberkulum septi und untere Muschel) und können von dort 
aus vorübergehend durch Kokain, dauernd durch Ätzung oder Ähnliches beseitigt 
werden. 

lm Gegensatz zu der ungeheuren Literatur, welche durch Hacks Lehre 
von der nasalen Reflexneurose ausgelöst wurde, sind die Fliessschen Veröffent- 
lichungen von den Rhinologen verhültnismüssig wenig beachtet worden, wübrend 
die Gynükologen ihnen weit mehr Aufmerksamkeit gewidmet haben. Bei den 
zahireichen Erfolgen jedoch, die eine nasale Behandlung gewisser Dysmenorrhoe- 
formen und anderer Unterleibsbesch werden gezeitigt hat und zwar in den Händen 
einwandsfreier Beobachter, und die gewiss nicht ausnahmslos auf suggestive Ein- 
flüsse zurückgeführt werden können, werden sich die Rhinologen der Pflicht nicht 
entziehen dürfen, die Fliessschen Methoden in weiterem Umfange vorurteilelos 
nachzuprüfen, als es bisher der Fall gewesen. Umsomehr, als diese Nachprüfung 
eine ausserordentlich einfache Sache ist. Wir können daher den Kollegen das 
Studium der neuesten Fliessschen Veröffentlichung und in Konsequenz davon 
die Prüfung seiner Behapdlungsmethode nur empfehlen. Kronenberg. 


Dr. M. Saenger, Über Asthma und seine Behandlung. Berlin 1910. 

S. Karger. 

Über wenig Krankheitsformen haben die Anschauungen und Meinungen seit 
langem so zahlreiche Wandlungen erfahren, wie bei der Beurteilung des Asthma. 
Glaubte man auf irgend eine Weise eine befriedigende Erklürung gefunden zu 
haben, so entschlüpfte plötzlich dieser Proteus und stand ebenso rütselhaft und 
unverstanden wie vorher da. Dasselbe Schicksal erlitten die verschiedensten Be- 
handlungsmethoden, sowohl die medikamentósen, wie die mechanischen und 
chirurgischen, von denen zahlreiche mit grossem Enthusiasmus aufgenommen 
wurden, bis man allmählich dahinter kam. dass sie auch nicht wesentlich mehr 
leisteten, als die früheren. Kein Wunder, dass gerade auf dem Gebiete der Asthma- 
behandlung die Kurpfuscherei und Ausbeutung des kranken Publikums wahre 
Orgien gefeiert haben. 

Indes ist man in den letzten Jahren fast allgemein zu der Ansicht ge- 
kommen, dass jedes Asthma zum mindesten eine starke psychische Komponente 
hat, dass infolge dessen die Beeinflussung der Psyche bei der Behandlung neben 
der somatischen eine sehr wesentliche Rolle spielt. Auch Saenger steht auf 
dem Boden, dass die meisten der asthmatischen Erscheinungen psychisch erklart 


228 


325 Bücherbesprechungen. [16 


werden kónnen; die schweren Stórungen der Atmung lassen sich, wo keine 
tieferen organischen Veränderungen vorhanden sind, fast restlos auf psychisch 
bedingte Momente zurückführen. Wo gemischte Krankheitsformen vorliegen, 
lassen sich die psychisch zu erklärenden rein asthmatischen Störungen von den 
übrigen trennen. 

Die Behandlung geht darauf aus, den Asthmatiker zu einer richtigen At- 
mung innerhalb und ausserhalb des Anfalls durch mechanische Methoden, deren 
Einzelheiten im Original studiert werden müssen, zu erziehen. Dabei darf natür- 
lich im übrigen die allgemein körperliche Behandlung nicht vernachlässigt werden. 
Im ganzen gehört die Saengersche Arbeit zu dem verständigsten, was ich seit 
langem über Asthma gelesen habe. Auch die Behandlung, die allerdings Geduld 
und Liebe erfordert, verdient Anwendung in weiteren Kreisen. Auch im übrigen 
finden sich in Saengers Arbeit beherzigenswerte Bemerkungen, z. B. seine 
sehr vernünftigen Anschauungen über die sog. Abhärtung, mit der reichlich viel 
Unfug getriehen und Unheil gestiftet worden ist. Nicht nur ın den Kreisen der 
Naturheilkundigen, sondern auch der Ärzte. 

Widersprechen muss ich Saenger bezüglich seiner Geringschätzung der 
Nasenatmung. Wir stehen ja längst nicht mehr auf dem Standpunkt, als könnten 
wir Asthma durch Behandlung der Nase heilen. Es ist aber auch zweifellos, 
dass jede Erschwerung der normalen Atmung, und dazu gehört doch vor allem 
eine ungenügende oder behinderte Nasenatmung, die Heilung asthmatischer Zu- 
stände beeinträchtigt. Wir beseitigen krankhafte Erscheinungen der Nase nicht, 
um das Asthma zu heilen, sondern, abgesehen von anderem, um eine gesund- 
heitlich richtige Atmung durch die Nase zu ermöglichen, die auch für die Asthma- 
heilung, wenn auch nicht in jedem Falle durchaus notwendig, so doch immer 
nützlich ist. Wenn Saenger bei Hunderten von Asthmakranken kaum bei 
einem Dutzend eine Behandlung der Nase vorzunehmen hatte und wenn er auch 
bei reichlich vorhandenen Polypen eine dagegen gerichtete Behandlung unterliess, 
so möchte ich ihm darin nicht folgen, sondern vorschlagen, mit Saenger das 
Asthma und den asthmakranken Menschen, aber auch seine kranken Organe, be- 
sonders die zur Atmung in Beziehung stehenden zu behandeln. Dazu gehört 
aber gewiss in sehr wesentlichem Masse auch die erkrankte Nase. 

Kronenberg. 


Bandelier und Röpke, Lesebuch der spezifischen Diagnostik und 
Therapie der Tuberkulose. 4. erweiterte und verbesserte Auflage mit einem 
Vorwort von W. Geh. Rat Prof. Dr. R. Koch Erz. 250 S. Würzburg bei Curt 
Kabıtzsch 1910, brosch. Mk. 6.—, geb. Mk. 7.—. 

Kam auch das Bandelier und Rópkesche Buch zweifellos einem lange 
gefühlten Bedürfnis entgegen, der überraschend grosse buchhündlerische Erfolg 
des Werkes (4 Auflagen in 2'/s Jahren) darf sicherlich in erster Linie als ver- 
diente Anerkennung der geschickten Darstellung des Stoffes vonseiten des Verf. 
betrachtet werden. Mag auch gar mancher in der Tuberkulosebehandlung er- 
fahrener Arzt den Verf. nicht in allen ihren Ausführungen und Folgerungen bei- 
stimmen können, mag auch gar manchem das kritische Urteil und die grosse Er- 
fahrung bekannter älterer Phthisiater doch etwas gar zu gering eingeschätzt er- 
scheinen, mögen ferner auch manchem die z. T. unnötig scharfen Seitenhiebe auf 
wissenschaftliche Gegner (die doch schliesslich auch den Glauben an ihre bona 
fides verlangen können!) die Freude an dem Buch hin und wieder etwas stören, 
so wird doch jeder gerne zugeben, dass die Verf. mit bewunderungswertem Fleiss 
und in bemerkenswert übersichtlicher und klarer Darstellung den Leser durch das 
schier unübersehbare Chaos der Ansichten und Erfahrungen über die spezifische 
Therapie der Tuberkulose hindurchzuführen verstanden haben. Entsprechend dem 
praktischen Zweck des Buches ist die Technik der Behandlung, sowie die Indi- 
kationsstellung besonders ausführlich erörtert. Ob freilich die Tuberkulintherapie 
z. Z. schon so fest fundiert ist, dass sie wirklich ohne Schaden für die Kranken 


17] Bücherbesprechungen. 323 


in die allgemeine Praxis eingeführt werden kann, darüber werden viele Tuberkulin- 
therapeuten in Klinik und Anstalt und nicht zuletzt viele Praktiker selbst, die 
den Versuch gemacht baben, doch etwas anderer Ansicht sein als die Verfasser. 


Den Laryngologen interessieren vor allem die Kapitel über Tuberkulindia- 
gnostik und Tuberkulintherapie der Kehlkopftuberkulose. Die Möglichkeit, den 
Ablauf der Lokalreaktion direkt zu beobachten und damit eine ev. Allgemein- 
reaktion und subjektive Angaben von Schmerz etc. direkt zu kontrollieren, macht das 
Tuberkulin (in subkutaner Applikation) zweifellos für manche diagnostisch dunklen 
Fülle von leichten Larynxveründerungen ohne anderweitigen tuberkulösen Befund 
zu einem sehr wertvollen diagnostischen Hilfsmittel. Ganz besondere Bedeutung 
gewinnt diese Möglichkeit einer raschen Sicherstellung der Diagnose bei Verdacht 
auf Neoplasma. Der naheliegende Einwand ev. gefahrdrohender Stenose durch 
reaktive Schwellung ist nach Bandelier und Röpke durch die Erfahrung, be- 
sonders auch B. Fränkels widerlegt. S 


Die therapeutischen Erfolge der spezifischen Behandlung der Tuber- 
kulose der oberen Luftwege sind nach Bandelier und Rópke sehr gute, ob- 
wohl der spezifischen Behandlung durch die stets notwendige Rücksicht auf die 
Lungentuberkulose und durch die erfahrungsmüssige Abhüngigkeit der Heilerfolge 
überhaupt von dem Lungenzustand relativ enge Grenzen gezogen sind. Es ge-. 
lingt durch Tuberkulinbehandlung, allerdings stets unterstützt durch Allgemein- 
behandlung und vor allem Ruhigstellung des Larynx (Schweigegebot, Disziplinie- 
rung resp. Unterdrückung des Hustens etc.), leichte und mittelschwere Fälle von 
Lungentuberkulose oft obne jede Lokalbehandlung zur Heilung oder zu weit- 
gehender Rückbildung zu bringen. Schwere diffuse Infiltrate und tiefgehende 
tuberkulöse Veränderungen, die, meist mit schwerer Lungentuberkulose vergesell- 
schaftet, selbst bei chirurgischem Eingreifen meist nur symptomatische Erfolge 
erhoffen lassen, wollen Bandelier und Röpke im allgemeinen von der Tuber- 
kulinbehandlung ausgeschlossen wissen. Vereinzelt haben sie aber auch in solchen 
Fällen mit Tuberkulin bemerkenswerte Besserung erzielt. 


So überzeugt auch die Ausführungen Bandelier und Röpkes lauten 
— die bislang von verschiedenen Seiten ad hoc veröffentlichten an und für sich 
wenig zahlreichen Fälle sind kaum beweiskräftig genug, die behauptete Über- 
legenbeit der spezifischen Behandlung der Kehlkopftuberkulose überzeugend dar- 
zutun. Vorzügliche unter Umständen auch dauernde Erfolge werden viele Laryn- 
gologen und Lungenärzte auch ohne Tuberkulin aufzuweisen haben. Leichte Fälle 
und selbst mittelschwere heilen erfahrungsgemäss bei geeignetem Verhalten und 
nicht zu schwerem Lungenzustand oft ohne jede Lokalbehandlung von selbst. 
Bei einer gewissen Schwere der Erkrankung hilft aber schliesslich nichts mehr, 
wie Bandelier und Röpke selbst zugeben, auch das Tuberkulin nicht mehr. 

Sehr beachtenswert und für die gesamte Tuberkulinfrage von fast ausschlag- 
gebender Bedeutung ist die Behauptung, mit der Bandelier und Röpke die 
grosse Wichtigkeit des Tuberkulins für die Prophylaxe der Kehlkopftuberkulose 
begründen d. i.: „Aassesniemalsbeobachtetist, dass unter der Tuber- 
kulinbehandlung einer selbst vorgeschrittenen Lungentuberku- 
lose eine Kehlkopftuberkulose frisch entstanden sei“. Wenn sich 
dieser lapidare Satz wirklich bestätigen sollte, dann ist Nicht- 
spritzen ein Verbrechen. Des Referenten eigene Erfahrungen reichen zu 
einer Kritik für oder gegen diese Behanptung nicht aus. Dass aber Fälle von 
Lungentuberkulose unter und trotz lange lege artis durchgeführter Tuberkulin- 
behandlung sich verschlechtert haben, dafür wird selbst der begeistertste 
Tuberkulinfreund Zeugnis ablegen müssen. 

Sei dem aber wie ihm wolle, der neuen auf langjährige intensive, die Er- 
fahrungen früherer Misserfolge weise nutzende Arbeit ernster Forscher gegründeten 
Tuberkulinäre wird sich auch der Laryngologe nicht entziehen können und bei 
dem Einarbeiten in die Materie und der Anwendung der spezifischen Diagnose 


324 Bücherbesprechungen. [18 


und Therapie wird ihm das Bandelier und Röpkesche Buch ein wertvoiier 
und fast unentbehrlicher Führer sein. Brühl-Gardone, Riviera. 


Lorenzo B. Lockard M. D., Tuberculosis of the Nose and Throat. 
St. Louis bei C. V. Mosby 1909. 384 S. 


Lockard gibt in diesem Buche wohl die umfassendste Monographie über 
Tuberkulose der oberen Luftwege, die bisher erschienen ist und die grosse Auf- 
gabe, die er sich gestellt hat, ist gut gelöst. Offenbar stützt sich Verf. auf eine 
grosse klinische Erfahrung; das kommt besonders auch in den ausserordentlich 
lebenswahren Abbildungen der verschiedenen Formen der Tuberkulose der oberen 
Luftwege zum Ausdruck, die den Wert des an sich trefflichen Buches erhöhen. 
Ihre Ausführung ist vorzüglich. 


. Auf alle Einzelheiten des umfangreichen Buches kann nicht eingegangen 
werden; es sei nur einiges hervorgehoben. — Die historischen Einleitungen der 
einzelnen Teile bringen das auch sonst bekannte Material. — Bei der Besprechung 
der Átiologie der Larynxtuberkulose würe es entschieden wünschenswert gewesen, 
wenn eine Trennung des kindlichen Alters vom Erwachsenen stattgefunden hátte. 
Es ist wohl eine der wenigen wirklich sicheren Ergebnisse der modernen Tuber- 
- kuloseforschung, dass es sich in den verschiedenen Lebensaltern um ganz ver- 
schiedene Vorgünge handelt. 


Damit würe auch Gelegenheit gegeben, die Frage der Immunität und Über- 
empfindlichkeit zu berühren, ohne die die Atiologie der Tuberkulose nicht mehr 
vollstandig abgehandelt ist. — Unter den prüdisponierenden Ursachen (S. 58 ff) 
sollte der Diabetes nicht fehlen. Eine etwas zu ausführliche Besprechung haben 
die subjektiven Symptome der Larynxphthise, zu der Verfasser auch das Fieber 
rechnet, gefunden ; das Kapitel könnte statt auf 14 Seiten auf drei bis vier ab. 
gehandelt werden. Auf S. 107 spricht Lockard von „Chorditis vocalis inferior“ 
oder, Laryngitis subglottica". Es muss daran erinnert werden, dass diese Namen 
ganz allgemein für ein wohl umschriebenes Krankheitsbild gebraucht werden, das 
mit Tuberkulose nichts zu tun hat. Dass subglottische tuberkulöse Infiltrationen 
selten seien, kann man, auch wenn man nur im klinischen Sinne spricht, nicht 
zugeben. — Ebenso muss die Behauptung, dass bei Pachydermie niemals wirk- 
liche Ulzeration vorkomme, entschieden bestritten werden, auch möchte ich die 
diagnostische Bedeutung der Tuberkulinreaktion nicht zu hoch einschätzen, selbst 
bei den heroischen 'l'uberkulindosen, die im Beginn der spezifischen Therapie ge- 
geben worden, habe ich keine sicheren lokalen Reaktionen im Larynx gesehen. 


Die Therapie Lockards ist die gebrüuchliche, eine etwas straffere Indi- 
kationsstellung würe im allgemeinen erwünscht, besonders auch bei der Frage 
der endolaryngealen Eingriffe bei drohender Stenose. Die Galvanokausiik be- 
handelt Lockard recht kurz und gibt ihr m. Er. nicht die gebührende Stellung, 
der Tiefenstich ist nicht erwähnt. — Während man sich der im ganzen ablehnen- 
den Haltung Lockards der „kurativen‘“ Tracheotomie gegenüber anschliessen 
muss, ist die Behandlung der übrigen äusseren Eingriffe bei Loc kard wenig be- 
friedigend; er führt nach eifriger Durchsicht der Literatur 48 Fälle von Laryngo- 
tomie an, während ich (Handbuch der Therapie der Lungen- und Keblkopftuber- 
kulose) schon 1903 44 Fälle aufzählen konnte, Grünwald in seiner Monographie 
später noch mehr; die Zahl der veröffentlichten Fälle dürfte heute annähernd das 
doppelte erreichen. Bei der Laryngektomie sind, soweit ich sehe, nur solche Fälle, 
die wegen falscher Diagnose operiert worden sind, angeführt ; die neueren guten 
Erfolge (Gluck) werden nicht angeführt. — Eine etwas eingehendere Berück- 
sichtigung der deutschen Literatur hätte gerade im therapeutischen Teil ent- 
schieden nützlich gewirkt. Das gilt auch von der diätetischen Therapie. 
Lockard sagt da, der Umfang der Nahrung müsse möglichst reduziert werden. 
Ganz recht! Aber daraus ergibt sich auch die Notwendigkeit anzugeben, welche 
Gruppen von Nahrungsmitteln ihrem Kalorienwert nach besonders geeignet sind; 


19] Gesellschafts- und Kongressberichte. 325 


eine wissenschaftliche Grundlage muss in diesen Fragen entschieden gegeben 
werden. 

In den folgenden Kapiteln Rachen, Nase ist weniger zu bemerken, doch 
vermisst man dort, wie auch sonst eine ausführlichere Besprechung des Lupus; 
dieser gehört zur Tuberkulose und müsste daher vollwertig behandelt werden. 

Die vorstehenden Bemerkungen sollen nicht hindern anzuerkennen, dass 
Lockard in seinem Werke eine ganz vorzügliche Darstellung der Materie ge- 
geben hat, die jedem, der auf dem Gebiete der Tuberkulose des Halses und der 
Nase arbeiten will, ein äusserst nützliches Hilfsmittel sein wird. Bl. 


IV. Gesellschafts- und Kongressberichte. 


Jahresversammlung der American-Mecical Association zu St. Louis. 


Die Verhandlungen der rhino-laryngologischen Sektion derselben. 
4. bis 9. Juni 1910. 


Nachdem die aus allen Staaten der Union herbeigeströmten 4000 Ärzte am 
Dienstag 17. Juni Vormittag vom Bürgermeister und vom Gouverneur, sowie von 
den ärztlichen Gesellschaften der Stadt und des Staates aufs herzlichste will- 
kommen geheissen waren, wurde anı Nachmittag die wissenschaftliche Arbeit be- 
gonnen. Die rhino-laryngologische Sektion wurde von dem Vorsitzenden, Dr. 
Chevalier Jackson (Pittsburg), eröffnet, der in seiner liebenswürdigen Be- 
scheidenheit nicht von seinen bewundernswerten bronchoskopischen Arbeiten sprach, 
sondern bloss kurz auf die kaustischen Gifte hinwies, die in gewissen käuflichen 
Putzpulvern enthalten sind, ohne dass auch nur ein: zur Vorsicht warnende An- 
deutung vorhanden sei. Die von ihm beobachteten Fälle von Ösophagus-Ver- 
ätzung bei Kindern, die Teile der in den Wohnungen offenstehenden Produkte ge- 
schluckt hätten, sollten die Aufmerksamkeit der Behörden auf diesen Missstand 
lenken. 

Prof. Holger Mygind (Kopenhagen), aufs herzlichste als Gast der Sektion 
begrüsst, sprach in memoriam: Wilhelm Meyer. In ergreifenden Worten’ 
schilderte er den Lebenslauf seines verehrten Lehrers, der, von deutschen Eltern 
stammend, auf Seite der Deutschen im schleswig-holsteinischen Kriege gegen seine 
eigene Heimat zu Felde zog, und auf italienischem Boden seine letzte Ruhe fand. 
In seiner Tätigkeit als praktischer Arzt entdeckte er im Jahre 1869 zufällig durch 
diagitale Untersuchung die adenoiden Wucherungen, auf deren Bedeutung für 
Ohrenerkrankungener in vielen wissenschaftlichen Arbeiten hinwies. 

Dr. Dunbar Roy (Atlanta) sprach über klinische Beobachtungen 
bei Nasendiphtherie. 

Als Hauptsymptom betrachtet er eine auf andere Weise unerklürliche Nasen- 
blutung, die sich als fast unstillbar erweist. Er verlor einen Patienten durch 
Asphyxie, wührend er sich bemühte, die diphtherische Nasenblutung zu stillen. 
Daher sollte bei allen derartigen Füllen sofort die ''racheotomie vollzogen werden, 
ehe an die Stillung der Nasenblutung gedacht wird. Der Vortragende wies auf 
die zahlreichen Fälle ,,chronischer Nasendiphtherie' hin, die erst beim Aultreten 
einer Exazerbation als solche erkannt werden. 

Diskussion: 

Dr. Horn (San Franzisko) weist auf Pyocyanase als erfolgreiches Mittel bei 
Nasendiphtherie hin. 


326 Gesellschafts- und Kongressberichte. (20 


Dr. Cott (Buffalo) befürwortet sofortige Tracheotomie nur bei Nachweis von 
ausgedehnter Membran. 

Dr. Miller (Richmond) berichtet über ein Kind, das wegen Fremdkörpers 
in der Nase kam. Der Vater — ein Arzt — wollte Untersuchung auf Diphtherie- 
bazillen nicht zulassen, bis 18 Schulkinder angesteckt waren. 

Dr. Glogau (New York) berichtet über einen Fall von ,,chronischer 
Diphtherie*, wo eine Woche nach Entfernung des hypertrophischen hinteren Endes 
der unteren Muschel starke Blutung und eiteriger Nasenfluss erfolgte, der, ebenso 
wie der Eiter der einige Tage spüter auftretenden doppelseitigen Mastoiditis 
Diphtheriebazillen enthielt. : 

Dr. R. H. Skillern (Philadelphia) illustrierte seinen Vortrag über „ver- 
gleichende Pathologie der hyperplastischen und suppurativen Ethmoiditis‘“ durch 
zahlreiche vortreffliche Projektionsbilder mikroskopischer Präparate. 


Klinisch zeigt die hyperplastische Form klare wässerige Sekretion ohne 
Krusten, Hypertrophie der unteren Muscheln, heftigen Kopfschmerz, der wegen 
des von der hypertrophierten Schleimhaut auf Blut- und Lymphgefässe ausgeübten 
Druckes besonders mit Augenbeschwerden verbunden ist. Neurasthenische 
Spmptome beherrschen das Bild. 

Bei der suppurativen Form ist der Ausfluss eiterig, wir finden stets Krusten- 
bildung und Atrophie der unteren Muscheln. Kopfschmerzen gering, Augen- 
symptome nur bei eiteriger Infektion. Neurasthenische Symptome unbedeutend. 


Mikroskopisch: Bei hyperplastischer Ethmoiditis: ungeheure Rundzellen- 
infiltration mit Hypertrophie der Drüsen- und Blutgefüsse, bei der suppurativen 
Form: Bindegewebswucherung, Atrophie der Drüsen und anderer Gebilde. 


Dr. H. Smith (New York) war verhindert, seinen Vortrag über „intra- 
okuläre Komplikation bei Pansinusitis" zu halten, doch wurde auch darüber die 
Diskussion zugelassen. 

Diskussion: 

Dr. Ballenger (Chikago): Ein Patient, der die Tasche voll Augengläsern 
hat, leidet an Ethmoiditis. Durch Entfernung der mittleren Muschel werden 
meistens die „Reflexphänomene‘‘ behoben. 


Bei einem Falle von zehntägiger Blindheit trat nach Ausräumung der 
Ethmoidalzellen und der Keilbeinhöhle vollkommene Sehschärfe auf. 


Bei einer Blindheit von viermonatlicher Dauer wurde Patient durch dieselbe 
-Operation zum Lesen der Zeitungsaufschriften gebracht. 


Eine Neuritis optica von 18monatlichem Bestande blieb trotz beiderseitiger 
Ethmoidal-Ausräumung unbeeinflusst. 

Dr. Casselberry (Chikago) verweist auf einen Fall, wo im Laufe der 
Jahre sich aus byperplastischer eine suppurative Ethmoiditis entwickelte. Für 
atrophische Rhinitis schlägt er den Namen Ethmo-rhinitis atrophicans vor. 

Dr. Markus (Chikago) spricht sich für eine Ausräumung der in den 
Ethmoidalzellen vorhandenen hyperplastischen Granulationen aus, selbst wenn in 
der Nähe weder Eiter noch Polypen nachweisbar sind. Er stimmt der Ansicht 
bei, dass die Ethmoidalzellen erkrankt sind, wenn sich die äussere Wand der mitt- 
leren Muschel als besonders weich erweist. 

Die Mittwochsitzung eröffnete Dr. H. Horn (San Franzisko) mit seinem Vor- 
trage über „Die bronchoskopische Behandlung von Bronchial-Asthma“. Von acht 
während des asthmatischen Anfalles untersuchten Fällen wurden fünf durch 
direkte Applikation von Adrenalin und Kokain auf die Bronchialschleimhaut 
behandelt. 

In einem Falle wurde vollständige Heilung, in den anderen bedeutende 
Besserung erzielt. Der Erfolg besteht in Behebung des vom Vortragenden be- 
obachteten Bronchiospasmus. 


21) Gesellschafts- und Kongressberichte. 327 


Diskussion: 

Dr. Fletcher Ingals (Chikago) warnt vor Bronchoskopie wegen der 
damit verbundenen Gefahr und empfiehlt im gegebenen Falle Ipecacuanhapulver 
zur Insufflation. 


Dr. Chevalier Jackson (Pittsburg) glaubt, dass ausgewählte Fälle durch 
diese bronchoskopische Methode geheilt werden können. 


Dr. Justhus Mathews (Rochester) sprach über den „Stimmbänderbefund 
in tausend Strumafällen“. Zahl und Art der Stimmbandlähmungen sind abhängig 
von Grösse und Beschaffenheit der Struma. Die Feststellung einer Rekurrens- 
lähmung vor der Operation ist von grósster Wichtigkeit. Vorher bestandene 
Lähmungen werden durch die Operation meist günstig beeinflusst. In der 
Diskussion wiesen Dr. Horn und Dr. Markus auf die Wichtigkeit einer 
bronchoskopischen Untersuchung vor Strumaoperation hin. 


Die Vortragsserie ,,Halsmandel" wurde durch Dr. Robert Levy (Denver) 
eröffnet, der über „Die tuberkulöse Tonsille‘ sprach, womit er die', Tonsille beim 
Tuberkulösen“ meint. Pharyngeale 'l'uberkulosis kommt nur in 1!/3?/o der Fülle 
vou Lungenschwindsucht vor. Weit wichtiger als diese meistens „manifeste“ 
Tonsillentuberkolosis ist die so häufige „latente“, die sich klinisch von der ge- 
wöhnlichen hypertrophischen Tonsille und durch das Vorhandensein erkrankter 
Halsdrüsen unterscheidet. In anderen Füllen sind die Tonsillensymptome nur als 
eine lokale Reaktion der tuberkulósen Allgemeininfektion zu betrachten. 

Die Therapie besteht im Anfang in Galvanokauter und Antituberkulin, spüter 
in Tonsillektomie. 

Dr. Joseph C. Beck (Chikago) sprach über „Indikation der Tonsill- 
ektomie“. Die peinliche Ausschälung der Tonsille ist erforderlich bei folgenden 
Komplikationen: 

a) Lokal: chronische Tonsillitis, besonders wenn mit peritousillirem Abszesse 
verbunden, Chancre, tuberkulöses Geschwür, bösartige Geschwulst oder akute 
Infektion. 

b) Region&r: Tubenkatarrh, chronische Pharyngitis, Halsdrtisen, Bronchitis. 

c) Allgemein: Rheumatismus, Arteriosklerosis, Septikimie, Magen-Darm- 
stórungen, Nephritis, Hepatitis und phiyktänuläre Konjunktivitis- Durch Tonsill- 
ektomie werden toxische Substanzen aus dem Blute entfernt, sein opsonischer 
Index gehoben. 

Durch rechtzeitige Tonsillektomie bewirkte er: Unterdrückung von Allgemein- 
symptomen bei primärem Chancre, Heilung von lokaler 'Tuberkulose und Sarkom, 
Heilung bei Scharlach und Diphtherie, Besserung von unkompensiertem Herzfehler 
und Hüftgelenkstuberkulose. 

Einen mehr konservativen Standpunkt vertrat Dr. B.R. Shurley (Detroit), 
er wies in seinem Vortrage über „Schwierigkeiten und Kontraindikationen der 
Tonsillektomie‘ darauf hin, dass in Europa fast ausschliesslich nur tonsillotomiert 
wird. Die Tonsille hat eine ung noch unbekannte Funktion, daher ist Erhaltung 
eines Teiles derselben nötig, ausser sie ist schwer erkrankt wie bei Tuberkulosis, 
Rheumatismus, Halsdrüsen etc. Tonsillektomie ist wegen der langen Narkose 
(Status lymphaticus!) und der Gefahr von Hämoırhagie gefährlich und ist mit 
postoperativen Schmerzen verbunden. Tonsillektomie ist nur sehr selten indiziert, 
soll aber dann nur von Spezialisten und stets im Hospitale ausgeführt werden. 

Diskussion: Dr. A. H. Andrews (Chikago): Bei einfacher tonsillärer Hyper- 
trophie genügt Ausreinigung der Krypten, um die Entzündung zum Stillstand zu 
bringen. Tonsillitis ist oft durch schlechte Zähne oder Sphenoiditis hervorgerufen. 

Dr. W. E. Sauer (St. Louis) spricht über die Gefährlichkeit der Tonsillen- 
operation an Kindern, die vorher an Scharlach oder Diphtherie litten. 

Dr. Welty (San Franzisko) ist für Tonsillektomie. Bei einer Diphtherie- 
epidemie blieben die Pflegerinnen, an denen diese Operation vorher einmal voll- 
zogen war, immun. 


328 Gesellschafts- und Kongressberichte. |22 


Dr. O. Freer (Cbikago) warnt vor Ausschülung mit dem Finger und rüt 
auch vom Gebrauche der Schlinge ab. 


Dr. Onghton (Danville) vertritt radikalsten Standpunkt. 


Dr. Goldstein (St. Louis) vollführt Tonsillektomie nur bei besonderer 
Indikation. 

Dr. Sheedy (New-York) weist darauf hin, dass in New-York 8 Todesfälle 
bei Tonsillektomie unter Lokalanüsthesie vorkamen. Er warnt daher vor Kokain. 

Dr. Horn (San Franzisko) bemerkte nach Enukleation der Tonsille Exa- 
zerbation eines bestehenden Tubenkatarrhs. 

Das Thema „Septum“ leitete Dr. F. P. Emerson (Boston) mit seinem Vor- 
trage über ,Resultate der in Privatpraxis vollführten submukósen 
Septumresektionen“ ein. Die Operation soll immer unter Allgemeinnarkose 
gemacht werden. Sogenannte Kokain-Intoxikation ist bloss Shock. Nicht jede 
Deviation ist pathologisch. Die Indikation ist keine mechanische, sondern eine 
klinische (Funktionsstörung der Muscheln und des Nasopharynx), daher ist meist 
eine andere nasale Operation mit der Resektion des Septums zu verbinden. An 
245 Patienten wurden Briefe betreffs Befinden nach der submukösen Septum- 
resektion geschickt. Die Antworten ergaben: 2 Nasenbluten, 4 Nasenkatarrhe, 
43 Verschwinden der vorherigen Nasenbeschwerden, 43 keinerlei nervöse 
Symptome, 1 nervöse Reaktion, 39 Besserungen des Allgemeinbefindens, 15 Ge. 
hörverbesserungen, 1 Bestehen der Gehörsverminderung, 1 Narbe am vorderen 
Septumabschnitt, 2 Perforationen, die sich jedoch vollständig wohlbefinden. 

Dr. Clyde E. Purcell (Paducah) sprach im allgemeinen über „Sub- 
mukóse Septumresektion". Eine Deviation kann Komplikation im Auge, 
(Refraktionsstórungen), Ohr, Pharynx und Larynx hervorrufen. Selbst bei sieben- 
jährigen Kindern rät er, lieber zu operieren als durch Zuwarten sie zu Mund- 
atmern zu stempeln. Bei sehr alten Leuten ist Indikation fraglich. Infektions- 
gefahr ist allgemein unterschätzt. Der Vortragende hatte einen Fall von Ery- 
sipelas nach submukéser Resektion, der eine Perforation zur Folge hatte (die neben- 
bei die einzige unter 123 operierten Fällen war). Seine Inzision geht vom Septum 
auf den Nasenboden über und dann ein Stück nach vorwärts. 

Diskussion: Dr. J.O. Roe (Rochester) befürwortet zuerst die hypertrophischen 
Muscheln zu entfernen. Er hat eigene Instrumente, den Knorpel „gerade zu 
quetschen“. 

Dr. O. Freer (Chikago) beginnt zuerst mit horizontaler Inzision nahe dem 
Nasenboden, eleviert nach oben und rückwürts und macht danu meist rückwürts 
de vertikale Inzision. Während der weiteren Operation wird der so geformte 
Lappen vom Assistenten nach vorne gezogen. Er benützt kein Knorpelmesserchen. 

Dr. Scholz (St. Louis) heilte epileptische Anfälle durch submuköse 
Septumresektion. 

Dr. Pheedy (New York) sah bei Kindern stets gute Resultate. 

Dr. Ballenger (Chikago) bewahrt nach Goldsmith den entfernten Knorpel 
in physiologischer Kochsalzlösung auf, um ihn bei Perforation zwischen die beiden 
Schleimbäute zu schieben. Bei Kindern wendet er Dr. Schluders Methode an, 
die in 3 horizontalen Inzisionen (am obersten, mittleren und untersten Teile der 
Deviation) und Überlappung durch Druckverband besteht. 

Dr. Tydings (Chikago) entfernt den Verband bereits nach 12 Stunden. 

Dr. Sluder (St. Louis) weist auf die Koinzidenz von gebogenem Nasen- 
rücken und traumatischer Septumperforation hin. 

Den letzten Vortrag hielt Dr. F. C. Todd (Minneapolis) über ,Neuralgien 
und funktionelle Störungen in Kopf und Hals nach tonsillären 
Infektionen“. Die von den Tonsillen ausgehende Infektion greift auf die Ge- 
bilde des Halses über und ruft durch Mitbeteiligung der Nerven verschiedenartige 
Neuralgien, Funktionsstörungen und Reflexsymptome hervor. Die Kopf-, Ohr- und 
Zahnbeschwerden sind oft bloss auf der Seite der erkrankten Tonsille vorhanden. 


23] Gesellschafts- und Kongreesberichte. 329 


Von den laryngealen lieizsymptomen sind Husten, Heiserkeit und vollständiger 
Stimmverlust hervorzuheben. 

Folgende Instrumente wurden vorgestellt: 

Dr. Casselberry (Chikago): schneidende Zange zur bronchoskopischen 
Entfernung von in die Schleimhaut versenkten Nadeln. 

Dr. E. Cutter (West Falmouth): Oraler Tubenkatheter. 


Dr. Otto Glogau (New York): Submuköse Septumsägen zur gefahrlosen 
und präzisen Entfernung der knöchernen Deviation. 


Dr. H. Horn (San Franzisko): Apparat zum Nachweis von Eiter in den 
Nasennebenhöhlen vermittelst negativen Druckes. 


Dr. Sluder (St. Louis): Tonsillotom, zur Tonsillektomie geeignet. 


Dr. H. W. Loeb (St. Louis) hatte eine wunderschóne Sammlung von ana- 
tomischen Präparaten der Nase und ihrer Nebenhóhlen ausgestellt. 


Société Belge d'otologie, de rhinologie et de laryngologie. 
XX. Congrés. Bruxelles 11., 12., 13. Juni 1910. 


Nach dem offiziellen Bericht des Dr. E. Labarre. 
Präsident: Herr A. Capart sen. 


Sonnabend, 11. Juni. 


Aus der Geschüftssitzung ist hervorzuheben: Die Versammlung nimmt ein- 
stimmig den Vorschlag des Herrn Delsaux an, eine internationale oto-rhino- 
laryngologische Vereinigung zu gründen. Sie ernennt, um sie in der künftigen 
Vereinigung zu vertreten, die Herren: Broeckaert-Gand, Delsaux-Brüssel und 
Trétróp-Antwerpen. 

Der Vorstand besteht für die Amtsführung des Jahres 1910—1911 aus den 
Herren: Broeckaert, Präsident; Capart sen., stellvertretender Präsident; 
Labarre, Vizepräsident; Delsaux Geneneralsekretir; Merckx, Sekretär, 
Maloens, Schatzmeister; Beco, Cheval und Goris, Beisitzer, 

Es wurde beschlossen, dass jährlich zwei Versammlungen stattfinden sollten. 

1. Anatomische oder anatomisch-pathologische Demonstrationen. 

Jauquet, Brüssel. 

Ein Fall von Pansinusitis mit okulären, endokraniellen und pharyngealen 
Komplikationen. 

Der Kranke zeigt eine Anschwellung der rechten Orbita, eine milchige 
Trübung der Kornea dieser Seite, links Papillitis (Untersucher Prof. Galle- 
maerts). 

Die Untersuchung der Nase zeigt das Vorhandensein einer Polysinusitis der 
linkeu Seite und eines weichen Rachentumors, der das Ausseben eines kalten 
Abszesses hat. Das vollständige einseitige Evidement der rechten Seite wird aus- 
geführt. Es findet sich keine direkte Verbindung mit dem Gehirn. Nachdem die 
Operation gemacht und der Verband angelegt ist, scheint der Patient sich in sehr 
gutem Zustand zu befinden; aber nach einer Viertelstunde tritt plötzlich Atem- 
stillstand ein und auch sofortiges Eingreifen konnte keine Hilfe bringen. 

Die Autopsie ergibt: Meningitis der Basis, thrombosierter Sinus lateralis und 
medianus, der mit Eiter gefüllt ist, starke Kiteransammlung in der Keilbeingegend. 
Keine direkte Verbindung mit dem Operationsfeld. 

Es entspinnt sich eine längere Diskussion über die Frage, ob es sich hier 
um einen kalten Abszess oder einen entzündlichen Senkungsabszess des Rachens 
handelte und ob angesichts der Papillitis nicht eine Lumbalpunktion der Operation 
hätte vorausgehen sollen. An der Diskussion beteiligen sich die Herren: Cheval, 
Broeckaert, Trétrôp, Delie, Capart jun, Jauquet. . 


330 Gesellschafts- und Kongressberichte. [24 


Broeckaert (Gent). 

Voluminöse Dermoidzyste des Mundbodens. 

Ein durch den Mund entfernter, abgerundeter, flacher, zystischer Tumor in 
Form einer Schote. Ein längs der Zahnreihe gemachter Einschnitt liess ihn mit 
grösster Leichtigkeit ausschälen. 

Diskussion: Goris: Eine Operation muss immer so viel als möglich aseptisch 
gemacht werden. Ich operiere immer nur von aussen oberhalb des Zungenbeins, 
denn wenn eine Infektion in dieser grossen Höhle stattgefunden hätte, so hätte 
das zu schweren Störungen führen können. 

Broeckaert. Da die Zysten dieser Art sich immer oberhalb des Myo- 
hyoideus befinden, so hielt ich es nicht für nötig, ihn zu durchschneiden, um den 
Tumor zu erreichen, der sich unter der Mundschleimhaut befand. 

Fernandes, Brüssel. 

Ein Stein im Ductus Stenonianus. 

Bei diesem Manne hatte sich wiederholt eine Anschwellung der Parotisgegend 
gezeigt. Bei der Palpation konstatierte der Verfasser einen kleinen Knoten; es 
war ein Stein, der 25 Zentigramm wog. 

Capart, sen. Ein Fall ‘von pharyngo-laryngealer Sporotrichose. Mikro- 
skopische Präparate. 

Der Patient batte einen Tumor des Pharynx und Larynx, die man für 
maligne Affektionen halten konnte, denn im vorigen Jahre hatte er einen Tumor 
am Arm und einen in der Achselhöhle, welche man als Sporotrichose erkannt hatte, 

Capart betont die Schwierigkeit der mikroskopischen Untersuchung uud 
hebt dagegen die grosse Leichtigkeit hervor, den Keim auf geeigneten Nährböden 
zu finden. Die Verabreichung von Jodkali genügte, um diesen Kranken zu heilen. 

Diskussion. 

. Trétróp. Über den ersten Fall dieser Affektion berichtete Schlenck in 
Amerika 1898. Bis 1903 fanden sich keine Anzeichen derselben in Europa. 
Gewöhnlich nimmt die Krankheit im Munde oder im Pharynx ihren Anfang; und 
dann verbreitet sie sich. Es scheint, dass die Gemüse, namentlich der Salat, als 
die hauptsächlichsten Träger der Sporotrichose anzusehen sind. 

Goris. Beitrag zur plastischen Chirurgie des Gesichtes. 

Ein Mann, bei dem die Wange, der Unterkiefer, die submaxillaren Drüsen- 
pakete der Karotis der rechten Seite, wie auch die linken submaxillaren Drüsen 
von epitheliomatöser Ulzeration befallen waren. Ligatur der Jugularis interna, 
Entfernung der Drüsenpakete an der Karotis, des linken Unterkiefers und der an- 
liegenden Drüsen, sowie derjenigen der rechten Seite. 

Plastik. Ein oberer Lappen wurde von der Stirnhaut genommen uud zu- 
rückgeschlagen, die blutige Seite nach aussen, die Epidermis folglich nach innen; 
nach Möglichkeit wird ein unterer Lappen genommen, und zwar dass er nicht nur 
die Haut, sondern auch das Unterzellengewebe mit erfasste. 

Dieser Lappen wird auch auf das Operationsfeld gelegt, die blutige Seite 
nach aussen. Man bildete auf diese Weise eine Wangenschleimhaut auf Kosten 
der äusseren Haut. 

Der Patient lebte noch-drei Monate und starb dann an Bronchopneumonie. 

Delaaux, Brüssel. 

Eine Sammlung von Stereo-Photogrammen. Zirka hundert Stereo -Photo- 
gramme, die sich beziehen auf: 1. die Anatomie, speziell die Anatomie der Nasen- 
héhlen und des Sinus (Nasenphantom von Killian), 2. auf die Pathologie der 
Nase, des Larynx und der Ohren; und zwar wurden alle in Betracht kommenden Fülle, 
welche in der Poliklinik der oto-laryngologischen Abteilung des Hospitals Saint- 
Jean und in der privaten Praxis des Verfassers vorkamen, untersucht, 3. auf die 
oto-rhino-laryngologische chiurgische Technik und auf die Operation der Poly- 
sinusitis des Gesichts. 

Delsaux betont die Dienste, welche die polychromen Stereogramme der 
"Wissenschaft leisten. 


25] Gesellschafts- und Kongressberichte. 33l 


III. Krankenvorstellung. 

Fernandés, Brüssel. 

Einige Fülle von Nasenlupus. 

Der Verfasser stellt drei Patientinnen vor, die von deutlich festgestellteu 
Anzeichen von Nasenlupus befallen waren, und bei denen der Versuch mit 
Kochschem Tuberkulin ein positives Resultat ergeben hattte. Diese Kranken 
wurden durch Bestreichen mit reinem Parachlorophenal behandelt. Der Verfasser 
macht darauf aufmerksam, dass bei der ersten Kranken die Heilung eine voll- 
ständige ist; die zweite ist bedeutend besser, obgleich die Behandlung seit einem 
Jahre ausgesetzt ist; die dritte endlich, welche erst seit zwei Monaten in Behand- 
lung ist, scheint ebenfalls durch den Modus Faciendi gewonnen zu haben. 

Merckx, Brüssel. 

Modifikation des Verfahrens, das gewöhnlich zur Heilung der Polysinusitis 
angewandt wird. 

Die meisten Chirurgen führen zur Eröffnung der Nebenhóhlen wegen Poly- 
sinusitis eine Resektion der Nasenknochen aus, entweder definitiv oder temporär. 
Die temporäre Resektion mit einem Hautknochenlappen, satzt die Gefahr der Infek- 
tion und selbst der Nekrose. Und dann ist die Kallusbildung an dieser Stelle 
Behr entstellend. Schliesslich machen sich infolge der Narbe Zirkulationsstórungen 
fühlbar. 

Die definitive Resektion gibt vielleicht bessere ästhetische Resultate, es 
bleibt aber häufig ein Mangel an Symmetrie der vorderen, oberen Wand der 
Nasenhöhle zurück. 

Der Verfasser empfiehlt, nach einem einzigen Hauteinschnitt eine getrennte 
Öffnung für den Sinus frontalis zu machen; dann eine zweite untere Öffnung, 
welche die Öffnung des Nasenloches und einen Teil der äusseren Wand des 
Sinus maxillaris umfasst. Diese Öffnung, welche die Nasenknochen nicht berührt, 
gestattet, das Siebbein und das Keilbein sowie auf dem transmaxillaren Wege zu 
operieren und es hat keine der oben angeführten Unbequemlichkeiten zur Folge. 

Collet, Brüssel. Operation an Kranken, die an Polysinusitis des Gesichtes 
litten. 

Collet stellt zuerst eine Patientin vor, die zweimal wegen doppelseitiger 
Polysinusitis operiert wurde, rechts und links mit einem Zwischenraum von zwei 
Wochen. Die Operation war fast blutleer, dank der dreimaligen Anwendung von 
Adrenalin, zuerst als Tamponade in die Nasenhöhle, dann vor der Narkose und 
schliesslich in subkutanen Injektion in der Gegend der Einschnitte. Der Zugang 
zum Siebbein und zum Keilbein wurde dadurch erreicht, dass man den Processus 
frontalis und die innere Orbitalwand entfernte, die eigentlichen Nasenknochen 
blieben dabei intakt. An den Sinus maxillaris gelangte man durch die vordere 
innere Wand. Collet führt dann eine zweite Patientin vor, welche vor viel 
Jahren wegen beiderseitiger Siebbeineiterung auf intranasalem Wege operiert 
wurde und die als geheilt betrachtet wird. Seitdem wurde diese Kranke, und 
zwar wiederholt, von Stirnhöbleneiterung befallen und deswegen operiert, ohne 
dass die Kieferhöhle, die Keilbein- und Kieferhöbleneiterung mit beteiligt gewesen 
wären. Der Verfasser hebt die sukzessive Entwickelung dieser Sinusiten hervor 
und ist der Ansicht, dass es sich hier um eine fortschreitende Knochenaffektion 
handelt, einer Osteomyelitis. 

Was seine Ansicht bestätigt ist, dass sich bei dieser Patientin noch zeitweise 
entzündliche Erscheinungen mit Schmerzen und Anschwellungen zeigen, entweder 
in der Gegend der Stirn, in der Nähe des eigentlichen Nasenknochens, oder des 
harten Gaumens. 

Van den Wildenberg, Antwerpen. 

Bruch der Schädelbasis, des Stirnbeins und der Gesichtsknochen. Schwere 
Verletzung des Gehirns. Polysinusitis. Schliesslich Heilung. 

Wie der obenstehende Titel zeigt, hatte die Kranke, welche der Verfasser 
vorstellt, vielfache Verletzungen des Schädels, des Gehirns und des Sinus, folglich 


332 Gesellschafts- und Kongressberichte. [26 


ein Trauma. Fünf Operationen wurden nacheinander im Laufe von 8 Monaten 
gemacht, um endlich zu vollständiger Heilung zu führen. Der Verfasser betont 
besonders die grosse Widerstandsfähigkeit des Gehirns und der Meningen bei den 
ausgedehnten Eingriffen, die er zu machen gezwungen war. 

Beco, Lüttich. 

Vorstellung von Kranken, an denen die Laryngotomie wegen Papillome ge- 
macht wurde. 

Der erste dieser Kranken wurde am 2. Mai 1908 tracheotomiert; er nahm 
am 1. Juni seine Arbeit wieder auf. Der Verschluss der Wunde wurde 9 Monate 
später gemacht. 

Der zweite, bei dem drei Thyreotomien erfolglos gewesen waren, trug seit 
6 Jahren eine Fistel und dann eine Trachealkanüle. Dank der Laryngotracheo- 
tomie erfolgte die Heilung der Papillome in 3'2 Monaten. Dieser Kranke ist 
seit 20 Monaten geheilt, bebält aber noch seine Öffnung. 

Beim dritten Patienten kann man ein Aufhören der Papillombildung erst jetzt 
nach zwei Jahren sehen; aber im Verlaufe des zweiten Jahres ist er nicht mit 
der nötigen Genauigkeit beobachtet worden, man hat Zeit verloren. 

Der Verfasser macht darauf aufmerksam, dass er bei den beiden ersten 
Laryngotracheotomierten den Larynx sich sehr bald wieder schliessen liess, und 
nur die Trachealöffnung blieb offen. 

Beim dritten Patienten wurde in Anbetracht der Ausbreitung der Krankheit 
die Laryngotracheotomiewunde bisher offen gehalten. 

Blondiau, Charleroi. 

Eine junge Frau mit stenosierenden Larynxpapillomen. 

Die Kranke, 21 Jahre alt, trägt seit 6 Jahren eine Trachealkanüle. 

Grosse Papillome obstruieren von allen Seiten die Glottis. Vor 3 Jaliren 
wurde infolge einer Aussaat der Papillome auf die Umgebung der Trachealóffnung 
und in die Trachea, eine Operation nötig. Nach kurzer Anästhesie mit Kokain 
wurden die Papillome mit galvanokaustischer Schlinge entfernt. 

Die Debandlung, welche in diesem Falle deutlich vorgezeichnet erscheint, ist 
die Laryngotomie mit dauerndem Offenbleiben der Offnung. Diese Operation wire 
schon längst gemacht worden, wenn die Familie sich nicht jedem Eingriffe wider- 
setzt hätte. 

Bei der Vorstellung dieser Patientin hatte der Verfasser hauptsächlich im 
Auge, einer erst kürzlich geäusserten Ansicht von Saint-Clair Thomson eine 
kritische Beleuchtung entgegenzusetzen, dass nämlich die Papillome die Tendenz 
haben, gegen das sechste Jahr plötzlich zu verschwinden, und dass die Tracheo- 
tomie, mit endolaryngealen Eingriffen verbunden, genügt, die Papillome zu heilen. 

Jauquet, Brüssel. 

Vorstellung eines geheilten Laryngotomisierten. 

Dieser Patient wurde im Oktober 1907 operiert und dem Kongress vor zwei 
Jahren vorgestellt. Er war von der laryngotrachealen Verengerung vollständig 
befreit, (siebe die damals von diesem Falle gegebene detaillierte Beschreibung); 
eine Fistel, die zu keinerlei Störungen führte und durch ein Heftpflaster geschlossen 
gehalten wurde, wurde erst in diesem Jahre durch eine einfache Naht geschlossen. 

Das Resultat, das plastische sowohl, als auch das physiologische, war ein 
vollkommenes. | 

Delsaux, Brüssel. 

Fünf Fülle von laryngo-trachealer Stenose, welche auf verschiedene Weise 
behandelt wurden. 

Es handelt sich zunächst um einen Fall von narbiger laryngo-trachealer 
Stenose, die mit Laryngotomie, sowie Erweiterung durch Kautschukröhrchen be- 
handelt und geheilt wurde. Dieser Patient wurde in zwei Sitzungen der Société 
Belge d'oto-laryngologie vorgestellt, er ist vollständig geheilt und wäre in ganz 
normalem Zustande, wenn seine Stimme nicht infolge von Unbeweglichkeit des 
linken Stimmbandes durch das Narbengewebe heiser wäre. 


21] Gesellschafts- und Kongressberichte. 333 


Es folgen dann zwei Kanülenirüger, von denen der erste in einem Dorfe in 
Flandern tracheotomiert war und den der Arzt nicht dekanülieren konnte. 

Nachdem der Verfasser sicb durch die untere Tracheoskopie und die retro- 
grade Laryngoskopie überzeugt hatte, dass kein körperliehes Hindernis für die 
Atmung vorhanden war, nahm der Verfasser eine Reihe von Kokainisierungen der 
Trachea vor, welche es dem Kinde ermöglichten, die sofortige Entfernung der 
Kanüle zu ertragen, sowie auch ihren Verschluss während einer Zeit von fort- 
schreitend längerer Dauer. Die Trachealwunde wurde zunächst mit Hilfe des 
Fingers geschlossen und dann mit einem Pflaster, welches das Kind mehr als eine 
Stunde auf der Wunde hatte. Schliesslich schlief es ohne eine Kanüle ein und 
war seitdem gesund. Seine Stimme ist ganz normal. 

Der zweite Fall ist ein Mädchen von 13 Jahren, welches vor ungefähr 
l'j Jahren im Hospital tracheotomiert worden war, wegen einer spezifischen 
laryngotrachealen Verengerung; sie wurde unter Adrenalin-Kokain tracheoskopiert 
und laryngoskopiert. Die Behandlung durch Verschluss der Kanüle und Auflegung 
des Pflasters machte der spastischen Stenose, welche zusammen mit der wahren 
Stenose eintrat, als man dieses Kind dekanülierte, ziemlich bald ein Ende. 

Die zwei folgenden Patienten sind noch mit Kanülen versehen; ein Kind von 
9 Jabren wurde eines Abends mit drohender Asphyxie ins Hospital gebracht. 
Man machte wiederholt eine Tubage des Larynx und wegen dringender Gefahr 
die Tracheotomie, welche die Eröffnung eines subglottischen Abfzesses mit 
Streptokokken herbeiführte. Dieses Kind hatte ausserdem eine Narbe im Rachen, 
welche ein ın der Folge hervortretender Lupusknoten als Folge einer tuber- 
kulösen Lokalisation erkennen liess. Von seiner subglottischen Affektion geheilt, 
konnte es dekanüliert werden. Dieses gute Resultat erwies sich als nicht von 
Dauer. Das Kind musste wieder tracheotomieit werden und trotz zahlreicher und 
mit Geduld ausgeführten Versuche der Dekanülisation verliess es das Hospital mit 
seiner Kanüle. Unglücklicherweise hat sich der Lupus der Nase, trotz des Land- 
aufenthaltes und vielleicht wegen Mangel an Pflege, derart entwickelt, dass dıe 
ganze rechte Nasenhöhle mit Schorf und lupösen Wucherungen angefüllt ist. 
Die Kanüle, die es trägt, wird nur von Zeit zu Zeit gereinigt; der Verfasser ist 
der Ansicht, dass es in diesem Falle von grossem Vorteil wäre eine Trachealfistel, 
zu machen Später könnte man sie wieder schliessen, nachdem der Nasenlupus 
in genügender Weise behandelt und so weit in Besserung wäre, dass man wenig- 
stens von dieser Seite nichts mehr zu fürchten hätte. 

Die letzte Beobachtung betrifft ein Kind von 9 Monaten, das asphyktisch ins 
Hospital gebracht wurde, die Eltern glaubten, dass es ein Stück von einer Nuss- 
schale verschluckt hatte. 

Es wurde ein vergeblicher Versuch einer oberen Tracheo-Bronchoskopie ge- 
macht und einer unteren Tracheotomie. 

Seitdem atmete das kind wieder und das Gesicht färbte sich wieder. Weder 
die untere Tracheoskopie noch die Auskultation und die Radioskopie liessen einen 
Fremdkörper erkennen. Delsaux glaubte sich berechtigt, den Versuch der Er- 
ziehung zur normalen Atmung zu machen und liess den Verscliluss der Kanüle 
unter fortgesetzter Überwachung ausführen. 

Unglücklicherweise bekam das Kinü plötzlich einen Erstickungsanfall, wäh- 
rend eines dieser Versuche, als man die Kanüle mit einem Pfropfen geschlossen 
hatte und man musste zur Einatmung von Sauerstoff seine Zuflucht nehmen, um 
es aus seiner gefahrvollen Lage zu befreien. Seitdem stellte der Verfasser die 
Versuche mit der Methode der Erziehung zur normalen Atmung ein; er schickte 
das Kind aufs Land und wird dann auf ein Mittel sinnen, das angewandt werden 
könnte, um die physiologische Respiration wieder herzustellen. 

Zum Schiusse betont Delsaux die Notwendigkeit, den Versuch der pro- 
gressiven Dekanülisation zu machen, bevor man zur Tracheotomie schreitet, welche 
das letzte Mittel bleiben muss, um die Stenose der oberen Luftwege zu beseitigen. 


334 Gesellschafts- und Kongressberichte. [28 


Ledoux, Huy. 

Palatoplastik nach totaler Resektion des Oberkiefers. 

Das von Ledoux anempfohlene Verfahren besteht in der Verwendung eines 
fronto-temporalen Lappens, dessen äusserster Teil dazu dient, das Gaumengewölbe 
wieder herzustellen und der Rest soll zur Deckung des Defektes des Oberkiefers 
verwandt werden. 

Ist die Resektion des Oberkiefers beendet, so schneidet man: 

1. Einen Hautmuskellappen von 3—4 cm Breite und 10—15 cm Länge. 

2. Man näht seinen äusseren Rand (nachdem man ihn um seinen zwischen 
den Brauen liegenden Stiel gedreht hat) an das was vom Gaumensegel noch 
bleibt, oder er bleibt lose hüngen, wenn dieses geopfert worden ist. 

3. Man näht die beiden betreffenden Ränder an das was von der Schleimhaut 
des Gaumens noch bleibt längs den Zähnen und von der anderen Seite an den 
unteren Lappen. 

4. Hinter der Oberlippe frischt man den Rücken des Lappens an und macht 
die Naht. 

In einer zweiten Sitzung, 2 Wochen nach der ersten, durchschneidet man 
den Lappen an seinem Stiel zwischen den Augenbrauen und dreht ihn so, dass 
er den Wangenlappen unterfüttert. : 

Füllt auf diese Weise den Kieferdefekt, ohne jedoch die korrespondierende 
Nasenhóhle- zu berühren, die ganz offen bleibt. 

Jauquet, Brüssel. 

Partielle Entfernung der Parotis wegen Endothelioms. Vorführung von 
Prüparaten und Vorstellung der geheilten Frau. 

Es handelt sich um eine Kranke mit lokalisiertem Tumor der Parotis. 

Während der Operation schien es, als wäre der Tumor nicht zu entfernen 
und von malignem Aussehen. Als man jedoch fand, dass der hintere, untere Teil 
der Drüse gesund wer, wurde der kranke Teil vorsichtig entfernt, aber erst nach 
Entfernung des vorderen Teiles mit dem Ductus Stenonianus. Die Mündung des 
Kanals wurde häufig sondiert, um den ununterbrochenen Durchgang zur Drüse zu 
erhalten. 

Vollständige Heilung seit mehreren Monaten. 

Delsaux, Brüssel. 

Lymphadenom der beiden Parotiden. 

Eine Frau von 67 Jahren kam in die Sprechstunde wegen Eiterung des 
linken Ohres mit Fungositen des Mittelohres. Zugleich hatte sie eine schmerzlose 
Anschwellung der beiden Parotiden. Die mikroskopischen Untersuchungen der 
Granulationen im Ohr ergaben zweimal gutartige Wucherungen. Der Verfasser 
löste das Ohrläppchen und machte eine Kürettage des Ohres. Eine grosse Drüse 
befand sich unter dem Ohr und schien mit der Affektion des Ohres in Verbindung 
zu stehen. Auf der rechten Seite wurde diese Kranke von Jauquet operiert, der 
die Parotis und die anliegenden Drüsen ausschnitt. Die mikroskopische Analyse 
des Stückes ergab Lymphadenom. 

Deisaux machte dann eine Untersuchung des Blutes, wobei sich ergab, 
dass Leukämie und Pseudo-Leukämie ausschieden, er machte dann die Operation 
an der linken Seite und schnitt in einer folgenden Operation ein Drüsenpaket 
von der Grösse einer halben Faust aus. Die von Dr. Steinhaus gemachte 
mikroskopische Untersuchung zeigte das Vorhandensein tuberkulöser Herde in der 
Drüse selbst und in den Lyınphdrüsen. 

Die Patientin befindet sich gegenwärtig auf dem Wege der Heilung. 

Der Verfasser betont schliesslich die Notwendigkeit der Differentialdiagnose 
der Krankheit. 

Steinhaus, Brüssel. 

Gibt einige histopathologische Erláuterungen das symmetrische Lymphom der 
Parotis betreffend, welche Delsaux vorlegte und demonstriert die mikro- 
skopischen Schnitte, welche er Gelegenheit hatte bei diesem Falle auszuführen. 


29) Gesellschafts- und Kongressberichte. 335 


Van den Wildenberg, Antwerpen. 

Ein bemerkenswerter Fall von Gangrün des Gesichtes und des Halses. 

Es handelt sich um einen Fall von Gangrün von ausserordentlich rapidem 
Verlauf, vermutlich als Folgeerscheinung einer Angina derselben Art. Die 
Affektion war sehr ausgebreitet und hatte sich tief bis zum Larynx fortgepflanzt, 
indem sie sich im Zellgewebe verbreitete und die Speicheldrüsen ergriff. Grosse 
Arterien, wie die Lingualis und die Fazialis waren bis zur Karotis durch in den 
gangränösen Prozess einbezogen. 

Die Heilung des Kranken wurde durch weitgehende Erweiterungen und die 
Anwendung von Wasserstoffsuperoxyd, wie auch aromatischen Weins erzielt. 

Delsaux, Brüssel. 

Tumor des Mediastinums mit Kompression des Rekurrens. 

Ein Patient, der von rechtsseitiger Rekurrenslähwung befallen war und bei 
dem die Radiographie das Vorhandensein eines enormen Tumors des Mediastinums 
enthüllte. Dieser Kranke wurde einer antisyphilitischen Behandlung unterworfen, 
obgleich er alle spezifischen früheren Vorgänge leugnete. Gegenwärtig ver- 
schwindet der Schmerz wie auch die Schlaflosigkeit und sonstigen Störungen, 
aber die Lähmung dauert fort, was den Verfasser veranlasst, sich über die Heilung 
dieses Kranken mit einigem Vorbehalt zu äussern. 


Verhandlungen der Dänischen oto-laryngologischen Gesellschaft, 


67. Sitzung vom 16. März 1910. 


Vorsitzender: Dr. Kiär. 
Schriftführer: Dr. Blegvad. 


I. P. Tetens Hald: Fall zur Diagnose, 

20 jähriges Mädchen, seit 6 Tagen Schluckschmerzen; in der rechten Ary- 
gegend ein tiefes, scharf abgeschnittenes Geschwür, in der Umgebung einige gelbe 
Flecken. Keine syphilitischen Manifestationen. 

Diskussion: Schmiegelow, Kiär u. a. meinen, es handle sich wahr 
scheinlich um einen Gummiknoten. 

(Späterer Zusatz: Wassermann positiv, Geschwür durch antiluetische 
Behandlung geheilt.) 

II. Wilhelm Waller: Fall von tiefliegendem Fremdkörper in der Lunge. 
Bronchoskopische Extraktion. 

Ein 12 jähriger Knabe inhalierte das Mundstück einer Kindertrompete; 
Wohlbefinden; bei schnellem Respirieren hört man zwei trompetenähnliche Töne. 
In Chloroformnarkose wird Bronchoskopie gemacht und der 25 cm vom Zungen- 
bein entfernte Fremdkörper wird mittels einer platten Brüningsschen Zange 
entfernt. 

Übrigens otologische Mitteilungen. 


68. Sitzung vom 11. Mai 1910. 


I. Gottlieb Kiür: Dilatation des Oberkiefers. 

Kiar empfiehlt in Fällen, wo auch nach Entfernung der adenoiden Vege- 
tationen die nasale Respiration sich nicht ausbilden lässt, mechanische Dilatation 
des Oberkiefers vorzunehmen; es lüsst sich in dieser Weise die schmale, hohe 
Eorm des Gaumens, sowie die Deviation der Nasenscheidewand beseitigen. 

II. E. Schmiegelow: Beitrag zur operativen Behandlung der Hypophysen- 
leiden. 

Schmiegelow hat eine Dame wegen Hypophysistumors operiert; die 
äussere Nase wurde aufgeklappt, Nasenscheidewand, vordere Keilbeinhöhlenwand. 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III. H. 3. 28 


336 Gesellschafts- und Kongressberichte. [30 


Septum sphenoidale und schliesslich vordere Wand der Sella turcica entfernt, 
wonach Tumor teilweise entfernt wurde. Nachher Wohlbefinden, Symptome 
gebessert. 

(Späterer Zusatz: 8 Wochen nach der Operation plötzlich Hirnödem, binnen 
weniger Stunden Exitus; keine Meningitis.) 

Diskussion: P. Tetens Hald. 

III. E. Schmiegelow: Fülle von Mukozele der Stirnhöhle und der Sieb- 
beinzellen. 

1. 63jährige Frau stiess vor 3 Jahren die Stirne gegen eine Ofentür; 
2 Tage später ein kleiner Knoten, der fortwährend gewachsen; gleichzeitig 
Doppelsehen. Inmitten der Stirne ein hühnereigrosser Tumor, der das linke 
Auge beträchtlich disloziert hat; bei der Operation zwei voneinander völlig ge- 
trennte Zysten, die eine in der Stirnhöhle, die andere in der Orbita und dem 
vorderen Teil des Siebbeins; die Wand fibrös, der Inhalt dick, gelatinös, dunkel- 
braun, gibt starke Blutreaktion. Interessant ist das traumatische Entstehen, 
wahrscheinlich durch einen Bluterguss in die Stirnhöhle. 

2. 5ljährige Frau bemerkte vor 1 Jahre einen kleinen zystischen Knoten 
im linken Augenwinkel, der sehr langsam bis zur Kirschengrösse anwuchs. Bei 
der Operation walnussgrosse Zyste im Siebbein, ohne Verbindung mit der Nasen- 
höble; die Wand fibrös, der Inhalt grünlich, gelatinös. 

IV. E. Schmiegelow: Larynxstenose von narbiger Natur, nach Selbst- 
mordversuch; die Stenose wurde mittels Drain & demeure dilatiert; Patient wird 
als geheilt vorgestellt. Jörgen Möller. 


Rhino-laryngologische Sektion des Kgl. Ärztevereins zu Budapest. 
III. Sitzung vom 3. November 1909. 


1. D. v. Navratil. Mittelst Tracheoskopie diagnostizierter 
Fall von Aneurysma. 

Die 28 Jahre alte Patientin klagte über Kurzatmigkeit. Objektiv liess sich 
eine mässige Vergrösserung der Schilddrüse, deren linker Lappen substernal 
endete, nachweisen. Die Tracheoskcpie wies eine Pulsation rechts nach. Geringe 
Dämpfung l. über dem Manubrium sterni, radioskopisch ]. an dem sternalen An- 
satze der 2. Rippe ein ungefähr nussgrosser Aneurysma, 

Sonstige Erscheinungen, wie Geräusche, Pulsdifferenz fehlen. Merkwürdig 
ist, dass das links sitzende Aneurysma tracheoskopisch rechts eine Pulsation zeigte. 
Verfasser nimmt an, dass das links sitzende Aneurysma an der Aorta ascendens 
sitzt, und dass dieses der erste Fall ist, wo bei der tracheoskopischen 
Untersuchung im Lumen der Trachea eine derartig starke Pulsation sichtbar war, 
welche die Diagnose des Aneurysma mit Wahrscheinlichkeit annehmen liess. 

v. Navratil sen.: Der Fall rechtfertigt die Bedeutung der Tracheoskopie 
in der Diagnostik der Aneurysmen, besonders in jenen Fällen, wo die laryngealen 
Symptome nur mässig entwickelt sind. 

2. E. Baumgarten. Empyem und Osteomyelitis der Kieferhöhle. 

Baumgarten hat dem Patienten vor7 Jahren die linke Kieferhóhle vom unteren 
Nasengang breit eröffnet und ausgekratzt, worauf nach einem Jahre Heilung erfolgte. 
Nach 7 Jahren traten wieder Schmerzen und eiteriger Ausfluss auf. Die frühere 
Öffnung war ganz verheilt, sie musste aufgefrischt werden. Nach 3 Tagen r. Odem 
der Oberlippen und des Augenlides und der Wange. Baumgarten schnitt unter dem 
r. Arcus zygomaticus tief ein, worauf sich viel Eiter entleerte. Entfernung der 
Vorderwand. Nach 8 Tagen frische Infiltration, Phlegmone, Elimination eines 
nekrotischen Knochensplitters, hierauf Heilung in 3 Wochen. Es ist schwer zu 
entscheiden, ob die Osteomyelitis hier primär oder sekundär war. 

8. E. v. Navratil. Rückblick auf die Tütigkeit der XV. Sektion 
des XVI. internat. med. Kongresses. 


31] Gesellschafts- und Kongressberichte. 337 


4. Diskussion über die Indikation der Eröffnung der Stirn- 
hóltlen. 

C. Lang ist für die konservative Therapie, komplizierte Fälle aber, in 
welchen der Knochen affiziert ist, sollen operiert werden. Die bisherige Statistik 
ist richt ganz verlässlich, bei Obduktionen sollten die Stirnhöhlen stets untersucht 
werden, um zu sehen, wie häufig Komplikationen vorkommen. 

F. Tovolgyi. Die chirurgische Eröffnung ist unbedingt indiziert, wenn 
Knochenleiden, Dilatation, orbitale oder Gehirnkomplikationen vorliegen; bei hoch- 
gradigen Kopfschmerzen soll zuerst die intranasale Therapie versucht werden. 
Vor der radikalen Operation ist die genaue Diagnose zu stellen, wozu die Röntgen- 
untersuchung uns verhelfen kann. 

L.Polyák hat vor8 Jahren auf dem Chirurgenkongresse mehrere nach Killian 
und Hajek operierte Fälle demonstriert und seinen Standpunkt klargelegt. Heute ist 
die Richtung jedenfalls viel konservativer wie in früheren Jahren. Es lässt sich 
wenig Neues über die Frage sagen. Die Stirnhöhlenempyeme sind nicht selten; selten 
sind nur jene Fälle, wo ein äusserer Eingriff notwendig ist. Polyäk hat in den letzten 
2 Jahren keinen solchen Fall gesehen. Schmerzen und Radioskopie sichern allein 
die Diagnose nicht, man muss sich von dem Vorhandensein der Eiterung durch 
Sondieren, Aspiration und Durchspülung überzeugen. Ein Eingriff von aussen ist 
nur dann zu gestatten, wenn wir endonasal nicht zum Ziele kommen. Die 
Operation nach Killian ist zweckmässiger als die osteoplastische Resektion. 

A. Onodi. Die ultraradikalen Operateure sind wegen den postoperativen 
Meningitiden mässiger geworden. Es sind schon Fälle auf intranasale Behand- 
lung ausgeheilt, bei welchen die radikale Operation beabsichtigt war. Die 
Komplikationen entscheiden, ob radikal operiert werden soll. 

E. Baumgarten. In England und Norddeutschland sind die Stirnhöhlen- 
eiterungen häufiger wie bei uns, da dort die Schädelknochen dünner sind. Die 
Czechen haben dickere Schädelknochen wie die Einwohner von Bosnien. Redner 
hat unter 4500 Patienten jährlich nur 10—12 Stirnhöhlenempyeme und ist höchst 
selten gezwungen, den Sinus zu eröffnen. 

Z. Donogäny. In akuten Fällen muss ein Eingriff schnell entschlossen 
werden, während bei chronischen Erkrankungen man konservativ vorgehen kann. 
Es lassen sich keine engen Grenzen für die Indikation stellen, der Zustand der 
Patienten und die klinische Erfahrung des Operateurs entscheiden. In dringenden 
Fällen soll nicht lange überlegt werden. 


I. Sitzung vom 25. Januar 1910. 


1. D. v. Navratil. Vor Sin Jahrenendonasaloperiertes Septum- 
karzinom. 

Die Krkrankung war sehr geringen Umfangs, nur auf die Schleimhaut be- 
grenzt und hat seither nicht rezidiviert. 

2. Z. v. Lénárt. Zitterbewegungen des Kehlkopfes und der 
Zung e. 

J. V., 90 Jahre alt, verheiratet, Schiffskapitün, wurde am 7. Januar 1910 im 
Sankt Stephansspital aufgenommen. 

Zwei Schwestern seiner Mutter starben an Paralysis agitans. Von seinen 
8 Kindern ist das eine nervös. Ä 

Vor 2 Jahren sah er 2 Monate hindurch alles doppelt mit dem rechten 
Auge, welches Symptom von selber verschwand. Vor 10 Monaten traten an der 
linken, etwas später auch an der rechten Hand Zittern und Muskelzuckungen auf; 
einen Monat darauf verlor er die Stimme und seitdem kann er nur flüsternd 
sprechen, da er bei lauter Sprache angeblich Schmerzen in der Maygengegend 
lmpfindet, Zeitweise ist er imstande eine bis zwei Silben auch laut zu äussern. Vor 
10 Jahren Ulcus am Penis und nachfolgend monatelang dauernde und vereiterte 
Bubonen. Schmierkur gebrauchte er keine, duch nahm er vor Jabren Jodkali. 


23* 


338 Gesellschafts. und Kongressberichte. [32 


Status praesens. Abducens der rechten Seite etwas paretisch. In den 
Fingern zeitweite fibrilläre Zuckungen. Argyll-Robertson-Symptom. Kniereflexe 
etwas gesteigert. Romberg fehlt. Analgesie, Anästhesie besteht nirgends; 
rheumaartige Schmerzen fehlen ebenfalls. Wassermann-Reaktion positiv, 

Patient ist fast stimmlos; Sprache flüsternd, einige Silben manchmal laut. 
Es hat den Anschein, als könnte er die Glottis nicht schliessen und spricht daher 
mit viel Luftverschwendung. Auffallend ist das Zittern der Zunge; besonders 
die Zungenwurzel und der Zungenrücken machen ständig kleine, rhythmische, 
fibrilläre Zuckungen; solche sind auch an der Epiglottis wahrzunehmen. 

Ständige Zitterbewegungen wie an der Zunge, sind an den aryepi- 
glottischen Falten, an den Giesbecken-Knorpeln und an den falschen 
Stimmbündern; dieses Zittern ist intensiver auf der linken Seite. Die wahren 
Stimmbänder machen auch in der Inspirationsstellung kleine, fibrilläre Exkur- 
sionen, welche bei der Phonation auffallender erscheinen. Bei der Adduktion ist 
ihre Berührung nicht vollkommen, dabei ist das Zittern weniger bemerkbar als 
bei der Abduktion, wo die zitternden Exkursionen der wahren Stimmbänder in 
Form von Ab- und Adduktionsbewegungen schärfer hervortreten. Auffallend ist 
der Umstand, dass der Patient während der Spiegeluntersuchung einen Ton ver- 
lautbaren kann, wie auch, wenn der Kehlkopf auf beiden Seiten etwas zusammen- 
gedrückt wird; das Zählen geht in diesem Falle mit reiner Stimme vonstatten ; 
doch tritt dann wieder Aphonie ein. 

Im vorliegenden Falle stehen wir einer derartigen parakinetischen Stórung 
des Kehlkopfs gegenüber, wo der Kehlkopf rhythmische Zitterbewegungen macht, 
die von dem Willen des Patienten unabhüngig sind. 

Dass diese Bewegungen unwillkürlich sind, unterscheidet dieselben von 
ataktischen Zuckungen, welche am heftigsten bei willlkürlichen Bewegungen auf- 
treten. Zwischen diesen zwei Formen stehen als Übergangsform jene Bewegungs- 
stórungen, welche bei Chorea im Kehlkopf zu sehen sind und auf welche 
Ziemssen die Aufmerksamkeit lenkte. 

Die rhythmischen Zitterbewegungen des Kehlkopfes beobachtete man bei 
verschiedenen Krankheiten, doch sind dieselben nicht so charakteristisch, dass 
aus ihnen das Grundleiden zu diagnostizieren würe. lm ganzen genommen, sind 
ähnliche Fälle selten und daher die Beobachtungen spärlich. 

P. Heymann sah ähnliches an der Epiglottis nach Verkühlung; 
Scheimann bei Gehirnsyphilis; Spencer und Oppenheimer bei Gehirn- 
tumoren, verbunden mit gleichzeitigem Nystagmus der Augen. Bei Hysterie haben 
Fälle von Schrötter, Baginsky, Mackenzie und Löri beschrieben. 
Krause, Kussmaul, Schulze sahen Zittern am Keblkopf bei Blei-, Queck- 
silber- und Alkoholvergiftungen. Am häufigsten zeigt sich dieses Symptom bei 
Tabes, Paralysis agitans und Sclerosis multiplex. 

In meinem Falle ist die Diagnosis Lues cerebrospinalis mit der Möglichkeit 
beginnender Tabes. Die Aphonie, desgleichen die Zitterbewegungen der Zunge 
und des Kehlkopfes glaube ich als hysterische Erscheinungen aufzufassen. 

Z. Donogány: Bei Tabes sind zumeist ataktische Bewegungen, in diesem 
Falle sind sie rhythmisch. Chorea kann auch ausgeschlossen werden, so bleibt 
nur das Gerhardtsche Zittern anzunehmen. Es ist kein selbstündiges Symptom, 
bloss eine Teilerscheinung einer Nervenerkrankung. 

E. Baumgarten: Bei Tabes ist oft ein Intentionszittern zu beobachten und 
nicht ein Oszillieren wie hier. Hält den Fall nicht für Tabes; Sclerosis multiplex, 
Syringomyelie, sogar Alkoholismus sind nicht ausgeschlossen. 

Mohr: Das Argyll-Robertsonsche Phänomen und Abducens- 
labmung sind frühzeitige Symptome bei Tabes; erhóhte Patellarreflexe sprechen 
nicht dagegen im Aufangsstadium. 

Z. v. Lénárt: Die Augensymptome sprechen für Tabes. Lokale Behandlung 
wurde nicht vorgenommen, Wassermannsche Reaktion war positiv und es 
wird antiluetische Kur begonnen werden. 


33] Kongresse und Vereine. 339 


3. D. v. Navratil. Prolapsus der Schleimhaut zwischen dem 
Taschenbande und der Stimmlippe der linken Seite. 

Entfernung mit der kalten Schlinge in zwei Sitzungen. 

4. D. v. Navratil. Papillome der Nasenschleimhaut. 

In Ermangelung der klinischen Beschreibung und des histologischen Be- 
fundes kann es Referent nicht entscheiden, ob es sich hier um papillüre Hyper- 
trophieu der Muschelschleimhaut oder um hartes Papillom gehandelt hat. 

II. Sitzung vom 28. Februar 1910. 

l. E. Pollatschek stellt einen Fall von primürem Pemphigua des 
Kehlkopfes vor. 

2. D. v. Navratil. Über die extra- und intranasale Paraffin- 
Technik. 

Injektionen von kaltem Paraffin mit der Broeckaertschen Spritze. Verf. 
lenkt die Aufmerksamkeit der Fachkreise auf verschiedene von ihm erdachte 
Griffe, welche zu schönen kosmetischen Erfolgen führen. Solche sind: Korrektur 
der chamaeoprosopischen Sattelnase und subkutane Durchmeisselung der Basis 
der Nasenbeine und Anwendung des Gipsverbandes; ferner die Abprüparierung 
der Septumschleimhaut durch eine kleine nung zum Zwecke der Paraffin- 
einspritzung. Noch eine bis jetzt nicht beschriebene Anwendung des kalten 
Paraffins wird erwühnt in einem Falle, wo die normale untere Muschel von 
ibrer Lage abgerutscht, schlaff am Nasenboden lag. Die aus erwühntem Grunde 
entstandenen und von ausländischen Autoritäten erfolglos behandelten Be- 
schwerden der Patienten sind vom Vortragenden mittelst Anwendung der kalten 
Paraffintechnik mit einem Schlage behoben worden. 

M. Steiner ist mit den Erfolgen des kalten Paraffins bei Ozäna zufrieden, 
kennt auch die submukösen Injektionen nach kleinen Kinschnitten in das Septum, 
das Paraffin kam aber später heraus. 

L. Polyák. Die Anwendung der subperichondrialen Paraffindepots ist nicht 
dem Vortragenden, sondern Weleminsky zu verdanken; Paraffinstücke sub- 
perichondrial aber werden seit 2—8 Jahren von Hutter bei Hajek mit Erfolg 
implantiert. 

E. Pollatschek wendet dio Brüningssche Spritze an, deren Vorteil er 
darin findet, dass wir das Paraffin vor der Anwendung selbst sterilisieren. Die 
subperichondralen Depots hat er bei Hajek von Hutter kennen gelernt. Was 
die Theorie der Frage betrifft, so es ist noch unentschieden, ob bei der Ozüna das 
geringere Quantum der durchströmenden Luft oder trophische Störungen eine Rolle 
spielen? Vom ersteren Standpunkte betrachtet ist die Richtung der durch- 
strömenden Luft von Bedeutung. Nach Réthi strömt die Exspirationsluft vom 
Nasenrachenraume gegen die Mitte der mittleren Muschel und von hier nach dem 
vorderen Pole der unteren Muschel; es ist deshalb überflüssig, die Nase mit 
Paraffin vollzupfropfen, es genügt, die zwei Punkte des Septums, welche den er- 
wähnten Stellen gegenüberliegen, mit Paraffin zu verdicken. 

C. Läng meint ebenfalls, dass das Brüningssche Instrument besser ist, 
er hat auch die Bouracksche Methode versucht, aber grosse Dekubitus erhalten. 

K. Morelli berichtet über Unfälle nach der Anwendung des warmen 
Paraffins. Polyák. 


V. Kongresse und Vereine. 


ITI. Internationaler Laryngo-Rhinologenkongress Berlin. 
28. August bis 2. September 1911. Vorträge sind zu melden bei Herrn Professor 
A. Rosenberg, Berlin NW., Schifbauendamm 26. 


340 Personalia. [34 


VI. Personalia. 


Herr von Eicken ist zum Professor der Ohrenheilkunde an der Universität 
Giessen ernannt, Herr Ledermann zum Professor der Laryngologie. 

Die Herren D. v. Navratil und Markus Pauncz haben sich als Dozenten 
der Laryngologie in Budapest habilitiert. 

Herrn Dr. Fr. Rópke in Solingen ist der Professortitel verliehen. 

Herr Professor Dr. med. O. Körner Rostock, ist zum korrespondierenden 
Mitgliede der Dänischen Oto-Laryngologischen Gesellschaft ernannt worden. 

Gestorben: Professor Sch wartze-Halle. 


Neu gegründet wurde von Herrn A. G. Tapia-Madrid die Revista es- 
pagnola de laringologia, otologia y rinologia. Wir wünschen dem 
Uzternehmen, dessen erstes Heft vorliegt, bestes Gedeihen. 








Aus der Kgl. Universitüts-Poliklinik für Hals- und Nasenkranke 
(Direktor: Prof. Dr. Gerber) und aus dem Lepraheim zu Memel 
(leitender Arzt: Kreisarzt Dr. Gessner, Memel). 


Die oberen Luftwege bei den Leprósen des 
Memeler Lepraheims. 


(Vortrag, gehalten auf der 82. Versammlung Deutscher Naturforscher 
u. Ärzte zu Königsberg i. Pr.) 


Von 


Dr. Georg Cohn, 
I. Assistent der Poliklinik. 


Mit 1 Tafel. 


Wir sehen in jedem Jahr in den Grenzbezirken des Ostens akute 
Infektionskrankheiten, deren Ursprungsherd das Nachbarland ist, auf- 
flammen, die Ärzte und Laien zu umfangreichen Schutzmassregeln, 
strenger Überwachung der Grenze veranlassen, während chronische 
Krankheiten trotz ihrer hohen Kontagiosität und der damit ver- 
bundenen Gefahr für Volk und Land sich meist unbeachtet etablieren 
und ebenso unbeachtet langsam aber stetig fortschreiten. Auf diese 
Weise konnte z. B. das Sklerom, dessen Infektiosität seit längerem 
bekannt ist, trotz warnender Stimmen in Ostpreussen festen Fuss 
fassen, auf diese Weise konnte vor 35 Jahren die Lepra, deren Kon- 
tagiositat noch besser gekannt und gefürchtet war, sich in Ostpreussen 
einnisten. Beide, für unsern Osten so wichtigen Krankheitsformen 
geben uns, da ihr Eindringen und Einnisten in Deutschland auf 
demselben Wege und in derselben Art erfolgte, bei ganz verschie- 
denem Vorgehen der zuständigen Behörden gegen sie interessante 
Aufschlüsse über ihr Fortschreiten, ihr Bestehen, ihren eventuellen 
Rückgang. Das Sklerom, unbeachtet von der Behörde, unkontrolliert, 
verbreitet sich in den letzten Jahren deutlich und in vermehrtem 
Masse. Die Lepra, gegen welche seit 12 Jahren umfangreiche Schutz- 


massregeln ergriffen sind, nimmt ab. Das Sklerom, dessen einzelne 
Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 4. 24 


— 


— 


342 Georg Cohn. [2 


Herde wir in seinem Umfange nicht genau kennen, streckt heute 
seine Fühler bereits in das Innere Deutschlands. Die Lepra, isoliert, 
ist augenblicklich nur auf einen Flecken, das Memeler Leprosorium 
und einzelne von der Behórde genau gekannte und bewachte Punkte 
beschränkt. Demgemäss ist mit einem Erlöschen der Lepra in ab- 
sehbarer Zeit in Deutschland zu rechnen, resp. ihrem Fortschreiten 
ist durch Gesetze ein Damm gesetzt, während für das Sklerom 
das Gegenteil gilt. 

Wir wissen genau, dass die Lepra in Deutschland, speziell des 
Memeler Kreises, zu uns aus den benachbarten Gouverneinents Kowno 
und Kurland eingeschleppt worden ist und zwar auf dem Wege des 
Grenzverkehrs. Sie hat sich dann im Laufe der letzten 35 Jahre 
allmählich von Haus zu Haus, von Dorf zu Dorf, nur selten grössere 
Strecken überspringend, im nachbarlichen Verkehr weiter verbreitet, 
wie dieses schon 1897 Blaschko nachgewiesen hat. 

Weniger bekannt resp. umstritten ist die Frage des Infektionsmodus. 
. Wir wissen wohl, dass der Hansensche Bazillus der Erregerder Krank- 
heit ist, wir wissen auch, dass er in allen Ausscheidungs und Absonde- 
rungsprodukten enthalten ist, wir wissen, jedoch nicht einwandfrei, wie 
er in den menschlichen Kórper gelangt. Geil glaubt, dass er vom 
Boden aus in das dazu disponierte Individuum inokuliert wird, dass 
also der Mensch den Erdboden infiziert und letzterer den Zwischen- 
wirt spielt, wührend von anderer Seite angenommen wird, dass die 
Lepra eine Inhalationskrankheit sei, dass die Schleimhäute der oberen 
Luftwege, besonders der Nase, die Eingangspforte für das Virus ab- 
geben. Diese Annahme ist gestützt durch die Tatsache, dass das 
Nasensekret stets massenhaft Bazillen beherbergt, dass ferner von 
Leprósen beim Sprechen, noch weit mehr aber beim Husten und Niesen 
enorme Mengen von Bazillen verstreut werden, was auch in s&mtlichen 
von mir untersuchten zehn Fällen sich als richtig erwies. Sie wird 
weiter gestützt durch die allerdings bestrittene Annahme des Primär- 
affektes der Lepra von Sticker, als welchen er „eine spezifische 
Läsion der Nasenschleimhaut meist in Form eines Geschwürs über 
dem knorpeligen Teil des Septums“ anspricht. Er nimmt weiter an, 
dass die Übertragung der Krankheit auf den Gesunden meist un- 
mittelbar von Nase zu Nase, in innigem Verkehr, seltener mittelbar 
durch Tücher, Finger etc. erfolgt und dass die Weiterverbreitung 
der Bazillen vom Primäraffekt der Nase aus auf den übrigen Orga- 
nismus in der Regel auf dem Lymphwege, weit seltener auf dem 
Blutwege erfolgt. — Wenn diese Thesen auch nicht mit einwandfreier 
Sicherheit durch das Experiment nachgewiesen werden konnten, so 
haben sie doch bei der überaus häufigen Manifestation in den oberen 


3] Die oberen Luftwege bei den Leprósen des Memeler Lepraheims. 343 


Luftwegen, die schon im frühesten Altertum bei der Konstatierung 
des Áussatzes zur Gruppe der sogenannten pathognomischen Zeichen 
der Lepra zählte, sehr viel fiir sich. Bei dem Material des 
Memeler Leprosoriums, von dem ich durch das liebenswiirdige 
Entgegenkommen des Leiters, Herrn Kreisarzt Dr. Gessner, zehn 
Falle untersuchen konnte, sprach fiir diese Annahme Stickers 
folgende eklatante Beobachtung. In einem Falle (Karl Grimmeisen) 
wurde lediglich als erstes Krankheitssymptom erschwerte Nasenatmung 
angegeben, die vor zehn Jahren zu einer Nasenuntersuchung bei 
Prof. Jurasz Veranlassung gab. Bei der Rhinoskopie wurde dann 
eine auf lepröser Basis beruhende Infiltration der Schleimhäute, die 
zur Verengerung des Lumens geführt hatte, konstatiert, ohne dass 
sonst am Körper irgend eine für Lepra verdächtige Stelle zu sehen 
war. Wir werden also, vorsichtig gefasst, sagen dürfen: Bei der 
Lepra tuberosa manifestieren sich — ebenso wie beim Lupus 
— in einer Reihe von Fällen die Initialerscheinungen 
nicht auf der äusseren Haut, sondern auf der Schleim- 
haut der oberen Luftwege. In den weiteren fünf Fällen von 
tuberöser Lepra, die ich untersuchte, war als erstes Krankheitszeichen 
anamnestisch angegeben: 

] mal Unterarm, 

] mal Fussrücken, 

3 mal Gesicht, 
davon bestand in einem Falle schon lange vor Konstatierung der 
Gesichtslepra Heiserkeit. Bei der klinischen Untersuchung der 
zehn Fälle ist zunächst hervorzuheben, dass die sechs tuberös 
Leprösen in allen Teilen der oberen Luftwege hoch- 
gradige Veränderungen darboten, abgesehen von den Ver- 
änderungen der äusseren Nase, die sich teils als platte Hakennase, 
teils als Negernase oder Rüsselnase dokumentierte.- Auch auf die 
Veränderungen an den vorderen Nasenöffnungen soll, da sie zur 
äusseren Haut gehören, nicht näher eingegangen werden. Diese 
Häufigkeit der Mitbeteiligung der oberen Luftwege steht in Überein- 
stimmung mit der Statistik. So fand Sticker in der Nase nur 
2,8°/o unter 153 Leprösen ohne Leprose der Nasenschleimhaut, 
Lima und De Mello fanden in 95,8°/o typische Nasenaffektionen 
und Dorendorff solche in 94,3?/o. Bei unserem kleinen Material 
handelte es sich fast nur um Kranke, die schon jahrelang ihr Leiden 
hatten und infolgedessen waren es stets Spätstadien der Nasenlepra. 
Kurz skizziert soll sich im allgemeinen das klinisch - makroskopische 
Bild so gestalten, dass sie mit einer Epistaxis einsetzt, welche 
Gerber als ein Symptom der initialen leprösen Rhinitis sicca an- 

24” 


344 Georg Cohn. [4 


spricht. Später treten anfangs harte, weiterhin teigig werdende 
Schleimhautinfiltrate auf, welche ein widerlich -süsslich riechendes, 
leimartiges Sekret absondern. Ich fand, dass der Geruch lebhaft an 
den, welchen der Skleromkranke ausströmt, erinnert. Endlich finden 
sich Knotenbildungen an den unteren Muscheln, am knorpeligen 
Septum, deren Endstadium Schrumpfung mit Verengerung des Nasen- 
lumens oder geschwüriger Zerfall mit Perforation bildet. 


In allen Fällen, bei denen seit Beginn der Erkrankung schon 
mehrere Jahre zurücklagen, fanden sich in geringer Entfernung von 
der narbig veränderten Nasenöffnung Verengerungen, die nach der 
Tiefe zu sich trichter- oder spaltförmig zuspitzten, so dass sie an 
der engsten Stelle kaum für die Sonde durchgängig waren. Die 
Schleimhaut selbst war mit grau-grünen, stinkenden Borken oder 
mit blutigem Schleim bedeckt, nach dessen Entfernung sich am 
Septum flache Ulzerationen oder Perforationen fanden, während an 
anderen Stellen die Schleimhaut grau -weiss atrophisch war. Eine 
Prüfung des Geruchvermögens ergab keine Herabsetzung desselben, 
während die Sensibilität vermindert war. 


Wenn wir von diesen Spätstadien, bei denen narbige Schrumpfung 
und der mit dieser Hand in Hand gehende Zerfall in Ulzerationen 
bereits weit vorgeschritten, die Schleimhaut kutiziert und konzentrisch 
verengt ist — bei denen also der Krankheitsprozess seine Arbeit 
vollbracht hat — absehen, so bieten die weniger vorgeschrittenen 
Erkrankten — ebenfalls drei Fälle — folgende Befunde im Nasen- 
innern. Bei einem 20jährigen Patienten sind in beiden Nasenseiten 
am Septum wie an den unteren Muscheln Knoten verschiedener 
Grösse sichtbar. Dieselben fühlen sich derbe an, haben dunkelrotes 
Kolorit und sind scharf abgrenzbar. Ähnliche Bilder liefern zwei 
andere Patienten, bei denen sich ebenfalls teils abgrenzbare Knoten, 
die das Nasenlumen verengten, teils Schleimhautschwellungen zeigten. 
Wenn wir demnach von einer Rhinitis leprosa als einer wohlcharak- 
terisierten Erkrankungsform sprechen dürfen, so geht aus dem Ge- 
sagten hervor, dass wir drei scharf voneinander getrennte Stadien 
unterscheiden dürfen, und zwar 1. das Stadium initiale, charak- 
terisiert durch trockenen Katarrh und Nasenblutung, 2. das Stadium 
infiltrationis, charakterisiert durch Knotenbildung und Verengerung, 
3. das Stadium terminale, charakterisiert durch konzentrische 
Narbenverengerungen, narbige Schrumpfung oder Zerfall. Anders liegen 
die klinischen Merkmale bei der anästhesierenden Form der Lepra, 
von der ich vier Fälle untersuchte. In keinem dieser fand ich Ver- 
änderungen, die irgend eine typische Form hatten, doch soll sich 


5] Die oberen Luftwege bei den Leprósen des Memeler Lepraheims. 345 


eine solche, die der Lepra tuberosa in ihren Erscheinungen gleich- 
kommt, nach einer statistischen Zusammenstellung von Gliick in 
19?/o der Fálle finden. 

Weit seltener als die Nase soll der Rachen affiziert werden, 
wenn auch in meinen Füllen sich bei allen Erkrankten typische Ver- 
ünderungen fanden. Nach statistischen Zusammenstellungen soll die 
Mundhöhle bei der tuberösen Lepra in 33,7, der Rachen in 52,7°/o 
beteiligt sein. Jedenfalls weicht das klinische Bild im allgemeinen 
nicht von dem der Nase ab. Auch hier war die Schleimhaut trocken, 
wir sehen Knotenbildungen von verschiedener Grösse, wir sehen die 
Wand mit Borken belegt, nach deren Beseitigung teils trockene weisse 
Narben, teils flache Ulzera sichtbar werden. Alle meine Fälle boten 
diese Bilder. Die Sensibilität war bei einigen Fällen herabgesetzt, bei 
anderen war eine genaue Untersuchung wegen heftiger Schmerzen 
und des Unvermögens, den Mund weit zu öffnen, unmöglich. Ob die 
einzelnen Teile des Rachens, Uvula, Segel, Tonsillen in gleicher Weise 
befallen werden, resp. die Reihenfolge ihrer Erkrankung festzustellen, 
war mir bei meinem kleinen Material unmöglich. 

Am wichtigsten und für den Kranken eine Quelle furchtbarer Leiden 
ist die pathologische Umformung, die der Kehlkopf durch die Lepra 
erleidet. Meist frühzeitig wird — wie auch in meinen Fällen angegeben — 
die Stimme rauh und heiser oder es tritt sogar Aphonie ein. Die 
im Anfang erschwerte Atmung steigert sich allmählich zu Atemnot; in 
nicht wenigen Fällen tritt, wenn nicht die Tracheotomie ausgeführt 
wird, Erstickungstod ein. Diesem subjektiven Zustande entsprechen 
natürlich die Veränderungen des Kehlkopfs selbst. In meinen fort- 
geschrittenen Fällen war stets der Larynx bei der Lepra tuberosa 
mitbeteiligt, während Glück in seiner Zusammenstellung für die 
Lepra tuberosa 64?/o, für die Lepra mixta 519/o, für die Lepra 
anaesthetica 5°/o mit Erkrankung des Larynx angibt. Die einzelnen 
Teile des Kehlkopfes scheinen nicht gleichmässig bei der tuberösen 
Form in Mitleidenschaft gezogen zu werden. Besonders prädisponiert 
ist, wie ich auch aus meinen Fällen feststellen konnte, die Epiglottis. 
Nie war entweder gleichmässig verdickt, geschwellt, mit glatter, ge- 
röteter Oberfläche, so dass der Untersucher im ersten Augenblick 
an Ödem denken musste, oder sie zeigte einen oder mehrere Knoten 
auf ihrer lingualen oder laryngealen Oberfläche; in anderen Fällen 
wiederum war sie durch Folgeerscheinungen wie Ulzerationen und 
mnarbige Schrumpfung sowohl in ihrer Gestalt verändert, wie auch 
durch Narbenzug völlig verlagert, so dass es vorkam, dass infolge 
Rigidität und Difformität der Epiglottis der Einblick in den Larynx 
zur Unmöglichkeit wurde. In zweiter Linie wird die Aryregion ver- 


346 Georg Cohn. [6 


ändert. Ich fand die Knorpel resp. ihre Schleimhaut teils diffus 
geschwellt, teils mit einem oder mehreren Knoten bedeckt, während 
Ulzera nirgends festgestellt werden konnten. In einem Falle bestand 
am rechten Aryknorpel eine kleine weisse Trübung und endlich fanden 
sich infolge Narbenschrumpfungen Verkleinerungen und ganz enges 
Beieinanderliegen der Knorpel, so dass dadurch allein die Rima 
glottidis stark eingeengt war. Seltener als an diesen Punkten und 
den mit ihnen innig verknüpften Ligamentum glosso - epiglotticum 
und ary-epiglottischen Falten scheinen die Stimmlippen und die 
Taschenbänder erkrankt zu sein. Hier fand ich in Fällen, bei denen 
die Epiglottis bereits narbige Schrumpfungen zeigte, oft nur die 
Zeichen eines trockenen Katarrhs. In anderen Fällen waren die 
Stimmlippen teils verdickt, teils geschwellt oder gerötet, oder, wie in 
einem Falle, durch Narbenbildung so verändert, dass sie mit Sicher- 
heit nicht mehr als Stimmlippen angesprochen werden konnten. Die 
Veränderungen an den Taschenbändern bestanden in meinen Fällen 
teils in Verdickungen und Schwellungen, teils in Knotenbildungen, 
wie auch in flachen Ulzerationen. Wenn nun ausser diesen hier 
erwähnten Prozessen noch Narbenschrumpfungen die Passage ver- 
engern, wenn zähe Schleimmassen sich stauen, so ist es selbstver- 
ständlich, dass eine beträchtliche Atemnot eintritt. Besonders auf- 
fällig schien mir in einem Falle eine sich anscheinend nach unten zu 
zuspitzende subglottische Verengerung, ähnlich den subglottischen 
Wülsten des Skleroms. o 

Über die Frage, in welcher Reihenfolge die einzelnen Teile der 
oberen Luftwege, Nase, Rachen und Larynx befallen werden, welche 
Teile bevorzugt werden, konnte ich aus meinem Material keine 
Schlüsse ziehen. Anamnestische Angaben können hier nicht verwendet 
werden und auch die klinischen Untersuchungen lassen im Beginn 
der Erkrankung bei dem vieldeutigen Bild des trockenen Katarrhs, 
wenn also noch keine spezifischen Veränderungen vorhanden sind, 
wohl stets im Stich. Infolgedessen ergeben auch die bisherigen 
Publikationen kein eindeutiges Resultat, doch scheint es, als ob zu- 
nächst die Nasenschleimhaut, die ja auch den Insulten am meisten 
ausgesetzt ist, dann in zweiter Linie der Kehlkopf und zwar speziell 
der Kehldeckel und dann erst die Mundrachenhöhle von dem Virus 
befallen wird. 

Beweist uns schon das klinische Bild die ausserordentliche Häufig- 
keit der Erkrankung der oberen Luftwege bei der Lepra, ja ihre 
fast stete Mitbeteiligung, so ergeben auch in Übereinstimmung hier- 
mit die mikroskopischen Untersuchungen ihrer Sekrete fast stets die 
Anwesenheit des Hansenschen Bazillus. Im Nasenschleim, in den 





7] Die oberen Luftwege bei den Leprósen des Memeler Lepraheims. 347 


Borken war er stets in meinen Fillen in enormer Menge vorhanden. 
Ebenso findet er sich, wenn auch nicht in solchen Mengen, im 
Speichel der Erkrankten. Der Lepröse verstreut, genau wie der 
Tuberkulöse, bei jedem Niesen, beim Sprechen, wenn er nicht peinlich 
sauber ist, beim Schneuzen stets infektiöses Material und wir finden 
deshalb in einzelnen Familien und weiter in bestimmten Bezirken 
abgegrenzte Krankheitsherde. So sind also die oberen Luftwege 
nicht nur für den Kranken selbst ein Sitz seines schwersten Leidens, 
sondern auch für seine Umgebung mit grösster Wahrscheinlichkeit 
die Quelle, die die Infektionsstoffe weiter trägt und weiter verbreitet. 

Am Schlusse spreche ich Herrn Kreisarzt Dr. Gessner-Memel 
für sein liebenswürdiges Entgegenkommen und seine Unterstützung, 
sowie meinem hochverehrten Chef Herrn Prof. Gerber für seine 
Ratschläge bei Abfassung der Arbeit meinen verbindlichsten Dank aus. 


Abtellung für Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten der 
Akademie zu Cóln. 


Spongiosierung der Stirnhóhlen. 


Von . 
Prof. Preysing, Coln. 


Mit 2 Tafeln. 





Es ist eine bekannte Tatsache, dass wir bei Untersuchungen von 
Stirnhöhlen stets einer Anzahl Individuen begegnen, welchen die Stirn- 
höhlen fehlen. Je nach der Art der Untersuchung und der Ver- 
schiedenheit des Materials wird der Prozentsatz fehlender Stirnhöhlen 
sehr verschieden angegeben. 

Als uns zur Bestimmung der Stirnhöhlengrenzen beim Lebenden 
von aussen nur erst die Durchleuchtung mit elektrischen Glüh- 
lampen zur Verfügung stand, fand man unter sonst gesunden Menschen 
vielfach bei 20°/o aller Untersuchten keine Stirnhéhlen. Das war 
offenbar eine bedeutende Überschätzung, welche in der Unsicherheit 
der Methode beruhte. Wenigstens ergaben anatomische Vergleichungen 
einen weit geringeren Prozentsatz. Oppikofer!) stellte unter 200 
Leichenuntersuchungen 7 mal beiderseits fehlende Stirnhöhlen fest, 
also 3'/2°o, und ähnliche Angaben macht Onodi?), welcher mit Hilfe 
der Röntgendurchleuchung 1200 Schädel untersuchte. Er fand bei 
59?/o Fehlen der Stirnhóhlen. 

Unter normalen Verhältnissen werden wir also mit einem Prozent- 
satz von 3—5°/o rechnen müssen. 

Es ist nun einigermassen auffallend, dass sich in der Literatur 
auch sonst diese Tatsache einfach registriert findet. Von Autoren 
aus den letzten Jahren führt z. B. Burger?) sowohl wie Jansen‘) 

1) Oppikof er, Beiträge zur Anatomie der Nase und Nebenhöhlen. Arch. 
f. Laryngologie 1906. Bd. XIX. S. 35. 

2) Onodi, Die Stirnhöhle 1909. Wien bei A. Hölder. 

3) Burger, Was leisten die Róntgenstrahlen in der Rhino-Laryngologie. 
Wiesbaden, 1908. J F. Bergmann. 


4) Jansen, Was leistet das Róntgenverfahren etc. Festschr. f. B. Bar- 
denheuer, 1909, Leipzig. F. C. W. Vogel. 


350 Prof. Preysing. [2 


die Möglichkeit als selbstverständlich an, dass eine Stirnhöhle fehlt. 
In diesem blossen Anführen der Tatsache liegt doch stillschweigend 
die Annahme, dass die Stirnhöhle ın solchen Fällen einfach nicht 
ausgebildet ist, dass nur ein Defekt vorliegt, welcher wohl bei der 
Indikationsstellung für die Frage einer Operation wichtig sein kann, 
aber sonst klinisch weiter keine Rolle spielt. 

Und doch glaube ich aus einigen Beobachtungen 
schliessen zu dürfen, dass in gewissen Fällen dieser 
„Defekt“ doch vielleicht das Produkt eines patholo- 
gischen Vorganges ist, dass es sich dabei auch um ein 
wirkliches Leiden im klinischen Sinne handeln kann. 

Wie sich diese Ansicht bei mir festgesetzt hat, lässt sich am 
besten darstellen, wenn wir einen Blick auf die entsprechenden Ver- 
hältnisse am Warzenfortsatze werfen: Die Zellausbildung am 
Warzenfortsatz ist ja ebenfalls etwas sehr Inkonstantes. Wir be- 
gegnen neben reichster Entwickelung pneumatischer Hohlráume doch 
Warzenfortsützen bei sonst gesunden Ohren, wo Zellräume fehlen, wo 
sie einfach nicht ausgebildet worden sind. 

Zweitens sehen wir aber fast als regelmässigen Vorgang bei 
chronischer Mittelohreiterung einen Schwund der Zellen des Warzen- 
fortsatzes und eine Ersetzung durch solide Knochenbildung 
(Knochen-Sklerosierung). Hier haben wir also einen offenbar 
pathologischen Vorgang: es haben Zellen bestanden, aber sie bilden 
sich unter der jahrelang bestehenden Entzündung in der Umgebung 
zurück. Diesen Prozess kennt jeder operierende Ohrenarzt. Ich weiss 
aber nicht, ob anderen Kollegen auch so häufig aufgefallen ist, wie 
mir, dass in einem mittleren Stadium dieser Sklerosierung der 
Warzenfortsatzzellen, oder besser gesagt, in einem Vorläuferstadium 
der Sklerosierung, ein Prozess zu beobachten ist, welcher darin 
besteht, dass die Zellräume des Warzenfortsatzes ersetzt sind durch 
eine blutreiche Spongiosa. Nach der Häufigkeit, in welcher ich 
dies Nebeneinander von Spongiosierung und Sklerosierung 
besonders bei jugendlichen Individuen mit Otitis med. chron. sehe, 
möchte ich diesen Spongiosierungsprozess sogar für einen ziemlich 
regelmässigen pathologischen Vorgang halten, welchem dann erst 
Schritt für Schritt die Knochensklerose folgt. Das sind Befunde, 
wie ich sie als bekannt voraussetzen kann. 

Nun verfüge ich im Laufe der Jahre aber über eine grosse Reihe 
von Beobachtungen, wo bei sonst intaktem Mittelohr sich eine 
Spongiosierung des Warzenfortsatzes fand, meist bei jugendlichen 
Personen (um das 20. Jahr herum) und wo diese Spongiosierung der 
einzige Grund sein musste für ausgesprochene subjektive Schmerz- 


3] Spongiosierung der Stirnhöhlen. 351 


empfindungen und objektiven Druckschmerz am Warzen- 
fortsatz. Wenn einem die ersten derartigen Fälle begegnen, denkt man, 
da alle Entzündungserscheinungen am Mittelohr fehlen, zunächst an 
Neuralgie oder an hysterische Affektionen. Lässt man sich bei an- 
haltenden Klagen und bei anhaltender Druckempfindlichkeit zu einer 
Probeöffnung des Warzenfortsatzes herbei, so findet man ihn, wie ge- 
sagt, aber erfüllt von einer obliterierenden mächtigen Spongiosaschicht, 
ohne jede Zellbildung und man hat sofort den Eindruck: Das ist kein 
normaler Warzenfortsatz. Wird die Spongiosa gründlich ausgeräumt, 
am besten der ganze Proc. mast. reseziert, so habe ich in allen 
bisher operierten Fällen erlebt, dass die Schmerzen endgiltig weg- 
blieben. 

Ein rechtes Bild von der Ätiologie dieses Vorganges der 
krankhaften Spongiosierung habe ich mir allerdings niemals 
machen können; jedenfalls kann es sich bei den ganz bestimmten 
Beschwerden nicht bloss um einen zufälligen Defekt der Warzenfort- 
satzzellen handeln. In 2 Fällen hatte ich allerdings einen wertvollen 
Hinweis auf die Ätiologie; das war ein mit aller Sicherheit festzu- 
stellendes schweres Trauma des Warzenfortsatzes, jahrelang zu- 
rückliegend. Ob das aber auch bei den anderen Fällen die Ursache 
gewesen ist, das kann man doch so ohne weiteres nicht annehmen. 

Ähnliche Vorgänge, habe ich mir nun vorgestellt, müssten auch 
die Ursache bilden für nicht sehr häufige, aber auch nicht so seltene 
Fälle von Stirnbeschwerden. Die Gründe einer solchen Vorstellung 
sind in folgende kurze Schilderung zu fassen: ich fand vereinzelte 
Kranke mit starken Stirnkopfschmerzen, genau im Gebiet-der Stirn- 
höhlen, bei welchen das Röntgenbild mit Sicherheit anzeigte, dass 
beide Stirnhöhlen fehlten, während Siebbein und Kieferhöhlen 
gesund erschienen. Zunächst nahm ich natürlich an, es handle sich 
um ein Nebenhöhlenleiden, ev. um eine Eiterung. Aber Anamnese 
sowohl wie lange klinische Beobachtung!) ergaben niemals Anhalte- 
punkte für eine Nebenhóhleneiterung, auch nach Resektion der mittleren 
Muschel war niemals Eiter festzustellen. Es bestand niemals Fieber, 
keine Druckempfindlichkeit an der Austrittsstelle des Nerv. supra- 
orbitalis, keine hysterischen Stigmata usw. Und so habe ich denn schliess- 
lich angenommen, da ich die entsprechende Erfahrung am Warzen- 
fortsatz gemacht hatte, es müsste sich wohl um einen ähnlichen Vorgang 
der krankhaften Spongiosierung handeln und nicht um einen zufalligen 
Defekt der Stirnhéhlen. Therapeutisch bin ich in allen beobachteten 
Fällen nicht weiter gegangen (bis auf einen noch zu erwähnenden) 


o 1) Ich habe in den letzten 2 Jahren 7 derartige Fälle gesehen und jeden 
monatelang beobachtet. 


352 Prof. Preysing. [4 


als bis zur Resektion der mittleren Muscheln. Zunächst hatte die 
Resektion gewissen Erfolg, wohl durch die Blutentziehung; aber nach 
kurzer Zeit waren die Beschwerden wieder da. Ich habe wohl wieder- 
holt daran gedacht, mir die Stirnhöhlen von aussen freizulegen; aber 
wenn ich mit meiner Vermutung einer Spongiosierung recht hatte, 
und da nach dem Röntgenbilde die Höhlen sicher fehlten, so konnte 
ich mich nicht für berechtigt halten, zu trepanieren, da der Erfolg 
doch nicht sicher genug erschien. 

So hatte ich denn in diesen 6 ersten Fällen wohl meine Über- 
zeugung, aber doch keinen Beweis, dass der vermutete Krankheits- 
prozess vorläge. Bestätigt fand ich meine Annahme dann in einem 
7. Falle, in welchem ich zum ersten Male die oben geschildert n Be- 
schwerden und Veränderungen einseitig fand: Stirnkopfschmerz und 
Fehlen der Stirnhöhle auf der linken Seite. Zwar liess sich bei 
dieser Patientin trotz 4 Monate langer Beobachtung ebenfalls niemals 
feststellen, dass Eiter aus der Stirnhöhlengegend kam, auch nicht 
nach Resektion der mittleren Muschel; aþer bei der Einseitigkeit des 
Leidens hielt ich doch eine Schleimhautaffektion der linken Stirn- 
höhle für möglich und entschloss mich zur Probeaufmeisselung der 
kranken Seite. Aus dem Róntgenbilde (Fig. 4) sprach ich noch vor 
der Operation die Vermutung aus, es kónnte sich doch um einen 
Veródungsvorgang handeln, wie ich ihn bei anderen Gelegenheiten 
doppelseitig gesehen zu haben glaubte!) nnd siehe da, die Aufmeisse- 
lung ergab vollständige Spongiosierung des linken Stirn- 
beins und zwar Spongiosa, ebenso tiefblaurot aussehend und ebenso 
stark blutend, wie ich sie in solchen Fällen stets am Warzenfortsatze 
geseben hatte. (Es wurde bis an die Lamina vitrea ausgeräumt.) 

Ich nehme an, dass ich das uns beschäftigende Krankheitsbild 
in diesem Falle in einem früheren Stadium zu sehen bekam und 
darum einseitig, während in den zuerst beobachteten Fällen ein 
späterer Zustand in der pathologischen Entwickelung angenommen 
werden müsste. Dem würde entsprechen, dass die letzte Pat. erst 
15 Jahre alt war, die ersten dagegen alle über 20 Jahre. Auch das 
Róntgenbild (Fig. 4) zeigt, dass wir es vielleicht mit einem Prozesse 
zu tun haben, welcher die linke Stirnseite eben ergriffen hat und 
noch auf die rechte übergehen will. 

Nach diesen Erfahrungen halte ich mich für be- 
rechtigt, anzunehmen, dass es einen krankhaften Pro- 
zess der Stirnhóhlen-Spongiosierung gibt, einen sozu- 
sagen aktiv pathologischen Prozess im Gegensatz zu 


1) Meine Annahme gründete sich auf bestimmte unten noch zu besprechende 
Eigenschaften des Röntgenbildes (Fig. 4). 


5] Spongiosierung der Stirnhóhlen. 353 


der Abnormität einer zufällig fehlenden Stirnhöhlen- 
ausbildung. Die Erkrankung ist anscheinend nicht sehr häufig, 
aber man muss doch mit ihr rechnen. 

Über die Ätiologie ist nicht viel zu sagen. Während ich bei 
den Warzenfortsatzerkrankungen doch zweimal eine schwere Verletzung 
als Ursache finden konnte, habe ich für die Entstehungsursache einer 
aktiven Spongiosierung der Stirnhöhle durchaus keine Anhaltepunkte. 
Es wäre ja zu denken zunächst an einen von den Höhlen aus- 
gehenden Entzündungsreiz; aber dafür fehlt die Bestätigung. 
Oder man müsste gewissen kongestiven Zuständen schuld geben, 
wie sie vielleicht während des Wachstums der Höhlen im umgebenden 
Knochen vorhanden sind. Dass diese Entstehungszeit der Stirnhöhlen 
eine Rolle spielt und gerade um die Zeit der Pubertät, dafür spricht 
vielleicht der mitgeteilte Fall eines 14—15jährigen Mädchens. Viel- 
leicht ist es auch kein blosser Zufall, dass alle von uns beobachteten 
Fälle weibliche Individuen waren!) 

In einem Falle bestanden die Schmerzen während der 
Menstruation in besonders verstärktem Grade; aber das finden 
wir ja schliesslich bei anderen Erkrankungen auch. Zusammenhänge 
der Erkrankung mit Allgemeinleiden irgendwelcher Art (Lues, Dia- 
thesen etc.) haben sich niemals finden lassen, obgleich die Patienten 
z. T. jahrelang in Behandlung von Ärzten aller Spezialitäten waren. 

Es ist ja selbstverständlich, dass ich auch den Röntgenauf- 
nahmen mein besonderes Augenmerk daraufhin schenkte, ob nicht 
Unterschiede festzustellen waren gegen eine Beschattung der Stirn- 
höhlen, wie sie ja bei schweren Eiterungen zu sehen sind. In der 
Beziehung ist ein gewisser Unterschied allerdings angedeutet: Sehen wir 
in Fig. 1 z. B. das schematische Röntgenbild der normalen Stirnhöhlen 
in mittlerer Grösse, so würde Fig. 2 ein schematisches Bild von der 
Beschattung einer Stirnhöhle geben, welche ein Empyem enthält. 
Wesentlich ist ja erstlich der Unterschied in der Durchleuchtung der 
kranken und der gesunden Höhle. Daneben sieht man aber doch 
zweitens sehr häufig eine besondere Beschattungszone in der Um- 
gebung, welche ich gewöhnlich als Ausdruck einer umgebenden ent- 
zündlichen Hyperämie angenommen habe. Anders ist das Bild bei 
den mir zur Verfügung stehenden Spongiosierungen der Stirnhöblen. 
Hier fehlt der „Entzündungsschatten“ in der Umgebung, dafür springen 
aber ganz besonders deutlich und verdickt die oberen Orbitalränder 
und das Septum hervor (Fig. 3). Diese Verdickung ist bei den ver- 
schiedenen Patienten verschieden stark, aber doch auch bei den 


ı) Während bei den Warzenfortsatzerkrankungen das männliche Geschlecht 
in der Mehrzahl war. 


354 Prof. Preysing. (6 


schwächsten immer noch stärker, als es dem sonst zarten Gesamt- 
Röntgenbild bei diesen jugendlichen weiblichen Personen entspricht. 
Immerhin móchte ich dieses Merkmal nur mit Vorsicht verwertet 
wissen; denn es ist ja bekannt, dass man sich auf feinere Unter- 
schiede am Röntgenbild des Schädels nicht immer verlassen kann. 

In Abbildung 4 gebe ich das Bild des letzten operierten Falles 
wieder (vor der Operation). Das Septum springt stark verdickt und 
zackig in die noch nicht ergriffene Stirnhöhle vor, und wenn man will, 
kann man das, wie eben schon gesagt, vielleicht als Zeichen hinnehmen, 
dass wir hier den Prozess noch in seiner Entstehung überrascht haben. 

Zwei Befunde möchte ich noch besonders hervorheben: 1. dass 
in einem Falle fehlender Stirnhöhlen, bei einem ca. 27jährigen 
Mädchen, die Orbital- und Septumwülste (Fig. 3) ganz überaus stark 
waren und dass ich bei dieser Patientin auf der zur Kontrolle ge- 
machten seitlichen Röntgenaufnahme eine so mächtige Verdickung 
des Orbitaldaches und des ganzen Bodens der vorderen Schädelgrube 
fand, wie ich es nur noch zweimal wiedergesehen habe bei echter 
Elfenbein-Exostosenbildung im ganzen oberen Nebenhöhlen- 
gebiet zweier älterer Patienten, welche auch äusserlich nachweisbare 
Exostosen hatten. Bei dem Bilde musste man sich unwillkürlich die 
Frage vorlegen, ob nicht vielleicht aus der einen oder der anderen 
Spongiosierung der Stirnhöhlen auch im Laufe der Jahre sich solide 
Exostosen der bekannten Art bilden könnten. 

2. Ein anderer Fall, eine über 40 Jahre alte Patientin mit leb- 
haften Stirnschmerzen und Verödung der Stirnhöhlen, ohne Eiterung, 
hatte eine ausgesprochene sog. Mittelohr-„Sklerose“. Es lässt 
sich aus dem einen Falle natürlich kein Zusammenhang schliessen; 
aber immerhin muss man doch an solche Möglichkeiten denken. 

Therapeutisch habe ich weder mit intranasaler Behandlung 
(Muschelresektion) noch mit den verschiedensten Arzneimitteln einen 
Erfolg gehabt. Auch der von aussen trepanierte Fall hatte nach 
2 Monaten seine Schmerzen wieder. Ich erwähnte auch schen, dass 
fast alle Patienten jahrelang schon in Beobachtung und Behandlung 
von Allgemeinärzten und Nervenärzten standen, immer ohne Erfolg. 

. Nach den Erfahrungen am Warzenfortsatze muss ich annehmen, 
dass eigentlich nach gründlicher Ausräumung der Spongiosa die 
Schmerzen wegbleiben müssten. 

Es wird weiterer Beobachtung bedürfen, um das klinische Bild 
dieser eigenartigen Fälle schärfer zu fassen und vielleicht ein Heil- 
mittel zu finden. 


Nachtrag bei der Korrektur: Der Zufall will es, dass ich vor zwei 
Tagen wieder bei einem jungen Mädchen von 20 Jahren eine verödete Stirn- 


1] Spongiosierung der Stirnhóhlen. 355 


hóhle operativ feststellte (gleichzeitig allerdings mit einer Operation einer sicheren 
chronischen Oberkiefereiterung). Hier war seit dem 18. Lebenajahre Stirnschmerz, 
auch objektiver Druckschmerz, vorhanden. Auf dem Róntgenbilde schienen obere 
Grenzen einer Stirnhóhle angedeutet und bei der vorhandenen Oberkieferhöhlen- 
eiterung wurde eine Stirnhöhleneiterung aus der Beschattung der Höhle diagnostiziert. 
Die Trepanation bis tief nach der Nasenwurzel ergab vollständige Verödung 
durch Spongiosa. Und zwar war hier die Blutung so stark, dass sie ausser- 
ordentlich störend wirkte: es sprudelten direkt aus der Spongiosa, aus einer Art 
kavernösem System von Venen kleine „Springquelle“, ein Bild, wie man es sonst 
nie an dem Knochen der Stirn sieht. Um sicher zu gehen, habe ich hier nicht 
bloss die Lamina vitrea freigelegt, sondern diese auch noch an der tiefsten Stelle, 
dicht an der Nasenwurzel weggemeisselt und fand unzweifelhafte Dura, nirgends 


auch nur eine Andeutung einer Stirnhöhle oder auch nur eine Ausbuchtung des 
Siebbeines etc. 


Zur Anásthesie bei der Adenotomie. 


Von 


Dr. Lautmann, Paris. 


Mit 1 Abbildung im Text. 


Die Frage, ob die adenoiden Vegetationen mit oder ohne Narkose 
zu operieren sind, lässt keine bestimmte Antwort zu. Vom Tem- 
perament des Chirurgen abgesehen, spielt das Alter des Patienten 
eine wichtige Rolle. Bei Säuglingen und kleinen Kindern, bis zu vier 
Jahren ungefáhr, die man bequem halten kann, werden auch die 
begeisterten Anhänger der Anästhesie diese nicht anwenden, da die 
Operation auch ohne Anästhesie ausgeführt werden kann. Was wir 
hierbei an Schmerz dem Patienten zumuten, spielt sicherlich nur eine 
untergeordnete Rolle; denn wenn wir ältere Patienten anästhesieren, 
so geschieht es ja nicht, um diesen Schmerz zu ersparen, sondern 
um dieselben zum ruhigen Stillehalten zu zwingen. Nun ist es, wie 
man sich leicht überzeugen kann, schwer, durch Drohungen oder 
Überredung die Patienten, zumeist ältere Kinder, zum Ruhighalten 
zu bewegen, und ist ein energisches Festhalten der Kinder gewöhn- 
lich durch 2 Gehilfen oder ein noch barbarischeres Festschnüren in 
den allermeisten Fällen nicht zu umgehen. Auch da noch hält das 
Kind wenig ruhig und muss die Operation sozusagen eskamotiert 
werden. Von einem ruhigen, wenn auch raschen Operieren ist in 
den allerseltensten Fällen die Rede. So kommt es, dass gerade die 
Mandel- und Adenoid-Operation vielfach so schlechte funktionelle 
Resultate geben. Von den Gaumenmandeln wird gerade nur die 
oberste Kuppe abgetragen und von den adenoiden Vegetationen wird 
vielfach so viel stehen gelassen, dass es nicht selten vorkommt, dass 


Kinder wiederholt adenotomiert werden müssen. Man spricht gerne 
Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 4. 


358 Dr. Lautmann. [2 


in diesen Fällen von Rezidiven, tatsächlich handelt es sich aber 
nicht um wieder nachgewachsene Adenoide, sondern nur um Adenoide 
die das erste Mal kaum oder höchst unvollkommen abgetragen worden 
sind. 

Selbstverständlich kann man durch die Anästhesie diesen Nach- 
teilen abhelfen, die Operation auch äusserlich zu einer, den neueren 
chirurgischen Formen angepassten umwandeln. Zwei Umstände sind 
es jedoch, die sich der allgemeinen Anwendung der Anästhesie ent- 
gegenstellen: 1. der Zeitverlust, der durch die Anästhesie bedingt 
wird, 2. die Gefahren, die mit jeder Anästhesie verbunden sind. 

Es ist nicht zu leugnen, dass in grossen poliklinischen Instituten, 
wo während jeder Ordination mitunter mehrere Adenoid-Operationen 
vorgenommen werden müssen, der durch die Anästhesie notwendige 
Zeitverlust mit in Rechnung kommt. Selbstverständlich könnte man 
diesem Übelstande einigermassen abhelfen, indem man die zur Adeno- und 
Amygdalotomie bestimmte Patienten zu bestimmten Stunden wieder- 
kommen lässt, wo man die Operation sozusagen „en gros“ macht. 
Jedenfalls ist mit diesem Übelstande nicht zu rechnen, wenn es sich 
um ein kleineres Material und namentlich um Privat-Patienten handelt. 
Hat man aber aus seiner poliklinischen Praxis die Gewohnheit über- 
nommen, ohne Narkose zu operieren, so fällt es schwer, in der 
Privatpraxis unter Narkose zu operieren und entschliesst man sich 
wenigstens nur in selteneren Fällen hierzu, zumeist nur auf Drängen 
der Eltern. Dazu kommt noch, dass die jungen Praktikanten, die 
an solchen poliklinischen Instituten ihre Ausbildung geniessen, nicht 
in die Lage kommen, die Operation unter Anästhesie zu üben, was 
sicherlich für dieselben sehr in die Wagschale fällt, wenn sie dann 
später ihre eigenen Patienten zu operieren haben. 

Unstreitig der wichtigste Einwand gegen die Anästhesie ist dessen 
Gefährlichkeit. Die Gegner jedweder Anästhesie bei Adenotomien 
stützen sich auf folgende Schlüsse. Die Adenotomie als solche 
ist gefahrlos; die Anästhesie ist gefährlich. Weshalb also eine ge- 
fahrlose Operation in eine gefährliche verwandeln? In diesem Syllo- 
gismus sind beide Prämissen nicht richtig und so kann die Schluss- 
folgerung auch nicht akzeptiert werden. Was zunächst die Gefahr- 
losigkeit der Adenotomie anlangt, so ist es allerdings richtig, dass 
dieselbe lege artis ausgeführt als vollständig gefahrlos gelten kann, 
wenn man die beiden Hauptfaktoren jeder chirurgischen Intervention, 
die Infektion und die Blutung, berücksichtigt. Lege artis können 
die Instrumente unter allen Umständen sterilisiert werden, aber ob 
dieselben während des Kampfes mit dem Kinde auch vor unabsicht- 
licher Infektion steril gehalten werden können, ist schon zweifelhaft. 


3] Zur Anästhesie bei der Adenotomie. 359 


Sicher aber ist, dass es während des Kampfes mit dem zu operie- 
renden Patienten zu allerlei Nebenverletzungen auch der schwersten 
Art kommen kann. Ein rasches Ábschaben der Adenoiden kann be- 
dingen, dass Adenoidreste an Schleimhautfetzen haften bleiben, aus 
denen es dann zu lebensgefährlichen Blutungen kommen kann. Ein 
nachheriges Abtragen dieser Reste ist am nicht narkotisierten Kinde, 
nachdem es aus der Umklammerung des Assistenten entlassen ist, 
nur in den allerseltensten Fällen möglich. Aus den Statistiken ist es 
nicht ersichtlich, aber es ist höchst wahrscheinlich, dass die meisten 
Blutungen nach Adeno- und Amygdalotomie an Patienten erlebt 
worden sind, die nicht unter Anästhesie operiert worden sind. Operiert 
man hingegen unter Anästhesie, so ist die Operation sicher viel ruhiger 
durchführbar, es kommt nicht zu Nebenverletzungen, das Operations- 
feld kann durch Tupfer, namentlich wenn man zuvor die Gaumen- 
mandeln entfernt hat, übersichtlich gemacht werden. Man könnte 
daher im Gegenteil behaupten, dass die Operation vom rein tech- 
nischen Standpunkt aus durch die Narkose ungefährlicher wird als 
ohne dieselbe. 

Was nun die zweite Prämisse anlangt, die Gefährlichkeit der 
Anästhesie, so ist nicht zu läugnen, dass dieselbe vielen Spezialisten 
als ein solches Gespenst erscheint, dass sie derselben alle Vorteile 
opfern, die die Anästhesie anderen temperamentvolleren Chirurgen 
bietet. Es ist a priori nicht zu läugnen, dass jede Anästhesie eine 
Gefahr in sich schliesst und dass von einer absolut ungefährlichen 
Methode der Anästhesie nicht die Rede sein kann. Doch ist es 
andererseits feststehend, dass alle Methoden der Anästhesie unter- 
einander nicht gleichwertig sind und dass grosse Unterschiede zu 
machen sind. Zunächst ist schon zwischen der allgemeinen und der 
lokalen Anästhesie zu unterscheiden und verlohnt es sich der Mühe 
zu untersuchen, inwieweit die lokale Anästhesie, an die sich die 
allgemeine Chirurgie jetzt auch in erster Linie wendet und der wir 
sozusagen unsere Spezialität verdanken, für die Adenotomie in Be- 
tracht kommt. 

Um den Ausbau der lokalen Anästhesie, bei der Adeno- und 
Amygdalotomie hat sich Ruprecht in wiederholten Publikationen 
(Monatsschrift für Ohrenheilkunde 1910, S. 81ft., 213ff., 247 ff.) und 
auf dem letzten Budapester Kongress sehr verdienstvoll bemüht. 
Die Ausführungen Ruprechts waren so überzeugend, dass ich 
mich ebenfalls an die lokale Anästhesie behufs Adenotomie gemacht 
habe. Technisch bietet die Anästhesie der Adenoiden viel weniger 
Schwierigkeiten als die genügende Anästhesierung der Gaumen- 
mandel Wenn auch die Zahl der von mir unter lokaler Anästhesie 

25* 


360 Dr. Lautmann. [4 


gemachten Ádenotomien keine sehr grosse ist, so hat sie mir doch 
gestattet, ein Urteil über die Methode zu bilden. Da übrigens bisher, 
wie ich ersehe, noch keine Nachprüfung der Ruprechtschen Methode 
veróffentlicht ist, so gehe ich um so lieber daran, die Notizen zu ver- 
öffentlichen, die ich im unmittelbaren Anschlusse an jede Operation 
gemacht habe. Ich übergehe die ersten Fälle, da meine Technik 
vielleicht keine tadellose war und wo mir namentlich das psychische 
Moment fehlte, auf das Ruprecht mit Recht aufmerksam macht, 
nämlich das vollkommene Zutrauen in die Sicherheit der Anästhesie, 
die sich dem Patienten mitteilt und denselben zum ruhigen Sitzen 
bestimmt. Meine ersten drei Patienten gaben an, Schmerzen gefühlt 
zu haben, blieben nicht ganz ruhig, liessen jedoch die Operation zu 
Ende führen. In der Folge ging es dann besser, namentlich seit ich 
selber beherzter das Adrenalin in das Kavum einrieb. Es handelt 
sich um folgende Fälle: 


l. Jeanette &, 7jührig. 3 Pinselungen auf jeder Seite. Zuerst mit dem 
Feinschen Instrument Abtragung des grössten Teiles der Mandel und dann Nach- 
schabung mit dem Adenotom von Gottstein. Wenig Schmerzen und kaum merk- 
liche Blutung. 

2. Maurice P., 15jührig. 4 Pinselungen jederseits, zunächst mit Fein und 
nachher mit Gottstein. Keine Blutung, keine Schmerzen. Der Patient räusperte, 
schneuzte sich während der Operation. 

3. JeannetteG., 8jährig. Fein und Gottsteininstrumente. Keine Schmerzen. 

4. Gusti W., 7';sjährig. Ähnlich wie die vorhergehende. 

5. Germaine D., 17jahrig. Schon anderwärtig adenotomisiert. Beiderseits 
drei dicke Alypin- +- Adrenalintampons. Beginn. 15 Minuten nach Einführung 
des letzten Pinsels. Während der Operation wurde fortwährend postrhino- 
skopisch untersucht. Keine Blutung, keine Schmerzen. 


6. Joll., 16'%jährig. Eberso wie früher anüsthesiert. Nausea nach der 
Operation. Wiederholte Schmerzensäusserung während der Operation. Wieder 
wurde mit Fein und Gottsteins Adenotom operiert. 

7. Marie L., 22jührig. Schon vor einem Jahre adenotomisiert. Man findet 
im Kavum noch immer ein ansehnliches Paket von Adenoiden, 4 Tampons 
Jederseits. Keine Schmerzen, doch ausgesprochene Ermüdungssymptome, die offen- 
bar auf Aufregung zu setzen sind. 

8. 8., 7/2 jihriger Knabe. Zuerst mit Alypin 20?» abwechselnd je 3 Tam- 
pons, dann mit Adrenalin ein Tampon. Zuerst ein Versuch mit Schütz-Passow, 
dann mit Curette. Das Schützsche Instrument wurde gut vertragen. Beim Schaben 
mit dem Gottstein äusserte der Knabe Schmerzempfindungen. 

9. X.. 23jähriges Mädchen. Ähnlich anästhesiert wie der vorhergehende 
Fall. Operiert mit Fein und Gottstein’scher Curette. Keine Schmerzen, keine 
Blutung. 

10. Rache] Sch., 12jährig. äusserst nervöses Mädchen. 3 Tampon Alypin 
und ein Tampon Adrenalin. Es wurden der Reihe nach eingeführt das Feinsche 
Instrument, eine grosse Gottstein-Curette und eine kleinere Curette für seitliche 
Adenoiden. Keine Schmerzen, keine Blutung. 


5] Zur Anüsthesie bei der Adenotomie. 361 


11. Jetty, 12jührig. Es wurde nur Alypin 20°/ aufgetragen. 4 Tampons 
jederseits eingeführt. Keine Schmerzen beim raschen Abschaben mit der Gott- 
steinschen Curette. Äusserst nervöses Mädchen. 

12. Marcelle Sch., 14 jährig. Jederseits 4 Tampons mit Alypin 20°/o und 
jederseits ein Tampon mit reinem Alypin eingerieben. Es wurde mit Fein und 
Gottstein operiert und jedesmal postrhinoskopiert. Nach der vollkommen 
schmerz- und blutlosen Operation wurde das Madchen blass und leicht synkopisch. 
Exzitantien und Ruhiglagerung brachten die Patientin nach einer Stunde zu sich. 

18. Jean W., 15jührig. War schon mit 6 Jahren ohne Narkose adenotomi- 
siert. 4 Alypintampons nachdem Adrenalin. Operation nach 15 Minuten be- 
gonnen. Patient verspürte Schmerzen. 

14. Jacques Dro, 8!'/jühriger Junge. Adrenalin und Novocain (20°/,), 
Schmerz mässig. Knabe hielt ruhig beim Schaben mit dem Gottsteinschen 
Adenotom. 

15. Pot., 30jährig. Alypin und Adrenalin, vom ersteren 5 Tampons, vom 
letzteren 2 Tampon jederseits. Postrhinoskopie unmóglich wührend der Operation. 
Patientin lässt jedoch ruhig das Beckmannsche Messer einführen. Das Kavum 
wurde genau curettiert und ein kleines Gottsteinsches Adenotom so gut als 
möglich in die Rosenmüllersche Bucht geführt. Absolut keine Blutung und kein 
Schmerz, es wurde reichlich 10 Minuten lang operiert. 


Aus dieser kurzen Zusammenstellung ist ersichtlich, dass die 
Operation sich schmerzlos durchführen lässt, dass die Patienten ruhig 
halten, den Mund so oft öffnen als man dies verlangt. Es ist möglich, 
mit dem Spiegel im Mund den Effekt des Eingriffes zu kontrol- 
lieren und die Ausrottung der Adenoiden, ganz nach Art der Tumoren, 
bis ins Gesunde zu verfolgen. Man bringt es bald dazu, dass die 
ganze Operation mit derselben Ruhe, wie unsere übrigen rhino- 
logischen Operationen sich machen lässt. Nichtsdestoweniger halte 
ich die lokale Anästhesie nur in Ausnahmsfällen bei der Adenotomie 
für angezeigt. Zunächst sind alle Kinder unter 8—10 Jahren wegen 
der Intoxikationsgefahr von dieser Methode auszuschliessen. Ob man 
mit Kokain, Alypın oder Novokain, Stovain etc. anästhesiert, es ist 
immer gefährlich bei Kindern, viel von diesen Mitteln in die stark 
resorbierende Kavumschleimhaut einzureiben. Ob das Adrenalin hier- 
bei wirklich als resorptionshinderndes Agens oder als ein Toxikum 
für sich mitwirkt, bleibe dahingestellt. Ruprecht will von der 
Anästhesie absolut keinen Schaden gesehen haben, wir haben einen 
sicheren Intoxikationsfall gesehen bei einer verhältnismässig kleinen 
Anzahl von Fällen; aber auch sonst wissen wir aus der rhinolaryngo- 
logischen Praxis, dass Kinder für die gebräuchlichen Anästhesierungs- 
mittel sehr empfindlich sind und daher lieber nicht lokal anästhesiert 
werden sollen. Was nun die älteren Patienten anlangt, so nimmt 
zwar die Intoxikationsgefahr mit den Jahren ab, jedoch bleibt auch 
für diese Patienten die lokale Anästhesie nur eine Ausnahmsmethode. 
Schon Ruprecht hat angegeben, dass von der lokalen Anästhesie 


362 Dr. Lautmann. [6 


abgesehen werden muss, wenn neben den Adenoiden auch die Gaumen- 
mandeln zu operieren sind. Dann ist aber nicht zu läugnen, dass 
die lokale Anästhesie eine äusserst umständliche Methode ist, die viel 
Zeit erfordert. Wir haben immer noch nach dem Vorgange Ruprechts, 
während wir einen Patient lokal anästhesierten, noch nebenbei einen 
anderen Patienten abgefertigt, aber eine solches Vorgehen ist 
auch nicht immer tunlich, und man muss tatsächlich mit einer länger 
dauernden Intervention rechnen, wenn man die Adenoiden unter 
lokaler Anästhesie entfernen will. Endlich ist ein Nachteil, dass die 
Adenoiden unter der Adrenalinwirkung stark schrumpfen. ÖOperiert 
man mit dem Feinschen Messer, so kann es sehr leicht passieren, 
dass man ansehnliche Reste am Rachendach übrig lässt. Ich habe 
gleich nach den ersten Operationen, so oft es anging, mit dem Spiegel 
kontrolliert und mich von der Möglichkeit überzeugt, eine unvoll- 
kommene Operation zu machen. Handelt es sich um um eine grosse 
Rachenmandel, die man auch mit dem sonst so wenig praktischen 
Instrument von Schütz-Passow entfernen kann, dann allerdings 
ist dieser Nachteil der lokalen Anästhesie wenig auffallend. 

Selbstverstándlich kann dieses Schrumpfen der Adenoiden nicht 
vermieden werden, da man auf das Adrenalin nicht verzichten kann, 
wenn man mit Alypin oder Novokain arbeiten will, und hat dies 
Ruprecht in seiner Arbeit des näheren ausgeführt und kann ich 
hierüber sowie in bezug auf die Technik auf seine Arbeiten 
verweisen. Wir haben die Technik insofern modifiziert, als wir auf 
den Kokainspray ganz verzichtet haben. Statt dessen haben wir den 
ersten Pinsel am sitzenden Patienten eingeführt. Dieser Pinsel war 
in eine 10°/oige Kokainadrenalinlösung getaucht. Es erfolgte hierauf am 
liegenden Patienten mit überhängendem Kopfe die Anästhesie nach 
Ruprecht. Nur in den letzten Fällen haben wir insofern modifi- 
ziert, als wir Alyin und Adrenalin gesondert eingepinselt haben. 
Merkwürdigerweise haben sich unsere Alyin-Adrenalinlösungen nicht 
gehalten und schnell ihre anästhesierende Wirkung eingebüsst. Wir 
mussten deshalb zur extemporären Bereitung der Lösung unsere 
Zuflucht nehmen, die aber so umständlich war, dass wir es vorzogen, 
gesondert mit Alyn und Adrenalin zu pinseln. 

Die lokale Anästhesie nach Ruprecht ist, dort wo sie ange- 
zeigt ist, tatsächlich eine sehr sichere Methode der Anästhesie. Bei 
Erwachsenen, die sich die Adenoiden im Operationszimmer des Arztes 
herausnehmen lassen wollen, bietet die Methode unzweifelhafte Vor- 
züge. Bei Erwachsenen ist sie sicherlich weniger gefährlich als die 
allgemeine Anästhesie und gestattet eine bessere Kontrolle über die 
Gründlichkeit des erfolgten Eingriffes. 


7] Zur Anästhesie bei der Adenotomie. 363 


Wenn somit die lokale Anästhesie als eine Ausnahmsmethode zu 
bezeichnen ist, so bleibt für die Anästhesie bei der Adenotomie nur 
die Möglichkeit der allgemeinen Anästhesie übrig. Dieser Anästhesie 
haftete bisher der grosse Mangel an, dass sie am sitzenden Patienten 
vorgenommen werden musste, denn das Operieren am liegenden 
Patienten mit hängendem Kopfe hat sich kaum einbürgern können. 
Es braucht kaum gesagt zu werden, dass das Chloroform sich für 
die Adenotomie kaum eignet, der Ätherrausch allerdings ungefährlich 
ist, aber nur für eine beschränkte Anzahl von Patienten nach Zaniko 
verwendbar ist, „namentlich für durchaus Gutartige und einiger- 
massen Standhafte“, mit anderen Worten für Patienten, bei denen 
die lokale Anästhesie bessere Dienste leistet. So kam es, dass das 
Bromäthyl trotz seiner unläugbaren Mängel sich bald allgemeiner 
Verbreitung erfreuen konnte und heute noch bei vielen Spezialisten 
das einzige Mittel ist, das dieselben zur Narkose bei der Adenotomie 
verwenden. 

In Frankreich ist das Bromäthyl vollständig verlassen und an 
dessen Stelle ist das Äthylchlorid getreten. Den deutschen Zahn- 
ärzten ist dasselbe als allgemeines Narkotikum auch schon lange be- 
kannt. Als erster unter den Deutschen empfahl es für die Anästhesie 
in der Hals-Nasenpraxis Neuenborn in der XIV. Sitzung der 
Westdeutschen Hals- und Ohrenärzte 1904 in Köln und später in 
einem Aufsatz, der im Archiv f. Laryngologie Bd. 17, S. 14 erschienen 
ist. Es scheint aber, dass das Äthylchlorid trotz der warmen 
Empfehlung von seiten Neuenborns sich in Deutschland nicht 
verbreitet hat. Die Ursache davon wird wohl gewesen sein, dass 
die Technik, die Neuenborn empfahl, weder eine genügende Anästhesie 
gestattet, noch vor schweren Gefahren schützt. 

In Frankreich hat das Äthylchlorid durch Camus eine sehr 
eingehende Studie erfahren und ist durch denselben die Technik der 
Narkose mittels Äthylchlorid so ausgearbeitet worden, dass diese Nar- 
kose tatsächlich als eine ideale bezeichnet werden muss. Dies ist 
erreicht durch den von Cam us konstruierten Apparat, der, eine Mo- 
difikation älterer Inhalationsapparate, gestattet, mit einer unglaublich 
kleinen Dosis von Äthylchlorid, 1 bis maximum 3 g, auszukommen 
und es ermöglicht, dass das Äthylchlorid nicht plötzlich in das 
Blut einströmt, sondern ganz allmählich das Nervensystem sättigt. 
Lemaitre, der als einer der ersten den Apparat von Camus be- 
nützt hat, hat seine überaus zufriedenstellenden Resultate in Annales 
des maladies de l'oreille tome XXXII, No. 10, 1906 veröffentlicht 
und sich sogar verleiten lassen zu schreiben, dass er überzeugt ist, 
dass die Athylchloridnarkose mit dem Apparat von Camus ausge- 


364 Dr. Lautmann. [8 


führt niemals durch Intoxikation den Tod des Patienten verursachen 
kann, was tatsächlich auch die Ängstlichsten zu einem Versuche 
mit der Äthylchloridnarkose bewegen konnte. 

Wir selbst haben die Narkose mit Äthylchlorid und dem Camus- 
schen Apparat in mehr als 200 Fällen teils selbst ausgeführt, teils 
von Camus an unseren Patienten ausführen lassen und jedesmal 
eine zufriedenstellende Narkose erzielt. Wir narkotisierten gewöhn- 
lich erst vom 4 Jahre aufwärts. In so jugendlichem Alter genügt 
1 g Äthylchlorid vollständig, um Adenoide und wenn nötig die 
Mandeln abzutragen. Bei älteren Kindern sind 2 g nötig. Die 
Äthylchlorid-Tuben von 3 g habe ich seltener Gelegenheit zu benützen, 
da man mit 2 g die Narkose tief genug machen kann, um eine 
genaue Abtragung der Mandeln und Adenoiden bei Patienten von 
12—14 Jahren zu gestatten. Bei Erwachsenen muss man allerdings 
zu den Tuben mit 3 g greifen. Der Apparat von Camus ist äusserst 
handlich, robust und in seiner ursprünglichen Form äusserst 
leicht zu manipulieren. Seit einigen Monaten hat Camus einen 
zweiten Apparat angegeben, der eine Modifikation des ersten ist und 
für längerdauernde Interventionen der allgemeinen Chirurgie be- 
stimmt ist. | 

Das einfache Modell besteht aus drei Teilen: der Kautschuk- 
Maske, dem Verdampfungsraum und einer Schweineblase. Die Kaut- 
schuk-Maske besitzt einen aufblasbaren Rand, mit dem die Maske 
luftdicht über Mund und Nase des Patienten aufgesetzt wird. Der 
Abschluss muss hermetisch sein, damit der Patient nicht mit dem 
Äthylchlorid gleichzeitig auch Luft einatmet. Auf diese Weise 
wird namentlich das Exzitationsstadium vermieden und tritt die 
Narkose viel rascher ein. Der Verdampfungsraum ist eine Metall- 
kugel, die einerseits in die Maske, andererseits in die Schweinsblase 
übergeht. Seitlich trägt die Metallkugel eine Hülse aus Kautschuk 
in die der Äthylchloridtubus eingesteckt wird. Im gegebenen Momente 
wird der Tubus durch Knickung gegen die Hülse gebrochen und 
rinnt der Inhalt der Tube in die Metallkugel hinein. Damit nun 
das Äthylchlorid nicht plötzlich verdampfe, ist es angezeigt die 
Tuben vor dem Gebrauch in Eis zu kühlen. Merkt man, dass 
die Verdampfung nicht rasch genug vor sich geht, so kann man 
während der Narkose die Metallkugel mit einem in warmes Wasser 
getauchten Wattetampon erwärmen und auf diese Weise die Ver- 
dampfung beschleunigen. Oft genügt es, die Kugel mit der warmen 
Hand zu fassen. Anfangs ist es nötig, die Patienten zum Atmen 
aufzufordern. Die ersten Atemzüge können oberflächlich sein. Bald 
sieht man, wie die Schweinsblase sich aufbläht und immer mehr sich 


9] Zur Anüsthesie bei der Adenotomie. 365 


aufrichtet bei jeder Expiration. In den allermeisten Fallen ist nach 
Verlauf von 50 Sekunden eine vollständige Anästhesie erreicht. Es 
tritt vor dieser brauchbaren Anästhesie ein rasches analeptisches 
Stadium ein mit Erschlaffung der Muskulatur, das äusserst flüchtig 
ist und für die Operation nur in den allerseltensten Fällen ausreicht. 
Man muss die Maske noch länger liegen lassen bis die Augen zu- 
nächst nach innen und oben konvergieren und bis der Kornealreflex 
verschwunden ist. Jetzt ist eine genügend tiefe Anästhesie erreicht, 
so dass man bequem die Mandeln aus den Nischen schälen, sie mit 
dem Tonsillotom oder der kalten Schlinge fassen kann und dann die 
Adenoiden mit einem der gebräuchlichen Adenotome entfernen kann. 
Vielleicht beginnen die Patienten, wenn die Operation etwas länger 
gedauert hat, Zeichen des Erwachens zu zeigen. Man braucht sich 
dann nicht zu überhasten; es tritt Jetzt wieder eine Art psychischer 





Indifferenz auf, in der die Patienten noch immer schmerzhafte Ein- 
griffe ausführen lassen. Das Erwachen ist ein ziemlich rasches, mit- 
unter allerdings müssen sich die Patienten noch eine längere Zeit 
besinnen, bis sie zu sich kommen. In den allermeisten Fällen klagen 
die Patienten höchstens über den Wundschmerz, den sie im Halse 
verspüren, geben aber übereinstimmend an, von der Operation nichts 
verspürt zu haben. Die Patienten erheben sich selbst vom Operations- 
sitz und verlassen guter Laune das Operationszimmer. Es ist aber 
immerhin angezeigt, dieselben eine Weile noch nach der Operation 
hinzulegen, um Brechbewegungen zu vermeiden. Über Kopfschmerzen 
nach der Operation hat keiner meiner Patienten geklagt; ein einziges 
Mal behauptete ein sehr nervöser 13jähriger Knabe, den ganzen Tag 
hindurch Schwindelanfälle gehabt zu haben. 

Der Apparat und dessen Manipulation nehmen sich in der Be- 
schreibung sehr kompliziert aus, sind jedoch praktisch äusserst ein- 


366 Dr. Lautmann. 10] 


fach. Ein Blick auf vorstehende Figur macht dessen Manipulation 
sofort verständlich. Wie gesagt, hat Ca mus in letzter Zeit den 
Apparat modifiziert, um einerseits das Erwärmen der Äthylchlorid- 
. tuben zu vereinfachen, und ein Ventil angefügt, durch das es möglich 
ist, dem Patienten Luft zuzuführen, um so zu gestatten, dass die 
Narkose längere Zeit dauert. Für unsere Zwecke ist das ursprüng- 
liche Modell das einzig nötige und ist in jedem Falle die erzielte 
Anästhesie andauernd und tief genug, um eine Adeno- und doppel- 
seitige Amygdalotomie zu gestatten. 

Trotzdem bisher keine Todesfälle bekannt sind, die bei Ver- 
wendung des Camusschen Apparates vorgekommen sind, so ist es 
nicht ausgeschlossen, dass bei Ausserachtlassen der nötigen Vor- 
schriften, die bei jeder allgemeinen Anästhesie zu beobachten sind, 
solche vorkommen können. Herzkranke und nervöse Personen sind 
von uns schon mit dem Apparat eingeschläfert worden ohne den 
leisesten Zwischenfall. Starke Aufregung vor der Operation muss 
durch Zuspruch beruhigt werden. Bei vollem Magen ist es im 
allgemeinen nicht gut zu narkotisieren, da Erbrechen wiederholt 
von uns während der Operation in äusserst störender Weise kon- 
statiert worden ist. Wir würden dringend raten, nicht bloss mit 
einem Gehilfen zu operieren. Am besten ist es, den Rumpf des 
Kindes von einem Gehilfen fixieren zu lassen und die Narkose wenn 
möglich dem Assistenten anzuvertrauen, der sich vom Erlöschen des 
Kornealreflexes zu überzeugen hat. Der Operateur überwacht das 
Gesicht des Patienten und hält sich bereit, sobald die Maske entfernt 
ist, die Operation mit bedächtiger Eile (festina lente) zu vollführen. 
Selbstverständlich muss zuvor immer am wachen Kinde irgend einer 
der gut sitzenden Mundöffner eingeführt sein, um nicht Zeit mit dem 
Öffnen des Mundes zu verlieren. Den bekannten Trismus des Bromäthyls 
sieht man beim Athylchlorid nicht. Während der Operation darf 
die Zungenspatel nicht fortwährend ohne Unterlass auf die Zunge 
drücken, da hierdurch Atemstörungen verursacht werden. In den 
Momenten, wo nicht operiert wird, muss die Spatel gehoben werden. 
Um ein Herabfallen der abgeschabten Adenoiden in den Larynx zu 
verhindern, ist es angezeigt, den Spatel so tief als möglich in den 
Rachen einzuführen, am besten bis an die hintere Rachenwand, und 
den Kopf des Patienten eher nach vorne als nach rückwärts zu 
neigen. 

In letzter Zeit ist neben dem Äthylchlorid noch das Somnoform 
gerühmt worden. Compaired widmet dem Somnoform einen Auf- 
satz in den Archives Internationales de Laryngologie tom. XXX, Nr. 1, 
1910, und erklärt sich von dessen Resultaten höchst zufrieden. Das 


11] Zur Anästhesie bei der Adenotomie, 367 


Somnoform ist im Gemisch von 60% Äthylchlorid, 35*/o Methyl- 
chlorid und 5°/o Bromäthyl. Es scheint, dass Compaired sich 
nur mit einer flüchtigen Anästhesie begnügt, er spricht selber von 
einer Halb-Anásthesie. Compaired hat 2000 Adenotomien in dieser 
Halbanästhesie, ausgeführt ohne jeden Zwischenfall. Zu einer voll- 
ständigen chirurgischen Anästhesie lässt es Compaired nicht kommen, 
weil er offenbar seinem Mittel nicht recht traut. Hierbei verwendet 
er Dosen von 5 g also mindestens ebensoviel, als man mit dem Camus 
Apparat an Chloräthyl verwendet. Es scheint auch, dass Compaired 
nur Adenotomie in dieser Halbnarkose ausführen kann, wenigstens 
spricht er nicht von Amygdalotomien und namentlich nicht von einer 
gleichzeitigen Abtragung der 3 hypertrophischen Mandeln. Tatsächlich 
aber ist die allgemeine Narkose, wenn man sie schon als schweren 
Eingriff betrachten will, hauptsächlich in diesen letzten Fällen in- 
diziert, wo neben den adenoiden Vegetationen auch die hypertrophischen 
und manchmal recht versteckt sitzenden Gaumenmandeln zu ent- 
fernen sind. Für diese Operation ist aber nur eine echte chirur- 
gische Narkose genügend und für diese bis jetzt am gefahrlosesten 
das Äthylchlorid. 


Chirurgische und funktionelle Behandlung der 
Stimmlippenknötehen mit besonderer Berück- 
sichtigung der Frage der Berufsschádigung. 


Von 
Theodor S, Flatau in Berlin. 


In den Zeiten der Laryngologie, da die endolaryngeale Ent. 
fernung der gutartigen Stimmbandtumoren noch eine Besonderheit 
darstellte, war man schwerlich auf den Gedanken gekommen, dass 
in funktioneller Beziehung damit etwas anderes sich ergeben würde 
als eine Wiederherstellung, zum mindesten aber eine Verbesserung 
der Stimme. (Gegenwärtig ist wohl das Gefühl der Vorsicht den 
knötchenförmigen Bildungen gegenüber ziemlich allgemein, namentlich 
seitdem von verschiedenen Seiten Berichte gekommen sind, die von 
der Verschlechterung der Funktion, ja von dem Verlust der Sing- 
stimme nach solchen Eingriffen an den Stimmlippen zu melden 
wussten. 

Nach meinen Beobachtungen waren früher in der Tat Fälle nicht 
ganz selten, in denen Laryngologen eine Stimmverbesserung, und das 
bedeutete in der Regel eine Heilung von Singstimmstörungen ver- 
mittels der operativen Beseitigung von Stimmlippenknötchen, in Aus- 
sicht gestellt haben, während zum Entsetzen beider Teile schwere 
Funktionsstörungen die Folge waren. Ich habe selbst schon auf die 
peinlichen Möglichkeiten hingewiesen, wenn unter solchen Verhält- 
nissen der Arzt schadenersatzpflichtig gemacht wird. In der Gegen- 
wart scheint denn nun ein Umschlag nach der anderen Seite hin 
eingetreten zu sein. Von einigen Seiten wird mir berichtet, dass 
Laryngologen vor dem Eingriff sich einen Revers ausstellen liessen, 
worin der Patient durch seine Unterschrift bekennt, dass er im Falle 
einer Funktionsverschlechterung oder auch bei der Nichtheilung keine 


370 Theodor S. Flatau. [2 


Ersatzansprüche stellen wolle: Andere Kollegen lehnen bei Sängern 
die Operation der kleinen Gebilde grundsätzlich mit Rücksicht auf 
diese Verhältnisse ab. 

Ich habe daher geglaubt, einige Folgerungen über diesen Gegen- 
stand hier mitteilen zu sollen, die zu schärferen Richtlinien unseres 
Handelns und Unterlassens führen. 

Zuerst möchte ich feststellen, dass kleine und kleinste ganz 
symmetrische Stimmlippenknötchen bei Sängern ohne funktionelle 
Störung vorkommen. Ich sehe sie z. B. häufig bei Kehlköpfen kleiner 
Dimension, namentlich bei hohen Sopranen und kann mich da des 
Eindrucks nicht erwehren, dass diese kleinen symmetrischen Promi- 
nenzen eine Art Anpassungserscheinung bedeuten. Sie wären dann 
entweder hervorgegangen aus den berufs- und übungsmässig herbei- 
geführten Übergangs- und Ausgleichsstellungen, womit der Künstler 
die sogenannten Naturregister in der Höhe zu überwinden trachtet, 
oder sie dienen in ähnlicher Weise zur erleichterten Gewinnung der 
Positionen mit der spindelförmigen und verkürzten Glottis, wie ich 
sie für das Hochregister beschrieben habe. Noch eine Beobachtung 
scheint mir für eine Anpassung zu sprechen. In mehreren Fällen 
konnte ich mich überzeugen, dass solche kleinsten Gebilde völlig deut- 
lich bei und nach Phonation gesehen werden konnten, wenn man 
den Kehlkopf mit einem Endoskop beobachtete und zwar ohne jede 
Störung der Phonation auch beim piano. Laryngoskopierte man die- 
selben Personen, so verschwanden die Bildungen leicht für das Auge, 
namentlich bei einem gewissen Zungenzuge, die Intonation wurde häufig 
erschwert und durch ein hauchendes Geräusch bedeckt. Ganz ähn- 
liche Beobachtungen kann man anstellen, wenn die kleinen symmetri- 
schen Prominenzen durch Hemisin vorübergehend zum Verschwinden 
gebracht werden. 

Dass für diese Fälle ein Versuch, gegen solche Bildungen operativ 
einzuschreiten, geradezu als Kunstfehler bezeichnet werden müsste, 
liegt auf der Hand. Es ereignet sich aber doch, dass das friedliche 
Bild sich ändert und dass dann mit einem grösseren Schein von 
Berechtigung ein Eingriff vorgeschlagen wird. Erkranken die Sänger 
an einem diffusen Katarrh, dessen Resorption zögert, so vergröbert 
sich bei längerem Bestande die Affektion der gesamten Kontur und 
auch die vorderen kleinen und spitzen Prominenzen werden gröber 
und grösser. Wird der Katarrh durch Schonung und Ruhigstellung 
des Organs zur Restitution gebracht, so tritt auch die Verkleinerung 
der Gebilde auf den früheren Zustand ein. Ich möchte hierbei er- 
wähnen, dass eine vorsichtige aber exakte mechanisch-elektrische Ton- 
behandlung im piano eine ganz hervorragende Beschleunigung der 


3] Chirurg. u. funkt. Behandlung der Stimmlippenkndtchen etc. 371 


Restitution gewährleistet. Wird aber statt dessen die Beseitigung 
der Knótchen durch Schnitt oder gar durch den Elektrokauter vor- 
genommen, so tritt bei dem Sänger in der Regel eine dauernde Be- 
einträchtigung der Intonation ein. Wird vor der Restitution des 
Katarrhs die Singstimme beruflich verwandt, so führt das sehr häufig 
zu Erscheinungen der Stimmschwäche. Wenn in diesem Stadium der 
Patient den Laryngologen konsultiert, so kommt dieser — ohne be- 
sondere Prüfung des Funktionsausfalls — leicht in die Lage, die 
Prominenzen für die Ursache der Stimmstörung zu halten. Wird 
dann operiert, so ist die oben geschilderte Situation herbeigeführt, 
wobei die Therapie sich als schlimmer erweist als die Krankheit. 

Hierbei möchte ich schon hervorheben, dass wir gerade den 
phonasthenischen Erscheinungen gegenüber ein recht zuverlässiges 
diagnostisches Schutzmittel in der funktionellen Untersuchung des 
phonischen Ausgleichs, namentlich in der elektrophonischen Unter- 
suchung besitzen. Sie wird jetzt am exaktesten nach der Methode 
angestellt, die ich als isochrone mechano-elektrische Tonbehandlung 
beschrieben habe!)  Gelingt dabei in irgend einer Kombination der 
Ausgleich, so ist schon festgestellt, dass die Prominenzen nicht die 
Ursache der Stimmstórungen bilden kónnen. Und dann heisst es für 
den Laryngochirurgen: noli tangere. 

Ganz anders ist das optische wie das funktionelle Bild, wenn 
Knötchen der Stimmlippe wirklich eine mechanische Ursache von 
Funktionsstórungen sind. Einmal handelt es sich vorwiegend um 
einseitige Bildungen. Dann bietet ein Teil davon sehr einfache thera- 
peutische Verhältnisse, so wenn bei näherem Studium das „Knötchen“ 
sich als kleine Zyste oder als ein noch minutiöser Polyp entpuppt, 
der sich durch Farbe, Konsistenz und Stilbildung differenziert. Weiter- 
hin lehrt die funktionelle Untersuchung der Ausgleichserscheinungen, 
dass solche ausbleiben, jedenfalls nicht in der deutlichen, über 
zeugenden — ich möchte fast sagen — erlösenden Weise wahrnehm- 
bar werden, wie bei der ersten Gruppe. Solche Prominenzen, die 
um so mehr Funktionsstörungen machen, je mehr sie auf dem freien 
Rande sitzen, müssen und können auch leicht genug in der üblichen 
Weise chirurgisch behandelt werden. Es ist nun sehr merkwürdig, 
dass auch in solchen Fällen neuerdings diese chirurgische Behandlung 
bei Sängern — aus Furcht oder Vorsicht — abgelehnt wird. Und 
da liegt sicher eine ganz richtige — auf den ersten Blick sonderbar 
anmutende — Erfahrung zugrunde. Jedermann weiss, dass in den 
meisten Fällen sogleich mit der Punktion einer Zyste, nach der 


1) Die Heilung der Singstimme durch elektro-mechanische Tonbehandlung. 
Die Stimme. Bd. V, Heft 1. 


312 Theodor S. Flatau. [4 


kunstgerechten Entfernung eines kleinen Randfibroms die Stimme, 
namentlich die Sprechstimme klar wird. Und doch passiert es, dass 
nach einigen Wochen — trotz glatter Heilung und Ruhepause — 
der Sänger wieder erscheint und angibt, die Störungen der Ton- 
gebung seien noch da. Wir laryngoskopieren — ein Rezidiv fürchtend 
— und können nichts dergleichen feststellen. Das operierte Stimm- 
band zeigt völlig normale Verhältnisse, der freie Rand ist glatt; wir 
stehen vor einem Rätsel. Hier kann wieder die endoskopische und 
weiterhin wieder eine funktionelle Untersuchung der Tonbildung 
klärend wirken. Wo die Laryngoskopie keinen deutlichen optischen 
Ausdruck der Tonstörung zu geben vermag, liefert ihn die Endo- 
skopie. Wir sehen eine funktionelle Hypokinese oder — was gar 
nicht selten ist .— eine kleine wellenfórmige Konkavitát an der der 


Prominenz gegenüber liegenden Stelle. Sie — das Ergebnis des 
früheren Druckes vom Knoten, womit das Hindernis in der Glottis 
überwunden wurde, — liefert schliesslich durch allmählige Usur 


der oberflächlichen Gewebsschichten eine bis auf die Muskulatur 
durchgreifende Formveränderung als Kompensation. Die Prognose 
dieser Veränderung ist, wenn jetzt eine exakte Tonbehandlung 
einsetzt, im allgemeinen günstig. Sie kann in der Regel in einigen 
Wochen ausgeglichen werden, erfordert aber eine sehr aufmerksame 
stimmgymnastische Behandlung, die auch die Aufhebung der habituell 
gewordenen Pressbewegung anzustreben hat. Denn diese beiden 
Grundfehler der gestörten Intonation bestehen in der Tat dann noch 
fort und haben vor dem genauen Studium zu dem üblen Ruf der 
laryngochirurgischen Eingriffe bei Sängern geführt. Beim piano der 
optische und akustische Ausdruck des insuffizierten Schlusses, beim 
mezzoforte und forte die durch die berufliche Arbeit während der 
mechanischen Hinderung habituell gewordene Pressbewegung. Sie 
sind jetzt die eigentlichen Feinde, ohne deren Beseitigung die funk- 
tionelle Störung auch hier noch beim Singen fortbesteht, selbst wenn 
die Sprechstimme gebessert ist. 

Nun ein Wort noch von den breit am Rande oder dicht darunter 
sitzenden Prominenzen. Ich glaube annehmen zu dürfen, dass sie 
am wenigsten gern angegriffen werden. Wenn wir vorurteilsfrei unser 
therapeutisches Rüstzeug mustern, so müssen wir sagen, dass die 
schneidenden Werkzeuge bei allem technischen Fortschritt des In- 
strumentbaues und bei allem Respekt vor der persönlichen Geschick- 
lichkeit des Operateurs nicht jene ideale Schnittführung gewährleisten, 
die — selbst wenn wir die Narbenbildung noch vernachlässigen — 
den für die Funktion nötigen glatten freien Rand herstellt. Es wird 
leicht zu wenig fortgenommen, dann haben wir funktionell nichts 


7 Chirurg. u. funkt. Behandlung der Stimmlippenknótchen etc. 313 


gewonnen oder zu tief geschnitten, dann haben wir viel verloren, 
indem die vorher geschilderten Stórungen der Tongebung sich dann 
in sehr dauerhafter Weise einstellen. Solche Zustände sind es, die ich 
unter dem warnenden Titel „Stimmverlust nach Eingriffen an den 
Stimmlippen“ beschrieben habe. Da ich in neuerer Zeit wieder einen 
sehr traurigen Fall dieser Art zu begutachten hatte, wo eine enorme 
Verschlechterung der Funktion sich nach einer solchen Operation 
eingestellt hat, so möchte ich hier nochmals erinnern, dass es in 
diesen Fällen nicht auf die Gewinnung eines Präparates zu patho- 
logisch-anatomischen Untersuchungen ankommt, sondern auf die Er- 
haltung und Aufbesserung der Funktion. Ich möchte nun mitteilen, 
wie ich mich in solchen — wie jeder Eingeweihte zugeben wird — 
schwierigen Situationen verhalte und die Behandlungsmethode be- 
schreiben, wodurch ich in solchen Fällen von einseitig breit auf- 
sitzenden Knoten der Stimmlippen die Gebilde entferne und die 
Funktionsstörung beseitige. 

Von der Verwendung schneidender Zangen sehe ich aus den 
oben angeführten Gründen ab, auch die feinsten sind für unsere 
Zwecke noch zu grob und vielfach wirken sie in den oberflächlichen 
weichen Bedeckungen zerrend und quetschend; auch das verdeckte 
Kehlkopfmesser ist mir nicht sicher genug, da es vertikal federt und 
hier nur eine sagittale Bewegung, glatte Ränder geben kann. Sie 
sehen hier die von mir angewendeten Instrumente. Sie schauen aus 
wie in der Pfeilnahtebene abgestumpfte Sonden und haben eine — 
der zu entfernenden Prominenz entsprechende — scharfe Öffnung an 
der Seite, jedoch über dem unteren Rande. In die Öffnung selbst 
wird etwas Chromsäure gebracht und zwar so, dass das Medikament 
ein wenig über der Seitenfläche des Metalls übersteht. Bringt man 
nun das Instrument — nach ausreichender und geduldiger Vorübung des 
Patienten — genau auf die Prominenz, so wird diese unter sanftem 
Andrücken in eine bröcklige und wenig widerstandsfähige Masse ver- 
wandelt und durch leichte polierende Bewegungen unter den Hohl- 
raum des Instruments gebracht, während ein völlig glatter Rand er- 
zielt wird. 

Ich möchte sagen, dass bei diesem Verfahren eine Funktions- 
schädigung so gut wie ausgeschlossen ist, weil die der Prominenz 
benachbarten Partien der Stimmlippen durch die glatte Seitenfläche 
des Instrumentes geschützt sind und mit ihm eine Art Schiene bilden, 
so dass der Operateur ohne Irritation der Teile in der Linie des 
freien Stimmlippenrandes bleibt. 


Zeitschrift für Laryngologie, Bd. IIL, H. 4. 26 





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| Pee ele mehr i im Technischen, ds der Mediziner a wenig egee. 
heit hat, diesen Fragen näher zu treten: Tatsache. ist, dass dieses, 
- fast jedem Mediziner anhaftende Manko einen. green. Nachteil. w 
die leidende Menschheit. bedeutet. ps 3 i 





Fig. * Tadoktionsapparat tar zahnärztliche Untersuchung rik Prof. Sch röden. Ku CG 


yr erkennen Teich, dass Sieh innerhalb det. Zähne disse. 
pathologischen Vorgänge abspielen wie in. anderen Organen ` des ` 
‚menschlichen Körpers. Sie treten ‚klinisch in die Erscheinung als 
„Zahnschmerz“ und. sind dort, wo die. Umgebung ` des Zahnes in. 
Mitleidenachatt gezogen ist, durch mehr oder weiger starke se Schwellung ` UNA 
‚der, Weichteile ‚erkennbar. GE EE EH m nas i 








i. & Steier mach Prof. Schröder. 


en de Bei. eite. grössten. Teil: seiner. guida Tätigkeit ` 
ek der Zahnarzt. mit der. Unterscheidung. zweier Erkrankungs- Eur 
formen ans: der Pulpitis und der Periodontitis, der Ero DOT 
krankung des Zahnmarks und der Wurzelhaut.: Ist der Zabn auf 

- Klopfen ` empfindlich, so liegt. eine Periodontitis vor; ‚vermag. ‚der 
"Patient. den. schmerzenden Zahn. nicht ‚genau anzugeben, wird der ` 
-Schmerz besonders durch Temperaturwechsel ausgelöst, so ist. die Dia- 
gnose Pulpitis wohl gesichert. Selbst bei fehlenden grossen Kariesherden 

wird der. gewissenbaft untersuchende Zahnarzt durch ‚eine exakte 
Sondenuntersuchung - irgend. einen ‚versteckten Herd ‘sehr oft noch _ 
‚aufzudecken. SEHEN. Diese algemein | üblichen. Untersuchungs- a 





318 Oskar Weski. (4 


methoden: der Aspekt, die Sondenuntersuchung, die Prü- 
fung mit kaltem und heissem Wasser, die Perkussion 
der Zähne, sie alle versagen aber dann, wenn es sich um latente 
Erkrankungen der äusserlich intakten Zähne handelt. Und solche 
Situationen finden sich nur zu häufig dann, wenn der Zahnarzt 
von dem Vertreter eines anderen Spezialgebietes in schwierigen 
differentialdiagnostischen Situationen herangezogen wird. 

Hier setzt die moderne zahnärztliche Diagnostik ein; denn 
nur da, wo das Zahnsystem mit Hilfe des Induktionsstromes 
auf seine Sensibilität geprüft ist, nur dort, wo eine Röntgen- 
untersuchung einen genauen Aufschluss über das Verhalten 
des Zahninnern, seiner Wurzeln und des ihn umgebenden Knochens 
geliefert hat, nur dort trägt die zahnärztliche Diagnose das ge- 
nügende Schwergewicht in sich. 

Besonders bei der Beurteilung zweier Krankheitsformen wird 
der Rhino- und Otologe auf die zahnärztliche Diagnostik angewiesen 
sein, bei Neuralgien im Gebiet des Kopfes und bei Erkrankungen 
der Kieferhohle. In beiden Fállen muss man genau über den 
Zustand des Zahnsystems orientiert sein, weil sonst sehr leicht 
irrtümliche Diagnosen gestellt werden und das therapeutische Vor- 
gehen der genügenden Exaktheit entbehrt. 

Bei den Neuralgien wird es sich vor allem darum han- 
deln, festzustellen, ob etwa eine entzündete Zahnpulpa die Ursache 
der schmerzhaften Sensationen sein könnte. Sobald ein offen- 
sichtlicher Kariesherd nicht vorhanden ist, der Patient überhaupt 
über die Zähne nie zu klagen hat, kann, wie gesagt, nur der In- 
duktionsstrom die Situation klären. Wir bedienen uns bei unseren 
Untersuchungen eines Schlittenapparates, welcher durch besondere 
Montierung eine bequeme Veränderung des Rollenabstandes ermög- 
licht. Die positive Elektrode wird mit der Hand des Patienten 
verbunden, die negative Elektrode, welche gegen die Mundschleim- 
haut durch Glas gesichert ist, wird auf den zu untersuchenden, 
durch Gummi’ isolierten Zahn gesetzt. Die verschiedensten Stadien 
der Entzündung der Pulpa, das Stadium der beginnenden Hyperämie, 
der Exsudation, des eiterigen Zerfalles lassen sich durch diese 
Methode in einwandsfreier Weise feststellen. Nehmen wir an, dass 
die normale Empfindlichkeit eines Zahnes bei 3,5 cm Rollendeckung 
liegt, so ist derselbe Zahn bei Beginn der Entzündung im Zustand 
der ersten Hyperämie schon bei 2,0 cm empfindlich. Wir nennen diesen 
Zustand der beginnenden Entzündung die Irritation der Pulpa. 

Der Schmerz bei irritierter Pulpa zeichnet sich dadurch aus, 
dass er nur so lange anhält, als der Zahn der Wirkung des Stromes 


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ändert: sich das Verhalten des Zahnes. gegenüber dem elektrischen i cae 








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Steam, Die normale: E ven: (3. b. em vorausgesetzt, 
wird derselbe Zahn Jetzt. schon bet 1.0 om sich schmerzhaft, Aussern dec 
— nimmt, a w à — eg SCC ka uud ët ` Am 





350 Oskar Weski. [6 


Bei dem dritten Stadium der Entzündung, das durch eiterigen 
Gewebszerfall ausgezeichnet ist, ist die Empfindlichkeit des Zahnes 
gegen den elektrischen Strom bedeutend herabgesetzt. Dieselbe 
würde bei demselben Zahn erst bei 5 oder 6 cm Rollendeckung 
auftreten, erst nach gewisser Einwirkung des Stromes einsetzen und 
langsam nach Ausschaltung des Stromes abklingen. Entsprechend 
den durch den elektrischen Strom exakt nachgewiesenen krankhaften 
Vorgängen im Innern des Zahnes wird auch die einzuschlagende 
Therapie eine verschiedene sein. Im Zustand der Pulpairritation wird 
man versuchen, durch ableitende Fuss- und Handbäder und durch 
schmerzstillende Einlagen die Empfindlichkeit herabzusetzen und die 
Pulpa lebend zu erhalten. Sobald es sich jedoch um eine Pulpitis 
im zweiten oder dritten Stadium handelt, ist die Ätzung der Pulpa durch 
arsenige Säure die gegebene Therapie. Ist der Zahn selbst auf die 
stärksten Ströme, die auf die Haut appliziert, äusserst starke Muskel- 
zuckungen zur Folge haben, nicht mehr empfindlich, so wissen 
wir mit Bestimmtheit, dass das Zahnmark ,abgestorben‘ ist. So 
mancher Zahn, welcher äusserlich absolut intakt ist, keinerlei Ver- 
färbung zeigt, beim Klopfen absolut nicht schmerzhaft ist, kann so 
einer rechtzeitigen Therapie zugeführt werden, ehe sich aus der Pulpa- 
gangrän die weiter unten zu schildernden Erkrankungen der Wurzel- 
haut entwickeln. | 

Abgesehen von diesen  ausgesprochenen  Entzündungserschei- 
nungen des Zahnmarkes kónnen aber auch physiologische Ver- 
änderungen desselben die Ursache schwerster neuralgischer Zustände 
sein. Es sind das die als Dentikel bekannten Neubildungen der 
Zahnpulpa. Wenn wir uns das normale Bild des Zahninneren vor 
Augen führen, so erkennen wir als seine anatomische Besonderheit, 
dass ein Weichgebilde, bestehend aus Bindegewebe mit schmerzemp- 
findenden Nervenfasern reichlich ausgestattet und von zahlreichen 
Gefässen durchzogen, von einer starren Wand rings umgeben ist; 
durch die feine, an der Wurzelspitze befindliche Öffnung hindurch 
vermitteln Nerven und Gefässe den Verkehr mit den Zentralorganen. 
Wie wir wissen, tritt durch jedes Foramen apicale nur eine Arterie 
hinein, so dass in den einwurzeligen Zähnen der kollaterale Kreislauf 
fehlt, in den mehrwurzeligen wegen der völligen Abgeschlossenheit des 
Zahnes sehr erschwert ist. Hieraus, den Verhältnissen der Organe 
mit Endarterien, wie Niere, Grosshirn, nicht unähnlich, erwächst für 
den normalen Ablauf der innerbalb der Pulpa sich abspielenden Lebens- 
vorgänge eine grosse Gefahr. Jede vasomotorische Störung des 
Körpers wird sich hier besonders geltend machen müssen. Kom- 
pliziert werden diese Vorgänge besonders dann noch sein, wenn Ab- 


7] Die moderne zahnärztl. Diagnostik im Dienste der Rhino- u. Otologie. 381 


lagerungen der oben genannten Art im Zahnmark vorhanden sind. 
Entweder finden sie sich als sandkorngrosse isolierte Kügelchen oder 
sie haben sich an den engen Wänden der Wurzelkanäle derartig ab- 
gelagert, dass eine fast völlige Verkalkung der Pulpa vorliegt. 
Auf sie als die versteckte Ursache langwieriger Neuralgien muss 
daher stets gefahndet werden. Hier setzt bereits bei sonst mangelnder 
Ätiologie die Hilfe der Röntgenstrahlen ein. Man war bisher bei 
diesen Zuständen lediglich auf die Vermutungsdiagnose angewiesen ; 
denn es ist bekannt, dass Zähne mit stark abgekauten Kauflächen und 
grossen Füllungen zur Dentikelbildung neigen und sie sich besonders bei 
Personen mit starkem Knochenbau finden. Anstatt wie früher den ver- 
dächtigten Zahn versuchsweise zu extrahieren, sind wir heute in der Lage, 
uns durch eine Röntgenuntersuchung über das Verhalten des Zahn- 
inneren ein klares Bild zu machen und durch Ätzung der ver- 
kalkten Pulpa dem schmerzhaften Zustande ein Ende zu machen. 
Ich möchte noch darauf hinweisen, dass die heftigsten Gesichts- 
neuralgien auch durch andere an sich nicht schmerzhafte Erkran- 
kungen des Zahnes oder seiner Umgebung hervorgerufen werden 
können. Vor allem sind es die Erkrankungen der Wurzelhaut, dann 
die Hyperzementosen, Auftreibungen der dünnen Knochen- 
schicht, welche die Zahnwurzel überzieht. 

Weiterhin können retinierte Zähne, besonders hoch im 
Kiefer steckende Weisheitszähne, welche in falscher Richtung durch- 
brechen und gegen die Wurzel eines benachbarten Zahnes drücken, 
zu langdauernden Neuralgien Veranlassung geben. Hier versagt die 
allgemein übliche zahnärztliche Untersuchung völlig, und der nega- 
tive Befund einer nicht mit Induktionsstrom und Röntgenapparat 
vorgenommenen Untersuchung besagt in solchen Fàállen gar nichts’). 
Wie in diesen Fällen nur die Röntgenstrahlen exakten Aufschluss 
geben können, so sind sie vor allem berufen, bei den Erkrankungen 
der Kieferhöhle die entscheidende Rolle zu spielen, sobald die Frage 
zu entscheiden ist, ob Eiterungen der Kieferhöhle durch eventuelle 
Zahnerkrankungen unterhalten werden. Die zahnärztliche Röntgeno- 
graphie ist wohl der jüngste Zweig des Röntgenverfahrens und zeichnet 
sich vor den in anderen Spezialgebieten üblichen Methoden durch 
eine ganz besondere Einfachheit aus. Ein 25cm Induktor genügt 
für unsere Zwecke völlig, da die Strahlen ja nur relativ geringe 


1) Diejenigen Leser, welche diese Fragen näher interessieren, verweise ich 
auf meine diesbezügl. Arbeiten: „Kritische Bemerkungen zur Ätiologie und 
Diagnostik der dentalen Trigeminusneuralgie“. Korrespondenzblatt für Zahn- 
ärzte 1910, H. 2 und „Kasuistischer Beitrag zur dentalen Trigeminusneuralgie.“ 
Korrespondenzblatt für Zahnärzte 1910, H. 3. 


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11] Die moderne zahnärztl. Diagnostik im Dienste der Rhino- u. Otologie. 385 


hältnisse gelegentlich von Empyemoperationen nachzuprüfen, wird die 
vorherige Deutung der aus dieser Gegend gewonnenen Bilder eine 
noch präzisere sein. 

Wohl erkennen wir deutlich den unteren Rand der Kieferhöhle 
in einer nach unten konvexen Linie sich von der Spongiosastruktur 
des Knochens abheben. Wir werden bei fehlender Alveolarbucht 
mit Bestimmtheit verneinen können, dass krankhafte Prozesse an 
den Zähnen überhaupt als ein ursächliches Moment für Empyem in 
Frage kommen; dort jedoch, wo die Alveolarbucht sich tief in das 
Gebiet der Zahnwurzeln hineinsenkt, müssen wir zunächst versuchen, 
uns über die gröberen topographischen Beziehungen der Zahnwurzeln 
zur Kieferhöhle Klarheit zu verschaffen. Bei den Molaren gilt es 
daher festzustellen, ob ihre drei Wurzeln gespreizt sind oder konisch 
zusammenliegen. Im ersteren Falle umgreifen sie die tiefe Alveolar- 
bucht, indem die palatinale Wurzel in der Innenwand, die beiden 
buccalen Wurzeln in der Aussenwand der Kieferhöhle liegen. Sind 
die Wurzeln dagegen nicht gespreizt, sondern stellen sie ein einheit- 
liches konisch zugespitztes Gebilde dar, so werden sie naturgemäss 
den Boden der sich tief in den Alveolarfortsatz hineinsenkenden 
Kieferhöhle emporheben. Die Prämolarenwurzeln sind schlanke Ge- 
bilde, welche zumeist in der Aussenwandung der Kieferhöhle liegen. 
Da im Röntgenbilde bekanntlich die in verschiedener Höhe liegenden 
Gebilde in einer Ebene projiziert erscheinen, so sehen wir sehr häufig 
sowohl Molaren- wie Prämolarenwurzeln tief in die Kieferhöhle hinein- 
ragen, welche de facto in deren Wandungen eingebettet sind (Fig 11). 
Nach meinen Erfahrungen müssen wir besonders jenen Fällen unsere 
Beachtung schenken, wo wir den Boden der Kieferhöhle unmittelbar 
über die konisch zugespitzten Wurzeln der Molaren oder über die 
der Prämolaren hinwegziehen sehen. Da kommt es dann vor allem 
darauf an, festzustellen, ob das Periodontium, das die Zahnwurzel 
umfasst, sich in deren ganzer Zirkumferenz besonders an der Wurzel- 
spitze als einheitliche Linie verfolgen lässt. Überall dort, wo diese 
Linie unterbrochen ist, wo die Konturen der Wurzeln nicht scharf 
hervortreten, besteht der dringende Verdacht, dass eine Infektion 
der Kieferhóhle durch den benachbarten Zahn erfolgt ist. Man wird 
in solchen Fallen gut tun, ehe man zur Extraktion des Zahnes 
schreitet, nach Einführung einer feinen Millernadel in den Wurzel- 
kanal eine zweite Aufnahme zu machen, welche die oft bestehende 
direkte Verbindung zwischen der Wurzelspitze und der Kieferhöhle 
uns deutlich erkennen lässt. — Dass tief versteckte Wurzelreste, 
welche trotz zahnärztlicher Untersuchung nicht festzustellen waren, 
durch ein Röntgenbild als die Grundursache langwieriger Empyeme 
leicht erkannt werden, beweist ein unten zitierter Fall. 





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13] Die moderne zahnürztl. Diagnostik im Dienste der Rhino- u. Otologie. 387 


Wie ich aus der Literatur ersehe, ist auch von seiten der 
Rhino- und Otologen auf die Bedeutung moderner zahnärztlicher 
Diagnostik für diese beiden Spezialgebiete hingewiesen worden. 
Friedrich Müller berichtet in seiner Arbeit „Über dentale Neur- 
algien, insbesondere über die dentale Otalgie^ (Zeitschr. f. Ohren- 
heilkunde etc. 1909 H. 2 u. 3) über einen Fall jahrelanger Ohren- 
schmerzen, welche durch einen gangránósen Zahn unterhalten wurden. 
In diesem Falle war von verschiedenen Seiten bereits eine Therapie 
vergeblich eingeleitet worden, schliesslich wurde die Aufmeisselung 
des Warzenfortsatzes vorgenommen, ohne dass die Schmerzen ge- 
schwunden würen. Erst die Entfernung des mit gangrünóser Pulpa 
behafteten Zahnes nach vorheriger zahnürztlicher Diagnose brachte 
Heilung. Müller sagt daher mit Recht (p. 144): ,Ich glaube, dass 
aus dieser Krankengeschichte evident hervorgeht, wie wichtig es für 
uns ist, dass wir wenigstens auf dem Gebiete der Diagnostik der 
Zahnheilkunde beschlagen sind.^ Als Seitenstück hierzu móchte ich 
auf die Ausführungen Henricis in seiner Arbeit: „Der Wert der 
Röntgenaufnahmen zum Nachweis von Zahnerkrankungen bei Kiefer- 
höhlenempyem“ (diese Zeitschrift Bd. 2, H. 1) hinweisen und mit 
wenigen Worten der Frage näher treten: Inwieweit ist der Nasen- 
oder Ohrenarzt imstande, die feineren Untersuchungen des Zahn- 
systems selbst vorzunehmen. 

Ich möchte zunächst betonen, dass selbst die einfachste Mani- 
pulation an den Zähnen eine gewisse Handfertigkeit voraussetzt. 
Schon die Feststellung eines selbst bis zur Pulpa reichenden Zahn- 
defektes kann oft grosse Schwierigkeiten bereiten. Der Untersuchende 
muss verstehen mit der Spritze, dem Spiegel, der Sonde im Munde 
umzugehen, wobei die richtige Lagerung des Patienten von nicht zu 
unterschätzender Bedeutung ist. Die Sensibilitätsprüfung der Zähne 
mit Hilfe des Induktionsstroms bereitet natürlich dem Ungeübten 
noch viel mehr Schwierigkeiten. Nur in seltenen Fällen, dort wo 
die Zähne sehr weit voneinander getrennt stehen, darf die Unter- 
suchung ohne Cofferdam vorgenommen werden, sonst ist Isolation 
des zu untersuchenden Zahnes unbedingt geboten, wenn nicht der 
Strom durch die Mundfeuchtigkeit auf das Zahnfleisch oder einen 
Nachbarzahn geleitet werden soll; bekanntlich ist das Anlegen des 
Cofferdam erst nach längerer Übung in einer den Patienten nicht 
allzusehr belästigenden Weise möglich. Ich möchte daher die oben 
aufgeworfene Frage dahin beantworten, dass der Nasen- oder Ohren- 
arzt dort, wo der Verdacht auf dentale Neuralgie vorliegt, die dies- 
bezügliche Untersuchung dem Zahnarzt überlässt, allerdings aus- 
drücklich von ihm die Prüfung mit dem Induktionsstrom verlangen 


388 Oskar Weski. [14 


sol. Nur in vereinzelten Fallen, besonders bei getrennt stehenden 
Zähnen, wird es auch dem in der Untersuchung des Zahnsystems 
Ungeübten gelingen, durch Anlegen einer einfachen knopfartigen 
Elektrode auf den Zahn sich davon zu überzeugen, ob dieser eine 
„lebende“ oder „tote“ Pulpa in sich trägt. 

Was die Röntgenuntersuchung der Zähne betrifft, so wies ich 
schon eingangs darauf bin, dass Aufnahmen des ganzen Schädels so- 
wohl in frontaler wie sagittaler Projektion keine Details des Zahn- 
systems zeigen. Nur die Filmaufnahmen bieten sie. Und so geläufig 
schliesslich dem darin Bewanderten die diesbezügliche Technik wird, 
erleichtert durch die sehr bequeme Anordnung des Instrumentariums, 
so erfordert die richtige Einstellung der Röhre, das schonende Ein- 
führen des Films, die gleichzeitige Fixierung des Kopfes ein solches 
Mass von Erfabrung und Geschicklichkeit, dass die zahnärztliche 
Röntgenaufnahme nur in der Hand des Geübten ein den Patienten 
nicht belästigendes Verfahren ist. Weiter ist zur Deutung der ge- 
wonnenen Bilder genaue Kenntnis der Pathologie des Zahnsystems 
unbedingt erforderlich. Wie in keinem andern Zweig der Röntgen- 
diagnostik kommt es hier auf Erkennung von Detailverhältnissen und 
richtige Bewertung feiner Strukturen an; es dürfte sich daher für 
den Nasenarzt empfehlen, die Róntgenuntersuchung der Zähne immer 
von einem auf diesem Gebiete erfahrenen Kollegen vornehmen zu lassen. 


Erklárung der Bilder auf Tafel XIX und XX. 


Figur 1. Aufnabme vom skelettiertcen Schädel. Tiefe Kieferbucht. Die 
palatinale Wurzel des l. Molaren reicht scheinbar in die Kieferhóhle hinein, liegt 
jedoch in der Jnnenwand eingebettet; die weisse Linie des (hier durch Mazeration 
zerstörten) Periodontiums erkennbar, ebenso bei der Wurzelepitze der in der 
Aussenwand der Kieferhöhle liegenden Wurzel des 1. Prüámolaren; die Wurzel- 
spitze des 2. Prämolaren hebt den Boden der Kieferhöhle empor, liegt nicht in 
den Seitenwänden der Kieferhöhle, daher das Periodontium nicht erkennbar. 

Figur 2. Aufnahme vom skelettierten Schädel. Im 2. Molar — der erste 
Molar extrahiert — in der Pulpakammer ein isolierter Dentikel. 

Figur 3. Aufnahme vom Patienten. Die Pulpa des in der Mitte gelegenen 
seitlichen Schneidezahns infolge wandständiger Dentikel fast ganz geschwunden. 

Figur 4. Aufnahme vom Patienten. Auf der Höhe des 1. Molar senkt sich 
ein fingerhutartiger Rezessus der Kieferhöble tief in den Alveolarfortsatz hinein 
Die infolge Empyems notwendige Operation wurde von der Fossa canina aus vor 
genommen. Trotzdem gelang es nur schwer den Rezessus auszukratzen. 


15] Die moderne zahnürztl. Diagnostik im Dienste der Rhino- u. Otologie. 389 


Figur 5. Aufnahme vom Patienten. Akute idiopatbische — nicht von den 
Zähnen — ausgehende Osteomyelitis des Oberkiefers; zwischen der links gelegenen 
Wurzelspitze des Eckzahns und den rechts liegenden beiden Wurzelspitzen des 
1. Prämolaren der sich sequestrierende Knochen erkennbar. Patient erkrankte 
unter heftigen Schmerzen und Schwellung der Wange. Die Pulpen der intakten 
aber periostitisch empfindlichen Zähne zeigten schwache Reaktion ; die Zähne wurden 
so locker, dass sie mit dem Finger hätten extrahiert werden können. Die Dia- 
gnose der idiopathischen Osteomyelitis indizierte möglichste Schonung der Zähne 
Therapie: Aufklappung und Auskratzung der Abszesshöhle ; die Pulpen der Zähne 
wurden abgeäzt, die Kanäle gefüllt; heute sind die Zähne völlig fest. 

Figur 6. Aufnahme vom Patienten. Alveolarbucht; der 2. Prämolar trägt 
an der Wurzelspitze infolge marginaler Infektion ein Granulom;; die Wurzel liegt 
in der Aussenwand der Kieferhöhle, ragt nur scheinbar in dieselbe. 

Figur 7. Ein gleicher Fall. 


Figur 8. Anfnahme vom Patienten. Der 2. Molar ist wurzelkrank — Auf- 
hellung an der Wurzelspitze — die feine Millernadel dringt durch das Foramen 
apicale in den Granulationsherd — die Kieferhöhle steht nicht in Kommunikation 
mit ihm. 

Figur 9. Aufnahme vom Patienten. Vor ca. 1'/s Jahren wegen Empyem 
Eröffnung der Kieferhöhle von der Alveole aus. Seit dieser Zeit tägliche Aus- 
spülungen. Akute Exazerbation des Empyems führt zur endonasalen Radikal- 
operation — die Eiterung eistiert, stellt sich nach einiger Zeit in geringem Um- 
fang wieder ein. Die Röntgenaufnahme zeigt einen Wurzelrest des 1. Molaren 
dicht neben der noch offenen Kommunikation zwischen Alveole und Kieferhöhle; 
nach Extraktion der Wurzel völlige Heilung. 

Figur 10. Aufnahme vom Patienten. Vor mehreren Jahren wegen Kopf- 
schmerzen und Eiterung aus der Nase an der Kieferhöhle von der Nase aus be- 
handelt; im mittleren Nasengang Eiter. Durch eine feine der bisherigen zahn- 
ärztlichen Untersuchung verborgen gebliebene Fistel des Zahnfleisches dringt die 
Sonde durch eine Höhle in die Nase. Das Röntgenbild zeigt einen umfangreichen 
fungösen Erweichungsherd, verursacht durch eine winzige Eckzahnwurzel. 

Figur ll. Aufnahme vom Patienten. Patientin leidet seit ca. 8 Jahren an 
heftigsten Neuralgien, die von verschiedenen Seiten mit keinem endgültigen Erfolg 
behandelt wird; die elektrische Untersuchung zeigt, dass der linke obere 2. Molar 
pulpatot ist. Die Röntgenaufnahme lässt erkennen, dass eine tiefe Kieferbucht 
vorliegt — dass die konisch zugespitzten Wurzeln der Molaren in ihrer unmittel- 
baren Nähe sich befinden und ihre Konturen — im Gegensatz zur Prämolaren- 
wurzelspitze — verschwommen sind. Die Vermutung einer Infektion der Kiefer- 
höhle war naheliegend und wurde bestärkt dadurch, dass nach Eröffnung des 
Zahnes ein stinkender Faden aus einem Kanal entfernt wird. Die Millernadel 
dringt nach Überwindung eines geringen Widerstandes leicht in die "Tiefe, wo- 
durch ziehende Schmerzen hervorgerufen werden, so dass die gestellte Diaguose: 
dentale Infektion der Kieferhöhle die richtige zu Sein scheint; eine zweite Avf- 
nahme zeigt aber, dass die Millernadel sich nicht in einem Wurzelkanal und 
nicht in der Kieferhóhle befindet; der Wattefaden war, da der betr. Zahnarzt die 
Wurzelkanäle des Zahnes nicht hatte finden kónnen, in den spongiósen Knochen 
nach kanalartiger Ausbohrung desselben gelegt worden; die Folge war eine chro- 
nische Osteomyelitis, deren Sekrete sich zwischen Zahn und Zahnfleisch unmerk- 
lich entleerten, so dass keinerlei subjektive Beschwerden auftraten. Die Neur- 
algien, verursacht durch diesen Prozess, schwanden wenige Tage nach 

Zeitaehrif für Laryngologie. Bd. Ill, H, 4. 27 


390 Oskar Weski. [16 


der Extraktion des Zahnes; eine Kommunikation der Alveole mit der Kiefer- 
hóhle bestand nicht. 

Figur 12a und 12b. Aufnahme vom Patienten. Patientin ist durch endo- 
nasale Radikaloperation wegen Empyems behandelt worden; Eiterung besteht 
weiter. Patientin trügt eine Brücke (festsitzenden Zahnersatz), dem der mit 
Goldkronen versehene Eckzahn wie der 2. Prämolar als Stütze dienen. Da wegen 
der Goldkappen eine Untersuchung mit dem Induktionsstrom nicht möglich ist, 
vermag lediglich die Röntgenaufnahme die Frage zu entscheiden, ob die Zähne 
mit der Kieferhöhle in Konnex stehen; Kieferbucht geringen Grades vorhanden. 
Die Wurzelspitze des 2. Prämolaren reicht bis dicht zur Kieferhöhle heran, die 
Konturen sind verschwommen. Nach Entfernung der Brücke wird aus der Pulpa- 
höhle ein stinkender Wattefaden extrahiert; die Millernadel dringt obne Schwierig- 
keit tief hinein. Fig. 16b zeigt, wie die Nadel in die Kieferhöhle hineinragt. 
Der extrahierte Zahn zeigt eine scharf abgeschnittene Wurzelspitze; wahrschein- 
lich ist dieselbe gelegentlich der oben erwähnten Operation abgemeisselt worden. 

Figur 13. Aufnahme vom Patienten. Endonasale Radikaloperation wegen 
chronischen Empyems. Die Eiterung bestand fort. Im Röntgenbilde sieht man 
die konisch zusammengedrückten Wurzeln des 1. Molaren bis an die Kieferhöhle 
reichen; die Wurzelspitze duıch Hyperzementosen als Ausdruck chronischer Ent- 
zündung verdickt — erkennbar an der Periodontiumlinie; auf der Höhe der 
Wurzelkappe ist die Linie unterbrochen, ebenso die die untere Begrenzung der 
Kieferhóhle darstellende Linie. Nach Extraktion des Zahnes dringt die Sonde 
leicht in die Kieferhóhle. Schnelle Ausheilung des Empyems. 

Figur 14a und 14b. Aufnahme vom Patienten. Endonasale Radikaloperation 
wegen chronischen Empyems der Kieferhóhle. Nach vorübergehender Besserung 
Wiederauttreten der Eiterung. Patientin trägt ein Kautschukgebiss auf Wurzeln. 
Der Alveolarfortsatz ist von grossen fungösen Herden völlig durchsetzt. Nach 
Extraktion sämtlicher Wurzeln und des lockeren 2. Molaren dringt die Sonde 
leicht in die Kieferhóhle hinein. (Figur 18 b.) 

Figur 15a und 15b. Aufnahme vom Patienten. Patient kommt in De 
handlung wegen ziehender Schmerzen im oberen 2, Molaren. Derselbe ist völlig 
intakt; die buccalen Wurzeln liegen in geringem Umfang frei — die Pulpa er- 
weist sich als irritiert — nicht entzündet. Beim Abheben der Wange entleert 
sich zwischen Wurzel und Zahnfleisch dünnflüssiger Eiter; es lässt sich eine dünne 
Sonde unter Schmerzen an dieser Stelle in die Höhe schieben. Die Sensibilitäts- 
prüfung sämtlicher Zähne ergibt, dass die beiden seitlichen Schneidezähne des 
Oberkiefers pulpatot sind. Auf Befragen gibt Patient an, vor 3 Jahren einen 
Faustschlag ins Gesicht erhalten zu haben. Die Röntgenaufnahme zeigt eine 
kolossale Zyste, welche den mittleren Schneidezahn umfassend bis zum 2. Molaren 
reicht. (Die Figur 15 a und 15b aneinandergelegt, geben die Zyste in ihrem 
ganzen Umfang wieder — nur die höher gelegenen Partien sind nicht mehr ge- 
troffen.) Durch den Röntgenbefund erweist sich der Prozess als eine Radikulär- 
zyste, welche in die Kieferhöhle hineingewachsen ist, dieselbe völlig ausfüllend. 
Naclı Extraktion des 2. Molaren und des 2. Prämolaren und Abtragung des papier- 
dünnen Knochens — Pergamentkaittern bestand nicht — ergiesst sich eine Un- 
menge äusserst stark stinkenden Kiters. Der intakte seitliche Schneidezahn wird 
trepaniert, der Pulpenkanal desinfiziert und mit Guttapercha abgefüllt; die Schleim- 
haut oberhalb der Wurzelspitze sowie das Periost werden hochgeklappt und nach Ab- 
tragung der erodierten Wurzelspitze die hier vorhandenen Granulationen ausge- 
loffelt. Die Schleimhaut der Kieferhöhle ist entzündlich gerötet. Keine Sekretion. 


17] Die moderne zahnärztl. Diagnostik im Dienste der Rhino- u. Otologie. 391 


Patient erhält 2 Obturatoren, einen kleineren zum Verschluss des Fensters im 
Knochen oberhalb der Wurzelspitze des seitlichen Inzisivus, einen grösseren zur 
Deckung des durch Abtragung des Alveolarfortsatzes im Gebiet des Prämolaren 
und Molaren geschaffenen Defektes. Der Eckzahn, der normale Pulpa enthält, 
ist völlig fest. Interessant ist, dass derselbe Prozess an der Wurzelspitze des 
anderen seitlichen Schneidezahns sich zu entwickeln beginnt; doch ist hier die 
Zyste noch nicht in die Kieferhóhle hineingebrochen. 

Figur 16. Aufnahme vom Patienten. Patientin kommt in Behandlung, da 
sie ein etwa erbsengrosser blauer Fleck, zwischen dem seitlichen Schneidezahn 
und Eckzahn des Oberkiefers auf dem Zahnfleisch gelegen, stórt. Schmerzen sind 
nicht vorhanden; Patientin bemerkt den Fleck seit ca. !'/, Jahr. Der Knochen 
ist im Umfange des blauen Flecks geschwunden. Darüber besteht eine leichte 
Auftreibung des Alveolarfortsatzes ungefähr in Markstückgrósse. Bei stürkerem 
Druck lässt sich der Knochen hier eindrücken — Pergamentknittern. Der Ver- 
mutungsdiagnose: Zyste widerspricht das Röntgenbild. Auffallend ist die an den 
Kronen nicht wahrnehmbare Divergenz der Wurzeln des Eckzahns und seitlichen 
Schneidezahns; es sieht aus, als ob eine Gewalt dieselben auseinanderdrängte. 
Entsprechend dem blauen Fleck ist ein scharf umgrenzter Defekt des Alveolar- 
knochens sichtbar. Darüber nur durch eine schmale Spange von Knochensubstanz 
getrennt eine Aufhellung im Knochen, welche lateralwärts in die Kieferhöhle 
reicht; der Bezirk der Aufhellung zeigt aber — ebenso wie die Kieferhöhle — 
eine gewisse Struktur. Die Aufklappung der Schleimhaut und Aufmeisselung des 
Knochens lässt eine Höhle zutage tıeten, welche von bräunlich-roten Massen er- 
füllt war; dieselben reichen in das Kavum der Kieferhöhle hinein. Die mikro- 
skopische Untersuchung der ausgekratzten Massen lässt diese eigenartige Geschwulst 
als Riesenzellensarkom erkennen; die Radikaloperation wird von anderer Seite 
vorgenommen. 


27° 


II. Referate. 


L Allgemeines, Geschichte usw. 


232. 0. Chiari, Zum hundertsten Geburtstag Ludwig Tiircks. 
Monatsschr. f. Ohrenheik. 7. 1910. 


Am 22. Juli waren es 100 Jahre, dass Ludwig Türck in Wien 
geboren wurde. 1836 zum Doktor promoviert wählte er zu seinem Lieb- 
lingsstudium das Gebiet der Nervenkrankheiten, das er durch viele be- 
deutende und grundlegende Arbeiten ausbaute. 

Im Sommer des Jahres 1857 als Primararzt kam er auf die Idee, 
das Kehlkopfinnere mit einem gestielten Spiegel zu untersuchen, ohne 
von den Erfolgen Garcias im Jahre 1855 zu wissen. Er hat dann weiter- 
bin die Laryngoskopie im edlen Wettstreit mit Czermak, dem das 
grosse Verdienst gebūhrt, die Beleuchtung mit Hilfe eines Reflektors und 
einer künstlichen Lichtquelle bewerkstelligt zu haben, zu klinischen und 
diagnostischen Zwecken vervollkommt. Sippel, Würzburg. 


233. Delavan, D. Bryson, New York, The Influence of the Use 
of the Automobile upon the upper air passages. (Die oberen 
Luftwege des Automobilisten.) Medical Record 1910. 1. 
Vol. 78. Nr. 8. 


Der erhóhte Luftdruck im Lungeninneren beim Sausen gegen den 
Wind schädigt auf die Dauer die normale, besonders aber die emphyse- 
matóse Lunge. Besonders schädlich sind die im Strassenstaube vor- 
kommenden kleinen Insekten, Pflanzenreste und Pferdemistteilchen. Er- 
kältung der oberen Luftwege ist besonders häufig, da Hals und Füsse 
meist nicht genügend bedeckt sind und oft vom warmen Zimmer oder 
überhitztem Zuge aus eine Automobilfahrt unternommen wird. Leichte 
akute Erkrankungen der Nase, besonders der Nebenhöhlen werden zu 
chronischen gemacht. Doch fand Autor oft subakute und chronische 
Katarrhe, vasomotorischen Schnupfen, bronchiales Asthmas und beginnende 
Lungenschwindsucht günstig beeinflusst. Doch hat Autor einen Fall, 
wo eine latente Tuberkulose durch grosse Automobilfahrt manifest wurde. 
Die amerikanischen Versicherungsgesellschaften betrachten den Automobil- 
sport nicht als Erkrankungsfaktor der oberen Luftwege. 


304 Referate. [2 


Persónliche Vorsichtsmaseregeln, besonders Respiratore, gedlte Strassen, 
wie Glasautomobile mit „Windschilden“ können fast alle Gefahr ent 
fernen von einem Sport, der als solcher vom Arzte nur als gesundheits- 
fördernd betrachtet werden kann. Otto Glogau, New York. 


234. Dreuw, Berlin, Lichtträger mit chirurgischem Ansatz. Med. 
Klin. 1910. 41. 


Zur Verwendung bei den verschiedenen Körperöffnungen; ein weiteres 
Glied in der fast überreichen Anzahl „selbstleuchtender“ Instrumente. 
Ernst Seifert, Würzburg. 


235. Edwards, Bournemouth, Die wachsenden Schwierigkeiten 
der Diagnose von Diphtherieträgern. Practitioner. August 1910. 
Der Gegenstand wird hier vom medizinischen Standpunkte der Sani- ` 
tátsoffiziere behandelt. Es ist seit einiger Zeit bekannt, dass der mor- 
phologisch unzweifelhafte Klebs-Löffler-Bazillus im Halse von Gesunden 
vorhanden sein kann ohne ihn pathologisch zu affizieren und ohne Per- 
sonen, die mit dem Tráger in Berührung kommen, zu infizieren. Ferner 
kann der morphologisch unzweifelhafte Klebs-Löffler-Bazillus bei Fällen 
von post-Diphtherie Patienten vorkommen, bei Ötorrhöen und Rhinor- 
rhöen und bei Hauterkrankungen in demselben milden und harmlosen 
Zustande Nachdem er Erklärungen in Betracht gezogen, wie verminderte 
Virulenz der Bazillen und veränderte Widerstandskraft des Trägers, neigt 
der Verfasser zu der Ansicht, dass obgleich morphologisch ähnlich, die 
Bazillen in solchen Fällen nicht mit dem Diphtherie-Erreger identisch 
sind. Er hofft, dass es den Bakteriologen bald möglich sein wird, den 
jetzigen morphologisch unzweifelhaften Klebs-Löffler-Bazillus in Klassen 
zu differenzieren, was uns ermöglichen würde, die Träger gewisser Klassen 
als der öffentlichen Gesundheit insofern nicht schädlich anzusehen, als 
ihre Bazillen nicht Diphtherie-Erreger sind. Guthrie, Liverpool. 


236. Theodor S. Flatau, Laryngoskopie und hintere Rhino- 
skopie bei geschlossenem Munde. Deutsche med. Wochenschr. 
1910. Nr. 30. Bericht der Berl. otol. Ges. 

Angeregt durch die Versuche Hays in New York und namentlich 
durch die zystoskopischen Fortschritte Ringlebs hat Flatau einen 
Apparat konstruiert, der in natürlicher Stellung der Teile eine laryngo- 
skopische und rhino-pharyngoskopische Untersuchung mit grossem Ge- 
sichtsfeld und mit ausserordentlicher Deutlichkeit gestattet. Weitere Be- 
arbeitung stellt Flatau in Aussicht. Hirsch, Magdeburg. 


237. W. Lamann, St. Petersburg, Zum ferneren Ausbau meiner 
Theorie des oberen Schutzvorrichtungssystems: VIII. uber 
den Zusammenhang zwischen der artikulierten menschlichen 
Sprache und den Gesetzen der Peristaltik. Monatsschr. f. 
Ohrenheilk. 7. 1910. 


Aufbauend auf die von ihm aufgestellten Gesetze der Peristaltik 
bringt Lamann folgende Definition für die artikulierte Sprache: Die 
artikulierte Sprache stellt diejenige Art kooperativen Aktes der Peristaltik 
des Respirations- und der des oberen Digestionstraktus dar, welcher durch 





3] Referate. 395 


die Unterdrückung des Antagonistengesetzes durch einen Willensimpuls 
charakterisiert wird. Sippel, Würzburg. 


238. A. Mori, L’Infezione difteriea nei lattanti. (Die diphtherische 
Infektion der Säuglinge.) Il Morgagni. Nr. 17. 1910. 


Der Bazillus lokalisiert sich mit Vorliebe in der Nase; die von ihm 
verursachten Erscheinungen sind sehr ernst (Mortalität 38,30). In 
verdächtigen Fällen muss die bakteriologische Untersuchung in Kraft 
treten. Die schwerste Komplikation ist die Bronchopneumonie; die 
Albuminurie wird weniger häufig bei Brustkindern als bei anderen 
beobachtet. Es scheint auch, dass die Brustkinder eine grössere Wider- 
standskraft den Toxinen gegenüber besitzen, weil von 23 an Diphtheritis 
gestorbenen Säuglingen nur 4 Brustkinder waren. Menier. 


239. H. K. Offerhaus, Groningen, Schmerzlose Operationen 
im Gebiet des Gesichtsschädels und des Mundes unter 
Leitungsanästhesie. Deutsche med. Wochenschr. 1910. Nr. 33. 


Von den vom Verf. beschriebenen und erprobten Methoden zur Her- 
stellung einer Leitungsanästhesie im Trigeminusgebiet verdient besonders 
die Injektion von Kokain-Suprareninlösungen in den Stamm des 2. Astes 
die Aufmerksamkeit der Rhinologen. 

„Um den zweiten Ast zu erreichen, messe man vorher (mit dem vom 
Verf. konstruierten Zirkel, Ref.) die Distanz zwischen der Mitte des einen 
Jochbogens und der des anderen — die Distancia interzygomatica (a^ und 
die Distanz zwischen dem Proc. alveolaris sup. hinter den letzten Back- 
zähnen und an deren Innenseite — die Distancia interalveolaris interna (b/) 
(diese Distanz ist gleich der Distanz zwischen den Foramina rotunda). 


a ist also die Entfernung des 2. Trig.-Astes von der Oberfläche, 





und bis zu dieser Tiefe muss man mit der Nadel an der oberen Seite 
des Jochbogens in der Richtung der Linea interzygomatica eindringen 
(oder an der Unterseite des Jochbogens, aber dann muss die Nadel ein 
wenig nach oben gerichtet werden)“. Die Ergebnisse, die Verf. erzielt 
hat, lauten sehr günstig. „Nach Verlauf von einer Viertel- bis Drei- 
viertelstunde, je nachdem man in oder um den Nerven injiziert bat, jet 
das ganze Verbreitungsgebiet vollständig analgetisch.“ Eine Stunde 
vor der Operation erhält der Patient 15 mg Morphium und !/ mg Sco- 
polamin subkutan. Hirsch, Magdeburg. 


240. Derselbe, Schmerzlose Operationen im Gebiete des Gesichts- 
schädels und des Mundes unter Leitungsanästhesie. Ned. 
Tydschrift voor Geneeskunde. 18. Juni 1910. 

Offerhaus hat durch Messungen an getrockneten Schädeln eine 
einfache Methode gefunden, zur Injektion der Trigeminusäste, um bei 
Neuralgien tiefe Alkoholininjektionen machen zu können. (Diese Methode 
wurde ausführlich publiziert in derselben Zeitschrift vom 10. März 1910, 
Nr. 12. Die Arbeit muss in Original gelesen werden, da sie nicht zum 
Referat geeignet ist.) 

Wenn die Trigeminusäste für Injektionen zu erreichen sind, muss 
ihr ganzes Ausbreitungsgebiet durch Kokaininjektion unempfindlich zu 
machen sein und in der Klinik von Prof. Koch in Groningen hat man 


396 Referate. [4 


die Kokaininjektion der Trigeminusáste versucht bei elf Operationen an 
Kieferknochen und in der Mundhóhle. 

Bei acht Fällen gab diese Leitungsanästhesie völlige Unempfindlich- 

keit des Operationsgebietes, während man in drei Füllen durch besondere 
Umstände schliesslich allgemeine Narkose macben musste. 
Im Anfange wurden 2—2,5 gr 0,5°/o Kokain in physiol. Salz- 
solution mit 1 Tropfen 1/1000 Suprarenin injiziert. Die Anästhesie trat 
1/,—1!/s Stunde nach der Injektion auf und dauerte ungefähr eine Stunde. 
Später wurde ®/s°/o Kokain gebraucht und dauerte die Analgesie viel 
lünger, bei einem Patienten sogar 4 Stunden. 

Als Beweis von vollkommener Analgesie erwähnt O fferhaus, dass 
in zwei Fällen der Ramus mandibularis schmerzlos gefasst und durch- 
geschnitten wurde. 

In drei Fällen gelang die Injektion der Trigeminusäste nicht, ein 
Mal durch grosse Nervosität der Patientin, welche allgemeine Narkose 
verlangte. 

Im zweiten Falle blieb die Analgesie aus und bei der Operation, 
welche unter Chloroformnarkose geschah zeigte sich, dass das Karzinom 
die ganze Fossa pterygomaxillaris ausfüllte und den Nervenast verdrängt 
hatte. Auch im dritten Falle war der Ramus maxillaris von einem 
Tumor verdrängt. 

Die folgenden Operationen wurden nach der Methode von Offer- 
haus schmerzlos gemacht: 

22 cariöse Zähne und Backzähne wurden in zwei Sitzungen ent- 
fernt bei einer Patientin von 41 Jahren. 

Ein Karzinom der Mundschleimhaut und des rechten Processus 
alveolaris breit entfernt mit Durchmeisselung des Processus alveolaris und 
der Lamina externa pterygoidei bei einem 54jahrigen Manne. 

Ein Karzinom der rechten Concha ethmoidalis bei einem 64 jährigen 
Manne exstirpiert mit doppelseitiger temporärer Resektion des Oberkiefers 
nach Kocher. 

Ein Karzinom des rechten unteren Augenlides und der Orbita ent- 
fernt bei einem Manne von 74 Jahren. 

Ein perforierender Krebs der Wangenschleimhaut links auf den 
Unterkiefer übergehend mit darunter liegenden Drüsenmetastasen entfernt 
bei einem Manne von 70 Jahren mit Resektion eines Teils des Unter- 
kiefers und Plastik der Zungenschleimhaut. 

Rezidiv eines Karzinoms rechts mit Ausbreitung auf Ober-, Unter- 
kiefer und in die Fossa temporalis operiert bei einem Manne von 
55 Jahren mit Resektion des Oberkiefers, des Jochbogens, partieller Re- 
sektion des Unterkiefers und breiter Umschneidung der Geschwulst aus 
der Schläfengegend. 

Radikaloperation des rechten Antrum Highmori wegen chronischer 
Eiterung bei einem 17jährigen Mädchen. 

Auch wurden 12 Patienten behandelt mit Injektion von 80°/o Alko- 
hol wegen Neuralgien des Trigeminus. 

In 10 Fällen wurden völlige Heilung erzielt, in einem Falle besserte 
sich die Neuralgie bedeutend, während in einem Falle mit zentraler 
Affektion die Injektionen keinen Erfolg hatten. 


5] Referate. 397 


241. H. Stern, Wien, Grundzüge der Pathologie und Therapie 
der Sprachstörungen. Med. Klin. 1910. 41. 


Eine orientierende Zusammenstellung der wichtigsten Sprachstórungen 
mit Betonung der Átiologie. Die knappen therapeutischen Angaben werden 
besonders dem Nichtspezialisten einen willkommenen Überblick geben. 

Ernst Seifert, Würzburg. 


2. Nase und Nebenhóhlen. 


242. E. Baumgarten, Budapest, Sehstórungen, durch Affektionen 
der Nase bedingt. Monatsschr. f. Ohrenheilk. 1910. IV. 9. 
Verf, berichtet über 7 Fälle, bei denen seröse und eiterige Keilbein- 
affektionen, bullöse Auftreibungen der mittleren Muschel und luetische 
Ulzera die Ursache verschiedener akuter und chronischer Sehstörungen 
war: Papillitis, Skotom, Amblyopie, sogar Erblindung. Durch Eröffnung 
der vorderen Sphenoidalwand bzw. Entfernung der path. Veränderungen 
im Cavum nasi wurden die Zirkulationsstörungen beseitigt und z. T. 
glänzende Erfolge erzielt. Ernst Seifert, Würzburg. 


243. Bourak, Über die Ausgleichung der eingesunkenen Nase 
bei Kindern mittelst Paraffin. (De la restauration des 
affaissements du nez chez les enfants par la paraftine 
plastic.) Annales des maladies de l'oreille. Tome XXXVI. 

Es scheint, dass bei Kindern die Einsenkung des Nasenrückens nicht 
so selten ist, wie wir es im ersten Momente glauben würden. Wir denken, 
wenn wir von Sattelnase, Lorgnettennase sprechen, immer an die Syphilis, 
die allerdings bei Kindern ibren so sehr markierenden Stempel nicht so 
bäufig aufdrückt als wie bei Erwachsenen. Traumen. Verbrennungen 
osteomyelitische Prozesse aller Art, Ozäna können aber auch schon bei 
Kindern das Nasengerüst hinreichend entstellen, dass bei den Eltern 
dieser unglücklichen Patienten ein lebhaftes Reparationsbedürfnis erwacht. 
Bourak hat in 9 Fällen bei Kindern derart zu intervenieren gehabt und 
zwar waren die jüngsten seiner Patienten ein Mädchen von 3 und zwei 
Mädchen von 6 Jahren. 

Was die Technik anlangt, so verwendet Bourak natürlich nur 
Hartparaffin, oder wie er sagt, ein Gemisch von Hart- und Weich- 
paraffin, das zwischen 43 und 48° schmilzt. Er benutzt ein eigenes 
Instrumentarium und zwar 1. einen kleinen Sterilisator für das Paraffin, 
um ein so homogenes Gemisch wie móglich zu erhalten, 2. eine von ihm 
ersonnene einfache Spritze bei Hoffmann Deonge in Charkow erhält- 
lich, 3. einen Kompressor, der auf die Nase gelegt wird und bestimmt 
ist, die Prothese die gegebene Form einhalten zu lassen. 

Was diese Paraffinprothesen anlangt, so hat Bourak Gelegenheit ge- 
habt, einen Teil derselben ungefähr 3 Wochen nach erfolgter Injektion 
mikroskopisch zu untersuchen. Beim makroskopischen Anblick sah man 
keine Spur von Paraffin mehr und überall zeigte sich, wie der Autor 
sagt, „die tote Prothese ersetzt durch ein neugebildetee Bindegewebe.“ 
Diese Kombination ist sehr wichtig, da man Zweifel hegen könnte darüber, 
ob die Prothese in so jugendlichem Alter gemacht, Schritt halten würde 
mit dem späteren Wachstum der Nase. Dadurch, dass das Paraffin von 


398 Referate. [6 


lebendem Gewebe ersetzt wird, ist dies nicht zu befürchten. Was das 
Detail der histologischen Untersuchung anlangt ist die Schilderung, die 
Bourak von derselben macht, in wörtlicher Übersetzung folgende: „Man 
sieht auf den Präparaten ein Netz von runden ovalen, und myelinartigen 
Maschen (Alveolen, die nach Anstossung des Paraffins durch Xytol ent- 
stehen) umgeben von einem dichten Haufen neu gebildeter Zellen von 
rundem, spindelförmigem oder epithelialem Typus, untermischt mit Riesen- 
zellen von 6 bis 10 Kernen, von denen die einen zentral, die anderen 
peripheriewarts gelagert sind. Hie und da sieht man, namentlich um die 
Riesenzellen, mikroskopische Teile von Paraffin angelagert. Einige der 
Alveolen sind fast nur mit Riesenzellen gefüllt, an anderen Stellen kann 
man aus der Schichtung der Riesenzellen nur das ursprüngliche Vor- 
handensein der Alveolen mutmassen, während man endlich an einer 
anderen Stelle sieht, wie die Alveole von neugebildeten Zellen geteilt wird. 
Mit anderen Worten, man sieht wie überall sich ein neues Gewebe zu 
bilden und zu organisieren beginnt. An einem anderen Präparat, 3 Monate 
nach erfolgter Prothese herrührend, ist diese Armee von Zellen in junges 
Bindegewebe verwandelt, während das Paraffin immer und mehr peri- 
pherwärts verdrängt sich von Fibroblasten umgeben findet, die bald 
ihrerseits sich in Fasergewebe umwandeln werden. Nur dort, wo das 
Paraffin in grossen Klumpen abgelagert worden ist, hält es der Trans- 
formationsarbeit des Organismus langsam Stand, weshalb es praktisch 
angezeigt ist, das Paraffin nicht in grossen Klumpen unter die Haut 
zu spritzen, sondern sie lieber in die Gewebsspalten in so dünner Form 
wie nur möglich zu verteilen. 

Es folgen hierauf in der Arbeit von Bourak einige Krankenge- 
schichten, von denen die erste eben das 3 jährige Mädchen betrifft, das 
infolge von Scharlach eine weitgehende Nekrose des Oberkieferknochens 
durchgemacht hat, die mit grosser Verunstaltung des Gesichtes geheilt 
ist, Bourak musste ein künstliches Nasenloch herstellen, fehlerhafte 
Narben korrigieren und den eingesunkenen Nasenrücken mittels Paraffin 
aufrichten, Das Endresultat scheint ein befriedigendes gewesen zu sein. 
Eine Lorgnettennase bei einem 8jährigen Kinde infolge von hereditärer 
Lues und eine Korrektion bei einem 13jährigen Knaben bilden die zwei 
nächstfolgenden Falle, Merkwürdigerweise hat sich dort, wo gleichzeitig 
Ozüna bestand, dieselbe nach Korrektur des eingesunkenen Nasenrückens 
gebessert, wie z. B. bei eipem 14jährigen Mädchen, bei dem die Korrektur 
wegen einer kongenitalen Defformitüt, offenbar echte Ozünanase gemacht 
worden ist. 

Einen Schaden an Gesundheit hat keiner der Patienten zu beklagen 
gehabt, wenn auch die Möglichkeit vorhanden ist, dass ein Teil des 
Paraffins in die Umgebung dringt und von da wieder herausgeholt werden 
muss. Vorsicht und Übung werden die Fehler am besten verhindern. 

Lautmann. 


244. Alfred Braun, New York, A Case of Rhinoskleroma. 
(Ein Fall von Rhinosklerom.) The Laryngoskope. 1910. V.2. 
Bei einem 27 jährigen Italiener war die rechte Nasenhöhle von einer 
traubenartigen, leicht blutenden Masse erfüllt, die zuerst mikroskopisch 
als Lympho-Sarkom, später jedoch als Rhinosklerom diagnostiziert wurde. 
Therapie: Radium. Otto Glogau, New York. 


1] Referate. 399 


245. H. Burger, Die Behandlung der Kieferzysten. Ned. Tyd- 
schrift voor Geneeskunde. 11. Juni 1910. 


Wahrend im allgemeinen die franzósischen Autoren bei der Operation 
von Kieferzysten die ganze Wand zu entfernen suchen, wird in Deutsch- 
land nach dem Beispiel von Partsch nur die Aussenwand entfernt. 

In der Praxis werden die Zysten oft noch mit Auskratzen und 
Atzen behandelt. 

Burger empfiehlt bei grösseren Oberkieferzysten die Operation von 
Partsch. 

Die vóllige Entfernung der ganzen Kieferzyste ist meist unmóglich 
und wenn die Zyste sich teilweise in die Oberkieferhóhle hinein ent- 
wickelt hat, kann man bei der Exstirpation des Sackes die Kieferhöhle 
öffnen und eine Eiterung hervorrufen. 

Durch Auskratzen, Ätzen und nachher Ausfüllen der Zyste mit 
Jodoformgaze kann schliesslich Heilung erreicht werden, aber die Be. 
handlung fordert oft Monate und Jahre und ist sehr unangenehm. 

Viel einfacher ist die Operation nach Partsch. Die Aussenwand 
der Zyste wird entfernt und wenn an dem Rande der gemachten Öffnung 
die Mundschleimhaut in Verbindung treten kann mit der Epithelbedeckung 
der Zystenwand, folgt meist sehr bald Heilung und Aufhören der Se- 
kretion. Die Zyste ist eine Einsenkung der Kieferwand geworden. 

Burger gibt drei Krankengeschichten von von ihm operierten Fallen 
und zwei von Fallen, welche von Dr. Campagne in Amsterdam be- 
handelt sind. 

In zwei Fallen befand sich die Zyste an der linken Seite, bei zwei 
Männern von 29 und 65 Jahren und in den anderen drei Fällen rechts, 
bei zwei weiblichen Patienten von 36 und 53 Jahren und bei einem 
. 36jährigen Manne. 

In allen Fällen waren die Zysten infiziert und entzündet, Gewöhn- 
lich genügt die einfache Entfernung der äusseren Wand, aber wenn sich 
bei der Operation zeigt, dass die innere Wand als ein grosser schlaffer 
Sack die Oberkieferhöhle teilweise ausfüllt, ist ea besser diesen Sack zu 
entfernen. 

Die Operation kann in solchen Fällen, nach Entfernung des Sackes 
beendigt werden auf dieselbe Weise, wie das geschieht bei der Operation 
nach Luc-Caldwell, Drainage nach der Nase und primäre Ver- 
schliessung der Schleimhautinzision in der Fossa canina. 

Kan, Leiden. 


246. Otto T. Freer, Chicago, Nasal Tuberculosis, two cases, 
one involving the right ethmoidal bone, with recovery after 
operation. (Zwei Fülle von Nasentuberkulose; erfolgreiche 
Ausschaltung des tuberkulósen Herdes in den Ethmoidal- 
zellen.) Annals of Ot. Rhin. and Larg. 1910. Nr. 1. 


Lupus der Nasenschleimhaut tritt zur Pubertätszeit und fast nur bei 
Frauen auf, bildet Granulation, Infiltration und bindegewebige Narbe, ist 
oberflächlich, schreitet langsam vorwärts, greift häufig auf die äussere 
Haut über und ruft selten Sekundärerscheinungen hervor. 

Die eigentliche Nasentuberkulose tritt zwischen dem 25. und 60. 
Lebensjahre, gleichmässig bei Männern und Frauen, auf. 


400 Referate. [8 


Sie ist selbst oft sekundär und hat, wenn primär, häufig sekundäre 
Komplikationen und ist durch rasches Auftreten käsigen Zerfalles, Zer- 
störung von Knorpel und Knochen charakterisiert. 


Verf. unterscheidet folgende vier Unterabteilungen: 


Tuberkulöses Geschwür, 

Tuberkulöser Tumor, 

Tuberkulöse Infiltration und 

Proliferation von tuberkulösen Granulationen. 


Des Verf. erster Fall betrifft ein 25jähriges Fräulein, das sich über 
Verstopfung der rechten Nasenhälfte und schleimig eitrigen, geruchlosen 
Nasenfluss beklagt. Untersuchung ergibt hahnenkammartige Leiste blass- 
roter Granulationen, in der Höhe der mittleren Muschel am Septum ent- 
lang den Choanen zu strebend, Rhinoskopia posterior zeigt unregel- 
mässige, haselnussgrosse, oberflächlich geschwürige Geschwulst, in die das 
hintere Ende der mittleren Muschel einbezogen. Diese Geschwulst wird 
mittels winkligem Messer, die Masse am Septum und ebenso die ganze 
mittlere Muschel mittels scharfer Instrumente entfernt. Mikroskopische 
Untersuchung: Zahlreiche Riesenzellen. Keine Tuberkelbazillen. 

Nach einigen Wochen bilden sich Krusten und polypöse Granu- 
lationen an der Operationsstelle der mittleren Muschel. Nochmalige 
gründliche operative Reinigung. Nach einigen Monaten erneuert sich die 
Granulationsbildung, diesmal deutlich auf die Ethmoidalzellen deutend. 
Die ganze Ethmoidalkapsel wird mittelst speziellen winkligen Meisseln 
von den Laminae cribrosa und papyracea gelöst und ausgeschält; in ihr 
sind Tuberkelbazillen nachweisbar. Zwei Jahre nachher noch kein 
Rückfall. 

Der zweite Fall ist eine beiderseitige Nasenverstossung und Schwel- 
lung der &áusseren Nase bei einer 50jáhrigen Frau. Anamnese und : 
Lungenbefund negativ. Am Septum beiderseitig unregelmässige Schwel- 
lungen, teilweise fungöse Granulationen mit oberflächlichen käsigen Ge- 
schwüren, auf die unteren Muscheln übergreifend und Adhäsionen bildend. 
Die äussere Nasenschwellung ist durch Verbreiterung des knorpeligen 
Septums bedingt. Exzidiertes Stück weist Tuberkelbazillen und Riesen- 
zellen auf. Da Radikaloperation nicht mehr ratsam, wird Obstruktion 
durch Wegschneiden der Granulationen behoben und Tuberkulininjektion 
vorgenommen. Patient zwei Monate beschwerdenfrei, kam nicht mehr 
zurück. Ausführliche Literatur beschliesst diesen interessanten Bericht, 
in dem Ref. nur die Ausmeisselung der Ethmoidalkapsel als zu gefähr- 
lich erscheint, um als nachahmenswert empfohlen zu werden. 

Otto Glogau, New York. 


247. E. E. Foster, New Bedford, Intranasal measurments which 
indicate that palatal expansion increases the width of the 
nasal fossae. (Vergrösserung des Nasenhöhlenraumes durch 
Dehnung des Gaumenbogens.) Annals of Ot. Rhin. and Larg. 
1910. Nr. 1. 

Unregelmässigkeiten in Gaumenwölbung und Zahnwuchs sind ge- 
wöhnlich mit ungenügender Nasenatmung verbunden und können ent- 
weder die Ursache oder Folge der letzteren sein. Durch spezielle In- 
etrumente wurden zahlreiche Nasenhóhlen vor und nach der orthodentisti- 


9] Referate. 401 


schen Behandlung des Gaumenbogens gemessen und so die im Titel auf- 
gestellte Behauptung bewiesen. Otto Glogau, New York. 


248. Halle, Das Ansaugen der Nasenflügel und seine operative 
Beseitigung. Arch. f. Lar., Bd. 23. H.3. 
Vgl. das Ref. über den gleichnamigen Vortrag in der Berl. lar. 
Ges, Bd. III, S. 182 d. Ztschr. Arth. Meyer. 


249. Halle, Berlin, Orale oder nasale Methode der Operation an 
der Nasenscheidewand. Monatsschr. f. Ohrenhetlk. 7. 1910. 
Verfasser wendet sich gegen die orale Operationsmethode Loewes 
zugunsten der nasalen Eingriffe und nennt dieses Verfahren einen un- 
nötig grossen und durch die dabei unumgänglich längere Narkose nicht 
ungefährlichen Eingriff, Berechtigung habe die orale Methode nur in den 
überaus seltenen Fällen, wo bei Kindern bis zu etwa 4 Jahren eine 
Operation an der Nasenscheidewand sich als unvermeidbar erweist. Bei 
grossen plastischen Operationen oder bei Entfernung maligner Tumoren 
aus der Nase könne die Methode unter Umständen mit grossem Nutzen 
Anwendung finden. Dagegen sei mangelnde Technik eher eine Kontra- 
indikation als eine Indikation. Sippel, Würzburg. 


250. A. Heermann, Kassel. Ein neues Instrument zur Nasen- 
massage. Deutsche med. Wochenschr. 1910. Nr. 27. 
Das einfache Instrument stellt einen vorn abgeplatteten Glasstab 
dar, der den Vorzug der Glátte und Reizlosigkeit beim Gebrauch besitzt. 
Hirsch, Magdeburg. 


251. Hosch, Unsere Erfolge der Radikaloperationen der Sinusitis 
frontalis. Zeitschr. f. Ohrenheilk. Bd. LXI. H. 3 u. 4. 
Bericht über die Resultate von 34 Füllen von Stirnhóhlenradikal- 

operationen, welche von 1898 bis Eude 1909 an der oto-laryngologischen 

Klinik in Basel ausgeführt wurden. Ortel, Dresden. 


252. E. Fletcher Ingals, Chicago, Intranasal Drainage of the 
Frontal Sinus. (Freier Abfluss des Stirnhóhleneiters in die 
Nase.) The Laryngoskope 1910. Nr. 2. 

In die Stirnhöhle wird eine Stahlsonde eingeführt; über die letztere 
wird eine in der Mitte durchlochte Drillvorrichtung geschlüpft, die den 
Ductus nasofrontalis auf 6 mm erweitert. In den so erweiterten Kanal 
wird eine Kanüle gebracht, die zufolge ihrer Konstruktion nicht heraus- 
fallen kann und gewöhnlich 4 Monate an Ort und Stelle gelassen wird. 

Diese Methode soll in 95°/o aller chronischen und in der Mehrheit 
aller akuten Fälle am Platze sein, vorausgeseizt, dass vorher das 
vordere Ende der mittleren Muscheln entfernt und ein Röntgenbild ge- 
nommen worden ist. Otto Glogau, New-York. 


253. Lake, London, Chlorkalzium bei Rhinorrhöe. Brit. Med. 
Journ. 9. Juli 1910. 
In der Voraussetzung, dass Rhinorrhöe auf anormale Beschaffenheit 
des Blutes zurückzuführen ist, hat der Verfasser in den letzten zwei 
Jahren in diesen Fällen während zwei Wochen jeden Tag 2—2,5 g 


402 Referate. [10 


Chlorkalzium gegeben. Mit kaum einer Ausnahme hörte die Rhinorrhoe 
vollständig auf. Dazwischen kehrte sie nach einer langen Zwischenzeit 
wieder, verschwand aber wieder nach der Behandlung. In keinem Falle 
reagierte die Rhinorrhoe auf die Behandlung hin gar nicht, obgleich der 
eine Fall sehr schwer zu behandeln war. Der Verfasser hat keinen Ver- 
such gemacht, die Pathologie des Zustandes zu erläutern, aber er ist der 
Meinung, dass das im Blute enthaltene Chlorid der ursächliche Faktor 
sein könnte. Guthrie, Liverpool. 


251. Masip, Pólipos hemorrágieos de las Fosas Nasales. (Über 
die blutenden Polypen der Nasenhöhle.) Revista de Ciencias 
médicas de Barcelona. Juli 1910. 


Nach Erörterung der verschiedenen Symptome: Starke Blutungen, 
schnelles Wachstum der Tumoren, Gutartigkeit, häufiges Vorkommen beim 
weiblichen Geschlecht (und bei Schwangeren Frauen) studiert Verfasser 
die Lokalisation der Neubildungen am vorderen Teile der Nasenhöhle 
und speziell auf dem Septum. Er beschreibt zwei eigene Fälle, die er 
operierte. Für den Eingriff zieht er die kalte Schlinge der glühenden 
vor, weil die Rezidive mit der ersteren seltener sein sollen. Falls eine 
ziemlich lang dauernde postoperative Blutung entsteht, kauterisiert er, 
aber nur in diesem Falle, die Implantationsstelle des Tumors. Citelli 
nimmt, um Rezidive zu verhindern, seine Zuflucht zur Auskratzung. 

Menier. 


255. Dan Mackenzie, London, Schleimpolypen der Nase und 
ihre Behandlung. Practitioner. August 1910. 


In bezug auf die Atiologie der Nasenpolypen berichtet der Verfasser 
über die verschiedenen Theorien, welche vorgebracht wurden und dass 
seine Ansicht die ist, dass ein Polyp das Resultat von übermässigem 
Ödem der Schleimhaut ist, veranlasst durch Störung der venösen- und 
Lymphzirkulation bei Entzündungen und, dass die mittlerd Muschel und 
die Siebbeinregion am meisten zur Bildung von Polypen neigen, auf 
Grund gewisser anatomischer Eigentümlichkeiten, welche dem Vorkommen 
dieses übermässigem Ödems günstig sind. Er findet es nötig, um Rück- 
fällen vorzubeugen, bei der grossen Mehrheit der Fälle, den katarrhali- 
schen sowohl, ala auch den eiterigen, das ganze polypoid entartete Ge- 
biet zu entfernen und findet, dass es am besten durch Kurrettage des 
Siebbeins geschieht, die zuerst durch Lambert Lack eingeführt wurde. 
Durch diese Operation, die er hier eingehend beschreibt, hat der Ver- 
fasser äusserst zufriedenstellende Resultate erzielt, Er möchte die Radi- 
kaloperation nach Killian auf die geringe Anzahl von Fällen be- 
schränkt wissen, bei welchen nach regelmässigen Spülungen keine An- 
zeichen bemerkbar sind, dass die Eiterung des Sinus geringer wird und 
die Polypentwickelung trotz Kurrettierens fortbesteht. 


Guthrie, Liverpool. 


256. Dan Mackenzie, London, Dermatitis des Naseneinganges, 
wahrscheinlich durch Menthol verursacht. Journ. of Laryngo- 
logy. Vol. XXV. Nr. 6. 


Der Verfasser fand, dass ein bestimmter Nasenspray bei einer An- 
zahl von Patienten ein fast akutes Ekzem der Haut des Naseneinganges 


11] Referate. 408 


und der Oberlippe hervorrief. Es wurde Rötung der Haut mit etwas 
Infiltration, sowie Platzen der Haut beobachtet, zugleich mit Exudation 
eines serósen Ausflusses. 

Der Spray bestand aus folgendem: 

Menthol 2'/2%o; Kampher 2'/2°/o; Chloretone 1%; Ol. cin- 
ammonii 1°/o in flüssigem Paraffin. — Nachdem jedes der Ingredentien 
für sich versucht worden war, kam man zu dem Resultat, dass der Fehler 
darin lag, dass das prozentuale Verhältnis von Menthol zu gross war, 
während man Grund zur Annahme hatte, dass das Ol. cinammonii in der 
Stärke von 1 °/o auch leicht irritierend war. Eine Reduktion des Menthols 
auf eine Stärke von 1°/o und des Ol. cinammonii auf !/4?/o erwies sich 
als befriedigend. | Guthrie, Liverpool. 


257. P. J. Mink, Paradentüre Zysten (Zahnwurzelzysten). Ned. 
Tydschrift voor Geneeskunde. 28. Mai 1910. 

Bei einem 25jährigen Mädchen entdeckte Mink an der rechten 
Wange eine Schwellung, welche sich so langsam und schmerzlos ent- 
wickelte, dass die Patientin sie kaum gemerkt hatte. Bei Druek konnte 
Pergamentknistern gefühlt werden. 

Die Wahrscheinlichkeitsdiagnose: Zahnzyste wurde befestigt durch 
Punktion in der Cingivo-labialfalte, wobei eine trübe, seröse, leicht fötide 
Flüssigkeit zum Vorschein kam. Bei der Palpation mit der Sonde konnte 
Mink feststellen, dass die Zyste sich im hinteren Teil der Oberkiefer- 
höhle entwickelt hatte. 

Bei der rhinoskopischen Untersuchung wurden keine Abweichungen 
gefunden. 

Patientin verweigerte eine radikale Operation, nur wurden einige 
krankhafte Molares entfernt und dabei bildete sich eine breite Öffnung 
nach der Zyste. 

Von hier aus wurde die Höhle mit Weasserstoffsuperoxyd gereinigt. 
Es wurde versucht die Zyste von der Öffnung aus zu exstirpieren, aber 
das gelang nicht. 

Durch Kürettieren, Ätzen mit verschiedenen Causticis und Einreiben 
mit Jodtinktur gelang es Mink nach einer Behandlung von mehreren 
Monaten die Sekretion zu beendigen, nachdem auch mit gutem Erfolg 
heisser Dampf angewendet war. 

Mink glaubt durch seine Behandlung eine bleibende Heilung er- 
reicht zu haben, die Wand der Höhle hat ihren Charakter als sezernierende 
Membran verloren und die Höhle kann später durch eine Plastik ge- 
schlossen werden. Kan, Leiden. 


258. Pfeiffer, Frankfurt a. M., Rüntgenographische Darstellung 
der Keilbeinhöhlen. Arch. f. Laryng. XXIII. H. 3). 


Zur Darstellung der Keilbeinhöhlen, die bisher das Stiefkind der 
Röntgenographie gewesen sind, schlägt Pfeiffer Aufnahmen in senk- 
rechter Richtung vor, indem entweder die Röhre auf dem Scheitel und 
die Kassette in der Regio submentalis liegt oder umgekehrt. Pfeiffer 
betrachtet die Methode als Ergänzung der transversalen Röntgenographie 
und der klinischen Methoden Arth. Meyer. 


404 Referate. | | (12 


259, 0. Piffl, Prag, Über nasale Reflexneurosen. Med. Klin. 
35. 1910. 


Die Abhandlung. disponiert nach der sehr zweckmässigen Einteilung der 
Reflexneurosen von Jurasz, gibt une für die erste Gruppe, zu welcher 
als bekannteste Formen das Asthma bronchiale, der Reflexhusten, der 
Glottiskrampf, Pharynxkranıpf gehören, einige sehr interessante Beispiele 
von-Choanalatresie verbunden mit sekretorischen Anomalien der betreffen- 
den Gesichtshalfte. In einem anderen Falle handelt es sich um Ver- 
legung beider Nasenhöhlen durch hochgradige Schwellung der Nasen- 
schleimhaut die eine unbezwingliche Schlafsucht nach sich zog. Bei der 
zweiten Gruppe, bei der sowohl Anfangs- als Endpunkt des Reflexbogens 
in der Nase liegt, ist vor allem die Coryza nervosa zu nennen. Die 
dritte Gruppe bei der im Gegensatz zur ersten der Endpunkt des Reflex- 
bogens in der Nase liegt, bilden hauptsächlich die Beziehungen zwischen . 
Nase und Genitalapparat. Sippel, Würzburg. 


260. Scheier, Berlin, Über das Vorkommen von Zühnen in der 
Nasenhóhle. Arch. f. Laryng. XXIII. H. 3. 


Demonstration eines Patienten und 3er Schädel, welche aberrierte 
Zähne in der Nase aufweisen. Wenig bekannt dürfte die von Scheier 
zitierte Beschreibung sein, welche Goethe von einem Präparat, das diese 
Anomalie enthielt, gegeben hat. Sie findet sich in seinen Berichten über 
eine Reise in die Schweiz vom 6. Sept. 1797. Arthur Meyer. 


261. Skillern, Ross Hall, Philadelphia, A discussion of the 
various inflammations of the ethmoid Bone as advanced by 
Uffenorde in his work „Die Erkrankungen des Siebbeins“. 
(Uber Uffenorde's Auffassung der Siebbeinerkrankungen.) 
Annals of Ot. Rhin. and Laryng. 1910. Nr. 1. 

Die Entzündung des Siebbeins ist akut, chronisch hyperplastisch 
(mit Polyposis) oder chronisch suppurativ. 

Die hyperplastische Ethmoiditis entsteht durch dauernde Reizung der 
Schleimhaut, jedoch ohne Infektion, deren Auftreten Empyem hervorruft. 

Nach „Infraktion“ der mittleren Muschel kann stets Entzündung 
des Siebbeins (zuerst an den Basalzellen auftretend) diagnostiziert werden. 
Rhinorrhoe ist durch hyperplastische Rhinitis hervorgerufen. 

Typische suppurative Ethmoiditis geht ohne Polyposis, einfache hyper- 
plastische Entzündung ohne Eiterfluss einher; dieser kommt nur durch 
Reizung und Infektion zustande. (Leider sind in dem Artikel die wunder- 
schönen Präparate nicht reproduziert, die Verf. am heurigen Kongress 
des A. M. A. in St. Louis zeigte. Ref.) 

Otto Glogau, New York. 


262. Stein, Otto J., Chicago, A Rapid and thorough Method 
of opening into the Maxillary Antrum in selected ,,chronic* 
cases. (Eine rasche und gründliche Eröffnungsweise der 
Kieferhöhle.) The Laryngoskope 1910. Nr. 2. 

Ein Instrument mit \/ förmiger Schneide, das mit Leichtigkeit die 


ganze nasale Kieferhöhlenwand, die untere Muschel einbegriffen, in einem 
Stücke entfernen kann. 


13] Referate. 405 


Indikation: Polypen, Granulationen, Zysten, Cholesteatoma, Lues und 
maligne Geschwülste der Kieferhóhle. Otto Glogau, New York. 


263. Tapia, Cuerpo extrano de la region superciliar simulando 

una sinusitis frontal. Revista de Medicina y Cirugia practicas 

de Madrid. 21. Febr. 1910. Nr. 1. 111. 

20jähriger Kranker, welcher alle Zeichen einer eitrigen Erkrankung 
der Stirnhóhle darbot. Bei der Operation zeigte sich, dass die Stirn- 
höhle selbst intakt war und dass oberhalb des Knochens ein Abszess 
sich befand, der einige Gerstenkórner enthielt. Der Kranke hatte vor 
einiger Zeit einen Unfall dadurch erlitten, dass er auf einem Wagen 
sitzend, mit dem er gerstengefüllte Sücke transportierte, mit diesem Wagen 
umgestürzt war und dabei eine Stirnverletzung davongetragen hatte. 

Stein, Wiesbaden. 


264. G. Tiefenthal, Freiburg i. B., Totale Aplasie einer Nasen- 
hälfte. Monatsschr. f. Ohrenheilk. 1910. XLIV. 9. 


Beschreibung einer Hemmungsmissbildung der rechten Nasenseite 
mit Einschluss der Nebenhóhlen und des Tränennasengangs. Ob allein 
das Eintreten einer Atresie im fótalen Leben zur ätiologischen Erklärung 
ausreicht, scheint dem Ref. zweifelhaft. Ernst Seifert, Würzburg. 


265. & Trautmann, München, Nasendestruktionen infolge Er- 
krankungen des Septum mit besonderer Berücksichtigung 
der Hümatome und Abszesse. Arch. f. Laryng. Bd. 23. H.3. 


Eine ausführliche Darstellung aller krankhaften Prozesse am Septum, 
welche Zerstörungen der inneren und äusseren Nase herbeiführen können, 
unter sorgfältiger Berücksichtigung der Literatur. Tuberkulose, Syphilis, 
Rhinosklerom werden nur eben erwähnt. Das eigentliche Gebiet wird ein- 
geteilt in 1. Propagierte Septumprozesse, die von Zähnen, Neben- 
höhlen etc. fortgeleitet sind; 2. Posttraumatische Hämatome und 
Abszesse; 3. hämorrhagische, seröse eitrige, ulzeröse und nekrotische Pro- 
zesse im Gefolge akuter Infektionskrankheiten; 4. spontane 
Hámatome, seróse Perichondritiden, akute Abszesse des Septum. Mehrere 
eigene Fälle werden mitgeteilt. Arth. Meyer. 


266. Voislawsky, Antonius und Braun Alfred, New York. 
A Case of squamous Celled Epithelioma of the Antrum of 
Highmore. (Ein Fall von Pflasterzellen-Epitheliom der 
Kieferhöhle.) The Laryngoskope 1910. Nr. 2. 

37jähriger Mann. Linke Nasenhöhle verstopft, Eiterfluss, Polypen. 
Links Exophtbalmus, Verdrängung nach vorne und oben, Doppelsehen. 
Ödem und Empfindlichkeit des linken Oberkiefers. 

Der Eiter kommt aus der linken Stirnhóhle. Funktion des linken 
Antrums negativ. Killian-Operation links. Eröffnung des Antrums 
von der Fossa canina aus, es zeigt eine weiche Tumormasse, die sich 
mikroskopisch als Pflaster-Zellen-Epitbeliom erweist. 

Von einer radikalen Abtragung des linken Oberkiefers wurde Ab- 
stand genommen, da sich das Gewebe der linken Wange bereits infiltriert 
zeigte. Otto Glogau, New York. 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. IIT, H. 4. 28 


406 Referate. [14 


267. Waxham, F. E., Denver, Diseases of the Accessory Sinuses 
causing oeular symptoms. (Augensymptome bei Nebenhühlen- 
erkrankungen.) The Laryngoskope 1910. Nr. 2. 


Anführung der einschlägigen Literatur. Autors Fall: 

Die rechte Nasenhöhle der 17jährigen Patientin war von einer 
grossen Masse erfüllt, die sich mikroskopisch als eine Mischung von 
Lymphangiomaca vernosum und Hamangioma hypertrophicum herausstellt. 
Nach Entfernung der Geschwulst verschwanden die Augensymptome, 
nämlich Hervorstehen und Auswärtsdrehung des rechten Auges, sowie 
Verminderung des Sehvermógens.  Augensymptome, besonders zentrale 
Skotoma fübren, falla der intranasale Befund negativ ist, per exclusionem 
zur Diagnose von Nebenhóhlenerkrankungen. 

Otto Glogau, New York. 


3. Rachen. 


268. Bachhammer, Einiges über Tonsillitis und ihre Beziehungen 
zu anderen Erkrankungen. Arch. f. Laryng. Bd. 23, H. 3. 

Die Beziehungen zwischen Anginen, Abszessen der Mandeln zur 
Sepsis, zum Gelenkrheumatismus, zu Erkrankungen des Herzens, der 
Lunge, der Niere, endlich zur Appendieitis werden studiert auf Grund 
von 37 Sektionsbefunden. Verf. empfiehlt eine prophylaktische „Ton- 
sillartherapie.“ Arth. Meyer. 
269. Cutore, Di un ramo faringeo del ganglio sottomascellare 

del uomo. (Uber einen pharyngealen Ast des submaxillüren 
Ganglions beim Menschen.) Rivista italiana di Neuropathologia. 
August 1910. 

Verfasser fand ein Nervenüstchen das von hinterer Flüche des Gan- 
glions ausgehend bis zum Musculus glosso-staphylinus (Zungengaumen- 
muskel) verfolgt werden kann, an welchen es Abzweigungen abgibt, 
weiterhin kann man es bis zum Constrictor superior pharyngis verfolgen; 
es geht durch diesen Muskel von innen nach aussen und dringt in die 
Fossa pterygo-pharyngea ein; dann verláuft es, immer Zweige abgebend, 
von unten nach oben bis zur Schädelbasis. Dieser Befund wurde bei 
10 Leichen von Erwachsenen erhoben. Menier. 
270. Damman, Berlin, Tonsillare Therapie und Prophylaxe. 

Arel Viertreljahrs- Rundschau. 1. Okt. 1910. 

Verf. berichtet über gute Erfolge der Bergmannschen „Hals- 
kaupastillen*; ihre Anwendung empfiehlt er zur Behandlung von Angina 
und chronischem Rachenkatarrh, sowie zur Prophylaxe bei Tonsillitis mit 
Gelenkrheumatismus. Ernst Seifert, Würzburg. 


271. Kyle, John J., The Rôle of Otology and Rhinology in 
Preventive Medicine. (Die prophylaktische Aufgabe der 
Ohren- und Nasenheilkunde.) Journ. A. M. A. 6. August 1910. 

Eine Ausschälung der entzündeten Tonsille soll in jedem Fall von 
beginnender Lungenschwindsucht vorgenommen werden. Mandelentzündung 
kann verantwortlich sein für Rheumatismus, Endokarditis, Meningitis, 

Nephritis und Appendizitis. Entfernung der entzündlichen adenoiden 

Wucherungen verhindert das Auftreten von Infektionskrankheiten, Balnes 

Husten, Sydenhams Chorea und fortschreitender Taubheit. | 

Otto Glogau, New York. 


15] | Referate. 407 


272. R. Krämer, Wien, Über das Vorkommen von Anginen bei 
der Anwendung von Tuberkulinpräparaten. Wien. klin. 
Wochenschr. 1910. 40. 


Unter 70 mit spez. Subkutaninjektion behandelten Fällen traten 
16 mal fieberhafte Anginen auf. Da Zufall unwahrscheinlich ist, so 
denkt Verf. an eine Herdreaktion, deren physiologische Erklärung in- 
dessen Schwierigkeiten macht. Ernst Seifert, Würzburg. 


273. Rethi, Zur Frage der vollständigen Entfernung der Gaumen- 
mandeln (Tonsillektomie). Wien. med. Wochenschr. 1910. 
Nr. 28. 

Es gibt Fälle, in denen die neuerdings in Aufnahme gekommene 
Tonsillektomie durchaus indiziert ist, so bei immer wiederkehrenden Ent- 
zündungen, die durch Resektion oder Schlitzung nicht zu heilen sind, 
oder in den Fällen, in denen Gelenkrheumatismus oder septische Pro- 
zesse von den Mandeln ausgehen und energisches Einschreiten erfordern. 
Jedenfalls ist nur auf strenge Indikation hin zu operieren. Während die 
partielle Entfernung der Mandeln noch nie nachweisbar die Singstimme 
schädigte, beobachtete Verf. zwei Fälle, hoffnungsvolle Gesangsschülerinnen, 
die nach Tonsillektomie, vielleicht durch Bildung von störenden Narben, 
die Singstimme verloren. ^. M. Levy, Charlottenburg. 


274. Rolleston, London, Vincent's Angina. Brit. Journ. of 
Childrens Diseases. Vol. XII. Nr. 19. 


Dieser Bericht stützt sich auf die Untersuchung von 32 Füllen der 
Krankheit, welche im Verlaufe von 5 Jahren im Fieberhospital beobachtet 
wurden. Die Resultate, zu denen der Verfasser gekommen, sind folgende: 

1. Vinzent’s Angina ist eine ungewöhnliche Krankheit, welche in 
0,9?/o von allen Fällen von Halsentzündung und in 4,9°/o der Fälle 
von nicht diphtherischer Angina vorkommt. 

2. Während einer Zeit der Beobachtung von 5 Jabren, in einem 
Hospital, in dem jedes Alter vertreten war, zeigte sich die Krankheit auf 
Kinder im Alter von 2—16 Jahren beschränkt. 

3. Wurde kein Fall von Contagiosität beobachtet. 

4. Die Krankheitsfälle traten am häufigsten im Frühjahr, am wenig- 
sten im Herbst auf. 

5. Man hat nicht beobachtet, dass schwächliche Kinder, oder Fälle 
mit Mundsepsis besonders dazu neigten. 

6. Es zeigt sich nichts Charakteristisches in den Prodromal-Sym- 
ptomen. 

7. Es gibt nicht zwei ausgesprochene verschiedene Stadien der Krank- 
heit; das ulzeröse ist nur ein späteres Stadium der membranösen Form, 

8. Konstitutionelle Symptome sind gering, oder fehlen ganz, aber 
die lokale Erkrankung ist ausgesprochener, als bei der Diphtherie. 

9. Eine Verbindung mit anderen Krankheiten ist selten. 

10. Die Prognose ist günstig. Komplikationen sind selten und ge- 
wöhnlich nicht von Bedeutung. 

11. Die Behandlung besteht in lokaler Anwendung von Jodtinktur 
oder Methylen-Blau-Pulver. Innere Verabfolgung von Medikamenten ist 
gewöhnlich nicht nötig. Guthrie, Liverpool. 


28* 


408 Referate. [16 


275. Ein statistischer Beitrag zur Diphtherie-Sterblichkeit. 


Aus dem vor kurzem erschienenen 31. Jahrgang des Statistischen 
Jahrbuches für das Deutsche Reich (Berlin 1910) ist zu entnehmen, dass 
im Jahre 1908, bis zu welcbem in diesem Band die statistischen Daten 
reichen, in den deutschen Orten mit 15000 und mehr Einwohnern die 
Zahl der Todesfälle an Diphtherie und Krupp nicht nur absolut, sondern 
auch relativ gegen das Vorjahr und den Durchschnitt der Jahre 1902 
bis 1906 gestiegen ist. Im Durchschnitt der Jahre 1902—1906 starben 
jährlich in den deutschen Orten mit 15000 und mehr Einwohnern 
4747 Individuen an Diphtherie und Krupp, im Jahre 1907 5076 und 
im Jahre 1908 5625, also eine nicht unerhebliche Steigerung gegen das 
Vorjahr. Von 100000 Einwohnern starben in den deutschen Orten mit 
15000 und mehr Einwohnern im Durchschnitt der Jahre 1905/1906 
jährlich 24,1, im Jahre 1907 23,4 und im Jahre 1908 25,1 an Diphtherie 
und Krupp. Es ist also trotz der auf die segensreiche Entdeckung des 
Diphtherie-Heilserums durch v. Behring zurückzuführenden enormen 
absoluten Abnahme der Todesfälle an Diphtherie und Krupp (z. B. im 
Jahresdurchschnitt des Jahrfünfts 1882—1886 11119 Todesfälle und 
122,3 Todesfälle auf 100000 Einwohner) in den letzten Jahren wieder 
eine unverkennbare Zunahme der absoluten und relativen Zahl der Todes- 
fälle an Diphtherie und Krupp in den deutschen Orten mit 15000 und 
mehr Einwohnern zu konstatieren. Fritz Loeb, München. 


276. Erich Reuss, Über Angina als Infektionskrankheit, ins- 
besondere als Ursache der Endokarditis, Inaug.-Diss. Giessen 
1910. 30 Seiten. 


1. Die Angina ist eine akute, durch Bakterien hervorgerufene In- 
fektionskrankheit von unzweifelhaft kantagiösem Charakter. 

2. Sie vermag, namentlich bei jugendlichen Individuen, Organer- 
krankungen der verschiedensten Art nach sich zu ziehen: Polyarthritis, 
Nephritis, Endokarditis, Sepsis, Appendizitis. 

3. Es sind in Rücksicht darauf in Krankenanstalten sämtliche 
Anginapatienten aus der Gemeinschaft mit anderen Patienten zu ent- 
fernen und zu isolieren. Fritz Loeb, München. 


277. Wilhelm Steffen, Neukirchen, Beitrag zur Kenntnis 
der Wirkungsweise des v. Belhringschen Heilserums bei 
Diphtherie. Inaug.-Diss. Giessen 1910. 15 8. 

Von 89 an Diphtherie erkrankten und mit Behringschen Serum 
behandelten Fällen starben nur 2, während von 5 in der gleichen Zeit 
nicht mit Heilserum behandelten Fällen 3 starben. Von 411 Personen, 
Angehörigen von Diphtheriekranken, erkrankten nur 16 in ausserordent- 
lich milder Form. Fritz Loeb, München. 


278. G. C. Bolten, Doppelseitige Posticus- und Accessorius- 
lähmung nach Erhängungsversuch. Ned. Tydschrift voor 
Geneeskunde. 27. Augustus 1910. 

Seit sehr lange wird die Frage bearbeitet, woher die motorischen 
Fasern des Vagus stammen, Hat der Vagus einen eigenen motorischen 
Kern oder gehen die motorischen Fasern für die Larynxmuskulatur vom 
Accessorius aus? 


17] Referate. 400 


In den letzten Jahren meinen verschiedene Untersucher, wie Gross- 
mann, Grabower, Navratil und Onodi, durch Tierversuche ge- 
zeigt zu haben, dass der Nervus accessorius nichts tut für die Inner- 
vation der Kehlkopfmuskeln und Oppenheim meint, dass die motori- 
schen Fasern für den Larynx aus dem mittleren Vaguskern stammen. 
Dr. Bolten hat einen Fall beobachtet, der einigen Zweifel entstehen 
lässt, ob der Nervus accessorius wirklich nichts zu schaffen hat mit der 
Larynxinnervation. 


Ein 53jähriger Mann wurde im April 1910 bewusstlos in das 
Krankenhaus in Haag gebracht. Am nächsten Tag ist Patient compos. 
mentis, aber er weiss sich nichts zu erinnern. Am selben Tag bekommt 
er plötzlich starke Atemnot und musste die Tracheotomie gemacht werden. 
Sehr bald nach der Tracheotomie entdeckte der Laryngologe eine doppel- 
seitige Postikuslihmung. Aus Striemen am Halse und durch Nachfragen 
in der Wohnung des Patienten konnte festgestellt werden, dass er am 
vorigen Tage einen Versuch gemacht hatte, sich zu erhüngen, aber das 
Seil zerriss und der Patient wurde bewusstlos am Boden gefunden. 


Es wurde eifrig nach Ursachen der Postikuslähmung gesucht, aber 
im Thorax wurden keine Abweichungen gefunden, auch nicht auf einer 
Róntgenphotographie. 

Als der Patient soweit wieder hergestellt war, dass er nicht mehr 
im Bette zu liegen brauchte, zeigte sich, dass er beide Arme nur wenig 
heben konnte und in beiden Musculi cucullares war starke Muskelatrophie 
eingetreten, 


Bei faradischer und galvanischer Reizung reagierten die Mm. cucul- 
lares nicht, die Mm. sternocleidomastoidei nur sehr wenig. Der Nervus 
accessorius Willisii zeigte beiderseits fast völlige Entartungsreaktion. 


Durch Behandlung mit Faradisation und Massage heilte die Neuritis 
langsam, so dass im Juli beide Postizi fast wieder hergestellt waren und 
die Lahmung der Mm. cucullares und Sternocleidomastoidei war viel 
besser. 


In diesem Falle bestand eine totale Lahmung von beiden Nervi 
accessorii mit beginnender Lahmung der Nervi recurrentes vagi. 


Bolten meint, dass hier eine Druckneuritis des Nervus accessorius 
bestanden hat, welche auch die Postikuslihmung zur Folge gehabt hat, 
weil die Postikuslahmung das einzigste Vagussymptom war und Druck- 
lähmung der Rekurrentes allein völlig auszuschliessen ist. Bolten 
zitiert zwei ähnliche Fälle von Lermoyez und Laborde. 


Kan, Leiden. 


279. Portela, Curebilidad y tratamiento del e tuberculosis 
laringea. (Behandlung und Heilbarkeit der Kehlkopfs- 
tuberkulose.) Revista ibero-americana de Ciencias médicas. 
September 1910. 


Zusammenfassender Vortrag der vom Verfasser am 3. spanischen 
oto-rhino-laryngologischen Kongress gehalten wurde. Er berücksichtigt 
die modernen Arbeiten und die jetzigen Behandlungsmethoden, welche 
die Therapie der Affektion umgestaltet haben. Menier. 


410 Referate. [18 


280. H. Burger, Kehlkopfluftsiicke beim Menschen, Ned. Tyd- 

schrift voor Geneeskunde. 24. September 1910. 

Ein 12jahriger Junge zeigte sich in Burgers Poliklinik mit 
Husten und Asthma. Am Tage vorher traten beim Husten plötzlich 
heftige Schmerzen auf und links am Halse entstand eine Schwellung, 
welche wieder verschwand und sich jedesmal beim Husten und Pressen 
wieder zeigte. 

Die Schwellung ist gespannt und schmerzlos und die Stimme ist 
normal. 

Bei der Laryngoskopie sind keine Abnormalitäten zu sehen, doch 
verschliessen die Taschenbänder beim Husten den Luftweg ganz. 

Der Perkussionston der Schwellung ist matt und bei der Auskultation 
werden verschiedene Geräusche gehört, welche nicht genau zu be- 
stimmen sind. 

Die Diagnose wird gestellt auf Laryngozele ausgehend von dem 
rechten Ventriculus Morgagni. Es ist hier ein angeborener Luftsack, 
welche sich bei einem heftigen Hustenanfall zum ersten Male entfaltet . 
hat und sich hei jeder Luftdruckerhöhung wieder anfülll. Die bei 
lebenden Menschen und an Leichen gefundenen Luftsäcke lassen zwei 
Typen zu sehen, endolaryngeale und äussere Luftsäcke, während auch 
beide Typen vereint wahrgenommen sind. 

Ungefähr alle bei Menschen wahrgenommenen Luftsäcke gehen vom 
Ventriculus Morgagni aus. Bei den endolaryngealen Luftsäcken findet 
man eine Ausstülpung der Membrana quadrangularis, welche einer Zyste 
sehr ähnlich ist. 

Die äusseren Luftsäcke sind dünnwandige, au der Innenseite mit 
Epithel bekleidete Säcke, welche mit einem Stiel, der die Membrana hyo- 
thyreoidea durchbricht, mit dem Ventriculua Morgagni in Verbindung 
stehen. 

Burger beschreibt auch einen Larynx, welcher einer Leiche im 
anatomischen Institut in Amsterdam entnommen wurde und an welchem 
beiderseits ein mit Epithel ausgekleideter, hohler Stiel zu sehen war, 
der, von dem Ventriculus Morgagni ausgehend, die Membrana hyo- 
thyreoidea durchbohrte und 1 cm lateral von der Membrana durch- 
schnitten war. Als die Abnormalität entdeckt wurde, war die Leiche, 
welche ohne Zweifel die Luftsücke am Halse enthielt, nicht mehr zur 
Verfügung. Man hat die Luftsäcke für atavistische Organe gehalten, 
das Analogon der Luftsäcke der Affen. 

Burger meint, dass die inwendigen Luftsäcke durch zufällige ana- 
tomische oder pathologische Umstände später entstehen, dass aber die 
äusseren Luftsäcke, welche mit ihrem Stiel die Membrana thyreo-hyoidea 
durchbrechen immer angeboren sind. 

Der Sack kann aber sehr gut viel später beim Husten mit Luft 
gefüllt werden, wie auch in einem Falle von Herhold geschah. 

Zum Schluss bespricht Burger die Luftsäcke der Affen und einige 
in der Literatur veröffentlichte Fälle von Musehold, Cohen-Ter- 
vaert und Kan, welche er nicht als teromorphe Varietät betrachtet. 

Bei seinem Falle achtet Burger die Operation nicht für notwendig, 
für inwendige Luftsäcke aber wird die Exstirpation wohl fast immer an- 
gezeigt sein. Kan, Leiden. 


19] Referate. 411 


281. Collie und Barwell, London, Ein Fall von eitriger 
Perichonditis des Larynx im Verlaufe von akuter Pneumonie; 
Heilung. Lancet. Juli 23. 1910. 


Der Fall ist von besonderem Interesse wegen der Seltenheit von 
laryngealen Komplikationen im Verlaufe von akuter Pneumonie. Der 
Patient war ein Mann von 28 Jahren, der an Anfallen von typischer 
Lobär-Pneumonie litt. Er wurde mit Pneumokokken-Vakzine behandelt 
und die Krisis trat ein, nachdem er fünf Tage unter Beobachtung des 
Verfassers gestanden. 14 Tage später entwickelte sich ein Abszess in 
Verbindung mit der rechten Tonsille. Nach Entleerung des Eiters ging 
die Schwellung des Rachens allmählich zurück, aber eine schmerzhafte, 
bräunliche Anschwellung zeigte sich am Halse von beiden Seiten des 
Zungenbeins, des Larynx und der Trachea, auf der rechten Seite mehr 
hervortretend. Der rechte Augknorpel war stark geschwollen und das 
rechte Stimmband stand in Abduktionsstellung und mehr nach aussen als 
in der gewöhnlichen Kadaverstellung. Später nahm die äussere, wie auch 
die innere Anschwellung an Umfang zu und als die Dyspnoe bedroh- 
lich wurde, machte man in die äussere Anschwellung einen Einschnitt 
über dem rechten Flügel des Schilddknorpels. Die Gewebe waren in 
ein gleichformiges hartes Oedem gehüllt, es fand sich aber kein Eiter. 
Eine in dieser Zeit vorgenommene Untersuchung des Kehlkopfes zeigte 
keine Eiterung. Einige Stunden nach der Operation aber wurde eine 
Menge Eiter ausgebustet mit sofortiger Erleichterung der Dyspnoe. Es 
trat dann in der Tat Heilung ein und als der Patient das Hospital 
verliess hatte der Larynx ein ganz normales Aussehen und die Bewe- 
gungen der Stimmbänder waren tadellos. Guthrie, Liverpool. 


282. Dagnini, Sopra un caso di fonazione ispiratoria. (Über 
einen Fall von inspiratorischer Phonation.)  Bwullettino delle 
Scienze Mediche. September 1910. 


Der betreffende Patient zeigt eine vollständige Dissoziation zwischen 
der Tátigkeit der Glottisschliesser und derjenigen der Ausatmungsmuskeln, 
welche die Stimmritze in Schwingungen setzen sollten; dagegen, existiert 
ein Synchronismus der Funktion zwischen zwei Muskelgruppen die von- 
einander unabhängig wirken müssten d. h. zwischen den Glottisschliesser 
und den Einatmungsmuskeln. Wenn der Patient einen Laut von sich 
geben will werden die Stimmbänder einander genähert und angespannt; 
aber ihre schwingende Bewegung wird durch eine oder mehrere In- 
spirationen verursacht. 

Der Zustand trat im Anschluss an eine Rhinitis auf. Es ist keine 
Simulation im Spiel. Kurven wurden aufgenommen. Menier. 


283. Leslie Davis, Philadelphia, Laryngeal Neoplasms (Kehl- 
kopfgesehwülste). The Laryngoskop. 1910. Nr. 4. 
Längerandauernde akute Heiserkeit erfordert genaue Kehlkopfunter- 
suchung. Chronische Heiserkeit bei älteren Individuen ist Alarmsignal 
für Krebs. Nur in diesem „Vorstadium“ ist sichere Heilung durch Ra- 
dikaloperation möglich. Jedes gutartige Neugebilde muss sofort gründ- 
lich entfernt werden, da es durch den chronischen Reiz Krebs hervor- 
rufen kann, 


412 "Referate. [20 


Bei Individuen, die über die mittleren Jahre hinaus sind, muss jede 
Kehlkopfgeschwulst als bösartig betrachtet werden, solange nicht das 
Gegenteil erwiesen ist. Im Frühstadium ist Laryngotomie oder Laryng- 
ektomie, bei Unheilbarkeit immerhin noch Tracheotomie am Platze. 
Róntgenesierung, Serumbehandlung und Morphium sind gute Neben- 
behelfe. Otto Glogau, New York. 


284. Ebstein, Erich, Zur Schweigebehandlung der Kehlkopf- 
tuberkulose. Therap. Monatshefte. XXIV. Jahrg. 1910. Mai. 
S. 228 ff. 

_ Sehr interessante, auf eingehenden historischen Studien beruhende 

Übersicht. Hierzu Lublinski, W., daselbst. Juni S. 365. Bl. 


285. Hal Foster, Report of two unusual and interesting cases 
of acute edema of the larynx. The Laryngoscope XX. Nr. 2. 
February 1910. 

Foster berichtet über zwei Fälle von „Kehlkopfödem“ oder vielmehr 
von mit Serum gefüllten Blasen (bleb) im Larynx, die er durch In- 
zision entleerte und dadurch zur Heilung brachte. 

In dem ersten Falle war die Affektion veranlasst durch den Stich 
eines Insektes (Yellow Jacket, ein bienenartiges in Europa angeblich 
nicht vorkommendes Tier) das bei hastigem Trunke in den Hals gelangt 
war, im zweiten Falle soll die Affektion entstanden sein, durch den Ein- 
fluss grosser Kälte. P. Heymann. 


286. J. W. Gleitsmann, Cordectomy for bilateral abductor 
paralysis with Demonstration of specimen. The Laryngo- 
scope XX. Nr. 4. 1910. April. 


Gleitsmann halt die Cordektomie fir eine empfehlenswerte Opera- 
tion in den Fallen von kompletter doppelseitiger Abduktorlahmung, wenn 
keine Aussicht besteht, dass der zugrunde liegende Prozess und somit 
die Lähmung eine Besserung erfahren könne. — Die Exzision der 
Stimmbänder müsse aber eine vollständige sein, vom vorderen Ansatz bis 
zum Processus vocalis, der event. mit herausgenommen werden müsse. Es 
sei Gewicht darauf zu legen ganz scharf schneidende Instrumente zu be- 
nützen, damit das Gewebe nicht gequetscht und malträtiert werde, wo- 
durch das Auftreten von Granulationen und Narbenzug begünstigt werde. 
Bei der jedenfalls unsicheren Aussicht des Verfahrens hàált er die Zu- 
stimmung des Patienten, dem die Verháltnisse klar gelegt werden müssen, 
für notwendig. — Er belegt seine Ansicht durch einen Bericht über 
einen Fall, in dem etwa 4 Wochen volle Freiheit der Atmung bestand, 
dann traten Granulationen auf, die endolaryngeal entfernt wurden; dieser 
Eingriff machte wiederum die Atmung frei. Etwa 1 Woche danach starb 
der Patient an einer akuten Pneumonie. Die Ursache der Lähmung war, 
dass Patient in den Kreis eines elektrischen Stromes von 220 Volt ge- 
raten war; die Obduktion konnte aber eine sichtbare Läsion des Ge- 
hirnes etc. nicht nachweisen. Gleitmann meint aber, dass im Bulbus 
doch feine nicht nachweisbare Verletzungen vorhanden gewesen sein 
müssen, P. Heymann. 


21] Referate. 413 


287. A.da Gradi, Pavia, Sul decorso della tubercolosi laringea 
nei casi di tisi polmonare curati con il Pneumotorace arti- 
ficiale. (Über den Verlauf der Kehlkopftuberkulose bei den 
mit künstlichem Pneumothorax behandelten Schwindsucht- 
fällen.) Gazzetita medica italiana. 21. Juli 1910. 


Drei Fälle bewiesen, dass eine ausgedebnte und schwere tuberkulöse 
Laryngitis, welche die Lungentuberkulose begleitet, in ihrem Verlauf ge- 
hemmt werden und sogar (in einem Falle) zu einer scheinbaren Heilung 
gelangen kann, mit Hilfe der gewóhnlichen Behandlung, wenn der 
Pneumothorax eine klinische Heilung der Lungenphünomene bewirkt. 
(Heilung des Hustens, Verschwinden des Auswurfs und der Bazillen, 
Wiederherstellung des früheren guten Allgemeinzustandes). 

Menier. 


288. Hollinger J., Chicago, The Larynx of Mycetes Seniculus. 
(Der Kehlkopf des Heul-Affen.) Annals. of Ot. Rhin. u. Lar. 
1910 Nr. 1. 


Das Hyoid bildet einen grossen knöchernen Resonator, der mit dem 
trichterfórmigen Thyroid verbunden ist. Ein komplizierter Apparat im 
Keblkopf ermöglicht das Vorbeistreichen der Luft hinter der Epiglottis 
(ruhiges Atmen) oder Einziehen derselben in den Resonator (Heulen). 

Otto Glogau, New York. 


289. Howarth, London, Schmerzlinderung bei Tuberkulose des 
Larynx. Practitioner. August. 1910. 

Der Verfasser gibt einen Überblick über die verschiedenen Methoden 
der Erleichterung, die uns zur Verfügung stehen, bei Husten, Dysphagie 
und Schmerzen bei laryngealer Tuberkulose. Er hat Biers Methode 
der Stauungs-Hyperämie von bedeutendem Werte gefunden und seiner 
Ansicht nach sind auch chirurgische Massnahmen von grosser Bedeutung, 
wie Amputation der Epiglottis, selbst in den späten Stadien der Krank- 
heit, Bei vorgeschrittenen Fällen findet er eine Injektion von Alkohol 
in den oberen Kehlkopfnerv von Nutzen, obgleich die Periode der An- 
algesie bis jetzt sehr variiert hat. Guthrie, Liverpool. 


290. 0. Laubi, Zürich, Nochmals die psychogenen Sprach- 
stórungen. 


H. Gutzmann, Berlin, Nochmals die psychogenen Sprach- 
stürungen. Monatsschr. f. d. ges. Sprachheilk. 1910. Juli—Sept. 
Polemik über den rein psychogenen Ursprung des aphatischen Stot- 
terns, die im Grund auf Anerkennung (Laubi) und Ablehnung (Gutz- 
mann) der Freudschen Neurosenlehre beruht, also auf Gegensätzen, 
die bis jetzt noch nie ausgeglichen werden konnten. 
Ernst Seifert, Würzburg. 


291. Nicolai, Cannule da iutubazione laringeale, corte, trian- 
golari. (Kurze, dreieekige Intubationskaniilen.) Gazzetta 
degli ospedali, 4. September 1910. 

Verfasser hat kurze dreieckige Intubationskanülen erdacht, die dem 

Larynx besser angepasst sind; er gibt auch ein Instrument an, durch 

dessen Gebrauch die Einführung leichter geschieht. Menier. 


414 Referate. (22 


292. Schmiegelow, Klinische Beiträge zur Pathologie des 
Kehlkopfkrebses. Arch. für Laryng. XXIII. H. 3. 


Schmiegelow bespricht seine Erfahrungen von 48 Fallen. Unter 
den Kranken waren nur 8 Frauen. Nur 3 waren unter 40 Jahren, ?/s 
zwischen 50 und 70. Die Diagnose und die Schwierigkeiten speziell der 
Unterscheidung von Tuberkulose wird besprochen, die Wichtigkeit der 
histologischen Untersuchung, trotz ihrer Fehlerquellen betont. Der häufigste 
Sitz sind die Stimmbänder. Bei rechtzeitiger Operation geben namentlich 
gestielte und Stimmbandkrebse ganz gute Prognose. 5 Fälle wurden 
endolaryngeal operiert mit 1 Heilung, 3 Rezidiven nach 1!/» bis 7 Jahren, 
1 Exitus an Ur&ámie. 20 wurden thyreotomiert mit 10 Heilungen; von 
9 partiellen oder totalen Resektionen wurde nur 1mal Heiluug erreicht. 
Die Thyreotomie bàlt Verf. für die beste Operationsmethode, wo sie 
anwendbar ist. Arthur Meyer. 


293. A. Sikkel, Ein Fall von Vago-Akzessoriuslihmung. Ned. 
Tydschrift voor Geneeskunde. 24. Sept. 1910. 


Ein 40 jähriger Patient hat vor 4 Tagen links im Halse Stechen 
gespürt. Drei Tage spüter, 1 Tag vor der Untersuchung, sprach er sehr 
nasal und hatte grosse Mühe beim Schlucken. 

Bei der Untersuchung zeigt sich, dass der weiche Gaumen links ge- 
lähmt ist, auch die Pharynxmuskulatur. Die Stimmbänder bewegen sich 
normal. Der Pharynx und der Larynx sind katarrhalisch entzündet. 

Am nächsten Tage fühlt der Patient sich sehr krank, das Schlucken 
geht immer schwerer. Drei Tage später bemerkt der Patient, dass er 
heiser geworden ist, das Sprechen ermüdet sehr und bei der Laryngo- 
skopie wird entdeckt, dass das linke Stimmband unbeweglich in Hyper- 
abduktion steht. Bei der Sondeuntersuchung ist das Gefühl und die 
Reflexerregbarkeit beiderseits normal. 

Der Patient hat Schmerzen links im Halse und bei Druck ist links 
zwischen dem oberen Schildknorpelrande und dem Zungenbein eine sehr 
schmerzhafte Stelle. 

Der Musculus sternocleidomastoideus und der obere Rand des Mus- 
culus cucullaris sind bei Berührung ebenfalls sehr schmerzhaft. Der 
linke Arm kann nur schwer gehoben werden. 

Der Katarrh der Schleimhaut hat sich verschlimmert. Die Tempera- 
tur ist jedoch nur sehr wenig erhöht. Schliesslich wird das Allgemein- 
befinden besser und der Katarrh heilt, aber die Lähmungen sind noch 
anwesend. 

Die Stimmbandlähmung geht am ersten zurück. Drei Wochen nach 
den ersten Erscheinungen werden bei der Phonation einige Vibrationen 
in der linken Seitenwand des Larynx wahrgenommen und das Stimm- 
band kommt immer mehr zum Vorschein, um 8 Tage später die Median- 
linie zu erreichen. 

Auch die Gaumen- und anderen Lähmungen besserten sich und in 
5 Monaten ist der Patient ganz geheilt. 

Die Frage wirft sich auf, ob man in diesem Falle von einer Vago- 
Akzessoriusläihmung sprechen kann. Nach den Untersuchungen von 
Grabower besteht keine gemeinschaftliche Vago-Akzessoriuskerngruppe 
und der Vaguskern besteht aus einem sensiblen und einem motorischen 


— — — er 


3| Referate. 415 


Teil. Wenn das Grabowersche Gesetz richtig ist, muss man für die 
Erklärung einer gleichzeitigen Lähmung von Larynx-, Gaumen- und 
Nackenmuskulatur nach einer Stelle suchen, wo der Vagus und der 
Akzessorius einander sehr nahe liegen. 

In dem Foramen jugulare ist das der Fall und verlaufen beide 
Nerven in einer gemeinschaftlichen Scheide. 

Sikkel meint, dass die Infektion von dem Pharynx aus aufge- 
stiegen ist nach einem Punkte von dem aus der Vagus und der Akzes- 
sorius getroffen sind, so dass die Stimmbandlühmung, die Neuralgie in 
dem Gebiete des Nervus laryngeus sup. und die Láhmung der Nacken- 
muskulatur entstehen musste. 

Sehr wichtig ist in diesem Falle der Stand des linken Stimmbandes, 
abweichend von dem Gesetze von Rosenbach-Semon. 

Das Stimmband stand unbeweglich in Hyperabduktion, einer Po- 
sition, welche Sikkel allein zu erklären weiss aus einer Lähmung von 
allen Adduktoren durch Affektion des Nervus recurrens und wobei allein 
der Musculus posticus verschont ist und seinen Tonus behalten hat, 
kombiniert mit Lähmung des Musculus cricothyreoideus, welcher von dem 
Nervus laryngeus superior innerviert wird. 

Wenn der Nervus recurrens durchschnitten wird und das Stimm- 
band steht in Kadaverposition, gibt die Durchschneidung des Musculus 
cricothyreoideus nach Burger keine nennenswerte Auswürtsbewegung 
des Stimmbandes. Für eine Hyperabduktion, wie in diesem Falle be- 
stand, ist aber notwendig, dass der Abduktortonus durch Defekt der 
übrigen Muskeln, freies Spiel hat. 

Die erhaltene Sensibilität der linken Larynxhälfte spricht nicht gegen 
der Theorie von Grabower, dass die Innervationsbahnen des Larynx 
aus dem Vagus stammen, weil der Nervus laryngeus superior auch über 
die Medianlinie die andere Seite versorgt. Kan, Leiden. 


294. Smith, Harmon, New York, A Case of Laryngeal Carcinoma 
under Observation for thirteen years. Ultimate Laryng- 
ectomy. (Ein Fall von Kehlkopfkrebs, dreizehn Jahre unter 
Beobachtung.) The Laryngoskope. 1910. Nr. 2. 


Patient, ein 33jahriger Russe, kam im Jahre 1895 in D. Gleits- 
manns Behandlung, der eine grosse, schneeweise Masse feststellte, die 
sich zwischen echtem und falschem Stimmband die ganze rechte Kehl- 
kopfhälfte entlang erstreckte. Mikroskopische Diagnose: Papilloma durum 
malignum, wahrscheinlich carcinomatosum. 

Im Jahre 1907 sah Autor den Fall wieder. Ein neuerlicher mikro- 
skopischer Versuch ergab zuerst die Diagnose Pachydermia laryngis, dann 
jedoch die eines malignen Tumore. Nach vollzogener Laryngotomie wurde 
der Tumor endgültig als Epithelioma erkannt. 

Bemerkenswert ist das langsame Fortschreiten des Karzinoms selbst 
und das Fehlen jeglicher sekundārer Manifestation während eines Zeit- 
raumes von 12 Jahren. Otto Glogau, New York. 


295. Spiess, Ein Fremdkörper 6 Jahre lang im Kehlkopf ein- 


gewachsen. Arch. f. Laryng. Bd. 23. H. 3. 


Ein 7jähriges Kind trägt seit 6 Jahren Trachealkanüle. Ein harter, 
den grössten Teil des Larynx ausfüllender Tumor aus Narbengewebe 


416 Referate. (24 


wird in Narkose mübevoll entfernt. Hierbei scheint ein Hemdknopf, der 
diese Wucherung verursacht hatte, in den Bronchialraum gefallen zu sein. 
Es folgte rechtsseitige Bronchopneumonie ; Röntgenaufnahme zeigte den 
Knopf (von dem man bisher nichts wusste). Bronchoskopische Entfernung 
stiess auf Schwierigkeiten infolge blutender Granulationen, jedoch wurde 
der Fremdkörper in den linken Bronchus verlagert; die Extraktion ge- 
lang später. Beseitigung einer membranösen Narbe im Larynx und 
endliche Heilung nach 2 Jahren. Arth. Meyer. 


296. Tapia, Una observacion de hemiparalisis de la laringe y 
de la lengua sin paralisis del velo. Revista Clinica de 
Madrid. Nr. 12. 15. Juni 1910. 


49 jähriger Mann, der infolge eines Epithelioms an dem unteren Pol 
der rechten Tonsille, welche sich auf die gleichseitige gloeso-epiglottische 
Falte ausdehnte, an einer halbseitigen Lähmung des Kehlkopfs und der. 
Zunge litt, ohne dass dabei das Gaumensegel von der Lähmung ergriffen 
war. Stein, Wiesbaden. 


297. La Vigne, Alexander A., Laryngeal Tuberculosis. (Kehl- 
kopftuberkulose.) N. Y. State Journal of Medicine. Vol. 10. 
Nr. 8. 1910. 


Neben primárer und sekundärer tuberkulöser Erkrankung des Larynx 
unterscheidet Autor eine „pseudo-tuberkuloide“ bei der neben Kehlkopf- 
katarrh, leichte Kongestion der Arytenoidknorpeln und quer über die 
Stimmbänder streifenförmiger Schleim vorhanden ist. Die Stimmverände- 
rung ist bedingt durch Erschlaffung der Muskeln. 

Bei lokaler therapeutischer oder operativer Behandlung ist die Pro- 
gnose der Kehlkopftuberkulose eine gute, wenn sich Lungenzustand 
und Allgemeinbefinden bessert, wenn Infiltrat oder Geschwür auf die 
echten oder falschen Stimmbänder oder auf die Arytenoidgegend be- 
schränkt ist und wenn die Krankheit frühzeitig erkannt wurde. Bei ge- 
besserten Lungenbedingungen ist Tuberkulin von Vorteil. 

Bei starken Schluckbeschwerden empfiehlt Autor Wolfendens 
Lage (Patient schlürft, Kopf über dem Bettrand gebeugt aus einem am 
Boden stehenden Glase mittelst Schlauch die Nahrung ein). 

Otto Glogau, New York. 


298. 0. Weiss, Königsberg i. Pr., Über die künstliche Er- 
zeugung von Sprachlauten. Med. Klinik. 38. 1910. 
Weiss gibt verschiedene Metnoden zur Reproduktion von Sprach- 
lauten an. Sippel, Würzburg. 


299. A. Wettstein, Winterthur, Referat über die erste von 

Shelton Horsley beim Menschen ausgeführte direkte Naht 

der Rekurrensenden. Med. Klinik. 31. 1910. 

Bei einer 40jährigen Farbigen Durchtrennung des linken Rekurrens 
durch Pistolenschuss. Sofortige maximale Heiserkeit. Als sie zwei Monate 
später Shelton Horsley zugeführt wurde, bestand absolute Flüster- 
stimme und Atembeschwerden. Bei der Operation zeigte sich der linke 
Rekurrens direkt vor seinem Eintritt in den Larynx fast vollkommen 
durchtrennt, einige Nervenfasern stellten auf eine Länge von 1 cm die 


25] Referate. 417 


` Verbindung der Stümpfe dar. Einfache direkte Naht der Nervenenden 
- mit Katgut. Io der nächsten Zeit nach der Operation Stimme und 
Atmung unverändert. Nach 15 Monaten fast völlig normale Beweg- 
lichkeit beider Stimmbänder, keine Atembeschwerden. 
Sippel, Würzburg. 


5. Mundhöhle. 


300. S. L. Bogrow, Moskau, Zur Kenntnis der falschen Hut- 
chinsonschen Zühne (Dentes Pseudo-Hutchinsonii). Arch. f. 
Derm. 1910. CIV. 1. 

Eine früher syphilitische Modistin batte infolge ihrer Angewohnheit, 
Nähnadeln mit den Zähnen zu halten, Einbuchtungen an den beiden 
gegenüberliegenden linken mittleren Schneidezähnen bekommen, die bei 
genauer Vergleichung sich von dem Hutchinsonschen Typus in 
mehreren Punkten unterschieden. Ernst Seifert, Würzburg. 


301. Brown Kelly, Glasgow, Angeborene Insuffizienz des 
Gaumens. Journ. of Laryngology. Vol. XXV. Nr. 6. 


Dieser wichtige Bericht ist auf die Untersuchung von 19 Fallen 
dieses Zustandes gegriindet, sowie auf Untersuchung von iiber 3500 
Schädeln. Der Verfasser bezeichnet diesen Zustand als eine angeborene 
Affektion, bei welcher der weiche Gaumen nicht den physiologischen 
Schluss des Naso-Pharynx von der Mundhöhle bewirkt und es erfolgt 
Rhinolalia aperta. Der unvollständige Schluss kann durch eine sub- 
muköse Gaumenspalte oder durch muskuläre Insuffizienz des Gaumens 
verursacht sein. Eine submuköse Gaumenspalte ist charakterisiert durch 
einen Einschnitt oder eine Lücke unter der intakten Schleimhaut im 
hinteren Teile des harten Gaumens und durch die unvollkommene Ver- 
bindung in der Mittellinie der zwei Hälften des weichen Gaumens, wie 
auch durch eine Verkürzung des harten und des weichen Gaumens. 

Eine submuköse Gaumenspalte kann suffizient oder insuffizient sein, 
je nachdem ob Rhinolalia aperta vorhanden ist, oder nicht und sie wird 
ohne Insuffizienz bei zirka 20°/o der Patienten mit Uvula bifida ge- 
funden. Unter den 3500 Schädeln, die untersucht wurden, fand man 
nur zwei bei denen der anatomische Zustand des Gaumens damit über- 
einstimmte, was in ausgesprochenen Fallen von submuköser Gaumen- 
spalte vorhanden und das durch Palpation, Messungen und X-Strahlen- 
Untersuchungen festgestellt ist, Schüdel mit leichtem Grad von Spaltung 
fanden sich ziemlich häufig. 

Kongenitale muskulüre Insuffizienz des Gaumens wird charakterisiert 
durch eine unvollkommene Erhebung des Gaumens während der Phonation, 
verursacht durch defekte oder anormale muskuläre Tätigkeit. Hier zeigen 
sich keine Zeichen von Entwickelungshemmung, wie sie bei sub- 
muköser Gaumenspalte sich zeigen, wie Lücke im harten Gaumen, 
Nichtvereinigung der Muskeln in der Mittellinie, Uvula bifida oder 
' Kürzung des barten und des weichen Gaumens. Die Ursache der mus- 
kuláren Insuffizienz ist wahrscheinlich nicht Parese, sondern unvoll- 
kommene und ungleiche Entwickelung, oder anormale Lagerung der 
Muskeln des weichen Gaumens. 


418 Referate. [26 


Das Vorkommen solcher Zustände ist anatomisch bekannt, aber ihre 
Beziehung zu der in Rede stehenden Krankheit ist noch nicht bewiesen 
worden. 

Die Sprache ist bei beiden Arten der kongenitalen Insuffizienz des 


. Gaumens gleich beeinflusst, aber während bei submuköser Spaltung nur 


Rhinolalia aperta vorhanden ist, kann es bei muskulärer Insuffizienz 
auch vorkommen, dass einzelne Buchstaben unvollkommen ausgesprochen 
werden. 

Das Fehlen von Regurgitation in allen diesen Fällen zeigt, dass das 
Schlucken sehr gut bewerkstelligt werden kann mit einem Gaumen, der 
entweder zu kurz ist um die Hinterwand des Pharynx zu erreichen, oder 
bei dem das Muskelspiel zu ungenügend ist, um ihn mit der Hinterwand 
des Pharynx in Berührung zu bringen. 

Funktionelle Rhinolalia aperta, welche Monate hindurch dauert, ist 
die einzige Krankheit, welche mit kongenitaler muskularer Insuffizienz 
des Gaumens verwechselt werden kann. Den Verlauf des Falles er- 
wügend wird eine Unterscheidung zugelassen werden müssen. Die beste 
Behandlung ist wahrscheinlich die mit Gutz manns Methode der Massage 
und Streckung des weichen Gaumens. Guthrie, Liverpool. 


302. Freymann, Berlin, Zur Differentialdiagnose der Zahn- 
retentionen. W. klin. Rdsch. 1910. 42. 


Krankengeschichte dreier Falle bei denen anfangs die Erscheinungen 
auf Lues, Osteomyelitis und Tumor orbitae oder Stirnhóhlenempyem 
deuteten, die aber nach zahnärztlicher und Röntgen-Untersuchung sich 
als durch Retention eines Eckzahnes verursacht herausstellten. 

Ernst Seifert, Würzburg. 


303. Hess, Thaysen, Über die entzündlichen Tumoren der 
Speicheldrüsen. Virchows Archiv 1910. Bd. 201. p. 252. 

Es handelt sich um die Beschreibung einer einfachen chronischen 
Entzündung der Parotis, bestehend in Bindegewebsvermehrung und In- 
filtration von Lymphozyten und Plasmazellen, weniger eosinophilen Zellen 
und Leukozyten, sowie Atrophie und Degeneration des Drüsenparenchyme. 
Die Wucherung des Iymphadenoiden Gewebes beherrscht das histologische 
Bild. Zum Schlusse wird eine Parallele mit der Mikuliczschen Krank- 
heit gezogen. G. Herxheimer, Wiesbaden. 


304. E. Klausner, Prag, Über Lingua geographiea hereditaria. 
Arch. f. Derm. Bd. 103. 1910. 


Auf Grund seiner an drei Generationen (5 Fälle) gemachten Be- 
obachtungen kommt Verf. zu dem Schlusse, dass die L. geographica eine 
angeborene Anomalie der Zungenoberfläche darstellt. Gestützt wird 
seine Annahme dadurch, dass in seinen 5 Fällen die Komplikation der 
Lingua plicata (scrotalis) bestand. Die histologische Untersuchung macht 
es wahrscheinlich, dass bei der Anomalie der Landkartenzunge es sich 
um „eine angeborene Debilität und infolgedessen erhöhte Reizbarkeit des 
Zungenschleimhautepithels“ in der Form einer chronischen Entzündung 
handelt. Zu allenfallsiger therapeutischer Massnahme genügt eine ratio- 
nelle Mundpflege. Ernst Seifert, Würzburg. 


21] Referate. 419 


305. Schestopal, Odessa, Die Spirochaeta pallida bei der 
Syphilis der Mundhöhle. Monatshefte für prakt. Dermat. 
Bd. 51. H. 4. 


Während erfahrungsgemäss durch einfache Berührung und Betastung 
von syphilitischen Primäraffekten, nässenden und trockenen Papeln, wie 
sie bei der ärztlichen Untersuchung gang und gäbe sind, Syphilisüber- 
tragungen ausserordentlich selten sind, scheint die Krankheitsübertragung 
durch Gläser, Löffel, Gabeln, Servietten usw. viel leichter von statten zu 
gehen. Verf. vermutet daher, dass die Spiroch. pall. sich in der Mund- 
bóhle der Syphilitiker ganz oberflächlich befindet, so dass schon die blosse 
Berührung, sogar der energisch abgesonderte Speichel des Kranken zur 
Infektion genügen kann. Zum Beweis seiner Behauptung hat Verf. einegrössere 
Anzahl von Fällen von Syphilis der Mundhöhle auf die Anwesenheit von 
Spiroch. pall. untersucht. In 2 Fällen von Angina specifica mit beginnen- 
den Plaques am weichen Gaumen werden keine Pallidae nachgewiesen, 
ebenso nicht in 3 Fällen von gummöser Syphilis der Mundhöhle. Dagegen 
konnten bei 19 anderen Kranken mit Sekundärerscheinungen im Munde 
— Plaques — unabhängig von der Lokalisation des Prozesses die Spiroch. 
pall. durch einfaches Abstreichen des Schleimes mit der Platinöse, in ge- 
ringerer oder grösserer Anzahl nachgewiesen werden. In 4 Fällen wurden 
mehr als je 100 Pallidae gefunden! Für die Praxis und für die Bekämpfung 
der Syphilis erhellt aus diesen interessanten Feststellungen die Wichtig- 
keit, die sekundären Erscheinungen in der Mundhöhle, die als äusserst 
kontagiös aufzufassen sind, abgesehen von der Allgemeinbehandlung des 
Kranken, besonders auch durch eine energische Lokalbehandlung mög- 
lichst schnell zum Verschwinden zu bringen. Fendt, Wiesbaden. 


6. Trachea, Bronchien, Ösophagus. 


306. L. Aschoff, Über Tracheopathia osteoplastica. Verhandl. 
d. deutschen pathol. Gesellsch. 14. Tagung. 1910. p. 125. 


Nach den Untersuchungen des Aschoffschen Schülers Brickmann 
handelt es sich bei den multiplen Ekchondrosen und Exostosen der Knorpel- 
spangen der Trachea um eine besondere Erkrankung der in zwei Haupt- 
systemen — äusseres Längsband uud innere Längsbänder — angeordneten 
elastischen Fasern. Verbindungen mit den Knorpelspangen sind erst 
sekundär. Aschoff konnte diese Befunde in zwei Fällen erheben und 
hält die von ihm als Tracheopathia osteoplastica bezeichnete Veränderung 
nicht für das Resultat einer Entzündung, sondern für eine Missbildung 
des elatischen. Bandapparates. G. Herxheimer, Wiesbaden. 


307. Botella, Intervenciones traqueales por traqueoscopia, con 
una observacion, evista de Medicina y Cirurgia practicas 
de Madrid. Nr. 1. 128. 28. Juni 1910. 


Ein Kranker, der vor 2 Jahren halbseitig wegen Krebs laryng- 
ektomiert worden war, erkrankte an einem Rezidiv, in Form eines Papilloms. 
Dasselbe konnte durch die Trachealfistel unter Zuhilfenahme eines 14 mm 
weiten Ösophagusrohres entfernt werden. Stein, Wiesbaden. 


420 Referate. [28 


308. Ernesto Botella, Cuerpo extrano de la entrada del 
bronquio izquierdo extraido por broncoscopia superior. 
Academia Medico- Quirurgica Espagnola. Sesion del dia 10 
de enero de 1910. Revista de Medicina y Cirurgia practicas 
de Madrid. Nr. 1. 111. 21. Febr. 1910. 

Entfernung eines Pinienzapfens aus dem linken Bronchus mit Hilfe 
der Bronchoskopie. Stein, Wiesbaden. 


309. Ernesto Botella, Nueva técnica para las exploracions 
esofagoscopicas. Revista de Medicina y Cirurgia practicas 
de Madrid. Nr. 1. 107. 21. Junuar 1910. 


B. glaubt, dass die heute im allgemeinen angewandten Lagerungen 
des Kranken zur Vornahme der Osophagoskopie ungeeignet sind, da sie 
verschiedene Nachteile mit sich bringen. Er schlägt daher eine Position vor, 
welche zwischen der Roseschen Lagerung und der Operation in sitzen- 
der Stellung des Kranken liegt. Der Kranke sitzt dabei auf einem kleinen 
Lehnstuhl, welcher eine nicht hohe Lehne hat, die um etwa 120? gesenkt 
werden kann; ein einfaches Kissen gestattet die Hóhe des Sitzes zu ver- 
mehren oder zu vermindern. Der Hals des Kranken stützt sich bequem 
auf den abgerundeten Rand der Stubllehne. Ein Assistent zum Halten 
des Kopfes ist nicht nötig. Der Untersucher steht oder sitzt hinter dem 
Patienten. Er drückt die Zunge mit der linken Hand mit Hilfe des Kirstein- 
schen Spatels herunter und führt mit der rechten Hand das Osophagoskop ein. 
Die Vorteile des Verfahrens bestehen nach B. in Bequemlichkeit für den 
Kranken, Vermeidung eines Assistenten, leichte Anwendbarkeit sowohl im 
Spital wie in der Sprechstunde, Anwendungsmöglichkeit anch ohne An- 
ästhesie, Möglichkeit alles unter direkter Besichtigung machen zu können. 
Der einzige Nachteil der Methode, den aber auch die anderen Methoden 
haben, besteht in dem Umstand, dass sich während der Ösophagoskopie 
im Grunde des Instrumentes die Sekrete anhäufen und daher von Zeit 


zu Zeit auf irgend eine Art entfernt werden müssen. 
Stein, Wiesbaden. 


310. O. Chiari, Wien, Ein Todesfall bei der Bronchoscopia 
superior. Monatsschr. f. Ohrenheilkunde. 8. 1910. 


In vorliegendem Falle hatte ein 7 jähriges Kind ein Maiskorn aspiriert. 
Dieses war im linken Bronchus eingekeilt. Mit Lokalanästhesie war 
die Bronchoskopie wegen der Unruhe des Patienten nicht ausführbar. Bei 
dem schon an sich schwächlichem Kinde bestand bereits eine eitrige Bron- 
chitis der linken Lunge. Die feste Einkeilung erforderte langdauernde 
Extraktionsversuche, so dass der schwache Oganismus dem in geringer 
Menge angewendeten Chloroform erlag. Sippel, Würzburg. 


311. Dreesmann, Cöln, Zwei Fälle von verschlucktem Gebiss. 
Mediz. Klinik. 42. 1910. 


In einem Falle konnte weder durch Sondierung noch durch Öso- 
phagoskopie der Fremdkórper nachgewiesen werden, im anderen Falle lag 
er 3/4 Jahr lang und auch hier verlief eine Sondenuntersuchung ergebnis- 
los. Nach Orientierung mit Hilfe der Radioskopie in beiden Fállen Ent- 
fernung durch Oesophagotomia externa mit glatter Heilung. 

Ernst Seifert, Würzburg. 


29] Referate. 421 


312. Gaub, Otto C. und Chevalier Jackson, Pittsburg, Bron- 
choscopic aid in Thoracotomy. (Bronchoskopische Einblasungen 
bei Eröffnung der Brusthöhle. The Laryngoskope 1910. Nr. 2. 


Mittelst „Aspirationsbronchoskopes“ wurde an Hunden eine Sauerstoff- 
einblasung in beliebige Lungenlappen während Eröffnung des Thorax vor- 
genommen, und stets ein Kollabieren der betreffenden Lungenteile verhindert. 

Am Menschen angewandt, wird diese Methode, nach Meinung der 
beiden Autoren die Eróffnung der Brusthóhle ebenso gefahrlos machen wie 
es die der Bauchhöhle ist. Otto Glogau, New York. 


313. Eidesheim, G., Ein Beitrag zum Vorkommen primärer 

bósartiger Neubildungen in der Trachea (Cylindrom). 4naug.- 

Diss. Leipzig 1909. | 

Es handelt sich um einen nicht sehr ausgesprochen malignen Tumor 
mit schleimig-hyalinen Massen, also ein sog. Cylindrom. Ein derartiger 
Fall in der Trachea ist bisher nur einmal (Henrici) beschrieben worden. 
Der vorliegende Fall wird als Endotheliom, wahrscheinlich von Lymph- 
gefässendothelien ausgehend betrachtet, die schleimig-hyalinen Massen auf 
eine sekretorische Tätigkeit der Zellen bezogen. 

G. Herxheimer, Wiesbaden. 


314. Gioseffi, Triest, L' intubazione nei casi di corpo estraneo 
nelle vie respiratorie, (Die Intubation bei Fremdkürpern der 
Atmungswege.) Gazzetta degli ospedali. 6. September 1910. 

Wenn der Fremdkórper klein, frei, oder nur wenig fixiert ist, kann 
man seine spontane Ausstossung nach der Intubation erhoffen. Verfasser 
bringt keine eigene Beobachtung und stützt seine Ansicht auf einige 

Fälle, die von anderen Autoren (immerhin vor der Einführung der broncho- 

skopischen Technik) berichtet worden sind. Menier. 


315. Chevalier Jackson. Esophagoscopie removal of open 
safety pins by a new method. The Laryngoscope 1910. Nr. 4. 
Die Schwierigkeiten eine Sicherheitsnadel zu entfernen, die nach oben 
geöffnet im Ösophagus dieses Kindes steckt, veranlassten den Autor in 
zwei Fällen die Nadel mit einer Zange zu fassen, dieselbe in den Magen 
zu schieben, dort umzudrehen und dann herauszuziehen. Er hat zu diesem 
Zwecke eine Zange mit runden Fassarmen konstruiert, welche die Drehung 
besser ermöglicht. 
In seinen Fällen ist die Operation ohne Schwierigkeiten und ohne 
Blutverlust möglich gewesen. P. Heymann. 


316. Johnston, Richard H., Baltimore, Extension and Flexion 
in direct Laryngoskopy. A comparative Study. (Die Kopf- 
haltung bei direkter Laryngoskopie.) Annals of Ot. Rhin. 
und Laryng. 1910. Nr. 1. 

Bei Jacksons Instrument sitzt Patient auf niedrigem Stuhle, Kopf 
nach rückwärts gestreckt, bei Moshers Spatel hat Patient in linksseitiger 
Lage den Kopf vorgebeugt. Verf. empfiehlt, besonders bei Kindern, Jack- 
sons Instrument, jedoch soll der Kopf nach vorne gebeugt sein und 
womöglich keine Narkose angewendet werden. 

Otto Glogau, New York. 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 4. 29 


[30 


422 Referate. 

317. Massei, Sulla tecnica dell’ autoscopia. Considerazione 
pratiche, (Uber die Technik der Autoskopie. Praktische 

Erwägungen.) Archiv ital. de Laringologia. 1910. Nr. 3. 

Auf Grund seiner reichen — völlig autodidaktischen — Erfahrungen 
mit der Bronchoskopie empfiehlt Massei, einer der eifrigsten Bewunderer 
und Förderer der Killianschen Untersuchungsmethode, an Stelle der von 
Killian und seinen Schülern festgelegten klassischen Methode des Vor- 
gehens — 1. Einstellung der lingualen Epiglottisfläche. 2. Herübergehen über 


die Epiglottis. 3. Einführung des Rohres in den Larynx. — 





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Die Prozedur in umgekehrter Reihenfolge vorzunehmen. 
Er stellt sich zunächst unter Herabdrücken der Zunge durch den 
linken Zeigefinger den Hypopharynx ein und geht dann unter vorsichtigem Zu- 
rückziehen und langsam steilerer Aufrichtung des Röhrenspatels nach vorn 
über die hintere Kehlkopfwand hinübergleitend in den Larynx hinein. 


Diese Modifikation erleichtert nach Massei die Untersuchung für Arzt und 
Patienten ganz erstaunlich und spez. der Widerstand, den der Röhrenspatel 


31] Referate. | 423 


bei der von Killian empfohlenen orientierenden Einstellung der lingualen 
Epiglottisfläche so häufig an der oberen Zahnreihe findet und dessen Über- 
windung oft sehr starke Anstrengung erfordert, ja nicht selten unmöglich 
ist, wird durch das umgekehrte Vorgehen von hinten nach vorn fast stets 
überraschend leicht unter beinahe automatischer Mitwirkung des Patienten 
überwunden. Massei hofft, dass seine Modifikation dazu beitragen wird, die 
Bronchoskopie noch mehr als bisher zum Eigentum des laryngologischen 
Praktikers zu machen, insbesondere dass sie die immer sich mehrenden 
Hilfsinstrumente zum grossen Teil entbehrlich mache. 
Brühl, Gardone-Riviera. 


318. D. v. Navratil, Budapest, Modell eines dilatierbaren 
Gastroskops. Med. Klin. 31. 1910. 


Das noch nicht im Handel befindliche Instrument hat N. mit Erfolg 
an der Leiche versucht, wobei eine Schädigung von Rachen, Speiseröhre, 
Kardia und Magen nicht nachgewiesen werden konnten. 

Ernst Seifert, Würzburg. 


319. Reinking, Bronchoósophagoskopie, Deutsche med. Wochen- 
schrift Nr. 33. Bericht des Arztl. Vereins zu Hamburg. 


Gegenüber verbreiteten Vorstellungen von den Gefahren der Methode 
verweist Reinking auf zwei von ihm an Herzkranken mit gutem Erfolg 
ausgeführte Extraktionen von Fremdkórpern der Bronchien. 

Hirsch, Magdeburg. 


320. Staehelin-Burckhardt, Über eine mit Magenschleim- 
haut versehene Zyste des Osophagus. Arch. f. Verdauungs- 
krankheiten. Bd. XV. H. 5. 1910. 


Mitteilung einer der seltenen Osophaguszysten, wie solche bis jetzt 
von Wyss, Roth, Stilling, Zahn, Rauh, Trespe, Hedinger, 
Mohr, Skopnik, Dirck und Kraus beobachtet wurden. Unter diesen 
liegt aber kein Fall vor wie der vom Verf. beschriebene, nämlich, dass 
die Ösophaguszyste Magenschleimhaut enthielt. Da diese am unteren 
Ende des Ösophagus lag, wird angenommen, dass es sich um eine entwicke- 
lungsgeschichtliche Irrung einer sehr frühen Embryonalperiode handelt 
und zwar um die Abschnürung eines Stückes der entodermalen Anlage, 
welches noch die Möglichkeit der Differenzierung sowohl zur Magenschleim- 
haut wie zu Osophagusepithel einschloss. Vielleicht handelt es sich hier 
um die Abschnürung der häufigen Anlage der sog. oberen Magenschleim- 
hautinseln, die sich bei ihrer Entwickelung zur Zyste völlig vom Öso- 
phagus abtrennte und so weit hinab gegen das untere Ende des Öso- 
phagus zu liegen kann. G. Herxheimer, Wiesbaden. 


321. Staehelin-Burekhardt, Über Tuberkulose des Osophagus. 
Arch. f. Verdauungskrankheiten. Bd. 16. H. 4. 1910. 


Die Bibliographie dieser seltenen Erkrankung wird genau besprochen. 
Im Anschluss hieran wird das Sektionsprotokoll und die Ergebnisse der 
histologischen Untersuchung eines Falles von tuberkulösem Osophagus- 
geschwür mitgeteilt, bei dem eine Inokulation durch infektiöses Sputum 
angenommen wird. Sodann werden die wenigen (4) Fälle von auf dem 
Blutwege entstandenem tuberkulösem Ösophagusgeschwür zusammengestellt 


29* 


424 Referate. (32 


und ebenfalls ein eigener Fall, der zur Sektion kam, beschrieben. Zum 
Schlusse wird der dritte Infektionsweg, nämlich die Fortleitung tuber- 
kulöser Prozesse der Nachbarschaft auf den Ösophagus an der Hand der 
Literatur kurz besprochen. G. Herxheimer, Wiesbaden. 


322. Stropeni, Klinische und histopathologische Beobachtungen 
an einem intra vitam diagnostizierten Fall von bronchialem 
Adenokarzinom mit Hautmetastasen. Zeitschrift für Krebs- 
forschung. 1910. Bd. 9. H. 1. 


Die Sektion bestätigte die klinische Diagnose und stellte ein Adeno- 
karzinom von den Drüsen der Bronchialwand ausgehend fest. Besonders 
bemerkenswert sind die Hautmetastasen, die bei Lungenkarzinomen extrem 
selten sind. G. Herxheimer, Wiesbaden. 


323. Tapia Garcia, Estenosis infranqueable de esofago. Rev. 
de Medicina y Cirurgia practicas de Madrid. Nr. 1. 127. 
21. Juni 1910. 


45jähriger Mann, der seit ca 2 Jahren Beschwerden beim Schlucken 
verspürte, welche sich in letzter Zeit zur vollkommenen Unmöglichkeit 
der Einnahme von fester Nahrung gesteigert hatten. Die Sondenunter- 
suchung ergab vollkommene Undurchgängigkeit des Ösophagus für Sonden 
allerkleinsten Kalibers. Da der Kranke einen ausgesprochenen kachek- 
tischen Eindruck machte und auch die Ösophagoskopie eine geschwürige 
Veränderung des Ösophagus erkennen liess, so wurde die Diagnose auf 
Krebs der Speiseröhre gestellt und eine Magenfistel nach Witzel ange 
legt. Der Kranke erholte sich nun im Laufe des nächsten Jahres in einer 
ganz auffallenden und bei Karzinom eigentlich unerklärlichen Weise. Es 
gelang ein Jahr später eine dünne Sonde durch den Ösophagus durchzu- 
führen und im Anschluss daran in kurzer Zeit die Striktur nach und 
nach bis zur normalen Durchgängigkeit zu erweitern. Der Kranke ist 
vollkommen geheilt und ernährt sich wieder in gewohnter Weise, nachdem 
sich die Fistel geschlossen hat. Tapia glaubt, dass es sich um ein pep- 
tisches Geschwür der Speiseröhre gehandelt habe, Stein, Wiesbaden. 


324. Tapia, Mis ultimos casos (inéditos) de cuerpos extranos 
enel esófago. (Meine letzten bis jetzt nicht verüffentlichten 
Fille von Fremdkürpern im Osophagus.) Rev. ibero-amer. 
de Ciencias médicas. September 1910. 


Tapia hat 24 Fälle behandelt, bei 17 konnte man den Fremd- 
körper extrahieren, bei 4 fand man keinen. Bei den übrigen 3 Fällen, 
wurde die Ösophagotomie einmal notwendig, in einen zweiten Falle, erregten 
die ösophagoskopischen Hantierungen Erbrechen, welches den Fremdkörper 
herausbeförderte; in dem letzten wurde der Fremkörper beim Anästhesieren 
in den Magen geschoben. — Was die Art der Fremdkörper anbetrifft, 
handelte es sich um Münzen in 4 Fällen um Knochenstücke in 2, um Fisch- 
gräten in4 (3 Fälle davon waren nur eingebildet), um Knöpfe in 2 Fällen, 
um Fleischstücke in 2; Stecknadeln in 3 Fällen, Zahnprothesen in einem 
Falle und endlich um Fruchtkerne in einem Falle. Menier. 


83] | Referate. 495 


7. Grenzgebiete. 


325. Alexander, Rhinogene Sehnervenaffektionen. Deutsche 
med. Wochenschr. 1910. Nr. 32. Ber. d. Arztl. Vereins in 
Frankfurt a. M. 


Vortragender berichtet über 3 Fälle von retrobulbärer Neuritis, bei 
denen er ein gleichseitiges Empyem der hinteren Siebbeinzellen feststellen 
konnte; 'einmal war es mit Keilbeinhóhlenempyem vergesellschaftet. Be- 
merkenswert war der äusserst geringe rhinologische Befund; erst nach Er- 
‚öffnung eines Teiles der mittleren Muschel wurde Eiter sichtbar. Heilung 
mit Herstellung einer normalen Sehschärfe. Hirsch, Magdeburg. 


326. A. Baginski, Von den Tonsillen ausgegangene Appendizitis. 
Deutsche med. Wochenschr. 1910. Nr. 28. Bericht d. Berliner 
med. Gesellschaft. 


Die Sektion eines 5jührigen, unter den Erscheinungen einer schweren 
Sepsis gestorbenen Knaben ergab eitrig durchsetzte Tonsillen ; die Ap- 
pendix war geschwollen, nicht perforiert. Im Blut und in der Appendix 
Pneumokokken. Hirsch, Magdeburg. 


327. W. M. Barton, Washington, The Elimination of Hexa- 
methylenamin by the Mucous Membrane of the Middle Ear; 
A Preliminary Note: Possible applications to the Treatment 
of Otitis media. (Die Ausscheidung yon Hexamethylenamin 
durch die Mittelohrschleimhaut. Therapeutische Möglich- 
keiten.) Journ. A. M. A. 12. März 1910. 


Die Tatsache, dass Hexamethylenamin im Urin, der Galle und der 
Zerebrospinalflüssigkeit ausgeschieden wird, veranlasste Verf. bei einer 
akuten Diplococcus pneumoniae-Mittelohreiterung, den Patienten 1 g des 
Mittels in 5 Dosen innerhalb 12 Stunden einnehmen zu lassen. Der Eiter- 
fluss liess in eklatanter Weise nach und an der Watte konnte nach 
Crowes Methode Hexamethylenamin nachgewiesen werden. 


Otto Glogau, New-York. 


328. G. Bluth, Charlottenburg, Ein neuer Fall von erythematös- 
vesiculo-pustulösem Hautausschlag nach Diphtherie. Med. 
Klin. 35. 1910. 


Den 7 bisher beschriebenen Fällen fügt Bluth einen weiteren hinzu, bei 
. dem die Serumeinspritzung als Ursache ausgeschlossen ist, vielmehr auf 
die Wirkung freigewordener Antitoxine bezogen werden kann, da die bak- 
teriologische Untersuchung die Keimfreiheit des Bläscheninhaltes zeigte. 
Ernst Seifert, Würzburg. 


329. B. Bosse und E. Fabricius, Berlin, Ein Fall von meta- 
statischer Appendizitis und Cholezystitis im Spätwochenbett, 
nebst Bemerkungen über septische Infektionen von der 
Mundhöhle aus. Wien. klin. Rundschau. 1910. 38. 39. 


Vier Wochen ante partum setzte ein akutes Empyem der linken 
Highmorshöble ein nebst Karies und Pulpitis mehrerer Zähne; zurzeit 


426 Referate. [34 


der Geburt nur noch geringe Symptome; nach sechs Wochen plötzlich 
Appendizitis und Cholezystitis. Nach der Ansicht der Verf. konnte die 
Entstehung dieser akuten Krankheit nur erklärt werden als hämatogene, 
oder wahrscheinlicher intestinale Verschleppung der oralen Keime. Schluss- 
folgerung: Allgemeine systematische Zahnpflege bei Säuglingen, Schul- 
kindern und besonders bei Graviden. Ernst Seifert, Würzburg. 


330. Cobbledick, London, Einige Zustände der Augen, welche 
durch Krankheiten der oberen Luftwege verursacht oder 
beeinflusst sind. Brit. med. Journ. 28. Mai. 1910. 


Dieser Bericht handelt von einer Reihe von Zuständen in welchen 
die Beziehung zwischen Nasen- und Augen-Erkrankung im allgemeinen 
nachgewiesen und bestätigt wird. Der Verfasser hält die Adenoiden für 
eine der hauptsächlichsten ursächlichen Faktoren der Hornhautgeschwüre 
bei Kindern und er ist hiervon so überzeugt, dass seiner Ansicht nach 
kein Fall — selbst leichter Hornhautgeschwüre — richtig‘ behandelt 
worden ist, ohne Entfernung etwa vorhandener Adenoiden. Bei Kindern 
entsteht Dakryozystitis durch Verschluss der nasalen Mündung, das Re- 
sultat einer Entwickelungsstörung. Bei Erwachsenen findet man verschiedene 
nasale Zustände, wie hypertrophische und atrophische Rhinitis, Knochen- 
nekrose durch tertiäre Syphilis verursacht. Ethmoiditis anterior und möglicher- 
weise Nasenpolypen. 

In solchen Fällen ist die Behandlung der Nase von der grössten 
Wichtigkeit. Viele Kinder mit chronischer Konjunktivitis und Blepharitis, 
besonders nach einem Ausfall von akutem Exanthem, leiden auch an 
Rhinitis mit einer scharfen Absonderung aus den hinteren Nasenlöchern. 
In solchen Fällen ist die Erkrankung der Konjunktiva sekundär zu 
denen der Nase, da das infektióse Material wahrscheinlich mit den 
Fingern des Kindes der Konjunktiva zugeführt wird. Symptome von Asthen- 
opie zeigen sich bei Kindern selbst nach Korrektur von Refraktions- 
anomalien und schwinden nur nach der Entfernung der Adenoiden. Pyor- 
rhoea alveolaris ist als Ursache einiger Fülle 'von Iridozyklitis anzusehen 
und bei diesem Zustande sollte keine Operation des Auges vorgenommen 
werden. Guthrie, Liverpool. 


331. Donati, Contributo allo studio del serramento delle mascelle 
da anchilosi ossea temporomaseellare. (Beitrag zum Studium 
des Kieferverschlusses dureh Knochenankylose des Schlüfen- 
beins und des Kiefers verursacht.) Gazzetta medica italiana. 
28. Juli, 4. und 11. August 1910. 


Verfasser beschreibt einen von ihm operierten Fall von beiderseitiger 
Ankylose nach Otitis media und retroaurikulären Abszessen. Die Operation 
war schwierig weil die Ankylosen sehr hart waren; trotzdem erlangte er 
ein sebr gutes funktionelles Resultat. 

Die Ursachen solcher Ankylosen können sehr verschieden sein: 
Verletzungen, primäre Arthritiden des Kiefergelenkes, sekundäre Arthritiden 
(Scharlach, Otitis), Abszesse, Osteomyklitis uud Osteoperiostitis mit Eiter- 
bildung, ulzerós-entzündliche Prozesse der Mundhóhle. 

Der Prozess der Ankylose ist ein zweifacher: Zusammenlótung (Ver- 
wachsung) der Knochen und Invagination. Im ersten Falle, sind die 


35] . Referate. 427 


Knorpel zerstórt und die Gelenkfláchen sind verwachsen ohne dass man 
eine Trennungslinie auffinden kann; in zweitem Falle sind die Gelenk- 
kópfe von einer neugebildeten Knochenmasse umgeben und zusammen- 
gekittet. Beide Arten können gleichzeitig auftreten. 

Die Symptome sind: Unbeweglichkeit des Kiefers, Asymetrie des Ge- 
sichts (sog. Vogelgesicht durch Atrophie des Kieferknochens). 

Was die Operation anlangt gibt Verfasser der Resektion vor der 
Osteotomie den Vorzug, da erstere besser gegen die Rezidive sichert. 

Die präventive Tracheotomie soll der eigentlichen Operation voran- 
gehen. Verfasser beschreibt die verschiedenen Inzisionen der Kiefergegend 
und empfiehlt den bogenförmigen Schnitt mit vorderer-hinterer Konkavität, 
die ihm die besten Resultate gab. Die Resektion der Knochen soll eo aus, 
giebig als nur möglich sein. Er legt das Hauptgewicht auf die post- 
operativen passiven und aktiven Kau-Bewegungen und -Übungen. 

Endlich erörtert er die Möglichkeit von spät auftretenden Rezidiven. 

Menier. 


332. Lopez Durán, Deformidad del maxilar inferior por los 
sopostes de cabeza en los espondiliticos. (Missbildung des 
Unterkiefers durch die Tragapparate des Kopfes bei Spondy- 
litiden.) Revista zbero-americana de Ciencias Médicas. September 
1910. 

Verfasser fand, wie schon Osten-Sacken, Spitzer und Wern- 
dorff, artefizielle Deformierungen des Unterkiefers bei mit Wirbelkaries 
affizierten und apparattragenden Patienten. Er beschreibt 3 Fülle unter 
den zahlreichen die er beobachtete. Die Läsionen bestanden in einer 
Störung des Kieferschlusses, durch eine leichte Verbiegung und Verdünnung 
des Processus alveolaris durch eine starke Distension der temporo-maxil- 
lären Gelenkkapsel verursacht. Immerhin sind diese Missbildungen un- 
erheblich gegen den Vorteil, welchen die Patienten von den Apparaten 
davontragen. Menier. 


333. 0. Frankenberger, Störungen des Gesichtssinnes infolge 
Erkrankungen der Nase besonders der Nebenhöhlen. Casopic 
Likarew ceskych 1910. Nr. 9. 


Neben kritischer Würdigung einer grossen Anzahl von Fällen der 
neueren Literatur bringt Frankenberger 4 Fälle eigener Beobachtung 
bei denen die rhinologische Therapie bezüglich des Augenleidens Erfolg 
hatte und zwar handelte es sich in 3 Fällen um Erkrankung der Aus- 
kleidung der Orbita resp. des Zellgewebes derselben ; bei Siebbeinerkrankung 
im 4. Falle um Neuritis retrobulbaris des linken Auges infolge Erkrankung 
des Sinus ethmoidalis ünd sphenoidalis. Verf. sieht im allgemeinen bei 
Verdrängung des Bulbus nach unten, aussen den Schluss auf Stirnhöhlen- 
erkrankung, bei Verdrängung nach vorn, aussen auf Siebbeinempyem ge- 
rechtfertigt; bei Keilbeinhóhlenempyem soll eine Protrusion des Bulbus 
direkt nach aussen stattfinden ; endlich bei den sehr seltenen Erkrankungen 
des Auges infolge Empyem der Highmorshóhle ist der Bulbus nach innen 
oben gedrüngt. Die Erkrankung des Uvealtraktes und des N. opticus 
sieht Frankenberger konform der Ansicht Hajeks als durch Stau- 
ung des physiologischen Blut. und Lymphkreislaufes bedingt an und weist 
auf den Zusammenhang der Blut- und Lymphgefässe der Orbita mit denen 


428 Referate. - [36 


der Nase hin. Der Erfolg endonasaler Eingriffe bei diesen Affektionen ist 
ein ausgezeichneter, wenn noch keine Atrophie des Optikus eingetreten ist, 
ist solche bereits vorhanden, so kommt in den meisten Fällen der rhino- 
logische Eingriff zu spät. Frankenberger rät dringend jeden Fall 
von Neuritis retrobulbaris, deren Ursache nicht sofort klar ist, rbinologisch 
untersuchen zu lassen. R. Imhofer. 


334. W. Freudenthal, Iatracranial complications of nasal 
origin. The Laryngoscope XX. Nr. 1. 1910. Jan. 


Freudenthal hebt hervor, dass die rhinogenen Hirnerkrankungen 
sehr viel häufiger sein müssten als der Zahl der berichteten Fälle ent- 
spricht. Als Ursache davon bezeichnet er einmal die Scheu unglückliche 
Fälle zu veröffentlichen, namentlich aber die mangelhafte Diagnostik. Bei 
der Bebandlung der Fälle müsse man die postoperativen von den „idio- 
pathischen", d.h. den direkt durch eine Nasenaffektion auf das Hirn über- 
geleiteten Prozessen kennen. Die Infektion kann entweder auf dem Wege 
durch die Lymphgefässe oder durch kleine Venen der Schleimhaut, oder 
durch Knochenlücken erfolgen. Die Lymphgefässe und die Venen der 
Nebenhöhlen müssten noch besser studiert werden, besonders die der 
Stirnböhle Sieurund Jacob hatten einen Zusammenhang der Lymph- 
gefässe der Keilbeinhöhle mit den intrakraniellen festgestellt. In bezug 
auf die Venen sei zu beachten, dass nach den Untersuchungen von Mac 
Ewen sowohl die Sinus als auch die Venen der Schädelhöble und der 
Diploe keine Klappen hatten. Die Knochenwand der Keilbeinhóhle wurde 
von Sicur und Jacob „wie ein Sieb“ durchlóchert gefunden. Ähnliches 
habe Velsoux von der Stirnhöhle gesehen. Die Infektion könne also durch 
solche Knochenlücken aber auch durch Ostitis zustande kommen. In 
betref der Therapie ist er für möglichst frühzeitige und möglichst aus- 
giebige Eröffnung der Schädelhöhle. Er selbst berichtet über 7 Fälle von 
„idiopathischer“ Erkrankung, worin er einen, der rechtzeitig zur Operation 
kam, geheilt hat; die übrigen gingen zugrunde, nach seiner Ansicht, weil 
die Operation erst zu spät vorgenommen werden konnte. Er fügt dann 
noch einen Fall von postoperativer Hirnerkrankung an und einen Fall, in 
dem anscheinend von einer Nebenhóhlenerkrankung durch Metastase ein 
Lungenabszess zustande gekommen ist. P. Hey mann. 


335. Otto Glogau, New York, Nasenverstopfung und Lungen- 
schwindsucht. New Yorker med. Monatsschr. Dez. 1909. 


Die durch naturwidrige Benützung einer anderen Funktionen dienen- 
den Öffnung zustande kommende „perverse“ Atmung führt, unreine, kalte, 
trockene, oft mit übelriechenden Gasen und Substanzen vermengte Ein- 
atmungsluft, der empfindlichen Alveolenfläche zu. 

Der Ansturm von ungenügend erwärmter, verunreinigter und trockener 
Luft verursacht beim perversen Atmer eine systematische Erkältung und 
Reizung der unteren Luftwege, die sich in verschiedenen Graden von 
Katarrhen, Störungen der Blutzirkulationen etc. kundgibt. Bei der Be- 
ziehung zwischen Nasenverstopfung und Lungenschwindsucht bandelt es 
sich wohl hauptsächlich um die direkte Schwächung des Lungengewebes, 
auf dem die durch Stäubchen- und Tröpfchen-Inhalation, sowie auf andere 
Weise eingeführten Tuberkelbazillen günstigen Boden zur Entwickelung 
vorfinden. Doch haben wir es auch mit einer indirekten Wirkung zu 


31] Referate. 429 


tun, die auf die zweite Infektionsmöglichkeit — der Schluckinfektion — 
Bezug hat; die durch mangelhafte Sauerstoffversorgung verursachte allge- 
meine Zirkulationstörung äussert sich auch in einer Schwächung des Magen- 
darmtraktes, derzufolge Tuberkelbazillen viel leichter aus der aufgenommenen 
Nahrung durch die pathologisch veränderte Schleimhaut entweichen und 
ihren Weg zu den in ihrer Vitalität herabgesetzten Lungen finden können. 


Auf der Tuberkulosis-Abteilung des deutschen Hospitals untersuchte 
Glogau wahllos eine bestimmte Zeit lang die neuen Patienten der Ab- 
teilung. Auf diese Weise konnte die Beziehung zwischen Nasenverstopfung 
und Lungenschwindsucht studiert werden, indem alle Stadien der durch 
die Nichtfunktion der „nasalen Schutzapparate‘“ hervorgerufenen Lungen- 
veränderungen nachzuweisen waren. Und so finden wir neben 5 Fällen 
normalen Lungenbefundes (3 Kehlkopfinfektionen, 1 Hodentuberkulose, 
1 Nasenverstopfung mit noch nicht nachweisbarer Lungenveränderung), 
1 Grippe 1 Asthma und 4 Bronchitiden. In 30 Fallen lag bloss Ver- 
dacht auf Lungenschwindsucht vor, 15 Fälle mussten als Anfangsstadium be- 
zeichnet werden, während in 47 Fällen schon eine oder beide Lungen- 
spitzen sich als angegriffen erwiesen. Ausgedehntere tuberkulöse Erkrankung 
des Lungengewebes konnte nur bei 64 Patienten konstatiert werden. 


Von den 167 Patienten weisen alle — mit Ausnahme von 5 — 
eine Nasenabnormalität irgendwelcher Art auf, wobei natürlich eine An- 
zahl der Veränderungen noch hart an die Grenze des „Normalen“ streift. 
Besonders auffallend ist die Zahl der Deviationen und Spinae des Sep- 
tums. Ich konnte insgesamt 125 Veränderungen des Septums feststellen, 
wobei zu bemerken ist, dass 9 Spinae und 6 Deviationen die Nase voll- 
ständig obstruierten. Von den Deviationen entfallen 18 auf Frauen und 
61 auf Männer, von den Spinae 17 auf Frauen und 29 auf Männer, bei 
denen auch 2 Septumpolypen sich vorfinden. Muschelhypertrophien fand 
ich in 113 Fällen vor, wovon 79 auf Männer, 34 auf Frauen entfallen. 
Beide untere Muscheln sind 30 mal bei Männern, 12 mal bei Frauen 
vergrössert, je eine untere Muschel in 31 Fällen, 22mal bei Männern, 
9mal bei Weibern. Das hintere Ende der unteren Muscheln ist beider- 
seits in 14 Fällen, je auf einer Seite in 8 Fällen vergrössert und ausser- 
dem in 4 Fallen stark polypoid degeneriert. Die mittlere Muschel kommt 
in 16 Fállen als Atmungshindernis in Betracht. Adenoide Wucherungen 
fand ich in 38 Fällen, in 8 weiblichen und 30 männlichen, vor. Die- 
selben sind fast ausnahmslos Begleiterscheinungen von anderen primären 
Nasenobstruktionen, was auch von den 37 Fällen (24 männlich, 13 weib- 
lich) hypertropischer Tonsillen gilt. Zungentonsille ist in 4 Fällen aus- 
geprägt. 

An 19 Fällen nahm ich intranasale Operationen vor, die grösstenteils 
Zunahme des Körpergewichts, Besserung des Allgemeinbefindens und manch- 
mal sogar günstige Beeinflussung des Lungenprozesses zur Folge hatten. 


Eine günstige Beeinflussung des Lungenprozesses fand in 11 von 
den 19 operierten Fällen statt; sie umfassen die leichteren Erkankungen 
des Lungengewebes (1 Bronchitis, 3 Verdacht auf Tuberculosis, pulmonum, 
4 Tuberkulose eines Apex, .2 Tuberkulose beider Apices, 1 Tuberkulose 
im Anfangstadium), mit einer Symptomendauer von 1 Woche bis zu 10 
Monaten (9 Fälle unter 6 Monaten, 6 darüber). 


430 Referate. [38 


Den oben angeführten Reultaten gemüss kann eine günstigte Beein. 
flussung des tuberkulósen Lungenprozesses durch eine Nasenoperation 
nur dann erwartet werden, wenn die Erkrankung noch nicht einen 
schweren Charakter angenommen hat; am sichersten wird es wohl sein, 
nur im Anfangsstadium zu operieren, wobei vorausgesetzt ist, dass selbst 
hier nur eine bedeutende Nasenverstopfung in Betracht kommt. Die 
besten Resultate werden natürlich dort erzielt werden, wo nur Verdacht 
auf Lungenschwindsucht oder bloss eineleichte katarrhalische Erkran kung 
des Lungengewebes vorliegt. Autorreferat. 


336. Harold, Hays New York, Observations on abnormalities 
of the nose and throat in relation on to catarrhal deafness 
and tinnitus. (Katarrhalische Taubheit und Ohrengeräusche, 
hervorgerufen durch pathologische Veränderungen der Nase 
und des Rachens.) N. Y. State Journ. of Medicine. Vol. 10. 
Nr. 8. 1910. 


Veränderungen der Muscheln, des Septums, hypertrophierte Ton- 
sillen und adenoide Vegetationen, besonders die der Rosenmüllerschen 
Grube, verursachen Verlegung der Tubenöffnung. In allen Fällen von 
chronischer katarrhalischer Taubheit und von Ohrgeräuschen fand Autor 
bei digitaler Untersuchung fibröse Adhäsion um die Tubenöffnung. Es 
werden die Vorzüge des vom Autor angegebenen Pharyngoskops, einer 
Modifizierung des Zystoskops, beleuchtet. Referent versuchte das Instru- 
ment in zahlreichen Privat- und Ambulanzfällen, findet jedoch, dass die 
Untersuchung mittelst Kehlkopfspiegel und die Rhinoscopia posterior 
stets leichter auszufiihren und mehr anschaulich ist. 

Otto Glogau, New York. 


337. C. Hirsch, Prag, Augenaffektionen bei Hydrops der Neben- 
höhlen der Nase. Fortschr. d. Med. 1910. 


1. Hydrops des Antrum Highmori, Sinus frontalis und der Sinus 
ethmoidales der linken Seite und des Sinus frontalis der rechten Seite; 
beiderseitige Sehnervenatrophie und Bulbusverlagerung. Ob wegen der 
beiderseitigen Optikusschädigung auch eine Keilbeinhöhlenerkrankung an- 
genommen werden darf, scheint zweifelhaft. 

2. Hydrops der linken Stirnhöhle als Ursache eines linksseitigen 
Exophtbalmus und Verlagerung des Bulbus. Als Komplikation bestand 
eine hartnäckige Migräne. Nasenbefund normal. 

Ernst Seifert, Würzburg. 


338. R. Hoffmann, München, Beeinflussung der Basedow- 
symptome von der Nase aus. Monatsschr. f. Ohrenhetlkunde. 
1910. XLIV. 9. 

Theoretische Erórterungen im Anschluss an einen Fall von Base- 
dow, bei dem nach Galvanokaustik der beiderseitigen unteren Muscheln 
der Exophthalmus uud Puls zurückging, der Halsumfang 3,5 cm abnahm. 

Ernst Seifert, Würzburg. 


339. B. Hoffmann, München, Beitrag zur Lehre und zur 
Therapie des Heuflebers. Monatsschr. f. Ohrenhelk. 8. 1910. 


Nach den Ausführungen des Verfassers dürfte das Heufieber als 
eine Vasodilatatorenneurose im Gebiete des sensiblen Trigeminus zu 


39] Referate. 431 


definieren sein, hervorgerufen durch den Kontakt der von ihm besorgten 
Schleimhaut mit dem Pollentoxin. Prädisponierend wirkt vor allem die 
Hypersekretion der Thyreoidea, das heisst eine Labilität der Vasomo- 
toren, wie sie in Urticaria etc. zum Ausdruck kommt. 

Therapeutisch empfiehlt Hoffmann besonders die Anwendung von 
Extr. fluid. Hydrast. canad. 3 mal táglich 25 Tropfen (eventuell Extr. 
fluid. Secal. cornut. aà), gegebenenfalls auch Antithyreoidin Moebius 
und Anlegen der Stauungsbinde dicht über den Klavikeln. Für lokale 
Behandlung Adrenalin, Suprarenin, Kokain. Sippel, Würzburg. 


340. P. Th. L. Kan, Beitrag zur Kenntnis der Chirurgie der 
Hypophysis Cerebri. Ned. Tydschr. v. Geneesk. 24. Sept. 1910. 


Auf zwei Wegen kann man die Hypophysis cerebri operativ erreichen. 
durch die Schädelhöhle, wie Krause, Killiani u. a. gemacht haben 
und extrakraniell. 

Der erste Weg ist heute ganz verlassen, weil er zu gefährlich ist, 
während der extrakranielle Weg wohl der beste ist. 

König hat dazu den Mund gewählt mit Trennung des harten 
Gaumens nach Gussenbauer und andere Chirurgen haben sich einen 
Weg gebahnt durch die Nase. 

Ein 35jähriger Fabrikarbeiter ist seit Januar 1884 behandelt worden 
wegen starker Myopie. Im September 1908 fing der Patientan sehr schlecht 
mit dem rechten Auge zu sehen, und der Visus war beiderseits 5/10 mit 
einem Glas —8. 

In den letzten Jahren ist Patient sehr dick geworden und hat 18 kg 
an Gewicht zugenommen. Er litt sehr viel an Kopfschmerzen, ist immer 
sehr schláfrig, hat Polydipsie, Polyphagie und Polyurie. 

Der Visus wurde immer schlechter und war in Dezember 1909 
links !/so opd rechts Tag, Auch war rechts die ganze temporale Hälfte 
des Gesichtsfeldes verschwunden, während links nur noch die obere Hälfte 
des nasalen Gesichtsfeldes vorhanden war. Im Dezember 1909 unter- 
suchte Kan die Nase des Patienten, aber, ausser einer Deviation des 
Septums nach links, konnte in der Nase keine Abweichung gefunden 
werden. Bei Durchleuchtung waren beide Gesichtshälften gleich hell. 

Weil auch ohne Eiter in der Nase die hinteren Nebenhöhlen der Nase 
entzündet sein können, wurde beschlossen diese Höhlen breit zu eröffnen. 
Bei der Amputation der Conchae mediae und der Eröffnung der hinteren 
Siebbeinzellen zeigte sich kein Eiter. Einige Tage später wurden auch 
die Keilbeinhöhlen mit der Trephine und Meissel geöffnet und ein Stück- 
chen Schleimhaut aus den Höhlen entfernt zur pathologisch-anatomischen 
Untersuchung. Es stellte sich dabei heraus, dass die Schleimhaut 
chronisch entzündet war. 

Der "Visus verbesserte sich durch diese Operation nicht. Es 
wurden einige Róntgenaufnahmen gemacht, weil man auf Grund der 
doppelseitigen Hemianopsie und anderer Symptome einen Hypophysis- 
tumor vermutete, aber auf den Photographien konnte nichts Abnormes 
gefunden werden. 

Im Januar 1910 wurde der Patient, bei dem man 62°/o Zucker im 
Urin gefunden hatte, nach der Abteilung für innere Medizin übergeführt. 


432 Referate. [40 


Die Brust- und Bauchorgane sind gesund, die Fettsucht des Patienten 
ist auffallend, und es werden deutliche Symptome von Akromegalie fest- 
gestellt. Er hat Anfälle von sehr schweren Kopfschmerzen, wobei der 
Puls immer sehr langsam wird und auch Schwindel und Erbrechen 
auftreten. 

Am 31. Januar wurde wieder ein Radiogramm gemacht, auf welchem 
man eine Ausdehnung der Sella turcica zu sehen meint, aber diese war 
nicht sehr deutlich, weil gerade an der Stelle der Sella und der Um- 
gebung ein Schatten sichtbar war. 

Auf Grund der verschiedenen Symptome wird die vermutliche An- 
wesenheit eines Hypophysentumors angenommen, aber auch an die Mög- 
lichkeit eines Gehirntumors mit sekundärem Hydrocephalus und Ausstül- 
pung des dritten Ventrikels in die Sella turcica gedacht. 

Als die Hirndrucksymptomen stark zunahmen wurde die Operation 
vorgeschlagen und am 28. Februar ausgeführt. 

Vorher wurden die verschiedenen Operationsmethoden in cadavere 
versucht. Nach Besprechung der Ofperationsverfahren von Proust, 
Lówe und Kocher gibt Kan als seine Meinung, dass die letztgenannte 
Methode die beste ist, weil diese die, meist sehr starke Blutung zu um- 
gehen weiss. | 

Bei den anderen endonasalen Methoden werden, nachdem die áussere 
Nase umgeklappt ist, das Septum und die Conchae im ganzen entfernt, 
um nachher die Keilbeinhóhlen und die Sella turcica zu eróffnen. 

Bei der Kocherschen Methode wird, nachdem die äussere Nase 
geöffnet ist, die Schleimhaut vom Septum losgelöst, der Septumknochen 
entfernt und mit einem Spekulum, welches man zwischen den Schleim- 
hautblättern einschiebt und kräftig öffnet, wird Raum geschafft, damit die 
Keilbeinhöhlen und die Sella turcica geöffnet werden können. Bei dieser 
Methode wird die Blutung aus den grossen Septumarterien vermieden 
und weil keine Nebenhöhlen der Nase geöffnet werden, wie z. B. bei der 
Methode von Löwe, kann der Hautschnitt viel kleiner sein. 

Bei dem Patienten wurde die Operation unter Chloroformnarkose 
gemacht nach Injektion von 15 mg Morphium. Der Nasopharynx wurde 
tamponiert und die ganze Nase genau mit Gaze ausgestopft, damit beim 
Aufklappen der äusseren Nase kein Blut in die Tiefe fliessen könne. 

Als die Nasenspitze nach unten und der Nasenrücken in zwei 
Hálften nach beiden Seiten umgeklappt war, wurde die Gaze aus der 
Nase entfernt und konnte die Schleimhaut beiderseits fast ohne Blutung 
vom Septum losgemacht werden. 


Das Septumskelett wurde soweit es nótig war mit der Zange ent- 
fernt und zwei Langenbecksche Haken zwischen die Schleimhaut- 
blütter geschoben 


Da schon früher beiderseits die Concha media und die Siebbeinzellen 
entfernt waren, fiel es nicht schwer so viel Raum zu schaffen, dass die 
vordere Wand der Keilbeinhóhlen sichtbar wurde. Die früher darin 
schon gemachten Öffnungen bildeten eine wertvolle Orientierung. 

Die ganze vordere Wand der Keilbeinhöhlen wurde entfernt und 
dabei zeigte sich, dass die hintere Wand nicht in die Höhle prominierte. 
Die hintere obere Wand wurde geöffnet und die Dura inzidiert aber es 


41] Referate. 433 


zeigte sich kein Tumor, nur war eine weiche weisse Masse sichtbar, welche 
Gehirngewebe sehr ähnlich war. 


Der Versuch der Masse etwas zu entnehmen misslang und einige 
Punktionen in verschiedenen Richtungen gemacht, fielen negativ aus. 


Die Operation wurde beendigt, ein Jodoformgazestreifen in die ge- 
machte Öffnung der Sella turcica eingelegt, die Nase reponiert und 
genäht. 


Die Heilung verlief ungestört und der Allgemeinzustand verbesserte 
sich bedeutend. 


Bald verschwand die Glykosurie, die Kopfschmerzen besserten sich 
und das Erbrechen hörte auf, aber der Patient blieb immer ein wenig 
schläfrig. Am 1. Mai konnte er entlassen werden und im Juni war der 
Zustand noch sehr befriedigend, nur hat der Patient wieder geringe Kopf- 
schmerzen, bisweilen auch Schwindel. Der Visus hat sich nicht gebessert. 


Nach den klinischen Erscheinungen war es nicht ungereimt einen 
Hypophysentumor zu vermuten; dieser wurde aber nicht gefunden bei 
der Operation. Die Schleimhaut der Keilbeinhóhlen zeigte chronische 
Entzündung, eine einfache Eróffnung der Dura in der Sella turcica hatte 
für den Patient solch einen grossen Erfolg, vielleicht bestand eine zirkum- 
skripte Meningitis in der Nàhe der Hypophysis, von der entzündeten 
Schleimhaut der Keilbeinhöhlen ausgegangen, welche durch die Dura- 
öffnung gebessert ist. 


Obgleich man keinen Hypophysentumor gefunden hat, hat der Fall 
jedenfalls die Erfahrung auf dem Gebiete der Hypophysenchirurgie ver- 
grössert und gezeigt, dass die Kochersche Operationsmethode sehr zu 
empfehlen ist. 

In der letzten Zeit haben West und Hirsch versucht die Hypo- 
physenoperation endonasal zu machen, Kan meint aber, dass man bei 
lebensgefährlichen Affektionen als Hyophysentumoren und Zysten einer 
kleinen Entstellung wegen sich bei der Operation nicht in seinen Be- 
wegungen beschränken muss. Das Aufklappen der Nase verkürzt den 
Weg nach der Hypophyse bedeutend und macht das Operationsfeld so 
übersichtlich, dass diese Methode in allen Fällen vorzuziehen ist. 


Autoreferat. 


341. F. Kovacs und 0. Stérk, Wien, Uber das Verhalten des 
Osophagus bei Herzvergrösserung. W. klin. Wochenschr. 
1910. 42. 

Physiologische und pathologisch-anatomische Befunde bei Kompres- 
sion und Deviation des Osophagus durch Herz- (bes. Vorhof-)Hyper- 
trophie. Doch scheint solchen Veranderungen eine wesentliche praktische 
Bedeutung nicht zuzukommen. Ernst Seifert, Würzburg. 


342. Römheld, Hornegg a. U., Jodbasedow. M. Corresp.- Bl. d. 
Whirttemb. à. L.-V. 1910. 40. 
Sechs Strumafülle bei denen durch Joddarreichung ein M. Based. 
auftrat, welche durch geeignete Behandlung in fast allen der Fälle sich 
besserte. Ernst Seifert, Würzburg. 


434 Literaturverzeichnis. [42 


343. Rémheld, Hornegg a. U., Basedow mit starker Hyper- 

tension, M. Corr.-Bl. d. Württemb. ä. L.-V. 1910. 40. 

Im Anschluss an einen solchen Fall werden fünf Untersuchungs- 
ergebnisse mitgeteilt, bei denen die Blutdruckmessung zu verschiedenen 
Zeiten und in verschiedenen Körperlagen verschiedene, bezw. gleiche 
Werte ergab, woraus auf eine funktionelle bezw. organische Erkrankung 
zu schliessen war. Ernst Seifert, Würzburg. 


344. F. Sanz, Un caso de tumor de la fosa pterigo-maxilar. 
(Ein Fall von Tumor der pterygo-maxillären Grube.) Rev. 
ıbero-americana de Ciencias médicas. September 1910. 

Sehr bemerkenswerter Fall bei einem 30jáhrigen Guardia muni- 
cipal (Polizist welcher zuerst einen Abszess des Gaumensegels hatte; 
dann beobachtete man eine Geschwulst der pterygo-maxillären Grube. 
Wassermann negativ. Ende März, glaubte Verf. an ein nahes Ende, 
da der Tumor enorm gewachsen war. Plötzlich, fand eine Entleerung 
durch die Orbita und den Mund statt und der Zustand besserte sich so, 
dass jetzt die operative Frage ventiliert wird. Es handelte sich nicht, sagt 
Verfasser, um einen Abszess, da alle Zeichen fehlten. Mehr wie je meint 
er, dass eine bösartige Geschwulst (Sarkom) im Spiele ist. Menier. 


345. Edda Stoffel, Lokales Amyloid der Schilddrüse. Virchows 

Archiv 1910. Bd. 201. p. 245. 

Es wird der seltene Fall geschildert, dass sich in einem echten 
epithelialen Tumor, nämlich in einem Karzinom der Schilddrüse lokales 
Amyloid vorfand. Einmal neigt dies Organ wenig zur Ablagerung der 
Substanz, sodann gehörten Tumoren mit lokalem Amyloid bisher stets 
denen der Bindesubstanzgruppe an. G. Herxheimer, Wiesbaden. 


346. Viollet, Le diabéte diagnostiqué par des lésions du nez 
et de l'oreille. (Die Diagnose des Diabetes mellitus durch 
Läsionen der Nase und des Ohres) Journal de Médecine 
de Paris. 10. September 1910. 

In einem Falle war die Nasenschleimhaut fleischig, weich und blutete 
bei der geringsten Berührung; sie glich einem fungósen Gewebe; bei dem 
zweiten, waren die Halsbeschwerden andauernd und wiederholten sich bei 
dem geringfügigsten Anlass, dazu war die Zunge belegt; beim vierten 
Patienten, waren die Muskeln, sowie das Septum, der Sitz von seichten 


gelb umränderten Geschwüren. — Sämtliche Patienten waren Diabetiker. 
Daraus erhellt die Notwendigkeit einer Harnuntersuchung bei allen hart- 
näckigen und verdächtigen Fällen. Menier. 


IIl. Literaturverzeichnis. 


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444 Bücherbesprechungen. [52 


Greven, F., Zur Kasuistik des Adenokarzinoms der Schilddrüse. Frei- 
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Kakisowa, B., Postoperative Erscheinungen bei Morbus Basedowii. 
Berlin 1909. 

Most, A., Über die Entstehung, Verhütung und Behandlung der Hals- 
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Hab. Schr. Breslau 1909. 

Pasqualini, F., Les parotides post-opératoires. Montpellier 1908. 

Polzien, F., Die Ursachen der respiratorischen Blutdruckschwankungen. 
Königsberg 1909. 

Rakowski, S., Zur Frage der Operabilität der Unterkiefersarkome. 
Greifswald 1909. 

Rosenhauer, P., Über Syphilis der Schilddrüse. Leipzig 1909. 

Sauerlandt, E., 235 Kropffälle der Münchener chirurgischen Klinik 
von 1902—1908. München 1909. 

Schmidt, K., Uber einen Fall von! anscheinend gutartiger Struma 
adenomatosa mit Metastasen in der Wirbelsäule und in einer Rippe. 
München 1909. | 

Schultheiss, E., Über Erblichkeit bei Morbus Basedowii. Jena 1909. 

Sehultz, F., Struma sarcomatosa permagna mit Perforation in die Trachea 
und den Ösophagus. Miinchen 1909. 

Sukennikowa, N., Über einen Fall von Athyreosis congenita. Berlin 1909. 

Swarte, E., A propos d’un cas d’aphasie ur&mique. Lille 1908. 

Tiling, K., Zur Kasuistik der Thymusstenose und der Thymusoperation. 
Königsberg 1909. 

Wächter, H., Über Karzinosarkome der Schilddrüse. Freiburg 1909. 

Wolf, E., Meine Basedowsche Erkrankung. Miinchen 1909. 


IV. Bücherbesprechungen. 


Luc, Lecons sur les suppurations de l'oreille moyenne et des cavites 
accessoires des fosses nasales et sur leurs complications intracráni- 
ennes. Paris 1910. Bailliere et fils. 

Der ersten Auflage dieses Werkes ist nach einem Zeitraum von 10 Jahren 
die zweite gefolgt. Die hier za besprechenden Eiterungen der Nebenhóhlen der 
Nase nehmen in dem 584 Seiten starken Buche bei etwas engerem Druck etwa 
denselben Raum von gut 100 Seiten ein, wie in der ersten Auflage. 

Luc tat recht daran, seinem Werke die Form von Vorträgen zu geben, denn 
Luc ist von ausgesprochener Individualität, und in keiner Form tritt diese besser 
zutage als in der des Vortrages. So sehen wir denn den Autor leiblich vor uns 
stehen, und, wer die Berichte der französischen laryngologischen Gesellschaft 
liest, wird in ihm ohne weiteres den Mann wiedererkennen, der in der Diskussion 
seine Meinung unumwunden in kurzen, treffenden Worten zu sagen pflegt. Eigene 
Erfahrung geht ihm naturgemäss über alles. Wo er von der Richtigkeit seiner 
Meinung überzeugt ist, gilt ihm anderer Meinung nicht viel, wo diese mit der 





53] Bücherbesprechungen. 445 


seinigen übereinstimmt, erkennt er dies gelegentlich willig an, wo er aber gefehlt 
hat, erklärt er dieses oft mit Freimut. So atmen seine Vorträge Überzeugung 
und wirken überzeugend, und es ist ein Vergnügen, sie zu lesen. 

In der ersten Auflage legte Luc bei der Diagnose des Kieferempyems 
der Durchleuchtung entscheidenden Wert bei und bemängelte die entgegengesetzte 
Ansicht der deutschen Fachkollegen mit derbem Ausdruck. In der zweiten Auf- 
lage hat er sich der deutschen Ansicht angeschlossen, sieht also in der Durch- 
leuchtung einen unterstützenden, in der Probeausspülung aber den entscheidenden 
Weg. Letztere macht er ausschliesslich mittelst Punktion vom unteren Nasen- 
gang. Führt die kurative Ausspülung von hier aus nach 6—12 Ausspülungen 
nicht zum Ziel, so operiert er. Die intranasalen Methoden der Kieferhöhlener- 
öffoung übt er als zu unsicher nicht aus. Die Alveole bohrt er auch bei dentalem 
Empyem nicht mehr an. Er greift vielmehr jetzt gleich zum Caldwell-Lucschen 
Verfahren, da dieses durch die Lokalanüsthesie weit weniger eingreifend für 
den Patienten ist, als früher. Von dieser Methode scheint er sich stets sichere 
Haltung zu versprechen, ohne aber hierfür zahlenmässig den Beweis zu führen. 
Demgegenüber ergeben die Zahlen, welche von anderen Seiten veröffentlicht 
wurden, in Summa nur eine Heilung von 87°/, (Referent). 

Bei der Diagnose des Stirnhöhlenempyems verzichtet Luc auch heute 
noch auf die Probeausspülung. In den seltenen Fällen akuten Stirnhöhlen- 
empyems, die einen operativen Eingriff erfordern, macht Luc jetzt nicht mehr 
die Operation nach Ogston-Luc, sondern, wie alle anderen Autoren, die ein- 
fache Trepanation. Bei chronischem Stirnhóhlenempyem ist der intranasulen 
Behandlung und ibres häufigen Erfolges nicht gedacht. Das Vorhandensein des 
Empyems ist ihm Indikation zur Radikaloperation. Diese macht er wegen des 
schlechten Heilresultates und der nicht geringen Gefahr der Osteomyelitis nicht 
mehr nach der Methode Ogston-Luc, sondern nach der Methode Killian 
oder Jansen-Jacques. Die erste Methode wendet er zweckmüssig bei hoher, 
die letzte bei niedriger Stirnhóhle an. Meist operiert er nach der letzten Methode. 
Er fand also mehr niedrige als hohe Stirnhöhlen, im Gegensatz zur allgemeinen 
Erfahrung. Nach diesen beiden Metboden operiert Luc über 50 mal ohne Todes- 
fall und mit gutem, doch nicht näher präzisiertem Erfolg. Von den Todesfällen 
anderer Operateure, die sich auch nach der Killianschen Operation in der letzten 
Zeit stark mehren, nimmt Luc keine Notiz, und das ist die bedenkliche Folge 
seines ausschliesslichen Verlasses auf eigene Erfahrung. Die Beachtung der Er- 
fahrung Anderer würde Luc dazu führen, der von ihm vernachlässigten intra- 
nasalen Behandlung mehr Wert beizulegen. — Die geschichtliche Entwickelung der 
Killianschen Operation, die Luc gibt, ist seine schwache Seite: Die Idee, die 
Stirnhéhle durch Resektion und zwar der Vorderwand zur Verödung und Aus- 
heilung zu bringen, sprach zuerst Kuhnt am 5. März 1894 im Königsberger 
Verein für wissenschaftliche Heilkunde unter Demonstration einer Anzahl Ge- 
heilter aus, Am 16. Juni 1894 publizierte Luc in der Semaine méd. einen auf 
dieselbe Weise geheilten Fall. Ganz abgesehen aber hiervon wandte Kuhnt die 
Methode als Normalmethode an, Luc jedoch nur dort, wo die Ogston-Lucsche 
Methode versagt hatte. 

Die Priorität gehört also voll und ganz Kuhnt, und das hätte Luc endlich 
einmal klipp und klar aussprechen können, nachdem er schon im Jahre 1902 be- 
hauptet hatte, Kuhnt hätte seine Methode „systematisch von ihm adoptiert“. 
Ferner: Der Mann, welcher die ganze Killiansche Operation mit Ausnahme 
der Spangenbildung schon vor Killian gemacht hatte, ist Riedel. Die Spangen 
bildung aber erdacht zu haben ist das Verdienst von Killian, nicht von Taptas 
und von Luc. Denn Taptas macht in die faziale Wand, die er ganz allein re- 
seziert, zwei Öffnungen und lässt zwischen diesen eine Lücke stehen, und Luc 
reseziert bei Fällen von orbitaler Fistel die orbitale Wand und macht von hier 
aus bei grosser Höhle unter Schonung des Supraorbitalrandes eine Gegenöffnung 
in die faziale Wand, um die Höhle gut kurettieren zu können. Das aber ist 
doch ganz etwas anderes, als die Killiansche Spange! 


416 Gesellschafts- und Kongressberichte. (54 


Bei der Diagnose des Siebbeinempyems findet sich noch dieselbe Über 
schätzung der Durchleuchtung wie seinerzeits beim Kieferempyem. Die Aus- 
räumung des Siebbeinlabyrinthes macht Luc fast ausschliesslich mit seiner Pince 
plate. Wenn er dabei den frontalen Siebbeinzellen nicht genügend beikommen 
kann, so liegt das wohl an der Benutzung dieses Instrumentes. Auch die Keil- 
beinhóhle eróffnet Luc mit seiner Zange. 

Eine sehr eingehende und durchdachte Abhandlung über die Osteomyelitis 
cranii und die intrakraniellen Komplikationen, deren bei weitem 
grössten Raum indes natürlich die otitischen einnehmen, schliesst sich an. 

Als Anhang findet sich ein Kapitel über die Behandlung der Larynx- 
tuberkulose. Luc ist überzeugter Anhänger ausgedehnter Galvanokaustik, 
wie er sie bei Mermod in Lausanne gesehen hat. Doch ist seine Indikations- 
stellung bei weitem zurückhaltender — und das mit Recht. 

Georg Boenninghaus, Breslau. 


Rosenberg, Albert, Professor, Therapeutisches Taschenbuch der 
Nasen-, Rachen- und Kehlkopfkrankheiten. Berlin 1910, H. Kornfeld, 
102 S. Preis 3,50 Mk. 

Dieses kleine Buch, das den IX. Band der Fischerschen Sammlung thera- 
peutischer Taschenbücher bildet, erfüllt seinen, der ganzen Anlage nach be- 
Bchrünkten Zweck, aufs glücklichste. Mit geradezu staunenswertem Geschick ist 
es dem Verfasser gelungen, die umfangreiche Materie so zusammenzufassen, dass 
dieses Buch das geworden ist, was es sein soll, eim dem praktischen Arzte in 
der Sprechstunde und auf seinen Wegen allzeit zur Verfügung stehender hand- 
licher Berater. Ohne einige anatomische und diagnostische Hinweise war das, 
wie Rosenberg richtig erkannt hat, nicht möglich; der Schwerpunkt der Dar- 
stellung liegt selbstverständlich in der Therapie, der Gefahr, hier durch eine zu 
grosse Zahl angegebener Mittel und Wege die Straffheit der Darstellung zu be- 
einträchtigen, ist Rosenberg glücklich entgangen. Er gibt offenbar im wesent- 
lichen immer nur das Heilverfahren an, das sich ihm selbst bewährt hat. 

Das Buch kann dem in der allgemeinen Praxis stehenden Arzte aufs wärmste 
empfohlen werden. Bl. 


V. Gesellschafts- und Kongressberichte. 


Société Belge d'otologie, de rhinologie et de laryngologie. 
XX. Congrés annuel: Bruxelles 11., 12., 13. Juni 1910. 
Nach dem offiziellen Bericht des Dr. E. Labarre. Fortsetzung s. S. 335. 
Prüsident: Dr. A. Capart sen. Demonstration von Instrumenten. 


Vacher, Orléans, Kalte Schlinge, oder Amygdalotom. Dieser Apparat 
ersetzt die feste Schlinge von Vacher, obgleich er in manchen Füllen weniger 
leicht zu handhaben ist; er hat den Vorteil allgemein angewandt werden zu 
kónnen und dass er nicht Hümorrhagien aussetzt, wie die gewóhnliche Amygda- 
lotomie. Dieser Apparat, der seiner Form nach an das Amygdalotom erinnert, 
besteht nur aus zwei Stücken, die leicht zu handhaben und einfach zu sterilisieren 
sind. Er wird wie die kalte Schlinge gebandhabt, d. h. die Mandel muss mit 
Hilfe einer Zange in den schneidenden Ring gezogen werden. Die Durchschnei- 
dung der Mandel muss um so langsamer geschehen, je älter der Patient ist. 

Koenig, Paris. 

Neuer gedeckter Kauter zur Behandlung der Säugerknötchen. 


55] Gesellschafts- und Kongressberichte. 447 


Der Verfasser zieht die galvanokaustische Methode der Abtragung mittelst 
einer Zange oder Doppelcurette vor bei Behandlung der Stimmbandknoten oder 
polypoider Tumoren der Stimmbáünder. Sie hat den Vorteil, den Eingriff genau 
beschränken zu können und den Kranken viel weniger sekundären Infek- 
tionen auszusetzen. Bei dem vom Verfasser gebrauchten Kauter ist der Brenner 
durch eine kleine flache Kupferschiene gedeckt, so dass er nur an einem Punkte 
glüht, der sich durch seinen Glanz sehr deutlich vom kupfernen Boden abhebt, 
und es daher leicht ist die Kauterisation zu lokalisieren. 

Koenig, Verschiedene neue Instrumente für submuköse Resektion der 
Nasenscheidewand. 

a) Eine Zange mit zwei gekrümmten Enden und einem Halter, der bei der 
Operation nach Freer und nach Killian verwendet wird. 
j b) Ein Spiegel. 

c) Eine Zange von Grünwald-Struycken mit modifizierter Krümmung 
und wie eine Schere schneidend. | 


Referate. 


Die Funktion und der Nutzen der Gaumen-Mandel. Die Physio-Pathologie 
dieses Organes. 

Hicguet gibt, kurz zusammenfassend, einen Überblick über die verschiede- 
nen Theorien, welche sich über diesen Gegenstand gebildet haben, seit jener von 
Kölliker, welcher der Mandel gar keine physiologische Rolle zuschreibt, bis 
zur ganz kürzlich von Frederici vertretenen Ansicht, dass dieses Organ die 
Ausseheidung von infektiösen und schädlichen Substanzen bewirke. Eine Funktion, 
durch welche die Mandel zum Schutze des Organismus mit tätig wäre. 

Hicguet machte darauf aufmerksam, dass man den Arbeiten des Physio- 
logen viel mehr Vertrauen entgegen bringen sollte, als denen der Spezialisten, 
wenn diese im Laboratorium als Leute vom Fach auftreten. Er gibt einen Über- 
blick über die Arbeiten von Stöhr und Flemming, wie auch über den Bericht 
von Bickel, in denen die Verfasser die Ansicht vertreten, dass die Drüse selbst 
im ganzen wenig Bedeutung hat, während das adenoide Gewebe, welches die 
‚Acini umgibt, zur Hämatopoese beitragen könnte. 

Die Leukozyten, die sich in der Mandel bilden, kommen zum Teil an die 
Oberfläche des Organes; andere — im Vergleich die grössere Anzahl — gehen 
durch die Vasa efferentia in die allgemeinen Lymphbahnen und dann ins Blut. 

Goerke hat im Verfolge der Arbeiten von Brieger die Theorie — in der 
Mandel gewissermassen einen Schutz zu sehen — ganz in Gegensatz zu ameri- 
kanischen Verfassern gesetzt, welche in der Mandel ein schädliches und selbst 
für den Organismus gefährliches Organ sehen, wegen der Infektionen, die auf diesem 
Wege Eingang finden können. 

Metschnikoff hat aber erwiesen, dass die Leukozyten gar keine phago- 
zytäre Rolle spielen, dass sie keine amöboiden Bewegungen machen können und 
dass sie ganz passiv an die Oberfläche der Mandel gebracht werden. Indem 
Brieger die Ansichten des vorhergehenden Verfassers zusammenfasst, gründet 
er darauf die Meinung, dass gerade die fortwährende Irrigation der Mandel es 
verhindert, dass die Keime eindringen, dass das Lymphserum wahrscheinlich 
eine bakterizide Fähigkeit besitzt, und dass, wenn die Lymphozyten, welche die 
Mandel verlassen haben, vernichtet werden, es vielleicht geschieht, indem andere 
bakterizide Substanzen dadurch frei werden.. 

Alles dieses müsste bewiesen werden, meint Hicguet, und er kommt zum 
Schluss, dass bei dem gegenwärtigen Stande unseres Wissens es sehr schwer ist 
zu sagen, ob die normale Mandel nützlich ist oder schädlich. Zwei Theorien 
stehen sich gegenüber; die eine sieht in der Mandel ein Mittel des Organschutzes ; 
die andere eine Quelle der Infektion. Beide erscheinen ihm übertrieben, denn 
es scheint ihm festzustehen, dass eine hypertrophierte und kranke Mandel nicht 
zum Schutze des Organismus mithelfen kann, während die normale Mandel nicht 


4.L3 Gesellschafts- und Kongressberichte. [56 


eine Quelle der Infektion sein kónnte. In einer langeren Diskussion, an der sich 
die Herren Cheval, Trétróp, Escat, Capart jun, Poli, Schiffers, 
Hicguet beteiligten, wird die Frage der Funktion der Mandeln weiter erdrtert. 


Vorteil und Nachteil des Entfernens der Gaumenmandeln. 


Broeckaert, Gent, erklürt zum Beginne seines Berichtes, dass die bisher 
vorgebrachten "Theorien ihn nicht befriedigen und dass, wie Levinstein sehr 
richtig bemerkt, ,die Frage der wahren Rolle, welche die Mandeln spielen, noch 
zu lósen ist*. Anfangs unterzieht der Verfassser die Argumente, welche man 
zugunsten der Entfernung der Mandeln gelten lassen kann, einer Betrachtung; 
er untersucht dann die verschiedenen Infektionen, denen die Gaumenmandel an- 
scheinend als Eingangstor dienen und beschreibt dann die weiteren Stórungen, 
welche diese Infektionen veranlassen. 

Der zweite Teil der Arbeit ist der Untersuchung der Unbequemlichkeiten 
gewidmet, welche infolge der Entfernung der Mandeln entstehen und die Mass- 
regeln, welche ergriffen werden müssen, um die Komplikationen dieser Operation 
zu vermeiden. 


Vortráge. 


Jaques, Nancy. Betrachtungen über die Entfernung der Mandeln. 

Unter den vielfachen Anhäufungen Iymphoiden Gewebes in den Luft- und 
Speisewegen haben die Gaumenmandeln, wie auch die Rachenmandeln eine ver 
hängnisvolle Schwäche, welche sich in einer grossen Empfänglichkeit für Krank- 
heitskeime und einer daraus folgenden Neigung zur Hyperplasie bemerkbar macht. 
Auch müssen wir die verlockenden Theorien, nach welchen diese Organe unein- 
nehmbare Schutzwehren für die Verdauungs- und Atmungswege sind, ins Reich 
der Utopien verweisen, da sie in Wirklichkeit bei den meisten einen doppelten 
Infektionsherd abgeben, mit der beständigen Gefahr des gewaltsamen Eindringens 
der Infektion in die Lymphbahnen. Jede Mandel, die als chronisch entzündet 
erkannt wird, muss radikal entfernt werden. 

Die verschiedenen Verfahren der partiellen Entfernung sind unschädlich 
oder gefährlich. Die Abtragung mit der Glühschlinge unter Vorziehen der Mandel, 
sichert eine schnelle und vollständige Entfernung. Sie ist von keinen Unbequem- 
lichkeiten begleitet, wenn sie mit einem mässig glühenden Draht ausgeführt wird, 
dieser genau an den Ansatz der Tonsille und der Gaumenbogen angesetzt wird. 

Trétróp, Antwerpen. 

Die Amygdalektomie, ihre Indikationen und ihre Resultate. 

Die Mandel ist der Sitz lokaler Entzündungen und Eingangspforte für All- 
gemeininfektionen, Der Verfasser hat das bei Tuberkulose und Syphilis be- 
obachtet. 

Die chronischen Entzündungen bedingen ein Zusammenwachsen mit den 
Gaumenbogen und bedingen so eine Pseudo-Tuberkulose. 

Die Amygdalektomie ist bei Erwachsenen zu bevorzugen, um veraltete Ent- 
zündungen und die Pseudo-Tuberkulose zu heilen. Trétróp gibt eine Übersicht 
der am meisten angewandten Methoden und hebt die Vorteile einer jeden der- 
selben hervor. Er betont besonders die Notwendigkeit einer vorbereitenden Be- 
handlung vor der Operation. 

Delis, Ypres. 

Beitrag zum Studium der Angina Ludowici. 

Nach einem sehr genauen anatomischen Überblick der sublingualen Region 
berichtet der Verfasser über unvermeidlich eintretende Erscheinungen, wenn eine 
Phlegmone sich in dem Bindegewebe zeigt, welches diesen Raum erfüllt; óde- 
matóse Schwellung der Schleimhaut der seitlichen Mundfurche, Verdrängung der 
Zunge nach aussen und nach oben, Infiltration mit brettharter Konsistenz der 
Subhyoideal-Region, ohne grosse Veränderung der Färbung der Haut; rapide 


57] Gesellschafts- und Kongressberichte. 449 


Gangrän der Gewebe und Zurückhaltung der eiterigen oder serösen Flüssig- 
keit wie Ausbruch allgemeiner Sepsis durch Eiterresorption. Die Behandlung 
dieser Affektion muss eine chirurgische sein. Zwei Wege kann man zur Ent- 
leerung des Eiters wählen: den Mund und den Hals. 

Auf dem bukkalen Weg kann man entweder parallel der Zunge innen von 
der Sublingualdrüse eingehen, oder zwischen dieser letzteren und dem Zahnfleisch. 

Von aussen kann man über dem grossen Horn des Zungenbeins einen Ein- 
schnitt machen ; man durchschneidet die Haut, den Hautmuskel, die Aponeurose 
und gelangt so dazu die Phlegmone in ihrem tiefsten Punkt zu öffnen. Da eine 
Orientierung wegen der äusserst starken Schwellung der unteren Kinngegend 
nicht möglich ist, führt eine einfache Inzision seitlich unter dem Zungenbein 
durch den Mylohyoideus in den Eiterherd. Um gegen die Allgemeininfektion 
anzukümpfen, muss dem Organismus durch wiederholte Injektion starker Dosen 
von polyvalentem Serum nachgeholfen werden. 


Diskussion. 


Goris, Brüssel, meint, dass um den Eiter bei Angina Ludowici sicher zu 
finden, man die Mittellinie öffnen und den Finger bis zur Basis der Zunge führen 
muss. Wenn man den Eiter nicht trifft, muss man einen Einschnitt in die 
Muskeln, welche die mittlere Faszie von der seitlichen Faszie trennen, machen 
und mit dem Finger hineingehen, bis man ihn findet. 

Capartjun ist der Ansicht, dass es von Nutzen wäre, die Bezeichnung 
„Angina Ludowici“ nur für die spezielle Form anzuwenden, welche Ludwig bei 
Gelegenheit des Todes einer Königin von Würtemberg beschrieben hat. In der 
Klinik von Tübingen, wo diese Kranken sich gelegentlich vorstellen, hat man 
bemerkt, dass sie im allgemeinen aus denselben Gegenden kommen. Es haftet 
also wahrscheinlich dieser Nekrose der submaxillären Gegend, von rapidem und 
fast immer tödlichem Verlaufe, eine besondere Eigentümlichkeit an. Die weit- 
gehendsten Eingriffe sind bei der Angina Ludowici doch nur ein recht unsicheres 
Mittel. 

Capart sen, Brüssel. 

Über den Gebrauch von Coryfin bei nasalen Affektionen. 

Coryfin ist ein Mentholüther, der in flüssigem Zustande, oder als Salbe an. 
gewandt wird. Diese letztere ist bei Kindern vorzuziehen. Der Verfasser hat 
das Coryfin mit Erfolg bei leichter hypertrophischer und atrophischer Rhinitis 
angewandt, um das Gefühl der Trockenheit zu nehmen, wie auch bei Heufieber 
Im Beginne des Schnupfens und besonders bei Personen, welche sich bei jeder 
Gelegenheit erk&ülten, ist dieses Mittel von grossem Nutzen. Man hat die An. 
wendung des Coryfin auch bei der akuten Pharyngitis angeraten, in Form von 
Gurgelwasser, einige Tropfen in einem Glase lauwarmen Wassers. Und schliess- 
lich gegen sebr schmerzhafte und hartnüáckige Entzündungen des Gehörgangs. 

Jauquet, Brüssel. 

W ie soll man Pansinusitiden operieren? 

Der Verfasser ist der Ansicht, dass man eine Radikalkur ohne jede Ent- 
stellung des Gesichtes erreichen kann und zwar auf folgende Weise. 

Zuerst Offnung und Curettierung der fronto-ethmoido-sphenoidalen Hóhlen, 
indem man ausschliesslich die äussere Wand des Sinus frontalis und die innere 
Scheidewand der Orbita trepaniert, nachdem man mit einem Hohlmeissel den 
Processus frontalis des Oberkiefers entfernt hatte. Keine Ausräumung der Stirn- 
höhle, aber vollständige Ausräumung aller äusseren Ktbmoidalzellen, welche die 
gewöhnliche Ursache der Rezidive bilden. Dann wird der Sinus maxillaris durch 
den Mund operiert, auf diese Weise eine grössere Inzision im Gesichte ver. 
mieden, ohne dass jedoch die Dauer der Operation verlängert würde. Dann eine 
Naht der Inzision der Haut in zwei Flächen und ebenso der bukkalen Schleim- 
haut. Dieses Verfahren ergibt ausgezeichnete therapeutische und ästhetische 
Resultate, es sei denn ganz in Ausnahmefällen. 


450 Gesellschafts- und Kongressberichte. [58 


Diskussion. 


Luc, Paris, meint, wie auch Jauquet, dass man danach streben soll die 
Heilung der chronischen Stirnhöhleneiterung zu erreichen ohne Aufhebung der 
Höhle, wie es auch bei der Kieferhöhle geschieht. Er ist aber anderer Ansicht, 
als Jauquet, was die zu öffnende Wand anbelangt; und da man im allgemeinen 
über die Vorteile einig ist, welche die Eröffnung von unten nach Taptas-Killian 
bringt, für die Curettierung des Siebbeins und Drainierung nach der Nase scheint 
es ihm einfacher die Eröffnung auf den Boden der Stirnhöhle auszudehnen und 
von dort, von unten nach oben, die Curettage auszuführen. 

Nur im Falle einer anormalen Höhenentwickelung der Stirnhöhle glaubt er, 
an die untere Öffnung eine solche anschliessen zu sollen, welche an der vorderen 
Wand ausgeführt wird, um die Gesamtheit der Schleimhautwucherungen zu er- 
reichen, aber nicht um die Stirnhóhlen ganz aufzuheben. 


Hennebert, Brüssel. 


In einem Falle von Sinusitis frontalis, wo der Sinus sehr ausgedehnt war, 
hat Hennebert gute Resultate damit erzielt, dass er an der vorderen Wand 
zwei Öffnungen machte, welche durch eine Knochenbrücke getrennt und bestimmt 
waren das Hautniveau zu erhalten. Die Kranke ist seit drei Jahren geheilt und 
zeigt nicht die geringste Entstellung. 

Humblé, Antwerpen, meint, dass es vorzuziehen ist, im Falle von Poly- 
sinusitis den Sinus maxillaris durch die Nasenóffnung zu operieren. 

Broeckaert, Gent, denkt, dass es von grossem Vorteile ist die Eröffnung 
des Antram von der unteren Seite zu beginnen. Durch die auf diese Weise 
gebildete Öffnung kann man sich leicht ein Bild von der Ausdehnung des Sinus 
machen. 

Ein zweiter Punkt von Wichtigkeit ist, das Ethmoidal-Labyrinth bloss zu 
legen, welches fast immer an der Eiterung der Stirnhöhle mitbeteiligt ist. 

Bei jedem besonderen Falle ist es angebracht eine Methode anzuwenden, 
welche der Gestalt des Sinus angepasst ist. 

Wenn das Verfahren nach Killian in Fällen angezeigt ist, in denen der 
Sinus sehr umfangreich ist, so kann man diesen letzteren ganz veröden lassen, 
wenn er sehr klein ist. In anderen Fällen dagegen muss man dem Verfahren 
von Jauquet den Vorzug geben. Wir müssen uns daher in jedem Falle durch 
die Umstände leiten lassen, und dürfen nicht immer dasselbe Verfahren an- 
wenden. 

Jauquet, Brüssel. 


Antwortet Luc, dass er ganz auf dem Laufenden ist, was die moderne 
Modifikation des Verfahrens nach Killian anbetrifft, dass er aber ganz mit Ab- 
Sicht die Orbitalwand nicht mit dem Sinus frontalis in Verbindung setzen will. 
Ím Gegenteil, indem er nur die vordere Wand durchbohrt, nachdem er das Periost 
zurückgelagert hat, nimmt der Sinus seine Konfiguration ad integrum nach der 
Operation wieder an. Andererseits ist die fibróse Kapsel des Auges sehr leicht 
von der inneren Seite der Orbita wegzudrüngen, ohne irgend ein Organ zu 
schüdigen. 

Man erlangt dadurch einen idealen Zugang um mit Sicherheit alle Siebbein- 
zellen und die Keilbeinhóhle zu öffnen und direkt in den Sinus frontalis zu 
gelangen. 

Wie Dr. Hennebert bemerkte, kann man in den Fällen, in denen der 
Sinus frontalis sehr gross ist, zwei durch eine Brücke getrennte Öffnungen 
machen, Jauquet ist der Ansicht, dass es — wie auch Broeckaert gesagt 
hat — kein Verfahren gibt, welches bei jedem Falle anwendbar wäre, im allge- 
meinen sei aber, bei einer nicht komplizierten Polysinusitis, bei nicht drohender 
Lage, die von ihm oben beschriebene Operation wirklich ein ausgezeichnetes Ver- 
fahren, das ausserdem vorzügliche praktische Resultate ergeben hat. 


- 59] Gesellschafts- und Kongressbericbte. 451 


Béco, Lüttich. 

Laryngo-Tracheotomie beiFüllen von Papillomen im Kindes- 
alter, die Erstickung bedingen. 

Die drei Fälle betreffend, welche in der Morgensitzung vorgeführt wurden, 
zieht der Verfasser zwischen der Tracheotomie und der Laryngo-Tracheotomie 
eine Parallele, die man bei Behandlung des Kehlkopfes anwendet. 

Er kommt zum Schluss, dass das endolaryngeale Verfahren jeder anderen 
Methode vorzuziehen ist. Erweist sich dieses als unwirksam, so ist er mehr für 
die Laryngostomie, als für die einfache Tracheotomie. 

Obne mehr Unbequemes zu haben, bietet die Laryngostomie im Gegenteil 
grosse Vorteile; sie gestattet ein sichereres und wirksameres Exstirpationsver- 
fahren. Sie erleichtert die Kombination aller Untersuchungsverfahren, sowie der- 
jenigen der Behandlung; sie wird besser ertragen und verlangt weniger Pflege 
und wird deshalb von den Kranken und ihrer Umgebung vorgezogen. 

Trétróp, Antwerpen. Kehlkopferscheinungen und Tuberkulose 
des Hilus der Lunge. 

Der Verfasser legt zwei Theorien, die Infektion der Lunge betreffend, vor: 

1. Durch Ingestion von Tuberkelbazillen, die ihren Weg durch die intesti- 
nalen Lymphwege bis zum Truncus brachio-cephalicus zum rechten Herzen nehmen 
und dann zum Hilus der Lunge. 

2. Durch Infektion der oberen Atmungswege und Ausbreitung der Lymphe 
direkt bis zum Hilus der Lunge. Dann berichtet er über den Fall eines Diabetikers, 
bei welchem: die radiologische und laryngoskopische Untersuchung, Tuberkulose 
des Hilus der linken Lunge annehmen liess und der an foudroyanter Lungen- 
blutung starb. 

Tretröp lenkt die Aufmerksamkeit auf die Erscheinungen, welche die 
Tuberkulose — die ihren Anfang am häufigsten vom Hilus der Lunge nimmt — 
auf die Innervation des Larynx hervorrufen kann und die auf diese Weise eine 
Hilfe für die Diagnose sind. 

Ledoux, Huy. 

Entfernung eines Fremdkörpers, der sich 10 Wochen in den 
Bronchien eines Kindes befand, nach der Methode von Killian. 
Radiogramm. 

Es handelt sich um eine kleine Pfeife mit einem Mundstück von abge- 
stumpfter Form, welche ein Kind vor 2!/» Monaten eingeatmet hatte und die 
durch die Radiographie einige Zentimeter von der Mittellinie in Nähe der rechten, 
Brustwarze lokalisiert wurde. Die Untersuchung mit Hilfe der Tube nach 
Killian war sehr mübsam, wie auch die Entfernung. Dieser Fremdkörper sass 
am Eingang der dritten Bronchialteilung. Wie man es durch Radiographie kon- 
statieren konnte, war die ganze durch die obstruierten Bronchien entsprechende 
Lungenregion atelektatisch. Die einen Monat nach der Entfernung vorgenom- 
mene Untersuchung zeigte, dass das Kind gesund war, die Bronchien waren aber 
undurchgüngig geblieben. 

Broekaert, Gent. 

Das Radium in der Oto-Rhino-Laryngologie. 

Der Verfasser hat sich bei seinen Untersuchungen einer Radium enthalten- 
den Platte bedient, die nach seinen Angaben angefertigt worden war. Sie besteht 
aus einem Teil aus gehämmertem Silber, 15 cm lang. Das Stück, welches das 
Radium enthält, ist auf diesem Teil durch ein Scharnier befestigt, welches man auf 
verschiedene Weise biegen kann. Die Platte fast Radium in 500,000 Einheiten, 
Sie wird direkt auf die erkrankte Stelle gelegt. 

Die Filtration der Strahlen und die Zeit der Anwendung hängt von gewissen 
Faktoren ab, auf welche der Verfasser augenblicklich nicht weiter eingehen kann. 
Broekaert gibt dann einen Überblick über die hauptsächlichsten Affektionen, 
welche er mit Radium behandelt hat und zeigt an Photographien, die vor und 
nach der Behandlung gemacht wurden, die erhaltenen Resultate. 


452 Kongresse und Vereine. (60 


Cheval machte náhere Angaben über die Theorie der Radiumwirkung. 

Guisez, Paris. 

Was man von der lokalen direkten Anwendung des Radiums 
beim Krebs der Speiseróhre halten soll. 

Bei 11 unzweifelhaften Fällen von Speiseröhrenkrebs hat der Verfasser die 
systematische lokale Behandlung mit Radium angewandt in Dosen, welche zwischen 
5 und 10 cg variierten. 

Die Wirkung war unsicher, in 7 Fällen jedoch ergab sie folgende Resultate: 

a) Grössere Wegsamkeit des Osophagus. 

b) Stillstand im Wachstum des Tumors. 

c) Die Wirkung war eine um so bessere, je höher der Tumor sass. 

Es handelt sich also im ganzen um ein wirksames Palliativ bei dieser 
Affektion. 

Guisez, Paris. ` 

Einige seltene Affektionen des Osophagus and der Bron- 
chien, welche durch die Broncho-Osophagoskopie diagnostiziert | 
und behandelt wurden. 

Es handelt sich: 1. um eine neue Beobachtung eines durch Osophagoskopie 
diagnostizierten Falles von Tuberkulose der Speiseróhre. Bei einem mit Dys- 
phagie behafteten Tuberkulösen fand man durch Ösophagoskopie in der Gegend 
des mittleren Drittels des Ösophagus ein oberflächliches sehr ausgedehntes Ge- 
schwür mit einer Tracheo-Ösophagus-Fistel. 

Der Ösophagus war in seiner ganzen Ausdehnung mit Granulationen bedeckt. 
Die Diagnose wurde durch die mikroskopische und bakteriologische Untersuchung 
und durch die Autopsie bestätigt. j 

2. Über Beobachtungen von zwei Fällen von spontaner Narbenstenose der 
Kardia infolge von veralteter Osophagitis. In den zwei Fallen hatte die Diagnose 
geluutet: Epitheliom des Osophagus. Dank der Osophagoskopie konnte die 
Diagnose verbessert und eine Behandlung mit wirksamer Dilatation ausgefthrt 
werden, Die spontanen Narbenstenosen sind selten, aber sie kommen doch vor; 
Der Verfasser hat genau sechs Falle diagnostiziert; 4 in der Gegend der Kardia, 
2 auf der Hóhe des oberen Endes. 


Diskussion: 


Trétróp stellt an Guisez die Frage, ob ausser der Osophagoskopie, es 
andere klinische Zeichen gibt, welche es ermöglichen die spontane narbige Ver- 
engung der Kardia, vom Krebs dieser Organe zu differenzieren. 

Guisez, es zeigen sich beim Krebs weder Schmerzen, noch sonst irgend 
ein spezielles Anzeichen; der klinische Irrtum ist daher unmöglich zu vermeiden. 
Das Daaa allein kann die Diagnose stellen. 


VI. Kongresse und Vereine. 


Vereinigung westdeutscher Hals- und Ohrenärzte, 4. Dezember, 
Nachmittags 4!/, Uhr, Bürger-Hospital, Cöln. 


Zweiter Kongress der russischen Oto-Laryngologen. 
Moskau, 8--12. Jannar 1911. 


Themata: 1. Adenotomie und ihre Komplikationen — Referent Prof. Nikitin’ 
2. Die Obrenkrankheiten des Kindesalters — Referent Dr. med. Baron Spengler — 


61] Personalia. 453 


werden in gemeinsamer Sitzung mit der Gesellschaft der Kinderürzten zur Dis- 


kussion gestellt. 
Eine Sitzung wird zusammen mit dem Taubstumm-Lehrer-Kongress stattfinden. 


Exekutivkomitee: A. Iwanoff, Vorsitzender, Swerschewky, Schrift- 
führer, Probrajensky, Schatzmeister. Mitglieder: St. von Stein, Maljutin, 
Resser, Ran, Spengler, Litschkuss. 


III. Internationaler Laryngo-Rhinologen-Kongress. 
Berlin, 28. August bis 2. September 1911. 


VI. Personalia. 


Herr Prof. Denker wurde für 1910-11 zum Dekan der Medizinischen 
Fakultät der Universität Erlangen gewählt. 

Herr Stabsarzt Dr. Bruno Oertel, bisher kommandiert zur Kaiser 
Wilhelmakademie, ist zum Professor der Oto-Laryngologie an der Akademie in 
Düsseldorf ernanns. 

Herrn Stabsarzt, Privatdozent Dr. Isemer ist der Professortitel verliehen 
worden. 

Herr Geheimrat, Professor Dr. Arthur Hartmann hat seine Stellung 
am Rudolf Virchow-Krankenhause niedergelegt und gedenkt im April dieses Jahres 
nach Heidenheim in Württemberg überzusiedeln. 


Gestorben: Herr Ednard Cresswell Baber. 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 4. 30a 


Über eine eigenartige Erkrankung der Mund- 
und Rachenschleimhaut. 


Von 
Prof. 0. Frese, Halle a. S. 


Auf dem Gebiet der entzündlichen Mund- und Rachenkrank- 
heiten gibt es zahlreiche, selbst gewóhnliche Affektionen, die noch 
wenig genau bekannt und namentlich ätiologisch dunkel sind, wie 
jedem auffällt, der sich mit diesen Dingen näher beschäftigt. Die 
Gründe liegen hierfür hauptsächlich in den eigenartigen Verhält- 
nissen der Mund-Rachenhóhle. Atiologisch differente Erkrankungen 
haben häufig eine grosse Ähnlichkeit miteinander, besonders wenn 
man nicht die allerersten Entwicklungsstadien zu Gesicht bekommt. 
Unter dem Einfluss der Körperwärme, der beständigen Benetzung 
mit Flüssigkeit und der Reibung der Teile beim Sprechen, Kauen 
und Schlingen verwandeln sich alle oberflächlichen Schleimhaut- 
effloreszenzen gewöhnlich schnell in geschwürige Prozesse. Blasen- 
bildungen z. B. sind meist nur von so kurzem Bestande, dass sie 
leicht übersehen werden können. Die in jeder gesunden und noch 
mehr in jeder kranken Mundhöhle zahlreich vorhandenen Mikro- 
organismen erschweren die ätiologische Forschung, da man häufig 
im Zweifel bleibt, ob es sich um die wirklichen. Krankheitserreger 
handelt. 

Kompliziert wird die Sachlage noch dadurch, dass nicht selten 
Mischinfektionen eintreten, die das ursprüngliche Krankheitsbild 
völlig verändern und damit die Deutung erschweren können. Bei 
allen Mund-Rachenerkrankungen haben wir uns ferner die Frage 
vorzulegen, ob es sich um eine Teilerscheinung einer allgemeinen 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 5. 81 


456 O. Frese. [2 


Erkrankung des Kórpers oder um eine rein lokale Affektion handelt, 
eine Frage, die nicht immer leicht zu entscheiden ist. 

Schliesslich erschwert die Verschiedenheit der Beobachter, denen 
die einzelnen Fälle zugänglich werden (Halsarzt, Dermatologe, innerer 
Kliniker), eine einheitliche Registrierung und Deutung. 

So ist es zu verstehen, dass bisher in den meisten Fällen nur 
eine Gruppierung nach klinischen, nicht nach ätiologischen Gesichts- 
punkter möglich ist. 

Bis in die neueste Zeit hinein sind ganz differente Erkrankungen 
auf Grund einer gewissen äusseren Ähnlichkeit miteinander ver- 
wechselt oder zusammengestellt worden. 

Unser Bestreben muss demnach auf das Ziel gerichtet sein, — 
mehr als bisher, klinisch scharf umschriebene und wo- 
möglich ätiologisch gesonderte Krankheiten und 
Krankheitsgruppen abzugrenzen. Hierzu ist notwendig eine 
genaue Analyse und Registrierung einschlägiger Beobachtungen. 

Einen Beitrag sollen nach dieser Richtung die folgenden Fälle 
geben, die manches. Interessante darbieten und deren Einreihung 
in das Schema der bekannten Erkrankungen Schwierigkeiten machte. 

Bei allen Patienten, die sämtlich aus einem kleinen Dorf 
stammten, handelte es sich um ein rezidivierendes Auftreten kleinerer 
und grösserer Geschwüre auf der Mund- und Rachenschleimhaut. 

Bei dem ersten Fall, den ich sah, waren alle Erscheinungen 
am meisten ausgesprochen. Seine Krankengeschichte ist die folgende: 


A. L. 19 J., Schneiderin. 


Stammt aus gesunder Familie Die Eltern leben, die Mutter 
hat dasselbe Leiden (siehe unten), ein Bruder lebt und ist gesund. 
Patientin selbst ist, abgesehen von dem lokalen Leiden, stets ge- 
sund gewesen. Seit dem 7. bis 8. Lebensjahre treten 1—2 mal 
im Jahre kleine Geschwüre in der Mundrachenhöhle auf, besonders 
an der Lippen- und Wangenschleimhaut. Jede Attacke dauerte 
3—4 Wochen und war mit keiner Störung des Allgemeinbefindens 
verbunden. Die Affektion trat nicht zu einer bestimmten Jahres- 
zeit auf und zeigte späterhin keinen zeitlichen Zusammenhang mit 
den Menses. Hauteffloreszenzen waren niemals vorhanden. 

Seit 3/, Jahren hat sich das Bild insofern geändert, als seit 
dieser Zeit ein dauernder Nachschub neuer Geschwiire stattgefunden 
hat, während die älteren zum Teil abheilten, zum Teil aber viel 
länger als früher bestehen blieben und auch grössere Dimensionen 
annahmen. Als ich Pat. zum erstenmal sah, bestand ein Geschwür 
an der Lippe bereits seit 8 Wochen, ein solches an der linken Mandel 


3] Über eine eigenartige Erkrankung der Mund- u. Rachenschleimhaut, 457 


seit 3 Monaten. Die Geschwüre entstehen nach Angabe der Pat. 
aus kleinen roten, sich derb anfühlenden Flecken, die sehr bald 
in der Mitte ein kleines gelbes Stippchen bekommen und sich dann 
schnell in Geschwüre umwandeln. Blasenbildung ist, wie Pat. be- 
stimmt versichert, niemals vorgekommen. Ihre subjektiven Be- 
schwerden bestehen in sehr unangenehmen Schmerzen beim Kauen 
und Schlingen. Das Körpergewicht hat infolge mangelhafter Nahrungs- 
aufnahme in den letzten Monaten erheblich abgenommen. Fieber 
soll niemals vorhanden gewesen sein. Eine Behandlung hat bis- 
her nicht stattgefunden. 

Der objektive Befund war folgender: 

Grazil gebautes Mädchen; mittlerer Ernährungszustand, -Haut 
und Schleimhäute etwas blass. Innere Organe o. Bes. An der Schleim- 
haut der Oberlippe, entsprechend der Gegend des 1. rechten Prä- 
molaris findet sich ein ca. 1 em langes, ovales Geschwür, das im 
Niveau 1—2 mm tiefer liegt als die umgebende Schleimhaut, die 
wenig gerötet, aber etwas gedunsen erscheint und sich weich an- 
fühlt. Das Geschwür zeigt einen scharfen Rand und einen gelb- 
grauen Belag, der sehr fest haftet und sich nur mit dem scharfen 
Löffel entfernen lässt, wobei es blutet. Zwei ähnliche linsengrosse 
Geschwüre finden sich auf der linken Wangenschleimhaut und rechts 
auf der Zungenoberfläche. Ein grösseres Ulkus von reichlich 1!1/, cm 
Länge, 1/ cm Breite und ca. 3 mm Tiefe nimmt den linken hinteren 
Gaumenbogen ein und greift von da noch etwas auf die nicht ver- 
grösserte Tonsille über. 

Die Umgebung dieses Geschwürs ist gerötet und leicht in- 
filtriert; auch der linke Seitenstrang ist deutlich geschwollen. Der 
graugelbe Belag haftet dem Geschwürsgrunde fest an. Die Zunge 
ist belegt und weist seitliche Zahneindrücke auf. Das Zahnfleisch 
befindet sich in gutem Zustande. Das Gebiss ist vollzählig und ohne 
jede Karies. 

Auf der Wangenschleimhaut sind beiderseits einige, bis linsen- 
grosse, flache Narben zu erkennen; hier sollen früher Geschwüre 
bestanden haben. Foetor ex ore ist nicht vorhanden. Die Hals- 
lymphdriisen sind nicht geschwollen. Der Nasen-, Nasen-Rachen- und 
Kehlkopf-Befund ist normal. 

8 Tage später war das Geschwür an der Zunge und an der 
linken Wange abgeheilt; letzteres mit Hinterlassung einer flachen, 
reizlosen Narbe. Das Ulkus an der Oberlippe hatte sich verkleinert, 
das am Gaumenbogen dagegen sich noch erheblich nach der Mandel 
zu vergrössert; es war gleichzeitig tiefer und schmerzhafter ge- 
worden. 

81* 


458 . O. Frese. [4 


An der Zunge war ein neuer erbsengrosser, gelbbelegter Sub- 
stanzverlust aufgetreten. Foetor ex ore war auch diesmal nicht vor- 
handen. Mehrtügige Messung der Körpertemperatur hatte normale 
Werte ergeben. 

14 Tage später war der Befund noch ein ähnlicher, nur war 
der Zungenbelag geringer geworden. 

Ich sah dann Patientin längere Zeit nicht, bis sie sich 3 Monate 
später wieder vorstellte. Nach der Erzählung war der Verlauf der 
Erkrankung derselbe wie früher geblieben. Seit einigen ‚Wochen 
hatte sie über stärkere Schluckschmerzen, die ins linke Ohr aus- 
strahlen, zu klagen. 

Das grosse Geschwür an der linken Mandel war inzwischen 
mit Narbenbildung abgeheilt, ebenso fand sich eine flache, etwas 
strahlenfórmige Narbe rechts an der Oberlippe (das Geschwür gn 
dieser Stelle soll vor 3 Wochen geheilt sein) Ein neuer Ulkus 
von ca. 2 cm Länge und von mehreren mm Tiefe fand sich an 
der unteren hinteren Rachenwand, in den Eingang des linken Sinus 
piriformis sich erstreckend. Dasselbe zeigte in der Umgebung einen 
mässigen Infiltrationswall und war mit fest anhaftendem gelbgrauem 
Belage versehen. Der Kehlkopf war frei. Ferner fand sich ein 
ca. 2 mm tiefes frisches Geschwür links an der Schleimhaut der 
Unterlippe, ferner ein linsengrosser Defekt an der linken Zungenseite. 

Als ich Pat. 4 Wochen später (zum letztenmal) wiedersah, 
ging es ihr subjektiv und objektiv viel besser. Das grosse Ge- 
schwür an der hinteren Rachenwand hatte sich völlig gereinigt, 
doch sah man noch deutlich einen ziemlich tiefen rinnenförmigen 
Substanzverlust der Schleimhaut. Die übrigen Ulzera waren sämt- 
lich, zum Teil wieder mit flacher Narbenbildung, geheilt. Nur an 
der Schleimhaut der Unterlippe, links, fand sich eine kleine frische 
geschwürige Stelle. 

Die Behandlung war eine rein symptomatische und bestand 
neben Betupfung der Geschwüre mit Jodtinktur in reichlicher Ein- 
streuung von Anästhesin resp. Zykloform, wodurch eine erhebliche 
Milderung der Schmerzen herbeigeführt wurde. 

Von den einzelnen Geschwüren wurden zu verschiedenen Zeiten 
Abstriche gemacht, deren mikroskopische Untersuchung nichts 
Charakteristisches ergab. Wurde das Material mehr aus der Tiefe 
entnommen, so fanden sich nur spärliche Mikroorganismen in Ge- 
stalt einzelner Kokken. Niemals fanden sich fusiforme Bazillen oder 
Spirillen, ebenso keine Tuberkelbazillen. Aus Gewebspartikeln, die 
vom Rande eines frischen Geschwiires steril entnommen waren, 
wuchsen nur Staphylokokken. 


5] Über eine eigenartige Erkrankung der Mund- u. Rachenschleimhaut. 459 


Die anatomische Untersuchung eines, bis in die Submukosa 
reichenden Gewebsstückes, das ebenfalls vom Rande eines Geschwürs 
stammte, ergab im Bereich der Ulzeration einen völligen Verlust 
des Epithels. Im Bereich der Mukosa fanden sich fibrinöse Massen, 
die reichlich mit Leukozyten durchsetzt waren. Ziemlich starke 
Vaskularisation und leukozytäre Infiltration mit dem Charakter 
frischer Entzündung reichte bis zur basalen Schnittfläche (d. h. bis 
in die Submukosa hinein). 

Die Wassermannsche Reaktion ergab ein völlig negatives 
Resultat. | 

Die Mutter der Patientin, die naeh Aussage der Tochter das- 
selbe Leiden haben sollte, habe ich zweimal gesehen. 

Die 40 jährige Frau gab an, dass dasselbe seit etwa 15 Jahren, 
also schon etwas länger als bei ihrer Tochter, bestehe. 3—4 mal 
im Jahre treten jedesmal nur einige Geschwüre (oft nur 1—2) im 
Munde auf, wo sie sich auf beiden Seiten, namentlich an der Wangen-, 
Lippen- und Zungen-Schleimhaut zeigen. Die Entstehung der Ge- 
schwüre schildert sie genau so wie die Tochter, d. h. dieselben 
entstehen aus kleinen, derben, geröteten Stellen, in deren Mitte sich 
bald ein kleiner gelber ‚Fleck zeigt, der sich schnell zu einem 
Geschwür vergrössert. Hauterscheinungen sind niemals vorhanden 
gewesen. Die Eruption der Flecken vollzieht sich ohne Störung des 
Allgemeinbefindens. Nach 1—-3 Wochen tritt Heilung ein. So schwere 
Erscheinungen wie in letzter Zeit bei der Tochter, sind” niemals 
vorhanden gewesen. Ein Zusammenhang mit den Menses war auch 
in diesem Falle nicht zu konstatieren. Der Gesundheitszustand soll, 
abgesehen von dem lokalen Leiden, stets gut gewesen sein. 

Es war nun interessant, dass ieh bei der ersten Untersuchung 
gerade die Entstehung eines Geschwüres beobachten konnte. Auf 
der Schleimhaut der Oberlippe, in der Mitte derselben, fand sich 
ein linsengrosses, sich ziemlich derb anfühlendes Infiltrat, das bis 
in die Submukosa reichte und über die Umgebung in geringem Grade 
prominierte. Die Schleimhaut war im Bereieh des Infiltrats leicht 
gerötet, ohne zyanotische Beimischung; eine scharfe Grenze war 
nicht vorhanden. Genau in der Mitte des Infiltrats fand sich eine 
stecknadelspitzgrosse, gelb belegte, ziemlich tiefe Einsenkung 
( Nekrose). | 

An der Unterlippe war eine flache, linsengrosse Narbe zu sehen 
(hier .soll vor 6 Wochen on Geschwür gesessen haben). 

Zähne und Zahnfleisch befanden sich in gutem Zustande; Foetor 
ex ore war nicht vorhanden. 


460 O. Frese. [6 


8 Tage spüter war das, beim ersten Besuch erst in Entstehung 
begriffene Geschwür, bereits wieder in Abheilung begriffen. Neue 
Gesckwiire waren seitdem noch nicht wieder aufgetreten. 


Nach den Erzáhlungen von Mutter und Tochter sollten in ihrem 
Heimatdorf noch 3 Personen vorhanden sein, die an derselben Krank- 
heit laborieren. Bisher habe ich erst eine derselben zu Gesicht 
bekommen. 


O Bech. Kaufmann, 40 Jahre alt, leidet seit ca. 1 Jahr daran. 


Seit dieser Zeit hat er dauernd Geschwüre gehabt, indem sich 
ungefähr alle 8 Tage eine neue Stelle bildete, während das voran- 
gegangene Geschwiir nach 8—1l4tagigem Bestande abheilte. Er 
schildert die Entstehung derselben in der gleichen Weise wie die 
anderen Patienten, mit denen er übrigens in keinem. Verkehr ge 
standen hat. Stórungen des Allgemeinbefindens sind auch bei ihm 
nicht vorhanden. Als ich den Patienten sah, war je ein erbsengrosses 
flaches Ulkus an Oberlippe und Zunge vorhanden von genau dem- 
selben Aussehen wie bei den kleineren Geschwüren des jungen 
Mädchens. 


Rachen, Nasen-Rachen und Kehlkopf waren frei. Zahnfleisch 
und Zähne boten nichts Besonderes dar. Foetor ex ore bestand 
nicht. 


Bei allen Patienten handelt es sich demnach um ein, sich zum 
Teil über Jahre erstreckendes rezidivierendes Auftreten 
disseminierter kleinerer und grösserer Geschwüre 
auf der Schleimhaut der Mund- und Rachenhöhle 
Dieselben bilden sich namentlich an der Lippen-, Wangen- und 
Zungen-Schleimhaut; in einem Falle aber besonders ausgesprochen 
auch an der Rachenwand. Das Zahnfleisch bleibt unbeteiligt. Foetor 
ex ore fehlt. Die Geschwüre gehen hervor aus einem bis in die 
Submukosa reichenden Infiltrat, in dem sich zuerst eine kleine zentrale 
Nekrose bildet. 

Die Ulzerationen sind meist lànglich gestaltet, linsen- bis erbsen- 
gross, im allgemeinen von ziemlich geringer Tiefe, scharf um- 
sehrieben, aber meist ohne stürkere entzündliche Reaktion der Um- 
gebung. Eine Stórung des Allgemeinbefindens ist mit der Eruption 
der Geschwüre nicht verbunden. Die Abheilung erfolgt bei den 
tieferen Geschwüren mit. Hinterlassung von Narben. Die mikro- 
skopische Untersuchung ergab im Bereich der Geschwiirsbildung 
einen vollkommenen Verlust des Epithels und eine, mit Bildung 
reichlicher fibrinóser Pseudomembranen einhergehende leukozytäre 


7) Über eine eigenartige Erkrankung der Mund- u, Rachenschleimhaut. 461 


Infiltration der Mukosa; die Entzündung setzte sich bis in den Be- 
reich der Submukosa fort. 


Bei der bakteriologischen Untersuchung fanden sich keine charak- 
teristischen Mikroorganismen. Kulturell wuchsen Staphylokokken. 


Auffällig war in einem Falle die seit ?/, Jahren eingetretene 
bedeutende Verschlimmerung des sonst gleichartigen Leidens, die 
sich einerseits in einer vermehrten Bildung von Geschwüren, anderer- 
seits in einer grösseren Ausdehnung derselben nach der Fläche und 
Tiefe zu und in ihrer geringen Heiltendenz ausdrückte. Es schien 
sich dabei nur um eine Steigerung des ursprünglichen Krankheits- 
prozesses zu handeln, da keine Anhaltspunkte für eine Mischinfektion 
vorlagen. 


Für das Auftreten der Geschwüre liessen sich weder lokale 
Momente (Gebissdefekte, Prothesen etc.) noch Konstitutionsanomalien 
verantwortlich machen. Bei den weiblichen Personen war ferner 
kein zeitlicher Zusammenhang mit den Menses zu konstatieren. 


Schliesslich erscheint noch bemerkenswert, dass es sich bei den 
ersten Fällen um Mutter und Tochter handelt, und dass alle Patienten 
aus einem kleinen Dorf von 700 Einwohnern stammten, ohne dass 
sich aber bestimmte Anhaltspunkte für eine Übertragung von Person 
zu Person oder besondere endemische Verhältnisse (in betreff Wasser-, 
Milchversorgung usw.) nachweisen liessen. 


Es fragt sich nun, unter welche Rubrik bekannter Mund- Rachen- 
Affektionen die vorliegenden Fälle einzureihen sind. 


Bei oberflächlicher Betrachtung, namentlich in den beiden Fällen, 
wo der Verlauf ein milderer war, könnte man versucht sein, an sog. 
rezidivierende Stomatitis aphthosa zu denken. Manche 
Ärzte sind geneigt, kleinere entzündliche „Flecken“ und Geschwüre 
in der Mund-Rachenhöhle ohne weiteres als ‚„Aphthen‘“ anzusprechen. 
Bis in die neuere Zeit hinein wurde bekanntlich auch wissenschaft- 
lich mit diesem Namen Missbrauch getrieben und ganz heterogene 
Dinge unter demselben zusammengefasst. So war früher eine Ver- 
wechslung resp. ‚Identifizierung mit Soor etwas Gewóhnliches. 
Mackenzie hat z. B. in seinem bekannten Handbuch der Hals- 
und Nasenkrankheiten beide Affektionen noch als identisch behandelt. 
Selbst in Lehrbüchern neueren Datums findet sich gelegentlich keine 
scharfe Trennung der gewóhnlichen Aphthen von der Stomatitis epi- 
demica, der Maul- und Klauenseuche, einer spezifischen Infektions- 
krankheit. Auch über die Entwickelung der Aphtheneffloreszenzem. 
findet man nicht selten unrichtige Angaben, indem z. B. ihre Ent- 
stehung aus Bläschen behauptet wird. | 


162 O. Frese. [8 


Bohn!) und E. Frankel?) verdanken wir eine scharfe Be- 
griffsbestimmung der Stomatitis aphthosa, der sich die meisten 
neueren Autoren?) angeschlossen haben. 

. Naeh Bohn ist die Bezeichnung ,,Aphthen“ für diejenigen Bil- 
dungen zu reservieren, die zu keiner Zeit ihres Bestehens Flüssig- 
keit enthalten und typisch auch keine eigentlichen Geschwüre hinter- 
lassen. Es handelt sich klinisch um schnell entstehende, hanfkorn- 
bis linsengrosse grau-gelbliche Flecken, die wenig über die Schleim- 
haut-Oberfläche prominieren und einen schwachen, roten Saum haben. 
Der graugelbe „Belag“ lässt sich nur schwer entfernen; im weiteren 
Verlauf bildet sich häufig eine flache Erosion, die nach einigen 
Tagen ohne Narbenbildung abheilt. Stärkerer Foetor ex ore fehlt. 
Nach E. Fränkel, der eingehende anatomische Untersuchungen 
von Aphtheneffloreszenzen vorgenommen hat, liegt mikroskopisch eine, 
mit Abtötung des Epithels einhergehende Bildung eines fibrinósen 
Exsudats vor, an dessen Zustandekommen Leukozyten einen her- 
vorragenden Anteil haben. Das darunterliegende eigentliche Schleim- 
hautgewebe ist in den Prozess nicht mit einbezogen. Dadurch ist 
es verständlich, dass nach Abstossung der auf die Epithelschicht 
beschränkten Pseudomembran kein eigentliches Ulkus, kein aphthöses 
Geschwür zurückbleibt, sondern dass eine flache, lediglich durch 
das Fehlen des Deckepithels bedingte Erosion vorliegt. Dement- 
sprechend fehlt Narbenbildung. 

Bekanntlich tritt die Stomatitis aphthosa am häufigsten bei 

Kindern, zur Zeit der ersten Dentition, auf und macht hier mit dem 
fieberhaften Beginn und typischem Verlauf durchaus den Eindruck 
einer Infektionskrankheit. Doch kommen Aphthen auch bei Er- 
wachsenen vor und zwar nieht selten in rezidivierender Form, so 
dass jahrelang von Zeit zu Zeit neue Eruptionen auftreten, bei 
Frauen manchmal im Zusammenhang mit den Menses. In anderen 
Fällen hat man in Konstitutionsanomalien, in lokalen Verhältnissen 
der Mundhöhle (schadhafte Zähne, schlecht sitzende Prothesen) dis- 
ponierende Momente für das wiederholte Auftreten der Aphthen 
sehen wollen. 

Ob freilich alle, in der Literatur als rezidivierende .Aphthen 
bezeichneten Fälle wirklich Aphthen gewesen sind, im Sinne der 
oben gegebenen Definition, erscheint mir recht zweifelhaft. Nament- 

') Gerhardts Handb. d. Kinderkrankheiten. Bd. IV. II. Abt. S. 32. 

*) Virchows Archiv. Bd. 113. S. 484. 

3) Siehe u. a. Kraus: Die Erkrankungen der Mundhöhle und der Speise- 
róühre Nothnagels spec. Path. und Therapie. Bd. XVI (hier auch weitere 
Literatur). 


9] Über eine eigenartige Erkrankung der Mund- u. Rachenschleimhaut. 163 


lich mit rezidivierendem Herpes können leicht Verwechslungen unter- 
laufen, zumal manche Autoren die Aphthen aus „Bläschen“ ent- 


stehen lassen. 


E. Fränkel hat gewiss recht, wenn er sagt, dass bei Er- 
wachsenen Mundhóhlenerkrankungen vorkommen, die durch ihr herd- 
weises Auftreten grosse Ähnlichkeit mit dem aphthösen Prozess dar- 
bieten, aber anatomisch ein durchaus anderes Bild als Aphthen 
geben. 


Vergleichen wir nun das Verhalten unserer Fälle nut der oben 
gegebenen Definition der Stomatitis aphthosa, so ist nur insofern 
eine äussere Ähnlichkeit vorhanden, als es sich um rezidivierende, 
meist kleinere Geschwüre handelt, die nicht mit Foetor ex ore ver- 
bunden sind. Bei genauerer Betrachtung sind erhebliche anatomische 
und klinische Unterschiede vorhanden. In den vorliegenden Fällen 
handelt es sich um einen entzündlichen Prozess, der bis zur Sub- 
mukosa reicht wie aus dem klinischen Befund und der ana 
tomischen Untersuchung hervorgcht ; dementsprechend sind nicht nur 
Erosionen, sondern eigentliche Geschwüre vorhanden, die zum Teil 
sogar ziemlich erhebliche Flächen- und Tiefenausdehnung erlangten. 
Auch die Entstehung der Geschwüre war eine andere als beihn 
Aphthenplaque; während es sich bei diesem um eine ‚Abstossung 
der oberflächlichen abgestorbenen Epithelschicht handelt, kam es 
hier zuerst in der Mitte des Infiltrats zu einer punktförmigen, von 
vornherein mehr in die Tiefe gehenden zentralen Nekrose. Ent- 
sprechend der tiefergreifenden Gewebszerstórung war im Gegensatz 
zu Aphthen nach der Heilung wiederholt Narbenbildung nachweis- 
bar. Klinisch unterschied sich der erste Fall noch besonders dadurch 
von Aphthen, dass die Geschwüre sich nachträglich noch vergrösserten 
und eine sehr geringe Heiltendenz aufwiesen. 


Differentialdiagnostisch in Erwägung zu ziehen sind ferner 
herpetischeErkrankungen der Mund-Rachenhöhle (Stomato- 
pharyngitis herpetica). Auch in betreff dieser Affektionen machen 
sich diagnostische Schwierigkeiten und divergierende Anschauungen 
der Beobachter geltend. Die Ätiologie ist wahrscheinlich bei sym- 
ptomatisch ähnlichen Formen verschieden; manchmal handelt es 
sich nur um eine Begleiterscheinung eines anderen Leidens, manch- 
mal um eine anscheinend selbständige Erkrankung. Ebenso wie bei 
Aphthen kommen rezidivierende Formen vor, indem von Zeit zu 
Zeit einzelne oder mehrfache Bläschen auftreten, die sich schnell 
in seichte Erosionen verwandeln, z. B. bei Weibern während der 
Menstruation. 


454 O. Frese. [10 


Nicht selten finden sich gleichzeitiz Herpesbläschen auf der 
äussere: Haut. Flatau!, z. B. hat einen Fall beschrieben. wo 
gleichzeitig ein Herpes prozenitalis vorhanden war. 

Bei meinen Patienten ist eine Blasenbildung niemals zur Be 
obachtung gekommen, die Entstehung der Geschwüre war vielmehr 
eine ganz andere. Beim Herpes handelt es sich ferner um einen 
vanz oberflächlichen Schleimhautprozess, der keine Narbenbildung 
hinterlässt; auch stehen die einzelnen Effloreszenzen zewöhnlich 
gruppiert, was hier niemals der Fall war. Tiefere Geschwüre können 
beim Herpes zoster vorkommen; seine meist strenge Halbseitigkeit 
und die ihn begleitenden neuralgischen Schmerzen unterscheiden ihn 
hinreichend von meinen Fallen. 

Aus denselben Gründen wie Herpes sind andere blasenbildende 
Prozesse auszuschliessen, wie z. B. Pemphigus. Der letztere kann 
unter Umstánden, bevor es zu Hauteruptionen kommt, die Mund- 
Rachenhohle allein befallen. Wenn dabei die Blasen auch sehr 
ephemerer Natur sind und daher leicht übersehen werden können, 
80 bemerkt man doch stets Residuen derselben in Gestalt von weiss- 
lichen Epithelfetzen; ferner ist der Entzündungsprozess in un- 
komplizierten Fällen ein ganz oberflächlicher, und über kurz oder 
lang stellen sich auch Blasen auf der Haut ein, womit dann die 
Diagnose gesichert ist. Bekanntlich zeichnet sich ausserdem der 
Schleimhautpemphigus durch einen besonders ungünstigen Verlauf 
aus, alles Momente, die für die hier in Rede stehenden Fälle nicht 
zutreffen. 

Eine Abgrenzung ist ferner erforderlich von der Gruppe des 
Erythema exsudativum multiforme. 

Dasselbe tritt bekanntlich meist auf der äusseren Haut auf, wo 
es die Streckseiten der Extremitäten bevorzugt und in symmetrischer 
Weise besonders an Hand- und Fussrücken vorkommt. Daneben 
wird nicht selten die Schleimhaut der Mund-Rachenhöhle befallen, 
die zuweilen auch allein erkranken kann. Hier tritt das Erythema 
multiforme mit Vorliebe an der Ober- und Unterlippe und den an- 
grenzenden Wangenteilen auf. Wie sein Name besagt, kann der 
äussere Anblick ein sehr verschiedener sein, und man unterscheidet 
danach eine hyperámische, eine papulóse, eine vesikulóse und ulzeróse 
Form. An der Schleimhaut ist das papulóse Infiltrat am haufigsten ; 
es finden sieh dabei vorwiegend an der Lippenschleimhaut in be- 
schránkter Zahl erbsengrosse Infiltrate, die leicht über das Schleim- 
hautniveau prominieren und meist dunkelviolett gefärbt sind. Häufig 
ist ein Rezidivieren der Erkrankung in regelmässigen Intervallen. 


1) Deutsch. med. Wochenschrift. 1891. 


11] Über eine eigenartige Erkrankung der Mund- u. Rachenschleimbaut. 465 


In unseren Fällen könnte es sich lediglich um eine papulo- 
ulzeröse Form handeln. Recht ungewöhnlich müsste es von vornherein 
erscheinen,. dass in sämtlichen Fällen trotz zum Teil jahrelangen Be- 
standes niemals Hauteruptionen vorgekommen sind, auch entspricht 
das durch längere Zeiträume fortgesetzte, sukzessive Auftreten 
einzelner Geschwüre, wie bei dem ersten und dritten Fall, nicht 
den Verhältnissen beim Erythema multiforme. Ferner fehlte jede 
Gruppierung der Infiltrate resp. Geschwüre, wie sie bei dieser Er- 
krankung die Regel ist. Schliesslich ist die Entzündung der die 
Papel oder das Geschwür umgebenden Schleimhaut beim Erythema 
multiforme meist sehr ausgesprochen — es finden sich häufig dunkel- 
rote oder blutig tingierte Säume —, während in den vorliegenden 
Fällen die Reaktion in der Umgebung meist ziemlich gering war. 
Beim Erythema urticatum, das dem Erythema multiforme 
nahe steht, handelt es sich gewöhnlich um sehr kleine Effloreszenzen 
mit dunkelrotem Saum, die ausserdem von flüchtiger Natur sind, also 
eher mit Aphthen als mit der hier in Rede stehenden Erkrankung 
verwechselt werden könnten. 

Auszuschliessen bei der Differentialdiagnose sind alle Stoma- 
titisformen, die mit einer Entzündung des Zahnfleisches 
einhergehen (Stomacace, Stomatitis ulcerosa membranacea), denn in 
meinen Fällen war das Zahnfleisch völlig intakt und fehlte jeder 
Foetor, der sich regelmässig bei allen gingivalen Affektionen einstellt. 

Schliesslich habe ich in dem ersten Fall auch eine Sporo- 
trichosel) in Erwägung gezogen, wie sie neuerdings namentlich 
von französischen Autoren beschrieben worden ist. Wenn ich auch 
selbst noch keinen derartigen Fall gesehen habe,’ so passt doch 
nach den Beschreibungen weder der klinische Verlauf noch das 
Krankheitsbild zu diesem Leiden. Pilzelemente wurden in den Ge- 
Schwüren nicht nachgewiesen (spezielle Züchtungsversuche sind 
nicht angestellt worden). | 

Bei dem jungen Mädchen hätte man allenfalls auch an Lues 
denken können; die tieferen Geschwüre am Rachen hatten eine ge- 
wisse Ähnlichkeit mit gummösen Prozessen, wenn das umgebende 
Infiltrat und die Tiefenentwickelung der letzteren gewöhnlich auch 
grösser ist. Gegen Lues sprach von vornherein das eigenartige 
rezidivierende Auftreten der Effloreszenzen seit vielen Jahren und 
der verhältnismässig kurze Bestand der meisten Geschwüre. End- 
lich war in dem Fall I, der hier namentlich in Betracht kommt, 
die Wassermannsche Reaktion völlig negativ. 


1) Siehe Bruno Bloch: Die Sporotrichose. Beihefte der Med. Klin. 1909. 
(Hier auch Literatur). 


466 O. Frese: Üb. eine eigenart. Erkrank. d. Mund- u. Rachenschleimhaut. [12 


Tuberkulose war nach dem ganzen Verlauf und Aussehen 
der Fälle auszuschliessen, zumal keine Tuberkelbazillen nachzu- 
weisen waren. | 

Ich komme somit zu dem Schluss, dass die vorliegenden Fälle 
sich keinem, der in der Literatur festgelegten Krankheitsbilder un- 
gezwungen subsummieren lassen, womit ich aber keineswegs sagen 
will, dass Ähnliches nicht auch sonst schon beobachtet wäre. Ich 
bin sogar fest überzeugt, dass derartige Fälle manchem bekannt 
sein, aber wohl meistens unter der Diagnose ,,rezidivierende Aphthen" 
gehen werden. Zuweilen liest man auch von rezidivierenden ,.ent- 
zündlichen Defekten" an der Mund- und Rachenscehleimhaut, wobei 
es sich vielleicht um die hier beschriebene Affektion gehandelt hat. 

Die Átiologie meiner Fille ist, wie bei den meisten entzünd- 
lichen Mund-Rachenerkrankungen, Völlig dunkel. Dem Nachweis von 
Staphylokokken möchte ich aus naheliegenden Gründen keine átio- 
logische Bedeutung beimessen. Das Auftreten sämtlicher Fälle in 
einem kleinen Ort erlaubt keine sicheren Schlüsse auf einen in- 
fektiösen Ursprung, wie schon oben ausgeführt ist; das Vorkommen 
bei Mutter und Tochter könnte auch als Ausdruck einer gemein- 
samen Konstitutionsanomalie gedeutet werden, wofür sich aber weder 
anamnestisch noch bei der körperlichen Untersuchung irgend ein 
Anhaltspunkt gewinnen liess. 

Die Diagnose einschlägiger Fälle muss daher vorläufig eine 
klinische bleiben; da ich eine Identifizierung der vorliegenden Er- 
krankung mit einer der in der Literatur beschriebenen entzünd- 
lichen Mund-Rachenerkrankungen nicht für angängig halte, möchte 
ich dieselbe vorläufig mit dem nichts präjudizierenden Namen einer 
Stomatopharyngitis ulcerosa disseminata belegen. 


Klinisehe und pathologische Beitráge zu den 
Erkrankungen der oberen Luftwege. 


II. Zur Pathologie der Kieferzysten !). 


Von 
Dr. R. Hoffmann. 
Mit 2 lith. und 1 Buchdrucktafel, sowie 1 Abbildung im Text. 


Über die Kieferzysten sind besonders in den letzten Jahren eine 
grosse Reihe von Arbeiten erschienen, welche diesen Gegenstand 
mehr oder weniger erschópfend zu behandeln streben. Ich móchte 
im folgenden nur auf einige wenige Punkte aus der Pathologie dieser 
Kieferzysten oder richtiger gesagt, Zahnzysten eingehen, die mir nach 
dem Studium der Literatur beachtenswert erscheinen und die ich 
glaube durch, eigene Beobachtungen stützen bezw. ergänzen zu können. 

Da möchte ich mich zunächst im folgenden mit dem mikro- 
skopischen Verhalten der Zystenwand und besonders noch mit dem 
Epithelüberzug derselben beschäftigen. Dazu ist es nötig, dass ich 
kurz auf die Pathogenie der Zahnzysten eingehe. Dabei werde ich 
dann zugleich die bisherigen mikroskopischen Befunde anreihen. 
Man scheidet die Zabnzysten bekanntlich nach dem Vorgang von 
Magitot (1) in follikuläre und periostale, richtiger periodontale Zysten. 
Die follikulären Zysten entstehen im Anschluss an Störungen, welche 
den Zahnfollikel betreffen und je nachdem solche Störungen in der 
embryoplastischen, odontoplastischen oder der Koronar -Periode der 
Zahnentwickelung einsetzen, unterscheidet man Zysten dieser ver- 
schiedenen Perioden. Die Wand dieser Zysten besteht aus einem 


1) Nach einem Vortrage auf der Naturforscherversammlung in Kurlsbad 1902. 


468 R. Hoffmann. [2 


ziemlich derben fibrósen Balge, ihr Epithelüberzug ist zumeist ein 
hóheres, mehr kubisches, manchmal zylindrisches, dem Schmelzepithel 
ähnliches Zellstratum, seltener ist das Epithel flach. In der Zysten- 
wand liegen entweder retinierte, im Gebiss fehlende Zähne voll oder 
kümmerlich entwickelt, oder zerstreut liegende plättchenförmige Zahn- 
rudimente, deren Zahl wechselt (Partsch (2). Diesen follikulären 
Zysten im engeren Sinne, bei denen der betroffene Zahn in der 
Zahnreihe fehlt, stehen die gleicher Art gegenüber, die aus einer 
überzähligen Zahnanlage entstehen. Sie finden sich nicht bloss im 
Alveolarfortsatze, sondern beliebig im Ober- oder Unterkiefer, in der 
Nase, in der Kieferhóhle, am Gaumen, in der Orbita: paradentäre 
Zysten, paradentüre heterotope Zysten. Hierbei ist die Zahnreihe 
voll vorhanden. 

Die zweite Form von Zysten, die periodontalen sind viel háufiger 
als die follikuláren. Man bezeichnet dieselben besser als periodontale 
Zysten, da sie nicht vom Periost der Alveole, sondern vom Perio- 
dontium ausgehen. Sie entwickeln sich im Anschluss an chronisch 
entzündliche Zustände der Zahnwurzeln und präsentieren sich in 
ihren Anfängen klinisch als jene kleinen hanfkorn- bis kirschkern- 
grossen Neubildungen an der Wurzelspitze, wie man sie so häufig 
bei der Extraktion kariöser Zähne findet. Die Wand dieser Zysten 
wird aussen gebildet von einem derben, ziemlich straffaserigen Binde- 
gewebe. Das straffaserige Bindegewebe geht nach dem Zahn zu in 
ein Granulationsgewebe über, das sich in Form von Vorsprüngen und 
Wülsten erheben kann. In die Zyste ragt von unten her die Wurzel 
des ätiologisch wirksamen Zahns hinein. Diese Verhältnisse demon- 
striert Fig. B, auf Tafel XXI. Weiter innen ist die Zyste von Epithel 
überkleidet, das, wie man jetzt allgemein annimmt, den Malassez- 
schen (3) Epithelresten entstammt, Epithelresten, die bei der Bildung 
des Schmelzorgans der Zähne nicht verwandt wurden und normaler- 
weise im Periodontium zurückbleiben !). 

Da diese Epithelreste Zellen verschiedenen Charakters enthalten, 
platte, polygonale, unbestimmte, zylindrische, so erklürt sich der ver- 
schiedene Befund der Beobachter bezüglich der Auskleidung der 
Zystenhóhle (Lindt [5]. Das Epithel wurde entweder einschichtig 
oder mehrschichtig befunden. 

Einen Durchschnitt durch die Wand einer periodontalen Zyste 
meiner Beobachtung gibt Fig. A auf Tafel XXI wieder. Die vom zweiten 
Prämolarzalın ausgehende Zyste des 27 jährigen Mannes war sehr gross. 
Sie hatte eine Vorwólbung der Vorderwand des Kiefers, des Gaumens, 

1) Eine recht gute Darstellung dieser Epithelreste findet sich bei Fischer (4) 
Seite 254. 


3] Klin. u. path. Beitr. zu den Erkrankungen der oberen Lufiwege. 469 


des Nasenbodens und der lateralen Nasenwand im Bereiche des 
unteren Nasengangs veranlasst. Der Bau der Zystenwand entspricht 
so ziemlich dem Befunde an einer periostalen Zyste, wie ihn H ug (6) 
wiedergibt. Sie besteht aus drei Schichten, einer untersten, peri- 
ostalen, derben Bindegewebes, einer intermediären lockeren Binde- 
gewebes mit Rundzellen, dann folgt die Epithelschicht. 

In die periostale Schicht sind Züge von Granulationsgewebe ein- 
gesprengt, wie es die zweite Schicht bietet. Sie stammen aus dieser. 
Diese besteht, wie erwähnt, aus lockerem Bindegewebe mit Rund- 
zelleninfiltration von wechselnder Dichtigkeit. Der Übergang der 
mittleren in die untere ist ein allmählicher, die Grenze gegen das 
Epithel ist fast nirgends gradlinig, meist drängt sich die intermediäre 
Schicht in Form von Papillen zwischen das Epithel, die Papillen 
enthalten erweiterte Gefässe und sind mehr oder weniger von Rund- 
zellen durchsetzt. Manchmal findet man Inseln, grössere, kleinere, 
von lockerem stark infiltrierten Bindegewebe mit erweiterten Ge- 
fässen allseitig von Epithel umschlossen, manchmal ganz nahe der 
Epitheloberfläche : quergetroffene Papillen. Eine Basalmembran 
lässt sich nicht nachweisen. Das Epithel ist ein mehrschichtiges 
Plattenepithel mit kubischen Basalzellen. Stellenweis ist das Epithel 
von Rundzellen durchsetzt. An anderen Stellen desselben Präparats 
ist das derbfaserige Gewebe überwiegend und relativ frei von Granu- 
lationsgewebe, während die intermediäre Schicht schmal ist. Eine 
derartige wechselnde Mächtigkeit der tiefen und der intermediären 
Schicht fand sich auch bei anderen Präparaten meiner Beobachtung. 
Manchmal tritt an Stelle des intermediären Granulationsgewebes ein 
straffes Bindegewebe mit zahlreichen erweiterten Gefässen, das offen- 
bar aus dem ersteren hervorging. In einem Präparate von Unter- 
kieferzyste, auf das ich unten zurückkomme, fand sich eine mächtige 
derbfaserige Schicht und unter dem Epithel eine schmale von lockerem 
Bindegewebe, beide Schichten sehr kernarm. (Seite 5). 

Die Grenze gegen das Epithel kann auch geradlinig sein. Eine 
deutliche Basalmembran konnte ich auch sonst nicht nachweisen. Sehr 
interessant war der Befund an dem der periostalen Schicht benach- 
barten Knochen in einem .Falle. Hier ist der Knochen fast durch- 
weg nach der Zystenseite zu von einem Saum neugebildeten 
Knochengewebes besetzt, auf den perlschnurartig aneinandergereihte 
Osteoblasten folgen. Der neugebildete Knochen hebt sich durch 
seine Farbe vom älteren ab. Stellenweise ragen neugebildete Knochen- 
balken von Osteoblasten umsáumt in die periostale Schicht hinein. 
Auch die Balken des spongiösen Knochens zwischen äusserer und 
innerer Kortikalis zeigen allenthalben Säume neugebildeten Knochens 


470 R. Hoffmann. [4 


mit Osteoblasten. Die Kortikalis an ihrer Aussenseite zeigt keine Ver- 
ánderungen. Osteoklasten konnte ich nicht finden (Fig. B, Tafel XXI). 
Ähnliche Verhältnisse, wenn auch nicht so stark ausgesprochen, lagen 
auch in einem weiteren Falle vor. Während in diesen beiden der 
Knochen vom Vestibulum oris stammt, fanden sich in einer dritten 
Beobachtung, wo ein Stück Zystenwand nach der Kieferhóhle zu vor- 
lag, auch Osteoklasten, wenn auch sehr spärlich, die Osteoblasten 
waren entschieden häufiger. Ein bestimmtes Verhalten in bezug auf 
die Lokalisation der Osteoklasten bezw. Osteoblasten konnte ich nicht 
konstatieren. Nach Zuckerkandl (7) findet, wenn eine im Alveolar- 
fortsatz steckende Zyste sich nach der Kieferhöhle zu ausdehnt, eine 
Resorption der Knochensubstanz an der äusseren Peripherie der 
weichen Zystenwandung statt, während entsprechend an der periostalen 
Schicht der Kieferhöhlenschleimhaut immer wieder neue Knochen- 
schichten produziert werden. 

Während in dem abgebildeten Falle (Tafel XXI Fig. A und 
Tafel XXII Fig. D) ebenso wie in anderen meiner Beobachtung, 
sich geschichtetes Plattenepithel mit kubischen Basalzellen fand, 
konnte ich in einer etwas über kirschkerngrossen Zyste eines 40 jähr. 
Mannes, die vom zweiten Backzahn ausging, Zylinderepithel kon- 
statieren. Leider ist mir das Präparat verloren gegangen, so dass 
ich Näheres nicht mehr sagen kann. 

In einem jüngst operierten Falle, wo es sich um eine von der Wurzel 
des linken oberen lateralen Schneidezahns ausgehende etwa walnuss- 
grosse Zyste handelte, fand sich die Höhle mit mehrreihigem flimmernden 
Zylinderepithel ausgekleidet. Den Befund gibt Fig. E Tafel XXII 
wieder. Einen ähnlichen Befund erhob Kummer (8). Er fand in 
der Gegend des Antrum Highmori eine Zyste mit intakter Wand, 
nicht vereitertem Inhalt, die mit Zylinderepithel mit Flimmerhaaren 
ausgekleidet war. Deshalb glaubt der Autor auch, sie stamme aus 
dem Antrum selbst, ware also nicht paradentären Ursprungs. Da 
die Mitteilung kurz und verschiedene, wie Lindt (5) sagt, diagnostisch 
hier sehr wichtige Punkte unerórtert sind, auch nicht genau angegeben 
ist, wie bei der Operation und bei der Entnahme des Materials zur 
mikroskopischen Untersuchung vorgegangen wurde, hàlt Lindt es 
für möglich, dass sich vielleicht ein Rest der wirklichen nur sehr 
verdrängten, reduzierten Antrumwand unter das Mikroskop geschlichen 
hat, allerdings dann gerade ein Stück Mukosa, das zufällig keine 
Drüsen enthielt. Bei Durchsicht der Literatur finde ich aber nun 
doch einen hierher gehörigen Fall, der unter dem Präsidium von 
H. v. Luschka von Paul Faber (9) mitgeteilt ist. In dieser Arbeit 
heisst es Seite 27: ausserdem machen sich aber auch an der Ober- 


5] Klin. u. path. Beitr. zu den Erkrankungen der oberen Luftwege. 471 


fläche unzweideutige Epithelialgebilde bemerklich, deren Natur sich 
jedoch nicht durchgreifend gleich bleibt; man findet nämlich sowohl 
polygonale kernhaltige Plättchen, als auch konisch gestaltete Körper, 
deren verdicktes freies Ende reichlich mit Zilien besetzt ist usw. 
Die beigegebenen Abbildungen lassen keinen Zweifel darüber, dass es 
sich einmal um eine Zahnwurzelzyste handelte und dass dieselbe 
andererseits Flimmerepithel trug. Auch in meiner Beobachtung ist, 
wie ich noch besonders hervorheben will, ein Irrtum in der Entnahme des 
Materials bezw. eine Verwechselung ausgeschlossen. Während meine 
eigenen Beobachtungen ausschliesslich Oberkieferzysten betrafen, gebe 
ich in Fig. C auf Tafel XXII noch den mikroskopischen Befund einer 
Unterkieferzyste wieder, von dem ich das Präparat der Güte des 
Herrn Kollegen Ritter in Berlin verdanke. Die Zyste war etwa 
pflaumengross, nahm die hintere Hälfte des horizontalen Kieferansatzes 
ein, war von einer dicken glatten Membran ausgekleidet. Die knöcherne 
Wand war stellenweise papierdünn. Der Nervus mandibularis zog frei 
.durch die Höhle. Der Inhalt der Zyste war wie dünner Honig und 
enthielt kleine glitzernde Kristalle, die jedoch nicht untersucht worden 
sind. Ein genauer Zahnbefund liegt nicht vor. Es ist aber wohl an- 
zunehmen, dass es sich um eine Zahnwurzelzyste handelte, weil ein 
etwa in der Höhle befindlicher Zahn bezw. Zahnrudimente kaum 
dem Beobachter entgangen wären, andererseits spricht der mikro- 
skopische Befund für eine solche Zyste: typisches geschichtetes 
Pflasterepithel, hier aber mit basalen Zylinderzellen. Am Knochen 
keine Veränderung. 

Wenn der Inhalt der Zyste auf irgend eine Weise eitrig infiziert 
wird, so kann der Epithelbelag teilweis oder ganz verloren gehen, 
so dass es Mühe machen kann, Reste davon aufzufinden (Witzel [10)). 
Derartiges beobachtete ich ebenfalls in einem meiner Fälle. Dieser 
ist deswegen interessant, weil es sich um eine follikuläre Zyste 
handelte. Nach der Extraktion der kariösen Wurzel des rechten 
oberen ersten Backzahns zeigte sich, dass oberhalb dieser noch ein 
zweiter kleiner Zahn sass, nach dessen Entfernung sich reichlich 
Eiter aus der Alveole entleerte. Die Zyste hatte sich hauptsächlich 
nach dem Antrum zu entwickelt, die Aufblähung an der Fossa canina 
war kaum merklich, dagegen bestand eine starke Vorwölbung am 
Nasenboden und am unteren Nasengang, entsprechend den hinteren 
zwei Dritteln der unteren Muschel, und ein fistulöser Durchbruch 
durch die Wand im unteren Nasengang. Das kleine Zahnrudiment 
zeigte nach Mitteilung des behandelnden Zahnarztes eine Wurzel mit 
starker Zementhypertrophie. Dieselbe war oben an dem in den Zysten- 
raum ragenden Rande beinahe rechtwinklig abgeflacht, der Mitte 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III. H. 5. 82 


472 R. Hoffmann. [6 


dieser Abflachung sass ein kleiner ebenfalls in die Zyste hineinragender 
Kegel auf (difforme Krone?) Leider ging das Objekt verloren. Da 
die betreffende Zahnreihe vollständig war, so handelte es sich hier 
um eine der seltenen paradentären follikulären Zysten. Das Epithel 
war, wie schon angegeben, zum grossen Teil nicht mehr nachzuweisen, 
da, wo es erhalten war, zeigte. sich geschichtetes Plattenepithel. 

Die Zysten können, wenn ihre Umgebung unter dem steten 
Druck zum Schwund gebracht und ihre Wandung stark verdünnt ist, 
gelegentlich an einer oder mehreren Stellen platzen. Derartige Durch- 
brüche kónnen nach dem Vestibulum oris, nach dem unteren Nasen- 
gang, nach dem Nasenboden, in das Ántrum oder an einer anderen 
Stelle erfolgen oder auch an mehreren Stellen z. B. ins Antrum und das 
Vestibulum oris (Kuhnert (11)) Kleider (12) beobachtete Durch- 
bruch einer von der Wurzel des rechten zentralen Schneidezahnes 
ausgehenden Zyste durch die Haut des Kinns. Über Durchbruch 
einer vom linken Augenzahn ausgehenden Zyste durch die Haut nach 
aussen auf der Höhe der linken Nasolabialfalte berichtet Walther. 
Schmidt (13) aus der Gerberschen Poliklinik in Königsberg. Ich 
beobachtete unter 12 eigenen Fällen dreimal Durchbruch nach dem 
Vestibulum oris, einmal Durchbruch am Gaumen, einmal Durchbruch 
nach dem unteren Nasengang und dem Vestibulum oris (der oben 
erwähnte Fall von follikulárer Zyste) Sehr merkwürdig lagen die 
Verhältnisse in einem 13. Fall. Hier hatte sich der Zysteninhalt 
nach dem mittleren Nasengang entleert. Der Fall bereitete mir 
erhebliche diagnostische Schwierigkeiten, und ich möchte denselben 
daher ausführlicher mitteilen!). 

Es handelte sich da um eine 58jührige Frau, welche wegen 
linksseitiger -Nasenobstruktion verbunden mit Kopfschmerzen und 
eiteriger Absonderung aus dieser Seite zu mir kam. Die Unter, © 
suchung konstatierte Polypen aus dem mittleren Nasengang und poly- 
póse Wucherungen an der unteren und mittleren Muschel, ausserdem 
eine Eiterung der Stirnhóhle und von Siebbeinzellen des mittleren 
Nasenganges. Weiterhin zeigte sich Eiterabsonderung von einer 
Stelle, die vor dem halbmondfórmigen Spalt gelegen, etwa der Gegend 
der vorderen Nasenfontanelle entsprach. Bei der Einführung eines 
gekürzten Ohrenkatheters, wie ich solche zur Ausspülung der Kiefer- 
hóhle vom mittleren Nasengang aus benutze, an dieser Stelle drang 
man in einen Hohlraum und entleerte aus demselben Eiter. Ich 
suchte mich nun zunächst darüber zu orientieren, in welcher Be- 
ziehung der gefundene Hohlraum zur Kieferhöhle stehe, und bohrte 
zu dem Zweck den Alveolarfortsatz und zwar in der Projektion des 


1) Demonstration auf der Naturforscher-Versammlung in München 1899. 


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474 R. Hoffmann. [S 


die mikroskopische Untersuchung der Hohlenauskleidung unterlassen. 
Ich habe die Frau erst vor kurzem gesehen, der Zugang zur Hohle 
ist immer noch so weit, wie es auf der Abbildung zu sehen ist. Es 
besteht seit fast 12 Jahren vollkommene Heilung. Der Hohlraum hat 
sich nicht wesentlich verkleinert, er ist nur flacher geworden. Die 
Zyste ist wahrscheinlich nach ihrem Durchbruch von der Nase aus 
eitrig infiziert worden. 

Zufällig fand ich beim Aufsägen einer Kieferhöhle meiner Samm- 
lung einen Hohlraum in derselben, welcher dem in der soeben be- 
sprochenen klinischen Beobachtung, wenn auch nicht völlig in bezug 
auf seine Lage, entsprechen dürfte (s. Tafel XXIII). Sowohl an diesem 
Präparat wie in der obigen klinischen Beobachtung fehlte jegliche 
Auftreibung am Oberkiefer, auch in der Nase war eine solche nicht 
vorhanden. Es handelte sich in beiden Fällen um eine echte innere 
Kieferzyste im Gegensatz zu denen, welche mit einer Auftreibung 
nach dem Vestibulum oris, dem Gaumen, der Nase oder an mehreren 
Stellen zugleich einhergehen, den áusseren. 

In der Therapie der Kieferzysten folgte ich, wo es sich um 
nach der Mundhöhle entwickelte Zysten handelte, den Grundsätzen 
von Partsch (2), d. h. Entfernung eines so grossen Stückes aus der 
Zystenwand, dass eine Vereinigung der Zystenwunde nicht mehr 
möglich ist, sondern dass an diesen Rändern, nach dem die Wund- 
flächen granuliert, eine Benarbung derselben sowohl von seiten des 
Zystenepithels wie von der des Mundes zustande kommt. In zweien 
meiner in dem Jahre 1902 operierten Fälle, welche mit einer Vor- 
blähung im Bereiche des unteren Nasenganges einhergingen, bin ich 
derart vorgegangen, dass ich neben der Entfernung der Vorblähung 
nach dem Vestibulum oris auch die im Bereiche des unteren Nasen- 
ganges entfernte. Die Höhle wurde dann tamponiert, der Streifen 
zur Nase herausgeleitet und die faziale Schleimhautwunde primär 
genäht. Nach 14 Tagen wurde die Tamponade definitiv entfernt und 
damit die Behandlung beendet. Während ich den einen der so ope- 
rierten Patienten aus dem Gesicht verlor, habe ich den anderen erst 
vor kurzem gesehen: die vor der Operation sehr grosse Höhle hat 
sich wesentlich verkleinert, die Verbindung mit der Nasenhöhle ist 
noch breit, Sekretion besteht nicht mehr. Keine Entstellung, keine 
Beschwerden. 

Gerber (15) empfiehlt bei kleinen Zysten, die sich wesentlich 
nach dem Nasenkavum entwickeln, ein rein intranasales Verfahren 
durch Abtragung der nasalen Zystenwand und Auslöffelung von dieser 
Öffnung aus. 


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Klin. v. path. Beitr. zu d. Erkrankungen der oberen Luftwege. 415 


Literatur. 


. Magitot, Archiv gén. de Médecine. 1872 u. 1873. 
. Partsch, Deutsche Monatsschrift für Zahnheilkunde. X. 7. 1892. Hand- 


buch von Bergmann, Bruns und Mikulicz. 1900. S. 855 (Chirurgie des 
Kopfes). Handbuch der Zahnheilkunde von Julius Scheff. 27. Lfg. 1909). 
Malassez, Archive de physiologie normale et pathologique. 1885. 


. Fischer, Bau und Entwickelung der Mundhöhle des Menschen. 1909. 


Lindt, Korrespondenz-Blatt für Schweizer Ärzte. 1902. Nr. 13. 
Hug, Archiv für Laryngologie. Bd. 13. S. 398. 


. Zuckerkandl, Normale und pathologische Anatomie der Nasenhöhle. 1892. 


Bd. 2. S. 177. 


. Kum mer, Revue médicale de la suisse romande 1893, zit. nach Lindt. 5. 
. Faber, Die Cysten, welche mit den Alveolen der Zähne in Verbindung 


stehen. Inaugural-Dissertation Tübingen. 1867. 


. Witzel, Über Zahnwurzelzysten. Inaugural-Dissertation Freiburg i. B. 1896. 
. Kuhnert, Archiv für Laryngologie. Bd. 7. H. 1. 
. Kleider, Inaugural-Dissertation Jena. 1902. 


Walther Schmidt, Münchner Med. Wochenschrift. 1908. Nr. 45. S. 2383. 
Gruber, Virchows Archiv. Bd. 113: 


. Gerber, Archiv für Laryngologie. Bd. 16. H. 3. 1904. 


Erklárung zu den Tafeln. 
Tafel XXI: 
Fig. A. Durchschnitt durch die Wand einer peridentalen Zyste (Zeiss A. Oc. 3). 
a. Epithel. 
b. Granulationsschicht. 
c. Periostale Schicht. 
d. Knochen. 
Fig. B,. Zahnwurzelzyste (Lupe 5 X). 
a. Zystenwand. 
b. Granulationsgewebe. 
c. Nekrotische Pulpa. 
d. Caries. 
Fig. By. Durchschnitt durch die Knochenwand einer Wurzelzyste (Zeiss A. Oc. 3). 
a. Neugehildeter Knochen mit Osteoblastensüumen. 
b. Alter Knochen. 
c. Gefäss. 
d. Corticalis (äussere). 
e. Gegend der inneren Corticalis. 
Tafel XXII. 
Fig. C. Durchschnitt durch die Wand einer Unterkieferzy ste (Zeiss A. Oc. 3). 
a. Epithelschicht. 
b. Lockeres kernarmes Bindegewebe. 
c. Straffes Bindegewebe. 
d. Knochen. 
Fig. D. Epithel von Tafel I Fig. A (Zeiss D. Oc. 3). 
Fig. E. Mehrreihiges Flimmerepithel (Zeiss D. Oc. 3). 
Tafel XXIII. 
Innere Kieferzyste. 


Zur Kasuistik der Komplikationen nach Adeno- 
und Tonsillotomien. 


Von 
Dr. S, M. Burack - Charkoff. 


Man betrachtet die Adeno- und Tonsillotomien als sehr leichte 
und unschuldige Operationen, die von dem Chirurgen keine besonders 
grosse Kunst erfordern und nicht die Notwendigkeit einer stationüren 
Unterbringung der Kranken nach sich ziehen. Sehr viele, wenn 
nicht die Mehrheit der Spezialisten entlassen die Kranken bald nach 
diesen Operationen und verlieren sie gewóhnlich aus dem Auge. 
Dadurch entziehen sich viele Abnormitáten im Verlaufe der Krank- 
heit nach der Operation der Beobachtung der Ärzte, und nur dadurch 
kann ich mir den relativen Mangel an Tatsachen über diese Frage 
in unserer Literatur teilweise erklären. 

In der Tat finden wir ein ziemlich umfassendes. aber noch 
immer unvollständiges Bild aller möglichen Komplikationen und Zu- 
fälligkeiten nach diesen Operationen nur in Ards letzter Arbeit. 

Kobrak, Hertz, Heimann haben auch in der Literatur 
genug Tatsachen gesammelt, aber bei alledem zieht diese Frage die 
Aufmerksamkeit der Spezialisten meiner Meinung nach noch zu wenig 
auf sich. 

Deswegen halte ich es für passend, meine, einen ziemlich grossen 
Stoff umfassende Beobachtungen (mehr als 2000 Fälle von Adeno- 
und Tonsillotomien im Laufe von 12 Jahren) — wenn auch nur kurz 
— vorzulegen. Ich muss bemerken, dass von dieser Zahl ca. 25°/o sich 
auf die Operationen beziehen, welche ich stationär — in den Heil- 
anstalten meiner Kollegen oder in meiner eigenen — ausgeführt hatte. 
Die Kranken blieben nach diesen Operationen gewöhnlich einen Tag, 


478 S. M. Burack. [2 


bisweilen zwei bis drei Tage, im Bette liegen. Man hat das Augen- 
merk auf die Temperatur und den Allgemeinzustand gerichtet. Als 
Objekt für operatives Eingreifen dienten meistenteils Kinder, am 
häufigsten im Alter von 7 bis 12 Jahren, manchmal aber auch sehr 
kleine Kinder, ja selbst Säuglinge. Kranke mittleren Alters habe ich 
verhältnismässig wenig operiert (ca. 3°/o aller Fälle) und von den 
älteren Kranken noch weniger (nur fünf Kranke über 50 Jahre). 

Von den von mir beobachteten Komplikationen nach Adeno- und 
Tonsillotomien hatte ich drei Fälle von sehr ernsten lebensgefähr- 
lichen Blutungen. 


1. MädchenB. 13 Jahre alt, schlecht genährt, mit blasser Haut, geschwollenen 
Drüsen der Kinngegend, der Achselhöhle und Leistengegend, leidet öfters an Hals- 
bräune, ist sehr zur Erkältung geneigt. Herz und Lungen sind normal. Gefähr- 
liche Blutungen sind früher nie vorgekommen. Am 13. November 1904 habe ich 
mit einem Male die beiden stark vergrösserten Mandeln mit Hilfe des Mathieu- 
schen Tonsillotoms weggeschnitten. Auf der rechten Seite wurde ein hinter den 
Gaumenbögen liegender Teil der Drüse mitentfernt, da im Moment des Ab- 
schneidens durch eine Brechbewegung der tiefe Teil der Mandel bis zur Mittel- 
linie vorgewölbt wurde. Die Patientin wurde nach der Operation in liegender 
Stellung gelassen. Die Blutung schien mässig. Die Kranke hat wenig Blut ge- 
spieen. 

Nach 4 Stunden fiel mir die immer steigende Blässe und Schwäche des 
Kindes bei schnellem und schwachem Puls auf. Bei dem Versuche den Rachen 
zu untersuchen, wurde plötzlich reines Blut erbrochen. Rechts aus der Tiefe der 
Gegend zwischen Gaumenbögen floss ununterbrochen Blut. Im Laufe von andert- 
halb Stunden wurde Kis, Tannin, Wasserstoffsuperoxyd (Gurgeln und Tupfen), 
209/oige Ferrypyrinlósung, Ergotin (unter der Haut), Adrenalin lokal, Alaun an- 
gewandt; es schien, als ob die Blutung für kurze Zeit nachliess, nachher aber 
zeigte sie sich wieder. 

Die Kranke hatte Flimmern vor den Augen, Ohrensausen, Hände und Zunge 
zitterten, die Kräfte nahmen bedeutend ab, der Puls war sehr schwach und be- 
schleunigt (130—140). Ihr Zustand wurde bedenklich. Dann führte ich unge- 
achtet des Widerstandes der Kranken eine Branche des Kompressoriums Miku- 
liczs in den Rachen ein. Ich komprimierte die blutende Stelle, es erfolgten 
mehrere Brechbewegungen, die Blutung aber war gestillt. Ich liess das Kom- 
pressorium bis zum nächsten Morgen (von 7 Uhr nachm.) an der Blutungsstelle 
liegen. Der weitere Verlauf war normal, zum Schluss aber zeigte sich eine hoch- 
gradige Anämie. Leider habe ich die Kranke nach einem Monat aus dem Auge 
verloren und von ihrem weiteren Schicksal ist mir nichts bekannt. 


Man muss annehmen, dass in diesem Falle eine Verletzung des 
Teiles der Drüse stattfand, der nahe der äusseren Kapsel liegt, wo die 
noch nicht geteilten stärkeren Zweige der Art. palatinae durchtreten. 

Ich glaube, dass ich bei weiteren Versuchen mit verschiedenen, 
sog. blutstillenden Mittel die Kranke leicht hätte verlieren können. 
Ich möchte nun hier die Bemerkung machen, dass ich niemals irgend- 
welche gute Wirkung dieser Mittel in Fällen wirklich ernstlicher 


3] Zur Kasuistik der Komplikationen nach Adeno- und Tonsillotomien. 479 


Blutungen beobachtet habe. Bei unbedeutenden Blutungen aber 
wirken Ruhe und tiefe Atemzüge am besten. 


2. Knabe Tsch., 4 Jahre alt, schlecht genührt, stammt aus einer anüámischen 
und nervenkranken Familie. Mit einem Handgriff habe ich beide Mandeldrüsen 
entfernt.: 

Die Blutung unmittelbar nach der Operation war ganz unbedeutend, aber 
nach 5—6 Stunden ent-tand infolge einer heftigen Bewegung starkes Bluter- 
brechen; ausserdem spuckte das Kind unaufbörlich fast reines Blut nus. Es ge- 
lang, die blutende Stelle zu finden, nämlich im hinteren Gaumenbogen. Unter 
Fingerdruck schien die Blutung gestillt zu sein. Aber das Kind wurde schwächer 
und schwächer, es leistete immer weniger Widerstand. Als ich den Finger aus 
dem Rachen herausgezogen hatte, stand die Blutung für 5—10 Minuten, dann 
aber erfolgte wieder Bluterbrechen und Ausspucken reinen Blutes. Ich war 
schon im Begriff, wieder die Finger einzuführen, als das Kind plötzlich blass 
wurde und unbeweglich blieb. 

Puls und Atmung waren kaum wahrzunehmen. Der Kollaps dauerte unge- 
fähr eine Minute. Nachdem das Kind wieder zu sich gekommen war, zeigte sich 
kein Blut mehr. 


Hier hatte also die Ohnmacht eine rettende Rolle gespielt. Die 
Anhäufung von Kohlensäure im Blute wirkt bekanntlich erregend 
auf die vasomotorischen Nervenzentren. In der Literatur sind ana- 
loge Fálle beschrieben worden. 


9. An einem Manne im Alter von 26 Jahren habe ich nach beiderseitiger 
Tonsillotomie eine starke Blutung beobachtet. Dem Ausseren nach war der 
Mann ganz gesund; er hatte schon eine Operation in der Nase (Entfernung der 
hypertrophischen hinteren Enden der unteren Muscheln) ohne bedeutenden Blut- 
verlust überstanden. Entfernung der rechten Mandel vermittelst Tonsillotoms 
nach Mathieu, der linken mit krummem Knopfmesser, indem ich die Drüse mit 
einer besonderen Zange (ähnlich der von Museux) festhielt. Die Nachblutung 
war ziemlich stark, aber von kurzer Dauer (5—10 Minuten) und stammte von der 
linken Mandel. In der Nacht fing der Kranke plötzlich heftig zu husten an und 
dann zeigte sich eine immer zunehmende Blutung, so dass innerhalb einer halben 
Stunde der Kranke nach seiner Aussage 2 Glas Blut verloren hatte. Der Kranke 
war sehr aufgeregt und spie beständig Blut aus. Eis, Wasserstoffsuperoxyd, 
Alaun, Antipyrin, Tannin, Chromsäure (Ätzen, die blutende Stelle habe ich nach 
grosser Mühe in dem eingeschnittenen hinteren Gaumenbogen der linken Seite 
festgestellt) — aıl dieses blieb ohne besonderen Effekt. Hierauf führte ich dem 
Kranken den mit dem sterilen Verbandstoff versehenen Zeigefinger in den Mund 
und komprimierte die blutende Stelle. 

Solange ich komprimierte, stand die Blutung, als ich aber versuchte, den 
Finger herauszuziehen, erneuerte sich die Blutung. Symptome hochgradiger 
Anämie stellten sich ein. Ich presste den Finger wieder darauf und so hielt ich 
ihn mit einigen Unterbrechungen über eine Stunde. Die Blutung war gestillt. 
Der Kranke musste 4 Tage das Bett hüten und nahm nur eiskalte, flüssige 
Nahrung zu sich. 


Es ist interessant, dass in allen diesen Fällen das Tonsillotom 
Mathieus eine traurige Rolle spielte. Und überhaupt ist in der 


480 S. M.. Burack. [4 


Geschichte der Blutungen nach Tonsillotomie diese traurige Rolle 
am meisten diesem Instrumente zuzuschreiben. Matthieus Guil- 
lotine — die bei Brechbewegungen leicht in der Tiefe der Gaumen- 
bögen abgleitet — kann entweder einen von den Gaumenbögen '!) 
oder den tiefen Teil der Drüse?), der nahe der äusseren Kapsel 
liegt, verwunden. Nicht ohne Grund ziehen ihm einige bekannte 
Rhino-Laryngologen das dem Konchotome Hartmanns ähnliche 
beissende Instrument (Morcelleur de Ruault) vor; die anderen das 
Messer oder die Schere (Jansen), die dritten die galvanokaustische 
oder einfache Schlinge usw. (Siehe den Aufsatz von M. Constantin 
in „Annales de l'oceille^ 1906; über die Frage der Nachblutungen 
siehe auch die Arbeiten von James, Barret, Demme, Baum- 
garten, Schmiegelow, Hopmann, Heermann, Heise, 
Davidsohn, Bjelogolow, Orleansky, Bjieljaew u. a., ebenso 
die Dissertation von Nettelbrock’), Kiel 1907). 

Welchen Instrumentes man sich auch bedient, an was fiir eine 
Methode man sich auch halt, wir.setzen immer unsere Kranken einer 
grösseren oder kleineren Blutungsgefahr aus. Fälle von gefährlichen 
Nachblutungen bei Operationen, die mit Morcelleur nach Ruault, 
mit elektrischem Ekraseur, mit Galvanokauter und mit kalter Schlinge 
gemacht worden sind, sind in der Literatur beschrieben worden. 
Man muss wissen, dass die Nachblutungen ziemlich spät — nach 
5—9 Tagen auftreten können; es ist sogar ein Fall von Blutung 
nach 13 Tagen nach der Operation beschrieben worden; am häufigsten 
aber treten sie in den ersten zwei Tagen auf. Einige Fälle von 
glücklicherweise nicht zu besonders starken Blutungen-am 3.—5. Tage 
nach Tonsillotomien sind mir vorgekommen. 

Die Tonsillotomien liefern im Vergleich zu den Adenotomien 
einen hóheren Prozentsatz starker Nachblutungen. Einerseits ist die 
Gegend der Gaumenmandeln im Vergleich zu dem Nasenrachen mit 
stärkeren Blutgefässen gespeist; andererseits finden sich hier öfters 
Unregelmässigkeiten der Verzweigungen der Art. palatinae. (Siehe 
über diese Frage die interessanten Arbeiten von Orleansky, Bje- 
logolow, Baumgarten, Schmiegelow u.a.). Dazu ist in dieser 








1) Einige Autoren, wie z. B. Geikin, weisen in der Ätiologie der Blutungen 
nach Tonsillotomien der Verletzung der Gaumenbögen den ersten Platz zu. 
Geikin hat 6 analoge Fälle beschrieben. 

2) Art. palatina tritt in die äussere Kapsel ein, wo sie in einige Zweige zer- 
fällt, welche an der Peripherie und in dem Zentrum der Drüse schon ein gering- 
fügiges Kaliber aufweisen. 

8) Er hat in der Literatur 150 Fälle von schweren und tödlichen Blutungen 
nach Tonsillotomie gesammelt. Übrigens ist die Zahl der Todesfälle nach 
Damianos und Heermann 8. 


5] Zur Kasuistik der Komplikationen nach Adeno- und Tonsillotomien. 481 


Gaumenmandelgegend eine Tamponade — eine starke Digitalkom- 
pression oder eine instrumentelle mit der Branche eines beliebigen 
Kompressoriums (Doyen, Miekulicz u. a.) gewóhnlich sehr schwierig; 
was aber das Zusammennähen der Gaumenbögen (nach Heermann) 
oder das Auflegen zusammenziehender Metallklammern (nach Henkes, 
siehe Monatsschrift für Ohrenh. 1907, 2) betrifft, so ist es in vielen 
Fällen entschieden unausführbar, wenn es auch theoretisch ganz gut 
begründet zu sein scheint. Und doch bleibt in den meisten Fällen 
als Ultima ratio die unmittelbare Kompression der blutenden Stelle 
am einfachsten (en masse) — d.h. die Digitalkompression (mit sterilem 
Verbandstoff) wie ich dies in zwei oben erwähnten Fällen erprobt 
habe. Im äussersten Falle muss man selbstverständlich die Art. 
carotis externae oder, — wie es Chevalier, Jackson u.a. raten — 
Art. carotis communis unterbinden. 


Die Nachblutungen bei der Adenotomie bringen dem Anschein 
nach nur eine kleinere Lebensgefahr mit. sich, denn die Gegend des 
Nasenrachens ist nicht schwer zu tamponieren. Doch finden wir in 
der Literatur eine ziemlich grosse Anzahl der profusen Blutungen 
nach Ádenotomien, ja sogar mit tódlichem Ausgang!) Unter den von 
mir ausgeführten 1500 Adenotomien habe ich fünf Fälle von ziemlich 
starken Nachblutungen bei Kindern im Alter von 7—13 Jahren 
beobachtet. 


1. Der Knabe B., 7 Jahre alt, sehr reizbar. blass, hat alle möglichen Kinder- 
krankheiten überstanden. Keine Symptome von Hümophilie. Die Drüsen des 
Unterkiefers sind, wenn auch unbedeutend, geschwollen. Herz normal. Die 
Operation wurde mit Gottsteinscher Kurette ausgeführt. Sofort trat eine 
starke Blutung ein. Eine Ausspülung mit Tanninlósung und Wasserstoffsuper- 
oxyd durch die Nase vermittelst der Frenkelschen Kanne wurde vorgenommen. 
Nach 15 Minuten hörte die Blutung auf. Nach 4 Stunden ungefähr begann sie 
wieder, als der übrigens sehr unruhige Patient das Bett zu verlassen versuchte. 
Das Bluterbrechen war heftig. Tannin- und Wasserstoffsuperoxydausspülen waren 
diesmal resultatlos. Man spritzte Ergotin unter die Haut und gab Eis zu 
schlucken. Vermittelst eines Wattetampons wurde der Nasenrachen mit 10°/o 
Ferripyrin angefeuchtet. ‘Auf den Nasenrticken und den Nacken wurde Eis ge- 
legt. Die Blutung börte nach und nach auf. 


In der Nacht brach sie wieder aus, dieses mal noch stärker. Nach der 
resultatlosen Anwendung verschiedener blutstillender Mittel wurde der Nasen- 
rachen tamponiert, Nach 8 Stunden wurde der vorher mit Wasserstoffsuperoxyd 
augefeuchtete Tampon herausgezogen. Die Blutung erneuerte sich nicht mehr. 
Folge der Blutung war eine langwierige hochgradige Anämie. In den ersten 4 
Tagen schwankte die Temperatur zwischen 37,8°--38,6°. ` 


1) Burger hat 40 Fülle von starken und 7 von tódlichen Blutungen nach 


Adenotomien zusammengezühlt (nach Lunin 11 und nach meiner Zühlung 14 
tödliche Fälle). 


482 S. M. Burack. [6 


Die veranlassenden Momente dieser Blutung konnte ich hier 
nicht genau feststellen. Weder irgendwelche konstitutionelle Er- 
krankungen, noch Leukämie, Herz- und Nierenkrankheiten waren 
vorhanden; die Operation wurde ausgeführt zu einer Zeit, als die 
oberen Luftwege keine frischen Entzündungserscheinungen aufwiesen; 
eine Verletzung irgend eines stärkeren Gefässes ist nicht vorge- 
kommen, weil die Blutung einen kapillären Charakter hatte. Die 
Rachenmandel wurde in toto entfernt. Hängende Fetzen, welche, wie 
bekannt, die häufigste Ursache der Blutungen nach Adenotomie sind, 
waren in diesem Falle nicht zu sehen. 

Ob in diesem Falle die Ursache der Nachblutung nicht in einem 
zu scharfen Messer zu suchen ist? Viele Spezialisten ziehen bekannt- 
lich eine nicht zu scharfe Kurette vor; andere aber versichern, dass 
sie Nachblutungen häufig gerade bei Operationen mit stumpfen 
Instrumenten beobachtet haben. (Siehe Diskussion in der Holländ. 
Gesellschaft für Laryngologie vom 9. Mai 1903 über die Mitteilung 
Burgers.) 


2. Mädchen von 12 Jahren mit sogenannter lymphatischer Konstitution. 
Vor 2 Jahren wurden ihr beide geschwollene Gaumenmandeln ohne bedeutendere 
Blutung entfernt. Die Indikation der Adenotomie bildete häufiger Schnupfen, 
Nasenverstopfung, Neigung zu Bronchitis und Gehörstörungen. Operation mit 
Schütz-Passowschem Instrument, dabei wurde eine bedeutende Masse ent- 
fernt. Kurettage mit der Kurette Gottsteins vollendete die Operation, doch 
war die Kurettage infolge des aussergewöhnlich starken Widerstandes der 
Kranken nicht völlig genügend. Die unmittelbare Nachblutung war unbeträcht- 
lich, nach 10 Stunden aber (um Mitternacht) fing eine starke Blutung an, welche 
im Laufe von drei Stunden durch keines der üblichen Mittel gestillt werden 
konnte. Fingeruntersuchung zeigte das Vorhandensein von hängenden Gewebs- 
resten, daher sofort neue Auskratzung. Unmittelbar danach hörte die Blutung auf. 


Ich halte es für nötig, hier zu betonen, dass man die Bellock- 
sche Tamponade nur in seltensten Fällen anwenden soll, in Anbe- 
tracht der mit ihr verknüpften Gefahr von Komplikationen seitens 
des Ohres; deswegen muss man in Fällen von hartnäckigen Blutungen 
nach Adenotomien die Möglichkeit des hier erwähnten ätiologischen 
Faktors in Betracht ziehen und vor einem erneuten Auskratzen des 
Nasenrachens’ nicht zurückschrecken. 

Die übrigen von mir beobachteten Fälle von Blutungen nach 
Adenotomien stellen in ihrem Verlaufe nichts Besonderes dar; die 
beste Wirkung zeigte in den mir vorgekommenen Fällen Wasserstoff- 
superoxyd und 10Pjoiges Ferripyrin, mit welchen die Oberfläche der 
Wunde vermittelst eines breiten Tampons angepinselt wurde. Ich 
bemerke noch, dass ich die Kranken nach der Operation in halb- 
sitzender Stellung lasse, damit das Blut nicht verschluckt, sondern 


4| Zur Kasuistik der Komplikationen nach Adeno- und Tonsillotomien. 483 


ausgespuckt werde, was wenigstens ermöglicht, die drohende Gefahr 
rechtzeitig zu erkennen und Massnahmen zu treffen. Ich wiederhole, 
dass man die Kranken nach der Operation nie ohne Aufsicht lassen 
soll, besonders in den ersten zwei Tagen; deshalb muss man, wenn 
es möglich erscheint, diese Operationen in einem Krankenhaus oder 
in einer Privatklinik vornehmen und die Kranken einen bis zwei 
Tage dort unterbringen. Danach müssen sich die Kranken noch drei 
bis vier Tage starker Bewegungen, des Trinkens heisser Getränke 
u. dergl. enthalten, weil nicht selten die Blutung noch nach vier 
Tagen auftritt. 

Die nächste Gruppe der von mir beobachteten Komplikationen 
ist die Verletzung benachbarter Teile. So schnitt ich z.B. in einem 
Falle, in der Anfangszeit meiner operativen Praxis, ein Stück des 
Zäpfchens ab; glücklicherweise hatte dies keine schweren Folgen. 
Einige Male wurde das Zäpfchen bei der Adenotomie gequetscht, 
einmal angeschnitten; je einmal ist eine Verletzung des linken 
Tubenwulstes und der Unterlippe vorgekommen. 

Gewöhnlich war daran schuld, ausser ungenügend entwickelter 
Technik und der Unsicherheit des Anfängers, ungeübte Assistenz, 
schlechter Einblick in den Mundrachen des sıch widersetzenden 
Patienten. 

Von grösserem Interesse ist die dritte Gruppe der Komplikationen, 
nämlich der interkurrierenden, der zufälligen und der allgemeinen 
Infektionskrankheiten. Vor allem bemerke ich hier, dass ich — 
trotz der denkbar sorgfältigsten Aseptik — ziemlich oft eine Tempe- 
raturerhöhung bei meinen Kranken in den ersten drei Tagen nach 
der Operation feststellen konnte. Mitunter fühlten sich die Kinder 
dabei so wohl, dass nur durch von mir systematisch durchgeführte 
Temperaturmessung das Vorhandensein eines Fiebers, meistenteils 
traumatischen Charakters, bei den Operierten sich zeigte. Unter 
540 Operierten (nur stationäre Behandlung) habe ich die Temperatur- 
erhöhung in 58 Fällen gefunden, worunter 45 Kranke während zwei 
bis drei Tagen 37,5 bis 38,5%, 9 Kranke während 1—4 Tagen 38,5 
bis 39,0? und 4 Kranke während 2—10 Tagen 39,0—39,8° hatten; 
dabei bot sich ein Fall aus dieser letzten Gruppe mit einer leichten 
Form von Bakteriämie (im Nasenrachenschleim fanden sich Diplo- 
kokken — der Bruder des Patienten litt kurz vorher an leichter 
Angina follicularis).  Remittierendes und intermittierendes Fieber 
habe ich nicht sebr oft beobachtet (46 mal); Febris continua ist 12 mal 
notiert. Bei 15 Patienten konnte ich die Temperaturerhóhung mit 
Malaria-Infektion in Zusammenhang bringen (Milzschwellung, Schweisse, 
gute Reaktion auf Chinin)  Meistenteils verschwand sie leicht, nach 


484 S. M. Burack. [8 


1—3 Tagen, selten nach 4—5 Tagen; in 3 Fallen aber bot sich eine 
ziemlich schwere Form, die sich jedoch nach den starken Chinindosen 
rasch besserte. Abnahme der Milzschwellung). 

Bei zwei Kindern wurde vor der Operation Milztumor und óftere 
Malaria-Anfälle mit Nasenbluten festgestellt; nach der Adenotomie 
stieg am zweiten Tage bei allgemeinem Unwohlsein die Temperatur 
rasch auf 39,5°; das sechs Jahre alte Kind hatte anfangs Fieberfrost, 
die Milz vergrösserte sich merklich. Chinin wirkte gut. Anfangs 
erschrak ich über dieses Fieber, da ich eine Infektion!) vermutete; 
in der recht reichen Literatur über die Gaumen- und Rachenmandeln 
würden wir vergeblich Erklärungen derselben suchen ?). 

Man liest sehr häufig, dass der Wundverlauf ganz glatt sei, 
jedoch meistenteils bei den Autoren, die ambulant operieren). 

Von interkurrierenden Krankheiten habe ich nur einmal Scharlach 
beobachtet. Bei dem dreizehnjährigen Mädchen, das die Adenotomie 
leicht überstanden hatte, zeigten sich am dritten Tage nach der 
Operation Temperaturerhöhung (39,5 —39,8°), Brechen, Kopfschmerzen 
und zwei Tage später der charakteristische Ausschlag. Augenscheinlich 
wurde in diesem Falle die Operation in der Inkubationszeit des 
Scharlachs ausgeführt. 

Ein Kollege hat in einem Falle am zweiten Tage nach der Adeno- 
tomie eine Temperaturerhöhung beobachtet; doch wurde erst nach 
5—6 Tagen Typhus festgestellt. Manchmal fördert die Operation den 
Ausbruch einer Infektionskrankheit (z. B. Diphterie), die latent ist. 
Ich habe in einem Falle bei einem 15jährigen Mädchen die Rose am 
fünften Tage gesehen; dem Anschein nach waren die Fehleisenschen 
Kokken schon früher vorhanden, (da wir keinen Fall von Rose hatten) 
— vielleicht „in vestibulo nasi“, wo sich bei dem Mädchen beständig 
Risse zeigten. Die Voraussetzung solcher Möglichkeiten und solcher 
unvorhergesehenen Vorfälle kann uns aus einer sehr kritischen Lage 
heraushelfen, aber dieser Frage ist — ich wiederhole es — sehr 


1) Der Nasenrachen mit seiner reichen Bakterienflora kann als Infektions- 
herd dienen, besonders zur Zeit von Epidemien oder nach überstandenen akuten 
Nasen- und Rachenkrankheiten; in der Literatur sind Todesfälle durch Pyämie 
und Sepsis notiert (Brieger, Noerregard, Renny, Schurly u. a. — siehe 
die Dissertation von Gradenigo über adenoide Vegetationen. 

2) Obgleich die Berichte von Kobrak, Ard, Winckler sich auf die aller- 
letzte Zeit beziehen, ist in ihnen nichts über die Malaria-Erkrankungen gesagt, 
doch ist diese Frage für die Praxis unbedingt von grosser Bedeutung; meinen 
Beobachtungen nach erleiden Kinder, die früher an Malaria gelitten haben, nach 
Adeno- und Tonsillotomie leicht einen Rückfall. 

3) Winkler, der stationär operiert, hatte unter 78 Fallen bei 50°/o Tempe- 
raturerhbhung. 


9J Zur Kasuistik der Komplikationen nach Adeno- uud Tonsillotomien. 485 


wenig Aufmerksamkeit gewidmet. Und es ist kein Wunder, dass 
diese „kleinen Operationen“ sehr oft für Anfänger als Versuchsobjekt 
dienen und sehr häufig gemacht worden sind. viel öfter vielleicht, als 
notwendig ist. 

Ich gehe nun zu anderen Komplikationen über. Solche seitens 
des Ohres habe ich 6—7mal — meist bei Kindern mit Rhinitis 
chronica purulenta — beobachtet. Nicht ein einziges Mal konnte 
man eine direkte Verletzung des Tubenwulstes feststellen; augen- 
scheinlich handelte es sich um eine Erhöhung der Virulenz vorhandener 
Bakterien infolge des Traumas, des Blutergusses oder einer entzünd- 
lichen Reaktion. Der Verlauf der Otitis war in allen Fällen sehr 
günstig. Dreimal wurde eitrige Otitis, (einmal Mastoiditis, welche 
ohne Trepanation verlief) und einmal Otitis media purulenta chronica 
dextra exacerbata beobachtet. Die Eiterung war in zwei Fällen 
beiderseitig; die Schmerzen waren nicht zu stark. Die Parazentese 
des Trommelfells geschah am 2.—4. Tage nach der Adenotomie. Der 
Eiterabfüluss dauerte vom 5.—30. Tage. In drei Fallen ist das Gehór 
vollständig wiederhergestellt worden. Bei zwei Kranken habe ich 
katarrhalische Ausschwitzung beobachtet, die ohne Behandlung vor- 
überging. Das Ohrenstechen, über welches sich die Kranken nach 
den Adenotomien oft beklagen, verschwindet gewóhnlich bald. 


Nervóse Traumen sind von mir vergleichsweise selten: beobachtet 
worden. Einen sehr interessanten Fall hatte ich im vorigen Jahre. 
Ich hatte bei einem 13jährigen Mädchen Adenotomie ausgeführt. 
Das Mädchen wies keine Erblichkeit oder sonstige Anomalien auf. 
Die Operation verlief ziemlich glatt; als das Mädchen aber ins Bett 
gelegt wurde, fiel es in eine Art Starrsucht, die ungefähr 15—20 
Minuten dauerte; Puls war verlangsamt, Atmung oberflächlich, das 
Gesicht leicht erblasst. Der weitere Verlauf war normal. 

Einmal habe ich kurzdauernden Kehlkopfkrampf beobachtet. 
Eine ziemlich langdauernde Parese des weichen Gaumens habe ich 
vor fünf Monaten gesehen. Ein 14jähriges Mädchen aus gesunder 
Familie kam zu mir wegen Näselns, das sich zwei Tage nach der 
Adenotomie gezeigt hatte. Die Operation wurde vor drei Monaten 
in Kiew vorgenommen. Ich stellte Parese des weichen Gaumens fest. 
Man darf annehmen, dass sie durch zu starke Dehnung des weichen 
Gaumens verursacht worden ist. 

Bei einem Knaben von 8 Jahren trat in der ersten Woche nach 
der Adenotomie auch Näseln auf, das sich jedoch mit der Zeit legte. 

An einem 11 jährigen Mädchen aus sehr nervöser Familie habe 
ich zwei Tage lang eine Nervenerregung beobachtet. 


486 S. M. Burack: Zur Kasuistik der Komplikationen etc. [10 


Von anderen Komplikationen, denen ich begegnet bin, will ich 
noch folgende beschreiben: Bei einer 18jährigen Sängerin nach 
Tonsillotomie einen peritonsillaren Abszess. Die ersten Symptome 
zeigten sich am zweiten Tage, am fünften Tage reichliche Entleerung 
von Eiter. Die Operation war rein aseptisch ausgeführt. Wahr- 
scheinlich hat sich hier ein anfangs unbemerkter Vorgang abgespielt, 
— die Kranke litt öfters an Mandelentzündung ). 

Wenn die Zähne lose sind, so kann man sie manchmal bei der 
Adenotomie loslösen, was mir einmal vorgekommen ist. Zum Glück 
fiel der Zahn aus dem Munde heraus. Diesen Umstand muss man 
berücksichtigen, da während einer Operation mit zurückgebogenem 
Kopf der Zahn leicht in die Luftróhre geraten kann. Von anderen | 
Autoren sind noch einige andere Komplikationen beschrieben worden, 
wie z. B. die Aspiration abgeschnittener Driisenstiicke und von Blut, 
Steckenbleiben der abgebrochenen Klinge einer Kurette im Nasen- 
rachen; starkes Reflexerbrechen; akuter Rheumatismus; Nebenhöblen- 
eiterung; Nierenreizung usw. Selbstverständlich sind solche Kom- 
plikationen sehr selten. 

Wenn man alle Komplikationen der Mandeloperationen, die in 
der medizinischen Literatur zerstreut sind, zu einem Bilde zusammen- 
fasst; wenn man alle Todesfälle, hervorgerufen durch Blutungen, An- 
steckungen, Ausbruch von Pseudoleukämie etc. und alle schweren, 
jedoch günstig ausgegangenen Fälle zusammenzählt; wenn man dazu 
in Betracht zieht, dass wir meistenteils Kinder und Erwachsene ope- 
rieren, die im Grunde genommen nicht zu schwer an ihren hyper- 
trophischen Mandeln leiden — sozusagen dem Äusseren nach gesund 
sind —, und dass ein misslungener, ja sogar verhängnisvoller Aus- 
gang in solchen Fällen für uns einen besonders tragischen Charakter 
trägt; wenn man also alles dies zusammennimmt, so kommen wir 
zu dem Schluss, dass eine Polypragmasie bei diesen Operationen 
entschieden verurteilt werden muss, dass für diese Operationen ge- 
nauere Indikationen aufgestellt werden müssen und dass womöglich 
in der Klinik operiert werden muss. 

1) Wroblewski hat 8 Fülle von peritonsillarem Abszess nach Tonsillo- 
tomie (unter 300 Kranken) und Sokolowski einmal (unter 150 Füllen) be- 
schrieben. 


Aus der Universititsklinik fiir Ohren-, Hals- und Nasenleiden, 
gegriindet von Frau J. Basanowa in Moskau. Direktor: Dr. St. 
von Stein. . 


Trichloressigsäureätzungen bei Kehlkopf- 
schwindsucht. 


Von 
K. Sytschow, Ordinator der Klinik. 


In letzter Zeit hat sich in der konservativen Therapie der 
Kehlkopfschwindsucht die Tendenz geltend gemacht, ein Präparat 
zu finden, das neben einer bakteriziden Eigenschaft auch die be- 
sässe, die Gewebe zu schneller Regeneration und Vernarbung anzu- 
regen. Als solches wurde vor etwa sieben Jahren von Professor 
Okuneff zur lokalen Behandlung der Kehlkopfschwindsucht die 
Trichloressigsäure vorgeschlagen, die er folgendermassen anwandte. 
Nachdem der Kehlkopf des Kranken mit 10%iger Kokainlösung 
anästhesiert worden war, betupfte Okuneff die zu ätzende Stelle 
unter Kontrolle des Kehlkopfspiegels mit einem auf eine Kehlkopf- 
sonde gewickelten, mit konzentrierter Trichloressigsäurelösung ge- 
tränkten Wattepinsel. Sogleich nach Berührung der Schleimhaut 
entsteht ein mehr oder weniger verbreiteter milchweisser Belag 
(Schorf). Die Ätzungen wurden gewöhnlich 2—3 mal wöchentlich 
vorgenommen. 

Die von Prof. Okuneff erzielten Resultate waren, seiner Be- 

*schreibung nach, geradezu erstaunlich; so erzählt er z. B. von 
einem Fall einer solchen Anwendung der Trichloressigsäure bei 
einem Offizier, dessen Kehlkopf grosse Ulzera und Infiltrate zeigte. 
Wahrend mehrerer Monate waren bei ihm von anderen Spezialisten 
und von Okuneff selbst Atzungen und Bepinselung der Kehle 
mit 80%iger Milchséure, 20%igem Parachlorphenol, einer 20%igen 
Lésung von Phenoli sulforicinici und anderén Mitteln vorgenommen 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 5. | 98 


488 K. Sytschow. (2 


worden, doch alles vergeblich. Da versuchte Okuneff zum ersten 
Male eine Atzung mit Trichloressigsáure und erhielt glanzende 
Resultate: die Dysphagie, der Husten und die Atemnot, welche den 
Kranken mehrere Monate gequält hatten, liessen schon nach den 
ersten Atzungen bedeutend nach, nach weiteren war die Dysphagie 
vollständig geschwunden, die Granulationen uud Infiltrate hatten 
abgenommen, die Atmung war frei und leicht und die Ulzera zeigten 
beginnende Vernarbung (es ist zu bedauern, dass der Autor nicht 
erwähnt, wie viele Ätzungen er ausgeführt hatte). 

Angesichts der vorzüglichen Erfolge, welche Okuneff in den 
von ihm beschriebenen Fällen erhalten hatte, entschloss sich Direktor 
St. von Stein nun dieses Mittel sowohl im Ambulatorium als 
auch bei den stationären Kranken der Basanowaschen Klinik 
anzuwenden. 

Im Laufe von vier Monaten habe ich die Trichloressigsäure- 
ätzung in 25 Fällen von Kehlkopfschwindsucht in verschiedenen 
Stadien, sowohl bei ernsteren wie bei leichteren Erkrankungen der 
Lungen, angewandt. 

Auf den Rat des Direktors der Klinik, Herrn v. Stein hin 
modifizierte ich auf Grund seiner zahlreichen Beobachtungen die 
Anwendungsart der Trichloressigsiure dahin, dass ich die trockne, 
fein-kristallinische Säure (Fabrik Merck in Darmstadt) zum Atzen 
benutzte. Letzteres bietet einmal den Vorteil, dass sie beim Atzen 
auf der Kehlkopfschleimhaut nicht so sehr auseinanderfliessen wie 
die konzentrierte Lósung, dann den weiteren, dass die Átzung mehr 
in die Tiefe dringt, was wiederum den Vorteil bietet, dass die 
Ätzungen nicht so oft wiederholt zu werden brauchen. 

Vor dem Ätzen wurde die Schleimhaut des Kehlkopfs und 
Rachens durch Betupfen mit einer Kokainlösung anästhesiert, wie 
sie in unserer Klinik benutzt wird, und zwar: 


Rp.: Cocaini muriatici 1,0 


Antipyrin 0,5 
Ac. carbolici 0,05 
Aq. destillat. 10,0. 


. Mit Wattepinsel aufgetragen. 


Antipyrin und Karbolsäure setzt man der Kokainlösung zu, ® 
um die Intensität und Dauer der Kokainwirkung zu erhöhen. Es 
können auch einige Tropfen Adrenalin zugesetzt werden. 

Nach der Kokainisation nimmt man mit der Spitze einer ge- 
wöhnlichen Kehlkopfsonde einen kleinen Trichloressigsäurekristall und 
bringt ihn vorsichtig unter Kontrolle des Kehlkopfspiegels auf den 
Geschwürsgrund oder auf die Infiltrate. Reicht ein Kristall nicht 


3J Trichloressigsäureätzungen bei Kehlkopfsch windsucht. 489 


aus, so trägt man auf dieselbe Weise mehrere nacheinander auf. 
Ein promptes Resultat kann von der Ätzung nur in dem Fall er- 
wartet werden, dass der Kristall auf die ulzerierte Fläche zu liegen 
kommt; ist diese Bedingung nicht erfüllt, so ist das Resultat ein 
weniger erfreuliches. 

Auf diese Art wurde manchmal der halbe Kehlkopf geätzt, 
wobei ich in keinem einzigen Falle Entzündungserscheinungen, Ódem 
oder gar die von Okuneff beschriebenen Kehlkopfspasmen be- 
obachtete. Was die Frage anbetrifft, wie tief die Trichloressigsäure 
ins Gewebe eindringt, so meinen Schwabe und Genkin auf 
Grund ihrer Beobachtungen folgendes: „Die Trichloressigsäure dringt 
bis zu einem Viertel oder Drittel in die Tiefe der Schleimhaut, 
zerstört aber nur das Epithel und die in unmittelbarer Nähe der 
Basalplatte befindlichen Elemente“. Dies gilt von der intakten 
Schleimhaut. Hat diese dagegen das Epithel verloren, so dringt die 
Säure in das Gewebe weit tiefer ein. Der Ätzschorf hält sich an- 
fänglich sehr kurze Zeit; bei abermaligen Ätzungen bleibt er länger 
haften und dient der ulzerierten Fläche gut als Schutz gegen eine 
wiederholte Infektion durch den Auswurf. 

Bei genügender Anästhesie sind die Ätzungen schmerzlos. Wie 
oft dieselben zu wiederholen sind, hängt gänzlich vom Verlauf des 
Prozesses und der Empfindlichkeit des Kranken ab. So kam es 
vor, dass ich 1, 3 bis 6 Ätzungen in der Woche machte. 

Wie schon erwähnt, habe ich die Trichloressigsäureätzungen 
in 25 Fällen angewandt, die sich in zwei verschiedene. Gruppen 
ordnen: 

Gruppe I. Tuberkulóse weiche Infiltrate. — Ich beobachtete 
drei Fälle. Unter dem Einfluss der Ätzungen verschwanden die 
Infiltrate, die in allen drei Fällen im Spatium interarythenoideum 
ihren Sitz hatten, in einem Fall nach 3 Ätzungen, im zweiten 
nach 4, im dritten nach 6. In allen drei Fällen wurden die Ätzungen 
alle 4—5 Tage vorgenommen. Es sei besonders erwähnt, dass bei 
allen drei Kranken von den Klinikern Phthisis pulmonalis dia- 
gnostiziert worden war. Die Resultate der Behandlung mit Trichlor- 
essigsäureätzungen waren somit bei der ersten Gruppe folgende: 
die.Infiltrate hatten bedeutend abgenommen, unbedeutende Uneben- 
. heiten und Verdickungen waren nur an der hinteren Wand zurück- 
geblieben. Die Symptome, welche die Kranken bewogen hatten die 
Klinik aufzusuchen, nämlich Heiserkeit, Husten und Schling- 
beschwerden, schwanden nach den Ätzungen. 

Gruppe Il. Die zweite, bei weitem grössere Gruppe umfasst 
22 Fälle. Es waren tuberkulöse, bald oberflächliche, bald tiefgehende 

33* 


490 K. Sytschow. [4 


Ulzera mit Infiltraten, Ödem und Granulationen. Bei 20 von diesen 
Kranken wandte ich ausschliesslich Ätzungen an, bei Kranken, die 
ausser den Geschwüren auch noch feste Infiltrate hatten, trug ich 
letztere, da sie der Ätzung allein nicht wichen, vor dem Betupfen 
mit Trichloressigsäure mit Cordesscher Kürette ab. Eine der- 
artige kombinierte Behandlung ergab vorzügliche Resultate. Die 
durch die Ulzera hervorgerufene Dysphagie nahm in den meisten 
Fällen schon nach den ersten Ätzungen ab. Mehrmaliges Ätzen hatte 
Reinigung der ulzerierten Flächen, Rosafärbung des Bodens und der 
Ränder nebst Bildung von festen rosafarbigen Granulationen zur 
Folge. Die weichen Infiltrate und Granulationen sowie das Ödem 
nahmen nach einigen Ätzungen rasch ab und schrumpften. In einer 
Anzahl von Fällen waren grosse Infiltrate und ödematöse Schwel- 
lungen vorhanden, welche einen tieferen Einblick in den Kehlkopf 
unmöglich machten. In solchen Fällen bewirkten schon 1—2 
Ätzungen der ödematösen Stellen allein ein solches Nachlassen des 
Ödems, dass es gelang, die meist unterhalb desselben verborgenen 
kraterförmigen Ulzera zu erblicken, worauf dann mehrmalige Ätzungen 
letzterer die Infiltrate und das Ödem zum Schwinden brachten. Eine 
Kombination von Geschwüren mit Infiltraten wich der Behandlung 
schneller als Infiltrate allein. 

Ehe ich zu den allgemeinen bei Anwendung der Trichloressig- 
säure erhaltenen Daten übergehe, will ich, um ein anschaulicheres 
Bild von dem Verlaufe der einzelnen Fälle zu geben, zuerst zwei 
Krankengeschichten anführen. 


Fall 1. Ambulatorische Behandlung. Der Kranke N., Hausknecht, klagt 
über Heiserkeit, Husten und Schlingbeschwerden. Etwa 2 Jahre leidend. Seit 
vorigem Herbst war die Sprache heiser und wurde immer heiserer. Im November 
stellten sich Schmerzen beim Schlingen ein, die im Januar dieses Jahres 
so stark wurden, dass der Kranke feste Speisen nicht mehr zu sich nehmen 
konnte und gezwungen war, sich von Flüssigkeiten zu nähren. Er kam schnell 
von Kräften, hatte keinen Appitit und magerte stark ab. 

Objektive Untersuchung: Über rechter Lungenspitze Dämpfung, verschärftes 
Atmen, verlängertes Exspirium. Zahlreiche Rasselgeräusche in der rechten 
Seite. Atmung nicht stertorós. Am Halse äusserlich keine Schwellung. Rachen- 
schleimhaut blass, Epiglottis ödematös, an der Rückseite eine ziemlich grosse 
ulzerierte Stelle, die von dem freien Rande der Epiglottis beginnend sich 
nach unten bis zum Kehlkopfeingang erstreckte. Die falschen Stimmbänder 
etwas Ödematös und hyperämisch. Beide Stimmbänder infiltriert und am hintern 
Drittel mit Erosionen bedeckt. Aryknorpel verdickt, hyperämisch. Beweglich- 
keit der Stimmbänder intakt. Aphonie und Dysphagie. 

1. Februar 1909. Erste Ätzung des Ulkus an der Epiglottis nach 
vorangegangenem Kokainisieren mit 100oiger Lösung. 

3. Februar. Zweite Atzung. Nach der ersten hatten die Schmerzen 
abgenommen. Der Kranke hatte Tags zuvor in Milch aufgeweichtes Weissbrot 








5] Trichloressigsäureätzungen bei Kehlkopfschwindsucht. 491 


essen können. Ein Schorf nach der ersten Ätzung fehlte. Atzung des Ulkus 
an der Epiglottis. 

6. Februar. Dritte Ätzung derselben Stellen. Dysphagie und Husten 
gelinder. 

9. Februar. Die ulzerierten Flächen werden reiner, der Boden. ebenfalls, 
die Ränder färben sich rosa. Keine Schluckschmerzen mehr. 

Vierte Ätzung. 

12. Februar. Fünfte Ätzung. Ödematöse Schwellung der Aryknorpel 
und der Epiglottis geringer geworden. Leichte Ätzung der Stimmbänder sowie 
des Ulkus an der Epiglottis. 

14. Februar. Sechste Atzung. Keine Dysphagie mehr: der Kranke 
hatte am Tage zuvor festere Nahrung genossen. Die ulzerierten Stellen werden 
immer reiner. Husten geringer. Allgemeinbefinden gut. 


Fall 2. Stationáre Behandlung. 

P. 37 Jahre alt, Beamter, wurde behufs Tracheotomie wegen Larynx- 
stenose durch tuberkulóse Infiltrate in die Klinik aufgenommen. Patient er- 
krankte im November des Jahres 1907. Er stammte aus einer schwindsüchtigen 
Familie. Untersuchung der Larynx: die Epiglottis etwas ódematós und hyper- 
ämisch, beide Stimmbänder an ihrem hinteren Ende infiltriert, am freien 
Rande und der oberen Fläche ulzeriert; mit einem schmutzig-grauen Belag 
bedeckt. Aryknorpel stark Ödematös, besonders rechts, an ihrer Innen- 
seite grosse, bis auf die Hinterwand des Larynx und der Trachea reichende 
Ulzerationen. Bewegung der Stimmbánder sind erschwert, Aphonie und Dys- 
phagie; letztere bei flüssiger Nahrung stürker. 

- . Vor der Tracheotomie wurden 5 Ätzungen mit Trichloressigsäure ge- 
macht. Die Dysphagie und der Husten nahmen bedeutend ab; das Ödem und 
die Infiltrate blieben unverändert. Tracheotomie (v. Stein). 

Die Atzungen des Larynx wurden fortgesetzt und zwar 17mal nach 
der Tracheotomie. Die ulzerierten Stellen vernarbten, die Infiltrate und das 
Ödem schwanden, die Dysphagie und der Husten vergingen. In diesem Zu- 
stande reiste Patient in die Krim. Dr. V. Owsianikoff teilte mit, dass 
bei Untersuchung des Kehlkopfs die ulzerierten Stellen vernarbt waren. Der 
Kranke starb an Lungenschwindsucht. 


Bei der Betrachtung der Gesamtresultate der Behandlung mit 
Trichloressigsäure sind folgende Punkte zu beobachten: 

a) Linderung der Dysphagie: 

In 15 Fällen verging die Dysphagie nach 1 Ätzung, 


n 4 n ” ” » „n 2 Atzungen, 
» 2 » n ” nm » 9 nm 
n 1 » ” » » e 6 ” 


b) Verlauf der Ulzerationen: _ 
Die ulzerierten Stellen begannen sich zu reinigen 
in 3 Fällen nach 2 Ätzungen, 
in 1 Fall nach 3 Ätzungen, z 
in 2 Fallen nach 4 Atzungen, 
in 1 Fall nach 5 Atzungen, 


492 K. Sytschow. [6 


in 4 Fallen nach 6 Atzungen, 
in 1 Fall nach 10 Atzungen. 
Das Ulkus reinigte sich nicht in 1 Fall nach vielen Atzungen. 
Heilung kleiner Ulzera erfolgte in 4 Fallen, 
Besserung des Prozesses in 12 Fällen, 
ohne Besserung in 2 Fällen. 


c) Verminderung des Hustens. und der Aphonie: 

Wenn der Husten nach den Ätzungen auch nicht ganz auf. 
hörte, so wurde er doch in vielen Fällen geringer und die An- 
fälle traten seltener auf. Auch die Aphonie verschwand in einigen 
Fällen vollständig, und die Stimme bekam beinahe ihren früheren 
Klang. In anderen Fällen blieb zwar die Heiserkeit, aber die Stimme 
ermüdete nicht. 

In 3 Fällen wurde die Trichloressigsäure ferner. bei tuber- 
kulösen Ulzerationen der Zunge und in 1 Fall bei solchen des 
Zahnfleisches angewandt. In allen Fällen trat schon nach der ersten 
Ätzung Linderung der Schmerzen ein. Die Ätzung geschah hier 
durch Unterschieben eines kleinen Kristalls unter die überhängen- 
den Ränder-Ulzerationen, sie vernarbten alle. Alle Kranken wurden 
ausser der lokalen Behandlung durch die Ätzungen auch noch einer 
Allgemeinbehandlung unterworfen. 

Auf Grund dieser meiner, wie ich zugebe, zwar noch wenig 
zahlreichen Beobachtungen, kann man doch folgende Schlüsse ziehen: 


1. Die Trichloressigsäure rief in keinem meiner Fälle irgend- 
welche Komplikationen (Ödem, Stenosierung) hervor. Die Technik 
ist sehr einfach, die Ätzung selbst nicht schmerzhaft und bewirkt 
keine entzündliche Reaktion, wie es die galvanokaustische Ätzung tut. 

2. Das Verschwinden der Dysphagie hat eine Besserung der Er- 
nährung zur Folge, was wiederum wohltuend auf die Psyche und 
den Allgemeinzustand wirkt. 

3. Acid. trichloraceticum ist das einzige unter allen bekannten 
Mitteln, das auf die Ulzerationen energisch reinigend wirkt, und 
deren Vernarbung fördernd und dabei doch nur eine kurzdauernde 
und unbedeutende Reaktion hervorruft. 

4. Infolge ihrer stark bakteriziden Eigenschaften tötet die 
Trichloressigsäure die verschiedenen Mikroorganismen, die auf dem 
Geschwürsgrund angesiedelt sind und hauptsächlich die ödematöse 
Schwellung der Gewebe hervorrufen. Deshalb muss man es sich 
zur Regel machen, sobald Ödem vorhanden ist, stets nach Geschwüren 
zu suchen, die häufig in der Tiefe des ödematösen Gewebes ver- 
borgen liegen; nach ihrer Ätzung fällt das Ödem sehr bald ab. 


1] Trichloressigsäureätzungen bei Kehlkopfschwindsucht. 493 


Indem die Säure die an der Oberfläche lebenden Streptokokken, 
Staphylokokken und andere Mikroorganismen tötet, regt sie zugleich 
das umliegende Gewebe zur Proliferation an und bewirkt dadurch 
schnelle Vernarbung. 

Auf Grund der von Okuneff, von Stein!) und mir ge- 
machten Beobachtungen kann die Trichloressigsáure heutzutage für 
das wirksamste Mittel für die. lokale Behandlung der Kehlkopf- 
schwindsucht angesehen werden. 


Literatur. 


1. St. von Stein, Acidum trichloraceticum bei Erkrankungen der Nase, 
der Kehle und des Ohres. Medicinskoje Obozrenje. Nr. 20. 1889 (russisch). 

3. Derselbe, L'acide trichloracétique dans les maladies de la gorge et 
du nez. Congrés international d'otologie et de Laryngologie tenu à Paris 
du 16 au 21 Septembre. Comptes Rendues et Mémoires. p. 101—408. 1889. 

3. Derselbe, Ein weiterer Beitrag zur Anwendung des Acidum trichlor- 
aceticum. Monatsschrift f. Ohrenheilk. Nr. 1. 1894. 

4. W. Okuneff, Un essai de traitement des affections tuberculeuses du 
pharynx et du larynx par l'acide trichloracétique. Archives internat. de 
laryngologie, d'otologie et de rhinologie. Mars—avril 1905. p. 419—423. 

. Genkin, Atzungen in der Nase mit Höllenstein, Trichloressigsäure und 
Chromsäure. Moskau. Inaug.-Dissert. 1902 (russisch). 


Qn 





1) In 11 Fallen aus Dr. von Steins Privatpraxis wich die Dysphagie 
schon nach den ersten Atzungen und die Kehlkopfgeschwiire bedeckten sich 
mit Granulationen und vernarbten. In 2 Fällen von tuberkulösen Ulzerationen 
des weichen Gaumens und der Mandeln erfolgte nur zeitweilige Erleichterung — 
Linderung der Schluckschmerzen. 


Ehrlieh Hata in der laryngologischen Praxis. 


Von 
Georg Avellis, San.-Rat, Frankfurt a. M. 


Die Redaktion dieser Zeitschrift hat mich gebeten, einige Notizen 
über das neue Syphilismittel mitteilen zu wollen, soweit es unsere 
Spezialität betrifft. Ich komme dieser Aufforderung nach, nicht 
weil es möglich ist, neue Tatsachen den Kollegen zu übermitteln, 
sondern weil auch der kurze Zeitraum der eignen Anwendung doch 
Gesichtspunkte ergeben hat, die in der Praxis um deswillen sehr 
wertvoll in der allernächsten Zeit sein werden, da von Mitte Dezember 
ab das Mittel zu jedermanns Gebrauch freigegeben sein wird. 

Zunächst von der Art der Einspritzung und dem Ort derselben. 
Die Zukunft wird weder die subkutane noch die intramuskuläre 
Einspritzung haben, sondern die intravenöse, die nicht so einfach 
ist, als sie gewöhnlich hingestellt wird. Die subkutane ist oft hinter- 
her sehr schmerzhaft, es geht auch bei guter Asepsis nicht immer ohne 
Hautnekrose ab; die intramuskuläre ist die von mir selbst auch 
ausgeübte und zwar in die tiefe Schultermuskulatur. Ich selbst habe 
keinen Unfall dabei gehabt, aber Fälle von anderer Seite hier in 
Frankfurt kennen gelernt, wo es sich um eine spät auftretende 
tiefe Nekrose mit Muskelzerfall handelte, auch wo bei schlecht ge 
wählter Stelle im Glutäus eine schwere Ischiasschädigung herbei- 
geführt wurde. Dabei ist nicht bloss die Ungeschicklichkeit des 
Arztes anzuklagen, der die Einstichstelle in allzugrosse Nähe des 
Nerven gelegt hat, es ist auch von pathologisch-anatomischer Seite 
hervorgehoben worden, dass das Arsenobenzol ein Gift sei, das weit 


496 Georg Àvellis. [2 


über sein Lokalbereich zu schwerem Muskel- und Nervenverfall 
führen kann. 

Die Zukunft wird also nach Ansicht der massgebenden Kreise 
der intravenösen Injektion gehören, deren Technik sich wohl erst 
noch befestigen wird. Wer keine grössere Übung sich darin ver- 
schaffen kann, wird leicht danebenhauen und die Vene verfehlen. 
Am leichtesten ist es meiner Meinung nach und nach dem, was ich 
bei anderen Ärzten gesehen habe, die Vene einfach auf chirurgische 
Weise unter Lokalanästhesie frei zu legen, ohne Jodtinktur vor- 
her auf die Haut zu pinseln, wie ich es nach Ehrlichs Vorschrift 
bei meinen muskulären Einspritzungen getan habe. Mit Jodtinktur 
macht man die Haut hart und undurchsichtig. Wahrscheinlich wird 
später die intravenöse Injektion der erste Eingriff bei frischer Syphilis 
sein, dem in einem Zwischenraum Hg-Kur oder intramuskuläres 
Depot von 606 folgt. — 

Die Anführung einzelner eingespritzter Fälle von Lues halte 
ich für überflüssig, da das zu einer monotonen Aufzählung von 
Luessymptomen würde. Ein primäres Ulkus auf der rechten Tonsille 
ist in 10 Tagen geheilt gewesen, nach !/, Tag schon schmerzlos, 
ein Fall von ewig wiederkehrenden Zungenplaques, kombiniert mit 
8 grossen Rüpiastellen auf dem Unterschenkel, der seit sechs Jahren 
von anderer Seite und seit 1/, Jahr von mir mit völliger Nutzlosig- 
keit in bezug auf Dauerheilung mit Hg und Jod behandelt worden 
ist, ist tatsächlich auf eine Einspritzung von 0,8 Arsenobenzol in 
3 Wochen geheilt worden. Ob auf die Dauer, weiss ich nicht, doch 
war der Mann durch die alte Methode überhaupt nicht zur Aus- 
heilung zu bringen gewesen, so dass sogar während der Hg-Behand- 
lung neue Luessymptome aufgetreten waren. 

Für solche Fälle ist die neue Entdeckung Ehrlichs schon 
jetzt unentbehrlich geworden und ein direkter Segen für Arzt und 
Patient. 

Ein anderer Fall betraf ein kleinzelliges Sarkom des Velums, 
der linken Mandel etc., das meiner Ansicht inoperabel war und 
sich durch so merkwürdigen Verlauf auszeichnete, dass ich an der 
pathologisch-anatomischen Diagnose fast irre werden wollte. Es ver- 
schwand nämlich auf Arsen und Jod im Laufe eines Jahres der 
ursprüngliche Tumor, der an der rechten Mandel und dem Zungen- 
grund zwei anscheinend isolierte Tumoren bildete, während im 
Velum und an der linken Mandel ein erheblich grösserer Tumor 
sich bildete. Wassermann war zwar negativ, doch wurde der 
Versuch mit 606 gemacht, freilich ergebnislos. — 

Bei einem Tabesfall konnte die frische Postikusláhmung nicht 
rückgüngig gemacht werden. 


3] Ehrlich Hata in der laryngologischen Praxis. 497 


Aus der Literatur fiige ich noch einige Daten hinzu, soweit 
sie fiir das Spezialgebiet ein besonderes Interesse haben. 

Die ,,eeklatante Wirkung" solcher Fälle von tertiärer Lues, die 
auf Hg und Jod nicht reagieren, hebt Iversen in Petersburg be- 
sonders hervor, analog dem eignen Falle, den ich oben erwähnte. 
Er hat nach der Injektion die Lymphdrüsen steril punktiert und 
keine Spirochäten mehr darin feststellen können, die er vorher 
gefunden hatte. Also rascheste Abtötung der Spirochäten. 

Wechselmann (Berlin) spricht von den unangenehmen Er- 
fahrungen, die er mit Nekrosen gemacht hat, die erst spät (2 bis 
3 Wochen nachher) auftreten und hebt die individuelle Verschieden- 
heit der Ertragsgrenze hervor, rät dabei zu exspektativem Verhalten. 
in der Hoffnung, dass sich ein Teil des geschädigten Gewebes er- 
holen kann. | 

Mickley von der Berliner Universitüts-Hautklinik berichtete, 
dass die „Schleimhauterscheinungen der sekundären Periode sehr 
günstig reagieren. Plaques, Angina specifica bildet sich ohne lokale 
Therapie sehr schnell zurück." Er vergleicht es mit Behrings 
Serum bei Diphtherie, freilich ein schlechter und unlogischer Ver- 
gleich. Acht Tage nach der Injektion waren die Plaques geschwunden, 
was ich aus eigner Wahrnehmung bestätigen kann. Dagegen geht 
die Roseola sehr langsam zurück! 

‘Die Frage der Versager rückt freilich auch immer näher! 
C. Stern aus Düsseldorf spricht von Plaques im Hals, die bei 
606 rezidivierten, von einem Primäraffekt mit Exanthem, das schon 
18 Tage nach der Behandlung rezidivierte. 

Martin Friedlander (Berlin) sah 15 Fälle von Schleim- 
hauterkrankungen, welche sich im Mund, der Nase, dem Kehlkopf 
und der Trachea abspielten und günstig beeinflusst wurden. Darunter 
ein sehr wichtiger Fall! Ein junges Mádchen, das vergeblich Sehmier- 
und Spritzkuren, Jod und Zittmann gebraucht und nicht schlucken 
konnte, vermochte nach 24 Stunden schmerzlos zu schlucken! Nach 
13 Tagen wurde sie geheilt entlassen. Bei einer anderen Frau mit 
gummöser Lues verschwand zugleich das Asthma! (Auf wie lange?) 

Noch eine Bemerkung bezüglich der Abheilung von Plaques. 
Man sieht öfters eine entzündliche Reaktion, die eine rote Zone 
um die Plaques bildet, eventuell geht auch die weitere Umgebung 
der Rachenschleimhaut zu einer erheblichen Röte über. Man kann 
das, wenn es in einzelnen Fällen auftritt, Herxheimersche 
Reaktion nennen, da man darunter ein starkes Reagieren der 
Juetischen Erscheinungen bei antiluetischen Kuren bezeichnet. — 

Wir resümieren, dass ein grosser Teil der Erfolge eklatant ist. 


498 Georg Avellis. [4 


Dass es Fälle gibt, die auf die alten Mittel nicht reagieren 
und glänzend durch 606 beeinflusst werden und zeitweise geheilt, 
vielleicht auf die Dauer. 


. Dass die Besserung sehr rasch eintritt, die auffallende Schmerz- 
beseitigung bei Halslues sogar schon nach Stunden bemerkt wird, 
noch ehe eine anatomische Besserung sichtbar ist. (Abstumpfung 
des Spirochátengiftes !) 

Dass eine Kombination mit den alten Mitteln zulässig ist, zuerst 
aber der raschen Abtötung wegen das 606 angewendet werden sollte. 


Dass wichtige Schädigungen bei Vorsicht nicht beobachtet 
worden !) sind, der Glutäus wegen Ischias zu vermeiden sein dürfte. 


Dass die Wassermannreaktion nicht gleich negativ wird. Auch 
bei meinen früher untersuchten, mit den alten Mitteln behandelten 
Fällen ist trotz klinischer Heilung der Wassermann noch lange 
positiv gewesen! (Überhaupt ist diese Frage noch im Fluss und 
meiner Meinung nach, jeden positiv Reagierenden für krank zu er- 
klären und behandeln zu wollen, nicht durch die Erfahrung des 
ruhig denkenden Arztes bestätigt und gerechtfertigt.) 


Dass es leider trotz der vielen Mitarbeiter noch immer noch 
nicht gelungen ist, eine haltbare gebrauchsfertige Lösung des 606 
herzustellen, so dass die umständliche und mühevolle Methode des 
Lösens resp. Aufschwemmens direkt erst zu erlernen ist. 


Zum Schluss wiederhole ich hier eine Anleitung zur Herstellung 
der Injektion für tiefe Einstiche, zum Gebrauch für solche Leser, 
die die genaueren verschiedenen Lösungsmethoden nach Alt, 
Wechselmann nicht zur Hand haben. 


Das Pulver wird in einem Schröpfkopf zur leichteren Lösung 
mit 0,3 Methylalkohol vermischt, mit einem Glasstab zu einer 
klebrigen Masse verrieben, dann werden 10 ccm warmes destilliertes 
Wasser zugesetzt. Zu der nach stetem Umrühren völlig gelösten 
Flüssigkeit werden nacheinander kleine Mengen (2 resp. 1 ccm) 
normale Natronlauge gegossen, bis die anfängliche Emulsion sich 
wieder gelöst hat, sodann tropfenweise Normal-Essigsäure bis zur 
schwachen Alkaleszenz zugesetzt, bis die klare Flüssigkeit schwach 
alkalisch ist. Dieselbe wird in einem Messzylinder auf 20 cem 
Wasser aufgefüllt. (An den Wänden des Schröpfkopfes bleiben Spuren 
eines bernsteingelben Niederschlages haften, welcher, wie es scheint, 
noch nicht genau analysiert ist, aber nach der Untersuchung 

1) Einzelne Idiosyncrasien gegen Arsen auch in dieser Form sind schon 


publiziert, darunter ein Todesfall. Ganz ohne Gefahr kann ein derartiges Spiro- 
chätengift nicht sein und auch in Zukunft nicht gefunden werden. 


5| Ehrlich Hata in der laryngologischen Praxis, 499 


Spuren von Arsen enthált) Von jenen 20 cem wird je eine Hilfte 
an zwei Korperstellen injiziert. 

Münchener med. Wochenschrift 25. X. 1910. S. 22/23. (Aus 
dem Stadtkrankenhause II Hannover, dirig. Arzt: Geh.-Rat Dr. 
Fischer. Unsere Erfahrungen mit dem Ehrlichschen Mittel 
5006" von Dr. Hans Ritter.) 

Am 9. XII. 10 hat Ehrlich selbst in Frankfurt im Vortrags- 
zyklus der árztlichen Fortbildungskurse ein Resumé über alle bei 
ihm eingegangenen Erfahrungen betr. 606 gegeben, dessen teilweisen 
Inhalt wir nachstehend referieren. Vorher nur noch einige Be- 
merkungen. 606 wirkt am eklatantesten bei tertiärer und maligner 
Form. Warum? Ich denke, weil bei dieser nur sehr spárliche 
Spirochäten sich im menschlichen Körper befinden, so dass es Mühe 
kostet, sie überhaupt mikroskopisch nachzuweisen, dagegen bei der 
sekundären Form (2—6 Monate nach dem Primäraffekt) ist der Körper 
mit den Syphiliserregern überschwemmt, so dass es unmöglich ist, 
alle abzutöten, daher die nicht zu kleine Zahl von Rezidiven. 

Erkrankungen des Sehnerven entzündlicher Natur nach einer 
606-Kur ist auch hier beobachtet worden, ebenso anderwärts des 
Akustikus. Die Erklärung dafür gibt Ehrlich selbst weiter unten. 

Bei Herz- und Hirnkrankheiten hat sich das Mittel als ge- 
fährlich erwiesen. Ebenso ist zu warnen, wenn schon früher Kuren 
mit anderen Arsenpräparaten vorausgegangen sind. 

Die Therapia sterilisans magna als Regel bleibt freilich 
heute noch ein unerfüllter, vielleicht zu schöner Wunsch und die 
ökonomischen Folgen solch wunderbar leichter Kur werden sich 
auch nicht einstellen, wie sie die Tageszeitungen schon antizipiert 
haben und gar den Kurorten den Stillstand prophezeit haben. 

Wir lassen jetzt noch einen Auszug aus dem offiziellen Referat 
des letzten Ehrlichschen Vortrags folgen, soweit er für die Leser 
dieses Blattes. Interesse hat. 

Mit Sicherheit ist festgestellt, dass das Präparat eines der 
mächtigsten spezifischen Heilmittel gegen die Syphilis darstellt, das 
vielfach die anderen Mittel an Wirkung bei weitem übertrifft 
und besonders bei denjenigen Fällen, bei denen die bisherigen Mittel 
nicht angewendet werden können, nicht mehr entbehrt werden kann. 
Bekannt sind ja die geradezu wunderbaren und zauberhaften Hei- 
lungen bei schwersten syphilitischen Kopfschmerzen und Schluck- 
beschwerden. Wenn trotzdem noch ein gewisses Misstrauen wegen 
eventueller schädlicher Nebenwirkungen des Präparats auf Auge und 
Ohr besteht, so ist dies auf irrige, auch absichtliche Entstellungen 
zurückzuführen. Was die Schädlichkeiten auf den Sehnerven 


500 Georg Avellis. [6 


anbetrifft, so konnte bereits im September festgestellt werden, dass 
damals unter 8000 Fallen nicht ein einziger Erblindungsfall vor- 
gekommen war. Obwohl seit dieser Zeit die Zahl der Behandlungs- 
fálle sich verdreifacht hat, ist nur über einen Fall von Sehnerven- 
atrophie berichtet worden, der nach Einspritzung mit ,,606" auf. 
getreten ist. Aber dieser eine Fall war vorher längere Zeit intensiv 
mit anderen Arsenpräparaten behandelt worden und Ehrlich be- 
tont mit allem Nachdruck, dass aus früheren Erfahrungen bekannt 
ist, dass vorausgehende Arsenkuren das Auge gegen die gleichen 
oder andere Arsenpräparate besonders empfindlich machen. Wenn 
das Präparat wirklich schädigende Wirkungen auf den Sehnerven 
ausüben würde, so müssten nach den Erfahrungen beim Atoxyl 
bis jetzt 250 bis 500 Erblindungen nach ,,606" aufgetreten sein. 
Im Gegenteil, eine grosse Anzahl von syphilitischen Netzhaut- 
alfektionen ist durch ‚606° mit glänzendem Erfolg behandelt worden. 

Ehrlich besprach dann die Feststellungen mancher Autoren, 
welche einige Monate nach Einspritzung von „606“ Erscheinungen 
an Augen-, Ohren- und Gesichtsnerven haben auftreten sehen und 
welche diese Affektionen dem Präparat zur Last legen. Ehrlich 
erklärte ungezwungen das Auftreten dieser Krankheitserscheinungen 
als syphilitische Krankheitsprozesse, die dadurch bedingt werden, 
dass einzelne Krankheitsherde resp. Syphiliserreger sich gerade an 
diesen Stellen der Einwirkung des Mittels entzogen haben. Bekannt- 
lich sind die Nerven sehr arm an Blutgefässen, wodurch das Hin- 
gelangen des Präparats an die betreffenden Krankheitsherde erschwert 
wird. Schon Wechselmann hat diese Ansicht ausgesprochen 
und die Erscheinung tritt noch besonders zutage, wenn die Nerven 
noch durch enge Knochenkanäle zu passieren haben. Was aber 
überzeugend gegen die Ansicht spricht, dass es sich um eine toxische 
Nebenwirkung des Präparats handelt, ist die Tatsache, dass diese 
Affektionen zum Teil durch eine zweite Injektion von ,,606‘ oder 
durch andere antisyphilitische Mittel zur Heilung gekommen sind. 
Es handelt sich also in diesen Fällen nur um Rezidive, die 
sich durch die Art ihrer Lokalisation besonders bemerkbar machen 
und die auch schon bemerkt worden sind, als man noch nicht mit 
„606°, sondern nur mit Quecksilber behandelt hat. Ehrlich be- 
richtete über neun Fälle dieser Art, die er aus einem relativ 
kleinen Teil der bei ihm eingelaufenen Krankheitsgeschichten hat 
sammeln können, und er erblickt in dem Auftreten dieser Rezidive 
eine nichi vollständige Sterilisation des Körpers, der gerade in diesem 
Stadium mit Krankheitsprodukten überschwemmt ist, und die nur 
entsprechend dem Sprichwort: „Greif niemals in ein Wespennest, 
doch wenn du greifst, so greife fest“ vollständig erzielt werden kann. 


1] Ehrlich Hata in der laryngologischen Praxis. 501 


Aus der Wiener Univ.-Ohrenklinik wird von mehreren Er- 
krankungen des Nerv. cochlearis berichtet nach 606, die nach 2 bis 
3 Wochen wieder von selbst in Heilung übergingen. Die Erklärung 
wird in einer schwellenden Entzündung des Nerven nach 606 ge- 
sucht, gleichsam eine Herxheimersche Reaktion und nicht in 
einer Arsenvergiftung, die irreparabel wäre. 

Ehrlich belegte an Handen der Publikationen und der bei 
ihm eingelaufenen Berichte die Richtigkeit obiger Erfahrung und 
bewies durch Statistiken die Überlegenheit der sauren und alkalischen 
Lösungen gegenüber der bisher meist angewandten neutralen Emul- 
sion; auch die Einverleibung des Präparats durch die Venen und 
eventuelle zweite Injektionen bringen grösseren Heilerfolg, wie sich 
dies einesteils aus dem Verschwinden der Wassermannschen 
Reaktion, andererseits aus dem Freibleiben von Rezidiven ergibt. 
Und zwar wurden diese Beobachtungen zum Teil in Militärhospitälern 
gemacht, wo eine fortlaufende Beobachtung fast aller Patienten mög- 
lich ist, wie dies auch von Gennerich in Kiel, von Schultz in 
Strassburg, Doerr in Wien der Fall, was teils auch in städtischen 
Krankenhäusern, z. B. von Weintraud in Wiesbaden, von 
Schreiber in Magdeburg, von Dichot in Brüssel, von Fabry 
in Dortmund beobachtet worden ist. Schliesslich braucht man sich 
bei einem kräftigen Angriff awf die Krankheit, um sie vollständig 
zu beseitigen, nicht auf eine einmalige oder zweimalige Injektion 
des Präparates zu beschränken, sondern kann noch Quecksilberkuren 
einschieben, also eine Kombinations-Therapie anwenden. 

(Der Preis des Mittels beträgt 10 Mark pro Dosis, in fertigem 
frisch zubereiteten Zustand aus den Apotheken 13 Mark.) 


Aus der königl. ungar. Universitätsklinik für Nasen- und Kehl- 
kopfkrankheiten in Budapest. (Professor Dr. Onodi.) 











Ehrlich - Hatas Arsenobenzol bei syphilitischen 
Erkrankungen der oberen Luftwege!) 


Von 


Dr. J. Safranek, 
Assistent der Klinik. 


Bevor ich über unsere Erfahrungen mit dem Ehrlich-Hata- 
schen Syphilisheilmittel berichte, möchte ich in Kürze die allgemeinen 
(resichtspunkte hervorheben, welche bei der Beurteilung der Wirkung 
des neuen Heilmittels jenen Fachgenossen, die sich mit dieser Frage 
eingehender nicht befassten, zur Richtschnur dienen können. 

Bekanntlich wurde die Sypbilidologie in den letzten Jahren, in einer in der 
Geschichte der Medizin fast einzig dastehenden Weise sozusagen Schlag auf 
Schlag mit einer Reihe wichtiger, wissenschaftlicher Erfindungen bereichert, als 
da sind: die Übertragbarkeit der Syphilis auf einzelne Tiergattungen, die Ent- 
deckung der Spirochäten und die Serodiagnose, welche Errungenschaften das 
Studium der Probleme der Pathologie und Therapie in neue Bahnen lenkten. Für 
die Therapie bildete die Erkenntnis der spezifischen Heilwirkung der organischen 
Arsenpräparate einen Wendepunkt. Als nämlich anf Grund der Uhlenhut- 
Hoffmannschen Erfahrungen, wonach das Atoxyl einzelne Spirillosen günstig 
beeinflusst, diese Präparate im Ehrlichschen Institute systematisch untersucht 
wurden, erkannte der grosse Forscher die wahre chemische Beschaffenheit des 
Atoxyls und dass eigentlich die Reduktionsprodukte der Arsanilsäure wirksam 
sind, stellte neue organische Prüparate her und schuf die auf bestimmten Ge- 
setzen der synthetischen Chemie basierende Chemotherapie der Spirillosen. In 
der Praxis ergab sich nämlich, dass die zur Atoxylgruppe gehörigen fünfwertigen 
. Präparate wohl bei einzelnen parasitären Krankheiten mehr oder weniger wirk- 
sam sind, gleichzeitig jedoch auf den Organismus schädlich wirken, indem die 
Gefahr der Optikusatrophie besteht, also dass sie im Sinne der Eh rlichschen 
Auftassung „parasitotrop“ sind, d. h. infolge ihrer chemischen Affinität sich an die 





!) Nach einem, im Budapester kónigl Árzteverein am 19. Nov. 1910 ge- 
haltenen Vortrage. 


Zeitachrift fir Laryngologie. Bd. TIT, H. 5. > 34 


504 J. Safranek. | [2 


Parasiten anheften und vermóge ihrer Giftwirkung diese abtóten, doch gleich- 
zeitig einzelne Organe des Wirtes schüdigen, d. h. auch „organotrop“ sind. Hin- 
gegen zeigte sich von den von Ehrlich hergestellten dreiwertigen Arsenprüpa- 
raten, namentlich vom Dioxydiamidoarsenobenzol, dass es bei Spirillosen, so auch 
bei experimenteller Tiersyphilis sämtliche Parasiten auf einen Schlag vernichtet, 
ohne ,,organotrop'" zu sein: es gelang sonach die ,,Therapia sterilisans magna“. 

Die dem Arsenobenzol zugeschriebene parasitotrope Wirkung fand beim mit 
Spirochäten infizierten menschlichen Organismus in dem Sinne Bestätigung, als 
die Spirochäten in der überwiegenden Zahl der Fälle bei frischen syphilitischen 
Prozessen (Chancre, Papeln, Schleimbautplaques) nach Anwendung des Heilmittels 
auffallend rasch verschwanden; doch das Arsenobenzol erwies eine heilende 
Wirkung auch bei solchen luetischen Gewebsveränderungen, in welchen Spirochäten 
kaum oder nur sehr spärlich vorkommen, wie bei Tumoren und Ulzerationen der 
tertiären und malignen Formen, in welcher Beziehung auch unsere eigenen Er- 
fahrungen lehrreiche Daten liefern. Wenn wir schliesslich die Resultate in Be- 
tracht ziehen, welche sich in Fällen angeborener Syphilis der Säuglinge nach Be- 
handlung der Mutter mit Arsenobenzol ergeben haben, erscheint die Auffassung 
sehr plausibel, dass das Arsenobenzol ausser der Vernichtung der Spirochäten 
eine Reaktion im Organismus auslöst (vielleicht im Wege der durch Vernichtung 
der Spirochäten frei gewordenen Endotoxine), als deren Resultat sich in den 
meisten Fällen eine entschiedene Heilungstendenz zeigt, welche oft eine staunens- 
wert schnelle Heilung der syphilitischen Erscheinungen zur Folge hat. 

Bezüglich der dem Arsenobenzol zugeschriebenen zweiten Eigenschaft sind 
die bisherigen Erfahrungen auch ziemlich günstig, nachdem man eine „organo- 
trope‘ Wirkung, d. h. eine wesentliche und bleibende Schädigung der lebens- 
wichtigen Organe nicht erfahren hat oder wenigstens verhültnismüssig sehr 
selten. 

Doch es ergab sich auch, dass die Hoffnung des berühmten Erfinders auf 
eine ,Therapia sterilisans magna“ sich bei der menschlichen Syphilis nicht erfüllt 
hat, wenigstens nicht in dem absoluten Sinne des Wortes; denn wir müssen 
als Tatsache konstatieren, dass schon bisher, wenn auch in einer relativ geringen 
Zahl der Fälle das Präparat sich vollkommen wirkungslos erwies, in einer be- 
deutenderen Zahl der Fälle aber nach kürzerer oder längerer Zeit sich Rezidive 
zeigten, und es ist höchst unwahrscheinlich, dass dieser Misserfolg einer ver- 
fehlten Anwendung des Heilmittels zuzuschreiben sei, und schliesslich wenn auch 
die durch das Syphilisvirus verursachten Erscheinuugen vergangen sind, so ist 
nicht in jedem Falle das lebensfähige aktive Virus selbst aus dem Organismus 
verschwunden,. wofür das Verhalten der Wassermannschen Seroreaktion die 
Aufklärung gibt. Diese Gesichtspunkte sind bei Beurteilung der Endresultate 
des Präparates von grosser Bedeutung und ihre Betonung erscheint wegen der 
hie und da sich äussernden Begriffsverwirrung über die Wirkung des Heilmittels 
notwendig. | 

Wenn man in Betracht zieht, dass die Syphilis auf dem Gebiete 
der oberen Luftwege überall und in jedem Stadium vorkommen kann, 
hauptsächlich aber im zweiten Stadium sehr oft — fast regelmässig 
-- auf dem Gebiete der Rhino-Laryngologie effloresziert und dass 
auch die tertiären Erscheinungen hier sehr häufig sind, welche einen 
bedeutenden Prozentsatz der III. luetischen Erkrankungen bilden, 


schien die Behandlung mit Arsenobenzol vom Standpunkte der Nasen- 


3] Ehrlich-Hatas Arsenobenzol bei syph. Erkrank. d. ob. Luftwege. 50» 


und Kehlkopfheilkunde von eminenter Bedeutung, und es zeigte sich 
infolge der gleich am Anfange der Versuche gewonnenen Resultate 
die Notwendigkeit, dass die Wirkung der Behandlung bei luetischen 
Veränderungen der oberen Luftwege eindringlicher beobachtet werde, 
was um so notwendiger war, als der Natur der Sache gemäss die 
klinischen Mitteilungen zumeist von dermatologischen Abteilungen er- 
folgt sind und die spezielle rhino-laryngologische Fertigkeit bean- 
spruchenden Fälle, resp. deren klinisches Verhalten des näheren nicht 
erörtert wurde. | 

Im Auftrage meines Chefs, Herrn Professors Ónodi, beob- 
achtete ich eingehend die Patienten, welche auf der I. medizinischen 
Klinik!) (Direktor Hofrat Prof. von Kétly) mit Arsenobenzol be- 
handelt wurden, beziehungsweise von diesen Falle jene, welche syphi- 
litische Erscheinungen der oberen Luftwege zeigten. Die Zahl dieser 
Fälle betrug bis Ende November 1910 fünfundzwanzig. Für die 
Überlassung dieser Fälle sind wir Herrn Hofrat v. K&tly zum grössten 
Dank verpflichtet. Ausserdem bot sich uns Gelegenheit dar, auch 
einige in anderen Anstalten behandelte Fälle zu beobachten. 

Über die Methodik der Anwendung, der angeblichen Unterschiede 
in der Wirkung der alkalischen Lösung, neutraler Suspension usw. 
sowie betreffs der auf die Injektion folgenden Nebenerscheinungen 
(Arzneiexanthem), resp. allgemeine Reaktionserscheinungen (Veründe- 
rung der Temperatur, des Pulses und Blutdruckes) der von seiten des 
Nervensystems und anderer Organe eintretenden Symptome (neur- 
algische Schmerzen, Zittern, Herzklopfen, Magen- und Darmerschei- 
nungen u. dgl.), von welchen einzelne Beobachter referieren, werden 
wir uns des näheren nicht auslassen, indem wir das Hauptgewicht 
auf das vom rhino-laryngologischen Gesichtspunkte interessante klinische 
Verhalten der Fälle und auf die hieraus abzuleitenden Folgerungen legen. 

Bezüglich der Methodik bemerken wir bloss, dass in der Mehrzahl 
der Fälle das Arsenobenzol in neutraler Suspension subkutan am 
Rücken, zwischem dem unteren Ende der Skapula und der Wirbel- 
säule, in einigen Fällen in alkalischer Lösung intravenös, beziehungs- 
weise kombiniert — intravenös und subkutan — angewendet wurde. 
Die Dosierung ist aus den Krankengeschichten ersichtlich. Besondere 
Aufmerksamkeit wendeten wir auf die im Gebiete der oberen Luft- 
wege auftretende lokale Reaktion. Wir beobachteten ferner das Ver- 
halten der Wassermannschen Seroreaktion; diese wurde vor der 
Injektion in jedem Falle, sowie auch nachher und wiederholt vor- 
genommen, ebenso bei den zur Kontrolle erscheinenden Patienten. 





1) Wegen Umbau unserer Klinik wurden unsere Ordinationen auf der I. med. 
Klinik gehalten. | 
94* 


506 J. Safranek [4 


Die Beeinflussung der Wassermannschen Reaktion durch die 
Arsenobenzolbehandlung steht im Vordergrunde der aktuellen Fragen, 
doch sind auch die Meinungen bezüglich der Verwendbarkeit dieser 
Reaktion in diagnostischer Beziehung und den aus derselben zu 
ziehenden Folgerungen verschieden. 

Da wir im folgenden uns ófters hierauf berufen, erscheint es 
nótig, dass wir unseren Standpunkt in dieser Frage erórtern, inso- 
ferne als diese Frage in der Rhinolaryngologie von Bedeutung ist. 

Bekanntlich sind im sekundären Stadium der Lues ausser den 
charakteristischen Plaques auf den Tonsillen, der Mundschleimhaut usw. 
gewöhnlich auch andere die Diagnose sichernden Erscheinungen vor- 
handen (Hautexanthem, Polyskleradenitis, häufig Rest der Initial- 
sklerose), doch im primären, hauptsächlich aber im tertiären Stadium 
der Lues ist die Diagnose oft recht schwierig. Während wir in der 
rhino-laryngologischen Praxis primären Sklerosen verhältnismässig sehr 
selten begegnen, um so häufiger kommen tertiäre Erscheinungen zur 
Beobachtung, welche einen bedeutenden Prozentsatz der tertiären 
luetischen Erkrankungen bilden und einerseits sehr verschiedene 
Formen zeigen, andererseits oft keine anderen sichtbaren Symptome 
am Körper aufweisen. Die Anamnese ist häufig unverlässlich, das 
klinische Bild sehr wechselvoll und die Differentialdiagnose besonders 
gegenüber der Tuberkulose manchmal sehr schwer; die histologische 
Untersuchung gibt auch nicht in allen Fällen eine bestimmte Auf- 
klärung; da in den tertiären Syphiliden Spirochäten nur hie und da 
zu finden sind, ist auch das Resultat der mikroskopischen Unter- 
suchung zumeist negativ; in diesen zweifelhaften Fällen kann nun 
die Wassermannsche Seroreaktion sehr gute Dienste leisten. 


In neuerer Zeit haben Gussmann und Neuber!) aus der 
hierortigen dermatologischen Klinik das Ergebnis ihrer Untersuchungen 
von mehr als 800 Fällen mitgeteilt, wonach die Wassermannsche 
Seroreaktion im primären Stadium in ca. 62—, im sekundären 89—, 
ım tertiären 90°/o der Fälle positiv war, frühlatente Fälle zeigten in 
71—, spitlatente in 49°/o positive Reaktion. Bruck?) der die bis- 
herigen Resultate zusammenfasste, gibt annähernd gleiche Zahlen an. 
Wie Bruck sagt, ist die Reaktion für die Syphilis in hohem: Masse 
charakteristisch und was vom praktischen Standpunkte wichtig ist, 
kommt selbe zwar auch bei anderen Krankheiten vor, doch bei keinen, 
die klinisch mit Syphilis verwechselt werden können, mit Ausnahme 
der Lepra und der Frambósie. 


!) Medizinische Klinik 1910. Nr. 36. 
*) Die Serodiagnose der Syphilis. Berlin 1910. 


5] Ehrlich-Hatas Arsenobenzol bei syph. Erkrank. d. ob. Luftwege. >07 


Wir können sonach den positiven Ausfallder Wassermann- 
schen Reaktion als eine wertvolle Angabe betrachten, welche besagt, 
dass bei dem betreffenden Individium einst eine luetische Infektion 
stattgefunden hat und welche auch in der Diagnose der fraglichen 
Veränderungen bei sorgfältiger Erwägung der klinischen Symptome 
gut zu verwerten ist. Auch bei einigen der durch uns untersuchten 
Fälle bestärkte die positive Reaktion unsere Diagnose, und dass die 
Veränderung eine luetische war, bestätigte auch das Resultat der 
Behandlung. 

Auf die Besprechung unserer Fälle übergehend, bemerken wir. 
dass unter den an der I. medizinischen Klinik behandelten, im Be- 
reiche der oberen Luftwege keine primäre Sklerose sich vorfand, 
doch hatten wir Gelegenheit bei einem Patienten einen harten Schanker 
der Unterlippe zu beobachten, welcher am VII. Tage nach der In- 
jektion erweicht und verheilt war. 

Die sekundären und tertiären Symptome erschienen öfters | ge- 
mischt, resp. in Übergangsformen und gleichzeitig an mehreren Stellen 
oder Organen. Wir gruppierten die Fülle nach der Lokalisation 
der ausgesprochensten Symptome. Eine lokale Therapie wurde in 
keinem der Fälle angewendet. 

Ausser Ozäna-Fällen beobachteten wir 3 Fälle von Nasen- und 
Nasenrachensyphilis mit sekundären und tertiären Erscheinungen: 

Protokoll Nr. 1: Ulcus luetic. septi nar. Plaque muqu. arc. palato- 
gloss. Der 19jühr. Mann erlitt vor 3 Jahren eine genitale Infektion, wurde ein 
Jahr lang mit Hg.Inunktion behandelt; im vorigen Jahre entstand in seiner 
Nase ein eiterndes Geschwür, welches nach Hg.-Injektionen heilte, seit einigen 
Wochen verspürt er in der rechten Nasenhälfte ein schmerzhaftes Prickeln, die 
Nase ist verstopft. Status bei der Aufnahme (Mitte September): Rechts am vor- 
deren Teile des Septums befindet sich in der Schleimhaut ein teilweise mit ein- 
getrockneten blutigen Krusten bedeckter, mit wallartigem Infiltrat umgebener, 
linsengrosser, runder Defekt, mit schmutziggrau belegtem Grund; der Knorpel 
scheint noch intakt zu sein; am rechten, hinteren Gaumenbogen ein bohnengrosser 
Plaque; indolente Schwellung der Zervikal-, Kubital- und Inguinaldrüsen; positive 
Wassermannsche Reaktion. Injektion: 0,60 Arsb. subkutan, am Rücken; am 
nächsten Tag: stark brennendes Gefühl in der Nase, die entzündliche Zone ist 
lebbafter, zweimalige heftigere Blutung von der Stelle des Ulkus; am dritten 
Tage ist das Geschwür rein, die Ränder sind abgeflacht, Plaque spurlos ver- 
schwunden ; am siebten Tage ist das Geschwür verheilt, W. R. noch 
positiv. Vier Wochen nach der Injektion W. RH. negativ, ebenso in der achten 
Woche, an Stelle des Ulkus eine weisse Narbe mit zentraler Einziehung. 

Protokoll Nr. 7: Periostitis gummosa ossis nasal sin. Rhmit. 
atrophic. inc. 34j&hriger Mann hatte vor 16 Jahren im Munde ein luetisches Ge- 
schwür, weswegen er eine antiluetische Kur durchmachte. Ein Jahr nachher 
linksseitiger Lungenspitzenkatarrh, vor 5 Jahren angeblich Kehlkopftuberkulose; 
wuide nach langen klimatischen Kuren gesund. Im August laufenden Jahres ent- 
Stand am Nasenrticken eine schmerzhafte Schwellung, weswegen er Mitte Sep- 


508 J. Safranek. [6 


tember in unserer Ordination erschien. Oberhalb des linken Os nasale und lateral 
von diesem eine mandelgrosse mit entzündeter Haut bedeckte prall.elastische Ge- 
schwulst; in der Nase diffus geschwellte, doch stellenweise atrophische und mit 
eingetrockneten Krusten bedeckte Schleimhaut; Inzision der Geschwulst, worauf 
sich ca. 1 ccm Adickflüssiger Eiter entlee:t, den Grund des Abszesses bildet das 
teilweise entblósste und rauhe Os nasale sin. Die trocken, mit Jodoformgaze be- 
handelte Wunde heilt nicht, die Ränder zerfallen immer mehr und in 10 Tagen 
“ entsteht ein hellergrosses mit entzündeter Haut umgebenes Geschwür, mit speckigem 
Belag. W. R. positiv. Injektion am 7. Oktober: 0,70 Arsb. subkutan; am Abend 
mässige Temperatursteigerung; am 9. Oktober ist die entzündliche Schwellung 
und Rötung der Haut geringer, der Grund des Geschwürs reiner, die Sekretion 
gering; am 11. Oktober ist der speckige Belag verschwunden, die Ränder des Ge- 
schwürs sind glatt und die Kpithelisierung beginnt von den Rändern her, am 
10. Tage nach der Injektion ist das Geschwür verheilt, der rhino- 
skopische Befund unverändert; der Patient bleibt wegen der atroph. Rhinitis in 
Behandlung, in der 7. Woche nach der Injektion wird die W. R. negativ. 

Protokoll Nr. 19: Rhinitis atroph. foetida, Ulcus luetic. cavi naso- 
pharyngei, Angina specifica, Erythema laryngis. 34 jühr. Frau erlitt eine genitale 
Infektion vor 13 Monaten, antiluetische Kur machte sie keine durch, staud schon 
vor Jahren wegen Nasenkatarrh in spezialürztlicher Behandlung; nach Angabe 
ihrer Angehörigen ist beiläufig seit einem halben Jahre aus ihrer Nase ein pesti- 
lenter Geruch zu verspüren, ca. seit zwei Monat ist sie heiser und hat im Halse 
. ein kratzendes Gefühl. Status bei der Aufnahme: Beide Nasenhältten gestatten 
einen breiten Einblick, die Schleimhaut ist trocken, glänzend, zum grossen Teile 
mit schmutziggrauen Krusten bedeckt, Fötor aus der Nase, die Schleimhaut der 
Hinterwand des Rachens ist ebenfa!ls mit eingetrockneten, blutigen Krusten be- 
haftet, die Tonsillen und Gaumenbigen geschwellt, stark gerdtet, die Rötung ist 
ziemlich scharf abgegrenzt; nach Reinigung des Nasopharynx stellt sich bei der 
Rhinoskopia poster. heraus, dass derselbe besonders links lebhaft gerötet ist, und 
am oberen Rande der linken Choane ein mit schmutzig graubraunem Belag ver- 
sehener unregelmässiger Defekt in der Schleimhaut vorhanden ist, mit scharfen 
und prominenten Rändern; die Epiglottis und beide Stimmbänder sind geschwellt 
und injiziert, die Stimme ist sehr heiser. W. R. stark positiv. Injektion am 
16. November abends: 0,30 Arsb. intravenös, am anderen Tage früh: Patientin 
verspürt im Halse einen starken brennenden Schmerz, welcher 
in das linke Ohr ausstrahlt, sie muss oft krächzen und spucken, die 
Rötung im Halse ist bedeutend stärker, wie man sagt glutrot: 
am 19. November Rötung geringer, Rachen reiner, so auch der Grund des 
Geschwürs; subjektive Schmerzen verschwunden, Befund der Rhinoskop. ant. 
unverändert, entzündliche Schwellung der Epiglottis geringer, bis 23. November 
zeigt dieser Status keine Änderung, an diesem Tage enthält Pat. 0,40 Hy sub. 
kutan am Rücken; nächsten Tag gibt die Kranke an, dass das Sekret der 
Nase flüssiger und bedeutend reicher ist, am 25. November ist das nasopharyn- 
geale Geschwür vollkommen rein, die Epithelisierung beginnt von den Rändern 
her, Hals normal, Nase weist keinen wesentlichen Unterschied auf, die Epiglottis 
zeigt ein normales Bild, die Injektion der Stimmbänder ist geringer, die Stimme 
noch etwas rauh; am 28. November ist das nasopharyngeale Geschwür 
vollkommen verheilt, der Nasen- und Kehlkopfbefünd zeigt im Verhült- 
nisse zum vorigen Befund keinen merklichen Unterschied. Die W. R. wurde in 
diesem Falle bereits nach 8 Tagen negativ. 


1] Khrlich-Hatas Arsenobenzol bei syph. Erkrank. d. ob. Luftwege. 500 


Wir bemerken an dieser Stelle, dass unter den beobachteten Pa- 
tienten noch andere mit Rhinit. atroph. foet. behaftet waren, doch 
waren bei diesen mehr charakteristische Erscheinungen und wir grup- 
pierten diese Fälle nach der Lokalisation der letzteren. 

Im Rachen und in der Mundhöhle fanden sich Symptome der 
Lues II. in mehr als 15 Fällen; in einem Teile dieser war die papu- 
löse, in einem anderen die ulzeróse und in einigen Fällen die erv- 
thematöse Form sehr ausgeprägt. 

Ein typischer Fall für die papulöse Form war unter anderen 
der folgende: 

Protokoll Nr. 22: 42jähr. verheiratete Frau wurde im Juni 1910 wegen 
Lungenspitzenkatarrh auf die I. mediz. Klinik aufgenommen, wo ein makulo- 
papulóses Exanthem, inguinale Drüsenschwellung und positive W. R. bei ihr kon- 
statıert wurden; Patientin erhielt eine Hg.-Schmierkur, worauf das Exanthem zu- 
rückging, von einer luetischen Infektion will sie nichts wissen ; derzeit klagt sie 
über anhaltende Kopfschmerzen, die seit 6 Wochen andauern, ferner zeigte sich 
das Exanthem vor 2 Wochen wieder, und seit 2 Monaten leidet sie an Hals- 
schmerzen. Status am 20. November: beide Tonsillen und die Gaumenbógen sind 
sulzig geschwellt, die mediale Fläche der Tonsillen von einem graulich-weissen 
stellenweise grünlich-gelb durchschimmernder Belag bedeckt, umgeben von einer 
scharf ausgeprägten entzündlichen Zone; eine ähnliche bohnengrosse Veränderung 
ist an der vorderen Fläche der Uvula, am linken Zungenrand im hinteren Drittel 
ist ein mandelgrosser milchfarbiger, vorragender Fleck, Rhinit. atroph. incip., 
Polyskleradenitis, an der Brust einige Maculae, positive W. R. Kein Fieber. In- 
jektion am 21. November: 0,40 Arsb. subkutan am Rücken; nächsten Tag starke 
lokaleReaktion, am dritten Tage verblassen die Plaques und verschwinden bis 
zum nächsten Tage spurlos, die Schwellung der Tonsillen und Gaumenbogen 
nimmt ab, und am 26. November zeigt der Hals ein vollkommen normales 
Bild. Mit dieser Patientin kam gleichzeitig ihre 18jähr. Tochter in Behandlung, 
welche wahrscheinlich durch ihre Mutter extragenital infiziert wurde und bei 
welcher eine „Sypbilis d’emblée“ vorhanden zu sein schien, indem ihr Leiden schein- 
bar mit sekundären Erscheinungen im Rachen begann; die Plaques am vorderen 
Gaumenbogen und an der Zunge verschwanden ebenfalls spurlos am dritten Tage 
nach der Injektion. 

Einen ähnlichen Verlauf zeigten noch weitere 7 Fälle der papu- 
lösen Form, bei welchen sich an den Tonsillen, am weichen Gaumen, 
an der Zunge, an der Innenfläche der Unterlippe etc. typische Pla- 
ques vorfanden mit Polyskleradenitis und in einigen Fallen mit an- 
deren luetischen Erscheinungen (Hautexanthem, genitale Papeln, 
Spuren der primären Sklerose); sämtliche diese Fälle zeigten vor der 
Injektion positive Wassermannsche Reaktion. Nach der Injektion 
von 0,50—0,70 Arsb. zeigte sich in den meisten Fällen eine mehr 
oder weniger deutliche lokale Reaktion, nach Ablauf derselben 
verschwanden die subjektiven Beschwerden und innerhalb2—5 Tagen 
war von den Plaques keine Spur; am 8.—12. Tage nach der In- 
jektion, wo die Patienten aus der Beobachtung entlassen wurden, war 
die Wassermannsche Reaktion noch positiv. 


510 J. Safranek. [8 


Ulzeróse Formen der Lues II. beobachteten wir in 4 Füllen; 
bei diesen handelte es sich um erbsenklein—hellergrosse oberflüch- 
liche Geschwüre mit scharfem Rande und schmierigem Belag, welche 
auf den Tonsillen, Gaumenbógen und Gaumensegel sassen. Die Pa- 
tienten akquirierten die Lues vor einigen Monaten usque einem Jahre 
auf genitalem Wege, machten bereits eine antiluetische Kur durch, 
bei allen waren noch andere sekundäre Erscheinungen und positive 
Wassermannsche Reaktion vorhanden. Nach subkutaner Injektion 
von 0,40—0,60 Arsb. respektive in einem Falle nach kombinierter An- 
wendung von 0,20 intravenös und 0,40 subkutan entstand zumeist 
innerhalb 24 Stunden eine stärkere oder schwächere lokale Re- 
aktion mit entsprechenden subjektiven Empfindungen („Wund- 
gefühl“ an der Stelle des Affekts, brennender, stechender in das 
Ohr strahlender Schmerz) die bis zu 24 Stunden dauerten, nachher 
eine oft erstaunlich rasche Epithelisierung der Ge- 
schwüre, welche innerhalb 4—5 Tagen vollkommen ver- 
heilt waren. 

Auch für die erythematöse Form hatten wir mehrere Fälle, 
bei welchen die neben anderen luetischen Erscheinungen und posi- 
tiver Wassermannschen Reaktion vorhandene Ángina specifica (wie 
auch die erythematóse Form im Larynx) auf das Arsenobenzol ziem- 
lich prompt reagierte, nach Ablauf der lokalen Reaktion verblasste 
die Rötung, die Schwellung verschwand und die subjektiven Be- 
schwerden vergingen rasch oder klangen allmählich ab. 

Wir erwähnen im kurzen noch folgenden interessanten Fall: 

Pıotokoll Nr. 16: 29jähr. verheiratete Frau meldet sich Anfangs November 
mit der Beschwerde, dass sie seit 4 Wochen Halsschmerzen habe, besonders beim 
Schlucken, bis dahin will sie gesund gewesen sein. Bei der anämischen Patientin 
mit phthisischem Habitus zeigt die stark gelappte rechtsseitige Tonsille an der 
medialen Fläche 2—3 gräulich weisse Tüpfelchen, kaum grösser als ein Steck- 
nadelkopf; in der Mitte des rechten hinteren Gaumenbogens ist ein pfefferkorn- 
grosses, gelblich durchschimmerndes Knötchen, welches die Schleimhaut ein 
wenig vorwölbt und welches von einer nur mässig entzündlichen Zone umgeben 
ist; mässige, aber ein wenig schmerzhafte Schwellung einiger Halsdrüsen; die 
Nase, der Nasenrachen und der Kehlkopf zeigen keine wesentliche Veränderung, 
Patientin ist fieberfrei; die Anamnese gibt weder für Syphilis, noch für Tuber- 
kulose Anhaltspunkte. "Trotz des Habitus ist die Untersuchung auf Tuberkulose 
negativ, sonstige sichtbare Erscheinungen der Syphilis sind keine vorhanden. 
Schon der Tonsillenbefund ist kein besonders charakteristischer, die Diagnose des 
Knótchens am Gaumenbogen gar nicht leicht; in die Exzision willigt die furcht- 
same Frau nicht und so konnte eine mikroskopische Untersuchung nicht vorge 
nommen werden. Die subakute Entstehung, die Schmerzhaftigkeit. die das Knöt- 
chen umgebende, wenn auch nur mässig entzündliche Zone, den Tonsillarbefund 


und last not least die positive Wassermannsche Reaktion in Betracht ziehend: 
stellen wir die Diagnose auf ein tertiäres Syphilom (zirkumskriptes Granulom). 


9] Ehrlich-Hatas Arsenobenzol bei syph. Erkrank. d. ob. Luftwege. 511 


Die faktisch luetische Beschaffenheit dieser Veränderung wurde vom Erfolge der 
Arsenobenzolbehandlung baldigst erwiesen: nach subkutaner Injektion von 0,50 Arsb. 
verschwinden die Tüpfchen an den Tonsillen und das Knitchen wurde bis 
zum sechsten Tage vollkommen resorbiert, die Schleimhaut hat nor: 
males Aussehen, die Schmerzen verschwanden schon früher, ebenso hörte die 
Schmerzhaftigkeit der Zervikaldrüsen auf, die Schwellung derselben wurde geringer. 


In diesem Falle also leistete die Wassermannsche 
Seroreaktion — im Sinne des in der Einleitung Gesagten 
— einen sehr guten Dienst und das Resultat der Arseno- 
benzolbehandlung bewies ex juvantibus baldigst die 
Richtigkeit der Diagnose. 

Mit ausgesprochenen tertiären Erscheinungen im Rachen 
beobachteten wir 5 Patienten. 


In einem Falle (Prot. Nr. 2) fand die Infektion vor sechs Jahren auf extra- 
genitalem Wege statt (Digitalverletzung), trotz wiederholter Hg- und J-Kuren 
exazerbierte die Syphilis wiederholt, deren Merkmale (Narben im Gesichte etc.) 
gut sichtbar sind. Ein haselnussgrosser gummöser Zerfall an der rechts- 
seitigen Tonsille und ein kleineres Ulkus an der Hinterfläche der Uvula 
reinigten sich am dritten Tage nach der Injektion von 0,50 Arsb., es fand bald eine 
Abflachung des zerfallenen Teiles statt, rasch begann die Epithelisierung und am 
neunten Tage war die Verheilung vollkommen. 

In einem anderen Falle (Prot. Nr. 9) geschah die genitale Infektion vor 
20 Jahren. Trotz wiederholter antiluetischen Kuren seit vier Jahren Nasen-, seit 
einigen Wochen Halssymptome. Schwere Ozäna, die Schleimhaut ist hoch- 
gradıg atrophisch, von den Muscheln kaum eine Andeutung vorhanden, das knorpelige 
Septum vollständig, das knöcherne zum grössten Teile destruiert, starke Borken- 
bildung mit pestilentem Gestank; die Schleimhaut des Nasopharynx sowie des 
Rachens atrophisch; am rechten hinteren Gaumenbogen ein kronen- 
grosser, wallartig infiltrierter Defekt mit speckigem Grunde, 
positive W. R. Nach subkutaner Injektion von 0,70 Arsb. reinigt sich der geschwürige 
Zerfall und zeigt einen ühnlichen Heilungsverlauf wie der im ersten Falle; am 
achten Tage, an welchem der Kranke die Klinik verlüsst, ist bloss in der Mitte 
eine einige mm schmale, noch nicht epithelisierte Stelle. In diesem einen 
Falle zeigte die Ozäna eine entschiedene Veränderung: vom dritten 
bis vierten Tage an nach der Injektion sind die Borken lockerer, entfernen sich 
leichter, die Borkenbildung nimmt bald ab, der Gestank verschwindet fast ganz 
und beim Verlassen der Klinik ist die Nase fast borkenlos. Wohl hatte der 
Patient wegen des unleidlichen Gestankes und der äusserst peinigenden Borken 
Nasenspülungen gemacht, doch tat er dies schon seit Liz Jahren, als eben in 
unserer Ordination diese ihm empfohlen wurden, auch nahm er seither lange Zeit 
hindurch Jodkali, doch ohne Erfolg. 


In einem dritten Falle heilte ein zerfallenes Gumma am weichen 
Gaumen ebenfalls rasch; ein vierter Fall zeigte eine besonders 
heftige Reaktion: 

Protokoll Nr. 8: Ein 22jähriger, ziemlich kräftiger junger Mann, der an 


Stelle der fehlenden Uvula ein kronengrosses Ulkus hatte (W.R. war negativ) 
wird einige Stunden nach der subkutanen Injektion von 0,50 Arsb- 


512. J. Safranek. [10 


auffallend hinfällig, sehr blass, klagt über riesigen. Schmerz im 
Halse, kann nicht einmal Milch recht schlucken; dieser Zustand bessert 
sich jedoch bis zum anderen Tage, verschwindet am dritten Tage, das Geschwür 
wird alsdann rein und verheilt bis zum siebten Tage (W.R. auch jetzt negativ). 


In einem fünften, in diese Kategorie gehörenden Falle versagte 
das Arsenobenzol: | 


Protokoll Nr. 13: 42jähriger Mann, der als Soldat vor 20 Jahren Lues ak- 
quirierte, und damals eine antiluetische Kur durchmachte, ist seit August 1910 
heiser und hat Halsschmerzen. Status bei der Aufnahme am 19. Oktober: abgesehen 
von einer Crista septi ist in der Nase keine Veränderung; am Gaumensegel links 
neben der Uvula ist ein erbsengrosses rundes Loch mit speckigem Belag um- 
geben, die eingeführte Sonde lässt sich ca. 1 cm nach oben und rückwärts vor- 
schieben; katarrbalische Erscheinungen im Rachen und Kehlkopf; oberhalb des 
linken Sternoklavikulargelenkes ein hühnereigrosses nicht zerfallenes Gumma, 
positive W. R. Injektion am ?0. Oktober: 0,60 Arsb. subkutan, nachher gar keine 
Reaktion; Patient verlässt am 25. Oktober die Klinik, bleibt noch fünf Tage in der 
Beobachtung, doch auch nachher, d. i. am 11. Tage nach der Injektion ist 
absolut keine Heilungstendenz oder Veränderung weder im Halse, 
noch im Gumma oberhalb des Sternoklavikulargelenkes. Patient, ein Bauer aus 
der Provinz, kann nicht lünger hier bleiben und so entlassen wir ihn mit Rp. 
für Jodkali. W.R. auch jetzt positiv. 


Über das Verhalten der sekundären Erscheinungen im Kehlkopfe 
berichteten wir bereits früher; mit tertiären Veränderungen stehen 
Patienten derzeit noch in Behandlung !). 

An dieser Stelle möchte ich noch kurz einen Fall erwähnen, der 
einerseits zur Symbiose der Syphilis und Tuberkulose 
einen Beitrag liefert, andererseits bis zu einem gewissen Grade eine 
Folgerung über die Wirkung des Arsenobenzols in solchen Fallen 
zulässt. 


Es handelte sich um einen 29 jährigen Offizier, der vor vier Jahren auf geni- 
talem Wege Lues akquirierte, Hg- und J-Kuren durchmachte und bei welchem im 
Frühjahre 1909 Hals-, bald Kehlkopfsymptome sich zeigten, er hatte ein Geschwür 
im Kehlkopfe; nach nochmaliger Hg- und J-Kur heilten wohl diese Erscheinungen, 
meldeten sich jedoch im Sommer 1910 wieder, weswegen Patient Mitte September 
in einem Militärspital eine Arsenobenzol-Injektion erhielt, welche mit starker Re- 
aktion eioherging; Patient hatte Fieber und ein brennendes Wundgefühl im Kehl. 
kopfe. Bald nach der Injektion, gegen Ende September zeigten die Kehlkopf- 
symptome eine vehemente Verschlimmerung, die bisher nur verschleierte Stimme 
wurde allmählich total heiser, es traten Schluckschmerzen auf; wegen der immer 
ärger werdenden Beschwerden kam Patient in der zweiten Hälfte Oktober auf 
die Klinik. Der Kehlkopfstatus war nun folgender: die Epiglottis, sowie der 
Aditus laryngis sind etwas tiefer gefärbt als normal, an der Hinterfläche des 
Kehldeckels ist eine linsengrosse, weissliche, seichte Einziehung, das linke Taschen- 


1) Anmerkung bei der Korrektur: Tertiäre Ulzerationen, sowie 
xummise Infiltrationen im Larynx reagierten prompt auf die Injektion, 
der Heilungsverlauf war ein ähnlicher, wie bei den beschriebenen Fällen, 


11] Ebrlich-Hatas Arsenobenzol bei syph. Erkrank. d. ob. Luftwege. 513 


band ist gerótet und uneben geschwellt, das linke Stimmband zeigt eine ühnliche 
Veränderung, doch mit ausgesprochener Knötchenbildung, der linke Aryknorpel 
ist bedeutend, der rechte weniger entzündlich geschwellt. 

Unser Verdacht richtete sich auf Tuberkulose und unsere Annahme wurde 
durch den weiteren klinischen Befund bestärkt; der Patient hatte eine Infiltration 
in der Lungenspitze, in Sputum waren Tuberkelbazillen, die diagnostischen Hilfs- 
reaktionen waren für Tuberkulose positiv, für Syphilis negativ. 

Die Symbiose der Syphilis und Tuberkulose konnte 
auf zwei Arten entstehen: die eine Eventualität ist, dass die tuber- 
kulöse Infektion sekundär sich zur syphilitischen gesellte und die 
luetische Läsion des Kehlkopfes konnte als Eintrittspforte dienen: 
die zweite Eventualitát ist, dass der Patient bereits eine latente 
Tuberkulose hatte, als die syphilitische Infektion stattfand. Es ent- 
steht in diesem Falle die Frage: Wie wirkte das Ársenobenzol 
auf die doppelte Infektion? Auf die Syphilis, wie es scheint 
heilend, denn 5—6 Wochen nach der Injektion waren Symptome der 
Syphilis nirgends vorhanden, auch die Wassermannsche Reaktion 
war jetzt negativ. Schwerer ist die Beantwortung auf die Frage, ob 
zwischen der Ársenobenzolbehandlung und der nachher erfolgten Ver- 
schlimmerung der Larynxtuberkulose ein Zusammenhung besteht. 

Es ist eine schon lange bekannte, oft bestätigte aber auch oft 
bestrittene Erfahrung, dass tuberkulöse Prozesse im Laufe einer 
antiluetischen Behandlung eine Verschlimmerung zeigen. Auch ın 
diesem Falle ist der Verdacht nicht ganz abzuweisen, dass die durch 
das Arsenobenzol verursachte starke Reaktion zur rapiden Verschlim- 
merung der Larynxtuberkulose beigetragen hatte. Allerdings kann 
nur von einem Verdacht die Rede sein, da man mit den „post hoc 
ergo, propter hoc“-Folgerungen vorsichtig sein muss. 

Wir sind am Schlusse unserer Mitteilung angelangt. Unsere Er- 
fahrungen zusammenfassend können wir soviel festsetzen: — ` 

1. Das Arsenobenzol erwies sich in den von uns beobachteten (42) 
Fällen!) syphilitischer Erkrankungen der oberen Luftwege — mit 
Ausnahme eines Falles (Ulcus III. des weichen Gaumens), in welchem 
das Mittel versagte — als ein die bisher gebräuchlichen antiluetischen 
Mittel sowohl rücksichtlich der Intensität als Raschheit der Wirkung 
weit übertreffendes Agens, indem die Symptome der Syphilis in einer 
grossen Zahl der Fälle einen erstaunlich raschen Heilungsverlauf 
zeigten: luetische Gewebsprodukte wurden nach der Injektion sehr 
rasch resorbiert, bei Gewebszerstörungen, namentlich bei Schleimhaut- 


ı) Anmerkung bei der Korrektur: Anfangs Jänner 1911 belief sich die Zahl 
unserer Fälle auf 42, von diesen wurde über 25 ausführlich berichtet ; in weiteren 
16 Fällen bewährte sich das Arsenobenzol gleichfalls, nur in einem Falle war 
keine genügende Wırkung zu verzeichnen. 





514 J. Safranek. [12 


ulzerationen fand die Epithelisierung und Abheilung mit auffallender 
Raschheit statt. So sahen wir, dass ein tertiáres Syphilid am 6. Tage 
nach der Injektion vollkommen resorbiert war, der speckige Grund 
zerfallener Gummata sich innerhalb einiger Tage reinigte, das wall- 
artige Infiltrat um die Ulzerationen innerhalb 2—3 Tagen sich ab- 
flachte, die Ränder glätteten sich, alsbald begann die Epithelisierung 
und die Geschwüre verheilten innerhalb 6—10 Tagen, und dies war 
nicht nur bei den Schleimhautaffektionen der Fall, sondern auch die 
gummöse Periostitis des Os nasale reagierte prompt; die oberfläch- 
lichen Ulzerationen des sekundären Stadiums zeigten einen noch 
rascheren Heilungsverlauf und heilten innerhalb 4—5 Tagen nach der 
Injektion, die papulösen Formen — Plaques muqueuses — im Halse 
und in der Mundhöhle verschwanden innerhalb von 2—5 Tagen 
spurlos; die Rückbildung der erythematösen Formen (Angina specifica, 
Erythema laryngis) ging etwas langsamer, doch auch bei diesen 
klangen die Erscheinungen innerhalb 10—12 Tagen ab; primäre 
Sklerose beobachteten wir im Bereiche der oberen Luftwege keine, 
doch ist der harte Schanker der Unterlippe bis zum 7. Tage nach 
der Injektion erweicht und verheilt. 

Schliesslich bemerken wir — ohne weitere Folgerungen zu ziehen 
— dass zwischen den Ozäna-Fällen in einem Falle eine entschiedene 
Veränderung stattfand: die Borken wurden lockerer, bald verminderte 
sich ihre Bildung in auffallender Weise und der Fötor verringerte 
sich bedeutend. 

Die Schwellung der Cervikaldrüsen, wie überhaupt die Polyskler- 
adenitis zeigte eine langsame Rückbildung. 

2. Einige usque 24 Stunden nach der Injektion zeigte sich in 
mehr als der Hälfte unserer Fälle (besonders bei sekundären Er- 
scheinungen) eine der Herxheimerschen Reaktion entsprechende, 
respektive der von Herxheimer beschriebenen und auf der Haut 
auftretenden Reaktion ähnliche lokale Reaktion, welche besonders im 
Emporwölben der Randpartien und in deren lebhafter Rötung — so- 
genanntes Brennrot — sich äusserte!). Diese Reaktion wurde zumeist 
von subjektiven Erscheinungen begleitet, indem die Patienten ein 
brennendes, stechendes Wundgefühl an der Stelle des Affektes emp- 
fanden. In Betracht dessen, dass die Reaktion nicht verspätet, son- 
dern zumeist innerhalb 24 Stunden auftrat, und dass in unseren 
Fällen minimale Dosen des Arsenobenzols niemals, hingegen zumeist 
der Maximaldosis sich nähernden Dosen angewendet wurden: halte 


1) Die den syphilitischen Affekt zumeist umgebende entzündliche Zone 
wurde noch stärker. 


13] Ehrlich-Hatas Arsenobenzol bei syph. Krkrank. d. ob. Luftwege. 515 


ich diese Reaktion nicht für eine ungenügende Wirkung des Mittels. 
sondern eher für die Folge der Wirkung der aus den Spirochäten 
frei gewordenen Toxine. 


3. Die vor der Behandlung bestehenden Schmerzen, Schluck- 
beschwerden verschwanden rasch, zumeist am 2.—3. Tage nach der 
Injektion (nach Ablauf der lokalen Reaktion) oder verringerten sich 
von diesem Tage an allmählich. 


4. Zur Kontrolle erschien bisher ca. der dritte Teil der Be- 
handelten, bei diesen waren seit der Injektion 10—3 Wochen ver- 
gangen, ein klinisches Rezidiv zeigte sich bisher bei keinem dieser 
Fälle; das Verhalten der Wassermannschen Reaktion betreffend 
bemerken wir bloss, dass in 1—2 Fällen nach intravenöser An- 
wendung des Mittels die Wassermannsche Reaktion bereits am 
8. Tage negativ war, während bei den übrigen sie allmählich schwächer 
und zumeist in der 6.—8. Woche negativ wurde. Nähere Daten 
darüber werden später mitgeteilt werden. 


Bezüglich der aktuellen Fragen der Methodik (z. B. kombinierte 
intravenöse und Depotbehandlung) und der allgemeinen Reaktionser- 
scheinungen, der internen und neurologischen Beobachtungen etc. können 
wir uns in keine Detaillierung einlassen und bemerken bloss — auf 
das schon Gesagte hinweisend —, dass in den von uns beobachteten 
Fällen keine „organotrope“ Wirkung des Arsenobenzols wahrzunehmen 
war, doch halten wir es infolge eines beachtenswerten Falles für 
nötig, darauf hinzuweisen, dass der Wirkung des Mittels bei Doppel- 
infektionen (Syphilis und Tuberkulose) eine besondere Aufmerksamkeit 
zugewendet werde. 


Wir würden von der uns gestellten Aufgabe zu weit abweichen, 
wenn wir uns in eine Besprechung der übrigen, im allgemeinen In- 
teresse stehenden, offenen Fragen einlassen würden, als da sind: das 
fernere Verhalten der refraktären und rezidivierenden Fälle bei Re- 
injektion, die Resultate der kombinierten (Hg-+-Arsenobenzol) und abor- 
tiven Kuren, das spätere Verhalten der Wassermannschen Reaktion 
(das neuerliche Positivwerden der nach der Injektion negativ ge- 
wordenen Reaktion) usw., welche Fragen teilweise — im Sinne des 
in der Einleitung Gesagten — bei Beurteilung der Endresultate des 
Arsenobenzols von grosser Bedeutung sind. Die Entscheidung über 
die letzterwähnte Frage wird die Zukunft bringen. uns gereicht es 
zur grossen Befriedigung uns der Reihe derjenigen anzuschliessen. 
welche in dem neuen antisyphilitischen Heilmittel eine wertvolle Be- 
reicherung unseres Arzneischatzes erblicken, welches die Wirkung der 
bisher gebräuchlichen Mittel in mehrfacher Hinsicht übertrifft. den 


516 J. Safranek: Ehrlich-Hatas Arsenobenzol bei syph. Erkrank. etc. 14 


bisherigen Erfahrungen zufolge nicht gefährlicher ist als andere dif- 
ferente Árzneien. und mit welchem wir in der Mehrzahl der Fälle 
innerhalb einiger Tage einen therapeutischen Erfolg erreichen können. 
welcher mit den übrigen bisher angewendeten Heilverfahren oft erst 
nach Monaten zu erzielen war, welcher Umstand nicht nur für den 
Patienten selbst von eminenter Bedeutung ist, sondern auch in so- 
zialer und hygienischer Hinsicht weittragende Folgen haben dürfte. 


ll. Referate. 


l. Allgemeines, Geschichte usw. 


347. Barbera, De la lepra nasolaringea y su tratamiento, Revista 
espanola de laringologia. September, Oktober 1910. 

Verf. studiert die verschiedenen Veränderungen, welche die Lepra in 
beiden Organen herbeiführt. Unter den Arzneimitteln erwähnt er das 
Eukalyptusöl, das Chaulmoograöl (Antileprol), das Nastin; die lokale Be- 
handlung besteht in Ätzungen, Salben mit Ichthyol, Salol usw. 

Das Radium soll eine sehr gute Wirkung bei den Mund- und 
Pharynxläsionen entfalten. Menier. 


348. E. Baumgarten, Budapest, Anüsthesin-Koryfin und Zyklo- 
form-Koryfin. Med. Klinik 44. 1910. 


Verf. schildert die guten Erfolge, die er mit Anästhesin-Koryfin und 
Zykloform-Koryfin bei schmerzhafter Erkrankung des Kehlkopfs und 
Rachens gemacht hat. Mit beiden Medikamenten wird der Larynx bezw. 
Rachen an seinen erkrankten Partien mit der Kehlkopfspritze berieselt. 
Besonders Zykloform-Koryfin verschafft bei dysphagischen Beschwerden 
dem gequälten Patienten grosse und relativ lang andauernde Erleichterung 
besonders in der Nahrungsaufnabme. Weniger gute Erfahrungen wurden 
mit Alypin-Koryfin in diesem Punkte erzielt. Sippel, Würzburg. 


349. Beck, Joseph C., Chicago, Further Observations on some 
of the newer therapeutic measures in ear, nose and throat 
affections, (Moderne Therapie der Nasen-, Hals- und Ohr- 
erkrankungen. Annals of Otol. Rhin. u. Laryng. 1910. Nr. 2. 

I. Chronische eitrige Entzindung: 

a) Biers Stauung: in vielen Fallen erfolgreich. 

b) Vaccine Behandlung: äusserst selten wirksam. 

c) Bismuth-Paste. Nr. 1 (33 °/o Bismuthum subnitricum, 67°/, Vaselin) 
wird mittels spezieller Spritze in die Stirn-Keilbein- und Kiefer- 
höhle gepresst. Glänzende Resultate, falls nicht polypoide De- 
generation oder Knochennekrose vorliegt. Bei Siebbeineiterung 


518 Referate. [2 


werden die Zellen mit der mittleren Muskel vorher entfernt. Paste 
Nr. 2. (Bismuthum subnitricum 30°/o, Vaselin 60°/o, Cera alba 
59/o, Paraffin 5°/o) wirkt glänzend als Ausfüllungsmittel der 
radikal operierten Stirn- und Kieferhöhle und wird auch vorteil- 
haft als „Schutzverband“ bei kleineren intranasalen Eingriffen 
verwendet. 

d) Überhitzte Luft und Sauerstoff: bei dicken Sekretionen wirksam. 

e) Bullings Inhalationsapparat; besonders zu empfehlen bei atro- 
phischer Rhinitis und eitriger Laryngotracheitis. 


II. Chronische nichteitrige Entzündüng. Fibrolysin, Tiodin und Dionin, 
bei Mittelohrädhäsionen nicht zufriedenstellend. 


III. Gewebszerstörung. 
a) Röntgenstrahlen, Radium und Hochfrequenzstrom. Vollständige 
Heilung nur bei Lupus. 
b) Kohlensäureschnee: bei Lupus und blutenden Polypen des Nasen- 
eingangs erfolgreich. 
IV. Blutgerinnung durch Streptokokken- und Diphtherieserum günstig 
beeinflusst. 
V. Epidermisierung: 
Scharlachrot (Pulver oder 10°/o Salbe), bei kleinen postoperativen 
Perforationen und Ulzerationen des Septums! 
VI. Lokale und allgemeine Desinfektion. 
a) Jodtinktur auf Haut oder auf kokainisierte Schleimhaut der Nase 
und des Rachens vor der Operation gepinselt. 
b) Urotropin, in grossen Dosen vor und nach operativen Eingriffen. 
Otto Glogau, New-York. 


350. Chavanne, Lokalanüsthesie der Schleimhäute mit Chinin 
und Harnstoff. Rev. hébd. de laryng. 1910. Nv. 37 


Es wurden erfolgreiche Anásthesierungsversuche gemacht mit Flüssig- 
keiten folgender Zusammensetzung: 
1. Phenol 1,0, Menthol 1,0, Chinin. muriat. 0,75, Harnstoff 0,25, 
m 1,0, Adrenalin. pur. 0,003. 
. Phenol 2,0, Menthol 2,0, Chinin. mur. 1,5, Adrenal. pur. 0,005. 
Arth. Meyer. 


351. Wilh. Ebstein-Góttingen, Zur Behandlung des Heu- 
fiebers. Deutsche med. Wochenschr. 1910. Nr. 43. 


Empfehlung eines prophylaktischen Verfahrens, wie es auf Ebsteins 
Anregung Verworn an sich selbst ausgebildet und mit Erfolg geübt 
hat Bei Beginn der Heuschnupfenpericde wird vor jedem Schritt aus 
dem Hause die Nasenschleimhaut durch Einführung einer erbsengrossen 
Masse von Bormelin (Bormentholvaselin) eingefettet und die Nase ausser- 
dem vor eindringendem Blütenstaub durch einen losen, in die Nasen- 
óffnungen gelegten Wattebausch mechanisch geschützt. Auf diese Weise 
ist Verworn frei von schweren Anfällen geblieben, die hingegen bei 
gelegentlicher Unterlassung des Verfahrens sich wieder einstellten. 

Hirsch, Magdeburg. 


3] Referate. 519 


352. Fr. Henke, Königsberg i. Pr., Demonstrationen aus der 
Universitütspoliklinik für Hals- und Nasenkranke. Mediz. 
Klinik 51. 1910. 


1. Bei einem 26 jährigen Manne, der plötzlich mit Schluckheschwerden 
erkrankt war, wurde eine wallnussgrosse Schleimzyste an der Vorderseite 
der Epiglottie mit der kalten Schlinge entfernt, 


2. Bei einem 46jührigen Patienten wurde ein breitbasig dem weichen 
Gaumen aufsitzendes Lipon mit der kalten Schlinge abgetragen. 


3. Demonstration der Röntgenbilder eines zwischen dem weichen 
Gaumen und der hinteren Rachenwand sitzenden Tumors, der von der 
Basis des Keilbeines ausging. 

4. Bei einem 13jährigen Mädchen, vor 4 Wochen an der Rachen- 
mandel kurettiert, plötzlich einsetzendes Fieber und Schüttelfrost mit dif- 
fuser Schwellung der Stirne und Schwellung hinter dem Ohr. Killiansche 
Operation der Stirnhóhle. Reichlicher Eiterabfluss. Rückgang der Krank- 
heitserscheinungen. Sippel, Würzburg. 


353. Lustwerk, Ein Fall von Erysipel und 7 Fälle von Schar- 
lachangina behandelt mit Formamint. Wratschebnaja Gaz. 
1909. Nr. 45. 


Nach interner Darreichung von Formamint wurde in 7 Scharlach- 
fällen ein günstiges Resultat erzielt. Auch ein Gesichtserysipel ist dank 
dem Formamint gut verlaufen. Marc Rosenblatt, Odessa. 


354. E. Richter, Plauen, Notizen aus der Praxis. Archiv für 
Lar. XXIV. H. 1. ] 


1. Ulkus des Pharynx bei einem Kinde (Angina ulcero-membra- 
nosa? Ref.). 

2. Fremdkórper (Murmel von 1!/ cm Durchm,) im Nasenrachen. 

3. Hydrops der Stitnhóhle Exophthalmus; Operation, Heilung. 

4. Zange für Halsabszesse. 


5. Schere, Haken und Kanüle zur endonasalen breiten Eróffnung der 
Kieferhóhle. - Artb. Meyer, Berlin. 


355. Scheppegrell, Immunisatorische Behandlung des Heu- 
fiebers. Rev. hébd. de laryng. 1910. Nr. 8. 


Verf. hat in Nord-Carolina die Pollen der Ambrosia artemisiaefolia 
(ragweed), welche mechanisch und chemisch die Schleimhaut reizen, als 
die hauptsächliche Ursache des Heufiebers erkannt; mit der Blüte dieser 
Pflanze traten pünktlich die Anfälle bei Disponierten auf. Von einer 
Serumbehandlung ist nichts zu erwarten, da es sich nicht um einen 
äusseren Reiz handelt. Dagegen gilt es, vor der Saison den Zustand 
von Toleranz herbeizuführen, welchen die Patienten während der Krank- 
heit nach einigen Wochen gewinnen; zu diesem Zweck werden Jie männ- 
lichen Blüten gesammelt, in Gazesückcben gebunden und leicht gerieben, 
die entweichenden Pollen werden inhaliert. Wird diese Bebandluug auch 
nach der Blütezeit fortgesetzt, so kann dauernde Heilung erfolgen. 


Arthur Meyer, Berlin. 
Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III. H. 6. 39 


Kl Referate. [4 


356. Skript, Einige Skleromfälle behandelt mit Röntgenstrahlen. 
Eschemrsjatschnik uschnich, gorlowich ı nossowich bolesnej. 
1909. Nr. 3. 

Der Verf. berichtet über 5 von ihm erfolgreich mit Róntgenstrahlen 
behandelte Skieromfälle.e Die Diagnose wurde in jedem Falle mikro- 
skopisch festgestellt. Marc Rosen blatt, Odessa. 


357. Stock, Bristol, Bemerkungen über Anästhesierung bei 
Operationen der Kehle, der Nase und der Nebenhöhlen. 
Brit. Med. Journ. 17. Sept. 1910. 


Dieser Bericht behandelt den Gegenstand ziemlich eingehend und 
hauptsächlich vom Standpunkt der Anàásthesierung. Die Methode, welche 
bei Einführung der Anästhesie bevorzugt wird, ist die Anwendung von 
Äthyl-Chlorid und Ätber mit Clovers Inhalationsapparat. 

Sobald der Patient bewusstlos ist, wiri die Anästhesie durch einen 
speziellen Apparat, der mit zwei Buxton-Flaschen versehen ist, aufrecht 
erhalten, von denen die eine Chloroform und die andere Äther enthält 
und zwar indem man eine Mischung dieser beiden, oder nur eines davon 
mit Luft durch eine Röhre bläst, welche an einem Mundstück von Doyen 
befestigt is. Es wird die offene Methode so angewandt und man ver- 
folgt dabei den Zweck, die Anästhesie annähernd oder auch vollständig 
durch Átber allein zu erreichen. Es wird auf den Wert der retronasalen 
Tamponade aufmerksam gemacht, welche man hauptsächlich mit Watson 
Williams Zange anwendet. Adrenalin ist häufig die Ursache von Sekretions- 
störungen und scheint in einigen Fällen die Ursache einer Reihe von 
toxischen Symptomen zu sein. 

Bei der submukösen Resektion unter allgemeiner Anästhesie, sind 
dem Verf. gelegentlich Zeichen eines chirurgischen Schock während der 
Anfangsstadien der Operation begegnet, welche vermutlich ihre Ursache 
in einer Reflexwirkung auf das Herz, durch Reizung der Nervi naso- 
palatini haben. Guthrie, Liverpool. 


358. A. Zeller, Stuttgart, Über Zykloform — ein lokales 
Anüsthetikum. Med. Klinik 45. 1910. 

Zykloform, dem Anásthesin nahe verwandt, ist in Wasser schwer 
löslich und deshalb auf Wundflüchen der Hautoberflache wegen der da- 
durch verminderten Resorptionsgefahr und geringeren Gefahr der Allgemein- 
vergiftung sehr gut verwendbar. Sippel, Würzburg. 


2. Nase und Nebenhöhlen. 


359. Aboulker, Zysten der Stirnhöhle Rev. hébd. de laryng. 
1910. Nr. 44. 


Ein eigener Fall, durch Operation geheilt, und 12 aus der Literatur. 
Arth. Meyer. 


360. B. Alexander, Reichenhall, Zur Durchleuchtung der 
Kieferhöhle mit Glühlicht. Monatsschr. fiir Ohrenheilkunde. 
11. 1910. 


Die bei der Durchleuchtung erhellte infraorbitale Region entspricht 
nicht ganz dem unteren Augenlid, da der Tarsus inferior das Licht in seiner 


5| 'Referate. 521 


ganzen Ausdehnung niemals durchlüsst. Bei Herabziehen des unteren 
Augenlides leuchtet dann der vorher dunkle Bezitk des Bulbus hell auf. 
Bei Schädeln, die bei der Durchleuchtung ein besonders helles Licht 
geben, kann man ein Phänomen beobachten, das für die Erkenntnis der 
Nasennebenhöhlenatmung Bedeutung gewinnen kann. Bei der Inspiration 
wird die Erhellung intensiver und verbreiteter, umgekehrt bei der Ex- 
spiration. Sippel. 


361. Bloch, Polypen als Prothese. Eschemesjatschnik uschnich, 
gorlowich $ nossowich bolesney. 1909. Nr. 5. 


Bei einem Luetiker wurden Polypen extrahiert, die in einem Defekte 
des harten und weichen Gaumens fest sassen; dann wuchsen Polypen 
aus der linken Nasenhälfte durch die defekte Nasenscheidewand (der ganze 
Vomer fehlte) in die rechte Nasenhälfte hinein; sie wurden ebenfalls ent- 
fernt. Nach Anfertigung einer Gaumenprothese konnte der Patient wieder 
gut sprechen. Marc Rosenblatt, Odesa. 


362. Breyre, Liittich, Neue Nasentamponade. Le Scalpel, Juin 1909. 


Der Verf. legt in die Mitte einer Gazekompresse von 30 cm Breite 
einen Tampon von Gaze von der Grösse einer Mandarine, welchen er 
mit einer flachen Schnur knüpft; er zieht ibn mit Hilfe einer weichen 
Sonde durch das Nasenloch in die Nasenhóhle. Die Kompresse wird bis 
zum Eingang der Nase gefübrt, dann verstopft er den vorderen Teil der 
Nase, nachdem er den Tampon von der Schnur abgelöst hat. 

Der Verf. wandte dirses Verfahren bei einem Falle hartnäckigen 
Nasenblutens an und findet es besser als die vordere Tamponade und 
als das Verfahren nach Belloc. Fernandes. 


363. Brocqu, Paris, Die quadrillierten linearen Skariflkationen 
in der Behandlung des Lupus vulgaris und speziell des 
Nasenlupus. Monatshefte f. prakt. Dermatologie. 4. 1910. 

Die Skarifikationen heilen den Lupus ebensogut und mit ebenso- 
guten Narben als die Finsentherapie. Sie können aber nur angewandt 
werden, weun der Lupus nicht zu ausgedehnt ist und dünne Hautstellen 
befallen bat, welche auf fester Unterlage ruhen, wie z. B. bei der Nase. 

Sippel, Würzburg. 


364. Edwin Blos, Karlsruhe, Erfolge der operativen Heufleber- 
behandlung durch Resektion der N. ethmoidalis anterior. 
Deutsche med. Wochschr. 1910. Nr. 49. 


Verf. gibt einen Bericht über das Befinden der 3 von ihm operativ 
behandelten Heufieberkranken wührend des vergangenen Sommers. Sie 
sind so gut wie ganz frei von Beschwerden geblieben. Neben der opera- 
tiven Behandlung soll Atemgymnastik mit der Kuhnschen Lungensaug- 
maske getrieben werden. Zum Schluss bringt B. einige Einzelheiten der 
Operationstechnik. Hirsch, Magdeburg. 


365. Burak, Die endonasale Chirurgie bei akuten und chro- 
nischen Eiterungen der Nebenhöhlen der Nase. Westnik 
uschnich gorlowich i nossowich bolesnej. 1909. August, Sept. 
Kritische Darstellung der heutzutage üblichen Methoden der Behand- 

lung der Erkrankungen der Nebenhöhlen der Nase. 

Maro Rosenblatt, Odessa. 
85 


522 i Referate. (6 


366. Carreras, Contribucion al estudio del tratemiento del 
ocena por las corrientes de alta frecuencia. (Beitrag zum 
Studium der Ozaenabehandlung dureh hohe Frequenzströme.) 
Revista barcelonosa de enfermodados de vido. 30. Sept. 1910. 


Durch die kombinierte Behandlung mit alkalinen Spülungen und 
Strómen von hoher Frequenz, erreichte Verf. sehr gute Resultate, welche 
er einer trophischen Wirkung auf die Nasenschleimhaut, einer stimulieren- 
den Wirkung auf den Allgemeinzustand und einer bakteriziden Wirkung 
zuschreibt. Das um die Elektrode gebildete Ozon würe der bakterizide 
Heilfaktor. Menier. 


367. Dewatripont, Bakteriologische Beziehungen zwischen 
Affektionen der Nase und der Thrünenwege. Rec. hébd. de 
laryng. 1910. Nr. 5. 

Als Fortsetzung früherer Beiträge bespricht Verf. diesmal die chronische 
Dacryoctitis mit Pneumokokken. In Fällen mit Erweiterung 
des Tränensacks kann nur Exstirpation des Sacks in Frage kommen; 
aber auch ohne Erweiterung verwirft D. alle konservativen Verfahren und 


rät zur Exstirpation, deren Technik er beschreibt. 
Arth. Meyer, Berlin. 


368. F. A. Diekson, Mobile, In situ antrum trocar. (Dauer- 
Trocar für die Kieferhöhle). Laryngoskope 1910. Nr. 5. 


Für chronische Eiterung. Gewóhnlicher Trokar mit speziellem Hand. 
griff schräg in der Nase zu tragen, um das „stets neues Durchstossen 
dar Antrumwand zu ersparen.“ (Intranasale Eröffnung des Antrums er- 
spart selbst dieses für den Patienten chronisch belästigende Instrument Ref.). 

: Otto Glogau. 


369. J. Dresch, Die Nasenhöhle, eine Wiege des Lupus. (Cavite 
nasale, berceau du lupus.) Annales des maladies de Voreille. 
Tome XXXVI. Nr. 10. 

Es ist gewiss keine neue Idee, die Aubry, in Toulouse hatte, als 
er alle seine Lupuskranken seit 1893 von Escat rhinoskopieren liess, 
aber verdienstvoll muss sie Dresch erschienen sein, der unter den von 
seinem Lehrer Escat untersuchten Fällen ein reiches Material von 
Lupuskranken fand. Die Behauptung die Aubry aufstellte, dass der 
Gesichtslupus regelmässig, wenn nicht immer seinen Ausgang von einem 
Lupus der Nasenschleimhaut nimmt, fand sich an dem von Dresch be 
‚arbeiteten Material vollauf bestatigt. Wahrend Dresch kaum einen Fall 
von Gesichtslupus ohne Nasenschleimhautlupus fand, konnte er zahlreiche 
Fälle von Lupus der Nasenschleimhaut ohne Gesichtslupus finden. Diese 
Fälle stellen die Initialformen dar, die unbehandelt wahrscheinlich später 
sich mit Gesichtslupus komplizieren dürften. Für diese Komplikation 
sorgt in erster Linie das reich ausgebildete lymphatische Netz, das nament- 
lich die Wangenschleimhaut durchbohrt. Tatsächlich findet man auch 
diesen Lymphwegen entsprechend die ersten Manifestationen des Gesichts- 
lüpus, wührend das Gefüssnetz das von der Nasenwurzel ausgehend zu 
den oberflächlichen Drüsen der Parotis führt und den präaurikularen 
Ganglien führt schon seltener die erste Manifestation des Lupus auf der 
Haut bildet. 


7] Referate. | 523 


Es muss zugegeben werden, dass wir die Manifestationen des Tuberkel- 
bazillus auf der Nasenschleimhaut in ihren Frühformen noch schlecht 
kennen. Wenn wir eine Rhinitis vor uns haben, die von den gewóhn- 
lichen Formen abweicht, müssten wir uns häufiger ale wie es bisher ge- 
schieht, dazu bequemen Biopsien zu machen. So hat z. B. Moure eine 
sogenannte para- oder pratuberkulose Rhinitis beschrieben, die er des 
ófteren bei Patienten bemerkt baben will, die spáter an Lupus erkrankt. 
sind. Für Dresch besteht kein Zweifel, dass es sich in den Fallen’ 
Moures um echten Nasenlupus gehandelt habe. 

Es ist so viel schon über das Verhältnis von Tuberkulose zu Lupus 
geschrieben worden, so oft die Frage erörtert worden, ob der Ausdruck 
von Lupus in der Pathologie beibehalten werden soll, dass es ganz natür- 
lich ist, wenn Dresch ebenfalls eine Klassifikation der Tuberkulose der 
Nasenschleimhaut vorsieht. Das Schema ist sehr einfach. Dresch 
unterscheidet eine primitive Tuberkulose der Nasenschleimhaut oder den 
echten Lupus, dann eine sekundüre Tuberkulose und endlich eine Über- 
gangsform. 

Die primitive Tuberkulose der Nasenschleimhaut oder Lupus kann 
folgende vier Formen annehmen: a) die kleinen Knótchen, b) rhinitis 
pseudo-atrophica vom Manne, c) die ulzeróse Form. d) das Tuberkulom. 
Die sekundäre Tuberkulose ist die gewöhnliche Tuberkulose, welche sich 
beim kachektischen Phthisiker entwickelt, während Dresch als Über- 
gangsformen eine jener vier Varietäten der ersten Gruppe bezeichnet, die 
aus irgend einem Grunde den verhältnismässig torpiden Charakter, der 
ihnen gewöhnlich eigen ist, verliert, und zu einer destruierenden Form 
mit raschem Verlauf sich verwandelt. Lautmann. 


370. Goris, Brüssel, Prosopodiaschisis. Eine Methode alle Neben- 
hóhlen des Antlitzes in einer Sitzung zu operieren. (Ein 
der Académie Royale de Médecine Belgique vorgelegter 
Bericht.) Presse Oto-Laryngologique. Belge. Nr. 2. S. 55. 
1910. 

Der Titel fasst den Inhalt des Berichtes zusammen und der Verf. 
macht darauf aufmerksam, dass es eine nur ausnahmsweise indizierte 
Operation ist, deren Bedeutung aber doch gewürdigt werden muss, wo es 
sich um eine Krankheit handelt, die eine reichliche lästige Eiterung zur 
Folge hat, welche die Nachbarorgane der Nebenhöhlen (Augen und Ge- 
hirn) gefährdet und dem Allgemeinbefinden schadet. 

Es muss ausserdem bemerkt werden, dass diese Pansinusitiden meist 
chronisch und die Knochen im allgemeinen weitgehend ergriffen sind. 
Der Verf. zitiert die Ansichten von Ballenger von Illinois und 
Lannois von Lyon, sowie Edmund Meyer von Berlin und folgert 
aus ihren, dass zweiseitige Pansinusitiden selten beobachtet worden sind. 
Der Verf. betont besonders den Vorteil der Operation in einer Sitzung, 
bei welcher nur eine Narkose notwendig ist, während alle anderen Verf. 
zu wiederholten Eingriffen raten. 

Die operative Technik des Verf.s besteht in der einzeitigen Ope- 
ration, die den Blutverlust auf ein Minimum beschränkt. Das Resultat 
der Operation soll darin bestehen in jeder Gesichtshülfte eine grosse 
Höhlung zu bilden, obne die Gefahr einer Infektion vom Munde aus mit 
Drainage und häufiger Irrigation. 


524 Referate. E 


Der Verf. bat die Operation zweimal ausgeführt und berichtet über 
folgende Beobachtungen: im ersten Fall handelte es sich um Eiterung 
der beiden Kieferhóhlen, der beiden Siebbein- und der beiden Keilbein- 
hohlen. Seit 10 Jahren ist er geheilt. 

Im zweiten Falle waren alle Sinus erkrankt, mit Ausnahme der 
rechten Kieferhóhle. Die Operation dauerte 1 Stunde 40 Minuten; dann 
. Heilung per primam. Aber es blieb etwas Sekretion auf der rechten 
Seite. Nach 4 Monaten zeigte sich bei der Kranken, eine Fistel am 
innern Winkel der rechten Orbita, die viel Eiter absonderte; es bestand 
Nekrose des Orbitaldaches und der Resektion folgte tódliche Meningitis. 
Zum Schluss wiederholt der Verf, dass die Prosopodiaschisis nur be- 
schránkte Indikationen aufweist. 

Der Name des Eingriffes ist die griechische Übersetzung der opera- 
tiven Handlung: Spaltung des Antlitzes. Fernandes. 


371. G. van der Hoewe, Vergrösserung des blinden Fleckes 
als Beginnerscheinung retrobulbärer Affektion des Nervus 
opticus bei der Erkrankung der hinteren Nebenhöhlen der 
Nase. Ned. Tydschrift voor Geneeskunde. 8. Oktober 1910. 


In der Ned. Tydschrift voor Geneeskunde (1909, 1. Helft S. 1089) 
hat van der Hoeve ausführlich beschrieben, wie als Anfangserscheinung 
retrobulbärer Affektion des Nervus opticus bei der Erkrankung der hinteren 
Nebenhöhlen der Nase, Vergrösserung des blinden Fleckes auftritt für 
Weiss und Farben. Inzwischen hat van der Hoeve noch 7 Fälle be- 
obachtet, welche er publiziert. Die Arbeit ist nicht zu einem kurzen 
Referat geeignet. 

Es werden die folgende Schlussfolgerungen aufgestellt: 

1. Es gibt ein peripapilläres Faserbündel, welches bei retrobulbärer 
Erkrankung des Nervus opticus affıziert werden kann, was deutlich wird 
durch die Vergrösserung des blinden Fleckes für Weiss und Farben. 

2. Die Vergrösserung des blinden Fleckes tritt beinahe in allen 
Fällen von Erkrankung der hinteren Nebenhöhlen der Nase auf. 

3. Bei retrobulbären Erkrankungen des Nervus opticus werden die 
papillo-makulären und die peripapillären Fasern gewöhnlich allein affiziert, 
oder eher wie die übrigen Teile des Nervus. 

4. Bei sympathischer Augenaffektion können die papillo-makulären 
und peripapillüren Fasern affiziert werden. Es ist sehr wichtig dieses 
näher zu untersuchen, weil dieses Symptom für die Prognose und Behand- 
lung dieser Erkrankung sehr wertvoll sein kann, - Kan, Leiden. 


372. Kaufmann, Angers, Behandlung nasaler Synechieen durch 
Kautschuk-Dilatation. Rev. hébd. de laryng. 1910. Nr. 21. 
Hartnäckige Ädhäsionen, auch vollständige Verschlüsse werden exzi- 


diert, sodannn werden Gummidrains von wachsendem Kaliber eingelegt. 
Drei erfolgreich behandelte Fälle. Arth. Meyer, Berlin. 


373. Gustav Killian: Zur Lehre von den nasalen Reflex- 
neurosen. Deutsche med. Wochschr. 1910. Nr. 40. 
Für jede nasale Reflexneurose ist der Nachweis der nasalen Hyper- 
ästhesie erforderlich. Zur Erzeugung von Kitzelreiz in der Nase bedient 


9] Referate. 595 


sich Killian eines 7 mm langen Fadens von Baumwollgarn (Nr. 100), 
der an einer feinen Sonde befestigt ist (Normalfadenreizung). Auf normal 
empfindlicher Schleimhaut lassen sich mit diesem Reizinstrument Reflexe 
nicht suslösen. Für das klinische Verständnis und die lokale Therapie 
ist die Einteilung in Ethmoidal., Sphenoidal- und Olfaktoriusneurosen 
wichtig. Die häufigsten Formen der Ethmoidalneurosen sind vasomoto- 
rische Rhinitis, Heuschnupfen, Asthma, Parästhesien im Gebiet der 
äusseren Nase, der Stirn, des Auges, Nasenróte mit und ohne Haut- 
schwellungen usw. Hirsch, Magdeburg. 


314. Koenig, Paris, Neue Instrumente zur submukösen Re- 
sektion des Septum. Rev. hébdom. de laryng. 1910. Nr. 41 


1. Zweizinkige abgebogene Pinzette mit Sperrvorrichtung. 2. Selbst- 
haltendes Spekulum mit biegsamer langer Branche. 3. Struyckensche 
Schere von modifizierter Krümmung. — Ein Bedürfnis nach noch mehr 
Septum-Instrumenten wird schwerlich anerkannt werden. 

Arthur Meyer, Berlin. 


375. V. Lange, Kopenhagen, Der blutende Polyp der Nasen- 
scheidewand. Monatsschr. f. Ohrenheilk. 11. 1910. 


Lange wendet sich gegen die von Schadewaldt eingeführte Be- 
zeichnung „blutender Polyp der Nasenscheidewand“ und ist mit Citelli 
(Catania) der Ansicht, dass es blutende Polypen überall in der Nase und 
nicht allein auf der Nasenscheidewand gibt. Sippel, Würzburg. 


376. Lannois und Durand, Lyon, Submuköse Septum - Re- 
Sektion nach sublabialer Rhinotomie. Rev. hébd. de laryng. 
1910. Nr. 40 


Für solche Verletzungen, welche sich auf intranasalem, submukósen 
Wege schwer operieren lassen, wird der orale Weg empfohlen, der kürz- 
lich in der Berliner laryngologischen Gesellschaft so allgemein abgelehnt 
wurde. Als Indikationen werden angegeben: Allzu ausgedehnte und hoch. 
gradige Verbiegung; ausgedehnte, feste Verwachsungen zwischen Septum 
und Muscheln; abnorme Enge des Nasenskeletts oder der Nasenóffnungen. 
Dabei wird zugestanden, dass die sublabiale Operation ernster und von 
unangenehmeren Folgezustánden ist als die nasale. Arthur Meyer. 


377. Lavrand, Le traitement de l'Ozéne. (Uber die Ozüna- 
behandlung.) Arch. intern. de Laryng. Sept., Okt. 1910. 


Nach sorgfaltiger, langdauernder Untersuchung von 150 Fallen konnte 
Verf, Knochennekrosen im Gebiet des mittleren Nasengangs finden. (Er 
bestätigt also die Grünwaldsche Theorie) Die Nekrose betrifft das 
Siebbein. Die Ozána würe also das Resultat einer chronischen Osteitis 
dieses Knochen ohne Sequesterbildung. Durch Auskratzung der affizierten 
Knochenteile im mittleren Nasengang hat er gute Resultate erzielt. Die 
postoperative Behandlung besteht in Anwendung einer Lanolin-Vaselin- 
salbe (aa 15 g) mit Bismutum subnitricum (8 g). Menier, 


378. L. Löwe, Berlin, Orale oder nasale Methode der Operationen 
an der Nasenscheidewand. Monatsschrift f. Ohrenherlkunde. 
1910. 10. 


526 Referate. [10 


Kleine Berichtigungen sowie Bemerkungen zu einer klaren Indi- 
kationsstellung der oralen Scheidewandoperationen, besonders bei Vertikal- 
frakturen. Ernst Seifert, Würzburg. 


379. L. Löwe, Berlin, Bei welchen Nasenerkrankungen ist die 
Radikalaufdeckung indiziert? Monatsschr. f. Ohrenheilkunde. 
1910. 10. 


Verf. klassifiziert 9 Gruppen von Erkrankungen, bei denen an Stelle 
des endonasalen Vorgehens die Radikaloperation angezeigt iet. 


Ernst Seifert, Würzburg. 


380. Luc, Paris, Behandlung der Eiterungen der Kieferhöhle. 
Rev. hebd. de laryng. 1910. Nr. 28. 


In akuten Fällen bringen Spülungen durch den unteren Nasengang 
gewöhnlich Heilung. Ob sie auch in chronischen Fällen Erfolg haben 
werden, kann man nicht sicher- voraus wissen, obgleich die bakterio- 
logische Untersuchung einen gewissen Anhalt gibt. Erfolg tritt nach den 
ersten Spülungen ein, mehr als 6—8 soll man nicht vornehmen. Bei 
Beteiligung des Siebbeins und der Stirnhóhle mit Polypen- und Granu- 
lationsbildung im Nasengang ist Heilung durch Spülungen nicht zu er- 
warten, bei dentalem Empyem nur nach Entfernung verdächtiger Zähne. 
Sind die Spülungen erfolglos geblieben, so soll man die Luc-Cald- 
wellsche Radikaloperation vornehmen, die sich gut in Lokalanasthesie 
ausführen lässt. Luc verwirft völlig die breite Eröffnung der Höhle 
vom unteren Nasengang aus, da sie in vielen chronischen Fällen erfolg- 
los bleiben müsse und durch teilweise Abtragung der unteren Muschel 
sogar schade. Arth. Meyer, (Berlin). 


381. H. Meissner, Friedenau, Zur operativen Behandlung der 
chronischen Kieferhöhlenempyeme. Wien. .klin. Rundschau. 
49— 52. 1910. | 


Verf. bespricht unter ausführlicher Berücksichtigung der Literatur 
die Frage der operativen Empyembehandlung in vier grösseren Abschnitten, 
von denen der erste sich mit den Vor- und Nachteilen der Eröffnungs- 
methoden der Kieferhöhle befasst, die auf intranasalem, fazialem und 
oralem Weg mit oder ohne künstliche Kommunikation mit der Nasen- 
hóhle geschehen kann. Der zweite Abschnitt handelt von der Notwendig- 
keit einer totalen oder partiellen Ausräumung der Höhle, von der 
Schleimhautimplantation und deren verschiedenen Methoden; doch scheint 
Verf. eine Implantation nur bei totaler oder wenigstens umfangreicher 
Auskratzung für nötig zu halten. Schliesslich die Nachbehandlung, ihre 
Indikation und Methoden; von diesen dreien dürfte die Methode auf 
fazialem Weg am ehesten ausscheiden, während die auf nasalem Weg 
die vorteilhafteste und sicherste ist. Kann sie aber nicht angewendet 
werden, so empfiehlt sich die orale Nachbehandlung, wobei zweckmässig 
von vornherein implantiert werden sollte. Den Schluss bildet eine Dis- 
kussion über die Bebandlung der Komplikation mit Siebbeinerkrankung. 


Ernst Seifert, Würzburg. 


11] Referate. | 597 


382. F. Neumann, Wien, Über Nasenscheidewandabszesse den- 
talen Ursprungs. Monatsschr. f. Ohrenheilk. 1910. 10. 


Mitteilung eines Falles von Septumabszess, der durch einen peri- 
apikalen Abszess des rechten zweiten Schneidezahns bedingt war. 
Ernst Seifert, Würzburg. 


383. Rabotnoff, Seltener Tumor der Nasenscheidewand. Esche- 
mesjatschnik uschnich, gorlowich 1 nossowich bolesnej. 1909. Nr. 4. 
Retronasal wurde ein Tumor mittelst Schlinge entfernt, der am 
hinteren Rand der Nasenscheidewand sass. Mikroskopisch wurde ein 
Adenom von papillärem Bau festgestellt. 
Marc Rosen blath, Odessa. 


384. Rhese, Die Diagnostik der Erkrankungen des Siebbein- 
labyrinths und der Keilbeinhóhle durch das Röntgenver- 
fahren. Deutsche med. Wochschr. 1919. Nv. 388... 


Verf. berichtet über zuverlüssige Ergebnisse der Róntgenphotographie 
in 100 Fällen von Siebbein- und 55 Fällen von Keilbeinhöhleneiterung. 
- Er benutzt die Sagittal- und Schrägaufnahme. Die anatomischen Lage- 
verhältnisse der Höhlen werden vom Verfasser im einzelnen verwertet, 
insbesondere wird darauf hingewiesen, dass das Siebbein die Orbita von 
hinten her umlagert. Hirsch- Magdeburg. 


385. Richard, Betrachtungen über die Deviationen der Nasen- 
scheidewand. - Arch. Med. Belges. Novembre 1909. 


Nachdem er die Anatomie, die Symptomatologie und die Behandlung 
der Deviation der Nasenscheidewand dargelegt, zeigt der Verf., dass 
diese Affektion den Menschen zum Militärdienst untauglich machen kann, 
wegen der physischen Anstrengungen, denen der Soldat unterworfen ist. 

Fernandes, Brüssel. 


386. J. D. Rolleston, London, Büsartige Diphtherie mit mul- 
tiplen Erkraukungen bei einem Kinde. Lancet. 24. Sept. 1910. 


Es handelt sich um -den Fall eines Mädchens von 6 Wochen, welches 
der Krankheit nach ungefähr 6 Tagen erlag. 

Der Fall ist durch das zarte Alter der Patientin von Interesse. 
Von den 7285 Fällen von Diphtherie, die alle in demselben Hospital be. 
handelt wurden, waren nur 4 Kinder unter zwei Monaten alt. Wie es 
bei Kindern die Regel ist, zeigte sich die Krankheit zuerst in der 
Nase, später aber fand man die Membranen auch an den Tonsillen, den 
Gaumenbögen, der Uvula und Epiglottis, wie auch auf der Wangen- 
schleimhaut, den grossen Schamlippen und der Haut um den After. 

Antitoxin brachte keine Besserung und wührend der 3 Tage, welche 
das Kind im Hospital verbrachte, stieg die Temperatur nicht über 306,7 C. 
— Kurz vor dem Tode trat Gaumenlähmung ein. Die Sektion zeigte 
doppelseitige Broncho-Pneumonie mit kürzlich eingetretenem Infarkt in 
den unteren Fligeln der Lunge. Guthrie, Liverpool. 


387. Samoilenko, Ein alveolüres Sarkom, ausgehend von den 
Rändern der rechten Choane. Westnik uschnich, gorlowich i 
nossowich bolesnej. 1909. Juni, Juli. 

Es wurde bei einem 28jährigen Patienien eine Geschwulst, die die 


528 Referate. [12 


rechte Choane ausfüllte, konstatiert. Die mikroskopische Untersuchung 
eines exstirpierten Tumorstückchens stellte ein Sarcoma alveolare fest. 
Marc Rosenblath, Odessa. 


358. Snegireff, Zur Statistik der bösartigen Geschwülste des 
Sinus frontalis. Medizinskoje Obozrenjie. 1909. Nr. 5. 
Beschreibung eines Tumors (Endothelioma cylindromatosum) des 
rechten Sinus frontalis, der mittelst Trepanation entfernt wurde und 
nach einiger Zeit rezidivierte; Metastasen auch in der linken Stirnhóhle. 
Marc Rosenblath, Odessa. 


384. Sokolow, Drei Fälle von Abszess der Nasenscheidewand. 


Westnik uschnich, gorlowich i nossowich bolesnej. 1909. Juni, 
Juli. 


Abszess der Nasenscheidewand nach Influenza. Inzision. Heilung. Im 
Eiter Pfeiffersche Bazillen. Im zweiten Fall entwickelte sich ein Abszess 
des Septum nach einem Trauma (Schlag mit einer Tafel)  Inzision. Blutig 
eitriger Inhalt des Abszesses. Im dritten Fall ein Abszess beiderseits 
im Verlauf einer Ozaena nasi. Inzision. Heilung. 

Marc Rosenblath, Odessa. 


390. A. Strauss, Barmen, Ein Fall von sekundärer ulzeröser 
Lues. Verschlimmerung nach Arsenobenzol, sofortige Besse- 
rung nach Hydrargyrum oxycyanatum. Med. Klin. 1910. 49. 


Es handelte sich um eine Ulzeration am linken Nasenflügel. Die 
kurze Mitteilung von mehr dermatologischem Interesse. 
Ernst Seifert, Würzburg. 


391. Stusrt-Low, London, Ein Vortrag über maligne Er- 
krankungen der Nasenhöhle, ihre Diagnose, Pathologie und 
Behandlung. Lancet. 1. Okt. 1910. 


Es wird über sieben Fälle berichtet, die für verschiedene Typen von 
malignen Tumoren bezeichnend sind, welche in der Nase und den Neben- 
höhlen auftreten. Was die Frage anbelangt, ob gewöhnliche Schleimpolypen 
bösartig werden können, so meint der Verf. sie bejahen zu können. Er 
hat oft beobachtet, dass, nachdem viele Jahre hindurch Polypen vorhanden 
gewesen und entfernt worden sind, sich bei ihnen die Neigung zeigt, 
gefässreich und fibromatós zu werden. Diese Veränderung sieht er als 
Anzeichen einer späteren sarkomatósen Entartung an. Bei zwei der bier 
erwähnten Fälle waren dem malignen Tumor — in beiden Fällen ein 
Sarkom — jahrelang Schleimpolypen vorausgegangen, welche öfters ent- 
fernt worden waren. Der Verf. betrachtet den Weg durch die Fossa 
canina als den besten zur Exstirpation der intra-nasalen Tumoren. 

Guthrie, Liverpool. 


392. Toti, Florenz. Technique systématique de la Daeryocysto- 
rhinostomie. Ann. d’Ocul. Juni 1910. Extrait. 

Die Operation ist für schwere Fälle von Tränenleiden bestimmt und 
ersetzt die Exetirpation des Sacks. Unter Kokain-Adrenalin-Anämie und 
-Anästhesie (bei Erwachsenen ohne Narkose) wird ein balbelliptischer 
Schnitt um das innere Ende der Augenhöhle bis auf den Knochen ge- 


13] Referate. 029 


führt, das Periost vom Proc. ascendens und vom Tränenbein abgeschabt 
und eine Bresche im Bereich dieser beiden Knochen angelegt. Nun wird 
einerseits die hintere Wand des Tränensacke entfernt, andererseits in die 
zutage liegende Schleimhaut des Agger nasi ein genau enteprechendes 
Loch geschnitten, die vordere Tränensackwand letzterem angepasst und 
die Nasenschleimhaut durch Tampons nach aussen gepresst. Es folgt 
primäre Naht, wenn nicht die Weichteile allzusehr entzündet sind. 
Arth. Meyer, Berlin. 


393. Joseph B. Tunis, Philadelphia, Inflammation of the Sinus 
Maxillaris with special Reference to Empyemes. The Surgical 
Pathology, Diagnosis and Treatment. (Die einfache und 
eitrige Entzündung der Kieferhöhle in pathologischer, 
diagnostischer und therapeutischer Hinsicht.) The Laryngo- 
scope. 1910. Nr. 10. 


Verf. untersuchte im pathologischen Institute des Wiener allgemeinen 
Krankenhauses 100 Kadaver, von denen 37°/o folgende pathologische 
Veränderungen der Kieferhöhle zeigten: 11 Ödeme, 12 chronische Eite- 
rungen, 1 Alveolarzyste, 13 Retentionszysten. Mit zwei Ausnahmen war 
diese Erkrankung undiagnostiziert geblieben, trotzdem sie gewiss in zehn 
Fällen Todesursache waren. Bemerkenswert ist, dass von 21 Tuberkulosis- 
fällen nur eine tuberkulöse Antrumserkrankung nachweisbar war. Sämt- 
liche Fälle von Retentionszysten, meist in der Nähe des Ausführungs- 
ganges lokalisiert, waren mit leichtem atropbischen Katarrh verbunden. 
48 sehr schöne Abbildungen anatomischer und mikroskopiecher Präparate 
erläutern den von grossem Fleisse zeugenden Artikel. (Diagnose und 
Tberapie, die bloss Hinweise auf Hajeks und anderer Textbücher sind, 
bätten fortbleiben sollen, da durch ihre Besprechung die Harmonie des 
Grundgedaukens gestört wird Ref.) Otto Glogau, New York. 


394. Viollet, Paris, Die Drüsen der Nasenschleimhaut. ev. 
hébdom. de lav. 1910. Extrait. 


Die Arbeit bringt nichts Neues. — Wie Verf. auf einer mensch- 
lichen Muschel olfaktorische Schleimhaut gefunden haben will, ist unbe- 
greiflich. Arth. Meyer, Berlin. 


395. J. M. West, Baltimore, Fensterresektion des Ductus naso- 
laerymalis. Arch. f. Laryng. XXIV. H. 1. 


Bei Stenose des Tränennasenganges legt W. ein Fenster in demselben 
oberhalb der unteren Muschel an, um diese zu erhálten. Unter lokaler 
Anästhesie wird mit Hohlmeisseln ein entsprechendes Stück des Os lacri- 
male und maxillare entfernt, am besten nach Einführung einer Sonde in 
den Kanal. In 7 Fällen hatte die Operation besten Erfolg. 

Arth. Meyer, Berlin. 


396. Wiener, Alfred, New York, Abscess in the frontal lobe 
of the brain after chronic frontal sinusites. (Stirnlappen- 
abszess nach chronischer Stirnhöhleneiterung.) Medical Re- 
cord. 1910. Nr. 17. 


28 jähriger Mann war zweimal auf der rechten Stirnhöhle radikal 
operiert worden. Intranasal keine pathologische Veränderung. Über der 


530 Referate. [14 


. rechten Stirnhóhle Depression mit eiternder Fistel, dureh die mittels Sonde 
Knochen erreicht wird. Narbenkontraktion des oberen Lides. Gedächt- 
nisstörung, Reizbarkeit, schliesslich Konvulsionen. Operation ergab Fistel 
an der hinteren Stirnbeinlamelle, durch die 9 cm tiefe Abszesshohle son- 
dert wurde. Breite Freilegung der Dura, kreuzförmige Inzieion. Die 
kindsfaustgrosse, eingekapselte Abszesshohle wurde mit Alkohol abs. ge- 
reinigt und mit 5°,oiger Jodoformgaze ausgefüllt, die nach drei Tagen ent- 
fernt werden konnte. Abszesshöhle war nach 7 Wochen völlig durch 
Granulationswucherung verheilt. Nach einem Jahre ist Patient noch immer 
von allen Symptomen befreit und geht seinem Berufe wieder nach. 
Otto Glogau, New York. 


3. Rachen. 


397. Arendarenko, Ein Fremdkórper im Nasenrachenraum. 
Westnik uschnich, gorlowich & nossowich bolesnej. 1909. Dez. 


Bei einem ins Spital eingelieferten Soldaten wurde Blutspucken kon- 
statiert. Lungen und die inneren Organe überhaupt zeigten keine Ab. 
weichungen von der Norm. Bei der Untersuchung des Rachens wurde 
festgestellt, dass der Rachenhinterwand entlang frisches Blut herabfloss. 
Die Rhinoscopia posterior konstatierte in der rechten Halfte des Nasen- 
rachens einen glanzenden, schwarzen, glatten, bei der Palpation sich elastisch, 
von adenoider Konsistenz anfüblenden Korper.  Derselbe wurde mit der 
Juraczschen Zange gefasst und entfernt. Der Fremdkörper war ein 
' lebender Blutegel. Wie der Blutegel in seinen Nasenrachenraum gelangte, 
konnte Patient nicht näher angeben. Marc Rosenblath, Odessa. 


398. A. Baurowiez, Krakau, Zur Operation der Gaumen- 
mandeln mit der Schlinge. Monatsschrift f. Ohrenheilkunde. 
11. 1910. - 


Verf. ist seit vielen Jahren eifriger Anhänger der Gaumenmandel- 
exstirpation mittels der warmen Schlinge. Hauptsächlich wegen der ge- 
ringen Blutungsgefahr, die freilich auch bei der kalten Schlinge auf ein 
Minimum beschränkt ist. Unangenehm bei der ersteren ist nur die starke 
Schorfbildung, die nachträglich zu einer Blutung führen kann. 

Um die abgeschnittene Tonsille zu fassen, hat Baurowicz einen 
Schlingenschnürer mit Spiess konstruiert, ebenso Brünnings, bei dessen 
“ Instrument der Spiess durch eine sinnreiche Vorrichtung erst nach dem 
Zuschnüren hervorspringt. Sippel, Würzburg. 


399, Beljaew, Über Blutungen nach Tonsillotomie. Westnik 
uschnich, gorlowich 1 nossowich bolesnej. Februar, April, Mai 
1909. 

Der Autor kommt zu folgonden Schlüssen : 

Die Tonsille hat immer eine eigene A. tonsillaris. Die A. tonsil- 
laris dringt von hinten aussen in die Tonsille ein und bleibt beim üb- 
lichen Operationsmodus ausserhalb des  Operationsfeldes liegen. Die 
Schwere der Blutungen nach Tonsillotomie bei Verletzung der A. ton- 
sillaris hängt von der Art des Ursprungs derselben ab. Sie ist heftiger, 
wenn die A. tonsillaris von der A. carotis ext. ihren Ursprung nimmt, als 


15] Referate. 531 


wenn sie von der A palatina ascendens oder A. maxillaris externa ent- 
springt. Manchmal liegt die Tonsille sehr nahe an der A. carotis ext. 
und int. geschieden von den letzteren nur durch den M. constrictor pha- 
ryngis und das Cavum pharyngomaxillare, wobei die Entfernung der 
Tonsille von den Gefässen zwischen 2 und 1/2 cm variieren kann. 
Marc Rosenblatt, Odessa. 


400. Bjalik, Tortikollis, als Komplikation nach Adenotomie. 
Eschemesjatschnik uschnich, gorlowich i nossowich bolesnej 
1909. Nr. 12 
In der Poliklinik von Dr. Scheier in Berlin wurden einem 12jährigen 

Knaben adenoide Wucherungen entfernt. Am dritten Tag nach der 

Operation trat unter mässigem Fieber Torticollis mit Schwellung der 

Halsdrüsen ein. Unter warmen Umschlägen trat nach einigen Tagen 

Genesung ein. Marc Rosenblatt, Odessa. 


401. Blegvad, Tonsillektomie. Arch. f. Laryng. XXIV. H. 1. 


Die radikale Ausschälung ist indiziert 1. bei wiederholten Anfällen 
akuter Tonsillitis, 2. bei rezidivierender Peritonsillitis, 3. bei Tonsillitis 
lacunaris chronica, die besondere Symptome verureacht, 4. wenn der Patient 
schon einmal eine ernstliche Infektion, die von den Mandeln ausging, 
durchgemacht hat, 5. bei Driisenschwellungen ohne ersichtliche andere 
Ursache. — Alle Methoden führen zum Ziel. Bl. benutzt eine scharf- 
zahnige Toneillenpinzette mit leicht lösbarer Sperrvorrichtung, ein Eschle- 
sches Tonsillenmesser, eine Drahtschlinge mit Hebelvorrichtung. Blutungen 
sind selten, im Falle einer solchen ist das Gefäse zu torquieren oder die 
Gaumenbögen zu nähen. Arth. Meyer, Berlin. 


402. Bogoslowsky, Hypsostaphilia. (Hoher Gaumenstand im 
Zusammenhang mit der Frage über den morphologischen 
Einfluss der Adenoiden.) Westnik uschnich, gorlowich i nosso-. 
wich bolesnej. 1909. August, September. 

Verf. untersuchte 1000 Schädel in der anatomischen Sammlung as 
Militär-Medizinischen Akademie. Auf Grund dieser Untersuchung ver- 
wirft der Autor die „anthropologische“ Theorie des hohen Gaumenstandes 
der Siebenmannschen Schule und bestätigt die Bloch-Körnersche, 
die einen morphologischen Einfluss der Mundatmung auf die Hypsista- 
philie annimmt. Marc Rosenblatt, Odessa. 


408. Citelli, L’hypophyse pharyngee dans la premiere et la 
deuxieme enfance. Ses rapports avec la mugeuse pharyngée 
et l'hypophyse centrale in Annales des maladies de l’oreille. 
Tome XXXVI. Nr. 11 
Die Pharynxhypophyse ist ein Organ, um das sich in Deutschland 

bisher nur die Embryologen bekiimmert haben. Es scheint aber, dass 

wir uns mit Unrecht bisher um ein Organ nicht gekiimmert haben, das, 
wenn auch anatomisch unbedeutend, es handelt sich nämlich um Dimen- 
sionen, die nach M'llimetern gerechnet werden, in physiologischer und 
namentlich pathologischer Beziebung die volle Aufmerksamkeit des 

Rhinologen verdient. Aus der langen einleitenden Studie Citellis 

scheint hervorzugehen, dass die diesbezüglichen Arbeiten erst aus 


532 Referate. [16 


dem Jahre 1907 stammen und mit einer Arbeit Civalleris 
den Anfang nehmen, der häufig die Pharyuxhypophyse beim Erwachsenen 
aufgefunden hat. Es war das ein bemerkenswerter Fund, da man die 
Pharynxhypophyse allgemein als ein embryonales Gebilde betrachtete, das 
bald nach dem Fötalzustande verschwindet. Poppi und Citelli haben 
diesen Befund Civalleris bestätigt und Poppi hat physio-pathologische 
Schlussfolgerung aus diesem Befunde gezogen, die Citelli als ,,.Roman“ 
bezeichnet. Wir kennen diese Arbeiten Poppis nicht, müssen aber kon- 
statieren, dass Citelli sich bemüht, Prioritätsrechte gegen Poppi 
aufrecht zu erhalten Behauptungen betreffend, die ebenfalls ganz im Be- 
reich der Hypothese sich befinden, wenigstens für den Moment. Der 
Titel der Arbeit Citellis spricht allerdings nicht von diesen Hypothesen 
und lässt uns nur eine anatomische Arbeit erwarten. Diese Erwartungen 
werden sicher nicht getäuscht, da Citelli über mehr als 40 Seiten seine 
bistologischen Präparate beschreibt. In einem zusammenfassenden Kapitel 
sucht dann Citelli das Gemeinsame seiner Präparate heravzufassen, um 
uns dann ein Bild der Pharynxhypophyse zu geben. Wir glauben aus 
diesem Resümee folgendes festhalten zu können: 


Die Pharynxhypophyse findet sich konstant in den ersten Lebens- 
jabren und lässt sich noch spät hinauf in den Jugendjahren finden. Sie 
bildet einen gewöhnlich rundlichen Strang, der in der Mediaulinie gelegen 
sich von hinten unten nach vorne oben richtet, oben niemals den Sphenoidal- 
knochenerreicht, unten oft fast bis ans Epithelium reicht. Die Länge dieses 
Organs variiert zwischen 2—51/s Millimeter und die Dicke zwischen 
1/s—1/2 Millimeter. Was den Sitz dieser Hypophyse anlangt, so scheinen 
alle Autoren, die hierüber gearbeitet haben, nicht einer Meinung zu sein. 
Während z. B. Harberfeld die Pharynxhypopbyse in der Hälfte der 
Fälle im Septum choanale und einmal sogar im weichen Gaumen gefun- 
den hat, bat Citelli dasselbe immer an der Basis des Siebbeins gefunden 
‚und zwar an dem vorderen Anteil des Pharynxdornes. Als das Wesent- 
lichste in seinen Befunden hebt Citelli hervor, ist in pathologischer Be 
ziehung die Tatsache, dass in der Hälfte der Fälle der vordere, perpen- 
dikuläre Anteil der Pharynxhypophbyse eine gegen das Epithelium gerichtete 
Direktion hat und oft auch in diesem Epithel aufgeht. Auf diesen ver- 
tikalen Anteil besteht Citelli um so mehr als derselbe, wie es scheint, vor 
ihm nicht mit derselben Häufigkeit (10 mal unter 18 untersuchten Fällen) 
gefunden worden ist, Dieser vertikale Anteil der Pharyuxhypophyse 
kann, wie gesagt, in der Hälfte der Fälle fehlen, dann ist aber der hori- 
zontale Teil ganz oberflächlich, mitten im Drüsenlager, gelegen. 

Von grosser physio-pathologischer Bedeutung sind die innigen Be- 
ziehungen, die im Gefässsystern der Pharynxhypophyse und der Umgebung 
d. h. Pharynxschleimbaut und Pharynxtonsille, endlich Türkensattel und 
zentraler Hypophyse bestehen. Diese Beziehungen werden namentlich 
manifest in chronisch entzündlichen Fällen. 

Was die genauere Histologie der Pharynxhypophyse anlangt, so unter- 
scheidet Citelli namentlich 3 besondere Elemente: 1. Hypophyesenzellen, 
2. ein dünnes bindegewebiges Stroma, 3. Gefässe, namentlich Kapillaren. 
Auf das Detail kann nicht eingegangen werden, wenn auch die Kenntnisse 
der näheren, namentlich - arteriellen und venösen Verhältnisse, wenn die 
neueren Hypothesen sich bewähren sollten, von höchstem Interesse sein wird. 


17] Referate. 533 


Selbstverstándlich sind die klinischen Deduktionen für uns von 
hóchstem Interesse. Leider ist hier Citelli bei weitem nicht mehr so 
ausführlich. Es handelt sich in diesen Deduktionen im grossen und ganzen 
zu wissen, ob die Stórungen, die durch die Anwesenheit der adenoiden 
Wucherungen hervorgerufen werden, nicht in letzter Linie auf eine Störung 
in der normalen Sekretion der Hypophyse oder der Pharynxhypophyse 
zurückzuführen sind. Citelli wiederholt, dass diese Hypothese vordem 
schon von Puppi ausgesprochen worden ist und er hierfür in den vor- 
liegenden Untersuchungen die fehlende anatomische Basis liefert. Die 
grosse Häufigkeit und die so obertlächliche Lagerung der Pharynxhypo- 
physe, die topographischen Beziehungen derselben zur Rachenmandel, die 
Zirkulationsgemeinschaft, die zwischen den Gefässen der Rachenmandel, 
des Cavums, der zentralen Hypophyse und der Rachenhypophyse besteht, 
alls das hat wie Citelli sagt, eine spezifische Bedeutung für das funk- 
tionelle Zusammenwirken der Rachenmandel und der Hypophyse. Citelli 
spricht von einem „Hypophysensystem‘ nnd versteht darunter die zentrale 
und die pharyngeale Hypophyse; dieses Hypophysensystem wird durch 
die wiederholten Entzündungen des Rachendaches, wie wir sie bei 
adenoiden Wucherungen so vielfach konstatieren können, in seiner Funk- 
tion geschädigt. Die ungestörte Funktion der Hypophyse ist aber für den 
Organismus von Wichtigkeit. Durch die Operation der adenoiden 
Wucherungen wird der Hauptgrund für die Entzündungen entfernt. Nach 
der Operation bessern sich die Zirkulations-Verhältnisse zwischen Cavum- 
Schleimhaut und Rachenhypophyse und wo ein vertikaler Teil der Rachen- 
hypophyse besteht, kann derselbe auch durch die Adenotomie entfernt werden. 

Man darf natürlich nicht so weit gehen wie Poppi und behaupten, 
dass die Pharynxhypophyse ein pathologisches Organ vorstellt, das ent- 
fernt werden müsse. Diese Idee ist nicht nur unbaltbar, sondern wie die 
Arbeiten Citellis zeigen, oft auch unausführbar, wenn die Rachenhypo- 
physe keinen vertikalen Teil besitzt. Wenn aber Poppi auch noch da- 
zu glaubt, dass nach der Adenotomie eine anormale Kommunikation durch 
den Canalis sphenopharyngealis (Citelli spricht von canal craniopharyngé) 
zwischen den  Gefássen des  Endocraniums und des Rachendaches 
zerstört werde, so hat Citelli Recht, wenn er diese Auffassung als roman- 
haft bezeichnet. Wie soll man aber Citellis Hypothese auffassen? 
Schon gar nicht von den Lücken zu sprechen, die in seiner Beweisführung 
liegen (die Kleinheit des Organs, der Mangel eines Nachweises von Kom- 
munikation zwischen zentraler Hypophyse und Rachenhypopbhyse) ist ja gar 
kein Bedürfnis vorhanden, die günstige Wirkung der Adenotomie so zu 
erklären, wie es Citelli tut. Wenn wir diese Arbeit so ausführlich 
analysiert haben, so geschah es nicht deshalb, weil wir uns zu der 
Poppi-Citellischen Theorie von der gestörten Hypophysenfunktion 
bekennen. Wir haben diese Arbeit so ausführlich besprochen, weil ausser 
den älteren Arbeiten Killians und Erdheims in der deutschen 
Literatur wenig über die Pharynxhypophyse zu finden ist. 

Lautmann. 


404. Konstantin, Marseille, Behandlung des peritonsillären 
Abszesses nach Killian. Rev. hebd. de laryng. 1910. Nr. 31. 


Verf. teilt 180 Fälle aus Escats Klinik uud aus seiner eigenen 


534 Referate. [18 


Praxis mit, unter welchen 78 mal die Eróffnung von der Fossa supraton- 
sillaris aus vorgenommen wurde. Mit Recht tritt er für dieses Verfahren 
ein, das auch dem Ref. ausgezeichnete Resultate gibt. (Vergl. Berl. klin. 
Woch, 1907, Nr. 41.) Als Vorzüge werden gerühmt: Anwendbarkeit im 
Beginn der Erkrankung, geringerer Schmerz, Gefahrlosigkeit auch in der 
Hand des Nicht-Spezialisten, einfaches Instrumentarium. 

Arth. Meyer, Berlin. 


405. L. W. Dean, Jowa City, Severe Sepsis following Tonsil 
Operations, (Schwere Sepsis nach CTonsillenoperationen.) 
The Laryngoskope. 1910. Nr. 7. 


Bei Kindern ist Infektionsgefahr nach Tonsillektomie gross, da vor 
und nach der Operation aseptische Reinigung des Operationsfelles un- 
moglich ist. Nach akuter Tonsillitis ist Gefahr der Sepsis bei operativem 
Eingriffe sehr gross. 

Fall 1. 27jährige Patientin wurde nach akuter Tonsillitis rechte 
Tonsille enukleiert, linke tonsillotomiert, Heftigste Infektion mit starken 
Sepsissymptomen. Am 7. Tage Exitus. 

Fall 2. 13jähriger Patient, tonsillotomiert, erkrankte nach Radfahrt 
einige Tage nach der Operation. Heftige Schwellung der Tonsillarreste 
und des Rachens. Am vorderen Rande des Sternocleidomastoideus eine 
leicht fühlbare, bandförmige Schwellung. Rechts Exophthalmus und Pan- 
ophthalmia, links Neuritis optica. Diagnose: septische Phlebitis der Vena 
jugularis interna, durch den Sinus zu den Augenvenen ziehend, mit 
Thrombusbildung einhergehend. Genesung. 

Fall 3. 4öjähriger Patient zeigte 15 Tage nach Tonsillektomie am 
Halse nahe dem Unterkieferwinkel eine geschwollene Drüse 3 ‘Tage 
später heftigste Entzündung des äusseren Halses. Operation ergab Gangràn 
des Sternocleidomastoideus und der tieferen Halsmuskelu. Hohes Fieber, 
Leukozyten 25.000, polymorphnukleére 95°/o. Nach zweimaligem opera- 
tiven Eingriffe Genesung. Otto Glogau, New York. 


4106. E. Delneuville, Spa, Über den Retropharyngealabszess. 
Presse Oto-Laryngologique. Belge. Nr. 4. Page 164. 1910. 

Im Hinblick auf Fälle, die unter Beobachtung standen, beschreibt 
der Verf. den Retropharyngealabszess und erwähnt seine Formen des 
warmen und des kalten Abszesses, spricht über die Anatomie der Region, 
die Symptomatologie der Affektion und stellt dann die Wahl des Ein- 
griffes dar. 

Seine erste Beobachtung betrifft ein Kind von 15 Monaten, bei dem 
er eineu Retropharyngealabszess feststellte, den er öffnete und der dann 
im normalen Verlaufe heilte. 

Ein anderer Fall — der zur Zeit seiner Veröffentlichung noch in . 
Behandlung war — betraf ein Kind von einem Jahr, das einen sehr 
grossen Retropbaryngealabszess hatte, den er mit gutem Resultate öffnete. 

Seine zweite Beobachtung bezieht sich auf eine Frau von 58 Jahren, 
die über Atmungsbeschwerden klagte, welche besonders stark nachts im 
Bett, zugleich mit Schluckbeschwerden auftraten. Die Untersuchung zeigte 
das Vorhandensein einer glatten Wólbung, welche die linke Hälfte bis 
über die Mittellinie hinaus und bis zur Höhe des Laryux ausfüllte — 
ein harter fester Tumor, der nicht pulsierte. 


19) Referate. | 535 


Nach Lokalanästhesie machte der Verf. mit dem Troikart eine Punk- 
tion: es folgte Ausfluss einer eitrigen Flüssigkeit, deren letzte Teilen aspiriert 
wurden. Die Punktion sowohl als auch die Heilung verliefen ohne Unfall. 

Der Verf. berücksichtigt die hereditären Verhältnisse und glaubt an 
einen kalten Abezess, der auf eine Tuberkulose der Wirbelsäule hinweist. 

Verf. beschreibt die Inzision des kalten Abszesses und macht auf 
die. Unfälle aufmerksam, die eintreten könnten. Er verwirft die Inzision 
für den Drüsenabszess und den kalten Abszess, zieht bier die Punktion 
vor und ist der Ansicht, dass jede Injektion, wegen der Region, wo sie 
gemacht werden müsste, gefährlich ist. 

Er schliesst, indem er auf die zunehmenden Vorsichtsmassregeln hin- 
weist, wenn der kalte Abszess das Zeichen einer sub-okzipitalen Erkran- 
kung ist. Fernandes. 


407. Galebski, Ein Fall von Vinzentscher Angina und einer 
ulzerösen Laryngitis desselben Ursprungs. Westnik uschnich, 
gorlowich i nossowich bolesnej, 1909. Juni, Juli. 

Ein diphtheroider Belag der Tonsille stellte sich nach mikroskopischer 

Untersuehung eines Abstrichpräparates als Produkt der Vinzentschen 

Bazillen und Spirillen dar. Im Anschluss daran, bildete sich eine Ulze- 


ration eines Stimmbandes, die nach entsprechender Therapie glatt beilte. 
Marc Rosenblath, Odessa. 


408. Galebski, Über einige Formen ulzeröser Anginen. Westnik 
uschnich, gorlowich ı nossowich bolesnej. Februur 1909. | 
Es wurden hauptsächlich zwei Formen der Vinzentschen Angina be- 
obachtet: 1. eine ulzeröse Form gewöhnlich bei normaler Temperatur und 
gutem Zustand des Patienten; 2. eine diphtheroide Form. Fast spezifisch 
soll Kali chlorieum wirken. Ferner beschreibt der Autor einige Fälle 
herpetischer Angina. Marc Rosenblath, Odessa. 


409. Gluskin, Die frühzeitige Intubation zur Verhütung der 
Bronchopneumonie bei ‚Diphtherie. Praktitscheski Wratsch. 
1909. Nr. 8. 


Der Autor meint auf Grund von 74 Diphtheriefällen, die von ihm 
im israelitischen Spital zu Ekaterinoslaw behandelt wurden, schliesen zu 
müssen, dass in der Entwicklung der postdiphtberischen Bronchopneumonien 
(etwa 709,0), die infolge des Krupps sich ausbildende Atelektase anzu- 
schuldigen sei und rät in Fällen von sogar leichten Stenosen möglichst 
frühzeitig die Intubation auszuführon. Dann wirke die Tubage günstig 
auf das Herz, da der Gasaustausch viel günstiger vor sich gehe. 

Marc Rosenblath, Odessa. 


410. Goris, Brüssel, Fibroma Pharyngo- Temporale. Presse. 
Olo- Laryngologique. Belge. Nr. 4. page 161. 1910. 

Der Verf. berichtet über einen Fall von Nasenrachenfibrom, das sich 
über die Schläfengaumengruben verbreitet hatte. Der Stiel nahm den 
lateralen Teil des oberen Pharyox und die Basilarapophyse ein. Die korre- 
spondierende Nasenhöhle war frei: „Es handelte sich um ein Fibrom, welches 
als Ausgangspunkt das Periost des Keilbeins hatte, das durch den Raum 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III. H. 5. 36 


536 Referate. [20 


zwischen Keilbein und Oberkiefer durchgewachsen war, um sich in der 
Flügelgaumengrube auszubreiten.“ l 

Der Verf. beschreibt die Operation: Nach der Tracheotomie Einschnitt 
über dem Arcus zygomaticus zwei Finger breit unter dem inneren 
Winkel des Auges. Resektion des Kieferbogens um eine grosse Ent- 
stellung zu vermeiden, aber eine Blutung vom Pharynx aus beim Ab- 
hebeln des Stieles nötigte den pharyngealen Weg einzuschlagen und sich für 
die sub-periostale Resektion des linken Oberkiefers zu entscheiden; man 
konnte auf diese Weise den Stiel ablösen und den Tumor mit einem Mal 
entfernen. Man erkannte dann, dass die Blutung vom Sinus cavernosus 
ausging. Zum Schluss Vernähung der Schleimhaut des Gaumens mit 
der Wange. Fernandes, Brüssel. 


411. ‚Hays, Harold, New York, Observations on the Pathologie 
Condition of the Nose and Throat, with Special Befereuce 
to the tubal regions, associated with chronic catarrhal otitis 
media. (Die Beziehung pathologischer Veränderungen der 
Nase und des Nasenrachenraumes zum chronischen Mittel- 
ohrkatarrh.) Annals of Otol., Rhin. a. Laryng. 1910. Nr. 2. 


Die pathologischen Veränderungen an der Tubenöffnung sind meist 
eine Ausdehnung von solchen in der Nase oder im Nasopharynx bei 50 
untersuchten Fällen von Nasenobstruktionen: 

Kongestion 6, 

Anämie 6, 

Hypertrophie 10, 

Lymphoide Hypertrophie 4, 

Atrophie 6, 

Adenoide Wucherungen 3, . 

Schleim, bei atrophischem Zustand des Nasopharynx 3. 

15 Fälle wiesen Adhäsionen der Rosenmüllerschen Grube auf, die 
nach Ansicht des Verf. in allen Füllen von chronischem Mittelohrkatarrh 
vorhanden sind; Zerreissung derselben mittelst des Fingers, ohne Kokain- 
sierung, indiziert. Otto Glogau, New York. 


412, Jacques, Nancy, Über die fibrösen Nasenrachenpolypen. 
Rev. hébd. de laryng. 1910. Nr. 33. 

Jacques vertritt bekanntlich den Standpunkt, dass die genannten Ge- 
schwülste nicht im Nasopharynx entspringen, sondern an dem Periost der 
nasalen Fläche des Keilbeinkórpers, der Pterygoidfortsátze und seltener des 
Siebbeins nahe dem Recessus spheno-ethmoidalis. Den früher mitgeteilten 
6 operierten Fállen (vgl. Ref. in Bd. I, S. 557 d. Ztsch.) fügt er zwei 
neue, sehr interessante Krankengeschichten hinzu. Der Angriffsweg war 
auch hier der naso-maxillare. Arth, Meyer, Berlin. 


413. Levinstein, Uber die Verteilung der Driisen und des 
adenoiden Gewebes im Bereiche des menschlichen Schlundes. 
Arch. f. Laryng. XXIV. H. 1. 

Die Zungenmandel, der vordere Gaumenbogen, das Gaumensegel, 
die Plica salpingo-pharyngea sind reich an Schleimdrüsen, wührend der 
übrige Teil des Zungengrundes und die hintere Rachenwand drüsenarm 
sind. Das adenoide Gewebe lagert sich gern um Drüsenausfübrungsgünge 


21) Referate. 537 


Jedoch nimmt die Plica salpingo-pharyngea trotz des Drisenreichtums 
nur in pathologischen Fällen adenoiden Charakter an. Neue Tatsachen 
euthält die Arbeit nicht. Arth. Meyer, Berlin. 


414. Morosoff, Diphtherie bei Neugeborenen und Säuglingen. 
Medizinskoje Obozrenjie, 1909. Nr. 3. 


Im Kaiser Paul 1. Hospital wurden von 1903—1907 600 Säuglinge, 
die an Diphtherie erkrankten, aufgenommen; davon genasen 121, starben 
479 oder Gesamtmortalitát gleich 79,83 ?/o trotz der ausgibiegsten An- 
wendung des Diphtherieheilserums. Vorzugsweise wurde die Nasenschleim- 
baut affiziert (in 53,39/o der Fülle. Schlechte Prognose infolge der geringen 
Widerstandsfábigkeit und Empfindlichkeit für das Diphtherietoxin seitens 
der jugendlichen Patienten. Marc Rosenblath, Odessa. 


415. Parker, London, Tonsillitis. Practitioner. Oktober 1910. ` 


Allgemeiner Uberblick über die verschiedenen Arten von Tonsillitis. 
In bezug auf die Entfernung von hypertrophierten Tonsillen ist der Verf. 
Dicht mit neueren Berichten einverstanden, die zur Enukleation der Ton- 
sillen bei Kindern raten und gibt bei Patienten jeden Alters der Entfernung 
mit Tonsillotom den Vorzug. Seiner Ansicht nach werden die Mandeln, 
wenn das Tonsillotom richtig angewandt wird, ganz genügend enukleiert 
und die Vorteile, wie Schnelligkeit und Fehlen von nachträglichen Un- 
bequemlichkeiten sind so gross, dass er Enukleation für aussergewöhnliche 
Fälle vorbehalten sehen möchte. Bei Erwachsenen mit erkrankten, aber 
nicht sehr erweiterten Tonsillen, welche an wiederholten Anfällen akuter 
Tonsillitis gelitten haben, zieht er die Verkleinerung mit schneidender 
Zange und Kauter vor. Guthrie, Liverpool. 


416. Rumianzeff, Beiträge zur Klinik und Therapie der 
Diphtherie. Praktitscheski Wratsch. 1909. 50, 51, 52. 


Im Jahre 1906 wurden vom Autor im Städtischen Kinderspital zu 
St. Petersburg 3179 Diphtheriekranke behandelt, Gesamtmortalität 21,4 °/o. 

Die einfache fibrinöse Diphtherie (!) bei 1730 Kindern i. e. 54,4 °/o 
verlief bei 12,40 kranker Kinder mit normaler Temperatur mit sub- 
febriler (37,5 ? C bis 389 C) bei 24,19/o und mit 40? bei 6 9/o. Lab, 
mung des weichen Gaumens wurde in 17 Fällen konstatiert (1 °/o). 
Serumerscheinungen: in 21 Fällen Urtikaria, in 3 Fällen Erythema ma- 
culosum. 


In 464 Fällen wurde phlegmonöse diphtherische Angina konstatiert; 
davon starben 278 Kinder (59,9 %/o). Lähmung des weichen Gaumens 
in 21 Fällen. Durchschnittstemperatur 38,5—39,3 9 C.  Stenosenerschei- 
nungen in 61,4 °/, aller Larxynfalle. Intubation wurde in 69,6 °/o aller 
Fälle ausgeführt. Komplikationen nach Stenosen — in 49 ?/o Pneumonia 
catarrhalis, in 65 Fallen Pleuritis exsudativa. Die beste Extubationszeit 
48—72 Stunden nach der Intubation. Die mitlere angewandte Serum- 
dosis 2000 IE, bei plegmonöser Form 3000 IE, bei älteren Kindern wurde 
am anderen Tag dieselbe Dosis wiederholt. 

i Marc Rosenblath, Odessa. 


86* 


538 Referate. (22 


417. Jamoilenko, Zur Frage über gemischte Nasenrachen- 
polypen. Westnik uschnich. gorlowich i nossowich bolesnej. 
1909. Juni, Juli. 

Ein in balber Narkose operierter Nasenrachenpolyp. 
Marc Rosenblath, Odessa. 


418. Simanowsky, Entzündliche Erkrankungen des adenoiden 
(lymphatisehen) Gewebes der oberen Luftwege. Westnik 
uschnich, gorlowich i nossowich bolesnej. 1909. Januar, März. 
Mai, Juni, Juli, August, September, Oktober. 1910. Januar, 


März usw. 
Zusammenfassende Darstellung der Pathologie und Therapie des 
lymphatiechen Rachenringes. Marc Rosenblath, Odessa. 


419. Tontscheff, Schweres gastrisches Leiden bedingt durch 
adenoide Vegetationen. Westnik uschnich. gorlowich i nosso- 
wich bolesnej. 1909. November. 

Ein 15jáühriger Gymnasiast litt seit zwei Jahren an heftigem Er- 
brechen, das sich in der letzten Zeit tāglich 3—4 Stunden nach dem 
Essen wiederholte. Die genaue Untersuchung des Patienten ergab eine 
chronische Rhinitis und Adenoide. Nach Entfernung derselbeu besserte 
sich der Zustand des Patienten wesentlich, er nahm an Gewicht betrachtlich 
zu, das Erbrechen hórte auf. Marc Rosenblath, Odessa. 


4. Kehlkopf. 


120. H. Arrowsmith, Brooklyn, A case of apparently primary 
intralaryngeal Actinomycosis. (Ein wahrscheinlicher Fall 
primärer Kehlkopf-Aktinomykose.) The Laryngoskope 1910. 
Nr. 10. 


Verf. findet in der Literatur nur einen Fall vor (Ponfick, Festschr. 
zu Virchows 25jährigem Jubiläum), misst daher seinem besondere 
Bedeutung bei. 19jähriger Patient kommt wegen Heiserkeit. Nase, 
Mund, Rachen und Brust normal. Epiglottis leicht verdickt, auf der 
Innenseite zirkumskript weisslich belegt. Beide Stimmäbnder durch unregel- 
mässige schmutzig weisse Massen verdeckt, die sich zuerst in die Trachea 
fortsetzen. Diagnose wurde auf Sklerom, später auf Lues gestellt, mikro- 
skopische Untersuchung ergab jedoch Aktinomykosis. Patient zeigte bald 
hernach eine regelrechte Lungenschwindsucht, deren Auftreten bei Aktino- 
mykose, wegen der Verwandtschaft der Erreger beider Erkrankungen, kein 
zufälliges ist. Otto Glogau, New York. 


421, Barbera, Abcesos perilaringeos, (Perilaryngeale Abszesse.) 
Boletin de laringologia. September, Oktober 1910. 
Schlussfolgerungen. 

Sobald die Klinik die Möglichkeit solcher Abszesse vermuten lässt, 
oder den Nachweis des Vorbandenseins liefert, müssen wir die Gegend 
aufmerksam beobachten. Wenn schon Eiter da ist, ist die Frühdiagnose 
die Hauptsache. 

Die Operation muss auch frühzeitig erfolgen. Verf. zieht den pharyn- 
gealen Weg vor, weil er minder gefährlich ist, der perkutane Weg ist 


23] Referate. 539 


bei weitem nicht so leicht und macht immer allgemeine Narkose" nótig. 
Fast immer muss man ohne Narkose operieren, weil die Fälle raschesten 
Eingriff erheischen und jedes Zuwarten Unheil bringen kann. 

Menier. 


422, F. Passmore Berens, New York, Hemilaryngectomy for 
Epithelioma. (Operative Entfernung einer Kehlkopfhülfte 
wegen Epithelioma.) The Laryngoskope. 1910. Nr. 10. 

Eine intralaryngeal entfernte polypenartige Geschwulst des linken 
Stimmbandes erweist sich mikroskopisch als Plattenzellen - Epithelioma. 
Die hernach durch Radikaloperation entfernte linke Kehlkopfhälfte zeigt 
mikroskopisch keinerlei pathologische Veränderungen. Otto Glogau. 


423. Bloch, Larynxtuberkulose in Jalta. Eschemesjatschnik usch- 
mich, gorlowich i nossowich bolesnej. 1909. Nr. 10. 


Der Autor meint, dass nicht vorgeschrittene Larynxtuberkulose vom 
feuchtwarmen Klima Jaltas gut beeinflusst wird, wenn dabei noch lokal- 
therapeutisch eingegriffen wird: Infiltrate abgetragen, galvanokaustisch ge- 
atzt werden. Er warnt ferner vor zu grossen Hoffnungen auf den grossen 
therapeutischen Effekt nur des Klimas selbst. 

| Marc Rosenblath, Odessa. 


424. Blumenau, Ein Fremdkörper im Larynx, der Diphtherie 
der Larynx simuliert hat. Westnik uschnich, gorlowich 1 
nossowich bolesnej. April 1909. 


Ein 4jahriges Kind wurde wegen bellendem Hustens, Heiserkeit- 
Suffokationserscheinungen und hoher Temperatur ins Spital aufgenommen, 
Laryngoskopisch: normale Epiglottis, Stimmbänder; unter dem linken 
Stimmband ein breiter, roter runder Streifen und hinter demselben ein 
weisses Gebilde, das die ganze vordere Hälfte der Rima glottidis. ver- 
deckte. Da Verdacht auf Laryoxdiphtherie bestand, wurde Diphtherie- 
heilserum eingespritzt und die Intubation ausgeführt. Da aber die Stenose- 
erscheinungen nicht vollkommen schwanden uud ausserdem die bakterio- 
logische Untersucbung negativ ausfiel, wurde die Tracheotomie vorge- 
schlagen, die die Mutter des Patienten verweigerte. Am 9. Krankheitstag 
hustete das Kind plötzlich einen dicken weissen Rinderknochen von Sonnen- 
blumensamengrösse aus. Marc Rosenblath, Odessa. 


. 425. Casselberry, W. E., Chicago, Tuberculosis of the Larynx. 
The type which is capable of recovery or arrest and the 
principle of treatment. (Die heilbare Form der Kehlkopf- 
tuberkulos.) Journal A. M. A. 1909. Vol. LIII. 


Hyperplasie nur wenig fortschreitend, geringe Diffusion, keine Tendenz 
zur Geschwürsbildung, Lungenprozess nicht ausgedehnt, Tuberkelbazillen 
nicht reichlich nachweisbar, Abmagerung nur mässigen Grades, Pulswelle 
niedrig, deuten auf Heilbarkeit oder zu mindest Stillstand der Kehlkopf- 
tuberkulose, falls alle therapeutischen und eventuell operativen Mass- 
nahmen ergriffen werden. Patienten mit unheilbarer Kehlkopftuberkulose 
sollen keinem Klimawechsel und keiner Operation (von Noteingriffen ab- 
gesehen) unterworfen werden. Otto Glogau, New York. 


540 | Referate (24 


426. G. Cohn, Kónigsberg, Linksseitige Rekurrenslähmung bei 
Mitralstenose. Arch. f. Laryng. XXIV. H. 1. 

Mitteilung eines Falles. Der Rekurrens kann gelähmt sein a) infolge 
direkten Drucks durch den dilatierten Vorhof, b) indirekt durch Druck 
des linken Herzobrs oder der A. pulmonalis, c) durch abnormen Verlauf 
des Lig. (Ductus) Botalli. Ehe man Zusammenhang des Vitium mit der 
Láhmung annimmt, soll Osophagoskopie und Tracheoskopie angewandt 
werden, obgleich ihr negativer Ausfall die Diagnose noch nicht sicher stellt. 

Arth. Meyer, Berlin. 


497. Cortes, Cinco casos de extirpacion de la laringe. (Fünf 
Fälle von Larynxexstirpation.) Revista espanola de laringo- 
logia. September, Oktober 1910. 

In keinem Falle machte Cortes die Tracheotomie vor der eigent- 
lichen Operation. Die lokale Anästhesie genügt, um die Trachea freizu- 
legen und quer durchzuschneiden für die Einführung einer Kanüle, durch 
welche das Anästheticum gegeben wird. Menier. 


498. J. Garel, Paralysie recurrentielle et retrecissement mitral. 
Rekurrensparalyse und Mitralstenose.) Annales des mala- 
dies de l'oreille de Nr. 10. Tome XX X VI. 


Seitdem Ortner und Kraus als seltene Ursache der Rekurrens- 
paralyse die Mitralstenose angegeben haben, sind von Garel in der 
Literatur 37 Fälle gesammelt werden. Dazu kommen noch zwei 
neue Fälle, die seit der Publikation von Garel, von Boinet 
(Sitzungsbericht der Académie de Médecine 24. 10. 1710) veröffentlicht 
worden sind. Garel findet, dass dies denn doch eine zu reichhaltige 
Statistik darstellt, weshalb er auch Zweifel hegt, ob diese Fälle 
wirklich über jede Kritik erhaben sind. So veröffentlicht Trétrop 
einen Fall von Mitralstenose und Rekurrensparalyse, in dem die Aphonie 
schon narb 10 Tagen verschwunden ist, Reitter einen anderen, 
in dem die Paralyse infektiósen Ursprunges ist, Gantz, wo neben der 
Mitraletenose noch eine Kompression durch bronchiale Drüsen als Atio- 
logie der Rekurrensparalyse angesprochen werden konnte. Halten wir 
an der Erklärung Ortners fest, dass die Paralyse durch Druck des 
erwähnten Vorhofes auf der Rekurrens und an der Erklärung von Kraus 
fest, dass der Zug des infolge der Ventrikelhypertrophie gedehnten Rekurrens 
die Ursache der Paralyse ist, so ist schon a priori die Seltenheit dieser 
Ätiologie evident. Es müssen schon ganz besondere anatomische Ver- 
báltnisse vorliegen, damit wie in den beiden Fällen von Ortner die 
Hypertrophie des linken Vorhorfes eine Atrophie des Rekurrens herbei- ` 
führen soll. Selbstverständlich ist es Aufgabe des Klinikers im Falle 
einer Mitralstenose auch an die Rekurrensparalyse zu *denken und den 
Kehlkopf zu spiegeln, aber wenn wirklich einmal bei einer Rekurrens- 
paralyse auch eine Mitralstenose gefunden werden sollte, so müssen immer- 
hin auch noch die übrigen, und sagen wir es viel wahrscheinlicheren Ur- 
sachen dieser Paralyse gesucht werden. Lautman n. 


429. Greidenberg, Zur Kasuistik der Fremdkörper im Kehl- 
kopf. Eschemesjatschnik uschnich, gorlowich i nossowich bolesnej. 
1909. Nr. 6. 


Eine Nähnadel wurde aspiriert und durchspiesste den rechten Ary- 


25] Referate. 5 


knorpel. Entfernung mittelst Sonde und Schrótterscher Zange. Im 
zweiten Falle wurden zwwei künstliche Zähne nebst Prothese aspiriert. 
Extraktion. Marc Rosenblath, Odessa. 


430. Heryng, Die chirurgische Behandlung der Singstimme. 
Westnik uschnich, gorlowich 1 nossowich bolesnej. 1909. Okt. 
Bei einem Sänger (Tenor) mit pachydermischen Verdickungen der 
Stimmbänder versuchte der Autor die Abschälung (Dekortikation) der Ver- 
dickungen, die seit 20 Jahren Labus in Mailand ausführt. Nach ent- 
sprechender Nachbehandlung (Ätzung der Wunde nach 2 Tagen nach der 
Operation mit Lapis in Substanz, absolutes Schweigen binnen 2 Wochen 
und Schonung der Gesangsstimme binnen 3 Monaten) stellte sich beim 
Sänger die volle klare Stimme wieder her. Auch zeigte diese Methode, 
an einigen anderen Patienten ausgeführt, ausgezeichnete Resultate. 
Marc Rosenblath, Odessa. 


431. Horcasitas, Un caso curioso de paralisis laringea recur- 
rencial. (Ein sonderbarer Fall von Rekurrenslähmung.) 
Revista ibero-americana de ciencias médicas. Oktober 1910. 


Ausser einer Lähmung des rechten Stimmbandes findet Verf. bei 
seiner Patientin eine Geschwulst der suprasternalen Gegend, welche eine 
deutliche Pulsation zeigte, dazu ein arterielles Geräusch; es handelte sich 
ohne Zweifel um ein Aneurysma der Arteria innominata, das wahrschein- 
lich die Ursache der Lähmung war. 

Zwei Monate später (1902), wird Verf. zur Patientin gerufen, sie 
befand sich in Todesgefahr durch Asphyxie. Tracheotomie. Die stürmi- 
schen Erscheinungen verschwinden, und Patientin wird mit Jodsalzen 
behandelt. Es erfolgte eine bedeutende Besserung der Lähmung, die 
Kanüle konnte obturiert werden, und die suprasternale Geschwulst ist 
kleiner geworden. Das Geräusch besteht noch, aber nicht so stark wie 
rfüher und die Pulsation, nicht mehr sichtbar, kann nur mit der Hand 
gefühlt werden. Menier. 


432. W. G. Huet, Innervation des Kehlkopfes durch den Nervus 
Vagus und den Nervus accessorius, Ned. Tydschrift voor 
Geneeskunde. 8. Oktober 1910. 


Aus Anlass der Publikation von G. C. Bolten Ned. Tijdschrift 
voor Geneeskunde 1909, 2de Helft blz. 555) teilt Huet einen Fall mit, 
welcher von Wichtigkeit ist für den Streit, ob Akzessoriusfasern im Nervus 
laryngeus verlaufen. 

Ein kráfüger Mann hat Schmerzen in der linken Schulter nach 
einer Erkältung, welche unter Behandlung bald wieder verschwanden. 
Bei der Inspektion des Rückens sah Huet, dass beim Sprechen Zuckungen 
auftraten in einigen Faserbündeln in der unteren Hälfte des rechten M. 
cucullaris. 

Beim Sprechen bildeten die sich zusammenziehenden Faserbündel 
eine Vorwölbung von 5 cm Breite, welche wieder verschwand, sobald der 
Patient zu sprechen aufhörte. 

Beim Flüstern ziehen sich die Bündel nicht zusammen, beim Schlucken 
tritt das Phänomen nur fühlbar, nicht sichtbar auf. Die Stimme ist 
normal. 


542 Referate. [26 


Die elektrische Reaktion des M. cucullaris ist normal und beim will- 
kürlichen Zusammenzieben ist nichts Abnormes wahrnehmbar. 

Bolten meint, dass in seinem Falle Fasern aus dem Akzessorius 
dem Vagus beigemischt seien. Huet glaubt, dass hier Fasern aus einem 
Vaguezentrum für Larynxinnervation stammend in den Akzessorius verirrt 
sind und den M. cucullaris innervieren. 

Die Zuckungen im M. cucullaris kónnen nicht als Mitbewegungen 
aufgefasst werden, weil sich nicht der ganze Muskel kontrahiert. 

Kan, Leiden. 


433. F. Hutter, Wien, Zur Klinik und Therapie der Larynx- 
tuberkulose. Wien. klin. Rundsch. 27. 28. 29. 30. 1910. 


Interessant in dieser Abhandlung ist die Gegenüberstellung ver- 
schiedener Übersichten, welche zeigen, in welchen Erkrankungsgraden sich 
Lunge und Kehlkopftuberkulose öfter, in welchen seltener kombinieren. Alle 
drei angeführten Skalen sind geeignet, zu demonstrieren, dass von einer Korre- 
spondenz im Grade der Erkrankung im allgemeinen nicht gut die Rede 
sein kann. Verf. behandelt weiterhin die einzelnen Symptome der Larynx- 
tuberkulose, die Prognose und die Therapie in ihrer ziemlich grossen 
Mannigfaltigkeit. Sippel, Würzburg. 


434. Jauquet, Brüssel, Ein Fall von multiplen Larynxpapillomen 
mit Carcinoma extrinseque kompliziert. Laryngotomie und 
Laryngostomie. La Clinique. Nr. 4. 22. Jan. 1910. 

Der Verf. berichtet über einen Mann von 64 Jahren, der seit langer 

Zeit an Atembeschwerden litt und bei dem die laryngoskopische Unter- 

suchung folgendes ergibt: multiple Papillome mit Veränderungen auf der 

rechten Seite und von dem ein Stück den bistologischen Charakter reci- 
divierender Papillome zeig. Der Verf. macht eine Laryngotomie, die 
vollständig gelang und Herstellung der normalen Respiration zur Folge hatte. 

Aber nach drei Wochen zeigte sich die Dyspnoe wieder uud es musste 
die Tracheotomie gemacht werden, der eine zweite Laryngotomie folgte und 
diese ergab, dass der Larynx vollständig durch Wucherungen obstruiert war. 

Die Laryngotomie wurde zur Laryngostomie erweitert. Die Uuter- 
suchung des Recidivs ergab Cancroid. Weitere Entnabmen von den 

Wucherungen ergaben die Existenz von zwei verschiedenen, nebeneinander 

sitzenden Tumoren, der eine gutartig und papillomatöser Natur, der andere 

bösartig. . Fernandes. 


135. Irnesto und Tapia, Un caso de mutismo histerico. (Ein 
Fall von hysterischer Stummheit.) Revista espanola de larin- 
goloria. September, Oktober 1910. 

Patientin wurde mit Hilfe von laryngealen Wasserpinselungen be- 
handelt, indem man sie glauben liess, es wäre ein sehr energisches Átz- 
mittel, Ein Rezidiv wurde mit vollem Erfolg durch Kauterisation mit 
Paquelin behandelt. Menier. 


436. Iwanoff, Zur Frage über die Regeneration der Stimm- 
bänder. Eschemesjatschnik uschnich, gorlowich i nossowich 
bolesnej. 1909. Nr. 10. 


Bei 8 laryngostomierten Kranken hat der Autor die Stimmbänder 


21] Referate. 543 


exzidiert und als nachher anstatt der Stimmbänder neue längsovale Ge- 
bilde erschienen sind, wurden dieselben abermals entfernt, und einige 
davon mikroskopisch untersucht. Es hat sich dabei erwiesen, dass an 
Stelle der Stimmbáünder sich Narbengewebe bildet und dass von einer 
Restitutio ad integrum aller histologischen Elemente der Stimmlippen keine 
Rede sein kann. Marc Rosenblath, Odessa. 


437. Koenig, Traitement des nodules des chanteurs ou autres 
excroissances des cordes par la galvanocauterisation. Nou- 
veau eautére protégé. (Behandlung der Saugerknütchen und 
ähnlicher Tumoren der Stimmbänder mittelst des elektrischen 
Brenners.) Annales des maladies de l’oreille. Tome XXXVI. 
Nr. 11. | 

Schon wieder ein Kolumbusei! Unstreitig das bequemste Mittel, die 

Larynxknötchen zu zerstören, wäre der elektrische Brenner, wenn man 

nicbt Gefahr liefe, hierbei auch das Stimmband zu verleizen. So kommt 

es, dass gerade die erfabrensten Laryngologen an die Operation der 

Larynknótchen nur mit einer gewissen Scheu gehen. Der neue Schutz- 

apparat, den K. empfiehlt, scheint gegen diese unerwünschte Nebenverletzung 

Sicherheit zu geben und hat sich in der Hand seines Erfinders wieder- 

holt aufs beste bewährt. Er besteht aus einer platten Kupferhülse, die 

die Platinspitze des Kranken vollständig umgibt bis auf einen kleinen seit- 
lichen Knopf, der promipiert. Sobald der Kauter in Gang ist, sieht 
man nur diesen kleinen glübenden Knopf, mit dem man das Knötchen 
eben nur seitlich zu berübren braucht, um es zum Schrumpfen zu bringen. 

Selbstverständlich muss man für jedes Stimmband einen eigenen Kauter 

haben. ` Lautmann. 


438. Lauda, Ein Fall von akuter Pneumonie, der letal endete 
infolge Erstickung hervorgerufen durch in den Kehlkopf 
eingedrungene Askariden. Wratschebnaja Gaz. 1909. Nr. 51 


Ein 3jähriges Mädchen, das an Helmenthiasis litt, bekam eine akute 
Lungenentzündung. Nach einigen Tagen nach der Erkrankung erschien im 
Munde ein ganzer Knäuel von Askariden, der offenbar in den Kehlkopf 
geraten war; das Kind ging an Erstickung zugrunde. 

Marc Rosenblath, Odessa. 


439. Marique, Brüssel, Die Pathogenie des kongenitalen Kehl- 
kopfstridors, Journal Medical de Bruxelles. Nr. 45. 11. Okt. 
1909. 


Der Larynxstridor ist nach einigen auf nervóse Stórungen zurückzu- 
führen —, nach anderen auf den anatomischen Bau des Larynx. Der 
Verf. erörtert diese Theorien und ist der Ansicht, dass es tatsächlich eine 
Störung der Innervation der Stimmbáünder ist, auf die man den Stridor 
zurückführen muss, denn im Spiegel kann man während der Inspiration 
ein Sichnähern der Stimmlippen beobachten, deren Vibration den Sıridor 
hervorruft, 

Er konstatiert, dass die Störung in dem Maasse verschwindet, als die 
Muskulatur des Larynx sich entwickelt und stärkt, und seiner Ansicht nach 
kommt als Behandlung nur die Galvanisation der Kehlkopfmuskeln in 
Betaacht. Fernandes, 


544 Referate. [28 


140. Massier, Deux cas de Guerison de tuberculose laryngee 
par le repos absolu de l'organe. (Zwei Fülle von Heilung 
der Kehlkopftuberkulose dureh absolute Ruhe des Organs.) 
Archives internationales de Laryngologie. Sept., Okt. 1910. 

Der Titel besagt deu Inhalt. Immerhin gehórt zum absoluten 
Schweigen eine sehr starke Willenskraft; vielleicht könnte die von Moritz 
Schmidt vorgeschlagene Tracheotomie zu einem neuen Aufblühen kommen. 

Menier. 


441. Molimé, Oedéme infectieux aigu du larynx. (Infektiöses 
akutes Ödem des Kehlkopfs.) Le Larynx. Oktober 1910. 


Das akut auftretende Ödem machte einen Luftröhrenschnitt not- 
‘wendig. In dem Schleim aus dem Kehlkopf wurden zahlreiche Kokken sowie 
kurze Löfflersche Bazillen gefunden. Der Verlauf der Krankheit hatte 
eine grosse Ähnlichkeit mit der perilaryngealen (Senator’schen) Phlegmone, 
aber der Sitz wie der Ausgang waren verschieden, da die Patientin von 
Molimé genas. — Verf. hebt die gute Wirkung des Kolloidsilbers sowie 
des Diphtherieantitoxins in seinem Falle hervor. Menier. 


112. Pinaroli, Sul processi di degenerazione ialina e amiloide 
neoplasmi della laringe. (Über die hyalinen und amyloiden 
Degenerationsprozesse bei Larynxgeschwülsten.) Archivio tt 
dı Otologia etc. 1910. Nr. 5 


Man sollte logischerweise nicht von amyloiden Geschwülsten des Larynx 
reden, sondern von amyloider Degeneration von Larynxtumoren. Das 
primäre Neoplasma (irgendwelcher Gewebsstruktur) degeneriert erst sekundär 
und zwar bält P. im Anschluss an von Recklinghausen, die amyloide 
Degeneration für das Endstadium der hyalinen Degeneration. Dafür, 
sprechen auch die mikroskopischen und chemischen Befunde des von P.' 
genauer beschriebenen Falles. Eine sichere Diagnose der amyloiden Degene- 
ration im Larynx ist klinisch nicht möglich, mangels charakteristischer 
ihr allein zukommender klinischer Merkmale. Entscheidend ist stets erst 
der chemische Nachweis des Amyloid. Das (von Ziegler zuerst beobachtete) 
auffallende isolierte Vorkommen lokalisierter Amyloiddegeneration im 
Larynx, ohne dass eine für diesen Degenerationsprozess sonst verantwortlich 
zu machende, die Gewebsernährung störende Allgemeinerkrankungen vor- 
lägen, dürfte nach P. vielleicht zutreffend aufzufassen sein als Folge 
einer lokalen Ernährungsstörung, bedingt durch die vielfache funktio- 
nelle Irritation kleiner, gutartiger Tumoren im Larynx. 

Brühl, Gardone (Riviera). 


143. Ramirez Santalo, Tres observaciones de paralisis recur- 
rencial total de causa periferica. (Drei Fülle von totaler 
Rekurrenslihmung  peripherisehen Ursprungs.) Boletin de 
laringologia. September, Oktober 1910. 

Erster Fall bei einem Schwindsüchtigen. 

Zweiter Fall, nach einer teilweisen Thyroidektomie. 

Dritter Fall, nach einer Feuerwaffenwunde. 

Der zweite Fall ist ein Widerspruch mit der Behauptung Castexs, 
nach welcher das Stimmband bei frischen Lähmungen gradlinig ist, während 
es bei alten konkav sei; er steht ferner im Widerspruch mit der Ansicht 


29| Referate. 545 


Brockaerts, der meint, dass das Stimmband bei inkompletter Lahmung 
gradlinig ist und dagegen konkav bei totaler. Menier. 


444. Sehirmunski, Ein Fall einer Epiglottiszyste. Eschemes- 
jatschnik uschnich, gorlowich i nossowich bolesnej. 1909. Nr. 11. 


Die Zyste sass an der lingualen Flache der Epiglotis und wurde 
mittelst Schlinge und Schere entfernt. Marc Rosenblath, Odessa. 


445. Semenoff-Blumenfeld, Zur Frage der Behandlung der 
Larynxtuberkulose. —FEschemesjatschnik  uschnich, *gorlowich 1 
nossowich bulesnej. 1909. Nr. 5. 


Der Autor rühmt das Marmoreksche antituberkulose Serum. Es 
wurden von ihm mit diesem Serum 14 Kranke, die an Larynx und Lungen- 
tuberkulose litten, behandelt, und in allen Fällen mit eklatantem Erfolg. 
Was die Behandlung der Larynxtuberkulose anbetrifft, so wurde nebenbei 
chirurgisch vorgegangen, auch Ätzungen der tuberkulösen Ulzera mit 
80 9/o Milchsäure, Acid. trichloracetic., Parachlorphenol vorgenommen und 
innerlich Chinin. cinamyl. verabreicht, Marc Rosenblath, Odessa. 


446. Staats, Braunschweig, Die häufigsten Sprachfehler der 
Kinder (Stammeln, Stottern usw.). Med. Klinik 44. 1910. 


Staats gibt einen Überblick über die Zahl der Stotterer und Stammler 
an den Bürgerschulen in Braunschweig, spricht über das Wesen beider 
Erkrankungen und über therapeutische Massnahmen und demonstriert 
einzelne besonders prägnante Fälle. Sippel, Würzburg. 


447. R. Steiner, Prag, Bericht über eine narbige Larynxstenose 
traumatischen Ursprungs mit einseitiger Ankylose des Ary- 
knorpels. Wien. klin. Wochenschr. 46. 1910. 


Bei einem 45jabrigen Manne nach Stoss mit einer Brechzange gegen 
den Kehlkopf aofortige 'l'racheotomie. Hierauf allmáhliche Ausbildung 
einer Narbenstenose mit Ankylose des Aryknorpels infolge von Narben- 
zug. Methodische Dilatation führte zur Heilung. 

Sippel, Würzburg. 


448. Della Vedova, Intorno alla cura radicale ed alla diugnose 
precocel del Canero laringeo. (Uber die Radikalbehandlung 
und die Frühdiagnose des Laryuxkarzinoms.) La Pratica 
otorinolaring. 1910. Nr. 9. 


Von den drei haupteächlichen Behandlungsmethoden des Larynx- 
karzinoms schneidet statistisch die gerade in letzter Zeit wieder mehr emp- 
fohlene intralaryngeale Behandlung am schlechtesten ab: von 57 Fällen 
und 11 Heilungen (19,59/o), bei 2U (39°/o) Frührezidiven und 24 (42"/o) 
Rezidiven nach einem Jahr, Die Laryngektomia partialis und totalis 
haben etwas bessere Zahlen: 27?/o Heilungen, 339/o Rezidive, 219/o 
Operationsmortalität für die L. partialis, 229/o Heilungen, 259/o Rezidive 
und 27°/o Mortalität für die L. totalis. Weitaus die besten Erfolgs- 
zahlen weist die Laryngotomie auf: 36—50°/o Heilungen, 2,4°/o 
Mortalität, 23/0 Rezidive. 

Dass in Italien die Laryngotomie zugunsten der Laryngektomie ganz 
auffallend vernachlässigt wird, beruht nach dem Verf. besonders darauf — 


546 Referate. (30 


und das dürfte auch anderswo mutatis mutandis nicht unzutreffend sein — 
dass die Diagnose nicht früh genug gestellt war. Die Laryngotomie 
ist eben dieaussichtsvolleOperation der Frühperiode, — bessere 
Ausbildung der Allgemein-Praktiker in der laryngoskopischen Technik, 
daneben aber vor allem die auch ohne Kehlkopfepiegel jedem Arzt mög- 
liche genaue Beobachtung und kritische Kombination von scheinbar be- 
deutungsloseren Symptomen müssen die Frühdiagnose des Larynxkrebses 
fördern helfen. Wenn ein — spez. über 40 Jahre altes — Individuum, 
das dauernden Irritationen der Stimmorgane ausgesetztistdurch vielesSprechen, 
durch vieles Rauchen, durch Alkohol, chronische Entzündungszustände wie 
Lues und Tuberkulose etc., eine allen gegen die ätiol. Momente gerichteten 
Massnahmen trotzende zunehmende Heiserkeit zeigt, dabei sich passagere 
Reizhustenattacken, hin und wieder leichter Schmerz, vorübergehend leicht 
blutiges Expektorat, geringe, sonst nicht erklärbare Dyepnoe bemerk- 

bar macht, dann muss der Arzt den Patienten laryngoskopieren oder 
_ laryngoskopieren lassen. 

Derart vermehrte Frühdiagnosen werden das Feld der Laryngotomie 
erheblich erweitern und die positiven Erfolge der Karzinombehandlung 
ganz beträchtlich steigern. Die Laryngektomie ist und wird stets not- 
wendig bleiben für die fortgeschritteneren oder von Anfang diffus auf- 
tretenden Karzinome, wo die grósseren Gefahren und die den Patienten 
deprimierenden Folgeerscheinungen der Operation gegenüber der Schwere 
der Erkrankung in den Kauf genommen werden müssen. 

Brühl, Gardone (Riviera). 


449. Winogradoff, Zar Frage über die Behandlung der 
malignen Neubildungen des Kehlkopfes mit Réntgenstrahlen. 
Eschemesjatschnik uschnich, | gorlowich 4  nossowich bolesnej. 
1909. Nr. 11. 

Inoperable ‘maligne Neubildungen des Nasenrachens und des Kehl. 
kopfs werden durch. Róntgenstrahlen gut beeinflusst und verschwinden 
sogar manchmal spurlos. Marc Rosenblath, Odessa. 


450. Wladimiroff, Ein Fall von plötzlicher Aphasie beim 
Kinde. Praktitscheskiı Wratsch. 1909. Nr. 24. 


Der Autor schildert einen Fall von Aphasie verbunden mit Aphonie, 
Schluckbeschwerden und Ataxie der unteren Extremitäten bei einem sonst 
gesunden, 9jährigen Bauernmädchen, das von einem Hunde erschrocken 
war. Laryngoskopisch wurde festgestellt: Die Schleimhaut der Stimm- 
bänder stark hyperämisch, geschwollen; bei Phonation schliessen die 
Stimmbänder nicht zusammen. Der Verfasser meint, dass unter dem Ein- 
fluss einer Erregung (in diesem Falle — Erschrecken) in der Gegend der 
motorischen Zentren der Sprache, Lippen, Zunge, Larynx und unteren 
Extremitäten eine Hyperämie aufgetreten war (Vasomotorenwirkung),- die 
die oben beschriebenen Ausfallserscheinungen bewirkte. 

Marc Rosenblath, Odessa. 


451. Zumsteeg, Berlin, Über Phonasthenie. Arch. f. Laryng. 
XXIV. H. 1. 


Die Arbeit, bietet an der Hand einer Anzahl von Beobachtungen eine 
kurze und übersichtliche Darstellung des Themas, im grossen ganzen .den 


31] Referate. 547 


Lehren Gutzmanns folgend. Die diagnostischen und therapeutischen 
Methoden werden besprochen, die Stimmstórungen werden in Eutwickelungs- 
und Berufs-Stérungen eingeteilt, letztere wieder in solche der Sprech-, 
Kommando- und Singstimme. Arth. Meyer, Berlin. . 


5. Trachea, Bronchien, Osophagus. 


452. A. Ephraim, Breslau, Über örtliche Behandlung ehronischer 
Bronchialerkrankungen. Arch. f. Laryng. Bd. XXIV. H. t. 


Durch bronchoskopische Beobachtungen weist Verf. nach, dass die 
üblichen lokaltherapeutischen Methoden keine Wirkung haben können. 
Mehr leistet ein Spray, welcher im bronchoskopischen Rohr appliziert wird, 
oder auch ein „biegsamer Bronchialspray‘“, welcher nach Anästhesierung 
durch die Glottis geführt wird und, je nach der Körperhaltung, in den 
rechten oder linken Bronchus dirigiert werden kann. Auskultation stellt 
die Lage des Spray fest. Behandelt wurde 1 mal Bronchiektasie 
18 mal Bronchitis chronica mit gutem Erfolge, nur selten musste 
die Applıkation wiederholt werden. In 76 Fällen von Asthma steigerte 
sich in den ersten Tagen die Expektoration bedeutend. In der grossen 
Mehrzahl der Fälle wurde durch ein- oder mehrmalige Bronchoskopie und 
Einstäubung von Novocain-Suprarenin das Asthma auf lange Zeit hinaus 
günstig beeinflusst, nur 12 Fälle verhielten sich refraktär. — Die ver- 
wendeten Medikamente waren: Novocain 0,2 —0,5, Sol. Suprarenin 1,0, 
Sol. Natr. chlor. ad 10,0; ferner ähnliche Lösurgen in öligem Vehikel; 
Sol. Arg. nitr. 0,15—6°/o; ö—6°/o Terpentinölemulsion; Sol. Ammon- 
jodat 1—6°o. Wirksam erwies sich hauptsächlich die erstgenannte Lö- 
sung. Verf. fasst die Wirkung als eine rein medikamentöse auf, enthält 
sich aber erklärender Hypothesen. Die neue Therapie leistete ihm mehr 
als irgend eine andere. Arth. Meyer, Berlin. 


453. Ferran, Über einige Fülle von nasopharyngealen Fibromen. 
Journal de médecine de Paris. 12. November 1910. 


Kasuistik von zwei operierten Fallen, Verf. ist kein Anhanger der 
elektrischen Schlinge, da die Operation damit unvollständig ist und Re- 
zidive zu fürchten sınd. Menier. 


454. Guisez, Paris, Abnorme broncho-üsophageale Fremdkörper- 
Baas Rev. hébd. de lar. 1910. Nr. 9. 


. Münze am Ösophaguseingang eines 2j&hrigen Kindes. Extraktion 
in Narkose. 
2. Spielmarke im Ösophagus eines Kindes, mittelst 2 klappigen Dila- 
P entfernt. 
Knochen im Ösophagus, gangränöse Phlegmone, Entfernung durch 
Onophagonkopie, Heilung. 
Gräte im Ösophagus. Osophagoskopie. 
. Glasscherbe im Osophagus. Heilung nach Ösophagoskopie. 
. Gebiss ebenda. O-ophagoskopie, Heilung. 
Cardiospasmus, Verstopfung der Cardia durch Wismuth, Heilung. 
Wismuth- Verstopfung bei Karzinom der Cardia. 
. Narbenstenose, Verstopfung der Cardia durch Fleisch. 


SEEEEE 


548 Referate. [32 


10. Mandarinenkerne. 
11. Bleistifthülse im Bronchus. Arth, Meyer. 


455. Langowoi, Zur Kasuistik der Fremdkürper in den Luft- 
wegen. Medizinskoje Ubosrenjie. 1909. Nr. 9. 

Ein 9jähriger Knabe wurde in das Morosowsche Kinderspital 
wegen Fieber, Husten, wobei viel putrides Sputum entleert wird, aufge- 
nommen. Laut den Angaben der Angehörigen soll der Knabe schon 
4 Jahre krank sein. Bei der Röntgenaufnahme wurde festgestellt: Bronchi- 
ektasie links; im linken Brouchus ein deutlicher schwarzer Schatten von 
einem Haken mit nach oben gerichteten Ösen. Dr. Schneider gelang 
es nach 2!/g Stunden den Haken zerstückelt mit Hilfe der oberen 
Bronchoskopie zu entfernen. Nach einiger Zeit starb das Kind an pro- 
gressiver Kachexie. Die Mutter erinnerte sich nachher, dass der Knabe 
vor 4 Jahren einen Pelzhaken aspiriert habe. Bei der Sektion wurde 
festgestellt: Chronische Laryngitis und Tracheobronchitis, putride Bron- 
chitis beiderseits. Diffuse Bronchoektasie des linken Bronchus. Chro- 
nische Pneumonie der linken Lunge und adhäsive fibröse Pleuritis. 


Marc Rosenblatt, Odessa. 


456. De-Lens, Die klinische Bedeutung der Ösophago- und 
Bronchoskopie. | Eschemesjatschntk uschnich, gorlowich t nosso- 
wich bolesnej. 1909. Nr. 4. 
Beschreibung von Fällen, wo die Broncho- resp. Ösophagoskopie zu 
einer richtigen Diagnose verholfen und die Möglichkeit, verschiedene 
Fremdkörper zu entfernen gegeben hat. Marc Rosenblatt, Odessa. 


457. A. Muskens, Ist die Indikation für die endolaryngeale 
Behandlung eines Fremdkörpers in der Luftröhre eine 
absolute? (Corpus alienum (Kirschkern) in den Luftwegen, 
spontane Entfernung durch die Wunde eines Luftröhren- 
schnittes.) Ned. Tydschrift voor Geneesk. 10. Dezember 1910. 
Wenn ein Fremdkórper in die Luftwege gedrungen ist und es treten 

Dyspnoe und Zyanose auf, wird selbst der Laryngologe und Broncho- 

skopiker zur Tracheotomie schreiten. Viel dringender ist die Indikation 

dazu, wenn der Brouchoskopiker weit entfernt wohnt. 

Wenn man sich nicht auf den Standpunkt stellt, dass in allen Fällen 
‚von vermutlich inbaliertem Fremdkórper die Bronchoskopie gemacht werden 
soll, muss man bei der Indikation Rechnung tragen der Form des 
Fremdkó. pers. 

Nach Muskena nehmen runde, glatte, nicht zu grosse Fremdkörper 
eine besondere Stellung ein. Am 20. Juni 1910 geriet bei einem 7jàh- 
rigen Madchen ein Kirschkern in die Trachea. Das Kind wurde zyano- 
tisch und dyspnoisch. Beim Husten hórte man den Fremdkórper bewegen. 

Das Kind wurde tracheotcmisiert und nach Trendelenburg ge 
lagert. Die Patientin schlief ruhig. Am folgenden Tage zeigt sich, dass 
die linke Brusthálfte sich bei der Atmung fast nicht bewegt, auch wird 
kein Atmungsgeräusch gehört. 

Sehr vorsichtig wird mit einem Stilett versucht den Kirschkern zu 
fühlen und eventuell los zu machen und Muskens meint, dass er diesen 


33] Referate. 945 . 


damit in einen kleineren Brouchus geschoben hat. Die Atmung in der 
linken Lunge wurde etwas besser, die Temperatur stieg bis 38,6. Am 
1. Juli war die Atmung links ungefähr normal, nur wurden einige feuchte 
Ronchi gehört. 

Am 2. Juli wollte man das Kind nach einer benachbarten Stadt 
überführen zur Bronchoskopie, aber am Nachmittag fing das Kind wieder 
an zu busten und hörte man den Kirschkern gegen die Kanüle anschlagen. 
Die Kanüle wurde entfernt und die Wunde mit einem Nasenspekulum 
erweitert. Als man das Spekulum aus der Wunde zog, wurde der Kirsch- 
kern mit Gewalt nach aussen geschleudert. 

Muskens meint, dass in seinem Falle die Tracheotomie und nicht 
die Bronchoskopie direkt indiziert war, weil ruude, glatte, nicbt zu grosse 
Fremdkórper nach der Tracheotomie leicht. spontan ausgehustet werden, 
auch wenn sie zeitweise eingeklemmt gewesen sind, wie Falle von Hins- 
berg und Burger beweisen. Muskens meint eine Stütze zu finden für 
seine Ansicht in dem Buch von Brünings, wenn dieser sagt, dass die 
Fremdkórperzangen nicht geeignet sind für harte glatte Fremdkórper. 

Bei eckigen, scharfen und schwellenden Fremdkórper ist die Indi- 
kation zur Bronchoskopie eine absolute. Kan, Leiden. 


458. H. Burger, Die Indikation zur Bronchoskopie. Ned. Tyd- 
schrift voor Geneeskunde. 10. Dezember 1910. 


Veranlasst durch die Publikation von Muskens macht Burger 
einige Bemerkungen. Dass Muskens in seinem Falle das Kind tracheo- 
tomiert hat und nicht gleich einer Bronchoskopie unterworfen, zu der eine 
weite Eisenbahnfahrt gemacht werden musste, hält Burger für sehr 
recht, aber er meint, dass das Sondieren der Luftióhre nicht ohne Gefahr 
ist, weil dabei, wie Muskens auch getan zu haben meint, der Fremd- 
körper in einen kleinen Bronchus geschoben werden kann. 

Muskens Meinung, dass man bei kleinen, glatten, runden Fremd- 
körpern die Tracheotomie machen muss und warten bis er ausgehustet 
wird (oder eine Lungenentzündung entsteht, fügt B. hinzu), hält Burger 
für unhaltbar. 

Wenn auch harte glatte Fremdkörper mit der Zange nicht leicht ge- 
fasst werden können, so sind scharfe und stumpfe Häkchen dazu sehr 
geeignet. 

Ein Bronchoskopiker würde in dem Falle von Muskens auch 
tracheotomiert haben in der Hoffnung, dass der bewegliche Fremdkörper 
herausgeschleudert werde, aber. er würde, wenn das nicht der Fall wäre, 
dieselbe Narkose zur Bronchoskopia inferior benützen, welche dann meist 
sehr leicht ist. Der Fremdkörper ist dann oft noch nicht eingeklemmt 
und es ‘sind noch keine Lungenkomplikationen da, welche die Broncho- 
ekopie sehr erschweren können. 

Muskens stellt die Tracheotomie und die Bronchoskopie einander 
gegenüber, während in vielen Fällen die Tracheotomie ein Hilfsmittel ist 
zur Erleichterung der Bronchoskopie (Bronchoskopia inferior), wenn die 
Bronchoskopia superior besondere Schwierigkeiten bietet, z. B. bei jungen 
Kindern. 

Von einer absoluten Indikation zur Bronchoskopia superior kann 
keine Rede sein. Von prinzipieller Bedeutung ist es, dass man aufhören 


550 Referate. (34 


soll mit Sonden und Zangen die Luftwege im Dunkeln zu_ bearbeiten. 
Ob man die Bronchoskopia inferior oder superior machen, allgemeine oder 


lokale Anästhesie anwenden soll, kommt erst au zweiter Stelle in Betracht. 
Kan, Leiden. 


459. Pernie, Über Fremdkörper der Speiseröhre. Deutsche med. 
Wochenschr. 1910. Nr. 37. 

Entfernung eines verschluckten künstl. Gebisses durch Ösophagotomie 
dicht oberhalb des Jngulums von der linken Seite aus. Die Exıraktion 
des von der Öffnung noch 10 cm entfernten, eingekeilten Fremdkórpers 
gelang durch ständige Umkreisung mit einem schmalen, langen Raspara- 


torium während des Zuges. Heilung ohne Störung. 
Hirsch, Magdeburg. 


460. Charles W. Richardson, Unusual foreign body in right 
bronchus removed by lower bronchoscopy. — (liefbroncho- 
skopische Entfernung eines aussergewöhnlichen Fremdkörpers 
aus dem rechten Bronchus.) 


Durch Trachealöffuung wurde vermittelst Jacksons Rohr und eines 
speziell konstruierten Bohrers ein grosser Radiergummi aus dem rechten 
Bronchus entfernt. Otto Glogau. 


461. Sargnon, Broncho-ösophagoskopische Beiträge. Rev. hebd. 
de luryng. 1910. Nr. 38. 

Fälle von Endoskopie des Larynx und der Trachea wegen Papillo- 
men und Stenosis thymica; 2 Fremdkórper der Bronchien. Fälle von 
Ósophagoskopie bei entzündlichem Geschwür und Soor; 4 Falle von 
Dilatation, 3 von Spasmen, wo grosse therapeutische Wirkung erzielt zu 
werden pflegt. 17 Narbenstenosen, zum Teil schwerer Natur, wurden öso- 
pbagoskopisch diagnostiziert und behandelt. Endlich Fälle von Krebs 
und von Fremdkörpern der Speiseröhre. Arth. Meyer. 


462, Saturnow, Ein Fall von Perioesophagitis verursacht durch 
einen Fremdkürper, mit günstigem Ausgang. Wratschebnaja 
Gaseta. 1909. Nr. 35. 

Ein Soldat bat ein Kuochenstück verschluckt, spürte bald nachher 
Schmerzen, die er zur Seite des Halses lokalisierte. Mittelst Fergusson- 
scher Sonde hat Verf. ein Stück Fleisch von Pflaumengrösse, in dem ein 
scharfer Knocheusplitter steckte, extrahiert. Nach der Extraktion trat, 
obwohl das Schlucken freier, Schwellung der äusseren Haut in der Gegend 
des Ringknorpels auf. Allmählich wurde die Schwellung grösser, es 
bildete sich Fluktuation aus und nach einigen Tagen brach spontan 
1!/s Querfinger oberhalb des Sternums und 1 Querfinger nach. aussen 
von der Trachea Eiter in grosser Menge durch. Dann bildete sich noch 
eine zweite Ótfnung, aus der sich viel Eiter entleertee Allmablich ver- 
siegte die Sekretion, die Fistelgänge schlossen sich und der Kranke genae. 

Marc Rosenblath, Odessa. 


163. Seljugin, Zur Frage der Fremdkürper in den Luftwegen, 
Westnik uschnich, gorlowich i nossowich bolesnej. 1909. Nor. 
Ein spontan aus dem Brouchus entleerter Fremdkörper (Knochen- 


35] Referate. 551 


splitter, der 14 Monate in demselben sich befand. Während dieser Zeit 
litt der Patient an Husten und machte eine akute Lungenentzündung durch. 
Marc Rosenblath, Odessa. 


6. Mundhöhle. 


464. Delie, Ypres, Beitrag zum Studium der Ludwigschen 
Angina. Rev. hébd. de laryng. 1910. Nr. 23. 


Sehr lesenswerte und klar geschriebene Schilderung der anatomischen 
Verhültnisse des sublingualen Raums, der klinischen Symptome und der 
3 möglichen Wege für die Operation : Des oralen Weges, der medianen 
Inzision und des Eingehens in der Regio euprabyoidea lateralis. l 

Artb. Meyer. 


465. Escat, Paralysie. velo- palatine secondaire à une diphtérie 
latente insidieuse et bénigne strictement localisée aux 
fosses nasales. (Lähmung des Gaumensegels nach einer 
latenten und gutartigen, anschliesslich in der Nasenhöhle 
lokalisierten Diphtherie.) Le Larynx. Oktober 1910. 


In zwei Fällen konstatierre Escat eine Rhinitis pseudo-membranacea 
mit Lähmung des Gaumensegels, ohne dass eine Verbreitung der Infektion 
nach dem Rachen stattfand. Im ersten Falle wurde die diphtheritische 
Natur einwandfrei durch die Kulturen bewiesen; im zweiten fielen die 
Kulturversuche negativ aus; allerdings alle objektiven Erscheinungen 
wiesen auf Diphtberie hin. Menier. 


466. Gerber-Königsberg, Über die Wirkung des Ehrlich- 
Hataschen Mittels 606 auf die Mundspirochäten. Deutsche 
med. Wochenschr. 1910. Nr. 46. 


An einem Manne mit zerfallenden Papeln der Tonsillen und des 
Isthmus faucium liess sich feststellen: 

1. Ein deutlich abtötender Einfluss von 606 auf die Mundspirochaten, 

2. ein Parallelismus der Mundspirochäten und der Spirochaeta pallida 
in Hinsicht auf die Wirkung von 606 für die erste Zeit nach der 
Infektion. Hirsch, Magdeburg. 


467. E. Labarre, Brüssel, Voluminöse kongenitale Zyste des 
Sinus maxillaris paradentären Ursprungs. Presse Oto- 
Laryngologique. Belge. Nr. 2. page 59. 1910. 

Der Verf. erwähnt die Diskussion, welche die Frage der Pathogenie 
der Kieferzysten hervorgerufen bat und spricht auch über die Theorie von 
Malassez, der sie einer Epithelwucherung auf kongenitaler oder 
infektidser Basis zuschreibt, was die Einteilung in angeborene und er- 
worbene Zahnzysten ergibt. 

Die multilokulären Zysten können diesen beiden Ursachen zugleich 
entspringen. 

Er berichtet dann über den Verlauf der Krankheit eines Patienten, 
der seit 7 Monaten an Anschwellung der rechten Fossa canina litt, die 
eine Asymetrie des Gesichtes bedingte. Unter der Lippe entdeckte man 
einen Tumor von der Grösse eines Hühnereies, welcher in das Vestibulum 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 5. 37 


552 Referate. [36 


vorragt und auf Druck einen gewissen Widerstand bot. Die Zahnreihe 
ist an dieser Stelle eingedrückt ; die Gaumenwölbung geschwollen und 
gibt den Eindruck von Pergamentknistern. Das Nasenloch ist frei, wie 
auch der Sinus. 

Exstirpation des Tumor unter Chloroform ; die geöffnete Zyste enthielt 
im Moment der Ablösung eine klare Flüssigkeit, Faden ziehend, keine 
Zähne. Die Höhle wurde kurettiert, die Gaumen- und orbitale Wand 
sind sehr verdünnt. Drainage. 

Der Verf. macht darauf aufmerksam, dass diese Beobachtung die 
Ansicht von Malassez bestätigt und führt die Ursache des Übels auf 
das Sprossen paradentärer Keime unter dem Einflusse von Reizen zurück, 
die ihre Ursache im Wachstum der Zähne baben. Als Beweis sieht er 
ein begrenztes Rezidiv an, das sich einige Zeit nach der Operation zeigte. 

Vom symptomatischen Standpunkte aus lenkt der Verf. die Auf- 
merksamkeit auf die enorme Entwickelung des Tumor ohne jedes An- 
zeichen von Schmerz, ein wichtiges differential-diagnostisches Zeichen, wie 
auch das Pergamentknistern. Er legt besondern Wert auf die durch die 
Diaphanoskopie erlangten Aufschlüsse. Zum Schluss gibt er einen Über- 
blick über die verschiedenen Eingriffe, die empfohlen worden sind. 

Fernandes. 


468. Pawlow, Ein Fall von maligner Nenbildung der Sublingual- 
driise. Wratschebnaja Gazeta. 1909. Nr. 49. 


Die histologische Untersuchung eines am Mundboden direkt unter 
der Zunge mehr links sich befindlichen Tumors, der exstirpiert wurde, 
stellte ein glanduläres Karzinom fest. Wahrscheinlich ist der Ausgangs- 
punkt des Karzinoms die Sublingualdrüse gewesen. 

Marc Rosenblath, Odessa. 


469. Pietri, Mexiko, Speichelzysten der Parotis. Rev. hébd. de 
lar. 1910. Nr. 2. | 


Sorgfältige Besprechung der „Ranula parotidea“ an der Hand eines 
eigenen Falles und 10 weiterer, welche aus der Literatur gewonnen 
wurden. Die Zyste ist ohne Zusammenhang mit den Ausführungsgängen, je- 
doch dem Drüsengewebe adhärent; unilokulär, ausgekleidet mit Zylinder- 
oder Pflasterepithel; sie enthält eine fadenziehende, speichelähnliche, aber 
fermentfreie Flüssigkeit. Für die Pathogenese adoptiert P. die embryonale 
Theorie einer Entwickelungshemmung. Die rationelle Therapie besteht 
in der sorgfáltigen Ausschálung des Zystensackes. Arth. Meyer. 


470. Pistre, Grenoble, Küsige paradentale Zyste; Pathogenese 
der Verküsung. Kev. hébdom. de laryng. 1910. Nr. 47—48. 


In einer Zahnzyste, welche bei einer früheren nasalen Eróffnung 
seróse Flüssigkeit entleerte, fand sich bei der Operation reichlich käsiger 
Inbalt. Für die Entstehung der Zysten ist die Theorie versprengter 
epithelialer Einschlüsse (Malassez) allgemein angenommen. Für die 
Entstehung des Käses werden neben anderen Mikroorganismen namentlich 
der Aspergillus verantwortlich gemacht, der ein koagulierendes Ferment 
absondert. Als Therapie kommt nur die Exstirpation der Zyste in Be- 
tracht; in diese hineinragende Zähne können erhalten werden, 

Arth. Meyer, Berlin. 


31] Referate. 553 


471. Putschkowsky, Phlegmonöse Entzündung der Zungen- 
tonsille hervorgerufen durch den Bacillus fusiformis Vincenti. 
Praktitscheski Wratsch. 1909. Nr. 1. 


Ein kasuistischer Beitrag zur Frage über die Entzündung der 
Zungentonsile. Im zitierten Falle wurden in den Membranen, die die 
Zungentonsille bedeckten, viele spindelförmige Bazillen gefunden. Rechts 
in einer Entfernung von 1!/2 cm von der Mitte des Zungengrundes wurde 
mit dem Toboldschen Messer eine fluktuierende Geschwulst inzidiert: es 
entleerte sich Eiter. Drei Tage nach der Inzision Genesung. Der Autor 
fasst die kardinalen Symptome der Entzündung des Zungengrundes zu- 
sammen: Schmerzen in der Gegend des Zungengrundes, der submaxillüren 
Drüsen; zirkumskripte Empfindlichkeit in der Gegend des grossen Hornes 
des Zungenbeins, die bei Druck sich steigerte, Schmerzen beim Schlucken 
fester und flüssiger Speisen. Marc Rosenblath, Odessa. 


472. Rendel, Short, Bristol, Das weitere Sehieksal von 40 Füllen 
von Epitheliom der Lippe. Brit. med. Journ. 20. Aug. 1910. 

Der Zweck dieses Berichtes über 40 Fälle der Krankheit, die in der 
Bristol Infirmary während der Jahre 1900—1909 behandelt . wurden, ist, 
zu untersuchen, ob es im Hinblick auf die späteren Schicksale der ope- 
rierten Patienten ratsam ist alle Lymphräume der Umgebung zu entfernen, 
in Fällen mit kleinem Tumor und kleinen palpablen Drüsen. 

Der Verf. bejaht diese Frage, weil von 20 Fällen, die durch lokale 
Entfernung behandelt wurden, nur vielleicht 3 an Rückfall starben; also 
eine Mortalität von 15°/o, was mehr ist, als der durch eine eingreifendere 
Operation verursachte Prozentsatz. Guthrie, Liverpool. 


473. H. Sehestopal, Warschau, Die Spirochaeta pallida bei der 

Syphilis der Mundhöhle. Monatsh. f. prakt. Dermat. 4. 1910. 

Schestopal beweist an einer Anzahl von Fallen die Tatsache, 
dass die Spirochaeta pallida bei syphilitischen Affektionen der Mund- 
schleimhaut sich ganz oberflächlich findet im Gegensatz zu anderen Ge- 
weben, wo erst durch Reitzung der spirochätenhaltige Gewebssaft an die 
Oberfläche befördert werden muss. Es genügt vollständig die Öse eines 
Platindrahtes über die verletzte Stelle zu führen, um ein gutes : Prä- 
parat herzustellen. Die Gründe hiezu sind wohl folgende: Erstens die 
Abwesenheit der hornigen Epidermis in der Mundhöhle, welche einen 
Panzer für das Durchdringen der Spirochäten auf die Oberfläche der Haut 
vorstellt und zweitens die Anwesenheit des notwendigen Reizes in der 
Mundhöhle, wofür die Natur selbst gesorgt hat. Wir gebrauchen den 
Mund den ganzen Tag — beim Sprechen, Essen und sogar Atmen (als 
den Reiz hervorrufender Faktor wirkt hier die Veränderung der ‘Tempe- 
ratur) ohne von den Rauchern zu reden, bei denen die Erythema isthmus 
faucii und die Pharyngitis die beständigen den Reiz herbeiführenden Ge- 
fährten sind. 

Deswegen ist die Syphilis der Mundhöhle unter allen andern Syphi- 
liden die am meisten kontagiöse. Sippel, Würzburg. 


474. Van den Wildenberg, Antwerpen, Ein Fall von Makro- 
chelie. Annales de la Société de Médecine de Anvers. 1908. 


Der Verf. hat ein junges Mädchen behandelt die an Schwellung der 
| 37* 


n EE Referata. [38 


Oberiippe und an intermittierenden entzindlichen Versehlimmerungen litt, 
denen gewóünlich mehr oder weniger hartnackige Fissuren folgten. 

Der Verf. machte eine Resektion eines Lappens der Lippe in Form 
eines Orangenviertels. durch zwei kleine keilfórmige Lappen auf den 
Mundwinkeln vervoiistàndigt. Das ästhetische Resultat war ein sehr be- 
friedigendes. Fernandes. 


4. Gresagebiete. 
1:5. Eugen Bireher, Zur Frage der Krepfatielegie. Deutsche 
mel. Wochenschr. 191^. Nr. 37. 
Hinweis auf gewisse Zusammenhänge zwischen Kropt, kretiner Degene- 
ration und geoiogischer Bodenformation. Zur Klärung Jder Frage müssten 
Geologen. Chemiker und Ärzte zusammenarbeiten. Hirsch, Magdeburg. 


Lin U. Calamida. Mailand. Les abees du cou d'origine etitique. 
(Die Halsabszesse otitisehen Ursprumgs.)  irchires imiern. de 
laryngologie.. September, Oktober. 1910. 

Verf. studiert die Anszesse ies Halses, der retro- maxillàren Gegend und 
des Rachens, welche durch Ohreiterungen (entweder durch die Blutbahn oder 
dureh die Lvmphgefasse vermittelt! verursacht sind. Menier. 


477. NM. Engländer., Wien. Demonstration eines dureh Operation 
dauernd zebessertem Basedowfalles. Wien. klin. Wochenschr. 

£3. 1210. 

Der Fall zeigte vor der Operation das Vollbili schwerer Basedow- 
erkrankung mit Kompression der Trachea. Es wurde die linksseitige 
Strumektomie ausgeführt. Voa den nach der Operation noch persistieren- 
den Symptomen sin. bier besonders zu nennen: Die Tachykardie (100 Puls- 
schläge in der Minute: aber ohne Beschwerden seitens des Kor und ein 
Exophthalmus an der operierten Seite. Dauernd reschwunden sind da- 
gegen (ie Diarrhöen. die qualenden Aufregungszustinde uni Schweisse, 
das Mattigkeitegefübl und nicht zuletzt die gesteigerte Oxydation im Stolt- 


wechsel. Völlige Arbeitzfähigkeir. Sippel, Würzburg. 
473. W. Freudental. New York, In weleher Weise können die 
Befunde im den oberen Luftwegen für die Diagnose einer 


beginnenden Lungentuberkulose erwartet werden? Zeitschr. 
fur Tub. Bd. XVI. H. 3. 


Verf. zibt als Zeichen einer beginnenden Luugentuberkulose folgende 
Befunde in den oberen Luftwegen an: 

1. Neben Anämie der Senleimhaut des Gaumes eine Linie der Kou- 
gestion. die von der Insertionsstelle der Uvula zu' beiden Teilen der 
Gaumenbogen abwärts zieht und Jie Tonsillen umschliesst. 

2. Zahlreiches Auftreten. von. Hypertrophie der Zangentonsille. 

3. Verdickung des Interarytenowlalraumes, 

4. Andauernde Heiserkeit. 

Die „laryngeale Krepitation“ voa Cvbulski und Skillern er- 
schien ihm weniger bedeutungsvoll ebenso nicht das sngeblich gehaufte 
Auftreten einer Rhinitis sicca bei der Phthisis incipiens. 

Sehróder. Scbómberg. 


39] Referate. 555 


479. 0. Hirsch, Wien, Demonstration von Hypophysentumoren. 
Wien. klin. Wochenschr. 44. 1910. . 


Es handelte sich um vier Falle, von denen bei dreien auf endo- 
nasalem Wege der Tumor erreicht und entfernt wurde. Die Erfolge 
zeigten die Leistungsfühigkeit der Methode. 

Ernst Seifert, Würzburg. 


480. 0. Hirsch, Wien, Operative Behandlung von Hypophysis- 
tumoren auf endonasalem Wege. Arch. f. Lar. XXIV. H. 1. 


Schloffers Methode hatte bewiesen, dass die teilweise Entfernung 
eines Hypotophysentumors durch Nase und Keilbeinhöhle möglich ist, und 
dass trotz der nasalen Eröffnung der Dura Meningitis nicht zu folgen 
braucht. Hirsch wählt zwei rein endonasale Wege. Entweder a) er 
eröffnet breit eine Keilbeinhöhle nach Entfernung der mittleren Muschel 
und des Siebbeins, und meisselt später die Sella turcica auf. Hierzu be- 
darf er 15 cm langer schlanker Instrumente. Aus der Dura wird durch 
einen Quer- und zwei Längsschnitte ein Lappen gebildet, in der Lücke 
erscheint der Tumor und kann teilweise oder bisweilen ganz entfernt 
werden. b) Ein zweiter Weg benutzt die submuköse Resektion des Septum. 
Zwischen : den Schleimhautblüttern wird Knorpel und Knochen bis zur 
vorderen Keilbeinwand reseziert, sodann diese selbst und das Septum 
sphenoidale. Nun kann in der Medianlinie der Boden der Sella turcica 
abgemeisselt werden, und die Dura wird, wie oben eröffnet, — Penible Anti- 
sepsis und regelmässige Urotropin-Dosen verhüteten in den 4 Fällen, die 
Hirsch operierte, eine Meningitis. Die Erfolge waren gute, indem die 
Entlastung des Chiasma z. T. eine bedeutende Besserung des Sehver- 
mógens zur Folge hatte. Die Resultate ermutigen sicherlich zu weiteren 
Versuchen mit der endonasalen Methode. Arth. Meyer, Berlin. 


481. 8. Kreuzfuchs, Wien, Symptomatologie und Hiufigkeit 
des intrathorazischen Kropfes. Wien. klin. Wochenschr. 1. 
1911. 


Gelegentlich der Demonstration eines solchen Falles werden die 
klinischen Symptome besprochen, und die Häufigkeit der reinen Brust- 
strumen zu 3,7°/, angegeben. Ernst Seifert, Würzburg. 


482. E. Kuhn, Biebrich a. Rh., Physikalische Behandlung des 
Asthma bronchiale. Med. Klin. 1910. 42, 43. 


Verf. stellt die bisher übliche physik. Asthmatherapie in Gestalt der 
Ausatmungsverlàngerung als unphysiologisch und unangebracht hin, und 
rat, mit Hilfe der Lungensaugmaske, die Einatmungszeit zu verlängern, 
dass das normale Verhältnis von Ex- und Inspirationszeit (7:6) wieder- 
hergestellt wird. Auch scheint die unmittelbare Wirkung der Saugmaske 
eine Gehirnanámie zu sein, durch welche ein erwünschtes Nachlassen in 
der Erregbarkeit und Übererregbarkeit der Gehirnfunktionen eintritt. 

Ernst Seifert, Würzburg. 


483. Me. Coy John, New York, Report of two cases of brain- 
abscess in the frontal lobe, Secondary to Ethmoiditis and 
frontal sinusitis. (Zwei Fille von Stirnlappenabszess nach 


556 Referate. [40 


Siebbeinzellen- und Stirnhöhleneiterung.) Annals of Ot., 
Rhin., Laryng. 1910. Nr. 2. 

Fall 1: 18 Monate altes Kind. Nach Pneumonie Schwellung beider 
Augenlider, Inzision, wochenlange Entleerung von Eiter. Sondierung 
durch diese Öffnungen ergab nekrotischen Knoten. Mittlere Muschel 
stark geschwollen, kein Eiter intranasal. Beiderseitige Radikaloperation 
der Stirnhöhle und Siebbeinzellen ; die Orbitalplatte der letzteren hatte 
rechts zwei, links drei Perforationen. Das Stirnbein erwies sich als fast 
vollständig osteomyelitisch, unter demselben zeigte sich ausgedehnter Epi- 
duralabszess. Patient erholte sich von der Operation, bie nach 13 Tagen 
Láhmung der rechten Extremitäten und 6 Tage später Erbrechen und 
Koma auftrat. Nochmalige Operation ergab ausgedehnten Frontallappen- 
abszess. Exitus. 

Fall 2: 10jähriger Knabe. Schmerzen. Schwellung über rechtem 
Augenlid. Killiansche Operation. Scheinbare Heilung. Nach 5 Wochen 
Schwellung über der linken Stirnseite. Operation: grosser Epiduralabszess 
von der Stirnhöhle ausgehend. Anfälle von Schwindel und Erbrechen 
veranlasste einige Wochen darauf gründliche Ausräumung der Ethmoidal- 
zellen, die voll Polypen und Granulationen waren, und über denen Dura 
freilag. Da die Konvulsionen fortdauerten, wurde über dem alten Epi- 
duralabszess ins Gehirn eingegangen und eine Unze Eiter entleert. Fünf 
Tage später wurde ein zweiter Gehirnabszess in der Tiefe gefunden. Da 
die Drainage stockte, wurde von der Schläfengegend aus eine Contre- 
Drainage geschaffen. Genesung. Otto Glogau, New York. 


484. Preobraschensky, Die Behandlung des Kropfes mit 
d’Arsonvalschen Stämmen. Westnik uschnich, gorlowich 
1 nossowich bolesnej. Februar 1909. 
Zwei Strumafälle, die mittelst d’Arsonvalscher Ströme vollkommen 
geheilt sind. Marc Rosenblath, Odessa. 


485. Quadrone, Studio clinico e radiologico sulla disposizione 
. del cuore, dell’arco aortico e dell’esofago nelle gravi cifos- 
coliosi dorsali. Paralisi della corda vocale sinistra nelte 
deviazioni laterali del rachide, suo meccanismo di produzione 
e sua relativa frequenza.  (Klinisehes und radiologisches 
Studium über die Stellung des Herzens, des Aortabogens, 
und des Osophagus bei sehweren dorsalen Kyphoskoliosen, 
Lähmung des linken Stimmbands bei seitlichen Riickgrats- 
verkrümmungen; ihr Entstehungsmechanismus, und ihre 
relative Frequenz, Riyista critica di clinica medica. 15. Okt.1910. 
Die Rekurrenslähmung linkerseits hat als Ursache eine Zerrung und 
Zug dieses Nerven, dieser Zug wird durch den Aortabogen vermittelt, 
welcher heruntergezogen wird und dazu verflacht ist und eine starke 
. Drehung um seine Achse erfährt. | 
Bei den dorsalen Kyphoskoliosen folgt der Ösophagus nicht den 
Krümmungen der Wirbelsäule; ausnahmsweise kann dieses aber erfolgen ; 
darum soll man, ehe man eine Magensonde bei solchen Patienten ein- 
führt, die Radioskopie ausführen, um gewiss zu sein, dass der Ösophagus 
den Krümmungen nicht folgt. In diesem Falle trifft man eine Erweiterung 
des Ösophagusteiles, welcher der Wirbelsäule adhäriert. Menier. 


-- 


41] Gesellschafts- und Kongressberichte. 507 
486. Swerschewsky, Zur Frage der akuten Entzündungen 
der Schilddrüse. Eschemesjatschnik uschnich, gorlowich 1 nosso- 

wich bolesnej. 1909. Nr. 3, 4. 

4 Fälle von akuter Thyreoiditis nach Tonsillenentzündung. Kom- 
plikationen: in 2 Fällen akute Nephritis in einem akuten Gelenkrheuma- 
tismus und in einem heftigen Herzklopfen. Die: Affektion des Rachens 
und des Kehlkopfes äusserte sich in Form von Rötung und geringer 
Schwellung einer Seite (in 3 Fällen), besonders in der Gegend des ent- 
sprechenden Aryknorpels. Marc Rosenblatt, Odessa. 


487. G. Weinland, Weissenau, Über Häufigkeit und Wachs- 
tum der Krépfe bei den weiblichen Pfleglingen der kgl. 
Heilanstalt Weissenau. — Korresp.-Dl. d. Württ. ärztl. Landes- 
vereins. 52. 1910. 

Ein Beitrag zu der merkwürdigen Erscheinung des endemischen 

Kropfes und seiner Abhängigkeit von geologischer Formation und Wasser- 


beschaffenheit. Ernst Seifert, Würzburg. 
488. Watson, Williams, Bristol, Asthma. Practitioner. Okt. 
1910. 


Dieser Bericht handelt ziemlich eingehend von Asthma im allge- 
meinen. In bezug auf das nasale Asthma sieht der Verf. verschiedene 
Formen von intranasaler Irritation, wie Nebenhóhlen-Erkrankungen, oder 
Druck auf das Septum durch eine erweiterte mittlere Muschel, in einigen 
Fällen als Ursache des Asthma-Reflexus an. Er unterlässt es absicht- 
lich. den Nasenpolyp als Ursache des Asthma zu bezeichnen, weil er der 
Ansicht ist, dass der krankhafte Zustand, des durch den die Entwickelung 
des Polypens entsteht, zuweilen infolge anhaltender intranasaler Reizung 
auch das Asthma verursacht. Dieses erklürt in gewissem Masse die Tat- 
sache, dass die grósste Anzahl der Personen, die an Nasenpolypen leiden, 
nicht auch Asthma haben; aber eine weitere Erklärung liegt darin, dass 
das Asthma eine Neurose ist, welche von der Labilität der betroffenen 
medullären Zentren abhängt. 

Der Verf. legt besonderen Wert auf die vollständige Entfernung 
von Nebenhóhlenerkrankungen, wenn solche vorhanden sind, in Fällen 
von Asthma, da sie zuweilen die Ursache der Polypen sowohl, als auch 
des Asthmas sind. Guthrie, Liverpool. 


III. Bücherbesprechungen. 


——— 


E. Escat, Toulouse, Technique oto-rhino-laryngologique. 2. Auflage. 

1910.  Matoine Verleger Paris. 660 S. 389 Textabbildungen. 

Erst vor 2 Jahren wurde die erste Auflage dieses Buches veróffentlicht und 
das starke Verlangen danach hat eine neue Auflage nötig gemacht. Und, meiner 
Ansicht nach, verdient das Buch einen solchen überraschenden Erfolg, welcher 
spezialistischen Werken selten zuteil wird. Obgleich die Bescheidenheit des 
Verfassers seinem Werke nur das Epitheton eines propädeutischen auflegt, ist 
es ein vollständiges Handbuch, das manchem ein Lebrbuch sein wird, da der 


55R Gesellschafts- und Kongressberichte. [42 


Student, der praktische Arzt und häufig auch der Fachmann nützliche Winke 
darin finden werden. 

Das Buch ist auch „up to date“. Die neuesten Resultate und Vervollkomm- 
nungen der Oesophago-Tracheo-Brachoskopie, der Hayaschen Pharyngo-Laryngo- 
skopie, die neuen klinischen Methoden der Rhinometrie und Olfaktometrie 
sind darin verzeichnet. Kurz, das Werk kann als absolut komplett bezeichnet 
werden. (Man vergleiche z. B. die Kapitel Chirurgie des amygdales und 
Tracheotomie, sowie das Kapitel Semiotique des Sinus de,la face 
mit den gleichbetitelten aus ähnlichen Handbüchern.) In diesem Buch spricht 
deutlich und klar die Erfahrung eines gewissenhaften Spezialisten und Lehrers. 

Menier. 


IV. Gesellschafts- und Kongressberichte. 


—— — 


82. Versammlung deutscher Naturforscher und Arzte in Königs- 

berg i. Pr. 18.—24. September 1910. 

Abt. XXII Hals- und Nasenkrankheiten. 
I. Sitzung: 19. September 1910. 

Einführender: Prof. Gerber, Kónigsberg i. Pr. 

Vorsitzender: Lunin, St. Petersburg. 

Schriftführer: Dr. Georg Cohn. Königsberg i. Pr. 

Dr. Richard Krause „ — 

Herr Blumenfeld- Wiesbaden ist in extenso in Heft 8, Band III diescr 
Zoitschrift erschienen, s. S. 225 ff. 

Horr H. Gutzmann: Die Untersuchung der Stimme mit experi- 
mentell-phonetischen Methoden erscheint in extenso in dieser Zeitschrift. 

Diskussion: Here Katzenstein-Berlin macht auf verschiedene Fehler 
bei der klanganalytischen Untersuchung der Sprache aufmerksam. Diese Fehler 
erschweren zwar die exakte Berechnung, jedoch für therapeutische Zwecke 
kommen sie nicht in Betracht. 

Gutzmann schliesst sich diesem an. 

Herr Flatau-Berlin. Chirurgische und funktionelle Behandlung der Stimm- 
lippenknötchen mit besonderer Berlicksichtigung der Frage der Berufsschädigung. 
s. S. 369 dieser Zeitschrift. 

Diskussion: Herr Gerber macht darauf aufmerksam, dass er viel häufiger 
als Knötchen zackenförmige Gebilde am Stimmband selbst gesehen hat; er hat 
diese niemals chirurgisch anzugreifen gewagt, zumal sie fast nur bei jugendlichen 
Individuen vorkamen. 

Herr Halle-Charlottenburg hat bei Kindern ebenfalls häufig spindelförmige 
Verdickungen gesehen und führt diese auf Überanstrengung der Stimme zurück. 
Bei Stimmschonung bessern sich diese Fälle. In einer zweiten Kategorie fand 
er öfter Knötchen bei akuten und chronischen Katarrhen, auch bier führt Stimm- 
ruhe mit vorsichtiger lokaler Behandlung oft zur Beseitigung der Stimmstörung. 
Sind jedoch Knötchen oder breitaufsitzende Tumoren allein die Ursache der Stimm- 
störung, so trägt Halle kein Bedenken, sie chirurgisch abzutragen, dagegen 
lehnt er die von Flatau empfohlene Chromsäure-Behandlung als gefährlich ab. 

Herr Gutzmann-Berlin empfiehlt in jedem Falle zunächst eine Ruhekur, 
bevor man lokal irgendwie vorgeht 

Herr Cohn-Königsberg hält den Namen: Stimmlippenknótchen für einen 
Sammelbegriff, man sieht häufig Zacken oft verbergen sich hinter den Knötchen 





43] Gesellschafts- und Kongressberichte. 559 


kleine Cysten, verstopfte Drüsenausführungsgänge etc. Überanstrengung der 
Stimme ist keineswegs so häufig, wie angenommen wird, die Ursache. Thera- 
peutisch ist Stimmrahe zunächst wohl das wichtigste Moment. 


Herr Katzenstein-Berlin rät dringend ab, die Chromsäure zur Beseiti- 
gung zu benutzen, er empfiehlt die von ihm angegebenen Quetschplatten, jedoch 
nur bei Knötchen, die aus Epithelwucherungen bestehen und zwar operiert er 
diese auch nur bei Bassisten und Altistinnen. Bei Sopranen und Tenören klingen 
die hohen Töne infolge starker Spannung der Stimmlippen fast klar. 

Horr Blumenfeld- Wiesbaden warnt vor früher Aufnahme von Stimm- 
übungen. 


Herr Flatau-Berlin hält die gegen die Chromsäure vorgebrachten Ein- 
wände nicht für stichhaltig, wenn sein Instrument zur Applikation angewandt 
wird. Hierbei kann weder die Stimmlippe in der Tiefe angegriffen werden, noch 
können gesunde Teile mitgebeizt werden. Zacken greift er überhaupt nicht an. 
Statt des Probeschweigens empfiehlt er die funktionelle, namentlich elektro- 
phonische Untersuchung. 


Flatau bespricht kurz das von ihm inaugurierte Behandlungssystem der 
funktionellen Stimmstórungen: Seine neue Methode, wobei eine pneumatische 
Anlage einen Luftstrom bis zu einer Atmosphäre liefert und ihn durch einen Um- 
former in Gestalt einer zylindermantelfórmigen mit einem Motor gekuppelten 
Sirene in Tonstósse verwandelt, deren Schwingungen den Stimmbändern durch 
Luftkapseln aufgetragen werden, hat Flatau noch weiter ausgebaut: der mecha. 
nischen Einwirkung kann eine elektrische Pulsation oder Unterbrechung in völlig 
isochroner Form angeschlossen werden. Die Lösung dieser Aufgabe gelang 
Flatau nach längeren erfolglosen Versuchen eben durch den Anschluss der 
neuen Vorrichtung an seine Sirene und zwar in zweifacher Weise. Die Apparate 
wurden in der Königsberger Universitäts-Poliklinik für Hals- und Nasenkranke 
demonstriert. Flatau hebt hervor, dass beide Heilpotenzen gegeneinander auch 
variiert werden und zwar zeitlich durch Phasönverschiebung, numerisch im Ver- 
hältuis 1:2 und der Intensität nach, wobei sich eine ausserordentlich fein abzu- 
stufende Dosierung und Summationamöglichkeit ergibt. Die neue Methode ist 
von Georg Wolf in Berlin nach Flataus Angaben ausgeführt. 


Diskussion: Herr Katzenstein bittet die Kollegen, in ihrem Kreise 
dahin wirken zu wollen, dass bei Stimmstörungen von der Vibration und den 
elektrischen Behandlungsmethoden mehr Gebrauch gemacht wird. 


Herr Flatau-Berlin: Laryngostroboskop. Flatau demonstriert und 
bespricht sein von Georg Wolf nach seiner Angabe ausgeführtes und seinem 
(Flataus) Kehlkopfendoskop angefügtes Stroboskop. Bei der ersten Ausführung 
lief die Sirene durch die Objektionsfassung und wurde durch einen Motor ge- 
trieben, der als Handgriff des Instruments diente. Die Übertragung geschah 
durch ein Fixationsgetriebe. Bei der demonstrierten neuen Form hat das Instru- 
ment einen bequemen grazilen Handgriff bekommen und ist durch eine sehr dünne 
biegsame Welle mit einem stehenden Motor verbunden, so dass die leichte Be- 
weglichkeit des ganzen Apparats vergrössert ist. Auch die mit einer Ausrüstung 
erhaltbare Tonreihe ist vergrössert, indem zwei Scheiben durch Verstellung auf- 
einander eine Oktave ergeben und die Umdrehungsgeschwindigkeit aussen vom 
Motor durch das Fixationsgetriebe reguliert werden kann. 


Mittwoch, 21. September 1910: 


Vor der Tagesordnung demonstriert Herr Flatau in der Kgl. Poliklinik 
für Hals- und Nasenkrankheiten die vorher besprochenen Instrumente, ferner zeigt 
Herr Halle- Berlia die von ihm modifizierten Apparate zur peroralen Intubage 
und Metallringe, die er in die eróffnete Keilbeinhóhle und in erweiterte Choanen 
legt, um einen Verschluss der Operationsóffnung durch Granulationen zu ver- 
meiden. 


560 Gesellschafts- und Kongressberichte. [44 


II. Sitzung, kombiniert mit der otologischen Sektion 
Mittwoch, 21. September 1910: 


Vorsitzende: Herr Kayser-Breslau 
Herr Blumenfeld- Wiesbaden. 
(Von der rhino-laryngologischen Abteilung kommen folgende Referate in Betracht.) 

Herr A. v. z. Mühlen-Riga. Zur Diagnosenstellung der Stirnhöhlen- 
eiterung. 

Bei Erkrankungen der Stirnhöhle, wenn auf andere Weise eine Diagnosen- 
stellung nicht möglich war, benutzt Mühlen einen eigens dazu konstruierten 
Troikartbohrer, 'mit welchem unter lokaler Anästhesie die vordere Stirnhöhlen- 
wand durchbohrt wird. Ist der Bohrer in die Höhle eingedrungen, dann wird die 
Nadel entfernt, während die Kanüle in situ bleibt. Mit einer feinen Sonde lässt 
sich nun die hintere Stirnhöhlenwand in begrenztem Umfange abtasten. Eine an 
einer Spritze befestigte Pravazsche Nadel wird sodann durch die Kanüle in die 
Stirnhöhle eingeführt und die Spülflüssigkeit vorsichtig hineingespritzt. Die 
Spülflüssigkeil findet in jedem Fall einen Ausweg rückläufig durch die Kanüle, 
auch wenn der Canales-naso-frontalis verlegt ist. Ein Überdruck in der Stirn- 
höhle ist daher nicht zu befürchten. (Wird in den „Beiträgen zur Anatomie des 
Ohres* erscheinen). 

Diskussion: Herr Halle-Berlin hält die Eröffnung der Stirnhóhle von 
aussen mit einem Troikart für nicht unbedenklich, da Réotgenaufnahmen doch 
keine ganz sicheren Resultate über Ausdehnung und Tiefe der Stirnhóhle geben; 
auch kann, wenn die Hinterwand nahe der Vorderwand liegt, leicht durch den 
Troikart die Dura mater verletzt werden. Er empfiehlt Sondierung und Probe- 
ausspülung von der Nase aus, was in der überwiegenden Zahl der Fälle möglich 
ist. Auch Herr Dahmer-Posen hält das Vorgehen des Vortragenden für ge- 
fährlich und empfiehlt eine probatorische Kröffoung in der Gegend des medialen 
Augenbrauenkopfes. Herr Cohn-Königsberg macht ebenfalls in zweifelhaften 
Fällen, bei denen genaue Diagnose durch Eröffnung und Spülung von der Nase 
her nicht zu stellen ist, eine probatorische Aufmeisselung. Herr Henke-Kónigs- 
berg weist auf die Gefahr in den Füllen hin, bei denen die Stirnhóhle fehlt und 
bei denen mau die Dura verletzen muss. Herr Berthold regt die rechtliche 
Frage an, ob ein solcher Eingriff, ohne Einwilligung des Patienten, statthaft sei. 
Herr v. z. Mühlen hält im Schlusswort alle diese Einwände nicht für stich- 
haltig, er bat die Methode oft angewandt und sie hat ihn nie im Stiche ge- 
lassen. 

Herr Rhese, Königsberg i. Pr. Die Diagnostik der Erkrankungen des 
Siebbeinlabyrinths und der Keilbeinhöhle aus dem Röntgenbild. 

Bei den Sagittalaufuahmen wurde bisher die Tatsache nicht entsprechend 
gewürdigt, dass das hintere Siebbein auch von hinten her in die Orbita hinein- 
sieht und daher lateral vom medialen Orbitalrand nahezu isoliert auf dem Rönt- 
genbild sichtbar ist. Verschleierungen lateral vom medialen Orbitalrand, besonders 
bei Verwaschensein bezw. Verlöschisein der lateralen Grenzlinie, deuten daher 
auf eine Erkrankung des hinteren Siebbeins und lässt sich hieraus ein Anbalts- 
punkt’ für die Differentialdiagnose zwischen vorderem und hinterem Siebbein ge- 
winnen. 


Bei Erkrankungen der Keilbeinhöhle ist häufig eine umschriebene, hart an 
das Septum reichende, den Raum zwischen letzterem und der medialen Siebbeinbe- 
grenzung ausfüllende Verschleierung diagnostisch verwertbar. 


Da Sagittalaufnahmen häufig unzureichend sind, wandte sich Redner einer 
besonderen Art von Schrägaufnahmen zu. Die Platte liegt hierbei unmittelbar 
vor der Orbita, die dicke Schädelkapsel wird ausgeschaltet, so dass Feinheiten 
deutlicher sichtbar werden. Die Vorzüge dieser Schrägaufnahmen liegen ferner 
darin, dass die Verschleierungen in grösserer Breite auf die Platte kommen, dass 
man eine Übeısicht über die ganze auatomisı he Situation erhält und genau die 


45] Gesellschafts- und Kongressberichte. 561 


Stelle der Erkrankung — ob vorderes, ob hinteres Siebbein oder Keilbeinhöhle — 
lokalisieren kann. Letzteres ist besonders vorteilhaft, wenn es sich darum 
handelt, die Beziehungen des vorderen Siebbeins zu Erkrankungen der Trünen- 
wege, diejenige der Frontalzellen zu Erkrankungen der Stirnhöhle klar zu legen, 
ferner dann, wenn es sich um eine Stützung der Diagnose auf Keilbeinhóhlen- 
beteiligung handelt. Letztere ist auf dem Schrügbild an der Verschleierung der 
Keilbeinhóblengegend und dem Verwaschensein der Grenzlinien oft recht gut zu 
erkennen. 

(Es folgt Demonstration von 35 Skiogrammen —  Diapositiven — am 
Skioptikon und zwar teils von Sagittalbildern, teils von Schrügbildern). 

Herr Jacques Joseph (Berlin: Nasenkorrekturen (mit Projektions- 
bildern). 

Joseph hat in 518 Fällen plastische Nasenoperationen ausgeführt. Davon 
betreffen 461 Fülle die Nasenverkleinerungsplastik, 17 die Schiefnasenplastik uud 
40 die Defekt- oder Ersatzplastik. 33 Paraffininjektionen, die er wegen Sattel- 
nase ausgeführt hat, sind in diesen Zahlen nicht eingerechnet. Joseph demon- 
striert an zahlreichen Photographien seine Erfolge auf den genannten 3 Gebieten 
der Rhinoplastik, ebenso sein Instrumentarium und erläutert an schematischen 
Zeichnungen und Röntgenbildern seine Methoden. Er zeigt die Hückerabtragung. 
die Verkürzung zu langer Nasen, die Verschmälerung der abnormen Breite der 
knöchernen Nase, die Vor- und Zurücksetzung der Nasenspitze, die Verschmälerung 
der abnorm breiten Nasenspitze, die Korrektur der abnormen Flachheit, des ab- 
normen Hoch- und Tiefstandes eines Nasenflügels, ferner die Inversion des 
Spitzenknorpels. — Bei der Korrektur knöcherner Schiefnasen (um solche handelt 
es sich in seinen Fällen vorwiegend) hat sich die von Joseph angegebene Keil- 
resektion aus dem Processus frontalis der breiteren Seitenwand durchaus bewährt 
(Demonstration von 12 durch solche Operationen gewonnenen keilförmigen Knochen- 
stiicken). Bei knorpeliger Schiefnase rät Joseph neben der von ihm angegebenen 
„Attraktion“ zu forcierter Anweudung seines Schiefnasenapparats. 


Joseph hat diese Operationen, je nach dem Falle, einzeln für sich oder in 
den verschiedensten Kombinationen miteinander in derselben Sitzung ausgeführt. 
Ebenso bat er bei gleichzeitigem Vorhandensein stenosierender Muschelhyper- 
trophien und Septumdeviationen auch diese in derselben Sitzung beseitigt. Bei 
der Kombination von Höckerabtragung und submuköser Septumresektion muss 
am Septum ein etwa !/» cm breiter, vorderer Knorpelrand — von der projek- 
tierten, geraden Profillinie aus gerechnet — zurückgelassen werden, da sonst 
die Stabilität der Nase gefährdet ist. — Die genannten Operationen der Ver- 
kleinerungs- und Schiefnasenplastik sind vom Vortragenden auf intranasalem 
Wege, mithin ohne jede äussere Narbe ausgeführt worden. Eine Ausnahme 
bilden nur die seltenen Korrekturen des abnormen Tiefstands und der abnormen 
Flachheit eines Nasenflügels. Die Narbe ist in diesen Fällen klein und un- 
auffällig. 

Zur Nasenersatzplastik gibt Joseph folgende neue Methoden und 
Kombinationen an. Einen Nasenflügeldefekt hat er durch Überpflanzung eines 
ungestielten Lappens aus dem andern unversehrten Nasenflügel gedeckt. Einen 
zweiten Fall von Nasenflügeldefekt hat er durch Kombination von Lappenver- 
schiebung und Nasenverkleinerung korrigiert. In einem Fall von Doggennase 
hat er die senkrechte Furche durch „plastische Keilhebung“ beseitigt. 

Zur Korrektur von Sattelnasen hat Joseph das knöcherne Ersatzmaterial, 
je nach dem Umfange des Defekts, entweder der Tibia oder dem Processus 
frontalis der Oberkiefer entnommen und intranasal durch einen Schleimhaut- 
schlitz nnter die Haut des eingesunkenen Nasenrlickens eingefügt. Bei einer 
Sattelnase, die gleichzeitig wegen Hochstülpung der Nasenspitze zu kurz war, 
erzielte Joseph ausser der Sattelnasenkorrektur auch eine Verlängerung der 
Nase — der erste Fall von Verlängerung einer zu kurzen Nase bei unverletzter Haut. 


062 Gesellechafte- und Kongressberichte. [46 


Bei der totalen Rhinoplastik, die er mehrfach ausgeführt hat, wendet 
er grundsätzlich zur Vermeidung der entstellenden Stirnnarbe die Rhinoplastik 
aus dem Arm (italienische Methode) au; jedoch mit folgenden Abänderungen und 
Ergänzungen. Den Hautlappen aus dem Arm schneidet er in Form eines nach 
oben offenen (an der untern Ecke abgestumpften) Rhombus, so dass die Er- 
n&hrungsbrücke zentral gelegen ist. Als Verbandmaterial benutzt er nicht Gips- 
sondern einfache Stärkebinden und lässt den Rumpf aus dem Verband voll- 
ständig frei. Zum schnelleren Trocknen des Verbandes hat er ein Trocken- oder 
Netzkopflager konstruiert, — Den Nasenrücken bildet Joseph durch Trans- 
plantation einer starken 6 cm langen Knochenleiste aus der Tibia in die bereits 
auf das Gesicht überpflanzte Armhaut. Das Septum bildet er nach 
Dieffenbach aus der Oberlippe, jedoch mit der wesentlichen Abänderung, dass 
er zuvor in den zu überpflanzenden Teil der Oberlippe eine zweite, dünnere, etwa 
4 cm lange Knochenleiste aus der Tibia transplantiert. Das neue Septum stellt 
infolgedessen eine knócherne Stütze dar. 

Diskussion zu Vortrag Joseph: Herr Gerber fragt an, welche Vor- 
sichtsmassregeln der Vortragende anwendet, um die Entzündungen der Weich- 
teile nach der Fortnahme von Knochenüberschüssen und das Ausreissen der 
Näthe bei der Septumverkürzung zu vermeiden. Zur Deckung von Defekten im 
Nasenflügel hat er mit gutem Erfolg die Kónigsche Methode des Ersatzes aus 
dem Obrknorpel angewandt und auch bei seinen Paraffininjektionen hat er nie 
üble Zufälle gesehen, er ziebt sie, da chirurgische Massnahmen nicht immer 
sichere Resultate geben, deshalb den Sattelnasenkorrekturen, den viel grösseren : 
chirurgischen Eingriffen vor. 

Herr Flatau nimmt ebenfalls das Paraffin in Schutz und berichtet über 
Fälle mit ausgezeichneten Resultaten. 

Herr Cohn - Königsberg kann sich nicht erklären, wie in einem vom Vor. 
tragenden erwähnten Falle, die Paraffinmasse 1’/: Jahre nach der Injektion noch 
zur Difformität der Nase führen konnte und bittet um nähere Erklärungen, 
während 

Herr v. z. Mühlen auf die Farbenunterschiede zwischen Gesichtshaut und 
derinach”der italienischen Methode implantierien Haut aufmerksam macht. 

Herr 'Halle hat sowohl durch chirurgische Eingriffe nach Ioseph, wie 
auch nach Paraffin-Injektionen glänzende Dauererfolge gehabt. In Fällen von 
Sattelnase zieht er Paraffin als den kleineren Eingriff vor. 

Herr Joseph: Entzündungen der Weichteile werden am besten verhütet 
durch möglichst strenge Desinfektion des Naseninnern, soweit dies leicht zugäng- 
lich ist (Enthaarung und Reinigen mit kleinen Sublimattupfern). Ist ausnahms- 
weise ein Abszess entstanden, resp. im Entstehen begriffen, so genügt eine intra- 
nasale Inzision mit doppelscbneidigem Messer, Gummidrain und Spülung mit 1 
bis 3°/oigem Karbolwasser durch das Drain, an 4 - 5 Tagen täglich einmal. Die 
Heilung verzögert sich dadurch um 4—5 Tage; auf den kosmetischen Kffekt 
haben derartige Entzündungen bei dieser Behandlung keinen Einfluss, — Als 
Nahtmaterial wendet Joseph Seide an. Diese reisst nicht aus, wenn man nicht 
zu fest knotet. — Die sekundüre Bildung von Paraffinomen erklürt sich Joseph 
dadurch, dass Paraffin ein Fremdkörper ist, den der Körper auszustossen sich 
beständig bemüht. Bei der mechanischen Unmöglichkeit hierzu, reagiere die Nach- 
barschaft des Paraffins in Form einer chronischen Entzündung. — Die Farbe 
des überpflanzten Armlappens passt sofort in das Gesicht, wenn dieses blass ist. 
Ist das (sesicht gebräunt, so nimmt der Armlappen allmählich die Farbe der Ge- 
sichtshaut,an, wenn er der wechselnden Witterung und besonders der Sonnen 
bestrahlung fleissig ausgesetzt wird. 

Herr Gerber, Spirochäten indenoberenLuft-und Verdauungs- 
wegen. 

l. Die Mundrachenhöhle entbält auch im normalen Zustande an besonders 
geeigneten Stellen massenhaft Spirochäten, und zwar: 


47] Gesellschafte- und Kongressberichte. 563 


I. unter dem Zahnfleischrande, 
II. in den Tonsillennischen, 
III. zwischen den Zungenpapillen, 
an den anderen Stellen nur, wenn diese pathologisch veründert sind. 

2. In der Nase, im Nasenrachenraum und im Kehlkopf sind sie nur selten 
und spürlich anzutreffen. 

8. Die Spirochüten zeigen verschiedene Formen, die immer wiederkehren: 

I. eine grobe, gleichmüssig gewellte Form, die ich ,Sp. undulata* be- 
nennen móchte, 
II. grobe, ungleichmässig gewundene Form, die ,Sp. inaequalis*, 
III. feine, mit engen Winduugen, die ,Sp. dentium*, 
IV. ganz feine mit gleichmüssigen Windungen, die ,Sp. denticola*, 
— V. ganz feine gewellte Form, die „Sp. tenuis“, 
VI. fast gerade, dünne Form, die ,Sp. recta‘. 

Form II dürfte eine Erstarrungs- oder Totenform von I sein. Die Formen 
V und VI entsprechen den bei Angina Vincenti gefundenen Spiroch&ten. Die 
Sp. Vincenti nnd Sp. dentium kann man ohne weiteres nicht als identisch be- 
zeichnen. 

4. Die Beobachtung im Dunkelfeld zeigt, dass die die Mundrachenhóhle be- 
wohnenden Spirochiten Leben und Eigenbewegung haben. Bei diesen Bewegungen 
ändern sie vielfach ihre Form. Am formbestündigsten scheint die Sp. dentium, 
die sich, gleich den übrigen Spirochäten, schraubenförmig wie auch aalartig und 
schlängelnd fortbewegt. — Diese Bewegungen behalten sie auch im ungefärbten 
Deckglaspriparat 24—36 Stunden. Jeder fremdartige Zusatz hebt die Bewegung 
rasch auf. | 

5. Besondere Beziehungen der einzelnen Formen zu besonderen Stellen oder 
besonderen Zuständen konnten bisher nicht nachgewiesen werden. Auch war 
eine Vermehrung oder Veränderung der Spirochäten z. B. bei Angina und ähn- 
lichen Zuständen nicht wahrzunehmen 

6. Mit den Spirochäten kommen — von den andern die Mundrachenhöhle 
stets bevölkernden Mikroorganismen abgesehen — fast immer mehr oder weniger 
reichlich fusiforme Bazillen vergesellschaftet vor, bei der sogenannten Plaut- 
Vincentschen Angina allerdings reichlicher, ja vorherrschend. 

7. Die Spirochüten zeigen — bei geeigneten Vergrósserungen auch Geisseln, 
Teilungsfiguren, knopfartige Anschwellungen, peitschenschnurförmige Aufrollungen, 
Agglomeration, schraubenförmige Bewegung, korz, alle die der Sp. pallida zuge- 
schriebenen Eigenschaften. 

8. Infolge dessen und weil speziell die als Sp. dentium bezeichnete Spirochäte 
morphologisch der Pallida oft ganz gleich erscheint, können nicht alle Spirocb&ten, 
auf die die Beschreibung der Pallida passt —, ohne weiteres als für Syphilis 
sprechend angesehen werden. Ebensowenig wie das Auftreten von Spirochäten 
und fusiformen Bazillen an sich für die Plaut-Vincentsche Angina. Nur wenn 
sie in grosser Anzalıl an Stellen angetroffen werden, die de norma keine Spiro- 
chäten beherbergen, ist ihnen eher in Hinsicht auf die Spezifität ein Gewicht bei- 
zulegen. Alles dies um so mehr, als auch die Spirochäte Pallida durchaus nicht 
immer nur in der typischen, als charakteristisch beschrievenen Form auftritt. 

9. Die Darstellung der Spirochäten kann einmal leicht und bequem mittelst 
des Burrischen Tuscheverfahrens erfolgen. Unter diesen eignet sich die 
Giemsa- Methode am wenigsten. Gut ist die Färbung mit Karbol-Fuchsin, am 
deutlichsten die mit Kristall-Violett (Meirowski). Eine gute Doppelfärbung 
gibt Methylgrün-Pyronin (Gerber), das aber die fusiformen Bazillen lebhafter 
färbt wie die Spirochäten. 

Diskussion: Herr v. z Mühlen-Riga. Es wird gewiss sehr fruchtbar 
sein, wenn man, wie das von Gerber geschehen ist, die Mundrachenhóhle 
systematisch bakteriologisch untersucht. Er fragt an, ob auch bei der Noma, 











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Diskussion: HerrFlaia1:.-7.^ "- T —— * du Ade 
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Verateifung «ipee Wh unütetoo cmt oz "ir" aes ! 
nachfolgender Ga vavveaus. con 00 009 0007 i — 
bei jeder Inspires ei Bab Xd. 5305.2 v5 4704 € oso eV. REC — — 
versteift, dase «er fausses ie 77 —— ⸗ 


Haut injizierte. 

For die Pater: de wes os tms» En pm con h3 t — E 
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Kanüle wirkt in Ger WA ew Cam Lo bo asp Ue feb tote va „ui 
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Inspiration dagegen men fies 


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564 Gesellschafts- und Kongressberichte. [48 


die sich oft aus einer am Aufang anscheineuden Angina Vincenti entwickelt, 
Spirillen gefunden sind, die als Erreger in Frage kommen. 

Herr Frese-Halle hält das Kranklieitsbild der Angina Vincenti, das 
er häufig sieht, doch für ein klinisch wie bakteriologisch wohl umschriebenes. 

Herr Gerber (Schlusswort): Bei der Noma sind auch Spirochäten gefunden 
worden, ich habe leider keine Fälle zur Untersuchung gehabt. Was die Vin- 
centsche Angina betrifft, so gebe ich wie gesagt zu, dass bei ihr Spirochäten 
und fusiforme Bazillen so vorherrschen, dass man das Bild mikroskopisch viei- 
leicht für gesichert halten könnte. Aber es kommen dieselben Organismen doch 
auch sonst in der gesunden Mundhöhle, wie auch bei mannigfaltigen anderen 
Prozessen, z. B. auch luetischen vor. Jedenfalls fehlt auch noch eine sichere 
Abgrenzung des sogenannten Vincentschen gegen die anderen Mundspirochäten. 

Herr Katzenstein-Berlin: Über Brust- und Falsettstimme. 

Der Vortragende bespricht zunächst die Untersuchungen über Brust- und 
Falsettstimme am ausgeschnittenen Kehlkopf mittelst des Kehlkopfspiegels und 
des Stroboskops. Er selbst hat bei seinen eigenen Untersuchungen zunächst mit 
du Bois-Reymond die Muskeltätigkeit bei Brust- und Falsettstimme festge- 
stellt. Zu diesem Zwecke wurde der Biskowiussche Versuch am ausge- 
schnittenen Kehlkopf auf das lebende Tier übertragen, indem die Trachea bei 
narkotisierten Hunden quer durchtrennt unter Schonung der N. recurrentes und 
in das obere zum Kehlkopf führende Ende der Trachea ein T-Rohr eingeführt 
wurde, dessen zweiter Schenkel mit einem Wassermonometer in Verbindung 
stand. Bei Anblasen des Kehlkopfs konnte so der dabei aufgewendete Druck ge- 
messen werden. Indem wührend des Aublasens die NR recurrentes oder die 
N. recurrentes mit den N. laryngei supp. oder schliesslich die N. laryngei supp. 
allein gereizt wurden, wurden die Verhältnisse der Lautgebung nachgeahnt. 
Eine Reizung beider N. recurrentes ergab bei 30—40 ccm Wasser schon Brust- 
singeton in der Hóhe von A, bei Druckerhóhung trat eine Steigerung der Ton- 
hóhe bis um eine Quinte, ebenso eine solche bei Erhóhung der Stromstürke ein. 
Wurden die N. recurrentes gereizt und darauf die N. laryngei supp., so trat eine 
Steigerung der Tonhóhe um eine Quinte ein. Dabei wurde eine Spannung der 
Stimmlippen in dorsoventraler Richtung beobachtet. Bei Reizung des N. laryngei 
supp. allein entstand ein hober miefender Ton, analog dem menschlichen Falsett. 

Bei den an Hunden erzeugten Brusttönen wirken also alle Schliess- und Spann- 
muskeln gleichmässig. Je höher der Ton, desto grösser der aufzuwendende Luft. 
druck. Bei den Falsettönen wirken nur stark die Spanner, wenig die Schliesser 
des Kehlkopfs. Der Luftdruck ist gering. Eine Röntgenuntersuchung bestätigte 
diese Untersuchungen. Die Aufnahmen Möllers und Fischers zeigten, dass 
der Winkel zwischen Ring- und Schildknorpel bei der Falsettstimme kleiner war 
als bei der Bruststimme, so dass also bei der Falsettstimme der M. crico-thyreoi- 
deus relativ mehr tätig sein muss. Katzenstein folgerte aus diesen Versuchen, 
dass beim Kunstgesang das Brustregister nicht zu sehr in die Höhe getrieben 
werden darf, dagegen das Falsettregister in möglichst tiefen Lagen beginnen 
muss. Diese Vorschrift gilt für alle Stimmgattungen. 

Weiterhin hat Katzenstein Atemregisirierungen angestellt der Brust- 
und Bauchatmung bei Brust. und Falsettenbildung, ohne dass die untersuchte 
Person von den Aufzeichnungen auf der Trommel wührend der Tonproduktion 
etwas wahrnehmen konnte. Nach Garcias und Grützners Widergabe machte 
ein Metronom bei einem Sänger während möglichst langer Brusttóne 24— 25, bei 
Falsetttónen 18 Schwingungen, während nach Merkel hohe Fisteltóne viel 
länger als Brusttöne gehalten werden. Katzensteins Registrierungen ergaben 
auffällige Unterschiede zwischen Kunst- und Natursängern: bei ersteren wurde 
durchweg der Falsettton weit länger als der Brustton ausgehalten, bei letzteren 
umgekehrt. Durch den Kunstgesang wird also die Atemführung in der Weise 
geändert, dass während der Falsetttonbilduug mit einem ganz geringen Aufwand 
von Luft gearbeitet wurde, ein Befund der im Einklang steht mit den Ergeb- 


49] Gesellschafts- und Kongressberichte. 565 


nissen Katzensteins am lebenden Tier, nach denen beim Falsettton der Luft- 
druck gering ist. 

Klanganalytische Untersuchungen Katzensteins mittelst des Hartens- 
schen Apparates der Brust- und Falsettstimme ergaben übereinstimmend, dass der 
Falsettton eine einfachere Form hat als der Brustton und dass bei letzterem die 
Obertóne mehr und stürker in Erscheinung treten. Die voix mixte weist mehr 
oder stärkere Obertöne als die Falsettstimme auf, ist also wirklich eine Mittel- 
stufe zwischen Falsett- und Bruststimme. 


Schliesslich wurde festgestellt, dass, je geringer die Gesamtintensität des 
gesungenen Tones ist, desto grösser die relative Wirkung der Obertöne wird. 
Demnach wächst die Stärke des Gesamttones; wenn vielmehr der Gesamtton 
sehr stark wird, so wird die relative Stärke der Obertöne geringer. 


Diskussion: Herr Flatau-Berlin wünscht die Ausnutzung der genetischen 
Stimmentwickelung auch in der Registerfrage, die nicht bloss optisch gelöst 
werden kann. Auch die Fehlerquellen der Grammophonmembran und des Trichters 
sollte man auszuschalten suchen und neben der Laryngoskopie die Endoskopie 
heranziehen. 


Letztere kann Herr Gutzmann-Berlin nicht sehr wegen ihrer mangel- 
haften Optik empfehlen, da sie die Bilder verzerrt und vergrössert. Dagegen 
sollte man es für die Untersuchung physiologischer Verhältnisse anwenden. Sehr 
sorgsam musste man für die Lösung der Registerfrage die Stimmstörungen bei 
- gewissen zentralen Dysarthrien untersuchen. 


Herr Flat au-Berlin gibt bei endoskopischer Untersuchung eine Vergrösserung 
durch das Endoskop zu, doch kommt es, um genau zu untersuchen, nur auf die 
richtige Einstellung an, ebenso wie bei jedem Mikroskop. 


Herr Gutzman will auch diese Möglichkeit nicht zugeben und fordert die 
Anwesenden auf, in der Ausstellung diesbezügliche Versuche vorzunehmen. In 
seinem Schlusswortsagt Katzenstein, dass Übergangsstellungen zwischen 
Brust- und Falsettregister durch Wirkung des m. thyreo-cricoideus erzeugt werden. 
Die Register des Kindes sind innerhalb seines Tonbezirks entsprechend denen 
des Erwachsenen. Die Registerfrage während der Pubertät ist noch nicht ge- 
klärt. Bei der von ihnen benutzten photographischen Aufnahme kommen haupt- 
sächlich zwei Fehlerquellen in Betracht, erstens wird die photographische Platte 
durch ein fallendes Gewicht bewegt und zweitens ist die Vergrösserung der Kurve 
nicht ganz naturgetreu. 


Herr Streit: Beitrag zur operativen Behandlung von Kehlkopfstenosen. 


Herr Streit-Kónigsberg demonstriert einen Fall, bei dem nach einer von 
anderer Seite vorgenommenen Resektion einer oberen Trachealstenose mit Naht 
des unteren Kehlkopfabschnittes und des oberen Trachealabschnittes die Nühte 
geplatzt waren und die Trachea in die Tiefe versunken war. Herr Streit hat 
den Fall zunüchst nach Laryngofissur etc, vermittelst einer Mikulicz-Kümmel- 
„schen Schornsteinkanüle, die 1!/» Jahre liegen blieb, behandelt. Eine Trachea- 
Osophagusfistel, deren Ränder beim Schluckakte auseinanderklafften, hat er durch 
Versteifung eines Wundrandes vermittelst submukóser Paraffineinspritzung und 
nachfolgender Galvanokaustik zum Verschluss gebracht. Die vollkommen schlaffe, 
bei jeder Inspiration sich ventilartig schliessende Trachealwand hat er dadurch 
versteift, dass er Paraffinstreifen entsprechend den Trachealringen unter die 
Haut injizierte. 


Für die Patientin, die wohl imstande war, per vias naturales zu exspirieren 
und, weno sie sich die Trachealiffoung zuhielt, auch zu sprechen, hat Herr 
Streit eine Kanüle mit vorderer, festschliessender Klappe konstruiert. Diese 
Kanüle wirkt in der Weise, dass die Klappe bei Erhöhung des Druckes inner- 
halb der Trachea schliesst (also bei der Exspiration und beim Sprechen) bei der 
Inspiration dagegen sich óffnet. 


566 Gesellschafts- und Kongressberichte. [50 


III. Sitzung, kombiniert mit der otologischen Sektion 
Mittwoch den 21. September 1910, nachmittags 3'/ Uhr 


Vorsitzende: Herr Th. Flatau-Berlin 
ve Herr v. z Mühlen-Riga. 

Herr Frese-Halle: Über eine eigenartige Erkrankung der Mundschleimhaut. 
8. 8. 455 in extenso. 

In der Diskussion fragt Herr Stenger an, ob vielleicht chemische Ursachen 
in Betracht kämen. Herr Rhese-Kónigsberg hat ähnliche Krankheitsbilder bei 
Leuten, die eine Magenaffektion oder ein Gebiss hatten, öfter gesehen. Herr 
Cohn-Königsberg sah zu gewissen Zeiten epidemisch auftretende Mundkrank- 
heiten ähnlicher Art wie die obenen beschriebenen, die jedoch auf Behandlung 
mit Argentum oder Chrom heilten. Herr Kronenberg-Solingen fand sehr 
ähnliche Mundaffektionen im Verlauf von Konstitutionsanomalien, Diathesen, 
Arthritis etc. Eine ätiologische Differenzierung hält er für sehr wünschenswert. 
Herr Flatau-Berlin hebt die diagnostischen und therapeutischen Schwierig- 
keiten bei den genannten Affektionen hervor. Herr Frese betont im Schluss- 
wort, dass weder am Gebiss etwas zu bemerken war, noch eine Koustitutions- 
anomalie vorlag. 

Herr Linck-Königsberg: Über die Histogenese der Bursa pharyngea. 

Vortragender geht aus von den verschiedenen Thevrien, die über die Ent- 
stehung der Bursa pharyngea veröffentlicht wurden und knüpft dann an die von 
Dursy-Ganghofener und von Froriep geäusserte Entstehungstheorie, von 
der Fixation der Schleimhaut an den Resten der Chorda dorsalis. Für die 
Richtigkeit dieser Annahmen sollen die Untersuchungsbefunde des Vortragenden 
neue Gesichtspunkte und neue Beweisgründe beibringen: Er teilt die Befunde 
seiner an 16 Embryonen von 2—25 cm Scheitelfusslünge vorgenommenen Unter- 
suchungen in 8 Cruppen. 

Gruppe A. Die Chorda dorsalis zeigt flüchenhafte Verbindung mit der 
Rachenoberfläche bei einem Fötus von 2 cm Scheitelfusslänge und bei einem Fötus 
von 3 cm Länge zeigt sich nur eine ventrale Vorstülpung am Scheitelpunkt des 
Chordalbogens. 

Gruppe B. Die Rachenschleimhaut zeigt bei 8 Fóten von 4—12 cm Scheitel- 
fusslánge eine mehr oder weniger tiefe Epitheleinstülpung mit deren Grunde 
direkt oder durch Vermittelung besonders kräftig gebildeter Bindegewebsfibrillen 
die Cliordareste des aufsteigenden Chordaschenkels in Verbindung stehen. 

Gruppe C. Die Rachenschleimhaut stellt sich bei 5 Fóten von 2—25 cm 
Scheitelfusslünge als glatt und eben dar, und die Reste der Chorda dorsalis treten 
mit ihr nicht in Verbindung. 

Aus diesen Befunden leitet Vortragender für die Fülle, bei denen im frühen 
Entwickelungsstadium eine gewebliche Verbindung zwischen Chorda dorsalis und 
Rachenoberfláche besteht und lange genug andauert, einen besonderen durch den 
Chordalstrang bewirkten Wachstumsmechanismus in der Rachenschleimhaut her.. 
Derselbe führt unter der Abdrüngung der Schleimhaut, welche mit dem Dickenwachs. 
tum der Rachenhaut Hand in Hand geht, und infolge des ungleichmässigen Längen- 
masswachstums des Os occipitale zu einer stärkeren Spannung des aufsteigenden 
Chordaschenkels, und diese wieder bewirkt durch elastischen Zug die Epithelien- 
einstülpung an der mit der Chorda fixierten Stelle der Rachenoberflüche. Neben 
dieser rein mechanischen Entstehungsart der Bursa pharyngea spielt das Rachen- 
epithel nur eine nebensüchliche aktive Stelle insofern, als es grubenartig in die 
Tiefe wüchst da, wo eine vertiefte Form der Chordafixation eine Gelegenheit 
dazu bietet. | 

Herr G. Cohn-Kónigsberg: Die oberen Luftwege bei den Leprosen im 
Memeler Lepraheim, erscheint in extenso in dieser Zeitschrift, s. S. 341. 

Simkd-Budapest: Über Sklerom in Ungarn. 


51] | Gesellschafis- und Kongressberichte. 561 


Da Herr Prof. Gerber seinen Vortrag über das Sklerom in der Gesamt- 
sitzung hält, wo keine Diskussion, an der ich teilnehmen wollte, stattfindet, so 
erlaube ich mir, hier kurz über die Skleromfrage in Ungarn zu sprechen. 

Wir hatten seit 1901 67 Skleromfälle, von denen die meisten sich auch aut 
den Larynx verbreiteten und nur wenige auf die Nase und Pharynx.. Was die 
Feststellung der Diagnose betrifft, geschieht sie meistens durch histologische 
Untersuchungen oder durch ein serologisches Verfahren. Das Sklerom erscheint 
als eine elastische harte, grau-rötliche Wucherung oder als grau-rötliche Ver- 
dickung der Schleimhaut. Das Velum ist hinaufgezogen. Die Diagnose be- 
festigt noch der typische Fötor. Bei der Therapie ist die Form in Betracht zu 
ziehen, denn dort, wo ein Tumor ist, muss chirurgisch vorgegangen werden, und 
zwar ist der Tumor zu entfernen und der Grund galvanokaustisch zu zerstören. 
Doch wo kein Tumor ist, müssen wir nur konservativ vorgehen und zwar inner- 
lich kalium jodatum und Bougierung, event. Intubation des Larynx oder 
Röntgen. 

Herr H. Streit spricht sich in der Diskussion zu den Vorträgen Simkds 
(Über das Sklerom in Ungarn) und Gerber (Über das Sklerom, besonders in 
Ostpreussen) über die Ätiologie des Skleroms in folgender Weise aus: 

Der Sklerombazillus habe zwar sicher mit der Entstehung der Krankheit 
etwas zu tun, doch seien die Beweise dafür, dass dieser Bazillus in der Tat der 
alleinige und sichere Erreger des Skleroms sei, zur Zeit wenigstens als nicht 
völlig genügend anzusehen. Für die ätiologische Bedeutung des Sklerombazillus 
spräche evident das histologische Bild. So habe Herr Streit nachweisen 
können, dass der Bazillus von der äusseren Oberfläche her ins Gewebe eindringe 
und daselbst nicht nur den Zellleib, sondern auch den Zellkern okkupiere. Der 
Vortragende habe wiederholt sämtliche Degenerationserscheinungen vom Beginne 
an sowohl an der Plasmazelle wie auch an der Epithelzelle feststellen könnne. 
Er habe unier anderem eine Patientin, die Schwester zweier Skleromkranker 
beobachtet, bei der das klinische Bild noch negativ gewesen sei, während sich 
sowohl die typischen histologischen Veränderungen als auch Sklerombazillen in 
der Nasenschleimhaut haben nachweisen lassen. Gegen die ütiologische Be- 
deutung sprüche aber zum Beispiel der Umstand, dass Herr Streit durch den 
Sklerombazillus bei der Katze typische Friedlünderpneumonien erzeugt habe. 
Agglutinationsversuche, Tierversuche etc., die der Vortragende im hygienischen 
Institut zu Königsberg angestellt habe, hätten diese Frage nicht mit Sicherheit 
entscheiden können. 

Ferner weist Herr Streit auf einen allerdings anfechtbaren Fall von 
„Rhinosklerom‘“ beim Pferde hin. 

Für die Prophylaxe stellt Streit folgende Forderungen auf: 

l. Allgemeine Anzeigepflicht. 

2. Besondere Kontrollierung der Skleromherde durch die in denselben prak- 
tizierenden Amtsärzte. Diese letzteren müssten über das Wesen und die Haupt- 
symptome des Skleroms aufgeklärt werden. 

3. Jährliche Kontrollierung der Skleromkranken und Belehrung derselben 
über die notwendigen hygienischen Massnahmen seitens der Amtsärzte. 

4. Bereisung der Skleromgegenden durch ärztliche Kommissionen etwa alle 
2—3 Jahre. Die Familienangehörigen sind stets zu untersuchen. 

5. Die Skleromkranken, die ärztlicher Behandluug bedürften, seien auf staat- 
liche Kosten einem besonders ausgewählten Krankenhaus in Königsberg resp. 
Breslau zu überweisen. An diesen Krankenhäusern seien ständige Sklerom- 
stationen einzurichten. 

In der medizinischen Hauptgruppe spricht am 22. September 1910 

Herr Gerber: Über das Sklerom insbesondere in Ostpreussen 
im Jahre 1910. 

Als Erreger des Skleroms haben wir jetzt wohl mit Sicherheit den 1882 
von v. Frisch entdeckten Kapselbazillus anzusehen, nachdem es jüngst Gold- 


Zeitschrift für Laryngolegie. Bd. III, H. 5. 88 


568 Gesellachafte- und Kongressberichte. [52 


zieher und Neuber in Prag geglückt ist, im Blutseram von Skleromkranken 
Antistoffe gegen den Bazillus Frisch nachzuweisen, die mit diesem Komplement- 
fixation ergaben, mit dem ihm sonst ganz ähnlichen Friedländerschen nicht. 
Auf seine Veranlassung und mit gütiger Erlaubnis des Herrn Prof. Kruse hat 
Herr Kollege Bürgers von unserm hygienischen Institut diese Versuche nach- 
geprüft und bestätigt gefunden. Darnach also müssen wir den Kapselbazillus 
von Frisch für den Erreger des Skleroms ansehen und können in Zukunft in 
zweifelhaften Fällen die serologische Diagnose zur Unterstützung heranziehen. 
Inwieweit wir auf diesem Wege zu therapeutischen Resultaten gelangen werden, 
stebt noch dahin. Versuche mit einer von Privatdozent Dr. Bürgers herge- 
stellten Vaccine haben bisher noch keine sicheren Resultate ergeben. 

Die ehemalige Anschauung, als sei das Sklerom nur in bestimmten Be- 
zirken in einigen Herden vorhanden und gehe die ganze übrige Welt nichts an, 
hat sich mit zunehmender Erkenntnis als falsch erwiesen und muss aufgegeben 
werden. Wir wissen heute, dass diese Krankheit sporadisch in der ganzen Welt 
auftritt, in Europa wie in Amerika, in Asien wie in Afrika, wenn auch bestimmte 
Territorien sich durch ein besonders reichliches, endemisches Vorkommen aus- 
zeichnen. In Europa wiederum sind es nicht nur die Länder des ehemaligen 
Königreichs Polen, nicht nur Galizien — sondern auch die anderen Provinzen 
Osterreich-Ungarns, Russland, Italien, Frankreich und die Schweiz und schliess- 
lich auch Deutschland, die ihr Kontingent beisteuern. In der Aufzühlung 
von W olkowitsch figuriert Deutschland mit einem Fall, der aus dem dicht 
an der ósterreichischen Grenze gelegenen okerschlesischen Kreise Neisse stammt. 
Auch die im nächsten Dezennium ganz vereinzelt mitgeteilten Fälle stammen 
zumeist aus Schlesien. Im allgemeinen hielt man das übrige Deutschland wohl 
für frei von Sklerom. In den Jahren 1896—1899 habe ich dann die ersten 
Skleromfálle aus Ostpreussen beobachtet und im Jahre 1900 begann die Auf- 
deckung des ostpreussischen Skleromherdes. Fast alle damals be- 
obachteten Fülle entstammten den an der russiachen Grenze gelegenen Kreisen 
Lyck und Marggrabowa und verhielten sich zu Russland genau so wie die 
schlesischen Fülle zu Osterreich. Die Beobachtungen aus dieser Gegend mehrten 
sich in den nächsten Jahren, sehr bald kamen auch solche aus den benachbarten 
Kreisen hinzu und heute haben wir 28 Skleromfälle in Ostpreussen, 
unter: denen höchstens 4 als fraglich bezeichnet werden könnten. Denn 16 boten 
die bezeichneten bakteriologischen Verhältnisse, 11 sind histologisch positiv, 5 
sind pathologisch nicht untersucht und nur 3 ausdrücklich bakteriologisch und 
histologisch negativ. Das Massgebende bleibt ja aber immer — bei den ausge- 
sprochenen Schrumpfungsvorgängen dieser Krankheit das klinische Bild. Von 
diesen 28 Fällen sind 9 verstorben, 5 nicht mehr zu ermitteln, möglicherweise 
auch verstorben, 2, die seit 10 Jabren in Beobachtung stehen, sind z. T. gesund, 
die 5 in der letzten Zeit behandelten Fälle befinden sich mehr oder minder 
gut. In Schlesien sind jetzt 18 Fälle bekannt. Aber es ist nicht bei diesen 
beiden kompakten Herden geblieben. Inzwischen sind auch aus ganz anderen 
Gegenden Deutschlands, wenn auch bisher nur vereinzelt, sporadische Fälle 
mitgeteilt worden. Wir haben somit heute in Summa, soweit mir bekannt, 55 
deutsche Fälle. Diese Zahl will aber an sich gar nichts sagen und kommt ganz 
gewiss die Anzahl der tatsächlich in Deutschland vorhandenen Skleromkranken 
auch nicht im entferntesten nahe. Wolkowitsch kannte seinerzeit 86 Fälle 
insgesamt, H. v. Schrötter berechnete die Zahl der publizierten Fälle im 
Jahre 1906 auf 600 und 1909 auf ca. 1000. Was Ostpreussen speziell be- 
trifft, so könnten wir der Sache vielleicht ruhiger ins Auge sehen, wenn es sich 
hier um einige vielleicht zufallsweise gehüufte Fülle handelte, für die Nachschübe 
kaum zu fürchten wären. Ein Blick auf diese Karte hier wird Sie eines anderen 
belehren. Der Zusammenhang des ostpreussischen Herdes mit dem russisch- 
polnischen jenseits unserer Grenze ist evident. In Russisch.Polen aber ist die 
Krankheit schon jetzt, wie in Galizien nicht mehr und nicht weniger als eine 
Volksseuche. 


53] Gesellschafts- und Kongressberichte. 569 


Gerber weist nachdrücklich darauf hin, dass das Interesse der Árzte für 
die Bekämpfung dieser Krankheit mehr geweckt werden muss. 
Georg Cohn, Königsberg. 


Niederländischer Verein für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde. 


19. Jahresversammlung am 4. und 5. Juni in Leiden’). 


Vorsitzender: A. C. H. Moll. 

Als Vorsitzender wird gewáhlt Prof. Schutter; van Anrooy und Burger 
werden als Schatzmeister resp. Schriftführer-Bibliothekar wiedergewühlt. 

Wissenschaftliche Arbeiten. 

1l. M. Zwaardemaker: Über portative und klinische Camerae silentae. 

Diskussion: Struycken, Quix, van Iterson. 

2. Th. E. ter Kuile: Beitrag zur Physiologie der Stimmbildung und 
Klangwahrnehmung. 

Redner hat Untersuchungen angestellt bei ungeschulten Sängern (sich 
selbst). Hypo- und Mesopharynx bilden eine Höhle, welche ter Kuile „Stimm- 
kessel* nennt, und welche sich bei dem Ansteigen von den tiefsten bis zu den 
höchsten Tönen umbildet von einem schlaffen, querovalen, tiefen Raum bis 
zu einem starrwändigen, röhrenförmigen Raum. 

Der Teil des Larynx, welcher die Stimmbänder trägt, hängt bei tiefen 
Tönen frei in einem’ offenen Raum, während er bei hohen Tönen umklammert 
wird durch die Hinter- und Seitenwände des Pharynx. Darum vibrieren bei 
tiefen Tönen Larynx, Trachea und Thorax mit. 

Die ganze Pharynxmuskulatur ist mehr gespannt, je nachdem der Ton höber ist. 

Die Veränderungen im Meso- und Hypopharynx bilden keine charakteristischen 
Unterschiede zwischen Brust- und Falsetstimme, aber sie sind abhängig von der 
Tonhöbe. Der Unterschied zwischen Falset- und Bruststimme ist nicht zu suchen 
in dem Stimmkessel, aber in den Stimmbündern und im Conus elasticus. 

Bei Autolaryngoskopie hat Redner gesehen, dass beim Singen desselben 
Tones in Bruststimme das Stimmband nach oben konvex ist und bei der Falset- 
stimme flach oder sogar nach oben konkav. 

Diskussion: Zwaardemaker, Frederikse. 

8. A. Sikkel: A. Eine Krankengeschichte von historischer Bedeutung. 

Redner gibt eine Krankengeschichte des berühmten niederländischen Schrift- 
stellers Ed. Busken Huet, der zweite Fall von Stimmbandpolyp von von 
Bruns operiert, und schliesst daran die Geschichte der Laryngoskopie in 
Holland. 

9. B. Postanginóse Kehlkopflühmungen. 

Redner teilt einen Fall mit von linksseitiger Rekorrenslähmung nach Angina 
lacunaris und einen Fall von Vago-Akzessoriuslähmuug, welcher ausführlich be- 
schrieben ist in der „Nederlandsch Tydschrift voor Geneeskunde, 24. September 1910*. 

Diskussion: Broeckaert, Burger, Struycken. 

4. J. H. Quix: Akkommodation des Ohres und der Versuch von Hensen. 

Diskussion: DBaéza, Struycken, Frederikse. 

9. H. Burger: Die Behandlung der Oberkieferzysten. 

Dieser Vortrag ist bereits erschienen in der ,Ned. Tydschrift voor Genees- 
kunde, 1l. Juni 1910* und referiert in dieser Zeitschrift (s. S. 399). 

Diskussion: Brat, Broeckaert, ten Cate. 

6. J. H. Quix: Eine Modifikation in der Nachbehandlung von Stirnhóhlen- 
operationen. 

Quix macht meist die Operation von Ogston- Luc nach vorheriger Resektion 
der mittleren Concha und endonasaler Öffnung der vorderen Siebbeinzellen. Wenn 


1) Nach dem Bericht des Schriftführers, Prof. Dr. H. Burger, „Ned. Tyd- 
schrift voor Geneeskunde, 24. SES 1910.* 


98* 


570 Gesellschafts- und Kongressberichte. [54 


Boden und vordere Wand des Sinus schwer affiziert sind, macht er die totale 
Sinusektomie. 

| Quix meint, dass Rezidive meist entstehen durch ungenügende Drainage 
durch den Ductus frontalis. Um bessere Drainage zu erzielen, schliesst Quix 
den medialen Teil des Hautschnittes nicht und führt einen Gazestreifen durch die. 
Offoung und den Dnuctus nasalis nach der Nase. Täglich wird der Verband ge- 
wechselt, an das obere Ende des Gazestreifens wird ein Faden befestigt und der 
Streifen durch die Nase entfernt. Nach Ausspülen der Höhle wird ein neuer 
Streifen an den Faden verbunden und dieser nach der Nase gezogen. Diese 
Nachbehandlung dauerte 83—6 Wochen und in 8 Fällen trat Heilung ein, bis jetzt 
ohne Rezidiv. 

Diskussion: Struycken, Burger, Sikkel, Moll, Bróeckaert. 

7. C. J. A. van Iterson: Behandlung von Peritonsillitis und Stirnhóhlen- 
entzündung mit Saugen und durch Stauung. 

18 Patienten mit Peritonsillitis wurden behandelt mit den Instrumenten von 
Polyák. Sehr bald wirkte die Behandlung schmerzlindernd und in wenigen 
Tagen trat Heilung ein, nur in 2 Fällen hörten die Schmerzen nicht auf und 
musste inzidiert werden. Iterson hat nur Patienten behandelt, bei welchen 
noch kein Abszess aufgetreten war. 

Bei akuten Stirnhöhlenentzündungen wurde nach Sondermann gesaugt 
mit sehr günstigem Erfolge. 

Diskussion: Quix, Struycken, Sikkel. 

8. A. de Kleyn: Drei Fälle von Affektion des Nervus opticus nach Ent- 
zündung der Nebenhöhlen der Nase. 

Im ersten Falle war der 24jährige Patient als Knabe von 9 Jahren behan- 
delt wegen doppelseitiger Neuritis optica. V. O. S. 2/300, V. O. D. mit + 0,75 6/18. 

Es bestand doppelseitige Atrophia Papillae. In der Nase war die Schleim- 
haut beiderseits verdickt. Die hinteren Nebenhöhlen wurden geöffnet und dabei 
rechts eiue Abszesshóhle in den hinteren Siebbeinzellen gefunden. Der Visus 
besserte sich nach der Operation nicht. 

Fall 2. Bei einem 31jährigen Bäcker sind vor zwei Jahren beide Augen 
erkrankt. Visus O. D. S. 2/60, Atrophia Papilláe, grosses zentrales Skotom für 
Weiss und Farben. Peripheres Gesichtsfeld beschränkt für Weiss, sehr stark 
für Farben. 

In der Nase wurden dieselben Abweichungen gefunden wie im ersten Falle. 
Die hinteren Nebenhöhlen zeigten sich bei der Öffnung mit Granulationen gefüllt, 
aber ohne Eiter. Bei dem grossen Skotom ist voraussichtlich kein grosser Erfolg 
zu erwarten. 

Fall 3. Bei einer 31 jährigen Frau mit Beschwerden im linken Auge wurde 
Neuritis axialis diagnostiziert. Bei der rhinologischen Untersuchung wurde me- 
dial von der Concha media ein wenig Sekret wahrgenommen. 

V. O. S. 3/800, zentrales Skotom für Weiss und Farben. Rechtes Auge 
normal. | 

Die hinteren Nebenhöhlen wurden links geöffnet und einige Granulationen 
in den hinteren Siebbeinzellen gefunden. 

Im November 1909 kommt die Patientin wieder unter Behandlung und hat 
eine Stauungspapille rechts. In den hinteren Nebenhöhlen, rechts, wird nichts 
Abuormes gefunden. Es traten Gehirnerscheinungen auf. Es wurden zwei Hirn- 
punktionen vom Chirurgen gemacht und die Patientin starb zwei Tage später. 

Bei der Sektion wurde eine Geschwulst gefunden, von der Dura ausgehend 
und links auf das Keilbein übergreifend. 

Die Geschwulst umgab den ganzen Nervus opticus im Canalis opticus. 

Diskussion: Ter Kuile, Brat, Kan, Quix, Moll, Struycken. 

9. P. Th. L. Kan: A. Ein Fall von erworbener Atresie des äusseren 
Gehórganges. 

Diskussion: Struycken, Boon. 


55] Gesellschafts- und Kongressberichte. 571 


B. Ein Fall von ósophagoskopischer Fehldiagnose. 

Kin 60jühriger Mann hatte schon lange Schluckbeschwerden. Der Osophagus 
wurde mehrere Male vom Chirurgen sondiert und immer blieb die Sonde auf 
86 cm der Zahnraihen stecken. Bei der Osophagoskopie, welche am 28. Februar 
stattfand, glitt die Röhre ohne Störung in die Tiefe bis in den Magen (Röhren- 
länge 43 cm). Der Patient behielt seine Schluckbeschwerden. Bei einer wieder- 
halten Ösophagoskopie, eine Woche nach der ersten, wurde wieder nichts Ab- 
normes gefunden. Bei der Palpation des Bauches konnte nie ein Tumor gefühlt 
werden; die Diagnose nervöser Kardiospasmus wurde gestellt. Einen Monat 
später war in der Magengegend ein Tumor zu fühlen und am 18. April wurde 
bei dem Patienten ein grosses Karzinom der kleinen Kurvatur entfernt. Der 
Patient starb am nüchsten Tag. Das Prüparat wird vom Redner demonstriert. 
Hierbei zeigt sich, dass der Tumor den Ösophagus über der Kardia komprimiert 
bat, ohne die Kardia ergriffen zu haben. 

Wahrscheinlich wurde bei der Sondierung die Olivensonde gefangen, während 
die breite ösophagoskopische Röhre imstande war, den Tumor Jeicht zur Seite 
zu drücken, ohne dass dieser in der Röhre sichtbar wurde. 

10. H. Burger: Vorstellufig eines Falles von Luftsack des Larynx bei 
einem Menschen. 

Redner demonstriert einen Jungen, der an der rechten Seite des Halses eine 
runde Schwellung hatte beim Husten und Pressen. Der Vortrag ist ausführlich 
erschienen in der „Ned. Tydschrift voor Geneeskunde, 24. September 1910“ und 
referiert in dieser Zeitschrift (s. S. 410). 

Diskussion: Broeckaert, Kan. 

11. P. Th. L. Kan: Beitrag zur Kenntnis der Chirurgie der Hypophysis 
Cerebri. 

Redner demonstriert den operierten Patient, der Vortrag ist ausführlich er- 
schienen in der „Ned. Tydschrift voor Geneeskunde, 24. September 1910“ und 
referiert in dieser Zeitschrift (s. S. 431). 

12. J. van der Hoeven Leonhard: Demonstration von Instrumenten. 

Kräftige schmale Zange für die Nase; Gaumenheber; modifizierte Eperotome 
von Maure, modifizierte Stirnlampe. 

13. C. J. A. van Iterson: Ein Fall von angioneurotischem Ödem nach 
Tonsillotomie mit tódlichem Verlaufe. 

Bei einem 20jährigen Manne wurde beiderseits Tonsillotomie gemacht mit 
dem Morzellateur von Ruault. Einige Stunden nach der Operation entstand 
zunehmende Atemnot und der Patient starb bevor die Tracheotomie gemacht 
werden konnte. Bei der Sektion wurde starkes Ödem des Larynx und der 
Lungen gefunden. 

14. J. H. Quix: Schallerscheinungen um einem Klangstabe herum. 

Diskussion: Frederikse, Struycken. K an. 


a 


Verein deutscher Arzte in Prag. 
Sitzung am 24. Juni 1910. 


H. Imhofer, demonstriert ein 1'/, Jahre altes Kind mit beiderseitiger Gehör- 
gangsatresie und beiderseitigem Kolobom der Augenlider. Sowohl erstere als auch 
letzteres kommen häufig vereint mit anderweitigen Missbildungen des Schädels 
und Gesichtes vor, die Kombination beider aber wurde bisher nicht beobachtet. 
Vortr. erörtert die Chancen einer eventuellen Operation, die in letzter Zeit hier 
und da vorgenommen wurde, derzeit aber nicht indiziert erscheint. Gehör scheint, 
wie es in solchen Fällen öfters der Fall ist, bis zu einem gewissen Grade vor- 
banden zu sein. 

H. Hirsch, demonstriert einen 58jährigen Kranken mit Hydrops des Sinus 
frontalie und ethmoidalis, sowie des Antrum Highmori der linken Seite, ferner des 
Sinus frontalis der rechten Seite.  Beiderseitige Sehnervenatrophie, links sehr 


512 Gesellschafts- und Kongressberichte. [56 


© 


weit, rechts weniger weit fortgeschritten. Probepunktion ergibt zähschleimigen 
Inhalt, mikroskopisch zahlreiche Kórnchenzellen mit Fetttröpfchen vollgefüllte 
Rundzellen und Gruppen von Cholestearintafeln. Róntgenaufnahme ergibt Aus- 
füllung des linken Antrum Highmori und starke Erweiterung der linken Stirn. 
hóhle, die durch Usur der orbitalen Wand mit der Orbita und des Septums mit 
der der Gegenseite kommuniziert. Die Doppelseitigkeit der Sehnervenatrophie 
erfordert zumindest die Annahme einer Erkrankung der hintersten Siebbeinzellen, 
vielleicht ist auch die Keilbeinhóhle erkrankt. 

II. Das Róntgenbild einer 46jáhr. Frau mit Hydrops det linken Hirnhohle, 
subjektive Beschwerden von seiten der Augen unbedeutend, dagegen Migrüne- 
anfüle mit Erbrechen alle 8—14 Tage, im Röntgenbilde erweist sich auch die 
andere normale Stirmhöhle ungewöhnlich gross, rhinologischer Befund normal. 
Vortr. betrachtet die ungewóhnliche Grósse der Stirnhóhle als prádisponierendes 
Moment für die Entstehung der Mucocele, da sich der Ductus nasofrontalis als 
insuffizient erweist, das reichliche Sekret der Sinusschleimhaut abzuführen. 


Sitzung am 22. Oktober 1910. 


Herr C. Springer demonstriert Fremdkörper, die er operativ aus dem 
Bronchialbaum von Kindern entfernte. 

1. Einen Jonanuisbrotkern, der von einem 4'/,jährigen Kinde unbemerkt 
aspiriert worden war. Anfallsweise auftretende Dyspnoe mit Krampfhusten brach- 
ten die Eltern zuerst auf den Verdacht eines Fremdkörpers, dessen Existenz erst 
zur Gewissheit wurde, als die Bronchostenose am 3. Tage dauernd blieb. Am 
4. Tage in das K. F. J.-Kinderspital eingebracht, musste das Kind aus vitaler 
Indikation tracheotomiert werden. Nachher Bronchoskopie durch Vortr. und Ex- 
traktion des auf 1x *// cm aufgequollenen Fremdkörpers, der fest eingekeilt im 
rechten Bronchus steckte. Heilung. 

2. Ein Stück Walnusskern. Anamnese ähnlich dem vorigen Falle. Bei der 
Tracheotomie wurde der vorher festsitzende Kern durch einen Hustenstoss ge- 
lockert und in die Trachealwunde geschleudert, hier rasch gefasst und herausge- 
zogen. Gleichfalls Heilung. 

Vortr. bespricht weiter Technik und Bedeutung der Bronchoskopie für die 
Feststellung fraglicher Fremdkörper in den Lungen, deren Symptome bei der 
Auskultation und Perkussion- oft unzuverlässig sind. So war in dem vorgestellten 
Falle über beiden Lungen ziemlich gleichmässig starkes, durch die eitrige Bron- 
chitis bedingtes Rasseln hörbar, trotzdem der Fremdkörper recht fest steckte, in 
einem weiteren beobachteten Falle, wo der Fremdkörper im linken Öberlappen- 
bronchus bereits über eine Woche sich befand, fehlte das Atmungsgeräusch im 
Unterlappen, während der Oberlappen atmete. Es handelte sich um eine in der 
Mitte durchbohrte Rosenkranzperle, die den Luftstrom im Oberlappen nicht unter- 
brach, durch die erzeugte Gangrän aber zu einem Vollaufen des Unterlappen- 
bronchus mit Eiter, damit zur Absperrung des Unterlappens führte. In letzterem 
Falle Tod. 

Herr R. Steiner demonstriert aus dem ‚laryngologischen Institute einen 
34jährigen Mann, der vor einem halben Jahre sofort nach einer schweren Un- 
fallverletzung des Kehlkopfes (wuchtiger St mit einer eisernen Brechstange 
gegen die linke Halsseite) wegen hochgradigstér Dispnoe tracheotomiert werden 
musste und bei dem sich im Laufe der Monate eine hochgradige Larynx-Stenose 
mit einer der sehr seltenen, einseitigen Ankylosen des Aryknorpels entwickelt 
hatte. Laryngoskopisch zeigte sich bei der Aufnahme vor 2 Monaten eine hoch- 
gradige Verengerung der Glottis, durch welche man gerade noch den dünnsten 
englischen Katheter mit Mübe durchführen konnte. Während das rechte Stimm- 
band sich gut bewegen konnte, war es unter dem Einflusse der sich retrahie- 
renden Bindegewebsınassen jedenfalls dann im Stadium der Heilung zu einseitiger 
 Minksseitiger) Ankylose des Arytaenoidgelenkes gekommen mit Fixation der zum 
gréssten Teil narbig verschrumpften linken Kehlkopfhälfte und des linken Stimm- 


57) Gesellschafts- und Kongressberichte. 573 


bandes in Auswärtsstellung. Die Atmung bei geschlossener Trachealkanüle war 
vollkommen unmöglich. Redner bespricht dann an der Hand des Literaturmate- 
rials die äusserst rare Beteiligung des Aryknorpels bei Kehlkopfverletzungen und 
erörtert dann ausführlich die therapeutischen Massnahmen, welche bei derartigen 
Unfallverletzungen des Keblkopfes zu treffen sind, sowie die verschiedenen Heil- 
methoden der chronischen Laryngo- und Tracheal-Stenosen narbiger Natur, so- 
wohl auf operativem Wege (Laryngofissur und Laryngostomie) als auch auf 
konservativem Wege mittelst Behandlung durch methodische Dilatation. (Intu- 
bation, Einführen von Röhren und Behandlung mit Schrötterschen Zinnbolzen.) 
Mit Hilfe des letzteren durch 2 Monate systematisch fortgesetzten Verfahrens 
ist die früher fast komplette Stenose des Larynx sichtlich erweitert worden, so 
dass Patient gegenwärtig schon viele Stunden die Kanüle entbehren kann und 
das definitive Dekanülement bei Fortsetzung der Dilatationsbehandlung in abseh- 
barer Zeit wird vorgenommen werden kónnen. R. Imhofer. 


Wissenschaftliche Gesellschaft deutscher Ärzte in Böhmen. 


Sitzung am 11. März 1910. 


Herr F. Pick demonstriert: a) einen 15jähr. Knaben mit hochgradiger narbiger 
Stenose des Kehlkopfes, Defekt der Uvula und Epiglottis. Es handelte sich um 
eine im 10. Lebensjahre akquirierte Lues, die trotz ausgiebiger Hg- und Jod- 
behandlung in verschiedenen Spitälern zu so hochgradigen Veränderungen geführt 
hat. Die jetzt begonnene Bougierung hat die ursprünglich in Aussicht genommene 
Tracheotomie bisher vermeiden lassen. 

b) Einen bereits einmal vorgestellten Fall von Sklerom der Trachea, bei 
welcheın Röntgenbestrahlung subjektive und objektive Besserung gebracht hat. 

c) Eine 53jähr. Frau mit kirschengrossem Tumor in der Gegend des rechten 
Sinus Morgagni, der sich bei der Probeexzision als Tuberkulose erwies. Derselbe 
besteht bei der sonst keinerlei Zeichen von Tuberkulose bietenden Frau seit 
3 Monaten, zeigt keine Spur von Geschwürsbildung; mikroskopisch ist das Epithel 
über dem Tumor bedeutend verdickt. R. Imhofer. 


Vereinigung tschechischer Laryngologen, Otologen und Rhinologen 
in Prag. 


Sitzung am 28. Oktober 1910. 


Herr Frankenberger demonstriert 1. das Pharyngoskop von Sch muckert 
und erlüutert dieses sowie das Instrument von Hays. 

2. Das Instrument von Ephraim zur endobronchialen Anüsthesie, mit 
welchem am Institute Versuche mit der Asthmabebandlung ausgeführt werden. 

3. Eine Larynxstenose nach Typhus, bei welcher Laryngostomie ausgeführt 
worden war. Der Kranke kann jetzt bei verstopfter Tracheotomiedffnung frei atmen. 

4. Einen Fall von Diaphragma der Trachea nach Suizidversuch. “Das 
Diaphragma war exstirpiert worden, die Kranke trug fast ein Jahr die Chiari- 
sche Kanüle. Trachea jetzt allenthalben weit, weshalb zum Dekanülement 
geschritten werden soll. 

H.Guttmann, demonstriert zwei Fälle von Fremdkörpern des Antrums maxill., 
in beiden Fällen waren es Wattawickel, die ins Antrum geglitten waren; 1. im 
ersten Falle wurde der Wickel nach vorangegangener Erweiterung der Alveolar- 
dffnung mit einem Häckchen extrahiert, im zweiten Falle wurde breite Eröffnung 
des Antrums von der Fossa canina aus vorgenommen, wobei die Schleimbaut 
ausgekratzt wurde. 2. Einen Fremdkörper des Ssophague: Kirchkern auf ösophago- 
skopischem Wege entfernt. 

8. Ein Sarkom der Nase aus dem Os ethmoidale hervorwuchernd, 

4. Ein rezidives Larynxfibrom, eine rechtsseitige Rekurrenzlähmung durch 
Lungenspitzenaffektion bedingt. R. Imhofer. 


574 Gesellschafts- und Kongressberichte. [58 


Zentralverein deutscher Árzte in Bóhmen. 
Versammlung Giesshübl 8. Juli 1910. 


Herr O. Piffl, Prag: Über nasale Reflexneurosen. 

Zur Eatstehüng einer nasalen Reflexneurose sind 1. die lokale Disposition, 
2. die allgemeine nervöse Prädisposition unerlässlich. 

Einzelne seltenere Formen, die Piffl erwähnt, sind a) Glottiskrampf bei 
einer seit Jahren an Asthma leidenden 51 jährigen Frau entstanden, im Anschlusse 
an einen geringfügigen Eingriff in der Nase; b) ein Fall von rhythmischem Krampfe 
der gesamten Schlundmuskulatur mit objektiv wahrnehmbarem Ohrgeräusche bei 
einem jährigen Mädchen, den Vortr. als einen Tic auffasste und der durch 
psychische und galvanische Behandlung gebessert wurde; e) ferner sind genau 
beobachtete Formen von nasalen Reflexneurosen die Fälle des Vortr. von halb- 
seitiger Hyperhidrosis des Gesichtes bei einseitiger Verengerung resp. Verschluss 
der Nase (zwei Fälle von Choanalverschluss, ein Fall von hochgradiger Septum- 
deviation); d) ein weiterer sehr merkwürdiger Fall war unbezwingliche Schlaf- 
sucht bei einer 50jührigen Frau infolge Verlegung beider Nasenhülften durch 
hochgradige Schleimhautsch wellung. 

Piff) beschäftigt sich dann eingehend mit der Coryza nervosa;; die Disposi- 
tion für diese Erkrankung sah Piffl durch Nikotinabusus gesteigert. Der 
Lokalbefund in der Nase ist in vielen Fällen charakterisiert durch schlaffe, blasse 
Schwellung am freien Rande der rückwärtigen Hälfte der mittleren Muschel. Zur 
Diagnosenstellung verwendet Vortr. nur Kokain und warnt vor Nebennieren- 
präparaten für diesen Zweck, da dieselben oft einen Anfall heftigster Art aus- 
lösen. Therapeutisch ist Vortr. für Beseitigung vorhandener Anomalien in der 
Nase gleichzeitig mit Bekämpfung der neuropathischen Prädisposition des 
Individuums. 

Im Gegensatz zur Mehrzahl der anderen Autoren hat Piffl mit der Be- 
handlung von Menstruationsbeschwerden von der Nase aus (Fliess) günstige Er- 
fahrungen gemacht, und hält daber einen Versuch mit diesem Verfahren in ge- 
eigneten Fällen für gerechtfertigt. R. Imhofer. 


Verhandlungen der Dünischen oto-laryngologischen Gesellschaft. 
69. Sitzung vom 5. Oktober 1910. 


Vorsitzender: Dr. Gottl. Kiür. 
Schriftführer: Dr. Blegvad. 

1. Schmiegelow demonstrierte die neue Obren- und Halsklinik des 
Reichshospitals. 

2. Jorgen Miller: Fall von Tuberculosis cavi nasi, nach Septumresektion 
geheilt (mit Demonstration der Patientin)  44jührige Kóchin, früher gesund; 
4 Monate schlechte Luftpassage durch die Nase und Borkenbildung, vorwiegend 
links. 3. September 1909 wegen Febris rheumatica in Frederiksberg Hospital auf- 
genommen. Der Einblick in die linke Nasenhülfte durch von der Lateralwand 
ausgehendes Tumorgewebe gesperrt; das Bild erinnert an eine lokale Tuber- 
kulose (Lupus?); der Tumor wird zur Mikroskopie entfernt. 

Mikroskop ie: Oberfläche teils ulzeriert, teils von mehrschichtigem Pflaster- 
epithel bedeckt, welches an einer bestimmten Stelle zahlreiche unregelmässige 
Epithelzapfen in die Tiefe sendet; hier und da trifft man auch Epithelperlen. 
Übrigens ’zerstreute Elementärtuberkel, teilweise in beginnendem Zerfall. Diagnose: 
Tuberkulose mit sekundärem Plattenepithelkrebs. 

Prozess nimmt fortwährend zu, auch die äussere Nase erheblich vergrössert, 
linke Ala geschwollen und rot, mit einem Geschwür auf dem Rande; im Innern 
sieht ınan jetzt grosse, von der Nasenscheidewand ausgehende Tumormassen; 
am Boden Tumorgewebe von typisch lupösem Aussehen. 


59] Gesellschafts- und Kongressberichte. 575 


Trotz dem mikroskopischen Befunde machte das klinische Bild immer mehr 
den Eindruck, dass es sich ausschliesslich um ein tuberkulöses, bzw. lupöses 
Leiden handle. Es wurde deshalb nach Körners Methode Septumresektion vor- 
genommen. Mikroskopie ergab diesmals reine Tuberkulose. 

Patientin wurde später noch mit Röntgenstrahlen behandelt, ferner mit 
Jodkali. Bei der Entlassung am 19. Dezember 1909 war die Wunde nach der 
Septumresektion geheilt und die Affektion am Boden und an der Lateralwand 
beilte später auch. Es hatte sich eine Sattelnase gebildet, trotzdem bei der 
Operation vermieden wurde, den vorderen Teil des Septums zu entfernen; ferner 
besteht eine Einziehung in der Mitte der linken Ala. Es ist noch jetzt kein 
Rezidiv vorhanden und Dr. P. Tetens Hald hat durch eine Paraffininjektion 
die äussere Gestalt der Nase beträchtlich verbessert. 


3. N. Rh. Blegvad: Fall zur Diagnose. 

Der Fall ist zwar durch gestern erhaltene neue Auskünfte jetzt aufgeklärt, 
wird aber trotzdem vorgestellt. 

Es handelt sich um ein fast 2 Jahre lang bestehendes schweres ulzeratives 
Rachenleiden bei einer 29jähr. Frau. Wassermann negativ, überhaupt keine Anhalt- 
punkte für Syphilis, noch für Angina Vincenti, Tuberkulose, bösartige Neubildung 
oder ähnliche Behandlung, auch antiluetische, bisher erfolglos. Nach einer Ruhe- 
pause wurde vor ein Paar Monaten wieder Jodkali verabreicht und die Affektion 
scheint jetzt zu heilen; gleichzeitig gesteht der Gatte vor sieben Jahren ein 
Ulkus gebabt zu haben, das mit Hg behandelt wurde; niemals sekundäre Er- 
scheinungen. 


4. K. Nörregaard: Beiträge zur Statistik der Ohren-, Nasen- und Hals- 
krankheiten bei Schulkindern. 

Nórregaard hat im Juni 1910 in den Schulen der Dorfgemeinde Taarnby 
650 Kinder untersucht, 323 Kuaben, 327 Mädchen. Bei 65 jetzige oder frühere 
Ohrenkrankheit, 44 unter diesen hatten adenoide Vegetationen; nur bei 8—4 
schienen die oberen Lufiwege ganz gesund. 

Nasenleiden wurden im ganzen bei 122 gefunden, hypertrophische Ton- 
sillen bei 144, Nasenrachenleiden bei 214, meistens adenoide Vegetationen 
grösseren oder geringeren Grades. Hoher Gaumen wurde bei 52 gefunden, nur 
91 derselben hatten adenoide Vegetationen. 


5. E. Schmiegelow: Fremdkörper in der Lunge und in der Speiseröhre. 

l. 11jähriges Mädchen hatte vor zwei Tagen eine Bohne aspiriert; steto- 
skopisch fand man den unteren und mittleren Lappen rechts ausser Wirksamkeit 
gesetzt. In Narkose direkte Bronchoskopie: Bohne im rechten Bronchus, 2 cm 
unterhalb der Bifurkation, wurde gefasst, reisst sich wieder los und wird in den 
linken Bronchus aspiriert; Erstickungsanfall und Zyanose; das Kind erholte sich 
und später wurde durch eine zweite Bronchoskopie die Bohne endlich entfernt. 

2. 25jährige Frau, Hühnerknochen verschluckt, der durch Ösophagoskopie 
entfernt wurde. 

3. 4jühriges Müdchen, vor zwei Tagen ein 5-Örestück verschluckt; wurde 
in Narkose durch Osophagoskopie extrahiert. 

4. 1'/,jéhriges Madchen hatte den Gummireif eines Patentstdpsels ver- 
schluckt; wurde in Narkose durch Ösophagoskopie entfernt. 

9. 89 jähriger Mann hatte vor fünf Tagen einen Knochen verschluckt, hatte 
später nur Flüssiges schlucken können. Knochen, 25 cm von der Zahnreihe ent- 
fernt, wurde durch Ösophagoskopie extrahiert, war 3—4 cm breit. 


70. Sitzung vom 9. November 1910. 
Vorsitzender: Dr. Gottl. Kiär. 
Schriftführer: Dr. Blegvad. 
1. K. Nörregaard: kin Fall von langdauernder, rezidivierender, funk. 
tionellar Aphonie. 


516 Gesellschafts- und Kongressberichte. [60 


40j&hrige Frau verlor vor etwa 15 Jahren nach einer Influenza die Stimme; 
später immerfort wiederkehrender Stimmverlust mit völliger Aphonie, kein 
Husten oder Räuspern möglich; keine Rekurrensparalyse vorhanden, aber bei 
Phonationsversuchen klafft die Stimmritze; beim Pinseln entsteht kein Laut, 
Sensibilität herabgesetzt. Bei Pinselungen mit Kokain und Argentum, sowie 
Sprechübungen ist es jetzt gelungen verschiedene Laute hervorzubringen. 


Diskussion: Blegvad, der auch einmal diese Patientin behandelt hat, 
meint entschieden, dass es sich um einen Morbus mentalis handelt; der ganze 
Habitus der Patientin deutet auch hierauf. 


2. P. Tetens Hald: Operation wegen mutmasslichen Tumors der Hypo- 
physenregion. 

41 jährige Frau, am 8. August 1910 in die Ohrenklinik des Kommune- 
hospitals aufgenommen, hatte schon seit zwei Jahren Symptome eines Tumor 
cerebri dargeboten; schon damals zeigte das Röntgenbild Veränderungen in der 
Gegend der Sella turcica; Juni 1910 war die Sella noch mehr erweitert und ob- 
schon der Chef der neurologischen Abteilung am meisten zur Annahme eines 
Frontallappentumors neigte, wurde Patientin doch zur Operation in die Ohren- 
klinik verlegt. Es waren keine bypophysären Symptome vorhanden, ein neues 
Róntgenbiid aber ergab, dass das Dorsum sellae jetzt völlig fehlte; es wurde ein 
extrasellarer Tumor vermutet, als aber die Stauungspapille in Zunahme begriffen 
war, hielt man eine Dekompressionsoperation für angezeigt. 

Die äussere Nase und der vordere Teil des Septum wurde durch einen nach 
unten gehenden V-förmigen Schnitt mobilisiert, dann Septum teilweise reseziert, 
mittleren Muscheln entfernt, ferner Vorderwand des Sinus sphenoidalis und das 
Septum sphenoidale; in der jetzt gut übersichtlichen Hinterwand eine Dehiszenz; 
es wurde jetzt der Boden der Sella turcica völlig entfernt und ein viereckiger 
Duralappen gebildet; Punktion des Hirngewebes gibt keine Flüssigkeit. 12 Stunden 
nach der Operation Exitus. 

Sektion: Grosses Psammom der Frontalgegend ; Hypophyse nicht vergróssert; 
Dorsum sellae fehlt vollständig, es sieht fast aus, als wäre es weggemeisselt; 
bei genauerer Untersuchung der Dura in dieser Gegend sieht man an ihrer 
Aussenseite zahlreiche stecknadelkopfgrosse Knötchen (mikroskopisch Metastasen 
des Haupttumors), welche Druckusur des anliegenden Knochens bedingt hatten. 

Jörgen Möller. 


Berliner laryngologische Gesellschaft. 
Sitzung vom 24. Juni 1910. 


1. Herr Fischer: Fall von Verlötung der Epiglottis mit dem 
Zungengrunde infolge von Kauterisation der Zungenmandel. 

Diskussion: Herr Senator besireitet, dass sich aus diesem Falle 
Schlüsse für die Physiologie des Schluckaktes ziehen lassen. 

2. Herr Weski: Moderne, zahnärztliche Diagnostik im Dienste 
der Rhinologie, siehe diese Zeitschr. Bd. III, S. 374 ff. 


Sitzung vom 14. Oktober 1910. 

1. Herr West, Baltimore: Behandlung der Stenose des Tränen- 
Nasenkanals. Nach Einführung einer Tränensonde wird vor dem vorderen 
Ende der mittleren Muschel der Tränensack ausgiebig mittelst Meissels eröffnet. 
Vortr. betont die Notwendigkeit, hoch hinauf zu gehen, bis in die Ebene des An- 
satzes der Muschel. 


Diskussion: Herr Ritter befürchtet, dass beim Schneuzen Nasensekret 
zu dem Tränenröhrchen hinausgeschleudert werde. 

Herr Wolff: Wird die Wunde nicht bald zugranulieren? 

Herr Haike hat durch Abtragung der unteren Muschel einmal Erfolg erzielt. 


61] i Gesellschafts- und Kongressberichte. 577 


Herr A. Meyer: Oft liegt die Stenose nicht im Can. lacrymalis, sondern 
im unteren Nasengang, dann führt Aufklappung der unteren Muschel zur Heilung. 
Das Westsche Verfahren ist den Methoden von Passo w und Toti vorzuziehen. 

Herr Alexander meint, die Anwendung der Westschen Operation be- 
schränke sich auf knöcherne Stenosen. 

Herr West: Das Entweichen von Luft durch die Tränenröhrchen behindert 
die Operierten nicht. 

2. Herr Graffner: Fall von tabischem Mal perforant des Proc. 
alveolaris. Demonstration eines Oberkiefers, an welchem tiber dem letzten 
Molaris eine trichterförmige Öffnung mit vernarbten Rändern in die Kieferhöhle 
führt. Tabische Geschwüre sind von gummösen zu unterscheiden durch die 
Anästhesie in ihrer Umgebung. 

3. Herr Scheier: Keilbeinhöhlen im Röntgenbild. Demonstration 
einiger Platten, welche durch parieto-mentale Aufnahmen gewonnen wurden und 
auf denen die Keilbeinhöhlen gut sichtbar sind. Die von Pfeiffer) jüngst be- 
schriebene Methode hat Scheier schon vor drei Jahren angegeben. 

Diskussion: Herr Hänlein: Die Methode ergibt unbefriedigende Re- 
sultate. 

4. Herr Halle: Bronchiales Gummi, mit 606 geheilt. Demonstration 
der narbigen Stenose im bronchoskopischen Rohr. 

Diskussion: Herr Scheier hat gleichfalls von 606 gute Erfolge gesehen. 

Herr Finder gibt bei Kindern 0,3—0,4.. Von Nebenerscheinungen kam 
Harnverhaltung zur Beobachtung. Zur Vermeidung von Infiltraten injiziert er 
ölige Suspension. 

Herr Heymann hat ca. 40 Fälle behandelt und rühmt besonders bei 
Tertiär-Formen den Erfolg. 

Herr Kuttner: Mit 606 erreicht man dasselbe, was mit anderen Mitteln 
auch möglich, aber schneller, und das ist für den Laryngologen von besonderer 
Bedeutung. 

Herr Haike: Die Patienten klagten wiederholt über häufige Pollutionen 
nach der Injektion. 

Herr Echtermeier und Herr Lennhof berichten über Versager. 

Herr Halle: Schlusswort. 

ö. Herr Ritter: Retropharyngealabszess bei einem ca. 35jährig. 
Mann. Da 4 Wochen nach Inzision noch keine Heilung eingetreten ist und 
Spondylitis ausgeschlossen werden kann (nach dem Röntgenbild und negativem 
Bazillenbefund), besteht Verdacht auf Lues. 

6. Herr Landgraf: Histologische Bilder chronisch entzünd- 
licher Wucherungen vom Septum. Wegen schwerer hartnäckiger Blutungen, 
ausgehend von einem grossen Ulkus des Septum, wurde die Nase wochenlang tampo- 
niert. Da die Blutungen stets von neuem begannen, wurde von dem behandelnden 
Chirurgen die Nase gespalten und ausgekratzt. Es fand sich eine chronisch- 
. hypertrophische Entzündung der Nasen-, Stirn- und Keilbeinhöhlenschleimhaut 
mit Hypertropbie auch des Knochens. Dyskrasische Ätiologie ist auszuschliessen. 

Diskussion: Herr Schoetz: Es düifte wohl das erste Mal sein, dass 
wegen Nasenblutens zur Spaltung der Nase geschritten wurde. Man hätte doch 
vorher Ca-Salze und Gelatine versuchen sollen. 


Sitzung vom 11. November 1910. 

1, Herr Finder: Fall von syphilitischerZerstórung des Rachens 
und Stenose des Osophagus, welcher bereits Tracheotomie und Gastro- 
stomie erfordert hat. 

2. Derselbe: Grosse Fistel an der Stirn, in die rechte Stirnhöhle 
führend, durch teilweise Nekrose der vorderen Wand entstanden. Als Ursache 
kommt chronische Frontalsinusitis in Betracht, doch’ ist auch syphilitischer Ur- 
sprung nicht ausgeschlossen. 


578 Gesellschafts- und Kongressberichte. [62 


8. Herr Halle: Die endonasale Eröffnung chronisch-kranker 
Stirnhöhlen. 


Die Einschränkung der radikalen Operationsmethoden ist dringend zu 
wünschen. Sie ist auch möglich, da der Beweis erbracht ist, dass chronisch er- 
krankte Schleimhaut ausheilen kann. Ganz besonders gilt dies von der Stirn- 
hóhle. Die zur Heilung führenden Faktoren sind Ansaugung und Austrocknung 
durch die Respirationsluft und Desinfektion, sie werden in Wirksamkeit gesetzt 
durch Anlegung einer weiten nasalen Kommunikation. Es gilt also den Stirn- 
hóhlenboden zu entfernen. Versuche von Schäffer, Spiess, neuerdings von 
Good und Myles blieben vergeblich; Fletcher Ingals Hohlfräse beschädigte 
leicht die Tabula interna, erst die Anbringung eines Schützers macht sein Ver- 
fahren relativ sicher, kompliziert es jedoch. 


Auch am (vor 4 Jahren publizierten) Verfahren des Vortr. ist der blatt- 
förmige Schützer unentbehrlich; wo er nicht einführbar ist, muss auf die Opera- 
tion verzichtet werden. Mit vorn scharfer Fräse wird genau vor dem Schützer 
der Höhlenboden fortgenommen; sobald man in die Höhle gelangt, wird die vorn 
polierte konische, später die birnförmige Fräse benutzt, welche Nebenverletzungen 
ausschliessen. Nach reichlicher Eröffaung wird federnde Silberkanüle mit lös- 
licher Gelatinekapsel (nach Ingals) eingelegt. Mit biegsamen scharfen Löffeln 
kann man sogar teilweise die Schleimhaut kürettieren. — Der Einwand, dass 
man, statt in die Stirnhöhle, in eine frontale Siebbeinzelle gelangen kann, ist 
berechtigt, auch dass nicht immer eine Übersicht über die ganze Höhle erreicht 
wird; jedoch tut dies der Heilung keinen Abbruch. Vor allem sind bei richtiger 
Ausführung Nebenverletzungen unmöglich, man darf die Orientierung nie ver- 
lieren. Alle 13 behandelten Fälle sind geheilt. 


Diskussion: Herr M. Senator: Wo 80 dicke Instrumente wie der Schützer 
eingeführt werden können, ist die Erweiterung unnötig. Die Methode ist roh, 
zerfetzt die Schleimhaut und kann Sprünge im Knochen verursachen. Nament- 
lich aber ist die Möglichkeit nicht auszuschliessen, dass die Fıäse abrutscht und 
gefübrliche Verletzungen setzt, was anderen Operateuren auch dreimal passiert 
ist: nämlich einmal drang das Instrument vorn zur Nasenwurzel heraus, einmal 
wurde das Chiasma opticum verletzt (?? Ref.), einmal die Tabula interna durch- 
bohrt mit Meningitis und Exitus. 


Herr Alexander: Nur sehr wenige Hóblen werden mit dem Schützer 
sondierbar sein. Verletzungen der Orbita sind leicht möglich. 


Herr Peyser hält die Operation für einen ernsten Eingriff und hat mit 
dem Pyohaustor bei chronischen Empyemen gute Resultate erzielt. 


Herr Brühl: Bei häufiger Ausführung würde die Hallesche Methode eine 
grössere Mortalität aufweisen als die radikalen. Schon dass ein ,,Schitzer' 
nötig ist, spricht (nach den mit dem Stackeschen gemachten Erfahrungen), 
gegen die Methode. 


Herr Bruck hält Verletzungen für unvermeidlich. 
Herr Finder: Die Methode verdient nicht den Namen einer „konservativen“. 


Herr Rosenberg fragt, wie oft Vortr. den Schützer einführen kann, und 
ob er Komplikationen beobaclıtet hat? 


Herr Halle (Schlusswort): Der Schützer ist fast immer, wo ich operieren 
wollte, einführbar gewesen. Die Methode ist in unkomplizierten chronischen 
Fällen stets dann indiziert, wenn anderweitige intranasale Behandlung versagt. 
Die Fräse, richtig gehandhabt, schleudert nicht; die von Herrn Senator be- 
richtaten Unfälle sind teils unmöglich, teils grobe Fehler. Die Orbita ist dadurch 
sicher, dass man stets vor dem Schiitzer bleiben muss; laterales Abweichen ist 
verboten. Das Vorurteil gegen den „Schützer‘ ist unberechtigt, er iat mehr eia 
Wegweiser. Komplikationen hat Vortr. nie erlebt. 


63] Gesellachafts- und Kongressberichte. 579 


Sitzung vom 9. Dezember 1910. 


1. Herr Haike, Adenom der Nase. Wie auch das Röntgenbild be- 
stätigt, füllt der Tumor die ganze linke Nasenseite nebst der Kieferhöhle aus. 
Malignität ist aus dem histologischen Bilde zu schliessen. 

Diskussion:HerrGrabowerberichtetüber einen Fall von Adeno-Karzinom. 

Herr P. Heymann erinnert an ähnliche, früher von ihm beschriebene Fälle. 

2. Herr Peltesohn, Angiom der Plica salpingopharyngea. ` 

3. Herr Blumenthal, Angiom der Zunge. 

Diskussion: Herr Heymann ` '’ 

4. Herr Kuttner: Nadel zur Massenligatur bei Tonsillektomie. 

Nach Auslösung der Mandel soll der Stiel, an dem sie noch hängt, durch- 
stochen und doppelt umschnürt werden, ehe er durchschnitten wird. So ver- 
hütet man Blutungen. 

Diskussion: Herr Grabower: Am besten wird Blutung vermieden, 
wenn die Abtragung mit der allmählich quetschenden Brüningsschen Schlinge 
geschieht. 

Herr Herzfeld: Die Blutung kommt gewöhnlich nicht aus dem Stiel, 
sondern aus Verletzungen der Gaumenbögen. 

Herr Sturmann: Die Blutzufuhr zur Tonsille geschieht durch zahlreiche 
kleinere Gefüsse. 

Herr Grabower bestreitet das. 

9. Diskussion zur Demonstration des Herrn Finder: Fistel der 
rechten Stirnhóhle. (Vergl. vorige Sitzung!) 

Herr Kuttner: Das Empyem der Stirnhóhle kann selbst syphilitischen 
Ursprungs gewesen sein. Empyeme sowohl sekundärer als tertiärer Natur 
kommen vor, und wenn man die Möglichkeit im Auge behält, findet man sie 
immer öfter, bisweilen als einzige Erscheinung der Lues. - 

Herr Finder hat dergleichen nicht gesehen, auch in Häjeks Lehrbuch 
sind syphilitische Empyeme nicht erwähnt. Im vorliegenden Falle war trotz des 
positiven Wassermann eine spezifische Behandlung resultatlos. Es mussten beide 
Stirnhöhlen eröffnet werden, die Fistel ist schon verheilt. 

6. Herr Sturmann: Die totale Ausschälung der Tonsillen. 

Da die Tonsillotomie oft keine genügende Wirkung gehabt hat, muss man 
radikalere Methoden suchen. Nur bei glatten, seit langer Zeit entzündungsfreien 
Mandeln, welche gut hervorragen, ist das Tonsillotom angezeigt, bei Anheftung 
und Hypertrophie im sagittalen Durchmesser soll man mit dem Messer operieren. 
Das Konchotom leistet nichts. Bei chronisch entzündlichen "Tonsillen und bei 
rezidivierenden Abszessen und Anginen, bei amygdalogenen Infektionen ist Aus- 
schälung indiziert. Technik: Infiltration mit mindestens 5 ccm Novokain-Lösung, 
Fassen der Mandel mit der Ritterschen Zange, Ausschälung mit der Hopmann- 
schen, aussen scharfen Schere, die zugleich als Elevatorium dient. Die Gaumen- 
bögen sollen nach der Operation miteinander verwachsen, wie ein demonstrierter 
Fall zeigt. Wegen der Gefahr der Blutung wird Esslöffelweise eine 5°,o-Lösung 
von CaCl, gegeben. Blutet es, so genügt fast immer Einlegen eines Tampons 
in die grosse Nische, wo er vun selbst liegen bleibt. 

Diskussion: Herr Finder: Bei einfacher Hypertrophie und selbst bei 
vorwiegend transversal vergrösserten entzündlichen Mandeln ist Tonsillotomie 
vorzuziehen, Ektomie nur bei den „small, but diseased tonsils". Muzeux, 
Skalpell und Schlinge genügen zur Operation, welche aber niemals ambulant aus- 
geführt werden sollte. Das Fassen der zahlreichen, blutenden Gefässe ist nicht 
möglich. 

Herr Senator: Die Tonsillen haben eine blutbildende Funktion, welche 
ihre radikale Entfernung nicht gerechtfertigt erscheinen lässt, ausser bei dringen- 
der Indikation, z. B. rezidivierendem Gelenkrheumatismus. 

Herr Herzfeld operiert in lokaler Anästhesie unter Benutzung der 
Scherenbergschen Schere. Er hat keine Blutung gesehen. 


580 Kongresse und Vereine. [64 


Herr Arthur Meyer empfiehlt für Tonsillotomie die Schlinge, die mehr 
fasst als das Tonsillotom, für sagittal vergrösserte Mandeln das Morcellement, 
mit dem selbst grosse Tonsillen sich gründlich entfernen lassen. Bei Tonsill- 
ektomie schützt Infiltration nach Ruprecht vor Blutungen, spritzende Arterien 
sind leicht zu fassen und zu torquieren. Selbst ein siebenjähriger Knabe liess 
sich unter Lokalanästhesie operieren. Zur Auslösung der Mandel leistete ein 
zweischneidiges, über die Fläche gekrümmtes Messer gute Dienste. 

Herr Sturmann (Schlusswort): Es ist nicht richtig, dass mit Entfernung. 
der Tonsillen ein Schutz gegen Entzündungen fortfällt, im Gegenteil blieben. 


die tonsillektomierten Patienten sämtlich vor Rezidiven verschont. 
Arth. Meyer. 


V. Kongresse und Vereine. 


Verein deutscher Laryngologen. 31. Mai bis 1. Juni 1911 in 
Frankfurt a. M. 
Schriftführer Herrr Oberarzt Dr. Richard Hoffmann. Dresden, Grunaerstr. 8 


III. Internationaler Laryngo-Rhinologen-Kongress. 
Berlin, 28. August bis 2. September 1911. 
Schriftführer Herr Professor Dr. A. Rosenberg. Berlin NW., Schiff- 
bauerdamm 26. 


VI. Personalia. 


Als Nachfolger Schwartzes ist Herr Professor Dr. Alfred Denker 
nach Halle berufen worden und zwar als Professor ordinarius; die bisherige 
Ohrenklinik wird in eine Klinik für Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten 
umg^wandelt. Herr Denker hat den Ruf angenommen. Als Nachfolger Herrn 
Professor Denkers ist Herr Professor von Eicken nach Erlangen berufen. 

Am 1. Januar dieses Jahres wurden an den Stadtkrankenhäusern Friedrich- 
stadt und Johannstadt zu Dresden Abteilungen für Ohren- und Halskranke er- 
richtet und die bisherigen konsultierenden Ohrenürzte Sauitüterat Dr. Max 
Mann und Dr. Richard Hoffmann zu Oberürzten ernannt. S 

An Stelle Herron Geheimrat A. Hartmanns am Rudolf Virchow-Kranken- 
haus in Berlin ist Herr Hans Claus getreten. 

Herr Professor Dr. Ostmann in Marburg ist zum ord. Honorarprofessor 
ernannt worden. 

Gestorben: Herr Dr. Solis Cohen in Philadelphia. 


VII. Fortbildungskurse. 


Vom 27. März bis 1. April ınkl. findet in Jena der V. Fortbildungs- 
kurs für Spezialärzte statt. 

Herr Professor Wittmaak: Norm. u. pathol. Histologie des inneren Ohres, 
mit Berücksichtigung klin. Krankheitsbilder 14 Std. Besprechung und Demon- 
stration typischer otologischer Operationen je nach Material. 

Heir Dr. Brünings: Vorlesung und Praktikum der direkten Laryngo- 
Tracheo-Bronchoskopie 16 Std, Besprechung und Demonstration typischer rhino- 
laryngologischer Operationen 12 Std. Physiologie und funktionelle Diagnostik 
des Vestibularapparates 4 Std. Rhino-otologischer Róntgenkurs 4 Std. 

Maximale Teilnehmerzahl 15. Assistenten deutscher Kliniken honorarfrei. 
Nächste Wiederholung zu Beginn der Herbstferien. Nähere Auskunft durch 
Privatdozent Dr. Brünings, Jena. 


Aus der Universitütsklinik für Ohren-, Nasen- und Kehlkopf- 
kranke in Erlangen. (Direktor: Professor Dr. Denker.) 


Beitrag zur Pathologie und Therapie der Chon- 
drome der Nase und ihrer Nebenhóhlen. 


Von 
Dr. Schwerdtfeger, Assistenzarzt der Klinik. 
Mit 1 Textabbildung und 2 Tafeln. 


Die Seltenheit der Nasenchondrome rechtfertigt die Veróffent- 
lichung vorliegenden Falles, der an hiesiger Klinik genauer beobachtet 
und mit Erfolg operiert wurde. 


Am 25. Juni 1910 wurde der 16 jabrige Fabrikarbeiter Leonhard 
F. in die Klinik aufgenommen. Er gab an, dass er stets gesund war 
und dass insbesondere bei seinen Eltern und Grosseltern keine Ge- 
schwulstbildungen beobachtet oder entfernt wurden. Im Anschluss 
an Diphtherie Ende Dezember’ 1909 bekam er sehr starke Schmerzen 
in der Stirnhöhlengegend rechts, ohne dass Nasenkatarrh bestand. 
Nach einigen Tagen Schwellung des rechten oberen Augenlids, bald 
auch der ganzen rechten Gesichtshälfte und der linken Augengegend. 
Nach 6 Tagen ging die Schwellung auf Kamillenteeumschläge bis auf 
die Umgebung des rechten Auges zurück, wo sie nur noch am inneren 
Augenwinkel stärker hervortrat. Später bildete sich an dieser Stelle 
angeblich ein Furunkel, den der zuerst konsultierte Arzt, ein Augen- 
arzt, inzidierte. Schwellung blieb aber in der Ausdehnung zurück, 
wie sie heute noch besteht (siehe Bild 1). Mitte Januar 1910 arbeitete 
Patient wieder, da er keine Schmerzen hatte; nachts machte er 
immer Umschläge. Mai 1910 wieder stärkere Schwellung, bald ent- 
leerte sich auch spontan Eiter aus dem inneren rechten Augenwinkel. 
Hierauf erfolgte die Überweisung an hiesige Klinik. 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 6. 89 


C! 
DQ 
ID 


Dr. Schwerdtfeger. [2 


Bei der Aufnahme klagte Patient über starke Kopfschmerzen 
und Schmerzen im rechten Auge; die Nasenatmung sei frei, und in 
der Nacht schlafe er auch mit geschlossenem Munde. 

Status praesens: Etwas blass aussehender Junge von mittel- 
starkem Körperbau und mittlerem Ernährungszustand. Herz und 
Lunge gesund. Wachstum, insbesondere das der Extremitäten, regel- 
mässig, nirgends knochenartige Auftreibungen. Nur starke Ent- 
stellung des Gesichts durch eine Schwellung in der Gegend der Nasen- 
wurzel, besonders rechts, die kontinuierlich in das ebenfalls verdickte 
und gerötete rechte obere Augenlid übergeht (Abbildung 1). Die 
Verdickung an der Nasenwurzel ist knochenhart, Haut darüber ver- 
schieblich, nicht druckempfindlich; dagegen wird der Druck auf das 
obere Augenlid als ziemlich schmerzhaft empfunden; bei der Palpation 
dieser Gegend lässt sich Fluktuation feststellen. Bulbus tritt mässig 
hervor und steht weit nach aussen. 

Der mittlere rechte Nasengang ist weiter als links, umsomehr 
fällt deshalb auf, dass an Stelle der mittleren Muschel ein mit glatter, 
geröteter, nicht ulzerierter Schleimhaut überzogener Tumor von 
harter Konsistenz sich befindet, der sich fest an das Septum anlegt, 
wodurch es wohl zu der bestehenden Deviation des Septums nach 
links in der oberen vorderen Partie gekommen ist und der Sonde 
der Zugang nach oben versperrt ist. Mässig entwickelte adenoide 
Vegetationen gestatten bei der Rhinoskopia posterior nur den Blick 
auf die hinteren unteren Muschelenden, an denen nichts Krankhaftes 
zu sehen ist. Der Nasenrachenraum ist also frei von Tumor. 

Bei der Diaskopie mit der Heryngschen Lampe erscheint die 
rechte Kieferhöhle verdunkelt. Über den Befund in den Stirnhöhlen 
kann diese Untersuchungsmethode wegen der Schwellung im rechten 
Augenwinkel keinen Aufschluss geben. ' 

` Das Radiogramm im queren Durchmesser zeigt die innere Schädel. 
decke als eine normal verlaufende Linie, die die Crista galli, Sella 
turcica und Clivus deutlich erkennen lässt; die Wandungen der Keil- 
beinhöhle zeichnen sich scharf ab, so dass ein, durch einen soliden 
Tumor hervorgerufener, destruierender Prozess weder in ihr, noch im 
Bereich der Schädelhöhle vermutet werden kann. Bei den Aufnahmen 
im sagittalen Durchmesser, einmal mit Einstellung der Antikathode 
vor der Schádelbasis, bzw. vor der Protuberantia occipitalis (nach 
Goldmann und Killian wird bekanntlich die Róhre auf die Prot. 
occ. eingestellt) das andere Mal wenig hinter ihr, sieht man die rechte 
Stirnhöhle gegenüber der linken mässig verdunkelt und intensiven 
Schatten über dem rechten Siebbeinlabyrinth, der sich bis in die 
rechte Kieferhöhle erstreckt. 


3] Beitrag zur Pathologie und Therapie der Chondrome der Nase etc. 583 


Augenhintergrund wird als normal befunden. Probeexzision 
ergab ein reines Enchondrom (Prof. Merkel). In der Nacht vom 
25./26. Juni entleerte sich spontan aus dem oberen Augenlid rechts 
Eiter, der dicke, kurze Streptokokken enthielt. Die Deformation ge- 
wann dadurch ein anderes Aussehen; während die Auftreibung an 
der Nasenwurzel rechts kontinuierlich in die Verdickung des Augen- 
lids überging, trat jetzt eine Prominenz unterhalb des inneren Augen- 
winkels stärker hervor. 

28. VI. Operation in Äther -Chloroform - Morphium - Narkose 
(Operateur: Prof. Dr. Denker). 

Schnitt durch die rechte Augenbraue und an der rechten Nasen- 
seite entlang nach abwärts bis zum knorpeligen Teil der Nase. Zurück- 
schiebung der Weichteile, Ligatur der Gefässe. Der Knochen erscheint 
am Margo supraorbitalis nicht verändert, dagegen an der lateralen 
Nasenseite sehr verdünnt und nahe der Wurzel durchbrochen. Er- 
haltung der supraorbitalen Knochenperiostspange. Eröffnung der 
Stirnhöhle an dem medialen Teil der vorderen Wand; dieselbe ent- 
hält in der oberen Hälfte Granulationen und schleimiges, nicht übel- 
riechendes Sekret. Der Boden der Stirnhöble ist von dem Tumor 
durchbrochen. Abtragung der knöchernen lateralen Nasenwand, so 
dass der Tumor, der hier den Knochen zum Teil schon usuriert hat, 
frei zutage tritt. Da es nicht möglich ist, ihn durch die geschaffene 
Öffnung nach unten zu abzugrenzen und zu mobilisieren, wird nach 
vorausgehender Infiltration der Weichteile (mit Novokain-Suprarenin- 
Kochsalzlösung), um grösseren Blutverlust zu vermeiden, die faziale 
Kieferwand von der Mundhöhle aus entfernt und wie bei der Radikal- 
operation der Nasentumoren nach Denker die mediale Kieferhöhlen- 
wand inkl. der rechtsseitigen Apertura piriformis abgetragen. Der 
Tumor reicht in die Kieferhöhle hinein. Er wird nun von der oralen 
Öffnung aus mit dem Finger und dem Raspatorium allseitig von seiner 
Umgebung abgelöst, dann wird die grössere Hälfte durch die orbito- 
nasale Wundhöhle entfernt, während ein kleinerer Teil durch die 
Kieferhöhle entwickelt wird. Unter Spiegelbeleuchtung wird nun das 
Naseninnere nach Tumormassen abgesucht. Dabei zeigt sich, dass 
die Lamina papyracea des Siebbeins, das Lakrymale und der grösste 
Teil des Orbitalbodens und das innere Drittel des unteren 
Orbitalrandes in dem Tumor aufgegangen sind; die Geschwulst ist 
zum Teil in das periorbitale Fettgewebe eingedrnngen und wird mit 
der Schere daraus entfernt. Am Boden der vorderen Schädelgrube 
ist die Geschwulst dem Knochen fest adhärent und hat ihn in der 
hinteren Hälfte der Lamina cribrosa durchbrochen, so dass sie der 
Dura fest aufsitzt. In der Keilbeinhöhle sind Granulationen, die aus- 

39* 


584 Dr. Schwerdtfeger. [4 


geräumt werden. Das Dach derselben ist so morsch, dass es bei 
dieser Manipulation einbricht. Reinigung der Wunde mit physiologi- 
scher Kochsalzlósung. Tamponade mit Vioformgaze. Primürer Ver- 
schluss der oberen und der oralen Schnittwunde. Feuchter Verband 
mit essigsaurer Tonerde. 

29. VI. Patient hat nachts gut geschlafen (bekam Morphium 
0,01 subk. Temperatur 37%; Puls 116. Mässige Nachblutung bis 
gestern Abend 8 Uhr. Heute nur geringer sanguinolenter Sekret- 
abguss aus der Nase. Schwellung über der ganzen rechten Gesichts- 
hälfte, beiderseits Augenlider stark ödematös, so dass auch das linke 
Auge nur ganz wenig geöffnet werden kann. Temperatur abends 38 (i. R.), 
Puls 124. Patient fühlt sich heiss an, hat nur wenig Kaffee und 
Milch zu sich genommen, die ihm mittelst Kännchen gereicht wurden. 
Kopf gut beweglich, äusserst wenig Schmerzen. Zunge stark belegt. 
Mund kann nur wenig geöffnet werden. 

30. VI. Früh 38°, Puls 116; mittags 38; abends 38, Puls 116. 
Befund unverändert. Nacht war ruhig. 

1. VII. Schwellung am linken Auge zurückgegangen, ebenso 
auch Schwellung über der rechten Gesichtsseite. Rechtes Auge wird 
etwas geöffnet. Hat ohne Schlafmittel die ganze Nacht geschlafen. 
"Stuhl angehalten. Einlauf, Temperatur 37*, abends 383. Weiterhin 
Verbände mit essigsaurer Tonerde. 

2. VIII. Patient hatte gute Nacht. Temperatur 37°. Kann 
jetzt festere Speisen zu sich nehmen. Verbandswechsel: Kein Fötor 
an den Tampons. Nach ibrer Entfernung fast keine Blutung. Rechtes 
Auge kann halb geöffnet werden. Äussere Wunde per primam ge- 
heilt. Michelsche Klammern werden entfernt. Auch orale Wunde 
gut geschlossen. Entfernung der Nähte. Patient hat keine Schmerzen. 
Allgemeinbefinden sehr gut. 

4. VII. Früh 37?, abends 36?. Schwellung bis auf einen kleinen 
Rest über dem Oberkiefer zurückgegangen. Fast keine Entstellung 
des Gesichts vorhanden. Nasenspülung mit Borsáure entfernt blutigen 
Schleim und Blutkrusten. Borsäureeinblasungen. 

7. VII. Keine Schwellung mehr. Allgemeinbefinden sehr gut. 
Temperatur normal, 2 ödematöse Fibrome werden aus der rechten 
Nase entfernt. Noch viel eiteriger Schleim beim Nasenspülen. Keine 
Doppelbilder. i 

24. VII. Wird Patient als geheilt entlassen; muss Nasenspülungen 
mit Borsäure täglich vornehmen. 

1. VIII. Patient stellt sich wieder vor. Noch Krustenbildung 
in der Nase. Kein Rezidiv. Ophthalmoskopischer Befund normal 
(siehe Abbildung 2, fünf Monate nach der Operation). 


: 2 Bag zur. GE E Rat. Thetapie à der are Ze ‘Rane SS" (59b. 


| "Der: — da Operation gewonnene q umor. Abbildung. 3) ta S 
à ungefähr: ‚die. Gestalt. Rimes” Siecseitigen: Prismas, die: riso hekrägt, d RUE 
.6:3,5:3, die Nasserverdringung. Zi eem BU ienauere. Untersuchung nuc 
des Tumors; bei ger Herr Prot. Dr- Merkel am hiesigen pathologie — 
ër) Institut mich. 'bereitwälligst Anterstützte,, ergab Tol lgetideti Befund: — 
CS p Schaittflüche. des. Tamors, der die Harte siter Zwiebel be- E d 
NEE zeigt, "dag ‚ar. ‚sich: aus mehreren Matgen Knollen. unn US 
E ‚Mikruskopisch it awisehen. nissen seht: wenig, un Blulgelissen | x 
E ‚Zwischengewebe- eingelagert” “Das: Wrorpelgeweha, \selhet, übe D ANDA 
steht aus sehr vielen Kuorpelzellen | und wenig: homogener Grand | : 
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586 Dr. Schwerdtfeger. [6 


substanz liegen. Eine besondere Erscheinung möchte ich noch er- 
wähnen, auf die (Zieglers Beiträge Bd. 43) Merkel in seiner Arbeit 
über die feineren Vorgänge bei der schleimigen Umwandlung in 
Knorpelgeschwülsten hingewiesen hat. Mittelst der Doppel-Färbung 
mit Kresylviolett, die er als eine exakte Schleimfärbung empfiehlt, 
hat er beobachtet, dass ,,die in weiterer Ausdifferenzierung begriffenen 
Knorpelzellen stellenweise unter starker Vergrósserung ihres Umfangs 
auf Kosten der Grundsubstanz einer allgemeinen  schleimigen 
Degeneration des Protoplasmas verfallen.“ Da in diesem Falle bei 
solchen mit Kresylviolett gefärbten Schnitten ebenfalls solche Gebilde 
zu sehen sind, wie sie Merkel beschrieben hat (siehe Abbildung 4a 
und b), so kann man hier annehmen, dass der vorliegende Tumor 
sowohl durch Auffaserung der Grundsubstanz, als auch durch schleimige 
Degeneration des Zellprotoplasmas eine beginnende schleimige Um- 
wandlung zeigt. 

An einer Stelle des Tumors, die makroskopisch wohl mit Resten 
des Siebbeins verwachsen ist, treten mikroskopisch feine spongiöse 
Knochenbalkchen auf, die einen ausgesprochenen Osteoblastenbelag 
haben und hier findet sich dann lockeres Markgewebe, das reich an 
Gefassen ist. 

Mit Abbildungen von Chordomen, wie sie von Feldmann, 
Fischer und Link vorliegen, haben meine Schnitte nicht die meets 
Abnlichkeit (Abbildung 4a). 

Anschliessend an diesen Fall móchte ich mich im folgenden unter 
besonderer Berücksichtigung des uns interessierenden Gebietes über 
die Chondrome verbreiten. 

Wenn auch die Chondrome unter den Tumoren hinsichtlich ihrer 
Häufigkeit die dritte Stelle einnehmen, so müssen wir sie immerhin 
zu den selteneren Geschwülsten rechnen. In einer Statistik von Gurlt 
treffen auf 16637 Tumoren nur 136 Chondrome (= 0,8°/o). Unser 
Spezialgebiet betreffen hiervon acht Fälle, nämlich einer mit Chondrom 
in der Nase und sieben am Oberkiefer und in der Highmorshóhle 
(leider fehlen genauere Angaben) Unter 60000 Patienten an der 
Wiener Klinik von Prof. Chiari kam nur ein Fall von Chondrom 
der inneren Nase zur Beobachtung. In den über 200 Arbeiten über 
Chondrome, die in der mir vornehmlich zur Verfügung stehenden Literatur 
(Langenbecks Archiv, Schmidts Jahrbücher, Beitráge zur klini- 
schen Chirurgie, Zeitschrift für klinische Chirurgie und Archiv und 
Zentralblatt für Laryngologie) beschrieben worden sind oder Er- 
wühnung finden, werden 41 Fälle von Chondromen (bzw. Osteo- 
chondromen und Chondrosarkomen) angeführt, welche in der Nase 
oder ihren Nebenhóhlen ihren Ursprung haben oder in diese von den 


7) Beitrag zur Pathologie und Therapie der Chondrome der Nase etc. 587 


Nachbargebieten aus hineingewuchert sind. Es sind dies die Fälle 
von Glas (zwei Fälle), Eskat (zwei), Tichow, Sebileau, Kast- 
Recklinghausen, Stern, M. Müller, Lücke-Langenbeck, 
Ohlemann, Léon Noel, Heurtaux, Santersohn, Dittel, 
v. Volkmann, Hammer, Grohe, Uffenorde und die von letzt- 
genanntem Autor noch angeführten Fälle von Richet, Molden- 
hauer, Paget, Verneuil, Moore, Morestin, Morgan, 
Heath, Denuce, Heyfelder!) und Brian (einschliesslich unseres 
Falles), zusammen 31 Enchondrome; ferner Myles, Billroth, 
Hoffmann, Trélat-Dobleau = vier Osteoidchondrome, Beco, 
Berger, Burger, Kirmisson, Stanley und Schmiegelow 
— fünf Chondrosarkome. 


Hinsichtlich des Vorkommens dieser Tumoren in einem be- 
stimmten Alter lassen sich keine genaueren Angaben machen, da 
nicht immer festgestellt ist, wann die Geschwulst zuerst bemerkt 
wurde. Im allgemeinen darf man annehmen, dass vorwiegend das 
Alter von 10—30 Jahren davon betroffen wird und dass oft mit Be- 
ginn der Pubertàt ein schnelleres Wachstum, später manchmal Still- 
stand bemerkt wird. In 22 unserer Fälle mit Geschlechtsangabe sind 
64°/o Manner und 36°/o Frauen von dem Leiden befallen. Es dürfte 
dieser Prozentsatz im allgemeinen Geltung haben, denn unter 80 Fallen 
von Chondromen in der Literatur iiberhaupt, bei denen ich eine An- 
gabe iiber das Geschlecht gefunden habe, treffen auf Manner 63°/o, 
auf Frauen 37 °/o. 

In einer Reihe von Fallen treten die Knorpelgeschwiilste als 
hyperplastische Chondrome (Eckchondrosen) auf, also an Stellen, die 
normalerweise Knorpel enthalten, bei den Röhrenknochen hauptsäch- 
lich in der Gegend der Intermediärknorpel, bei den platten Knochen 
an den Knorpelfugen; in anderen Fällen als heteroplastische Tumoren 
(Chondrome) in Geweben vorkommend, die normalerweise keinen 
Knorpel enthalten, so z. B. in Mamma, Hoden, Glandula, submaxillaris 
(Borst, Morestin) Parotis (Pirotais) Haut (Dobleau) Delta- 
Muskel (Homelt), Zwerchfell (Virchow), Ulterus (Seydel) auch 
intraokulär (Chisolm); endlich haben sie den Charakter von hetero- 
plastisch gemischten Tumoren in der Niere (Chondromyxosarkom, 
Hoisholt), der Harnblase (Osteochondrosarkom, Benecke) und im 
Ulterusfibrom (Kworostansky). 

In átiologischer Beziehung spielt zweifellos Heredität und Trauma 
eine Rolle. So ist auf erbliches Vorkommen u. a. von O. Weber 


!) Ob dieser Fall identisch ist mit dem von Lücke-Langenbeck konnte 
ich nicht feststellen. 


588 Dr. Schwerdtfeger. [8 


und Läwen hingewiesen worden; in dem speziellen Falle von Kast- 
Recklinghausen, bei dem ausser Rumpf und sämtlichen Extremi- 
täten auch alle Gesichtsknochen von der Neubildung befallen waren, 
waren bei dessen Bruder ebenfalls Chondrome, wenn auch in geringerer 
Ausdehnung und nicht am Kopf, konstatiert worden. Ein einwand- 
freier Fall von Nasenchondrom, bei dem ein gleichgeartetes Leiden 
familiär gewesen wäre, findet sich nicht beschrieben. 

Trauma als Entstehungsursache wird in einer Statistik von Wolf 
aus der Berliner chirurgischen Universitätsklinik angeführt, in der 
unter 574 Tumoren 18 Enchondrome vorkamen, wovon 33°/o auf ein 
Trauma zurückgeführt werden, und in einer solchen von Liebe aus 
der Strassburger Klinik (348 Geschwülste, darunter 7 Enchondrome) 
sogar 42 °/o. Virchow waren bis 1870 12 Fälle von Enchondromen, 
durch Trauma entstanden, bekannt. In einer Statistik von Löwen- 
thal aus dem Münchener pathologischen Institut über 800 durch 
Trauma entstandene Tumoren kommen auf Karzinom 358 — 44,7°/o, 
auf Sarkom 316 = 39,5°/o und Chondrom 27 = 0,8°/o, wobei von 
den letzteren keines am Kopf gefunden wurde. Bei sämtlichen Chon- 
dromen der Nase und ihren Nebenhöhlen wird Trauma als ätiologi- 
sches Moment nicht erwähnt. 

Mehr oder minder tragen den beiden genannten Faktoren, 
Trauma und Heredität, die Hypothesen über die Entstehung der 
Knorpelgeschwülste Rechnung. O. Weber spricht sich besonders für 
eine erhebliche Prädisposition der Gewebe aus. Virchow vermutet 
in Unregelmässigkeiten bei der ersten Entstehung der Knochen eine 
Prädisposition zur späteren Geschwulstbildung und zwar glaubt er, 
„dass gelegentlich in dem wachsenden Knochen einzelne Fragmente 
von der ursprünglichen Knorpelanlage unverknöchert übrig bleiben, 
die später der Ausgangspunkt der Geschwulstentwicklung werden.“ 
Borst sagt, man müsse auch daran denken, dass „bei der primären 
Anlage des Skeletts und während der embryonalen Wachstumsperiode 
Störungen eintreten, die später der Ausgang solitärer und multipler 
Chondrome werden.“ Im Sinne der Cohnheimschen Theorie der 
fötalen Geschwulstanlage (durch versprengte Gewebskeime) spricht 
sich Glas auf Grund der mikroskopischen Untersuchungen zweier 
Nasenchondrome aus. Er sagt: ,...... Diese Momente (Säulen- . 
bildung, Knorpelbildung der Grenzschicht, Bildung grossblasiger 
Knorpelpartien, Vordrängen mesodermaler Gewebsanteile) weisen im 
Verein mit den an embryonalen Knorpel erinnernden Bildern (Mangel 
an Grundsubstanz, in lebhafter Teilung begriffene Zellen, dichtes 
Aneinanderlagern der Membranen) auf starkes Wachstum!) des an 








!) , Auf gewisse Reize hin" bemerkt der Autor an einer anderen Stelle. 


9] Beitrag zur Pathologie und Therapie der Chondrome der Nuse etc. 589 


den Vorknorpel erinnernden Tumors hin.“ Im Anschluss hieran zitiert 
er die fiir die Wahrscheinlichkeit seiner Anschauungen sprechenden 
Arbeiten von Leopold und Ehrlich. Ersterer konstatiert, dass 
transplantierter Knorpel um so besser wuchert, je jünger das embryonale 
Stadium ist, in dem er transplantiert wird; er zeigt, dass fötaler 
implantierter Knorpel sich um das 200—300 fache der ursprünglichen 
Grösse vergrössern und eine echte Geschwulst, das Enchondrom, 
. hervorbringen kann. Ehrlich, dem es gelungen, aus einer Maus- 
geschwulst ein echtes Chondrom  überzuimpfen, glaubt in dem 
embryonalen Charakter des Chondroms das wesentlichste Moment 
für die Erklärung dieser Transplantationsfähigkeit zu erblicken. Die 
neueste Anschauung geht dahin, einen Teil der Chondrome als meta- 
plastische Tumoren anzusehen, deren Entstehung auf einer Umwand- 
lung des Bindegewebes in Knorpelgewebe zurückzuführen ist. 
Lubarsch schreibt: ,...... Dagegen scheint mir die Fähigkeit 
der metaplastischen Umwandlung aller Bindegewebsarten in Knorpel- 
gewebe schon deswegen sicher, weil an dem Übergang von Binde- 
gewebe nicht zu zweifeln ist. Ob aber Knochen oder Knorpelgewebe 
sich bildet, hängt im wesentlichen von äusseren, mechanischen 
Momenten ab (Beanspruchung einer mit Elastizität gepaarten Streck- 
festigkeit) Daher sind auch die Fälle von Enchondromen der Mus- 
kulatur als metaplastische Neubildungen aufzufassen.‘ Dass Binde- 
gewebe sich in Knorpel umwandeln kann, wurde ja schon öfter be- 
obachtet (Wartmann, R. Spuler). Einen experimentellen Beitrag 
über multiple Chondrome, der für die metaplastische Entstehung ver- 
wertet werden kann, bringt Helmholz, der bei Gelegenheit einer 
Reihe von Injektionsversuchen mit Farbstofföl an den Ohren von 
Kaninchen des öfteren das Auftreten von zahlreichen, kleinen, 
isolierten Knorpelinseln innerhalb des Bindegewebes beobachtet hat. 
Er hält es für unmöglich, dass die Tumoren durch Verletzung des 
Knorpels (mit der Injektionsnadel) oder verschleppte Perichondrium- 
teilchen entstanden sein können, und ist der Ansicht, dass das im 
Reizungszustand befindliche Perichondrium sehr stark wuchere und 
zwar in Form grosser Mengen fibrillären Gewebes, und dass dies 
Gewebe hier und da wieder Knorpelinseln entstehen lasse. 

Was die Symptome anlangt, die beim Sitz der Chondrome in 
der Nase und ihrer Nebenhöhlen auftreten, so sind dieselben ganz 
von der Lokalisation und der Ausdehnung der Tumoren abhängig. 
Wenn sie in der Kieferhöhle entstehen, können zuerst Gesichts- 
neuralgien auftreten (Kirmisson), oder Erscheinungen von seiten des 
Auges, wie Flimmern im Auge, Abnahme der Sehkraft (Kompressions- 
atrophie), Doppelsehen, Prominenz des Augapfels und Schwellung der 


590 Dr, Schwerdtfeger. [10 


Lider. Entwickelt sich der Tumor mehr nach dem Naseninnern zu 
oder entsteht er am Septum (Moldenhauer und Richet), oder 
wie am häufigsten im Siebbein (wie wohl auch in unserem Falle), 
so wird zuerst über Kopfschmerzen und Nasenkatarrh, bald aber über 
Verlegung der Luftpassage, Geruchstörungen und intra- und extra- 
orbitale Schädigungen mit ihren Folgeerscheinungen geklagt. Es 
kann sogar, wie im Falle von Müller zu anfallsweise auftretender 
Sommolenz und klonischen Krämpfen in den Gliedern kommen. Trotz 
der relativen Grösse des Tumors in unserem Falle, haben sich zuerst 
Augenbeschwerden eingestellt, während noch die Nasenatmung beider- 
seits vollkommen frei war. Dagegen hat sich bald eine Deformation 
des Gesichts gezeigt, wie auch aus der Abbildung 1 ersichtlich, und 
zwar hauptsächlich unterhalb des inneren Augenwinkels. Ich möchte 
besonders darauf aufmerksam machen, da Glas (Beitrag zur Patho- 
logie der Nasenchondrome und der inneren Nase) diese Gegend als 
Prädilektionsstelle des Durchbruchs der Geschwülste bezeichnet. Er 
sagt: „Diese Usur findet ebenso wie bei den malignen Tumoren vor- 
züglich unterhalb des inneren Augenwinkels statt und erfolgt im 
Gebiete des Processus nasalis des Oberkiefers oder von innen vom 
vordersten Gebiete der Lamina parpyr. aus." 

Da bald nach dem Auftreten der Kopfschmerzen in unserem 
Falle die Deformation sichtbar wurde, ohne dass über behinderte 
Nasenatmung geklagt wurde, so móchte ich bei der Schilderung der 
Symptome nicht an der bekannten Einteilung Siccards in vier 
Stadien, Entwicklung, Periode der respiratorischen Stórungen, der 
Deformation und endlich der Kachexie festhalten, soweit die Tumoren 
nicht ausschliesslich in der Nase ihren Sitz haben, zumal auch Fälle 
auftreten, in denen Neuralgien und Kephalagien fehlen und respira- 
torische Stórungen allein das erste Symptom sind. Wie schon be- 
tont, werden die Symptome je nach der verschiedenartigen Lokali- 
sation verschieden sein. 

Die Feststellung der Diagnose wird kaum gróssere Schwierig- 
keiten machen, ausgenommen den Fall, dass das Chondrom sich in 
der Kieferhóhle entwickelt. Ist der Tumor in der Nasenhóhle sicht- 
bar, so prüfen wir mit einem Nadelstich die Konsistenz. Osteome 
sind dann beim Eindringen der Nadel auszuschliessen. Der Tumor 
ist immer von glatter, rótlicher Schleimhaut überzogen und weist, 
wenn keine maligne Entartung vorliegt, keine Ulzerationen auf. 
Anamnestisch wird sich auch ergeben, dass besondere Blutungen aus 
der Nase nicht beobachtet worden sind. Im allgemeinen wird das 
Wachstum ein langsames gewesen sein, in einigen Fällen finden wir 
freilich die Angabe, dass schon zwei Jahre nach Beginn der Krank- 


11] Beitrag zur Pathologie und Therapie der Chondrome der Nase etc. 591 


heit trotz wiederholter Operationen der Tod erfolgt ist oder wegen 
des rapiden Wachstums von weiterer radikaler Entfernung Abstand 
genommen worden ist (Billroth, Stern, Glas). In den meisten 
Fallen wird die Probeexzision Klarheit bringen. Entwickelt sich 
freilich das Chondrom in der Kieferhóhle und lóst nur Erscheinungen 
von Neuralgien und Kephalalgien aus, und ist das Naseninnere noch 
von normalem Aussehen, so wird man ohne Eróffnung der Kieferhohle 
sich mit der Diagnose auf einen Tumor zufrieden geben müssen, falls 
die bekannten Untersuchungsmethoden, Diaskopie und Röntgenbild 
zugleich mit negativem Befund bei der Probeausspülung uns einen 
solchen vermuten lassen. Chondrome der Stirnhöble finden sich nicht 
beschrieben. 

Bei der Stellung der Diagnose ist daran zu denken, dass auch 
ein Chordom vorliegen kann, wenn ein Tumor sich vom Rachendach 
nach vorne zu entwickelt. In einem Fall von Chordom, bei dem 
der Tumor bis zur Keilbeinhóhle vorgedrungen war und den Tod des 
Patienten herbeigeführt hatte, ergab die Probeexzision ein Chondrom 
und erst spáter ergab eine genauere Untersuchung ein Chordosarkom 
(Fischer). 

Handelt es sich um maligne Entartung des Chondroms, so ist 
von vorneherein die Prognose ungünstig zu stellen. Aber auch 
dann, wenn ein reines Chondrom konstatiert ist und der Tumor so- 
mit als histologisch gutartig angesehen wird, muss die Prognose als 
meistens infaust hingestellt werden. Wenn auch die Chondrome der 
Nase und ihrer Nebenhöhlen kaum eine solche Dimension annehmen 
kónnen, wie an anderen Kórpergegenden — ich erinnere hier nur 
an den wohl einzig dastehenden Fall von Carpenter, der einem 
40jährigen Mann ein seit zehn Jahren bestehendes Enchondrom am 
Femur entfernte, das 941/s Pfd. wog, dagegen der Patient nur 85 — 
‘so sind doch schon hier Tumoren bis Mannkopfgrösse (Heyfelder) 
beobachtet worden. Vielfach die Grösse, besonders aber der Ort der 
Ausdehnung wird für den Kranken gefährlich, wobei in erster Linie 
auf den Kausalzusammenhang von der Erkrankung der Nasenneben- 
höhlen und denen der Orbita hingewiesen werden muss. Über Schädi- 
gungen des Auges bis zur Phthisis bulbi ist von Kast-Reckling- 
hausen und Hammer berichtet worden. Dann bedeutet auch die 
Entwicklung an der Schädelbasis ein sehr ernstes Leiden. In einem 
Fall (Léon Noel) war das Chondrom entlang der Schädelbasis vor. 
gedrungen und hatte wahrscheinlich durch Verdrängung des ver- 
längerten Markes den Tod des Patienten herbeigeführt. 

Vielfach hat man angenommen, dass eine sekundäre Verbreitung 
in die inneren Organe durch Embolie stattfinden kann (OÖ. Weber, 


592 Dr. Schwerdtfeger. (12 


Virchow); in neuester Zeit bestreitet aber Petit die Möglichkeit 
der Metastasenbildung und glaubt, dass in solchen Fällen kein reines 
Chondrom, sondern ein Chondrosarkom vorgelegen habe. Für die 
Stellung der Prognose fällt jedenfalls am meisten die Neigung zu 
Rezidiven ins Gewicht, die in sehr vielen Fällen beobachtet wurde, 
und die Rezidive der Chondrome pflegen, wie auch Glas 
betont, erfahrungsgemäss bösartiger zu sein, als es die 
primären Geschwülste waren. 

Die Therapie wird nur dann Aussicht auf Erfolg haben, wenn 
der Tumor möglichst radikal entfernt wird, ebenso, wie wenn es sich 
um ein malignes Neoplasma handeln würde. Ich habe in der Literatur 
keinen Fall von Enchondrom des Siebbeins finden 
können, der nach der Operation dauernd geheilt blieb. 
Diese ausgesprochene Neigung zu Rezidiven mag wohl, wie Glas 
glaubt, davon herrühren, dass eben infolge des durch die Operation 
gesetzten Reizes ein intensives Wachstum des Knorpelgewebes an- 
geregt wird. Auf die verschiedenen Operationen, die zur Entfernung 
von Tumoren in unserem Spezialgebiet in Anwendung kommen, möchte 
ich nicht weiter eingeben. Uffenorde hat sie in seiner Arbeit über 
die Chondrome ausführlich beschrieben und gewürdigt. Doch möchte 
ich nicht versäumen, besonders hervorzuheben, dass bei der Wahl 
des Operationsverfahrens der Weg, den uns das Skiagramm zeigt, 
die weitestgehende Berücksichtigung verdient. Was unsern Fall be- 
trifft, so hat der eingeschlagene Weg, der eine Kombination der 
Killianschen Stirnhöhlenoperation mit der Denkerschen Tumoren- 
operation darstellt, den Vorzug grösster Übersichtlichkeit gehabt und 
zugleich ermöglicht, den Tumor mitsamt der direkten Umgebung aus- 
zulösen, ohne in kosmetischer Hinsicht dem Patienten einen Nachteil 
zu bringen. Dem Verdacht auf ein Stirnhöhlenempyem, der durch 
das Röntgenbild begründet gewesen ist, hat man gleich im Anfang 
der Operation Rechnung getragen, wobei nur die Killiansche 
Operation in Frage gekommen ist. Während der Operation hat sich 
gezeigt, dass der Tumor auch in die Kieferbóhle hereingewachsen 
war, was nach dem Röntgenbild ebenfalls hat vermutet werden können, 
und es ist der orale Zugang unter Fortnahme der fazialen Kiefer- 
höhlenwand der geeignetste gewesen, um sich über die Ausdehnung 
des Tumors nach dieser Richtung hin Klarheit zu verschaffen. 

An dieser Stelle möchte ich noch Gelegenheit nehmen, kurz auf 
einen Punkt der Ausführungen Uffenordes einzugehen. Er gibt 
zu, dass die Denkersche Tumorenoperation (Münchner med. Wochen- 
schrift 1906 Nr. 20) zweifellos bei ernsten Kieferhöhlenerkrankungen, 
besonders Tumoren und Tuberkulose der medialen Wand grosse Vor- 


13] Beitrag zur Pathologie und Therapie der Chondrome der Nase etc. 593 


züge besitzt; er glaubt aber, dass bei Beteiligung oder Ergriffensein 
des Siebbeins die Ubersichtlichkeit im oberen Infundibularteile, be- 
sonders aber überhaupt die Zugänglichkeit der vorderen Siebbein- 
zellen beim Denkerschen Verfahren erschwert, ja unmöglich ist. 
Bei einer grösseren Reihe in den letzten Jahren ausgeführter Tumoren- 
operationen haben wir unser besonderes Augenmerk auf die Freilegung 
der vorderen Siebbeinzellen gerichtet; es hat sich aber herausgestellt, 
dass die von Uffenorde angenommenen Schwierigkeiten in der Tat 
nicht vorhanden sind; jedenfalls gelingt auch die Ausräumung der 
vorderen Siebbeinzellen mindestens ebensogut, wie wenn sie von oben- 
her vorgenommen wird, vorausgesetzt, dass ein genügender Teil des 
Processus frontalis des Oberkiefers und des Os nasale von der 
Apertura piriformis aus weggenommen worden ist. 

Es bleibt noch abzuwarten, ob auch in diesem Falle, der fünf 
Monate ohne Rezidiv geblieben ist und bei dem auch nicht der leiseste 
Verdacht auf ein Rezidiv besteht, eine Dauerheilung nicht zu erzielen 
ist und Glas somit Recht bekommt, wenn er sagt, dass die Tumoren 
der inneren Nase, zumal jene, die in der obern Etage (Siebbein- 
gegend) ihren Ursprung nehmen, radikal nicht zu beseitigen sind. 


Zum Schlusse móchte ich Herrn Prof. Denker für die gütige 
Überlassung des Falles und die Unterstützung bei Abfassung der 
Arbeit meinen verbindlichsten Dank aussprechen. 


Literatur. 


Feldmann, Chordoma ossis sacri. Zieglers Beitrüge. Bd. 48. 

Fischer, Zieglers Beiträge. Bd. 40. 

Link, Zieglers Beiträge. Bd. 46. 

Wartmann, Recherches sur l’enchondrome, Genève. Bull. 1880. Strassburger 
Inaug.- Diss. 

Kworostansky, Chondrofibrom des Uterus. Zieglers Beiträge. Bd. 32. 

Spuler, Rudolf, Über den feineren Bau der Chondrome. Zieglers Beitrüge. 
Bd. 32. 

Petit, Rélation d'un cas de chondrosarcome intestinal généralisé au poumon. 

. Bull. de méd. vét. 1905. 

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Aus der Kgl. Universitäts-Poliklinik für Ohren-, Nasen- und Hals- 
kranke in Göttingen. (Direktor: Geheimrat Prof. Dr. Bürkner.) 


Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlen- 
erkrankung. 


Von 
Dr. W. Uffenorde, Privatdozent. 


Mit 5 Textabbildungen und 7 Tafeln. 


— —— — — 


A. Allgemeines. Über die Einteilung der in Frage kommenden 
Fälle. 


Längst haben die Rhinologen sich daran gewöhnt, dass die 
Diagnose und Therapie der Nasennebenhöhlenerkrankungen geradezu 
in den Vordergrund ihres klinischen Interesses gerückt sind. Da die 
Forschung auf diesem Gebiete zweifellos, nicht am wenigsten durch 
die entwicklungsgeschichtlichen Erkenntnisse eine glückliche ge- 
wesen ist, so hat sie in verhältnismässig kurzer Zeit viel erreichen 
können. Dadurch ist es erklarlich, wie bald die Grenzgebiete, die 
Folgeerscheinungen von Nebenhóhlenentzündung in Endokranium und 
Orbita immer mehr in die Behandlung der Rhinologen gekommen sind, 
wodurch wiederum eine rationelle Beobachtung ermöglicht, und immer 
mehr Licht in diese Verhältnisse geworfen worden ist. Die Literatur 
und die Bearbeitung des vorliegenden Themas ist denn auch in den 
letzten Jahren in fast ungealınter Weise angewachsen, die reiche 
Kasuistik ist in vielen einschlägigen Monographien zusammengetragen, 
auf welche ich verweisen möchte. | 

Berger und Tyrman, die Krankheiten der Keilbeinhóhle und 
des Siebbein-Labyrinthes und ihre Beziehungen zu Erkrankungen des 
Sehorgans. Wiesbaden. 

Kuhnt, über die entzündlichen Erkrankungen der Stirnhóhlen 
und ihre Folgezustànde, Wiesbaden, — Hajek, Pathologie und 
Therapie der entzündlichen Erkrankungen der Nebenhóhlen der Nase. 
Leipzig und Wien 1909, — Onodi, der Sehnerv und die Neben- 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 6. 40 


598 W. Uffenorde. [2 


hóhlen der Nase, Wien und Leipzig, — Uffenorde, die Er- 
krankungen des Siebbeins, Jena 1907, — Gerber, die Komplikationen 
der Stirnhöhlenentzündungen, Berlin 1910, — R. Hoffmann, über 
entzündliche Affektionen in der Orbita und am Auge im Gefolge von 
Eiterungen der Nebenhóhlen der Nase unter Mitteilung eigener 
Beobachtungen u. a. m. 


In diesen Schriften sind auch die zahlreichen Referate und kleinen 
Abhandlungen berücksichtigt worden. 


Es kommt mir bei dieser Veröffentlichung besonders in bezug auf 
die orbitalen Komplikationen nicht sowohl darauf an, eine umfassende 
und erschöpfende Bearbeitung des Themas unter Verwertung der vor- 
liegenden Literatur zu bringen, als vielmehr unter Hinweis auf die 
namhaft gemachten Bücher unsere speziellen Erfahrungen, die ver- 
hältnismässig zahlreich genannt werden können, auf Grund der z. T. 
sehr interessanten Fälle mitzuteilen. Da mehrere spezielle Einzel- 
beiten Neues bieten, und andererseits besonders die von uns in einigen 
Fällen erkannten Beziehungen von den Nebenhöhlenentzündungen zu 
der retrobulbären Optikusneuritis, obne dass symptomatisch aus- 
gesprochene Nebenhöhlenaffektionen bestanden, sehr beachtenswert 
erschienen, so glaubten wir hier Mitteilung davon machen zu sollen. 


Es ist wohl kaum zu verkennen, dass besonders erst durch das 
Zusammengehen von Ophthalmologen und Rhinologen eine fruchtbare 
Arbeit auf dem vorliegenden Gebiete ermöglicht worden ist, so dass 
jetzt erst eine rationelle Diagnostik und Therapie und die daraus 
ohne weiteres resultierende Verbesserung der Prognose besonders der 
orbitalen Komplikationsformen eingesetzt hat, — ja einsetzen konnte. 
Dieses ist ja genugsam von beiden Seiten betont. In höchst erfreu- 
licher Weise herrscht auch in Göttingen zwischen den beteiligten beiden 
Kliniken ein reger Krankenaustausch, so dass wir in kurzer Zeit eine 
ansehnliche Zahl von einschlägigen Fällen gemeinsam beobachten 
konnten, die dem Nachstehenden zugrunde gelegt und unter Be- 
nutzung der ophthalmologischen Befunde, die mir in freundlicher 
Weise von Herrn Geheimrat v. Hippel zur Verfügung gestellt worden 
sind, behandelt werden sollen. 


Ein paar besonders lehrreiche Fälle habe ich auch mit Herrn 
Dr. Veith, Augenarzt, gemeinsam gesehen; auch Herr Kollege 
Veith bat mir liebenswürdigerweise seine genauen Aufzeichnungen 
überlassen. 

Ihnen wie auch Herrn Prof. Schieck, der sich vom ophthalmo- 
logischen Standpunkte bereits über die fraglichen Fälle von rhinogener 
Optikusneuritis vorbereitet hat, dem ich viel Anregung verdanke, 


3] Komplizierte Fálle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 599 


und mit dem ich über die Fàlle oft ausgetauscht habe, sage ich auch 
hier meinen besten Dank. 

Wir Rhinologen dürfen ja gewiss nicht verkennen, dass wir bei 
dem gemeinsamen Arbeiten den grösseren Vorteil ernten, da fast alle 
solche Fälle naturgemäss die Augenklinik um Hilfe bitten und so 
uns erst von dort überwiesen werden müssen. Andererseits bedürfen 
die einschlägigen Fälle schon deshalb der Hilfe des Rhinologen, weil 
man einmal aus dem Befund in der Orbita nicht ohne weiteres, selbst 
wenn eine Nebenhöhlenentzündung als induzierende Erkrankung an- 
gesehen wird, diese lokalisieren kann, und weil andererseits durchaus 
nicht alle Fälle von Nebenhöhlenkomplikation ohne weiteres von aussen 
operiert werden müssen, sondern öfter endonasale Massnahmen oder 
Eingriffe sehr wohl auch die Folgeerscheinungen in der Augenhöhle 
zum Schwinden zu bringen vermögen, Darüber herrscht jetzt nahezu 
einstimmige Auffassung in den beteiligten Kreisen. Dass die Fälle 
nicht so selten sind, beweist die grosse Zahl, die in dem Folgenden 
besprochen wird. Dass diese Fälle gerade bei uns so häufig sind, 
findet wohl in dem Krankenmateriale eine Erklärung. Das zum 
grossen Teil ländliche Klientel der hiesigen Kliniken ist weniger 
ängstlich um seine Gesundheit besorgt, ist oft ziemlich schwerfällig 
und lässig, es sucht viel später den Arzt auf und selbst, wenn der 
behandelnde Arzt die Patienten der Spezialklinik überweisen will, 
wird noch jetzt öfter mit dem törichten Widerspruch des Patienten 
zu rechnen sein. Ganz anders geartet ist im allgemeinen das städtische 
oder gar grossstädtische Publikum in dieser Beziehung. Es sucht 
meistens viel leichter schon wegen geringer Krankheitserscheinungen 
den Arzt auf, wozu ja auch gerade hier die soziale Einrichtung des 
Kassenwesens und der Polikliniken nicht unwesentlich beitragen wird. 
So ist es auch z. T. dadurch erklärlich, dass Brühl unter 35000 
Ohren-, Nasen-, Halskranken keinen Todesfall infolge einer Neben- 
höhlenerkrankung und überhaupt nur einmal bei einer Stirnhöhlen- 
eiterung eine latente, intrakranielle Erkrankung sah (Heymanns 
Festschrift, Zeitschrift für Laryngologie und Khinologie. I. 6), 
während wir diese Komplikationen unverhältnismässig viel häufiger 
sehen. Dabei ist allerdings wieder hervorzuheben, dass uns die sehr 
frequentierte hiesige Augenklinik alle einschlägigen Fälle über- 
wiesen hat, 

Für die Überlassung der Krankengeschichten von unseren Fällen 
bin ich Herrn Geheimrat Bürkner sehr dankbar. 

Die Beziehungen der retrobulbären Neuritis zur Entzündung der 
Nasennebenhöhlen hat vom ophthalmologischen Standpunkt aus 
Schieck schon an anderer Stelle beleuchtet (Schieck, die ätiologi- 

40* 


600 W. Uffenorde. [4 


schen Momente der retrobulbáren Neuritis, v. Graefes Arch. f. Ophth. 
LXXI Bd. 3. Hft.. Diese Fälle sind sehr beachtenswert, weil bei 
ihnen die Lage des N. opticus zu den hinteren Nasenhóhlen so aus- 
gesprochen zur Geltung kommt, wie sie besonders durch die ein- 
gehenden Untersuchungen von Onodi (Der Sehnerv und die Neben- 
hóhlen der Nase. Wien und Leipzig 1907) aufgedeckt sind. Aller- 
dings ist ohne weiteres zuzugeben, dass diese Anschauungen mikro- 
skopisch noch nicht sichergestellt sind, also des im allgemeinen erforder- 
lichen exakten Nachweises noch entbehren. Sie fussen nur einerseits auf 
der Kenntnis der anatomischen und topographischen Beziehungen und 
der zirkulatorischen Verhältnisse, andererseits auf der klinischen 
Beobachtung und Erfahrung; die Auffassung über die Pathogenese 
ist nur aus Analogieschlüssen gewonnen. Wird sie auch schon da- 
durch als im hohen Masse wahrscheinlich anzusehen sein, so ist 
doch, besonders im einzelnen Falle, natürlich Vorsicht geboten, 
und genügende Berücksichtigung von anderen möglichen ätiologi- 
schen Momenten: multiple Sklerose, Myelitis u. a. erforderlich. Die 
für die exakte Klärung der Pathogenese der Optikusaffektion er- 
forderliche histologische Untersuchung von einschlägigen Fällen 
wird man, da es sich nur selten in unseren Fällen um ernste 
Leiden dabei handelt, nur sehr schwer und nur durch Zufall erreichen 
können. Experimentelle Untersuchungen werden uns hier wegen der 
verschiedenen morphologischen Verhältnisse bei Mensch und Tier 
voraussichtlich nicht weiter bringen können. Angesichts dessen sind 
wir auf weitere möglichst genaue klinische Beobachtungen angewiesen, 
die am dankbarsten die weitere Forschung befruchten werden, wenn 
Ophthalmologe und Rhinologe hierbei zusammenarbeiten. 

Um die anatomischen Verhältnisse in der Tiefe der Orbita zu 
beleuchten, kann ich am besten Figur 858 aus dem bekannten 
Spalteholzschen Atlas hier einfügen. Die Durchtritte der Nerven und 
Gefässe, die Muskelansätze sind darauf besonders berücksichtigt worden 
(s. Fig. 1, Taf. XXVI). Ich habe weiter von einem interessanten Präparate, 
wo der N. opticusinengste Beziehungen sowohl zur Keilbeinhöhle als auch 
zu den hinteren Siebbeinzellen tritt, Gesamtdurchschnitte gemacht, um 
am mikroskopischen Präparate die Verhältnisse zu beleuchten (s. Fig. 2, 
Taf. XXVI). Ganz besonders möchte ich bei Bewertung dieser fraglichen 
Ätiologie von Nasennebenhöhlenentzündung für die retrobulbäre Neuritis 
hervorheben, dass nur eine wirklich exakte Untersuchung der Nase hier 
als massgebend angesehen werden kann. Es ist nicht zu verkennen, dass 
diese noch keineswegs allgemein genug zur diagnostischen Beurteilung 
genügend ausgeübt wird. Neben der Rhinoscopia anterior und 
posterior, der Untersuchung mit der Sonde, eventuell unter Anwendung 


5] Komplizierte Fälle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 601 


von Kokain und Paranephrin oder dergleichen ist auch die Rhinoscopia 
media meist unerlässlich. Nicht nur die Fälle, wo die Nase von 
eiterumspülten Polypen erfüllt sind, oder wo die Eiterstrasse aus 
einem der Nasengänge herabkommt, sind als hierher gehörige anzu- 
sehen, sondern man wird auch oft bei Fehlen von ausgesprochenen 
Symptomen und Zeichen der Nebenhóhlenaffektion bei einfacher Inspek- 
tion in der Haupthóhle, nach Infraktion der mittleren Muschel sichere 
Anhaltspunkte für die Entzündung einer Nasennebenhóhle gewinnen 
konnen. Selbstverstandlich wird man die Infraktion der mittleren 
Muschel nur dann machen, wenn der mittlere Nasengang nicht ge- 
nügend übersichtlich ist, was ja aber meistens der Fall ist. Weiter 
muss man sehr wohl berücksichtigen, dass der Schnupfen, der die 
orbitale Komplikation von der Nebenhöhlenentzündung aus induziert 
hat, bereits im wesentlichen abgeklungen sein kann, wenn seitens des 
sekundär affizierten Optikus sich Symptome bemerkbar machen. Ja 
man kann wahrscheinlich oft keinen wesentlichen Befund mehr z. Z. 
in der Nasenhöhle erheben. Diese Erfahrungen werden verstandlich 
durch folgende Erwägungen und Erkenntnisse. Einmal zeigen uns 
unsere pathologisch anatomischen und klinischen Untersuchungs- 
resultate, dass ziemlich oft bei heftigen akuten Rhinitiden die Neben- 
höhlen mehr oder weniger mitbefallen werden, wie das in ähnlicher 
Weise ja auch für das Mittelohr feststeht. Andererseits wissen wir 
auch, dass eine solche frische Entzündung in der Haupthöhle, wo 
meist relativ günstige Umstände vorliegen, zurückgehen kann, während 
sich trotz der ausgesprochenen Tendenz zur Spontanheilung der 
Rückgang der Entzündung in der Nebenhóhle ganz oder teilweise 
verzogern kann, oder aber auch, dass sich die Entzündung stabili- 
sieren und zur chronischen werden kann. Es wird so also sehr wohl 
die Folgeerscheinung am Optikus erst dem Patienten zum Bewusstsein 
kommen kónnen, wenn in der Haupthóhle nicht mehr ausgesprochene 
Veränderungen sichtbar sind. Auch kann die Nebenhöhlenaffektion 
erst auf der Hóhe des Schnupfens sich allmáhlich entwickeln und so 
zeitlich nach diesem zur Geltung kommen. 

Schliesslich muss ich noch nach meinen klinischen Erfahrungen an- 
nehmen, dass nicht nur schwere oder gar besonders schwere Entzündungen 
der Nasenhöhle die Nebenhöhlen in Mitleidenschaft ziehen. Vor allem 
aber handelt es sich nicht etwa nur um eiterige Infektionen mit besonders 
virulenten Erregern, die Komplikationen setzen, sondern es kann auch 
bei Entzündungen, wo nur schleimig-eiteriges Sekret auf der Höhe 
der Affektion abgesondert wird, welches bald in die serös-schleimige 
Konsistenz übergeht, bei ungünstigen morphologischen Verhältnissen, 
und darauf wird es vornehmlich ankommen, zur Beteiligung der 


602 W. Uffenorde. [6 


Nebenhóhlen und von dort aus zur orbitalen Komplikation kommen. 
Die gerade in diesen Fállen oft zu beobachtende stark sulzige Schwel- 
lung der Ethmoidal- oder Sphenoidalschleimhaut wird bei Vorhanden- 
sein der begünstigenden anatomischen Verhältnisse das kollaterale 
Stauungsódem um die Optikusscheide verursachen, worum es sich 
in den Fällen von retrobulbärer Optikusneuritis voraussichtlich meist 
handeln wird. Wie hochgradig in Fällen von auch harmloserer akuter 
Rhinitis die Nasennebenhöhlenschleimhaut anschwellen kann, habe ich 
sehr schön wiederholt in den Fällen beobachten können, wo wir 
wegen chronischer Ethmoiditis hyperplastica die Siebbeinzellen mit 
Polypenbildung bis ins Normale entfernt hatten. Hier schwoll dann 
bei einem später akquirierten akuten Schnupfen die vorher als normal 
erkannte Schleimhaut der eröffneten Zellen stark an, so dass das 
Lumen von diesen sulzigen grauen Massen vollkommen verödet war. 
Nicht selten sieht man sofort wahre Polypen herabhängen, die sich 
allerdings meist ganz spontan wieder zurückbilden. Dass diese Schwel- 
lungen einen respektablen Druck auszuüben vermögen, davon weiss 
jeder ein Lied zu singen, der bei einem ordentlichen Schnupfen ein- 
mal eine Beteiligung der Nebenräume, besonders des Siebbeins, an 
sich selbst verspürt hat. Keineswegs braucht diese Ethmoiditis z. B., 
auch oft Sinuitis maxillaris u. a. eiterig zu sein, sie ist es oft nicht, 
auch bei einem heftigen eiterigen Schnupfen. Dafür habe ich mehrere 
sichere Belege. Die sulzige Schwellung ist dann meist, jedenfalls 
vorübergehend, so stark, dass von einem Lumen der Höhle keine 
Rede ist. Ein Ausschneuzen von glasigem bernsteingelben Sekret 
neben dem eiterigen Sekret deutet ohne weiteres auf die Nebenliöhlen- 
beteiligung hin. 

Auch von Paunz (über rhinogene Sehnervenentzündung, Arch. 
für Augenheilkundd. Bd. LXI. S. 369 1908), von Baumgarten 
und von Fuchs-Hajek, Lehrbuch der Augenheilkunde 1905, von 
Guttmann, Zeitschr. f. Augenhkd. 15, H. 5, Fall 2, S. 404, 
Birch-Hirschfeld, (3 Fälle, klin. Monatsch. f. Augenhkd. 5, 1908, 
S. 1), werden Fälle von Ethmoiditis hyperplastica, die zur retrobul- 
bären Sehnervenentzündung geführt haben, namhaft gemacht. Aller- 
dings handelt es sich hierbei um chronische Nebenhöhlenentzündung, 
was jedoch in bezug auf die Genese der Komplikation gleichbedeutend 
ist. Da die Komplikationen auch in solchen Fällen meist nach einer 
akuten Exazerbation aufzutreten pflegen, kann es in diesen wie in 
den ganz akuten Fällen zunächst vorübergehend oder dauernd zu einer 
mehr oder weniger eiterigen Entzündung kommen. Aber auch hier 
wird keineswegs nur etwa durch Knocheneinschmelzung die Komplikation 
heraufbeschworen werden, vielmehr wird auch hier durch die stärkere 


7] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 603 


Anschwellung der Schleimhaut mit der Druckerhöhung und der da- 
durch verursachten Stauung die Neuritis optica z. B. hervorgerufen 
werden. Solche Fälle sind ja nach Empyem der hinteren Zellen oder 
der Keilbeinhöhle nicht selten in der Literatur mitgeteilt und von 
Onodi zusammengestellt worden. Auch Guttmann (Deutsche med. 
Wochenschr. 25 1910) berichtet neuerdings über 2 Fälle, wo nach 
endonasaler Eröffnung eines Keilbein-Siebbeinempyems die Optikus- 
neuritis zurückging. Ineinem Falle bestand beiderseitige Optikusneuritis 
bei einseitiger Eiterung. Diese Verhältnisse sind ja von Onodi er- 
klärt worden, hier ist eine hintere vorgeschobene Siebbeinzelle aufbeiden 
Seiten vom Optikus begrenzt. Ich konnte auch ein solches Präparat mit- 
teilen. Späterhin, nach Abklingen der akuten Exazerbation, kann 
man eventuell auch eine deutliche Unterscheidung treffen, ob es sich 
in dem einzelnen Falle von chronischer Entzündung von vornherein 
um eine eiterige Infektion der Keilbeinhöhle oder des Siebbeins oder 
um einfache polypoide hyperplastische Entzündung gehandelt hat. 
Ganz allgemein móchte ich hier darauf hinzuweisen Gelegenheit 
nehmen, dass meine klinische Erfahrung hinsichtlich dieser Unter- 
scheidung mit den meisten Autoren nicht übereinstimmt. Bei sehr 
vielen Rhinologen ist der Kausalkonnex von Polypen und Eiterung 
noch so selbstverständlich, dass ihnen in den echten Fällen von 
Ethmoiditis hyperplastica mit Polypenbildung, wo in Wirklichkeit 
am häufigsten kein Eiter vorhanden ist, dieses gar nicht auffällt, er 
ist momentan ausgeschneuzt oder nicht sichtbar: wird stillschweigend 
angenommen. Dass die Eiterabsonderung an sich nichts 
mit der Polypenentstehung zu tun hat, dass in den Fällen 
von Polypenbildung mit Eiterung dıe letztere meistens das sekundäre 
ist, dass die reinen Fälle von chronischer Nebenhöhleneiterung ohne 
Polypenbildung verlaufen und meist Atrophie in der Haupthöhle setzen, 
was ich in meinen „Erkrankungen des: Siebbeins‘‘ näher ausgeführt 
habe, diese Erkenntnisse haben sich uns hundertfältig bestätigt. Die bei 
weitem häufigere Affektion am Siebbein ist nach unseren Erfahrungen 
zweifellos die einfache hyperplastische Entzündung, nicht die Eite- 
rung, wie das letztere u. a. auch Zarniko annimmt. Natiir- 
lich muss man dabei berücksichtigen, worauf ich wiederholt hin- 
gewiesen habe, dass die Patienten mit einer Ethmoiditis hyperplastica 
sehr zu akuten Katarrhen neigen, dass sie zur Zeit der akuten 
Exazerbation naturgemäss am meisten Beschwerden haben, und dann 
oft den Arzt aufsuchen. Von dieser temporären Kombination aber 
muss und kann man leicht absehen. Die Patienten werden uns immer 
bestätigen, dass die Konsistenz des Sekrets in der Zwischenzeit eine 
ganz andere, wasserdünne und farblose ist u. a., darauf will ich hier 


604 W. Uffenorde. [8 


nicht weiter eingehen. Ich móchte nur hierauf hingewiesen haben, 
und das ist auch für das vorliegende Thema sehr wichtig: auch die 
mehr polypoide Entzündung kommt für die Komplikationserregung 
in Frage. Diese Form zeigt nun aber auch in chronischen Fallen 
keineswegs immer ausgesprochene Polypenbildung, sondern auch in 
älteren Fällen oft nur verborgene polypoide Schwellung am Siebbein- 
boden etc., die uns nur nach Lüftung des mittleren Nasenganges 
nachweisbar sein kann. 

Nicht nur die eiterigen Infektionen, wie dies aus der einschlägigen 
Abhandlung von Hajek (Pathologie und Therapie der entzündlichen 
Erkrankungen der Nebenhöhlen der Nase 1909) scheinbar hervorgeht, 
die hohes Fieber, Schüttelfröste u. a. zeitigen, setzen die Komplika- 
tionen, sondern viel häufiger scheinbar ganz harmlose Affektionen der 
Nebenhöhlen. Auch bei den akuten Durchbrüchen und zumal bei ganz 
akuten Infektionen wird man das von Hajek geschilderte Krank- 
heitsbild meistens vermissen. 

Dass auch in den übrigen Nasennebenhöhlen einfache polypoide 
Entzündung oder Eiterung vorkommen kann, ist wiederholt von anderen 
Autoren, wie auch von uns, sicher gestellt worden, nur wird hier meist 
naturgemäss die Suppurationsgefahr viel näher liegen als z. B. am Sieb- 
bein. Ja auch die akute seröse Entzündung der Nebenhöhlen, die 
auch als solche heilen kann, ist von uns wiederholt sicher beobachtet 
worden, was ich im Gegensatz zu Zarniko betonen möchte, der in der 
letzten Auflage seines bekannten Lehrbuches dieses neuerdings bezweifelt. 
Ich habe darauf schon oben hingedeutet. So haben mein Chef, Herr 
Geheimrat Bürkner, und kurze Zeit darauf auch ich diese Tat 
sache an uns selbst ad oculos demonstrieren können. Herr Geheimrat 
Bürkner und ich hatten zunächst einen ziemlich unangenehmen, 
etwas verschleppten Schnupfen, dann im weiteren Verlaufe desselben 
bemerkten wir besonders bei vornübergebeugter Kopfhaltung, was 
beim Essen unangenehm war, das Abtropfen von bernsteingelbem, 
aber ganz klarem, etwas klebrigem Sekret. Wiederholt habe ich be- 
obachtet, dass, wenn eine Nasenseite längere Zeit verschwollen war, 
und dann vielleicht durch Mentholanwendung die Abschwellung ein- 
trat, ich durch Verwendung des einfachen Fränkelschen diagnosti- 
schen Mittels, ein Abtropfen einer gelblichen serösen Sekretmenge 
demonstrieren konnte, so besonders morgens. Das Sekret wird vor- 
nehmlich aus Siebbeinzellen und Kieferhöhle, aber auch vielleicht 
aus den anderen Zellen stammen. Inzwischen habe ich dieselbe 
Affektion ebenso unzweideutig an mir selbst wiederum erfahren. Während 
es einmal die rechte Nasenseite mit Siebbein und Kieferhóhle war, 
verspiirte ich es das letzte Mal an der linken Seite. Die Empfind- 


9) Komplizierte Fálle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 605 


lichkeit über dem Processus frontalis oss. maxill. auf Druck, der 
spontane Druck in der Tiefe des inneren Augenwinkels einerseits, das 
Spannungsgefühl über der Kieferhöhle bis in die Schläfe, die zeit- 
weise Empfindlichkeit der Fossa canina, das unangenehme ‚Druck- 
gefühl in den entsprechenden Zähnen des Oberkiefers liess eine 
Lokalisation ohne weiteres zu. Durch Punktion konnte ich ein solches 
Transsudat aus der Kieferhöhle bei einer Patientin mit akutem 
Schnupfen und mit ziemlich lebhaften typischen Symptomen seitens 
der Kieferhöhle entleeren. In einem anderen Falle konnte ich neben 
beiderseitigen Stirnhöhleneiterungen durch Punktion der Kieferhöhlen 
das beschriebene Sekret entleeren. Die Beschwerden schwanden in 
den fraglichen Fällen, ohne dass Suppuration eingetreten wäre. Ich 
glaube auch, dass dieses Sekret als Transsudat nach Verschwellung 
des Ostium als Hydrops e vacuo entsteht, ähnlich wie es in dem 
Mittelohr nach Tubenstenose auftritt. 

Diese Pathogeneseform ist zu trennen von den Fällen mit Mukocele- 
bildung, wo eine entzündliche Veränderung in den sezernierenden 
Hohlräumen mit Abschluss des Ostium in Frage kommt, die vielleicht 
auch ganz akut entstehen können. Der Fall von Hajek (Zeitschr. 
f. Laryngol. u. Rhinolog. Bd. I,6, Heymanns Festschr. S. 629) kann 
aber meines Erachtens dafür nicht als beweisend angesehen werden, 
worin ich mich Zarniko (Lehrb. 1909) anschliessen möchte. Ich 
glaube, dass einmal die histologische Untersuchung der Schleimhaut nicht 
das akute Entzündungsstadium sicher feststellen lassen kann, zweitens 
glaube ich, dass unmöglich eine wenn auch noch so sehr dilatierte 
Knochenblase nach Entleerung des dilatierenden Sekretes wie ein 
hochgradig elastischer Körper in ihre frühere Form in wenigen 
Minuten zurückschnellen kann. Meines Erachtens kann hier nur die 
durch die Operation entstehende Aufhebung des Stauungsmomentes 
für die so rasche Abschwellung des orbitalen Ödems ätiologisch in 
Frage kommen. Allerdings ist man wohl selten in der Lage, diese 
Wiederherstellung genügenden zirkulatorischen Abflusses so experiment- 
artig beobachten zu können. Auch ist der Fall gewiss etwas unge- 
wöhnlich, gleichviel halte ich meine Erklärung für die wahrschein- 
lichste. Ich werde später darauf zurückkommen. 

. Die von Kuhnt zuerst auf Grund eines eingehenden Studiums 
getroffene Einteilung der Fälle von sekundären Veränderungen in der 
Orbita und am Sehorgan nach Nasennebenhöhlenerkrankung, die 
besonders von Hajek übernommen ist, eignet sich im allgemeinen 
sehr wohl für eine erschöpfende Darstellung der hier in Frage 
kommenden Fälle. Danach kann sich bekanntermassen die Genese 
der Komplikation auf dreierlei Weise entwickeln und zwar „wirken 


606 W. Uffenorde. [10 


erstens mechanische Verhältnisse ein und erzeugen eine Verlage- 
rung der Intenta der Augenhöhle und des Auges, oder 


2. es entwickeln sich durch Verschleppung oder Fortleitung 
von dem Sinus aus entzündliche Veränderungen oder 


3. es stellen sich bei völligem Ausschluss dieser beiden Momente 
und bei normalem objektiven Verhalten sogenannte funktionelle 
Störungen ein. 

Unter Berücksichtigung der hier mitzuteilenden Fälle von orbi- 
taler Komplikation nach Nasennebenhöhleneiterung und besonders 
derer, die die Veröffentlichung zusammenfassend rechtfertigen mögen, 
erscheint mir bei den Fällen der zweiten Kategorie eine speziellere 
Einteilung angebracht. Ich glaube auch, dass diese Unterschei- 
dung allgemeine Berücksichtigung verdient. Danach sind Fälle von 
Komplikation mit umschriebener, nicht eitriger Entzündung, die im 
wesentlichen allein durch Stauung entstehen, zu trennen von denen 
mit mehr oder weniger diffuser Entzündung des Orbitalinhaltes, wo 
eine Neigung zum Durchbruch nach eiteriger Einschmelzung der 
knöchernen Wandung besteht. Während bei den ersten Komplikations- 
formen vor allem Störungen seitens der Nerven und vorübergehende 
Ödeme der Lider auftreten, der Innenraum von Periorbita und Septum 
orbitale aber freibleibt, kommt es bei der zweiten Form gewöhnlich 
in erster Linie zur entzündlichen Schwellung des Orbitalinhaltes und 
Exophthalmus in den verschiedenen Richtungen und zu mehr oder 
weniger ausgesprochener Bewegungsbeschränkung des Bulbus durch die 
erhöhte Spannung und Beteiligung der Muskeln. Periorbititis purulenta, 
Phlegmone und orbitaler Abszess, ausserdem vielleicht noch das 
chronische Ödem oder Phlegmone kommen hier in Betracht. 


Nach diesen einleitenden Worten möchten wir auf die ein- 
schlägigen Fälle eingehen und zunächst diejenigen mit umschriebener, 
meist nicht eitriger Entzündung der Orbita besprechen. 


B. Fälle mit umschriebener nicht eitriger orbitaler Komplikation. 


I. Fälle von Neuritis optica retrobulbaris. 


Fall I. 


Frl. N. N., hier, 23 Jahre alt, wurde mir von Herrn Augenarzt Dr. Veith 
überwiesen. Die Patientin gab an, vor 6—8 Wochen einen Stoss gegen den 
rechten Orbitalrand erlitten zu haben, ohne schwerere Begleiterscheinungen 
beobachtet zu haben. Seitdem werde sie ófter durch das vermehrte Auftreten 
von Mouches volantes und Flimmern belästigt. Öfter trete, besonders morgens 
beim Erwachen, am oberen Augenlide und beson lers im inneren Augenwinkel 
eine blasse unempfindliche Schwellung auf, wobei das Gefühl von Schwere 
auftrete. Im inneren Winkel entsiände ein richtiger Beutel. Pat. gab an, dann 


11] Komplizierte Fülle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 607 


Kopfschmerzen zu haben. Niessreiz besteht nicht. [m Laufe einiger Stunden 
Rückgang dieser Erscheinungen, die sich aber alle paar Tage wiederholten. 

Die Untersuchung der Nase ergab: Bds. ist in der Haupthóhle kein wesentl.: 
Befund zu erheben. R. Nase etwas eng. Nach Infraktion der mittleren Muschel 
rechts ist am Siebbeinboden eine geringe, aber deutliche polypoide Schwel- 
lung zu konstatieren. Äusserlich an Augenhóhle und Stinm bds. nichts beson- 
deres nachweisbar. Epipharynx frei. Auf der hinteren Rachenwand mässige 
Granulabildung. 

Rp. Bormentholkokain. Ev. Schwitzkur. 

Spätere Mitteilung seitens der Pat. sagt aus, dass sie bislang keine Schwel- 
lung wieder bemerkt habe. 

Ophthalmologischer Befund (Dr. Veith): Oedema palpebr. 
sup. dextr. Leichte periostale Auftreibung am inneren oberen Orbitalrand, 
auf Druck schmerzempfindlich. Visus normal. Augenhintergrund desgleichen. 
Konjunktiva und Bulbus ohne Befund. 

Ordination: Warme Umschläge, Dampfbäder. Besserung und Rezi- 
dive wechseln ab. Nach Behandlung der Nase und des Siebbeins definitive 
Besserung. 


Fall IL 


Herr Heinrich N., Mühlenbesitzer, 50 Jahre alt, Osterode, kam am 26. IX. 
1908 zum ersten Male zu Herrn Dr. Veith, Augenarzt in Göttingen, mit Augen- 
beschwerden rechts, die nach heftigem Schnupfen mit Erkältung aufgetreten 
waren. 

R. Visus — !/j. Dichte Glaskórpertrübungen. Fundus nicht sichtbar. 


Herr Dr. Veith mahm eine Siebbeinaffektion als ätiologische Erkran- 


kung an. 
Nach Aspirinmedikation und Schwitzen waren am 30. IX. 08 alle Er- 
scheinungen geschwunden. Visus — ?/,! Fundus normal. 


Pat. sollte Nase untersuchen lassen, blieb fort. 

Am 7. I. 09 kam der Pat. wieder zu Herrn Dr. Veith mit der Angabe, 
seit 1. I. 09 wieder schlechter zu sehen. R. Visus — 1/,,. Opacit. corp. vitr. 
Wieder Aspirin, Schwitzen. Am 16. I. Visus — ?/, am 30. L Visus — 5/, 

Am 20. XI. 09 kommt der Pat. wieder mit denselben Beschwerden nach 
heftiger Erkältung mit Schnupfen, an dem er eigentlich immer leidet. R. Visus 
== 5/.,,, Neuritis optica. Cephalea. Ordination von Schwitzen usw. Pat. 
bleibt aus. 

25. I. 11. Erneute Konsultation Pat. gibt an, öfters wieder 
Attacken gehabt zu haben, die er durch Schwitzen be- 
seitigte. Seit dem 21. I. sieht er aber ganz schlecht. 

R. Visus: Handbewegung in 1/, m. Fundus oculi nicht sichtbar. Blutung 
in den Glaskörper. Aufnahme. Schwitzen, Aspirin. 

Am 29. I. Untersuchung der Nase: Pat. gibt an, immer Schnupfen zu 
haben. Vor 8 Tagen mehrere Tage zu Bett gelegen, Influenza gehabt, mit 
heftigem Schnupfen, Druckgefühl über der Nasenwurzel und unangenehmen 
Kopfschmerzen, besonders rechts. Er neigt sehr zu Erkältungen, muss als 
Müller nachts öfter aufstehen, dadurch leicht Gefahr, sich zu erkälten. 


:Rhinologischer Befund: Bds. Schwellung der Schleimhaut, be- 
sonders die Muscheln verdickt. Kein Eiter. Nach Kokain mässige Abschwellung. 
Epipharynx im wesentlichen frei. Nach Infraktion der mittleren Muschel nur 


608 W. Uffenorde. [12 


geringe Schleimhautschwellung im mittleren Nasengang, keine Eiterung, keine 
umschriebene Schwellung. 

Danach ist der weitere Verlauf. 10. II. Visus = Lia 12. II. V. = ?/eo- 
14. IL V. = ?/,. 17. IL. V. — 9/4, 27. Il. V. = 5/5! (Dr. Veith.) 

Am 18. Il. habe ich bds. eine Ätzung der unteren Muschel mit Trichlor- 
essigsüure vorgenommen. 

Am 7. Ill. gab der Pat. bei der Kontrolluntersuchung an, dass er jetzt 
bds. gut Luft habe, aber immer noch durch das Abtropfen von klaren, wässerigen 
Sekret aus der rechten Nasenseite belästigt werde. 


Fall II. 


Frl. N. N. aus Eickenen bei Hameln, 15 Jahre alt, wurde mir von 
Herrn Augenarzt Dr. Veith überwiesen mit der Mitteilung, dass die Pat. an 
akuter retrobulbärer Neuritis bds. leide. Auf Befragen gibt Pat. an, dass sie vor 
4 Wochen einen heftigen Schnupfen und Erkältung gehabt habe. Die Pat. ` 
ist bereits auswärts von einem Augenarzt ‚behandelt und zwar sind Schwitz- 
kuren und Inunktionskuren angewandt. Dadurch sind aber die Sehstörungen 
nicht besser, sondern schlechter geworden. 

Der Nasenbefund ist: Bds. ist die Nasenschleimhaut etwas gerötet, 
trocken, wenig Borkenbildung. Kein freier Eiter sichtbar. Nach Infraktion 
der mittleren Muschel ist bds. am Siebbeinboden leichte Schwellung der 
Schleimhaut durch Sondierung festzustellen. 

Bericht von Herm Dr. Veith: Visus: R. = la L. == 1/59. Ophthal- 
moskopisch: Papillenränder verwaschen, Papillen leicht geschwellt. 

Venen stark gefüllt. Gesichtsfeld für Weiss normal. Zentrales Skotom — 
relatives. Vor 4 Wochen starke Erkältung, Schnupfen, sieht seit 29. XI. 
schlechter. Therapie: Aspirin, Schwitzkur. Erkrankung am 23. I.: Infrak- 
tion der mittleren Muschel. Visus am 14. IL 10: R. u. L. — 5/, Papillen 
und Medien normal. 


Fall IV. 


Frau Oberlehrer N. N. aus Góttingen, 35 Jahre alt, wurde uns von Herrn 
Prof Schieck überwiesen mit der Diagnoses  Neuritis opt. retrobulbaris 
acuta sin. Pat. hat vor 4 Wochen einen schweren Schnupfen mit viel eiterigem 
Sekret gehabt, mit Schmerzen über den Augen und Kopfschmerzen. 

Der Nasenbefund zeigt: Bei einfacher Inspektion wenig verwaschene 
Gefässzeichnung, geringe Schwellung am Proc. turbinalis, dort sieht man graue 
Trübung des epithelialen Überzuges: 

Nach Infraktion der mittleren Muschel links ist Schwellung am Hals 
der mittleren Muschel, auch auf Proc. uncinatus und Bulla nachweisbar. Kein 
freier Eiter sichtbar. Die vordere Stirnhöhlenwand ist klopf- und druckempfind- 
lich. Es besteht auch leichte Schwellung des oberen Augenlides und der 
Weichteile des inneren Augenwinkels. N. supraorbitalis deutlich druck- 
empfindlich. 

Nach 5 Tagen erneute Untersuchung. 

Die Schleimhaut ist trocken. Bds. sind die vorderen Enden der mittleren 
Muschel angeschwollen. Die Nasenhöhle ist bds. freier. Es besteht keine Klopf- 
empfindlichkeit mehr, auch die Schmerzen bei der Bewegung des Bulbus sind 
geschwunden. 

Bericht von Herm Prof. Schieck: „Am 7. VI. bemerkte Pat. eine Herab- 
setzung der Sehschärfe des linken Auges, während gleichzeitig bei Bewegungen 


13] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 609 


des Auges Schmerzen in der Tiefe der Orbita empfunden wurden, die noch 
zunahmen, wenn man den Versuch machte, das Auge nach rückwärts zu 
schieben. Der linke Bulbus war leicht vorgetrieben. Das linke Unterlid zeigte 
eine deutliche ödematöse Schwellung ohne jede entzündliche Rötung. Die 
Papille reagierte prompt, und es liess sich auch im übrigen nicht das ge- 
ringste Krankhafte an dem Auge finden. Das Schvermögen betrug 0,2; von 
früheren Untersuchungen her war bekannt, dass das linke Auge nach Aus- 
korrektion eines myopischen Astigmatismus bislang 0,5 gesehen hatte. Das 
Gesichtsfeld zeigte normale Aussengrenzen und ein kleines zentrales Skotom 
für Weiss und alle Farben. Da die Patientin keine Symptome eines Leidens 
des Zentralnervensystems aufweist und die Schwellung des linken Unterlides 
den Verdacht einer Nebenhöhlenaffektion nahelegt, bitte ich um Untersuchung.‘ 

Die Behandlung bestand in Verordnung von Aspirin und Schwitzen. 

Am 22. VI. geheilt entlassen. Visus wieder 0,4. Kein zentrales Skotom 
mehr nachweisbar. Ödem und Schmerzen geschwunden. 


Fall V. 


Heinrich Jacobs, 34 J. alt, Lokomotivführer aus Einbeck, wird am 4. II. 09 
von der Augenklinik geschickt mit der Diagnose: Retrobulbäre Neuritis. Pat. 
leidet angeblich im Jahre zweimal an stärkerem Schnupfen. Vor 3 Wochen 
hatte er heftigen Schnupfen, hatte starken Zug auf linker Gesichtsseite. Vor 
14 Tagen Schmerzen beim Blick nach der linken Seite, so dass Pat. den Kopf 
dabei nach links drehen musste. 

Befund: Untere Muscheln bds., auch mittlere Muscheln bds. vergrössert. 
Mittlerer Nasengang bds. ohne weiteres frei. Schleimhaut der Nase trocken, 
mässig gerötet. Postrhinoskopisch ohne wesentliche Besonderheit. Nach In- 
fraktion der mittleren Muschel links sieht man eine geringe Schwellung der 
Schleimhaut am Siebbeinboden, umschriebene stärkere Schwellung auf der 
lateralen Seite der mittleren Muschel. Aus dem Infundibulum ragt ein Schleim- 
eiterfaden heraus. 

Diagnose: Rhinitis hypertrophica chronic. Ethmoiditis acuta sin. 
Neuritis retrobulbaris acuta sin. 

Bericht der kgl. Augenklinik. 

R. A. Ausserlich normal. o = u. S. = 1,0. 

L. A. Äusserlich normal. Pupille reagiert prompt. S. — 1,0. 

o = Papillengrenzen nach oben und unten leicht verschleiert. Papille 
etwas trübe, gerötet. Gefässe nicht verändert. Lamina cribrosa auf dem linken 
Auge nicht sichtbar, während sie rechts innerhalb der physiologischen Exkavation 
klar zu sehen ist. Im Gefässtrichter sind die Gefásse wie durch einen Schleier 
bedeckt. Angrenzende Retina leicht streifig trübe. 

... Beim Zurückdrángen des Bulbus äussert der Pat. heftige Schmerzen hinter 
dem Auge. Extreme Bewegungen sind jetzt nicht mehr schmerzhaft. 

Gesichtsfeld: Aussengrenzen normal. Es gelingt nicht, ein zen- 
trales Skotom festzustellen, selbst unter Anwendung herabgesetzter Beleuch- 
tung und kleinster Farbenmarken. Pat. gibt aber an, dass er beim Lesen 
einen grossen Unterschied zwischen rechts und links verspürt, insofern vor 
dem Gesichtsfelde des linken Auges eine Wolke schwebt, die den Druck matt 
macht. Ord.: Aspirin, Schwitzen. 

6. II. 09. L. A. Druck nach seitwärts tut nicht mehr weh. Pat. gibt an, 
dass der Schleier vor dem linken Auge sich gelichtet hat. Kein zentrales 
Skotom. (S. — 0,9—1,0 bei nur günstiger Beleuchtung.) 


610 W. Uffenorde. [14 


10. II. 09. L. A. Die Verwaschenheit der Papillengrenzen ist zurück- 
gegangen. (sesichtsfeld dauernd normal. Keine Schmerzen. 

15. II. 09. Geheilt entlassen. L. A. normal. Pat. behauptet zwar immer noch, 
einen Schleier vor dem linken Auge zu haben. Objektiv nichts mehr nach- 
zuweisen. Bds. E. S. — 1,0 


Fall VI. 


August Thofern, 50 Jahre alt, Arbeiter aus Góttingen, wird am 24. XI. 09 
von der kgl. Augenklinik zu uns in die Poliklinik geschickt. Er gibt an, gut 
Luft zu haben, an der Nase auch früher nicht gelitten zu haben. 

Befund: Nase r.: ohne Besonderheit. L. breite, nach hinten oben an- 
steigende und breiter werdende Leiste. Kein freier Eiter sichtbar. Auf der 
mittleren Muschel eingetrocknetes Sekret. Mittlerer Nasengang mässig offen, 
ohne weiteres nichts Besonderes sichtbar. 

Postrhinoskopisch: Auf der hinteren und oberen Wand des 
Rhinopharynx Schleimeiter. R. olıne wesentliche Besonderheiten. L. die hinteren 
Enden der oberen und mittleren Muschel Jividgrau geschwollen, liegen zu- 
sammen, mittlerer Nasengang verstrichen. Nach Infraktion der mittleren Muschel 
links geringe Schwellung der Schleimhaut, am Siebbein kein freier Eiter. 

Diagnose der kgl. Augenklinik: Retrobulbäre Neuritis L. 

Bericht der kgl. Augenklinik. 

Anamnese: Früher sind die Augen immer gesund gewesen. Seit 8 Tagen 
bemerkt Pat. Verschlechterung des linken Auges. Einen Grund weiss Pat. nicht 
anzugeben. Zu Beginn hat Pat. einen schwarzen Fleck vor dem linken Auge 
gesehen, der bald verschwand; danach trat Verschlechterung der Sehkraft ein. 

L. A. Ausserlich normal. Pupille reagiert prompt, brechende Medien klar. 

o = Papillengrenzen nasal verwaschen, besonders an der nach innen 
und unten gehenden Vene; diese beiden Venen sind auch gestaut und verlaufen 
auf der Papille leicht bogenfórmig. Papille nasal wenig gerótet. Angrenzende 
Retina leicht getrübt; keine Schmerzen beim Zurückdrüngen des Bulbus. Ge- 
sichtsfeld normal, kein‘ Skotom. 

S. =,0,6 = 0,7 + 1,0,Deyl. 4'S. — « 0,8 (undeutlich). 

R. A. normal. o = u. S. = 1,0. 

14. XI. L. A. Auch heute für weiss kein Skotom angegeben, dagegen für 
Farben in kleinster Marke relatives Skotom in der eingezeichneten Form vor- 
handen. Visus idem. 

21. XI. L. A. Grenzen immer noch verwaschen. Venen weniger gestaut. 
Retina nicht mehr getrübt. Relatives Skotom für Farben noch angegeben. 
+ 1,0 Deyl. S. = < 0,8. 

22. XI. 09. Pat. bittet für 2 Tage beurlaubt zu werden, zur Feier seiner 
silbernen Hochzeit. 

24. XI. 09. Wieder-Aufnahme: L. Status idem. Untersuchung in 
der Ohrenklinik. 

30. XI. 09. Relatives Skotom nur für Farben. 

4. XIL 09. Kein Skotom mehr angegeben. Papillengrenzen innen unten 
immer noch nicht scharf. 

+ 1,0 Deyl. 8. = < 0,8. 

9. XII. 09. L. Papille nicht mehr verfärbt, Grenze innen unten ist un- 

scharf geblieben. Venen ohne Stauung. Skotom nicht mehr vorhanden. 
L. + 1,0 Deyl. f 8. = < 0,9; R. + 0,5 Deyl. S. = 1,0. 
10. XII. 09. Entlassung. 


15] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 611 


18. XIL 09. Vorstellung. Status idem (arbeitsf&hig). 

21. XI. 10. Will Lesebrille. L. Grenzen nasal nicht ganz scharf; die eine 
nach unten gehende Vene ist etwas stärker als die anderen. Keine Verfärbung 
der Papille. Der ganze Befund sieht nicht pathologisch aus. Relatives Skotom 
wird angegeben. 

L. + 0,5 = + 1,0 Dey]. f 8S. = 0,4 + 257 + 1,0 = Jäger 9. 
R. + 0,5 S. = 1,0 -+ 2,5 S. = Jager 2. 
Lesebrille: R. + 2,5; L. + 2,5 + 1,0 Deyl. 
Zur Kontrolluntersuchung wiederbestellt. 


Fall VII. 


Berta Jáger, Schneiderin, 48 Jahre alt, aus Góttingen, kam am 27. Xl. 08 in 
unsere Poliklinik, von der Augenklinik geschickt. 

.. Sie gab an, seit Jahren Schnupfen zu haben, muss viel niessen, hat viel 
schleimiges Sekret, meist dünnflüssig. Sie hat schon seit lüngerer Zeit über 
„Stechen und Brennen“ über und unter den Augen zu klagen. Kein Husten. 
Oft Kopfschmerzen vor der Stirn. 

Befund: Bds. Polypenbildung, rechts nur aus mittlerem Nasengang, 
links auch aus Rima olfactoria hervorragend. Dagegen ist die Nase im unteren 
Teile breit. Epipharynx weit. Postrhinoskopisch nichts Wesentliches. Mässige 
Schwellung der Rachenschleimhaut. 

Diagnose: Ethmoiditis hyperplastica chron. bil. Retrobulbäre Neuritis 
optica. - 

Nicht wieder gekommen. 

Bericht der kgl. Augenklinik. 

16. IX. 08. L. -]- 2,25 D. sph. cav. S. — 1,0. 

R. + 2,0 D. sph. cav. S. = 0,4. 
Subraorbitalneuralgien bds. Brille bds. + 4,0 D. 
27. IX. 08. R. S. = 0,1 +2,5 D. S. = 03. 

L. S. = 0,4 +1,5 D. S. = 1,0. 

Es fand sich neben einer Druckempfindlichkeit des rechten Suproorbitalis, 
dass bei Zurückdrängen des Bulbus in die Orbita Schmerzen in der Tiefe 
auszulösen waren. Ferner war eine deutliche Abblassung der temporalen 
Papillenhälfte des rechten Auges zu konstatieren, und das Gesichtsfeld zeigte 
bei normalen Aussengrenzen ein zentrales relatives Skotom für Weiss und 
alle Farben. Mit +2,0 D. sah das Auge 0,3. 

Die Untersuchung des Allgemeinzustandes ergab durchaus normalen 
Befund. 


Fall VIII. 


Hermann Sch., Molkereigehilfe, 23 Jahre alt, aus Hannover, wurde uns 
von der kgl. Augenklinik am 12. XI. 09 geschickt. 

Anamnese: Hat Schläfenschmerzen, sieht links schlecht seit einigen 
Tagen. Keine Kopfschmerzen. Pat. hat in der letzten Oktober- und ersten 
Novemberwoche starken Husten und Schnupfen gehabt. Dabei keine eiterige 
Absonderung aus der Nase, keinen üblen Geruch bemerkt. Vorher war die 
Nase angeblich frei. 

Die Untersuchung ergibt geringen Mittelohrkatarrh mit glanzlosem, etwas 
getrübtem Trommelfell links (15 cm: 100). 

Nase: HR. ohne Besonderheiten. L. Septum leistenförmig nach hinten 
' und oben ansteigend, verbogen. Der laterale Rand berührt in der an sich 


612 W. Uffenorde. (16 


engen Nase die mittlere Muschel. Mittlerer Nasengang vorn etwas offen, ohne 
weiteres kein besonderer Befund zu erheben. 

Postrhinoskopisch: Rachenmandel mässig vergrössert. Tuben- 
ostium bds. besonders schmutzig-gelb verfärbt. Schleimhaut in toto, auch im 
Mesopharynx geschwollen, gerötet. Hintere Enden der unteren Muschel wenig 
geschwollen. Choanen ungleich, links kleiner als rechts. Im mittleren Nasen- 
gang ist im postrhinoskopischen Bilde eine umschriebene blasse Schwellung deut- 
lich. Nach Infraktion der mittleren Muschel links mit dem langen K illia n schen 
Spekulum: besonders in den mittleren und hinteren Partien des mittleren Nasen- 
ganges ist die Schleimhaut leicht polypoid geschwollen, wie sich auch mit 
der Sonde leicht sicherstellen lässt. Eiter ist nicht vorhanden. 

16. XI. Der Druck an der Schläfe ist gewichen, Nase subjektiv und ob- 
jektiv freier, Pat. bekommt besser Luft. Im postrhinoskopischen Bilde ist die 
Schwellung im mittleren Nasengange geringer, er ist jetzt zum Teil offen. 
Das Auge ist besser. 

Neuritis retrobulbaris und optic. sin. acuta. Rhinitis acuta c. Ethmoiditis. 
Deviatio septi nar. sin. Pharyngitis mit Hypertrophie der Rachenmandel. 


Bericht der kgl. Augenklinik. 

Anamnese: Pat. hat in den letzten Tagen starke Erkältung mit Schnupfen 
und Husten gehabt. Am 1. November Sehstórung links. Dumpfe Schmerzen 
in der Stirn und Druck in der linken Schláfe. Schmerzen bei Bewegungen 
hinter dem Auge. : 

L. A. Ausserlich normal. Brechende Medien klar. o — Papille gerötet, 
Grenzen verwaschen; Venen deutlich gestaut. Streifige Trübung der Retina 
und der Umgebung der Papille. Beim Zurückdrüngen des linken Bulbus in 
die Orbita Schmerzen hinter dem Auge. S. — Finger in ?/, m. 

R. A. normal. Schwitzen, Aspirin. S. = 1,0. 

14. XI. 09. Es handelt sich um cine Siebbeinerkrankung. S. == Finger 
in 2 m. 

17. XI. 09. Papille noch wenig gerótet, Grenzen unscharf; Venen noch 
gestaut. Trübung in der Umgebung der Papille weniger ausgedehnt, aber noch 
vorhanden. Zentrales Skotom noch nicht geschwunden. S. = 0,1. 

Pat. will entlassen werden, da es ihm nicht passe „mittags nicht aus- 
gehen zu dürfen" bei scheusslichem Wetter. Verantwortung für seine Hand- 
lungsweise glaubt er selbst übernehmen zu können. Weitere Behandlung ab- 
gelehnt. — Entlassung. 

Fall IX. 

Auguste Sievers, Chausseewärtersfrau aus Hameln, 32 Jahre alt, wurde am 
11. IX. 09 von der Augenklinik zu uns gesandt. Sie gab an, seit !/, Jahr 
links schlecht zu sehen, sie könne nicht lesen, habe aber keine Schmerzen. 
Seit 8 Wochen sche sie auch rechts schlecht. Die Erscheinungen sind all. 
mählich von selbst aufgetreten. Pat. hat oft Schnupfen, viel eiteriges Sekret 
aus der Nase. Sie hat oft über den Augen nach der Schlafe ausstrahlends 
Kopfschmerzen. Es besteht kein Husten, kein Asthma. 

Nasenbefund: Nasenschleimhaut bds. geschwollen, Zeichnung ver- 
waschen. Bds. im mittleren Nasengange ziemlich derbe Schwellung der Schleim- 
haut, momentan kein freier Eifer sichtbar. Mittlere Muschel selbst bds. ge- 
schwollen, sie sind ganz an das Septum gedrückt. Am Dache des Nasen- 


rachens viel Schleimeiter. Schwellung der Schleimhaut, auch im Mesopharynx, 


lebhafter Rachenreflex. 


— — — — 


17] Komplizierte Fälle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 613 


Neuritis retrobulbaris bil. Ethmoiditis chron. bil. Pharyngitis chron. 

Diagnose der Augenklinik: R. A. Neuritis optica. L. A. Atrophia nerv. 
optici. 

Bericht der kgl. Augenklinik. 

R. A. Äusserlich normal. Brechende Medien klar. Papille rot, Aussen- 
grenzen gänzlich verwaschen, sonst Fundus o. B. — 1,0 Dc. S. = 0,1—0,2. 
Bulbus beim Druck nach hinten nicht schmerzhaft. Kein Skotom. Farben 
bis auf grün erkannt. 

L. A. Äusserlich normal. Brechende Medien klar. Papille scharf be. 
grenzt, temporale Hälfte blass. Im Zentralkanal deutliches Exsudat. Ord.: 
Schwitzkur. S. — Finger in 5 m. 

4. IX. 09. Schwitzen wird nicht gut vertragen. Herzklopfen. Herztóne 
nicht rein, deshalb nicht zu lange schwitzen. | 

12. IX. 09. Auf Wunsch wird Pat. wieder entlassen mit Bericht an Herrn 
Dr Kyrieleis-Hameln. Visus idem. 

In der Ohrenklinik wurde beiderseits chronische Siebbeinaffektion fest. 
gestellt und Operation empfohlen, zu der Pat. aber erst in 8 Tagen kommen will. 

Ist nicht wieder erschienen. 


Fall X. 


August K., 28 Jahre alt, Rangierarbeiter, Stadtoldendorf, wurde uns von 
der kgl. Augenklinik hier am 15. V. 08 mit der Diagnose Neuritis retrobulbaris 
acuta d. geschickt. Der Mann gab an, rechts seit 2 Tagen Flimmern im Auge 
bemerkt zu haben. Er hat rechts seit 8 Tagen Kopfschmerzen, es ist ihm 
angeblich etwas aufs Auge von der Lokomotive geflogen, ein Russ etwa. 
Zweimal hat er im Frühjahr Schnupfen gehabt. Eine Eiterung hat er aus der 
Nase nicht bemerkt. ` 

Rhinologischer Befund: Geringe Schwellung und Rötung der 
Nasenschleimhaut bds., keine umschriebene Schwellung, kein freier Eiter sicht- 
bar. Bds. sind die mittleren Nasengänge frei. Nach Infraktion der mittleren 
Muschel rechts zeigt sich geringe Schwellung der Schleimhaut am Ostium 
ethmoidale und Hiatus semilunaris, im wesentlichen ist der Siebbeinboden 
aber frei. Schwellung und Rötung der Rachenschleimhaut, sehr erhöhter 
Wurgreflex. 

Nach Untersuchungsbefund der kgl. Augenklinik ist Husserlich am Auge 
nichts Krankhaftes nachweisbar. | 

Seitens des Nervensystems ist kein besonderer Befund erhoben worden. 

Pat. ist nicht wieder erschienen. 


Fall XI. 


Rebekka Basse, 47 Jahre alt, Bergmannsfrau, Verlichausen, wurde am 21. 1V. 
09 von der Augenklinik zu uns geschickt. Sie gab an, dass sie seit ca. 4 Wochen 
Sehstörungen, allmählich auftretend, bemerkt habe. Sie hat öfter Schnupfen, 
14 Tage vorher habe sie Schnupfen mit Kopfschmerzen gehabt. 

Befund:  Bds. Schwellung der Nasenschleimhaut, besonders der 
Muscheln von blaugrauer Farbe. Vordere Knde der mittleren Muscheln bds. 
papillomatós entartet. Nach Infraktion der mittleren Muscheln bds. ist Schwel- 
lung der Schleimhaut am Siebbeinboden nachweisbar, Bullaschleimhaut ist 
verdickt. Schleimeiterfáden aus Infundibulum hervorragend. R. Infundibulum 
sehr eng, auch hier kommt ein Schleimeiterfaden hervor. 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III. H. 6. 41 


614 W. Uffenorde. [18 


Rhinitis hypertrophica chron. Ethmoiditis hyperplastica. 

Die kgl. Augenklinik hatte bds. Thrombosis venae centralretinae kon- 
statiert. 

Die zur Operation bestellte Pat. ist nicht wiedergekommen. 


Fall XII. 


Erna H., 20 Jahre alt, Kaufmannsfrau, Northeim, gibt an, vor 3 Wochen 
Influenza gehabt zu haben, hat 4 Tage gelegen. Keine Kopfschmerzen. Hat 
noch Schnupfen, es besteht kein besonderer Ausfluss. Früher hat Pat. keine 
Beschwerden in der Nase gehabt Der Hals ist angeblich frei. L. sieht sie 
seit einigen Tagen schlecht und ist deshalb zur Augenklinik gegangen, von wo 
sie zu uns gesandt wird und zwar mit der Diagnose: Neuritis retrobulbaris 
sin. acuta. 

Der Befund in der Nase ist folgender: Bds. zeigt die Nasenschleimhaut 
mássige Schwellung. In ganz geringer Ausdehnung ist die hintere Rachen- 
wand sichtbar. Wenig Schleimbildung in der Nase. Nach Infraktion der mitt. 
leren Muschel links keine besondere Veründerungen sichtbar. 

Postrhinoskopisch:  Epipharynx im wesentlichen frei von Ver- 
änderungen, obere Nasengänge, mittlere Nasengänge nicht verändert. — Nicht 
wieder erschienen. 

Bericht der kgl. Augenklinik: 

7. IV. 08. Vor 3 Wochen erkrankte Pat. an Influenza, 8 Tage danach 
sah sie alles wie durch einen Schleier und fühlte bei Druck auf das Auge 
Schmerzen, weitere 8 Tage darauf fiel ihr auf, dass sie mit dem linken Auge 
sehr schlecht sehen konnte. Sie wurde von Herrn Dr. Sievers-Northeim 
mit Schwitzen, Aspirin und Atropin behandelt. R. S. — 1,0. o —u. L. S. — 1,0. 

o = Papillengrenzen im umgekehrten Bilde temporalwärts verwaschen und 
ebenso unten. Venen etwas gestaut. Netzhaut leicht getrübt; Schmerzen sind 
beim Druck auf dem Augapfel nicht mehr vorhanden. Soll in 8 Tagen wieder- 
kommen. Behandlung wie oben. Zur Ohrenklinik geschickt. 

14. IV. 08. Papillengrenzen noch etwas verwaschen. Venen gestaut. Skotom 
nicht mehr nachzuweisen. L. S. = 0,2. 


Dass man u. A. sehr vorsichtig mit der Verwertung chronischer 
in Intervallen auftretenden Ödems der Augenlider sein muss, zeigt 
folgender Fall: 

Fall XIII. 


August Bergmann, 56 Jahre alt, Arbeiter, Nordhausen, wird uns am 
9. VIL. 10 von der kgl. med. Klinik überwiesen. Er gibt an, seit zwei Jahren 
anfangs seltener, zuletzt etwa alle 2—3 Wochen eine ziemlich starke Schwellung 
int rechten äusseren Augenwinkel, am oberen seitlichen Augenlid und der 
vorderen Schläfe bemerkt zu haben. Die Schwellung sei wenig empfindlich, 
sie trete oft für wenige Stunden auf, verschwände wieder, um bald wieder 
stärker zu werden und meistens 1—2 Tage wechselnd anzuhalten. Vor 15 Jahren 
hat er eine schwere Schädelverletzung erlitten, worauf zahlreiche grosse Narben 
auf dem Kopfe zurückzuführen sind. Pat. hat momentan keine Schwellung. 
Er wird aufgenommen, um sie beobachten zu können. 

Der Befund ist äusserlich: Keine Druckempfindlichkeit der N. supra- 
orbitalis. Die Weichteile der vorderen Schläfenpartie ist etwas verdickt, zeigt 
keine entzündliche Reizung, keine Druckempfindlichkeit. Eine Röntgenaufnahme 


19] Komplizierte Fälle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 615 


zeigt bds. mässige Stirnhöhlenbildung, nirgends besondere Schatten oder auf. 
fallende Bildungen. Endonasal zeigt sich, dass geringe diffuse Hyperplasie 
der Schleimhaut besteht; kein freier Eiter vorhanden. Ohne weiteres 
zeigt sich an der mittleren Muschel, die den mittleren Nasengang 
verlegt, nur geringe polypoide blasse Schwellung, besonders nach lateral. Nach 
Infraktion der mittleren Muschel ist bds. eine ausgesprochene polypoide Ent. 
artung der Siebbeinbodenschleimhaut zu konstatieren, mehrere wahre Polypen 
ragen vorn oben herab. Nach 8 Tagen tritt plötzlich eine ausgesprochene 
Schwellung in der bereits vom Pat. beschriebenen Weise auf. Das obere Lid 
ist ziemlich stark geschwollen, aber ohne ausgesprochenen entzündlichen 
Charakter, ganz schwach gerötet. Die Schwellung erstreckt sich weniger auf 
das untere Lid als auf die Schläfe. (Abb. 7, Taf. XXIX.) Hier ist deutlich eine 
ziemlich derbe Schwellung mit nur geringer Empfindlichkeit nachweisbar. Der 
Druck auf die orbitale Schwellung löst keinerlei Schmerzen aus. Die eigen- 
artige Schwellung wechselt während des eintägigen Bestehens fortwährend an 
Stärke. 

Die Untersuchung seitens der kgl. Augenklinik ergibt jetzt, wie bereits 
früher, keinerlei besonderen Befund. 

19. VII. Bds. wird das vordere und mittlere Siebbein endonasal unter 
Erhaltung der mittleren Muschel möglichst ausgeräumt, wobei auch der Stirn- 
höhlenboden möglichst mit aufgedeckt wird. Die Sondierung ist post operationem 
bds. möglich. Überall zeigt sich im Siebboin polvpoide Schwellung der Schleim 
haut, zum Teil finden sich kleine Polypen in den Zellen. 

21. VII. Die Schwellung der äusseren Weichteile ist wieder stärker ge- 
worden, auch hat sich ohne weiteren Anlass eine Sugillation unter der Con- 
junctiva bulbi gebildet, auch ist die Conjunctiva palpebrarum seitlich oben 
stark. ódematós geschwollen. Die Weichteile der vorderen Schläfenpartie sind 
ziemlich derb, etwas teigig infiltriert, auf Druck mässig empfindlich. 

25. VIL. Operation in Chloroformnarkose. Es wird durch die vordere 
Schläfe auf den lateralen Orbitalrand ein horizontaler Schnitt gesetzt, von 
bier aus ein T-Schnitt nach oben und unten, so dass der laterale Orbitalrand, 
nach Zurückschieben der Weichteile frei vorlag. Es findet sich eine derbe 
Infiltration der äusseren Weichteile, subperiostal eine geringe Eitermenge am 
oberen äussern Orbitalrande und eine ausgesprochene Neubildung von osteoider 
Substanz auf dem rauhen Knochen, und zwar auf der ganzen lateralen Um- 
randung der Orbita, die sich leicht abschaben liess und zum Teil an dem 
Mutterboden, dem Periost, festhaftete. Nirgends war cine Kommunikation mit 
den in Frage kommenden Nebenhöhlen nachweisbar. Die Weichteilwundränder 
werden bis auf eine kleine Lücke durch Michelsche Klammernähte ver- 
einigt. 

3. VIII. Stichkanäle und Wundründer gerótet. Temp. 37,5—38,00. Die 
phlegmonóse Entzündung geht dann unter feuchten Verbänden zurück. Ohthal- 
mologische Untersuchung immer negativ. Das Ödem des rechten Augenlides 
ist geschwunden. 

16. VIII. Im lateralen Teile der Wunde hat sich eine kleine Suppuration 
gebildet, wodurch die schon geheilte Wunde wieder aufbricht. Wieder Lid- 
ódem. 22. VIII. Heilung. Entlassen. 

In diesem Falle handelt es sich also nicht um fliegende Odeme, die etwa 
von weit abliegenden lateralen supraorbitalen Rezessus der Siebbeinzellen oder 
auch der Stirnhóhle mit entzündlich veründerter Schleimhaut aus entstanden sind, 
sondern auf Grund einer traumatischen Stórung. Worauf diese zurückzuführen ist, 

41" 


616 W. Uffenorde. [20 


wird nicht leicht zu eruieren sein. Jedenfalls dürfte sie kaum zu der vor 
15 Jahren geschehenen Scháüdeltrauma in Beziehung zu bringen sein, welches 
die Stirn- und Scheitelgegend betroffen hatte. Die subperiostale eiterige Ent- 
zündung hatte also sehr lange gespielt, es war zu einer Periostitis ossificans 
gekommen, und ab und zu das Ódem der Lider mit dem subkonjunktivalen 
Ödem aufgetreten. Ähnliche Vorgänge kann man ja auch nicht selten bei Neben- 
höhlenentzündungen, ja bei einfacher polypoider Entzündung, beobachten. Die 
Röntgenaufnahme zeigte jedoch nur eine kleine Stirnhöhle und wenig lateral- 
wärts entwickelte Siebbeinzellen, so dass wir an diesen ätiologischen Zusammen- 
hang nicht weiter denken konnten. Ausserdem war natürlich auffallend, dass 
ein gewisser torpider Schwellungszustand an der lateralen Schläfe stets nach- 
weisbar blieb, ein Umstand, der gegen den Kausalkonnex mit der bestehenden 
Ethmoiditis hyperplastica sprach. 


Allgemeine Epikrise: 


Bei der zusammenfassenden Besprechung dieser Fülle móchte ich 
vorausschicken, dass keineswegs jeder von ihnen mit Sicherheit als 
für die Anschauungen beweisend zu betrachten ist; aber ich habe 
trotzdem auch die nicht sicheren Fälle mitaufgeführt, um für ähn- 
liche Beobachtungen Interesse zu erwecken. Die Zukunft wird der 
Forschung weitere Erkenntnisse schaffen und sichern. Wenn wir 
andererseits diese 12 Fälle zusammenfassend epikritisch beleuchten, 
so geschieht es deshalb, weil meines Erachtens sich bei allen Fällen, 
vorausgesetzt unsere Annahme trifft zu, im Grunde dieselben Vor- 
gänge abspielen. Bei allen wird es sich um Schwellungen in den 
Nachbargebieten des N. opticus handeln, von der Entzündung in den 
Siebbeinzellen oder der Keilbeinhöhle aus wird, und zwar wohl meistens 
durch Stauung in den kollateralen Gefässen und das dadurch ent- 
stehende Ödem um und in dem Nerven die Sehstörung eingeleitet: 
Wie die Abbildung 3, Tafel XXVII gut illustriert, sind gerade hier 
reichlich perforierende Gefüsse nachweisbar. Es ist besonders inter- 
essant, dass diese Ödeme sich auch in den vorderen Teilen der 
Orbita abspielen können und sich uns dann auch äusserlich ad oculos 
demonstrieren. 

Die sackförmigen blassen Schwellungen in dem inneren Augen- 
winkel am oberen und auch am unteren Lide sind keineswegs selten; 
auch von anderer Seite ist, wenn auch nicht oft, darauf hingewiesen 
worden. VonSchmiegelow (Arch. f. Laryng. 15), der mit Recht gegen 
die Toxintbeorie von Kuhnt schwere Bedenken geltend macht, sind 
verschiedene Fälle aufgeführt, die hierher gehören. Ich glaube aber 
andererseits nicht, dass die Auffassung des Autors, es handle sich 
dabei um vasomotorische Reflexneurosen, zutrifft. Wenn man die so 
innigen Gefässanastomosenbeziehungen zwischen vorderem Siebbein, 
Stirnhöhlen, Schleimhaut und Haut des inneren Augenwinkels und 


21] Komplizierte Fälle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 617 


des Lides in Rechnung zieht, so ist die nahe liegendste Erklärung meiner 
Ansicht nach die der Gefässstauung. Bedenken wir doch, dass wir 
ganz ähnliche Stauungsschwellung bei Otitis media mit Beteiligung 
der retrotympanalen Räume am Processus mastoideus relativ oft bei 
Individuen jugendlichen Alters zu sehen pflegen. Hier steht ja aller- 
dings die Infektion im Vordergrund; aber bei dem Entstehungs- 
mechanismus des retroaurikulären Ödems — ich denke hier nicht an 
die subperiostale entzündliche Schwellung — dürfte das mechanische 
Moment in erster Linie in Frage kommen. Dass nervöse Einflüsse 
immer dabei in Frage kommen sollen, erscheint mir unwahrscheinlich, 
wenn auch solche bisweilen eine Rolle spielen mögen. Wenn die 
Ödeme wechseln, wenn sie, wie wir das ja bei sich vorbereitenden 
Durchbrüchen, bei anderweitigen nicht eitrigen Komplikationen, z. B. 
Fall Gollert, u. a., nach einfachen endonasalen Eingriffen im vorderen 
Siebbein wiederholt beobachtet haben, nur morgens besonders als 
ein glasiges Ódem des oberen Augenlides auftreten, um spüter wieder 
spontan zurückzugehen, so möchte ich diese Erscheinung auf die- 
selben Ursachen zurückführen, wie die erfahrungsmässig feststehende, 
dass bei Stirnhöhleneiterung besonders morgens Kopfschmerzen und 
andere Beschwerden zu bestehen pflegen, die mittags wieder ver- 
schwinden. Hier kommt es durch relatives Abschwellen der Schleim- 
haut am Ausführungsgang und in den Zellen zum Abfliessen des 
Sekretes und zur Aufhebung des die Beschwerden veranlassenden 
Druckes, dort kommt durch Abschwellen der Schleimhaut eine Regu- 
lierung des Abflusses nach Aufhebung des Druckes auf die Gefässe 
zustande. 

Sommerbrodt berichtet von einem l1jährigen Knaben, der 
an Neigung zu Schnupfen litt. Dieser war neben anderen Erschei- 
nungen von starkem Ödem der Konjunktiva begleitet. Durch eine 
lokale Behandlung der Nasenschleimhaut trat Heilung ein. Von 
Schmiegelow wird auch der Fall von J. Dunn (Recurrent oedema 
of the upper eye lid from nasal polypus. Amer. Journal of Ophthalmo- 
logy. Mai 1892, ref. im Intern. Zentralbl. f. Laryng. IX. S. 371) ge- 
nannt. Ohne Schmerzen oder andere Zeichen von Entzündung trat 
plötzlich wiederholt ein Ödem des oberen Augenlides ein. Besonders 
war die Concha media polypoid entartet und mit Polypen besetzt. 
Nach Entfernung dieser trat Heilung ein. — An diesen Fall erinnert 
unser Fall I. Frl. N. N. sehr. Dass der Stoss gegen den oberen 
Orbitalrand hier nicht für die auftretenden Ödeme verantwortlich zu 
machen ist, glaube ich auch wegen des Erfolges durch die Infraktion 
der mittleren Muschel u.a. annehmen zu dürfen. Schon öfter habe ich ähn- 
liche Fälle geseben, besonders bei Frauen jüngeren Alters. Diese Schwel- 


618 W. Utfenorde. [22 


lungen sind meist ohne weiteres als harmlose gegenüber denjenigen anzu- 
sprechen, welche die ersten Signale des drohenden Durchbruchs bei 
der eitrigen Entzündung geben, wo die Intumeszenz ausgesprochen 
entzündlicher Art ist und mit Rötung, Empfindlichkeit, teigiger Kon- 
sistenz einhergeht. Ganz anders verhalten sich jene blassen, un- 
empfindlichen, etwas rosa durchscheinenden, oft reichlich Trans- 
sudat enthaltenden Anschwellungen. Ich möchte annehmen, dass 
dieselben Vorgänge, wie sie sichtbar im inneren Augenwinkel und an 
den Lidern von den vorderen Siebbeinzellen aus zur Entstehung ge- 
langen, auch von den hinteren Siebbeinzellen und der Keilbeinhöhle 
aus am N. opticus vorkommen. Bei diesen kanalikulären Schwellungen 
tritt aber die Gefahr der Druckwirkung auf den Sehnerv hinzu, wo- 
durch das Krankheitsbild der retrobulbären Neuritis in die Erscheinung 
tritt (s. Abbildung 2 und 3). 

Die Frage, ob es hier nun zu einem kollateralen Ódem oder zu 
einer wirklichen Perineuritis oder kanalikuláren Neuritis kommt, 
móchte ich mit Paunz erst durch den Verlauf der Affektion beant- 
wortet sein lassen. In den vorliegenden Fállen wird nach dem raschen 
Rückgang der Sehstórung eine einfache Kompression durch kollaterales 
Ödem, aber keine wirkliche Neuritis des Optikus anzunehmen sein. 

Schieck glaubt öfter dieses Ödem in diesen Fällen im Nerven 
selbst auf der Papille im ophthalmoskopischen Bilde gesehen zu haben. 
„Das Ödem des Nerven kann man meines Erachtens in 
einer Anzahl frischer Fälle direkt im ophthalmoskopi- 
schen Bilde sehen, indem aus dem Gefässtrichter eine 
trübe Wolke herausragt und den Gefässursprung aufder 
Papille verschleiert.^ (v. Graefes Arch. f. Ophthalm. LXXI. 
3. 1909.) 

Wir müssen also diese Fälle, wie das schon in der Einleitung 
betont ist, trennen von den Fällen mit phlegmonösen und abszedieren- 
den Prozessen in der Orbita mit Fistelbildung in der Lamina papyracea, 
am Stirnhöhlenboden und anderen Stellen. Hier wird die Entzündung 
an sich nicht bedenklich wirken, die orbitale Schwellung wird nach 
Abklingen des ursächlichen Schnupfens im allgemeinen auch zurück- 
gehen, hier tritt lediglich die Gefahr der Druckwirkung auf das 
neurale Gewebe des N. opticus in den Vordergrund unseres Interesses. 
Bemerkenswert erscheint bei einzelnen Fällen, dass die befallene Seite 
eine starke Deviation des Septums aufwies, wodurch zumal bei auf- 
tretender allgemeiner Schleimhautschwellung zur Zeit eines akuten 
Schnupfens der mittlere Nasengang verlegt wurde. Wie wir wissen, 
spielen diese Deviationen ja eine häufige Ursache für die Stabilisierung 
von Entzündungen, von Empyemen in den Nebenhöhlen der Nase. Bei 


23] Komplizierte Fälle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 619 


einer grösseren Reihe der Komplikationsfälle nach eiteriger Entzündung 
wurde eine Deviation auf der gleichen Seite konstatiert. Wir müssen 
weiter bei Betrachtung der einzelnen Kausalmomente in Rechnung 
ziehen, dass bei den fraglichen Schnupfenformen, die für die Erregung 
der Komplikationen in Ánspruch genommen werden sollen, nicht nur 
die Nasenhóhle ergriffen wird, sondern mitunter auch fast gleichzeitig 
die Nebenhóhlen mehr oder weniger von der Entzündung okkupiert 
werden. Dass die Nebenhöhlenentzündung, abgesehen von wenigen 
hämatogenen Infektionen, immer rhinogenen Ursprungs ist, wird von 
den meisten Autoren bekanntlich angenommen. Für uns kommt nun 
besonders die Beteiligung der Siebbeinzellen und der Keilbeinhöhle 
in Betracht. Schon lange nimmt man mit Recht an, dass in den 
Fällen von Schnupfen mit unangenehmen Beschwerden wie Kopfdruck,. 
starkem Eingenommensein des Kopfes, Schmerzen über der Nasen- 
wurzel im inneren Augenwinkel, über und unter den Augenhóhlen, 
auf dem Scheitel u. a., meistens die Nebenhöhlen mehr oder weniger 
beteiligt sind. Es würde ja geradezu auffallend erscheinen müssen, 
wenn bei dem bestehenden kontinuierlichen Zusammenhang der Schleim- 
hat von Haupt- und Nebenhóhle, bei den die Progredienz begünstigenden 
engen morphologischen Verhältnissen in den Nasengängen nicht öfter 
die Infektion der Nasenhöhle die Nebenhöhle mit ergriffe. 

Dass die Siebbeinzellen und auch die Keilbeinhöhle besonders 
dazu disponiert sind, ergibt sich vor allem für die ersteren ohne 
weiteres aus den topographischen Verhältnissen. 

Es wäre nun allerdings wünschenswert und interessant, durch 
pathologisch-anatomische Befunde einen exakten Nachweis über den 
Entstehungsmechanismus des perineuralen Odems am Optikus zu er- 
bringen. Da aber aus bereits namhaft gemachten Gründen dieses 
erschwert ist, so müssen wir uns durch analoge Verhältnisse aus der 
Pathologischen Anatomie die Erklärung suchen. Ich glaube, dass 
dieses nicht schwer ist. Ganz besonders kommen uns hier die er- 
wähnten Schwellungsvorgänge am äusseren Auge zu Hilfe. 

Wie empfindlich die Nerven ganz allgemein gegen mechanische 
Insulte, wie Zerrung, Druck u. a. sind, ist genügend bekannt. Wir 
wissen andererseits, dass gerade Druck durclı Transsudat und Exsudat 
eine Lähmung hervorrufen kann, z. B. in der Pauke beim N. facialis. Ich 
kenne, wie wohl jeder Otologe, der ein grösseres Klientel zu beobachten 
Gelegenheit hat, mehrere Fälle, wo nach Druck durch Schwellung oder 
Transsudat in der Paukenhöhle eine Gesichtslähmung auftrat, ohne 
dass es zu heftiger oder eiteriger Entzündung kam. Dass die Virulenz 
der Entzündungserreger bei der Paukenhöhlenentzündung, wie auch 
sonst am Körper, für die Nerven hier keine Rolle bei der Entstehung 


620 W. Uffenorde. [24 


einer Fazialisláhmung spielt, wissen wir aus vielfältiger Erfahrung. 
Allerdings müssen wir hier noch berücksichtigen, dass in den Fällen 
von Fazialisláhmungen bei vermehrtem Druck in der Paukenhóhle die 
gewóhnlich vorhandene Dehiszenz des Fallopischen Kanals über dem 
ovalen Fenster die Hauptrolle spielt. Demgegenüber glaube ich, dass 
wir bei den Fallen von rhinogener Optikusneuritis nicht immer mit 
dem Vorhandensein einer Dehiszenz rechnen kónnen und brauchen. 
Betreff der Fazialisresistenz ist uns aber von den Fällen von endo- 
kraniellen Tumoren im Kleinhirnbrückenwinkel bekannt, dass der 
N. facialis sich resistenter gegen Druckinsulte erweist als der N. 
acusticus. Nur in etwa !/s der Fälle von Akustikusbeteiligung ist 
auch der Gesichtsnerv affiziert. Wenn wir nun den Seh- und Gehör- 
nerven hinsichtlich ihrer Empfindlichkeit gegenüber mechanischen In- 
sulten einander gleichsetzen dürfen, so würde auch der Sehnerv noch 
leichter auf Druckwirkungen reagieren, als es der N. facialis tut. 

Es ist also wohl zuzugeben, dass die Entstehung der akuten 
retrobulbären Neuritis des Optikus nach Schnupfen mit Beteiligung 
der in Frage kommenden Nebenráume sehr wohl plausibel und mog- 
lich erscheinen muss. Auch der Fall von Königshöffer, wo nach 
Entfernung der hyperplastischen Rachenmandel eine bestehende Neu- 
ritis optica schwand, ist so leicht zu erklären. Ich habe schon an 
anderer Stelle darauf hingewiesen, dass bei Rachenmandelhypertrophie 
bei Erwachsenen ófter Ethmoiditis hyperplastica als Reizeffekt auf 
das hintere Siebbein und Keilbein besteht. Hierdurch ist natürlich 
leicht in der beschriebenen Weise die Entstehung der Optikusaffektion 
vorbereitet. Ich kenne noch einen zweiten solchen Fall. 

Um nochmals auf meine histologischen Präparate zurückzugreifen, 
so beleuchten diese das Gesagte in bezug auf die Möglichkeit der 
Druckwirkung sehr deutlich. Wenn wir besonders die Abbildung 4 
betrachten, so sehen wir, wie das dünne trennende Knochenbälkchen 
unterbrochen ist, wie die Schleimhaut der Keilbeinhöhle direkt über- 
geht in die Optikusscheide. Wie hüben und drüben ein reiches Ge- 
fässnetz besteht, die durch zahlreiche perforierende Gefässe miteinander 
in Verbindung stehen, angesichts des Mangels einschlägiger patho- 
logisch-anatomischer Untersuchungen und der Unmöglichkeit, durch 
tierexperimentelle Untersuchungen Klarheit zu schaffen, glaubte ich 
durch solche histologische Präparate der Forschung zu Hilfe kommen 
zu sollen. Der Zufall unterstützte mich dabei; die Verhältnisse an 
den gebrachten Präparaten sprechen meines Erachtens ziemlich beredt 
für meine Auffassungen. Wenn wir nun noch die pathogenetischeu 
Erkenntnisse zu Hilfe nehmen, die ich in bezug auf die Propagation 
der Entzündung im Siebbein durch ausgedehnte histologische Unter- 


25] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 621 


suchungen gewonnen und die ich in meinen „Erkrankungen des Sieb- 
beins^ mitgeteilt habe und welche ja auch zwanglos hier an der 
Optikusgrenze supponiert werden können, so wird dadurch die ge- 
wonnene Auffassung weiter argumentiert. 

Die Diagnose der Augenaffektion werden wir natürlich dem 
Augenarzte überlassen. Mit allem Nachdrucke möchte ich nochmals 
darauf hinweisen, dass, wenn wir nun entscheiden wollen, ob ein 
Kausalkonnex zwischen der Augenaffektion und der Nase vorliegt, 
es nicht genügt, dass man auf Eitersirassen, reichliche Polypenbildung 
eventl. Tumorbildung u. a. in der Nase fahndet, sondern man muss, 
indem man sich den beschriebenen Entstehungshergang der Augen- 
komplikation vor Augen hält, zunächst nach einem eventl. schon vor 
ein paar Wochen bestandenen Schnupfen fragen. Auch geringfügigere 
Anzeichen einer stattgehabten, wenn auch im wesentlichen bereits 
abgelaufenen Entzündung der Haupthöhle der Nase ist zu berück- 
sichtigen. Keineswegs kann man aber im allgemeinen nach der ein- 
fachen Inspektion den Kausalkonnex in Abrede stellen, vor allem, 
wenn der mittlere Nasengang und der Recessus sphenoethmoidalis 
nicht übersichtlich ist. Wie überhaupt in der Rhinologie die Inspektion 
des geschlossenen mittleren Nasenganges viel häufiger geübt werden 
sollte, um nicht unschuldig verurteilte untere und mittlere Muscheln 
opfern zu müssen, wie das erfahrungsgemäss bei versteckter Ethmo- 
iditis hyperplastica z. B. noch öfter geschieht, so sollte auch hier die 
Rhinoskopie mehr Berücksichtigung finden. Wir müssen uns darüber 
klar sein, dass mit der Infraktion der mittleren Muschel nicht nur 
ein diagnostisches, sondern auch ein therapeutisches Hilfsmittel ge- 
geben ist. Die Lüftung des mittleren Nasenganges wird günstig auf 
die zur Spontanheilung neigende Entzündung in den Zellen einwirken, 
und damit wird sich auch eine günstige Wirkung auf die Komplikation 
äussern können. 

Unsere Fälle zeigen zum Teil, dass, während bei der einfachen 
Inspektion in der Haupthöhle oft nur geringfügige Veränderungen 
sichtbar waren, welche auf den abklingenden Schnupfen schliessen 
liessen, durch die Besichtigung des mittleren Nasengangs oft genug 
untrügliche Zeichen der Beteiligung und Entzündung der Siebbein- 
zellen aufgedeckt wurden. Natürlich sind ja die so zu erkennenden 
Veränderungen der mittleren und vorderen Zellen nicht als solche 
ohne weiteres für die Optikuserkrankung in Anspruch zu nehmen, da 
sie gar nicht mit diesem zusammenhängen; aber es verchlägt wohl 
nichts, wenn wir dann weiter folgern, dass auch andere, dem Optikus 
benachbarte Zellen an der Entzündung beteiligt sind und von hier 
aus die kanalıkuläre Affektion am Sehnerven entstanden ist. Ganz 


622 W. Uffenorde. [26 


besonders äussert sich das bei dem Falle III. Während hier die 
gewöhnlich ophthalmologischerseits geübte Therapie, Aspirin, Schwitzen, 
Inunktionskuren nicht nur keinen Vorteil, sondern sogar Verschlimme- 
rung brachte, trat nach der Infraktion der mittleren Muschel sofort 
Besserung und baldige Heilung ein. — Ebenso sind die Fälle IV, V und VI 
kaum anders zu erklären. Bei allen ging ein Schnupfen voraus, bei allen 
ging die Optikusentzündung nach Lüftung des mittleren Nasenganges und 
den geeigneten allgemeinen Massnahmen zurück. Die übrigen Fälle sind 
zum Teil alten Datums und nicht genügend behandelt, einzelne sind 
ganz fortgeblieben. Der II. Fall zeigt meines Erachtens mit aller 
Deutlichkeit, dass hier Schnupfen mit Beteiligung von hinteren Neben- 
räumen ätiologisch für die einzelnen Augenaffektionen in Frage kommt. 

Viermal ist bei demselben Patienten im Verlaufe von 21/3 Jahren 
nach Schnupfen, (meistens) heftigem Schnupfen mit Kopfschmerzen, 
Druckgefühl über den Augen u. a., und mit influenzaartiger Allgemein- 
erkrankung, die Bettruhe erforderlich machten) eine schwere Betei- 
ligung am Bulbus wie auch am Optikus entstanden. Jedesmal gingen 
die zum Teil sehr schweren Erscheinungen prompt auf Aspirin und 
Schwitzen zurück. Voraussichtlich wird die nun eingeleitete Behand- 
lung der Nase prophylaktisch wirken. In diesem Falle kann ebenso 
kaum eine andere Ätiologie als die ausgeführte angenommen werden. 
Besonders zu betonen ist, dass auch nach erfolgreich ausgeführter 
Nasenbehandlung der für die Hyperplastische Nebenhöhlenentzündung 
pathognostische seröse Ausfluss rechts noch anhielt. Gerade hier 
ist wieder der ziemlich negative Inspektionsbefund am Siebbein zur 
Zeit der Infraktion bemerkenswert. 

Wenn man sich die morphologischen Verhältnisse und die patho- 
logischen Erkenntnisse vor Augen hält, kann das gar nicht Wunder 
nehmen. Die Glaskörpertrübungen und Blutungen, wie die Neuritis 
optica möchte ich auf dieselben Ursachen zurückführen. Auch Kuhnt 
hat Glaskörpertrübungen bei Kieferhöhleneiterung beobachtet, die 
nach deren Beseitigung besser wurden. Interessant ist bei dem Fall II, 
dass der Patient selbst in dem Schnupfen immer die Ursache für 
seine Augenstörungen sah. 

Ich habe bei den einzelnen Fällen keine epikritischen Bemerkungen 
angefügt, um mich nicht immer wiederholen zu müssen. Aus den 
kurzen Notizen geht das wesentliche ohne weiteres sowohl in rhino- 
logischer als auch in ophthalmologischer Hinsicht hervor. Die suppo- 
nierte Genese ist in allen Fällen dieselbe. 

Die Therapie wird rhinologischerseits in Infraktion der mittleren 
Muschel bestehen; vielleicht gibt man noch ein Schnupfpulver zur 
Abschwellung (Acid. boric. 10,0. Cocain Hydrochloric. Menthol aa 0,15). 


2(] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 623 


Der Augenarzt wird Aspirin ordinieren und Schwitzkuren anordnen. 
Sache des Ophthalmologen wird es sein, die Augenaffektion weiter zu 
überwachen, um bei Progredienz der Optikusentzündung, vorausge- 
setzt natürlich, dass diese als rhinogene anzusehen ist, weitere ope- 
rative Eingriffe zur Entlastung des gefährdeten Sehnerven anzuraten. 
In diesen Fällen, die meistens chronisch sein werden, würde ich zu- 
nächst zu einer endonasalen Eröffnung der hinteren Siebbeinzellen 
und der Keilbeinhóhle raten, um bei ungünstigem Verlaufe der 
Optikusentzündung einzuwirken. Auch in dieser Hinsicht sind die 
Fälle zu trennen von den eitrigen Nebenhöhlenentzündungen mit 
Neigung zum Durchbruch in die Orbita, wo wir im allgemeinen zu 
einem Eingriffe von aussen raten würden. Denn während wir hier 
nicht nur die in Frage kommenden Nebenhöhlen eröffnen, sondern 
auch den geschehenen Durchbruch mit Fistel und intraorbitalen 
Eiterung oder den sich vorbereitenden Durchbruch mit der subperi- 
orbitalen Entzündung aufdecken müssen, wird es sich in den vor- 
liegenden Fällen von Optikusneuritis nur um Einwirkung auf die 
sukkulente und lockere Schwellung der Nebenhöhlenschleimhaut und 
damit auch, vorausgesetzt, dass die ganze gemachte Annahme zutrifft, 
auf das kollaterale Ödem der Optikusscheide handeln. Eine Eröff- 
nung des Optikuskanals, die nebenbei bemerkt, oft grosse technische 
Schwierigkeiten verursachen würde, ist erfahrungsgemäss nicht er- 
forderlich. Paunz, Hajek, Guttmann u. a. haben in ihren 
einschlägigen Fällen die affizierten Zellen eröffnet und ausgeräumt. 
Es handelte sich bei ihren Fällen offenbar um akute Exazerbationen 
von chronischen Eiterungen und von Ethmoiditis hyperplastica. Sind 
Polypen oder eitriges Sekret in Fällen von retrobulbärer Neuritis 
nachweisbar, so wird ınan natürlich schon entsprechend der für 
chronische Fälle üblichen Behandlungsart, gleich endonasal operativ 
vorgehen und alle die befallenen Zellen möglichst sorgfältig aufdecken. 
Ich brauche kaum noch hinzufügen, dass der Ophthalmologe in allen, 
besonders aber ätiologisch fraglichen Fällen von retrobulbärer Neuritis 
neben der Nasenuntersuchung die übrigen in Frage kommenden ätio- 
logischen Momente berücksichtigen wird. Auch ist von uns in 
Rechnung gezogen, dass die Diagnose der multiplen Sklerose z. B., 
die nicht selten die Ursache für die Augenaffektion ist, unter Um- 
ständen schwer sein kann. Fast alle Fälle sind seitens der Nerven- 
klinik untersucht. 


Il. Fallvon Lähmung der Augenmuskelnerven. 

Zu diesen Fällen von umschriebener, nicht eitriger Orbitalver- 
änderung ist noch der folgende interessante Fall hinzuzurechnen, den 
ich hier anschliessen möchte. 


624 W. Uffenorde. [28 


Fall XIV. 


Bertina Gollert, 39 Jahre alt, Schneidersfrau aus Uslar, kam am 17. XII. 09 
in die Poliklinik mit folgenden Angaben: Seit Ende September bis Anfang 
November habe sie wechselnde, oft unangenehme Kopfschmerzen, besonders 
über dem rechten Auge und in der rechten Schläfe gehabt. ‚Jeder Tritt habe 
geschmerzt." Seit 8 Tagen sei das rechte Auge von selbst geschlossen, fast 
gleichzeitig seien die Kopfschmerzen leichter geworden, jetzt habe sie nur 
noch wechselnd in der rechten Schläfe Druckgefühl. Das Auge geht nicht auf. 
Auf der rechten Seite habe sie keinen Geschmack, kein Gefühl. Wenig Ge 
ruchsvermögen. Sie leide an hochgradiger Schlaflosigkeit, habe keinen Appetit. 
Besonders rechts sei die Nase ganz verstopft, sie müsse fortwährend schnüffeln, 
was schon seit längerer Zeit bestehe. Sie hab: immer, besonders morgens, 
pappigen Geschmack und viel Schleim im Halse. Fieber habe nicht bestanden. 

Die Untersuchung ergibt: Die linke Nasenhöhle zeigt keinen besonderen 
Befund. Der mittlere Nasengang ist frei, nur die Rima olfactoria ist mässig 
verschwollen. 

Rechts: Aussere Nase ohne Bes. Breite Septumdeviation. Nebenhóhle 
im ganzen sehr eng, Schleimhaut geschwollen, ohne Zeichnung. In den ober:n 
Teilen liegt viel Schleimeiter, mittlerer Nasengang und Rima olfactoria sind 
verschwollen. . 

Postrhinoskopisch: Am Epipharynxdach liegt dicker gelber Eiter, 
der aus dem oberen Nasengang u. Recessus sphenoethmoidalis hervorzukommen 
scheint. Links freier als rechts. In der hinteren Nasenhóhle rechts nichts 
zu sehen, links etwas Schwellung. Schwellung und Rótung der Schleimhaut 
im Epipharynx und im Mesopharynx. 

Diaphanoskopie: Bds. sehr dunkel, doch lässt sich noch ein Unter- 
schied erkennen, rechts dunkler als links. 

Auge: R. Bulbus steht fast fest, nur die Bewegung nach aussen ist 
noch frei, ebenso funktioniert noch der M. obliquus. sup. R. Pupille reagiert 
sehr träge auf Licht. Keine Protusio bulbi, oberes Lid hängt ganz herab. 
Keine Schmerzen bei Druck. Der Augenhintergrund rechts zeigt stärkere Füllung 
der Venen, die Grenzen der Papille sind nicht ganz scharf. Die Punktion der 
Kieferhöhle rechts mit Lichtwitzscher Kanüle ergibt keinen Befund. 

27. XII. 09. Bulbus rechts steht ganz fest. M. rectus externus funktioniert 
gar nicht mehr. Pupillen sind gleichweit. Die r. reagiert nur bei starker Be- 
leuchtung vielleicht noch eine Spur, jedenfalls viel schlechter als bei der 
letzten Untersuchung. Etwas Chemosis, besonders des oberen Lides. Pat. hat 
Kopfschmerzen gehabt, aber müssig. Klagt über Schlaflosigkeit und Appetit. 
losigkeit. Am Dache des Epipharynx liegt dicker züher Eiterschleim, diffus 
ausgebreitet, ist schwer zu entfernen. In der Nasenhóhle rechts Eiter aus 
mittleren Nasengang und Rima olfactoria hervorkommend. 

Pat. bekommt Kal. jodat., um auf alle Fülle die Lues, für die allerdings 
keinerlei Anhaltspunkte bestehen, ausschliessen zu kónnen. 

30. XIL 09. Operation in Skopomorphin (Riedel) -Chloroformnarkose 
nach der modifizierten Michaux-Legouestschen Methode (nach Uffen- 
orde). 

Operationsbericht: 30. XII. 09. Aussere Weichteile ohne Bes. 
Knochen intakt (äusserlich). Ziemlich starke Blutung. Im Siebbein varn und 
Stirnhöhle dicke polypiöde Schwellung der Schleimhaut, zunächst Ausräumung 
des Siebbeins bis zur Keilbeinhöhle; im hinteren Siebbein und Keilbeinhöhle 


29] Komplizierte Fülle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 625 


reichl. Eiteransammlung; dazwischen fallen käseartige, zerfallene Massen auf. 
Es zeigt sich dann, dass von den hinteren Siebbeinzellen ausgehend eine Tumor- 
bildung, die zum Teil schon zerfallen ist, die Keilbeinhóhle und das hintere 
Siebbein ausgedehnt okkupiert hat, auch den Rhinopharynx beteiligt und der 
aus weichen, meist grauen markartigen Massen besteht, die ohne Widerstand 
zu bieten, mit dem scharfen Löffel auskürettiert werden können. Da die Aus- 
dehnung des Tumors sich auch nach der anderen Seite hinüberstreckt und auch 
noch seitlich und unten nicht übersichtlich war, so wurde der äussere Weich- 
teilschnitt nach unten verlängert, der mediale Teil des Facies canina reseziert, 
so dass der Ductus nasolacrimalis quer durch den unteren Winkel der Mund- 
höhle frei verlief. Die Schleimhaut der Kieferhöhle erwies sich als hochgradig 
polypoid entartet; mediale Wand wurde entfernt und Lamina papyracea aus- 
gedehnt entfernt. — Das Dach der Keilbeinhóhle (von Sella turcica der Boden) 
reseziert; auch seitlich und unten die Augenhóhle ausgedehnt freigelegt. Die 
Periorbita-Kapsel erwies sich als rauh und derb, eine Kommunikation mit den 
Nachbarzellen ist nicht nachweisbar. Ausserdem lässt sich eine Ausdehnung 
der meist markhaltigen Massen am Dach der Nasenhöhle, an der Lamina 
cribrosa nach der anderen Seite quer durch das Septum nachweisen. Im hinteren 
oberen Siebbein links lässt sich in einer grösseren Knochenhöhle eine Masse 
von dem oben beschriebenen Tumor konstatieren. Der Boden der Keilbein- 
höhle mit Septum intrasphenoidale wird möglichst ganz entfernt, auch in der 
Keilbeinhöhle wird Tumorgewebe mit Eiter nachgewiesen. Nach Räumung 
der Höhle Tamponade mit 4 m langer, 6 cm breiter Jodoformgaze. Primäre 
Naht mit Jodoformgaze. | 


Die mikroskopische Untersuchung des Kgl. Pathologischen Instituts er- 
gibt: „Die Diagnose Karzinom lässt sich ausschliessen. Das Material ist zum 
grossen Teile nekrotisch, die spärlichen noch erhaltenen Teile bestehen aus 
einem granulationsgewebeartigen, teilwgise akut entzündlich infiltrierten Gewebe, 
das indessen auch keinen sicheren Schluss auf das Bestehen etwa eines Sarkoms 
zulässt.‘ 


10. I. Die äussere Schnittlinie ist glatt vernarbt. Die Beschwerden der 
Pat. sind wesentlich gebessert. Besondere Erscheinungen sind nicht aufgetreten. 


Am 31. I. Laut Untersuchung der Augenklinik ist der Zustand der Augen- 
hóhle genau der gleiche geblieben. Patientin leidet unter den Doppelbildern; 
trágt schwarzes Glas r. 

10. IV. Der Bulbus zeigt deutlich eine geringfügige Beweglichkeit nach 
aussen, die übrigen Muskeln sind frei. 

Am 1. VII. Der M. externus ist jetzt vollständig frei, keinerlei Doppel. 
bilder mehr vorhanden. Die Patientin hat die Schutzbrille fortgelassen. 

Patientin hat noch bisweilen Druckgefühl auf dem Scheitel. In der Nase 
noch viel eingetrocknetes Sekret, welches fótid ist. Patientin hat ihre Nase 
tiglich mit physiologischer Kochsalzlósung, der bisweilen Hydrogenium per- 
oxydat. zugesetzt worden ist, spülen müssen. Vorn in der Nase besteht noch 
Schwellung der Schleimhaut. Nach mehrmaliger Spülung der Nase mit Hydro- 
geniumlósung ist die Nase jedesmal im wesentlichen frei. Hp. Kal. Jodat. 
7:900.0 3mal tgl. 1 Esslöffel voll zu nehmen. 

Die postrhinoskopische Untersuchung ergibt, dass das Dach des Epi- 
pharynx und des hinteren Siebbeins nach Entfernung der noch überall lagern- 
den Borken frei übersichtlich sind. 

Nirgends besteht eine umschriebene Schwellung oder Granulationsbildung. 


626 : W. Uffenorde. [30 


Die Patientin kneift noch immer rechts die Lider etwas zusammen infolge 
des früher geübten Bestrebens monokulär zu sehen und das Doppelbild aus- 
zuschalten. 

Die kosmetische Beschaffenheit der in Frage kommenden äusseren Teile 
ist eine gute. Es ist kein besonderer Befund mehr seitens der Orbita und 
des Bulbus «einschliesslich des Augenhintergrundes zu erheben (Augenklinik). 
Die Patientin verrichtet ohne Störungen seit längerer Zeit ihre gewohnten 
Arbeiten. 

15. VII. Die Schleimhaut der Nase ist noch immer etwas trocken und 
es besteht noch Neigung zu Borkenansatz. Die Septumperforation ist jetzt 
infolge von Schrumpfung der Schleimhaut gross geworden. Dadurch und durch 
die Rückbildung der noch immer bestandenen reaktiven Schwellung der Nasen- 
schleimhaut sind beide Höhlen vereinigt und sehr breit geworden. Sie sind 
frei übersichtlich. Die Patientin ist im wesentlichen beschwerdefrei. 

6. I. 11. Patient hat sich gut erholt, sieht wieder wohl aus. Kopf- 
schmerzen und die anderen zerebralen Störungen sind geschwunden, doch 
besteht noch leichte Diplopie (Augenklinik). 

Bericht der Augenklinik. 

17. XII. 09. Seit Ende September bestanden heftige Kopfschmerzen auf 
der rechten Seite. Danach glaubte Pat. zu bemerken, dass das rechte Auge 
nach innen abwich. Seit 8 Tagen hängt das Oberlid herab und kann nicht 
gehoben werden. 

H Ptosis. Geringer Exophthalmus. Es funktioniert nur der Abduzenz, 
alle anderen nicht. Bulbus daher nach aussen abgelenkt. Rollung des Obliquus 
sup. ist angedeutet vorhanden. Pupille weiter als links, reagiert aber noch 
auf Lichteinfall. Akkomodation 'gelühmt. S. — 0,6 — < 0,7 + 3,0 Ds. 
S = Jäger 3. 

O. — Grenzen der Papille kaum verwaschen, aussen und innen unten 
sieht man noch eben hindurch. Venen gestaut, besonders die nach aussen 
und unten gehende. Papille leicht gerótet. 

L. normal. E. 8 — 1,0, 0 — u. 

R. Keine Schwellung der Papille; eigentlich nur auffallende Füllung und 
Schlängelung der Venen. 

Befund am 13. I. 10. R. Ptosis noch komplett, desgl. die Lähmung des 
Sup. inf. int. und Obl. inf, sowie des Abduzens. 

Pupille X L. reagiert ganz schwach auf direkte Reizung. S. = 0,6 — 0,7. 
O. unverändert. | 

24. Il. 10. Exophthalmus vollständig geschwunden. Es funktionieren jetzt 
alle Muskeln mit Ausnahme des Abduzens (!), der vollständig paralysisch 
ist. Daher hochgradige Konvergens. Bds. o = u. R. Papille X L. R. S. — 0,6 
— 0,7; L. S. = 1,0. Conj. sph. 

1. TII. 10. Status idem. O = u, siehe Gesichtsfeld. 

12. V. 10. Der Abduzens ist in geringem Masse wieder funktionsfähig. 
Die anderen Muskeln sind intakt. R. S. — 0,6 — 0,7. L. S. = 1,0. Bds. O =u. 

30. VI. 10. R. Abduzens ist nahezu wieder normal funktionsfähig. R. E. 
S. = 0,7. O. — Papillengrenzen scharf. Venen noch gestaut und geschlüngelt. 

L. E. S. = 1,0, o = u. Klagen über Tränen. Seit letzter Zeit wieder 
verstopfte Nase. 

3.1.11. R S. = 0,3 — < 0,4. Venen nicht gestaut. Konjunktivitis. 
L. S. = 1,0. 


31] Komplizierte Falle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 627 


Epikrise: Eine sehr lehrreiche und interessante Kranken- 
geschichte. Bei der Patientin sind nach sehr unangenehmem prodromalen 
Symptomen heftige wechselnde Kopfschmerzen über dem rechten 
Auge und in der rechten Schläfe und Störung des Allgemeinbefindens, 
Lähmungen der einzelnen Augenmuskelnerven aufgetreten. Zunächst kam 
es zur Ptosis, n. oculomotorius. Gleichzeitig besteht Schlaflosigkeit, 
Appetitlosigkeit, alle möglichen wechselnden nervösen Störungen. 
Dann werden die übrigen vom n. oculomotorius innervierten Teile 
gelähmt, m. rectus internus, am letzten der m. sphincter pupillae. 
Darauf wird der n. trochlearis ergriffen, und schliesslich erliegt auch 
der n. abducens. Am Augenhintergrund sind zunächst mässige Ver- 
änderungen einer Papillitis nachweisbar. Eine Protrusio bulbi 
besteht nicht. Nur in der letzten Zeit kommt es bisweilen zur 
leichten Chemosis des oberen Lides. Der Befund in der Nase und 
besonders auch im Rhinopharynx deutete auf ein Empyem der oberen 
Nebenhóhle der Nase hin. Es besteht, wie das so oft zu beobachten 
und átiologisch gewiss als prüdisponierend anzusehen ist, eine Ver- 
biegung der Scheidewand auf der gleichen Seite. Um die wegen des 
eigenartigen Verlaufs nicht unwahrscheinliche syphilitische Atiologie 
auszuschliessen — anamenestisch und bei der Allgemein-Untersuchung 
bot sich keinerlei Anhaltspunkt —, wurde zunächst Jodkalium ge- 
geben, was aber keinerlei Veränderungen zeitigte. Ein ausgedehnter 
Eingriff nach der von mir für solche Fälle empfohlenen Methode 
(Uffenorde Chondrome der Nebenhöhle und mit allgemeiner Be- 
sprechung der Operationsmethoden für die Nasennebenhöhlen Arch. 
f. Laryng. 20, S. 1) deckte eigenartige Veränderungen auf. Während 
die Kieferhóhle und Stirnhóhle nur polypoide Entartung der Schleim- 
haut infolge Reizwirkung von der übrigen Entzündung aufwiesen, 
waren die übrigen Nebenhóhlen Siebbein rechts, Keilbeinhóhle rechts, 
Siebbein und Keilbeinhóhle links vollkommen von markigen geweb- 
artigen Massen eríüllt, die ich für ein Medullarkarzinom hielt. Die 
Nasenscheidewand war am Dach der Nasenhöhle breit durchbrochen. 
Da ich an ein Karzinom dachte, habe ich soweit als móglich alles 
aufgedeckt, vor allem die Keilbeinhóhle breit eróffnet, den Boden der 
Sella turcica reseziert, nach r. die seitliche Keilbeinhóhlenwand 
unterhalb des Canalis opticus. Der Boden der Keilbeinhóhle, das 
Septum, die beiderseitige vordere Wand wurde vollkommen entfernt. 
Zu unserer Freude bestátigte die Untersuchung des kgl. Pathologi- 
schen Instituts unsere Annahme nicht, sondern erkannte nur nekroti- 
sche Massen darin. Man könnte an eine sogenannte als Rhinitis 
caseosa etc. bezeichnete Erkrankungsform denken. Die Materie sah 
gleichmässig weissgelblich aus und ist am besten mit den markigen 


628 W. Uffenorde. [32 


Massen eines Medullarkarzinoms zu vergleichen. Ich glaube aber 
nicht, dass die Auffassung als Rhinitis caseosa richtig ist. Die 
P. Mc. Bride (Coryza caseosa Lekt. f. Laryng. u. Okol. 62. Vers. der 
Brit. med. Assoc. 1894. Semons-Zentralblatt XI S. 860. Strazza, 
Bollet. Delle Mal. dell' or 1893, Nr. 9. Avellis (Arch. f. Laryng. 4), 
Killian, Escat u. Stieda für Nebenhóhlen (Zeitschr. f. Ohrenhkd. 
42, 2) als Rhinitis caseosa beschriebene Erkrankungsform, d. h. der 
küsigen Umwandlung von Eiter, habe ich wiederholt beobachtet, diese 
Materie erscheint eher etwas krümelig, oft foetid. Ganz anders war 
aber hier die Beschaffenheit des eigenartigen Sekretes. Besonders 
bemerkenswert war der postrhinoskopische Befund. Am Dach des 
Rhinopharynx und am Recessus sphenoethmoidalis lag immer die 
zähe gelblichweisse Masse, die nur unvollständig abzustreichen war. 
Es handelte sich also hier um eine ganz eigenartige Umwandlung 
der Schleimhaut, die etwas an die diphtherische Form erinnert, 
mit Neigung zu Nekrose und Bildung von zähen, trockenen, gelblich- 
weissen Massen. Man kann, wie ohne weiteres aus dem geschilderten 
Befund am Epipharynxdach zu ersehen ist, hier nicht von käsiger 
Umwandlung des Sekretes infolge Retention reden, selbst wenn man 
den hier nicht passenden Ausdruck beibehalten wollte, da ja das ge- 
bildete Sekret auch an der frei zutage liegenden Oberflüche die ge- 
schilderte Beschaffenheit aufweist. Die Schleimhaut in der Nachbar- 
schaft der Keilbeinhöhle war auch verändert. Die Retention geschah 
vielmehr durch die klebrige, feste Konsistenz. Leider ist die bakterio- 
logische Untersuchung auf Streptothrix alba und fusca, die E. 
Guarnaccia in den Massen bei Rhinitis caseosa gefunden hat, unter- 
lassen, da wir einen Tumor annahmen. Es erscheint mir durchaus 
wahrscheinlich, dass die Art der Infektion in unserem Falle eine aus- 
schlaggebende Rolle gespielt hat. Eine Verwechselung mit choleste- 
atomatösen Prozessen, wie ich sie mit anderen Autoren beobachtet 
habe (Uffenorde, Beiträge zur Pathogenese des sekundären Chole- 
steatoms: Verh. d. D. Otol. Ges. Dresden 1910, S. 160) kann hier 
schon nach der histologischen Untersuchung nicht stattfinden. Die 
angewandte Operationsmethode bewährte sich vortrefflich, man konnte, 
ohne die freigebliebene untere Nasenhöhle angreifen zu brauchen, 
unter Erhaltung der unteren Muschel alle Höhlen eröffnen und hatte 
eine gute Übersicht. Hierzu kommt, dass ich hier die Stirnhöhle, die 
ja sehr wohl auch von den Massen okkupiert sein konnte, tatsächlich 
auch erkrankt war, leicht miterreichen konnte, was vor allem im 
Falle eines Tumors erforderlich ist, zumal erfahrungsgemäss die Sieb- 
beintumoren oft nach oben vorzudringen pflegen. Hier ist diese 
Operationsmethode entschieden der Denkerschen vorzuziehen. Das 


33] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 629 


kosmetische Resultat lässt an dieser Auffassung nichts ändern. Eines 
schickt sich nicht für alles, muss man hier sagen. So wertvoll die 
Denkersche Methode für viele Fälle ist, so ist es m. E. ganz ver- 
kehrt, wie es heute oft geschieht, ihr zu weiten Indikationskreis ein- 
zuräumen. So wie sie bei Kieferhóhleneiterungen zu eingreifend ist, 
so muss man sie auch für Tumoren im Siebbein als nicht zweck- 
. entsprechend bezeichnen. Ich kann, ohne die untere laterale Nasen- 
wand mit unterer Muschel opfern zu müssen, das Siebbein und Stirn- 
höhle, Keilbeinhöhle gleiclimässig, je nach Bedarf, nach der be- 
schriebenen Methode angreifen, ohne in kosmetischer Hinsicht Schaden 
und Nachteile zu stiften. Vorzügliches leistet die Denkersche 
Methode dagegen bei Tuberkulose, Tumoren der medialen Kiefer- 
höhlenwand, bei Tumoren, die Kieferhöhle und Siebbeinhöhle okkupiert 
haben u. a. und ist dort sicherlich die beste Methode. 

Der Verlauf post operationem ist nun wiederum besonders hin- 
sichtlich der nervösen Störungen höchst interessant. Ganz allmählich, 
im Verlauf von mehreren Monaten, kehrte die Beweglichkeit des 
Bulbus wieder, die einzelnen Nerven erhielten aber ılıre Funktion in 
derselben Reihenfolge zeitlich wieder, als sie sie beim Eintreten der 
Lähmung verloren hatten. Die Funktion des m. externus besserte 
sich erst nach zwei bis drei Monaten ganz allmählich, erst nach sechs 
Monaten konnten wir die unbehinderte Bewegung des Bulbus nach 
aussen nachweisen. Man sollte von vorneherein annehmen, dass nach 
der Operation der jüngst geschädigte Nerv sich am raschesten wieder 
erholte. Auch die Nase reinigte sich allmählich, die sehr grosse, ein- 
heitliche Höhle wurde durch Spülungen feucht und sauber erhalten. 

Wie ist die Pathogenese der Augenmuskellähmungen zu deuten ’? 
An den beigefügten mikroskopischen Präparaten (s. Abbildung 2 und 
Abbildung 4) sieht man, wie die Augenmuskelnerven neben dem 
Optikus liegen, auf der einen Seite knóchern, auf der anderen Seite 
häutig getrennt. Die Nerven dringen bekanntlich durch die Fissura 
orbitalis sup. neben der Keilbeinhöhle oder einer rückwärts ge- 
schobenen hinteren Siebbeinzelle in die Augenhöhle ein. 

Medial liegt der N. oculomotorius, lateral der N. trochlearis, am tiefsten 
der N. abducens. Dass es sich in unserem Falle um Nervenkompression 
handelt, unterliegt kaum einem Zweifel, da ja die eigentliche Orbita frei 
von Entzündung war; es bestand keine Schwellung des orbitalen Gewebes, 
also konnte eine Stórung seitens des Muskels nicht in Frage kommen. 
Solche Nervenlähmungen ohne Entzündung des intraorbitalen Gewebes 
sind bei Keilbeinhöhlenempyemen in einzelnen wenigen Fällen bereits 
beobachtet, allerdings nie so ausgesprochen und so vollständig. Bald 
war der N. oculomotorius (Ptosis) partiell gelähmt, bald war der 

Zeitschrift fir Laryngologie. Bd. IIT. H. 6. 42 


630 W. Uffenorde. [34 


Oculomotorius total geláàhmt, Demarquay (zit. bei Mackenzie, die 
Krankheiten der Nase 1884), Lapersonne (de quelques manifesta- 
tions orbitaires des sinusites. Presse méd. Mai 1898, ref. Rev. de 
Laryng. 1898 p. 1019), in einem Falle von Baumgarten (Orvosi 
Hetilap. 1903), cit. von Schmiegelow (Arch. f. Laryng. Bd. 15) 
waren Ptosis und Láhmungen der Augenmuskeln mit Ausnahme des 
N. abducens konstatiert. Ein Fall von Fisch wies Parese des N. 
abducens und N. oculomotorius auf, der Richtersche Fall Abduzens 
paralyse, bei Thomson totale Okulolomotoriuslähmung, bei Hoff- 
mann, Stancullaun ebenso bei Panas und Malour Abduzens- 
làhmung (s. Onodi, Berlin, klin. Wochenschr. 1908, I. 20). Von 
Panas ist übrigens Trigeminus-Anásthesie beobachtet. In diesem 
Falle war Neuritis des N. oculomotorius auf seiner Strecke neben 
der Keilbeinhóhle angenommen. Die Beziehungen der Augenmuskel- 
nerven zur Keilbeinhóhle, ebensowohl zu nach hinten vorgeschobenen 
Siebbeinzellen sind so innige, dass sich event. vorkommende Láhmungen 
dieser Nerven ohne weiteres erklären, man braucht dazu keineswegs 
besonders seitlich in die Keilbeinflügel entwickelte Rezessus der 
hinteren Nebenhóhlen zu supponieren. In unserem Falle war kein 
Durchbruch der seitlichen Keilbeinhóhlenwand anzunehmen. Ob eine 
Dehiszenz bestand, wie sie von verschiedenen Autoren, auch von mir, 
hier beobachtet ist, konnte ich nicht sicher entscheiden, jedenfalls 
war sie trotz sorgfältigster Sondierung an der frei zugängig gemachten 
grossen Keilbeinhöhle nicht nachweisbar. Von Onodi (der Sehnerv 
und die Nebenhöhle der Nase 1907) sind Dehiszenzen auf beiden 
Seiten unmittelbar unter der lateralen Wurzel des kleinen Keilbein- 
flügels gesehen. 

Ich glaube, dass hier zirkulatorische Störungen mit periostalen 
Reizungen den deletären Druck in den hinteren orbitalen Räumen 
ausgelöst und so die Nerven geschädigt haben. Die Annahme der 
Schädigung durch Toxinwirkung, wie sie besonders von Ophthalmo- 
logen (Sattler, Kuhnt u. a.) gemacht wird, ist m. E. hier wie in 
den meisten anderen Komplikationsformen unwahrscheinlich. Phleg- 
monóse Prozesse erscheinen mir ebenfalls nicht schuldig zu sein, da 
dann namentlich bei der langen Dauer der Affektion wenigstens ein 
geringfügiger Exophthalmus auftreten müsste. Wenn man die obigen 
histologischen Präparate, frontale Durchschnitte durch diese Teile, 
betrachtet, so müssen wir bei den bestehenden zirkulatorischen Ver- 
hältnissen hier sowohl wie bei der oben näher geschilderten Neuritis 
retrobulbaris die Annahme der Druckschädigung infolge von Stauung 
auf die Nerven als durchaus wahrscheinlich zugeben. Der günstige 
Verlauf der ganzen schweren Affektion trotz der langen Dauer ohne 


35] Komplizierte Falle von Nasennebenhóhlenerkrankung. |. 684 


schwere dauernde Schädigungen ist sehr beachtenswert. Hervorzu- 
heben ist auch, dass der n. optikus nur verhältnismässig leicht durch 
die Stauung der Venen geschädigt ist (s. Bericht der Augenklinik), 
da er direkt neben den affizierten Nerven liegt, z. T. nur durch 
die Durascheide von ihnen getrennt. Wären hier aber ausgesprochen 
entzündliche Prozesse entstanden, so wäre der Optikus auch schwerer 
getroffen. Wir wissen, dass Druck dem Neurilemm am gefährlichsten 
ist. Ebenso müsste man bei ausgesprochener Entzündung in der 
Tiefe der Orbita, zumal bei der langen Dauer, Granulationsprozesse 
annehmen, wodurch wahrscheinlich schwere und dauernde Störungen 
gesetzt wären. Andererseits ist auch beachtenswert, dass trotz des 
so ausgedehnten Prozesses der rechtsseitigen Nasennebenhöhlen kein 
Ödem in der Orbita entstanden ist, es fehlte ja jede diffuse Schwel- 
lung des intraorbitalen Gewebes, die zu supponierende Stauung war 
auf die Tiefe des orbitalen Trichters beschränkt. Man muss als 
Erklärung dafür annehmen, dass die Zirkulation im übrigen nicht 
gestört war, und dass die Massen nicht infektiös waren. Beide An- 
nahmen sind aus dem erhobenen Befunde sehr wahrscheinlich gemacht 
und fast belegt. Auf das Konto der viel höheren Empfindlichkeit 
des Optikus gegenüber den motorischen Nerven ist die bleibende Be- 
einträchtigung des Visus r. zu setzen. Die Angabe der Patientin, 
‘dass mit dem Auftreten der Ptosis die unangenehmen Kopfschmerzen 
sofort nachgelassen hätten, deuteten wir als Symptom des geschehenen 
Durchbruchs, wahrscheinlich nach der Schädelhöhle hin. Diese Auf- 
fassung erwies sich als unrichtig, hier können eben immer Zufällig- 
keiten mitspielen, die irreleiten. 


C. Fälle mit diffuser orbitaler Phlegmone. 


I. Allgemeines. Terminologie. 


Von diesen soeben besprochenen Fällen von orbitaler Komplika- 
tion muss man klinisch die Fälle von meist mehr weniger diffuser, 
eitriger Entzündung der Orbita sondern. Hier kann entweder ein 
Durchbruch von der entzündeten Nebenhöhle aus in die Orbita schon 
stattgefunden haben oder eine Neigung dazu bestehen. Es kann 
aber auch, trotzdem die Entzündung sicherlich ex continuo von der 
erkrankten Nebenhöhle aus auf die Orbita übergegriffen hat, eine 
umschriebene oder diffusere Entzündung in der Orbita lange Zeit 
bestehen, ohne dass es zu einem Durchbruche kommt. Auf diese 
sehr interessanten Formen komme ich noch speziell zurück. 

Ich möchte noch hervorheben, dass pathologisch -anatomisch 
natürlich keine scharfe Grenze zwischen diesen Fällen und den oben 

42* 


od 


63 ` W. Uffenorde. [36 


abgehandelten Fallen zu ziehen ist, da bei beiden eine Entzündung 
als Ursache zugrunde liegt. Man unterscheidet bekanntlich in Fállen 
von entzündlicher orbitaler Komplikation die Periostitis der Periorbita, 
die orbitale Phlegmone und den Orbitalabszess. Über die Pathogenese 
ist sehr oft geschrieben, ich kann da z. T. auf die oben angeführten 
ausführlichen Arbeiten verweisen. Es wird in den Fällen von orbi- 
taler, zerebraler und fazialer Komplikation nach eitriger Nebenhöhlen- 
affektion zu einer Ulzeration in der Schleimhaut kommen, der Knochen 
freigelegt werden. Die Schleimhaut der besonders betroffenen Zellen 
= wird ausgedehnt eitrig ausschmelzen, Durchbrüche mit Destruction 

nach den Nachbarzellen sich ausbilden. Dann kann die Entzündung 
entlang den perforierenden Gefässen weiter in den Nachbarraum 
kriechen, und zwar begünstigt durch eine Osteoporose. Die Gefäss- 
kanäle werden erweitert, auch durch weitere Arrosion von der Fläche 
aus wird der schützende Knochen zernagt. Daneben können schon 
früh die den Knochen durchsetzenden Gefässe, vornehmlich die Venen, 
thrombophlebitisch beteiligt werden und der Propagation der Ent- 
zündung Vorschub leisten. Durch das Vordringen der Infektions- 
erreger durch die Gefässkanäle kommt es zu einer Infektion der 
Periorbita oder der Dura mater; so entsteht auch der subperiostale 
Abszess. Derselbe Vorgang spielt sich nicht selten an verschiedenen 
Stellen gleichzeitig ab, so dass man in frischen Fällen mehrere kleinste 
Fistelbildungen, die nur erweiterte Gefässlöcher darstellen, beobachten 
kann. Das zunächst entstehende Infiltrat kann stationär bleiben, 
sich event. auch wieder zurückbilden oder aber meistens bei virulenter 
Infektion eitrig einschmelzen, und damit wird eine Periorbititis 
externa purulenta oder ein subperiostaler Abszess zur Ausbildung ge- 
langen. Das ernährende Periost wird abgehoben, die Gefässe immer 
mehr zerstört und verlegt, der Knochen wird entsprechend der 
affizierten Stelle nekrotisch werden, und so haben wir die Fistel. 
Oft wird diese definitive Fistel im früheren Entwickelungsstadium 
von mehreren kleinen Fisteln umzeichnet, die dann später zusammen- 
fliessen, wenn der dazwischen liegende Knochen nekrotisch geworden 
ist. Ganz nach dem jeweiligen Entwickelungsstadium, in dem der zu 
behandelnde Fall sich bei der Operation befindet, werden wir ent- 
weder noch gar keine makroskopisch sichtbare Fistel finden, höchstens 
die nicht immer leicht zu sehenden erweiterten Gefässkanäle, oder aber 
wir finden mehrere kleine und kleinste Fisteln, die einen Knochen- 
bezirk umgrenzen oder aber wir haben in vorgeschrittenen Fällen 
die fertige Fistelbildung vor uns. Natürlich können sich bei aus- 
gedehnter heftiger Entzündung und begünstigenden anatomischen Ver- 
hältnissen gleichzeitig auch mehrere grosse Fistelbildungen etablieren. 


37] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 633 


In sehr heftigen Entzündungen kann andererseits die Infektion so vehe- 
ment und rasch vordringen, dass es überhaupt gar nicht erst zu diesem 
ganzen pathogenetischen Hergang koınmt. Die sehr virulenten Infektions- 
erreger durchsetzen direkt nach Ulzeration der Nebenhöhlenschleim- 
haut den Knochen, die Dura mater oder Periorbita vermag nicht 
genügend Widerstand zu leisten, und es werden event. letal endigende 
Infektionen gesetzt, ehe die oben geschilderten einzelnen Entzündungs- 
etappen zur Entstehung gekommen sind. Hier kann dann nur die 
histologische Untersuchung über den spielenden pathogenetischen 
Prozess Aufklärung geben, wie es z. B. in den interessanten Fällen 
von Hajek und Orthmann geschehen ist, wo der ganze Knochen 
von den erregenden Mikroorganismen durchsetzt ist. 

Diese einzelnen Entwickelungsetappen pflegen wir ja relativ viel 
häufiger bei den otogenen Komplikationen zu beobachten. In patho- 
genetischer Beziehung handelt es sich hier um dieselben Vorgänge. 
In nicht seltenen Fällen sind auch sehr grosse Defekte bei kompli- 
zierten Stirnhöhleneiterungen z. B. durch die Operation aufgedeckt 
worden. Diese werden meist aus einzelnen Fistelbildungen der 
gewöhnlichen Grösse zusammengeschmolzen sein. 

Ich habe hier ein Präparat abbilden lassen, welches ich von dem 
Falle Kuhlebrock gewonnen habe. Hier sieht man die Fistel- 
bildung (s. Abbildung 6, Tafel XXVIII). 

An diesem Präparate ist der beginnende Durchbruch deutlich. 
Die Arrosion des Knochens ist schon in geringer Ausdehnung voll- 
endet, die Periostlagen aufgesplitterte z. T. nekrotisch. Rechts neben 
der hier wiedergegebenen Stelle ist ein grosser Defekt, die in dem 
Falle bei der Operation beobachtete Fistelbildung. Man muss bei 
der Betrachtung des Präparates berücksichtigen, dass die Periorbita 
in situ geblieben ist. Nur wenige Periostlagen haften an der 
herausgenommenen Lamina papyracea. Die ganze Knochenpartie, die 
die Zellen mit vollkommen eitrig eingeschmolzener Schleimhaut be- 
grenzt, würde in die Fistelbildung bald einbezogen sein. Neben der 
Fistel sind schon wieder reparatorische Vorgänge sichtbar. Auch die 
Arrosion des Gefässkanales rechts ist deutlich. 

Die Abbildung 5 (Tafel XXVIII) zeigt, wie d:e eitrige Infektion 
mit Ulzeration der Schleimhaut und des Knochens auf einzelne Zellen 
beschränkt sein kann, wie daneben Zellen mit mehr schleimiger 
katarrhalischer Entzündung von dem destruierenden Prozesse ver- 
schont bleiben können. Es kann also der Durchbruch von einem 
umschriebenen Empyem aus entstehen. 

Wie Merkel schon hervorgehoben hat, weist die verhältnis- 
mässig dünne Periorbita eine ziemlich grosse Resistenz auf. Es 


634 W. Uffenorde. [38 


kommt nun leicht zu einer reaktiven Periorbitis mit Verdickung und 
ausserdem bei heftiger Entzündung zu einer mehr weniger ausge- 
sprochenen phlegmonósen Beteiligung des Orbitalinhaltes. Besonders 
pflegt der nach hinten durch das Septum orbitale abgegrenzte Teil 
der Orbita betroffen zu sein, hier im Oberlide kommt es leicht zur 
Abszessbildung. Die Entzündung kann nun im wesentlichen als 
Infiltrationsódem bei nicht durchbrochener Periorbita mit Protrusio 
bulbi bestehen bleiben, oder aber es kann zu einer heftigen eitrigen 
Phlegmone des Orbitalinhaltes kommen mit Einschmelzung der Peri- 
orbita, dann wird die Infektion nach hinten fortschreiten und Throm- 
bophlebitis der V. ophthalmica setzen, eitrige Perineuritis der Seh- 
nerven erregen und entweder durch die Kavernosusthrombose mit 
Allgemeininfektion und konsekutiver Leptomeningitis oder event. 
auch ohne dieses Mittelglied den Subarachnoidealraum infizieren und 
den Exitus herbeiführen können. Diese sehr seltene schwere Kompli- 
kationsform ist von Talco beobachtet worden. Natürlich können bei In- 
fektionen des Kranium alle möglichen Zwischenstufen zur Entstehung 
gelangen. So kann in nicht schwersten Fällen zunächst ein relativ lange 
dauerndes, serös entzündliches Vorstadium der eitrigen Leptomening- 
itis zur Ausbildung kommen, und dann bleibt die Möglichkeit be- 
stehen, durch operative Intervention oder in seltenen Fällen auch 
ohne diese einen glücklichen Ausgang der Erkrankung zu erreichen. 
Solche Fälle sind ja in grösserer Anzahl in der Literatur mitgeteilt. 
Die Resistenz der Dura mater gegenüber Infektionen ist uns hin- 
lànglich bekannt. Andernfalls kann auch, um weiter auf die Phleg- 
mone des Orbitalinhaltes zurückzukommen, diese sich abkapseln und 
zur Abszessbildung führen. Ich erwähnte schon, dass ein Abszess 
sich relativ oft in den Lidern etabliert, selten in dem Muskeltrichter. 
Ähnlich wie bei der orbitalen Komplikation pflegt sich die Entwicke- 
lung der zerebralen abzuspielen. Von dem extraduralen Abszess aus 
wird der subdurale Raum infiziert, es kann zum subduralen Abszess 
event. unter Beteiligung des subarachnoidealen Raumes zur wahren 
umschriebenen Meningitis kommen. Es kann auch eine Thrombophleb- 
itis eines grósseren Piagefásses je nach lokalen und anderen Ver- 
hältnissen zur Entstehung gelangen, hierdurch in dem Quellgebiet der 
Vene infolge der Ernährungsstörung eine Erweichung eintreten, die 
rückläufig infiziert zum Gehirnabszess führt. Wiederum kann ohne 
oder auch nach diesen Zwischenstufen der Subarachnoidealraum 
generell infiziert werden und die Leptomeningitis purulenta auftreten, 
die event. bei einem längeren serösen Vorstadium noch einen glücklichen 
Ausgang durch Operation gestattet. 


39] Komplizierte Fálle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 635 


Andererseits kónnen sich die Verháltnisse noch dadurch kompli- 
zieren, dass, wie z. B. in unserem Falle Redecker, die Diploéráume 
des Stirnbeins gleichzeitig mit der orbitalen Invasion infiziert werden, 
und nun die Infektion durch die vermittelnde Osteomyelitis fort- 
kriecht, um an einem von der primären Infektionsstelle entfernten 
Punkte nach Durchbruch der Tabula interna die zerebrale Kompli- 
kation zu setzen. | 

Bei all den einzelnen in pathologisch-anatomischer und patho- 
genetischer Hinsicht geschilderten Formen ist zu berücksichtigen, 
dass je nach den vorliegenden Konstitutionsverhältnissen, ob Dyskrasie 
(Scharlach, Masern, Diabetes u. a.) vorliegt, oder nicht, je nach Art 
der Erreger, nicht am wenigsten aber wohl je nach den 
morphologischen lokalen Verhältnissen die mannigfachsten 
Formen und Übergangsformen sich ausbilden können. Es können in 
kürzester Zeit die schwersten das Leben vernichtenden Infektionen 
gezeitigt werden, es kann aber auch, wie in den meisten Fällen, ent- 
weder jeweilig der pathologische Zustand in der einen oder anderen 
Entwickelungsetappe lange stationär bleiben, wie der periorbitische, 
extradurale Abszess u. a. 

Ja, es ist für viele orbitale Komplikationsformen eine Selbst- 
heilung möglich. Meistens wird die operative Intervention vorher 
den Prozess auf seinen Herd beschränken können. Schliesslich kann 
die Komplikation, wenn auch nicht vollkommen, zurückgehen; peri- 
ostale, periorbitische Infiltrate, z. B. Fall Bornemann, können 
jahrelang als solche bestehen bleiben, um bei einer neuen Infektion 
von der Nase aus wieder aufzuflackern und sich stärker zu manifestieren. 

Was lehrt nun die klinische Erfahrung über die eben vom patho- 
logisch-anatomisch und pathogenetischen Standpunkt aus geschilderten 
Komplikationsformen ? 

Im allgemeinen müssen wir dieendokraniellen Komplikationen als die 
schwereren Formen auffassen. Abgesehen von der Gefahr der Infektion des 
Subarachnoidealraums ist dieses ohne weiteres aus folgenden Er- 
wágungen erklürlich. Der extradurale Abszess kann dieselben Be- 
schwerden machen, wie die induzierende Eiterung in den oberen 
Nebenhöhlen, wechselnde Intensitätsgrade von Kopfschmerzen und 
nervöse Allgemeinerscheinungen, meist mässige Temperatursteigerung, 
verschieden ausgesprochene Störungen des Allgemeinbefindens u. a. 
Besonders z. Z. einer akut einsetzenden oder akut exazerbierten 
Nebenhöhleneiterung sind diese Symptome ungezwungen in dem Krank- 
heitsbild, was durch jene gezeitigt zu werden pflegt, unterzubringen. 
Hinzu kommt, und das betrifft besonders den Gehirnabszess, dass 
das Stirnhirn in ausgedehnter Weise verändert sein kann, ohne irgend 


636 W. Uffenorde. [40 


ein Symptom als Warnung für die bestehende Gefahr zu signalisieren. 
Das zeigt auch aufs deutlichste unser Fall Paula Wippig, Stirnhirn- 
abszess, auch der Fall Busche, Carcinoma cellul. ethmoid. et cerebri. 
Wenn zerebrale Symptome uns auf das Bestehen einer endokraniellen 
Affektion hinweisen, dann wird oft die beste Zeit für eine operative 
Inangriffnahme vorüber sein. Die encephalitische Erweichung oder 
die Ausdehnung der gesetzten Veründerungen oder andere Momente 
verhindern oft genug den glücklichen Ausgang. Bei dem aufgeführten 
Fall Sieghan war der entstehende extradurale Abszess deshalb leicht 
zu beherrschen, weil hier post operationem die Verhältnisse übersicht- 
lich waren. Wenn trotzdem 12 Heilungen von rhinogenen Hirn- 
abszessen in der Literatur (Zeitschr. f. Ohrenhkd. 61) mitgeteilt sind, 
so ist das gegenüber den überhaupt mitgeteilten Fállen, 67, kein so 
ungünstiges Resultat, als nach dem eben Ausgeführten zu erwarten 
ist. Es kommt uns eben bisweilen bei der Radikaloperation die 
Fistelbildung nach der vorderen Schädelhöhle, die meistens auf der 
Hinterwand sitzt, als Wegweiser bisweilen zur Hülfe, andererseits kann 
auch die Indikation zur Aufmeisselung der Stirnhóhle durch die gleich- 
zeitig bestehende orbitale Komplikation gegeben sein, was in etwa 
50°/o der Falle vorlag (Gerber), und dabei die endokranielle Kom- 
plikation aufgedeckt werden. Auch in unserem Falle von Gehirn- 
abszess (Fall Wippich) war eine schwere Augenhéhlenkomplikation 
gleichzeitig vorhanden. Natiirlich kann dadurch auch wieder unser 
differentialdiagnostisches Erwägen gestört, und die endokranielle 
Komplikation kachiert werden. 

Demgegenüber ist als eine erfreuliche Tatsache zu konstatieren, 
dass die endokraniellen Komplikationen relativ selten aufzutreten 
pflegen. | 

Viel günstiger ist demgegenüber die Prognose der häufiger be- 
obachteten orbitalen Komplikationen. 

Ich möchte hier zunächst darauf hinweisen, dass der Symptomen- 
komplex, der meistens in den Lehrbüchern, so auch bei Hajek 
(S. 284 seines bekannten Lehrbuchs III. Auflage), besonders bei akuten 
Durchbrüchen, etwas prägnant als der typische geschildert wird, nur 
bei den schwersten Formen beobachtet wird, dass die meisten Fälle 
von orbitalen Komplikationen viel harmlosere Erscheinungen zeitigen. 
Wenn nach der Schilderung unter „Schüttelfrost, heftigem Fieber, 
Kopfschmerz, bedeutende Schwellung der Augenlider, Exophthal- 
mus u. a.“ entsteht, so wird das mit grosser Wahrscheinlichkeit auf 
das Einsetzen einer sehr schweren Komplikation hindeuten. Unter 
unseren zahlreichen Fällen von akutem Durchbruch habe ich z. B. 
niemals Schüttelfrost, fast stets nur mässiges Fieber, oft nur gering- 


41] Komplizierte Fille von Nasennebenhóhlenerkrankung. 637 


fügige Krankheitserscheinungen beobachtet. Nur in dem Falle 
Rühter, wo eine schwere Septikopyämie nach Kieferhöhleneiterung 
von einer Wangenphlegmone aus ganz akut einsetzte, traten Schüttel- 
fróste und hohes Fieber auf. In den übrigen in Betracht kommen- 
den 13 Fällen verlief die Komplikation, trotz z. T. schweren Ver- 
änderungen, viel harmloser. Der Fall Redecker, wo nach Stirn- 
hohleneiterung Osteomyelitis des Stirnbeins mit orbitaler Phlegmone 
Septikopyimie und Meninigitis zur Entstehung kamen, kann hier nicht 
genannt werden, da die Schüttelfröste erst spät auftraten. In ein- 
zelnen Fällen, wo wir z. T. die Entstehung der Komplikation be- 
obachten konnten und durch sorgfältige Überwachung des Fiebers 
genau kontrollieren konnten, .erreichte die Temperatursteigerung niclıt 
33° (Fall Junge, Fall Kublebrok). 

Hier stand die Schwellung des Orbitalinhalts, die Protrusio bulbi, 
die Entstehung von Doppelbildern, wechselnde Intensitätsgrade von 
Kopfschmerzen im Vordergrunde der Erscheinungen. Ein allgemeines 
Krankheitsgefühl war, abgesehen von den meist in Attacken einsetzen- 
den nervós-zerebralen Symptomen, gar nicht ausgeprägt (Fall Konze 
Fall Kuhlebrok, Hesse, Knoppe, Hochhaus). Diese Er- 
fahrungen scheinen ja auch z. T. mit den von anderer Seite mit- 
geteilten übereinzustimmen. Wiederum ist auch hier zu berück- 
sichtigen, dass die induzierende Nebenhöhleneiterung z. Z. des Durch- 
bruches oder jedenfalls z. Z. der ersten Konsultation . wesentlich 
zurückgegangen sein kann. Ja man findet weder in der Nase noch 
bei der zur Behebung der orbitalen Phlegmone gemachten Radikal- 
operation von aussen, weder in der Orbita noch in den affizierten 
Nebenräumen noch freien Eiter (Fall Hochhaus), und trotzdem ist 
wegen der aufgedeckten Periorbititis an der rhinogenen Genese der 
Komplikation nicht zu zweifeln. Jedoch darf man mit dieser An- 
nahme nicht zu weit gehen. Z. B. kann ich mir nicht vorstellen, 
dass der von Brandt (Beiträge zu den orbitalen Komplikationen der 
Entzündung der Nebenhóhlen und ihrer Operation, Inaugur.-Dissert. 
Freiburg 1902/03) als Fall III beschriebene in dem Sinne zu deuten 
würe, dass hier die die intraorbitale Komplikation induzierende Stirn- 
höhleneiterung z. Z. der Operation ausgehohlt sei, wahrend intraorbital 
die eitrige Periorbititis nachweisbar war. Nach der Krankengeschichte 
scheint mir jedenfalls dieser Schluss nicht berechtigt zu sein. Einmal 
ist das Siebbein bei der Operation viel zu wenig berücksichtigt, als 
dass in der Epikrise die Stirnhóhle als der Ausgangspunkt der 
Komplikation ohne weiteres angenommen werden kónnte. Mir scheint 
die Annahme sehr nahe zu liegen, dass ein lateraler orbitaler Rezessus 
der Ausgangspunkt war. Zweitens ist die Möglichkeit nicht von der 


633 W. Uffenorde. [42 


Hand zu weisen, dass ein osteomyelitischer Prozess die Infektion 
vom Siebbein aus im orbitalen Dach weiter propagiert hat, und hier 
die untere Tabula durchbrochen und den periorbitalen Abszess gesetzt 
hat. Dass aber bei einer heftigen Streptokokkenentzündung, die doch 
hier vorliegt, von einer nasalwärts verlegten Stirnhöhle aus eine heftige 
orbitale Komplikation entstehen und jene ad integrum zurückgehen 
soll, ohne dass endonasal irgend etwas unternommen und, ohne dass 
die Stirnhöhle bei der Eröffnung des periorbitalen Eiterherdes irgend- ` 
wie aufgedeckt wurde, halte ich nicht für wahrscheinlich. Zu erwägen 
bleibt noch, dass in dem Brandtschen Falle die ersten Zeichen der 
orbitalen Komplikation über acht Tage vor der ersten Operation 
eingesetzt haben, und dass noch 17 Tage nach dieser starke 
eiterige Sekretion (sic!) aus der Orbita beobachtet wurde. 
Da später noch beiläufig in der Krankengeschichte erwähnt wird, 
dass „ein grosser Polyp im rechten Nasenloche sichtbar“ 
war — eine endonasale Untersuchung scheint sonst nicht stattgefunden 
zu haben —, so scheint auch noch dazu eine chronische Ethmoiditis 
vorgelegen zu haben, was die von dem Autor supponierte Annahme 
vollends unwahrscheinlich macht. Wenn auch die beweisende proba- 
torische Eröffnung der Stirnhöhle erst volle zwei Monate nach der 
ersten Operation vorgenommen wurde, so schwächt das kaum wesent- 
lich meine Bedenken gegen die Ansicht Brandts ab. Ich möchte 
auch darauf hinweisen, dass die Nachbehandlung sich über fast drei 
Monate hinzog, auch diese ungewöhnlich lange Zeit gibt zu denken. 

Ich habe deshalb diesen Fall einer Kritik unterziehen zu sollen 
geglaubt, weil er bereits bedingungslos als Beweis dafür angeführt 
wird, dass eine Nebenhöhleneiterung spontan ausheilen kann, nachdem 
sie eine schwere orbitale Komplikation gezeitigt hat. Der Fall III 
von Brandt ist für mich als Rhinologen deshalb schon nicht ein- 
wandfrei, weil eine endonasale Diagnostik fehlt. Ähnliche andere 
Fälle wären unschwer aus der Literatur zu sondern. Bei unserem 
Bestreben, die Komplikationen der Nasennebenhöhleneiterungen zu er- 
forschen, kann uns nur exakt beobachtetes Material weiterbringen, 
und nur kritische Betrachtung der Krankengeschichten wird diese 
Auslese ermöglichen, die uns bei noch vielfach herrschender Unsicher- 
heit frommen kann. 

Ganz anders liegen die Verhältnisse z. B. bei unserem Falle Hoch- 
haus. Hier haben wir eben die so natürlichen Übergänge zu den 
zuerst geschilderten Fällen von orbitaler, umschriebener, nicht eiteriger 
Komplikation, die relativ oft zu retrobulbärer Optikusneuritis führen. 
Dass es auch orbitale phlegmonöse Entzündungen nach akuter Neben- 
höhleneiterung gibt, ohne dass ein Durchbruch nachweisbar wäre, ist 


43) Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 639 


bekannt, auch von unseren Fällen bestätigen einige diese Erfahrung 
(Hochhaus, Junge). Keineswegs aber halte es für angängig, diese 
Annahme etwa nach endonasaler Operation zu machen, weil post 
operationem die Erscheinungen in der Orbita zurückgehen. 

Der Durchbruch in die Orbita kann natürlich an verschiedenen 
Stellen erfolgen, je nach der affizierten Nebenhöhle. Wir wissen ja, 
dass von einzelnen, eiterig infizierten Zellen des Siebbeins aus ein 
Durchbruch in die Orbita oder Kranium stattfinden kann, hier wird 
natürlich der Durchbruch auch an der entsprechenden Stelle vor sich 
gehen. Diese Annahme belegt auch meine Abbildung 6. Über die 
einzelnen Durchbruchstellen habe ich unter den einzelnen Rubriken 
berichtet. Hier möchte ich nur noch einfügen, dass uns der Durchbruch 
vom Siebbein in die Orbita als der relativ häufigste vorgekommen 
ist, dass sehr leicht bei dem überwiegenden Interesse der Stirnhöhlen- 
eiterung die Komplikation als von der Stirnhöhle ausgehend notiert 
werden kann. Hier gilt wieder dieselbe Mahnung, bei den einzelnen 
Mitteilungen sehr kritisch zu sein. Man kann besonders ältere 
Arbeiten nicht ohne weiteres verwerten. Z. B. bei Brandt (Fall I) 
scheint mir auch vom Siebbein aus die Perforation entstanden zu 
sein. Das Siebbein ist gar nicht in die Operation einbezogen. Von 
12 in Frage kommenden Fällen von Stirnhöhlen- und Siebbeinzellen- 
eiterung unserer Beobachtungsreise ist zehnmal der Durchbruch an 
'der Lamina papyracea, fast immer 1—2 cm hinter dem Tränenbein 
zu lokalisieren gewesen. In einem Falle fand der Durchbruch von 
einem lateralen Rezessus aus statt. 

In einzelnen Fällen (3 mal) konnten wir eine umschriebene Ein- 
schmelzung der Periorbita konstatieren, ohne dass dadurch schwere 
Prozesse in der Orbita gezeitigt wären. Wie die Periorbita sich 
gegenüber Infektionen ziemlich resistent zu verhalten pflegt, können 
sich natürlich inzwischen selbst bei weiterem Vordringen der Infektion 
Verklebungen am M. internus bilden, die weiteren Widerstand 
leisten. Während wiederholt Abszesse im Oberlide entstanden, war ein 
Abszess in der Tiefe der Orbita niemals zur Ausbildung gekommen. 
Es ist ja bekannt, dass der intraorbitale Eiter öfter wegen der Re- 
sistenz der reaktiv noch verdickten Periorbita epiperiorbital fort- 
kriecht, in die Lidsubstanz durch das Septum orbitale bricht und 
hier den Abszess setzen kann. 

Im allgemeinen lautet die Erfahrung dahin, dass die phlegmonösen 
Orbitalerkrankungen nach dem Satze „cessante causa cessat effectus“ 
nach operativer Aufdeckung der induzierenden Nebenhöhleneiterung 
zurückgehen. Dass einzelne nicht zurückgehen, darauf komme ich 
noch zurück. Die Prognose der sekundären Orbitalerkrankungen 
ist bei geeigneter Behandlung eine ziemlich günstige zu nennen. 


610 W. Uffenorde. [44 


Wie soll man die Komplikationsformen nach eitriger Nebenhóhlen- 
entzündung am besten bezeichnen? 

Die Bezeichnung: .Sinuitis exulcerans atque abscedens‘ von 
Killian halte ich nicht für ganz geeignet, sie trifft nicht immer den 
pathogenetischen Vorgang. und auch nicht den vollendeten Zustand. 
Ich hielte es für richtiger, wenn wir in Anlehnung an die uns 
von den mehr durchforschten Verhältnissen am Ohr geläufigen 
Bezeichnungen, zwischen Komplikationen bei akuten und solchen bei 
chronischen Eiterungen unterschieden, nicht aber zwischen akuten 
und chronischen Durchbrüchen. Denn einmal kann die Unterscheidung 
leicht Verwirrung stiften, andererseits ist, wie auch unsere Fälle zeigen, 
diese Terminologie oft ziemlich willkürlich. Der akut entstehende 
Durchbruch braucht nicht selten lange Zeit, um zu voller Ausbildung 
zu kommen, so dass er kaum von dem chronischen unterschieden 
werden kann, und der Durchbruch bei der chronischen Eiterung kann 
viel heftiger erfolgen als der bei der akuten. Auch beim Ohr kennen 
wir ja die ganz schleichend sich entwickelnden Durchbrüche bei der 
akuten, sogenannten Pneumokokkeneiterung. Nach meiner Erfahrung 
kann diese Form ja auch bei Streptokokkeninfektionen zur Beobachtung 
kommen. Ferner kann man ganz zweckmässig die beginnenden 
und auch vollendeten Durchbrüche in die Nachbarorgane von der 
eiternden Nebenhóhle aus Sinuitis cum osteoperiostit. nennen, das ist 
in allen Fallen ethymologisch und auch pathogenetisch richtig. 
Darunter verstehen wir Nebenhöhleneiterungen mit manifesten Durch- 
bruchserscheinungen entweder nach dem Gesicht hin oder in die Augen- 
höhle oder endlich ins Kranium. Allerdings würde ich es nicht für zweck- 
entsprechend halten, dass man nach dem Vorgange von Gerber auch 
das Bestehen von Lidödem, Druckempfindlichkeit der Höhlenwandungen, 
auch wenn sie an umschriebener Stelle etwas mehr ausgebildet ist 
und dergl., diese Fälle hier mit einrechnet. Auch die bei der Operation, 
gefundene leicht blaue Verfärbung oder die geringere Härte des 
Knochens wird man ja in solchen Fällen, zumal es sich in den 
Gerberschen Fällen (5. 20—24 seines bekannten Buches) fast durch- 
weg um ganz junge Individuen handelt, oft finden, auch ohne dass 
man von komplizierter Sinuitis sprechen kann. Bei jeder heftigeren 
akuten Stirnhöhleneiterung haben wir Druckempfindlichkeit der 
Wandungen besonders unten innen, auch hin und wieder leichtere, 
ja umschriebene Schwellungen, bisweilen Lidódem und dergl. Er- 
scheinungen beobachtet, das ist nichts Auffülliges. Auch bei der 
Otitis media exsudativa acuta, besonders bei jugendlichen Patienten, 
wird man in schwereren Fällen fast nie eine gewisse oder anfangs 
nicht selten sehr ausgesprochene Druckempfindlichkeit und eine 


45] Komplizierte Fálle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 641 


Schwellung am Processus mastoideus vermissen; gewiss spielen hier 
entzündliche Prozesse am Knochen und am Periost mit, aber klinisch 
ist darauf nicht zu grosser Wert zu legen. Deshalb braucht man 
keineswegs gleich zu operieren oder an ernstere Komplikation zu denken. 
Diese ist erst zu befürchten, falls kein Abfluss des retinierten Eiters 
eingetreten ist. Wie hier die Paracentese, wird dort die Infraktion 
der mittleren Muschel oder, falls diese einmal nicht ausreichen und 
nach einigen Tagen keine Besserung eintreten sollte, die Resektion 
des Processus uncinatus und die Spaltung der Stirnbucht mit Ent- 
fernung des frontoinfundibularen Zellen angezeigt. Nur wenn auch 
diese Massnahmen nicht ausreichen, kommt die Operation von aussen 
in Betracht. Ich möchte auch an dieser Stelle hervorheben, dass 
man die ungerechtfertigte Resektion der vorderen mittleren Muschel 
aufgeben sollte. Um auf die proponierte Terminologie zurückzukommen, 
so glaube ich, dass man unschwer unterscheiden kann. In allen den 
Fällen von komplizierter Nebenhöhleneiterung, wo Rötung und empfind- 
liche Schwellung der Augenlider, womöglich mit Protrusio bulbi, wo aussen 
stärkere umschriebene Schwellung, womöglich mit Fluktuationsgefühl 
oder Fistelbildung usw. besteht, da werden wir immer von Sinuitis 
mit Östeoperiostitis sprechen. Daneben würde, um näher zu lokali- 
sieren, als weitere Diagnose: Orbitalphlegmone, subperiostaler Abszess, 
Geliirnabszess usw. zu setzen sein. Auch die von Gerber angewandte 
Unterscheidung ist, wie er selbst empfindet, nicht ganz berechtigt. 
Die Antritis abscedens ist kaum zu trennen von der Periostitis und 
Ostitis, zumal es uns auch klinisch nicht möglich ist, dadurch ver- 
schiedene Etappen eines Entzündungsablaufs zu differenzieren, weil 
wir das, wie aus dem Ausgeführten hervorgeht, meist nicht diagnosti- 
zieren kónnen. 

Also um zu resümieren: 

Wir können unterscheiden: akute Eiterung — chronische Eite- 
rung. Akute Eiterung mit Osteoperiostitis, chronische Eitérung mit 
Osteoperiostitis. Dass der Durchbruch rasch und auch langsam vor 
sich gehen kann, ist für den Kliniker eine wertvolle Erkenntnis, es 
braucht aber nicht in der Diagnose ausgedrückt zu werden, es ergibt 
sich aus Anamnese und Befund. 

Weiter wire die Mukocelebildung, am besten auch die Pneumato- 
cele, das Emphysem, das sekundáre Cholesteatom und die Osteomyel- 
itis, als Formen der komplizierenden Entzündung in den Nasenneben- 
hóhlen zu nennen. 

Zum Schlusse noch einen allgemeinen Gesichtspunkt in therapeuti- 
scher Richtung. 


642 W. Uffenorde. [46 


Die Empfehlung von Hajek und Grünwald, womöglich in 
Fällen von beginnender orbitaler Komplikation zunächst endonasal einen 
Versuch zu machen, um die Erscheinungen zum Rückgang zu bringen, 
hat gewiss grosse Berechtigung. Sie findet eine Stütze in den so 
erfolgreich behandelnden Fällen von Essipow, Ljubuschkin, 
Groenbeck, Pollatschek, Mc. Paunz, Delneuville, 
Schmiegelow, Sattler, Pofey, Toepold, Gutmann u. a. 
Auch wir haben sehr wertvolle günstige Belege für diese Empfehlung. 

Aber trotz aller dieser Argumente müssen wir uns vor Augen 
halten, dass alle Vorsicht in diesem Punkte geboten ıst. Nur wenn 
wir die Verhältnisse genügend übersehen können, nur in akuten 
Fällen werden wir, falls eine ausgesprochene Sinuitis cum osteo- 
periost. in dem obigen Sinne vorliegt, zunächst die endonasale 
Therapie versuchen. Ganz besondere Vorsicht wird auch dann ge- 
boten sein, wenn eine Dyskrasie, besonders Scharlach und Diabetes 
im Spiele ıst. Hier wird man die Anzeichen einer einsetzenden 
Komplikation sorgsamer überwachen und nur, wenn auf endonasale 
Massnahmen hin ein prompter Rückgang der Erscheinungen und 
Temperaturabfall eintritt, kann man es dabei bewenden lassen. 

In chronischen Fällen wird man besser gleich von aussen operieren, 
weil man hier öfter vorgeschrittene Prozesse antreffen wird. Man 
kann vor der Operation hier so wenig wie bei den otitischen Kom- 
plikationen sich ein bestimmtes Bild von den anzutreffenden Ver- 
hältnissen machen. Dann wird uns noch in den chronischen Eiterungs- 
fällen mit Komplikation die Aussicht, durch die Radikaloperation gleich- 
zeitig mit grosser Wahrscheinlichkeit auch die Nebenhöhleneiterung 
zur Heilung bringen zu können, noch mehr dazu ermutigen. 

Wir müssen andererseits mit der Möglichkeit rechnen, dass wie 
in dem Falle Redecker gleichzeitig eine Osteomyelitis oder andere 
Prozesse, kachiert durch die im Vordergrunde des Krankheitsbildes 
stehenden orbitalen Erscheinungen, entstanden sind. Hier kann eventuell 
Zeit verloren gehen, die unwiederbringlich ist; die später vorge- 
nommene Radikaloperation kann zu spät kommen, sie kann dem 
Prozesse nur nachlaufen. 

Unterstützt durch Erfahrung und Übersicht über die Patho- 
genitätsverhältnisse wird man hier jeweilig von Fall zu Fall ent- 
scheiden müssen. 

Ein Wort noch über die Frage der primären Naht. Ich habe 
fast immer primär die Wunde geschlossen, ohne je unangenehme 
Folgen davon gesehen zu haben, und in letzter Zeit mit gutem Er- 
folge die Michelschen Klammern benutzt. Selbst wenn wie z. B. 
in dem Falle Eickert die Sekretion sehr stark bleibt, und Ver- 


41] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 643 


haltungen sich ausbilden, so ist es ein leichtes, die verklebten Wund- 
ränder wieder zu lüften. Allerdings kann man, wie ich das öfter besonders ` 
auch bei weit seitlich ausgebildeten Höhlen getan habe, die seitlichen 
Wundränder ungeschlossen lassen und von hier aus drainieren. Der wenig- 
stens teilweise Wundschluss sichert ein besseres kosmetisches Resultat. 

Ebenso wie bei der Killianschen Operation in unkomplizierten 
Fällen lasse ich auch hier meist die mittlere Muschel in situ. Ent- 
fernt man genügend die unteren infundibularen Zellen, so heilen nach 
unserer Erfahrung die Fälle besser als mit Entfernung der mittleren 


Muschel. 
U. Fälle mit Epikrise. 


Fall XV. 


Alma Reinecke, 3 Jahre alt, Schneiderstochter, Grossenrode. Nachts vor 2 Tagen 
Fieber, Schmerzen. Am anderen Morgen war das r. Auge zugeschwollen. Seit- 
dem hat das Kind kein Fieber mehr gehabt. Ein Arzt hat kalte Umschläge ver- 
ordnet. In der Augenklinik sind warme Umschläge verordnet worden. Danach 
besser. Geschwulst scheint etwas kleiner geworden zu sein. 8 Tage vor 
Beginn der Augenschwellung ist das Kind sehr erkältet gewesen, starken 
Schnupfen und Husten gehabt, nicht bettlägerig gewesen. In den letzten Tagen 
nach Anschwellung des Auges soll das Kind immer etwas schläfrig gewesen 
sein. Vor 2 Jahren von uns wegen komplizierter Scharlachotitis typisch auf- 
gemeisselt. Jetzt vorher nicht weiter krank gewesen. 

Befund: Augenlider r. ödematös, chemotisch geschwollen, blaurot. Die 
Rima kann nicht geöffnet werden. Laut Bericht der kgl. Augenklinik Bulbus 
ohne Veränderungen. Vordere Stirnhöhlenwand nicht verändert. Schläfengegend 
geschwollen. 

Nase: Nasenschleimhaut hochrot geschwollen, besonders m. Muschel und 
mittlerer Nasengang, auch nach Kokain-Paranephrin noch Rötung und Schwel- 
lung der Schleimhaut. Kein Eiter. 

Nach Infraktion der mittleren Muschel etwas schleimig-eitriges Sekret, 
viel Blut abfliessend. 

Diagnose: Ethmoiditis suppurativa cum osteoperiostite acuta dextra. 
Orbitalphlegmone 1. 

Therapie: Infraktion der mittleren Muschel. Feuchter Verband. 

13. III. Aus m. Nasengang r. starke Eiterung. Die untere Lidschwellung 
ist wenig zurückgegangen. Feuchter Verband. Keine Temperatur. 

14. III. Ödem der Lider fast geschwunden. Das Auge kann geöffnet 
werden. Viel Eiter aus mittleren Nasengang. 

15. III. Unter feuchtem Verbande weitere Abschwellung. Keine Ver- 
farbung mehr. Noch viel Eiter. 

17. III. Entlassen. Auge noch ganz wenig geschwollen. Eiterung ge- 
ringer. Ohne Verband. 

26. III. Geheilt. Ohne Beschwerden. Alle Erscheinungen sind zurück- 
gegangen. 

Epikrise: Dei diesem Fall von ganz akuter Siebbeineiterung 
mit Osteoperiostitis, die sehr plótzlich und vor kurzer Zeit aufgetreten 
war, konnte durch Infraktion der mittleren Muschel der ganze orbitale 


phlegmonöse Prozess koupiert werden. Unter reichlichem Eiterabfluss 


644 W. Utfenorde. [48 


aus dem mittleren Nasengange gingen sofort die orbitalen Er- 
scheinungen zurück. Die Stirnhöhle konnte bei dem kaum 3 Jahre 
alten Kinde nicht in Frage kommen. Dieser Fall weist übrigens 
mit das jüngste Alter auf, bei dem bislang derartige Komplikationen 
beobachtet wurden. Ein einfacher katarrhalischer Schnupfen kommt 
als induzierende Erkrankung in Betracht. 


Fall XVI. 

Frl. Hochhaus, 19 Jahre alt, Hofgeismar. 

Pat. hat die kgl. Augenklinik wegen Schwellung des rechten Auges auf- 
gesucht. 

Sic hat vor 3 Wochen Schnupfen gehabt, dabei gleich Schwellung des 
oberen Augenlides, Druckgefühl, heftige Schmerzen, morgens ist das Auge 
ganz geschwollen gewesen. Es ist aus der rechten Nase gelbes, wässeriges 
Sekret in Menge abgeflossen. Pat. will früher nie an der Nase gelitten haben, 
immer gut Luft gehabt haben. 

Kein besonderer Allgemeinbefund. 

Befund: Prominenz der oberen inneren Augenhöhlenwand. Stirnhöhlen- 
boden auf Druck sehr empfindlich. Protusio bulbi nach aussen und unten. 
Schwellung der Nasenschleimhaut, besonders polypoide Schwellung im m. Nasen- 
gang. Kein Eiter. L. geringe Schwellung der Schleimhaut. 

Operation in Chloroformnarkose: Doppelsehen beim Blick nach oben. 
Sinuitis front. Ethmoiditis hyperplastica acuta c. osteoperiostite Mukocele ? 
(Siehe Abbildung 8.) 

Operationsbericht: Killiansche Radikaloperation. Aussere 
Weichteile ohne Bes. ebenso der Knochen. In der Stimhéhle zeigt sich 
mässige Schwellung der Schleimhaut, kein freier Eiter. — 

Die Stirnhöhle rechts ist mässig tief, flach und kommuniziert 
durch ein pfenniggrosses Foramen mit der Stirnhöhle 
links. Die Perforation zeigt glatte überzogene Ränder, die Schleimhaut- 
bedeckung der beiden Höhlen gehen kontinuierlich ineinander über. Die 
Schleimhaut der linken Höhle ist normal, grauweiss, dünn, 
ohne Schwellung. 

Im Siebbein Schwellung der Schleimhaut; freier Eiter nicht sichtbar. 
Ein breiter lateraler orbitaler Prozessus vom vorderen Siebbein aus wird 
aufgedeckt. Lamina papyracea wird weit entfernt. In mittlerer Tiefe ist dicke 
Schwellung an der Periorbita nachweisbar, kein freier Eiter intraorbital. Eine 
Fistelbildung in der Lamina papyracea entsprechend nicht aufzufinden. Jodo- 
formgazetamponade. Nachts bei der Operation kommt es infolge starker Schleim- 
bildung im Rachen und Larynx wiederholt zu unangenehmen Dyspnoe- 
zuständen. 

Die Pat. wird nach 12 Tagen geheilt entlassen, glatte lineäre Narbe. 
Nur noch geringe Sekretion aus der Nase, orbitale Schwellung zurückgegangen. 
Nach Bericht der kgl. Augenklinik ist das Auge frei, keine Diplopie. 

Am 29. XI. 1910 kommt Pat. wieder zu mir wegen erneut aufgetretener 
Schwellung am rechten Auge. Die Erscheinung ist nach Schnupfen und Er- 
kältung aufgetreten. Pat. hat keine Kopf- oder Augenschmerzen, keine Tempe- 
ratur gehabt. Das Auge ist frei beweglich. Die kgl. Augenklinik kann 
keinen besonderen Befund erheben. Die Nasenhöhle zeigt mässige 
allgemeine Schwellung, keinen Eiter, wohl etwas schleimig-seröse Hypersekretion. 
Am Orbitalinhalt sieht man rechts mässige Schwellung der beiden Augenlider, 


49] Komplizierte Fälle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 645 


besonders der inneren Partien. Auf feuchte Verbände geht die Erscheinung in 
einigen Tagen ganz zurück. 

Bericht der kgl. Augenklinik: 

1. VI. 08. Vor 3 Wochen unter stark. Kopfschmerzen Anschwellung des 
rechten Auges. Aus der Nase lief eine weissgelbe Flüssigkeit. R. geringe 
Protrusio bulbi und Verdrängung nach aussen und unten. Beim Blick nach 
oben innen Doppelbilder. (Höhen und gekreuzt.) Hinter der Trochlea fühlt 
man eine Auftreibung des Periosts vom Orbitaldach. Die Gegend der Trochlea 
ist druckempfindlich. Geringes Ódem des oberen und unteren Lides. Bulbus 
normal. o = u. E. S. = 0,7. L. S. = 1,0, o = u. 

Am 3. VI. 08 in der Ohrenklinik operiert. 

Am 15. VI. 08 R. — 1,0 Deyl. S. = 1,0, 0 = u. 

Stellung des Bulbus normal. Doppelbilder, auch nach oben innen binokul. 
Einfachsehen. 


Epikrise: Bei einem akuten Schnupfen entwickelt sich bei der 
Patientin sofort eine Schwellung der Augenlider, die morgens am 
schlimmsten ist. Die heftigen Schmerzen, das Druckgefühl, die 
Protrusio bulbi und Dislokation liessen uns an eine schwere Affektion 
denken. Im Gegensatz dazu stand scheinbar der rhinologische Befund, 
es war kein freier Eiter nachweisbar, nur mässig polypoid geschwollene 
Schleimhaut im mittleren Nasengang. Da die Patientin bestimmt angab, 
gelbes, aber wasserklares Sekret aus der r. Nase in Menge ausgeschneuzt 
zu haben, dachte ich an eine umschriebene Mukocelebildung im mittleren 
Siebbein. Ich habe schon oben auf die interessanten Beobachtungen 
an mir selbst hingewiesen, wie dieses Sekret als pathognostisch für 
seróse Nebenhóhlenentzündungen anzusehen ist. Die Operation zeigte, 
dass eine Periostitis der Augenhóhlenbekleidung nachweisbar war, 
ohne dass irgendwie freier Eiter gefunden wurde. Die Lamina 
papyracea war makroskopisch intakt. Die Erklärung möchte 
ich so geben: Es handelte sich zunächst um einen heftigen eiterigen 
Schnupfen mit einer umschrieben eiterigen Ethmoiditis und einfach 
serösen allgemeinen Ethmoiditis im weiteren Umfange. Dass das 
möglich ist, dafür habe ich histologische Belege (Abbildung 5), u. a. 
auch den Fall Eickert. Von der eiterigen Teilethmoiditis aus ist 
es zum periorbitalen Infiltrate mit entziindlicher Odemisierung des 
orbitalen Gewebes gekommen. Wegen günstiger Verhältnisse ist die 
ganz akute eiterige Ethmoiditis zurückgegangen, Abfluss aus den Zellen 
möglich geworden und die Progredienz auf die Orbita abgeschnitten. 
Z. Z. der Operation war dieser Zustand erreicht, die eiterige Ent- 
zündung in Heilung begriffen, die Hóhe der orbitalen Komplikation 
erreicht. Die Periorbititis mit orbitaler Schwellung bestand zwar 
noch fort, zu einer Einschmelzung der Lamina kam es aber nicht. 
Man muss annehmen, dass wohl auch ohne unser operatives Eingreifen 
die orbitalen Folgeerscheinungen spontan zurückgegangen würen. In 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. Ill. H. 6. 48 


646 W. Uffenorde. [50 


Zukunft werde ich auch in solchen Fallen, wenn kein Fieber besteht, 
kein Eiter auch bei sorgfältiger klinischer Beobachtung nachweisbar 
ist, die bestandenen Beschwerden an Intensität nachlassen, von einem 
äusseren Eingriff zunächst absehen und exspektativ verfahren. Anderer- 
seits gibt auch dieser Fall, wie schon erwähnt, wertvolle Winke für 
die oben ausgeführte Auffassung von der Pathogenese der retrobul- 
bären Neuritis nach akuter hyperplastischer Ethmoiditis oder 
Sphenoiditis. Noch eine interessante Beobachtung bringt dieser 
Fall. Die rechte affizierte Stirnhöhle kommuniziert frei mit der 
linken normalen Seite durch ein pfenniggrosses Foramen mit ganz 
glatten überhäuteten Rändern. Eine Entwickelungsdehiszenz im 
Septum frontale. Auffallend war besonders der Nachweis, dass die 
Schleimhautveränderung scharf mit der Dehiszenzgegend abschnitt 
und vollkommen auf die rechte Seite beschränkt war. Solche Dehis- 
zenzen sind ja in einigen Fällen bereits beobachtet und sind von 
Killian (über kommunizierende Stirnhöhlen. Münch. med. Wochen- 
schr. Nr. 35, 1897) zusammengestellt. Wir haben uns nicht mit dem 
Vorschlage vertraut machen können, dass man in solchen Fällen, sei 
es ein vorgefundener oder bei der Operation unabsichtlich gesetzter 
Defekt im Septum frontale, der nun eine Kommunikation mit der 
gesunden Seite schaffte, in beiden Fällen die kontralaterale Seite 
gleich mit in Angriff nehmen solle, da mit grösster Wahrscheinlich- 
keit doch eine Infektion derselben eintreten würde. Wir haben in 
mehreren solchen Fällen von unabsichtlicher Eröffnung der kontra- 
lateralen gesunden Höhle keinerlei konsekutive Reizung beobachtet. 
Diese Erfahrung würde ja auch derjenigen beim Pyosinus wider- 
sprechen, wo doch meistens keine wesentliche Infektion einzutreten 
pflegt, sondern meist die einmalige Spülung Heilung bringt. 


Fall XVII. 


Helene Conze, 14 Jahre alt, Vater Ackerwirt, Borgentreich, 31. X. O8. 

Anamnese: Seit 9 Tagen Schwellung des l. Auges. Keine Kopf- 
schmerzen. Hatte 14 Tage sehr starke Kopfschmerzen. L. Anschwellung der 
Backe und ganzen l. Seite. Dann wurde allmählich das Auge dick, sofort 
keine Kopfschmerzen mehr, sondern Augenschmerzen. Seit 5 Tagen in der 
Augenklinik, zweimal operiert: Probepunktion. Probeinzision, dann uns über- 
wiesen. 

Diagnose: Sinuitis frontalis et Ethmoiditis supp. acuta cum osteo- 
periost. Phlegmonis orbitalis 1. 

Therapie: Killiansche Stirnhöhlenoperation. 

Nase und Rachen: Orbitalinhalt protundiert, blaugriin verfärbt. Oben 
innere Stichöffnung, etwas mehr aussen eine Narbe. L. mittl. Muschel polypoid 
geschwollen, h. Eiter aus Rima olfact. herabfliessend. R. ohne wesentliche 
Besonderheit, 


51] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 647 


Kehlkopf und Lungen: Ohne Bes. Herz frei. Urin desgl. Hirnnerven frei. 
Sensorium frei. Augenhintergrund frei. Reflexe erhalten. Abdomen frei von 
besonderer Resistenz. 

Sonstiges: In der Kieferhöhle l. kein Eiter, aber wenig gallertig, 
seröses Sekret; im mitt. Nasengang Schwellung, Sekret. 

2. XI. Nach Infraktion der mittleren Muschel sieht man die vordere 
laterale Fläche vorgewölbt, Proc. uncinatus verdickt. Dahinter Schleimeiterfäden 
von oben herabkommend. 

5. XI. Killiansche Stirnhöhlenoperation: Beim Einmeisseln über Spange, 
Dura mater freigelegt. Stirnhöhle wenig, nur ganz medial entwickelt. Aus 
Siebbein und aus äusseren Weichteilen blutet es stark. Siebbeinschleimhaut 
total polypoid geschwollen. Keine Einschmelzung oder Karies 
nachweisbar, keine Eiteransammlung. Etwa in der Mitte in 
sagitaler Richtung fehlte ein grösseres Stück der Lamina papyracea, nach 
Wegnahme der Lamina papyracea sieht man Granulationen auf der Periorbita, 
andererseits fühlte man deutlich mit der Hakensonde diese durchbrochen. Keil- 
beinhöhle ist auch beteiligt, ohne Eiteransammlung. Die Stirnhóhle wird von 
unten her mit verschiedenen scharfen Löffeln sorgfältig kürettiert. Die mittlere 
Muschel wird entfernt. Jodoformgazelamponade. Primäre Naht. Ein schmaler 
Jodoformgazestreifen wird vom oberen lateralen Wundwinkel aus zur Dura 
mater vorgeschoben. Verband. 

Temp. abends 37,6; hat wenig gebrochen, fühlt sich wohl. 

6. XI. Geringe Schwellung der r. Augengegend. Temp. 37,6—37,7. 

8. XI. Gazestreifen aus der Operationshóhle entfernt. Verbandwechsel. 
Wunde gut. Xeroformpulver. — Pat. hat keine Kopfschmerzen, keine sonstigen 
Beschwerden. Am 2. Gazestreifen (aus dem lateralen Wundwinkel nach der 
freigelegten Dura) eiteriges Sekret. Austupfen mit Hydrogenium. Jodoform- 
gazestreifen eingeführt, feuchter Verband. — Temp. 37,6—37,7, subjektives 
Wohlbefinden, guter Appetit. 

9. XI. Feuchter Verband gewechselt, rechtes Auge zurückgegangen. Pat. 
ohne Klagen. Auch l. Auge sieht gut aus, nicht geschwollen, Naht liegt gut. 
Am lateralen Gazestreifen (nach d. Dura) wenig schleimiges Sekret. Aus- 
spülung mit Hydrogenium. Neuer Gazestreifen, erneuter feuchter Verband. 
Temp. 37,7—37,8. 

10. XI. Befinden des Pat. morgens subjektiv sehr wohl; ohne alle Klagen. 
Temp. 37,0. Mittags gegen 2 Uhr beginnt ein leichtes Bluten der Nase, welches 
bis 5 Uhr immer stärker wird, so dass die l. Nase tamponiert werden muss. 
Temp. 37,7. Nach der Tamponade schluckt Pat. noch etwas Blut, was aber 
bald aufhört. Abends 8 Uhr Tamponade noch etwas verfärbt, da es durch 
die Gaze noch immer wenig blutet. Blutung steht jetzt vollständig. 

Am r. Auge ist eine leichte Schwellung des Augengrundes aufgetreten 
Temp. 37,8. : 

11. XI. Das l. Auge und Umgebung zeigt ein starkes Ödem. Das Auge 
ist abends geschwollen. Keine Kopfschmerzen oder sonst. Beschwerden. Temp. 
39,5 abends. 

Morgens 38,4. Puls 120—130 schnellend. Verbandwechsel, feuchter Ver- 
band. Nähte entfernt. 

12. XL Temp. 37,1—37,4. Ödem zurückgegangen, subjektives Wohl- 
befinden. Puls 110. In der Mitte der unteren Naht eine Öffnung, aus der 
zersetzte Blutmassen hervordringen, auf Druck entleert sich noch etwas mehr. 


43* 


648 W. Uffenorde. [52 


Am lateralen Gazestreifen viel Eiter; auch liess sich solcher in geringer Menge 
auch hier ausdrücken. Erneuerung des Verbandes wie gestern. Entfernung 
des Tampons. Xeroform. Keine neue Blutung. Temp. abends 36,8. Befund gut. 

13. XI. Verbandwechsel, feuchter Verband; wenig Sekret aus der lateralen 
Wundóffnung. Fistel geschlossen am inneren Augenwinkel. Während der Nacht 
hat sich aus der Nase Sekret entleert. Temp. 37,2. Keine Beschwerden. 

14. XI. Temp. 37,0. Verbandwechsel. Sekretion lässt nach. Temp. abends 
37,4, Wohlbefinden. 

19. XI. Tägl. Verbandwechsel; trocken. Temp. normal. 

24. XI. Narbe sieht gut aus. Salbe um die Krusten abzuweichen. Ent- 
sprechend dem inneren Augenwinkel und der früheren Fistel die Haut der 
Narbe noch gerötet und geschwollen, nicht schmerzhaft, auch nicht druck- 
empfindlich. 

30. XI. Gesund nach Hause entlassen. 

Die oben angeführte gerötete Stelle geht allmählich an Schwellung zurück 
und wird blasser. Keine ‘Schwellung der Orbita mehr, keine Doppelbilder. 
Pat. klagt über keinerlei Beschwerden. Die Sekretion aus der Nase nur noch 
gering, schleimig. 

Epikrise: Nach heftigen Kopfschmerzen über 14 Tage hin, 
ohne dass das Mädchen bettlägerig wurde, ist das Auge geschwollen, 
d. h. der Durchbruch in die Orbita hat sich ziemlich langsam entwickelt. 
Bei der Operation wurde an der typischen Stelle die Fistel in der Lamina 
papyracea in etwa Hellergrösse und die entsprechende periorbitale 
Verdickung gefunden. Diese war z. T. eingeschmolzen, dass man 
ohne merkbaren Widerstand mit einer Hakensonde einhaken konnte. 
Die Stirnhöhle war ganz klein, medial gelegen. Bei dieser Patientin, 
wie in dem später gebrachten Falle Sieghan, wurde die Dura 
mater, aber ohne Folgen, aufgedeckt. Die neuerdings vorher beschaffte 
Röntgenaufnahme wird dies in Zukunft meist vermeiden lassen. 
6 Tage nach der Operation trat eine Temperatursteigerung bis 39,5° 
auf, die wohl auf erneute Infektion der Nase und von da aus der 
Wunde zurückzuführen war. Nach Lüftung der Wundränder am 
lateralen Wundwinkel und auch im medialen Augenwinkel mit Drainage 
und unter feuchtem Verbande fiel die Temperatur sofort ab. Auf 
die Frage, ob sekundäre oder primäre Naht in solchen Fällen an- 
gezeigt ist, bin ich an anderer Stelle eingegangen. In allen Fällen 
halte ich einen feuchten Verband für zweckmässig, schon um auf 
die immer mehr weniger auftretende Stauung im Oberlide einzuwirken. 
Hier ist noch zu berücksichtigen, dass nicht selten auch in un- 
komplizierten Fällen einmalige hohe Temperaturen — 39,5? am 
Tage nach der Killianschen Operation auftreten, die auf Resorption 
in der relativ grossen Wundhóhle zurückzuführen sind. Nach meinen 
Erfahrungen ist das von Fall zu Fall sehr wechselnd. Tempera- 
turen von 37,8—38,0° in den ersten Tagen nach der Operation bilden 
die Regel. 


53] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 649 


Vorsicht ist scheinbar geboten bei Fällen von Ozaena mit 
sekundärer Nebenhöhleneiterung. Siebenmann berichtete gelegent- 
lich der Diskussion zu den Referaten von Hajek und von Eicken 
über die Therapie der Eiterungen der oberen Nasennebenhöhlen 
(Naturforscher-Kongress Köln 1908) über trübe Erfahrungen bei ein 
paar Fällen von Nebenhöhleneiterungen nach Ozaena, die zur Operation 
kamen. Unter septischen Erscheinungen trat der Exitus ein. Ich 
konnte dort auch über den Verlust eines Patienten Mitteilung machen, 
der kurz nach Ausführung der Killianschen Stirnhöhlen-, Siebbein-, 
Keilbeinhöhlenoperation unter schweren septischen Erscheinungen zu- 
grunde ging, ohne dass die Besichtigung einen Anhalt gab. Bei diesem 
Patienten war eine deszendierende atrophische Entzündung bis in die 
Bronchien nachweisbar. Die Trachea war oft austapeziert von schwarz- 
grauen Borken, die auf Insufflation oder Instillation von Medikamenten 
hin oft in Mengen ausgehustet wurden. Weitere Erfahrungen über 
diese gefährlichen Resorptionsverhältnisse nach Operationen von 
solchen Fällen bleiben abzuwarten. Da der erwähnte Fall von den 
unkomplizierten der einzige Exitus bei unseren Operationen nach 
Killian ist, war mir diese Kenntnisnahme sehr interessant. 


Fall XVIII. 


Herr N. N., 23 Jahre alt, Lithograph, Berlin, kam zu mir mit der An- 
gabe, vor 5 Wochen und schon einmal vorher von einem Spezialarzt in Berlin 
operiert zu sein und zwar wegen einer Stirnhöhleneiterung, die in die Augen- 
höhle durchgebrochen wäre. Die Heilung wäre anfangs gut fortgeschritten, 
er hätte Verwandte auf dem Lande aufgesucht, um sich zu erholen. Die 
Schwellung am rechten Auge wäre jetzt aber wieder schlimmer geworden, 
er hätte immer Kopfschmerzen, fühlte sich sehr matt, hätte häufig Ohnmachten. 
Die Affektion soll zuerst plötzlich aufgetreten sein. 

Status praesens: 

Rote Schwellung der Augenlider rechts. Der Bulbus etwas nach aussen 
und unten protundiert. R. verläuft im oberen Augenlide eine tiefe Narbe, 
ebenso parallel mit den Augenbrauen eine solche medial nach unten um- 
biegend. Etwa an der lateralen Nasenbeingrenze r. eine Fistel, aus der Eiter 
hervorkommt. Keine Doppelbilder. Bulbus frei. 

In der Nasenhöhle viel Eiter von oben kommend. Mittlere Muschel er- 
halten. Überall Schwellung, mässige im mittleren Nasengang. 

Links kein besonderer Befund in der Nase. 

Diagnose: Sinuitis frontalis et Ethmoiditis purulenta cum osteoperiostit. 
acuta d. Phlegmonis orbitalis. Abscessus palpebrae inf. et sup. Cicatrices 
post operationem. 

Therapie: Erneute Killiansche Operation r. 

8. VII. 08. Operation in Chloroform-Morphiumnarkose. 

Bericht: 

Aussere Weichteile gerótet, geschwollen, besonders die Augenlider. Schnitt 
durch die alte Narbe in den Augenbrauen r. nach unten verlüngert durch die 


650 W. Uffenorde. [54 


Fistel, aus der reichlich Eiter hervorkommt. Im unteren Augenlide eine zweite 
Fistel, die nach Siebbein führt, mit der Sonde einfach durchzudringen. Nach 
Abhebung der Weichteile nach oben und Freilegung der Stimhóhle zeigt sich, 
dass einzelne Eiterdepots zwischen dem ungleichmássig mehr weniger derben 
Granulationsgewebe liegen. Sorgfültiges Kürettement der Stirnhóhle, Entfernung 
der überstehenden Knochenränder. 

Besonders medial wird ein über die Medianlinie hinübergehender Teil 
gesäubert und viel Knochen entfernt, um eine Verödung sicher zu ermöglichen. 
Die schmale orbitale Spange bleibt erhalten. Im Siebbein total polypoid ver- 
änderte Schleimhaut. Von Lamina papyracea fehlt ein grosser Teil: Frontale 
Zellen, Stirnhöhlenboden, alle Siebbeinzellen bis zum Keilbein entfernt. Aus- 
waschen mit Hydrogeniumlósung. Anfrischen der Fistelränder. Primäre Naht 
mit Aluminiumbronzedraht. Jodoformgazetamponade aus Nase. Verband. 

14. VII. Entfernung der Nähte. Im inneren Augenwinkel hat sich die 
Fistel, die in das obere Lid hineinführte, geschlossen. Allgemeinbefinden: 
besser. 

16. VII. Entlassen zur ambulanten Behandlung. Bds. Ferr. reduct. 2,5. 
Chinin hydrochloric. 1,5, Succ. et pulv. Liquir. 9,5. Pil. Nn. 100. 

22. VII. Entlassen. Keine Schwellung der Orbita mehr. Keine Protrusio 
bulbi. Allgemeinbefinden leidlich. Nase r. vorn o. freier. Wenig schleimiges 
Sekret von vorn oben. Inzwischen wiederholt 59/9 Arg. nitric. Pinselung vorn 
o. T. in der Nase. 

Bericht der kgl. Augenklinik: 

23. VII. 08. R. E. S. = 1,0. o = u. 

L. — 1,0 Deyl. S. = 1,0. o = u. 

R. Operationsnarbe entlang dem oberen Orbitalrand und nach innen unten 
zu umbiegend. Lider noch geschwollen. Das rechte Auge scheint beim Blick 
nach oben innen zurückzubleiben, doch sind Doppelbilder nicht festzustellen, 
da die Pupille bei extr. Blickrichtung von den geschwollenen Lidern zu- 
gedeckt wird. 


Epikrise: Die Entwickelung der Komplikation ist mir nicht 
ganz_ klar geworden. Die freundlichen Berichte des behandelnden 
Kollegen sind mir abhanden gekommen. Soviel ich mich erinnere, 
ist jedenfalls der ganze Prozess akut heftig eingesetzt, ohne zunächst 
Allgemeinerscheinungen zu zeitigen. Eine Erysipelinfektion ist zur 
Erklärung einer erneuten Temperatursteigerung mit Rötung und 
Schwellung der ganzen Infektionsherdgegend angenommen. Der Durch- 
bruch ist vom Siebbein aus, wie bei der Operation festgestellt wurde, 
in der gewöhnlichen Weise erfolgt, es fehlt ein grosses Stück der 
Lamina papyracea. Ausserdem ist eine Fistelbildung nach aussen 
erfolgt. Nach Öffnung eines Abszesses im Unterlide konnte man ohne 
weiteres mit einer Sonde ins Siebbein vordringen. Im Oberlide hat 
sich ebenfalls ein Abszess ausgebildet. 

Die ganze Entzündung ging offenbar deshalb nicht zurück, weil 
das Siebbein, von dem aus die Komplikation ausgegangen war, nicht 
bei der Operation berücksichtigt war. Trotz primärer Naht klangen 
die Erscheinungen post operationem sofort prompt ab. Der Patient, 


55] Komplizierte Fülle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 651 


der sehr heruntergekommen war, besonders auch durch psychische 
Depression, erholte sich bald. 

Der Fall lehrt übrigens wiederum, dass auch hier das Sieb- 
bein Berücksichtigung verlangt. Nach meinen Erfahrungen 
kommt es von hier aus sehr oft, öfter als von der Stirnhöhle aus 
zur orbitalen Komplikation. 


C. Fälle von chronischer Siebbein-Stirnhöhleneiterung mit orbitaler 
Komplikation. 


1. Chronische Phlegmone der Orbita. 


Ehe ich auf die Besprechung der beiden folgenden Fälle ein- 
gehe, möchte ich ein paar Worte über die sehr interessante Er- 
krankungsform vorauschicken, die entsprechend dem eben kurz skiz- 
zierten Entwickelungsgange als lange stationär bleibende orbitale Affek- 
tion aufzufassen sein wird, die aber doch spontan zur Heilung 
kommen kann. Ich habe in einem Falle ein chronisches, viel- 
leicht phlegmonöses Ödem der Orbita, als solches müssen wir es 
jedenfalls vorläufig auffassen, beobachtet, welches schliesslich spontan 
zurückging. In einem anderen Fall liegt etwas Ähnliches vor, in 
einem dritten Fall aber, der lange Zeit auch als solcher aufgefasst 
werden musste, wurde allmählich (erst nach zwei Jahren) der anzu- 
schuldigende orbitale Tumor manifest. In diesem Fall (Fall Bode) 
wurde Radikaloperation nach Killian gemacht, Siebbeinstirnhóhlen- 
eiterung nachgewiesen, eine Fistel in der vorderen Lamina papyracea 
gefunden, und eine Periorbititis konstatiert, die auch histologisch 
sicher gestellt wurde. Die übrigen Erscheinungen gingen zurück, die 
Wunde heilte glatt, aber die Protusio bulbi mit Exophthalmus blieb 
bestehen. In dem ersten Falle war ein solcher Exophthalmus nach 
endonasaler Operation einer Ethmoiditis noch fast ein Jahr in gleicher 
Weise nachweisbar, um dann sich spontan, allerdings mit dauernder 
Beeinträchtigung der Sehschärfe bis 5/10 V., zurückzubilden. Direkt 
nach der Operation war sofort eine Abnahme des Exophthalmus zu 
bemerken, aber dieses hielt nur für einige Tage an, bald war der 
frühere Zustand wieder erreicht. Ich möchte hier einfügen, dass 
diese Abnahme des Exophthalmus unmittelbar post operationem m. E. 
nur durch die Beseitigung des auf den Gefässen, besonders Venen, 
lastenden Druckes bei der Eröffnung der affizierten Hohlräume und 
der dadurch geschaffenen Entlastung und besonders durch die damit 
eingeleitete regulatorische Einwirkung auf die Zirkulationsverhältnisse 
in der Orbita, die ja in so innigem Zusammenhange mit den Neben- 
gefässen stehen, ihre Erklärung finden kann. Ich glaube nicht, dass 


652 W. Uffenorde. [56 


die Ausblutung bei der Operation an sich, die Paunz (über rhinogene 
Sehnervenentzündung. Arch. f. Augenhkd. 61, S. 369) für ähnliche 
Verhältnisse zur Erklärung heranzieht, die Abnahme des Exophthal- 
mus bedingt. Auch in dem bekannten eigenartigen Hajekschen 
Falle (Hajek: Akutes Empyem des Siebbeinlabyrinthes mit hoch- 
gradigem Exophthalmus, Heymanns Festschr. S. 629) von Exophthal- 
mus, der, wie oben schon erwähnt, nach der Operation schwand, 
kann diese Erklärung trotz Fehlens von äusseren entzündlichen Er- 
scheinungen und Erhaltung der Beweglichkeit Anwendung finden. 
Die von dem Autor selbst gegebene Erklärung des Zurückweichens 
der aus ihrer Stellung orbitalwärts dislozierten Lamina papyracea 
ist kaum mit unseren pathologisch-anatomischen Anschauungen und 
Erfahrungen vereinbar. Wir hatten unseren Fall zunächst nach 
Schmiegelows Vorgängen (Arch. f. Laryngologie Bd. 15, S. 267. 
Über die Beziehungen zwischen den Krankheiten der Nase und des 
Auges) als vasomotorische Reflexneurose gedeutet. Nach meinen 
weiteren und den in der Literatur niedergelegten Erfahrungen 
glaube ich aber, dass wir auch ganz allgemein an dem vorliegenden 
Teile viel mehr mechanische Momente u. z., besonders durch zirkula- 
torische Veränderungen geschaffen, bei dem Entstehungsmechanismus 
verschiedenster Komplikationsformen anschuldigen müssen (Ziem, 
Winckler, Paunz u.a.), nicht aber als Toxinwirkung (Kuhnt) und 
Nerveneinflüsse. 

Besonders, wenn man die schon oben gebrachten histologischen 
Durchschnitte und die in meinen ,Erkrankungen des Siebbeins^ aus- 
geführten pathogenetischen Vorgänge berücksichtigt, die sich ohne 
weiteres aus den mikroskopischen Präparaten herleiten, sind diese 
Auffassungen durchaus plausibel. Hier wird neben der oben bei der 
Entstehung der Neuritis optica z. B. besonders in den Vordergrund 
gerückten mehr mechanischen Komponente durch Stauungsdruck eine 
entzündliche Komponente mit in Rechnung zu ziehen sein. 

Ich halte es für sehr wohl möglich, dass nach entstandener Periorbitis 
zunächst eine leichte Phlegmone mit Ödem in der Orbita entsteht, 
die auch nach Eröffnung der primär erkrankten nasalen Hohlräume 
nur teilweise zurückgeht. Entweder wird nämlich die durch Ver- 
legung verschiedener Blutwege geschaffene Zirkulationsstörung unter 
allmählicher Ausbildung kompensierender Wege ausgeglichen werden 
können, und damit der Exophthalmus zurückgehen, oder aber der 
phlegmonöse Prozess treibt weiter sein Spiel. Es können auch um- 
schriebene Verklebungen mit Bindegewebsneubildungen entstanden 
sein, und dadurch verschiedene Blutwege verlegt worden sein, deren 
Verlegung wiederum Stauung nach sich zog, die wiederum erst all- 


57] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 653 


mählich ausgeglichen werden kann. Solche Entzündungsvorgänge 
können auch bekanntlich in der Subkutis ihr Wesen treiben. Es 
kann bei der chronischen Phlegmone des subkutanen Gewebes neben 
der durch Gefässverlegung geschaffenen elefantiastischen Verdickung 
öfter ein gelegentliches Aufflackern der Entzündung von abgeschlossenen 
Infektionserregern aus beobachtet werden. 


Fall XIX. 


1. Minna Nolte, 39 Jahre alt, Schneiderin, Bovenden, kam am 4. X. 05 
in unsere Poliklinik mit der Klage, im vorigen Winter heftige Influenza gehabt 
zu haben. Seitdem sei die linke Nasenseite verstopft, öfter eiteriger Ausfluss. 
Links ist sie auch schwerhórig. Seit ca. 14 Tagen habe ich Stiche im Kopfe 
gespürt. Nicht kontinuierliche Ohrgeráusche vernommen. Sie sei bisweilen 
schwindelig, taumelig gewesen. Sie habe nie Ohreiterung gehabt. 

Seit 8 Wochen habe sie ein vorgetriebenes Auge l Im Halse sei seil 
8 Wochen Verschleimung aufgetreten, allgemeine Kopfschmerzen. Sie wird von 
der Augenklinik geschickt. 

Befund: Seit mehreren Wochen aber keine Kopfschmerzen, sondern 
nur Spannungsgefühl, von Nase nach Ohr ausstrahlend. Besonders morgens 
starke Schwellung des oberen Lides. Im übrigen hat Pat. keinerlei Beschwerden. 

Bericht der kgl. Augenklinik: 

R. 5. = 10. 0. — u. 

L. S. = 0,7—0,8. o. = u. 

L. Bulbus deutlich vorgetrieben, leichte Schmerzhaftigkeit beim Druck 
nach rückwärts. Beweglichkeit gut. Die ganze linke Gesichtshälfte ist leicht 
geschwollen. Über dem Ohr ist eine kleine schmerzhafte Stelle. Das Gehör 
ist links stark herabgesetzt. Im Munde nichts Besonderes. Pat. klagt über 
Schmerzen in der l. Gesichtshälfte. Die beschriebenen Symptome bestehen 
seit ca. 8 Wochen, vorher bestanden starke Kopfschmerzen. Pat. leidet jetzt 
noch an Magen- und Darmbeschwerden. 

Status praesens: Nase l. momentan weit, m. Muschel klein, fast 
atrophisch. Proc. uncinatus-Schleimhaut sehr stark ödematös geschwollen, 
ebenso die gesamte sichtbare Siebbeinschleimhaut. Nasenrachenraum frei. 
Protrusio bulbi links. Visus herabgesetzt. Die Hirnnerven sind frei. Patellar- 
reflexe beiderseits ohne Bes. Urin frei. i 

Diagnose: Ethmoiditis sin. hyperplastica. Salpingitis 1. Exoph- 
thalmus 1. 

6. X. Links Siebbein ausgeräumt. In allen Zellen polypoid geschwollene 
Schleimhaut. Kein freier Eiter. Os in Bulla und Proc. uncinatus hochgradig 
rarafiziert. 

7. X. Exophthalmus gebessert. Nur morgens früh zunächst etwas mehr 
ausgebildet. 

9. X. Exophthalmus besser, keine Beschwerden mehr. Visus gebessert. 

12. X. 05. Exophthalmus viel besser, fast ganz geschwunden. Sub- 
jektiv gut. 

29. I. 07. Kein Exophthalmus mehr nachweisbar. Noch Druck auf Kiefer- 
höhle links. Kieferhöhle punktiert, negativ. Siebbein glatt. 

Bericht von Herrn Augenarzt Dr. Veith, den die Pat. !/, Jahr etwa 
nach unserem Eingriff am Siebbein konsultierte. 


654 W. Uffenorde. [58 


26. VII. 1906. L.: Visus !/,  Exophthalmus seit 3 Wochen. Keine 
Pulsationen. Kein Tumor zu fühlen. Schimerzhaftigkeit am Processus mastoideus. 
Ophthalmoskopisch: Papille hyperämisch, Venen stark gefüllt, geschlängelt. 

27. IV. 07. Exophthalmus von selbst zurückgegangen. Visus = #/,.. 
Atrophia u. optici. Pupille reagiert etwas träge. Gesichtsfeld für Weiss und 
Farben eingeengt. 

Epikrise: Die Patientin war vor unserer Behandlung wieder- 
holt untersucht. Es war u. a. auch ein Tumor in der Flügelgaumen- 
grube angenommen worden. Nach der Auffassung von Schmie- 
gelow (über die Beziehungen zwischen den Krankheiten der Nase 
und des Auges, Fränkels Arch. f. Laryng. 15, S. 267) fassten wir 
zunächst den Exophthalmus als vasomotorische Reflexneurose vom 
erkrankten Siebbein aus auf. Die Annahme hatte nun immer etwas 
Gezwungenes an sich. Als dann der folgende zu schildernde Fall 
Bode von uns behandelt war, änderte ich meine Auffassung. Hier 
bestand ebenfalls über lange Zeit hinaus ohne ausgesprochen ent- 
zündliche Vorgänge in der Orbita, ohne Empfindlichkeit und Rötung, 
ohne Neigung zu abszedieren, ein Exophthalmus in derselben Weise, 
der aber sicher ätiologisch als phlegmonöser aufzufassen war, da 
wir bei der Operation nach Killian an der Periorbita eine susge- 
sprochene Infiltratbildung aufdecken konnten und der Exophthalmus 
nach Siebbeinstirnhóhleneiterung aufgetreten war. Durch die Be- 
zeichnung „chronische Phlegmone“ werden die Verhältnisse bis auf 
weiteres am besten charakterisiert. Eine andere Ätiologie kommt 
hier kaum in Frage. Eine intraorbitale idiopathische Affektion, 
Basedowsche Erkrankung, Nierenerkrankung u. a. konnte aus- 
geschlossen werden, der weitere günstige Verlauf spricht ja am besten 
dafür. Auch die Anamnese stimmt sehr wohl zu der Annahme. Die 
Patientin hatte Frühjahr vorher eine heftige Influenza durchgemacht, 
hatte seitdem Nasenbeschwerden links. Es hatte öfter eiteriger Aus- 
fluss aus der linken Seite bestanden. Gleichzeitig hatte sich im 
Anschlusse daran ein Tubenmittelohrkatarrh links entwickelt. Seit 
Sommer desselben Jahres hatte sich dann, offenbar anschliessend an 
eine der häufiger durchgemachten akuten Exazerbationen des Nasen- 
leidens ein Exophthalmus entwickelt mit Kopfschmerzen und Spannungs- 
gefühl. Morgentlich ist das obere Lid stärker angeschwollen, was 
auch auf einen entzündlichen Ursprung hindeutet. 

Nach der Siebbeinoperation trat eine vorübergehende ausge- 
sprochene Besserung des Exophthalmus fast bis zur Norm ein. Später 
im Jahre 1906 wurde der Bulbus von neuem vorgetrieben, um dann 
ausgangs 1906 definitiv wieder zurückzugehen. Dabei zeigte dann 
das restierende Siebbein normalen Befund, die Beschwerden seitens 
der Nase waren geschwunden. 


59] Komplizierte Fälle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 655 


Ich glaube, dass in diesem Falle gelegentlich einer akut eiterigen 
Infektion des hyperplastisch veränderten Siebbeins sich ein Durch- 
bruch in die Orbita vorbereitet hat. Die entstehende Infektion des 
Orbitalinhaltes hat den Exophthalmus veranlasst. Die nicht voll zur 
Ausbildung kommende Infektion, vielleicht weil die Eiterretention in 
einer der verantwortlich zu machenden Siebbeinzellen inzwischen be- 
hoben war, hatte nun lange Zeit, etwa ein Jahr, in dem dazu ja sehr 
neigenden orbitalen Gewebe gespielt. Man muss schwach virulente 
Erreger annehmen. Eine andere Erklärung für das entzündliche 
Ödem wird kaum möglich sein. Eine weitere Stütze findet meine 
Annahme darin, dass vor dem Rückgang des Exophthalmus auch die 
induzierende Siebbeinaffektion geheilt war. Dass die Vortreibung 
des Bulbus erst später spontan allmählich sich zurückbildete, findet 
zwanglos dadurch eine Erklärung, dass eben die Erreger allmählich 
m munisiert sind, und die zirkulatorischen Störungen, die ja auch 
eine Rolle mitgespielt haben, sich allmählich ausgeglichen haben. 
Auf Kosten des lange Zeit hindurch bestandenen Drucks und der 
Dehnung des N. optikus ist die mässige Atrophie des Optikus zu 
setzen. 

Hinzufügen möchte ich noch, dass wir in den zahlreichen Fällen 
von ausgesprochener orbitaler Phlegmone den Rückgang der orbitalen 
Entzündung nach Ausführung der Totalaufmeisselung in ganz ver- 
schieden langer Zeit beobachtet haben. In dem vorliegenden Falle 
ist auch zu erwägen, dass ja nur endonasal operiert worden ist. Die 
noch so sorgfältig durchgeführte endonasale Ausräumung des Sieb- 
beins kann aber erfahrungsgemäss niemals alle Siebbeinzellen er- 
reichen, es bleibt viel mehr unerreicht, als man anzunehmen geneigt 
ist. Das ist für mich eine feststehende Tatsache, die ich wiederholt 
bestätigen konnte in Fällen, wo sich die zunächst endonasal ausge- 
führte Inangriffnahme des veränderten Siebbeins als unzulänglich er- 
wies, und ein Eingriff von aussen erforderlich wurde. Auch von ver- 
schiedenen anderen Seiten ist in diesem Sinne berichtet worden. Es 
kann also in diesem Falle sehr wohl von nicht eröffneten Zellen aus die 
orbitale Veränderung noch längere Zeit unterhalten sein, bis die Ver- 
änderungen auch dort sich zurückbildeten. Ich würde in Zukunft in 
solchen Fällen, wenn ein ütiologischer Kausalkonnex anzunehmen ist, 
gleich von aussen operieren, um den Optikus womóglich rascher zu 
entlasten. Allerdings werden die Fälle ziemlich selten sein. Der 
zweite zunächst so gedeutete Fall ist folgender: 


656 W. Uffenorde. [60 


Fall XX. 


Friedrich Bode, 55 Jahre alt, Landwirt, Lüntorf bei Hameln. 

Anamncese:L. Auge geláhmt seit 2 Monaten, hat spontan Kopfschmerzen. 
In der Nase keine Beschwerden; auch l. Luftpassage frei. Hat auch keine 
Blutung aus der Nase gehabt. 

Diagnose: Ethmoiditis suppur. chron. sin. c. osteoperiostite. Orbital. 
phlegmone. Tumor? 

Therapie: Killiansche Aufmeisselung, Eróffnung der Orbita. 

Nase und Rachen: Endonasal bes. bei einfacher Inspektion, auch nach 
Kokain nicht bes. Nach Infraktion der mittleren Muschel sieht man eine hoch- 
rote Schwellung am Proc. uncinatus. Lappige Schwellung auf Bulla ethmoidalis. 
Dahinter von oben her der Fundus meat. nar. med. zum Teil verlegt durch 
eine bläulich verfärbte Prominenz. Knochenlamellen erhalten. 

Operationsbericht. Skopomorphin-Chloroformnarkose. 

Aussere Weichteile sehr blutreich, ohne Bes. Der Knochen ebenso, ziemlich 
dick. Im Siebbein zeigt sich die gesamte Schleimhaut mehr weniger polypoid 
entartet. Die Stirnhöhle ist gross, die Schleimhaut ist mässig geschwollen, 
wenig schleimeiteriger Inhalt. Der Stirnhöhlenboden wird ganz entfernt. Die 
Lamina papyracea ist nirgends durchbrochen. Die Periorbita erweist sich 
nach fast totaler Resektion der Lamina papyracea in halber Tiefe etwa ver- 
dickt, derb mit Granulationen bedeckt, in den Orbitalinhalt ist keine um- 
schriebene Schwellung oder Verdickung sonst fühlbar. Es wird ein Stück 
von der granulierenden Periorbita entfernt zur histologischen Untersuchung. 
Dabei Orbitalinhalt etwas eröffnet, es liegt ein Muskelbruch im Rectus ext. 
vor. Keilbeinhöhle eröffnet, vordere Wand entfernt, darin viel Schleimeiter, 
die Schleimhaut ist dick glasig geschwollen, es werden mehrere typische 
Polypen entfernt. Keine Fistel nachweisbar. Jodoformgazetamponade. Primäre 
Naht mit Aluminiumbronzedraht. 

3. NI. 08. Totaloperation nach Killian. 

Pat. abends noch leicht benommen, hat wenig erbrochen, keine Temp. 

5. XI. Entfernung der Tampons, die z. T. schon am Tage zuvor ent- 
fernt sind. 

9. XI. Nähte entfernt. Pat. hatte immer etwas Kopfschmerzen, die vor 
wiegend von der Stirne rückwärts auf den Kopf ausstrahlten, die an Intensität 
wechselten. Nase trocken, Borken. Salbe. — Die Beweglichkeit des Bulbus 
ist besser, der Obliquus superior ist freier, Auswärtsbewegung noch sehr 
beschränkt. — Augenhintergrund ohne Bes. Exsudat über Lamina cribrosa. 
I;xophthalmus scheinbar etwas geringer. Subjektiv gut. Jodkalium verträgt Pat. 
schlecht, fortgelassen. | 

14. XI. Geht ab. Schnittlinie vernarbt. Im Naseninneren noch Borken. 

Nachurteil der Augenklinik: Blutung unten auf Papille, sonst keine Ver- 
ünderungen. Beweglichkeit besser, Protrusio gebessert. 

Rp. Chinin. hydrochloric. 2,0 
Ferr. reduct. 2,5. 
3 mal tágl. 2 Pillen. 

17. II. 09. Pat. wird von der Augenklinik uns wieder zugesandt. Das Auge 
ist seit 4 Wochen etwa wieder prominent; es soll vor einigen Tagen noch 
schlimmer gewesen sein. Hat Kopfschmerzen. Stechende Schmerzen im |. 
Auge. Grosse Schwäche der linken unteren Extremität, Magenbeschwerden. 
Jetzt kann er das |. untere Bein im Stehen ohne Schmerzen heben. Das 


61] Komplizierte Fälle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 657 


Auge ist ziemlich prominent. Bulbus fast unbeweglich. Pupille weit. Fazialis, 
Hypoglossus, Glossopharyngeus. Akustikus frei. Trochlearis, Abduzens r. frei. 
Olfaktorius l. schwächer, auch r. etwas weniger ausgesprochene Funktion. 
Gaumensegel, Kieferfunktion frei. Trfl. ohne Bes. Epipharynx frei, Choane 
frei, ebenso l. wie r. in der Nase keine bes. Befund. Obere Extremität frei, 
rohe Kraft gleich. 

Sowohl von Herrn Prof. Hirsch als auch von der kgl. Nervenklinik 
wurde die schlaffe Lähmung der unteren Extremitäten, bes. links als poly- 
neuritisch aufgefasst, die unabhängig von den Orbitaleiden war. 


A 
Linkes Auge 
0 





Bericht der kgl. Augenklinik: 

Status praesens: 21. X. 08. R. A. Äusserl. und innerlich normal. 

L. A. Steht etwas tiefer als das rechte und ist deutlich vorgetrieben. Die 
Beweglichkeit des Bulbus ist vóllig aufgehoben nach oben, nach aussen teil. 
weise auch innen und nach unten. Hier kommt bloss die charakteristische 
Wirkung des Obliq. sup. mit seiner Raddrehung zustande. 
R. 1,5 Deyt. 1 20? oben aussen H = < 0,8. L. S = Finger in 2 m. exzentrisch. 

Auge reizlos. Brechende Medien klar. Pupille reagiert prompt. 

O: vóllig normal. 

Bei Betastung des Orbitalrandes keine Schmerzen. Ebensowenig bei Druck 
auf den Bulbus rückwürts. 


653 W. Uffenorde. [62 


23. X. Untersuchung in Narkose ergibt keine Anhaltspunkte 
für das Vorhandensein eines Tumors. Hochgradige Kopfschmerzen. 
24. X. Untersuchung in der Nervenklinik ergibt keinen 
pathol. Befund des Nervensystems. Hochgradige Kopfschmerzen. 
27. X. In der Ohrenklinik wird ein Tumor nachgewiesen, der von dem 


hinteren Siebbein ausgeht. 
30. X. 1908. Verlegung nach der Ohrenklinik. 
13. XI. 08. L. Beweglichkeit der Augenmuskeln immer noch ganz unvoll. 


kommen. Doch ist die Protrusio entschieden geringer. 


A 
Rechtes Auge 





O. — Papille etwas blass. Im Gefässtrichter liegt ein feines Exsudat und 
der Rest einer Blutung. Kopfschmerzen geschwunden. 
S = 0. Amaurose. 


7. XII. 08 Status idem: Blutung auf der Papille noch sichtbar. 

5. III. 09. Pat. ist seit 14 Tagen in der Nervenklinik. aufgenommen, 
Seit 5 Tagen bemerkt er cine noch zunehmende Sehschwäche rechts. 

Status: R. A. Augenbewegungen frei. Pupille reagiert. 

O: Papillengrenzen leicht verwaschen. Papille hyperümisch. 

Gesichtsfeld: Geringe Finschränkung aussen. Sonst Aussengrenzen 
normal. 

R. S = 0,1. L. Amaurose. 


63] Komplizierte Fálle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 659 


Centr. relat. Skotom für Weiss und Blau. Centr. absol. Skotom für Rot. 
Grün nicht erkannt. 

L. Bulbus protundiert. Völlige Ptosis. Conj bulbi unten chemotisch. 
Pupille weit, absolut starr, auch bei sonst. Belichtung. Papille weiss, mit 
unscharfen Grenzen. 

Gelähmt sind: alle Zweige des Okulomotorius. Frei, aber in der Aktion 
beschränkt, Abduzens und Obliq. sup. Keine Schmerzen. 

11. III. 09. R. Äussere Augenmuskeln frei. o=u. S=Fingerind4 m. 

4. XI. 09. Aufnahme: 


A 
Rechtes Auge 





R. A. Augenmuskeln frei. Pupille weit, reaktionslos. o = Papille weiss, 
Grenzen scharf, Arterien verdünnt; Lamina undeutlich. S = Finger in äi m. 

L. A. Enophthalmus. Lider können nicht vollkommen geschlossen werden, 
so dass beim Lidschlag der untere Teil der Kornea nicht getroffen wird. 
Unten sagokorngrosses Ulkus. Pupille starr, weit. Unten einige Synechien. 
Augenmuskeln wie oben. Fw. Verband. 

8. XI. 09. Siehe Bericht der med. Klinik. 

10. XI. 09. Infiltration geht zurück. 

15. XI. 09. Ulkus hat sich gereinigt und spiegelt überall. Iris nicht mehr 
hyperämisch. 


660 W, Uffenorde. [64 


20. XI. 09. Ulkus hat sich gefüllt. Epithel glatt. Bulbus nur noch wenig 
gereizt. R. wie oben. 

21. XI. 09. Mit Verband entlassen. Soll sich zu Haus beim Arzt noch 
öfter vorstellen. R. S — Finger in 11/,—2 m. 

Epikrise: In diesem Falle hatten wir zunächst eine Tumor- 
bildung im linken Siebbein für wahrscheinlich gehalten. Die Operation 
deckte aber ein ausgedehntes Empyem der s&mtlichen oberen Neben- 
hóhlen links auf. Zur Vorsicht exzidierte ich ein Stück Granulations- 
gewebe von der Periorbita zur histologischen Untersuchung, die ein 
negatives Resultat ergab. Die Periorbititis schien uns genügend Auf- 
klärung über die Schwellung des Orbitalinhaltes and zwar durch einen 
phlegmonösen Prozess zu geben. Dass der Patient Nasenbeschwerden 
negierte, sagt ja erfahrungsgemäss nicht viel. Der Exophthalmus hatte 
schon 2 Monate bestanden, dieser Umstand konnte für die lange Dauer 
der orbitalen Phlegmone mitanzuschuldigen sein. Auch konnte ein 
etwa bestehendes lokales idiopathisches Leiden in der Orbita oder ein 
endokranielles oder allgemeines Konstitutionsleiden weder von der 
kgl. Augenklinik, noch von Herrn Prof. Hirsch, noch von der kgl. 
Nervenklinik, noch von uns eruiert werden. Überall ist der Patient 
wiederholt in grösseren Zwischenräumen untersucht. Die Erschei- 
nungen an der l. unteren Extremität muss wohl als rheuma- 
tische Affektion gedeutet werden. Nach der Operation ist auch in 
diesem Falle der Exophthalmus zunächst etwas zurückgegangen, um 
dann wieder stärker hervorzutreten. Leider kann ich über den 
weiteren Verlauf nichts Näheres berichten. Eine Anfrage bei dem 
seit langem nicht zur Untersuchung gekommenen Patienten ergab 
kaum verwertbare Beantwortung. Darnach besteht die Protusio bulbi 
noch in gleicher Weise. 

Inzwischen ist der Patient etwa 2 Jahre später zur Unter- 
suchung gekommen. Darnach müssen wir unsere Auffassung wesent- 
lich ändern. Ein derber Tumor hat die ganze linke Schläfe ausge- 
dehnt vorgetrieben. Die Protusio bulbi ist zurückgebildet, aber es 
besteht fast totale Amaurose. Eine Röntgenaufnahme zeigt, wie die 
seitliche Orbitalwand breit durchbrochen ist und zum Teil Knochen- 
schalen abgehoben sind. Der Fall kann hier also nur als Beleg für 
eventuell differentialdiagnostische Schwierigkeiten dienen. Es bestanden 
hier von vorneherein zwei Affektionen nebeneinander, nämlich Tumor 
der Orbita und Ethmoiditis suppur. cum osteoperiost. 


2. Gewöhnliche orbitale Komplikationsfälle. 
Fall XXL 
Hermine Junge, 30 Jahre alt, Kéchin, Góttingen. 
Anamnese: Seit Oktober im Anschluss an eine Erkältung linksseitige 
Stimkopfschmerzen und reichliche Schleimabsonderung aus der linken Nasen- 


65] Komplizierte Fälle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 661 
seite. Ebenso Schmerzen im linken Auge. Hat die kgl. Augenklinik aufgesucht 
und ist uns von dort überwiesen worden. 

Bericht der kgl. Augenklinik: 

5. I. 11. Bds. S = 0,9. 0 = u. 

Starke Schmerzen am oberen Orbitalrand und in der rechten Kopfseite. 
Wahrscheinlich Empy. des Sinus front. 

Seit Weihnachten Schmerzen nach starker Erkältung. 

Am 6. Januar Killiansche submuköse Septumresektion des nach links 
devierten Septums. Am 11. d. Mts. Freilegung der Stirnbucht, wobei reichlich 
Eiter von oben abfliesst. In den letzten Tagen abendliche Temperaturerhöhungen 
um 37,8%, morgens 37,4%, Schwellung beider Augenlider, besonders im inneren 
Augenwinkel und Protusio bulbi, die sich ganz allmählich entwickelt hat. 
Wechselnd sehr heftige Schmerzen bis auf Scheitel ausstrahlend. 

Diagnose: Ethmoiditis et sinuitis frontalis sinistri cum osteoperiost. 
Orbitalphlegmone. 

Therapie: Killiansche Stirnhóhlenoperation links. 16. I. 1911. 

Nase und Rachen: Nach Killian operiertes Septum, rechtes Schleim- 
hautblatt glatt. L. freigelegte Stirnbucht. Im mittleren Nasengange |. viel 
Eiter. Leichte Protusio bulbi sinistri, nach aussen und unten keine Doppel- 
bilder. Mässige Schwellung der Augenlider. L. Stirnhóhlenboden stark druck. 
empfindlich. 

Kehlkopf und Lungen: o. B. 

Sonstiges: Herz und Unterleibsorgane gesund. Reflexe prompt. Augen- 
hintergrund normal. Urin frei von krankhaften Beimengungen. Sensorium frei. 
Keine Motilitäts- oder Sensibilitätsstörungen. Hirnnerven frei. 

16. 1. 1911. Operation in Chloroform-Morphiumnarkose. 

Bericht: Áussere Weichteile etwas geschwollen. Knochen ohne Bes. 
Stirnhöhle ziemlich gross, reicht weit hinauf, ist flach. Nach rechts weit 
hinüberreichend. Bei der Aufdeckung dieses Rezessus Eröffnung der rechten 
Stirnhöhle; diese normal. Von Stimhóhle und mittlerem Siebbein sind sehr 
breite orbitale Rezessus bis in die Tiefe und seitlich fast über die ganze 
Orbita ausgebildet. Diese enthalten bei der Stirnhöhle stark geschwollene 
Schleimhaut und freien Eiter. Ausgedehnte Resektion des orbitalen Daches. 
Säuberung der Wundhöhle. Nirgends freier Fiter in der Orbita. Nach Resektion 
der Lamina papyracea in grosser Ausdehnung, zeigt sich nur vorn hinter Tränen- 
bein leichtes periorbitales Infiltrat, im übrigen Periorbita glatt, nicht verdickt. 
Gazetamponade-Verband. Naht mit Michelschen Klammernähten. 

17. 1. Abendtemperatur gestern 38,39, heute 38,19. Auch rechtes Auge 
fast tota! verschwollen. L. Auge fest geschlossen. Chemosis des oberen Lides. 
Protusio bulbi stürker. Nase auch rechts verlegt. Entfernung des Tampons. 

18. I. Abendtemperatur 37,6%. Verbandwechsel. L. starkes Ödem des 
oberen Augenlides und des orbitalen Gewebes, so dass der Bulbus ziemlich 
stark nach unten und aussen verdrängt ist. Nase bis. frei. Feuchter Verband. 
Gegen die Schmerzen !/, Spritze Morphium. 

22. I. Fortnahme der Klammernáühte. Die Schwellung geht zurück. Die 
Beschwerden geringer. Keine Diplopie. 

26. I. Auge öffnet sich spontan wieder leidlich. Keine Schmerzen mehr, 
keine Temperatur. Wenig Eiter aus der Nase. Die geringer gewordene Schwel- 
lung ist blass. 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III. H. 6. 44 


— — 


662 W. Uffenorde. [66 


3. II. Ödem fast vollkommen zurückgegangen. Keine Doppelbilder. Bulbus- 
beweglichkeit ganz frei. Jetzt ohne Beschwerden. In der Nasenhöhle Schleim- 
haut etwas trocken, noch einige Borken. . 

Vor einigen Tagen bekam Pat. plötzlich unangenehmes, häufig auftretendes 
Erbrechen, starke Kopfschmerzen links, besonders nachts. Temperatur 37°. 
Puls eher beschleunigt. Da die Pat. auch früher schon leicht Erbrechen hatte 
und kein zerebrales Symptom nachweisbar war, Bettruhe. Abwarten. Diät. 

Wieder Wohlbefinden. 


Epikrise: Es wurde bei der Patientin, die zunächst über sehr 
heftige Kopfschmerzen links und Stechen im l. Auge, mit Empfind- 
lichkeit der Stirnhöhlenwandung und leichtem vorübergehendem Ödem 
des oberen Lids klagte, versucht, durch submuköse Septumoperation, 
Ausräumung der vorderen Siebbeinzellen, Resektion des Processus 
uncinatus und Spaltung der Stirnbucht, die etwa einsetzende Pro- 
gedienz der Infektion zu kupieren und eventuell Heilung zu er- 
zielen. Aber nach diesen Massnahmen trat eine allmählich 
immer stärker werdende orbitale Schwellung mit Protrusio bulbi 
auf, die uns schliesslich zum Eingriff von aussen zwang. Die 
Temperatur stieg allmählich auf 38%. Kin Defekt der orbitalen 
Wandungen wurde nicht gefunden, ebenso intraorbital kein freier 
Eiter. Ein sehr geräumiger lateraler Rezessus von Stirnhöhle und 
vorderem Siebbein war hier ausgebildet. Auch hier entwickelten sich 
nach der Operation die orbitalen Erscheinungen noch mehr. Protrusio 
und Dislocatio bulbi wurden wesentlich stärker. Natürlich spielten 
dabei die immer nach der Stirnhöhlenoperation auftretenden Stauungs- 
vorgänge infolge verlegter Blutwege mit. — Ich möchte hier darauf 
hinweisen, dass wir wiederholt beobachten konnten, wie bei beginnen- 
den orbitalen Durchbrüchen durch die endonasale Encheirese der 
Propagationsprozess deutlich beschleunigt wurde und Fieber auftrat. 
Die 14 Tage post operationem auftretenden Erscheinungen, Erbrechen, 
starke linksseitige Kopfschmerzen u. a. waren. auf lebhaften Würg- 
reflex im Rachen und allgemeine Schwäche zurückzuführen. 


Fall XXII. 


Fritz Kuhlebrok, 27 Jahre alt, Bóttcher, Hóxter. 

Pat. gibt an, seit A Wochen Schmerzen unterhalb des I. Auges zu haben. 
Er wurde vom Arzte zunächst wegen Nervenentzündung behandelt, und als 
sich eine wechselnde Schwellung der linken Gesichtshälfte und der Augen- 
höhle einstellte, in die hiesige Augenklinik geschickt. Von dort wurde er 
uns am 7. XI. überwiesen. 

Am 11. Xl. wurde von uns die Stirnbucht in der von uns geübten Weise 
freigelegt. Darauf abendliche Temperatursteigerungen und Ödem der Augen- 
lider, deshalb Radikaloperation vorgeschlagen. 

Status praesens: Nase: Deviatio septi nach links, im |. mittleren 
Nasengang viel Eiter; Kieferhöhle punkliert, frei; untere Muschel wenig ge- 
schwollen, r. ohne Besonderheiten. 


67) Komplizierte Fälle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 663 


Ödem der Augenlider links. Rötung der Conjunctiva bulbi. Starke Druck- 
empfindlichkeit des Orbitaldaches. (S. Abbildung 9, Taf. XXX.) 

Rachen, Kehlkopf und Lungen ohne Besonderheiten, ebenso Herz. Im 
Abdomen kein besonderer Befund. Hirnnerven frei, keine Motilität oder Sensi- 
bilitätsstörung. Reflexe erhalten. Sensorium frei. Augenhintergrund frei. Urin 
olme krankhafte Beimengungen. 

14. XI. Killiansche Stirnhéhlenoperation. 

Diagnose: Sinuitis frontalis et ethmoiditis purulenta cum osteoperiostit. 
chron. sin. Orbitalphlegmone 1. Operation in Scopomorphin-Chloroformnarkose. 

Operationsbericht: Aussere Weichteile ohne Besonderheiten, ebenso 
wie der Knochen; die Stirnhóhle ist klein, medial gelegen. Erfüllt von Schleim- 
haut Schwellung ohne freien Eiter. Im Siebbein überall Schleimhautschwellung ; 
einschliesslich der Keilbeinhöhle mit stinkendem Eiter erfüllt, z. T. übel schwarz 
verfárbt. 2 cm hinter dem Tränenbein ziemlich unten ist die Lamina papyracea 
an verschiedenen Stellen schwach verfärbt und weist mehrere kleinere Durch- 
briiche auf. Keilbeinhéhle sehr gross, mehrfächerig. Die Periorbita mässig 
granulierend und gelbgrau an der entsprechenden Stelle verfärbt, die Lamina 
papyracea wird zum grossen Teil reseziert, Stirnhöhle und Siebbein sorg- 
fältig gesäubert, primäre Naht. Verband. 

Am 16. XI. Entfernung der Tampons aus der Nase. Keine Temperatur. 

Am 21. Entfernung der Nähte. Wohlbefinden. 

Am 27. wird Pat. entlassen, hat keine Beschwerden mehr. Die Naht ist 
gut primär geheilt; noch wenig Schleimeiter aus der linken Nase. 

Am 12. XII. wird das hochgradig verbogene Septum nach Killian 
submukós reseziert. 

Am 16. XII. wird Pat. definitiv geheilt entlassen. 


Bericht der kgl. Augenklinik: 


Diagnose: Protrusio bulbi. 

Stirnhöhleneiterung unter Mitbeteiligung der Siebbeinzellen und der Keil- 
beinhöhle. 

Status praesens: L. A. Gegend des Unterlides ódematós geschwollen, 
Schwellung zieht sich auch nach der Nase hin. Gegend des inneren Lid- 
winkels und unterer Orbitalrand sehr druckempfindlich. S = 1,0. 

Bulbus etwa 2 mm prot. reizlos. Alles normal, auch ophthalm. keine 
Veränderungen. 

R. A. normal. o = u. S = 1,0. 

Es scheint sich um cine Periostitis am unteren Orbitalrand zu handeln, 
Ausgangspunkt noch nicht klar. Tränensackphlegmone liegt nicht vor. 

Ord.: Laue Umschläge, fw. Verband. 

5. XI. Schwellung etwas geringer, Protrusio geht ebenfalls zurück. Schmerz- 
haftigkeit nur noch im Lidwinkel sehr stark. Man fühlt am unteren Orbital- 
rand innen eine verdickte Stelle. 

7. XI. Wieder mehr Schmerzen, Schwellung unverändert. Bulbus auch 
noch etwas prot. S = 1,0. o = u. 

Untersuchung und Verlegung in die Ohrenklinik. 

14. XI. 1910. Operation dort s. oben. 

26. XI. 10. Vorstellung: Keine Schwellung des Unterlides mehr. Zwischen 
Naso und innerem Lidwinkel und über dem oberen Lid ist geringe Schwellung 
vorhanden, die von der Operationswunde herrührt. Keine Protrusio bulbi mehr 
und keine Druckschmerzhaftigkeit. o = normal. Bds. S = 1,0. 


44* 


664 W. Uffenorde. ` [68 
14. XIL 10. Es ist alles normal geblieben. Schmerzen bestehen nicht 
mehr. Dem Pat. soll noch das Septum der Nase entfernt werden. Bds. S = 1,0. 


Epikrise: Auch hier entwickelte sich die Komplikation, ganz 
langsam, würde aber nach der alten Unterscheidungsform zu den 
akuten Durchbrüchen zu rechnen sein. Zunächst kam es, wie auch 
im vorigen Falle, zu unangenehmen Kopfschmerzen in der linken Seite, 
dann traten wechselnde Schwellungszustände des oberen Lides, dann 
des Augenhöhleninhaltes und der ganzen Gesichtsseite auf. Der Ver- 
such, durch endonasale Aufdeckung des Stirnhöhlenbodens die Progre- 
dienz in die Augenhöhle zu verhindern, misslang auch hier. Eine 
ausgesprochene Fistelbildung mit mehrfachen Defekten von ver- 
schiedener Grösse und eine entsprechende Periorbititis wurde an der 
gewöhnlichen Stelle an der Lamina papyracea aufgedeckt. Die histo- 
logischen Abbildungen 5 und 6 sind oben wiedergegeben. Nachträg- 
lich haben wir noch die hochgradige Deviation des Septum links, 
die fiir die Stabilisierung der Eiterung in den affizierten Neben- 
hóhlen mitanzuschuldigen ist, nach der Methode von Killian beseitigt, 

Den folgenden interessanten Fall, von chronisch erfolgtem Durch- 
bruch der Siebbeineiterung in die Augenhóhle, den ich schon kurz 
in meinen ,Erkrankungen des Siebbeins^ mitgeteilt habe, will ich 
auch hier einfügen: 


Fall XXIII. 


Ein 57 jähriger Herr N. N. aus Offenbach wurde wegen Polypenbildung 
in der linken Nase von Zeit zu Zeit wührend 10 Jahren spezialärztlich 
behandelt. Um die häufigen Polypenrezidive zu beherrschen, wurden angeb- 
lich wiederholt galvanokaustische Ätzungen vorgenommen.  Eiterung hat der 
Pat. nur zur Zeit eines akuten schweren Schnupfens vorübergehend bemerkt, 
sonst nicht. Der Pat. hatte dann während mehrerer Monate heftige neuralgische 
Beschwerden an der linken Stimseite zu ertragen, die sich allmählich immer 
mehr steigerlen. An einem Tage wurden sie ganz besonders heftig. Der ge- 
rufene Arzt injizierte Morphium, ohne Linderung erreichen zu können. Nachts 
ist der Pat. dann aufgewacht und bemerkte, dass sein Auge sehr vorgetretan 
war, seitdem waren die heftigen Schmerzen geschwunden. Nach Aussage des 
behandelnden Arztes war ein starkes Ódem des oberen und unteren Augen- 
lides mit Exophthalmus aufgetreten. Auf Bleiwasserumschláge sind jene etwas 
zurückgegangen. Der konsultierte Ophthalmologe überwies mir den Pat. 

Befund der Nase: Die Orientierung in den Nasenhóhlen war erschwert. 
Die Nebenhóhlen waren im ganzen weit. Das Septum nar. zeigte eine etwa 
zweimarkstückgrosse Perforation. Die Schleimhaut sah atrophisch, blass aus, 
keine Borken, aber geringe Trockenheit. Bds. zwischen Septum und mittlerer 
Muschelrest zahlreiche Adhäsionstränge, ebenso zwischen Septum und Seiten- 
wand. Diese ist ziemlich glatt, zeigt viele narbige Stellen, dazwischen leichte, 
blasse polypoide Schwellung. Kein freier Eiter. Epipharynx frei. 

Chemotische Schwellung der Augenlider, Rima fest geschlossen. Bulbus 
vorgetrieben, nach unten und innen disloziert. Auf der Höhe des oberen 


69] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 665 


Orbitalrandes war ein hartes, umschriebenes Infiltrat fühlbar. Der Bulbus 
zeigte in seinen einzelnen Teilen keine Veränderung. — 

Pat. zeigt ausserdem eine mässige Verbreiterung seines Herzens, Akzentuation 
des 2. Pulmonaltones. Kein Geräusch. 

In R. Pulmo Bronchialatmung, Dämpfung über der ganzen Lunge, Atem- 
geräusch abgeschwächt. Kein Katarrh hörbar. Links ohne Bes. 

Hirnnerven bis auf die durch die Veränderung im linken Auge affizierten 
ohne Bes. Urin frei von krankhaften Beimengungen. Reflexe erhalten. Keine 
Motilitätsstörung. — Im Abdomen kein besonderer Befund. 

Diagnose: Perf. sept. nar. Ethmoiditis hyperplastica chron. cicatrices 
causticae. Empyem der Stirnhóhle mit Osteoperiostitis |. Orbitalphlegmone. 
Exophthalmus, dislocatio bulbi. Pleuritis adhaesiva d. dilatatio hypertrophia 
cordis. | 

Therapie: Killiansche Stirnhöhlenoperation I. am 10. XII. 1900. 

Operationsbefund: Äussere Weichteile besonders in Augenbrauen- 
gegend geschwollen. Der Knochen nicht verändert, sehr dick. Die Stimhöhle 
ist sehr klein, ganz medial gelegen. Sie enthält wenig verdickte Schleimhaut 
mit freiem Schleimeiter. Keine Kommunikation mit Nasenhóhle 
nachweisbar. Daneben liegt eine grosse Zelle, die eine gallertige farblose 
Masse enthält. Abheben der Weichteile mit Periorbita vom oberen Orbital. 
rande. Plötzlich quillt eine Menge Eiter hervor. Erst: nach längerem Suchen 
lässt sich ganz lateral am Dach der Orbita cine Fistel nachweisen, die in 
einen geräumigen lateralen Rezessus einer Siebbeinzelle hineinführt. Die darın 
enthaltene Schleimhaut ist ‚geschwollen. Der Orbitalrand wird fortgemeisselt 
und die Höhle verödet. Küretteinent. Auf der Periorbita reichlich Granulations- 
bildung. Eine Fistel in der Periorbita nicht nachweisbar. Der orbitale Rezessus, 
der lateralwärts sehr erweitert ist, hängt mit der Mutterzelle im Siebbein 
nur durch einen ganz schmalen Isthmus zusamınen, dessen Lumen an der 
engsten Stelle kaum nachweisbar ist. In den Siebbeinzellen überall polypoide 
Schwellung. Die Schleimhaut mit Schleimeitergehalt. Neben dem grossen 
orbitalen Rezessus mehrere kleinere. Die Zellen scheinen medialwärts fest 
abgeschlossen zu sein. Entfernung dieses narbigen Gewebes. Tamponade. 
Verband. 

14. XII. Wunde reaktionslos, ohne Temperatursteigerung. Sekundäre Naht. 

19. XII. Nähte entfernt. Zentrales Doppeltsehen. Ödem besser. Feuchter 
Verband. } 

24. XII. Zurzeit kein Doppeltsehen mehr. Ödem besser. In Nase noch 
Borken. Tuschieren mit 50% Arg. nitric. Entlassen. 

18. I. Ohne Beschwerden. Gut geheilt. Keine orbitale Schwellung mehr. 

21. II. Geheilt. Definitiv entlassen. 

15. 1V. Pat. hat keinerlei Beschwerden mehr, zeigt auch im Dunkeln 
kein unsicheres Gefühl beim Gehen. 

Bericht von Herrn Prof. Schieck: Keine Doppelbilder mehr. Noch 
leichte Parese des M. internus. M. trochlearis funktioniert gut. Während 
vor der Operation auf dem nicht affizierten Auge eine Refraktionsveründerung 
von 4-1 Dioptrie bestand, wurde auf der affizierten Seite —1 Dioptrie 
konstatiert. Post operationem wurde bds. +1 Dioptrie 
nachgewiesen. 

Epikrise: Ein ziemlich einzigartiger, lehrreicher Fall. Der 
ganz langsam entstehende Durchbruch hat am Patienten wührend 


666 W. Uffenorde. (70 


mehrerer Monate sehr unangenehme Schmerzen bereitet. Mit dem 
Momente des perfekten Durchbruchs, d. h. dem Aufhören der hoch- 
gradigen Retention, hórten auch diese auf. Diese letztere Erscheinung 
beobachten wir ja so oft bei den Durchbrüchen des mastoidalen Em- 
pyems. Fieber bestand nicht. Die Eiterretention war in dem 
geräumigen lateralen Rezessus einer Siebbeinzelle zustande gekommen, 
die nur durch einen ganz dünnen Isthmus mit der Mutterzelle ver- 
bunden ist. 

Die Retention ist offenbar durch die wiederholt vorgenommenen 
Kauterisationen an der lateralen Nasenhöhlenwand verursacht worden, 
worauf auch die Bildung der Mukocele im vorderen Siebbein und der 
Abschluss der kleinen Stirnhöhle zurückzuführen ist. Diese Encheiresen 
sind früher ja öfter zur Beherrschung der Polypenrezidive angewandt. 
Wie gefahrvoll sie sein können, wird hier aufs deutlichste illustriert. 
Durch die wiederholten Verschorfungen sind allmählich die Ostien der 
Nebenräume verödet, und es konnten sich die Verhaltungen bilden, 
die bei steigendem Druck den Durchbruch -in die Orbita ent- 
wickelten. Die Polypenrezidive wird man nur durch Ausräumung des 
Siebbeins, soweit es erkrankt ist, verhindern können. 

Trotz der atypisch ausgeführten Operation ist das kosmetische 
Resultat ein leidliches gewesen. Um sicher eine Heilung zu erzielen, 
musste ich hier von dem oberen Orbitalrande ein Stück resezieren. 
Die Durchbruchsstelle, die überhaupt ziemlich schwer auffindbar war, 
lag weit lateralwärts und etwas zurück, die Stirnhöhle war nur ganz 
klein medial gelegen. Da die Kommunikation dieses lateralen Re- 
zessus mit der Nasenhöhle sehr eng war, habe ich auf eine primäre 
Naht verzichtet und diesen Hohlraum, von dem aus der Durchbruch 
in die Orbita erfolgt war, für einige Tage tamponiert, um dann die 
Sekundärnaht zu machen. Der Eiter enthielt keine virulenten Bakterien. 
Fieber hat nicht bestanden. 

Dieser Fall könnte hinsichtlich der Pathogenese als Typus des 
rein chronisch erfolgten Durchbruchs im Sinne von Kuhnt gelten, 
wie auch der vorherige dahin zu rechnen sein würde. 

Die zunächst auftretenden Doppelbilder verloren sich allmählich, 
wobei offenbar die Tendenz, binokulär zu sehen, eine wesentliche Rolle 
spielt. Hin und wieder traten jedoch weiterhin bei seitlicher Blickrichtung 
noch Doppelbilder auf, die auf eine Internusschwäche links zurückzu- 
führen waren. Nach kurzer Zeit blieben auch diese Störungen aus. Der 
M. obliquus superior, durch die Operation ganz seines Fixationsbodens 
beraubt, hat sich günstig in dem Granulationsgewebe eingeheftet und 
funktioniert gut. Für den Ophthalmologen hat die vorübergehende 
Refraktionsveränderung ein Interesse. Während der Patient vor der 


11] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 667 


Operation auf dem gesunden rechten Auge eine Refraktionsstörung 
von -++ 1 Dioptrie aufwies, links aber z. Z. eine Refraktionsverände- 
rung von — 1 Dioptrie bestand, wurde post operationem ophthalmo- 
logischerseits (Prof. Schieck) auf beiden Seiten + 1 Dioptrie nach- 
gewiesen. Dieser Refraktionswechsel links wird so zu erklären sein, 
dass links infolge des Drucks seitens des in die Orbita durchge- 
brochenen Eiters auf den Bulbus dessen Refraktion, die vorher auch 
wie auf dem kontralateralen Auge + 1 Dioptrie betrug, um 2 Dioptrie 
verándert wurde. Diese kiinstliche Myopie verschwand beim Nach- 
lassen der intraorbitalen Druckerhóhung und der Bulbus zeigte wieder 
die alte Refraktion. 


Zum Schlusse móchte ich hier einen Fall von lange Zeit be- 
stehendem orbitalem Durchbruch nach Stirnhóhleneiterung anfügen. 


Fall XXIV. 

Albert Bornemann, 45 Jahre alt, Ackermann aus Roringen, wurde uns am 
23. AL. 08 von der Augenklinik geschickt. Pat. gab an, vor 5—6 Jahren sei über 
dem ]. Auge eine Schwellung entstanden, die mie ganz zurückgegangen sei. Einmal 
soll das Auge vorgedrängt gewesen sein und nach aussen und unten abgedrängt. 
Seit 14 Tage sind starke Schmerzen über dem Auge aufgetreten, dann Schwel- 
lung und Rötung. Gestern haben die Schmerzen angeblich nachgelassen. Er 
will keine Eiterung aus der Nase bemerkt haben. 

Befund: R. Nase ohne wesentliche Besonderheit. Links untere Muschel 
etwas geschwollen, mittlere sehr verdickt, liegt. dem. Septum. an. Aus dem 
mittleren. Nasengapnge links kommt Eiter hervor. Im Rachen starke Seiten- 
stränge. Epipharynx frei. 

L. Oberer Orbitalrand besonders mehr aussen ist verdickt, derb, druck- 
empfindlich. Geringes Ödem der Orbita. Keine Dislokation des Bulbus l. (siehe 
Abbildung 10, Taf. XXX). Pat. ist in andere Behandlung übergegangen, als ihm 
die Aufmeisselung proponiert war. 

Epikrise: Dieser Fall nimmt eine Ausnahmestellung ein. Hier 
ist ein exzessiv chronischer Verlauf der gesetzten Komplikation 
zu konstatieren. Während in den meisten Fällen entweder ganz akut 
die Nasennebenhöhlenaffektion einsetzt und kurz darauf die Kom- 
plikation in rapider oder allmählicher Weise gezeitigt wird, oder aber 
eine chronische Eiterung akut exazerbiert und nunmehr weniger rasch 
die orbitale oder endokranielle Komplikation zur Ausbildung kommt, 
hat sich hier ganz chronisch die orbitale Komplikation entwickelt 
und als solche fortbestanden. Das harte Infiltrat ist mässig druck- 
empfindlich und besteht so seit 5—6 Jahren. Z. Z. eines akuten 
Schnupfens ist bisweilen stärkere Schwellung des Orbitalinhaltes ein- 
getreten, einmal soll sogar eine besonders unangenehme Schwellung 
mit Hervortreten des Augapfels, wie der Patient genau beschrieb, 
nach aussen und unten hinzugekommen sein. Eine ähnliche, wenn 


Hr W. Uffenearde. — 


auch harmlosere Anschwellunz hat der Patient kurz vor unserer ersten 
Untersuchung an sich beobachtet. Die starken Schmerzen haben 
nachgelassen, die Rötung und Schwellung des Orbitalinhaltes ist etwas 
zurückgegangen. Zuzeiten hat also jedesmal eine Exazerbation der 
bei dem Patienten bestehenden Stirnhöhlen-. Siebbeineiterung, die 
auch durch die anderwärts vorgenommene Operation bestätigt ist, 
die chronischen Veränderungen in der Orbita verschlimmert, das In- 
filtrat ist starker geworden. Zu einer Suppurierung des Infiltrats 
ist es aber nicht gekommen, wahrscheinlich deshalb nicht, weil ein- 
mal die organisierenien Vorgänge an dem periorbitalen und periostalen 
Infiltrate einen erhölıten Schutz boten, andererseits weil die Infektion 
wohl zufällig immer weniger virulent war. Diese Beobachtung be- 
weist, ebenso wie besonders auch noch die nachfolgende von Fall 
Eickert, wie resistent die Periorbita sich erweisen kann und wie 
selbst unter so ungünstigen Verhältnissen kein gefährliches Fort- 
schreiten einzutreten braucht. In solchen torpid-chronisch verlaufenden 
Komplikationsfällen würde ja nahe liegen, zunächst einen Versuch zu 
machen, durch endonasale Operationen, Infraktion der mittleren 
Muschel, Ausräumung der infundibularen und frontalen Siebbeinzellen 
und Spaltung der Stirnbucht etwas zu erreichen. Irgend eine Gefahr 
ist ja nicht im Verzuge, also der Zeitverlust nicht bedenklich. Ge- 
wöhnlich wird man aber so nicht auskommen, sondern am besten 
gleich von aussen radikal operieren, schon um damit auch die 
chronische Stirnhóhleneiterung zu heilen. Auch dieser Fall lehrt, 
wie verschiedenartig die Verlaufsformen sein können. | 

Bemerkenswert ist die Indolenz des Patienten gegenüber seinem 


Leiden. 


C. Fälle von Kieferhöhleneiterung mit orbitaler Komplikation, 


1. Fälle von orbitaler Komplikation nach dentaler 
Eiterung. 


In den beiden folgenden Fällen handelte es sich um orbitale 
Komplikationen nach dentalem Kieferhöhlenempyem, das ja, wie be- 
kannt, viel mehr zur Komplikation neigt, als die nasalen Empyeme. 
Der erste Fall ist bereits früher im Jahresbericht unserer Klinik 
(Bürkner und Uffenorde, Arch. f. Ohrenhdk. 72, S. 73) mit- 
geteilt. Der Verlauf war kurz folgender: 


Fall XXV. 
Berta Hesse, 23 Jahre alt, Dienstmädchen, Erbsen. 
Nach Extraktion von zwei Zähnen, wobei vun Zahnarzt kein besonderer 


Befund hinsichtlich. der Kieferhóhle oder eine event. Kommunikation erhoben 


73] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 669 


wurde, traten bei der Pat. starke Schmerzen in der linken Gesichtshälfte auf. 
In der Nasenhöhle war bds. kein besonderer Befund erhoben, der mittlere 
Nasengang war frei. Es wurde zunächst ein antiphlogistisches Pulver verordnet 
mit Mundspülungen. Darauf hatten sich die Beschwerden gesteigert, und es 
waren Erscheinungen seitens des Auges aufgetreten. Der um Rat gefragte 
Augenarzt (Dr. Veith) konstatierte Doppeltsehen und eine beginnende Orbital- 
phlegmone und überwies sie an uns. 

Bericht von Dr. Veith 1. IX. 1906: „Links Exophthalmus, Doppeltsehen — 
vor acht Tagen Extraktion von zwei Molarzähnen. Schmerzhaftigkeit am unteren 
Orbitalrand, Verdickung. Ophthalmoskopisch: normal. Visus — 0,5 D. 5/, 

Status praesens: In der Nase ist jetzt links wenig freier Eiter 
sichtbar und zwar im unteren Nasengange. Der mittlere Nasengang ist frei. 
Die Punktion der Kieferhóhle vom unteren Nasengange aus fórderte eine Menge 
fötiden Eiters zutage. Es sind links oben 2 Molarzähne extrahiert, keine direkte 
Kommunikation mit der Kieferhöhle. Pharynx und Epipharynx keinen besonderen 
Befund. Am inneren unteren Orbitalrande fühlt man eine derbe Verdickung, 
die schmerzhaft ist. Das untere Augenlid ist etwas geschwollen. Der Bulbus 
ist etwas protundiert und nach oben und aussen disloziert. Der übrige Körper- 
befund zeigt keine Besonderheiten. 

Diagnose: Sinuitis Highmori cum osteoperiost. (dentalis). Phleg. 
monis orbitalis. Exophthalmus. Dislocatio bulbi. 

Therapie: Kieferhóhlentotalaufmeisselung nach Luc-Caldwell in 
Chloroformnarkose. 

8. IX. Operationsbericht: Die Schleimhaut der Kieferhóhle ist 
stark geschwollen, schwammig. Nach gründlicher Säuberung der orbitalen Wand 
der Höhle sieht man aus den hinteren Partien medialwärts aus der Orbita 
Eiter hervorkommen, der sehr fötid ist. An der Stelle ist eine kleine steck- 
nadelkopfgrosse Fistel sondierbar. Resektion’ des Orbitalbodens mit Schonung 
des Canalis infraorbitalis. Die Periorbita ist mit Granulationen und Eiter be- 
deckt: Keine freie Kommunikation zwischen den bciden leerstehenden Alveolen 
links oben und der Kieferhóhle. Freilegung der Alveolen. Plastik nasalwárts 
in der gewóhnlichen Weise ohne Inangriffnahqne der unteren Muschel. Beutel- 
tamponade. | 

. 98. XI. Endgültig entlassen. Der Bulbus hat sich ganz zuriickgebildet. 
Keine Doppelbilder mehr. Die Kieferhöhle ist vollkommen ausgeheilt. Oral. 
wärts Wunde geschlossen. 

9. IX. Bericht von Dr. Veith: Kein Exophthalmus. Keine Doppelbilder. 
Visus und Fundus oculi normal. 


Epikrise: Trotzdem ein ganz sicherer Nachweis des dentalen 
Ursprungs der Kieferhóhleneiterung nicht erbracht ist, muss man 
doch den ätiologischen Zusammenhang annehmen. Die Nasenhöhle 
zeigt keinen besonderen Befund. Statt nach der Anamnese anzu- 
nehmen, dass unmittelbar nach der Zahnextraktion die Verschlimme- 
rung der Eiterung auftrat, was sich in lebhaften Schmerzen äusserte, 
wird man richtiger sagen müssen, die Schmerzen, als Ausdruck der 
Retention des Eiters in der Kieferhöhle, und des sich vorbereitenden 
orbitalen Durchbruchs, haben die Patientin zum Zahnarzt getrieben. 
Da bei der Extraktion kein Eiter abgeflossen war oder irgend etwas 


670 W. Uffenorde. "d 


Besonderes bemerkt war, hielten wir die Schmerzen für Trigeminus- 
irradiationen, wie sie ja nicht selten nach Zahnextraktionen vorkommen, 
und verordneten zunächst ein narkotisches Mittel. 

Über die Diaphanoskopie, die wahrscheinlich vorgenommen ist, 
findet sich leider kein Befund in den Journalen. Der Befund wird 
negativ gewesen sein. Erfahrungsgemäss ist ja der Durchleuchtungs- 
befund keineswegs sicher, kann ja bei den wechselnden anatomischen 
Verhältnissen gar nicht immer eindeutig sein. Aber während er bei 
der Stirnhóhleneiterung kaum zu verwerten ist, kenne ich eine Reihe 
von Fällen, wo die Durchleuchtung bei der Kieferhöhle ganz aus- 
gesprochenen Befund ergab, so dass dieser eine willkommene Klärung 
brachte. Bei der Kieferhöhleneiterung werden wir deshalb in frag- 
lichen Fällen stets die Diaphanoskopie zu Hilfe nehmen und bei aus- 
gesprochenen positiven Befunden auch darauf hin indizieren. Die bald 
darauf entstehende Veränderung am Auge, Doppeltsehen und 
Exophthalmus, trieb die Patientin zum Augenarzt, der sie uns über- 
wies. Mit der vorhin gemachten Annahme, dass schon die ersten 
Schmerzen auf den sich vorbereitenden orbitalen Einbruch hindeuteten, 
stimmt der erhobene Befund am orbitalen Boden überein. Das peri- 
orbitale Infiltrat war schon erweicht und eine Fistelbildung entstanden. 
Entsprechend dem medialen Sitz der Veränderung war der Bulbus 
nach oben und aussen disloziert und protundiert. Dass die Kiefer- 
hóhleneiterung so latent verlaufen konnte, ist ja ansich erfahrungsgemäss 
nicht auffällig, ausserdem hat wahrscheinlich eine Verschwellung des 
Ostium maxillaremitgespielt. In diesem Falle hátte vielleicht die D esault- 
Küstersche Operation genügt, aber ich würde doch auf alle Fille 
immer die leicht herzustellende Plastik des unteren Nasengangs an 
schliessen. Selbstverständlich wird man die untere Muschel besonders 
in solchen Fällen in Ruhe lassen. Es freut mich, dass doch immer 
mehr Stimmen laut werden, die zur Erhaltung der unteren Muschel 
bei den Kieferhöhlenoperationen mahnen. Die Luc-Caldwellsche 
Operation mit totalem, sauberstem Kürettement der gesamten Schleim- 
haut, mit Erhaltung der unteren Muschel und primärer Naht, bei 
geeigneten Fällen in Lokalanästhesie ausgeführt, ist m. E. die 
ideale Operationsmethode, die den schwersten Verhältnissen gerecht 
zu werden vermag. Ich wüsste kaum über irgend einen Misserfolg bei 
einer grossen Zahl von Kieferhóhlenoperationen von uns zu berichten. 
Die fortwáhrend noch zu beobachtende Neigung, neue Methoden zu er- 
finden, was ja längst kaum noch möglich ist, ist mir nicht recht be- 
greiflich. Ich kann mir diese erfinderische Vielgeschäftigkeit, die sich 
immer noch gegen die arme Kieferhöhle richtet, nur so erklären, 
dass die Grundbedingung der guten Prognose bei der Luc-Caldwell- 


75] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 671 


schen Methode, das sorgfältigste Kürettement der ganzen 
Schleimhaut, besonders auch medial und oben, nicht 
genügend berücksichtigt wird. Wenn das Siebbein irgendwie beteiligt 
ist, greife ich es auch von der Kieferhöhle aus an. | 

Der folgende Fall von dentalem Empyem zeigt sehr schwere Ver- 


änderungen. 
Fall XXVI. 


Knoppe, Restaurateur, 32 Jahre alt, Alfeld, wurde uns von der Chirurgischen 
Poliklinik überwiesen, wo ihm angeblich links oben ein krauker Zahn extrahiert 
war. Seit 4 Wochen habe er über eine wechselnde Schwellung der linken 
Wange zu klagen, die immer derber geworden war. Er habe mässige ziehende 
Schmerzen und Spannungsgefühl in der linken Gesichtsseite verspürt. 

Status praesens. Nase: Die ganze linke Wange ziemlich derb ge- 
schwollen, ebenso das untere Augenlid. Eine deutliche Protrusio bulbi ist 
nicht zu konstatieren. Der Augenhintergrund ist normal. Im Vestibulum oris 
Schwellung der Gingiva und der gesamten vestibularen Schleimhaut. I. Molaris 
extrahiert, die Alveole blutet noch. Keine Eiterabsonderung aus der Alveole. 
In der Nase rechts kein besonderer Befund. (S. Abbildung 11, Taf. XXXI.) Links 
ziemlich starke Schwellung der Muscheln. Auch nach Kokainspray ist die 
Nase nicht deutlich zu übersehen. Viel dünnflüssiger jauchiger Eiter in der 
Nase. Der übrige Körperbefund ergibt keinen besonderen Befund. Insbesondere 
ist der Urin frei von Eiweiss und Zucker. Für eine überstandene syphilitische 
Infektion ist kein Anhalt auffindbar. Eine im kel Hygienischen Institut vor- 
genommene serologische Untersuchung nach Wassermann ergab negatives 
Resultat. 

Die Punktion der Kieferhóhle vom unteren Nasengang aus lóst beim 
Durchspülen eine unangenehme Schmerzempfindung in der linken Wange aus, 
auch nach der Orbita hin. Es wird blutig tingierter häufiger Eiter entleert. 

Diagnose: Sinuitis Highmori cum osteoperiostit. sin. acuta (dentalis). 
Phlegmonis orbitae et buccae. 

Therapie: Totalaufmeisselung der Kieferhöhle nach Luc-Caldwell. 

Operationsbericht: Operation in Chloroform-Morphiumnarkose. 

9. VIL. 10. Weichteile im Vestibulum oris l. sehr geschwollen. Beim Ein- 
schneiden der Vestibularis-Schleimhaut dringt fötider Eiter hervor. In der 
Fossa canina ist ein kleiner etwa erbsengrosser Knochendefekt mit rauhen 
Rändern nachweisbar. Die ganze Kieferhöhle wird von einer eigentiimlich 
konsistenten dicken Schleimhautschwellung ausgefüllt, die sich strichweise mit 
dem scharfen Löffel ausschälen lässt. Auf der Oberfläche der Schleimhaut 
liegt eine nekrotische, ziemlich derbe, schmutzig gelbgraue Membran, die sich 
in toto leicht herausziehen lässt. Der knöcherne Orbitalboden ist mehrfach 
durchbrochen, fest adhärent an der verdickten granulierenden Periorbita. Auch 
in der Tiefe ist der Knochan am Tuber maxillae durchbrochen, morsch. 
Verödung der Alveole des extrahierten Zahns. Sorgfältiges Kürrettement der 
Schleimhaut. Plastik nach dem unteren Nasengang hin. Beuteltamponade. 

Aus dem Eiter wurde vom kgl. Hygienischen Institut Streptokokken und 
Staphylococcus albus gezüchtet. Die mikroskopische Untersuchung der aus der 
Kieferhóhle gewonnenen Schleimhaut ergab laut Bericht des kgl. Patholog. 
Instituts: Starke Nekrose der Membran. Auch die übrigen untersuchten Teile 
werden ohne Besonderheiten gefunden. 


672 W. Uffenorde. [6 


11. VIL Entfernung der Beuteltamponade. 

20. VIL Täglich Spülung mit Hydrogeniumlösung. Die Abschwellung ist 
auch vollständig. Entlassung zur ambulanten Behandlung. Granulations- 
bildung gut. 

15. VHI. Die Ausspūlung von der Nase aus fördert keine Sekrete mehr 
heraus. Orale Wände nur noch spaltförmig. 

30. VIII. Geheilt entlassen. 

Epikrise: Die sehr schweren Veränderungen liessen an irgend 
eine schwere allgemeine Dyskrasie denken, die ev. disponierend ätio- 
logisch eine Rolle bei den schweren Knochenzerstörungen spielten. Aber 
weder für Diabetes noch für Syphilis ergaben die einschlägigen Unter- 
suchungen Anhaltspunkte. Weder die histologische noch die sero- 
logische Untersuchung nach Wassermann ergab einen Befund. 

Auch hier muss man mit aller Wahrscheinlichkeit ein dentales 
Kieferhöhlenempyem annehmen, das ergibt sich ohne weiteres aus 
dem Verlauf. Da die Patienten oft erst post extractionem ohne 
genauere Angaben zu uns zu kommen pflegen, ist natürlich die er- 
wünschte exakte Beurteilung hinsichtlich des Zahnbefundes nicht er- 
reichbar. 

Hier haben wir die orale Wunde offengehalten, um die Wan- 
dungen wegen der Knochenveränderungen bei der Nachbehandlung 
übersehen zu können. Die Befürchtung, dass sich noch Knochen- 
teile später abstossen würden, hat sich nicht verwirklicht. Unter 
Hydrogeniumlösungspülungen reinigte sich allmählich die Wundhöhle 
in ein paar Wochen gänzlich. Die Bedeckung mit Granulationen 
ging verhältnismässig schnell vonstatten, trotzdem ich einzelne 
mobile Knochenplatten, die fest an der entzündlich veränderten Peri- 
orbita hafteten, in situ gelassen hatte. Die Heilung war eine voll- 
ständige. 


2. Fall von orbitaler Komplikation nach rhinogener 
Eiterung. 


Fall XXVII. 


Emma Eickert, 17 Jahre alt, Vater: Malermeister, Einbeck. 

Anamnese: Seit 8 Tagen Influenza. Seit 4 Tagen Schwellung und 
Schmerzen um das linke Auge; seitdem auch reichliche, übelriechende Schleim- 
eiterabsonderung aus der linken Nasenseite. Pat. hat etwas gefroren, hat zu 
Bett gelegen. Kein Schüttelfrost gehabt. Appetit gering. Schlechter Geschmack 
im Munde. Pat. wird von der Augenklinik geschickt (s. Abb. 12, Taf. XXXL. 

Diagnose: Ethmoiditis et sinuitis frontalis acuta cum osteoperiostit. 
sin. Phlegmone orbitalis sin. Sinuitis maxillaris purul. acuta. 

Therapie: Killiansche Stirnhóhlenoperation 1. (10. 1. 1911). Kiefer- 
höhlenpunktion 1. 

Nase und Rachen: In der linken Nasenseite reichlich Eiter im mittleren 
Nasengange. Die Kieferspülung liefert reichlich äusserst fötide riechenden Eiter 


14] Komplizierte Fálle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 673 


zutage. Stirnhöhlenboden stark druckempfindlich. Rötung und Schwellung ober- 
halb und unterhalb des linken Auges. Mässige Protrusio bulbi, leichte Dislokation 
nach aussen. Schwellung des orbitalen Gewebes. 


Bericht der Augenklinik: 


9. I. 11. Litt in den letzten Tagen an Influenza. L. Protrusio bulbi. 
Lidödem. Druckempfindlichkeit des Orbitalrandes und letzterer nicht scharf 
begrenzt. Beiderseits Maculae corn. 

Beiderseits — 4,0. S — 0,3. o — u. 

Kehlkopf und Lungen: gesund. 

Sonstiges: Herz und Unterleibsorgane o. B. Augenhintergrund normal. 
Temperatur 389. Urin frei von krankhaften Beimengungen. Keine Motilitäts- 
. oder Sensibilitátsstórungen. Reflexe erhalten. Hirnnerven frei, soweit zu prüfen. 
Bulbus l. beweglich, aber etwas beschränkt. 

10. I. 11. Operation in Chloroform-Morphiumnarkose. 

Killiansche Stirnhóhlenoperation links. Aussere Weichteile der Orbita 
und über Augenbrauen geschwollen, ódematós, nicht gerótet, ebenso Weichteile 
der unteren Stirngegend leicht verdickt, besonders das vbere Augenlid innen 
und oben ziemlich chemotisch. Knochen frei. Stirnhöhle mässig gross, mehr 
nach rechts hinüber entwickelt, enthält rahmigen Eiter in mässigen Mengen, 
der eigentümlicherweise nur aus dem unteren seitlichen Winkel unter mässigem 
Druck hervorquillt. Besonders als von unten her der Stirnhöhlenboden ange- 
griffen wird. Im Siebbein überall ziemlich starke Schleimhautschwellung, im 
vorderen geringe Mengen freien rahmigen Eiters, im mittleren und 
hinteren Siebbein Menge glasigen Schleims. Von den vorderen 
Siebbeinzellen aus geht ein mässiger Rezessus lateralwärts über die Orbita 
hin. Am Stirnhöhlenboden enge Verhältnisse, reichliche Spongiosa, weite Ent- 
fernung des Stirnhóhlenbodens. Periorbita weist nirgends Verdick- 
ungen auf, nirgends freier Eiter in der Orbita. Der Saccus lacrimalis ist 
eigenartig speckig rot verdickt, rot derb, und nirgends war, soweit der Nach- 
weis überhaupt móglich, ein Durchbruch nachweisbar. Jodoformgazetamponade. 
Naht mit Aluminiumbronzedraht. | 

12. I. 11. Abendtemperatur 38,59. Starke chemotische Schwellung und 
Hótung des linken oberen Augenlides. Offnung des temporalen Wundwinkels. 
Spülung der Operationshöhle mit H,0,-Lösung von der Nase aus, Tamponade, 
feuchter Verband. Auch das rechte Auge ist verschwollen. Kieferhöhle enthält 
fötiden Eiter. 

14. I. 11. Gestrige Abendtemperatur 38,19. Heute Pat. fieberfrei. Täglich 
Spülung der Stirnhöhle mit H,0,-Lösung, 2 mal tägl. feuchter Verband. Ziem- 
lich reichliche Eiterabsonderung aus der Operationswunde, die an 2 Stellen 
klafft. Das rechte Auge ist nur wenig mehr geschwollen und auch das linke 
beginnt abzuschwellen. 

16. I. 11. R. Auge vollkommen frei, Schwellung des l. bedeutend zurück. 
gegangen. Pat. ist fieberfrei. Appetit und Allgemeinbefinden gut. Trockener 
Verband. 

18. I. 11. Das l. obere Augenlid ist nur noch wenig geschwollen. Ge- 
ringe Wundabsonderung. Tägl. Nasen- und seit gestern auch Kieferhöhlenspülung, 
die sehr viel fötiden Eiter liefert. 

25. I. Die kleinen klaffenden Stellen an der Naht wieder geschlossen, 
Narbe fast glatt. Orbitale Schwellung fast ganz zurückgegangen, blass. Keine 
Empfindlichkeit mehr, keine Kopfschmerzen mehr. Bulbusbewegung 1. frei. In 


674 W. Uffenorde. [18 


der Kieferhöhle noch fötider dünnflüssiger Eiter. Bei der Ausspülung keine 
Bewegung am Orbitalinhalt sichtbar. Appetit gut. Allgemeinbefinden gut. 
31. I. Die Stirnhóhle ist ohne Sekret. Die Schwellung ist ganz zurück- 
gegangen. Feste Narbe. Keine Beschwerden. Aus der Kieferhöhle links noch 
immer jauchiges dünnflüssiges Sekret, starker Fötor, dicke Schleimhautschwellung. 
Luc-Caldwellsche Totalaufmeisselung in Lokalanästhesie. 
Operationsbericht: Bei der Ausspülung sehr viel fötider Eiter. 
Äussere Weichteile nicht infiltriert. Knochen der Facies canina intakt. Haut- 
schnitt in der Umschlagsfalte oberhalb der Prámolares. Typische breite Er. 
óffnung von der Fossa canina aus. Schleimhaut sehr stark geschwollen, palatine 
und jugale Bucht sehr ausgeprägt. Nach vollständigem Kürettement zeigt sich, 
dass an dem hinteren Ende der orbitalen Wand ein zehnpfennigstückgrosser 
Defekt besteht. Periorbita stark geschwollen. Bei Druck auf die Periorbita 
quillt das Auge deutlich nach vorn vor. Grosse Lappenbildung aus unterer 
Nasengangschleimhaut. Primäre Naht. 10. II. geheilt entlassen. 


Epikrise: Hier ist die orbitale Komplikation ganz akut 
nach einer influenzaartigen Allgemeinerkrankung mit Schnupfen auf- 
getreten. Da die Affektion in der Orbita bereits vor mehreren Tagen 
aufgetreten war, eine Protrusio mit Dislocatio bulbi, sehr profuse 
Sekretion von jauchig fótidem Eiter mit Temperatursteigerung nach- 
weisbar war, habe ich sofort radikal operiert. 

Wir glaubten den Ausgangspunkt im Siebbein und der Stirnhóhle 
suchen zu sollen. Da der Bulbus nach aussen disloziert war, musste 
man eine besondere Beteiligung der medialen Orbitalpartien an- 
nehmen und so auf eine Invasion vom vorderen Siebbein aus schliessen. 
Der Saccus lacrimalis war eigenartig speckig rot verdickt, rigide, 
ohne klinische Zeichen von Saccusempyem zu zeitigen. Im hinteren 
Siebbein war das Sekret glasig-schleimig. Weder eine Fistelbildung 
noch eine Periorbititis war bei der Stirnhóhlenoperation nachweisbar, 
was sich bald erklären sollte. Die orbitale Schwellung nahm post 
operationem noch zu, wobei natürlich der Unterbrechung von Gefäss- 
wegen durch die Operation der wesentlichste Anteil zuzuschreiben ist. 
Eine Schwellung der Lider, bisweilen auch leichte Protrusio bulbi, 
bildet sich ja nach jeder Stirnhöhlenoperation, wenn auch an Inten- 
sität wechselnd, aus. Da aber auch das ganze Gesicht und mehrere 
regionäre Drüsen anschwellen, wurde der laterale Wundwinkel wieder 
gelüftet, um eine wirksame Spülung der gesamten nasalen Wundhöble 
mit Hydrogeniumlösung zu ermöglichen und dem phlegmonösen Prozess 
zu begegnen. Unter feuchtem Verband gingen die entzündlichen Er- 
scheinungen bald zurück. 

Da die Sekretion aus der Kieferhöhle trotz täglicher, desodorierender 
Spülung jauchig fötid blieb, die Schwellung der Schleimhaut der 
Kieferhöhle stärker wurde, machten wir in Lokalanästhesie die 
Totalaufmeisselung nach Luc-Caldwell. Wir mussten annehmen, 


79] Komplizierte Fülle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 675 


dass die Kieferhóhleneiterung für die orbitale Komplikation kausal 
nicht in Frage kam, da niemals beim Ausspülen trotz des erforder- 
lichen ziemlich hohen Drucks sich irgend eine Bewegung des Orbital- 
inhaltes feststellen liess. Dass, falls die Kieferhóhleneiterung doch 
anzuschuldigen gewesen wäre, die Fistelbildung hátte perfekt sein müssen, 
war auzunehmen. Dabei war die orbitale Phlegmone fast ganz zurück- 
gegangen. Die Operation nach Luc-Cald well belehrte uns eines 
anderen. Die Höhle war fast vollkommen von Eiter und geschwollener 
Schleimhaut ausgefüllt. In der hintersten Partie der oberen Fläche 
der Kieferhöhlenwandung war ein 10 Pfg. Stück grosser Defekt nach 
der Orbita hin nachweisbar, mit stark granulierender Periorbita. 

Der Befund setzte uns in Erstaunen. Er lehrt uns auch, dass 
wir bei Nichtauffinden eines Durchbruchs in der angeschuldigten 
Höhle nicht ohne weiteres berechtigt sind, diesen auszuschliessen. 
Wenn noch obendrein das Siebbein bei der ausgeführten Stirnhöhlen- 
operation vernachlässigt ist, eine Kieferhöhlenexploration gar nicht 
vorgenommen ist, wie das in vielen verwerteten Fällen der Literatur 
der Fall ist — so ist eine falsche Beurteilung nach der sich ergeben- 
den Statistik wahrscheinlich genug. 

Andererseits geht daraus hervor, dass die orbitale Schwellung 
trotz Fortbestehen der unangenehmen fötiden Eiterung der Kiefer- 
höhle mit Propagation nach der Orbita nach Ausräumung von Sieb- 
bein und Kieferhöhle zurückgehen kann. Das muss festgestellt werden. 
Wenn es schon bei Supponierung der Toxintheorie auffallend er- 
scheinen muss, dass eine Orbita, die ringsum von akut schwer eitrig- 
entzündeten Nebenhöhlen umgeben ist, nicht auch Veränderungen im 
Bulbus gezeitigt werden, so ist es aber noch besonders hervorzuheben, 
dass trotz eitrig infizierter Periorbita und Fortdauer von für die weitere 
Propagation günstigster Verhältnisse — starke Schleimhautschwellung 
mit Retention fötiden Eiters in der Kieferhöhle — die orbitale 
Schwellung nach der Stirnhöhlenoperation zurückging. | 

Wiederum ein Beweis für die Resistenz des Periorbita. Die 
orbitale Schwellung aber wird darnach zum grossen Teil mechanisch 
durch Stauung bedingt sein. Im übrigen sind diese Fälle von 
orbitaler Komplikation nachrhinogener Kieferhöhleneiterung recht selten. 


D. Fall von chronischer Siebbein-Stirnhöhleneiterung mit Durch- 
bruch nach aussen. 
Fall XXVIII. 


Herr N. N., 36 Jahre alt, Prokurist, Bremen. 
Anamnese: 1902 Stirnhöhle r. operiert. Seitdem immer noch Eiter, 
auch ab und zu Schmerzen umschrieb>n lokalisiert r. vor der Stirn. Vor 


676 W. Uffenorde. [80 


2 Jahren hier Siebbein endonasal operiert. Eiterung geringer, nur noch Borken, 
bisweilen Aufflackern der Entzündung, mehr Sekretion. In der letzten Zeit 
war die Siebbeingegend in der Nase glatt, ohne Sekretion. Seit 14 Tagen 
hat der zu Hause weilende Pat. lebhafte Schmerzen r. vor der Stirn, hat 
hohe Dosen Aspirin genommen, die Beschwerden werden nicht besser; plótzlich 
seitl. r. Schwellung, dann seit gestern Eiter aus Fistel. Daraufhin kommt Pat. 
wieder zur Behandlung. 

Diagnose: Simuitis front. purulenta cum  osteoperiost. Fistula 
faciei sin. 

Therapie: Modifizierte radikale Kuhntsche Aufmeisselung der Stirn- 
hóhle und des Siebbeins. 

Nase und Rachen: Nase |. o. B., r. mittlere Muschel etwas verdickt, 
erhalten. Siebbein weit eröffnet, hoch hinauf, vorn. Schleimhaut blass, normal: 
kein Eiter. Seitl. vor Stirn nahe am Schláfenrande kleine Fistel, die nach 
innen und etwas nach unten führt. Granulationen darin, ‚wenig schleimiger 
Eiter daraus hervorkommend. Starke Druckempfindlichkeit an "umschriebener 
Stelle, etwa in der Mitte von 1. Operation herrührend breite Narben, der 
alte Schnittwinkel n. suborbit. mit Weichteilen und darunter liegendem Knochen 
über Nasenwurzel sehr eingezogen. 

Kehlkopf und Lungen: Ohne wesentl. Bes. 

Sonstiges: Cor. I. Ton an der Spitze etwas unrein, II. Pulmonalton 
wenig akzentuiert. Nicht wesentlich verbreitert links. 1 cm innerhalb der 
Mammillarlinie. 

Urin frei. Abdomen frei. Heflexe frei. Augenhintergrund frei. Hirnnerven 
frei. Keino Trochlearisláhmung, keine Doppelbilder. 

Eine Róntgenaufnahme des Kopfes im occipitofrontalen Durchmesser (Prof. 
Hess) ergibt, dass die rechte Stirnhóhle ganz dunkel ist, die Grenzen sind 
nicht zu bestimmen. 

27. IV. Modifizierte radikale Kuhntsche Operation der Stimhóhle und 
des Siebbeins r. in Skopomorphin-Chloroformnarkose: 

Operationsbericht: Aussere Weichteile vor der Stirn dick ge 
schwollen, besonders lateralwärts. Fistelbildung nahe dem vorderen Schläfen- 
rande. Nach Zurückklappen der geschwollenen Weichteile Freilegen der alten 
Knochennarben, aus denen unter Druck an verschiedenen Stellen Eiter hervor- 
tritt. Resektion des besonders medialwärts sehr stark verdickten Knochen- 
lappens. In der medialwärts durch neueren ausgedehnten Spongiosierungs- 
prozess (Callus) zwischen dem medialen Knochenlappenrande und der inneren 
Stirnhöhlenwand abgeschlossenen Stirnhöhle ist mässig geschwollene Schleim- 
haut mit dickem Eiter nachweisbar; in der Mitte ein die Höhle fast ab- 
schliessendes horizontal gestelltes Septum. Parallel der äusseren Schläfenwand 
erstreckt sich in die Tiefe bis zur Fissura orbitalis superior ein 3/, cm hoher 
orbitaler Rezessus, der medialwärts sich stark verengt, indem die obere und 
untere Wand fast zusammenliegen, sich etwa von der Mitte ab nach der 
Nasenhóhle sich wieder öffne. — Vorn medial oben wird ausserdem ein 
grosser abgeschlossener Hohlraum nachgewiesen, in dem sich eine geringe 
Menge dicken, rahmigen Eiters findet. Totale Resektion der vorderen Stirn- 
höhlenwand, Glättung der Ränder und vielen peripheren kleinen Septen und 
Buchten der Höhle. Medialwärts unten wird eine Bulla frontalis aufgedeckt, 
in der sich geschwollene Schleimhaut und Fiter nachweisen lässt: dabei wird 
das dünne Septum nach der linksseitigen Stirnhöhle infrakturiert, und eine 


81] Komplizierte Fälle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 677 


alte Perforation der Schleimhaut gesetzt, was sich durch eine lebhaite Aspiration 
nach der linken Nasenhöhle hin verrät. Durch die Perforation ist die Schleim- 
haut der | Stirnhóhle aber normal zu erkennen. Wegen der grossen und 
komplizierten Verhältnisse wird das obere Lid und: die obere Periorbita ganz 
vom Knochen abgehoben, und das Knochendach der Augenhöhle in toto bis 
nahe an die Fissura orbitalis sup. und den Canalis opticus reseziert. Im 
restierenden Siebbein polypoide Schleimhautschwellung. Lamina papyracea 
grósstenteils entfernt. Saubere Auswaschung der Hóhle. Tampon einmal nach 
der Nase hin und zweitens aus der Fistel heraus für die gr. laterale Höhle, 
Primäre Naht. Verband. 

28. IV. Pat. ist ziemlich matt. Puls verhältnismässig gut, langsam, äqual, 
etwas arhythmisch. Sehr viel gebrochen. 

29. IV. Verbandwechsel. Herausziehen des Tampons aus der Nase und 
Stirnhöhle-Siebbein. Doppelbilder beim Blick nach links. Koprostase. Rizinusöl. 
Defäkation. Puls langsam, unregelmässig. 10 Tr. Digalen. 

1. V. Aus Fistel Tampon entfernt, kommt viel klares Exsudat nach, 
ausgedrückt. 

4. V. Nähte entfernt. Neuer Tampon seitl. Die Doppelbilder sind bei 
Blick in nächster Nähe, auch beim Blick geradeaus vorhanden (z. B. Blick 
in Spiegel), in 1/,—1 cm Entfernung schon nur wenig angedeutet beim stark 
links seitlichen Blick. Wohlbefinden, Appetit. Koprostase. Rizinusól. Steht 
1 Stunde auf. Keine Kopfschmerzen. 

12. V. Pat. klagt nach dem Aufstehen über Mattigkeit, Puls beschleunigt, 
stark irregulär, aber äqual. Bettruhe. 

20. V. Cor. gebessert, keine Irregularität mehr. Pepsin-Salzsäure. Kopro- 
stase. Fistel geschlossen, kommt kein Eiter mehr heraus. Doppelbilder treten 
nicht mehr auf, aber Wechsel. Appetit jetzt besser. In Nase 5% Arg. 
nitric. spray. 

24. V. Entlassen. Fistel fest verschlossen, eingezogen; gut vernarbt, 
eingezogen. Ohne Empfindlichkeit und Reizung. Nase frei. 500 Arg. nitric. 
Noch Schwäche, besonders morgens. Sieht oft ganz klar, dann wieder bei 
Ermüdung, Aufregung etc. Doppelbilder, z. B. auch nach längerem Gehen. 
Bei Funktionsprüfung, häufige Kniebeuge, zeigt die Herztätigkeit noch Ver- 
änderungen. Leichte Irregularität aufweisend. An den Internen verwiesen. 

2. VIII. Pat. fühlt sich wohl, hat angeblich nur noch selten Doppel- 
bilder, und zwar bei starker Ermüdung. Keine Kopfschmerzen, keine Sekretion 
mehr. Seitens des Herzens bestehen keine Beschwerden. 


Epikrise: In diesen Fällen ist früher ausserhalb eine osteo- 
plastische Operation, offenbar nach Brieger-Schönborn, zur 
Heilung der chronischen Stirnhöhleneiterung ausgeführt. Wahrschein- 
lich liess sich wegen der sehr grossen Stirnhöhle der Knochenlappen 
nicht gut adaptieren, so dass er der medialen Stirnhöhlenwand auflag 
und so mit dieser ausgedehnt zusammenwuchs. Es war bei der 
letzten Operation nicht mehr festzustellen, wie weit die beiden 
Knochenwände von vornherein adhärierten, oder wie weit erst später 
durch Kallusbildung und entzündliche Vorgänge der Abschluss des 
ganzen grösseren lateralen Teiles der Höhle zustande kam. Auf jeden 
Fall konnten wir bei der Operation nachweisen, dass der Abschluss 

Zeitsehrift für Laryngologie. Bd. III. H. 6. | 45 


678 W. Uffenorde. [82 


nahezu vollkommen war. Die vordere und hintere Wand waren 
fest knóchern dureh starke Verdickung der vorderen Wand mit- 
einander verwachsen. Die sehr weit lateralwarts bis an die Schläfe, 
facies temporalis ossis frontalis, ausgedehnte Stirnhöhle erweiterte 
sich gerade hier verhältnismässig stark, und zwar erstreckte sich 
parallel der äusseren Schläfenwand ein fast 3/, em hohler orbitaler 
Rezessus in die Tiefe bis zur Fissura orbitalis superior, der sich in 
der Tiefe, hinter den miteinander verwachsenen Stirnhöhlenwänden 
sehr verengt, indem die obere und die untere Wand fest zusammen- 
lagen, um dann weiter medialwärts sich nach den Siebbeinzellen 
hin wieder zu weiten, von denen aus sie ja gebildet waren. Dieser 
Fall ähnelt hinsichtlich seiner Pathogenese nach dem Fall XXI. 
Während aber in diesem Falle durch das ausgedehnte Zusammen- 
wachsen der beiden Stirnhöhlenwände ein relatives Empyem in dem 
lateral abgeschlossenen Hohlraum geschaffen wurde, kam dieser Ab- 
schluss in jenem Falle durch die häufigen Kauterisationen am Sieb- 
bein zustande. Dass es in dem vorliegenden Falle zum Durchbruch 
nach vorn, durch die ziemlich dicke vordere Stirnhöhlenwand, kam, 
in dem obigen aber von dem lateralen orbitalen Rezessus der Sieb- 
beinzellen in die Orbita hinein geschah, ist wohl auf anatomische 
und morphologische Zufälligkeiten zurückzuführen. Wir wissen ja 
besonders von den interessanten Fällen von Kuhnt her (Deutsche 
Medizin. Wochenschr. 1908, Nr. 38), dass bei eintretender Kompli- 
kation nicht immer die Infektion durch die nachgiebigste Stelle sich 
einen Weg nach den Nachbarorganen bahnt, sondern dass z. B. sogar 
bei vorhandener Dehiszenzbildung auf der hinteren Stirnhöhlenwand 
die Fistelbildung nach der Orbita hin vor sich gehen kann. Der 
Durchbruch kam hier nach akuter Exazerbation der chronischen 
Eiterung zustande, indem sich in der gewöhnlich zu beobachtenden 
Weise unter unangenehmer Schmerzauslösung ein subperiostales In- 
filtrat der vorderen Stirnhöhlenwand ausbildete, das dann bald sup- 
purierte und dadurch die Fistelbildung hervorrief. Da die Erreger 
ziemlich virulent waren, kam es zu den unangenehmen klinischen 
Erscheinungen. 

In diesem Falle konnte nur die zuerst von Kuhnt ausgeführte 
radikalste Stirnhöhlenoperation mit Resektion des Recessus frontalis 
des Oberkiefers und anschliessender Siebbeinausräumung in Frage 
kommen. Die Kosmetik des Gesichts war schon durch die erste 
Operation sehr beeinträchtigt, das genierte den Patienten nicht mehr 
wesentlich. Er wollte vor allem endlich Heilung von seinem Leiden 
haben, und diese konnte ich ihm nur nach der radikalen Methode 
versprechen, da die Erhaltung einer Spange wegen der beschriebenen 


83] Komplizierte Fülle von Nasennebenhdhlenerkrankung. 619 


Verwachsung nicht móglich und auch zwecklos war. Auch die Ab- 
sicht, eine temporäre Resektion mit späterer Spangenbildung zu 
machen, musste ich aufgeben, da die Kallusbildung das verhinderte. 
Pat. hatte lange Zeit Doppelbilder, was durch die Verlagerung des 
Bulbus infolge des grossen Eingriffs zu erklären ist. Er hat all- 
mählich gelernt, das Doppelbild auszuschliessen. 


E. Fälle von chronischer Siebbein-Stirnhöhleneiterung mit 
zerebraler Komplikation. 


I. Fallvon extraduralem Abszess. 


Fall XXIX. 


Frieda Sieghan, 17 Jahre alt, Arbeiterin, Berensen bei Nérten. 


Anamnese: Bekommt schlecht Luft durch die Nase, schlaft mit offenem 
Munde. Heftige Kopfschmerzen, besonders abends vor der Stirn. Keine Hals- 
schmerzen, Ohren frei von Beschwerden. — Während der poliklinischen Be- 
handlung: Infraktion der mittleren Muschel. Punktion der Kieferhöhle rechts. 
Bds. Stirnbucht gespalten. Proc. uncinatus entfernt. Kopfschmerzen r. bes. 
in Stirngegend bleiben bestehen, werden angeblich unerträglich. Druckempfind- 
lichkeit der vorderen Stirnhöhlenwand. 


Nase und Rachen: Schörfe vorn in der Nase, rechts Eiterung aus dem 
mittleren Nasengange. Nasenmuscheln geschwollen. L. Nase im wesentlichen 
frei. Druckschmerz r. am Stirnhöhlenboden. Aus dem Epipharynx hängt dicker 
graugelber Schleim herab. Starke Seitenstränge. Durchleuchtung ergibt bds. 
ziemlich grosse Helligkeit, keine bes. Differenzierung. 


Sonstiges: Herz und Lungen gesund. Augenhintergrund ohne Bes. 
Urin frei von krankhaften Beimengungen. Hirnnerven frei. Im Abdomen keine 
bes. Reflexe erhalten. 


24. IV. Killiansche Stirnhóhlenoperation: Aussere Weichteile ohne 
Bes. Nach Zurückschiebung der Weichteile und Furchung oberhalb der Spange 
wird Dura mater freigelegt, die ziemlich wenig resistent erscheint. Im Sieb- 
bein dick geschwollene Schleimhaut, bis an das Dach freigelegt und bis in 
die Keilbeinhóhle. Lamina cribosa springt gegen die Nasenhöhle vor. Schädel- 
basis z. T. entfernt. Dura mater anfangs als solche schwer zu erkennen. 
Naht mit Jodoformgaze-Drainage oben aus seitlichem Wundwinkel heraus. Jodo- 
formgazetamponade von Nase aus in die Siebbeinwunde. Verband. 


Nach zwei Tagen Kopfschmerzen, Schwellung über dem Auge. Näht» 
entfernt, Eiter auf Druck entfernt, lateraler Wundwinkel wird geöffnet, es kommt 
eine Menge Eiter heraus. Untersuchung ergibt Pneumokokken, Streptokokken 
und andere. Dura mater erscheint eingefallen gegenüber Knochenwand, epidural ` 
in grösserer Ausdehnung scheinbar Fiter, unter Pulsation kommt er immer 
mehr hervor. Jodoformgazeverband. Temp. 38,2. Mattigkeit, kein Appetit. 

Am folgenden Tage Ausspülung mit Hydrogeniumlösung. Dura mater 
bedeckt sich mit Granulationen, liegt deutlich an zwei Stellen frei, pulsiert; 
Eitermenge geringer. Jodoformgazeverband. Temp. 37,7. — Keine Kopfschmerzen 
mehr. Weitere Spülung. Temp. 37,2. Allgemeinbefinden besser. Appetit besser. 


45* 


680 W. Uffenorde. [84 


Immer mehr Granulationsbildung epidural. Sekretion sistiert. Nach 3 Tagen 
Nähte unten entfernt, auch hier Schwellung einmal. Bei Druck auf Tränen- 
sack wenig Eiter aus Tränenpunkten entfernt. Feuchte Verbände. 


Nach 8 Tagen lassen wir die Wunde vor der Stirn sich schliessen, 
Granulationen mit Lapis tuschiert. Schwellung auf unterem Teile geht zurück. 
Allgemeinbefinden und Appetit sehr gut. Sekretion aus der Nase hat auf- 
gehört. 

20. V. Geheilt entlassen. 

29. VI. Noch ab und zu Kopfschmerzen, auch über r. Auge noch Eiter 
neben mittlerer Muschel r. 500 Arg. nitric. Narbe gut. Später Sistieren der 
Sekretion. Ohne Beschwerden. 


Epikrise: Dieser Fall zeigt, dass wir in jedem Falle vor der 
Stirnhóhlenoperation am besten zur Orientierung über die Ausdeh- 
nung der Hóhlen ein Hóntgogramm anfertigen sollten, worauf ja 
auch von anderer Seite hingewiesen ist. Hier wie noch in einem 
zweiten ganz ähnlichen Falle bestanden alle Kardinalsymptome der 
- akuten Stirnhöhleneiterung, Klopfempfindlichkeit der vermeintlichen 
vorderen Stirnhöhlenwand, Druckempfindlichkeit des medialen Stirn- 
höhlenbodens, die stärker war als die Nervendruckempfindlichkeit; 
Eiter aus mittlerem Nasengang und periodisch auftretende Stirnkopf- 
schmerzen zu typischen Zeiten. Da wir leider keine eigene Röntgen- 
einrichtung besitzen und immer eine andere Klinik darum angehen 
müssen, so wurde, zumal die hier allerdings sehr trügerische Dia- 
phanoskopie einen ziemlich grossen Helligkeitsbezirk erkennen liess, 
daraufhin die Stirnhöhle in Angriff genommen, aber gänzlich ver- 
misst. Während in dem einen Falle die Operation ohne Folgen für 
die freigelegte Dura nach Ausräumung des Siebbeins verlief, kam 
es in diesem zu einem extraduralen Abszess. Während einiger Tage 
bestanden Temperaturen bis 38,29, Mattigkeit, Kopfschmerzen u. a. 
Die Siebbeinentzündung hatte also beide Male die Stirnhóhlenaffektion 
vorgetäuscht. Seit diesen Erfahrungen suchen wir uns stets vor der 
Operation ein Róntgogramm zu verschaffen; in bezug auf die Aus- 
dehnung der Hóhlen kann uns dieses nach allgemeiner Erfahrung 
ja meistens orientieren. 

Ich möchte hier nicht verschweigen, dass in ein paar Fällen, 
wo differentialdiagnöstisch nicht ohne weiteres Klarheit zu erreichen 
war, das Röntgogramm mit der ausgesprochenen Verschleierung der 
affizierten Seite uns zur Operation ermunterte, deren Befund die 
Deutung rechtfertigte. 


85] Komplizierte Fälle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 681 


IL Fall von Pachymeningitis purul. ext. Fall von Stirn- 
hirnabszess und gleichzeitig bestehender Orbital- 
= o phlegmone. 


Fall XXX. 


Paula Wippich, 19 Jahre alt, Hausmáüdchen, Góltingen. 

Anamnese: Von der Augenklinik überwiesen. Seit 6 Tagen plötzlich 
starke Kopfschmerzen, bes. vor der Stirn links. Auftreten von Schwellung 
vor der Stirn links. Darauf Eisumschläge; sehr starke Kopfschmerzen. Auf- 
nahme in der Augenklinik. Dort 3 Punktionen in die Orbita gemacht, ohne 
Eiter zu finden. Der Fall wurde dann uns überwiesen. 

Diagnose: Sinuitis front. cum osteoperiostit. chron. purul. Ethmoidilis 
supp. chron. Rhinitis atrophica chron. c. ozaena. Phleginonis orbitae. 

Therapie: Killiansche Stirmhöhlenoperation. 

Befund der Nase: Bds. viel Eiter, Borken fótid. R. mittl. Nasengang 
mässige Schwellung, 1. dicke polypoide Schwellung der mittleren Muschel. 
Mittlerer Nasengang vollkommen verlegt. Untere Muschel mässig atrophisch. 

Rachen: Schleimhaut z. T. trocken mit Borken belegt. 

Kehlkopf und Lungen: Ohne Besonderheit. Orbitalinhalt ist stark ge- 
schwollen, blau verfärbt. Ziemlich hochgradige Protrusio bulbi. Konjunktiva 
des unteren Lides stark ödematös verdickt. 

Sonstiges: Herz I. Ton nicht ganz rein, im übrigen nicht verbreitert, 
keine Akzentuation des Il. Pulmonaltons. Nieren frei. Sensorium frei. Keine 
Intelligenzstörung. Keine Sensibilitäts- oder Motilitütsstórung. Hirnnerven frei 
bis auf die mássige Bewegungsstórung des l. Auges. Augenhintergrund frei. 
Abdomen ohne krankhaften Befund. 

12. VI. 09. Killiansche Stirnhöhlenoperation in Skopomorphin-Chloro- 
form-Narkose. 

Operationsbericht: Aussere Weichteile sehr dick infiltriert, sowie 
in die Orbita wie auf Stirn übergreifend, bis zu 2—3 cm Dicke. Die Orien- 
tierung hinsichtlich des oberen Orbitalrandes ist sehr erschwgrt, deshalb zu- 
nächst Eingehen auf Proc. frontalis im unteren Schnittwinkel. Sehr starke 
Blutung. Beim Eröffnen der endonasalen Räume zeigt sich zunächst dicke 
polypoide Schwellung der Schleimhaut, beim weiteren Vordringen plötzlich 
eine Menge rahmigen Eiters (Streptokokken-Reinkultur). Nach ausge- 
dehnter Resektion der Lamina papyracea, des Trinenbeins, wobei auch dic 
ganze laterale Umwandung der Apertura piriformis geopfert wird, zeigt sich, 
dass von den vorderen Siebbeinzellen aus, 1!/, cm unter und hinter dem 
Tränenbein ein Durchbruch nach der Orbita stattgefunden hat und entsprechend 
auch eine Öffnung in der Periorbita sich fand. Die Periorbita war in dies^r 
Gegend verdickt, mit Granulationen bedeckt. Im übrigen ist sie glatt, o. Bes. 
Intraorbital kein Eiter sonst nachweisbar. Die Stimhöhle ist klein medial 
gelegen, ausgefüllt von rahmigem Eiter. Die Schleimhaut erweist sich als 
schmutziz grau verfärbt und kommuniziert mit dem ethmoidalen Eiterherd. — 
Auswaschen mit Kochsalzlösung. Primäre Naht. Verband. 

In den nächsten Tagen wird feuchter Verband gelegt, unter dem die 
Schwellung zurückgeht. Kein Doppeltsehen. Keine Temperatur. 

21. VI. Temperatur 37,2. Gestern und heute Kopfschmerzen über dem |. 
Auge. Das l. obere Augenlid ist stark gerótet und geschwollen, nach oben 


682 W. Uffenorde. [56 


zirkumskript infiltriert, schmerzhaft. Die Naht ist nicht schmerzhaft bei Druck, 
nicht gerótet. | 

Zur Augenklinik verlegt. Hier ist die Abszessstelle inzidiert und drainiert. 
Nach Angabe der Augenklinik ist am 24. VI. morgens Kopfschmerzen, Übel- 
keit mit Erbrechen aufgetreten. Sensorium war immer frei. Die hinzugezogenen 
Internen (Prof. Hess, Dr. Lichtwitz) verwiesen wieder auf uns. 


25. VI. Die Schwellung des orbitalen Haltes war zurückgegangen, die 
ophthalmologischerseits gemachte Inzision stand weit offen. Der Augenhinter- 
grund war kaum verändert (kgl. Augenklinik). Da die Übelkeit und Erbrechen 
und die Kopfschmerzen schlimmer wurden, schlugen wir ¿ofort eine Trepanation 
des Stirnbeins vor. 

Kopfschmerzen auf der l. Stimhálfte nach rechts deutlich abzugrenzen. 
Keine Herdsymptome seitens des Zerebrum nachweisbar. Intellizenz erhalten. 
Keine Nackensteife. Die Reflexe, Pupillar-Patellar erhalten. Kein Babin sk y. 
Temp. 37,4. Puls 56. 

Opcration abends 8 Uhr. Eröffnung der Schädelhöhle, Gehirnpunktion, 
vorher Lumbalpunktion. 


Operationsbericht: Schnitt in der alten Narbe. Von der augen; 
ärzllicherseits gemachten orbitalen Inzision aus lässt sich der Knochen am 
Orbitaldach sondieren, der ganz frei lieg. Mit der Hakensonde kann man 
2 kleine Fistelbildungen sondieren. Aufdecken der Schädelhöhle entsprechend. 
Es kommt sofort unter Druck eine geringe Menge Eiters hervor. Eine drei- 
eckige A Stelle ist an der Dura intensiv gelb verfärbt, sonst Dura intakt, 
glänzend. Inzision mit Preysingschen Messer, unter Pulsationen kommt 
eine wenig getrübte, gallertige schleimige Masse hervor, auf Dilatation weiterer 
starker Abfluss des immer mehr eiterig werdenden Sekretes. Bald stellen 
sich die Pulsationen, die vorher an der Dura vermisst wurden, wieder her, 
und aus der erweiterten Öffnung dringt immer mehr Sekret hervor. Mittelst 
Austupfens wird die Hauptsekretmasse entfernt. Die Ausdehnung der schein- 
bar ziemlich glattwandigen Höhle erweist sich als 6:5!/, cm Grösse. Um ein 
weiteres Glasdrain einführen zu kónnen, wird die Duraóffnung noch medial 
wärts erweitert, plötzlich starke Blutung aus einem grossen Piagefáss. Tamponade. 
Verband. Eine Befestigungsnaht. 

26. VI. Sensorium frei. Der Puls hat sich allmählich auf 64 vermehrt, 
Appetit gut. Kein Kopfschmerz mehr. Verbandwechsel. Keine Temperatur. 
Tampon auf dem blutenden Piagefäss belassen. 


28. VI. Puls 72. Temp. 36,8. Wohlbefinden. Fortnahme alles Tampons, 
plötzlich wieder Einsetzen einer starken Blutung aus dem Piagefäss. Erneute 
Tamponade. 

15. VII. Allmählich lässt sich die Tamponade ganz entfernen. Abgesehen 
von mässigen Kopfschmerzen, die z. T. auf den Druck durch die Tamponade 
wohl zurückzuführen waren, befindet sich die Pat. wohl. Die Abszesshöhle 
granuliert gut, ist nur noch ca. 1 cm tief. In Äthernarkose werden die Wund- 
rinder gelockert und Katgutnáhte gelegt. Aus dem vorderen Wundwinkel wird 
ein Jodoformgazestreifen herausgeleitet. 

27. VII. Wunde geschlossen. Die Pat. dauernd ausser Bett während der 
letzten Tage. Fühlt sich wohl. Keine Doppelbilder. 

3. VIII. Parulis links aufgetreten. Kieferhöhle frei. 11. Prämolaris krank. 

17. VIII. Geheilt entlassen. 


81] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 683 


$7 IX. 09. Pat. kommt wieder mit Klage über heftige Kopfschmerzen, 
Übelkeit und Erbrechen. Weder in äusserlich noch in der Nase oder seitens 
des Zerebrum lässt sich ein besonderer Befund erheben. Das Auge ist frei. 
Die Reflexe sind erhalten. Pat. will seit einigen Tagen sehr an Vergesslichkeit 
leiden. Im übrigen zeigt sich keinerlei Intelligenzstórung. 

Diagnose: Abscessus cerebri? Therapie Trepanation. Operation in 
Chloroform-Morphiumnarkose. 

Operationsbericht: Schnitt durch die alte Narbe, bis medial zur 
freiliegenden Dura. ,Diese in Markstück-Grósse medial freiliegend. — Pulsation 
fühlbar. Von dem Knochenrand nach oben einen Schnitt von 3—4 cm Lüngo. 
Resektion der entsprechenden Knochenpartie nach Zurückschlagen des Weich- 
teillappens. Die Dura wölbt sich entsprechend dem von der vorigen Operation, 
herrührenden Defekt der Schädelkapsel umschrieben vor, fühlt sich sehr weich 
an. Punktion o. B. Es wird nun vom lateralen Teil aus mit einer Pravaz- 
Spritze, die einer langen Lumbalpunktionsnadel armiert ist, in die Tiefe vor- 
gegangen, bis 5 cm in die Gehirnsubstanz; plötzlich wird dicker Eiter aspiriert. 
Da das Preysingsche Messer unzulänglich, wird mit einem Skalpell die 
Dura in 2 cm Länge gespalten, die Hirnsubstanz durchstochen. Da mit Peance 
eine genügende Dilatation unmöglich, wird mit einem langen Glas-Drain ein— 
gegangen, was anfangs Schwierigkeiten macht, durch leicht rotierende Bewegung 
ermöglicht wird. Es steigt Eiter im Ulas-Drain auf, der mit Pravaz-Spritzq 
abgesogen wird. Durch das Glas-Drain Einführung von schmaler gesäuinter 
Jodoformgaze. — Verband. 

29. IX. Verbandwechsel, Gaze durchnässt. Jodoformgaze-Drainrohr. Puls 
gut. Temper. abends 38,1. 

4. X. Täglich Verbandwechsel, wenig Sekret in Wundhöhle, Drainrohr. 
Jodoformgazestreifen. — Puls gut, desgl. Temperatur. 

9. X. Täglich Verbandwechsel, immer Drainrohr eingeführt. Befinden bis 
heute gut. Keine Temperatur. Puls 80; etwas schlaff, aber regelmässig. Keine 
Kopfschmerzen, Wohlbefinden, guten Appetit. Sekretion aus ‘der Wundhöhle 
wurde geringer. — Plötzlich heute früh heftige Kopfschmerzen mit Übelkeit. 
Pat. hat im Laufe des Morgens 2 mal gebrochen. 

In Narkose Sondierung der Wundhóhle, bis 8 cm Tiefe; es entleert sich 
zunächst wie auch bei früheren Verbandwechseln gelblich seröse Flüssigkeit, 
dann getrübte, dickere, die mit kleineren Fléckchen von Eiter und zerfallener 
Gebirnsubstanz durchsetzt ist. — Mit Kornzange wird der Kanal erweitert. 
Jodoformgaze-Drainrohr. Verband. 

10. X. Verbandwechsel, 8 cm langes Drain eingeschoben. Abszesshöhle 
vorher ausgetupft. Sekretion gering. Hydrogenium eingeträufelt. Sehr starke 
Kopfschmerzen am Morgen und angeblich während der Nacht. Nach dem 
Verbande lassen die Kopfschmerzen wenig nach. Pat. würgt aber viel. 

14. X. Während der Tage leidliches Befinden, keine Schmerzen, besserer 
Appetit. Heute früh wieder heftiges Würgen, Erbrechen, sehr starke Kopf- 
schmerzen. : Tägl. Verbandwechsel. Sonde dringt heute 10 em tief in die Abszess- 
höhle ein; seröser Abfluss nach Herausziehen der Sonde. | 

16. X. Die Tage her abends mehrfach Temp. von 38°. Immer heftige Kopf- 
schmerzen, bis in der Gegend des Foramen magnum lokalisiert. Pat. etwas 
desorientiert, aufgeregt. Abends 39,09. Schiittelfrost. Um 8/, Erbrechen, 
Schwindel. Verbandwechsel. 


654 W. Uffenorde. [S8 


In der Tiefe Detritus-Massen, Blutkoagula. Drainrohr von 11 cm Länge 
eingeschoben; sehr starker Liquor-Abfluss (Pulsation). Pat. wird nachts 1 Uhr 
benommen. Temp. 41,6— 42,29. 

17. X. 09. Exitus mittags 1,20 Uhr. 

Patholog. anatomische Diagnose des kgl. Patholog. Instituts: Abszess im 
linken hinteren Stirnhirn. Fistulóser Eiterkanal von der Spitze des L Stirn. 
beins nach diesem Abszess. Nach hinten Kommunikation mit dem 3. Ventrikel. 
Akute eiterige Meningitis. 

Bericht der kgl. Augenklinik: 


R. A. Ausserl. und ophthalm. normal. S — — 1,0 Deyl. < 0,8. 

L. A. Das Oberlid ist stark geschwollen und gerótet, so dass es über 
das Unterlid hinweghüngt. Der Bulbus ist vorgetrieben. Die Schwellung ist 
druckempfindlich. Fluktuation nicht nachzuweisen. Es wird die Diagnose auf 
einen periostalen Abszess gestellt. Ophthalm. nihil. Kornea und die anderen 
brechenden Medien klar. S = 0,6. 


11. VI. 09. Nach vorangegangener Untersuchung tiefe Inzision in die Urbita 
hinein oberhalb des Bulbus. Kein Eiter. 

11. VI. 09. Nach vergangener Untersuchung Verlegung in die Ohren- 
klinik. 

21. VI. 09. Wiederaufnahme: Längs des oberen Randes der Orbita 
verläuft eine genähte Operationswunde von ca. 10 cm Länge. Das Lid ist 
noch bedeutend stärker angeschwollen, gerötet; man fühlt deutliche Fluktuation 
In Narkose wird ein tiefer Einschnitt parallel dem Orbitalrand gemacht, es 


entleert sich eine Menge dickflüssigen Eiters. Tamponade mit Jodoformgaze. 
Fw. Verband. 


22. VI. 09. Die Schwellung hat nachgelassen, noch geringe Eiter- 
absonderung. 


23. VI. 09. Pat. klagt viel über Kopfschmerzen. Kein Fieber. 
24. VI. 09. Mehrfaches heftiges Erbrechen. Keine Temperaturerhöhung. 


Pulsverlangsamung. Verdacht auf Meningitis oder Hirnabszess. Im Urin wenig 
Albumen! 


3. VIII. 09. Pat. wird noch einmal aus der Ohrenklinik geschickt, in 
der sie wegen Hirnabszess operiert ist. Das linke Auge ist frei beweglich, 
sonst normal. L. S = 0,8. 

Epikrise: Kurz gefasst handelt es sich in diesem Falle um 
folgendes: Von der bei der Patientin bestehenden Rhinitis atrophica 
cum Ozaena aus entstand eine Stirnhéhlensiebbeineiterung. Es kam 
zu einer Empyembildung im vorderen Siebbein, welches dann die 
orbitale Komplikation nach sich zog. Der Durchbruch nach der 
Orbita war deutlich an der gewóhnlichen Stelle der vorderen Lamina 
papyracea nachweisbar, ebenso die periorbitale Granulations- und 
Eiterbildung. Die Periorbita war zum Teil durchbrochen. Nach kurz- 
dauernder Besserung der orbitalen Phlegmone unter feuchtem Ver- 
bande bildete sich ein Abszess in dem oberen Lid. Wenige Tage 
spáter traten deutliche Hirnreizsymptome auf, wie Kopfschmerzen, 
mit paroxysmenartigen Attacken, Übelkeit mit Erbrechen, Temperatur 
37,49, Puls 50—56, die uns die Annahme eines bestehenden extra- 


89] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 685 


duralen Abszesses des l. Stirnhirns, wahrscheinlich kombiniert- mit 
Gehirnabszess, machen liessen. Diese Annahme wurde durch den 
Nachweis des rauhen Knochens in der Tiefe des Lidabszesses bei 
der Operation noch unterstützt: Die Operation deckte den vermuteten 
extraduralen und Stirnhirnabszess, der sehr gross war, auf. Ausser- 
dem war das Bindeglied, ein umschriebener subduraler- 
Abszess nachweisbar, der der intensiv gelb verfärbten scharf um- 
schriebenen dreieckigen Durapartie entsprach. Die Dura war in dieser 
Partie ganz glatt, spiegelnd und nicht durchbrochen, genau so wie 
ich es schon einmal bei einer schweren otogenen Gehirnkomplikation 
gesehen und beschrieben habe (Uffenorde,; Verh. d. D. Otol. Ges. 
Heidelberg 1908, S. 240). Diese endokraniellen Veránderungen waren 
gewiss schon älteren Datums, doch kaum älter als 4 Wochen, da 
erst seitdem die ersten orbitalen Erscheinungen datierten. Ziemlich 
bald nach Entstehung der orbitalen Phlegmone wird die Infektion 
nach oben vorgedrungen sein, die Pachymeningitis externa: gesetzt 
. haben, nach deren Suppuration der extradurale Abszess sich bildete. 
Von hier aus entstand die subdurale Eiterung, die den Subarachnoidal- 
raum erreichte, ein grösseres Piagefäss infizierte, dessen Ausbreitungs- 
bezirk in der Marksubstanz durch die auftretende Ernährungss‘örung 
und rückläufige Infektion von der thrombophlebitisch veränderten 
Piavene aus eitrig eingeschmolzen wurde (vergl. Uffenorde, Ein 
Fall von Kleinhirnabszess usw. Arch. f. Ohrenhkd. 67, 179). Von 
der endokraniellen Eiterung aus kam es dann am 21. VI. zu einer 
Reinfektion der Orbita. Deshalb konnte auch der Knochen in der 
Tiefe des Orbitalabszesses, der wohl das Septum orbitale durchbrochen 
hatte, mit der Sonde ohne weiteres nachgewiesen werden. An zwei 
Stellen hakte man mit der Hakensonde ein. ` 

Die Stirnhöhle kann hier nicht in Frage kommen, weil sie ganz 
klein, mehr als Bulla frontalis einer Siebbeinzelle entwickelt, ganz 
medial gelegen war. 

Das Interessante an dem Falle ist also hinsichtlich der Patho- 
genese der verschiedenen Komplikationen, dass von dem Siebbein- 
empyem aus an der gewöhnlichen Stelle eine orbitale Phlegmone 
mit Protusio bulbi entstand, und von dieser Phlegmone aus weiter 
der extradurale, subdurale und zerebrale Abszess sich entwickeln 
konnte. Später, nach fistulösem Durchbruch an der unteren wand 
kam es zur Reinfektion des orbitalen Inhalts. 

Der Hirnabszess heilte verhältnismässig rasch aus, und zwar in 
18 Tagen. Ich möchte hier noch einmal auf die schon an. anderer 
Stelle (Uffenorde, Verhandl. d. Deutschen Otol. Ges. Heidelberg 
1908, S. 232) empfohlenen weiten Glasdrains verweisen, durch die 


686 W. Uffenorde. [90 


hindurch schmale gesäumte Jodoformgaze tamponiert wird. Nach- 
dem ich eine grössere Reihe von Gehirnabszessfällen damit behandelt 
habe, bin ich immer mehr von ihrem Nutzen überzeugt. Die Drai- 
nage ist dadurch denkbar gut gesichert, die Applikation relativ leicht, 
die Säuberung durch Auskochen erleichtert, die Hirnprolapsbildung 
wird dadurch fast ganz vermieden u. a. m. Übrigens sind später 
auch chirurgischerseits dieselben Drainagen mit Glasdrains und durch- 
geschobenem Jodoformgazedocht z. B. bei der Behandlung der Peri- 
tonitis empfohlen (Internat. Kongress in Budapest 1909). 

Leider war der Erfolg der Heilung nur von kurzer Dauer. Nach- 
dem das Mädchen zwei Monate beschwerdefrei und definitiv geheilt 
schien, traten hier wiederum ziemlich unzweideutige zerebrale Sym- 
ptome auf. Ein weiterer Beweis, dass man bei Beurteilung der 
Heilung von Gehirnabszessen vorsichtig sein muss und nicht zu 
eilig mit der Mitteilung sein darf. Bei der Operation liess sich die 
Vermutung, dass wieder ein Stirnhirnabszess vorläge, bestätigen. Der 
Abszess sass auffallend tief, erst bei einer Punktion von 5 cm Tiefe 
kamen wir auf den ziemlich grossen Abszess. Offenbar war von 
dem 1. Abszess ein tiefsitzender Rezessus abgeschnürt, der nach 
längerer Latenz sich nun manifestierte.e Wir benutzen für unsere 
Hirnpunktionen mit gutem Erfolge eine Rekordspritze, die mit einer 
6—' em langen und 11/, mm weiten Kanüle armiert ist. Ich glaube 
nicht, dass die Gefahr, man kónne dadurch leichter einmal einen 
Abszess durch Verschleppung von Infektionsmaterial von der Ober- 
flache in die Tiefe setzen, zu hoch eingeschátzt werden darf, sicher 
ist man davor auch nicht durch die Punktion mit dem Skalpell 
bewahrt, wie wir in einem Falle erfahren haben. Die Orientierung 
ist aber zweifellos mittelst der Spritze mit der weiten Kanüle er- 
leichtert, da man bei vorhandenem Eiter diesen auch immer aspirieren 
wird. Auf jeden Fall ziehe ich eine derartige Spritze dem Skalpell 
mit nachfolgender Dilatation — auf diese kommt es dabei ja in 
erster Linie mit an — besonders in fraglichen Fällen vor. Hier war 
der Vorteil sehr evident. Ebenso bewährten sich die Glasdrains 
sehr gut, da mit anderen Mitteln die Drainierung wegen der Tiefe 
der unveränderten darüberliegenden Hirnsubstanz schwer zu er- 
reichen war. 

Trotz aller Bemühungen war aber die enzephalitische Erweichung 
nicht aufzuhalten. Warum die Infektion progredient blieb, ist schwer 
zu sagen. Ich möchte aber hervorheben, dass nicht etwa die langen 
Glasdrains, die zuletzt 11 cm lang gewählt werden mussten, daran 
schuld sein konnten, etwa durch den Druck auf das Enzephalon 
nach hinten bei Rückenlage der Patientin. Gewiss hat dieser Um- 


91] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 687 


stand die Drainage an sich erschwert, aber die Glasdrains schweben 
dadurch ganz frei in der Tiefe der Abszesshöhle, dass es durch die 
kurze Abbiegung am proximalen Ende des Drains möglich wird, 
durch untergelegte Gaze die Länge des einzuführenden distalen Endes 
abzumessen. Auch die von anderer Seite entgegnete Reizung durch 
das Glas auf die Rindensubstanz, die es zu passieren hat, ist, m. E. 
nicht zu befürchten. Sie ist sicherlich geringer als bei Jödoformgaze, 
wo noch ein chemischer Reiz zu dem mechanischen hinzutritt. Im 
übrigen ist die reaktive Granulationsbildung auch an der Rinde kaum 
von Nachteil. Schliesslich brach der Abszess in den 3. Ventrikel durch, 
was sich klinisch deutlich manifestierte, und sehr bald trat unter 
foudroyanten meningitischen Erscheinungen der Exitus letalis ein. 
Bemerkenswert ist die terminale Temperatur von 42,29. Solche Ven- 
trikeldurchbrüche sind auch von Hansberg und Weichsel- 
baum gesehen. E 


III. Fall von Osteomyelitis des Stirnhirns. Orbitale 
Phlegmone. Pachy-Leptomeningitis. Thrombose der 
Arteria meningae media. Septicümie. 


Fall XXXI. 

Karl Redecker, 23 Jahre alt, Zigarrenmacher, Bünde i. W. 

Pat. gibt an, seit 14 Tagen ständig Kopfschmerzen von 10 Uhr morgens 
bis 4—5 Uhr nachmittags gehabt zu haben. Hat früher schon oft Schnupfen 
gehabt. Sonst nicht krank gewesen. Nie bettlägerig gewesen. Vor 5 Tagen 
konnte Pat. morgens mit dem L Auge nicht mehr sehen. Am folgenden Tage 
Schwellung des Auges, vorher starke Kopfschmerzen, die mit dem Stärker- 
werden der Augenschwellung sich noch verschlimmerten. Gestern und vor- 
gestern hat Pat. mehrere Male erbrochen. Ist schwindelig und taumelt hin 
und her. Pat. hat wiederholt stark gefroren. Er hat zunächst die Augenklinik 
konsultiert und ist von dort uns überwiesen. 

Status praesens: Hh. Nase ohne Besonderheiten, |. im mittleren 
Nasengang sehr viel Eiter. Keine polypoide Schwellung. Rachen zeigt ge- 
ringe Rötung und Schwellung, Kehlkopf und Lungen frei, Herz ohne Bes. 
Bauchorgane ohne nachweisbare Veränderungen. Urin frei. Keine Motilitäts- 
oder Sensibilitätsstörungen. Reflexe erhalten (s. Abb. 13, Taf. XXX), 

Ophthalmologischer Befund: Untersuchung des Fundus nicht 
möglich, weil die Lider wegen hochgradiger Schmerzhaftigkeit nicht geöffnet 
werden können. Pat. zählt l. Finger in 1 m Entfernung, Projektion ist richtig. 
Entzündliches Ödem des Oberlides. Geringe Protrusio bulbi l. 

R. normale Verhältnisse. Puls 68, etwas irregulär, Temp. 39,3. Starke 
"Schmerzen im Hinterkopf. Hirnnerven bis auf die Fixation des Bulbus frei. 
Der | Bulbus steht fast vollkommen fest. M. Rectus internus zeigt cine 
geringe Bewegung. Starkes konujnktivales und palpebrales Ödem. Pupillenrsaktion 
l. etwas träger als r. Das obere Lid ist stark infiltriert, gerötet und deckt 
den Bulbus vollkommen. Das Lid ist sehr rigide, chemotisch. Geruchsver- 
mögen fehlt l. Rechts erhalten. 


68 W. Uffenorde. [92 


Erweiterte Kulintsche Radikaloperation der Stimhöhle und des Sieb- 
beins in Chloroformnarkose. 


Operationsbericht: Äussere Weichteile geschwollen, Knochen ohne 
Bes. Bei Eröffnung der Stirnhöhle tritt unter starkem Druck schwarz ver- 
färbtes übelriechendes Sekret hervor. Die Stirnhöhle ist mässig lateralwärts, 
mehr mit einzelnen Septen nach oben und medialwärts, besonders nach der 
anderen Seite hinüber ausgebildet. Die Schleimhaut ist sehr verändert, nur 
mässig geschwollen, aber grösstenteils übel schmutzig verfärbt und lässt ‚sich 
leicht in toto von der Unterlage abziehen. Medialwärts ist ejne Bulla frontalis 
von einer Siebbeinzelle sehr gross ausgebildet; diese wie die von hieraus 
leicht zu eröffnende Stirnhöhle r., die mittelgross ausgebildet ist, enthält stärker 
geschwollene Schleimhaut und fötiden Eiter. Kürettement und Erweiterung 
des Zugangs zu der kontralateralen Nasenhóhle. Das gesamte Siebbein einschl. 
Keilbeinhöhle mit etwa 3 mm hohen weit lateralwärts, fast bis zur Schlafe 
sich erstreckenden lateralen orbitalen Rezessus enthalten in derselben Weise 
geschwollene Schleimhaut und übel grün verfärbten jauchigen Eiter. Bemerkens- 
wert ist noch, dass am Boden der Stirnhóhle eine Menge kleiner Sieb. 
beinzellen ausgebildet ist. Vordere Hälfte der Lamina papyracea entfernt. 
Nirgends ist ein Durchbruch zu sehen. Periorbita entsprechend glatt. Wegen 
der morphologischen Verhältnisse wird nun die zunächst erhaltene Spange 
geopfert. Es zeigt sich, dass die Periorbita der oberen Wand in der Mitte 
bes. lateralwärts verdickt und übel gelbgrau bis schwarz verfärbt ist. Auch 
epiperiorbital freier Eiter nachweisbar, der in derselben Weise jauchig ver- 
ändert ist. Die Periorbita ist weich, und man kann ohne weiteres mit einer 
stumpfen Hakensonde in sie eindringen. Entsprechend der ausgedehnten Rezessus- 
bildung, deren Boden total entfernt wird, ist die Veränderung der Periorbita 
bis in.die Nähe des Optikuskanals nachweisbar. Eine ausgesprochene Fistel- 
bildung der unteren Stirnhöhlenwand ist aber nicht nachweisbar gewesen. 
Wohl kann man einzelne erweiterte Gefässkanäle sehen. Der Nervus supra- 
orbitalis wird mit Peance herausgezogen. Ausspülung der Wundhöhle mit 
Hydrogeniumlösung, Naht der Wundränder, bis auf den lateralen Wundwinkel, 
aus denen die Tamponadestreifen z. T. herausgeleitet werden; ebenso Tamponade 
der unteren Stirnhöhle und des Siebbeins nach der Nase. 

Am 12. VIII. Pat. hat wenig erbrochen. Früh 7 Uhr Schüttelfrost. Seit 
letzter Nacht übelriechende Durchfälle von schwärzlicher Färbung. Pat. klagt 
sehr über Kopfschmerzen im Hinterkopf, Sensorium frei. Feuchter Borsäure- 
verband auf die Wundgegend. 

Am 13. VII. Freilegung der Dura. Puls kaum fühlbar, eine Spritze 
Digalen. Einmal Kampfer. 


Operationsbericht: Entfernung der Nähte, Ausspülung der Wund- 
hóhle. Freilegung der Dura der vorderen Schádelgrube. Die Dura pulsiert 
und zeigt keine Veränderung. Kochsalzinfulsion 700 g. 

Augenuntersuchung von Prof. Schieck: R. A. Papille gerötet, Grenzen 
nach oben und unten unscharf. Venen schr stark gestaut; entlang den Venen 
nach oben und unten zu ist die Netzhaut in der Ausdehnung von zwei 
Papillendurchmessern trübe. Die Gegend der physiologischen Exkavation ist 
durch eine Wolke verschleiert. 

L. A. Papille stärker gerötet als rechts. In der physiologischen Ex- 
kavation liegt ein trübes Exsudat. Die Venen sind zu dicken, dunkel gefärbten 
und geschlängelten Strängen angeschwollen. Eine Netzhauttrübung schiebt sich 


93] Komplizierte Fälle von: Nasennebenhöhlenerkrankung. 689 


entlang der grösseren Gefässe vorwärts. Die nasale und temporale Papillen- 
grenze ist noch angedeutet sichtbar, die Begrenzung nach oben und unten 
vollständig verloren gegangen. Auch tauchen die Gefässe teilweise in der 
Trübung unter. Man sieht deutlich, dass das Gewebe der Papille und Netz- 
haut in unmittelbarer Nachbarschaft der grösseren Grefässe geschwollen ist. 
Orbitalphlegmone gebessert, weniger rot, Runzelung der áusseren Haut, feuchter 
Verband. Dreimal Kampfer, Marsala. Puls bleibt den ganzen Tag schlecht. 
Sehr frequent. Jaktationen. Kein Erbrechen mehr. Reflexe erhalten. Kein 
Stuhlgang mehr. Keine Nackensteifigkeit. Abends Amaurose beiderseits. Nachts 
12 Uhr Sprachverlust, bis dahin hat Pat. fortwährend geschrieen. Jetzt Be- 
wegung des Kopfes sehr schmerzhaft. i 

Am 14. VIII. morgens 61/, Uhr Exitus letalis. | 

Sektion am 15. VIII. 1910. 8!/, Uhr a. M. (Dr. Rumpel). Kgl. patholog. 
Institut. 

Kräftige männliche jugendliche Leiche. Allgemeine Totenstarre. Toten- 
flecke in den abschüssigen Teilen. Unterhautfettgewebe gut entwickelt. Musku- 
latur kräftig, braunrot. Es findet sich vom inneren Augenwinkel nach abwärts 
eine 4 cm lange bis in die Gegend der Nasolabialfurche reichende genähte, 
etwas verklebte, reizlose Operationswunde, von deren oberen Ende ein 6 cm 
langer bogenförmiger in der Mitte der linken Augenbraue verlaufender klaffender 
Operationsschnitt geht. ‘Am oberen Augenlid in der Mitte findet sich eine 
grünlich verfärbte, eingefallene, verdünnte, 1 cm breite, 11/, cm hohe Stelle, von 
der Operationswunde aus führt zu letzterer eine Abszesshóhle. In der Wunde 
fotider Eiter. Unter der Kopfschwarte in der Gegend der Operationswunde 
findet sich eine etwa 51/, cm breite, 2 cm hohe mit grünlich schwarzen 
und gelben Belägen versehene rauhe Wundflüche, nach oben durch einen 2 cm 
breiten normalen Abschnitt getrennt eine flache, etwas granulierende, 11/, cm 
im Durchmesser betragende rundlich ovale Wundfläche. Derselben entspricht 
am Schädeldach eine rauhe, ebenso grosse Stelle. In dem Stirnbein, von der 
Aufmeisselungsstelle nach oben bis beinahe zur l. Koronarnaht, r. fingerbreit 
über die Mitte reichend ist die Diploe etwas weniger durchsichtig, von grünlich- 
gelber Farbe. Auf dem Schnitt durch das Stirnbein findet sich eine grün- 
gelbe Verfärbung und Erfüllung der Knochenmarkhöhlen mit fötidem Eiter. 

An der ‚Unterfläche des linken Stirnlappens nahe der Spitze 3 flach- 
grubige, gelblich verfärbte, mit Eiter bedeckte, ca. 4 mm im Durchmesser grosse 
rundtishe Herde ohne makroskopisch sichtbare Kontinuität untereinander. An 
der Spitze des 1. Stirnlappens 3 cm von der medialen Fissur entfernt extra- 
dural ebensolche Herde. Dieselben Herde auch nach rückwärts über die Mediane 
reichend. Die l. A. meningea med. prall gefüllt, nahe der Medianlinie schwarz 
verfärbt, beim Einschnitt entleert sich mit Blut gemischter fötider Eiter. Im 
Sinus longitudinalis sup. Leichengerinsel. Serosa sonst, abgesehen von etwas 
Injektion im 1. Stirnlappen ohne Bes. Durainnenfläche glatt und spiegelnd. 
Weiche Häute zart. In der Nähe der Medianspalte in der Gegend des Scheitel- 
lappens eigentümlich gelbliches Ödem der Sulci. Daselbst fötider Gestank. 
An der Innenfläche der Dura der l. Hemisphäre, entsprechend der Oberfläche 
des Stirnhirns eine sulzige, gelblich zähe, von der Dura abstreifbare Membran. 
Pia und Arachnoidea der l. Hemisphäre im Bereich des Stirnlappens 3 cm 
oberhalb der Spitze desselben, l. von der Medianlinie 4 cm lang, eiterig, gelb- 
lich infiltriert. Daselbst findet sich eine etwa dreimarkstückgrosse, flache Im- 
pression an der Oberfläche des Gehirns. An der Unterfläche dasselbe bräunlich- 


690 W. Uffenorde. [94 


gelbe Ódem der Sulci in einem 4 cm langen Streifen urer. An der Schädel- 
basis auf dem Clivus eine gelblichrötliche schleimig-schmierige, ziemlich durch- 
sichtige, gut abstreifbare Membran. Im r. Sinus transversus kurz vor der 
Umbiegungsstelle in den Sinus sigmoideus ein kleiner Thrombus. In der 1. 
Fossa sylvii längs der Gefässe oberflächlich eigentümlich gelbe Infiltration 
der weichen Häute. Die beiden Hemisphären in der Medianspalte miteinander 
verklebt. Im l. Seitenventrikel sehr wenig klare wässerige Flüssigkeit. Ependym 
glatt, zart. Substanz des Gehirns ziemlich weich und blutreich. 

Halsorgane, Lungen, Trachea, Ösophagus ohne wesentl. Bes. 

Am Epikard einzelne Petechien, der Herzmuskel von einzelnen gelblichen 
Streifen durchzogen. Herz etwas grösser als die Faust. Leber überragt den 
r. Rippenbogen um 4 Querfinger, verdeckt den Magen vollkommen (35: 32: 10 cm). 
Milz gross; Kapsel gespannt (18:8: 4!1/, cm). Darm zeigt Stauungshy perümie. 
L. Niere blutreicher als die r. Am |. Nierenbecken Petechien. 

Pathologisch-anatomische Diagnose: Status nach Kuhnt- 
scher Radikaloperation von linksseitiger eiteriger Sinuitis front. und linksseitiger 
Orbitalphlegmone. Eiterige Osteomyelitis des l. Stirnbeins. Abszesse unter 
der Galea und extradurale Abszesse daselbst. Jauchigeiterige akute Lepto- 
meningitis. Hochgradige Fettleber. Myodegeneratio adiposa cordis. Septischer 
Milztumor. 

Klinische Diagnose: Phlegmonis orbital. post Sinuit. front. purul. 
et ethmoiditis cum osteoperiostite. Septicopyämie. Thrombophlebit. ven. oph- 
thalm. et sin. cavernos. (?). Leptomenigitis purul. acuta. Stauungspapille bes. 
Amaurosis. Enteritis purul. 

Epikrise: Ein weiterer lehrreicher Fall von Osteomyelitis 
des Stirnbeins bei einem 23 jahrigen Manne. Die dabei im allge- 
meinen in Betracht kommenden Momente sind in den bekannten 
Arbeiten von Schilling, Guisez, Luc und Roepke aus- 
giebig erórtert und finden sich bei Gerber (Komplikationen der 
Stirnhóhlenentzündung, 1908) ausführlich wiedergegeben. Dieser 
Autor záhlt 29 Falle von Osteomyelitis auf. 

In unserem Falle bestätigen sich die gewonnenen Erkenntnisse 
in pathogenetischer Hinsicht. Der Patient hat an einer alten 
Stirnhöhlen - Siebbeinzelleneiterung gelitten. Durch einen frischen 
Schnupfen ist es zur Exazerbation derselben und Retention des 
Eiters infolge starker Schleimhautschwellung in den Hohlräumen ge- 
kommen. Nun ist scheinbar ziemlich gleichzeitig auf dem Wege 
der perforierenden Diploevenen eine Infektion der Diploe und auch 
der Augenhöhle entstanden. 5 Tage vor der Aufnahme hat sich die 
orbitale Beteiligung durch das Auftreten von Schwellung manifestiert. 
Diese machte nun die Diagnose der osteomyelitischen Beteiligung 
des Stirnbeins ziemlich unmöglich, zumal die vordere Stirnhöhlen- 
wand weder besondere Schwellung noch Empfindlichkeit zeigte. Auch 
bei der Operation konnte an dem Knochen kein besonders auffälliger 
Befund, weder Eiter noch morsche Beschaffenheit, konstatiert werden, 
was darauf schliessen lässt, dass die Infektion ziemlich frischen 


95] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 691 


Datums war; sie war ganz entsprechend dem rapiden Verlauf von 
sehr virulenten Streptokokken induziert. Bemerkenswert ist in patho- 
genetischer Hinsicht, dass der Prozess bis zur Haargrenze in der 
Diploe des Stirnbeins fortgekrochen war, um dort oben erst durch 
die perforierenden Diploegefässe einwärts vorzudringen und die 
Meningen zu infizieren. Es war zu einer ausgedehnten subduralen 
Eiterung und umschriebenen Meningitis mit nachfolgender Generali- 
sierung im Subarachnoidalraum gekommen. Die A. meningea media 
war ausgedehnt thrombosiert. Das Ganze stellt eine sehr heftige 
Infektion dar. Die hochgradige Fettleber, der septische Milztumor 
deuten auf die schwere allgemeine Überschwemmung mit Entzün- 
dungserregern hin. 

Wir hatten wegen der auftretenden Amaurose an eine Kaver- 
nosusthrombose gedacht, die aber durch die Autopsie ausgeschlossen 
wurde. Eine Trepanation der vorderen Schädelhöhle deckte normale 
Duraverhältnisse auf, was durch die Nekropsie aufgeklärt wurde. 
Die sich inzwischen ausbildenden endokraniellen Prozesse sind ja 
viel höher von der Gegend des Tuber frontale aus gebildet. Auch 
ein weitgehender Eingriff würde kaum zur Zeit der Einlieferung 
noch Nutzen haben bringen können; schon zwei Tage später trat 
der Exitus ein. In den letzten Stunden erst wurde Schwinden des 
Bewusstseins, Jaktationen, totale Amaurose und zuletzt Sprachverlust 
beobachtet. Ätiologisch kommen also speziell auch für den osteo- 
myelitischen Prozess Eiterretention und sehr virulente Erreger in 
Frage; weder ein Eingriff noch ein Trauma ging vorher. 


F, Fall von Septikopyämie nach akuter Kieferhöhleneiterung. 


Fall XXXII. 


Reinhold Rühter, 21 Jahre alt, Verwaltungsgehiilfe, Dringenburg bei 
Warburg. 

Kieferhóhle vor 2 Jahren, auswürts angeblich wegen Oberkieferzyste 
operiert hat ófters wieder Anschwellung gehabt und ist angeblich dreimal wieder 
inzwischen ein Einschnitt gemacht worden. Pat. klagt über Kopfschmerzen 
vor der Stim 1. Am 7. Oktober ds. Js. Probespülung der Kieferhóhle in unserer 
Poliklinik; es entleert sich trotz starken Drucks der Ingramspritze nasalwärts 
nichts, aus der Kanüle selbst tropfen sofort einige Kubikzentimeter einer 
serösen, blutig gefärbten Flüssigkeit. Pat. verreiste am 8. Oktober mittags 
und bekam angeblich am 9. Oktober morgens einen sehr starken Schüttelfrost 
mit Anschwellung und Rötung der rechten Backe. Hat sich zu Bett gelegt, 
angeblich mit hohem Fieber, bis 10. Oktober nachmittags; kam dann abends 
in unsere Klinik zurück. Am 11. Oktober morgens 39,6. Keine Kopfschmerzen, 
kein Schwindel, keine Übelkeit und Erbrechen. 

Status praesens: Gesicht: Die Gegend der rechten Kieferhöhle hoch- 
rot geschwollen, die Augenlider wenig ödematös, das untere stärker als das 


GG W. Uffencrde. [46 


obere. bi; Par.- rwieten Na-e und For. iefraorbsalns barter infiltniert und 
am *'arksen drirkempinnch Die SXenw-nung uras-te nach aussen die 
Bake bus zur (sand. parstıkea. Letztere nich: ergenfen. Gingiva des r. 
Oberkiefers bochrot. Etwas dun.flis-iger. fiockizer Ener beginn: beim Er- 
heben det Lippe abzuliessn. Der Durchbruch scheint eben eingetreten zu 
win, OGG zwar unter starkem Drock. Rechte Pharynxseite wenig gerötet, 
kaum geschwollen. 

Am harten Gaumen woibte sich die rechte vordere Partie in etwa 2 Bohnea- 
grüsse vor, ohne Schwe.iung und Rötung zu zeigen. mit normaler Schleimhaut, 
ohne Empfindlichkeit, deszleirhen zeigte sich die Kirferböhle nacn der Nase 
zu erheblich erweitert. Anu-biezung der lateralen Nasenwand etwas nach innen 
und oben vom Nasenboden. Die Vorwölbung in den unteren Nasengang ist 
etwa bohnengross. Beiderseits zeigt die Nasenhohle im übrigen keine Be- 
sonderheiten: mittlerer Nasengang ist weit frei; keine entzündliche Erscheinung 
oder Schwellung. Epipharynx frei; ebenso Kehlkopf und Lunge ohne Be- 
«onderbeiten. 

Herz in normalen Grenzen. Erster Ton etwas unrein, sonst Tone frei; 
Aktion. sehr beschleunigt. Im übrigen Bauchorgane ohne nachweisbare Ver- 
änderung. Hirnnerven frei, Senssrium frei. Keine Sensibilitats- oder Motilitats- 
storung. Reflexe von mittlerer Intensität. Urin frei. Temperatur 40,2. Puls 
140— 150. 

Diagnose: Sinuitis Highmort acuta inflammatoria. Aus dem Eiter 
der Kieferhöhle wurden Streptokokken in Reinkultur gezüchtet. Kgl. Hygienisches 
Institut.) 

Am 11. X. Operation. Breite Eröffnung der r. Kieferhöhle, Weichteile 
im Vestibulum oris über der r. Kieferhöhle sehr stark geschwollen, hochrot, 
druckempfindlich. Längsschnitt über den rechten Oberkieferzähnen. Einbrechen 
und Entfernen einer knöchernen Lamelle. Glättung der Ränder; in der Kiefer- 
hóhle findet sich eine flockige seröse, etwas gelblich gefärbte Flüssigkeit. 
Austupfen derselben. Die Wandung der Höhle ist vollständig glatt, blass, 
nirgends  Rauhigkeit. Ausspülen mit Hydrogenium. Kochsalz. Jodoformgaze- 
Tamponage. Abends Schwellung, Rötung und Schmerzhaftigkeit des 1]. Hodens 
und Nebenhodens. Keine Kopfschmerzen. Temp. 39,8. Puls gut. Gut gefüllt 
und gespannt. Hochlagerung des Hodens. Eis. 

14. X. Tägl. Verbandwechsel. Wenig Absonderung. Jodoformgazestreifen. 
Kein Fötor. Temp. in den Tagen wechselnd. Puls immer gut. 90—120. Kühle 
Packungen. Eisblase auf den Kopf. Hodenschwellung hat etwas zugenommen. 
leichte Fluktuation. (Serös) Eisblase. Weiter Hochlagerung. Nachts 40, sehr 
stark phantasiert. Wollte immer aus dem Bett. Musste von 3 Personen gehalten 
werden. Morph. 0,01. Hierauf Ruhe. Vorher Veronal ohne Erfolg. Schwellung 
der Backe ganz zurückgegangen, kaum noch zu sehen. Desgleichen die Rötung. 
Auch die infiltrierte Partie geschwunden. Nicht mehr empfindlich. Ödem der 
Lider ganz zurückgegangen. Auf dem Oberlid Herpes-Bläschen. Ebenso am 
weichen Gaumen zwischen Uvula und Gaumenbogen mehrere zu sehen, die 
heute mehr eiterig werden. Sonst Hals frei. Die r. seitlichen Halsdrüsen 
etwas geschwollen. Blutentnahme aus der Mediana zu Blutagarmischplatten. 

16. X. abends. In Bouillon Staphylokokken. Platten ohne Wachstum. 
Weisse Blutkörperchen sehr zahlreich. In der Nacht sehr unruhig gewesen. 
Morph. 0,01. Temperatur früh gestern 40,6. Chinin 2,0. Abends Temp. 38,5. 
Puls gut. Etwas weicher. 90—100. Dreimal täglich 1 cem Digalen, Wein. 


A 


97] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 693 


Appetit leidlich. Weiter Eisblase auf die etwas stärker werdende Hoden- 
schwellung. Nach Chinin gestern Abend heftiges Ohrensausen, Rauschen, Schwer- 
hörigkeit. Kopf angeblich etwas benommen; keine Übelkeit, kein Erbrechen, 
keine Kofschmerzen. Nase immer frei. Urin in reichlicher Menge. 


17. X. Pat. hatte gestern Nachmittag 3 Uhr wieder 40, war aber klarer 
als die Tage zuvor. Puls hielt sich nach Digalen gut. Der r. Arm ist etwas 
steif. Muskeln schmerzhaft. Gelenke scheinbar frei, Bewegungen ohne Be- 
schwerden. 


* Am 17. abends 39,9. Puls 110. Am rechten Ellbogen Rötung und Schwel- 
lung entsprechend dem oberen Rezessus; feuchter Verband in Schiene. Hoden- 
schwellung etwas flacher. Hochlagerung in feuchtwarmer Packung. 


Am 19. X. Temp. fällt allmählich ab, 38,5—37,5. Befinden leidlich. 
Weiter Digalen. Die Rötung und Schwellung am r. Ellbogen nicht weiter 
fortgeschritten. Heftpflasterstreifen. Eine neue infiltrierte gerótete Partie über 
dem |. Handgelenk. Hodenschwellung wieder etwas zurückgegangen. Überall 
feuchtwarme Verbände. Verdauung gut. Appetit gut. Urin frei. Nachts noch 
unruhig. Wechselnde Mattigkeit. Dreimal 8 Tropfen Digalen. 

Am 21. Befinden schlechter. Pat. sehr ängstlich; 37,0. Puls 80. Schwel- 
lung am Handgelenk und Ellbogen besser, desgleichen Hoden, klagt über 
Schmerzen. Feuchtwarme Verbände. | 

Am 23. Puls gut, Temp. 30,9. Subjektiv besseres Befinden. Abends 39, 
Hodenschwellung wieder stärker, schmerzhaft. 

Am 24. Temp. 37—38,7. Hodenschwellung noch stärker und Erweichung. 
Nachmittags Inzision (Privatdozent Dr. Creite, kgl. Chirurg. Klinik), Drain. 
Verband. Es entleeren sich etwa 50 ccm stinkenden braunrötlich verfärbten 
Fiters (bakteriologische Untersuchung: Streptokokken). Darauf nachts starker 
Schweissausbruch, Temp. 36,8—37. Wohlbefinden. Schwellung am Abend viel 
besser. Linkes Handgelenk frei. Kieferhöhle wird täglich ausgespült und ver- 
bunden. Ohne Besonderheiten. 

Am 26. Pat. fühlt sich subjektiv nicht wohl. Puls gut. Temp. 37. 
Hat starke Schmerzen am Hoden. Verbandwechsel. Reichliche fötide Sekretion. 
Die Geschwulst verkleinert sich zuschends. 

Am 4. XL. Schwellung am r. Arm, die nach unten weiter gegangen war. 
Wieder gebessert; heute fast ganz zurückgegangen. Dagegen eine neue Schwel- 
lung am Schultergelenk. Feuchter Verband. Sekretion am Hoden nachgelassen. 
Appetit sehr gut, keinerlei Beschwerden. Puls 72. Temp. 36,5—37,2. Die 
Schnittöffnung heilt zu. Pat. steht seit 2 Tagen kurze Zeit auf, Wohlbefinden, 
Sekretion der Kieferhöhle ist ganz geringfügig. Die Öffnung in Fossa canina 
wird offen gehalten. 

Am 8. XI. Schwellung am Untergelenk noch etwa taubeneigross. Feuchter 
Verband. Wohlbefinden. 

Am 19. XI. Luc-Caldwell rechts in Lokalanästhesie. Weichteile 
im Vestibulum noch mässig geschwollen. Schleimhaut der Kieferhöhle, die 
nachweisbar keine Kommunikation mit der Nasenhöhle hat, zeigt unregelmässig 
geschwollene Schleimhaut mit Eiter. Sie ist überall erweitert, vor allen Dingen 
fällt ein grosser Recessus palatinus auf. Plastik nach dem unteren Nasengang, 
sorgfältiges Kürettement. Primäre Naht. 

Am 1. ZIL Pat. wird entlassen, Wohlbefinden. Keine Sekretion aus der 
Kieferhóhle. 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. lil. H, 6. 46 


601 W. Uffenorde. [93 


Am 15. J. 11. Pat. zeigt sich wieder. Gibt an, immer noch etwas Sekret 
aus der or. Kieferhohle bemerkt zu haben: es findet sich kleine Fistel im 
Vestibulum oris, aus der Eiter. hervorkommt.. Sonst. Wohlbefinden, keinerlei 
Beschwerden. Spülung. 

Epikrise: Diese schwere Streptokokken-Septikopyämie stellt 
eine sehr seltene Komplikation von einer Nasennebenhöhle, besonders 
aber von der Kieferhöhle aus dar. Der Patient kam mit den Sym- 
ptomen einer akuten Kieferhöhlenentzündung zu uns. Da er vor 
2 Jahren noch dazu bereits wegen Kieferhöhlenzvste auswärts operiert 
war, und in der Zwischenzeit öfter wieder Anschwellungen der linken 
Wange aufgetreten waren, so war dieser Verdacht noch gesteigert 
worden. Die Punktion, lege artis gemacht, zeigte, dass das Ostium 
der Kieferhóhle verlegt war. Wir mussten nun annehmen, dass bei der 
ersten Operation in ungenügender Weise die zystisch geradezu verödete 
Kieferhöhle nur von der Fossa canina aus eröffnet, und nur der In- 
halt wie auch bei den späteren Eingriffen jeweilig abgelassen worden 
war. Die wahrscheinlich paradentäre, follikuläre Kieferzyste war sehr 
ausgebildet und hatte das Lumen der Kieferhöhle vollkommen verödet. 
Zwei grosse Rezessus kamen auch noch auf Rechnung der sich er- 
weiternden Zahnzyste. Es lag also wieder eine Füllung der Zyste vor, 
die serösen Inhalt hatte. Trotz einwandfreien Punktionsinstrumen- 
tariums kam es offenbar durch den Eingriff zur Infektion. Schon 
11/, Tage später trat ein heftiger Schüttelfrost auf. Bei einer Kontinua 
von 39,5—40,6° während 8 Tagen bildeten sich Metastasen an rechter 
Schulter, rechtem Ellenbogen und linker Hand, Dermatomykosen 
und abszedierende Verschleppungen am Hoden links. Während aus 
dem Blute Staphylokokken gezüchtet worden sind (Kgl. medizinische 
Klinik), wurden im Abszesseiter aus der Kieferhöhle und aus der 
Hodenmetastase Streptokokken nachgewiesen. Es hat sich wohl um 
eine Mischinfektion mit beiden Bakterienarten gehandelt. Wie ich das 
öfter auch bei meinen Untersuchungen über die otische Allgemein- 
infektion gesehen habe, war der Streptokokkus zurzeit nicht nach- 
weisbar. Die schwere Allgemeininfektion ist wohl von der Wangen- 
phlegmone aus entstanden, die im Anschlusse an die Punktion auf- 
trat. In der Fossa canina wurde ein kleiner knöcherner Defekt von 
der 1. Operation her bei der Inzision nachgewiesen. Dagegen blieb 
die übrige Kieferhöhlenschleimhaut ziemlich frei. Auch bei der nach 
Ausheilung der Allgemeininfektion zur definitiven Beseitigung des 
Kieferhöhlenleidens vorgenommenen Luc-Caldwellschen Opera- 
tion konnte keine Kommunikation zwischen Kieferhöhle und Nasen- 
höhle nachgewiesen werden. 

Der Fall erinnert an den Hajekschen Fall von schwerer All- 
gemeininfektion nach Kieferhéhlenpurktion (Verhandl. der Deutsch. 


99]. Komplizierte Fille von Nasennebenhóhlenerkrankung. 95 


Laryngol. Ges. Dresden 1907, S. 163) Hier war aber die Nadel 
bei der Punktion der Kieferhóhle in die Wangenweichteile einge- 
drungen, und diese durch den Eiter der Kieferhóhle infiziert worden. 
In unserem Falle dagezen hatte die Nadel die spáter infizierten Weich- 
teile sicher nicht erreicht, aber vielleicht hat der Druck niit dem 
Gummiballon, den der Kollege wegen der Undurchgangigkeit nach 
der Nase hin naturgemáss etwas stürker angewandt hatte, als man 
es gewóhnlich zu tun pflegt, eine auslósende Rolle gespielt. Berück- 
sichtigen muss man auch, dass ein infektióser Prozess wiederholt 
in den vestibularen Weichteilen gespielt hatte. Denn wie der Patient 
angab, hatte er nach der ersten, auswärts gemachten Kieferhöhlen- 
operation auch wiederholt stärkere Anschwellungen der Wangen- 
teile beobachtet. Von der infizierten Wangenschleimhaut aus waren 
sofort die regionären Drüsen sehr lebhaft infiltriert. 

Ich habe leider den Fall nur teilweise beobachten können. 
Histologische Untersuchungen sind unterlassen worden. 


G. Fall von rhinogener Tuberkulose des Tränengangapparates 
mit Durchbruch nach aussen. 


Fall XXXIII. 


Anna Benning, 22 Jahre alt, Haustochter, Bredenborn bei Höxter. 

Anamnese: Pat. ist wegen Tränensackeiterung rechts mehrmals ohne 
Erfolg operiert; jetzt Fistel, im inneren Augenwinkel Eiter. Aus der Nase 
sollen sich ab und zu Eitermengen mit schwarzen Borken entfernt haben. 
Pat. klagt über Kopfschmerzen. Ist sehr elend. Hat alle möglichen anämischen 
Beschwerden. 

Diagnose: Ethmoiditis supp. Tuberculosis. 

Therapie: Operation von aussen. 

Nase und Rachen: Auf der r. Nasenseite in der Tränensackgegend eine 
Eiter sezernierende Wunde mit blutenden, granulösen Rändern. Orbita ohne 
wesentliche Schwellung, Bulbus ohne Veränderungen, frei beweglich. 

Sonstiges: Herz nicht verbreitert, 1. Ton etwas unrein, Lunge frei; 
über der l. Spitze unbestimmtes Atmen. Urin frei von krankhaften Beimengungen. 
Hirnnerven frei. Augenhintergrund frei, keine Motilitäts- oder Sensibilitäts- 
störung. Keine Störung der Reflexe. Im Abdomen koprostatische Verhärtungen 
fühlbar. Sputum ohne Befund. Histologische Untersuchung der Granulationen 
ergibt Tuberkulose. 

16 VI. 08. Temp. 38,4. Uffenordesche Operation r. 

Schnitt in medialer Augenbraue durch Fistel nach unten mehr lateralwürts. 
Knochen, Os lacrimale durchbrochen, rauhe Rander Granulationen ringsum. Das 
Siebbein ganz von polypoider Schwellung der Siebbeinshaut durchsetzt. Stirn- 
héhle gross, boch, tief. Boden eröffnet, Schleimhaut hier wenig verdickt, 
sonst o. Bes. Mittlere Muschel mit entfernt. Profuse Blutung trotz Tamponade. 
Fistelränder wieder exzidiert. Naht hier schwer ausführbar, Verzerrung der 
Augenlider, da die Naht die Lider mitfassen muss. Die ganze Siebbein- und 


46° 


696 WW. Uffenorde. [100 


Keilbeinhöhle eröffnet. Grosser Teil vom Lamina papyracea mit entfernt. Kiefer. 
höhle wenig vorn oben eröffnet. Ohne Bes. 

17. VI. Pat. fühlt sich noch matt, hat viel erbrochen. Temperatur 37,0. 
Tampon entfernt. 

18. VI. Verbandwechsel, Gaze entfernt. Nur sehr geringe Kopfschmerzen. 
— Befinden und Appetit viel besser. Temp. 36,5. 

24. VI. Nähte entfernt. Die Naht vom 20. VI. ausgerissen, kleine klaffende 
Wunde. Salbe um Granulation anzuregen. Ohne Temperatur. Wohlbefinden. 

29. VI. Naht sieht gut aus. Die klaffende Wunde verkleinert sich. 
Ungt. basilicum. 

1. VII. Wunde fast geschlossen. 

10. VII. Nach Hause entlassen. Jodoform-Behandlung empfohlen, soll 
nach 14 Tagen wieder kommen. Noch kleine Fistel. Kauterisation der Fistel. 

28. VII. Fistel fest verschlossen, gut. — Innere Nase frei; wenig Sekret 
— 50 Arg. nitric. 

Nachdem Pat. ein halbes Jahr zu Hause war, kam sie wieder mit der 
Angabe, sie würe sehr elend geworden, habe immer Kopfschmerzen, besonders 
vor der rechten Stirn. Pat. machte einen sehr matten Eindruck. Appetit 
missig. Es wird ein Versuch mit einer Tuberkulinkur gemacht. Zunächst 
vertrigt die Pat. die Kur, die mit allen Kautelen eingeleitet wird, ganz gut, 
es wird Neutuberkulin benützt. Die Narbe im inneren Augenwinkel reagiert 
nach jeder Spritze und rótet sich. Bei 3/,, mg treten dann unangenehme 
Reaktionen auf, ganz unregelmüssig und z. T. bis 39,59, die gar nicht, trotz 
sehr vorsichtiger Dosierung und ganz allmühlichen Vorgehens, zu vermeiden 
sind. Dann treten wührend acht Tagen immer Erbrechen (plótzlich einsetzendes, 
scheinbar zerebrales, ohne vorhergehende Übelkeit) auf. Eine gründliche All- 
gemeinuntersuchung vermochte bis auf eine schwere Anämie keinen Befund 
zu erheben. 

Da die Pat. sehr auf eine Operation drängte, und das Erbrechen auf eine 
Progredienz des Prozesses auf das Endokranium hindeutete, entschlossen wir 
uns dieses zu Öffnen. 

1. Il. Operation. Bericht: In den eröffneten vorderen Siebbeinräumen 
liegt Eiter. Geringe Schleimhautschwellung. Keine Karies, keine Knochenarrosion 
nachweisbar. 

9. II. Wechselndes Befinden. Erbrechen zunächst sistiert. Temp. und 
Puls ohne Bes. Vorn und am Septum sind Granulationen aufgeschossen. Die 
histologische Untersuchung ergibt Tuberkulose. 

27. Il. Äussere Wunde geheilt. Steht wechselnd auf. Eine am Fuss 
aufgetretene Wunde macht auch tuberkulösen Eindruck und zeigt keine Heil- 
tendenz. Feuchter Verband. Entlassen. 

Nach uns gewordener Mitteilung ging es Pat. immer schlechter, sie kann 
nicht mehr ausser Bett sein. 


Epikrise: In diesem schweren Falle von Tuberkulose wurde 
wiederholt augenärztlicherseits der entzündete Tränensack in An- 
griff genommen, aber ohne Erfolg. Erst die breite Aufdeckung und 
histologische Untersuchung deckte die larvierte Tuberkulose auf. Der 
Fall erinnert an die von Hinsberg (Über Augenerkrankungen 
bei Tuberkulose etc., Zeitschr. f. Ohrenheilkd. 39, S. 224) mitgeteilten 
Fälle 4 und 5, wo es sich auch um Mädchen und Frauen handelte. 


101] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 097 


Während in Hinsbergs Fällen aber immer schon eine weitere 
Ausbreitung des Prozesses, wie er nach dem Befunde annehmen muss, 
vom Tränennasengang aus zustande gekommen ist, hat Seifert 
(Verh. d. Süddeutsch. Laryngol., Heidelberg 1899) 5 Fälle mit iso- ` 
lierter tuberkulöser Tränensackerkrankung zusammenstellen können. 
Auch in unserem Falle handelte es sich zunächst ganz zweifellos 
um eine auf den Tränengangapparat umschriebene Tuberkulose. 
Wie ich in Erfahrung gebracht habe, hat die systematische, histo- 
logische Untersuchung exzidierter Tränensäcke seitens ‚einer Augen- 
klinik einen sehr hohen Prozentsatz von Tuberkulose ganz allgemein 
ergeben. Unter der Behandlung, mehrere Monate später, nachdem 
eine Tuberkulinkur lange Zeit gemacht worden war, schossen tuber- 
kulöse Granulationen in der unteren Nasenhöhle auf. Die äussere 
Haut blieb ganz verschont. Ohne dafür sichere Symptome anführen 
zu können, glaube ich doch, dass auch endokraniell-tuberkulöse Pro- 
zesse sich entwickelt hatten. Die Prognose erwies sich immer mehr 
als sehr trübe. 

Auf die von Seifert beobachteten und von Hinsberg sub 3a 
zusammengefassten Fälle will ich hier nicht weiter eingehen. In 
diesen handelt es sich um Augenaffektionen entzündlicher Art durch 
den Sekretreiz ohne spezifische Natur bei Nasentuberkulose Wir 
könnten hier eine grössere Zahl einschlägiger Fälle hinzufügen. 

In einem anderen Falle, wo der Tränensack exzidiert war und 
wegen lupöser Nasenveränderung von uns Tuberkulininjektionen ge- 
macht wurden, reagierte jedes Mal die glatte Narbe und Umgebung 
sehr ausgesprochen. 


H. Fälle von Tumoren des Siebbeins mit orbitaler Komplikation. 


I. Osteom des Siebbeins. Orbitale Phlegmone. Habituelles 
Lidemphysem. 

Schliesslich möchte ich noch einige Fälle von Tumor der Nasen- 
nebenhöhle mit orbitaler und zerebraler Komplikation hier anfügen, 
die manches Interessante bieten. Zunächst ein sehr komplizierter 
Fall von Osteom des Siebbeins. 

Fall XXXIV. 

Karl Grüneberg, 29 Jahre alt, Waldarbeiter aus Lonau (llarzi, wurde uns 
am 10. VII. 09 von der kgl. Augenklinik in die Poliklinik geschickt. Wr gab an, 
vor 3 Jahren zum ersten Male vorübergehende Anschwellung des rechten 
Oberlides gehabt zu haben, die nach Schneuzen auftrat. Sie kam später häufiger 
zur Entstehung. Die Veränderung hat keine Beschwerden gemacht, sie wurde 
vom Arzt als Emphysem gedeutet. Sie hat einmal deutlich geknistert. Vor 
2 Jahren hat Pat. einen Unfall erlitten, er hat einen Schlag auf die rechte Ge- 
sichtshälfte erlitten. Seitdein ist angeblich die Schwellung häufiger aufge- 


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103] Komplizierte ‚Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 699 


an der etwa dem Osteomansatz entsprechend gelegenen Stelle umschrieben 
perforiert, aus der Perforation ragt das knollige Fettgewebe hervor. — Entfernung 
der übrigen Siebbeinzellen. Eróffnung der Keilbeinhóhle; überall dicke, polypoide 
Schwellung, auch die mittlere Muschel wird entfernt. Jodoformgaze-Tamponada 
durcn die Nase; ein anderer Streifen wird aus dem lateralen Wundwinke}| 
geleitet. Naht. Verband. - 

Drr lateralste Teil der Stirnhöhle, der sich hinter dem Ansatz der lateralen 
oberen Orbitalwand hineinsenkt, enthält geschwollene Schleimhaut, ohne vom 
Tumor okkupiert zu sein. — Die Periorbita in der oberen Partie ist ausgedehnt 
verdickt und entzündlich verändert. 

13. VII. Pat. hat wenig gebrochen. Temperatur bis 37,4. Puls gut. 
Lider stark geschwollen, infiltriert, schliessen sich nicht über Bulbi. Ulkus 
r. weiter fortgeschritten, starke Kornealtrübung. Borwasserverband. Über Nacht 
Salbenverband. | 

19. VII. Die inzwischen noch stürker gewordene Konjunktivalschwellung 
und die Lidschwellung ist wesentlich zurückgegangen unter feuchten Verbünden. 
Pat. kann das r. Auge heute schliessen. Der korneale Epitheldefekt ist wieder 
stärker getrübt, die übrige Kornea rauchig getrübt. Atropininstillation 19». 
Entfernung der Nähte. 

31. VIL Die Kornea hat sich fast ganz unter wechselnden Salben- und 
feuchten Verbänden aufgehellt. 10 Atropin wird weiter auf Wunsch der 
kgl. Augenklink instilliert. Geheilt entlassen. Narbe fest. Pat. hat keinerlei 
Beschwerden. Das Auge wird weiter von der kgl. Augenklinik kontrolliert. 

Bericht der kgl. Augenklinik. 

Befund aus dem poliklinischen Buch Nr. 20735. 

Pat. bemerkt seit 2—3 Jahren Anschwellungen des oberen rechten Augen- 
lides. Diese Anschwellungen hielten 1—2 Tage an. Es hätte so ausgesehen, 
als wenn eine Fliege das Lid gestochen hätte. Der Arzt meinte, es wäre Luft 
im Lide gewesen, denn es hätte im Lide „geknistert‘. 

Seit 5. VII. 09 wieder Anschwellung mit starkem Hervortreten des rechten 
Auges. Es traten auch starke Schmerzen hinter dem Auge ein. 

R. Oberlid hochgradig geschwollen, blaurot injiziert, unbeweglich, den 
Bulbus bedeckend. Die Schwellung ist weich ohne Zeichen von Fluktuation. 
Chemose der Bindehaut. Bulbus stark vorgetrieben und nach unten disloziert. 
Beweglichkeit vollständig aufgehoben. Pupille gleich der linken prompt 


reagierend. 0 = u. 
Bds. Cataracta punctata. 
R. E. S — 05. 
L. E. S = 0,8. 


Am 12. VII. 09 in der Ohrenklinik operiert. Sinus front. mit Osteom aus- 
gchend von dem Siebbein. 

21. VII. 09. Wunde geschlossen. Bulbus nach unten noch verdrüngt, 
unbeweglich. Lidspalte klafft. Kleine Infiltration in der Kornea unten. Kornea 
empfindlich geblieben. S = 0,3. 

Heutige Angaben. 

Unfall 1905, es flog ein Baumstumpf mit Wurzel über den Körper, 
es wurde die rechte Seite betroffen. Doppelbilder sind nicht gleich 
nach der Operation, sondern etwas später aufgetreten, bestehen jetzt auch 
noch. Kopfschmerzen bestehen fort, treten auf bei schwerer Arbeit und Witte- 
rungsumschlag. Beschwerden in der Brust sind nur bei schwerer 


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105] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. . OL 


dingen. Durch Usurwirkung auf die Periorbita infolge des vor- 
dringenden unteren Zapfens der Knochengeschwulst kam es dann 
zu einer Periorbititis mit Kontinuitätstrennung, wobei vielleicht die 
von der Nase fortgeleitete Entzündung mitgewirkt hat. So ist das 
Phänomen der Lidemphysembildung zu erklären, welches seit drei 
Jahren habituell nach heftigen Schmerzen aufzutreten pflegte. Vor 
einiger Zeit kam schliesslich eine heftigere Entzündung der Nasen- 
höhle hinzu, die die orbitale Phlegmone auf demselben Wege wohl 
nach sich zog. Durch Austrocknung kam ein unangenehmes Kornea- 
geschwür zustande, welches auf entsprechende therapeutische Mass- 
nahmen ohne persistierende Trübung heilte. 

Das ist mit wenigen Worten der pathogenetische Hergang der 
einzelnen Affektionen, die sich uns bei dem Patienten kombiniert 
als die Erscheinungen einer akut entstandenen orbitalen Phlegmone 
nach Stirnhóhlensiebbeinentzündung darboten. Im Siebbein und Keil- 
bein wie auch in der restierenden Stirnhóhle fand sich als Ausdruck 
der Reizwirkung polypoide Schwellung der Schleimhaut. Diese 
Ethmoiditis hyperplastica findet man, worauf ich wiederholt hin- 
gewiesen habe, ebensowohl bei Tumoren als auch bei Fremdkörpern 
der Nase, nicht selten bei Rachenmandelhyperplasie bei Erwachsenen. 
die lange bestanden hat u. a. Hier war die Entzündung infolge akuter 
Infektion, wozu solche Patienten zu neigen pflegen, vorübergehend 
eitrig geworden und hatte zu der weiteren Komplikation Veran- 
lassung gegeben. 

Die Mukozelebildung ist hier unzweideutig beim Vordringen 
des Tumors durch Verlegung der Orbita der befallenen Siebbeinzellen 
entstanden. Der Fall erinnert sehr an den von Axenfeld (Klin. 
Monatsbl. f. Augenheilk. 42. Jahrg.) beschriebenen, wo auch Muko- 
zelebildung mit Osteom kombiniert war, nur dass in den beiden 
Fällen die Lagebeziehungen von Osteom und Mukozele vertauscht 
sind; das Osteom lag dort medial und die Mukozele hatte sich lateral- 
wärts entwickelt. — Ich habe schon in meinen „Erkrankungen des 
Siebbeins‘ darauf hingewiesen, dass ich wiederholt auch bei anderen 
Tumoren Mukozelebildung, wenn auch in geringerer Ausdehnung, 
beobachtet habe. Der Entstehungsmechanismus war derselbe und das 
beweist uns, wenn es dessen überhaupt noch bedarf, dass durchaus 
nicht nur nach vorausgehender infektiöser Sinuitis die Mukozele- 
bildung möglich ist. Auch von Manasse (Verh. d. Ver. Deutsch. 
Laryng., Dresden 1910) ist jetzt in einem Falle von Mukozele der Stirn- 
höhle angenommen, dass eine Exostose den Ductus nasofrontalis ver- 
schlossen habe und so zu der Bildung Veranlassung gegeben worden. 
Der Abschluss der Ostia der beteiligten Zellen durch irgend eine Ur- 


102 W. Uffenorde. [106 


sache, entzündliche Verwachsung, Trauma, Tumor, Narbenbildung 
am Ostium, durch Kauterisation u. a., wird der wesentliche Grund 
für die Bildung sein, hinzu mag ein gewisser Fremdkórperreiz und 
die Zirkulationsstórung kommen. Die Frage erscheint nicht ganz 
unberechtigt, ob man strenger unterscheiden soll zwischen Mukozele- 
oder Pyozelebildung auf entzündlicher Basis entstanden, Sinuitis cum 
dilatatione (Killian) und der Mukozele nach Trauma, wozu 
Boenninghaus geneigt scheint (Zur Kenntnis der traumatischen 
Mukozele des Sinus front , insbesondere ihres Vorstadiums. Passow- 
Schafers Beitr. III. 1. 2. S. 116). An die letztere ist die Mukozele 
nach Tumor anzugliedern. Da es sich aber um denselben Vorgang, 
Verlegung des Ostium mit sekundárer Erweiterung des Hohlraums, 
handelt, und man nicht weiss, ob die etwa stattgehabte Infektion 
des Inhalts von vornherein bestanden oder sekundär eingetreten ist, 
so wird man sich damit, um die Nomenklatur nicht zu komplizieren, 
begnügen können, das ätiologische Moment zu eruieren und hervor- 
zuheben. Betonen möchte ich noch, dass wir in jedem Falle von 
Fremdkörper oder Tumor in der oberen Nase komitterend infolge 
der Reizung eine mehr weniger ausgesprochene Ethmoiditis oder 
auch Sinuitis hyperplastica der anderen Höhlen finden werden. Mit 
Sicherheit konnte ich hier auch die in die Stirnhöhle hinein sich 
vorbuchtende Mukozelebildung als vom Siebbein aus entstanden kon- 
statieren. Direkt hinter der vorderen Stirnhoóhlenwand lag die dünne 
Knochenwand der Mukozele. Nur vorsichtiges Vorgehen beim Ope- 
rieren konnte hier die Verhältnisse genau klären. Ich konnte mich 
des Eindrucks nicht erwehren, dass man leicht den wahren Sach- 
verhalt in solehen Fállen übersehen kann, da die Mukozelewandung 
hart an der vorderen Stirnhóhlenwand lag und beim Meisseln gleich- 
zeitig mit der vorderen Wand entfernt werden konnte. In diesem 
Falle handelte es sich also um die Entstehungsart der Mukozele in 
die Stirnhóhle hinein, wie sie von Avellis (Arch. f. Laryngol., 
Bd. 11, S. 64, Die Entstehung der nichttraumatischen Stirnhóhlen- 
mukozele) hypothetisch angenommen ist. Ich habe schon an anderer 
Stelle darauf hingewiesen (Uffenorde, Erkrankungen des Sieb- 
beins 1907), dass wir hier eine definitive Klärung nur durch ge- 
naueste Befunderhebung, wie sie z. B. durch Onodi (Arch. f. Laryng. 
17, 8. 417) und Stenger (Zeitschr. f. Ohrenh. 57, S. 346) u. a. 
geschehen ist, seitens mit den fraglichen Verhältnissen und den bis- 
her gewonnenen Anschauungen gin:u vertrauter Opzsrateure erwarten 
können. Allein weiter bringen wird uns in dieser Frage: Genaue 
endonasale Untersuchung, am besten unter Zuhilfenahme der Rhino- 
scopia media, Röntgenaufnahme. Erforderlich ist vorsichtiges Vor- 


107] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 103 


gehen bei der Operation, um den Ausgang der Mukoz-le festzustellen, 
ob er in der Stirnhöhle selbst oder im vorderen Siebbein zu suchen 
ist. Wünschenswert ist weiterhin die Prüfung auf Abschluss des 
Mukozelenrauirs nach der Nasonhóhl», die hist !ogische‘Untersuchung 
der Mukozelenschleimhaut zur Klärung betreffs des ev. entzündlichen 
Ursprungs des Inhalts und Untersuchung des Inhalts. In unserem 
Falle zeigte die histologische Untersuchung eine mässig stark ent- 
zündliche Veränderung, die aber auf die sekundär gesetzte Infektion 
zurückzuführen sein kann. Der Fall ist also in dieser Hinsicht nicht 
zu verwerten. Dass nicht immer ein Eingriff von aussen erforder- 
lich ist, zeigten die Fälle von Baurowicz (Zur Kenntnis einer 
Mukozele des Siebbeins, Monatsschr. f. Ohrenhkd. 1909, X, S. 737) 
und der interessante, bis jetzt allein dastehende Fall von Hajek, 
(Mukozele der Keilbeinhöhle, kompliziert durch Neuritis optica, Monats- 
schr. f. Ohrenhkd. III, 1910, S. 331), wo u. a. beide Male durch 
endonasale Eingriffe die Erscheinungen auch seitens der Orbita zu- 
rückgingen. Ich glaube auch, dass man nicht arroganter Härte ge- 
ziehen werden kann, wenn man von den eben angeführten Gesichts- 
punkten aus auf eine Reihe von einschlägigen Mitteilungen aus der 
weiter zurückliegenden Zeit nicht zu grossen Wert legt, sondern 
wegen der oft schwer zu deutenden Details, die man früher gar nicht 
genau übersehen konnte, nur neuere gut eruierte Fälle höher be- 
wertet; haben doch einzelne Autoren bereits ihre frühere An- 
schauung vollkommen in dieser Hinsicht geändert. 

Interessant ist in diesem Falle das seit mehreren Jähren wieder- 
holt aufgetretene habituelle Lidemphysem. Ich habe früher die 
Falle von Foucher und Newcombe zitiert, die ich bei Chiari 
genannt fand. Zweifellos sind diese Erscheinungen, vor allem die 
habituelle Form, nicht weiter erwáhnt und exorbitant selten. Gerber 
(Kompl. der Stirnh. 1909) hat bei der einschlägigen Sammlung weniger 
ausgesprochene Fälle mit unter ‚„Pneumatozele‘‘ angeführt, von denen 
er insgesamt 14 Fälle fand. Ausser den beiden oben genannten Fällen 
ist ein Fall von Marx (Verhandl. d. D. otol. Ges. 1908, S. 205, 
Fall 2) zu nennen, 2 Fälle von Hermann (Emphysema subcuta- 
neum während des Geburtsaktes entstanden, Zeitschr. f. Geburtsh. 
u. Gynáükol. LIII. 1904 [bei Mutter und’ Kind Lidemphysem, bei 
der Mutter habituelles Lidemphysem]), 1 Fall von Deprés (Emphy- 
séme traumatique de paupieres, Gaz. d. Hop. 64, 1889 [Emphysem 
von der Kieferhöhle aus, zuerst im Unterlide auftretend ;) und schliess- 
lieh der unsrige. In unserem Falle handelte es sich um ein typisches 
Emphysem mit Knistergefühl an dem Oberlide, daneben mag sehr 
wohl eine Pneuinatozelc'i'dung vorübergehend bestanden haben. Da 


101 a W. Uffenorde. [108 


die Konjunktiven auch in unserem Falle sehr stark geschwollen 
waren, wie die Abbildung zeigt, glaube ich, ohne es mit Bestimmt- 
heit sagen zu können, dass auch hier wie in dem zweiten Marxschen 
Falle ein Emphysem der Konjunktiva vorlag. Die Luft ist offenbar- 
immer wieder resorbiert oder auch allmählich entwichen. Es ist 
nicht von der Hand zu weisen, dass die Luft auch durch die defekten 
Stellen der Periorbita medial und vorn beim Schneuzen in die Orbita 
eingepresst sein kann, doch kann — und das ist mir wahrschein- 
lich — die Fetthernie auch traumatisch erst bei der Operation auf- 
getreten sein und die Luft in der oberen Orbitalwand, wo der Knollen 
des Osteoms die Orbita umschrieben zerstört hatte, in das Gewebe 
eingedrungen sein. Doch sind von Passow und Zarniko Fälle 
beschrieben worden, wo nach Conchotomia media Lidemphysem auf- 
trat. Typische Pneumatozelebildungen habe ich zweimal nach Radikal- 
operation nach Killian beobachtet, wo es sich um sehr grosse 


 Stirnhöhlen gehandelt hatte. Die Patienten kamen, nachdem sie äusser- 


lich geheilt entlassen waren, mit einer vorgebuckelten Partie an der 
Stirn wieder, wodurch ein Druckgefühl ausgelöst wurde. Ein all- 
mählich kräftiges Ausstreichen nach unten liess die eingeschlossene 
Luft durch die relativ verlagerte Ostiengegend herauspressen. In 
den Emphysemfällen dagegen wird es sich meist um ernstere Affek- 
tionen handeln, die ein operatives Vorgehen erheischen werden. Ge- 
wöhnlich wird, abgesehen von Trauma, eine Tumorbildung oder 
auch die gleich zu bewertenden Osteophytenbildungen, wie in dem 
interessanten Falle von Birnbacher (zit. bei Gerber) in An- 
spruch zu nehmen sein. Eine Röntgenuntersuchung wird immer an- 
gezeigt sein. 

Ich möchte hier weiter kurz einschieben, dass in diesem Falle 
die Abhängigkeit einer oder”der kombinierten Gesamtaffektion von 


. dem angeschuldigten Trauma in Abrede zu stellen ist, weil bereits 


vor dem Trauma einmal typisches Schneuzemphysem aufgetreten 
ist. Wenn es nach dem Trauma häufiger in Erscheinung getreten 
ist, so findet das einfach seine Erklärung darin, dass die Reizung 
der Periorbita durch das Osteom inzwischen stärker geworden ist. 

Die Osteombildung ist abgesehen von ihrer relativen Selten- 
heit durch ihre Form interessant (siehe Abbildung 15 u. 15a). Vom 
mittleren Siebbein aus hat es sich in die Stirnhöhle und den lateralen 
Rezessus der Siebbeinzellen, die präformierten Hohlräume benutzend, 
lateralwärts entwickelt. Der Tumor ist von beträchtlicher Grösse. 
Eine histologische Untersuchung, zwecks deren von einer Kuppe des 
Tumors ein Stück abgeschnitten wurde, zeigt die von reichlich Diploe- 
gewebe durchsetzten Knochenbälkchen im Zustande mächtig lebhafter 


109] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 705 


Apposition, wie aus den endostalen und periostalen Osteoblasten- 
reihen und der neugebildeten osteoiden Substanz zu ersehen ist. 
Der Tumor hat der Mukozelebildung den Platz in der Stirnhóhle 
streitig gemacht. Wie ich schon erwáhnt, erinnert der Fall sehr 
an den von Axenfeld (Monatsbl. f. Augenhkd. 42. Jahrg.) mit- 
geteilten Fall. Beide Bildungen, Osteom und Mukozele, waren in 
unserem Falle bis an die vordere Stirnhóhlenwand vorgedrungen, 
es hätte noch einiger Zeit bedurft und die Wand wäre usuriert 
worden. Als breite dicke Platte hat sich die Knochengeschwulst in 
die tiefen und hohen präformierten orbitalen Rezesse über die Orbita 
hinweg bis an die Schläfe ausgebreitet. Der Fall ist in dieser Hin- 
sicht auch dem ersten Falle von Marx ähnlich (Verh. d. Deutsch. 
Otol. Ges. 1908, S. 205), wenn auch dort die Geschwulst vom Keil- 
bein ausging. Da die lateralen Rezessus sich an der Facies tempo- 
ralis erweiterten, konnte sich auch der Tumor hier ohne weiteres 
verdicken, und es ist sehr interessant, wie er, sich den präformierten 
Verhältnissen adaptierend, ganz entsprechend den einzeinen schwach 
septierten Erweiterungen ausgewachsen ist. Die seitliche Oberfläche 
des Osteoms gibt einen genauen Ausguss von dem Siebbeinrezessus. 
Ob eine oder mehrere Septen der seitlichen Zellenausläufer usuriert 
sind, ist nicht sicher mehr zu entscheiden. Während an der Ober- 
fläche zwischen Tumor und Stirnhöhlen-Siebbeinrezessus doch trotz 
der ausgesprochensten Juxtastellung keinerlei Verwachsung oder 
wesentliche Irritation nachweisbar war, zeigte sich die untere Wand 
des Tumors mit dem Orbitaldach ausgedehnt verwachsen (siehe Ab- 
bildung 15). Dasselbe Verhalten zeigte sich in dem Axenfeldschen 
Falle. An einer umschriebenen Stelle ist ein knolliger Auswuchs 
durch das Orbitaldach vorgedrungen, der die Periorbititis und die 
Dislocatio bulbi gesetzt hat. Ebenso wie in dem Marxschen und 
Oppenheimschen Fall zeigt auch der unsrige, dass natürlich sehr 
wohl heftigere Entzündungserscheinungen zu der Geschwulst hinzu- 
treten können, die dann zur Zeit der Aufnahme das Gesamtkrank- 
heitsbild beherrschen können. Eine Röntgenaufnahme, die man ja 
am besten vor jeder Stirnhóhlenoperation schon zur Orientierung 
über die Grenzen anfertigt, wird hier am leichtesten Klärung ver- 
schaffen. Wiegmann (Zeitschr. f. Ohrenhkd. Bd. 57, S. 56) hat 
24 Fälle von Osteom der Nasenhöhle gesammelt, zu denen noch 3 Fälle 
von Marx (Verh. d. Otol. Ges. 1908, Heidelberg, S. 205) nach- 
zutragen würen. Bei Operationskursen an der Leiche fand ich zu- - 
fällig ein grosses totes Osteom der Stirnhöhle, welches einen voll- 
kommenen Ausguss der Stirnhöhlenform repräsentierte und nur in 
allen Dimensionen um ein geringes kleiner war. Hierher rechnen 


106 W. Uffenorde. [110 


kann man auch die 3 von Manasse und Kretzschmann demon- 
strierten Falle von Exostosen von Stirnbein und Siebbein (Verhandl. 
d. Vereine D. Laryngol. 1910. Dresden). 

Zum Schlusse möchte ich noch erwähnen, dass durch den er- 
forderlichen weitgehenden Eingriff und bei der Tiefe der Stirnhöhle 
eine unangenehme Entstellung entstanden ist, wie die Abbildung 16 
zeigt. Ausserdem ist leider infolge der narbigen Schrumpfung des 
periorbitalen Gewebes eine geringe Bewegungsbeschränkung des 
Bulbus aufgetreten, was Doppelbilder verursacht. Ich glaube kaum, 
dass man in dem vorliegenden vielfach komplizierten Falle diese 
dauernde Beeinträehtigung hätte vermeiden können. Es ist das eine 
Auge durch ein Mattglas vom Sehakte ausgeschlossen, ausserdem ist 
eine Rente von 15% zugebilligt. Ein Zusammenhang von dem Leiden 
mit dem erlittenen Kopftrauma ist jedoch, wie schon erwähnt, in 
Abrede zu stellen. | 


II. Fall von Chondrom des hinteren Siebbeins. 
Exophthalmus. 


Einen Fall von Chondrom des hinteren Siebbeins mit orbitaler 
Komplikation habe ich bereits im Archiv für Laryngologie und Rhino- 
logie 20, S. 1 mit eingehender Besprechung der Chondrome be- 
schrieben. 

Fall XXXV. 

Johanne T., 21 Jahre alt, Dienstknechtsfrau, Uthlede bei Geestemünde. 

Pat. wurde von der Augenklinik behufs Untersuchung der Nasenhóhle zu 
uns geschickt. 

Bei der Pat. ist seit !/, Jahr etwa das rechte Auge prominent; es be- 
stehen rechtsseitige Kopfschmerzen. R. ist nur wenig Sehkraft vorhanden. 
Pat. klagt über Doppelsehen. Sie will oft Schnupfen gehabt haben, zurzeit 
besteht Geruchsmangel und Schwerhórigkeit. Die Nase ist verstopft. Eiterung 
aus der Nase soll nicht bemerkt sein. Der Rachen ist beschwerdefrei. Die 
Kopfschmerzen strahlen von der Stim nach dem Hinterkopf aus. Die Er- 
scheinungen sind allmählich aufgetreten. — Die Untersuchung in der Augen- 
klinik hat ergeben: L. Auge äusserlich und ophthalmoskopisch normal. — 
R. Auge: Mittelstarke Protrusio bulbi. Auge mässig injiziert, steht etwas divergent. 
Bewegung des Bulbus nach oben und aussen nicht ausgiebig. Vorderer Teil 
des Auges wie Glaskörper normal. Papillitis im atrophischen Stadium, Ver- 
grösserung der Papille, Grenzen verwaschen. Papille springt vor. Varikös 
gequollene Nervenfasern. Gefässe z. T. auf der Papille überlagert. Venen 


` stark gefüllt und geschlängelt, gehen im Bogen von der Papille herab. 


Rechtes Gesichtsfeld wenig eingeschränkt, absolutes Skotom. 

In Narkose fühlt man innen einen harten Tumor, der am Knochen fest- 
sitzt und nach unten abzugrenzen ist. Geringe Schmerzen beim Hineindrücken 
des Bulbus in die Orbita. 





111] Komplizierte Fälle von Nasennebenhöhlenerkrankung. 707 


Untersuchung der Nase: Mit der Rhinoscopia anterior gewinnt man das 
Bild der Rhinitis hypertrophica. Die Schleimhaut der unteren Muschel ist 
verdickt, etwas bläulich verfärbt, ebenso die der mittleren Muscheln. Ver- 
mehrung und Veränderungen der Sekretion sind nicht zu konstatieren. 

Postrhinoskopisch lässt sich ein sehr interessantes 
Bild nachweisen Epipharynx frei, glattwandig. Die 
hinteren Enden der Muscheln wenig verändert, Choanen, 
Tubenostien frei. R. sieht man die Gegend des hinteren 
oberen Siebbeins deutlich, aber nur wenig prominent 
gegenüber links. 

Nach Infraktion der mittleren Muscheln r. mit dem langen Killian schen 
Spekulum ist im mittleren Sicbbein eine harte Schwellung von grauer Farbe 
zu konstalieren. Das herausgenommene Stück wird als von einem Chondrom 
stammend erkannt. Auch das kgl. Pathologische Institut hat ein mässig zell- 
reiches Chondrom, zum Teil myomatös entartet, angenommen (Prof. Kauf- 
mann). 

Leider wurde uns der Fall nicht auch zur Operation überwiesen, sondern 
von anderer Seite operiert. 


Besonders bemerkenswert ist die Diagnosestellung auf Tumor 
des hinteren Siebbeins mittelst Postrhinoskopie. Der Fall ist chirur- 
gischerseits operiert und nach längerer Zeit ein Rezidiv aufgetreten, 
wie ich in Erfahrung gebracht habe. Die Gefahr der Heterogenität 
ist hier ja nicht zu beobachten, aber die Tumoren rezidivieren leicht 
von -zurückgebliebenen Resten aus und entarten leicht maligne. 


III. Fall von Adenokarzinom des Siebbeins. Exophthalmus. 
Mukozele. 


Fall XXXVI. 


Auf Seite 203 meiner öfter zitierten Monographie habe ich einen Fall 
von Adenokarzinom bei einem öl jährigen Manne mitgeteilt, der ja sehr selten 
ist. Bei dem Pat. war das rechte Auge stark prominent und nach aussen 
und oben distozier. Am Augenhintergrund war keine Stauung nachweisbar, 
keine Schmerzen und keine Empfindlichkeit auf Druck. Visus Sie Doppelt- 
sehen seitlich oben. Gesichtsfeld normal (kgl. Augenklinik). Im inneren Augen- 
winkel, etwa Tränenbeingegend, konnte man cine prall elastische, haselnuss- 
grosse Prominenz nachweisen, die buckelförmig hervortritt. Bds. waren Narben 
von früheren Eingriffen her sichtbar. 

Die Nase zeigte links keine wesentliche Veränderungen, r. hing ein 
fleischiger, glänzender Tumor wie eine vergrösserte mittlere Muschel von oben 
herab. Bei Sondenberührung trat eine relativ starke Blutung auf. Der Nasen- 
rachenraum war frei, Drüsen waren nicht fühlbar. 

Probeexzision. Histologische Untersuchung: Adenokarzinom (Prof. 
Borst). 

Die Operation zeigte, dass cine Mukozelenhildung vom vorderen Siebbein 
aus neben dem Tumor im Siebbein vorlag. Die Lamina papyracea war nicht 
durchbrochen. 


(08 W. Uffenorde. (112 


Interessant war der kurz post operationem beweglich werdende 
Bulbus, das Verschwinden der Doppelbilder, Besserung des Visus, 
das alles nach 14 Tagen wieder schlechter wird. 

Die vorübergehende Besserung ist offenbar durch vorübergehende 
Aufhebung der Stauung zu erklären. Als die restierenden Tumorteile 
wieder anfingen zu granulieren, war der günstige Effekt vorüber. 
Auch dieser Fall zeigt wiederum, wie hoch das Stauungsmoment 
bei dem Mechanismus der orbitalen Schwellung anzuschlagen ist. 
Durch Toxinresorption lässt sich dieser Vorgang in den Fällen von 
Tumoren nicht erklären. 

Sowohl der vorige Fall von Chondrom wie auch dieser zeigen, 
dass auch ohne Eiterung der Nasennebenhöhlen hochgradiges Ödem 
des Orbitalinhaltes ausgebildet werden kann. In diesem Falle war der 
Tumor nicht durch die Lamina papyracea eingedrungen, beide Male 
musste in erster Linie durch Verlegung von Gefässwegen, besonders 
wohl der Venen, der Abfluss behindert und die Protusio bulbi ent- 
standen sein. Gerade diese Fälle sind sehr wertvoll für die Beurteilung 
der orbitalen Schwellung. Ich möchte darnach annehmen, dass wahr- 
scheinlich auch in den Fällen von Eiterungen die einfache mechanische 
Stauung eine grössere Rolle bei der Entstehung der Protusio bulbi 
spielt als die Infektion, sonst würden auch viel häufiger schwere 
Phlegmonen mit Abszedierung der engeren Orbita sich ausbilden. 
In dem Falle von Karzinom wird diese Ansicht auch dadurch noch 
weiter argumentiert, dass nach vorübergehender Besserung der 
Stauung in der Orbita durch die Operation der Visus von 5/,, auf 
8/10 stieg. 

Leider bestätigt auch dieser Fall die fast stets trostlose Prognose 
der malignen Tumoren in der oberen Nasenhöhle. Der Fall war 
von vorneherein prognostisch schon deshalb ungünstig zu beurteilen, 
weil das Karzinom schon nachgewiesenermassen über 1 Jahr bestand. 

Wie auch im Fall Grüneberg und anderen von mir operierten 
Fällen von Tumor im Siebbein war hier neben dem Tumor eine 
Mukozele ausgebildet, und zwar wohl durch Verlegung von Zellen. 


I. Ein Fall von Karzinom des Siebbeins mit orbitaler und 
zerebraler Komplikation. 


Fall XXXVII. 


Friedrich B., 56 Jahre alt, Bremser a. D., Holzminden. 

Anamnese: Schon öfter wegen Polypen operiert worden, das letzte Mal 
im Frühling. Im Sommer merkte Pat., dass das l. Auge merklich hervortrat; 
Doppelbilder hat er nie gehabt. Seit August hat er den Durchbruch an der |. 
Nasenwurzel. Kopfschmerzen sind erst in letzter Zeit aufgetreten. Die Nase 


—— 


113] Komplizierte Fille von Nasennebenhóhlenerkrankung. 709 


ist sehr verstopft gewesen, Eiter habe er nicht bemerkt, nur aus der Wunde 
an der Nasenwurzel hbe sich Eiter entleert. — Intelligenz- und psychische 
Störungen bestehen nicht. 

Diagnose: Carcinoma labyrinthi ethmoidal. sin. Ethm. hyperplast. chron. 
c. complicat. orb. I. — Durchbruch nach aussen. 

Therapie: Operation. 

Nase und Rachen: bds. Nasenhöhlen obturiert ohne Polypen, auch im 
Nasenrachenraum l. Auge prominent, Bulbus mässig nach aussen und etwas 
nach oben vorgetrieben; Beweglichkeit im ganzen gut, nur beim Blick nach aussen 
und oben bleibe es in seiner Beweglichkeit zurück. Keine Doppelbilder. Kon- 
junktiva und Kornea intakt. Pupillen, gleich weit, reagieren auf Licht und 
Konvergenz. Am inneren Augenwinkel nach oben teigige Schwellung, in der 
Mitte aus einer Fistel klein-haselnussgrosse Granulationen herausragt. Bei Druck 
auf diese Partien entleert sich reichlich Eiter, vermischt mit gallertartiger 
Flüssigkeit. (Abb. 16, 17, Taf. XXXIIL) 

Sonstiges: Reflexe normal. Herztöne unrein, leicht syst. Geräusch 
a. d. Spitzen. II. Pulmonalton akzent. Keine Verbreiterung. Pol. o. B. Abdome 
ohne nachweisbare Veränderungen. 

3. I. 1908. Operation in Chloroformnarkose. 

Uffenordesche Operation (Michaux-Legouest) ]. Schnitt in der 
Mitte der Augenbrauen |. über Kuppe der Fistel an der seitlichen Nase abwärts. 
Zurückschieben der äusseren Weichteile vom Proc. front. des Oberkiefers, 
vom Nasenbein, vom Tränenbein und nach oben äussere Pars nasalis des 
Stirnbeines etc. Dabei quellen Tumormassen aus der Fistel hervor. Starke 
Blutung. Resektion vom Nasenbein, Stirnfortsatz, Tränenbein, nasalen Stirnbein. 
Es werden dann die Tumormassen und damit auch Polypenmassen aus der 
Nase entfernt. Dabei entleert sich auch Eiter und gallertig glasige Massen, 
Mukozelen. Nachdem eine leidliche Übersicht geschaffen ist, soweit es bei der 
starken Blutung möglich ist, kann man konstatieren, dass der Tumor zerebral- 
wärts direkt ins Zerebrum übergeht, adhärent der Dura mater. Von einer 
Lamina cribrosa ist nichts zu sehen. Man sieht plötzlich das Hirn pulsieren, 
z. T. ist es karzinomatös verändert, weich, eine Sonde dringt leicht ein. 
Ebenso fehlt die Lamina papyracea in grosser Ausdehnung. Auch hier ist 
nicht zu sagen, wo ist die Grenze zwischen Tumor und Periorbita, der Tumor 
hat den Orbitalinhalt breit invadiert. Exzisio der Ränder der äusseren Fistel, 
Säuberung der Wundhöhle. Mehrere Nähte aussen, vom unteren Wundrand 
aus Drainage der mit Jodoformgaze ausgefüllten Wundhöhle — Verband. 

Die Nachbehandlung gestaltete sich ziemlich einfach. Ohne Temperatur- 
hebung überstand der Pat. den Eingriff ziemlich leicht. Die Prominenz des 
Auges ging etwas, aber unvollkommen, zurück. Die Beschwerden besserten 
sich, der Kopfschmerz verschwand. Mit Arsenmedikation wurde Pat. 14 Tage 
post operationem nach Vernarbung der äusseren Wunde entlassen. 

Am 4. Mai 1908 kam Pat. wieder. Die Wölbung des Auges war schlimmer 
geworden, besonders auch die Nasenwurzelgegend vorgetrieben. Der Bulbus 
mehr nach links vorgetrieben. Tumormassen sehen aus der Fistel heraus. 
Sensorium und Intelligenz nicht getrübt. Keine besondere Beschwerden. Kopf- 
schmerzen gering, ab und zu ein Ziehen über den Kopf. Die Nase ist beider- 
seils sehr verstopft. I 


Epikrise: Es handelt sich in dem vorliegenden Falle um ein 


Karzinom des Siebbeins, das offenbar auf dem Boden einer älteren 
Zeitsehrift für Laryngologie. Bd. Ill. H. 6. 47 


“ly W. Uffenorde. [114 


Ethmoiditis hyperplastica entstanden ist. Der Erfahrung bei mıl'gnen 
Tumoren der oberen Nasenhóhle entsprechend hat der Tumor breit 
Orbita, Stirnhóhle und besonders das Kranium invadiert. Os laeri- 
male, Lamina papyracea und Lamina cribosa sind ausgedehnt defekt. 
Ein grosser Teil des Stirnhirns ist in den Tumor einbezogen, ist er- 
weicht. Bei der Operation war, zumal es stark blutete, zunächst eine 
Orientierung sehr erschwert, das Auftreten der Hirnpulsation klärte 
plötzlich in höchst unangenehmer Weise die Sachlage. Trotz der 
Erfahrungen über das indifferente Verhalten bei Stirnhirnprozessen 
setzte uns dieser Befund und die weitere Beobachtung in Erstaunen. 

Das Karzinom hatte breit das Zerebrum invadiert, eine Differen- 
zierung war gar nicht möglich, nur durch die plötzlich bemerkten 
Hirnpulsationen wurde uns unangenehm klar, dass wir bereits ins 
Zerebrum bei dem vorgenommenen Kürettement eingedrungen waren. 
Wir befürchteten eine postoperative Meningitis oder Abszessbildung. 
Doch nichts von alledem. 

Der Patient stellte sich ein halbes Jahr post operationem ohne 
irgendein zerebrales Ausfallssymptom wieder vor. Nur über 
leichte Kopfschmerzen hatte er zu klagen. Wir haben ihn dann 
nicht wieder gesehen. 

Die Orbita war relativ weniger beteiligt, da man sonst mehr Be- 
wegungsstörungen erwarten müsste. Interessant sind auch die Muko- 
zelebildungen, die wir schon bei anderen Tumorfällen wiederholt 
beobachteten. In diesem Falle haben wir zum ersten Male unsere 
Modifikation der Michaux-Legouestschen Methode angewandt 
(Uffenorde, Arch. f. Laryng., Bd. 21, S. 1). Wenn ich mit wenigen 
Worten noch einmal auf die Frage der Wahl der Operationsmethode 
für die verschiedenen Affektionen der Nasennebenhöhlentumoren ein- 
gehen darf, so muss ich hier auf demselben Standpunkte verharren, 
den ich schon damals ausgesprochen habe (Uffenorde, Arch. f. 
Laryngologie, Bd. 21). Meine Einwendungen gegen die zu weit 
gehende Indikationsstellung durch Denker für seine Oberkiefer- 
höhlenoperationsmethode sind nicht durch die auf dem Wiener Inter- 
nationalen Laryngologentage von ihm gemachten Zusätze entkräftet. 
Ich betone ausdrücklich, dass wir mit den meisten Nasenärzten den 
grossen Wert seiner Methode speziell für die Tumoren der medialen 
Wand der Kieferhöhle natürlich anerkennen, dass wir aber den An- 
wendungskreis, sobald besonders das Siebbein der Sitz und Aus- 
gangspunkt des Tumors ist, für erschópft halten; dann soll man 
von vorn oben operieren, und zwar aus folgenden Gründen. Einmal 
kann man auch bei ausgedehnter Resektion vom Proc. frontalis, 
Os maxillaris und Os nasale bei der permaxillaren Methode bei der 


115] Komplizierte Falle von Nasennebenhóhlenerkrankung. 711 


Inangriffnahme des vorderen Siebbeins weniger sicher vorgehen, als 
wenn man von vorn eingeht; die Orientierung ist ebenfalls erschwert. 

Zweitens wissen wir ja, dass die malignen Tumoren, ja auch 
benignen, Chondrom, Osteom u. a. eine ausgesprochene Tendenz, sich 
kranialwärts auszudehnen, aufweisen (Kümmel). In dem vorliegen- 
den Falle z. B. wäre eine Operation nach Denker, zumal bei 
der Blutung, sicher unangenehm und unmöglich ausreichend 
gewesen. Drittens kann die Denkersche Methode einer In- 
vasionsmöglichkeit in die Stirnhöhle durchaus nicht gerecht werden; 
man muss dann noch ausserdem die Stirnhöhle von aussen öffnen, 
ein Eingriff, der fast allein hinsichtlich seiner Ausdehnung von vorn- 
herein genügt hätte Nun kommt viertens noch hinzu, dass man 
z. B. bei einem umschriebenen Osteom oder Chondrom im Siebbein 
_zwecklos die ganze doch trotz aller Behauptungen physiologisch 
wichtige laterale Nasenwand opfert, die man z. B. nach unserer 
Methode ganz unberührt lassen kann und soll. Die äussere fast 
unsichtbar zu gestaltende Narbe kann m. E. nicht so sehr in die Wag- 
schale fallen, als dass man à tout prix permaxillar operieren wollte. 
Jeder Methode den ihr gukommenden Anwendungskreis. Ich habe 
im übrigen die Denkersche Methode für die genannten Indikationen 
lieb gewonnen und halte sie für eine willkommene Erweiterung 
unserer Operationsmethode. 

Ich bin am Schlusse meiner Ausführungen und es sei mir noch 
ein kurzer Rückblick gestattet. Wir Rhinologen müssen es mit 
Freuden begrüssen, dass in verhältnismässig kurzer Zeit die Er- 
oberung der Grenzgebiete, die uns im vorhergehenden beschäftigt 
haben, zum grossen Teil gelungen ist. Dass wir dieses in erster 
Linie der unermüdlichen und glücklichen Forschung auf dem Ge- 
biet der Nasennebenhöhlen, besonders auch der entwickelungs- 
geschichtlichen und vergleichend - anatomischen verdanken , bedarf 
kaum eines Hinweises. Diese dadurch gewonnenen Erkenntnisse haben 
in fast ungeahnter Weise auch die hier in Frage kommenden Studien 
befruchtet; sie sind ja ihre Basis. Dem ist es wiederum zu danken, 
wenn die Ophthalmologie nicht nur durch die Propheten beider Dis- 
ziplinen immer und immer wieder auf den Zusammenhang zwischen 
Nase und Auge hingewiesen, sondern auch angesichts dieser Ent- 
wickelung der Rhinologie immer mehr in einen Austausch mit uns 
getreten ist. Diesem glücklichen Bunde sind bereits viele erfreu- 
liche Nachkommen entsprungen. Unsere Sache wird es jetzt sein, 
einmal die Spreu von dem Weizen zu sondern und andererseits das 
Erbe zu hüten und weiter auszubauen. Wenn ich dazu etwas bei- 
getragen habe, so ist meine Arbeit reichlich belohnt. 


—— 41* 


Rezidive nach Adenotomie. 


Von 


M. U. Dr. R. Imhofer, Prag. 


Die Rezidive nach Adenotomien scheinen ein Gebiet der Rhino- 
laryngologie zu sein, das man nicht gerne berührt; die Angaben 
in den verschiedenen Monographien, Lehrbüchern etc. sind nur ganz 
kurz, ohne näher auf die Ursachen und Art der Rezidive einzugehen. 
Sie machen den Eindruck, dass es sich da um etwas handle, was 
man nicht verschweigen kann, aber doch nicht des näheren er- 
örtern möchte. Und doch scheint mir eine solche Erörterung ein- 
mal nötig, sogar sehr nötig. Muss man sich doch bei unbefangener 
Prüfung der eigenen Operationsresultate und der in der Literatur 
niedergelegten Erfahrungen das Eingeständnis machen, dass in gar 
vielen Fällen die Resultate der Adenotomie nicht die sind, welche 
man erwartet und den Patienten resp. den Angehörigen derselben 
versprochen hat. Die Misserfolge nach Adenotomien kann man in 
zwei Gruppen einteilen. 

I. Wirkliche Rezidive, d. h. neuerliches Wuchern des Rachen- 
mandelgewebes nach der Operation oder Heranwachsen 
kleiner stehengebliebener Reste zu solcher Grösse, dass die 
Erscheinungen der Rachenmandelhypertrophie neuerdings 
hervorgerufen werden. 

II. Fälle, wo kein eigentliches Rezidiv konstatiert werden kann, 
die Erscheinungen jedoch, welche zur Adenotomie die Indi- 
kation gegeben haben, also die Mundatmung, die wieder- 
kehrenden Katarrhe etc. nicht verschwinden oder nach einer 
kurzen Zeit der Besserung wieder auftreten. V on Natier (1) 


714 R. Imhofer. [2 


wird dies als Pseudorezidive bezeichnen, ein Ausdruck, der 
ganz treffend ist, und den wir auch hier akzeptieren wollen. 


Echte Rezidive. 


Über das Vorkommen solcher sind fast alle Autoren einig, die 
Angaben bezüglich der Häufigkeit derselben differieren jedoch ziem- 
lich. M. Schmidt (2) nimmt 3% Rezidive an, Jurasz (3) hatte 
unter 170 Adenotomien dreimal Rezidive zu verzeichnen, wahrend 
Körner (4) von 6—8^, Rezidiven spricht. Schaffer (5) sah 
hingegen nur drei Rezidive unter 1000 Adenotomien, also 39?/,,. 
Ich selbst habe unter der relativ kleinen Zahl von ca. 400 Adeno- 
tomien, die ich hier vorgenommen habe, bis jetzt sechs Fálle sicherer 
Rezidive beobachtet. Haben aber diese Statistiken wirklich einen 
Wert? Ich glaube, derselbe ist sehr gering anzuschlagen, denn die 
wenigsten Patienten, bei denen es zu einem Rezidiv nach der Adeno- 
tomie kommt, suchen wieder denselben Operateur auf und nach 
der beträchtlichen Anzahl von adenoiden Rezidiven, die ich nach 
von anderer Seite vollzogener Operation sah — es befanden sich 
darunter Falle von Operateuren von Weltruf — kann ich mit 
Sicherheit schliessen, dass auch ich nur den kleineren Teil der 
Rezidive meiner operierten Fälle gesehen habe, und so dürfte es 
auch den anderen Operateuren gegangen sein. Wollte man ein halb- 
wegs verlässliches Urteil über die Häufigkeit der Rezidive nach 
Adenotomie gewinnen, so wäre es nötig, dass Kliniken mit grossem 
Materiale nach einer bestimmten Zeit sämtliche Adenotomierten zur 
Kontrolle einberiefen und sich über das Vorhandensein oder Fehlen 
von Rezidiven sowie über den Erfolg der Operation überhaupt Auf- 
schluss verschafften ; diesbezügliche Angaben in der Literatur konnte 
ich aber bisher nicht auffinden. Wohl hat 1902 die Niederländische 
Gesellschaft für Hals-, Nasen- und Ohrenheilkunde (6) eine Kom- 
mission zur Ausarbeitung statistischer Schemata über adenoide Vege- 
tationen gewählt; einen Bericht dieser Kommission aber habe ich 
in den Sitzungsprotokollen dieser Gesellschaft wenigstens in den 
nächsten Jahren nicht gefunden. Und doch wäre eine umfassende 
Statistik der adenoiden Vegetationen, mit besonderer Berücksichtigung 
der Operationserfolge nach einem längeren Intervall von 
grösstem Interesse und praktischer Wichtigkeit. Vorläufig aber muss 
ich wenigstens nach meiner Erfahrung die Behauptung aufstellen, 
dass Rezidive nach Adenotomien sicher häufiger sind als wir ver- 
muten. 

Die Ursachen der Rezidive, welche die einzelnen Autoren an- 
führen, lassen sich in drei Gruppen einteilen. 


3] Rezidive nach Adenotomie. 115 


1. Rezidive, die der Operation oder dem Operateur zur Last 

gelegt werden müssen. 

2. Rezidive, verursacht durch die Beschaffenheit der Rachen- 

mandel selbst. 

3. Rezidive, bedingt durch die allgemeine Körperkonstitution 

des Operierten. 

Es gibt Autoren, die jedes Rachenmandelrezidiv als Folge einer 
mangelhaften, unvollständigen Operation ansehen wollen. Es seien 
nur einige dieser Äusserungen beispielsweise angeführt. 

Syndacker (7) sagt, Rezidive seien in den meisten Fällen 
nichts anderes als unvollständig ausgeführte Operationen; ganz ähn- 
lich äussern sich Rice (8) und Gradle (9). 

Buys (10) nennt als Ursache der Rezidive: 1. unvollständig 
oder schlecht ausgeführte Operation, 2. akute Entzündungszustände 
des Operationsfeldes zur Zeit der Operation, 3. Vernachlässigung 
der Nachbehandlung. Escat (11) äussert sich dahin, dass eine 
radikal operierte Rachenmandel ebensowenig sich wieder bilden 
könne wie eine enukleierte Gaumenmandel; die Rezidive sind nach 
ihm, insoweit sie nicht tuberkulöser Natur sind, bedingt durch die 
Proliferation unvollständig kürettierten Gewebes. Ähnliche An- 
sichten vertritt endlich Fein (12). „Man kann sagen, dass Rezi- 
dive nach vollkommen ausgeführter Abtragung zu den Seltenheiten 
gehören und nur im frühesten Kindesalter vorkommen.“ 

Den Standpunkt, Rezidive nur einer unvollständigen Operation 
zuzuschreiben, halte ich für einen ganz falschen und nicht un- 
bedenklichen. Wenn, wie ich schon erwähnt habe, Rezidive jedem, 
auch dem hervorragendsten Operateur vorgekommen sind, so können 
wir nur den Schluss ziehen, dass kein Operateur, kein Instrument 
und keine Methode imstande sind, die Rachenmandel vollständig, 
1. e. vollständig im histologischen Sinne zu entfernen, und dies wird 
auch von vielen Seiten ganz unumwunden zugegeben. Gradle (l. c.) 
sagt: ,,Untersucht man mit dem Spiegel, so findet man doch sehr 
häufig kleine vorspringende Reste, die während der Operation einem 
jeden Instrumente, ob Zange oder Löffel, entgehen“ 
und Brieger (13) meint in der Diskussion zu einem Vortrage 
Beckmanns, in welchem dieser sein neues Ringmesser einführte: 
„Ich halte es nur für einen gliicklichen Zufall, wenn Beckmann 
kein Rezidiv gesehen hat; nach möglichst vollständiger Abtragung 
der Adenoide sind Rezidive selten, aber bei keinem Verfahren mit 
Sicherheit zu verhüten.‘ 

Müssen aber stehengebliebene Reste adenoider Vegetationen zu 
einem Rezidiv Veranlassung geben? Ich verfüge über einen in dieser 


716 R. Imhofer. [4 


Hinsicht sehr lehrreichen Fall. Bei einem 14 jährigen Knaben ent- 
fernte ich vor 10 Jahren die Rachenmandel wegen fortrezidivierender 
akuter Mittelohrkatarrhe, nebenbei bemerkt mit vollstandigem Er- 
folge, insofern als die Katarrhe von dieser Zeit an ausblieben. Als 
ich ca. 14 Tage nach der Operation postrhinoskopisch untersuchte, 
konnte ich an der Umrandung der Choanen gegen den Vomer zu 
deutlich jederseits je eine grosse Zacke übrig gebliebenen adenoiden 
Gewebes sehen, sonst war die Rachenmandel vollständig entfernt. 
Ich habe diesen Patienten durch ganze 10 Jahre, allerdings in 
grösseren Intervallen, immer wieder zu Gesicht bekommen und 
konnte mich überzeugen, dass diese Reste völlig unverändert blieben, 
ohne dass es zu erneuter Wucherung adenoiden Gewebes von den- 
selben ausgehend gekommen wäre; um das 20. Lebensjahr des Pat. 
schrumpften sie allmählich und verschwanden. Es ist also sicher, 
dass stehengebliebene Rachenmandelreste zum mindesten nicht zu 
einem Rezidiv führen müssen, dass noch eine andere Ursache 
im Spiele sein muss, aus welcher sich in dem einen Falle von 
solchen stehengebliebenen Resten aus ein Rezidiv entwickelt, während 
es im anderen Falle unter sonst gleichen Bedingungen ausbleibt.: 


Auch Bresgen (14) meint: „Die Frage, ob alle Drüsenmassen 
rein entfernt werden müssen, glaube ich mit ,,nein" beantworten 
zu dürfen. Es dürfen nur keine grossen Zapfen mehr vorhanden 
sein, und vor allen Dingen muss das Rachendach ganz gesáubert sein." 


" Bemon (15) hat niemals Neubildung der Geschwulst gesehen, 
obwohl er sich nicht bemüht, absolut die letzten Reste der Vege- 
tationen zu entfernen. Er führt dies darauf zurück, dass er nach 
der Operation zweimal in achttägigen Intervallen den ganzen früheren 
Sitz der Geschwulst mit Lapis kauterisiert. Zarniko (16) wirft 
ebenfalls die Frage auf, ob es nótig sei, auch die kleinsten Rest- 
chen der Geschwulst wegzunehmen, und beantwortet dieselbe mit nein. 


Aber gesetzt auch, wir könnten das Rachendach auch im histo- 
logischen Sinne von Iymphatischem Gewebe säubern, so müssen wir 
uns doch ins Gedächtnis zurückrufen, dass, wie K. Bayer (17) 
schon vor 25 Jahren nachgewiesen hat, lymphoides Gewebe einer 
Regeneration in hohem Masse fähig sind, dass auch bei vollständiger 
Exstirpation von Lymphdrüsen sich in der Narbe und in dem um- 
liegenden Gewebe neues lymphoides Gewebe bildet, das dann die 
Form von Drüsen annehmen kann. Ganz analog verhält es sich 
nach Brieger (18) auch bei der Entfernung der Rachenmandel. 


Wir müssen also den ersten Punkt dahin erledigen, dass wir 
sagcu, weder die Art der Ausführung der Operation noch der Ope- 


5] Rezidive nach Adenotomie. (12 


rateur sind an den Rezidiven der Rachenmandelhyperplasie nach der 
Adenotomie schuld. 

Wenden wir uns nun zu dem zweiten Punkte; ist die Art 
und Beschaffenheit der exstirpierten Rachenmandel schuld an dem 
Auftreten resp. Ausbleiben eines Rezidivs? 

In dieser Hinsicht behauptet Bliss (19), wenn in der Rachen- 
mandel ein reiches Gefüssnetz vorhanden sei, wenn das lymphoide 
Gewebe durch bindegewebige Scheidewände geteilt werde, dann sei 
bei unvollständiger Entfernung ein Rezidiv durch Entzündung um 
die zurückgebliebenen Teile möglich. In normalen Fällen dagegen 
bilde sich der Rest des lymphoiden Gewebes zurück. 

Ich habe vier solcher Rachenmandelrezidive histologisch unter- 
sucht, doch nur in einem Falle eine nennenswerte Vermehrung des 
Bindegewebes nachweisen können und auch diese war nicht derart, 
dass sie ausserhalb der Variationsbreite des Bindegewebsgehaltes der 
Rachenmandel fiele. Bei diesem geringen Materiale kann ich mir 
nur den Sehluss erlauben, dass die Behauptung von Bliss zum 
mindesten nicht allgemeine Gültigkeit hat. Auch habe ich bisher 
noch keine Bestätigung der Ansicht von Bliss seitens anderer 
Autorer gehört. 

Es bleibt also eigentlich nur die dritte Möglichkeit, nämlich 
die Ursache des Rezidivs nach der Adenotomie in dem betreffenden 
Individuum selbst zu suchen. 

In dieser Hinsicht werden vor allem akute Exantheme als Ur- 
sache der Rezidive angeführt. Chiari (20) meint, dass hauptsách- 
lich nach Keuchhusten und Diphtherie das adenoide Gewebe wieder 
stark zu wuchern beginne. Górke (21) spricht die Ansicht aus, 
dass Rezidive der Adenoide durch akute infektióse Prozesse, wie 
Scharlach und Diphtherie, bei denen eine vermehrte Funktions- 
leistung und eine gesteigerte Produktion von Lymphozyten in den 
adenoiden Geweben der oberen Luftwege ausgelóst werde, bedingt 
seien. Ähnliches behauptet Brieger l. c. (18). 

Meines Erachtens ist eine der Hauptursachen der Rezidive nach 
Adenotomien in der Skrofulose zu suchen. Bei der überwiegenden 
Mehrzahl der Patienten, bei denen ich nach eigener oder nach von 
anderer Seite ausgeführter Operation Rezidive konstatieren konnte, 
waren Zeichen der Skrofulose vorhanden. Drüsensehwellungen, blasses 
pastöses Aussehen, häufige Katarrhe der oberen Luftwege liessen 
sich meist feststellen. | 

Bisweilen allerdings waren die Zeichen der Skrofulose sehr ge- 
rng und es war eigentlich erst das Rezidiv, welches mich auf die 
Fährte leitete. So konnte ich bei einem Patienten, bei dem ich 


18 R. Imhofer. (6 


nach einer von einem hiesigen Fachkollegen ausgeführten Adeno- 
tomie eir. Rezidiv operierte, um selbst wieder zwei Jahre post ope- 
rationem ein solches zu konstatieren, nur eine hartnäckige Blepharitis 
als einziges Zeichen skrofulöser Veranlagung konstatieren. 

Dass ein wesentliches Zeichen der Skrofulose die Neigung zu 
Hyperplasien des adenoiden Gewebes bildet, ist ja bekannt, und so 
darf uns die fortwährende Regeneration und Hyperplasie desselben 
auch an dieser Stelle nicht wundern. Ein typisches Beispiel aus 
meiner Beobachtung sei hier angeführt, da ich Gelegenheit hatte 
diesen Patienten durch Jahre hindurch zu beobachten, was, wie 
oben erwähnt, meist nicht der Fall ist. 

K. E., 21/, Jahre alt, zum ersten Male untersucht am 22. X. 1904. 

Beschwerden beim Atmen, fortwährender Schnupfen, das Kind 
spricht noch fast nichts, skrofulóses Ekzem der Nase und Oberlippe. 

Befund: Schwellung der Nasenschleimhaut, digital und mittelst 
Sonde ein grosses Adenoidenpolster zu konstatieren. 24. X. Ope- 
ration; Entfernung der Rachenmandel, nach der Operation digital 
untersucht, Cavum pharyngonasale frei. Nach der Operation wesent- 


liche Besserung aller Erscheinungen, das Kind schlaft besser, der 


Schnupfen und die Ekzeme schwinden, rasche Sprachentwickelung. 
Im April 1906 wird mir das Kind wieder vorgestellt; die Erschei- 
nungen der Nasenverstopfung sind wieder aufgetreten, das Kind 
schläft wieder schlecht etc. und nun zeigt sich neuerlich eine grosse 
Rachenmandel, ausserdem aber die linke Tonsille beträchtlich ver- 
grössert, während bei der ersten Untersuchung beide Tonsillen normal 
gewesen waren. In Kelennarkose entfernte ich die hypertrophische 
Tonsille und eine grosse Rachenmandel von speckigem Aussehen ; 
danach wurde das Kind nach Hall geschickt. Wieder war der Er- 
folg ein ausgezeichneter, alle Symptome schwanden, bis ich im 
Mai 1909 den Knaben wieder zu Gesicht bekam, diesmal wegen 
Schwerhörigkeit; ich fand beiderseits einen Mittelohrkatarrh mit be- 
trächtlicher Herabsetzung des Gehörs, Mundatmung und eine zwar 
nicht übermässig, aber doch deutlich entwickelte Rachenmandel. 
Diesmal wollte die Mutter begreiflicherweise von einer Operation 
nichts hören und ich musste mich begnügen, durch Luftdusche 
eine Besserung des Ohrenleidens herbeizuführen. 

Wir sehen also hier Rezidive in Intervallen von zwei und drei 
Jahren, verbunden mit Wucherung adenoiden Gewebes an anderer 
Stelle (Tonsille), wo eine Hyperplasie vorher nicht bestanden hatte. 
Ganz analog verlief ein Fall, den ich aber nicht des näheren er- 
örtern will, wo ich an der Klinik des Herrn Prof. Epstein 
dreimal dic Adenotomie auszuführen genötigt war. 


= — — — 


1] Rezidive nach Adenotomie. «19 


Gradenigo (22) unterscheidet zwischen einem lediglich durch 
die Hypertrophie der Rachentonsille herbeigeführten der Skrofulose 
ähnlichen Symptomenkomplex und Adenoiden bei Skrofulösen und 
meint hinsichtlich der letzteren: ,,Gewiss findet man Adenoide auch 
bei skrofulösen Kindern und dies sind gerade die Fälle, in denen 
die Abtragung der hypertrophischen Rachentonsille die Symptome 
der Krankheit nicht verschwinden macht.“ 

Brieger (l. c. 18) spricht zwar nicht direkt von der Skrofulose. 
sondern nur von einer Prädisposition zur Entwickelung einer Hyper- 
trophie der Rachenmandel, scheint aber hierbei doch hauptsächlich 
die Skrofulose im Auge zu haben, wenigstens empfiehlt er bei Rezi- 
diven den Gebrauch von Jod, Solbädern, Arsen und Seifeneinreibungen 
nach Kapesser. 

Soll also schon vor der Operation einer jeden Rachenmandel 
der Allgemeinkonstitution des Kindes grosse Aufmerksamkeit zuge- 
wendet und nicht nur das Um und Auf in der Konstatierung und 
operativen Entfernung der Rachenmandel gesehen werden, so ist 
um so mehr bei einem Rezidiv diesem Punkte Aufmerksamkeit zu 
schenken 'und hat sich dann die Untersuchung direkt nach der 
Richtung der Skrofulose hin zu bewegen. 

-Was die praktischen Konsequenzen dieser Erörterungen anbe- 
langt, so müssen wir uns vor allem die Frage vorlegen, ob wir 
bei skrofulösen Kindern überhaupt die Adenotomie vornehmen sollen, 
und ob es sich nicht empfehlen würde, erst eine Behandlung der 
Skrofulose einzuleiten und dann, wenn sich der Allgemeinzustan!l 
gebessert hat, an die Adenotomie heranzugehen. 

Was den ersten Teil dieser Frage anbelangt, so glaube ich, 
dass wir trotz vorhandener Skrofulose dann die Adenotomie vor- 
zunehmen berechtigt sind, wenn die Indikationen zur Operation 
solche sind, dass auch mit einem vorübergehenden Erfolg etwas 
gewonnen wäre. Solche Indikationen sind: 1. exzessive Grösse der 
Rachenmandel, so dass die Atmung und damit auch der Schlaf 
in hohem Masse gestört sind und infolgedessen die Entwickelung 
des Kindes wesentlich leidet. 2. Fortwährend wiederkehrende Mittel- 
ohrkatarrhe resp. Entzündungen, da sich daraus chronische adhäsiv: 
Mittelohrkatarrhe entwickeln können, die einen bleibenden Gehör- 
defekt zur Folge haben ; diese fortwährenden Attacken akuter Katarrlıe 
werden durch die Adenotomie ganz besonders günstig beeinflusst, 
und auch bei einem Rezidive der Adenoiden pflegen dieselben durch- 
aus nicht immer wiederzukehren. 3. Hartnäckige ekzematöse Kon- 
junktivitis, die bei vorhandener Rachenmandelhypertrophie jeglicher 
Behandlung trotzt. 


190 R. Imhofer. (8 


In solchen Fällen halte ich es für gerechtfertigt, trotz der Mög- 
lichkeit der Rezidive die Adenotomie vorzunehmen, pflege aber die 
Eltern stets ausdrücklich auf diese Eventualität aufmerksam zu 
machen. Die Versicherung zu geben, alle Erscheinungen werden 
mit einem Schlage verschwinden und nie mehr wieder kommen, 
wäre höchst unvorsichtig. 

Was den zweiten Gesichtspunkt anbelangt, den ich zur Erörte- 
rung gestellt habe, so habe ich selbst wiederholt beobachtet, dass 
vor Entfernung der Rachenmandel alle üblichen Behandlungsmethoden 
der Skrofulose erfolglos blieben, insbesondere hat der Besuch von 
See- und Solbädern eine direkt ungünstige Einwirkung auf die 
Affektion der oberen Luftwege gezeigt. 

Um so dringender indiziert ist aber die Behandlung der Skrofu- 
lose nach der Operation. Alle die üblichen Mittel haben jetzt eine 
ganz vorzügliche Wirkung und insbesondere kann ich einen Auf- 
enthalt in Grado oder Kolberg nach der Rachenmandeloperation 
wärmstens empfehlen. 

Brieger sagt: „Von grossem Nutzen ist zur Nachbehandlung 
. der Aufenthalt an der Nordsee, der vor der Operation, bei 
noch vorhandenen Vegetationen durch Begünstigung akuter Schwel- 
lung schädlich sein kann“, eine Ansicht, der ich mich bis: auf 
die Wahl des Ortes anschliesse; ich möchte unbedingt die wald- 
reiche Ostsee und die warme Adria der Nordsee vorziehen. 

Neben dieser Hauptursache der Rezidive rangieren alle übrigen 
in zweiter Linie. So wird hier und da erwähnt, dass das Rezidiv 
sich als Sarkom erwies (Bliss [19], Lermoyez [23)); auch bei 
echter Tuberkulose der Rachenmandel soll der Abtragung das Rezidiv 
rasch folgen (Escat l. c, Lermoyez l. c). Von einem hiesigen 
Fachkollegen wurde mir für mein Sammelreferat über Leukämie 
der oberen Luftwege (24) die Krankengeschichte eines Falles zur 
Verfügung gestellt, wo ein Rezidiv, welches bereits vier Wochen 
nach der Operation auftrat, sich als durch Leukämie bedingt er- 
wies, der das Kind auch kurz nach Entfernung dieses Rezidivs 
erlag. Solche fast unmittelbar nach der Operation auftretende Rezi- 
dive müssen stets den Verdacht eines schweren Prozesses erwecken 
und sollte die histologische Untersuchung solcher Rachenmandeln 
nie verabsäumt werden. 

Die Pseudorezidive nach Adenotomie können wir wieder in 
zwei Gruppen sondern. 1. Fälle, wo die Operation gar keinen Effekt 
hatte (im strengen Sinne des Wortes genommen eigentlich kein 
Rezidiv), wo die Symptome, derentwegen die Operation unternommen 
wurde, nach der Operation in unvermindertem Masse bestehen blieben, 


9] Rezidive nach Adenotomie. 721 


und 2. jene Fälle, wo nach der Adenotomie zwar eine vorüber- 
gehende Besserung auftrat, nach kurzer Zeit jedoch wieder der 
status quo ante erreicht wurde. 

In der ersten .Gruppe rangieren vor allem jene Fälle, wo ein 
Fehler der Diagnosen resp. Indikationsstellung unterlaufen ist, d. h. 
von der Adenotomie Wirkungen erwartet wurden, die ihr überhaupt 
nicht zukommen oder die sie im speziellen Falle nicht besitzen 
konnte. So z. B. muss man bei objektiver Prüfung sagen, dass 
die Enuresis nocturna nur in den seltensten Fällen durch eine Adeno- 
tomie beseitigt wird, dass man hier, wenn überhaupt, so nur vor- 
übergehende durch Suggestionswirkung zu erklärende Erfolge sieht. 
Es hat Lange (25) dies 1905 in unzweideutiger Weise erklärt und 
damit einer sich immer fortschleppenden Selbsttäuschung ein Ende 
bereitet und seine Angaben bestätigen sich immer mehr. Auch mit 
der Aprosexie und der Indikationsstellung zur Adenotomie auf Grund 
dieser Erscheinung muss man sehr vorsichtig sein, um die Aprosexie 
von geringen Graden der Idiotie abzugrenzen, da im letzteren Falle 
selbstverständlich die Adenotomie ganz erfolglos bleibt. 

Sonst aber muss ich hervorheben, dass die Hauptursache der 
Misserfolge der Adenotomie ohne direkte Rezidive ebenfalls in der 
Skrofulose zu suchen ist. Die durch Vergrösserung der Bronchial- 
drüsen bedingten Katarrhe (Blumenfeld [26)), die Empfindlich- 
keit der Schleimhäute bleibt bestehen und nur durch ein sorgsames 
antiskrofulóses Regime, wozu allerdings für die ärmere Bevölkerung 
entsprechende Anstalten in grösserer Anzahl notwendig wären, als 
zur Verfügung stehen, liesse sich nachträglich ein guter Effekt der 
Adenotomie erzielen. 

Ein grosses Gewicht ist auf die Wiederherstellung der Nasen- 
atmung resp. auf die Angewöhnung der Nasenatmung zu legen, 
und wenn, wie es noch häufig geschieht, ein Adenotomierter ein oder 
zwei Tage nach der Operation entlassen wird, ohne dass sich der 
Operateur weiter um ihn kümmert, so ist das gewiss nicht richtig. 
Die Nase muss systematisch zur Atmung wieder erzogen werden, 
was auf verschiedene Weise möglich ist. So hat Gutzmann (27) 
einen kleinen Apparat angegeben, bestehend aus einem Holzpflöckchen 
mit einer an dessen Ende befestigten Scheibe. Diesen Apparat hat 
das Kind zwischen den Lippen im Munde zu balancieren und da- 
durch wird, wie man sich leicht überzeugen kann, dasselbe wenigstens 
für die Zeit, wo es das Instrument anwendet, gezwungen, durch 
die Nase zu atmen. Ich erziele denselben Effekt, durch eine ebenso 
im Munde balancierte Schokoladezigarre, gegen welche die Kinder 
(die ja nach der Operation gegen alle medizinischen Apparate und 


792 R. Imhofer. [10 


Geräte eine gewisse Voreingenommenheit zeigen) kein Misstrauen 
hegen können. Immerhin aber muss ich sagen, dass ich mehrere 
Fälle gesehen habe, wo trotz aller Bemühungen der Angehörigen 
und trotz aller Übungen die Nasenatmung sich nicht in wünschens- 
werter Weise ausbildete und wo die Mundatmung weiter prävalierte, 
womit der adenoide Gesichtsausdruck bestehen blieb, obwohl die 
Nasenatmung bei richtigem Gebrauch vollkommen ausreichend ge- 
wesen wäre. 

Das souveräne Mittel zur Nachbehandlung nach der Adenotomie 
ist die Erweiterung der Nase und damit des Nasenrachenraumes 
durch Kieferdehnung, bezüglich der ich auf die einschlägige statt- 
liche Fachliteratur der Zahnärzte verweisen muss. 

Resume: 1. Die Zahl der Rezidive nach Adenotomie ist wahr- 
scheinlich viel grösser als allgemein angenommen wird; genaue 
klinische Statistiken wären wünschenswert. 

2. Die Ursachen der Rezidive liegen weder in der Art resp. 
Vollständigkeit der Operation, noch auch in der Beschaffenheit der 
Rachenmandel, sondern in der konstitutionellen Beschaffenheit des 
Individuums selbst. 

3. Die Hauptursache der Rezidive bildet die Skrofulose. 

4. Es empfiehlt sich bei Skrofulose die Adenotomie nur dann 
vorzunehmen, wenn Indikationen gegeben sind, die selbst einen vor- 
übergehenden Effekt schon erstrebenswert erscheinen lassen. 

5. Die antiskrofulöse Therapie ist nach der Adenotomie viel 
wirksamer als vor derselben. 

6. Auch für die Pseudorezidive ist die Skrofulose als ätiologisches 
Moment von grosser Bedeutung. 


Literatur. 


1. Natier, M., Pseudorezidive adenoider Vegetationen. Bull. de la Société 
Belge d’otologie etc. 1903. p. 199. 

2. Schmidt, M., Die Krankheiten der oberen Luftwege. II. Aufl. 1897. 
S. 275. 

3. Juracz, A., Die Krankheiten der oberen Luftwege. 1892. S. 188. 

4. Körner, O., Lehrbuch der Ohren-, Nasen. Kehlkopfkrankheiten. JI. Aufl. 
1909. S. 122. 

9. Schaffer, M., Bericht über 1000 adenoide Vegetationen. Wien. med. 
Wochenschr. 1890. 

6. Bericht in Semons Zentralbl. Jahrg. 1903. 


11] 


18. 


19. 
20. 


21. 
22. 


23. 
24. 


29. 
20. 


27. 


Rezidive nach Adenotomie. 123 


Syndaeker, N.Y. Medic. News 18. 6. 1904. Semons Zentralbl. 1905. 
S. 378. 


. Rice, C. C., Removal of Adenoids. N.-Y. Medic. News 8. 10. 1904. 
. Gradle, H., Clinical experiences with the enlarged pharyngeal tonsil. 


N.-Y. Medic. News. 19. Dezember 1903 u. Deutsche med. ‘Wochenschr. 1890. 
S. 157. 


. Buys, Uber die Rezidive adenoider Vegetationen. La clinique. 1906. Nr. 89. 
. Escat, Maladies du Pharynx 1901. S. 308 etc. 

. Fein, J., Rhino- und laryngologische Winke für praktische Ärzte. 1910. 

. Brieger, Verhandlung der deutschen otol. Gesellschaft 1895. Diskuss. zum 


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. Bresgen, M., Krankheits- und Behandlungslehre der Nasenkrankheiten etc. 


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. Mackenzie, Lehrbuch der Hals- und Nasenkrankheiten. Anm. des Heraus- 


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. Zarniko, Die Krankheiten der Nase. I. Aufl. S. 977. 
. Bayer, K., Uber Regeneration und Neubildung der Lymphdrisen. Zeitschr. 


f. Heilkunde. Bd. VI. 1885. 

Brieger, O., Adenoide Vegetationen in Blau: „Enzyklopädie der Obren- 
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Bliss. N.-Y. medic. Journ. 1898. 

Chiari, O., Lehrbuch der Nasen-, Rachen- u. Kehlkopfkrankheiten. I. Aufl. 
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Görke, Über Rezidive der Rachenmandelhyperplasie. Arch. f. Laryngologie. 
Bd. XII. S. 278. 

Gradenigo, G, Hypertrophie der Rachentonsille. Haugs Samml. Klin. 
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Lermoyez, Therapeutique des Malades des fosses nasales. II. Bd. S. 380. 
Imhofer, Die leuküámische und ps»udoleukümische Erkrankung der oberen 
Luftwege. Zentralbl. f. d. Grenzgebiete d. Medizin u. Chirurgie. Bd. XIII. 
Lange, V., Verhandl. der Versammlung deutscher Naturforscher u. Árzte. 
1905. Meran. Sektion Rhino-Laryngologie. 

Blumenfeld, F., Adenoider Schlundring u. endothorakale Drüsen. Zeitschr. 
f. Laryngologie, Rhinologie etc. I. Bd. S. 445. 

Gutzmann, H., Verhandl. der Versammlung deutscher Naturforscher u, 
Árzte. Dresden 1907. Sektion Rhino-Laryngologie. 


Aus der Basanowaschen Klinik fiir Ohren-, Nasen- und Hals- 
krankheiten an der Universitit in Moskau. 


ANY A MÀ 


Ein Fall von sehr verlangsamter Atmung infolge 
eines Nasenleidens. 


Von 
St. von Stein, Direktor der Klinik. 


Mit 1 Tafel. 


Vera Prok, 11 Jahre alt, erschien in der Klinik am 13. November 
1906 und klagte über erschwertes, zuweilen aussetzendes Atmen. 

Anamnese: Vor 6 Jahren Masern. Seitdem periodisch Verlegung der 
Nase und Verschlechterung des Gehórs. Vor ca. 1!/, Jahren fing sie an in 
längeren Zwischenräumen tief Atem zu holen. Allm&hlich wurde das tiefe 
Atemholen häufiger. Vor 2 Wochen stand der Atem still und es traten drohende 
Suffokationserscheinungen auf. Eine jede Aufregung verursachte grössere 
Frequenz der Inspirationen. Während des Schlafes wurde dies nicht beob- 
achtet; die Kranke atmete ziemlich ruhig. 

Status praesens: Die Kranke ist von mittlerer Konstitution und 
mittelmässiger Ernährung. Halbgeöffneter Mund mit etwas trockenen Lippen. 
Leichte Zyanose der Nasenspitze; die Nasenflügel bewegen sich bei jeder 
Inspiration. Mm. sternocleido-mastodei und cucullares sind gespannt. Die supra- 
und infraklavikularen Gegenden, sowie die Interkostalräume und die Magen- 
grube stark eingezogen. Der ganze Thorax nach oben gezogen. 

Fig. 1 (siehe photographische Tafel) bei tiefer Inspiration, Fig. 2 bei 
tiefer Exspiration, Fig. 3 im Moment der Ruhe nach einer tiefen Inspiration 
aufgenommen. Wie ersichtlich, hat der Thorax in seiner Konfiguration, sowie 
die Muskelspannung während dieser drei Momente keine besondere Verände- 
rung erfahren. Bei einer starken Inspiration gleichen sich die eingefallenen 
Gegenden etwas aus. Zuweilen beugt sich die Kranke während einer tiefen 
Inspiration vor und drückt die Hände gegen die Abdominalgegend, damit wird 
die Exspiration erleichtert. Die Zahl der einzelnen Inspirationen ist ungefähr 
5 in der Minute. Während einer Aufregung nimmt die Frequenz zuerst zu, 
dann steht der Atem plötzlich still. Lässt man die Kranke tief atmen, so 
hebt sich der Brustkorb ein wenig in toto. Dyspnoe. Seitens des Rückens 

Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 6. 48 


126 St. v. Stein. [2 


treten die etwas gehobenen Schulterblätter hervor. Patientin spricht stoss- 
weise. Gehör normal. Das linke Trommelfell etwas eingezogen. Die Nasen- 
atmung erschwert. Scharf ausgesprochene Rhinitis hypertrophica. Hyperämie 
der Nasenschleimhaut. Adenoide Vegetationen verdecken !/, der Choanen. Mit 
dem Eintritt des Schlafes hóren die tiefen Einatmungen auf; die Atmung ist 
ruhig, die Muskeln aber sind dabei gespannt, die obenerwühnten Gegenden 
eingezogen. Nach dem: Erwachen wird die Atmung langsamer usd geht wieder 
in seltene Inspirationen über. 

Am 14. November wurde Patientin von Dr. N. Korotnew, Assistenz- 
arzt der Nervenklinik, untersucht. Auf den Rücken gelegt, hatte sie bei tiefer 
Inspiration Zuckungen in den Armen und Beinen. Dr. Korotnew hält dies 
für einen durch Luftmangel hervorgerufenen Tic. 

Behandlung: In Anbetracht der bedrohlichen Suffokationserschei- 
nungen bei Aufregungen, besonders bei der Untersuchung der Nase, entschloss 
ich mich nicht’ gleich zu einer energischen Behandlung der Nasenhöhle Auch 
konnte man ja nicht voraussagen, ob eine allgemeine Besserung der Symptome 
erfolgen oder alles mit einem vólligen Stillstand der Respiration endigen würde. 

Ich fing mit leichten Ätzungen der Nase an, indem ich zugleich die 
Bestimmung eines ursächlichen Konnexes zwischen der Erkrankung der Nase 
und der anormalen Atmung im Auge behielt. 

14. November 1906. Ätzung der linken unteren Muschel mit kristalli- 


.nischer Trichloressigsáure. Keine besondere Veränderungen. 


15. November. Ätzung der rechten unteren Muschel mit Trichlor- 
essigsäure + Chromsäure um 12 Uhr mittags. Bis zum Abend wiederholten 
sich die tiefen Inspirationen nicht und das Atmen war freier. Am Abend 
traten dieselben wieder auf. 

16. November. Die Nase ist verlegt. Die Inspirationen ziemlich 
frequent. 17. und 18. November. Der nämliche Zustand. 

19. November. Durch die rechte Nasenhalfte Atzung der Adenoiden. 
Die tiefen Inspirationen hörten sofort auf und wiederholten sich nicht bis 
zum Abend, als sich plötzlich Atemstillstand mit Suffokationserscheinungen 
einstellten: das Gesicht der Kranken wurde zyanotisch, die Augen waren 
weit geöffnet, die Psyche etwas niedergedrückt. In der Nacht wiederholten 
sich die bedrohlichen Anfälle noch einigemal. Gegen Morgen hörten diese Er- 
scheinungen auf. 

20. November. Nach dem Erwachen tiefe Inspirationen. Um 6 Uhr 
abends Átzung der Adenoiden durch die linke Nasenhálfte. Ein Aussetzen 
der tiefen Inspirationen erfolgte nicht. 

22. November. Die rechte untere Muschel wieder mit Chromsäure + 
Trichloressigsäure geätzt. Der Zustand unverändert. 24. November. Schnupfen 
stärker. Inspirationen frequenter. 

25. November. Derselbe Zustand. 

26. November. Der Schnupfen in gleichem Zustand — Undurch- 
güngigkeit der Nase. Inspiration dyspnoisch. Kann nicht spontan durchatmen. 

1. Dezember. Der Nasenrachen wurde nach vorhergegangener gründ- 
licher Anásthesierung mit Kokain und Adrenalin der Digitaluntersuchung unter- 
worfen: derbe Adenoiden. Die seltenen Inspirationen dauern fort. 

Ein Stückchen der Adenoiden mit Steinscher Adenoidenzange abge- 
kriffen. 


E T ~~ WF CER 


3] Ein Fall von sehr verlangsamter Atmung infolge eines Nasenleidens. 727 


Sofortiges Aufhören der tiefen Inspirationen. Keine Blutung. Befinden 
am Abend besser. Der Atlas wölbt sich in Gestalt eines stumpfen Höckers 
vor, darüber ein tiefes Grübchen. 

2, 3. und 4. Dezember. Seltene Inspirationen. 

6. Dezember. Abermaliges Abkneifen grösserer Stückchen der 
adenoiden Wucherungen. 

7. Dezember. Seltene Inspirationen. 

8 Dezember. Entfernung von Stücken. Keine Blutung. Seltene Inspi- 
ration ganz geschwunden. Patientin schláft leicht ein und hat ruhigen Schlaf. 

9. Dezember. Mit einem Beckmann die vorderen Reste der Adenoiden 
entfernt. 

10. Dezember. Keine seltenen Inspirationen. Die Nase verlegt. 

LL Dezember Im Laufe des Tages einige tiefe Inspirationen. 

12. Dezember. Das hintere Ende der unteren Muschel galvano- 
kaustisch geätzt. Keine tiefen Inspirationsbewegungen. 

13. Dezember. Kauterisation der rechten Muschel. Atmung wie am 
12. Dezember. 

14. Dezember. Keine Inspirationen. Atmung frei. Patientin kann 
leicht frei aufatmen, wie Fig. 4 zeigt. 

Während des ruhigen Atmens (Fig. 5) hat der Brustkorb sein normales 
Aussehen angenommen, die Muskeln sind nicht gespannt, die Einziehungen 
sind geschwunden, die Zyanose der Nase ist vergangen. Die Kranke kann 
umherlaufen, was sie früher nicht gekonnt hatte. Schlaf gut. Appetit gut. 


Somit hing der gegebene Fall einer anormalen Atmung gänzlich 
von der Erkrankung der Nase ab, und dabei hauptsächlich von den 
adenoiden Vegetationen. Soweit ich mich in der Literatur umge- 
sehen habe, ist dies bislang der einzige publizierte Fall. 

Einer brieflichen Mitteilung nach, ist die Kranke vollkommen 
genesen. 


48° 


Notiz über gebrauchsfertige Anwendungsformen 
von Nebennierensubstanzen in der Rhinologie. 


Von 


Dr. Georg Avellis, San.-Rat. 


Solange es kein wirkliches Heilmittel bei dem akuten Schnupfen 
gibt, wird es nicht an Versuchen fehlen, die unangenehmen Begleit- 
erscheinungen desselben zu mildern, also vor allem die übermässige 
Sekretion und die Verschwellung der Nasengänge, mit ihren unwill- 
kommenen Folgen für die Ohrtrompete wie für die Nachtruhe. Seit 
der Erfindung des Kokains ist nun kein wirksameres Abschwellungs- 
mittel als die Nebennierensubstanz gefunden worden, leider war aber 
in der Praxis die Anwendung von Nebennierenpräparaten teuer und 
umständlich, wenn man nicht das Renoform und ähnliche billige 
Schnupfpulver mit sehr wenig Nutzen gebrauchte. Diese billigen 
Pulver enthalten vom wirksamen Prinzip so gut wie nichts, was 
man sofort konstatieren kann, wenn man etwas Pulver auf die ent- 
zündete Schleimhaut blässt und nach einigen Minuten kontrolliert, ob 
die Schleimhaut weiss geworden ist. Letzteres konnte ich so gut 
wie nie sehen. 

Die beste Anwendung des Nebennierenpräparates ist die Ver- 
stäubung, entweder ın sehr verdünnten, aber kaum 1--2 Tage halt- 
baren wässerigen Lösungen mittelst eines Nasensprays oder in öligen 
Lösungsgemischen wie das. Adrenalininhalant von Parke Davis 
& Co. ‚mittelst dessen kompendiösen Glasseptikverstäubers. Kosten- 
punkt dieser letzteren Verordnungs aber wenigstens 7—10 Mk., viel 
zu viel für einen gewöhnlichen Schnupfen. 


130 Georg Avellis. D 


So anerkannt von allen Seiten für die Schleimhaut der oberen 
Luftwege die Wirksamkeit des Nebennierenprüparats nun schon seit 
lange ist, habe ich doch immer eine bequeme und billige An- 
wendungsart vermisst, die auch dem Patienten so in die Hand ge- 
geben werden kann, dass er lege artis die Nasengánge mehrmals am 
Tage oder in der Nacht damit ausgiebig in Berührung bringen kann, 
ohne das giftige Kokain anzuwenden. 

Nach eigner rhinologischer Erfahrung wird nämlich die Wirkung 
des Nebennierenpräparates verstärkt, wenn es mit einem An- 
ästhetikum verbunden wird. Da es ausgeschlossen ist, dem Patienten 
zu beliebigem Gebrauch das Kokain in die Hand zu geben, habe ich 
dieses durch Novokain ersetzt und eine Lösung von Novokain und 
linksdrehendem Suprarenin synthet.!) zum Pinseln gewählt. Als Zu- 
satz dazu etwas Menthol und Glyzerin. Mit dieser Lösung, wovon 
5 g für einige Tage vollkommen genügen, konnte ich bei eigenen 
Katarrhen und in der Praxis völlig befriedigende Erfolge erzielen, 
soweit es die Abschwellung betraf, aber ein wirklich genügendes 
Resultat auch bei dem bestehenden Reizzustand bekam ich erst, als 
ich durch Zufall versuchte, das gegen die Keuchhustenattacken gut 
bewährte Mitteln „Droserin“ mit obiger Stammlösung zu kombi- 
nieren. 

So ergab sich also eine Novokain-Suprarenin-Droserin-Glyzerin- 
lösung, die dauerhaft war und allen Anforderungen genügte. 

Die Anwendungsart ist das Pinseln der Nasenmuscheln, um den 
teueren und unhandlichen Spray zu sparen. Damit der Patient die 
Sache richtig und aseptisch macht, werden dem Mittel aseptische in 
Seidenpapier gewickelte kleine Wattepinsel beigegeben. Diese sind 
sofort gebrauchsfertig, werden nach einmaligem Gebrauch fortge- 
worfen, sind absolut sauber und zuverlässig und müssen dem unteren 
Nasengang entlang eingeführt werden. Entweder lässt man sie eine 
halbe Minute ruhig liegen, oder bewegt sie leicht hin und her, wie 
das der Schachtel beigegebene Bild demonstriert. 

So kann das Mittel zu dem billigen Preise von 1 Mk. inkl. der 
. aseptischen Wattepinsel in komprimierter, bequem in der Tasche zu 
tragender Form von der Firma Dro. R. & O. Weil in Frankfurt a. M. 
unter dem dieser geschützten Namen „Supradroserin“ bezogen werden. 

Man könnte vielleicht diese neue Komposition für überflüssig 
halten, da die Farbwerke in Höchst schon fertige Lösungen von 


! Es will zwar mir und anderen Spezialisten (Zarniko?) scheinen, dass 
das natürliche Suprarenin dem künstlichen in der Dauer der Wirkung überlegen 
ist, doch bin ich über diesen Punkt noch im Begriff, durch weitere Beobachtungen 
eine feste Meinung zu gewinnen. 








3] Notiz üb. gebrauchsf. Anwendungsform. v. Nebennierensubstanzen etc. 731 


Suprarenin in 5 ccm und 10 ccm Flaschen abgeben. Diese Lösungen 
sind ja wohl allen Ärzten bekannt und für die operative Rhinologie 
gradezu unentbehrlich geworden, aber für die Selbstbehandlung sind 
sie zu stark, es fehlt ihnen das wesentliche Anästhetikum und vor 
allem besitzen die Patienten, denen ich bisher das Mittel verordnete, 
keinen Apparat, mit dem sie es richtig in die Nasenwege einbringen 
konnten. Ein blosses Aufträufeln auf einen Wattebausch und Aus- 
drücken desselben bedeutet eine Vergeudung und ist gar nicht ge- 
eignet, die Muscheln zu bestreichen, da die Flüssigkeit am Nasen- 
boden entlang in den Rachen abläuft. Gerade diese Unbequemlich- 
keit brachte mich auf die Idee, sterile Wattepinsel dazu zu geben. 

Bei der Coryza vasomotoria, bei den Nasenreizungen der Asth- 
matiker und beim Heuschnupfen, speziell als Vorbehandlung zur Ab- 
schwellung und Austrocknung, der die Einbringung von Salbencr&me 
folgen soll, ist die oben erwähnte Kombination sehr praktisch und 
hat sich mir bewährt. Grade für die Heufieberkranken war es sehr 
angenehm, ein Mittel in der Westentasche zu haben, das sie sofort 
ohne Umstände anwenden können. 

Da manche Patienten gegen die Austrocknung der Schleimhäute 
einen Salbencröme als Grundlage vorziehen und da vor allem gegen 
die Invasion von Pollen beim Heufieber der Fettüberzug direkt als 
Schutzmittel wirkt, so habe ich auch dieselbe Kombination von 
Suprarenin, Droserin und Novokain statt in Glyzerin in einem 
flüssigen Vaselin unterbringen lassen, so dass für die Benutzung ein 
„Supradroserincr&me“ in Tubenform zur Verfügung steht. 


II. Referate. 


l. Allgemeines, Geschichte usw. 


489. Nils Arnoldson, Einige Erwügungen, die Pfannen- 
stillsche Behandlung der Tuberkulose betreffend. Allın. 
svenska läkaretidn. Nr. 37, 1910. 


Arnoldson wirft Pfannenstill vor, dass sein Beweismaterial all- 
zu klein sei. Meint ferner, dass es nicht bewiesen sei, dass es in seinem 
ersten Fall, seiner eigentlichen „Pièce de résistance“, sich überhaupt um 
Tuberkulose gehandelt habe; er schreibe zwar, dass ein „Präparat vom 
Schlunde“ Tuberkelbazillen enthielt, erwähne aber nicht, ob es sich um 
eine histologische Untersuchung oder nur um ein Ausstrichpräparat handle. 
Dass die Behandlung in dem betreffenden Falle wirklich eine günstige 
Wirkung gehabt, sei wahrscheinlich, indem ein deutlicher Parallelismus 
zwischen der Instituierung der Behandlung und der Heilung der Geschwüre 
bestehe; Arnoldson meint aber, dass es sich eher um einen ulzerativen 
Prozess anderer Art gehandelt habe. — In dem zweiten Falle finde man 
so grosse Unübereinstimmungen in der Beschreibung des laryngoskopischen 
Befundes, dass man ihn nicht verwerten könne, ferner scheint der Fall 
tatsächlich durch die vorgenommene endolaryngeale chirurgische Behand- 
lung geheilt. — In: dem dritten Falle bestehe kein Anhalt für die Annahme 
einer Tuberkulose; ausserdem sei die Nasenaffektion schon vor dem An- 
fange der Pfannenstillschen Behandlung geheilt, so dass nur ein 
Hautgeschwür übrig bleibe. Jörgen Möller. 


490. Fletcher-Ingals, Chicago, Quininae and Urea Hydrochlorate 
as a Local Anesthetic. (Urea-Chinin als Lokalanisthetikum.) 
Annals of Otolog. 1910, Nr. 3. 


Die von anderen Autoren angewandte 20°/o Urea-Chinin-Lösung fand 
Autor zu konzentriert. Um raschere Anästhesie herbeizuführen und gleich- 
zeitig Blutung zu verhindern, verwendet er eine Mischung von 15 Din Urea- 
Chinin, 5°'o Kokain in 1: 1000 Suprarenalin. Dadurch konnte eine stunden- 
lang andauernde Anästhesie erzeugt werden, wovon sich Verf. bei ver- 
schiedenen intranasalen und laryngealen Eingriffen überzeugte. Besonders 


734 Referate. (2 


viel verspricht sich Autor von diesem neuen Mittel bei der Behandlung 
des Heufiebers. Otto Glogau, New York. 


491. Josef L. Goodale, Boston, The manifestations of recur- 
rent influenza in the nose and throat. (Die rekurrierende 
Nasen-Rachen-Influenza.) Annals of Olologie, Laryngology 
and Rhinology. 1910, Nr. 3. 


Nach einer primären Entzündung des Lymphgewebes im Rachen und 
Rasenrachenraum greift der Prozess auf die Schleimhaut der Nasen-Neben- 
höhlen, der Trachea und den Bronchien über. Charakteristisch ist eine 
einseitige eitrige Ethmoiditis, verbunden mit einer zirkumskripten Bronchitis 
derselben Seite mit eitrigem Auswurf. Diese Anfälle wiederholen sich häufig. 
Die Behandlung besteht im Anfangsstadium in Abgeschlossenheit und Ruhe, 
bei Nachlass des Fiebers in Klimawechsel. Die Granulationen im Pharynx 
werden mittelst roher Karbolsäure oberflächlich kauterisiert. Die Prophy- 
laxis besteht in Verödung der Rachenwandfollikeln und der Mandelkrypten 
durch starke Bepinselung des Nasenrachenraumes mit dünner Höllenstein- 
lösung. Otto Glogau, New York. 


492. A. Hartmann, Berlin, Ein neuer Zangengriff. Mediz. Klinik. 
Nr. 7, 1911. 


Der Zangengriff besteht aus einem Handgriff, der in die volle Faust 
genommen wird und in einem Fingergriff für den Zeigefinger. Hierdurch 
wird dem Ubelstande abgeholfen, dass das Zangenende beim Offnen und 
Schliessen die Lage wechselt. Sippel, Würzburg. 


493. 8A.Pfannenstill, Malmö, Einige allgemeine Bemerkungen 
und Versuche, betreffend die Behandlungsmethode lokalinfek- 
tiöser Prozesse, namentlich Lupus und Tuberkulose mittelst 
Jodnatrium und Ozon oder Wasserstoffsuperoxyd. (Übers. aus 
dem Schwedischen.) Prager med. Wochenschr. 1911, Nr. 6. 


Das Prinzip der Behandlung Pfannenstills ist, einen bakteriziden 
Körper innerhalb des lebenden Gewebes zu bilden oder darzustellen. Da- 
durch erreicht man 1. Tiefenwirkung, 2. intensive antiseptische Wirkung, 
da sich der betreffende Körper in statu nascendi im Gewebe befindet. 
Hierzu dient Pfannenstill die innerliche Anwendung von Jodnatrium 
bei lokaler Verwendung von Ozon, wodurch Jod frei wird. Seit Mai 1910 
ersetzt Pfannenstill das Ozon durch Wasserstoffsuperoxyd (1—3/o), 
welches aber mit !/—1°/o Essigsäure versetzt sein muss. 


Für den Rhinologen wichtig ist die Verwendung bei Nasentuberkulose, 
wobei die Nasenhöhle mit in obiger Lösung getränkter Gaze austamponiert 
wird; innerlich Jodnatrium in üblichen Dosen. Was die Kehlkopftuber- 
kulose anbelangt, so sind Fälle solcher mit Lungentuberkulose, zumal 
wenn selbe im vorgeschrittenen Stadium sich befindet, auszuschliessen, 
ebenso tiefgehende Prozesse (also so ziemlich alle Kehlkopftuberkulosen, 
Ref.). 

Die Erfolge bei Nasentuberkulose und Gesichtslupus sind ausgezeichnete. 

R. Imhofer. 


3] Referate. (35 


494. Max Senator, Die Behandlung des Schleimhautlupus. 
Deutsche med. Wochenschr. 1911, Nr. 5. 


Bei jedem Lupusfalle hat, ohne Rücksicht auf scheinbare Isolierung 
auf die Aussenhaut, grundsätzlich die Rhino-Laryngologie mitzuwirken. 
Therapeutisch ist die chirurgische Entfernung alles kranken mit scharfem 
Löffel, Konchotom und Galvanokauter anderen Methoden vorzuziehen. 
Durch Schwangerschaft ist eine ungünstige Beeinflussung zu befürchten, so 
dass ihre Unterbrechung oder Verhütung bei vorhandenem Lupus der oberen 
Luftwege zu Recht besteht. Verf. regt für Berlin die Bildung eines Vereins 
für Lupusfürsorge nach Hamburger Muster an. Hirsch, Magdeburg. 


495. Kr. Thue: Argyrie nach Pinselung mit Argentum nitricum. 
Norsk magasin for legevidensk. Nr. 4, 1910, S. 360. 


Patient hatte sich auf eigene Faust wegen „Scharbock“ viele Jahre 
hindurch häufig mit einem Höllensteinstift in den Mund gepinselt, hatte 
im ganzen 5—6 Stifte verbraucht. Es war eine ausgesprochene Argyrie 
vorhanden. Jörgen Möller. 


496. N. Wolkowitsch, Kiew, Zur Statistik und dem Vorkommen 
des Skleroms (Rhinoskleroms) in Russland. Monatsschrift /. 
Ohrenheilkunde etc. Heft I, 1911. 


Vorliegende statistische Arbeit behandelt an erster Stelle die geogra- 
phische Verteilung von 128 Skleromfällen über 19 russische Gouvernements 
bzw. deren Kreise, weiterhin die Verhältniszahlen zwischen den beiden 
Geschlechtern und das Alter der Patienten. 

In 116 Fällen ist die genauere Lokalisation der Erkrankung ange- 
geben. Von diesen Fällen war 109 mal die Nase affiziert, d. h. in an- 
nähernd 94/0. 

Von diesen 109 Fällen ist nur in 97 Fällen eine Affektion der 
äusseren Nase vermerkt. In 12 Fällen, von denen 10 dem Verf. gehören, 
waren ausserhalb keine Veränderungen vorhanden, sondern nur innerhalb 
der Nasenhöhle. In 2 Fällen erstreckte sich die Erkrankung ausschliess- 
lich auf die Nasenhöhle, in den übrigen bestanden gleichzeitig Verände- 
rungen im Pharynx und auch im Kehlkopf, sowie der Trachea. 

Eine Erkrankung des Pharynx bestand in 86 Fällen oder in an- 
nahernd 74°/o, welche Zahl sich dem Prozentsatz der Pharynxerkran- 
kung (67) nähert, den Verf. in einer früheren Arbeit erwähnt hat. 

Eine Erkrankung des Kehlkopfes endlich bestand in 32 Fällen oder 
in 28°/o, ebenfalls ein Prozentsatz, der demjenigen, einer früheren Statistik 
Wolkowitschs gleichkommt (23). - Sippel, Würzburg. 


2. Nase und Nebenhöhlen. 


497. Aboulker, Beitrag zum Studium des angeborenen Ver- 
schlusses der Choanen. Archives internationales de Laryngo- 
logie. November-Dezember 1910. 

Die Operation besteht in der Perforation des Verschlusses, mit dem 
Messer oder dem galvanokaustischen Brenner, wenn der Verschluss hiiutiy 
ist, mit dem Meissel und dem Hammer oder besser mit dem Bohrer, wenn 
der Verschluss aus Knochen besteht. Nachher führt Verf. einen Gummi- 


736 Referate. {4 


oder Metallschlauch ein, um die Wunde klaffend zu halten. Bei der Ope- 
ration soll.man die Ränder gut abtragen, bis man die normalen Grenzen 
seitwärts und bodenwärts erreicht hat. Menier. 


498. Broeckaert, Nasale Neuralgie. (Nevralgie nasale.) An- 
nales des maladies de l'oreille. Tome XXXVII, Nr. 1. 


Offenbar versteht Broeckaert unter nasaler Neuralgie Schmerzen 
in der Nase, denen nicht eine manifeste Ursache untergeschoben werden 
kann. Da diese Schmerzen mitunter ganz intolerabel werden können, so 
ist in Ermangelung jeder anderen Medikation die chirurgische Intervention 
in Frage zu ziehen. Das Studium der Nervenversorgung der Nase zeigt, 
dass hierbei in Frage kommen das Ganglion Meckeli, der Nervus nasalis 
externus und der Nervus nasalis internus. Da die Zerstörung des Meckel- 
schen Ganglions in jedem chirurgischen Lehrbuch beschrieben ist, so be- 
schränkt sich Broeckaert auf die Beschreibung der Aufsuchung der 
Nasennerven. Selbstverständlich darf man sich nicht mit der Durch- 
schneidung der Nerven begnügen, sondern muss dieselben, so gut es geht, 
ausschneiden, um Rezidive zu verhüten. Dass Broeckaert vier Fälle und 
Gelegenheit hatte, die Eradikation der Nasennerven zu machen, ist gewiss 
ein besonderer Zufall, da wir doch im allgemeinen, auch bei sehr ausge- 
dehnter Praxis, nicht leicht so viel unheilbare Gesichtsneuralgien, und um 
solche Falle handelt es sich doch, zu sehen bekommen. Persónlich batten 
wir Gelegenheit einen Fall bei einem 72jährigen Patienten zu beobachten, 
bei dem wegen einer hartnäckigen äusserst heftigen Neuralgie im Gebiete 
des Nervus infraorbitalis die Neurektomie anempfohlen worden war. 
Später stellte es sich heraus, dass diese Neuralgie die erste Manifestation 
einer syphilitischen Ostitis war, die später zur Sequestration des aufsteigen- 
den Fortsatzes des Oberkiefers geführt hat. Übrigens handelt es sich in 
den vier Fällen von Broeckaert nicht um eigentliche „Neuralgie der 
Nasennerven*, sondern um Neuralgie des zweiten Trigeminusastes, wenigstens 
in drei Fällen, und wurde auch tatsächlich in diesen Fällen der zweite 
Trigeminusast mit seinem Ganglion herausgerissen. Lautinann. 


499. W. Sohier Bryant, New-York, Anterior submucous bone 
forceps (Knochenzange fiir das vordere Septum.) Journal 
Amer. med. Assoc. Mai 1910. 


Eine kräftige, schlanke Beisszange zur Entfernung der Spina maxil- 
larıs, auch für Mastoidoperationen verwendbar. 
Otto Glogau, New York. 


500. Rob. Foy, Ozüna und Atemübungen. Ein neuer therapeu- 
tischer Versuch (Ozéne et reéducation respiratoire nasale, 
Nouvel essai therapeutique). Annales des maladies de l'oreille etc. 
Tome XXXVI, Nr. 12. 

Im allgemeinen glaubt man doch, dass die Oziinakranken hauptsach- 
lich daran kranken, dass der Luftstrom zu rasch durch die erweiterten 
Nasenhóhlen hindurchstreicht, das Sekret hierdurch zu stark durchtrock net 
wird, zu Krusten erstarren kann usf. Alles das ist nach Foys Meinung 
falsch und im Gegenteil kommt alles Übel davon, dass die Ozàna- 
kranken gar keine Nasenatmung haben, der wohltuende, desinfizierende 
Luftstrom durch die Nase fehlt, das Sekret leicht in Fäulnis gerät usf. 


5] Referate. (di 


So kam Foy auf die Idee, Luft und zwar komprimierte Luft in die 
Ozänanase zu treiben, die Patienten regelmässig Atemübungen machen 
zu lassen. Was die Atemübungen anlangt, so unterscheiden sich die Vor- 
schriften Foys nicht von den gangbaren, die das Wiedererlernen der 
Atmung durch die Nase zur Aufgabe haben. Höchstens wäre zu erwähnen, 
dass die Patienten einen kleinen Dilatator in die Nase eingesetzt bekommen, 
der vom Feldbauschschen verschieden, sich nicht auf das Septum stützt. 
Komplizierter hingegen ist der Apparat, mit dem Foy komprimierte Luft 
in die Nasenhóhlen der Kranken eintreibt und es ist nicht wahrscheinlich, 
dass dieser Apparat sich bald unter den gewöhnlichen Utensilien des Rhino- 
logen finden wird. 

Was die Resultate anlangt, so müssen dieselben nach der Beschrei- 
bung des Autors direkt als glänzende bezeichnet werden. Die neun Fälle, 
die von Foy genau beschrieben wurden, und die als typische Fälle von 
Ozäna betrachtet werden müssen, sind sämtlich geheilt, ohne Rezidive 
nach Aufhören der Behandlung. Man kann insofern von Heilung sprechen, 
als die Patienten nach Sistieren der Behandlung keines der bekannten 
Symptome der Ozäna bieten und weder Waschungen zu machen haben, 
noch Pomade, Pulver etc. in die Nase einzuführen haben. Es wird die 
Zukunft lehren, inwieweit die Behandlung der Ozäna mit komprimierter 
Luft auch in Händen anderer Beobachter, als in denen des Erfinder, 
Dienste leisten wird; jedenfalls sind einige der von Foy behandelten 
Falle in der franzósischen Gesellschaft fir Otolaryngologie vollstandig 
geheilt vorgeführt worden. Lautmann. 


501. Otto F. Freer, Chicago, The resection of bony deflections 
of the nasal septum. (Die Resektion der knöchernen Septum- 
deviationen.) Annals of Otology ete. 1910, Nr. 3. 


Nach eingehender Schilderung der pathologisch-anatomischen Ursachen 
der Septumdeviation, erläutert durch zahlreiche treffliche Illustrationen, 
schildert Verf. seine Operationsmethode, die in der Bildung eines umge- 
kehrten L-Lappens gipfelt, der durch horizontale Inzision langs des Nasen- 
bodens, mit von hier aus beginnender Ablósung des Perichondriums, sowie 
durch vertikaler, von innen erfolgter Durchtrennung des vordersten Teiles 
des Mucoperichondriums besteht. Der vom Assistenten mittelst spezieller 
Retraktoren zurückgehaltene Lappen gewährt ein übersichtliches Operations- 
feld. Die Loslösung des Perichondriums und Periosts geschieht grössten- 
teils mittelst scharfer spezieller Instrumente, während die knöcherne Deviation 
mittelst der starken Freer- Grünwald-Zange stückweise entfernt 
wird. Die Spina supramaxillaris wird mittelst Meissel entfernt. ^ Referent 
sah D. Freer in dessen „Office“ in Chicago eine submuköse Resektion 
ausführen und fand diese Methode, bei der Patient auf einem leicht hand- 
lichen zahnärztlichen Operationsstuhle horizontal liegt, äusserst genial, wenn 
auch ihre durch die viele Detailarbeit verursachte lange Dauer ihr einen 
Nachteil gegenüber der allgemein üblichen Methode verschafft. 

Otto Glogau, New York. 


502. Fröschels, Wien, Über die verschiedenen Formen des Näseln 
mit besonderer Berücksichtigung der Indikationsstellung für 
Nasenoperationen. Wiener med. Wochenchr. 1911, Nr. A. 

Es gibt eine Form der Rhinolalia clausa, bei der die Ursache nicht 
in einem organischen Hindernis der Nase oder des Rachens, sondern in 


738 Referate. [6 


einer übermässigen Kontraktion des Gaumensegels beruht. Man konstatiert 
sie, indem man eine kräftige Sonde durch die Nase in den Rachen führt 
und beim Aussprechen eines geeigneten Wortes einen kräftigen Druck auf 
das Gaumensegel ausübt. Verschwindet dabei der nasale Klang, so handelt 
es sich um einen solchen Fall, und Heilung ist nicht durch operative, 
sondern durch Übungstherapie zu erzielen. 

Max Levy, Charlottenburg. 


503. José Garcia del Mazo, Epitelioma del párpado inferior y 
ala de la nariz tratado y curado por el radio. (Epithelioma 
des unteren Lides und des Nasenflügels mit Radium be- 
handelt. Heilung.) Revista ibero-americana de Ciencias médicas. 
Enero 1911. 

Krankengeschichte einer 54jährigen Frau, die ein ausgedehntes Ejpi- 
thelioma trug, welches nach einer achtmonatlichen Radiumbehandlung geheilt 
wurde. Die Narben sind ganz klein. Menier. 


504. Harold Hays, New-York, Epistaxis in its relation to 
various eonstitutional diseases. (Die Beziehung zwischen 
Nasenblutung und Allgemeinerkrankungen.) XN.-Y. Medic. 
Journal. Sept. 24, 1910. 

Verf. stellt sieben Gruppen von Allgemeinerkrankungen auf, die nit 
Nasenbluten verbunden sein kónnen. 

1. Infektionskrankheiten: Typhus, Masern, Scharlach, Di- 
phtherie, Keuchhusten, Zerebrospinalmeningitis, Pneumonie, Influenza, 
Erysipelas und Pocken. 

2. Anämie und andere Blutkrankheiten: Anämie, sekundäre Anämie, 
Chlorose, perniziöse Anämie, Hämophilie, Leukozythämie, Purpura haemor- 
rhagica, Skorbut, Malaria. 

3. Krankheiten der Zirkulation: 

a) Herzklappenfehler und Aneurysmen, 

b) Leberzirrhose, 

c) chronische interstitielle Nephritis, 

d) Arteriosklerose, Apoplexie, Endarteritis obliterans. 

4. Respiratorische Krankheiten: Chronische Bronchitis, Emphysem, 
Pleuritis, Empyema ete. 

5. Syphilis, Tuberkulosis, Lepra, Karzinoma. 

6. Vikarióse Menstruation, Caissonkrankheit. 

7. Vergiftungen: Phosphor, Chloralamide, Salizylsäure. 

Verf. rät dem Spezialisten mit Recht, sich auch mit Allgemeinerkran- 
kungen vertraut zu halten, da zwischen diesen und den sogenannten 
Spezialkrankheiten ein inniger Zusammenhang besteht. 

Otto Glogau, New York. 


505. Heinrich Illig, Stuttgart, 1. Beitrag zur Kenntnis der 
Nebenhöhlen der Nase der Haussäuger. 2. Uber den histo- 
logischen Aufbau der Schleimhaut der Nebenhöhlen der Nase 
bei den Haussäugetieren. 3. Die Entwickelung der Neben- 
höhlensysteme beim Rind. Diss. Giessen 1910, 96 s. 8 T. 


Zum Referat ungeeignete Detailstudien. Fritz Loeb, München. 


1] . Referate. 439 


506. Mermod, Über die Aspirationsmethode bei der Sinusitis 
frontalis. Verglichen mit den anderen diagnostischen Ver- 
fahren. Arch. internat. de Laryngologie. November- Dezember 1910. 


Die Aspiration, welche mit einer 60 Kubikzentimeter enthaltenden 
Spritze ausgeführt wird, ist, nach Verf., die sicherste Methode, um Eiter 
in der Stirnhöhle zu entdecken. Die mit einem olivenförmigen Ansatz 
versehene Spritze wird in die eine Nasenhöhle eingeführt, während die 
andere luftdicht verschlossen wird, und indem Patient einen Kehllaut aus- 
spricht oder einen Schluck Wasser hinunterwürgt, wird aspiriert. 
` Menier. 


507. Rethi, Wien, Über Septumoperationen im jugendlichen Alter. 
Wiener med. Wochenchr. 17. Nov. 1910. 

Verf. hat im ganzen 7 Fälle gesehen, in denen bei Kindern im Alter 
von 7—12 Jahren die submuköse Septumresektion ausgeführt worden ist. 
In keinem von diesen Fällen war der Knorpel in zu grosser Ausdehnung, 
etwa zu weit nach vorn hin, abgetragen worden. Trotzdem entstand in 
allen Fällen eine leichte Einsenkung des Nasenrückens. Verf. rät deshalb, 
bei Kindern die Operation nur in den zwingendsten Fällen und auch dann 
unter tunlichster Schonung des Knorpels auszuführen. 

Max Levy, Charlottenburg. 


3. Rachen. 


508. Coll y Bofill, Influenciu de las amigdalas en el desarrollo 
de la tuberculosis. (Rolle der Tonsillen in der Tuberkulose- 
entwickelung.) Revista barcelonesa de Eufermedades de vido 
31 Diciembre 1910. 

Schlussfolgerungen: Es existiert eine larvierte Form der Gaumen- 
und Pharynxtonsillentuberkulose, welche von der gemeinen Hypertrophie 
unabhängig ist. - Die sekundäre Form ist ziemlich häufig; die primäre 
hingegen ungleich seltener. Die Tonsillentuberkalose kann die benach- 
barten Ganglien, die Pleura und die Lungen ergreifen. Darum ist die 
Entfernung der hyperplastischen oder chronisch infizierten Tonsillen eine 
rationelle und empfehlenswerte Operation. Menier. 


509. Eseat, Pharyngodynie bei Influenza. Rev. hébd. de laryng., 
1910, Nr. 51. 

Escat beobachtete wührend einer Influenza-Epidemie 2" gleichartige 
Fülle die durch sehr heftige Halsschmerzen bei minimalem Befund aus- 
gezeichnet waren. Im Halse fand sich hóchstens ein Erythem von mássiger 
Intensität. Die Fälle begannen stets plötzlich, unter Gliederschmerzen, 
verliefen gutartig, hinterliessen aber sekundäre Schwächezustände. In allen 
diesen Zeichen gleicht die „schmerzhafte Form der Grippe-Angina“ durch- 
aus der Angina herpetica von Grübler-Laségue, und so ist Escat 
geneigt — trotz Fehlens der Bläschen bei der ersteren —, beide für iden- 
tisch zu halten, zumal er bei zwei Brüdern gleichzeitig beide Formen fand. 
Sie seien danach dem Herpes zoster verwandt. Neuralgische Affektionen 


kommen bekanntlich bei Influenza öfters vor. 
Arthur Meyer, Berlin. 


140 | Referate. KE 


510. E. M. Holmes, Boston, Carcinoma of the Uvula. (Krebs 
des Züpfehens.) Annals of Otology ete. 1910, Nr. 3 


Nach Angabe der Literatur schildert Verf. seinen Fall: Vor acht 
Monaten bemerkte Patient ein steifes Gefühl am weichen Gaumen, drei 
Wochen später schwoll das Zäpfchen an und begann bald zu zerfallen. 
Lokale Behandlung war erfolglos gewesen. 


An Stelle der Uvula fand sich bei Untersuchung eine geschwürige 
granulierende Flache vor, die von einer sich weit in die Gaumenbógen 
erstreckenden knotigen Geschwulst umgeben war. Der weiche Gaumen 
wurde samt Gaumenbógen und Mandeln radikal entfernt. Mikroskopische 
Diagnose: Karzinoma. Nach einigen Monaten mussten wegen Schwellung 
und Schmerzhaftigkeit die oberflàchlichen Halsdrüsen entfernt werden, wo- 
bei eine platzte und mit ihrem Eiter die Wunde infizierte, Nach Inzision 
einer fluktuierenden Geschwulst unter dem M. sternocleidomastoideus trat 
Erysipelas mit tódlichem Ausgange auf. Otto Glogau, New York. 


511. F.Kobrak, Berlin, Tonsillotomie oder Tonsillectomie? Mediz. 
Klinik. Nr. 7. 1911.. 


Verf. will die Tonsillektomie nur bei besonderen Formen der Ton- 
sillarhypertrophie, die gleichzeitig mit bestimmten Symptomenkomplexen 
verbunden sind, angewendet wissen: 


1. Bei rezidivierenden peritonsillären Abszessen. 


2. Bei kryptenreichen, pfröpfereichen Tonsillen, die mit artikulär rheu- 
matischen Beschwerden einhergehen. Sippel, Würzburg. 


512. M. Kretschmer, Berlin, Beitrag zur Bekämpfung der Ba- 
zillenpersistenz bei Diphtherierekonvaleszenten. Med. Klinik. 
Nr. 3. 1911. 


Von allen Mitteln, die Diphtheriebazillenpersistenz bei Rekonvales- 
zenten abzukürzen und so auch eine Weiterverbreitung der Krankheit durch 
Bazillenträger hintanzuhalten, empfiehlt Verf. als geeignetstes Verfahren 
das Ausquetschen der Gaumentonsillen mit dem Hartmannschen Ton- 
sillenquetscher. Diese Methode muss so angewendet werden, dass man 
nach zirka 3 Wochen, vom Krankheitsbeginn gerechnet, eine Tonsillen- 
quetschung und sofortige Abstrichkultur vornimmt und je nach dem Aus- 
fall der Kultur das Verfahren in Abständen von mehreren Tagen wieder- 
holt, bis die Kultur negativ ausfällt. Sippel, Würzburg. 


513. J. Lang, Ätiologische Behandlung der Anginen und Pha- 


pipa e orlüuflge Mitteilung.) Časopis LékaYüw českých. 
1911, Nr. 


Versuche mit tee bei einer grósseren Anzahl von An- 
ginen, darunter auch solchen mit beginnender Phlegmone, sehr gute Erfolge 
nach Einpinselung oben genannten Mittels. Auch phlegmon. Anginen 
bildeten sich zurück; ähnliche Erfolge mit Anginoltabletten, deren Zu- 
sammensetzung zwar aus Langs Arbeit nicht ersichtlich ist, die aber 
auch oben genanntes Mittel enthalten. Imhofer. 


9] Referate. 441 


514. Mager, Brünn, Demonstration. Wien. klin. Wochenschrift. 
7, 1911. | 


a) Purpura haemorrhagica mit Lokalisation an der Schleimhaut des 
harten Gaumens und der hinteren Rachenwand. l 
b) Sarkom des Nasenrachenraums. Ernst Seifert, Würzburg. 


515. Masip, La amigdala lingual en los tuberculosos. (Die Zungen- 
tonsille bei den tuberkulösen Patienten. Revista barcelonesa 
de Eufermedades de vido. 31 Dic. 1910. 


Schlussfolgerungen: 1. Die Zungentonsille ist verhältnismässig 
háufig hypertrophisch bei Schwindsüchtigen; 2. der Husten einiger von 
diesen Patienten ist durch jene Hypertrophie verursacht; 3. in einigen 
wenigen Fällen anstatt einer einfachen Hypertrophie handelt es sich um 
eine larvierte Tuberkulose dieser Tonsille. Menier. 


516. Pugnat, Parästhesien des Pharynx als Symptom von Tu- 

moren des Digestionstrakts. Rev. hebd. de laryng., 1911, Nr.1. 

Bei einem Dünndarm-, einem Magen- und einem Rektumkarzinom 

bestanden vor dem Manifestwerden der Tumoren Fremdkörpergefühl und 
ähnliche Störungen im Rachen. Verf. nimmt einen Zusammenhang an. 
Arthur Meyer, Berlin. 


517. Roth, Braunschweig, Zunahme der Diphtheritis. Med. Klinik. 
Nr. 3, 1911. 


Bei dem starken Steigen der Diphtherie in den letzten Monaten ist 
nach Ansicht des Vortragenden der Hauptwert auf die Desinfektion am 
Krankenbette zu legen und die Schlussdesinfektion erst nach der bakterio- 
logischen Untersuchung anzuordnen. In der folgenden Besprechung teilt 
v. Holwede mit, dass die Diphtherie nach seiner Erfahrung bei Säug- 
lingen scheinbar harmloser unter der Form der Rhinitis diphtherica ver- 
läuft. Säuglinge seien als lange Bazillenträger zu fürchten und sollten 
vor der Schlussuntersuchung nicht freigegeben werden. 


Sippel, Würzburg. 


518. Rugani, Über fäkale Inkontinenz und Urininkontinenz bei 
adenoiden Wucherungen. Archives internat. de Laryngologie. 
November-Dezember 1910. 

Verf. teilt einige Fälle von fäkaler Inkontinenz entweder allein oder 
mit Enuresis kombiniert, dann Fälle von einfacher Enuresis, bei welchen 
die Abtragung der Wucherungen mit einer nachfolgenden Jodkur diese 
lästigen Symptome beseitigte. 

Dieser Symptomenkomplex wäre von den Drüsen mit innerer Sekretion 
(Schilddrüse und Nebenniere) abhängig, vielleicht auch von dem Atmungs- 
hindernis. Menier. 


519. Seifert, Über phlegmonöse Amygdalitis praeepiglottiea. 
Rev. hebd. de laryng., 1911, No. 1. 
Mitteilung eines schweren Falles von Abszess der Zungenmandel, der 
durch Inzision entleert wurde. Nachblutung stand nach Applikation eines 
Tampons mit dem Finger. Arthur Meyer, Berlin. 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III. H. 6. 49 





142 Referate. [10 


520. E. Marther, Sill, Diphteria in children (Diphtherie bei 

Kindern). Am. Journ. of Obstetrices and Diseas. of women 

and children. Nr. 6, 1910. 

Von 757 beobachteten Fällen waren 521 im Rachen, 166 in der 
Nase und 70 im Kehlkopf lokalisiert. 

Von 155 Fällen klinisch diagnostizierter Diphtherie waren 611/2%;o 
in bezug auf Klebs-Loeffler positiv, 38?/s9/o jedoch negativ. 

Von 127 Fallen einfacher Halsentzündung (ohne Membranbildung) 
wiesen 4493/49/; die Klebs-Loeffler-Bazillen auf. 

Nasale Diphtherie hat fast nie Fieber im Gefolge und ist, in Er- 
mangelung sonstiger konstitutioneller Symptome, am ,septischen Blick“ zu 
erkennen. (Von der dabei auftretenden charakteristischen Nasenblutung 
spricht Verf. nicht. Ref.) Otto Glogau, New York. 


4. Kehlkopi. 


521. H. Arrowsmith, Brooklyn, Vincents Angina involving 
the Larynx exelusively. (Vincents Angina des Kehlkopfs.) 
Annals of Otolog. etc. 1910, Nr. 3. 

1. Fall: 26jähriger Mann klagt über zunehmende Heiserkeit und 
Atemnot. Ödematöse Schwellung des ganzen Kehlkopfs. Heilung durch 
Tracheotomie. Um den Hautschnitt herum entwickelten sich in der Tiefe 
mehrere Abszesse, deren Eiter ungeheuere Mengen von Bacillus fusiformis 
und Vincents Spirille enthielt. Gelegentlich des wegen erneuter Atem- 
not wiederholten Luftröhrenschnittes erwies sich das Innere der Luftröhre 
als von Reinkulturen der erwähnten Keime überschwemmt. Mittelst Laryngo- 
tomie wurde aus dem Kehlkopfe eine krümmelige, käsige Masse entfernt, 
die ebenfalls von diesen Keimen besät war, In Mund und Rachen konnte 
die charakteristische Läsion ebenso wie die Mitbeteiligung der nächsten 
Drüsen nicht nachgewiesen werden. 

2. Fall: 41jähriger Mann, Heiserkeit, Schlingbeschwerden: Schwellung 
der submaxillaren Drüsen. Das Kehlkopfinnere war von einem schmutzig- 
weissen Exsudate belegt, das mikroskopisch Bac. fusiformis und Vincents 
Spirille aufwies. Das Sputum enthielt Tuberkelbazillen, der Lungenbefund 
ergab Schwindsucht. Otto Glogau, New York. 


522. Cibanto J. Bretón, Dos casos de absceso prelaríngeo de 
la misma procedencia. (Zwei Fülle von prülaryngealem Ab- 
szess desselben Ursprungs.) Revista ibero americana de Cienciss 
médicas. Enero 1911. | 

Es handelt sich um zwei prilaryngeale Abszesse, welche dieselbe 

Ursache hatten, nämlich die Einführung einer Kornähre durch den Mund; 

in einem Falle wurde der Fremdkörper in der Nähe der Membrana crico- 


thyroidea, im zweiten in der Nähe der Membrana thyro-hyoidea ausge- 


stossen, Menier. 


523. 0. Chiari, Wien, Angeborene Lappenbildung an den Wris- 
bergschen Knorpeln. Wiener med. Woch. Neujahr 1911. 


Verf. beobachtete in 3 Fällen lappenartige bindegewebige Auswüchse 
an den Wrisbergschen Knorpeln, die in allen Fällen stationär blieben 


11] Referate. 143 


und syınmetrisch sassen. Verf. hält sie für angeboren. Beschwerden (Stimm- 
störungen) bestanden nur in einem Falle. 
Max Levy, Charlottenburg. 


524. Claoué, Über die Behandlung der diffusen Papillome des 
kindlichen Kehlkopfes mit gebrannter Magnesia. Annales des 
maladtes de loreille, Nr. 1, 1911. 


Es ist zwar schon das Arsenik auch in verzweifelten Fallen von 
rezidivierenden Papillomen des Kehlkopfes empfohlen worden, aber gewiss 
ist die interne Verabreichung von Magnesia noch leichter und gefahrloser 
wie die des Arseniks. Dazu kommt, dass die gebrannte Magnesia in der 
Tierarznei gerade gegen Papillome schon seit alter Zeit in Verwendung ist. 
Die zwei Fälle, die Claou& mitteilt, sind sehr überzeugend, insofern als 
in einem Falle alle Behandlung, medikamentöse sowie chirurgische ge- ` 
scheitert war und Claou& die Eventualität einer Laryngotomie erwog. 
Im zweiten Falle waren dem Kinde unter direkter Laryngoskopie die 
Papillome exzidiert worden und doch trat Rezidive nach einem Monate ein. 
Beide Fälle genasen unter wochenlanger Verabreichung von 50 Zentigramm 
Magnesiarusta. Ein ähnlicher Fall, von rezidivierenden Papillomen des 
Kehlkopfes und des Rachens, ist von Sargnon ebenfalls unter Magnesin- 
verabreichung ausgeheilt worden. Lautmann. 


525. Wolf Freudenthal, New-York, Laryngitis dolorosa. Ann. 

of Otol. and Rhin. 1910, Nr. 3. 

Von den schmerzhaften Kehlkopfaffektionen bespricht Verf. nur die 
tuberkulöser Art. Neben Orthoform ünd Anästhesin wendet er Heydens 
Omorol und das von Stürmer und Lüders (Hamburg) angegebene 
Propäesin mit Erfolg an. Die von Hoffmann (München) empfohlene 
Alkoholinjektion in den Nervus laryngeus superior versuchte er in 3 Fällen 
mit teilweisem Erfolg und empfiehlt die Entfernung von Tuberkulomen 
durch Laryngotomie. Otto Glogau, New York. 


526. Gignoux, Ein Fall von kombinierter Kehlkopflähmung nach 
Trauma. (Un cas de paralysie laryngee associée d'origine 
traumatique.) Annales des maladies de Voreille etc. Nr. 12, 
1910. 

Es ist eigentlich unerklarlich, warum wir den Symptomenkomplex der 
kombinierten Kehlkopflàhmung noch aufrecht halten. Über den Sitz der 
Erkrankung sagt uns eine solche kombinierte Làmung vom Typus A vellis, 
Jackson, Schmidt etc. gar nichts und über die Natur der Krankheit 
noch weniger. Dazu kommt noch, dass man kaum von einem Laryngo- 
logen mehr verlangen kann, alle die verschiedenen Typen zu kennen, von 
denen es noch dazu typische und atypische Formen gibt. Der vom Autor 
beobachtete Fall ist der folgende: Ein 34jähriger Arbeiter erlitt vor zwei 
Monaten eine Basisfraktur und klagt seither über Taubheit, Stimmstörung, 
Behinderung der Beweglichkeit des Halses und der Schulter. Bei der 
Untersuchung konstatiert man: Lähmung des M. trapezius und sternocleido- 
mastoideus links; Paralyse des Facialis links, den Stirn- und Unterkiefer- 
ast betreffend; linkes Stimmband in Paramedianstellung. Keine Sensi- 
bilitätsstörung, Vollstandige Taubheit links. Gaumensegel normal. Zunge 
normal. Puls regelmässig. Unser Autor nennt diese Lähmung eine Läh- 


49* 


744 Referate. (12 


mung nach Tapia, möglich, aber für die Diagnose ist damit gewiss nichts 
gewonnen. Wen diese Frage interessiert, der findet im vorliegenden Artikel 
eine genaue Zusammenstellung des über die „kombinierten Larynxläh- 
mungen“ publizierten Materials. Lautmann. 


527. O.Haenlein, Berlin, Erkrankungen der Stimme (Phonasthenie) 
und auf Stimmbildung bezügliche Untersuchungen. Jedi. 
Klinik. Nr. 3, 1911. 

Phonasthenie, ihre Ursachen, Untersuchungsmethoden und Therapie 
bei einzelnen Autoren. Sippel, Würzburg. 


528. Hansberg-Dortmund, Demonstration eines Falles von halb- 
seitiger Resektion des Kehlkopfes wegen Karzinom. Mediz. 
Klinik. 33, 1910. 

Sitz der Geschwulst war die Gegend des rechten Morgagnischen 
Ventrikels, Epithel intakt. Die rechte Kehlkepfhälfte bei Phonation unbe- 
weglich, linke Seite intakt. Zunächst Tracheotomie mit gleichzeitiger Skelet- 
tierung der rechten Kehlkopfhälfte, nach 10 Tagen unter Lokalanästhesie 
Laryngofissur und vollständige Entfernung der rechten Kehlkopfbälfte mit 
Schonung der Ringknorpelplatte; Deckung des Defekts mit gesunder 
Schleimhaut von der hinteren Fläche der Aryknorpelgegend. Ernährung 
mittelst durch die Nase eingeführten Schlauches. Verlauf reaktionslos. 

Sippel, Würzburg. 


529. Francis R. Packard, Philadelphia, History of a case of 
recurrent Papilloma of the Larynx. (Rezidivierendes Kehl- 
kopfpapillom.) 

Innerhalb von 30 Jahren wurde Patient unzählige Male intralaryngeal 
und zweimal mittelst Kehlkopfschnittes operiert, ehe die stets sofort wieder 
aufschiessenden papillomatösen Massen vollständig entfernt wurden. Wichtig 
ist, dass — wie mikroskopisch nachgewiesen wurde — die Gutartigkeit 
dieses Neugebildes sich während dieses grossen Zeitraumes bei so vielen 
Traumen sich nicht verändert hat. Otto Glogau, New York. 


530. E. Pasch, Breslau, Untersuchungs-Ergebnisse bei sprach- 
gebrechlichen Kindern. Monatsschrift f. d. ges. Sprachheilk. 
Nov.-Dez. 1910. 

Bericht über Untersuchungsmethode und -ergebnisse an Breslauer 
Schulkindern im Jahre 1909. Die Untersuchung der Stotterer hat einen 
relativ grossen Prozentsatz an solchen Kindern ergeben, bei denen Nasen- 
verengerung, hauptsächlich durch Vergrösserung der Rachenmandel, bestand. 

Ernst Seifert, Würzburg. 


531. N. Sack, Moskau, Ein Fall von Laryngitis gummosa, mit 
606 behandelt, Monatsschr. f. Ohrenheilk. etc. Heft 1, 1911. 


10jährige Patientin mit gummósen Ulzerationen an der Epiglottis, den 
aryepiglottischen Falten und in der Gegend der Aryknorpel. Intramusku- 
läre Injektion mit 0,2 von dem 606-Mittel. 

Interessant ist die rapid ansteigende Gewichtszunahme, die zum Schlusse 
175 g per Tag betrug. Nach etwa 30 Tagen durfte der Kehlkopf als 
geheilt betrachtet werden. Sippel, Würzburg. 


13] l Referate. 145 


532. F.Sanz, Ein Fall von glosso-laryngealer Hemiplegie. (T apia- 
scher Symptomenkomplex.) Archives espanoles de neuroloyza ete. 
November 1910. 

62jähriger Patient mit einem zerfallenen Tumor, der die ganze Epi- 
glottis und die glosso-epiglottische Falte rechterseits ergriffen hatte; die 

Beweglichkeit der Stimmbänder war unbeeinträchtigt. \Vegen Erstickungs- 

gefahr: Tracheotomie. Einen Monat später konstatiert Verf. eine Lähmung 

der rechten Zungenhälfte und des rechten Stimmbandes, welches die 

Neubildung noch nicht angegriffen hatte. Es handelte sich um Lähmungen, 

die durch Druck auf den Vagus und den Hypoglossus, unter dem Ent- 

stehungspunkt des Nervus laryngeus superior, entstanden sind. 
. Menier. 


533. Steiner, Über Larynxstenose traumatischen Ursprungs mit 
einseitiger Ankylose des Aryknorpels. Deutsche med. Woch. 
1911, Nr. 4. Bericht des Vereins deutscher Ärzte in Prag. 


Im mitgeteilten Falle betraf das Trauma (Stoss mit einer Brechstange 
gegen den Kehlkopf) einen 45jährigen Mann. Die sich entwickelnde 
narbige Kehlkopfstenose mit Ankylosierung des Arytenoidalgelenks wurde 
dureh methodische Dilatation geheilt. Hirsch, Magdeburg. 


534. Della Vedova, Über die Radikalbehandlung und die früh- 
zeitige Diagnose des Kehlkopfkrebses. 7/1 Policlinico sez. Chirurg. 
Dezember 1910. | 

Verf. redet der Laryngotomie das Wort, welche viele Vorteile in tech- 
nischer wie in therapeutischer Hinsicht darbietet. Die Hauptsache aber ist 
die frühzeitige Diagnose der Krankheit, die der praktische Arzt selbst ohne 

Hilfe des Spiegels stellen kann durch die Veründerungen der Stimme, die 

leichte anfängliche Dyspnoe, den leichten Glottiskrampf, der durch die 

Hustenstösse vermehrt wird und von wiederholten geräuschvollen Inspi- 

rationen gefolgt ist. Menier. 


535. J. S. Waterman, Brooklyn, Abscess of the Larynx, with 
Report of a case. (Ein Fall von Kehlkopfabszess). Annals of 
Otolog. 1910, Nr. 3. 


Patient, der von leichter Lungenschwindsucht geheilt worden war, 
bekam Atem- und Schlingbeschwerden. Schwellung und Rótung des Kehl- 
kopfinneren. Fünf Tage später wurden beide Arytenoidknorpeln, die sich 
als volle, runde Massen erwiesen, inzidiert und entleerten Eiter. Patient 
starb an Lungengangrän. Verf. glaubt den ersten Fall von doppeltem 
Kehlkopfabszess berichtet zu haben. Otto Glogau, New York. 


5. Trachea, Bronchien, Ösophagus. 


536. Brunk, jun., Bromberg, Demonstration eines fünfjährigen 
Knaben, bei dem ein aspirierter Fremdkörper mittelst Broncho- 
skopie entfernt wurde. Med. Klinik. Nr. 2, 1911. 

Der Fremdkörper (Bohne) stack im unteren Teile der Trachea und 
wurde von der Trachealwunde aus mit Bronchoskop und Fremdkörper- 
zange unter Chloroformnarkose entfernt. Sippel, Würzburg. 


146 Referate. ' [14 


537. Brünings, Bericht über die Anwendung der Tracheobroncho- 
skopie und der Osophagoskopie in der oto-laryngologischen 
Universitätsklinik zu Jena. Zeitschrift f. Ohrenheilkunde etc. 
LXII. Bd. 2. u. 3. H. 


Verf. berichtet über 59 im letzten Jahre endoskopisch untersuchte 
und teilweise behandelte Patienten. Da die Arbeit sehr interessant und 
lehrreich, für ein kurzes Referat aber ungeeignet ist, empfiehlt es sich, 
dieselbe im Original zu lesen. Oertel, Dresden. 


538. Collet, Temporüre Tracheostomie bei Fremdkürpern der 
Trachea und der Bronchien. Lyon médical. 1910, Nr. 41. 


Verf. vereinigt beiderseits durch Naht die Wundrander der Haut und 
der Trachea. Dadurch wird eine breite Öffnung gebildet, die eine leichte 
Untersuchung der Trachea erlaubt, und durch welche Instrumente bequem 
eingeführt werden kónnen; dadurch wird auch die Atmung, sogar ohne 
Kanüle, erleichtert. Manchmal kommt es auch vor, dass: das Corpus 
alienum spontan durch diese Öffnung ausgestossen wird. Menier. 


539. P. Tetens Hald, Tuchnadel in der Trachea, per vias natu- 
rales entfernt. Ugeskrift for Leger. Nr. 38, 1910, S. 1132. 


'14jahriges Miidchen kam erst 44 Stunden, nachdem sie die Nadel 
aspiriert hatte, zur Behandlung. Sie war etwas heiser und hatte anfangs 
einige Erstickungsanfalle gehabt, übrigens Wohlbefinden. Die Nadelspitze 
sass in der Unterfláche der linken Stimmlippe hineingebohrt, der Kopf 
nach unten. Die Extraktion gelang ziemlich leicht durch Tracheoscopia 
superior. Nadel 6,3 cm lang, Kopf 0,9 cm im Durchmesser. 

Jörgen Möller. 


540. G. Holzknecht, Wien, Ein häufiger charakteristischer Be- 
fund bei neurotischen Dysphagien. Wien. klin. Wochenschrift. 
5, 1911. 


Häufiger als allgemeiu angenommen, liegt manchen Fällen von Schling- 
beschwerden die sogenannte Rosenheimsche Ösophagusatonie zugrunde. 
Infolge des atonischen Zustandes der Muskulatur passieren breiige Speisen 
nicht in der normalen „geschlossenen Säule“ der Speiseröhre, sondern 
bleiben lange, viertelstundenlang liegen, mit oder ohne besondere subjektive 
Symptome. Auch ohne Róntgenuntersuchung kann der Befund von Resten 
dickbreiiger Ingesten in den Valleculae und den Sin. pyriformes den Ver- 
dacht bestärken. Infolge der Genese (Psychoneurosen) ist eine rein lokale 
Behandlung aussichtslos. Ernst Seifert, Wirzburg. 


541. O. Kahler, Wien, Wher Divertikel des Tracheo-Bronchial- 
baumes. Monatsschr. f. Ohrenheilkunde etc. Heft 1, 1911. 


Zwei Falle von kongenitalen Divertikeln der Trachea bzw. «wes 
rechten Hauptbronchus. Beide nach Chiarischem Typus, der sie als 
rudimentäre Bronchialäste bezeichnete (s. a. Verhandlungen Vereins Deutscher 
Laryng., 8. 199 dieses Bandes). Sippel, Würzburg. 





15] Referate. 447 


542. R.Luis y Yague, Accidentes acaecidos en el uso de la sonda 
Gottstein. (Uble Zufälle mit der Gottsteinschen Sonde.) 
Revista española de Laryngologia. November-Dezember 1910. 

Die Gottsteinsche Sonde bietet, in theoretischer Hinsicht, viele 

Vorteile zur Dilatation der Ösophagusstrikturen ; sie wird mit eingegossenem 
Wasser stark erweitert, In einem Falle platzten zwei «er Hüllen, die 
innere und die mittlere seidene; das Wasser sammelte sich zwischen der 
mittleren und der äusseren Hülle und es wurde sehr schwierig und müh- 
sam, die Sonde zu extrahieren, da sich ein grosser seitlicher Sack gebildet 
hatte, der den Ösophagus nicht passieren konnte. Um solchen Zufällen 
vorzubeugen, wäre es ratsam, nur 80 höchstens 100 ccm einzugiessen (an- 
statt zirka 160—180) und die Sonde mit einem Ventil oder mit einem 
leicht verschlossenen Loch zu versehen. Menier. 


543. Avelino Martin, Kieselstein in den rechten Bronchus 
aspiriert » Höhe seiner ersten Teilung. Fer. hébd. de laryng., 
1911, Nr. 

Expulaion e Einkeilung in der Glottis wührend der zur Vorbe- 
reitung der Bronchoskopie vorgenommenen Tracheotomie; Extraktion durch 

Kriko-Tracheotomie. 5!/sjáhriges Kind. Arthur Meyer. 


544. Oddo und Aauvan, Krebs in der Speiseröhre mit tracheo. 
bronchialen Drüsen und Pseudo-Vomica. Le Larynr. November- 
Dezember 1910. 

Es handelte sich um einen Patienten, der einen Ösophaguskrebs mit 
Lungenkomplikationen hatte und bei dem die Obduktion das Vorhanden- 
sein einer intertracheo-bronchialen vereiterten Drüse ergab, welche mit der 
Speiseröhre kommunizierte. Kein Erbrechen der Speisen. Menier. 


545. Ruseoni, Beitrag zum Studium der Fremdkörper im Öso- 
phagus. Gazzetía degli Ospedali. 20. Oktober 1910. 


Die Ösophagoskopie und jedenfalls die Radioskopie sind sofort zu 
machen, um den Sitz des Corpus alienum zu eruieren. Wenn die 
ösophagoskopischen Extraktionsversuche resultatlos geblieben sind und 
besonders wenn Entzündungserscheinungen erschienen sind und wenn der 
Fremdkörper hoch in der Speiseröhre sitzt, ist die Ösophagotomia externa 
indiziert. Nach dieser wird die Speiseröhre. genäht, ohne dass die Schleim- 
haut in den Nähten mit inbegriffen sei (wie z. B. bei der Blasennaht bei 
der suprapubischen Zystotomie). Verf. verwirft die Dauerkatheter; es ge- 
nügt, dünne Schläuche zur Zeit der Mahlzeiten einzuführen; damit soll 
man 2 Tage nach der Operation beginnen. Menier. 


546. H. v. Schrötter, Wien, Über Bronchoskopie bei Fremd- 
körpern nebst Bemerkungen zur Kenntnis des Asthma bron- 
chiale. Wiener med. Wochenschr. 1911, Nr. 2—5. 


Bericht über 3 Fälle von Fremdkörpern in den Bronchien. Verf. führt 
einen Teil der Erscheinungen (Husten, Bronchitis, asthmaähnliche Anfälle) 
auf Reflexwirkung von seiten des Fremdkörpers zurück. Die manchmal 
zu beobachtende günstige Wirkung der Bronchoskopie ohne Entfernung des 
Fremdkörpers erkläre sich durch den reflexhemmenden Einfluss des ange- 
wandten Kokains. Er erhofft aus diesem Grunde auch beim nervösen 


748 Referate. [16 


Asthma von der lokalen Anwendung des Kokain günstige Resultate und 
stützt sich dabei auf einen Fall, bei dem er im Anfall eine krampfartige 
Verengerung des rechten Hauptbronchus beobachtet zu haben glaubt. 


Max Levy, Charlottenburg. 


5417. Snoy, Cassel, Sarkom der Pharynxösophagusgrenze mit Er- 
folg operiert nach vorhergehender Gastrostomie. Med. Klinik. 
Ar. 2, 1911. 


In diesem Falle handelt es sich um einen 5?jährigen Patienten mit 
einem gut pflaumengrossen Sarkom, das mit breitem Stiele an der hinteren 
Pharynxwand sass, entsprechend der Übergangsstelle in den Ösophagus 
nach links den Kehlkopf fast erreichend. 

Es wurde nun der mittlere Keblkopfschnitt gemacht, in der ursprüng- 
lichen Annahme, der Tumor gehe von der hinteren Larynxwand aus. Der 
Kehlkopf zeigte sich jedoch völlig frei. Vom Tumor konnte nur ein 
grösseres Stück entfernt werden. Eine Fortsetzung der Operation war 
wegen der Schwäche des Patienten unmöglich. In den unteren Winkel 
der sonst vernähten Wunde wurde eine Trachealkanüle eingelegt. Etwas 
später wurde unter Lokalanästhesie eine Magenfistel angelegt, um den 
Organismus für die Radikaloperation zu kräftigen. Diese konnte 4 Wochen 
später unter Narkose von der medianen Schnittwunde ausgehend mit Durch- 
trennung des Zungenbeins vorgenommen werden. Entfernung des Tumors 
gelang vollständig. Heilung gut. 

Verf. tritt nach diesem Erfolg sehr für die vorausgehende Gastrostomie 
bei Tumoren des Halsösophagus und des Hypopharynx und bei manchen 
Larynxtumoren ein, sowohl wegen der Ernährung und Kräftigung des 
Patienten vor der Operation, als auch der Ernährung nach dem Eingriffe. 


Sippel, Würzburg. 


6. Mundhöhle. 


548. Comby et Schreiber, Zungensyphilom bei einem 6jührigen 
Mädchen. Société de Prdiatrie. Paris, 20 Decembre 1910. 


Auf dem Zungenrücken haben die Verf. eine indurierte Stelle beob- 
achtet, welche die Breite eines Einfranksstückes hat. Gleichzeitig fand 
man ein speckiges und gebuchtetes Aussehen der linken Lippenkommissur, 
sowie Missbildungen der Zähne. In diesem Alter ist das Zungensyphilom 
ein ziemlich seltenes Vorkommnis. Menier. 


549. Gerber, Weitere Mitteilungen über die Spirochäten der 
Mundrachenhöhle und ihr Verhalten zu Ehrlich-Hatas 606 
(Salvarsan). Deutsche med. Wochenschr. 1910, Nr. 51. 


Die Spirochüten bleiben an gesunden Stellen der Mundrachenhóhle 
von dem Mittel meist unbeeinflusst, an spezifischen Geschwürsflächen hin- 
gegen sterben nicht nur die Pallidae, sondern auch die Mundspirocháten 
ab. Auch bei einem Falle von Angina Plaut-Vincenti übte das Mittel 
eine energische Wirkung auf die Spirochiten aus. 


Hirsch, Magdeburg. 


17] Referate. 149 


550. W. Gotthilf, Cassel, Weitere Erfahrungen über die Ver- 

wendung von Pergenolmundpastillen. Fortschr. d. Med. 1911, 

Heft 3. 

Pergenolmundpastillen eignen sich zur Behandlung von Hals- und 
Munderkrankungen, zur Prophylaxe der Stomatitis merc., sowie um _ bei 
besonders disponierten Individuen Rachenkrankheiten zu verhiiten. 

Ernst Seifert, Würzburg. 


551. Clareau Portes Jones, Newport, News, A case of sub- 
maxillar abscess caused by the use of an infected Tooth- 
pick. (Durch infizierten Zahnstocher verursachter submaxil- 
lärer Abszess.) Annals of Otolog. 1910, Nr. 3. 


Beim Reinigen der Zāhne mittelst schmutzigen Strohhalms verletzte 
sich Patient am vorderen Gaumenbogen. 3 Tage nachher beim Nieder- 
legen und bei Druck auf den Hals tritt verlangsamtes Atmen ein. Vier 
Wochen später konnte Patient den Mund nicht öffnen. Einige Tage nach- 
her war Schwellung und Fluktuation über der Submaxillargegend nach- 
weisbar. Jeder auf dieser Stelle ausgeübte Druck hatte sofortigen Atmungs- 
stillstand zufolge, der auch beim Reinigen der Haut daselbst eintrat und 
nur durch Kitzeln des Nasenrachenraumes mittelst Watteträgers behoben 
werden konnte. Dasselbe Spiel wiederholte sich im Augenblicke der In- 
zision, nur kam noch ausserdem ein Spasmus der Kiefer hinzu. Nach An- 
sicht des Verf. lag eine Reizung des Halsganglions und eine Entzündung 
des Vagus unterhalb desselben vor. Otto Glogau, New York. 


552. J. Lechtmann, Zur Therapie der Syphilis mit Mergal und 
Pflege der Mundhöhle mit Givasan. Der prakt. Arzt. 2, 1911. 


Wie andere hat auch Lechtmann bei Verwendung der Givasan- 
zahnpaste (Riedel) gute Erfolge gesehen; sie verbindet Desinfektionskraft 
mit absoluter Reizlosigkeit und angenehmer Anwendungsweise. Besonders 
betont wird die Wirksamkeit bei Hg-Kuren, wo dann anderweitige Mund- 
spülungen überflüssig sind. Ernst Seifert, Würzburg. 


553. Zinsser, Köln, Atrophia cutis reticularis cum pigmentatione, 
dystrophia unguium et leukoplakia oris. Ikonographia der- 
matol. V. Tab. 43, 1910. 

Zwei Fälle von mehr dermatologischem Interesse, bei denen die 

Leukoplakia die ganze Mundhöhlenschleimhaut betraf. 

Ernst Seifert, Würzburg. 


7. Grenzgebiete. 


554. Ch. Müll er, Zürich, Über morphologische Blutveränderungen 
bei Struma. Med. Klinik. 34, 1910. 


Verfasserin kommt bei ihren Untersuchungen zu folgenden Resultaten: 
Die von Kocher bei Basedowscher Krankheit gefundene Blutverände- 
rung kommt .in einer gewissen Häufigkeit auch bei einfacher Struma vor, 
und zwar in etwas mehr als der Hälfte der Fälle. Sie kann bei einfacher 
Struma ausnahmsweise einen ebenso hohen Grad erreichen wie bei Morbus 
Basedowii, ist aber meist unbedeutender. Die Verwertbarkeit dieses Sym- 


«90 Referate. [18 


ptoms für die Diagnose Basedowsche Krankheit erfáhrt dadurch eine 
gewisse Beschrünkung. | 
Das verhältnismässig häufige Vorkommen dieser Blutveränderung bei 
einfacher Struma verlangt, dass bei der Beurteilung von Blutbefunden im 
allgemeinen der Zustand der Schilddrüse jeweilen berücksichtigt wird. 
Sippel, Würzburg. 


555. Pescatore, Ems, Betrachtungen über Asthma bronchiale. 

Deutsche med. Wochenschr. 1911, Nr. 8. 

Verf. gibt, besonders auf Grund’ einer mitgeteilten Familienkranken- 
geschichte, eine Charakterisierung des Asthmas als einer exsudativen 
(Bronchial-)Neurose. Der Asthmaanfall erklärt sich durch eingetretene 
Schwellung in einem Teil der feineren Bronchien. 

Hirsch, Magdeburg. 


556. Otto Schirmer, New-York, Optic nerve affections due to 
Ethmoiditis. (Erkrankungen des Sehnervs dureh Siebbein- 
zellenentzündung). American Medicine. Augnst 1910. 


Wie durch äussere Gifte (Methylalkohol) eine Sehnervatrophie, durch 
iunere (Nephritis) eine Erkrankung der Retina herbeigeführt wird, gelangen 
bei Siebbeinzelleneiterung toxische Substanzen in den Sehnerv und erzeugen 
chronische Entzündung und Atrophie der Fasern. 

In dem ersten berichteten Fall, wo eine Stunde nach Eitereinbruch 
aus dem Siebbein in die Orbita operiert wurde, konnte eine bedeutende 
Besserung des fast erloschenen Sehvermögens herbeigeführt werden, während 
im zweiten Falle, der erst 5 Monate nach Erkrankung der Siebbeinzellen 
zur Behandlung kam, die Nervenfasern durch die Toxine bereits zerstört 
waren. Otto Glogau, New York. 


557. E. Schmiegelow, Beitrag zur operativen Behandlung der 
Hypophysenleiden. Hospitalstidende Nr. 42, 1910, S. 1177. 


Eine 27jährige Dame hatte seit der Pubertät eine zunehmende Akro- 
megalie; 1906 Schmerzen in der rechten Schläfe und Auge, Herbst 1907 
abnehmendes Sehvermögen rechts, nach 1 Jahr rechts völlige Blindheit: 
Neuritis optica. Seit der Kindheit eitrige Sekretion von der Nase, wurde 
deshalb Schmiegelow überwiesen: Kein Leiden der vorderen Neben- 
höhlen nachweisbar. Eröffnung der rechten Keilbeinhöhle, kein Eiter. 
Sehvermögen jetzt auch links vermindert. Diagnose: Hypophysistumor. 
Dezember 1908 kehrte das Sehvermögen links zurück und sie befand sich 
bis Februar 1910 leidlich wohl, alsdann heftige Schmerzen der rechten 
Kopfhälfte und abnehmendes Sehvermögen links. Suchte 6. IV. wieder 
Schmiegelow auf, der Operation anriet. Ophthalmoskopie: Atrophie rechts, 
links keine; temporale Hemianopsie links. Röntgenbild: Erweiterung der 
Sella turcica. 21. IV. perorale Tubage, Nase rechts umschnitten und zur 
Seite geklappt, Proc. nasalis weggemeisselt und O3 nasale gehoben, äussere 
Wand der rechten Nasenhöhle, sowie untere und mittlere Muschel entfernt 
und knöcherne Scheidewand reseziert, wonach guter Überblick. Die Keil- 
beinböhle wird geöffnet, Hinterwand perforiert und Hypophyse punktiert 
mit Entleerung blutiger Flüssigkeit; Dura wird alsdann gespalten, wonach 
man anscheinend in einen zystischen Hohlraum hineinkommt. Nach Aus- 
löffelung Tamponade und Reposition der Nase. Verlauf gut, Sehvermögen 


19) Bücherbesprechungen. (9l 


des linken Auges schon nach wenigen Tagen normal. Temperatur fort- 

während erhöht. 12. V. Erbrechen, Krämpfe, Bewusstlosigkeit, Exitus. 

Sektion: Ödem der Hirnhäute, nirgends Meningitis. Tumor 4X3 cm. 
Jörgen Möller. 


Ill. Bücherbesprechungen. 


Philippson, Der Lupus, seine Pathologie, Therapie, Prophylaxe. Aus 

dem italienischen Manuskrip: übersetzt von F, Juliusberg. Berlin, J. Springer. 1911. 

In der fiir den praktischen Gebrauch verfassten und von Juliusberg 
trefflich übersetzten Monographie beschreibt Philippson nach kurzen Be- 
merkungen über die Statistik. der verschiedenen Formen des Lupus zueist die 
sekundäre und dann die primäre Form. Im Anschluss an das zweite Kapitel 
nur einige ganz kurze Bemerkungen über den hämatogenen Lupus. Die moderne 
Therapie des Lupus und die Prophylaxe werden ziemlich kurz abgelan. Beim 
Lupus der Nase betont der Autor die Wichtigkeit der Untersuchung der Nasen- 
schleimhaut als des Ursprungs des Lupus der äusseren Gesichtshaut. 

8 Tafeln mit 19 Abbildungen sollen die Pathogenese des Lupus zeigen. 
Der Vorschlag, an Stelle des Namens Lupus die Bezeichnung Finsens-Krankheit 
zu setzen, stellt zwar einen Akt der Huldigung dar, hat aber wenig Aussicht, 
verwirklicht zu werden. Otto Seifert, Würzburg. 


Dr. Claude und Dr. Francisque Martin in Lyon, Die Behandlung 
der Nasenbrüche und der Missbildungen der Nasenscheidew‚and. Autori- 
sierte Übersetzung von MW. Carow, Berlin. Verlag von Julius Springer, 1911. 32 S. 

Die Ansicht, die Carow in seinem Vorwort ausspricht, dass „die 
vorliegende Arbeit nicht nur dem Chirurgen und Rhinologen neue Behandlungs- 
wege weist, sondern auch das Arbeitsgebiet des Zahnarztes erweitert, ohne 
dessen Mitarbeit (?) auch hier Erfolge nicht zu erzielen sind‘, teilt Referent 
ganz und gar nicht; im Gegenteil, er wird seine Patienten vor allen Zahn- 
ürzten warnen, die die in dieser kleinen Schrift mit einer gewissen Reklame 
angepriesenen Methoden anzuwenden geneigt sind. 

Klinisch trágt diese kleine Schrift durchaus den Stempel des laienhaften. 

Die häufigsten Frakturen sind noch nicht einmal anatomisch genau präzisiert; 
eine Differentialdiagnose der verschiedenen Frakturen gibt es in diesem Buche 
überhaupt nicht; und was über die Missbildungen der Nasenscheidewand g»sagt 
ist, ist ungenügend und kann vor keinem Rhinologen bestehen. Demgemäss 
behandeln die Verfasser alle Frakturen nach einem Schema: Traumatische 
Reposition der Bruchenden und Retention derselben. Letztere erfolgt durch 
ungehever komplizierte Prothesen, die Monate und Jahre (?) lang von gen 
armen Patienten getragen werden müssen. Für die Missbildunzen der Nasen- 
scheidewand — das sei der Kuriosität halber besonders erwähnt — wird 
allen Ernstes die alte, längst verlassene Frakturierung des S?ptums und Fixation 
der Bruchstücke in der Mittellinie wieder empfohlen. Di» submukóse Septum- 
resektion ist mit keinem Worte genannt. Dass viele historische Irrtümer git 
unterlaufen sind, nur nebenbei. Katz. 


Dr. E. J. Moure, Elementary Practical Treatise on Diseases of the 
Pharynx and Larynx. (Lehrbuch der Krankheiten des Rachens und 
Kehlkopfes.) /ns Englische übersetzt von Dr. J. Malcolm, Farynharson. Verlag 
Rebman Company. New-York 1909, 403 Seiten. 


152 Bücherbesprechungen. [20 


Ursprünglich als ein Handbuch für Studierende gedacht, ist dieses auf 
einer 25 jährigen Spezialpraxis basierende Werk zu einer dem Fachmanne 
Nutzen und Freude bringenden Arbeit geworden. Es gibt kein Kapitel, in dem 
nicht des Verfassers scharfe Beobachtungsgabe zum Ausdruck gelangt. Im 
Rachen unterscheidet er erythematöse Angina {oberflächliche Erosionen) von 
polymorphem Erythema (oberflächliche Erosionen, von grauen, leicht entfern- 
baren Häutchen bedeckt) und Pemphigus, wo bereits s^róse oder b'uize Dlasen 
vorhanden sind. 

Der ulzero- membranósen Angina (Vincent) stellt er die akute 
ulzerative Lakunar-Tonsillitis gegenüber, die in einer akuten Entzündung dor 
Krypten besteht, deren Desquamationsprodukte durch Verschluss der Öffnung 
oder Uberausdehnung der Lakunen zurückgehalten werden (präulzeröses Stadium‘. 
Ein Aufplatzen dieser Krypten bringt die von epidermalen Zerfallsprodukten 
erfüllte Höhle zur Schau, deren glatte, wie ausgelochte Ränder rötlich gefärbt 
sind und leicht bluten (ulzeröses Stadium). 

Dem Lupus des Rachens sowohl als der Haut geht nach Ansicht des 
Verfassers ein prälupoider bazillärer Nasenkatarrh voraus, eine Ari pseudo- 
atrophische Coryza. Besondere Sorgfalt ist auf die syphilitischen und tuber- 
kulósen Erkrankungen des Rachens und Kehlkopfes verwendet, und auch hier 
finden wir viele neue Gedanken, wie die Bezeichnung des letzten Stadiums der 
Kehlkopftuberkulose als ,tertiáres'". Die akute infantile Laryngitis wird in 
stridulóse und entzündliche Formen eingeteilt und die laryngealen Spasmen 
dem Vorhandensein von Nasenkatarrh und Mundatmung zugeschrieben. 

Von „Influenza-Laryngitis“ unterscheidet Verf. folgende Arten: a) katar- 
rhalische, b) infiltro-ódematóse, c) ulzerative, d? myopathische. 

Zu den Spasmen der Kehlkopfmuskeln rechnet Verf. auch die „Eunuchoide 
Stimme“, hervorgerufen durch funktionelle Unregelmássigkeit der ersteren und 
durch Stimmgymnastik in wenigen Tagen heilbar. 

Nach Entfernung von Kehlkopfgeschwülsten durch Larynsgotonis mit voran- 
gehender Tracheotomie näht Verf. nicht bloss den Kehlkopf, sondern auch die 
Luftröhre sofort zu. Eines der schönsten Kapitel ist der bei eruptiven Fiebern 
auftretenden Laryngitis gewidmet; die Schilderung der rubzolären, typhoiden, 
skarlatinösen, variolären und erysipelatösen Laryngitis ist ein Meisterwerk der 
Differentialdiagnostik. 

Wenn auch gegen Einzelheiten, wie die Verwendung des Galvanokauters 
bei peritonsillären Abszessen, Einwand erhoben werden kann, ist dem Buche 
wegen seiner packenden Schreibweise und der originellen Auffassung des 
Gegenstandes eine grosse Verbreitung zu wünschen. 

Otto Glogau, New York. 


Bandelier und Roepke, Lehrbuch der spezifischen Diagnostik und 
Therapie der Tuberkulose. 5. erweiterte und verbesserte Auflage. Würz- 
burg, C. Kabitzsch 1911, Preis broschiert Mk. 6,60. 

Die neue Auflage dieses beispiellos erfolgreichen Buches ist in vielfacher 

Beziehung verbessert; wir verweisen auf die Besprechung der vierten Auflage 

auf S. 322 ff. dieses Bandes. Bl. 


Bandelier und C. Roepke, Die Klinik der Tuberkulose. Würzburg bei 
C. Kabitzsch 1911. Preis 9,50 Mk. 


Die Autoren haben sich durch ihr oben erwühntes Werk einen guten 
Namen in der Literatur erworben; der Leser geht mit einem wohlwollenden 
Vorurteil an die Lektüre ihres neuesten Buches; allerdings auch nicht ohne 
schwere Bedenken, ob es heute zwei in einer ganz bestimmten Richtung tätigen 
Ärzten gelingen möge, das ganze Gebiet der Tuberkulose der verschiedenen 
Organe darzustellen, deren jedes seine besondere Pathologie hat, seine be- 
sonderen Untersuchungsmethoden erfordert. Es ist zu befürchten, dass hier 
die klinische Erfahrung im einzelnen im Stich lässt und die nölize Verüefung 


21] Gesellschafts- und Kongressberichte. 153 


in die Materie fehle. Man wende nicht ein, dass das Buch nach dem Wunsche 
der Autoren dem praktischen Arzte dienen soll, gerade dieser Umstand erfordert 
die eingehendste Beherrschung der Materie seitens des Autors. 

So fordert denn die Darstellung der Tuberkulose der oberen Luftwege 
im ganzen wie im einzelnen Widerspruch heraus. 

Die Verfasser sind in bezug auf die Nasentuberkulose (S. 327 ff) der An- 
sicht, dass ‚die Erkennung des meist sekundären Leidens gewöhnlich kein: 
Schwierigkeiten bereite‘ und weiter: „Bei allen zweifelhaften tuberkulösen und 
lupösen Formen sichert die mikroskopische Untersuchung eine exzidierten Ce. 
webstückchens event. die örtliche Tuberkulinreaktion die Diagnose’. Ref. ist 
durchaus entgegengesetzter Ansicht und steht damit nicht allein. — Auch 
die histologische Untersuchung lóst nicht immer alle Zweifel bei den hier in 
Frage kommenden Affektionen (Lues einer, Tuberkulose andererseits) und die 
lokale Tuberkulinreaktion ist keineswegs zuverlässig. Es folgt ein Abschnitt 
Tuberkulose des Nasenrachenraums, während. die der Pars oralis, allerdings ohne 
scharfe Abgrenzung, im Kapitel Tuberkulose der Mundhöhle |S. 253—255) ab- 
gehandelt ist. Dadurch lassen sich die Verfasser die Möglichkeit entgehen, das 
doch als recht charakteristisch bekannte Bild der Rachentuberkulose geschlossen 
darzustellen, ja das Bild, das sie von der Tuberkulose der Pars oralis geben, 
wird geradezu falsch. 

Noch weniger möchte ich mich mit der Darstellung der Tuberkulose des 
Kehlkopfes einverstanden erklären. Folgende Sätze z. B. werden kaum irgendwo 
Zustimmung finden (S. 231): ,,Die Infiltration der Taschenlippen, oft mit Ge- 
schwüren im Ventrikel einhergehend, ist fast immer diffus und kann erhebliche 
Schwellungen annehmen, so dass der ganze Sinus Morgagni ausgefüllt wird. 
Als sogenannter Ventrikelprolaps (sic!) kann die Schwellung sogar die Stimm- 
lippe völlig verdecken." Daselbst: „Das tuberkulóse Geschwür des Kehlkopfes 
geht selten ohne Infiltration einher, aus deren Zerfall es in der Regel entsteht.“ 
Ich vermag nicht einzusehen, wie ein tuberkulóses Geschwür entstehen kann, 
wenn nicht vorher eine spezifische Infiltration da war. So liessen sich die 
Beispiele häufen. 

Ich glaube, den Eindruck, den dieses Buch bei aller Anerkennung der 
Intentionen der Autoren macht, dahin zusammenfassen zu sollen, dass die 
gestellte Aufgabe, soweit das Gebiet der oberen Luftwege in Betracht kommt, 
nicht ganz als gelóst angesehen werden kann. Bl. 


IV. Gesellschafts- und Kongressberichte. 


Verhandlungen des dritten spanischen rhino-laryngologischen 
Kongresses!) zu Sevilla. 14—17 April 1910. 


Heilbarkeit und Behandlung der Kehlkopftuberkulose. Portela (Cadiz). 
Trauma des harten Gaumens. Setién (Santander. 
Calculus der submaxillären Drüse. Candela (Valencia. 


!) Der ausführliche Bericht ist in dem „Boletin de Laringologia" 
von Dr. Cisneros (Madrid, Serrano 47) veróffentlicht. 

Die mit einem * versehenen Artikel werden nächstens in derselben Zeit- 
schrift erscheinen; sie werden nachträglich je nach ihrer Veröffentlichung 
referiert werden. 


154 Gesellschafts- und Kongressberichte. [22 


Bohnengrosser Stein, der schwere Symptome bedingt; nach der Extraktion 
machte Patient eine Halsphlegmone durch; der Eiter enthielt zahlrei-he Strepto- 
kokken. 

Die Blutungen bei der Tonsillektomie. Gereda (Madrid). 

Naso-pharyngeale Synechie. Candela. 

Einfluss der mit Hypersekretion einhergehenden Magenkrankhei'en. [sowie 
die chronischen katarrhalen Pharyngitiden und die Pariisthesien des Pha-ynx. 
Santiuste (Santander). 

Die Hvperaziditát ist sehr oft die direkte Ursache solcher Zustünd* im 
Pharynx, welche durch die ätiologische Behandlung geheilt werd: n. 

Ist die Narkose bei der Adenotomie erforderlich? Compaired (Madrid). 

Redner gebraucht das Somnoform und ist mit diesem Anästhetikum sehr 
zufrieden. 

Die meisten der an der Diskussion teilnehmenden Mitglieder verwerfen 
jede Narkose. 

Blutege! in den Luftwegen. Gallegos (Sevilla). 

"Kurze Betrachtungen über einen Fall von  phlegmonéser Laryngitis. 
Phlegmone der Epiglottis, Botella (Madrid). 

*Perichondritis des Kehlkopfes. Botella. 

Diagnose und Behandlung der primären Ödeme des Kehlkopfes und ds 
Pharynx. Castaneda ‘San Sebastian). 

Bis jetzt unbekannt gebliebene Einflüsse (Neurose? Autointoxikationen ?) 
können Ödeme verursachen, die einen neuro-vaskulären Ursprung haben und 
von keinem. Hautódem begleitet werden, was dieselben. von. Morbus Quinckes 
differenziert.. Die Skarifikationen oder eie Exzision sind der Adrenalinanwen lung 
in solchen Fällen vorzuziehen. 

Zwei grosse Läsionen des Kehlkopfes (bei Selbstmördern. Barbera 
(Valencia). 

Seltener Fall von Rekurrenzlähmung Horcasitas (Madrid). 

Ein Aneurysma der Art. anonyma hatte cin» Rekurrenslähmung recht^r- 
seits zur Folge; Erstickungsanfälle: Tracheotomie. Eine nachträgliche IK-Kur 
heilte die Limung; das Aneurysma ist jetzt beinahe verschwunden. 

Fin neuer Fall von halbseitiger Lähmung des Kehlkopfes und der Zunze 
ohn® Gaumensegellähmung. Tapia (Madrid), 

Kehlkopflähmungen bulbären Ursprungs. Derselbe. 

* Anatomo-pathologische und klinische Betrachtungen über einige Formen 
Formen der Pachydermia larvngis, Derselbe. 

Retropharyngealer Abszess bei einem 8 Monate alten Knaben. Candela. 

Lipom des Kehlkopfes. Tapia. 

Solche Fälle sind selten, man kennt nur deren 12. Der Tumor sass auf 
der rechten aryepiglottischen Falte; Dyspnoe und Dysphagie,; Abtragung mit 
der Glühschlinge. 

Behandlung der Kehlkopftuberkulose. Jimenez Encina (Madrid). 

Durch lokale Betupfungen mit Tuberkulin (TOA. Koch) hat Encina eine 
bedeutende anatomische und funktionelle Besserung in 14 Fällen erzielt. 

Fall von thyreo-arvngo-ingualer Fiste. Compaired. 

Larynxintubation. Bedeutung des nasalen Weges für die Nahrunzsauf- 
nahme bei derselben. Llorente (Madrid). 

Fremdkörper im Kehlkopf. Villar Urbano (Malaga). 

Larvnxstenose. Derselbe. 

Die Stenose war durch Lupus verursacht; durch interne Erweiterung 
mit Schrötterschen Kanülen und dann mit Guimmisonden konnte man sie 
zur Heilung bringen. 


23] Kongresse und Vereine. 190 


Die lokale Anästhesie bei totaler Larynxektomie. Lazarraga (Malaga). 

Lazarraga verwirft die Narkose; er zieht das Novokain dem Kokain 
vor, weil das Kokain ihm allzu giftig erscheint; das Novokain b-sitzt in dem- 
selben Grade analgetische Wirkung. 

Statistik der Fremdkörper. Vereinfachung der ösophagoskopischen Technik. 
Botella. 

Nasenatmung und Erkrankungen der Bronchien und der Lungen. Kar- 
minski (Sevilla). 

Einige Betrachtungen über operierte Patienten (extra- und intralaryngeal:® 
Krebse). Santiuste. 

Tracheotomie bei einem nach einer heftigen primären Laryngitis schein- 
tot gebliebenen 4 jährigen Kinde. Heilung. Setién. 

Meine letzten Fälle von Fremdkörpern im Ösophagus. Tapia. 

Elektrolvtische Behandlung der Septumleisten und -Verbiegungen. Oller 
(Barcelona). 

Bósartige Tumoren der Nase und der Nebenhóhlen. Lazarraga. 

Sechs Fälle; bei zweien war der Ursprung des Tumors in der Ob-rkiefer- 
höhle nachzuweisen; bei einem anderen im = spheno-ethmoidalen Rezessus; bel 
den übrigen konnte der Ausgangspunkt nicht gefunden werden. 

Ozänaatrophie; ihre Komplikationen sceiten8 der Ohren, des Schädels und 
des Gehims. Compaired. 

*Laryngitis leprosa. Barbera. 

Das Kokain in rhino-laryngeologischer Praxis. Gongora (Madrid). 

Gongora ist ein Anhünger des Kokains (5 0 ige oder 10 0, ige Lösungen 
für Pinselungen, 1 eo ige für Einspritzungen, 2 o„ ige in Ausnahmefällen... 

Lokale Analgesie bei Knocheneingriffen. Robbs (Madrid). 

tobbs berichtet über Rougesche, Caldwell-Lucsche, Ogston- 
l.ucsche Operationen, die mit Hilfe von Kokain, Suprarenin und Stovain aus- 
geführt worden sind. 


V. Kongresse und Vereine. 


Tagung des Vereins deutscher Laryngologen. 


Am 31. Mai und 1. Juni findet in Frankfurt am Main di» XVII. Tagung 
des Vereins deutscher Laryngologen statt. 

Das Programm ist vorläufig wie folgt festgestellt: 

Mittwoch, den 31. Mai, 4—6 Uhr: Demonstrationen. Nach den Demon- 
strationen Besuch der Klinik des Herrn Spiess. Abends von 8 Uhr an Be- 
grüssung. 

Donnerstag, den 1. Juni, früh 8—!/,1 Uhr: Wissenschaftliche Verhand, 
lungen. 1/,2 Uhr (reschäftssitzung, dann Fortsetzung der wissenschaftlichen 
Verhandlungen bis 5 Uhr nachmittags. Von 7 Uhr an zwangloses Zusammensein. 

Freitag, den 2. Juni, abends 7 Uhr: Gemeinsames Festessen mit den 
Otologen. 

Angemeldete Vorträge. 

Fischer, B., Frankfurt a. M.: Eine Auswahl interessanter analomischer 
Präparate des Kehlkopfs und der Luftrühre aus der Sammlung des Sencken- 
bergschen pathologisch-anatomischen Instituts. 


756 Kongresse und Vereine. [24 


Blumenfeld, Wiesbaden: Uber Blutstillung im Kehlkopf durch 
Klammernaht. | ] 

Senator, Max, Berlin: Einiges zur Lepra der oberen Luftwege. 

Oppikofer, Ernst, Basel: 1. Mikroskopische Befunde bei 20 Kiefer- 
zysten. 2. Kehlkopfgeschwüre bei Scharlach. 

Katz,Leo, Kaiserlautern: Zur Átiologie der glatten Zungengrundatrophie. 

Dreyfuss, Strassburg i. E.: Über den Einfluss des Schlundschnürers 
auf die Kehlkopfmuskulatur. 

Herxheimer, G., Wiesbaden: Patholog.-anatomische Demonstrationen 

Avellis, Frankfurt a. M.: Einige Beispiele von Fehldiagnosen auf dem Ge- 
biete der Tuberkulose der oberen Luftwege. 

Sokolowsky, R., Königsberg i. Pr.: Über die Genauigkeit im Nach- 
singen von Tönen bei Berufssängern. 

Onodi, Budapest: Die Freilegung der Schädelhöhle und das Gehims 
durch die Nebenhöhlen der Nase. 

Pick, Friedel, Prag: Über Sklerom. 

Ritter, Berlin: Die Erhaltung der vorderen Stirnhöhlenwand bei der 
Radikaloperation. i 

Boenninghaus, Breslau: Gefährliches Stirnbein. (Demonstration.) 

Dahmer, Posen: Die Erkrankung des Kehlkopfes nach Influenza. 

v. Eicken, Giessen: 1. Ein neues Verfahren zur Beseitigung von Stenosen 
des Tränenkanals. 2. Zur Behandlung der Choanalatresie. 

Wagner, Giessen: Spiegelbefund bei Hypopharynxdivertikel. 

Bouvier, Giessen: Käsiges Kieferhöhlenempyem mit hochgradiger Ver- 
drängung der Nasenscheidewand. 

Brünings, W., Jena: 1. Über eine neue Art von Injektionsplastik. 
2. Über eine neue Behandlungsmethode der Rekurrenslähmung. 

Hoerner, Leipzig: Praktische Erfahrungen mit der Erhaltung der 
vorderen Stirnhöhlenwand bei der Radikaloperation chronischer Stimhöhlen- 
eiterungen. 

Meyer, Edmund, Berlin: Thema vorbehalten. 

Hartmann, Arthur, Heidenheim: 1. Zur Behandlung der Larynx- 
tuberkulose. 2. Über die Form der zur Erweiterung des Naseneingangs dienenden 
Bügel. 

Stern, Hugo, Wien: Zur Frage der Registrierung der Artikulations- 
bewegungen (mit Demonstrationen). 

Killian, Freiburg i. Br.: 1. Demonstration von Lehrmitteln und Instru- 
menten. 2. Zur Bronchoskopie bei kleinen Kindern. `^ 


Programm durch den Schriftführer, Herrn Chefarzt Dr. Richard Hoff- 
mann, Dresden, Grunaerstr. 8. 


III. InternationalerLaryngo-Rhinologen-Kongress. Berlin 30. August 
his 2. September 1911. Leipzigerstrasse 3, Herrenhaus. 


Nach dem bisher festgestellten Programm wird am 29. August, abends 
9 Uhr, eine gesellige Zusammenkunft in den Festsälen des Herrenhauses und 
am 30. August, morgens 9 Uhr, die Eröffnung des Kongresses im Sitzungssaal 
desselben stattfinden. 

Als erster Gegenstand der Tagesordnung werden an den vier Kongress- 
tagen die vier Referate erstattet werden, an die sich die Diskussionen über 
dieselben anschliessen werden. 


25] Kongresse und Vereine. 757 


Die vier Referate sind folgende: 

1. Die Beziehungen der experimentellen Phonetik zur Laryngologie. 

Referenten: Gutzmann (Berlin, Struyken (Breda). 

2. Die Bronchoskopie und Ösophagoskopie, Indikationen und Kontra- 
indikationen. 

Referenten: Killian (Freiburg), Kahler (Wien), Chevalier Jack- 
son (Pittsburg). 

3. Der Lymphapparat der Nase und des Nasenrachenraums in seiner Be- 
zichung zum übrigen Körper. 

Referenten: Broeckaert (Gent), Poli (Genua), Logan Turner 
(Edinburg). 

4. Die sogenannten fibrösen Nasenrachenpolypen, Ort und Art ihrer Insertion 
und ihre Behandlung. 

Referenten: Jacques (Nancy) Hellat (Petersburg). 

Der Druck der Referate wird so frühzeitig erfolgen, dass den ange- 
meldeten Mitgliedern je ein Exemplar schon einige Zeit vor der Eröffnung 
des Kongresses zugeschickt werden kann. 

Ausser den Referaten und den an sie angeschlossenen Diskussionen kommen 
von den Mitgliedern angemeldete Vorträge zur Verhandlung. Wir bilten, 
solche mit Angabe des Titels möglichst bald bei Herrn Prof. Rosen berg, 
Berlin NW., Schiffbauerdamm 26, anmelden zu wollen. 

Während der Dauer des Kongresses wird eine wissenschaftliche Aus- 
stellung von Instrumenten und Apparaten stattfinden, welche die Entwickelung 
und den heutigen Stand der experimentellen Phonetik und der Broncho- und 
Ösophagoskopie illustrieren soll. Anmeldungen für diese Ausstellung bitten 
wir zu richten an Herrn Geheimrat Prof. Heymann, Berlin W., Lützow- 
strasse 60. 

Ausserdem ist eine industrielle Ausstellung von Instrumenten, Apparaten 
usw. geplant. 

Die Laryngologische Gesellschaft zu Berlin wird sich die Ehre geben, die 
Mitglieder des -Kongresses mit ihren Damen zu einem Ausflug in die Umgegend 
von Berlin einzuladen. Das detaillierte Programm der ges:Ligen Veranstaltung:n 
wird später bekannt gegeben werden. 

Ein Damenkomitce hat sich konstituiert und wird ein Vergnügungsprogramm 
für die Damen der Kongressmitglieler ausarbeiten. 

In unmittelbarem Anschluss an den Kongress, am 2. September mittags, 
ist eine Fahri nach Dresden zum Besuch der Internationalen llvgicne-Ausstellung 
in Aussicht genommen. 

Wir beehren uns, zur Teilnahme an dem Kongress einzuladen, und bitten, 
die Anmeldung der Mitgliedschaft möglichst frühzeitig bei Herrn Gehcimrat 
Dr. Schötz, Berlin W., Kurfürstendamm 22, bewirken und den dafür fälligen 
Betrag von 25 Mark an ihn zahlen zu wollen. Dort sind auch die Damenkarten, 
d. h. Karten für in Begleitung von Mitgliedern befindliche Damen, im Preise 
von 10 Mark zu erhalten. Damen als Mitglieder des Kongresses dagegen zahlen 
den vollen Beitrag von 25 Mark. 

Der Anmeldung bitten wir eine Visitenkarie böilegen zu wollen. 

Berlin, im Februar 1911. 

B. Fränkel, Vorsitzender. 


83. Versammlung Deutscher Naturforscher und Ärzte in Karlsruhe 
vom 24. bis 30. September 1911. 


a. ilung Hals- und Nasenheilkunde: 
Dr. Max Seeligmann, Karlsruhe, Kaiserstrasse 110, Tinführender. 
Oberarzt Dr. Kander, Karlsruhe, Kaiserstrasse 145, Schriftführer. 
Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 6. 50 


158 Personalia. [26 


Der 17. internationale medizinische Kongress. 


Der XVIL internationale medizinische Kongress wird 
im Sommer 1913 in London tagen. Das genaue Datum wird von der Permanenten 
internationalen Kommission festgestellt werden, welche kommenden 21. und 
22. April in London ihre erste Sitzung abhalten wird, unter dem Vorsitz des 
Herrn Dr. F. W. Pavy. 

In dieser Sitzung wird ebenfalls die Liste der Sektionen des Londoner 
Kongresses festgestellt werden. Alle die Einrichtung dieser Liste betreffenden 
Wünsche und Anträge bittet man vor dem 1. April beim General-Sekretär der 
Permanenten Kommission, Prof. H. Burger, Vondelstraat 1, Amsterdam, oder 
an die Adresse des Bureaus der Kommission: Hugo de Grootstraat 10, im Haag, 
einzusenden. 

Auch sonstige, die Organisation des Kongresses betreffende Wünsche 
und Informationen werden bis zum selben Termin und an dieselben Adressen 
gerne entgegengenommen. 


VI. Personalia. 


Herr Professor Carl von Eicken hat den an ihn ergangenen Ruf der 
medizinischen Fakultät in Erlangen nicht angenommen. An seiner Stelle ist 
Herr Dr Scheibe-München berufen und hat die Berufung angenommen. 

Habilitiert haben sich: Herr Oberstabsarzt Dr. Rhese für Oto-Rhino- 
Laryngologie in Königsberg mit der Schrift: „Über die Verwertung ohrenärzllicher 
Untersuchungsmethoden bei der Begutachtung Kopfverletzter*; Herr Tanturri 
für Oto-Laryngologie in Rom. 

Herrn Professor Manasse in Strassburg ist neben dem Lehrauftrag 
für Otologie auch ein solcher für Laryngologie erteilt. 

Den Titel Professor erhielt Herr Privatdozent für Laryngologie Hans 
Koschier in Wien. 

Gestorben: Herr Geheimer Medizinalrat Professor Lucae im 76. Lebens- 
jahre zu Berlin, Herr Alfred Martin in Paris, Vincenzo Cozzolino 
in Neapel, Joël in Görbersdorf. 


VII. Fortbildungskurse. 


Vom 31. Juli bis 5. August inkl. findet in Jena der 
VI. Fortbildungskurs für Spezialürzte 


stat. Wittmaack: Norm. u. pathol. Histologie des inneren Ohres 14 Std. 
Besprechung und Demonstration typischer otolog. Operationen. — Brünings: 
Vorlesung u. Praktikum d. direkten Tracheo-Bronchoskopie u. d. Osophago- 
skopie 16 Std. Besprechung und Demonstration typischer rhino-laryngologischer 
Operationen und Behandlungsmethoden 12 Std. Physiologie und funktionelle 
Diagnostik d. Vestibularapparates 5 Std. Rhino-laryngologischer Röntgen- 
kurs 4 Std. 

Maximale Teilnehmerzahl wie bisher, 15 Assisten deutscher Kliniken 
honorarfrei. Nähere Auskunft durch Privatdozent Dr. Brünings, Jena. 


Namensverzeichnis. 


—— 


Advan 747. 
Abonker, H. 57. 
Aboulker 520, 735. 


Baurowicz, A. 530. 
Beck, J. C. 827, 517. 


Adain, G. 442. Becker, E. 442. 
Albrecht 149. Beco 382, 451. 
Albrecht, W. 312. Beljaew 530. 


Alexander 57, 92, 181, 182, | Belloni, G. 164. 

425, 571, 518. Benni, W. 313. 
Alexander, A. 183. Bentzen, Sophus 163. 
Alexander, B. 162, 590. Berens, Passmore F. 539. 
Amrein, O. 166. Bergh, E. 78. : 
Anderson, W. S. 484. Bergmann 311. 
Anroy, van 176, 177. Berliner 319. 
Arendarenko 530. Bernard, E. 77. 
Arnoldson-Nils 733. Bernstein, S. 440. 
Aronsohn, Ed. 438. Berthold 560. 
Aronson 201. Beust, von 6. 
Arrowsmith, H. 538, 742. Biebendt, A. 442. 


Arslan 439. Biggs 165. 
Aschoff, L. 419. Binet 80. 
Aulmann 442. Binnerts 178. 
Austoni, A. 817. Biondi 313. 


Avellis, Georg 495, 729. |Bircher, E. 81, 554. 


Ayguebére, H. 439. e 531. 
Blegvad, N. R. 171, 172, 
B 335, 531, 574, 575,. 576. 


| Bloch 521, 589. 

Blondiau 332. 

Blos, E. 521. 

Blumenau 539. 

Blumenfeld, Felix 96, 99, 
171, 225, 825, 558, 559, 
960, 752, 753. 


Babler, E. A. 158. 
Bachhammer 406. 

Baeza 178, 569. 

Baginski, A. 425. 

Baker, Frank Collins 485. 
Ballenger 826, 828. 
Bandelier 322, 752. 
Barajos 58. Blumenfeld, E. 189. 
Bárány 67. ‚Blumenthal 92, 93, 579. 
Barbera 517, 538, 754, 755. | Blumenthal, A. 92, 163. 
Bardy, Henri 165. Blumenthal, Adolf 142. 
Barth 183, 








Bluth, G. 425. 
Barton, W. M. 425. Bogrow, S. L. 417. 
Barwell 411, 488. Boer, R. 439. 
Baumgarten 80. Böhme, W. 188. 


Zeitschrift für Laryngologie. Bd, 11I. H. 6. 


A Baumgarten, E. 71, 162, 166, | Bofill, y, Coll 739. 
336, 337, 338, 397, 517. GE 531. 


Bolten, G. C. 408. 

Bon, J. 440. 

Bónninghaus 190, 201. 

Boon 570. 

Bord, B. 436. 

Börnstein, F. 439. 

Bosse, B. 425. 

Botella 419, 754, 755. 

Botella, Ernesto 75, 420. 

Botey 164, 439. 

Böttger, K. 443. 

Bourak 397. 

Boyce, J. W. 442, 

Braislin, William C. 437. 

Brandenburg, E. 148. 

Brat, G. 178, 570. 

Braun 185. 

Braun, A. 398, 405, 435. 

Brelet 68. 

Bremond, M. 436. 

Bretön, Cibanto, J. 742. 

Brizon, H. 439. 

Broeckaert, J.330, 438, 448, 
450, 541, 569, 571, 736. 

Brocqu 521. 

Bruck 578. 

Brühl 51, 93, 182, 324, 578. 

Brunck 183. 

Brünel, J. 442. 

E 149, 197, 440. 580, 


Brunk, jun. 745. 
Bryant, W., Sohier 736. 
Buccolini 317. 


; Buchanan 437. 


Bulling 139. 
Burack, S. M, 477, 521. 


Burger, H. 177, 399, 410, 


549, 569, 571. 


| Büttner- Wobst 440. 


908 


Namensverzeichnis. 


166) 


‘Delis 448. 

Delneuville, E. 534. 
Delsaux 330, 332, 334, 335. 
 Dengg, H. 437. 


C 


Calamida, U. 554. 
Caldera 62. 


Camus 363. 

- Dencker, H. 247. 
me Denker, A. 191, 192, 193, 
Capart Ger 449 ' 194, 196, 458, 580. 

C PIU deno A. Deplech, P. 437. 
apart, sen, A. 329, 330, Deshayes 62. 


446, 419. 
Carpenter, E. W. 430. 


CURT * Donien 18, sil. 
' ] o inger, : a 
Casselberry, W. E. 308, 326, ' Donati 426. 


329, 435, 539. | f 
Castaneda, R. 62, 754.  |Donosány SAP. 989. 
Castelli 317. Dreher. F. 449. 
Castex 149, 176. Dr ni J. 599. 
Certain, F. 437. Dreuw 394 i 


Chavanne 518. 
, Dreyfuss 149, 438. 
Chauvean, G. 88, 164, 206. | Dúran, Lopez 427. 


Chauvet 436 
. Durand 175, 525. 
Chavanne 176. Durante 157. 


Dewatripont 522. 
| Dickson! F. A. 522. 


Cheval 452. . 

Chiari, O. 184, 393, 420, 742. | Dussillol 436. 
Cignozzi 166. | E 
Cisler, S. 95, 169. | : 
Cisneros, S. 314. Ebert, O. 440. 


i 


Ebstein, Erich 412. 
Ebstein, Wilh. 518. 
Echtermeyer 91, 577. 
Edwards 394. 

Kicken, ven 190, 193, 195, 


Citelli, Catania 68, 237, 531. 
Claoué 743. 

Clarus, H. 314, 439. 
Claude 751. 





Claus 181. 
Claus, Hans 580. 808, 340, 758. 
Cobbledick 426. Kidesheim, G. 421. 


Cohen, Solis 580. 

Cohn 560, 562, 566. 

Cohn, G. 540, 566. 

Cohn, Georg 341, 558, 569. 
Collet 164, 331, 746. 


Eiselsberg 188. 
Kisenlohr 436. 

Eitelberg, A. 162. 
Emerson, E. P. 154, 328. 
Emmerich, E. 443. 


| Ferreri, Gherardo 440. 

! Finder, G. 90, 91, 92, 93, 
180, 181, 182, 206, 577, 
578, 579. 

Finzi 76, 147, 165. 
Fischer 576. 

Flad, J. 437. 

Flatau 202, 558, 559, 562, 


965. 
Flatau, Th. 369, 394, 566. 
Flesch, J. 189. 
Fletscher-Ingals, E. 733. 
' Fliess 182. 
| Fliess, Wilh. 321. 
Fons 63. 
Forbes, Duncan 437. 
Foster, E. E. 400. 
Foster, H. 438. 
Foster, Hal. 412. 
Foster, John M. 435. 
Foucault, H 440. 
Fourest, P. 440. 
Fournier 442. 
Foy, K. 736. 
Fraenkel, R. 154. 
Frinkel 90. 
Fränkel, B. 91, 92. 
Frankenberger 573. 
Frankenberger, O. 207, 427. 
Frederikse 569. 
| Freer, O. 326, 399, 737. 
Frese 564, 566. 
Frese, O. 455. 
Freudental, Wolff 554. 
Freudenthal 142. 
Freudenthal, W. 428. 
Freudenthal, Wolff 435, 743. 
Freund, Leopold 448. 
Freymann 418. 
Fröschels 737. 


Collie 411. 

Comby 748. 

Compaired 437, 754, 755. 
Consilores 439. 

Cortes 540. 

Cott 326. 

Coudray, P. 443. 
Cozzolino, Vincenzo 758. 
Crämer 156. 

Cresswell, Baber 453. 
Cutore 406. 

Cutter, E. 329. 


D. 


Dagnini 411. 

Dabmer 560. 

Damman 406. 
Danielsen, W. 157. 
Daubigney, L. 436. 
Davis, L. 411, 438. 
Deau, L. W. 584. 
Delavan, D. B. 893, 485. 
Delie 551. 


Encina, Jimenez 82, 754. 
Englander, M. 554. 
Epaud, P. 436. 

Ephraim 76, 547. 
Ephraim, A. 165. 
kppinger 189. 

Escat 551, 557, 739. 


G. 


Galdin, J. A. 72. 
Galebski 535. 
Gallegos 754. 
Galvin, E. 440. 


Eve. 166. Gantvoort, C. H. 177. 
F Garcia del Mazo 738. 
: Garcia 6 Ilurre, Juan 318. 
Fabricius 425. Gard, J. 540. 
Fallas 178. Gardner, Bellamy 82. 
Farrel, T. H. 139. Gaub, Otto C. 421, 440. 
Farssac, R. 443 Gauthier 442. 


Faulder 435, 440. Gemmili, W. 63. 

Federn, S. 82. Genschmer, Karl Franz 442. 
Fein, J. 184, 186, 187, 819. | Gerber, P. H. 170, 551, 558, 
Fenkner, W. 440. 562, 567, 569, 748. 
Fernandes 330, 331. Gereda 794. 

Fernanden Santos 63. Gignoux 743. 


Ferran Gil, Banos 165. 
Ferrari 314, Gillot, H. 436. 
Ferreri 206. Gilse, P. H. J. van 178. 


3] 


Gioseffi 421. 
Giraud, G. 448. 
Glas 184, 185, 187. 
Glas, E. 142, 164. 


Gleitsmann, S. W. 72, 164 


412, 438. 


Glogau, Otto 826. 329, 428, 
798. 


Gluck 90. 

Gluskin 535. 

Goebel 78. 

Goett, M. 443. 
Goldberger, Moritz 443. 
Goldmann 91. 
Goldmann, R. 58, 91. 
Goldstein 328. 
Goldstein, M. A. 72. 
Gongora 755. 
Goodale 435, 734. 


Goris 330, 449, 920, 535. 


Gorese, de 163. 
Gotthilf, W. 749. 
Goyanes, J. 75. 


Grabower 90, 92, 149, 179, 


183, 579. 
Gradeni go 206. 
Da Gradi, A. 150, 413. 
Graf, J. 442. 
Graff 314. 


Grüffner 92, 179, 180, 577. 


Gramstrup 171. 
Greene jr., D. C. 154. 
Greidenberg 540. 
Greven, F. 444. 
Grieg, H. 440. 
Grilléres, A. 436. 
Groot, H. de 178. 
Grossmann, B. 60. 
Grossmann, M. 83. 
Grung 165. 

Grünwald, L. 142, 163. 
Gugenheim 164. 
Guiraud, S. 440. 


Guisez 152, 164, 165, 174, 


452, 541. 
Gundermann 142. 


Guthrie, Thomas 158, 440. 


Gutmann 83. 
Guttmann 95, 164, 441. 
Guttmann, H. 573. 


Gutzmann 90, 179, 181, 182, 


202, 558, 565. 
Gutzmann, H. 558. 


Gyergyai, v v. 68, 168, 196. 


H. 
— 189. 


Haike 92, 143, 181, 183, 


576, 579, 


Hajek, M M. EA 148, 184, 


Namensverzeichnis. 


Hald 172. 


Hald, P. Teteus 385, 336, 


576, 746. 
Hall, C. Gaylord 437, 


Halle 92, 93, 180, 181, 182, 


— — — 


761 


Holzknecht, G. 746. 








Hopmann, Eugen 72. 
Hopmann, jun. 198. 
| Horcasitas 541, 754. 


401, 558, 560, 577, 578. | Horn 325, 326, 327, 328. 


Hamilton 438. 
Hünel, Walter 198. 
Haenlein 92. 
Haenlein, O. 747. 


Horn, H. 899. 
Hosch 401. 
Howarth 418. 
Hubrich 811. 


Hansberg 165, 198, 194, ' Huet, W. G. 541. 


815, 744. 
Hansted, Chr. 440. 
Hanszel, Fr. 154, 187. 
Harem, H 165. 
Harmes 64. 
Harold, Hay s 430. 


453, 733. 
Haselt, van, J. R. 177. 
Haesner, W. 435. 
Hasslauer 307. 
Hastings 144. 
Haudek 139, 
Hauser, R. 444. 





Hays, H. 144, 586, 738. 


Hecht 435. 
Heermann, A. 401. 
Hegener 139, 198. 
Heindl 185. 
Henke, Fr. 519. 
Henkel, W. 439. 


Henkes, J. C. 177, 179. 


Hennebert 450. 
Henyll 80. 
Heryng 541. 
Herz, A. 188. 
Herzfeld 579. 
Hess 189. 
Hess, Thaysen 418. 
Heymann 92, 188, 577. 
Heymann, O, 579. 
Heymann, P. 91. 
Hicguet 447. 
Hill 147, 165. 
Hiltermann, B. 439. 
Hirsch 185, 309. 
Hirsch, C. 430. 
Hirsch, H. 571. 
Hirach, O. 157, 555. 
Hirsch, Oskar 83. 
Hirschmann 181. 
Hoehsinger, Karl 440. 
SECH van der, Leonh 
5 


Hoewe, G., van der 524. 


Hoffmann 189. 
Hoffmann, B. 430. 


Humblé 450. 

Hutter 184, 187. 

Hutter, Fr. 150, 542. 
I. 

, | Mig, H. 738. 




















‘Imhofer, K. 169, 170, 713. 
RES 827, 401, 


| —— Ragnoald 811. 
Irnesto 542. 

Irwin, A. 155. 

Isemer 458. 

Tieren, van 570, 571. 
Itié 436. 

Ittmann, Th. 442. 

! Iwanoff 459, 542. 

| Iwanoff, Alexander 115, 181. 





J. 
' Jackson, Chevalier 825, 327, 
421, 440 


Jacobson, A. 8. 177. 

Jacques 174, 448, 536. 

| Jakubeik, V. 141. 

Jamoilenko 538. 

Jansen 58. 

Jantzen, Willaume 173. 

Jauquet, M. 329, 832, 834, 
449, 450, 542. 

E G. 439. 








Joël 758. 

Johnston, R. H. 421. 
Jones, ene Portes 749. 
| Joseph, B. 529. 

— Jacques 561. 

| Jouty 309. 

| Jung, W. J. 84. 

‚ Jurasz 189, 194. 


K. 


| Kafemann, R. 147. 
Kahle, P. 489. 


Hoffmann, R. 163, 190, 430, Kahler 165, 184, 186, 194. 


Kahler, O. 64, 198, 199, 746. 


Hoffmann, ans 109,580. | Kahler, Otto 89. 


Hollinger, J. 4 
Holmes, E. M Ze 


Kakisowa, B. 444. 
Kampf, Hans 155. 


50a* 


762 Namensverzeichnis. 


Kan, P. Th. L. 176, 178, 

179, 431, 570, 571. 
Kano, Sakutaro 155, 438. 
Karminski 759. 


194, 577, 579. 
Kuttner, A. 150, 199. 
Kyle, John, J. 309, 436. 


Kaspar 315. Kyritz, A. 441. 
Kassel, Karl 255. 
Katz, Leo 1, 170. L 


Katzenstein 91, 180, 181, 
558, 559, 564. 

Kaufmann 524. 

Kayser 560. 

Keating Hart, de 140. 

Kelly, A. Brown 441. 

Kelson 64. 

Kern, Walter 318. 

Khautz, jun. 157. 

Kiar. Gottl. 172, 173, 335, 
574, 575. 

Killian, Gustav 190, 191, 
192, 194, 196, 198, 199, 
201, 524. 

Klausner, E. 418. 

Klein, G. 162. 

Klein, Vald. 172. 

Klemptner, L. 436. 

Kleyn, A. de 84, 570. 


Laccetti 442. 
Lagarde, M. 442. 
Lake 401. 

Lamann, W. 394. 
Lampadius, K. 441. 
Landau 163. 
Landgraf 577. 
Landois, F. 157. 
Landsberg 189. 
Lang, 337, 339. 
Lang, J. 740. 
Lange V. 525. 
Langowoi 548. 
Lapgwill, Leith. 443. 
Lannois 175, 525. 
Larché, G. 441. 
Lardenno's 157. 


Knokiewicz, A. 140. Laub, L. 166. 
Knopff 442. Laubi, O. 413. 
Koblanck 436. Lauda 543. 


Kobrak, F. 740. 

Kocher, Albert 319. 
Koenig 446, 447, 525, 543. 
Koenigstein 163. 

Kofler, K. 64, 186. 


Lauzurica 166. 
Lavrand 174, 525. 
Lazärraga 750. 
Lechtmann, J. 749. 


‚König 176. Ledoux 334, 451. 
Konstantin 538. Leiner, C. 158. 

Körbitz 79. Lemaitre, F. 175. 

Körner, C. 438. Lénárt, Z. v. 206, 337, 338. 


Lennhof 577. 

i De Lens 548. 
Lepel-Cointet 441. 
Leroux, Rob. 144. 
Leulier, M. 442. 
Leuwer, H. 59 
Levi, L. 158. 


Kórner, O. 340, 441. 
Körner, Otto 170. 
Koschier, 187, 758. 
Kovács, F. 433. 
Krabbe, E. 441. ` 
Kramer, R. 407. 


Krause, G. 442. 
Krause, Richard 558. | 











Krebs 191. 
Kren 166. ; 
. Kretschmann (Magdeburg) Lewek, G, 441. 

191, 195. Lewis 66. 
Kretschmer, M. 740. Leyden, Hans 155. 
Kreuzfuchs 5959. | Liebmann, Albert 163. 
Krieg, E. 441. | Linck 566. 

Krone 141. | Litmanowicz, H. 442. 


Kronenberg 89, 321, 322, Llorente 754. 

566. Lockard, M. D. 324. 
Kubo, Ino 437. | Loeb, H. W. 329. 
Kuhn, E. 555. Lorenzo, B, 324. 

Ter Kuile, V. Th. E. 176, Lówe 182. 

173, 569. Lówe, L. 525, 526. 
Küll, M. 73. Liwy 186. 

Kümmel 194, 199. ‚Luc 174, 444, 450, 526. 


Labarre, E. 329, 446, 551. 


Lautmann (Paris) 176, 857. 


Levinstein 91, 92, 163, 487, 
536. 

Levinstein, O. 150, 164, 436, 
437 


[4 


Kuttner 91, 93, 179, 182, | Lucae 798. 


Lukinger, O. 438. 
Lundh, Karl 164. 
Lunin 558. 
Lustwerk 519. 


M. 


Mac, Coy John 555. 

Mac, Lachlan, A. 442. 
Mackenzie, Dan. 402. 
Mager 741. 

Mahler, L. 73. 

Malmsten, K. 165. 
Manasse 194, 195. 
Manasse, O. 758. 

: Mandel 318. 

Mann 189, 196. 

Mann, M. 580. 

Mantel, H. 442. 

Mantelli 79. 

‚ Marage 151. 
Marangoni 13. 

Marique 543. 

Markus 326, 327. 
Marschik 101, 184, 185, 186, 

188. 

Marsden 71. 

Martkev, E 742. 

Martin, Alfred 758. 
Martin, Avelino 747. 
Martin, Francisque 751. 
Martin, C. F. 436. 
Martuscelli 73. 

Marx 310. 
Marx, H. 
Mascré, H. 441. 

Masip 402, 741. 

Massei (Neapel) 43. 
Massei 422, 

Massier 544. 

Mathews, Justus 827. 
Mathis, Ch. 441. 
Matthews 166. 

Maurice 64. 

Mayer 440. 

Mayer, H. 438. 

Mayer, K. 145. 

Meissner, H. 526. 
Mendelsohn, L. 79. 
Menier, M. 39. 

Menzel 165, 185, 186, 187. 
Menzel, H. M. 74, 315. 
Menzerath, P. 443. 
Merckx 381. 

Mermod 175, 739. 

Meyer, A. 92, 182, 312, 577. 
Meyer, Arthur 93, 183, 251, 


580. 
Meyer, Edm. 90, 91, 93, 192. 
Meyer, Erwin 119 
Meyer, Wilhelm 325. 
Meyjes, Posthumus 178. 


5] Namensverzeichnis. 
ee P. 441. | P. 
Miller 326. 
Mink, P. F. 155, 403. og i een 
ee Pagliai 318. 

QUE, — Panse, Rudolf 194. 
Molimé 544. Panzer 188 


Molinier, M. 437. 


Moll, A. C. H. 569. Parisot, F. 441. 


Parke, Davis u. Co. 141. 


Moller 197. 

Móller, Jórgen 165, 172, 574. Bun s 
Monges 60 Pasch, E 744. 
Mori, A. 395. 


Pasqualini, F. 444. 
Pauncz, M. 316. 
Pawlow 552. 
Pelissier, M 439. | 
Peltesohn 579. 


Morosuff 537. 
Morriston, Davies 165. 
Moscoso, J. 439. 
Most, A. 444. 
Moszkowicz 187. 


Pernie 550. 
Bun " 75 Pescatore 750. 
’ s P eters 4 38. 


Moure, E. J. 751. 


Moussour, E. 442. Peyser 182, 183, 578. 


Mühlen, v. z. 560, 562, 568, Pfannensiil — 
56 
Müller, Ch. 749. — 
Müller, Rud. 137. Philippson 751. 
Maser, P. 441. Pick, E. 94. | 
Muskens, A. 548. Pick, F. 518. 
Mygind, H. 171, 172, 315, Pickenbach 312. 
320. Pietri 552. | 
Piff, O. 94, 404, 574. | 
N Pike 145. 
Nadoleezny 201, 315. Bee tae 98; | 
Nassetti 167 Pollak 189 
Natier 145. Pollak, R. 159. 
Navratil, D. v. 165, 336, 


Pollatachek, E. 839. 
Polyak, L. 143, 190, 191, 
337, 339. 

Polzien, F. 444. 

i Popovici 162. 

Portela 409, 438, 753. 

Porter 151. 
| 


337, 339, 340, 423, 438. 
v. Navratil, sen. 336. 
Neisser 60. 

Neufeld 435. 
Neumann, Fr. 141, 527. 
Neumann, Julius 439. 
Neumann, O. 442. 
Neumayer 201. 
Nicola: 418. 

Nielsen, L. 320. 
Nikitin, W. N. 167. 
Nobl (Wien) 310. 
Nollen, Ch. 439. 
Nórregaard, K. 575. 








Pouthi«re, de 437. 

Preiser, E. 438. 

| Preleitner, K. 153. 

, Preobraschensky 448, 506. 

. Propper, E. 159. 

' Preysing 17, 349. 

Pritchard 167. 

Pugnat 741. 

Purcell, Clyde E. 328. 
| Putschows y 903. 

Oddo 747. 


Oelsnitz 158, | ..Q 
ertel, Bruno 453. 1 d 556. 
— H. K. 395. Que 178 569. 
ivier, Eugéne 160. | l ] .H. ; 
Oller 755. en | 
Onghton 328. 


QO. 


Onodi, A. 23, 65, 74, 167, S i 
206, 337. Rabotnoff 527. 
Ostmann 530. Rakowski, S. 444. 





Raoult 173. 

Rebandi 65. 

Reiche 69, 390. 
Reinking 423. 

Reith, J. 441. 

Rejtó, A. 163. 

Remzi, E. 167. 

Rendel, Short 553. 
Réthi 184, 407, 435, 739. 
Reuss, Erich 408. 

Reye, E. 441. 

Rhese 527, 560, 566, 758. 


|! Richard 527. 
| Richardson, Ch. W. 550. 
| Richter, E. 435, 519. 


Ritter 196, 576, 577. 
Ritter, G. 180. 
Robbs 750. 
Robinson 440. 
Koe, J. D. 148, 328. 
Rolleston 163, 407. 
Rolleston, J. D. 527. 
Rómheld 433, 434 
Röpke 322, 340, 752. 
Rosenberg 91, 181, 182, 183, 
191, 578. 


Rosenberg, Albert 200, 446. 
| Rosenhauer, P. 444. 


Rösler, E. 441. 
Rösling, F. 438. 

Roth 185, 187, 741. 

- Rothschild v., H. 158. 
Rouffiandis 156. 
Roughton 436. 
Rouvillois, de 174, 175. 
Rouzoul, F. 441. 

Roy, Dunbar 320. 
Rugani, L. 741. 


Ruprecht 191, 194. 
DC M. 1, 148, 162, 


— 747. 
Rushten, Fart 443. 
Ruysch, G. J. E. 176. 

















S 


| Sachs 156. 

| Sack, N. 744. 
Saenger, M. 320. 
Safranek, J. 503. 
Salzburg 196. 
Samoilenko 527. 
Santaló, Ramirez 544. 
Santiuste 754, 755. 
Sanz 316. 

Sanz, F. 434, 745. 
Sargnon 174, 550. 


| Saturnow 550. 


Sauer, W..E. 327. 
Sawyer 436. 

















764 


Namensverzeichnis. 


SS 91, 181, 188, 404,| Smith, Eustace 148. 
571. Smith, H. 326. 

Smith, Harmon 415, 438. 

Snegireff 528. 

Snoy, Cassel 748. 

"Sobernheim 183. 

Sobernheim, W. 146. 

Sokolow 528. 

Sokolowski, A. 808. 


Scheppegrell 519. 
Schestopal 419, 553. 
Schiffer, B. 141. 
Schilder 189. 
Schiller, A. 441. 
Schirmer, Otto 750, 
Schirmunski 545. 


Schlender 166. Soldin 159. 
Schlesinger 189. Sonntag 182. 
Schlesinger, W. 188. Spiess 415. 


Schmidt, K. 444. Springer, C. 572. 
Pneu 172, 335, 414, | Staats 545. 

914. Staehelin - Burckhardt 423. 
Schmiogslor, E. 836, 575, | Steffen, Wilhelm 408. 


Stein, O. 404. 
Schmitz, F. 442. Stein, Otto J. 436. 
Schmuckert 808. Stein, St. von 720. 
Schneider 69. Steiner 745. 
Schoetz 90, 182. Steiner, M. 339. 
Schols, H. 77. 


Steiner, Paul 79. 
Scholz 328. 


Steiner, R. 545. 
Schomburg, Ch. 441. Steinhaus 884. 
Schönemann 69, 87, 437. | Stenger 566. 
Schötz 91, 92, 93. Stephenson 167. 
Schreiber 748. Stepinski 436. 
Schrótter v., H. 747. 


Stern, H. 897, 443. 
Schultheiss, E. 444. Stern, Hugo 201. 


Schultz, F. 444. Stewart, J. C 156. 
Schultze, H 439. Stierlin, R. 441. 
Schultz, R. 442. Stock 520. 

Schum, H. 441. Stoffel, Edda 434. 


Schwartze 340. 
Schwarz, E. 188, 
Schwarz, G. 77. 
Schwerdtfeger 581. 
Scripture, E. W. 443. 
Sebba, M. 489. 
Sebileau, P. 61. 
Seifert 190, 196, 741. 
Seifert, Otto 103. 
Seljugin 550. 
Semenoff, Blumenfeld 545.| 195, 579, 580. 
Senator 93, 180, 182, 579. | Sukennikowa, N. 444. 
Senator, M. 92, 183, 578, | Sulze, W. 487. 

735. Swarte, E. 444. 
Sertoli 156. Swerschewsky 557. 
Severin, J. 442. Symonds, Charters J. 65. 
Setién 758, 755. Sytschow, K. 487. 


Stolzenburg, P. 442. 
Stórk, O. 483. 

Strauss, A. 528. 

Streit 565, 567. 

Strelitz 80. 

Stropeni 424, 

Struycken, J. L. 178, 569. 
Stuart-Low 528. 

Sturm 74, 443. 


Sheedy 328. 

Shutt, C. H. 151. 

Siegmund, A. 159. T 

Siemens, J. Leopold 176. : 

Sieur 174. Tamm, Alfhild 165. 
Sikkel, A. 414, 569, Tanturri 70, 758. 
Simanowsky 588. Tapia 66, 816, 319, 405 
Simkó, L. 560. 416, 440, 542, 754. 


Simonin, M. 489. Tapia, A. G. 165, 840. 
Skillern, Ross Hall 168, Tapia, G. 65. 

326, 404. Tapia Garcia 424. 
Skript 520. Tawse Bell 436. 
Sluder 328, 329. Taylor, David 167. 


Sturmann 146, 18?, 1929, 





[6 


Tedesko 189. 
Tenzev, L. 812. 
Tereschkowitech, A. 
Thom, V. 441. 

Thomas, B. A. 160. 
Thomas, G. 438. 
Thomson, St. C. 75 
Thooris 176. 
'l'horsteinsson, O. 165. 
Thuc, Kr. 785. 
Tiefenthal, G. 405. 
Tiling, K. 444. 

Tilley 152, 168, 439. 
Tillgren, Josua 166. 
Todd, Fr. C. 328. 
Tontscheff 538. 

Toti 528. 

Tóvolgyi, E. 168, 
Tovolgyi, F. 837. 
Trautmann, G. 405. 
mn 173, 880, 448, 451, 
Türck, Ludwig 393, 485. 
Türkheim 1 

Turner, Logan 66. 
Tydings 328. 


U. 


Uchermann, V. 166. 
Uffenorde, W. 199, 597. 
Ullmann (Wien) 87. 
Urbano, Villar 754. 
Urbantschitsch 67. 


V. 


Vacher 174, 446. 
Valenti 146. 

Veau, Victor 160. 
Vedova, Della 545, 745. 
Verson, S. 164. 

La Vigne 416. 

Viollet 484, 529. 
Viollet, Paul 176. 
Vitolo 166. 
Vogelgesang 437. 
Voislawsky, A. P. 436. 
Voislawsky, Antonius 405. 
Voss 161. 


W. 


' | Wüchter, H. 444. 


Wa : 
Waldstein 442. 
Waller, Wilhelm 335. 
Walter, A. 485. 
Warnekros, K. 443. 


«| 


Wasermanu 192. 
Wassermann 310. 
Watermann, J. S. 745. 
Watson, W. 437, 551. 
Watters, Mac 164 
Waxham, F. E. 
Waxham, L. E. 436. 
Weil 184, 185, 187. 
Weivland, G. 557. 
Weiss, O. 416. 
Wells, W. A. 308. 
Welty 327. 
Wendtlandt, W. 441. 
Weski 183, 576. 
Weski, Oskar 879. 
West 529, 976, 577. 
West, Joh. 161. 
Wettstein, A. 416. 
White 71. 

Wiener, Alfrad 529. 
Wiener, H. 88. 


406, 439. 


Namensverzeichnis. 


Wiener, Otto 94. 
Wienhaus, O. 488. 
Wiesner, R. v. 158. 
Wikuer, Ernst 312. 


Wildenberg, van den 331, 


335, 558 . 
Wilson, J. G. 147. 
Wimmer, O. 80. 


Winckler 191, 192, 195. 
Winogradoff 546. 
Winter, D. 320. . 
Winternitz, A. 166, 316. 
Wirth, K. 188, 

Witt, E. 437. 
Wittmaack 162. 

W ladimiroff 516 

Wolff 182, 576. 

Wolff, H. J. 92, 93, 181. 
Wolfsohn, Georg 443. 
Wolkowilsch, N. 735. 


Wunder 162. / 
Wüstmann 443. 


Y. 


Y Yague, R. Luis 747. 
earsley, Macleod 71. 


2. 
Zange, J. 311. 
Zarniko 194, 195, 196. 
Zeller, A. 520. 
Zickgraf, Goswin 53. 
Ziem 67, 436. 
zum 749. 


— J. 162 
Zach erkandl, E. (Nekrolog) 


cds 046. 
Zwaardemaker 569. 
Zwillinger, H. 162, 485. 


Sachregister. 


A 


Abduktorenlähmung 72, 164. . 

Abszesse des Halses 554. 

— parapharyngeale 39. 

— perilaryngeale 538. 

Accessorius 541. 

— -lihmung 408, 443. 

Adenoide 71, 171, 251, 312, 357, 443, 
531, 538, 741. 

— Gehör bei dens. 437. 

Adenoidenzange 64. 

Adenokarzinom, bronchiales 424. 

Adenom der Nase 579. 

Adenotomie 437, 519, 531, 754. 

— Anästhesie bei 357. 

— Komplikationen nach 477. 

— Rezidive nach 713. 

Adrenalin 166. 

Akromegalie 750. 

Aktinomykosis 538. 

Alkoholinjektionen 151. 

Allgemeines, Geschichte. (Referate) 57, 
139, 307, 393, 517, 733. 

— Geschichte usw. (Literaturverzeichnis) 
162, 434. 

Allgemeine Therapie 517. 

Americain Medical Association 325. 

Amygdalektomie 448. 

Amygdalitis praeepiglottica 741. 

Amygdalotom 446. 

Amyloid 544. 

Anaphylaxie 439. 

Anästhesie 145, 150, 518, 520. 

— des Vestibulum 43. 

Anästhesierung 148. 

Anästhesin-Koryfin 517. 

Aneurysma 188, 444. 

Angina 69, 407, 408. 

— Behandlung der 740. 

— leptothrica 68. 

— Ludovici 442, 448, 551. 

— Nephritis nach ders. 442. 


Angina scarlatinosa 437. 

— der Seitenstrünge 437. 

— Vincenti 91, 164, 407, 585, 564, 742. 

— -— des Kehlkopfs 742. 

Angiom der Plica salpingopharyngea 979. 

— der Zunge 579. wen E 

Ankylose des Aryknorpels $45. 

Anosmie 53, 436. 

Ansaugen des Nasenflügels 182, 401. 

Antimeristem 438. 

Aphasie 444, 546. 

Aphonie 575. 

Aphthen 441. 

Appendix ventriculi 91, 92. 

Appendizitis 425, 443. 

Argyrie 735. 

Argyrose 183. 

Arsen 91. 

Arsenobenzol 503, 528 s. a. Salvarsan. 

d'Arsonvalsche Stróme 550. 

Artikulation 94. 

Aryknorpel, Abszess des 93. 

Arytünoidalgelenk 745. 

Arytänoidknorpelaffektionen 439. 

Ascaris lumbricoides 543. 

— — in der Trachea 440. 

Asepsis 173. 

Aspirationsbronchoskop 421. 

Aspirationsmethode 739. 

Asthma 70, 83, 167, 820, 821, 326, 440, 
555, 807. 

— bronchiale 166, 750. 

Athylchlorid 368. 

Athyreosis congenita 444. 

Atmokausis 197. 

Atmung, verlangsamte 729. 

Atrophia cutis reticularis 749. 

Augenaffektionen 309. 

Augenmuskelnerven 623. 

Augenstórungen 207. 

Augensymptome 83, 406. 

Automobilist, Luftwege dess. 393. 


2] 


Autoskopie, Technik der 422. 
Avellissches Symptom 314. 


B. 


Bacillus fusiformis 553. 

Basedowsche Erkrankung 443, 444, 554, 
750 s. a. Morb. Bas. 

— -symptome 430. 

Bauchmassage 77. 

Bazillen, fusiforme 78. 

Berliner laryngologische Gesellschaft 90, 
179, 576. 

Bernhard Frünkel-Stiftung 98. 

Bibliothek des Kommunehospitals 101. 

Bismuthum subnitricum 144. 

Blutdruckschwankungen, respiratorische 
444 


Blutegel 754. 

Blutungen 140. 

Bräune 438. 

Bronchialdivertikel 746. 

Bronchialdrüsen 440, 441. 

Bronchialerkrankungen 547. 

Bronchialkrebs 441. 

Bronchiales Gummi 577. 

Bronchialspray 547. 

Bronchiektasie 547. 

Bronchien. (Referate) 75, 152, 318, 419, 
947, 145. 

— (Literaturverzeichnis) 165, 439. 

Bronchitis 547. 

Broncho-Elektroskop 197. 

Bronchoósophagoskopie 423. 

Bronchoskopie 75, 1d. 90, 166, 175, 178, 
186, 420, 439, 548. 

— [Indikation zur 549. 

— -Instrumente 197. 

— "Technik der 165. 

— Todesfall bei 420. 

Bronchoskopische Einblasungen 421. 

Bronchostenose 188. 

Bronchus, Kieselsteine im 747. 

Brustkorb 436. 

Bruststimme 564. 

EES 88, 321, 444, 557, 


Bursa pharyngea 566. 


C. 


Camerae silentii 569. 
Cancroid 542. 

Chinin 518. 

Chloreton 434. 
Chlorkalzium 401. 
Choanalatresie 181, 559. 
Choanalsarkom 527. 
Choanalverschluss 94, 735. 
Chondrome 581. 
Chordektomie 164, 412, 488, 439. 
Chordom 586. 

Chorea 497. 

Constrictor pharyngis 443. 


Sachregister. 


| en 


167 


Coryfin 141, 449. 
Crises nasales 96. 


D. 


Dacryocystis 186, 528. 

Dänische oto-laryngologische Gesell- 
schaft 171. 

Decanulement 164. 

Denkersche Operation 581. 

Dermoidzysten des Mundbodens 166, 320. 

Diabetes mellitus 434. 

Diagnose, Mcthode der 197. 

Diagnostik, zahnärztliche 375. 

Dep res der Trachea 573. 

Diphtherie 77, 163, 178, 395, 487, 438, 
527, 535, 537, 551, 741, 742. 

Diphtherieantitoxin 544. 

Diphtheriebazillenpersistenz 740. 

Diphtherie, chronische 326. ` 

— -Rekonvaleszenten 740. 

— -Serum 408. 

-— -Sterblichkeit 408. 

Diphtherieträger 394. 

Drüsen des Rachens 536. 

Ductus stenonianus 317. 

— — Stein im 330. 

— thyreoglossus 154. 

-- — Zyste des 187. 

Dysphagie 746. 

Dysphagietabletten 139, 


E. 


Ehrlich-Hata 495, 551 s. a. Salvarsan. 
— (Tabes) 577. 

Elektrolyse 147. 

Enchondrom der Nase 585. 
Endokarditis 408. 

Endoskopie 162. 

— der Luft- und Speisewege 440. 
Kodothelialsarkom 147. 
Endotheliom 68. 

— der Parotis 334. 

Epiglottis, Amputation der 103. 
— Verlötung der 576. 
Epiglottiszyste 519, 545. 
Epitheliom 810. 
Epithelkórperchen 188, 443. 
Endoskopie des Larynx 550. 
Epilepsio 159. 

Epipharyngoscopia 168. 

Epistaxis 738. 

Epithelialkarzinom der Basis cranii 147. 
Epithelkörperchen 157. 

Erbrechen 538. 
Erbängungsversuch 408. 

Erysipel 442, 519. 
Ethmoidal-Neurosen 199. 
Ethmoiditis 62, 326. 
Exophthalmus 63. 
Extraduralabszess 679. 


168 


F. 


Falsettstimme 564. 

Fehldiagnose, ósophagoskopische 571. 

Fenstersonde 197 

Fetttransplantation 310. 

Fibro-Adenom 30. 

Fibrome, nasopharyngeale 547. 

— pharyngo-temporale 535. 

Fibrom, retromaxilläres 176. 

Fıbrosarkom der Nase 64. 

Flimmerbewegung in Trachea 440. 

Flügelgaumengrube, Tumor der 434. 

Formamint 519. 

Fortbilduugskurs 101, 580, 758. 

Franzósische Gesellschaft für Oto-Rhino- 
Laryngologie 178. 

Fremdkörper des Antrum maxillae 973. 

— bruncho-ósophageale 547. 

— im Bronchus 75, 98, 165, 186, 440, 
441, 451, 550, 572, 746, 747. 

— im Kehlkopf 164, 415, 539, 540, 754. 
in der Luftróhre 548. 

in den Luftwegen 440, 548, 550. 
der Lunge 166, 335, 440, 441, 575. 
der Nase 92 

im Nasenrachenraum 530. 

im Ösophagus 424. 

der Regio superciliaris 66. 

im Sinus piriformis 247. 

der Speiseröhre 91, 165, 166, 180, 

319, 440, 550. 

— Statistik der 755. 

— der Trachea 152, 745, 746. 

Fulguration 140. 


bid ddd del 


G. 


Gangrün des Gesichtes 335. 

Gastroskop 422. 

Gaumendehnung 79. 

Gaumen, Epithel des 155. 

Gaumenbaken 487. 

Gaumen, Insuffizienz des 417, 441. 

Gaumenkarzinom 78, 311. 

Gaumen Kehlkopflähmung 439. 

Gaumenlähmung $51. 

Gaumenlymphangiom 442. 

Gaumenmandelexstirpation 580. 

Gaumenmandel, Funktion und Nutzen 
der 447. 

Gaumenmaudeln,' Injektionsanüsthesie 
der 163. 

Gaumensegelkrämpfe 189. 

Gaumensegelverschluss 442. 

Gaumenspalte 442. 

Gaumentumor 71. 

Gaumen, Verwachsung des 308. 

Gaumenwölbung und Zabnwuchs 400. 

Gaumenzyste 78. ' 

Gebiss, verschlucktes 420. 

Geburt 202. 

Gehörgangsatresie 571. 

Genitalapparat 119, 145. 


Sachregister. 


Geruchsempfindungen 67. 
Gesangschüler 201, 315. 

Geschichte 88, 255. 

— (Referate) 57, 139, 307, 393, 517, 733. 
— (Literaturverzeichnis) 162, 434. 


. Geschlechtsorgan 321 


Geschmackstórung bei Mittelohraffek- 
tionen 442. 

Gesellschafts- und Kongressberichte 90, 
171, 325, 446, 558, 753. 

Gesicht, Chirurgie dess. 330. 

Gingivitis 165: 

Givasanzahnpaste 99, 749. 

Glaseptik 141. 

Glossopharyngeuslähmung 443. 

Gottsteinsche Sonde 747. 

Granulosis rubra 163. 

Grenzgebiete (Referate) 80, 156, 319, 
425, 749. 

— (Literaturverzeichnis) 166, 443. 


H. 


Halsabszess 749. 

Halsdrüsentuberkulose 319, 444. 

Halsfistel 441. 

Hals, Hygiene dess. 308. 

Halskaupastillen 406. 

Halskiemenfistel 164. 

Halsklinik des Reichshospitals 574. 

Halstuberkulose 324. 

Halszysten 73. 

Hämophilie 163. 

Harnstoff 518. 

Hautausschlag nach Diphtherie 425. 

Heiserkeit 439. 

Hemilaryngektomie 539. 

Hemiplegien 92, 179. 

Hemiplegie glossolaryngeale 316, 745. 

Hemispasmus linguae hystericus 80, 94. 

Herzneurosen 436. 

Herzvergrösserung 433. 

Heuschnupfen 67, 430, 436, 518, 519, 521. 

Hexamethylenamin 425. 

Hiatus semilunaris, Derivate des 163. 

Hilusdrüsen 188. 

Hirnabszess 178. 

Hirnerkrankungen, rhinogene 428. 

Hutchinsonsche Zähne 417. 

Hypernephrom 315. 

Hypopharynx 439. 

Hypophysektomie 157. 

Hypophysentumor 555. 

Hypophysis 70, 167, 319, 335, 431, 531, 
571, 576. 

— Chirurgie der 161. 

Hypophysistumor 83, 167, 750. 

Hypsotaphilia 531. 

Hypothyreoidismus 443. 

Hysterie 162, 542. 


I. 


Immunisierung 160. 
Influenza 485, 784, 789. 


4] Sachregister. 


r 


Inhalationen 441. 

Inhalationstherapie 139, 141. 

Inkontinenz, fäkale 741. 

Innervation des Kehlkopfes 541. 

Instrumente 177, 199, 829, 447, 519, 571. 

Internationaler Laryngo - Rhinologen- 
kongress 203, 339, 453, 580, 756. 

— medizinischer Kongress 758. 

Intrakranielle Komplikationen 444. 

Intranasale Chirurgie, Prinzipien der 190. 

Intubation 164, 237, 315, 489, 535. 

— bei Fremdkörpern 421. 

Intubationskanüle 413. 

Jodbasedow 433. 

Jodnatrium 807, 734. 


K. 


Kalium hypermanganicum 74, 

Kanarische Inseln 308. 

Karotisligatur 64, 157. 

Karzinom 19, 140. 

— endonasales 1. 

— der Nase 63. 

— des Siebbeins 708. 

Katarrh 139. 

Kehldeckelkrebs 164. 

Be mine) 71, 148, 312, 408, 

, 142. 

— (Literaturverzeichnis) 164, 488. 

Keblkopfabszess 745. 

Kehlkopf-Aktinomykose 538, 

Kehlkopfamyloid 544. 

Kehlkopfausräumung 813. 

Kehlkopfblutung 164. 

Keblkopfdiaphragma 165. 

Kehlkopfdiphtherie 95, 151, 164, 187, 315. 

Kehlkopfbrenner 548. 

Kehlkopf, Okklusion des 165. 

Kehlkopfexstirpation 90, 186, 196, 540. 

Kehlkopf, feinerer Bau des 438. 

Keblkopffernrohr 199. 

Kehlkopffibrom 573. 

Kehlkopfformen, atypische 165. 

Kehlkopfgesch wülste 411. 

Kehlkopf des Heulaffen 413. 

Kehlkopf, Hypernephrom des 315. 

Kehlkopfinnervation 149. 

Kehlkopfkrebs 75, 164, 225, 814, 414, 415, 
438, 589, 545, 744. 745, 755. 

aoe es 816, 416, 439, 569, 


Kehlkopflahmung nach Trauma 748. 
Kehlkopf, Leukokeratosis des 816. 

— Lipom des 72, 754. 
Kehlkopfluftsäcke 410. 

Kehlkopf der Marsupialier 489. 
Keblkopfödem 412, 438, 544, 754. 
Rene opipapillon: 95, 199, 451, 542, 743, 


Kehlkopf, Perichondritis des 754. 
Kehlkopfsarkom 196. 
Kehlkopfechwindsucht , 


Trichloressig- 
säureätzungen bei 487, 


769 


Kehlkopf bei Selbstmördern 754. 

Kehlkopfspiegel 433. 

Kehlkopfstenose 886, 565, 572, 745. 

Kehlkopfstiidor 439, 548. 

Kehlkopf, Struma im 184. 

Kehlkopfsyphilis 744. 

Keblkopf, 'l'otalexstirpation des 184. 

Kehlkopftremor 337. 

Kehlkopftuberkulose 95, 103, 148, 149, 
150, 152, 307, 312, 818, 314, 409, 412, 
413, 416, 438, 439, 589, 544, 545, 573, 
753, 754. 

Kehlkopftumoren 151, 438, 546. 

Kehlkopf, Verknócherung des 188. 

Keblkopfunteisuchung 189. 

Keilbeinhöhle 181, 436, 559, 560. 

— Mukozele der 63 

Keilbeintumor 185, 519. 

Keuchhusten 77, 159. 

Kiefer, Osteomyelitis 442, 

Kiefergelenksankylose 426. 

Kieferhóhle 529. 

— Durchleuchtung der, mit Glühlicht 520. 

— Empyem der 142. 

— Epitheliom der 405. 

— Eıterungen der 526. 

Kieferhöhleneiterungen 184, 188, 691. 

Kieferhöhleneiterung, Pyämie nach 311. 

Kieferhöhlenempyem 146, 163, 336. 

Kieferhöhlenkarzinom 436. 

A rat 191, 310, 404, 435, 


Kieferhöhle, TraumatischeErkrankungen 
der 171. 

— Trokar für die 522. 

Kieferhöhlentumor 63. 

Kieferzyste 145, 156, 181, 186, 399. 

Kieferzysten, Pathologie der 467. 

Kiemengangeiterung 73. 

Kiemenspaltenresiduen 438. 

Klimatotherapie 308. 

Klinik der Tuberkulose 752. 

Knochenbildung im Kehlkopf 438. 

Knochenbildung in der Luftröhre 438. 

Knochenzange 736. 

Knorpelgeschwulst 581. 

Kohlensäurebehandlung 310. 

Kokain 755. 

Komplikationen, endokranielle 329. 

Komplikation, orbitale 166, 329. 

Komplikationen, pharyngeale 329. 

Kongress der russischen Oto-Laryngo- 
logen 452. 

Kongresse und Vereine 99, 339, 580, 755. 

Kropf 86, 87, 557 

Kropfätiologie 554. 

Kropfherz 81. 


L. 


Lähmungen, luetische 182. 
Laryngeal-Dyspnoe 488. 
Laryngektomie 165. 

— lokale Anüsthesie bei 755. 


770 


Laryngitis dolorosa 748. 

— gummosa 744. 

— leprosa 755. 

— phlegmonosa 439, 754. 

Laryngccele 164 

Laryngofissur 815. 

Laryngoskopie, direkte 421. 

Laryngospasmus 159. 

Laryngostomie 115, 164. 

Laryngostroboskop 559. 

Laryugotomia transhyoidea 174. 

Laryngostomie, Stimme nach 131. 

Laryngotomie 64, 332. 

Laryngotracheosko ie 316. 

Larynxatrophie 149. 

Larynxintubation 164, 194. 

p rp siehe auch Kehlkopf- 
krebs 1 

Larynzpapiliom 332 
Larynxsarkom 489, 

Larynx, Sensibilitätsstörungen des 42. 

Larynxstenose 314, 439, 545, 754. 

Larynxstenosen der Kinder 237. 

Larynxstenose nach Typhus 573. 

Lehrbuch der Krankheiten des Rachens 
und Kehlkopfes 751. 

— der Ohren, Nasen- und Kehlkopf- 
krankheiten 170. 

— der spezifischen Diagnostik und 
Therapie der Tuberkulose 752. 

Leitungsanästhesie 395. 

Leontiasis ossea 184. 

Lepra 60, 341, 517, 566, 755. 

Leptothrixmykosis 68. 

Lichen ruber 166. 

Lichiträger 394. 

Lingun geographica 418. 

Lipom des Larynx 72, 

Lipom 519. 

Lippen Epitheliom 156. 

Lippenkarzinom 158, 442. 

Lippenkrebs 553. 

Literaturverzeichnis 162, 434. 

Lokalanästhesie 58, 191. 

Lokale Anulgesie 755. 

Longhieches Symptom 314. 

Lues 60, 64, 65, 91, 335. 

— hereditaria 185. 

— Lähmungen bei 182. 

— laryngis 95. 

Luftröhrenplastik 441. 

Luftröhrensyphilis 198. | 

Luftréhrentabe rkulose 153, 440. | 

Luftróhrentumor 441. 

Luftwege obere, Gefüssnerven der 439. 

— bei Leprósen 341. 

Lungenkrankheiten 57. 

Lungenspitzeninduration 87. | 

Lungentuberkulose 70, 82, 428, 554. | 

Lupus 91, 521, 522, 154. 

Lymphadenom 994. ! 

Lymphangioma orbitae 442. 

Lymphangiom der Zunge 79. | 


Sachregister. 


Lymphatismus 82. 
Lymphgefüsse der Nebenhóhlen 142. 


M. 


Madeira 308. 

Magenkrankheiten 754. 

Makrochelie 558. 

Mal perforant des Proc. alveolaris 577. 

Mandelabszess 437, 538. 

Mandelblutungen 478. 

Mandeln, Entfernung der 448. 

Mandelentzündung 312. 

Mandeln, Funktion der 163, 437. 

— Injektionsanästhesie der 148. 

Mandelkrebs 311. 

Mandeltuberkulose 327, 739. 

Masern 436. 

Mediastinaltumor 335. 

Mediastinumhalsfistel 318. 

Membran retronasale 184. 

Meningitis 174. 

— cerebrospinalis 69. 

Menthol 402. 

Mergal 749. 

Missbildung des Kehlkopfs 742. 

Mitralstenose 540. 

Mittelohrentzündungen 67. 

Mittelohrkatarrh 536. 

Morbus Basedowii 82, 156, 167, 189, 
319, 444, siehe Basedowsche Er- 
krankung 

Mukocele der Stirnhöhle 194. 

Mundboden, Zysten des 166. 

Mundhöhle (Referate) 78, 153, 317, 417, 
ool, 748. 

— (Literaturverzeichnis) 166, 441. 

— Infektion von 425. 

Mundhöhlenboden, Gumma des 186. 

Mundböhlenkrebs 79. 

Mundlampe 162. 

Mundkiebs 442, 

Mundpemphigus 185. 

Mundpflege 79, 154, 155. 

Mund- Rachenerkrankungen 455. 

Mundrachenwand der Tiere 442. 

Mundschleimhaut, eigenartige Erkran- 
kung der 455 

Musculus vocalis 439. 

Mycetes Seniculus 435. 

Myxoma lymphangiectaticum 143. 

Myxom des Nasengerüstes 186. 


N. 


Narkose 357, 

Nasale Neuralgie 736. 

Nase 309. 

— Angiokavernom der 91. 

— Aplasie der 405. 

— Chondrom der 581. 

Nasenatmung 7595. 

Nasenbluten 435, 436, 577. 

Nanoon nenik und Allgemeinerkran- 
kungen 7 


6] Sachregister. . 


Nasenbrüche 751.: 

Nasendestruktionen 405. 

Nasendiaphragma 187. 

Nasendiphtherie 325. 

Naseneingang, Dermatitis 402. 

Nasenepitheliom 187, 738. 

Nasenersatzplastik 561. 

Nasenflügel 182. 

— Ansaugung der 182, 401. 

Nase (Geschichte) 255. 

Nasenheilkunde des Altertums 255. 

Naseninsuffizienz 82, 87. 

Nasenkorrekturen 154, 187, 561. 

Nase, Krankheit der 169. 

Nasenkrebs 196. 

Nasenleiden und Atmung 725. 

— und Hyperaziditat 178. 

Nüseln 163, 737. 

Nasenlupus 331, 521, 522. 

Nasenmassage 401. 

Nase, Missbildungen der 163. 

— und Nebenhóhlen 62, 308, 397. 

Nasennebenhóhlenerkrankungen, iptra- 
kranielle und zerebrale Komplikationen 
der 23. 

— komplizierte Fülle von 597. 

Nase und Nebenhöhlen (Referate) 62, 
142, 308, 397, 520, 735. 

— — (Literaturverzeichnis) 162, 435. 

— Pfühlungsverletzung der 183. 

Nasenplastik 436. 

Nasenpolypen 402, 608. 

Nasenrachenfibrome 174, 810, 585. 

Nasenrachen, Fremdkörper im 519. 

Nasenrachenhóhle, Lymphosarkom der 
177 


Nasen-Rachenpolyp 92, 176, 536, 588. 

Nasenrachenraum, Sarkom des 741. 

Nase als Reflexorgan 145. 

Nasensarkom 177, 573. 

Nasenscheidewand 528 s. a. Septum. 

Nasenscheidewandabszess 527. 

Nasenscheidewand, Missbildungen der 
751. 

Nasenscheidewandtuberkulose 65. 

Nasenscheidewand, Tumor der 527. 

Nasenschleimhaut, Drüsen der 176, 529. 

Nasenspitzenplastik 163. 

Nasenspekulum 435. 

Nasenstein 177. 

Nase, Synechien der 193. 

Nasensyphilis 435. 

Nasentamponade 144, 308, 435, 521. 

Nasentrichter 168. 

Nasentuberkulose 90, 824, 399. 

Nase, Tumoren der 168. 

Nasenverschluss 68. 

Nasopharynx, Desinfektion des 174. 

Nebenhöblen 83, 143, 147, 207, 309, 449, 
521, 523. 

Nebenhóhlendiagnose 198. 

Nebenhóhlen, Chondrome der 581. 

— Diagnostik der 739. 


Nebenhóhlen-Empyem aller 21. 

— Entwickelung der 788, . 

— Róntgenologie der 182. 

Nebenhöhleneiterung, Bakterien der 66. 

Nebenhöhlenkomplikationen 597. 

Nebenhöblenleiden 168. 

Nebenhöhlen, Lymphgefüsse der 142. 

— Operation der 526. 

Nebenhóhlenoperationen, atypische 17. 

Nebennierensubstanzen 729. 

Nebenschilddrüse 184. 

Nervenkrankheiten 96. 

Nervennaht des Laryngeus, superior 
165, 438. 

Nervus olfactorius 437. 

— opticus 84, 524, 570. 

Neuritis optica 63, 606. 

— retrobulbäre 599. 

Niederländischer Verein für Hals-, Nasen- 
und Ohrenheilkunde 176, 569. 

Noma 442, 


O. 


Oberkiefer 182. 

Oberkiefergeschwülste 64. 

Oberkieferhóhle 146. 

Oberkiefernekrose 20. 

Oberkiefer, Osteomyelitis des 189, 443. 

Oberkieferzyste 142, 569. 

Oculomotorius 67. 

Ödem des Larynx 571. 

Ohr, Fremdkörper im 177. 

Ohrgeräusche 430. 

Ohrtrompete 431. 

Optikusatrophie 145. 

Orbita 163, 437. 

Orbita, Anatomie der 600. S 

Orbitalabszess 108, 163. 

Orbitale Komplikationen 177, 186, 207, 
397, 406, 426, 427, 430, 436, 750. 

Ösophagitis 452. 

Ösophagoscopie 89, 91, 152, 165, 175, 

18, 319, 420, 424, 440, 452, 548, 550, 

571, 746. 

Ösophagoskopische Kasuistik 489. 
sophagotomie 318. 

Osophagus (Referate) 75, 152, 818, 419, 

— —— — 165, 439. 

— 433. 

— Dilatation des 165, 441. 

Osophagusatresie 188. 

Ösophagusdivertikel 184, 440. 

Osophagusektasie 441. 

Ösophagusfistel 318. 

Ösophagus, Fremdkörper des 747. 

Ösophaguskarzinom 747. 

Osophagus, Pathologie des 318. 

Osophagusstenose 188, 818, 577. 

Ösophagusstriktur 158. 

Ösophagustuberkulose 165. 

Ösophagustumor 164. 


772 


Ozaena 92, 144, 145, 162, 197, 309, 436, 
525, 759. 

Ozaenabehandlung 522. 

Ozaena und Atemübungen 736. 

— trachealis 98. 

Ozet 162. 

Ozon 807, 784. 


P. 


Pachydermia laryngis 754. 
Pachydermie 316, 541. 
Palatoplastik 166. 
Pansinuitis 449, 523. 

Papillae filiformes 442. 
Papilloma durum 92, 163. 
Papillome 332, 451. 

Papillom des Gaumenbogens 163. 
— der Nase 339. 

— der Nasenscheidewand 62. 
Paraffin 436. 
Paratfininjektion 310, 897. 
Paraffinprothesen 142. 
Paraffintechnik 399. 
Paralysis agitans 96. 

Pariser Schule 88 

Parotiditis 317. 
Parotisangiom 442. 
Parotisschwellung 80. 

— symmetrische 78. 

Parotis, Speichelzysten der 552. 
Parotitis 444. 

— blenorrhoica 166. 
Pemphigus 185, 339. 


. -— acutus 435. 


— der Mundschleimhaut 185. 
Pergenolmundpastillen 749. 
Périchondritis laryngea 411. 

— syphilitica 439. 

— thyreoidea 180. 
Periósophagitis 550. 
Peritonsillitis 570. 

Personalia 206, 340, 458, 758. 
Pferdeserum 140. 
Pfannenstillsche Behandlung 783. 
Pharyngitis, Behandlung der 740. 
— ulcerosa 69. 

Pharyngodynie 789. 
Pharyngoscop 180, 181, 308. 
Pharyngoscopie 440. 
Pharyoxadhäsionen 148. 
Pharynx, Biochemie des 438. 
Pharynxgeschwüre 91. 
Pharynxhypophyse 531. 
Pharynxödem 154. 
PMALYIEUSOPAEHAGIODEÓ; Sarkom der 


Pharynx, Sarkom des 91. 
Phlegmone, orbitale 631. 
Phonasthenie 546, 744. 
Phonation, inspiratorische 411. 
Pityriasis rubra 320. 
Pneumonie 411, 543. 


Sachregister. (7 


Poliomyelitis acuta 158. 
Polypen 521. ! 
Polyp, blutender 144, 525. 
Polysinusitis 331. 
Postikuslähmung 408 
Prülaryngealer Abszess 742. 
Primäraffekt 65. 

Prolaps der Schleimhaut 339. 
Prophylaxe 435. 
Prosopodiaschisis 524. 
Prothese des Schädels 61. 
Ptyalin 442. 

Purpura hämorrhagica 741. 
Putzpulver 325. 
Pyocyanase 325, 438. 


Q. 
Quecksilberdampflicht 149. 


R. o 
Rachen (Referate) 67, 147, 311, 406, 
530, 739. 


— (Literaturverzeichnis) 163, 164, 437. 
Rachengeschwüre 164, 519. 
Rachenhöhle, Selbstinfektion der 311. 
Rachenhypophyse 68. 

Rachenkatarrh 406. 

Rachen, Krankheit des 169. 

Rachenmandeln, nasale Fortsätze der 251. 

Rachen, Paraesthesien des 741. 

Rachenring 538. 

Rachensarkom 437. 

Rachenschleimhaut, eigerartige Erkran- 
kung der 455. 

Rachentonsillotom 311. 

Rachentuberkulose 189, 807. 

Rachentumor 147. 

Radium 76, 147, 165, 451, 452, 738. 

Radiumtherapie 818. 

Ramus pharyngeus des Ganglion sub- 
maxillare 406. 

Referate 57, 188, 806, 893, 517, 783. 

Reflexneurosen 524, 574. 

— nasale 404. 

Rekurrensfrage 150. 

Rekurrenslähmung 43, 73, 74, 91, 95, 
149, 327, 335, 488, 540, 541, 544, 556, 
573, 754. 

Rekurrens, Naht des 416. 

Resektion des Oberkiefers 884. 

Retropharyngealabszess 89, 67, 70, 435, 
438, 534, 577, 754. 

Revista espagnola de laringologia, oto- 
logia y rinologia 340. 

Rheumatismus 312. 

Rhinitis 486. Ä 

a el eee Sektion des Kgl. 
Arztevereins Budapest 336. 

Rhinolith 95. 

Rhinometrie 486. 

Rhinoplastik 562. 

Rhinoreaktion 437. 


8] Sachregister. 


Rhinorrhóe 401. 

— cerebrospinale 145. 
Rhinosklerom 898. 

Rhinoscopia posterior 163. 
Rhinotomie, sublabiale 525. 
Riechapparat, Fehlen des 146. 
Rind, rees des 441. 
Rinnenspatel 198. 

Rogersches Symptom 441. 
Róntgen 188, 315. 
Róntgenbehandlung 443. 
Röntgenbild 560, 577. 
Röntgenbilder, stereoskopische 198. 
Róntgendiagnostik 403. 
Róntgeninstrumentarium 379. 
Röntgenstrahlen 149, 546. 
Röntgentherapie 435. 
Röntgenuntersuchung 143. 
Röntgenverfahren 5%, 441, 527. 
Rosenbach-Semonsches Gesetz 438. 


S. 


Salpyngoscopia 163. 

Salvarsan 495, 508, 744, 748. 
Süngerknótchen 446, 548. 
Sarkom 60. 

Sarkomoperation 18. 

Sarkom des Septums 19. 
Sauerstoff-Büder 162. 
Saugbehandlung 162. 

Sattelnase 397, 
Schüdelbasisfrakturen 161, 331. 
Schädelhöhle, Eröffnung der 167. 
Scharlach 153. Ä 
Scharlachangina 519. 
Schilddrüse 153, 159, 401, 443. 
Schilddrüsenadenom 162. 
Schilddrüse, Adenokarzinom der 444. 
— Amyloid der 481. 

— Karzinosarkome der 444. 

— Syphilis der 444. 
Schilddrüsentherapie 158. 
Schilddrüse, Transplantation der 87. 
— Thyreoglobulingehalt der 88. 
— der Zunge 317. 
Schleimhautlupus 735. 
Schluckakt 183. 
Schluckgeräusche 441. 
Schluckweg 59. 

Schnupfen 729. 
Schornsteinkanüle 565. 

Schulen 575. : 
Schutzvorrichtungssystem 394. 
Schwangerschaft 202. 

Sehnerv 750. 
Sehnervenaffektionen 425. 
Sehnervenentzündung 84. 
Sehstörungen 397. 

Sebstörung bei Nasenleiden 166. 


Sepsis nach Tonsillenoperationen 534. 


Septumabszess 154, 436, 528. 
Septumdeviation 93, 147, 527, 755. 
Septumepitheliom 187. 


— — — — — — —— — — — —— —— —— — — 


Septumerkrankungen 405. 

Septumkarzinom 387. 

Septum, Lues des 185. 

Septumoperation 142, 789. 

Septumresektion 163, 175, 176, 181, 192, 
928, 485 430, 443 447 525, 529, 
574, 78 . 

— orale Methode 401. 

Septumsarkom 19. 

Serum 140. 

Sharbock 168. 

Siebbein 62, 527. 

— Kankroid des 92. 

Siebbeinempyem 95. 

Siebbeinerkrankungen 404. 

Siebbeinlabyrinth 560. 

Siebbeinoperation 185. 

Siebbein, Tumoren des 697. 

Singstimme 315, 541. 

Sinus piriformis 74. 

Sklerom 94, 95, 141, 185, 186, 485, 520, 
566, 567, 573, 735. 

Société Belge d'otologie, de rhinologie 
et de laryngologie 329, 446, 11. 12. 
18. Juni 1910. 

Soleinhalationen 141. 

Spasmus palatinus 188. 

Speicheldrüsen 318. 

— Tumoren der 156, 418. 

Speichelstein 92, 395, 406, 753. 

Speiseröhrenkrebs 76, 188, 440, 452, 
siehe auch Ösophaguskrebs. 

Speiseröhrensarkom 441. 

Speiserdhrentuberkulose 428. 

Speiseróhrenverengerung 424, 440, 441. 

Speiseröhrenzyste 423. 

Spirochaete pallida 419, 553. 

Spirochäten 562, 748. 

Spongiosierung 349. 

Sporotrichose 330. 

Sprache 443. 

Sprachfehler 545. 

Sprache und Stimme 442. 

Sprache nach Thyroidektomie 176. 

Sprachlaute, Reproduktion von 4106. 

Sprachstórungen, psychogene 413. 

REESEN nach Kehlkopfausrottung 

Sprechapparate 90. 

Stammeln 443. 

Staphylorrhaphie 442. 

Statistik 575. 

EES 919, 413. 

Stenosen 72. 

— laryngotracheale 332, 

Stereo-Laryngoskopie 198. 

— -Photogramme 332. 

Stickhusten 319, 441. 

Stimmbänder, Exzision der 72. 

— Regeneration der 542. 

— Tumor der 180. 

Stimmbanderkrankung, einseitige 164, 
165. 


114 


Stimmbandlühmungen 439. 

Stimmbandverdickungen 71. 

Stimme, Entwickelung der 151. 

— Laryngostomierter 181. 

-— Untersuchung der 558. 

Stimmbildung 869. 

— Reform der 167. 

Stimmlippenknötchen 369, 558. 

saa pathologische Anatomie der 
5 


Stimmstórungen 559. 

Stirnbein, Osteomylitis des 65. 

Stirnfistel 187, 577. 

Stirnhöhle 405, 436, 578. 

Stirnhöhleneiterung 93, 529, 560. 

Stirnhöhlenempyem 92. 

Stirnhöhle, Endotheliom der 528. 

Stirnhöhlenentzündung 65, 570. 

Stirnhöhle, Hydrops der 519, 571. 

Stirnhöblen, Mukocele der 179, 336. 

Stirnhóhlenoperation 310, 337, 401, 569. 

Stirnhöhle, Spongiosierung der 349. 

Stirnhöhlenexostosen 194. 

Stirnhöhle, Zysten der 520. 

Stirnlappenabszess 529, 555. 

Stirnsyphilis 64 

Stomatitis 442. 

— ulcerosa 184. 

Sea ADDBESDBIEN ulcerosa disseminata 
6 


Stottern 443 744. 

SUEDE E REDI ANM 62. 
Stridor thymicus 440 

Struma 327, 444. 

— Blutveränderungen bei 749. 
— maligna 443 

Strumen, intratracheale 441. 
Strumitis suffocans 80 

— — subacuta 173. 
Sublingualdrüse, Karzinom der 552. 
Submaxillarabszess 749. 
Synechien 64, 754. 

— der Nase 308. 

— nasale 524. 

Syphilis 320, 435, 486, 503. 
Syphilisinfektion, extragenitale 155. 
Syphilis des Halses 170. 

— der Nase 170, 

— der Ohren 170. 
Syringobulbie 189. 
Syringomyelie 80. 


T. 


' Tabes 96. 

` Taschenband, Zyste des 95. 
Taschenbesteck 307. 

Taschenbuch, therapeutisches 446. 
Taubheit 154, 48). 

‘'aubstummheit 176. 

Technique oto-rhino-laryngologique 557. 
Teratom 157. 

Tetania parathyreopriva 188. 


Sachregister. [9 


Thoracotomie 440. 

Thymus 160. 

— Hypertrophie der 158. 

Thymusstenose 444. 

Thyreoidektomie 74. 

Thyreoiditis 443, 557. 

Thyreo-laryngo- -linguale Fistel 754. 

Ton, primärer 201, 443. 

Tonsillarabszesa 70. 

Tonsillektomie 163, 312, 327, 406, 407, 
531, 534, 579, 740, 754. 

Tonsillentraktor 437. 

Tonsillitis 406, 537. 

Tonsillotomie 530, 571, 740. 

— Blutungen nach 312. 

— Komplikationen nach 477. 

Torticollis 443, 531. 

Torus palatinus 441. 

Trachea (Referate) 75, 152, 318, 419, 
547, 745. 

— (Literaturverzeichnis) 165, 439. 

— ene ve 

— Divertikel der J^ 

— Hutnadel in der 746. 

— Zylindrom der 421. 

Trachealdivertikel 186, 199. 

Trachealstenose 186. 

Trachealveründerung 180. 

Tracheo-Bronchialstenose 166. 

Tracheo-Bronchitis 441. 

Tracheobronchitis pseudomembranacea 


440. 
Tracheo-Bronchoskopie 89, 440, 746. 
Tracheopathia osteo lastica 419. 
Tracheoskopie 199, B36, 419. 
Tracheotomie 237, 746, 755. 
Trünengangsapparat, Tuberkulose des 
695 


5. 
Trünenkanal 437. 
Trünen-Nasenkanal 576. 

Tränenwege 522. 

Transplantation 308. 

Trichloressigsäure 487. 

Tuba Eustachii 437. 

Tubage, perorale 78, 559. 
Tuberkelbazillen 164. 
Tuberkulindiagnostik 822. 
Tuberkulinprüparate 407. 
Tuberkulintherapie 322. 

Tuberkulose, Behandlung der 733, 734. 
— Eintrittspforte der 140 

— des Lungenhilus 451. 

Tuberculosis cavi nasi 574. 

Tumor, branchiogener 186. 

Tumoren der Nase 755. 

Turbinotomia submucosa 195. 


U. 


Ulcus rodens 68. 

Unterkiefer, Deformierungen des 427. 
Unterkiefersarkom 444. 
Unterkieferzyste 442. 


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10] Sachregister. 


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Untersuchung, binokular-stereoskopische | Weisheitszahn 442. 

139. Wiener laryngologische Gesellschaft 184. 
Untersuchungsbesteck 162. Wissenschaftliche Gesellschaft deutscher 
Untersuchung, laryngoskopische 394. Ärzte in Böhmen 94, 573. : ` 
— direkte des Nasenrachens 196. Wochenbett 202. 
Untersuchungsmethode 162. Wortblindheit 443. 

Untersuchung, postrhinoskopische 394. | Wrisbergsche Knorpel, Lappenbildung 
Untersuchungsverfahren, direktes 68, 163. an den 742. 

Uranokolobom 184. Wurzelzyste 442. 

Urea-Chinin als Lokalanästhetikum 733. 
Uterusmyom 87. 


X. 
Uvula, Karzinom der 740. Xerose 53. 
V. Z. 
Vago-Akzessoriuslähmung 414. Zahnbelag 78. 


Vagus 511 

Vaguskern 408. 

Vagusláhmung 443. 

Verein der Arzte Wiesbadens 96. 

— Deutscher Laryngologen 97, 580, 755. 

— tschechischer aryngologen, Otologen 
und Rhinologen in Prag 573. 

— — Laryngo-Otologen, Prag 95. 

Vereinigung, internationale 329. 

— —— Hals- und Ohrenürzte 


Vererbung 147. 

Vergrösserungsspiegel 197. 
Verhandlungen er Dänischen oto-laryn- 
gologischen Gesellschaft 335, 574. 
— Vereins deutscher Laryngologen 
— des 3. spanischen rhino-laryngologi- 

schen Kongresses 753. 
Verkäsung 552. 
Versammlung Deutscher Naturforscher 
und Ärzte 558, 757. 
Vestibularanästhesie 73, 74. 
Vokalkurven 180. 
Vokalschwingungen 179. 


Zahnfleisch 183. 

Zahnheilkunde 375. 

Zahnretentionen 418. 

Zähne in der Nase 404. 

— verirrte 91. 

Zahnwurzelzyste 403. 

Zahnzyste 163, 184, 185, 467, 551, 552. 

Zangengriff 734. 

Aenizalyerem deutscher Ärzte in Böhmen 
574 


Zerebrospinalmeningitis 443. 
Zitterbewegungen 337. 

Zunge 79. 

Zungenbasistumor 166. 
Zungenhalter 155. 

Zungengrund, Tumor des 156, 186, 187. 
Zungenkrebs 442. 

Zungenkropf 442. 

Zungensyphilom 748. 
Zungentonsille 180, 553. 

— bei Tuberkulose 741. 

Zunge, Totalexstirpation der 90. 
Zungentonsille, Tumoren der 442. 
Zungentremor 337. 
Zungentuberkulose 166. 
Zunpgentumor 317. 

Zunge, Überbeweglichkeit der 184. 
Zwerchfell bei Tonbildung 442. 
Zykloform 520. 

Zykloform-Koryfin 517. 


W. 


Wassermannsche Reaktion 60, 187, 505. 
Wasserstoffsuperoxyd 734. 


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Zeitschrift für Laryngologie. Bd. III, H. 6. ol 





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