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BTANFORB UNIVERBITY
LIBRARIES
Haus
MAR 24 1971
Dr;
7404
NE
v Tohalt.
1548. Zunächst ein wichtiges Supplement zu Schillers „Her-
120g von Alba bei einem Frühstück auf dem Schloss zu
Radolstadt im Jahre 1547. Von Oscar Walther,
Kreisgerichtsrat u. Din LP - 2 2 2 0 0200 -
Missellen.
1. Zur Erinnerung an w
Von v. Thüna . .
2. Hat cs In Toüringen einen Gan Winldon gegeben? Von
Dr. 0. Dobenecker.. .
3 Die Herrschaft Blankenburg. Von Hormann Schmidt,
Rektor in Arnstadt . . - . H
4. Pfarrbüchlein von Dällstedt. Mitgeteilt von Dr. G. Brün-
nert, Gymnaslallehrer in Erfurt - . . - BR
jand Ihre Maj. die Kaiserin Augusta.
5. Zu König Herminafrids Tod. Von Dr. Woldemar Lippert
6. Beitrag zur Geschichte des mitteldentschen Bauernkrieges
163. Mitgetalt von Dr. Giefelin Stuttgart . - +
7. Die grosse Pest zu Allstedt im Jahre 1681. Von D. Nicola;
im Altedt . » 4 s B
8. Das städtische Armenwwen in Rudolstadt unter dem Vor-
sitze des Prinzen Adolph su Schwarsburg. Auf Grund der
Ratsakten bearbeitet vom Oberbürgermeister am Ende
Rudolstadt . . - Er
Die Zugshörung der Schlöwser Könit, Arnstadt, Plane, Clingen,
Arnsberg, Sondershausen, Allmenbausen, Keula, Straufsberg,
Frankenhausen und Ichstedt. Mitgeteilt von Hermann
Schmidt, Rektor in Arnstadt. (Forts. der Misselle 3)
Litteratar.
1. Einige Bemerkungen zu Dr. P. Lehfeldt, Bau und
Kunstdenkmäler Thüringens. Heft VI. Amtsgerichtsbesirk
Sualfeld. Jens, G. Fischer, 1880. Von Dr. v. Thüna.
Mit 1 Abbildung . .
3. Sigebotos Vita Panllnas, herausgegeben von Mitsschk
Besprochen von Erast Anemüller. . . R
3. Beyer, Carl: Urkundenbuch der Stadt Erfurt. Erster Tl.
Herausgegeben von der historischen Kommission der Provins
Buchsen, Nebst 9 Tafeln. Halle, Otto Hendel, 1889. (A.u
&. T.: Geschichtaquellen der Provios Sachsen und angr
ender Gebiete. XXI. Bd.) Besprochen von Dr. O. Do-
Benccken. ie nenn Rare nn
4 Günther, F.: Aus der Geschichte der Harslande. 2 Bänd-
chen. Hannover, Verlag von Carl Meyer (Gustav Prior) 1890.
Besprochen von Dr. 0. Dobenecker .... 2... + -
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Inbalt.
Geschäftliche Mitteilungen.
1.
2
Bericht über die Thätigkeit des Vereins für Thüringische Ge-
schichte und Altertumskunde in der Zeit von der Haupt-
versammlung in Jena am 29. Sept. 1888 bie zur Hauptver-
sammlung in Welda am 12. Juli 1891. Von R. A. Lipsius
Kassen-Abschluss des Voreins für Thüringische Geschichte
u. Altertamskunde ult. Desembor 1889 u ult. Dezember 1890
son
608
xV
Abhandlungen.
Beiträge zur ältesten Geschiehte
der Thüringer.
Dr. Woldemar Lippert.
Beiträge III. Teil:
IK. Der Tod König Horminafride.
X. Zur Geschichte der heiligen Radegunde von Thü-
ringen.
Anhang: Die Sprache in den Thüringer-Ge-
dichten des Venantius Fortunatus.
14 Teiträge nur Stesten Geschiehte der Thüringer
richten ?) über die letzten Schicksnle des Künigs doch einige
gemeinsame Züge ermittelt und diew dürfen wir nun wohl,
won auch mioht nls absolut sicher, «0 doch als ziemlich zu-
vorlissig und wahrscheinlich betrachten und zur Grundlage bei
der Erklärung dieser Vorgänge nehmen. Die Schwierigkeit der
Annahme, dafs Horminafrid so unberonnen in die Falle ging,
erleichtert Widakind uns num auch; Theudorich mug in der
Thnt einen oder mehrere Thüringer, die in seine Hände go-
fallen waren, durch Drohungen oder Versprechungen dahin
‚sebracht haben, zu Vorrätern an ihrem Kürig zu werden und
ihn «uf frünkisches Gebiet zu locken; fülls darunter wirklich
einer war, der vorher Herminafrids Vertrauen genossen hatte,
so wird demen verhängnisvolle Vertrauenssoligkeit uns eher
verständlich, er mochte dadurch im Ernst zu der Ueberzeu-
gung gebracht worden sein, dafs der Franke as ohrlich meine,
und lies sich bereden, da man ihm eidliche Bürgschaft leistete
(ide data), ins Feindesland zu gohen®). Hier machte man
1) Die andern Quellan, die Oberhsapt atwas von Hermlnnfrids Aus-
‚gung enthalten, gehon nur auf diese beiden aurlek, ihre Abweichungen
ind daher willktrliche Arnderamgen ohne Wart: Als nelbatändiger Ge-
währsmann kommt ooch Prokop in Hotrneht, der an der sinen Btelle,
mit der fräuklschon
Thürlogero gegenüber sehlecht bestellt war, ball. Goth. I,
die Franken haben dem Witiges bel der Belagerung von
Iyaantinlsche Trouo verdächtigt, worsuf Helisas Gesamdte
erwidern: „td BA du sobre (de he mv Ppäyruv) zurin, d gpiete:
adısbaw ds mävıng Bapßdpows, werd ya Goplyroue nal rd Bavpyowlivun
Bios nal de tals Eupndyaue Jnäs mapd 1 dröpdv Zrihldeuran, denn
dio Mer gerügte Treulosigkeit der Franken gegen die Thüringer oben
wuf das Verhalten gegen Herminafrid au besichen, legt doch am näch-
ateo, du ja die dnvon betroffone ihüringische Könlgatamille alch am oat-
gotischen Hofe safhielt, joner IKinwels also dem Witiges sofort verständ-
lich übte:
#) Genau genommen sagt ja auch Gregor nicht sandrücklich, dat
Hermtunfrid gleich unch Zülpich ging, nur seln Tod wreiguess sich dort;
14 Beiträge zur !
richten *) über die leı
gemeinsame Züge erm
wenn such nicht als
verlässig und wahrsch-
der Erklärung dieser \
Annahme, dafs Hermi
erleichtert Widukind
That einen oder meh:
fallen waren, durch
gebracht haben, zu V-
ihn auf fränkisches G
einer war, der vorher
so wird dessen verh
verständlich, er moc
gung gebracht worde:
und liefs sich bereden
(ide date), ins Feind
1) Die andern Quelle
gung enthalten, gehen au,
sind daher willkürliche A:
währsmaan kommt noel
bel. Goth. I, 18, 8. 69 (1
gemein sagt, Aufs die Fras
Te rdv altdv (d. brav
uns aber gleichfalls eine 1
Treue den Thüringern geı
28, 8. 268: die Franken
Ravenna die bysantinlsche
erwidern: ‚rd di vo
adgaio &6 mävras Bapl
Bovag zal de todg Eumpdyo
die hier gerägte Traulosigh
das Verhalten gegen 11
sten, da ja die davon betr«
gotischen Hofe sufhielt, je,
ich sein mufste.
2) Genau
Herminafrid gleich nach Zi:
X. Zur Geschichte der heiligen Radogunde von
Thüringen.
Zwei der berühmtesten unter den weiblichen Heiligen,
und zwar beide Fürstlichen Geschlechts, besitzt Thüringeı
die eine, welche keine geborne Thüringeria war, aber a
Landgrüliu daselbst ihr Leben zubruchte, ist die heiligo Kli-
sabeth, die andre, die in Thüringen geboren, aber früh zum
Verlassen der Heimat genötigt wurde, int die heilige Rado-
gunde. Die dreizchnte Sükulurfeier des Todestagon dor lorz-
toren am 18. August 1887 achoint auch in der Literatur
dofruchtend gawirkt zu haben, indem der heiligen Radegunde
mehrfnche Arbeiten gewidmet worden sind; zwei sollen im
rd, Des podsies du sninte Rudegonde uttri-
Fortunut !),
Hermauu Grösslor, Hadogundis, Prinzesain von Thil
ringen, Königin von Frenkreich, Schutspatronin von Poitiors ?).
Bei Nisurde Aufsats bessgt schon der Titel den Inhalt,
Bishor nahm man allgemein un, dal die Gedichte, die Nisard
der Radogunde zuschreibt: 1. De axeidio Thoringise, 2. Ad
Artechin (8. zum Teil do Goleswintha) von dem bekannten
Isteinischen Dichter Venantius Fortunntus herrührten. Sie
1) Koyus hlitorigse tome 37, live. 78 (Mal-Junibaft des Jahrgangen
1888), 8, 49 folg.
*) Manslolder Blätter, Mitteilungen des Yorelas für Geschichte und
Altersümer der Grafschaft Mansfeld, IL, 8. 69 folg. (Eisleban 1888).
22 Beiträge eur Altenton Geschichte der Thüringer.
‚Beispiels solcher Gelogenheitsworschon ohne häheren histo-
Empfin)
Höflichkeit ‚oder Schmeichelei die Kunst und den Wohllaut
‚oder den Gehalt und Gedankepreichtum oder was es sonst
noch alles sein mag, rühmt, wird man doch nicht den wirk-
lichen Mafsstab für die Bedeutung des betrelteuden Gudichtes
entnehmen wollen; denn in solchem Falle würde os zum
rel als Unliebenswürdigkeit gelten, also nicht auge-
sich als streng suchrerständigen, mit uchar-
Far unporteiischer Kritik prüfenden Reoonsonten aufsuspielen ;
die Beurteilung wird dann vielmehr wohl stets eine rocht
wohlwolleodo sein. Dafs aber unsor feiner und gowandtor
Italiener in dor Kunst der Schmeichelei sogar sehr bewandert
war, zeigt in reichstem Malso eine Menge anderer Gedichte,
in denen or an vorschiodenen höher stehenden Zeitgenossen,
besonders aber an. Mitgliedern des, Horrscherhausen allo müg-
lichen Tugenden und‚Vorzüge entdeckt. Anch. dieser Grund
kann also nicht als atichhaltig angesehen werden,
Wir sehen, dafs sämtliche erwähnten Ausführungen Ni-
sarda, weit entfernt davon als gesichert gelten zu können,
nicht einmal die Wahrscheinlichkeit für sich haben. Grössler
Tertritt in der im Bingang verzeichneten Schrift: auch diese
Ansicht, ob durch Nisardl darauf geführt, geht aus dem Auf-
satz nioht hervor; er fügt noch als Grund hinzu, es wei nicht,
begreiflich, wie Rodegunds eo lange nach Amalafrids Tod dem
Wunsche, den Jugendgespielen noch einmal wiederauschen,
hätte Ausdruck verleihen können, falls die Gedichte in
ihrem Auftrage durch Venantius, also erst in den sechziger
Jahren des sechsten Jahrhunderte nach dessen Ankunft im
Frankenreiche, vorfalst seion ?), Er setzt Amalafrids Tod um
1) Radegunde wird zur Zeit, als das Gedicht entstand, schon eine
dem Haase der Thüringe‘ (Programm der Realschule su Weimar 1873).
Dieser Aufıstz zeichnet sich durch die alleu Liühende Phantasie nun,
E Beiteige sur Altasten Geschichte der Thüringer.
Reise wiirden sich wenig Bedenken erheben lasren, denn der
Weg geht, wenigstens teilweise, durch das Land der Lango-
barden, die damals in diesen Donaugegenden aufsen und mir
denen mehrfach vorher und nachher freundliche Berührungen
nachweisbar sind ?), Nur die orsten Etappen des Woges or-
rogen eiı Bedonken, dafs nümlich Radegunde, statt un-
mittelbar stidlich oder südöstlich zu gehen, von Helfta im
Mansfoldischen stark südwestlich ins Würzburgische, also
werado iu frünkinches Gebiet, gegangen sein soll, deun Büd-
thiriugen, das Meingebiet bis zum Wald, war je schon beim
Krieg 591 su die Franken gefallen, als die Sachsen Nord-
thlringen bis zur Unstrut besetzten ®). Vorliufig kann aber
Jene ganze Annahme vom Aufenthalt Radegundes in Italien
noch nicht als fest begelindet betrachtet werden, da eine
Reihe von Einwinden dagegen zu erheben ist. So erwächnt
für dieselbe die Schwierigkeit, den Uebergang Radopundes im
die Hände der Franken zu erklären; Gröfslora Lömung 8.77
int ziemlich geswungen; man bogreift nicht, wie die Oströmer
dnsu kamen, sie dem Thoudebort zu geben, denn dessen an-
‚weblicher Hinweis, sein Vater hätte Thüringen mit zerstört,
wäre für die Griechen wahrlich kein Grund gewesen, eine so
wortyolle Beute wegzugeben. Und ebenso ist dann kein Grund
ersichtlich, warum sie Thoudebert weiter dem Chlothar über-
lassen mufste; denn wenn eur eie so eifrig erstrebte, dafs er
1) % Beiträge LIT, Zeitschrift KL, 209-371; Meiträge VEIT, Zeile
achzift XAL, 70, 80-64, 86; Gröfler m m. ©, 3. 89, 90; Schmidt, Zur
Gosoh. der Langobarden, ih 5, 6,
®) Warum übrigens die Fllichtlinge nicht von Bayern aun auf dem
dnals bekanntesten und iel bendiatan Pafs, der Brenneratrafie, die
Alpen. überschritten, Int unklary denn wenn sie von den Bayern
keine Nachstellung an fürchten hatten und alch einmal In deren Gabiote
Defanden (wie «u nach der von Gröfsler aufgestellten Ortsliste der Kalk
war), so erscheint es doch unturgemähs, dafs ale von hier aus die nkohnte
Route, falls diese nicht dureh unsicheres Land ging, einschlugen; das
war aber der Wog über den Hranner, der ale bis nach Sildtirel noch
durch das Gebiet der Bayern und dann unwiitelbar io das anyrennende,
wo0 ihoon erstrehte Ontgotenraich führte
EN) Beiträge zur testen Geschichte der Thürkager.
Doch Überhaupt schon der Ausgangspunkt dieser Annahme
von Badegundes Flucht ist nicht unbedenklich, nimlich die
Deutung, Anlı jene vorstronten Stätten die Reiserichtung
kundgüben. Falls wirklich bei eingehender Nachforschung
sich aufsorhalb der angenommenen Richtung kein Radopenden-
heiligtum ermitteln liefse, so würde os allerdings bofremdlich
erscheinen, wie gerade in diesen Gegenden nusschliefslich sich
solche vorfänden, aber eins bliebe auch dann rätselhaft, wenn.
man jene Krklärung annehmen wollte: die Radegande, die
mit Amalaberga floh, war doch noch nicht die berühmte, heilige
Königin, sondern ein unbekannter junger Midchen, ein Kind,
des sich iu der Umgebung der Thüringerkönigin befand und
von welchem damals kein Mensch die spätere Bedeutung vor-
aussehen, auf dosen Kommen und Gohen also nlomand son-
dorlichen Wert logen konnte, Wie soll man sich da ar-
klären, dafs die berührten Orte deshalb no bemerkenswert
schienen, weil dieses unbedeutende Kind dort mit vorbei
kam? Auch der Grund, dafs die Leute in diesen Gegenden
‚etwa später, als sie von dem weiteren Lebenslauf, der hohen
Würde und der Heiligkeit Radegundes hörten, sich an jene
Fugendopisode eriunert hätten, wie bei ihnen vor einem
Menschenalter diwselb» Radegunde durchgereint sei, Int kaum
möglich; denn von Radegundes spüterer Wirksamkeit wird
Yranken) wur in überiragenem Sinne zu verstehen sein (ngl. Beltr. IV;
Zeltschr. XL, 279), daen allein nur ist won einem „remanere!
In doppelter Gefangenschaft wu roden. Die Behauptung 8. #9, das Ru-
degunde art 531 won den Pranken gefangen wurde, Ihr Obeim Hermi-
mafrid aber (der doch windarhalt gechlagen, deaen Hser vernichtet,
dessen Königulis erobert und zerstört, der selhst in unsogängliehn (es
wenden galohen wur!) ihre Freilassung und Rückgabe arewungen hab,
bedarf keiner Widorlogung; die Stallo der Vin 8. Rad., auf deren un-
auläuige Umdentung sich diese Ansicht gründet, ist oben &, 37 bespro-
hen worden. Wenn diese Meinung aber haltbar wäre, könnte Gröfsler
aus Ihr auch kaine Gefangenschaft untnebinen, da Radegunds dann oben
wicht in den Händen der Franken gefangen geblieben, sondern sogleich
frei gekommen wäre; aber, wie gmagt, diese ganze Auffassung ist un-
Zur Geschiehte
des Stifts St. Petri et Pauli in
Oberdorla-Langensalza.
Hermann 6utbler.
66 Zur Geschichte d. Stifts St. Potri ot Panli in Oberdorla-Langeusalse.
Nachtrag.
Schultheifsen der Reichsstadt Mühlhausen In der ihr verpfändeten
Voigtei Doris,
Berlt Kaler 1805. Heinrich Hartung 1450.
Thilo Schonerstedt 1425. Hans Webirstete 1457.
Johann von Homberg 1432. Heinrich Meystar 1473.
Heinrich von Oygeriden (Eigen-
rieden) 1442.
1.
Arnstadt in den Zeiten des
dreissigjährigen Krieges.
Von
Professor E. Einert.
on
Schlafs.
5*
—
» Arsssadt in den Beiten des dreikigjährigen Kringes.
schuldigte den Btadthauptmann, doch andere den Junker von
‚Griesheim, welche aber beide eine Schuld il
in Abrede stellten. Nun war aber ein Herr von
Oberlieutenant in schwedischen Diensten, nebst einigen Balva- |
guardienreitern an diesem Bösleber Scharmütsel beteiligt ge |
wesen, und immer mehr wuchs die Wahrscheinlichkeit, dafı
niemand sonst als dieser, das unbesonnene Vorgehen veran-
Infst. Aber wie grofs war das Erstaunen, ala nolbiger Herr
für sein stattliches Pford, das bei dam Straufs verloren ge
gangon, ausgiebigen Ersatz aus der Arnstädter Kriegssteuer
forderte! Und noch mehr, dafs auch aus der Kanzleh ein
Befehl zur Zahlung einlief. .
Die Arnstadter Bürgerschaft, an der Spitse Nikodemus
Lsppe, suchten in flehentlicher Eingabe un ihren ruhmwür-
digen, getreuen Landesvater diese neue Beschwerung abzu-
wenden, und das um so mehr, „als sie zu berührtom Handel
nicht die geringste Ursach gegeben, wie es ja in der ganzen
Stadt halle und schalle, dafs Reiter und Musketiere einzig
und allein ausgesandt, die Fürstlich Wittib hierher zu ge
leiten“, «
Der Graf erinnert in seiner Rrwiderung seine getrene
Bürgerschaft, wie er allezeit für sie dermaßen Inndesyäterlich
und nicht ohne swines wiguen schwachen Leibes große Un-
gelogenheit eu mit Guuden dahin zu wirken gewulst, due
diese Stadt für allen andern bei ziemlicher
erhalten goblioben. So habe er auch wohl in diesem Falle
auf unterthänige Dankbarkeit rochnen und ihr Vertrauen be-
anspruchen dürfen.
Don Schweden Icuchteten eben winder günstige Sterne,
und ufserste Vorsicht war geboten. Nur drei Tage später
drang ein schwedischer Streifkorpe gegen die Schwasterstadt
Sondershausen und warf Pouer ein, das 48 Hüuser in Asche
logte. Viel Hab und Gut auch der armen Bauern, die im
die Stadt geflüchtet, verbrannte, und nur durch reichliche
Hausionsgelder an die räuberischen Scharen konnte der Un-
tergung der Stadt abgewandt werden,
ww
ct Bo hätte damals ein jeder.
warten und all das Seine in die
1 ‚ Reiter hätten ihnen
Armand in den Halten der Arsifsigjährigen Krlapes: 118
gutwillig aufgenommen und ron der Stadt abgehalten, oft über
dem Aumarsch der Völker gute Nachricht gegeben und much
besorglich Unheil von der Bürgerschunt abgewundt!
‚Io engreifender Bingabe wandte sich die ganze Nuchbar-
schaft vor dem Rietthore samt und sonders, „sie alle, die mit
Leib und Leben, Gut und Blut, bei Tag und bei Naoht Ihrer
grüflichen Gnade verbunden, pflichtschuldig, willig und ber
fliesen jederzeit gewesen," an den Vater des Vaterlanden und
fliehen um Erbarmen. Es wurde den Bitistellern der Bescheid,
dafs der Abbruch der Häuser unumgänglich sei, dafs ihuen
aber, »o weit möglich, Wohnungen in der Stadt angewiesen
und sonst vielleicht Ersatz gethau werden solle.
Dafs innerhalb dor Mausrn trotz Zuzug vom Lande eine
gröfsere Zahl Häuser, wenn auch im kläglichsten Zustande,
unbewohnt waren, orgiebt sich aus einer Zuschrift des Heren
von Gleichen zu Tannrodo an die Bürgermeister, in welcher
derselbe lohhafte Beschwerde führt, dafs man win Freihaus
am Wachsenburger Thore mit einem stkdtischen Hirten bo-
setzt, während doch vierzig Häuser und mehr ohne Rauch
und Feuer stünden.
Es wurde der Abbruch der vorsiädtischen Hiluser noch
im Sommer desselben Jahres in Angriff genommen, ohne dafs
das Unternehmen zu vollständiger Durchführung kam.
Auch das benachbarte Ichterahnusen sollte damals gegen
nteeifonde Partoien bessern Schutz orhalten und wurde auf
Herzog Erosts Befehl mit einem Wall umgeben.
‚Auch nach den Zeiten des Sanlfelder Lagers fehlte os
nieht um Darehzligen und Binquartierungen. Zu alledem
sorgte der neue Kommandant von Erfurt, dafs die Lasten
nieht allau leicht wurden. Zu den Gotreidelieferungen ins
Magazin gesellten sich Palliesdenfuhren, und für den Bau der
waren Maurer zu schicken und auf Kosten
der Grafschaft zu erhalten. Auch Bierlieferungen wurden
| wohl ab und zu beansprucht, wenigstens von Rittmeister
Bauerhöffel, doch in höflichster Form. Er empfiehlt sich dem
faror dos regierenden Bürgermeisters ganz dienstiglich und
XV. s
a
114 Armsindt in den Zeiten den dreifsigjährigen Krieges.
bittet um einen Labetrunk für soine kranke Frau. „Kann dem-
‚selben hiermit zu berichten nicht unterlassen, dnfs ich mich anitzo-
in Erfurt aufhalte und meine \obe junge Frau gur
sich befinden thut, welche dieser Tage auf einen Trank
Weizenbier ist kommen, vermeinond, wenn a
hätte, davon stark und gesunder zu werden, weilen denn
allhier ein gar schlechter Trunk zu bekommen ist“
Noch im Dezember der Juhres zog das Witsleben’sche
Regiment durch die obere Grafschaft mit einem endlosen
Trofs und Wugenpurk von 5000 Pferden. Es wur am dritten
Advent, dals das Dorf Doruheim mehrere Tage diese Güste
erhielt, Zum Dank für gute Bewirtung zündeten sio beim
Abzug einige Bauernhöfe in Brand. zurüokgebliebene
Reiter liefsen die Bauern, dio löschen wollten, nicht eher zu
Wasser, als ihnen 6 Reichsthaler gereicht worden waren.
Selbst die eisige Winterkälte vermochte dem Kriege nicht:
Stillstand zu gebieten, Baundr, der Unermüdliche, brach aus
seinen Quartieren in Niedersachsen, um in sturmschneller
Heerfahrt die Verluste des vorigen Jahres wieder watt zu
machen, Durch die schneebedeckten Gefilde
die Oberpfule draug er südwürte, um durch kühnen Hand-
streich Regensburg zu nehmen und die dort versammelten
Reichsboten uud Reichsfürsten, ja vielleicht die kaiserliche
Majestät nelbst, gefangen mit sich fortzuführen, Aber schmelles
- Tanwetter machte seine Pläne zu Wasser. Die Risbrücken
der Strüme barsten; wuch wurd rascher Zuzug an die bedrohten
Punkte geworfen. Bald selbst vor den Kaiserlichen zxrück-
weichend, erlag Banudr don Strupasen, welchen #ein durch
Ausschwoifungen zorrütteter Körper nicht mehr gewachsen
war. Lilngere Zeit führerlos, blieb die schwedische Kriegs-
macht vor der kaiserlichen im Nachteil. ur.
80 konnte os kommen, dufs aich Feldmarschall Hatsfold
im Herbste des Jahres (1641) in Thüringen einlagerte, um den“
‚Schweden Erfurt zu nehmen. Er vorlogte sein Hauptquartier
nnch Tohterehausen, 8o war cs unlüslich, dafs die Verpilich-
tung, für dio unrähligen Bedürfulsse seines Hofstanten auf- |
Er
Arnstadt in den Zeiten des dreifsigjährigen Krioges. 17
2 Hasen, 10 Feldhüner, 1 guter Ochee, 2 Gänse und aller-
hand Gartengewächs, so bei Hofo oder sonsten zu haben.“
Fasteltage waren für Kommissare und Lieferanten stets
die beschwerlichsten. Wenn Obristen und Rittmeister sich
Fastens halber „zurückbielten“, wurde frisches und trockenes
Fischwerk und andere Fastelspeiso in einer orschreckonden
Mannigfultigkeit beansprucht.
Während der Hof des Foldmarschalls sich in Tohters-
hausen behaglich einzuwohnen wußte, richteten sich auch
weine Truppen ihre Qunrtiere in den Dorfchaften auf das
beste ein. Zu viel Kämpfen mit dem belagerten Feinde kam
u kaum, da der starke Zuzug, auf welchen der Feldmarschall
gerechnet, nicht eintraf.
Um so mehr Mufse hatten seine Völker, sich im Lande
umzusohen. Und einen Spürsinn entwickelten die Hats-
foldinoben Reiter, der gerechte Bewunderung erregen muls.
Bolbat dus Zinsgotreide, dns ein Sohultheif« im Dankel der
Walsberge in die Erde geborgen, wissen sie ausfindig zu
machen, Da sie es nicht mitnehmen können, verbreunen sie
dasselbe, dafs die Körner rings in den Wald fliegen. Man-
‚chem Dörfchen wurde von diesen Reiterscharen eine Kirume
oder Nachkirmse bereitet, dafs die erschreckten Buwohner
auseinunderstoben. Viele Flüchtliuge fanden sich mit wilig
eusammengernfftor Habe in Arnstadt ein, wo man ihnen,
Fat ea ging, Schutz und Schirm gewährte,
‚Am 3. und 4, Nov. würde von Rats wogen eine eingehonde
„Visitation“ abgehalten, „was in einen jeden Bürgers Hanse
won fremden und einheimischen an Menschen, Vich und Ge-
treidich sich vorfinden möchte". Da hatten beispielsweise In
ts Soperintendenten Behausung der Pfarrer von Marlishausen.
mit seinem Weib, 5 Kindern, 2 Knechten, einer Magd, der
Pfarrer von Rheinsfeld wit swinem Weibe, 4 Kindern, einem
Kuechte, einer Magd Zuflucht gesucht. Die Flüchtlinge hatten
ihr Vieh und etwas Vorrat mitgebracht. Auch der Pfarrer
von Angstett und dessen Eidam hatten Vorräte eingelegt, und
‚den Pfarcherrn yon Dornheim Getreide lagerte auf dem Obar-
Ben.
—
129 Armatadt in den Zeiten des drelfsligjährigen Kriegen.
in kürzestor Frist erheischte, mufste Arnstadt mit den Dart-
Ackerbau nicht entraten konnte, so gingen lange Zige Behub-
klirrner wit Schutzwachen nach Rudolstadt und Jena ab. Mehr
mals, ehe noch Quittung urteilt, wareu die Kärrner von dannen
gewichen; zum sichern Anavichen, daß sie sich unter den
fremden Kriegaleuten ihres Leibes und Lebens nz
fühlten.
Während ia Be Bisaarkra. on Zar an Zar
derte, wurden der Ansprüche von den
eicht weniger. Die Beschwerden über andlone Diangail auiakkan,
sich immer von neuem geltend, aber namentlich war der
‚Klagen über Ungleichheit der Belastung kein Bud.
Dio Biergelder, die so oft in der Not ausgehalfen, ur-
gaben nicht mehr die früheren Erträge. Mäncher Branhere
‚gab sein Anrecht nm einen Dukaten an anders
Gebräu hiels dann Dukatenbier.
Um sunächat die Klagen über ungleiche
‚güter zu stopfen, wurde nach mehreren
‚gut befunden und wohlbedächtig und ee
durch foldversländige Loute dieselben in Augenschein.
zu lassen, Darauf sollte dann ein gründlicher und bestlin-
‚diger modus, dio Anlage zu sotzen, gemacht worde.
Riliche ans dem Rate, die Vierlaute, die Steiner und
inigo Ackerbüirgen, welche sich in dor städtischen Elur wohl.
umgesehen, mufsten ein Verzeichnis aufstellen, wie
‚jeder Acker nach seiner Lage und Bonität, nach seine
feraung von der Stadt von nun ab anzulegen nei.
wurden viel neue Steine gesetzt, das sich die Orenzen
gänzlich vorwirrten.
Doch vorfehlten alle diese wohlgemeinten
ihren Zweck, wie eine große Menge beim
monto einlaufendor Beschwerden ca zur (or
beklagt sich ein Bürger, dafs man seinen
EC
126 Amstadt in den Zeiten des dreißigjährigen Kriege.
reiches Leben neigte zu Ende, Doch ging ihm noch sein
letzter Bruder, Graf Anton Günther, um sechs Wochen (um
25. November 1642) im Tode voraus, Kaum war die Trauer-
Mahnung,
alles Saitonspiel auf Hochzeiten und Kindtaufen und andern
Gelagen einzustellen, alle Üppigkeit in Kleidung, Kränzen m
Schmuck, wie amch alles Jsuchzen und andere Bosheit bei
unuachlässiger Strafe zu meiden, damit des Unheils wicht
noch mehr über die Grufschaft komme, als man 10 schom zu
trngen.
Schon am 7. Jünner 1643 starb Gruf Günther, der letzte
Noffe Günthers des Streitbaren, Der uufrichtig betrauarte
Ländesyater, welcher unter allen Schrecken des Kriogen treu
zu seinen Unterthanen gestanden, wurde, wie er cs angeordnet,
zu Beiten seiner Schwester, der Grüfin Anna, beigesetzt, Selbst
das Metall der Glocken äufserte seinen Schmers über den
Heimgegaogenen ia absonderlicher Weise. „Bei diesem gräf-
lichen Begräbnis", lautet eine Eintragung im Kirchenbuche,
„hat sich die grofse Glocke zu Unserer Lieben Frauen nicht
wohl wie es sonsten geschehen lüuten lassen, sondern nur
mit Kufserster Müh, hat immer gekirret und gleichsam ge-
schrien. Ist folgenden Sonntage wiederum geläutet worden
ohne Verbesserung, hat aber dergleichen nicht gethan, son-
dern sich läuten lassen, wie zuvor.“
Von den gräflichen Brüdern war nur Anton Günther
vermählt gewesen, und dessen drei Söhne Christian Günther,
Anton Günther und Ludwig Günther, von denen der Klteste
seine Residenz auf Schlofs Neidock nahm, folgten im Her
giment, ı
Mitte Mürs waren‘ die drei jungen Grafen, welche die
Einktinfte des Landes zwar goteilt, aber die Hoheitrechte
gemeinsam übten, in Arnstadt bei einander, sich huldigen zu
lassen, Die Bürgermeister mit den Yierlouten und der ge-
‚samte Senat hielten Beratung, wie man vor der Huldigung.
a
gezahlt e
beokens und der Giefskandel und Bocherlein, a0.
verehrt worden sind.“
Werfen wir einen Blick auf den Gang
Ye mn. uit 1088 als alle andern H
2 \
u
132 Armtadi In den Zeiten des dreifsigjährigen Kriegen.
dor Horspunkt, um den sich die Heimstätten der schwer
heimgesuohten Berölkerung wieder nufbanten. 5
Die Gemeinden des Amtos Arnstadt suchten auch damals,
wonu Raubscharen hereinbrachen, hinter den Mauern der
Stadt Schirm und Schutz, Die Bausro aus Doraheim waren
wieder viel Wochen zu Gast. Doch Pfarrherr und Sohul-
meister wichen nicht aus dom Dorf und bogingen Sonn- und
Foiortago wie in Friedenazeiten, auch wenn auf den „Bor-
Iauben“ niemand und unten riellsicht nur ein alt Mütter
chen safs,
Manch Pfarrherr sah sich unter den Drangsalon des
Krieges genötigt, nich in der Stadt ansukaufen oder einzu-
mieten, um für Fülle der Not für sich und die Seinigeu eine
Zuäuchtsstätto zu haben, Auch der Pfarrer von Kirchheim
kaufte sich ein Hüuschen und vorsprach zu fhun und zu
leisten, was einem guten Bürger zukomme, hoffte aber, als
Geistlicher einer bosandern Ridesleistung überhoben au sein.
„Weil er thun und Iassen müsse wa andre Bürger anch,*
lautete aber die Entscheidung, „könne man ihn des körper-
lichen Eides nicht entbinden.“ Der Pfarrherr leistete Folge
und stellte auch Bürgon, welche für sein Bürgergeld haf-
teten. Pfarrer Zink zu Holshauseu kaufle sich ebenfalls, doch
gemeinsam mit einem Amtegeführten, zu Arustadt ein „Heil-
stotichen“, nichts als eine alte, böse, banfällige Hütte, daran
noch nicht der dritte Teil den armen Käufern gehörte,
Weil die beiden geistlichen Herren sonst in der Btade
nichte besitzen, woder Acker noch Wissen, noch Gärten und
Weinberg, und sich ihres Rinkommans gar wenig getrönten
können, bitten von den bürgerlichen Lasten befreit zu
bleiben. Sind sie doch auch nur dann und wann in ihrer
Zufluchtsstätte: Würde ihnen aber Einguartiorung zugelsgt,
„0 müßten sie um ihrer Frauen und Töchter willen -
‚chon Zoiten ganz in dor Stadt bleiben und alsdann ihr ‚
in das sio Gott eingesetzt, und was ale nio verantworten
könnten, hintenannetzon und ginslich rerabsAnmen,
Auch der Pfarrer von Osthausen hat ein kleinen 4 |
noch in späterer Zeit, dafs wihrend dus
‚das eine Midchon dem andern auf
Pfarmmte nach Witaleben barufen und |
aber vor BUBl\0r 204) SOAM PRUNEEE BE
sle und ihre armen einen: Leben
Waislein, derart getrugen, dafs sie nicht ı
lichen Gnaden einen sichern freien Pafı ı
Ja Ihre Gnaden als die liebe Momme
bringen, der doch das beste Kleinod auf der We
was och schlimmer, die Ehrendiebe, die
geschmicdet, sind noch nicht einmal zu
kommen.
Und nun erhebt sie auch Klage über |
Bchukelius, welcher in ihrer gauzen Amtszeit
in die Schule gekommen, geschweige denn
angestellt. Dann hätte er ja mit seinen
seinen Augen sehen köunen, wie man mit der
sangen, Und doch mache man sie mit il
ie -
sich, dafs sie der Intherischen Religion.
Ermato zugethan sei. Unmöglich ki
„Ob man wur der Dorchlauchtigo,
Ernnt, Horzog zu
aus lich
148 Arnstadt Io den Zelten des dreihlgjährigen Krieges.
Licht, Obst und andrer Boschwerung wohl zu versohn" und
aufsordem ihr bei Abfnhrt eine goräucherts Schwoilswurst
anf den Wagen zu geben.
Die Soldatenwoiber und Boldatsndirnen hielten, wie as
scheint, in Arnstadt moch großse Wäsche, Dem Besitzer der
Engelsburg wurden 2 Erfurter Klafter Buchholz verbrannt,
dumit 3mal gebadet und 2mal gewaschen und die Zäame der
Pferdo und anderos Geschirr in zwei Kemweln wusgesokten
wurden. Viel Topfwerk ward zerbroohen, und mancher Blau-
krug wanderte mit von dannen.
Aber in diesen Zeiten begannen doch die Hoffnungen
auf olnen endlichen Frieden eine bestimmte Gestalt anzu-
nchmen und neben den zahllosen Ausgaben für den Krieg
findet sich endlich ein Titel „Onmnbriickiacho Spesen“ mit
dem Zusatz: „Da Ihre Gnaden die uunbwendige Verordnung
thun, dafs dem nach Osnabrück zu den Generalfricdenatene-
taten abgofortigten Rath etzliche nothwendige Spossen unsdum-
lichen übermacht werden möchten und dann Ihre Gräfliche
Gnaden sich gukdiglich verscehn, wie Ihre getrouen Unter-
thanen nach einer allgemeinen Tranguillität und Priedensruk
din sohnliches Verlangen tragen, also werden sie um #0 yiel
mehr die bendthigtun Beiträge zu thun gewilligt sin.“
Froilich waren diese schönen Friedenshoffuungen wur
ein matter, durch dunklos Gowölk sich stehlender Licht-
schlimmer, Denn bald nach Wrangel's Abzug näherte sich
wieder eine kaiserliche Armeo unter Erzherzog Loopold Wil-
helm dem Thüringer Wald, und schon am 22. April lief aus
dom Hauptquartier Staffelstein ein Schreiben in Arnstadt ein
des wenig orfrenliehen Inhalts, dafs Stadt und Amt dem
kaiserlichen Goneralkommissariste und dem Feldprovinntamte
wssigniert worden sei. Wenzel Freiherr Zuhradeck, der Römi-
schen Kaiserl. Majestät, auch Ihrer Hochfürstl. Durchlaucht
Kriegsrat, Goneralkommissar, Gonoralwachtmolster und Obri-
ter, der Absender diwer Zuschrift, spricht die zurersichtliche
Erwartung aus, dal die Inwohnor samt und sonders sich
io das arme Land und die geringe Stadt durch dar
Völker atarke und langwierige Einlogierung
rt, dafs mancher Orte nicht ein Gebund Stroh
any b a ee
rem ka Varinsnpennbnen bi ‚dan
tier geschickt, wogen Verteilung der Lusten zu be-
rd6 an. nieht alsbald parieren, wärde man bei; Tag
‚andre Mittel haben, sie hiersu zu bringen, Inutete
als ein Par Schuh, so gab er sio willig.
traf nochmals eine Zuschrift aus Staffelstein bei
Be
ae wieder in Böhmen eindrung, so zog sich.
152 Arastadt in den Zeiten des Aroifsigjährigen Krieges.
der Kriegsschauplats in weitere Forne. Die klimpfenden Par-
teien aber zogen allo anderswo entbehrlichen Streitkräfte an
sich. Vom Weoserstrom nach Böhmen. durch Thüriogen er-
folgte um den Veitstag (15. Juni) bis Marik Heimsuchung
(2. Juli) ein Durchsug nach dem andern. Gelang eu auch 1
Wisngel, die Festung Eger su nehmen, »0 mufsto or doch vor
der täglich anwachsenden Macht der Kuiserlichen weichen.
Er nalım seinen Rückzug vom Böhmerwald nach Meilsen und
dem Voigllande und ging bei Jena über die Sanlo,
Melandor son Holzapfel, jetzt in kalsorlichen Diensten,
dringt im Horbst in Thüringen ein. Die Dörfer bei Arastadt
haben wieder schwer zu tragen, und die kaum vingeheimste
Ernto kommt oft mehr ala dem Baner den Soldaten zu Gute,
welche überdies die junge Saat verderben. Sah man doch
auf #0 mancher Flur nur Pferdetappen und Wagengleise!
Am 24, Oktober hatte Melander sein Hauptquartior zu
Arnstadt uud hielt hier Generulmusterung. Doch schon andern
Tags brach ar nach Schmalkalden auf, und der Krieg zog
sich nach Hossun.
Wenige Stunden nach Abzug des kaiserlichen Foldherrn
zitt Horzog Wilhelm mit 160 Reitern in Arnstadt ein, Anfangs
herrschte grofser Schreck unter dor Bürgerschaft, da man
glaubte, as sei eine Partei hereingebrochen, die Stadt zu
plündern. Es war ein Sonntag, aber ein Tag roll Unruho
und Wallongotöse.
Und schon andern Tags wieder am Abend traf ein kaiser-
lioher Obrister vor Arustedt ein mit 400 Pferden. Am Er
furter Thor nicht eingelassen, lngerte er wit aninen Lenten
in den Häusern und Scheuern vor dem Längwitzer Thore
und im Mühlhofe. Viel Wachtfeuer loderten empor, und der
Thürmer auf dom Neuen Thor schlug erschreckt an die Glocken
®. Chr.).
Wioder folgenden Tags kam ein kleiner Trapp Nach-
zügler mit Wagen und Pferdon und fand Einlafs. Doch in
‚der Nacht kam eine schwadische Mannschaft aus Erfurt, stieg
# en
, en mochte,
rennen
auf ihn. Bald del Junker von Grieshei auf sin
der 10 Groschen, N
aut Pal, zehrungsfrei auszulösen. Der
von Stoekholm mit Dienerschaft und Pferden
9 Thalor. 3 Thaler den Trompetorn und Convoyarn,
ee 16° Thaler dan
156 Armtwdt in den Zeiten des dralfigjährigen Kriegen.
Am 18. Juli 1650 kam der hohe Herr selbst, „Pfalzgraf
Karol Gustav bei Rhein, der König. Majestät und des Reiche
Schweden über die Armoo und Kriegsstnat in Deutschland
verordnwier Generulissimus", mit Foldmarschall Wrangel sus
Süddentschland much Arustedt Bio wuren bei dem Grafen
Christian Günther uuf Schlofs-Neideck zu Gaste.
Wonigo Wochen später, am 10. post Tr. beging die Graf-
schaft, wio auch das Fürstentum Weimar das Friedannfont,
dns in der That, früher gefolert, kaum Sinn und Bedeutung
Ein weiteres hocherfreuliches Friedensfest, wenn auch
ausschliefälich der Grafschaft Schwarzburg 8. L., brachte noch
das Jahr 1051, eine vollständige Ausühnung und and-
gültige Erbyerteilung dor drei regierenden Grafen. Obwohl
ihr Vater selig, Graf Anton Günther, seinen Söhnen im be-
sondern Testament ungefürbte, aufrichtige, herzliche Liebo
und Einigkeit dringend an das Hera gelegt, um zum Bosten
‚der hochbeschwerten Grafschaft: stets mit Einmütigkeit und
brüderlicher Eintracht in gotreuen heilsamen Ratachläigen
kooperieren und wirken zu können, ihnen aber doch zu einer
vollständigen Erbteilang und Sonderung geraten, #0 hatte der
Krieg alle Verhältnisse so verschoben, dafs die Grafen nicht zu
‚einem rollen Einyernohmen gelangen konnten, Trst am 16. Mai
gedachten Jahres waren sie auf Schlofs Neideck bei einander zu
endgültiger Entscheidung, die das Los bringen sollte, Superin-
\endent Lappe hielt die Predigt des Sonntage in der Barfüfser-
kirche und rief in inbrünsfigem Gebet den Heern der himm-
liechen Hoerschuren an, dafs er zu dem ernsten Bestreben
der gräflichen Brüder und ihrer Ratgeber, eine voll batrie-
Ugende Auseinandorsetzung herbeisufübren, seinen Sogen und
seinen Beistand gube,
Nach der Predigt begaben sich die Grafen mit ihren
Kanslorn und Räten wieder in dns Schlofs, und zwar in das
nKönigtgemnch“, wo jeder der gräflichen Brüder an einem
bosondern Tisch Platz nahm. Ein Knäbchen von 5 Jahren
logte dann einem jeden der erlauchten Herren ein Lo, Und
Ti |
Orgelschlag und Saitenspiel, mit Ziuken und Posaunen“
Als dann Graf Christian Günthere Geburtstag hernnkam,
waren die grüflichen Brüder auf Schlof Neldook ointrüchtig
bei einander. Noch in der Nacht wurden ohne Wissen. des
‚Grafen dio Doppelhaken und Geschitze des Schlosses zum
‚Schlefsen zugerichtet, und schon um 3 Uhr des nahenden
Morgens orschallten die Heorpauken und Prommeln von der
Gallerie dos Sohlofsturws, Und als dem Grafen nach 5 Töchtern
„ein junges Herrlein“ geboren wurde, da wurde eine alte
gute Bitte, welche der Innge Kriog durchbrochen, wiederum
ormeunrt und in Übung genommen, dafs der Hausmann vom
‚Schlofsturm frühmorgens, mittags und abends „abblasen‘
mulste. Nun erst mochte os alten Bürgern wieder voller
Friodo düinken.
Ein kurzor Rückblick auf den langen Kriog zeigt, wie
mit Auanalıme der Postjahre und der Merodischen Einlagerung
‚die schwersten Heimsuchungen für Arnstadt doch erst die
Ausgungszeit desselben heraufführte. Trotsdem sah die Stadt
‚den endlichen Frieden in immerhin ertrüglicherem Zustande
‚als viele, je vielleicht die meisten Stüdte des gesamten Deutschen
Reiches. Im ganzen Verlauf des Krieges is Arnstadt nur
einmal (1640) der Plündorung anhsim gefallen.
Die einsichtevollen getrouen Landesväter, die tüchtigen
Männer, die ihnen zur Seito standen, begabte und anergische
_ Bürgermeister hatten in Zeiten dröhender Gefahr rasch und
geichickt die rechten Mittel angewandt, dus Uufsurste Var-
derban von der Stadt abzuwenden. Doch auch die Mauern,
‚ dürftigen Resten heutzutage fust mitleidig belächelt,
158 Armstadt in des Zeiten des äreifilgiährigen Kriegen
haben zu ihrer Erhaltung wosentlich beigetragen. Für die
dumnligen Zeiten ziemlich fest, wehrten sie wenigstens stroi-
Senden Parteien den Überfall und nötigten Rittmeister und Oberste
bei Durehzug oder Gusrtierung zu angemomenem Alkord,
welcher mindestens der schnödesten Willkür Schranken zog,
Aber der Wohlstand, gewils nur eine beschränkte Anzahl
Fersilien ausgenommen, war dahin, viele Häuser der Stadt
waren kanm noch bewohnbar, vielo Äoker Ingen öde, oder
höher gelogene und Weinberge waren „Leiden“ und Viehtrift
geworden. Das Bargeld war in die Taschen der Rittmeister
und Obristen gewandort, dns Bilbergerkt wohlhabender Familien
zu Verchrungen und resompense aufgebraucht. Der Handel
lag brach, weil die Dörfer ringsum ihre Kaufkraft verloren,
und dem Handwerk war der goldene Boden ausgeschlagen.
Der städtische Haushalt, obwohl die Jahresrechuungen nach
altem Herkommen mit einem Überschufs abschlielsen, kounto
den billigsten Ansprüchen nicht mehr gerecht werden. Die
Geschichte einiger Anloihon — auch Kapitalien haben ihre
Geschichte — sind in dieser Beziehung schr Ichrreich.
Ex war im Jahre 1696, ala Bürgermeister und Rat der
Stadt Arnstadt nach lüngerer vergoblicher Umschau endlich
bei Ihrem Landsmann, dem Bauverwalter Paul Franko zu
Wolfenbüttel, ein Kapital von 1500 Reichsthaler geliehen or-
‚hielten. Sie waren desselben, wie es in der Schuldverschreibung
heifst, zur Wiedererbauung dor abgebraunten Kirchen, Schulen,
Pfurrhäuser, auch anderer notwendiger Gobüude, die dur furcht-
bare Brand des Jahres 1581 in Schutt und Asche gelegt, noch
dringend bedürftig. Sie verspruchen dafür bei ihren höchsten
Treuen und Glauben, dafs sie selbst und oben so ihre Nach-
kommen Ihnen dem Darleihor und winen Erben und Erb-
nehmern allo Jahre und ein jedes buronders auf Philippi
Iuoobi, wolange die Hauptsumme unabgelegt, dieselbe ‚mit
75 Reichsthalern alten Schrots und Korns verzinsen und auf
ihre Kosten und Ebentoner in soiner Paul Franken oder seiner
Erben Behausung unweigerlich abliefern. würden. Die der
Obligation unterseichneten Bürgermeister, Ratsherren und
wen
Arustadt im den Zalten den ärelfsigjährigen Kringes. 150
andere Bürger setsten nicht allein der Stadt Arnstadt slimt-
‚als Unterpfand, sondern auch ihre selbsteigenen
an was Enden und Örtern dieselben anzutreffen,
dafs Paul Franke und Erben ihres Gefallene damit gebahren
sollen und mögen, wenn irgend nicht Glauben gehalten,
Ganz wie es die Vorschreibung, der auch das grofsa
Stadtsiogel angehängt war, vorlangto und wie man geredet
und gelobet, undispntierlich und aufrichtiglich, war die Stadt
‚zunlichst bis Paul Franke's Tode, doch auch weiterhin dessen
Erben gegenüber, ihren Verbindlichkeiten nachgekommen bis
zu der Zeit, wo Friedlündische Truppen sich in der Stadt
einlagerteu. Von da ab hörte die Zahlung nuf, uud Mahn-
‚schreiben aus Braunschweig und Wolfenbüttel liefen in immer
wacheonder Zahl ein, abor moohte nun auf die Bedürfligkeit
der Erben, unter welchen auch Witwen und Waisen, mochte
anf die goschädigte Ehre der Stadt und dern untergehenden
Kredit hingewiesen werden, stets mit gleicher Erfolglorigkeit.
Es mochte der Stadt höchst erwünscht sein, dafs zu An-
fang die Erben über die Teilung selbst noch in Hader waren,
ja dafs einer dem andern die Zinsen verbot, aber eu erfolgte
much dann, als der Nürnberger Bote ichen Doku«
mente über die gerichtlich bestätigte Auseiunndersetzung allor
Nachkommen des Erblassers übergab, keine Zahlung.
Da sandte Paul Mart 1681, dor Tochtersohn des Vor-
‚storbenen, einen Bevollmächtigten, um scinen gektindigten
Anteil am Kapital und die rüickständigen Zinsen zu erheben,
mach Arnstadt. Die Ratsherren zahlten demselben als Ab-
schlagazahlang — volle zehn Thaler in die Hand, mit dom
Versprechen, die Abtragung der Gelder so viel ale möglich
beschleunigen zu wollen.
Aber das Jahr 1636 kam, und Paul Mert sah sich sei-
nem Ziele um keinen Schritt nüher gerückt. Selbst ein
Interoossionsschreiben seines Fürsten und Herrn, des Hor-
'zogs Anton Ulrich von Braunschweig, blieb olıne Wirkung.
Da wondet sich Mart nochmals in eindringlichster Zunchrift
‚an das städtische Regiment zu Arnstadt, Ihm wenigstens zu-
10 ‚Armstadı in den Beiten des droifsigjährigen Kriages
nlichat so viel zu schieken, dafs er, wio or schon länger be-
absichtigt, einige Piorde für Sr, Majostät dos Kalsors Dienste
werben könne,
"Da aber der kriogslustige junge Mann sich nbermals nur
it Vertröstungen auf bussere Zeiten hingehalten sicht, 40
oediert er weine Forderung (800 Thalor und Ziunen) an
‚don kaiserlichen Obristen Gottschalk Hopping, iu dessen Regi-
ment or als Adjutant getroten, und dieser droht, wenn or
‚durch Ausbleiben don Golden in „einer Werbung verhindert
würde, boi der Römischen Kaiserlichen Majestät über die
Stadt Arustadt Klage zu führen.
‚Antwort erfolgte, aber eine answeichende, nnd der Obrist
aulı sich veranlafıt, seinen Rittmeister Peter Gleden unter
nochmaliger Bedrohung nach Arnstadt zu schicken, welchem
das städtische Regiment wenigstens 200 Reichsthnler als
Abschlagszuhlung auf die rostierenden Zinsen einhälndigt.
Der Obrist aber, durchaus nicht befriedigt, verlangt
innerhalb acht Tagen volle Abzahlung der Zinsen und dus
Kopitals, widrigenfalls er sich in ein schwarzburgisches Darf
maho der Stadt mit seinen Roltern „olnlosiren® wolle, bis
Heller und Pfonnig gezahlt.
Doch auf wiederholtes Bitten um Nachsicht und Stun-
dung läfst sich der kaiserliche Obrist herbei, sich mit 200
Paar Pistolon begnügen zu wollen, welche man bei dem
Faktor zu Remda entnchmen könne
Eine Autwort, ob dies Anerbieten genchm, blisb aus,
und so orfolgt aus dem Hauptguartisr dos Obristen iu der
Gegend von Minden die verwunderte Anfrage: „Halten die
Horron vielleicht dafür, dafs ich aus der Welt muarohiret
und koinor Antwort bedarf® Weil ich nunmehro ordre zu-
rückzukehren und noch etliche hundert Pferde zu meinen
trouppen bekommen, denke ich mich hart an ihre Stadt zu
logiren und alle Mittel zu gebrauchen, bis die gänzliche Zah-
a
lautet dahin, dafs
Das demütige Entschuldigungsschreiben
ash allerdings Erkundigung zu Bemda singezogen, dafs
ie HR
il
8
ii
1
162 Armatadt in den Zeiten des dreifsigjährigen Kriegen.
ben und Mimdven nicht ein „einiger Heller“ bezahlt worden
war. Im gedachten Jahr wird von seiten der Stadt auf ein-
Aringlichstee Ermahnen der Gläubiger geltend gemacht, „wie
Stadt und Land durch Plünderung und Einquartierung in
‚einen so erbiirmlichen Zustand gerathen, dafr auch die mei-
ten Leute, vo vordom ziemlich vermögund gewesen, wo nicht:
durch Kummer gestorben, doch das Elond zu bauen und in
welt ontfornten Örtern ihr Stücklein Brots zu suchen genoth-
drängelt worden“. Es möchten solches sich die Gläubiger
wohl zu Herzen gehen lassen und sieh gedulden, „dis nach.
‚Göttlicher friedliebender Verleihung wieder erwünschte Mittel
zu Handon".
„Ihr zu Arnstadt“ lautet die Erwiderung „habt fürwahr
dos Krieges onern und tumultus nicht allein getragen; jed-
weder Stand, Stadt und Dorf haben allüberall das Gleiche er-
duldet. Weshalb solches bei Oreditoren vorschütsen, die ihrer
Golder 16 lange Jahre nicht einen Pfennig genossen? Stadt
‚Schweinfurt ist ohne Unterlafs belegt und über Vermögen be-
schweret worden und hat doch unnachläfslich seine Schulden
Ana Bisthum Würzburg abtragen müssen!" Man hätte zu Aru-
stadt fürwahr cher denn solch Zins so hoch gestiegen und
durch verdriefsliche und schädliche mora angeschwollen anf
dessen Zahlung bedacht sein sollen.
‚Solange Friede im Land, wird von Arnstadt 1645 auf
neue Mahnschreiben zu seiner Entschuldigung geltend ge-
macht, sei die Stadt stets und unfehlbarlich ihreo Verpflich-
tungen nuchgekommen, aber jetzt sei dieselbe durch die
Kriegebeschwerden in allzu grofsen Abfall gekommen. Haben
grolse Reichs- und Handelsstidte ihren Kredit nicht mehr
rotton mögen, was Wunder, wenn wir, die mit jenen nicht
za vergleichen, den mit Brief und Siegel ausgehlindigten
‚Behuldyerschreibungen nicht „buchstäblich“ nachleben können?
Haben ja solbat Fürsten und Herren nicht allein die vor-
fnllenen ponsionos varwaigert, sondern auch auf blolko Parti-
kularbezahlung mit ihren Kreditoren traktieren Iasen! Und
wo Kaiserliche Majestät achiedsrichterliche Kommissionen zu
4 |
Aruatadt in den Zeiten des Äreifsigjährigen Kriogen: 103
ernennen geruht, sind die Creditores stets darıuf gewiesen
‚worden, sich solchermalsen genügen zu lassen, da niemand
ad impossibilia obligiort werden könne!
Man verstand in Schweinfurt die versteckte Drohung.
Es scheino, dafs man such in Arnstadt, schreiben die Gläu-
’biger, „van denen so viel Jahr horo vorfallnen Pensionen icht
was zu bezahlen nicht gedenke! Vielleicht denke man sogar
such in Beziehung der Capitalia, wie manch Fürsten und
Städte, und an Theilzahlung“! — Man gebe aber wohl zu
bedenken, wie auch sie, die Gläubiger, die Not der Zeit
„obener malse hartiglich erfahren und dadurch in gar großse
und Abnahme ihrer häuslichen Nahrung gerathen,
‚dafs sie daunhero um driugender Noth willen, wenn sie bei
‘Ehren und einem Stticklein Brod künftig zu verbleiben ge-
düchten, durchaus geswungen seien, das, was ihnen von Rochts
wegen gebühre, geziemend einzufordern.“ Auch solle man
wohl erwägen, wie sie, die ganzer achtzehn Jahre horo nicht
einen Heller Zinsen bekommen, doch die Schatsung und
Steuer jährlich banr entrichten müssen. Wer möge sich wei-
ter bereden lassen, dafs die Stadt Arnstadt dermafsen unver»
möglich, dufs sie die lauge Zeit auch nicht einen einigen
Zius zahlen können, Und doch, wenn man ihnen jetzt mit
Einem Stück Geld an die Hand gehen würde, solle man sie
‚der Zinsen halber billig finden. — Man hoffte in Schweinfurt
wonigstens für dio Weihnachtszeit eine Zahlung zu erhalten
und schickt den dortigen Stadtboten mit besten Hoffnungen
‚gen Arnstadt. Doch leerer Hand kehrt er zurtick, Nur dafs
auf dem Rathaus zu Arnstadt eine nochmalige Zuschrift
riobtig eingehündigt, wurde durch ein recepisse bescheinigt.
„Nichts als ein reoepisse, weil die Herrn schon in die
"Weihnachtsferien getreten!“ wird verwundert von Schweinfurt
Ende Januar geschrieben. „Haben dieselben vielleicht vun
ihr Endschaft gefunden und dürfen wir nun auf Zahlung
rechnen. Fürwahr, man sollte unsre Geduld nicht also mile-
"brauchen und allos in die Harre prokrastiniren !®
Yon Arnstadt aber wurde nun Rückzahlung der Kupi-
ı®
4
164 Armssadt io den Zeiten dos dreifiglährigen Kriagu
tallen in Raten bei güuslichem Erlafı sämtlicher Zinsen im
Vorschlag gebracht. Natürlich dafs man in Schweinfurt davon
nichts hören will. „Wenn gleich diese Stunde zu Münster
und Osnabrück ein Schlufs gemacht werden sollte, alle und
jede Zinsindifforenten dahinten und schwinden zu lassen, #0
wäre solches im Rechten nimmer zu vorantworten!" Habe
doch Kaiserliche Mojestät der Stadt Schweinfurt jüngst in
einem mandato de solvendo nicht einen einigen Zins excipiert,
sondern völlige Zahlung aubefohlen. Doch erbiotet mau sich,
die volle Hilft aller vorfallenen Zinsen vohwinden zu lsoson.
Der Magistrat zu Schweinfurt, der doch otzliche Tonnen Eol-
dos schuldig, würde, wonn ihm solchen geboten, mit beiden
Hiinden zugreifen, Aber da sei kein Erbarmen, noch «in
Erlaßs za hoffen,
Doch aclbat dies scheinbar so grofßsmiltige Anerbieten
wird ron Seiten der Stadt Arnstadt nicht angenommen und
#0 wurde «s Friede, ohne dafs irgend ein Abkommen ge-
troffen. Die schönen Hofluungen, welche die Bahweinfurter
Gläubiger auf den Abschlufs dessolbon auch für ühre An-
sprüche erhollten, wollten sich nicht erfüllen,
Ja im Jahre 1651 wurde von seiten eines neuen Stadt-
schreibers sogar die Gültigkeit der Schweinfurter Obligstionen
in Zweifel gezogen, da, wie man wie, der notwondigo gräf-
liche Konsons nicht darunter,
„Das bietet Ihr mir“, schreibt Bausch darauf in großer
‚Krrogung, „einem ehrlichen Manne, der unzählige Jahre mit
Euch in solcher Geduld gestanden umd dem Ihr an winer
Nahrung weh geihsn? Wars nicht.an Euch, den gräflichen
Konsens, wenn er nötig, Eurerseits einzuholen? Und seid Ihr
nicht werpflichtet, für Eurer Vorgäuger Treu, Siogel und
Glauben durch Eiol'sung der Obligation, als im Regiment
wuocodirende Rathsmitglioder, nach Pflicht und Gewissen ein-
zutroton? Und wie Zahlung des Kapitals, seid Ihr such dio
Zinsonabtragung schuläig. Der in Speyer 1600 gehaltene
Deputationarooefs hat für das Römische Reich Dontscher Nation
dahin entschieden, dafs Kroditoren den Zins a tempare morne
= fi ni
Isesen, zunüchst zu befriedigen, kundbare Ur sit vor
Paul 1656 werden der armen Wiktib zu Schweinfurt die
ersten Zahlungen von je TI Gulden gemucht; am Tage Potor-
psul 82 soll alsdann das Kapital vollständig nbgetrugen sein.
Aber die rückständigea Zinsen? Die Schweinfurter Gläu-
tiger sprechen die zuvuzsichtliche Hoffnung aus, dafs wenig-
stens alle seit dom Friedensechlusse sw Münster und Osunbrück
aufgelaufenen Pensionen voll und ohne Abzug zur Zahlung
kommen würden. Es wird ihnen die niederschlagende Ant-
wort, wio auch davon keine Rede sein könne. Hätten ja
‚Andere Kroditoren der Stadt sogar om Kapital nelbat einen
‚guten Teil schwinden lassen.
Frau Marshäuser erklärt sich nach vielem Feilschen hor-
über und hinüber endlich bereit, mit 100 Gulden zum Ab-
aprung aller und sämtlicher Zinsen zufrieden zu sein. Die
Bataherren erwidern, sie könuten eu nicht thun, sei ganz un-
möglich. Doch 75 Gulden an Geld wollten sio zahlen und
ihrem Sohn, dom Studioso in Jena, noch Ein Buch von etwa
10 Gulden zum Geschenk machen und er dürfe den autorem
sich auslesen. Frou Marshiiuser nahm un, und ilr Sohn
wählte sich Martini lexicon Philologicum. Auch Heinrich
"Bausch, im Jahre 1662 Bürgermeister, liofs sich genligen und
A
Arnstadt In den Zeiten des drelligjihrigen Krisgee. 167
bald traf aus Erfurt die Nachricht ein, dafs derselbe dort
plötzlich verstorben, ohne Geld zu hinterlassen. Es wire
ein Verdacht auf eino Magd, so ihn gewartöt, und einen
‚Goldschmied, bei welchem or zwoi Becherlein bostellt und
ohne Zweifel etwas darauf geben, welcher aber nicht gestehen
wolle, sondern sie anderwärts verkauft.
Die gogebenen Mitteilungen über die nach Schweinfurt
‚entrichtete Schuldpost können noch deshalb ein besonderen
Interesse beanspruchen, weil sich au den Namen dos Haupt-
ellubigere eine bodeutenıne Erinnerung kuüpft. Ein Mitglied
der Familie Bausch iu der Reichwetudt Schweinfurt gründete
damals nach italievischen Vorbildern die Akademie der Natur-
forscher. Doch war der Stifter nicht der Ratsvorwandie und
Bürgermeister Johann Heinrich Bausch, der vielerwühnte nach-
sichtsyolle Gläubiger der Arnatldter Bürgerschaft, sondern der
Stadtphysikus Tohnon Lorenz Bausch. Am 1. Jannar 1662
war erste Sitzung, in welcher der Stifter von den drei weiteren
Mitgliedern zum Präsidenten erwählt und sein Gesetzentwurf
‘von 15 Artikeln einstimmig angenommen wurde, Ans dieser
so bescheidenen Gründung Jason’s L, des nkndemischen Namens
dienos ersten Prüsidenten, erwuchs mit der Zeit die Leopoldiuo-
Onrolinische Akademie! Dieses Johann Lorenz Bausch gu-
‚schieht in den Arnsläilter Akten wur einmal Erwähnung,
Wollten wir zu Schlufs vinen eingehenden Blick auf dan
wittliche Leben des Bürgertums bei Ausgung des Kriegen
werfen, s0 würden uns auch auf diesem Gebiete grofse Not-
stände ontgegontreten, Doch haben dio gegebenen Mittei-
ungen, soweit die Quellen sichern Anhalt gewähren, für den
Sittenstand der Binwohnerschaft wohl schon genügendes Material
zur Beurteilung gebracht,
Immerhin haben auch in dieser Besichung über Arnstadt
‚günstigero Sterne gewaltet als über unzähligen Sohwester-
‚städten des Römischen Reiches Deutscher Nation. ‚
Schon dus erostliche Demühen Graf Günthers und seiner
Nachfolgers um dus religids-sittliche Wohl ihrer Unterthanen,
dns strammo Regiment vieler Bürgermeister, welche mit Stein-
er
Armatadt in den Zeiten des droifsiglährigen Kriogen 169
erepurt, „Ich wordo alle Tage“ schreibt or 1647 an die
Bür ‚der Stadt „vielfältig angoloffen von verschie-
‚denen Personen, »0 sich zanken und hadern nebst gränlichem
Fluchen und Gottenlästern, so sie dabei begehen. Zur Besserung
ihres Lebens mit harten und linden Worten sie anmahnen,
will nichts helfen. Ich befürchte, Gott möchte um aolchon
tWglichen, ja fast stündlichen Haders und. Fluchens willen
einsmals die ganze Stadt strafen, weil s0.gur kein treuherziges
Vermahnen auf der Kanzel, und wo es sonst geschieht, bei
des gottlosen Louten helfen will.“ So mahnt er die welt-
lichen Behörden, dus Ihrigv zu thun, nuch Statuten und Genets
zu verfahren, und wo die Schnur die Schwiogur geschimpft
und geschmht, sie auf den Turm zu lagen,
Auch bei den Sünden. gogon das seohste Gebot, dio unter
dem unheilvollen Einflufs der Durchzüge und Einquortierungen
#0 furchtbar sich mehrten, nimmt er neben der kuicend vor
dem Altar verrichteten Kirchenbußse die Btrafgewalt der walt-
lichen Obrigkeit durchaus in Anspruch. So kam es auch in
Arusiadt zu Trauungen mit Spiels und Stangen, doch häufiger
noch auf dom Waldgabirge, wo munch verwilderter Meusch
und seine geschwängerie Dirne wit bewehrter Mannschalt zur
Kirche geführt, nach ubgelegter Kirchenbulse. kopuliert und
dann für Jahre über die Grenze des Landes verwiesen wurden,
Auch wenn rauhe Zoiten rauhe Strafmittel zur Not-
wondigkeit machten, wurde die seiner Fürsorge anheimgo-
‚gebeno Gemeinde an der Liebe und Treus ihres geistlichen
Hirten nicht irre. So manche, schmerzerfüllte Seele machte
ihn zum Vertrauten ihres Kummers; die Mutter, deren Sohn
sich ohne ibr Vorbewulst wit einer anbliugigen Dirne , die
sich #0 ihn hereingeschmeichelt, als die Schweden hier ge
legen, verkoppelt hat, der Vormund, dessen Miindel auch
jetat nach dem Frieden nicht zurückgekehrt, und dem man,
‚ob doch der Mensch wohl hundert Jahr alt worden könne,
schon sein mütterlich Erbteil ontslehen will. Doch nehmen
ir Abschied von dom Gottamann, dessen Name in Arn-
stadte Bürgerschaft unvergesson bleiben sollte!
k en
170 Arnstadt in dem Zeiten des Anitigjährigen Krieges
Kür sei os noch gestattet, aus vergilbten Konsisterial-
akton ein Beispiel vor Augen zu führen, wie unter den
Wirzon des Kriogs auch hier zu Lande, zumal auf dem
Thüringer Walde, wohl Kinder horanwuchsen, die an unglaub-
lioher Unwissenheit mit jenem berühmten Simplieius Sim-
Hlelasimus des Spemsartgebirges kühn in die Schranken zu
{roten und obenso wie jener das Yalerunser mur in der
verstümmolisten Gustalt zu sugon vermochten,
Subustian Drosselt, eines armen Leinwobers Bohn aus
Böhlen hoch oben auf dem Gebirge, geboren zur Zeit der
Kippor und Wipper, wurde noch im frühsten Koabenalter,
als Not und Tourung hereinbraeben, von seiner Stiofmutter
aus dem Hause gejagt, sich soin Stückchen Brot irgendwo
zu suchen. Bottelnd, hier und da ein Paar Ziegen zur Weide
führend, öfters auch wohl mit den Soldaten ziehend, wuchs
Bastian Dreselt ohne jeden Unterricht auf. Nach dem
langen Kriege wurde er in Großbreitenbach, obwohl ein
Fluchmaul, ein Branntweinsiufer und Verächter des Gottes-
wortes, zum llirten des Kleinvichs gemacht. Bald fand er eine
gleichgortimmte Soule, Div Nachkommenschuft von Hirt und
Hirtin erwuchs beim Vioh und wurde sorglich vun Kirche
und Schulo ferngehalten,
Wonn Dromelt frühmergens das Vioh anstrieb, 20 go-
schah „olchoa unter so unmenschlichom, wildem Pluchen, dal
‚christliche Gemüter sich entaotzton. Die Geistlichen des Wald-
Bockens hörten ihn auch noch auf der Weidetrift schmähen
und schänden, »0 grausam fluchen und donnern, dafs man
stets gowärtig sein mulsto, die Erie werde sich alsbald auf-
thun und ihn mit den Seinen hinabschlingen, wie einstens
dio Rotto Korah,
Trotz aller Ermahnungen Wels sich das Hirtenpaar 12
Jahre und länger nicht boim Sukramente finden, und wenn
ss etwas für seine Christlichkeit thun sallen, hat mans nur
mit höchstem Zwang erreichen können.
Endlich wurds der gottlone Hirt ron der Obrigkeit des
Fleckes verwiesen, kam aber, ds dis Grenze überall nah,
sus der Prühpredigt kam, von einer Rotte Musketiers
alällocken hinunter bis zur Grunze geführt, wo er mit
I nsäreknng dns Bleupbesens des’ Landes varwisson würde.
Em scheint dam Vertriebenen nicht besonders ergangen
zu sein. Doch fand ar eine mitleidige Sanlo, wolcho dom
"armen Bxulanten, wie er sich nennt, eine Schrift an seinen.
Landssvater, Grof Ludwig Günther, aufsetzte mit dem deh-
mütigen Gosuch, ihm als einem armen Sünder Yo Rückkehr
zu gewähren und goädigst zu befehlen, dafs ihm aueh der
geöffnet werde, Bastion Dresselt fühlte, dafs er
nur durch Kirchenbesuch und Sukramentsgenufs wieder zu
"vollem Bürgerrecht gelangen und für einen „Breitenbacher
"Nachbar" gelten konnte. Der goädige Landesherr gewährte
beides, nur daß or und seino Frau nuf dem Konsistorium
(zu Gchron) sich in Frage und Antwort fiber genligende
‚Konntnis des Christentums ausweisen sollten. Da fanden
‚wich aber, solbat auch bo der Frau, der man bomaror Wissen
zugotrant, die hnarsträubendsten Defootn, und man mufste
‚sich höchlichst verwundorn, als man ihres Glaubens Rechnung
‚erfordert, dafs doch inmitten der Christenheit Leute so übel
‚bestohen könnten. Salbat die Hirtin wufste, wie man sach
‚Arustwdt berichtet, wichts von Christo und nichts von Hölle
und Himmel.
Da wurde auf Bofchl dos Grafen für das alte Ehepnar
sine lüngere Information angeordnet, ob man vielleicht ihrer
‚Seolon Soligkeit errotton möge, Man beschränkte sich auf
Ans Notwondigets, nuf den Morgen- und Abendsogen, auf
‚den christlichen Glauben, anf die kleinen Fragestücke Lutheri,
auf dus Vaterunser und informierte sorgsam ad captam dinser
Kutechumenen. Zwei- und dreimal sah man dieselben täglich
zu dem Plarrhorrn, zum Diakonus oder einem der Schuldiener
‚oder such wohl is die Sakristei zur Information wandern.
‚Aber unch Wochen üufsorston Pleifsos mufs doch der Pfarr-
172 Armsiadı in den Zeiten des dreifsigjährigen Kriegen
sucht, nichts ab- oder oinzugewöhnen gewesen. Doch habe
bönrillige Simulation glauben. Der Hirt aber reichte bei
seinem gnädigen Landesvator eine Klägsschrift ein, die ihm
vielleicht, wie damals häufig, ein Student augefortigt, in
welcher er bittere Beschwerde führt, dafs man ihm, einem
armen alten Tropf von 54 Jahren, der 21 Jalır das Klein-
rich gehütet, was vom Christentum zu lernen nötig, jetzt
‚erst beibringen wolle, „was ihm Alters halben zu lernen ganz
i sei,
Bald traf auch bei dem Pfurramto zu Grofsbreitenbach
eine Zuschrift aus dem Konsintorium zu Amstadt ein des
Inhalts: „Dafern denn eine solahe Einfalt und Sohwachheit
des Verstandes und Gedächtnisses zu verspüren, dafs sie ein
mehren zu begreifen nicht vermögen, #0 wollet Ihr demnach
nur Fleifs vorkehren, dal ihnen nur die nöthigsten Stücke
von dom Wesen und Werth der wuhren Besserung und dos
beiligon Abondmahls aufs allereinfültigste beigohracht warden,
und sie alsdann in Gottes Namen admittiren, aber auch
nach dem Sukramente mit der Information noch eins Zeit
lang continuiren.“
Ein Bild traurigster Verkommenheit mag diese Mittei-
Jungen aus der unheilvollsten aller Kriege abschliefsan, welcher
deutsches Volkstum und deutsche Gesittung zu Ternichten
drohte,
W.
Wie die Thüringer
und besonders die Weimaraner
sich 1809 bei Ober-Au in Tirol
geschlagen haben.
Freiherrn Maximilian von Ditfurth,
weil, kurfürstl. hessischem Hauptmann.
.
Mit 1 Karte.
176 Die Thüringer 1809 bei Ober-Au in Tirel.
‚sachsen - oltenburgischen Oontingente unter ‚seinom Oberst:
Dietrichs gar Manchos sich zum Muster nehmen. Auch war
es denn auch den Danako’« gar nicht schr spafhaft zu
Muthe, wenn #e merkten, dafs von den bückeburger Tägern
sich einige in ihrer Näho herumtrieben, dagegen aber jedem.
‚schten deutschen Reitersmann das Herz im Leibe lachte, vor
Lust und Freude, wenn da #0 eine hansentische Dragoner-
Ordovnaus querfoldein über Kuicks und Grüben herange-
kum.
Dafs aber die meisten diever und zwar namentlich die
thüringischon Contingente, auch sonst uoch eine recht ruhm-
volle Vor- und Kriegsgeschichte haben, dan wurde damals,
so wie auch hiufig jetzt noch, nur von schr wenigen gedacht,
weshalb es nicht ohne Nutzen sein dürfte, gerade hierüber
noch Einiges zur Mittheilung zu bringen.
Wenn nämlich die glänzende Rolle, welche die Kriogs-
macht des kleinen Weimars unter ihrem Herzog Berohard
zu Ende des S0-jührigen Krieges gespielt hatte, sowie die
Geltung, welche sich Suchsen-Gotha und Meiningen, zu Ende
des 17. Jahrhunderts und zum Theil noch wührend des apa
mischen Erbfolge-Krioges, durch Stellung nicht undetrücht-
licher Corps von Boldtrnppen erworben hatte, nur schr vor-
überguhonder Natur gewesen waren, vielmehr im Laufe dos
18. Jahrhunderts das Kriegsweson in sÄmmtlichen thüringi-
schen Stanten theils völlig verfiel theils in kleinliche Spielaref
ausartete, s0 gab doch Sachsen-Woimara unvergelslicher Car!
August auch in dieser Richtung hin, durch die von Ihm 1788
ausgehende Bildung eines Feldjliger-Corps einen neuen Impuls
zum Besseren, Er schuf ia diesem Corps einen Kern, von
welchem aus auf dio übrigen thüringischen Kontingente der
‚Anstoß ausging, durch welchen die auch im Ihiriagischen
Volksstamme schlummernden kriegerischen Tugenden der
Deutschen zum fröhlichen Erwachen gebracht wurden,
Nachdem nämlich jenes weimarische Jüger-Corps zuurst
in den Reihen der österreichischen Armes an dem Faldzuge
von 1796 einen nicht unrühmlichen Antheil genommen hatte,
= Pe ER
er
ke
Die Thüringer 1809 bei Obar-Au In Tirsl. 177
zeichnete or wich auch Im Foldsuge vom 1806 in den Reihen
‚der proufsischen Armee nicht nur durch die Art und Weine
dern os nahm noch, der äußersten Nachhut zugerheit, in
hervorragend rühmlicher Weise an allen Gefechten Theil, die
während des langen und beschworlichen Rückzugs der Trüm«
nor der geschlagenen preufsischen Armee zar Oder, und von
da mit dem Blücherischen Corps wieder zurück auf Lübnck
zu, stattfanden.
Du indesson Köuig Friedrich Wilhelm IIL von Preufsen,
um das kleine Weimar nicht mit io das eigene Unglück
"hineinzuziohen, aus eigener Bewegung den Herzog Carl August
bereits schon den 24. Ootober aller gegen ihn eingeghngener
Verpflichtungen enthoben und Befehl ertheilt hatte, such das
Weimarische Contingent in seine Heimath zu entlassen, trennte
sich solches bereits schon am 2. November von dem im
Rücksuge auf Lübeck begriffenen Blücherischen Corps und
kehrte Mitte November nach Weimar zurück,
Durch den wogeheuoren Verlust ia jeneu Gefechten, noch
mehr durch die Kutbehrungen und namenlosen Anstrengungen
während jenes Rückzugs, zwar bie auf ein Dritttheil seiner
anfüngliobeu Stärke herabgoschmolzen, hatte os gleichwohl
den Trost, dafs im preußischen Hoere keine Abtheilung zu
Anden war, der on in treuer Bewahrung unbefleckter Ehre
hätte nachstehen missen.
Da jedoch in Folge der Niederlage Proufsens die slich-
sischen Herzogthümer sich gezwungen sahen eine Allianz mit
Napoleon einzugehen +) und diesem ihre Contingente nunmehr
zum Kampfe gegen Preufsen zur Verfüguug zu stellen, no
wurden such jene heimgekchrten Reste des Weimarischen
Contingentes bereits schon im Dezember wieder muf den
Kriegsfußls gesetzt und dazu bestimmt das 3. Bataillon, dus
gemeinschaftlich mit Gotha, Meiningen, Coburg und Hildburg-
4) 16. Den Dem a ER
xy 12
u Die Tääinger 2808 bei Ober-Au In Tirol.
Durch die rom Seiten Oosterriche in dem Waffonstill-
standı-Vertrag zu Zunim erfolgte völlige Proisgebung der
rolar Tmsurgesten, war bei diesen indessen immer mehr und
mehr ein seltenes Gemisch verzweitlungsvollen Trotzos und
hoffnungsloser Muthlosigkeit hervorgerufen worden. Während
wäinlich die Einen durch fonorige Aufrufe zu einem Ver-
zweiflungskampfe anregtea und sogar die Massen anzustiften
versschten die noch immer mit der Räumung des Landes
aögernden Österreichischen Truppen äulsorsten Faller mit Go-
walt zurückrahalten und zur forneren Kriogstheilnahme zu
zwisgen, suchten Andere nicht minder alle Veberredungs-
künste hervor, den Insurgenton begreiflich zu machen, dafs
nur dureh ungesäumte völlige Unterwerfung unter das Macht-
gehst Napolcons auf Onndo zu hoffen wäre. In Folge der
hierdurch allor Orten sich kundgebendon Unentschlossenheit,
fanden sonach auch zuwächst die von Marschall Lofebro hor-
angeführten Streitkräfte nur sehr vereinzelten und nirgends
‚sehr erheblichen Widerstand, Es begannen auch immer mehr
und wehr die Landstürmer sich nach allen Beiten hin zu
zerstreuen und in ihre Heimnth zurückzukehren, so dam
Marschall Isfebre bereits eohon den 30. Juli unbehindert
‚seinen feierlichen Einzug in Innspruck halten konnte.
Domgomäls säumte er auch nicht, achon den 1. August
von da aus den Gonoral Rouyer mit dem Ropimente der
Herzogs von Sachsen, den Bataillonen Anhalt, Lippe, Raufs
und Waldeok, denen nuch noch das 4. baierische Chevaux-
logers-Rogiment Bnbenhofen und die baierische Batterie Van-
douve zugetheilt worden war, noch weiter nach dem Brenner
hin »brücken zu Inssen, mit dem Auftrage, die noch immer
bei Brixen verweilenden österreichischen Truppen zum end-
lichen Vollzuge der Räumung Tirols zu veranlassen und »0-
dann selber daselbst eino geeignete Stellung einsunchmen,
um in solcher das Herankommen der Vortruppen Kusoa’s
und Perry's1) abzuwarten.
A) Poren. Bem. der Bad,
See entsendet er einstweilen am og
des 3. Augusts den weimarischen Premier- Lieutenant von
Orayen mit 60 weimarischen TAgern und 40 buierischen
Insurgenten. Dieselben zogen sich zwar nach unerheblichem
Geplänkel alsbald wieder bis in den Engpams — im Sack
wieder nach Steraing hin zurückkehrte. Hierdurch funden
uber freilich nuderseits die inzwischen bei Ober- und Unter-
Au zusummengeströmten Haufen der Insurgenten volle Mufee,
ungestört alle Anstalten zur hartulekigsten Vertheidigung der
dortigen Engpässe ins Werk zu setzen.
Damit hatte es aber folgende Bewandtnifs. Da beson-
ders die bisherigen Anführer der tiroler Insurgenten allo
Ursache hatten, von der Rache der Sieger das Sohlimmste
befürchten zu missen, so hatten mehrero der hervorragend-
sten derselben, als Speekbacher, Sieburer, Einenstocken ") u,
a, auf Zureden der österreichischen Generale sich bereita ent-
schlossen, mit den österreichischen Truppen das Land zu
verlassen. Selbst der Oberanführer der Tiroler, der Sand
wirth Andreas Hofer, war durch den Österreichischen Gene-
ral-Täentenant von Buol und den kaiserlichen Hof-Commiesar
ke
1) Auch Teimer. Bem. der Red,
-
Die Thüringer 1809 bei Ober-Au in Tirek 183
Auch an den Kapuzinor Joachim Haspiüger, der Roth-
‚bart; genannt, einen von fanatischer Vaterlandsliebe beswolten
Prisster und einen der erston Anroger des Aufstandes, der
jedoch nach dem xiagroichen Kampfe auf dem Borge Isel im
Monat Mai, sich wieder in die Einsamkeit seines Klosters
Sooben, auf hohem Felsenabsntze oberhalb des Stüdtchens
Klausen belegen, zurückgezogen hatte, war um Abend des
1. Augusts sine solche Aufforderung gelaugt. Kiligst wandte
er sich in Folge dessen am anderen Tage nach Brixen zu
dem Kreuswirth Martin Schenk, einom jungen, wegen solnes
'Muthes, seiner Entsohlossenheit und seiner Körpergewandt-
heit weit um in hohem Anschen stehenden Manne: Dort
traf or auch noch Potor Komenater, Wirth in Schaba, eben-
falls einen jungen, blühend schönen Mann von erst 22 Jah-
ron, der sich jedoch in den bisherigen Kämpfen durch Klug-
heit und Tapferkeit bereits einen großen Ruf erworben hutte,
sowie Peter Mayer, Wirth in der Mahr, an Fanatismus
Joachim Haspinger nichte nuchgobend, ein baroits riet or-
‚probter Führer der tiroler Landstürmer. Lange waren aber
‚auch selbst diese Münner schwankond, ob ein neuer Auf-
stand zu wagen sol, zumal der Feind zur Zeit schon über
den Brenner hinaus auf Sterzing zu Im Anmarsche begriffen
war. Aber immer mehr und mahır nır auf die Stimme der
Vaterlandsliebe hörend, und im Vertrauen auf den Beistand
‚Gottes, ward von ihnen doch endlich beschlossen, noch ein-
mal Alles — on Allos zu setzen.
Somit eilfertig überall hin das Aufgebot zu den Waffen
rorbreitend, geleng os dem Fauereifer Jonchim Haspingers
bereits schon am Nachmittags des 3. Augusts die Schlitson-
‚Compagnien von Latafons, Klausen, Villanders und Volthurns,
an 4—500 Mann stark, zwischen Ober- und Unter-Au und
su der Peilen-Brücke zu vereinigen, während jene von
‚Schabs, Milland und der nächsten Umpgegend von Ober- und
Hofer, Oborcommandant von Passeyr, dormalon. wo Ich bin“ Anmerk,
& Red.
£
184 ‚Die Thürkngor 1809 bei Obar-Au In Tirol.
Unter-Au unter Peter Kemenater und Peter Muyer bereits
schon voraus bis Mauls streifton und daselbst das oben em
wähnte Gefecht mit der Kundsohnfta- Patrouille unter dem
Lieutenant yon Crayon bestanden. Durch unablänig noch
weiter während der Nacht von allon Seiten herbeigerträmte
Zusgler, namentlich aber durch von Joseph Spockbacher
und dem Priester Lanschner aus dem Pusterthale herbui-
gefährte Haufen, wuch« die Zahl der hier sich allmählich
versammelnden Insurgenten bis zum Morgen des 4. August
noch vollends auf 3—4000 Köpfe an. Eben #0 auch wurde
namentlich unter Spockbachers oinsichtevoller Leitun;
‚gunso Nacht hindurch, mit höchster Anstrengung, ge-
arbeitet, durch Anlegung von Verhauen u. s. w. die ohnehin
schon 10 Krolse untürliche Vertheidigungsfühigkeit des von
Manls bis Unter-Au sich orstrockendan Engwogen noch aufs
Höchste zu steigern.
Aber such die Bowohnur von Sterzing, durch heimliche
Sendboten von dem unterrichtet, was sich vorbereitete, und
aufgefordert dasu mitzuwirken dem Feinde Hindernis in
den Wog zu logen und Aufenthalt zu bereiten, waren über
einen Anschlag übereingekommen, der, wonn er gogliiekt
wäre, die Division Rouyer in den Zustand Kufserster Wehr-
losigkeit vorsstzt und somit wahrscheinlich such ihr rölliges
Verderbon herbeigeführt haben würde,
Obgleich gegen die eine musterhafte Disziplin beobach-
tendem skohsischen Truppen, äulserlich ein durchaus fried-
fortiges, ja zuvorkommend freundliches Benchmen heuchelud,
hatte nämlich eino Anzahl der Bewohner von Sterzing sich
Auhja vereinbart, don auf den s. g.Storainger Mooawiosen auf-
goschlagonen Lagerplats dor Division durch das gleichzeitige,
um Mitternacht, erfolgendo Öffnen slkmmtlicher aus dem
Einackfusso dahin führenden Bowässerungssohloufsen über-
tmsohond mehrere Fuls hoch unter Wamser zu setzen.
Da jedoch das hierfür erforderliche Sohleufsenspiel glück-
licher Weise nicht genau genug übereinstimmte, «0 gelang
es den Lugorwachen noch zeitig genug, diese Gefahr zu ent-
Die Thüringer 1809 bei Ober-An in Tirel, 185
decken und Lärm zu machen, so dafs die Truppen, wenn
auch sum Theile nur eben noch mit genauer Noth, ihre
Waffen und Munition vor Durchnässung zu sichern und sich
überhaupt nach dem erhöhten Chanssee-Damme hin zurlick-
anziehen vermochten.
Gleichwohl geb sich Geveral Rouyer, beim Antritt des
Marsches am folgenden Morgen (deu 4, August) mit nur ulleu
großer Zuversicht dem Glauben hin, dafs or dabei nirgends
auf erheblichen Widerstand storson würde. Um jedoch die
Verbindung mit einer auf dem Brenner nachgeschobanen
dsierischen Abtheilung sicher zu stellen, lies er doch den
Major Knauth mit einer gothaischen Kompagnie in Sterzing
zurück, während der übrige Theil der ihm unterstellten
Truppen sich schon Morgens um 4 Uhr in folgender Ord-
aung in Marsch setzte. Die äufserste Vorhut bildeten 40 wei-
warische Büchsenschützen unter dem Lieutensnt won Gold-
scker, denen das Bataillon Weimar nachfolgte, während die
übrigen beiden Bataillons des sächsischen Regiments die
Spitze der Hauptkolonne bildeten. Hieran schlossen 2 Es-
kadrons des 4. baierischen Chovauzlogors- Regiment unter
Major von Kracht und 2 Geschütze der Batterie Vandouvo
(l Kanone nnd | Haubitze) unter Oberlieutenant Baron
Wiedmann; diesen folgten die übrigen 4 Infanterio-Bataillone,
sowie der Host der Batterie Vandoure und der Reiterei.
In der Thst stiele man bis jenseits Mauls auch auf
keinen Widerstand, obgleich hinter jenem Orte die Strafe
bereits durch einen Verhau gesperrt und sämmtliche Behau-
sungen von den Einwohnern vorlasson gefundeu wurden.
Da jene Wegeversporrung indessen nicht wertheidigt wurde,
#0 konnte sie auch ohne sondorliche Mühe beseitigt und der
Marsch unbehindert fortgasetzt worden.
Indessen beginnt hinter Mauls das bis dahin ziemlich
breite Thal der Eirack sich allmählig immer mehr zu ver-
engen, bis dasselbe eine Stunde südwärts dieses Orten, bei
einem einsam gelegenen Wirthshause —im Sack genannt —
durch das Zusammenrücken der melırere hundert Fufs hoch
186 Die Thüringer 1809 bei Ober-au in Tirol.
senkrecht aufsteigenden Felsenwände des Raitsteinbergs und
Tagwaldhorns eins enge Schlucht bildet. In dieser Schlucht
ist aber stellenweise nur gerade noch so viel Raum übrig,
Anls die Brixuer Heorstrafse längs des linken Ufurs der
Eisack, welche hier in einer tief eingesohnittenen Felsen-
Rinne wild dahin schüumt, sich durch solche hindurch zu
winden vermag.
Auch noch weiterhin, nur an awoi Stellen, nlimlich zu
Mittowald, einem kleinen nur aus einer Kirche und 7 Ge-
höften bestehenden Orte, und zu Ober-Au, elnom ger nur
aus 3 Gohöften bestehenden Weiler, sich zu kleinen Thal-
kosreln wieder etwas orweiternd, bildet somit die ganze
1%], Meilen lange Wegostrocke vom Eugpafs im Sack, bie
da wo unterhalb Ober-Au die Heorstrafse mitielst der s. g.
Laditscher Brücke!) vom linken auf das rochte Eisuckufor
übergeht, fust fortgosetzt, cinon einzigen, oft nur einer tief
eingoschnittenen Folsenspalte zu vergleichenden Engpafı.
Erst nachdem die Brixnor Straße, won der Laditacher
Brücke ab, auch noch die Wagengo der a. g- Brixner Klause
‚(dor heutigen Franzensfoste) passirt hat, boxinnt der bisherige
Engwog sich wieder zu einem Thale zu erweitern, das zu-
gleich nuch oinen schon ganz südländischen Charakter zeigt,
Bis dahin aber wird, selbst in friedlichen Tagen, der
diores Wuges dahin ziehende Wanderer, ob der schauerlichen
Wildheit der himmelboch über seinem Haupte emporragenden
nackten und steilon Felsenwände, und das wilde Toson und
Brausen der tiof zu aeinen Filfsen in wolßsem Gischt dahin
Autbondon Eisack, oftmals einer tiefen Bowogung don Go-
müthes sich nicht zu erwühren vermögen, am allorwenigeten
aber der Rowohner des Flachlandes und selbst dcs Mittel-
geblrges, die Vorstellung zu fasen Im Stando sein, dalı diese
1) Die Brücke bei Ober-Au — dio Peitsen-Brücke — wird hiufig
fitschtich als die Laditneher Hrücke beseichner. Die Lmtitseher Brücke
nbor liege weiter unterhalb und stellt die Verbiudung mit dem Puster-
hal her.
ern
Die Thäringer 1803 bei Obse-Au ie Tirol, 187
Oortlichkeiton jemals Schauplatz eines anhaltenden und gere-
gelten Kompfss hätten sein können. Und doch gehören solche
zu den klamischen Stellen der tiroler Kämpfe, denn hier war.
es wo bereite 1708 der Vortrab den von Kurfürst Maximilian
Emanuel von Baiern befehligien Hoeres, als dasselbe sich
von Inasbruck aus nach Brixen wandte, um dem von Trient
beransicheuden französischen Marschall Vendöme die Hand
zur Voreinigung zu bieten, dem Verderben anheim fiel. Hier
auch war es, wo am 2. April 1707 die Tiroler Uber die aus
Tualien vordringenden Fransosen ebenfalls wieder «inen glln-
wenden Siog errungen und am 10. April des Jahres 1809
zuerst der Kampf der tiroler Insurgenten begonnen hatte,
und hier sollte sich auch jetet wieder eine Wendung der
Dinge begeben, die, hätte solche von dem auch jetzt noch
zum Widerstand entschlossenen Theil der Stantsemänner und
Heerführer Oestorreicha vorausgeschen oder auch nur goahnt
werden, leicht möglicher Weise auch noch weit ber die
‚Greozen von Tirol, von unberechenbarem Einflusse hätte wer-
den können. —
Als nun am Morgen des 4. August die Vorhut der wei-
marischen Schützen sich einer der wildeston und sohnuer-
lichsten Stellen dieses Engweges — eben jenem Engpasse —
im Sack genannt — bie auf Flintenschufswuite genähert hatte,
ohne bis dahin irgend wo auf etwas Reindliches gentokum
zu sein, machte es um so mehr einen erschütternden Ein-
deuck, als sie plötzlich von allen Seiten und aus völlig un-
siohtbaren Versteoken hervor, zum Thoil mit heillosee Wir-
kung, durch ein lebhaftes Büchsenfouer begrüfst wurde.
Um so ruhmwürdiger nber nuch, dafs dieselbe sich da-
durch in ihrem lebhaften Vorschreiten nicht aufhalten liefs.
Diesen, so wie die bald von den Tirolern zu machende Wahr-
nehmung, in den weimarischen Blchsenschützen Fielfuch
‚sbenbürtige Nebenbuhler in der Schiofskunst gegenüber zu
haben, erregte bei ihnen wine wolche Bostürzung, dafs sie
trotz der großsen Vortheile des Gulliudes sich wiliget bis
hinter jenen Kngpafs zurdckzogen und selbat nicht einmal
f
188 Die Thüringer 1808 bei Ober-Au in Tirol,
eine innerhalb demselben aufgeführte zweite Wege-Verramm-
long unmittelbar zu rortheidigen wagten.
Dieselbe ward daher durch die zu diesem Zwecke vor-
gezogenen Zimmerleuto des slchsischen Regiments ziemlich
rasch wieder aufgeriumt, obschen dieselben dabei von den
zahlreich anf dem rochten Ufer der Elsack, auf den Abhän-
‚gen des Tagwaldhorns und Berglesberg postirten Insurgenten
lebhaft beschossen wurden, wodurch u. a. namentlich auch
der Commandeur des weimarischen Bataillon, Major von
Germas, dureh einen Streifschuls nicht unerheblich verwun-
‚det wurde, gleichwohl uber doch das Commando nicht nieder-
legte.
Aber kaum dafs sonach der Weg hier wieder frei go-
macht worden war und die Kolonne sich wieder in Marsch
‚gesetzt hatte, brachte der Feind plötzlich ein anderes Ver-
theidigungsmittel in Anwendung, welches um so mehr gecig«
wet war unter den nicht nur mit den Bigenthümliehkeiten
des Gebirgskrieges unbekannten, sondern überhaupt der Mehr-
zahl mach, noch wenig kriegserfahrenen Abtheiluugen der
Division Houyer leicht Schrecken und Bestürzung zu ver-
breiten.
Es hatten ulmlich die Insurgenten, auf den verschie-
denen Abstufungen eines dor Vorsprünge des Raitsteinborges,
wodurch hier oben jene Wegenge gebildet wird, eine Anzahl
Lärchenstämme dergestalt longegrabou, dafs solche vorn über-
hangend, nur noch mit den letzten Wurzelenden fest hingen,
und sodann darüber hin Massen von Steingerölle und Felsen-
stücke übereinander gethürmt.
In dem Momente uun, als sich unten im Engwegs der
Hoerstrafso dio Kolonne wieder in Bewegung setzte, die lotz-
ten zihen Wurzeln, die das Ganze noch hielten, mit Aszten
durehhanend, stürste sonach auch diese ganze Masse — ein
wandelnder Berg — unter dumpfem Donnergepolter und dem
Aufwirbeln einer dichten Staubwolke in die Tiefe, auf die
unten dahin ziehenden Troppen hinab. Ein kurzer aber
‚groller Aufschrei aller dor Unglücklicben, welche unter der
‘ nn
Die Thüringer 1809 bei Ober-Au Im Tirol. 189
Last bograben, oder won einzelnen Folsstüeken und Baum-
stämmen erfufst, noch vollends über die schmale Strafse hin-
weg in die tosenden Wellen der Eiack geschleudert warden,
ging dem Geprassel voran, welches den Hinuntarsturs dieser
Felsonmassen in dienen Flufs und das Branden und Aufplät-
schern seines Gowäsners erzeugte. Dann folgte an dem
schwülen Sommermorgen einen Augenblick lang eine schauer-
liche Todtenstille.
Glücklicher Weise hatten indessen die Insurgenten in
ihrer Ungeduld, ihre Gegner zu verderben, von diesom Ver-
theidigungsmittel zu frühen Gebrauch gemacht, »0 dafs nicht
die Hauptkolonse, sondern nur das die Vorhut bildende Ba-
taillon Weimar daron betroffen und dadurch natürlich auch
anfänglich zum Stutzen gebracht, nicht aber auch noch weiter
hin onter der Reiterei und dem Geschütz Unordnung und
Verwirrung verbreitet worden wat,
Sonach begann denn such das Bataillon, nachdem os
sich auf das ruhmwürdigste von der ersten Betäubung rusch
wieder erholt und die Natur der neuen Gefährdung näher
erkundet hatte, trotz des erlittenen empfindlichen Verlustes
und des schauderhaften Anblickos dor durch jene Steinmnssen
längs der Hoerstrasse ganz oder halb Verachüitteten und
gräfslich Zerquetschten, schon sehr bald wieder angriffsweine
rorzudringen. Nachdem nämlich zunächst das durch diese
Katastropho vollends noch auf die Hälfte herabgeschmolsene
Detachement der üufsersten Vorhut unter Lieutenant von
Goldacker wieder verstärkt worden und es demselben gelun-
gen wer, im zaschen Laufe die gefährliche Stelle, wo jener
Niedersturz orfolgte, zu passiren, und bis dahin vorzudringen
und sich daselbst vortheilhaft aufzustellen, wo der Engwag
sich nach Mittewald hin allmihlich zu einem Thalkessel zu
erweitern beginnt, rückte diesem auch das Gros des Batail-
lons dahin nach.
Da jedoch die Insurgenten noch fortwährend an ein-
zolnen Stellen der Bergabhanges Felsblöcke und Baumstimme
herabrollten, so geschah das Vorräcken nur nach und nach
PN) Die Thüringer 1809 bei Ober-Au in Tirol,
an ee die auf die
Folsenmassen erlaubten ebenfalls im
ae wodurch «s auch gelang das Bataillon allmühlig,
wis verbältuilsmäfrig geringem Verluste, am Eingunge zum.
Mittelwalder Thalkessol wieder völlig zu sammeln, wornuf
&ssselbe alsbald auch noch weiter gegen Mittswald selber
Da jedoch die Insurgonten hier eine sohr vortheilhafte
Stellung eingenommen und namentlich das au der Heorstrafse
gelegene und zur Vertheidigung schr geeignete Posthaus stark
besetzt hatten, #0 kam das Gefecht hier bald wieder von
Neuem zum Stehn. Als aber einzelue Abtheilungen der weimu-
rischen Schützen den hier wieder steil nbfullenden Abhang
des Raltsteinberges zwischen Mittewald und dem Eugpafs im
Sack hinauf zu dringen begannen, #0 veranlafste dieses, die
noch immer an letzterer Stelle dem Bergvorprung besetzt
haltenden Insurgenten, in der Besorgnifs von Mittewald abge-
schnitten und. in den Rücken gefafst zu werden, von da
zurückzuweichen. Hierdurch wurde es aber der Hauptkolonne
wieder ermöglicht, die Heerstrafse von dem herabgestürsten
Felsengerölle so weit frei zu machen, um zunächst den Ge-
schützzug unter dem Oberlieutenaut Wiedmann auf derselben
vor und gegen das Mittewalder Posthaus io Position Uringen
zu können,
Kaum dufs die Goschlitze gegen dieses einige Kugelschünse
und Granatwärfo abgefouert hatten, #0 rüumten auch die
Insurgenten eiligst diesen Ort, indem sie sich theils gerade auf
Obor-Au theils über den zu Mittewald über die Bisuck führenden
‚Punleitner Stog auf das rechte Ufer dieses Gewässers zurück-
zogen. Sie in letzterer Richtung zu werfolgen wurden die
beiden koburgischen Valtigeur- Kompagaien. der Hauptlente
Hofmann und von Wolframsdorf beordert ebenfalls über diesen
Btog auf das rechte Eisackufer hinüber zu gehen und längs
‚desselben, zur Deckung der rechten Flanke, bis zur Laditscher
Beicke. vorzudringen, wihrend die beiden meiningischen Kom-
pagolen der Huuplleute von Bultlar und von Donop unge-
nn | EEE
Die Thüringer 1808 dei Oberdn in Tirol. 191
wiesen wurden zur Sicherung des Rückens Mittowald besotzt
zu halten. Unterdessen ging die Hauptkolonne aber, das
Bataillon Weimar fortgesetzt als Vorkut voran, längs der
Hoorstrafeo auf Ober-Au hin vor.
Obschon der Feind such zu Ober-Au wieder erneuten
hartnäckigen Widerstand zu leisten versuchte, so ward der
welbo indessen doch durch dus lebhafte Feuer des Geschütz-
zuger unter Oberlieutevant Wiedmenn und das ungertüme
Andringen der weimurischen Schützen auch bier bald zum
Weichen
Als jodoch das Bataillon Woimar hierbei in loblufer
Verfolgung der Flichenden, aus diesem Orte zum Angriff auf
eine Verrammlung hervorbrach, welche am Zugunge der Ta-
ditscher Brücke, in einer durch einen Vorsprung den Pladeiter-
Bergen gebildeten Wegenge, errichtet worden war, und durch
eine Anzahl zu den Insurgenten übergetretener Österreichischer
Jüger vertheidigt wurde, erfolgte plötzlich ein abermaliges
Herabrollen grofser Massen von Felseustücken und Baum
stimme, wodurch von Nouum sine nicht unbetrlichtliche Anzahl
der weimarischen Suhützen einen schaudervollen Tod fand;
wobei die Tiroler aber, ao oft einer der Unglücklichen von
‚einem Folsstücke oder Baumstamme orfafst unter Mark und
‚Bein durchäringendem Todemschrei in die Fluthen der Binnck
hinabgeschloudert wurde, jedesmal in wildes Fubeln nnd
Tnuchzen ausbrachen.
Gleichwohl vermochte aller dieses nur ein nugenblick-
liches Stutzeu der Kolonne hervorzurufen. Angefeuort durch
das heldenmüthige Beispiel eines Theils der Mannschaft der
beiden, der Vorhut beigegebenen Escadrona des 4. balerischen
Chevauslegers-Regimente unter Major von Kracht, walche
überdriiscig fortgosotst unthätige Zuschauer des Gefechten zu
sein, von den Pferden gestiegen war und den Karabiner in
dor Hand rich den weimarischen Schützen angeschlossen hatte
und ‚plötzlich, trots der ihr ontgegenrollenden und nie mit
Tod und Vordorben badrohonden Folsenstücke und Baumstämme
zunächrt den steilen Abfall des Pladeiter-Berges empor zu
k
12 Die Thüringer 1809 bel Ober-Au in Tirol.
klettern bogann, ahmten nämlich auch die weimsrischen
Schützen diesem ihnen vor Augen gestellten Vorbilde alsbald
wetteifernd nach. Hierdurch wurden nber die diesen Borg-
abbeng vortheidigenden Insurgenten dermalsen. in Bohrwoken
gesutst, dafs solche das Handgemenge nicht ubwurteten, sondern
sich oiliget zurlckzogen.
Auch gelang es noch die um Zugunge zur Laditscher
Brlicke gelogene und ron österreichischen ‚gern mit aun-
äauornder Standhaftigkeit vortheidigte Weagererrammlung in den
Rücken zu fassen und deren Vertheidiger ebenfalls zum eiligsten
empfindlichen Verlusten sich den Zugang zu jener Brücke
eröffsend und die Iusurgeuten nöthigend sich theils über die-
solbo zurückzuziehen, theils eie von derselben in der Richtung
auf Aicha hin abdrängend, war die Spitze der Vorhut der-
solben bereits bis anf wenige Schritte genaht,
Infolge der zum Voraus getroffenen guten Anstalten, ge-
Yang en aber einem jener österreichischen Jüger, die auf der
Laditscher Brücke aufgehäuften Pochkränze und Thoertonnen
noch eben im letzten Momente in Brand zu stecken. Ver-
‚gebens, dafs die weimarischen Schützen, augefeuert durch
dus hervorlouchtende Beispiel ihrer Offiziere, mehrmals bis
auf dieselbe vordrangen und Alles aufboten den angefachten
Brand zu löschen, Theils war nümlich die Lohe desselben,
durch die grofse Menge der aufgehäuften hronnbaren Stoffe
zu michtig, theils auch das Feuer einor Anzahl Österreichischer
Jäger, welcho sich nach dem jenseits, dieht an dem Brticken-
ausgange belegenen Rioter Hofe zurückgezogen hatten, ein
zu mörderisches, als dafs diese Versuche vermocht hätten,
wirksam zu werden,
Nachdem man sich sonach endlich von der offenbaren
Unmöglichkeit hier durchaudringen überzeugt hatte, wurde,
© mochte 4 Uhr Nachmittags geworden sein, um nicht nutz-
los dum feindliehen Feuer ausgesetzt zu bleiben, denn auch
‚das Bataillon Weimar allmählig aus dem feindlichen Schufs-
r-_ _
Die Thringer 1809 bei Ober-Au In Tiral, 108
beroiche zutück und näher nach Ober-Au herangezogen. Aber
‚guon der in der Richtung nuf Aicha zurlickgewichene Theil
der Insurgeoten auch alsbald mit wilden Ungestüm wieder
augriflweise vorzugehen, Als aber die Batuillous Gothn und
Anhalt ungeskumt zur Unterstützung des Bataillone Weimar,
aus Ober-Au hervorbrachen und mit dem Bajonett auf die
Inaurgonten eindrangen, während der ebenfalls vorgezogene
Geschütsrug unter Oberliontenont Wiedmann ein lehhaftes
‚Kortätsch- und Granatfeuer auf dieselben richtete, so wandten
sich aolche ebenso eilig wieder zur wildesten Flucht.
‚Nachdem hierauf einer Selts, einzelne noch immerhin und
wieder auf dem unteren Abhange des Pladeiter-Bergs in der
linken Flanke eingenistete und durch ihr Feuer sohr Iistig
4ullende Trupps von Insurgenten, durch einige Compagaion
des 1; und 2. Bataillons des sächsischen Regiments unter por-
sönlicher Leitung des Obersten ron Egloffstein eino Strecke
weit in das höhere Gobirge hinnuf surliokgetrieben worden
waren und anderer Seite, os dem Oberlieutenant Wiedmann go-
lungen war, durch einige (rauatwürfe auch den Rioter-Hof
im Beand zu stecken und dadurch die darin sich fest gesetzt
'habenden österreichischen Jäger daraus zu vertreiben, ward
‚auch alsbald aufs Neue versucht deu Brand auf der Laditscher
‚Brücke selber zu meistern. Dersolbe hatte jedoch mittler
Weile, schon so übwrhand genommen, dafs alle diese Versuche,
‚ebenfalls wieder günzlioh erfolglos blieben.
Indessen gab hierbei abermals wioder einer der buierischen
‚Oheyauxlegera ein Boispiel unerhörter Verwegenheit, indem
‚er nlimlich mit seinom Pferde bis Mitten uuf die brennende
‚Brücke vorsprengte, jedoch hier, da die Belgsbohlen bereits
schon durchgebranut waren, mit demselben auch durehbrach
und umsohwirrt von brennenden Holztrümmern, ein entsets-
licher Aubliok, in die schwindelnde Tiefe hinnbstürste,
Eben so wenig hatten such die von Mittewald aus, auf
das rechte Einack-Ufer detachirten beiden koburgischen Com-
pognien die ihnen gestolltw Aufgubes längs domelban bis zum
XV. 13
194 Die Thüringer 1809 bel OberAu in Tirol,
Rioter-Hofe hin vorzudringen, zur Erfüllung zu bringen ver-
mocht. Von überlegenen Streitkräften bedrängt, waren sie
vielmehr genöthigt worden, sich wieder über den Panleitner
Steg nach Mittewald zurückzuziehen, woranf sie sich von
Nenem an die Hauptkoloone angeschlossen hatten,
Da offenbar aicht daran zu denkon war die abgebrannte
Brücke herstellen und somit den Zug uach Brixen hin fort-
solzen zu können, +0 lange man nicht auf beiden Ufern Meister
der Zugäuge zu demelbun geworden wur, «0 fand auch eine
grofso Verlogenheit statt, was sonach unter den obwaltenden
Umständen hier weiter zu thun wäre.
‚Diese Vorlegenheit aber steigerte bei dam General Rouyer
den Zorn über den so unerwartet gefundenen hartnlickigen
Widerstand der Insurgenten noch wollenda zur ingrimmigsten
Erbitterung, ala er selber durch einen Steinwurf, wenn auch
wur leicht, dagegen einer seiner Adjutanten, der fürstlich
lippische Hauptmann von Falkenhausen, schwer verwundet,
ein französischer Kriegs-Commissar nn seiner Seite aber sogar
auf der Stelle getödtet worden war.
Unter diesen Kindrücken und in der Erwartung dadurch
‚Schrecken zu errogen, liels er daher auch 4 durch jene beiden
koburgischen Compagnien mit den Waffen in der Hand zu
Gefangenen gemachte Inanrgenten, auf einem Platzo wo dieses
‚den, din umliegenden Berge besetzt haltenden Tirolern weit.
hin sichtbar sein mufste, unter allerlei auffälligem Gepränge,
erschiefsen. Aber weit entfernt damit den beabsichtigten Er-
folg zu erzielen, ward durch diese unnütze Grausamkeit der
Grimm der Insurgenten vollends auf das Höchste gesteigert.
Nieht nur dafs solche nämlich alsbald ringsum ein drohendes
Rachegeschrei erhoben, sondera die Kunde dieser blutigen
That verbreitete sich, üufserst übertrieben, mit Blitzesschnelle
such noch in alle benachbarten Gomeinden und gub Voran-
lassung, dafs nunmehr selbst much Weiber und Kinder hurbei-
geströmt kamen, um auch ihrer Seits dafür Rache üben zu
helfen.
Ungleioh erspriefslicher hatte inzwischen der baierische
4 | u
Die Thüringer 1809 dal Ober-Au In Tirel. 195
Artillerie-Hauptmann Vandouve seine Aufmerksamkeit und
Thätigkoit darauf verwundet, einen oberhalb von Ober-Au
nach dem rechten Eisuckufer hinüberführenden und von den
Tnsurgenton in der Bile ihren Abangs nur mangelhaft zor-
störten Steg, wenn auch nur nothdürftig wieder herzustellen.
In Folge desson ertheilte General Rouyer Anher much dem
Bataillon Weimar — es mochte 6 Uhr Abends geworden sein
— Befchl diesen Steg zu paniren und sodann lünge des
rechten Eieack-Ufurs bir zur Brandktätte des Rioter Hofes ror-
audringen und daselbst festen Fuls zu fussen, da — wie er
desfalls bemerkte, da im Laufe des Tages
bereits schon so viel weise von Muth, Ent-
sohlossonheit und kriegerincher Gowandthoit
an den Tag gelegt habe, da oht zwoifele,
es würde auch die hwierige Anfgabe noch
au lösen wissen. Und in der That er hatte sich hierin
nicht
Obgleich nämlich der Feind durch die Herstellung jener
Steges aufmerksam geworden, von dem gegenüber belogenen
Abhange des Rioter-Berges aus, zunehmend ein Immer leb-
hafteren Feuer dagegen zu richten begann, auch der Vebergung
welber nur zu Eins zu bewerkstelligen war, und ein Jeder,
der während desselben uf den schwankenden Bohlen und
schmalen Balken, ans denen er zusammengefügt worden war,
von Schwindel erfafst oder van einer Kugel getroffen wurde,
in Aussicht hatte, in don braufenden Fluthen der darunter
wegströmenden Eisnck rottungslos den Tod zu finden, #0
xögerto die Mannschaft des Bataillonn gleichwohl nicht einen
Augenblick, angefouert durch das hervorleuchtende Beispiel
ihrer Offiwiere, und onmentlich des Regiments-Commandeurs
Obersten von Egloffstein, wuch dieses ihr auferlegte Wage-
‚stück noch zur Erfüllung zu bringen.
Und win e# meist der Fall’ zu ala pflogt, dafs je ver-
wegener cin Unternehmen ist, such dessen Gelingen um #0
sicherer bewirkt wird, je todesverachtender dabei zu Werke
gegangen wird, »0 auch gelang es den braven Weimaranern
13%
198 Die Thnringer 1409 bei Ober-Au In Tiral,
mit verhältaifemäfsig weit geringerem Verlust, als man be-
fürchtet hatte, in raschem Laufe den Uebergung zu bewerk-
melligen. Aber alsbalı stellten sich denselben wiederum neue
und anscheinend unüberwindliche Hindernisse entgugen. Von
dem vom jenseitigen Ausgunge dieses Stege, in das Gebirge
hinauf führenden guugbaren Pfad zweigte sich nämlich hoch
‚oben längs des fast sonkrochten Abhauges den Rioter-Bergen,
nur ein ganz schmaler wenig betretoner Seitenpfal nach dem
Riotor-Hofe ab, nach welchem hin, dio höher hinsuf den
Bergabhang in zahlreichen Schwärmen bosetzt haltenden In-
wargenten ebenfalls wieder, eiligst logewuchtete Felsstücke
und ubgehnnene Baumstänme herab zu schleudern begannen.
Zwar giogen, oben wegen der großen Steilheit des Ab-
hangs, die meisten dieser Felsenstüoke und Baumstämme nur
in grofson Bogensälzen und somit auch meist unschädlich
über den Häuptern dor mühesem, Mann hinter Mann, längs
jenes Seitonpfades in schwindelnder Höhe dahin klettornden
Weimaranern hinwog niederwürts,
Aber hin und wider wurden doch auch bald Kinsalne,
bald ganze Reihen derselben, ron »olohen Folsstücken und
Baumstämmen erfalst, und dann rettungslos in die schauder-
hafte Tiefe hinnbgeschleudert.
Gleichwohl liefsen nich diese Bravan hiervon nicht uuf-
hulten; sondern setzten auf ihrem schwindelnden Pfade, wo
selbst schon jeder Fahltritt rottungslos Vorderhen brachte, auch
noch von Geschömen allor Art, und von niederschmettarnden
Folsttioken und Baumstämmen umschwirrt, oft in einer dichten
Staubwolke von dem hierdurch aufgerührten Erdreiche eioge-
hülllt, unter fortwährenden Todengetahren entsetzlichster Art
und dndurch ihren bei Ober-Au zurückgebliebenen Waffen-
geführten ein grausonhaftes Sohnuspiel vor Augen stellend,
unaufhaktsem ihren Weg fort. Da wo das Gelinde eine
rröfsere Ausbreitung orlaubte alsbald eine Schützenlinie bildend,
welche die sich ihr direkt ontgogen stellenden Feinde vor sich
hertrieb, gelangte sonach das Bataillon auch endlich, erst in
die Feldmark des Rioter-Hofos, dann an don Ausgang der
en —
Die Thüringer 1904 bei Oberdu in Tiesl. 197
eben vollende zusammenbrechenden brennenden Laditscher
Brioko und somit auch wieder auf die grofse nach Unter-Au
Tortführende Brixuer Hoerstraßse, Nachdem das Bataillon sich
hier wieder einigermafsen gesammelt hatte, begann cs in der
hier gegen Unter-An zu wieder otwas offener werdenden
Gegend noch vollends, um so mehr mit erneutem Nachdrucke
sngriffsweise gegen den Feind vorzugehen, als auch noch das
‚Bataillon Lippe denselben zur Unterstützung nachgefolgt war.
Langsam wich der Feind über Unter-Au much der Brixuer-
Klause hin zurück, bie endlich Abende 8 Uhr sin eintrutender
heftiger Gewitterregen dem Kampfe alleuthelben ein Ende
wuchte. Das Bataillon Weimar bezog hierauf ein Biwak jen-
seits Unter-Au, unter Aumetzuug wou Vorposten gegen die
Brixner-Kisuse hin, während das Bataillon Lippe am Zupange
‚der abgebrannten Taditscher Brücke, die übrigen Abtheilungen
‚der Kolonne aber In und bei Ober-Au lagerten. Dahin wurden
auch sämtliche Verwundeto geschaft und iu Krmangelung
von Transportmittel einstweilen wo gut als möglich in den
ärei Gehöften, aus welchen diese Ortschaft bestand, unterge-
bracht. Unter denjenigen Truppenabtheilungen, welche au dem
Kampfe dives Tages Theil genommen, hatte sich vor allem
dus Butwillon Weimar-Hildburghuusen in einer Weiss ausgo-
seichnet, wie sie nur sohwer zu überbieten sein möchte. Zu-
nächst nämlich durch den nächtlichen Deberschwemmungs-
vernuch des Biwakplatzes bei Sterzing der so achr benöthigten
Nachtruhe beraubt, hatte die Mannschaft desselben aueh noch
während eines glühend heifsen Bommertages 16 Btunden lang,
theils marschirend, theils füst unausgesetat in einem mörde-
tischen Kampfe verwickelt, bei Brklotterung der steilen Folsen-
würde sich den manigfaltigsten, zum Theil schuuderhaftosten
Todesgefahren blosgestellt gesehen und um so mehr auch noch
die übermäßsigsten körperlichen Anstrengungen zu bethlitigen
gehabt, als sie dabei joden Labels entbahren mufste, Somit
war deun wuch der Verlust, den das Bataillon erlitten, ein
sehr empfindlicher. Es waren 7 Offiziere und 168 Mann
183 Die Thüriuger 1809 dei OberAu In Tirol;
sotödtet oder meist schwer verwundet worden.
Unter den Getödtoton befanden sich, — ein oigenthüm-
lichos Geschick — in zwei Bruder-Paaron 4 der tüchtigsten
Offiziere des Batnillons, nümlich der Huuptmenn und der
Bevonde-Lieutenans von Hönning und der Hauptmann und der
Secanda-Lieutenant von Schlerbrandt. Eratero drei waren vom
Contingent Weimar, der letztere vom Oontingent Hildturg-
hausen. Sie wurden noch während des Gofochtes, im Ange-
sicht des Feindes, von ihren trauernden Waffengeführten unter
drei großsen, dieht bei Ober-Au an der Straße stehonden
Bäumen in ein gemeinsames Grab gesonkt. Vorwundet waren
Major von Germar und Lieutenant von Breun vom Contingent
Weimsr, Hauptmann von Münch vom Contingent Hiläburg«
hausen. Lieutenant von Breun starb schon nach einigen Tagen
in Folge seiner schweren Wunden.
Der erlittene Vorlust der übrigen beiden Batsillons bo-
schränkte sich dagegen nur auf 33 Getädtote oder Verwundete,
unter welch letzteron sich indessen cbenfulls 3 Offiziere,
ulimlich der Oberst von Henning, Hauptmann von Spiller und
Lieutenant von Beust IE (sämmtlich vom Contingent Gotha)
"befanden.
Trotz all dieser Opfer und all des von jenen Abtheilungen
bethätigten Muthes, war gleichwohl die Lage der Dinge io
Nichts gebemsert worden.
Während nüwlich um «0 weniger daran zu denken war
den Zug nach Brixen hin ohne Mithülfe von Geschütz fort-
wetzen zu können, als eine in der Nacht von dem Obersten
von Egloffstein in Person mit 90 Mann des Bataillons Weimar
nach der Brixner-Klause unternommene Kundschaftung ergeben
hatte, dafs die Heerstrafse daselbst stark verschanzt und palli=
sadirt sei; war eben so wenig Hoffnung vorhanden, die nieder-
gebrannte Laditscher Brücke binnen kurzer Zeit der Art
wieder herzustellen um darüber hin mit Geschütz paniren zu
können, kumal es hierzu um so mehr an geeignetem Material
in nächster Nähe gebrach, als das Feuer zum Theil sogar die
Mi 4
Die Thüringer 1609 bei Ober-Au in Tirol. 100
hölaernen Joohpfeiler bis auf den Waswerspiegel De
‚zehrt hatte.
Dazu kam noch, dafs ein österreichischer Jüger, welcher
von der immer zunehmenden rasenden Wildheit und Unge-
bundenheit der meist trankonen Menge der Insurgenten an-
gewidert, solche heimlich verlassen und sich auf dw dies
witigen Vorposten Freiwillig als Gefangenen anguboten hutte,
die bündigsten Versicherungen gub, dafs die Insurgenten um
folgenden Tage noch weiteren bedeutenden Zuzug aus Wälsch-
Tirol und dom Vintschgau zu erwarten hätten. Diese Aus-
sage erschien nuch um so glaubhafter, als, wie man nament-
lioh von dom Biwak bei Unter-Au nus deutlioh vernehmen.
konnte, bereits ringsum im Hochgebirge weithin Wachtfeuer
sichtbar waren; wie denn auch iu der That noch während
‚408 Gefechtes Speckbacher Eilboten über Eilboten über das
Gebirge au Suudwirth Hofer ontsendet hatte um den allzeit
siegreichen Laudsturm von Pussoyer und Meran zum Zuzuge
aufzubieten. Die Gefahr sonach in Bülde hier, zwischen
Ober- und Unter-Au, von überlegenen Streitkräften umringt
zu werden erschien uber noch dadurch um so bedrohlicher,
als die hier weilenden Truppen völligen Baal an Lobens-
mitteln litten.
Somit war don auch der von General Er gofufste
‚Eotschlufs: ungesäumt noch während der Nacht don Rückzug
nach Sterziog hin anzutreten, unter diesen Umständen ein
durchaus gerochtfertigter; auch würde derselbe mit gesamter
Macht gleichzeitig angetreten um so mehr mit wenig oder gar
keinem Verlust zu bewerkstelligen guwesen sein, als m zu
den Eigenheiten der Kriegsweiso der Tiroler ‚gehörte, nicht
leicht bei Nacht sich auf einen Kampf einzulassen.
Da os jedoch an Transportmitteln gebrach die zuhl-
reichen Verwundeten mit fortzuschaffen, so ertheilte Genural
Bouyer dom Obersten won Egloffstein Befehl:
mit dem sächsischen Rogimente und dem Geschützzuge
unter Oborlieutenant Wiodmann, die gegenwärtige Btel-
lung so gut wie möglich und wenigstens bis 9 Uhr
Die Thüringer 1309 bei Ober-Am In Tirol, 2
Festigkeit und Gewaudtheit, dafs der Rückmarsch mit der
gröfsten Ruhe und Ordnung zurückgelegt ward,
Während desselben aber hatte Oberst von Egloffstein
‚zur Behauptung von Obor-Au folgende Anordnungen yetroflon,
Zur Vertheidigung derjenigen der drei diesen Ort bildenden
Gehöfte, welches zunächst der Bimek gelogen war, (des Pfarr
Hofes) hatte derselbe nämlich die gothnische Gemadier-
Compagnie von Bube und die gothaische Musketior-Compagnie
Wunder unter dem Befehl des meiningischen Major vr. Bose
und zu jener des mittlern, eine Schmiede enthaltenden, Ge-
höfts die gothsische Grenadior-Compagule ron Münch und
die beiden gothaischen Musketier-Compagnien von Krützsehmar
und Meister, unter dem gothaischen Major von Dünau be-
stimmt; wihrend das dritte, zunächst an dem Abhunge des
Piadeiter-Borges geloguno Gehöft, das Wirthahans, durch die
beiden koburgischen Voltigeur- Compagnien (der Hauptlente
Hofmann und von Wolframsdort) besetet gehalten wurde.
Ebenso wurde hier der Geschützeug des Oberlioutenants
Wiedmann dergestalt aufgestellt, dafs derselbe den Zugang
auf der Brixmer-Straßse wirksam zu bestreichen vermochte.
Etwas weiter rückwärts, in einum kleinen Gehölze, dicht
hinter Ober-Au, fanden die beiden gothnischen Compaguien
der Hauptloute von Geier und Wagner uls Rückhalt Auf
stellung, während die beiden meiningischen Compagnien der
Hauptleute von Battlar und von Donop noch fortgesetzt, zur
Sicherung dus Rückzugswoger, Mittewald besetzt hielten.
Um diese Stellung jedoch gegen eine Umgehung der
linken Flanke noch mehr zu sichern ward, nachflem das Ba-
taillon Weimar — wie erwähnt — ebenfalls noch a0inen
Hüokzug nuch Ober-Au glücklich bewerkstelligt hatte, der
Mujor von Germar angewiesen die Bosutzung des Wirthshuusen
noch mit der 1, Compaguio des weimarischen Bataillous zu
verstärken und den Befchl in diesem Gohöfte zu übernehmen.
Dagegen fol dem Mojor von Aroswald mit den 5 übrigen
Compagnien des Bataillons die Aufgube zu, links jene Wirtlie-
hause, den Abhang des Pladeiter-Borger hinan, bis zu dessen
202 Die Thüringer 1809 bei Ober-Au in Tirol.
Höhenkamm, theils eino Schüitsonlinie zu bilden, theils solche
zwockmäfsig vertheilt als Rückhalte derselben aufzustellen.
In dieser Stellung hoffte ıwan jeden Falles wenigstens
so lange Widerstand leisten zu können, bis die von dem
General Rouyer verheifwnen Transportmittel zur Weiter
schaffung der in den gedachten 3 Guhöften untergebruchten
zahlreichen Verwundeton, Zeit und Gelegenheit gefundon
haben würden herankommen zu können. Und in der That,
obgleich ivzwischen der Feind auch hier schon, namentlich
lüngs dos Abhanger den Pladeiter-Borges, angriffswoine vor-
zugehen begonnen hatte und in Folge demen es dem Bar
willon Weimar nur erst nach lebhuftem Kampf möglich ger
weren war, die ihm angewienene Stellung einnehmen zu
können, #0 bedurfte es, nachdem dieses bewirkt worden war,
lange hin, meist doch wur win psar Kartätsch-Schüse aus
dem beim Wirtlishsusgehöft plucirten Geschütze, um jeden
der uuch noch so ugestüm gegen diese Position versuchten
Aufülle, jedesmal, sofort zurückguweisen, obschon diese Au-
Tülle, »o oft ein Haufe neuun Zuzugs beim Feinde eingetroffen
war, regelmälig mit immer gesteigertem Grimme wiederholt
warden.
Dagogen aber konnte os nicht vorhindert worden, dafs
‚die anfserhalb der Gehöfte, hinter den Umfriedigungen der
vorliegenden Gärten postirten Schützen immer mehr und mehr
von einzelnen, besonders geübten und mit weitteagenden
Schiefewaffun ausgerüstoten Tirolern, von deu umliogenden
Höhen aus, zu Zielpunkten genommen wurden,
In Folge des hierdurch verursuchten und in immer ge-
steigerte Malse zunehmenden Verlustes un Getödteten und
Vorwundoten, ach man sieh daher genöthigt, fast die go-
summte Munnschaft in die Gobiulichkeiten der zu verthei-
digenden Gehöfte zurückzuzichen. Da aber in denselben —
wis schou erwähnt — auch uoch smmtliche schr zahlreiche
Verwundete untergebracht worden waren, wurde hierdurch
‚eine aufserordentliche Überfüllung reraulafst, welche bei der
Fa"
Die Thüringer 1800 bei Ober-Au iu Tirok 23
Auls ausübte. Ebenso konnte es nicht verhindert worden,
dafs einzelne feindliche Schützen sich immer näher und näher
jenen Gobäulichksiten gegenüber hinter deckonden Gebünde-
gegeuständen einzunisten und von da aus nach den Fenstern
und iv das Innere der Gemächer hinein ein immer mörde-
rischeren Feuer zu erölfnen begannen.
Nicht genug daher dafs hierdurch die Verbindung
und unter der streitiuren Mannschaft empfindlicher Verlust
veranlafst wurde, so wurden nuch aclbat viele von den be-
reits Verwundeten gotödtet oder wiederholt verwundet,
Vergebens ward versucht, diesem allmählich immer un-
ertröglicher werdenden Zustande durch Ausfälle ein Ende zu
machen. 80 oft nämlich ingend wo eine Abtheilung aus
einem jeuer Gehöfte hervorbrach, ward dieselbe auch alsbald
durch win auf sie von den umliegenden Höhen gerichtetes
umfassendes Feuer dermaßsen mit einem Hügel von Kugeln
übersehüttet, dafs solche nich zur schleunigsten Umkehr ge»
wöthigt sah, In diever Weise vergingen 7 lange und qual-
volls Stunden, ohne dafs die von General Rouyer vorsprochenu
Hülfe erechien. Vergebens waren um Kundschaft hierüber
einzueichen und das Heranrücken derselben zu beschleunigen
nach und nach fast sämmtliche dem Obersten von Egloffatein
zur Vorsehung des Ordonnanzdionstes zurückgelassene haie-
rischen Chevauslegers entsendet worden. Keiner dieser Boten
hatte über Mittewald hinaus durchzudringen vermocht, sie
waren almmtlich unterwegs von tiroler Streifzüglern entweder
weiber erschossen oder nach erfolgtem Niederschinfsen ihrer
Piorde gelaugen genommen worden. Da, gegen 1%/, Uhr
Nachmittags, war endlich auch die Goschüitzmuntion völlig
erschöpft. Kaum aber dafs die Insurgenten hierüber ver-
#tändigt worden waren, so brachen sie alsbald mit wildem
Jubelo und Jauchzen von allen Beiten her in dichten Schwär-
men zu einem allgemeinen Angriffe vor. Zwar gelang os
dem die Gehöfte besetzt haltenden Theile der Verthuidiger,
diesen Angriff eben wohl wieder abzuweisen. Dagegen aber
2 Die Thürioger 1509 bei Ober-Au in Tirol.
wurde der dio Schitzonketto am Abhange des Pladeiter-
Berges bildende und durch das Feuer schon schr gelichtete
Theil des Bataillons Weimar in der linken Flanke umgangen,
und selbst theilweise in den Rücken gefaßt und in Folge
dessen in das Thal hinabgedrängt.
Einschend, dafs unter diesen Umständen «iu längeres.
Vorweilen zu Ober-Au nur zum unvermeidlichen Untergange
des gerammten Kugiments ausschlagen mürw, beschlofs duher
‚Oberst von Eploffstein mit ullon nicht unmittelbar zur Ver-
theidigung der Gehöfte erforderlichen Truppen-Abtheilungen
sich zunächst nach Mittewald hio zurtickzuzichen, die in den
3 Geböften eingeschlonsenen Truppon-Abtheilungon aber einst-
weilen ihren eigenen Kräften zu überlassen. Indessen vwer-
ständigte er doch noch zuvor die in denselben kommandirenden
3 Stabsoffixiere darüber, dafs wenn irgend möglich ihnen
Hülfe gebracht werden sollte, bie dieses aber erfolgen könnte,
möchten sie uber so gut und »0 lange als möglich zum Schutze
der Verwundeten in der Vortheidigung aushulten.
Hierauf mit allen Übrigen rasch gesammelten und ge-
ordnoten Abthwilungen und den beiden Geschütsen unter Obur-
Niontenent Wiodmunn den Rückzug nach Mittewald hin längs
der Heerstraßse antrotend, hatte er jedoch große Mühe den-
selben zu beworkatelligen, indem zühlreiche Insurgonten-
‚Schwärme unter Joachim Haspinger mit wildem Ungestüm
binter ihm her drüngten, während gleichzeitig die Marschkoloune
von beiden Seiten her, von den Abhängen des Gebirgs aus,
lebhaft beschlossen wurde. Auch hatten noch andere Haufen
der Aufstündischen bereits die Strafe zwischen Mittewald
und Ober-Au besetzt, #0 dafa wich Oberst von Egloffbtein durch
diese förmlich durchschlagen mufste. Aber such iu Mitte-
wald war kein Bleibens, indem der Feind auch diesen Ort
bereits schon von allen Beiten umringt hatte, Nachdem er
‚doher die denselben bisher tapfer vertheidigt habenden beiden
meinkngischen Compagnien noch an sich gesogen und den
‚Punleitner Steg hatte abwerfen lassen, ward der weitere Rück-
zug nach Moals hin fortgeseten, wobei die 3. Compagnie den
Bu du
Die Thüringer 1809 bei Ober-Au in Tirel, 206
Batnillons Weimar unter persönlicher Führung des Majors
von Arnawald die Vorhnt, dio beiden meiningischen Compngnien
aber die Nachhut bildeten. Unter fortwährendem Gefechte
mit den die Marschoolonne von allen Seiten umachwärmenden
Insurgenten, welche ab und zu von dnsu gesigneten Stellen
auch noch von den nahen Bergabhängen Felsenstücke und
Baumatämme auf diewelbe herabrollen lielsen, und wodurch
wiederholt höchst wmpfindliche Verluste veranlafst wurden,
ward endlich der Engpals, im Sack, erreicht, Hier hoffe
Oberst von Eglofftein die nachdrängenden Feinde wenigstens
#0 lange aufhalten zu können, um einerseits Vorstärkung von
‚Sterzing an sich ziehon, anderseits aber der auf dns Acufsorate
erschöpften Mannschaft einen angemessenen Ruhehalt ange-
deihen lassen zu können. .
‚Anfsor der zahlreichen, in dem. fortwährenden Hück-
zugsgofechte vorwundeten Mannschaft, hatten sich nämlich
bei dem Abzuge aus Ober-Au, uuch noch viele der Ver-
wundeten des vorigen Tages, der Kolonne angenchlosen. Die
Meisten derselben waren unbewuffnet, fust alle aber hattam
in der Begierde, dem unleidlichen Verharren in den voll-
‚gopfropften Gohöften von Ober-Au sich zu untziehen, ihre
Kräfte zu hoch angeschlagen und waren somit, namentlich
bei der herrschenden glühenden Hitze, bereits auf das Acufserste
hinfkllig und dem Verschmachten nahe gebracht worden. Um
10 gröfser daher die Freude und der Jubel, als in jenem
Wirthshause im Sack, plötzlich auch win kleiner Weinvorrath
aufgefunden wurde. Aber kaum dafs man damit begonnen
hatte, eine regelmälsige Austheilung desselben vorzunehmen,
50 begannen die Insurgenten plötzlich von den, diesun Eng-
pafı her einschliefsendon Bergabhängen aus, ein mörderischen
Feuer auf die völlig blofsgestellten um das Wirthahnus herum
gelagerten Truppenabtheilungen, zu richten.
Die Insurgenten waren nämlich den Abziehenden nach
hier schon längst zuvorgekommen und hatten in richtiger
Berechnung, dafs solche hier wahrscheinlich einen Halt machen
würden, diese Stelle von allen Seiten bereits schon längst umstellt.
f
208 Die Thringer 1409 bei Ober-Au in Tirol.
Einsehend, dafs sonach nur durch möglichst rasche Fort-
setzung des Rückzuges der hier gelegten Falle zu entrinnen
sei, ward derselbe auch ungeäumt angetroten, wobei jedooh
vin vumhafter Theil der Verwundeten, welche entweder unfähig
demselben weiter folgen zu können, oder die sich bei Beginn
des feindlichen Fonors In die Gebäulichkeiten den dertigen
Wirthahanser hinein gerottot hatten, dnselbat zurlickgelansen
worden mufsten und somit in feindliche Gefangenschaft ge-
riethon. Kaum aber dafs die Kolonne dieser Gefahr ant-
‚gungen war, stiels deren Vorhut, halbwege von Mauls, auf
einen Trupp von ungeführ 150 bis 200 tiroler Schützen,
welcher sich hinter einem daselbst rechte der Stralse ge-
logenen Gemäuer, von wo sus man die Koloune der Länge
nach bestreichen konnte, aufgestellt hatte und die Anrückonden
abermals wieder mit starkom Feuer üborschüttete. Erst nach
mehrmaligen vergeblichen Sturmangriffen gelang es endlich
der Vorhut, aus der d. Compagnie des Bataillons Weimar
gebildet, angefeuert durch das persönliche Beispiel des Majors
von Arnswald, in Folge eines mit dem Mutho der Verzweiflung
ausgeführten Anlaufer hier durehaudringen und jenen Insar-
genten-Haufeu nach sinem mörderischen Handgemenge an
‚einander zu sprengen. Nicht minder mufste auch der Durch-
zug durch Maule mit stürmender Faust erzwungen werden,
indem sogar Weiber und Kinder theils mit Stutzen, Ihelie
auch nur mit Hou- und Mistguboln bowaffnot Widerstand zu
leisten versuchten, jedoch auch von den darüber erbitterten
Soldaten, wo solche nur immer von densolhen ereilt zu werden
vormochten, mitleidlos mit unsähligon Bojonnetstichen nieder-
‚gemacht worden.
Zwischen Manls und Trens stiofs man sodann endlich
auch noch auf eine Anzahl Wagen, deren niedergeschomene
Bospannuug und hin und wieder umhergestreute Ladung,
sowie einige dubei angotroffeue Leichosme in nur allsube-
zedter Weise Aufschlafs gaben, waram man vergebens der
von Gwmoral Houyer versprochenen Hülfe entgegen geharrt
‚hatte,
— Bi...
Die Tidringer 1809 bei Ober-du In Tirol, 207
Nachdem dieser nimlich, wio schon erwähnt, ohne dabei
auf besondere Schwierigkeiten zu stolon mit den aus Ober-
Au abmarschirten Truppen-Abtheilungen schon am frühen
Morgen glücklich wieiler bei Sterzing eingetroffen war, hatte
derselbe auch alsbald — wie or on dem Oberat ron Hloff-
stein zugemgt — einen Transport ron Lobensmittel m. «. w.
an denselben chickt, es jedoch für genügend erachtet
denselben lediglich uur durch die Tags zuvor unter dem
Major Konuth zurüekgelaasene golhaische Compagvie, begleiten
au lassen,
Au, mit einem Theile der auf dem rechten Eisackufer ror-
sammelten Tosurgenten eben wohl bereits über das Gebirge
in der Richtung auf Stersing hin vorgedrungen war, und
namentlich das Stilfser Joch und den Jaufen-Pafs besetzt hatte,
40 hatte er auch" micht ermangelt, als or diesen Transport
unter s0 geringer Bedeckung, die Strafse herankommen sah,
alsbald mit einem Theile seiner Mannschaft über Mauls ent«
gegen zu gehen. Nach dem Niederschiefsen der Despaunung
zum Halten gebracht, fiel os Spockbacher leicht dun Trane-
port durch winen von allen Seiten darauf unternommonen
Anlauf noch vollends wegsunchmen und die denselben ha-
gleitondo gothaischo Compagnie, unter Zufiigung eines ampfind-
chen Vorlustes, zum eiligsten Rückzug nach Sterzing zu
nöthigen,
Durch diesen Vorfall entmuthigt und durch das Erscheinen
der immer massenhafter anwachsenden Scharen Speckdachers
in der Nähe von Sterzing für die eigens Sicherheit besorgt
geworden, gab Rouyer alle weitere Versuche den in Ober-Au
wurdokgelassenen Abtheilungen Hülfo zu bringen völlig auf,
Er beharrte selbst da noch in völliger Unthätigkeit in der
von ihm auf den Sterainger Mooswicson eingenommenen
Stellung, als von den ausgestellten Vorposten bereits schon
längst das aus weiter Forne wahruchmbare Herannahen dor
unaufhörlich kümpfenden Kolonne Eplofstein gemeldet wor-
don war.
28 Die Thüringer 1809 bei Ober-Au in Tirol.
Somit fehlte denn auch wenig, dafs solche nicht noch
im Angesichte Rouyors doch noch dem Verderben verfallen
wäre, indem sie nämlich dicht vor Trens von zahlreichen
Haufen von Aufständischen von Neuem mit Uobermacht ange-
‚geiffen, wieder bis Mauls zurlokgedrängt und daselbst völlig
singwohlomen wurde, indessen gleichzeitig eine andere Ad-
Aheilung der Tiroler, beim Schlosse Sprechenstein, mit Front
‚gegen die Stellung Rouyers, eine schr vortheilhafte Position
einnabm-
Glücklicher Weise gelang es indessen dom unablässigan
Audringon des baicrischen Obersten Grafen von Wittgenatein,
welcher am Mittagszeit mit dem baierischen leichten Bataillon
Habermann und einer Bsendron des baierischen 1. Dragoner-
Regiments vom Brenner aus, in Sterzing eingetroffen war,
„den General Ronyer endlich denn doch noch zu bewegen,
ähm Erlsubnifs zu ertheilen den Bedrängtei Hülfo zu leisten.
Mit dem Batai Avhalt, unterstützt durch 2 Geschütze
‚ndouve, untschlossen zum Angrifl gegen die
Front der feindlichen Stellung beim Schloss Sprochenstein
vorgehond, während 2 Compagnien das bairisohen leichten
Bataillons Habermann unter dem Major Fick, dieselbe durch
das Gebirge in der reohten Flanke umgingen, glickte oa auch
‚dem Oberst Graf Wittgenstein auniichat diejenigen Insurgonten,
welche. solche eingenommen hatten, auseinander zu sprengen,
und hiersuf gegen Maule vorrückend auch noch jene Haufen
zu zorsireuen, welche die Kolonne Egloffstein umringt hatten.
Um das mit Sicherheit voranseuschendo baldige Wioder-
nachdringen des Feindes zu zügeln, behielt Oberst Graf van
Wittgenstein Mauls noch eine Zeit lang mit den beiden Com-
pagnien des bairischen leichten Bataillous Habermann besetzt
und trat von da aus erst seinen Abzug nach Stersing hin
an, nachdem in solchör Weise für die Ausführung dos forneren
Rückzugs der Kolonne des Obersten Egloffstein ein ange-
mosener Vorsprung gewonnen worden war. Dies hatte
inzwischen mit Zuaammenraffung Ihrer letzten Krüfo, nach-
‚dem sie endlich von ihren Bodrüngemn befreit warden war,
1 Be
Die Thüringer 1809 bei Ober-Au in Tirol. 218
ward denn auch die Vertheidigung auch
ferner noch in der angedeuteten Weise bie zum Eiubruche
der Dümmerung fortgesetzt,
Da aber beim Eintreten derselben. zugleich auch die
immer zahlreicher angewachsenen Insurgenteu jedes der drei
Gehöfte immer ouger und enger #inzuschliefsen begunnen, in
der deutlich sich kund gebenden Absicht, dureh horbeige-
schlopptes Beifäig dieselben in Brand zu stecken, woran sie
nur durch ein üufserst lobhaftes und wohl unterhaltones Feuer
einigermafsen behindert warden kannten, s0 schwand die nur
noch Aufsorst. spärlich vorhandene Munition immer rancher
dahin. Gegen 7*/, Uhr Abends war solche zuerst in dem
mittleren, und kurz darauf auch in dem zunächst an der
Eisack gelegenen Pfurrgehöfte, worin Major von Bosw den
Befehl führte, zur Neige gegangen.
Aus dem allmühlichen Verstummen des Feuers auf die
Ursache hiervon schliefsend, versäumten die Insurgenten
antärlicb nicht, nlabald mit wildem Jubel von allen Seiten
her zunächst: auf jene beiden Gehöfte lonsustürmen, in die-
selben einzudringen und deren Vertheidiger zum Theil unter
wilden Mifshandlungen zu entwaffnen. Hierdurch entstand
aber in den ohnehin schon überfüllten Räumen noch vollends
ein entsetzliches Gedrünge uud Gebalge, iu welchem mehrere
jener Unglücklichen, denen durch herabgestürzte Felsenstücke
ohnehin schon in grüßsliohster Weire die Glieder sorschmetters
worden waren, nun such noch um so mehr unter den Ful
titten der sich Streitenden in qualvollster Weise den Geist
aufgeben mußsten als einzelne der Vertheidiger, den Tod der
Gefangenschaft vorziehend, sich fortgesetzt noch mit blanker
Watte bis, zum letzten Athemzuge vertheidigten. Bo wurde
mamentlich der gothaische Oberst von Henning von einem
der auf ihn, eindringenden Villander-Schützen. durch einen
Kolbenstols auf die Brust zu Boden gestreckt, an demen
Folgen «r denn auch bereits schon nach 3 Tagen verstarb.
‚Boloher Gestalt hier Meister geworden, wandte sich der
gessmmte allmählig auf mehrere Tausend Köpfe augewachseno
1“
au Die Thhringer 1809 bei Dber-Au in Tirol
Haufe der Insurgenten nunmehr unter betäubendem Jubel-
geschrei und mit Trommelschlag und Pfeifenklang nach dem
allein noch unbexwungenen dritten Gehöfte hin, worin Major
von Gormur des Batillons Weimar deu Befehl führte, den-
selben unter wilden Drohungen auffordurad obenfalls die
Waffen zu atrooken, widrigen Falle dus Gehöft in Brand
gesteckt und rämmtliche Vortheidiger maasakrirt werden
sollten.
Da jedoch Major von Germar noch ungefähr 230 Kampf-
fähige unter swinem Befohle zühlte und diese ebenso auch
noch einigermaßen mit Munition versehen waren, so setzte
‚er unerschüttert die Vertheidigung fort. Du er sich jedoch
allmählig davon überzeugen mufste, wie nimmermehr durun
su denkon #6i, durch diene Masso hin sich durchschlagen zu
können, so hielt er es für Pflicht, als Abends gogon 8 Uhr
eine Deputation von 6—8 Insurgenten unter Vortragung einer
woißsen Fahne sich in feierlicher Weise dem Gehöfte zu
näheren begaan und durch Zeichen zu erkennen gab, dafs
sie Unterhandlungen anzuknüpfen wünsche, darf einzugehen
und demgemäls zunächst das Fener einstellen zu lassen und
nich persönlich zu jener Deputation hinans zu begeben.
Aber kaum dafs or sich derselben genaht hatte, sul er
‚sich von diesen ungeblichen Unterhändlern umriugt und durch
zwei Bajonnetstiche und mehrere Sübelhiebe verwundet. Da
jedoch bei Wahmehmung diesoa verrütherlschen Überfalls,
von Seiton seiner Untergebenen alsbald einige Schtine auf
diese seine Bedränger abgefouert und dadurch zwei dorselben
getödtet worden waren, s0 gelang &eihm, «ich mit dem Sübel
in der Faust auch noch durch die übrigen durchzuschlagen
und glücklich wieder zu den Seinigon zurückzukehren.
Als jedoch die Insurgenten hierauf immer ernstlichero
Anstalten trafen das Gehöft wirklich in Brand zu stocken,
such die noch vorhandene Munition nahezu völlig erschöpft
und jede Aussicht verschwunden war, sich durchschingen zu
können, wulste endlich auch or, nnch 8 Uhr Abends, sich in
die traurige Nothwendigkeit schicken und nachdem or sich
we"
Feitschrf‘ Thär: Gesch Bd NINE Ik
Uebersichts Skizze der Gegend
zwischen
STERZING und BRIXEN.
‚Rioter. Bach u. Hof"
UnterAu.
Scheiben Berg
Moaz Stab.
m 4 fMeite,
Miszellen.
2)
Zur Erinnerung
an weiland Ihre Majestät
die Kaiserin Augusta.
Wenn auch einer Verbindung mit Ihrer Majestät
der Kaiserin Augusta der Thüringer Geschichts-
verein nicht sich hat rühmen können, so hat er doch
dem Hinscheiden der hohen Frau seine wärmste
Teilnahme entgegengebracht. War doch die Ver-
ewigte in ihrer hohen Würde, in ihren hervorra-
genden Leistungen bei der Organisation der Näach-
stenliebe, in ihrer Seelengröße gegenüber den
schweren Prüfungen, mit denen das Geschick
namentlich in den letzten zwei Jahren sie heimge-
sucht hatte — eine ihrer und unserer Thüringer
Heimat in treuer Liebe zugethane Herzogin von
Sachsen aus dem edlen Hause der Ernestiner.
Als der Unterzeichnete die beiden ausdrucks-
vollen Briefe der Frau Großherzogin Maria Pau-
lowna von Sachsen aus den Jahren 1858 und 1859
in dieser Zeitschrift, Bd. XII $. 563, veröflentlicht
hatte, erlaubte er sich, in der Hoffnung, damit dem
Herzen der Tochter eine, wenn auch wehmütige,
22 Missellen,
Freude zu bereiten, Ihrer Majestät einen Abdruck
zu übersenden, und hatte bald darauf die Ehre,
folgende gnädige Antwort zu erhalten, welche er
jetzt den Vereinsmitgliedern nicht vorenthalten zu
dürfen glaubt:
» Empfangen Sie Meinen besten Dank für die
Mir übersandte. Veröffentlichung, die Ich in
pietätvoller Erinnerung bewegt enigegenge-
nommen habe.
Coblenz, den 30. Oktober 1885.
(gez) Augusta.«
Der nunmehr dahin geschiedenen ersten Kal-
serin im neubegründeten Deutschen Reiche werden
wir ein ehrerbietiges und verchrungsvolles Ange-
denken bewähren,
Weimar, Januar 1890.
v. Thana.
225 Aisscllen.
Dioz ist die ozugehor
Blankinborg.
Von erstin dy Walpurg. ezinse ezu deme selbin slorze.
Item dy stad Blankinberg ırı (3) phant war (7) sol. und
1x (9) dener,
Item osu nedirn Swurozs xıx (19) sol, und r (6) den.
Item oru demo Nuwendorffo 1) x (10) sol. den.
Item ozu Syngen xt (11) sol. und vrır (8) den.
Tom exu der Murs (Meura) vr (6) sol. unde ıx (9) den.
Summa der Walpurg. ozinse v (6) phunt xv (15) sol
u. vun (7) den.
Daronch dy Michahelis exinee des solbin aloszes Blan-
Kinberg-
Von erstin in der stad Blankinberg xvrı (18) phunt
unde xr (15) sol. den.
Item da selbis sint wuste gute dy gubin 1 (2) sol.
ezinse.
Ttom cu Detherichestorft (Dittersdorf, Wallenh. 45)
1 (8) phunt und ı (2) sol. orinse.
Item ezu obiru Wirbach ıx (9) phunt und xvım (18)
sol. und u (9) denar,
Item osu obirn Swarcza”) x} (57/5) phunt und var (8)
sol. und very (71/4) den.
Item oau Cxegirheim xrır phunt und xırr (18) sol. don.
Item czu Nuwendorffe xxv (25) sol, den.
Item ezu Lichstete (Lichstedt) xxx (30) sol. don.
Itom om Kilhouwe (Keilhau) vırı (8) phunt xv (15) sol.
und vr (6) denar,
Item ezu Kraschswics #) ır (2) phunt und v (8) sol. den.
1) Nawendor — Nanoodort, Wästung bei Zeigerheim. Wallenhauer,
Holmatak, 8%, vergl. Martin, Vara. d. Term, in Zeitschr. d. V. f Thür.
Gesch. 1886, 9. 193 Nuwendorf neben Zeogern. Hasse, Gesch, d. Acht,
Binnkenburg, 17, Anm. 20,
%) Über Ober- und Ninder-Schwarza vergl. Hesse 18 Anm. #1.
3) Groschwita Martin: Kroswit), Domaine b. Läehstedt, Wallenh. 8.
Missellen. 227
Tbidem #int wuste gute, äy gabin tr (2) phunt und xr
(18) sol. den.
Ay gute habin dy herren undir yrem phluge da selbin.
Item ou Rittirtorfft) v (5) aol, den.
Item cm Ramistal!) vr (6) sol. den.
Item czu Lymperg !) ır (2) phunt und xvın (18) vol. den,
Duselbis sint wuste gute, dy gabin jerlichin ıx (9) phunt
und zu (12) sol.
Item ozu Tulstele (Döllstedt, Wallenh. 56) ın (3) dem.
Item ozu obirn Imene xxvir (97) sol. und ı (8) den.
daselbis sint wuste gute, dy gabin xuırı «ol. und ıı (2) den.
Item esu Hamersfolt (Hammersfeld, Wallenh. 55) v (5)
phunt ırım (4) sol. und v5 (51/,) den.
Item ezu Syngen xerır (14) phunt u (8) sol. und IX
(81/,) den.
Item ezu Geilstorff xır (12) sol. und v (5) den.
Item ezum Gerne?) xxx (82) sol. den.
Item eu Wäilhelmistorft (Wilmersdorf, Martin : Wilhelms-
dorf) ır (2) phunt und W (41/,) sol. den.
Item czu obirn Motenbeche (Ober-Hottenbach, Martin:
Ober-Rotenberch) zur (4) sol. den.
Item esum Langentale ®) vi (0) sol. den,
duselbie sint wuste gute, dy gubin x (10) sol. den.
Itom czu Quotilstorff (Quittelsdorf, Martin: Queteldorf)
© (6) sol. den.
Item ezu Lutenicz (Leutuits, Wallenh. 4%, Martin: Lu-
tenit) un (4) phunt den,
Item ozu nedirn Hengilbach X (4/,) phunt,
Item coru Sulozdorff (Solnderf) vr (6) phunt und zrır
(4) sol. den.
1) Mitbrstorft, Mamlotal, Lymperg vergl. Martin «0 0. 188 B.
Tuenterberg, Ramerdall, Rittersdorf, Ietateres jetnt noch meinkng- Dorf .
Troppendort.
) Gehren, Amt-Gehren,
9) Südlich won Hotienbach n, Vogal's Karte.
15°
20 Miszellen.
Ouch habin myne hern gute da salbie undir orom phluge,
dy gabin u (2) phunt den. und eynen schepez czu bete,
Summa der selbin bete ozwey hundirt phunt xe (90)
phunt und xyıı sol. den.
Summa des ailbirs xu. (40) lotige marg silbirs.
Itom ouch ist das dorif Breitenherde ?) phlichtig ozu
demo halsgerichte su felgene, wann is ist alo
myner hern ubir hals und hand.
Item das ywuste dorf Bamystal ist myner heran mit
gerichte und rechte ubir hals und handt.
Item ouch ist daz dorff Lymberg *) wuste, das gab ır
(2) phunt bete und gehorit gein Hlankenberg mit
‚werichte und rechte.
Item daz dorf! Stostorf’’) daz ist wuste und gehorit
czu Blankenberg mit gerichte und rechte.
Dax gerichte des sloszis Blankenberg.
Von erstio daz gerichte der stad Blunkenberg unde auch
dos lantgerichtis da selbis von allen dorifirm, das ist
genchtit des jaris an zu (24) phunt den, daz stiget
unde follit,
Itom der czol in der stad ist genchtet des iaris uff v
(5) phunt den. und stiget und follit.
Item des achenkogeildis esu Taldorf aint ıı (2) sol.
den. des jaris,
Item dar schenkegeilt ozu Faulinozelle daz halbe
teil int geachtit an v (5) sol. den. den iarin,
Ouch habin myne herren da selbis dus halsgerichte czu
siozene vor deme clostere, ob des uoit were.
Item daz schenkegeilt cozu obirn Swurezu ist des jaris
geuchtit an zu (4) sol, den.
1) Breitenberde — Breitonhoerde b. Remda Martin: Breienherde,
9) Lywberg, wohl Linterberg \. Martio B,, weil dort, wie hier, vobam
Hamystal genannt.
3) Stostorft, ol Biorchsdorf, Wallenl. Di, das in Hesse, Gesch, d.
Schi. Blankenburg 3. 23 unter den zum Amt Diankenburg gulörigen
Dörfern wit aufgeführt wird.
KT —
Mieten, 331
Summa des gerichtegeildie, ozollis und scheukegeildia
zxvıu (29) phunt und xx (11) sol. den.
Summa summarum allir innome des phenyngeildis dos
slossis Blankenberg ttrro (400) phunt ıxxxrt (86)
phunt xvır (17) sol. den. unde Fi (61/,) den.
Diez ist dor korn cwins des sloszis Blankenberg von mullen
und forwerkin.
Von orstin oru aldin Remde ı (2) mass korn osinag,
Item csu Singen 13 (1/,) virteil kornes.
Item ozu Sulezdorff ıı (2) masz kornes.
Item czu Groszingele vırı (8) masz.
Item czu Taldorff # (1) mass,
Item oxu Kraschzwicz F ("/,) mes.
Nota: dy andern gute, dy ouch korn exins habin gegeben,
dy habin dy herren yune mit allem ofaloy *).
Item daz forwerg cxu Swaroea, da horen eilil hufo Iandis
zu, dy gebin des iaris toozmesz deme phar. xt (11)
masz kornen, dem kirchener ı1y (21/,),maas kornos,
Itom das forwerg cu Kraschzwies, da horen 15 (2%,)
hufe landis ozu, dy erbeit man umb halb und gebin
teozmaaz ı masz kornes und ı masn gerstin dem
pharr. czu Sundremde und gebin des iaris xxyrır (28)
muss kornes von deme halbin teile,
Item das forwerg cwum Tolle"), da horen oxu rı (8)
hufe landis mit leygeden und wustungen, dy gebin
des inris xx (20) mass kornee, das stiget und fellit,
daron gebit man widir vı (6) mass osu samen.
Item dy mullo an der Hynda wor der stad Blankanborg
gebit des iarie xxr (95) masz kornes qzinsz ız (9)
truswin ?) vud 1 (2) bacheswyn 4),
1) ofely — brotzios. Benecke, Mittelhd. Wörterb. obleis Mm. mi.
‚oblsin, oblagis, oblaglam v. olferre,
9) Tele, Vorwerk, wahrsch. & Tolibashe, Wallauh. 81:
5) brauschwein, achwein für das Recht au benwan.
4) basheswin, Dackschwein, Schwein für das lecht zu backen.
Be 3 |
Missellen.
Item dy mulle eau nedirn Swareea xrı (16) masz kornen
zu (9) troswin und 1 bachswin ron deme halbin teile.
Oueb gebin dy herren nd vom hofe xxx (80) sol.
osinez und xım sol. vor swyn mast.
Item dy mulle csu Lutenics zv (15) muss kornes, u
bruswin vnd + buchswin.
Item die mulle czu Waczestorfl im (3) mnss kornes vnd
1
Summu allis kornin von czinsen und mullen
hundirt masz vad vır (7) mas.
Wann dy mullere nemen daz halbe teil von den mullen.
Diez ist dy gerstin oxins des alossis Blankinberg.
Yon orstin csu Czegirheim ınz (91/4) mass gorstin
orbeczinss,
Item das forwerk ozu Kraschzwics xx mass.
Item das forworg erum Tello xrı (12) mnaz.
Nota; in dy selbin forwerg gobit man widir ırır (4) mass
gerstin ozu samen,
Summa der gorstin xxxr) (851/,) masz.
Diez ist der hafervzine des aloszis Blankenberg.
Von erslio in der stad Blankinberg ıı1 (8) masz ıı (8)
vierteil und ı mecczichin.
Item das dorif Dieteriohstorfl xxrır (29) mass osinsz,
Item cu obiru Wirbsch xt (11) masz cainsz,
Item nedirn Wirbach ı masz exinsz,
Item stad Rode vıs (8) muss cuinsz,
Item obirn Ilmene ı mass.
Item Syngen vr masz und 13 (1%/,) virteil.
Item Wilhelmstorfl zur (48°/,) masz,
Item Sulozdorff ır maaz und ı1 virteil.
Item Groszingels $ (*/,) Yirteil.
Item Wenyngengels 113 (2"/,) masz.
Atem czu Nuwenderi? ııı (4) mmez.
4
u
uff der Swarcsa und am Heynbergo, daz geburge und
gehulese ist genchtit uff wine (900) agkir.
Item das holoz czu Syngen, daz etwann der von Grisz-
heim was, ist geachtit uff xe (90) acker.
Item der Hobuwalt das halbeteil und dy wiltbun mit
fedirspolo ubir ullo, doch das fodirspel halb.
Item daz holcz der Boyr ist geachtit an uc (200) agkir
und x (40) agkir.
Summa dos gehulsaes ubiral xue (1200) agkir und xxx
(80) agkir uzgenomen der Hohewalt,
Item nols: ouch habin dy hern cu dem Mallenbache 1)
‘von deme walde oronden von den schindalbretin, der
louflet des iarie uff vier thusint bred, daz stiget und
falle.
Dy geistlichen lehis, dy gein Blaukinberg gehorin.
Von erstin dy pharre korchin czu Blankiuberg.
Itom dy cappelle uf? deme slosao.
Atem dy pharrekerchin czu nedirn Swarcze,
Kkum dy fru messe ozu Blankinberg.
4
Pfarrbüchlein von Dölstedt,
Mitgeteilt von Dr. G. Brünuort, Gymnssialichrer In Erfurt).
Vor einigon Wachen ist ein interessantes Sohriftstiick
in meine Hände gokommen, ein Manuskript in Oktay, betitelt
„Pfurrbüchleio", in dem die jührlichen Kikünfle der Pfarrei
Döllstodt bei Stadtilm und der Filiale derselben, Breiten-
heord, vou verschiedenen Geistlichen während des Droifsig-
jührigen Krioges verzeichnet sind. Die ältesten Aufzeich-
1) Mollenbach, Wallsnh, 41, Jovlas 248.
2) Auch in dieser Mitteilung ist die ursprüngliche Schreibweise bei-
hehalten worden. Wem, d. Red.
i i
Misaallen. 235
sungen (9. 1—6) stammen aus der Zeit kurz nach 1828, wie
sich aus dem Zusammenhange ergiebt. An sie schlisfat nich
8.6 ein recht hübsches Gedicht in Distichen, das Zeugnis
ablegt von der Zufriedenheit des Geistlichen trots der go-
ringen Einkünfte. Die weiteren Aufzeichnungen, enthaltend
unter auderom die Stiflungsurkunds der Kirche zu Döllstwwdt
aus dem Jahre 1564, sind von einom Pfarrer uamons Rotteu-
borger, zum Teil recht unloserlich geschrieben und 8. T—11
abgedruckt. Sie geben ein Bild von der schlimmen finan-
ziellen Lage, in welcher der Geistliche sich damals befand.
8. 18 folgt ein Verzeichnis der Geistlichen von Döllstedt, won
dem Nachfolger Rottenberger, Anton Schultes, geschrieben,
wodann eine genaue Übersicht der Einkünfte der Pfarrei,
sowie der Besoldung des „Schulmeisters“. Abgesehen ron
den Klagen des Pfurrers Schultes über die gottlose, verrottete
Gemeinde (8. 13 u. 29), ist sehr interessant die Partie über
den schlechten Zustand des Pfurrhauses bei seinem Antritt
infolgo von Plünderungen (8. 15), sowie die Angabe über die
vorringerten Einkünfte der Pfarrei in den Jahren 1642—1644
(8.16 u. 17, 21, 25, 26, 28, 29) und die Abnahme der Bo-
wohner des Ortes Döllstedt und der Filiale Breitenheord in
derselben Zeit, Statt 26 Mals und 3 Motzen Getreide hat
or 1642 aur 14, 1644 19 Mals bekommen. Im Jahre 164%
ind in Döllstedt noch 18 Anspänner, in Breiteuheerd 26,
1644 in Döllstedt nur uoch 7, in Breitenheerd 16. Die
Hüuser der Übrigen sind „wüste und meist eingefallen‘,
Während des Dreifsigjührigen Kriegen hatte im Schwarzburger
Land die Stadtilmer Gegend am meisten zu leiden wegen
‚der Nähe von Erfurt, wo sich oft grofso Hocrosmasson aam-
melten. Besonders von 1637 an machten die Schweden oft
Beutezüge von Erfurt aus, und 1640 z0g ein grofsos achwo-
disches Heer unter Baner von Erfurt auf Saalfeld zu, wo
das kaiserliche Heer unter Erzhersog Leopold uad General
Piecolomini stand. Und dafs gorado Döllstadt durch Krlogs
volk arg heimgesucht worden ist, und dafs Seuchen einen
grolsen Teil der Bewohner hinweggerafft haben, geht aus
den Kirchenrechnungen jener Zeit hervor!), In diesen heifst
an
es: „Die Louto sind vom Kriegswosen gar übel ver
derbet und schier gar an Bettelstab gormthen. Der
komme Gott wolle dief betrübte wesen gnädiglich abwen-
den“, und: „Dieweil dom Altaristen bey vorgehonder Plün-
derung ein thaler entwendet worden von den Gottesgeldern,
als ist Ihm auf bitte 19 ge. 6 pf. erlassen worden.“ —
„Von Laetare des 1099ten Jares bis Lastare des 1054xtm
Jares allhier zu Döllstedt ist keine Gotterruchnung wegen
Mangelung der Leute, welche die schädliche pestilentz
mehronthoila hinwoggerifson hatte, gehalten worden, daher
man gar wönig an Gotten Zinsen abgetragen hat, welchen
denn verursachet, dafs das liebe Gottos- vnd Pfarrhaufs sind
böse und bawfällig worden. Nichts int derowegen nötiger
geworen als dafa bei orlangter Friedenaseit sowohl mit den
newen als such noch übrigen Zweyen Inwohnern eine Roch-
nung aufgestellt und ein jeder zur Bezahluug derselben an-
gehalten würde, welches auch nachfolgender Gestalt ist zu-
gerichtet."
Annoi reditus [„....]?) Dölstaden,
ı
35 1. pensiongelder Von den 500 f. Wulche der Wohl-
selige Juucker Hanfa Fabian von Failitzsch Zu der pfarr
logiert Vud item Von dem Müntzorschen geschlecht im land
Zu Fraoken Zu dom Junkherr Reinhard Von Kschwog Zu
Rostorff #) teansforiert Worden sind,
1) Düreh Vermiulung der Herren Pfarrer Felize und Lehrer Ole
habe Ich hierüber in den leisten Tagen Aufschlafs erhalten,
9) Durch Modor boschkälgt, offenbar hat duselbst gestanden > „par-
ochine,
8) Wio der Ort jetat heifst, und wo er Mogt, lat acher au ent-
scheiden. Ks giebt nahe au 20 Ortschaften des Namens Rofsdorf, Rufs«
dorf, Rundorf, Rüfsdort. Möglich dafs « Nohdort in Oberfranken nieht
weit von Bamberg Ist, oder in Snchnen-Meiniogen, möglich xber Auch,
dafs eu Rufdorf Im der Nähe vom Neustadt an der Orla Ist oder Ik
Sachsen-Altenborg nieht weit van Crlmmitschnn.
_
Miszellen. 237
a:
Der adliche Hoff gibt Jährlich
1 maals Weitzen
1 maals Haber.
3
Claufs limprichts gutt
6 halb 4 theil Weitzen
6 halb 4 theil Haber.
4.
Hanfs Römt vel schöber
6 halb 4 theil Weitzen
6 halb 4 theil Haber.
Michel Wächter
Ein Halbmaafs W.
e
Ein Halbmaafs Haber.
6.
Agada Möllers
Ein Halbmaafs W.
a
Ein Halbmaafs Haber.
1. 3 Rz
.J) apetz der schultheifs Nieol Meulselbach
1 4theil Weitzen 1 4theil Weitzen K.
er
3 ®
1 EN totidem Haber.
Jacob Menge 4
Fat WIE Bonifacins thor
1 4theil Haber. gibt Eben so Viel.
1) Rücksel
hat „Andres“
des durch Moder beschädigten ersten Blattes; offenbar
gestanden (ef. 8.19).
240 Missellen.
2.
Ein halb 4theil W. et 10 pf. Von Heinmans gutte.
10.
Ein halb 4theil W. et 10 pf. Von Magd. Schunckes
gutt, [so itzo Zur gemeineschenke geben wird.
Summa 51/, mals W.
A 9g. et 2 pl.
Incolae Breyttenherd.
Erhard Michel 1 4iheil Weitzen et 10 pf.
Anna Zobels W. nn »onnn
Poter grutzech der schäfer „ „ „onen
Matz Michel tie M ”n
Hanfs Michel Een „onen
Matz Koppe un „onen
Eva Zobels W. gr „nun
Margr. Schachtschabeln W. „ „ ne ra
Hanfs Matzens Wie „ „ „onen
Hanfs Fröbel Angn on»
agnols Blafsinger a noonn
Veit Reinbott me „on
Peter Kalbe un „onen
Hanf Mogk 3 Metzen W. K. et 10 pf.
agnefs habEifsen 1) Ein halb 4theil W. ct 10 pf.
Niool Reutter a
Michel Kundler onen
Anna Hagers Fe er
Ventur sorge a Eee
Curt sorge ” ” ” nen
Hanfs Rausch sen. on enen
Christoffol Höhn nn nme
Anna Rauschen W. ea ir Fan ae
Erasmus Schunck nn nenn
1) heifst in einer spktarn Liste „Haweison‘, jetat „Hanelsent,
Miszellen.
Incolae Dölstädenfes.
l
Valtin Langenthal, Jotzo zu Ilmen wohnhafftig.
3 Virtel Weitzen,
3 Virtel Haber.
Von welchen ich dieses Jahr nicht mehr bekommen als
Virtel Erbsen,
„ Virtel Korn,
1 Virtel Gersten.
2.
Wolff Langenthal, der Schäfer.
3 Virtel Weitzen,
3 Virtel Haber.
Von welchem Ich diefs Jahr auch nicht mehr bekommen als
2 Virtel Weitzen,
2 Virtel Haber.
Hans Plack.
|, Mafs Weitzen.
?/, Mafs Haber.
Die Hindersassen.
4
Andres Apetz der Schultes, ietzo Günther der Schmitt.
1 Virtel Weitzen,
1 Virtel Haber.
5.
Catharina Erhard Müllers Weib.
I Virtel Weitzen, Aber hab ich nicht
1 Virtel Haber. bekommen.
6
Hans Dornheim.
1 Virtel Weitzen,
1 Virtel Haber.
251
Maria Linsin.
1 Virtel Weitzen bekommen,
1 Virtel Haber hab ich nicht bekommen.
8
Des alten Schäfers Erben, Jetzo Koppe zu Ehrenstein !),
1 Virtel Weitzen,
1 Virtel Haber. Davon ich nicht mehr als 16 g. vor
ein Virtel Korn Von Wolff Langenthal bekommen.
Wüste Güther, darvon ich hewer nichts bekommen,
9.
Agatha Müllers, ietzo die Schmiede zu Löberingen ®)
Vnd Nabingen ®).
?/, Mafs Weitzen,
1/, Mafs Haber.
Hindersassen.
10.
Jacob Menge.
1 Virtel Weitzen,
1 Virtel Haber.
11.
Nieol Meuselbach.
1 Virtel Weitzen,
1 Virtel Haber.
12.
Bonifacius Thor.
1 Virtel Weitzen,
1 Virtel Haber.
13,
Claus Limpricht, Jetzo Maria Linsin.
1 Virtel Weitzen,
1 Virtel Haber.
1) „Ehrenstein“, 8 km östl. von Stadtlim.
2) „Grofsliebringen“, 5 km süddstl. von Btadtiim.
3) „Nahwinden“, 6 km südöstl. von Btadtlim.
3.
sn.
262 Miszellen.
14.
Hans Gröbner, alias Zwilling.
1 Virtel Weitzen,
1 Virtel Haber.
16.
Elsa Briefslere W.
1 Virtel Weitzen,
1 Virtel Haber.
16,
Hans Meuselbach.
1 Virtel Weitzen,
1 Virtel Haber.
17.
Christof? Röder, der Schulmeister.
4B
18. x
Valtin Wächter.
1 Virtel Weitzen,
1 Virtel Haber.
Summa an getreidich Weitzen Vnd Haber
131/, Mal.
Darvon ich empfangen 6 Mafs an Weitzen Vnd Haber,
Vnd 16 g. an gelde.
Ein Hausgenofs gibt 2 g.
His accedunt
Die Gründonnerstags Eyer.
Der Adeliche Hoff gibt ordinari® 1 Mandel, Ein jeglich
Haufs im Dorffe so viel
quod notandum est utroque in loco.
Personen daraus communiciren,
Dos Sohuelmeisters Besoldung.
Zu Dölstedt.
1 Mafs Kora der Juncker,
1 Mafs Korn der Pfarrer, oder die Sontagsmittagsmahlzeit,
1 Metze ein Jeglicher Nachbar,
Dargegen muls er fleissig aufwarten in Kirchen Vnd
Schuelen, Ynd alle Mittwoohen Kinderlehr halten,
254 Miszellen.
5%. 3 halbe Virtel Weitzen Vnd 10 pf. Von H. Johann
@öldels Gut, Pfarrers zu Dienstedt.
1), Virtel Vad 10 pf. Von Heinmans Gut.
3], Virtel Vnd 10 pf. Von Magdalena Schunckens gut,
so jetzo zur Gemeinen Schencke gebraucht wirdt.
Summa des Junckers Deoem zu Breitenherdt
Pi Mafs Weitzen Vnd
98.2 pl?)
Incolae Breitenherdenses.
1. 7.
Erhard Michel. Gertraud Grutzschin Wittbe
1 Virtel Weitsen Vnd 10 pf. 1 Virtel W. Vnd 10 pf.
2.
Matz Michel. 8;
1 Virtel Weitzen Vnd 10 pf. Hans Matzen Wittbe.
3. 1 Virtel W. Vod 10 pf.
Valtin Grutz der Schäfer
1 Virtel Weitzen Vnd 10 pf. 9
4 Jost Reinbot.
Hans Bieber aliäs Klein 1 Virtel W. Vnd 10 pf.
Haan Hab ich difs Jahr etwa 1 Virtel
1 Virtel W. Vnd 10 pf. süßs Äpffel im garten be-
fe kommen.
Martin Heio. 16;
1 Virtel W. Vnd 10 pf. Hans Magk.
6.
E . 3 Metzen Weitzen Vnd 10 pf.
Maria Zobels, des alten ap Toh difs Jahr das Obst
Schultzen Wittbe. io ‚garten genommen,
1 Virtel W. Vnd 10 pf.
sm 1. 15
Rt Michel Kündler, der
Agseae: Habiyeen Wurtzelmann.
Ye ya Be Vnd 10 pf. 3/, Virtel W. Vad 10 pf.
1) Hier ist ein Stück vom Blatt abgeschnitten.
Litteratur.
Grabstein Heinrichs von Thuns
und zwei auf die Benedictiner-Abtei bezügliche Tafeln
an der Schlofsgartenmauer in Saalfeld,
270 Aineraiur,
seiner Schlüsse uns verwahren müssen, 0 geschieht dies nicht,
um irgendwie den Wert seiner Arbeit herubzusetzen, sondern
nur im Interesse dor Sache sulbet.
Die Einleitung (8 1—26) berichtet in für jedermann
verständlicher Weise über das, was wir biaher von Sigobotos
‚Schrift wulsten, und gibt dann eine susführliche Darstellung
des Inhaltes derselben, in welcher der Herausgeber die in
den weiterhin folgenden Anhängen gewonnenen Ergebniae
verwertet hat.
Ex folgt (8, 27—111) der Text der Vito, welche nach
der Hds. im 54 mit besonderen Überschriften verschene Ka-
pitel zerfillt. Zu rühmen ist die außserordentliche Genauig-
keit, mit wolcher die Textgostaltung erfolgt ist, sowie die
Hinsufügung suhlreioher orklärender und berichtigender
Anmerkungen.
Anhang 1 „Die Handschrift“ (8, 119—132) be«
riehtet über Geschiohte und Inhalt des Sammelbandes, Es
ind nicht weniger als dreiandzwanzig verschiedene Schriften,
welche derselbe in sich schliefst, und welche zum Teil noch
ungedrackt sind. Div Hds, stammt nur der früher ao reich-
heltigen Bibliothek des Putersklosters su Erfurt, deren Be-
stände namentlich unter der französischen Herrschaft arg
gelitten haben und vielfach voerschloudert und zerstreut
worden sind. Jonor Sammelband wurde im Jahre 1807 durch
Goethes Schwager Vulpiur für die Bibliothek zu Weimar
erworben. Nicht weniger als zehn verschiedene Hände sind
bei der Niederschrift des Texten ihätig gewesen. Sie gehören
alle der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderte an, zwei nogar
dem 16. Jahrhundert. Der Herausgeber ist der Ansicht, dafs
Nicolaus von Siogen bei der Abfassung seiner Chronik ein
Exemplar der Vita Paulinao von Paulinsollo entlichen habe,
und dafs bei dieser Gelegenheit eine Abschrift derselben Alle
das Poterskloster angefertigt worden seir das vorliogende
Exomplar der Vita könne wegen mannigfncher Abweichungem
im Texts nicht dasselbe gewesen sin, welches Nioolaus
benutzte.
XV.
Abhandlungen.
20
Über Ursprung und Bedeutung
der thüringischen Land-
grafschaft.
Vortrag, gehalten auf der Generalversammlung des
Vereins für thüringische Geschichte und Altertumskunde
am 15. Juni 1890 zu Arnstadt
Dr. 0. Dobenecker.
Die Thüringische Katastrophe
vom Jahre 531.
Dr. Ernst Lorenz.
Aegidlus Bucher, Belgium Roma
fol. I. XV oe. X p. 474: konnt kein
Fr FErEEr
13
le
IF
die
„Wer das Vaterland liebt, sei er
Fürst oder Unterthan, Bürger oder Baner,
arın oder reich, der mufs auch
Liebe sur Geschichte des Vaterlandes
hegen, der mufs gern dazu beitragen,
die Ehre und den bleibenden Rahm des
eigenen Hoordes durch alles Schöne und
Grofse, was uns Kunst und Geschichte
durbieten, su vorherzlichen.“
‚Hans Freiberr von und zu Aufs
Archiv für Kunde des deutsch. Mittel-
alters, Jahrg. I, 8. B.
Gräßn Katharina zu Schwarsburg. 443
WOLRAD ET ANA- Wolrad und Anastasis,
STASIA COMITES CONIU- die gräflichen Gatten in
GES IN WALDECKEN. Waldeck. tarb am
DEFUNCTA VII. IDUS 7. November im Jahre des
NOVEMBR. ANO. SALU- Heils MDLXIIT 2).
TIS M. D. LXIIL.!) Ep. Pauli an die Philipper
PEIL. CAP. I. MIHI VIVERE | Kap. I, V.21: Christus
CHRSTS. ET MORI LUCRUM.“ | ist mein Leben und Sterben
mein Gewinn.“
Bereits sechzehn Jahre nach dem Tode der Gräfin Ka-
tharina schied auch ihr schon oben unter Abth. II 4. und
8. gedachter leiblicher Bruder (Tagebuch 8. 231), der ge-
fürstete Graf Georg Ernst zu Honneberg, aus diesem
Leben, mit welchem das Henneberger Haus erlosch.
Noch heute aber ist die Bevölkerung der Schwarzburg-
schen Lande auf die unvergefsliche Gräfin Katharina, die
on lediglich im Vertrauen auf ihro gerechte Sache und aus
Liebe zu ihren damals schwer geschädigten Unterthanen
wagte, dom gefürchteten Herzog von Alba so kühn ent-
gegenzutzeten, so stolz als ehedem. Möchte das Andenken
an ihr herrliches Vorbild nie erlöschen und namentlich auch
allo diejenigen, welche auf gleicher eineamer Höhe des Lebens
zu wirken berufen sind, zu edeler Nacheiferung ermuntern!
1) Jedenfalls ein Fehler im Gusse statt MDLXVI, wie schon Hesse
a. a, O. erklärte.
Miszellen.
488 Missellen,
Den Bitsungssasl des Rudolstääter Rathauses, in welchem
auch die Beratungen der städtischen Armenkommission in
damaliger Zeit stattfanden, schmückte die Huld Ihrer Durcb-
Iaucht Frau Prinzefs Adolph am 11. Juli 1887 mit einem
grofsen Ölbild des Prinzen, ebenso befindet seit kur
zem ein Bildnis Desselben im Betenale des städtischen Armen-
hauses zum bleibenden dankbaren Gedächtais an Seinen edlen
Wohlthätigkeitesion, an Sein uuermüdliches Schafen anf
dem Gebiete der städtischen Armenpflege.
[3
(Fortsetzung der im vor. Heft enthaltenen Miszelle 3.)
@)
Diez ist dy Ozugehorunge des Sloszis Kunicz 1).
Czum erstin in deme dorfle kuniez iüij (4) phunt vad
xrüz (174/,) sol. den. michahelis ozinsz.
Item da selbis xxxilij (34) michuhelis_hunre,
gense,
Item in dem dorffe Luseniez*) X” (4/,) phunt und X
(9174) sol. ozinsz,
Ibidem xvij (17) hunre michael.
Ibidem zxiülj (24) kese czinez.
Ibidem }ij (52) eiger ozinsz.
Ibidem iii (81/,) virteil kora ezinsz.
Ibidem vj (6) masz und iüiz (81/,) virteil hafıra ozinss.
Ibidem vij (7) agkir ou snytene.
Ibidem iüiz (81/,) schog schoube®) ozinsz.
1) Kunles = Könita, Wallenh. 36,
2) Lusonicn = Lausnits, Lehfeldt,
Heft VI, 3.
8) schoup—bes = Gebund, bs. Strohbund, noch heute i. Th,
Saalfeld u. Pöfsneck,
u- u. Kunstdenkmäler Thür.,
Miszellen. 515
Das gehuloze gensied der wypphra.
Item dy wyntliete ij (200) und x (10) agkir.
Item der Eichenberg ij* (200) und xxx (30) agkir.
Item daz houwtal und Rockintal v° (600) agkir vad
z! (40) agkir.
Item das wyngerten tal ı° (100) und Ixxx (80) agkir.
Summa hujus xi® (1100) ackir und Ix (60) agker.
Summa des gehulozes ubir al Crwei tusont agkir
i?° (150) agkir und ij (2) agkir.
Diez sint dy wassir unde Tieohe des Bloszis
Sundirehusin.
Von erstin der bebra tich, des ist xj (11) agkir.
Item der lange tich v (6) agkir.
Item der gartich ij (2) agkir.
Ivem dy Grebin und tiche ume Sundersh. iiij (4) agkir.
Summa der tieche xlvj (46) agkir.
Item dy fischerweyde in der wypphra von deme
eichin grabin ozu Stoghusin bis an dy Wipphrabrucken.
Item von der wypphrabruckin ozu Jecha biz an das wer
ezu berka.
Item von deme were czu Berka biz an den manelford ?)}
Diez ist das lantgeriohte mit syner
ozugehorunge.
Von erstin in deme dorffe western engilde®) xxzv (35)
sol. den. csinss michael. und walpurg.
Item in dome dorffe kirchengilde iij (8) sol. den, czinsz
michael. und walpurg.
Item osu Trebere ij (2) phunt vj (6) sel. und xj (11) den.
1) Hiernach falsch die Abl
Apfelstedt, Heimatsk. I, 83. — K.
2) manelford, nirgends auffindbar.
3) western engilde, jetzt Wosterengel. Apfelstedt, Bau- u. Kunst-
denkmäler I, 101; ebenso Kirchengel, Holsengel, Feldengel.
'g Schersen = „schier a. Nact,
Ba. 1, 90.
Missellen. 539
(12.)
Diez ist dy ezugehorunge des Sloszis
Ichstete 2).
Von erstin ozu Ichstete vij (7) sol. und xj (11) den.
osinez, dy andern ozinse sint lange oxiet wuste gewest.
Item da selbis zx (9) phunt and xij (12) sol. den. vor
v} north. marg. bete.
Item daselbie iii} (4) martachefäl bethafira.
Ibidem ij (2) martschefäl korn osinss von der mullen.
Ibidem j thunnen heringe.
Ibidem xij (12) hunre csinss, Ibidem ij (2) lamesbuche
ozinsz.
Ibidem ij (2) schog eyger oxinsz.
Ibidem xxxij (32) scheffil kornes von eyme bagofene.
Item ezu borzleibin ij (2) phunt und... ... czinez.
Ibidem xj (11) phunt und ij (4) sol von vij (7) north.
marg bote.
Ibidem . . . scheffll bethafirm. (Vermodert.)
Ibidem . . b
Iidem .
Ibidem v (5)
Ibidem v (5) agkir wesen.
Onch habin dy herren ozu Ichstete zwi (17) hufe landen.
Ouch habin sy da selbis xij (12) agkir wesin.
Ouch habin sy daselbis iij (8) tiche, dy sint gesohtit an
xvj (16) agkir.
(Ende)
Bohlösser.
1. Blankenburg 336—284. 7. Bondersbausen 508.
. Könlte 488. Almenbausen 528.
8. Arnstadt 490. 9. Keula 535.
4. Plane 488. 10. Btraufsberg 529.
5. Clingen 497. 11. Frankenhausen 534.
;. Arnsperg 508. 12. Ichstedt 589.
1) Wallenh. 60. Lehfeldt, B. u. Ka. V, 87 f.
35*
Miszellen.
Wartholes, das 520.
Wedermute 836. 528. 529.
Wedthouwe, dy 807.
Wendinholes, das 507.
Wenyngen-Brachtirde 636. 538
Wenyngen-Erich 516. BIT. 519. 53
Wenyagen-Gels 238. 329. 282.
Wenyngen-Somerde 500. 508.
Werarode 580. 581.
Werter, der Bid.
Western- Engilde 516.
su. 522.
West-Grassen 497. 498. 500. 501.
son.
s17. 519.
Namen von
Angelroda, dy von 496.
Becken, dy 508.
Bessingen, Berlt von BBl.
Bonroybir 612.
Eogilde, Kerstan von BIS,
Fleischshonwir, dy &
Funken, dy 497. Bid.
Goltamed, hans 497
Grisaheim, der von 284.
Hersfeld, Abt von &
hindersedil, dy
Holbach, von 490.
Hune, Werner 511.
feld, Frauen von 501.
Keiser 624
Kollede, Froderich von 498.
Korare, Gopil von 807. 514. 528.
594. 526. 527. B38.
Wilhelmstorff 337. 232.
Winderberg 639.
Winterlyte, dy 538.
Wyndische Gera, Fl. 495.
Wyndliete, dy 81
Wyngartental, das 518.
Wrppbra, dy (FI) 507. 633.
Wulferode 830. 583.
Y
Yımmeorode 830. 531. 582. 538.
2.
Zoll zu Plaue 496.
Personen.
Kranne, hans BIT.
Kremer, dy 497. 534.
Manchls, hans BE
Pocaman 491.
Rassenburg, dy von &
Rogstete BOB. 519. 03
Rassen, dy 507. BO
Barnes, herman 807.
Scheifer, der 580.
Schenke, gunther 491.
Bchernberg, berthoch von 514.
Schachworchte, dy 508.
Schwarcapurg, Friz von
Bpira, hans von Bll. 519. 530.
Tanbeim, Wetele von 491.
Wintere, dy 68
Wallenweber, dy
Litteratur.
Litteratur. 597
Thüna. Tab. VIL Von Canstein. Tab. VIII. Von Werkamp
genannt Alt-Barokhausen.“ Die Tafeln reichen herab bis
1772, bez. 1759, 1774, 1766. Tab. V enthält die Bemer-
kung: „mehrere Nachrichten werden in meiner Adelshistorie
enthalten sein“, und unten rechts den Buchstaben 2 (Bo-
gen B?). Die einzelnen Tabulae sind mit einer von Kronen
unterbrochenen schmalen Blättersrabeske eingefafst.
Es liegt mir viel daran, zu wissen, zu welohem
Werk dieser Bogen gehört. Den mitgeteilten Zahlen
nach wird das Werk um die 80er Jahre des vorigen Jahr-
hunderts erschienen sein. In Taf. VI ist auf König’s Adols-
historie T. 3, der 1786 zu Leipsig erschienen ist, Bezug
genommen.
Da weder in der Grofsherzogl. Bibliothek zu Weimar,
der Herzogl. zu Gotha, der Königl. Hof- u. Staatsbibliothek
zu München, noch den Universitätsbibliotheken zu Jena und
Würzburg das Werk hat ermittelt werden können, so er-
laube ich mir hier, etwaige Kenner um geneigte Auskunft,
d. h. Mitteilung des vollständigen Titels des betr. Werken,
zu bitten.
Weimar, 10. Mei 1891.
v. Thüna.
Geschäftliche Mitteilungen.
Geschäfiliehe Mitteilungen. 607
jeder der Gäste auf seinem Tischpletz ein von Superintendent
Walther gewidmetes Kunstblatt mit Skizzen der urprünglichen
Bauformen der Weidaer Kirchen. Nach beendigtem Mahle
ward ein Spagiergang bei der alten Osterburg vorüber nach
der „Schönen Aussicht“ angetreten. Fügen wir noch hinzu,
dafs gerade in Weida eine vergleichungsweise erhebliche
Zahl neuer Mitglieder gewonnen wurde, so ist os gewils
nicht zuviel gesogt, dafa dieser Weidaer Tag bei den Fest-
gästen aus Jena, Weimar, Schleiz und Hohenleuben in be-
sonders angenehmer Erinnerung fortleben wird.
Geschäliche Mitteilangen. sur
Jena, ult. Desomber 1800.
Abschluss
Geschichte u. Altertumskunde. Credit
Ordentliche Ausgaben: 1: |
Herstellung derZeitschrift f
| des Vereins... | 1072 [s6||
Für die Bibliothok d. Vore:
» „Verwaltungd. „ ;
| Porti, Inserate, Druckkosten etc. 107 |67. 1186 '02
Ausserordentliche Ausgaben: ae |
Rückkaufr. Vereinsschriften
Für die Herausgabe des Re-
pertoriumszur Geschichte
Thüringens:
Ge.
Für das Urkundenbuch der
| Vogte von Weida Bd, I
Reisekosten und Tagegelder
Anf. d, Diploms für die Ernennung
Se, Excellens des Stantsministers
Dr. Stichling zum Ehrenmitgliede
| Summa der Ausgaben
Dal GuthabenbeiderSparkasse
- zuJena.
Kassabostand . ...... Aus 132] 9186 ‚57
Summe | Taasaı mn
Frommaansche Buchäruckerei (Hermann Pohl) fa Jena.
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