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ZEITSCHRIFT  DES  VEREINS 

FĂśR 


THĂśRINGISCHE  GESCHICHTE 


ALTERTUMSKUNDE. 

HERAUSGEGEBEN  VON 

PROFESSOR  DR.  OTTO  DOBENECKER. 

•IV 


NEUE  FOLGE.    ZWANZIGSTER  BAND. 

DER  GANZEN  FOLGE  ACHTUNDZWANZIGSTER  BAND. 


^ 
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V 


JENA, 

VERLAG  VON  GUSTAV  FISCHER. 
1911. 


Alle   Rechte    vorbehalten. 

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*7-  o~^   S"7 


Inhalt. 

Abhandlungen.  Seite 

I.  Die  Reichspolitik  Hermanns  L,  Landgrafen  von  ThĂĽ- 
ringen und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190 — 1217).  Von 
Dr.  Ernst  Kirnise  aus  Ronneburg  (SchluĂź)  ....  1 
IL  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen,  Hochmeister  des 
deutschen  Ordens  (f  1240).  Von  Dr.  E.  Caemmerer 
aus  Arnstadt.    (SchluĂź) 43 

III.  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen  im  Herzogtum 
Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  Von  Fr.  Waas  ,  Pfarrer  in 
Waldmichelbach  (Odenwald).    (Fortsetzung) 81 

IV.  Aktenmäßige  Relation   über  die  Feldzüge  des  Sachsen- 
Weimar-  und  Eisenachischen  leichten  Infanterie-Bataillons 
in  den  Jahren  1806 — 1811.    Von  Archivdirektor  Dr.  Joh. 
Trefftz 131 

V.  Briefe  und  Akten  zur  Reformationsgeschichte  der  Stadt 
MĂĽhlhausen  i.  ThĂĽr.    Herausgeg.  von  H.  Nebel sieck, 
Superintendent  in  Liebenwerda.    (Fortsetzung)  ....     181 
Gustav  Fischer.   Von  Eduard  Rosenthal  in  Jena        I 

VI.  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung  in  Sachsen- Weimar 

bis  1743.     Von  Dr.  Felix  Pischel 237 

YLI.  Die  General  Visitation  Ernsts  des  Frommen  im  Herzogtum 
Sachsen-Gotha  1641—1645.  Von  Fr.  Waas,  Pfarrer  in 
Waldmichelbach  (Odenwald).  (Fortsetzung)  ....  306 
VIII.  Wie  ist  der  Zwiespalt  zwischen  den  fränkischen  und  den 
sächsischen  Geschichtsquellen  über  den  Untergang  des 
thüringischen  Königreichs  zu  erklären?  Ein  Versuch  von 
R.  Lieb  mann,  Generalmajor  z.  D 331 

IX.  Beiträge  zur  innern  Geschichte  der  Stadt  Meiningen.   Von 

Professor  Ernst  Koch  in  Meiningen 340 

X.  Briefe  von  Friedrich  Myconius  iu  Gotha  an  Johann  Lang 
in  Erfurt.    Mitgeteilt  vo*n  OttoClemenin  Zwickau  i.  S.    355 

XI.  Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711.  Von  Archiv- 
direktor Dr.  Joh.  Trefftz  in  Weimar 380 

XII.  Die  Vertreter  ThĂĽringens  in  der  Frankfurter  National- 
versammlung. Von  Regierungsrat  Dr.  Niebour  in 
Wilmersdorf 401 

Miszellen. 

1.  Reise  der  von  dem  Deutschen  Orden  im  Jahre  1451  aus- 
gesandten Visitatoren.     Von  Dr.  Herbert  Koch.    .     .    198 
II.  Coburger  Reformations- Akten  stĂĽcke,  zur  ersten  Visitation 
im   Jahre   1528   gehörig.      Herausgeg.   von   Pfarrer  Dr. 
B  erb  ig  in  Neustadt  b.  Coburg 204 

III.  Zur  Geschichte  LiebengrĂĽns.    Von  v.  Obernitz,  Major 

a.  D 209 

IV.  Erklärung  zu  dem  von  Herrn  Archivrat  Schmidt  im 
27.  Band  dieser  Zeitschrift  veröffentlichten  Aufsatz 
,, Nochmals  die  Ausgrabung  im  Kloster  Cronschwitz,  eine 
Verteidigung".    Von  Prof.  Dr.  W.  C.  Pfau  in  Rochlitz    219 


IY  Inhalt. 

Seit» 

V.  Ein  Brief  Johann  Stigels   an   Spalatin.    Mitgeteilt  von 

Otto  Clemen  (Zwickau  i.  S.) 419 

VI.  Entgegnung   und  ZurĂĽckweisung.     Von  A.  Mueller, 

GroĂź.  Landmesser  a.  D.  in  Weimar 420 

Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte.    Von  Dr. 

Gustav  Eichhorn  in  Jena •    422 

VII.  Karl  August  in  Brüssel.    Von  Dr.  Rud.  Maisch    .    •     441 

Literatur. 

I.  Eichhorn,   Dr.  Gustav,   Die  paläolithischen   Funde 
von  Taubach  in  den  Museen  zu  Jena  und  Weimar.    Jena, 

G.  Fischer,  1909.    Von  A.  Möller 231 

II.  Die  vor-  und  frĂĽhgeschichtlichen  AltertĂĽmer  ThĂĽringens. 
Herausgegeben  von  Prof.  Dr.  A.  Götze,  Prof.  Dr.  P.  Höfer, 
San.-Ăźat  Dr.  P.  Zschiesche.  Mit  24  Lichtdrucktafeln  und 
einer  archäologischen  Karte.  Würzburg,  Curt  Kabitzsch 
CA.  Stubers  Verlag),  1909.    Von  Philipp  Kr opp  .     .    232 

III.  Tafeln  zur  Vor-  und  FrĂĽhgeschichte  ThĂĽringens.  Mit 
224  photographischen  Aufnahmen  vor-  und  frĂĽhgeschicht- 
licher Altertümer.  Nach  Epochen  geordnet  und  erläutert 
von  Gustav  Eichhorn,  Konservator  am  Germanischen 
Museum  der  Universität  Jena.  Jena  1910.  H.  W. 
Schmidts  Verlagsbuchhandlung.  Gustav  Tauscher.  Preis 
8,—  M.    Von  Philipp  Kropp     .     .    • 234 

rV.  Devrient,  Ernst,  ThĂĽringische  Geschichte.    Leipzig 

1907.    Sammlung  Göschen  No.  352.    Von  W.  Stech ele  235 
V.  Aus  Natur  und  Geisteswelt.    Sammlung  wissenschaftlich- 

femeinverständlicher    Darstellungen.       Leipzig , .  B.    G. 
eubner.    Jedes  Bdchn.  geh.  1  M.,   geb.  1,25  M.    Von 

W.  Stechele 235 

VI.  Kießkalt,  E.,  Postsekretär  in  Nürnberg,  Der  „hohe 
Schwärm"  zu  Saalfeld  a.  S.  Sonderaberuck  aus  den 
„Saalfischen,  Sonntagsgabe  des  Saalfelder  Kreisblattes". 
1910,  No.  20  und  21.  Verlag  von  Adolf  Nieses  Nachf. 
Adolf  Auerbach,  Saalfeld  a.  S.,  1910,  38  SS.  8°.  Mit 
4  Abbildungen.  0,50  M.  Von  O.  Engelhardt  .  .  442 
VII.  Johannes  Falks  Kriegsbüchlein.  Beiträge  zur  Geschichte 
Thüringens  1806—1813.  Eine  Jahrhundertausgabe  für 
das  Volk,  aufs  neue  herausgegeben  von  Rudolf  Eckart. 
Jena,  Frommannsche  Buchdruckerei  (Hermann  Pohle), 
1910.    88  SS.    8°.    Broschiert  1,10  M.    Von  Herbert 

Koch 442 

VIII.  Sempert,  J.,  Die  Siedelungen  in  der  Oberherrschaft 
von  Schwarzburg-Rudolstadt.  Ein  Beitrag  zur  Siedelungs- 
geschichte  Thüringens.  Rudolstadt,  Mänicke  u.  Jahn, 
1910.  199  SS.  4M.  Von  Herbert  Koch  .  ...  443 
IX.  Fort  seh,  W.,  Bilder  aus  Vergangenheit  und  Gegen- 
wart der  Stadt  Ostheim  vor  der  Rhön.  Ostheim,  Schuf  fei, 
1909.  180  SS.  1,50  M.  Von  Herbert  Koch  ...  444 
X.  Ăśbersicht  ĂĽber  die  neuerdings  erschienene  Literatur  zur 
thĂĽringischen  Geschichte  und  Altertumskunde.  Von 
O.  Dobenecker  und  Herbert  Koch 445 


Gustav  Fischer. 


Durch  das  am  22.  Juli  1910  erfolgte  Ableben  des 
Geheimen  Kommerzienrats  Dr.  med.  et  phil.  Gustav 
Fischer  hat  auch  der  Verein  fĂĽr  ThĂĽringische  Geschichte 
und  Altertumskunde    einen    unersetzlichen  Verlust  erlitten. 

Fast  drei  Dezennien  hindurch  gehörte  er  dem  Vorstand 
des  Vereins  an.  Am  4.  Juni  1881  ĂĽbernahm  er  nach 
Eduard  Frommanns  Tod  das  Amt  eines  KassenfĂĽhrers,  das 
er  mit  der  ihn  auszeichnenden  Pflichttreue  bis  an  sein 
Lebensende  führte.  Alle,  denen  es  vergönnt  war,  mit  dem 
seltenen  Manne  an  leitender  Stelle  zu  wirken,  wissen,  welche 
unschätzbare  Förderung  unseren  Aufgaben  in  seiner  uner- 
mĂĽdlichen Mitarbeit  zuteil  geworden  ist. 

Nicht  innerhalb  des  engen  Rahmens  einer  gewöhnlichen 
Kassenverwaltung  bewegte  sich  die  Tätigkeit  des  Ent- 
schlafenen in  unserem  Vereine.  Getragen  von  einem  leb- 
haften inneren  Interesse  fĂĽr  die  Ziele  des  Vereins,  hat  er 
mit  feinem  Verständnis  für  unsere  literarischen  Unter- 
nehmungen es  verstanden,  durch  eine  zweckmäßige  Disposition 
über  die  Geldmittel  für  die  über  lange  Zeiträume  sich  hin- 
ziehenden Publikationen  des  Vereins  und  der  ThĂĽringischen 
Historischen  Kommission  die  notwendigen  finanziellen 
Grundlagen  zu  schaffen.  So  ward  es  ermöglicht,  die  von 
den  ThĂĽringischen  Regierungen  und  Landtagen  fĂĽr  die  Her- 
ausgabe ThĂĽringischer  Geschichtsquellen  bewilligten  Jahres- 
zuschüsse   ihrer    bestimmungsgemäßen    Verwendung    plan- 


-   II  — 

mäßig  zuzuführen.  Wie  hoch  in  unseren  Kreisen  seine 
sachkundige  Meinung  gewertet  wurde,  dafür  möchte  ich 
ein  Beispiel  anfĂĽhren.  Die  letzte  Vorstandssitzung  fand 
einige  Wochen  vor  Fischers  Tod  statt,  als  er  sich  gerade 
auf  einer  Geschäftsreise  befand.  Einstimmig  setzten  wir 
die  definitive  Entscheidung  zweier  wichtiger  Fragen  aus, 
bis  wir  seine  Auffassung  gehört  hätten.  Wir  ahnten  damals 
nicht,  daĂź  der  Mund,  aus  dem  uns  so  mancher  kluge  Rat 
gekommen,  so  bald  auf  ewig  verstummen  sollte. 

Fragen  wir  nach  den  Ursachen  der  außergewöhnlichen 
Erfolge,  die  Fischers  Wirksamkeit  krönten,  nicht  nur  in 
seinem  beruflichen  Lebenswerke,  sondern  in  den  mannig- 
fachen Formen  gemeinnĂĽtziger  Wirksamkeit,  zu  der  ihm 
das  Vertrauen  seiner  MitbĂĽrger  Gelegenheit  bot,  so  finden 
wir  den  Schüssel  zur  Lösung  in  seiner  Persönlichkeit. 
Höchste  Pflichterfüllung  galt  ihm  als  Lebensnotwendigkeit, 
die  Arbeit    an    und  fĂĽr  sich    war  ihm  beseelendes  Prinzip. 

Gustav  Fischer  war  am  23.  Dezember  1845  in  Altona 
geboren.  Schon  frĂĽhe  kam  er  nach  ThĂĽringen.  Hier  ab- 
solvierte er  in  dem  angesehenen  Hause  eines  der  FĂĽhrer 
des  deutschen  Buchhandels,  bei  dem  Jenenser  Friedrich 
Frommann  seine  buchhändlerische  Lehrzeit.  Im  Jahre  1877, 
nachdem  er  in  Breslau  und  MĂĽnchen  seine  Berufsausbildung 
vollendet  hatte  und  kurze  Zeit  Teilhaber  einer  Hamburger 
Sortimentsbuchhandlung  gewesen ,  kehrte  er  nach  Jena 
zurĂĽck,  erwarb  die  in  Konkurs  geratene  "Verlagsfirma 
F.  Mauke  (Besitzer  Hermann  Dufft)  und  schuf  aus  diesen 
kleinen  Anfängen  das  großartige  wissenschaftliche  Verlags- 
unternehmen, eines  der  ersten  im  Deutschen  Reiche,  dessen 
Ansehen    auch    im  Auslande   befestigt    war   und   das    dem 


—   III  — 

Namen  Jena  nun  auch  auf  einem  neuen  Gebiet  menschlicher 
Kultur  Weltruf  verschaffte.  Bald  erkannte  der  die  Zeit- 
strömungen richtig  erfassende  Kaufmann  die  Notwendigkeit 
der  Konzentration  im  Betriebe  als  eine  Hauptbedingung  des 
geschäftlichen  Erfolgs. 

So  kam  es,  daĂź  die  Geschichte  nicht  zu  denjenigen 
Wissensgebieten  gehörte,  denen  seine  Verlegertätigkeit  haupt- 
sächlich gewidmet  ward.  Außer  den  Publikationen  des 
Vereins  fĂĽr  ThĂĽringische  Geschichte  finden  wir  historische 
Werke  nur  ausnahmsweise  in  seinem  Verlage.  Persönliche 
Beziehungen  mit  dem  Autor  waren  es,  die  ihn  noch  zur 
Ăśbernahme  einzelner  geschichtlicher  Werke  veranlaĂźten.  So 
von  Adolf  Schmidt,  „Das  Perikleische  Zeitalter"  und 
dessen  „Handbuch  der  griechischen  Chronologie"  (herausge- 
geben von  PĂĽhl)  und  Ottokar  Lorenz,  Kaiser  Wilhelm 
und  die  Begründung  des  deutschen  Reichs.  Hauptsächlich 
aber  Werke  von  Dietrich  Schäfer,  seinem  einstigen 
Kollegen  im  Vorstande  unseres  Vereins,  mit  dem  ihn  freund- 
schaftliche Beziehungen  dauernd  verbanden.  Nicht  nur 
dessen  Erstlingswerk,  „DieHansastädte  und  KönigWaldemar" 
und  kleinere  Schriften,  sondern  auch  dessen  zweibändige 
„Deutsche  Geschichte"  nahm  er  noch  im  verflossenen  Jahre 
in  seine  verlegerische  Hut.  Noch  wenige  Wochen  vor 
seinem  Tode  traf  ich  ihn  bei  der  LektĂĽre  eines  Druck- 
bogens dieses  Werkes,  und  mit  stolzer  Freude  sprach  er 
mir  von  dem  schönen  Buche,  das  er  mit  lebhaftem  Interesse 
las.  Denn  der  Vielbeschäftigte  fand  immer  noch  Zeit  nicht 
nur  Neuerscheinungen  der  schönen  Literatur,  sondern  auch 
wissenschaftliche  Werke  zu  verfolgen.  Es  war  ihm  ein 
besonderer  GenuĂź,  wenn   er  an   den  freien  Abenden   und  auf 


—     IV     — 

seinen  Erholungsreisen  seiner  intelligenten  und  gebildeten 
Frau,  Minna  geb.  Des  Arts,  einer  vornehmen  Hamburgerin, 
mit  der  er  auch  in  inniger  geistiger  Gemeinschaft  lebte, 
anregende  BĂĽcher  vorlesen  konnte.  Die  verschiedensten 
Gebiete  umfaĂźte  diese  LektĂĽre  mit  gleichem  Interesse,  und 
er  liebte  es,  mit  seinen  Freunden  ĂĽber  die  empfangenen 
EindrĂĽcke  in  lebhaften  Meinungsaustausch  zu  treten. 

Die  Erkenntnis  von  der  Notwendigkeit  der  Konzen- 
tration veranlaĂźte  Fischer,  in  den  letzten  Jahren  auch 
die  Rechtswissenschaft  im  Kreise  seiner  Verlagsgeschäfte 
immer  mehr  zurĂĽcktreten  zu  lassen,  obwohl  er  die  von 
Jhering  und  Gerber  begrĂĽndeten  ..JahrbĂĽcher  fĂĽr  die 
Dogmatik  des  heutigen  römischen  und  deutschen  Privat- 
rechts" neben  bahnbrechenden  Werken,  wie  Jherings 
„Jurisprudenz  des  täglichen  Lebens"  und  Gerbers  „System 
des  deutschen  Privatrechts",  schon  aus  dem  Maukeschen 
Verlag  mitĂĽbernommen  hatte,  dessen  17.  Auflage  Co  sack 
bearbeitet  hat.  An  seine  Stelle  trat  dann  Cosacks  mehr- 
bändiges   „Lehrbuch    des    deutschen   bürgerlichen  Rechts". 

Nationalökonomie ,  Naturwissenschaften  und  Medizin 
wurden  die  drei  Hauptgebiete,  auf  die  Gustav  Fischers  Ver- 
lag sich  im  wesentlichen  beschränkte.  Die  von  dem  Führer 
der  historischen  Nationalökonomie,  Bruno  Hildebrand, 
1863  begrĂĽndeten  und  nach  dessen  Tode  von  Conrad 
herausgegebenen  „Jahrbücher  für  Nationalökonomie  und 
Statistik"  bildeten  den  Ausgangspunkt  jenes  reichen,  welt- 
umspannenden volkswirtschaftlichen  Verlags,  der  mit  be- 
sonderer Vorliebe  die  Literatur  der  Sozialpolitik  und  der 
Bodenreform  pflegte ,  der  Fischer  stets  ein  warmes  per- 
sönliches Interesse  entgegenbrachte.     Ein  Standard    Work, 


—     V 

wie  das  Fischers  eigener  persönlicher  Initiative  ent- 
sprungene Handwörterbuch  der  Staats  Wissen- 
schaften, herausgegeben  von  Conrad,  Elster,  Lexis 
und  E.  Loening,  dessen  dritte  Auflage  ihrem  AbschlĂĽsse 
entgegengeht,  scharte  unter  seinem  Banner  die  bedeutend- 
sten Nationalökonomen  des  In-  und  Auslandes,  Gelehrte 
und  Beamte,  Schriftsteller  und  Politiker  der  verschiedensten 
Richtungen  aus  dem  Deutschen  Reiche  und  aus  aller  Herren 
Ländern.  Die  einstimmige  Anerkennung  dieses  Hauptwerks 
und  sein  ungeahnter  äußerer  Erfolg  sind  ein  glänzender 
Beweis  dafĂĽr,  wie  trefflich  der  tĂĽchtige  Mann  die  Zeichen 
der  Zeit  zu  deuten  verstand  und  wie  scharfsichtig  er  die 
BedĂĽrfnisse  der  Wissenschaft  erkannte  und  durch  sein 
geniales  Organisationstalent  befriedigte.  Auch  das  kleinere, 
anders  geartete  von  L.  Elster  herausgegebene  „Wörter- 
buch der  Volkswirtschaft",  dessen  dritte  Auflage  im  Er- 
scheinen begriffen  ist,  erfreute  sich  eines  groĂźen  Erfolgs. 
Es  ist  unmöglich,  aus  der  Fülle  der  Monographien  und 
Sammlungen  dieser  volkswirtschaftlichen  Abteilung  des  Ver- 
lags Einzelnes  hervorzuheben.  Daß  aber  auch  die  „Gesell- 
schaft fĂĽr  soziale  Reform"  ebenso  wie  das  I n t e r - 
nationale  Arbeitsamt  ihre  Schriften  dem  Fischer- 
schen  Verlage  anvertrauten,  darf  nicht  unerwähnt  bleiben. 
Über  die  vielseitige  Verlegertätigkeit  Fischers  auf 
den  Gebieten  der  Naturwissenschaften  und  Medizin  zu  ur- 
teilen, fĂĽhle  ich  mich  nicht  berufen.  Bedenken  wir,  daĂź 
40  Zeitschriften  (Jahresberichte  und  andere  periodische 
Schriften)  in  diesen  Disziplinen  und  auf  dem  Gebiete  der 
Nationalökonomie  durch  Gustav  Fischer  ihre  Verbreitung 
finden,    so    mag    auch    der    Laie    ermessen,    welche    reiche 


—    VI    — 

Förderung  diese  Wissenszweige  ihm  verdanken,  denn  manche 
dieser  Unternehmungen  stellten  starke  Anforderungen  an 
seine  nie  versagende  Opferwilligkeit.  Nicht  nur ,  daĂź 
Fischer  eine  Reihe  von  Publikationen  ĂĽbernahm,  bei  denen 
Gewinn  gar  nicht  erwartet  werden  konnte,  er  hat  auch 
groĂźe  positive  finanzielle  Aufwendungen  nicht  gescheut,  um 
bestimmte  Forschungsgebiete  zu  unterstĂĽtzen.  Und  manchem 
Autor  half  er  gern  seine  Forschungsergebnisse  zu  verbreiten. 

Fischers  Verdienste'  um  die  Förderung  der  Wissen- 
schaft fanden  ihre  Anerkennung  von  kompetenten  Be- 
urteilern zweier  deutscher  Universitäten.  1895  ernannte 
ihn  die  philosophische  Fakultät  der  Universität  Jena  und 
1902  die  medizinische  Fakultät  der  Universität  Freiburg  zu 
ihrem  Ehrendoktor. 

Daß  auch  amtliche  Stellen  den  Wert  geschäftlicher 
Beziehungen  mit  Gustav  Fischers  Verlag  zu  schätzen 
wuĂźten,  beweist  der  Umstand,  daĂź  ihm  das  Reichsamt  des 
Innern  die  „Wissenschaftlichen  Ergebnisse  der 
Deutschen  Tief  see-Expedition  "  und  das  preuĂźische 
Kultusministerium  das  „Klinische  Jahrbuch",  eine 
Lieblingsschöpfung  Althoffs ,  anvertraut  hat.  Selbstver- 
ständlich haben  auch  die  Regierungen  der  Thüringischen 
Staaten  das  groĂźe  in  ihrem  Auftrage  bearbeitete  Werk 
„Bau-  und  Kunstdenkmäler  Thüringens"  durch 
den  Jenenser  Verlag  herausgeben  lassen. 

Werfen  wir  einen  Blick  auf  die  schier  unĂĽbersehbare 
Menge  der  Monographien  und  LehrbĂĽcher  auf  dem  Ge- 
biete der  medizinischen  Wissenschaften  und  der  Natur- 
wissenschaften, so  fällt  auf  der  richtige  Blick  für  die  Be- 
deutung   neuer    zur    Selbständigkeit    sich    durchringenden 


—     VII     - 

Forschungsgebiete  und  das  viele  Kräfte  zu  einheitlicher 
Gemeinschaftsarbeit  zusammenfassende  Organisationstalent. 
So  hat  Fischer  eine  Reihe  kurzgefaĂźter  medizinischer 
Lehrbücher  veranlaßt  —  für  mehrbändige  Handbücher,  z.  B. 
das  von  Penzoldt-Stintzing  fĂĽr  die  gesamte  Therapie, 
war  diese  Kooperationsmethode  schon  früher  in  Übung  — 
bei  denen  einzelne  Forscher  hauptsächlich  die  ihren  Spezial- 
forschungsgebieten  entsprechenden  Kapitel  bearbeiteten. 

Fischers  hohe  Intelligenz  befähigte  ihn,  auch  fremde 
Gebiete  zu  wĂĽrdigen  und  sich  unter  kritischer  BerĂĽck- 
sichtigung der  ihm  von  Fachgenossen  erteilten  Ratschläge 
die  leistungsfähigen  Persönlichkeiten  auszuwählen,  die  er 
als  Leiter  und  Mitarbeiter  solcher  Unternehmungen  zu  ge- 
winnen wuĂźte.  Denn  eine  neue  Zeit  hatte  auch  dem  Ver- 
lagsbuchhandel neue  Aufgaben  gestellt  und  forderte  neue 
Methoden  im  Betriebe.  Es  genĂĽgte  nicht  mehr,  nur  zu 
warten,  bis  Angebote  zum  Abschlüsse  von  Verlagsverträgen 
vom  Autor  gemacht  wurden.  DaĂź  solche  Angebote  einer 
renommierten  Firma  in  überreicher  Fülle  zuströmten,  ist 
selbstverständlich.  Aber  der  moderne  Verleger  mußte  selbst 
einen  Blick  haben  fĂĽr  die  literarischen  BedĂĽrfnisse  seiner 
Zeit,  mußte  die  wissenschaftliche  und  kaufmännische  Reali- 
sierbarkeit abwägen  und  dann  eine  kraftvolle  Initiative 
entfalten,  wollte  er  nicht  ins  Hintertreffen  geraten.  Und 
dazu  hatte  unser  verewigter  Freund  mit  seinem  kĂĽhn  vor- 
wärts drängenden  Ehrgeiz  keine  Lust.  An  ihm  konnten 
wir  die  alte  Erfahrung  bestätigt  finden,  daß  die  Persönlich- 
keit des  Unternehmers  schlechthin  entscheidend  ist  fĂĽr  die 
aufsteigende  Entwicklung  des  Betriebes.  Alle  groĂźen  Er- 
folge,    die     den    Fischerschen    Verlag    zu    einer    Weltfirma 


—     VIII     — 

emporgehoben  und  deren  Leiter  in  den  weitesten  Kreisen 
das  höchste  Ansehen  schufen,  waren  keineswegs  in  den 
materiellen  Mitteln,  die  ihm  zur  VerfĂĽgung  standen,  be- 
grĂĽndet, sondern  in  Eigenschaften  des  Charakters,  die  hier 
mit  hervorragender  Befähigung  im  Bunde  waren.  Mit  der 
ihm  eigenen  leidenschaftlichen  Freude  an  der  Arbeit  ging 
er  mit  unbezähmbarer,  vor  keiner  Schwierigkeit  zurück- 
bebender Willenskraft,  den  Blick  stets  auf  das  (ranze  ge- 
richtet, seinem  Ziele  entgegen. 

Basch  faĂźte  er  seine  EntschlĂĽsse  und  verfolgte  sie  mit 
zäher  Beharrlichkeit.  Dabei  fehlte  ihm  nicht  jenes  für  den 
Unternehmer  unentbehrliche  Element  der  Phantasie,  das 
künftige  Entwicklungsmöglichkeiten  vorausschauend  wertet. 
Mit  einem  kĂĽhnen  Wagemut  vereinigte  er  eine  die  Kon- 
junktur und  ihre  Chancen  richtig  einschätzende  kühle  Beur- 
teilung. Ein  groĂźzĂĽgiger  Kaufmann,  der  mit  kluger  Vor- 
nehmheit auch  die  Interessen  der  anderen  Kontrahenten  zur 
Geltung  kommen  lieĂź  und  es  bewirkte,  daĂź  aus  so  vielen 
Aiitoren  der  Firma  Freunde  des  Inhabers  derselben  wurden. 

Wie  an  sich  selbst,  so  stellte  er  auch  an  seine  dem 
wohlwollenden  und  gerechten  Chef  mit  treuer  Verehrung 
anhängenden  Mitarbeiter  die  höchsten  Anforderungen. 

Noch  in  den  letzten  Jahren,  als  der  Umfang  seiner 
Unternehmungen  eine  solche  Ausdehnung  erreicht  hatte,  daĂź 
deren  Leitung  fast  eines  Menschen  Kraft  ĂĽberstieg,  muĂźten 
die  Fäden  des  Betriebes  in  seiner  Hand  zusammenlaufen. 
Und  um  den  Ăśberblick  nicht  zu  verlieren,  steigerte  sein 
Eifer  sich  bis  an  die  Grenze  menschlicher  Leistungsfähigkeit. 

So  haben  wir  in  Gustav  Fischer  einen  jener  Kapi- 
täne   des    Handels    zu    betrauern ,    die    Deutschlands    wirt- 


—    IX    — 

schaftliche  Kraft  vor  den  Augen  des  staunenden  Auslands 
so  wunderbar  steigerten,  daĂź  diese  zu  einem  wesentlichen 
Element  unserer  Macht  und  unserer  hohen  Kulturstellung 
wurde.  Er  war  aus  jenem  Holze  geschnitzt,  aus  dem  man 
die  führenden  Männer  in  der  Gemeinde,  im  Staate  und  im 
Reiche  wĂĽnscht. 

Wie  hoch  die  Berufsgenossen  Fischers  hervorragende 
Kraft  schätzten,  ersieht  man  daraus,  daß  sie  ihn  an  die 
Spitze  des  deutschen  "Verlegervereins  beriefen,  mit  dem 
dann  unter  seiner  fĂĽhrenden  Mitwirkung  der  Leipziger, 
Berliner  und  Stuttgarter  Verlegerverein  verschmolzen  wurde. 
Die  hohe  Auffassung,  die  er  von  den  Aufgaben  des  deut- 
schen Buchhandels  hatte,  seine  reiche  Erfahrung  und  sein 
mit  LiebenswĂĽrdigkeit  gepaarter  Gerechtigkeitssinn  lieĂźen 
ihn  auch  vorzĂĽglich  geeignet  erscheinen  zur  FĂĽhrung  des 
deutschen  Buchhandels  in  kämpf  bewegten  Tagen.  Man 
versteht  es  deshalb  sehr  wohl,  daĂź  man  ihm  zweimal  den 
Vorsitz  im  Börsenverein  der  deutschen  Buchhändler  an- 
geboten hat.  Er  fĂĽhlte  sich  aber  doch  manchmal  so  an- 
gegriffen, daĂź  er  nicht  glaubte,  die  ihn  lockende,  ehrenvolle 
Stellung  ĂĽbernehmen  zu  dĂĽrfen. 

Seine  Tätigkeit  in  der  Jury  der  Pariser  Weltausstellung 
brachte  ihm  vielerlei  Anregung  und  vermittelte  die  Be- 
kanntschaft mit  interessanten  Persönlichkeiten. 

Denn  wenn  selbstverständlich  auch  der  materielle 
Erfolg  als  Ziel  des  geschäftlichen  Mühens  lockte ,  für 
Fischer  war  das  nicht  allein  das  bestimmende  Motiv 
seines  Handelns.  Der  Ehrgeiz  des  Kaufmannes,  aus  eigener 
Kraft  mit  in  die  vorderste  Reihe  zu  kommen,  beseelte  ihn. 
Seine  rastlose  Arbeit    ward    durch    einen    idealen  Zug    ge- 


—     X     - 

adelt,  der  ihn  nie  vergessen  lieĂź,  was  er  als  Glied  der 
Gemeinschaft,   der  er  angehörte,  schuldete. 

Der  mit  geschäftlichen  Arbeiten  überlastete  Mann  blieb 
sich  seiner  sozialen  Pflichten  stets  bewuĂźt. 

Daß  er  mit  offener  Hand  wohltätige  Anstalten  und 
gemeinnützige  Einrichtungen  förderte  und  manche  Tränen 
im  Stillen  trocknete,  ist  bei  der  Lauterkeit  und  GĂĽte  seines 
Wesens  selbstverständlich.  Wie  vielen  in  Not  Geratenen 
hat  er  hilfreich  die  Hand  zum  Wiederaufstieg  geboten. 

Aber  der  mit  Arbeit  fĂĽr  das  eigene  Unternehmen  ĂĽber- 
bürdete Mann  versagte  nie  seine  wertvolle  Kraft,  wo  öffent- 
liche Interessen  seine  Mitwirkung  heischten.  Nur  selten 
bildete  sich  in  unserer  aufstrebenden  Stadt  ein  AusschuĂź 
fĂĽr  die  DurchfĂĽhrung  eines  gemeinnĂĽtzigen  Zweckes,  ohne 
daĂź  man  auf  die  Mitwirkung  Fischers  nicht  ein  besonderes 
Gewicht  gelegt  hätte. 

Wußte  man  doch,  daß  er  nicht  zu  den  Leuten  gehörte, 
die  in  selbstgefälliger  Eitelkeit  sich  begnügten,  mit  ihrem 
Namen  zu  glänzen ,  sondern  daß  er  Wert  darauf  legte, 
seine  ganze  Persönlichkeit  in  den  Dienst  der  Sache  zu 
stellen. 

Und  ebenso  wie  Fischer  hat  auch  seine  ihm  gleich- 
gesinnte  Lebensgefährtin  sich  nicht  damit  begnügt,  durch 
reiche  Zuwendungen  Wohltätigkeit  zu  üben,  sondern  mit 
beispielloser  Pflichttreue  und  Energie  fĂĽr  die  DurchfĂĽhrung 
sozialer  Aufgaben  ihre  Persönlichkeit  eingesetzt.  Das  wich- 
tige Gebiet  der  Unterweisung  der  Schulmädchen  in  der 
Haushaltkunde  hat  sie  hier  eingefĂĽhrt  und  den  Unterricht, 
bis  Krankheit  sie  hinderte,  selbst  praktisch  geleitet  und 
selbst  eine  Anleitung  zum  Erteilen  des  Unterrichts  in  der 


—     XI     — 

Haushaltkunde  veröffentlicht.  Auch  die  Kochschule  des 
Frauenvereins  und  der  VolkskĂĽche  hat  sie  eingerichtet  und 
sachkundig  geleitet.  Dabei  bildete  die  ideale  Frau  den 
Mittelpunkt  einer  angeregten  Geselligkeit,  und  es  fand  sich 
Gelegenheit ,  im  gastlichen  Fischerschen  Hause  mit  be- 
rĂĽhmten Gelehrten,  mit  Schriftstellern  der  verschiedensten 
Richtungen,  Autoren  des  Verlags  auf  ihrer  Durchreise  durch 
Jena  Zwiesprache  zu  halten. 

Wie  Gustav  Fischer  fĂĽr  unseren  Verein  fĂĽr  ThĂĽringische 
Geschichte  ohne  UnterlaĂź  eine  rege  Wirksamkeit  entfaltete, 
so  zählten  auch  viele  andere  Vereine  ihn  zu  ihren  tat- 
kräftigsten Vorstandsmitgliedern. 

Mit  besonderer  Liebe  widmete  er  sich  von  ihrer  GrĂĽn- 
dung an  der  Jenaer  Baugenossenschaft,  die  er  bis 
zu  seinem  Lebensende  als  Vorsitzender  des  Aufsichtsrats 
mit  verständnisvoller  Hingebung  mitleitete,  getragen  von 
dem  unerschĂĽtterlichen  Vertrauen  aller,  nicht  am  wenigsten 
der  Vertreter  der  Arbeiterschaft,  die  seine  hervorragenden 
geschäftlichen  Talente,  seine  ruhig  abwägende  Objektivität 
und  seinen  warmen  sozialen  Sinn  in  einmĂĽtiger  Dankbar- 
keit wĂĽrdigten.  Gerade  die  Aufgaben  dieses  mĂĽhevollen 
Amtes ,  das  die  Ăśberwindung  mancher  Schwierigkeiten 
forderte,  nahmen  sein  Sinnen  stark  in  Anspruch.  War 
Fischer  doch  schon  als  einer  der  ersten  Verleger  auf 
dem  Gebiet  der  Sozialpolitik  diesen  ihn  auch  theoretisch 
beschäftigenden  Fragen  nahe  getreten.  Ihm  war  es  zum 
BewuĂźtsein  gekommen,  daĂź  das  Hauptproblem  unter  allen 
Bestrebungen  zur  Besserung  der  Lage  unserer  arbeitenden 
Klassen  die  Lösung  der  Wohnungsfrage  ist.  Es  war  ihm 
auch  nicht  entgangen,  welch  groĂźe  die  Kluft  politischer  und 


XII 

sozialer  Gegensätze  überbrückende  Bedeutung  der  gemein- 
samen Tätigkeit  von  Männern  aus  den  verschiedenen 
Klassen  der  Bevölkerung  zukam.  Durch  solche  Zusammen- 
arbeit fĂĽr  ein  gemeinsames  Ziel  muĂźte,  so  hoffte  er,  trotz 
aller  Verschiedenartigkeit  der  Anschauungen  jene  gegen- 
seitige Wertschätzung  und  Anerkennung  herauswachsen, 
die  durch  die  Betonung  rein  menschlicher  Beziehungen  die 
Schärfe  der  Klassengegensätze  milderte. 

Hier  wie  in  so  vielen  anderen  öffentlichen  Betätigungen 
konnte  der  Eingeweihte  als  die  Ursache  des  Erfolges  Fischers 
den  Umstand  erkennen,  daĂź  er  seine  volle  Kraft  einsetzte, 
als  ob  es  sich  um  seine  eigenste  Angelegenheit  handelte. 
Das  erklärt  es,  warum  man  sich  so  beruhigt,  fast  des  Er- 
folges sicher  fĂĽhlte,  wenn  es  gelungen  war,  den  rĂĽhrigen 
Mann  als  Mitarbeiter  fĂĽr  ein  gemeinnĂĽtziges  Unternehmen 
zu  gewinnen. 

Viele  Jahre  gehörte  Fischer  auch  als  energisch  mit- 
arbeitendes Mitglied  dem  Gemeinde  rat  unserer  Stadt  an, 
wo  er  im  FinanzausschuĂź  und  in  der  Baukommission  Ge- 
legenheit fand,  seine  hervorragende  menschliche  und  kauf- 
männische Befähigung  zu  erweisen.  Dem  um  Jena  hoch- 
verdienten Mann  verliehen  die  städtischen  Behörden  aus 
Anlaß  seines  25-jährigen  Geschäftsjubiläums  die  Würde 
eines  EhrenbĂĽrgers. 

Die  Handelskammer  des  GroĂźherzogtums  Sachsen- 
Weimar  wählte  ihr  durch  vielseitige  Interessen  und  ge- 
diegene Kenntnisse  ausgezeichnetes  Mitglied  als  ihren  Ver- 
treter in  den  Landtag.  Die  nur  zu  kurze  Wirksamkeit, 
die  ihm  hier  vergönnt  war,  ließ  auch  die  ihm  fernstehenden 
Kollegen    erkennen,    daĂź    in    dem    mit    eindringender  Sach- 


XIII     — 

kĂĽnde  die  Dinge  prĂĽfenden  Vertreter  des  Handelsstandes 
ein  Abgeordneter  gewonnen  war,  von  dem  noch  Leistungen 
von  unschätzbarem  Werte  für  das  Land  erwartet  werden 
konnten,  wäre  seinem  Wirken  nicht  ein  so  rasches  Ziel 
gesetzt  worden. 

Gustav  Fischer ,  ein  kernhafter  Patriot ,  vertrat, 
nicht  durch  parteipolitische  Scheuklappen  beengt,  in  allen 
politischen  Fragen  eine  freiheitliche  Auffassung.  Er,  der 
bescheidene  Mann ,  war  vom  BewuĂźtsein  seines  Wertes 
wohl  durchdrungen.  Sein  stolzer  BĂĽrgersinn  beklagte  es 
oft,  daß  dem  Bürgertum  nicht  überall  die  Schätzung  zuteil 
werde,  die  der  Bedeutung  seiner  Arbeitserfolge  fĂĽr  das 
wirtschaftliche  Gedeihen  des  Staates  und  das  Ansehen  des 
Reiches  entspreche.  Den  Bestrebungen,  das  erwerbende 
deutsche  BĂĽrgertum  mit  stolzem  Standes-  und  Selbst- 
bewuĂźtsein zu  erfĂĽllen,  brachte  er  lebhafte  Sympathie  ent- 
gegen. 

Mit  der  freiheitlichen  politischen  Anschauung  verband 
Fischer  einen  tief  religiösen  Sinn,  der  ihm,  dem  treuen 
Sohne  der  evangelischen  Kirche,  die  Mitarbeit  im  Kirchen- 
gemeindevorstand  besonders  lieb  machte. 

Eng  verbunden  war  Gustav  Fischer  mit  der  Entwick- 
lung unserer  Hochschule,  deren  BlĂĽte  er  mit  freudiger 
Anteilnahme  verfolgte.  Zu  vielen  ihrer  Lehrer  stand  er  in 
nahen  Beziehungen.  Ihn,  dem  durch  die  Aufgaben  seines 
ins  Weite  strebenden  Berufs  der  Blick  geschärft  war  für 
die  Eigenart  wissenschaftlicher  Forschung,  zeichnete  wie 
wenige  ein  tiefes  Verständnis  für  die  ganz  besondere 
Bedeutung  der  Universität  Jena  für  das  Kulturleben  Thü- 
ringens   aus.      Die    Interessen    dieser  Alma  Mater    in    jeg- 


—     XIV     — 

licher  Beziehung  zu  fördern,  war  ihm  Herzensbedürfnis  und 
Herzensfreude.  Mit  seiner  hochgesinnten  Gemahlin  hat  er 
durch  einen  Akt  seltener  Liberalität  die  Erbauung  des 
prächtigen  neuen  Heims  der  Universität  mitermöglicht. 

Ein  reiches  und  schönes  harmonisches  Leben  auszu- 
leben, war  dem  Entschlafenen  beschieden.  Und  an  vielen 
Stellen  wird  die  LĂĽcke,  die  der  Tod  dieses  vornehmen, 
edlen  und  tatkräftigen  Mannes  gerissen,  schmerzlich  em- 
pfunden. 

Die  treue  Lebensgefährtin,  die  er  mit  rührender  Zärt- 
lichkeit umgab,  ist  im  Tode  wenige  Monate  vorausgegangen. 

Daß  sein  Lebenswerk  von  seinem  Adoptivsöhne  in 
seinem  Geiste  fortgefĂĽhrt  wĂĽrde,  war  ihm,  wie  er  mir  nicht 
lange  vor    seinem  Ende  sagte,    ein    beruhigender  Gedanke. 

Die  dankbare  Erinnerung  an  Gustav  Fischer,  mit 
dem  ich  durch  eine  lange  Reihe  von  Jahren  in  ungetrĂĽbter, 
durch  die  Gemeinschaft  vieler  Interessen  gestärkter  Freund- 
schaft leben  durfte,  wird  nie  in  mir  erlöschen. 

Jena.  Eduard  Rosenthal. 


I. 

Die  Reichspolitik  Hermanns  I.,  Landgrafen 

von  ThĂĽringen  und  Pfalzgrafen  von  Sachsen, 

(1190—1217). 

Von 

Dr.  E.  Kirmse  aus  Ronneburg  in  S.-A. 

(Fortsetzung.) 


Der  jähe  Tod  Heinrichs  VI.  brachte  über  Deutschland 
das  äußerste  Unheil,  eine  zwiespältige  Königswahl.    Es  war 
zwar  1196  schon  der  junge  Friedrich  in  Frankfurt  gewählt 
worden,    aber    den    FĂĽrsten   jener  Zeit    bereitete    es    wenig 
Skrupel,  einen  Eid  nicht  zu  halten,  den  sie  einst  aus  bloĂźer 
Furcht    geleistet    hatten.      Man    bedurfte  jetzt    der    vollen, 
ungeteilten  Kraft  eines  ganzen  Mannes,  so  sah  man  von  der 
Erhebung   des  Kindes    ab.     Damit    brach  die  Zeit  an,    von 
der  Walther  von  der  Vogelweide  klagt: 
So  we  dir  tiuschiu  zunge, 
wie  stet  din  ordenunge ! 
daz  nĂĽ  diu  mugge  ir  kĂĽnec  hat, 
und  daz  din  ere  also  zergät  .... 
die  cirkel  sint  ze  here, 
die  armen  kĂĽnege  dringent  dich *). 
Nach   mehrfachen  Tagungen    erkoren   die  staufisch  ge- 
sinnten Fürsten  am  6.  März  1198  in  Ichtershausen  Philipp 
von  Schwaben,    den  jugendlich    anmutigen  Bruder  des  ver- 
storbenen   Kaisers,    zum    König;    der    feierlichen    Wahlakt 
fand  zwei  Tage  später  in  Mühlhausen  statt 2).    Die  weifische, 


1)  Konrad  Burdach,  Walther  v.  d.  Vogelweide,  Teil  I,  Leipzig 
1900,  S.  171. 

2)  Dobenecker  II,  1071  a. 

XXVIJI.  1 


2       Die  Reichspolitik  Hermanns  L,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

niederrheinisch-sächsische  Partei  *•)  aber  wählte  unter  der 
Leitung  des  Erzbischofs  Adolf2)  am  9.  Juli  in  Köln  den 
hochmĂĽtigen  und  eigenwilligen  Grafen  Otto  von  Poitou,  einen 
Sohn  Heinrichs  des  Löwen  und  Neffen  Richards  von  England. 

Otto  war  sogleich  bestrebt,  Aachen,  den  alten  Sitz  des 
Reiches,  in  seine  Gewalt  zu  bringen,  um  dort  die  Krone 
zu  empfangen.  Mit  einem  gewaltigen  Heere  —  130000 
Mann  sollen  es  gewesen  sein  3)  —  rückte  er  vor  die  Stadt. 
Nach  dreiwöchigem  tapferen  Widerstand  ergab  sich  die 
staufische  Besatzung  gegen  freien  Abzug4).  Am  darauf- 
folgenden Sonntag,  dem  12.  Juli,  wurde  der  Weife  von 
Adolf  von  Köln  gesalbt  und  gekrönt,  also  am  rechtmäßigen 
Orte  und  vom  rechtmäßigen  Erzbischof.  Philipp  von  Schwa- 
ben hingegen  empfing  erst  am  8.  September5),  zwar  mit 
den  rechtmäßigen  Insignien  —  dem  „Waisen"  — ,  aber  an 
ungewöhnlichem  Orte  —  zu  Mainz  —  und  nur  durch  den 
Erzbischof  von  Tarantaise  die  königlichen  Weihen. 

Von  neuem  schuf  so  die  alte  Feindschaft  der  beiden 
großen  Geschlechter  tiefe  Spaltungen  „in  dem  von  allen 
Winden   gepeitschten  Meere"  6). 

Burchard  von  Ursperg  gibt  bei  der  Erörterung  über 
die  spätere  Parteinahme  Landgraf  Hermanns  der  Vermutung 
Raum,  er  habe  sich  selbst  Hoffnung  auf  die  Krone  gemacht 7), 

1)  Siehe  die  Namen  der  als  Zeugen  bei  der  Krönung  Ottos  in 
Aachen   anwesenden    Fürsten   bei   Böhmer-Ficker,   Regesta  Imperii 

abgek.  Reg.  Imp.),  Innsbruck  1881—1882,  V,  1,  198i. 

2)  Die  Wahlintriguen  dieses  ehrgeizigen  FĂĽrsten  siehe  aus- 
führlich bei  V.  Röhrich,  Adolf  I.,  Erzbischof  von  Köln,  1.  Teil: 
Adolf  als  Reichsfürst,   Königsb.  Diss.,  Braunsberg  1886,  S.  20—37. 

3)  Reinerus  monachus  B.  IacobiLeodiensis:  Annales  1066 — 1230 
(abgek.  Reiner.  Leod.)  in  SS.  XVI,  651—680,  p.  654. 

4)  Chron.  Ursp.,  p.  77. 

5)  Ăśber  das  Datum  siehe  die  AusfĂĽhrungen  Fickers  Reg.  Imp. 
V,  1  No.  19  a. 

6)  Eigene  Worte  König  Philipps,  Philippi  regis  constitutiones  in 
Constitutiones  et  Acta  publica  Imperatorum  et  Regum  ed.  L.  Weiland, 
Hann.  18U6,  Tom.  II,  p.  11. 

7)  Cron.  Ursp.,  p.  77 :  Sperans  ad  se  posse  devolvi  ius  imperii. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  3 

und  die  continuatio  Honorii  Augustodunensis  nennt  ihn  unter 
den  Wählern  Philipps 1).  Tatsächlich  aber  war  Hermann, 
wie  wir  schon  hörten,  zur  Zeit  der  Wahlversammlungen 
und  FĂĽrstentage  noch  im  heiligen  Lande.  Ende  Juli  erst 
erfolgte  seine  Heimkehr 2).  Nach  der  Reinhardsbrunner 
Chronik,  die  hierin  doch  gewiĂź  gut  unterrichtet  sein  dĂĽrfte, 
kam  der  Landgraf  über  Böhmen  zurück3).  Was  bewog 
ihn  wohl  dazu,  den  beschwerlichen  Landweg  zu  nehmen? 
FĂĽrchtete  er  Nachstellungen :  in  Apulien  von  Kaiser  Heinrichs 
Witwe,  in  Süddeutschland  von  den  Anhängern  Philipps4)? 
Oder  wollte  er  einer  persönlichen  Begegnung  mit  seinem 
Vetter  aus  dem  Wege  gehen?  Wir  wissen  es  nicht.  So 
viel  jedoch  ist  sicher ,  daĂź  er  schon  mit  zweifelhafter 
Gesinnung  zurückkehrte,  sonst  hätte  er  die  bequemere  Farht 
zur  See  vorgezogen. 

Nach  seiner  BĂĽckkehr  bewarben  sich  beide  Teile  um 
seine  Stimme.  Trotz  groĂźer  Anerbietungen  Philipps5)  ent- 
schloß sich  Hermann  für  Otto,  der  freilich  —  in  Hoffnung 
auf  englische  Unterstützung  jedenfalls  —  kein  Op'er  scheute, 
den  Landgrafen  auf  seine  Seite  zu  ziehen.  Wenn  wir  dem 
Reinhardsbrunner  Chronisten,  der  ja  allerdings,  wenn  es  sich 
um  den  Buhm  oder  Vorteil  seines  Herrn  handelt,  gern  etwas 
ĂĽbertreibt,  dabei  Glauben  schenken  wollen,  so  erkannte 
Hermann  fĂĽr  ein  Entgelt  von  8000  Mark  und  gegen  die 
Abtretung  der  zum  Beich  gehörigen  Städte  Nordhausen 
und  Saalfeld  den  Weifen  an 6).    Die  angebotene  hohe  Geld- 

1)  Chronicorum  Hugonis  et  Honorii  Continuationes  Wein- 
gartenses  ed.  L.  Weiland,  und  zwar  Continuatio  Honorii  Augustodu- 
nensis -  1208.    In  M.  G.  öS.  XXI,  p.  480. 

2)  Cron.  S.  S.  Mod.  p.  199:  „circa  festum  Sancti  lacobi  — ." 
Siehe  auch  Dobenecker  II,  1083  a. 

3)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  560. 

4)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  559. 

5)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  560:  Urbes,  oppida, 
civitates  et  castra  iure  feodi  ei  copiose  optulit. 

6)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  560.  Dazu:  Cron.  S.  P. 
Mod.,  p.  200 :  Reversus  est  eciam  lantgravius  Thuringie  Hermannus 

1* 


4         Die  Reichspolitik  Hermanns  I.,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

summe  vor  allem  mag  ihm  verfĂĽhrerisch  gewinkt  haben, 
da  er  höchst  verschwenderisch  lebte  1).  Mit  seinem  Beitritt 
sowie  dem  des  rheinischen  Pfalzgrafen  Heinrich  und  des 
Herzogs  von  Brabant,  die  auch  erst  vom  Kreuzzug  zurĂĽck- 
kehrten, schloĂź  sich  der  Kreis  der  FĂĽrsten,  die  sich 
um  Otto  IV.  als  deutschen  König  geschart  hatten 2).  Die 
Macht  des  Weifen  gestaltete  sich  also ,  wenn  wir  einen 
Überblick  über  die  hauptsächlichen  Lande  seiner  Anhänger 
geben  wollen,  etwa  folgendermaĂźen:  Zwischen  Elbe  und 
Weser  lagen  Ottos  Erblande,  in  Mitteldeutschland  die 
Landgrafschaft  ThĂĽringen,  am  Niederrhein  Brabant  und 
Flandern ,  am  Mittelrhein  die  Pfalzgrafschaft,  am  Ober- 
rhein Straßburg  und  der  größte  Teil  des  Elsaß.  Das  waren 
wohl  an  sich  wichtige,  aber  doch  vereinzelte  Posten,  rings 
von  feindlichem  Gebiet  umschlossen;  denn  dem  Staufer 
standen  der  ganze  Osten,  der  ganze  SĂĽden,  sowie  die  zu- 
sammenhängenden Gebiete  von  Lüttich,  Trier  und  Lothringen 
im  Westen  zur  VerfĂĽgung.  Wir  sehen  also,  daĂź  sich 
Hermann  keineswegs  für  die  stärkere  Partei  entschieden 
hatte.  Andererseits  freilich  war  Otto  gerade  als  schwächerer 
Teil  in  die  Notwendigkeit  versetzt,  seine  Hilfe  am  teuersten 
erkaufen  zu  mĂĽssen. 


qui  se  paucis  transactis  diebus  Ottoni  regi  iuramento  et  hominio 
constrinxit.  Braunschweigische  Reimchronik  in  Deutsche  Städte- 
chroniken II,  §49,  Vers  5021  u.  ff: 

Her  gaph  im  wol  achte  dhusend  marc, 

daz  her  im  svor  hulde  sicherliche 

zo  helfene  truweliche. 
Otto  selbst  gestand  dem  Papste  (vgl.  Innocentii  III.  Registrum  super 
negotio  Romani  lmperii:  Baluze  I,  687 — 764;  Migne  '216  (Opera  3), 
995—1174,  abgek.  Reg.  super  neg.  Rom.  imp.,  No.  27):  certam  Uli 
dedisse  pecuniae  quantitatem,  und  mit  Unrecht  (siehe  auch  Dobenecker 
II,  1175)  behauptet  der  Reinhardsbrunner  Chronist  (Cron.  Reinhardsbr. 
SS.  XXX,  1,  p.  562),  Otto  sei  nachher  nicht  imstande  gewesen,  die 
versprochene  Summe  zu  zahlen. 

1)  Walther  v.  d.  Vogelw.  a.  a.  O.  S.  68,  55  ff. 

2)  Die  anderen  wohl  vollzählig  bei  Ottos  Krönung  in  Aachen 
versammelt,  siehe  oben  S.  2,  Anm.  1. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  5 

Philipp  war  inzwischen,  bevor  sich  noch  Landgraf 
Hermann  gegen  ihn  erklärt  hatte,  gegen  die  Hauptstellung 
des  Gegners,  das  Erzbistum  Köln,  aufgebrochen.  In  der 
ersten  Hälfte  des  Oktober  bereits  warf  er  Otto  IV.  in  die 
Stadt  Köln  zurück.  Dann  aber  stand  er  plötzlich  von 
weiterem  Vordringen  ab  und  trat  auf  demselben  Wege, 
auf  dem  er  gekommen,  den  RĂĽckzug  an.  Welche  GrĂĽnde 
ihn  hierzu  bestimmt  haben  mögen?  —  Zunächst  wohl  die 
definitive  Erklärung  des  eben  aus  dem  Morgenlande  heim- 
gekehrten Pfalzgrafen  Heinrich  fĂĽr  seinen  Bruder  (Otto); 
sodann  aber  werden  ihm  auch  gerade  jetzt  schlimmere 
Nachrichten  aus  ThĂĽringen  zugegangen  sein. 

Dort  war  Hermann  zunächst  bestrebt,  sich  der  ihm  von 
dem  Weifen  zugewiesenen  Reichsstädte  zu  bemächtigen. 
Dem  landgräflichen  Banner,  einem  rot-weißen  Löwen  im 
blauen  Feld1),  folgte  die  stattliche  Zahl  von  1800  Rittern. 
Am  1.  November2)  begann  die  Belagerung  von  Nordhausen. 
Igel,  Ebenhöhen  und  Katzen  entfalteten  ihre  zerstörende 
Tätigkeit.  Bilden ,  Mangen  und  andere  Wurfmaschinen 
schleuderten  gewaltige  Steine  gegen  die  Mauern  und  zer- 
schmetterten die  Zinnen  der  Belagerten.  Aber  wenig  ge- 
neigt, sich  in  Zukunft  landesfĂĽrstlichem  Joch  zu  beugen, 
waren  die  BĂĽrger  fest  entschlossen,  ihre  Reichsfreiheit  bis 
aufs  äußerste  zu  verteidigen.  Alle  diese  Werkzeuge 3) 
mittelalterlicher  Kriegskunst  vermochten  nicht  ihren  tapferen 
Widerstand  zu  brechen.    Erst  als  durch  Ableitung  der  Zorge 


1)  Vgl.  A.  L.  J.  Michelsen,  Die  ältesten  Wappenschilde  der 
Landgrafen  von  ThĂĽringen,  Programm  von  Jena  1857 ;  desgl.  von 
demselben  Verfasser:  Ăśber  die  EhrenstĂĽcke  und  den  Rautenkranz 
als  historische  Probleme  der  Heraldik,  Progr.  von  Jena,  1854. 

2)  Cron.  S.  P.  Mod.,  p.  200.    Siehe  auch  Dobenecker  II,  1099. 

3)  ßraunschw.  Reimchron.  a.  a.  O.  §  50,  S.  523.  Vgl.  über 
die  daselbst  genannten  Werkzeuge  auch  die  gleichzeitigen  Dichter, 
z.  B.  Wolfram  v.  Eschen bach  im  Parsifal  (5.  Ausgabe  von  Karl 
Lachmann,  Berlin  1891)  206,  1  ff. :  ir  ebenhöhe  unde  ir  mangen,  swaz  uf 
redern  kom  gegangen,  igel,  katzen  . . .  und  ebendaselbst  Willehalm  111, 
9  ff.  driboc  und  mangen,  ebenhoeh  uf  siulen  langen,  igel,  katzen,  pfetraere. 


6        Die  Reichspolitik  Hermanns  L,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

der  größte  Wassermangel  in  der  Stadt  herbeigeführt  worden 
war  und  nach  dem  unerwarteten  Abzug  Philipps  vor  Köln 
König  Otto  mit  neuen  Scharen  herbeieilte,  ergab  sich  im 
Dezember  nach  sechswöchiger  Belagerung  die  Stadt  unter 
der  Bedingung,  daß  den  Einwohnern  Leben  und  Vermögen 
gesichert  blieb.  Nach  dem  Falle  Nordhausens  wandte  sich 
Hermann  gegen  das  ebenfalls  staufisch  gesinnte  Saalfeld. 
Der  an  und  fĂĽr  sich  nur  schlecht  befestigte  Ort  war  schon 
seit  einiger  Zeit  von  landgräflichen  Truppen  eng  umschlossen 
und  wurde,  noch  ehe  Hermann  selbst  ankam,  von  den  durch 
wiederholte  heftige  Sturmangriffe  entmutigten  BĂĽrgern  kurz 
vor  Weihnachten  auf  Gnade  und  Ungnade  ĂĽbergeben.  Die 
arme  Stadt  verfiel  schonungsloser  PlĂĽnderung,  Feuer  und 
Schwert  ergänzten  sich  in  zerstörendem  Wirken.  Selbst 
die  heiligen  Gefäße  des  Petersklosters  und  anderer  Kirchen 
entgingen  nicht  der  Raublust  roher  Hände.  Der  Landgraf, 
der  bald  nach  der  Einnahme  in  Saalfeld  eintraf,  lieĂź  den 
Frevel  ungeahndet;  ihn  hinderte  offenbar  die  Menge  der 
Täter  an  ihrer  Bestrafung.  Auf  einer  von  den  Prälaten 
der  Provinz  zu  Erfurt  abgehaltenen  Versammlung  erhob 
deshalb  der  Abt  von  St.  Peter  Klage  gegen  ihn  ;  es  wurde 
schließlich1)  der  Kirchenbann  über  ihn  verhängt,  von  dem 
ihn  der  Bischof  von  Havelberg,  der  Stellvertreter  des 
Erzbischofs  von  Mainz,  erst  später  lossprach,  als  der  Land- 
graf zu  König  Philipp  übergegangen  war  und  den  der 
Kirche  zugefĂĽgten  Schaden  zu  ersetzen  gelobt  hatte. 

Die  Macht  der  staufischen  Gegenpartei  wuchs  inzwischen 
von  Tag  zu  Tag.  Am  28.  Mai  1199  2)  erfolgte  jene  groĂźartige 
Erklärung  von  Speyer,  durch  welche  50  der  mächtigsten 
deutschen  ReichsfĂĽrsten  in  energischem  Tone  alle  Eingri  fe 
des  Papstes  in  die  Rechte  des  Reiches  zurĂĽckwiesen  und 
ihn  aufforterten,  ihrem  Herrn  Philipp  seine  Gunst  zuzuwenden 
und  ihn  als  römischen  König  zu  bestätigen. 

1)  Näheres  siehe  Knochenhauer  a.  a.  O.  S.  243  f.  und  246. 
Cron.  Eeinhardsbr.  p.  561. 

2)  Dobenecker  II,  1096. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  7 

Dieser  selbst  rĂĽstete  sich  jetzt,  die  wenigen  FĂĽrsten, 
die  noch  zu  dem  Weifen  hielten,  mit  Waffengewalt  zu  seiner 
Anerkennung  zu  zwingen.  Wie  im  vorigen  Jahre  richtete 
er  seinen  ersten  VorstoĂź  gegen  Ottos  VerbĂĽndete  am  Ober- 
rhein;  am  10.  Juli  bereits  stand  er  vor  StraĂźburg 1).  Doch 
auch  Otto  blieb  nicht  mĂĽĂźig.  Sein  gut  angelegter  Plan 
ging  dahin,  von  Norden  her  vorzudringen  und  sich  mit 
seinen  Anhängern  in  Thüringen  und  in  der  Pfalz  zu  einem 
gemeinsamen  entscheidenden  Feldzuge  zu  vereinigen.  Aber 
vergeblich  erwartete  er  in  Boppard  den  Zuzug  seiner  Ver- 
bĂĽndeten. Landgraf  Hermann,  der  ihm  von  Hessen  her  die 
Hand  reichen  sollte,  wurde  vom  tapferen  Kuno  von  MĂĽnzen- 
berg 2)  aufgehalten,  und  am  Mittelrhein  schlug  sich  der 
kriegerische  Bischof  Lupoid  von  Worms  mit  den  dort 
ansässigen  weifenfreundlichen  Großen  in  heftigen  Fehden 
herum.  Und  eben  noch  bekam  Philipp  durch  den  Fall 
StraĂźburgs  freie  Hand.  Mit  seiner  gesamten  Herresmacht 
eilte  er  Lupoid  zu  Hilfe,  und  in  kurzer  Zeit  schon  befand 
sich  das  ganze  linke  Rheinufer  bis  hinab  zur  Mosel  in  der 
Gewalt  des  Staufers. 

Jetzt  sollte  wohl  der  Landgraf  von  ThĂĽringen  die 
Macht  des  Siegers  zu  spĂĽren  bekommen;  da  lenkte  Hermann 
rasch  ein.  Philipps  siegreiches  Vordringen  zeigte  ihm,  auf 
welcher  Seite  er  seinen  Vorteil  zu  suchen  hatte.  Von  Otto 
stand  für  ihn  vorläufig  ganz  gewiß  nichts  zu  erwarten,  zumal 
der  Weife  durch  den  Tod  seines  Oheims  Richard  Löwenherz 
am  6.  April  1199  soeben  noch  seiner  finanziellen  Unter- 
stĂĽtzung beraubt  worden  war.  Andererseits  glaubte  der 
Landgraf  wohl  auch,  seine  Begehrlichkeit  nach  dem  ĂĽbrigen 
in  ThĂĽringen  gelegenen  Reichsgut  jetzt  mit  Philipps  Unter- 
stützung befriedigen  zu  können. 

1)  Annales  Marbacences  ed.  Bloch,  p.  74;  Cron.  Reinhardsbr. 
SS.  XXX,  1,  p.  561 ;  P.  Wentzcke,  Regesten  der  Bischöfe  von  Straß- 
burg, veröffentlicht  von  der  Kommission  zur  Herausgabe  Elsässischer 
Geschichtsquellen,  StraĂźburg  1908,  Bd.  1,  nr.  705. 

2)  In  der  Wetterau,  sĂĽdlich  von  GieĂźen. 


8         Die  Reichspolitik  Hermanns  I.,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

Bei  Philipp  wird  sich  nicht  minder  als  Ottokar  von 
Böhmen,  dessen  Vermittlung  der  Reinhardsbrunner  Chronist 
hier  besonders  hervorhebt1),  Dietrich  von  MeiĂźen  fĂĽr 
seinen  Schwiegervater  verwandt  haben;  hatte  er  es  doch 
lediglich  Hermanns  Hilfsbereitschaft  zu  danken,  daĂź  er  nach 
seiner  RĂĽckkehr  aus  dem  heiligen  Lande  sich  mit  Waffen- 
gewalt wieder  in  den  Besitz  der  Markgrafschaft  setzen  konnte. 

So  erfolgte  am  15.  August  1199  der  Ăśbertritt  des 
Landgrafen.  Der  freigebige  Staufer  belehnte  ihn,  der 
„reprobato  suo  rege  Ottone"  ihm  gehuldigt  hatte,  mit  den 
königlichen  Villen  Nord  hausen,  Mühlhausen,  Saalfeld  „cum 
finibus  Orlan"  und  dem  Schlosse  Ranis  2).  Am  29.  September3) 
erscheint  Hermann  zum  erstenmal  zu  Mainz  in  des  Königs 
Umgebung. 

Philipp  beschloĂź  dieses  fĂĽr  ihn  so  glĂĽckliche  Kriegs- 
jahr durch  einen  glänzenden  Hoftag,  den  er  zu  Weihnachten 
in  Magdeburg  hielt.  Zahlreich  fanden  sich  dort  die  alten 
und  jungen  Freunde  des  Königs  ein :  Erzbischof  Ludolf  von 
von  Magdeburg,  die  Bischöfe  Konrad  von  Würzburg  und 
Otto  von  Freising,  Herzog  Bernhard  von  Sachsen,  Markgraf 
Dietrich  von  MeiĂźen  u.  a.  Auch  Landgraf  Hermann  war 
anwesend,  wie  denn  ĂĽberhaupt  vor  allem  die  Sachsen  und 
ThĂĽringer  sich  an  dem  Feste  beteiligten 4). 

Noch  im  Januar  des  neuen  Jahres  (1200)  weilte  Hermann 
bei  Philipp,  der  sich  längere  Zeit  in  den  angrenzenden 
Gegenden  aufhielt  5). 

Otto  IV.  empfand  den  Verlust  des  Landgrafen  schwer, 


1)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  562. 

2)  Reg.  imp.  V,  29  a;  Dobenecker  II,  1099. 

3)  Reg.  imp.  V,  32;  Dobenecker  II,  HOL 

4)  Walther  v.  d.  Vogelweide  a.  a.  O.  68,  35  f. : 

„Die  Düringe  und  die  Sahsen 

dienden  also  da, 
daz  ez  den  wisen  muoste  wol 

gevallen.a 

5)  Dobenecker  II,  1159. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  9 

bitter  beklagte  er  sieb  ĂĽber  seine  Treulosigkeit  bei  Inno- 
cenz  III.,  wie  dessen  Brief  an  Erzbischof  Konrad  von  Mainz 
im  Herbst  1200  *)  zeigt.  „Otto",  so  heißt  es  darin,  „habe 
sich  ĂĽber  den  Landgrafen  beschwert,  weil  er  seinen  Eid 
nicht  gehalten  habe ;  er  (Konrad  von  Mainz)  möge  nun  den 
mit  seiner  Nichte  verheirateten  Landgrafen  ermahnen,  daĂź 
er  die  König  Otto  gemachten  Zusagen  halten  und  das 
Empfangene  zurückerstatten  möge,  widrigenfalls  würde  er 
ihn  mit  Exkommunikation  und  sein  Land  mit  dem  Inter- 
dikt belegen  2). 

Papst  Innocenz  III.,  Cölestins  tatkräftiger  Nachfolger, 
hatte  bisher  noch  immer  nicht  fĂĽr  den  Weifen,  auf  dessen 
Seite  er  ja  insgeheim  von  Anfang  an  stand,  offene  Partei 
ergriffen.  Am  1.  März  1201  aber  trat  er  frei  mit  seiner 
Entscheidung  hervor;  er  erkannte  Otto  als  römischen  König 
an  und  befahl  allen  Deutschen,  ihm  allein  hinfort  unbe- 
dingten Gehorsam  zu  zollen,  Philipp  dagegen  erklärte  er 
als  noch  von  frĂĽher  her  in  Bann  befindlich  3).  Den  FĂĽrsten 
insgesamt  legte  er  die  GrĂĽnde  seiner  Handlungsweise  in 
einem  ausfĂĽhrlichen  Bericht  dar4),  besondere  Schreiben  er- 
gingen zugleich  auch  noch  an  die  einzelnen  Bischöfe,  Her- 
zöge, Grafen  und  Barone  5).  Diese  Parteinahme  des  Papstes 
zeigte  sich  sogleich  bei  der  Erledigung  des  Mainzer  Erz- 
bistums. Die  staufische  Partei  hatte  an  die  Stelle  des  (wahr- 
scheinlich) am  25.  Oktober  1200  verstorbenen  Konrad  von 
Mainz  den  Bischof  Lupoid  von  Worms  erhoben,  bei  Otto  IV. 
und  seinen  Anhängern  aber  war  Siegfried  von  Eppstein 
zur  Anerkennung  gelangt.  Schon  am  3.  Juli  hatte  der 
päpstliche  Bevollmächtigte,  Guido  von  Praeneste,  im  Dome 


1)  Das  Datum  steht  nicht  fest;  siehe  Dobenecker  II,  1175. 

2)  Vgl.  Dobenecker  II,  1175. 

3)  Reg.  super  neg.  Rom.  imp.,  No.  32. 

4)  Reg.  super  neg.  Rom.  imp.,  No.  33. 

5)  Reg.  super  neg.  Rom.  imp.,  No.  35 — 45;  vgl.  auch  Dobe- 
necker II,  1194—1195;  Wentzke,  Reg.  d.  Bischöfe  von  Straßburg, 
No.  717. 


10    -Die  Reichspolitik  Hermanns  L,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

zu  Köln  Otto  zum  König  der  Deutschen  ausgerufen  und 
alle  seine  Widersacher  mit  dem  Banne  belegt;  mit  der 
gleichen  Entschiedenheit  griff  er  jetzt  in  den  Streit  um 
die  Wiederbesetzung  des  Mainzer  Stuhles  ein,  indem  er 
ohne  weiteres  Lupoid  verwarf  und  Siegfried  die  Weihe  er- 
teilte. Scharf  verurteilt  diese  willkürliche  Bestätigung  der 
Propst  von  Ursperg,  indem  er  sagt,  Innocenz  habe  in  bezug 
auf  diese  Wahl  keinen  Richterspruch  gefällt,  sondern  ein 
Unrecht  getan  1). 

Eine  einmĂĽtige  Stellungnahme  seiner  Partei  gegenĂĽber 
den  Eingriffen  des  Papstes  herbeizufĂĽhren,  berief  Philipp 
auf  Maria  Geburt,  den  8.  September,  einen  Reichstag  nach 
Bamberg.  Der  Einladung  hierzu  folgte  auch  Landgraf  Her- 
mann, den  wir  bereits  vorher  einmal,  am  28.  Juli,  in  der 
Umgebung  des  Staufers  zu  Gelnhausen  finden 2). 

Geistliche  und  weltliche  FĂĽrsten  waren  in  groĂźer  An- 
zahl erschienen.  Die  allgemeine  Stimmung  der  glänzenden 
Versammlung  erwies  sich  infolge  der  beiden  rasch  auf- 
einander folgenden  Gewaltakte  den  AnsprĂĽchen  des  Papstes 
durchaus  feindlich.  Einhellig  beschloĂź  man,  Philipp  den 
Eid  der  Treue  zu  erneuern,  ganz  unbekĂĽmmert  darum,  daĂź 
er  vom  apostolischen  Stuhl  exkommuniziert  und  Otto  fĂĽr 
das  deutsche  Königreich  bestimmt  worden  sei3).  Zugleich 
wurden  fĂĽr  einen  offenen  Protest  unter  den  anwesenden 
FĂĽrsten  Unterschriften  gesammelt.  Ein  Gleiches  geschah 
bald  danach  zu  Halle,  wohl  auch  noch  an  anderen  Orten, 
und  im  Januar  1202  ging  ein  mit  29  Namen  versehenes 
Schreiben  an  Innocenz  ab.  In  selbstbewußter  und  männ- 
licher Sprache  erhoben  die  Unterzeichneten  darin  Einspruch 
gegen  die  unbefugte  Einmischung  des  Legaten  in  das  Wahl- 
recht der  deutschen  FĂĽrsten  und  baten  weiterhin,    Philipp, 


1)  Chron.  Ursp.,  p.  80 :  super  hac  electione  fecit  non  iudicium, 
sed  iniuriam. 

2)  Dobenecker  II,  1197. 

3)  Cr.  8.  P.  mod.  in  M.  E.,  p.  201. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  \\ 

ihren  Gewählten,  „wenn  Zeit  und  Gelegenheit  kommt",  zu 
salben  1). 

Unter  den  Ausstellern  der  Protestation  wird  auch  Land- 
graf Hermann  genannt.  Doch  mit  Unrecht  wĂĽrden  wir  hier- 
aus auf  eine  staufisch-treue  Gesinnung  seinerseits  schlieĂźen. 
Hermann  hat  sich  auf  dem  Reichstage  zu  Bamberg  nur  der 
Mehrheit  angeschlossen,  in  Halle  ist  er  schon  gar  nicht 
mehr  erschienen 2).  Wenige  Wochen  später  bezeichnet  ihn 
der  päpstliche  Notar,  Magister  Philipp,  dessen  Nachrichten 
jedoch  sonst  nicht  immer  unbedenklich  sind  3),  seinem  Herrn 
gegenüber  als  einen  „widerwilligen  Anhänger  des  Schwaben" ; 
zu  Ende  des  Jahres  1201  aber  spricht  Innocenz  III.  selbst 
dem  Landgrafen  seine  Freude  darĂĽber  aus ,  daĂź  er  den 
zum  Römischen  Kaiser  erwählten  König  Otto  den  Treu- 
eid geleistet  habe,  und  ermahnt  ihn,  treu  bei  dem  Könige 
auszuharren,  ohne  RĂĽcksicht  auf  den  etwa  frĂĽher  dem  Her- 
zoge von  Schwaben  geleisteten  Eid4). 

Die  Annahme  liegt  schon  jetzt  nahe,  den  ĂĽberraschen- 
den Parteiwechsel  Hermanns  als  ein  Werk  des  Papstes  zu 
betrachten.  Mag  auch  vielleicht,  wie  Winkelmann  ver- 
mutet 5) ,  die  Bevorzugung  staufischer  Ministerialen  am 
königlichen     Hofe    den    ehrgeizigen    Sinn    des    Landgrafen 


1)  Dobenecker  II,  1216.  Ăśber  die  Beurteilung  des  Schreibens 
siehe  R.  Schweiner,  Innocenz  III.  und  die  Deutsche  Kirche  während 
des  Thronstreites  von  1198—1208,  Straßburg.  Diss.  1882,  S.  40  ff. 

2)  Siehe  E.  Winkelmann,  Philipp  von  Schwaben  und  Otto  IV. 
von  Brannschweig  (Jahrb.  d.  Deutsch.  Gesch.,  2  Bde.,  Leipzig  1873/78, 
abgek.  Winkelmann  I,  S.  255  u.  266. 

3)  Vgl.  z.  B.  seine  Angabe  ĂĽber  die  erneute  Parteinahme  des 
Bischofs  von  Straßburg  für  Otto:  Wentzcke,  Regesten  der  Bischöfe 
von  StraĂźburg,  No.  716  u.  719. 

4)  Dobenecker  II,  1205.  Vgl.  dazu  die  ähnlich  lautenden  Briefe 
u.  a.  an  die  Bischöfe  von  Basel  und  Straßburg,  die  Großen  von 
Dagsburg  und  Habsburg:  Wentzcke,  Reg.  d.  Bisch,  v.  StraĂźburg, 
No.  717. 

5)  Winkelmann  a.  a.  O.  S.  266. 


12     Die  Reichspolitik  Hermanns  I.,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

gereizt  haben,  wirklich  bestimmend  fĂĽr  seinen  erneuten  Treu- 
bruch hat  auf  ihn  zweifellos  nur  Innocenz  III.  eingewirkt. 
Daß  beide  schon  länger  miteinander  in  Korrespondenz  ge- 
standen haben,  zeigt  der  Brief  des  Papstes  vom  11.  April 
1203 !).  Er  nimmt  darin  Hermann  samt  seinen  GĂĽtern 
auf  dessen  Bitte  in  seinen  Schutz,  begnadet  ihn,  daĂź 
niemand  ĂĽber  ihn  und  sein  Land  Exkommunikation  und 
Interdikt  ohne  offenbare  Ursache  aussprechen  dĂĽrfe,  und  er- 
laubt ihm,  jederzeit  an  den  päpstlichen  Stuhl  zu  appellieren. 
Klar  und  deutlich  liegt  doch  in  dieser  Bitte  des  Land- 
grafen eine  vorhergegangene  Mitteilung  von  ihm  an  Inno- 
cenz ausgesprochen. 

Ein  Brief  Ottos  IV.  selbst  bringt  uns  schlieĂźlich  die 
vollkräftigste  Bestätigung  für  den  entscheidenden  Einfluß 
des  Papstes  auf  Hermanns  Handlungsweise:  Otto  berichtet 
im  Dezember  1203  Innocenz  über  seine  durch  päpstliche 
Hilfe  sich  täglich  günstiger  gestaltende  Lage  und  dankt 
ihm  zugleich  dafür,  daß  er  den  König  von  Böhmen,  den 
Landgrafen  von  Thüringen  und  den  Markgrafen  von  Mähren 
fĂĽr  ihn  gewonnen  hat 2). 

Zur  Zeit  des  Reichstages  von  Bamberg  bereits  hatte 
sich  ein  anderer  FĂĽrst  offen  von  Philipp  abgewandt,  Kon- 
rad von  Würzburg,  des  Königs  Kanzler.  Den  Treulosen 
zu  zĂĽchtigen,  rĂĽckte  der  Staufer  vor  WĂĽrzburg.  Noch  ehe 
es  aber  zum  Kampfe  kam ,  erlag  der  Bischof  schnödem 
Meuchelmord3).  Mit  Konrad  hatte  seit  dem  Sommer  1201 
Landgraf  Hermann  häufige  Unterredungen  gepflogen.  Diese 
ZusammenkĂĽnfte  nun  haben  dem  Reinhardsbrunner  Chro- 
nisten Veranlassung  gegeben,  das  gewaltsame  Ableben  des 
Bischofs    als  Grund    von  Hermanns  Abfall    zu    bezeichnen; 


1)  Dobenecker  II,  1240. 

2)  Dobenecker  II,  1252. 

3)  Siehe  darĂĽber  Th.  MĂĽnster,  Conrad  von  Querfurt,  Kaiser- 
licher Hofkanzler,  Bischof  von  Hildesheim  und  WĂĽrzburg,  Leipz. 
Diss.,  Wernigerode  1890,  S.  59  f. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  13 

der  Landgraf  habe  sich  infolge  dieses  Gewaltaktes  genötigt 
gesehen,  an  seine  eigene  Sicherheit  zu  denken *). 

Hermann  hat  es  allem  Anschein  nach  vortrefflich  ver- 
standen, seine  Absicht  betreffs  des  Parteiwechsels  zunächst 
geheim  zu  halten.  Erst  seine  Unterredungen  mit  dem  un- 
getreuen Kanzler  nach  dem  Bamberger  Tage  muĂźten  ihn 
Philipp  verdächtig  erscheinen  lassen ,  seine  Bemühungen 
für  den  weifischen  Siegfried  von  Eppstein,  den  er  päpst- 
licher Mahnung  zufolge  sofort  als  Erzbischof  von  Mainz 
anerkannte 2),  des  Staufers  Argwohn  steigern.  Aber  auch 
jetzt  hat  er  dem  König  den  Gehorsam  noch  nicht  offen 
aufgekĂĽndigt,  sondern  ihn  mit  trĂĽgerischen  Verhandlungen 
bis  in  den  FrĂĽhling  des  kommenden  Jahres  (1204)  hin- 
gehalten 3).  Ob  freilich  Philipp  das  falsche  Spiel  des  Land- 
grafen nicht  bereits  nach  dessen  Erklärung  für  den  anti- 
staufischen  Kandidaten  durchschaute,  ist  eine  andere  Frage. 
Ich  möchte  es  als  gewiß  annehmen.  Der  König  hätte  eher 
zu  den  Waffen  gegriffen,  wenn  ihm  zur  Zeit  nicht  daran 
gelegen  sein  muĂźte,  die  bevorstehende  Heerfahrt  nach  Bur- 
gund,  dem  Erbe  seines  jĂĽngst  verstorbenen  Bruders  Otto, 
auszufĂĽhren  und  seine  Angelegenheiten  in  Trier  zu  beenden. 
So  aber  drohte 4)  er  dem  Landgrafen  nur  mit  der  ZurĂĽck- 
nahme des  ihm  1199  verliehenen  Reichsgutes,  die  AusĂĽbung 
weiterer  Rache  ĂĽberlieĂź  er  einstweilen  dem  Erzbischof  Lu- 
poid von  Worms,  der  ja  ohnehin  gegen  Hermann  aufge- 
bracht war  wegen  dessen  Parteinahme  fĂĽr  Siegfried  von 
Eppstein. 

In  einer  stürmischen  Märznacht  rückte  der  Erzbischof 
mit  dem  Grafen  Lambert  von  Gleichen  vor  die  Mainzische 
Stadt  Erfurt,    deren  Einwohner  Hermann    kurz  vorher  zum 


1)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  566;  siehe  dazu  Winkel- 
mann a.  a.  O.  S.  267. 

2)  Chron.  reg.  Col.,  p.  201.     Siehe  auch  Knochenhauer  a.  a.  O. 
S.  250  f. 

3)  Siehe  Abel  a.  a.  O.  S.  164,  Anm.  2. 

4)  Siehe  auch  Winkelmann  a.  a.  O.  S.  267. 


14    Die  Reichspolitik  Hermanns  L,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

Gehorsam  gegen  Siegfried  veranlaĂźt  hatte.  UnterstĂĽtzt 
von  einer  drinnen  ausgebrochenen  Feuersbrunst,  wurde  er 
schnell  Meister  der  Feste.  Am  nächsten  Morgen  beschied 
er  Geistlichkeit  und  BĂĽrgerschaft  vor  sich  und  kĂĽndigte 
ihnen  an,  wieviel  Rosse,  Wagen  und  Waffen  die  Stadt  zu 
stellen  habe.  An  ihm  allein  schon  solle  der  Landgraf  die 
Macht  König  Philipps  erfahren. 

Mitte  Juni  rĂĽckte  dann  dieser  selbst  von  Ravensburg  *) 
her,  wo  er  um  Pfingsten  den  Heerbann  seines  Herzogtums 
aufgeboten  hatte,  in  ThĂĽringen  ein.  Erst  am  Tage  vor 
seinem  Einmärsche  in  das  landgräfliche  Gebiet  schickte, 
wie  der  Reinhardsbrunner  Chronist  erzählt 2),  der  König 
an  Hermann  den  Absagebrief.  Offenbar  wollte  er  den 
Landgrafen  überrumpeln,  ehe  dessen  Verbündete,  der  Böhme 
und  der  Weife,  herbeieilen  konnten.  Zunächst  ging  alles 
glĂĽcklich  von  statten.  Der  Staufer,  der  in  seinem  Heere 
2000  Ritter  und  eine  groĂźe  Zahl  BogenschĂĽtzen  mit  sich 
fĂĽhrte 3),  traf  nirgends  bedeutenderen  Widerstand  an.  Zu 
ihm  stieĂź  bald  sein  Mainzer  Erzbischof  Lupoid,  der  bis 
dahin  Erfurt  behauptet  hatte,  und  nun  begann  eine  furcht- 
bare VerwĂĽstung  der  Landgrafschaft,  wie  sie  im  Wesen 
der  damaligen  KriegfĂĽhrung  lag.  Allen  zuvor  tat  es  hierin 
Lupoid  selbst,  den  seine  Gegner  als  einen  äußerst  rohen 
Mann  schildern 4).  Nicht  die  Sarazenen,  sagt  der  Rein- 
hardsbrunnner  Chronist5),  hätten  es  ärger  treiben  können 
als  die  Schwaben. 

Landgraf  Hermann  hatte  auf  die  Kunde  von  dem  Ein- 
bruch der  feindlichen  Heerhaufen  eiligst  an  den  Rhein  und 
nach  Böhmen  um  Hilfe  gesandt.     Jetzt  suchte  er,   um  den 


1)  Nördlich  vom  Bodensee. 

2)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  566. 

3)  Cron.  Reinhardsbr.  1.  c. 

4)  Caesarii  Heisterbachensis  monachi  ordinis  Cisterciensis  Dia- 
logus  miraculorum,  rec.  los.  Strange,  Coloniae  1851,  Index  Con- 
fluentiae  1857,  II,  9. 

5)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  566. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  15 

Weitermarsch  des  Gegners  zu  verzögern,  bei  diesem  um 
Unterhandlungen  nach,  gleichsam  als  beabsichtige  er,  sich 
zu  unterwerfen.  Philipp  ließ  sich  täuschen  und  gewährte 
auf  die  Vermittlung  des  Bayernherzogs  hin  dem  Land- 
grafen sogar  einen  achttägigen  Waffenstillstand1).  Dies 
Zugeständnis  wurde  ihm  verderblich;  denn  Hermanns  Partei- 
genossen war  dadurch  die  Möglichkeit  gegeben,  rechtzeitig 
auf  dem  Kriegsschauplatze  zu  erscheinen.  Nicht  lange 
währte  es,  so  rückte  von  Norden  her  der  Pfalzgraf  Hein- 
rich mit  500  Rittern  und  300  SchĂĽtzen  heran,  und  von 
Süden  nahten  der  Böhmenkönig  und  sein  Bruder,  Markgraf 
Heinrich  von  Mähren,  mit  40000  Mann2). 

Freilich  nicht  zum  Segen  für  die  arme  Landbevölke- 
rung kamen  diese  Scharen  Ottokars  dem  Landgrafen  zu 
Hilfe.  Ihr  Zuzug  hatte  eine  Verheerung  im  Gefolge,  der 
gegenĂĽber  die  bisherige  nur  ein  leichtes  Vorspiel  bedeutete. 
Die  Böhmen,  die  nach  altem  Herkommen  auf  Kriegszügen 
ungestraft  rauben  und  plĂĽndern  konnten,  machten  von  dieser 
Freiheit  den  ausgiebigsten  Gebrauch.  Noch  schrecklicher 
als  sie  aber  hausten  die  wilden  Söhne  der  ungarischen 
Steppen,  die  König  Emmerich  seinem  Schwager  zu  Hilfe 
geschickt  hatte 8).  FĂĽr  diese  bestand  zwischen  Feindes- 
und Freundesland  kein  Unterschied.  16  Klöster  und  350 
Pfarrkirchen  fielen,  wie  der  Abt  Arnold  von  LĂĽbeck  be- 
richtet4),   ihrer    Zerstörungswut   zum    Opfer;    die    Priester- 


1)  Braunschw.  Reimchron.  §  53,  Vers  5730  ff. 

2)  Cron.   Reinhardsbr.   SS.  XXX,   1,   p.  566.     Vgl.  auch   W. 
Eschenbach  im  Parzival,  379,  Vers  5—8: 

der  reit  dar  zuo  mit  solher  kraft, 
waer  Swarzwalt  ieslich  stude  ein  schaft, 
man  dorft  da  niht  mer  waldes  sehn, 
swer  sine  schar  wolde  spehn. 

3)  Braunschw.  Reimchron.  a   a.  0.  §  53,  Vers  5744: 

waz  vremdher  zunghen  mit  im  quemen, 
Ungheren,  Valewen  unte  Behemen, 
daz  waz  gar  ane  maze. 

4)  Arn.  Chron.  Slav.  lib.  VI,  Kap.  5. 


16     Die  Reichspolitik  Hermanns  L,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

gewänder  wurden  zu  Hemden  und  Mänteln,  die  Altartücher 
zu  Pferdedecken  verwandt,  Nonnen  und  Jungfrauen  zu  Tode 
geschändet  oder  an  den  Schwänzen  der  Pferde  gefangen 
mitfortgeschleift. 

Nachdem  Anfang  Juli  die  "Vereinigung  des  Landgrafen 
mit  dem  Böhmen  und  dem  Pfalzgrafen  erfolgt  war,  zog 
sich  Philipp  vor  der  Ăśbermacht  hinter  die  festen  Mauern 
Erfurts  zurück.  Hinter  ihm  her  wälzten  sich  die  Scharen 
der  VerbĂĽndeten  und  umlagerten  in  weitem  Kreise  die 
Stadt.  Mit  rheinischen"  und  westfälischen  Rittern  traf  zu 
Beginn  des  folgenden  Monats  auch  König  Otto  im  Lager 
ein.  Aber  bald  nach  seiner  Ankunft  hoben  die  FĂĽrsten 
die  Belagerung  wieder  auf;  sie  hatten  während  der  ver- 
flossenen 30  Tage  *)  nicht  den  geringsten  Erfolg  erzielt, 
und  ĂĽberdies  war  der  Staufer,  dessen  Gefangenschaft  man 
ja  wohl  als  besonderes  Ziel  ins  Auge  gefaĂźt  haben  mochte, 
bei  nächtlicher  Weile  aus  der  Feste  entkommen  2).  Er  hatte 
sich  nach  dem  treuen  Osterland  (im  weiteren  Sinne)  ge- 
wandt, jedenfalls  mit  der  Absicht,  daselbst  Truppen  zum 
Entsatz  aufzubieten.  Dies  zu  verhindern,  folgte  ein  Teil 
des  weifischen  Heeres  dem  flüchtigen  König  nach  Meißen, 
dort  weit  und  breit  alles  mit  Feuer  und  Schwert  ver- 
wĂĽstend, die  ĂĽbrigen  zogen,  nicht  minder  verheerend,  die 
Saale  abwärts,  um  in  das  Gebiet  des  staufischen  Erzbischofs 
von  Magdeburg  einzufallen. 

Nach  kurzem  Widerstand  öffnete  Merseburg  die  Tore, 
und  hier  wurde  am  Donnerstag  vor  Martini,  dem  24.  August 
1203,  ein  groĂźer  Hof  tag  gehalten,  auf  dem  Landgraf  Her- 
mann dem  König  Otto  die  Huldigung  erneuerte  3).  Mit  der 
gesamten    Heeresmacht   ging   es    dann    gegen  Halle.     Aber 


1)  Siehe  F.  Vogel,  Erzbischof  Ludolf  von  Magdeburg  (1192 
bis  1205),  Leipz.  Diss.  1885,  S.  46,  dessen  Ansicht  betreffs  der  Dauer 
der  Belagerung  Erfurts  1203  auch  ich  beipflichte. 

2)  Cron.  Reinhardsbr.  So.  XXX,  1,  p.  56Ăś;  Chron.  reg.  Col.  III, 
p.  201 ;  Braun schweiger  Reimchron.  a.  a.  O.  §  53,  Vers  5750  ff. 

3)  Dobenecker  11,  1245  a. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  17 

hier  hatte  beizeiten  Erzbischof  Ludolf  den  Markgrafen  Otto 
von  Brandenburg,  seinen  Vasallen,  mit  300  Rittern  in  die 
Stadt  geworfen;  sie  war  nicht  zunehmen.  Das  umgebende 
Land  freilich  wurde  um  so  furchtbarer  heimgesucht.  Es 
verbreitete  sich  vor  den  plĂĽndernden  Scharen  ein  solcher 
Schrecken,  daĂź  selbst  die  Magdeburger  ihre  Habe  samt 
Weib  und  Kind  auf  das  rechte  Eibufer  hinĂĽber  flĂĽchteten. 

Nach  mehrwöchiger  Verwüstung  des  erzbischöflichen 
Gebiets  trennten  sich  endlich  die  VerbĂĽndeten.  Der  Land- 
graf kehlte  nach  ThĂĽringen,  Ottokar  durch  das  MeiĂźner 
Land  nach  Böhmen  zurück.  König  Otto  aber  begab  sich, 
nachdem  er  noch  einen  vergeblichen  Versuch  zur  Eroberung 
Goslars  unternommen  hatte,  mit  seinem  Bruder  Heinrich 
wieder  an  den  Niederrhein,  wo  er  auf  der  Höhe  seiner  im 
Thronstreit  errungenen  Macht  in  Soest  einen  glänzenden 
Hoftag  hielt.  Die  UnterstĂĽtzung  des  Papstes  war  dem 
Weifen  nach  den  Erfolgen  dieses  Jahres  vollkommen  sicher. 

Landgraf  Hermann  mag  von  den  Ergebnissen,  die  ihm 
der  erneute  Wechsel  in  seiner  Politik  gebracht  hatte,  wenig 
befriedigt  gewesen  sein.  Seit  seinem  RĂĽcktritt  zur  wei- 
fischen Partei  wurde  zwar  selbstverständlich  der  Wieder- 
erstattung jener  Gelder,  die  er  bei  seiner  ersten  Huldigung 
von  Otto  empfangen  hatte,  nicht  mehr  gedacht,  im  Gegen- 
teil, der  Weife  hat  ihm  noch  weitere  Zugeständnisse  ge- 
macht, wie  wir  aus  der  päpstlichen  Bestätigung  derselben 
vom  12.  Dezember  1203  ersehen1);  aber  konnte  ihm  dies 
einen  Ersatz  bieten  fĂĽr  die  traurige  Verarmung  seines  Lan- 
des, die  wohl  ebenso  sehr  dem  rĂĽcksichtslosen  Schalten 
und  Walten  seiner  eigenen  Parteigenossen  wie  der  Raub- 
lust der  Feinde  zuzuschreiben  war?  Noch  zu  guterletzt, 
nach  dem  Abzug  der  Böhmen  und  Weifen,  mußte  der  Land- 


1)  Reg.  super  neg.  Rom.  imp.  No.  97:  Cum  Otto  quasdam 
conventiones  tecum  iniisse  no*catur  et  literis  propriis  roborasse  con- 
ventiones  ipsas  confirmamus.  Der  Inhalt  dieser  conventiones  ist  leider 
nicht  bekannt;  Dobenecker  IL,  1251. 

XXVill.  2 


^3     Die  Reichspolitik  Hermanns  I,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

graf  es  geschehen  lassen,  daß  König  Philipp,  der  im  August 
oder  September  aus  dem  Osten  wieder  nach  Erfurt  zurĂĽck- 
gekehrt war,  mitten  durch  ThĂĽringen  seinen  Weg  nahm 
und  dabei  Schmalkalden  zerstörte  *). 

Bereits  im  März  1204  begannen  die  kriegerischen 
Unternehmungen  von  neuem.  Zunächst  machte  bald  nach 
Beginn  der  Fastenzeit  Philipp  einen  unerwarteten  VorstoĂź 
nach  Norden,  um  Goslar  zu  entsetzen.  Es  war  zwar,  wie 
schon  oben  erwähnt,  Otto  auf  seinem  Zuge  nach  dem  Rhein 
nicht  gelungen,  die  alte  Reichsstadt  selbst  einzunehmen, 
er  hatte  aber  in  ihrer  Nähe  eine  Burg  angelegt,  deren  Be- 
satzung die  Bürger  hart  bedrängte.  Ehe  noch  der  Weife 
zum  Schutze  der  Seinen  herbeieilen  konnte,  hatte  Philipp 
seine  Absicht  durchgefĂĽhrt  und  befand  sich  bereits  wieder 
auf  dem  RĂĽckweg  nach  Schwaben 2). 

Auch  Landgraf  Hermann,  der  mit  400  Rittern  auf- 
gebrochen war,  die  kĂĽhne  Tat  zu  hindern,  traf  den  Feind 
nicht  mehr  an  und  kehrte  um,  in  der  Ăśberzeugung,  daĂź 
von  dem  Staufer  vorläufig  weitere  Unternehmungen  nicht 
zu  befĂĽrchten  seien.  Die  Folgezeit  zeigte  bald,  wie  bitter 
er  sich  in  dieser  Annahme  getäuscht  hatte.  Gerade  Her- 
mann, durch  den  Philipps  vorjähriger  Kriegsplan  gescheitert 
war,  sollte  jetzt  des  Königs  ganze  Rache  zu  spüren  be- 
kommen, sein  Land  wiederum  der  Schauplatz  unheilvoller 
Kämpfe  werden. 

Die  Menge  der  Feinde,  die  sich  zu  gleicher  Zeitigegen 
den  Landgrafen  erhoben,  legen  Zeugnis  ab,  mit  welch  um- 
fassenden RĂĽstungen  Philipp  diesen  Feldzug  vorbereitet 
hatte.  Aus  allen  Teilen  Oberdeutschlands,  aus  Schwaben, 
Ostf'ranken,  Bayern,  ja  selbst  aus  dem  fernen  Kärnten  er- 
hielt er  Verstärkungen.  Erzbischof  Ludolf  von  Magdeburg 
fĂĽhrte  ihm  allein  1000  Ritter  und  viele  Tausende  Gewappnete 


1)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  567. 

2)  Cron.  Reinhardsbr.  1.  c. ;  Chron.  reg.  Col.  p.  216. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  19 

zu  x).  Nicht  minder  regen  Eifer  entfalteten  Markgraf  Diet- 
rich von  MeiĂźen,  Herzog  Bernhard  von  Sachsen  und  die 
ĂĽbrigen  wettinischen  und  anhaltischen  GroĂźen.  Noch  nie 
hatten  die  FĂĽrsten  der  Osterlande  ein  so  zahlreiches  und 
wohlausgerĂĽstetes  Heer  ins  Feld  gestellt 2).  Aber  auch  in 
ThĂĽringen  selbst  erwuchsen  dem  Staufer  Bundesgenossen 
Die  Grafen  von  Gleichen ,  Beichlingen  und  Schwarzburg, 
ergriffen  begierig  die  Gelegenheit,  sich  des  landesherrlichen 
Joches  zu  entledigen,  und  ihrem  Beispiele  folgte  ein  groĂźer 
Teil  des  Adels.  So  war  der  Feldzug  schon  beinahe  ent- 
schieden, als  Philipp  im  Juli  3)  vom  Harz  herunter  in  ThĂĽ- 
ringen eindrang.  Freiwillig  öffnete  ihm,  der  früheren  Reichs- 
freiheit eingedenk  und  ihre  Wiederkehr  erhoffend,  Nordhausen 
die  Tore,  während  Sangerhausen  von  Albrecht,  dem  Sohne 
des  Herzogs  Bernhard  von  Sachsen,  zur  Übergabe  genötigt 
wurde4).  Ende  Juli  vereinigten  sich  die  gesamten  Heeres- 
massen vor  WeiĂźensee,  dessen  EinschlieĂźung  Albrecht  von 
Sachsen  schon  frĂĽher  begonnen  hatte. 

Sechs  Wochen  5)  dauerte  die  Belagerung,  und  Landgraf 
Hermann  schaute  noch  immer  nach  der  erbetenen  Hilfe 
seiner  Verbündeten  aus.  Endlich  näherte  sich  Anfang  Sep- 
tember König  Ottokar  mit  einem  großen  böhmischen  Heere, 
das  auch  diesmal  durch  ungarischen  Zuzug  verstärkt  war6). 
Vom  Fichtelgebirge  her  zog  er  unter  VerwĂĽstungen  durch 


1)  Magdeburger  Schöppenchronik  in  Chroniken  der  Deutschen 
Städte  vom  14.  bis  ins  16.  Jahrhundert,  Vll,  1,  herausgegeben  durch 
die  Historische  Kommission  bei  der  Königl.  Akademie  der  Wissen- 
schaften, Leipzig,  1869,  S.  125  f. 

2)  Cron.  Eeinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  568. 

3)  Chron.  reg.  Col.  p.  216:  circa  lulium  mensem ;  Cr.  S.  P. 
mod.  in  M.  E.  p.  202 :  tempore  messis;  Braunschw.  Eeimchron.  a.  a.  O. 
§  54,  Vers  5890:  an  dhern  sumere. 

4)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  567 ;  Braunschw.  Reim- 
chron.  a.  a.  O.  §  54,  Vers  5905. 

5)  Siehe  O.  Holder-Egger  im  N.  A.  XXI,  528. 

6)  Albert  von  Stade,  Annales  Stadenses,  ed.  Io.  M.  Lappenberg, 
1859,  SS.  XVI,  p.  354 :  regibius  Boemiae  et  Ungariae  profugatis. 

2* 


20    Die  Reichspolitik  Hermanns  L,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

das  Gebiet  der  Villa  regia  Saalfeld  und  das  Land  Orla x) 
und  schlug  sĂĽdlich  von  Arnstadt,  zwischen  Ilmenau  (?)  und 
Lange  wiesen  ein  Lager  auf.  Zu  einer  Schlacht  kam  es 
indessen  nicht.  Kaum  hatte  der  Böhme  durch  seine  Kund- 
schafter genauere  Nachrichten  über  die  Stärke  der  Feinde 
erhalten,  die  ihm  unter  der  bewährten  Führung  des  Mar- 
schalls Heinrich  von  Kalden,  des  Siegers  von  Catania, 
von  WeiĂźensee  her  entgegenzogen,  so  entsank  ihm  der  Mut, 
und  er  war  auf  eiligen  RĂĽckzug  bedacht.  Hinter  dem 
täuschenden  Schleier  angezündeter  Wachtfeuer  trat  er  diesen 
bei  Beginn  der  Dunkelheit  an  und  befand  sich  am  Morgen 
bereits  auĂźer  allem  Bereich  des  Feindes. 

Mit  der  schimpflichen  Flucht  Ottokars  war  das  Schick- 
sal Hermanns  besiegelt.  In  jenem  Kloster  Ichtershausen, 
unweit  Erfurt,  in  welchem  sieben  Jahre  frĂĽher  die  deut- 
schen FĂĽrsten  die  Wahl  Philipps  beschlossen  hatten,  lag 
am  17.  September  2)  der  Landgraf  tief  gedemĂĽtigt  zu  FĂĽĂźen 
des  Staufers  und  unterwarf  sich  ihm  auf  Gnade  und  Un- 
gnade. Zürnend  blickte  der  König  zu  dem  treulosen  Manne 
nieder,  der  jetzt  zum  vierten  Male  innerhalb  der  wenigen 
Jahre  die  Partei  zu  wechseln  sich  anschickte.  Mit  scharfen 
Worten  hielt  er  ihm  seine  WortbrĂĽchigkeit,  seine  ganz 
und  gar  nicht  verwandtschaftliche  Gesinnung,  seine  Torheit 
vor;  erst  auf  die  FĂĽrsprache  der  dem  Landgrafen  befreun- 
deten anwesenden  FĂĽrsten  hob  er  ihn  vom  Boden  auf  und 
gab  ihm  dem  FriedenskuĂź.  Hermann  wurde  mit  Verlust  des 
ihm  im  Jahre  1199  ĂĽbertragenen  Reichsgutes  bestraft,  muĂźte 
von  neuem  Treue  schwören  und  zur  Bekräftigung  dieses 
Eides  GeiĂźeln  stellen,  darunter  seinen  eigenen  Sohn. 

Nach  der  Bezwingung  des  Landgrafen  wandte  sich 
König  Philipp    gegen  Ottokar   von  Böhmen,    um    auch    ihn 

1)  Cr.  S.  P.  Mod.  in  M.  E.  p.  203 ;  siehe  auch  Dobenecker  II, 
1264  a. 

2)  Chron.  reg.  Col.  p.  217:  supplex  ad  eum  venit;  Dobenecker  II 
1264  a. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  .  21 

fĂĽr  seinen  Abfall  zu  zĂĽchtigen.  Otto  vermochte  nicht  zu 
widerstehen;  er  erneuerte  dem  Staufer  die  Huldigung,  stellte 
GeiĂźeln  und  zahlte  7000  Mark  BuĂźe1). 

Da  bald  nach  dem  thĂĽringischen  Feldzuge  2)  auch  Ottos 
Bruder,  der  Pfalzgraf  Heinrich,  zu  Philipp  ĂĽbertrat  und  zu 
Ende  des  Jahres  sich  sogar  der  Erzbischof  von  Köln  und 
der  Herzog  von  Brabant  mit  dem  Staufer  aussöhnten,  konnte 
sich  dieser  jetzt  vollkommen  als  Sieger  fĂĽhlen. 

Der  starke  Unmut,  den  der  König  über  Hermann  em- 
pfunden hatte,  äußerte  sich  bald  nach  dem  Ichtershausener 
Tage  noch  einmal  am  23.  Mai  1205  in  NĂĽrnberg.  Philipp 
bezeichnet  den  Landgrafen  dort  zwar  als  „seinen  geliebten 
Blutsverwandten",  aber  er  entscheidet  doch  in  allen  StĂĽcken 
gegen  ihn  in  dem  Friedensvertrage  Hermanns  mit  dem  Abt 
von  Hersfeld,  wonach  der  Landgraf  „alle  dem  Kloster  und 
den  Hersfelder  Ministerialen  entzogenen  Besitzungen  und 
GĂĽter  zurĂĽckerstatten  soll"  3). 

Hermann  scheint  sich  danach  seinem  Lande  gewidmet 
zu  haben,  die  Wunden  zu  heilen,  die  der  Krieg  geschlagen. 
Am  11.  Juni  hält  er  Landding  ab  in  Obhausen4),  und  die 
Urkunde,  der  zufolge  er  am  28.  September  bei  „Kaiser 
Philipp"   gewesen  sein  soll,  beruht  auf  Fälschung5). 

Doch  bald  konnte  sich  der  Landgraf  tatkräftig  als 
staufischer  Parteigänger    bewähren.     Im  Juni  1206    gelang 


1)  Siehe  Abel  a.  a.  O.  S.  181,  Anm.  16. 

2)  Siehe  L.  v.  Heinemann,  Heinrich  v.  Ăźraunschweig,  Pfalzgraf 
bei  Rhein.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  des  staufischen  Zeitalters, 
Gotha  1882,  S.  108,  Anm.  3;  V.  Röhrich,  Adolf  I.,  Erzbischof  von 
Köln,  Königsberger  Diss.  1886,  S.  101  ff.  Siehe  auch  E.  Holder- 
Egger  in  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  567,  Anm.  5.  —  Ver- 
sehentlich fĂĽhrt  ihn  Dobenecker  II,  1264  wieder  unter  den  Zeugen 
der  am  24.  August  1204  vor  WeiĂźensee  ausgestellten  Urkunde  anstatt 
Heinrichs,  des  Sohnes  Herzog  Bernhards  von  Sachsen,  an. 

3)  Dobenecker  II,  1281.  Siehe  auch  Knochenhauer,  a.  a.  O. 
S.  259  ff. 

4)  Dobenecker  II,  1284. 

5)  Dobenecker  II,  1292. 


22     Die  Reichspolitik:  Hermanns  I.,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

es  Ottos  IV.  TruchseĂź  Gunzelin  von  WolfenbĂĽttel,  Goslar 
einzunehmen.  Unterstützt  von  seines  Königs  Bruder,  Wil- 
helm von  LĂĽneburg,  belagerte  der  weifische  Feldherr  hier- 
auf Lichtenberg  1).  Um  wenigstens  diese  Feste  dem  Staufer 
zu  erhalten,  eilten  am  25.  Juli  Erzbischof  Albrecht  von 
Magdeburg,  Landgraf  Hermann  von  ThĂĽringen  und  Mark- 
graf Dietrich  von  MeiĂźen  zum  Entsatz  herbei.  Sie  trieben 
die  Belagerer  zurĂĽck,  verbrannten  ihre  Werkzeuge  und 
versorgten  die  Burg  auf  ein  ganzes  Jahr  mit  Lebens- 
mitteln 2). 

Landgraf  Hermann  nahm  dann  vermutlich  auch  an  der 
Belagerung  Kölns  durch  König  Philipp  teil ;  im  Dezember  3) 
weilt  er  zu  Hagenau  am  staufischen  Hofe.  Das  folgende 
Jahr  (1207)  zeigt  ihn  uns  oft  in  der  Umgebung  des  Königs: 
im  Januar4)  zu  Frankfurt,  im  Februar5)  zu  Gelnhausen, 
im  Mai  6)  wieder  zu  Frankfurt,  im  August 7)  zu  WĂĽrzburg 
und  Nordhausen.  Nach  Nordhausen  hatte  Philipp,  dessen 
Verhältnisse  sich  immer  günstiger  gestaltet  hatten,  einen 
Hoftag  angesagt s).  Er  verhandelte  hier9)  im  Beisein  der 
päpstlichen  Legaten  mit  Otto,  doch  ohne  jedes  Resultat. 
Unter  den  versammelten  FĂĽrsten  wird  auch  der  Landgraf 
von  ThĂĽringen  genannt10). 

Auch  auf  den  nächsten  Reichstagen  ist  Hermanns  An- 
wesenheit beglaubigt  n),  so  daß  wir  ihn  uns  jetzt  für  längere 
Zeit  im  Gefolge  König  Philipps  zu  denken  haben. 


1)  Westlich  von  Goslar. 

2)  Magdeburg.  Schöppenchronik  a.  a.  O.,  S.  130  f. 

3)  Dobenecker  II,  1318. 

4)  Dobenecker  II,  1333. 

5)  Dobenecker  II,  1334a. 

6)  Dobenecker  II,  1341. 

7)  Dobenecker  II,  1346. 

8)  Siehe  auch  Dobenecker  II,  1343. 

9)  Dobenecker  II,  1345  a. 

10)  Dobenecker  II,  1346. 

11)  Winkelmann,  a.   a.  O.   I,  S.  425,  Anm.  3;    Dobenecker  II, 


1347.  1351. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  23 

Während  die  beiden  königlichen  Gegner,  Philipp  und 
Otto,  durch  ihre  Gesandten  am  römischen  Stuhle  unter- 
handelten, rĂĽsteten  sie  sich  in  Deutschland  zum  letzten, 
entscheidenden  Streit.  Otto  setzte  groĂźe  Hoffnungen  auf 
dänische  und  englische  Hilfe,  aber  auch  unter  den  deut- 
schen FĂĽrsten  hatte  er  alte  Beziehungen  wieder  angeknĂĽpft. 
Er  stand  in  geheimer  Verbindung  mit  dem  Markgrafen  Diet- 
rich von  MeiĂźen  und  dessen  Schwiegervater  Hermann  von 
ThĂĽringen  *). 

Am  staufischen  Hofe  blieb  dies  nicht  unbemerkt,  und 
man  beschloß,  den  Verrätern  zuvorzukommen.  Der  Chronist 
von  Reinhardsbrunn,  hierin  unser  alleiniger  Berichterstatter, 
erzählt,  daß  König  Philipp  im  Juli  1208  in  dem  Kriegsrate 
zu  Bamberg,  der  seinem  letzten  Feldzug  gegen  Otto  voran- 
ging, deshalb  die  böhmischen  Truppen  nach  Meißen  und 
Thüringen  zu  schicken  beschlossen  habe.  „Er  gedachte", 
so  heißt  es  in  der  Darstellung  des  Mönches,  „die  Fürsten 
nicht  zu  schonen,  welche,  nur  zum  Schein  Freunde,  in  Wahr- 
heit aber  Feinde,  bereits,  wie  er  gehört,  in  offenem  Bünd- 
nis waren,  und  deren  Hilfe  er  nicht  nach  seinem  Gut- 
dĂĽnken in  allen  seinen  Unternehmungen  gebrauchen  konnte, 
den  Landgrafen  und  den  Markgrafen  von  MeiĂźen.  Daher 
beschloĂź  er  mit  seinem  Rat,  den  genannten  FĂĽrsten  durch 
den  Durchzug  einer  so  starken  Heeresmacht,  gleichsam  un- 
freiwillig, so  groĂźen  Schaden  anzutnn,  als  nur  immer  der 
erklärte  Krieg  gegen  einen  Reichsfeind  es  zu  tun  ver- 
möchte" 2). 

Doch  alle  Pläne  und  Schwierigkeiten  lösten  sich  durch 
den  Tod  Philipps,  der  am  21.  Juni  1208  von  Otto  von 
Witteisbach  in  Bamberg  ermordet  wurde.  Wohl  hat  man 
auch  Hermann  seiner  unverkennbar  antistaufischen  Politik 
wegen  der  Mitschuld  an  der  furchtbaren  Freveltat  geziehen, 


1)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  574. 

2)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,   1,   p.  574;  nach  der  Ăśber- 
setzung Knochenhauers  a.  a.  O.  S.  263. 


24     Die  Reichspolitik  Hermanns  I.,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

doch  mit  Recht  wies  schon  Abel x)  derartige  Vermutungen 
späterer  Chronisten  als  irrig  und  unbegründet  zurück.  Wir 
schlieĂźen  uns  seiner  Meinung  vollkommen  an. 

Von  neuem  war  durch  den  plötzlichen  Tod  König  Phi- 
lipps der  längst  erhoffte  Friede  in  weite  Ferne  gerückt 
worden.  Siegreich,  doch  ohne  Haupt  stand  die  staufische 
Partei  da,  tief  gedemĂĽtigt,  aber  festen  Willens,  seinen  An- 
spruch auf  die  Krone  auch  weiterhin  zu  behaupten,  ihr 
gegenĂĽber  Otto  IV.  Als  einziger  Stammhalter  des  stau- 
fischen Geschlechts  hatte  das  meiste  Anrecht  auf  den  Thron 
„das  Kind  von  Apulien"  2).  Auch  lebten  noch  manche  von 
den  FĂĽrsten,  die  auf  die  Nachricht  von  Heinrichs  VI.  Tode 
im  heiligen  Lande  den  bereits  1196  dem  jungen  Friedrich 
geleisteten  Eid  erneuert  hatten,  unter  ihnen  besonders  Land- 
graf Hermann  von  ThĂĽringen ;  aber  gerade  an  dessen  Abfall 
von  der  staufischen  Sache  konnte  ja  schon  bei  Lebzeiten  Phi- 
lipps kaum  mehr  gezweifelt  werden.  Und  Friedrich  selbst, 
das  MĂĽndel  Innocenz'  III.,  war  weit  entfernt,  getrennt  durch 
feindliches,  zum  mindesten  zweifelhaftes  Gebiet.  Wenig 
Tröstliches  bot  auch  ein  Blick  auf  die  deutschen  Grenzen. 
Der  Däne  Waldemar  hatte  an  der  unteren  Elbe  festen  Fuß 
gefaĂźt,  seine  Truppen  standen  bis  hinein  nach  Braunschweig. 
König  Johann  von  England  war  als  Oberlehensherr  eines 
deutschen  ReichsfĂĽrsten  jederzeit  berechtigt,  sich  in  den 
deutschen  Erbfolgestreit  zu  mischen.  Und  gar  erst  Frank- 
reich! —  Konnte  nicht  aus  dem  mächtigen  Verbündeten 
des  ermordeten  Königs  sein  Nachfoiger  werden  ? 

So  war  es  kein  Wunder,  daĂź  inmitten  der  allgemeinen 
Verwirrung  der  Weife  mit  dem  Königstitel  zu  größter  Be- 
deutung gelangte.  Als  erster  hatte  gleich  nach  Philipps 
Ermordung  sein  Bruder  Heinrich  sich  wieder  mit  ihm  ver- 


1)  Abel  a.  a.  O.,  S.  228,  Anm.  9.  Siehe  auch  Knochenhauer, 
a.  a.  O.,  S.  2b4. 

2)  Richeri  monachi  Gesta  ecclesiae  Senoniensis  bis  1264  SS.  XXV 
(249—345)  über  III,  cap.  19:  infans  Apulie;  Reineri  Annales  S.  Iacobi 
Leodiensis  1066—1230  SS.  XVI  (651— 680)  p.  665:  puer  Apulie. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  2£> 

söhnt  und  bot  seinen  ganzen  Einfluß  für  ihn  auf.  Nicht 
lange  danach  gelang  es  dem  König,  den  kriegsinächtigsten 
FĂĽrsten  im  Nordosten  des  Reiches,  den  bisher  staufisch 
gesinnten  Erzbischof  Albrecht  von  Magdeburg,  auf  seine 
Seite  zu  ziehen.  Energisch  trat  dieser  sofort  fĂĽr  den  Weifen 
ein.  Unmittelbar,  nachdem  er  mit  Otto  einig  geworden, 
forderte  er  die  sächsischen  und  thüringischen  Prälaten  und 
FĂĽrsten  zu  einer  Vorwahl  nach  Halberstadt  auf.  Am 
25.  Juli  12081)  tagte  im  dortigen  Dom  die  Versammlung, 
auf  der  Albrecht  beantragte,  Otto  allein  auf  die  kĂĽnftige 
Wahl  zu  bringen. 

Die  osterländischen  Fürsten  waren  schon  einmal  in 
Altenburg  zusammengekommen ,  um  ĂĽber  den  Stand  des 
Reiches  zu  beraten 2).  Dort  scheint  Landgraf  Hermann 
sich  endgĂĽltig  fĂĽr  Otto  entschlossen  zu  haben;  in  Halber- 
stadt unterstĂĽtzt  er  eifrig  jenen  Antrag  Erzbischof  Albrechts. 

Auch  der  Papst  trat  wieder  fĂĽr  Otto  in  die  Schranken. 
Ende  Juli  schrieb  er  an  den  Landgrafen  Hermann  und  er- 
mahnte ihn,  da  er  nach  frĂĽheren  Mitteilungen 3)  nur  ge- 
zwungen von  König  Otto  abgefallen  sei,  demselben  hinfort, 
„da  der  Zwang  nach  göttlichem  Urteil  beseitigt  sei" 4) 
offen  und  kräftig  beizustehen.  Gleichlautende  Schreiben 
ergingen  an  alle ,  die  dem  genannten  Könige  einst  an- 
hingen 5). 

So  erschienen  denn  am  22.  September  1208  die  geist- 
lichen und  weltlichen  FĂĽrsten  Sachsens  und  ThĂĽringens  in 
groĂźer  Anzahl   in    Arnstadt 6),    um    ihren  frĂĽheren  BeschluĂź 


1)  Dobenecker  II,  1365  b. 

2)  Cr.  S.  P.  Mod.  in  M.  E.  p.  205:  Post  festum  apostolorum 
Petri  et  Pauli  generale  concilium  orientalium  principum  de  statu 
regni  habitum  est  in  Aldenburch;  siehe  auch  Dobenecker  II,  1365  a. 

3)  Siehe  Eeg.  super  neg.  Rom  imp.  No.  122  ;  Dobenecker  II,  1279. 

4)  „cum necessitas   divino  judicio  sit  sublata";  siehe 

Anm.  5. 

5)  Eeg.  super  neg.  Rom.  imp.  No.  156;   Dobenecker  II,  1368. 

6)  Siehe  dazu  Dobenecker  II.  1370  a. 


26    Die  Reichspolitik:  Hermanns  L,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

betreffs  der  Wahl  Ottos  zu  wiederholen  und  zu  bekräftigen. 
Die  FĂĽrsten  Frankens,  Schwabens  und  Bayerns  folgten  Mitte 
November  auf  einem  Hoftage  zu  Frankfurt  ihrem  Beispiele  x). 
Den  deutschen  Landen  endlich  ein  ruhiges,  glĂĽckliches  Zeit- 
alter zu  geben ,  beschworen  die  hier  Anwesenden,  unter 
ihnen  Landgraf  Hermann,  einen  allgemeinen  Landfrieden. 
Eine  nochmalige  Erneuerung  dieses  Schwures  fand  zu  Ostern, 
am  2.  Mai  1209,  in  Altenburg2)  statt,  wohin  Otto  die  säch- 
sischen und  thĂĽringischen  FĂĽrsten  beschieden  hatte.  Zahl- 
reich waren  diese  hier  >um  ihn  versammelt :  Landgraf  Her- 
mann, Dietrich  von  MeiĂźen,  Bernhard  von  Sachsen,  Albrecht 
von  Magdeburg  u.  a.  Zar  Feier  des  Pfingstfestes  finden 
wir  dieselben  Fürsten,  „seine  vertrauten  Freunde",  wie 
Arnold  von  LĂĽbeck  sagt3),  am  19.  Mai  in  Braunschweig 
am  Hofe  des  Weifen  wieder4).  Von  den  Geschäften  des 
Reiches  war  dort  wenig  die  Rede;  nur  Bernhard  von  Sach- 
sen konnte  es  nicht  über  sich  gewinnen,  den  König  zu  einem 
Kriegszug  gegen  Dänemark  aufzufordern5);  denn  durch  Ottos 
Schuld,  durch  sein  fĂĽr  ihn  selbst  demĂĽtigendes  BĂĽndnis 
mit  Waldemar  war  ganz  Holstein  samt  LĂĽbeck  und  Ham- 
burg dänisch  geworden,  und  auch  das  Land  südlich  der 
Elbe  stand  dem  Dänenkönig  offen.  Der  Mahnung  des 
Sachsenherzogs  mögen  noch  mehrere  Fürsten  sich  ange- 
schlossen haben,  vor  allem  natĂĽrlich  die  vertriebenen,  wie 
Adolf  von  Schaumburg;  aber  es  waren  auch  andere  an- 
wesend, deren  Sonderinteressen  dänische^  Gegnerschaft  nicht 
huldigen  konnten,  unter  ihnen  wohl  als  erster  Landgraf  Her- 
mann, dessen  Schwiegersohn  Albrecht  von  OrlamĂĽnde  6)  von 


1)  Ăśber  den  Frankfurter  Tag  siehe  O.  Abel,  Kaiser  Otto  IV. 
und  König  Friedrich  II.  (1208-1212),  Berlin  1856,  S.  15  ff.  Vgl. 
auch  Dobenecker  II,  1373. 

2)  Dobenecker  II,  1404. 

3)  Arn.  Chron.  Slav.  lib.  VII,  cap.  16. 

4)  Vgl.  auch  Dobenecker  II,  1406. 

5)  Vgl.  Winkelmann,  a.  a.  O.  II,  150. 

6)  Er  war  der  Gemahl  der  schon  früher  erwähnten  Hedwig. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  27 

Waldemar  erst  zum  Grafen  von  Holstein  eingesetzt  wor- 
den war. 

König  Otto  ist  nicht  auf  einen  Feldzug  gegen  den 
einstigen  Bundesgenossen  eingegangen ;  ihn  zog  es  nach 
Italien.  Dort  glaubte  er  eine  wichtigere  und  stolzere  Auf- 
gabe verfolgen  zu  mĂĽssen.  Ăśber  die  Bedingungen,  unter 
denen  er  die  Kaiserkrone  erlangen  sollte,  war  er  schon 
vorher  mit  Innocenz  III.  einig  geworden.  Mitte  Juli  brach 
er  mit  einem  gewaltigen  Heere  auf  und  wurde  am  4.  Ok- 
tober in  Born  gekrönt. 

Zu  seinem  Zuge  ĂĽber  die  Alpen  hatte  der  Weife  ge- 
rade die  ihm  ergebensten  Anhänger  entboten.  Vergebens 
aber  suchen  wir  unter  den  Fürsten,  die  ihrem  König  nach 
Italien  folgen,  den  Landgrafen  Hermann ;  in  keiner  der  Ur- 
kunden Ottos,  die  jenseits  der  Alpen  ausgestellt  wurden, 
tritt  er  uns  als  Zeuge  entgegen.  Bald  nach  Pfingsten  muĂź 
in  seiner  Gesinnung  Otto  gegenĂĽber  ein  Wandel  eingetreten 
sein ;  von  Arnold  von  LĂĽbek,  hierin  unserem  genauesten 
Berichterstatter,  wird  er  schon  unter  den  Teilnehmern  an 
den  beiden  letzten  FĂĽrstentagen,  die  Otto  auf  deutschem 
Boden  abhielt,  nicht  mehr  namentlich  genannt. 

Der  Grund  zu  dieser  Entfremdung  zwischen  dem  Land- 
grafen und  Otto  ist  unschwer  zu  finden.  Als  Hermann 
nach  dem  Tode  Philipps  von  Schwaben  als  einer  der  ersten 
Fürsten  sich  für  Otto  erklärte,  hatte  er  vor  allem  —  und 
gewiß  nicht  ohne  Berechtigung  —  die  Herstellung  seines 
früheren  Besitzstandes,  nämlich  die  Landesherrlichkeit  über 
die  drei  ihm  einst  geschenkten  Reichsstädte  erwartet.  Aber 
weder  Nordhausen  noch  Mühlhausen  übertrug  ein  könig- 
licher Spruch  dem  Landgrafen ,  und  Saalfeld ,  das  nach 
Winkelmanns  jedenfalls  zutreffender  Vermutung  bei  Her- 
manns Unterwerfung  1204  von  Philipp  wieder  fĂĽr  das 
Reich  eingezogen  worden  war *),  wurde  von  Otto  an  die 
Grafen  Günther  und  Heinrich  von  Käfernburg,   die  Brüder 


1)  Winkelmann  a.  a.  O.,  I,  325,  und  II,  104,  Anm.  2. 


28     Die  Reichspolitik  Hermanns  I.,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

Albrechts  von  Magdeburg ,  verliehen *â– ).  Sich  in  seiner 
größten  Hoffnung  so  schmählich  getäuscht  zu  sehen,  mußte 
den  Landgrafen    naturgemäß    gegen    den  Weifen    erbittern. 

Hermann  hat  nicht  lange  gezögert,  sich  mit  den  üb- 
rigen Gegnern  Ottos  ins  Einvernehmen  zu  setzen.  Etwa 
im  August  schon  des  Jahres  1210  verschwor  er  sich  mit 
Ottokar  von  Böhmen  sowie  den  Erzbischöfen  Siegfried  von 
Mainz  und  Albrecht  von  Magdeburg  in  einer  Stadt  der 
östlichen  Provinz  gegen  den  Kaiser 2).  Ihre  Absicht,  dem 
Weifen  den  Gehorsam  aufzukĂĽndigen,  mĂĽssen  die  genannten 
FĂĽrsten  bald  darauf  Innocenz  III.  mitgeteilt  haben3);  in 
einem  Antwortschreiben  vom  30.  Oktober  des  Jahres  gibt 
ihnen  dieser  seine  Freude  darĂĽber  kund  und  versichert  sie 
der  päpstlichen  Unterstützung4). 

Um  dieselbe  Zeit  war  Philipp  IL  August  von  Frank- 
reich, der  alte  Feind  der  Weifen,  bemĂĽht,  die  Wahl  des 
jungen  Staufers  Friedrich  anzuregen.  Persönlich  wandte 
er  sich  an  den  unter  ihnen,  der  ihm  am  einfluĂźreichsten 
erschien  und  wohl  auch  allgemein  fĂĽr  das  Haupt  der  Ver- 
schwörung erklärt  wurde 5) ,  an  Landgraf  Hermann.  Er 
gewann  ihn  durch  das  Versprechen,  eine  Tochter  von  ihm 
zur   Königin    von    Frankreich    zu    machen    oder   ihn   durch 


1)  Dobenecker  II,  1366. 

2)  Cron.  Eeinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  578  zu  1211;  Cr.  S.  P. 
Mod.  in  M.  E.  p.  209 ;  weitere  Literatur  siehe  Dobenecker  II,  1464  a. 

3)  Dobenecker  II,  1465. 

4)  Dobenecker  II,  1468. 

5)  Einstimmig  wird  er  in  den  hauptsächlichsten  Quellen  unter 
den  Teilnehmern  aller  gegen  Otto  abgehaltenen  FĂĽrstentage  genannt, 
so:  Chron.  reg.  Col.  p.  232 f.,  Chron.  ĂĽrsp.  p.  92,  Cr.  S.  P.  Mod. 
in  M.  E.  p.  209,  von  Wilhelm  Brito,  dem  Biographen  des  französ. 
Königs,  sogar  an  der  Spitze  der  Gegner  Ottos;  siehe  H.  F.  Dela- 
borde,  Oeuvres  de  Rigord  et  de  Guillaume  le  Breton,  publikes  pour 
la  Societe  de  l'Histoire  de  France,  Paris,  T.  I  (Chroniques  de  Rigord 
et  de  Guillaume  le  Breton)  1882,  abgek.  Wilhelm  Brito  I,  157,  p.  238 : 
recesserunt  ab  eo  landegravius  Thuringie,  et  Moguntinus  archiepisco- 
pus,  et  ...  . 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217;.  29 

eine  Geldsumme  abzufinden,  falls  jene  so  häßlich  wäre,  daß 
sie  ihm  miĂźfiele  1).  Allerdings  solle  Hermann  noch  den  ihm 
freundlich  gesinnten  Papst  zu  bestimmen  suchen,  daĂź  er 
dem  König  endlich  die  Scheidung  von  der  dänischen  Inge- 
borg gewähre  2). 

Über  die  Thronentsetzung  Ottos  IV.  wurde  in  größerem 
Kreise  von  den  Verschworenen  zum  erstenmal  in  Bamberg 
verhandelt,  wo  wir  etwa  im  Juni  1211 3)  Landgraf  Her- 
mann, Erzbischof  Siegfried,  König  Ottokar  und  mehrere 
FĂĽrsten  und  Edle  des  Landes  versammelt  finden.  Dem 
Rate  des  französischen  Königs  folgend,  schlug  man  vor,  an 
Stelle  des  Weifen  König  Friedrich  von  Sizilien  zu  wählen. 
Dieser  Gedanke  fand  aber  nicht  den  Beifall  der  Mehrheit, 
und  so  ging  man  unverrichteter  Sache  auseinander4). 

Von  Landgraf  Hermann  wird  uns  hierbei  berichtet, 
daß  er  —  wir  dürfen  vielleicht  hinzusetzen:  wohl  nur  im 
Interesse  des  französischen  Königs  —  sich  ganz  besonders 
fĂĽr  die  Erhebung  des  staufischen  Friedrich  bemĂĽhte  5). 

Eine  einmĂĽtige  Entscheidung  der  wichtigen  Frage 
brachte  den  Verschworenen  erst  ein  weiterer  FĂĽrstentag, 
der  im  September  zu  NĂĽrnberg  stattfand.  Alle  hier  an- 
wesenden Glieder  der  Opposition,  Landgraf  Hermann,  König 
Ottokar,  die  Herzöge  von  Österreich  und  andere,  erklärten 
öffentlich  den  Kaiser  Otto  IV.  für  einen  Häretiker  und  an 
seiner  Statt  —  und  zwar,  wie  es  scheint,  mit  ausdrücklicher 


1)  Dobenecker  II,  1469. 

2)  Wilhelm  Brito,  a.  a.  O.  I,  157,  p.  238,  Anm.  1.  P.  Scheffer- 
Boichorst  in  Forsch,  z.  Deutsch.  Gesch.  VIII,  533  =  Gesammelte 
Schriften  II,  89;  vgl.  darĂĽber  auch  R.  Davidsohn,  Philipp  IL  August 
von  Frankreich  und  Ingeborg,  Heidelberger  Diss.,  Stuttgart  1888, 
S.  240  f. 

3)  Dobenecker  II,  1486  a. 
A)  Chron.  reg.  Col.p.  232. 

5)  Annales  Wormatienses  breves  1165 — 1296  in  SS.  XVI, 
74 — 79,  p.  75 :  Fridericus  .  .  .,  admodum  puer,  ab  Hermanno  lant- 
gravio  Thuringie  ad  regnum  instituitur. 


30    X>ie  Reichspolitik  Hermanns  I.,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

Berufung  auf  den  ihm  schon  früher  geleisteten  Eid x)  — 
Friedrich,  den  Sohn  Heinrichs  VI.,  fĂĽr  das  kĂĽnftige  Reichs- 
oberhaupt 2). 

Rasch  ging  die  Kunde  von  diesen  Vorgängen  durch 
die  Lande  und  erregte  bei  den  Anhängern  Ottos  nicht  ge- 
ringe Erbitterung.  Pfalzgraf  Heinrich  vereinigte  sich  unver- 
zĂĽglich mit  dem  Herzog  von  Brabant  und  anderen  weifen- 
freundlichen FĂĽrsten  zu  einem  Zuge  gegen  Mainz;  bereits 
um  Michaelis  muĂźte  der  Erzbischof  bei  Landgraf  Hermann 
von  ThĂĽringen  Zuflucht  suchen. 

Aber  auch  der  war  schon  in  arge  Bedrängnis  geraten. 
Auf  die  erste  Nachricht  von  den  hochverräterischen  Um- 
trieben unter  den  FĂĽrsten  hatte  der  sorgliche  Feldherr 
Ottos,  Gunzelin  von  Wolfen büttel,  die  Reichsstädte  Nord- 
hausen und  MĂĽhlhausen  besetzt.  Von  diesen  festen  StĂĽtz- 
punkten, besonders  von  MĂĽhlhausen  aus  machte  er  dann 
von  Zeit  zu  Zeit  verheerende  Einfälle  in  das  Gebiet  Her- 
manns. Noch  gefährlicher  wurde  der  Truchseß  dem  Land- 
grafen dadurch,  daĂź  er  die  thĂĽringischen  Grafen  und  Herren 
mit  klingender  MĂĽnze  auf  seine  Seite  brachte;  zahlreich 
gingen  sie  unter  Vortritt  des  Grafen  Friedrich  von  Beich- 
lingen  3)  zu  ihm  ĂĽber.  Von  neuem  wurde  jetzt  ThĂĽringen 
ein  Opfer  wilder  Verheerung4),  muĂźte  die  wehrlose  Land- 
bevölkerung für  die  Schuld  ihres  Fürsten  büßen.  Gunze- 
lins  Anstalten  zu  einer  Belagerung  WeiĂźensees  blieben  zwar 


1)  Cr.  S.  P.  Mod.  in  M.  E.  p.  209:  Fridericum,  Heinrici  im- 
peratoris  filium,  antea  ab  universitate  electum,  futurum  imperatorem 
declarant;  ibidem  p.  212:  aserentes  Fridericum  regem,  qui  electione 
principum  iam  dudum  vivente  adhuc  patre  declaratus  fuerit,  iure 
praevalere. 

2)  ĂĽobenecker  II,  1488  a. 

3)  „huius  maligne  discessionis  a  principe  ....  auctor  et  in- 
centor",  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  579  und  ebenda  p.  581: 
tocius  mali  incentor. 

4)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  579;  Cron.  S.  P.  Mod. 
in  M.  E.  p.  209 f.;  Sächsische  Weltchronik  a.  a.  O.  cap.  348;  ßraun- 
schw.  Reimchronik  a.  a.  O.  §  60,  Vers  6901  ff. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  31 

ohne  den  gewĂĽnschten  Erfolg,  ja  bei  einem  glĂĽcklichen 
Ăśberfall  (6.  Dezember)  brachte  Hermann  gar  das  Haupt 
der  aufrĂĽhrerischen  Barone,  Friedrich  von  Beichlingen, 
nebst  dem  Grafen  von  Stolberg  in  seine  Gewalt;  aber  im 
ĂĽbrigen  war  dem  Landgrafen  das  KriegsglĂĽck  nicht  gĂĽnstig, 
er  sah  sich  bald  auf  die  Verteidigung  seiner  festen  Plätze 
beschränkt  und  zog  es  vor,  selbst  sichere  Zuflucht  auf  der 
Wartburg  zu  suchen. 

In  Italien  hatte  sich  inzwischen  Otto  IV.  wahrhaft 
kaiserliche  Macht  angemaĂźt:  er  hatte  auf,  SĂĽditalien  ĂĽber- 
gegriffen und  dadurch  die  höchste  Erbitterung  des  Papstes 
hervorgerufen,  der  als  Lehnsherr  und  Vormund  des  jungen 
Friedrich  dessen  Unabhängigkeit  zu  wahren  hatte.  Dem 
Bannstrahl  folgte  sofort  die  Aufforderung  an  die  deutschen 
FĂĽrsten,  vom  Kaiser  abzufallen.  Auf  die  Kunde,  daĂź  dem 
päpstlichen  Geheiß  auch  von  vielen  Seiten  bereitwillig  ent- 
sprochen wurde,  brach  Otto  seinen  Siegeszug  in  Apulien 
rasch  ab  und  kehrte  nach  Deutschland  zurück.  Im  März 
1212  war  er  bereits  in  Frankfurt1).  Den  Kampf  gegen 
seinen  Hauptgegner,  den  Landgrafen  Hermann,  faĂźte  er 
sofort  als  erstes  Ziel  ins  Auge.  Ein  Feldzug  kam  jedoch 
vorläufig  nicht  zustande,  da  es  sich  Otto  zunächst  angelegen 
sein  lieĂź,  die  ihm  treu  gebliebenen  FĂĽrsten  mehr  an  sich 
zu  fesseln,  einzelne  unentschiedenene  durch  Versprechungen 
und  Verträge  vollends  für  sich  zu  gewinnen.  Erst  im  Juli  2) 
erschien  der  Kaiser  von  seinen  Erblanden  her  auf  dem  thĂĽ- 
ringischen Kriegsschauplatze.  Zahlreiche  Bischöfe,  Grafen 
und  Edle  befanden  sich  in  seinem  Heere,  und  während  von 
Norden  und  Osten  die  Markgrafen  Albrecht  von  Branden- 
burg und  Dietrich  von  MeiĂźen  dem  Weifen  auf  Grund  be- 
sonderer Verträge3)  Zuzug  leisteten,  rückten  zugleich  von 
SĂĽden  Schwaben  und  Bayern  gegen  den  rebellischen  Land- 
grafen heran. 


1)  Dobenecker  II,  1500.  1501. 

2)  Ann.  Marbac.  p.  81. 

3)  Siehe  Dobenecker  II,  1512  und  1500. 


32    Die  Reichspolitik:  Hermanns  I.,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

Bereits  im  Frühling  hatte  Hermann  gehört,  daß  der 
Kaiser  in  den  Rheingegenden  ein  gewaltiges  Heer  sammle, 
um  es  gegen  ThĂĽringen  zu  fĂĽhren  1).  Er  war  deshalb  eifrig 
bestrebt,  seine  Städte  und  Burgen  soviel  als  möglich  zu- 
befestigen, ihre  Besatzungen  zu  verstärken.  Die  Verzöge- 
rung, die  der  Feldzug  durch  die  Unterhandlungen  Ottos 
mit  den  FĂĽrsten  erfuhr,  kam  ihm  hierbei  noch  sehr  zu 
statten.  Aber  seine  Lage  war  trotzdem  hoffnungslos.  Als 
die  Feinde  im  Sommer  heranzogen,  sah  er  sich  nur  auf 
seine  eigene  Kraft  angewiesen,  von  den  verbĂĽndeten  FĂĽrsten 
stand  für  ihn  Hilfe  nicht  zu  erwarten :  König  Ottokar  hatte 
MĂĽhe,  sich  im  eigenen  Lande  zu  behaupten,  und  Erzbischof 
Albrecht  von  Magdeburg  wurde  selbst  beständig  von  An- 
griffen der  Kaiserlichen,  besonders  der  Braunschweiger  Be- 
satzung, heimgesucht.  Allein  aber  konnte  der  Landgraf 
nicht  wagen,  dem  übermächtigen  Gegner  im  offenen  Felde 
die  Spitze  zu  bieten,  er  muĂźte  sich  auf  die  Verteidigung 
und  den  kleinen  Krieg  beschränken. 

Mit  einer  bis  dahin  in  Deutschland  noch  nicht  be- 
kannten Belagerungsmaschine,  die  man  Dreibock  nannte  2), 
warf  Otto  die  Mauern  der  landgräflichen  Burgen  nieder. 
Nach  der  Einnahme  von  Rotenburg  (an  der  Fulda)  und 
Langensalza  zog  sich  die  Hauptmacht  der  Kaiserlichen  vor 
der  Feste  WeiĂźensee  zusammen,  an  deren  Mauern  schon 
so  mancher  wuchtige  Ansturm  fruchtlos  zerschellt  war. 
Mit  Hilfe  des  „teuflischen  Instrumentes"  3),  welches  Steine 
von  ganz  gewaltiger  Größe  zu  schleudern  vermochte,  ge- 
dachte Otto  aber  auch  dieses  Platzes  bald  Meister  zu  wer- 


1)  Cr.  S.  P.  Mod.  in  M.  E.  p.  210;  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX, 
1,  p.  579. 

2)  Magdeburger  Schöppenchronik  a.  a.  O.  S.  136:  da  wart  erst 
bekant  den  Dudeschen  dat  werk  Hat  driboc  heitet;  Cron.  Reinhardsbr. 
SS.  XXX,  1,  p.  580:  tribracho  ĂĽlo,  cognomento  tribock,  muris  im- 
minet. 

3)  Cr.  S.  P.  Mod.  in  M.  E.  p.  211:  instaurato  illo  „instru- 
menta diabolico"  inestimande  magnitudinis  saxa  conicit. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  33 

den.  Den  Landgrafen,  diesen  Verräter 1),  meinte  er  in  seiner 
leidenschaftlichen  Weise,  solle  sein  Unternehmen  gereuen; 
der  und  seine  Helfer  wĂĽrden  in  Zukunft  dergleichen  Machi- 
nationen nicht  so  leicht  wieder  wagen  2). 

Doch  anders  sollte  es  kommen,  als  der  Weife  dachte. 
Im  Lager  vor  WeiĂźensee  traf  ihn  ĂĽberraschend  die  Kunde, 
daĂź  der  von  den  Unzufriedenen  im  verflossenen  Jahre  er- 
korene junge  König  von  Sizilien  wirklich  nach  Deutsch- 
land unterwegs  und  schon  bis  Grenua  gelangt  sei.  Und 
spöttelte  auch  Otto  erst  darüber:  „Höret  die  neue  Märe, 
der  Pfaffenkaiser  kommt  und  will  uns  vertreiben"  3),  die 
nahende  Gefahr  entging  seinem  Blicke  nicht.  Ihr  vorzu- 
beugen, heiratete  er,  dem  klugen  Rate  Wolfgers  von  Aqui- 
leja  folgend4),  mitten  im  wilden  Kriegslärm  am  22.  Juli 
zu  Nordhausen 5)  Beatrix  von  Schwaben,  die  jugendliche 
Tochter  König  Philipps.  Aber  der  Stern  des  Weifen  war 
bereits  im  Sinken  begriffen.  Vorderhand  freilich  schien 
•es  noch6),  als  sollte  jetzt  durch  den  bevorstehenden  Fall 
WeiĂźensees  der  thĂĽringische  Peldzug  ein  baldiges  gĂĽnstiges 
Ende  fĂĽr  ihn  finden.  Unter  Vermittlung  des  Markgrafen 
Dietrich    schloß    zu  Anfang  August 7)  die  landgräfliche  Be- 


1)  landgravium  proditorem  nostrutn,  siehe  Brief  an  Wolfger, 
Codex  diplomaticus  Saxoniae  regiae  ed.  0.  Posse  I,  3,  167;  Doben- 
ecker  II,  1511. 

2)  non  tarn  eum  quam  alios  ita  sue  machinationis  fecimus  et 
facieinus  penitere.    Codex  diplomaticus  Saxoniae  regiae  1.  c. 

3)  Magdeburger  Schöppenchronik  a.  a.  0.  S.  137 :  höret  wat 
nier  mere,  der  papenkaiser  komet  und  will  uns  vordriven. 

4)  „Tue  (Wolfgeri)  voluntati  et  consilio  satisfacientes"  schreibt 
Otto  in  dem  schon  erwähnten  Briefe  an  den  Patriarchen. 

5)  Dobenecker  II,  1511. 

6)  Noch  am  30.  Juli,  als  er  Wolfger  ĂĽber  seine  bisherigen  Er- 
folge Nachricht  igab,  hegte  Otto  die  feste  Hoffnung,  Burg  und 
Stadt  Weißensee  in  Kürze  einnehmen  zu  können.  Siehe  Doben- 
ecker II,  1511. 

7)  Dobenecker  II,  1513. 

XXVIII.  3 


34     Die  Reichspolitik  Hermanns  I.,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

satzuĂĽg  mit  Otto  einen  Vertrag,  nach  welchem  sie  die 
Stadt,  zu  deren  Verteidigung  ihre  Kräfte  ohnehin  nicht 
mehr  ausreichten,  freiwillig  räumen  und  sich  in  die  innere 
Burg  zurĂĽckziehen  sollte;  die  Entscheidung  ĂĽber  diese  blieb 
dem  (wahrscheinlich  noch) x)  auf  der  Wartburg  weilenden 
Landgrafen  vorbehalten.  Hei  mann  aber  befahl  den  tapferen 
Kämpfein  auszuharren  ;  er  mag  wohl  auch  schon  von  Fried- 
richs Kommen  gehört  und  deshalb  auf  einen  baldigen  Ab- 
zug gerechnet  haben.  Die  BestĂĽrmung  der  Feste  wurde 
mit  verdoppeltem  Eifer  wieder  aufgenommen,  ihre  Ăśber- 
gabe schien  unzweifelhaft,  da  trat  ein  Ereignis  ein,  das  fĂĽr 
die  Machtstellung  des  Kaisers  von  den  nachteiligsten  Folgen 
war:  am  11.  August  starb  ganz  plötzlich  die  junge  Kaiserin. 
Kaum  wurde  die  Trauerbotschaft  im  Lager  bekannt,  sc 
verlieĂźen  die  Schwaben  heimlich  des  Nachts  mit  Preisgabe 
ihres  Gepäcks  das  Heer  des  wenig  beliebten  2)  Sachsen  und 
wandten  sich  der  Heimat  und  damit  dem  Sprößling  der 
alten,  gewohnten  Herrschelfamilie  zu.  Ihrem  Beispiel 
folgten  die  Bayern 3)  und  viele  andere,  die  während  des 
Feldzuges  an  Kleidern,  Waffen  und  Rossen  Verlust  er- 
litten und  von  Otto  keinen  Ersatz  dafĂĽr  bekommen  hatten4). 
Bald  sah  sich  der  Kaiser  infolge  der  Verminderung  seiner 
Truppen  gezwungen,  die  Belagerung  von  WeiĂźensee  auf- 
zugeben. In  Eilmärschen  strebte  er  jetzt  dem  Süden  zu, 
um  zu  verhindern,  daß  der  neue  Gegenkönig  im  Hei- 
matlande seines  Geschlechtes  festen  FuĂź  faĂźte.  Bereits 
stand  ja  der  blonde  StaufenjĂĽngling  an  den  deutschen  Grenz- 
marken, das  Erbe  seines  Vaters  und  eine  Krone  sich  zu 
erobern. 


1)  Cron.  Eeinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  579. 
1)  Vgl.  G.  Langerfeldt,  Kaiser  Otto  IV.  der  Weife,  Hannover 
1872,  S.  301,  Aura.  236. 

3)  Cr.   S.  P.  Mod.  in  M.  E.  p.  211   nennt  die  Schwaben  und 
Bayern  als  die  zuerst  Heimziehenden. 

4)  Cr.  S.  P.  Mod.  in  M.  E.  p.  211. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  35 

Bereitwillig  der  Einladung  jener  glänzenden  Fürsten- 
versammlung von  NĂĽrnberg  (Ende  Oktober  1211)  ent- 
sprechend, war  der  junge  Friedrich  in  der  zweiten  März- 
woche des  Jahres  1212  von  Messina  aufgebrochen.  Eben 
jetzt,  Anfang  September,  als  Kaiser  Otto  ĂĽber  Erfurt1) 
und  Würzburg 2)  sich  dem  Bodensee  näherte,  stieg  er  von 
den  Alpen  zum  Rhein  hernieder.  Fast  gleichzeitig  langten 
die  beiden  Gegner  bei  Konstanz  an;  aber  der  Staufer  kam 
den  Weifen  zuvor  und  zog  in  die  Stadt  ein.  Wenige  Tage 
später  öffnete  ihm  auch  Basel  die  Tore,  und  am  26.  Sep- 
tember bereits  hielt  hier  der  junge  Prätendent  als  „Ro- 
manorum imperator  electus"  den  ersten  Hoftag  auf  deut- 
schem Boden 3).  Ihm  die  reichen  Hilfsmittel  der  ober- 
rheinischen Tiefebene  abzuschneiden,  hatte  sich  Otto  in- 
dessen in  das  feste  Breisach  geworfen.  Allein  die  Zucht- 
losigkeit  seiner  Söldner  brachte  die  Bürger,  die  ohnehin 
lieber  den  Staufer  in  ihren  Mauern  gesehen  hätten,  bald 
zu  offenem  Aufruhr,  dem  Otto  selbst  nur  mit  MĂĽhe  ent- 
kam4). Unter  dem  Geleit  des  Markgrafen  Hermann  von 
Baden  zog  sich  der  Weife  nordwärts  nach  dem  immer  ge- 
treuen Köln  zurück.  „Das  war",  wie  sein  Zeitgenosse 
Richer,  der  Mönch  von  Sens,  schreibt5),  „der  Anfang  seiner 
Schmerzen ;  denn  nun  ging  ihm  kein  Tag  mehr  hin  ohne 
TrĂĽbsal  und  Kummer,  ohne  Gefahr  fĂĽr  Leib  und  Seele." 
Friedrich  aber  konnte  jetzt  ungehindert  seinen  Weg  ins 
Reich  fortsetzen,  und  während  Otto  in  unbegreiflicher  Un- 

1)  Cr.  S.  P.  Mod.  in  M.  E.  p.  211. 

2)  Dobenecker  II,  1516.  1517. 

3)  Dobenecker  II,  1518. 

4)  Magdeburger  Schöppenchronik  a.  a.  O.  S.  137. 

5)  Riehen  monachi  Gesta  ecclesiae  Senoniensis  bis  1264,  SS. 
XXV,  249 — 345,  p.  293:  haec  fuerunt  initia  dolorum  suorum,  quia 
quamdiu  vixit  nunquam  una  die  sine  dolore  et  erumpna  et  periculo 
corporis  et  anime  permansit.  Siehe  auch  F.  Schirrmaeher,  Kaiser 
Friedrich  IL  und  die  letzten  Hohenstaufen,  I.  Teil,  Berlin  1874, 
S.  17,  und  F.  Zurbonsen,  Friedrich  IL  Einzug  ins  Keich  1212,  Pro- 
gramm, Arnsberg  1886,  S.  X. 

3* 


36    Die  Reichspolitik:  Hermanns  I.,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

tätigkeit    die  Dinge   ihren  Lauf    nehmen   ließ,    mehrte  sich 
des  Staufers  Anhang  von  Tag  zu  Tag. 

Am  30.  November  finden  wir  auf  einem  Hoftage  zu 
Mainz x)  zahlreich  die  GroĂźen  des  Reiches  um  Friedrich 
versammelt.  Auch  Landgraf  Hermann  wird  unter  den  dort 
Anwesenden  genannt  und  sicher  berechtigt;  ist  er  doch 
anfangs  Dezember  in  der  Umgebung  des  Staufers  zu  Speyer 
urkundlich  nachweisbar 2).  Für  den  5.  Dezember  war  näm- 
lich ein  allgemeiner  Wahltag  der  staufischen  Partei  in 
Frankfurt  vereinbart  worden,  da  durfte  Hermann,  die  Seele 
der  Opposition,  nicht  fehlen.  Wie  wir  hören,  wurde  denn 
auch  er  gerade,  den  im  Sommer  Ottos  Ăśbermacht  noch 
beinahe  erdrückt  hätte,  mit  besonderen  Ehren  in  die  Stadt 
eingeholt3).  In  Gegenwart  der  päpstlichen  und  französi- 
schen Gesandten  wählten  die  Fürsten  Friedrich  zum  römi- 
schen König,  indem  sie  sich  zugleich  verpflichteten,  nie- 
mals Otto  wieder  anzuerkennen,  selbst  wenn  Friedrich  vor 
ihm  ins  Grab  sinke ;  die  feierliche  Krönung  fand,  wie  einst 
vor  14  Jahren  bei  seinem  Oheim  Philipp,  am  folgenden 
Sonntag,  dem  9.  Dezember,  in  Mainz  statt,  da  Aachen,  die 
alte  Krönungsstadt,  noch  von  Ottos  Truppen  besetzt  war. 
Wie  schon  auf  den  frĂĽheren  Hoftagen,  so  verteilte  Fried- 
rich in  Frankfurt  wieder  in  freigebigster  Weise  die  von 
Frankreich  erhaltenen  beträchtlichen  Unterstützungsgelder 
unter  die  FĂĽrsten4).  Ob  Landgraf  Hermann  damals  von 
Friedrich  in  Anerkennung  der  ihm  geleisteten  Dienste  auĂźer- 
dem noch  anderweitig  bedacht  worden  ist,  wissen  wir  nicht  5). 


1)  Siehe  darĂĽber  Zurbonsen  a.  a.  0.  S.  XVI. 

2)  Dobenecker  II,  1521.  1522. 

3)  Cron.  Ăźeinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  581 :  a  rege  cum  500  ferme 
militibus  gratissimo  occursu  gloriose  receptus  est ;  Cr.  S.  P.  Mod. 
in  M.  E.  p.  212:  landgravius  gralanter  receptus  est. 

4)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  591. 

5)  Den  Irrtum  Knochenhauers  a.  a.  O.  S.  280  betreffs  Nord- 
hausen hat  schon  Winkelmann  a.  a.  O.  S.  333  Anm.  2  berichtigt. 
Vgl.  auch  Winkelmann,  a.  a.  O.  II,  444. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  37 

Wiederholt  finden  wir  den  Landgrafen  in  den  folgenden 
Jahren  in  der  Umgebung  des  Königs *).  Er  gehört  auch 
zu  den  ReichsfĂĽrsten,  mit  deren  Zustimmung  Friedrich  II. 
am  12.  Juli  dem  Papste  durch  die  goldene  Bulle  von  Eger 
alle  früheren  Zugeständnisse  bestätigte.  Auf  den  Herbst 
sollte  dann  ein  Hoftag  in  Merseburg  stattfinden.  Wahr- 
scheinlich war  dabei  auch  zugleich  Reichsheerfahrt  anbe- 
raumt worden;  denn  dort  lagen  ja  gerade  die  Gebiete,  die 
zur  Zeit  von  der  Hand  Ottos  IV.  schwer  zu  leiden  hatten. 
Nach  furchtbaren  Verheerungen  der  Diözese  Magdeburg 
griff  dieser  in  der  Mitte  des  August  Halle  an.  Als  er 
hier  abgeschlagen  wurde,  verwĂĽstete  er  das  flache  Land 
um  die  bischöflichen  Residenzen  Zeitz  und  Naumburg  her- 
um und  wandte  sich  dann  weiter  nach  dem  angrenzenden 
ThĂĽringen,  das  er  gleichfalls  sengend  und  brennend  heim- 
suchte 2). 

Endlich,  im  Oktober,  erschien  auch  Friedrich  im  Felde, 
und  es  schien  nun  hier  die  Entscheidung  zwischen  den 
beiden  Kämpfern  um  die  deutsche  Krone  unmittelbar  be- 
vorzustehen. Im  dem  königlichen  Heere,  dessen  Stärke 
sich  auf  60000  Mann  belaufen  haben  soll3),  befanden  sich 
Landgraf  Hermann  von  ThĂĽringen,  Herzog  Ottokar  von 
Böhmen,  Erzbischof  Albrecht  von  Magdeburg  und  Bischof 
Engelhard  von  Naumburg.  Dieser  Ăśbermacht  vermochte 
der  Weife  nicht  die  Spitze  zu  bieten;  ohne  sich  in  ein 
Treffen  einzulassen,  zog  er  sich  in  seine  feste  Hauptstadt 
Braunschweig  zurĂĽck.  Ihm  nach  drang  das  staufische  Heer 
weiter  nach  Sachsen  vor  und  suchte  Quedlinburg  einzu- 
nehmen. Die  Jahreszeit  und  der  Mangel  an  Zufuhr  zwangen 
jedoch    die    FĂĽrsten    bald    zur   Aufhebung    der  Belagerung, 


1)  So  in  Eegensburg,  Dobenecker  II,  1536—1539;  in   Nürn- 
berg, Dobenecker  II,  1540;  in  Eger,  Dobenecker  II,  1556.  1557. 

2)  Magdeburger  Schöppenchronik  a.  a.  O.  S.  140  (irrig  zu  1214): 
dar  na  brande   he  vor  Citz  vor  Nuwenborch  und  toch  to  Doringen. 

3)  Siehe  Winkelmann,  a.  a.  O.  II,  347. 


38    Die  Reichspolitik  Hermanus  I.,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

und  so  blieb  dieser  Herbstfeldzug  eigentlich  ohne  jedes  Er- 
gebnis. Ein  Erfolg  bestand  nur  darin,  daĂź  jetzt  Markgraf 
Dietrich  von  MeiĂźen,  eingeschĂĽchtert  durch  die  gewaltige 
staufisch-böhmische  Heeresmacht,  wohl  auch  beeinflußt  durch 
seinen  Schwiegervater  Hermann,  die  Partei  des  Kaisers  ver- 
ließ und  zum  G-egenkönige  übertrat 1). 

Die  Entscheidung  des  deutschen  Thronstreites  fiel  auĂźer- 
halb des  Reiches.  Während  Friedrich  in  raschem  Sieges- 
lauf die  niederrheinischen  FĂĽrsten  zu  seiner  Anerkennung 
zwang,  zersprengte  am  27.  Juli  1214  der  französische  König 
Philipp  II.  August  durch  die  Schlacht  bei  Bouvines  das 
englisch-welfische  BĂĽndnis  unter  FĂĽhrung  Kaiser  Ottos  und 
warf  diesen  selbst  damit  zu  vollständiger  Ohnmacht  darnieder. 

Landgraf  Hermann  hat  sich  inzwischen  eifrig  den  An- 
gelegenheiten seines  Landes  gewidmet.  In  den  Zeugen- 
listen der  Urkunden  des  Staufers  fehlt  er  seit  Juni  1214; 
denn  territoriale  Fehden  hielten  ihn  in  ThĂĽringen  zurĂĽck. 
Graf  Hermann  von  OrlamĂĽnde  war  ganz  unerwartet  in 
seines  abwesenden  Bruders  Albrecht  Besitzungen  eingefallen 
jedenfalls  in  der  Absicht,  das  brĂĽderliche  Erbe  an  sich  zu 
reiĂźen.  Das  Eigentum  seines  Schwiegersohnes  zu  schĂĽtzen, 
sammelte  Landgraf  Hermann  ein  Heer  und  belagerte  Wei- 
mar. Bei  einem  Ausfall  der  Belagerten  gelang  es  ihm,  den 
Urheber,  Graf  Hermann  von  OrlamĂĽnde,  samt  dem  Burg- 
grafen von  Kirchberg  gefangen  zu  nehmen.  Schon  nach 
kurzer  Zeit  entfloh  jedoch  der  Graf  wieder  aus  seiner  Haft 2). 

Als  die  Kunde  von  diesem  Streit  an  den  Rhein  gelangte, 
eilte  Friedrich  IL,  der  anfangs  Januar  ein  BĂĽndnis  mit  dem 
König  von  Dänemark  geschlossen  hatte,  so  schnell  wie  mög- 
lich nach  ThĂĽringen.  Die  dortige  Fehde  erschien  ihm  der 
mit  Waldemar,  dem  Lehnsherrn  Albrechts  von  OrlamĂĽnde, 


1)  Magdeburger  Schöppenchronik  a.  a.  O.  S.  140:  He  schaffede 
do  nicht  mer,  wente  de  markgreve  van  Missen  om  hulde  swor  und 
entsede  Otten. 

2)  Cron.  Eeinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  587. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  39 

getroffenen  Vereinbarungen  halber  wichtig  genug,  sich  selbst 
an  Ort  und  Stelle  zu  begeben.  Landgraf  Hermann  kam 
ihm  nach  Gelnhausen  entgegen1).  Ăśber  Erfurt2)  begaben 
sie  sich  dann  zusammen  nach  Naumburg3),  wo  wir  auch 
Hermann  von  Orlamiinde  anwesend  finden.  Hier  wurden 
wohl  unter  Vermittlang  des  Königs  die  Streitigkeiten  der 
beiden  FĂĽrsten  gĂĽtlich  beigelegt.  Mehrere  Wochen  ver- 
weilte Friedrich  II.  in  ThĂĽringen  und  Sachsen,  und  wieder- 
holt treffen  wir  Landgraf  Hermann  bei  ihm4).  Anfangs 
März  erst  zog  der  König  über  Eger,  wohin  ihn  Hermann 
begleitete  5),  nach  NĂĽrnberg6)  und  von  da  weiter  dem  Rheine 
zu.  Bald  darauf  wurden  hier  die  letzten  Anhänger  der  wei- 
fischen Partei  niedergezwungen ,  und  am  25.  Juli  1215 
konnte  sich  der  Staufer  in  Aachen  krönen  lassen. 

Im  Januar  und  Oktober  1216  finden  wir  Landgraf  Her- 
mann wieder  unter  den  Zeugen  einiger  Urkunden  Friedrichs  II. 
in  Gelnhausen  und  Altenburg7).  Was  ihn  zu  Hofe  gefĂĽhrt 
hat,  wissen  wir  nicht.  Jedenfalls  haben  territoriale  Streitig- 
keiten ihn  bis  kurz  vor  seinem  Tode  in  ThĂĽringen  festge- 
halten.   Wegen  seiner  Eingriffe  in  Mainz  traf  ihn  der  Bann  s). 

Über  Hermanns  letzten  politischen  Plänen  liegt  tiefes 
Dunkel.  Wohl  hören  wir  von  Versuchen,  die  der  gedemütigte 
Weife  machte,  seine  alten  Anhänger 9),  auch  Landgraf  Her- 
mann, auf  seine  Seite  zu  ziehen.    Die  Chronik  von  St.  Peter 


1)  Dobenecker  II,  1607. 

2)  Dobenecker  II,  1608. 

3)  Dobenecker  II,  1610. 

4)  Dobenecker  II,  1612.  1613—1615. 

5)  Dobenecker  II,  1616. 

6)  Dobenecker  II,  1618. 

7)  Dobenecker  II,  1666.  1695.  1696. 

8)  Cron.  Reinhardsbr.  SS.  XXX,  1,  p.  591. 

9)  Hermann  wird  nicht  der  einzige  FĂĽrst  gewesen  sein,  dem 
der  Kaiser  Anerbietungen  gemacht  hat.;;  Es  ist  wenigstens  immerhiu 
ein  eigentĂĽmliches  Zusammentreffen,  wenn  uns  Rein.  Leod.  p.  675 
berichtet  wird,  daĂź  gegen  Ende  1216  Zwistigkeiten  des  Herzogs  von 
Bavern  und  des  Markgrafen  v.  Meißen  mit  dem  Könige  ausgebrochen 


40    Die  Reichspolitik  Hermanns  L,  Landgrafen  von  ThĂĽringen 

in  Erfurt  spricht  geradezu  von  einem  beabsichtigten  Partei- 
wechsel des  Landgrafen  *),  aber  wir  besitzen  nicht  die  Mittel, 
die  Richtigkeit  dieser  Angabe  zu  prĂĽfen,  welche  den  von  un- 
heilbarer GemĂĽtskrankheit  heimgesuchten  FĂĽrsten  fast  im 
Angesichte  des  Todes  noch  auf  Verrat  sinnen  läßt  und  auf 
Verrat  an  dem  Könige,  dem  er  selbst  größere  Opfer  ge- 
bracht hatte  als  irgend  ein  anderer.  Freilich,  waren  ihm 
diese  von  Friedrich  IL  entsprechend  belohnt  worden?  Den 
heiß  ersehnten  Besitz  der  Reichsstädte  hat  er  jedenfalls 
nicht  erlangt.  Mit  Hermanns  Charakter  wäre  es  wohl  ver- 
einbar, daĂź  er  nun  wieder  seinen  Vorteil  auf  der  anderen 
Seite  gesucht  hätte,  nicht  jedoch  mit  seiner  staatsmänniscben 
Klugheit.  Wir  können  nur  vermuten,  daß  er  durch  ein 
scheinbares  Eingehen  auf  Ottos  Pläne  seine  Geltung  bei 
König  Friedrich  neu  hat  befestigen  wollen.  Sein  Tod 
machte  die  Hoffnungen  zu  nichte,  die  der  Weife  auf  seine 
Begehrlichkeit  gesetzt  haben  mochte.  Hermann  starb  am 
25.  April  1217  2)  zu  Gotha  umnachteten  Geistes3). 


Wechselvoll  wie  seine  letzten  Pläne  gestaltet  sich  dem 
rĂĽckblickenden  Auge  die  ganze  Reichspolitik  Landgraf  Her- 
manns. Den  SchlĂĽssel  zu  ihrer  WĂĽrdigung  bietet  uns  seine 
Stellung  als  LandesfĂĽrst  inmitten  eines  an  Leidenschaften 
reichen  Zeitalters,  in  einer  Zeit,  da  wir  allenthalben  in 
Deutschland,  begünstigt  durch  die  Wirren  und  Kämpfe  um 


seien ;   denn  Herzog  Ludwig  war  der  Schwager,  Markgraf  Dietrich 
der  Schwiegersohn  Hermanns. 

1)  Cr.  S.  P.  Mod.  in  M.  E.  p.  214;  vgl.  auch  Cron.  Keinhardsbr. 
SS.  XXX,  1,  p.  587. 

2)  Dobenecker  II,  1672.  Vgl.  auch  E.  Wagner,  Die  Reichs- 
politik Ludwig.  IV.,  Diss.  Jena  1908,  Teil  I,  S.  16,  Anm.  1. 

3)  Dobenecker  II,  1672:  Offenbar  ist  Hermann  zuletzt  regie- 
rungsunfähig gewesen.  Siehe  auch  K.  Wenck,  Die  heilige  Elisabeth 
und  Papst  Gregor  IX.,  Separatabdruck  aus  Jahrg.  5,  November- 
heft 1907  von  Hochland,  Monatsschrift  fĂĽr  alle  Gebiete  des  Wissens, 
der  Literatur  und  Kunst,  hrsg.  von  Karl  Muth,  S.  9. 


und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190—1217).  41 

den  Thron ,  die  Selbständigkeit  und  Unabhängigkeit  der 
territorialen  Gewalten  sich  ausgestalten  sehen. 

Als  alleiniger  Erbe  seines  Bruders  Ludwig  III.  vereinigte 
Landgraf  Hermann  ein  Gebiet  in  seiner  Hand,  mit  dessen  Größe 
und  Reichtum  sich  im  römischen  Reiche  deutscher  Nation 
nur  wenige  FĂĽrstentĂĽmer  vergleichen  konnten.  Der  poli- 
tische EinfluĂź,  den  ihm  die  Rechte  des  Landgrafentums  wie 
die  hohe  Gerichtsbarkeit  und  der  Königsbann  *)  sicherten, 
wurde  nicht  wenig  erhöht  durch  sein  schon  früher  erlangtes 
pfalzgräfliches  Amt  über  Sachsen,  das  ihm  neben  der  Ver- 
waltung der  hier  gelegenen  ReichsgĂĽter  auch  verschiedene 
richterliche  Befugnisse  in  die  Hand  gab. 

Diese  hohe  territoriale  Machtstellung  noch  zu  erweitern, 
war  Hermanns  Augenmerk  auf  die  Erwerbung  der  drei  in 
Thüringen  gelegenen  Reichsstädte  Nordhausen,  Mühlhausen 
und  Saalfeld,  gerichtet.  Wiederholt  wurde  ihm  auch  deren 
Besitz  sowohl  von  Otto  als  auch  von  Philipp  zugesprochen ; 
aber  der  jähe  Wechsel  der  reichsgeschichtlichen  Entwicke- 
lung,  der  während  des  langen  Thronstreites  bald  dem 
Staufer,  bald  dem  Weifen  den  Sieg  gewährte,  sein  eigener 
treuloser  Charakter  und  nicht  zum  mindesten  sein  starkes 
Streben,  sich  eine  selbständige  Stellung  zwischen  den  beiden 
groĂźen  Dynastien  im  Reiche  zu  erringen,  haben  ihm  das 
schon  Gewonnene  wieder  entrissen.  Immer  ist  ja  Hermann 
vor  allem  auf  das  Gleichgewicht  der  beiden  um  den  Vor- 
rang streitenden  Reichsgewalten  bedacht  gewesen.  Nur 
hierin  haben  wir  den  Grund  zu  suchen,  wenn  er,  scheinbar 
aller  politischen  Berechnung  Hohn  sprechend,  kurz  vor  dem 
Tode  Philipps  von  Schwaben  noch  einmal  beabsichtigt,  zu 
dem  fast  niedergeworfenen  Otto  ĂĽberzugehen. 

Alle  diese  Bestrebungen  suchte  Landgraf  Hermann  zu 


1)  O.  Dobenecker,  Ăśber  Ursprung  und  Bedeutung  der  ThĂĽ- 
ringischen Landgraf sehaft ,  Vortrag,  gehalten  auf  der  Generalver- 
sammlung des  Vereins  fĂĽr  ThĂĽringische  Geschichte  und  Altertums- 
kunde am  15.  Juni  1890  zu  Arnstadt.  Zeitschr.  f.  ThĂĽr.  Gesch.  u. 
Altertumsk.  XV,  N.  F.  (1891)  VU,  S.  325. 


42  Die  Reichspolitik:  Hermanas  I.  etc. 

fördern  durch  gute  Stellung  mit  dem  Papst,  ohne  daß  aber 
von  tieferer  Religiosität  an  ihm  etwas  zu  merken  wäre1); 
im  Gegenteil,  skrupellos  achtet  er  keines  Treueides,  nur 
seine  eigene  Machtstellung  ist  ihm  Antrieb  zu  seinem  Wir- 
ken, wie  denn  der  Dichter  des  Liedes  vom  Wartburgkrieg 
so  charakteristisch  ihn  schildert  ~2) : 

Ist  danne  der  kunic  zue  kurz  ze  lanc 

das  er  dem  riche  und  ouch  der  vverlte  niht  schaffet 
froeiden  vil 

Der  Duringe  herre  nimt  es  im  sunder  danc 

Und  sezet  svven  er  will. 
Ihm  deshalb  einen  Vorwurf  zu  machen ,  hieĂźe  den 
Geist  der  Zeit  verkennen,  die  Moral  in  die  politische  WĂĽr- 
digung hineintragen.  Seine  Bedeutung  in  der  Geschichte  des 
Reiches  liegt  eben  darin,  daĂź  er  in  bewuĂźtem  Streben  ver- 
suchte, die  landesfürstliche  Gewalt  in  Unabhängigkeit  von  der 
Reichsoberhoheit  zu  behaupten,  wie  es  seit  der  Wende  des 
12.  und  13.  Jahrhunderts  Reichs-  und  Landesgeschichte 
kennzeichnet. 

Leider  lieĂź  den  Landgrafen  bei  der  Verfolgung  dieses 
Hauptzieles  sein  ehrgeiziger  Charakter  nur  allzuwenig  an 
sein  Volk  denken.  Wiederholt  wurde  es  durch  die  Schuld 
seines  Fürsten  stark  geschwächt.  Wird  man  dies  berück- 
sichtigen, so  dürfte  auf  die  Frage:  Was  hat  Hermann  wäh- 
rend seiner  Regierungszeit  von  1190 — 1217  eigentlich  er- 
reicht? —  die  Antwort  wenig  befriedigend  lauten.  Dann 
können  wir  seine  Handlungsweise  wohl  verstehen,  aber  nicht 
billigen,  vielleicht  entschuldigen,  niemals  rechtfertigen. 


1)  Siehe  darĂĽber  K.  Weuck,  Die  heilige  Elisabeth,  Sonder- 
abrlruck  aus:  Die  Wartburg, «  ein  Denkmal  Deutscher  Geschichte 
und  Kunst,  dem  Deutscheu  Volke  gewidmet  von  GroĂźherzog  Carl 
Alexander  von  Sachsen,  Berlin  1907,  S.  185  ff. 

2)  R.  Manesse,  Sammlung  von  Minnesingern,  II.  Teil  (Klingesor 
von  Ungerlant),  ZĂĽrich  1759,  S.  2. 


II. 

Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen,  Hochmeister  des 

deutschen  Ordens  (f  1240). 

Von 

Dr.  E.  Caemmerer  aus  Arnstadt 

(SchluĂź.) 

Konrads  Eintritt  in  den  deutschen  Orden  *)  bedeutet 
zugleich  eine  weitere  Stufe  auf  dem  Wege  zur  Vollendung 
der  Heiligsprechung  Elisabeths.  Der  Orden  nahm  sich 
jetzt  dieser  Aufgabe  mit  vollem  Eifer  an  und  löste  sie 
glänzend  unter  Konrads  Leitung,  der  sich  seit  seiner  Ein- 
kleidung erst  recht  an  ihre  AusfĂĽhrung  gebunden  erachten 
mochte. 

Schon  am  11.  Oktober  1234  erteilte  Papst  Gregor  dem 
Bischof  Konrad  von  Hildesheim  und  zwei  Ă„bten  der  Mainzer 
Diözese  den  Auftrag  zur  Einsendung  der  Berichte  über  die 
von  Erzbischof  Sigfrid  und  Magister  Konrad  Anfang  1233 
angestellte  Wunderuntersuchung  2).  Zu  diesem  Zwecke  hatte 
er  schon  vorher  die  durch  Konrad  von  Marburg  ihm  im 
FrĂĽhjahr    1233    ĂĽbersandte    Abschrift    der    Protokolle    der 


1)  Ergänzend  zu  Z.  Thür.  G.  N.  F.  XIX,  393  f.  verweise  ich 
fĂĽr  die  BegrĂĽndung  desselben  noch  auf  eine  Stelle  im  Sermo  de 
translacione  beate  Elyzabeth,  neu  hrg.  v.  A.  Huyskens  in:  Des 
Cäsarius  v.  Heisterbach  Schriften  über  d.  heil.  Elis.  v.  Thüringen, 
in:  Annalen  d.  histor.  Vereins  f.  d.. Niederrhein,  Heft  86,  Köln  1908, 
S.  54.  Abgesehen  von  dem  damals  so  erregten  asketisch-religiösen 
Zeitgeist  im  allgemeinen  wird  allerdings,  soweit  es  den  EinfluĂź  reli- 
giöser Vorbilder  angeht,  tatsächlich  nur  von  dem  Konrads  v.  Mar- 
burg und  dem  hier  wieder  bestätigten  Elisabeths  die  Rede  sein 
können;  der  Anteil  der  Brüder  Konrads,  bes.  Ludwigs,  an  diesem 
Schritte  dürfte  von  Cäsarius  mindestens  weit  überschätzt  sein. 

2)  Dobenecker  458  mit  vollständiger  Quellenangabe. 


44  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

Wunderuntersuchung  samt  dem  Briefe  Konrads  ĂĽber  Elisa- 
beths Leben  und  Hinscheiden  durch  Hermann  von  Salza 
zurĂĽcksenden  lassen 1).  Letzterer  hatte  ihm  wohl,  da  es 
fĂĽr  die  Vornahme  der  Heiligsprechung,  wie  wir  erfahren, 
besonders  auf  das  Leben,  weniger  auf  die  Wunder  an- 
kam 2),  nicht  genĂĽgt.  Denn  auch  der  Auftrag,  die  Zeugen 
über  Elisabeths  Leben  ausführlich  zu  verhören,  muß  damals 
zur  gleichen  Zeit  ergangen  sein  3).  Da  die  frĂĽheren  Akten 
unzureichend  erschienen,  wurden  die  Zeugen  der  Wunder 
Elisabeths  und  ihre  Hofdamen  und  Dienerinnen  als  Zeugen 
fĂĽr  ihren  Lebenswandel  im  Januar  1235  von  der  damit 
beauftragten  Kommission  zu  Marburg  verhört4). 

An  der  Spitze  der  feierlichen  Gesandtschaft,  welche 
die  fertiggestellten  Protokolle  darauf  nach  Perugia  ĂĽber- 
brachte, stand  neben  dem  Abt  von  Buch  und  dem  WĂĽrz- 
burger Kanonikus,  Magister  Salomon :  Bruder  Konrad  von 
Thüringen.  Der  Papst  hielt  die  Berichte  nach  sorgfältiger 
PrĂĽfung  fĂĽr  ausreichend  zur  Vornahme  der  Heiligsprechung. 
Am  27.  Mai  1235  fand  die  feierliche  Handlung  statt,  bei 
der  Konrad  wieder  in  hervorragender  Weise  beteiligt  ist5). 
Er,    der    sich    durch    den  Eifer  und    die  Begeisterung,    mit 


1)  Dies  geht  aus  dem  Wunderberichte  vom  Januar  1235  her- 
vor; Huyskens,  Quellenstudien,  S.  263. 

2)  Vgl.  den  Processus  et  ordo  canonizationis  beate  Elyzabet 
bei  Huyskens  S.  140  ff.,  dazu  20  ff.  75  ff.  Die  betreffende  Stelle  bei 
Huyskens  S.  146,  Anm.  16.  Der  Processus  et  ordo  ist  auch  fĂĽr 
die  folgende  Darstellung  die  Hauptquelle.  Er  rĂĽhrt  ohne  Zweifel 
von  einem  Augenzeugen  her.  Vgl.  Börner,  Quellenkritik,  Neues 
Archiv  XIII,  446,  u.  Huyskens  S.29f.  77. 

3)  Vgl.  Huyskens  S.  45  f.,  88.  Übrigens  weist  auch  Cäsarius 
auf  einen  solchen  Auftrag  hin;  Börner,  Neues  Archiv  XIII,  5051 

4)  Vgl.  den  neu  aufgefundenen  Bericht  ĂĽber  Elisabeths  Leben 
u.  Tod  bei  Huyskens  S.  110  ff.,  dazu  17  ff.  41  ff.  und  den  ebenfalls 
neu  aufgefundenen  Wunderberieht  vom  Januar  1235,  ebenda  S.  242  ff. 

5)  Vgl.  ĂĽber  die  Kanonisation  neben  dem  Processus  et  ordo 
auch  Sigfrid  von  Ballhausen:  M.  G.  SS.  XXV,  702,  Theod.  v.  Apolda, 
Bch.  8,  Kp.  9,  Dobenecker  524;   ĂĽber  den  Wert  von  Dietrichs  Vita 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  45 

der  er  sich  dieser  kirchlichen  Feier  hingab,  aller  Zuneigung 
erworben,  sucht  mit  den  reichen  Mitteln  seines  Ordens  zu 
einer  möglichst  glänzenden  Gestaltung  des  Festes  beizu- 
tragen. Mit  einer  groĂźen  Anzahl  der  angesehensten  Kirchen- 
fürsten, Bischöfen,  Äbten,  Ordensbrüdern  —  besonders  der 
deutsche  Orden  wird  stark  beteiligt  gewesen  sein  —  unter 
dem  Beifall  einer  unermeĂźlichen  Volksmenge  fĂĽhrt  Papst 
Gregor  die  Prozession  nach  der  Kirche  des  Dominikaner- 
klosters. Bruder  Konrad  reicht  ihm  und  den  andern  Geist- 
lichen groĂźe  Leuchter,  an  das  Volk  verteilt  er  Wachskerzen. 
Nachdem  der  andächtig  lauschenden  Menge  von  einem  Kar- 
dinaldiakon ĂĽber  Elisabeths  Leben  und  Wunderkraft  be- 
richtet war,  wird  sie  in  die  Zahl  der  Heiligen  aufgenommen. 
Auch  durch  auĂźerordentliche  Freigebigkeit,  durch  Verteilung 
reicher  Nahrungsmittel,  sorgte  Konrad  von  ThĂĽringen  da- 
fĂĽr, diesen  27.  Mai  zu  einem  Freudentage  auch  fĂĽr  die 
Armen  zu  gestalten.  Er  lud  selbst  an  300  fromme  Männer 
zu  Tische  und  speiste  sie. 

Bedeutsamer  als  diese  ausfĂĽhrlichen  Schilderungen  des 
so  prunkvoll  gefeierten  Tages  erscheint  uns  das  ĂĽberaus 
freundschaftliche  Verhältnis,  in  das  Konrad  durch  solche 
Beweise  kirchlicher  Frömmigkeit  jetzt  zu  Gregor  trat.  Deut- 
liche Zeugnisse  sprechen  für  die  Innigkeit  dieses  Verhält- 
nisses. Der  heilige  Vater  lud  ihn,  um  ihn  besonders  aus- 
zuzeichnen, als  Gast  an  seinen  Tisch,  gewährte  ihm  Woh- 
nung am  päpstlichen  Hofe  und  erfüllte  bereitwillig  die  von 
Konrad  ihm  vorgetragenen  Bitten  der  in  päpstlichem  Dienste 
stehenden  Armen.  Damals  sah  Gregor,  mit  welcher  Be- 
geisterung die  neuen  in  Elisabeth  verkörperten  Ideen  von 
freiwilliger  Entsagung  den  jungen  Ordensritter  erfĂĽllten.  Denn 


besonders  Börner  S.  472  ff.  u.  Huyskeus  S.  7  ff.  Über  Konrads  Be- 
tätigung vgl.  auch  Variae  lectiones  et  supplementa  zu  Theod.  v.  Apolda 
bei  Mencken ,  Script,  rer.  German.  II ,  2005  A.  —  Die  Hist. 
Pistoriana  Kp.  45,  S.  1325,  die  Hist.  Eccardiana  S.  423  f.  u.  a.  machen 
zwischen  Konrads  Reisen  von  1234  und  1235  keine  strenge  Scheidung. 
Dies  tut  auch  Posse,  Thür.  Sagen,  Hist.  Z.  XXXI,  öl  nicht. 


46  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

nichts  läßt  uns  einen  deutlicheren  Einblick  in  Konrads  Ge- 
sinnung tun  als  jener  ausfĂĽhrliche  Bericht  des  Augenzeugen. 

Auch  an  den  der  Heiligsprechung  folgenden  Tagen  wid- 
mete sich  Gregor  den  Angelegenheiten  des  deutschen  Ordens 
und  des  ludowingischen  Hauses.  Am  1.  und  4.  Juni  erlieĂź 
er  die  Elisabeths  Kanonisation  verkündende  Bulle  „Glori- 
osus  in  majestate"  und  erteilte  den  Besuchern  des  Mar- 
burger Grabes  einen  abermaligen  reichen  AblaĂź 1).  Sicher 
auf  Konrads  Ersuchen  hin  erteilte  er  zu  gleicher  Zeit,  am 
4.  Juni,  der  groĂźen  Schenkung  der  Landgrafen  an  den 
deutschen  Orden  seine  päpstliche  Bestätigung2).  So  er- 
reichten die  Beziehungen  Gregors  zum  Ordensritter  Konrad 
von  Thüringen  in  jenen  Tagen  einen  Höhepunkt,  der  jeg- 
lichen Umschwung  auszuschlieĂźen  schien. 

Die  Verherrlichung  Elisabeths  und  ihres  Werkes  ist 
auch  nach  Konrads  Rückkehr  von  Perugia  zunächst  noch 
sein  vornehmstes  Ziel  gewesen.  Am  14.  August  1235  fand 
in  Marburg  die  Grundsteinlegung  zur  Elisabethkirche  statt, 
als  deren  GrĂĽnder  Konrad  allgemein  angesehen  wird 3). 
Er  hat  sie  ohne  Zweifel  geleitet,  wenn  auch  erst  spätere 
Chronisten  ausdrĂĽcklich  seine  Teilnahme  bezeugen4). 


1)  Dobenecker  532.  533;  Processus  et  ordo  bei  Huyskens  S.  146; 
vgl.  den  AblaĂź  vom  30.  Mai,  Dobenecker  526. 

2)  Dobenecker  534. 

3)  Ann.  breves  domus  ordinis  Theuton.  Marburg.:  M.  G.  SS. 
XXX,  5.  Diese  Nachricht  braucht  mit  Gregors  Bulle  vom  30.  Mai 
1235  (Dobenecker  526),  die  bereits  den  Anfang  des  Kirchbaues  be- 
richtet, nicht,  wie  es  scheinen  könnte,  im  Widerspruche  zu  stehen. 
—  Daß  Konrad  als  Gründer  der  Kirche  gilt,  beweist  auch  die  In- 
schrift an  dem  Elisabeths  Auferweckung  darstellenden  Relief  an  der 
Tumba  Elisabeths;  vgl.  F.  Küch,  Die  Landgrafendenkmäler  in  der 
Elisabethkirche  zu  Marburg,  in  Z.  Hess.  G.  N.  F.  XXVI,  163; 
W.  Kolbe,  Die  Kirche  der  heil.  Elisabeth  zu  Marburg,  Marburg  1882-, 
S.  38  ff.,  bes.  42.  Vgl.  auch  den  Nekrolog  der  Deutschordensballei 
Hessen  bei  Dobenecker  906 a  Anm.  Ăśber  die  Bedeutung  von  ceno- 
bium  siehe  Du  Cange,  Glossarium  mediae  et  infimae  latinitatis,  IL  415. 

4)  Gerstenberg,  ThĂĽr.-hess.  Chronik  S.  38ti;  desselben  Franken- 
bergische Chronik  bei  Kuchenbecker,  Anal.  Hassiaca,  Coli.  5  (1731), 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  47 

Gleich  danach  begab  sich  Konrad  zu  dem  glänzenden 
Mainzer  Reichstag,  wo  er  mit  seinem  Bruder,  Landgraf 
Heinrich,  Zeuge  der  damals  auĂźerordentlich  angesehenen 
kaiserlichen  Machtstellung  wurde.  Sind  wir  ĂĽber  seine 
Beteiligung  an  den  wichtigen  Fragen  der  Mainzer  Tage 
nicht  näher  unterrichtet,  so  hat  er  wahrscheinlich  damals 
mit  seinem  Meister,  Hermann  von  Salza,  dem  Kaiser  die 
Bitte  vorgetragen,  die  in  Aussicht  genommene  neue  Ehrung 
der  heiligen  Elisabeth,  die  Translation,  durch  seine  Teil- 
nahme zu  einem  glänzenden  Feste  zu  gestalten *■).  Die 
päpstliche  Einwilligung  hatte  Konrad  wohl  schon  in  Peru- 
gia eingeholt,  und  Gregor  bewies  durch  die  Ernennung  der 
Erzbischöfe  von  Mainz,  von  Trier  und  des  Bischofs  Konrad 
von  Hildesheim  zu  seinen  Bevollmächtigten  bei  der  geplanten 
Feier  deutlich  seinen  lebhaften  Anteil  2). 

Von  neuem  ward  an  jenem  berĂĽhmten  Tage  der  Er- 
hebung der  Gebeine  der  Heiligen  zu  Marburg,  dem  1.  Mai 
1236,  dem  Namen  Elisabeths  eine  unei  hörte  Bewunderung 
und  Verehrung.  Von  dem  gewaltigen  Eindruck,  den  diese 
Translation  in  allen  Teilen  des  Reiches  hervorrief,  geben 
uns  die  äußerst  zahlreichen  Berichte  der  Zeitgenossen,  die 
diesem  kirchlich  bedeutungsvollen  Ereignisse  eine  weit 
größere  Aufmerksamkeit  schenken  als  den  gleichzeitigen 
politischen  Ereignissen,  ein  getreues  Bild  3).    Auch  um  diese 


168;  Heldmann,  Z.  Hess.  G.  N.  F.  XX,  25  nimmt  auch  Hermanns 
von  Salza  Anwesenheit  an. 

1)  Konrad  und  Hermann  von  Salza  sind  Zeugen  in  einer  Ur- 
kunde Landgraf  Heinrichs  fĂĽr  Sigfrid  III.  vom  24.  August  1235; 
Dobenecker  552. 

2)  Chron.  regia  Colon.  S.  268.  Die  sächsische  Weltchronik,  Mon. 
Germ.  Deutsche  Chroniken  II,  251  erwähnt  sogar  einen  ausdrück- 
lichen Befehl  Gregors  zur  Translation. 

3)  Siehe  die  Hauptquellen  für  die  Translation  bei  Böhmer- Will, 
Regesten  der  Mainzer  Erzb.,  Bd.  2,  No.  216,  S.  242  f. ;  Böhmer-Ficker 
2152a;  Dobenecker  60Sa.  —  Von  neueren  Darstellungen  vgl.  Winkel- 
mann, Friedrich  IL,  Bd.  2,  23  ff.  und  Wenck,  Wartburgb.  216.  207. 


48  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

glänzende  Veranstaltung  haben  sich  die  Deutschritter,  und 
zwar  in  erster  Linie  Konrad *),  das  Hauptverdienst  erworben. 
Ergibt  sich  doch  fĂĽr  ihn,  der  allein  zum  Landgrafenhause, 
dem  Elisabeth  angehörte,  und  dem  deutschen  Orden,  der 
der  Erbe  der  heiligen  Stätten  geworden  war,  in  so  engen 
Beziehungen  stand,  die  hervorragende  Stellung  leicht,  die 
er  bei  der  Feier  einnimmt.  Die  Mehrzahl  der  deutschen 
Erzbischöfe,  zahlreiche  Bischöfe  und  weltliche  Fürsten,  die 
landgräfliche  Familie  war  in  Marburg  zugegen,  eine  un- 
geheure Menge  Volks,  von  einem  Chronisten  unendlich  ĂĽber- 
treibend auf  zwölfmal  hunderttausend  Menschen  geschätzt"2), 
war  in  der  Stadt  der  Wunder  zusammengeströmt 3).  Kaiser 
Friedrich,  der  im  Mittelpunkte  der  Feierlichkeit  steht,  gab 
dem  Landgrafenhause  wie  dem  hochgeschätzten  deutschen 
Orden  durch  seine  Teilnahme  ein  deutliches  Zeugnis  seiner 
kaiserlichen  Gunst. 

Mit  der  Heiligsprechung  und  Translation  Elisabeths, 
Ehrungen,  deren  Träger  unser  Konrad  geworden  ist,  haben 
seine ,  wie  des  ludowingischen  Hauses  Beziehungen  zur 
Heiligen  einen  glänzenden  Abschluß  erreicht. 

Konrad  hat  nach  seiner  Einkleidung  der  bald  in  Mar- 
burg gegründeten  Deutschordens-Kommende  angehört  und 
bei  seiner  angesehenen  Stellung  und  den  Verdiensten,  die 
er  sich  um  seinen  Orden  bereits  erworben,  ohne  Zweifel 
eine  bedeutendere  Rolle  gespielt.  Deshalb  ist  es  auffallend, 
daß  er,  soweit  es  sich  erkennen  läßt,  mit  keinem  Ordens- 
amte bekleidet  war.  Das  Amt  des  Marburger  Komturs 
verwaltete     schon     im    Februar    1236    ein    gewisser    Win- 


1)  Vgl.  Cron.  Reinh.  M.  G.  SS.  XXX,  616. 

2)  Chron.  regia  Colon.  S.  268. 

3)  Die  an  sich  sehr  wahrscheinliche  Anwesenheit  der  landgräf- 
lichen Familie  erwähnen  ausdrücklich  Theod.  v.  Apolda,  Bch.  3, 
Kp.  12,  die  Hist.  Pistoriana  Kp.  47,  S.  1326,  u.  die  Hist.  Eccardi- 
ana  S.  424.  Vgl.  über  Heinrichs  Anwesenheit  auch  Böhmer-Ficker 
4860  g  u.  Holder- Egger  im  Neuen  Archiv  XXV,  92. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  49 

rieh,  der  es  wahrscheinlich  bis  1240  gefĂĽhrt  hat1).  Da- 
gegen sollte  es  sich  noch  als  wichtig  erweisen,  daĂź  Kon- 
rad, der  sich  vorzugsweise  in  Marburg  aufgehalten  haben 
wird,  mit  seinem  regierenden  Bruder  und  seinem  Neffen 
auch  weiterhin  in  enger  FĂĽhlung  blieb.  Letzterer  hatte 
nach  Konrads  Eintritt  in  den  Orden  als  dessen  Nachfolger 
eine  vielleicht  zuerst  noch  durch  seinen  Oheim  Hinrich  be- 
aufsichtigte Verwaltung  Hessens  angetreten.  Als  selbstän- 
diger Regent  erscheint  er  erst  seit  dem  Jahre  1238 2). 

Bald  nach  der  Translation  Elisabeths  hat  Konrad  auch 
an  einer  fĂĽr  die  gesamte  Ordensgeschichte  wichtigen  An- 
gelegenheit, die  sich  ĂĽber  mehrere  Jahre  erstreckte,  teil- 
genommen: der  Vereinigung  des  1202  von  Bischof  Albert 
von  Riga  gegründeten  livländischen  Schwertbrüderordens 
mit  dem  der  Deutschritter3).  Jener  hatte  in  Livland  mit 
weit  ungünstigeren  Bedingungen  zu  kämpfen  gehabt  als 
der  in  Preußen  mächtig  erstarkende  deutsche  Orden.  Mit 
Zustimmung  seines  Konventes  hatte  Volkwin,  der  Meister 
der  Schwertritter,  längst  die  Aufnahme  seines  Ordens  in 
den   deutschen   nachgesucht,    die    aus  gewichtigen  GrĂĽnden 


1)  Vgl.  WyĂź,  Hess.  Urkundenbuch  I,  No.  56  u.  67,  Ander- 
sonn, Der  deutsche  Orden  in  Hessen,  S.  39.  Heldmann,  Z.  Hess.  G. 
N.  F.  XX,  29  vermutet,  daĂź  Konrad  die  Stellung  eines  Hauskomturs 
verwaltete. 

2)  Konrad  stellt  natĂĽrlich  seit  dem  18.  November  1234  keine 
Urkunden  mehr  in  hessischen  Angelegenheiten  aus.  Das  Aktum  der 
Urkunde  fĂĽr  Kloster  SpieĂźkappel  (Dobenecker  578)  ist  mit  Doben- 
ecker  (Dobenecker  473.  578  Anra.  1)  vor  den  Eintritt  in  den  Orden, 
nur  die  Beurkundung  in  das  Jahr  1235  zu  verlegen.  —  Über  Land- 
graf Hermanns  Stellung  vgl.  Dobenecker  737  (aber  zur  Volljährig- 
keit auch  Z.  ThĂĽr.  G.  N.  F.  XIX,  361  f.  Anm.  5)  758.  801;  auch 
Ilgen   u.  Vogel,  Z.  Hess.  G.  N.  F.  X,  220  ff. 

3)  Die  Hauptquellen  hierfĂĽr  sind :  Ă„ltere  Chronik  v.  Oliva,  ed. 
Th.  Hirsch  in  Script,  rer.  Pruss.  I,  681 ;  Peter  v.  Dusburg,  ebenda  S.  65  f. ; 
Livländische  Reimchronik  in  Script,  rer.  Livonic.  1, 554  ff.,  Vers  1847  ff.; 
in  erster  Linie  der  Bericht  Heldrungens  in  Script,  rer.  Pruss.  V,  168  ff. 
An  ihn  hält  sich  besonders  die  folgende  Darstellung.  Über  seinen 
Wert  vgl.  Hirsch,  ebenda  S.  168 f.;  C.  Schirren  in  Mitteil,  aus  livl. 

XXVIII.  4 


50  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

noch  vertagt  worden  war.  Auf  Volkwins  erneute  Bitten 
hin  hatte  Hermann  von  Salza  im  Sommer  1235  zwei  an- 
gesehene Ordensritter  zur  Erkundung  der  Verhältnisse  der 
SchwertbrĂĽder  nach  Livland  entsandt.  Als  ihre  RĂĽckkehr 
sich  bis  zum  Sommer  des  folgenden  Jahres  verzögerte, 
konnten  sie  von  Hermann,  der  im  November  1236  Deutsch- 
land im  Dienste  des  Kaisers  verlassen  hatte,  nicht  mehr 
angehört  werden,  sondern  von  dem  von  Hermann  für  diesen 
Fall  damit  beauftragten  Ritter  Ludwig  von  Ă–ttingen1). 
Unter  seinem  Vorsitz  wurde  wahrscheinlich  erst  im  Herbst 
1236  zu  Marburg  ein  Ordenskonvent  wegen  der  Aufnahme 
des  neuen  Ordens  abgehalten,  an  dem  ĂĽber  70  Ritter  teil- 
nahmen. Zu  ihnen  gehörte  auch  Konrad  von  Thüringen 2), 
ohne  daß  wir  näher  über  seine  Teilnahme  an  den  Verhand- 
lungen unterrichtet  sind.  Auf  die  AusfĂĽhrungen  des  einen 
der  nach  Livland  entsandten  Ritter  hin  war  wenig  Neigung 
zur  Aufnahme  der  SchwertbrĂĽder  vorhanden.  Man  beschloĂź 
indes ,  die  wichtige  Angelegenheit  der  Entscheidung  des 
Meisters  selbst  anheimzustellen. 

Dieser  hatte  sich  indessen  am  lombardischen  Feldzuge 
seines    kaiserlichen  Herrn    beteiligt,    bis    sich   dieser  durch 


Gesch.  XI,  260 ff.;  dagegen  Strehlke,  ebenda  S.  76 ff.;  A.  L.  Ewald, 
Die  Eroberung  PreuĂźens  durch  die  Deutschen  (Bd.  1  [1872]  u.  Bd.  2 
[1875]),  Bd.  1,  229  f.  Anm. ;  W.  Fuchs,  Peter  v.  Dusburg  u.  d.  Chro- 
nicon  Olivense,  in  altpreuß.  Monatsschrift  XXI,  440  Anm.  113.  — 
An  Darstellungen  vgl.  A.  BĂĽttner,  D.  Vereinigung  d.  livl.  Schwert- 
brĂĽderordens mit  d.  deutschen  Orden,  in  Mitt.  aus  livl.  Gesch.  XI, 
3 ff.;  F.  G.  v.  Bunge,  D.  Orden  der  SchwertbrĂĽder,  in:  Baltische 
Geschichtsstudien,  von  dems.  herausg.,  Leipzig  1875,  bes.  S.  82 f.; 
Ewald  Bd.  1,  200 ff. ;  A.  Koch,  Hermann  von  Salza,  Leipzig  1884, 
S.  99 f.  112  ff.;  K.  Lohmeyer,  Gesch.  v.  Ost-  u.  WestpreuĂźen,  S.  72ff.; 
Heldmann  S.  26  ff. 

1)  Ă–ttingen  im  Eies,  bayr.  Schwaben;  vgl.  ĂĽber  ihn  Strehlke 
in  Mitteil,  aus  livl.  Gesch.  XI,  93  Anm.  8. 

2)  Seine  Beteiligung  folgt  daraus,  daß  er  später  als  Begleiter 
des  in  Marburg  anwesenden  Hartmann  von  Heldrungen  sich  nach 
Wien  begab ;  Heldrungens  Bericht  in  Script,  rer.  Pruss.  V,  170. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  51 

den  Aufstand  des  österreichischen  Herzogs,  Friedrichs  II., 
Ende  November  zum  Verlassen  der  Lombardei  genötigt  sah. 
Den  deutschen  Fürsten,  die  gegen  den  bereits  Geächteten 
die  Reichsexekution  ausfĂĽhrten,  von  SĂĽden  zu  Hilfe  kommend, 
vollendete  der  Kaiser  im  Dezember  1236  die  Unterwerfung 
des  Herzogtums  Steier  und  strebte  Wien,  der  vom  Herzog 
längst  aufgegebenen  österreichischen  Hauptstadt,  zu. 

Zur  gleichen  Zeit  begab  sich  eine  aus  angesehenen 
Deutschherren  bestehende  Gesandtschaft  von  Marburg  nach 
Wien,  dem  aus  Italien  zurĂĽckgekehrten  Meister  entgegen. 
Zu  ihnen  gehörten  neben  Ludwig  von  Ottingen,  dem  Stell- 
vertreter Hermanns  von  Salza,  und  dem  Schwertritter  Johann 
von  Magdeburg  die  Ordensritter  Konrad  von  ThĂĽringen, 
Hartmann  von  Heldrungen ,  Ulrich  von  Durne  und  der 
WĂĽrzburger  Komtur  Wachmann 1).  Sie  haben  schon  um 
die  Wende  des  Jahres  1236/37  Wien  erreicht,  da  wir 
Konrad  schon  am  1.  Januar  1237  als  Zeugen  in  einer  Ur- 
kunde Hermanns  von  Salza  finden.  Letzterer  ist  demnach 
mit  einer  Anzahl  von  OrdensbrĂĽdern  seinem  am  Anfang  des 
Januar  noch  in  Graz  weilenden  Herrn  vorausgeeilt,  um  in 
Wien  die  Marburger  Gesandtschaft  zu  empfangen  2). 


1)  Siehe  Heldruns;ens  Bericht  in  Script,  rer.  Pruss.  V,  170  f. 
Durne  (nach  K.  Weller,  Hohen  lohisches  Urkundenbuch ,  Bd.  1, 
Stuttgart  1899,  S.  572)  gleich  WalldĂĽrn  im  badischen  B.A.  Buchen. 
Ulrich  bezeugte  schon  als  Ordensbruder  die  Schenkung  der  drei  Land- 
grafen (Dobenecker  464).  Vgl.  ĂĽber  ihn  Heldmann,  Z.  Hess.  G.  N.  F. 
XX,  29  Anm.  1.  —  Über  Wichmann  vgl.  Strehlke  in  Mitteil,  aus 
livländ.  Gesch.  XI,  97  f.  Anm.  18. 

2)  Vgl.  Dobenecker  647.  Die  Urkunde  ist  ohne  Ausstellungs- 
ort. Als  solcher  wĂĽrde  demnach  Wien  am  wahrscheinlichsten  sein. 
A.  Lorck,  Hermann  von  Salza,  Kieler  Diss.,  Kiel  1880,  S.  100  hielt 
in  RĂĽcksicht  auf  Friedrichs  II.  Aufenthalt  in  Graz  noch  am  3.  Januar 
1237  (Böhmer-Ficker  2208)  Graz  dafür.  Konrad  kann  aber  als  Mit- 
glied der  Marburger  Gesandtschaft,  wenn  auch  die  anderen  die  Ur- 
kunde mitunterzeichnenden  OrdensbrĂĽder  (vgl.  Weller,  Hohenlohisches 
Urkundenbuch,  Bd.  1,  No.  22,  S.  141)  Begleiter  Hermanns  gewesen  zu 
sein  scheinen,  nicht  nach  Graz  gekommen  sein. 

4* 


52  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

Bald  danach  verlegte  der  Kaiser  sein  Hoflager  von 
Graz  nach  Wien,  wo  sich  eine  groĂźe  Anzahl  weltlicher  und 
geistlicher  deutscher  FĂĽrsten  versammelte.  Auch  Landgraf 
Heinrich  hat  dort  an  Friedrichs  Regierungshandlungen  regen 
Anteil  genommen.  Er  gehört  —  bezeichnend  für  seine  da- 
malige politische  Stellung  —  zu  den  Fürsten,  die  Friedrichs 
neunjährigen  Sohn  Konrad  zum  deutschen  Könige  erhoben 
sehen  wollten.  Diese  feierliche  Wahl  fand  dann  zu  Wien 
im  Februar  statt *). 

Konrad  von  ThĂĽringen  wird  sich  besonders  den  An- 
gelegenheiten seines  Ordens  gewidmet  haben,  die  hier  ihre 
Erledigung  fanden.  Der  Kaiser  selbst  gab  damals  dem 
Orden  durch  den  den  Ordenshäusern  der  österreichischen 
Länder  gewährten  Schutz  einen  neuen  Beweis  seiner  Gunst 2). 
Sodann  wurden,  wie  in  Marburg  beschlossen,  die  Verhand- 
lungen ĂĽber  die  Aufnahme  der  SchwertbrĂĽder  auf  einem 
Konvente  der  zahlreich  versammelten  OrdensbrĂĽder  unter 
Hermanns  von  Salza  Vorsitz  weitergefĂĽhrt.  Auch  der 
Deutschmeister  Heinrich  von  Hohenlohe  nahm  daran  teil 3). 
Man  entschied  sich  für  Einverleibung  des  livländischen 
Ordens  in  den  deutschen,  machte  aber  die  endgĂĽltige  Ent- 
scheidung noch  von  Papst  Gregor  abhängig.  Zu  ihm  nach 
Viterbo  begaben  sich  Anfang  April  1237  Hermann  von 
Salza,  Johann  von  Magdeburg  vom  SchwertbrĂĽderorden  und 
Hartmann  von  Heldrungen.  Als  der  Papst  jetzt  seinerseits 
Bedenken  gegen  die  Aufnahme  zu  haben  schien,  trat  die 
Angelegenheit  in  ein  neues  Stadium  durch  die  Botschaft 
eines  aus  Livland  entsandten  Schwertbruders,  Gerlachs  des 
Rothen.  Sein  Orden  hatte  bei  Bauske  am  22.  September  1236 
gegen  die  Heiden  eine  schwere  Niederlage  erlitten ;  Meister 


1)  Dobenecker  662.  Über  die  Datierung :  Böhmer- Ficker  4385  b ; 
vgl.  Winkelmann,  Friedrich  IL  II,  52  f.  139  ff. ;  F.  Speier,  König 
Konrad  IV.  (1228—1254),  Berliner  Diss.,  Berlin  1898,  S.  21  ff. 

2)  Dobenecker  657. 

3)  Er  ist  am  1.  Januar  1237  im  Gefolge  Hermanns  von  Salza, 
Konrads  von  ThĂĽringen  u.  a.  Bitter  bezeugt;  Dobenecker  647. 


Hochmeister  des  deutsehen  Ordens.  53 

Volkwin  selbst  war  mit  zahlreichem  Kriegsvolk  tapfer 
kämpfend  gefallen1).  Die  höchstbedrängte  Lage,  in  die 
der  Rest  des  Bruderordens  jetzt  versetzt  war,  muĂźte  die 
Verschmelzung  doch  ratsam  oder  als  Pflicht  erscheinen 
lassen.  Anfang  Mai  1237  ward  sie  in  Viterbo  vollzogen2). 
Zur  tatkräftigen  Unterstützung  der  gefährdeten  Brüder 
hatte  Hermann  von  Salza  durch  Hartmann  und  Gerlach 
seinem  Statthalter  Ludwig  von  Ă–ttingen  in  Marburg  Auf- 
trag zukommen  lassen.  Diesen  später  nachfolgend,  begab 
er  sich  selbst  nach  Marburg,  wo  in  der  ersten  Hälfte  des 
Juni  ein  groĂźes  von  etwa  hundert  der  einfluĂźreichsten  Deutsch- 
herren besuchtes  Kapitel  abgehalten  wurde,  das  in  erster 
Linie  der  Neuordnung  der  livländischen  Verhältnisse  galt 3). 
Konrad,  der  nach  Deutschland  zurĂĽckgekehrt  war,  hat 
dem  groĂźen  Marburger  Kapitel  ohne  Zweifel  beigewohnt, 
wenn  wir  auch  seinen  Namen  ebensowenig  wie  den  der 
anderen  in  Marburg  anwesenden  BrĂĽder  genannt  finden. 
Hier  wurde  Hermann  Balk,  der  seine  Umsicht  und  Kriegs- 
tĂĽchtigkeit oft  bewiesen,  neben  seinem  bisherigen  Amte  als 
Landmeister  von  Preußen  auch  das  eines  livländischen  über- 


1)  Zu  den  genannten  Quellen  vgl.  noch:  Ann.  Stadenses:  M. 
G.  SS.  XVI,  363;  Chronicon  Livoniae,  ed.  E.  Strehlke  in  Script, 
rer.  Pruss.  II,  33 f.;  vgl.  Ewald,  Eroberung  PreuĂźens  I,  219 ff. 

2)  Vgl.  Gregors  IX.  Schreiben  vom  12.  Mai  1237  bei  Böhmer- 
Ficker  7166;  die  bezüglichen  Schreiben  sind  jetzt  am  vollständigsten 
bei  L.  Auvray:  Les  registres  de  Gregoire  IX. ,  in:  Bibliotheque 
des  ecoles  francaises  d'Athenes  et  de  Rome,  Tome  2,  Paris  1907, 
No.  3649—3653. 

3)  Hermanns  Rückreise  von  Viterbo  fällt  spätestens  in  die 
zweite  Hälfte  des  Mai  (Ryccardi  de  s.  Germano  notarii  chronica,  ed. 
G.  H.  Pertz,  Hannover  1864  [Script,  rer.  Germ,  in  us.  schol.]  S.  131). 
Am  21.  Juni  ist  er  schon  nach  SĂĽden  zurĂĽckkehrend  in  WĂĽrzburg; 
Dobenecker  685.  Daraus  ergibt  sich  die  Datierung  fĂĽr  das  Kapitel. 
—  Über  dieses  vgl.  Heldrungens  Bericht  S.  171;  den  Brief  Hermanns 
an  die  Kardinalbischöfe  von  Ostia  u.  s.  Sabina  in  den  Ann.  Piacen- 
tini Gibellini,  M.  G.  SS.  XVIII,  475 f.;  Livländ.  Reimchronik,  Script. 
rer.  Livonic.  I,  556 f.,  Vers  1967  ff.  u.  Anm.  dazu  S.  743;  vgl.  Ewald, 
Eroberung  PreuĂźens  I,  227  ff. ;  Winkelmann,  Friedrich  IL  II,  65. 


54  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

tragen1).  Sein  Begleiter  wurde  Dietrich  von  GrĂĽningen, 
der  1234  mit  Konrad  das  Ordensgewand  angelegt  hatte. 
Zur  Vermittlerrolle  Hermanns  von  Salza  in  der  lombar- 
dischen Angelegenheit,  die  ebenfalls  in  Marburg  zur  Sprache 
kam,  nahmen  die  versammelten  BrĂĽder  bekanntlich  eine 
ablehnende  Haltung  ein. 

Landgraf  Heinrich  hatte  sich  am  kaiserlichen  Hofe  zu 
Wien  noch  bis  Anfang  April  aufgehalten,  um  dann  eben- 
falls nach  ThĂĽringen  zurĂĽckzukehren,  wo  ihn  schon  gegen 
Ende  des  Monats  die  Angelegenheiten  seines  Landes  in 
Anspruch  nahmen 2).  Konrads  spätere  Stellungnahme  zur 
Politik  der  Landgrafen  in  dieser  Zeit  rechtfertigt  ein  kurzes 
Eingehen   auf  diese. 

Damals  bereitete  sich  nämlich  der  erste  große  Um- 
schwung der  politischen  Beziehungen  Landgraf  Heinrichs 
vor,  über  dessen  Ursachen  wir  nicht  näher  unterrichtet  sind. 
Daß  aber  seine  Vermählung  mit  Gertrud,  der  Schwester 
des  Herzogs  von  Ă–sterreich,  im  Februar  1238  zu  Wiener- 
Neustadt  ein  Abwenden  von  Heinrichs  bisheriger,  ununter- 
brochen kaiserlicher  Politik  in  sich  schlieĂźt,  unterliegt 
keinem  Zweifel3).  Aber  auch  sein  Versäumen  des  vom 
Reichsverweser  Sigfrid  III.  im  März  nach  Erfurt  berufenen 
FĂĽrstentages  ist  in  Anbetracht  der  Wahl  des  Versamm- 
lungsortes ein  neuer  Beweis  seiner  veränderten  Gesinnung  4). 


1)  Hermann  Balk  urkundet  Januar  1238  (J.  H.  Hennes,  Codex 
dipl.  ordinis  s.  Mariae  Theutonicorum  [2  Bde.,  Mainz  1845  u.  1861]  II, 
No.  49)  und  Juni  1238  (Dobenecker  733)  als  Präzeptor  des  deutschen 
Ordens  in  Livland  u.  Preußen.  Im  Februar  1239  (Böhmer-Ficker 
4396)  ist  er  Zeuge  unter  gleichem  Titel. 

2)  Vgl.  über  Heinrichs  Eückkehr  Dobenecker  675  Anm.  — 
Dobenecker  677. 

3)  Ann.  Erphord.  fr.  Praed.  in  Mon.  Erph.  B.  93;  Dobenecker 
717  a.  Vgl.  A.  Huber,  Gesch.  Ă–sterreichs  (Gesch.  d.  europ.  Staaten, 
von  Heeren  u.  a.)  Bd.  1,  Gotha  1885,  S.  415 f.;  G.  Juritsch,  Gesch.  d. 
Baben berger  (976-1246),  Innsbruck  1894,  S.  574  f. 

4)  Ann.  Erphord.  fr.  Praed.  S.  94;  Dobenecker  717  b.  —  Vgl. 
Böhmer-Ficker  4860k.  11216a;  Wenck  im  Wartburgb.  S.  216. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  55 

Zur  gleichen  Zeit  bahnte  sich  auch  eine  Verbindung  an, 
die  allerdings  nicht  annähernd  den  ausgeprägten  politischen 
Charakter  wie  jene  trägt,  die  des  thüringischen  Hauses  mit 
dem  weifischen.  Um  die  alten,  schweren  und  noch  unaus- 
geglichenen Gegensätze  zwischen  beiden  Häusern  *)  zu  tilgen, 
wollen  die  FĂĽrsten  Otto  von  Braunschweig  und  Heinrich 
von  ThĂĽringen  den  neuen  Bund  durch  die  Verlobung  Her- 
manns mit  Ottos  Tochter  Helene  besiegeln.  Im  März  1238 
erteilte  Papst  Gregor  für  diese  Vermählung,  die  wegen  ent- 
fernter Verwandtschaft  kirchlich  anfechtbar  war,  seinen  Dis- 
pens 2). 

Wie  mag  sich  Konrad  zu  diesem  Abfall  seines  Bruders 
Heinrich  von  der  Sache  des  Kaisers  gestellt  haben?  Er 
ist  im  Juni  des  Jahres  1238  in  Hessen  bezeugt  und  muĂź 
von  der  politischen  Schwenkung  seiner  Verwandten  unter- 
richtet gewesen  sein.  Wir  dĂĽrfen  annehmen,  daĂź  er  diesen 
Abfall  nicht  gebilligt  hat.  Dies  lehrt  fĂĽr  die  letzte  Zeit 
schon  seine  Teilnahme  am  Wiener  Hoftage,  sowie  an  den 
wichtigen  Angelegenheiten  seines  Ordens,  dessen  politische 
Anschauung,  wie  es  seine  Haltung  im  folgenden  Jahre  noch 
deutlicher  erweisen  wird,  er  sich  zweifellos  zu  eigen  ge- 
macht hatte.  Bestimmteres  vermögen  wir  über  seine  da- 
malige Haltung  nicht  zu  sagen. 

Denn  jene  BuĂźe  vom  Juni  1238,  die  auf  die  Beteiligten, 
wie  auf  unseren  Chronisten  so  groĂźen  Eindruck  gemacht  hat, 
ist  das  einzige  Zeugnis,  das  wir  aus  jener  Zeit  von  ihm 
haben.    Aus  welchem  besonderen  AnlaĂź  sie  hervorgegangen, 


1)  Diese  Beziehung  ist  schwer  verständlich.  Vermutlich  handelt 
es  sich  um  eine  Anspielung  auf  Landgraf  Hermanns  I.  treulose  Hal- 
tung gegen  Otto  IV.,  vorwiegend  seit  dessen  Exkommunikation  durch 
Innocenz  III.  im  November  1210. 

2)  Vgl.  die  bezĂĽglichen  Schreiben  bei  Dobenecker  720.  721.  722. 
Den  den  Verwandtschaftsgrad  zwischen  Landgraf  Hermann  IL  und 
Helene  von  Braunschweig  erläuternden  Stammbaum  vgl.  bei  A.  Michels, 
Leben  Ottos  des  Kindes,  ersten  Herzogs  v.  Braunschweig  u.  LĂĽne- 
burg, Göttinger  Diss.,  Einbeck  1891,  S.  51  Anm.  4. 


56  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

ist  nicht  bekannt.  Jedenfalls  hat  Papst  Gregor  IX.,  wie 
spätere  Chronisten  annehmen,  nichts  mit  ihr  zu  tun  *).  Da- 
fĂĽr spricht  schon  der  Umstand,  daĂź  Gregor  eine  solche 
Buße  spätestens  bei  Konrads  Anwesenheit  in  Eieti  (1234) 
diesem  aufgelegt  haben  wĂĽrde;  so  waren  ja  seit  der  Zer- 
störung Fritzlars  bereits  sechs  Jahre  verflossen !  Konrad 
mochte,  als  er,  begleitet  von  zwei  BrĂĽdern  seines  Ordens, 
gerade  Fritzlar  berĂĽhrte,  das  noch  die  Spuren  der  frĂĽheren 
Heimsuchung  trug,  sich  des  Vorgefallenen  wieder  erinnern 
und  wollte  auch  äußerlich,  zumal  in  seiner  Stellung  als 
geistlicher  Bruder,  den  Fritzlarern  einen  offenkundigen  Be- 
weis seiner  Reue  und  Zerknirschung  geben  2).  Am  Peter- 
Paulstage  (29.  Juni)  1238  schritt  er  vor  einer  zahlreich 
versammelten  Menschenmenge  mit  den  erwähnten  zwei 
Deutschordensbrüdern  entblößten  Oberkörpers  durch  Fritz- 
lar, gefolgt  von  drei  Priestern,  die  sie  mit  Puten  geiĂźelten, 
und  ließ  alle  1232  geschädigten  Bürger  von  Fritzlar  durch 
einen  der  Priester  um  Vergebung  bitten.  Mit  dieser  BuĂźe 
war  auch  die  Schenkung  des  Zehnten,  den  er  in  Hessen 
besaĂź,  an  die  Kanoniker  Fritzlars  durch  Konrad  verbunden, 


1)  Daß  Konrad  die  Versöhnung  mit  den  Fritzlarern  als  Buße 
von  Gregor  aufgelegt  sei,  erzählen  Gerstenberg,  Thür.-hess.  Chronik, 
S.  379;  Excerpta  Chronici  Eiedeseliani  in  J.  Ph.  Kuchenbeckers  Anal. 
Hassiaca,  Coli.  3,  5;  Joh.  Rothe,  Bd.  3  der  ThĂĽr.  Geschichts- 
quellen, Kp.  476;  Ursinus  bei  Mencken,  Script,  rer.  Germ.  III,  1289 
u.  a.  Bezweifelt  wurde  es  schon  von  F.  Wächter,  Thüring.  u.  ober- 
sächs.  Gesch.,  Bd.  2,  Leipzig  1826,  S.  339,  u.  von  Häutle,  Z.  Thür. 
G.  V,  190.  Die  ältesten  Quellen  erwähnen  nichts  davon.  In  den 
Ann.  Erphord.  fr.  Praed.  S.  94 f.  sind  die  Worte:  Cunradus  .  .  . 
reminiscens  malorum  que  in  oppido  Fritzlariensi  perpetrata  sunt, 
zu  beachten.  Sie  deuten  unmittelbar  auf  die  Vorgänge  in  Fritzlar 
selbst  (1232)  zurück  und  widerlegen  den  Gedanken  an  eine  äußere 
Beeinflussung. 

2)  Im  Juni  1235  war  noch  nicht  einmal  die  beschädigte  Peters- 
kirche völlig  wiederhergestellt ;  Dobenecker  535.  —  Die  Hauptquelle 
fĂĽr  diese  BuĂźe  sind  die  Ann.  Erphord.  fr.  Praed.  S.  94 f.;  vgl.  Crom 
Reinh. :  M.  G.  SS.  XXX,  614 ;  Sigfrid  v.  Ballhausen :  M.  G.  SS.  XXV, 
703;  Peter  v.  Dusburg  in  Script,  rer.  Pruss.  I,  198. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  57 

sicherlich  seine  erste  aus  dem  GefĂĽhl  der  Reue  hervor- 
gegangene Schenkung  an  die  Stadt.  Eine  HerabwĂĽrdigung 
Konrads  und  seiner  MitbrĂĽder  dĂĽrfen  wir  in  diesen  Vor- 
gängen in  Anbetracht  der  damaligen  religiösen  Anschauung 
nicht  erblicken 1).  Diese  BuĂźe  hat  auch  nicht  etwa  eine 
besonders  harte  Behandlung  der  Stadt  zur  Voraussetzung, 
sondern  ist  nur  wieder  ein  deutliches  Zeugnis  fĂĽr  Konrads 
religiöses  Empfinden.  Es  liegt  in  dieser  Selbsterniedrigung, 
diesem  Verzicht  auf  äußeres  Ansehen  und  irdische  Ehre  ein 
asketischer  Zug,  der  uns  an  die  freiwilligen  ZĂĽchtigungen 
und  Entbehrungen  erinnert,  die  die  heilige  Elisabeth,  Kon- 
rads religiöses  Vorbild,  über  sich  hatte  ergehen  lassen. 

DaĂź  Konrad  die  Politik  seines  Bruders  nicht  billigte, 
sollte  die  nächste  Zeit  beweisen.  Vorher  aber  griff  Kaiser 
Eriedrich ,  der  längst  von  Landgraf  Heinrichs  unsicherer 
Haltung  unterrichtet  sein  konnte,  in  die  Lage  ein.  Selbst 
mit  der  Belagerung  Brescias  beschäftigt,  ließ  er,  die  ge- 
plante Verlobung  Hermanns  IL  mit  der  Braunschweigerin 
durchkreuzend,  durch  den  Reichsprokurator  Sigfrid  im  Spät- 
herbst des  Jahres  1238  die  Verlobung  seiner  zweijährigen 
Tochter  Margarethe  mit  Landgraf  Hermann  in  Aschaffen- 
burg vermitteln2).  Diese  offenbare  Auszeichnung  seines 
Neffen  durch  den  Kaiser  stellte  Heinrich  vor  eine  schwere 
Entscheidung.  Sie  muĂźte  ihn  auf  dessen  Seite  zurĂĽckfĂĽhren 
oder    auf    dem    eingeschlagenen    Wege    bestärken    und    zu 

1)  Dies  tut  Häutle  S.  190  f. 

2)  Sigfrid  kehrte  nach  Aufhebung  der  Belagerung  Brescias 
(9.  Oktober)  nach  Deutschland  zurück;  Böhmer-Ficker  4392 e.  — 
Ăśber  die  Verlobung  vgl.  Ann.  Erphord.  fr.  Praed.  S.  94;  Chron. 
reg.  Colon.  S.  281 ;  das  Schreiben  Papst  Innocenz'  IV.  an  den  Legaten 
Petrus  vom  7.  Mai  1247  bei  Böhmer-Ficker  7790.  Vgl.  auch  Doben- 
ecker  1453.  Die  dreifache  Bezeugung  einer  Verlobung  Hermanns  II. 
mit  der  Kaisertochter  widerspricht  Dobeneckers  (754  a  An m.)  Zweifel 
an  der  Bichtigkeit  der  Kachricht.  Vgl.  Böhmer-Ficker  4860  k. 
11222  a;  Wegele,  Friedrich  d.  Freidige,  Beilage  1,  S.  345 ff. ;  Wenck 
im  Wartburgb.  S.  217  f.  auch  fĂĽr  die  weitere  Stellung  der  beiden  Land- 
grafen. 


58  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

anderen  Verbindungen  —  mit  der  päpstlichen  Partei  nötigen. 
Das  letztere  war  die  Folge.  Denn  als  der  Landgraf  sich 
schon  nach  einem  halben  Jahre  der  kaiserlichen  Partei 
zuwandte,  sahen  sich  die  Päpstlichen,  eben  weil  sie  dies 
offenbar  nicht  erwartet  hatten,  bitter  enttäuscht 1).  Auch 
die  Nachricht  des  Erfurter  Chronisten,  daĂź  1239  FĂĽrsten, 
die  im  Vorjahre  sich  gegen  den  Kaiser  verschworen,  sich 
mit  ihm  ausgesöhnt  hätten  2),  ist  ohne  Zweifel  in  erster  Linie 
auf  Landgraf  Heinrich  zu  beziehen. 

Denn  schon  bedeutete  nach  den  Jahren  einer  wenigstens 
äußeren  Freundschaft  zwischen  den  höchsten  Gewalten  der 
Christenheit  der  Abfall  vom  Kaiser  zugleich  eine  Annähe- 
rung an  den  apostolischen  Stuhl.  Seit  1235  war  die  Schein- 
freundschaft einem  steigenden  gegenseitigen  MiĂźtrauen  ge- 
wichen 3).  Der  innerste  Kern  des  erneuten  Gegensatzes 
liegt  in  der  lombardischen  Frage.  Friedrichs  Wunsch,  die 
lombardischen  Städte  seinem  Szepter  zu  unterwerfen,  wider- 
sprach Gregors  Weltpolitik.  Ihre  Niederwerfung  zu  Corte- 
nuova  drängte  seine  feindlichen  Absichten  noch  zurück,  ihr 
Erfolg  durch  Brescias  siegreichen  Widerstand  spornte  ihn 
zu  bestimmterem  Vorgehen  gegen  Friedrich  an.  Damals 
fehlte  der  Mann,  der  bisher  mit  seinem  ganzen  EinfluĂź  und 
selbstloser  Hingabe  sich  dem  Friedenswerke  gewidmet  hatte : 
Hermann  von  Salza.  Wahrscheinlich  hätte  selbst  er  bei 
Gregors  Entschlossenheit  keinen  Erfolg  mehr  als  Vermittler 
gehabt.  Schon  im  August  1238  hatte  er  sich  krank  nach 
Salerno  begeben.    Der  20.  März  des  folgenden  Jahres,  jener 


1)  Albert  von  Behaim,  ed.  C.  Höfler  in  Bibliothek  des  Lite- 
rarischen Vereins  in  Stuttgart  Bd.  16,  Stuttgart  1847,  Teil  2,  S.  5  f. ; 
vgl.  Böhmer-Ficker  48601. 

2)  Ann.  Erphord.  fr.  Praed.  S.  96. 

3)  Über  Friedrichs  Verhältnis  zu  Gregor  seit  1234  u.  d.  Gesch. 
der  folgenden  Zeit  ĂĽberhaupt  vgl.  Winkelmann,  Friedrich  II.,  Bd.  2 
(bis  1239  reichend);  W.  Schirrmacher,  Kaiser  Friedr.  IL,  Bd.  2  (1861), 
327  ff.  u.  Bd.  3  (1864);  A.  Hauck,  Kirchengesch.  Deutschlands,  Bd.  4, 
Leipzig  1903,  S.  780  ff. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  59 

unselige  Palmsonntag,  an  dem  der  heiligste  Vater,  der  be- 
reits die  Wege  zum  Widerstände  geschickt  geebnet,  von 
neuem  den  Bann  auf  Kaiser  Friedrichs  IL  Haupt  schleuderte, 
war  sein  Todestag 1). 

Nicht  weniger  für  die  äußerat  erregte  politische  Lage 
als  fĂĽr  den  deutschen  Orden  bedeutete  sein  Heimgang  einen 
schweren  Verlust.  Schon  einen  Monat  zuvor,  im  Februar, 
finden  wir  die  angesehensten  BrĂĽder  des  deutschen  Hauses, 
den  Deutschmeister  Heinrich  von  Hohenlohe,  Konrad  von 
ThĂĽringen,  Hermann  Balk,  Ludwig  von  Ottingen,  den  WĂĽrz- 
burger Komtur  Wichmann,  Otto  von  Botenlauben,  Andreas 
von  Hohenlohe,  meist  Männer,  die  sich  um  den  Orden  große 
Verdienste  erworben,  mit  anderen  BrĂĽdern  in  WĂĽrzburg 
versammelt 2).  Es  ist  wahrscheinlich,  daĂź  von  der  dortigen 
Versammlung  Beratungen  ĂĽber  die  jetzt  vom  Orden  zu  be- 
obachtende Haltung  gepflogen  wurden,  der  sich  nicht  mehr 
unter  Hermanns  erprobter  Leitung  sah.  Da  zur  gleichen 
Zeit  der  erste  Berater  König  Konrads,  Gottfried  von  Hohen- 
lohe, und  andere  Räte  des  Königs,  vielleicht  dieser  selbst, 
in  WĂĽrzburg  weilten 3),  so  kann  das  Resultat  dieser  Tage 
nur  ein  weiteres  Verfolgen  der  bisherigen  Ordenspolitik  be- 
deuten. 

Die  Kurie  durfte  anfangs  bei  ihrem  Vorgehen  gegen 
Friedrich  auf  Erfolg  hoffen.  Schon  1237,  erfolgreicher  seit 
1238  predigte    der    fanatische  päpstliche  Agent  Albert  von 


1)  Vgl.  Eyccardi  de  S.  Germano  chronica,  8.  135 ;  Lorck.  Her- 
mann v.  Salza,  S.  107 f.;  Koch,  Hermann  v.  Salza,  S.  122 f. 

2)  Vgl.  die  Zeugen  der  WĂĽrzburger  (in  domo  fratrum  Theutoni- 
corum)  Urkunde  ĂĽber  einen  Kaufvertrag  Gottfrieds  von  Hohenlohe 
u.  Konrads  von  Krautheim  vom  13.  Februar  1239  bei  Böhmer-Ficker 
4396;  Dobenecker  785. 

3)  Anwesenheit  des  Königs  nahm  J.  Ficker,  Böhmer-Ficker 
4396  an,  auch  Wenck  im  Wartburgb.  S.  217 ;  vgl.  dagegen  Doben- 
ecker 785  Anm.  —  Über  die  hohenlohischen  Brüder  u.  ihre  poli- 
tische Stellung  vgl.  J.  Ficker,  Erörterungen  zur  Beichsgeschichte  des 
13.  Jahrh.,  in :  Mitteil.  d.  Instituts  f.  Ă–sterreich.  Geschichtsforschung, 
Bd.  3  (1882),  S.  339  f. 


60  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

Behaim  in  Bayern  Abfall  vom  Kaiser.  Durch  seine  rĂĽck- 
sichtslose Tätigkeit  rief  er  die  verhängnisvollste  Spal- 
tung in  den  deutschen  Landen  hervor,  zu  der  schon  die  Be- 
kämpfung Herzog  Friedrichs  IL  von  Österreich  durch  den 
Kaiser  AnlaĂź  gegeben  hatte.  Albert  gelang  die  Verein- 
barung eines  Bündnisses  des  Österreichers  mit  dem  Böhmen- 
könige Wenzel  I.  und  dem  Bayernherzoge  Otto  II 1).  Nach 
dieser  Seite  neigte  auch,  wie  wir  gesehen,  Landgraf  Hein- 
rich Raspe. 

Und  doch  war  die  Stellung  des  Kaisers  in  Deutsch- 
land, wenn  auch  der  Erfolg  seiner  kriegerischen  Operationen 
in  Italien  damals  zu  wĂĽnschen  ĂĽbrig  lieĂź,  keine  ungĂĽnstige. 
Er  hatte  die  Hoffnung  auf  einen  friedlichen  Ausgleich  mit 
dem  apostolischen  Stuhle  noch  nicht  aufgegeben  und  be- 
rief deshalb  auf  den  1.  Juni  1239  einen  Hof  tag  nach  Eger, 
um  gegenüber  der  von  Gregor  über  ihn  verhängten  Bannung 
von  seinen  Vertrauten  seine  Sache  fĂĽhren  zu  lassen2).  Da- 
durch wurden  die  deutschen  FĂĽrsten  zur  Stellungnahme  fĂĽr 
oder  wider  ihn  genötigt. 

Um  ihre  Werbung  zu  diesem  Friedenswerke  hat  sich 
auch  Konrad  von  ThĂĽringen  bemĂĽht.  Er  zeigt  seine  poli- 
tische Stellung  jetzt  deutlicher.  Im  April  1239  finden  wir 
ihn  in  Pirna  bei  seinem  Neffen,  dem  jungen  Markgrafen 
von  MeiĂźen3),  dessen  Haltung  in  Eger  zeigen  sollte,  daĂź 
er  an  keinen  Abfall  vom  Kaiser  dachte.  Er  wird  mit 
Landgraf  Heinrich  auf  die  gleiche  Stufe  gestellt.  Beide 
sind  nach  den  bezeichnenden  Worten  des  der  Kurie  eifrig 
ergebenen  Lübecker  Propstes   „die  einzigen  Toren,  die  nicht 


1)  Ăśber  die  Haltung  Wenzels  vgl.  A.  Bachmann,  Geschichte 
Böhmens  (Gesch.  d.  europ.  Staaten  von  Heeren  u.  a.),  Bd.  1,  Gotha 
1899,  S.  496 ff.,  bes.  509ff.,  ĂĽber  die  Ottos:  S.  Eiezler,  Gesch.  Baierns, 
ebenda  Bd.  2,  Gotha  1880,  S.  62  ff.,  bes.  67  ff.  u.  dens.  in  Allg. 
deutscher  Biogr.  XXIV,  648  f. 

2)  Ann.  Erphord.  fr.  Praed.  S.  96. 

3)  Konrad  ist  Zeuge  in  der  Urkunde  des  Markgrafen  Heinrich 
fĂĽr  Kloster  Altzelle  vom  19.   April  1239;  Dobenecker  787. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  61 

auf  päpstlicher  Seite  stehen"  *).  Liegt  es  da  nicht  nahe, 
daĂź  Oheim  und  Neffe  sich  damals  ĂĽber  die  einzuschlagende 
Richtung  geeinigt  haben?  Da  aber  Konrad  im  Mai  wieder 
in  ThĂĽringen  nachweisbar  ist,  das  sein  Bruder  nicht  ver- 
lassen hatte  2),  so  ist  es  sicher,  daĂź  er  an  dem  politischen 
Zusammengehen  der  FĂĽrsten  von  ThĂĽringen  und  MeiĂźen 
beteiligt  war.  DaĂź  diese  Haltung  Konrads  und  seiner 
beiden  Verwandten  den  vollen  Haß  der  Päpstlichen  zur 
Folge  hatte,  ist  leicht  zu  verstehen.  Denn  ihnen,  die  von 
Vermittlung  nichts  wissen  wollten,  war  der  Wunsch  einer 
solchen  gleichbedeutend  mit  völligem  Abfall  vom  römischen 
Stuhle.  Herzog  Otto  von  Bayern  bat  um  Exkommunikation 
Landgraf  Heinrichs  und  des  Ordensritters  Konrad  3)  —  der 
deutlichste  Beweis  fĂĽr  ihr  vereinigtes  Handeln.  Hein- 
richs kaiserliche,  oder  besser  vermittelnde  Haltung,  die  in 
der  folgenden  Zeit  ein  noch  entschiedeneres  Aussehen  ge- 
winnt, zeigt  sich  schon  damals  auch  Gregor  gegenĂĽber. 
Wie  frĂĽher  wendet  er  sich  auch  in  dieser  Zeit  an  ihn  als 
das  oberste  Haupt  seiner  Kirche,  als  deren  ergebener  Sohn, 
ja,  hingerissen  von  den  kirchlich-asketischen  Ideen  seines 
Zeitalters,  er  uns  damals  entgegentritt.  Heinrich  bittet  den 
Papst  um  Sendung  eines  Beichtvaters,  und  Gregor  unter- 
stützt den  Landgrafen  in  der  Betätigung  seiner  bußfertigen 
Gesinnung4).     Aber    trotz    dieses  Verkehrs  zwischen    ihnen 


1)  Albert  v.  Behaim  in  d.  Bibliothek  d.  Literar.  Vereins  in  Stutt- 
gart, Bd.  16,  Teil  2,  S.  6;  Dobenecker  796. 

2)  Landgraf  Heinrich  ist  am  4.  Mai  in  Eisenach  bezeugt; 
Dobenecker  788,  Konrad  am  19.  Mai  in  Erfurt ;  Dobenecker  790. 

3)  Albert  v.  Behaim  in  Bibliothek  d.  Liter.  V.  in  Stuttgart, 
Bd.  16,  Teil  2,  S.  6;  Dobenecker  796.  —  Zur  Bannung  Landgraf 
Heinrichs  u.  Konrads  kam  es  damals  nicht.  Die  Bannung  Konrads 
als  Deutschordensritters  konnte  ĂĽberhaupt  seit  Honorius'  III.  Privi- 
legien (Strehlke,  Tabulae  No.  305;  Potthast,  Regesta  Pontif.  Bd.  1, 
No.  6371,  vgl.  7595;  Strehlke,  Tabulae  No.  405)  nur  vom  Papste 
selbst  oder  auf  seinen  ausdrücklichen  Befehl  verhängt  werden. 

4)  Vgl.  Gregors  Schreiben  an  Johann,  den  Minister  der  Mino- 
riten  in  Sachsen,  vom  28.  Juli  1239    bei  Dobenecker  808  und  das- 


62  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

auf  kirchlichem  Gebiete  stehen  jetzt  Landgraf  Heinrichs 
politische  MaĂźnahmen  in  vollem  Widerspruch  zu  Gregors 
Wünschen.  Da  aber  der  Landgraf  noch  unlängst  zur  kaiser- 
feindlichen Partei  neigte,  wird  in  Anbetracht  der  Lage  der 
Umstände  eine  Beeinflussung  durch  seinen  Bruder  Konrad 
unabweisbar. 

Letzterer  traf  selbst  gegen  Ende  des  Mai  mit  dem 
Reichsverweser  Sigfrid  von  Mainz,  der  sich  vielleicht  auch 
um  die  Gewinnung  Landgraf  Heinrichs  bemĂĽht  hat,  in  Er- 
furt zusammen  1).  Sigfrid  verweilte  dort  bis  zum  27.  Mai, 
um  dann  vereinigt  mit  dem  Könige  und  einem  stattlichen 
Gefolge  von  1000  Rittern  schon  am  1.  Juni  in  Eger  ein- 
zutreffen 2).  Die  Vereinigung  beider  wird  schon  in  Erfurt 
erfolgt  sein,  und  es  kann  bei  der  Lage  der  Dinge  keinem 
Zweifel  unterliegen,  daĂź  Konrad  von  ThĂĽringen  sich  ihnen 
angeschlossen  hat.  Sein  Bruder  Heinrich,  der  Markgraf 
Heinrich  von  MeiĂźen,  die  Markgrafen  Johann  I.  und  Otto  III. 
von  Brandenburg  verpflichteten  sich  eidlich  zum  Vermitt- 
lungsversuch zwischen  Friedrich  und  Gregor  und  nahmen 
sicher  schon  in  Eger  Konrad  als  Unterhändler  in  Aussicht. 
Herzog  Otto  von  Bayern  und  König  Wenzel  von  Böhmen, 
die  ihrerseits  auf  die  FĂĽrsten  von  ThĂĽringen  und  MeiĂźen 
bis  zuletzt  gehofft,  kündigten,  enttäuscht  über  diesen  Aus- 
gang des  Egerer  Tages,  König  Konrad  den  Waffenstill- 
stand 3). 


jenige  an  die  Bischöfe  von  Hildesheim  u.  Merseburg  u.  den  Abt 
von  Pforte  vom  26.  JuU  1239  bei  Dobenecker  807.  —  Siehe  auch 
Dobenecker  788. 

1)  Konrad  ist  Zeuge  in  einer  Urkunde  Sigfrids  vom  19.  Mai 
1239;  Dobenecker  790.  —  Eine  Beeinflussung  Landgraf  Heinrichs 
durch  Herzog  Friedrich  II.  von  Ă–sterreich,  wie  sie  BĂĽbesamen, 
Heinrich  Baspe  S.  22  annimmt,  ist  nicht  möglich,  da  Friedrich  da- 
mals noch  auf  päpstlicher  Seite  stand. 

2)  Sigfrid  urkundet  noch  am  27.  Mai  in  Erfurt;  Dobenecker 
791.  792.  —  Albert  v.  Behaim  S.  5. 

3)  Vgl.  ĂĽber  den  Egerer  Hoftag:  Ann.  Erphord.  fr.  Praed. 
S.  96;   Albert  v.  Behaim   S.  5 f.;   Dobenecker  796;   Böhmer-Ficker 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  Ăź3 

Mit  Konrads  Erwählung  zum  Vermittler  im  Streite 
zwischen  Kaiser  und  Papst  ist  sein  Aufsteigen  zum  Hoch- 
meister des  deutschen  Ritterordens  aufs  engste  verbunden. 
Aus  den  verschiedensten  GrĂĽnden  muĂźte  gerade  seine  Wahl 
zum  Leiter  des  Ordens  wĂĽnschenswert  erscheinen.  Seiner 
frĂĽheren  Verdienste  um  den  Orden,  besonders  die  Mar- 
burger Kommende  durch  Verherrlichung  der  Ordensheiligen 
Elisabeth,  gedachten  wir. 

Bei  Konrads  Wahl  zum  Hochmeister  ist  die  politische 
Stellung,  die  er  einnahm,  vorwiegend  maĂźgebend  gewesen. 
Sie  geschah  im  Hinblick  auf  die  zu  unternehmende  schwere 
Mission  an  Gregor  und  zugleich  im  vollsten  Einverständnis 
mit  der  Reichsregierung.  Denn  seit  den  Zeiten  Hermanns 
von  Salza  mochte  man,  wenn  es  sich  um  politische  Auf- 
träge handelte,  dem  Meister  des  von  Kaiser  und  Papst 
hochgeachteten,  gleichsam  neutralen  Ordens  von  vornherein 
Vertrauen  entgegenbringen.  Konrad  hatte  aber  auch  per- 
sönlich schon  als  Landgraf  in  den  engsten  Beziehungen  zu 
Gregor  IX.  und  Friedrich  IL  gestanden.  Zudem  war  er 
der  Bruder  eines  der  angesehensten  ReichsfĂĽrsten,  der  seiner- 
seits auf  dem  bereits  eingeschlagenen  politischen  Wege  durch 
die  Erhebung  seines  Bruders  bestärkt  werden  mußte.  Denn 
auch  von  diesem  vermittelnden  Standpunkte  aus  können 
seine  OrdensbrĂĽder,  denen  natĂĽrlich  in  erster  Linie  die 
Wahl  des  neuen  Meisters  oblag,  diese  nur  gebilligt  haben. 


4401a.  11228.  Ăśber  die  Beteiligung  der  Markgrafen  von  Branden- 
burg vgl.  A.  Bauch,  Die  Markgrafen  Johann  I.  und  Otto  III.  von 
Brandenburg,  Breslauer  Diss.,  Breslau  1885,  S.  36f.  Anm.  1.  —  Daß 
Konrad  schon  in  Eger  zum  Vermittler  gewählt  wurde,  geht  aus  der 
Stelle:  de  communi   consilio  principum,   baronum  et  nobilium,  qui 

aderant,  fratrem  nostrum  C eligentes   in  Landgraf  Heinrichs 

Schreiben  vom  11.  Mai  1240  (Monum.  Germ.  Legum  Sectio  IV,  Con- 
stitutiones  et  acta  publica  imperatorum  et  regum,  Bd.  2,  ed.  L.  Weiland, 
Hannover  1896,  No.  226  [=  M.  G.  Const.] ;  Dobenecker  888)  hervor. 
Sie  kann  nur  auf  die  Egerer  Versammlung  zu  beziehen  sein.  Vgl. 
auch  F.  Schirrmacher,  Albert  von  PossemĂĽnster,  Weimar  1871,  S.  37 
Anm.  1;  Feiten,  Gregor  IX.,  S.  338  Anm.  2. 


64  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

In  Eger  ist  in  jenen  ersten  Tagen  des  Juni  der  Grund 
zu  seiner  Erhebung  gelegt  worden.  Wann  und  wo  sie 
stattfand,  wissen  wir  nicht.  Konrad  ist  aber  sicher  nach 
dem  19.  Mai  1239  und  vor  dem  2.  April  1240,  wahrschein- 
lich auf  einem  im  Sommer  1239  in  Marburg  abgehaltenen 
Kapitel,  gewählt  worden1). 

Wie  Konrads  Wahl  zum  Meister  der  Deutschritter, 
so  ist  sein  Hochmeistertum  selbst  eng  mit  der  verderblichen 
Zwietracht  zwischen  Kaiser  und  Kurie  verknĂĽpft.  Sie  ge- 
stattete Konrad  auch  nicht,  den  besonderen  Angelegenheiten 
des  Ordenslandes  Preußen  sich  persönlich  zu  widmen.  Er 
hat  PreuĂźen  nicht  gesehen,  aber  die  Bekehrung  der  Heiden 
im  Nordosten  nahm  unabhängig  von  jenem  gewaltigen  Ringen 
im  SĂĽden  ihren  Fortgang.  In  Konrads  Hochmeisterzeit 
fällt    die    glänzende    Kreuzfahrt    Herzog    Ottos    von  Braun- 


1)  In  der  Urkunde  Sigfrids  III.  vom  19.  Mai  1239  zeugt 
Konrad  zum  letzten  Male  als  „Bruder  Konrad,  quondam  lantgravius"; 
Dobenecker  790.  Mitte  Juni  1239  teilt  Albert  Behaim  u.  a.  dem 
Papste  Herzog  Ottos  Wunsch,  Landgraf  Heinrich  und  seinen  Bruder, 
„den  Konversen ",  zu  exkommunizieren,  mit;  Dobenecker  796.  Wäre 
Konrad  schon  in  Eger  zum  Hochmeister  gewählt  worden ,  würde 
Albert  dieses  wichtige  Ereignis  in  seinem  Schreiben  erwähnt  haben. 
Konrad  wird  zuerst  als  Hochmeister  bezeichnet  in  dem  Schreiben 
der  lothringischen  GroĂźen  vom  2.  April  1240 ;  Dobenecker  867.  De 
Wal,  Histoire  de  1' Ordre  Teutonique,  Tome  1,  Paris  1784,  S.  313 
(nach  ihm  K.  J.  Bachern,  Chronologie  der  Hochmeister  des  teutschen 
Ordens,  MĂĽnster  1802,  S.  18;  F.  Salles,  Annales  de  1'  Ordre  Teu- 
tonique, Paris  et  Vienne  1887,  S.  32)  vermutete,  indem  er  (S.  301  f.) 
den  Tod  Hermanns  von  Salza  nach  Peter  von  Dusburg  fälschlich 
auf  den  24.  Juli  1239  —  es  liegt  wohl  eine  Verwechslung  mit  Kon- 
rads Todestag  vor  —  verlegte,  Konrad  sei  etwa  im  November  1239 
erhoben  worden.  Vgl.  auch  Häutle,  Z.  Thür.  G.  V,  194  f.  —  Daß 
das  Wahlkapitel  in  Marburg  abgehalten  wurde,  nahmen  schon  J.  Voigt, 
Geschichte  Preußens,  Bd.  2,  Königsberg  1827,  S.  375  u.  381  Anm.  2, 
und  Ewald,  Eroberung  PreuĂźens,  Bd.  2,  S.  10  Anm.  4  an.  Ilgen, 
Allgem.  deutsche  Biogr.  XVI,  626,  und  Wenck,  Wartburgb.  S.  217 
nahmen  an,  Konrad  sei  schon  in  Eger  (1.  Juni  1239)  gewählt  worden- 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  65 

schweig,  die  er  kurz  zuvor  dem  Papste  Gregor  gelobt  hatte  x). 
Schon  seit  1231  waren  zur  Sicherung  des  Schritt  fĂĽr  Schritt 
unterworfenen  Gebietes  vom  Orden  feste  Burgen,  besonders 
Thorn,  Kulm,  Marienwerder,  1237  noch  Elbing  angelegt 
worden.  Anfang  1240  schuf  Herzog  Otto  aus  dem  nur 
mĂĽhsam  vom  Orden  behaupteten  Balga  am  Frischen  Haff 
einen  neuen  festen  StĂĽtzpunkt  zum  Kampfe  gegen  die  heid- 
nischen PreuĂźen2). 

In  den  Streit  zwischen  Friedrich  und  dem  apostolischen 
Stuhle  wurden  zunächst  die  Deutschritter  in  bezug  auf  ihre 
politische  Stellung  hineingezogen.  Sie  hatten  schon  frĂĽher 
in  eben  diesem  Gegensatze  das  MiĂźfallen  der  Kurie  wegen 
ihrer  kaisertreuen  Gesinnung  erregt 3).  Als  solche  muĂźte 
den  Päpstlichen  auch  ihre  eine  Vermittlung  anstrebende 
Stellung  gelten.  Auch  jetzt  blieb  die  Reaktion  nicht  aus. 
Im  Juni  1239  hielt  Gregor  dem  Orden  und  seinen  FĂĽhrern 
—  Konrad  war  damals  wahrscheinlich  noch  nicht  Hoch- 
meister —  in  überaus  heftigen  AVorten  seine  Undankbarkeit 
gegen  die  Kurie  vor  und  drohte  mit  Entziehung  aller  von 
ihm  verliehenen  Vorrechte,  falls  er  im  Gehorsam  gegen  den 
„Tyrannen"  Friedrich  verharren  würde4).  Sein  rühriger 
Geschäftsträger  Albert  Behaim  geht  noch  weiter.  Er  achtet 
in  seinem  Hasse  nicht  der  seinem  Herrn  in  erster  Linie 
obliegenden  Sorge  um  die  Verbreitung  des  christlichen 
Glaubens,   indem    er    die  UnterstĂĽtzung   des  Ordens  in  der 


1)  Böhmer-Ficker  7196. 

2)  Chronik  v.  Oliva  in  Script,  rer.  Pruss.  I,  6791;  Peter  v.  Dus- 
burg, ebenda  S.  61  ff.  —  An  Darstellungen  vgl.  Ewald  II,  31  ff., 
bes.  39 ff.  und  Michels,  Otto  v.  Braunschweig,  S.  52 ff.;  ebenda 
Begest  No.  87  (S.  84)  und  S.  55  Anm.  2  über  die  Datierung.  — 
Voigt,  Geschichte  PreuĂźens  II,  394  f.,  und  Ewald  II,  42  vermuten, 
daß  Konrad  von  Thüringen  die  Ausführung  der  Kreuzfahrt  gefördert 
hat.    Beweisen  läßt  es  sich  nicht. 

3)  So  im  Jahre  1229.  Vgl.  Perlbach,  Statuten,  Einleitung 
S.  XLV,  und  Prutz,  Ritterorden,  S.  65. 

4)  Siehe  Gregors  Schreiben  vom  11.  Juni  1239  in  M.  G.  Epistolae 
saec.XIIIl,No.749;Raynaldus,Ann.ecclesiast.ada.l239,Kp.36,S.482. 

XXVIII.  5 


QQ  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

Bekämpfung  der  heidnischen  Preußen  bei  Strafe  des  Bannes 
verbietet 1).  Höhnisch  schreibt  er  seinem  Herrn,  das  Reich 
werde  jetzt  von  den  Deutschrittern  regiert 2).  Auch  die 
Stellung  des  Ordens  in  PreuĂźen  zu  Bischof  Christian  von 
PreuĂźen  muĂźte  Gregor  IX.  eine  Handhabe  gegen  die  BrĂĽder 
vom  deutschen  Hause  bieten.  Gerade  damals  griff  Gregor 
in  das  seit  langem  gespannte  Verhältnis  zwischen  beiden 
ohne  Zweifel  in  Rücksicht  auf  seine  veränderte  Stellung 
zum  Orden  ein.  Deutlich  nahm  er  fĂĽr  Christian  Partei, 
indem  er  das  Vorgehen  der  Ritter  gegen  diesen  heftig 
tadelte 3).  Noch  bezeichnender  für  das  Verhältnis  zwischen 
Papst  und  Orden  ist  Gregors  Schreiben  vom  Januar  1240. 
Er  befiehlt  darin  die  BrĂĽder  des  Ordens  bis  zum  Michaelis- 
feste des  Jahres  zu  sich  nach  Rom  zur  Verantwortung 
wegen  der  Loslösung  von  dem  Abhängigkeitsverhältnis,  in 
dem  die  Deutschritter  zu  den  Johannitern  ständen4).  Von 
einem    solchen   Verhältnis    der    beiden    Orden    konnte    tat- 


1)  Albert  v.  Behaim  S.  10. 

2)  Albert  v.  Behaim  SS.  14;  Dobenecker  910.  Die  Bemerkung 
bezieht  sich  besonders  auf  die  Hohenlohischen  BrĂĽder. 

3)  Siehe  Gregors  Schreiben  an  den  Bischof  von  MeiĂźen  und 
zwei  andere  meißnische  Prälaten  vom  10.  April  1240  bei  J.  M.  Watte- 
rich, GrĂĽndung  des  deutschen  Ordensstaates  in  PreuĂźen,  Leipzig  1857, 
No.  27  (S.  255  ff.).  Ăśber  die  Beziehungen  des  Ordens  zu  Bischof 
Christian  vgl.  A.  Lentz  in  AltpreuĂźischer  Monatsschrift  Bd.  29,  364  ff., 
der  durchaus  gegen  den  Orden  des  Bischofs  Partei  vertritt ;  Watterich 
S.  125 ff.;  dagegen  P.  Reh  in  AltpreuĂź.  Monatsschrift  Bd.  31,  343 ff. 
und  besonders  desselben :  Verhältnis  des  deutschen  Ordens  zu  den 
preußischen  Bischöfen  im  13.  Jahrh.  in  Zeitschr.  des  westpreuß.  Ge- 
schichtsvereins, Heft  35,  50  ff.  140  ff. ;  auch  Lohmeyer,  Gesch.  von 
Ost-  u.  WestpreuĂźen,  S.  75  f. 

4)  Siehe  Gregors  Schreiben  vom  12.  Januar  1240  bei  Strehlke, 
Tabulae  No.  468,  und  bei  Potthast,  Regesta  Pontif.,  Bd.  1,  No.  10839. 
Strehlke,  Hennes  im  Codex  dipl.,  Bd.  1,  Präfatio  4 f.,  auch  Salles, 
Annales  de  l'Ordre  Teuton.,  S.  527  glaubten,  das  Schreiben  nicht 
unbedingt  als  echt  ansehen  zu  dĂĽrfen.  Da  aber  bei  dem  Zweck,  den 
es  verfolgt,  der  rechtliche  Standpunkt,  an  dem  z.  B.  Hennes  An- 
stoĂź nahm,  gleichgĂĽltig  ist,  wird  auch  die  Bewertung  eine  andere. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  67 

sächlich  nicht  die  Rede  sein  1).  Auch  diese  Maßregel  kann 
nur  als  Beweis  dafĂĽr  gelten,  daĂź  Gregor,  in  dem  Wunsche, 
einen  Druck  auf  den  Orden  zu  ĂĽben,  kein  Mittel  unver- 
sucht ließ.  Bedenken  wir  diese  ungnädige  Gesinnung  Gre- 
gors gegen  den  deutschen  Orden,  so  sehen  wir,  daĂź  Kon- 
rads von  ThĂĽringen  Sendung  keine  leichte  sein  konnte. 

Indessen  besserte  sich  aber  auch  die  Lage  in  Deutsch- 
land noch  mehr  zu  Friedrichs  Gunsten.  War  zu  Eger  die 
Mehrzahl  der  weltlichen  deutschen  FĂĽrsten  auf  seinen 
Wunsch  eingegangen,  so  wollte  auch  der  bei  weitem  größte 
Teil  des  deutschen  Klerus  von  der  Unnachgiebigkeit  der 
Kurie  nichts  wissen.  Hiervon  gibt  uns  ein  Schreiben  deut- 
scher Bischöfe  an  Gregor  ein  deutliches  Bild2).  Anfang 
Juli  1239  tagte  zu  Mainz  ein  von  zahlreichen  geistlichen 
Würdenträgern  besuchtes  Konzil,  an  dem  auch  König  Kon- 
rad teilnahm 3).  Hier  wurde  ohne  Zweifel  ebenfalls  zur 
politischen  Lage  Stellung  genommen.  Verwandte  sich  doch 
ein  großer  Teil  der  in  Mainz  anwesenden  Bischöfe,  nämlich 
die  von  Würzburg,  Straßburg,  Eichstätt,  Worms,  Speier4), 
bald  danach  bei  Gregor  fĂĽr  die  Wiederherstellung  des 
Friedens.  Auch  mit  Herzog  Otto  von  Braunschweig  war 
der  Reichsverweser  eine  Einigung  eingegangen 5),  die  den 
Herzog  wenigstens  in  seiner  neutralen  Haltung  bestärken 
mußte.  Der  österreichische  Herzog,  des  Kaisers  lang- 
jähriger Gegner,    war   schon  im  Herbst  des  Jahres  1239  in 


Ich  folge  Perlbach,  Statuten,  Einleitung  S.  XLVI,  und  Prutz,  Kitter- 
orden, S.  124,  die  das  Schreiben  akzeptieren.  Vgl.  auch  Prutz  S.  66. 
—  1258  tauchte  eine  ähnliche  Prätension  der  Johanniter  auf ;  Ewald, 
Eroberung  PreuĂźens,  Bd.  2,  55  f. 

1)  Vgl.  Perlbach,   Statuten,  Einl.   S.  XLIIff.   u.   Prutz  S.  65. 

2)  Döberl,  Monum.  Germ.  sei.  V,  127 ff.;  Böhmer-Ficker  2433. 

3)  Ann.  Erphord.  fr.  Praed.  S.  97;  Böhmer-Ficker  4403  a; 
J.  Ficker  in  Mitt.  d.  Instituts  f.  österr.  Geschichtsforschung  III,  347  ff. 

4)  Vgl.  ihre  Namen  bei  Böhmer-Ficker  4404.  —  Ersterer  wird 
besonders  durch  König  Konrad  selbst  in  Würzburg  Anfang  Mai  1240 
gewonnen  worden  sein.    Vgl.  später. 

5)  Dobenecker  797.  798;  Böhmer-Ficker  11229. 


(33  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

Verhandlungen  mit  diesem  getreten.  Bald  danach  war  er 
der  Kurie  verloren 1). 

Im  Landgrafenhause  scheint  damals  Zwietracht  zwischen 
Heinrich  und  Hermann  entstanden  zu  sein.  Letzterer  nahm 
nach  Auflösung  seiner  Verlobung  mit  der  Kaisertochter  den 
früheren  Plan  der  Vermählung  mit  Helene  von  Braunschweig 
wieder  auf.  Im  Oktober  1239  fand  die  Verlobung  statt2). 
Damit  entzog  sich  Hermann  der  kaiserlichen  Partei,  während 
Landgraf  Heinrich  für  die  nächsten  Jahre  treu  blieb.  Aber 
auch  der  Umstand,  daß  die  Päpstlichen  später  auch  Hermann 
als  Gegenkönig  in  Aussicht  nahmen,  sowie  seine  Verfeindung 
mit  dem  mit  seinem  Oheim  politisch  gleichgesinnten  Mark- 
grafen von  Meißen  spricht  für  eine  Annäherung  Hermanns 
an  die  Kurie  im  Gegensatz  zu  Landgraf  Heinrich 3).  In- 
dessen konnte  Kaiser  Friedrich,  der  den  letzteren  jetzt  auf 
seine  WĂĽnsche  eingehen  sah,  um  die  Haltung  des  jĂĽngeren, 
weniger  einfluĂźreichen  Neffen  unbekĂĽmmert  sein. 

Unter  diesen  Umständen  rüsteten  sich  die  Kaiserlichen 
im  FrĂĽhjahr  1240  zu  der  in  Eger  beschlossenen  Vermitt- 
lung 4).  Da  ihnen  hierbei  an  einem  geeinten  Vorgehen  lag, 
so  suchte  König  Konrad  persönlich  zahlreiche  weltliche  und 
geistliche  FĂĽrsten  zu  dem  anzubahnenden  Vergleiche  zu  ge- 


1)  Vgl.  A.  Ficker,  Herzog  Friedrich  II.,  Innsbruck  1884,  S.  84 ff.; 
Hauck,  Kirchengesch.  IV,  795  Anm.  4;  Huber,  Gesch.  Ă–sterreichs  I, 
420  f. ;  Juritsch,  Babenberger,  S.  579  ff. 

2)  Vgl.  früher  S.  55  u.  57.  Vgl.  Chron.  reg.  Colon.  S.  281 ;  Böhmer- 
Ficker  7790.  —  Die  Vermählung  mit  Helene  berichten  die  Ann. 
Stadenses:  M.  G.  SS.  XVI,  365;  vgl.  Dobenecker  1164  Anm.,  der 
annimmt,  daĂź  es  sich  nur  um  die  Verlobung  handelte. 

3)  Vgl.  Albert  Behaims  Schreiben  vom  5.  September  1240  in 
Bibliothek  d.  Liter.  Vereins  in  Stuttgart,  Bd.  16,  S.  221;  Doben- 
ecker 914;  ßübesamen  S.  29  f. 

4)  Ăśber  diesen  Vermittlungsversuch  vgl.  bes.  W.  Schirrmacher, 
Friedrich  II.  III,  126 ff.  156 ff.  171  f.;  Hauck,  Kirchengesch.  IV,  797 f.; 
J.  Ficker ,  in  Mitteil.  d.  Instituts  f.  österr.  Geschichtsforschung  III, 
337  ff. ;  vgl.  auch  Knochenhauer,  Gesch.  ThĂĽringens,  S.  352  ff. ;  Feiten, 
Gregor  IX.,  S.  337  ff.  vom  päpstlichen  Standpunkte  aus. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  69 

winnen.  Am  2.  April  stellten  in  LĂĽttich  auf  seine  Veranlassung 
die  lothringischen  Großen,  die  Herzöge  von  Brabant  und 
Lothringen,  sowie  zahlreiche  andere  Grafen  und  weltliche 
Herren  das  erste  der  zahlreich  erlassenen  Schreiben  aus, 
die  der  neue  Deutschordensmeister  Konrad  dem  Papste 
überbringen  sollte  *•).  In  diesem  Schriftstücke  wird  am  ent- 
schiedensten der  kaiserliche  Standpunkt  gewahrt.  Von 
Lüttich  zog  König  Konrad  nach  Köln,  wo  er  am  8.  April  2) 
mit  einer  Anzahl  der  einfluĂźreichsten  geistlichen  FĂĽrsten 
zusammentraf.  Auch  Konrad  von  ThĂĽringen  selbst  ist 
höchstwahrscheinlich  in  Köln  zugegen  gewesen,  um  seinen 
König  bei  der  Gewinnung  der  Bischöfe  zu  unterstützen 
Er  ist  zur  gleichen  Zeit,  im  April,  mit  Graf  Heinrich  von 
Sayn,  einem  der  an  dem  Vergleiche  zu  LĂĽttich  beteiligten 
Großen,  unweit  Köln  zu  Herchen  an  der  Sieg  bezeugt 3). 
Die  in  Köln  anwesenden  geistlichen  Fürsten,  der  Erzbischof 
Konrad  von  Köln,  die  Bischöfe  von  Worms,  Münster  und 
OsnabrĂĽck,  die  auch  in  dieser  Angelegenheit  sich  schon  an 
Kaiser  Friedrich  gewandt  hatten,  betonten  in  ihrem  Schreiben 
an  Papst  Gregor  in  erster  Linie  die  Pflicht  gegen  diesen. 
Der  von  den  weltlichen  FĂĽrsten  in  LĂĽttich  vertretene 
Standpunkt  war  nicht  in  gleichem  Maße  der  ihrige  —  ein 
schlimmes  Anzeichen  der  Trennung  unter  den  deutschen 
FĂĽrsten  im  Falle  des  MiĂźlingens  der  Wiederherstellung  des 
Friedens.  Als  getreue  Söhne  der  Kirche  wollen  sie  sich, 
falls  keine  Aussöhnung  zustande  käme,  auf  die  Seite  Gregors 
steilen  4).    Ihnen  schlössen  sich  in  gleichlautenden  Schreiben 

1)  Siehe  das  Schreiben  in  M.  G.  Const.  II,  No.  227;  Doben- 
ecker  867;  Böhmer-Ficker  11250.  4412  a.     Vgl.  später. 

2)  Chron.  reg.  Colon.  S.  277. 

3)  Dobenecker  876.  Schon  Dobenecker  (877  Ă„nm.  1)  nahm 
Konrads  Anwesenheit  in  Köln  im  April  an.  Sie  wird  dadurch  noch 
wahrscheinlicher,  daĂź  die  Zusammenkunft  mit  dem  Grafen  von 
Sayn  in  Herchen  gerade  in  die  Zeit  der  Kölner  Tage  (8.  April  1240) 
fallen  wird,  da  der  Graf  noch  am  2.  April  in  LĂĽttich  weilt. 

4)  Siehe  ihr  Schreiben  in  M.  G.  Const.  II,  No.  225;  Doben- 
ecker 868;  Böhmer-Ficker  11251. 


70  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

der  Erzbischof  Dietrich  von  Trier,  die  Bischöfe  von  Speyer, 
Straßburg,  Freising,  Eichstätt  und  Brixen  an1).  Dagegen 
stellte  Erzbischof  Sigfrid  von  Mainz  am  20.  April  von  Kastei 
aus  ein  selbständiges  Schreiben  an  den  geistlichen  Vater 
aus,  das  einen  bestimmten,  unparteiischen  Charakter  trägt. 
Er  erbietet  sich  sogar,  selbst  nach  Rom  zu  kommen,  wenn 
die  Wohlfahrt  des  Reiches  es  erheische2).  Auch  Bischof 
Siboto  von  Augsburg  erlieĂź  ein  eigenes  Schreiben  3),  nachdem 
er  sich  auch  an  Friedrich  IL  gewandt  hatte.  Die  weltlichen 
Fürsten,  zunächst  die  in  Eger  verpflichteten  Markgrafen  von 
Brandenburg,  sodann  Herzog  Albert  von  Sachsen  schlössen 
sich  der  Bewegung  in  bestimmten,  klaren  Worten  an,  aber 
ohne  sich  nach  dieser  oder  jener  Seite  irgendwie  zu  binden  4). 
Gleichmäßig  klingt  durch  alle  Schreiben  der  innige 
Wunsch  nach  Frieden.  Die  meisten  lassen  in  die  unheil- 
vollen Folgen,  die  die  erneute  Spaltung  in  Deutschland  her- 
vorrief, einen  Einblick  tun.  Unsicherheit  und  Zwietracht,  Kampf 
und  Mord  ist  im  Zunehmen.  Die  Sache  des  heiligen  Landes 
wie  des  Kreuzes  ĂĽberhaupt  liegt  darnieder.  In  diesem  drin- 
genden Wunsche  nach  Frieden  sind  geistliche  wie  weltliche 
FĂĽrsten  einig,  da  das  Heil  des  Reiches  wie  der  Kirche  nur 
durch  Eintracht  zwischen  den  beiden  höchsten  Gewalten 
gedeihen  kann.  Kaum  von  PreuĂźen  zurĂĽckgekehrt,  wo  er 
den  Mut  der  dort  kämpfenden  Deutschritter  neu  entflammt 
hatte,  verwandte  sich  auch  Herzog  Otto  von  Braunschweig 
fĂĽr   die  Herstellung   des  Friedens5).     Ob   der  Hochmeister, 

1)  Dobeuecker  869—872. 

2)  Siehe  sein  Schreiben  in  M.  G.  Const.  II,  No.  228;   Doben- 
ecker  873;  Böhiner-Ficker  11257. 

3)  M.  G.  Const.  II,  No.  229 ;  Dobenecker  892 ;  Böhmer-Ficker  1 1 264. 

4)  Das  Schreiben  der  Markgrafen  in  M.  G.  Const.  11,  No.  232 ; 
Dobenecker  895;  Böhmer-Ficker  11267;  vgl.  Bauch,  Johann  I.  und 
Otto  III.  von  Brandenburg,  S.  37  ff.  —  Herzog  Alberts  Schreiben 
in  M.  G.  Const.  II,  No.  231;  Dobenecker  894 ;  Böhiner-Ficker  11266 
vgl.  H.  Steudener,  Albrecht  L,  Herzog  von  Sachsen,  in  der  Zeit- 
schrift des  Harzvereins,  Bd.  28,  69  ff. 

5)  Siehe  sein  Schreiben  in  M.  G.  Const.  II,   No.  230;   Doben- 
ecker 893;  Böhmer-Ficker  11265. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  71 

sein  Verwandter,    oder    der  Reichsverweser  Sigfrid   auf  ihn 
in  dieser  Richtung  eingewirkt  haben,  steht  nicht  fest. 

Sein  Schreiben,  sowie  das  der  Brandenburger  Mark- 
grafen ist  von  besonderer  Wichtigkeit  für  uns.  Es  gewährt 
uns  einen  näheren  Einblick  in  die  Gründe,  die  Konrads 
von  ThĂĽringen  Wahl  zum  Vermittler  so  wĂĽnschenswert 
hatten  erscheinen  lassen.  Die  Wege  nach  Italien  zum  Papst 
oder  Kaiser  sind  von  allen  FĂĽrsten  nur  fĂĽr  Konrad  als 
Deutschordensmeister  gefahrlos,  da  der  deutsche  Orden  die 
neutrale,  ausgleichende  Macht  im  Kampfe  zwischen  Kaiser 
und  Kurie  bildet.  Das  gegenseitige,  durch  Ränke  geschürte 
Mißtrauen  war  damals  so  stark,  daß  man  höchstens  noch 
den  Meister  der  Deutschritter  fĂĽr  unparteiisch  im  Kampfe 
hielt.  Die  Vermittlung  jedes  anderen  FĂĽrsten,  falls  er  un- 
gehindert zu  Friedrich  oder  Gregor  vorgedrungen  wäre, 
wĂĽrde  wegen  des  Verdachtes  der  Parteinahme  aussichtslos 
erschienen  sein.  Auch  Konrads  persönliche  Eigenschaften 
schienen  den  Erfolg  der  zu  fĂĽhrenden  Verhandlungen  zu 
bedingen.  EinmĂĽtig  rĂĽhmen  ihn  die  FĂĽrsten  als  einen  kirch- 
lich-frommen, edlen  und  friedliebenden  Mann.  Nach  dem 
Urteile  der  angesehensten  deutschen  FĂĽrsten,  von  denen 
zahlreiche  Konrad  persönlich  kannten,  konnte  kein  geeig- 
neterer als  der  neue  Meister  der  Deutschritter  zum  Ver- 
mittler des  Friedenswerkes  erkoren  werden.  Mehrfach  wird 
der  besonders  freundlichen  Beziehungen  Konrads  zu  Gregor 
Ausdruck  gegeben  x).  Diese  scheint  der  bejahrte,  aber  nichts- 
destoweniger energische  und  zielsichere  Pontifex  damals 
allerdings  nichts  mehr  geachtet  zu  haben.  Dies  dĂĽrfen  wir 
aus  seinem  bezeichnenden  Stillschweigen,  das  bei  Konrads 
Stellung  als  Hochmeister  und  Vermittler  besonders  damals 
höchst  befremdlich  ist,  noch  deutlicher  aus  dem  gehässigen 
Verhalten  gegen  den  Orden  schlieĂźen,  den  Konrad  leitete 2). 

1)  So  in  dem  Schreiben  der  geistlichen  FĂĽrsten  und  in  dem  noch 
zu  erwähnenden  Landgraf  Heinrichs   in  M.  G.  Const.  II,   No.  226. 

2)  Seit  1235  haben  wir  kein  an  Konrad  gerichtetes  päpstliches 
Schreiben  mehr. 


72  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

Nur  zwei  angesehene  deutsche  FĂĽrsten  unterschieden 
sich  in  ihrer  Stellungnahme  von  allen  anderen:  die  dem 
Papste  ergebenen  Wenzel  von  Böhmen  und  Otto  von  Bayern. 
Sie  schlössen  sich  von  dem  Unternehmen  der  anderen  Fürsten 
nicht  aus;  auch  sie  ersuchten  Gregor  um  Frieden.  Doch 
Herzog  Otto  fügte  selbst  hinzu,  der  heilige  Vater  möge 
den  in  dem  Schreiben  ausgesprochenen  Wunsch  nicht  er- 
hören1).    Und  diese  Ansicht  teilte  die  Kurie. 

Von  Köln  hat  sich  Konrad  wohl  zunächst  nach  Mar- 
burg zurĂĽckbegeben 2).  Danach  zog  er  nach  SĂĽden.  In 
Würzburg  traf  er  wieder  mit  König  Konrad,  aber  auch  mit 
seinem  Bruder  Heinrich  zusammen.  Dort  schloĂź  sich  sicherlich 
auf  König  Konrads  Zureden  der  Würzburger  Bischof  Her- 
mann I.,  der  frĂĽhere  Gegner  Kaiser  Friedrichs,  der  Vermittlung 
an,  indem  er  ein  den  Schreiben  der  Mehrzahl  der  Bischöfe 
gleichlautendes  Schreiben  ausstellte  3).  Auch  Landgraf  Hein- 
rich, der  zuvor  auch  den  Kaiser  zum  Ausgleich  mit  Gregor 
aufgefordert  hatte,  wandte  sich  jetzt  an  den  heiligen  Vater. 
Sein  Schreiben  ist  gleich  dem  der  lothringischen  GroĂźen 
vom  2.  April4).  In  ihm  verleugnet  sich  nicht,  daĂź  er  die 
Partei  des  Kaisers  jetzt  entschlossener  als  früher  gewählt 
hat.  Nur  wenn  die  in  den  deutschen  Landen  herrschenden 
Leiden  sich  tatsächlich  durch  Friedrichs  Unnachgiebigkeit 
steigerten,  das  heiĂźt,  des  Kaisers  Unrecht  klar  zutage  liege, 
will  er  die  Sache  der  Kurie  vertreten,  ohne  selbst  dann 
dem  Kaiser,  soweit  dessen  Forderungen  an  ihn  berechtigt 
seien,   sich  zu  entziehen.     Er  hält  dem  Papste  des  Kaisers 


1)  Vgl.  sein  Schreiben  bei  Albert  v.  Behaim  S.  26 f.;  Böhmer- 
Ficker  11312;  Hauck,  Kirchengesch.  IV,  797  f.  Anm.  3,  der  spätere 
Abfassung  des  Schreibens  annimmt. 

2)  Konrad  ist  im  April  in  Marburg  bezeugt;  Dobenecker  875. 
In  BĂĽcksicht  auf  die  Herchener  Urkunde  (vgl.  frĂĽher)  wird  der  Auf- 
enthalt in  Marburg  nach  dem  in  Köln  bezw.  Herchen  anzusetzen  sein. 

3)  Vgl.  Dobenecker  878;  Böhmer-Ficker  11259.  4415. 

4)  Siehe  das  Schreiben  in  M.  G.  Const.  II,  No.  226;  Doben- 
ecker 888.  887;  Böhmer-Ficker  11262;  Hauck  S.  797  Anm.  2. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  73 

edle  WĂĽrde,  sein  Ansehen  und  seine  Machtstellung  vor 
Augen,  der  gegenĂĽber  eine  ungerechte  Behandlung  desselben 
nicht  leicht  zu  nehmen  sei.  Es  scheint  ein  versteckter  Vor- 
wurf gegen  Gregors  Unversöhnlichkeit  in  diesen  Worten 
zu  liegen. 

In  WĂĽrzburg  wurde  damals  Hochmeister  Konrad  auch 
Schiedsrichter  in  dem  Streite  Bischof  Hermanns  von  WĂĽrz- 
burg mit  seinem  Bruder  Poppo  VII.  und  dessen  Söhnen  Hein- 
rich und  Hermann  aus  dem  hennebergischen  Hause.  Zwischen 
diesem  mächtigsten  ostfränkischen  Adelsgeschlechte  und  dem 
Hochstifte  hatten  seit  zwei  Jahrzehnten  dauernd  gespannte 
Beziehungen  bestanden,  die  vorwiegend  ihren  Grund  haben 
in  der  Auflösung  des  alten  Verhältnisses  der  Henneberger 
als  Burggrafen  von  Würzburg  zu  den  Bischöfen  des  Hoch- 
stiftes, begleitet  von  einem  sich  steigernden  Streben  der 
Grafen  nach  einer  unabhängigen  Entwicklung  der  henne- 
bergischen Machtstellung  und  regerer  Teilnahme  an  den 
Fragen  der  äußeren  Politik  1).  Die  daraus  erwachsenden,  un- 
vermeidlichen territorialen  Gegensätze  zwischen  den  Grafen 
und  dem  Hochstift  hatten  schon  1228  zu  einem  ernst- 
lichen Waffengange  gefĂĽhrt.  Damals  machte  eine  neue 
verwickelte  Eehde  das  Eingreifen  der  Regierung  nötig. 
König  Konrad  bevollmächtigte  neben  dem  Hochmeister 
dessen  Bruder,  Landgraf  Heinrich,  die  nahen  Verwandten 
der  Henneberger,  ferner  den  Deutschmeister  Heinrich  von 
Hohenlohe  mit  seinem  Bruder  Gottfried  zur  Beilegung  des 
Streites.  Am  8.  Mai  fällten  sie  ihren  Schiedsspruch,  der 
die  Sache  der  Streitenden  auf  einige  Zeit  ausglich2).     Die 


lj  Vgl.  W.  FĂĽĂźlein,  Hermann  I.,  Graf  von  Henneberg  (1224 
— 1290)  u.  der  Aufschwung  der  hennebergischen  Politik,  in  Z. 
ThĂĽr.  G.  N.  F.  XI,  bes.  56 ff.  81  ff.  151  ff.;  Th.  Henner,  Bischof 
Hermann  I.  von  Lobdeburg,  Würzburg  1875,  S.  26  ff.  —  Siehe  bei 
FĂĽĂźlein  S.  80  die  Kritik  der  bezĂĽgl.  Eesultate  Henners. 

2)  Dobenecker  879.  880;  Füßlein  S.  164 ff.;  Henner  S.  32 f.  — 
Die  endgültige  Beilegung  der  Kämpfe  erfolgte  im  Januar  1250 ;  Füß- 
lein S.  169. 


74  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

friedliche  Beilegung  wurde  noch  dadurch  befestigt,  daĂź 
Gottfried  von  Hohenlohe  sich  zum  Schutze  des  Bischofs 
und  dessen  Kirche,  sowie  zum  Ausgleich  bei  wieder  aus- 
brechenden Streitigkeiten  zwischen  diesem  und  den  Henne- 
bergern  verpflichtete.  Auch  am  AbschluĂź  dieses  Vertrages 
nahm  Konrad  von  ThĂĽringen  mit  Heinrich  von  Hohenlohe 
teil  1). 

Von  WĂĽrzburg  brach  Konrad,  um  in  jenem  ungleich 
größeren  Gegensatze  zu  vermitteln,  nach  Rom  auf.  Seine 
Abreise  von  Deutschland  wird  gleich  nach  dem  11.  Mai, 
dem  Tage  der  Ausfertigung  von  Landgraf  Heinrichs  Schreiben 
an  Papst  Gregor,  anzusetzen  sein. 

Gregor  und  sein  Geschäftsträger  in  Deutschland  hatten 
deutlich  genug  ihre  Abneigung  gegen  friedliche  Verein- 
barungen zu  erkennen  gegeben.  UnbekĂĽmmert  um  die  sich 
jetzt  anbahnende  Vermittlung  fuhr  Albert  in  seinem  Vor- 
gehen gegen  alle  Kaiserlichen  fort.  Noch  am  9.  Mai  hatte 
er  an  Landgraf  Heinrich  und  den  gleichgesinnten  Mark- 
grafen von  MeiĂźen  die  Aufforderung  gerichtet,  sich  den 
Getreuen  der  Kirche  anzuschließen,  und  ihnen  —  bezeich- 
nenderweise auf  des  Papstes  Wunsch,  der  Heinrich  von 
Thüringen  nicht  aufgeben  wollte  —  Bedenkzeit  verstattet, 
gleichsam  ihre  Stellung  zu  wählen 2).  Bald  danach  muß 
ihre  Entscheidung  ganz  zu  Ungunsten  des  römischen  Stuhles 
gefallen  sein.  Denn  schon  Anfang  Juni  hören  wir,  ohne 
daß  die  ihnen  gestellte  Frist  eingehalten  wäre,  von  der 
Bannung  beider  Fürsten.  Sie  eröffnen  mit  Kaiser  Fried- 
rich an  der  Spitze  die  lange  Reihe  der  Gebannten,  zu  denen 
auch  der  Herzog  von  Ă–sterreich  und  angesehene  geistliche 


1)  Beide  gehören  zu  den  Zeugen  des  auch  von  König  Konrad 
besiegelten  Vertrages;  Dobenecker  901.  Nur  die  Beurkundung  ge- 
hört zum  Juni,  die  Handlung  ist  in  die  erste  Hälfte  des  Mai  nach 
Würzburg  zu  verlegen.  Vgl.  Böhmer- Ficker  4422 ;  Dobenecker,  Anm. 
zu  901. 

2)  Dobenecker  883 ;  Albert  v.  Behaim  S.  10 f.;  Dobenecker  882; 
vgl.  RĂĽbesamen  S.  23. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  75 

FĂĽrsten,  der  Reichs verweser  Sigfrid  selbst  und  das  Mainzer 
Kapitel,  der  Erzbischof  von  Salzburg,  die  Bischöfe  von 
Regensburg,  Passau  und  Freising  gehören  *).  Auch  Gregors 
Standpunkt  dĂĽrfte  vor  dem  Beginn  der  Friedensverhand- 
lungen, auf  die  er  seit  langem  vorbereitet  war,  schon  fest- 
gestanden haben.  Ein  Nachgeben,  ein  ZurĂĽckweichen  von 
seinem  Standpunkte  gab  es  fĂĽr  ihn  nicht 2). 

Indessen  hatte  auch  Friedrich  noch  ohne  RĂĽcksicht 
auf  Verhandlungen  sich  noch  im  Juni  zu  neuem  kriege- 
rischen Vorgehen  gerĂĽstet,  um  den  Papst  durch  einen  Ein- 
fall in  das  tuskische  Patrimonium  zum  Nachgeben  zu 
bringen.  Hiervon  stand  er  jedoch  ab  und  zog  in  die  Mark 
Ancona,  sicher  in  RĂĽcksicht  auf  die  jetzt  ernstlich  gefĂĽhrten 
Verhandlungen. 

Denn  damals  hatte  sich  Konrad  von  ThĂĽringen  in  Rom 
mit  den  einflußreichen  Kardinälen  Raynald  von  Ostia  und 
Johann  von  Colonna  dahin  verständigt,  daß  die  eigentlichen 
Verhandlungen  ĂĽber  die  Streitfragen  auf  ein  Ostern  1241 
zu  Rom  abzuhaltendes  Konzil  zu  vertagen  seien.  Ein 
Waffenstillstand  sollte  den  Anfang  des  Vergleiches  machen  3). 
Dieser  anfängliche  Erfolg  muß  in  Friedrich  große  Zuver- 
sicht erweckt  haben.  Er  hatte  wohl  von  vornherein  der 
Tätigkeit    der    Gesandtschaft    großes    Vertrauen    entgegen- 

1)  Albert  v.  Behaim  S.  11 ;  Dobenecker  896.  Die  den  FĂĽrsten 
von  ThĂĽringen  und  MeiĂźen  gestellte  Frist  lief  erst  am  6.  Juli  ab 
(Dobenecker  882).  Am  5.  September  teilt  Albert  dem  Papste  mit, 
daĂź  er  beide  nach  Ostern  (15.  April)  exkommuniziert  habe;  Albert 
v.  Behaim  S.  19;  Dobenecker  914.  Ihre  Bannung  wird  demnach 
kurz  vor  den  1.  Juni  fallen. 

2)  Gregor  deutet  zuerst  in  einem  Schreiben  vom  23.  April 
(Böhmer-Ficker  7293)  und  in  einem  vom  9.  Juni  (Böhmer-Ficker 
7298)  auf  einen  etwaigen  Frieden  hin.  —  Bezeichnend  ist  das  Schreiben 
an  den  Grafen  von  Provence  vom  20.  Juni  1240  (Böhmer-Ficker 
7301),  in  dem  Frieden  von  Verhandlungen  im  allgemeinen  zu  unter- 
scheiden ist. 

3)  Vgl.  über  die  Verhandlungen  Böhmer-Ficker  3124  c  mit 
Quellenangabe.  —  Kardinal  Raynald  wird  auch  in  Friedrichs  Schreiben 
vom  Juni  (Böhmer-Ficker  3125)  erwähnt. 


76  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

gebracht.  Schon  hoffte  er,  nach  glĂĽcklicher  Beilegung  des 
Streites  mit  Gregor  sich  wieder  der  lombardischen  Frage 
widmen  zu  können 1).  Aber  eben  an  ihr  sollte  der  Erfolg 
der  Verhandlungen  gleich  am  Anfang  scheitern,  wie  sie 
schon  den  AnlaĂź  zum  unseligen  Streite  gebildet  hatte. 
Gregor,  weit  entfernt,  seine  natĂĽrlichen  Bundesgenossen 
preiszugeben,  wollte  den  Waffenstillstand  auf  die  lombar- 
dischen Städte  ausgedehnt  wissen.  Auf  dieses  Zugeständnis 
konnte  sich  natĂĽrlich  Friedrich,  wie  Gregor  voraussehen 
muĂźte,  nicht  einlassen  2).  Der  Kampf  dauerte  fort.  Schon 
im  Juli  begann  Friedrich  II.  seine  kriegerischen  Operationen 
fortzusetzen 3).  In  dieser  ernsten  Zeit  des  mit  erneuter 
Heftigkeit  ausbrechenden  Kampfes  starb  Konrad  von  ThĂĽ- 
ringen am  24.  Juli  1240 4)  im  kräftigsten  Mannesalter  von 
etwa  33  Jahren. 

Sein  Tod  kann,  da  mit  ihm  der  Mann  entrissen  wurde, 
auf  den  aller  deutschen  FĂĽrsten  Hoffnung  auf  Ausgleich 
in  diesem  Kampfe  gerichtet  war,  das  völlige  Scheitern  der 
Verhandlungen  nur  beschleunigt  haben ;  ausschlaggebend  ist 

1)  Vgl.  Friedrichs  Schreiben  an  einen  Getreuen  bei  J.  L.  A. 
Huillard-Breliolles,  Historia  diploraatica  Friderici  IL,  Tome  5,  Paris 
1857,  S.  10041;  Böhmer-Ficker  3125.  Siehe  auch  sein  Schreiben 
an  König  Konrad  bei  Huillard-Br^holles  V,  S.  1003 f.;  Böhmer- 
Ficker  3124,  und  an  Herzog  Friedrich  IL  von  Ă–sterreich  bei  Huillard- 
ßreholles  V,  S.  1005 ff.;  Böhmer-Ficker  3126. 

2)  Vgl.  Friedrichs  Schreiben  vom  18.  Juli  1240  bei  Huillard- 
Breholles  V,  S.  1014 ff.;  Böhmer-Ficker  3129.  —  Siehe  auch  Fried- 
richs Schreiben  vom  Dezember  1240  bei  Huillard-Bröholles  V, 
S.  1058ff.;  Böhmer-Ficker  3165. 

3)  Böhmer-Ficker  3127  c. 

4)  Diesen  Todestag  haben  der  Nekrolog  der  Deutschordensballei 
Hessen  bei  Dobenecker  906  a  Anm.,  das  Kalendarium  Necrologicurn 
Thuringicum,  ed.  A.  Huber,  in  Böhmer,  Fontes  rer.  German.  IV, 
457,  Peter  v.  Dusburg  in  Script,  rer.  Pruss.  I,  198  und  die  Deutsch- 
ordens-Nekrologe,  ed.  M.  Perlbach  in  den  Forschungen  zur  deutschen 
Gesch.  XVII,  358  ff.  (Gruppe  1.  2.  5.  8.  9).  -  Vgl.  Ann.  Erphord. 
fr.  Praed.  in  Mon.  Erph.  S.  98,  Cronica  s.  Petri  Erphord.  moderna 
ebenda  S.  236  (beide  mit  falschem  Datum).  Im  ĂĽbrigen  vgl.  Doben- 
ecker 906  a. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  77 

er  nicht  gewesen.  Gregors  MaĂźnahmen  deuten  darauf  hin, 
daĂź  er  ernstlich  von  Frieden  nichts  wissen  wollte.  Es  war 
eitle  Täuschung,  wenn  man  Anfang  August  in  Süddeutsch- 
land glaubte,  der  Friede  sei  hergestellt 1).  Die  folgende  Zeit 
sah  eine  unheilbare  Verschärfung  der  Gegensätze  zwischen 
Kaiser  und  Kurie. 

Konrads  Leiche  wurde  nach  Deutschland  ĂĽbergefĂĽhrt 
und  in  der  Elisabethkirche  zu  Marburg  beigesetzt2). 

Bei  einer  Beurteilung  Konrads  von  ThĂĽringen  mĂĽssen 
wir,  wie  ĂĽberhaupt  bei  der  WĂĽrdigung  mittelalterlicher 
Persönlichkeiten  von  unserem  heutigen  Standpunkte  aus,  zu- 
nächst dem  Geiste,  der  Anschauung  seines  Zeitalters  uns 
anzupassen  suchen. 

In  der  Zeit,  in  der  Konrad  lebte,  reiften  die  geist- 
lichen Ritterorden,  die  Kampf  gegen  die  Ungläubigen  mit 
Pflege  der  Armen  und  Predigt  verbanden,  einer  hohen 
BlĂĽte  entgegen.  Die  Ideen  der  Bettelorden,  besonders  der 
Franziskaner:  freiwillige  Armut  und  Entsagung,  hatten  auch 
im  thĂĽringischen  Landgrafenhause  Eingang  gefunden.  Die 
kirchlichen  Ideale  spielen  auch  hier,  von  der  Landgräfin- 
Mutter  Sophia  und  der  von  den  franziskanischen  Idealen 
mächtig  ergriffenen  Elisabeth  vertreten,  eine  ungleich  größere 
Rolle  als  zuvor.  Ein  Wandel  der  Lebensanschauungen, 
ein  Zunehmen  des  kirchlichen  Elements  hat  sich  heraus- 
gebildet. Hatte  zu  Hermanns  I.  Zeiten  der  landgräfliche 
Hof  die  angesehensten  ritterlichen  Sänger  vereint:  unter 
Ludwig  IV.  fand  die  geistliche  Dichtung  in  Eisenach  rege 
Pflege3).  Denn  schon  er  steht  unter  dem  EinflĂĽsse  jener 
neuen  Ideen,  deutlicher  seine  BrĂĽder  Heinrich  und  Konrad. 


1)  Albert  v.  Behaim  S.  17. 

2)  Vgl.  den  Nekrolog  der  Deutschordensballei  Hessen  bei  Doben- 
ecker  906a  Anm.,  Sigfrid  v.  Ballhausen:  M.  G.  SS.  XXV,  703, 
Peter  v.  Dusburg  S.  198.  —  Eine  Beschreibung  seines  Grabdenkmals 
hat  zuletzt  Küch,  Landgrafendenkmäler,  Z.  Hess.  G.  N.  F.  XXVI, 
162  ff.  gegeben. 

3)  Vgl.  Cäsarius  von  Heisterbach  bei  Börner,  Neues  Arch.  XIII, 


78  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen, 

In  hohem  MaĂźe  hat  sich  die  Legende  der  Gestalt  Kon- 
rads von  Thüringen  bemächtigt,  nicht  zum  wenigsten  auf 
kirchlichem  Gebiete.  Sein  Leben  ist  gleichsam  mit  in  den 
reichen  Sagenkranz  hineinverwoben  worden,  der  sich  um 
Elisabeths  Leben  schlieĂźt.  Bei  mancher  Ăśbertreibung1) 
liegt  aber  in  dieser  letzteren  VerknĂĽpfung  viel  Wahres,  ja, 
der  Kern  für  das  Verständnis  Konrads.  Denn  auch  er  ist 
von  den  kirchlich-asketischen  Ideen  seines  Zeitalters  stark 
erfĂĽllt  gewesen.  Sie  werden  besonders  durch  sein  vor- 
nehmstes Ziel  bezeugt :  Verherrlichung,  Erhöhung  Elisabeths 
zu  den  höchsten  kirchlichen  Ehren.  Denn  in  ihr  erschienen 
die  religiösen  Ideale,  wie  sie  jene  Dezennien  des  13.  Jahr- 
hunderts forderten,  aufs  glänzendste  vereint.  Dieses  Ziel 
zu  erreichen,  hat  Konrad,  wenn  auch  anfangs  beeinfluĂźt 
durch  Magister  Konrad  von  Marburg,  mit  UnterstĂĽtzung 
seines  Bruders  Heinrich  weitaus  das  Meiste  getan.  Durch 
6  Jahre  seines  Lebens  zieht  sich  seine  so  lebhaft  be- 
kundete und  durch  Erwählung  des  geistlichen  Gewandes 
gekrönte  Hingabe  an  Elisabeths  Werk  und  Größe  hindurch. 
Demselben  asketisch-religiösen  Empfinden  ist  Konrads  Be- 
mĂĽhung um  Ausrottung  der  Ketzerei  in  Hessen  erwachsen. 
Bekämpfung  und  Vertilgung  der  Ungläubigen  mit  Feuer 
und  Schwert  oder  Bekehrung  durch  Hinweis  auf  das  kirch- 
liche Idealbild  der  heiligen  Elisabeth  gehen  Hand  in  Hand. 
Den  gleichen  Stempel  trägt  auch  Konrads  Buße  in  Fritzlar. 

Gleich  in  den  Anfang  der  Jahre,  in  denen  wir  bei 
Konrad  schon  sichere  Zeichen  der  Teilnahme  fĂĽr  Elisabeths 
Werk  fanden,  fällt  jene  Fehde  mit  dem  Erzstift  Mainz,  der 
die   spätere    Geschichtsschreibung   und    danach    die    neuere 


470 ;  ĂĽber  die  Pflege  der  Dichtung  an  Hermanns  I.  Hofe  E.  Martin, 
Der  Minnesang  in  Thüringen  und  der  Sängerkrieg  auf  der  Wartburg, 
im  Wartburgb.  S.  169  ff. 

1)  Die  spätere  Tradition  legt  auch  Konrad  übernatürliche  Gaben, 
Visionen  und  die  Gabe  der  Prophetie  bei.  Vgl.  Peter  v.  Dusburg 
S.  199  f. ;  Variae  lectiones  et  supplementa  zu  Theod.  v.  Apolda  bei 
Mencken,  Script,  rer.  Germ.  II,  20031;  siehe  Posse,  ThĂĽr.  Sagen, 
Hist.  Z.  XXXI,  60  f. 


Hochmeister  des  deutschen  Ordens.  79 

Darstellung  so  gewichtige  Polgen  fĂĽr  Konrad  beigelegt  hat. 
Seine  spätere  Lebensrichtung  ist  von  ihr  abhängig  gemacht 
worden.  Konrad  ist  einzig  auf  Grund  der  Zerstörung  Fritz- 
lars zu  einem  wilden,  kampflustigen1),  ja,  gewalttätigen 
und  rohen  FĂĽrsten  gestempelt  worden.  Um  dann  seinen 
Eintritt  in  den  Orden  der  Deutschritter  zu  rechtfertigen, 
hat  die  Tradition  den  plötzlichen  Umschwung  dieser  wilden 
und  ungestĂĽmen  Sinnesart  zu  einer  kirchlich-frommen  her- 
ausgebildet, oder  diesen  fĂĽr  die  Sagenbildung  besonders 
anziehenden  Schritt  legendarisch  ausgeschmĂĽckt. 

Solche  ZĂĽge  entstellen  das  Bild,  das  wir  auf  Grund 
unserer  ältesten  Quellen  uns  von  Konrad  zu  machen  haben. 
Tilgen  wir  die  besonders  die  Ereignisse  von  1232  auf- 
bauschenden Zutaten  späterer  Chronisten2),  so  werden  wir 
diesem  rasch  beigelegten  Kampfe  nur  die  Bedeutung  einer 
Episode  beimessen  dürfen  3).  Mit  seiner  späteren  Einkleidung 
hat  der  Kampf  von  1232  nichts  zu  tun.  Aber  auch  aus 
der  teilweisen  Verbrennung  Fritzlars  selbst  kann  kein 
schwerer  Vorwurf  gegen  Konrad  erhoben  werden.  Sie 
darf  nur  als  eine  aus  der  damaligen  KriegfĂĽhrung  sich  er- 
gebende Notwendigkeit  beurteilt  werden.  Damit  fällt  jene 
Sinnesänderung  Konrads  seit  der  Verwüstung  Fritzlars, 
deren  Grausamkeit  ihn  zur  Umkehr  gebracht  haben  soll, 
weg,  und  wir  haben  keinen  Grund,  einen  derartigen  Um- 
schwung, seine  Bekehrung  von  einem  Saulus  zu  einem  Pau- 
lus4), ĂĽberhaupt  etwas  Unharmonisches  in  Konrads  Cha- 
rakter anzunehmen. 


1)  Interessant  ist  es,  daß  nach  Analogie  der  Zerstörung  Fritz- 
lars spätere  Chronisten  (so  Joh.  Kothe  Kp.  473,  Monachus  Pirnensis 
in  Mencken,  Script,  rer.  Germ.  II,  1458)  die  Zerstörung  der  Eiters- 
burg (vgl.  Cron.  s.  Petri  Erphord.  moderna  in  Mon.  Erph.  S.  227) 
auf  Konrad,  anstatt  auf  Landgraf  Heinrich  zurĂĽckfĂĽhren. 

2)  Cron.  Reinh.:  M.  G.  SS.  XXX,  613  f.  Dieselben  Erzählungen 
finden  sich  in  fast  allen  späteren  Chroniken. 

3)  Vgl.  auch  frĂĽher  Z.  ThĂĽr.  G.  N.  F.  XIX,  369  ff.  382.  bes.  391  f. 

4)  Kolbe,  Erbauung  der  Elisabethkirche,  S.  12  f.  (nach  ihm 
Mielke,  Elisabeth,  S.  17)  begrĂĽndet  diesen  inneren  Umschwung  auch 
u.   a.   mit  den  Worten  auf  Konrads   Siegel:   Säule,  quid  me  per- 


80    Konrad,  Landgraf  v.  ThĂĽringen,  Hochmeister  d.  d.  Ordens. 

Für  seine  kirchlich-religiöse  Gesinnung  sind  auch  die 
zahlreichen  BegĂĽnstigungen  und  Beschenkungen  hessischer 
Klöster  und  Kirchen,  des  Familienklosters  zu  Reinhards- 
brunn und  besonders  des  deutschen  Ordens  ein  sprechender 
Beweis  x).  Und  doch  werden  wir  solchen  Wohltaten,  durch 
die  in  erster  Linie  die  Beziehungen  der  FĂĽrsten  zu  den 
geistlichen  Anstalten  ihres  Landes  sich  äußern  mußten, 
nicht  die  Bedeutung  beilegen,  wie  der  fĂĽr  Konrads  Ge- 
sinnung so  charakteristischen  Erhöhung  Elisabaths  und 
dem    eng   damit  verknĂĽpften  Eintritt  in  den  Deutschorden. 

Dabei  verstand  Konrad,  als  die  Jahre  erneuter  Zwie- 
tracht zwischen  Friedrich  und  Gregor  auch  ihn  nötigten, 
in  diesem  Gegensatze  Stellung  zu  nehmen,  sich  einen  klaren 
Blick  in  der  politischen  Lage  zu  wahren.  Damals  hat  seine 
kirchlich-fromme  Gesinnung,  die  ihn  frĂĽher  in  so  nahe  Be- 
ziehungen zu  Gregor  gefĂĽhrt  hatte,  ihn  politisch  nicht  zum 
ergebenen  Anhänger  des  Papstes  werden  lassen.  Schon 
seine  Stellung  als  Deutschherr  wies  ihn  auf  einen  fried- 
lichen, dem  Kaiser  gĂĽnstigen  Ausgleich  hin,  fĂĽr  den  er 
auch  seinen  Bruder  zu  gewinnen  wuĂźte.  Zum  Meister 
seines  Ordens  emporgestiegen,  schien  der  Nachfolger  Her- 
mannns  von  Salza  als  unparteiischer  Vermittler  so  geeignet 
wie  kein  anderer.  Daher  findet  das  Scheitern  seines  Ver- 
mittlungsversuches —  unabhängig  vom  Vermittler  —  seine 
Erklärung  nur  in  der  gesteigerten  Heftigkeit  der  Gegensätze 
zwischen  weltbeherrschendem  Kaisertum  und  weltbeherr- 
schendem Papsttum. 


sequeris.  Dies  wird  schon  dadurch  hinfällig,  daß  Konrad  dieses  Siegel 
höchstwahrscheinlich  schon  vor  dem  Kampfe  mit  Mainz  führte ;  vgl. 
WyĂź,  Hess.  Urkundenbuch  I,  No.  27  Anm. 

1)  Mit  der  GrĂĽndung  der  Eisenacher  Dominikanerkirche  (vgl. 
Histor.  Pistoriana  Kp.  48,  S.  1326;  Histor.  Eccardiana  S.  424 f.; 
Legendarium  in  Z.  ThĂĽr.  G.  IV,  372 f.;  Gerstenberg,  ThĂĽr.-hess. 
Chronik  S.  379;  Joh.  Rothe  Kp.  477)  hat  Konrad  nichts  zu  tun. 
Vgl.  darĂĽber  Holder-Egger  im  Neuen  Archiv  XXV,  89  ff. ;  Doben- 
ecker  904;  Wenck  im  Wartburgb.  8.  208,  auch  218. 


III. 

Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen  im 

Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645. 

Von 

Lic.  Fr.  Waas,   Pfarrer  in  Waldmichelbach  (Odenwald) 

(Fortsetzung.) 


4.  Die  „Bedenken"  Kromayers  und  der  Professoren 
in  Jena. 
Aber  noch  von  anderer  Seite  erhoben  sich  Bedenken 
gegen  die  Visitation,  die  viel  weitgehender  und  viel  ernster 
zu  nehmen  waren  als  die  der  drei  Diaconi.  Wieder  war 
es  Kromayer,  der  alte  Widersacher  des  Herzogs,  der 
auch  jetzt  seine  Stimme  erhob ;  mit  ihm  vereinigten  sich 
die  Professoren  Johann  Major  und  Johann  Michael  Dilherr 
zu  Jena.  Schon  gleich  nach  dem  Erscheinen  des  Aus- 
schreibens regte  sich  auch  in  Weimar  die  Kritik.  Am 
19.  Januar  1641  hatten  Albrecht  und  Ernst  ihrem  Bruder 
Wilhelm  Mitteilung  von  den  erfolgten  MaĂźregeln  gemacht, 
und  schon  am  27.  Januar  erklärte  dieser  in  seinem  Ant- 
wortschreiben die  Visitation  unter  den  gegenwärtigen  Ver- 
hältnissen für  unzweckmäßig1).  Gleichzeitig  wurden  auch 
in  verschiedenen  Predigten  abfällige  Äußerungen  über  das 
Gothaer  und  Eisenacher  Visitationswerk,  vor  allem  ĂĽber 
das  Ausschreiben  der  beiden  Herzöge  laut.  Es  waren  im 
wesentlichen  die  alten  VorwĂĽrfe,  die  man  auch  hier  wieder- 
holte :    man    beanstandete    die  Beurteilung  der  bestehenden 


1)  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  ThĂĽr.  Gesch.,  N.  F.  X,  S.  427. 
XXVIII.  6 


82  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

Verhältnisse,  den  Ruf  zur  Buße  und  die  Forderung  eines 
„engelreinen"  Lebens.  Solche  Vorwürfe  konnten  natürlich 
nicht  unbeachtet  bleiben,  sie  kamen  zu  den  Ohren  der 
beiden  Herzöge,  und  Albrecht  ergriff  sofort  die  Initiative, 
um  ihnen  entgegenzutreten.  Am  4.  Februar  schrieb  er  seinem 
Bruder  Ernst,  er  halte  es  fĂĽr  seine  Pflicht,  nicht  nur  die 
Widerwärtigkeiten  im  eigenen  Lande  zu  dämpfen,  sondern 
auch  „das  Feuer,  so  von  außen  angelegt  werden  will,  ehe 
es  in  die  Lohe  und  Flamme  ausbricht,  zu  löschen  und  böse 
Mäuler  zu  stopfen"  1).  Beide  forderten  darauf  ihren  Bruder 
Wilhelm  auf,  er  solle  die  betreffenden  Prediger  zu  sich  be- 
scheiden und  von  ihnen  entweder  eine  öffentliche  Erklärung 
verlangen,  daĂź  sie  sich  in  Zukunft  aller  AnzĂĽglichkeiten 
enthalten  wollen,  oder  sie  wenigstens  veranlassen,  ihre  Be- 
denken und  GrĂĽnde  wider  die  Visitation  bescheidentlich 
schriftlich  aufzuzeichnen,  damit  das  Gothaer  und  Eisenacher 
Konsistorium  sich  verantworten  und  die  Entscheidung  theo- 
logischer Fakultäten  und  anderer  unparteiischer  Konsistorien 
anrufen  könne 2).  Der  letztere  Weg  wurde  beschritten. 
Kromayer  —  denn  er  war  wohl  der  Hauptkritiker  oder 
trat  jedenfalls  an  die  Stelle  der  „mehreren",  von  denen 
zuerst  die  Rede  war  —  zeichnete  seine  Bedenken  auf,  ja 
er  veranlaĂźte  auch  Major  und  Dilherr  dazu,  solche  einzu- 
reichen. Beide  waren  von  Herzog  Wilhelm  Ende  Februar 
nach  Weimar  berufen  worden,  um  —  ebenso  wie  Kromayer 
—  ein  Gutachten  über  die  weimarische  Visitation  abzu- 
geben. Diese  Gelegenheit  benutzte  nun  der  Herzog  auf 
Anraten  seines  Generalsuperintendenten,  um  von  ihnen  auch 
ein  Bedenken  ĂĽber  die  gothaische  und  Eisenacher  Visitation 
zu  verlangen.  Sie  leisteten  dieser  Aufforderung  auch  Folge, 
aber,  wie  sie  später  versicherten,  nicht,  um  das  Visitations- 


1)  Kons.-Archiv  zu  Gotha,  Loc.  18,  No.  2.    Schreiben  Albrechts 
an  Ernst.    Dat.  Eisenach,  den  4.  Febr.  1641.    (Konzept.) 

2)  Ebenda,   Schreiben  beider  an  Wilhelm  vom  7.  Febr.  (Kon- 
zept, von  Simon  Malsius  aufgesetzt.) 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  83 

werk  irgendwie  öffentlich  zu  verunglimpfen,  sondern  nur, 
um  ihre  ganz  unmaĂźgebliche  Privatmeinung  darĂĽber  kund- 
zutun. Das  Original  der  beiderseitigen  Bedenken  ist  leider, 
soviel  ich  in  Erfahrung  bringen  konnte,  nicht  mehr  vor- 
handen 1).  Wir  mĂĽssen  uns  deshalb  damit  begnĂĽgen,  aus 
den  Gegenschriften  und  den  Protokollen  der  Verhandlungen 
so  viel  zu  rekonstruieren,  als  eben  möglich  ist.  Den  deut- 
lichsten Begriff  von  den  Bedenken  gibt  ans  ein  bei  den 
Akten  befindlicher  „Extract"'  daraus ,  der  von  Simon 
Malsius  verfaĂźt  ist 2).  Wenn  wir  ihn  mit  den  ĂĽbrigen  uns 
erhaltenen  AktenstĂĽcken  vergleichen,  so  bekommen  wir  ein 
leidlich  deutliches  Bild  davon,  worauf  es  Kromayer  und  den 
Professoren  bei  ihren  „Bedenken"  ankam. 

Wir  gehen  dabei  wohl  nicht  fehl,  wenn  wir  Kromayer 
als  den  eigentlichen  Widersacher  des  Herzogs  und  Urheber 
der  Bedenken  ansehen.  Major  und  Dilherr  hätten  wohl 
ohne  ihn  ihre  Meinung  nicht  in  dieser  Form  laut  werden 
lassen.  Er  war  verstimmt  darĂĽber,  daĂź  ihm  durch  die  Erb- 
teilung ein  gut  Teil  des  Einflusses  auf  Albrecht  und  Ernst 
genommen  war.  Es  war  ihm  jetzt  nicht  mehr  möglich,  die 
Reformpläne  des  Herzogs  Ernst  völlig  zu  vereiteln.  Ernst 
hatte  das  Visitations- Ausschreiben  erlassen,  ohne  ihn  zu  Rate 
zu  ziehen,  er  hatte  Brunchorst  und  andere  ihm  gleich- 
gesinnte    Männer   zu   seinen    Ratgebern    erwählt,    ohne    daß 


1)  In  dem  Band  des  Kons.-Archivs  zu  Gotha,  Loc.  19,  No.  19 
befindet  sich  eine  Abteilung  mit  der  Überschrift  „Weimarische  Acta" 
1641.  Hier  finden  sich  nun  zwar  im  Repertorium  folgende  Angaben: 
„G.  Mein  des  Superint.  Privat  bedencken  wegen  des  Eisenachischen 
vnd  Gothaischen  Patents  vnd  Artickel.  —  H.  Der  H.  Jenischen 
privat  Bedencken  auch  darvon."  Aber  in  den  Akten  selbst  fehlt 
beides.  Wir  haben  hier  nur  das  Bedenken  Kromayers  ĂĽber  die 
weimarische  Visitation  (D),  während  das  im  Repertorium  an- 
gegebene Gutachten  der  Jenenser  hierĂĽber  (E)  ebenfalls  fehlt.  (Das 
Datum  aller  4  Schriften  war  jedenfalls  der  3.  März  1641.)  —  Auch 
eine  Anfrage  in  Weimar  wegen  der  „Bedenken"  war  ohne  Erfolg. 

2)  Er  befindet  sich  in  dem  Band  des  Kons.-Archivs,  der  die 
meisten  Akten  über  die  „Bedenken"  enthält:  Loc.  18,  No.  2. 

6* 


g4  Die  Generalvisitation  Erusts  des  Frommen 

Kromayer  es  hatte  verhindern  können.  Da  galt  es  jetzt, 
so  viel  von  dem  verlorenen  EinfluĂź  zurĂĽckzugewinnen  wie 
nur  möglich!  Kromayer  trat  deshalb  mit  der  Behauptung 
auf,  die  Konsistorien  zu  Gotha  und  Eisenach  seien  von 
dem  zu  Weimar  abhängig.  Daher  hätte  „bei  dem  Patent 
und  Ausschreiben  nicht  ohne  Zuziehung  und  Einstimmung 
Herzog  Wilhelms  und  des  Oberkonsistoriums  zu  Weimar 
verfahren,  sondern  mit  fernerer  Urgier-  und  Exequierung 
bis  auf  genĂĽgsame  Deliberation  und  erholeten  Weimarischen 
Consens  inne  gehalten  werden  mĂĽssen".  Diese  seine  An- 
sprĂĽche begrĂĽndete  Kromayer  mit  dem  Hinweis  auf  den 
Erbvertrag,  in  dessen  viertem  Artikel  die  FĂĽrsten  sich 
zur  „Einführung  einerlei  geistlicher  und  weltlicher  Ord- 
nungen in  Consistorial-,  Kirchen-,  Schul-,  Polizei-  und  Justiz- 
sachen" verpflichtet  hatten.  Auf  Grund  dieses  Artikels  sah 
er  in  dem  Vorgehen  von  Albrecht  und  Ernst  eine  Ver- 
letzung der  Bestimmung,  daĂź  in  Kirchenangelegenheiten  ein- 
heitliche Ordnungen  durchgefĂĽhrt  werden  sollten;  und  da 
in  allen  gemeinsamen  Angelegenheiten  der  Vorsitz  dem  je- 
weils ältesten  Fürsten,  in  diesem  Falle  also  Herzog  Wil- 
helm, zukam,  so  beanspruchte  er  auch  bei  der  Visitation 
diesen  Vorrang  fĂĽr  Wilhelm  und  fĂĽr  sich.  Ernst  und  Al- 
brecht dagegen  betrachteten  die  Visitation  als  eine  innere 
Angelegenheit  ihrer  Landesteile,  auf  die  der  Erbvertrag 
keine  Anwendung  finde,  und  in  die  deshalb  ein  AuĂźen- 
stehender wie  Kromayer  nichts  hineinzureden  habe. 

Der  Wunsch,  die  Oberleitung  der  Visitation  selbst  in 
die  Hand  zu  bekommen  und  dadurch  einen  maĂźgebenden 
EinfluĂź  auf  ihre  DurchfĂĽhrung  zu  gewinnen,  war  indessen 
nicht  der  einzige  Grund  der  Bedenken  Kromayers.  Denn 
es  wäre  sonst  nicht  zu  verstehen,  wieso  die  Jenenser  Pro- 
fessoren sich  ihm  so  unbedingt  anschlieĂźen  konnten.  Sie 
hatten  doch  wahrlich  keinen  Grund,  sich  fĂĽr  ihn  ins  Zeug 
zu  werfen  und  seine  AnsprĂĽche  zu  unterstĂĽtzen;  ist  doch 
auch  in  ihrem  Schreiben  davon,  daĂź  die  Oberleitung  der 
Visitation  nach  Weimar  gehöre,  überhaupt  nicht  die  Rede. 


im  Herzogtum  Saehsen-Gotha  1641 — 1645.  85 

Es  waren  vielmehr  ganz  die  alten  Gegensätze,  die  sich  schon 
1636  geltend  gemacht  hatten  und  die  auch  hier  ihre  Fort- 
setzung fanden.  Die  Stimmung  ist  ganz  dieselbe  wie  da- 
mals, die  VorwĂĽrfe  stimmen  oft  bis  in  die  einzelnen  Aus- 
drĂĽcke hinein  mit  den  damaligen  ĂĽberein,  nur  durch  die 
RĂĽcksicht  auf  die  besondere  Art  des  Ausschreibens  und 
der  Fragen  erhalten  sie  einen  etwas  spezielleren  Charakter. 
So  heiĂźt  es  auch  hier,  man  dĂĽrfe  von  den  einzelnen  Christen 
nicht  so  viel  Wissenschaft  der  göttlichen  Lehre 
verlangen  und  der  Jugend  keine  allzu  schweren  BĂĽrden  auf- 
legen mit  langen  Erklärungen  des  Katechismus  und  vielem 
auswendig  zu  lernenden  Stoff.  Auch  hier  wird  der  Vor- 
wurf erhoben,  daĂź  man  nicht  wisse,  was  wahre  BuĂźe  sei. 
Man  glaube,  man  könne  diese  durch  das  äußerliche  Visi- 
tationswerk und  durch  äußerliche  Reformation  herbeiführen, 
ohne  daran  zu  denken,  daĂź  man  dadurch  nur  der  Heuchelei 
Vorschub  leiste.  Man  räume  dem  freien  Willen  und  den 
natürlichen  Kräften  des  Menschen  allzuviel  ein,  man  predige 
nur  das  Gesetz  und  bringe  durch  unablässige  Gesetzes- 
predigten die  Leute  dahin,  daĂź  sie  ihr  Vertrauen  auf  Gott 
aus  KleinmĂĽtigkeit  ganz  wegwerfen  oder  aus  Desperation 
ganz  davonlaufen ;  man  versäume  es,  sie  mit  evangelischem 
Trost  zu  erquicken.  Man  stelle  es  so  hin,  als  ob  kein 
Mensch  zu  Weimar  *)  wahre  Buße  täte.  Die  Beurteilung 
der  Zeitlage  empfand  man  hier  wie  dort  als  zu  pessi- 
mistisch, die  Parallele  mit  den  Zeiten  der  Propheten,  die 
das  Ausschreiben  zog,  wurde  abgelehnt:  die  Zeiten  seien 
jetzt  nicht  so  abgöttisch  und  tyrannisch  wie  damals  in 
Israel;  und  wie  1636,  so  liefen  auch  jetzt  die  Beschuldi- 
gungen auf  den  Vorwurf  Weigelianischer,  Schwenkfeldischer 
und   wiedertäuferischer   Ketzerei   hinaus.     Neu    hinzu    kam 


1)  Vgl.  die  auffallende  Ăśbereinstimmung  mit  den  VorwĂĽrfen 
gegen  die  „Mängel  und  Ursachen"  von  1636.  Das  Schreiben  vom 
20.  Juni  1641  (Loc.  18,  No.  2),  dem  obige  Stelle  entnommen  ist, 
hat  hier  noch  in  Parenthese:  „denn  also  setzet  der  Autor  bei  uns.' 
Vgl.  oben  Bd.  XXVII,  S.  102. 


36  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

noch  der  Vorwurf,  daĂź  die  weltliche  Obrigkeit  sich  hier 
Ăśbergriffe  in  das  Gebiet  der  geistlichen  erlaubt 
habe.  Schon  an  der  Form  des  Ausschreibens  hatte  man 
auszusetzen,  daĂź  es  zu  viel  BibelsprĂĽche  enthalte,  daĂź  es 
mehr  theologisch  als  politisch,  mehr  einer  Predigt  als  einem 
fürstlichen  Ausschreiben  gemäß  sei.  Dem  Fürsten  aber 
komme  das  Predigen  nicht  zu,  fĂĽrstliche  Ausschreiben  und 
Predigten  wären  nicht  ein  Ding,  geistliche  und  weltliche 
Stände  wären  zu  unterscheiden  und  nicht  ineinander  zu 
mengen.  Umgekehrt  sei  es  ein  Ăśbergriff  der  geistlichen 
Obrigkeit  in  das  Gebiet  der  weltlichen,  wenn  „man  solche 
Artikel  in  die  Kirchenvisitation  bringe,  die  nicht  dahin, 
sondern  zur  Polizeiordnung  und  Ökonomie  gehören".  Dazu 
empfand  man  die  Art  des  Vorgehens  bei  der  Visitation 
als  inquisitorisch.  Das  System,  die  Pfarrer  ĂĽber  die  Ge- 
richtsherren und  die  Gerichtsherren  ĂĽber  die  Pfarrer  zu 
befragen,  wurde  als  Spioniersystem  angesehen,  die  Frage: 
„Ob  sie  wissen,  daß  sich  die  Zuhörer  zu  Hause  mit  den 
Ihrigen  etwas  auf  die  Beichte  bereiten?"  wurde  so  aus- 
gelegt, als  sei  dadurch  von  den  Pfarrern  verlangt,  sie  sollten 
in  die  Häuser  gehen  und  sehen,  wie  man  dort  lebe.  Die 
Folgen  solchen  „inquisitorischen"  Vorgehens  wurden  in  den 
schwärzesten  Farben  ausgemalt.  Man  sagte,  Geistliche  und 
Weltliche  wĂĽrden  aufeinander  gehetzt,  weil  sie  sich  gegen- 
seitig kontrollieren  mĂĽssen.  Die  Visitation  gereiche  zur 
Verachtung  des  geistlichen  Ministerii  und  der  weltlichen 
Obrigkeit.  Anstatt  die  Ehre  der  Geistlichen  und  der  Obrig- 
keit in  acht  zu  nehmen,  habe  man  auf  sie  gescholten  und 
dadurch  die  Gefahr  hervorgerufen,  daĂź  die  Untertanen  solche 
VorwĂĽrfe  aufgreifen  und  gegen  ihre  geistlichen  und  welt- 
lichen Vorgesetzten  benutzen. 

Die  „Bedenken"  waren  von  Kromayer  und  den  Pro- 
fessoren bereits  im  März  1641  aufgesetzt  worden.  Doch 
wurden  sie  den  beiden  FĂĽrsten  erst  im  Mai  oder  Juni  des- 
selben Jahres  ĂĽbermittelt.  Auf  einer  Zusammenkunft  von 
Abgesandten  der  drei  BrĂĽder  in  Erfurt  wurden  sie  im  Auf- 


ini  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  87 

trag  von  Herzog  Wilhelm  den  Gothaer  und  Eisenacher  De- 
putierten überreicht.  Es  ist  selbstverständlich,  daß  Albrecht 
und  Ernst  die  in  den  Bedenken  enthaltenen  VorwĂĽrfe  nicht 
unbeantwortet  ließen.  Sie  verständigten  sich  über  das  Vor- 
gehen und  ließen  zunächst  verschiedene  Widerlegungs- 
schriften aufsetzen.  Die  Bedenken  Kromayers  und  die  der 
Professoren  wurden  hier  getrennt  behandelt  und  eingehend 
besprochen.  Besonders  ausfĂĽhrlich  unter  diesen  verschiedenen 
EntwĂĽrfen  ist  ein  in  Eisenach  aufgesetztes,  vielleicht  von 
Simon  Malsius  verfaĂźtes  Schreiben  gegen  die  Bedenken 
Kromayers.  Es  umfaĂźt  nicht  weniger  als  23  Folioseiten, 
zählt  im  ganzen  54  „Injurien,  Imputationes  und  Diffama- 
tiones"  auf,  die  alle  in  Kromayers  Bedenken  enthalten  seien, 
und  widerlegt  diese  dann  im  einzelnen  1).  Dieses  Schreiben 
wurde  von  Eisenach  nach  Gotha  geschickt  und  dem  dortigen 
Konsistorium  zur  Begutachtung  vorgelegt;  es  diente,  zu- 
sammen mit  noch  anderen  EntwĂĽrfen  und  Vorarbeiten,  zur 
Grundlage  für  die  weiteren  Verhandlungen.  —  Am  5.  und 
6.  Juli  fanden  zunächst  in  Gotha  Sitzungen  des  Kon- 
sistoriums statt,  an  denen  auĂźer  GlaĂź,  Brunchorst,  StrauĂź, 
Christoph  von  Hagen  und  Franzke,  der  inzwischen  an  Stelle 
von  Simon  Malsius  Kanzler  in  Gotha  geworden  war 2),  auch 
der  Herzog  selbst  teilnahm. 

Ein  endgĂĽltiger  BeschluĂź  konnte  hier  noch  nicht  ge- 
faĂźt werden,  da  die  Sache  erst  noch  mit  den  eisenachischen 
geistlichen  und  weltlichen  Räten  verhandelt  werden  mußte, 
doch  war  man  sich  darin  einig,  daß  aufs  schärfste  gegen 
die  „Censuren"  vorzugehen  sei.  Wenige  Tage  später,  am 
9.  Juli,  fand  sodann  eine  Konferenz  in  E  i  s  e  n  a  c  h  statt, 
an  der  als  gothaische  Deputierte  Joh.  Michael  StrauĂź    und 


1)  Siehe  Schreiben  vom  20.  Juni  1641  in  Loc.  18,  No.  2. 

2)  Nach  Gelbke,  Ernst  d.  Fr.,  II,  S.  226  trat  Franzke  erst  am 
2.  Sept.  1641  in  Ernsts  Dienste.  Das  kann  aber  nicht  richtig  sein, 
denn  schon  am  5.  und  6.  Juli  nimmt  er  an  den  Sitzungen  des  Kon- 
sistoriums teil  und  wird  in  verschiedenen  Schreiben  vom  10.  Juli  an 
als  „Kanzler"  bezeichnet. 


88  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

Salomon  GlaĂź  teilnahmen.  Hier  wurden  nun  folgende  Be- 
schlĂĽsse gefaĂźt :  Der  gothaische  Kanzler  Franzke  solle  sich 
nach  Weimar  begeben  und  dort  —  nicht  in  Form  einer 
sollennischen  Gesandtschaft,  sondern  incidenter  und  occa- 
sionaliter  —  bei  Herzog  Wilhelm  vorsprechen.  Diesem 
solle  er  zunächst  die  ganze  Sache  vortragen,  ihm  die  ver- 
schiedenen AktenstĂĽcke  vorlegen  und  dann  zuerst  mit  den 
Jenenser  Professoren  verhandeln,  um  ihnen  ihren  „Exceß  und 
Unfug  theologice  et  politice  zu  remonstrieren"  und  von  ihnen 
eine  zufriedenstellende  Erklärung  zu  verlangen.  Erst  nach- 
dem diese  Sache  erledigt  sei,  solle  man  sich  an  Kromayer 
wenden,  ihm  die  Refutation  seines  Bedenkens  vorlegen  und 
ihn  dahin  zu  bringen  suchen,  daß  er  „seine  böse  Opinion 
von  dem  guten  Werk  der  christlichen  Visitation  abtue  und 
dieselbe  vielmehr  befördere".  Sollte  Kromayer  auf  seiner 
irrigen  Meinung  verharren  oder  Herzog  Wilhelm  dem 
Handel  nicht  beipflichten,  so  bleibt  weitere  Beratung  und 
erneutes  Vorgehen  vorbehalten. 

Wir  sehen,  wie  diese  BeschlĂĽsse  durchaus  von  der 
Meinung  getragen  waren,  daß  Kromayer  der  gefährlichere 
Gegner  sei.  Mit  den  Professoren  hoffte  man  leichter  fertig 
zu  werden,  deshalb  wollte  man  sich  zuerst  ihrer  Zustimmung 
versichern,  um  dann  dem  Generalsuperintendenten  gegen- 
über auf  ihre  Willfährigkeit  verweisen  zu  können.  Diesen 
Erwägungen  entsprach  denn  auch  der  Erfolg.  Mit  einer 
groĂźen  Menge  von  AktenstĂĽcken  ausgerĂĽstet,  darunter  einer 
eingehenden  Instruktion,  die  ihm  sein  Vorgehen  genati  vor- 
schrieb, einem  „Extract  aller  injuriorischen  Imputationen  und 
Bezichtigungen",  sowie  verschiedenen  Widerlegungsschriften, 
unter  denen  sich  jedenfalls  auch  eine  Bearbeitung  des  oben 
erwähnten  ausführlichen  eisenachischen  Schreibens  (vom 
20.  Juni)  befand,  begab  sich  Franzke  nach  Weimar 1).  Er 
suchte    zuerst  Herzog  Wilhelm    auf   und    verhandelte  dann 

1)  Verzeichnis  der  AktenstĂĽcke,  die  Franzke  nach  Weimar 
mitnehmen  soll  (siehe  Loc.  18,  No.  2): 

1.  Creditiv  an  Herzog  Wilhelm   zur  Legitimation  (vorhanden). 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  89 

mit  Major  und  Dilherr  in  Jena.  In  der  Tat  gelang  es  ihm, 
die  beiden  zu  einer  Erklärung  zu  veranlassen,  die  Albrecht 
und  Ernst  zufriedenstellen  muĂźte.  In  einem  Schreiben  an 
die  beiden  Fürsten  erklärten  sie,  sie  hätten  durchaus  nicht 
beabsichtigt,  eine  „Censur"  über  das  Visitationswerk  anzu- 
stellen und  die  gute  Absicht  der  beiden  Herzöge  in  Zweifel 
zu  ziehen.  Sie  hätten  nur  auf  Bitten  von  Herzog  Wilhelm 
in  der  Stille  und  ganz  im  geheimen  einige  Punkte  auf- 
gesetzt, ĂĽber  die  dieser  gelegentlich  mit  seinem  Bruder  Ernst 
konferieren  könne.  Sie  hätten  aber  trotz  ihrer  Ausstellungen 
von  Anfang  an  das  Eisenacher  und  Gothaer  Visitations- 
werk „für  ein  notwendiges  und  nützliches  Werk  und 
dessen  Intention  für  fürstlich-löblich  und  christlich"  ge- 
halten, und  hätten  als  Zweck  der  Visitation  nichts  anderes 
angesehen,  „als  neben  Erhaltung  des  reinen  Wortes  Gottes 
und  der  ungeänderten  Augsburgischen  Confession  die  wahre 
Gottesfurcht  erbaulich  fortzupflanzen" ;  das  sei  auch  jetzt 
noch  ihre  Meinung  *).  Auf  diese  Versicherungen  hin  konnten 
sich  Albrecht  und  Ernst  zufrieden  geben,  und  so  war  mit 
den  Professoren  wenigstens  eine  Einigung  erzielt.  Ob  man 
auch  bezüglich  Kromayers  zu  einem  ähnlichen  Resultat  kam, 
geht  aus  unseren  Akten  nicht  hervor,  doch  scheinen  auch 
hier   die  Verhandlungen    von  Erfolg    begleitet   gewesen    zu 

2.  Instruction,  was  er  bei  Herzog  Wilhelm  anzubringen  (von 
Malsius  verfaĂźt,  nicht  vorhanden). 

3.  Extract  aus  den  Beschuldigungen  (siehe  oben  S.  83). 

4.  Zwei  Refutationes  auf  der  Jenensium  Bedenken,  von  den 
Goth.  Deputierten  revidiert  (nicht  vorhanden). 

5.  FĂĽrstl.  Schreiben  an  die  Herrn  Jenenses,  samt  den  Postu- 
latis,  von  Malsius  verfaĂźt.  (Jedenfalls  das  Schreiben  vom  12.  Juli 
1641,  das  die  Handschrift  von  Malsius  zeigt.) 

6.  Die  Antwort  auf  Kromayers  Bedenken,  von  den  Goth.  Depu- 
tierten revidiert.  (Vermutlich  eine  Bearbeitung  des  Schreibens  vom 
20.  Juni.) 

7.  Abschriften  der  Zensuren. 

1)  Vgl.  das  Originalschreiben  vom  5.  August  1641  in  Loc.  19, 
No.  19.  In  demselben  Band  befinden  sich  auch  noch  einige  andere 
Schreiben  ĂĽber  die  gleiche  Angelegenheit. 


90  Die  General  Visitation  Ernsts  des  Frommen 

sein.  Wir  hören  wenigstens  jetzt  nichts  mehr  von  er- 
neuten Verhandlungen  und  auch  nichts  mehr  von  neuen 
Angriffen  und  AnsprĂĽchen  Kromayers. 

Der  weimarische  Generalsuperintendent  hatte  seine  Ab- 
sicht nicht  erreicht.  Es  war  ihm  nicht  gelungen,  „das 
Directorium  der  Visitation  nach  Weimar  zu  ziehen",  den 
Einfluß  Ernsts  zu  schwächen  und  seinen  Einfluß  zu  stärken. 
Doch  hatte  er  zweierlei  fertig  gebracht:  er  hatte  die  Durch- 
führung der  Visitation  verzögert  und  hatte  in  den  Kreisen 
der  Pfarrer  und  Beamten,  zu  denen  seine  Ausstellungen  doch 
sicher  gedrungen  waren,  MiĂźtrauen  gegenĂĽber  den  Reform- 
bestrebungen der  beiden  Herzöge  gesät.  Ebenso  wie  1636 
so  wurde  auch  jetzt  das  Visitationswerk  ins  Stocken  gebracht 
und  bei  den  Untertanen  verhaĂźt  gemacht. 

Mit  der  Abweisung  der  von  Weimar  aus  erhobenen 
Beschuldigungen  war  allem  gemeinsamen  Vorgehen  der  ver- 
schiedenen Gebiete  ein  Ende  gemacht.  Weimar  ging  jetzt 
unter  der  Führung  Kromayers  seine  eigenen  Wege,  während 
Ernst  und  Albrecht  nicht  mehr  durch  Kritik  von  dorther  be- 
lästigt wurden.  Schon  bald,  nachdem  die  Professoren  ihre 
Gutachten  ĂĽber  die  bevorstehende  weimarische  Visitation  ab- 
gegeben hatten 1),  arbeitete  Kromayer  die  Visitationsfragen 
aus  und  überreichte  sie  am  27.  März  dem  Konsistorium.  Der 
Fragebogen,  der  den  Pfarrern  zur  schriftlichen  Beantwor- 
tung übersandt  werden  sollte,  enthält  194  Fragen,  die  in 
13  Kapitel  eingeteilt  sind.  AuĂźerdem  war  noch  ein  Frage- 
bogen fĂĽr  die  Beamten  vorgesehen,  der  aber  nur  7  Fragen  um- 
faĂźte :  nach  Beantwortung  dieser  Fragen  sollten  Pfarrer  und 
Schulmeister  vor  das  Konsistorium  gefordert  und  ĂĽber 
10  Punkte  befragt,  sowie  „etliche  aus  der  Gemeinde"  im 
Katechismus  examiniert  werden.  Dieser  Entwurf  Kromayers 
wurde  indessen,  wie  es  scheint,  nicht  in  dieser  Form  zur  Aus- 
führung gebracht.  Man  übersandte  ihn  zunächst  zur  Begut- 
achtung nach  Jena,  dort  wurden  die  194  Fragen  an  die  Pfarrer 
auf  107  reduziert,  und  in  dieser  reduzierten  Form  scheint  die 


1)  Vgl.  oben  S.  22. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  91 

Visitation  tatsächlich  durchgeführt  worden  zu  sein  x).  Aller- 
dings zog  sich  die  AusfĂĽhrung  immer  noch  hinaus.  Erst  am 
22.  März  1643  wurde  durch  ein  gedrucktes  Ausschreiben 
der  Beginn  des  Visitationswerks  in  Kirchen  und  Schulen 
angeordnet;  und  erst  nach  Kromayers  Tod  (13.  Juli  1643) 
kam  dieses  unter  der  Leitung  von  Zapf  in  rascheren  FluĂź  2). 
Der  Hauptunterschied  zwischen  der  Visitation  in  Weimar  und 
Gotha  bestand  darin,  daĂź  diese  dort  mit  der  Beantwortung 
der  schriftlichen  Berichte  im  wesentlichen  fertig  war,  wäh- 
rend hier  die  Hauptsache  erst  nachher  anfing.  Eine  groĂźe 
..sollennische  Visitation"  hielt  Kromayer  für  unnötig,  da 
die  Lehre  ja  nicht  verfälscht  sei,  man  begnügte  sich  des- 
halb mit  einer  weniger  eingehenden  Untersuchung  der  Ver- 
hältnisse. Das  Interesse  am  Katechismus  und  die  Be- 
mühungen, den  Leuten  den  „Verstand"  des  Katechismus 
beizubringen,  um  sie  dadurch  zum  rechten  Glauben,  zum 
rechten  Leben  und  schlieĂźlich  zur  Seligkeit  zu  fĂĽhren,  treten 
in  Weimar  mehr  in  den  Hintergrund.  Eine  genauere  Er- 
forschung der  sittlichen  Verhältnisse  war  bei  der  einge- 
schlagenen Art  des  Vorgehens  nicht  so  leicht  möglich,  zu- 
mal da  man  ängstlich  darauf  bedacht  war,  in  dieser  Hin- 
sicht solche  Fragen  zu  vermeiden,  die  in  eine  Polizei-  oder 
Landesordnung  gehören  (vgl.  den  Bericht  Kromayers  vom 
27.  März  1641).  Dagegen  verlangte  man  auch  in  Weimar 
von  den  Pfarrern  die  Einsendung  eines  Verzeichnisses  ihrer 


1)  Genaueres  ĂĽber  die  weimarische  Visitation  vermag  ich  nicht 
anzugeben,  da  ich  nur  die  im  Gothaer  Konsistorialarchiv  befind- 
lichen Akten  zur  VerfĂĽgung  hatte.  Diese  befinden  sich  in  der  be- 
kannten Abteilung  „Weimarische  Acta".  Für  uns  kommen  folgende 
in  Betracht :  D.  Kromayers  Bedenken  ĂĽber  die  weimarische  Visitation. 
3.  März.  J.  Kr.s  „fernerer  Bericht  wegen  der  ganzen  Zusammen- 
fassung aller  Visitationsartikel,  übergeben  den  27.  März  1641".  K. 
Die  194  Artikel  an  die  Pfarrer.  L.  7  Artikel  an  die  Beamten.  M. 
10  Artikel,  betr.  das  mündliche  Verhör  der  Pfarrer  und  Lehrer, 
sowie  das  Katechismusexamen  der  Gemeinde.  O.  Auszug  aus  Kr.s 
Visitationsverfassung.    Jena,  24.  April  1641. 

2)  Zeitschr.  des  Vereins  f.  ThĂĽr.  Gesch.  N.  F.  X,  S.  451. 


92  Die  General  Visitation  Ernsts  des  Frommen 

Pfarrkinder  und  war  auch  hier  ebenso  wie  in  Gotha  und 
Eisenach  eifrig  bemĂĽht,  fĂĽr  Sicherung  und  Aufbesserung 
des  Gehalts  der  Pfarrer  und  Lehrer  zu  sorgen. 

5.  Die  Einsendung  der  Berichte  auf  das  fĂĽrstliche 
Ausschreiben. 

Während  die  Verhandlungen  mit  Weimar  in  vollem 
Gange  waren,  waren  inzwischen  schon  von  Pfarrern  und 
Gerichtsherren  eine  ganze  Reihe  von  Berichten  auf  das  Aus- 
schreiben vom  5.  Januar  eingegangen.  Einige  dieser  Be- 
richte liefen  schon  im  Januar  ein,  doch  hielten  sich  die 
meisten  Pfarrer  nicht  genau  an  die  Frist  von  vier  Wochen, 
sondern  ließen  bis  Februar  und  März,  ja  auch  bis  April 
auf  sich  warten.  Indessen  waren  bis  zum  Mai  weitaus  die 
meisten  Antworten  der  Pfarrer  eingelaufen.  So  blieb  von 
den  Dörfern  des  Amts  Gotha  nur  ein  einziges  (Eberstädt)  rück- 
ständig, und  auch  von  den  Berichten  aus  den  adligen  Ort- 
schaften datieren  nur  sehr  wenige  aus  späteren  Monaten. 
Anders  stand  es  dagegen  mit  den  Gerichtsherren.  Von  ihnen 
antworteten  nur  die  wenigsten  sofort;  und  wenn  sie  es 
taten,  so  waren  ihre  Berichte  so  kurz  und  nichtssagend, 
daĂź  man  daraus  nicht  das  geringste  entnehmen  konnte. 
So  umfaĂźt  z.  B.  die  Antwort  der  Herren  von  Wangenheini, 
die  über  ungefähr  17  Dörfer  zu  berichten  hatten,  ganze 
drei  Seiten,  andere  sind  noch  kĂĽrzer,  wie  die  der  Herren 
von  Teutleben  und  von  Seebach,  nur  die  Herren  von  Erfa 
und  von  Witzleben  zur  Burg  antworteten  genauer  und 
gingen  auch  auf  Einzelheiten  ein.  Die  anderen  Adligen 
aber  und  die  Räte  der  Städte  blieben  mit  ihren  Berichten 
zunächst  überhaupt  im  Rückstand  und  wurden  erst  durch 
eine  nochmalige  energische  Aufforderung  (vom  20.  Mai) 
dazu  veranlaĂźt,  sich  zur  Antwort  herbeizulassen.  So  datiert 
der  Bericht  des  Rates  von  Gotha,  der  sich,  nebenbei  gesagt, 
um  genaue  Beantwortung  mit  groĂźer  Geschicklichkeit  her- 
umdrĂĽckt, erst  vom  24.  August. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  93 

Die  Antworten  der  Pfarrer  auf  das  fĂĽrstliche  Aus- 
schreiben sind  von  sehr  verschiedenem  Umfang  und  von 
sehr  verschiedenem  Wert.  Viele  machten  sich  die  Sache 
leicht;  sie  antworteten  nicht  auf  die  einzelnen  Fragen, 
sondern  berichteten  nur  summarisch  ĂĽber  die  verschiedenen 
in  den  Kapitelüberschriften  genannten  Gegenstände.  Nament- 
lich die  Kapitel  von  öffentlichen  Sünden  und  Ärgernissen, 
von  der  Kirchendisziplin,  vom  Adel,  von  Eltern  und  Haus- 
herren, von  der  Obrigkeit  und  Gerichtspersonen,  von  be- 
nachbarten Pfarrern  und  Kollegen  gaben  zu  solcher  ober- 
flächlichen Behandlung  Anlaß.  So  schreibt  z.  B.  der  Gothaer 
Diakonus  Thilo  als  Antwort  auf  die  53  Fragen  der  Ka- 
pitel 20 — 22  nichts  weiter  als  folgende  Worte:  „Von  Adel, 
Gerichts-  und  obrigkeitlichen  Amtspersonen,  wie  auch  von 
Eltern  und  Hausherrn,  ist  mir  nichts  anderes  wissend  als 
daĂź  sie  ein  exemplarisches  Leben  fĂĽhren  und  gute  Disciplin 
und  Hauszucht  halten.  Mit  der  Herrn  Politicorum  Con- 
versation  bin  ich  wohl  zufrieden,  wie  ingleichen  ich  mich 
wieder  versehe,  daĂź  keiner  werde  ĂĽber  mich  zu  klagen 
haben."  —  „Von  öffentlichen  Sünden,  so  notorisch",  heißt 
es  ferner  bei  Kap.  15,  „ist  mir  anitzo  nichts  kundig,  wie 
ingleichen  auch  von  denen,  so  fremder  oder  irriger  Lehre 
zugetan.  Sobald  man  hiervon  ex  rumore  publico  was  höret, 
wird  solches  nicht  zugelassen."  Der  Artikel  „von  Schulen'.' 
mit  seinen  40  Fragen  wird  durch  folgende  Antwort  er- 
ledigt: „Was  die  Schul  anlanget,  weiß  ich  nicht  anders, 
daĂź  gute  Disciplin  von  den  Collegen,  von  welchen  mir  nicht 
wissend,  daß  sie  Differenzen  und  Simulräten  unter  einander 
haben  sollten,  gehalten  werde.  Das  Ăśbrige  werden  die 
dazu  deputierten  Herrn  Inspectores  beantworten."  Nun 
mag  es  ja  auf  einem  Dorf  manchmal  am  Platz  sein,  ĂĽber 
manche  Gegenstände  so  kurz  und  summarisch  zu  antworten, 
aber  wenn  in  einem  Bericht  ĂĽber  die  Stadt  Gotha  nichts 
weiter  geschrieben  wird  als  die  obigen  nichtssagenden 
Redensarten,  so  ist  es  klar,  daĂź  der  Berichterstatter  solche 
Fragen,  die  ihm  unbequem  sind,  einfach  nicht  beantworten 


94  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

will1).  Wie  wenig  es  Thilo  um  genaue  Berichterstattung 
zu  tun  war,  zeigt  auch  seine  Antwort  auf  die  Frage  nach  den 
Autoren,  die  er  zu  seinem  Studium  benutze.  Er  schreibt 
hier  nämlich:  „Autoren  werden  keine  anderen  gelesen,  als 
so  der  Augsburgischen  Konfession  zugetan."  Noch  naiver 
wird  diese  Frage  allerdings  von  dem  Pfarrer  Elias  Kilius 
in  TĂĽttleben  durch  die  klassischen  Worte  beantwortet: 
„Habe  unterschiedliche  Autores."  Den  Hinweis  auf  andere 
Leute,  die  die  gestellten  Fragen  besser  beantworten  könnten, 
finden  wir  wiederholt  in  den  Berichten.  So  schreibt  der 
Pfarrer  Joh.  Madelung  von  W a r z a ,  ein  im  ĂĽbrigen 
eifriger  und  namentlich  wissenschaftlich  tĂĽchtiger  Mann, 
auf  die  Fragen  „von  Obrigkeit  und  Gerichtspersonen" : 
„Berichten  die  Gerichtsschöppen,  daß  sie  selbst  einen  ge- 
wissenhaften, eidespflichtigen  Bericht  auf  solche  Fragen 
getan.  Ich  auch  als  ein  neuer  Pfarrer  dessen  Gelegenheit 
nicht  erfahren."  Vielfach  suchte  man  auch  die  Verhält- 
nisse idealer  darzustellen,  als  sie  wirklich  waren,  sei  es 
daĂź    man    Unangenehmes   verschwieg    oder  daĂź  man  direkt 


1)  Der  Bericht  Thilos  (Kons.-Archiv  Loc.  19,  No.  22)  umfaĂźt 
9%  Seiten  in  folio,  die  aber  alle  sehr  weitläufig  geschrieben  sind 
und  von  denen  die  erste  fast  ganz  von  einer  sehr  allgemeinen  Ein- 
leitung eingenommen  wird.  Auffallend  ist,  daĂź  Thilo,  dessen  Stellung 
zur  Visitation  uns  doch  bekannt  ist,  hier  schreibt:  „  ...  als  haben 
alle  Lehrer  sowohl  als  auch  die  Zuhörer  höchlich  Gott  dem  Herrn 
zu  danken,  daĂź  I.  F.  Gn.  bei  dero  angetretenen  Landesregierung 
gnädig  gesonnen,  das  Schul-  und  Kirchenwesen  in  besseres  Auf- 
nehmen zu  bringen,  und  das,  was  an  öffentlicher  Disciplin  und  Zucht, 
sonderlich  bei  dem  rohen  wilden  Volk  mochte  gefallen  sein,  zu  repa- 
rieren, aus  welchem  löblichen  Werk  zweifelsohne  in  kurzem  viel 
Nutz  und  Frommen  zu  gewarten."  War  das  wirklich  Thilos  innerste 
Überzeugung?  Glaß  konnte  sicherlich  ein  Lächeln  nicht  unter- 
drücken, als  er  das  las.  —  Ausführlicher  als  der  Bericht  Thilos  sind 
die  von  GnĂĽge  und  Strobel.  Der  Bericht  Strobels  umfaĂźt  3272  Seiten 
und  antwortet  auf  jede  einzelne  Frage,  nur  die  Berichterstattung 
über  „Schulen"  sowie  „Eltern  u.  Hausherrn"  ist  mangelhaft.  —  Noch 
nichtssagender  als  der  Bericht  Thilos  ist  der  von  Nicolaus  Probandt 
ĂĽber  BrĂĽheim. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  95 

ungenaue  oder  falsche  Angaben  machte.  Den  besten  Be- 
weis für  solche  Schönfärberei  gibt  uns  der  Bericht  des 
Pfarrers  M.  Joh.  B  ergmann  in  Siebleben.  Bergmann, 
ein  Mann  von  67  Jahren,  der  schon  seit  1612  in  der  Gemeinde 
Siebleben  tätig  war  und  dort  in  den  Schrecken  des  Krieges 
und  der  Pest x)  treu  ausgehalten  hatte,  schreibt  in  dem 
Artikel  „vom  Catechismo"  :  „Es  können  fast  alle,  jung  und 
alt,  den  Catechismum  Lutheri  rezitieren ;  es  ist  niemand 
da,  dem  es  an  solcher  Wissenschaft  fast  mangele ;  sie  haben 
auch  mehrenteils  von  den  notwendigsten  StĂĽcken  der  Selig- 
keit Verstand.  Der  Katechismus  wird  fleiĂźig  getrieben, 
mit  Kindern,  Knechten  und  Mägden,  wie  auch  mit  den 
Alten.  Sie  rezitieren  den  Katechismus  nicht  bloĂź,  sondern 
es  wird  ihnen  auch  zum  Verstand  geholfen."  Als  aber  die 
Gemeinde  Siebleben  später,  am  6.  Dezember  desselben 
Jahres,  in  Gotha  im  Katechismusexamen  erschien,  da  zeigte 
sich,  daĂź  der  Bericht  des  Pfarrers  die  Sache  doch  in  allzu 
rosigem  Licht  dargestellt  hatte.  HeiĂźt  es  doch  in  dem 
Urteil  über  den  Ausfall  dieses  Examens,  es  sei  „befunden 
worden,  daĂź  ihrer  viel  unter  den  Sieblebern  auch  nur  die 
bloßen  Worte  nicht  im  Gedächtnis  gehabt;  noch  weniger 
aber  sind  sie  im  Verstand  beschlagen  gewesen,  denn  fast 
gar  nicht  auf  eine  einzige  Frage  richtige  Antwort  erfolget, 
ausgenommen  von  etlichen  wenigen  ....  Ist  also  diese 
Gemeinde  der  schlechtesten  eine  gewesen,  danneuhero  denn 
eine  ernste  Ermahnung  an  sie  geschehen,  wonach  bei  kĂĽnf- 
tiger Visitation,  geliebts  Gott  ĂĽbers  Jahr,  eigentlich  wĂĽrde 
geforscht  werden."  Das  klingt  allerdings  etwas  anders  als 
der  Bericht  des  Pfarrers!  Es  stellte  sich  auĂźerdem  heraus, 
daĂź  dieser  erst  seit  dem  fĂĽrstlichen  Ausschreiben  angefangen 
hatte,  auch  den  „Verstand"  des  Katechismus  zu  treiben 
und  auĂźer  den  Jungen  auch  die  Alten  zu  examinieren, 
während  er  im  Bericht  so  getan  hatte,  als  sei  dies  schon 
von  jeher  so  geschehen. 

1)  In  Siebleben  waren  1635  und  1636  400  Personen  an  der  Pest 
gestorben.    Beck  I,  S.  145. 


96 


Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 


Aber  neben  solchen  Berichten,  die  sich  bemĂĽhen,  un- 
angenehmen Fragen  aus  dem  Wege  zu  gehen ,  und  die 
den  Tatbestand  wissentlich  oder  unwissentlich  verschleiern, 
stehen  doch  wieder  andere,  die  mit  groĂźer  Sorgfalt  und 
Genauigkeit  gearbeitet  sind.  Schon  ein  Blick  auf  den  Um- 
fang der  Antworten  zeigt  uns  ihre  groĂźe  Verschiedenheit. 
Neben  solchen  Berichten,  die  einschlieĂźlich  Seelenregister 
nur  8 — 10  Seiten  lang  sind *■),  stehen  andere,  deren  Um- 
fang sich  auf  30 — 40,  ja  bis  zu  90  Seiten  erstreckt2). 
Namentlich  auf  das  Seelenregister  haben  die  meisten 
Pfarrer  eine  groĂźe  Sorgfalt  verwandt.  Um  einen  Begriff 
davon  zu  geben,  wie  diese  Register  angelegt  sind  und  was 
sie  enthalten,  will  ich  hier  einige  Beispiele  folgen  lassen. 
So  hat  Michael  Bitter  in  Friemar  eine  Tabelle  auf- 
gestellt, deren  erste  Zeilen  folgendermaĂźen  lauten : 


Register  der  Zuhörer  und 
Einwohner 


Lesen  und 
Schreiben 


Beten 

Predigt 

— 

unfleiĂźig 

böslich 
böslich 

unfleiĂźig 

fleiĂźig 
unfleiĂźig 

— 

— 

Bet- 
stunde 


1.  Christianus  Wagner 
Marta  uxor  eius 
Caspar us  filius 

2.  Heinich  Liebermeister 
Catharina  uxor 

3.  Thomas  Kölstedt 
Anna  uxor 
Paulus  filius 
Eva  Kölstedts. 


Ackermann 

SchĂĽler 
Taglöhner 

Taglöhner 

SchĂĽler 


nicht 

nicht 
nicht 
wenig 
nicht 

nicht 


selten  i 


selten 

fleiĂźig| 

nicht 


In  dieser  Weise  geht  es  weiter  19  Seiten  lang  durch 
101  Häuser  und  382  Einwohner  hindurch.  Auch  die 
Familien  des  Pfarrers  und  der  beiden  Lehrer  fehlen  nicht. 


1)  Z.  B.  Warza:  3  Folioseiten  Seelenregister,  5  Folioseiten 
Antworten;  Balls  tädt:  3'/2  bezw.  9  Quartseiten;  Brüheim:  9  bezw. 
7%  Seiten. 

2)  Der  umfangreichste  Bericht  ist  der  von  TĂĽttlebeu: 
40'/2  Seiten  Seelenregister,  nahezu  51  Seiten  Antworten.  —  Über 
Gotha  siehe  Anm.  zu  S.  94. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645. 


97 


Jeder  Einwohner  erhält  seine  Note  im  Lesen  und  Schreiben, 
im  „Beten",  d.  h.  im  Hersagen  von  Gebeten  und  Kat- 
echismus-Antworten, im  Besuch  des  Gottesdienstes  und  der 
Betstunde 1). 

Von  besonderem  Interesse  fĂĽr  uns  ist  jedoch  das 
Register  von  TĂĽttleben.  Der  dortige  Pfarrer  Elias 
Kilius,  ein  Mann  von  47  Jahren,  dessen  wissenschaftliche 
TĂĽchtigkeit  zwar,  ebenso  wie  die  des  Pfarrers  von  Frie- 
mar,  manches  zu  wĂĽnschen  ĂĽbrig  lieĂź,  der  es  aber  treu 
und  ehrlich  mit  seiner  Gemeinde  meinte,  hat  uns  den  um- 
fangreichsten und  auch  einen  der  inhaltreichsten  Berichte 
geliefert.  Bei  dem  Seelenregister  begnĂĽgte  er  sich  nicht 
damit,  auĂźer  den  Personalien  seiner  Gemeindeglieder  einige 
allgemeine  Urteile  ĂĽber  ihre  Kirchlichkeit  und  ihre  Kat- 
echismus-Kenntnisse anzufĂĽhren ;  er  teilt  uns  vielmehr  genau 
den  Verlauf  und  das  Resultat  eines  Examens  mit,  das  er 
der  Reihe  nach  in  allen  Häusern  abgehalten  hat.  Er  hat 
sich  die  Mähe  nicht  verdrießen  lassen  und  ist  von  Haus 
zu  Haus  gegangen,  um  die  Leute  nach  den  „Worten"  und 
dem   „Verstand"   des  Katechismus  zu  fragen. 

Es  wird  auch  hier  den  besten  Begriff  geben,  wenn 
wir  einfach  den  Bericht  ĂĽber  das  erste  Haus,  das  Kilius  be- 
sucht hat,  wörtlich  anführen. 


1)  Ahnlich  angelegt  sind  auch  die  Seelenregister,  die  Bernhard 
Gottschalk,  Pfarrer  von  Großfahnerund  Gierstädt,  ausgearbeitet 
hat,  wie  folgendes  Beispiel  zeigt: 


Namen 

Alter 

Cat.  -Wissenschaft 

Sind  in  examine 

bestanden : 

Gemeiner 
Lebenslauf: 

1.  Hans  Zissig 

Barbara,  sein  Weib 
Hans  Schmalz,  sein 
Stiefsohn 

51 

56 

20 

bene 
utcunque 

kann    schreiben 
und  lesen. 
Ist  ein  Fleisch- 
hauer 

ist    im   Kriegs- 
wesen 

XXVIII. 


98  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Froramen 

„Register  uDer  alle  anvertraute  Zuhörer  Eliae  Kilii,  pastoris  zu 
TĂĽttleben. 
Wie  sie  nach  der  Reihe  vom  Pfarrherrn  seien  ihres  Alters  halben 
befragt  und  im  Catechismo  examinieret  worden  den  19.  Januarii. 

1.  Haus. 
Gotthard  Buchner,  Gemeindes-Diener,  ist  33  Jahr  alt. 
Elisabeth  Buchnerin,  sein  Eheweib,  ist  37  Jahr  alt. 
Susanna  Buchnerin,  Töchterlein,  ist  5  Jahr  alt. 
Dieser  hat  zwar  seinen  Catechismum  in  der  Jugend  gelernet 
und  kann  denselben  noch  zur  GenĂĽge  neben  seinem  Weibe  recitieren 
und  hersagen,  und  ist  vom  Pfarrherrn  befragt  und  examiniert  worden 
auf  folgende  Fragen  : 

1)  Wieviel  Gebote  im  Gesetz  Gottes?  antwortet  nur  fĂĽnfe. 

2)  Wer  die  zehn  Gebote  gegeben?  WeiĂź  nicht. 

3)  Durch  wen  solche  gegeben?  WeiĂź  nicht. 

4)  Wozu  die  zehn  Gebote  gegeben?  WeiĂź  nicht. 

Kann  sonsten  ziemlichen  lesen  und  schreiben,  gehet  auch  fleiĂźig 
zur  Kirche,  gebraucht  das  hochwĂĽrdige  Abendmahl  zu  rechter  Zeit. 

Über  dieses  führet  er  gar  eine  böse  Ehe  und  lebet  mit  dem 
Weibe  immer  in  Uneinigkeit,  deswegen  der  Mann  sie  des  Ungehor- 
sams beschuldigt." 

In  derselben  Weise  wird  ĂĽber  jede  einzelne  Familie 
berichtet.  Alle  201  Gemeindeglieder  wurden  so  examiniert, 
der  Bericht  davon  umfaĂźt  nicht  weniger  als  40%  Seiten. 
Bisweilen  wurden  mehrere  Familien  zusammengenommen, 
dann  war  die  Zahl  der  Fragen,  die  man  ihnen  vorlegte, 
entsprechend  größer.  4  Fragen  waren  es  überhaupt  nur 
im  ersten  Haus,  in  allen  anderen  wurden  mindestens  6, 
manchmal  bis  zu  26  Fragen  gestellt ;  meist  waren  es  10  bis 
12.  Das  Examen  war  ganz  dogmatisch  gehalten  und  be- 
traf bald  dieses,  bald  jenes  HauptstĂĽck  des  Katechismus. 
Bestimmte  Fragen  kehrten  immer  wieder,  so  die  nach 
der  Zahl  der  HauptstĂĽcke  und  der  Gebote,  sowie  dem 
Gesetzgeber  (s.  oben).  Außerdem  spielte  die  Trinität  und 
Christologie,  sowie  die  Sakramentslehre  eine  groĂźe  Rolle. 
Immer  wieder  hören  wir:  „Wieviel  sind  Götter?  Wieviel 
Personen  sind  in  der  Gottheit?  Wer  hat  uns  erschaffen? 
erlöst?  geheiligt?  Wer  ist  der  Herr  Christus?  Wieviel 
Naturen    hat    er  ?      Wovon    hat    er    uns    erlöst  ?      Womit 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  99 

hat  er  uns  erlöst?  Wieviel  Bitten  hat  das  Vaterunser? 
Wer  hat  uns  beten  lehren?  Wieviel  Sakramente  haben 
wir?  Womit  werden  die  Kinder  getauft?  Mit  welchen 
Worten  werden  sie  getauft?  Wer  hat  die  hl.  Taufe  ein- 
gesetzt?" usw.  usw.  Alle  Fragen  haben  diesen  allgemeinen 
Charakter,  nur  ganz  selten  wird  einmal  auf  einzelne  Gebote 
oder  einzelne  Bitten  des  Vaterunsers  eingegangen. 

Die  Antworten  auf  diese  Fragen  zeigen  nun  oft  eine 
ganz  unglaubliche  Unkenntnis  und  nicht  die  geringste  Spur 
eines  Verständnisses  für  die  Lehren,  die  dem  Volk  als  „not- 
wendig zur  Seligkeit"  vorgetragen  wurden.  Die  Antwort 
im  ersten  Haus,  daĂź  es  fĂĽnf  Gebote  Gottes  gebe,  zeigt  das 
ja  schon  zur  GenĂĽge.  Aber  sie  steht  durchaus  nicht  allein, 
vielmehr  kehren  ähnliche  Antworten  immer  wieder.  So 
wird  im  vierten  Haus  gefragt:  „Wer  ist  der  Herr  Christus?" 
Darauf  antwortet  „das  Weib":  „Gott  der  Vater",  die  Magd: 
„Gott  der  hl.  Geist".  Im  neunten  Haus  wird  die  Frage: 
„Wer  hat  dich  erlöst?"  von  der  Tochter  mit  „Gott  der  Vater" 
und  von  der  Mutter  mit  „Gott  der  hl.  Geist"  beantwortet, 
und  erst  nachdem  alles  andere  geraten  ist,  sagt  der  Vater 
schließlich:  „Gott  der  Sohn".  Auf  die  Frage:  „Wieviel 
Naturen  hat  der  Herr  Christus?"  hören  wir  im  sechsten 
wie  im  neunten  Haus  die  Antwort:  „drei",  im  19.  Haus 
aber  werden  uns  auf  dieselbe  Frage  gleich  drei  verschiedene 
Antworten  gegeben,  unter  denen  wir  uns  die  richtige  her- 
aussuchen können:  „drei,  sieben  und  fünf".  Daß  wir  drei 
Götter  haben,  bekommen  wir  auch  zweimal  zu  hören,  im 
11.  und  im  21. — 24.  Haus.  Ähnliche  Beispiele  ließen  sich 
noch  in  Menge  anführen,  doch  mögen  diese  genügen.  Wir 
wollen  gern  zugeben,  daĂź  die  Leute  durch  das  Erscheinen 
des  Pfarrers  in  ihren  Häusern,  der  seine  Vorbereitungen 
zum  Examen  jedenfalls  mit  großer  Umständlichkeit  traf, 
verblĂĽfft  und  eingeschĂĽchtert  waren ;  die  Ungeschicklichkeit 
des  Pfarrers  mag  vielleicht  auch  ihre  GemĂĽter  verwirrt 
haben,  so  viel  ist  doch  sicher,  daĂź  ihnen  der  Ausfall  des 
Examens    nicht    zum    Ruhm    gereicht.     Trotzdem    aber   be- 

7* 


100  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

richtete  Kilius  jede  Frage  und  jede  Antwort  getreulich 
nach  Gotha;  und  wir  sind  ihm  noch  heute  zu  Dank  ver- 
pflichtet, daĂź  er  uns  durch  seine  Berichte  einen  so  genauen 
Einblick  in  die  Verhältnisse  seines  Dorfes  tun  läßt. 

Wieder  anders  als  Kilius  verfuhr  der  Pfarrer  Samuel 
Dietterich  in  Wolfsbe ringen.  Er  teilt  in  seinem 
Seelenregister  nicht  das  Resultat  eines  doch  immerhin  auf 
mancherlei  Zufälligkeiten  beruhenden  Examens  mit,  sondern 
gibt  positiv  an,  was  die  einzelnen  Leute  wissen.  So  heiĂźt 
es  z.  B.  bei  Haus  8 : 

„Hans  Eeitz,  ein  Taglöhner,  seines  Alters  32  Jahre,  kann 
den  Catechismus  sehr  schlecht,  an  Psalmen  den  1.  2.  6.  7.  8.  13.  15. 
16.  90.,  an  SprĂĽchen  1.  Joh.  1  das  Blut,  Joh.  3  Also  hat,  Syr.  50 
Nun  danket;  kann  notwendig  schreiben  und  lesen. 

Sein  Weib  Anna,  ihres  Alters  34  Jahr,  kann  ihren  Catechis- 
mum,  an  Psalmen  den  1.  2.  3.  4.  6.  7.  8.  13.  22.  23.  24.  117.,  an 
SprĂĽchen  1.  Joh.  1  das  Blut,  Joh.  3  Also  hat,  Syr.  50  Nun  danket, 
an  Gesängen  die  10  Gebote,  den  Glauben,  Vater  unser,  Christ  unser 
Herr,  Wenn  wir  in  höchsten,  In  dich  hab  ich;  brauchen  das  hochw. 
Abendmahl  des  Jahres  zweimal. 

Haben  zwei  Kinder  durch  Gottes  Segen  mit  einander  erzeugt: 
Ein  Knäblein  von  5  Jahren,  kann  Morgen-  und  Abend-  und  Tisch- 
gebet beneben  den  10  Geboten.     Item. 

Ein  Mägdlein  von  7  Jahren,  kann  Morgen-,  Abend-  und  Tisch- 
gebet beneben  den  10  Geboten;  Erhalt  uns  Herr,  1.  Joh.  1  Das 
Blut,  Joh.  3  Also  hat  Gott  die  Welt  geliebet." 

In  gleicher  Weise  berichtet  er  ĂĽber  das  ganze  Dorf, 
36  Häuser  mit  120  Einwohnern.  Sein  Seelenregister  um- 
faĂźt infolgedessen  nicht  weniger  als  35  Folioseiten.  Bei 
manchen  Häusern  ist  der  Bericht  sehr  umfangreich,  nämlich 
immer,  wenn  es  galt,  eine  größere  Anzahl  von  Liedern  und 
Sprüchen  aufzuzählen 1). 

Noch  eines  Seelenregisters  sei  zum  SchluĂź  gedacht, 
es    ist    das    des  Jakob  Kuhnreich    ĂĽber  Neuroda   und 


1)  Ebenso  abgefaĂźt  wie  das  vorliegende  sind  auch  die  Register 
von  Joh.  Nehring  ĂĽber  Haina  und  Erfa  (=  Friedrichswerth) ; 
nur  tritt  hier  bisweilen  an  die  Stelle  der  Angaben  der  einzelnen 
Lieder,  SprĂĽche  und  Psalmen  der  Vermerk,  wieviel  Psalmen, 
SprĂĽche  und  Lieder  dem  Betreffenden  bekannt  sind. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  101 

TraĂźdorf.      Er    gibt    bei   jedem    einzelnen    nicbt    nur  an, 
wie    oft,    sondern    auch    wann    er    im    letzten    Jahr    zur 
Beichte  und  zum  Abendmahl  gegangen  ist.     Z.  B. : 
(Haus  3)  „Haben  confitieret 

1.  in  vigil.  Nativ.  1639. 

2.  Dom.  8.  p.  Trin.  1640." 
(Haus  4)                   „Haben  communicieret  Ao.  1640 

1.  Dom.  Reminiscere 

2.  Dom.  6.  p.  Trin. 

3.  Dom.  23.  p.  Trin." 

Die  Betrachtung  der  Seelenregister  zeigt  uns  eine  groĂźe 
Mannigfaltigkeit  in  der  Anlage  und  in  der  Auswahl  der 
aufgenommenen  Notizen,  aber  mit  wenig  Ausnahmen  finden 
wir  ĂĽberall  eine  groĂźe  Sorgfalt  in  der  Ausarbeitung.  Ihr 
Wert  für  uns  ist  nicht  leicht  zu  hoch  zu  schätzen.  Sie 
geben  uns  nicht  nur  AufschluĂź  ĂĽber  die  kirchlichen  Ver- 
hältnisse, über  Gottesdienstbesucb,  Teilnahme  an  Beichte 
und  Abendmahl  und  Katecbismus-Kenntnisse,  sondern  sie 
sind  vor  allem  wichtig  in  kultureller  und  wirtschaftlicher 
Beziehung.  Wir  erfahren  die  genaue  Einwohner-  und 
Häuserzahl  eines  jeden  Ortes,  wir  erhalten  einen  Einblick 
in  das  Zusammenleben  der  Familien,  wir  erfahren  den  Be- 
ruf jedes  Hausvaters,  wir  hören,  wieviel  Glieder  der  Ge- 
meinde sich  „im  Kriegswesen"  befinden  und  können  aus 
der  groĂźen  Zahl  der  Witwen  und  Waisen,  wie  aus  dem 
RĂĽckgang  der  Einwohnerzahl  SchlĂĽsse  ziehen  auf  die  Ver- 
wüstungen, die  der  Krieg  angerichtet  hat.  Wir  hören,  wer 
lesen  und  schreiben  kann;  wir  können  berechnen,  wieviel 
Prozent  der  Einwohner  Analphabeten  sind,  und  können  dar- 
aus schlieĂźen  auf  die  Schulbildung  bei  Jungen  und  Alten, 
beim  männlichen   und  beim  weiblichen  Geschlecht. 

Neben  der  Anfertigung  der  Seelenregister  lag  den 
Pfarrern  auch  die  Beantwortung  der  in  dem  Ausschreiben 
gestellten  Fragen  ob.  Auch  diese  wurde  von  vielen  Pfarrern 
mit  groĂźer  GrĂĽndlichkeit  vorgenommen.  Nicht  alle  machten 
sich  die  Sache  so  leicht,  daĂź  sie  nur  summarisch  ĂĽber  die  ver- 
schiedenen Punkte  berichteten,  sondern  sie  antworteten  auf 


102  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

jede  einzelne  Frage.  Kilius  in  TĂĽttleben  und  Schiott- 
hauber  in  Mechterstädt  setzten  sogar  fast  jedesmal 
vor  ihre  Antwort  die  betreffende  Frage,  so  daĂź  sich  aus 
ihren  Berichten  der  Fragebogen  beinahe  lĂĽckenlos  rekonstru- 
ieren lieĂźe.  Bemerkenswert  ist  auch  der  Bericht  von 
Warza,  da  uns  der  Pfarrer  in  ihm  nicht  nur  Urteile  ĂĽber 
die  Katechismus-Kenntnisse  seiner  Gemeindeglieder  mitteilt, 
sondern  auch  genauere  Auskunft  darĂĽber  gibt,  auf  welche 
Weise  er  den  Katechismus  betreibt  und  welche  Fragen  er 
dabei  stellt.  Keinen  ĂĽblen  Eindruck  machen  auĂźerdem  die 
Berichte  von  Hausen  und  Ballstädt,  Molschleben,  Bufleben, 
Goldbach  und  Remstädt,  während  der  des  Pfarrers  von 
Gamstädt  in  uns  den  Verdacht  erweckt,  daß  sein  Verfasser 
alkoholischen  Getränken  nicht  ganz  abgeneigt  gewesen  sei. 
Ein  oder  mehrere  Konzepte  von  Predigten  finden 
wir  nicht  bei  allen  Berichten,  obwohl  deren  Einsendung 
in  der  fĂĽnften  Frage  des  dritten  Kapitels  verlangt  war. 
Die  Diaconi  in  Gotha  unterlieĂźen  die  Ăśbersendung  mit  der 
BegrĂĽndung,  daĂź  ihre  Predigtweise  ohnedies  dem  Super- 
intendenten bekannt  sei.  Von  den  30  anderen  Pfarrern, 
deren  Berichte  uns  erhalten  sind,  haben  nur  20  Predigt- 
konzepte beigelegt,  fĂĽnf  von  ihnen  schickten  zwei,  die  ĂĽb- 
rigen je  eins.  Ritter  in  Friemar  gibt  bei  dieser  Gelegen- 
heit gleich  die  Quelle  an,  aus  der  seine  Predigt  entnommen 
ist,  indem  er  als  Überschrift  darübersetzt:  „Hom.  3.  Heer- 
manni".  Am  SchluĂź  der  Predigt  gibt  er  noch  die  Dis- 
position, die  wörtlich  aus  Heermann  stammt,  sowie  noch 
einige  andere  Predigtdispositionen ,  die  ebenfalls  dorther 
entlehnt  sind.  Seine  ganze  Arbeit  bei  der  Predigt  selbst 
bestand  darin,  das  Lateinische  des  Heermann  ins  Deutsche 
zu  übersetzen  und  noch  etwas  weiter  auszuführen.  —  Noch 
bequemer  wie  er  machten  es  sich  die  Pfarrer  von  GroĂź- 
F  a  h  n  e  r  und  N  a  z  z  a.  Sie  schickten  einfach  die  lateinische 
ausgefĂĽhrte  Disposition,  die  sie  in  irgend  einer  Postille  ge- 
funden hatten,  nach  Gotha  ein.  Ihre  Predigtdispositionen 
zeigen    ein    besonders    kleines,    zum    „Spicken"    geeignetes 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  103 

Format  und  sind  wohl  jedenfalls  von  ihnen  auf  der  Kanzel 
benutzt  worden.  Ebenfalls  in  „Spickformat",  aber  in  deut- 
scher Sprache,  liegen  die  zwei  Predigten  des  Pfarrers  von 
Geschwenda  und  Gräfenroda  vor,  während  Johannes  Al- 
brecht zu  Gera  seine  Predigt  zu  neun  Zehnteln  in  lateinischer 
Sprache  abfaßt.  Wie  weit  diese  Predigten  auf  selbständiger 
Arbeit  beruhen  und  wie  weit  sie  aus  Postillen  entnommen  sind, 
kann  ich  hier  nicht  untersuchen,  ebensowenig  kann  ich  eine 
Beurteilung  der  Predigten  geben.  Es  wäre  aber  eine  lohnende 
Aufgabe,  die  etwa  25  Predigten,  die  uns  hier  vorliegen,  ein- 
mal einer  genaueren  Betrachtung  zu  unterwerfen.  Man  wĂĽrde 
dadurch  einen  vorzĂĽglichen  Einblick  in  die  Predigtweise  der 
thĂĽringischen  Landpfarrer  des  17.  Jahrhunderts  bekommen. 
Weniger  eifrig  und  sorgfältig  in  der  Beantwortung  der 
Fragen  als  die  Pfarrer  waren  die  Gerichtsherren  und 
Beamten.  Von  den  Berichten  der  Räte  der  Städte 
ist  uns  nur  einer  erhalten,  nämlich  der  von  Gotha.  Er 
leistet  das  Menschenmögliche  in  Umgehung  der  Fragepunkte 
mit  allgemeinen  Redensarten.  So  lesen  wir  hier  gleich 
zu  Anfang:  „Was  den  1.  2.  3.  4.  und  5.  Punkt  anlangt, 
kann  der  Rat  hiervon  keinen  eigentlichen  Bericht  ein- 
schicken, alldieweilen  solch  Werk  nicht  allein  die  Herrn 
des  Ministerii  angehet,  sondern  auch  mehrenteils  in  die 
Obergerichte  und  also  in  das  fĂĽrstliche  Amt  laufen  tut. 
Dahero  nicht  zu  zweifeln,  es  werden  sowohl  die  Herrn 
Geistlichen  als  auch  das  fĂĽrstliche  Amt  allhier  genĂĽgsamen 
Bericht  einschicken.  Uns  aber,  dem  Rat,  ist  von  dergleichen 
Lastern  nichts  grĂĽndlich  bewuĂźt."  Als  Antwort  auf  die 
11. — 20.  Frage,  „so  mehrenteils  auf  die  H.  Geistlichen  und 
Schulen  gerichtet",  lesen  wir,  daß  man  „hierbei  nichts  zu 
erinnern"  habe,  „sintemal  bekannt  und  männiglich  wissend, 
daĂź  sie  sich  in  einem  und  dem  andern  dem  Herkommen, 
insonderheit  aber  der  Coburgischen  Kirchenordnung  nach 
gemäß  bezeigen".  Aus  ähnlichen  Redensarten  besteht  fast 
der  ganze  6y2  Seiten  lange  Bericht,  nur  auf  die  wenigsten 
Fragen  wird  eine  wirkliche  Antwort  gegeben. 


104 


Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 


Besser  als  mit  dem  Bericht  des  gothaischen  Rates  steht 
es  mit  dem  des  Amtsverwalters  Joh.  Breithaupt  zu 
Gotha.  Auch  er  ist  der  einzige  seiner  Art,  da  die  Berichte 
der  übrigen  Amtsschösser  nicht  mehr  vorhanden  sind.  Breit- 
haupt hatte  sich  von  den  Heimbürgen  und  Gerichtsschöppen 
eines  jeden  Ortes  im  Amt  Gotha  ĂĽber  die  55  Punkte  be- 
richten lassen  und  aus  diesen  mehr  oder  weniger  ausfĂĽhr- 
lichen Berichten *)  eine  Tabelle  zusammengestellt ,  deren 
Einrichtung  aus  dem  folgenden  Beispiel  klar  wird: 


Artikel 


Beantwortung 


Dorfschaften 


Ob  die  Unter- 
tanen auch 
gehorsam 
sein? 


WĂĽrde  von  einem  immer  eher  als  vom 
andern  der  Gehorsam  verspĂĽrt 

Hans  Wettel  wäre  der  Obrigkeit  un- 
gehorsam 

Balthasar  Stein,  sonsten  keiner 

Wäre  der  Ungehorsam  bei  niemand 
als  den  Unvermögenden  zu  spüren 


Friemar 
Ballstädt 

Hausen 

Eschenbergen 


Die  Tabelle  umfaĂźt  55  Seiten,  auf  jeder  Seite  steht 
die  Beantwortung  einer  Frage  in  bezug  auf  die  17  Ort- 
schaften des  Amtes  Gotha.  Sie  gibt  uns  namentlich  ĂĽber 
die  AmtsfĂĽhrung  der  Geistlichen  und  Schulmeister,  ĂĽber 
ihre  Gehaltsverhältnisse,  sowie  über  die  Waisenpflege  leid- 
lich gute  Auskunft. 

Ă„hnlich  wie  Breithaupt  verfuhren  auch  die  adligen 
Gerichtsherren.  Die  meisten  von  ihnen  versuchten 
zwar  zunächst  den  Herzog  durch  einen  kurzen  summarischen 
Bericht  zufriedenzustellen ;  als  aber  dieser  Versuch  keine 
Anerkennung  fand,  antworteten  sie  dann  nochmals  aus- 
fĂĽhrlicher. So  hatten  auch  die  Herren  von  Wangenheim 
versucht,  die  Fragen  durch  einen  drei  Seiter.  langen  Be- 
richt (vom  27.  Januar)  zu  erledigen,  und  erst  auf  noch- 
malige Aufforderung  hin  gingen  sie  daran,  genauer  zu  be- 
richten.    Sie   beschieden   im   Juni    1641    (am  10.,    12.,    16. 


1)  Eberstädt  und  Brüheini  scheinen  sich  dabei  die  Sache  be- 
sonders leicht  gemacht  und  entweder  ĂĽberhaupt  nicht  oder  nur  auf  die 
ersten  Fragen  (und  zwar  jedesmal  mit  Nein)  geantwortet  zu  haben. 


im  Herzogtum  Sachsen- Gotha  1641 — 1645.  105 

und  28.)  nacheinander  die  „ältesten  und  mit  Pflicht  be- 
legten Personen"  jedes  der  17  ihnen  untergebenen  Orte  zu 
sich,  um  sie  ĂĽber  die  55  Punkte  zu  befragen.  Die  Ant- 
worten wurden  genau  protokolliert  und  das  ganze  Protokoll 
nach  Gotha  geschickt.  Es  ist  ziemlich  ausfĂĽhrlich  und  um- 
faßt etwa  35  Seiten.  Ganz  ähnlich  verfuhren  auch  die 
anderen  adligen  Gerichtsherren,  z.  B.  die  von  Hopfgarten, 
die  ĂĽber  Ebenheim  und  Nazza  zu  berichten  hatten. 


6.  Das  zweite  fĂĽrstliche  Ausschreiben  (vom  20.  Mai  1641) 
und  seine  Folgen. 

Bis  zum  Mai  1641  waren  die  meisten  Antworten  der 
Pfarrer  eingelaufen,  während  die  Berichte  der  Gerichts- 
herren entweder  gar  nicht  oder  in  sehr  ungenĂĽgender  Ver- 
fassung eintrafen.  Da  indessen  auch  einige  Plarrer  noch 
im  RĂĽckstand  waren  und  andere  mit  ihren  Berichten  den 
Anforderungen  des  Herzogs  nicht  entsprachen,  wurde  am 
20.  Mai  1641  ein  zweites  Ausschreiben  erlassen,  das 
die  Säumigen  zu  schleuniger  Einsendung  ihres  Berichts  und 
die  Oberflächlichen  zu  genauerer  Berichterstattung  auf- 
forderte. Ihr  Bericht  soll  sich  hauptsächlich  auf  dieselben 
drei  Punkte  erstrecken,  die  uns  auch  in  dem  ersten  Aus- 
schreiben entgegengetreten  waren: 

1)  die  grobe  Unwissenheit  im  Verstände  der  göttlichen 
Lehre  des  Catechismi, 

2)  die  Fehler    und  Mängel   in  schuldiger  Amtsgebühr, 

3)  die  sonderbaren  strafbaren  Laster 1). 

Neu  kummt  hier  noch  die  Aufforderung  hinzu,  sich 
darüber  zu  äußern,  wie  sie  denken,  „daß  dem  geklagten 
groĂźen  Abgang  an  den  Pfarr-  und  Schulbesoldungen  durch 
Pferd-  und  Handfrohnen  zum  Ackerbau  und  dergleichen 
Dienstleistungen  .  .  .  abzuhelfen  sein  möge".    Das  Schreiben 


1)  Siehe  oben  Bd.  XXVII,  S.  407. 


106  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

wurde  in  zwei  verschiedenen  Formen ,  eine  fĂĽr  die  Ge- 
richtsherren ,  die  andere  fĂĽr  die  Pfarrer  bestimmt,  aus- 
gefertigt und  durch  den  Druck  veröffentlicht.  Die  beiden 
Formen  stimmen  in  der  Hauptsache  wörtlich  überein,  nur 
am  Anfang  und  gegen  SchluĂź  finden  sich  einige  gering- 
fĂĽgige Abweichungen,  die  durch  die  Verschiedenheit  der 
Adresse  bedingt  sind  1). 

Auf  das  zweite  Ausschreiben  reagierten  vor  allem  die 
Gerichtsherren.  Sie  sahen,  daß  es  mit  oberflächlicher 
Berichterstattung  nicht  getan  war,  und  so  bequemten  sie 
sich  wohl  oder  ĂĽbel  dazu,  genauere  Antworten  einzusenden. 
So  kamen  jetzt  ausfĂĽhrliche  Berichte  von  Wangenheim, 
Witzleben  zu  Liebenstein,  Erfa,  Teutleben,  Seebach  und 
Hopfgarten.  Die  Pfarrer  hatten  zum  größten  Teil  schon 
geantwortet,  einige  verspätete  Berichte  liefen  jetzt  noch 
ein,  wie  z.  B.  der  von  Nazza,  der  vom  4.  Juni  datiert. 
Die  meisten  aber  ließen  das  Ausschreiben  völlig  unberück- 
sichtigt, da  sie  der  Ansicht  waren,  daĂź  die  drei  oder 
vier  Punkte  desselben  schon  in  der  umfänglichen  Antwort 
auf  die  Fragen  ihre  Erledigung  gefunden  hätten.  Wir 
haben  in  den  uns  erhaltenen  Akten  nur  neun  Berichte 
von  Pfarrern  auf  das  zweite  Ausschreiben ,  die  aus  den 
Monaten  Juni  bis  Oktober  datieren  und  meistens  wenig  um- 
fangreich sind. 

Damit  war  der  weitaus  größte  Teil  des  vorbereitenden 
Materials  eingegangen.  Einige  Berichte  kamen  erst  1642 
(z.  B.  Mechterstädt),  andere  blieben  ganz  im  Rückstand. 
In  den  Akten  des  Konsistorialarchivs  zu  Gotha  fehlen  die 
Berichte  der  Pfarrer  von  Eberstädt,  Liebenstein-Rippers- 
roda,    Kettmannshausen    und    Laucha.      Aus    einem    „Ver- 


1)  Das  Schreiben  an  die  Pfarrer  siehe  Kons.-Archiv  Loc.  19, 
No.  23,  das  an  die  Gerichtsherren  Staatsarchiv  KK  7,  Bd.  1,  No.  4. 
Außer  den  erwähnten  Drucken  besitzen  wir  noch  zwei  handschrift- 
liche EntwĂĽrfe  zu  dem  Schreiben  an  die  Gerichtsherren  (dat.  13. 
und  15.  Mai)  und  einen  zu  dem  Schreiben  an  die  Pfarrer  (dat.  1 5.  Mai), 
alles  in  Loc.  18,  No.  2. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  107 

zeichniss,  was  an  Visitations  Acten  manglet"  aus  dem  Jahr 
1644 l)  geht  auĂźerdem  hervor,  daĂź  auch  die  Berichte  der 
Pfarrer  von  Tambach,  Haarhausen  und  Nottleben,  sowie 
der  Obrigkeit  von  Herbsleben  und  des  Amtmanns  von 
Königsberg  in  Franken  nicht  eingelaufen  sind 2).  Dabei 
wird  das  Fehlen  der  Berichte  von  Nottleben  und  Laucha 
damit  entschuldigt,  daß  die  Pfarrer  erst  längere  Zeit  nach 
ErlaĂź  des  Ausschreibens  dorthin  gekommen  seien.  Von 
Kettmannshausen  aber  ist  „kein  Bericht  vorhanden,  weil 
der  Pfarrer  das  fĂĽrstliche  Ausschreiben  nicht  bekommen". 
Es  ergibt  sich  somit,  daß  von  den  110 — 120  Pfarrern  des 
Landes  nur  etwa  7  dauernd  mit  dem  Bericht  im  RĂĽckstand 
blieben. 

Die  Berichte  wurden  an  das  Konsistorium  in  Gotha 
eingesandt;  bald  nach  Eingang  begann  man  hier  sie  durch- 
zusehen und  alle  Punkte  aufzuzeichnen,  die  einer  Ă„nderung 
bedürftig  schienen.  Dieser  „Extract"  aus  den  schriftlichen 
Berichten  wurde  dann  später  mit  dem  Protokoll  verglichen 
und  bildete  mit  diesem  zusammen  die  Grundlage  fĂĽr  das 
weitere  Vorgehen  der  Visitatoren  in  den  Gemeinden.  Die 
Berichte  selbst  wurden  in  5  Aktenbänden  gesammelt,  von 
denen  im  Konsistorialarchiv  zu  Gotha  aber  nur  Bd.  I  und  V 
enthalten  ist3).     Ob    die    übrigen  Bände  vielleicht  sonstwo 


1)  Kons.-Archiv  Loc.  19,  No.  12. 

2)  In  dem  „Verzeichniss,  was  .  .  .  manglet"  werden  außerdem 
4  Berichte  von  Pfarrern  aus  dem  Amt  Königsberg  in  Franken,  näm- 
lich von  Königsberg,  Unfinden,  Holzhausen  und  Rügheim,  als  fehlend 
bezeichnet.  Doch  läßt  sich  von  dreien  dieser  Berichte  nachweisen, 
daß  sie  tatsächlich  eingelaufen  sind,  und  es  ist  auch  nicht  wahr- 
scheinlich, daĂź  der  vierte  (RĂĽgheim)  ausblieb.  Der  Bericht  von 
Königsberg  ist  bei  den  Akten  vorhanden  (Loc.  19,  No.  19),  von  Holz- 
hausen haben  wir  wenigstens  das  Begleitschreiben  des  Substituten 
Joh.  David  Fiedler  (vom  3.  Febr.  1641,  in  Loc.  18,  No.  2),  und  bei 
der  „Durchsehung  der  extrahierten  Mängel"  wird  außer  Königsberg 
auch  Unfinden  erwähnt.  Vielleicht  waren  die  Berichte  bei  Abfassung 
des  Verzeichnisses  nur  verlegt! 

3)  Bd.  I  (Stadt  und  Amt  Gotha):  Loc.  19,  No.  23.  Bd.  V 
(adlige  Ortschaften):  Loc.  19,  No.  22.    Die  fehlenden  Bände  II  bis 


108  ÂŁ*ie  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

noch  vorhanden  sind  und  wo  sie  sich  befinden,  vermag  ich 
nicht  anzugeben.  Vielleicht,  daĂź  ein  glĂĽcklicher  Zufall  sie 
eines  Tages  einmal  ans  Licht  befördert!  Außer  den  in 
Bd.  I  und  V  enthaltenen  Berichten  liegen  uns,  in  anderen 
Akten  zerstreut,  noch  einige  Seelenregister  und  Präparations- 
berichte vor x) ;  auch  die  Berichte  aus  den  eisenachischen 
Gebieten,  die  1645  nach  dem  Tode  Albrechts  an  Ernst 
fielen,  sind  zum  groĂźen  Teil  noch  vorhanden2). 


III.  Die  Schulyisitation. 

1.  Die  Visitation  des  Gymnasiums  zu  Gotha. 

Fast  gleichzeitig  mit  der  Absendung  des  ersten  Aus- 
schreibens begann  Ernst  auch  damit,  eine  Visitation  des 
Gymnasiums  zu  Gotha  vorzunehmen 3).  Diese  Schule,  die 
einst  nnter  dem  Rektorat  Wilkes  eine  BlĂĽtezeit  erlebt 
hatte  (1592  —  1629),  ging  jetzt  unter  dem  Rektor  Joh.  Weitz 
mehr  und  mehr  dem  Verfall  entgegen.  Die  Disziplin  sank 
dahin,  Lehrer  und  SchĂĽler  standen  einander  fremd  und 
gleichgĂĽltig  gegenĂĽber.  Weitz,  ein  altersschwacher  Mann, 
hatte  nicht  die  Kraft,  der  einreiĂźenden  Zuchtlosigkeit  zu 
wehren  und  war  ohne  Anregung  in  seinem  einförmigen 
Unterricht.  Um  diesen  Zuständen  ein  Ende  zu  machen, 
berief  Ernst  in  der  Person  des  Andreas   Reyher  einen 


IV  enthielten  die  Amter  Reinhardsbrunn,  Georgenthal,  Schwarzwald, 
Ichtershausen,  Tonndorf,  Mühlberg  und  Königsberg,  die  Sequestratur 
Herbsleben  und  die  erfurtischen  Dörfer. 

1)  Siehe  den  Präp.-Bericht  von  Königsberg  in  Loc.  19,  No.  19, 
den  von  Ruhla  in  Loc.  19,  No.  28. 

2)  Loc.  19,  No.  31:  4.  Amt  u.  Stadt  Heldburg  u.  Ummerstadt. 
Loc.  19,  No.  12:  5.  Amt  Volkenroda.  6.  Schwarzhausen,  Sättelstädt 
u.  Schönau  mit  Filialen.  Loc.  1  9,  No.  29:  Amt  u.  Stadt  Salzungen, 
Amt  Kreienberg,  Gericht  Altenstein. 

3)  Näheres  über  das  Gymnasium  zu  Gotha,  die  Berufung  von 
Reyher  und  die  Visitation  siehe  Bohne,  a.  a.  O.  S.  190  ff.  —  Vgl. 
auch  MĂĽller,  Herzog  Ernsts  Spezialbericht,  S.  128  f. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  109 

neuen  Rektor  an  das  Gymnasium  zu  Gotha.  Weitz  wurde 
mit  vollem  Gehalt  und  der  Verleihung  des  Direktortitels  pen- 
sioniert. In  einem  Schreiben  vom  9.  Januar  1641  sagt  Ernst, 
er  habe  Reyher  zum  Rektor  berufen,  während  „der  auch 
wohlgelahrte,  unser  lieber  getreuer  M.  Johann  Weitz,  einen 
Weg  als  den  andern  noch  bei  besagter  unserer  Schule  ver- 
bleiben und  als  Director  geachtet  werden  soll".  Reyher 
kam  Ende  1640  von  Schleusingen,  wo  er  vorher  als  Rektor 
des  dortigen  Gymnasiums  gewirkt  hatte,  nach  Gotha  und 
wurde  am  11.  Januar  feierlich  in  sein  Amt  eingefĂĽhrt1). 
Aber  schon  lange  vorher,  am  16.  November  1640,  hatte 
er  von  Schleusingen  aus  einen  „Unvorgreiflichen  Entwurf 
ĂĽber  die  Einrichtung  des  Gothaischen  Gymnasii"  ausge- 
arbeitet, in  dem  er  seine  Pläne  bezüglich  der  Umgestaltung 
des  Gymnasiums  entwickelte.  Sofort  nach  seiner  Ankunft 
in  Gotha,  noch  vor  der  EinfĂĽhrung  in  sein  Amt  forderte 
ihn  Ernst  sodann  auf,  ein  Gutachten  ĂĽber  den  Zustand 
des  Gymnasialgebäudes,  das  er  ja  inzwischen  hatte  in 
Augenschein  nehmen  können ,  abzugeben.  Reyher  kam 
dieser  Aufforderung  am  4.  Januar  1641  nach  und  hob  in 
seinem  Gutachten  nicht  weniger  als  18  Gebrechen  hervor, 
aus  denen  man  schließen  kann,  daß  das  Gebäude  sich  da- 
mals in  fast  unbrauchbarem  Zustand  befand.  In  einem 
dritten  Gutachten  vom  12.  Januar  ging  Reyher  nochmals 
auf  dieselben  Mängel  ein  und  machte  zugleich  Vorschläge 
zur  Ausbesserung ;  auch  brachte  er  hier  neue  Pläne  über 
die  Ausgestaltung  des  Unterrichts  2). 

Alle  diese  Gutachten  waren  jedoch  nur  die  Vorbereitung 
zu  der  genaueren  Visitation  des  Gymnasiums.  Diese  wurde 
bereits  am  13.  Januar  angeordnet  und  zu  Visitations- 
kommissären die  Herren  Simon  Malsius,  Glaß,  Brunchorst, 
Christoph    von    Hagen,    der    Amtsverwalter   Johann    Breit- 


1)  Originalschr.  des   Herzogs   vom  9.  Januar  1641 ,    Loc.   19, 
No.  19. 

2)  Bohne,  S.  193—197.    Müller,  S.  128  f. 


HO  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

haupt    und    die    BĂĽrgermeister    Emmerich    Pfefferkorn    und 
Johann  WeidemĂĽller  zu  Gotha  bestellt x) . 

Bereits  am  folgenden  Tag  berief  Malsius  die  Präzep- 
toren  des  Gymnasiums  zusammen,  unter  seinem  Vorsitz  fand 
darauf  im  Beisein  der  ĂĽbrigen  Visitatoren  die  Befragung 
der  Lehrer  statt.  Das  von  Chr.  von  Hagen  gefĂĽhrte  Proto- 
koll ist  uns  noch  erhalten.  Besonders  interessant  sind  hier 
die  Aussagen  des  Konrektors  HeĂź,  der  mit  vollem  Frei- 
mut   die  Schäden  am  Gymnasium    aufdeckte,    während    die 


1)  Das  Ausschreiben  der  Visitation  des  Gymnasiums  hat  fol- 
genden Wortlaut : 

„Von  Gottes  gnaden  Ernst  Hertzogk 
zu  Sachsen,  JĂĽlich,  Cleve  vnd  Bergen  etc. 

Würdige,  Vester,  Hochgelahrte,  Andächtige  vnd  Lieben  getreue. 
Dieweill  die  Schulen  in  einem  wohlbestelten  .Regiment  nechst  GĂĽt- 
lichem wortt  das  höchste  Kleynod,  vnd  gleichsam  schöne  Gärten 
sein,  darinnen  allerhand  fruchtbare  bäume  erzogen  werden,  welche 
mann  hernachmahl  mit  grosem  nutz  in  Kirchen  vnd  Regimenter 
versetzen  thut,  So  will  vmb  soviell  desto  mehr  von  nöten  sein,  dass 
mann  mit  fleis  derselben  wahr  nehme,  vnd  sie  bey  gutem  flor  con- 
tinuirlich  erhalte.  Dieses  nun  bey  uns  erwegende,  haben  wier  nicht 
weniger  vnsers  hohen  Ambts  zu  sein  erachtet,  vf  die  alhier  zu  Gotha 
sich  befindende  Landschuel  nachfrag  zuhalten,  vmb  zuerfahren,  wie 
es  mit  derselben  beschaffen,  Damit  sodann  nach  befindung  entweder 
sie  in  Ihrem  esse  conserviret,  oder  dofern  irgend  eintziger  mangell 
eingerissen,  vnd  dadurch  verwildert  wehre,  selbige  vorbessert,  vnd 
also  zu  gutem  Wohlstand  wieder  gebracht  werden  möge,  Dahero  wier 
auch  Euch  hiermit  Commission  auftragen  wollen,  gnädig  dabey  be- 
gehrende, Ihr  wollet  Euch  mit  einander  förderlich  einer  gewissen 
Zeit  vergleichen,  inss  Augustiner  Kloster  verfĂĽgen,  vnd  vermittelst 
erfolgender  Puncten  fleissige  inquisition  anstellen, 

1.  Wass  ieder  Collega  vor  mängell  in  der  Schuell  vnd  not- 
wendige verbesserungs  Puncten  nach  bestem  gewissen  anzuzeigen 
wisse  ? 

2.  Was  bissher  die  verordnete  praeceptores  der  Schuelen  fĂĽr 
Lectiones  gehalten,  vnd  was  die  Discipuli  dabey  proficirt  in  allen 
Classibus  ? 

3.  Was  fĂĽr  disciplin  in  gemein  bey  der  Schull  gehalten,  vnd 
absonderlich  bey  den  Alumnis  im  Closter? 

4.  Wie  die  Alumni  bisher  verpfleget    worden,  vnd  wie  solche 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  Hl 

ĂĽbrigen  Lehrer  und  vor  allem  der  Direktor  Weitz  diese 
mehr  zu  verhüllen  suchten.  Gleich  zu  Beginn  des  Verhörs 
wurden  die  Lehrer  aufgefordert,  das,  was  sie  jetzt  mĂĽnd- 
lich eicht  vorbringen  könnten,  schriftlich  aufzusetzen  und 
den  Visitatoren  einzureichen.  Das  geschah  denn  auch  gleich 
am  folgenden  Tage.  Wir  haben  die  Berichte  des  Direktors 
Weitz,  des  Konrektors  HeĂź  und  der  vier  ĂĽbrigen  Lehrer 
des  Gymnasiums.  Sie  tragen  denselben  Charakter  wie  die 
mĂĽndlichen  Aussagen;  auch  hier  ist  der  Bericht  des  Kon- 
rektors Heß  der  ausführlichste,  während  der  von  Weitz 
den  geringsten  Umfang  hat x).  Das  Protokoll  der  mĂĽnd- 
lichen Verhandlung  und  die  schriftlichen  Berichte  bildeten 
im  Verein  mit  den  Gutachten  Reyhers  die  Unterlage  fĂĽr 
die  Reformen  im  Gymnasialwesen,  die  unter  Reyhers  Lei- 
tung in  den  folgenden  Jahren  vorgenommen  wurden.  Be- 
reits der  im  Februar  1641  stattfindende  Landtag  beschäftigte 
sich  mit  der  „Reformation  und  Verbesserung  des  Gymnasii", 
indem  er  die  dazu  nötigen  Gelder  bereitstellte ;  die  Arbeit 
der  folgenden  Zeit  war  zunächst  der  Beseitigung  der  äußeren 
Mängel  und  sodann  der  Verbesserung  der  Lehrweise  ge- 
widmet2). 


stipendia  angewandt,  Ob  auch  solche  an  dergleichen  angeleget,  darbey 
man  gutes  profects  vnd  fortkunfft  in  studijs  zugewarten? 

5.  Wie  die  gebäude  zum  Closter  vndt  Schuell  gehörig  in  acht 
genommen  werden  ? 

6.  Was  vor  Ordnung  in  den  Lectionibus,  die  Autores,  horas 
vnd  praeeeptores  betreffend,  anzustellen? 

Vnd  von  diesem  allen,  wie  sie  es  befunden,  vnd  was  sie  dabey 
zuthun  erachten,  Vns  schrifftliche  Relation  thun,  An  deme  geschieht 
vnsere  gefällige  meinung,  vnd  wier  seindt  Euch  mit  gnaden  gewogen. 
Datum  Gotha,  den  13.  Januarij  Ao.  1641. 

Ernst  H.  z.  Sachsen." 
Original  in  Loc.  19,  No.  19.    Adressaten   sind  die  oben  genannten 
Herren   mit  Ausnahme  Breithaupts,  der  durch  Reyher  ersetzt  ist. 
Die  Spuren  der  Ă„nderung  sind  auf  dem  Originalschr.  noch  zu  erkennen. 

1)  Siehe  Loc.  19,  No.  19.    Vgl.  auch  Bohne,  S.  197  ff. 

2)  Vgl.  §  3  des  Landtagsabschieds  vom  24.  Febr.  1641.  Ru- 
dolphi,  Goth.  dipl.  IV,  S.  2. 


112  Die  Generalvisitation  Ernste  des  Frommen 

2.  Die  Visitation  der  ĂĽbrigen  Schulen  des  Landes. 
Die  Instruktion  und  die  Visitationsfragen. 

FĂĽr  uns  kommt  die  Visitation  des  Gymnasiums  zu 
Gotha  nur  in  Betracht  als  Vorspiel  der  Visitation  der 
Schulen  des  ganzen  Landes.  Wir  sahen,  daß  die  Prä- 
parationsfragen auch  eine  ganze  Reihe  von  Fragen  ĂĽber 
die  Schule  enthielten;  sie  sollten  eine  Vorbereitung  fĂĽr 
die  Kirchen-  und  Schul  Visitation  bilden.  UrsprĂĽnglich 
war  in  Aussicht  genommen  worden,  die  Visitation  sofort 
auf  die  Einsendung  der  Berichte  folgen  zu  lassen,  aber 
infolge  des  „besorglichen  Zustandes  des  Landes",  mehr  noch 
infolge  der  „Bedenken"  Kromayers  war  der  Beginn  der 
eigentlichen  Visitation  immer  mehr  hinausgeschoben  worden. 
Gerade  der  Sommer  1641  war  fĂĽr  die  DurchfĂĽhrung  einer 
Visitation  ja  auch  sehr  wenig  geeignet.  Wurde  doch  ge- 
rade in  diesem  Sommer  das  Land  wiederholt  von  Kriegs- 
unruhen ,  TruppendurchzĂĽgen  und  PlĂĽnderungen  heimge- 
sucht. Die  Unsicherheit  auf  dem  Lande  erreichte  ihren 
Höhepunkt  im  Herbst  des  Jahres.  Damals  flüchteten  die 
Bewohner  der  Dörfer  samt  ihren  Pfarrern  und  Lehrern  viel- 
fach in  die  befestigten  Städte  *),  weil  die  fremden  Truppen 
den  Aufenthalt  auf  dem  Lande  höchst  gefährlich  machten. 
Das  alles  erschwerte  die  DurchfĂĽhrung  einer  Visitation; 
trotzdem  aber  gab  Ernst  den  Gedanken  nicht  auf,  sondern 
beschloß,  zunächst  einmal  mit  der  Schulvisitation  den  Anfang 
zu  machen  und  dabei  gerade  die  Gelegenheit  zu  benutzen, 
daß  „wegen  der  jetzigen  Kriegsunruhen  sich  die  meisten 
geistlichen  und  weltlichen  Landeseinwohner  samt  allen  den 
Ihrigen"  in  die  Stadt  Gotha  oder  in  andere  befestigte  Städte 
begeben  hatten.  Durch  ein  Ausschreiben  vom  23.  Oktober 
1641  befahl  er  den  Superintendenten  und  Adjunkten,  zu- 
sammen  mit    den    weltlichen    Behörden    ihrer    Bezirke    die 


1)  Galletti,  Gesch.  u.  Beschreibung  des  Herzogtums  Gotha,  II, 

S.  118. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  113 

ihnen  unterstellten  Schulen  zu  visitieren t).  Gleichzeitig 
wurde  eine  Instruktion  ausgearbeitet  und  eine  Anzahl  von 
Fragepunkten  aufgesetzt,  die  die  Pfarrer,  die  Schulmeister 
und  die  Dorfältesten  zu  beantworten  hatten.  Beides  wurde 
alsbald  den  Visitations-Kommissionen  der  einzelnen  Bezirke 
zugestellt.  Diese  Kommissionen  bestanden  meistens  aus 
dem  Superintendenten  oder  Adjunkten  und  einem  oder  zwei 
Vertretern  der  weltlichen  Obrigkeit.  Nur  fĂĽr  das  Amt 
Gotha  wurden  mehr  als  drei  Visitatoren  bestellt2). 


1)  In  Loc.  19,  No.  19  haben  wir  2  Originalexemplare,  das  eine 
fĂĽr  das  Amt  Gotha,  das  andere  fĂĽr  die  Amter  Georgenthal  und  Rein- 
hardsbrunn, in  Loc.  18,  No.  2  sind  auĂźerdem  noch  2  Konzepte  vor- 
handen. Alle  SchriftstĂĽcke  tragen  das  Datum:  23.  Oktober  1641. 
Wenn  Gelbke  I,  B.  10,  Beck  I,  S.  520,  Bohne  S.  115,  Heppe,  Volks- 
schulwesen II,  S.  211,  Weniger,  Zeitschr.  f.  ThĂĽr.  Gesch.  N.  F.  X, 
S.  428,  und  MĂĽller  S.  130  ĂĽbereinstimmend  den  13.  Oktober  als 
Datum  angeben,  so  ist  das  entweder  ein  Irrtum,  oder  sie  beziehen 
sich  auf  ein  anderes,  mir  unbekannt  gebliebenes  Schreiben.  DaĂź  der 
Unterschied  des  julianischen  und  gregorianischen  Kalenders  hier  in 
Betracht  käme,  glaube  ich  nicht,  da  sonst  alle  Daten  nach  dem 
julianischen  Kalender  angegeben  werden  (vgl.  MĂĽller,  S.  79). 

2)  Die  Visitatoren  der  einzelnen  Bezirke  sind,  soweit  wir  sie 
noch  feststellen  können,  folgende : 

Superintenden  tur  Gotha:  GlaĂź ,  Brunchorst,  Thilo, 
GnĂĽge,  Breithaupt,  Beyher  und  Nicolaus  Tressel,  Amtsschreiber  zu 
Gotha.  (Vgl.  das  Originalschreiben  vom  23.  Oktober,  sowie  den 
Bericht  der  Visitatoren  vom  5.  November  [Loc.  19,  No.  19].  Reyher 
ist  erst  später  hinzugekommen.  Sein  Name  fehlt  in  dem  Konzept 
des  Schreibens,  und  auch  im  Original  ist  er  erst  durch  nachträg- 
liche Korrektur  eingefĂĽgt.  Doch  ist  der  Bericht  ĂĽber  die  gehaltene 
Visitation  von  ihm  mitunterschrieben.) 

Adjunktur  Waltershausen:  M.  Johann  Schmidt,  Ad- 
junkt zu  Waltershausen,  und  Andreas  Wex,  Schösser  zu  Tenneberg. 

Adjunktur  Schönau:  Martin  Wandersieben,  Pfarrer  und 
Adjunkt  zu  Schönau.    Dazu  kam : 

fĂĽr  das  Amt  Georgenthal  Boppo  SilchmĂĽller, 

für  das  Amt  Reinhardsbrunn  Johann  Melling,  die  Schösser  der 
betreffenden  Amter. 

Adjunktur  MĂĽhlberg:  Johann  Christian  Gotter,  Adjunkt 
zu  Mühlberg  (später,  nach  Glaß'  Tod  1658,  Generalsuperintendent 
zu  Gotha).    Dazu  kamen  als  weltliche  Mitglieder: 

XXVIII.  8 


114  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

Die  Schulvisitation  ist  somit  in  der  Art  ihrer  Durch- 
führung von  der  Kirchenvisitation  verschieden.  Wir  können 
sie  nicht  als  eine  General-,  sondern  mĂĽssen  sie  als  Spezial- 
visitation  bezeichnen.  Denn  einmal  bezog  sie  sich  nur  auf 
einen  speziellen  Punkt,  nämlich  die  Schulen,  sodann  aber 
wurde  sie  nicht  von  der  Zentralstelle  aus,  sondern  von 
den  Kommissionen  der  einzelnen  Bezirke  durchgefĂĽhrt,  die 
dann  ihrerseits  an  das  Konsistorium  nach  Gotha  zu  be- 
richten hatten 1).  Dieser  Mangel  an  Zentralisation  hatte  aller- 
dings den  Vorteil,  daĂź  die  Visitation  in  viel  kĂĽrzerer  Zeit 
erledigt  werden  konnte  als  es  sonst  der  Fall  gewesen  wäre ; 
aber  es  war  die  Gefahr  vorhanden,  daĂź  man  die  Sache  weniger 
grĂĽndlich  betrieb,  da  der  FĂĽrst  ihre  DurchfĂĽhrung  lange 
nicht  in  dem  MaĂź  in  der  Hand  hatte,  als  wenn  eine  unter 
seiner  direkten  Aufsicht  stehende  Kommission  die  Visitation 
vorgenommen  hätte.  Trotzdem  läßt  sich  hier  nicht  leugnen, 
daĂź  jedenfalls  die  Absicht  bestand,  bei  der  Untersuchung 
der  Schulen  mit  der  größten  Gründlichkeit  vorzugehen ;  das 
beweist  uns  aufs  deutlichste  die  Instruktion  an  die  Visi- 
tatoren und  die  dazu  gehörigen  Fragen. 


fĂĽr  die  Amter  Tonndorf,   Ichtershausen   (und   Wachsenburg) : 

Wolfgang  Walther,  Schösser  zu  Ichtershausen, 
fĂĽr  die  Witzleben-Elgersburgischen  Ortschaften:  Kersten  Rudolf 

und  Hans  Melchior  von  Witzleben, 
für  die  Witzleben-Liebensteinischen   Dörfer:    Ernst   Friedrich 

und  Christian  Rudolf  von  Witzleben, 
für   Gräfenroda  (Schwarzburgisch) :   Paulus    Leicht,    Schösser 

zu  MĂĽhlberg, 
für  Mühlberg,  Wölfis  und  Crawinkel :  Georg  Starkloff  zu  Ohrdruf. 
Un  tergraf  schaft  Gleichen  (Schwarzburgisch):   M.  Nico- 
demus  Lappe,  Superintendent  zu  Arnstadt  und  Paulus  Leicht,  Schösser 
zu  MĂĽhlberg. 

Superin tendentur  Königsberg:  M.  Christoph  Lau- 
rentius,  Superintendent,  und  Wilhelm  Schröter,  Dr.  jur.  und  Amt- 
mann zu  Königsberg. 

Superintendentur  Wangenheim :  M.Joachim  Himmel, 
Superintendent,  und  Johann  Preger  zu  Wangenheim. 
1)  Vgl.  Sehling,  Kirchenordnungen,  I,  1,  S.  70. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  115 

Die  Instruktion1)  enthält  zunächst  Anweisungen 
fĂĽr  die  DurchfĂĽhrung  der  Schul  Visitation.  Die  Lehrer  sollen 
ein  Verzeichnis  der  SchulbĂĽcher,  der  Lektionen  und  der 
Schulkinder  aufstellen,  darauf  werden  aus  jeder  Gemeinde 
der  Pfarrer,  der  Schulmeister  und  die  Ă„ltesten  ĂĽber  be- 
stimmte Punkte  befragt,  sodann  findet  das  Examen  des 
Lehrers  über  seine  „Erudition"  und  sein  „donum  institu- 
endi"  und  zuletzt  das  Examen  der  Schulkinder  statt.  Die 
letzteren  sollen,  nach  einzelnen  Klassen  oder  Abteilungen 
getrennt,  vorgenommen  werden,  damit  man  genau  erkennen 
könne,  „was  sie  im  Catechismo,  von  Sprüchen,  Psalmen,  Ge- 
beten, item  im  Lesen,  Schreiben  und  Eechnen  gelernt  und  ob 
sie  die  Buchstaben  auch  fein  richtig  aussprechen  können".  Die 
anderen  Kinder  aber,  die  aus  irgendwelchen  GrĂĽnden  seither 
noch  nicht  zur  Schule  gehalten  wurden,  sind  beweglich  zu 
ermahnen,  sich  doch  jetzt  in  die  Schule  zu  finden.  AuĂźer 
diesen  Anweisungen  für  die  Visitation  selbst  enthält  die  In- 
struktion sodann  noch  genaue  Angaben,  wie  den  bei  dieser  Ge- 
legenheit sich  ergebenden  „Mängeln"  abgeholfen  werden  soll. 

Die  Fragepunkte,  die  von  dem  Pfarrer,  dem  Schul- 
meister und  den  Ă„ltesten  der  Gemeinde  zu  beantworten 
sind 2) ,  beziehen  sich  sowohl  auf  die  Person  des  Schul- 
meisters, seinen  Lebenswandel,  seine  TĂĽchtigkeit  zum  Amt 
und  seine  AmtsfĂĽhrung,  wie  auch  besonders  auf  die  Ver- 
hältnisse der  Schule  und  den  Unterricht.  Da  wird  nach 
der  Zahl  der  SchĂĽler,  nach  ihrer  TĂĽchtigkeit  und  ihren 
Fortschritten ,  nach  der  Stellung  der  Eltern  zum  Schul- 
unterricht  der  Kinder,   nach    der  Dauer   des  Schulbesuchs, 


1)  Das  Original  der  Instruktion  fĂĽr  den  Gothaer  Bezirk  be- 
findet sich  in  Loc.  19,  No.  19.  Dat.  24.  Okt.  1641.  Die  Instruktionen 
fĂĽr  die  anderen  Bezirke  unterscheiden  sich  von  der  vorliegenden  nur 
durch  die  entsprechend  geänderten  Orts-  und  Personennamen.  (Vgl. 
die  Konzepte  dazu  in  Loc.  18,  No.  2.) 

2)  Zweimal  in  dem  Aktenband  Loc.  19,  No.  19  vorhanden. 
Beide  Exemplare  stimmen  fast  wörtlich  überein,  nur  hat  B  eine  Frage 
mehr  als  A.  —  Die  Fragen  sind  abgedruckt  Gelbke,  Ernst  d.  Fr., 
III,  S.  41  (im  wesentlichen  in  der  Fassung  von  A). 


116  Die  General  Visitation  Ernsts  des  Frommen 

nach  den  Kenntnissen  der  SchĂĽler  beim  Abgang  aus  der 
Schule,  nach  der  Schulbildung  der  Knaben  wie  auch  der 
Mädchen  gefragt.  Ferner  bildet  der  Unterricht  in  den 
einzelnen  Fächern,  im  Lesen,  Rechnen,  Schreiben  und 
Singen,  die  Methode  des  Lehrers  und  seine  Disziplin,  die 
Examina  und  die  Versetzung  der  SchĂĽler  von  einer  Klasse 
oder  Abteilung  zur  anderen  einen  Gegenstand  der  Visitation. 
Auch  Wohnung  und  Besoldung  des  Lehrers  bleibt  nicht 
unberücksichtigt,  ebenso  wird  nach  dem  Verhältnis  zwischen 
Pfarrer  und  Schulmeister  und  nach  der  Aufsicht  der  Ge- 
richtsherren ĂĽber  die  Schule  gefragt.  Von  dem  Pfarrer  sind 
dabei  50,  von  dem  Schulmeister  30  und  von  den  Altesten 
12  Fragen  zu  beantworten1). 

Wie  verhält  sich  nun  diese  Instruktion  mit  ihren 
Fragen  zu  frĂĽheren  Bestimmungen  ĂĽber  die  Schule,  in- 
sonderheit zu  der  Kasimirianischen  Kirchenordnung?  Be- 
trachten wir  zunächst  diese  Ordnung,  die  für  uns  von 
größtem  Interesse  ist,  da  sie  die  damals  im  Gothaischen 
eingefĂĽhrte  Ordnung  darstellt,  so  finden  wir  hier  nur  sehr 
wenige  Bestimmungen  ĂĽber  die  Schule.  Ein  eigener  Ab- 
schnitt „von  Schulen"  fehlt;  Kap.  7  und  8  beschäftigen 
sich  mit  dem  Katechismus  und  dem  Fastenexamen,  doch 
wird  hier  mehr  auf  die  Unterweisung  der  Erwachsenen 
im  Katechismus  als  auf  den  Unterricht  der  Kinder  Wert 
gelegt.  Von  diesem  heißt  es  nur,  man  solle  die  Hausväter 
ermahnen,  „daß  sie  ihre  Kinder,  Knaben  und  Mägdlein  (da 
Mägdlein-Schulen  gehalten  werden)  fleißig  zur  Schule  halten, 
darinnen  sie  unter  anderm  auch  den  Catechismum  fĂĽr  sich 
auswendig  lernen  und  andern  vorlesen  können"  2).  Aus- 
führlicher geht  das  Kapitel  „von  den  Dorfküstern"  auf  den 
Schulunterricht  ein.    Es  werden  hier  nicht  nur  Bestimmungen 


1)  Außer  diesen  Fragen  haben  wir  noch  14  „absonderliche 
Fragen  nach  dem  Coburgischen  Methodo".  Diese  stehen  in  A  und 
B,  fehlen  aber  bei  Gelbke.  Antworten  auf  diese  Fragen  finden  wir 
nur  in  einigen  Protokollen  des  Amtes  Eeinhardsbrunn. 

2)  Cob.  K.-O.  von  1626,  S.  166. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  117 

ĂĽber  die  kirchlichen  Katechisationeu  gegeben,  sondern  auch 
der  eigentliche  Schulunterricht  berĂĽcksichtigt.  Es  heiĂźt 
hier,  die  Dorfküster  sollen  verpflichtet  sein,  „alle  Sonntag 
Nachmittag  und  in  der  Woche  auf  einen  gewissen  Tag  die 
Kinder  den  Catechismum  und  christliche  deutsche  Gesänge 
D.  Luthers  mit  FleiĂź  und  deutlich  zu  lehren  und  nach- 
mals in  den  vorgesprochenen  oder  vorgelesenen  Artikeln 
wiederum  zu  verhören  und  zu  examinieren".  Außerdem 
aber  sollen  sie  auch  „Schule  halten  und  derselben  täglich 
mit  allem  FleiĂź  .  .  .  abwarten,  darinnen  die  Knaben  lesen, 
schreiben  und  christliche  Gesänge,  so  in  der 
Kirche  gebraucht  werden  sollen,  lehren,  darauf  der  Pfarrer 
fleiĂźiges  Aufsehen  haben  und  das  Volk  dazu  vermahnen 
soll  .  .  .  Weil  auch  in  Visitationibus  befunden  worden, 
daß  auf  etlichen  Dörfern  keine  Mägdlein-Schulen 
gehalten,  als  sollen  die  Kirchner  und  ihre  Weiber  ange- 
halten werden,  solche  Mägdlein-Schulen  anzustellen  .  .  .'ll). 
Unter  den  Fragen,  die  bei  der  jährlichen  Visitation  an  den 
AusschuĂź  der  Gemeinde  gerichtet  werden  sollen,  finden  wir 
auĂźerdem  die  folgende,  die  sich  auf  die  Schule  bezieht 2) : 
„Ob  der  Küster  vermöge  der  Kirchenordnung  die  Schule 
angestellet  und  alle  Tage  aufs  wenigste  4  Stunden 
Schul'  halte,  besonders  aber  die  Kinder  in  den  Schulen 
den  Catechismum  mit  FleiĂź  lehre  und  mit  ihnen  D.  Luthers 
geistliche  Gesänge  und  Psalmen  treibe?"  Daneben  er- 
kundigt man  sich  nach  der  Aufsicht  des  Pfarrers  ĂĽber  die 
Schule,  nach  der  „Geschicklichkeit"  des  Schulmeisters  und 
nach  Knaben  mit  „guten  ingeniis",  die  auf  Grund  ihrer  Be- 
fähigung nach  Absolvierung  der  Dorfschule  in  höhere  Schulen 
aufgenommen  werden  könnten.  Den  weitaus  größten  Raum 
aber  unter  den  Fragen  „von  Schulen,  von  Küstern  und 
vom  Catechismo"  nehmen  neben  dem  Amt,  der  Amts- 
fĂĽhrung und  dem  Lebenswandel  des  KĂĽsters  die  kirch- 
lichen   Katechisationen    ein ,    während    die    Bestim- 


1)  Vgl.  Cob.  K.-O.,  S.  317—320. 

2)  a.  a.  O.  S.  252. 


Hg  Die  General  Visitation  Ernsts  des  Frommen 

mungen  ĂĽber  den  eigentlichen  Schulunterricht  demgegenĂĽber 
durchaus  zurĂĽcktreten. 

Viel  ausfĂĽhrlicher  als  die  Casimiriana  geht  die  Kirchen- 
ordnung des  KurfĂĽrsten  August  von  Sachsen  von  1580  (in 
zweiter  Auflage  erschienen  1618)  auf  die  Schulen  ein.  Wir 
haben  hier  eine  ausfĂĽhrliche  Schulordnung,  die  sich  aller- 
dings zum  weitaus  größten  Teil  mit  den  höheren  Schulen 
beschäftigt,  doch  auch  die  „deutschen  Schulen  in  Dörfern 
und  offenen  Flecken"  nicht  unberücksichtigt  läßt.  Sie  gibt 
mancherlei  Bestimmungen  ĂĽber  die  Einteilung  der  SchĂĽler 
in  verschiedene  „Häuflein",  über  den  Unterricht  im  Lesen 
und  im  Schreiben,  ĂĽber  SchulbĂĽcher,  Disziplin  usw.,  die 
unserer  Instruktion  ziemlich  nahestehen,  die  aber  in  der 
Casimiriana  völlig  fehlen.  Nur  die  Visitationsfragen  der  Kur- 
fĂĽrstlichen Kirchenordnung  ĂĽber  die  Schule  und  den  Schul- 
meister-KĂĽster decken  sich  mit  denen  der  Casimiriana  1).  Die 
größere  Ausführlichkeit  der  Kurfürstl.  Kirchenordnung  ist 
wohl  dadurch  bedingt,  daĂź  sie  aus  einer  Zeit  stammt,  in  der 
die  Schulen  noch  nicht  so  allgemein  verbreitet  waren  als  zu 
Anfang  des  17.  Jahrhunderts.  Sie  rechnet  damit,  daĂź  an  vielen 
Orten  die  DorfkĂĽster  noch  keine  Schulen  halten,  und  bestimmt 
deshalb,  daĂź  ĂĽberall  die  KĂĽsterei  nur  solchen  Personen 
ĂĽbertragen  werde,  die  lesen  und  schreiben  und,  wenn  nicht 
das  ganze  Jahr,  so  doch  im  Winter  Schule  halten  können  2), 
während  die  Casimiriana  die  Bestimmungen  über  die  Schule 
als  im  wesentlichen  durchgefĂĽhrt  ansieht  und  deshalb  des  leb- 
haften Interesses  fĂĽr  den  Schulunterricht  der  Kinder  entbehrt. 

Dieses  Interesse  tritt  jedoch  deutlich  wieder  hervor 
in  dem  „Verzeichnis  etzlicher  Articul"  vom  Januar  1641  3), 
sowie  in  der  Instruktion  und  den  Schulvisitationsfragen  vom 
Oktober    desselben    Jahres.     Wenn    wir  diese  VerfĂĽgungen 


1)  Kurf.  K.-O,  Ausg.  von  1618,  S.  195—201.  241—243.  Unserer 
Instruktion  noch  näher  steht  die  bekannte  Weimarische  Schulord- 
nung von  1619. 

2)  a.  a.  O.  S.  121. 

3)  Vgl.  oben  Bd.  XXVII,  S.  404.  415. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  119 

betrachten,  so  können  wir  in  ihnen  deutlich  einen  Fort- 
schritt gegen  frĂĽher  wahrnehmen,  wir  dĂĽrfen  diesen  Fort- 
schritt nur  nicht  in  irgend  einer  bahnbrechenden  neuen  Idee 
sehen,  sondern  vielmehr  zunächst  nur  in  der  Bemühung, 
mit  den  bestehenden  Bestimmungen  einmal  wirklich  Ernst 
zu  machen  und  sie  durchzufĂĽhren,  um  auf  dieser  Grund- 
lage dann  weiterbauen  zu  können.  Der  Visitationsbefund 
zeigt  uns,  daĂź  es  an  einer  DurchfĂĽhrung  der  VerfĂĽgungen 
ĂĽber  die  Schule  noch  vielfach  gefehlt  hat.  Zwar  ist  die 
Schilderung  Böhnes  von  dem  traurigen  Zustand  der  Schulen 
bei  Beginn  der  Regierung  Ernsts 1),  wie  aus  den  Akten 
hervorgeht,  stark  ĂĽbertrieben.  Indessen  bereitete  sich  doch 
allmählich  infolge  des  Krieges  ein  Verfall  vor.  Es  bestanden 
wohl  ĂĽberall  Schulen,  aber  einige  Lehrerstellen  waren  unbe- 
setzt, an  manchen  Orten  waren  die  Lehrer  infolge  der  ein- 
getretenen Armut  genötigt,  die  Schule  zu  vernachlässigen  und 
anderen  Beschäftigungen  nachzugehen 2),  die  Eltern  brauchten 
ihre  Kinder  oft  selbst  zur  Arbeit  und  schickten  sie  deshalb 
nicht  zur  Schule,  vor  allem  nahmen  sie  sie  vielfach  wieder 
aus  der  Schule,  ehe  sie  etwas  Rechtes  gelernt  hatten,  kurz  der 
Unterricht  litt  an  vielen  Unterbrechungen  und  Unregelmäßig- 
keiten. Hier  griff  nun  Ernst  ein  mit  seinen  Schulreformen, 
zunächst  mit  der  Schulvisitation.  Wenn  wir  die  Instruktion 
mit  ihren  Fragen  unter  diesem  Gesichtspunkt  betrachten,  so 
können  wir  als  charakteristisch  folgende  Punkte  herausheben  : 

1)  Stärkere  Betonung  der  Pflicht  der  Pfarrer  (und 
der  Gerichtsherren),  sich  um  die  Schule  zu  kĂĽmmern. 

2)  Stärkere  Betonung  der  Pflicht  der  Eltern,  die 
Kinder  zur  Schule  zu  schicken:  der  Schulzwang  nicht  nur 
für  Knaben,  sondern  auch  für  Mädchen  wird  durchgeführt. 

3)  Stärkere  Betonung  der  Pflicht  des  Lehrers,  ge- 
wissenhaft Schule  zu  halten ,  seine  Obliegenheiten  nicht 
über  anderen  Beschäftigungen  zu  versäumen  und  die  Kinder 


1)  Die  päd.  Bestrebungen,  S.  105  f. 

2)  Der  Angabe  Böhnes,  daß  die  Lehrer  „fast  ausnahmslos  zu- 
gleich ein  Handwerk  betrieben",  widerspricht  der  Visitationsbefund. 


120  Die  General  Visitation  Ernsts  des  Frommen 

nicht  zu  seinen  Privatgeschäften  zu  benutzen.  Vor  allen 
Dingen  aber : 

4)  Genaueres  Eingehen  auf  die  Einzelheiten  des 
Schulunterrichts.  Während  bei  den  früheren  Visitationen 
sich  die  Fragen  mehr  auf  das  Formelle  der  Schuleinrich- 
tungen, sowie  auf  die  persönlichen  Verhältnisse  des  Lehrers 
als  auf  den  Inhalt  des  Unterrichts  und  Erziehungsplanes 
bezogen  *),  wird  hier  der  Unterricht  in  den  einzelnen  Fächern 
nach  Inhalt  und  Methode  zum  Gegenstand  eingehender 
Untersuchung  gemacht.  Namentlich  die  Instruktion  gibt 
in  dem  Abschnitt,  der  von  den  „abzustellenden  Mängeln" 
handelt,  genaue  Anweisungen  ĂĽber  Inhalt  und  Methode 
des  Unterrichts  im  Katechismus,  im  Lesen,  Schreiben  und 
Singen.  Vor  allem  die  Methode  des  Buchstabier-,  Syllabier- 
und  Leseunterrichts  wird  eingehend  behandelt,  es  wird  so- 
gar von  den  Lehrern  verlangt,  daĂź  sie  nach  der  Visitation 
noch  einen  halben  oder  ganzen  Tag  zur  Stelle  bleiben, 
damit  sie  von  den  Visitatoren  mit  Zuziehung  des  Rektors 
Reyher  richtige  Information  ĂĽber  diesen  Unterricht  empfangen. 
Viele  dieser  Bestimmungen  kehren  im  I.  Spezialbericht  von 
1642  2)  ähnlich,  oft  nahezu  wörtlich  wieder,  wie  denn  über- 
haupt unsere  Instruktion  als  eine  Vorstufe  zu  diesem  zu 
betrachten  ist,  und  wir  gehen  daher  gewiĂź  nicht  fehl,  wenn 
wir  dem  Rektor  Reyher  einen  maĂźgebenden  EinfluĂź  bei 
ihrer  Ausarbeitung  zuschreiben.  Sein  Name  wird  in  der 
Instruktion  selbst  erwähnt,  er  war  die  rechte  Hand  des 
Herzogs  bei  allen  seinen  Schulreformen,  und  es  ist  nicht  ein- 
zusehen, warum  er  nicht  auch  hier  beteiligt  gewesen  sein  soll. 

Wir  mĂĽssen  die  Schulinstruktion  des  Herzogs  be- 
trachten als  das  Glied  einer  Entwicklung,  die  später  durch 
den  I.  Spezialbericht  weitergefĂĽhrt  wurde.  Wir  sehen,  wie 
sich  die  Anschauungen  über  die  Volksschule  allmählich 
wandeln,  wie  der  Schwerpunkt  von  der  kirchlichen  mehr  und 
mehr   auf    die   weltliche  Seite  gelegt  wird,    wie  die  Schule 

1)  Berbig,  Joh.  Gerhards  Visitationswerk  (1613),  S.  97. 

2)  Der  ersten  Auflage  der  unter  dem  Namen  „Schulmethodus" 
bekannten  Schulordnung  des  Herzogs. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  121 

langsam  und  leise  beginnt,  sich  von  der  Kirche  zu  lösen 
und  eine  selbständige  Bedeutung  zu  gewinnen.  Wir  können 
diese  Entwicklung  in  folgenden  Punkten  beobachten : 

1)  Die  Schule  war  seither  in  erster  Linie  Latein- 
schule, Vorbereitungsanstalt  fĂĽr  Gelehrte  und  Geistliche. 
Die  Kursächsische  Kirchenordnung  begründet  die  Not- 
wendigkeit von  Schulen  damit,  daĂź  man  weise,  gelehrte, 
verständige  Männer  haben  müsse,  die  „der  Kirche  Gottes 
nĂĽtzlich  dienen  und  zu  den  Regimenten  gebraucht  werden 
mögen"  i),  und  noch  das  Ausschreiben  betr.  die  Visitation 
des  gothaischen  Gymnasiums  (13.  Jan.  1641)  vergleicht 
die  Schulen  mit  Gärten,  „darinnen  allerhand  fruchtbare 
Bäume  erzogen  werden,  welche  man  hernachmal  mit  gro- 
Ăźem Nutz  in  Kirchen  und  Regimenter  versetzen  tut"  2). 
Dementsprechend  nahmen  in  der  Kursächsischen  Kirchen- 
ordnung die  Bestimmungen  über  die  höheren  Schulen 
einen  weitaus  größeren  Raum  ein  als  die  über  die  Dorf- 
schulen (73]/2  gegen  5 72  Seiten).  Die  deutschen  Schulen 
auf  dem  Land  kamen  gegenĂĽber  den  Stadtschulen  erst  sehr 
in  zweiter  Linie  in  Betracht,  und  zwar  teils  als  Vorbe- 
reitungsanstalten fĂĽr  die  Lateinschulen,  teils  als  Einrich- 
tungen, um  den  Kindern  den  Katechismus  beizubringen. 

Auch  bei  Ernst  dem  Frommen  wirkt  diese  Betrach- 
tungsweise noch  nach,  wie  die  oben  angefĂĽhrte  Stelle  (bei 
der  man  allerdings  beachten  möge,  daß  sie  aus  einem  auf 
das  Gymnasium  bezĂĽglichen  Schreiben  stammt)  deutlich 
beweist;  ja  selbst  der  I.  Spezialbericht  kann  es  nicht  ganz 
verleugnen,  daĂź  er  aus  einer  Ordnung  fĂĽr  die  unteren 
Klassen  der  Gymnasien  herausgewachsen  ist.  Doch  be- 
weist demgegenĂĽber  schon  allein  die  Tatsache  einer  so 
eingehenden  Visitation  der  Dorfschulen  und  die  Herausgabe 
einer  so  ausfĂĽhrlichen  Schulordnung  fĂĽr  diese,  daĂź  den 
deutschen  Schulen  auf  den  Dörfern  doch  auch  eine  selb- 
ständige Bedeutung  zuerkannt  wird. 

1)  Kurf.  K.-O.,  Ausg.  von  1618,  S.  118. 

2)  Vgl.  oben  S.  110,  Anmerk. 


122  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

2)  Die  Dorfschule  hatte  ursprĂĽnglich  vor  allem  den 
Zweck,  den  Kindern  den  Katechismus  beizubringen ;  Lesen 
und  Schreiben  kam,  wenn  ĂĽberhaupt,  erst  an  zweiter  Stelle, 
Rechnen  fehlte  meist  ganz.  Auch  bei  Ernst  steht  der  Kat- 
echismus-Unterricht noch  unbedingt  an  erster  Stelle,  aber 
daneben  wird  doch  viel  mehr  Wert  als  bisher  auf  Lesen  und 
Schreiben  gelegt.  Ăśber  den  Rechenunterricht  fehlen  aller- 
dings genauere  Bestimmungen  in  der  Instruktion ;  er  wird 
aber,  wenn  auch  kurz,  sowohl  hier  wie  in  den  Fragen  er- 
wähnt ,  dagegen  werden  ausführliche  Anweisungen  über 
den  Lese-  und  Schreib  Unterricht  gegeben.  Noch  viel  ge- 
nauer geht  dann  der  I.  Spezialbericht  auf  den  Unterricht 
im  Lesen  (Buchstabieren  und  Syllabieren),  Schreiben,  Rech- 
nen und  Singen  ein. 

3)  Das  Hauptamt  des  Lehrers  war  frĂĽher  das  KĂĽster- 
amt, nur  nebenher  hatte  er  die  Kinder  im  Katechismus 
und  auch  etwas  im  Lesen  und  Schreiben  zu  unterrichten 1). 
Auch  jetzt  findet  noch  keine  Loslösung  des  Schulamts  vom 
KĂĽsterberuf  statt,  aber  dieses  tritt  doch  gegenĂĽber  dem 
ersteren  mehr  und  mehr  in  den  Hintergrund.  Der  Zu- 
sammenhang zwischen  Kirche  und  Schule  bleibt  dabei 
völlig  bestehen,  auch  als  Schulmeister  bleibt  der  Küster 
Untergebener  des  Pfarrers,  ja  das  Aufsichtsrecht  und  die 
Aufsichtspflicht  des  Pfarrers  wird  sehr  stark  betont. 

3.  Die  DurchfĂĽhrung  der  Visitation  in  den  einzelnen 
Bezirken. 

Die  Instruktion  mit  den  Fragen  wurde  den  Visitations- 
kommissionen der  einzelnen  Bezirke  zugestellt.  Die  Ad- 
junkten,   Superintendenten  und  weltlichen  Behörden  hatten 


1)  DaĂź  es  in  anderen  Gebieten,  z.  B.  in  der  Obergrafschaft  Catzen- 
elnbogen,  anders  war,  beweist  Diehl,  SchulgrĂĽndungen,  S.  3ff.  125 ff. 
Dort  finden  wir  in  der  ersten  Hälfte  des  17.  Jahrhunderts  eine  große 
Anzahl  Lehrer  mit  theologischer  Vorbildung,  denen  der  Lehrerberuf 
die  Durchgaugsstufe  zum  Pfarramt  war,  während  in  Thüringen  theo- 
logisch gebildete  Lehrer  nur  ganz  vereinzelt  vorkommen. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  123 

den  Empfang  zu  bestätigen x)  und  unverzüglich  die  Visi- 
tation iDS  Werk  zu  setzen.  In  Gotha  war  ursprĂĽnglich 
vorgesehen,  schon  am  Tag  nach  dem  Erscheinen  der  In- 
struktion, Montag,  den  25.  Oktober,  mit  der  Visitation  zu 
beginnen;  doch  wurde  tatsächlich  erst  am  folgenden  Tag 
der  Anfang  gemacht.  Jeden  Tag  wurden  Pfarrer  und  Ge- 
meindeglieder von  3 — 4  Dörfern  befragt,  so  daß  bereits 
bis  zum  Freitag  derselben  Woche  die  meisten  Dörfer  des 
Amtes  Gotha  erledigt  waren  2).  Dienstag,  den  2.  November, 
wurden  sodann  die  Pfarrer,  Lehrer  und  Schulkinder  aller 
Gemeinden  nochmals  vorbeschieden  und  die  PrĂĽfung  der 
Schulkinder  vorgenommen.  Nach  SchluĂź  des  Examens  hielt 
GlaĂź  den  Kindern  eine  Ansprache,  in  der  er  sie  unter  Hin- 
weis auf  den  göttlichen  Lohn  und  die  göttliche  Strafe  zu 
stetem  PleiĂź  und  Gehorsam  ermahnte.  Dann  wurden  die 
Kinder  entlassen,  nur  die  „feinen  Knaben  mit  guten  in- 
geniis"  behielt  man  noch  zurĂĽck  und  fragte  sie,  wie  alt  sie 
seien,  ob  sie  singen  könnten,  wie  viel  Psalmen  sie  singen 
könnten,  wieviel  Psalmen  sie  gelernt,  was  sie  für  einen 
Anfang  im  Latein  hätten.  Den  Schulmeistern  aber  wurden 
die  Anweisungen  der  Instruktion  ĂĽber  die  Methode  ihres 
Unterrichts  vorgelesen  und  zugleich  befohlen,  sie  sollten 
am  nächsten  Tag  wieder  erscheinen  und  „in  das  Audi- 
torium sextae  classis  durch  den  Rector  gefĂĽhrt  werden". 
Hier    erhielten    sie  jedenfalls    die    in    der   Instruktion    vor- 


1)  Wir  haben  in  Loa  18,  No.  2  Empfangsbescheinigungen  von 
Joh.  Himmel,  Superintendent  zu  Wangenheim,  und  von  dem  fĂĽrst- 
lichen Amt  Reinhardsbrunn. 

2)  26.  Okt.:   Remstädt,  Siebleben;   nachm.  Warza,  Goldbach. 

27.  Okt.:    Friemar,    Tüttleben ;    nachm.    Gamstädt,   Molschieben. 

28.  Okt.  nachm.:  Grabsieben  (Cobstädt),  Eschenbergen.  29.  Okt.: 
Hausen,  Ballstädt,  Buffleben ;  nachm.  Groß-Fahner  (gehört  nicht 
zum  Amt  Gotha).  Unerledigt  blieben  vom  Amt  Gotha  nur  Eber- 
städt  (gehört  zu  Sonneborn),  Brüheim  (zu  Nordhofen  und  Mete- 
bach), Wiegleben  (zu  Tüngeda)  und  Groß-Rettbach  (zu  Cobstädt),  von 
den  anderen  in  der  Instruktion  genannten,  aber  nicht  zum  Amt  Gotha 
gehörigen  Orten  Herbsleben,  Klein-Fahner,  Gierstädt  und  Dachwig. 


124  Die  General  Visitation  Ernsts  des  Frommen 

gesehenen  genaueren  Belehrungen  ĂĽber  den  Buchstabier-, 
Syllabier-  und  Leseunterricht.  Somit  war  die  ganze  Schul- 
visitation des  Amtes  Gotha  in  wenig  mehr  als  acht  Tagen 
erledigt.  Bereits  am  5.  November  sandten  die  Visitatoren 
die  sämtlichen  Protokolle,  Verzeichnisse  und  anderen  Akten 
(zusammen  113  Blätter)  an  den  Herzog  ein.  Diese  Visi- 
tationsakten gewähren  uns  nun  nicht  nur  einen  genauen 
Einblick  in  den  Verlauf  der  Schulvisitation,  sondern  sie 
sind  auch  eine  Fundgrube  fĂĽr  die  Beantwortung  der  Frage : 
Wie  waren  die  Schulverhältnisse  des  Amtes  Gotha  im  Jahr 
1641  beschaffen?  Wir  haben  hier  zunächst  die  von  den 
Lehrern  aufgestellten  Verzeichnisse  der  SchĂĽler,  der  Lek- 
tionen und  der  SchulbĂĽcher  von  den  14  visitierten  Orten, 
sowie  von  BrĂĽheim,  dann  folgen  zwei  Protokolle  ĂĽber  die 
eigentliche  Visitation  *),  die  nicht  nur  die  Antworten  auf 
die  einzelnen  Fragen,  sondern  auch  genaue  Angaben  ĂĽber 
die  Vorbildung  des  Schulmeisters  und  seine  Kenntnisse 
enthalten.  Es  mag  zur  Charakterisierung  des  Protokolls 
dienen,  wenn  ich  einige  dieser  Angaben  hier  folgen  lasse. 
So  heiĂźt  es  z.  B.  von  dem  Schulmeister  Georg  Luther2) 
zu  Siebleben:  „Ist  in  keine  Stadtschul  kommen,  hat  in 
dem  Dorf,  die  Buhl  genannt,  frequentiert,  kann  declinieren, 
conjugieren,  Adjectivum  und  Substantivum  zusammensetzen, 
hat's  aber  lang  nicht  getrieben,  hat  auch  der  lateinischen 
Sprache  bisher  nicht  gepflogen,  bringt  die  Knaben  nicht 
weiter  als  Lesen,  Schreiben  und  daĂź  sie  den  Catechismum 
lernen."  —  Über  den  Katechismus  befragt,  antwortet  er: 
„Der  Katechismus  sei  in  zwei  Hauptstück  zu  teilen,  das 
Gesetz  und  das  Evangelium,  das  Gesetz  aber  in  zwei  Tafeln  : 
die  erste  handelt  von  der  Liebe  Gottes,  die  andere  von 
der  Liebe    des  Nächsten.     Moses  hätte  es  also  disponiert." 


1)  Das  eine  Protokoll  ist  von  A.  GnĂĽge,  das  andere  von  N.  Tressel 
gefĂĽhrt. 

2)  Das  Protokoll  der  Kirchenvisitation  (Loc.  19,  No.  24)  sagt 
von  ihm :  „Sein  Großvater  ist  von  Möhr  bei  Salzungen  her,  wo  Herrn 
D.  M.  Lutheri  Vater  erstlich  gewohnt  und  BrĂĽder  hinterlassen  hat". 


im  Herzogtum  Sachsen -Gotha  1641 — 1645.  125 

—  Außerdem  wird  noch  von  ihm  gesagt,  er  habe  zwar 
eine  Bibel,  könne  sie  aber  wegen  der  Unsicherheit  nicht 
bei  sich  haben  oder  lesen :  „Im  übrigen  hat  er  sein  Specimen 
getan,  daĂź  der  Herr  Superintendens  damit  zufrieden  sein 
können."  Ebenfalls  keine  höhere  Schule  hat  besucht  der 
Lehrer  in  Molschleben,  Johann  Kallenberg.  Er  ist 
„von  seinem  Vater  als  Schulmeister  zu  Rottbach  privatim 
informiert  worden".  Trotzdem  aber  kann  von  ihm  gesagt 
werden:  „Ist  in  examine  sehr  wohl  bestanden,  hat  sehr  gut 
Zeugnis  von  Pfarrer  und  Gemeinde."  Wir  sehen  hieraus, 
daß  durchaus  nicht  alle  Schullehrer  auf  höheren  Schulen 
fĂĽr  ihren  Beruf  vorbereitet  worden  sind,  es  sind  oft  nicht 
die  Schlechtesten,  die  nur  auf  Dorfschulen  oder  durch  Privat- 
unterricht ihre  Ausbildung  erlangt  haben.  Doch  haben  es 
die  meisten  weiter  gebracht  wie  bis  zur  Dorfschule.  Auf 
einer  Universität  ist  allerdings  von  den  15  Schulmeistern 
des  Amtes  Gotha  keiner  gewesen,  und  auch  im  ĂĽbrigen  Her- 
zogtum kommen  Lehrer  mit  akademischer  Bildung  nur  ganz 
vereinzelt  vor;  doch  haben  11  von  ihnen  ein  Gymnasium 
besucht,  wenn  sie  es  auch  nicht  alle  durchgemacht  haben, 
sondern  vielfach  nur  bis  zur  Sekunda  gekommen  sind.  DaĂź 
indessen  auch  die  Kenntnisse  der  auf  dem  Gymnasium  aus- 
gebildeten Lehrer  oft  recht  viel  zu  wĂĽnschen  ĂĽbrig  lieĂźen, 
beweist  das  Urteil  ĂĽber  den  Schulmeister  von  Hausen. 
Von  ihm  lesen  wir  im  Protokoll:  „Lorenz  Perles  zu  Hausen 
discipulus  fuit  1.  cl.  in  hoc  gymnasio  nur  auf  ein  Halbjahr. 
Hat  gar  ĂĽbel  respondiert,  ist  ganz  untĂĽchtig  erkannt  worden, 
sich  auch  ziemlich  trotzig  erzeigt.  Auf  die  Frage,  was  wir 
mit  unseren  SĂĽnden  verdienen,  respondit,  den  ewigen  Tod 
und    die   ewige  Seligkeit." 

Neben  diesen  Angaben  ĂĽber  die  Schulmeister  bringt  das 
Protokoll  noch  Urteile  ĂĽber  den  Ausfall  des  Schulexamens 
im  Buchstabieren,  im  Lesen  im  Schreiben,  im  Catechismo,  in 
SprĂĽchen  und  Psalmen,  in  FragestĂĽcken  D.  Lutheri,  in  der 
Haustafel.  Den  SchluĂź  der  Akten  bildet  ein  Verzeichnis  der 
Knaben  mit   „guten  ingeniis". 


126  Die  General  Visitation  Ernsts  des  Frommen 

Nicht  alle  Visitationskommissionen  arbeiteten  mit  der- 
selben Schnelligkeit  wie  die  von  Gotha.  Am  eifrigsten 
zeigte  sich  von  den  Visitatoren  der  einzelnen  Bezirke  auĂźer- 
halb Gothas  der  Adjunkt  Martin  Wandersieben  von 
Schönau,  der  in  Gemeinschaft  mit  den  Schössern  Joh. 
Melling  von  Reinhardsbrunn  und  Boppo  SilchmĂĽller  von 
Georgenthal  die  Visitation  dieser  beiden  Ă„mter  vorzunehmen 
hatte.  Trotz  groĂźer  Schwierigkeiten,  die  durch  die  un- 
gĂĽnstige Jahreszeit  und  durch  die  Kriegslage  veranlaĂźt 
waren,  gelang  es  ihm,  in  der  Zeit  vom  2.  bis  zum  10.  No- 
vember die  Schulvisitation  im  wesentlichen  zu  Ende  zu 
fĂĽhren 1).  Der  Bericht  der  Visitatoren  zeigt  deutlich,  mit 
welchen  Hindernissen  die  Visitation  hier  zu  kämpfen  hatte. 
In  Gotha  war  die  DurchfĂĽhrung  leicht  gewesen,  weil  die 
Bewohner  der  meisten  Dörfer  sich  des  Krieges  wegen  in 
der  Stadt  befanden;  hier  stand  es  anders:  die  Leute  hatten 
im  rauhen  Winterwetter  über  die  Höhen  des  Thüringer 
Waldes  nach  Georgenthal  oder  Friedrichroda  zu  gehen 
und  waren  dabei  bei  der  groĂźen  Unsicherheit  aller  Wege 
ständigen  Gefahren  ausgesetzt.  Die  Kinder  kamen  infolge- 
dessen auch  meist  nur  in  geringer  Anzahl.  Von  Catterfeld 
wird  gesagt:  „Schulkinder  daselbst  hat  man  wegen  der 
großen  Unruhe  nicht  zusammenbringen  können."  Von 
Hohenkirchen  und  Herrnhof  heiĂźt  es,  es  seien  nur  wenige 
Schulkinder  erschienen,  „soviel  wegen  des  großen  Schnees 
und  Unsicherheit  mit  fortgebracht  werden  konnten".     „Die 


1)  2.  Nov.:  Friedrichroda,  3.  Nov.:  Altenbergen,  Engelsbach  und 
Finsterbergen,  4.:  Ernstroda.  —  6.:  Georgenthal,  Gräfenhain  und 
Nauendorf,  7.  (Sonntag  nachmittags!):  Catterfeld,  8.:  Tambach  und 
Dietharz,  9. :  Schönau,  10. :  Hohenkirchen  und  Herrnhof.  —  Der 
Bericht  ĂĽber  das  Amt  Reinhardsbrunn  datiert  vom  5.,  der  ĂĽber  Geor- 
genthal vom  10.  November.  Leider  sind  die  Protokolle  der  beiden 
Ämter  nicht  vollständig  erhalten ;  von  Reinhardsbrunn  fehlt  der  Be- 
richt ĂĽber  das  Examen  der  Kinder,  von  Georgenthal  aber  ist  nur 
der  Bericht  der  Visitatoren  ĂĽber  den  Verlauf  der  Visitation  vor- 
handen, während  die  eigentlichen  Protokolle  sämtlich  fehlen.  Alle 
vorhandenen  Akten  siehe  in  Loc.  19,  No.  19. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  127 

Zeller  und  Mehliser",  so  lesen  wir  ferner,  „haben  sich 
durch  ein  Schreiben  entschuldigt,  es  sei  ihnen  unmöglich 
zu  erscheinen ,  weil  wegen  der  stĂĽndlichen  Gefahr  der 
PlĂĽnderung  und  groĂźen  Unsicherheit  halben  sich  niemand 
auf  den  Weg  trauen  wolle ;  sie  seien  aber  bereit,  wann 
Gott  die  Unruhe  ein  wenig  gestillet,  sich  gehorsamlich  ein- 
zufinden, wo  man  sie  hinbescheiden  wĂĽrde".  Von  dem 
Examen  der  Schulkinder  sagt  der  Bericht  des  Amtes  Geor- 
genthal :  „Weil  aber  die  Tage  sehr  kurz  und  finster,  auch 
mit  den  Kindern  ĂĽber  und  durch  den  Wald  deswegen  zu 
reisen  sehr  unfĂĽglich  gewesen,  als  haben  wir  auf  einen 
Tag  nicht  mehr  als  eine  Schule  vornehmen  und  examinieren 
können,  damit  sie  bei  Zeit  wieder  herein  kommen  möchten, 
wiewohl  nichtsdestoweniger  die  Tambacher  und  Dietharzer 
bei  sinkender  Nacht  in  unflätigem  Wetter  haben  von  hier 
wieder  wegreisen,  auch  wegen  Hungers  jedes  ein  StĂĽcklein 
Brot  aus  dem  fürstlichen  Amt  mit  sich  nehmen  müssen.  — 
Ob  auch  wohl  alle  Kinder,  und  zwar  auch  diejenigen,  so 
nicht  zur  Schule  gehen,  hätten  erscheinen  und  ins  künftige 
sich  in  die  Schule  zu  finden  hätten  erinnert  werden  sollen, 
so  ist's  doch  unmöglich  gewesen,  bei  jetzigem  Zustand,  da 
viele  der  Untertanen  allbereit  verlaufen  und  sonderlich 
arme  Kinder  Hungers  halben  nicht  länger  bleiben  können, 
alle  Kinder  zur  Stelle  zu  bringen." 

Mit  ähnlichen  Schwierigkeiten  hatte  auch  die  Visitation 
der  Adjunktur  Waltershausen  zu  kämpfen.  Denn  die 
Gemeinden  des  Amtes  Tenneberg  befanden  sich  nicht  alle 
in  Waltershausen,  sondern  teilweise  auch  in  Gotha,  und 
diese  letzteren  wagten  es  nicht,  bei  der  allgemeinen  Un- 
sicherheit die  Reise  von  Gotha  nach  Waltershausen  zu 
unternehmen.  Die  Visitation  zog  sich  hier  durch  den  ganzen 
Monat  November  hin;  erst  am  3.  Dezember  war  sie  be- 
endigt, so  daĂź  an  diesem  Tage  der  Bericht  nach  Gotha 
eingesandt  werden  konnte  1). 


1)   Leider  sind  die  Akten  der  Adjunktur  Waltershausen  nicht 
vollständig  erhalten.     Wir  haben   nur  den  Bericht  der  Visitatoren 


128  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

Einen  ausgedehnton  Bezirk  zu  visitieren  hatte  der 
Adjunkt  Joh.  Christian  Gotter  zu  MĂĽhlberg.  Seine 
Aufgabe  wurde  besonders  dadurch  erschwert,  daĂź  er  mit 
verschiedenen  weltlichen  Obrigkeiten ,  auch  mit  adligen 
Herrschaften,  deren  Interesse  fĂĽr  die  Bestrebungen  Ernsts 
nie  sehr  groĂź  gewesen  war,  zusammen  zu  arbeiten  und  die 
Visitation  an  verschiedenen  Orten  vorzunehmen  hatte.  Er 
begann  zusammen  mit  dem  Schösser  Georg  Starkloff  zu 
Ohrdruf  am  23. — 26.  November  mit  der  Visitation  der  Ge- 
meinden Mühlberg,  Wölfis  und  Crawinkel 1).  Die  Ältesten 
und  die  Schulmeister  wurden  befragt,  das  Schulexamen 
wurde  abgehalten;  auch  mußten  die  Lehrer  eine  „Probe 
des  vorgeschriebenen  Methodi"  ablegen  und  erhielten  die 
nötige  Instruktion  für  ihren  Unterricht.  Nur  die  Befragung 
der  Pfarrer  unterblieb,  da  die  Pfarstelle  zu  Wölfis  infolge 
des  Todes  des  seitherigen  Pfarrers  unbesetzt  war,  und  da  der 
Pfarrer  von  Crawinkel,  der  sich  gerade  zu  Zella  befand,  trotz 
an  ihn  ergangener  Zitation  „sonder  Zweifel  wegen  bekannter 
Unsicherheit  und  Gefahr"  nicht  erschien;  da  Gotter  auĂźer- 
dem als  Visitator  selbst  zugleich  Pfarrer  von  MĂĽhlberg 
war,  glaubte  auch  er  auf  die  Beantwortung  der  Fragen  ver- 
zichten zu  können.  In  Gotha  gab  man  sich  indessen  damit 
nicht  zufrieden.  Da  das  Protokoll  ĂĽber  die  drei  Gemeinden 
zunächst  das  einzige  blieb,  das  von  Gotter  eingesandt  wurde, 
forderte  man  diesen  auf,  doch  auch  die  rückständigen  Be- 
richte baldigst  einzuliefern  2).  Am  7.  Januar  wurde  daher  der 
Pfarrer  M.  Zacharias  GĂĽnther  von  Crawinkel,  der  inzwischen 
in  seine  Gemeinde  zurückgekehrt  war,  noch  nachträglich  wegen 


vom  3.  Dezember  (in  Loc.  18,  No.  2),  ein  Verzeichnis  der  „Mängel" 
und  zwei  Schreiben  von  Pfarrern,  die  sich  wegen  ihres  Nichter- 
scheinens entschuldigen. 

1)  Das  Ausschreiben  der  Schulvisitatoren  war  dem  Adjunkten 
Gotter  erst  unter  dem  12.  Nov.,  also  gleichzeitig  mit  dem  Ausschreiben 
der  Kirchenvisitation,  zugestellt  worden.  —  Der  erste  Bericht  über 
die  drei  Gemeinden  datiert  vom  27.  Nov.  1641,  der  zweite  (s.  unten) 
vom  7.  Januar  1642. 

2)  Siehe  das  Schreiben   vom  28.  Dez.  1641  in  Loc.  18,  No.  2. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  129 

d  er  Dörfer  Crawinkel  und  Frankenhain  befragt,  ebenso  erstattete 
Gotter  Bericht  über  seine  Gemeinden  Mühlberg  und  Röhrensee. 

Inzwischen  hatte  jedoch  die  Visitation  der  Ă„mter 
Wachsenburg  und  Ichtershausen1)  bereits  be- 
gonnen. Da  die  meisten  Gemeinden  dieser  beiden  Ă„mter 
sich  in  Arnstadt  aufhielten,  machte  man  am  14.  bis 
16.  Dezember  mit  der  Visitation  von  Holzhausen  und 
Bittstedt,  Thörey  und  Rehstädt,  Haarhausen,  Eischleben, 
Gössel,  Ichtershausen,  Apfelstädt  und  Dietendorf  den  An- 
fang. Die  Gemeinden  Bischleben,  Rhoda,  Stedten  und  Möbis- 
burg,  die  sich  nicht  in  Arnstadt,  sondern  in  Erfurt  aufhielten, 
konnten  nicht  gleich  mitvisitiert  werden ;  sie  wurden  deshalb 
auf  den  11.  Februar  1642  nach  Bischleben  beschieden  und 
dort  in  der  ĂĽblichen  Weise  vorgenommen.  Gleich  im  AnschluĂź 
daran  kamen  auch  die  Gemeinden  des  Amtes  Tonndorf 
an  die  Reihe  (am  14.  und  15.  Februar);  wo  die  Visitation 
stattfand,  läßt  sich  nicht  sagen,  da  das  Protokoll  fehlt, 
vielleicht  in  SchloĂź  Tonndorf  selbst2). 

Von  adligen  Ortschaften  gehörten  zu  dem  Bezirk  des 
Adjunkten  Gotter  die  Dörfer  der  Herren  von  Witzleben- 
Liebenstein  und  Witzleben  zur  Burg,  sowie  Gräfenroda 
(Schwarzburgisch).  Auch  sie  wurden  in  der  herkömmlichen 
Weise  visitiert,  die  Liebensteinischen  am  27. — 29.  Januar 
in  Liebenstein,  die  Elgersburgischen  an  den  drei  folgenden 
Tagen  in  Gera  3),  Gräfenroda  am  24.  Februar  am  Orte  selbst 4). 


1)  Die  Ämter  Wachsenburg  und  Ichtershausen  werden  häufig 
auch  zu  einem  Amt,  das  dann  den  Namen  Ichtershausen  trägt,  zu- 
sammengefaĂźt. 

2)  Der  Bericht  der  Visitatoren  Gotter  und  Wolfgang  Walther, 
Schösser  zu  Ichtershausen,  über  die  3  Amter  datiert  vom  24.  Febr.  1642. 

3)  Zu  Liebenstein  gehören  Li  eben  st  ein,  Rippersroda  und 
Frankenhain,  zur  Burg:  Gera,  Burg,  Manebach,  Neuroda  und 
TraĂźdorf.  (Die  gesperrt  gedruckten  Orte  sind  Pfarrorte.)  Der  Bericht 
ĂĽber  die  Liebensteinischen  Ortschaften  datiert  vom  29.  Jan.,  der 
ĂĽber  die  Elgersburgischen  vom  13.  Febr. 

4)  Die  Visitation  von  Gräfenroda  sollte  ursprünglich  in  Lieben- 
stein stattfinden,  aber   der  Pfarrer  und  die  Bewohner  von  Gräfen- 

XXVIII.  9 


130  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen  etc. 

Damit  ist  alles  Wesentliche  gesagt,  was  wir  aus  den 
Akten  über  den  Verlauf  der  Schulvisitation  entnehmen  können. 
Ăśber  die  Visitation  der  ĂĽbrigen  Bezirke,  vor  allem  der  Super- 
intendenturen  Königsberg  und  Wangenheim,  sowie  über  die 
sonstigen  adligen  Orte  fehlt  uns  jede  Nachricht.  Doch  können 
wir  wohl  annehmen,  daß  bis  Anfang  März  1642  die  Schul- 
visitation im  ganzen  Herzogtum  in  der  Hauptsache  beendet  war. 

Die  Schulvisitation  von  Ende  1641  und  Anfang  1642 
können  wir  nur  als  eine  Spezialvisitation  bezeichnen.  Sie 
wurde  nicht  von  der  Zentralstelle,  sondern  von  den  unter- 
geordneten Organen  der  einzelnen  Bezirke  vorgenommen, 
sie  war  nicht  eine  einmalige  Erforschung  der  Verhältnisse, 
sondern  wurde  in  ähnlicher  Weise  jedes  Jahr  wiederholt. 
Trotzdem  ist  diese  erste  Schulvisitation  von  groĂźer  Be- 
deutung für  die  Reformtätigkeit  Ernsts  geworden,  denn  sie 
bildet  die  Grundlage  fĂĽr  seine  verschiedenen  VerfĂĽgungen 
ĂĽber  das  Schulwesen,  die  bereits  im  Jahr  1642  begannen 
und  von  denen  der  I.  Spezialbericht  (gewöhnlich  Schul- 
methodus  genannt)  die  bekannteste  ist.  Es  kann  uns  nun 
hier  nicht  darauf  ankommen,  die  Protokolle  und  Berichte  der 
Schulvisitation  zu  verwerten,  um  daraus  ein  Bild  der  Zu- 
stände in  den  Schulen  des  Herzogtums  Gotha  zu  entwerfen. 
So  interesant  dies  ist,  so  fällt  es  doch  aus  dem  Rahmen 
unserer  Aufgabe  hinaus.  Ebenso  wird  es  sich  empfehlen, 
auch  die  MaĂźnahmen,  die  Ernst  infolge  der  Schulvisi- 
tation getroffen  hat,  jetzt  noch  nicht,  sondern  erst  im  Zu- 
sammenhang mit  den  infolge  der  K  i  r  c  h  e  n  Visitation  ge- 
troffenen MaĂźregeln  und  VerfĂĽgungen  zu  besprechen. 


roda  erhoben  dagegen  Einspruch  „wegen  des  parteiischen  Ortes",  da 
„hiebevor  zwischen  den  Grafen  u.  Herrn  zu  Schwarzburg  und  denen 
zu  Witzleben  ein  Streit  wegen  des  Kirchenrechts  entstanden  sei".  Sie 
bitten  deshalb,  die  Vis.  möge  in  loco  stattfinden,  eine  Bitte,  die 
auch  genehmigt  wurde.  Vgl.  das  Sehr.  Gotters  an  Brunchorst  vom 
4.  Febr.  1642  in  Loc.  19,  No.  26.  —  Der  Bericht  über  Gr.  datiert 
vom  7.  März. 

(Fortsetzung  folgt.) 


IV. 

Aktenmäßige  Relation  über  die  Feldzüge  des 
Sachsen-Weimar-  und  Eisenachischen  leichten 
Infanterie-Bataillons  in  den  Jahren  1806—1811. 

Von 

Archivdirektor  Dr.  Joli.  Trefftz. 


Die  Literatur  ĂĽber  die  Anteilnahme  des  Regiments 
Herzöge  zu  Sachsen  und  seines  weimarischen  Bestandteiles 
an  den  Kriegen  zu  Beginn  des  19.  Jahrhunderts  ist  größer, 
als  man  fĂĽr  solch  kleines  Spezialgebiet  der  Kriegsgeschichte 
von  vornherein  erwarten  sollte.  Wenn  wir  von  den  Schriften 
ĂĽber  einzelne  FeldzĂĽge  hier  ganz  absehen,  so  fehlt  es  nicht 
an  umfassenderen  Arbeiten,  die  mehrere  FeldzĂĽge  zugleich 
behandeln ,  genannt  seien  das  seltene  Werk  von  MĂĽller 
(1825),  ferner  die  BĂĽcher  von  Jacobs  (1835),  von  v.  See- 
bach (1838)  und  von  v.  Heyne  (1869),  alle  mehr  oder 
weniger  auf  reichem  archivalischen  Materiale  beruhend, 
zum  Teil  auch  auf  persönlichen  Erinnerungen  der  Feld- 
zugsteilnehmer. Zu  diesen  Vorgängern  gesellt  sich  nun 
die  im  folgenden  veröffentlichte  „Aktenmäßige  Relation". 
Sie  ist  die  zeitlich  frĂĽheste  Darstellung,  die  wir  ĂĽber  jene 
kriegerischen  Ereignisse  besitzen ;  denn,  wie  die  Unterschrift 
lehrt,  ist  sie  von  ihrem  Verfasser  am  11.  Oktober  des 
Jahres  1811  beendet  worden,  d.  h.  wenige  Monate,  nach- 
dem das  weimarische  Kontingent,  aufs  furchtbarste  mit- 
genommen, aus  dem  spanischen  Feldzuge  wieder  in  die 
Heimat  zurĂĽckgekehrt  war.  Ăśber  ihren  Verfasser,  Karl 
Emil  Heibig,  —  die  Staatshandbücher  jener  Jahre  schwanken 
in    der  Wiedergabe    des  Vornamens    des  Mannes  —  ist  zu 

9* 


132         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie- Bataillons 

bemerken,  daß  er  seit  1810  Kammersekretär  in  Weimar 
war;  wenn  er  daneben  auch  noch  den  Namen  Kriegssekretär 
führte,  so  deutet  dies  auf  seine  frühere  Zugehörigkeit  zur 
weimarischen  Kriegskanzlei  hin,  der  er  von  1805  ab  an- 
gehört hat.  Heibig  machte  später  Karriere,  er  wurde  im 
2.  Departement  (Kammer-  und  Domänensachen  usw.)  unter 
dem  Staatsminister  von  Gersdorff  Geh.  Referendar  und 
wirklicher  Rat,  trat  weiter  als  wirklicher  Geh.  Hofrat  ins 
Hofmarschallamt  ĂĽber,  dem  er,  in  einfluĂźreicher  Stellung, 
dann  noch  bis  in  die  50  er  Jahre  des  19.  Jahrhunderts 
hinein  seine  Dienste  gewidmet  hat,  der  Typus  eines  alt- 
gedienten weimarischen  Beamten. 

DarĂĽber  kann  kein  Zweifel  bestehen,  daĂź  Heibig  seine 
Arbeit  im  amtlichen  Auftrage  verfaĂźt  hat,  vielleicht  darf 
daran  erinnert  werden,  wieviel  Interesse  der  Herzog  Karl 
August  dem  Militärwesen  und  kriegerischen  Vorgängen  ent- 
gegengebracht hat.  Schon  aus  der  Fassung,  die  Heibig 
der  Ăśberschrift  seiner  Arbeit  gegeben  hat,  ergibt  sich,  daĂź 
er  die  Akten  der  damaligen  weimarischen  Kriegskanzlei  be- 
nutzt hat,  dafĂĽr  sprechen  auch  gelegentliche  Hinweise  auf 
dergleichen  Materialien  in  der  Relation  selbst.  Inwieweit 
sich  Heibig  weitere  Quellen,  man  kann  dabei  an  mĂĽndliche 
Mitteilungen  der  Feldzugsteilnehmer  denken,  in  erster  Linie 
der  Offiziere,  nutzbar  gemacht  hat,  —  an  Gelegenheit  dazu 
hätte  es  ja  nicht  gefehlt  —  entzieht  sich  unserer  Kenntnis, 
aus  der  Arbeit  selbst  ergibt  sich  kein  Anhaltspunkt  dafĂĽr, 
doch  ist  es  wahrscheinlich.  FĂĽr  uns  heutzutage  besitzt 
die  Relation  einen  doppelten  Charakter,  sie  ist  einmal 
Quelle,  insofern  darin  Rapporte  benutzt  sind,  die  jetzt  als 
verloren  angesehen  werden  mĂĽssen,  andererseits  Darstellung, 
und  zwar,  wie  schon  bemerkt,  die  frĂĽheste,  die  wir  bis  jetzt 
besitzen.  Ganz  unbekannt  ist  Helbigs  Arbeit  späteren  Dar- 
stellungen auf  diesem  Gebiete  nicht  geblieben.  Soviel  man 
bemerken  kann,  hat  sie  von  Seebach  vorgelegen,  der  sich 
aber  anscheinend  gegen  ihre  Angaben  meist  ablehnend  ver- 
hält,   namentlich    hinsichtlich    zeitlicher  Ansetzungen,    wäh- 


von  1806—1811.  133 

rend  er  anderes  einfach  ĂĽbernommen  hat.  Die  Frage  nach 
dem  Quellenwert  der  Relation  wĂĽrde  hier  zu  weit  fĂĽhren, 
eine  Untersuchung  darüber  könnte  nur  unter  Heranziehung 
des  gesamten,  nicht  nur  des  in  Weimar  befindlichen  Akten- 
materials ĂĽber  die  Zeit,  sowie  der  vorhandenen  Literatur 
bewerkstelligt  werden.  Ohne  zu  weit  zu  gehen,  wird  man 
aber  doch  wohl  sagen  dĂĽrfen,  daĂź  Heibig  eine  im  wesent- 
lichen zutreffende,  hier  und  da  freilich  etwas  dĂĽrftige  Dar- 
stellung der  Ereignisse  jener  denkwĂĽrdigen  Jahre  gegeben 
hat,  wie  sie  sich  eben  im  Urteile  eines  gebildeten  Zeit- 
genossen darstellten.  So  knapp  die  Relation  auch  ist,  so 
zeigt  sie  in  großen  Zügen  doch  deutlich,  welch  unsäglich 
schwere  Kämpfe  und  Leiden  —  in  einem  Feldzuge  mehr, 
im  anderen  weniger  —  das  Regiment  Herzöge  zu  Sachsen 
und  sein  weimarisches  Kontingent  unter  den  Fahnen  Na- 
poleons zu  bestehen  gehabt  hat.  Es  gereicht  der  Truppe 
zum  höchsten  Ruhm,  mit  welcher  Hingabe  sie  ihren  mili- 
tärischen Pflichten  jederzeit  nachgekommen  ist,  teilweise 
bis  fast  zur  völligen  Vernichtung! 

Die  Handschrift,  in  welcher  wir  wohl  das  Original  zu 
erblicken  haben,  ist  im  Jahre  1875  durch  eine  Schenkung 
des  Obristleutnants  von  Motz  an  das  Archiv  gelangt.  Kleine 
IrrtĂĽmer,  die  dem  Verfasser  untergelaufen  sind,  sowie 
falsche  Schreibungen,  namentlich  von  Ortsnamen,  sind  still- 
schweigend verbessert  worden ;  hie  und  da  wurde  eine  Note 
beigefĂĽgt  nach  Bedarf. 


Das  Herzogl.  Sächsische  Scharfschützen-Bataillon  stand 
seit  dem  Reichskriege  gegen  Frankreich,  wo  es  die  Kam- 
pagne von  1796  am  Rhein  und  in  Schwaben  mitmachte, 
geteilt,  halb  zu  Weimar,  halb  zu  Eisenach,  in  Garnison. 
In  Weimar  lag  der  Stab  bis  nach  dem  Tode  des  Obristen 
von  Germar,  wo  der  Obrist-Leutnant  von  Hoenning  zu  Eise- 
nach Bataillons-Chef  wurde  und  vom  Dezember  1805  bis 
zum  Sommer  1806    bei    der    eisenachischen  Garnison  blieb. 


134         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

Die  hier  garnisonierenden  Kompagnien  standen  unter  dem 
Major  von  Egloffstein. 

Die  politische  Krisis  am  Ende  des  Jahres  1805  war 
eine  Ursache,  daß  auf  Serenissimi  höchsten  Befehl  im  De- 
zember "1805  das  Bataillon  mobil  gemacht  wurde,  jedoch 
kam  es  nicht  zum  wirklichen  Ausmarsch.  Das  Bataillon 
war  ĂĽberkomplett,  hatte  seine  Knechte,  die  erforderlichen 
Wagen  und  hinlängliche  Munition.  Der  Friede  von  Preß- 
burg und  seine  Folgen  führten  zwar  die  alten  Verhältnisse 
zurĂĽck,  aber  schon  in  der  Mitte  des  Septembers  1806  gab 
Serenissimus  neuen  Befehl  zur  Mobilmachung  seines  Ba- 
taillons, und  am  22.  desselben  Monats  rĂĽckten  die  Eise- 
nacher  Kompagnien  hier  ein,  deren  effektiver  Bestand  vom 
Stabsoffizier  abwärts  bis  zum  Knecht  358  Mann  war.  Die 
erforderlichen  Zug-  und  Packpferde  wurden  schleunig  in 
den  Ă„mtern  ausgehoben,  und  fĂĽr  jedes  StĂĽck  aus  der  Feld- 
kriegskasse  12  StĂĽck  Friedrichsd'or  bonifiziert. 

Unterm  4.  Oktober  1806  wurde  eine  Konvention  zwischen 
Sr.  Majestät  dem  König  von  Preußen  und  Sr.  Durchlaucht 
unserm  gnädigsten  Herzog,  und  zwar  Kgl.  Preußischer  Seits 
von  dem  Obristen  und  General-Intendanten  von  Ghiionneau 
und  Herzogl.  Weimarischer  Seits  von  dem  Kammerherrn 
und  Major  von  Pappenheim  und  Legationsrat  Weyland,  ab- 
geschlossen, kraft  welcher  das  Bataillon  und  33  Husaren 
inkl  3  Unteroffizieren  in  Kgl.  PreuĂźische  Dienste  auf  12  auf- 
einander  folgende  Monate  gegeben  wurde. 

Am  8.  Oktober  1806  marschierte  der  höchsten  Ordre 
zufolge  das  Bataillon  aus,  und  war  der  Bestand: 

Stab :  1  Obrist-Leutnant  und  Kommandeur,  von  Hönning, 
1  Major,  von  Egloffstein,  1  Adjutant,  von  MĂĽller  d'Euchacq, 
1  Bataillonsquartiermeister,  1  Bataillons-Chirurgus,  1  Stabs- 
hornist, 2  BĂĽchsenmacher,  1  Profos,  10  Knechte,  19  Reit- 
und  Packpferde,  16  Zugpferde  an  die  Stabs-,  als  Brot-, 
Munitions-,  Reserve-  und  Medizinwagen. 

Jede  Kompagnie,  deren  4  waren,  hatte :  1  Kapitän, 
1  Premierleiitnant,  3  Secondeleutnants,  1  Feldwebel,  1  Ober- 


von  1806—1811.  135 

jäger,  1  Fourier,  1  Feldscheer,  10  Korporals,  7  Jäger, 
2  Hautboisten,  2  Spielleute,  150  SchĂĽtzen  inkl.  1  Zimmer- 
mann, 9  Knechte.  Summa:  189  Köpfe.  1  Kapitän  6  Pferde, 
1  Leutnant  iy2  Pferd,  mithin  12  Reit-  und  Packpferde. 
1  Brotwagen  4  Pferde,  1  Patronenkarren  2  Pferde.  Summa 
18  Pferde. 


1.  Feldzug  gegen  Frankreich. 

Der  komplette  Bestand  des  Bataillons  war  daher 
775  Köpfe  und  107  Pferde.  Der  Marsch  ging  am  8.  Ok- 
tober bis  Erfurt.  S.  Durchlaucht  unser  gnädigster  Herzog, 
der  die  Avantgarde  der  groĂźen  preuĂźischen  Armee  komman- 
dierte, und  zu  dessen  Armeekorps  die  hiesigen  Truppen 
bestimmt  waren,  befand  sich  schon  vorwärts  im  Thüringer 
Waldgebirge.  Das  Bataillon  blieb  daher,  der  sich  indessen 
durch  die  herannahende  französische  Armee  veränderten 
Zeitumstände  wegen,  bei  der  Hauptarmee  und  stieß  zur 
FĂĽsilier-Brigade  Oswald.  Die  mitmarschierten  33  Mann 
Husaren  wurden  meistens  bei  den  Kapitaines  des  guides 
gebraucht  und  waren  zum  Teil  bei  der  Hauptarmee,  zum 
Teil  bei  dem  Armeekorps  des  Herzogs  von  Weimar  ver- 
teilt. Nach  einem  Ruhetag  marschierte  am  10.  Oktober 
das  Bataillon  nach  Stadt-Ilm,  zog  sich  jedoch  nach  der  am 
nämlichen  Tage  bei  Saalfeld  vorgefallenen  unglücklichen 
Af faire  nachts  gegen  12  Uhr  bis  Kranichfeld  zurĂĽck,  wo 
es  mit  der  Brigade  Oswald  die  dortigen  Anhöhen  bis  am 
11.  Mittag  besetzt  hielt. 

Von  da  zog  sich  das  Bataillon  auf  Weimar  zurĂĽck, 
marschierte  nach  Ottern,  kehrte  von  da  am  13.  in  die 
Gegend  von  Mellingen  zurĂĽck,  blieb  bis  zu  einbrechender 
Nacht  dort,  kam  von  da  in  die  Gegend  von  OberroĂźla  und 
stand  am  14.  Oktober  früh  nach  2  Uhr  bei  Auerstädt  im 
Lager;  morgens  nach  4  Uhr  gleich  nach  dem  ersten  En- 
gagement des  Feindes,  muĂźte  das  Bataillon  das  sogenannte 
Lohhölzchen    zwischen  Auerstädt   und  Suiza  besetzen.     Die 


136         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

Schlacht  wurde  bei  Hassenhausen  allgemein,  dies  Dorf  wurde 
genommen  und  verloren.  Marschall  Davoust  suchte  die 
preuĂźische  Armee  bei  Eckartsberga  zu  ĂĽberflĂĽgeln.  Da 
das  Bataillon  im  zweiten  Treffen  stand,  so  kam  es  erst 
gegen  11  Uhr  mittags  ins  Feuer,  wo  es  sich  mit  den  bei  ihm 
stehenden  preuĂźischen  Truppen  bis  gegen  4  Uhr  nachmittags 
gegen  die  stets  wachsende  feindliche  Truppenzahl  tapfer 
verteidigte.  Als  Folge  der  verlorenen  Schlacht  zog  sich 
das  Bataillon  mit  den  ĂĽbrigen  Truppen  zurĂĽck,  um  Nacht- 
quartier in  Ober-  und  NiederroĂźla  zu  nehmen.  Da  es  aber 
diese  beiden  Orte  schon  vom  Feinde  besetzt  fand,  so  kehrte 
es  nach  Mattstedt  zurück,  wo  es  während  der  Nacht  auf 
den  Anhöhen  bivouaquierte.  In  dieser  Nacht  war  es,  wo  das 
Bataillon  durch  starke  Patrouillen  eine  Menge  Leute  ver- 
lor, die  in  feindliche  Gefangenschaft  gerieten.  Der  Verlust 
des  Bataillons  in  der  Schlacht  selbst  war  seiner  guten  ge- 
sicherten Stellung  wegen,  in  der  es  mehr  Schaden  tun  als 
leiden  konnte,  nicht  beträchtlich  und  bestand  in  6  Toten, 
auĂźerdem  war  1  Leutnant,  von  Beulwitz,  und  19  Gemeine 
blessiert. 

Am  15.  früh  trat  das  Bataillon,  beständig  von  der 
feindlichen  leichten  Kavallerie  verfolgt,  den  RĂĽckmarsch 
über  Cölleda  an,  um  sich  nach  Erfurt  zu  werfen.  Auf  dem 
Marsche  dahin  wurde  aber  bekannt,  daĂź  Erfurt  schon  von 
den  Franzosen  eingeschlossen  sei.  Das  Bataillon  näherte 
sich  wieder  Cölleda,  erfuhr,  daß  feindliche  leichte  Truppen 
eingerückt  wären,  und  dirigierte  seinen  Marsch  auf  Weißen- 
see, wo  es  Nachtquartier  nahm.  Am  16.  stieĂź  es  bei 
GreuĂźen  zum  RĂĽcheischen  Korps,  das  sich  bereits  mit  den 
Sachsen  vereinigt  hatte.  In  einer  kleinen  Affaire,  die  un- 
weit GreuĂźen  mit  den  Franzosen  stattgefunden  hatte,  kamen 
wieder  viele  Leute  vom  Bataillon  ab,  die  meistens  ge- 
fangen wurden. 

Die  Retirade  ging  nun  ununterbrochen  auf  Nordhausen, 
vor  welcher  Stadt  das  RĂĽcheische  Armeekorps  nachts  1  Uhr 
ankam.    Um  2  Uhr  morgens  schon  zeigte  sich  französische 


von  1806—1811.  137 

Reiterei.  Es  kam  zu  einem  ziemlich  lebhaften  Gefechte, 
an  dem  das  hiesige  Bataillon  Teil  nahm.  In  Karres  formiert 
zogen  sich  die  preuĂźischen  Truppen  mit  Anbruch  des  Tages 
mit  den  unsrigen  durch  die  Stadt  und  auf  die  jenseitigen 
Anhöhen  zurück.  Durch  diese  nächtliche  Affaire,  die  für 
die  Stadt  Nordhausen  die  gute  Folge  mit  sich  fĂĽhrte,  daĂź 
der  Feind  nicht  eher,  als  bis  es  Tag  war,  in  die  Stadt 
eindringen  konnte,  war  das  Bataillon  abermals  durch  ab- 
gekommene Leute  sehr  geschwächt  worden.  Die  feindlichen 
leichten  Truppen  verfolgten  die  preuĂźischen  Truppen  und 
das  hiesige  Bataillon  unaufhörlich.  Das  preußische  Korps, 
wozu  das  Bataillon  gehörte,  kam  endlich  in  Magdeburg  an 
und  genoĂź  2  Tage  der  lang  entbehrten  Ruhe.  Hier  wurde 
es  unter  die  Befehle  des  Generalleutnants  von  BlĂĽcher  ge- 
geben. Der  Kommandeur  des  Bataillons,  Obristleutnant 
von  Hoenning,  und  der  Adjutant  von  MĂĽller  blieben  krank 
zurück  und  der  erstere  starb  während  der  Belagerung. 
Der  Major  von  Egloffstein,  der  bei  Vierzehnheiligen  blessiert 
worden  war,  blieb  ebenfalls  in  Magdeburg.  Der  Ăśberrest 
des  Bataillons  unter  den  Befehlen  des  Majors  von  Germar 
setzte  die  Retirade  weiter  nach  Lychen  fort,  kam  nach 
Boitzenburg  in  der  Absicht,  sich  nach  Stettin  zu  werfen, 
ging  aber  auf  die  Nachricht  von  der  Ăśbergabe  dieser 
Festung  in  das  Mecklenburgische,  wo  es  am  1.  November 
zur  Affaire  bei  Waren  kam,  in  welcher  das  hiesige  Bataillon 
1  Toten  hatte.  In  der  Gegend  von  Dobbertin  trennte 
sich  das  Bataillon  auf  Serenissimi  höchsten  Befehl  am  2.  No- 
vember von  dem  BlĂĽcherschen  Armeekorps.  Am  3.  stieĂź 
es  auf  die  französische  Avantgarde  vom  Korps  des  Mar- 
schalls Soult.  machte  sein  Vorhaben,  ins  Vaterland  zurĂĽck- 
zukehren ,  bekannt ,  wurde  sehr  ehrenvoll  behandelt  und 
ihm  das  Städtchen  Parchim  zur  Kantonierung  angewiesen, 
wo  das  Bataillon  einen  Ruhetag  hatte.  Ungehindert  und 
ohne  weiter  auf  französische  Truppen  zu  stoßen,  kam  das- 
selbe von  da  über  Flechtingen  unweit  Calvörde  nach  All- 
stedt   und  von  da  am   19.  November  in  dem  Zustand,    wie 


138         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie- Bataillons 

die  anliegende  Bestands-Tabelle  sagt  *),  132  Köpfe  stark,  in 
die  Garnison  zurĂĽck,  wo  sich  die  in  verschiedenen  Affairen 
Versprengten  und  die  aus  der  Gefangenschaft  ranzionierten 
Leute  meistens  schon  eingefunden  hatten.  So  groĂź  der 
Verlust  des  Bataillons  an  Equipage  und  Waffen  in  diesem 
Feldzug  war,  so  wurde  doch  die  Feld-Kriegs-Kasse  gerettet. 
Der  Stabsfourier  Erfurth  schiffte  sich  damit  zu  Anklam  ein, 
um  nach  Königsberg  zu  gehen ;  des  sich  annähernden  Kriegs- 
schauplatzes wegen  ging  er  nach  Memel  und  endlich  nach 
Riga,  blieb  dort  während  der  Dauer  des  Krieges  und  kam 
erst  nach  dem  Frieden  von  Tilsit  zurĂĽck. 

Nach  dem  Einmarsch  der  französischen  Truppen  war 
das  sämtliche  Herzogliche  Militär  als  aufgelöst  anzusehen; 
da  aber  das  14.  französische  Linienregiment,  welches  die 
Garnison  hiesiger  Residenzstadt  ausmachte,  von  hier  weg- 
ging, so  wurde  schon  in  den  ersten  Tagen  des  Novembers 
aus  hiesigen  Militärs  ein  Korps  errichtet,  welches  die  Sicher- 
heitswache genannt  wurde.  In  diesem  prekären  Zustand 
blieb  das  Militär  bis  nach  dem  Beitritt  des  hiesigen  und 
der  sämtlichen  Herzoglichen  Häuser  zum  Rheinbund.  Es 
fand  bald  darauf  unter  den  sämtlichen  Herzoglichen  Häusern 
eine  Konvention  statt,  wie  dies  die  desfallsigen  Akten  um- 
ständlich ausweisen.  Das  diesseitige  Kontingent  war  beim 
FriedensschluĂź  auf  800  Mann  festgesetzt  worden  und  hatte 
bald  darauf  Ordre,  zur  großen  französischen  Armee  gegen 
PreuĂźen  und  RuĂźland  zu  marschieren.  Der  Herzog  befahl, 
das  Bataillon  am  1.  März  1807  komplett  und  in  marsch- 
fertigem Stand  zu  haben.  Die  Kasquets  wurden  abgeschafft 
und  dafĂĽr  zweikrempige  HĂĽte  vorn  mit  einem  FlĂĽgelhorn 
von  Messing  gegeben.  Der  seitherige  Major  Freiherr  von  Eg- 
lofistein  wurde  zum  Obrist-Brigadier  und  Kommandeur  des 
Regiments  Herzöge  von  Sachsen  ernannt.  Den  23.  Februar 
trafen  die  eisenachischen  Kompagnien  hier  ein.  Die  jena- 
ische Musketier-Kompagnie  wurde  aufgelöst,  die  Mannschaft 


1)  Diese  ist  heutzutage  nicht  mehr  vorhanden. 


von  1806—1811.  139 

davon  und  einige  ausgehobene  Rekruten  machten  das  Kon- 
tingent komplett. 


2.  Peldzug  gegen  PreuĂźen  und  BuĂźland. 

Am  5.  März  rückte  das  Kontingent,  welches  nach  der 
französischen  Einrichtung  nur  2  Wagen  mit  8  Pferden,  die 
im  Allstedtischen  ausgehoben  wurden,  bei  sich  hatte,  von 
hier  aus.  Das  erste  Nachtquartier  war  Kölleda,  das  zweite 
Allstedt,  wo  der  erste  Ruhetag  war.  Die  Mannschaft  war 
auf  diesem  kurzen  Marsche  sowie  späterhin  überall  ihrer 
Schönheit  und  guten  Haltung  wegen  bewundert.  Es  war 
kein  Mann  dabei,  der  unter  5  FuĂź  5  Zoll  preuĂźisches  MaĂź 
hatte.  Leider  riß  die  Desertion  bei  diesem  schönen  Bataillon 
stark  ein.  Der  Marsch  wurde  ĂĽber  Eisleben  nach  Magde- 
burg fortgesetzt,  wo  das  Kontingent  Ordre  bekam,  nach 
Spandau  zu  marschieren,  um  dort  seine  weitere  Direktion 
nach  Warschau  oder  Stettin  zu  bekommen. 

In  Spandau  bekam  das  Bataillon  Ordre  nach  Stettin, 
vorher  wurde  es  von  dem  General-Gouverneur  Clarke  in  Char- 
lottenburg gemustert.  Der  General  war  sehr  zufrieden,  lieĂź 
jedem  Mann  ein  Paar  Schuhe  und  dem  Bataillon  ganz  neue 
preuĂźische  Gewehre  abgeben.  Das  Offizierkorps  erhielt  im 
Schlosse  zu  Charlottenburg  ein  splendides  Dejeuner. 

Am  24.  März  rückte  das  Kontingent  in  Stettin  ein  und 
verlor  allein  auf  diesem  Marsche  104  Mann  durch  Desertion. 
Der  dortige  französische  Gouverneur,  General  Mouvenot J), 
ließ,  um  die  Desertion  möglichst  zu  verhindern,  3  Kom- 
pagnien in  das  Fort  PreuĂźen  legen,  eine  Kompagnie  und  der 
Stab  wurden  in  die  Stadt  quartiert.  Der  Dienst  war  ziemlich 
beschwerlich ;  denn  das  Bataillon  gab  täglich  1  Kapitän, 
2  Leutnants  und  144  FĂĽsiliere  zur  Wache.  AuĂźer  dem 
hiesigen  Kontingent  befand  sich  noch  ein  Bataillon  Fran- 
zosen und  das  Regiment  WĂĽrzburg  in  Garnison  zu  Stettin. 


1)  So  das  Manuskript,  der   richtige  Name  lautet:  Thouvenot. 


140         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

Am  2.  April  brach  das  Bataillon  nach  Landsberg 
a.  Warthe  auf,  wo  es  vom  6.  bis  12.  April  kantonierte  und 
die  Ordre  erhielt  ĂĽber  Filehne,  SchneidemĂĽhl  nach  Konitz 
zu  marschieren,  dort  am  19.  einzutreffen,  sich  da  zu  postieren 
und  die  weiteren  Befehle  zum  Aufbruch  nach  Marienwerder 
zu  erwarten.  Schon  bis  Landsberg  betrug  die  Desertion 
des  hiesigen  Kontingents  —  bei  den  übrigen  Herzogl. 
Sächsischen  Kontingenten  war  sie  noch  stärker  —  150  Ge- 
meine.  Die  Ordre  zum  Einmärsche  nach  Polen,  fürchter- 
liche, oft  ĂĽbertriebene  Schilderungen  vom  dem  Mangel,  der 
dort  herrschte,  vermehrten  die  Desertion,  so  daĂź  in  Lands- 
berg in  einer  Nacht  142  Mann  fortgingen  und  von  da  bis 
Schloppe  wieder  24.  In  Schönlanke  erhielt  das  vereinigte 
Regiment  Herzöge  zu  Sachsen  Befehl  über  Friedland,  Bei- 
gard zum  Belagerungskorps  vor  Kolberg  unter  General 
Loison  zu  stoĂźen,  wo  es  am  23.  April  anlangte.  Die  Total- 
summe, vom  Tage  des  Ausmarsches  an  bis  hierher,  betrug 
437  Mann.  Dieser  auĂźerordentlichen  Desertion  zu  begegnen 
wurden  die  strengsten  und  zweckdienlichsten  Vorkehrungen 
getroffen;  die  häufig  zurückkehrenden  Deserteure  wurden 
gesammelt  und  auĂźerdem  eine  Werbung  errichtet,  die  guten 
Fortgang  hatte. 

Weil  es  in  der  Garnison  an  Offizieren  fehlte,  so  wurden 
vom  Kontingent  aus  dem  Lager  vor  Kolberg  der  Major 
von  Arnswald,  die  Kapitäns  von  Hoenning  und  von  Linker, 
die  Secondeleutnants  von  Staff  und  von  Schauroth  und 
8  Korporale  anher  gesendet,  um  2  neue  Kompagnien  zu 
organisieren  und  zur  Armee  zu  fĂĽhren.  In  Pyritz  wurde 
diese  Mannschaft,  wobei  sich  auch  gothaische  und  meinin- 
gische  Offiziere  befanden,  von  einem  preuĂźischen  Streifkorps 
ĂĽberfallen,  zu  Gefangenen  gemacht,  sogleich  aber  auf  Ehren- 
wort wieder  entlassen. 

Im  Lager  vor  Kolberg  legte  sich  nun  zwar  die  starke 
Desertion,  doch  gingen  in  der  Nacht  vom  27.  auf  den 
28.  April  wieder  9  Mann,  worunter  5  Gothaner,  von  den 
Vorposten  zu  den  PreuĂźen  ĂĽber,  welcher  Vorfall  dem  kom- 


von  1806—1811.  141 

mandierenden  Offiziere  viele  Unannehmlichkeiten  machte, 
auch  ließ  General  Loison  das  sämtliche  Regiment  von  den 
Vorposten  ablösen  und  dieselben  durch  Italiener  besetzen. 
Die  Kanonade  aus  der  Festung  und  hinein  wurde  wenig 
unterbrochen,  die  Kugeln  trafen  fast  gar  nicht,  wenigstens 
hatte  bis  zum  30.  April  das  hiesige  Kontingent  noch  keinen 
Mann  verloren.  An  Lebensmitteln  war  gerade  kein  Mangel, 
der  Soldat  erhielt  täglich  Brot,  Fleisch,  Erbsen,  Brannt- 
wein, Essig  und  Salz.  Die  Nähe  der  See  verursachte,  daß 
die  Nächte  rauh  und  kalt  waren. 

Am  5.  Juni  ging  unter  dem  Kommando  des  Kapitäns 
von  Linker  ein  Ersatz-Detachement  von  168  Mann  ĂĽber 
Halle,  Dessau  nach  Potsdam  ab.  Es  hatte  Anweisung,  die 
in  mehreren  preußischen  Städten  deponierten  Armaturstücke 
der  Deserteure  zu  sammeln  und  mit  ins  Lager  vor  Kol- 
berg zu  bringen. 

Bei  dem  Kontingent  war  indessen  nichts  von  groĂźer 
Wichtigkeit  vorgefallen.  In  der  Nacht  vom  17.  auf  den 
18.  Mai  muĂźte  ein  1600  Mann  starkes  Korps  von  der  Be- 
lagerungsarmee eine  Redoute,  welche  die  PreuĂźen  nahe  am 
Meer  erbaut  hatten,  stĂĽrmen.  In  weniger  als  10  Minuten 
war  sie  genommen,  doch  griff  sogleich  eine  neue,  aus  der 
Festung  gekommene  preuĂźische  Infanterie-Kolonne  die  eben 
verlorene  Schanze  heftig  an  und  nahm  sie  wieder.  Vom  säch- 
sischen Regiment  waren  bei  dieser  Affaire  nur  50  SchĂĽtzen, 
der  übrige  Teil  des  Regiments  hatte  rückwärts  3  Redouten 
besetzt  und  sollte  als  Reserve  dienen.  Der  Verlust  der 
SchĂĽtzen  bestand  in  2  Mann. 

Am  folgenden  Morgen  fingen  die  Franzosen  an,  eine 
Redoute  der  preuĂźischen  gegenĂĽber  zu  etablieren ;  trotz 
des  feindlichen  heftigen  Feuers  aus  der  Festung  wurde 
sie  beendigt.  Das  Regiment  hatte  bei  dieser  Gelegenheit 
1  Toten  und  1  schwer  Verwundeten.  Am  nämlichen  Tage 
sah  man  auf  der  Rhede  vor  Kolberg  9  Schiffe,  die  bald 
darauf  im  Hafen  einliefen.  Eine  Fregatte  stationierte  sich 
dicht  hinter  der  vorhin  erwähnten  preußischen  Redoute  und 


142        FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

schien  die  KĂĽsten  zu  bewachen.  Der  Mangel  an  Lebens- 
mitteln wurde  fĂĽhlbarer,  Branntwein  und  Wein  war  kaum 
zu  erhalten  und  äußerst  teuer. 

Das  Belagerungskorps  bestand  in  2  Brigaden  auf  das 
rechte  und  linke  Ufer  der  Persante  verteilt.  Am  rechten 
Ufer  unter  Brigade- General  Ruby  standen  die  hiesigen 
Truppen 

Die  PreuĂźen  hatten  die  wiedergenommene  Redoute, 
den  Wolfsberg,  so  befestigt,  daĂź  man  sie  als  ein  kleines 
Port  betrachten  konnte.  Französischerseits  sah  man  die 
Wichtigkeit  dieses  Postens  ein  und  beschloĂź,  einen  noch- 
maligen Angriff  darauf  zu  machen.  Um  Menschen  zu 
schonen  wurden  in  der  Nacht  vom  5.  zum  6.  Juni  die 
Laufgräben  gegen  den  Wolfsberg  angelegt.  Preußischer- 
seits  schien  man  auf  ein  solches  Unternehmen  vorbereitet 
zu  sein,  man  hatte  die  Feldwache  sehr  verstärkt  und  empfing 
die  vorrückenden  französischen  und  Rheinbunds -Truppen  mit 
einem  solchen  heftigen  Feuer,  daĂź  sie  sich  zurĂĽck-  und 
neue  Verstärkung  an  sich  ziehen  mußten.  Mit  dieser  wurde 
von  neuem  angegriffen.  Das  Gefecht  engagierte  sich  auf 
der  ganzen  Linie  um  so  heftiger,  da  die  PreuĂźen  immer 
neue,  aus  der  Festung  kommende  Truppen  ins  Gefecht 
fĂĽhrten.  So  unentschieden  blieb  bis  l1^  Uhr  frĂĽh  jeder 
Vorteil,  jetzt  aber  wurden  die  PreuĂźen  ĂĽberall  geworfen 
und  wurden  bis  auf  150  Schritte  von  der  Festung  verfolgt. 
Die  Franzosen  zogen  sogleich  die  Vorpostenkette  und  be- 
haupteten sich  daselbst.  Der  beabsichtigte  Zweck  wurde 
durch  dieses  Gefecht  vollkommen  erreicht;  nur  war  die  Er- 
öffnung der  Laufgräben  gegen  den  Wolfsberg  mit  manchen 
Unannehmlichkeiten  verknĂĽpft,  da  man  selbige  erst  mit 
Anbruch  des  Tages  beginnen  konnte.  Der  Verlust,  den 
das  Detachement  vom  sächsischen  Regiment,  welches  sich 
bei  diesem  Gefecht  befand,  erlitt,  war  sehr  unbedeutend 
und  betrug  im  ganzen  Gotha  1  Toten ,  1  Blessierten, 
Weimar  1  Blessierten,  Hildburghausen  1  Blessierten.  Der 
Obrist-Brigadier    Freiherr    von    Egloffstein    war    bei    dem 


von  1806-1811.  143 

ganzen  Gefecht  als  Colonel  du  jour  gegenwärtig  und  be- 
fehligte 5  italienische  Grenadier-  und  2  Voltigeurkompag- 
nien.  In  der  Nacht  vom  11.  Juni  wurde  endlich  der  Wolfs- 
berg nach  einem  11-stĂĽndigen  Bombardement  genommen 
und  Fort  Loison  genannt. 

In  der  Nacht  vom  16.  auf  den  17.  Juni  machten  die 
PreuĂźen  aus  der  Festung  einen  allgemeinen  Angriff.  Eine 
Redoute  wurde  von  ihnen  genommen  und  alles,  was  dar- 
innen war,  gefangen  und  niedergemacht.  In  dieser  Re- 
doute befanden  sich  6  FĂĽseliers  von  der  von  Hoenningschen 
Kompagnie,  die  als  Kanoniers  gebraucht  wurden.  Drei  von 
ihnen,  Eckstein,  Feucht  und  Leidpole,  fand  man  schwer 
blessiert  und  bis  aufs  Hemde  ausgezogen.  Die  ĂĽbrigen 
3  waren  gefangen  oder  tot,  etwas  Bestimmtes  konnte  man 
über  ihr  Schicksal  nicht  erfahren,  doch  kam  später  einer 
von  ihnen,    namens  Bratsch  aus  Martinroda,  zurĂĽck. 

Am  19.  Juni  fand  abermals  ein  hitziges  Gefecht  statt. 
700  preuĂźische  Grenadiers  griffen  gegen  Abend  das  Fort 
Loison  an  und  wollten  es  mit  Sturm  nehmen.  Sie  rĂĽckten 
so  schnell  an,  daĂź  die  Besatzung  nur  einigemal  die  Ge- 
wehre abfeuern  konnte,  auf  der  Brustwehr  aber  wurden  sie 
mit  dem  Bajonett  empfangen  und  in  den  Graben  zurĂĽck- 
geworfen. 150  Soldaten  vom  Regiment  Herzöge  von  Sachsen 
nahmen  Teil  an  diesem  Gefecht,  das  2  Tote  und  3  Blessierte 
kostete;  auĂźerdem  war  der  gothaische  Leutnant  von  Hoen- 
ning  tödlich  durch  eine  Kanonenkugel  blessiert  und  starb 
bald  darauf. 

Am  14.  Juli  brach  abermals  unter  Kommando  des 
Majors  von  Arnswald  ein  Ersatz-Kommando  von  167  Mann 
von  hier  auf,  wurde  am  25.  Juli  vom  General-Gouverneur 
Clarke  gemustert,  als  ein  Beweis  der  Zufriedenheit  wurde 
pro  Mann  eine  Ration  Branntwein  verabreicht.  Neues  fiel 
bei  dem  Kontingent  nichts  vor,  da  seit  dem  1.  Juli  der 
Waffenstillstand  eingetreten  war.  Der  Obrist-Brigadier  von 
Egloffstein  war  krank  und  der  Herzogl.  Gothaische  Major 
Förster  hatte  das  Kommando  über  das  Regiment. 


144         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

Da  die  Aufhebung  der  Belagerung  von  Kolberg  eine 
notwendige  Folge  des  eingetretenen  Waffenstillstandes  und 
bald  darauf  zu  Tilsit  abgeschlossenen  Friedens  war,  so 
erhielt  das  gothaische  Kontingent  Befehl,  nach  der  Insel 
Wollin  zu  marschieren,  das  weimarische  bekam  seine  Kanto- 
nierungsquartiere  in  und  bei  Tramm,  wo  ein  am  7.  August 
in  dem  Lager  der  italienischen  Truppen  ausgebrochenes 
heftiges  Feuer  einen  bedeutenden  Verlust  am  Armatur-  und 
MontierungsstĂĽcken  verursachte.  Obrist-Brigadier  Freiherr 
von  Egloffstein  verlor  auĂźer  mehreren  Effekten  seine  Pferde, 
es  verbrannte  das  Stabshornisten-Pferd,  auch  war  der  Ver- 
lust des  Regimentsquartiermeisters  Schmidt  und  des  Ba- 
taillonschirurgus  Börner  bedentend. 

Nach  einem  unterm  21.  August  eingegangenen  Rapport 
war  das  diesseitige  Kontingent  zur  Besetzung  der  Insel 
Usedom  bestimmt  und  hatte  seine  Quartiere  in  Swine- 
mĂĽnde.  Das  gothaische  Kontingent  befand  sich,  wie  schon 
erwähnt,  auf  der  Insel  Wollin,  die  gemeinschaftliche  Be- 
stimmung dieser  beiden  Kontingente  war  die  Verteidigung 
dieser  zwei  Inseln,  falls  die  Engländer  oder  Schweden  eine 
Landung  unternehmen  sollten. 

Krankheiten  aller  Art  wĂĽteten  fĂĽrchterlich  unter  den 
Truppen,  wahrscheinlich  eine  Folge  der  kühlen  Nächte  und 
unerträglichen  Hitze  des  Tages,  wozu  ein  ungewohnter 
Dienst  auf  den  Schiffen  kam.  Die  Herzogl.  Kriegs-Kom- 
mission erließ  auf  Serenissimi  Höchsten  Befehl  an  den  Ba- 
taillonschirurgus  die  Anweisung,  weder  MĂĽhe  noch  Kosten 
zu  scheuen,  um  das  Schicksal  der  Kranken  zu  mildern. 
Am  25.  Oktober  1807  ging  ein  Kommando  von  1  Kapitän, 
2  Leutnants,  1  Oberjäger,  2  Korporale  und  17  Füseliere 
mit  einem  Transport  MontierungsstĂĽcken  zum  Kontingent 
ab ,  durch  welche  Gelegenheit  fast  alle  Gemeinden  des 
Landes  Geld  oder  sonstige  UnterstĂĽtzungen  an  ihre  An- 
gehörigen gelangen  ließen.  Um  diese  Zeit  hatte  allein  das 
diesseitige  Kontingent  158  Kranke,  und  die  Mortalität  war 
ziemlich  bedeutend.     Zu  Kaseburg  befand  sich  das  weima- 


von  1806—1811.  145 

rische  Lazarett,  erst  in  der  Kirche  und  später  in  den 
Bauernhäusern,  1  Feldscher,  2  Korporale  und  12  Gemeine 
waren  gestorben. 

Am  13.  November  meldete  der  Obrist-Brigadier  Frei- 
herr von  Egloff stein,  daĂź  er  in  der  abgewichenen  Nacht 
Ordre  erhalten  habe,  mit  dem  Regiment  nach  Bayreuth 
aufzubrechen,  und  daĂź  er  sich  in  Anklam  mit  den  weima- 
rischen Truppen  vereinigen  werde.  Die  Marschroute  war : 
14.  November  Anklam,  15.  Friedland,  16.  Strasburg,  17. 
Prenzlau,  18.  Templin,  19.  Zehdenik,  20.  Oranienburg,  21. 
Berlin,  22.  Ruhetag,  23.  Potsdam,  24.  Treuenbrietzen,  25. 
Wittenberg,  26.  DĂĽben,  27.  Leipzig,  28.  Ruhetag,  29.  Alten- 
burg, 30.  Ronneburg,  1.  Dezember  Weida,  2.  MĂĽhldruf, 
3.  Hof,  4.  MĂĽnchberg,  5.  Bayreuth.  Von  Gera  aus  sendete 
das  Kontingent  seine  sämtlichen  Kranken  in  das  zu  Jena 
etablierte  Spital;  dagegen  wurden  demselben  aufs  neue 
80  Mann  Ersatz  zugesendet.  In  Hof  erhielt  das  Regiment 
vom  General-Gouverneur  von  Bayreuth,  Legrand,  Ordre, 
in  die  Friedensgarnisonen  zurĂĽckzukehren,  das  hiesige  Ba- 
taillon rĂĽckte  am  8.  Dezember  wieder  in  Weimar  ein.  Die 
Krankheiten  waren  noch  nicht  verschwunden,  Krätze  und 
Wechselfieber  waren  epidemisch  geworden,  und  noch  im 
FrĂĽhjahr  1808  hatte  das  Bataillon  ĂĽber  400  Kranke,  von 
denen  jedoch  nur  sehr  wenige  starben,  weil  auf  Serenissimi 
gnädigsten  Befehl  die  Anordnung  getroffen  war,  daß  alle 
Kranken  kräftige  Suppen,  Fleisch,  Wein,  Bier  und  Tabak 
erhielten. 

Im  April  1808  erging,  sowie  an  alle  Rheinbunds- 
Staaten,  auch  an  Weimar  das  Ansuchen,  Trainsoldaten  zur 
französischen  Armee,  und  zwar  in  das  Lager  bei  Berlin, 
zu  stellen.  Die  auf  das  hiesige  Herzogtum  kommenden 
10  Mann  wurden  schnell  geworben,  erhielten  30  $$  Hand- 
geld, jedoch  davon  nur  5  $$  in  die  Hand  und  wurden 
schon  am  8.  Mai  durch  ein  Kommando  an  die  französische 
Armee  ĂĽbergeben ;  da  diesen  Leuten  das  Versprechen  er- 
teilt worden  war,  daĂź  sie  nur  2  Jahre  und  nicht  auĂźer 
XXVIII.  10 


146         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie- Bataillons 

Deutschland  dienen  sollten,  gleich  darauf  aber  PreuĂźen  ge- 
räumt wurde,  und  die  französische  Armee  über  den  Rhein 
ging,  so  waren  die  hiesigen  Trainsoldaten  bis  auf  2  Mann, 
die  wahrscheinlich  in  französischen  Diensten  geblieben  sind, 
sowie  die  meisten  ĂĽbrigen  Trainsoldaten  diesseits  des  Rheins 
zurückgeblieben.  Sie  wurden  französischerseits  nicht  rekla- 
miert ;  weil  sie  aber  doch  auf  eine  zweijährige  Dienstzeit 
geworben  waren,  so  befahl  Serenissimus  gnädigst,  daß  ihnen 
das  residuum  des  Handgeldes  nicht  eher  als  nach  Ablauf 
der  2  Jahre  ausgezahlt  werden  sollte. 

Das  Bataillon  erhielt  im  Sommer  1808  neue,  sehr  vor- 
zĂĽgliche Gewehre,  doch  blieben  bei  jeder  Kompagnie  50  Mann 
BĂĽchsenschĂĽtzen.  Bei  jeder  Kompagnie  wurden  6  Gefreite 
angestellt  und  dazu  nur  solche  Leute  genommen,  die  die 
Kampagnen  1806  und  1807  bis  zum  Ende,  und  ohne  deser- 
tiert gewesen  zu  sein,  mitgemacht  hatten ;  sie  erhielten  1  fl. 
mehr  Löhnung  als  die  Gemeinen. 

Im  Februar  1809  erhielt  das  Bataillon  wieder  Ordre 
zum  Marsch,  wurde  schleunig  und  in  eben  dem  MaĂźe, 
wie  im  Jahre  1807,  mobil  gemacht  und  marschierte  bereits 
am  14.  März  aus.  Seine  erste  Bestimmung  war  Würzburg. 
In  Meiningen  stieĂźen  die  gothaischen  und  nachher  die 
übrigen  Herzogl.  sächsischen  Truppen  dazu.  Nach  einer 
zwischen  den  Höfen  von  Weimar  und  Gotha  getroffenen 
Ăśbereinkunft  hatte  fĂĽr  diesen  Feldzug  Gotha  das  Kom- 
mando. 

3.  Feldzag  gegen  Ă–sterreich. 

Am  21.  März  rückte  das  hiesige  Bataillon  in  der 
Gegend  von  WĂĽrzburg  in  Kantonierungs-Quartiere ,  der 
Stab  und  die  von  Schierbrandsche  Kompagnie  lagen  in 
dem  Städtchen  Arnstein,  der  Obrist-Brigadier  Freiherr  von 
Egloff stein  aber  und  2  gothaische  Grenadier-Kompagnien 
in  WĂĽrzburg  selbst.  Das  ganze  Regiment  hatte  nicht 
weniger  als  32  Kantonements-Ă–rter.  Die  Quartiere  waren 
vortrefflich    und    der    Mut   und    die  Stimmung    des   ganzen 


von  1806—1811.  147 

Regiments  ĂĽbertraf  alle  Erwartung.  Das  hiesige  Kontingent 
hatte  nicht  einen  einzigen  Deserteur. 

Durch  einen  Adjutanten  des  Marschalls  Massena  wurde 
der  Obrist  von  Egloffstein  benachrichtigt,  daĂź  die  Be- 
stimmung des  Regiments  sowie  die  mehrerer  deutscher 
Truppen  sei,  in  der  Gegend  von  StraĂźburg  unter  den  Be- 
fehlen des  Marschalls  Massena  ein  Observations-Korps  zu 
bilden. 

Am  30.  März  wurde  das  ganze  Regiment  von  dem 
Divisions-General  Rouyer  gemustert.  Das  hiesige  Bataillon 
gefiel  sehr,  und  die  WĂĽrzburger  Zeitung  Nr.  52  vom  1.  April 
1809  legt  dem  weimarischen  Bataillon  seiner  guten  Manns- 
zucht und  Haltung  wegen  groĂźes  Lob  bei.  Durch  den 
Divisions-General  Rouyer  wurde  die  Formation  des  Regi. 
mentes  umgeändert;  es  bestand  aus  2  Linien-  und  1  leichten 
Bataillon.  Das  leichte  Bataillon  von  Weimar  erlitt  nur 
insofern  eine  Veränderung,  als  aus  den  zeitherigen  4  Kom- 
pagnien 5  formiert  wurden.  Die  6.  Kompagnie  erhielt  das- 
selbe von  Hildburghausen.  Ăśbrigens  erhielt  das  Regiment 
die  4.  Nummer  in  der  3.  Division  der  Rheinbundstruppen, 
welche  vom  Divisions-General  Rouyer  kommandiert  wurde, 
Man  erwartete  am  10.  April  den  Marschall  Davoust,  Her- 
zog von  Auerstedt,  zur  Musterung  der  sämtlichen  Rhein- 
bundskontingente. Inmittelst  wurde  auf  französische  Ver- 
anlassung von  den  Herzogl.  sächsischen  Höfen  eine  Kom- 
pagnie mobilgemacht,  die  als  Sapeurs  gebraucht  werden 
sollte.  Sie  rĂĽckte  schon  am  10.  April  aus,  der  hiesige  An- 
teil daran  bestand  in  1  Offizier,  Leutnant  von  Altrock, 
1  Fourier,  1  Chirurg,  3  Korporals,  1  Tambour  und  33  Ge- 
meine ;  ihre  Bestimmung  war  ebenfalls  WĂĽrzburg. 

Der  Krieg  mit  Osterreich  war  indessen  am  9.  April 
wirklich  zum  Ausbruch  gekommen.  Am  11.  erhielt  der 
Obrist-Brigadier  Freiherr  von  Egloffstein  Ordre,  mit  dem 
Regiment  aufzubrechen.  Die  ganze  Division  Rouyer,  9000 
Mann  stark,  lauter  deutsche  Truppen,  sollte  ĂĽber  Uffenheim, 
Ansbach,  Pleinfeld,  Eichstätt  nach  Regensburg  marschieren. 

10* 


148         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

Am  14.  traf  das  Regiment  in  Ansbach  ein.    Ein  falsches 
Gerücht,    daß    die   Österreicher    schon   in  Nürnberg   wären, 
verursachte,  daĂź  das  ganze  Regiment  in  die  Stadt  kam,  wo 
ĂĽbrigens  auch  noch  alle  Kontingente  von  der  Division  Rouyer 
versammelt  waren.    Aus  Vorsicht  muĂźte  ein  ganzes  Bataillon 
auf  Feldwache  ziehen.    In  der  Nacht  vom  14.  zum  15.  April 
kam    Ordre    zum    Aufbruch.     Das    Regiment    Herzöge    von 
Sachsen  und  noch  einige  deutsche  Kontingente,    zusammen 
etwa   4000  Mann,    rĂĽckten    aus   und   kamen    den   17.    ĂĽber 
Öttingen  nach  Nördlingen,  wo  der  Kaiser  und  König  eben 
abgereist  war.     Das  Regiment  wurde  auf  die  Dorfschaften 
verlegt,  man  hoffte,  die  Division  hier  wieder  zu  vereinigen, 
allein    schon   um  7  Uhr  abends  kam  Befehl  zum  Aufbruch 
nach  Donauwörth,  weil  der  Kaiser  die  Division  dort  mustern 
wolle.    Das  Regiment  marschierte  die  ganze  Nacht  und  kam 
gegen  Morgen  in  Donauwörth  an,  wo  zwar  der  Kaiser  noch 
gegenwärtig  war,  die  erwartete  Musterung  aber  nicht  statt- 
fand.    Das    hiesige  Bataillon    erhielt   die  Bestimmung,    den 
BrĂĽckenkopf  an  der  Donau  zu  besetzen,  die  anderen  Bataillone 
hingegen    wurden    teils    detachiert,    teils    in  der  Stadt    ein- 
quartiert.    Um    2  Uhr   nachmittags,    18.  April,    reiste    der 
Kaiser  ab.    Er  muĂźte  auf  seiner  Route  nach  Ingolstadt  den 
BrĂĽckenkopf   passieren,    und    da   das    hiesige  Bataillon   da- 
selbst   aufmaschiert  war,    so  stieg   er  aus  dem  Wagen  und 
nahm  es  in  Augenschein,  wobei  er  sich  mit  mehreren  Offi- 
zieren  auf  das   gnädigste  unterhielt.     Das  Regiment  mußte 
noch  in  der  Nacht  folgen  und  langte  am  19.  frĂĽh  in  Ingol- 
stadt an,  wo  es  bis  zum  25.  April  blieb.    Hier  erhielt  der 
Divisions-General   Rouyer    die    Nachricht   von    2    ĂĽber   die 
Ă–sterreicher   bei   Regensburg    und    Abensberg    erfochtenen 
Siegen.    Viele  1000  Gefangene  wurden  nach  Ingolstadt  ge- 
bracht,  wo    sie   in   den  Kirchen    eingesperrt   wurden.     Die 
unglaubliche  Menschenmasse,  die  sich  der  Nähe  des  Kriegs- 
schauplatzes wegen  hier    zusammendrängte,    verursachte  an 
den  notwendigsten  BedĂĽrfnissen  groĂźen  Mangel. 

Am  26.  April  marschierte  das  Regiment  von  Ingolstadt 


von  1806-1811.  149 

ab,  kam  über  das  noch  mit  Toten  besäete  Schlachtfeld  bei 
Regensburg  und  hielt  am  27.  ĂĽber  die  noch  rauchenden 
Schatthaufen  der  Vorstädte  seinen  Einzug  in  Regensburg. 
Das  hiesige  Bataillon  muĂźte  auf  dem  Osterberge  biwakieren. 
Die  Stadt,  und  mit  ihr  die  einquartierten  Trappen,  schmachtete 
im  Elend,  3 — 400  Häuser  lagen  in  Asche,  noch  mehr  waren 
durch  das  Kanonenfeuer  beschädigt.  Die  Sapeur-Kompagnie 
war  am  25.  April  zu  Ingolstadt  angekommen,  erhielt  aber 
schon  am  folgenden  Tag  Ordre  zum  Weitermarsch  zur 
groĂźen  Armee. 

Am  1.  Mai  empfing  das  Regiment  die  Ordre,  nach 
Straubing  aufzubrechen  und  am  2.  Mai  frĂĽh  5  Uhr  dort 
einzutreffen.  Sogleich  nach  dem  Einmarsch  des  Regiments 
wurde  von  selbigem  die  Stadt  und  der  vorhandene  BrĂĽcken- 
kopf besetzt,  es  erhielt  aber  schon  am  nämlichen  Tage  den 
Befehl,  am  3.  Mai  frĂĽh  3  Uhr  nach  Passau  aufzubrechen, 
wo  sich  die  ganze  Division  Rouyer  vereinigen  sollte.  Am 
4.  Mai  abends  7  Uhr  langte  das  Regiment  bei  Passau  an ; 
es  muĂźte  auf  dem  am  linken  Ufer  der  Donau  liegenden 
sogenannten  Riesenberge  vorwärts  der  Stadt  Passau  bi- 
wakieren und  in  Gemeinschaft  mit  dem  5.  leichten  fran- 
zösischen Infanterie-Regiment  den  Dienst  verrichten.  Das 
leichte  Bataillon  behielt  diese  Position  auch  bei,  als  später- 
hin die  2  Linien-Bataillone  das  rechte  Innufer  besetzen 
muĂźten. 

Am  13.  Mai  kam  der  französische  Marschall  Prinz  von 
Pontecorvo  an,  dessen  Armee-Korps,  bestehend  in  15  000 
Sachsen,  nach  Linz  marschierte.  Der  Prinz  besah  alle  im 
Lager  bei  Passau  stehenden  Truppen  und  lieĂź  als  einen 
Beweis  seiner  Zufriedenheit  jedem  Soldaten  eine  doppelte 
Ration  Branntwein  verabreichen.  Das  Regiment  hatte  am 
15.  die  Ordre  erhalten,  von  Passau  ab  nach  Linz  zu  mar- 
schieren, wahrscheinlich  mochte  aber  der  Operationsplan 
nach  der  Schlacht  von  Aspern  abgeändert  worden  sein; 
denn  nicht  nur  die  ganze  Division  Rouyer,  sondern  auch 
das    weiter    vorwärts    bei    Linz    stehende    Kgl.    sächsische 


150         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

Armee -Korps  unter  Prinz  Pontecorvo  erhielt  Kontre- 
ordre. 

Die  Position  des  Regiments  hatte  sich  inzwischen  nur 
insofern  verändert,  daß  es  von  dem  rechten  Ufer  des  Inn- 
flusses  und  dem  MariahĂĽlfsberg  wieder  herab  ĂĽber  die 
Inn-  und  Donau-BrĂĽcke  marschieren  und  auf  dem  frĂĽher 
erwähnten  Riesenberge  das  vom  19.  und  5.  französischen 
Regiment  verlassene  Lager  beziehen  muĂźte.  Der  Kaiser 
hatte  befohlen,  den  Platz  Passau  als  einen  der  wichtigsten 
vor  allen  anderen  gut  besetzt  zu  erhalten  und  in  den  best- 
möglichsten Verteidigungszustand  zu  setzen,  daher  mußten 
täglich  viele  1000  Soldaten  und  Bauern  schanzen ;  die  Peri- 
pherie der  Verschanzungen  betrug  am  26.  Mai  schon  einige 
Stunden  Wegs. 

Am  12.  Juni  sendete  der  Obrist  von  Egloff stein  die  Ab- 
schrift einer  französischen  Ordre,  nach  welcher  vom  Kaiser 
von  Frankreich  jedem  Regiment  100000  frs.  in  Papier  als 
Geschenk  zugesichert  wurden.  Dieses  Geschenk  wurde 
späterhin  auch  an  das  Regiment  Herzöge  von  Sachsen  ge- 
zahlt und  nach  dem  Verhältnis  der  28  Teile  an  die  einzelnen 
Kontingente  verteilt. 

Das  Regiment  stand  fortdauernd  im  Lager  bei  Passau 
und  war  mit  allem  reichlich  versehen.  Der  Kapitän  von 
Schierbrand  vom  hiesigen  Kontingent  war  seit  Anfang  des 
Monats  Juni  nach  dem  Städtchen  Zwiesel  an  der  böhmischen 
Grenze  detachiert,  wo  er  am  19.  frĂĽh  3  Uhr  von  300  Mann 
böhmischer  Landwehr  angegriffen  wurde.  Mit  100  Mann 
Bayern,  die  dem  Kapitän  beigegeben  waren,  schlug  der- 
selbe den  Feind  tapfer  zurĂĽck;  auĂźer  16  bis  18  Toten,  die 
der  Feind  auf  dem  Platze  ließ,  nahm  er  ihm  1  Kapitän  und 
8  Mann  als  Gefangene  ab.  Die  Affaire  dauerte  1  Stunde, 
und  es  wurde  bloĂź  ein  einziger  Mann  des  leichten  Bataillons 
blessiert. 

Am  20.  Juni  hielt  der  französische  Divisions-General 
und  Kommandant-en-chef  von  Passau,  Bourcier,  Revue  ĂĽber 
das  Regiment  ab.    Das  1.  Linien-Bataillon  und  das  leichte 


von  1806—1811.  151 

Infanterie-Bataillon  von  Weimar  bekamen  ihrer  guten  Hal- 
tung wegen  viele  Lobeserhebungen,  mit  dem  2.  Linien- 
Bataillon  war  jedoch  der  General  höchst  unzufrieden.  In 
diesem  Monat  desertierte  der  FĂĽselier  Friedrich  Meyer  aus 
Weimar,  er  war  der  erste  Deserteur,  den  das  Bataillon  in 
dieser  Kampagne  hatte.  Am  30.  Juni  wurden  unter  dem 
Kommando  des  Aide  de  camp  des  Divisions-Generals  Bourcier 
3  Kompagnien  zu  einer  Expedition  innerhalb  der  bayrischen 
Grenzen  detachiert.  5  bis  6  Stunden  von  Passau  trafen  sie 
5000  österreichische  Truppen  in  Verschanzungen  an.  Wegen 
Ăśberlegenheit  des  Feindes  zog  sich  das  Detachement  nach 
einigen  kleinen  Plänkeleien  nach  Passau  zurück. 

Die  6.  Kompagnie  des  leichten  Bataillons  unter  dem 
hildburghäusischen  Kapitän  von  Münch  wurde  am  2.  Juli 
abends  10  Uhr  in  dem  Dorfe  Salzweg,  wohin  sie  detachiert 
war,  vom  Feinde  angegriffen.  Nach  einem  kurzen,  aber 
ernsthaften  Widerstand  zog  sich  der  Feind  zurĂĽck,  ohne 
weiter  etwas  gegen  die  Kompagnie  zu  versuchen. 

Die  Befestigungs werke  waren  nun  nach  einer  ununter- 
brochenen Arbeit  von  einigen  Monaten  zu  ziemlicher  Voll- 
kommenheit gediehen.  Dem  Regiment  wurden  mehrere 
Schanzen  zur  Verteidigung  angewiesen,  und  am  3.  Juli  fĂĽr 
dasselbe  der  Platz  zu  einem  neuen  Lager  abgesteckt.  Vom 
3.  bis  8.  Juli  wurden  mehrmals  des  Nachts  die  Vorposten 
des  Regiments  alarmiert,  ohne  daĂź  es  jedoch  zu  ernstlichen 
Auftritten  gekommen  wäre.  Wahrscheinlicherweise  hatte 
man  österreichischerseits  nur  die  Absicht,  einige  Gefangene 
zu  machen,  um  ĂĽber  die  Verschanzungen  bei  Passau  Er- 
kundigung einziehen  zu  können. 

Der  Marschall  Herzog  von  Danzig  war  von  Linz  in 
Passau  angekommen,  wo  von  ihm  die  sämtlichen  Befestigungs- 
werke in  Augenschein  genommen,  und  die  Division  Rouyer 
gemustert  wurde.  Der  Marschall  wiederholte  mehrere  Male 
seine  vollkommene  Zufriedenheit  mit  der  guten  Haltung  des 
Regiments  und  lieĂź  abends  an  jeden  Mann  eine  Bouteille 
Branntwein    austeilen.     Dem    Hauptmann    von    Schierbrand 


152         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

sicherte  der  Marschall  fĂĽr  sein  braves  Benehmen  auf  seinem 
Kommando  zu  Zwiesel  das  Kreuz  der  Ehrenlegion  zu. 

Am  23.  Juli  nachts  1  Uhr  erhielt  das  Regiment  und 
die  ganze  Division  Rouyer  Ordre,  nach  Salzburg  aufzu- 
brechen. Das  Regiment  war  den  23.  in  Obernberg,  24.  in 
Mattigshofen,  25.  in  Neumarkt  und  stand  am  26.  eine  halbe 
Stunde  von  Salzburg  im  Biwak.  Mit  der  Division  Rouyer 
sollte  sich  die  1.  Division  der  Kgl.  bayrischen  Armee  ver- 
einigen ,  um  die  Tiroler  Insurgenten  zum  Gehorsam  zu 
bringen.  Die  Märsche  waren  wegen  der  großen  Hitze  und 
wegen  der  vielen,  in  oft  sehr  entlegene  Ortschaften  abge- 
schickten Detachements  ziemlich  beschwerlich,  weshalb  das 
Regiment  eine  ziemliche  Anzahl  Traineurs  hatte. 

Am  27.  brach  die  Division  Rouyer  und  die  erste 
bayrische  Armee-Division,  6  Regimenter  Infanterie,  3  Re- 
gimenter Kavallerie  nebst  50  Kanonen,  von  Salzburg  auf 
und  drang  in  Tirol  ein.  Die  ganze  mehrere  Stunden  lange 
Kolonne  marschierte  den  ersten  Tag  12  Stunden  weit  bis 
nach  dem  Dorfe  Lofer.  Die  Division  Rouyer  und  von  dieser 
wieder  das  Regiment  Herzöge  von  Sachsen  und  von  diesem 
wieder  das  leichte  Bataillon  Sachsen-Weimar  machte  auf 
Befehl  des  Marschalls  Herzogs  von  Danzig  die  Avantgarde 
aus.  Hinter  dem  Orte  Lofer  fand  man  den  wichtigen  Lofer- 
paĂź  von  300  Mann  bewaffneter  Tiroler  besetzt  und  ver- 
sperrt. Nachdem  die  Insurgenten  zur  Ăśbergabe  des  Passes 
und  Ablieferung  der  Waffen  aufgefordert  worden  waren,  und 
der  Marschall  1/i  Stunde  vergebens  gewartet  hatte,  befahl 
er,  den  PaĂź  zu  stĂĽrmen.  In  dem  Augenblicke  aber,  wo  das 
Regiment  im  Sturmmarsch  aufmarschierte  und  die  Tiroler 
berannte,  fand  es  zu  seiner  nicht  geringen  Verwunderung, 
daĂź  die  Insurgenten  den  PaĂź  mit  groĂźer  Eile  verlassen 
hatten. 

Den  28.  Juli  marschierte  das  Regiment  bis  Soll,  den 
29.  bis  ll/2  Stunde  ĂĽber  Rattenberg  hinaus.  Bei  letzterem 
Orte  hatten  die  Insurgenten  vereint  mit  2  Kompagnien 
österreichischer  Truppen  den  Paß  besetzt,  weshalb  der  Mar- 


von  1806—1811.  153 

schall  die  Artillerie  vorausschickte  und  die  Division  Rouyer 
sogleich  en  ordre  de  bataille  aufmarschieren  lieĂź.  Nach  un- 
gefähr 20  Kanonenschüssen  wurde  der  Feind  in  die  Flucht 
gejagt  und  ihm  mehrere  Gefangene  abgenommen  ;  die  Division 
hatte  nicht  einen  Mann  verloren.  Am  30.  Juli  marschierte 
das  Regiment  vom  Lager  hinter  Rattenberg  durch  das 
fruchtbare  Inntal  bis  1/2  Stunde  hinter  Innsbruck,  bezog 
hier  ein  Lager  und  hielt  am  31.  Juli  Rasttag.  Hier  muĂźte 
eine  erhebliche  Menge  Kranker  und  Maroder  zurĂĽckgelassen 
werden. 

Am  2.  August  brach  die  Division  Rouyer  nebst  etwas 
bayrischer  Kavallerie  aus  dem  Lager  bei  Innsbruck  auf, 
der  Marschall  Herzog  von  Danzig  und  die  bayrische 
Division  blieb  aber  zurĂĽck.  Das  Regiment  traf  denselben 
Tag  in  Steinach  ein  und  wurde  recht  gut  empfangen.  Den 
folgenden  Tag  passierte  es  den  Brenner,  wo  es  zwar  eine 
sehr  starke  Position  fand,  welche  aber  verlassen  war.  Spät 
am  Abend  rĂĽckte  die  ganze  Division  in  Sterzing  ein  und 
hatte  am  3.  August  Ruhetag. 

Den  4.  brach  die  Division  frĂĽh  auf,  um  nach  Brixen 
vorzudriDgen,  das  leichte  Bataillon  hatte  noch  immer  die 
Avantgarde.  Nach  einem  Marsch  von  ungefähr  3  Stunden 
stieĂź  die  Division  bei  Mittewald  auf  die  Avantgarde  der 
Tiroler  Insurgenten,  welche  ein  heftiges  Feuer  auf  das 
leichte  Bataillon  machten.  Das  Bataillon  allein  war  hin- 
reichend, das  Dorf  Mittewald  einzunehmen  und  mit  geringem 
Verlust  den  Feind  daraus  zu  verjagen.  Die  Hauptmacht 
der  Insurgenten,  auf  Bergen  und  hinter  schroffen  Felsen 
postiert,  war  fast  unangreifbar.  Mit  unbeschreiblicher  An- 
strengung wurden  aber  alle  Schwierigkeiten  besiegt  und  die 
feindlichen  Verhaue  aus  dem  Wege  geschafft,  man  drang 
in  das  kleine  Dorf  Oberau  unaufhaltsam  vor.  Hier  hatte 
sich  unterdessen  die  ganze  Masse  der  Insurgenten  aufgestellt 
und  sich  auf  die  Berge  rechts  und  links  sehr  geschickt 
und  vorteilhaft  postiert.  Der  Divisions-General  Rouyer  gab 
Befehl    zum    augenblicklichen  Angriff,    er    begann    auf    die 


154         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

mutvollste  und  schrecklichste  Weise.  Das  leichte  Bataillon 
Sachsen-Weimar  warf  alles,  was  sich  ihm  entgegenstellte, 
nieder  und  trieb  den  Feind  von  einem  Berg  zum  andern 
vor  sich  her,  bis  er  sich  in  größter  Eile  hinter  seine  Ver- 
haue flüchtete,  durch  welches  mächtige  Hindernis  aber  auch 
das  Bataillon  in  seinem  weiteren  Vordringen  aufgehalten 
wurde.  Während  dessen  erhielt  das  1.  und  2.  Bataillon 
des  Regiments  ebenfalls  Befehl  zum  VorrĂĽcken.  Das  nun 
vereinigte  ganze  Regiment  rĂĽckte  im  Sturmschritt  an,  er- 
stieg die  feindlichen  Verhaue,  deren  es  2  waren,  und  trieb 
den  Feind  ganz  aus  seiner  festen  Position. 

Nur  noch  l1^  Stunde  war  Brixen  entfernt,  die  größten 
Hindernisse  waren  besiegt,  und  das  Regiment  war  eben  im 
Begriff,  die  Eisack  zu  passieren,  als  es  wahrnehmen  muĂźte, 
daĂź  die  BrĂĽcke  abgebrannt  war.  Die  Fortschritte  des  Re- 
giments nach  einem  blutigen,  aber  siegreichen  Tag  waren 
dadurch  gehemmt,  und  das  Treffen,  welches  vom  Mittag 
bis  zum  Abend  gedauert  hatte,  war  beendigt.  Der  Verlust 
des  leichten  Bataillons  war  bedeutend.  Die  Kapitäns  von 
Schierbrand,  und  von  Hoenning,  ein  paar  wackere,  hoffnungs- 
volle junge  Männer,  die  Leutnants  von  Hoenning  und  von 
Schierbrand  waren  tot;  der  Leutnant  von  Breun  schwer 
verwundet,  der  Verlust  an  Unteroffizieren  und  Gemeinen 
betrug  100  Mann  und  darĂĽber,  wovon  jedoch  viele  nur 
leicht  blessiert  waren.  Da  die  BrĂĽcke  ĂĽber  die  Eisack  so 
ruiniert  war,  daĂź  sie  unter  einigen  Tagen  nicht  hergestellt 
werden  konnte,  der  FluĂź  aber  auf  keine  andere  Weise  zu 
passieren  war,  wozu  noch  kam,  daĂź  die  Soldaten  in  24  Stunden 
keinen  Bissen  gegessen  und  ĂĽberhaupt,  solange  sie  sich  in 
Tirol  befanden,  die  größte  Not  gelitten  hatten,  so  war  es 
schwer,  die  eingenommene  feindliche  Position  zu  behaupten. 
Die  Unmöglichkeit,  vorwärts  zu  gehen,  war  ebenso  klar,  als 
es  ausgemacht  gewiĂź  war,  daĂź  man  in  der  Gegend,  wo  man 
sich  befand,  und  bei  einem  gänzlichen  Mangel  an  Lebens- 
mitteln, die  Ankunft  der  Pontons  und  das  Armee-  Korps, 
was   noch   in  Innsbruck  war,    unmöglich    abwarten  konnte. 


von  1806-1811.  155 

In  dieser  kritischen  Lage  beschloĂź  der  Divisions-General, 
mit  der  ganzen  Division  nach  Sterzing  zurĂĽckzugehen  und 
dem  Regiment  der  Herzöge  zu  Sachsen  die  Behauptung 
der  genommenen  Position  anzuvertrauen,  um  womöglich  die 
so  teuer  erkauften  Vorteile  zu  konservieren  und  die  Bles- 
sierten, die  in  Unterau  lagen,  in  Sicherheit  bringen  zu  lassen. 
Am  folgenden  Morgen  fĂĽhrte  der  General  seinen  EntschluĂź 
aus,  marschierte  frĂĽh  3  Uhr  mit  den  ĂĽbrigen  Regimentern, 
wovon  keins  einen  SchuĂź  getan  hatte,  ab  und  lieĂź  nur  das 
Regiment,  das  schon  so  viele  Schlachtopfer  zählte,  nebst 
2  Kanonen  zurĂĽck.  So  ganz  isoliert,  vier  Stunden  von  der 
Division  entfernt  und  von  aller  Kommunikation  mit  dieser 
abgeschnitten,  rĂĽckten  die  Insurgenten  aus  dem  Pustertale 
und  auf  dem  rechten  FlĂĽgel  der  Eisack  mit  Anbruch  des 
Tages  ĂĽber  6000  Mann  stark  von  allen  Seiten  auf  das 
Regiment  los. 

Der  Obrist-Brigadier  von  Egloffstein  hatte  seine  Dis- 
position in  der  Art  gemacht,  daĂź  das  leichte,  1.  und  ein 
Teil  des  2.  Bataillons  das  aus  wenigen  Häusern  bestehende 
Dorf  Oberau  besetzen,  der  Rest  des  2.  Bataillons  hingegen 
die  2  Kanonen,  die  dicht  hinter  dem  Dorfe  im  Walde  auf- 
gefahren waren,  decken  sollte;  einige  Kompagnien  maĂźten 
im  nahen  Walde  tiraillieren.  Der  Angriff  begann  auf  das 
lebhafteste,  die  Insurgenten,  die  es  mehrmals  versuchten, 
in  das  Dorf  zu  dringen,  wurden  jedesmal  zurĂĽckgetrieben. 
Schon  war  es  1  Uhr  mittags  und  noch  immer  dauerte  das 
Feuer  ununterbrochen  fort,  aber  jetzt  muĂźte  das  GeschĂĽtz 
aus  Mangel  an  Munition  schweigen.  Dieser  Umstand  sowohl 
als  auch  der,  daĂź  Divisions-General  Rouyer  die  versprochene 
Verstärkung  mit  den  nötigen  Wagen  zur  Fortschaffung  der 
Blessierten,  welches  alles  schon  frĂĽh  8  Uhr  eintreffen  sollte, 
nicht  schickte,  und  endlich,  daĂź  der  Obrist-Brigadier  die 
Unmöglichkeit  einsah,  weder  diese  zu  retten,  noch  seinen 
Posten,  ohne  alles  aufs  Spiel  zu  setzen,  länger  zu  behaupten, 
determinierte  ihn,  den  RĂĽckzug  anzutreten.  Der  Komman- 
deur des  leichten  Bataillons,  Major  von  Germar,  verteidigte 


156         FeldzĂĽge  des  S.-W. -Eisenach.  Infanterie- Bataillons 

sich  mit  einem  Teile  des  Bataillons  fortwährend  in  Oberau, 
wurde  aber,  nachdem  am  Abend  alle  Munition  verschossen 
war,  mit  den  Seinigen  nach  einer  14-stĂĽndigen  Gegenwehr 
zu  Gefangenen  gemacht.  Der  RĂĽckzug  des  Obrists  von 
Egloffstein  erfolgte  mit  vieler  Beschwerlichkeit  und  groĂźem 
Verlust,  indem  die  Truppen  von  den  Bergen  herab  be- 
schossen und  mit  Steinen  beworfen  wurden. 

So  endigten  sich  diese  beiden  Tage.  Das  1.  Bataillon 
von  Gotha  war  fast  ganz  gefangen ,  und  nur  diejenigen 
Kompagnien  des  leichten  und  die  des  2.  Bataillons,  welche 
zur  Deckung  der  Artillerie  und  zum  Tiraillieren  in  die 
Hölzer  detachiert  waren,  konnten  den  Rückzug  antreten. 
Alles,  was  in  Oberau  stand,  war  tot,  gefangen  oder  blessiert, 
die  Fahnen  der  beiden  Linienbataillone  verloren.  Der 
Total-Verlust  des  leichten  Bataillons  bestand  in  a)  Toten, 
auf  dem  Schlachtfelde :  Kapitän  von  Schierbrand,  Kapitän 
von  Hoenning,  Leutnant  von  Hoenning.  Leutnant  von 
Schierbrand,  von  der  6.  Kompagnie  Hildburghausen,  6  Kor- 
porals, 1  Tambour  26  Gemeine,  b)  Blessierten:  Major  von 
Arnswald,  leicht,  Leutnant  von  Buchwald,  18  Unteroffizieren 
und  Soldaten,  c)  Blessierten  und  Gefangenen:  Major  und 
Kommandeur  von  Germar,  Leutnant  von  Breun,  starb  an 
den  Wunden,  Feldwebel  Knabe,  desgl.,  43  Unteroffiziere 
und  Soldaten,  wovon  noch  viele  an  den  Wunden  gestorben 
sind,  d)  Gefangenen :  Kapitän  von  Linker,  Adjutant  von 
Beulwitz ,  Leutnant  von  Einsiedel,  Leutnant  von  Poseck, 
Auditeur  MĂĽller,  Bataillons-Chirurg  Boerner,  starb  in  der 
Gefangenschaft,  und  zwar  in  Hall,  Feldwebel  Fritsch,  175 
Unteroffiziere,  Hautboisten,  Gefreite  und  Gemeine. 

Als  der  Rest  des  Regiments,  der  vom  Stabsoffizier  ab- 
wärts nur  noch  in  1105  Mann  bestand,  —  das  hiesige  Ba- 
taillon war  vom  Kommandeur  abwärts  nur  noch  330  Mann 
stark  —  in  Sterzing  ankam,  war  der  Marschall  Herzog  von 
Danzig  schon  mit  einem  Teil  seines  Korps  da  angekommen. 
Der  Marschall  empfing  den  Obrist  von  Egloffstein  mit 
offenen    Armen     und    sagte:    daĂź    er    das  Regiment    bereits 


von  1806-1811.  157 

fĂĽr  verloren  gehalten,  daĂź  dasselbe  die  gute  Meinung,  die 
er  davon  gehabt,  vollkommen  gerechtfertigt  habe,  und  daĂź 
er  das  brave  Benehmen  des  Regiments  unverzĂĽglich  dem 
Kaiser  und  König  melden  wolle.  Der  Zustand  des  Regi- 
ments war,  wie  sich  denken  läßt,  der  traurigste,  37  Offi- 
ziere tot  oder  gefangen,  das  Kontingent  Gotha  hatte  nur 
noch  einen  einzigen  Offizier,  welcher  im  Lazarett  lag,  größten- 
teils ohne  Schuhe,  abgerissen  im  höchsten  Grade,  ohne  alle 
Lebensmittel  bot  es  einen  jammervollen  Anblick  dar.  Um 
sich  in  etwas  zu  erholen,  wurde  das  Regiment  nach  dem 
Brenner  detachiert,  wo  es  gelagert  an  unfruchtbaren  Bergen 
freilich  die  erwartete  Erholung  und  Ruhe  nicht  finden 
konnte. 

Der  Marschall  von  Danzig,  nachdem  er  mehrere  An- 
griffe auf  die  Positionen  der  Tiroler  Insurgenten  vorwärts 
Sterzing  durch  die  bayrischen  Truppen  hatte  unternehmen 
lassen,  trat  am  11.  August  in  der  Nacht  seinen  RĂĽckzug 
nach  Innsbruck  an.  Die  Division  Rouyer  und  das  am 
Brenner  postiert  gewesene  Herzogl.  sächsische  Regiment 
brachen  in  derselben  Nacht  auf  und  machten  bis  Matrey 
von  dem  Armee-Korps  des  Marschalls  die  Arrieregarde. 
An  gedachtem  Orte  trennte  sich  aber  die  Division  Rouyer 
von  der  bayrischen ;  jene  marschierte  auf  Hall,  wodurch 
die  rechte  Flanke  der  Armee  gedeckt  wurde,  diese  auf 
Innsbruck.  Ohne  groĂźen  Verlust  kam  die  Division  in  Hall 
an  und  blieb  den  12.,  13.  und  14.  August  daselbst  ganz 
ruhig,  doch  sah  man  auf  allen  umliegenden  Bergen  die 
Tiroler  um  ihre  Wachtfeuer  gelagert.  Der  Marschall  aber 
wurde  auf  seinem  Marsch  von  Matrey  nach  Innsbruck  un- 
aufhörlich angegriffen  und  hatte  über  1000  Tote,  Blessierte 
und  Gefangene  verloren,  sowie  auch  einige  Bagage-  und 
Munitions wagen.  Bei  Innsbruck  wurde  das  Armee-Korps 
noch  einmal  auf  das  heftigste  von  den  Insurgenten  angegriffen. 

In  der  Nacht  vom  14.  zum  15.  August  schloĂź  sich  die 
Division  an  das  von  Innsbruck  abmarschierte  Armeekorps 
wieder    an.     Der  Marsch    erfolgte    in    aller  Stille,    und   die 


158         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

Wachtfeuer  mußten  sorgfältig  unterhalten  werden.  Die 
Division  Rouyer  machte  das  Zentrum  der  Armee  und  diente 
zur  Bedeckung  der  Wagenburg.  Kaum  hatte  die  3.  Di- 
vision Bayern  als  Arrieregarde  die  Stadt  Hall  im  RĂĽcken, 
als  von  allen  Seiten  und  selbst  aus  den  Penstern  der  Stadt 
auf  sie  gefeuert  wurde.  Beständig  von  den  Insurgenten 
verfolgt,  kam  die  Armee  in  Schwaz  an  und  blieb  den  15. 
und  16  allda.  Den  17.  setzte  die  Armee  ihren  RĂĽckzug 
nach  Wörgl  fort,  woselbst  sich  die  bayrische  Division 
Deroy  von  der  Armee  trennte  und  den  Weg  nach  Kufstein 
nahm.  Der  Rest  der  Armee  unter  AnfĂĽhrung  des  Mar- 
schalls nahm  seinen  Marsch  ĂĽber  Lofer,  Reichenhall  nach 
Salzburg,  allwo  er  am  20.  August  eintraf,  ohne  weiter  vom 
Feinde  beunruhigt  zu  werden.  Das  leichte  Bataillon  wurde 
schon  am  andern  Tag  auf  die  Dörfer  um  Salzburg,  Max- 
lohe usw.  gelegt,  wo  die  Soldaten  kaum  ein  StĂĽckchen  Brot 
bekommen  konnten,  weil  die  Gegend  schon  einige  Male 
ausgeplĂĽndert  worden  war.  Von  der  sogenannten  Sapeur- 
kompagnie  hatte  man  indessen  vernommen ,  daĂź  sie  am 
1.  Juni  in  dem  Dorfe  Simmering  bei  Wien  stand,  wo  sie 
zum  3.  Artillerie-Park  der  Reserve,  vom  Artillerie-Obristen 
Jouffray  kommandiert,  gehörte. 

Am  5.  September  befand  sich  das  diesseitige  leichte 
Bataillon  zu  Kronsdorf  unweit  Enns,  und  am  9.  rĂĽckte  die 
ganze  Division  in  St.  Polten  und  Gegend  ein,  um  da  bis 
auf  weiteren  Befehl  zu  kantonieren,  das  diesseitige  Bataillon 
lag  in  den  Dörfern  Stuttersdorf,  Brunn,  Ögelsee  usw.,  dicht 
bei  St.  Polten.  Das  Regiment  hatte  seit  seinem  Kantone- 
ment  bei  Hall  in  Tirol  beträchtliche  Desertion  gehabt,  doch 
war  vom  leichten  Bataillon  nur  1  Mann  desertiert.  Der 
Kaiser  hatte  zur  Peier  des  15.  Augusts  jedem  Regiment 
ein  Geschenk  auszahlen  lassen,  während  des  Kantonements 
in  und  bei  St.  Polten  erhielt  jeder  Unteroffizier  und  Ge- 
meine davon  50  Sous.  Nach  langem  Hoffen  waren  nun 
auch  endlich  Nachrichten  von  den  Gefangenen  in  Tirol  ein- 
gegangen, wodurch  man  erfuhr,  daĂź  die  meisten  Blessierten 


von  1806-1811.  159 

in  Brixen  lägen,  die  nicht  blessierten  Gefangenen  und  die 
Offiziere  waren  in  Bozen,  Meran,  Klausen  usw.  zerstreut; 
im  ganzen  waren  die  Nachrichten  ziemlich  beruhigend. 
Das  Regiment  war  den  21.  September  in  Wien  eingetroffen, 
hatte  am  22.  vor  dem  General  Dumas  und  am  23.  die  Re- 
vue vor  dem  Kaiser  passiert.  Dieser  schien  mit  der  Hal- 
tung des  Regiments  nicht  unzufrieden  und  bezeigte  viel 
Teilnahme  an  dem  Verlust,  den  das  Regiment  in  Tirol  er- 
litten hatte.  Er  lieĂź  nach  der  Revue  jedem  Soldaten  des 
Regiments  ein  paar  Schuhe  als  Geschenk  abgeben.  Diese 
Revue  vor  dem  Kaiser  hatte  in  Schönbrunn  statt.  Am 
24.  September  erhielt  das  Regiment  abermals  plötzlichen 
Befehl,  sich  in  Schönbrunn  einzufinden.  Daselbst  ange- 
langt muĂźte  es  sich  aufstellen,  wurde  vom  Generalstabs- 
chef des  Kaisers  auf  das  genaueste  gemustert,  und  Alles, 
auch  der  Verlust  desselben  in  Tirol,  auf  das  sorgfältigste 
notiert.  Das  ganze  Regiment  lag  während  seines  Kan- 
tonements  zu  Wien  in  dem  fĂĽrstl.  Lichtensteinschen  Palais 
in  der  Vorstadt  Rossau,  und  nur  die  Offiziere  desselben 
waren  bei  den  BĂĽrgern  einquartiert.  Am  27.  September 
berichtete  der  Obrist  von  Egloffstein,  daĂź  der  Kaiser  dem 
Regiment  der  Herzöge  von  Sachsen ,  um  demselben  vor 
allen  anderen  eine  Auszeichnung  zu  geben,  2  vollkommen 
bespannte  und  von  französischen  Artilleristen  bediente 
Kanonen  geben  wollte,  ferner  daĂź  der  Prinz  von  Neuchatel 
die  Kompletierung  des  Regiments  sehr  angelegentlich  ge- 
wünscht habe.  Auf  französische  Veranlassung  hatte  der 
Obrist  von  Egloffstein  fĂĽr  mehrere  Offiziere,  Unteroffiziere 
und  Soldaten  des  Regiments  den  Orden  der  Ehrenlegion 
erbeten.  Unter  diese  gehörten  vom  diesseitigen  leichten 
Bataillon:  Adjutant  von  Beulwitz,  Leutnant  von  Poseck, 
die  Unteroffiziere  Preller  und  Ruppert  und  die  FĂĽsiliere 
Heerdegen  und  Bechmann. 

Den  12.  Oktober  ging  unter  dem  Kommando  des  Se- 
condeleutnants  von  Staff  ein  Ersatz-Kommando  \>on  50  Mann 
zum  Bataillon  ab  und  nahm  einen  Transport  Montierungs- 


160         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

mit.  Am  selben  Tage  meldete  der  Obrist  von  Egloff- 
stein,  daĂź  das  Regiment  am  4.  Oktober  von  Wien  ab  ĂĽber 
Stockerau  nach  Krems  marschiert  sei  und  am  5.  und  6.  Kan- 
tonierungs-Quartiere  um  Krems  herum  bezogen,  auch  daĂź 
der  Kaiser  ihn,  den  Obristen,  zum  Mitglied  der  Ehren- 
legion ernannt  habe.  In  Krems  erhielt  das  Regiment  Ordre, 
ĂĽber  Linz  nach  Passau  zu  gehen  und  dort  weitere  Befehle 
zu  erwarten.  Am  10.  kam  es  in  Linz  an.  Als  es  am  11. 
frĂĽh  im  Begriff  war,  seinen  Marsch  nach  Passau  fortzu- 
setzen, erhielt  die  ganze  Division  Ordre,  bis  auf  weiteren 
Befehl  Halt  zu  machen.  Man  fĂĽrchtete  einen  abermaligen 
Marsch  nach  Tirol,  der  jedoch  des  bald  darauf  eingetretenen 
Friedens  wegen  nicht  stattfand ;  das  Regiment  blieb  in  Linz. 
Am  16.  Oktober  frĂĽh  9  Uhr  verkĂĽndigte  der  Donner  der 
Kanonen  den  in  Schönbrunn  abgeschlossenen  Frieden,  und 
am  17.  d.  M.  kĂĽndigten  die  donnernden  Kanonen  den  Kaiser 
an,  bei  welcher  Gelegenheit  das  Regiment  in  Parade  auf- 
marschiert war.  Um  den  durchmarschierenden  16  000  Mann 
Kaiserl.  französischer  Garden  Platz  zu  machen,  wurde  das 
Regiment  nach  Ottensheim  und  Gramastetten,  zwei  Stunden 
von  Linz,  verlegt,  doch  blieb  1  Grenadier-Kompagnie  und 
der  Stab  in  Linz  stehen. 

Das  Regiment  muĂźte  bis  zum  24.  November  von  einem 
Dorfe  zum  andern  marschieren,  um  den  immer  nachrĂĽcken- 
den Franzosen,  welche  Österreich  räumten,  Platz  zu  machen, 
das  hiesige  Bataillon  befand  sich  am  24.  November  in 
MĂĽhldorf.  An  diesem  Tage  abends  traf  die  Sapeur-Kom- 
pagnie  in  Ottensheim  beim  Regiment  ein,  um  demselben 
einverleibt  zu  werden. 

Hier  wird  der  rechte  Ort  sein,  die  ferneren  Schicksale 
dieser  Kompagnie  kürzlich  zu  erzählen.  Die  letzten  Nach- 
richten von  derselben  hatte  man  aus  dem  Dorfe  Simmering 
in  der  Nähe  von  Wien.  Am  26.  Juni  erhielt  der  die  Kom- 
pagnie kommandierende  Offizier,  Leutnant  von  Schauroth, 
Ordre,  die  Kompagnie  in  Bereitschaft  zu  halten,  um  jeden 
Augenblick  aufbrechen    zu    können.     Dieser  Befehl  kam  in 


von  1806—1811.  161 

der  Nacht  vom  4.  zum  5.  Juli  an.  Die  Arriere- Garde 
eines  Artillerieparks,  dem  sie  attachiert  war,  deckend,  kam 
sie  am  5.  frĂĽh  6  Uhr  auf  den  nahe  bei  Ebersdorf  liegen- 
den Donauinseln  an,  wo  den  Abend  zuvor  einige  Bataillone 
Franzosen  ĂĽber  die  Donau  gegangen  waren  und  Veran- 
lassung zu  einem  heftigen  Kanonenfeuer  gegeben  hatten. 
Der  Artilleriepark  und  mit  ihm  die  Sapeur-Kompagnie 
blieben  ruhig  stehen.  Mittags  begann  der  Angriff  auf  die 
österreichischen  Linien  von  neuem,  und  zwar  von  der  ganzen 
Armee.  Ein  großer  Teil  der  französischen  Armee  und  das 
sächsische  Armeekorps  marschierten  an  dem  Artilleriepark 
vorĂĽber.  Die  Ă–sterreicher  waren  einige  Stunden  zurĂĽck- 
gedrängt worden,  und  der  Park,  der  bisher  immer  in  Re- 
serve gestanden  hatte,  muĂźte  abends  7  Uhr  der  Armee 
nachfolgen.  Den  6.  Juli  frĂĽh  3  Uhr  engagierte  sich  die 
Schlacht  allgemein.  Das  Kanonenfeuer  war  fast  beispiellos 
heftig,  der  Sieg  schwankte  auf  beiden  Seiten,  bis  Mittags 
1  Uhr,  wo  die  Ă–sterreicher  ihre  letzten  Positionen  verloren 
und  sich  bei  einem  lebhaft  unterhaltenen  Feuer  zurĂĽck- 
zogen. Die  französische  Armee  und  das  Kgl.  sächsische 
Armeekorps  avancierten  so  schnell,  daĂź  der  Artilleriepark 
und  mit  ihm  die  Sapeur-Kompagnie  groĂźe  MĂĽhe  hatten 
nachzukommen.  Abends  6  Uhr  setzte  sich  der  Park,  die 
Sapeur-Kompagnie  lagerte  sich  an  einem  brennenden  Dorfe ; 
nach  einer  Stunde  kam  die  Nachricht,  daĂź  von  der  Seite 
des  brennenden  Dorfes  her  ungarische  Husaren  anrĂĽckten. 
Der  Artilleriepark  setzte  sich  schleunig  wieder  in  Bewegung 
und,  da  die  Bedeckung  bei  demselben  sehr  schwach  war, 
ging  die  Retirade  so  eilig,  daĂź  mehrere  Leute  von  der  Be- 
deckung und  auch  9  Mann  von  der  Sapeur-Kompagnie  ihre 
Gewehre  einbĂĽĂźten.  Nach  einer  halben  Stunde  schon  fand 
man  einen  vorteilhaften  Platz,  sich  wieder  zu  setzen.  Die 
Kanonen  wurden  postiert  und  die  ganze  Bedeckung  blieb 
des  Nachts  ĂĽber  unterm  Gewehr.  Am  7.  blieb  der  Park 
und  die  Sapeur-Kompagnie  ruhig  stehen,  man  benutzte  die 
Zeit,  um  die  Toten  begraben  zu  helfen.  In  der  Nacht  vom 
XXVIII.  11 


]  62         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

7.  zum  8.  Juli  brach  der  Park  wieder  auf,  nach  einem 
höchst  beschwerlichen,  langen  Marsche  traf  man  die  Armee 
bei  Znaim  an,  wo  sich  eben  ein  hitziges  Treffen  mit  den 
Ă–sterreichern  geendigt  hatte.  Am  11.  Juli  wurde,  nach- 
dem der  Kaiser  bei  Znaim  die  ganze  Armee  gemustert 
hatte,  der  Artilleriepark,  von  dessen  Bedeckung  die  Sapeur- 
Kotnpagnie  einen  Teil  ausmachte,  nach  Brunn  und  die  um- 
liegenden Orte  verlegt.  Der  ganze  Verlust  der  Kompagnie 
seit  dem  6.  Juli  bestand  in  5  VermiĂźten,  worunter  sich 
nur  1  Mann  von  Weimar  befand.  Am  9.  September  kam 
die  Ordre  an  die  Kompagnie,  aufzubrechen  und  nach  PreĂź- 
burg zu  marschieren;  vom  16.  September  ab  stand  dieselbe 
in  Theber,  l1/2  Stunde  von  PreĂźburg  und  11  Stunden  von 
Wien,  und  gehörte  zum  Corps  imperial  du  genie  unter  den 
Befehlen  des  Generals  Bertrand.  Der  Dienst  der  Kom- 
pagnie bestand  in  Schanzarbeit,  weil  ein  zwischen  der 
Donau  und  Marchegg  gelegenes  altes  SchloĂź  geschleift  und 
neu  verschanzt  werden  sollte.  Bei  dieser  Arbeit  war  es, 
als  die  Kompagnie  die  Ordre  bekam,  sich  mit  dem  Regi- 
mente  zu  vereinigen.  Kurz  vor  der  Vereinigung  beider 
war  auch  das  Ersatz-Kommando  unter  Leutnant  von  Staff 
zu  Ottensheim  angekommen.  Die  Kompletierung  des  Regi- 
ments war  wieder  bei  der  Durchreise  des  Prinzen  von  Neu- 
chatel  in  Anregung  gebracht  worden,  wodurch  die  Ver- 
mutung, daĂź  das  Regiment  nach  Spanien  bestimmt  sei,  mehr 
Konsistenz  erhielt. 

Am  25.  Dezember  erhielt  die  Division  Rouyer,  welche 
zeither  dazu  gedient  hatte,  den  Dienst  in  Oberösterreich  zu 
verrichten,  den  Befehl,  auf  dem  linken  Ufer  der  Donau  ein 
konzentriertes  Kantonement  zu  beziehen.  Der  gothaische 
Major  von  BĂĽnau  zeigte  an,  daĂź  er  nebst  dem  ganzen  am 
5.  August  in  die  Gefangenschaft  der  Tiroler  geratenen  Offi- 
zierskorps durch  den  am  5.  November  erfolgten  Einzug  des 
unter  dem  Kommando  des  französischen  Generals  Baraguay 
d'Hilliers  stehenden  Armeekorps  in  die  Stadt  Ăźruneck  be- 
freit worden  sei,    daĂź  er  sich  mit  der  bei  ihm  befindlichen 


von  1806—1811.  163 

Mannschaft  schon  zu  Villach  in  Kärnten  befinde  und  in 
kurzer  Zeit  in  die  Garnison  zurĂĽckzukehren  gedenke. 
Gleiche  Nachricht  gab  der  Major  von  Germar.  Die  an  ver- 
schiedenen Orten  Tirols  nach  und  nach  befreite  Mannschaft 
sammelte  sich  in  Salzburg,  erhielt  dort  eine  Marschroute 
und  traf  am  14.  Dezember  in  Weimar  ein.  Am  19.  Dezember 
abends  10  Uhr  erhielt  das  Regiment  zu  Linz  den  Befehl, 
den  folgenden  Morgen  nach  Passau  aufzubrechen,  wohin 
schon  seit  einigen  Tagen  der  ĂĽbrige  Teil  der  Division  vor- 
ausgegangen war. 

In  Passau  erhielt  dasselbe  Ordre,  den  25.  von  da  auf- 
zubrechen und  den  15.  Januar  1810  in  Mannheim  einzu- 
treffen. Nun  war  es  nicht  mehr  zu  bezweifeln,  daĂź  das 
Regiment  und  die  ganze  Division  Rouyer  nach  Spanien  be- 
stimmt sei.  Die  Marschquartiere  bis  Mannheim  waren:  Neu- 
burg, Vilshofen,  Osterhofen,  Plattling,  Straubing,  Schönach, 
Regensburg,  Abensberg,  Neustadt,  Vohburg,  Ingolstadt, 
Neuburg,  Mohnheim,  Ă–ttingen,  DinkelsbĂĽhl,  Krailsheim, 
Schwäbisch-Hall,  Öhringen,  Neustadt,  Heilbronn,  Sinsheim, 
Wiesloch,  Schwetzingen,  Mannheim  und  Gegend.  Das 
Regiment  hatte  auf  diesem  langen  Marsch  größtenteils  vor- 
treffliche Quartiere.  Die  Bewohner  aller  Städte  und  Dörfer, 
durch  welche  das  Regiment  kam,  bezeigten  die  lebhafteste 
Teilnahme  und  Besorgnis  fĂĽr  so  brave  und  gebildete 
Krieger,  die  nun  bestimmt  waren,  jenseits  der  Pyrenäen 
Teil  an  einem  blutigen  und  verheerenden  Kriege  zu  nehmen. 
Zwei  Beispiele  mögen  zum  schönsten  Beleg  des  eben  Ge- 
sagten dienen. 

Als  ein  FĂĽselier  vom  hiesigen  Bataillon  von  seinem 
Quartierwirt  in  Regensburg  und  dessen  Familie  Abschied 
nahm,  gab  ihm  ein  Kind  des  Wirtes  das  Bildnis  des  heiligen 
Nepomuk,  ihn  bittend,  seinen  Namen  darunter  zu  schreiben. 
Der  Soldat  tats,  und  auf  seine  Frage,  was  es  nun  mit 
diesem  Heiligenbild,  worauf  sein  Name  stehe,  machen  wollte, 
erwiderte  es :  ich  stelle  das  Bild  auf  den  Altar  unserer 
Kirche  und  bitte  täglich  für  Sie,  guter  Mann,  daß  Gott  Sie 

11* 


X64         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

bald  und  gesund  aus  Spanien  wieder  in  Ihr  Vaterland 
bringt,  und  glauben  Sie  mir,  mein  Heiliger  wird  bei  Gott 
für  Sie  bitten!  Der  Soldat  war  bis  zu  Tränen  gerührt  und 
versprach,  wenn  er  einst  sein  Vaterland  wiedersehen  sollte, 
nach  Regensburg  zu  schreiben.  Er  hat  sein  Vaterland  ge- 
sund wiedergesehen  und  sein  gegebenes  Wort  gehalten. 

In  Wiesloch  hielt  ein  Pfarrer,  namens  Saeltzer,  wegen 
des  dort  eingerĂĽckten  hiesigen  Bataillons  eine  Predigt  ĂĽber 
die  Standhaftigkeit  des  wahren  Christen  in  allen  Gefahren, 
und  wie  jeder  Mensch  in  allen  Verhältnissen  seines  Lebens 
den  besten  Trost  aus  Gottes  Wort  erhalte.  Diese  Predigt 
gewährte  einem  großen  Teile  des  hiesigen  Bataillons,  der 
sie  mitanhörte,  eine  solche  Beruhigung,  daß  mehrere  Sol- 
daten in  des  Pfarrers  Haus  gingen,  ihm  fĂĽr  seine  Predigt 
und  gutgemeinten  Lehren  dankten.  Der  Pfarrer  war  ge- 
rĂĽhrt, und  als  einer  der  Soldaten  das  Konzept  der  Predigt 
zum  Andenken  forderte,  antwortete  der  brave  Mann :  ich 
habe  kein  Konzept  zu  meiner  Predigt,  man  sagte  mir,  es 
komme  heute  ein  Regiment  Sachsen  in  unsere  Stadt,  diesen 
zu  Liebe  habe  ich  gepredigt. 

Am  15.  und  16.  blieb  das  Regiment  in  und  bei  Mann- 
heim stehen.  Das  diesseitige  Bataillon  hatte  86  Mann 
Desertion,  die  sich  jedoch  größtenteils  bis  auf  wenige  wieder 
in  Weimar  sistierten.  Der  Hauptgrund  dieser  starken  De- 
sertion, welche  beim  ganzen  Regiment  147  Mann  betrug, 
lag  darin,  daĂź  man  irrigermaĂźen  allgemein  glaubte,  das  Re- 
giment sei  in  französischen  Sold  übergegangen,  aus  welcher 
Ursache  auch  das  Offizierskorps  um  seine  Entlassung  gebeten 
hatte. 


4.  Feldzug  gegen  Spanien. 

Am  17.  December  erfolgte  der  Ăśbergang  ĂĽber  den 
Rhein  und  machte  aller  weiteren  Desertion  ein  Ende.  Die 
dem  Regiment  vorgeschriebene  Marschroute  fĂĽr  die  Zeit 
vom   17.  Januar  bis  8.  Februar  lautete  mit  eingeschobenen 


von  1806—1811.  165 

Ruhetagen:  Oggersheim,  Speyer,  Landau,  WeiĂźenburg, 
Hagenau,  StraĂźburg,  Erstein,  Schlettstadt,  Colmar,  Sernay, 
Beifort,  L'Isle,  Baume,  Besencon,  Vitreux,  Auxonne,  Seurre, 
Verdun,  Chalon-sur-Saone.  Das  leichte  Bataillon  Weimar 
war  375  Köpfe  stark  über  den  Rhein  gegangen,  und  mit 
diesem  Übergänge  hörte  alle  Natural- Verpflegung  auf.  An- 
fangs wollte  man  französischerseits  den  resp.  sächsischen 
Kontingenten  die  Zahlung  der  Verpflegungsgelder  aus  den 
Kontingentskassen  aufbĂĽrden ,  allein  eine  Vorstellung  an 
den  französischen  Kriegsminister,  Herzog  von  Feltre,  gab 
der  Sache  eine  andere  Gestalt  und  die  Indemnite  des  vivres 
nach  der  bekannten  Gradation  von  25  bis  250  Centimes  par 
etappe  wurde  von  den  französischen  Behörden  geleistet. 

Bei  der  immer  weiteren  Entfernung  des  Regiments 
von  seiner  Heimat  und  der  schwierigen  Kommunikation  mit 
derselben,  zumal  wenn  erst  die  Pyrenäen  überstiegen  wären, 
wurde  a)  hinsichtlich  der  den  resp.  Kontingenten  zu  ĂĽber- 
sendenden Gelder  es  durch  den  hiesigen  Ministre  resident 
zu  Paris  bei  dem  tresor  public  dahin  eingeleitet,  daĂź  der 
payeur  general  der  französischen  Armee  in  Spanien  die 
monatlichen  Zahlungen  leisten  sollte,  die  darĂĽber  ausge- 
stellten Quittungen  sollten  bei  dem  tresor  public  zu  Paris 
mit  barem  Gelde  ausgelöst  werden;  b)  wegen  der  Briefe 
die  Einrichtung  getroffen,  daß  sie  sämtlich  an  den  hiesigen 
Ministre  resident  *)  zu  Paris,  Treitlinger,  gesendet  und  durch 
diesen  dem  Regiment  ohne  weiteren  Kostenaufwand  Ăśber- 
macht werden  sollten. 

Nach  der  Ankunft  des  Regiments  in  Chalon-sur-Saone 
erhielt  dasselbe  die  Ordre,  am  11.  Februar  nach  Tournus, 
am  12.  nach  Mäcon,  13.  Villefranche  und  am  14.  nach 
Lyon  zu  marschieren.  Anfänglich  sollte  das  Regiment  in 
Lyon  Rasttag  halten,  da  aber  die  Rhone  wieder  schiffbar 
geworden  sein  sollte,  so  erhielt  es  Befehl,  sich  am  15.  Fe- 
bruar  Mittags    1  Uhr   einzuschiffen.     Es    kam    aber  weder 


1)  richtiger:  Charge1  d'af faires. 


166         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

am  15.  noch  16.  dazu,  weil  der  Eisgang  auf  der  Rhone 
sehr  stark  war,  und  die  Schiffer  die  Unmöglichkeit  einer 
Wasserfahrt  deklarierten.  Von  dem  zu  Lyon  komman- 
dierenden General  Cornet  erhielt  daher  das  Regiment  die 
Ordre,  seinen  Marsch  zu  Land  fortzusetzen.  Die  weitere 
Marschroute  vom  15.  Februar  bis  9.  März  war,  wieder  mit 
eingeschobenen  Ruhetagen :  Vienne,  Peage,  St.  Vallier,  Va- 
lence,  Livron  und  Loriot,  Montelimar,  Pont  St.  Esprit,  Uzes, 
Nimes,  Lunel,  Montpellier,  Meze,  Berenas,  Beziers,  Sijean, 
Rivesaltes,  Perpignan. 

Unterdessen  hatte  man  in  hiesiger  Garnison  die  aus 
Tirol  zurĂĽckgekommene  Mannschaft,  sowie  die  sich  sistierten 
Deserteure  wieder  organisiert,  und  am  25.  Februar  ging 
unter  dem  Befehl  des  Majors  von  Gerinar  ein  Ersatz-Kom- 
mando von  300  Mann  oder  2  Kompagnien  ab,  wobei  sich 
die  Kapitäns  von  Koenneritz  und  von  Linker  befanden. 
Dieses  Ersatz-Kommando  ging  ĂĽber  Gotha,  Eisenach,  Fulda 
dann  ĂĽber  Frankfurt  a/Main  und  bekam  daselbst  dieselbe 
Marschroute  vorgeschrieben,  wie  sie  das  ganze  Regiment 
durch  Frankreich  gehabt  hatte.  Major  von  Germar  war 
so  glĂĽcklich,  auf  dem  ganzen  Marsch  nicht  mehr  als  8  Mann 
durch  Desertion  zu  verlieren. 

In  Montpellier  erfuhr  das  Regiment  seine  nähere  Be- 
stimmung, nämlich  daß  es  nebst  der  ganzen  Division  Rouyer 
zur  Eroberung  Kataloniens  bestimmt  sei.  Sogleich  beim 
Einmarsch  in  Perpignan  passierte  das  Regiment  vor  dem 
dortigen  französischen  Gouverneur  general  die  Revue.  Der- 
selbe war  mit  dem  Aussehen  und  der  Haltung  der  Truppen 
sehr  wohl  zufrieden  und  kĂĽndigte  auf  Befehl  des  Marschalls 
Augereau  die  alsbaldige  Fortsetzung  des  Marsches  nach 
Spanien  an.  Die  bisher  aus  den  französischen  Kassen  be- 
zogenen Renseignements-Gelder  nahmen  hier  ein  Ende,  und 
an  ihre  Stelle  trat  wieder  die  im  Felde  gewöhnliche  Na- 
tural-Verpflegung.  Das  Regiment  wurde  ĂĽbrigens  aus  den 
französischen  Magazinen  zu  Perpignan  mit  neuen  Schuhen 
und  den  nötigen  Flintensteinen  und  Patronen  versehen,  und 


von  1806—1811.  167 

da  eine  Menge  von  Gewehren  auf  dem  langen  Marsche 
defekt  geworden  war,  auch  verschiedene  Kaliber  gefunden 
wurden,  so  wurden  sämtliche  Gewehre  des  Regiments  gegen 
ganz  gut  konditionierte  französische  Gewehre  von  einem 
und  demselben  Kaliber  umgetauscht.  Auf  diese  Art  muĂźte 
auch  das  leichte  Bataillon  die  BĂĽchsen,  deren  bei  jeder 
Kompagnie  50  waren,  gegen  Gewehre  vertauschen.  In- 
dessen wurde  französischerseits  sowohl  über  den  Empfang 
der  Musketen  als  BĂĽchsen  Bescheinigung  ausgestellt,  wo- 
durch die  Zurückgabe  der  sämtlichen  Gewehre  zugesichert 
wurde. 

Am  10.  März  passierte  das  Regiment  die  spanische 
Grenze.  Am  12.  schon  traf  es  in  Gerona  ein,  wo  es  in 
dem  ihm  vor  der  Stadt  angewiesenen  Lager  zu  den  3  ĂĽbrigen 
zur  Division  Rouyer  gehörigen  Regimentern  stieß.  Marschall 
Augereau  gestattete  dem  Regiment  einen  Ruhetag.  Am 
14.  März  brach  es  aus  dem  Lager  vor  Gerona  auf,  um 
nach  Barcelona  vorzudringen,  zu  dem  Ende  erhielt  jedes 
Regiment  der  Division  auĂźer  den  erforderlichen  Patronen 
und  Flintensteinen  auf  5  Tage  Fleisch,  Brod  und  Zwieback. 
Man  kam  am  14.  bis  in  die  Nähe  von  Hostairich,  am  15. 
bis  Limares  und  am  16.  bis  nach  dem  Städtchen  Zoria, 
eine  Stunde  von  Barcelona.  Da  der  Marschall  Augereau 
fĂĽr  gut  ansah ,  die  Festung  Hostairich  zu  umgehen ,  so 
muĂźte  die  ganze  Kolonne  am  ersten  und  zweiten  Tage  des 
Marsches  die  schrecklichen  "Wege  ĂĽber  die  Gebirge  passieren, 
daher  es  geschah,  daĂź  eine  Menge  Wagen  zerbrachen  und 
stehen  gelassen  werden  muĂźten.  Aus  der  Festung  Hostal- 
rich  wurde  die  ganze  Truppen-Kolonne  mit  Kanonen-  und 
BombenschĂĽssen  begrĂĽĂźt,  die  aber,  weil  die  Kolonne  auĂźer- 
halb der  SchuĂźweite  ein  Biwak  bezogen  hatte,  keinen 
Schaden  taten.  Der  Marsch  am  15.  war  ebenfalls  ziem- 
lich beschwerlich;  denn  kaum  war  die  Kolonne  aus  dem 
Gebirge  auf  die  LandstraĂźe  gekommen,  so  wurde  dieselbe, 
vorzĂĽglich  aber  die  Equipage  und  der  dabei  befindliche 
Konvoy  Lebensmittel    bei    dem  Dorfe  Battalaria    und    dem 


168         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

Städtchen  Sanselone  von  zahlreichen  Insurgentenhaufen  an- 
gegriffen. Ob  nun  gleich  die  Insurgenten  nirgends  ernst- 
haften Widerstand  entgegensetzten ,  so  nahm  doch  den 
ganzen  Tag  das  Tirailleurfeuer  kein  Ende,  was  fĂĽr  die 
Truppen  bei  der  groĂźen  Hitze  des  Tages  und  bei  dem 
Mangel  an  Lebensmitteln  sehr  angreifend  war.  Das  Re- 
giment zählte  an  diesem  Tage  nur  1  Toten  und  8  Ver- 
wundete. Nachdem  sich  die  Division  Rouyer  zwei  Tage 
in  und  bei  dem  Städtchen  Zoria  aufgehalten  hatte,  erhielt 
sie  die  Ordre,  nach  Barcelona  zu  marschieren.  Hier  blieben 
zur  Besatzung  der  Obrist-Brigadier  Freiherr  von  Egloffstein 
mit  den  zwei  gothaischen  Grenadier-Kompagnien,  auĂźerdem 
noch  das  5.  und  6.  Regiment  von  der  Division  Rouyer. 
Das  1.  Regiment  Nassau  und  der  Major  Knauth  mit 
600  Mann  vom  Regiment  Herzöge  zu  Sachsen  wurden 
unter  dem  Kommando  des  französischen  Brigade-Generals 
Schwarz  nach  der  Richtung  von  Tarragona  vorwärts  de- 
tachiert. Der  Mangel  an  Lebensmitteln  und  Fourage  war 
groß.  Der  Soldat  erhielt  nichts  als  täglich  ein  halbes 
Kommißbrot,  äußerst  selten  etwas  Reis,  die  Pferde  erhielten 
nur  eine  sehr  geringe  Quantität  Stroh  und,  um  sie  nur 
nicht  verhungern  zu  lassen,  muĂźte  etwas  Hafer  und  Gerste 
auf  Kosten  der  betreffenden  Kriegskassen  zu  den  enormsten 
Preisen  gekauft  werden. 

Der  Brigade-General  Schwarz  hatte  sich  mit  seinen 
Truppen  ins  Gebirge  nach  der  Stadt  Manresa  gezogen. 
Ein  von  Manresa  nach  Barcelona  zurĂĽckkommendes  Kom- 
mando ,  welches  einen  Konvoy  von  Lebensmitteln  dahin 
eskortiert  hatte,  brachte  die  Nachricht  mit,  daĂź  mit  den 
zu  Manresa  stehenden  Truppen  jede  Kommunikation  ab- 
geschnitten sei.  Dasselbe  Kommando  brachte  vom  Major 
Knauth  einen  Rapport  vom  26.  März  an  den  Obristen  von 
Egloffstein  mit ,  worin  ersterer  meldete ,  daĂź  das  ganze, 
unter  dem  Brigade-General  Schwarz  stehende  Kommando 
von  2000  Mann  am  20.  März  bis  Esparaguera  und  am 
21.  bis  Manresa  marschiert  sei,  daĂź  sich  aber  dem  Marsche 


von  1806—1811.  169 

überall  Hindernisse  in  den  Weg  gestellt  hätten,  indem  die 
Insurgenten  alle  auf  dem  Wege  nach  Manresa  befindlichen 
Anhöhen  besetzt  gehabt  und  beständig  auf  die  Kolonne 
gefeuert  hätten,  dergestalt,  daß  sie  von  Berg  zu  Berg  von 
den  Tirailleuren  hätten  vertrieben  werden  müssen.  Der 
Rapport  des  Major  Knauth  enthielt  ferner,  daĂź  das  Kom- 
mando des  Generals  Schwarz  am  21.  März  den  engen  Paß 
von  Monserrat  passiert  habe,  der,  wenn  er  nur  einigermaĂźen 
besetzt  und  verteidigt  werde,  ganz  unzugänglich  sei.  Kaum 
in  und  um  Manresa  angelangt,  sei  von  den  Insurgenten  auf 
allen  benachbarten  Dörfern  die  Sturmglocke  geläutet  worden, 
wodurch  sich  die  ohnehin  schon  groĂźe  Anzahl  der  bewaff- 
neten Bauern  beträchtlich  vermehrt  habe.  Unter  solchen 
Umständen  hätten  am  22.  März  früh  die  sämtlichen,  um 
die  ganz  menschenleere  Stadt  sich  gelagerten  Detachements 
den  Befehl  erhalten,  sich  nach  und  nach  bis  in  die  Vor- 
städte zurückzuziehen  und  Positionen  in  und  um  die  Häuser 
zu  nehmen,  auch  einen  bei  der  Stadt  gelegenen  Berg  mit 
der  darauf  befindlichen  Kapelle  zu  besetzen.  In  diesem 
Zustand  wären  alle  Posten  des  heftigen  Feuers  und  An- 
drogens der  Feinde  ungeachtet  bis  zum  26.  März  stand- 
haft behauptet  worden.  Major  Knauth  meldete  in  seinem 
Rapport  zugleich,  daĂź  sich  der  Verlust  des  Detachements  vom 
Regiment  Herzöge  zu  Sachsen  auf  6  Tote  und  28  Blessierte 
belaufe,  worunter  sich  3  Tote  und  13  Blessierte  vom 
leichten  Bataillon  befänden. 

Zur  UnterstĂĽtzung  des  in  Manresa  befindlichen  Korps 
wurde  am  2.  April  auf  Befehl  des  Marschalls  Augereau 
1  Bataillon  des  67.  französischen  Linienregiments,  240  Mann 
vom  5.  Regiment  (Anhalt-Lippe)  der  Division  Rouyer  und 
60  Mann  von  den  in  Barcelona  zurĂĽckgebliebenen  gotha- 
ischen und  meiningischen  Kompagnien,  letztere  unter  dem 
Kommando  des  Leutnants  von  Blänkner,  abgesendet.  Dieses 
Succurs-Detachement ,  etwa  zusammen  1000  Mann  stark, 
konnte  aber  zwischen  dem  Städtchen  Martorell  und  dem 
Berge   Monserrat    seinen   Marsch    nicht    weiter    fortsetzen; 


170         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

denn  eine  in  die  Gegend  von  Manresa  vorgerĂĽckte  Kolonne 
feindlicher  Kavallerie  und  Infanterie,  verbunden  mit  einer 
groĂźen  Menge  Bauern,  umzingelte  jenes  Detachement  so, 
daĂź  sieb,  dasselbe  endlich,  nachdem  es  sich  verschiedene 
Male  mit  der  ĂĽberlegenen  Macht  des  Feindes  engagiert 
hatte,  in  großer  Eile  so  gut  als  möglich  zurückziehen  mußte. 
Am  4.  April  kam  daher  dieses  zum  Succurs  bestimmt  ge- 
wesene Detachement ,  freilich  nicht  im  besten  Zustand, 
wieder  zurĂĽck;  denn  statt  der  abgegangenen  240  Mann 
vom  5.  Regiment  Anhalt-Lippe  kamen  nur  100  und  statt 
der  abgegangenen  60  Mann  Gothaer  und  Meininger  nur 
2  Korporale  und  17  Gemeine  zurĂĽck.  Alle  ĂĽbrige  Mann- 
schaft war  teils  blessiert,  teils  gefangen,  teils  auch  von 
den  Insurgenten  auf  eine  elende  Art  getötet  worden.  Den 
erlittenen,  sehr  bedeutenden  Verlust  des  1.  Bataillons  vom 
67.  französischen  Linien-Infanterie-Regiment  konnte  man 
nicht  angeben. 

Schon  gab  man  das  Kommando  unter  dem  Brigade- 
General  Schwarz  verloren,  als  es  am  6.  April  ganz  unver- 
mutet wieder  in  Barcelona  eintraf.  Die  600  Mann  vom 
Regiment  Herzöge  zu  Sachsen  und  das  Regiment  Nassau 
hatte  sich  die  ganze  Zeit  hindurch  in  Manresa  gehalten 
und  dem  heftigen  Andringen  der  Feinde  den  kräftigsten 
Widerstand  entgegengesetzt.  Als  das  von  Barcelona  nach 
Manresa  mit  einem  Konvoy  von  Munition  abgeschickte 
Kommando,  dessen  weiter  oben  gedacht  wurde,  und  durch 
welches  der  Major  Knauth  seinen  Rapport  vom  26.  März 
an  den  Obrist-Brigadier  von  Egloffstein  erstattete,  in  der 
Nacht  vom  26.  auf  den  27.  März  nach  Barcelona  zurück- 
kehrte, befahl  Brigade-General  Schwarz  dem  Major  Knauth, 
dieses  Kommando  mit  seiner  Mannschaft  bis  ĂĽber  den  PaĂź 
am  Monserrat  hinaus  auf  ungefähr  4 — 5  Stunden  Weges 
zu  begleiten.  Ungeachtet  der  dunkeln  Nacht  zeigten  sich 
bei  diesem  Marsch  ĂĽberall  eine  Menge  Hindernisse.  Die 
Insurgenten  beschossen  die  Kolonne  fast  auf  jedem  Schritt; 
doch  wurde  die  Absicht  völlig  erreicht,  und  Major  Knauth 


von  1806—1811.  171 

kam  am  27.  Nachmittags  3  Uhr  bei  und  Abends  8  Uhr 
in  Manresa  wieder  an.  Sein  Verlust  betrug  4  Tote  und 
17  Blessierte,  unter  welch  letzteren  sich  der  koburgische 
Leutnant  von  Schauroth  befand.  Vom  27.  März  bis  4.  April 
stand  das  Korps  des  Generals  Schwarz  unverrĂĽckbar  in 
Manresa,  hatte  Vorposten  nahe  um  die  Stadt  ausgestellt, 
sich  stark  verschanzt  und  behauptete  seine  einmal  ge- 
nommene Position  mit  Nachdruck  und  Festigkeit,  ob  es 
gleich  von  Seiten  der  zahlreichen  Insurgenten  6-  bis  8mal 
zur  Kapitulation  aufgefordert  worden  war. 

Am  4.  April  frĂĽh  sah  man  ein  feindliches  Korps  von 
3 — 4000  Mann  reguläres  Militär  sich  der  Stadt  nähern  und 
mit  Fahnen  und  klingendem  Spiel  aufmarschieren.  Bald  dar- 
auf erschien  ein  Parlamentär  mit  einem  schriftlichen  Aufruf 
zur  Ăśbergabe,  den  der  General  Schwarz  eine  geraume  Zeit  auf- 
hielt und,  nachdem  er  seine  MaĂźregeln  genommen,  mit  einer 
abschlägigen  Antwort  zurückgehen  ließ.  Kaum  war  dieser 
Parlamentär  im  feindlichen  Lager  angekommen ,  als  das 
feindliche  Korps  Nachmittags  5  Uhr  auf  die  Vorposten- 
verschanzungen Sturm  zu  laufen  anfing,  welcher  Sturm  aber 
tapfer  abgeschlagen  wurde.  Mit  einbrechender  Nacht  zogen 
sich  auf  Befehl  des  Generals  Schwarz  alle  Vorposten  lang- 
sam und  allmählich  in  die  Stadt  zurück.  Die  Tore  wurden 
verrammelt,  sämtliche  Blessierte  wurden  in  das  während 
des  Aufenthaltes  in  Manresa  etablierte  Lazarett  gebracht, 
und  in  der  Nacht  11  Uhr  schlich  sich  das  ganze  Korps 
in  größter  Stille  zu  dem  entgegengesetzten  Tore  hinaus 
und  trat  die  Retirade  an.  Es  hatte  aber  leider  mit  un- 
beschreiblichen Hindernissen  und  Gefahren  zu  kämpfen: 
denn  überall  stieß  es  auf  feindliches  Militär  und  bewaffnete 
Bauern.  Das  Feuer  dauerte  mitten  in  der  Nacht  unaus- 
gesetzt fort.  Mehrmals  wurde  die  Kolonne  ganz  getrennt, 
abgeschnitten  und  muĂźte  sich  den  ĂĽber  die  steilsten  Berge 
und  schmalen  Felswände  laufenden  Weg  durch  die  Feinde 
bahnen;  sämtliche  Wagen  und  die  Kasse  des  Regiments 
Nassau   muĂźten    abgespannt,    mehrere    erbeutete    Maultiere 


172         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie- Bataillons 

im  Stich  gelassen  werden.  GlĂĽcklicherweise  hatte  der 
Obrist-Brigadier  von  Egloffstein  die  zum  Regiment  Her- 
zöge von  Sachsen  gehörigen  Wagen  zurückbehalten.  In 
dieser  äußerst  mißlichen  Lage  ging  der  Zug  über  den  fast 
unzugänglichen  Col  de  David  nach  Sabadell  und  Sandandres, 
wo  das  Korps  in  der  Nacht  zum  5.  April  anlangte. 

Das  Detachement  des  Majors  Knauth  vermiĂźte  hier 
353  Köpfe,  warunter  sich  der  Kapitän  von  Boyneburg,  die 
Leutnants  von  Boyneburg,  von  Seebach,  von  Crayen,  von 
Koppenfels,  von  Steuben  und  von  Schauroth,  sämtlich  vom 
leichten  Bataillon,  befanden.  Da  der  Feind  stets  auf  dem 
FuĂźe  folgte,  so  lieĂź  sich  ĂĽber  den  Verlust  an  Toten  und 
Blessierten  nichts  ganz  Bestimmtes  angeben.  Major  Knauth 
brachte  von  den  600  Mann  im  ganzen  210  Unteroffiziere 
und  Gemeine  und  37  Blessierte  mit  nach  Barcelona  zurĂĽck, 
unter  welch  letzteren  sich  4  verwundete  gothaische  Offi- 
ziere befanden.  Von  der  ganzen  3.  Kompagnie  des  leichten 
Bataillons  war  nur  noch  1  Gefreiter  ĂĽbrig.  50  Blessierte 
und  der  koburgische  Leutnant  von  Schauroth  muĂźten  in 
Manresa  im  Spital  zurĂĽckgelassen  werden  und  fielen  dem 
Feinde  in  die  Hände.  Der  Total- Verlust  des  leichten  In- 
fanterie-Bataillons, welches  bei  dem  unglĂĽcklichen  RĂĽckzug 
die  Arriere-Garde  machte,  bestand,  auĂźer  den  schon  ge- 
nannten Offizieren  —  wovon  der  Leutnant  von  Koppen- 
fels zum  hildburghäusischen  Kontingent  gehörte  — ,  in 
161  Mann  vom  Feldwebel  abwärts,  die  während  des  Auf- 
enthaltes in  Manresa  Gebliebenen  und  Blessierten  unge- 
rechnet. 

In  einem  Tagesbefehl  vom  6.  April  trug  der  Reichs- 
marschall Augereau  dem  Divisions-General  Rouyer  auf,  der 
nach  Manresa  detachiert  gewesenen  deutschen  Brigade  seine 
Zufriedenheit  mit  ihrem  Benehmen  zu  erkennen  zu  geben 
—  toute  sa  satisfaction  particuliere  pour  la  brillante  con- 
duite,  que  ces  troupes  ont  tenue  dans  les  diverses  combats, 
qu'elles  ont  eu  ä  soutenir  contre  des  forces  superieures. 
Vom    leichten  Bataillon   Weimar   wurde    der  Leutnant    von 


von  1806—1811.  173 

Goldacker,  der  Feldwebel  Preller,  der  Unteroffizier  Rein- 
hardt und  der  Gemeine  Stief  als  ganz  vorzĂĽglich  brav  zur 
Auszeichnung  vorgeschlagen.  Der  Brigade-General  Schwarz, 
der  nicht  genug  RĂĽhmliches  und  Lobenswertes  von  dem 
tapfern  und  tadellosen  Benehmen  seines  ganzen  Detache- 
ments  und  namentlich  dem  des  Majors  Knauth  sagen  konnte, 
hatte  sich  bereits  vom  Marschall  die  beiden  Regimenter 
Sachsen  und  Nassau  zu  einer  Brigade  zum  fortwährenden 
Kommando  ausgebeten  und  erhalten. 

Nach  einem  3-wöchentlichen  Aufenthalte  in  Barcelona, 
und  nachdem  von  da  aus  verschiedene  Demonstrationen 
nach  Taragona  und  Manresa  gemacht  worden  waren,  ent- 
schloĂź sich  der  Marschall  wegen  des  groĂźen  Mangels  an 
Lebensmitteln,  mit  dem  größten  Teile  seiner  Armee  in  die 
Gegend  von  Gerona  zurĂĽckzukehren.  Dieser  EntschlieĂźung 
zufolge  erhielt  auch  das  Regiment  Sachsen  den  Befehl,  am 
11.  von  Barcelona  ab  und  bis  nach  dem  Städtchen  San- 
dandres zu  marschieren,  wo  sich  das  Armeekorps  sammelte, 
und  sodann  am  12.  in  Kolonne  bis  Granollers,  den  13.  bis 
vor  Hostairich  und  den  14.  bis  in  die  Gegend  von  Gerona 
zu  marschieren.  Auf  dem  ganzen  Marsch  fand  die  Armee, 
wider  alle  Vermutung,  so  wenig  Widerstand,  daĂź  das  Regi- 
ment nicht  einen  einzigen  Toten  oder  Blessierten  hatte. 
Die  Division  Rouyer,  von  welcher  das  Regiment  Nassau 
als  Garnison  in  Barcelona  zurĂĽckgeblieben  war,  lagerte 
am  14.  bis  18.  April  eine  Stunde  von  Gerona  auf  der 
StraĂźe  nach  Hostairich.  Am  18.  frĂĽh  wurde  dieses  Lager 
verlassen,  und  das  Regiment  marschierte  durch  Gerona 
durch  nach  dem  eine  halbe  Stunde  davon  liegenden  Dorfe 
Ponte  Major  an  der  StraĂźe  nach  Perpignan. 

Am  29.  April  traf  bei  dem  Regiment  ein  gothaisches 
und  meiningisches  Ersatz-Kommando  unter  den  Majors  von 
Bünau  und  von  Böse  ein,  welches  in  Summa  in  380  Köpfen 
bestand,  und  wenige  Tage  darauf,  am  4.  Mai,  kam  auch 
das  weimarische  Ersatz-Kommando  unter  Major  von  Ger- 
mar    an.      Dieser    beträchtlichen    Verstärkung    ungeachtet 


174         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-BatailloDs 

konnte  des  bei  Manresa  erlittenen  Verlustes  wegen  das 
Regiment  nur  in  2  Bataillone  formiert  werden.  Das  1.  oder 
Linien-Bataillon ,  aus  den  gothaischen  und  meiningischen 
Kontingenten  zusammengesetzt,  war  einschlieĂźlich  des  Regi- 
mentsstabes 819  Mann  stark  und  bestand  aus  5  gothaischen 
und  2  meiningischen  Kompagnien.  Das  2.  oder  leichte 
Bataillon  bestand  aus  den  weimarischen,  koburgischen  und 
hildburghäusischen  Kontingenten,  773  Mann  stark  und  be- 
saß 3  weimarische,  2  koburgische  und  1  hildburghäusische 
Kompagnie.  Major  von  Arnswald,  der  Regimentsquartier- 
meister Schmidt,  Leutnant  von  Staff,  später  auch  Kapitän 
von  Könneritz  'und  mehrere  Unteroffiziere  und  Gerneine 
kehrten  mit  Serenissimi  Vorwissen  als  invalide  in  die  Gar- 
nison zurĂĽck. 

Ende  Mai  gab  der  Marschall  Augereau  das  Oberkom- 
mando in  Katalonien  ab,  der  Marschall  Macdonald  ĂĽber- 
nahm dasselbe.  Am  29.  Mai  passierte  das  Regiment  vor 
diesem  die  Revue  und  erhielt  den  Befehl,  die  indes  ĂĽber- 
gegangene Festung  Hostairich  zu  besetzen  und  das  dort 
befindliche  6.  italienische  Linien-Regiment  abzulösen.  Die 
Krankheiten  hatten  der  eingetretenen  heiĂźen  Jahreszeit 
wegen  schon  so  ĂĽberhand  genommen,  daĂź  unter  der  Auf- 
sicht des  weimarischen  Bataillonsarztes  Mirus  mehrere  Offi- 
ziere und  ĂĽber  100  Mann  zurĂĽckgelassen  werden  muĂźten, 
auch  der  Obrist-Brigadier  von  Egloffstein  befand  sich  krank 
zu  Gerona  und  hatte  das  Kommando  ĂĽber  das  Regiment 
dem  Major  von  Germar  ĂĽbertragen.  Um  diese  Zeit  war 
es,  daĂź  mehrere  Soldaten  vom  Regiment,  besonders  vom 
koburgischen  Kontingent,  desertierten  und  zum  Feinde 
ĂĽbergingen ;  auch  erhielt  man  von  einem  spanischen  Deser- 
teur die  Nachricht,  daĂź  sich  mehrere  der  bei  Manresa  ge- 
fangenen Offiziere  zu  Taragona  befänden. 

Im  Monat  Juli  vermehrten  sich  die  Krankheiten,  das 
hiesige  Kontingent  hatte  schon  17  Mann  durch  den  Tod 
verloren,  auch  waren  14  Mann  desertiert;  der  Leutnant 
von    Steuben   war,    nachdem    er   von    seinen   Wunden    her- 


von  1806—1811.  175 

gestellt  worden  war,  die  er  bei  Manresa  erhalten  hatte, 
aus  der  spanischen  Gefangenschaft  zurĂĽckgekehrt,  auch 
mehrere  blessiert  gewesene  und  im  Hospital  zu  Manresa 
gefangene  Soldaten  hatten  sich  zufolge  einer  zwischen  den 
beiden  Armeen  bestehenden  Konvention  ebenfalls  wieder 
eingefunden.  Der  Leutnant  von  Steuben  sagte  aus,  daĂź 
die  gefangenen  Offiziere  aller  Wahrscheinlichkeit  nach  noch 
lebten,  und  daĂź  selbst  der  totgeglaubte  Leutnant  von  Crayen 
nur  schwer  blessiert  gewesen  und  wieder  auf  dem  Wege 
der  Besserung  sei;  ferner  erfuhr  man,  daĂź  ein  groĂźer  Teil 
der  bei  Manresa  gefangenen  Mannschaft  in  sicilianische, 
spanische  und  englische  Dienste  zu  gehen  gezwungen 
worden  sei.  Die  schon  genannten  Militärs,  welche  nach 
der  Affaire  von  Manresa  zur  Auszeichnung  empfohlen  worden 
waren,  wurden  dem  Kriegsminister  Herzog  von  Feltre  zu 
Mitgliedern  der  Ehrenlegion  durch  den  Brigade-General 
Schwarz  und  den  Divisions-General  Rouyer  vorgeschlagen; 
diese  Angelegenheit  wurde  später  wieder  in  Erinnerung 
gebracht,    blieb  aber  ohne  Erfolg. 

Am  16.  Juli  mußte  sich  das  Regiment  an  ein  beträcht- 
liches Korps  von  der  Armee  anschlieĂźen,  welches  zum  Trans- 
port eines  sehr  bedeutenden  Konvoys  aller  Art  nach  Barcelona 
bestimmt  war.  Der  Marsch  ging  am  17.  von  Hostairich  nach 
Laroka,  am  18.  von  Laroka  bis  Carthatheo  und  am  19.  bis 
Barcelona.  Zwischen  Granollers  und  dem  Städtchen  Laroka 
stieĂź  das  Korps  auf  8000  Mann  spanische  Linieninfanterie 
und  300  Mann  Kavallerie,  welche,  unterstĂĽtzt  von  einer 
groĂźen  Anzahl  bewaffneter  Bauern,  die  Absicht  zu  haben 
schienen,  den  Konvoy  wegzunehmen.  Der  Eeind  attackierte 
in  dieser  Absicht  die  rechte  Flanke  und  die  Queue  der 
Kolonne,  wurde  aber  vom  Marschall  Macdonald,  der  den 
Konvoy  und  dessen  Eskorte  in  eigner  Person  kommandierte, 
so  empfangen,  daĂź  er  die  Flucht  zu  ergreifen  gezwungen 
war.  Das  bei  der  Avantgarde  befindlich  gewesene  7.  fran- 
zösische Linien-Regiment  hatte  dabei  einen  bedeutenden 
Verlust    erlitten,    aber    das  Regiment  Herzöge    zu  Sachsen. 


176         FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

welches  die  Arrieregarde  machte,  verlor  keinen  Mann  und 
hatte  nur  einen  leicht  blessierten  Offizier.  Nachdem  der 
Konvoy  glĂĽcklich  in  Barcelona  angelangt  war,  stand  das 
Regiment  2  Tage  bei  dem  Städtchen  Sandes  im  Lager, 
worauf  es  am  22.  und  23.  bis  Hostairich  und  am  24.  bis 
Gerona  zurĂĽckkehrte. 

Auf  Befehl  des  Marschalls  wurde  das  Regiment  durch 
das  16.  französische  Linienregiment  in  Hostairich  abgelöst. 
Der  starke  und  beschwerliche  Dienst  in  Hostairich,  der 
dort  herrschende  groĂźe  Mangel  an  allen  BedĂĽrfnissen,  die 
schlechten  Quartiere  in  fast  ganz  niedergeschossenen  und 
während  der  Belagerung  abgebrannten  Häusern,  endlich 
der  letzte  Marsch  nach  Barcelona  bei  einer  so  ungeheuren 
Hitze,  daß  während  desselben  4  Mann  tot  im  Gliede  nieder- 
fielen, hatte  die  Leute  so  entkräftet,  daß  68  Mann  Kranke 
in  Barcelona  zurĂĽckgelassen  werden  muĂźten.  Auf  dem 
RĂĽckmarsch  nach  Gerona  vermehrte  sich  die  Zahl  der 
Kranken  so  sehr,  daĂź  von  den  1000  Mann,  die  noch  bei 
der  Expedition  nach  Barcelona  waren,  nur  640  dienstfähige 
ĂĽbrig  blieben.  Das  Regiment  hatte  allein  24  kranke  Offi- 
ziere, auch  der  Obrist-Brigadier  wurde  von  einem  Wechsel- 
fieber befallen. 

Im  August  wurden  wieder  einige  Invaliden  vom  Regi- 
ment in  die  Garnisonen  zurĂĽckgesendet.  Die  Lage  des 
Regiments  rĂĽcksichtlich  seines  Gesundheitszustandes  wurde 
im  August  immer  trauriger,  fast  alle  Offiziere  waren  krank, 
vom  leichten  Bataillon  lagen  allein  245  Mann  im  Spital. 
Das  ganze  Regiment  hatte  mit  Offizieren  nur  noch  300  Mann 
im  Dienst,  die  meistens  auch  kränkelten.  Vom  leichten 
Bataillon  waren  wieder  18  Mann  gestorben,  der  Major  und 
Kommandeur  von  Germar  befand  sich  gefährlich  krank. 
Die  Insurgenten  kamen  der  Festung  Gerona  anfangs  Sep- 
tember so  nahe,  daĂź  Alles  in  der  Stadt  zu  den  Waffen 
greifen  muĂźte.  Man  konnte  die  feindlichen  Wachtfeuer 
deutlich  sehen  und  ihre  Trommeln  hören.  Leider  wurde 
auch  der  Brigade-General  Schwarz  bei  Bisbai  mit  den  Ăśber- 


von  1806—1811.  177 

resten  des  5.  und  6.  Regiments  der  Division  Rouyer  durch 
die  Engländer  gefangen  genommen,  wobei  auch  1  Korporal 
und  8  Mann  vom  leichten  Bataillon  Weimar  mit  in  die 
Gefangenschaft  gerieten. 

Im  Oktober  waren  bereits  zwei  Drittel  des  Regiments 
tot,  und  am  1.  November  war  es  dahin  gekommen,  daĂź 
die  diensttuende  Mannschaft  des  1.  Bataillons  aus  gar 
keinem,  und  die  des  leichten  Bataillons  aus  7  Gemeinen 
bestand,  worunter  sich  3  Mann  von  Weimar  befanden.  Nur 
allein  in  den  Monaten  September  und  Oktober  waren 
176  Mann  vom  leichten  Bataillon  gestorben,  von  den  in 
Hostairich,  Barcelona,  Figueras  usw.  befindlichen  Kranken 
hatte  man  keine  bestimmten  Nachrichten,  doch  war  die 
Sterblichkeit  auch  dort  nicht  geringer,  die  Totenscheine 
kamen  in  ganzen  Paketen  an.  Am  28.  November  kamen 
mit  einem  von  Barcelona  zurĂĽckgekommenen  Konvoy  der 
weimarische  Leutnant  von  Crayen  und  der  koburgische 
Leutnant  von  Schauroth  aus  der  spanischen  Gefangenschaft 
zurĂĽck.  Sie  wurden  nach  erfolgter  Heilung  ihrer  Wunden  zu- 
folge einer  mit  den  Spaniern  bestehenden  Konvention  schon  im 
Juli  nach  Barcelona  abgeliefert,  wo  sie  sich  seither  befunden 
hatten.  Von  den  68  Mann,  die  bei  der  letzten  Expedition 
nach  Barcelona  daselbst  zurĂĽckgelassen  werden  muĂźten, 
kamen  nur  25  zurĂĽck,  die  ĂĽbrigen  waren  daselbst  gestorben. 
In  den  ersten  Tagen  des  Dezember  wurde  die  Division 
Rouyer  ganz  aufgelöst,  weil  die  4  Regimenter,  aus  denen 
sie  bestand,  ausschlieĂźlich  des  Regimentes  Nassau,  welches 
aber  in  Barcelona  garnisonierte,  ganz  destruiert  waren,  wo- 
durch die  längst  genährte  Hoffnung  zur  Rückkehr  ins 
Vaterland  neue  Nahrung  erhielt.  Die  Sterblichkeit  ver- 
minderte sich  nicht,  seit  kurzem  waren  auch  wieder  5  Offi- 
ziere vom  Regiment  gestorben,  worunter  sich  jedoch  keiner 
von  Weimar  befand.  Wegen  der  abwesenden  Kranken, 
deren  Zahl  sich  auf  mehrere  Hundert  belief,  hatte  der 
Obrist-Brigadier  von  Egloffstein  an  alle  französischen  Militär- 
Hospitäler  geschrieben. 

XXVIII.  12 


178        FeldzĂĽge  des  S.-W.-Eisenach.  Infanterie-Bataillons 

Endlich,  am  21.  Januar  1811,  kam  die  Ordre  von  Paris 
zum  Aufbruch  nach  Frankreich,  in  deren  Gemäßheit  das 
Regiment  Herzöge  zu  Sachsen  am  23.  Januar  von  Gerona 
ab  und  nach  Perpignan  marschierte,  wo  es  am  26.  Januar 
231  Köpfe  stark  eintraf.  Von  dem  dort  kommandierenden 
französischen  General  Trabot  erhielt  es  die  Ordre,  am  28. 
bis  Salces,  am  29.  bis  Sijean,  30.  bis  Narbonne,  31.  bis 
Beziers  und  am  1.  Februar  bis  Agde  zu  marschieren  und 
an  letzterem  Ort  bis  auf  weitere  Ordre  stehen  zu  bleiben. 
Weil  der  Abmarsch  von  Gerona  sehr  schnell  erfolgte,  so 
hatte  der  Obrist-Brigadier  von  Egloffstein  1  Offizier  und 
20  Mann  zurĂĽckgelassen,  um  die  zurĂĽckgelassenen  Gewehre 
zu  packen  und  dem  Regiment  nachzubringen.  In  Agde 
wurden  die  Soldaten  in  der  dortigen,  wohl  eingerichteten 
Kaserne  sehr  gut  und  bequem  untergebracht ,  bekamen 
jedoch  nur  provisorisch  Brot,  Fleisch  und  Holz  geliefert. 
Die  Offiziere  wurden  auf  3  Tage  in  der  Stadt  einquartiert, 
muĂźten  aber  nach  Ablauf  derselben  sich  auf  ihre  Kosten 
einmieten,  die  Pferde  erhielten  auf  Kosten  der  Kommune 
Fourage  und  Stallung.  Mittlerweile  waren  an  den  Obristen 
von  vielen  französischen  Militär-Spitälern  wegen  der  ab- 
wesend Kranken  Nachrichten  eingelaufen,  die  jedoch  so 
wenig  befriedigend  ausfielen,  daĂź  es  wie  zeither  ungewiĂź 
blieb,  ob  und  wo  die  fehlenden  Leute  vom  Regiment  ge- 
storben ,  desertiert  oder  sonst  verloren  gegangen  wären. 
Der  Obrist-Brigadier  ließ  daher  die  sämtliche  fehlende 
Mannschaft,  an  232  Mann,  in  Abgang  bringen. 

In  Montpellier  arrangierte  der  Obrist-Brigadier  das 
Nötige  wegen  der  Verpflegung  des  zu  Agde  stehenden 
Regiments.     Nach    dem    französischen  Reglement  erhielten: 

1)  jeder  Soldat  vom  Feldwebel  abwärts  frei  Quartier 
in  der  Kaserne ,  die  gewöhnliche  Ration  Brot ,  täglich 
15  Centimes  Fleisch-  und  6  Centimes  Holzgeld. 

2)  Die  Offiziere  weiter  nichts  als  Quartiergeld,  und 
zwar  der  Obrist  monatlich  50,  der  Bataillonschef  40,  jeder 
Kapitän   18  und  jeder  Leutnant  12  Francs. 


von  1806—1811.  179 

3)  die  30  Regiments-Wagenpferde  die  gewöhnlichen 
Rationen,  6  Kilogr.  Heu,  4  Kilogr.  Stroh  und  8y2  Liter 
Hafer. 

In  Ansehung  der  Offiziers-Reitpferde  hat  das  Gou- 
vernement nur  2  Pferde  fĂĽr  den  Obrist  und  fĂĽr  jeden 
Major  nur  1  Pferd  gut  und  bezahlt  für  jede  Ration  täglich 
1  Franc. 

Die  Geschäfte  des  zur  Sammlung  der  Gewehre  in 
Gerona  zurĂĽckgelassenen  Offiziers  waren  eben  nicht  glĂĽck- 
lich abgelaufen,  denn  obgleich  zu  Gerona,  Figueras  und 
Perpignan  wenigstens  900  Mann  gestorben  waren,  so  konnte 
dieser  Offizier  doch  nur  525  Gewehre  zusammenbringen 
die  sich  im  allertraurigsten  Zustande  befanden.  Die  Säbel 
und  Patronentaschen  waren  nicht  besser,  die  Tornister, 
Mäntel  und  Montierungen  gänzlich  verloren.  Bei  dem  gänz- 
lichen Mangel  einer  Art,  diese  Gewehre  u.  s.  w.  zu  trans- 
portieren, und  da  vom  Gouvernement  in  Perpignan  hierzu 
gar  keine  hilfreiche  Hand  geleistet  wurde,  muĂźten  selbige 
im  Arsenal  militaire  zu  Perpignan  gegen  einen  Empfangs- 
schein deponiert  werden.  Die  in  Perpignan  beim  Einmarsch 
nach  Spanien  deponierten  168  StĂĽck  weimarischen  BĂĽchsen 
waren  jedoch  noch  ganz  komplett  und  in  gutem  Stande  vor- 
handen. Während  sich  das  Regiment  in  Agde  befand,  war 
von  den  gefangenen  4  weimarischen  Offizieren,  dem  Kapitän 
von  Boyneburg,  Leutnants  von  Boyneburg,  von  Seebach 
und  von  Schauroth  ein  Brief  eingelaufen,  aus  welchem  sich 
ergab ,  daĂź  sich  diese  Offiziere  im  November  des  abge- 
wichenen Jahres  zu  Alicante  befunden  hatten.  Sie  baten 
sehr,  daß  sie  unterstützt  werden  möchten,  weil  sie  sich  von 
allem  entblößt  befänden. 

Von  dem  französischen  Divisions-General  Chabot  zu 
Montpellier  ging  die  Ordre  ein,  daĂź  die  Reste  des  Regi- 
ments Herzöge  zu  Sachsen  den  13.  April  von  Agde  ab- 
marschieren und  ĂĽber  Montpellier,  Nimes,  Lyon,  Chalon- 
sur-Saone,  Dijon  am  17.  Mai  in  Metz  eintreffen  sollten. 
Bei    der  Ankunft    des  Regiments    in  Metz    fand   sich    noch 

12* 


180    Feldzüge  des  S.-W.-Eisen.  Inf.-Bataillons  von  1806—1811. 

keine  Ordre  wegen  der  Fortsetzung  des  Marsches  vor.  Es 
muĂźte  deshalb  erst  nach  Paris  geschrieben  werden,  woher 
am  1.  Juni  der  Befehl  einging,  daĂź  das  Regiment  am  5.  Juni 
in  Metz  aufbrechen  und  ĂĽber  SaarbrĂĽcken,  Kaiserslautern 
nach  Mainz  marschieren  sollte,  wo  es  am  15.  Juni  wirklich 
eintraf.  Am  16.  frĂĽh  gegen  3  Uhr  passierte  das  Regiment 
unter  lautem  Jubel  den  Rhein  und  betrat  wieder  den  vater- 
ländischen Boden.  In  Frankfurt  a/M.  war  am  17.  Juni 
Ruhetag  und  am  18.  wurde  der  Marsch  ĂĽber  Fulda  fort- 
gesetzt. 

Am  25.  rĂĽckten  die  Reste  des  Regiments  in  Eisenach 
ein,  das  Bürger-Militär  war  mit  Musik  entgegengezogen. 
Der  Empfang  war  feierlich  und  rĂĽhrend;  denn  nur  wenige 
waren  es,  die  ihren  tief  bekĂĽmmerten  Anverwandten  die 
Freude  des  Wiedersehens  verschaffen  konnten.  Das  Regi- 
ment wurde  zu  einem  Diner  vom  Stadtrat  geladen,  welches 
auch  in  dem  mit  Blumen  und  Kränzen  geschmückten  Schieß- 
haus statthatte,  und  dem  ein  fröhlicher  Tanz  folgte.  Die 
sämtlichen  Offiziere  waren  zur  Tafel  nach  Wilhelmsthal 
gebeten,  wo  sich  die  Herzogin,  ingleichen  der  Erbprinz 
und  die  Erbprinzessin,  eben  aufhielten.  An  der  gothaischen 
Grenze  wurde  das  Regiment  ebenso  freudig  empfangen,  in 
Mechterstädt  waren  an  den  Seiten  der  Straße  Tafeln  auf- 
gestellt, an  denen  die  Soldaten  frĂĽhstĂĽckten.  Am  28.  Juni 
traf  das  hiesige  Kontingent,  vom  Kommandeur  desselben  ab- 
wärts in  allem  noch  101  Köpfe  stark,  unter  Begleitung  einer 
zahllosen  Menge  der  hiesigen  Einwohner  wieder  in  Wei- 
mar ein.  Am  folgenden  Tage  gab  die  Stadt  dem  Offizier- 
korps und  der  sämtlichen  Mannschaft  ein  splendides  Diner, 
worauf  ein  bis  zum  nächsten  Morgen  dauernder  Ball  folgte. 
Die  Soldaten  wurden  bis  zum  1.  Juli  bei  den  BĂĽrgern  ein- 
quartiert, mit  dem  gedachten  Tage  wurde  Alles  wieder  auf 
den  FriedensfuĂź  gesetzt. 

Weimar,  den  11.  Oktober  1811. 

Karl    Emil   Heibig. 


V. 

Briefe  und  Akten  zur  Reformationsgeschichte 
der  Stadt  MĂĽhlhausen  i.  ThĂĽr. 

Herausgeg.  von 

H.  Nebelsieck,  Superintendent  in  Liebenwerda. 

(Fortsetzung ;  vergl.  Bd.  XXV,   8.  417—451   und   Bd.  XXVI, 
8.  339-362.) 


Nachtrag  x). 

Bolstedt. 

Nachdeme  in  der  visitacion  zwischen  dem  pfarherr  und  der 
gemeine  doselbst,  wilcher  gestalt  sie  das  pfargueth  innen  haben  und 
dem  pfarner  dagegen  jerlich  ein  pension  reichen  sollen,  verhandelt, 
soll  es  noch  darpei  pleiben. 

Es  sollen  auch  die  leuthe,  nachdeme  die  pfarkirche  im  velde 
abgethan  und  ym  dort  angericht  ist,  dem  pfarher  ein  gelegene  be- 
hausung  bey  der  kirchen  schaffen,  vermuege  der  visitations  ordenunge. 
Und  weil  disser  pfarner  die  leuth  zu  Germar  mit  dem  pfarrechte 
ein  jar  langk  versorget,  sollen  sie  im  seine  besoldung  vermuege  der 
visitacion s  verzeichnus  entrichten. 

Germar. 

Wie  wol  diĂź  dorf  in  der  visitacion  zcur  pfarr  Bolstedt  ge- 
schlagen, weil  aber  die  leut  dieĂźer  zeit  ein  eigenen  pfarner  bekomen 
und  der  zcu  Bolstedt  sich  der  muehe  auch  beschwert,  ist  nach- 
gelassen, das  sie  iren  eigenen  pfarner  behalten. 

Nachdem  der  pfarner  zcu  Germar  geclagt,  das  er  kein  wissen, 
auch  kein  register  hab  von  den  XII  malder  detzmes,  item  das  ime 
auch  von  der  vorordenten  zculage  der  jerlichen  X  schock  noch  nichts 
gegeben  worden,  ist  den  leuten  bepholen,  das  sie  die  zcinĂźe  uf  ihre 
uncosten  und  muehe  ausfindig  und  gangkhaftig  machen  und  die 
X  schock  uf  die  vier  quatember  vermuege  der  visitacions  ordenung 
geben  sollen,  deĂźgleichen  sollen  sie  die  pfargebeude  und  zeune  auch 
machen  und  bessern. 


1)  Ohne  Datum.  Der  Nachtrag  ist  jedenfalls  durch  eine  noch- 
malige Prüfung  der  kirchlichen  Verhältnisse,  die  am  Montag  nach 
Convers.  Pauli  (31.  Januar)  1542  und  an  den  folgenden  Tagen  statt- 
fand, veranlaĂźt  worden. 

Die  für  die  Dörfer  festgesetzte  Kirchenordnung  nebst  Nachtrag 
ist  gedruckt  in:  Die  evangelischen  Kirchenordnungen  des  XVI.  Jahr- 
hunderts, herausgeg.  von  Sehling,  Bd.  2. 


182  Briefe  und  Akten  zur  Beformationsgeschichte 

Velchte  und  Hungonde. 
Die  zwene  hufen  pfarlandts,  so  der  pfarner  zcu  Hongede  hat,  sol 
er  zcu  seinem  besten  nutz  geprauchen,  so  lange  er  pfarner  ist.  Weil 
er  auch  die  leuthe  zu  Eychen  mit  den  pfarrechten  versorget,  soll  er 
dargegen  des  gartens,  so  zcur  selbigen  kirchen  gehört,  auch  zcu  seinem 
besten  geprauchen. 

Graba,  GroĂź-  und  Klein-. 

Als  disser  pfarner  sich  beclagt,  das  ym  sein  detzem  seer  ver- 
tzoglich,  dortzu  an  untĂĽchtig  getreidych  gegeben  werde,  ist  mit  den 
mennern  verschaffet,  auch  von  inen  bewilligt,  das  sie  ime  sein  detzem 
uf  einen  bestimpten  tagk  ungefehrlich  umb  Martini,  wan  ers  inen 
uf  der  cantzel  zcuvor  vorkundigt,  an  guden  gedreidich  geben  und  die 
heimburger  dorpei  sein  und  zcusehen  sollen.  Dorgegen  er  denselbigen 
eyne  voreherunge  mit  eyner  kandel  bir  ader  zw(e)ne  thun  soll,  und 
wilche  uf  bestimpten  tagk  nicht  zalen,  die  sollen  nochmals  dem  pharher 
den  detzem  in  sein  hauĂź  pringen,  wie  vor  alter  auch  geweĂźen. 

Dye  pfarbehausung  zcu  Klein  Graba  sollen  die  gemeine  ver- 
myethen  und  den  zcins  zcu  Steuer  nhemen,  dormit  sie  die  andere 
pfarbehausunge  in  baulichem  weßen  erhalten  mögen.  Doch  soll  der 
pfarrer  die  scheuren  zcu  seiner  notturft  zcugeprauchen  haben.  Mit 
er  Martin  Krampffen  soll  der  echosser  schaffen,  das  er  die  schlussel 
zur  pfarbehausung  in  Klein  Graba  von  sich  gebe  und  sie  den  leuten 
zcustellen. 

Ammara  und  Beyssern. 
Mit  dem  pfarher  ist  verschaffet,  das  er  die  leuth  zcu  Beyssern 
allewege  uf  den  dritten  sontagk  zcu  rechter  zeit  fĂĽr  mittage  mit 
predigten  ?)  und  andern  gotlichen  amptern  vorsehen  soll.  Weil  auch 
die  leuth  die  pfarbehausung,  so  der  pfarher  aufgerichtet,  noch  nit 
aufgebauet  und  gentzlich  vorfertigt,  ist  ihnen  ernstlich  bepholen, 
das  sies  vollent  fertigen  und  nach  noitturft  anrichten  sollen,  wan 
solchs  gesehen,  soll  der  pfarher  vermuege  der  visitacions  ordenung 
das  sein  auch  dapei  thun. 

Lengefelt  und  Horsmar. 

Als  disser  pfarner  angegeben,  als  das  aus  des  hospitals  zu 
Gotha,  guth  Breittenbach  genannt,  (von  dem  auch  Horsmar  der  pfar 
zcu  lehen  ruret)  ein  zall  hufe  landes  sampt  einer  wieĂźen  zcur  pfar 
Horsmar  gehört  haben  sollen,  hat  man  dem  rathe  zcu  Gotha  der- 
wegen  geschriben,  der  hat  darauf  antwort  gegeben,  das  er  sulchs 
ghar  nicht  gestendigk,  erbeut  sich  aber  zcu  recht,  whue  der  pfarher 
oder  die  gemeine  zcu  Horsmar  solchs  erweyßen  können. 

Als  sich  der  pfarher  beclagt,  das  die  leuth  zcu  Horsmar  ime 
XVI  schneb.  aus  der  kirchen,  item  VII  schock  zeulage  sich  waigern, 
item  das  pfarholtz  zeugebrauchen  wheren  sollen ,  ist  verschaffet, 
das  sie  die  XVI  schneb.  aus  der  kyrehen  und  die  VII  schock  aus 
der  gemein  auch  geben  sollen,  auch  soll  der  pfarrer  des  holtzes  zcur 
noitturft  geprauchen,  doch  das  er  kein  hegstuck  abhauen  und  wegk 
fĂĽren  lasse,  das  holtz  zu  verwĂĽsten. 

DeĂźgleichen  ist  mit  denen  zcu  Lengefelt  verschafft,  das  sie  die 
XIIII  Mulhausche  schock,  der  pfarr  zeustendigk  inhalts  der  alten 


der  Stadt  MĂĽhlhausen  in  ThĂĽr.  183 

pfarregister,  wilche  der  pfarher  furgelegt,  widderumb  anlegen  und  so 
lange  sie  die  innen  haben,  vertzinĂźen  sollen.  Auch  sollen  sie  der 
pfar  lenderey,  so  Valtin  Muller  und  andere  zcu  sich  getzogen, 
widderumb  zcur  pfar  pringen  und  restituiren. 

Dachriden  und  Kaisershain. 
Es  ist   dem    pfarhern    bepholen ,   das   er   beide   dorfer  uf  die 
sontage  und  festa(ge).  wechselweiĂźe  mit  predigten  und  andern  pfar- 
rechten versorgen  soll,  eins  frue,  das  ander  hernach  und  widderumb. 

Wyndenbergk  und  Salveldt. 
Weil  disser  pfarner  kein  register  hat,  und  nicht  wais,  worauf 
er  dienet,  sol  der  schosser  im  zcu  den  registern,  so  vil  ime  möglich, 
vorhelfen.  Item  bey  dem  schosser  zcu  forschen ,  wer  die  zcinĂźe 
vom  forst  einnehme,  denn  ein  baur  us  Germar  berichtet,  er  soll  solche 
zcins  uf  schossers  boden  getragen  haben. 

Dornde,  Holnbach,  Eugeriden. 
Es  clagen  die  leuth,  sonderlich  zcu  Eugeriden,  das  der  pfarher 
langsam  zcu  yne  khome,  uf  die  sontage,  szo  claget  auch  der  pfarner 
im  schwer  und  schir  unmöglich  sein  wolle,  die  dorfer  alle  sontage 
und  feste  zuvorsorgen.  Derwegen  ist  den  leuten  zcu  Eugeriden  nach- 
gelassen, who  sie  einen  pfarner  bekomen  mögen,  der  durch  die  visi- 
tatores  tüchtig  erkant  wirdt,  das  sie  denselbigen  annehmen  mögen. 
—  Es  folgen  noch  Bestimmungen  über  Reparaturen  am  Pfarrhause 
und  Bestellung  des  Pfarrackers. 

Obern  Dorla. 
Lassen  bey  der  visitacion  ordenung  pleiben. 

Niddern  Dorla. 
Nachdeme  disser  pfarher  Sebastian  Dhile  bey  vielen  leuten 
etlicher  irthum  vordechtigk,  derwegen  er  dan  beredt  und  von 
sacrament  des  abentmals,  item  von  der  erbsundt  in  yrthumb  be- 
funden, dortzu  er  sich  bekant,  kein  underricht  annemen,  zcu  dem 
auch  seiner  opinion  kein  grundt  noch  ursach  anzeigen  können,  noch 
wollen  hat,  gleichwol  die  gemeyne  gewonliche  forma  bey  der  taufe 
mit  dem  exorcismo  fallen  lassen  und  sich  uf  die  Hessischen  visi- 
tatores,  von  denen  er  dohin  zcu  pfarner  verordent,  berufen,  szo  ist 
ime  durch  mich,  Justum  Menium,  das  pfarampt  alĂź  balt  aufgesagt 
und  abgekundiget  mit  disser  protestacion,  was  er  fortan  weiter  sich 
desselbigen  unterstehen  und  handeln  wurdt,  das  solchs  ane  mein 
bephelich  und  willen,  auch  ane  mein  vorantwortung  gegen  Got  und 
meniglich  gescheen  soll  und  mögen  diejenigen  dofur  antworten,  so 
in  des  orts  behalten  und  vorthetingen. 

L  a  n  g  u  1  a. 
Hat  die  zeit  kein  pfarher  gehapt,  es  haben  aber  die  leuth  ge- 
beten, mhan  wolt  inen  die  XV  schock  zculage,  so  inen  in  der  visi- 
tacion ufgelegt,  nachlassen.  Dorauf  ist  disser  bescheidt  gegeben, 
who  von  den  zinĂźen  zcu  Denstadt  der  pfarr  etwas  zcugeordent  sei, 
so  vil  desselbigen  sei,  so  vil  soll  den  leuten  an  den  XV  schock  ab- 
gehen und  sie  die  ubermaĂź  alleine  zugeben  schuldig  sein. 


184  Briefe  und  Akten  zur  Reformationsgeschichte 

König  Ferdinand  erklärt  den  zwischen  der  Stadt  Mühlhausen 
und  den  drei  SchutzfĂĽrsten  im  Jahre  1525  geschlossenen  Vertrag 
fĂĽr  aufgehoben '). 

1542,  August  14,  NĂĽrnberg. 

Original  im  MĂĽhlh.  Stadtarchiv;  beglaubigte  Kopie  im  Staats- 
archiv zu  Dresden,  10  159. 

Wir  Ferdinand  von  Gottsgenaden  Koemischer  koenig  etc.  be- 
kennen mit  disem  brive  und  thun  kunth  allermeniglich,  als  sich  die 
stende  des  hailigen  Roemischen  reichs  von  wegen  unserer  und  des 
reichs  lieben  getreuen  N.  burgermeister  und  rats  der  stadt  Mulhausen 
in  Duringen  etliche  jhar  her  und  zu  viel  gehalten  reichstegen  zum 
höchsten  beschwert  und  beclagt  haben,  wie  wol  dieselbe  stadt  one 
alles  mittel  dem  hay.  Rom.  reich  underworfen,  zugethan  und  vor- 
wandt, auch  ihre  vorfaren  und  sie  bis  anhero  jhe  und  alletzeith  in 
die  reichstage  erfordert  und  beschrieben  und  als  ein  mitgeliedt  des 
hay.  Rom.  reichs  in  allen  amlagen,  steuren  und  reisen  mit  gemeinen 
reichsstenden  gehorsams  mitleiden  getragen  und  noch  gerne  tragen 
wolten,  so  weren  sie  doch  in  negst  vorschienen  funfundtzwanzigsten 
jhar  durch  der  hochgeborenen  Johans  Friderichen,  des  heiligen  Rom. 
reichs  ertzmarschalchen,  und  Moritzen,  herzogen  zu  Sachssen,  landt- 
graven  in  Duringen  und  marggraven  zu  Meissen  vorfaren  und 
Philipsen,  landtgraven  zu  Hessen,  graven  zu  Catzenelnbogen,  Ditz, 
Ziegenhain  und  Nida,  unsern  lieben  ohemen,  churf.  und  fursten, 
von  solcher  des  reichs  gehorsame  abgetzogen  und  von  denselben  in 
einen  beschwerlichen  Vortrag,  gelubt  und  eidt  gedrungen,  auch  inen 
in  andere  mehr  wege  neben  dem,  das  sie  itz  gedachten  churf.  und 
fursten  ewige  ofnunge  lassen  sollen,  beschwerliche  und  unleidliche 
bürden  ufgelegt  wurden,  alles  dem  heiligen  Römischen  reich  zu 
schmelerung  und  entziehung  desselben  eigenthumbs  und  inen  den 
von  Mhulhausen  zu  merklicher  beschwerung  und  vorterben. 

Dann  inen  unmuglich  were,  neben  solchen  aufgelegten  bĂĽrden 
und  dienstbarkeiten  mit  den  stenden  des  hey.  Roe.  reichs  ihr  an- 
schlege  zu  reichen  oder  zu  leisten,  sundern  wurden  sie  dardurch, 
wo  inen  hierinnen  nit  gebuerliche  hulff  und  einsehung  mitgeteilt,  in 
letztes  vorterben  und  dahin  geursacht,  das  sie  ire  anwesen,  weib, 
kinder,  habe  und  gueter  vorlassen  mĂĽssen.  Und  wiewol  die  Rom. 
kay.  May.  unser  lieber  bruder  und  herr,  derhalben  zweiten  mahl  an- 
sehenliche commissari  von  chur-  und  fursten  verordnet,  mit  dem 
bevehlich,  zwischen  bevor  bemelten  chur-  und  fursten  und  denen 
von  Muhlhausen  zu  gutlieber  hinlegung  und  vorgleichung  der  sachen 
zu  handeln,  doch  das  in  alle  wege  der  stadt  Mulhausen  wiederumb 
zu  irer  kay.  May.  und  des  heiligen  reichs  handen  und  gehorsame 
gebracht  wurde,  so  were  doch  durch  dieselben  verordneten  commissarien 
in  den  sachen,  aus  dem  das  die  obbemelten  chur-  und  fursten  von 
Sachssen  und  Hessen  solcher  gutlicher  handelung  nicht  stadt  geben, 
nichts  furtreglichs  oder  erschieĂźlichs  (ersprieĂźlichs  ?)  gehandelt 
wurden. 

So  hetten  sich  itzt  gemelte  chur-  und  fursten  gesanten  reth 
und  botschaften  auf  jungst  gehaltem  Speirischen  reichs  tag  auf  unser 

1)  Zeitschrift  fĂĽr  Kirchengeschichte  der  Provinz  Sachsen,  II,  82, 
Sonder-Ausgabe  142. 


der  Stadt  MĂĽhlhausen  in  ThĂĽr.  185 

und  der  kay.  Mayt.  vorordenten  commissarien  genediges  und  gut- 
lichs  beschehen  ansinnen  in  einiche  gutliche  handelunge  auch  nicht 
einlassen  wollen.  Wann  aber  auf  solchem  Speierischem  reichstage 
von  chur-  und  fursten  und  anderen  stenden  des  heiligen  Kömischen 
reichs  fĂĽr  rechtmessig  und  billich  geachtet  wehr,  auch  von  denselben 
anstadt  in  namen  hochgedachter  kay.  Mayt.  angesucht  und  gebeten 
wurden,  das  wir  der  gedachten  von  Mulhausen  von  obberurten  iren 
gethanen  gelubten  und  eiden  und  anderen  bĂĽrden  und  dinstbar- 
keithen,  so  inen  durch  obberurten  beschwerlichen  Vortrag  aufgelegt 
wurden,  aus  Köm.  kay.  und  kön.  macht  volkommenheit  entledigen 
und  sie  wiederumb  zu  der  kay.  May.  und  der  kay.  Römischen  reichs 
handen  und  gehorsame,  auch  in  allen  wurden,  standt  und  ehre, 
darinnen  sie  vor  demselben  Vortrag  gewest  sein,  gentzlich  und  vol- 
komlich  restituiren  wollte,  und  uns  nun  an  Stadt  und  in  abwesen 
hochgedachter  kay.  Mayt.  gebuert  und  zustehet,  dem  hey.  Roe.  reich 
an  seinen  eigenthumb,  rechten  und  gerechtigkeiten  nichts  entziehen 
zu  lassen,  auch  denjhenigen,  so  wider  recht  und  billikeidt  beschwerdt 
ader  bedrangt  zu  sein  vormeinen,  mit  unser  gnedigsten  hulf  und 
einsehung  zu  erscheinen,  so  haben  wir  demnach  mit  guether  vor- 
betrachtung,  rechten  wissen  und  zeitigem  rath  gemeiner  reichsstende 
den  obberurten  Vortrag  in  allen  und  jeden  seinen  puncten,  in- 
haltungen  und  begreiffungen  in  namen  der  kay.  May.  und  aus  craft 
dis  brives  vornichtiget,  aufgesagt,  cassiret  und  abgethan  und  er- 
kennen und  ercleren  solchen  Vortrag  sampt  allen  derselben  zeith  auf- 
gerichteten vorschreibungen,  so  dieser  unser  restitution  in  einigem 
wege  zuwider  sein  mochte,  nichtig,  kraftlos  und  von  unwirden,  und 
das  die  gegen  bemelten  von  Mulhausen  und  derselben  dorfschaften 
underthanen  und  leuthe  unbundlich  und  unwirklich  sein  solleu. 
Auch  darauf  die  gedachten  von  Mulhausen  als  ein  mitgeliedt  des 
heyligen  Roemischen  reichs  sampt  allen  und  jeden  derselben  erb- 
zugehorigen  dorfschaften,  weilern,  hofen,  weidern,  gehultzen  inner- 
halb und  ausserhalb  ires  gerichtes  und  gezircks  gelegen,  dergleichen 
ire  warten,  landtwehr  und  aller  irer  ein  und  zugehorungen  zusampt 
dero  dorfschaft,  die  voigtey  genandt,  so  die  Stadt  pfandtsweis  von 
dem  stift  Meintz  an  sich  gebracht,  auch  allen  deren  leuthen  nicht 
ausgenommen,  gentzlich  und  volkommenlich  widerumb  zu  der  kay. 
May.  unsejn  und  des  heiligen  reichs  handen  und  gehorsame  ge- 
nummen  und  empfangen  und  sie  von  den  gelubten  und  eiden  sampt 
der  ofnen  hulf  und  volge  und  allen  andern  bĂĽrden  gegen  obbemelten 
chur-  und  fursten  von  öachssen  und  Hessen  gentzlich  entledigt  und 
sie  aller  ding  in  vorigen  standt,  ehr  und  wurde,  inmassen  sie  vor 
der  zeidt  des  hier  obbestimpten  aufgerichteten  Vortrags  gewest  sein, 
restituirt  und  gesetzt,  restituiren,  setzen  und  ergentzen  sie  auch 
hirmit  aller  ding  in  vorigen  standt,  ehre  und  wirde  aus  Roe.  kay. 
und  koe.  macht  Vollkommenheit  wissentlich  in  craft  ditz  brives  und 
meinen,  setzen  und  wollen,  das  dieselben  von  Mulhausen  bei  allen 
und  jden  iren  regalien,  Privilegien,  begnadungen,  freiheit,  rechten 
und  gerechtikeit,  so  sie  von  unsern  vorfarn  Roe.  kaisern  und  konigen 
erworben  und  herbracht,  auch  von  wem  und  wann  ihnen  die  sunst 
herkommen  sein,  nichts  ausgesundert,  gentzlich  und  volkommenlich 
bleiben,  und  das  sie  nun  furthin  das  regiment  in  der  Stadt  Mul- 
hausen mith  rathmeistern  und  personen  des  radts  nach  vormug  ir 
der  von  Mulhausen  Privilegien,  stadtrecht,  gewonheit  und  gebrauch, 
wie  sie  des  hievor  in  ubung  gewesen  sein,  widderumb  bestellen,   die 


lyĂź  Briefe  und  Akten  zur  Ăźeformationsgeschichte 

pflicht  von  ihnen  im  nahmen  der  kay.  Mayt.  unsern  und  des  hey. 
reichs  wegen  annehmen  und  sich  sunst  in  alle  andern  wege  solcher 
irer  habenden  Privilegien,  freiheiten,  rechten  und  gerechtikeiten  ge- 
brauchen, nutzen,  niessen  sollen  und  mugen,  ane  aller  weniglichs 
vorhinderung. 

Und  gebiethen  darauf  an  stadt  und  in  nahmen  der  kay.  Mat 
und  vor  uns  selbst  obbemelte  chur-  und  fursten  von  Sachssen  und 
Hessen,  das  sie  sich  irer  angemasten  obrikeiten  gegen  den  von 
Mulhausen  gentzlich  entschlagen  und  begeben  und  sie  die  von  Mul- 
hausen sampt  deren  zugehörigen  dorfschaften,  wie  oben  vormeldet, 
bey  diser  unser  annehmunge,  entledigung  und  restitution  gentzlich 
und  ruiglich  bleiben  und  sie  derer  gebrauchen  und  gemessen  lassen 
und  sie  darwider  vor  sich  selbs  oder  durch  jhemants  andern  mit  der 
thadt  unervolgt  rechtens  nicht  dringen,  beschweren  noch  in  einigen 
wegk  belestigen,  das  auch  die  vorordenten  schuldtheisen  und  schosser, 
so  itzo  von  bemelter  chur-  und  fursten  wegen  die  ampter  zu  Mul- 
hausen tragen,  derselben  ampter  der  kay.  Mt.,  uns  und  dem  heiligen 
reich  und  berurter  stadt  Mulhausen  unvorzogenlich  abetreten  und 
die  von  Mulhausen  an  bestellunge  und  vorwaltunge  derselben  nicht 
vorhindern.  Und  dan  forder  allen  und  iden  bemelter  stadt  Mul- 
hausen erbgehorigen  und  andern  underthanen  und  leuthen  innerhalb 
und  ausserhalb  ires  gerichts  und  getzircks  gelegen,  das  sie  sich 
widerumb  in  huldunge  der  stadt  Mulhausen  gehorsamlich  einlassen 
und  diser  unser  annehmunge,  entledunge  und  restitucion  geleben 
und  nachkommen,  in  massen  sie  vor  aufrichtunge  des  hie  ob  an- 
getzeigten  Vortrags  gethan  haben,  und  sich  hierin  nicht  ungehor- 
samlich halten,  alles  bey  vormeidung  key.  Mt.  und  unser  und  des 
heiligen  reichs  schweren  ungenadt  und  straf  und  dartzu  einer  peen, 
nemlich  hundert  marck  lottigk  geldes,  die  ein  jder,  so  oft  er  hiewider 
handien  wirdt,  halb  in  unser  und  des  reichs  cammer  und  den  andern 
halben  theil  obgedachten  von  Mulhausen  unableslich  zubetzahlen 
vorfallen  sein  soll. 

Wo  sich  aber  hierĂĽber  die  obgedachten  chur-  und  fursten  von 
Sachssen  und  Hessen  ader  jemants  anders  von  irent  wegen  mit 
der  thadt  ausserhalb  rechtens  gegen  denen  von  Mulhausen  ichts 
understehen  und  dieselben  von  Mulhausen  bey  dieser  unser  an- 
nehmunge, entledigung  und  restitution  und  was  dieser  .unser  brief 
aufweist,  nicht  ruiglich  bleiben  lassen  wurden,  so  geben  wir  dem 
kay.  cammerprocurator  fiscal  an  dem  kay.  cammergericht  hiemit 
ernstlich  und  sundern  bevehlich  und  gewalt  fĂĽr  sich  selbst  ader 
neben  denen  von  Mulhausen  auf  obbemelte  peen  widder  gedachte 
chur-  und  fursten  sampt  und  sund,  wie  sich  in  solchen  und  der- 
gleichen  feilen   und  rechten  gebuert,  zu  procedirn  und  zuvolfahren. 

Gebieten  auch  darauf  ferner  von  hochgedachter  kay.  Mt.  wegen 
andern  churf.,  fursten,  geistlichen  und  weltlichen,  prelaten,  graven, 
freihenhern,  ryttern,  knechten,  heuptleuten,  landtvoigten,  vitztumben, 
voigten,  pflegern,  vorwesern,  amptleuthen,  schuldtheissen,  schossern, 
burgern,  gemeinden  und  sunst  allen  andern  unsern  und  des  heiligen 
reichs  underthanen  und  getreuen  gemeinlich,  das  sie  obbemelte  von  Mul- 
hausen, auch  ire  inwoner  sampt  allen  iren  zugehörigen  dorfschaften, 
underthanen,  leuthen  und  guethern  bey  diser  annehmunge,  ab- 
solution,  entledunge  und  restitution  gleicherweis  beruiglich  bleiben 
und  sie  der  gebrauchen  und  gemessen  lassen  und  hinwieder  nicht 
thun,  noch  jemants  anderm  zuthun  gestatten,  in  kein  weis,  als  lieb 


der  Stadt  MĂĽhlhausen  iu  ThĂĽr.  187 

einem  jden  sey  obgedachter  kay.  Mt.,  unser  und  des  reichs  schwere 
ungenade  und  dartzu  die  peen,  die  oben  eingeleibt,  zuvormeiden. 

Das  meinen  wir  ernstlich,  und  nachdem  den  gedachten  von 
Mulhausen  etwas  beschwerlich  und  geferlich  wehre,  diesen  unseren 
brief  in  originali,  so  oft  es  die  notturft  erfordern,  ĂĽber  landt  zu- 
schicken oder  zufuren,  haben  wir  inen  genediglich  bewilligt  und  zu- 
gelassen, das  sie  ein  oder  mehr  vidymus  von  disem  unserm  brief 
mit  ordentlichen  vorsiegelung  und  fertigunge  aufrichten  lassen  mugen. 
Und  meinen,  setzen  und  wollen,  das  demselben  gefertigten  vidimus 
allenthalb  in  und  ausserhalb  rechtens  gelaubt  (geglaubt  ?)  und  darauf 
gericht,  geurteilt  und  gehandelt  werden  solle,  ane  geferde,  mit  ur- 
kunth  dises  brieves,  besiegeldt  mit  unserm  konig.  anhangenden  insigel, 
der  geben  ist  in  unser  und  des  heiligen  reichs  Stadt  Nurmberg,  den 
viertzehenden  tag  des  monats  Augusti,  nach  Christi  unsers  lieben 
hern  gebuert  funftzehenhundert  und  im  zwey  und  vierzigsten, 
unserer  reich,  des  Eomischen  im  zwölften  und  der  andern  in  secht- 
zehenden  jharen.  Ferdinandus. 

Protokoll,   betr.  die  EinfĂĽhrung  der  Reformation   in  MĂĽhlhausen1). 
1542.  Original  im  Mühlhäuser  Archiv  K,  Fach  3  a,  b,  c,  No.  31/32. 

Handlungen,  szo  sich  zwischen  der  durchleuchtigsten,  durch- 
leuchtigen, hochgebornen  chur  und  fursten  SachĂźen  und  Hessen, 
unserer  gn.  t.  (günstigen  ?)  und  gnädigen  hern,  wolloblichen  ge- 
sandten, rethen  und  hern  visitatorn  und  dem  erbarn  radt  und  redten 
der  stadt  MulhauĂźen  in  annehmung  der  religion  und  anderm  zu- 
getragen. 

Dinstags  nach  Nativitatis  Marie  (ae)  anno  LXII  seindt  des 
durchleuchtigsten  hochgebornen  fursten  und  hern,  hern  JohanĂźen 
Friderichen,  hertzogen  zu  SachĂźen,  churfursten  und  burggraven  zu 
Magdeburg,  unsers  gn.  t.  hern,  wollobliche  verordente  rethe  und 
hern  visitatores,  als  nemlich  der  ernvheste  und  gestrenge  er  Friderich 
von  Wangenheim,  amptmann  zu  Saltzingen,  und  der  erwirdige  her 
Justus  Menius,  pfarher  und  superattendens  zu  Eysenach,  dergleichen 
des  durchleuchtigen  hochgebornen  fursten  und  hern,  hern  PhiĂĽppĂźen, 
landtgraven  zu  Hessen  etc  wollobliche  redte  und  visitatores,  der 
erbar  er  Valtin  Tholde,  amptman  zu  Wanfrieden.  und  die  wirdigen 
und  wolgelerten  er  Mgr.  (Magister)  Justus  Winter  zu  Rotenburg  und 
er  Johannes  Leningus  zu  Meisingen,  alhier  zu  Mulhaußen  ankörnen 
und  sich  alsbaldt  durch  den  achtbarn  ern  Christian  Schmidt,  ge- 
meynen  schösser  alhier,  bey  dem  regyrenden  burgermeyster  ern 
Sebastian  Rodeman  laĂźen  angeben,  mit  beger,  die  erbarn  radte  und 
redte  uff  volgende  mitwochen  des  morgens  zu  6  hören  in  vorsamlung 
bringen  zu  lassen,  dan  sie  von  wegen  irer  gnt.  und  gn.  hern  hetten 
etwas  an  sie  zu  tragen. 

Mitwochs  frue  umb  6  hör  seindt  die  erbarn  redte  in  vorsam- 
lung  kommen,   do   ihn   die  chur   und  f.  liehe  (fĂĽrstliche)  redte  und 


1)  Z.  K.  S,  95 ff.;  S.-A.  155.  Die  bei  dieser  Visitation  fest- 
gesetzte Kirchenordnung  der  Stadt  M.  ist  gedruckt  in:  Die  evan- 
gelischen Kirchenordnungen  des  XVI.  Jahrhunderts,  herausgegeben 
von  Sehling,  Bd.  IL 


183  Briefe  und  Akten  zur  Reformationsgeschichte 

hern  visitatores  durch  den  hern  amptman  ern  Friderichen  von 
Wangenheim,  ungeverlich  uff  dieĂźe  meynung  iren  empfangen  bevelch 
angezeigt: 

Erstlich,  wie  das  beyderseits  ire  gn  te  und  gne.  hern  chur  und 
f.  g.  zu  SachĂźen  und  Hessen  die  erwirdigen  visitatores,  so  jegen- 
wertig,  gnediglich  abgefertiget,  die  kirchen  und  anders  vermöge  des 
sühnebrieffs  zu  reformiren,  die  mißbreuch,  kirchenspiel,  abgötterey 
und  anders  abzuthun  und  mit  christlichen  und  erfarnen  predicanten 
zuvorsehen,  der  gnedigen  zuvorsicht,  es  werd  es  eyn  er.  radt  und 
rethe  alĂźo  in  underthenickeit  annehmen  und  willigen,  welches  dan 
iren  chur-  und  f.  g.  zu  sondren  gnaden  und  gefallen  gereichen  wurde. 
Und  domit  aber  ein  radt  und  redte  wissen  mochten,  was  solcher 
bevelch  weyter  in  sich  hielte,  szo  hetten  sie  aldo  etliche  artickel 
gestelt,  welche  sie  den  redten  vorlesen  und  darauff  iren  bericht  haben 
wolten.  Und  sind  darauff  dieĂźe  hernach  vorzeichente  artickel  in 
den  redten  in  irem  aller  beysein  vorlesen  worden. 

Folgen  die  artickel. 

Von  pfarren. 

1.  Wieviel  pfarren  in  stadt  MulhauĂźen,  dergleichen  in  vor- 
stedten  sein. 

2.  Von  wehme  ein  jede  pfar  zu  lehen  rure. 

3.  Wer  der  jeder  dieĂźer  zeit  im  besitz  habe. 

4.  Wer  der  jede  mit  predigen,  reichung  der  sacramente  und 
andern  emptern  dieĂźer  zeit  vorstehe. 

5.  Was  der  jede  fĂĽr  gueter  an  ligenden  grĂĽnden  und  sonst 
allerley  benentem  gewissen  jerlichen  einkommen  habe. 

6.  Wer  solche  gueter  und  einkommen  unter  handen  und  in 
vorwaltung  habe,  item  wohin  es  gewandt  und  gebraucht  werde. 

7.  Bey  wehme  und  wo  die  briefliche  Urkunde  ĂĽber  solche  guther 
und  einkommen  in  vorwarung  sein. 

8.  Was  tegliche  accidentalia  ader  jura  parochialia  gewesen, 
an  opffer,  tauffgeldt,  begrebnus  und  begengknussen  sampt  andern 
dergleichen. 

Von  andern  geistlichen  lehen  oder  kirchungen  (?)  styfftungen. 

1.  Was  und  wieviel  vicarien ,  commenden  und  andere  lehen 
oder  styfftung  in  jeder  pfar,  deĂźgleichen  in  andern  kirchen  und 
capellen  gestyfft  sein. 

2.  Von  wehme  eine  jede  styfftung  zu  lehen  rĂĽhre. 

3.  Wer  eynes  jeden  lehens  besitzer  sey. 

4.  Was  es  an  zugehörenden  guethern  und  jerlichen  einkhommen 
habe. 

5.  Uff  wievil  meĂźe  ader  auf  was  andere  kirchendienste  es  sunst 
gestyfft. 

6.  Wohin  es  dieĂźer  zeit  gebraucht  werde. 

7.  Bey  wehme  und  wuhe  seyne  jura  und  briefliche  Urkunden 
vorwart  werden. 

Von  clöstern. 

1.  Wievil  clöster  alhier  vorhanden  sindt. 

2.  Wievil  ein  jedes  personen  habe. 

3.  Welche  personen  dieĂźes  orts  eingesegnete  conventskinder  und 


der  Stadt  MĂĽhlhausen  in  ThĂĽr.  189 

welche   anderswo  frömbde   eingenommen   seindt,   item   aus  welchen 
frömbden  clöstern  sie  anher  kommen. 

4.  Was  eynes  jeden  closters  zugehörige  gueter  und  einkommen 
seye. 

5.  Wer  solche  gueter  und  einkommen  einzubringen  und  auf- 
zuwenden in  vorwaltung  habe. 

Anniversaria  und  bruderschaffte,  kaländt,  salve,  tenebre(ae)  und 
dergleichen  gemeine  styfftunge. 

1.  Wievil  derselbigen  und  wo  ein  jede  gestifft. 

2.  Was  zugehörige  gueter  und  einkommen  der  jedes  habe. 

Von  kirchen  ader  gottesheuĂźern. 
1.  Was   zugehorende  gueter  und   einkommens   der  jedes  habe, 
davon   die  gebau  erhalten,  item   hechte  und  andere  notturft  in  die 
kirchen  erzeuget  werden. 

Von  hospitalien   und   siechenheuĂźern,   spenden  sampt  andern  eyn- 
kommen  fĂĽr  die  armen  leut. 

1.  Wievil  derselbigen  seindt. 

2.  Was  gutter  und  inkommen  sye  haben. 

3.  Durch  wehn  ader  welcher  gestalt  dyeselbigen  jerlichen  ein- 
bracht und  auĂźgewandt  werden. 

4.  Bey  wehin  und  wuhe  die  brieflichen  Urkunden  darĂĽber 
haltende  in  vorwarung  seyen. 

Von  schulen. 

1.  Wievil  schulen  gehalten  werden. 

2.  Wye  ein  jede  schule  vorsehen  sey,  wievil  gesellen,  und  was 
besoldung  ein  jeder  schulmeyster,  dergleichen   ein  jeder  gesel  habe. 

Was  uff  dieĂźe  ĂĽbergeben  artickel  fĂĽr  schrifftliche  und  mundt- 
liche  antwort  gefallen,  ist  durch  eynen  sondern  bericht  vorzeichendt 
und  zu  endt  dieĂźes  buchs  mit  angehenckt  worden. 

Nachdeme  nuhn,  wie  oben  vermeldet,  solche  artickel  in  den 
er.(baren)  redten  übergeben  und  in  irer  aller  beysein  öffentlich  vorlesen 
worden,  hat  darauf  der  her  burger  (meister)  Rodeman  gebeten,  die- 
weil  derselbigen  etwas  vil  und  in  der  eyel  alle  zuvorantworten  den  er. 
redten  nit  wol  thunlich,  das  man  ihn  die  schriftlich), en)  zustellen 
wolt,  solt  darauf  notturftiger  underricht,  Ăźo  erat  es  muglich,  gefallen. 
DiĂź  haben  alĂźo  die  gesandten  rethe  und  hern  visitatoren  zugelassen 
und  die  artickel  den  er.  redten  ĂĽbergeben. 

Darauf  sindt  die  er.  redte  in  ihr  wesen  gangen  und  nach  ge- 
haltener underredung  einhelliglich  beschlossen,  das  man  den  chur 
und  f.  liehen  redten  und  den  hern  visitatoren  uff  diĂźmal  mit  kurtzer 
antwort  bejegen  und  darbeneben  anzeigen  solt,  wie  das  man  in  an- 
sehung  der  wichtikeit  des  handeis  beneben  den  hern  eldisten  etliche 
aus  radt  und  redten  fĂĽr  eynen  auĂźschus  erwelen  und  verordnen 
wolt,  welche  die  ubergebne  artickel  fĂĽr  die  handt  nehmen  und  darauf 
underricht  geben  soften.  Auch  ist  darbeneben  zum  beschlus  fĂĽr 
gut  angesehen  worden,  umb  fridtliche  predicanten  zu  bitten,  welche 
das  volck  durchs  wort  Gottes  zu  frieden,  eynickeit  und  liebe  ver- 
manen  und  fĂĽr  uffrhur,  zwitracht,  unruhe  und  anderm  verhĂĽten 
solten. 


1  90  Briefe  und  Akten  zur  Reforrnationsgeschichte 

Nach  dieĂźem  sindt  die  gesandten  chur  und  f.  liehen  rethe  sampt 
den  hern  visitatoren  widerumb  in  die  er.  redte  gefordert  und  ihnen 
durch  den  ern  burger(meister)  Rodeman  uDgeverlich  uff  volgende 
meynung  zur  antwort  geben  worden.  Erstlich  ist  angetzeigt,  wie 
das  der  Teutzsche  orden  der  boley  zu  Dhoringen  etwan  alle  pfarren 
zuvorsorgen  gehabt,  dieweil  sye  aber  in  mitler  zeit  des  unvormugens 
worden,  das  sie  dieselbigen  nach  notturft  nit  haben  bestellen  können, 
hat  sich  ein  radt  und  rethe  mit  den  Teutzschen  hern  in  eynen  ver- 
trag darĂĽber  eingelassen  und  die  pfarren  uff  XTI  jar  lang  zuvor- 
sorgen angenommen.  Es  sey  aber  der  zweyer  pfarheuĂźer  ein- 
khommen  nit  hochschetzig,  so  sey  der  kirehen  einkommen  gantz 
gering  und  haben  die  gebau  an  tachung  und  andrem  anher  sollen 
erhalten  werden,  haben  fromme  leut  darzu  ire  reichung  gethan. 
Sovil  aber  die  jura  parochialia  belanget,  wolten  sie  sich  das  bey  den 
Vormunden  dern  pfarren  und  pfarhern  erkunden,  dergleichen  bey 
den  kalandtshern  und  vicareien. 

Dye  clöster  hetten  ihr  einkommen  noch  für  sich,  auch  etliche 
ihr  einkommen  anzuzeigen  sich  hiebevorn  (als  die  prediger  ordens) 
höchlich  gewidert  und  beschwerdt,  solt  derhalben  bey  iren  gunsten 
stehen,  dieselbigen  zu  erforschen. 

Der  hospitall  gelegenheit  ist  auch  angetzeigt  worden,  wie  das 
S.  Anthonii  hospital  sampt  dem  closter  uff  der  brĂĽcken  von  dem 
Fuldischen  styfft  zu  lehen  gehen,  Szo  sey  S.  Margaret(hen)  hospitall 
mit  styfftung  eyner  meĂź  auch  vorsehen ,  dartzu  dem  Teutzschen 
orden  ein  gewandt  geldt  gegeben  inhalt  brief  und  sigil.  Dye  spende 
sey  fĂĽr  der  beurischen  emporung  durch  eyn  radt  auĂźgericht  worden, 
als  mit  hering  und  brodt.  aber  sider  der  zeit  aus  unvormugen  under- 
lassen  und  biĂźweilen  durch  etliche  burger  gegeben  worden.  Was 
fernem  underricht  der  Sachen  allenthalben  belanget,  kunten  die  vor- 
munder der  kirchen  und  pfarren,  spitals  Vormunde  und  der  closter, 
deĂźgleichen  die  kalandtshern  und  vicarien  wol  geben,  dye  uff  er- 
fordern solten  vorkommen.  Szo  wolten  auch  die  er.  redte  durch  die 
hern  eldisten  und  den  ausschus  der  sachen  ferner  nachdencken  lassen 
und  iren  heilickeiten  zum  furderlichsten  mit  antwort  begegen.  Be- 
schlieĂźlich  ist  auch  gebeten  worden,  nachdeme  ihr  her  neue  predi- 
canten  aufzustellen  bedacht,  das  dieselbigen  (als  sich  die  redte  vor- 
sehen wolten)  fromme,  gelerte  und  friedliche  predicanten  weren, 
welche  zu  fried  und  einickeit  geneigt,  damit  das  volck  in  friedlichem 
wesen  erhalten  werden  mochte. 

Darauff  die  gesandten  redte  nach  gehalten(em)  gesprech  gesagt, 
sovil  den  ersten  punet  des  underrichts  belangte,  were  sie  des  wol 
zu  fried,  das  radt  und  redte  die  ubergebnen  artickel  durch  den  aus- 
schus zum  besten  beratschlagten  und  ihnen  darnach  mit  antwort 
darauff  begegneten.  Dieweil  ihn  auch  der  handel  und  die  gelegen- 
heit aller  dieĂźer  sachen  fast  unbekandt  und  ihnen  eynes  radts  und 
rethe  mundtlicher  underricht,  wo  der  gescheen  solt,  entfallen  möchte, 
szo  were  ihr  beger  und  bitt,  ein  radt  und  redte  wolten  ihnen  des 
ein  schriftliche  vorzeichnus  uff  die  ubergebne  schriftliche  artickel 
zukommen  lassen  und  wo  es  muglich  das  solches  noch  desselbigen 
tages  in  ansehung  der  groĂźen  unkost,  Ăźo  sie  alhier  teglich  thun 
musten,  ader  je  zum  lengsten  uff  volgenden  tag  zu  VII  hör  des 
Vormittages  bescheen  mochte.  Nachdeme  auch  die  heubtsache  dieĂźes 
handeis  furnemlich  zu  Gottes  ehren  und  des  negsten  seien  selickeit 
furgenommen    worden,    daraus   eynem    radt,    rethen    und    gemeyner 


der  Stadt  MĂĽhlhausen  in  ThĂĽr.  191 

burgerschaft  keyn  nachteil  entstehen  solt,  auch  ihr  bevelch  solchs 
mit  sich  brechte,  die  kirchen  zu  visitirn  und  die  ämpter  darinnen 
zu  reformirn,  auch  abgötterey  abzuthun,  so  wolte  ihn  geburen,  dem 
bevelich  nach  zu  setzen,  und  weren  derhalben  bedacht,  die  personen, 
so  den  pfarren  und  kirchen  mit  ämptern  furstehen,  nach  essens  uffs 
radthaus  fordern  zu  lassen,  ihnen  eynen  bevelch  furzuhalten,  wurden 
auch  mit  den  pfarhern  der  wonung  halber  handelunge  furnehmen 
mĂĽssen,  domit  die  neuen  predicanten  mit  wonungen  auch  vorsehen 
und  mit  anderer  notturft  mochten  vorsorget  werden,  derwegen  ihr 
freundtlich  beger,  es  wolte  ein  radt  aus  den  dreyen  redten  auch 
etzliche  darzu  verordnen,  welche  bey  der  Sachen  zugleich  mit  sein 
möchten.  Soviel  aber  die  gethane  bit  der  friedlichen  predicanten 
halber  belanget,  lieĂźen  sie  ihn  dieselbig  wol  gefallen  und  solts  ein 
radt  und  rethe  gewiĂźlich  darfur  halten,  das  ihre  gnte.  und  gne.  hern 
sye  mit  frommen ,  gelerten  und  friedlichen  predicanten  fursehen 
wurden,  solten  sich  auch  deĂźhalben  gar  nit  besorgen,  den  ire  gnt. 
und  gne.  herrn  als  die  hochverstendigen  fursten  selbst  wol  erachten 
könten,  was  und  wievil  eynem  radt  und  gemeyner  stadt  daran  ge- 
legen, solten  derhalben  in  warheit  befinden,  das  sie  mit  denselbigen 
zum  besten  versorget  sein  wurden.  Begerten  auch  darauf,  es  wolte 
ein  radt  und  rethe  die  predicanten  wie  gesagt  annehmen  und  er- 
kennen und  in  gleichen  fall  sich  jegen  ihn  auch  friedlich  halten 
und  auch  der  gemeinde  untersagen  laĂźen,  das  sie  nuhn  hinfurder 
die  reichung  der  sacrament,  tau  ff  und  anders  bey  niemandts,  dan 
bey  den  verordenten  neuen  predicanten  suchen  wolten,  und  muste 
solches  zum  furderlichsten  der  gemeynde  angesagt  werden,  darnach 
sie  sich  zu  richten. 

Darauf  der  er  burger(meister)  kurtzlich  zur  antwort  geben: 
Erstlich,  was  die  schriftliche  vorzeichnus  des  underrichts  belanget, 
solt  ihn  dyeselbige  zum  furderlichsten  zugestelt  werden.  Zum  andern 
solten  die  pfarhern  sampt  schulmeystern  und  kirchnern  nach  essens 
auch  gefordert  werden  und  woltens  mit  der  wonung  zu  ihren  hern 
gestält  haben.  Zum  dritten  wolt  man  die  hern  aus  den  dreyen 
redten  auch  darzu  erwelen  und  verordnen.  Zum  vierden,  was  die 
gemeynde  belanget,  kunte  solches  am  fuglichsten  uff  der  cantzel 
bescheen,  do  man  ihn  solches  under  der  predig  verkundigen  und 
anzeigen  mochte.  Das  alles  die  gesandten  rethe  und  hern  visitatores 
von  wegen  irer  gnt.  und  gn.  hern  zu  gnedigen  gefallen  und  zu  danck 
angenommen  und  darauf  begert,  den  pfarhern  und  andern  zu  dreyen 
hören  des  nachmittages  uffs  radthaus  für  die  cammerey  vorzubescheiden, 
aldo  sye  mit  ihn  handlung  furnemen  wolten. 

Nach  abschiedt  der  chur  und  f.  liehen  redte  hat  man  aus  den 
er.  dreyen  redten  zu  den  hern  eldisten  dieĂźe  hern  zum  ausschus  ver- 
ordnet: Aus  rr  (ratsmeisters)  Ruckerodts  radt,  er  Johan  PeuĂźel  der 
eider,  er  Blasius  Bock.  Aus  rr  Jodicken  radt,  die  zinĂźmeystery. 
Aus  dem  sitzenden  radt,  er  Christoff  Bonatt,  er  Hermann  Kinde- 
vater.  Aber  zu  dreyen  hören  zu  den  chur  und  f.  liehen  rethen,  ßo 
mit  in  die  drey  clöster  und  pfarn  gehen  solten,  sindt  verordnet 
worden :  aus  rr.  Ruckerodts  radt,  er  Johan  Wida,  er  Härtung  Wiß- 
meler,  aus  rr.  Jodicken  radt,  er  Johan  Rademan  der  ekler,  er  Johan 
Volkenandt;  ausm  sitzenden  radt,  er  Valtin  Hunrodt,  er  Frantz 
Hoiger.  DieĂźen  hern  ist  der  secretarius  Lucas  Otho  zugeben  worden. 


192  Briefe  und  Akten  zur  Reformationsgeschichte 

Des  nachmittags  umb  3  hör  sindt  die  pfarhern  aus  allen  pfarren 
sampt  den  schulmeystern  und  kirchnern  fĂĽr  die  chur  und  fĂĽrstlichen 
redte  und  die  hern  visitatores  uff  das  radthaus  in  die  cämmerey 
gefordert  worden,  do  ihnen  in  beysein  der  hern  aus  den  dreyen  redten 
und  dem  secretario  von  den  churf.  amptman  ungeverlich  uff  dieĂźe 
meynung  ist  furgehalten  worden. 

Den   pfarhern: 

Das  nachdeme  ihre  gnt.  und  gne.  hern  bedacht,  das  predigt- 
ampt  mit  andern  predicanten,  dan  biĂźher  gebraucht,  zuvorsehen, 
welche  dem  volck  Gottes  wort  verkundigen  und  die  sacrament  nach 
auĂźatzung  Christi  reichen  solten,  szo  were  demnach  itzthocherm elter 
irer  gnte  und  gn  hern  ernstliche  bevelch,  sich  hinfurder  aller  solcher 
ämpter  gentzlich  zuenthalten  und  andern  iren  anhengern  solches  nit 
zugestadten,  auch  der  pfarheuĂźer  sich  euĂźern,  domit  die  neuen  predi- 
canten aldo  mit  wonung  versorget  und  iren  enthalt  darinne  haben 
mochten,  und  solten  sich  der  keynes  wegern  ader  irer  gnt.  und  gn. 
hern  ernstliche  straf  gewertig  sein.  Wo  sie  auch  hinfurder  alhier 
zu  bleiben  und  der  religion  gleichförmig  sich  zu  halten  bedacht 
weren,  solten  sie  alsbaldt  ire  concubin  faren  lassen  ader  die  wie 
christlich  ehelichen  und  wie  andere  fromme  Christen  ire  predig(ten) 
und  andere  gottsämpter  besuchen,  do  sie  aber  der  keynes  zuthun 
gemeynet,  solten  sie  iren  stab  furder  setzen  und  anderswo,  do  sie 
leidlich,  ihr  bestes  schaffen,  es  wolten  sich  aber  gleichwol  die  hern 
redte  und  visitatores  zu  ihnen  vorsehen,  sie  wurden  sich  eynes  andern 
bedencken  und  die  religion,  wye  ihn  furgehalten,  willig  annehmen, 
wolt  man  ihn  alsdan  in  allen  Sachen  furderlich  sein. 

Den  schulmeystern 

wardt  dieser  bevelch  angezeigt,  das  sie  ihr  schulampt  nach  an- 
weysung  der  neuen  predicanten  vorwesen  solten,  wo  nit,  das  an- 
zuzeigen, sich  darnach  zu  richten.  Wurden  auch  gefragt,  ob  sie  die 
schulen  lenger  zuvorwalten  gesinnet,  darauf  der  eyne  zu,  der  andere 

abgesagt. 

Den  kirchenern 

ist  furgehalten  worden,  das  sye  hinfurder  keynen  andern  menschen 
dan  den  neuen  predicanten  die  kirchen  zu  irem  ampt  eröffnen  und 
die  cyrat  und  clinodia  derselbigen  folgen  solten  laĂźen,  auch  auf  nye- 
mandts  geheys  ader  gebot  das  geleute  anschlagen  laĂźen,  dan  aus 
bevelch  der  neuen  predicanten  und  zukunftigen  pastorn,  deĂźgleichen 
solten  sie  auch  mit  der  tauf,  reichung  der  sacrament  bey  den  kranken 
und  andern  bey  nyemandts  ausuchung  thun,  dan  bey  den  predicanten. 
Wo  sie  auch  etliche  priester  ader  andere  personen  wĂĽsten,  welche 
kilch  und  andere  clinodia  zu  der  kirchen  gehörig,  bey  sich  heften, 
das  sie  dieselbigen  von  ihn  fordern  und  widerumb  in  die  kirchen 
den  Vormunden  zustellen  sollen.  Was  andere  notturft  belanget, 
solten  sie  zu  gelegener  zeit  weyter  vorstendiget  werden.  Auch  wardt 
ihn  dozumal  erleubet  und  zugelaĂźen,  die  glocken  pro  pace  alle 
morgen,  des  mittags  und  jegen  abendt  nach  altem  gebrauch  dreymal 
anzuschlagen  und  die  bierglocke  zu  sieben  hören  von  Crucis  Exalta- 
tionis  an  biĂź  uff  mitwochen  nach  Palmarum  zu  leuthen. 


der  Stadt  MĂĽhlhausen  in  ThĂĽr.  193 

Nach  dieĂźem  allem  sindt  sie  beneben  den  zugeordenten  hern 
des  radts  und  dem  secretario  in  die  clöster  gangen  und  erstlich 
desselben  abendts  das  Barfuser  closter,  darnach  auch  das  Prediger 
closter  besucht  und  den  munchen  allerseits  ungeverlich  uff  dieĂźe 
meynung  f urgehalten,  wye  das  sie  aus  bevelch  der  chur  und  fursten 
Sachssen  und  Hessen,  irer  gn.t.  und  gn.  hern,  abgefertiget,  ihnen 
anzuzeigen:  nachdeme  das  wort  Gottes  aus  göttlicher  vorleyhung 
hinfurder  alhier  zu  MulhauĂźen  auch  verkĂĽndiget  und  dem  gemeynen 
man  furgepredigt  solt  werden,  deine  sie  zu  wider  biĂźher  gelebt  und 
geleret,  auch  andere  darvon  gehalten  und  eyn  sondere  weyĂź  fĂĽr 
andere  zu  leben  gesucht,  welche  dem  heiligen  evangelio  und  Gottes 
wort  gar  nit  genieĂź,  sonder  vilmehr  zu  entjegen,  so  were  demnach 
irer  gn.t.  und  gn.  hern  ernstlich  bevelch,  wo  sie  alhier  zu  Mul- 
hauĂźen zu  bleiben  bedacht,  das  sie  den  angenommen  orden  und 
kleydung  fallen  lassen  und  sich  mit  der  religion  und  andern  sachen 
in  der  gemeyn  wie  andere  vorhalten  wolten,  als  sich  dan  ire  gn.t. 
und  gn.  hern  zu  ihn  allen  gnediglich  vorsehen  wolten.  Was  sie 
auch  an  brieffen  und  andern  bey  sich  hetten,  das  sie  dasselbig  uff 
volgenden  tag  uffs  radthaus  bringen  und  bey  eynem  erbarn  radt 
hinderlegen  wolten. 

BeschlieĂźlich  wardt  auch  under  anderm  ihn  weyter  furgehalten, 
das  sie  sich  hinfurder  alles  geleutts,  predigens,  beicht  hören, 
sacrament  reichung,  singens  und  anders  dergleichen  gentzlich  ent- 
halten solten,  ader  des  in  wegerung  irer  gntn.  und  gn.  hern  gewisse 
straf  ge wertig  sein. 

Volgendts  Dornstags,  welches  war  am  tag  Exaltationis  Crucis, 
sindt  die  chur-  und  f.  liehen  redte  und  die  hern  visitatores  umb  8  hör 
mit  den  zugeordenten  hern  des  radts  und  dem  secretario  auch  in 
das  Jungfraucloster  uff  der  BrĂĽcken  gangen  und  ihn  fast  gleich- 
formige  meynung  furgehalten.  Des  die  jungkfrauen,  inmaĂźen  auch 
die  munch  des  vorigen  tages,  zu  fried  gewesen  und  sich  uff  die 
erbarn  redte  gemeyner  Stadt  berufen,  was  ihn  dieselbigen  raten  und 
weysen  wurden  als  denen  gleicher  bevelch  von  iren  gn.tn  und  gn. 
hern  auch  bescheen,  wolten  sie  sich  in  aller  underthenickeit  vor- 
halten. 

Nach  dem  allem  sindt  sie  widerumb  uffs  radthaus  gangen  und 
die  vormunder  der  kirchen  und  hospitaln  furf ordern  lassen,  von 
denen  sie  schriftliche  vorzeichnus  der  kirchen  und  hospitaln  ein- 
kommens  gefordert,  das  die  vormunder  alĂźo  nach  essens  zu  thun 
vorheiĂźen. 

Des  nachmittages  umb  1  hör  ist  ihn  durch  die  er  radt  und 
redte  uff  ihre  zuvorn  ubergebne  artickel  ein  schriftlicher  und 
darbeneben  ein  mundtlicher  underricht  sampt  eynem  receĂź  und 
etlichen  registern,  Ăźo  zwischen  dem  stadthalter  Teutzsches  ordens 
und  einem  er.  radt  zu  MulhauĂźen  aufgericht,  in  die  cammery  uber- 
antwort  und  vorlesen  worden,  wie  solches  aus  eynem  besondern 
schriftlichen  vorzeichnus  zu  endt  dieĂźer  handlung  zu  befinden. 

Nach  dieĂźem  sindt  die  vormunder  der  kirchen  und  hospitaln 
furgenommen  worden  und  haben  von  ihnen  allen  schriftliche  vor- 
zeichnus des  einkommens  und  auĂźgebens  empfangen.  Es  sindt  auch 
darauf  die  kalandtshern  desselbigen  abendts  gefordert  und  uff 
volgenden  tag  des  morgens  zu  b'  hören  Vorbescheiden  worden.  Auch 
ist  desselbigen  abendts  den  er.  radt  und  redten  durch  die  gesandten 
redte  und  hern   visitatorn   weyter  zu   entbotten  worden,    das  nach- 

XXVIII.  13 


194  Briefe  und  Akten  zur  Keformationsgeschichte 

deme  sie  in  erfarung  kommen,  wie  die  gemeynen  weyber  alhier 
auĂźerhalb  der  Stadt  ihr  wonung  haben,  dergleichen  auch  sonst  in 
der  stadt  etliche  geistliche  vordechtige  personen  bey  sich  halten 
solten,  darzu  das  etliche  under  der  burgerschaft  sollen  mit  vor- 
dechtigen  personen  zu  haus  sitzen,  das  man  denselbigen  allen  zu 
förderlichsten  untersagen  wolt  lassen,  das  die  gemeynen  weyber  iren 
stab  furder  setzen  und  das  haus  abgeschafft  wurde  und  die  andern 
vordechtigen  personen  auch  aus  der  Stadt  vorweyset  wurden,  wo  nit 
die  geistlichen  und  andere  burger,  so  sie  bey  sich  hielten,  dieselbigen 
zu  ehelichen  bedacht. 

DiĂź  ist  eynem  er.  radt  alĂźo  angezeigt  worden,  und  sindt  darauf 
die  er.  redte  uff  volgenden  tag  zu  fruer  stunde  in  vorsamlung  be- 
ruf fen  worden,  do  sie  solches  gewilliget  und  zum  furderlichsten  zu- 
vorschaffen lassen  zugesagt  haben,  wie  dan  solches  im  andern 
handelbuch  eynes  er.  radts  weyter  zubefinden. 

Uff  folgenden  Freytag  frue  zu  6  hören  seindt  die  kalandtshern 
furgenommen  und  ihr  jeder  bericht  angehört  und  aufgezeichent  worden. 
Des  nachmittages  seindt  die  chur-  und  f.  liehen  redte  und  die  hern 
visitatorn  sampt  den  zugeordenten  hern  eynes  er.  radts  und  dem 
secretano  abermals  in  beyde  munchsclöster  gangen  und  erstlich  den 
Barfusern  dieĂźe  meynung  furgehalten :  nachdeme  sie  allesampt  biĂź 
uff  eynen  frembde  einkömling  und  nit  filii  conventus  weren,  so  solt 
diĂź  ihr  ferner  bescheidt  sein,  nemlich  wo  sie  die  neue  religion  und 
das  evangelium  anzunemen  bedacht  und  die  cleydung  ablegen  wolteu, 
solt  ihn  vergĂĽnstiget  werden,  in  der  stadt  ire  wonung  zu  haben,  doch 
das  sie  iren  enthalt  uff  ire  eigen  kosten  suchten,  wo  nit,  solten  sie 
IUI  wochen  frist  haben,  sich  in  des  anderĂźwo  umb  zu  thun  und  ihr 
bestes  zu  schaffen,  dan  auĂźgang  solcher  frist  wĂĽste  man  sie  der  ge- 
stalt  alhier  weyter  nit  zu  dulden.  Aber  dem  andern  bruder,  Ăźo  filius 
conventus  war,  Theodoricus  Rupitzsch  genandt,  ist  die  underhaltung 
im  closter  zugesagt  worden,  doch  so  fern  er  sich  der  neuen  religion 
gleichförmig  halten  wurde. 

Gleicher  gestalt  ist  den  Prediger  munchen  mit  namen  ern 
Martino  Hamppe  und  ern  Eduardo  Ernferdt,  alias  Babst,  von  den 
redten  und  visitatoribus  auch  angesagt  worden,  und  haben  darauf 
ihnen  allen  beiderseits  bevolen,  alle  ire  brieff,  clinodia  und  andere 
zugehorunge  uff  volgenden  Sonabendt  des  morgens  frue  uffs  radt- 
haus  zu  bringen  und  bey  einem  er.  radt  zu  hinterlegen.  DiĂź  ist 
alĂźo  uff  volgenden  Sonabendt  des  Vormittages  bescheen  und  sindt 
die  brieffe  sampt  den  vorschreibungen  der  clöster,  auch  die  kelch 
und  andere  ornat  bey  einem  er.  radt  hinderlegt  worden,  lauts  eynes 
schriftlichen  vorzeichnus,  Ăźo  darĂĽber  gemacht  und  darbeneben  vor- 
wardt  ist  worden. 

Gleichfals  ist  des  nachmittages  mit  andern  kirchen  clinodien 
und  ornaten  auĂźerhalb  der  beyden  pfarren  Unser  lieben  Frauen  und 
8.  Ăźlasii  auch  bescheen  und  bey  eynem  er.  radt  alles  hinderlegt  und 
in  vorwarung  genommen  worden,  nach  auĂźweysung  itztgemelten 
registers. 

Dinstags  nach  Exaltation.  Cruc.  seindt  die  er.  redte  des  morgens 
frue  zu  7  hören  in  vorsamlung  kommen  und  aldo  über  etlichen 
artickeln,  Ăźo  ihnen  durch  die  chur-  und  f.  liehen  redte  und  die 
hern  visitatores  des  abendts  zuvorn  zugestelt  worden,  beratschlaget, 
welche  artickel  alhier  vorzeichendt  volgen. 


der  Stadt  MĂĽhlhausen  in  ThĂĽr.  195 

Bedencken  der  hern  redte  und  der  visitatorn. 

Dieweil  man  noch  nit  eigentlich  weyĂź,  wie  weit  man  mit  allen 
pfarren,  vicarien,  kirchen  und  clöstern,  guetern  zu  bestellunge  der 
notwendigen  kirchen  diener  möge  reichen,  auch  die  christliche  ge- 
mein zu  MulhauĂźen  villeicht  nit  Ăźo  gros  als  wol  vermeint  wirdt, 
wir  auch  zu  endtlichem  beschlus  und  stadtlicher  Verfertigung  dieĂźes 
christlichen  Vorhabens  noch  zur  zeit  nicht  mögen  kommen,  so  ist 
diĂź  unĂźer  bedencken  und  wolmeynunge: 

Zum  ersten,  das  es  diĂźmals  bey  den  vier  predicanten,  so 
albereidt  alhier  vorhanden,  bleybe,  und  sie  sich  selbst  vergleichen, 
wie  und  wo  sie  alternatim  die  kirchen  ministeria  fuglich  exequirn 
biĂź  uf  weytern  bescheidt  und  vorbesserunge. 

Zum  andern,  das  zun  Barfusern  eyn  schule  mit  dreyen  tĂĽchtigen 
dienern  bestelt  und  von  denselbigen  beneben  irem  Schuldienst  ein 
jeder  pfar  mit  eyner  anzall  der  schulern  zur  zeit  des  kirchenampts 
mit  singen  gedienet  werde. 

Zum  dritten,  das  diĂźmals  eynem  jeden  predicanten  und  schul- 
diener  uf  jedes  viertheil  jars  seine  bestimpte  besoldung  geordent,  ge- 
nommenirt  und  uf  gepurliche  zeit  unverzĂĽglich  gereicht,  auch  jedem 
bequeme  wonunge  ingethan  werde. 

Zum  vierden,  das  zwene  uffrichtige  procuratores  ader  oeconomi 
gesetzt  werden,  die  alle  einkommen  (damit  alle  ministeria  erhalten 
sollen  werden)  einsamlen,  den  dienern  guetlich  reichen  und  zu  be- 
stimpter  zeit  berechen.  Das  auch  diĂźmals  dieselbigen  beneben  dem 
stadtschreiber  allerley  geistlicher  gueter  inventaria,  so  in  der  gantzeu 
stadt  sein,  in  ein  corpus  und  register  bringen  und  alle  brieffliche 
Urkunde  in  ein  geschickte  Ordnung  bringen,  auch  jedes  lehens  ader 
styfftunge  gerechtickeit  in  besonders  bewarlich  zu  behalten,  biĂź  uf 
weyter  zukunft  aller  chur  und  fĂĽrstlicher  rethe  und  visitatores. 

Zum  fĂĽnfften,  der  pfarhern,  kirchener  und  schulmeyster 
accidentalia  zue  moderirn,  ordenirn  und  wer  die  sol  ufheben  und  in- 
samlen. 

Zum  sechsten,  das  die  unnötigen  cyrat  und  silbergeschir,  ßo 
noch  in  den  haubtpfarkirchen,  auch  beim  radt  vorhanden,  inventirt, 
zusammenbracht,  gewigen,  gewirdiget,  verkaufft  und  ufs  förderlichste 
zum  besten  uf  widderkäuffliche  zinße  außgethan  werden,  domit  man 
darvon  die  kirchendiener  beneben  anderm  inkommen  besolden  möge. 

Zum  siebenden,  zu  beratschlagen,  ob  sichs  fugen  wolle,  das 
die  fĂĽnf  personen,  nemlich  ein  Barfuser,  zween  Prediger  munch, 
zween  Teutztsche  hern  im  Jungkfraucloster  an  der  kost  gehalten  und 
dem  tĂĽchtigsten  under  ihnen  die  administration  der  probstey  bevolen 
werde. 

Zum  achten,  das  ein  stadtlichs  einsehen  geschee,  das  hurerey, 
gotslesterung,  saufferey,  juchtzgen  uf  der  gassen,  brandtwein  sauften 
under  der  predig,  kirchhoff  spacirn  gestrafft  und  moglichs  vleis  ab- 
geschafft werde. 

Zum  neunden,  das  die  kirchen  und  excelsa  (darinn  kein  gotts- 
wort  gepredigt)  zugeschlossen  und  dye  schlussel  den  kirchnern  be- 
nommen und  keyn  winckelmesse  ader  papistische  tauff  darin  zu 
halten  gestattet  werde. 

Zum  zehenden,  dieweil  ehesachen  halben  offt  ansuchunge  ge- 
schieht, das  beneben  und  mit  zuthun  der  predicanten  der  stadt 
syndicus   mitsampt  etlichen    verstendigen   radtshern    uf   eyne   nam- 

13* 


196  Briefe  und  Akten  zur  Reformationsgeschichte 

hafftige  zeit  solche  sachen  vurnemen  und  moglichs  vleis  verrichten, 
was  sie  aber  nit  wĂĽsten  zu  schlichten,  solches  uf  und  an  die  visi- 
tatores  oder  cantzley  des  dazumal  regirenden  fursten  weysen. 

Auf  dieĂźe  artickel  (wie  gesagt)  haben  die  er.  redte  einhelliglich 
beschlossen,  das  in  ansehung  der  wichtickeit  des  handeis  und  uf 
besehenes  begern  und  bitten  ir  obgemelter  chur-  und  f.  licher  redte 
und  der  visitatorn  die  hern  eldisten  zum  ausschus  verordent  und 
sich  zu  dieĂźer  handlung  beneben  den  gesandten  redten  und  hern 
visitatorn  uf  ihr  erfordern  wolten  gebrauchen  lassen.  DiĂź  ist  alĂźo 
von  den  hern  eldisten  angenommen  und  haben  noch  alsbaldt  des 
vormittags  sich  dieses  handeis  halben  ufm  radthaus  mit  eynander 
underredt,  wie  und  welcher  maĂźen  und  gestalt  solches  gemeyner 
Stadt  zum  besten  furzunehmen  sein  wolt. 

Des  nachmittages  seindt  die  hern  eldisten  alsbaldt  umb  1  hör 
zusammen  khommen  und  die  artickel  fĂĽr  die  handt  genommen,  die- 
selbigen  ĂĽbersehen  und  darauf  ihr  gutduncken  beneben  die  artickel 
auch  Vorzeichen  lassen.  Mitwochs  nach  Exaltationis  Crucis  seindt 
die  er.  redte  zu  7  hör  des  morgens  in  Versandung  kommen,  do  man 
die  ĂĽbergebnen  artickel  sampt  dem  gutduncken  der  hern  eldisten 
ihn  f urgehalten  und  darauf  in  gemeyn  bewilliget  ist  worden,  die- 
selbigen  den  chur  und  f.  liehen  redten  und  den  visitatoren  dermaĂźen 
zu  ĂĽbergeben. 

Des  nachmittages  seindt  die  hern  eldisten  abermals  in  Ver- 
sandung kommen  und  haben  darauf  ungeverlich  umb  drey  hör  ihr 
bedencken  den  chur-  und  f.  liehen  redten  und  den  hern  visitatorn 
mit  fernerm  mundtlichem  underricht  ĂĽbergeben.  Auch  seindt  des- 
selbigen  tages  eynem  er.  radt  von  den  chur-  und  f.  liehen  redten 
etliche  supplicationen  der  vorfluchtigen  zugestelt  worden  und  ist 
darbeneben  auch  von  itztermelten  gesandten  rethen  begert  worden, 
die  clinodia  und  kirchen  cyrat  der  beyden  pfarkirchen  B.  Virginis 
und  S.  Blasii  und  auch  des  Bruckenclosters  zum  furderlichsten  ufs 
radthaus  vorschaffen  zu  lassen,  domit  dieselbigen  wie  anderer  kirchen 
clinodia,  gewegen,  gewirdiget  und  verkauf ft  mochten  werden.  Darauf 
seindt  die  er.  redte  Dornstags  Matthei  Apli  des  Vormittages  umb 
7  hör  in  vorsamlung  kommen  und  sich  über  dießen  artickel  der 
clinodia  dergleichen  ĂĽber  der  vorfluchtigen  supplicationen  eyner 
antwort  verglichen  und  entschlossen,  wie  volget. 

Freytags  frue  zu  8  hören  seindt  die  er.  redte  abermals  in  Ver- 
sandung kommen  und  den  chur-  und  f.  liehen  redten  darauf  in  ihr 
vorsamlung  durch  den  hern  burger(meister)  Rodeman  diĂź  unge- 
verlich volgender  meynung  zur  antwort  geben  lassen :  Erstlich,  die 
obbemelten  clinodia  belangende  sey  eines  er.  radts  und  redte  gantz 
dienstliche  und  freundtliche  bit,  ihr  er.  gn.  und  gn.  tn.  wolten  sie 
bei  dem  gunstiglich  bleiben  lassen,  das  die  bemelten  clinodia  der 
beyder  pfarkirchen  und  des  closters  uf  der  BrĂĽcken  zu  gelegener 
zeit  durch  eynen  er.  radt  gewogen,  ĂĽberschlagen  und  darauf  inventirt 
und  alsdan  bey  einem  er.  radt  um  furfallender  not  willen  hinderlegt 
möchten  werden.  Sovil  aber  die  supplicationen  der  vorfluchtigen 
belanget,  hetten  die  erbarn  redte  dieselbigen  allenthalben  inhalts 
vorlesen  angehört  und  wußten  sich  des  gehaltenen  tags  zu  Dreffurdt 
anno  XXVIII  wol  zuerinnern,  do  dan  auch  die  zween  receĂź  durch 
die  chur-  und  f.  liehen  wolloblichen  verordenten  redte  dozumal  nach 
angehörter  vorhandlunge  der  vorfluchtigen  burger  aufgericht  worden, 
wie  dan  derselbigen  aller  handlunge  ein  er.  radt  aufs  vleissigste  vor- 


der  Stadt  MĂĽhlhausen  in  ThĂĽr.  197 

zeichen  und  ufs  pappir  het  bringen  laĂźen,  mit  bit,  ihre  ern.  g.  und 
gunst.  wolten  dieselbigen  zuvorlesen  anzuhören  unbeschwerdt  sein 
und  darauf  den  vorfluchtigen  ihrer  bit  nit  stadt  geben,  das  were  ein 
er.  radt  umb  ihre  ern.  g.  und  gunst.  sonderlich  zuvordienen  willig. 

Darauf  haben  die  chur-  und  f.  liehen  redte  und  hern  visitatores 
ein  klein  bedencken  genommen  und  darauf  volgents  in  den  er.  redten 
diĂź  zur  antwort  geben: 

Erstlich  lieĂźen  sie's  bey  der  bit  eynes  er.  radts  mit  den  clinodien 
bleyben,  doch  das  die  gleichwol  zum  furderĂĽchsten  gewogen  und 
dero  verzeichnus  ihn  zugestelt  mochte  werden. 

Zum  andern,  nachdeme  sie  sich  wĂĽsten  zuerinnern,  das  am  ver- 
gangen Mitwochen  under  anderm  bericht  des  ausschus  uf  die  uber- 
gebnen  X  artickel  eingefurt  worden,  wie  dan  oben  in  deĂźelbigen 
artickels  gegebenem  underricht  weyter  zuvornehmen ,  darauf  ihr 
antwort,  das  solches  nach  zu  laĂźen  schwerlich  und  ihnen  nit  wol 
muglich  were.  Derhalben  solt  es  in  dem  punet  wie  in  andern  dem 
receĂź  nach,  Ăźo  sie  in  kurtz  ĂĽbergeben  wolten,  gehalten  werden,  doch 
wo  etwas  an  den  lehn  zu  underhaltung  der  kirchen  ministerien 
uberig,  solt  daĂźelbige  den  burgers  kindern,  Ăźo  zum  studirn  geschickt, 
und  in  der  dreyer  universiteten  eyne,  als  nemlich  jegen  Leiptzigk, 
Wittenperg  und  Marpurg  in's  Studium  abgefertiget,  zur  Steuer  kommen, 
dardurch  gelarte  leut  gemeyner  stadt  zu  nutz  und  frommen  aufer- 
zogen und  erhalten  mochten  werden,  wie  dan  solches  der  receĂź  ferner 
mit  sich  bringet.  Die  vorfluchtigen  belangende,  achten  sie  ane  not, 
ire  begangne  mißhandlunge  zuvorlesen  anzuhören,  dan  nachdeme  es 
dieĂźe  gestaldt  hette,  wolten  sie  radt  und  redte  bey  den  beyden  auf- 
gerichten  receĂźen  bleiben  laĂźen  und  ferner  keyne  handlunge  der- 
halben mit  ihn  furnehmen.  Hetten  aber  die  vorfluchtigen  des  keyn 
gnuge,  wolten  sie  dieselbigen  an  allerseits  ire  gn.  tn.  und  gne.  hern 
weysen,  do  sie  es  weiter  suchen  mochten.  Wurde  sich  alsdan  ein  radt 
sunder  zweiffei  uf  ferner  gnediges  ansuchen  irer  gn.  und  gn.  hern 
mit  geburlicher  antwort  wol  wiĂźen  zuvornemen  laĂźen. 

Des  nachmittages  umb  1  hör  haben  itztermelte  chur-  und  fürst- 
liche redte  und  hern  visitatores  den  hern  vom  ausschus  den  gestehen 
receĂź,  wie  und  welcher  maĂźen  es  hinfurder  in  allen  kyrehen  Sachen 
und  anderm  solt  gehalten  werden,  zugestelt,  und  ist  darauf  volgendts 
umb  3  hör  der  neue  radt  durch  die  Hessischen  angenommen  und 
bestettiget  worden. 

Alßo  sindt  uf  volgenden  Sonabendt  des  Vormittages  zu  11  hören 
die  er.  redte  nach  altem  gebrauch  darauf  in  versamlung  kommen  und 
in  die  ĂĽbergeben  artickel  gewilliget,  wie  im  artickelbuch  der  er.  redte 
weyter  zu  befinden.  —  Uf  volgenden  Sontag  seindt  beyde  die  chur- 
furstlicben  und  Hessischen  redte  sampt  den  hern  visitatorn  widerumb 
aus  stadt  MulhauĂźen  vorreyset. 

(SchluĂź  folgt.) 


Miszeilen. 

i. 

Reise  der  von  dem  Deutschen  Orden  im  Jahre  1451  ansgesandten 
Visitatoren. 

Von  Dr.  Herbert  Koch. 

Bei  dem  Mangel  an  Reisebeschreibungen  aus  dem  15.  Jahr- 
hundert dĂĽrfte  es  von  einigem  Interesse  sein,  daĂź  das  Staatsarchiv 
in  Königsberg  ein  ausführliches  Reisetagebuch  besitzt,  das  geführt 
worden  ist  im  Jahre  1451  über  eine  fast  einjährige  Reise,  die  im 
Auftrag  des  Hochmeisters  der  Chorherr  von  Marienburg  Jobst  Kropp 
unternahm,  und  zwar  aus  folgenden  GrĂĽnden: 

In  der  Mitte  des  15.  Jahrhunderts,  im  Jahre  1448,  befand  sich 
die  thĂĽringische  Pflege  in  recht  trostlosem  Zustande.  Die  Schulden 
beliefen  sich  auf  4014  fl.  16  gr.,  dazu  kamen  Verluste,  die  die  Bailei 
erlitten  hatte  durch  Brand  und  VerwĂĽstungen.  So  hatte  der  Orden 
frĂĽher  eine  Mehreinnahme  von  100,46  Maldern  Korn,  116  Maldern 
Gerste,  45,82  fl.  usw.  Da  die  Bailei  von  allen  Seiten  gemahnt  wurde, 
sich  aber  ganz  außerstande  sah,  die  Außenstände  auch  nur  an- 
nähernd zu  begleichen,  so  lag  die  Gefahr  nahe,  daß  der  Hochmeister 
die  Bezahlung  aus  der  gemeinsamen  Kasse  bestreiten  muĂźte,  was 
aber  auch  unmöglich  war,  da  z.  B.  der  Deutschmeister  sich  fort- 
während mit  Versprechungen  begnügen  mußte,  daß  er  seine  geborgten 
9300  fl.  erhielt.  Unter  diesen  Umständen  trug  man  sich  mit  dem 
Gedanken,  die  thĂĽringische  Bailei  eingehen  zu  lassen,  und  um  dies 
zu  verhĂĽten,  forderte  der  Deutschmeister  am  10.  November  1448 
den  Hochmeister  auf,  alles  aufzubieten,  um  die  Bailei  zu  erhalten. 

Auf  diese  Ermahnung  hin  scheint  nicht  viel  geschehen  zu  sein. 
8  Monate  später  finden  wir  eine  Beschwerde  des  Erfurter  Severus- 
Kapitels  beim  Hochmeister,  daĂź  die  thĂĽringische  Komturei  seit 
2  Jahren  es  unterlassen  habe,  Zinsen  fĂĽr  geborgtes  Geld  zu  be- 
zahlen. Die  Lage  der  Bailei  wurde  immer  schlimmer,  als  im  Jahre 
1449  durch  Deutschland  ein  ,, groĂźes  Sterben"  ging,  zugleich  aber 
auch  der  sächsische  Bruderkrieg  sengend  und  brennend  alles  Brenn- 
bare verbrannte  und  alles  Zerstörbare  zerstörte.  Auch  die  Bailei 
hatte  sehr  unter   der  Feindschaft  der  beiden  feindlichen  BrĂĽder  zu 


Miszellen.  199 

leiden,  obwohl  sie  neutral  geblieben  war.  Wenn  auch  der  Deutsch- 
meister sich  mit  der  Bitte  um  möglichste  Schonung  an  die  beiden 
BrĂĽder  gewandt  hatte,  konnte  sein  Gesuch  doch  nicht  in  dem  Um- 
fange Erfolg  haben,  wie  er  es  gehofft  hatte.  Besonders  hatte  die 
Pflege  Altenburg  zu  leiden  gehabt.  Am  2.  Januar  1451,  also  kurz 
vor  dem  Ende  des  Bruderkrieges,  schrieb  der  Deutschmeister  an  den 
Hochmeister  Konrad  von  Erlichshausen,  „daß  die  Güter  der  Bailei 
durch  den  Krieg  ganz  verheert  und  verderbt  seien".  Zugleich 
schlug  er  eine  Visitation  vor,  ein  Plan,  dem  auch  bald  Folge  ge- 
geben wurde. 

Aus  der  Vorschrift,  die  den  Visitatoren  mitgegeben  wurde,  er- 
gibt sich,  daß  man  diese  Besichtigung  nicht  nur  aus  pekuniären 
KĂĽcksichten  fĂĽr  angebracht  hielt,  daĂź  es  sich  vielmehr  auch  im 
Innern  nicht  so  verhielt,  wie  es  die  Ordensvorschriften  befahlen.  So 
ist  der  erste  Punkt:  daĂź  man  nicht  den  Gottesdienst  verkĂĽrze,  daĂź 
man  die  Messe  halten  solle,  daß  die  Brüder  nur  vorschriftsmäßige 
Kleider  tragen,  „und  nicht  daß  sie  halb  bloß  gingen".  Ferner 
sollten  die  Visitatoren  aufpassen,  daß  man  in  den  Ordenshäusern 
nichts  spielte  außer  „schachzabel' ,  vor  allen  Dingen  nicht  um  Geld 
und  nicht  mit  WĂĽrfeln.  Auch  scheinen  die  BrĂĽder  sich  nicht  selten 
einen  Diener  gehalten  zu  haben ,  auch  das  war  streng  verboten. 
Kurz,  es  waren  außer  den  Geldverhältnissen  noch  manche  andere 
Mängel,  und  deshalb  wurde  die  Visitation  sehr  bald  ausgeführt. 

Als  Untersuchungsbeamte  wurden  von  Marienburg  abgesandt 
Georg  von  Egloff stein,  Vogt  in  Leipa,  und  der  Chorherr  in  Marien- 
burg Jost  Kropp.  Kropp  verlieĂź  am  14.  Februar  1451  Marienburg 
und  reiste  ĂĽber  Marienwerder  nach  Graudenz,  von  dort  aber  nach 
Althausen  und  wieder  zurĂĽck  nach  Schwetz.  Ich  nehme  an,  daĂź 
die  Ăśberfahrt  ĂĽber  die  Weichsel  bei  Kulm  leichter  war  als  bei  Alt- 
hausen, denn  auch  auf  der  BĂĽckfahrt  schlagen  die  Beisenden  den- 
selben Weg  ein.  Von  Schwetz  gings  nach  Tuchel  und  Konitz,  von 
hier  aber  nach  Schlochau  und  dann  wieder  nach  Landeck,  weiter 
ĂĽber  Deutschkrone  und  Woldenberg  nach  Landsberg  a.  d.  Warthe, 
diese  aber  nicht  bis  KĂĽstrin  hinunter,  sondern  vorher  erst  nach 
Neudamm,  wie  denn  ĂĽberhaupt  nicht  die  geradesten  Wege  benutzt 
wurden.  Die  Weiterreise  ging  oderaufwärts  nach  Lebus,  Beeskow, 
Luckau  und  Herzberg,  bei  Prettin  wurde  die  Elbe  ĂĽberschritten, 
und  in  Dommitzsch  begann  man  die  Visitation.  Bis  hierher  hatte 
man  3  Wochen  gebraucht,  im  ganzen  hatte  man  78  Meilen  zurĂĽck- 
gelegt. Es  ergibt  sich  aus  vergleichenden  Nachmessungen,  daĂź 
1  Meile  durchschnittlich  10  km  gleichzusetzen  ist,  so  daß  ungefähr 
800  km  in  den  3  Wochen  geritten  worden  sind,  das  ist  fĂĽr  einen 
Tag  fast  40  km,  eine  sehr  ansehnliche  Leistung! 


200  Miszellen. 

Von  Dommitzsch  wendete  man  sich  nach  Wittenberg  und 
Aken,  wo  man  den  Hof  wĂĽst  fand.  Die  WĂĽstlegung  des  Hofes 
wird  wohl  im  Jahre  1450  geschehen  sein,  wo  die  benachbarten  Kur- 
fĂĽrsten von  Brandenburg  und  Sachsen  in  eine  blutige  Fehde  mit- 
einander geraten  waren.  Einen  weit  blĂĽhenderen  Eindruck  machte 
Zerbst,  wo  „1300  Bierbrauer"  wohnten.  Hier  blieb  man  eine  Nacht 
und  zog  dann  nach  Magdeburg,  wo  man  2  Tage  Rast  machte  und 
Fastnacht  feierte.     Es  war  dies  der  9.  März. 

Von  Magdeburg  reiste  man  ĂĽber  Halberstadt  nach  Braun- 
schweig, wo  man  am  14.  März  eintraf.  Der  Herzog  lud  die  Reisenden 
nach  Wolfenbüttel  zum  Abend  ein ;  am  nächsten  Tag  ging's  über 
Gandersheim  nach  Göttingen,  und  von  dort  wendete  man  sich  nach 
ThĂĽringen. 

Zuerst  ritt  Kropp  mit  seinem  Gefolge  nach  MĂĽhlhausen,  wo 
der  deutsche  Orden  zwei  Häuser  hatte,  eins  in  der  Altstadt  und 
eins  iĂĽ  der  Neustadt.  Sie  blieben  hier  3  Tage  und  ritten  weiter  nach 
Nägelstedt  und  Griefstedt,  wo  sie  auch  je  2  Tage  blieben,  dann  nach 
Weimar,  „da  Herzog  Wilhelm  von  Sachsen  ist  wohnhafftig",  der 
sie  indessen  nicht  zu  sich  gebeten  hat.  Dann  ging  es  nach  Lieb- 
stedt,  und  endlich  traf  man  in  Zwätzen  ein,  „unsres  Ordens  gutes 
Schloß,  da  wohnet  der  Landkomtur  von  Thüringen".  In  Zwätzen 
blieben  sie  4  Tage,  wir  wissen  aber  leider  nicht,  was  sie  hier  so  lange 
getan  haben. 

Die  gleichzeitigen  Chronisten  schweigen  sich  leider  vollständig 
aus  über  diese  Reise  der  Visitatoren.  Von  Zwätzen  nahmen  sie  den 
Landkomtur  Eberhard  Hoitz  mit,  der  ihnen  natĂĽrlich  wesentliche 
Dienste  leisten  konnte,  da  er  allein  schließlich  fähig  war,  Genaueres 
ĂĽber  den  Stand  der  Bailei  zu  berichten,  lieber  Altenburg,  Alt- 
schillen  ritten  sie  nach  Meißen,  der  Residenz  des  sächsischen  Kur- 
fürsten, der  ihnen  auch  eine  Audienz  gewährte.  Er  versprach  ihnen, 
sich  gnädig  gegen  die  Bailei  zu  erweisen,  womit  sie  sich  einstweilen 
auch  begnĂĽgen  muĂźten.  Als  sie  dann  abends  in  ihrer  Herberge 
waren,  kamen  Georg  von  Haugwitz  und  Heinrich  ReuĂź  von  Plauen 
im  Auftrage  des  KurfĂĽrsten  mit  der  Meldung,  daĂź  KurfĂĽrst  Friedrich 
den  Hochmeister  um  50000  fl.  bäte,  doch  sollte  diese  Bitte  geheim 
gehalten  werden.  DaĂź  diese  Bitte  nicht  erfĂĽllt  werden  konnte,  er- 
hellt aus  obigem,  sah  aber  auch  gleich  Kropp  ein  und  empfahl 
deshalb  dem  Hochmeister,  er  möchte  den  Kurfürsten  mit  einem 
Geschenk  freundlich  erhalten.  Ob  der  Meister  diesem  Vorschlag 
gefolgt  ist,  wissen  wir  nicht. 

Von  MeiĂźen  ritten  die  Visitierer  wieder  nach  Altschillen,  wo 
wir  sie  am  2.  April  finden,  dann  aber  bogen  sie  nach  SĂĽden  um 
und  begaben  sich   ĂĽber  Zwickau  nach  Reichenbach,  Plauen,  Adorf 


Miszellen.  201 

nach  Eger,  wo  sie  am  11.  April  eintrafen.  Von  dort  ritten  sie  nach 
Hof,  Schleiz  und  wieder  nach  Zwätzen,  wo  sie  2  Tage  blieben.  Am 
Palmensonntag,  den  18.  April,  ritten  sie  nach  Weimar,  wo  sie  nun 
auch  vom  Herzog  Wilhelm  empfangen  wurden  und  dieselbe  Zusage 
wie  von  dessen  Bruder  erhielten.  Tags  darauf  erreichten  sie  Lieb- 
stedt,  von  wo  aus  der  Jost  Kropp  den  ersten  (erhaltenen)  Brief  an 
seinen  Meister  schrieb.  Er  empfiehlt  hierin  auĂźer  dem  oben  bereits 
angefĂĽhrten  Geschenke  fĂĽr  den  KurfĂĽrsten  auch  ein  solches  fĂĽr  den 
Herzog,  da  dessen  Länder  am  meisten  daniederlägen.  In  diesem 
Schreiben,  das  jetzt  im  Staatsarchive  in  Königsberg  aufbewahrt  wird, 
gibt  er  auch  eine  Uebersicht  ĂĽber  die  Schulden  der  Bailei,  und  es 
mutet  uns  doch  etwas  merkwĂĽrdig  an,  wenn  ei  schreibt,  die  Lande 
lägen  nicht  so  im  schlimmen,  wie  es  in  Marienburg  erzählt  worden 
sei.  Die  Bailei  als  solche  hatte  Schulden  im  Betrage  von  11216  fl. 
Die  Häuser  hatten  3954  fl.  Schulden,  Altenburg  allein  hiervon 
1440  fl.,  und  bei  dem  hohen  ZinsfuĂźe,  meistens  in  diesen  Zeiten 
10  Proz.,  hatten  sie  jährlich  340  fl.  Zinsen  zu  zahlen.  Dazu  kamen 
702  fl.  Zinsen  auf  die  oben  genannten  11 216  fl.,  und  da  noch 
12  700  fl.  in  Trier  geborgt  waren,  so  belief  sich  die  Höhe  der  jähr- 
lich zu  zahlenden  Zinsen  auf  1680  fl.  Diese  Zahl  spricht  doch  am 
deutlichsten  fĂĽr  die  Not  der  Bailei! 

Von  Liebstedt  ritten  Kropp  und  seine  Begleiter  nach  Erfurt 
und  Gotha,  dann  ĂĽber  Kreuzburg  nach  Hessen.  Am  GrĂĽndonners- 
tage, dem  24.  April,  ritten  sie  13  Stunden,  ohne  einen  Bissen  zu 
essen,  7  Meilen  ĂĽber  Waldkappel  nach  Spangenberg  und  Felsberg. 
Am  Charfreitag  blieben  sie  in  Treysa,  am  Sonnabend  darauf  und 
auch  die  folgenden  Tage  in  Marburg.  Nach  den  Osterfeiertagen 
ritten  sie  nach  Gießen  und  über  Butzbach,  Friedberg,  Wöllstadt 
nach  Frankfurt  a/M.,  wo  sie  wieder  4  Tage  blieben.  Danach  be- 
suchten sie  den  Deutschmeister  in  Hornegg,  nachdem  sie  vorher  in 
Heidelberg  gewesen  waren.  Ueber  Mergentheim  fĂĽhrte  der  Weg  sie 
nach  WĂĽrzburg,  dann  nach  Eotenburg  ob  der  Tauber,  wohl  damals 
schon  ein  so  entzĂĽckendes  Fleckchen  Erde  wie  heut.  Leider  ent- 
hält sich  das  Reisetagebuch,  nach  welchem  dieser  Bericht  gegeben 
wird,  jeden  Urteils.  Von  hier  ritten  sie  südlich  nach  Nördlingen, 
dann  wieder  nördlich  nach  Nürnberg.  Hier  blieben  sie  14  Tage  auf 
dem  Ordenshofe  und  feierten  das  Pfingstfest. 

Bis  hierher  sind  es  300  Meilen.  Weiter  fĂĽhrte  der  Ritt  nach 
Regensburg,  wo  sie  am  23.  Juni  ein  Donauschiff  bestiegen  und  nach 
Straubing,  Deggendorf,  Passau,  Mauthausen  und  endlich  nach  Wien 
fuhren.  Hier  verlieĂźen  sie  die  Schiffe  und  ritten  wieder  nach  Gum- 
poldskirchen,  Wiener-Neustadt,  wo  der  Kaiser  und  König  Ladislaus 
wohnten,  und   wo  sie  2  Tage  blieben,  ohne   aber  einen  der  beiden 


202  Miszellen. 

FĂĽrsten  zu  sehen.  Ihre  Reise  fĂĽhrte  sie  weiter  nach  Aspang  und 
Graz,  dann  nach  Pettau  an  der  Drau.  „Da  war  die  Brücke  halb 
weggetrieben,  da  schwemmte  man  unsre  Rosse  ĂĽber",  und  weiter 
ging's  nach  Windisch-Peistritz,  bis  man  am  14.  Juli  in  Cilli  eintraf. 
Sie  waren  hier  Gäste  des  Grafen,  bei  dem  auch  der  Graf  Bartolomeus 
der  Karpaten  zu  Besuch  war.  In  den  folgenden  Tagen  hatten  sie  mit 
großen  Schwierigkeiten  zu  kämpfen,  besonders  wegen  der  Pferde. 
Denn  die  Menschen  fuhren  auf  der  Laibach  nach  Oberlaibach,  die 
Rosse  dagegen  mußten  sie  auf  dem  Lande  gehen  lassen  „bösen  Weg 
als  Steinklippen  und  viele  tiefe  Wasser".  Am  nächsten  Tag  ritten 
sie  nach  Wippach,  7  Meilen  in  15  Stunden,  „ungefüttert,  über  Berg 
und  über  Tal,  lauter  Steinklippen,  allergefährlichsten  Weg,  bisweilen 
auf  glatten  Steinen,  als  ob  sie  behauen  wären,  es  war  kein  Steig  da, 
nur  ein  zu  enger,  so  daĂź  die  Pferde  manchmal  einen  FuĂź  bei  den 
anderen  nicht  setzen  konnten.  Das  dauerte  von  3  Uhr  morgens  bis 
9  Uhr  abends.  Da  wir  kamen  in  das  Städtchen,  da  war  keine 
Herberge,  kein  Hafer,  kein  Heu;  als  wir  lange  hielten  auf  den 
Pferden,  half  uns  das  Hausgesinde  zum  Lager,  den  einen  hier,  den 
anderen  dort,  sie  nahmen  es  aber  teuer  genug  bezahlt.  Sie  schickten 
auch  Futter.  Da  lagen  wir  eine  Nacht  und  erfuhren  einen  besseren 
Weg."  Sie  ritten  nach  Görz,  wo  sie  in  der  Stadt  kein  Unterkommen 
fanden.  In  den  nächsten  Tagen  ritten  sie  nach  Venedig,  und  zwar 
einen  ziemlich  geraden  Weg:  Brixen,  Sacile,  Treviso,  Mestre,  Venedig. 
Während  bis  hierher  der  Bericht  die  Reise  beschreibt,  folgt 
nun  eine  ziemlich  ausfĂĽhrliche  Schilderung  der  Balleien  Italiens. 
Wenn  diese  sich  auch  nur  auf  Erzählungen  stützen  konnte,  die 
ihnen  in  Venedig  gemacht  worden  sind,  haben  wir  doch  guten  Grund, 
anzunehmen,  daĂź  der  Orden  in  Italien  recht  bedeutende  Besitzungen 
hatte.  So  in  „Thorm",  wo  der  Komtur  „große  Massaria  hält,  das 
ist  eine  groĂźe  Stuterei  an  Pferden,  da  hat  er  ĂĽber  400  Koppeln, 
80  groĂźe  Zugochsen,  400  groĂźe  KĂĽhe,  400  Schweine,  6000  Schafe". 
Es  ist  sicher,  daĂź  hier  dem  Orden  groĂźe  Liegenschaften  zur  Ver- 
fĂĽgung standen,  es  geht  das  auch  aus  allen  anderen  Zahlenangaben, 
so  sehr  sie  übertrieben  sein  mögen,  hervor.  Leider  hat  der  (un- 
genannte) Schreiber  des  Berichtes  kein  Italienisch  gekonnt,  und 
so  ist  oft  die  Schreibweise  der  Namen  eine  mehr  als  rätselhafte. 
Mit  welchen  Märchen  man  übrigens  in  diesen  Zeiten  aufzuwarten 
wußte,  zeigt  folgender  Eintrag:  „Zu  wissen,  daß  12  welsche  Meilen 
von  S.  Leonardo,  da  ist  der  Berg  Garganus,  da  S.  Michael  auf  der 
Mitte  des  Berges  sich  selbst  eine  Kirche  geweiht  hat,  und  sein  Altar 
schwebt  zahm  in  den  LĂĽften,  von  wonniglichen  Marmorsteinen  be- 
reitet." Nachdem  man  es  noch  fĂĽr  bemerkenswert  gehalten  hat,  daĂź 
der  apulische  Landkomtur  eine  jährliche  Einnahme  von  6000  Dukaten 


Miszellen.  203 

hat,  berichtete  man  noch  Unwesentliches  ĂĽber  Sizilien,  gab  auch 
fĂĽr  diese  Insel  dieselbe  Zahl  als  Jahreseinnahme  an,  um  dann  die 
anfängliche  Art  der  Reisebeschreibung  wieder  aufzunehmen. 

Folgen  wir  also  dem  Jost  Kropp  noch  auf  seiner  RĂĽckreise  1 
Am  3.  August  bestiegen  sie  in  Venedig  ein  Schiff,  auf  dem  sie  bis 
zur  MĂĽndung  der  Brenta  fuhren.  Hier  wechselten  sie  die  Schiffe 
und  fuhren  brentaaufwärts  nach  Padua  und  Bassano,  wo  man 
das  Brentatal  verlieĂź  und  im  Etsehtal  nach  Trient  fuhr.  Von  hier 
ritt  man  die  BrennerstraĂźe :  Salurn,  Bozen,  Brixen,  Sterzing,  Matrei, 
Innsbruck,  um  sich  westlich  nach  dem  Bodensee  zu  wenden.  Diesen 
erreichte  man  ĂĽber  Nassereith,  FĂĽssen,  Kempten,  Memmingen,  Ulm, 
Biberach  und  Althausen  bei  der  Insel  Mainau,  „unsers  Ordens  köst- 
liches SchloĂź",  wo  sie  8  Tage  Rast  machten. 

Eigentlich  wollten  sie  nach  der  Schweiz  ziehen.  Indessen  grassierte 
auch  hier  wiefast  im  ganzen  ĂĽbrigen  Deutschland  die  Pest,  deshalb  lieĂźen 
sie  die  Schweizer  Komturen  unvisitiert  und  zogen  nach  Radolfszell 
weiter.  Sie  besuchten  dann  Waldshut,  Groß  Laufenburg,  Säckingen 
und  Beuggen,  mußten  hier  aber  wieder  ihren  Plan  ändern,  indem 
sie  nicht  nach  Basel,  StraĂźburg  und  WeiĂźenburg  ziehen  konnten, 
sondern,  da  dort  durch  Unruhen  der  Weg  gefährdet  war,  über 
Schlingen,  Krozingen  nach  Freiburg  i.  B.  ritten,  wo  sie  am  17.  Sep- 
tember eintrafen.  Nachdem  sie  hier  2  Nächte  gerastet  hatten,  ging 
es  in  ziemlicher  Eile  rheinabwärts,  allerdings  meist  auf  dem  Lande 
über  Rastatt,  Speier,  Mainz  nach  Coblenz,  nur  die  Strecke  Mainz — 
Coblenz  legten  sie  zu  Schiff  zurĂĽck.  Bis  hierher  haben  sie  im  ganzen 
675  Meilen  zurĂĽckgelegt! 

Von  Coblenz  wendete  man  sich  nach  Belgien.  Zunächst  wurde 
Trier  besucht,  dann  „über  8  große  Steinberge  allerunsichersten  Weg 
gen  PrĂĽm",  wo  sie  scheinbar  im  Kloster  auf  dem  Kalvarienberge 
geblieben  sind.  Die  Nacht  verbrachten  sie  „mit  Furcht".  Denn 
auch  in  diesen  Gegenden  tobten  die  blutigsten  Fehden.  Schon  vor 
Tagesanbruch  wurden  sie  durch  Sturmglocken  aus  dem  Schlafe  ge- 
weckt, ritten  noch  eine  Weile  in  „allergrößter  Sorge",  bis  sie  nach 
Kaltenberg  kamen.  Aber  auch  am  nächsten  Tage  war  der  Weg 
noch  nicht  sicher,  abgesehen  davon,  daĂź  er  auch  nicht  gut  war, 
aber  sie  kamen  wohlbehalten  nach  Aachen.  Von  hier  ritten  sie 
ins  Brabantische,  zuerst  nach  Maastrich,  dann  aber  schon  am  17. 
ins  Burgundische  und  zwar  gleich  in  die  Hauptstadt  Mecheln. 
Weiter  ging's  nach  manchem  Hin  und  Her  nach  Tiel,  und  waren 
hier  die  Leute  auch  freundlich,  so  erlitten  die  Reisenden  durch  die 
Natur  erheblichen  Schaden,  indem  nämlich  der  Diener  des  Kropp 
und  ein  Maultier  beim  Durchfurten  der  Maas  ertranken.  Der  Schreiber 
wurde  von  der  Strömung  fortgerissen,  aber  an  einer  Sandbank  an- 


204  Miszellen. 

geschwemmt,  bis  schließlich  erst  nach  Einbruch  der  Dämmerung 
Kähne  beigebracht  werden  konnten,  um  ihn  aus  seiner  ungemütlichen 
Lage  zu  befreien.  Ungehindert  kamen  sie  nach  Buren,  Utrecht  und 
Leiden,  machten  dort  aber  kehrt  und  ritten  nicht  nach  Friesland. 
Am  31.  Oktober  erreichten  sie  den  Rhein,  ritten  ĂĽber  Dieren,  Does- 
burg,  Doetinchen  nach  Emmerich,  ĂĽberschritten  am  6.  November 
den  Rhein  bei  Rees  und  ritten  am  diesem  Tage  noch  nach  Xanten. 
Sehr  schnell  ging  es  nun  den  Rhein  aufwärts,  über  Coblenz,  Bacha- 
rach,  Mainz,  Frankfurt,  Wertheim  nach  Mergentheim,  wo  ein  Kapitel 
abgehalten  wurde.  Hieran  nahmen  teil :  die  Komture  von  Sachsen, 
Lothringen,  Eibingen,  Marburg,  Westfalen  u.  a.  Sie  blieben  hier 
8  Tage.  Am  29.  November  kamen  sie  nach  Rotenburg,  endlich 
machten  sie  längere  Rast  in  Nürnberg. 

Nun  ging  es  nach  Norden,  am  14.  Dezember  nach  Hiltpolt- 
stein,  am  folgenden  Tage  nach  Pottenstein,  „einem  allerhöchsten 
Schlosse  ĂĽber  einem  allertiefsten  Grunde",  wo  sie  mit  dem  Haupt- 
manne, einem  Rabensteiner,  aĂźen,  aber  nicht  ĂĽbernachteten,  sondern 
nach  Bayreuth  weiterritten.  Hier  fanden  sie  eine  erlauchte  Gesell- 
schaft versammelt:  Ludwig  v.  Bayern,  Otto  v.  Bayern,  die  branden- 
burgischen Markgrafen  Hans  und  Albrecht,  Ulrich  von  Ottingen, 
Ulrich  v.  Montfort  u.  a.  An  diesem  Tage  war  der  „heilige  Mönch", 
Nikolaus  v.  Cusa,  gekommen,  dem  sie  mit  Prozession  entgegen- 
geritten und  gegangen  waren.  Kropp  nahm  an  zwei  Mahlzeiten  mit 
ihnen  teil.  Am  18.  traf  er  in  Hof  ein,  bis  zum  21.  waren  sie  ĂĽber 
Schleiz  und  Gera  nach  Zeitz  gelangt,  dann  ritten  sie  ĂĽber  Leipzig, 
Eilenburg,  JĂĽterbog,  Trebbin  nach  Berlin,  ĂĽberschritten  bei  Freien- 
walde die  Oder  und  kehrten  auf  fast  demselben  Wege,  wie  sie  ge- 
kommen waren,  nach  Marienburg  zurĂĽck.  Am  17.  Januar  1452  kamen 
sie  hier  an,  nachdem  sie  963  Meilen,  also  ca.  10  000  km  zurĂĽck- 
gelegt hatten.  Dazu  hatten  sie  „1  Jahr  ohne  3  Wochen"  gebraucht. 
Für  damalige  Verhältnisse  eine  ansehnliche  Leistung! 

Ăśber  das  Ergebnis  der  Reise  habe  ich  leider  nichts  Bestimmtes 
erfahren  können. 


IL 
Coburger  Reformations- AktenstĂĽcke,  zur  ersten  Visitation 
im  Jahre  1528  gehörig. 

Herausgeg.  von  Pfarrer  Dr.  Berbig  in  Neustadt  b.  Coburg. 

Im  Coburger  Haus-  und  Staatsarchiv  befinden  sich  unter  der 
Signatur  E.  V.  2.  b.  2.  aa.  No.  6  einige  Aktenblätter,  die  für  die 
Geschichte  der  Reformation  in  Stadt  und  Land  Coburg  von  Wert 
sein  dĂĽrften. 


Miszellen. 


205 


Nicht  nur  die  Zahl  der  geistlichen  Stellen  in  der  Stadt  Coburg 
ist  daraus  mit  Sicherheit  zu  entnehmen,  sondern  auch  die  Besetzung 
eben  dieser  Stellen  und  das  ursprüngliche  Lehensverhältnis  werden 
dadurch  klar  und  deutlich.  Die  Zahl  der  Kirchgemeinden,  der 
Stiftungen,  Vikareien,  Gotteshäuser  läßt  sich  deutlich  bestimmen. 
Allem  Anscheine  nach  ist  es  der  erste  Originalentwurf  zu  den  später 
gesammelten  Visitationsakten  des  Ostlandes  zu  Franken1). 

Coburg. 
Brobstey,  pfarre,  Vicareyen  Auch  kyrchen,  capelln  der  Statt  Coburg 
vnnd  Gerychtts  Lautter 
I  Vier  capplan 
ist  schuldig  zu-  !  Eynen  Prediger 


Pfarr  vnd 
Brobstey 
zu  Coburg 

Salfel- 

disch 
lehen  hat 
keyn  filial 


Vicaryen 

in  Coburg 

in  der 

pfarr- 

kyrchen 

sanct 
Moritzen 
verledigt 

vnd 
vnver- 
ledigt 


Styfftung  etlich 

Wochen  tl. 

Messen  vf  der 

Brobstey  ge- 

wydembt 

nein  lieh 

Vicarier  Paulas 


halten  i  pfarrer  vfm  schlos 

V  Schulmeyster 

1.  das  lehen  auf  dem  altar  crucis 
sampts  ynem  Ewigen  lycht  eyner 
lampen 

2.  das  lehen  auf  sant  Jobst  altar 

3.  das  lehen  vf  sanct  Niclas  altar 

4.  dye  frumess  auf  dem  altar  triĂĽ 
reg. 

pluming    des    Raths    Lehen,    (besetzt) 
Bastian  Lyntles        „  „  „  ,, 

Er  Mathes  Vischer  ,,  „  „  „ 

Er  Cunrad  hertdrich  des  Raths     „  „ 

Er  Joh.  Spangen  berger  „        „  „  „ 

Er  Joh.  Kaufmann  der  Bachen     „  „ 

Er  Seufrydt  Erweyn  d.  v.  Rosenau  „  ,, 

Mg.  Balth.Duringd.  Brandenstein  „  „ 

Jh.  Volckmer,  des  Raths  lehen  „ 

Er  Georg   Organisten    des  Raths    lehen  erledigt 
Er  Hch  Zeunern  ,,        „  ,,  „ 

Mg.  Georg  Kastner  der  Bachen  Lehen         „ 


12  Vicarier 


Coburg. 

Die  Pfarrk.  z.  H.  Kreuz  hat  Ein  Filial.  Ist  Raths-lehen.  Der  be- 
lehner Mgr.  Martin  Burztzel,  hat  einen  eigenen  Ca  plan  gehabt,  der 
nun  abgeschafft.  Das  Einkommen,  jährl  jjj  fl.  in  den  gemeinen 
kästen  geschlagen.  Hatte  ferner  Erledigte  &  unerledigte  Vikareien  5, 
sämmtliche  der  Rathslehen  sowie  die  Stiftung  des  Dr-  Valentini  zu 
Koeln  zum  Studio  mit  £v   gülden  jährl.  Zins. 


Kirchen  zu  Coburg:  Pfarrkirche  St.  Moritz 

—  zum  H.  Kreuz 

Barfiisser  Closter  Kirche 
Spital  Kirche 
Sychen  Capelle. 


1)  Cf.  Dr.  Georg  Berbig,  Bilder  aus  Coburgs  Vergangenheit,  Bd.  II, 
Leipzig  (M.  Heinsius)  1908. 


206  Miszellen. 

Dazu  Spitalhaus 

Siechenhaus 

Seelhaus 
Bruderschaften  zu  Coburg  samt  andern  Stiftungen: 

1.  Stae  Annae 

2.  Sti  Jacob  i 

3.  Sti  Sebastiani 

4.  GroĂźe  Bruderschaft  d.  Apostel 

5.  Reicher  SchĂĽssel  Stiftung 

6.  Gerber  &  Schuster  Stiftung 

7.  Hafner  &  Schmiede  Zunft 

8.  Becken  &  Metzger  Zunft 

Pfarr  vfm  Schlos,  so  in  der  Brobstey  zu  Coburg  mit 
eynem  pfarr  bestalt  wĂĽrdet  hat  dise  filial: 

Kurttendorf. 

SeyttneĂźdorf 

Lutzelbuch 

Creydlitz 

Ketzchendorf 

VntterfĂĽlbach  (was  diser  seyt  wasserfluĂź  gelegen) 

GeytzenmĂĽlh 

FynkenmĂĽlh 

Eychhof 

Kyrstengrundt 

Brobsteyhof  zu  WĂĽstenahorn 

Eyn  hauĂź  zum  hĂĽnerberg  unter  dem  hohensteyn 
ferner  5  Vikareien, 

Churf  lehen 
Kyrchen  vfm  Schlos  Coburg: 

1)  pfarkyrrchen 

2)  Eyn  Cappelln  (!) 

Ist  ein  Pfarrer  ihnen  nichts  weiter  verpflichtet,  denn  allein, 
auf  Erfordern,  die  Sakramente,  es  sei  in  oder  auĂźer  der  K.  zu  reichen 
u.  wann  ein  pfarr  aus  befehl  „der  Überhandt"  auf  dem  Schloß  sein 
muĂź,  sollen  die  Capplan  in  der  Probstei  desselbigen  an  seiner  statt 
verrichten.  Sie  gehen  auch  alle  zur  Predigt  &  zu  Kyrchen  in  die 
pfarrkirchen  gegen  Coburg. 


Ist  hievor  verschafft,  daĂź  ein  jeder  Mensch,  so  zum  hochw. 
Sakr.  geht,  die  4  Opfer  geben  soll  &  9   #.  zu  Tauffen. 

Soll  bleiben;  doch  soll  jeder  SchultheiĂź  dem  Pfarrer  solches 
Opfergeld  einbringen  &  in  die  Fasten  bezahlen.  — 

Des  Pfarrers  Verdienst  ist,  daĂź  er  in  der  Probstei  neben  den 
andern  Caplanen,  den  Tisch  hat,  &  keinen  andern  Gehalt,  als  die 
Accidenzen.  — 

M  e  y  d  e  r , 
pfarr  zu   M  Churf   lehen,   von   wegen   des  Closters  Veylsdorf  hat 
diese  filial: 

Wysenfelt  (hat  eyn  Kyrrchen) 

Beyerssdorf 

Kallnberg  hat  eyn  Cappeln 

Muhl  ĂĽber  Beverdorf 


Miszelleu.  207 


Kropfweyers 

Weydach 

Scheuerfeit 

Neuses  hat  eyn  kyrch 

Zeygelhutt  zu  Coburg 

Nyderndorfles 

Obernndorfles 

Hannberg 

Vntterwolspach 

EĂĽckmarsdorf 

Hayn 

Weynmarsdorf 

BrĂĽx  WalweĂźdorf 

Oberwolspach 

(außer  IUI  Häuser) 
Oberlautter  hat  eyn  Capelln 
Mockenprun 

Ăźeuerfelt  hat  eyn  Kyrchle 
Glenn 

Berckelsdorf 
Meschbach 
Sultzdorf 
KeĂźfurt 
Neyda 

Cleyn  walbur 
Ăźyrckenmor 
Drossenhaussen 
Eyntzelsberg 
MyrĂźdorf 
Drenersdorf 

Neunkyrrchen  hat  yn  Cappeln 
Deinbach 

1  Haus  zum  Formbach 
Ev  hertstadt  zu  Vntterlauter. 


zwue  Vicareyen  zu  Meyder 
1  Vicarey  zu  Kallnberg 

Untter  Lautter. 
pfarr  ist  Salf  eidisch  lehen. 
hat  diese  filial: 

2  Mann  zu  Ăźeuerfels 
4      „       —  Oberwolspech 
7       „       —  Dorf!  es 
Die  StaudenmĂĽlh 
1  \7icarey  zu  der  Rosenau 
1        „        zur  Lautterburg 

WeiĂźenbrunn,  Pfarr 
Churf.  Lehn,  wegen  des  Closters  zu  Sonnefeld,  hat  diese  filial: 
Almerswyndt 
Eodt 

Walchendorf 
Schonstatt 


208  Miszellen. 

Gereuht 

Myttelberg 

3  Heuser  zu  Walspach 

Truckendorf 

Katzberg  3  Mener 

Vischbach 

Ahorn  Pfarr 
geht  zu  lehen  von  Joachim  &  Valtin  von  Bosenau  zu  Ahorn,  laut 
ihrer  Kauf  &  lehenbriefe,  hat  kein  filial,   „wiewol  inne  Valtin  vonn 
Lychtensteyn  solcher  Lehenschaft  nit  gestehen  wyl." 

Watzendorf 
pfarr    geht    zu    lehen   von   eynem  jede  pfarrer   zu   Altenbanz   hat 
Filial :   ( Neuses 

<  Gossenberg 
{  Welssberg 

Sumen 
pfarr  zu  S.  geht  zu  lehn  von  Lorentz  Schenken  daselbst  zu  Sumen, 
hat  kyn  Filial. 

Grub 
pfarr  geht  zu  lehen  von  Hans  v.  Schaumberg  zu  NiederfĂĽllbach,  hat 
kein  Filial. 

Dorf f er  an  der  Itsch 
Dorf f er  an  der  Itzss  jn 

Churf.  Obrijk.  gelegen  vnd   gegen  Altenbantz  der   pfarrlehen  recht 
halben  gehoeren : 
Scherneck     j 

EoTsYch  haben  Kirchen 

Gleussen       J 

Steppach 

Meschenbach 

Zcyckelsdorf 

Wolbach 

Hart 

Buchenrodt 

Kyrch  oder  Gotzhauss   zum  heyligen  Creutz. 

Mag.  Mart.  Burtzel  ist  zum  Pfarrer  verordnet  &  vom  Stadt- 
rath  belehnt  worden. 

Pfarrer  &  Caplan  jährlich  80  Gulden  v.  Bath  zu  Cobg  gehabt. 
Nachdem  aber  der  Caplan  abgeschafft,  sind  ihm  30  Gulden,  die  in 
den  gemeinen  Kasten  geschlagen  und  verwiesen  sind,  abgebrochen 
&  werden  ihm  jährlich  noch  vom  Bath  gereicht:  50  Gulden.  Hat 
die  Armen  im  Seelhaus  geistlich  zu  verwahren,  sonst  kein  Filial. 


haben  keine  kyrchen 


Das  Einkommen  an  Zinsen,  Barschaft  und  Schulden  der  Kirche 
zum  h.  Kreuz  ist  in  den  gem.  Kasten  geschlagen  laut  der  Register 
&  gemeinen  AuszĂĽge. 

Der  BarfĂĽsser  Kloster  zu  Coburg  ist  H.  Veyte  Haff  Verwaltern 
zu  Mönchröden  zu  Befehl  gethan  u.  sind  die  Klosterpersonen  z.  t. 
mit  Geld  abgefertigt  und  die  andern  nach  Mönchr.  z.  Unterhalten 
geschafft. 


Miszellen.  209 

Im  Closter  sytzen  mit  Wissen  &  auf  Befehl  des  Kurf.  auch 
der  Oberhandt  zu  Coburg  Hans  Mor  FuĂźknechthauptmann  &  Friedrich 
der  Amptschreiber. 


Und  seyn  die  Gepeu  allenthalben  gantz  baufellig. 

Nachdem  der  Eaht  zu  Coburg  Doctor  Adam  Reutter  von 
rechts  wegen  fĂĽnf  jar  lang  zu  eynem  Medico  und  anrychtung  eyner 
eygnen  Appotecken  angenommen,  vnd  ime  jerlichen  von  den  be- 
stimpten  verfallen  lehen  ÂŁÂŁj  guld.  versprochen  und  bereyt  drey  jar 
daran  bezcalt  seyen  Ist  jnen  der  Abscheyd  gegeben  es  dyĂźmals 
dabei  pleyben  zu  lassen,  das  dye  vbrigen  zwey  jar  bis  zu  volendung 
der  fĂĽnf  jare,  demselben  Doctori  jn  ansehung  das  er  dem  Armut  zu 
gut  dannacht  aufgenomen,  von  solchem  eynkomen  der  verfallen  lehen 
nochmals  sollen  vergnĂĽgt  werden,  doch  dar  nach  aussgang  dyser 
zeyt  der  gemeyne  Casten  in  deme  unbeschwerdt  pleyben  sondern  so 
eyn  Raht  eynen  doctorem  lenger  annemen  wolten,  solchs  uf  jren 
Casten  zu  thun. 


Der  aufgerichteten  neuen  Uhr  halben,  die  im  ganzen  119  gĂĽlden 
gestanden : 

die  1/2  von  verfallenen  Lehen 
„   1/2     ,,    Rath  zu  bezahlen. 


III. 

Zur  Geschichte  LiehengrĂĽns. 

Von  v.  Obernitz,  Major  a.  D. 

Das  preuĂźische  Landratsamt  ZiegenrĂĽck  hatte  1865  eine  Statistik 
und  Geschichte  dieses  Kreises  bei  Maurer  in  Ranis  im  Druck  er- 
scheinen lassen,  dessen  zweiter  Teil,  die  Geschichte  behandelnd,  von 
dem  damaligen  Kreisphysikus ,  Herrn  Dr.  Barnim  Wilhelmi,  be- 
arbeitet worden  ist.  Auf  S.  70 — 72,  bei  Besprechung  des  Markt- 
fleckens Liebengrün,  erwähnt  er,  daß  Friedrich  von  Liebengrün, 
Landkomtur  von  ThĂĽringen,  in  einer  Urkunde  im  Schleizer  Archiv 
anno  1377  vorkomme.  — 

Diese  Nachricht  interessierte  mich  lebhaft,  weil  ich  bei  Be- 
arbeitung der  Familiengeschichte  meines  eigenen  Geschlechts  viel 
mit  dem,  nahe  bei  Liebschütz  —  einem  Stammorte  eines  Zweiges, 
unserer  Familie  —  hegenden  Marktflecken  zu  tun  hatte.  Beide  Orte, 
nur  1  km  entfernt,  mit  ihren  Flurgrenzen  zusammenstoĂźend,  hatten 
naturgemäß  vielfache  Berührungspunkte.  Hierbei  war  mir  niemals 
eine  adlige  dort  ansässige  Familie  oder  gar  gleichen  Namens  wie  der 
Ort  vorgekommen ;  dies  veranlaĂźte  mich,  dieser  Angelegenheit  meine 
Aufmerksamkeit  zuzuwenden. 

XXVIII.  14 


210  Miszellen. 

Leider  fand  ich  alsbald  bestätigt,  was  Wilhelmi  schon  beklagt, 
daß  Liebengrün  keine  Geschichte  habe  —  wenigstens  fließen  die 
Quellen  spärlich  und  reichen  nicht  weit  zurück;  so  viel  schien  aber 
festzustehen,  daĂź  es  von  jeher  ein  immediater  Ort  gewesen  und 
direkt  unter  dem  Amt  ZiegenrĂĽck  gestanden  habe. 

Nach  einer  Tradition  sollen  die  alten  Urkunden  in  einem 
Brande  vernichtet  worden  sein,  und  zwar  zu  Drognitz,  wohin  sie  in 
einer  Lade  in  Kriegszeiten  geflĂĽchtet  wurden !  Bei  Nachfragen  HeĂź 
sich  in  Drognitz  ermitteln,  daĂź  dort  etwa  1674  oder  1675  die  Pfarr- 
wohnung mit  vielen  Archivalien  abbrannte;  immerhin  war  das 
Kirchenbuch,  welches  1655  beginnt,  gerettet  worden!  Auch  im 
LiebschĂĽtzer  Gutsarchiv  des  Unterhofes  fand  ich  die  Notiz,  daĂź 
1675  ein  groĂźer  Brand  in  Drognitz  viele  Originallehnbriefe  und 
andere  Papiere  vernichtet  habe;  endlich  traf  ich  in  Weimar1)  die 
urkundliche  Bestätigung  dieser  Behauptungen,  es  war  1676  durch 
Protokoll  konstatiert  worden,  daĂź  1674  der  Brand  wirklich  statt- 
fand und  den  Verlust  der  LiebengrĂĽner  Urkunden  herbeifĂĽhrte. 
Wären  aber  damals  die  Papiere,  unter  denen  die  Privilegien  eine 
große  Rolle  spielen,  auch  gerettet  worden ;  sie  wären  später  zugrunde 
gegangen,  da  Liebengrün  1718,  27.  VIII.  bis  auf  ca.  6  Häuser 
mit  Kirche,  Schule  und  Rathaus  abbrannte;  ja  1906,  13.  X,  wieder- 
holte sich  dies  Brandunglück  in  ähnlicher  Weise. 

Schon  frĂĽher  aber  mĂĽssen  die  ersten  Privilegien  in  Verlust  geraten 
sein,  denn  die  ältesten  Andeutungen  finden  sich  im  Dresdner  Staats- 
archiv2) von  anno  1483,  8.  L,  und  enthält  die  Aussage  des  Balthasar 
von  Watzdorf  auf  Altenbeuthen,  der  auf  Verlangen  den  LiebengrĂĽnern 
bestätigt,  daß  sie  die  niedere  Gerichtsbarkeit  durch  den  Schultheiß 
ausĂĽbten,  auch  einen  Anteil  an  der  Hasenjagd  hatten;  es  fehlten 
also  schon  damals  die  Urkunden  hierzu.  Sie  fanden  sich  auch  in 
den  Archiven  nicht  vor,  man  möchte  glauben,  daß  der  Ort  schon 
von  den  Grafen  von  OrlamĂĽnde  seine  Privilegien  erhielt,  aber  die  Orla- 
mĂĽnder  Archive  dieser  Gegend  um  ZiegenrĂĽck  fehlen  ;  sie  sind  wahr- 
scheinlich schon  im  Grafenkriege,  bei  dem  Brande  von  Rudolstadt 
vernichtet  worden.  Man  kann  dies  auch  daraus  erkennen,  daĂź  1499, 
14.  V.  Kurfürst  Friedrich  der  Weise  sich  genötigt  sieht,  die  zwischen 
Ziegenrück  und  Liebengrün  wegen  Bierbrauens  und  Mälzens  sowie 
Schenkens  entstandenen  Irrungen  dahin  zu  vergleichen,  daĂź  dies 
Liebengrün,  wie  von  alters  her  geschehen,  auch  in  den  Dörfern  Lieb- 
schĂĽtz, Alt-  und  Neuen-Beuthen  ausĂĽben  dĂĽrfe,  aber  nicht  faĂź-  oder 


1)  Weim.  Finanz-Arch.  Sect.  V,  Loc.  352,  Rep.  13. 

2)  Dresd.  St.  Arch.,  Privilegien  d.  Gem.  LiebengrĂĽn,  Loc.  10611, 


1—2. 


Miszellen.  211 

tonnenweise,  bei  hoher  Strafe1).  Weitere  Bestätigungen  dieser  Vor- 
rechte erfolgten  1523,  12.  IV.  durch  den  Amtsverweser  zu  Ziegen- 
rĂĽck  Veit  v.  Obernitz2),  ferner  1528,  24.  V.  durch  den  Amtshaupt- 
mann Hans  v.  Obernitz3),  wobei  später  zwei  jährliche  Jahrmärkte  und 
ein  Viehmarkt  ihnen  zugestanden  werden ;  auch  in  den  Jahren  1604, 
1644,  1658,  1685  und  1734  geschehen  hierzu  Erneuerungen,  ohne  daĂź 
jemals  Originaldokumente  produziert  werden  können! 

1479,  22.  III.  war  verfĂĽgt  worden,  daĂź  der  von  LiebengrĂĽn 
zu  entrichtende  Zins-  oder  Schutzhafer  (es  wurde  dort  nur  schwarzer, 
geringer  Hafer  angebaut)  154  Scheffel  3  Hetzen  ZiegenrĂĽcker 
(IB1^  Dresd.  Metz.  =  1  Ziegenr.  Scheffel)  MaĂź,  dem  jedesmaligen 
Amtshauptmann  zu  Ziegenrück  als  persönliche  Einnahme  zustehe4). 
Diese  Abgabe  wird  auch  1671,  1676,  1679,  1685  und  1688  erwähnt 5). 

Die  Kriegsleistung  bestand  1505  in  der  Stellung  von  Haken- 
bĂĽchsen6), 1542  aber  in  einem  bespannten,  auf  eigene  Kosten  aus- 
gerĂĽsteten und  begleiteten  Heerwagen 7).  AuĂźerdem  war  der  Ort 
auch  zur  TĂĽrkensteuer  herangezogen  worden  und  hatte  1531  schon 
18  Ăźo  14  gr.  und  1557  einschlieĂźlich  der  LiebschĂĽtzer,  welche  Besitz 
in  LiebengrĂĽner  Flur  erworben  hatten,  25  Ăźo  zahlen  mĂĽssen8).  Der 
Ort  stand  überhaupt  in  ähnlichem  Verhältnis  wie  der  Marktflecken 
Gössitz. 

Wegen  der  Hasenjagd  fanden  häufig  Streitigkeiten  mit  den 
Besitzern  der  BittergĂĽter  LiebschĂĽtz,  Ober-  und  Unterhof  statt, 
welchen  in  ihren  Lehnbriefen  groĂźe  Jagdgerechtigkeiten  im  ganzen 
Kreise  ZiegenrĂĽck  verliehen  worden  waren.  1557  wird  nun  ent- 
schieden, daĂź  die  von  Obernitz  als  Besitzer  von  LiebschĂĽtz  die 
Hasenjagd  mitgebrauchen  dĂĽrfen ;  den  LiebengrĂĽnern  steht  das  Becht 
zu,  an  ihren  Festtagen  (Hochzeit,  Kindtaufe)  ebenfalls  Hasen  zu 
„fangen"  9). 

An  den  jährlich  im  Winter  vom  Amt  aus  geleiteten,  sehr  an- 
strengenden und  mehrere  Tage  anhaltenden  Wolfsjagden,  die  sich 
auch   meist   in   entfernte   Gegenden   erstreckten,   muĂźten   auch   die 


1)  Ebenda  S.  3—4. 

2)  Dresd.  St.-Arch.,  Loc.  10  611. 

3)  Weim.  Landgericht,  L.  4,  Liebengr.  1793. 

4)  Weim.  Ăźeg.  X  f.  197  b,  JNo.  1790/91. 

5)  Weim.  Finanz-Arch.  Sect.  V,  Loc.  352,  Bep.  13. 

6)  Weim.  E.A.  S.  410  a  I  M.  G.  1-3. 

7)  Weim.  E.  Arch.,  B.  p.  108,  XXVI,  3.  14. 

8)  Ebenda  FF.  320. 

9)  Ebenda  PP.  364. 

14' 


212  Miszellen. 

LiebengrĂĽner  BĂĽrger  sich  beteiligen;  auf  dringende  Bitten  wurde 
ihnen  dies  erst  zwischen  1644  und  1650  erlassen. 

Das  Vermögen  der  Gemeinde  an  Liegenschaften  war  nicht  un- 
bedeutend; namentlich  der  Wald,  in  7  größeren  Parzellen  und  meist 
an  den  großen  Streitwald  anstoßend,  war  in  späterer  Zeit  eine  gute 
Einnahmequelle;  so  konnten  schon  1573  60000  Schindeln  zum  Bau 
des  Amtshauses  in  Capellendorf  geliefert  werden,  die  per  Achse  an- 
gefahren wurden  und  fĂĽr  60  Ăźo  zu  10  Groschen  bezahlt  wurden1), 
während  1694  schon  2000  Klaftern  —  sicher  Brennholz  —  der  Ke- 
gierung  verkauft  wurden,  die  jedenfalls,  wie  ĂĽblich,  auf  der  Saale 
geflößt  worden  sind.  —  Eine  große  Wiese,  9  Teiche,  teilweise  wüst 
liegend  und  als  Hutweide  benutzt,  Ă„cker  im  Steuerwerte  von  450 
alten  Schock  werden  1557  nachgewiesen;  die  16  ganzen  und  37  halben 
Höfe  treten  mit  ihrem  Privatbesitz  hierzu.  Im  ganzen  waren  über- 
haupt 57  Höfe  und  15  kleine  Häuser  damals  vorhanden ;  auch  be- 
saßen, wie  schon  erwähnt,  15  Liebschützer  Einwohner  in  der  Lieben- 
grĂĽner Flur  Acker,  Wiese  und  Wald,  und  zwar  waren  dies  anno  1557 
Christof,  Nickel  und  Hans  Purser,  Hans  und  Thily  Kuchenbecker, 
Hans  Leich,  Hans  Schreiber,  Hans  Penis,  Hans  Moller,  Joachim 
Eosenberger,  Jakob  Folart,  Blasius  Drumb,  Michel  Drechsel,  Peter 
Jauch  und  die  Schlaitzerin 2). 

Wahrscheinlich  hatten  auch  die  LiebengrĂĽner  im  Streitwalde 
gewisse  Nutzungsrechte  erhalten,  wie  Hutung  und  dĂĽrres  Holz  lesen, 
denn  der  Förster  auf  dem  Streitwalde  hatte  im  Ort  einen  Waldzins 
einzufordern s). 

LiebengrĂĽn  hat  eine  Filialkirche  von  LiebschĂĽtz.  Dieser  Ort 
ist  unbedingt  sehr  alt,  und  seine  Pfarrkirche  wird  schon  im  12.  Jahr- 
hundert im  Verzeichnis  der  zum  Diakonat  Pösneck  gehörigen 
Parochialkirchen  als  „Lobesitz"  aufgeführt4),  wird  als  Dorf  sogar 
schon  1120  (Ziegenr.  Wochenbl.  1822)  und  1258,  19.  VI.  in  der 
Urkunde  der  Grafen  Herman,  Otto  und  Albert  OrlamĂĽnde,  aus- 
gestellt über  die  Floßgerechtigkeit  auf  der  Saale,  erwähnt5).  Als 
Lubeschicz  kommt  der  Ort  bei  G.  Hey,  Die  slavischen  Siedelungen 
im  alten  Vogtland,  vor6).  DaĂź  sich  eine  adlige  Familie  nach  Lieb- 
schĂĽtz schrieb,  ist  sehr  wahrscheinlich.  1209,  4.  X.,  kommen  Ger- 
hard von  Luschwitz  und  Lubschitz,   1264  Conrad   von   Lussewitz, 


1)  Ebenda  S.  p.  74,  No.  2. 

2)  Ebenda  PP.  320  und  364. 

3)  Schleiz  HA. 

4)  Krokow,  Gesch.  d.  Kr.  ZiegenrĂĽck,  S.  50. 

5)  Dipl.  Portense,  p.  46  a. 

6)  Unser  Vogtl.,  III,  S.  432. 


Miszellen.  213 

1325,  14.  VIII.  Dietrich  v.  Lubeschwitz,  dieser  in  Remptendorf, 
1364,  23.  V.  Reynold  von  Lobischitz,  1421,  16.  XII.  Gerhard  v.  Lobi- 
schitz,  1430  Heinrich  von  Löbewitz,  1445,  28.  XII.  Gerhard  von 
Lobeschwitz  in  der  Pflege  Ronneburg  urkundlich  vor,  und  werden 
Mitglieder  dieses  Geschlechts  bis  1622  im  Vogtlande  angetroffen. 

Die  Einkünfte  der  Tochterkirche  Liebengrün  erfährt  man 
aus  den  Kirchenvisitationsprotokollen ;  da  wahrscheinlich,  wie  fast 
ĂĽberall,  so  auch  hier,  die  Stiftungen  zu  Seelenmessen  mit  dem  Ăśber- 
gang zum  evangelischen  Glauben  durch  die  Nachkommen  der  Stifter 
eingezogen  worden  waren,  ergab  sich  die  Fundierung  des  Pfarr- 
einkommens als  notwendig.  So  werden  1533  diese  EinkĂĽnfte  wieder- 
hergestellt fĂĽr  LiebengrĂĽn,  und  zwar  ersieht  man,  daĂź  die  Kirche 
kurfĂĽrstliches  Lehen  war,  eine  Hufe  Land  besaĂź,  von  der  aber 
4  Hofstätten  ausgezogen  sind,  an  Dezem  standen  ihr  211/,  Scheffel 
Korn  und  ebenso  viel  Hafer  ZiegenrĂĽcker  MaĂź  zu;  an  Erbzins  2  Ăźo, 
4  MichaelishĂĽhner  und  von  jedem  der  24  Hintersassen  2  alte  Pfennige 
jährlich '). 

Aus  alter  Zeit  waren  auch  noch  Seelenmessen  und  Stiftungen 
vorhanden,  die  1550  ebenfalls  erwähnt  werden;  es  hatten  nämlich 
verordnet:  Nicel  Kober  einen  Acker  in  Knau,  zu  J/2  Vigilie  mit 
3  Messen  ;  Nicel  Jauch  eine  Wiese,  an  dem  Otterbach  gelegen,  zu 
3  Messen;  Nicel  Gunzsch  einen  Acker  und  eine  Wiese  in  der 
Zniewitz ,  zu  3  Messen ;  Cuntz  Hedwig  am  Rat  3  Messen ;  Hans 
ZiĂĽlich  einen  Acker  vor  dem  Walde,  zu  3  Messen ;  Hans  Bauerfeint 
einen  Acker,  zu  einer  Vigile  und  3  Messen ;  Sellingk  zu  LiebengrĂĽn 
60  alte  Ăźo  auf  seinen  GĂĽtern,  zu  einer  Messe  alle  Wochen ;  hierzu 
wird  1550  bemerkt,  daĂź  diese  Stiftung  dem  Cunz  Kachelt  jetzt  mit 
30  Ăźo  gelassen  ist2).  NatĂĽrlich  waren  diese  EinkĂĽnfte  dem  Pfarrer 
zu  LiebschĂĽtz  und  der  Schule  zu  LiebengrĂĽn  ĂĽberwiesen  worden, 
als  die  Messen  und  Vigilien  fortfielen.  Es  wurde  bares  Geld  1550, 
1  Ăźo  zugelegt3).  Im  Jahre  1537,  bis  1544  sich  hinziehend,  fand  ein 
Streit  statt  zwischen  dem  Pfarrer  im  nahen  schwarzburgischen  Dorfe 
VVeiĂźbach  mit  der  Gemeinde  LiebengrĂĽn,  weil  diese  PfarrgĂĽter,  ins- 
besondere eine  Wiese,  an  sich  gezogen  hatte,  welche  dem  Pfarrer  zu 
WeiĂźbach  zustand4).  Der  Sage  nach,  welche  sich  bis  heute  in 
Liebengrün  und  Liebschütz  erhalten  hat,  soll  ein  Fräulein  v.  Obernitz 
vor  der  Reformation  eine  Schenkung  an  die  Pfarre  WeiĂźbach  ge- 
macht haben,   bestehend  aus  einer  Wiese  am  Otterbach,  wofĂĽr  alle 


1)  Weim.  E.Arch.  J.  i,  No.  5. 

2)  Ebenda  No.  78,  S.  159. 

3)  Ebenda  No.  78,  S.  155. 

4)  Ebenda  No.  1794. 


214  Miszellen. 

Quartale  eine  Messe  in  LiebengrĂĽn  durch  den  WeiĂźbacher  Pfarrer 
gehalten  werden  sollte;  für  die  Benutzung  der  Dorfkirche  aber  hätte 
sie  der  Gemeinde  den  Wald  geschenkt,  der,  am  kleinen  Otterbach 
hegend,  von  der  BurkhardtsmĂĽhle  sich  bis  zur  ZschachenmĂĽhle 
hinzieht  und  noch  heute  einen  wesentlichen  Bestandteil  des  Gemeinde- 
vermögens darstellt.  Auch  ein  silbernes  Petschaft  mit  dem  Orts- 
siegel, frĂĽher  an  silberner  Kette,  fĂĽhrt  man  auf  diese  Geschenk- 
geberin  zurĂĽck.  Unter  der  Ăśberschrift  in  gotischen  Buchstaben 
„Villa  Liebengrün"  steht  die  gekrönte  Jungfrau  Maria  mit  dem 
Jesuskind  auf  dem  Arm  zwischen  zwei  Bäumen  und  auf  einem  Halb- 
mond ;  so  sah  sie  1861  noch  B.  Wilhelmi  *)  und  fand  damals  in  dem 
Pfarrarchiv  WeiĂźbach,  von  der  Hand  des  Pfarrers  aus  173(5  folgende 
Notiz :  „Zur  Pfarrei  gehört  eine  Wiese  am  Otterbach  gelegen,  ins- 
gemein die  SchleifhĂĽtte  genannt,  welche  eine  hochadlige  Dame  aus 
dem  Hause  v.  Obernitz,  die  in  LiebengrĂĽn  oder  LiebschĂĽtz  ihren 
Sitz,  vor  der  Reformation  Lutheri,  gehabt  haben  mag,  aus  ihren 
GĂĽtern  der  dasigen  Pfarrei  zu  WeiĂźbach  vermacht  hat;  dergestalt 
und  also,  daĂź  der  dasige  Pfarrer  alle  Quartale  eine  Seelenmesse  hat 
lesen  mĂĽssen.  Jetzt  aber  ist  diese  Seelenmesse  in  eine  Gastpredigt 
verwandelt  worden."  Leider  hat  sich  bis  jetzt  diese  Notiz  nicht 
wiederfinden  lassen;  dagegen  wurde  im  Pfarrarchiv  zu  WeiĂźbach 
folgendes  noch  ältere  Schriftstück  ermittelt  aus  1698.  Es  behandelt 
die  Einkünfte  der  Pfarrei  und  lautet:  „.  .  .  .  Wieswachs;  zur  Pfarrei 
gehören  folgende  Wiesen:  ...  6)  wird  bei  dem  Pfarrgut  zu  Weiß- 
bach  auch  eine  Wiese  an  dem  Otterbach  liegend,  insgemein  die 
SchleifhĂĽtte  genannt,  gebucht,  von  einer  adligen  Weibsperson  ante 
Eeformations-tempus  Sophie,  Elisabeth  von  Obernitz  aus  dem  Lieben- 
grĂĽner Flur  dazu  vermacht,  wofĂĽr  und  zur  Dankbarkeit,  der  WeiĂź- 
bacher Pater,  alle  Quartal  eine  Messe  lesen  muß!  Baut  ungefähr 
2  Fuder  Heu,  ein  Fuder  Grummet.  Ebenfalls  aus  dem  Jahre  1698 
stammt  des  Schulmeisters  und  Organisten  Besoldung  zu  WeiĂźbach." 
Diese  Schleifwiese  ist  ca.  8/4  Hektar  groĂź  und  liegt  an  dem  rechten 
Ufer  des  groĂźen  (?)  Otterbaches,  700  m  unterhalb  der  Burkhardts- 
mĂĽhle 2j. 

Vielleicht  finden  sich  in  dem  erwähnten  Pfarrarchiv  noch 
weitere  ältere  oder  bestimmtere  Nachrichten  über  die  Zeit  dieser 
Schenkung,  denn  es  scheint  mir  zweifelhaft,  daĂź  vor  der  Beformation 
schon  Doppelvornamen   bei  weiblichen  Personen  des  niederen  Adels 


1)  B.  Wilhelmi,  Gesch.  d.  Kr.  ZiegenrĂĽck,  II,  71  u.  85  Anm. 

2)  Pfarrarchiv  WeiĂźbach,  Brief  des  Pfarrers  H.  Herwagen  d.  d. 
8.  IX.  1909. 


Miszellen.  215 

vorkamen;  die  ersten  männlichen  Doppelnamen  kamen  wenig  vor 
1550  auf,  die  weiblichen  meist  50  Jahre  später! 

Ein  interessanter  ProzeĂź  entstand  1793  und  zog  sich  bis  1798 
hin ;  er  wirft  auf  die  inneren  Verhältnisse  Liebengrüns  eigentümliche 
Streiflichter.  Im  Landgerichtsarchiv  zu  Weimar  Hegen  Kanzleiakten 
unter  dem  Bubrum:  „Gemeinde  Liebengrün  contra  13  Neumärker 
Einwohner,  wegen  Vertheilung  der  CommunalgrundstĂĽcke,  besonders 
des  Communalholzes  auf  der  Gemeinde  Berg" 1). 

In  diesem  ProzeĂź  verteidigen  78  vollberechtigte  Einwohner  sich 
gegen  die  AnsprĂĽche  von  13  Einwohnern,  die  auf  dem  Neumarkt 
wohnen,  arm  sind,  nur  Traufrecht  ihrer  kleinen  Häuschen  haben, 
weder  brauen,  mälzen,  noch  Anrechte  auf  die  Gemeindegrundstücke 
erheben  dürfen.  —  Auch  bei  diesem  Streit  ist  die  Gemeinde  nicht 
in  der  Lage,  alte  Dokumente  vorzulegen,  beruft  sich  auf  die  Observanz 
und  dringt  damit  durch. 

Dies  Verhältnis  der  13  enterbten  Neumärker  ist  so  eigenartig, 
daĂź  man  unwillkĂĽrlich  auf  seltsame  Vermutungen  kommt.  So  be- 
hauptet Börner,  Liebengrün  sei  von  Zigeunern  gegründet  worden ! 
Eine  Behauptung,  der  so  ziemlich  alles  Fundament  fehlen  dĂĽrfte. 
Eher  noch  könnte  man  versucht  sein,  an  Beste  der  Sorben  zu  denken. 
Ludwig  in  „Einiges  über  Land  und  Leute  um  Greiz",  S.  45,  und 
Klotz  in  seinen  „Nachrichten  über  Stadt  und  Herrschaft  Gera", 
sowie  Adler  in  „Opferstätten  der  Heiden  im  Orlagau",  S.  320, 
sprechen  von  dem  slavischen  Typus  und  den  abweichenden  Eigen- 
tĂĽmlichkeiten der  Einwohner  LiebengrĂĽns.  Bei  einer  Ortsbesichtigung 
LiebengrĂĽns  fiel  mir  auf,  daĂź  zwar  keine  Spur  eines  frĂĽheren  Bund- 
lings  zu  erkennen  war,  daĂź  aber,  ganz  abweichend  von  der  Dorfanlage 
deutscher  Orte,  die  Feldlage  an  slavische  Art  erinnert;  denn  um 
das  Dorf  liegen  nur  Gärten,  und  nirgends  kann  der  Eigentümer  am 
Hof  oder  am  Garten  den  Pfiug  einsetzen  und  bis  zur  Flurgrenze 
ackern;  nach  deutscher  Art;  es  liegen  vielmehr  die  Acker  in  ge- 
sonderten Komplexen  weiter  ab  vom  Dorfrain! 

Vielleicht  hatte  sich  der  Vorgang  bei  der  GrĂĽndung  oder 
Neubesiedelung  des  Ortes  so  abgespielt,  daĂź  neben  dem,  durch 
Deutsche  neu  angelegten,  frĂĽher  slavischen  Ort  LiebschĂĽtz,  unter- 
worfene Sorben  in  dem  höher,  also  ungünstiger  liegenden  Lieben- 
grĂĽn angesiedelt  wurden,  welche  Frondienste  zu  leisten  hatten. 
Dann  aber  mag  durch  ein  allgemeines  Sterben,  wie  z.  B.  des  so- 
genannten schwarzen  Todes,  der  zwischen  1340—1350  grassierte,  die 
Bevölkerung  stark  reduziert  worden  sein,  und  man  sah  sich  zur 
Herbeiführung  von  Kolonisten  aus  weiterer  Ferne  genötigt.    Waren 


1)  Weim.  Landger.  L.  4. 


216  Miszellen. 

diese  Zuwanderer  Franken,  so  gaben  sie  dem  Ort  den  Namen  mit 
der  Endung  „grün",  die  sonst  hier  nicht  gebräuchlich  ist.  Ihnen 
muĂźten  nun  besondere  Rechte  und  VergĂĽnstigungen  zuteil  werden, 
wie  eigene  Gerichtsbarkeit,  Brauen,  Mälzen,  Schenken  und  etwas 
Jagd.  Vermutlich  waren  auch  Bergleute  unter  ihnen,  denn  Regel1) 
behauptet,  es  seien  in  der  Nähe  von  Liebengrün  alte  Bergwerke  ge- 
wesen, in  denen  silberhaltiger  Bleiglanz  und  geringwertiger  Schiefer 
gewonnen  wurde.  —  Die  Dorfanlage  wurde  nun  auf  deutsche  Art 
geformt,  aber  die  Feldlage  ließ  sich  nicht  mehr  ändern. 

Schulze,  in  seiner  „Germanisierung  und  Kolonisierung  des  Vogt- 
landes", spricht  sich  dahin  aus,  daĂź  zwischen  1100  und  1122  die 
mit  Land  belehnten  deutschen  Edlen  andere  Sippen  heranzogen  und 
Einzelhöfe  und  Dörfer  anlegten ;  es  ergaben  sich  so  Orte  mit  Ober- 
und  Nieder-.  Die  Sorbenwenden  wurden  schon  um  1209  gezwungen, 
den  Wald  zu  roden  und  sich  dort,  also  auf  den  Höhen,  die  sie 
bisher  gemieden  hatten,  niederzulassen.  Der  Boden  war  dort  zu- 
nächst von  geringerer  Tragfähigkeit,  auch  fehlte  es  meist  an  Wasser» 
das  Klima  wTar  rauher,  die  Kindersterblichkeit  größer !  Der  sorbische 
Häuptling  oder  Adel  wurde  nicht  mehr  anerkannt,  das  ganze  Volk 
als  Hörige  behandelt,  wohnte  abseits  des  Rittergutes  und  verrichtete 
die  Frondienste  daselbst. 

Wenn  neuere  Forscher  annehmen,  daß  die  slavische  Bevölkerung 
ausgerottet  worden  sei,  so  muĂź  doch  darauf  hingewiesen  werden,  daĂź 
von  einer  derartigen  Vernichtung  nach  beendigtem  Kampfe  nichts 
bekannt  ist;  daĂź  ĂĽberall  slavische  Orts-  und  Flurnamen  vorhanden 
sind  in  groĂźer  FĂĽlle,  die  sich  ohne  einen  slavisch  sprechenden  Be- 
völkerungsteil gar  nicht  überliefert  denken  läßt;;  und  endlich  spricht, 
neben  vielen  Sagen  und  mĂĽndlichen  Ăśberlieferungen,  auch  noch  das 
Faktum,  daĂź  bis  1327  die  sorbisch-wendische  Sprache  vor  Gericht 
geduldet  wurde  und  erst  dann  ein  Verbot  erfolgte  mit  der  Motivie- 
rung: „daß  man  dieselbe  gleichsam  zum  Eckel  habe"2). 

Aus  allen  Ermittelungen  lieĂź  sich  nirgends  ersehen,  daĂź  Lieben- 
grĂĽn frĂĽher  von  einem  Adelsgeschlecht  gleichen  Namens  gegrĂĽndet 
oder  auch  nur  bewohnt  worden  sei;  es  lieĂź  sich  niemals  eine  An- 
deutung finden,  daß  adlige  Höfe  im  Ort  sich  befanden  oder  Frei- 
höfe; ja  es  kommen  adlige  Personen  überhaupt  darin  nicht  vor; 
einzig  und  allein  scheint  die  Familie  Ratzenberg,  die  frĂĽher  dem  Adel 


1)  Fritz    Regel,    ThĂĽringen,    im     geographischen    Handbuch, 
Jena  (G.  Fischer)  1895,  II,  S.  590,  u,  III,  S.  115  u.  126. 

2)  Gerbst  in:  „Zwickau",  S. 56,  und  Paul  Quade,  in:  „Belzig", 
S.  18. 


Miszellen.  217 

angehörte ,  verarmt  im  Bauernstand  vorzukommen ;  man  traf  sie 
unter  dem  Adel  der  Gegend  Gräfenthal  an. 

Zur  Aufklärung  nach  Nürnberg  an  das  Kreisarchiv  gerichtete 
Anfragen  wiesen  nach,  daĂź  Meyer  in  seinen  Hohenzollernschen 
Forschungen x)  das  Landbuch  von  Hof  des  Jahres  1502  abgedruckt 
hat  und  darin  den  Ort  Liebengrün  erwähnte.  Das  Original  sollte 
im  Kreisarchiv  Bamberg  liegen.  Aus  Bamberg  kam  nun  die  Nach- 
richt, daĂź  auĂźer  dem  Original  noch  2  gleichalterige  Kopien  dort 
verwahrt  werden,  aber  in  allen  3  Dokumenten  stehe  ganz  deutlich 
und  übereinstimmend  nicht  „Liebengrün,  sondern  Tiebengrün"! 

Danach  muß  Meyer  wohl  falsch  gelesen  haben !  Wörtlich  lautet 
der  Text:  „Tibengrün,  ein  Pauer  Branser,  ein  Virtei  Vogthafer  dem 
Untervogt  des  Hofer  Amptshauptmanns  zustehend" ;  und  „Tyben- 
grĂśD;  in  dem  Dorf  haben  die  vom  Perg  4  Mannschaft;  Contz 
von  Zedwitz,  2  Mannschaft;  Heinrich  Gailsdorfer  4  Mannschaft; 
ist  das  Gericht  meins  gnedigen  Herrn  (d.  h.  des  Markgrafen 
Friedrich);   gehört  gegen  Hof,  und  ist  das  Lehen  der  von  Geraw!" 

DaĂź  auch  Limmer,  in  seinem  Entwurf  einer  urkundlichen  Ge- 
schichte des  Vogtlandes2)  LiebengrĂĽn  in  einer  anderen  Urkunde, 
oder  im  Regest  derselben,  im  Schleizer  fĂĽrstlichen  Hausarchiv  las, 
ist  merkwĂĽrdig.  In  dem  heute  nur  noch  erhaltenen  Regest  heiĂźt 
es  nun :  „1377  Ludwig  v.  Spangenberg,  Comtur  zu  Schleiz,  belehnt, 
mit  Genehmigung  des  Landcompturs  von  ThĂĽringen ,  Friedrich 
von  LiebengrĂĽn,  und  in  Mitwissenschaft  des  Nicolaus  von  Torgau, 
Pfarrers  zu  Schleiz,  und  Hansens  von  Klettstadt,  Pfarrers  zu  Tanna, 
—  der  Kirche  zu  Tanna,  einen  jährlichen  Zins  von  12  Schillingen 
Heller,  von  einer  halben  Hufe,  welche  zwei  BrĂĽder  Hammer  zu 
Seubtendorf  und  Tanna  besaĂźen." 

Um  die  Schreibweise  des  Namens  dieses  Landkomturs  fest- 
zustehen, lieĂź  ich  das  Kopialbuch  der  Bailei  ThĂĽringen  des  Deutchen 
Ordens  aus  dem  Kgl.  preuĂź.  Staatsarchiv  Magdeburg3)  mir  zu- 
senden, welches  mit  dem  1392  angelegten  Original  gleichzeitig  be- 
gonnen wurde !  Leider  war  auch  dieser  Versuch  vergeblich  gemacht, 
denn  Friedrich  von  LiebengrĂĽn  oder  TibengrĂĽn  wird  darin  nicht  er- 
wähnt, was  sich  daraus  erklärt,  daß  es  sich  in  diesem  Kopiar  nur 
um  eine  Anzahl  von  Urkunden  handelt,  die  den  Komturhof 
Altenburg  oder  Plauen  näher  betreffen  und  anscheinend  durchaus 
nicht  lĂĽckenlos  sind. 

So  viel  lieĂź  sich  aber  feststellen,  in  Verbindung  mit  den  An- 


1)  Bd.  3.  S.  449  u.  IV. 

2)  Bd.  2,  S.  626. 

3)  Kop.  1945,  Original  Dresd.  St.Arch.,  Abt.  14,  Bd.  64. 


218  Miszellen. 

gaben  von  Longolius1),  daĂź  als  Landkornture  von  ThĂĽringen  in  jener 
Zeit  urkundlich  vorkommen :  1366,  22.  II.  ein  Zollner  von  Rotenstein 
und  1379,  10.  VIII.  Friedrieh  Reussen;  zwischen  beiden  kann  die 
Amtsperiode  dieses  Friedrich  von  TibengrĂĽn  gelegen  haben. 

Das  Dorf  Tiefengrün  —  diese  Schreibweise  kommt  gleichzeitig 
vor  —  Hegt  im  Bezirksamt  Hof,  zur  Pfarrei  Berg  gehörig,  an  der 
StraĂźe  von  Berg  nach  Hirschberg,  und  wurde  seinerzeit  zu  4  Amts- 
höfen gerechnet,  welche  ritterschaftlich  waren.  —  Noch  1610  wohnte 
dort  eine  adlige  Familie.  Die  v.  Dobeneck  hatten  dort  noch  1656 
ein  Gut;  ein  Teil  kam  zu  GottmannsgrĂĽn. 

In  TiefengrĂĽn  besaĂźen  die  von  Dobeneck  lange  Zeit  Grund- 
besitz ;  man  findet  in  deren  Familiengeschichte 2)  einige  Regesten 
abgedruckt ;  es  sind  folgende : 

1302.  Heinrich,  Vogt  von  Gera,  verkauft  dem  Ulrich  Sack  das 
SchloĂź  Sparrenberg  mit  den  FreigĂĽtern  im  Dorfe ;  ferner  den  Zehnten 
in  Tifengrün  und  einen  Wald,  „die  Heyde"  genannt;  endlich  3  Lehns- 
männer in  Langgrün.  (Quelle:  Chlodwig  v.  Reitzenstein,  Fam.- 
Gesch.  der  v.  Reitzenstein,  Bd.  1.) 

1439,  9.  X.  Heinrich,  Herr  zu  Gera  und  Lobenstein,  belehnt 
Else  Sommer  mit  GĂĽtern  zu  HartmannsgrĂĽn,  Schnarchenreuth,  MoĂź, 
Tybengrune,  Modelreuth,  Gebersreuth,  Radenacker  und  Frössen, 
welche  ihr  Nickel  von  Dobeneck  fĂĽr  500  fl.  auf  Widerkauf  ver- 
kauft hatte.  (Quelle:  Schleiz  F.  H.-Arch.  G.  A.  H.  Invent.  I,  Tit.  X, 
No.  29,  Orig.  Pergam.) 

1527  wird  Wilhelm  III.  v.  Dobeneck  mit  einem  Gut  zu  Tiefen- 
grĂĽn belehnt  (Fam.-Gesch.  v.  Dobeneck,  p.  53,  54). 

1535,  4.  IL  Ursula  von  Dobeneck,  Ă„btissin  und  Konont  des 
Clara-Ordens  zu  Hof,  beschweren  sich  bei  Heinrich  dem  Alteren,  Herrn 
zu  Gera,  Schleiz  und  Lobenstein,  ĂĽber  Simon  Mang  von  Zedwitz  zu 
Isar,  welcher  zwei  GĂĽter  zu  TibengrĂĽn,  die  das  Kloster  von  den 
von  Berg  erkauft  hat,  unter  der  Bedingung,  daĂź  nur  der  von  Berg 
sie  ablösen  dürfe,  selber  ablösen  und  zu  sich  nehmen  will.  Er  ist 
kein  Erbe;  sie  bitten  um  einen  Schutzbrief  gegen  ihn3). 

1541 ,  19. 1.  wird  Wilh.  v.  Dobeneck  zu  Brandstein  und  seine  Vettern 
belehnt  mit  einem  Gut  und  einem  Teich  zu  TiefengrĂĽn;  desgleichen 
1598,   1599,   1605,  1607,   1610,   1621,  1654  werden  GĂĽter  und  dieser 


1)  Kopialbuch  v.  Plauen  (verloren),  in  Longolius,  Manuskript. 
Archiv  Bamberg,  Hist.  Katalog  441. 

2)  Fam.-Gesch.  der  v.  Dobeneck,  von  Dr.  Arnold  Frhr. 
v.  Dobeneck,  1906,  Schöneberg  b.  Berlin,  Gebh.  Jahn  u.  Landt, 
S.  53.  54.  64.  65.  116.  135.  172.  173.  330.  392. 

3)  Schleiz.  H.-A. 


Miszellen.  219 

Teich  erwähnt  und  noch  1759,  11.  I.  empfängt  der  Vormund  für 
Christophs  v.  Dobeneck  selig  Söhne  die  reußischen  Lehen  über 
TiefengrĂĽn *). 

Es  scheint  hiernach  hinreichend  erwiesen,  daĂź  es  schon  1302 
einen  Ort  namens  TifengrĂĽn  gab,  und  daĂź  sich  adlige  GĂĽter  in 
demselben  befanden ;  man  kann  daher  wohl  als  sicher  annehmen, 
daĂź  der  urkundlich  vorkommende  Landkomtur  v.  ThĂĽringen  auch 
Friedrich  von  TifengrĂĽn  hieĂź;  seiner  wird  anscheinend  nicht  weiter 
erwähnt,  und  sein  Geschlecht  scheint  mit  ihm  oder  bald  nachher  er- 
loschen zu  sein. 


IV. 
Erklärung  zu  dem    von  Herrn  Archivrat  Schmidt  im  27.  Band 
dieser  Zeitschrift  veröffentlichten    Aufsatz   „Nochmals   die   Aus- 
grabung im  Kloster  Cronschwitz,  eine  Verteidigung". 

Von  Prof.  Dr.  W.  C.  Pfau  in  Eochlitz. 

Die  Art  der  oben  genannten  Studie  veranlaĂźt  mich,  leider  noch- 
mals auf  die  Cronschwitzer  Angelegenheit  und  auf  die  Frage  ĂĽber 
die  Grabsteine  mit  dem  Kreuz  zurückkommen  zu  müssen.  Zunächst 
wenden  sich  Schmidts  AusfĂĽhrungen  in  dem  Hauptteil  der  Arbeit 
gegen  meinen  Aufsatz  im  25.  Band  dieser  Zeitschrift,  sodann  in  einem 
„Nachtrag"  besonders  gegen  meine  Darlegung  in  der  Chronik  über 
das  Kloster  Zschillen,  5.  Heft  des  Eochlitzer  Geschichtsvereins2). 
Zschillen  galt  als  Juwel  der  deutschherrlichen  Bailei  ThĂĽringen. 

Trotz  der  „Verteidigung"  Schmidts ,  in  welcher  der  geehrte 
Herr  Verfasser  über  meine  in  dieser  Sache  veröffentlichten  Arbeiten 
ziemlich  scharf  urteilt,  sehe  ich  mich  nicht  in  die  Lage  versetzt, 
etwas  von  meiner  Entgegnung  im  25.  Bd.  d.  Ztschr.  zurĂĽcknehmen 
zu  mĂĽssen.  Sachlich  begrĂĽndete  Bedenken  lassen  sich  nur  durch 
stichhaltige  Gegenbegründung  entkräften.  Die  Cronschwitzer  Aus- 
grabung konnte  doch  in  vieler  Hinsicht,  auch  in  bezug  auf  das  Erb- 
begräbnis der  Landvogtsfamilie,  meines  Erachtens  kein  sicheres  Er- 
gebnis zeitigen,  und  in  verschiedenen  Punkten  dieser  Angelegenheit 
darf  wohl  jeder  seine  eigene  Ansicht  haben.  Von  meiner  Anschauung 
betreffs   der  Cronschwitzer  Frage,  die  ich  in  meinen  frĂĽheren  Ver- 


1)  v.  Dobeneck,  Fam.-Gesch.,  S.  wie  ad  1). 

2)  In  vorliegender  Arbeit  abgekĂĽrzt:  Z.  Die  anderen  Ab- 
kĂĽrzungen sind:  V.  =  Voigt,  Geschichte  PreuĂźens  etc.,  Voigt  =  Voigt, 
Geschichte  des  deutschen  Bitterordens  etc.,  VoĂźberg  *=  VoĂźberg,  Ge- 
schichte der  preuĂźischen  MĂĽnzen  und  Siegel  etc. 


220  Miszellen. 

öffentlichungen  ausführlich  erörtert  und  begründet  habe,  gibt  Schmidts 
„Verteidigung"  nicht  immer  ein  klares  Bild;  da  ich  meine  Ansichten 
hier  nicht  noch  einmal  eingehend  darstellen  kann,  so  bitte  ich  die- 
jenigen geehrten  Leser,  welche  ein  besonderes  Interesse  an  der  Cron- 
schwitzer  Angelegenheit  haben,  bei  der  Lektüre  von  Schmidts  „Ver- 
teidigung" meine  früheren  einschlägigen  Arbeiten  zur  Vergleichung 
gĂĽtigst  heranziehen  zu  wollen.  Aus  einer  solchen  Vergleichung 
dĂĽrfte  sich  meines  Erachtens  von  selbst  ergeben,  daĂź  ich  mich  in 
manchen  Punkten,  in  welchen  mich  der  Herr  Archivrat  zurĂĽck- 
zuweisen sucht  und  auf  welche  ich  hier  nicht  weiter  eingehe,  nicht 
erst  zu  verteidigen  brauche,  schon  deshalb  nicht,  weil  ich  mitunter 
das  gar  nicht  „behauptet"  habe,  was  nach  Schmidt  als  eine  Be- 
hauptung von  mir  erscheinen  könnte.  Wenn  ich  wiederholt  in  meinen 
Aufsätzen  Bedenken  ausgesprochen  und  unter  Angabe  von  Gründen 
andere  Möglichkeiten  gegenüber  Schmidts  Auffassung  geltend  ge- 
macht habe,  so  habe  ich  damit  nicht  Behauptungen  von  Tatsachen 
aufgestellt.  Mehrfach  zitiert  Schmidt  ungenau  Stellen  aus  meinen 
Abhandlungen;  auf  S.  436  fĂĽhrt  er  einen  Satz  aus  meiner  frĂĽheren 
Arbeit,  der  ihm  „unverständlich"  wäre,  an  und  spricht  sich  über 
denselben,  der  nach  der  Darstellung  des  Herrn  Archivrats  eine  An- 
sicht von  mir  ausdrĂĽcken  mĂĽĂźte,  weiter  aus.  Der  Satz  ist  aber 
einer  Stelle  entnommen,  wo  ich  Schmidts  eigene  Anschauung  auf 
Grund  seiner  frĂĽheren  Angaben  (XXIV,  S.  384  f.)  wiedergegeben 
habe,  und  enthält  somit  gar  nicht  meine  Auffassung.  Eine  Reihe 
von  Einzelheiten,  welche  ich  im  25.  Bd.  ds.  Ztschr.  nicht  oder  nicht 
ausfĂĽhrlich  behandelt  habe,  sind  in  meiner  Zschillener  Chronik  im 
letzten  Kapitel  miterörtert.  Zur  Ergänzung  meiner  früheren  Aus- 
lassungen und  zur  Richtigstellung  möchte  ich  hier  noch  einige 
wenige  Angaben  zu  Schmidts  „Verteidigung"  beifügen;  ich  kann 
leider  nicht  auf  alle  Einwände  im  einzelnen  eingehen,  da  mir  hier 
in  der  Zeitschrift  nicht  der  genĂĽgende  Baum  zur  VerfĂĽgung  steht. 
Meine  Ansicht,  daĂź  der  in  Cronschwitz  aufgefundene  Steinsarg 
mit  groĂźer  Wahrscheinlichkeit  die  Leiche  des  Landmeisters  um- 
schlossen haben  dürfte,  begründete  ich  mit  durch  die  Erörterung 
ĂĽber  die  Lage  dieses  FundstĂĽckes  in  der  Kirche;  wenn  Schmidt 
neuerdings  (S.  439)  mitteilt,  der  Steinsarg  hätte  nördlicher  als  der 
sogenannte  Landmeisterstein  gestanden,  so  stimmt  diese  Angabe 
meines  Erachtens  durchaus  nicht  zu  dem  von  Schmidt  heraus- 
gegebenen Situationsplan. 

Die  Ansicht,  daĂź  der  von  Schmidt  als  Erbgruft  angesprochene 
Baum  als  ein  NebengelaĂź  der  Kirche,  aber  nicht  als  Apsis,  angelegt 
sein  kann,  halte  ich  aufrecht.  Wenn  Schmidt  in  dieser  Angelegen- 
heit eine  neue  Auffassung  entwickelt  und  zu  begrĂĽnden  sucht,  so 


Miszellen.  221 

dürften  sich  verschiedene  einschlägige  Ausführungen  (z.  B.  die  Kirche 
ist  auf  dem  Siegel  von  der  Nordwestseite  dargestellt,  das  Walmdach 
bedingt  doch  einen  romanischen  oder  gotischen  ChorabschluĂź)  schwer- 
lich als  richtig  erweisen ;  auch  kann  ich  Schmidts  BegrĂĽndung  seiner 
Ansicht  über  die  Stärke  der  sogenannten  Scheidewand  aus  archi- 
tektonischen Erwägungen  nicht  beipflichten. 

Meine  Anschauung,  daß  in  Cronschwitz  auch  in  späterer  Zeit 
Deutschherren  begraben  sein  können,  habe  ich  in  der  Zschillener 
Chronik  (S.  429  f.)  begrĂĽndet ;  es  lagen  in  Cronschwitz  auch  Ritter  be- 
erdigt, von  denen  gar  nichts  bekannt  ist,  daĂź  sie  Insassen  des 
Klosters  waren.  Schmidts  Angabe,  daĂź  keine  Deutschherren  in 
Cronschwitz  urkundlich  nachweisbar  sind,  dĂĽrfte  wohl  noch  keinen 
sicheren  Beweis  dafĂĽr  erbringen,  daĂź  dort  Deutschherren  nicht  weilen 
durften;  hat  doch  Schmidt  meines  Wissens  fĂĽr  Cronschwitz  auch 
noch  keinen  Weltgeistlichen  ermittelt,  trotzdem  nach  dem  Vertrag 
von  1500  den  Weltgeistlichen,  die  im  Kloster  amtierten,  auĂźerhalb 
von  dessen  Mauern  eine  eigene  Behausung  geschaffen  werden  muĂźte 
(Z,  S.  430).  Neuerdings  gibt  Schmidt  (S.  438)  an,  daĂź  das  Wort 
„domus"  in  der  Legende  des  im  14.  Jahrhundert  noch  vom  Kloster 
gebrauchten  Siegels  (CONVENTVS  •  DOMVS  •  SCE  •  MARIE)  darauf 
deuten  könnte,  daß  die  Stiftung  ursprünglich  als  ein  Deutschherren- 
haus gedacht  war.  Wenn  dies  merkwürdige  „domus"  Deutschherren- 
beziehungen angibt,  so  kann  ich  mir  nicht  recht  denken,  daĂź  der 
Konvent  das  Siegel  so  lange  fortführte,  falls  er  kein  Verhältnis  zum 
Deutschherrenorden  weiter  unterhielt. 

Die  Polemik  ĂĽber  die  Cronschwitzer  Angelegenheit  und  die 
Grabsteine  mit  dem  Kreuz  ist  dadurch  hervorgerufen  worden,  daĂź 
zwei  im  Kloster  aufgefundene  Grabplatten  mit  dem  Kreuz  den 
Konventsstiftern,  Heinrich  und  Jutta,  zugesehrieben  wurden,  wobei 
Schmidt  eine  Ansicht  von  mir  als  „entschieden"  irrtümlich  hin- 
stellte. In  seinem  letzten  Aufsatz  kommt  der  Herr  Archivrat  auf 
diese  Steine  zurĂĽck.  Nach  seiner  frĂĽheren  Mitteilung  war  auf  dem 
sogenannten  Juttastein  die  Wappenfigur  in  dem  Schild  (?)  „sehr 
undeutlich",  und  die  von  Schmidt  veröffentlichte  Photographie,  die 
im  AnschluĂź  an  die  Ausgrabung  1905  gemacht  war,  lieĂź  meines  Er- 
achtens  ein  Wappenbild  nicht  erkennen.  Schmidt  sagte  in  seinem 
damaligen  Aufsatz  (S.  373):  „Mit  Photographie  und  Lupe  glaube 
ich  auf  ihm  einen  rechts  blickenden  Adler  zu  entdecken."  Nach 
diesem  Wortlaut  muĂź  man  doch  wohl  annehmen,  daĂź  Schmidt  selbst 
nicht  sicher  war,  ob  das  Bild  vorlag,  das  schon  damals  sich  mit 
bloĂźem  Auge  auf  dem  Stein  nicht  erkennen  lieĂź.  In  seiner  neueren 
Arbeit  berichtet  Schmidt,  daĂź  er  und  noch  andere  das  Bild  gesehen 
haben  (S.  443).    Ich  habe  im  Sommer  1906  keine  Spur  eines  Wappen- 


222  Miszellen. 

bildes  auf  dem  Stein  bemerkt ;  diesen  Umstand  erklärt  Schmidt  mit 
der  eingetretenen  Verwitterung,  die  demnach  sehr  schnell  vor  sich 
gegangen  sein  mĂĽĂźte.  Weiter  stellt  Schmidt  jetzt  (S.  443)  meine 
Angabe,  daĂź  der  untere  Strich  des  Kreuzarmes  durch  das  Schild 
hindurchgehe,  als  „nicht  richtig"  hin,  obgleich  der  Herr  Archivrat 
frĂĽher  (S.  369)  selbst  mitgeteilt  hat,  daĂź  der  Strich  durch  das 
Schildfeld  geht,  wie  dies  auch  die  Photographie  ziemlich  genau  zeigt. 
DaĂź  der  betreffende  Querarm  nicht  durch  das  Schild  verlaufe,  habe 
eine  nochmalige,  sorgfältige  Untersuchung  ergeben.  Ich  kann  nicht 
recht  einsehen,  daĂź  der  Stein  bei  seiner  schnellen  Verwitterung,  die 
das  Wappenbild  verschwinden  lieĂź,  gerade  den  fraglichen  Strich 
für  eine  spätere  Nachprüfung  unangetastet  überliefert  haben  soll. 
Auf  Grund  des  verschwundenen  Wappenbildes  wird  Heinrichs  Ge- 
mahlin Jutta  als  eine  Vögtin  von  Straßberg  angesprochen;  meines 
Erachtens  hegt  aber  doch  noch  gar  kein  Grund  vor,  den  Stein  einer 
„Jutta"  zuzuschreiben,  selbst  wenn  das  Wappen  das  Straßbergische 
war.  Wenn  Schmidt  weiter,  um  meine  Erörterungen  über  den 
„Juttastein"  zu  entkräften,  annimmt,  derselbe  wäre  erst  in  nach- 
katholischer Zeit  als  Treppenstufe  in  der  Kirche  versetzt,  und  dies 
mit  dem  Hinweis  begründet,  der  Stein  müßte  sonst  „mehr  abgelaufen 
sein"  (S.  442),  so  kann  ich  diesen  Einwand  nicht  als  stichhaltig  an- 
erkennen. Die  Platte  lag  in  einer  VerbindungstĂĽr  zwischen  zwei 
Nebenräumen  (nach  Schmidt  herrschaftliche  Meßkapelle  und  Erb- 
begräbnis); über  die  Stufe  ist  demnach  offenbar  nur  sehr  wenig 
Verkehr  gegangen :  dieselbe  konnte  also  doch  wohl  viele  Jahrzehnte 
in  klösterlicher  Zeit  an  Ort  und  Stelle  ruhen,  ohne  merklich  ab- 
genĂĽtzt zu  werden.  Schmidts  Berechnung  ĂĽber  die  ursprĂĽngliche 
Breite  der  Platte  (S.  443)  dĂĽrfte  nicht  durchaus  richtig  sein,  da  er 
dabei  die  Breite  des  Kreuzstammes  nicht  berĂĽcksichtigt. 

In  seinem  „Nachtrag"  wendet  sich  Schmidt  gegen  meine  Aus- 
fĂĽhrungen ĂĽber  die  Grabsteine  mit  dem  Kreuzbild,  welche  ich  in 
der  Zschillener  Chronik  im  letzten  Kapitel  veröffentlicht  habe.  Auch 
in  dieser  Abhandlung  Schmidts  finden  sich  mehrfach  irrige  Angaben, 
und  die  Einwände  dürften  meines  Erachtens  öfters  nicht  zutreffend 
sein.  Ich  kann  auch  hier  leider  nur  einige  Einzelheiten  heraus- 
greifen. 

Schmidt  wendet  z.  B.  ein,  daĂź  im  Ordensland  PreuĂźen  nur 
wenige  deutschherrliche  Grabsteine  bekannt  seien  (S.  450).  Meines 
Erachtens  kann  aber  gerade  das  Ordensland  PreuĂźen  fĂĽr  die  ein- 
schlägige Forschung  wenig  in  Frage  kommen,  schon  deshalb,  weil 
dort  die  deutschherrliche  Kultur  in  den  zahlreichen  Kriegen  des 
Ordens  mit  Polen  fast  ganz  vernichtet  wurde,  wie  Voigt  im  8.  und 
9.  Band  seiner  preuĂźischen   Geschichte   eingehend  schildert.    Beim 


Miszellen.  223 

Abschluß  des  Thorner  Vertrages,  1466,  waren  von  21  000  Dörfern, 
welche  das  ürdensland  vorher  wohl  zählte,  nur  noch  3013  da; 
1019  Kirchen  waren  verwĂĽstet  und  die  anderen  ausgeraubt  (V.  8, 
S.  705).  Die  Feindseligkeiten  dauerten  trotzdem  fort,  und  der  Orden 
war  so  verarmt,  daĂź  die  BrĂĽder  mitunter  kaum  ihr  Leben  zu  fristen 
vermochten.  Dem  Vorkämpfer  des  Ordens,  B.  v.  Zinnenberg,  konnte 
1470  aus  Armut  „nicht  einmal  eine  geziemende  Bestattung  her- 
gerichtet" werden  (V.  9,  S.  29).  Ăśberdies  sind  selbst  in  neuerer  Zeit 
in  Preußen  noch  deutschherrliche  Denkmäler  verloren  gegangen. 

Ăśber  das  Aussehen  der  Grabsteine  der  Hochmeister  und  anderer 
hervorragender  Würdenträger  wissen  wir  auf  Grund  der  erhaltenen 
Stücke ,  daß  diese  Denkmäler  regelmäßig  die  Persönlichkeit  eines 
solchen  Verstorbenen,  sei  es  durch  Nennung  des  Namens  oder  durch 
Ăśberlieferung  seines  Wappens,  durch  bildliche  Darstellung  des  Ver- 
blichenen, kenntlich  machten,  wie  dies  auch  die  von  Schmidt  an- 
gefĂĽhrten Steine  (S.  452)  ausweisen.  Eeich  ausgefĂĽhrte  Deutschherren- 
steine von  Gebietigern  kommen  schon  seit  dem  13.  Jahrhundert  vor; 
wenn  daneben  mitunter  auch  einfache  Steine  von  hochgestellten  Ordens- 
leuten auftreten,  so  kann  die  ärmere  Ausstattung  dieser  Platten 
schwerlich  ohne  weiteres  in  allgemeinen  Ordensgepflogenheiten  ge- 
sucht werden,  vielmehr  dürften  in  den  einzelnen  Fällen  besondere 
GrĂĽnde  mitsprechen.  Einen  sehr  einfachen  Stein  erhielt  z.  B.  Hein- 
rich v.  Plauen,  f  1429;  dieser  Herr  war  nur  kurze  Zeit,  1410—13. 
Hochmeister,  wurde  seines  Amtes  entsetzt  und  verwaltete  dann  „das 
dĂĽrftige  Komthureiamt  auf  der  Engelsburg"  (V.  7,  S.  221  f.).  Zu 
Heinrichs  Zeit  war  der  Orden  in  PreuĂźen  schon  bedeuklich  in  Verfall 
geraten. 

Der  Stein  in  Cronschwitz,  welcher  als  Denkmal  auf  den  Land- 
meister Heinrich  von  Weida,  f  1249,  angesprochen  wird,  weist  nur 
ein  Kreuz,  aber  keinen  Namen,  kein  Wappen  auf;  ich  kann  diese 
dĂĽrftige  Platte  nach  meinen  frĂĽheren  BegrĂĽndungen  (z.  B.  Z,  S.  431  f.) 
nicht  für  das  Denkmal  eines  höheren  deutschherriichen  Würden- 
trägers ansehen.  Schmidt  wendet  sich  besonders  gegen  meine  An- 
sicht, daĂź  auf  Grabsteinen  ritterlicher  Deutschherren,  zumal  auf 
Denkmälern  vornehmer  Gebietiger,  Wappen  zu  erwarten  wären; 
seiner  Meinung  nach  haben  „ein  persönliches  Wappen  in  Preußen 
bis  in  16.  Jahrhundert  selbst  die  Hochmeister  nicht  gefĂĽhrt"  (S.  452). 
Diese  Angabe  dĂĽrfte  aber  schwerlich  richtig  sein ;  vielmehr  ist  wohl 
aus  folgendem  anzunehmen,  daĂź  die  ritterlichen  Deutschherren  ihr 
angestammtes  Wappen  auch  im  Orden  gelegentlich  zur  Geltung 
brachten.  Die  1266  vom  Markgrafen  Otto  von  Brandenburg  ge- 
grĂĽndete und  nach  ihm  benannte  Komturei  Brandenburg  am  Frischen 
Haff  fĂĽhrte,  wie  ein  Siegel  von   1440   ausweist,   das   Wappen   des 


224  Miszellen. 

Stifters,  den  brandenburgischen  Adler  (VoĂźberg,  S.  34,  Tafel  14). 
An  dem  Grabmal  des  1241  verschiedenen  Hochmeisters  Conrad  von 
Thüringen  ist  neben  dem  Ordensschild  das  persönliche  Wappen  des 
Verstorbenen  angebracht.  Schmidt  meint  betreffs  dieses  Grabsteines 
(S.  451),  ich  hätte  übersehen,  daß  letzterer  wohl  von  einem  italieni- 
schen Meister  stamme  und  es  daher  fraglich  sei,  ob  das  Denkmal 
„den  sonstigen  Gepflogenheiten  des  deutschen  Ordens"  entsprochen 
habe.  Dieser  Einwand  ist  schwerlich  berechtigt.  Der  deutsche 
Orden  ist  doch  nicht  fĂĽr  Deutschland  gegrĂĽndet ;  die  Ordensstatuten 
und  -gewohnheiten  galten  für  viele  Länder.  Im  13.  Jahrhundert 
entwickelte  sich  Italien  geradezu  zum  Hauptland  der  Bruderschaft, 
denn  seit  1291  galt  Venedig  als  Haupthaus  des  Ordens,  und  schon 
vorher  waren  die  Hochmeister,  von  denen  Hermann  von  Salza  1239 
in  Salerno,  Konrad  von  ThĂĽringen  in  Rom  1241  starb,  viel  in  Italien 
beschäftigt.  Wenn  ein  Meister  aus  einem  Land,  das  damals  so  un- 
gemein wichtig  fĂĽr  den  Orden  war,  den  betreffenden  Grabstein  wirk- 
lich geschaffen  hätte,  was  aber  noch  nicht  bewiesen  ist,  so  ließe 
sich  doch  gar  nicht  einsehen,  weshalb  nun  derselbe  den  Bruder- 
schaftsgepflogenheiten nicht  sollte  entsprochen  haben.  Auf  dem 
Grabmal  des  Komturs  K.  v.  Liebenstein  (f  um  1392)  in  Neumark 
sind  die  Ahnenwappen  angebracht,  ebenso  weist  der  Grabstein  des 
thüringischen  Landkomturs  N.  v.  Uttenrot  (f  1458)  in  Nägelstädt 
ein  persönliches  Wappen  auf  (Bau-  und  Kunstdenkmäler  d.  Prov. 
Sachsen,  H.  2,  S.  62).  Auf  der  dortigen  Glocke  kommt  in  der  Um- 
schrift zweimal  nebeneinander  das  Kreuz  in  der  Form  vor,  wie  es 
die  Deutschherren  auf  der  Kleidung  trugen.  DaĂź  der  Landmeister 
H.  v.  Weida  kein  Wappen  gehabt  hätte,  ist  meines  Erachtens  nicht 
bewiesen,  und  er  konnte  sehr  wohl  eins  auf  den  Grabstein  bekommen 
(Z,  S.  431  f.). 

Schmidts  Behauptung  (S.  454),  alle  Komtureien  hätten  das 
Kreuz  als  HeroldsstĂĽck  im  Wappen  gefĂĽhrt,  ist  nicht  richtig.  Die 
Wappen  vieler  Komtureien  sind  ĂĽberhaupt  nicht  bekannt.  Nach 
VoĂźberg  haben  viele  nicht  das  Kreuz  im  Siegelbild,  sondern  andere 
Figuren,  denen  mitunter,  aber  nicht  immer,  ein  kleines  schwebendes 
Kreuz  beigefĂĽgt  ist. 

Schmidt  gibt  weiter  (S.  451)  an,  ich  hätte  seine  Stifterstein- 
theorie entstellt,  da  er  seine  Kreuze  unter  BerĂĽcksichtigung  der 
Form  datiert  habe,  während  ich  behauptete,  sie  ließen  sich  in  der 
einfachen  Form  regelmäßig  nicht  der  Zeit  nach  bestimmen.  Ich 
habe  mich  in  dieser  Angelegenheit  keiner  Entstellung  schuldig  ge- 
macht und  ich  behaupte  weiter,  daĂź  ein  einfaches  Kreuz,  wenn  es 
keine  charakteristische  Verzierung  wie  Maßwerk  u.  ä.  besitzt,  also 
nur   eine  Kreuzgrundform   aufweist   —   und   solcher  Kreuze  führt 


Miszellen.  225 

Schmidt  eine  ziemliche  Reihe  an  —  zeitlich  nicht  näher  zu  be- 
stimmen ist.  DaĂź  das  Kreuz  auf  dem  sogenannten  Landmeisterstein 
zu  Cronschwitz  nicht  spätromanisch  zu  sein  braucht,  habe  ich 
schon  in  meinem  ersten  Aufsatz  ĂĽber  Cronschwitz  (S.  367)  nach- 
gewiesen. 

Auf  Grund  verschiedener  Erwägungen  vertrete  ich  die  Ansicht, 
daĂź  die  Steine  mit  einer  Kreuzgrundform  nicht  unbedingt  der  roma- 
nischen Zeit  zuzuschreiben  sein  dürften,  sondern  auch  der  späteren 
mittelalterlichen  Periode  angehören  können.  Schmidt  weist  nun 
(S.  455)  darauf  hin,  ich  hätte  doch  selbst  angegeben,  daß  das  Fuß- 
kreuz auch  auf  preuĂźischen  Ordensbrakteaten  vorkomme.  Letzterer 
Umstand  bestätigte  gegen  mich  Schmidts  Auffassung,  wonach  die 
Kreuze  ein  höheres  Alter  besäßen ;  denn  nach  Schmidt  gehören  diese 
HohlmĂĽnzen  dem  13.  Jahrhundert  an.  Ich  kann  mich  in  dieser 
Angelegenheit  nur  an  die  erste  Autorität  für  mittelalterliche  Deutsch- 
herrenmĂĽnzen halten,  an  VoĂźberg.  Dieser  weist  aus  allerhand 
GrĂĽnden  (S.  84  ff.)  nach,  daĂź  der  Deutschorden  in  PreuĂźen  vor  der 
zweiten  Hälfte  des  13.  Jahrhunderts  überhaupt  nicht  geprägt  haben 
kann,  daĂź  sich  die  Jahrhunderte,  aus  welchen  die  Ordensbrakteaten 
stammen,  meist  nicht  angeben  lassen,  daĂź  jahrhundertelang,  seit 
ältester  Zeit  bis  in  das  16.  Jahrhundert,  die  Hohlmünzen  gleich 
altertĂĽmlichen  Typus  aufweisen,  daĂź  verschiedene  offenbar  noch  dem 
letzteren  Jahrhundert  angehören  (S.  87).  Also  sprechen  doch  diese 
HohlmĂĽnzen  eher  fĂĽr  meine  Ansicht. 

Weiter  soll  ich  mich  in  meiner  Ansicht,  manche  Grabsteine 
könnten  der  nachromanischen  Zeit  angehören,  selbst  schlagen  (S.  457), 
weil  ich  gesagt  habe,  daĂź  bei  den  Umbauereien  von  Kirchen  der 
Eochlitzer  Pflege  um  den  Ausgang  des  Mittelalters  \iele  alte 
romanische  WerkstĂĽcke  und  auch  Grabsteine  zu  baulichen  Zwecken 
verwendet  worden  seien.  Die  betreffenden  Umbauereien  in  der  ge- 
nannten Gegend  fallen  fast  durchweg  in  die  Zeit  um  1475 — 1530. 
DaĂź  dabei  WerkstĂĽcke  des  romanischen  Baubestandes  und  auch 
vorhandene  alte  Grabsteine  verbraucht  wurden,  ist  nachgewiesen; 
die  Grabplatten  brauchten  aber  doch  nicht  unbedingt  nur  romanisch 
zu  sein. 

Wenn  Schmidt  neuerdings  (S.  458)  die  DĂĽrftigkeit  der  angeblichen 
Platte  auf  Heinrich  von  Weida  besonders  damit  begrĂĽnden  will,  daĂź 
um  die  Todeszeit  dieses  Meisters  (1249)  „noch  strenge  Observanz 
der  Orden  und  besonders  des  Bettelordens,  dem  Cronschwitz  ge- 
hörte, welcher  auf  das  Gelübde  der  Armut  den  größten  Wert  legte", 
herrschte,  so  kann  ich  dieser  AusfĂĽhrung  schwerlich  irgendwelche 
Bedeutung  beimessen.  Es  ist  doch  zunächst  sehr  fraglich,  ob  der 
Bettelorden  etwas  mit  dem  Setzen  des  Denkmals  auf  den  deutsch- 
XXVIII.  15 


226  Miszellen. 

herrlichen  Landmeister  zu  tun  hatte.  Weiter  sind  die  eigenartigen 
Cronschwitzer  Klosterverhältnisse  zu  berücksichtigen,  wie  sie  sich 
aus  den  Konventsurkunden  ergeben.  Nach  letzteren  ist  das  Kloster, 
dessen  nachweisliche  Nonnen  fast  ausschlieĂźlich  dem  adligen  Stand 
angehörten,  nie  ein  wirkliches  Bettelordenskloster  gewesen,  denn  von 
Anfang  an  und  zu  allen  Zeiten  hat  es  GrundstĂĽcke  und  Zinsen  be- 
sessen und  erworben,  und  schon  frĂĽhzeitig  lassen  sich  sogar  Leib- 
renten einzelner  Schwestern  nachweisen.  Die  Vermögensverhältnisse 
entsprechen  demnach  der  Observanz  der  Bettelorden  gar  nicht,  wie 
auch  Schmidt  in  Bd.  16  d.  Zeitschr.,  S.  129,  131  hervorgehoben 
hat.  Am  allerfreiesten  muĂź  aber  die  Observanz  von  Cronschwitz 
zur  Zeit  des  Landmeisters  Heinrich  (-j-  1249)  und  seiner  Gemahlin 
(f  um  1270)  gewesen  sein,  wie  aus  einem  von  Schmidt  in  seinem 
Urkundenbuch  abgedruckten  Brief  des  Dominikanerprovinzials  um 
1275  hervorgeht,  in  welchem  Schreiben  die  Cronschwitzer  Schwestern 
gelobt  werden,  daĂź  sie  zu  einer  strengeren  Observanz  ĂĽberge- 
gangen seien. 

Weiter  wendet  sich  Schmidt  (S.  456)  gegen  meine  Ansicht,  daĂź 
es  auch  nicht-adlige  Bitterbrüder  gegeben  hätte,  und  zwar  mit  dem 
Hinweis  auf  die  Ordensstatuten,  wonach  der  aufzunehmende  Bruder 
aus  einem  adligen  deutschen  Geschlecht  stammen  muĂźte.  Diese 
Satzungen  können  in  derartigen  Angelegenheiten  nicht  allein  be- 
rücksichtigt werden.  Es  gab  Deutschherren  aus  allen  Ständen,  auch 
nichtdeutscher  Herkunft  (vgl.  Voigt,  I,  S.  266  ff.,  324;  V.  8,  S. 700; 
Z,  S.  337,  347  etc.).  Wenn  der  Herr  Archivrat  neuerdings  (S.  456)  be- 
hauptet, ich  hätte  seine  Ansicht  über  den  ßochlitzer  Heldrungen- 
stein nicht  berĂĽcksichtigt  und  widerlegt,  so  kann  ich  nur  sagen,  daĂź 
ich  die  Heldrungenangelegenheit  denkbar  ausfĂĽhrlich  behandelt  habe 
(Z,  S.  97,  417)  und  daĂź  ich  auf  Grund  der  Vergleichung  zweier  Kreuz- 
steine, von  denen  sich  der  eine  nach  der  Umschrift  datieren  läßt, 
Schmidts  Meinung  ĂĽber  das  Alter  des  Heldrungensteines  ablehnen 
mußte  (Z,  S.  428).  Übrigens  läßt  Schmidt  nunmehr  seine  Ansicht,  daß 
die  betreffende  Platte  sich  auf  den  Hochmeister  von  Heldrungen 
beziehe,  „glatt  fallen",  obschon  er  früher  diese  Anschauung  mit  zur 
BegrĂĽndung  seiner  Stiftersteintheorie  verwendet  hatte. 

S.  454  stellt  Schmidt  meine  AusfĂĽhrung  ĂĽber  einen  Egerer 
Grabstein,  auf  welchem  ein  Kreuz  ĂĽber  einem  Stern  eingehauen  ist, 
als  eine  „bewußte  Irreführung"  hin,  da  ich  Gradl,  Geschichte  des 
Egerlandes,  gekannt  habe.  Der  Herr  Archivrat  gibt  an :  „Pfau  ver- 
wechselt nämlich  hierbei  zunächst  die  Kreuzherren  und  Deutsch- 
ordensherren", wobei  Schmidt  unter  Kreuzherren  die  „Kreuzherren 
mit  dem  Stern"  meint,  denn  Deutschherren  werden  auch  ganz  ge- 
wöhnlich Kreuzherren  genannt.    Wenn   ich  in  dieser  Angelegenheit 


Miszellen.  227 

einen  Fehler  begangen  habe,  so  bin  ich  hierbei  von  Gradl  selbst 
irregefĂĽhrt  worden.  Nach  Gradls  Geschichte  gab  es  in  Eger  zur 
Pflege  des  Hospitalwesens  zwei  geistliche  Ritterorden :  .Deutschherren 
die  1258  zum  erstenmal  auftraten  und  seit  diesem  Jahr  zu  der 
Bailei  Thüringen  gehörten  (Voigt,  I,  S.  7),  sowie  Kreuzer  mit  dem 
Stern.  Nach  dem  Egerer  Stadtbrand  1270  grĂĽndete  der  Rat  neben 
dem  deutschherrlichen  Hospital  ein  Siechenhaus,  dessen  geistliche 
BrĂĽder  dann  mit  Genehmigung  der  Deutschherren  zu  den  Kreuzern 
mit  dem  Stern  ĂĽbertraten;  das  Siechenhaus  scheint  demnach  an- 
fangs mit  in  einem  Abhängigkeitsverhältnis  zu  den  Deutschherren 
gestanden  zu  haben.  Die  Kreuzer  mit  dem  Stern  spielten  anfangs 
keine  groĂźe  Rolle  in  Eger,  denn  Gradl  spricht  in  seiner  Geschichte 
nur  wenig  von  ihnen;  im  Gegensatz  zu  den  Deutschherren  nennt 
er  sie  hier  fast  durchweg  nur  „Kreuzer".  In  seinem  Urkundenbuch 
bezeichnet  Gradl  (S.  276)  aber  lediglich  die  Deutschherren  als 
„Kreuzer".  Ich  habe  deshalb  angenommen,  daß  die  beiden  Orden 
schließlich  zusammengeflossen  sind.  Über  das  spätere  Verhältnis 
der  zwei  Bruderschaften  zueinander  ergibt  sich  aus  den  angefĂĽhrten 
Werken  Gradls  nichts,  da  letztere  nicht  bis  zum  Ausgang  des 
Mittelalters  reichen.  Verwandte  Ritterorden  gingen  mitunter  inein- 
ander auf  (VoĂźberg,  S.  5),  oder  man  wollte  sie  vereinigen  (V.,  8, 
S.  586).  Wahrscheinlich  sind  auch  in  PreuĂźen  Kreuzer  mit  dem 
Stern  zum  Deutschorden  ĂĽbergetreten.  Die  deutschherrliche  Komturei 
Thorn  führte  auf  dem  ältesten  Siegel  zu  beiden  Seiten  eines  Tores 
das  schwebende  Kreuz  ĂĽber  dem  sechsstrahligen  Stern  (VoĂźberg, 
Tafel  20).  1446  meldeten  sich  6  „Kreuzbrüder"  zur  deutschherr- 
lichen Bailei  Westfalen  (Voigt ,  I ,  S.  274).  Das  jĂĽngere  Egerer 
Komtureiwappen  nach  dem  Siegel  von  N.  Sachs  hat  nicht  mehr  das 
Aussehen  des  älteren,  denn  ersteres  zeigt  klar  ein  schwebendes  Kreuz. 
Ob  dieses  aber  ĂĽber  einem  Stern  steht,  ist  mir  bei  einer  NachprĂĽfung 
im  Hauptstaatsarchiv  zu  Dresden  zweifelhaft  geworden,  da  das  be- 
treffende Siegel  im  FuĂź  etwas  zerdrĂĽckt  ist  und  das  Gebilde,  welches 
ich  frĂĽher  als  Stern  auffaĂźte,  auch  eine  faltige  Verwerfung  sein 
kann.  Ăśber  das  genauere  Aussehen  dieses  Komturswappens  dĂĽrfte 
das  Egerer  Archiv  AufschluĂź  geben.  FĂĽhrte  Sachs  nur  ein  schweben- 
des Kreuz  im  Schild,  so  wĂĽrde  dies  Schmidts  Annahme,  daĂź  das 
deutschherrliche  Ordenskreuz  nie  schwebend  vorkommt,  gerade  so 
widersprechen  wie  die  Darstellung  des  letzteren  z.  B.  auf  verschiedenen 
jĂĽngeren  OrdensmĂĽnzen  (Z,  S.  432  f.)  In  bezug  auf  das  Ordens- 
kreuz herrschte  im  16.  Jahrhundert  offenbar  groĂźe  WillkĂĽr  (Voigt, 
II,  S.  278). 

Den  Cronschwitzer  Grabstein  mit  schwebendem  Kreuz  im  Schild 
fasse  ich  als  ein  Deutschherrendenkmal  der  Verfallzeit  des  Ordens 

15* 


228  Miszellen. 

auf  (Z.,  S.  433).  Das  Kreuz  ĂĽber  dem  Stern,  welches  Bild  ein  schrift- 
loser Stein  in  Eger  aufweist,  ist  meines  Erachtens  als  ein  Ordens  - 
zeichen  zu  betrachten ;  demnach  entspricht  diese  Platte  meiner  An- 
sicht, wonach  die  Kreuzgrabsteine  verschiedener  Art  im  allgemeinen 
sich  auf  kirchliche  Personen  und  besonders  auf  gewisse  Ordensleute 
beziehen  dĂĽrften.  Ich  stehe  wohl  mit  meiner  Deutung  auch  nicht 
allein;  denn  in  den  Bau-  und  Kunstdenkmälern  der  Prov.  Sachsen, 
H.  3,  S.  9,  wird  ein  Kreuz  auf  einem  Grabstein  zu  DroyĂźig  und 
auf  einer  Glocke  daselbst  als  Johanni terzeichen  angesprochen.  Be- 
stimmte Kreuze  der  Bochlitzer  Pflege,  wie  sie  in  Zschillen  und  be- 
nachbarten Kirchen  vorkommen,  halte  ich,  besonders  mit  auf  Grund 
ortsgeschichtlicher  Erwägungen,  für  Deutschherrenkreuze.  Wenn 
Schmidt  (S.  453)  angibt,  ich  bewiese  mit  meinen  „spärlichen  Hin- 
weisen auf  ein  paar  Ordenspriester  der  Bochlitzer  Gegend  gar  nichts 
für  die  Kreuzsteine",  so  möchte  ich  doch  hervorheben,  daß  es  mir 
sogar  sehr  wichtig  erscheint,  deutschherrliche  Pfarrer  in  Kirchen, 
wie  Eochlitz,  Breitenborn,  die  vertragsmäßig  nur  Weltgeistliche  an- 
stellen durften,  nachzuweisen,  da  in  diesen  Kirchen  die  eigenartigen 
Kreuzsteine  auch  auftreten.  Breitenborn  war  ursprĂĽnglich,  trotz 
Schmidts  Einwands  (S.  456),  Filiale  von  Rochlitz  (Pfau,  Topographische 
Forschungen  etc.,  S.  70),  und  die  späteren  Pfarrer  gehörten  dem 
Deutschorden  an  (Z,  S.  202.  323).  Schmidts  Angabe,  dieser  Orden 
habe  zu  Ottendorf  „nachweislich  keine  Beziehungen"  (S.  448)  ge- 
habt, dĂĽrfte  schwerlich  berechtigt  sein,  denn  meines  Wissens  ist 
die  mittelalterliche  Geschichte  der  verschiedenen  sächsischen  Kirch- 
dörfer Ottendorf  ganz  dunkel.  Wenn  Schmidt  meine  Ansichten  über 
Ottendorf  einseitig  darstellt ,  in  dieser  Angelegenheit  aus  meiner 
Arbeit  nur  ein  Zitat  und  auch  noch  ungenau  angibt,  sodann  in 
diesem  Wortlaut  einen  „Scherz"  und  eine  „Verschleierung"  findet, 
so  verweise  ich  auf  meine  Erörterungen  (Z,  S.  188.  416).  Reichen- 
bach und  Adorf  als  Deutschherrensitze,  aber  nicht  Hauptsitze,  habe 
ich  ebenfalls  erwähnt  (z.  B.  Z,  S.  305),  trotzdem  mich  Schmidt  in 
dieser  Angelegenheit  der  Unkenntnis  zeihen  will  (S.  455). 

Es  dürfte  deshalb  doch,  um  etwaigen  Mißverständnissen  vor- 
zubeugen, nicht  unangebracht  sein,  meine  Zschillener  Chronik  im 
Zusammenhang  zu  lesen ;  wenn  Schmidt  andeuten  möchte,  daß  das 
Buch  nur  „harmlose  Leser"  (S.  450)  hätte,  so  könnte  er  sich  wohl 
sehr  irren ;  ich  habe  darin  Schmidts  Einwände  gegen  meine  Theorie 
und  seine  eigene  Ansicht,  wonach  das  Kreuz  auf  dem  Grabstein 
einen  Stifter  für  die  Kirche  bezeichnen  soll ,  eingehend  erörtert 
(S.  407—433).  Wenn  der  Herr  Archivrat  mitten  aus  meinen  zahl- 
reichen Erwägungen  und  Begründungen  zwei  nicht  zusammen- 
hängende Sätze  (S.  456)  herausgreift  und  dazu  sagt:  „ja  so  beweist 


Miszellen.  229 

Pfau",  so  dĂĽrfte   ein   solches  Zitat  schwerlich  die  Art  meiner  Aus- 
führungen zu  kennzeichnen  vermögen. 

Schmidt  stellt  weiter  (S.  458)  seine  Theorie  als  besser  begrĂĽndet 
denn  die  meinige  hin.  Ich  vermisse  aber  zunächst  schon  den  Nach- 
weis, daĂź  ein  Stifter  jedes  Standes,  zumal  ein  weltlicher  Herr,  der 
nicht  Kreuzfahrer  war,  durch  ein  Kreuz  als  Stifter  kenntlich  ge- 
macht wurde ;  einen  solchen  Nachweis  hat  Schmidt  weder  auf  Grund 
einer  Urkunde ,  noch  einer  bildlichen  Darstellung  usw.  erbracht. 
Geistliche  und  Ordensleute  trugen  aber  ganz  gewöhnlich  ein  Kreuz 
in  der  Amtskleidung;  die  Deutschherren  mußten  statutengemäß  im 
Tode  mit  dem  Ordenskreuztuch  belegt  werden,  und  das  eigenartige 
FuĂźkreuz,  welches  auf  Grabsteinen  der  Zschillener  Pflege  vorkommt, 
tritt  auch  auf  MĂĽnzen  des  Ordenslandes  auf.  Ob  alle  schriftlosen 
Grabsteine  mit  dem  Kreuz  je  einwandfrei  gedeutet  werden  können, 
dĂĽrfte  fraglich  erscheinen;  ich  spreche  durchaus  nicht  jeden  Stein, 
der  irgendein  Kreuz  der  sehr  verschiedenen  Arten  ĂĽberliefert,  fĂĽr 
ein  Deutschherrendenkmal  an.  Wenn  Schmidt  angibt  (S.  460),  daĂź 
meine  Theorie,  das  „Kartenhaus",  „wo  man  es  nur  antippt,  sofort 
zusammenstĂĽrzt",  so  bin  ich  doch  der  Meinung,  daĂź  meine  Theorie 
trotz  Schmidts  versuchter  Einwände,  die  so  oft  auf  Irrtum  beruhen 
wohl  kaum  erschĂĽttert  sein  kann.  Manche  Angaben  der  grund- 
legenden Inventarisationswerke  werde  ich  auch  fernerhin  nicht  ohne 
weiteres  als  unanfechtbar  hinnehmen,  obgleich  mich  Schmidt  des- 
halb einer  „Überhebung"  zeihen  will  (S.  457). 

Ob  Schmidts  Angabe,  meine  Kampfesweise  sei  nicht  mehr 
sachlich,  wenig  kommentmäßig  (S.  450),  Ausführungen  von  mir  seien 
unkritisch  (448),  berechtigt  ist,  überlasse  ich  ganz  dem  geschätzten 
Urteil  unparteiischer  Forscher,  welche  meine  Darlegungen  mit  einer 
Nachprüfung  beehren  wollen ;  ich  glaube,  in  meinen  Erörterungen 
stets  sachlich  und  kritisch  verfahren  zu  sein.  Obgleich  mir  der 
Herr  Archivrat  Erregtheit  zuschreibt  (S.  435),  habe  ich  doch  der- 
artige scharfe  AusdrĂĽcke,  wie  er  sie  mir  und  meinen  Arbeiten  gegen- 
ĂĽber gebraucht  (forensische  Leistung  von  Spitzfindigkeiten,  ungerechte 
Angriffe,  S.  435,  Unsinn,  bewuĂźte  IrrefĂĽhrung,  S.  454,  Verschleierung 
S.  455,  Überhebung,  S.  457,  und  andere  Bezeichnungen  ähnlicher  Art),  in 
meiner  Debatte  nie  verwendet,  werde  mich  auch  kĂĽnftig  solcher  Rede- 
wendungen nicht  bedienen.  Das  Vorbringen  begrĂĽndeter  Bedenken  und 
das  Aufwerfen  sachlicher  Fragen  halte  ich  in  wissenschaftlichen 
Arbeiten  für  berechtigt  und  unerläßlich ;  wenn  ich  in  diesem  Sinne  ge- 
schrieben habe,  so  wollte  ich  damit  durchaus  niemand  „in  leichtfertiger 
und  beleidigender  Weise  verdächtigen",  welche  Absicht  mir  Schmidt 
hinsichtlich  des  Cronschwitzer  Ausschusses  zuschreibt  (S.  449).  Geht 
doch  aus  Schmidts   Berichten   ĂĽber  die  Cronschwitzer  Ausgrabung 


230  Miszellen. 

fĂĽr  den  der  Sache  Fernstehenden  nicht  einmal  klar  hervor,  ob  alle 
in  diesem  Artikel  niedergelegten  Ansichten,  z.  B.  ĂĽber  die  den  Kon- 
ventsstiftern zugeschriebenen  Kreuzsteine,  die  Meinung  des  Gesamt- 
ausschusses darstellen. 

Auf  eine  weitere  Debatte  ĂĽber  diese  Cronschwitzer  Angelegen- 
heit werde  ich  nicht  eingehen,  zumal  der  Herr  Archivrat  nicht  mehr 
antworten  will.  Doch  möchte  ich  zum  Schluß  noch  auf  das  Werk 
von  Dr.  ing.  F.  Scheerer  „Kirchen  und  Klöster  der  Franziskaner 
und  Dominikaner  in  ThĂĽringen"  hinweisen,  welches  kĂĽrzlich  (Jena 
1910)  erschienen  ist,  nachdem  ich  vorliegenden  Aufsatz  längst  ein- 
gereicht hatte  und  Schmidts  Verteidigung  erschienen  war.  Scheerer 
vertritt  auch  die  Ansicht,  daĂź  in  Cronschwitz  das  auĂźerhalb  der 
ursprĂĽnglichen  Umfassungsmauer  der  Kirche  liegende  sogenannte 
Erbbegräbnis  in  romanischer  Zeit  keine  Apsis  gewesen  sein  kann, 
teilt  also  in  dieser  Beziehung  doch  wohl  meine  Ansicht,  im  Gegen- 
satz zu  Schmidt,  welcher  den  Raum  als  romanische  Apsis  hinstellt 
und  vornehmlich  aus  dieser  vermeintlichen  Eigenheit  des  Bauteiles 
die  Begründung  seiner  Ansicht  über  das  Erbbegräbnis  der  Vogts- 
familie und  der  Stiftersteine  ableitete. 


Literatur. 


Eichhorn,  Dr.  Gustav:  Die  paläolithischen  Funde  von  Taubach  in 
den   Museen    zu   Jena   und  Weimar.     Jena,   G.  Fischer,   1909. 

Die  Taubacher  Funde  sind  entschieden  die  ältesten  sicheren 
Beweise  fĂĽr  die  Anwesenheit  des  Menschen  in  Deutschland.  Alle 
angeblich  älteren  nord-  und  süddeutschen  Steinartefakte  (?),  von  den 
EoĂĽthen  ganz  zu  schweigen,  sind  ihrer  Chronologie  nach  noch  um- 
stritten. Ein  hier  und  da  gefundener  echter  Faustkeil  des  Chelleen 
kann  seines  vereinzelten  Vorkommens  und  seiner  unklaren  Fund- 
umstände wegen  nicht  weiter  in  Betracht  kommen.  Mit  den  Tau- 
bacher Artefakten  und  ihren  osteologischen  Begleitfunden  wird  vor- 
läufig das  erste  Kapitel  der  Menschengeschichte  Deutschlands  be- 
ginnen mĂĽssen. 

Aber  wenn  die  Urteile  über  die  Zustellung  der  älteren  Stein- 
werkzeuge des  Ilmtales  oft  noch  so  widersprechende  sind,  so  ist 
in  erster  Linie  die  mangelhafte  „Kenntnis  der  zu  beurteilenden 
Objekte  daran  schuld.  Diesem  Ăśbel  grĂĽndlich  abzuhelfen,  ist  das 
Hauptmotiv  des  Verfassers  gewesen,  wenn  er  dieses  überaus  prächtige 
Tafelwerk  jetzt  in  die  Welt  hinausgehen  läßt.  Der  Beschauer  soll 
sich  eben  selbst  ein  Urteil  bilden  können.  Deshalb  bringt  Herr 
Dr.  Eichhorn  im  wesentlichen  nur  die  Objekte  selbst,  und  nur  bei 
Veränderungen  der  Ränder  der  Feuersteine  geht  das  Buch  von  seinem 
Vorsatz  etwas  ab,  weil  ja  erfahrungsgemäß  selbst  die  besten  Photo- 
graphien und  Zeichnungen  die  oft  ganz  minutiösen  Absplitterungen 
und  Betouchen  ohne  ein  erklärendes  Wort  selbst  dem  gewiegtesten 
Fachmann  nicht  klar  genug  zeigen  können.  Aus  gleichem  Grunde 
bedurften  auch  die  auf  4  Tafeln  gebrachten  wenigen  Knochen  mit 
angeblicher  Bearbeitung  einer  kleinen  Erläuterung.  (Hier  konnten 
übrigens  auch  die  beiden  Epiphysen,  die  2  Kieferhämmer  [die  nicht 
von  ursus  spelaeus,  sondern  von  ursus  arctos  stammen],  sowie  die 
von  Götze  in  den  Berliner  Verhandlungen  1892  und  in  Regeis 
Thüringen  abgebildeten  Hacken  und  Schlägel,  sowie  die  von  Portis 
als  Trinkbecher  angesprochenen  Gelenkpfannen  aus  dem  Museum 
Weimar  Aufnahme  finden.) 

Seiner  Aufgabe  —  Ermöglichung  des  Studiums  auch  ohne  die 
Originale  —  wäre  Verfasser  aber  nicht  gerecht  geworden ,  wenn 
die  photographische  Abteilung  der  Firma  C.  Zeiss  nicht  die  geradezu 
klassischen  Aufnahmen  für  die  33  prächtigen,  wunderbaren  Licht- 
drucktafeln von  Rommel- Stuttgart  in  bekannter  LiebenswĂĽrdigkeit 
hergestellt  hätte.  Wie  plastisch  sind  z.  B.  die  Skulptur  an  No.  106 
bis  109,  wie  scharf  die  Betouchen  bei  No.  93,  wie  deutlich  auch  die 
allgemeinen  Elemente  der  Schlagwirkung,  der  SchlaghĂĽgel  bei  No.  63 
und  die  Wellenlinien  bei  No.  93.    DaĂź  hier  und  da  (No.  240)  einmal 


232  Literatur. 

zu  stark  mit  dem  Pinsel  nachgeholfen  worden  ist,  kann  nicht 
wesentlich  ins  Gewicht  fallen,  wenn  man  ĂĽberhaupt  die  Ansicht  ver 
tritt,  der  nachhelfenden  Tusche  bei  Reproduktionen  von  Silex  nicht 
entbehren  zu  können.  Wie  man  am  Original  nicht  alles  gleich  scharf 
sehen  kann  bei  unveränderter  Stellung  von  Auge  und  Objekt,  so 
kann  das  auch  nicht  die  photographische  Platte.  Aus  ähnlicher 
Ursache  gehört  bei  Feuersteinen  neben  das  Photo  auch  eine  Zeich- 
nung, eine  von  den  Amerikanern  wohl  zuerst  und  noch  heute  dort 
allgemein  angewandte  Methode.  Eichhorn  hat  dieselben  sehr  sorgfältig 
ausgeführt  und  hat  sie,  um  unnötiges  Blättern  zu  vermeiden,  gleich 
neben  die  Tafeln  gesetzt.  Zu  den  allermeisten  dieser  das  Charakte- 
ristische heraushebenden  Federzeichnungen  ist  auch  noch  ein  Quer- 
schnitt des  Steines  gestellt,  den  ich  am  liebsten  bei  allen  gesehen 
hätte.  Daß  der  Raum  unter  den  Skizzen  zu  kurzen  „objektiven" 
Erläuterungen  in  nützlicher,  aber  durchaus  sparsamer  Weise  aus- 
genutzt worden  ist,  ist  ein  weiterer  Vorzug  des  wirklich  prächtigen 
Buches,  zu  dem  Verleger  und  Verfasser  zu  beglĂĽckwĂĽnschen  sind. 
Weimar.  A.  Möller. 


IL 

Die  vor-  und  frĂĽhgeschichtlichen  AltertĂĽmer  ThĂĽringens.  Heraus- 
gegeben von  Prof.  Dr.  A.  Götze,  Prof.  Dr.  P.  Höfer,  San. -Rat 
Dr.  P.  Zschiesche.  Mit  24  Lichtdrucktafeln  und  einer  archäo- 
logischen Karte.  WĂĽrzburg,  Curt  Kabitzsch  (A.  Stubers  Verlag), 
1909. 

In  14-jähriger,  mühevoller  Arbeit  haben  die  drei  Verfasser  des 
Buches  versucht,  die  vorgeschichtlichen  Funde  ThĂĽringens  in  einem 
Nachschlagewerk  zu  vereinigen  und  auf  einer  groĂźen  Fundkarte  zu 
verzeichnen. 

Nur  zu  loben  ist  die  Anlage  des  Werkes,  dem  als  Einleitung 
eine  anregend  geschriebene  „Übersicht  über  die  Vor-  und  Frühge- 
schichte Thüringens"  aus  der  Feder  von  Prof.  Dr.  Götze  vorangeht. 
Die  ĂĽbersichtliche  Anordnung  des  Stoffes  ist  mustergĂĽltig ;  sehr  gut 
ist  auch  die  Auswahl  des  auf  24  sehr  schön  ausgeführten  Lichtdruck- 
tafeln vereinigten  Abbildungsmateriales,  das  fast  alle  in  ThĂĽringen 
vorkommenden  Typen  vorgeschichtlicher  Funde  veranschaulicht. 

ThĂĽringen  ist  nur  ein  geographischer  Begriff;  ĂĽber  die  Grenzen 
dieser  Landschaft  werden  die  Ansichten  stets  auseinandergehen,  aber 
gegen  die  Begrenzung  der  neuen  Fundkarte  lassen  sich  doch  wohl 
berechtigte  Bedenken  erheben.  Im  allgemeinen  rechnen  wir  heute  das 
Gebiet  aller  ern estinischen  HerzogtĂĽmer,  sowie  der  reuĂźischen  und 
schwarzburgischen  FĂĽrstentĂĽmer  zu  ThĂĽringen,  und  ich  finde  es  daher 
etwas  sehr  willkĂĽrlich  verfahren,  wenn  z.  B.  Meiningen  mit  in  das 
Werk  aufgenommen  wurde,  Römhild  dagegen  nicht.  Gerade  die 
Steinsburg  auf  dem  kleinen  Gleichberg  ist  fĂĽr  die  Vorgeschichte 
unseres  Landes  von  der  größten  Bedeutung.  Ebenso  fehlen  auch 
Coburg  und  Gera  gänzlich,  während  andererseits  wieder  die  Weidaer 
Gegend  aufgenommen  wurde.  Jedenfalls  gehört  Gera  ebenso  gut  zu 
ThĂĽringen  wie  Halle,  das  Aufnahme  gefunden  hat.    Dagegen  wĂĽrde 


Literatur.  233 

ich  Göttingen,  das  mitbearbeitet  wurde,  auf  einer  Thüringer  Fund- 
karte ruhig  missen  können.  Manche  Orte,  wie  Meiningen  und  Halle, 
stehen  nur  im  Text,  auf  der  Karte  fehlen  sie.  HierfĂĽr  waren 
technische  GrĂĽnde  bestimmend. 

Es  ist  selbstverständlich  sehr  schwer,  sich  einer  derartig  groß 
angelegten  Arbeit  zu  unterziehen,  wie  es  hier  geschehen  ist,  und  es 
ist  leicht  fĂĽr  den  Kritiker,  der  das  eine  oder  das  andere  Gebiet  gut 
kennt,  einzelnes  tadelnd  hervorzuheben.  Ich  habe  nun  mit  der  nach- 
stehenden Berichtigung  durchaus  nicht  die  Absicht,  zu  tadeln,  sondern 
bin  mir  wohl  bewuĂźt,  daĂź  mir,  wenn  ich  an  der  Arbeit  beteiligt 
gewesen  wäre,  andere  und  vielleicht  noch  viel  schlimmere  Irrtümer 
untergelaufen  wären.  Es  ist  das  Schicksal  eines  Werkes,  wie  es  das 
vorliegende  ist,  daĂź  erst  die  2.  Auflage  zu  einem  wirklich  zuver- 
lässigen Nachschlagebuch  werden  kann.  Ich  hoffe,  daß  diese  2.  Auf- 
lage sich  bald  nötig  macht,  und  daß  es  wieder  den  drei  bewährten 
Verfassern  vergönnt  sein  möge,  sie  zu  bearbeiten.  Als  Bausteine 
fĂĽr  diese  neue  Auflage  sind  die  nachfolgenden  Berichtigungen  ge- 
dacht : 

GroĂźromstedt,  S.  299.  In  den  Urnen  wurden  zusammen 
mit  provinzialrömischen  Fibeln  etc.  Mittel-La  Ten e- Schwerter  ge- 
funden. Es  ist  dies  ein  sonderbarer  Umstand,  den  ich  bereits  in 
meiner  Veröffentlichung  über  den  Urnenfriedhof  (Zeitschr.  f.  Thür. 
Gesch.  u.  Altertumsk.,  Bd.  26,  1908,  S.  394)  ausfĂĽhrlich  behandelte. 
Das  Gräberfeld,  soweit  es  bis  jetzt  bekannt  ist,  darf  keinesfalls  in 
die  reine  La  Tene-Zeit  gesetzt  werden. 

Dobian,  S.  384.  Die  Funde  sind  nicht  provinzialrömisch 
sondern  latenezeitlich.  Die  FundstĂĽcke  und  Scherben  sind  von 
der  gleichen  Beschaffenheit  wie  die  aus  Ranis.  Die  GoldmĂĽnzen 
sind  nicht,  wie  Adler  dies  in  seinem  als  unzuverlässig  bekannten 
Buche  (Die  Grabhügel,  Ustrinen  und  Opferplätze  der  Heiden  im 
Orlagau  und  in  den  schaurigen  Tälern  des  Sorbitzbaches,  Saalfeld 
1837,  S.  31)  annahm,  augusteischer,  sondern  vielmehr  attischer 
Prägung. 

Ranis,  S.  3S6.  Die  Funde  aus  dem  großen  Gräberfeld,  die 
im  Museum  des  Vogtländischen  Altertumsforschenden  Vereins  in 
Reichenfels  bei  Hohenleuben  aufbewahrt  werden,  sind  als  bronze- 
latenezeitlich  bezeichnet.  Es  heißt:  „Unter  den  Beigaben  hall- 
stättischen  Charakters  seien  eine  Paukenfibel  und  ein  gedrehter  Hals- 
ring genannt."  Dies  beruht  wieder  auf  einer  Verwechslung,  die,  durch 
die  undeutliche  Adlersche  Publikation  veranlaĂźt,  in  den  Katalog  der 
Berliner  Prähistorischen  Ausstellung  von  1880  (S.  493 — 497)  Eingang 
gefunden  hatte.  Beide  Fundstücke  gehören  nach  Wöhlsdorf 
(S.  389),  in  die  dort  als  bronzezeitlich  angeführten  Gräber.  (Es  ist 
sehr  richtig,  daĂź  die  Verfasser  eine  eigentliche  Hallstattperiode  fĂĽr 
Thüringen  nicht  angenommen  haben.)  Die  Funde  vom  Gräberfeld 
am  Preisnitzberg  bei  Ranis  gehören  somit  ausschließlich  der  frühen 
La  Tene-Zeit  an.  Auf  den  hier  richtiggestellten  Irrtum  hatte  ĂĽbrigens 
schon  Rob.  Eisel  bei  Olshausen  (Verhandl.  d.  Berlin.  Gesellscn.  f. 
Anthropol.,  Ethnol.  u.  Urgesch.,  1887,  S.  184)  aufmerksam  gemacht. 

Wernburg,  S.  388.  Auch  hier  ist  ein  durch  die  Publikation 
Adlers  und  seiner  Zeitgenossen  verursachter  Fehler  untergelaufen. 
Der  von  P.  Mehlis  1829  ausgegrabene  FuchshĂĽgel  ist  identisch  mit 
dem  in  der  Variscia,  II,  S.  85—93  veröffentlichten  Hügelgrab.    Der 


234  Literatur. 

sich  dort  als  Anonymus  bezeichnende  Verfasser  war  Pastor  Mehlis. 
Die  Funde  sind  latenezeitlich  und  nicht  provinzialrömisch. 

Außer  dem  angeführten  La  Tene-Grabhügel  „über  der  Alteburg" 
(muß  richtig  heißen:  „unter  der  Alteburg"),  wurde  dort  noch  ein 
zweites  gleichartiges  Grab  geöffnet,  dem  ein  fragmentiertes  Früh- 
LaTene-Schwert  und  eine  halbe  hohle  Bronzekugel  entnommen  wurden. 
Auch  diese  FundstĂĽcke  sind,  ebenso  wie  die  aus  dem  ersten  HĂĽgel- 
grab, im  Museum  zu  Meiningen. 

Jena.  Philipp  Kropp. 


III. 

Tafeln  zur  Vor-  und  FrĂĽhgeschichte  ThĂĽringens.  Mit  224  photo- 
graphischen Aufnahmen  vor-  und  frĂĽhgeschichtlicher  AltertĂĽmer. 
Nach  Epochen  geordnet  und  erläutert  von  Gustav  Eichhorn,  Kon- 
servator am  Germanischen  Museum  der  Universität  Jena.  Jena 
1910.  H.  W.  Schmidts  Verlagsbuchhandlung.  Gustav  Tauscher. 
Preis  8—  M. 

Auf  6  durch  die  Lichtdruckanstalt  von  Alfred  Eisenach  in 
BĂĽrgel  meisterhaft  hergestellten  Tafeln  gibt  Eichhorn  in  224  photo- 
graphischen Aufnahmen  eine  vortreffliche  Auswahl  vorgeschichtlicher 
Gegenstände,  die  in  unserem  Thüringer  Land  gefunden  wurden.  Jede 
Tafel  repräsentiert  eine  der  anerkannten  Hauptepochen  der  Prä- 
historie. Den  Tafeln  sind  kurze,  allgemeine  Erläuterungen  beige- 
geben, die  in  ihrer  Art  mustergĂĽltig  sind.  Der  Verfasser  hat  es 
verstanden,  uns  mit  wenigen  Worten  das  Wesentliche  zu  sagen. 

Zu  bedauern  ist,  daĂź  Eichhorn  nicht  auch  das  eine  oder  andere 
paläolithische  Stück  abgebildet  hat.  Unter  den  neuen  Ehringsdorfer 
Funden  sind  einige  gute  Solutreen  und  Magdalenientypen.  —  Der 
scharfen  Sonder ung  der  Hallstattzeit  von  der  jĂĽngeren  Bronzezeit 
und  dem  La  Tene,  wie  sie  der  Verfasser  versucht,  vermag  wohl  nicht 
jedermann  zu  folgen;  auch  die  von  ihm  ausgesuchten  „Hallstatt- 
typen" sind  durchaus  nicht  überzeugend.  —  Auch  mit  seiner  Diffe- 
renzierung von  La  Tene  und  römischer  Provinzialzeit  geht  Eichhorn 
entschieden  zu  weit;  vor  allem  ist  der  oft  herangezogene  GroĂź- 
romstedter  Friedhof  kein  Beweis  fĂĽr  seine  Zusammenstellung1). 
Tatsächlich  kommen  dort  La Tene-Gef äße  neben  entschieden  provinzial- 
römischer  Keramik  vor,  aber  ganz  unterschiedslos.  Ebenso  sind  die 
Beigaben  nicht  zu  unterscheiden  ;  zusammen  mit  Mittel- La  Tene- 
Schwertern  wurden  provinzialrömische  Fibeln  gefunden.  Groß- 
romstedt  gibt  in  dieser  Beziehung  den  Forschern  neue  Rätsel  auf. 
Mir  erscheint  die  Lösung  am  wahrscheinlichsten,  daß  sich  hier  alte 
Formen  generationenlang  neben  der  allmählich  eindringenden  neuen 
Kultur  erhalten  haben ;  so  hat  z.  B.  auch  in  Bayern  und  Tirol  das 
Barock  bis  in  die  neueste  Zeit  fortgelebt.  Ein  direkter  Irrtum  des 
Verfassers  ist  es  aber,  wenn  er  die  geschwungene  Lanze  No.  160 
(Taf.  V) 2)  als  provinzialrömisch  anspricht.    Diese  Waffe  ist  durch  die 


1)  Vgl.  Kropp,  in    Zeitschr.  f.  ThĂĽr.  Gesch.,  N.  F.  XVIII, 

S.  363  ff. 

2)  Vgl.  Kropp,  1.  c.  S.  403. 


Literatur.  235 

von  mir  angefĂĽhrte  Notiz  bei  Diodor  ausdrĂĽcklich  als  keltischen, 
d.  h.  latenezeitlichen  Ursprungs  belegt.  Die  Form  kommt  unter 
anderen  auch  auf  der  rein  latenezeitlichen  Burg  auf  dem  kleinen 
Gleichberg  bei  Römhild  vor. 

Solche  kleine  Ausstände  sollen  uns  aber  nicht  die  Freude  an 
dem  schönen  Werk  verderben.  Es  ist  zu  wünschen,  daß  die  Tafeln 
in  allen  Pfarrhäusern  und  Dorfschulen  unseres  Landes  Eingang 
finden  mögen.  Pfarrer  und  Lehrer  sind  ja  vor  allem  dazu  berufen, 
unsere  vorgeschichtlichen  Denkmäler  zu  schützen;  deshalb  wäre 
vielleicht  auch  eine  kurze  Anleitung,  prähistorische  Funde  auszu- 
graben, aufzunehmen  und  zu  behandeln,  eine  willkommene  Zugabe 
des  Werkes  gewesen. 

Jena.  Philipp  Kropp. 


IV. 

Dement,  Ernst:  ThĂĽringische  Geschichte.  Leipzig  1907.  Samm- 
lung Göschen  No.  352. 

Wenige  Bände  der  ausgezeichnet  geleiteten  „Sammlung  Göschen" 
werden  Devrients  „Thüringischer  Geschichte"  den  Ruhm  streitig 
machen,  die  erste  zusammenfassende  Darstellung  ihres  Wissens- 
gebietes zu  sein.  Seit  im  Jahre  1886  O.  Dobenecker  den  Stand  der 
thĂĽringischen  Geschichtsschreibung  festlegte,  ist  viel  Gutes  erschienen, 
auf  den  thĂĽringischen  Stalin  warten  wir  jedoch  noch  immer.  Bis 
dahin  ist  Devrients  BĂĽchlein  ein  guter  Behelf.  Er  verfolgt  die  Ge- 
schichte unseres  Stammes  von  prähistorischen  Zeiten  bis  auf  unsere 
Tage,  in  gedrängter  Kürze  natürlich.  Die  Lektüre  ist  nicht  leicht,  denn 
die  immer  neuen  Spaltungen  und  Erbteilungen  des  ernestinischen 
Hauses  machen  ein  stetes  Überspringen  von  einem  Ländchen  zum 
andern  nötig.  Die  Übersichtlichkeit  ist  durch  die  regelmäßige  An- 
wendung von  Abschnitten  in  Petitdruck  gewahrt,  und  die  aus- 
gezeichneten Stammtafeln  ermöglichen  die  Orientierung,  wenn  man 
sich  im  Gedränge  der  Ernestiner  verloren  hat.  Sehr  erwünscht  wäre 
ein  Stemma  des  alten  Landgrafenhauses.  Das  ausfĂĽhrliche  Register, 
das  den  Band  abschließt,  ist  nach  Stichproben  gut  und  zuverlässig. 

Dem  BĂĽchlein  ist  eine  weite  Verbreitung  sicher,  denn  es  ist 
das  einzige,  was  wir  fĂĽr  die  Geschichte  unseres  engeren  Vaterlandes 
besitzen,  und  es  ist  gut.  W.  Stechele. 


V. 

Aus  Natur  und  Geisteswelt.  Sammlung  wissenschaftlich-gemein- 
verständlicher Darstellungen.  Leipzig,  B.  G.  Teubner.  Jedes  Bdchn. 
geh.  1  M.,  geb.  1,25  M. 

Es  ist  eine  glĂĽckliche  Zeit  fĂĽr  jeden,  der  ein  paar  Mark  fĂĽr 
Bücher  übrig  hat.  Der  Sammlung  Göschen,  der  das  oben  besprochene 
Buch  von  Devrient  angehört,  steht  die  Teubnersche  „Aus  Natur  und 
Geisteswelt"   wĂĽrdig  zur   Seite.    Ihre  schmucken,   braunen  Leinen- 


236  Literatur. 

bändchen,  von  anerkannten  Fachmännern  in  gemeinverständlicher 
Darstellung  geschrieben,  sollen  die  Ergebnisse  der  Forschung  in  allen 
Kreisen  unseres  Volkes  heimisch  machen,  sollen  auch  uns  solche 
Werke  geben,  wie  sie  die  Franzosen  in  ihren  ausgezeichneten  oeuvres 
de  vulgarisation  besitzen.  Leider  verbietet  es  mir  der  Raummangel, 
die  einzelnen  Schriften  zu  charakterisieren;  nur  ĂĽber  die  Gesamt- 
erscheinung der  unten  aufgezählten  kann  ich  mich  äußern.  Die  ge- 
fährlichste Klippe  der  Popularisationen  —  die  Frage  des  Taktes : 
die  gewollte  Volkstümlichkeit,  der  aufdringlich  lehrhafte  Ton  —  ist 
glĂĽcklich  umschifft;  frisch  und  natĂĽrlich  sind  die  meisten  dieser 
BĂĽcher  geschrieben.  NatĂĽrlich  ist  der  Wert  der  einzelnen  verschieden, 
aber  das  Niveau  ist  hoch,  und  manche,  wie  Bruiniers  Volkslied  mit 
seinem  tiefen,  poetischen  Nachempfinden  und  Erbes  Städtebilder, 
der  uns  hoffentlich  auch  durch  SĂĽddeutschland  fĂĽhren  wird,  kann 
man  wieder  und  wieder  mit  VergnĂĽgen  zur  Hand  nehmen.  DaĂź  einige 
der  Bände  schon  2.  und  3.  Auflagen  erlebt  haben,  zeigt,  daß  sie 
freudige  Aufnahme  finden.  Zahlreiche,  gut  gewählte  und  gut  wieder- 
gegebene Bilder  schmĂĽcken  die  Seiten  der  vornehm  und  geschmack- 
voll ausgestatteten  BĂĽcher,  deren  Preis  erstaunlich  gering  ist. 
Hoffentlich  mögen  auch  diese  Zeilen  beitragen,  die  weitere  Verbreitung 
der  Sammlung  zu  fördern.  Ich  zähle  die  einzelnen  mir  vorliegenden 
Bände  auf  und  bedaure  nur,  nicht  auf  die  einzelnen  eingehen  zu 
können. 

(7)  J.  W.  Bruinier:  Das  deutsche  Volkslied.    3.  Aufl.,  1908. 

(16)  O.  Weise:  Die  deutschen  Volksstämme  und  Landschaften. 
3.  verb.  Aufl.,  1907. 

(48)  B.  Heil:   Die   deutschen   Städte  und   Bürger   im  Mittel- 
alter.   2.  verb.  Aufl.,  1906. 

(45)  Eduard   Otto:   Deutsches  Frauenleben   im  Wandel  der 
Jahrhunderte.    2.  verb.  Aufl.,  1909. 

(117)   A.    Erbe:    Historische   Städtebilder   aus    Holland   und 
Niederdeutschland.     1906. 

(121)   Chr.  Ranck:  Kulturgeschichte  des  deutschen  Bauern- 
hauses.    1907. 

(214)  Herrn.  S.  Rehm:  Deutsche  Volksfeste  und  Volkssitten. 
1908. 

(262)  Otto  Bö  ekel:  Die  deutsche  Volkssage.     1909. 

W.  Stechele. 


Frommannsche  Buchdruckerei  (Hermann  Pohle)  in  Jena.  —   3G11 


VI. 

Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung  in  Sachsen- 
Weimar  bis  1743 x). 

Von 

Felix  Pischel. 

Haupt  Ordnungen  der  Verwaltung2). 

Ob  schon  vor  der  1485  erfolgten  endgĂĽltigen  Trennung 
ThĂĽringens  von  MeiĂźen  fĂĽr  ThĂĽringen  besondere  zusammen- 
fassende Ordnungen,  die  die  herkömmlichen  Übungen  und 
Gebräuche  der  Verwaltung  kodifizierend  festhielten  oder 
neue  Bestimmungen  fĂĽr  die  fernere  FĂĽhrung  der  Landes- 
regierung trafen,  erlassen  wurden,  konnte  ich  nicht  fest- 
stellen. 

Die  älteste  mir  bekannte  Hof-Rats- Ordnung  für  das 
ernestinische  ThĂĽringen  wurde  1499  von  Friedrich  dem 
Weisen  und  Johann  dem  Beständigen  erlassen. 


1)  Ein  Teil  dieser  Abhandlung  erscheint  gleichzeitig  als  Jenaer 

Dissertation. 

2)  Benutzte  Quellen: 

Ordnung  und  Satzung  zwischen  KurfĂĽrst  Friedrich  II.  und 
Herzog  Wilhelm  —  betr.  die  Regierung  in  des  letzteren  Ab- 
wesenheit. Coburg,  29.  Mai  1439.  Gedruckt  in:  Neue  Mitt. 
a.  d.  Gebiet  histor.-antiquar.  Forschgn.,  III,  1,  S.  73ff.,  Halle  1836. 

Vertrag  zwischen  KurfĂĽrst  Friedrich  II.  und  Herzog  Wilhelm  ĂĽber 
eine  3-jährige  Landes-  und  Regierungsgemeinschaft.  Weißenfels, 
11.  Juli  1444.    Gedruckt  ebenda. 

Hof ratsordnung  des  KurfĂĽrsten  Friedrich  des  Weisen  und  Her- 
zogs Johann  von  1499.  Gedruckt:  Zeitschr.  d.  Vereins  f.  ThĂĽring. 
Gesch.  u.  A.,  II,  ö.  99—106,  Jena  1855. 

Polizei-  und  Landesordnung  Johann  Friedrichs  des  Mittleren, 
Johann  Wilhelms  und  Johann  Friedrichs  des  Jüngeren  —  von 
1556.    Gedruckt  Jena  1580  und  1589. 

Ausschreiben  Johann  Wilhelms  an  die  Landschaft.  16.  Januar 
1568.    Gedruckt  Jena  1580. 

Polizei-  und  Landesordnung  Friedrich  Wilhelms  und  Johanns 
von  1589  März  7.  (Meist  übereinstimmend  mit  der  von  1556.) 
Gedruckt  Jena  1589. 

XXVIII.  16 


238  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

Im  16.  Jahrhundert  fand  die  Fortbildung  der  Rats- 
verfassung ihren  Niederschlag  in  den  Rats-  und  Kanzlei- 
Ordnungen  Johann  Friedrichs  des  GroĂźmĂĽtigen  von  1539, 
1542,  1546,  1549,   15521). 

Ihnen  folgte  1556  die  Polizei-  und  Landes-Ordnung  der 
Söhne  Johann  Friedrichs  des  Großmütigen,  die  1589  von 
seinen  Enkeln  Friedrich  Wilhelm  und  Johann,  in  einigen 
Punkten  erweitert,  aufs  neue  (zu  Jena)  im  Druck  veröffent- 
licht wurde.  Sie  bleibt  bis  zum  Ende  des  18.  Jahrhunderts 
in  Geltung. 

Von  1592  datiert  eine  Instruktion  der  BrĂĽder  Friedrich 
Wilhelm  und  Johann  fĂĽr  Hauptmann  und  Kanzlei,  von 
1593  eine  für  Räte,  Kammerrat  und  Kanzler. 

1625  erläßt  Albrecht,  2  Jahre  nach  Antritt  seiner 
zeitweiligen  alleinigen  Regierung,  eine  Ordnung  fĂĽr  Regie- 
rung und  Kanzlei. 


Instruktion    fĂĽr    Hauptmann,    Kanzler    und    Kanzlei  verwandte. 

Altenburg,  9.  November  1592.    B  25031*). 
Instruktion    für    Räte,    Kammerrat   und    Kanzler    zu    Weimar. 

Torgau,  8.  September  1593.     B  25031. 
Bestallungen  von  1600  bis  1748.    B  25031—34. 
Regierungs-  und  Kanzlei-Ordnung  von  1625.     B  1087. 
Kammerordnung  von  1633.     B  1594a. 
Kanzlei-Ordnung  von  16*2.     Ăź  1091. 
Hof.gerichts-Ordnung  von  1653.    Gedruckt  bei:  Schmidt,  Joh., 

Altere  und  neuere  Gesetze,  Ordnungen  und  Zirkularbefehle  fĂĽr 

Weimar,  Bd  IV.,  Jena  1801. 
Geheimde  Eats-Ordnung  von  1702.    B  665. 
Verordnungen   betr.  die  Geschäftskreise  der  Behörden   bis  zur 

Wiedererrichtung  eines  Geheimen  Rates.    1710.    B  666. 
Bedenken  Ernst  Augusts  dazu.    B  666c. 

Kammerordnung  von  1734.    Gedruckt  bei  Schmidt,  II,  S.  104 ff. 
Geheimde  Rats-Ordnung  von  1743.    B  1124,  S.  15 ff. 
AuĂźerdem  eine  Reihe  Reskripte  und  andere  AktenstĂĽcke  aus  dem 

Weimarer  Archiv,  Abteilung  B,  folgende  Nummern :  B  667,  667  a, 

667  g,  667  h,  770,    1090,    1104,   1107,   1122,   1123,   1124,    1129  c, 

1129  f,  1129  g,  1138,  1566,  1569,  1569  a,  1570,  1574,  25001. 
1)  Mentz,  Johann  Friedrich  der  GroĂźmĂĽtige,  III,  Ă–.  127,  Anm.  2. 


*)  Diese  Instruktion  und  die  meisten  folgenden  Quellen  sind 
Akten  und  Urkunden  bezw.  Abschriften,  auch  EntwĂĽrfe  des  GroĂź- 
herzoglich Sächsischen  Geheimen  Haupt-  und  Staatsarchivs  zu  Weimar, 
Abteilung  B  „Innere  Einrichtungen  des  Landes".  Sie  sind  hier  mit 
B  und  der  zugehörigen  Aktennummer  zitiert. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  239 

1633  erlassen  die  BrĂĽder  Wilhelm,  Albrecht,  Ernst 
und  Bernhard  eine  Kammer-Ordnung. 

1642  erneuert  Wilhelm  die  Kanzlei- Ordnung  von  1625 
fast  wörtlich  und  schärft  einige  ihrer  Bestimmungen  in  den 
„Puncta"   von  1658  noch  besonders  ein. 

Von  1702  datiert  die  älteste  mir  bekannte  Geheimde 
Rats-Ordnung  Wilhelm    Ernsts  I.    und    Johann  Ernsts  III. 

Bei  der  bald  erfolgten  Aufhehung  des  Geheimde  Rats- 
Kollegiums  erläßt  Wilhelm  Ernst  1710  „Verordnungen  be- 
treffend die  Geschäftskreise  der  Behörden". 

1743  errichtet  Ernst  August  wieder  ein  Geheimde 
Rats-Kollegium  und  gibt  ihm  im  Juli  eine  Ordnung.  — 

Besondere  Ordnungen  wurden  fĂĽr  einzelne  Zweige  und 
Behörden  der  Verwaltung  erlassen. 

So  erschienen  Konsistorialordnungen  1561,  1569,  1574, 
1607,  1612.  Sie  wurden  ergänzt  durch  die  Kirchen- 
ordnung von  1664  und  die  Ordnung  fĂĽr  Superintendenten 
von  1701. 

Das  landesfürstliche  Gerichtswesen  wurde  zunächst 
durch  die  Landesordnung  von  1556  in  einigen  Punkten 
geregelt.  1566  wurde  das  Hofgericht  zu  Jena  eröffnet  und 
ihm  1653  seine  Ordnung  gegeben.  1667  wurde  eine  Tax- 
Ordnung  der  GerichtsgebĂĽhren  aufgestellt;  1672  folgte  eine 
Advokaten-Ordnung,  die  1694  durch  ein  gedrucktes  Patent 
vom  6.  August   ergänzt  wurde. 

Der  Kammer-Ordnung  von  1633,  der  ein  Entwurf  von 
1629  zugrunde  lag,  folgte  1695  eine  Accis-Ordnung  am 
10.  November,  1711  eine  zweite  am  11.  März  (1719  im 
Druck  veröffentlicht),  1734  wurde  eine  neue  Kammer- 
Ordnung  erlassen. 


16* 


240  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 


I.  Organisation  der  Zentralverwaltung  in  ihrer 
Entwicklung. 

I.  Der  Rat. 

a)  Allmähliches  Entstehen  und  erste  Verfassung. 

Im  Mittelalter  ruht  die  Landesverwaltung  des  dem 
wettinischen  Landgrafen  unterworfenen  ThĂĽringen1)  auf  den 
Lokalbeamten  der  einzelnen  Distrikte 2). 

Ein  Zusammenhalt  dieser  ist  nur  in  der  Person  des 
FĂĽrsten  gegeben,  der  mit  dem  Hof  das  Land  bereist,  um 
die  ihm  vorbehaltenen  Regierungsgeschäfte  zu  erledigen,  um 
durch  Augenschein  und  Kontrolle  der  Lokalbeamten  sich 
vom  Zustand  des  Landes  zu  unterrichten,  besonders  aber, 
um  seine  Gerichtshoheit  persönlich  auszuüben. 

Als  später  der  Landesherr  die  wachsenden  Regierungs- 
geschäi'te  in  dem  größer  werdenden  Territorium  nicht  mehr 
allein  bewältigen  kann,  bieten  sich  ihm  zwei  Wege,  eine 
geordnete  Verwaltung  zu  sichern :  Teilung  des  Landes  unter 
die  Mitglieder  der  fĂĽrstlichen  Familie  und  Annahme  von 
Gehilfen.  Beide  werden  in  ThĂĽringen  beschritten,  beide 
etwa  gleichzeitig  —  in  der  zweiten  Hälfte  des  13.  Jahr- 
hunderts. 

Schon  1265  teilt  Heinrich  der  Erlauchte  die  Ver- 
waltung von  Thüringen  -  Meißen  mit  seinen  Söhnen.  Seit 
1382  führen  solche  Teilungen  zur  Ausbildung  selbständiger 


1)  Nur  von  diesem  soll  im  folgenden  die  Rede  sein.  Die  Ver- 
waltungsorganisation des  alten  Stammesgebietes,  das  Behördenwesen 
der  anderen  thüringischen  Dynasten  darzustellen,  wäre  eine  Aufgabe 
für  sich,  soweit  sie  überhaupt  zu  lösen  ist. 

2)  Meyer,  Hof-  und  Zentralverwaltung  der  Wettiner,  S.  17  ff. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  241 

Territorien 1).  Förderlicher  als  diese  fortschreitende  Zer- 
splitterung des  Landes  war  fĂĽr  die  Machtentfaltung  des 
Landesherrn  die  Ausbildung  einer  in  seinem  Dienste  stehen- 
den zentralen  Regierungsbehörde. 

Einzelne  Männer  aus  der  familia,  den  ständigen  Be- 
gleitern des  Fürsten  —  Inhaber  der  Hofämter,  Notare, 
Kapläne  —  gewinnen  beratenden  Einfluß  bei  ihrem  Herrn, 
werden  seine  Vertrauten.  Allmählich  scheiden  sie  aus  dem 
Familiaritätsverbande  aus;  seit  1278  werden  sie  als  con- 
siliarii,  secretarii,  heimlicher  rat  von  der  familia  unter- 
schieden. 

Vor  allem  die  Inhaber  der  Hausämter  des  Hofes  wurden 
seit  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  mehr  und  mehr  als  Rat- 
geber zu  den  Regierungsgeschäften  zugezogen.  Waren  sie 
doch  vermöge  ihres  Amtes  dem  Interesse  des  Landesherrn 
besonders  eng  verknĂĽpft  und  damals  wohl  auch  im  Besitz 
der  besten  Sachkenntnis. 

Mögen  sie  so  die  berufenen  Berater  gewesen  sein,  so 
war  ihre  Annahme  zu  solchen  fĂĽr  den  FĂĽrsten  immerhin 
ein  Wagnis.  In  dem  Jahrhundert  seit  ihrem  Bestehen  waren 
die  Hausämter  am  landgräflichen  Hofe  in  bestimmten 
Familien  erblich,  diese  durch  die  dafĂĽr  erhaltenen  Lehen 
reich  geworden.  Ihre  nicht  geringe  Macht  am  Hofe  muĂźte 
sich  steigern,  je  häufiger  ihr  Rat  bei  der  Regierung  begehrt 
wurde;  ja  es  war  möglich,  daß  sie  die  Macht  des  Landes- 
herrn  eines  Tages  bedrohte. 

Diese  Gefahr  wurde  im  Keime  erstickt  —  doch  viel- 
leicht nicht  von  vornherein  mit  bewuĂźter  Absicht.  Da  die 
zunehmende  Regierungstätigkeit  der  Hausbeamten  immer 
weniger  erlaubte,  sich  ihren  eigentlichen  Haushaltspflichten 
zu  widmen,  so  ergab  sich  die  Notwendigkeit,  diese  be- 
sonderen Unterbeamten  zu  ĂĽbertragen.  Indem  aber  auf  sie 
allmählich    die    gesamte    engere    Hofverwaltung    überging, 


1)  Ăśber  die  Teilungsgeschichte  vergl.  die  Einleitung  der  Disser- 
tation. 


242  -Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

wurden  die  Erbämter  Titel,  Symbol.  Mitglieder  der  Fa- 
milien, die  sie  ehemals  innehatten,  spielen  im  14.  Jahr- 
hundert nur  im  Rat  eine  Rolle ,  und  auch  da  nur  zu- 
weilen *). 

Die  neuen  Hausbeamten  wurden  vom  FĂĽrsten  auf  Zeit 
ernannt.  Zu  Beurkundungen  werden  sie  zwar  als  Zeugen 
herangezogen,  bleiben  aber  bloĂźe  Hausbeamte. 

Nur  dem  Marschall  und  dem  Hofmeister,  der  seit  Ende 
des  13.  Jahrhunderts  auftritt,  scheint  ein  vielleicht  nicht 
unbedeutender  Einfluß  auch  in  Staatsgeschäften  eingeräumt 
gewesen  zu  sein.  Sie  werden  vom  FĂĽrsten  auf  bestimmte 
Zeit  ernannt,  meist  aus  der  Zahl  der  Räte.  Bedingung 
ihrer  Beamtung  war  vorhergehende  Ratstätigkeit  wohl 
nicht,  aber  mit  ihrem  Amt  war  stets  die  Tätigkeit  als  Rat 
verknĂĽpft,  mit  der  Ăśbernahme  des  Amtes  verpflichteten 
sie  sich  wahrscheinlich  auch  zur  Teilnahme  an  den  Be- 
ratungen. 

Sie  jedenfalls,  die  obersten  Hofbeamten,  scheinen  die 
einzigen  ordentlichen  Mitglieder  des  Rates  gewesen  zu  sein. 
AuĂźerdem  nahmen  an  seinen  Sitzungen,  je  nach  Wunsch 
des  FĂĽrsten .  manche  ehemaligen  Hof-  und  Staatsbeamte 
oder  Verwandte  von  ihnen  teil,  auch  wurden  die  Amtleute 
und  Vögte  aus  dem  gerade  vom  Landgrafen  besuchten 
Distrikt  zugezogen.  Beides  kam  dem  Landesherrn  zu  gute : 
er  gewann  die  UnterstĂĽtzung  alterfahrener  Diener;  die 
Autorität  der  Bezirksbeamten  und  damit  die  Macht  des 
Fürsten  im  Lande  wurde  gestärkt.  Auch  Mitglieder  des 
dynastischen  Adels  wurden  in  wichtigen  Fragen  als  Rat- 
geber zu  Hofe  geladen,  manche  geleiteten  den  FĂĽrsten 
ständig  2). 

Eine  wesentliche  Unterscheidung  von  Rat  und  heim- 
lichem Rat  besteht  in  dieser  Zeit  noch  nicht3). 

Der  Rat  in  seiner  Gesamtheit  stellt  im  13.  und  14. 
Jahrhundert    die    eigentliche    Regierungsbehörde    dar ;    seit 


1)  Meyer,  S.  29  ff.       2)  Meyer,  S.  18  ff.        3)  Meyer,  S.  22  ff. 


in  Sachsen- Weimar  bis  1743.  243 

dem  13.  Jahrhundert  teilt  er  die  Verwaltungslast  mit  dem 
Landesherrn  und  übernimmt  allmählich  die  Führung  der 
Geschäfte,  bis  in  der  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  die  ganze 
Verwaltung  in  den  Händen  einzelner  Räte  liegt.  — 

Von  vornherein  gehören  zu  den  Aufgaben  der  Räte 
vor  allem:  Auskunfterteilung  an  den  FĂĽrsten  zur  Erledigung 
strittiger  Fragen,  Ăśbernahme  von  Gesandtschaften,  FĂĽhrung 
von  Friedensverhandlungen,  Entscheidung  von  Streitigkeiten 
der  Wettiner  untereinander  —  d.  h.  also  in  der  Haupt- 
sache Geschäfte  der  auswärtigen  Politik,  daneben  Bericht- 
erstattung in  Fällen ,  deren  Entscheidung  dem  Fürsten 
unterworfen  ist ,  aber  genaue  Kenntnis  der  Sachlage  er- 
fordert. 

Eine  regelmäßige  Tätigkeit  in  den  laufenden  Geschäften 
haben  die  einzelnen  Räte  zunächst  noch  nicht,  ebensowenig 
besteht  schon  eine  bestimmte  Arbeitsteilung.  Je  nach 
augenblicklichen  Verhältnissen,  nach  Wunsch  des  Fürsten, 
nach  persönlichen  Fähigkeiten  der  Räte  führen  bald  einzelne, 
bald  ein  Konsortium  von  ihnen  die  gesamte  innere  Ver- 
waltung.  — 

Wie  die  Wahl  der  Räte,  so  ist  auch  ihre  Befragung 
ursprĂĽnglich  dem  freien  Willen  des  Landesherrn  anheim- 
gegeben. Erst  allmählich  scheint  sich  aus  der  Beratungs- 
pflicht ein  Beratungsrecht  entwickelt  zu  haben.  Es  war 
dies  möglich,  da  durch  das  dem  13.  und  14.  Jahrhundert 
eigentĂĽmliche  Finanzsystem  der  conquisitiones x)  eine  all- 
mählich steigende  Machtfülle  in  die  Hände  des  Rates  ge- 
langte. — 

Der  erste  Beamte  im  Rat  ist  der  Marschall.  In  dieser 
Rats-Stellung  findet  er  seine  Haupttätigkeit.  Daneben  hat 
er  als  Rest  des  alten  Marschallamtes  noch  die  finanzielle 
Verwaltung  des  Marstalls  und  die  FĂĽhrung  der  fĂĽrstlichen 
Kasse  auf  Reisen  des  Landesherrn,  den  er  stets  begleitet. 
Die  niederen  Pflichten  des  Hausamtes    sind   seit  Mitte  des 


1)  Siehe  u.  S.  250. 


244  Die  Entwicklung  der  Zentral  Verwaltung 

14.  Jahrhunderts  besonderen  Untermarschällen  übertragen. 
Auch  die  Feldherren  wĂĽrde,  die  ihm  im  13.  Jahrhundert 
zukam,  ging  im  14.  auf  die  capitanei,  Kriegsunternehmer 
im  Dienste  des  FĂĽrsten,  ĂĽber 1). 

Als  mächtigster  Mann  am  Hofe  nächst  dem  Marschall 
tritt  seit  Ende  des  13.  Jahrhunderts  der  Hofmeister,  seit 
Mitte  des  14.  mit  dem  Titel  „Hofrichter",  auf.  Er  ist 
Verwalter  des  Hofes  und  oberster  Finanzbeamter.  Als  Hof- 
verwalter besetzt  er  die  niederen  Hofämter,  während  seine 
minderen  Aufgaben  allmählich  dem  Küchenmeister  zufallen. 
Als  Finanzbeamter  empfängt  er  die  Landeseinkünfte  von 
den  Lokalbeamten  und  stellt  Anweisungen  auf  staatliche 
Einnahmen  aus.  AuĂźerdem  hat  er  das  Recht,  ein  Hof- 
gerichtssiegel zu  fĂĽhren  und  Prozesse  zu  leiten.  Ăśber  seine 
weiteren  richterlichen  Befugnisse  und  einzelnen  Verrich- 
tungen sind  wir  nicht  unterrichtet.  Ein  Notar  steht  ihm 
zur  Seite  2).  — 

Im  Mittelpunkt  der  Regierung  steht  in  jener  Zeit  die 
Kanzlei.  Sie  ist  die  Behörde,  die  die  laufenden  Geschäfte 
führt.  Sie  stand  selbständig  da,  wurde  nicht  zu  den  Rat- 
gebern gerechnet3).  Sie  ist  Expedition,  Registratur  und 
Oberrechnungsbehörde,  hat  also  die  Ausfertigung  der  Ur- 
kunden und  anderer  amtlichen  SchriftstĂĽcke,  die  Anlage, 
FĂĽhrung  und  Verwahrung  der  Register,  EinnahmeĂĽbersichten 
und  RechnungsbĂĽcher  unter  sich.  Auch  im  Gerichtswesen 
ist  sie  tätig,  indem  sie  die  auf  Landding  und  Hofgericht4) 
gefällten  Urteile  abfaßt. 

Von  Wichtigkeit  wird  die  Kanzlei  seit  Ende  des 
13.  Jahrhunderts,  als  mit  dem  Aufhören  des  Landdings 
dessen  Sachen  vor  den  Hof  gezogen  werden,  und  als  der 
Brauch  seltener  wurde,  daĂź  die  Urkunden  von  den  Em- 
pfängern ausgestellt  wurden. 


1)  Meyer,  S.  33  ff.  2)  Meyer,  S.  35  ff.  3)  Posse,  Lehre 

von  den  Privaturkunden,  S.  171.        4)  Meyer,  S.  25  ff. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  245 

Seitdem  vermehren  sich  die  Geschäfte  und  das  Personal 
der  Kanzlei. 

Die  verschiedene  Bedeutung  der  einzelnen  Kanzlei- 
geschäfte muß  schon  früh  zu  einer  gewissen  Scheidung  in 
untere  und  obere  Beamte  gefĂĽhrt  haben.  Die  unteren,  die 
„Schreiber",  überwogen  an  Zahl  die  oberen,  die  „Notare", 
schon  unter  Heinrich  dem  Erlauchten  (1247— 1268)  *). 

Seit  Beginn  des  13.  Jahrhunderts  steht  die  Kanzlei 
nachweislich  unter  einem  Notar  als  Leiter.  Spätestens 
1218  trägt  dieser  den  Titel  „Protonotar".  Seit  Mitte  des 
14.  Jahrhunderts  nennt  er  sich  ständig  „Kanzler". 

Im  13.  und  14.  Jahrhundert  bekleiden  dieses  Amt 
Geistliche  als  die  lese- ,  schreib-  und  rechtskundigsten 
Personen  am  Hofe.  Seit  Mitte  des  14.  finden  sich  weltliche 
Kanzler,  die  ihre  Vorbildung  als  Notare  in  der  Kanzlei  er- 
halten 2). 

Einer  der  bedeutendsten  Kanzler,  Konrad  von  Wall- 
hausen, gibt  um  1350  der  Kanzlei  eine  straffere  Organi- 
sation. 

Damals  werden  vier  Sonderregister  angelegt.  Es  tritt 
also  eine  sachliche  Differenzierung  ein. 

Auch  die  Anfänge  personaler  Arbeitsteilung  sind  im 
14.  Jahrhundert  nachzuweisen:  fĂĽr  die  Kammer  und  das 
Hofrichteramt  sind  besondere  Schreiber  vorhanden  3). 

Über  den  Geschäftsgang  bei  Beurkundungen  sind  wir 
schon  fĂĽr  diese  frĂĽhe  Zeit  gut  unterrichtet. 

Bis  in  die  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  stellt  meist  der 
Empfänger  des  Privilegs  etc.  die  Urkunde  aus.  Seit  1221 
ist  die  Empfängerhand  in  den  überlieferten  Urkunden  nach- 
weisbar. Auf  Grund  von  Akten  oder  aus  dem  Gedächtnis 
fertigt  der  Empfänger  über  die  stattgehabte  Handlung  ein 
Konzept  aus.  Danach  wird  dieses  in  Peinschrift  ĂĽber- 
tragen.    Konzipient  und  Reinschreiber  sind  meist  zwei  ver- 

1)   Posse,   S.   176.  2)  Meyer,   S.  25  ff.  3)  Lippert  und 

Beschorner,  Das  Lehnbuch  Friedrichs  des  Strengen,  S.  CXL1II  und 
S.  CXXXV  f. 


246  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

schiedene  Personen,  verantwortlich  ist  der  Konzipient,  er 
revidiert  die  meist  von  einem  unteren  Beamten  gefertigte 
Reinschrift  durch  Kollation  mit  dem  Konzept.  Die  Rein- 
schrift wird  dann,  meist  vom  Schreiber  selbst,  dem  Aus- 
steller zur  Rekognition  zugestellt.  Dieser  vollzieht,  nach- 
dem er  den  Text  genehmigt  und  in  die  dafĂĽr  offen  ge- 
lassene LĂĽcke  seinen  Namen  hat  eintragen  lassen,  die  Ur- 
kunde durch  Besiegelung. 

Nach  der  Mitte  des  13.  Jahrhunderts  ĂĽberwiegen  die 
Urkunden,  die  vom  Aussteller  hergestellt  sind,  in  der  wet- 
tinischen  Kanzlei  nicht  vor  1240. 

Den  AbschluĂź  der  Beurkundung  bildet  die  Eintragung 
ins  Register.  Das  älteste  Kanzleiregister  der  Wettiner 
stammt  von  1349/68. 

Die  Urkunde  holt  entweder  der  Empfänger  selbst  aus 
der  Kanzlei  ab,  oder  fĂĽrstliche  Boten  besorgen  sie  an  ihn. 
Im  15.  Jahrhundert  verzeichnen  die  Haushaltsrechnungen 
der  FĂĽrsten  nicht  unbedeutende  Summen  fĂĽr  den  Kurier- 
dienst. 

Von  besonderer  Wichtigkeit  war  die  Tätigkeit  der 
Kanzlei  bei  Belehnungen.  Von  alters  her  benannte  bei  der 
Lehensuchung  der  Vasall  die  ihm  rechtmäßig  zustehenden 
GĂĽter,  nach  diesen  Angaben  und  der  endgĂĽltigen  Belehnung 
notierte  der  Schreiber  die  Belehnungen  auf  Einzelblättern, 
um  sie  später  zu  einem  Lehnsbuch  zusammenzustellen.  Seit 
die  Rechtsverhältnisse  mannigfaltiger  und  verwickelter 
wurden,  reichte  der  Vasall  die  Benennung  schriftlich  ein, 
indem  er  der  Kanzlei  eine  Liste  der  nach  Bestand,  Art, 
Größe  näher  bezeichneten  Lehnstücke  übergab.  Nun  bilden 
diese  Lehnzettel  die  Grundlage  der  LehnbĂĽcher.  Wenn 
gegen  die  Benennung  nicht  ein  besser  Berechtigter  Ein- 
spruch erhebt,  auch  der  Lehnsherr  keine  Bedenken  oder 
Widerspruch  äußert,  so  erfolgt  die  Belehnung.  Ist  irgend 
etwas  zweifelhaft,  so  fĂĽgt  die  Kanzlei  der  Eintragung  ins 
Lehnregister  eine  zur  Vorsicht  mahnende  oder  einschränkende 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  247 

Bemerkung  bei.  Die  Eintragung  ins  Lehnregister  genĂĽgt 
aber,  um  die  Belehnung  rechtskräftig  zu  machen.  Die  Aus- 
stellung eines  Lehnbriefes  ist  Ausnahme,  fĂĽr  einen  solchen 
erhebt  die  Kanzlei  eine  besondere  GebĂĽhr.  Erst  in  der 
zweiten  Hälfte  des  14.  Jahrhunderts  nimmt  die  Zahl  der 
Lehnbriefe  zu,  so  daĂź  im  15.  Jahrhundert  die  Lehnregister 
zu  förmlichen  Lehnkopialen  werden.  Doch  lassen  sich  zum 
Schutz  gegen  Verjährungen  die  Vasallen  oft  vor  Ausstellung 
des  Lehnbriefes  vorläufige  Lehnsscheine,  „Mutzettel'*,  geben. 
Da  sie  später  sich  oft  aus  Sparsamkeit  und  Bequemlichkeit 
mit  diesen  Zetteln  begnĂĽgen,  so  werden  vielfach  von  den 
FĂĽrsten  die  Lehnbriefe  obligatorisch  gemacht 1). 

Ăśber  die  Obliegenheiten  der  einzelnen  Kanzleibeamten 
wissen  wir  folgendes  : 

Die  Hofnotare  haben  den  Inhalt  der  Empfängerurkunden 
zu  prĂĽfen,  bei  Beurkundungen  sind  sie  Zeugen,  auch  werden 
sie  als  Gesandte  in  ausländischen  Geschäften  verwandt. 
Ohne  Vorwissen  des  FĂĽrsten  erledigen  sie  nur  die  alier- 
einfachsten  Sachen.  Erst  nach  Vortrag  vor  ihm  verlesen 
sie  mit  seiner  Genehmigung  die  Urkunde  vor  dem  Em- 
pfänger und  vollziehen  sie  durch  Besiegelung.  Sie  sind  in 
ihrer  Gesamtheit  die  HĂĽter  des  Kanzleisiegels,  auch  dann 
noch,  als  schon  ein  Protonotar  existiert. 

Der  Protonotar  ist  Oberhaupt  der  Kanzlei,  er  leitet  und 
verteilt  die  Arbeiten  an  die  Notare,  er  siegelt  die  Ur- 
kunden. Diese  hat  er  auf  persönliche  Weisung  und  mit 
Genehmigung  des  FĂĽrsten  zu  konzipieren,  das  Konzept  durch 
den  Schreiber  mundieren  zu  lassen,  das  Mundum  mit  dem 
Konzept  zu  kollationieren,  dann  vor  dem  Empfänger  zu 
verlesen  und  zu  besiegeln. 

Sache  der  Schreiber  ist  auĂźer  Herstellung  der  Urkunden 
die  Erledigung   persönlicher  Angelegenheiten    des    Fürsten, 


1)  Lippert  und  Beschorner,  S.  LIII.  LXXI  f.    CXII— CXXX. 
CL;  Posse,  S.  2.  45.  49.  84.  90.  93.  99.  101. 


248  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

Zustellung  von  Mandaten  an  die  Beamten  des  Landes,  Zu- 
sammenstellung des  Rechnungswerkes  aus  den  auf  Wachs- 
tafeln geschriebenen  Rechnungen  1).  — 

Die  Kammer  des  13.  und  14.  Jahrhunderts  ist  keine 
staatliche  Behörde.  Sie  hat  nur  die  Verwaltung  der  dem 
Landesherrn  persönlich  vorbehaltenen  Einnahmen  und  die 
Aufsicht  ĂĽber  seinen  Schatz.  Die  Stelle  des  ehemaligen 
Kämmerers  nimmt  der  Kammermeister  ein,  dem  ein  Notar 
zur  Seite  steht.  An  der  Landesverwaltung  nimmt  der 
Kammermeister  nur  als  Mitglied  der  Abrechnungskommission 
teil 2). 

Die  Verwaltung  der  staatlichen  Finanzen  ist  in  der 
Hand  des  Hofmeisters  zentralisiert.  An  ihn  fĂĽhren  die 
Vögte,  denen  die  Domänen-,  Regalien-  und  Steuerverwaltung 
anvertraut  ist,  die  Bedeeinnehmer  und  die  Geleitsleute  die 
ĂśberschĂĽsse  ihrer  Kassen  ab ;  er  deckt  alle  Ausgaben  durch 
Anweisungen  auf  die  Erträge  der  lokalen  Verwaltungs- 
behörden, soweit  die  ihm  zufließenden  Summen  nicht  hin- 
reichen. 

Da  die  laufenden  Einnahmen  den  steigenden  finanziellen 
Anforderungen  an  die  Regierung,  zumal  in  dieser  Zeit  zu- 
nehmender Geldwirtschaft,  nicht  mehr  genĂĽgten,  so  lieĂźen 
sich  die  Fürsten,  um  der  nötigen  Barmittel  schnell  habhaft 
zu  werden,  von  kapitalkräftigen  Beamten  oder  Privaten 
Darlehen  oder  Vorschuß  —  die  sogenannte  conquisitio  — 
reichen.  Die  Beamten  deckten  diese  ihre  Auslagen  durch 
die  Einkünfte  ihres  Amtes ;  langten  die  nicht  zu,  was  häufig 
vorkam,  so  leistete  der  Hofmeister  ihnen  Ersatz;  Privat- 
darleiher wurden  durch  Anweisungen  auf  die  Ă„mter  oder 
durch  Verpfändung  staatlicher  Einnahmen  befriedigt. 

Die  Verwaltung  dieser  Finanzverhältnisse  übertrug  der 
Fürst  an  Hofbeamte  oder  Räte,  die  sich  verpflichten  mußten, 
„Gewinn  zu  tun",  dafür  die  Verfügung  über  alle  Einnahmen 
und  die  Besetzung  der  lokalen  Ă„mter  erhielten.     Besonders 


1)  Posse,  S.  171—176.        2)  Meyer,  S.  77  f. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  249 

häufig  wurden  diese  Dinge  dem  Hofmeister  zugewiesen,  dessen 
Stellung  dadurch  an  Einfluß  gewann.  In  seinen  Händen 
liegt  um  die  Mitte  des  14.  Jahrhunderts  der  Schwerpunkt 
der  gesamten  Finanzverwaltung  des  Landes  *•).  — 

Bestallungsurkunden  der  Räte  und  des  Kanzlers  sind 
bis  mindestens  1379  nicht  bekannt.  Den  Hofbeamten  wurden 
wohl  gar  keine  ausgestellt.  Nur  die  mit  der  Finanz- 
verwaltung betrauten  Beamten,  also  in  erster  Linie  den 
Hofmeister  und  Marschall,  stellt  ein  landesherrlicher  Brief 
gegen  etwaigen  Schaden   sicher. 

Hofbeamte  wurden  nicht  besonders  zum  Rat  ernannt, 
sondern  ĂĽbernahmen  ihre  Ratspflichten  zugleich  mit  dem 
Amt,  wenn  sie  sie  nicht  bereits  vorher  ausĂĽbten.  Das  Amt 
wurde  ihnen  auf  bestimmte  Zeit  ĂĽbertragen ;  meist  behielten 
sie  es,  falls  sie  es  nicht  miĂźbrauchten,  bis  der  FĂĽrst  seine 
Schulden  an  sie  bezahlt  hatte.  Geschätzte  Beamte  blieben 
häufig  auch  nach  der  Entlassung  noch  im  Rat2). 

Von  besonderer  Feier  bei  Annahme  eines  Rates,  etwa 
Eidesleistung,  ist  wenigstens  bis  1379  nichts  bekannt. 

Der  erste  adlige  Rat  wird   1288  erwähnt. 

Räte  ihrer  Vorgänger  behielten  die  Fürsten  gern  bei, 
so  schon  Friedrich  I.  (Anfang  14.  Jahrhunderts). 

Die  Besoldung  der  Räte,  des  Kanzlers,  der  obersten 
Hofbeamten  besteht  in  der  Hauptsache  in  LehengĂĽtern,  die 
mit  Privilegien  —  Befreiung  von  der  Bede,  gerichtliche 
Exemtion  —  ausgestattet  werden.  Daneben  erhalten  die  Räte 
freie  Station  fĂĽr  die  Zeit  ihres  Aufenthaltes  bei  Hofe,  Ver- 
pflegung und  Geld  bei  Verschickungen  in  und  auĂźer  Landes ; 
Spesen  werden  ihnen  vergĂĽtet,  verlorene  Pferde  ersetzt,  oft 
erhalten  sie  Pferde  auch  zum  Geschenk.  Der  Kanzler  erhält 
bisweilen  eine  jährliche  Rente.  —  Weitere  Einnahmen  der 
Räte  sind:  Gebühren  für  Bürgschaftsübernahme  bei  Rech- 
nungslegung   der  lokalen  Beamten,    Geschenke    der   Unter- 


1)  Meyer,  S.  22  ff.        2)  Siehe  o.  S.  243. 


250  JDie  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

tanen.  Der  Kanzler  erhält  vielleicht  einen  Teil  der  Ge- 
bühren für  Ausstellung  der  Urkunden.  —  Endlich  rechnen 
zu  den  Einnahmen  der  Räte  Vorteile  bei  Finanzgeschäften 
mit  den  FĂĽrsten.  Besonders  reiche  Gelegenheit,  in  der 
finanziellen  Tätigkeit  für  sich  zu  sorgen,  haben  die  obersten 
Hofbeamten.  Das  geschieht  nicht  immer  auf  dem  redlichsten 
Wege :  da  die  Abrechnungen  in  zu  großen  Zwischenräumen 
erfolgen,  um  genaue  Kontrolle  zu  erlauben,  so  sind  Rechen- 
fehler zum  Nachteil  des  FĂĽrsten  keine  Seltenheit. 

Pensionen  erhalten  die  Räte  nur  vereinzelt.  Von 
Kanzlerpensionen  scheint  nichts  bekannt  zu  sein.  Pensionen 
fĂĽr  Hofbeamte  waren  bei  der  Natur  ihrer  Bestallungen  aus- 
geschlossen. 


b)  Höchste  Macht  der  Räte  inmitten  des  15.  Jahrhunderts. 

Wie  mächtig,  nicht  zuletzt  gerade  vermöge  jenes 
Finanzsystems  der  conquisitiones,  die  Räte  werden  konnten, 
ist  den  Ordnungen  zu  entnehmen ,  die  1439  und  1444 
fĂĽr  die  Regierung  von  Osterland  und  MeiĂźen  aufgerichtet 
wurden. 

Die  Ordnung  von  1439,  die  bestimmt,  wie  es 
während  der  Abwesenheit  Wilhelms *)  gehalten  werden 
solle,  ist  von  den  Grafen,  obersten  Beamten  und  Räten 
erlassen  und  besiegelt.  Diese  erklären  darin ,  daß  die 
fürstlichen  Brüder  diese  Ordnung  und  Satzung  „äff  uns 
mechtiglichen  gestellt"  und  gebeten  haben,  diese  Ordnung 
zwischen  ihnen  zu  setzen,  auch  versprochen  haben:  „Wie 
wir  (die  Räte)  solche  Ordenunge  zwischen  ihnen  schaffen 
wollen,  daĂź  sie  (die  fĂĽrstlichen  BrĂĽder)  die  gentzlichen  und 
unverruckt  halten  und  vollführen  wollen."  „Mit  williger 
Ratesfolgunge"  soll  Friedrich  regieren. 


1)  Wilhelm  war  1439  zu  König  Albrecht  geladen  wegen  seiner 
künftigen  Vermählung  mit  dessen  Tochter  Anna. 


in  Sachsen -Weimar  bis  1743.  251 

Vier  Räte *)  haben  die  beiden  Brüder  verordnet,  die 
die  oberste  Aufsicht  ĂĽber  die  Regierung,  ja  die  Herrschaft 
selbst  ĂĽber  den  LandesfĂĽrsten  fĂĽhren  sollen : 

Die  Verfügung  über  Gefälle  und  heimfallende  Güter 
und  Lehen,  also  die  AusĂĽbung  eines  wesentlichen  Rechtes 
der  Landeshoheit,  ist  an  ihr  Wissen  und  Willen  gebunden. 

Insbesondere  ist  ihnen  die  Verwaltung  der  Finanzen 
übertragen:  sie  sollen  jährlich  in  der  Fasten  alle  Rech- 
nungen der  Amtleute,  Vögte  und  Einnehmer  abnehmen  und 
von  den  Überschüssen  der  Brüder  „nötlichste"  Schulden 
bezahlen.  Hierzu  sollen  sie  Friedrichs  besondere  Räte  zu- 
ziehen. 

Diesen  ist  ein  Wort  gegönnt  bei  Einrichtung  des 
Hofhaltes.  HierfĂĽr  soll  ihr  und  der  Vier  Erkenntnis  dem 
Herzog  maĂźgebend  sein.  DarĂĽber  hinaus  soll  er  keine  Ver- 
größerung vornehmen,  „übermäßige  koste  und  zehrunge  zu 
vermeiden". 

In  einer  besonderen  Erklärung  verpflichten  sich  die 
Brüder,  diese  Ordnung  „an  allen  Stücken ,  Punkten  und 
inhaltungen  getreulichen  und  vestiglichen  zu  halten  und  zu 
volfĂĽhren,  darwider  nicht  zu  tun  in  keinerlei  weis,  ohne 
alles  gevehrde". 

Vertrag  1444.  Und  auch  als  1444  die  BrĂĽder  eine 
dreijährige  Landes-  und  Regierungsgemeinschaft  über  Thü- 
ringen, Meißen  und  Osterland  vereinbaren,  erklären  sie 
wieder,  daß  sie  ihren  Räten  in  allen  Sachen  „gefolgig  sein 
.  .  .  wollen  und  sollen". 

In  allem,  was  die  Vier  auf  Grund  der  Ordnung  von 
1439  zum  Landesbesten  tun,  sollen  sie  ungehindert  sein. 
Da  Apel  Vitztum  unter  ihnen  war,  so  erregt  diese  Klausel 
Verdacht.  Mindestens  bot  sie  seinem  eigennĂĽtzigen  Wirken 
beliebig    ausdehnbaren  Schutz.     Es    ist    fraglich,    wie    weit 


1)  Marschall  Konrad  v.  Steyn,  Apel  Vitztumb,  Heinrich 
v.  Schleynitz,  Burkhard  v.  Kochberg.  Es  scheint  das  eine  Kom- 
mission von  je  zwei  der  brüderlichen  ßäte  zu  sein. 


252  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

dem  die  Bestimmung,  daĂź  die  Vier  Wilhelm  bei  seiner 
RĂĽckkehr  Rechenschaft  ablegen  sollten,  entgegenwirkte. 

DaĂź  die  Klausel  private  Spekulationen  verdecken  sollte, 
wird  wahrscheinlicher,  wenn  wir  im  Vertrag  der  BrĂĽder 
von  1444  lesen,  daß  sich  die  Räte  das  Vorkaufsrecht  an 
erledigten  Gütern  ausbedingen.  Wenn  die  Räte,  was  mög- 
lich ist,  schon  vorher  Gläubiger  der  Herzoge  waren ,  so 
gewänne  die  angeschlossene  Verpflichtung  der  Brüder,  den 
Erlös  solcher  Verkäufe  an  ihre  „Schulden  und  besten  Nutzen 
wenden  und  keren"  zu  lassen,  ein  anderes  Gesicht  als  eine 
nur  zum  Landeswohl  getroffene  Bestimmung. 

In  diesem  Vertrag  von  1444,  den  die  Brüder  „nach 
unser  beider  Räte  heimlicher  und  lieben  Getreuen  zeitigen 
Rate"  schlieĂźen,  wiederholt  sich  die  Verpflichtung,  den 
Hof  halt  „nach  der  Räte  erkennen"  zu  ordnen. 

Neu  ist  die  Bestimmung,  daß  die  Räte  alle  Ämter  auf 
Schlössern,  in  Städten,  Märkten,  an  Geleit,  Zoll  und  Forst 
besetzen  sollen.  Es  ist  aus  dem  Wortlaut  nicht  zu  ersehen, 
ob  das  vielleicht  ein  Recht  der  Räte  bedeutet,  Leute  ihrer 
unbeschränkten  Wahl  zu  Beamten  des  Landesherrn  zu 
machen.  Da  der  Macht  der  Räte  in  diesen  Jahren  sehr 
viel  eingeräumt  war,  sprechen  die  Worte  „also  daß  uns 
dieselben  unsere  Amtleute  hinfĂĽro  getreulichen  dienen,  uns 
(und  unsern  Räten!)  gehorsam  sind"  nicht  unbedingt  da- 
gegen. — 

Mögen  die  beiden  Ordnungen  von  1439  und  1444  auch 
dem  Wunsch  entsprungen  sein,  die  Kräfte  der  beiden  Länder 
möglichst  zusammenzuhalten  und  doch  auch  die  landesherr- 
lichen Rechte  beider  BrĂĽder  gleicherweise  gegeneinander 
sicherzustellen,  und  mögen  diese  geglaubt  haben,  daß 
solches  nur  durch  Personen  gewährleistet  werden  könne, 
die  als  dritte  zwischen  ihnen  ständen  —  es  wurde  den 
Räten  doch  mit  der  völligen  Unterordnung  der  Fürsten 
unter  ihr  Gebot  und  durch  die  ihnen  eingeräumten  Vor- 
rechte eine  MachtfĂĽlle  verliehen,  die  ihnen  nie  zuvor  zu- 
gesichert worden  war. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  253 

DaĂź  das  Gehorsamsversprechen  der  BrĂĽder  keine  leere 
Formel  war,  zeigen  die  Ereignisse  der  folgenden  Jahre  zur 
Genüge1).  So  vollständig  hatte  sich  der  21 -jährige  Herzog 
Wilhelm  seinen  Räten  verschrieben,  daß  er  1445  auf  des 
von  ihnen  wohl  schon  Unheil  ahnenden  Bruders  Verlangen, 
sie  sofort  von  seinem  Hofe  zu  entfernen,  erklärte:  „Eher 
will  ich  mit  diesen  aus  dem  Lande  gehen,  als  daĂź  ich  sie 
entlasse."  Noch  4  Jahre  später  versichern  er  und  seine 
Gemahlin  dem  König:  „daß  sie  die  großen  Dienste  und 
Treuen,  die  der  gestrenge  Er  Apel  Vitztum  .  .  .  ihr  lieber 
Getreuer  und  Heimlicher,  ihnen  getan  habe  und  noch  in 
Zukunft  tun  wĂĽrde,  nimmer  gegen  ihn  vergessen  sollten 
noch  wollten".  Erst  1451  erkannte  Wilhelm,  daĂź  ihn  die 
Vitztums  hintergangen  hatten,  und  forderte  sie  zur  Verant- 
wortung fĂĽr  den  dem  Lande  verursachten  Schaden,  den  er 
auf  750000  Gulden  berechnete. 

c)  Verfassung  des  Hofrates  von  1499. 

Die  Gefahr,  die  einst  in  der  Erblichkeit  der  alten  Haus- 
ämter und  in  der  wachsenden  Macht  ihrer  Inhaber  für  den 
FĂĽrsten  gelegen  hatte,  war  beseitigt  worden.  Jetzt  war 
der  durch  übermächtige  Räte  drohende  Schaden  unheimlich 
offenbar  geworden.  Wollten  die  FĂĽrsten  ihre  Macht  sicher- 
stellen, so  muĂźten  sie  der  Wiederholung  solcher  ĂĽblen  Lagen 
vorzubeugen  suchen.  Die  Räte  mußten  wieder  ganz  der 
Macht  der  FĂĽrsten  unterstellt  werden,  der  Kreis  ihres  Ein- 
flusses auf  die  Geschicke  des  Landes  durch  bindende  Ord- 
nungen fest  abgesteckt  werden. 

Die  Haltung  der  Hofratsordming  von  1499  ist 
denn  auch  eine  andere  als  die  der  Regierungsordnung  von 
1439.  Der  Rat  fĂĽhrt  danach  die  Regierung,  aber  im  Namen 
und  Auftrag  des  Herzogs,'  der  Ordnung   und   Satzung  ver- 


1)  Ăśber  die  Vitztums  und  den  Bruderkrieg  unterrichtet  jetzt 
eingehend  Koch,  Der  sächsische  Bruderkrieg,  Jahrbücher  der  Erfurter 
Akademie,  N.  F.  Heft  XXXV,  Erfurt  1909. 

XXVIII.  17 


254  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

bindlich  ĂĽber   ihn    setzt,    und    ohne    Entscheidungsrecht    in 
wichtigen  Dingen. 

Damit  ist  die  verwaltungsrechtliche  Stellung  der  Räte 
gegenüber  dem  Fürsten  festgelegt.  Spätere  Ordnungen 
ändern  daran  im  wesentlichen  nichts  mehr,  Instruktionen 
und  Bestallungen  halten  daran  fest. 

Ausschreiben  156  8.  Von  besonderem  Gewicht  war 
der  Wille  des  Rates  in  Zeiten,  da  der  Fürst  länger  außer 
Landes  weilte.  Aber  auch  dann  war  ihm  nie  wieder  so 
große  Macht  eingeräumt  wie  in  der  Mitte  des  15.  Jahr- 
hunderts. Als  Johann  Wilhelm  1568  in  französischen 
Kriegsdienst  zieht,  ĂĽbergibt  er  die  Regierung  dem  Grafen 
Georg  zu  Gleichen  als  seinem  Oberstatthalter  und  einer 
„guten  anzahl"  seiner  Räte  und  verpflichtet  im  Ausschreiben 
an  die  Landschaft  vom  16.  Januar  seine  Untertanen  zu 
völligem  Gehorsam  ihnen  gegenüber;  aber  sie  selbst  dürfen 
keine  Willkürherrschaft  führen,  sondern  sind  „in  allem  und 
itzlichem"  an  besondere  Instruktion  und  Befehle  gebunden, 
und  zumal  alle  Angelegenheiten  der  Untertanen  sind  ihrem 
Schutz  nach  Recht  und  Billigkeit  empfohlen. 

Und  wenn  die  Instruktion  von  1592  als  oberste 
Pflicht  der  Räte  erklärt:  Sie  sollen  „nechst  Gott  allein 
dahin  stehen,  wie  unser  frommen  gefördert,  besonders  die 
brüderliche  Einigkeit  zwischen  uns  Brüdern  möge  erhalten 
werden",  so  ist  hier  nicht  mehr  wie  ehedem  die  Rede  von 
Unterordnung  der  FĂĽrsten  unter  die  WĂĽnsche  und  Befehle 
der  Räte,  sondern  nur  davon,  daß  diese  „als  unser  beider- 
seits verpflichte  Diener  bei  beiden  die  notdurft  zu  erinnern 
ermahnet  sein". 

Seit  der  Zeit  der  Vitztums  ist  strenge  Unterordnung 
der  Räte  unter  den  fürstlichen  Willen  Herkommen  und 
lebendiges  Pflichtgefühl  selbstverständliche  Überlieferung 
geworden.  Die  Bestallungen,  spätestens  um  1600,  ver- 
pflichten die  Räte  auf  die  geltenden  Rats-  und  Kanzlei- 
Ordnungen  und  erwarten  von  ihnen,    daß    sie    „sich  allent- 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  255 

halben  deromaĂźen  erzeigen,  wie  einem  getreuen  Rat  und 
Diener  wohl  anstehet". 

Hofratsordnung  1499.  Wie  Maximilian  I.  1497/98 
am  Kaiserhof  fĂĽrs  Reich  und  seine  Erblande,  1501  nach  seinem 
Beispiel  Albrecht  IV.  durch  die  Landes- Ordnung  fĂĽr  Bayern  x), 
so  errichten  die  BrĂĽder  Friedrich  der  Weise  und  Johann 
der  Beständige  1499  einen  Hofrat  als  oberste  Behörde  für 
das  endgĂĽltig  von  MeiĂźen  getrennte  ThĂĽringen.  Wie  in 
jenen  beiden  Ländern,  so  ist  er  hier  die  älteste  wenigstens 
in  äußeren  Hauptpunkten  fest  geordnete  Verwaltungsbehörde. 

Sein  Arbeitsgebiet  ist  noch  nicht  genau  abgegrenzt, 
noch  nicht  im  einzelnen  bezeichnet.  Aber  er  tritt  doch 
schon  als  ständig  tätige  Behörde  auf,  die  alle  laufenden 
Geschäfte  der  Verwaltung  erledigt. 

TĂĽr  alle  FĂĽrstentum,  Land  und  Leute  betreffenden 
Sachen  ist  er  zuständig.  Nur  daß  in  großen  und  schweren 
Händeln  die  Entscheidung  dem  Fürsten  vorbehalten  ist,  dem 
er  sie  mit  seinem  Ratschlag  zu  unterbreiten  hat  (l)2). 

Die  Zahl  der  Räte  ist  nach  oben  hin  nicht  beschränkt. 
Vier  sollen  es  wenigstens  immer  sein  (1). 

Eine  wichtige  Neuerung  ist  die  EinfĂĽhrung  der  Resi- 
denzpflicht: die  vier  Räte  sollen  stets  „an  unserm  wesent- 
lichen Hof  (oder  einem  gelegenen  Ende  unserer  Lande)" 
sein  (1)  —  daher  die  Bezeichnung  „Hofräte".  Damit  wurde 
die  oberste  Behörde  seßhaft,  und  hierin  lag  eine  Grund- 
bedingung fĂĽr  ruhige  und  geordnete  Verwaltung3). 

FĂĽr  ihren  Dienst  werden  gewisse  Stunden  bestimmt: 
Im  Sommer  (Ostern  bis  Michaelis)  vormittags  6 — 9,  im 
Winter  7 — 9,    nachmittags    Sommers    und    Winters    12 — 4. 


1)  Rosenthal,  Gesch.  d.  Gerichtswesens  u.  d.  Verwaltungsorganis. 
Bayerns,  I,  S.  262.  —  Vgl.  den  Exkurs  am  Schluß  der  Dissertation. 

2)  Die  Ziffern  bezeichnen  die  Artikel  der  Hofratsordnung. 

3)  Der  Hofrat  machte  also  fortan  nicht  mehr  alle  Reisen  des 
FĂĽrsten  mit,  aber  mit  dem  Wechsel  des  Hoflagers  verlegte  auch  er 
seinen  Sitz.  So  residierte  er  unter  Johann  Friedrich  dem  GroĂź- 
mĂĽtigen abwechselnd  in  Weimar  und  Torgau.    Mentz,  III,   S.  128. 

17* 


256  Ăźie  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

Solange  die  Last  der  Geschäfte  gering  war,  scheint  der 
Dienst  noch  nicht  regelmäßig  gewesen  zu  sein.  Nur  „wenn 
nötig",  sollen  die  Hof  rate  zu  diesen  Zeiten  im  Rat  sitzen  (1). 
Dann  darf  aber  auch  keiner  fernbleiben,  er  habe  denn  vom 
Fürsten  oder  den  anderen  Räten  Erlaubnis  oder  sei  durch 
besondere  fürstliche  Aufträge  oder  durch  Krankheit  ver- 
hindert (20). 

Die  Erledigung  der  Sachen  geht  nach  der  Reihenfolge 
der  Eingänge  vor  sich  (9). 

Die  Tätigkeit  des  Hofrats  dabei  besteht  im  „Hören, 
Beraten  und  Fertigen"   (1). 

Nur  vor  ihm  sind  alle  „Handlungen"  und  Verhöre  zu 
fĂĽhren  (7).  Aber  jedem  ist  erlaubt,  hier  seine  Supplikation 
anzubringen,  und  zwar  mĂĽndlich,  wenn  er  es  nicht  schrift- 
lich machen  kann  oder  will  (2). 

Erachtet  es  der  Hofrat  zur  genaueren  Kenntnis  der 
Angelegenheit  für  nötig,  so  werden  die  Leute  zur  Auskunft 
vorbeschieden  oder  schriftliche  Erkundigung  eingezogen 
(„Erkundung  und  Erfindung  mit  Fürbescheidung  oder 
Schrift")  (10). 

Ist  der  Hofrat  von  der  Sachlage  genĂĽgend  unterrichtet, 
so  schreitet  er  zur  Beratung.  Dieselbe  soll  „einhellig" 
geschehen,  d.  h.  in  friedlicher  Weise.  Es  findet  zweimalige 
Umfrage  statt,  das  erste  Mal,  um  die  verschiedenen  Meinungen 
zu  erfahren  und  zu  „begreifen",  das  zweite  Mal,  um  die 
Zahl  der  Stimmen  für  die  verschiedenen  Ratschläge  fest- 
zustellen. Der  Ratschlag,  dem  die  einfache  Mehrheit  zu- 
fällt, wird  zum  Beschluß  erhoben  (2). 

Auf  Grund  des  Beschlusses  werden  die  Briefe  in  der 
Kanzlei  ausgefertigt,  danach  in  einer  späteren  Ratssitzung 
verlesen  und,  wenn  sie  mit  dem  gefaĂźten  BeschluĂź  ĂĽberein- 
stimmen, im  Rat  versiegelt  (2). 

Nur  was  von  der  Mehrheit  beschlossen  ist,  darf  die 
Kanzlei  ausfertigen  oder  ausgehen  lassen  (3).  Nur  die  im 
Rat  beschlossenen  und  befohlenen  Ausfertigungen  dĂĽrfen 
mit  dem  Siegel  der  Kanzlei  versehen  werden  (8). 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  257 

Sachen,  die  nicht  ohne  persönliche  Erfahrung  erledigt 
werden  können ,  gibt  der  Hofrat  durch  Zusendung  der 
Supplikation  und  Mitteilung  seines  Beschlusses  zur  Nach- 
prüfung an  die  fürstlichen  Beamten  der  gehörigen  Reviere 
oder  Amter.  MĂĽssen  diese  berichten,  daĂź  die  Supplikation 
die  Dinge  nicht  richtig  darstellt,  so  haben  die  Räte  einen 
neuen  Beschluß  zu  fassen  und  „die  Billigkeit  zu  verfügen" 
(1 1).  Anderenfalls  haben  die  Beamten  das  dem  BeschlĂĽsse 
Entsprechende  zu  veranlassen. 

Ăśber  die  ein  Ratsmitglied  betreffenden  Angelegenheiten 
soll  nur  in  dessen  Abwesenheit  verhandelt  werden,  „daß 
jeder  frei  ohne  Scheu  reden  mag".  Doch  soll  er  selbst  mit 
seiner  Antwort  und  Anliegen  „nach  Notdurft"  gehört  werden 
und  auf  billige  Entscheidung  rechnen  dĂĽrfen  (5) 1). 

Zu  den  Hauptpflichten  der  Räte  gehört  nächst  der 
Erledigung  der  laufenden  Geschäfte  die  Übernahme  von 
Gesandtschaften  und  Vollziehung  besonderer  Aufträge.  Die 
Hofratsordnung  von  1499  bestimmt,  daĂź  die  dazu  in  Aus- 
sicht genommenen  Personen  kĂĽnftig  nur  in  Gegenwart  des 
Fürsten  oder  der  bei  Hofe  anwesenden  Räte  abgefertigt 
werden  sollen.  Es  wird  ihnen  eine  versiegelte  Instruktion 
mitgegeben,  die  der  Rat  in  offener  Sitzung  nach  Stimmen- 
mehrheit beschlossen  hat.  Nach  der  RĂĽckkehr  haben  sie 
im  Rat  Bericht  zu   erstatten  (14).  — 

Als  Erster  im  Rat  erscheint  jetzt  der  Hofmeister.  Er 
hat  den  Vorsitz  bei  den  Beratungen,  legt  die  Händel  vor 
und  hält  die  Umfrage  (2). 

Des  Kanzlers  wesentliches  Amt  ist  auch  jetzt  noch  die 
Aufsicht  ĂĽber  die  Kanzlei.  Diese  ist  jetzt,  nachdem  der 
Rat  die  erste  Stelle  der  Verwaltung  eingenommen  hat,  nur 
ausführende  Behörde,  steht  nicht  mehr  wie  im  13.  und  14. 
Jahrhundert  im  Mittelpunkt  der  Regierung.  Deswegen  hat 
jetzt  der  Kanzler  insbesondere  darauf  zu  halten,  daĂź  die 
Kanzlei   nur    ausfertigt,    was    im    Rat   beschlossen    ist,    daĂź 


1)  Ebenso  die  Kanzlei-Ordnung  von  1625/42  B  1091  II  16. 


258  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

künftig  keine  Handlung  oder  Verhör  in  der  Kanzlei  vor- 
genommen wird  und  deswegen  kein  Unberufener  in  sie 
geht  oder  geführt  wird,  „auf  daß  unsere  Handlungen  und 
Sachen  verschwiegen    und   im    geheim  bleiben    mögen"   (3). 

Er  fĂĽhrt  einen  SchlĂĽssel  zu  dem  Kasten,  in  dem  das 
Kanzleisiegel  verwahrt  wird.  Die  anderen  drei  SchlĂĽssel 
sind  dem  Hofmeister  und  zwei  Katen  anvertraut  (8). 

In  seiner  Eigenschaft  als  oberster  Kanzleibeamter  wird 
er  zu  den  Sitzungen  des  Hofrats  zugezogen,  Johann  Elehinger, 
der  derzeitige  Inhaber  dieses  Amtes,  auch  wohl  auf  Grund 
persönlicher  Vorzüge  (2  und  Anmerkung  des  Herausgebers). 

Neben  dem  Kanzler  hat  stets  einer  der  Kanzleischreiber 
an  den  Beratungen  teilzunehmen.  Er  verliest  die  ein- 
gelaufenen Händel,  zeichnet  die  mündlichen  Anbringen  und 
die  Ratschläge  auf,  verliest  diese  nach  der  ersten  Um- 
frage und  verliest  die  in  der  Kanzlei  danach  gefertigten 
Schreiben  (2). 

Neben  den  Schreibern,  ĂĽber  deren  Zahl  die  Hofrats- 
ordnung nichts  sagt,  ist  ein  besonderer  Registrator  ver- 
ordnet und  vereidet.  Alle  Schriften  der  Kanzlei  —  Lehn- 
briefe, Konfirmationen,  Rezesse,  Schiede,  Missiven  u.  a.  — 
sind  von  ihm  zu  registrieren,  bevor  sie  ausgehen  (6).  — 

Alle  Räte,  auch  die  künftig  berufenen,  sind  auf  diese 
Ordnung  verpflichtet,  Ungnade  und  Strafe  droht  allen  Ver- 
stößen gegen  sie. 

Zugleich  wird  ihnen  aber  auch  Gewalt  und  Macht 
verliehen,  die  Ordnung  gegen  jedermann  zu  handhaben  (21). 

Als  fĂĽr  die  Interessen  des  FĂĽrsten  und  des  Dienstes 
besonders  notwendige  Eigenschaften  werden  von  den  Räten 
gefordert:  Verschwiegenheit,  Unparteilichkeit,  Unbestech- 
lichkeit. 

Alles,  was  im  Rat  verhandelt  wird,  sollen  sie  bis  in 
ihren  Tod  verschweigen  (19).  Damit  nichts  Geheimes 
offenbar  werde,  darf  ohne  ihre  besondere  Erlaubnis  niemand 
Briefe  oder  Abschriften  der  Kanzlei  lesen  (4). 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  259 

Kein  Rat  soll  einer  Partei  „zu  Liebe,  Leide  oder  Neid 
raten,  sondern  was  ihm  des  sein  Gewissen  lernen  und  er 
gegen  Gott  verantworten  will"   (19). 

Kein  Rat  darf  von  niemand  und  unter  keiner  Gestalt 
Geld  oder  Geldeswert  nehmen.  Er  ist  nur  dem  Landesherrn 
verpflichtet  und  darf  von  niemand  Sold  oder  Dienstgeld 
ohne  dessen  Wissen  und  Willen  haben  (19). 

d)  Weiterbildung  der  Hofrats  Verfassung  im  16.  Jahrhundert 

Die  wesentlichen  Neuerungen  und  Ergänzungen,  die 
unter  Johann  Friedrich  dem  GroĂźmĂĽtigen  die  Ratsverfassung 
erfährt,  sind  folgende: 

Nachdem  die  Ordnung  von  1536  noch  unbestimmt  von 
einer  „stattlichen"  Zahl  der  Räte  sprach,  setzt  die  von 
1539  sie  auf  6  bis  8  fest.  Die  Ordnung  von  1546  erhöht 
sie  auf  11,  nach  der  MĂĽhlberger  Katastrophe  aber  genĂĽgen 
8  Räte1). 

Gewissenhafte  Beratung  des  FĂĽrsten  am  Hof,  Ăśber- 
nahme von  Gesandtschaften  in  und  auĂźer  Landes,  Ver- 
schwiegenheit „bis  in  die  Grube"  sind  die  Pflichten,  die 
ein  wesentlicher  Hofrat  bei  seiner  Bestallung  ĂĽbernimmt 2). 

Außer  der  festen  Zahl  der  wesentlichen  Hofräte  stehen 
dem  Fürsten  die  „Räte  von  Haus  aus"  zu  Gebote.  Sie 
mĂĽssen  stets  zu  seinem  Dienst  bei  Hofe  oder  auf  Reichs-, 
Kreis-,  Landtagen  bereit  sein  3). 

Die  bedeutendsten  Stellen  unter  den  Hofräten  be- 
kleiden: Hofmeister,  Marschall,  Kanzler  und  Vizekanzler. 

Der  Hofmeister  hat  die  Aufsicht  über  die  anderen  Räte, 
leitet  die  Verhandlungen,  legt  dem  KurfĂĽrsten  in  Begleitung 
eines  Rates  und  des  Kanzlers  täglich  zweimal  die  aus- 
gefertigten Schreiben  zur  Unterschrift  vor.  In  dieser  Stellung 
begegnet  jedoch  der  Hofmeister  nur  bis  1534,  dann  ist 
seine  Stelle  unbesetzt,  die  Ordnung  von  1542  setzt  an  seine 
Statt  im  Rat  den  Kanzler.     Die  späteren  Hofmeister  sind, 

1)  Mentz,  III,  S.  127.        2)  Mentz,  III,  S.  144.        3)  Ebenda. 


260  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

sofern  sie  nicht  im  Rat  sitzen,  keine  Staatsbeamten,  sondern 
haben  den  persönlichen  Dienst  beim  Bruder  oder  den  Söhnen 
des  FĂĽrsten  oder  im  Frauenzimmer 1). 

Ebensowenig  wie  der  Hofmeister  nach  1534,  ist  die 
ganze  Zeit  Johann  Friedrichs  ĂĽber  der  Hofmarschall  auĂźer 
seiner  Ratsstellung  Staatsbeamter.  Aber  sein  Amt  als  Leiter 
des  Hofstaates  verlieh  ihm  im  Rat  eine  gewisse  Bedeutung  2). 

Nachdem  der  Hofmeister  aus  dem  Vorsitz  im  Rat  ge- 
schieden war,  wurde  dieser  1539  dem  Herzog  Johann  Ernst, 
1546  dem  ältesten  Sohne  Johann  Friedrichs  zugedacht. 
Schon  frĂĽher  hatte,  falls  der  Hofmeister  an  der  Teilnahme 
verhindert  war,  im  Rate  der  Kanzler  die  Umfrage  gehalten. 
Die  Ordnung  von  1542  weist  diesem  von  vornherein  diese 
Aufgabe  zu.  Auch  1546  bleibt  sie  ihm  in  Vertretung  der 
fürstlichen  Söhne  —  auf  die  niemals  mit  dem  Beginn  der 
Verhandlungen  gewartet  werden  soll.  —  Außer  der  Leitung 
der  Ratssitzungen  ist  Aufgabe  des  Kanzlers  die  Besorgung 
der  wichtigsten  Kanzleigeschäfte  und  die  Aufsicht  über  das 
Kanzleipersonal.  Er  empfängt  die  Eingänge  und  legt  sie 
dem  Rat  bezw.  dem  FĂĽrsten  vor,  er  ist  an  der  Abfassung 
der  Ratsschreiben  beteiligt,  gibt  sie  zur  Ausfertigung  in 
die  Kanzlei,  legt  die  ausgefertigten  dem  FĂĽrsten  vor  und 
setzt  seine  Unterschrift  dazu.  Ohne  diese  darf  kein  Brief 
ausgehen.  Die  Unterschrift  des  FĂĽrsten  ist  zudem  un- 
bedingt fĂĽr  Lehn-  und  Leibgedingsbriefe,  Konfirmationen 
und  Bestätigungen  erforderlich  3).  —  Die  Aufsicht  des  Kanz- 
lers erstreckt  sich  über  die  laufenden  Geschäfte  der  Kanzlei, 
ihre  äußere  Ordnung,  Führung  der  Register  und  das  Personal 
der  Kanzlei,  dessen  Ein-  und  Absetzung  ihm  zusteht 4). 

Die  Zahl  der  Kanzleibeamten  wechselt  nach  Bedarf 
und  Umfang  der  Geschäfte.  1536  fordert  die  Ordnung 
7  Schreiber,  4  Kopisten;  nach  dem  UnglĂĽcksjahr  1547  ver- 
mindert die  Ordnung  von  1549  sie  auf  4  bezw.  2;  die  von 


1)  Mentz,  III,  S.  127  f.  u.  137.  2)  Ebenda  S.  137.  3)  Ebenda, 
III,  S.  130.  4)  Ebenda,  III,  S.  127—129,  besonders  S.  138,  auch 
S.  142. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  261 

1552  erhöht  ihre  Zahl  wegen  Ausdehnung  der  Geschäfte 
auf  6  bezw.  3.  —  Zur  Führung  der  Register  wird  1542 
speziell  ein  Schreiber  bestellt;  zeitweise  trat  eine  gewisse 
Arbeitsteilung  nach  Sachgebieten  ein.  Bemerkenswert  ist, 
daĂź  1542  zwei  Schreiber  besonders  mit  den  thĂĽringischen, 
zwei  mit  den  meißnischen  und  vogtländischen,  einer  mit 
den  sächsischen  Sachen  beauftragt  wurde *•). 

Bis  1542  bestand  das  Amt  des  Vizekanzlers,  der  den 
Kanzler  zu  vertreten  hatte.  Seitdem  ĂĽbernahm  diese  Auf- 
gabe der  älteste  anwesende  Rat.  Über  die  gefaßten  Be- 
schlüsse sollte  aber  nachträglich  dem  Kanzler  berichtet  und 
seine  Meinung  eingeholt  werden 2).  — 

Die  BeschlĂĽsse  im  Rat  werden  nach  Stimmenmehrheit 
gefaĂźt.  Hat  der  Kanzler  ein  begrĂĽndetes  Bedenken  da- 
gegen oder  tritt  Stimmengleichheit  ein,  so  ist  die  Ent- 
scheidung des  KurfĂĽrsten   einzuholen  3). 

Ort  der  Beratungen  ist  eine  besondere  Ratstube,  einzelne 
Sachen  konnten  jedoch  auf  fĂĽrstlichen  Befehl  auch  in  einem 
besonderen  „Wesen"  vorgenommen  werden4). 

Als  Aufgaben  der  Räte  werden  genannt:  die  Vor- 
bereitung der  vom  FĂĽrsten  ausgehenden  Briefe,  Verhand- 
lungen ĂĽber  Erteilung  von  Lehen ;  Schlichtung  von  Streitig- 
keiten zwischen  Ă„mtern  und  Untertanen  und  die  Sorge, 
daĂź  dem  fĂĽrstlichen  Interesse  nichts  entzogen  werde.  Auch 
in  Polizei-  und  Wirtschaftspolitik  sind  die  Räte  zuständig  5). 

Vor  allem  aber  ist  der  Rat  Gerichtsbehörde.  Er  ist 
Vertreter  der  höchsten  landesherrlichen  Gerichtsbarkeit. 
Die  Rechtspflege  ist  ihm  so  völlig  anvertraut,  daß  der  Kur- 
fĂĽrst ohne  Wissen  des  Kanzlers  darin  keinen  Befehl  er- 
teilen will.  Er  ist  Schiedsrichter,  er  ist  erste  Instanz  fĂĽr 
die  Schriftsassen,  vielfach  auch  fĂĽr  die  Amtssassen.  Appel- 
lationen gehen  an  den  Hofrat  von  den  Gerichten  niederer 
Instanz,   von  Sprüchen    auswärtiger    Schöppenstühle,    selbst 

l)Mentz,  III,  S.  183/185.  2)  Ebenda,  III,  S.  127/129.  3)  Ebenda 
S.  127/129.       4)  Ebenda  S.  128.       5)  Ebenda,  III,  S.  129  f.  166.  181. 


262  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

vom  gemeinsamen  sächsischen  Oberhofgericht,  in  diesem 
Falle  jedoch  unter  Zuziehung  albertinischer  Räte.  Seit 
1547  ist  der  Hofrat  nach  Aufbebung  der  Oberhofgerichts- 
Gemeinsamkeit  höchste  Instanz  für  Sachsen  -  Weimar.  — 
Um  seiner  Überlastung  vorzubeugen,  auch  um  unnötige 
Kosten  den  Parteien  zu  ersparen,  sollen  diese  kein  ordent- 
liches Gericht  umgehen,  sondern  nur  dann  an  den  Hofrat 
sich  wenden,  wenn  die  ordentliche  Obrigkeit  ihnen  das 
Recht  weigert  oder  angeklagt  werden  soll.  Den  unteren 
Richtern  wiederum  wird  aus  gleichen  GrĂĽnden  befohlen, 
möglichst  gütige  Auseinandersetzung  der  Parteien  zu  er- 
streben, jedenfalls  möglichst  die  Notwendigkeit  einer  Be- 
rufung an  den  Hof  zu  verhüten.  —  Für  Erledigung  der 
Rechtssachen  wird  1536  ein  besonderer  Schreiber  bestellt 
und  ein  Doctor  juris  unter  die  Räte  aufgenommen,  der 
1542  noch  einen  Kollegen  erhält.  —  In  Geltung  ist  das  ge- 
meine sächsische  Recht,  subsidiär  das  kaiserliche x). 

War  der  KurfĂĽrst  auĂźer  Landes,  so  lieĂź  er  die  Regierung 
von  den  Räten  führen,  denen  er  wohl  einen  seiner  Söhne 
oder  einen  seiner  Vertrauten  als  Statthalter  vorsetzte.  Diese 
aber  waren  an  die  Entscheidung  bezw.  Mitwirkung  der 
Räte  gebunden,  denen  weitreichende  Vollmachten  für  die 
gesamte  Verwaltung,  zumal  für  Fälle  der  Gefahr,  erteilt 
wurden.  Aber  wichtige  Briefe  von  FĂĽrsten,  Grafen,  Herren 
und  die  zu  eigener  Hand  gehenden  sollten  sie  dem  Kur- 
fürsten uneröffnet  zustellen,  durften  auch  keine  Lehen  er- 
teilen oder  ohne  sein  Wissen  Anleihen  aufnehmen.  Auch 
muĂźten  sie  stets  in  schriftlichem  Verkehr  mit  dem  Landes- 
herrn bleiben  2). 

Schon  in  den  letzten  Zeiten  Friedrichs  des  Weisen 
gelegentlich  teilnehmend  „an  den  Händeln",  schon  vor 
seinem  Regierungsantritt  in  Verwaltungssachen  leitend,  an- 
regend ,    begutachtend    beschäftigt  3),    zeigte    sich    Johann 


1)  Mentz,   III,   S.  129/131.   159/162.   164.         2)  Ebenda,  III, 
S.  55.  129  f.  134  f.        3)  Ebenda,  1,  S.  53.  126. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  263 

Friedrich  der  GroĂźmĂĽtige  in  der  ganzen  Zeit  seiner  Herr- 
schaft stets  mit  Eifer  persönlich  in  der  Regierung  tätig. 
Alles  muĂźte  grĂĽndlich  und  aufs  beste  erledigt  werden.  Als 
er  in  früheren  Jahren  seiner  Regierung  persönlich  den  Vor- 
sitz im  Rate  führte,  hielt  er,  wenn  nötig,  eine  dritte  Um- 
frage, um  zu  einem  möglichst  einmütigen  Schlüsse  zu 
kommen.  Wichtige  und  schwierige  Sachen  waren  ihm  auch 
später  stets  vorzutragen;  in  allen  Sachen,  in  denen  die 
Stimmen  auseinandergingen,  war  seine  Entscheidung  einzu- 
holen, wenn  nötig,  auch  in  der  Zeit  seiner  Gefangenschaft: 
nämlich  wenn  seine  beiden  Söhne  nicht  übereinstimmten. 
Vieles  erledigte  er  selbst,  kaum  ging  ein  wichtiger  Brief 
aus,  den  er  nicht  selbst  gehört,  gelesen  oder  korrigiert 
hätte !). 

Ja  bestimmte  Sachen  behielt  der  KurfĂĽrst  seit  1539 
grundsätzlich  seiner  Entscheidung  vor,  nämlich  die  Reli- 
gionsangelegenheiten, die  äußere  Politik  und  die  Rechnungs- 
sachen. Dem  Hofrat  verblieben  die  Justizsachen,  Lehen- 
und  Bestätigungssachen,  Supplikationen  zur  Behandlung. 
In  der  Zeit  der  Gefangenschaft  werden  freilich  auch  kirch- 
liche Verwaltung  und  Hofhalt  dem  Rat  ĂĽberwiesen.  Dazu 
kamen  damals  Jagd-  und  Forstangelegenheiten  in  seinen 
Geschäftsbereich,  seit  der  Jägermeister  Ratsmitglied  war 2). 

Wir  sehen  also  bereits  unter  Johann  Friedrich  dem 
GroĂźmĂĽtigen  den  Beginn  einer  Arbeitsteilung  im  Rat  nach 
sachlichen  Gebieten.  Eine  örtliche  Teilung  des  Hofrates, 
wie  sie  Johann  Friedrich  1529  als  Kurprinz  vorschlug,  kam 
dagegen  nicht  zur  AusfĂĽhrung 3). 

Streng  aber  hielt  der  KurfĂĽrst  darauf,  daĂź  dem  Hofrat 
nichts  von  den  ihm  zustehenden  Sachen  entzogen  wurde : 
1546  warnt  er  seine  Söhne,  Parteisachen  oder  gemeine  Für- 
bitten selbst  anzunehmen.     Sie  sollen  solches  vielmehr  stets 


1)  Mentz,  III,  8. 113.  124.  127/130.  2)  Ebenda,  III,  S.  130/133. 
3)  Danach  sollten  in  Torgau  und  Weimar  je  8  Räte  die  Geschäfte 
führen,  außer  ihnen  am  Hoflager  4  Eäte  ständig  anwesend  sein. 
Mentz,  I,  S.  126  f. 


264  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

an  Rat  und  Kanzler  als  an  die  allein  zuständige  Stelle 
weisen1).  — 

GegenĂĽber  der  Hofratsordnung  von  1499  ergibt  dem- 
nach die  Zeit  Johann  Friedrichs  des  GroĂźmĂĽtigen  diese 
Veränderungen  im  Rat : 

Die  Zahl  der  Räte  wird    bestimmt    und    zwar    erhöht. 

Der  Hofrat  ist  nicht  nur  am  Ort  der  Regierung  seĂź- 
haft, sondern  fĂĽr  seine  Amtshandlungen  auch  an  einen  be- 
stimmten Platz  —  die  Ratstube  —  gebunden. 

Der  Hofmeister  hat  nur  noch  bis  1534  den  Vorsitz  im 
Rat,  seitdem  ist  sein  Amt  in  der  alten  Bedeutung  er- 
loschen, von  1542  ab  hat  der  Kanzler  den  Vorsitz  im  Rat. 

Das  Arbeitsgebiet  des  Hofrats  ist  näher  bezeichnet, 
es  treten  die  einzelnen  Bezirke  seiner  Tätigkeit  hervor: 
Rechtspflege  und  Landesverwaltung  im  engeren  Sinne  ge- 
hören in  der  ganzen  Zeit  zu  seinen  Aufgaben,  später  treten 
die  kirchliche  Verwaltung,  die  Sorge  fĂĽr  den  Hofhalt  und 
fĂĽr  das  Jagdwesen  hinzu. 

Eine  gewisse  Arbeitsteilung  macht  sich  geltend,  indem 
der  KurfĂĽrst  sich  bis  1546  die  kirchlichen  Angelegenheiten 
und  die  oberste  unmittelbare  Leitung  des  Finanzwesens 
vorbehält.  Vor  allem  gehört  nicht  zum  Bereich  des  Hof- 
rats die  äußere  Politik.  — 

In  der  Zeit  nach  Johann  Friedrich  dem  GroĂźmĂĽtigen 
geht  die  Arbeitsteilung  weiter:  Die  Angelegenheiten  der 
kirchlichen  Verwaltung  werden  einem  besonderen  Kollegium 
ĂĽberwiesen,  dem  Konsistorium,  das  1561  gegrĂĽndet  wird. 
Die  gerichtliche  Arbeitslast  des  Rates  wird  vermindert 
durch  die  1566  stattfindende  Eröffnung  des  Hofgerichts 
zu  Jena. 

Dagegen  wird  das  Arbeitsgebiet  des  Hofrats  erweitert, 
indem  ihm  die  Kammersachen  zugewiesen  werden.  Eine 
Instruktion  von  1593  bestimmt  die  Pflichten  in  deren  Ver- 
waltung  ausfĂĽhrlich. 


1)  Mentz,  III,  S.  133. 


in  Sachsen- Weimar  bis  1743.  265 

Ferner  tritt  auch  eine  örtliche  Abgrenzung  der  hof- 
rätlichen  Zuständigkeit  ein:  Da  1591  Friedrich  Wilhelm  die 
vormundschaftliche  Regierung  Kursachsens  ĂĽbernahm  (die 
er  bis  1601  fĂĽhrte),  mag  wohl  eine  Erleichterung  der 
â– weimarischen  Verwaltung  erwĂĽnscht  gewesen  sein  1).  Jeden- 
falls besteht  damals  eine  besondere  Regierung  zu  Altenburg, 
die  unter  Johann  und  zugleich  im  Namen  Friedrich  Wil- 
helms die  Geschäfte  führt  und  zugleich  den  Beginn  der 
gesonderten  Altenburger  Verwaltung  bedeutet:  1603  wurde 
der  Altenburger  Landesteil  für  Friedrich  Wilhelms  Söhne 
von  Weimar  abgetrennt.  Sie  besteht  aus  Hauptmann 2), 
Kanzler  und  Kanzleiverwandten.  Eine  Instruktion  der 
herzoglichen  BrĂĽder  vom  9.  November  1592  ist  an  sie  ge- 
richtet. Sie  hat  besonders  die  Wahrung  der  Ressortgrenzen 
zwischen  der  Weimarer  und  Altenburger  Regierung  und 
des  Instanzenzuges  im  Auge: 

Vor  die  Altenburger  Räte  gehören  in  allen  bürgerlichen 
und  peinlichen  Fällen  nur  die  Untertanen  der  Amter  Alten- 
burg, Eisenberg,  Ronneburg,  und  zwar  von  Annahme  der 
Sache    an   bis    zur  Vollstreckung  des  Urteils   einschlieĂźlich. 

In  Sachen,  die  frĂĽher  schon  vor  der  Regierung  (zu 
Weimar)  zur  Entscheidung  standen  und  aufs  neue  in  Alten- 
burg zur  Verhandlung  kommen,  soll,  damit  jener  Ent- 
scheidung das  neue  Urteil  nicht  widerspreche,  die  Weimarer 
Kanzlei  um  Bericht  angegangen,  nötigenfalls  sollen  ihr  die 
Akten  abgefordert  werden. 

Dem  Hofgericht  zu  Jena  seinen  stracken  Lauf  zu  lassen 
und  die  bei  ihm  zuständigen  Sachen  dorthin  zu  weisen, 
werden  die  Räte  besonders   angehalten. 

Für  Appellationen  ist  Weimar  zuständig. 

Lehnssachen  gehören  vor  die  Weimarer  Kanzlei,  weil 
die  Homogial-  und  SalbĂĽcher  dort  liegen. 

1)  Instruktion  1592.  2)  Vermutlich  der  Amtmann  von  Alten- 
burg. Nach  Mentz,  III,  S.  149  trugen  die  Amtleute  bestimmter 
Amter  oder  Städte  den  Titel  Hauptmann,  der  eine  bedeutendere, 
vielleicht  militärische  Stellung  bezeichnet. 


26(3  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

Ehesachen,  die  vor  das  weltliche  und  geistliche  Gericht 
zugleich  gehören,  sind  von  den  Superintendenten  in  Gemein- 
schaft mit  Kanzler  und  Sekretär  zu  erledigen,  wichtige 
Fälle  gehen  vor  das  Konsistorium  zu  Weimar,  an  das  auch 
die  Parteien  appellieren  dĂĽrfen. 

Der  Entscheidung  des  Herzogs  sind  alle  Angelegen- 
heiten vorbehalten,  in  denen  FĂĽrsten,  Grafen  und  Herren 
sich  an  ihn  wenden,  d.  h.  also  vor  allem  die  auswärtige 
Politik.  Ihre  Schreiben  sind  ihm  unerbrochen  zu  ĂĽber- 
reichen. 

FĂĽr  die  ordentlichen  Ratssitzungen  an  vorgeschriebenem 
Ort  sind  die  Stunden  von  7,  Winters  von  8  bis  10  Uhr, 
nachmittags  von  1  bis  5  Uhr  festgesetzt.  Da  sollen  die 
einkommenden  Briefe  erbrochen,  öffentlich  verlesen  und, 
nachdem  „jeder  sein  Bedenken  fein  schied-  und  gütlich 
angezeigt"   hat,   darĂĽber  BeschluĂź  gefaĂźt  werden. 

Zu  diesen  Sitzungen  sind  alle  Räte  verpflichtet.  Ver- 
hinderungen aus  erheblichen  Ursachen  sind  beim  Herzog 
oder  den  Kollegen  anzuzeigen,  ohne  fĂĽrstliche  Erlaubnis 
darf  kein  Rat  Urlaub    nehmen    oder   ĂĽber  Nacht  verreisen. 

Wie  viele  Räte  außer  Hauptmann  und  Kanzler  in 
Altenburg  verordnet  waren,  konnte  ich  nicht  feststellen. 

Ăśber  die  im  Rat  gefaĂźten  BeschlĂĽsse  hat  der  Kanzler 
oder  ein  Sekretär  —  früh  nach  9,  nachmittags  nach  4  Uhr 
—  dem  Herzog  Vortrag  zu  halten  und  sie  ihm  zur  Unter- 
schrift vorzulegen. 

Im  ĂĽbrigen  ist  Hauptamt  des  Kanzlers  die  Aufsicht 
über  die  Kanzlei.  Er  soll  sorgen,  daß  Sekretäre  und  andere 
Kanzleiverwandte  ihre  Pflichten  pĂĽnktlich,  schleunig  und 
fleiĂźig  erfĂĽllen. 


e)  EndgĂĽltige  Ordnung  der  Regierung  im  17.  Jahrhundert. 

Seit  1633  eine  besondere  Kammerordnung  das  Kammer- 
kollegium endgĂĽltig  vom  Ratskollegium  trennt,  bestehen 
also  nebeneinander  (s.  u.):  fĂĽr  die  geistlichen  Angelegenheiten 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  267 

das  Konsistorium,  fĂĽr  die  Finanz-  und  Kommerzsachen  die 
Kammer,  fĂĽr  Gerichts-  und  Verwaltungssachen  die  Regie- 
rung. Diese  ist  zugleich  die  Oberbehörde  über  die  beiden 
anderen  Kollegien. 

Auf  dieser  Grundlage  regeln  die  Kanzlei-  und 
Regierungsordnung  von  1625  und  ihre  Wieder- 
holung von  16421)  Einzelheiten  der  Geschäftsführung  und 
bestimmen  genauer  die  Verrichtungen  der  verschiedenen 
Regierungsbeamten.  Der  Rat,  genauer  Kanzler  und  Räte, 
heißt  jetzt  „Regierung". 

In  den  Einleitungsworten  der  Kanzleiordnung  (s.  u.) 
mag  man  die  drei  Kollegien  wiedererkennen:  Die  FĂĽrsten 
fĂĽhlen  sich  unter  der  Obhut  Gottes  und  ihm  verantwort- 
lich. Zu  seinem  Dienst  und  zur  Erledigung  der  daraus 
flieĂźenden  Pflichten  ist  das  Konsistorium  berufen.  Die 
Fürsten  wünschen  sich  und  dem  Lande  Glück  und  Förderung 
des  gemeinen  Nutzens,  das  Walten  der  Kammer  hat  dies 
in  der  Hand.  Sie  sind  auf  gute  Rechtspflege  bedacht,  und 
sie  fĂĽhlen  sich  ĂĽberhaupt  durch  ihr  Amt  als  Landesherr 
zu  aller  FĂĽrsorge  verpflichtet.  Darin  unterstĂĽtzt  und  vertritt 
sie    die  Regierung    als  Gerichts-  und  Verwaltungsbehörde. 

Die  DurchfĂĽhrung  der  Arbeitsteilung  zeigt  sich  neben 
der  Absonderung  je  einer  besonderen  Kanzlei  fĂĽr  Kammer 
und  Konsistorium  in  der  Einrichtung,  daĂź  fĂĽr  bestimmte 
Sachen  bei  Notwendigkeit  besondere  Kommissionen  ernannt 
werden. 

a)  Des  Kollegiums  Arbeitsfeld. 
Das  Arbeitsfeld  der  Regierung  —  im  Gegensatz  zu 
den  fĂĽr  jene  besonderen  Zweige  der  Verwaltung  verord- 
neten Behörden  zeitweilig  als  Gesamtregierung  bezeichnet  — 
wird  vollständig  umschrieben  in  den  Verordnungen  vom 
2.  Dezember  1710  betr.  die  Geschäftskreise    der  Behörden. 


1)  B  1091  Kanzlei-Ordnung  von  1642  (=  B  1087  Kanzlei- 
Ordnung  von  1(325).  Die  benutzten  Quellen  des  Weimarer  Haupt- 
und  Staats-Archivs  zitiere  ich  hier  immer  nur  mit  dem  Abteilungs- 
buchstaben B  und  der  zugehörigen  Ziffer. 


268  Vie  Entwicklung  der  Zentral  Verwaltung 

Danach  ist  sie,  „wie  vordem",  d.  h.  bis  1702,  verantwort- 
lich fĂĽr  die  Vertretung  der  Landeshoheit  des  FĂĽrsten  nach 
innen  und  auĂźen,  fĂĽr  alle  Angelegenheiten  einer  obersten 
Landesbehörde  und  für  das  Gerichtswesen.  Im  einzelnen 
erstreckt  sich  ihre  Verantwortlichkeit  auf  folgende  Dinge1): 

„Status  pnblicus  insgemein  und  in  allen  Stücken", 

Gesetzgebung, 

Eeichs-,  Kreis-,  Landes-,  Lehen-,  Grenz-,  Universitäts-, 
Hofgerichts-,  Polizei-  „und  andere  dergl.  zu  sotanen  statu 
publico  gehörige  Sachen"  ; 

richtige  Ordnung  der  Instanzen;  Privilegien,  Diplomata, 
Bestallungen,  Instruktionen  aller  Räte  und  hohen  Offizianten 
und  aller  Justiz-,  Militär-,  Polizei-Bedienten  —  ausgenommen 
nur  die  Personen,  die  ein  Amt  in  Kammer,  Konsistorium 
u.  a.  forum  privilegiatum  haben,  aber  nicht  Räte  sind; 

Pfarr-Confirmationes ; 

Administration  der  Justiz  in  Zivil-  und  Kriminal-Sachen, 
moderationes  der  Strafen,  abolitiones,  dispensationes  „und 
was  zur  Justiz  sonst  gehörig". 

Alles  das  soll  die  Regierung  „eifrigst  beobachten,  be- 
sorgen und  expedieren". 

Als  Mitglieder  der  Regierung  bestimmt  die 
Kanzlei-Ordnung  von  1642  einen  Kanzler  und  wenigstens 
drei  Rechtsgelehrte  und  nach  Ermessen  des  FĂĽrsten  eine  oder 
mehrere  qualifizierte   adlige  Personen  als  Regierungsräte2). 

Sitz  und  Stimme  haben  sie  auf  Grund  und  nach  MaĂź- 
gabe ihres  Dienstalters: 

„Soll  ein  Jeder  seine  Session  in  Unserer  Ratsstuben  und  sonsten, 
nachdem  er  lange  in  Unserer  Regierung  gesessen,  haben  und  be- 
halten." 

„So  soll  einem  Jeden  der  Vorzug  im  Sitzen  und  Stimmen  nach 
Alter  seines  Ratsstandes  allewege  gelassen  werden." 

Die  Adligen  haben  den  Vorrang  vor  den  gelehrten 
Räten,  auch  frühere  Verdienste  werden  berücksichtigt  und 
bedingen  einen  Vorrang: 

1)  B  666;  vgl.  B  1091  IL       2)  B  1091  I. 


in  Sachsen- Weimar  bis  1743.  269 

„Falls  aber  ein  neu  bestellter  Rat  durch  ansehnliche  Geburt 
und  sonderliches  Herkommen  oder  aber  vorige  hohe  Ă„mter  und  ge- 
tragene Befehle  vor  andern  qualifiziert  sein  sollte,  fĂĽr  solchen  Fall 
wollen  Wir  den  Vorsitz  und  Ehrerbietung  demselben  zueignen  — 
desgleichen,  weil  hiebevor  allewege  in  Unserem  Haus  Sachsen  zu- 
gleich etliche  adlige  Räte  neben  dem  Kanzler  und  Gelehrten  in  der 
Regierung  gesessen,  wollen  Wir  ein  oder  mehr  qualifizierte  adlige 
Personen  hinfüro  zu  Regierungs-Räten  bestellen  und  denselben  die 
Session,  fĂĽr  den  Gelehrten,  wie  Herkommen,  fĂĽrbehalten  haben." 

Dem  Kanzler  und  Räten  sind  drei  Sekretäre  zuge- 
ordnet als  Kammer-,  Lehen-  und  Gerichtssekretär.  Dieser 
ist  zugleich  Registrator.  Ferner  gehören  zur  Regierung 
drei  Kanzlisten,  deren  oberster  gleichzeitig  die  Stelle  eines 
Botenmeisters  zu  vertreten  hat. 

In  wichtigen  Sachen  sind  auf  Antrag  von  Kanzler  und 
Räten  Mitglieder  der  Landschaft  zur  Beratung  in  die  Re- 
gierung zuzuziehen. 

Die  Regierung  ist  oberste  Instanz;  sie  darf  nicht 
umgangen  werden. 

Sie  ist  die  zuständige  Stelle  für  alle  Eingaben  und 
Angelegenheiten  der  Untertanen,  die  freilich  erst  dazu  er- 
zogen werden  mĂĽssen,  sich  an  die  amtliche  Stelle  unmittel- 
bar und  nicht  an  Räte  und  sonstige  Diener  persönlich  zu 
wenden  *): 

„Kanzler  und  Räte  sollen  die  in  ihren  Privathäusern  sich 
meldenden  und  öfters  Zeit  vergeblich  verzehrenden  Parteien,  zu  Ver- 
hĂĽtung ihres  selbsteigenen  Verdachts,  auf  Kanzlei  und  schriftliche 
Eingabe  verweisen,  damit  man  collegialiter  votieren  und  den  Sachen 
ihre  abhelfliche  Maß  geben  könne." 

„Sonst  sollen  zur  Verhütung  allerhand  Confusion  keine  Briefe 
in  Justiziensachen  (so  uf  gütliche  Verhör  oder  rechtlichen  Prozeß 
oder  Befehlich  Ausfertigung  beruhen)  durch  Unsere  Diener  und  Hof- 
gesinde von  den  Leuten  angenommen,  sondern  von  Uns  an  gehörige 
Orter  entweder  zu  gänzlicher  Eotscheidung  oder  zu  Bericht  gewiesen, 
auch  diejenigen,  so  Uns  Selbsten  durch  supplicationes  anfallen,  sich 
bei  Unserer  Regierung  gebĂĽhrlichen  Bescheids  zu  erholen  remittiert 
werden." 


1)  B  1091  VII;  vgl.  B  1107. 
XXVIII.  18 


270  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

Es  scheinen  noch  lange  Zeit  von  Seiten  einzelner  Mit- 
glieder des  Hofstaates  Eingriffe  in  die  Amtsbefugnisse  der 
Landesbehörden  vorgekommen  zu  sein.  Noch  am  29.  März 
1714  verordnet  ein  Reskript  Wilhelm  Ernsts1)  dagegen: 

„Weiterhin  werden  alle  Cavaliere  und  übrigen  Hofbedienten 
nachdrücklich  angehalten,  daß  sie  sich  in  die  ad  collegia  gehörigen 
Justiz-,  Kameral-  und  ökonomischen  Sachen  nicht  im  geringsten  zu 
melieren  haben,  noch  durch  Vorstellungen,  recommendationes  oder 
auf  anderem  Wege  etwas  angeben,  unternehmen  oder  vollstrecken, 
sondern  alles  von  sich  weg  und  an  gehörige  Orte  weisen  sollen." 

Aber  auch  die  Kollegien  selbst  werden  noch  besonders 
angewiesen,    stets   den    amtlichen  Weg   genau    einzuhalten : 

„Gelangt  an  Unsere  Collegien  etwas  durch  jemand  extra  collegia, 
so  als  sei  es  befohlen,  so  mögen  sie  mit  der  Verordnung  darauf 
anstehen,  bis  sie  durch  einen  ihres  Mittels  oder  einen  anderen  Vor- 
tragenden der  gewissen  Intention  nochmals  versichert  sind" 2). 

Wie  der  Machtbereich  der  Regierung  durch  die  Kammer 
eingeschränkt  wird,  wird  unten  dargelegt  werden. 

Die  Kollegien  haben  in  wichtigen  Sachen,  in  herrschaft- 
lichen Angelegenheiten  und  in  Eällen ,  für  die  ein  Kol- 
legium vom  anderen  ein  Gutachten  einzuholen  hat,  sich 
miteinander  in  Verbindung  zu  setzen.  Sie  dĂĽrfen  aber 
nicht  eines  dem  anderen  in  den  bestimmt  umgrenzten  Ge- 
schäftsbereich eingreifen: 

„Hingegen  soll  jedem  collegio  nachgelassen  sein,  in  schweren 
wichtigen  Fällen  mit  Unserer  Gesamtregierung  oder  auch  den  in  ihr 
nicht  befindlichen  Geheimen  Räten  vertraulich  zu  communizieren 3)". 

„Wir  können  bei  dieser  Gelegenheit  nicht  umhin,  Euch  einen 
deutlichen  Begriff  zu  machen,  in  was  vor  Verhältnis  Wir  Unsere 
Collegia  gegen  einander  gesetzet  wissen  wollen ,  und  geben  Euch 
dannenhero  hiermit  zu  vernehmen,  daĂź  jedes  derselben  in  seinem 
Departement  bleiben,  die  vorfallenden  herrschaftlichen  Angelegen- 
heiten aber,  oder  wo  eines  andern  collegii  Gutachten  erfordert  wird, 
mit  einander  communizieren  und  das  wahre  herrschaftliche  Interesse 
als  Glieder  von  einem  Haupte  sich  gemeinschaftlich  bearbeiten  soll, 
da  Wir  hingegen  als  Chef  und  Direktor  ĂĽber  allen  Departements 
die  Oberhand  behalten"4).     „Wir  gestatten  durchaus  nicht,  daß  ein 


1)  B  1107.      2)  B  1107.       3)  B  666;  B  1091  I  1  c.       4)  B  1129  c. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  271 

(collegium)  dem  andern  irgend  eingreife,  sondern,  wo  sich  Irrungen 
ereignen ,  dieselben  durch  hinlängliche  Communikation  mit  allem 
Glimpff  und  ohn  Verbitterung  erzeugende  modos  abstellen"1). 

Als  oberste  Behörde  hat  die  Gesamtregierung  Zwistig- 
keiten  innerhalb  der  einzelnen  Kollegien  sowie  Streitig- 
keiten über  Zuständigkeit    zwischen    ihnen   zu  schlichten2). 

Neben  und  aus  den  ständigen  Kollegien  der  Regierung 
werden  zuweilen,  etwa  zur  Beschleunigung  und  AbkĂĽrzung 
eines  Verfahrens  oder  in  Fällen  besonderer  Wichtigkeit, 
außergewöhnliche  Kommissionen  von  der  Regierung 
oder  dem  FĂĽrsten  ernannt 3).  Auch  von  dem  Kammer- 
kollegium dĂĽrfen  solche  angeordnet  werden 4). 

So  wird  bestimmt,  daĂź  Prozesse  in  Kammersachen  vor 
der  Regierung  oder  einer  besonderen  unparteiischen  Kom- 
mission durch  den  Kammerprokurator  zu  fĂĽhren  sind  5). 

Eine  Verordnung  vom  2.  Dezember  1710  will,  daĂź, 
solange  kein  formales  (förmliches,  besonderes)  Geheimes 
Rats-Kollegium  wieder  errichtet  ist,  eine  „Staats-  oder  auch 
Uns  in  particulari  concernierende  importante  Sache"  je  zu- 
weilen nach  GutdĂĽnken  einem  oder  mehreren  Unserer  Ge- 
heimen und  anderen  Räte  „allein  und  extra  collegium1'  zur  „Er- 
forschung, Präparation,  Expedierung"  zu  committieren  sei6). 

Hofrat  Wagner  läßt  in  seinem  Bericht  an  Ernst  August 
vom  18.  März  1744  dahingestellt  sein,  „ob  wegen  der 
jetzigen  Vielvermögenheit  und  allzu  offenbar  feindseligen 
Absichten  der  Hofräte  Schnetter  und  Pfau  gegen  mich 
diese  Sache  durch  eine  Commission  nach  rechtlicher  GebĂĽhr 
traktiert  werden  möchte"  7). 

1750  werden  zwei  „habilste"  Hofräte  als  ständige 
Polizeikommission  neu  eingesetzt8). 

Franz  Josias  meldet  am  10.  Juni  1751  dem  Geheimen 
Ober-Vormundschaftlichen  Kollegium ,  er  habe  „in  ver- 
schiedenen    Vorkommenheiten    zu    Beschleunig-    und    Ab- 


1)  B  1167.        2)  B  1570  XVIII  4;  B  666.        3)  B  1091  II  14. 
4)   Vgl.  Kammerordnung   von    1633   §   22.  5)   B    1091    IX  4. 

6)  B  666.        7)  B  1122.         8)  B  666. 

18* 


272  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

kĂĽrzung  der  Sachen  eigene  Cominissiones  niedergesetzt  und 
die  gründliche  Erörter-  und  Berichtigung  derselben  einzelnen, 
auch  nach  Befund  etlichen  membris  Unserer  Ober-Vor- 
mundschaftlichen Collegiorum  zu  übertragen  für  nötig  be- 
funden" l). 

Allmählich  werden  die  Kommissionen  seltener.  Schon 
1756  am  9.  April  verordnete  ein  Reskript 2),  daĂź  in  be- 
sonders dringlichen  Fällen  nicht  Kommissionen  angeordnet, 
sondern  den  Beamten  Auftrag  erteilt  oder  die  Sache  im 
Kollegium  ordnungsgemäß  erledigt  werden  solle.  Nur  nach 
Anfrage  beim  Herzog  sollten  Kommissionen  in  solchen  Fällen 
bestellt  werden. 

Später  wurden  die  Kommissionen  auf  solche  Sachen 
beschränkt,  die  auswärtige  Verrichtungen  erforderten,  wie 
Zeugenvernehmung,  Besichtigungen,  auch  Rechnungssachen. 
Nach  vollzogenem  Auftrag  hat  der  Kommissarius  dem 
Kollegium  zu  berichten  und  dieses  in  der  betreffenden  ge- 
samten Angelegenheit  wie  vorher  in  pleno  weiter  zu  ver- 
handeln. Soll  eine  Angelegenheit  im  ganzen  durch  eine 
Kommission  behandelt  werden,  so  hat  sich  das  Kollegium 
unter  ausfĂĽhrlicher  Berichterstattung  erst  an  den  Herzog  zu 
wenden  und  dessen  Anweisung  zu  erwarten 3). 

In  die  Kommissionen  werden  die  Räte  jeweils  der 
Reihe  nach  berufen,  außer  „Serenissimus  bestimmt  einen 
andern".  Es  wird  verfĂĽgt,  daĂź  auf  Bitten  einer  Partei  um 
einen  bestimmten  Rat  nicht  zu  sehen  sei,  es  sei  denn,  daĂź 
„ex  legitimis  causis"  eine  Partei  den  zur  Zeit  zuständigen 
Rat  „recusirte".  Dann  sei  „der  in  ordine  sequens  zu  sub- 
stituieren" 4). 

Aus  dem  Jahre  1714  datiert  ein  ErlaĂź  des  Herzogs 
"Wilhelm  Ernst  an  Vizekanzler  und  Räte,  in  dem  er  sich 
das  Recht  vorbehält,  die  Mitglieder  einer  Kommission  eigen- 
mächtig zu  bestimmen,  zugleich  aber  sich  verpflichtet,    für 


1)  B  667  g.  2)  Bei   Schmidt,  II,  S.  265.  3)  Reglement 

vom  10.  Nov.  1786,  ebenda.        4)  B  1138. 


in  Sachsen- Weimar  bis  1743.  273 

die  ordnungsgemäßen  Geschäfte  der  Kollegien  keine  be- 
sonderen Kommissionen  zu  berufen  l). 

Zu  den  Kommissionen  ist  stets  der  Registrator  des 
betreffenden  sachlichen  Departements  hinzuzuziehen.  Die 
erforderlichen  Besichtigungen  oder  Untersuchungen  sind 
dem  betreffenden  Sekretär  aufzutragen  2). 

Der  Ort  fĂĽr  die  Verhandlungen  der  Kommissionen 
wird  jederzeit  besonders  bestimmt. 

Die  verwaltungsrechtliche  Stellung  der  Kollegien, 
insbesondere  der  Regierung,  zum  FĂĽrsten  zeigt  sich  in  der 
Tatsache,  daĂź  nicht  fĂĽr  alle  Regierungsschriften  die  Unter- 
zeichnung der  Regierungsmitglieder  genĂĽgt,  sondern  eine 
ganze  Reihe  der  Unterschrift  des  FĂĽrsten  bedĂĽrfen,  um  Ge- 
setzeskraft zu  erlangen  3). 

Eine  Ăśbersicht  dieser  beiden  Gruppen  von  Schriften 
geben  zwei  Verzeichnisse  von  ca.  1725  4): 

Vom  regierenden  FĂĽrsten  sind  zu  unterschreiben: 

Lehenbriefe,  Innungsbriefe,  Privilegien,  Geleitsbriefe, 
Rats-  und  Pfarr-Confirmationes,  andere  Bestallungen,  Kon- 
sense und  Confirmationes  in  Lehensachen ,  Diplome  der 
ordentlichen  Hofadvokaten.  Die  Schriften  alle  sind  vom 
Kanzler    oder    dem   stellvertretenden  Rat    gegenzuzeichnen. 

Ferner  unterschreibt  der  FĂĽrst : 

Reskripte  ans  Hofgericht  zu  Jena,  an  die  Universität 
Jena    in  Universitätssachen,    ans  Obergeleitsamt  zu  Erfurt, 


1)  B  1107.  2)  B  1091.  3)  Nach  der  Instruktion  von  1592 
scheint  alles  der  herzoglichen  Unterschrift  bedurft  zu  haben.  Die 
Ordnung  von  1625/42  (und  die  späteren  Reskripte)  bringt  eine 
Scheidung  zwischen  diesen  Sachen,  die  sie  tragen  mĂĽssen,  und  denen, 
die  ihrer  nicht  bedĂĽrfen,  sowie  den  unwichtigen,  von  denen  der  FĂĽrst 
ĂĽberhaupt  nicht  behelligt  sein  will.  Jetzt  erscheint  also  der  Macht- 
bezirk der  Regierung  erweitert,  ihrer  Verantwortung  mehr  ĂĽberlassen. 
Die  Kanzlei-Ordnung  spricht  ĂĽbrigens  nur  von  beiden  Schriften- 
gruppen im  allgemeinen.  Erst  alimählich  findet  eine  Auslese  be- 
stimmter Sachen  statt,  bis  die  unten  stehenden  Verzeichnisse  von  1725 
einen  genauen  Katalog  aufstellen  können.        4)  B  1110;  B  1112. 


274  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

Todesurteile,  Reskripte  ĂĽber  Umwandlung  und  Milderung 
von  Leibes-  und  Lebensstrafen  und  Rezeption  von  Landes- 
verwiesenen ,  Dispensationen  in  Lehensachen ,  Reskripte 
an  die  Grafen  von  Arnstadt  besonders  in  wichtigen  An- 
gelegenheiten, Restitutiones  famae,  alle  Patente,  Mandate 
und  Verordnungen,    die    durch  die  Ă„mter  ins  Land  gehen. 

Von  der  FĂĽrstlichen  Regierung  sind  zu  unterschreiben : 

Reskripte  an  die  Universität  als  Gerichtsherrn  zu 
Apolda,  an  die  Grafen  zu  Arnstadt  in  Regierungs-  und 
Prozeßsachen,  die  Bestätigungsurkunden  der  Räte  und  Geist- 
lichen, die  Verhängung  der  Prügelstrafe  und  Landesver- 
weisung, Reskripte  an  die  Räte  der  Gesamtregierung  bei 
Kommissionen  in  Justizsachen,  Diplome  und  Dekrete  fĂĽr 
die  auĂźerordentlichen  Hofadvokaten,  Dispense  in  Innungs- 
sachen, Almosenbriefe.  — 

Auch  das  „untertänigste  Promemoria"  der  weima- 
rischen Oberregierung  vom  8.  November  1742  betr.  die 
Akten ,  die  dem  FĂĽrsten  auf  Reisen  nachzusenden  sind, 
verzeichnet  die  bis  dahin  zu  „untertänigstem  Berichte" 
eingereichten  Regierungsschriften,  nämlich:  Begnadigungen, 
Todesurteile,  Lehensbriefe  fĂĽr  Lehen  zu  gesamter  Hand 
oder  Hauptlehen  und  wichtige,  das  Lehensverhältnis  be- 
rührende Schriftenwechsel  in  Schuldsachen,  Veräußerung, 
Verpfändung  von  Lehen  und  bei  Lehensfehlern ;  alle 
Schriften  in  Militärangelegenheiten ;  auf  besonderes  Ver- 
langen  die  Akten  in  „civil-  und  allen  andern  Sachen"  *).  — 

Ohne  Anfrage  beim  Fürsten  können  die  meisten  Ge- 
richtssachen entschieden,  auch  Steuererlasse  bis  zur  Höhe 
von  10  Gulden  bewilligt  werden. 

Der  Fürst    allein    beruft  und  entläßt  die  Staatsdiener. 

Aus  seiner  höchsten  Gewalt  uud  in  seinem  Namen 
verrichten  die  Kollegien  ihre  Geschäfte ,  deswegen  ver- 
pflichtet er  sich  auch,  die  bei  ihm  persönlich  einlaufenden 
Schriften    an    die  Regierung  zu  geben  und  sich  in  solchen 

1)  B  1129  f. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  275 

Sachen  zu  keinen  „extrajudicial-decretis"  bewegen  zu 
lassen  1). 

Ihre  BeschlĂĽsse  erkennt  er  auch  fĂĽr  sich  als  bindend 
an :  „Am  wenigsten  wollen  "Wir  gestatten,  daß,  was  in 
Unserer  Regierung  verordnet  oder  gar  exequiriret  worden, 
durch  Gegenverordnungen  und  conträrbefehle  geändert,  ge- 
hindert oder  gar  aufgehoben  werde,  ehe  sie  darĂĽber  ge- 
nugsam gehöret  werde." 

Er  will  der  Regierung  rechtmäßige  Beschlüsse  und 
billige  Anordnungen  mit  fĂĽrstlichem  Ernst  auch  gegenĂĽber 
den  Untertanen  vertreten  und  ihnen  „starken  Schutz  wider 
die  Ungehorsamen  und  Widersetzlichen  leisten"  2). 

Wie  er  hierdurch  die  Autorität  der  Kollegien  stützt 
und  stärkt,  so  auch  durch  das  insbesondere  den  Kanzlei- 
verwandten gegebene  Versprechen ,  Beamtenbeleidigungen 
zu  ahnden:  Wir  wollen  sie  „gegen  grobe  unbescheidene 
Leute,  die  sie  mit  schimpflichen  Worten  ĂĽbel  anlassen,  als 
unsere  getreue  verpflichtete  Diener  schĂĽtzen"  3). 

Erkennt  der  Fürst  so  die  Autorität  seiner  Behörden 
an,  so  hat  und  behält  er  doch  über  alle  Departements  die 
Oberhand  und  behält  sich  das  Recht  vor,  die  Kanzlei-  und 
Regierungsordnungen  zu  ändern  und  zu  bessern 4).  — 

Des  Fürsten  eigene  Verwaltungstätigkeit 
erstreckt  sich  auf  folgendes : 

An  wichtigen  Vorbeschieden  will  der  Fürst  persönlich 
teilnehmen:  „Allen  wichtigen  in  unserer  Begierung  ange- 
setzten Vorbeschieden  betr.  Grafen,  Herren,  Vornehme  von 
Adel  sind  Wir  in  eigener  Person,  so  oft  Unsere  obliegende 
Geschäfte  leiden  wollen,  vermittelst  göttlicher  Gnade  bei- 
zuwohnen entschlossen"  5J. 

Ebenso  nimmt  er,  soviel  möglich,  an  den  Sitzungen 
des  Geheimen  Rates  teil 6). 


1)  B  1091  II  17;  B  1124;  B  666.  2)  B  1091  II  9;  B  665. 

3)  B  1091  XIII  11.        4)  B  1129  c ;  B  1091  SchluĂź.       5)  B  1091  V  3. 
6)  B  665. 


276  Die  Entwicklung  der  Zentral  Verwaltung 

Ferner  sind  „alle  Briefe  und  andere  Schreiben,  worüber 
Canzler  und  Räte  sich  eines  gewissen  Schlusses  nicht  ver- 
gleichen können",  dem  Fürsten  zur  Entscheidung  zu  unter- 
breiten 1). 

Die  Kontrolle  ĂĽber  die  Verwaltung  sichert  sich  der 
Fürst    durch    Einforderung  regelmäßiger  Berichte1): 

Ăśber  Konferenzen  und  Kommissionen  ist  stets  binnen 
8  Tagen  zu  berichten. 

Alle  Sonnabende  ist  von  allen  amtlichen  Vorfällen  der 
Woche  Nachricht  zu  geben  unter  BeifĂĽgung  unmaĂźgeblicher 
Gutachten.  Ebenso  ist  alle  Sonnabende  das  Tagebuch  der 
Vorbeschiede  fĂĽr  die  folgende  "Woche  vorzulegen2). 

Alle  Sonnabende  soll  die  Regierang  ein  Verzeichnis 
der  die  Woche  über  „hinterschriebenen  supplicationes  oder 
mundierten  Concepte"   geben. 

So  oft  die  Regierungs-  und  Kanzlei-Ordnung  gebrochen 
wird,  sollen  Kanzler  und  Räte  Bericht  erstatten3). 

Über  die  „gangbaren"  Prozesse  ist  der  Fürst  auf  dem 
laufenden  zu  erhalten4). 

Ăśber  die  Justizsachen  sind  Registranden  in  Weimar, 
Eisenach  und  Jena  zu  fĂĽhren,  monatlich  TagebĂĽcher  ĂĽber 
den  verflossenen  Monat  an  die  Regierung  zu  Weimar  zu 
senden  und  von  ihr  sofort  an  den  FĂĽrsten  zu  geben.  Am 
Jahresschluß  ist  die  Zahl  der  monatlichen  Eingänge  und 
BeschlĂĽsse  zu  wiederholen  und  die  Summe  am  Ende  zu 
bemerken  5). 

Auf  besonderes  Verlangen  soll  jeder  Kanzlist  in  den  von 
ihm  geschriebenen  Sachen  „gründlichen  Bericht  tun"  und 
über  seine  Registrande  jederzeit  Bescheid  geben  können 6). 

An  bestimmten  Tagen  sollen  Kanzler  und  Räte  über 
Briefe  und  Händel,  die  jeweils  vor  die  Regierung  kommen, 
berichten  oder  das  Verzeichnis  des  Sekretärs  überreichen. 
Ăśber  wichtige  Sachen  sollen  sie  zu  jeder  Zeit  dem  Herzog 


1)  B  1091  IX  3.  2)  B  1124.  3)  B  1091  V  3.  4)  B  1091 
XVIII  8 ;  B  1091  SchluĂź.  5)  B  1124.  6)  B  1124.  6)  B  1091 
XVIII  2 ;  B  1091  XVIII  6. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  277 

Vortrag  halten  dürfen,  um  seinen  Beschluß  oder  die  Bestäti- 
gung ihres  eigenen  zu  erwarten  1). 

In  herrschaftlichen  Sachen  will  der  Fürst  stets  gehört 
sein;  ohne  sein  Vorwissen  dĂĽrfen  hierfĂĽr  keine  Kommis- 
sionen angeordnet  werden  2). 

Kompetenzstreitigkeiten  zwischen  den  Kollegien,  die 
nicht  in  Güte  „auszumachen"  sind,  sollen  zur  Entscheidung 
des  FĂĽrsten  gebracht  werden  3). 

Daß  die  verlangten  Berichte  stets  „prompt"  eingereicht 
werden  sollen,  schärft  ein  Reskript  Ernst  Augusts  an  die 
Regierungen  zu  "Weimar  und  Eisenach  von  1741  ein4). 

Der  Fürst  behält  sich  also  in  wichtigen  Fällen  stets 
die  letzte  Entscheidung  vor  und  läßt  sich  über  die  laufenden 
Geschäfte  Bericht  erstatten 5) ;  durch  unwesentliche  Dinge 
will  er  aber  nicht  behelligt  werden  6). 

So  verordnet  am  8.  Oktober  1737  Ernst  August7): 

„Um  Uns  in  Unserem  fürstlichen  Gemüte  mehr  Ruhe  als  zeit- 
her  zu  verschaffen ,  [wovon  Wir]  durch  viel  unnötige  Suppliken 
und  übrige  geringen  Affären  abgehalten  werden.  .  .  Außer  Samstag 
und  Sonntag  ist  nichts  bei  Uns  einzuliefern,  das  unnötige  Suppli- 
zieren  ist  gänzlich  und  mit  aller  Schärfe  mittels  gedruckten  Patents 
in  Unserm  Lande  zu  verbieten.  Wir  sind  willens,  Montags  alle 
eingelaufenen  Sachen  und  Briefe  zu  expedieren,  die  ĂĽbrigen  Tage 
aber  zu  Unseren  eigenen  Angelegenheiten  nach  Gefallen  anzuwenden. 
Zu  ändern  ist,  daß  wie  zeither  von  Unsern  Collegüs  nur  die  geringen 
und  odiösen  Sachen  bei  Uns  zur  Resolution  eingesandt  werden,  die 
wichtigen  Angelegenheiten  zurĂĽckbleiben  .  .  .*.  [wie]  Wir  ĂĽberhaupt 
mit  allen  unnützen  Papieren,  Suppliken  und  Schreibereien  gänzlich 
verschont  werden  mögen,  maßen  Wir  vors  künftige  nicht  mehr,  als 
zeithero  geschehen,  vor  Unsere  collegia  arbeiten  wollen." 


1)  B  1091  IX  1  u.  2.  2)  B  1091  IX  4.  3)  B  1107.  4)  B  1124. 
5)  Geschieht  dies  einmal  nicht,  so  kann  Ernst  August  sehr  ungehalten 
werden:  1736  hatten  die  Räte  in  der  Streitsache  der  Universität  Jena 
um  ihren  Besitz  in  Apolda  eine  Kommission  ernannt,  ohne  den  Herzog 
vorher  davon  zu  benachrichtigen.  Darauf  schrieb  er  ihnen,  „er  sei 
kein  JĂĽngling  mehr,  habe  auch  so  viel  gelernt,  daĂź  er  allein  regieren 
könne,  und  wolle  von  allem  Kenntnis  haben".  Für  den  Wieder- 
holungsfall droht  er  den  Räten  mit  1000  Dukaten  Strafe  (Kronfeld, 
S.  395).        6)  B  1129.        7)  B  1124. 


278  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

1741  verbietet  Ernst  August  ebenso  den  Regierungen 
zu  Weimar  und  Eisenach : 

„Bei  tausend  Reichstaler  Strafe  sollt  Ihr  Uns  mit  unnützen 
Schriften  nicht  weiter  behelligen,  denn  Wir  zur  Expedition  Unsere 
Collegia  und  Diener  haben."  „Die  Collegien  sollen  ....  die  Sachen 
der  Ihnen  anvertrauten  Gewalt  nach  bestem  Wissen  und  Gewissen 
bedenken,  miteinander  beraten  und  sofort  resol vieren  und  expedieren." 
„Zur  schleunigen  Beförderung  der  Justiz,  und  Sich  in  dero  fürst- 
lichem Gemüte  desto  mehrere  Ruhe  zu  lassen",  sind  nur  „besonders 
bedenkliche  und  in  statum  publicum  mit  einschlagende  Umstände 
Serenissimo  zu  berichten"  *). 


Ăź)    Stellung    der    einzelnen    Beamten. 

Auf  folgende  Weise  teilen  sich  die  einzelnen  Beamten 
der  Regierung  in  die  Geschäfte  : 

Die  erste  Stelle  in  der  gesamten  Landesverwaltung 
nächst  dem  Herzog  hat,  wie  schon  seit  1542,  der  Kanzler 
inne  2). 

Er  ist  Vorsitzender  bei  den  Verhandlungen  und  in  den 
Beratungen  der  Regierung.     Er  hält  die  Umfrage. 

Im  ĂĽbrigen  liegen  ihm  die  gleichen  Pflichten  wie  den 
Räten  ob.  Die  meisten  Bestimmungen  reden  von  „Kanzler 
und  Räten". 

AuĂźerdem  ist  er  wie  von  jeher  Leiter  der  Kanzlei. 

Als  solcher  hat  er  die  vom  Herzog  unterschriebenen 
Sachen  gegenzuzeichnen  und  alle  anderen  Regierungs- 
schriften, sofern  sie  nicht  zur  Kammer  gehören,  selbst  zu 
unterschreiben  3). 

Er  hat  das  Kanzleisiegel  zu  bewahren,  in  seiner  Ab- 
wesenheit der  stellvertretende  Rat4). 

Er  hat  Buch  zu  fĂĽhren  ĂĽber  die  Kanzleikasse  und  ist  im 
Besitz  ihres  einen  SchlĂĽssels  (den  anderen  hat  der  Kammer- 


1)  B  1124.  2)  Der  Marschall   erscheint  jetzt   nicht  mehr 

unter  den  Hofräten.  Er  hat  nur  noch  die  Leitung  des  gesamten 
Hofwesens.  S.  Bestallung  des  Bernhard  Pflug  zu  Posterstein  vom 
11.  JuĂĽ  1683,  B  25  033.  3)  B  1091  XL  4)  B  1091  XI  1. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  279 

sekretär).  In  seiner  Gegenwart  ist  vierteljährlich  die  Kanzlei- 
kasse zu  leeren  und  der  Bestand  zu  verteilen *). 

Wichtige  von  der  Regierung  ausgehende  Schriften  soll 
der  Kanzler  auf  Fehler  hin  durchlesen  2). 

Sehr  wichtige  Händel,  Ratschläge,  Briefe,  Abschiede 
u.  a.  soll  der  Kanzler  selbst  „stellen  und  fornialisieren"  3). 

Auch  soll  er  (und  die  Räte)  mit  „stellen"  helfen,  wenn 
Sekretäre  und  Kanzlisten  mit  Arbeiten  in  den  herrschaft- 
lichen Angelegenheiten  überhäuft  sind. 

Öfters  hat  er  zugleich  das  Präsidium  des  Konsistoriums 
—  so  Krause  von  1658 — 62  4).  Volkmar  Happe  ist  außer- 
dem auch  Direktor  der  Landschaftskasse  und  der  Extra- 
ordinärsteuern (1683/92) 5). 

Das  Amt  der  Räte  im  allgemeinen  ist:  Schutz  der 
Religion,  Wahrung  des  fürstlichen  Interesses,  Förderung 
von  Wohlfahrt  des  Landes  und  der  Leute6). 

Schreiben  ausländischer  Fürsten,  von  Grafen  und  andere 
wichtige  Schreiben  sollen  die  Räte  dem  Fürsten  zustellen  und. 
ist  er  auf  Reisen,  unerbrochen  nachsenden.  Hat  er  bestimmte 
Anweisung  hinterlassen,  so  sollen  sie  sie  geöffnet  und  mit 
beigeschriebenem  Gutachten  an  ihn  geben,  oder,  wenn  sie 
es  fĂĽr  ratsam  halten,  soll  ein  Rat  zu  mĂĽndlichem  Bericht 
ihm  nachreisen. 

Die  ĂĽbrigen  an  die  Regierung  gerichteten  Schreiben 
zu  eröffnen,  ist  ausschließliches  Recht  der  Räte. 

Alle  einzelnen  Pflichten  der  Räte  ergeben  sich  aus 
der  gesamten  Regierungs- Ordnung.  — 

Alle  Kanzleibeamten  sind  streng  angewiesen  sich, 
in  keine  Händel  zu  mengen,  darauf  sie  nicht  beschieden  sind. 


1)  B  1091  XXIV  1   u.  2.  2)  B   1091   „Puncta"   No.  16. 

3)  B  1091  II  6.  4)  B  25033.  5)  Diese  letztere  Tatsache  bedeutet 
einen  bemerkenswerten  Schritt  zur  Zentralisation  der  gesamteu 
Finanz  Verwaltung:  Die  Kasse  der  von  der  Landschaft  bewilligten 
Steuern  unterstand  weder  1593  noch  nach  der  Kammer-Ordnung  von 
1633  dem  Kammerkollegium,  sondern  einer  besonderen  Obereinnehmer- 
Expedition.        6)  B  1091  II;  B  1091  XII. 


280  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

Daher  dĂĽrfen  sie  keine  Schriften  ausfertigen,  die  nicht 
vom  Herzog  oder  auf  Grund  einhelligen  Ratsbeschlusses 
von  der  Regierung  auszufertigen  ihnen  befohlen  ist. 

Daher  auch  dĂĽrfen  sie  nichts  aus  der  Kanzlei  ausgehen 
lassen,  was  nicht  unterschrieben  ist1). 

Die  Sekretäre  haben  die  Protokolle  bei  den  Sitzungen 
der  Regierung  zu  fĂĽhren  und  wechseln  darin  jeden  Tag 
miteinander  ab  2). 

Das  Protokoll  verzeichnet  den  Tag  der  Verhandlung 
und  die  dabei  Anwesenden,  bemerkt  die  Entschuldigungen 
der  Fehlenden  und  späteres  Erscheinen  oder  früheren  Weg- 
gang eines  Rates  an  der  betreffenden  Stelle  mit  „accedit"  bzw. 
„abit".  Dann  wird  zu  jeder  in  Beratung  kommenden  Sache, 
die  nach  der  Registrande  numeriert  wird,  kurz  der  Inhalt 
des  „Exhibiti"  (des  Vorbringens)  und  der  Name  von  Re- 
und  Korreferent  angegeben,  bei  wichtigen  Sachen  die  von 
den  Räten  in  die  Feder  diktierten  „vota  mit  rationibus" 
und  das  vom  Referenten  zu  diktierende  Conclusum  oder  die 
Resolutio  Collegii  niedergeschrieben. 

Jeder  Sekretär  hat  die  Beschlüsse  der  Sitzung  auszu- 
fertigen und  zu  expedieren,  bei  der  er  protokolliert  hat. 
Sofort  nach  der  Expedition  gibt  er  das  Protokoll  an  den 
Registrator. 

Jeder  Sekretär  soll  ferner  täglich  die  Briefregistrande 
des  Registrators  zur  Quittung  ĂĽber  den  Empfang  der  Briefe 
unterschreiben  3). 

Jeder  Sektretär  hat  eine  eigene  Registrande  über  seine 
Expeditionen  zu  fĂĽhren,  desgleichen  ein  genaues  Verzeichnis 
der  wöchentlichen  Expeditionen  alle  Sonnabende  in  die 
Ratsstube  zu  bringen4). 

Seine  Expeditionen  soll  er  fleiĂźig  kollationieren  zur 
Vermeidung  von  Fehlern.  Wichtiges  soll  er  dem  Kanzler 
zur  Durchsicht  vorlegen  5). 


1)  B  1091  XIII  1.  4.  5.      2)  B  1124;  B  1091  XIII.      3)  B  1091 
VII  6.        4)  B  1091  „Puncta"  No.  5  u.  6.         5)  Ebenda  16. 


in  Sachsen- Weimar  bis  1743.  281 

Ferner  hat  jeder  Sekretär  ein  besonderes  Verzeichnis 
ĂĽber  alle  herrschaftlichen  Sachen  seines  Departements  zu 
fĂĽhren  x). 

Versäumt  ein  Sekretär  durch  Führung  der  Protokolle 
und  Abfassung  der  Abschiede  seine  Konzepte,  so  soll  er 
bis  zum  nächsten  Montag  Frist  dafür  haben 2). 

Alle  Samstage  sollen  die  Sekretäre  abwechselnd  dem 
FĂĽrsten  aus  dem  Tagebuch  melden,  welche  Termine  und 
Verhöre  für  die  kommende  Woche  angesetzt  sind3). 

Bei  den  Sachen  seiner  Expedition  soll  jeder  Sekretär 
dem  Vortrag  des  Registrators  beiwohnen,  „damit  er  desto 
besser  einnehme,  was  .  .  .  vor  Bescheid  erfolgt"  4). 

Supplikationen  darf  der  Geheimsekretär  alle  Samstage 
bei  der  Regierung,  aber  nicht  in  seiner  Wohnung,  an- 
nehmen. 

Außerdem  hat  kein  Sekretär  ein  Schreiben  unter  dem 
Vorwand,  die  Sache  liefe  in  sein  Departement,  anzunehmen. 
„Dann  Wir  wollen  absolument  nicht,  daß  ein  Sekretarius 
sich  unterstehen  solle,  einen  Supplikat  anzunehmen"  5).  — 
Der  Kammer-Sekretär  untersteht  dem  Kammerkollegium 
und  ist  auf  die  fĂĽr  dieses  erlassenen  Instruktionen  und 
Ordnungen  verpflichtet.  Danach  hat  er  alle  durch  die 
Kammergeschäfte  veranlaßten  schriftlichen  Arbeiten  zu  be- 
sorgen 6). 

In  Fällen,  „so  in  die  Justiz  mitlaufen  wollten",  hat  er 
sich  nach  der  Entscheidung  der  Regierung,  bzw.  in  wichtigen 
Dingen  nach  der  des  Herzogs  zu  richten.  Insofern  unter- 
steht er  dem  Regierungskollegium. 

AuĂźerdem  auch  durch  die  Expeditionen,  die  ihm  neben 
den  Kammer-Geschäften  anvertraut  sind.  Dies  sind  die 
herzoglichen  Angelegenheiten,  die  zwischen  Weimar  und 
Grafen,  Herren  oder  der  Stadt  Erfurt  schweben;  ferner  die 
Angelegenheiten  der  Universität,  der  Herrschaft  Henneberg, 
die  Reichs-  und  Kreis-Sachen,  die  Landtagssachen  7).  — 


1)  B  1091  VIII  8.       2)  Ebenda  9.       3)  Ebenda.       4)  Ebenda  4. 
5)  B  1124.       6)  B  1091  XIV.       7)  Ebenda. 


282  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

Der  Lehen-Sekretär  x)  (auch  Geheimer  Sekretär  genannt) 
hat  alle  schriftlichen  Geschäfte  zu  besorgen,  die  einerseits 
aus  der  Lehensabhängigkeit  Sachsen-Weimars  vom  kaiser- 
lichen Hofe,  andererseits  aus  der  Lehensherrlichkeit  des 
Herzogs  ĂĽber  seine  Vasallen  sich  ergeben. 

Der  Gerichtssekretär  ist  zugleich  Registrator.  Seine 
Pflichten  als  Gerichtsbeamter  sind  unten  verzeichnet2). 

Der  Registratur  soll  „als  ein  Sekretär  studia  haben 
und  tĂĽchtig  sein"  3). 

Sofort  nach  Einhändigung  der  Schreiben  soll  er  sie 
numerieren,  in  die  Registrande  eintragen,  die  „anteacta" 
aufsuchen  und  beilegen.  Dann  schickt  er  sie  dem  Referenten 
ins   Haus,    mit    der  Notiz,    ob    ein  Korreferent    bestellt   ist. 

Das  vom  Sekretär  zurückgelaugte  Protokoll  heftet  er 
den  Akten  bei  und  notiert  in  der  Registrande,  was  und  wann 
darĂĽber  beschlossen  und  ob  die  Sache  erledigt  ist.  Ăśber 
die   Protokolle    hat  er  einen  ordentlichen  Index    zu  fĂĽhren. 

In  den  Sitzungen  verliest  er  laut  die  Exhibita,  registriert 
dann  den  Inhalt  und  setzt  das  gefaĂźte  Dekret  zu ;  stellt 
dann  jedem  Sekretär  zu,  was  in  seine  Expedition  gehört4). 

Alle  Sonnabende  soll  er  das  Verzeichnis  der  in  die 
Häuser  mitgenommenen  Akten  durchsehen  und  Rückständige 
mahnen  5). 

Täglich  hat  er  in  der  Ratstube  aufzuwarten  und  die 
ein-  und  ausgehenden  Briefe  u.  a.  Schriften  in  seine 
Registranden  einzutragen.  Es  sind  dies  alle  Lehen-,  Be- 
gnadigungs- ,  Leibgedings-Briefe,  Konfirmationen,  Dienst- 
bestallungen, Verträge,  Abschiede. 

FĂĽr  Heftung,  Ordnung  und  Verwahrung  dieser  Volumina 
hat  er  ständig  Sorge  zu  tragen.  Auch  soll  er  Inventar  und 
Inhaltsverzeichnisse  über  sie  aufstellen  6).  — 

Zu  ihrer  Unterstützung  sind  den  Sekretären  einige 
Kanzlisten  beigegeben.    Sie  haben  insbesondere  die  ausge- 


1)  B  1091  XV.        2)  B  1091  XVII.        3)  B  1124.        4)  B  1138. 
5)  B  1124.        6)  B  1091  XX  1.  2.  3. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  283 

fertigten  Schriften  ins  Reine  zu  ĂĽbertragen,  die  Registranden 
zu  besorgen,  auch  bei  FĂĽhrung  der  Protokolle  auszuhelfen  i). 

Die  Kanzlisten  dĂĽrfen  nichts  in  die  Reinschrift  bringen, 
was  nicht  von  mindestens  einem  Mitglied  eines  Kollegiums 
unterzeichnet  ist 2). 

Stets  soll  von  den  Mundierern  und  Kopisten  einer  in 
der  Kanzlei  während  der  Geschäftsstunden  anwesend  sein. 
und  zwar  wöchentlich  einander  abwechselnd. 

Dieser  „Wöchner"  hat  allein  die  Konzeptkästen  zu 
öffnen,  ihren  Inhalt  in  sechs  möglichst  gleiche  Teile  zu 
ordnen  und  zu  verteilen.  Den  letzten  davon  behält  er  für 
sich.  Ăśber  die  verteilten  Konzepte  hat  er  Tagebuch  und 
ein  besonderes  Verzeichnis  ĂĽber  sein  Pensum  zu  fĂĽhren. 

Ihre  Arbeiten  sollen  die  Kanzlisten  „unaufhaltlich. 
reinlich  und  akkurate"  fertigen  und  darĂĽber  jeder  be- 
sonders Buch  fĂĽhren. 

Um  einer  ungebĂĽhrlichen  AusnĂĽtzung  der  Kanzleitaxe 
vorzubeugen,  wird  bestimmt,  daĂź  auf  jeder  Seite  18  Zeilen 
und  auf  jeder  Zeile  mehr  als  ein  Wort  geschrieben  werden 
soll  —  „damit  sich  niemand  (von  den  Kollegen)  über  in- 
teressiertes Schreiben  zu  beschweren  Ursach  haben  möge". 

Von  nicht  verpflichteten  Personen  dĂĽrfen  sie  ohne  Vor- 
wissen der  Sekretäre  nichts  abschreiben  lassen. 

Der  Botenmeister  ist  dazu  bestellt,  die  einlaufenden 
Schreiben  in  Empfang  zu  nehmen  und  an  die  rechten 
Stellen  zu  verteilen,  die  ausgehenden  an  die  Post  oder  die 
herzoglichen  Boten  zu  ĂĽbergeben.  Ăśber  diese  hat  er  Auf- 
sicht zu  fĂĽhren  und  ihnen  ihren  Lohn  abzustatten  3).  Auch 
führt  er  die  Aufsicht  über  den  Rätediener,  dem  die  ge- 
samte äußere  Ordnung  der  Regierungs-  und  Kanzleiräume 
anvertraut  ist,  der  besonders  die  Ratstube  und  Kanzlei  zu 
öffnen  und  zu  schließen  und  die  Schlüssel  dazu  zu  ver- 
wahren hat4). 


1)  Ăź  1091   XVIII   1.   3.  6.  2)  B   1122;   Ăź   1091  XVIII. 

3)  B  1091  XIX.         4)  Ăź  1091  XXIII. 


284  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

Allgemeines.  Als  notwendige  Eigenschaften  werden 
von  allen  Beamten  Treue,  FleiĂź  und  Verschwiegenheit  ge- 
fordert 1).  —  Sie  sollen  ihren  Geschäften  gewachsen  sein.  Um 
dies  zu  erreichen,  wird  etwa  ein  Beamter  angewiesen,  sich 
in  ein  bestimmtes  Gebiet  einzuarbeiten  —  wie  der  Kom- 
missionsrat und  Amtmann  Dornfeld  am  27.  Mai  1739  an- 
gewiesen wird,  „daß  er  sich  allmählich  in  Reichshofrats- 
prozessen  übe  und  habil  mache"  —  oder  es  wird  bei  Be- 
setzung einer  Stelle  auf  langjährige  Erfahrung  in  diesem 
Amt  gesehen.  In  einem  „untertänigsten  Promemoria"  der 
Oberregierung  (über  Mängel  bei  der  Kanzlei)  vom  19.  Mai 
1747  wird  angeraten,  das  Lehensekretariat  „ohnvorschreib- 
lich  durch  den  Registratur  Buddeus,  der  solches  bis  daher 
treu  und  fleiĂźig  versehen  und  sich  dazu  sattsam  qualifiziert, 
zu  besetzen"  2). 

Im  Reskript  vom  20.  Juni  1733  schärft  Ernst  August 
allen  Regierungsbeamten  ein,  daĂź  sie  auf  stete  Vervoll- 
kommnung in  ihren  Amtsverrichtungen  bedacht  seien;  sie 
sollen  „sich  in  Lesung  der  Akten  und  einer  den  Rechten 
und  Akten  gemäßen  Relation  besser  als  bisher  üben  und 
dadurch  ihre  studia  und  Geschick  perfektionieren",  anstatt 
ihrem  VergnĂĽgen  nachzugehen  3). 

Die  Subalternen  sollen  sich  stets  gebĂĽhrenden  Be- 
nehmens gegen  ihre  Vorgesetzten  befleiĂźigen ,  ihnen  den 
pflichtschuldigen  Respekt  nicht  versagen. 

Der  Kanzleiordnung  von  1642  ist  eine  feste  Taxe  fĂĽr 
die  an  die  Kanzleikasse   zu  zahlenden  GebĂĽhren  beigefĂĽgt. 

UnfleiĂźigen  Kanzlisten  soll  bis  zur  Richtigstellung  ihrer 
Registranden  Besoldung  und  Anteil  an  den  Kanzleigefällen 
einbehalten  werden. 

Verdienst  und  gute  Aufführung  der  Sekretäre  und 
Kanzlisten  sollen  „soviel  tunlich  durch  Verbesserung  an 
Ehre  und  Gehalt"  belohnt  werden;  doch  sollen  sie  aus 
dieser  VerfĂĽgung  kein  Anrecht  darauf  fĂĽr  sich  konstruieren. 


1)  Ăź  665.        2)  B  1124.        3)  B  1122. 


in  Sachsen- Weimar  bis  1743.  285 

Allgemeine  Ferien  sind  fĂĽr  die  Regierung  von  Margaret 
bis  Laurentius  (13.  Juli  bis  10.  August)  angesetzt1). 

AuĂźerdem  soll  an  Weihnachten,  Ostern  und  Pfingsten 
die  Kanzlei  drei  Tage  ruhen,  „damit  sich  Unser  Kanzler 
und  Räte,  Sekretarien  und  andere  Kanzleiverwandte  desto 
besser  zu  dem  einstehenden  hochfeierlichen  Ferie  vorbereiten 
mögen". 

Auch  an  allen  anderen  Fest-  und  Sonntagen  ruhen  die 
Amtsgeschäfte,  doch  sollen  in  unverhofften  und  eiligen 
Fällen  Kanzler  und  Räte  auch  dann  zusammenkommen, 
wie  auch  sonst  in  dringenden  Fällen  zu  außerordentlicher 
Stunde.  Für  solche  Fälle  soll  an  geschäftsfreien  Tagen 
stets  abwechselnd  ein  Rat,  Sekretär  und  Kanzlist  auf- 
warten 2). 

Ferner  wird  den  einzelnen  Beamten  auf  Antrag  Urlaub 
gewährt,  wenn  triftige  Gründe  vorliegen.  Solche  sind: 
notwendige  Reisen,  Krankheit,  besondere  Aufträge  des 
Fürsten  oder  außerordentliche  amtliche  Geschäfte.  Sie 
mĂĽssen  dem  Direktor  des  betreffenden  Kollegiums  bei- 
zeiten angezeigt,  auch  in  ein  besonderes  Tagebuch  ein- 
getragen und  im  Protokoll  vermerkt  werden  —  damit  die 
anderen  Räte,  besonders  in  wichtigen  Händeln,  auf  die 
Abwesenden  nicht  zu  warten  brauchen.  Abwesenden  Räten 
sollen  die  wichtigen  Vorfälle  nachträglich  berichtet  und 
ihre  Meinung  eingeholt  werden 3). 

Ohne  erhebliche  Ursachen  dagegen  darf  kein  Beamter 
die  Dienststunden  versäumen,  geschweige  denn  aus  Faulheit 
oder  Passion. 

Ohne  des  Fürsten  Vorwissen  und  gnädige  Bewilligung 
darf  kein  Rat  „uf  etzliche  Tage  über  Land  verreißen  oder 
sich  sonsten  der  Ratsstube,  da  er  nicht  mit  sonderbarer 
Leibes-Beschwerung  beladen  wäre,  vorsätzlich  äußern"  4). 

Ein  Sekretär  oder  Kanzlist  bedarf  der  besonderen  Er- 
laubnis   des    Regierungskollegiums,    um    der   Kanzlei    fern- 

1)  B  1091  V  1.  2)  Ebenda  2.  3)  B  1124;  B  1091  II  20. 
4)  B  1091  IV  3. 

XXVI II.  19 


286  Die  Entwicklung  der  Zentral  Verwaltung 

zubleiben,  „widrigenfalls  ein  solcher  Contravenient  ohne 
Ansehen  der  Person  cassieret  werden  wird"  1). 

Den  Geistlichen  erteilt  das  Oberkonsistorium  Urlaub, 
namentlich  wenn  sie  in  dringenden  Privatangelegenheiten 
nur  nach  nahen  Orten  verreisen  mĂĽssen.  Geht  die  Reise 
aber  über  Tag  und  Nacht  oder  außer  Landes,  so  ist  höchsten 
Orts  Urlaub  nachzusuchen  2). 

Ein  Sekretär  wird  vertreten  nur  durch  einen  Kollegen, 
nicht  durch  Kanzlisten,  auf  Befehl  des  Direktors  auch  durch 
den  Registrator.  Zum  Vertreter  fĂĽr  diesen  bestimmt  der 
Direktor  den  seinem  Ermessen  nach  tĂĽchtigsten  Kanzlisten. 
Er  soll  auch  dafĂĽr  sorgen,  daĂź  keiner  durch  Vertretungs- 
arbeiten ĂĽberlastet  wird3). 

Ist  ein  Sekretär  krank,  aber  arbeitsfähig,  so  sollen  ihm 
seine  Sachen  zur  Erledigung  ins  Haus  gesandt  werden, 
worĂĽber  er  zu  quittieren  hat. 

Ist  ein  Hofrat  beurlaubt,  so  teilen  sich  die  anderen 
in  seine  Arbeit. 

Den  Direktor  der  Regierung  vertritt  der  älteste  an- 
wesende Rat,  der  ihm  dann  zu  Hause  ĂĽber  das  Vorgefallene 
und  über  den  Stand  der  Geschäfte  Bericht  erstattet4). 

Aus  seinem  Amte  ausscheiden  soll  kein  Kanzlist  ohne 
Vorwissen  von  Kanzler  und  Räten,  auch  seine  Neuanstellung 
ist  von  ihnen   abhängig5). 

Kein  Rat  soll  ohne  des  Fürsten  Vorwissen  und  „gnädige 
Nachlassung  bei  Verlust  und  gänzlicher  Entsetzung  seines 
Dienst-  und  Ehrenstandes  andere  Bestallung  annehmen". 
Denn  jeder  ist  grundsätzlich  dem  Landesherrn  ausschließ- 
lich verpflichtet.  „Gestatten  Wir  aber  aus  besonderer 
Ursache  in  Gnade,  daĂź  sonsten  in  eines  FĂĽrsten,  Grafen, 
Herrn  von  Adel  oder  andere  Bestallung  einer  Unserer  Räte 
sich  einlasse,  so  soll  er,  sooft  derselben  Sachen  in  Unsere 
Regierung   gelangen ,    sich    Votirens    und    Stollens    bei    ob- 


1)  B  1123.      2)  B  1124.      3)  B  1124.      4)  B  1124.      5)  B  1091 
XVIII  10. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  287 

gesetzter  Strafe  durchaus  enthalten,  und  wenn  deswegen 
etwas  in  der  Ratstube  vorläuft,  bald  ohne  Erinnern  einen 
Abtritt  nehmen"  i). 

y)  Regierung  als  Gericht. 

Die  Gerichtspflege  ist  von  der  Verwaltung  im  engeren 
Sinn  zu  jener  Zeit  noch  nicht  streng  getrennt. 

Die  Zentralbehörde  der  Verwaltung,  die  Regierung, 
dient  zugleich  noch  als  Gericht,  und  zwar  im  wesent- 
lichen als  Friedensgericht ;  in  Ausnahmefällen  setzt  sie  auch 
fĂĽr  die  eigentliche  ProzeĂźfĂĽhrung  aus  ihrer  Mitte  Kom- 
missionen ein. 

FĂĽr  die  AusĂĽbung  der  richterlichen  Befugnisse  der 
Regierung  stellt  die  Kanzlei-Ordnung  von  1642  Maßstäbe 
und  Ordnung  auf: 

Dem  FĂĽrsten  wie  dem  Volke  soll  das  Gericht  in  gleicher 
Weise  dienen.  Man  soll  das  „fürstliche  Interesse  suchen 
und  denen  Untertanen  promte  Justiz  ohne  eigennutz  und 
nebenabsicht  administrieren".  „Mit  unermüdeter  Sorgfalt" 
trachtet  Ernst  August  danach,  „akkurate  und  prompte 
Administration  der  Justiz"  zu  sichern2).  Niemand  soll  „über 
unerlaubte  Protraktionen  derer  Klagesachen  .  .  .  mit  Fug 
sich  zu  beschweren  Ursach  haben"  —  Protraktionen,  die 
„mehrmals  den  Verfall  eines  Landes  und  den  ruin  derer 
Untertanen  auf  den  RĂĽcken  gleichsam  mit  sich  fĂĽhren". 
Die  Justizbeamten  sollen  daher  ihre  Expeditionen  prompt 
erledigen,  ihre  Bescheide  und  Resolutionen  „attent  und  ge- 
wissenhaft" machen 3).  Die  Advokaten  sollen  den  Armen 
wie  den  Reichen  dienen.  „Mit  allem  treuen  Eifer"  soll 
der  Gerichtssekretär  der  Rechtssachen  warten  4).  Desgleichen 
sind  alle  Beamten  und  Gerichtshalter  auf  dem  Lande  scharf 
zu  beaufsichtigen;  „wo  sich  einer  interessiert,  nachlässig 
oder  passioniert  finden  lassen  wĂĽrde,  soll  er  nachdrĂĽcklich 
angesehen  werden." 

1)  B  1091  II  12.  2)  B  1124.  3)  B  1091  XXII  5.  4)  B  1091 
XVII  2. 

19* 


288  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

Die  Regierung  soll  darauf  bedacht  sein,  die  Parteien  in 
Frieden  zu  einer  Einigung  zu  bringen  und  Prozesse  mög- 
liebst zu  vermeiden  x).  „Kanzler  und  Pate  sollen  allen  Fleiß 
anwenden,  daĂź  die  Parteien,  die  in  unserer  Regierung  zu 
tun  haben  ...  in  ihren  Gebrechen  durch  leidliche  Mittel 
gĂĽtlich  auseinander  gesetzt  und  entschieden  oder  zu  engen 
und  eingezogenen  Kompromissen  veranlaĂźt,  nicht  leicht 
ohne  besondere  erhebliche  Ursachen  ans  Recht  gewiesen 
werden ;  zumal  wenn  der  Streit  nicht  so  wichtig,  oder  bei 
Injurien  oder  Irrungen  zwischen  Obrigkeit  und  Untertanen 
oder  nahen  Anverwandten  oder  in  Sachen,  die  pias  causas, 
oder  Witwen,  Waisen  und  andere  dgl.  miserabiles  personas 
betreffen.  —  In  Injuriensachen  soll  die  Regierung  die  Par- 
teien, wenn  nicht  die  Injurien  ihrer  eigenen  Art  [nach] 
ehrenrührige  Worte  enthalten,  sondern  durch  eine  Erklärung 
gemildert  werden  können,  falls  der  beklagte  Injuriant  bald 
anfangs  bei  gütlichem  Verhör  zu  billiger  Deklaration  sich 
anbietet,  rechtlich  vom  ProzeĂź  abhalten  und  durch  Dekret 
dem  Kläger  auferlegen,  sich  mit  solcher  Erklärung  zu  be- 
gnügen". —  Überhaupt  soll  sie  dahin  wirken,  daß  sie  oder 
die  Gerichte  ohne  hinreichenden  Grund  mit  Streitigkeiten 
nicht  behelligt  werden.  „Wie  sie  (Kanzler  und  Räte)  denn 
ebenmäßige  Aufsicht  auf  Prälaten,  Grafen,  alle  Gerichts- 
herren ,  unsere  Beamte  und  Räte  in  Städten  haben  und 
nicht  zugeben  sollen,  daß  ohne  merkliche  und  rätliche 
Motiven  eine  Sache  an  Unsere  Regierung,  viel  weniger  zum 
rechtlichen  Prozeß  veranlaßt  werde"  2).  —  Noch  1778  be- 
fiehlt ein  Reskript  der  Regierung,  sie  solle  alle  Jahre  dem 
Herzog  Bericht  erstatten,  welche  Unterrichter  und  Advo- 
katen sich  durch  Stiftung  der  meisten  Vergleiche  in  ProzeĂź- 
Angelegenheiten,  zumal  in  wichtigen,  am  besten  exhibieret 
haben  3). 

Die    Justizbeamten    sollen    auf    möglichste    Abkürzung 
der  Prozesse   bedacht   sein).     Binnen    längstens    Jahresfrist 


1)  B  1091  II  12.       2)  Ebenda.       3)  Schmidt  I,  S.  152/3. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  289 

sollen  sie  stets  gänzlich  beendet  sein.  Einige  nämlich  hatten 
18 — 20  Jahre  gedauert,  ohne  erledigt  worden  zu  sein.  Sie 
sollen  nun  nach  der  gleichen  Verfügung  „ohne  Anstand" 
„ausgemacht"  werden.  „Den  Advokaten  ist  keine  Ver- 
schleifung  .  .  .  und  unnötige  Weitläufigkeit  zu  verstatten". 
Wo  einer  unter  ihnen  sich  solche  zu  schulden  kommen 
läßt,  soll  er  erst  um  ein  „proportionierliches  Geldquantum" 
gestraft,  bei  Wiederholungen  Serenissimo  angezeigt  werden, 
„dann  bei  dauernder  Nachlässigkeit  gänzliche  Untersagung 
der  Praxis  ohnfehlbar  erfolgen  soll"  1). 

Oberster  Gerichtsherr  ist  der  FĂĽrst  fĂĽr  alle  vor 
die  herzoglichen  Gerichte  gehörigen  Sachen. 

Die  meisten  bĂĽrgerlichen  Streitigkeiten  werden  ohne 
Anfrage  bei  ihm  erledigt,  auf  sein  Verlangen  erhält  er 
Bericht.     Er  bestätigt  oder  ändert  die  Urteile  2). 

Auch  Strafsachen  bedĂĽrfen  nicht  der  Anfrage  beim 
Fürsten.  Bluturteile  dürfen  aber  ohne  seine  Bestätigung 
nicht  vollzogen  werden,  sie  sind  ihm  daher  stets  vorzu- 
tragen. Geleit  in  solchen  Fällen  erteilt  er,  ohne  seinen 
Willen  darf  es  nicht  verlängert  werden 3). 

Auch  Militärsachen  und  Jagdfrevel  sind  ihm  stets 
vorzutragen  4). 

Gnadensachen  stehen  zu  seiner  alleinigen  EntschlieĂźung  5). 

In  welchem  Geiste  das  Gerichtswesen  gehalten  werden 
soll,  erhellt  besonders  aus  den  Bestimmungen  fĂĽr  FĂĽhrung 
der  fürstlichen  Privatprozesse  am  höchsten  säch- 
sischen Gericht.  Die  Materialia  sind  exaktest  zu  prĂĽfen 
—  oder  die  darin  erstatteten  Gutachten  zur  Richtschnur 
zu  nehmen6).  „Wo  Serenissimus  Unrecht  hätte,  ist  solches 
noch  und  mehrmals  ...  zu  repräsentieren  und,  daß  er  den 
ProzeĂź  als  transactum  supiren  [wohl  korrumpiert  aus  sufferrej 
oder  dem  Gegenteil  das  Seinige  lassen  möchte,  beweglichst 
anzuzeigen  und  zu  bitten,  dem  Rat  der  Regierung  Gehör 
zu  geben." 


1)  B  1124.        2)  B  1129  g.        3)  B  1124;  B  1091  IX  5  und  6; 
Ebenda  XVII 12.      4)  B  1124.      5)  Ebenda.      6)  Entwurf  B  1138  IX. 


^90  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

„Wo  aber  Serenissimi  Recht  gegründet,  hätte  Regimen 
allen  Eifer,  Kunst  und  Feuer  anzuwenden,  um  ...  zu  ge- 
deihlichem Ende  zu  bringen". 

In  diesen  fürstlichen  Prozessen  haben  Präsident  und 
Räte  der  Regierung  gemeinschaftlich  zu  arbeiten:  alles  ist 
in  pleno  consessu  vorzunehmen,  zu  deliberieren,  gemein- 
schaftlich sind  die  Akten  zu  lesen,  in  praesentia  omnium 
wird  konkludiert. 

Sind  Serenissimi  nomine  judicial-  oder  extrajudicial- 
Schriften  zu  verfassen,  so  wird  diese  Arbeit  einem  Rat 
aufgetragen.  Von  ihm  geht  der  Entwurf  an  den  Präsidenten, 
dann  cum  actis  bei  allen  Räten  herum,  die  ihre  Einwände 
und  Ergänzungen  beibringen  („um  eventuell  zu  moniren  und 
zu  supplieren").  Ist  er  an  den  Präsidenten  zurückgelangt, 
wird  er  in  der  nächsten  Session  wieder  vorgelegt,  die  Ein- 
wände besprochen  („monita  conciliirt")  und  nach  Befund 
und  einstimmigem  BeschluĂź  der  Aufsatz  eingerichtet  und 
expediert. 

Beamte  des  Gerichts  sind  außer  den  Räten  bei 
der  Regierung:  der  Gerichtssekretär,  der  zugleich  das  Amt 
eines  Gerichtsregistrators  versieht,  und  die  fĂĽr  die  Gerichts- 
geschäfte bestimmten  Kanzlisten  und  Kanzleiboten.  Auch 
die  Advokaten  haben  in  wesentlichen  Punkten  die  Stellung 
von  Beamten. 

Von  des  Gerichtssekretärts  „Ambt  und  Verrichtung" 
handelt  Artikel  XVII  der  Kanzlei-Ordnung  von  1642: 

Zu  seinem  Geschäftskreis  gehören  alle  Sachen,  die 
„aus  den  Städten  und  Ämtern  Weimar  (des  Bezirks 
Weimar)  mit  den  Vogteien,  und  darinnen  begriffenen  von 
Adel  und  ihren  Untertanen,  item  aus  dem  Ambt  Oberweimar 
an  Uns  oder  Unsere  Regierung  gelangen"  1). 

Er  hat  die  Urteilsfragen,  alle  inhibitiones  und  citationes 
zum  rechtlichen  Versetzen  und  zur  Publikation  der  Urteile 


1)  B  1091  XVII  1. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  291 

„schleunigst"  zu  verfertigen,  die  citationes  den  Parteien 
durch  geschworene  Kanzleiboten  insinuieren  zu  lassen  *â– ). 

Alle  Akten  der  bĂĽrgerlichen  und  peinlichen  Rechts- 
sachen soll  er  in  guter  Ordnung  halten  und  foliieren  lassen, 
nebst  Originalurkunden  oder  deren  als  glaubwĂĽrdig  be- 
scheinigten („vidimirten")  Abschriften  fleißig  verwahren, 
die  Relationen  der  Parteien  zu  den  Akten  registrieren, 
sowie  Empfangsbestätigungen  beilegen  2). 

Die  Akten  zu  Vor  beschieden 3)  soll  er  spätestens  tags 
vorher  in  die  Ratsstube  bringen4). 

Die  in  der  Regierung  abgefaĂźten  oder  sonst  ein- 
kommenden Urteile  darf  er  ohne  besonderen  Befehl  des 
Kanzlers  und  der  Räte  nicht  öffnen,  noch  vor  der  Publi- 
kation den  Parteien  Abschrift  davon  geben  oder  den  In- 
halt offenbaren  5). 

Zeit,  Ort  und  Teilnehmer  der  UrteilsverkĂĽndigung  soll 
er  „gebührlich  und  eigentlich"  registrieren 6). 

Bald  nach  der  Publikation  soll  er  Abschriften  der 
Urteile  unter  des  Fürsten  Namen  mit  den  „uf  gehaltenen 
Rat  der  Rechtsgelehrten"  einverleibten  Klauseln  ausfertigen 
und  dem  Kanzler  zur  Unterschrift  vortragen 7). 

Ohne  des  Kanzlers  und  der  Räte  Vorwissen  darf  er 
auf  Anhalten  der  Parteien  zu  den  rechtlichen  „Gesätzen" 
„nichts  Bedenkliches"  registrieren8). 

Es  ist  ihm  nicht  gestattet,  die  Akten  nur  dem  Ad- 
vokaten der  einen  Partei  einzuhändigen,  ohne  solches  Be- 
gehren zuvor  Kanzler  und  Räten  anzuzeigen  und  auf  ihren 
Bescheid  zu  warten.  Auch  sonst  ist  er  an  sie,  an  seine 
Bestallung  und  an  die  Hofgerichts-Ordnung  gewiesen  und 
zu  deren  Observanz  strikte  verbunden 9). 

Ohne  Vorwissen  des  FĂĽrsten  darf  er  in  hochnotpein- 
lichen Sachen  kein  sicheres  Geleit  ĂĽber  die  gesetzte  Frist 
verlängern  10). 


1)  B  1091  XVII  2.  2)  Ebenda  3.  3)  Siehe  u.  S.  296. 

4)  B  1091  XVII  4.        5)  Ebenda  5.        6)  Ebenda  6.        7)  Ebenda  7. 
8)  Ebenda  9.        9)   Ebenda   10.        10)  Ebenda  12. 


292  Die  Entwicklung  der  Zentral  Verwaltung 

Beim  Versetzen  soll  er  darauf  sehen,  daß  gemäß  Hof- 
und  Kanzleibrauch  verfahren  („gebührt")  und  „dasselbe 
nicht  uf  etliche  Tage  verschleift  werde"  x). 

FĂĽr  Zeugnisse  in  Rechtssachen  soll  er,  was  ihm  zu- 
steht, und  fĂĽr  alle,  die  er  als  Notar  verfertigt,  die  Notariat- 
gebühren für  sich  behalten,  die  anderen  Gebühren  „in 
gemeine  Teilung  bringen  und  berechnen"  2). 

Ueber  die  Kanzleitaxe  hinaus  soll  er  die  Parteien 
nicht  mit  Gerichtskosten  beschweren  3). 

Als  Registratur  soll  er  zur  Aufrechterhaltung  einer 
regelmäßigen  und  ernsten  Gerichtstätigkeit  über  die  am 
Hof,  in  Städten  und  Ämtern  anhängigen  Prozesse  ein  be- 
sonderes Register  fĂĽhren.  Dazu  haben  die  Gerichtsbeamten 
und  -rate  in  den  Städten  halbjährlich  ein  Verzeichnis  der 
Gerichtssachen  nebst  Bericht  ĂĽber  deren  Stand  in  die 
Regierung  zu  senden  4). 

Die  Kanzlisten  führen  beim  „rechtlichen  Versetzen" 
das  Protokoll  („schreiben  nach"),  wobei  sie  Namen  des 
Advokaten  und  Zeit  am  Rande  vermerken.  An  GebĂĽhren 
zahlt  der  Einbringer  eines  Satzes  fĂĽr  je  ein  Blatt  1  Groschen, 
wovon  4  Pf.  auf  den  Nachschreiber  fallen,  8  Pf.  in  ge- 
meine Teilung  der  Kanzleigefälle  kommen.  Jeder  Advokat, 
der  versetzt,  soll  sich  (auĂźerdem?)  einen  (privaten?)  Schreiber 
zum  unentgeltlichen  Nachschreiben  der  Sätze  halten  („nieder- 
setzen") dĂĽrfen5). 

Um  eine  geordnete  Pflege  des  Gerichtswesens  zu 
sichern,  erschwert  die  Kanzleiordnung  von  1642  die  Zu- 
lassung von  Advokaten6). 

Künftighin  sollen  als  ordentliche  Advokaten  nur  „hoch- 
graduierte Personen  oder  doch  an  ihren  Qualitäten  also 
beschaffen,  daß  sie  den  gradum  doctoris  annehmen  können", 
bestellt  werden.  Bis  diese  Bestimmung  durchgefĂĽhrt  werden 
kann,    sollen    „allein    die  Advokaten  und  Prokuratoren,    so 


1)  B  1091  XVII  10.      2)  Ebenda  13.       3)  Ebenda  8.      4)  B  1091 
XX  4.        5)  B  1091  XVIII  3  u.  4.        6)  B  1091  XXII. 


in  Sachsen- Weimar  bis  1743.  293 

wenigstens  ihre  fundamenta  juris  verstehen,  in  praxi  geĂĽbt 
und  ihrer  Geschicklichkeit  und  sonst  gut  Lob  haben,  zu- 
gelassen werden"  l).  Diese  Bestimmungen  werden  getroffen 
„propter  maiestatem  magistratus  und  weil  Richtern  und 
Parteien  an  verständigen,  gewissenhaften,  aufrichtigen  Ad- 
vokaten sehr  gelegen"  und  „weil  erfahrungsgemäß,  wo  jeder 
nach  Gefallen  advozieren  kann,  die  Sachen  merklich  ufge- 
zogen,  dabei  die  Parteien  in  nicht  geringe  Ungelegenheit 
gefĂĽhrt  werden". 

Nur  die  ordentlichen  Advokaten  sollen  alle  Sachen  in 
der  Regierung  vortragen  dĂĽrfen  und  im  rechtlichen  ProzeĂź 
„den  Parteien  bedient"  sein.  Doch  scheinen  Ausnahmen 
zulässig  gewesen  zu  sein :  Unbekannte  Advokaten,  die  die 
Parteien  aus  der  Fremde  mitbringen,  sollen  zuvor  nach 
ihren  Qualitäten  erforscht  werden. 

Ernst  Augusts  Reglement  vom  Februar  1734  beschränkt 
auch  die  Zahl  der  Hofadvokaten 2) ;  er  will  kĂĽnftig  nicht 
mehr  als  6  dulden  und  verlangt  von  ihnen,  daß  sie  „tüchtig, 
uninteressiert,  gewissenhaft,  guten  Rufs,  ohne  Anhang  mit 
Ministern  und  Räten"  seien;  „die  habilste  und  geschickteste 
Subjekta"  seien  dazu  zu  nehmen.  Die  gleichen  Qualitäten 
sollen  die  Landadvokaten  besitzen  und  durch  ein  „specimen 
in  pleno  bei  der  Regierung"   erweisen  3). 

Nur  die  Hofadvokaten  sollen  bei  den  hohen  Kollegien 
und  Untergerichten    in  Weimar  praktizieren,    und  sind  be- 


1)  Nicht  zugelassen  werden  Advokaten,  deren  Eltern  oder  nahe 
Anverwandte  im  Gericht  als  Kichter  sitzen,  oder  die  bei  dem  Ge- 
richt, an  dem  sie  advozieren  wollen,  mit  Pflichten  verwandt  sind. 
(Zirkular  vom  18.  Sept.  1748,  bei  Schmidt,  I,  S.  129.)  Auch  Aus- 
wärtige sind  ohne  besondere  Erlaubnis  noch  nach  einem  Zirkular 
von  1776  nicht  zuzulassen  (ebd.).  2)  B  1123  No.  6.  3)  Nach 
Eeskript  vom  21.  Sept.  1769  (Schmidt,  1,  S.  139)  durch  specimen 
aus  den  Akten  und  Prüfung.  —  Dort  wird  auch  bestimmt,  daß  sie 
sich,  suchen  sie  später  um  Erteilung  der  Hofadvokatur  nach,  bei 
der  Regierung  einem  weiteren  Examen  mit  Specimen  zu  unterwerfen 
haben,  „damit  man  sehen  könne,  ob  sie  sich  durch  Fleiß  und 
Applikation  bei  ihrer  Praxi  bei  den  Untergerichten  mehr  habilitiert". 


294  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

rechtigt,  alle  Grerichtshaltereien  im  ganzen  Lande  zu  ver- 
sehen. 

Die  Landadvokaten  dürfen  nur  in  Ämtern,  Städten 
und  Untergerichten  auĂźer  der  Residenz  praktizieren  und 
in  einer  Landstadt  nicht  mehr  als  zwei  ansässig  sein.  In 
einem  Inserat  vom  8.  Okt.  1737  erklärt  Ernst  August: 
„Wie  Wir  überhaupt  in  Ilmenau  eine  Änderung  unter  den 
Advokaten,  worunter  viele  nichtswĂĽrdige  sind,  und  eine 
numerum  clausum  machen  wollen"  1). 

Nur  die  unter  den  hier  erwähnten  Bedingungen  an- 
genommenen Advokaten  haben  das  Recht,  im  FĂĽrstentum 
Weimar  zu  praktizieren2):  „Alle  übrigen  Schriftsteller 
werden  hiermit  gänzlich  abgeschafft,  keiner  darf  an  Uns 
Unsere  Collegia  und  andere  Niedergerichte  Schreiben 
machen  oder  (gar!)  weibliche  Curatelen  ĂĽber  sich  nehmen" 
—  bei  50  Tlr.  Strafe,  wovon  2/3  an  den  Fiskus,  V3  an 
die  Advokaten  fällt3). 

Nur  die  von  den  zugelassenen  Advokaten  verfertigten 
und  mit  ihrem  Petschaft  besiegelten  Schriften,  Memorialien, 
Vorstellungen  dürfen  die  Sekretäre  aller  Unter-Obrigkeiten 
und  Aktuarii  annehmen  —  bei  100  Tlr.  Strafe.  Schon 
nach  der  Kanzlei-Ordnung  von  1642  sollen  alle  Supplicationes, 
die  nicht  mit  vollem  (Ruf-  und  Zu-)  Namen  der  Advokaten 
unterschrieben  sind,  wieder  aus  der  Ratstube  gegeben 
werden,  „danach  mögen  sich  künftig  alle  Brieftichter 
achten"  4). 

Die  WĂĽrde  der  Hofadvokatur  wird  auf  Lebenszeit 
übertragen,    und    deswegen    „ist    billig,   für  diesen  einträg- 


1)   B  1124.  2)  Schon  die  Landesordnung  von  1589  (c.  17) 

bestimmt,  daß  Bürger,  Bauern  und  Handwerker  niemandem  „ums 
Geld  zu  reden,  zu  schreiben  oder  zu  setzen"  haben  sollen,  „sondern 
sie  sollen  zu  ihren  Handwerken  oder  andern  ehrlichen  Hantierungen 
angewiesen  werden".  —  Insbesondere  wird  das  Advozieren  ver- 
dorbener Advokaten,  der  Schulmeister  und  der  Winkelschreiber  ver- 
boten, und  zwar  bei  Zuchthausstrafe.  (Verordnung  von  1745, 27.  Febr. ; 
s.  Schmidt  I,  S.  158.)        3)  B  1123  No.  6.        4)  Ebenda  7. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  295 

liehen  Dienst  2000  Btlr.  zu  erlegen".     FĂĽr  die  Erlangung 
der  Landadvokatur  sind  1000  Tlr.  zu  bezahlen  1). 

Ein  unbedingter  Zwang  fĂĽr  die  Parteien,  ihre  Sache 
durch  Advokaten  vertreten  zu  lassen,  besteht  nicht:  „Im 
Verhör  sollen  die  Parteien  ihre  Notdurft  durch  ihre  Ad- 
vokaten vorbringen  lassen  —  es  wären  denn  die  Parteien 
solcher  Qualitäten,  daß  sie  keines  Advokatens  bedürftig, 
und  könnten  ihr  Wort  selber  reden2)." 

Alle  anderen  aber  mĂĽssen  einen  Advokaten  nehmen 3). 
Daher  sind  diese  gehalten,  Armen  ex  officio  wechselweise 
zu  dienen.  Als  Arme  gelten  hier  die  Leute,  die  den  glaub- 
würdigen Ausweis  erbringen,  daß  ihr  Vermögen  nicht  über 
50  Gulden  beträgt.  Ihnen  sollen  Advokaten  und  Pro- 
kuratoren umsonst  dienen  „umb  Gottes  und  Beförderung 
der  Gerechtigkeit  willen" ;  dech  soll  diese  Bestimmung 
nicht  ausgenutzt  werden,  vielmehr  „sollen  solche  die  Mühe- 
waltung gebĂĽhrlich  bezahlen,  wenn  sie  in  der  GĂĽte  und 
zu  Recht  etwas  erhalten,  oder  sonsten  Gott  ihnen  etwas 
mehrers  beschert"  4). 

Es  wird  von  den  Advokaten  erwartet,  daĂź  sie  ihren 
Beruf  von  wĂĽrdigen  Gesichtspunkten  aus  betrachten  und 
nur  Prozesse  fĂĽhren,  die  sie  vor  Gesetz  und  Gewissen 
verantworten  können.  Auch  sollen  sie  ihre  verantwortungs- 
volle Stellung  nicht  zur  Bereicherung  habgierig  miĂź- 
brauchen : 

„Haben  die  nicht  gute  Sachen ,  die  sich  ihres 
Dienstes  brauchen  wollen,  und  wollen  doch  aus  Halsstarrig- 
keit nicht  ablassen,  so  sollen  sie  kraft  Unserer  Landes- 
ordnung   sie    davon    abhalten    und    ihnen    weder   in    recht- 


1)  B  1123  No.  6.  2)  B  1091  V  5.  3)  Ebenda  6.  4)  B  1091 
XXII  5.  —  Nur  auf  Grund  richterlichen  Gutachtens  dürfen  die 
Advokaten  advozieren  in  Sachen  zwischen  Eheleuten ,  zwischen 
Eltern  und  Kindern,  zwischen  Obrigkeit  und  Untertanen,  zwischen 
Seelsorgern  und  Beichtkindern.  (So  bestimmt  wenigsten»  die  Jenaische 
Advokatur-Ordnung  von  1726,  Schmidt  I,  S.  157.) 


296  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

liehen  Prozessen  oder  gütlichen  Verhören  weiter  nicht 
dienen"  J). 

Und  sie  „sollen  nicht  über  alle  Kleinigkeiten  den 
Leuten  Suppliken  machen",  „was  nur  Geldschneidereien 
sind  .  .  .  Advocati  aber,  die  nur  Tagediebe  sind,  haben 
bei  24  Dukaten  Strafe  von  unwichtigen  Sachen  keine  Bitt- 
schriften zu  machen.  Widrigenfalls  diese  Verbrecher  mit 
Zuchthaus  bestraft  werden  sollen  ohne  pardon"  —  so  läßt 
sich  Ernst  August  im  Inserat  vom  8.  Okt.  1737  vernehmen2). 

Ist  ein  Advokat  durch  Beschäftigung  am  Hofgericht 
oder  den  Untergerichten  verhindert  zu  einem  bei  der 
Regierung  angesetzten  Verhör  oder  Vorbeschied  zu  er- 
scheinen, so  ist  diese  „carentia  advocati"  als  triftige  Ur- 
sache fĂĽr  Verschiebung  des  Termins  anzusehen,  wenn  acht 
Tage  zuvor  darum  nachgesucht  wurde;  sie  ist  jedoch  nur 
einmal  zu  gestatten  3). 

Ordnung  des  Gerichtsverfahrens.  Zwei  Arten 
der  gerichtlichen  Verhandlungen  werden  unterschieden: 
Vorbeschiede  zu  gütlichem  Verhör  und  Prozesse  in  recht- 
lichem Verfahren. 

Jene  finden  vor  der  Regierung  statt,  und  zwar  zu 
frĂĽher  Stunde  an  zwei  Tagen  jeder  Woche. 

Die  Termine  dazu  sollen,  wenn  irgend  möglich,  wenigstens 
einen  Monat  vorher  „anbestimmt"  werden 4). 

Nach  Verlesung  der  Briefe  sind  die  Parteien,  die  ihre 
Sache  durch  Advokaten  führen,  zu  hören,  und,  was  sie 
vorbringen,  sehr  gewissenhaft  zu  bedenken.  Dann  treten 
sie  ab,  Kanzler  und  Räte  beraten  über  beider  Parteien 
Meinung  Absatz  fĂĽr  Absatz  und  stimmen  ab.  Sodann  findet 
mit  jeder  Partei  einzeln  eine  Unterredung  statt 5). 


1)  B.  1091  XXII  3.  Noch  weniger  sollen  die  Advokaten,  „wie 
zu  geschehen  pflegt,  um  ihres  Nutzens  und  Vorteils  willen,  die  Leute 
in  einander  hetzen,  noch  von  sĂĽhnlicher  Vergleichung  abhalten". 
1672    Advokaten-Ordnung.     (Schmidt  I,   S.   152.).  2)  B  1124. 

3)  B  1091  V  16.        4)  Ebenda  4.        5)  Ebenda  4  u.  5. 


in  Sachsen- Weimar  bis  1743.  297 

„Was  die  Parteien  hincinde  fürbringen,  soll  fleißig 
protokolliert,  gutwillig  gehört,  ihre  Sachen  eigentlich  ein- 
genommen, ponderiert  und  erwogen,  die  Momenta  rerum 
aus  den  produzierten  Dokumenten  wolbedächtig  gelesen, 
darĂĽber  nach  beider  Parteien  befohlenem  Abtritt  abge- 
setztermaĂźen  ordentlich  votirt  und  sodann  ad  partem  ein 
und  dem  andern  Teil  mit  gebĂĽhrlichem  Ernst  und  Be- 
scheidenheit zugeredet  werden'' 1). 

Das  Verhör  kann  auf  drei  Weisen   beendet  werden2): 

1)  Die  Parteien  vergleichen  sich  gĂĽtlich  und  schlieĂźen 
einen  Vertrag. 

2)  Kanzler    und  Räte    erlassen    Dekret    und    Abschied. 

3)  Die  Parteien  entschlieĂźen  sich,  ihre  Sache  in  einem 
gerichtlichen  Prozeß  fortzuführen  (sie  werden  „mit  ihrer 
Beliebung  rechtlich  vereinlaĂźt")  und  stellen  dafĂĽr  einen 
KompromiĂź  auf. 

Ist  eine  schnelle  Beendigung  „wegen  unvollkommenen  Berichts 
oder  anderer  Übelstände"  nicht  möglich,  so  soll  den  Parteien  sofort 
ein  zweiter  Termin  anberaumt  werden,  von  dem  aber  „keinem  Teil 
vergebliche  AbkĂĽndigung  oder  AusflĂĽchte  ohne  bescheinliche  Ehe- 
haft verstattet  werden"  darf3). 

Andernfalls  ist  der  Vertrag,  Abschied  oder  KompromiĂź  bald 
abzufassen  und  bekannt  zu  geben;  oder  es  wird,  sind  noch  andere 
Verhandlungen  zu  fĂĽhren,  den  Parteien  der  Inhalt  aus  dem  Protokoll 
mĂĽndlich  angedeutet  und  die  endgĂĽltige  Formulierung  an  einem  nahen 
Termin  ihnen  bekannt  gegeben  und  ausgehändigt  („und  sodann  zu  An- 
hörung und  Ausantwortung  des  formalisierten  Begriffs  sobalden  einen 
Termin  zu  benamen") 4). 

Verlegung  des  Termins  für  ein  gütliches  Verhör  ist  gestattet» 
muĂź  aber  beizeiten  nachgesucht  werden  ;  mehr  als  zweimal  wird  kein 
Termin  verlegt.  Dem  Klagenden  wird  ohne  besondere  erhebliche 
Ursache  keine  Verlegung  zugestanden5). 

Wenigstens  3  Tage  vor  dem  bestimmten  Verhör  ist  Antrag 
auf  Verlegung  des  Termines  zu  stellen,  damit  die  Gegenpartei  es 
zeitig  genug  erfahre  „und  vergebliches  Reisen  und  Unkosten  ver- 
bleibe". Anderenfalls  sollen  dem  „gehorsamen"  Teil  die  Unkosten 
nach  richterlichem   Ermessen   (auf  „richterliche  moderation")   „un- 


1)  B  1091  V  7.        2)  Ebenda  8.      3)  Ebenda  9.      4)  Ebenda  8. 
5)  Ebenda  14. 


298  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

weigerlich"  vom  Ausbleibenden  erstattet  werden  —  auch  wenn  „ex 
postfacto  erhebliche  impedimenta  zu  beweisen"  —  erst  recht,  „wenn 
die  Auffahrt  in  ipso  termino  abgeschrieben  wird"  und  sich  die 
Gegenpartei  eingefunden  hat1). 

„Schreibt  ein  Teil  zu  spät  ab,  kommt  imparatus  oder  bleibt  ohne 
Entschuldigung  auĂźen,  so  wollen  Wir  ihn  Unkosten  halber  auf  vor- 
herige moderation  zum  Abtrag  weisen,  wenn  öfter  .  .  .,  nach  Be- 
finden bestrafen"2). 

Die  erste  Verlegung  des  Termins  wird,  ist  sie  beizeiten  be- 
antragt, unbedenklich  gewährt;  die  zweite  nur,  wenn  der  Supplikant 
„gar  erhebliche  Ursache  anführt  und  genügend  bescheinet",  daß 
ihm  weder  persönlich  zu  erscheinen  noch  einen  bevollmächtigten 
Vertreter  zu  schicken  möglich  ist.  Erscheint  der  Beklagte  auch 
zum  dritten  Termin  nicht,  so  wird  trotzdem  verhandelt  und  er  „in 
die  Unkosten  verteilet".  Die  nun  vierte  Ladung  ergeht  an  ihn  sub 
poena  confessi  et  recogniti;  bleibt  er  auch  dann  noch  fort,  so  soll 
unerachtet  dessen  ,,uf  des  gehorsamen  Teils  Ansuchen  verfahren, 
die  Sache  summarie  cognosziert,  in  Schuldforderungen,  Brief  und 
Siegel  pro  recognitis  gehalten,  bei  vorhandenem  klarem  Beweis  ex 
actis  oder  glaubwĂĽrdigen  instrumentis  bald  executoriales  oder  ein 
gewisser  Bescheid  erteilt  werden"  3). 

Bleibt  der  Beklagte  fort,  ohne  ĂĽberhaupt  um  Verlegung  des 
Termins  eingekommen  zu  sein,  so  erfolgt  die  zweite  Ladung  „bei 
Strafe  Ungehorsams" ;  erscheint  er  auch  dann  nicht,  wird  er  des 
Ungehorsams  beschuldigt,  zu  den  Unkosten  verurteilt  und  zum 
dritten  Mal  sub  poena  confessi  bezw.  recogniti  geladen ;  bei  fernerem 
Ausbleiben  „ohne  Einwendung  rechtmäßiger  Ehehaften"  wird  gegen 
ihn  verfahren  wie  oben4). 

Bleibt  aber  der  Kläger  fort,  der  schon  an  den  ersten  Termin 
gebunden  ist,  so  soll  der  Beklagte  auf  Ansuchen  absolviert  und  der 
Kläger  zu  den  Unkosten  verurteilt  und  nicht  weiter  zugelassen 
werden,  er  habe  denn  dem  Beklagten  die  Gerichtskosten  auf  ge- 
richtliche moderation  abgestattet  und  caution  de  lite  prosequenda 
bestellt. 

Ist  der  Advokat  beim  Hofgericht  oder  den  Untergerichten  be- 
schäftigt und  deswegen  nicht  zu  erlangen,  so  gilt  dies  als  erhebliche 
Ursache  für  Vertagung  des  Termins  —  wenn  diese  8  Tage  zuvor 
beantragt  wird  — ,  aber  nur  für  einmal6). 


1)  B  1091  V  15.  2)  Ebenda  11.  3)  Ebenda   12  u.  13. 

4)  Ebenda  14.        5)  Ebenda  16. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  299 

Um  einer  Verlegung  aus  diesem  Grunde  vorzubeugen,  haben 
die  Parteien  stets  Namen  und  Beschäftigungsort  ihrer  Advokaten 
anzugeben:  auch  sollen  zu  den  Terminen  des  Hofgerichts  keine  Vor- 
beschiede  angesetzt  werden,  „wann  sonderlich  man  weiß,  daß  die 
Hofgerichts-Advokaten  den  Parteien  bedient  seien". 

Die  Kanzleiordnung  ist  darauf  bedacht,  daĂź  die  Par- 
teien bei  den  Vorbeschieden  angemessenes  Verhalten  beob- 
achten. Kanzler  und  Räte  sollen  dafür  sorgen,  daß  „alles 
mit  gebührender  Bescheidenheit  vorbracht  wird"  —  und 
sollen  „denen  die  mit  unhöflichen  und  unbescheidenen 
Worten  in  oder  vor  unserer  Ratstube  herausfahren  oder 
eine  öffentliche  ungegründete  Sache  haben  und  sich  doch 
nicht  weisen  lassen  wollen,  zur  Erhaltung  Unserer  FĂĽrst- 
lichen und  Regierungs  Reputation,  mit  Vorbehalt  verwirkter 
Strafe,  ernstliche  Verweisung  tun,  nötigenfalls  uns  an- 
zeigen" 1). 

In  eiligen  oder  geheimen  Sachen  mĂĽssen  auf  Nach- 
suchen Kanzler  und  Räte  besondere  Audienz  erteilen 2). 

„Wenn  wegen  eilender  oder  geheimer  Sachen,  die  wir 
an  Kanzler  und  Räte  weisen,  bei  ihnen  Gehör  gesucht  wird, 
sollen  sie  es  unweigerlich  gestatten,  das  FĂĽrbringen  fleiĂźig 
aufzeichnen,  nach  sattsamer  Deliberation  und  der  Sachen 
Beschaffenheit  bald  glimpflichen  Bescheid  erteilen  oder 
Uns  Relation  tun  und  Unsere  Resolution  holen."  — 

„Wenn  die  Parteien  in  Vorbeschieden  trotz  Fleiß  nicht 
gütlich  verglichen  noch  verabschiedet  werden  können,  so 
verfolgen  sie  ihre  Sache  im  gerichtlichen  ProzeĂź  weiter; 
die  Regierung  „weist  sie  zu  recht"." 

„Zu  Abwendung  vergeblicher  Unkosten"  stellt  sie 
ihnen  dann  noch  vor  der  Abreise  vom  Vorbeschied  die 
citationes  zu. 

Der  Termin  des  Prozesses  darf  „ohne  sonderbare  er- 
hebliche Ehehaften  durchaus  nicht  erstreckt  werden"  3). 


1)  B  1091   V   17.  2)   Ebenda  18.  3)   B  1091  VI  1. 


300  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

Die  prozessuale  Verhandlung  erfolgt  nach  MaĂźgabe 
der  Landesordnung  und  des  „bisher  üblichen  Hofbrauchs" 
oder  des  im  Vorbeschied  aufgerichteten  Kompromisses. 
Hiergegen  soll  die  Regierung  „keine  Neuerung  einführen 
lassen"  1). 

Das  Urteil  fällt  die  Juristenfakultät  oder  der  Schöppen- 
stuhl  der  Universität  Jena  —  wohin,  wenn  keine  erheb- 
lichen Ursachen,  die  Rechtsprechung  zu  verweigern,  oder 
andere  Unordnung  es  hindert  (damit  die  Sache  schleunig 
erörtert  wird),  die  Akten  verschickt  werden  sollen,  „sobald 
die  Parteien  nur  zum  Urteil  beschlossen"  2). 

Ist  das  Urteil  gesprochen,  so  hat  die  Regierung  die 
Akten  „unsäumlich"  wieder  abzuholen  und  die  Parteien  zu 
seiner  Bekanntgabe  zu  laden 3). 

Der  FĂĽrsten  Augenmerk  ist  besonders  darauf  gerichtet, 
daß  das  Gericht  schnell  arbeite,  aber  nicht  unnötig  belastet 
werde.  So  soll  durch  eine  neue  ProzeĂź-  und  Gerichts- 
ordnung, fĂĽr  die  dem  Herzog  einen  Entwurf  einzureichen 
alle  Mitglieder  des  Regierungskollegiums  aufgefordet  werden, 
eine  Abkürzung  der  Prozesse  bewirkt  und,  „wer  dennoch 
zu  prozessieren  Lust  haben  sollte,  mit  allerhand  Abgaben" 
belegt  werden4). 

Hofgericht.  Gerichtsstätte  für  alle  im  Fürstentum 
Weimar  ansässigen  oder  begüterten  Lehensleute  des  Herzogs 
von  Sachsen- Weimar,  wie  für  alle  in-  und  ausländischen 
Mitbelehnten ;  für  Städte  (für  Gemeinde  und  Räte  in  allen,  für 
einzelne  BĂĽrger  in  Lehenssachen),  fĂĽr  Geistliche  in  Streit- 
sachen um  ihre  privaten  GĂĽter;  fĂĽr  Amtleute,  fĂĽr  die 
FĂĽrstlichen  Herrschaften  in  Kammersachen,  endlich  fĂĽr  alle 
kanzlei-sässigen  Grafen,  Freiherren,  Ritter  und  Edelleute, 
wie  für  alle  Stadträte  und  Richter,  die  keinem  Amt  unter- 


1)  B  1091  VI  2.        2)  Ebenda  3.        3)  Ebenda  4.       4)  Regle- 
ment von  Ernst  August,  1734,  Februar.    B  1123  No.  8. 


in  Sachsen- Weimar  bis  1743.  301 

stehen  —  für  alle  diese  ist  das  1566  errichtete  Hofgericht 
zuständige  Gerichtsstätte  *■). 

FĂĽr  alle  anderen  Edelleute,  BĂĽrger  und  Bauern  ist  es 
erst  zweite  Instanz,  an  die  sie  in  Fällen  der  Rechts- 
verweigerung, wie  gegen  parteiische  oder  sonst  beschwer- 
liche Urteile  ihrer  erstinstanzlichen  Gerichte  binnen  10  Tagen 
nach  erfolgtem  Spruch  und  in  Sachen  von  mindestens  60  fl. 
Wert  zu  appellieren  berechtigt  sind. 

Ăśberhaupt  sind  am  Hofgericht  bĂĽrgerliche  Streitsachen 
nur  von  60  fl.  Wert  an  aufwärts  zulässig,  sofern  sie  nicht 
„Obrigkeit,  Gerechtigkeit,  persönliche  und  Feld-Dienstbar- 
keit, ewige  unablösliche  Güld,  Zins  und  Nutzung  u.  a.  dergl. 
belangen"  —  diese  Sachen  gehören  vor  die  Regierung  und 
sind  nötigenfalls  vom  Hofgericht  an  diese  zu  weisen. 

Die  Stellung  der  Regierung  gegenĂĽber  den 
Untergerichten  wird  gekennzeichnet  durch  die  Bestimmung, 
daĂź  sie 

1)  in  ihre  Verhandlungen  nicht  eingreife, 

2)  für  die  ordnungsgemäße  Führung  der  Verhandlungen 
und 

3)  für  die  Vollstreckung  der  gefällten  Urteile  Sorge 
trage : 

1)  „Den  Untergerichten  erster  Instanz  sollen  sie  (Kanzler 
und  Räte)  ordentlichen  Lauf  lassen,  die  Sachen  nicht  in 
die  Regierung  ziehen  ....  vielmehr  die  Parteien,  die  ĂĽber- 
mĂĽtig oder  mutwillig  die  ordentliche  Obrigkeit  ĂĽbergehen, 
an  dieselbe  wieder  weisen,  im  übrigen  sie  gar  nicht  hören 
noch  ihre  Briefe  annehmen"  2). 

Doch  kann  sie  in  Ausnahmefällen  besondere  Gerichts- 
kommissionen einsetzen,  auch  nach  Bedarf  Visitationen  an- 
ordnen.    Solche  Ausnahmefälle  sind : 

,,a)  wenn  denegata  vel  protracta  justitia  gebĂĽhrlich 
bescheinet  wĂĽrde, 


1)  Schmidt  IV,   S.  484  ff.,  Kap.  XVII/XVIII.     (Hofgerichts- 
ordnung von  1653).        2)  B  1091  II  13. 

XXVIII.  20 


302  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

b)  wenn  der  Unterrichter  zugleich  Partei  und  Richter, 

c)  oder  dem  einen  Part  mit  Blutfreundschaft  oder  sonst 
anverwandt, 

oder  d)  sich  der  Richter  der  Sachen  teilhaftig  und 
dieselben  gleichsam  sein  eigen   macht, 

e)  seinen  Affekten  allzusehr  nachhängt,  übel  verfährt, 
empfangene  Befehle  und  Warnungen  nichts  achtet, 

f)  zu  hitzig  und  eilfertig,  ohne  genĂĽgende  Erkundigung 
und  Erkenntnis  der  Sachen  eine  Partei  ĂĽbereilt  oder  den 
Prozeß  ab  executione  anfängt, 

g)  eine  Partei  aus  Haß  und  Neid  geschmäht  hat  und  in 
solch  oder  anderen  schweren  bĂĽrgerlichen  Sachen  mit  ihr 
in  ProzeĂź  geraten  ist,  oder 

h)  sonst  in  Rechten  gegrĂĽndeten  Verdacht  auf  sich 
geladen  hat,  wenn  er 

i)  die  Sache  wegen  ihrer  besonderen  Wichtigkeit  nicht 
entscheiden  oder  zu  einem  kostbaren  ProzeĂź  gedeihen  lassen 
möchte,  oder 

k)  ganz  keine  Folge  bei  den  Parteien  hätte." 

In  allen  diesen  Fällen  sollen  jedoch  „die  Sachen  nicht 
ganz  von  ihm  abgefordert  und  anderen  aufgetragen  werden, 
sondern  ihm  eine  oder  mehr  Personen,  bestallten  Sachen 
nach,  zugeordnet  werden". 

Ăśber  Visitation  der  Untergerichte  sagt  II  13  SchluĂź: 
„Und  wollen  Wir  Uns  jedesmal  auf  Bedarf,  nach 
Befindung,  in  den  Untergerichten  sonderbare  Visitation 
uf  des  ungerechten  Teils  Unkosten  hiemit  vorbehalten 
haben." 

2)  Für  ordnungsgemäße  Führung  der  Verhandlung  sorgt 
a)  die  Festsetzung  einer  bestimmten  Frist.  „Verspüren  sie 
aber  iustitiam  et  favorem  causae,  sollen  sie  ein  monitorium 
oder  excitatorium  erteilen  dĂĽrfen:  daĂź  dem  Unterrichter 
eine  gewisse  Zeit  nach  Gelegenheit  der  Sache  bestimmt 
werde,  binnen  welcher   er  dieselbe    erörtern,    oder   in  Ver- 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  303 

bleibung  dessen,  auf  Supplikant  ferneres  Ansuchen  der 
Avokation  gewärtig  sein  solle"  *)  —  und 

b)  die  Verordnung,  daĂź  in  der  Regel  keine  Kommis- 
sionen eingerichtet  werden  sollen,  „um  Steckenbleiben  zu 
verhĂĽten"  2). 

3)  Die  Regierung  hat  die  Urteile  der  Untergerichte  zu 
revidieren,  sie  den  Verurteilten  gegenĂĽber  zu  vertreten,  da- 
durch die  Autorität  der  Gerichte  zu  stärken  und  die  Voll- 
streckung der  Urteile  zu  befördern.  Sollte  aber  der  Unter- 
richter sich  einen  VerstoĂź  gegen  die  ProzeĂźordnung  zu 
schulden  kommen  lassen  oder  die  Strafen  zu  hoch  be- 
messen, so  ist  die  Regierung  angehalten  einzugreifen  und 
vom  Unterrichter  Bericht  einzufordern  bezw.  den  Anträgen 
auf  Milderung  der  Urteile  stattzugeben  3). 

Die  Jurisdiktion  der  Regierung  darf  nicht 
umgangen  werden.  Die  Verordnungen  von  1710  sagen  der 
Regierung  „nachdrücklich"  Schutz  zu:  „daß  niemand,  wer 
der  auch  sei,  insoweit  der  Handel  nicht  vor  die  geist- 
lichen oder  andere  Gerichte  gehört,  in  Justizsachen  Unserer 
Regierung  Jurisdiktion  sich  entziehen  oder  selbige  eludieren 
kann"  4). 

Durch  mancherlei  Bestimmungen  wird  ihr  die  Herr- 
schaft im  Gericht  gesichert. 

Eine  erste  Entscheidung  aller  bürgerlichen  Rechtsfälle 
bedeutet  schon  die  Bestimmung,  daĂź  nur  in  guten  Sachen 
die  Advokaten  den  Parteien  bedient  sein  sollen 5),  da  ja 
nur  die  Hofadvokaten  bei  den  weimarischen  Gerichten  zu- 
gelassen sind,  und  da  die  Parteien  in  der  Regel  ihre  Sache 
durch  Advokaten  fĂĽhren. 

Gegen  die  richterliche  Entscheidung  der  Juristen- 
fakultät Jena  ist  Protest  zulässig  und  wird  anerkannt. 
Aber  in  solchem  Falle  hat  die  Regierung  doch  den  Ausfall 


1)B]091II13.     2)  Ebenda  14.      3)  Ebenda  15.     4)B666No.  1. 
5)  B  1091  XXII  3. 

20» 


304  Die  Entwicklung  der  Zentralverwaltung 

des  letzten  Urteils  bis  zu  einem  gewissen  Grade  in  der 
Hand,  indem  sie  den  unparteiischen  Ort,  an  dem  nunmehr 
die  Akten  „versprochen"  werden,  ohne  Wissen  der  Parteien 
auszuwählen  hat1). 

Gegen  Regierungsdekrete,  die  ein  gütliches  Verhör  ab- 
schlieĂźen, ist  eine  einmalige  Klage  gestattet,  die  den  Zweck 
hat,  die  streitige  Sache  noch  ein  zweites  Mal  zu  verhandeln 
—  zu  „leutern"2).  Der  Supplikant  hat  dann  binnen  10  Tagen 
die  mit  seinem  und  seines  Advokaten  vollen  Namen  unter- 
schriebenen gravamina  einzureichen.  Die  Regierung  ent- 
scheidet, ob  wieder  in  mĂĽndlichem  Vorbeschied  oder  durch 
Schriftenwechsel  der  Parteien  zu  verhandeln  ist.  Danach 
wird  vom  FĂĽrsten  oder  der  Regierung  das  Erkenntnis  ge- 
fällt. Gegen  diesen  Ausspruch  ist  dann  weiter  kein  Suspen- 
sivmittel,  Leuterung,  Oberleuterung  zulässig.  —  Bei  Ein- 
reichung der  Beschwerden  deponiert,  wenn  sie  als  zulässig 
erachtet  sind,  der  vermögende  Supplikant  50  fl.  oder  eine 
andere  von  der  Regierung  bestimmte  Summe  in  casum  succum- 
bentiae.  Erweist  sich,  daĂź  er  keine  iustam  causam  Htigandi 
hatte,  so  verfällt  das  Geld,  dazu  muß  er  die  Unkosten 
tragen;  auch  kann  er  neben  dem  Advokaten  in  weitere 
willkürliche  Geldbuße,  bei  Unvermögenheit  in  Gefängnis- 
strafe „verteilet"  werden.  Diese  Leuterung3)  ist  1619  auf 
Ansuchen  der  Landschaft  gegen  Hinterlegung  von  50  fl. 
„vergönnt"  und  durch  die  Kanzleiordnung  von  1642  be- 
stätigt worden. 

Ein  Suspen sivmittel  gegen  Regierungsabschiede  da- 
gegen ist  im  gesamten  Hause  Sachsen  nie  verstattet4). 

Von  der  Regierung  darf  nicht  an  den  FĂĽrsten  Be- 
rufung eingelegt  werden,  „quippe  quod  eius  nomine  iudi- 
cat"  5).  Nur  „mittels  remedii  supplicationis  vel  revisionis" 
darf  —  nach  Reichsgesetzen   —    „ad  Serenissimum    rekur- 


1)  B  1091  VI  4.      2)  B  1091  V  10.      3)  B  1566.      4)  B  1566. 
b)  B  1129  g. 


in  Sachsen-Weimar  bis  1743.  305 

rieren,  wer  sich  durch  die  Regierung  beschwert  glaubt"  1). 
Alsdann  hat  diese  die  Sache  mit  ausführlichem  „stand- 
haftem" Bericht  und  Einsendung  der  Akten  ad  Serenis- 
simum  zu  referieren,  „damit  dieser  sie  in  anderwärtige 
tĂĽchtige  Einsicht  nehmen  lassen  oder  aber  ad  extraneos 
impartiales  möge  verschicken  können". 

Die  Autorität  der  Regierung  soll  also  gestärkt,  einer 
etwaigen  WillkĂĽr  ihrer  Beamten  aber  durch  die  Aussicht 
auf  eine  mögliche  Revision  gesteuert,  auch  durch  den 
Rechtsgang  besondere  Gnadenbezeigungen  des  FĂĽrsten  nicht 
ausgeschlossen   werden. 

Durch  alle  Stufen  gerichtlichen  Streites  sind  die  FĂĽrsten 
darauf  bedacht,  ihrer  Untertanen  friedliches  Einvernehmen 
zu  erhalten:  auch  wenn  „durch  rechtmäßige  Appellation 
eine  Sache  an  Unserm  Hof  anhängig  gemacht  ist",  wenn 
also  zumindest  die  eine  Partei  ihre  Sache  mit  großer  Zähig- 
keit verfolgt,  auch  dann  noch  „sollen  Kanzler  und  Räte 
die  Parteien  zu  Güte  und  Recht  zitieren  und  zuvörderst 
sie  in  GĂĽte  auseinanderzusetzen  sich  befleiĂźigen"  2). 


1)  B  1129  g  und  B  1124.  2)  B  1091  VI  5. 

(Fortsetzung  folgt.) 


VII. 

Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen  im 
Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645. 

Von 

Lic.  Fr.  Waas,   Pfarrer  in  Waldmichelbach  (Odenwald) 

(Fortsetzung.) 


IV.  Die  Kirchenvisitation. 

1.  Der  Beginn  der  Visitation.     Die  Instruktion. 

Nachdem  die  Schulvisitation  im  Amt  Gotha  beendigt 
und  während  sie  in  den  meisten  übrigen  Bezirken  des 
Landes  in  vollem  Gange  war,  begann  Ernst  nun  auch  mit 
der  DurchfĂĽhrung  seines  eigentlichen  Vorhabens,  der 
Kirchenvisitation.  Bei  der  Visitation  der  Schulen  hatte 
man  die  gĂĽnstige  Gelegenheit  wahrgenommen,  wo  sich  die 
meisten  Bewohner  der  Gotha  benachbarten  Dörfer  in  der 
Stadt  aufhielten;  jetzt  glaubte  man  diese  Gelegenheit,  ehe 
sie  vorĂĽberging,  auch  zur  Erforschung  der  kirchlichen  Ver- 
hältnisse benutzen  zu  müssen.  Zunächst  kam  es  darauf 
an,  die  richtigen  Männer  zur  Durchführung  der  Visitation 
zu  gewinnen.  Ernst  berief  deshalb  am  10.  November  1641 
die  Mitglieder  des  Konsistoriums  zusammen  und  legte 
ihnen  die  Frage  vor,  „ob  nicht  bei  jetziger  Zeit  die  Visi- 
tation der  Kirchen,  zumal  in  hiesiger  Stadt,  Amt  Gotha 
und  benachbarten  Ämtern  ins  Werk  gesetzt  werden  könnte". 
Zugleich  schlug  er  als  Visitatoren  von  geistlicher  Seite 
Glass  und  Brunchorst,  von  weltlicher  Johann  Michael 
S  trau ss  vor.  Die  Vorschläge  fanden  allerseits  begeisterte 
Zustimmung,    als    vierten    Visitator    nannte   man,    „da    man 


Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen  etc.  307 

D.  Brückners  nicht  mächtig  sein  könnte",  D.  Schrickel, 
Hof-  und  Konsistorialrat  zu  Eisenach  und  den  Kammer- 
junker Hans  Caspar  von  Miltitz  auf  Gutmannshausen1). 
Ernst  erwiderte  darauf,  Schrickel  stehe  in  Herzog  Albrechts 
Diensten  und  könne  jetzt  wohl  nicht  abkommen,  da  „occupa- 
tiones  bellicae  et  politicae  obhanden"  ;  auch  möchte  es  in 
Weimar  unangenehme  Gedanken  erwecken,  wenn  man 
niemand  von  dort  begehre.  Es  wurde  daher  Miltitz  ein- 
stimmig zum  Mitglied  der  Visitationskommission  bestimmt. 
Eine  Instruktion  fĂĽr  die  Visitatoren  war  schon  vorher  auf- 
gesetzt worden;  jetzt  wurde  sie  vorgelesen  und  ohne  viele 
Anstände  genehmigt,  zugleich  wurden  auch  noch  weitere 
BeschlĂĽsse  ĂĽber  Zeit,  Ort  und  Art  der  DurchfĂĽhrung  der 
Visitation  gefaĂźt  2). 

Der  Beginn  der  Visitation  lieĂź  denn  auch  nicht  mehr 
lange  auf  sich  warten.  Bereits  zwei  Tage  später,  am  12.  No- 
vember, erging  ein  gedrucktes  Ausschreiben  an  den  Adel, 
die  Obrigkeit  und  die  Pfarrer,  in  dem  der  Herzog  erklärt, 
er  sei  entschlossen,  nunmehr  mit  der  Hauptvisitation  in 
seinen  Landen  einen  Anfang  zu  machen,  und  seine  Unter- 
tanen auffordert,  der  an  sie  ergehenden  Vorladung,  sowie 
allen  sonstigen  Anordnungen  gehorsamst  Folge  zu  leisten  3). 
Am  Tage  darauf  wurde  sodann  den  Visitatoren  die  Instruk- 
tion mit  der  Aufforderung  zugesandt,  unverzĂĽglich  mit  der 
Visitation  zu  beginnen4). 


1)  S.  oben  Bd.  XXVII,  S.  400. 

2)  S.  die  Akten  in  Loc.  19,  No.  12. 

3)  Das  Ausschreiben  vom  12.  Nov.  1641  hat  mir  in  2  Exem- 
plaren vorgelegen:  eins  im  Goth.  Haus-  u.  Staatsarchiv  KK  7,  No.  5, 
das  andere  im  Konsistorialarchiv  Loc.  18,  No.  2.  Das  erste  Exemplar 
hat  die  Adresse:  an  Andreas  Wex,  Schösser  zu  Tenneberg,  das  andere: 
an  den  Pfarrer  zu  Geschwenda. 

4)  Die  Instruktion  hat  mir  ebenfalls  in  2  Exemplaren  vor- 
gelegen, das  eine  aus  dem  Kons.-Arch.  Loc.  18,  No.  2a,  das  andere 
aus  dem  Ephoralarehiv  zu  Waltershausen  Loc.  III a,  No.  1. 
Das  letztere  Exemplar  (W)  ist  unvollständig,  es  bricht  bei  den 
Fragen  an  die  Gemeinde  Kap.  12,  Fr.  20  ab.    AuĂźerdem  fehlen  in 


308  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

Diese  Instruktion  regelt  aufs  genaueste  den  ganzen 
Hergang  bei  der  Visitation.  Sie  umfaĂźt  in  dem  Exemplar 
des  Konsistorialarchivs  zu  Gotha  52  Folioseiten  und  enthält : 

1)  Bestimmungen  darĂĽber,  was  vor  der  Visitation  zu 
geschehen  hat:  9  Punkte,  betreffend  den  Ort  der  Visita- 
tion, die  Personen,  die  erscheinen  sollen  und  die  Schrift- 
stĂĽcke, die  sie  mitzubringen  haben. 

2)  Bestimmungen  ĂĽber  die  Visitation  selbst: 

a)  die  Befragung  des  Pfarrers  ĂĽber  seine  Personalien 
und  die  mit  ihm  anzustellende  Prüfung  („Conferenz"); 

b)  Artikel,  worauf  die  Pfarrer,  Diaconi  und  alle 
Kirchendiener  befragt  werden  sollen:  20  Kapitel  mit  zu- 
sammen 93  Fragen ;  auĂźerdem  einige  Anweisungen  darĂĽber, 
wie  die  Pfarrer  ihr  Studium  einzurichten  haben; 

c)  Artikel,  worauf  die  Eingepfarrten  zu  befragen : 
14  Kapitel  mit  zusammen  222  Fragen,  auĂźerdem  An- 
weisungen fĂĽr  das  Katechismusexamen  der  Gemeinde. 

3)  Bestimmungen  darĂĽber,  was  nach  der  Visitation 
zu  geschehen  hat:   17  Punkte. 

Sehen  wir  uns  nun  die  Bestimmungen  der  Instruktion 
etwas  genauer  an!  Was  zunächst  den  Ort  der  Visi- 
tation betrifft,  so  fällt  uns  auf,  daß  diese  nicht  in  den 
einzelnen  Dörfern,  sondern  in  den  Städten  Gotha,  Walters- 
hausen, Königsberg  und  Ichtershausen  gehalten  werden 
soll.  Nun  war  es  ja  allerdings  in  der  Reformationszeit  der 
allgemein  ĂĽbliche  Brauch,  die  zu  visitierenden  Pfarrer, 
Schulmeister  und  Gemeindeglieder  in  die  Städte  zu  zitieren 
und  dort  zu  befragen.  Noch  1555  wurde  in  Kursachsen 
die  Visitation  in  dieser  Weise  vorgenommen  *).  Indessen 
kam  es  doch  im  17.  Jahrhundert  mehr  und  mehr  auf,  die 
einzelnen  Orte    selbst   zu    besuchen   und  eine  Besichtigung 


W  einige  Fragen,  auch  finden  sich  Unterschiede  in  der  Numerierung. 
—  Das  Original  des  Begleitschr.  zur  Instruktion  vom  13.  Nov.  1641 
findet  sich  in  Loc.  18,  No.  2,  ein  Konzept  dazu  in  Loc.  19,  No.  12. 
1)  Schmidt,  Die  Visitation  des  Kurkreises  1555,  S.  10. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  309 

der  Kirchen,  Pfarr-  und  Schulhäuser  mit  der  Visitation  zu 
verbinden.  Auch  Johann  Gerhard,  dessen  Visitation  von 
1613  die  direkte  Vorgängerin  der  unsrigen  war  und  un- 
gefähr dieselben  Gebiete  umfaßte  wie  sie,  ist  mit  seinen 
Visitatoren  von  Ort  zu  Ort  gezogen *).  Wenn  man  jetzt 
trotzdem  den  neuen  Brauch  verlieĂź  und  wieder  auf  den 
alten  zurückgriff,  so  geschah  dies  nicht  aus  Trägheit  oder 
GleichgĂĽltigkeit,  sondern  nur  aus  RĂĽcksicht  auf  die  gegen- 
wärtige Kriegslage.  Befanden  sich  doch  die  meisten  Be- 
wohner des  Landes  gerade  in  den  Städten  und  war  es 
„bei  solcher  gleichsam  von  göttlicher  Allmacht  selbst  ge- 
schehenen Zusammenforderung"  entschieden  das  Geratenste, 
die  Visitation  jetzt  in  der  Stadt  vorzunehmen.  DaĂź  eine 
Besichtigung  der  kirchlichen  Gebäude  gerade  in  der 
jetzigen  Zeit  sehr  notwendig  war,  blieb  den  Visitatoren 
nicht  verborgen;  und  als  bald  nach  Beginn  der  Visitation 
von  Seiten  einiger  Pfarrer  der  Wunsch  geäußert  wurde, 
diese  möge  doch  auf  dem  Lande  abgehalten  werden,  er- 
widerten die  Visitatoren,  dies  sei  bei  den  jetzigen  Kriegs- 
unruhen leider  unmöglich,  sie  stellten  aber  eine  Besich- 
tigung der  Kirchen-  und  Schulgebäude  für  später  in 
Aussicht. 

Ăśber  den  Hergang  bei  der  Visitation  trifft  die  In- 
struktion sodann,  in  teilweisem  AnschluĂź  an  die  Kasimiria- 
nische  Kirchenordnung,  folgende  Bestimmungen.  Zunächst 
sollen  die  Pfarrer  einen  kurzen  schriftlichen  Bericht  ĂĽber 
vier  Punkte  abfassen  und  auĂźer  diesem  Bericht  zur  Visi- 
tation auch  ihre  KirchenbĂĽcher,  alle  Verzeichnisse  und  Ur- 
kunden über  das  Kirchenvermögen ,  die  Konzepte  der 
Predigten,  die  sie  im  letzten  halben  Jahre  gehalten  haben, 
sowie  die  Bescheinigungen  ĂĽber  ihre  Vokation,  Konfirma- 
tion und  Ordination  mitbringen.  Die  eigentliche  Visi- 
tation beginnt  sodann  damit,    daĂź  der  Pfarrer  ĂĽber  seine 


1)  Berbig,  Job..  Gerhards  Visitationswerk,  S.  7  ff.  —  Auch  die 
hessische  Visitation  von  1628  befolgte  den  neueren  Modus.  Vgl. 
Diehl,  Gesch.  des  Gottesdienstes,  S.  8  ff. 


310  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

Personalien,  seinen  Studiengang  und  seine  seitherige  Tätig- 
keit im  Pfarrdienst  ausgefragt  wird,  dann  folgt  die  „Con- 
ferenz",  das  Examen.  Dieses  Examen  soll  sich,  wie  in  der 
Instruktion  genau  vorgeschrieben  wird,  auf  die  heilige  Schrift, 
die  Loci  theologici  und  die  symbolischen  BĂĽcher,  die 
griechische  und  hebräische  Sprache,  sowie  auf  die  An- 
wendung der  Schrift  „in  praxi  officii  ecclesiastici"  be- 
ziehen. Im  weiteren  haben  die  Visitatoren  den  Pfarrer 
ĂĽber  bestimmte  Punkte  zu  befragen,  dann  folgt  das  Kate- 
chismusexamen der  Gemeinde,  fĂĽr  das  die  Instruktion  be- 
stimmte Anweisungen  gibt,  zuletzt  kommt  das  Verhör  des 
Ausschusses  der  Gemeinde.  Den  dargestellten  Verlauf 
nahm  die  Visitation  fast  ausnahmslos  bei  allen  Orten,  nur 
daĂź  die  Reihenfolge  der  einzelnen  Akte  nicht  immer  die 
gleiche  war  und  daß  die  „Conferenz"  einigen  wenigen 
Pfarrern  erlassen  wurde. 

Die  Instruktion  ist  ihrem  Inhalt  und  ihrer  Form  nach 
abhängig  von  der  Kasimirianischen  Kirchenordnung,  diese 
aber  baut  sich  wiederum  auf  der  Ordnung  des  KurfĂĽrsten 
August  von  Sachsen  von  1580  und  der  Visitationsinstruktion 
Johann  Gerhards  von  1613  auf1).  Namentlich  die  Fragen 
zeigen  eine  weitgehende  Verwandtschaft  mit  ihren  Vor- 
gängern, vor  allem  mit  der  Casimiriana.  So  sind  die  Fragen  an 
den  AusschuĂź  der  Gemeinde  nur  als  eine  Erweiterung 
der  in  der  Coburgischen  (Kasimirianischen)  Kirchenordnung 
befindlichen  zu  bezeichnen.  Die  90  Fragen  dieser  Ordnung 
kehren  bis  auf  die  5  Fragen  des  Artikels  „von  Schulen",  die 


1)  Vgl.  Loc.  19,  No.  13,  sowie  Ăźerbig,  Das  Vis.-Werk  Johann 
Gerhards.  —  Die  Eisenachische  Visitation  von  1613,  deren  Be- 
stimmungen denen  der  gleichzeitigen  Coburg-Gothaischen  sehr  ver- 
wandt sind,  kann  hier  außer  Betracht  bleiben.  —  Zu  beachten  ist, 
daĂź  die  beiden  genannten  Kirchenordnungen  Anweisungen  fĂĽr  die 
jährlich  zu  wiederholenden ,  durch  die  Superintendenten  zu  ver- 
richtenden Spezial- Visitationen  geben,  während  nur  1613  eine  der 
unserigen  parallele,  von  der  Zentralstelle  ausgehende  General- 
Visitation  vorliegt. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  311 

infolge  der  Schulvisitation  ĂĽberflĂĽssig  geworden  waren  *â– )  und 
3  andere  vollständig  in  der  Instruktion  wieder ;  nur  enthält 
diese  noch  auĂźerdem  eine  groĂźe  Menge  von  Fragen,  die 
über  die  Casimiriania  hinausgehen.  Während  in  der  Kirchen- 
ordnung nur  vorgesehen  ist,  daß  der  Pfarrer  über  „Leben 
und  Wandel  seiner  anvertrauten  Zuhörer"  befragt  wird, 
und  während  der  Ausschuß  der  Gemeinde  dort  mit  diesen 
Dingen  verschont  bleibt,  finden  wir  in  der  Instruktion  nicht 
weniger  als  8  Fragen  „von  der  Eingepfarrten  eigenem 
Hauswesen",  47  „von  Leben  und  Wandel  der  Mitnachbarn" 
und  26  „von  Obrigkeit  und  Gerichtspersonen".  Von  diesen 
Fragen  stammen  allerdings  eine  ganze  Anzahl  auch  aus 
der  Kirchenordnung,  sie  werden  dort  nur  dem  Pfarrer  vor- 
gelegt, andere  sind  denen  der  Kirchenordnung  inhaltlich 
parallel  oder  weitere  AusfĂĽhrungen  des  dort  Gesagten : 
eine  große  Anzahl  aber  stehen  ihr  völlig  selbständig 
gegenĂĽber;  sie  sind  durch  die  Zeitlage,  die  Unsicherheit, 
die  ständigen  Plünderungen,  Einquartierungen  und  Kon- 
tributionen, sowie  die  infolge  des  Krieges  einreiĂźende 
Sittenverderbnis  veranlaßt.  Viel  unabhängiger  von  der 
Casimiriana  sind  die  Fragen  an  den  Pfarrer,  und  das 
ist  auch  leicht  zu  begreifen,  da  man  hier  auf  die  Fragen 
der  „Praeparation"  Rücksicht  nehmen  mußte  und  Wieder- 
holungen möglichst  vermeiden  wollte.  Doch  ist  auch  hier 
die  Verwandtschaft  mit  der  Kirchenordnung  viel  größer  als 
bei  den  Präparationsfragen  2). 

Diese  Verwandschaft  mit  frĂĽheren  Ordnungen  schlieĂźt 
indessen    nicht    aus,    daĂź    die  Instruktion    ihnen  gegenĂĽber 

1)  In  den  Visitationsakten  (Loc.  19,  No.  24)  findet  sich  bei 
dem  Verhör  einiger  Bürger  der  Stadt  Gotha  vom  27.  März  1642  an 
genau  derselben  Stelle  wie  in  der  Casimiriania  ein  Artikel  „von 
Schulen",  der  12  Fragen  (gegenüber  5  der  K.-O.)  enthält.  Es  ist  auf- 
fallend, daĂź  dieser  Artikel  nur  an  dieser  einen  Stelle  vorkommt, 
während  er  bei  den  späteren  Verhören  Gothaischer  Bürger  (30.  u. 
31.  März  1642),  sowie  in  den  Vis.- Akten  vom  Lande  fehlt.  Auch 
in  W  ist  er  nicht  vorhanden. 

1)  Vgl.  oben  Bd.  XXVII,  S.  409-412. 


312  Die  General  Visitation  Ernsts  des  Frommen 

einen  Fortschritt  darstellt.  Ein  solcher  ist  vielmehr  deut- 
lich vorhanden,  und  wir  können  ihn  in  folgenden  Punkten 
feststellen : 

1)  Die  Anforderungen  an  die  wissenschaftliche 
Ausbildung  und  das  Studium  der  Pfarrer  werden  ge- 
steigert. Die  Kursächsische  Kirchenordnung  enthält 
keine  Frage,  die  sich  auf  die  wissenschaftliche  Arbeit  des 
Pfarrers  bezieht.  Aber  schon  die  Visitations-Instruktion 
von  1613  und  die  Casimiriana,  die  in  den  Fragen  beide 
völlig  übereinstimmen,  erkundigen  sich  nach  der  Lektüre 
der  Schrift,  der  symbolischen  BĂĽcher  und  der  Schriften 
Luthers,  nach  dem  Gebrauch  von  Kommentaren  und  Postillen, 
sowie  nach  der  Kenntnis  der  griechischen  und  hebräischen 
Sprache,  wobei  allerdings  nach  der  Kenntnis  der  Grund- 
sprachen in  erster  Linie  nur  bei  denen  gefragt  werden  soll, 
„welche  inkünftig  zu  vornehmen  Diensten  aspirieren".  Die 
Instruktion  von  1641  hebt  nun  nicht  nur  die  letztere  Be- 
schränkung auf,  sondern  sie  stellt  auch  noch  weitergehende 
Anforderungen  namentlich  an  die  Beschäftigung  der  Pfarrer 
mit  der  Heiligen  Schrift. 

2)  Um  diese  Anforderungen  auch  tatsächlich  durch- 
zufĂĽhren ,  gibt  die  Instruktion  deshalb  genaue  An- 
weisungen, wie  die  Pfarrer  ihr  Studium  einzurichten 
haben.  Bereits  die  Kirchenordnungen  betrachten  ja  die 
wissenschaftliche  Weiterbildung  als  Amtspflicht  des 
Pfarrers  1).  Sie  bestimmen  deshalb,  daĂź  die  Visitatoren  bei 
jeder  Visitation  den  Pfarrern  ein  bestimmtes  biblisches 
Buch  angeben  sollen,  das  diese  bis  zur  nächsten  Visitation 
fleiĂźig  zu  lesen  haben  und  aus  dem  sie  dann  examiniert 
werden.  Ahnlich  soll  auch  mit  den  Locis  theologicis  ver- 
fahren werden2).  Die  Instruktion  unterscheidet  sich  von 
diesen  Bestimmungen  dadurch,  daĂź  sie  fĂĽr  die  private  Be- 
schäftigung   der  Pfarrer    mit    theologischen  Studien  genaue 


1)  Vgl.  Drews,  Der   evangelische  Geistliche  in  der  deutschen 
Vergangenheit,  S.  37. 

2)  Kurf.  K.-O.  1618,  S.  232  f.    Cob.  K.-O.  1626,  S.  239. 


im  Herzogtum  Sachsen- Gotha  1641 — 1645.  313 

Einzelanweisungen  gibt.  Namentlich  fĂĽr  das  Schrift- 
studium wird  genaue  Anleitung  gegeben :  die  Pfarrer  sollen 
sich  den  Inhalt  jedes  Buchs  und  jedes  einzelnen  Kapitels 
genau  merken ,  sie  sollen  alle  denkwĂĽrdigen  SprĂĽche  in 
ein  „sonderbares  Enchiridion"  eintragen,  sie  sollen  sich 
alles  merken,  was  zur  Lehre,  Trost,  An-  und  Abmahnung 
dient  usw. 1).  Es  werden  auĂźerdem  eine  ganze  Reihe  von 
theologischen  Schriftstellern  genannt,  deren  Schriften 
zum  Studium  gebraucht  werden  sollen ;  auĂźer  Luther  werden 
nicht  weniger  als  22  Autoren  angefĂĽhrt,  die  fĂĽr  das  Stu- 
dium im  allgemeinen  in  Betracht  kommen,  3  werden  da- 
neben noch  als  Interpreten  und  7  als  Postillanten  em- 
pfohlen. Auch  die  Anweisungen  der  Instruktion  fĂĽr  die 
Predigt  gehen  weit  ĂĽber  das  hinaus,  was  die  Kirchen- 
ordnungen enthalten. 

3)  Bei  allen  diesen  Anweisungen  aber  tritt  die  Be- 
ziehung auf  die  Praxis  auf  das  deutlichste  bevor.  Die 
Pfarrer  sollen,  so  lesen  wir  in  der  Instruktion,  in  ihrem 
Studium  „alles  dahin  dirigieren,  daß  sie  nicht  allein  in  der 
Wissenschaft  der  nötigen  Glaubensartikel,  sondern  auch 
vornehmlich  in  der  Erkenntnis  des  Willens  Gottes,  nach 
demselben  die  Erbauung  in  Trost,  Ermahnung,  Warnung 
und  in  Summa  das  ganze  christliche  Leben  anzustellen, 
recht  informiert  werden  mögen".  Sie  sollen  dahin  trachten, 
daß,  was  sie  selbst  gefaßt,  auch  „bei  ihren  Zuhörern  zu 
notwendiger  Pflanzung  der  Kenntnis  unserer  alleinselig- 
machenden Religion  und  Ăśbung  des  Christentums  ange- 
wendet werden  möge".  Im  Examen  werden  die  Pfarrer 
danach  gefragt,  „wie  sie  in  praxi  ofticii  theologici  be- 
schlagen", wie  sie  die  „halsstarrigen  Sünder  zu  rechter  Er- 
kenntnis und  Reue  bringen,  wie  sie  die  erschrockenen  Ge- 
wissen   aus    Gottes  Wort  trösten,    was  für  Unterricht,    Rat 


1)  Vgl.  Kap.  I,  Fr.  2  der  Instruktion.  Die  Casimiriana  und 
die  Visitationsfragen  von  1613  haben  an  der  betreffenden  Stelle  nur 
die  Worte:  „Dazu  den  Unberichteten  Anleitung  zu  geben".  Die 
Instruktion  fĂĽgt  dagegen  eine  ausfĂĽhrliche  Anleitung  hinzu. 


314  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

und  Trost  sie  denen  geben,  die  sonderbare  geistliche  tenta- 
tiones  baben".  Beim  Studium  derScbrift  soll  besonders 
beachtet  werden,  „was  zur  Lehre,  Trost,  An-  und  Ab- 
mahnung darin  begriffen";  bei  den  Predigten  wird  vor 
allem  danach  gefragt,  ob  sie  sich  auch  „nach  Beschaffen- 
heit des  Orts,  der  Zeit  und  der  Zuhörer  Bequemlichkeit" 
richten,  „ob  auch  nur  solche  Sachen  vorgebracht  werden, 
die  erbaulich  und  auf  praxim  vitae  Christianae  gehen,  oder 
ob  zu  viel  in  theoria  et  explicatione  litterali  immoriert 
werde,  item  ob  auch  heterogenea,  als  viel  weltliche  Historien, 
Fabeln,  unnötige  Controversen,  Allegorien  und  viel  Latein 
und  dergleichen  immisciert  werde".  Auch  die  Gemeinde 
muĂź  darĂĽber  Auskunft  geben,  ob  die  Predigten  des  Pfarrers 
ihrem  praktischen  Zweck  entsprechen,  ob  der  Pfarrer  keine 
unnützen  Dinge  vorbringe,  ob  er  „fein  einfältig  predige  .  ., 
besonders  aber  ihnen  öffentlichen  Unterricht  gebe  von  jetzigen 
bösen  Zeiten  und  wie  sie  sich  dabei  christlich  zu  verhalten". 
Ă„hnliche  Bestimmungen  fehlen  ja  auch  in  den  Kirchen- 
ordnungen nicht  völlig,  aber  sie  treten  doch  bei  weitem 
nicht  so  in  den  Vordergrund  wie  in  der  Instruktion. 

4)  Mit  dieser  Betonung  der  Praxis  hängt  es  zusammen, 
daĂź  ihr  gegenĂĽber  die  reine  Lehre  mehr  zurĂĽck- 
tritt. Die  Augustinische  Kirchenordnung  fragt  gleich  zu 
Anfang  den  Pfarrer  aufs  genaueste  nach  seiner  Lehre ;  die 
Instruktion  Joh.  Gerhards  und  die  Casimiriana  bringen  die- 
selbe Frage  in  verkĂĽrzter,  aber  sachlich  nicht  verschiedener 
Form,  während  die  Instruktion  von  1641  die  Frage  nach 
der  Lehre  zwar  wörtlich  der  Casimiriana  entnimmt,  aber 
gleich  unter  derselben  Nummer  noch  hinzufügt:  „item  ob 
sie  solche  BĂĽcher  (die  vorher  genannten  symbolischen 
Schriften)  auch  haben  und  gelesen   haben1)?"      Wir  sehen 


1)  Die  Frage  der  Casimiriana  lautet :  „Ob  sie  der  reinen  Lehre, 
wie  dieselbe  aus  prophetischen  und  apostolischen  Schritten  in  den 
dreien  Haupt-  Symbolis,  in  der  ungeänderten  Augsburgischen  Con- 
fession,  eiusdem  Apologia,  Catechismis  Lutheri  und  den  Schmal- 
kaldischen  Artikeln  verfasset  und   im   Concordienbuch  wiederholet, 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  315 

hier  deutlich :  die  Gefahr  ist  nicht  die,  daĂź  die  Pfarrer 
einer  falschen  Lehre  zugetan  sind  —  ihre  Rechtgläubigkeit 
wird  vielmehr  als  etwas  fast  Selbstverständliches  voraus- 
gesetzt —  sondern  daß  sie  zu  wenig  von  der  Lehre  wissen 
und  sie  deshalb  nicht  recht  anwenden  können.  Aller- 
dings wird  die  reine  Lehre  nicht  als  etwas  Nebensächliches 
angesehen,  die  lutherische  Religion  wird  vielmehr  unzwei- 
deutig als  „allein  seligmachende"  bezeichnet  und  die  Ge- 
meindeglieder werden  danach  gefragt,  ob  der  Pfarrer  etwas 
öffentlich  gelehrt  habe,  was  dem  heiligen  Katechismus 
zuwider  sei;  trotzdem  aber  liegt  das  Hauptgewicht 
nicht  auf  der  Lehre.  Das  zeigt  sich  auch  bei  dem 
Examen  des  Pfarrers.  Dieses  ist  sowohl  in  der  Instruk- 
tion von  1613  wie  in  den  beiden  Kirchenordnungen  in 
erster  Linie  Lehrexamen.  Die  Instruktion  Johann  Gerhards 
gibt,  ĂĽbereinstimmend  mit  den  Bestimmungen  der  Kurf. 
K.-O.  ĂĽber  das  examen  ordinandorum  *),  27  Punkte  an, 
die  im  Examen  vorgenommen  werden  können  und  geht 
dabei  besonders  ausfĂĽhrlich  auf  die  strittigen  Punkte,  die 
Lehre  von  der  Person  Christi,  von  den  guten  Werken,  von 
den  Sakramenten  und  von  der  Prädestination,  ein.  Die 
Aufgabe  der  Visitatoren  bei  dem  Examen  besteht  nach 
beiden  Kirchenordnungen  darin,  daß  sie  „von  einem  jeden 
Pfarrer  und  Seelsorger  den  Grund  seines  Glaubens  und 
Bekenntnisses  eigentlich  erkundigen  und  so  lange  anhalten, 
bis  sie  seiner  Lehre  gewiĂź,  daĂź  sie  rein  sei  und  daĂź  der 
Kirchendiener  sie  in  allen  Artikeln  mit  genĂĽgsamen  Zeug- 
nissen und  Gründen  göttlicher  Schrift  bewähren  und  ver- 
treten könne".  Hier  steht  an  erster  Stelle  die  Frage  nach 
der  Reinheit    der  Lehre    und  erst  an  zweiter  folgt  die,   ob 


von  Herzen  zugetan,  auch  mit  Verleihung  göttlicher  Hilfe  bei  der- 
selben standhaftig  zu  bleiben  gedenken?"  Die  Form  der  Frage  in 
der  Instruktion  verändert  ihren  Sinn  völlig,  indem  jetzt  nicht  mehr 
auf  das  Bekenntnis  zur  lutherischen  Lehre,  sondern  auf  die  Kenntnis 
der  symbolischen  BrĂĽder  der  Hauptnachdruck  gelegt  wird. 
1)  Ausgabe  von  1618,  S.  91  ff. 


316  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

der  Pfarrer  diese  Lehre  auch  kenne  und  mit  biblischen 
GrĂĽnden  zu  verteidigen  wisse.  Die  Instruktion  dagegen 
setzt  die  Zustimmung  zur  Lehre  als  ziemlich  selbstver- 
ständlich voraus  und  erkundigt  sich  statt  dessen  nach  der 
Kenntnis  der  Lehre  und  nach  der  Anwendung  im 
praktischen  Amt. 

5)  Mit  diesem  Zurücktreten  der  reinen  Lehre  hängt 
zusammen,  daĂź  die  Schrift  gegenĂĽber  dem  Bekenntnis 
viel  stärker  betont  wird.  Für  das  Schrift  Studium  werden 
die  genauen  Anweisungen  gegeben,  nicht  fĂĽr  das  Studium 
der  Symbolischen  BĂĽcher.  Erst  sollen  die  Pfarrer,  so  heiĂźt 
es  in  der  Instruktion,  die  Schrift  lesen  und  dann  erst  sich 
bei  jedem  wichtigen  Spruch  ĂĽberlegen,  zu  welchem  Locus 
theologicus  er  zu  beziehen  sei. 

6)  Endlich  aber  ist  etwas  Neues  gegen  frĂĽher  das  mit 
der  Visitation  verbundene  allgemeine  Katechismus- 
Examen  der  Gemeinde.  Wohl  erfahren  wir  auch  frĂĽher 
hie  und  da  etwas  davon,  daĂź  man  bei  den  Visitationen 
einzelne  Leute  im  Katechismus  examiniert  habe.  Wir  hören, 
daĂź  man  1555  wenigstens  die  Vertreter  der  Gemeinde  ge- 
prüft hat1),  auch  1613  werden  hie  und  da  an  „besonders 
schwache  und  zweifelnde  Christen  Fragen  aus  dem  Kate- 
chismus" gerichtet2).  Doch  finden  wir  weder  in  der  Augusti- 
nischen  K.-O.  noch  in  der  Instruktion  von  1613  ein  all- 
gemeines mit  der  Visitation  verbundenes  Katechismus- 
Examen  der  Gemeinde  erwähnt,  und  auch  die  Casimiriana 
sagt  nur  in  einer  Anmerkung  zu  dem  Artikel  „vom  Cate- 
chismo" :  „Wenn  es  die  Zeit  leidet,  sollen  die  Visitatores 
etliche  von  den  Alten  und  Jungen,  sonderlich  auf  den  Dorf- 
schaften, im  Catechismo  hören  und  erkunden,  ob  sie  den 
rechten  Verstand  haben  von  christlicher  Lehre  und  Gott 
recht  anzurufen"  3).  Die  Instruktion  Ernsts  dagegen  ordnet 
ein  Katechismus-Examen    fĂĽr  alle  Gemeinden  an,    an  dem 


1)  Schmidt,  Die  Visitation  im  sächsischen  Kurkreis,  S.  12. 

2)  Berbig,  Joh.  Gerhards  Visitationswerk,  S.  9. 

3)  Cob.  K.-O.  S.  248.   Vgl.  Bohne,  Das  Informationswerk  S.  16. 


im  Herzogtum  Sachsen -Gotha  1641 — 1645.  317 

alle  Gemeindeglieder  teilzunehmen  haben1),  und  das  sich 
nicht  nur  auf  die  Worte,  sondern  auch  auf  den  „Verstand" 
bezieht ;  sie  gibt  bestimmte  Fragen  an,  die  den  Visitatoren 
zur  Anleitung  bei  diesem  Examen  dienen  sollen.  Es  sind 
dies  19  Fragen  im  AnschluĂź  an  die  HauptstĂĽcke  des  Kate- 
chismus, die  eine  Dogmatik  in  nuce  enthalten.  Die  Fragen 
stehen  dabei  durchaus  unter  dem  Gesichtspunkt  der  „Selig- 
keit" ;  es  soll  erforscht  werden,  ob  die  Gemeindeglieder  das 
rechte  Verständnis  der  zur  Seligkeit  notwendigen  Glaubens- 
artikel haben.  Deshalb  steht  die  Lehre  von  der  SĂĽnde 
und  der  Erlösung,  von  der  Person  und  dem  Werk  Christi 
im  Mittelpunkt  der  Fragen,  da  dies  die  fundamentalen 
Artikel  sind,  deren  genaue  Kenntnis  (cognitio  explicita) 
nach  altprotestantischer  Lehre  notwendig  ist,  damit  aus 
dieser  Kenntnis  der  wahre  seligmachende  Glaube  erwachse. 
Es  tritt  somit  auch  hier  die  Beziehung  auf  die  Praxis 
des  christlichen  Lebens  deutlich  hervor.  Die  Unterscheidung 
zwischen  fundamentalen  und  nicht-fundamentalen  Artikeln 
wird  nicht  verwischt,  wie  es  sonst  häufig  in  der  Orthodoxie 
zu  Ungunsten  der  nicht-fundamentalen  zu  geschehen  pflegte ; 
es  zeigt  sich  vielmehr  ein  deutliches  BewuĂźtsein  davon, 
daĂź  der  Artikel  von  der  Rechtfertigung  des  SĂĽnders  vor 
Gott  der  Hauptartikel  des  christlichen  Glaubens  ist,  dem 
gegenĂĽber  alle  anderen  Artikel  nur  abgeleitete  und  darum 
untergeordnete  Bedeutung  haben.  — 

Die  Instruktion  wurde  den  Visitatoren  am  13.  No- 
vember zugestellt,  und  diese  begannen  sofort,  die  nötigen 
Vorbereitungen  zu  treffen.  Der  Beginn  der  Visitation  war 
zuerst  auf  Dienstag,  den  16.  festgesetzt  worden;  dieser 
Termin  erwies  sich  indessen  als  zu  kurz  angerannt,  und 
man  entschloĂź  sich  deshalb,  erst  am  18.  zu  beginnen 2). 
Den  Pfarrern  des  Amtes  Gotha,    den  Einwohnern  der  ver- 


1)  Ein  allgemeines  Katechismus-Examen  haben  wir  auch  bei 
der  hessischen  Visitation  von  1628.  Vgl.  Diehl,  Geschichte  des 
Gottesdienstes,  S.  16. 

2)  Vergl.  das  Konzept  zu  dem  Ladungsschreiben  an  die  Pfarrer 
in  Loc.  18,  No.  2  mit  der  späteren  Form  desselben  in  Loc.  19,  No.  24. 

XXVIII.  21 


318  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

schiedenen  Ortschaften  und  dem  Amtsverwalter  Joh.  Breit- 
haupt wurden  fĂĽrstliche  Schreiben  zugestellt,  die  ihnen  den 
Beginn  der  Visitation  ankĂĽndigten  und  sie  auf  bestimmte 
Termine  in  das  Augustinerkloster  nach  Gotha  luden.  Am 
18.  wurde  denn  auch  tatsächlich  begonnen.  Die  Gemeinde 
Friemar  machte  den  Anfang.  Zunächst  wurde  der  Pfarrer 
Michael  Ritter  ĂĽber  seine  Personalien  und  einen  Teil  der 
Visitationspunkte  befragt,  dann  folgte  die  „Conferenz". 
Am  nächsten  Tag  führte  man  zunächst  die  Befragung  des 
Pfarrers  zu  Ende,  auĂźerdem  wurde  die  ganze  Gemeinde, 
„Mannes-  und  Weibespersonen,  jung  und  alt  ...  in  der 
groĂźen  fĂĽrstlichen  Bibliothekstuben  im  Augustinerkloster 
im  Catechismo  Lutheri  beides  nach  den  Worten  und  auch 
notwendigstem  Verstand  der  christlichen  Lehre  aus  dem 
Catechismo  durch  den  Herrn  Superintendenten  examiniert". 
Tags  darauf  wurden  dann  noch  die  Vertreter  der  Gemeinde 
verhört,  und  nun  kamen  in  rascher  Folge  Eschenbergen, 
Hausen,  Ballstädt,  Molschleben,  Bufleben  und 
die  andern  Dörfer  der  Umgegend  an  die  Reihe  x),  so  daß  bis 
Weihnachten  die  Visitation  der  meisten  Dörfer  des  Amtes 
Gotha  und  noch  einer  groĂźen  Anzahl  anderer  Ortschaften 
beendigt  war.  Man  richtete  sich  dabei  im  wesentlichen 
nach    der   Instruktion2);    nur   wartete    man    mit    der    Visi- 

1)  Konzepte  zu  den  Ladungsschreiben  1)  an  die  Pfarrer,  2)  an 
die  Pfarrkinder,  3)  an  die  Obrigkeit  sind  mehrfach  in  Loc.  19, 
No.  24  und  Loc.  18,  No.  2  vorhanden.  Das  Originalschreiben  an 
Joh.  Ăźreithaupt  siehe  Loc.  19,  No.  19.  Andere  Originalschreiben 
siehe  Loc.  19,  No.  20.  21.  25. 

2)  Das  Exemplar  der  Instruktion,  das  der  Visitation  tatsäch- 
lich zugrunde  gelegen  hat,  ist  keines  der  beiden,  die  mir  zu  Ge- 
sicht gekommen  sind.  Denn  in  dem  gothaischen  Exemplar  hat  der 
Artikel  „von  Leben  und  Wandel  der  Mitnachbarn"  47,  der  „von 
der  Obrigkeit"  26  und  der  „vom  Gotteskasten"  18  Fragen,  während 
diese  Artikel  in  den  Protokollen  nur  40,  21  und  16  Fragen  ent- 
halten. Das  Waltershäuser  Exemplar  aber  ist  unvollständig;  es 
bricht  bei  Frage  20  des  Artikels  „von  Leben  und  Wandel"  ab.  Doch 
fehlen  hier  in  dem  genannten  Artikel  dieselben  Fragen  wie  in  den 
Protokollen,  so  daß  wir  es  als  eine  unvollständige  Abschrift  eines  mit 
den  Protokollen  übereinstimmenden  Exemplares  betrachten  können. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  319 

tation  eines  neuen  Dorfes  nicht  immer,  bis  das  vorhergehende 
erledigt  war,  sondern  nahm  zunächst  etwa  das  Katechismus- 
examen mehrerer  Gemeinden  vor,  befragte  sodann  die  ver- 
schiedenen Pfarrer  über  ihre  Personalien,  während  das  Ver- 
hör der  Pfarrer  und  der  Gemeindevertreter  an  einem  spä- 
teren Termin  stattfand  und  die  „Conferenz"  den  Schluß 
bildete.  Ăśber  alle  Antworten  wurde  genau  Protokoll  ge- 
fĂĽhrt und  auch  ein  Urteil  ĂĽber  den  Ausfall  der  Examina 
in  dieses  aufgenommen.  Als  ProtokollfĂĽhrer  fungierte  da- 
bei der  Adjunkt  Martin  Wandersieben  aus  Schönau, 
der  uns  bereits  von  der  Schulvisitation  her  bekannt  ist. 
Er  hatte  die  Visitation  seiner  Schulen  am  10.  November 
beendigt  und  konnte  nunmehr  seine  Kraft  völlig  in  den 
Dienst  der  Kirchenvisitation  stellen.  Seine  Protokolle 
zeichnen  sich  nicht  nur  durch  deutliche  Schrift,  sondern 
auch  durch  Genauigkeit  aus;  von  besonderem  Wert  fĂĽr 
uns  aber  ist  das  Tagebuch,  das  er  ĂĽber  den  Verlauf 
der  ganzen  Visitation  gefĂĽhrt  hat.  Dieses  ,Diarium  visita- 
torium"  enthält  auf  nicht  weniger  als  51  Folioseiten  einen 
Bericht  ĂĽber  den  Verlauf  der  ganzen  Visitation  vom  18.  No- 
vember 1641  bis  zum  20.  August  1642,  bei  dem  leider  nur 
die  Ämter  Königsberg  und  Schwarzwald  (visitiert  im  Juni 
1642)  fehlen.  Es  ist  so  ausfĂĽhrlich,  daĂź  wir  (abgesehen 
von  den  genannten  Ă„mtern)  schon  auf  Grund  dieses  Dia- 
riums ganz  genau  feststellen  können,  was  an  jedem  ein- 
zelnen Tag  vorgenommen  ist1).  Dabei  gibt  das  Diarium 
nicht  nur  trockene  Daten ;  es  ist  vielmehr  fĂĽr  uns  be- 
sonders deshalb  interessant,  weil  wir  aus  ihm  viele  Nach- 
richten ĂĽber  Schwierigkeiten,  die  sich  infolge  des  Krieges 
erhoben,  ĂĽber  die  Stellung  der  Obrigkeit,  der  Pfarrer  und 
der  Gemeindeglieder  zum  Visitationswerk,  ĂĽber  Verhand- 
lungen mit  widerstrebenden  Adligen,  ĂĽber  die  gelegentlich 
der  Visitation  hie  und  da  vorgenommene  Besichtigung  der 
kirchlichen  Gebäude,  über  die  Abstellung  der  bei  ihr  sich 
ergebenden  Mängel  u.  a.  m.  entnehmen  können. 

1)  Das  „Diarium"'  befindet  sich  in  dem  Band  Loc.  19,  No.  19. 

21* 


320  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

2.  Die  Beschwerden  der  Pfarrer  ĂĽber  die  Visitation, 
besonders  über  die  „Conferenz". 
Indessen  kaum  hatte  die  Visitation  begonnen,  so  er- 
hob sich  auch  schon  die  Kritik.  Zwar  hören  wir  jetzt 
nichts  mehr  von  einer  prinzipiellen  Opposition  Kromayers, 
aber  die  Diaconi  zu  Gotha  hielten  auch  jetzt  nicht  zurĂĽck 
mit  ihren  BemĂĽhungen,  dem  Visitationswerk  Hindernisse  in 
den  Weg  zu  legen.  Und  zwar  setzte  die  Kritik  an  einem 
Punkt  ein,  der  tatsächlich  einer  der  charakteristischsten 
des  ganzen  Visitationswerks  war  und  der  den  Pfarrern 
auch  besonders  unangenehm  sein  mußte,  nämlich  bei  der 
„Conferenz".  Die  beid  en  ersten  der  examinierten  Pfarrer, 
Michael  Ritter  zu  Friemar  und  David  Frank  zu  Eschen- 
bergen, hatten  nicht  gerade  glänzend  bestanden.  Das  Proto- 
koll weiĂź  von  dem  ersteren  zu  berichten,  daĂź  er  die 
Bibel  nicht  fleißig  gelesen  habe,  daß  er  im  Hebräischen 
nichts  und  im  Griechischen  wenig  versteht,  daĂź  er  in  den 
Symbolischen  BĂĽchern  schlecht  bewandert  ist  und  daĂź 
seine  Predigten  „so  gar  viel  bloße  allegata"  bringen,  an- 
statt alles  „ad  usum  practicum  et  aedificatorium"  zu  be- 
ziehen, und  auch  das  Urteil  ĂĽber  den  zweiten  lautet  nicht 
viel  anders.  Kein  Wunder,  daĂź  die  beiden  von  dem  Examen 
nicht  sonderlich  erbaut  waren.  Sie  gingen  zu  ihren  Kol- 
legen, die  sich  ja  alle  in  der  Stadt  befanden,  und  erzählten 
ihnen  Wunderdinge  ĂĽber  die  Schwierigkeit  des  Examens. 
Sie  machten  ihrem  Unmut  und  ihrer  Unzufriedenheit  ĂĽber 
das  ganze  Visitationswerk  in  unverhohlener  Weise  Luft, 
und  die  anderen  Pfarrer,  denen  das  Examen  und  die  Visi- 
tation noch  als  drohendes  Schreckgespenst  bevorstand, 
stimmten  natĂĽrlich  mehr  oder  weniger  begeistert  ein 1). 
Man  beschloĂź,  die  Beschwerden  durch  die  gothaischen 
Diaconi  an  den  Superintendenten  gelangen  zu  lassen,  und 
die  beiden  ältesten  der  anwesenden  Pfarrer,  Tobias  Bruno 


1)  Alle  Akten  ĂĽber  die  Beschwerden  der  Pfarrer  siehe  Loc.  18, 
No.  2. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  321 

von  Ăślleben  und  M.  Johann  Bergmann  von  Siebleben, 
begaben  sich  zunächst  zu  Gnüge,  dem  zweiten  Diakonus, 
um  diesem  die  Sache  vorzutragen.  GnĂĽge  wollte  die  Ver- 
antwortung nicht  allein  auf  sich  nehmen  und  bat  die  beiden 
deshalb,  die  anderen  Pfarrer  aufzufordern,  sie  sollten  alle 
zusammen  am  23.  November  morgens  frĂĽh  in  die  Marga- 
rethenkirche  kommen,  um  dort  mit  ihnen,  den  Diaconis, 
alles  Nähere  zu  beraten.  Er  selbst  setzte  sich  sofort  mit 
Thilo  ins  Benehmen,  und  dieser  erklärte  seine  volle  Zu- 
stimmung zu  den  Plänen  der  Pfarrer.  Am  23.  November 
erschienen  diese  tatsächlich  zur  festgesetzten  Zeit  in  der 
Kirche,  und  nach  kurzer  Beratung  einigte  man  sich  dahin, 
die  Diaconi  sollten  sich  zu  GlaĂź  begeben,  ihn  mĂĽndlich 
ansprechen  und  seinen  Rat  begehren  1).  Noch  am  selben 
Vormittag  wurde  dieses  Vorhaben  auch  ausgefĂĽhrt,  Thilo 
brachte  im  Beisein  seiner  beiden  Kollegen  die  Beschwerden 
vor,  und  GlaĂź  nahm  ein  Protokoll  auf,  das  sie  in  folgende 
Punkte  zusammenfaĂźt : 

1)  Die  jetzige  Zeit  sei  zum  Visitationswerk  völlig 
ungeeignet,  einmal  wegen  des  traurigen  Zustandes  im  Lande, 
vor  allem  aber  deshalb,  weil  die  Pfarrer  die  BĂĽcher,  die 
zur  Vorbereitung  der  „Conferenz"  erfordert  würden,  nicht 
zur  Hand  haben  und  lesen  könnten. 

2)  Der  Ort  sei  ebenfalls  ungeeignet.  Es  sei  besser, 
zu  warten,  bis  man  die  Visitation  auf  dem  Lande  abhalten 
und  dabei  zugleich  die  Kirchen-  und  Schulgebäude  be- 
sichtigen könne. 

3)  Es  sei  bedenklich,  daĂź  auĂźer  dem  Superintendenten 
und  dem  Hofprediger  auch  „politische  Personen"  bei  dem 
Examen  zugegen  seien,  die  dann  mitanhörten,  wenn  die 
Pfarrer  schlecht  im  Examen  beständen. 

4)  Es  sei  in  der  „Conferenz"  von  dem  Superinten- 
denten gar  zu  rigorose  und  unfreundlich  (inhumaniter)  ver- 
fahren worden ;  auch  habe  dieselbe  zu  lange  gewährt. 

1)  Thilo  war  bei  der  Beratung  nicht  zugegen,  da  er  eine  Taufe 
zu  verrichten  hatte;  doch  hatte  er  GnĂĽge  vorher  schon  seine  volle 
Zustimmung  ausgesprochen. 


322  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

5)  Es  sei  bedenklich,  daĂź  ein  unbekannter  Pfarrer 
zum  Protokollführer  gebraucht  werde  und  alles  mitanhöre. 
Dieser  könne  leicht  etwas  ausplaudern. 

Den  Haupt-Beschwerdepunkt  bildete  somit  das  Examen, 
aber  man  blieb  bei  diesem  einen  Punkt  nicht  stehen,  son- 
dern benutzte  die  Gelegenheit,  seiner  allgemeinen  Un- 
zufriedenheit mit  dem  ganzen  Visitationswerk  Luft  zu 
machen. 

Die  Verhandlungen  ĂĽber  die  Beschwerden  der  Pfarrer 
nahmen  nunmehr  denselben  Verlauf,  den  solche  Fälle  ge- 
wöhnlich nehmen  :  die  Angelegenheit  wurde  zunächst  ge- 
nau untersucht,  die  Beteiligten  verhört,  schließlich  wurde 
den  Beschwerdeführern  ihre  Unbotmäßigkeit  vorgehalten 
und  ihre  Beschwerden  zurückgewiesen.  Zunächst  verlangte 
man  von  den  Pfarrern,  sie  sollten  ihre  Bedenken  noch  einmal 
schriftlich  aufsetzen  und  dem  Superintendenten  ĂĽbergeben. 
Tobias  Bruno  verfaĂźte  daraufhin  im  Auftrag  der  ĂĽbrigen 
Pfarrer  ein  „Memorial" ,  das  im  wesentlichen  dieselben 
Punkte  enthielt  wie  das  Protokoll  des  Salomon  GlaĂź,  in  dem 
nur  die  stärksten  Behauptungen  etwas  gemildert  waren  x). 
Am  25.  November  wurden  sodann  die  Visitatoren  zum 
Herzog  beschieden,  um  mit  ihm  ĂĽber  die  Beschwerden  zu 
beraten.  Man  ging  die  einzelnen  Punkte  des  „Memorials" 
genau  durch  und  kam  schlieĂźlich  zu  dem  EntschluĂź,  zu- 
nächst die  beiden  examinierten  Pfarrer  zu  fragen, 

1)  ob  sie  sich  ĂĽber  den  einen  oder  anderen  Punkt 
beschwert? 

2)  was  es  in  specie  wäre,  worüber  sie  sich  beschwert? 
Noch    an    demselben  Tag    erschienen    die  beiden  denn 

auch  vor  dem  Superintendenten,  um  diesem  die  gewĂĽnschte 
Auskunft  zu  geben.  Ihre  Antworten  sind  so  charakteristisch 
und  geben  einen  so  deutlichen  Einblick  in  den  Gang  des 
Examens   und    die  Anforderungen,    die    an    die  Pfarrer   ge- 


1)  Das  „Memorial"  ist,  wie  die  Handschrift  deutlich  beweist, 
von  dem  Pfarrer  Joh.  Daniel  Ludewig  zu  Dachwig  geschrieben 
(Loc.  18,  No.  2). 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  323 

stellt  wurden,  wie  über  deren  tatsächliche  Kenntnisse,  daß 
ich  mir  nicht  versagen  kann,  das  Protokoll  hier  wenigstens 
auszugsweise  mitzuteilen.  Der  Pfarrer  von  Friemar  ant- 
wortete auf  die  Frage,  ob  er  sich  ĂĽber  den  einen  oder 
anderen  Punkt  beschwert  habe:  Nach  der  „Conferenz" 
hätten  ihn  die  Pfarrer  gefragt,  wie  es  zugegangen  sei. 
Da  habe  er  denn  einiges  erzählt,  woraus  sie  geschlossen, 
die  vorkommenden  Fragen  seien  so  schwer,  daß  es  „nicht 
möglich  sei,  bei  so  gestalteten  Zeiten  darauf  zu  resol vieren". 
Er  mĂĽĂźte  aber  bekennen,  daĂź  im  Examen  gar  nicht  rigo- 
rose, sondern  zum  allerfreundlichsten  mit  ihnen  wäre  ver- 
fahren worden ;  er  sei  auch  erbötig,  sich  alle  Woche  vom 
Superintendenten  examinieren  zu  lassen,  wenn  man  es  fĂĽr 
nötig  halte ;  nur  solle  man  es  ihm  nicht  als  Faulheit  aus- 
legen, wenn  er  jetzt  auf  solche  Fragen  nicht  antworten 
könne.  Über  den  Verlauf  des  Examens  im  einzelnen  habe 
er  den  Pfarrern  berichtet,  er  sei  durch  die  Bibel  gefĂĽhrt 
worden  und  habe  angeben  sollen ,  wieviel  Kapitel  jedes 
Buch  habe  und  was  die  Summa  jedes  Kapitels  sei,  welches 
ihm  aber  zu  jetziger  Zeit  zu  berichten  unmöglich.  Her- 
nach hätte  er  sollen  ex  locis  theologicis  befragt  werden, 
wäre  aber  die  Zeit  nicht  da  gewesen.  Ex  libris  Sym- 
bolicis  hätte  er  sollen  antworten,  welche  er  nie  gelesen! 
In  Hebraea  lingua  desgleichen.  In  Graeca  sei  ihm  der 
Spruch  Joh.  173  vorgelegt  worden,  „welches  er  auch 
berichtet".  Frank  von  Eschenbergen  antwortet,  er  könne 
nicht  anders  sagen,  als  daß  ein  freundliches  Gespräch  mit 
ihm  vorgenommen  worden  sei,  er  habe  sich  darĂĽber  nicht 
zu  beschweren  und  habe  sich  auch  gegenĂĽber  den  anderen 
nicht  beschwert.  Er  habe  nur  erzählt,  daß  er  zuerst  nach 
seinem  „curriculum  vitae",  dann  nach  der  „genealogia  et 
numero  patriarcharum"  gefragt  worden  sei.  Darauf  hätten 
sie  gesagt,  sie  wunderten  sich  darĂĽber,  da  sie  es  selbst 
doch  ex  tempore  nicht  wĂĽĂźten.  Auch  sei  er  gefragt  wor- 
den, wie  Adams  Söhne  geheißen.  Die  Pfarrer  hätten  sich 
ferner   erkundigt,    ob    auch  Hebräisch    und  Griechisch  vor- 


324  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

gekommen  sei,  worauf  er  ihnen  geantwortet,  wie  es  in 
Wahrheit  zugegangen. 

Mit  dieser  Erklärung  gab  sich  indessen  das  Kon- 
sistorium noch  nicht  zufrieden.  Samstag,  den  27.  November, 
fand  eine  nochmalige  Beratung  statt,  und  es  wurde  be- 
schlossen, zunächst  die  drei  Stadtgeistlichen  vorzufordern, 
um  von  ihnen  zu  erfahren,  ob  die  Landpfarrer  zu  ihnen 
gekommen  wären  oder  ob  sie  diese  zusammengerufen  hätten, 
zugleich  aber  auch  um  ihnen  anzudeuten,  daĂź  man  es  diesmal 
unter  Umständen  nicht  bei  einem  bloßen  Verweis  bewenden 
lassen,  sondern  sie  „mit  realer  ernster  Strafe  ansehen"  werde. 
Der  Kanzler  Franzke  setzte  ein  „Memorial,  was  mit  den 
Diaconis  zu  reden"  auf,  ĂĽber  das  am  29.  im  Beisein  des 
Herzogs  beraten  wurde.  Am  Nachmittag  desselben  Tages 
erschienen  sodann  die  drei  Diaconi  vor  Franzke  und  GlaĂź 
und  wurden  von  diesen  eingehend  ĂĽber  die  Vorgeschichte 
der  Beschwerden  befragt.  Da  sich  bei  dieser  Gelegenheit 
herausstellte,  daĂź  die  Pfarrer  von  Ăślleben  und  Siebleben 
es  waren,  die  GnĂĽge  zuerst  in  seiner  Wohnung  aufgesucht 
hatten,  beschloĂź  man,  auch  diese  zu  vernehmen.  Sie  stellten 
bei  ihrer  Vernehmung  am  folgenden  Tag  den  Hergang  im 
wesentlichen  ebenso  dar  wie  die  gothaischen  Stadtpfarrer. 
Sie  erklärten,  sie  seien  zu  ihren  Beschwerden  hauptsächlich 
durch  die  Klagen  des  Pfarrers  von  Friemar  veranlaĂźt  wor- 
den. Dieser  habe  sich  nämlich  besonders  über  das  Examen 
beschwert  (er  sei  sein  Lebtag  noch  nicht  so  examiniert 
worden;  ob  er  allerdings  die  Worte  „rigorose  et  inhu- 
maniter"  dabei  gebraucht  habe,  können  sie  nicht  sagen) ; 
und  auch  die  Pfarrkinder  hätten  erklärt,  das  Katechismus- 
Examen  sei  viel  zu  schwer ;  sie  wĂĽrden  Dinge  gefragt,  die 
ihnen  zu  hoch  wären  und  die  sie  niemals  gelernt  hätten. 
Es  sei  schon  in  der  Stadt  bekannt,  daĂź  die  Pfarrer  so 
schlecht  im  Examen  bestanden  wären,  denn  es  gehe  ein 
Gerücht,  „man  putzt  die  Pfaffen  itzt  wacker"  ;  sie  wüßten 
aber  nicht,  wer  das  GerĂĽcht  aufgebracht  habe. 

Nachdem    man     so    im    Konsistorium    die    Hauptsache 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641 — 1645.  325 

ĂĽber  die  Entstehung  der  Beschwerden  erfahren  hatte,  wur- 
den am  1.  Dezember  die  sämtlichen  Pfarrer  vorgefordert. 
Um  2  Uhr  hatten  sie  im  Amthaus  in  der  Konsistoriaistube 
zu  erscheinen,  dort  wurde  ihnen  durch  den  Kanzler  in  An- 
wesenheit der  ĂĽbrigen  Mitglieder  des  Konsistoriums  die 
fürstliche  Resolution  eröffnet  1).  Auf  ihre  Behauptung, 
sie  hätten  keine  Zeit  und  keine  Bücher  zum  Studieren, 
erwiderte  man  zwar,  „daß  ihre  rationes  nichts  taugen", 
machte  indessen  doch  dabei  das  Zugeständnis,  daß  man 
jedem,  der  „seine  Perplexität  anziehen  und  um  Zeit  bitten 
wĂĽrde",  etwa  14  Tage  Zeit  geben  wolle.  Die  Berechtigung 
von  „politischen  Personen"  bei  der  Visitation  wurde  durch 
den  Hinweis  auf  Kursachsen  erwiesen,  wo  dies  auch  schon 
vorgekommen  sei ;  der  Behauptung,  GlaĂź  sei  beim  Examen 
zu  streng  gewesen,  wurde  das  andersartige  Zeugnis  der 
Pfarrer  Bitter  und  Frank  entgegengesetzt.  Die  Bitte,  die 
Visitation  möge  auf  dem  Land  vorgenommen  werden,  wurde 
mit  dem  Hinweis  darauf  abgelehnt,  daĂź  es  wegen  der 
Kriegsunruhen  unmöglich  sei ,  und  daß  man  die  Pfarrer 
gerade  jetzt  in  Gotha  beisammen  habe ;  doch  wurde  eine 
Besichtigung  der  kirchlichen  Gebäude  für  später  in  Aus- 
sicht genommen.  Die  Beschwerden  wegen  des  Protokoll- 
fĂĽhrers endlich  wurden  durch  die  Behauptung  abgetan,  sie 
hätten  den  Fürsten  nicht  vorzuschreiben,  was  für  Leute 
er  bei  der  Visitation  gebrauchen  solle.  Mit  dieser  Vor- 
haltung an  die  Pfarrer  war  die  Sache  beigelegt.  Thilo 
erklärte  noch,  daß  sie  zum  Superintendenten  gekommen, 
sei  nicht  als  querela,  sondern  als  consilium  aufzufassen; 
sie  seien  zu  ihm  gekommen,  wie  ein  Kind  zu  seinem  Vater 

1)  Die  fĂĽrstliche  Resolution  selbst  ist  nicht  vorhanden;  doch 
wird  sie  sich  wohl  im  wesentlichen  mit  den  BeschlĂĽssen  vom  27.  No- 
vember decken,  die  ich  im  folgenden  anführe.  —  Es  waren  an- 
wesend, soweit  wir  dies  feststellen  können,  die  Diaconi  zu  Gotha, 
außerdem  die  Pfarrer  von  Goldbach,  Remstädt,  Molschieben,  Frie- 
mar,  Gamstädt,  Tüttleben,  Cobstedt-Grabsleben,  Siebleben,  Brüheim, 
Hausen-Ballstädt ,  Eberstädt-Sonneborn ,  Fröttstädt,  Sundhausen, 
Ăślleben-Boilstedt,  GroĂź- Fahner  und  Eschenbergen. 


326  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

Zuflucht  nimmt.  Wegen  des  Examens  bitten  sie  nochmals 
darum,  daß  man  nicht  so  scharf  mit  ihnen  verfahren  möge, 
sowie  daĂź  es  nur  im  Beisein  des  Hofpredigers  verrichtet 
werde.  GlaĂź  erwiderte  darauf,  das  Examen  sei  gar  nicht 
so  schwer,  wie  das  Zeugnis  der  inzwischen  examinierten 
Pfarrer  von  Molschleben ,  Hausen  und  Bufleben  deutlich 
beweise,  die  alle  drei  öffentlich  erklärt  hätten,  es  sei  leniter 
mit  ihnen  umgegangen  und  auch  leichte  geringe  Fragen  vor- 
gebracht worden.  Von  der  Anwesenheit  weltlicher  Personen 
beim  Examen  könne  man  aber  nicht  absehen,  denn  dieses  sei 
ein  Teil  der  Visitation,  und  die  Politici  hätten  als  Visitations- 
Kommissäre  das  Recht,  auch  der  „Conferenz"  beizuwohnen. 
Die  Beschwerden  der  Pfarrer  hatten  somit  kaum  einen 
direkten  Erfolg.  Alle  ihre  Bitten  wurden  abgelehnt,  ja  sie 
muĂźten  sich  wegen  ihres  Verhaltens  eine  entschiedene  Zu- 
rechtweisung gefallen  lassen.  Nur  das  kleine  Zugeständnis 
wurde  ihnen  gemacht,  daĂź  manchen  Pfarrern  auf  ihre  Bitte 
hin  eine  Frist  von  14  Tagen  zur  Vorbereitung  auf  das 
Examen  gewährt  werden  konnte,  und  wir  sehen  aus  dem 
„Diarium",  daß  eine  ganze  Anzahl  Pfarrer  von  diesem  Recht 
Gebrauch  gemacht  haben.  Indessen  ist  nicht  zu  verkennen, 
daĂź  im  allgemeinen  von  jetzt  an  die  Visitatoren  bei  dem 
Examen  der  Pfarrer  behutsamer  vorgegangen  sind.  So 
lautet  das  Urteil  ĂĽber  die  an  dritter  bis  sechster  Stelle 
examinierten  Pfarrer  ganz  anders  als  ĂĽber  die  beiden  ersten, 
was  wohl  nicht  nur  der  größeren  wissenschaftlichen  Tüchtig- 
keit der  Pfarrer,  sondern  auch  den  geringeren  Anforde- 
rungen des  Examens  und  der  größeren  Freundlichkeit  des 
Examinators  zuzuschreiben  ist.  Von  dem  Pfarrer  Johann 
Christoph  Tielemann  zu  Hausen,  der  am  24.  November, 
also  am  Tage  nach  der  Anwesenheit  der  Diaconi  bei  GlaĂź, 
geprüft  wurde,  heißt  es  z.  B. :  Er  „ist  in  der  Conferenz 
wohl  bestanden,  ist  in  scripturis  sacris  Vet.  et  Novi  Testa- 
menti  wie  auch  in  scriptis  symbolicis  fein  belesen,  hat  in 
loco  de  regeneratione  congrue  respondiert.  In  Graeca  lingua 
ist  er  erfahren,    aber  nicht  in  Hebraea,    dazu  er  doch  gute 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  327 

Beliebung  trägt,  solche  nachmals  zu  lernen.  Hat  auch 
den  Tag  vorher  eine  wohlgefaĂźte  erbauliche  Predigt  ex 
Eph.  431, 32  gehalten.  Ist  deswegen  guter  Förderung  wohl 
wert."  Fast  ebenso  gĂĽnstig  lautet  auch  das  Urteil  ĂĽber 
den  Pfarrer  M.  Justinus  Gatzer  von  Molschleben  (examiniert 
am  25.  November  nachmittags)1).  Wir  lesen  von  ihm:  Er 
„ist  ex  Protevangelio  oraculo  Gen.  315  und  etlichen  anderen 
vaticiniis  veteris  testamenti  de  Christo,  ut  ex  loco  de  iusti- 
ficatione  gefragt  worden,  hat  sich  mit  seinen  responsis  ver- 
halten, daß  man  damit  zufrieden  sein  können.  Libros  Sym- 
bolicos  hat  er  nicht  gelesen,  aber  solches  hinfĂĽro  zu  tun 
versprochen.  Ist  ihm  freundliche  Erinnerung  ge- 
tan, die  er  in  acht  zu  nehmen  versprochen.  Scripta 
Frantzii  und  etliche  Meisneri  hat  und  liest  er,  die  ihm  auch 
weiter  nebst  anderen  guten  autoribus  zu  lesen  recommendiert. 
In  Hebraea  lingua  verstehet  er  kaum  die  Buchstaben,  in 
Graeca  hat  er  etwas  gelesen,  aber  nicht  wohl  grammatice 
explicieren  können.  Hat,  nachdem  er  und  seine  Pfarrkinder 
post  examen  catecheticum  dimittiert,  gerĂĽhmt  und  sich 
höchlich  bedankt,  daß  so  freundlich  mit  ihm 
und  seinen  Zuhörern  conferiert  und  zuweilen  die 
Antwort  auf  die  Frage  mit  an  die  Hand  gegeben  worden, 
mit  Erbieten,  solches  auch  gegen  andere  Pastores  zu  rĂĽhmen, 
als  welche  es  ihnen  anders  als  in  Wahrheit  wäre,  einbildeten." 
Ebenfalls  nicht  ungĂĽnstig  lautet  das  Urteil  ĂĽber  M.  Andreas 
Werner  zu  Bufleben,  der  am  1.  Dezember  vormittags  ge- 
prĂĽft wurde,  und  das  Urteil  ĂĽber  Johann  Madelung  in 
Warza,  dessen  Examen  am  folgenden  Tage  stattfand,  ist  das 
gĂĽnstigste  von  allen,  die  uns  bisher  entgegengetreten  sind. 
Die  Beschwerden  der  Pfarrer  hatten  ihren  Hauptgrund 
in  rein  persönlichen  Rücksichten:  sie  wollten  in  ihrer  Be- 
quemlichkeit nicht  gestört  sein,  ihre  geringen  wissenschaft- 
lichen Kenntnisse  sollten  nicht  ans  Tageslicht  kommen,  ihr 
Ansehen    sollte   nicht   verringert  werden.     Aber  wir  gehen 

1)  Vgl.  das  Protokoll  des  Examens  unten  in  Abschnitt  4 :  „Der 
Hergang  bei  der  Visitation  der  einzelnen  Ortschaften." 


328  Die  Generalvisitation  Ernsts  des  Frommen 

wohl  nicht  fehl,  wenn  wir  neben  diesen  persönlichen  Gründen 
auch  noch  sachliche  Gegensätze  annehmen,  die  die  Pfarrer 
zur  Opposition  trieben,  und  wenn  wir  diese  in  derselben 
Richtung  suchen  wie  bei  den  Bedenken  Kromayers.  Darauf 
weist  uns  vor  allem  die  Bemerkung  Thilos,  die  er  gelegent- 
lich der  Verhandlungen  einmal  fallen  lieĂź:  Sie  wĂĽnschten, 
„daß  es  nicht  gehe  wie  zu  der  Maccabäer  Zeit,  daß,  wenn 
man  des  Gottesdiensts  und  Sabbats  allzusehr  pflege,  unter- 
des Ausländische  kommen  und  uns  um  unsere  christ- 
liche Freiheit  und  Religion  bringen  könnten".  Wir  sehen 
daraus,  daĂź  den  Pfarrern  die  BemĂĽhungen  des  Herzogs 
um  Hebung  der  kirchlichen  und  sittlichen  Verhältnisse  ein- 
seitig und  ĂĽbertrieben  vorkamen,  und  von  da  ist  es  nicht 
mehr  weit  bis  zum  Vorwurf  der  Frömmelei,  der  einseitigen 
Betonung  der  Werke,  des  übermäßigen  Heiligkeitsstrebens, 
der  Schwenkfelderei  und  Wiedertäuferei.  Aus  all  dem 
immer  wieder  hervorbrechenden  Widerstand  geht  mit  voll- 
kommener Deutlichkeit  hervor,  wie  unbeliebt  die  Visitation 
in  den  weitesten  Kreisen  war,  und  wie  Ernst  seine  Pläne 
nur  in  ständigem  Kampf  mit  widerstrebenden  Ansichten 
durchsetzen  konnte.  Wir  erfahren  von  keinem  Pfarrer,  der 
sich  von  vornherein  für  die  Visitation  erklärt  hätte,  viel- 
mehr beteiligten  sich,  wie  es  scheint,  alle  in  Gotha  an- 
wesenden Geistlichen  an  dem  doch  immerhin  gewagten  und 
auch  von  Anfang  an  aussichtslosen  Schritt,  sich  beschwerde- 
fĂĽhrend an  den  Superintendenten  zu  wenden.  Und  daĂź 
Männer,  wie  die  Diaconi  zu  Gotha,  die  infolge  ihres  wieder- 
holten Widerstandes  doch  schon  manches  auf  dem  Kerbholz 
hatten,  sich  trotzdem  dazu  hergaben,  die  Sprecher  der  unzu- 
friedenen Pfarrer  zu  sein,  beweist,  wie  tief  der  Widerwille  in 
ihnen  gewurzelt  gewesen  sein  muĂź.  Hatten  sie  doch  selbst 
von  der  „Conferenz"  nichts  zu  befürchten,  da  ihre  wissen- 
schaftlichen Kenntnisse  doch  sicherlich  längst  ausreichten, 
um  das  Examen  gut  zu  bestehen  1).  Sie  handelten  jedenfalls 
nicht  in  erster  Linie  pro  domo,  sondern  fĂĽr  die  Sache,  und 

1)  Thilo  wurde  später  überhaupt  von  dem  Examen  dispensiert. 


im  Herzogtum  Sachsen-Gotha  1641—1645.  329 

ihre  angesehene  Stellung  als  Stadtgeistliche  erlaubte  es  ihnen, 
freier  aufzutreten,  als  ein  Landpfarrer  es  hätte  wagen  dürfen. 
So  hörte  ihr  Widerstand  auch  jetzt  noch  nicht  auf, 
sondern  brach  auch  später  während  der  Visitation  von 
neuem  wieder  hervor.  Wie  alle  Pfarrer,  so  hatten  auch 
sie  vor  dem  Beginn  des  mündlichen  Verhörs  einen  kurzen 
Bericht  über  vier  Punkte ,  nämlich  über  die  eingeführte 
Kirchenordnung,  den  Katechismus,  die  Wochengebete  und 
die  Gesangbücher,  einzureichen.  In  diesem  Bericht  erklärten 
sie  nun,  die  Coburgische  Kirchenordnung  sei  bei  ihnen  ein- 
geführt, „wiewohl  von  einem  des  Ministerii  desidieret,  daß 
vom  Herrn  General,  der  sie  gestellet,  nicht  zuvor  zwei  von 
den  ältesten  Pfarrherrn  aus  Thüringen  dazu  wären  be- 
schrieben worden"  *).  Die  Visitatoren  nahmen  indessen  den 
Bericht  nicht  an.  StrauĂź  gab  ihn  wieder  an  GnĂĽge  und 
Strobel  zurück  (Thilo  war  —  jedenfalls  absichtlich  —  gerade 
abwesend)  mit  dem  Bemerken,  sie  hätten  solche  Antwort 
„nicht  ohne  des  Herrn  Superintendenten  als  ihres  Haupts 
Direction"  aufsetzen  und  sonderlich  im  ersten  Punkt  nicht 
„so  anzügliche  Worte,  welche  dem  löblichen  Fürsten,  Herrn 
Johann  Casimiren  christseligen  Andenkens  zum  Despect 
gereichen",  gebrauchen  dĂĽrfen.  Die  beiden  versuchten  sich 
zu  rechtfertigen,  „sie  hätten  nicht  anders  vermeint,  als  daß 
sie  solches  allein  aufsetzen  und  dem  Herrn  Superintendenten 
als  Mitvisitatoren  zustellen  sollten",  und  erklärten  zugleich, 
die  Bemerkung  zum  ersten  Punkt  habe  Thilo  fĂĽr  sich  allein 
ohne  ihre  Zustimmung  hinzugefügt.  —  Wie  war  nun  aber 
Thilo  zu  dieser  Bemerkung  gekommen?  Wir  können  das  deut- 
lich erkennen,  wenn  wir  vergleichen,  was  die  Diaconi  noch 
sonst  in  ihrem  Bericht  melden.  Sie  sagen  da,  sie  gebrauchten 
in  ihrem  Unterricht  nur  Luthers  Katechismus  und  keine 
NebenbĂĽchlein  als  Rosini,  Kilii  u.  a.  In  der  Klosterkirche 
würden  in    den  Wochengottesdiensten,    „da  die  Coenobiten 

1)  Kopie  des  Berichts  (von  Wandersieben  geschrieben)  in  Loa  19, 
No.  12.  Alle  weiteren  Nachrichten  stammen  aus  dem  „Diarium" 
(Loa  19,  No.  19). 


330  Die  Generalvisitation  Ernats  des  Frommen  etc. 

singen",  allein  Luthers  Lieder  gesungen  und  keine  anderen, 
weil  doch  auch  Luther  ernstlich  warne  : 

„Viel  falscher  Meister  itzt  Lieder  dichten, 
Sieh  dich  vor  und  lern  sie  richten, 
Wo  Gott  hinbaut  sein  Kirch  und  sein  Wort, 
Da  will  der  Teufel  sein  mit  Trug  und  Mord." 
Nur  in  der  Margarethenkirche  seien  die  Kontrapunkts- 
lieder frĂĽher  im  Gebrauch  gewesen,  wiewohl  der  verstorbene 
Superintendent  B.  Walther  „oft  heftig  darüber  geeifert 
und  sie  fast  als  verdächtige  Wechsellieder  (so  zuvor  in 
weltlichen  Parodien  gesungen  worden)  halten  wollen". 
Wir  sehen  hier  deutlich :  die  Diaconi  sind  Vertreter  des 
Alten,  Hergebrachten,  bei  ihnen  heiĂźt  es:  quieta  non 
movere.  Sie  widersetzen  sich  der  EinfĂĽhrung  neuer  Gesang- 
bĂĽcher und  neuer  Katechismusauslegungen;  und  deshalb  ist 
ihnen  auch  die  Coburgische  Kirchenordnung,  die  sich  in 
ihren  Tendenzen  vielfach  mit  den  Bestrebungen  des  Herzogs 
deckt,  verdächtig.  Deshalb  traten  sie  auch  in  Gegensatz 
zu  Ernst  und  seinen  Visitatoren ;  denn  diese  sind  die  Ver- 
treter des  Neuen,  sie  sind  mit  den  bestehenden  Verhält- 
nissen, mit  dem  Ausruhen  auf  der  Lehre  nicht  zufrieden, 
sondern  wollen  mehr  Verständnis  der  Katechismuswahr- 
heiten und  ein  dem  christlichen  Glauben  entsprechendes 
Leben.  Sie  ergreifen  deshalb  alle  ihnen  zu  Gebote  stehen- 
den Mittel,  mögen  sie  althergebracht  oder  neu  sein,  um 
dieses  ihr  Ziel  zu  erreichen.  Es  ist  dieselbe  Stimmung  der 
Opposition  gegen  das  Neue,  die  die  gothaischen  Diaconi 
beseelt,  die  auch  später  immer  wieder  hervortrat,  und  die 
sich  auch  in  einem  Schreiben  der  Wittenberger  Fakultät 
von  1644  ausspricht,  in  dem  diese  sich  mit  Entschieden- 
heit gegen  die  in  gothaischen  Landen  versuchte  „Ver- 
tauschung des  lutherischen  Katechismus,  eines  symbolischen 
Buchs,  durch  selbstgemachte  Büchlein"   erklärt x). 


1)  Tholuck,  Lebenszeugen,  S.  75. 

(Fortsetzung  folgt.) 


VIII. 

Wie    ist  der  Zwiespalt  zwischen   den  fränkischen 
und  den  sächsischen  Geschichtsquellen  über  den 
Untergang    des    thüringischen   Königreichs  zu   er- 
klären? 

Ein  Versuch 

von 

E.  Liebmanu.  Generalmajor  z.  D. 

Die  neuesten  Abhandlungen  in  dieser  Zeitschrift  ĂĽber 
den  Untergang  des  thüringischen  Königreichs  haben  mich 
in  hohem  MaĂźe  gefesselt  und  gereizt,  den  Zwiespalt  zwischen 
den  fränkischen  und  den  sächsischen  Geschichtsquellen  auf- 
zuklären. Ich  bin  auch  schließlich  zu  einem  teilweise 
neuen  Ergebnis  gekommen. 

Die  fränkischen  Nachrichten  über  den  Verlauf  des 
Feldzugs  vom  Jahre  531  sind  bekanntlich  sehr  karg  und 
unbestimmt.  Aber  bei  unbefangener  Beurteilung  und  Be- 
rücksichtigung aller  Verhältnisse  muß  man  Professor  Höfer 
recht  geben,  daĂź  der  Vormarsch  Theoderichs  von  Mainz 
durch  die  Buchonia  das  Sachgemäßeste  war  und  daher  das 
Wahrscheinlichste  bleibt.  Auf  dem  Allerweltskampfgefilde 
von  MĂĽhlhausen  und  Langensalza  wurde  Hermanfried  ge- 
schlagen, auf  seinem  RĂĽckzuge  oder  seiner  Flucht  natur- 
gemäß da  gegen  die  Unstrut  gedrängt,  wo  sie  ihren  an- 
fänglichen Lauf  mit  einem  südöstlichen  vertauscht. 

Entweder  handelte  es  sich  bei  der  zweiten  Niederlage 
um  das  Zusammenhauen  einer  Nachhut,  die  Hermanfried 
auf  der  hohen  Schrecke  zur  Sicherung  seines  Ueberganges 
ĂĽber  den  EluĂź  zurĂĽckgelassen  hatte,  oder  ĂĽberhaupt  um 
die  Vernichtung  des  letzten  regellosen  Haufens  vom  ThĂĽ- 
ringer Heer.    Alles  verlief  in  kurzer  Zeit,  in  einigen  Tagen. 


332      Zwiespalt  der  fränkischen  u.  sächs.  Geschichtsquellen 

Ganz  anders  klingen  die  sächsischen  Nachrichten. 
Die  erste  Schlacht  findet  bei  Runibergun  statt.  Wenn 
„Theoderich"  dem  „Hermanfried"  wirklich  bei  jenem 
Ronnenberg  bei  Hannover  begegnet  wäre ,  so  wäre  das 
ebenso  sonderbar,  als  wenn  1870  die  deutschen  Heere  den 
französischen  nach  den  Niederlanden  oder  nach  der  Schweiz 
entgegengezogen  wären  und  sie  auch  wirklich  auf  einem 
dieser  Wege  getroffen  hätten. 

Die  Ronneberge  bei  Nebra  können  auch  nicht  in  Be- 
tracht kommen,  sie  sind  nicht  nur  eine  strategische,  son- 
dern auch  eine  taktische  Unmöglichkeit.  Kein  einiger- 
maßen kriegerisches  Volk  fängt  die  Verteidigung  seines 
Landes  damit  an,  daß  es  sich  in  den  äußersten  Winkel 
verkriecht,  kein  Feldherr  stellt  sein  Heer  zur  Verteidigungs- 
schlacht mit  dem  RĂĽcken  gegen  einen  FluĂź  auf,  es  sei  denn, 
daß    er   durch    die  Ereignisse    dazu  gedrängt  worden  wäre. 

Runibergun  bleibt  vorläufig  ein  Rätsel,  aber  es  muß 
doch  irgendwo  nördlich  der  Unstrut,  auf  der  Grenze 
zwischen  dem  ThĂĽringer-  und  Sachsenland  gesucht  werden, 
sonst  wäre  die  Sachsenhilfe  nicht  zu  verstehen. 

Nach  den  sächsischen  Geschichtschreibern  werden 
Lager  bezogen,  Kriegsrat  findet  statt,  die  Sachsen  werden 
herbeigerufen,  es  wird  eine  Burg  belagert  und  eingenommen. 
Das  deutet  auf  eine  längere  Dauer  des  Feldzugs,  als  nach 
den  fränkischen  Quellen  angenommen  werden  muß.  Aber 
auĂźer  dieser  gibt  es  noch  so  viele  andere  Verschiedenheiten 
zwischen  den  fränkischen  und  sächsischen  Nachrichten, 
und  sie  sind  so  in  die  Augen  springend  und  so  unaus- 
gleichbar,  daĂź  der  Gedanke  naheliegt:  es  muĂź  sich  um 
zwei  zwar  zeitlich,  aber  nicht  örtlich  zusammenfallende  Be- 
gebenheiten gehandelt  haben.  Dann  könnten  natürlich 
auch  die  auftretenden  Personen  in  beiden  Begebenheiten 
nicht  dieselben  sein,  obgleich  es  nach  den  alten  Chronisten 
so  gewesen  zu  sein  —  scheint. 

Den  Anfang  des  Fadens  zur  Entwirrung  des  Knäuels 
lieferte    mir    Radegunde.      Sie    fiel    zusammen    mit    ihrem 


über  den  Untergang  des  thüringischen  Königsreichs.      333 

Bruder  in  die  Hände  Chlotars.  Dieser  gab  sie  unter 
keinen  Umständen  heraus,  er  behauptete  sie  sogar  im 
Kampf  gegen  Theoderich ,  wie  im  Leben  der  heiligen 
Radegunde  zu  lesen  ist,  Theoderich  plante  schlieĂźlich  einen 
Mord,  der  durch  die  Wachsamkeit  Chlotars  vereitelt  wurde. 
Chlotar,  der  Nebenkönig,  glaubte  also  ein  unbedingtes  und 
ausschließliches  Recht  auf  den  Besitz  der  beiden  Königs- 
kinder zu  haben.  Nur  eins  ist  zur  Erklärung  denkbar: 
Chlotar  hatte  seine  Beute  in  einem  selbständigen,  in  einem 
Sonderkampf  erobert,  an  dem  Theoderich  nicht  teilge- 
nommen hatte. 

Der  Sonderkampf  setzt  aber  einen  Sondermarsch  voraus. 

Ist  nun  irgendwo  in  den  alten  Chroniken  ausdrĂĽcklich 
ausgesprochen,  daĂź  Theoderich  und  Chlotar  zusammen  in 
einem  einzigen  geschlossenen  Kriegszug  nach  ThĂĽringen 
marschiert  sind,  ist  irgendwo  gesagt,  daĂź  sie  auch  nur 
einmal  zusammen  gegen  den  Feind  gekämpft  haben? 

Das  letztere  ist  glatt  zu  verneinen,  aber  das  will 
nicht  viel  sagen.  Wichtiger  ist  die  Beantwortung  der 
ersten  Frage. 

Gregor  von  Tours  schreibt :  Postea  Theudoricus  non 
immemor  periurias  Hermenfredi  regis  Thoringorum  Chlo- 
tarachium  fratrem  suum  in  solatio  suo  vocat  et  adversus 
eum  ire  disponit,  und  an  anderer  Stelle:  Theudoricus  autem, 
Chlotarachium  fratrem  et  Theudobertum  filium  in  solatium 
suum  adsumptos  cum  exercitu  abiit. 

Der  Liber  hist.  Franc,  schreibt :  In  illo  tempore  Theu- 
doricus et  Theudebertus  filius  ejus  et  Chlotarius  rex  cum 
Francorum  exercitu  Renum  transeuntes  in  Toringam  diri- 
gunt  contra  Ermenfredum  .  .  . 

Aimoin  ĂĽberschreibt  ein  Kapitel:  De  Chlotarii  in  Tho- 
ringos expeditione  und  beginnt  es  mit  dem  Satz :  Inde 
fratre  Chlotario  in  societatem  adscito,  ipse  cum  filio 
Theodeberto    Thoringam    petit.      Praeerat    Thoringis    Rex 

Hermenfredus 

XXVJII.  22 


334      Zwiespalt  der  fränkischen  u.  sächs.  Geschichtsquellen 

Weiter  möchte  ich  aus  dem  Leben  des  heiligen  Juni  an 
—  bei  Bouquet,  Tome  III  —  der  zur  Zeit,  als  die  heilige 
Radegunde  nach  Poitiers  kam,  dort  lebte,  folgendes  an- 
fĂĽhren : 

Temporis  jam  praedicti  Principis  et  gloriosissimi 
Chlotarii  Regis  cum  propter  ejus  praeclarissimae  virtutis 
triumphos,  et  animi  prudentissimi  dispositionem,  regnum 
ejus  undique  diffunderetur  et  plurimae  nationes  dominatui 
illius  colla  subjicerent,  inter  ceteras  famosissimas  et  fero- 
cissimas  nationes,  Toringorum  valde  nobilissimam  gentem 
sui  Imperii  ditionibus  fecit  esse  subjectam.  Nam  cum 
contra  eam  arma  corriperet  et  viriliter  dimicaret,  adeptus 
est  ex  illa  praeclarissimos  triumphos:  et  cum  in  praedam 
gentis  illius  populi  caderent,  haec  sanctissima  puella  Regis 
neptis,  Britharii  filia  capta  est. 

Bouquet  hat  das  Leben  des  heiligen  Junian  einem 
Schriftsteller  des  17.  Jahrhunderts  Chesnius,  d.  i.  Duchesne, 
entnommen ;  er  glaubt,  ihn  verbessern  zu  mĂĽssen,  und  schreibt : 
Falsum  est  Chlotarium  Toringorum  gentem  suae  ditione 
imperioque  subjecisse ;  cum  a  Theodorico  Austrasiorum 
Rege  subacti  illi  sunt  ac  tributarii  facti,  Chlotario  in  prae- 
mium  lati  fratri  auxilii  portione  praeda  contento,  ut  ob- 
servavit  V.  C.  Valesius 

Nun  zur  Untersuchung  dieser  Nachrichten!  Giesebrecht 
übersetzt  den  zweiten  Satz  Gregors:  „Theoderich  aber  nahm 
seinen  Bruder  Chlotar  und  seinen  Sohn  Theodebert  zu 
Hilfe  mit  sich  und  rĂĽckte  ins  Feld."  Wo  steht  bei 
Gregor  „mit  sich"  ?  Ich  kann  nur  herauslesen,  daß  Theo- 
derich den  Chlotar  und  Theodebert  zu  seiner  Hilfe  nahm, 
das  heiĂźt,  daĂź  sie  Bundesgenossen  gewesen  sind.  Wenn 
Chlotar  tatsächlich  mit  Theoderich  marschiert  wäre,  so 
schadete  der  Zusatz  Giesebrechts  natĂĽrlich  nichts ,  aber 
das  ist  ja  eben  die  Frage!  Selbst  aus  dem  Liber  hist. 
Franc,  folgt  der  gemeinsame  Vormarsch  nicht.  BlĂĽcher 
und  Schwarzenberg  ĂĽberschritten  Ende  1813  und  Anfang 
1814    mit    den    deutschen  Heeren    den  Rhein    und   rĂĽckten 


über  den  Untergang  des  thüringischen  Königsreichs.        335 

in  Frankreich  ein.  Dieser  Satz  ist  zweifellos  richtig,  falsch 
wäre  aber  zu  folgern,  daß  sie  an  derselben  Stelle  in  Frank- 
reich eingebrochen  wären.  Beide  fränkische  Nachrichten 
lassen  also  die  Frage  vollständig  offen. 

Aber  aus  Aimoins  erstem  Satz  geht  mit  ziemlicher 
Deutlichkeit  hervor,  daĂź  Chlotar  zwar  Bundesgenosse  des 
Theoderich  gewesen,  jedoch  nicht  mit  ihm  zusammen  mar- 
schiert ist.  Auch  die  Ăśberschrift  scheint  darauf  hinzu- 
deuten. Freilich  erzählt  uns  Aimoin  in  dem  Kapitel  nur 
noch  die  Kämpfe  zwischen  Theoderich  und  Hermanfried. 
Wie  das  zu  erklären  ist,  wage  ich  nicht  zu  entscheiden. 
Vielleicht  ist  etwas  von  dem  Kapitel  verloren  gegangen, 
vielleicht  gibt  uns  die  obige  Bemerkung  Bouquets  einen 
Aufschluß,  der  die  Nachricht  für  falsch  hält,  daß  Chlotar 
die  ThĂĽringer  unterworfen  habe.  Es  scheint,  daĂź  alle 
Schriftsteller  wie  Giesebrecht  den  Zusammenmarsch  fĂĽr 
selbstverständlich  halten,  ich  möchte  beinahe  sagen,  es 
liegt  eine  gewisse  Autosuggestion  vor,  der  entgegenzutreten 
ich  die  KĂĽhnheit  habe.  Ich  halte  es  daher  auch  fĂĽr  wahr- 
scheinlich, daĂź  alle  Nachrichten,  die  von  jener  allgemeinen 
Annahme  abwichen,  mehr  oder  minder  vernachlässigt  und 
unterdrückt  wurden.  Bouquet  erklärt  sie  einfach  für  falsch, 
während  man  doch  nur  sagen  kann,  daß  Chesnius  ebenso 
einseitig  urteilt  wie  sein  Gegner. 

Keine  der  ältesten  fränkischen  Nachrichten  wider- 
spricht nach  allem  meiner  Ansicht,  daĂź  Chlotar  gesondert 
von  seinem  Bruder  nach  ThĂĽringen  zog,  manche  sprechen 
für  mich.     Das  Folgende  enthält  aber  weitere  Belege. 

Auf  welchem  Wege  ist  Chlotar  nach  ThĂĽringen  ge- 
zogen ? 

So  wahrscheinlich  ein  Zug  Theoderichs  von  Mainz,  die 
Kinzig  aufwärts  usw.  ist,  ebenso  wahrscheinlich  ist  ein 
solcher  Chlotars  vom  Niederrhein  gegen  ThĂĽringen.  Eine 
Versammlung  seines  Heerbannes  bei  Mainz  wäre  umständlich 
gewesen,  worauf  ja  auch  der  verstorbene  Prof.  Größler  hin- 
gewiesen hat.     Aus  dem  Gebiet   des    Chlotar    fĂĽhrten    alte 

22* 


336      Zwiespalt  der  fränkischen  u.  sächs.  Geschichtsquellen 

Römerstraßen  an  den  Niederrhein,  von  hier  an  der  Ruhr 
und  Lippe  weiter  nach  Höxter,  wo  die  Weser  in  alter 
Zeit  oft  ĂĽberschritten  wurde.  So  gelangte  Chlotar  in  be- 
quemerer Weise  als  über  Mainz  an  die  nördliche  Ein- 
gangspforte ThĂĽringens  zwischen  Weser  und  Harz.  Er 
hat  sicher  einige  zwanzig  Jahre  später  denselben  Weg  ge- 
nommen. 

Bedenken  wir  das  wenig  brüderliche  Verhältnis  zwischen 
Theoderich  und  Chlotar,  so  werden  wir  es  begreiflich  finden, 
daĂź  letzterer  zwar  sich  bereit  finden  lieĂź,  als  Bundesgenosse 
seines  Bruders  an  dem  Unternehmen  teilzunehmen ,  aber 
unter  einigen  Bedingungen :  erstens  daĂź  er  seinen  Heer- 
bann selbständig,  nicht  unter  dem  Oberbefehl  seines  Bruders 
fĂĽhren  durfte,  und  zweitens  daĂź  ihm  das  Land  des  Berthar 
zugesprochen  wurde,  „falls  ihnen  der  Himmel  den  Sieg  ver- 
leihen wĂĽrde".  Es  war  ja  auch  ein  ganz  vernĂĽnftiger 
Kriegsplan,  wenn  Theoderich  gegen  Hermanfried  und 
Chlotar  gegen  Berthar  vorging.  Das  Weitere  muĂźte  sich 
in  ThĂĽringen  finden.  Ich  nehme  dabei  mit  Gloel  an,  daĂź 
Berthar  und  Hermanfried  getrennte  Königssitze  hatten,  daß 
das  Land  Berthars  nördlich  der  Unstrut  lag  und  daß  Berthar 
bei  Beginn  des  Feldzugs  noch  lebte. 

Ich  bitte  nun  zu  berĂĽcksichtigen,  daĂź  jene  alten  Schrift- 
steller von  Gregor  von  Tours  bis  zum  Verfasser  der  Origo 
Suevorum  ein  sehr  geringes  militärisches  Verständnis 
zeigten.  Man  erfährt  von  ihnen  nichts  über  Stärke,  Zu- 
sammensetzung, Bewaffnung,  Versammlungsort,  Marsch- 
richtung der  Heere,  sehr  selten  etwas  ĂĽber  Zeit  und  Ort 
eines  Zusammentreffens  mit  dem  Gegner.  Es  ist  anerkannt, 
daĂź  es  ihnen  genĂĽgte,  den  Haupthelden  eines  Feldzugs  und 
das  Endergebnis  zu  berichten  mit  Ăśbergehung  aller  Neben- 
personen, mögen  diese  auch  eine  wichtige  Rolle  gespielt 
haben.  „Alle  Taten  werden  auch  in  den  Erzählungen  allein 
dem  Theoderich  zugeschrieben",  sagt  Gloel. 

Der  Hauptfeldzug  war  derjenige  des  Theoderich  gegen 
Hermanfried,  der  Nebenfeldzug  derjenige  des  Chlotar  gegen 


über  den  Untergang  des  thüringischen  Königsreichs.        337 

Berthar.  Beide  flössen  im  Laufe  der  Zeit  zusammen  zu 
einem,  muĂźten  aber  nun  bei  den  Berichterstattern  groĂźe 
Verschiedenheiten  aufweisen. 

Chotar  traf  naturgemäß  auf  seinem  Vormarsch  auf 
jene  Wallburgen  am  Nord  Westrand  der  Hainleite,  welche 
Werneburg  im  ersten  Band  der  neuen  Folge  dieser  Zeit- 
schrift beschreibt.  Es  sind  dies  die  Jechaburg,  die  Webels- 
burg,  die  Ruhnsburg,  die  Helbeburg,  die  Alte  Burg  usw. 
Dr.  Fritz  Regel  meint  zwar,  sie  seien  älter  als  das  thürin- 
gische Königreich;  trotzdem  könnten  sie  aber  doch  in  dem 
Feldzug  des  Chlotar  von  den  ThĂĽringern  verteidigt  und 
von  den  Franken  in  Gemeinschaft  mit  den  Sachsen  ange- 
griffen und  schlieĂźlich  genommen  worden  sein.  Es  ist  auch 
möglich,  daß  Berthar  sein  Glück  zunächst  in  offener  Feld- 
schlacht versuchte  und  erst  nach  mehrtägigen  Kämpfen  und 
nicht  völlig  besiegt  in  die  Burgen  zurückging. 

Chlotar  hatte  wahrscheinlich  auch  groĂźe  Verluste  er- 
litten, und  so  lag  der  Gedanke  für  ihn  nahe,  sächsische 
Söldner  in  seinen  Dienst  zu  nehmen,  um  die  Burgen  anzu- 
greifen und  den  Feldzug  zu  Ende  zu  fĂĽhren. 

Wenn  irgend  ein  heute  noch  bestehender  Name  An- 
spruch erheben  kann,  das  Runibergun  des  Widukind  zu 
sein,  so  ist  es  der  Name  der  Ruhnsburg.  Vielleicht  ist 
gerade  sie  den  sächsischen  Söldnern  als  Angriffsziel  zuge- 
wiesen worden,  während  die  Franken  gleichzeitig  einige 
der  anderen  Burgen  angriffen.  Widukind  verschweigt 
letzteres,  so  daĂź  es  bei  ihm  so  aussieht,  als  ob  die  Franken 
dem  Kampf  der  Sachsen  um  die  Burg  zugesehen  hätten, 
was  unglaubhaft  wäre.  Dem  Widukind  kam  es  nur  darauf 
an,  den  Sachsennamen  zu  verherrlichen. 

Runibergun  ist  im  Gedächtnis  der  sächsischen  Sänger 
haften  geblieben.  Sie  besingen  den  Kampf  um  eine  Burg. 
Wie  Widukind  dazu  kam,  sie  Burgscheidungen  zu  nennen, 
hat  Prof.  Höfer  auseinandergesetzt.  Gerade  Widukind  fällt 
durch  die  Unklarheit  auf  ĂĽber  die  Rolle,  die  die  Unstrut 
in  einem  Kampfe  um  Burgscheidungen  nach  der  Erzählung 


338      Zwiespalt  der  fränkischen  u.  sächs.  Geschichtsquellen 

hätte  spielen  müssen.  Sie  spielt  bei  ihm  gar  keine  Rolle. 
NatĂĽrlich !  Denn  bei  der  Ruhnsburg  flieĂźt  nur  die  harmlose 
Wipper. 

Nachdem  nun  einmal  Burgscheidungen  und  die  Unstrut 
an  die  Stelle  der  Ruhnsburg  und  der  Wipper  getreten  waren, 
ist  es  nicht  weiter  auffallend,  daĂź  in  den  beiden  jĂĽngsten 
sächsischen  Geschichtsquellen  Sagen  von  der  Unstrut  in 
die  Erzählungen  verflochten  wurden. 

Nunmehr  erklärt  sich  auch  der  anscheinend  große 
Sprung  in  der  Erzählung  Widukinds  von  Runibergun  nach 
Scithingi.  Es  ist  gar  kein  Sprung,  wenn  man  die  Feld- 
schlacht in  der  Nähe  der  Ruhnsburg  annimmt  und  an- 
schlieĂźend den  Kampf  um  die  Burgen.  Man  versteht  auch, 
wie  der  Diener  des  „Theoderich"  gleich  nach  der  Schlacht 
sagen  kann,  daß  „Hermanfried"  sich  wie  ein  schwaches 
Tierlein  verkrochen  habe,  wenn  man  diese  Ă„uĂźerung  ĂĽber- 
haupt geschichtlich  nehmen  will. 

Man  versteht ,  daß  nur  die  sächsischen  Geschichts- 
schreiber etwas  von  der  Sachsenhilfe  wissen,  nur  die 
fränkischen  von  den  Fallgruben  der  Thüringer  berichten. 
Man  versteht  ĂĽberhaupt  so  ziemlich  alles,  wenn  man  in 
dem  geschichtlichen  Kern  der  sächsischen  Nachrichten 
Chlotar  und  Berthar  an  die  Stelle  von  Theoderich  und 
Hermanfried  setzt. 

Berthar  fiel  in  den  Kämpfen  gegen  Chlotar,  seine 
Familie  wurde  getötet,  seine  beiden  überlebenden  Kinder 
gefangen.  Seine  Residenz  und  sein  Land  wurden  grĂĽnd- 
lich ausgeplĂĽndert.  So  kam  Chlotar  mit  reicher  Beute  zu 
Theoderich.  Dieser  war  zwar  auch  siegreich,  aber  die 
Hauptstadt  Hermanfrieds,  wo  jedenfalls  auch  dessen  Familie 
zurĂĽckgeblieben  war,  hatte  er  nicht  erreicht.  Er  muĂźte 
plötzlich  in  seinem  Siegeslauf  einhalten  und  kehrtmachen 
wegen  des  Aufstandes  in  der  Auvergne  und  wegen  der 
zweideutigen  Haltung  seines  Bruders  Childebert.  Wahr- 
scheinlich erst  auf  seinem  RĂĽckmarsch    ist    er  mit  Chlotar 


über  den  Untergang  des  thüringischen  Königsreichs.       339 

zusammengetroffen,  denn  Gregor  erzählt  den  Mordversuch 
am  SchluĂź  der  kriegerischen  Begebenheiten. 

Das  Land  nördlich  der  Unstrut,  das  Land  des  Berthar, 
ist  den  sächsischen  Söldnern  nicht  geschenkt  worden,  aber 
sie  werden  von  Chlotar  die  Erlaubnis  erhalten  haben,  sich 
anzusiedeln.  Dazu  werden  nach  und  nach  andere  Ansiedler  ge- 
kommen sein.  Die  Nachrichten  aus  dem  nördlichen  Thüringen 
von  dieser  Zeit  knĂĽpfen  meist  an  Chlotar  an.  Die  Ansiedler 
mit  den  ĂĽbriggebliebenen  ThĂĽringern  zahlten  den  Kuhzins. 
Sie  empörten  sich  deshalb  später  gegen  Chlotar.  Gregor 
läßt  zwar  „die  Sachsen"  zu  Chlotar  sagen,  sie  wollten  nicht 
leugnen,  daĂź  sie  schon  seinen  BrĂĽdern  und  Neffen  Tribut 
gezahlt  hätten,  aber  diese  Nachricht  kann  doch  ebenso  wie 
manche  andere  desselben  Chronisten  ĂĽber  ThĂĽringen  als 
falsch  oder  mindestens  ungenau  nachgewiesen  werden. 
Nicht  einmal  dem  Theoderich  werden  die  ThĂĽringer  Tribut 
gezahlt  haben,  sondern  erst  seinem  Sohne  Theodebert  nach 
dem  Tode  Hermanfrieds.  Ganz  bestimmt  berichten  dagegen 
Fredegar  und  Aimoin,  der  Tribut  von  500  KĂĽhen  sei  von 
Chlotar  auferlegt  worden.  Zwischen  531  und  553,  als  „die 
Sachsen"  sich  empörten,  ist  Chlotar  nicht  in  Thüringen 
gewesen.  Also  kann  der  Tribut  nur  als  eine  Folge  des 
Feldzugs  des  Chlotar  vom  Jahre  531   angesehen  werden. 

Ich  bin  zu  Ende,  und  meine  Leser  werden  besser 
herausfinden  als  ich,  was  gegen  meine  Anschauung  vor- 
gebracht werden  kann. 


IX. 

Beiträge  zur  innern  Geschichte  der  Stadt  Meiningen. 

Von 

Professor  Ernst  Koch  in  Meiningen. 


1.   Die  Beilegung   von  Streitigkeiten    zwischen  Bat  und 
BĂĽrgerschaft  zu  Meiningen  im  Jahre  1424. 

Im  Gemeinschaftlichen  Hennebergischen  Archiv L)  zu 
Meiningen  befinden  sich  einige  frĂĽher  unbeachtet  gebliebene 
Abschriften  einer  sonst  nicht  bekannten  Urkunde  vom 
14.  September  1424,  wonach  Bischof  Johannes  zu  WĂĽrz- 
burg als  Landesherr  von  Meiningen  die  MiĂźhelligkeiten 
schlichtete,  die  wegen  verschiedener  städtischer  Angelegen- 
heiten zwischen  Rat  und  BĂĽrgerschaft  bestanden  hatten. 
Die  Urkunde  besitzt  besondere  Bedeutung  dadurch,  daĂź  sie 
einen  Einblick  in  ehemalige  Verhältnisse  der  Stadt  Meiningen 
gewährt,  über  die  sonst  nichts  weiter  überliefert  ist.  Nach 
der  ältesten,  wahrscheinlich  bald  nach  Ausfertigung  der 
Urkunde  hergestellten  Abschrift  lautet  sie,  wie  folgt. 

„Wir  Johanns,  von  gotis  gnaden  bischoff  zu  Wirczpurg,  be- 
kennen und  thun  kunt  allirmenniglichen  an  disem  brive:  Als  unsere 
ĂĽben  getruwen  schulteĂź  unde  rat  unser  stat  Meyningen  an  einem 
unde  die  gemeinde  doselbest  an  dem  andirn  teyle  bruch,  czweytrach 
unde  gebrechen  gein  einandir  gehabt  unde  uns  die  von  beiden  teilen 
in  Schriften  geantwort  und  geben  haben;  unde  wann  uns  nĂĽ  czu- 
steht  unde  wol  czympt  die  unsern,  die  dann  in  czweitracht  unde  un- 
eynickeyt  sint,  in  eynickeit  zu  seczen,  unde  auch  von  obgnanten 
beiden  parthyen  angeruffen  sin,  sie  umb  solche  spenn  unde  gebrechen 
zu  entscheiden,  unde  nach  dem  wir  dann  ir  beider  gebrechen  unde 
antwort  in  Schriften  unde  muntlich  gehört  unde  vernumen  haben,  so 
scheiden  unde  seczen  wir  zum  ersten,  daz  nu  fĂĽrbaĂź  der  gancz  rate 
zu  Meyningen  ydes  jars  under  in  kysen  und  welen  sollen  acht  virtel- 
meyster  also,  das  in  ydem  virtel  zwein  sin;   der  sal  einer  uĂź  den 

1;  Sectio  VI  G  17. 


Beiträge  zur  innern  Geschichte  der  Stadt  Meiningen.       341 

schöpfen  unde  einer  sust  uß  dem  rate  sin.  Unde  welch  also  von 
dem  rate  odir  dem  mererteyl  geweit  wurden,  die  solten  sich  des  an- 
nemen.  Konten  sie  des  abir  im  rate  nicht  eynig  werden,  so  behalten 
wir  uns  macht,  die  darczu  zu  nemen  unde  zu  geben.  Unde  wann 
ichfc  groĂźer  treffenlichen  sache  durch  den  rate  zu  handeln  ist,  so 
sollen  die  egnanten  echte1)  virtelmeister  uĂź  der  gemeinde  zu  dem 
rate  unde  in  verbotten  *),  die  sie  dann  uff  ir  eyde  dĂĽnken  die  ver- 
standesten  unde  nuczsten  zu  sin,  und  die  in  solch  sache  auch  laĂźen 
raten.  Unde  was  dann  also  besloĂźen  wirdet,  dobie  sal  es  blyben.  II 
Auch  sollen  fĂĽrbaĂź  der  gancz  ratte  undir  in  zwen  kysen,  einen  uĂź 
den  schöpfen  unde  einen  uß  dem  rate.  Die  selben  zwen  mit  dem 
Schultheis  der  stat  groĂźer  insigel  yunhaben3)  sollen,  darczu  ir  iglicher 
einen  besundern  sloĂźel  haben  sal.  Was  dann  der  rat  domit  ver- 
sigeln heiĂźet,  das  sollen  die  selben  dry  thun.  Unde  umb  das  andir 
dein  insigel,  domit  sie  biĂźher  sendebrive4)  und  andere  geringe  sache 
versigelt  haben,  domit  sal  es  hinfur  auch  bliben  und  gehalten  werden, 
als  vorher,  ongeverde.  ||  Wann  auch  eyn  iglich  schulteiĂź  zu  Mey- 
ningen  unde  die  schöpfen  doselbest  gericht  besiezen,  so  sal  der 
schulteiĂź  ein  glicher  frager  sein  dem  armen  unde  dem  riehen5).  Unde 
geburt  dem  schulteiĂź  auch  urteil  zu  sprechen,  so  sal  er  doch  nicht 
ee  sprechen,  dann  offs  aUirleczte,  als  die  schöpfen  alle  gesprachen 
haben,  angeverde.  Und  sal  auch  einer  iglicher  parthy,  die  vor  ge- 
richt zu  schicken  haben,  wer  des  begert,  versigelt  Urkunde  geben 
mit  der  schöpfen  wißen,  die  do  zu  recht  gesprachen  haben,  in  red- 
licher') forme,  als  dann  ander  gericht  allen  enden  gewonheit  ist,  on- 
geverde. ||  Auch  seezen  wir,  daz  der  stat  amptlute7),  als  betmeister, 
Baumeister,  wynmeister  odir  wie  die  dann  heiĂźen,  wievil  der  ubir  eyn 
ampt  gesetzt  sein8),  miteinander  rechenung  thun  sollen,  odir  ir  einer 
mit  des  andirn  ganezen  kuntlichen  macht9).  ||  Wir  scheiden  auch, 
wann  ein  ynwonner  zu  Meyningen  buĂźfellig  wurdt,  darumb  dann 
die  burger  zu  pfenden  haben,  daz  solch  bĂĽĂźe  an  gemeynen  nuez  der 
stat  gefallen  sal 10).    Doch  mögen  sie  einem  iglichen  wol  gnade  unde 

1)  D.  i.  acht. 

2)  D.  i.  erfordern. 

3)  D.  i.  in  Verwahrung  und  Aufsicht  haben.  Aus  dem  Folgen- 
den ergibt  sich,  daß  der  (natürlich  im  Rathaus  befindliche)  Behälter 
oder  Aufbewahrungsraum  dieses  Stadtsiegels  mit  drei  Schlössern  ver- 
schlossen war. 

4)  D.  i.  gewöhnliche  Briefschaften. 

5)  D.  i.  so  soll  der  SchultheiĂź  die  Untersuchung  gegen  den 
Armen  in  gleicher  Weise  unparteiisch  fĂĽhren  wie  gegen  den  Reichen. 

6)  D.  i.  geziemender. 

7)  D.  i.  die  Inhaber  städtischer  Ämter.  Die  „Betmeister"  hatten 
die  dem  Landesherrn  zukommende  Jahressteuer  („Bete")  einzunehmen, 
die  „Baumeister"  waren  über  das  städtische  Bauwesen  gesetzt,  die 
„Weinmeister"  besorgten  die  Verwaltung  des  für  den  Ratskeller  und 
sonstigen  Bedarf  bestimmten  Weinlagers. 

8)  Wie  sich  aus  der  Bestimmung  ĂĽber  die  Rechnungslegung 
ergibt,  waren  es  deren  je  zwei. 

9)  D.  i.  oder  auch  nur  einer  von  ihnen,  dann  aber  mit  der  wohl- 
beglaubigten Vollmacht  seines  Amtsgenossen. 

lĂĽ)  D.  i.  wir  bestimmen  auch  fĂĽr  den  Fall,  wenn  ein  Einwohner 
zu  Meiningen  etwas  beginge,  worauf  eine  GeldbuĂźe  als  Strafe  gesetzt 


342  Beiträge  zur  innern  Geschichte 

fruntschaft  darynne  bewiĂźen,  nach  dem  und  die  sache  unde  geschieht 
an  ir  selbs  ist;  ußgenomen,  ab  icht  mit  urteyl  den  schöpfen1)  büß 
erteylt  wurde,  das  mögen  sie  halden  nach  iretn  willen 2).  Duchte  abir 
die  herschaft  odir  amptlute3),  das  gnade  darynne  zu  thun  were,  des 
eolten  sie  sich  nicht  wiedern,  sundern  sich  darynne  nach  rate4) 
fruntlich  erezeigen.  ||  Auch  seezen  wir,  das  furbas  die  schöpfen  nicht 
umb  geringe  ungeverliche  sache  die  lute  fellig  teylen 5)  sollen,  sundern 
wer  offin  berlich  unde  frevelich  das  gerichte  und  urteyler  straft6) 
odir  sust  solich  sache  beginge,  das7)  nit  gut  odir  nuez  were,  das 
ungestraft  zu  lassen.  Dorumb  mochten  sie  auch  bĂĽĂźe  teylen,  als 
das  alles  von  im  selbs  gotlich8)  unde  billich  ist;  unde  seezen  in  das 
auch  also  zu  iren  eiden 9),  die  sie  dem  gericht  gethan  haben.  ||  Es 
sollen  auch  der  rate  unde  bĂĽrgere  der  egenanten  stat  keynen  ver- 
wisen  an10)  der  herschaft  odir  der  amptlute11)  willen  unde  wort.  || 
Was  auch  geböte  zu  Meyningen  geschehen,  daruff  man  dann  büß 
seezt,  die  selben  bĂĽĂźe  die  amptlute11)  unde  der  rate  daselbest  haben12) 
unde  nydern  mögen,  darnach  sie  dunkt  das  der  sachen  notdorft  sy; 
darynn  dann  die  gemeinde  nichts  tragen 13)  nach  reden  sal,  angeverde. 
Unde  mitnamen  sal  man  das  fynnacht  fleiĂź  an  eyner  sundern  stat14) 
feyl  haben,  da  sich  yderman  wiĂźe  nach  czu  richten.  ||  Auch  als  man 
iglichem  schöpfen  off  sand  Mertins  abend 1B)  hat  geben  zwen  bemisch 16) 


ist,  und  die  (von  ihm  geschädigten)  Bürger  ihn  darum  (auf  frischer 
Tat)  pfänden  dürfen,  daß  solche  Buße  dem  Gemeinwohl  der  Stadt  zu- 
gute kommen  (also  nicht  in  die  Tasche  des  Pfandinhabers  flieĂźen)  soll. 

1)  Es  sollte  wohl  heißen :  „der  schöpfen". 

2)  D.  i.  in  solchem  Falle  mögen  sie  dem  Urteil  seinen  Lauf 
lassen. 

3)  D.  i.  wĂĽrde  aber  die  Landesherrschaft  oder  deren  Beamte 
(in  erster  Linie  ist  an  den  bischöflichen  Amtmann  in  Meiningen  ge- 
dacht) bedĂĽnken. 

4)  D.  i.  nach  dem  ihnen  (den  BĂĽrgern)  erteilten  Rat. 

5)  D.  i.  verurteilen. 

6)  D.  i.  miĂźachtet. 

7)  D.  i.  daĂź  es. 

8)  D.  i.  um  solcher  Dinge  willen  dĂĽrfen  sie  auch  BuĂźe  auf- 
erlegen, wie  das  alles  an  und  fĂĽr  sich  schicklich  (der  Ausdruck 
„gotlich"  steht  hier,  wie  auch  sonst  bisweilen,  offenbar  für 
„getelich"). 

9)  D.  i.  und  wir  verpflichten  sie,  auch  dies  auf  Grund  der 
Eide  zu  tun. 

10)  D.  i.  aus  der  Stadt  verweisen  ohne. 

11)  D.  i.  der  landesherrlichen  Beamten. 

12)  D.  i.  erhöhen.  Das  Wort  „haben",  das  sich  an  dieser  Stelle 
auch  in  einer  zweiten  Abschrift  der  Urkunde  von  ungefähr  gleichem 
Alter  vorfindet  (die  zwei  ĂĽbrigen ,  aus  der  Zeit  von  etwa  1470 
etammeuden  Abschriften  haben  dafür:  „hohen"),  steht  hier  für 
„heben". 

13)  D.  i.  einwenden. 

14)  D.  i.  und  zum  Beispiel  soll  man  das  finnige  Fleisch  an  einer 
besonderen  Stätte. 

15)  D.  i.  am  Tage  vor  Martini ,  also  am  10.  November.  Zu 
Martini  war  in  Meiningen  Ratswechsel. 

16)  Ein  „Böhmisch"  war  so  viel  wie  ein  Groschen. 


der  Stadt  Meiningen.  343 

unde  zwey  firtel1)  wins  und  dem  statschriber 2)  auch  sovil,  das  sal 
auch  furbas  also  besteen  und  gehalten  werden.  Unde  als  man  vor- 
mals den  echten,  die  von  der  gemeind  wegen  in  den  rate  gangen 
sein 3),  off  die  selben  czijt  iglichem  eyn  virtel  wins  geben  hat,  seczen 
wir,  das  man  nu  fürbaß  den  zwelfen  im  rate,  die  nit  schöpfen  sein, 
iglichem  eyn  virtel  wins  off  sand  Mertins  abend  geben  sal,  unde  den 
Btatknechten  sal  man  geben,  als  vorher  komen  ist4).  ||  Als  man  dan 
vormals  iglichem  im  rate  zu  wyhnachten  hat  geben  eiu  crisbrot5) 
und  zehen  groschen  zu  opphergelte6),  der  doczumal  newer  zwelf  im 
rate  gewest7)  unde  nu  virundczwenczig  sein,  darumb  scheiden  unde 
seczen  wir,  das  man  nu  fĂĽrbaĂź  mer  iglichem  im  rate  zu  wihnachten 
ein  crisbrot  geben  sal,  das  ubir  vir  groschen  ungeverlich  nicht  wert 
sie,  unde  dem  schriber  auch  eins,  und  darczu  iglichem  schöpfen  unde 
dem  schriber  fĂĽnf  groschen  zu  opfergelt.  Unde  den  amptluten8) 
sal  man  auch  crisbrot  geben,  als  obgeschriben  stet,  den  fry boten 
unde  knechten 9),  als  vorher  komen  ist.  ||  Auch  wann  die  amptlute 
der  stat  rechnen10),  so  sal  man  iglichem  im  rate,  die  doby  gegen- 
wertig sein,  einen  behemischen  groĂźen11)  unde  dem  schulteĂźen,  den 
amptluten,  die  alsdann  die  rechenung  thun,  und  dem  schriber  zwen 
behemisch  geben.  ||  Unde  wann  man  das  ungelt  rechent  unde 
nympt12),  so  sal  man  den  schöpfen  und  den  im  rate  kein  gelt 
geben,  sundern  so  vil  wins,  als  sie  bie  der  rechenung  ungeverlich 
trinken,  davon13)  beczalen.  Den  schribern  und  knechten  sal  abir 
daran  werden  ir  recht,  als  das  herkomen  ist.  ||  Unde  als  man  zu 
ostern  den  schöpfen  unde  den  im  rate  auch  opfergelt  geben  hat,  das 
scheiden  wir  auch  abe'4).  Sundern  mit  dem  schriber  und  knechten 
sal  man  es  domit  halten,  als  vor  gewonlich  gewest  ist,  angeverde.  || 
Unde  als  die  zwelf  schöpfen  meinen,  das  iglicher  vorher  macht  habe 
gehabt,  ein  gancz  gebreu  birs  zu  thun ib),  er  habe  behusung  odir  nicht 1B), 


1)  D.  i.  Viertelskanne,  ViertelsmaĂź. 

2)  So  haben  übereinstimmend  die  beiden  älteren  und  die  eine 
der  beiden  jüngeren  Abschriften;  die  vierte  hat:  „schultheisen". 

3)  D.  i.  den  achten,  die  als  Vertreter  der  Gemeinde  an  den 
Sitzungen  des  Rats  (vormals)  teilgenommen  haben. 

4)  D.  i.  wie  es  von  frĂĽher  Herkommen  ist. 

5)  D.  i.  Christbrot,  Weihnachtsstollen. 

6)  Unter  „Opfergeld"  verstand  man  ein  Geldgeschenk,  das  ein 
Fürst  oder  Stadtrat  an  hohen  kirchlichen  Festen,  hauptsächlich  zu 
Weihnachten,  seinen  Beamten  und  Dienern  zu  geben  pflegte. 

7)  D.  i.  deren  (abhängig  von  „iglichem  im  radt")  es  damals 
nur  zwölf  im  Rate  gab. 

8)  D.  i.  den  oben  angeführten  städtischen  Beamten. 

9)  D.  i.  den  Gerichts-  und  Stadtdienern. 

10)  D.  i.   ĂĽber  die  Verwaltung  ihrer  Amter  Rechnung  ablegen. 

11)  D.  i.  Groschen. 

12)  D.  i.  und  wenn  man  die  Abgabe  vom  Getränk,  d.  h.  von 
Bier  und  Wein,  einnimmt  und  Rechnung  darĂĽber  legt. 

13)  D.  i.  von  dem  eingenommenen  Ungeld. 

14)  D.  i.  das  schaffen  wir  mit  diesem  Vergleich  ebenfalls  ab. 

15)  D.  i.  brauen. 

16)  Das  Braurecht  der  Bürger  ruhte  auf  ihren  Häusern.  Ea 
iet  auffällig,  daß  in  Meiningen  auch  Bürger,  die  kein  Haus  besaßen, 
den  Schöffen  und  somit  dem  Rate  angehören  konnten. 


344  Beiträge  zur  innern  Geschichte 

unde  das  sie  auch  nicht  fuerstete1)  geben  haben ,  sprechen  und 
scheiden  wir,  das  sie  das  nĂĽ  im  rate  seczen  und  machen  sollen, 
das  glich  sy2)  unde  der  stat  allir  unschedelichst,  angeverde.  I  Wir 
sprechen  und  scheiden  auch  umb  alle  andere  zuspruche*),  stucke 
und  artickel,  die  sie  dann  uns  beschriben4)  geben  haben,  die  dann 
die  bĂĽrgere  zu  Meyningen  besunder  gein  einandir  anruren,  unde 
myt  Damen  5)  als  Diczel  Ăźapp  von  gewichtes  wegen  geclagt  hat,  das 
er  des  zu  schaden  komen  sy6),  darynn  er  dann  die  schöpfen,  die 
doczumal  des  rates  woren7),  schuldigt8),  das9)  die  selben  alle,  die 
dann  sollich  spruch  gein  einandir  anruren  ungeverlichen,  zu  Mey- 
ningen sein  sollen  uff  den  nehsten  montag  nach  sand  Symon  und 
Jude  tag10)  und,  wes  sie  dann  einandir  an  rede  nicht  gelaßen  mögen, 
alsdann  einandir  zusprechen11).  Da  fĂĽr12)  in  off  den  selben  tag  ein 
erber13)  redelich  recht'4)  beseczen  wollen.  Unde  was  dann  die  da 
nach  zusprachen  und  antwort15)  mit  recht  erfunden  und  erkant 
wirdet  von  den,  die  am  recht14)  siezen  werden,  odir  dem  mererteyl, 
dabie  solle  es  blybe  und  von  in  genczlichen  gehalten  unde  volfurt 
werden.  Was  auch  dann  frager  und  urteyler,  die  am  rechten  seĂźen, 
unredeliche  spruche  dughte16),  die  sie  gein  einandir  hetten,  die  sollen 


1)  D.  i.  die  Abgabe,  die  von  den  Feuerstätten  entrichtet  werden 
muĂźte. 

2)  D.  i.  daĂź  es  mit  dem  einen  so  gehalten  werde  wie  mit  dem 
andern.  Die  unmittelbar  folgenden  Worte  zeigen,  daĂź  die  hier  be- 
rührten vermeintlichen  Vorrechte  der  Schöffen  beseitigt  werden  sollten. 

3)  D.  i.  Klagpunkte. 

4)  D.  i.  schriftlich. 

5)  D.  i.  zum  Beispiel. 

6)  Entweder  hatte  er  gegen  einen  MitbĂĽrger  Klage  gefĂĽhrt, 
daĂź  er  von  diesem  mit  unrichtigem  Gewicht  ĂĽbervorteilt  worden  sei, 
oder  man  hatte  ihn  selbst  eines  solchen  Vergehens  bezichtigt. 

7)  D.  i.  dem  Rate  angehörten,  Mitglieder  des  Rates  waren. 

8)  Die  Vorlage  hat  „schuldig",  die  drei  andern  Abschriften 
haben  zum  Teil  (zwei)  „schuldigt",  zum  Teil  (eine)  „schuldiget". 

9)  Der  hier  beginnende  Nebensatz  hängt  ab  von  den  Worten 
„Wir  sprechen  und  scheiden  auch".  Im  darauf  folgenden  Relativ- 
satz ist  „die"  Objekt,  „sollich  spruch"  Subjekt. 

10)  D.  i.  am  30.  Oktober. 

11)  D.  i.  und  daĂź  sie  das,  worin  sie  ohne  gerichtliche  Verhand- 
lung einander  nicht  (das  „nicht"  fehlt  in  der  Vorlage,  findet  sich 
aber  in  den  übrigen  drei  Abschriften  der  Urkunde)  nachgeben  mögen, 
alsdann  vor  Gericht  gegeneinander  vorbringen. 

12)  So  hat  die  Vorlage  und  die  ungefähr  gleichalterige  Abschrift. 
Die  beiden  andern  Abschriften  haben :  „da  wir".  Im  Original  stand 
jedenfalls,  wie  oben,  und  zwar  mit  versehentlicher  Weglassung  des 
„wir"  nach  „für". 

13)  Die  Vorlage  hat  fehlerhaft  „erbir". 

14)  D.  i.  Gericht. 

15)  D.  i.  nach  Rede  und  Gegenrede  (Klage  und  Verantwortung) 
der  Parteien. 

16)  D.  i.  alle  diejenigen  Beschwerden,  die  den  Richtern,  mögen 
sie  nun  das  Verhör  anstellen  („fragen")  oder  das  Urteil  fällen,  als 
unbillig  erscheinen. 


der  Stadt  Meiningen.  345 

macht  haben  die  abczuthun1),  die  alsdann  auch  ab  sein  und  nicht 
mer  vorgeczogen  werden  sollen,  angeverde.  ||  Unde  nemlich  scheyden 
unde  seczen  wir,  das  die  gancz  gemeine  zu  Meyningen  dem  rate 
daselbest  in  redelichen  billigen  sachen  gehorsam  und  gefallig  sein 
sollen,  als  in  andern  unsers  stiftes  steten,  widderumb  der  rate  der 
gemeyne  getrulichen  zu  dem  besten  vorstehe  und  sein2)  sollen,  als 
sy  in  des  phlichtig  sein.  ||  Und  in  allen  disen  obgeschriben  stucken 
und  artickeln  behalten  wir  uns  und  unsern  nachkonien  s)  gancz  volen- 
macht4),  zu  mynnern,  zu  meren,  zu  verandern,  davon  und  darczu 
zu  thun,  nach  dem  uns  dunkt,  das  es  uns,  unserm  stift  und  der 
egenanten  stat  allernuczlichst  und  bequemlich6)  sie,  angeverde.  ||  Und 
off  disen  unsern  uĂźspruch  sal  aller  unwille  und  zweytracht  zwiĂźen 
dem  obgenanten  rat  und  der  gemeyne  zu  Meyningen  gancz  und 
alierdinge  abe  unde  hingeleyt6)  sein  und  dhein  7)  parthy  sal  das  gein 
der  andern  in  arg  nicht  mer  furnemen,  anden  nach  efern8)  in  keyne- 
wiĂźe,  an  alles  geverde.  Und  wer  das  kuntlichen  ubirfure9)  und 
ufilauft  odir  zweytrach  zwischen  uns,  unserm  gewalt10),  dem  rate 
und  der  gemeyn  mechte  odir  understunde  zu  machen ,  der  solt 
bruchig11)  und  ungehorsam  gehalten  werden;  unde  wir  und  unser 
nachkomen  wolten  den  odir  die  swerlichen  12)  darumb  straffen.  ||  Zu 
Urkunde  ist  unser  insigel  an  disen  briff  gehangen,  der  gegeben  ist 
am  dunerstag  des  heiligen  cruczs  tag  exaltacionis  nach  unsers  hern 
Cristi  geburt  virczehunder  jar  und  dar  nach  in  dem  virundczwen- 
cigisten  jar." 

Es  ist  schade,  daĂź  die  von  der  Gemeinde  gegen  den 
Rat  und  umgekehrt  damals  vorgebrachten  Klagen  nicht 
erhalten  sind.  Aber  aus  den  Zeilen  vorstehender  Urkunde 
kann  man  lesen,  welcher  Art  sie  waren,  und  daĂź  sich  die 
Gemeinde  gegen  den  Rat  weit  mehr  zu  beschweren  hatte, 
als  der  Rat  gegen  die  Gemeinde.  Somit  ersetzt  die  Ur- 
kunde die  fehlenden  zugehörigen  Akten  wenigstens  zum 
Teil.  Sie  bietet  aber  auch  bis  zu  einem  gewissen  Grade 
Ersatz  für  die  sonst  größtenteils  fehlenden  Nachrichten 
ĂĽber  die  damalige  Verfassung  der  Stadt  Meiningen. 


1)  D.  i.  die  sollen  sie  befugt  sein  für  nichtig  zu  erklären. 

2)  Zu  „sein"  gehört  auch  das  „vor"  in  „vorstehe". 

3)  D.  i.  Amtsnachfolgern. 

4)  Die  Vorlage  hat  „volenmach". 

5)  D.  i.  tauglich. 

6)  D.  i.  aus  dem  Wege  geräumt  („ab-  und  hingelegt"). 

7)  D.  i.  keine. 

8)  D.  i.  noch  rächen. 

9)  D.  i.  nachweislich  überträte. 

10)  D.  i.  Gewalthaber,  Stellvertreter  oder  Bevollmächtigten. 

11)  D.  i.  fĂĽr  wortbrĂĽchig. 

12)  D.  i.  mit  aller  Schwere. 


346  Beiträge  zur  innern  Geschichte 

Von  dieser  Verfassung  war  schon  bisher  bekannt,  daĂź 
die  oberste  städtische  Gewalt  in  den  Händen  des  Schult- 
heiĂźen lag,  dem  der  Rat  mitsamt  den  zwar  in  obiger  Ur- 
kunde nicht  erwähnten,  jedoch  durch  andere  Urkunden 
auch  für  die  nämliche  Zeit  bezeugten  Bürgermeistern  unter- 
geordnet war.  Dagegen  erfahren  wir  nur  durch  unsere 
Urkunde,  daĂź  der  gesamte  Rat  zu  Meiningen  bis  zu  einem 
nicht  näher  bestimmbaren  Zeitpunkt  vor  dem  Jahr  1424 
aus  zwölf,  damals  aber  aus  vierundzwanzig  Ratsherren  be- 
stand, von  denen  die  Hälfte  die  Gerichtsschöffen  waren, 
die  unter  dem  Vorsitz  des  SchultheiĂźen  das  Stadtgericht 
bildeten.  Wahrscheinlich  wechselten  sie  darin  nach  Ab- 
lauf eines  städtischen  Verwaltungsjahres  mit  den  andern 
zwölf  Ratsherren  ab. 

Ferner  ersehen  wir  aus  der  Urkunde,  daĂź  bis  zu  der 
von  Bischof  Johannes  vollzogenen  Schlichtung  der  Streitig- 
keiten acht  BĂĽrger  aus  der  Gemeinde  an  den  Ratssitzungen, 
wenngleich  wohl  nicht  an  sämtlichen ,  als  Vertreter  der 
Gemeinde  teilgenommen  hatten.  (Ahnliches  war  auch  in 
andern  Städten  der  Fall.)  Zugleich  erfahren  wir,  daß 
diese  gewiĂź  althergebrachte  Gepflogenheit  damals  vom 
Bischof  aufgehoben  wurde  mit  der  Bestimmung,  daĂź  in 
Zukunft  der  Rat  aus  seiner  Mitte  acht  Viertelsmeister 
wähle,  für  jedes  Stadtviertel  zwei,  von  denen  der  eine  den 
Schöffen,  der  andere  den  übrigen  Ratsherren  angehören 
sollte.  Und  diese  acht  Viertelsmeister  sollten  das  Recht 
haben,  zu  besonders  wichtigen  Sitzungen  des  Rates  die- 
jenigen BĂĽrger  aus  der  Gemeinde,  die  nach  ihrer  Ăśber- 
zeugung die  erfahrensten  und  einsichtsvollsten  waren,  als 
Mitberater  zu  erfordern.  Die  Wahl  der  acht  Viertels- 
meister erfolgte  jedenfalls  alljährlich  unmittelbar  nach  dem 
Ratswechsel1). 


1)  Im  Jahre  1550  stellte  der  damalige  Landesherr  von  Meiningen, 
Graf  Wilhelm  zu  Henneberg,  vier  ständige  Viertelsmeister  daselbst 
an,   während  die  übrigen  (Johann  Sebastian  Güth  spricht  in  seiner 


der  Stadt  Meiningen.  347 

Die  in  der  Urkunde  angeführten  städtischen  Beamten 
(„Amtleute"),  wie  die  Bet-,  Bau-  und  Weinmeister,  gehörten 
vor  dem  Erlaß  der  Urkunde  wohl  nur  zur  Hälfte  dem 
Rat,  zur  andern  Hälfte  den  Vertretern  der  Gemeinde  an. 
Wenigstens  war  solches  anderwärts  der  Fall.  Durch  den 
vom  Bischof  ausgesprochenen  Schied  aber  wurde  der  Ge- 
meinde das  Recht  einer  ständigen  Beteiligung  an  den 
Rechtsgeschäften  genommen.  Denn  weil  „die  acht  aus  der 
Gemeinde"  durch  acht  aus  dem  Rat  gewählte  Viertels- 
meister ersetzt  wurden,  so  fielen  die  städtischen  Ämter  aus- 
schlieĂźlich Mitgliedern  des  Rates  zu,  und  die  Gemeinde  war 
von  der  städtischen  Verwaltung  so  gut  wie  völlig  aus- 
geschlossen. Die  gelegentliche  Heranziehung  von  BĂĽrgern 
aus  der  Gemeinde  zu  besonders  wichtigen  Ratssitzungen, 
wie  sie  durch  den  Schied  in  Aussicht  gestellt  war,  hing 
ja  doch  nur  von  dem  guten  Willen  der  Viertelsmeister  und 
schlieĂźlich  des  Rates  im  allgemeinen  ab. 

Zeigt  schon  diese  Beseitigung  eines  wichtigen  Rechtes 
der  Gemeinde,  daĂź  der  Bischof  trotz  allen  Anscheins  von 
Unparteilichkeit  im  Grunde  genommen  fĂĽr  den  Rat  der 
Stadt  Meiningen  Partei  ergriff  und  dessen  Macht  auf  Kosten 
der  Gemeinde  zu  stärken  beflissen  war,  so  wird  dies  noch 
durch  einen  andern  Umstand  bezeugt.  In  dem  Schied  ist 
zwar  davon  die  Rede,  daĂź  hĂĽben  und  drĂĽben  aller  Hader 
beigelegt  sein  solle  und  keine  Partei  der  andern  noch 
etwas  vorwerfen  dĂĽrfe.  Aber  die  Urkunde  verschweigt, 
daĂź  der  Bischof  einige  BĂĽrger  aus  der  Gemeinde,  die  ihm 
als  die  Anstifter  der  gegen  den  Rat  gerichteten  Bewegung 
bezeichnet  worden  waren,  mit  Verbannung  aus  der  Stadt 
bestraft  hatte.     DarĂĽber  liegt  folgende  Urkunde  vor1). 


Poligraphia  Meiningensis,   S.  247,  nur  von  dreien,   „so  vorhero  ge- 
meine Aempter  tragen  helffen")  abgeschafft  wurden. 

1)  Nach  dem  Wortlaut  der  Abschrift  im  Kopialbuch  „Liber 
primus  diversarum  formarum.  Joh.  de  Brun".  Blatt  151b.  König- 
liches Kreisarchiv  zu  WĂĽrzburg. 


348  Beiträge  zur  innern  Geschichte 

„Wir  Johanns  etc1)  tun  kunt  allermeniclichen:  Als  sich  vor- 
mals etliche  unwille  und  zwitrecht  zwischen  dem  rat  und  der  ge- 
mein unser  stat  zu  Meyningen  uferstanden  und  verloffen  hat,  dar- 
umb  wir  uf  etliche  uĂź  der  gemein  bewegt  waren2),  die  derselben 
unser  stat  zu  verwisen B),  die  dann  solcher  zwitracht  anheber  und 
ursach  gewest  solten  sein,  haben  wir  uns  eigentlich  erfaren4)  und 
sind  des  zu  guter  maĂź6)  berichtet,  das  dieselben  unser  burger  solchen 
handel  und  Sachen  umb  dheinerley  untat  willen,  uns  oder  unserm 
etift  zu  schaden,  nicht  angefangen  noch  begangen  haben,  eundern  in 
grosser  einfeltigheit  und  auch  von  etlicher  sache  wegen,  die  sie  darzu 
bracht  hat,  darzu  komen  sein  und  von  der  ganzen  gemein  wegen 
das  getan  haben.  Des  haben  wir  bedacht  solche  ire  einfeltigheit 
und  auch,  uf  das  sie  uns  und  unserm  stift  hinfur  dester  gehorsamer 
und  williger  sein,  und  auch  sunderliche  bethe6),  die  von  unsern  reten, 
auch  der  ganzen  gemein  zu  Meiningen  und  andern  luten  zum 
dickermal  an  uns  kumen  sein,  und  haben  sie  solchs  verwisen» 
genzlich  derlassen  und  in  das  vergeben 7),  also  das  sie  furbas  da- 
selbst zu  Meiningen  sollen  und  mögen  hußlich  sitzen,  wonen  und 
darinn  bliben.  Und  wollen  auch,  das  in  solch  vorgenant  sache 
hinfur  von  nyemands  erglich  u f gehaben  8)  oder9)  von  yemands  dar- 
umb  dester  unredlicher  gehalten  werden  sollen,  ongeverde.  Zu  Ur- 
kunde etc.  Datum  dominica  post  Viti  anno  etc.  vicesimo  quinto" 10). 

Auch  aus  diesen  Worten  spricht  scheinbar  Gerechtig- 
keitsgefĂĽhl und  Wohlwollen.  Bedenkt  man  aber,  daĂź 
zwischen  der  Schlichtung  des  BĂĽrgerzwistes  und  dem 
Datum  der  eben  mitgeteilten  Urkunde  ganze  neun  Monate 
lagen,  so  erscheint  der  Gnadenakt  in  einem  andern  Licht. 
Die  vom  Bischof  aus  der  Stadt  verbannten  BĂĽrger  waren 
schwer  genug  dadurch  bestraft,  daĂź  sie  fĂĽr  ihr  freimĂĽtiges, 
jedenfalls  wohlbegrĂĽndetes  Auftreten  ĂĽberhaupt  in  die  Ver- 
bannung hatten  gehen  mĂĽssen.  Aber  noch  schlimmer  war  es 
fĂĽr  sie,  daĂź  der  Bischof  den  wiederholten  Vorstellungen  seiner 
Räte  und  den  wiederholten  Bitten  der  Gemeinde  zu  Meiningen 
erst  so  spät  Gehör  schenkte,  obwohl  er  doch  selbst  zugab, 
daß  die  von  ihm  gemaßregelten  Männer  „auch  von  etlicher 


1)  Zu  ergänzen   ist:   von  Gottes  Gnaden  Bischof  zu  Würzbarg. 

2)  D.  i.  erzĂĽrnt  und  dadurch  bewogen  waren. 

3)  Die  Vorlage  hat  fehlerhaft:  bewisen. 

4)  D.  i.  erkundigt. 

5)  D.  i.  genĂĽgend. 

6)  D.  i.  die  besondere  Bitte. 

7)  Die  Vorlage  hat  fehlerhaft:  dergeben. 

8)  D.  i.  böswillig  vorgeworfen. 

9)  Hier  ist  zu  ergänzen :  daß  sie  (die  jetzt  Begnadigten). 
10)  D.  i.  am  17.  Juni  1425. 


der  Stadt  Meiningen.  349 

sache  wegen,  die  sie  darzu  bracht  hat",  also  jedenfalls  infolge 
ungesetzlicher  Handlungen  des  Rates,  und  zudem  der  ganzen 
Gemeinde  zugute  sich  gegen  den  Rat  aufgelehnt  hatten. 
Der  ganze  Verlauf  dieser  Dinge  beweist,  daĂź  Bischof  Jo- 
hannes auch  in  dieser  Angelegenheit  seine  zu  WillkĂĽr- 
herrschaft und  Ungerechtigkeit  geneigte  Natur  nicht  ver- 
leugnete. 

2.  Die  Peststellung  einiger  landesherrlichen  und  städti- 
schen Rechte  zu  Meiningen  im  Jahre  1479. 

Unmittelbar   nach  dem  Brande,    der  in  der  Nacht  des 

27.  Mai    1478    fast    den    ganzen    bei    der    Feuersbrunst    am 

28.  März  1475  verschonten  Teil  der  Stadt  Meiningen  ver- 
nichtete, hatte  sich  die  dortige  Gemeinde  gegen  ihren 
Schultheißen  und  den  Rat  empört.  Aber  wenige  Tage 
darauf  brachte  Graf  Wilhelm  zu  Henneberg  als  damaliger 
Pfandherr  von  Meiningen  und  der  von  dem  eigentlichen 
Landesherrn  der  Stadt,  Bischof  Rudolf  zu  WĂĽrzburg,  dazu 
entbotene  WĂĽrzburger  Domherr  Balthasar  von  der  Kehre 
die  Bürgerschaft  dahin,  daß  sie  ihre  seitherige  städtische 
Behörde  wieder  anerkannte  und  die  Entscheidung  über  ihre 
Beschwerden  und  Wünsche  in  die  Hände  des  Bischofs 
oder  seiner  Bevollmächtigten  und  in  die  des  Grafen  Wil- 
helm legte 1).  Ăśber  den  Verlauf  dieser  Sache  wissen  wir 
nichts.  Aber  Nachklänge  derselben  sind  wohl  die  nach- 
stehend veröffentlichten  Abmachungen  vom  17.  März  1479, 
deren  Konzept  im  Gemeinschaftlichen  Hennebergischen 
Archiv  (Sectio  VI  C)  enthalten  ist. 

„Item  so  ein  ainptman  von  der  hern  wegen  mit  einem  burger 
umb  begangen  hendel  zu  thun  gewönne2),  denselben  mocht  der 
amptman  auf  der  Strassen  odir  in  burgershusern,  wo  er  den  gehabin 


1)  Vergl.  Johann  Sebastian  GĂĽth,  Poligraphia  Meiningensis, 
S.  190,  und  meinen  Aufsatz  „Der  Aufstand  zu  Meiningen  im  Jahre 
1478"  im  Meininger  Tageblatt  vom  13.  März  1910. 

2)  D.  i.  Wenn  ein  landesherrlicher  Amtmann  (zu  Meiningen) 
im  Namen  der  Landesherren  gegen  einen  BĂĽrger  wegen  eines  von 
ihm  begangenen  Vergehens  einzuschreiten  AnlaĂź  hat. 

XXVIII.  23 


350  Beiträge  zur  innern  Geschichte 

mochr,  zu  heften  nemen1).  Ob  abir  derselbe  zum  rechten  furstandt 
gehabin  mocht,  der  solt  dabei  bleiben2),  in  der  gestalt,  so  der  handel 
sich  am  zentgericht  auĂź  zu  tragen  gebĂĽrt,  das  solt  daselbst  gescheen  ; 
desglichin,  was  abir  vor  dem  radt  mit  recht  geburt,  dabey  solt  es 
auch  bliben.  Dermassen  sol  es  mit  den  auĂźwertigen  umb  frevel  und 
ubirfarunge  auch  gehalten  werden. 

Item  so  einer  im  radt  mit  tode  verschide  odir  sunst  auĂź  alter 
odir  unvermoglichkeydt,  odir  in  welchirgestalt  das  geschee,  abgesaczt 
wĂĽrde,  alsdann  sollen  die  andern  des  rats  vir  tuglich  personn  auf  ir 
eyde  und  gewissen ,  die  sie  nĂĽcze  und  bequeme  deucht  sein,  be- 
nennen und  dieselbin  fĂĽr  die  herschaft  brengen 3),  die  alsdann 
macht  haben4),  einen  zu  einem  zweifer5)  darauĂź  zu  nemen.  Wo 
abir  die  herschaft  wolt  bedunken,  daĂź  sie  auĂź  den  benanten  viren 
nicht  einen,  der  tuglich6)  gehalten  würde,  finden  mögen,  aldann 
sollen  der  gedacht  radt  andir  vir  auĂź  irer  stat  in  vor  gemelter  maĂź 
benennen,  aufzeichen  und  der  herschaft  fĂĽrhalten,  die  alsdann  einen 
auĂź  den  viren  zu  zweifer  annemen  sollen. 

Item  umb  das  instrument,  darinn  sie  in  selbert  freyhung  an 
verwilligunge  der  hern  zugezogen  haben  7),  sollich  instrument  sal  uns 
von  in  ubirgebin  werden8),  doch  in  der  gestalt,  das  in  ire  freyheit 
und  alt  herkomen,  was  sie  der  von  billichkeit  und  rechtes  wegen  habin, 
damit  nicht  benomen  sein  sollen. 

Item  das  geleydt  sol  von  der  herschaft  wegen9)  durch  einen 
amptman  odir  schul theisen  gebin  werden.  Doch  welcher  amptman 
sollich  geleidt  von  der  herschaft  wegen  geben  wurde,  das  sal  derselbe 
dem  andern10)  zu  wissen  thĂĽn. 


1)  D.  i.  verhaften. 

2)  D.  i.  wenn  aber  dieser  fĂĽr  seine  Innehaltung  des  Rechts- 
weges Bürgen  stellen  könnte,  so  soll  ihm  das  zugute  kommen. 

3)  D.  i.  alsdann  sollen  die  ĂĽbrigen  Ratsherren  vier  taugliche 
Personen,  von  denen  sie  ĂĽberzeugt  sind,  daĂź  sie  dazu  nĂĽtz  und  pas- 
send seien,  auf  ihren  Eid  und  Gewissen  benennen  und  der  Herrschaft 
vorschlagen. 

4)  Gegenüber  der  Einzahl  des  Subjektes  steht  das  Prädikat  in 
der  Mehrzahl,  weil  „die  Herrschaft"  für  „die  Herren",  d.  i.  die 
Landesherren,  steht.  In  ähnlicher  Weise  ist  weiterhin  „der  Rat" 
mit  einem  im  Plural  stehenden  Prädikat  verbunden. 

5)  „Zwölfer"  hießen  die  24  Ratsherren  zu  Meiningen,  weil  immer 
nur  zwölf  von  ihnen  die  laufenden  Ratsgeschäfte  besorgten. 

6)  D.  i.  fĂĽr  tauglich. 

7)  D.  i.  Was  die  Urkunde  betrifft,  worin  sich  die  Meininger 
selber,  ohne  Genehmigung  der  Landesherren,  Freiheiten  zugesprochen 
haben. 

8)  Mit  der  Aushändigung  der  Urkunde  an  die  Landesherren 
wurde  ihre  Ungiltigkeit  zugestanden. 

9)  D.  i.  im  Namen  der  Landesherren. 

10)  D.  i.  dem  andern  Amtmann.  Daraus  ergibt  sich,  daĂź  zu 
jener  Zeit  zwei  Amtmänner,  ein  würzburgischer  und  ein  henne- 
bergischer,  in  Meiningen  waren. 


der  Stadt  Meiningen.  351 

Item  das  der  merteil  des  rats  im  rechten  und  ausserhalb  des 
rechten  mitsampt  dem  zusacze  in  allen  sachen  beslisĂźlichen  zu 
handeln  haben  1). 

Item  umb  die  burgers  sone,  so  die  sechzehin  jar  alt  werden, 
sollen  sie  pflicht  thĂĽn2),  den  hern  und  der  stadt  getreuwe,  gewere 
und  gehorsam  zu  sein,  sundern  sich  an  recht  in  derselben  stat  umb 
begangen  handel  benĂĽgen  zu  lassen 8).  Desglichin  sollen  die  dinst- 
knecht  auch  thun." 

Das  Blatt,  auf  dem  sich  diese  Aufzeichnungen  be- 
finden, trägt  noch  den  Vermerk : 

„Meyningen  uff  mitwochen  noch  oculi  gehandelt  im  lxxix  jar." 


3.   Die  Meininger  Gerichtsordnung  vom  Jahre  1490. 

Gleichfalls  im  Gemeinschaftlichen  Hennebergischen 
Archiv  (Sectio  VI  C)  hat  sich  die  Abschrift  einer  kurz  vor 
dem  28.  November  1490  zwischen  dem  damaligen  Amtmann 
zu  Meiningen,  Bernhard  vom  Berge,  dem  dortigen  Schult- 
heiĂź, Rat  und  den  acht  Viertelsmeistern  vereinbarten  Ge- 
richtsordnung fĂĽr  Meiningen  erhalten,  deren  Wortlaut  im 
folgenden  zum  Abdruck  gelangt. 

„Mit  wissen,  gunst  und  auß  rath  unser  genedigen  hern 4)  habin 
wir,  Bernhart  vom  Berge,  amptman,  schulteis,  burgermeister,  rath 
und  achte5)  durch  ansehunge  Ursachen  und  beschwerunge,  so  vor- 
mals auĂź  zerunge  der  statgericht  auf  eine  gemeine  stat  gangen  ist6), 
auch  maniche  leichtfertige  sachen  furgenomen  7),  und  sunderlich  umb 
bekentliche  und  kuntliche  schulde,  einer  den  andern   in   langer  zeit 


1)  D.  i.  daĂź  dem  Rat  das  Recht  zustehen  soll,  mit  Stimmen- 
mehrheit in  allen  gerichtlichen  und  auĂźergerichtlichen  Angelegen- 
heiten gemeinschaftlich  mit  dem  Beisitzer  BeschlĂĽsse  zu  fassen. 
Der  Beisitzer  („Zusatz")  wurde  wohl  von  den  Landesherren  er- 
nannt. 

2)  D.  i.  sich  eidlich  verpflichten. 

3)  D.  i.  insbesondere  bei  Vergehen  sich  den  Entscheidungen 
des  Stadtgerichtes  zu  unterwerfen. 

4)  Mit  den  „gnädigen  Herren"  ist  Bischof  Rudolf  von  Würz- 
burg und  die  damalige  Regentin  der  Grafschaft  Henneberg-Schleu- 
singen, Gräfin  Margareta  zu  Henneberg,  gemeint. 

5)  Hier  ist  zu  ergänzen:  zu  Meiningen.  Hinsichtlich  der  „acht" 
vergl.  oben  S.  340,  341  und  346. 

6)  D.  i.  in  Anbetracht  verschiedener  Ursachen  und  namentlich 
der  Ausgaben,  die  seither  infolge  der  Stadtgerichtskosten  die  BĂĽrger- 
schaft bedrĂĽckten. 

7)  D.  i.  auch  weil  manche  geringfĂĽgige  Sachen  von  dem  Stadt- 
gericht verhandelt  wurden. 

23* 


352  Beiträge  zur  innern  Geschichte 

nicht  erfordern  hat  mögen1),  dodurch  wir  haben  erkent,  das  einer 
gemeinen  stadt  und  dem  volke  bey  uns  mergklicher  schade  kommen 
ist,  und  uns  bey  andern  steten  der  hilfe  und  irer  gerichtshendel, 
nemlich  bey  den  vone  Murstatt,  Neuestat,  Konichshoven  und  Meiler- 
stadt, erfaren 2).  Solliche  obgemelte  kosten ,  zerunge  und  scheden 
vermyden  wurden,  habin  wir  aus  iglicheni  und  auch  unserm  alt- 
herkommen stucke  genommen,  das  solliche  unmogĂĽche  kosten  und 
scheden  gemeiner  Stadt  und  unser  burger  einer  den  andern  dester 
eher  ermanen  möge,  ein  hilfe  und  gerichtssatzunge  geordent8),  wie 
von  stucke  zu  stucken  hirnach  folget. 

Zum  ersten  sol  es  nun  hinfurter  umb  kuntliche  oder  bekent- 
liche  schulde  also  gehalten  und  geholfen4)  werden  von  der  hern  und 
der  stadt  wegen5),  das  ein  schulteis  und  ein  burgermeister  von  den 
schepfen  des  rathsi;)  off  des  clegers  furbringen  macht  haben  sollen, 
zu  helfen  ane  alle  gericht  und  notrecht7).  Was  aber  der  schulde 
were  unter  einem  halbin  gĂĽlden,  solte  es  mit  der  hilfe  bestehen8), 
wie  von  alter  her  kommen;  das  ist  also,  das  der  schulteis  allein 
darurab  zu  helfen  hat. 

Item  es  sal  auch  ein  iglicher  burger,  der  gerichtlich  ein  erste 
clage  zu  einem  andern  nemen  wil,  und  eher  ime  dieselbigen  sein 
erste  clage  vergönnet  wirt9),  sol  vor10)  in  das  gericht  drei  pfenning 
zu  claggelt  geben.  Der  seibin  pfenning  einer  sol  dem  schreiber11) 
von  der  clage  einzuschreiben,  die  andern  zwene  dem  gerichte12). 


1)  D.  i.  und  namentĂĽch  in  betreff  zugestandener  und  nach- 
gewiesener Schuld forderungen,  derentwegen  einer  den  andern  lange 
Zeit  nicht  vor  Gericht  fordern  konnte. 

2)  D.  i.  und  (abhängig  von  „dadurch  wir  haben")  uns  bei 
andern  Städten,  nämlich  bei  dem  Rat  von  Münnerstadt,  Neustadt 
(an  der  Saale),  Königshofen  (im  Grabfelde)  und  Mellrichstadt  wegen 
Handhabung  der  (ohne  GerichtsbeschluĂź  vollstreckbaren)  Hilfe  und 
ihrer  Gerichtsverhandlungen  erkundigt. 

3)  D.  i.  Damit  solche  Kosten,  Aufwände  und  Schäden,  von 
denen  oben  die  Rede  war,  vermieden  wĂĽrden,  haben  wir  aus  dem 
althergebrachten  Recht  der  genannten  Städte  und  auch  aus  dem  der 
Stadt  Meiningen  etliche  Bestimmungen  entnommen,  auf  daĂź  solche 
unerschwingliche  Kosten  und  Schäden  der  Bürgerschaft  im  allge- 
meinen (nach  den  Worten  „gemeiner  stat"  ist  offenbar  aus  Versehen 
etwas  ausgelassen)  und  unsere  BĂĽrger  einer  den  andern  desto  besser 
darain  erinnern  können,  eine  „Hilfe"  und  Gerichtssatzung  angeordnet. 

4)  D.  i.  unmittelbare  Hilfe  erteilt. 

5)  D.  i.  im  Namen  der  Landesherren  und  der  Stadt. 

6)  D.  i.  derjenige  Bürgermeister,  der  den  jeweiligen  Schöffen 
angehört;  also  nicht  der  Bürgermeister  des  sonstigen  Stadtrates. 

7)  D.  i.  ohne  gewöhnliche  oder  besonders  anberaumte  Ge- 
richts verhandlun  g. 

8)  D.  i.  beträgt  aber  die  Schuldforderung  weniger  als  einen 
halben  Gulden,  so  soll  es  mit  der  „Hilfe"  so  bleiben. 

9)  D.  i.  und  bevor  ihm  vom  Gericht  gestattet  wird,  seine  erste 
Klage  vorzubringen. 

10)  D.  i.  vorher. 

11)  D.  i.  dem  Stadtschreiber,  der  zugleich  Gerichtsschreiber  war. 

12)  Zu  ergänzen  ist:  gehören. 


der  Stadt  Meiningen.  353 

Auch  dem  freibotten1)  ein  X  von  der  ersten  clage  zu  ver- 
kundigen und  j  X  von  dem  furgebiethen 2) ,  wie  von  alter  her- 
kommen ist. 

Item  es  sol  und  mag  auch  ein  iglicher  clager  und  antworter a) 
im  stule4)  auĂź  den  schepfen  einen  f ursprechen 5)  nemen,  wellichen 
er  wil  und  ime  ebent6).  Auch  so  mag  ein  iglicher  antworter  auĂź 
den  schepfen  einen  nemen  zu  ime  in  sein  gespreche7),  desgleichen 
auch  der  clager  darnach,  ob  sie  wollen,  auch  wie  herkommen  und 
gewonheit  gewest. 

Item  und  ob  es  were,  das  ein  radt  haben  wolte,  das  man  clage 
und  antwort8)  beschreibin 9)  lisse,  solte  der  clager  dem  Schreiber 
I  .X  von  der  clage  gebin  einzuschreiben,  und  der  antworter  auch 
j  A,  von  der  antwort  einzuschreiben. 

Item  auch  ein  iglicher,  der  eins  Urteils  mant  oder  begert10),  der 
sol  zuvor  einen  Wurtzpurger  schillinger,  oder  so  vil  geldes11),  in  das 
gericht  legen.  Wellicher  teile  alsdann  des  Urteils  verlustig  wirdet, 
der  sol  dem,  dem  das  urteil  gestanden  ist,  die  gerichtsscheden,  wie 
gemelt  ist,  ablegen 12). 

Item  wellicher  aber  der  hern  oder  der  stat  hilfe,  so  er  ĂĽber- 
wunden 13)  wurde ,  verachtet  und  nicht  nachkeme ,  auch  ver- 
schreibunge 14)  oder  andere  pfandunge  weret15),  derselbe  solt  von 
stundt  an,  so  ime  vom  amptman,  schultesen  oder  rat  in  ein  straffe 
gebotten  wurde 16),  ane  wegerunge  darein  gehen  oder  gesatzt  werden 
biĂź  so  lange,  das  er  den  clager  vergenugt17)  und  bezalt  hette. 

Item  so  aber  ein  auĂźwertiger  mit  einem  burger  hie  zu  schicken 
gewönne18)  und  ein  gastgericht19)  haben  wolte,  derselbig  sol  in  den 
gerichtshendeln,  wie  obin  angezeigt  ist,  zwifechtig  so  vil  gebin  und 


1)  D.  i.  Gerichtsboten. 

2)  D.  i.  von  der  Vorladung. 

3)  D.  i.  Beklagter. 

4)  D.  i.  in  der  Gerichtssitzung. 

5)  D.  i.  Anwalt,  Rechtsbeistand. 

6)  D.  i.  und  der  ihm  paĂźt. 

7)  D.  i.  um  sich  mit  ihm  zu  beraten.    Dieser  Berater  war  dem- 
nach ein  anderer,  als  der  „Fürspreche". 

8)  D.  i.  Gegenrede,  die  Ă„uĂźerungen  des  Beklagten. 

9)  D.  i.  aufschreiben,  und  zwar  in  das  Gerichtshandelsbuch. 

10)  D.  h.  der  nicht  auf  einen  Vergleich  eingehen  will,  sondern 
einen  rechtmäßigen  Austrag  der  Sache  wünscht. 

11)  D.  i.  oder  so  viel  anderes  Geld,  als  ein  WĂĽrzburger  Schilling 
wert  ist. 

12)  D.  i.  welche  Partei  alsdann  den  ProzeĂź  verliert,  die  soll  der- 
jenigen, zu  deren  Gunsten  das  Urteil  ausfiel,  die  bewuĂźten  Gerichts- 
kosten vergĂĽten. 

13)  D.  i.  ĂĽberfĂĽhrt. 

14)  D.  i.  schriftliche  Verpfändung  eines  Grundstückes. 

15)  D.  i.  verwehrt. 

16)  D.  i.  sobald  ihm  .  .  .  geboten  wĂĽrde,  eine  Strafe  anzutreten. 

17)  D.  i.  befriedigt. 

18)  D.  i.  in  Streit  läge. 

19)  D.  i.  ein  im  Interesse  auswärtiger,  nicht  zur  Stadt  gehöriger 
Personen  einberufenes  auĂźerordentliches  Gericht. 


354      Beiträge  zur  innern  Geschichte  der  Stadt  Meiningen. 

in  das  gericht  legen,  als  ein  burger.  Zu  einem  geordenten1)  gericht 
sol  ein  gast2)  nicht  mer  geben,  danne  ein  burger. 

Doch  so  ist  hir  innen  unsern  gnedigen  hern,  iren  gnaden  ampt- 
luten  und  dem  rathe  vorbehalten,  sollichs  zu  myndern  und  zu  meren 
nach  erkentnis  eines  gemeinen  nutzes 3). 

Dise  orden unge  ist  zu  Meyningen  verkĂĽndet4)  an  sontage  nach 
Katherine  virginis5)  anno  etc  lxxxx." 

Auf  der  letzten  Seite  des  Doppelblattes,  auf  dem  vor- 
stehendes verzeichnet  ist,  befindet  sich  die  Aufschrift: 

„Ordenunge  zu  Meyningen, 
schulde  und  andirs  betreffende." 


1)  D.  i.  ordentlichen,  gewöhnlichen. 

2)  D.  i.  Fremder,  Auswärtiger. 

3)  D.  i.  solches  unter  BerĂĽcksichtigung  des  allgemeinen  Wohles 
abzuändern. 

4)  Die  Verkündung  erfolgte  höchstwahrscheinlich    nach   dem 
Gottesdienst  von  der  Kanzel  herab  durch  den  Pfarrer. 

5)  Dieser  Sonntag  fiel  im  Jahre  1490  auf  den  28.  November. 


X. 

Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha  an 
Johann  Lang  in  Erfurt. 

Mitgeteilt  von  Otto  Clemen  in  Zwickau  i.  S. 

Die  Briefe  des  Friedrich  Myconius  in  Gotha  an  Jo- 
hann Lang  in  Erfurt  aus  den  Jahren  1527 — 1546 ,  die 
samt  vielen  anderen  Briefen  an  Lang,  von  Siegfried  Asterius 
aus  Hildesheim  nach  1553  in  Erfurt  kopiert1),  im  Codex 
Gothanus  A  399  erhalten  sind,  sind  schon  ab  und  zu  be- 
nutzt worden.  Enders  hat  ein  paar  Stellen  in  den  Be- 
merkungen zu  seinem  Lutherbriefwechsel  zitiert ,  und 
neuestens  hat  Scherffig  einige  fĂĽr  die  Lebensschicksale  des 
Myconius  wichtige  Steilen  in  seiner  Myconiusbiographie  2) 
in  deutscher  Übersetzung  —  nicht  immer  ganz  richtig  — 
wiedergegeben.  Damit  sind  die  Briefe  jedoch  noch  lange  nicht 
erschöpft.  So  ist  bisher  noch  gar  nicht  darauf  hingewiesen 
worden,  wie  charakteristisch  gerade  diese  Briefe  an  seinen 
vertrauten  Freund  im  nahen  Erfurt  fĂĽr  den  Gothaer 
Superintendenten  sind.  Wie  hebt  ihn  seine  Gottergeben- 
heit und  seine  heroische  Pflichttreue  ĂĽber  alle  MĂĽhsal, 
besonders  über  die  qualvollen  Anfälle  seiner  Krankheit 
hinweg!  [Seit  August  1540  rieb  ihn  die  Schwindsucht 
allmählich    auf3)].     Dieselbe  Pflichttreue    und    Pücksichts- 

1)  G.  Orgel,  in  den  Mitteilungen  des  Vereins  fĂĽr  die  Ge- 
schichte und  Altertumskunde  von  Erfurt,   15.  Heft  (1892),  S.  18  f. 

2)  Friedrich  Mekum  von  Lichtenfels,  Leipzig  1909. 

3)  No.  11  (9.  Febr.  1541) :  „Iam  in  septimanam  22  paulatim 
pulrnonem  in  sanguinem  et  saniem  versum  expuo."  Nc.  26  (16.  Aug. 
1545):  ,.Ante  annos  quinque  hoc  anni  tempore  et  tali  aestu  caeli 
corripuit  me  primum  meus  morbus.  .  .  ." 


356  Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha 

losigkeit  gegen  das  eigene  Ich,  gegen  GlĂĽck  und  Behagen, 
glaubte  er  auch  von  anderen  fordern  zu  dĂĽrfen.  So  er- 
mahnte er  die  Erfurter  Prediger  wiederholt,  trotz  der  An- 
feindungen ,  die  sie  von  den  FĂĽhrern  der  katholischen 
Partei  erlitten,  auf  ihrem  Posten  auszuharren,  und  er  war 
ernstlich  böse,  als  Ägidius  Mechler  sich  um  die  Pfarrstelle 
in  Langensalza  bewarb  (No.  10).  Alle  Schmerzen  und  aller 
MĂĽdigkeit  zum  Trotz  bleibt  Myconius  bis  zum  SchluĂź  inter- 
essiert für  alles  mögliche,  schreibt  er  frisch  und  packend, 
ja  er  vermag  zu  scherzen.  Wie  lustig  ist  der  Brief 
No.  18  über  das  Mißverständnis,  daß  der  Kurfürst  von 
Torgau  zu  Schiff  —  wohl  im  Luftschiff!  —  nach  Pommern 
gereist  sein  soll.  Wie  gemĂĽtlich  der  Brief  No.  25,  in  dem 
er  verspricht,  fĂĽr  das  leibliche  und  geistige  Wohl  von 
Längs  Sohn  Martin,  der  die  berühmte  Gothaer  Lateinschule 
besuchen  soll,  zu  sorgen ;  auch  die  Kosmetik  solle  nicht 
auĂźer  acht  gelassen  werden,  seine  Frau  und  Tochter  wĂĽrden 
gelegentlich  auf  dem  Kopfe  des  Jungen  eine  Razzia  auf 
gewisse  kleine  Tierchen  abhalten.  Weiter :  wie  lebt  und 
webt  doch  Myconius  in  der  Bibel,  besonders  im  alten 
Testament!  Wie  drängen  sich  ihm  immer  wieder  biblische 
AusdrĂĽcke  und  Bilder  auf!  Kolde1)  schildert  einmal 
die  religiöse  Sphäre,  in  der  Oliver  Cromwell  aufwuchs,  sehr 
treffend  folgendermaßen :  „Das  war  jene  eigentümliche 
Periode  des  englischen  Volkes,  in  der,  trotzdem  man  schon 
einen  Shakespeare  gehabt  hatte,  die  Bibel  nicht  nur  als 
die  Krone  aller  Literatur  geschätzt  wurde,  sondern  wirk- 
lich ein  groĂźer  Teil  des  Volkes  seine  Moral,  seine  Poesie, 
seine  Sprechweise,  ja  seine  ganze  geistige  Nahrung  aus 
ihr  schöpfte.  Die  Gestalten  der  Bibel,  besonders  die 
Heroen  der  alttestamentlichen  Geschichte  beleben  sich  im 
Bewußtsein  der  Frommen  als  Beispiel  göttlicher  Gnaden- 
führung   wie    göttlichen  Strafgerichtes   wie  kaum  je  zuvor. 

1)  Realenzyklopädie  für  protestantische  Theologie  und  Kirche8 
(im  folgenden  abgekĂĽrzt:  RE3)  4,  334. 


an  Johann  Lang  in  Erfurt.  357 

Man  denkt  in  ihren  Gedanken,  man  spricht  in  ihrer  Sprache." 
Das  gilt  mutatis  mutandis  auch  von  unserem  Myconius. 
Fast  gar  nicht  ausgebeutet  sind  endlich  die  Briefe  fĂĽr  die 
Gothaer  und  Erfurter  und  die  allgemeine  Reforinations- 
geschichte.  Wir  erhalten  Nachrichten  vom  Augsburger 
Reichstag  von  1530,  von  den  Reichstagen  der  vierziger 
Jahre,  vom  Kaiser  und  TĂĽrken,  von  Krieg  und  Kriegs- 
geschrei, von  der  Pest  und  unheilkĂĽndenden  Himmels- 
erscheinungen, von  Heinz  von  WolfenbĂĽttel  und  dem  un- 
seligen Ehehandel  Philipps  von  Hessen  (No.  12).  Einen 
Abdruck  der  31  Briefe  unter  Weglassung  der  konventio- 
nellen Dankes-  und  Freundschaftsbeteuerungen  und  einiger 
anderen  unwichtigen  Stellen  wird  man  daher  wohl  will- 
kommen heiĂźen.  In  den  Anmerkungen  habe  ich  mich  auf 
das  Nötigste  beschränkt  und  meist  nur  durch  Literatur- 
angaben denen,  die  Einzelheiten  nachgehen  wollen,  an- 
gedeutet, wo  und  wie  sie  sich  genauere  Kunde  verschaffen 
können. 

1.  27.  Okt.  1527  (fol.  140b  — 141a). 
Pax  tecum!  Quod  rarius  ad  tuam  eruditionem  scribo,  Optime 
Langi.  multa  in  causa  sunt.  Primo,  quod  te  meiioribus  et  purio- 
ribus  studijs  occupatum  vererer  meis  illiteratis  et  ineptis  literis  per- 
turbare.  Deinde,  quod  persaepe  etiam  argumentum  deest.  Demum : 
si  Menio  nostro1)  scribimus,  quod  necessum  sit  etiam  alios  fratres 
Erphordiae  nosse,  non  puto  illum  quicquam  celare  D.  Langium  no- 
strum.  Quoties  ergo  Menio  scribo,  tuae  me  puto  scripsisse  eruditioni. 
Verum  si  quid  me  prius  fuisse  in  hac  re  negligentiorem 2),  arguito 
et  experieris  me  satis  etiam  molestum  esse  posse,  si  non  literis, 
certe  lituris  etiam  occupatissimis  fratribus.  Doctor  Wenceslaus 
Noribergensis  Episcopus3)  iussit  nuper,  ut  Langio  (korr.  aus  Lan- 
gium) Erphordianorum  Apostolum  (!)  suis  verbis  salutem  optarem 
et  perpetuo  incolumem.  Scripsit  enim  forte  ante  hoc  octiduum 
Vbique  omnia  moliri  Satanam  nullumque  lapidem  non  mouere,  quo 


1)  Justus  Menius,  seit  dem  Bauernaufruhr  von  1525  Prediger 
an  St.  Thomas  in  Erfurt:  G.  L.  Schmidt,  Justus  Menius,  Gotha 
1867,  I,  55;  Kawerau,  RE3  12,  578. 

2)  Ergänze:  putas  oder  ähnl. 

3)  Link. 


358  Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha 

possit  imponere  paruulo  Christo  nuper  orbi  Dato  ]).  Sed  Magistratur 
Noribergensis  ait  rursus  omni  studio  cauere,  ne  faciat,  quod  molitur, 
hoc  est,  ne  perturbet  Ecclesiam  ilĂĽc  Christi,  ĂĽsianclrum  scribit 
iam  etiam  scripto  oppugnare  Zuuinglianam  haeresin 2).  Det  Dominus, 
ut  felix  sit  partus  ille,  quem  vir  ille  enititur!  Demum  Petrum 
hunc  olim  Draconis3)  famulum,  si  potes,  adiuta,  ut  sit  illi  pistor 
aliquis,  qui  hunc  rursus  instituat  in  ea  arte  piusendorum  paaum, 
quam  ohm,  cum  didicisset,  Draconis  suasu  et  causa  deseruit.  Cogit 
illum  egestas  ad  desertam  artem  redire4).  Scio,  libenter  seruiet  tua 
charitas  homini  non  male  merito  de  Euangelio,  quod  semper  amauit 
et  pro  viribus  confessus  est.  Gotthae  1527  Vigilia  Simonis.  Salu- 
tetur  vxor  ex  me  et  vxorcula. 

2.    Nach  7.  März  1529  (fol.  141a  — 142a). 

....  Quamquam  ....  haud  pauci  inde  ad  nos  currant  et  re- 
currant  nuncij,  nobis  tarnen  adeo  raro  quisquam  ad  uos  proficisci 
dicitur,  ut  plerumque  non  prius  quemquam  ad  uos  isse  cognoscamus, 
quam  cum  fuerunt  reuersi.  Verum  si  quid  eorum,  quae  hie  geruntur, 
nosse  cupis,  scribe  mihi  et  iube,  ut  a  me  rursus  exigant  nuncij 
literas.  Non  committam,  ut  te  caelem  quiequam.  Ego  quidem  maneo 
in  meo  ministerio,  quamdiu  volet  Dominus,  nisi  quod  caeteris  cala- 
mitatibus  meis  haec  quoque  mihi  superaddita  est,  ut  alijs  Ecclesiarum 
pastoribus  me  praeesse  voluerint,  qui  questus  fueram  me  vni  Ec- 
clesiae  curandae  nee  parem  esse  nee  satis  sufficientem5). 

Metuo,  ne  id  irato  Domino  fiat,  ut  sie  hodie  sit  Ecclesiarum 
misera  conditio,  ut  pro  Ciprianis,  Basilijs,  Augustinis  doctissimis  et 
summis  viris  me  habeant  et  mei  similes  indoctos  et  prorsus  rerum 
omnium  ignaros  ac  imprudentes.  Nisi  forte  ideo  nos  stultos  prae- 
ficiat,  ut  palam  fiat  mundo  se  ideo  haec  ignobilia  et  mundi  con- 
temptibilia  elegisse,  ut  stultam  faciat  mundi  maiestatem,  ne  quis 
gloriari  possit  humana  prudentia  inuectum  orbi  Euangelium  et  stul- 


1)  Link  hat  wohl  auf  die  Schwärmer  und  Sektierer  angespielt, 
die  sich  neuerdings  wieder  in  Nürnberg  regten.  Im  März  1527 
wurde  der  täuferisch  gesinnte  Nürnberger  Pfarrer  Vogel  von  Eiters- 
dorf hingerichtet,  der  mit  Hans  Hut  in  Verbindung  gestanden  hatte 
(vgl.  zuletzt  E.  Heidrich,  DĂĽrer  und  die  Reformation,  Leipzig 
1909,  S.  22). 

2)  Im  Sept.  gab  Osiander  Zwingiis  Brief  an  ihn  vom  6.  Mai 
mit  einer  Entgegnung  heraus:  Enders,  Luthers  Briefwechsel  6,  1654. 

3)  Joh.  Draconites,  damals  Pfarrer  in  Waltershausen  bei  Gotha 
(RE3  5,  13;  Fr.  Perthes,  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  ThĂĽr.  Gesch.  u. 
Altertumskunde,  N.  F.  XIII,  93). 

4)  Scherffig,  S.  78  Anm.  1. 

5)  Scherffig,  S.  74. 


an  Johann  Lang  in  Erfurt.  359 

ticiam  praedicationis  Christi1).  Tu  ora  pro  nie  Dominum,  ne  mea 
stulticia  cuiquam  sit  offendiculo  neue  impedimento  sit  gloriae  Euan- 
gelij  Christi.  Id  enim  satis  lucri  duxero,  si  nemini  obsum,  quod, 
ut  vellem,  prodesse  omnibus  nequeo.  Menius2)  adeo  non  anhelauit 
ad  Isenacensem  Episcopatum  ,  ut  prorsus  illum  accepturus  non 
fuerit,  nisi  Priucipis  et  visitatorum  potestas  hunc  coegisset.  Neque 
enim  video,  cum  hie  tranquilissima  conditione  fruatur,  cur  ad  tantos 
labores  auhelaret.  Neque  etiam  prineeps  neque  visitatorum  auto- 
ritas  illum  coegisset,  nisi  omnis  Isennacensium  Ecclesia  et  magistratus 
vniuersus  sibi  hunc  praefici  pastorem  postulassent. 

Nihil  mihi  prorsus  subolet,  quid  vel  coquat  vel  captet  consilij 
adversarius  tuusa).  Tu  namque  effecisti,  ut  neque  me  neque  alios 
Ecclesiae  ministros  multum  vel  amet  vel  curet.  Caeterum  omnia 
hie  hactenus  tranquilla  sunt.  Monasterium  Augustinianorum  per- 
petuo  conseruauit  et  obtulit  prineeps  in  vsus  ministrorum  Ecclesiae 
cum  omnibus  redditibus  illis.  Adiecit  insuper  alia  quoque  Ecclesiastica 
beneficia4).  Johannes  Osuualdus5)  noster  primam  in  Senatu 
autoritatem  hoc  anno  habet.  Johannes  Hoffmann6)  adhuc  suo 
f ungitur  diaconatu.  Sed  cantoris  officium  Johannes  Opecius7) 
diligenter  curat.  Schola8)  puerorum  paulatim  promittit  nobis  et 
Ecclesiae  Dei  fruges  multas,  quae  et  ipsa  nuper  a  Visitatoribus  for- 
mitatem  aeeepit  et  robur.  Basilius")  nuper  praesente  Senatu  et 
frequente  Ecclesia  egit  cum  pueris  Terentianorum  Adelphorum  fabu- 
lam  miro  omnium  applausu  ....  Kata  est  mihi  filia  ex  vxore,  de 
cuius  vita  nunc  gaudeo  et  salute10).  M.  Michaelem11)  saluta  et 
fratres  nostros  omnes.  Philippo  et  mihi  placet,  quod  patienter 
fertis  uestrorum  vel  insolentiam  uel  infirmitatem.  Noluimus  enim 
quenquam  propter  infamium  horum  importunitates  ab  officio  deserere. 
Gotthae  1529  post  Laetare  .  .  . 


1)  1.  Kor.  1,  26  ff. 

2)  Schmidt  I,  130 f.,  RE3  12,  578. 

3)  Konrad  Kling  (Enders  6,  15  f.2)? 

4)  Scherffig,  S.  77  f. 

5)  Enders  7,  1847,  Scherffig,  S.  55 f. 

6)  Mir  unbekannt. 

7)  Scherffig,  S.  135. 

8)  Das  Stück  Schola— applausu  ist  abgedruckt  E  n  d  e  r  s  7, 183  f.6. 

9)  Monner.  Vgl.  ĂĽber  ihn  Enders  7,  183  f.6  und  M.  Schnei- 
der, Zeitschr.  d.  Ver.  f.  ThĂĽr.  Gesch.  u.  Altertumskunde,  N.  F.  XIII, 
164. 

10)  Scherffig,  S.  65. 

11)  Offenbar  identisch  mit  dem  in  der  Adresse  von  No.  6  und 
bei  Kawerau,  Briefwechsel  des  Justus  Jonas  I,  146  u.  190  Er- 
wähnten. 


360  Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha 

3.  21.  Juli  1530  (fol.  142a— 143a). 
.  .  .  Scriberem  ad  te  frequentius,  si  tuis  literis  quandoque 
prouocarer.  Ab  Augusta  non  nescio  te  saepius  literas  accepisse.  Sed 
facile  fero,  quod  nihil  hactenus  ad  me  miseris,  cum  mihi  quoque  non 
semel  Christianae  causae  statum  abunde  satis  Philippus,  Spala- 
tinus,  Jonas  et  alij  aliquoties  significarunt.  Redijt  pridie  ab 
Augusta  Johannes  Osuual du s  noster,  quem  onustum  suis  literis 
Brentius,  Philippus  et  Spalatinus  ad  nos  miserunt1).  Spa- 
latini  exemplum  literarum  illius  iussu  misi  Henricho  Vrbano 
Im  Jörgenthaler  hoff  bey  euch 2).  Et  scripsi  illi,  ut  tibi  quoque  sche- 
dam  legendam  committat.  Si  non  fecit,  mitte  ad  illum,  et  vide,  quid 
contineant  hae  literae.  Verum  ut  nunquam  non  satisfiat  tuis  votis, 
mitto  etiam  exemplar  hterarun  Philippi  ad  me.  Sed  rogo  te, 
ut  ea  non  nisi  nostris  sit  communis,  ut  sie  excitentur,  ut  feruen- 
tissime  et  anxie  clament  ad  dominum,  ne  auertat  faciem  suam  a 
nobis  et  ne  tradat  bestijs  animas  confitentes  sibi.  Attulit  quoque  ad 
nos  exemplar  confessionis  fidei  prineipum  nostrorum,  quae  perpetuis 
tribus  horis  leeta  est  in  auribus  omnium  prineipum  et  Caesaris. 
Sed  prolixior  est  oratio,  quam  ut  facile  rescribi  possit,  et  nos  hoc 
exemplari  hie  carere  non  possumus.  verum  impressam  vel  typis 
excusam  cito  habebimus,  ubi  uidebis,  quam  intrepide  sit  Christus 
locutus  in  hac  domo  Pilati  et  Caiphaey).  Vale  Gotthae  1530  Die 
21.  Iulij.  Si  habes  commodum  nuncium,  mitte  Philippi  literarum 
exemplar  Wolf.     Stein4)  nostro  .  .  . 

4.  19.  Sept.  1530  (fol.  138b  — 139a)8). 
Salutem.  Rem  mihi  valde  gratam  fecisti  .  .  .  dum  has 
AugustaDas  literas  misisti.  demerebo  et  ego  te  simili,  dum  potero, 
officio.  Oportet  nos  meminisse  vocis  illius  Christi,  dum  nos  in 
vltima  omnium  rerum  turbatione  et  confusione  iubet  leuare  capita 
et  speetare,  quemadmodum  appropinquet  redemptio  nostra 6),  imo  iam 
sit  in  ianuis.  Da  anndere  lennder  vnd  völeker,  so  Gotts  wort  gehört 
vnnd  nit  angenommen  haben,  hinkommen  sind,  will  Teutschland 
auch  hinnach.  wolan,  angelus  ille,  qui  virgini  nunciauit  de  regis 
nostri  Christi  imperio  dicens :  Regni  eius  non  erit  finis  7),  nobis,  qui 


1)  Enders  8,  971.    Melanchthons  u.  Brenz' Briefe  an  Mykonius 
vom  10.  Juli,  die  Oswald  mitbrachte,  stehen  CR  II  179  sq. 

2)  Vgl.  ĂĽber  ihn  zuletzt  Ztschr.  d.  Ver.  f.  ThĂĽr.  Gesch.,  N.  F. 
XIII,  13.   57  f. 

3)  Scherffig,  S.  107. 

4)  Hofprediger  in  Weimar:  Enders  4,  331. 

5)  Vgl.  Scherffig,  S.  107 f. 

6)  Luc.  21,  28. 

7)  Luc.  1,  33. 


an  Johann  Lang  in  Erfurt.  361 

credimus,  non  mentietur.  Nos  tabellarium  nostrum  nondum  recepimus. 
Dum  redierit  et  aliquid,  qualecunque  etiam  illud  sit,  attulerit,  fide- 
liter  tecum  conimunicabimus.  Zuuinglij1)  scriptum2)  ad  imperij 
ciuitates  de  Caesaris  vi  repellenda  non  vidi,  sed  tantum  per  Phi- 
lippum  nostrum  edoctus  sumy)  illum  scripsisse.  Lutheri  et 
Phiiippi  consilia  in  ea  quaestione4)  transmitto  ea  lege,  ne  cuiuis 
monstrentur.  Non  euim  expedit  Satanae  cohortem  nosse  omnia 
mysteria  Christi,  et  infirmiores  quidam  sunt  ex  nostris,  quam  ut 
hoc  solido  cibo  vesci  possint5).  Rogo  te,  ut  haec  quamprimum 
poteris  remittas.  Remitte  simul  schedam  Augustanam  tuam.  Si 
quid  iterum  acceperis  rerum  nouarum,  nobis  communica.  Vale  et 
nos  ama!    Gotthae  1530  die  19.  Septemb.  .  .  . 

5.  21.  Mai  1533  (fol.  143a  — 144a). 
...  In  causa  Caspari  Ringlebensis  olim  ministri  scripsi 
illius  loci  praesidi,  ut  curet,  ne  sua  debita  mercede  pro  fideli  labore 
inique  priuetur,  Deinde  ut  denigrantiuni  famam  eius  ora  plena  vani- 
tatum  compescat  vel,  si  quid  se  putant  contra  eum  iustae  querelae 
habituros,  ad  nos,  postquam  nos  Ecclesiarum  Ordinationen  (quod 
breui  futurum  est)  receperimus,  reijciat.  Quod  uero  ad  Caspari  doc- 
trinam  et  vitam  attinet,  iam  anteo  respondi.  Quid  uis  idem  audire 
denuo?  Dimissus  vero  est  non  aliam  ob  causam  quam  quod  quere- 
batur  se  hactenus  non  satis  digna  mercede  pro  tot  laboribus  a  ve- 
tulo  pastore  remuneratum.  Et  eam,  quam  tum  ĂĽle  promittebat, 
forte  expertus  priorem  hominis  inconstantiam  et  perfidiam  accipere 
recusabat.  Verum  non  nulla  causa  est,  cur  nos  pro  munere  vetulum 
hunc  canem  nolebamus  deturbare.  Medebitur  tempus  morbo,  quem 
nunc  curaruni  auxisse  velle  videri  poteramus  (!).  De  Caesaris  ad- 
uentu  nos  nihil  audimus  et  primum  haec  ex  te  audio.  !Si  quid 
certi  accepero,  faciam  ne  nescias.  Sed  Erphurdiani  tui,  oro  te,  quae 
monstra  parturiunt?  Annon  satis  est  antea  admissum  stulticiae,  nisi 
etiam  impetrent  a  Caesare,  ut  aliquot  principum  equites  contra 
Petrum  nostrum  vel  inuincibile  subsidium  mittant?  An  plus  fidei, 
pacis,  praesidij,  subsidij,  refugij  et  auxilij  estis  a  Brunsuuicensibus 
deglubatoribus  habituri  quam  a  nostra  petra  et  petro?  .  .  .  Oro  te, 
rescribe  mihi,  an  vestri  vere  quaeraut  exercitus  equitum.  De  alij* 
rebus  alias.  Saluta  amicos  et  amicas!  Gotthae  1533  Vigilia  As- 
sumptionis  .  .  . 

1)  Das  Stück  Zuuinglij  —  vesci  possint  ist  abgedruckt  Enders 

2)  Vgl.  CR  II  21  unten. 

3)  Dieser  Brief  fehlt. 

4)  Enders  7,  No.  1607  u.  CR  II  No.  6bU 

5)  Scherffig,  S.  107f. 


362  Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha 

6.   23.  August  1536  (fol.  144a  — 145b). 

.  .  .  D.  Johanni  Lango  Sacrae  Theologiae  Doctori,  Domino 
Aegidio  Mechlero,  Wolfgango  Kyswetter 1),  M.  Sigismundo2),  Melchiori, 
caeteris  quoque  Ecclesiae  .  .  .  pastoribus  Erphurdiae  .  .  . 

Er  könne  Christo  für  seine  Wohltaten  nur  danken 
durch  Treue  im  Amte.  Ermahnt  die  Erfurter  Prediger 
zur  Standhaftigkeit.   Datum  Gotthae  Vigilia  D.  Ăźartolomei  1536. 

7.  24.  Dezember  1537  (fol.  145b  — 145a). 
.  .  .  Ego  de  rumoribus,  quos  spargi  de  vobis  audio  et  scribis, 
aliunde  resciscere  nihil  certi,  quod  possem  credere,  habeo.  Vnum 
scio,  quod  non  solum  Centaurorum 3),  sed  et  magnorum  regum  et 
principum  consilia,  etiamsi  quid  statuunt  interdum,  non  semper  suc- 
cedunt,  sed  tantum  eius,  qui  vocatur  Dominus  exercituum,  si  quid 
decernet  is,  haud  dubie  fiet  .  .  .  Vale  1537  Vigilia  Natalis  prin- 
cipis  pacis  et  patris  futuri  saeculi  .  .  . 

8.  [3.  Juni  1538?]  (fol.  147b  — 148b). 
.  .  .  Accepi  literas  tuas  .  .  .  quibus  lectis  et  relectis  stupere 
coepi  a  te  tantam  Tragoediam  excitatam  de  re  incerta,  de  qua  neque 
mihi  neque  tibi  constanter  quicquam  constaret.  Ego  enim  haec, 
quae  prioribus  literis  scripseram,  neque  a  principe  neque  ex  aula 
neque  ex  vllis  prioribus,  sed  ex  vulgi  fabulis  non  raro  mendacissimis 
habebam  et  putabam  me  sine  periculo  nugari  posse  apud  te  maxime. 
Et  quamquam  amici  quidam  ad  similem  famam  excitati  literis  idem 
mihi  significarunt,  quod  ego  tibi,  tarnen  nee  ij  aliquid  certi  quam  vulgi 
rumores  habent.  Certum  tarnen  est  vulgus  ciuium  nostrorum  ad  arma 
vocatos  istis  diebus.  An  autem  hoc  factum  est  exercendi  illos  gratia 
a  praesidibus,  ne  torpore  et  ignauia  diffluant,  uel  seriae  quicquam  rei 

actitent,  tarn  ego  nescire  volo,  quam  illi  me  solent  euneta  coelare 

Demum  de  obstrictis  in  diversorio  nihil  certi  dicere  possum ,  nisi 
quod  ex  ciuium  quorundam  narratione  audiui  duos  hie  obstrictos 
esse  ex  Moguntini  Episcopi  famulitio.  Verum  quid  in  causa 
sit,  aut  an  adhuc  detineantur,  nescio.  Vnum  tibi  hoc  adiungere 
volebam ,  quod  scis,  quae  in  domo  Scoti  in  ea  fenestra,  quae 
spectat  doinum  Lorenbeccij,  dixi,  bene  memineris.  scis  me  dixisse 
optare  me  urbein  vestram  pacatissimam  fore  perpetuo.  Foret  autem, 
si  non  tarn  studiose  foverentur  hostes  Euangelij  Et  prineipi  Electori 
se  ostenderet  amicam  ex  animo.  Caetera  omnia  nosti.  .  .  .  Inclusas 
literas  quaeso  reddas   Henrico  Seltzero  amico  nostro.    Habent 

1)  Vgl.  ĂĽber  ihn  Archiv  f.  Reformationsgesch.  2,  186  u.  Ztschr. 
f.  ThĂĽr.  Gesch.  u.  Altertumsk.,  N.  F.  XIII,  83. 

2)  Kirchner.  3)  Enders  12,  1256. 


an  Johann  Lang  in  Erfurt.  363 

aliquid  nouarum  rerum  ex  Gallia,  quae  mihi  Basilius1)  scripsit. 
iussi  eum  tibi  illa  communicare.  .  .  .  Vale  et  saluta  Georgium 
Miluanum  et  amicos  et  fratres  omnes.  Gotthae  2da  feria  post 
Assumptionis. 

9.  12.  Juli  1539  (fol.  139b  — 140b). 
.  .  .  De  valetudine  mea2)  .  .  .  hoc  primum  habeas,  Quod,  cum 
nuper  a  uobis  huc  essem  reuersus,  adeo  me  omnes  vires  corporis 
destituebant,  ut  mihi  etiam  extrema  pericula  metuerem,  et  amicis 
meis  neque  color  uultus  neque  totius  corporis  constitutio  ullatenus 
placebat.  Sed  cum  hactenus  abstinerem  a  contionibus  et  vocis  atque 
adeo  pulmonis  agitatione  et  interim  vterer  iuxta  Doctissimi  et  orna- 
tissimi  Medici  nostri  Sturciadae3)  consiĂĽum  Saccaro  candi  et 
succi  liquidi  (!)  et  abstinerem  a  cibo  ornnium  (!)  aromatibus  condito, 
a  vino  quoque  et  frigidiore  potu,  sensi  nonnihil  leuari  morbi  corpus- 
culum  et  paulatim  mihi  redire  vires.  Sed  sentio  tarnen  adhuc 
reliquias  quasdam  morbi.  Sed  statui  primum  adhuc  aliquot  diebus 
experiri,  quid  per  se  velit  efficere  natura  et  haec  mea  oboedien tia 
erga  optimi  medici  praescripta.  Verum  si  sensero  naturam  morbo 
inferiorem ,  cito  ad  uos  veniarn  consilium  vestrum  imploraturus. 
Neque  ullo  modo  committam ,  ut  uos  praeteream  in  transeundo 
per  Erfordiam.  Nam  statui  ad  minus  noctem  vnam  manere  vobiscum. 
De  vocatione  alia  accipienda  iam  puto  habetis  consilium  meum, 
scihcet  Erfordiam  non  esse  propter  has  cruces  et  malitiam  ac 
improbitatem  paucorum  deserendam  a  vobis,  cuius  multas  causas 
scio  me  vobis  antea  perscripsisse 4).  Etsi  unquam  fuisset  deserenda, 
nunc  modis  Omnibus  cunctis  vobis  manendum  esse  censeo,  Cum 
quia  patria  vobis  est,  tum  quod  illic  Christus  habet  et  frequentem 
et  oboedien tissim am  ecclesiam,  quae  perderetur  et  lanianda  exponeretur 
lupis  vobis  abeuntibus.  .  .  .  De  lectione  vellem,  si  aliquid  uel  a 
priuatis  amicis  uel  publico  magistratu  constitueretur,  ne  id  fieret  cum 
grauitate,  sed  etiam  de  hac  re  coram  tecum.  .  .  .  Obsecro  saluta 
reueren ter  Sturciadem  et  confratres  omnes.  Vale  et  saluta  etiam 
vxorem  tuam,  maxiine  etiam  Ă„ff inium  Schaden6)  veterem  amicum 
meum.     Datum  Gothae  1539  Sabatho  post  Kiliani. .  . . 


1)  Monner.  Vgl.  Mentz,  Joh.  Friedr.  der  GroĂźmĂĽtige  II  (Jena 
1908),  153ff.,  auch  CR.  III,  572. 

2)  Vgl.  Scherffig,  S.  122  f.  146 ff. 

3)  Ăśber  den  Erfurter  Arzt  Georg  Sturtz  vgl.  zuletzt  meinen 
Aufsatz  in  den  Beiträgen  zur  Gesch.  der  Stadt  Buchholz  6,  1  ff., 
und  Nik.  MĂĽller,  Philipp  Melanchthons  letzte  Lebenstage,  Heim- 
gang u.  Bestattung,  Leipzig  1910,  S.  117  f. 

4)  Vgl.  No.  6. 

5)  Mir  unbekannt. 


364  Briefe  von  Friedrich  Myconius  ia  Gotha 

10.  7.  April  1540  (fol.  146a  —  147a). 
.  .  .  Reddidit  mihi  puer,  quem  misisti,  literas  tuas.  Et  quam- 
quam  satis  dolorum  iam  habeam  ego  ex  languore  proprij  corporis, 
quod  velut  arbor,  quae  succo  caret,  paulatim  marcescit  et  breui 
absumetur,  tarnen  hoc  accedit,  quod  vxor  mea  et  liberi,  deinde  fulcra 
illa  Ecclesiae,  Philippus,  Menius,  Sturciades,  Langius  et 
quicquid  est  fortium  arietum  gregis  domini,  minantur  recessum  et 
discessum  ex  hoc  mundo.  Sed  gaudeo  tarnen,  quod  tunc  certe  in- 
cipiemus  valere  et  viuere  sine  morbis,  sine  ulla  podagra,  sine  tristicia 
et  dolore  in  pace  et  requie  sempiterna.  .  .  .  Ab  Menio  heri  accepi 
litteras,  qui  rescribit,  se  vsum  medicaininibus  a  Domino  Petro1)  et 
vobis  missis,  sed  se  expectare  adhuc,  quid  sint  in  corruptos  humores 
operaturi.  Pro  Sturciade  nostro  et  vobis  et  nobis  ipsis  pugnamus 
orationibus.  Ex  conuicijs  (lies:  comicijs)  nihil  audio  nisi  quod  suinmo 
dolo  Papa  versat  et  reversat  omnia,  ne  res  Christi  et  Ecclesiae 
perueniant  ad  colloquium.  pax  data  est  hoc  anno.  Sed  Caesar  vellet 
nostros  privatim  secum  agere  de  causa  nostra  et  pollicetur  se  multa 
impetraturum  a  pontifice.  Sed  nobis  non  licet  lumen  hoc  sub  modio 
ponere,  sed  super  candelabrum2),  ut  luceat  et  Italis,  Hispanis,  Gallis 
et  vbicunque  sunt  tenebrae,  quae  eam  (!)  non  recipient.  Hoc  agitur, 
ut  nos  videremur  Caesarea  et  pontificia  benignitate  uti  quibusdam 
privilegijs  et  noua  specie  indulgentijs.  Summa :  Christum  vellent 
apud  nos  religatum  irinere,  donec  aliquando  satis  virium  habeant 
crucifigendi  eum  in  noois.  Et  ne  sit  rex  Iudeorum  omnium  siue  in 
Italia  siue  Constantinopoli.  Heri  ad  me  scripsit  Philippus3) 
venisse  literas,  quae  significant  Turcicam  classem  molestare  oras  et 
portus  Siciliae.  Sed  nostri  heroes  interim  spectant  in  ludos  in  Belgico 
et  grauiter  disputant,.  an  Monachus,  qui  heri  fuit  vir  et  masculus 
creatus,  induto  caputio  et  raso  capillo  hodie  factus  est  stipes,  qui 
neque  cogitet,  quid  sit  foemina.  Et  an  possit  Nonna  fieri  foemina 
et  mater.  Adeo  excaecat  Satan  mentes  regum,  uti  neque,  quis  sexus 
sit  et  cur  ita  distincta  caro  in  duos  sexus,  agnoscant.  Indigni  ergo 
sunt,  qui  Turcam  vel  forti  oculo  aspicere  audeant.  Deus  seruet 
reliquias  IsraeĂĽs.  Hodie  resciui  Aegidiu  m4)  vestrum  esse  Saltzae. 
Verum,  quid  agat,  nescio.  Dolet  mihi,  quod  nostri  ita  praestant 
occasionem  adversarijs  nostris  deridendi  Euangelij,  dum  vident  ante- 
cessores  nostros  apostolos  neque  carceribus   neque  flagellis   depelli 


1)  Ein  Erfurter  Arzt  Petrus  ist  mir  unbekannt. 

2)  Matth.  5,  15. 

3)  Dieser  Brief  fehlt. 

4)  Mechler,  Prediger  an  der  Bartholomäus-,  dann  der  Fran- 
ziskanerkirche, gest.  am  18.  Okt.  1547.  Vgl.  Flugschriften  aus  den 
ersten  Jahren  der  Reformation  IV,  Leipzig  1910,  S.  221  ff. 


an  Johann  Lang  in  Erfurt.  365 

potuisse  a  grege  Christi  et  nos  vanissima  spe  lucri  et  parui  commodi 
tarn  facile  abstrahi  nos  patimur  a  tarn  oboediente  grege  Domini 
Christi.  Eecte  ergo  quidarn  pro  lucris  vera  damna  inveniunt.  .  .  . 
Scis,  quantae  mihi  promissiones  Lipsiae  factae  sint,  sed  cur  desererem 
hunc  gregem,  cui  me  praefecit  dominus,  et  qui  petijt,  ne  se  desererem *)  ? 
.  .  .  Plura  respondi  quam  volebam.  Vale.  Saluta  reuerenter  D. 
Doctorem  Petrum  et  illius  coniugem,  uxorem  etiam  Sturciadae 
nostri  et  omnes  illorum  liberos.  Salutat  te  mea  aegrota  Martha. 
Datum  Gotthae  1540  Quarta  feria  post  Quasimodogeniti.  .  .  . 

11.  9.  Febr.  1541  (fol.  150a  u.  b). 

.  .  .  Cum  quotidie  habeas  viuorum  et  in  acie  adhuc  bellantium 
et  fortiter  pugnantium  literas  et  principis  nostri  pacis  et  patris  futuri 
seculi  fortia  facta  et  triumphi  coram  narrentur  et  referantur  tibi, 
miror,  quid  te  delectet  eorum,  qui  lassi  et  vulnerati  ac  cum  ouibus 
occisionis  lacerati  in  castris,  donec  exhalent  animas,  desident2),  eiu- 
latus,  tusses,  excreationes  sanguinis  et  saniei ,  audire.  .  .  .  Iam  in 
septimanam  22  paulatim  pulmonem  in  sanguinem  et  saniem  versum 
expuo.  Nullus  adhuc  dolor  capitis,  nulla  per  nares  destillatio,  sed 
omnia  primum  in  collum,  deinde  in  pulmonem,  rursus  per  tussim 
ex  pulmone  in  terram  decidunt  magno  dolore.  Anhelitus  breuis 
neque  ad  refrigerandum  cor  sufficiens.  Inde  etiam  vigiĂĽa  et  sub- 
dormitio,  ex  contentione  cordis  vehementi  sudor.  Hodie  etiam  ac- 
cessit  sub  scrupula  (!)  dextra  pressura,  et  ampĂĽus  non  possum  iacens 
tussire  aut  eijcere  quicquam,  sed  vel  stare  vel  sedere  me  oportet3). . . . 
Lutherus  mihi  scripsit  consolatorias  literas,  quas  crederes  in  ipso  caelo 
scriptas4).  Habes  non  tria  verba,  sed  mille,  quae  omnia  referas 
Sturciadae  nostro,  cui  etiam  ex  meis  diuitijs  leporem  mitto,  Quia 
non  delectat  me  iste  cibus.  Si  quid  potestis  consulere,  consulite. 
Neque  audeo  neque  possum  me  committere  itineri.  Valete,  suauissimi 
commilitones,  et  me  defatigato  fortiter  pugnate.  Nihil  mihi  ita  dolet 
quam  quod  iam  non  possum  ut  vellem  ferire  hostem.  Gotthae  1541.  Die 
9.  Februarij.   Saluta  D.  Sturciadem   et  omnes  fratres  reuerenter. 

12.  1.  Sept.  1542  (fol.  149a  — 150a). 

.  .  .  Quod  Hoseam  prophetam  fratribus  et  eruditae  iuuentuti 
enarrare  coepisti  et  instituisti,  valde  mihi  placet  .  .  .  De  poligamia 
Macedonis  nosti  iam  antea  sententiam  meam.  Debebat  certe 
contegere  pudenda  sua,   ne,  velut  propter  turpem  priapum   et  im- 


1)  Scherffig,  S.  126. 

2)  In  der  Gothaer  H.  steht  desident  erst  hinter  saniei. 

3)  Scherffig,  S.  147. 

4)  Vom  9.  Januar:  de  Wette  5,  326  f. 
XXVIII.  24 


366  Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha 

pudentem  venerem  tota  religio  gentilium  erat  ridiciĂĽa,  Ita  etiam 
gloria  Euangelij  Filii  Dei  propter  hunc  impurum,  nudum,  inuere- 
cundum  Deum  et  impudentissimam  Deam  pessime  audiat.  Nos 
certe,  ut  non  ignoras,  haec  verenda  tulimus,  teximus,  excusauimus, 
negauimus  et,  quantum  potuimus,  stercore  haec  iuxta  praeceptum 
Domini,  ne  castra  Israelis  foetore  corrumperentur,  sepeliuimus.  verum 
hie  Priapus  non  vult  esse  tectus,  sed  ostendit  omnibus  tentiginem 
et  rigorem  suum,  et  venus  haec  rumpit  et  abijcit  omnia  vela  .  .  . 
Horreo,  quoties  cogito  mecum  de  tanta  audacia  et  impudentia  Buce- 
phali,  non  parrasij,  sed  parasiti,  non  Hulderichi  Nebulonis1), 
sed  Zuchtsindi  nebulonis.  Mirarer,  si  inter  tot  fortes  Israelis  non 
inueniretur,  qui  auderet  Zamri  hunc  et  impudentem  Cosbi  Midi- 
anitidem  aggredi2)  .  .  .  MenĂĽ  dialogum3)  legi  et  relegi  et  non 
possum  non  probare  et  admirari  lucem,  perspieuitatem  et  claritatem 
argumentorum  singulorum,  quibus  tenebras  absorbet,  et  est  modestior, 
quam  turpitudo  tanta  merebatur.  Certe  Pinehas  alio  pugione  contra 
haec  rigida  et  rigentia  genitalia  fuisset  vsus*).  Nihil  contra  personas 
dicit,  quas  neque  nominat  etiam.  Sed  contiones  in  his  priapi  et 
veneris  sacris  refellit  et  dicit  eas  non  esse  desumptas  ex  ore  Spiritus 
saneti,  qui  est  spiritus  castus  et  mundus,  Sed  vere  sunt  foetores  et 
graues  odores  hiatus  immundi  spiritus  .  .  .  Neque  D.  Mauri5)  in- 
stitutum  possum  reprehendere.  Non  enim  coniecit  seipsum  in  hanc 
foetidam  cloacam,  Sed  impuri  illi  has  feces  sicut  in  alios  optimos 
viros.  sie  etiam  in  se  coniecerunt.  Vix  credis,  quam  cupide  et  anxie 
[zu  lesen:  auide?]  quorundam  Lamechitarum 6)  Dialogum  exquirant 
et  has  sacras  priapi  contiones  et  veneris  cantilenas  audire  gestiant 
magis  quam  uel  Dauidis  Cytharas  aut  virginis  Manae  psalmos. 
Adeo  haec  irritamenta  libidinum  titillant  et  delectant  carnem  .  .  . 
Mitto  cum  hoc  tabellario  Chronicam,  quam  certe  aliquamdiu  mecum 
retinuissem,   nisi  credidissem    te   ea   carere  non   posse.     Antea  nee 


1)  Ăśber  den  Dialogus  des  Joh.  Lening  von  Melsungen  vgl. 
Köstlin-Kawerau,  Martin  Luther  II,  530 f.  u.  Nik.  Müller, 
Archiv  f.  Reformationsgesch.  1,  365  ff. 

2)  4.  Mos.  25,  14  f. 

3)  Ăśber  die  von  Menius  verfaĂźte  Gegenschrift  gegen  Lening 
vgl.  RE3  12,  579.  4)  4.  Mos.  25,  7  f. 

5)  Joachim  Mörlin  in  Arnstadt,  RE:!  13,  238.  In  unserer  Hs. 
fol.  240a  findet  sich  folgendes  Briefchen  von  ihm  an  Myconius: 
.  .  .  Petijt  a  me  consilium  in  causa  suae  filiae  hie  ciuis  noster, 
quam  contra  suam  voluntatem  est  quidam  abdueturus  domum.  Cum 
autem  ad  te  pertineat  eius  causae  iudicium,  iussi,  ut  tibi  negocium 
suum  exponat  et  a  tua  humanitate  expectet,  quam  teneat  sententiam. 
Spero  enim  te  facturum  Episcopi  salutare  et  pium  officium  .  .  . 
Tax.ioxa.  Arnstadij  Feria  quarta  Natiuitatis  Domini  1542.  T.  Joachi- 
mus  Mörlin.  6)  1.  Mos.  4,  19. 


an  Johann  Lang  in  Erfurt.  367 

audiui  quicquam  de  eius  aeditione,  sed  mire  placet1)  .  .  .  Hoff- 
mannus  proxima  2da  feria  obtulit  scriptum  quaestori,  ut  habes 
ex  inclusa  sclieda.  Oro  te,  si  quid  nouarum  rerum  uel  de  Hansone 
Wurst  uel  Caesarianis  aut  Turcicis  rebus  aut  alijs  acceperis,  mihi 
communices,  quod  ego  vicissim  faciam.  Et  rescribe  ad  me  frequenter. 
Non  enim  me  perpetuo  habebis  in  hac  vita  tarn  misera  .  .  .  Vale 
et  saluta  reuerenter  D.  Doctorem  Sturciadem  nostrum.  Gotthae 
1542  sexta  feria  prisci  .  .  . 

13.  23.  November  1542  (fol.  150b— 151b). 
.  .  .  Eeddidit  mihi  Stephanus  literas  tuas ,  quibus  lectis 
valde  refectus  sum,  dum  audio  tuam  domum  et  ministros  Christi 
omnes  seruari2),  ne  in  hac  visitatione  iniquitatum  nostrarum  per 
virgam  paternam  Domini  vapularent  .  .  .  Neumburgi  abripuit 
pestis  duos  ex  primarijs  diaconis,  sed  Doctoris  Medleri  et  alterius 
superstitis  diaconi  Christiana  et  uere  heroica  contra  Satanae  terri- 
culamenta  fortitudo,  constantia  et  pro  grege  Christi  vigilantia  effecit, 
ut  gestirent  hinc  migrare,  quos  ad  se  Christus  accersijt,  et  mors  se 
iterum  hie  reeipiat  3J.  .  .  .  Verum  forte  minus  hie  quam  vobiscum 
agit  carnifex.  Si  ĂĽbet  tibi  cum  familia  in  meam  nouam  domum  huc 
commigrare,  et  lieebit  tibi,  et  semper  est  aperta 4).  Curabimus  etiam, 
dum  Sturciades  forte  alibi  mauult  seruari5),  ne  in  illa  tibi  desint 
officia  nostra.  De  Mezentio6)  mirum  est  hie  silentium,  nisi  quod 
dicitur  esse  apud  Bauaros.  Nos  nihil  nobis  ab  hoc  Barraba  metui- 
mus,  quem  vestri  tantopere  sibi  optant  dimitti  et  Christum  in  crucem 
tolli  ...  D.  Philippus  misit  mihi  commentarium  D.  Martini 
Lutheri  in  Micheam,  quem  oro  legas  et  expendas 7).  Pome- 
ranus  adhuc  est  Halberstadij.  Ratisbonae  scribit  Philippus 
emendari  Ecclesiam  et  eo  esse  missos   a  Nurmberga,  qui  repurgent 


1)  Scherffig,  S.  144. 

2)  Vgl.  Melanchthon  an  Lang,  6.  Dez.  1542  (CR.  IV,  909). 

3)  M.  Sixtus  Braun,  Naumburger  Annalen  vom  Jahre  799  bis 
1613,  herausgeg.  v.  Köster,  Naumburg  a.  S.  1892,  S.  319  erwähnt 
zwar  die  Pest  von  1542,  aber  nicht  den  Tod  zweier  Geistlichen.  Von 
Diakonen  aus  jener  Zeit  sind  nur  Martin  und  Benedikt  Schumann 
bekannt. 

4)  Myconius  bot  damals  auch  Sturtz  sein  Haus  als  Zufluchts- 
stätte an  (vgl.  Beiträge  zur  Gesch.  v.  Buchbolz  6,  4). 

5)  Sturtz  schrieb  am  7.  u.  29.  Nov.  1542  u.  am  22.  Jan.  1543 
aus  Marienberg  (Beiträge  zur  Gesch.  v.  Buchh.  6,  5  ff.). 

6)  Herzog   Heinrich  von    Braunschweig:   Enders  12,  104f.16. 

7)  Commentarius  in  Micheam  prophetam,  collectus  ex  prae- 
lectionibus  D.  Mar.  Luth.  nunc  primum  in  lucem  editus ,  per 
M.  Vitum  Theodorum,  Concionatorem  Norimbergen.  1542  Witte- 
bergae.     Weimarer  Lutherausg.  13,  S.  XXVI. 

24* 


368  Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha 

et  resarciant  scissuras  templi  Domini1).  Lipsiae  crescit  pulchre 
schola2).  Et  M.Joachim us  Camerarius  edidit  Senatoriam  ora- 
tionem  de  bello  Turcico,  quam  si  leges,  admiraberis.  Philippus 
eam  publicae  (!)  Scholae  Wittenbergensi  commendavit  .  .  .  Saluta 
si  potes  per  literas  D.  Doctorem  Sturciadem  nostrum  et  sanc- 
tam  illius  domum  .  .  .  Datum  Gotthae  1542  Quinta  feria  post 
Elizabeth  .  .  . 

14.  20.  Januar  1543  (fol.  152b  — 153a). 
. .  .  Forte  votum  habes  ...  te  nihil  ad  me  scripturum,  nisi 
prior  ego  scribam.  Sic  semper  oportet  languidiores,  ut  dici  solet, 
portare  candelas.  Absoluam  et  liberabo  te  ab  hoc  voto  in  nomine 
patris  et  filii  et  Spiritus  s.,  ut  exinde  possis  sine  ullo  scrupulo  con- 
scientiae  et  ad  me  et  ad  reliquos  amicos  scribere.  Hie  adolescens,  qui 
tibi  has  reddit  literas,  pauperculi  ciuis  filius  est,  qui  etiam  non  ha- 
buit,  unde  vel  hunc  atro  pane  aleret.  Nos  effeeimus,  ut  alij  amici 
eum  hactenus  propter  ingenium  et  indolera  sustentarent.  Nunc  forte 
obtinget  ei  vel  tenuis  conditio,  unde  et  ad  sua  studia  et  forte  etiam 
ad  comparandos  ĂĽbros  potest  facere  adiectionem.  Sed  necessum  erit, 
quo  ei  aliqua  autoritas  concilietur,  ut  peius  deponat  et  alieuius  in- 
signis  scholae  membrum  fiat.  Oro  te,  ut  adhibito  aliquo  vno  aut 
altero  teste  hunc  assumas  in  eorum  numerum,  qui  vocantur  vestrae 
Erphurdiensis  scholae  studentes  ...  D.  Philippus  Melanthon 
scripsit  ad  me  Venetos,  Taruisinos  et  Vincentinos  concionatores  nuper 
ad  se  et  alios  scripsisse  et  orare,  ut  nostri  Status  Senatui  Veneto 
scribant,  ut  mitigent  saeuitiam,  ad  quam  instigantur  a  Pontifice.  Et 
addit  Euangelij  sonum  exire  in  omnem  terram  .  .  ,8)  Oro  rescribe, 
an  aliquis  sit  domi  in  domo  Stjurci  adae4),  qui  mihi  possit  parare 
pillulas  illas  amaras  .  .  .  Datum  Gotthae  1543  Fabiani  et  Seba- 
stiani  .  .  . 

15.    2  3.  März  1543  (fol.  154b— 155a). 
.  .  .  Literae  tuae  .  .  .   nonnihil  me  perturbant,  qui  toties  mihi 
Zuuinglium,  cuius  ego  nomen  odi  et  doctrinam,  obijcis  et  nescio 
quid  vocas  adorationem  et  contra  quid  pugnes.    Nam  Christum  esse 


1)  näml.  Joh.  Forster,  vgl.  Germann,  D.  Joh.  F.  (1894), 
S   373  f 

2)  'S  c  h  e  r  f  f  i  g  ,  S.  129. 

3)  Ăśber  diesen  Brief  der  BrĂĽder  aus  Venedig,  Vicenza  und 
Treviso  vom  26.  Nov.  1542  und  Luthers  Antwort  vom  13.  Juni  1543 
vgl.  K.  Benrath,  Gesch.  der  Reformation  in  Venedig,  Halle  1886, 
S.  21  ff. 

4)  Vgl.  S.  367,  Anm.  5. 


an  Johann  Lang  in  Erfurt.  369 

Deum  benedictum  in  secula  Et  panem  coenae  eius  corpus,  potum 
sanguinem,  ipsum  vere  praesentem  ego  adeo  non  nego,  ut,  tu  si 
negares,  auderem  tibi  bellum  indicere.  lllum  adorandum  esse  habent 
Euangelistae  et  prirnurn  caput  epistolae  ad  Ebraeos1):  Adorent  eum 
angeli  Dei.  Sed  quo  ritu  statuerit,  ut  se  adoremus  et  quid  ipse 
adorationem  vocet,  oro  mihi  definias,  ut  sciam,  ubi  vel  tu  a  me,  vel 
ego  a  te  dissentiam.  Si  adorationem  vocas  flammulas  caereorum  et 
fumulos  thuribulorum,  igniculos  carbonum,  crepitaculorum  et  cym- 
balorum,  campanarum  et  nolarum  sonitus,  geniculationes  nonnarum 
et  monachorum,  deuotiones  et  concentus  suaues  tuorum  Canonicorum, 
sparsiones  florum  in  die  corporis  Christi,  serta  monstrantiis  imposita, 
reliquias  conditas  in  altarijs,  lotiones  altarium 2),  quae  cras  fient  in 
monte  Mariauo  et  ad  S.  Seuerum,  Et  Filius  et  Pater  tales  adoratores 
quaerunt 3),  tunc  vide,  ut  ultra  nihil  damnes  in  toto  regno  papae. 
Si  vero  aliud  est  adoratio,  Quid  tandem  est?  cui  exhibenda?  vbi  ? 
Quomodo  ?  Quando  ?  quo  ritu  ?  Qua  caeremonia  ?  Responderem 
tuis  literis  toto  quaternione.  Sed  ne  putares  acerbiores  esse  literas, 
nolid  eas  nunc  mittere,  missurus  tarnen,  si  ad  haec  responderis, 
vt  sciam,  quo  iacula  dirigas  et  vbi  sit  mihi  scuto  occurrendum  et 
vibrandus  gladius  spiritus  . . .  Datum  celerrime  Gotthae  die  parasceues 
1543  .  . . 

16.    9.  April  15  43  (fol.  153a— 153b). 

.  .  .  Scis  .  .  .  quod  nuper  quaterniones  aliquot  de  polygamia 
mutuo  tradiderim 4).  Sed  tu  pollicebaris  intra  dies  paucos  omnia 
remissurum.  Ego  vero  adhuc  expecto,  ut  fidem  tuam  hie  liberes. 
Nam  non  nescio,  quod  haec  sine  periculo  non  possint  diutius  a  nobis 
abesse.  Oro  te,  cura,  ut  haec  omnia  ad  me  fideliter  et  libere  et 
sine  mora  ad  me  redeant,  ne  perpetuo  in  hac  re  infelix  sim,  quod, 
dum  mutuo  scripta  mea  amicis  impertio,  aut  alia  nunquam,  aha 
intempestiue  et  tardius  ad  me  redeant  ....  Gratulor  vobis  ad 
vos  reditum  clarissimi  et  optimi  viri  D.  Doctoris  Sturciadae 
nostri 5)  .  ,  .  Meus  perpetuus  morbus  est  mihi  perpetuus  carni- 
fex  .  .  .  Vale  et  remitte  quaterniones.  Saluta  d.  doctorem  Sturcia- 
dem  reuerenter.  Datum  Gotthae  1543  Secunda  feria  post  misericordia 
domin  i  .  .  . 


1)  v.  6. 

2)  Vgl.  Thalhofer,  Handbuch  der  katholischen  Liturgik  II 
(Freiburg  i.  Br.  1890),  548. 

3)  Joh.  4,  23. 

4)  Vgl.  No.  12, 

5)  Vgl.  No.  13  u.  14. 


370  Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha 

17.  20.  April  15  43  (fol.  151a  — 152b). 
. . .  Nouarum  rerum  nihil  habeo,  nisi  quod  heri  accepi  literas  Lu- 
theri1),  qui  gratulatur  mihi  meliorem  valetudinem  et  orat,  ut  per- 
fecte  restituar ;  se  dicit  inutile  pondus  terrae  et  hoc  anno  saepe  mortuum 
fnisse  et  reuixisse  inuitum  et  orat  tandem :  ,Ach  veni,  Domine  Jesu, 
cito,  citius,  citissime  et  libera  nos  a  malo.'  Das  ist  auch  warlich 
hohe  Zeit.  Kos  incipimus  hie  rursus  sperare  pacem.  Quando  enim 
viderunt  hostes  nosnos  non  nimium  esse  f ormidulosos ,  simulant 
se  placatiores.  Secl  Diabolus  manet  homieida  vnd  traw  im  ein  an- 
derer, ich  nit.  Sed  heus,  quando  remittes  meos  qnaterniones  ?  .  .  . 
Saluta  amanter,  reuerenter  et  religiöse  Optimum  Patronum  et  ami- 
cum  nostrum  D.  Doctorem  Sturciadem.  Scripsissem  illi,  sed 
puto  vobis  esse  omnia  communia,  etiam  litteras  meas.  Vale.  Da- 
tum Gotthae  1543  Freytag  nach  Jubilate  .  .  . 

18.  15.  Mai  1543  (fol.  153b  — 154b). 
.  .  .  Neque  ego  possum  me  continere,  quin  rideam  fabulam 
illam  de  profectione  Principis  nostri  Illustrissimi  ad  Pomeraniam,  quae 
si  Plauti  tempore  aeeidisset,  haud  dubie  inde  Menechinos  conscrip- 
sisset.  Secretarius  Electoris  Johannes  Rudolphius2)  nuper 
hac  festinans  ad  Hessum  requiritur  a  quaestore  nostro,  utinam 
inueniri  possit  prineeps.  Is  respondet  abijsse  nauigio  in  Gommerum, 
quod  est  Monasterium  non  longe  situra  a  Magdeburgo  et  pertiuet  ad 
Burggrauionatum.  Is  pro  Gommerum  audit  Pommerum.  Venio  ego 
eadera  pene  hora,  offero  literas  et  oro,  vt  primo  tabellario  eas  mitteret 
prineipi.  Ille  respondet  prineipem  domi  non  esse,  sed  iuisse  naui 
in  Pomerum,  expeetandum,  donec  redeat.  Eadem  die  erat  etiam  vobis, 
Deinde  Justo  Menio,  amicis  meis,  scribendum.  Et  vt  haberetis 
occasionem  cogitandi  de  solutione  intricatae  illius  quaestionis:  Ec- 
quid  nam  hoc  tempore  ageret  in  Pomerania  Elector?  Et  quomodo 
eo  nauigaret,  cum  Albis  fluat  a  Torga  in  Occidentem,  Pomerania 
autem  sit  illi  fere  ad  Orientem  ?  Sed  ad  hanc  quaestionem  responde- 
bimus ,  quod  forte  nauigarit  Im  windtschiff ,  quod  olim  fabricabatur 
Electori  Johanni  saneto  prineipi  ab  impostore  quodam.  Habetis 
totam  nauigationem,  res  gestas  feliciter,  redituin  celerem  et  in  com- 
pendio  decennalera  Vlyssis  peregrinationem.  Eadem ,  quae  tibi 
Wenceslaus8),  mihi  quoque  scribit  Vitus  Theodorus  et  laudat 


1)  Vom  5.  April:  de  Wette  5,  554 f. 

2)  Vgl.  Mentz  III  (Jena  1908),  Reg.  s.  v. 

3)  Link. 


an  Johann  Lang  in  Erfurt.  371 

virtutem  Francisci l)  nostri  etChristophoriabVenningen2), 
legati  ducis  Wirttembergensis ,  quoruni  uterque  fuit  discipulus 
D.  Philippi.  Hi  enim  soli  persuaserunt  Granu elo3)  seni,  vt  indu- 
ciae  in  Belgico  et  pax  fieret  aequissimis  condicionibus.  Te  resti- 
tutum  esse  ex  morbo  valde  gaudeo  .  .  .  Puer  tuus  inferet  tibi  re- 
sponsum  ab  Hof  f  man  no4).  Ego  nunc  non  potui  conuenire  quae- 
storem.  Erat  enim  in  arce  cum  praeside  occupatus.  Conueniam 
autem  illum  statim  vt  potuero  .  .  .  Vauertien  sem5)  iterum  ac- 
cersam  ad  me  et  iubebo,  vt  ad  te  veniat.  Neminem  enim  alium 
habeo,  qui  sit  ad  haec  munia  tarn  idoneus  ...  V  i  t  u  s  putat  non 
rediturum  Philipp  um  ante  Autumnurn"),  sed  ego  spero  citius 
rediturum.  Vtinam  hac  transeat  et  veniat  deinde  ad  nos!  forte  vel 
aegrotus  deducerem  eum.  Sic  enim  olim  fratres  et  sancti  Paulum. 
Sturciadem  ex  me  reuerenter  et  amanter  saluta,  qui  si  ad  hoiam 
vel  momentum  esset  Deus,  statim  me  restitueret  et  praeciperet  me 
currere  ad  metam  longius  positam  a  stadio  .  .  .  Vale.  Datum 
Gotthae  1543  tertia  pentecostes. 

19.  28.  Juni  1543  (fol.  156a  — 156b). 
.  .  .  Te  conualuisse  mihi  gratum  est  valde,  ego  valebo  etiam 
in  media  morte,  quae  multo  languidior  me  est,  scilicet  absorpta  a 
Christo  in  victoria 7).  Caesarem  venire  in  Germaniam  certum  est. 
Vidi  enim  et  audiui  eius  literas  ad  Electorem  et  Status  nostros, 
quibus  clementer  optima  quaeque  pollicetur.  Et  3.  Iulij  suos  consi- 
liarios  praemittere  vult  Spiram  et  iubet,  suos  quoque  nostri  eo  mit- 
tant,  ut  visitetur  et  reformetur  iudicium  Camerae.  Iubet  ut  pare- 
mus  nos  contra  Turcam,  quem  ait  certo  venire  in  Germaniam  cum 
maximis  copijs,  ut  Germaniam  oppugnet8).  De  visione,  quae  in 
caelo  apparuit  in  Wisenthai ,  puto  te  audisse.  Si  non  audisti, 
rescribere  poteris;  curabo,  ut  legas,  mirabilia  sunt.  Valde  et  certe 
magnam  mutationem  rerum  portendunt.  Misissem  ad  te  exemplar, 
sed  vnum  tan  tum  habeo.  Et  tu  non  voles  cito  remittere,  quae  accipis. 
Beschreibung  der  Himmelserscheinung.  Stetit  per  tres 
horas  perpetuas.  Spectatores  fuerunt  4.  Iunij  post  vesperas  innumeri. 
Vale.     Datum  Gotthae  1543  Quinta  post  Baptistae.  .  .  . 

1)  Burkhard  (Enders  10,  293  f.1. 

2)  Zeitschr.  d.  Histor.  Ver.  f.  Niedersachsen,  1904,  469.  SchieĂź, 
Briefwechsel  der  BrĂĽder  Ambrosius  und  Thomas  Blaurer  II  (Frei- 
burg i.  Br.  1910),  426. 

3)  Nicolas  Perrenot,  Herr  zu  Gr.,  1530—1550  Minister  Karls  V. 

4)  Vgl.  No.  2. 

5)  Offenbar  ein  GeistĂĽcher  in  oder  bei  Gotha. 

6)  Melanchthon  seit  Anfang  Mai  1543  in  Bonn. 

7)  1.  Kor.  15,  54. 

8)  CR  V  120.  121.  138. 


372  Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha 

20.  [Juli]  1543  (fol.  155a  — 156a)1). 
.  .  .  Colonienses  triplici  forma  aediderunt  suum  librum2), 
latine  in  magna  et  mediocri,  tertio  etiam  germanice.  Adeo  placet 
illis  haec  pandora  sua  ...  Si  non  vidisti  responsum  Philippi3), 
cura  ut  habeas,  et  uide,  quid  possit  unus  lapis  Perae  pastoris  nostri 
filij  Dauidis  adolescentis  ruffi  et  venusti4)  .  .  .  Ego  non  habeo 
exemplum,  Quia  quod  legi,  erat  principis  et  cito  fuit  reddendum. 
Vision  em  in  valle  pratorum 5)  tibi  omnem  diligenter  perscripsi 
nee  quiequam  obmisi,  nisi  quod  mea  sint  Germanica.  Vellem,  tu 
mihi  eam  interpretareris  .  .  .  Vanerensem6)  iussi  aeeipere  con- 
ditionem  ad  annum,  quo  liberari  possis  ab  improbitate  improbi 
turbatoris  hachonis  montani  et  syluestris.  Legi  eius  ineptum 
scriptum,  quod  tibi  cogitat  offerre  uel  forte  iam  obtulit,  quo  rationem 
reddit,  cur  nolit  ab  alio  quam  a  te  petere  Stipendium  ...  Si  tibi 
uidetur  consultum  esse,  ego  scribam  ad  totum  Collegium  ministrorum, 
ut  hunc  inquietum  hominem  tanquam  pestem  .  .  .  abominentur, 
fugiant  et  hoc  vetus  fermentum  a  se  et  Ecclesia  Erphurdiana  ex- 
purgent  .  .  .  Vale!  datum  Gotthae  1543.  Tarnen  si  quid  tu  debes 
Hachoni,  quare  non  reddis?  Quare  tales  ignes  reddendo  operario 
mercedem    non  restinguis?  .  .  . 

21.    6.  Februar  1544  (fol.  156b  —  157b). 

.  .  .  D.  Johanni  Lango  .  .  .  Aegidio  Mechlero,  M.  Sigismundo 7), 
Nicoiao  Rosero,  fidelibus  pastoribus  Erfurdensis  Ecclesiae  .  .  . 

.  .  .  Fuerunt  his  diebus  quidam  ex  ministris  et  fratribus  huius 
nostrae  Gotthanae  Ecclesiae  Erphurdiae,  qui  huc  redeuntes  mira  nobis 
narrarunt,  quanta  audacia  et  crudelitate  aper  quidam  immanis  apud 
vos  agros  et  vineas  Domini  vastet  et  impuro  suo  rostro  demoliatur  et 


1)  Diese  Datierung  ergibt  sich  daraus,  daĂź  Mykonius  Melan- 
chthons  Schrift  gegen  die  Kölner  gelesen  hat,  die  Mitte  Juni  im  Druck 
erschien,  und  ferner  daraus,  daĂź  Mykonius  auf  den  Brief  vom 
28.  Juni  sich  zurĂĽckbezieht. 

2)  Judicium  Deputatorum  Universitatis  et  secundaiĂĽ  Cleri  Colo- 
niensis  de  doctrina  et  vocatione  Martini  Buceri  (Urteil  der  Uni- 
versität u.  Clerisie  zu  Cölne  von  Martin  Bucers  Lernung  und  ruffuug 
gen  Bonn  .  .  .),  CR  V  113.  115.  118. 

3)  Philippi  Melanchthonis  Responsio  ad  scriptum  quorundam 
delectorum  a  Clero  Secundario  Coloniae  Agrippinae  .  .  .  Wittem- 
bergae  1543.  In  deutscher  Ăśbersetzung  neu  herausgegeben  von  W. 
Rotscheidt  (Warum  eine  Reformation  im  hilligen  Cöln?  Cöln 
1904).     CR  V  118.  121.  122. 

4)  1.  Sam.  16,  12. 

5)  Vgl.  No.  19. 

6)  =  Vauertiensem  No.  18? 

7)  Kirchner. 


an  Johann  Lang  in  Erfurt.  373 

laceret   cuncta.     Sunt   autem,   ut  aiunt,   haec   pulcherrima   oracula 
grunnientis  porci s) : 

I.  Nulla  est  Ecclesia  Sancta  catholica  nisi  ea  sola,  quae  Ro- 
manum  papam  agnoscit  et  adorat. 

II.  Neque  alibi  sunt  ulla  ministeria  Ecclesiae,  ulla  Sacramen- 
torum  administratio,  nisi  sola  in  illa  Romana  Babylon  e. 

III.  Cum  ergo  Christus  Erphurdiae  annunciatur  caput  corporis 
Ecclesiae  et  agnus  Dei,  qui  tollit  peccata  mundi, 

IUI.  Et  ille  praedicatur  esse  solus  autor  ministeriorum  omnium 
in  domo  sua,  —  Ipse  enirn  dat  quosdam  Apostolos,  quosdam  doctores, 
aĂĽos  Episcopos,  alios  Euangelistas,  qui  omnes  Christum  fatentur 
patrem  familias,  non  papam,  — 

V.  Sequitur,  quod  omnes  sunt  extra  Romanam  Ecclesiam  et 
in  principis  huius  mundi  summo  odio,  excommunicatione  et  prorsus 
praecisi  et  proscripti  ab  eius  sacrosancta  Romana  Ecclesia. 

VI.  Ergo  consequenter  sequitur,  quod  Erfurdiae  niĂĽli  sunt 
veri  ministrrEcclesiae,  nulla  Sacramenta,  nullae  operationes  spiritus, 
quae  omnia  ad  solam  Romam  et  papam  sunt  alligata. 

VII.  Omnia  ergo,  quae  per  viginti  annos  sunt  Erfurdiae  acta, 
sunt  nihil:  Praedicatio  est  nihil,  etiam  in  nomine  Christi  facta.  Ab- 
solutio est  nihil,  Baptismus  nihil,  Sacramenta  nihil,  fides  nihil,  etiam 
illud  testimonium  spiritus  sancti,  quod  reddit  cordibus  et  spiritui 
credentium,  quod  vere  sunt  filij  Dei,  nihil  est  .  .  . 

Dominus  Jesus  Christus  conterat  Satanam  sub  pedibus  vestris 
velociter.    Amen.    Gotthae  1544  Quarta  post  purificationis  Mariae  .  .  . 

22.  24.  Mai  1544  (fol.  160a  — 161b). 
...  De  libris,  de  quibus  scribis,  contra  Mezentium  Brun- 
suuiciensem2)  et  clandestini  coniugij  defensores3)  audiui  quidem 
ahquoties  aedendos  esse.  Sed  hie  nullum  adhuc  vidimus.  De  rebus 
in  Comitijs  gestis  et  an  Ecclesiae  prineipes  euneti  promiserint  pacem, 
nihil  audivi,  et  si  promittent,  non  potero  eam  non  suspeetam  habere. 
.  .  .  Princeps  hac   nondum   redijt,  dum  has  scriberem    literas,  sed 


1)  Vgl.  schon  Luthers  Brief  an  die  Erfurter  Prediger  vom 
30.  Sept.  1533:  Enders  9  No.  2117. 

2)  Hiermit  ist  wohl  die  vom  5.  April  1544  datierte  Flugschrift : 
Ein  wunderlich,  seltsam  und  neu  Geburt  des  Babylonischen  alten 
und  jetzund  neuen  Waldochsen,  im  Herzogtum  Braunschweig  geboren, 
.  .  .  (Koldewey,  Heinz  von  Wolfen bĂĽttel,  Halle  1883,  S.  58 f.) 

3)  Die  Herausgabe  dieser  Schrift  Luthers  unterblieb.  (K ös  tl  l  n - 
Kawerau  II,  S.  571.) 


374  Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha 

hodie  veniet,  ad  quem  si  accersitus  fuero,  veniam  et  hortabor  eum, 
ut  ita  per  Christum  confodiat  proprio  gladio  monstrosum  Goliath 
gigantem  maledicum  blasphemum  et  ita  praescindat  eius  caput,  ut 
tarnen  non  perturbet  choros  puellarum  cantantium:  Percussit  Saul 
mille,  sed  David  decem  millia,  Imo  accepta  Cythara  et  indutus 
Ephot  linea  saltet  inter  famulas  Domini  psallens1).  Scis,  quid  vehm. 
Numquam  ex  vllis  comitijs  minus  litterarum  accepi  quam  ex  istis, 
Quia  in  illis  non  fuit  D.  Philippus  et,  qui  istic  fuerunt,  per- 
scripserunt  aliquoties  omnes  actiones  vno  verbo,  sciĂĽcet:  adhuc  nihil 
est  actum,  forte  iuxta  illud  Johannis  primo2):  'Sine  ipso  factum  est 
hoc  nihil'.  Ergo  maneat  nihil,  donec  per  ipsum  fiant  omnia,  quae 
facta  sunt.  Nullo  modo  debetis  deserere  sponsam  Christi  cum  suo 
curru,  puellis  et  liberis  in  lutoso  itinere  haerentem.  .  .  .  Vale  et 
saluta  fratres,  quibus  has  communicabis,  maxime  Aegidio,  D.  Nicoiao 
ac  D.  Sigismundo s),  et  sanctos  omnes.  Datum  Gotthae  1544  die 
24.  Maij.  Iam  obsignaturus  eram  literas,  veniunt  ad  me  quidam 
aulici,  qui  significant  nondum  nobis  pacem  promissam,  neque  Camerae 
iudicium  reformatum,  sed  relictos  consiliarios  adhuc  acturos  de  Con- 
clusionibus  istis,  et  nos  non  possumus  nee  voluimus  indicare  bellum 
Christo4).    Caetera  alias  .  .  . 

23.  21.  Oktober  1544  (fol.  159a  — 160a). 
.  .  .  Remitto  tibi,  mi  D.  Doctor  Langi,  literas  tuas,  quas  ex- 
ercitatissimus  medicus  conscientiarum  morbidarum,  afflietarum  et 
mortuarum  D.  Martinus  Lutherus  Spalatino  scripsit0). 
Adiunxi  illis  antidotum  ipsius,  quo  mihi  imperiose  per  literas6)  in 
nomine  Christi  et  voluntatis  Dei  patris  praeeepit,  ne  se  hie  relicto 
inter  daemones  perrumpam  per  morbos  ad  requiem  et  sauitatem 
aeternam.  et  ne  sine  multo  foenore  ad  te  redeant  tuae,  addidi  illis 
etiam  confortatiuum  ex  Diamargariten  (!),  quod  imposuit  cordi  ex 
nimio  dolore  iam  mortuo  D.  Philippi  Melanthonis  Lutherus7). 
Et  certo  credo  nos  vtrosque  iamdudum  sepultos  computruisse,  si  non 
omnipotens  illa  medela,  potentia  Euangelij  ad  salutem  omni  credenti 8), 
Verbum,  quod  est  deus,  vita  et  lux  hominum,  sine  quo  nihil  persistit, 
et  oratio  sanetorum  ex  tot  morbis  restituisset.    Ego  valde  libenter 


1)  1.  Sam.  18,  7;  2.  Sam.  6,  14. 

2)  Joh.  1,  3. 

3)  Mechler,  Roser,  Kirchner. 

4)  Scherffig,  S.  113  f. 

5)  Vom  21.  August  1544:  de  Wette  5,  678 ff. 

6)  Dieser  Brief  Luthers  fehlt. 

7)  Ende  Juni  1540  in  Weimar:  Köstlin-Kawerau  I,  526f. 

8)  Rom.  1,  16. 


an  Johann  Lang  in  Erfurt.  375 

sum  vobiscum  testis,  quae  sit  vera  causa  efficiens  vitae  etiam  phy- 
sicae,  scilicet,  quod  non  in  solo  pane  viuit  homo,  sed  in  omni  verbo, 
quod  procedit  ab  ore  Dei3)  .  .  .  Quando  uero  ego  inspector  et  coad- 
iutor  fui  velut  famulus  aliquis  extremus  in  Myropolio  totius  curae 
et  restitutionis  Philippi,  cuius  ego  morbum,  etiam  priusquam  aegro- 
taret,  et  deinde  restitutionem,  antequam  veniret  medicus  Lutherus, 
in  somnio  vidi  et  narraui,  priusquam  fierent,  ac  postea  in  omni 
practica  adfui,  cogitabam  ad  vos  totam  hanc  historiam  scilicet  morbum, 
morbi  speciem,  causam,  qualitatem,  quantitatem,  incrementum,  vim 
et  saeuitiam,  Deinde  Medicum,  Medici  diligentiam  et  labores,  Item 
totius  curationis  initium,  progressum  ac  sanitatis  augmentum,  morbi 
decrementum  et  vitae  incrementum  describere,  colloquium  languentis 
et  certamen  Medici,  Sed  cum  vos  antea  hec  partim  coram  partim  ex 
alijs  cognoueritis  et  similem  curandi  rationem  ex  literis  iuxta  positis 
habeatis,  nolui  vos  onerare  mea  loquacitate 2).  Satis  de  hac  prima 
parte.  Eeuspert  euch,  einmal !  sj  Reliquas  duas  partes  contionis  huius, 
scilicet  pugnam  medici  Christi  in  Luthero  et  Batanae  affligentis 
conscientiam  aegrotantis  Philippi,  Item  de  restitutione  totius  huius 
vitae  hominis  in  Sabbatho  reseruaui  in  proximam  contionem,  cum 
venero  ad  vos  in  Curiam  augelorum  hinder  S.  Michel  oder  bey  allen 
heiligen  zu  Erffurdt,    Valete  Datum  Gotthae  21.  Octobris  1544  .  .  . 

24.    24.  Oktober  1544  (fol.  157b  — 159 bj. 
Ein    Mädchen,    das    gegen    den    Willen   der    Eltern 
Christoffen   Koch   heiraten    will,   soll   zum    Gehorsam 
gegen  die  Eltern  gezwungen   werden.    Datae  Gotthae  1544 
sexta  feria  post  Vrsulae  .  .  . 

25.  26.  Juli  1545  (fol.  lblb-161a). 
.  .  .  Martin  um  tuum  accepimus  et  curabimus  ut  Christi,  ut 
amici,  ut  nostrum.  Hac  nocte  mansit  cum  Hoffmanno,  exinde 
mecum  manebit,  donec  ei  de  lectulo  prospiciatur.  Hospicium  et 
locum  habebit  apud  Nicolaum  nostrum  et  solus  dormiet,  adiungetur 
mensae  et  sodahtio,  quibus  non  licet  nisi  latine  loqui  certis  horis  et 
locis  .  .  .  vestes  lauabit  et  reliquam  suppellectilem  vxor  Hoffmann. 
Mea  Martha  et  filiae  interdum  respicient  caput  et  venabuntur  feros 
illos4),  quos  non  potuerunt  Magi  Aegyptiaci  ulla  arte  producere  et 
testabantur  a  digito  Dei  oriri5).    Libros  necessarios  accipiemus  apud 


1)  5.  Mos.  8,  3. 

2)  Vgl.  Scherffig,  S.  62  f. 

3)  Vgl.  Flugschriften   aus   den  ersten  Jahren   der  Reformation 
III  (1909),  S.  93  Anm.  20. 

4)  Läuse. 

5)  5.  Mos.  8,  14  f. 


376  Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha 

Philippum,  vbi  aliquid  opus  fuerit,  ego  exponani,  Et  de  singulis 
tibi  reddemus  rationem.  singulis  mensibus  bis  lauabit  cum  reĂĽquis 
sodalibus  .  .  .  Nunc  ei  emam  spondam,  quam  olim  poterit  rursus 
vendere  vel  domum  remittere.  Rationale  diligenter  seruabimus  et 
maiore  fide  quam  tota  Ecclesia  Romana  suum  rationale  diuinorum *). 
Caetera  ex  famulo  tuo  et  literis  Pancratij  cognosces.  .  .  .  Saluta 
Sturciadem.    Gotthae  1545  Dominica  post  Jacobi  .  .  . 

26.  16.  August  [1545]  (fol.  147a  u.  b). 

...  In  quo  statu  sint  res  studiorum  filij  tui,  ex  Baccalaureo 
tuo  cognosces,  et  referent  tibi  literae  D.  Nicolai.  Pro  mensa  so- 
luimus  debitum ,  et  iam  habet  iterum  mensem ,  quo  potest  suum 
panem  manducare  usque  ad  Dominicam  ante  Crucis  festum.  Quos 
libros  acceperit  a  Philippo  ad  sua  studia,  intelliges  et  solues.  Ego 
adhuc  vnum  fl.  debeo,  quem  poterit  a  me  exposcere  vbi  volet  et 
quando.  Assuefacimus  illum  paulatim  ad  Latinam  linguam,  scriptiones 
et  alia  puerilia  exercitia.  Sed  de  his  ex  praeceptorum  literis.  Ego 
prius  aliquot  menses  inspector  ero,  donec  et  ego  de  eo  possim  certe 
pronunciare.  Interim  optime  spero.  Nee  video,  quid  desideremus, 
maxime  in  his  ioitijs.  D.  Aegidij  filium  admonui  pro  mei  officij 
dignitate,  ne  Christi  et  meae,  imo  Dei  Ecclesiae  maiestatem  et 
paternam  voluntatem  et  Studium  de  caetero  laedat.  Dedit  fidem  se 
exinde  obtemperantem  et  morigerum  futurum  Et  iussit  me  id  suo 
nomine  polliceri  parentibus,  quod  significabis  Aegidio.  Ante  annos 
quinque  hoc  anni  tempore  et  tali  aestu  caeli  corripuit  me  primum 
meus  morbus  et  nunc  me  satis  exercet  et  diĂĽgenter  prohibet,  ne  ad 
vos  veniam  .  .  .  Nihil  nouarum  rerum  habeo,  quod  non  audieris  ex 
Francisco2)  et  literis  D.  Wenceslai3).  Vna  quaestio  adhuc  restat 
determinanda  in  concilio  Tridentino :  An  Papa  et  Cardinales  possint 
consecrare,  cum  eorum  plaerique  sint  et  fuerint  generis  et  sexus 
ioeminini  Et  Christus  in  coena  tantum  viros  Apostolos,  nullam  vero 
foeminam  adhibuit,  ubi  eis  dedit  potestatem  consecrandi.  Vale  et 
saluta  ex  me  D.  Doctorem  Sturciadem  reuerenter.  Datum 
Gotthae  Dominica  post  Eusebij  .  .  . 

27.  25.  Oktober  1545  (fol.  163b  — 164a). 
Medmannus  retulit  Sturciadae,  quam  nihil  hie  habeamus 

de  bello  nostrorum  cum  Mezentio,  spero  te  audisse.  Nunc  tarn 
multum  tibi  scribo,  quam  multum  habeo,  nempe:  Mezentius  captus 
est,  captiuus  est  duetus  Cassiliam.     Caetera  habes  ex  alijs.     Nam 

1)  Vgl.   über  dieses  einzelnen  Bischöfen  von   den   Päpsten   als 
besondere  Auszeichnung  verliehene  Schultertuch  RE3  10,  531. 

2)  Burkhard.  3)  Link. 


an  Johann  Lang  in  Erfurt.  377 

diligenter  cautum  est,  ne  quid  huc  ad  principem  perferretur.  Valde 
nostris  dolet,  quod  uos  Erfurdiani  tan  tum  hie  estis  in  Thuringia 
tales  hospites,  ut  sunt  muscae  in  magnatum  domibus.  Nam  nulla 
prorsus  etiam  pro  oblato  precio  a  vobis  impetrare  potuimus  auxilia. 
Nicht  fĂĽr  einen  pfenningk  brots,  nicht  ein  einigen  wagen  umb  gelt, 
imo  praeuenistis  nos  legatione,  ne  quid  a  vobis  peteremus.  Ratio: 
nam  nihil  velletis  praestare.  Capitulum  Maguntinum  misit  equites, 
similiter  et  Herbipolenses,  hostes  nostri  .  .  .  Vale  datum  Gotthae 
1545  Dominica  post  Seueri  .  .  .  Remitto  tibi  lodicem,  in  quo  lec- 
tulum  misisti  filio.  Solui  Oeconomo  debitum,  et  habet  eibum  adhuc 
ad  14  dies,  addidi  iij  gr.  de  meo. 

28.  1.  November  [1545]  (fol.  139a  u.  b). 

S.  Castigans  castigauit  nos  Dominus,  sed  in  misericordia,  non  in 
iudicio1).  Verum  morti  non  tradidit  nos.  Misericors  autem  est  nee 
laetatur  in  perditione  hominum  .  .  .  Seimus  vestros  papistas  laetari 
et  exultare,  sed,  si  a  domo  Dei  sie  ineipit  iuditium2),  0  qualis  illos 
manet  aeternus  ignis,  quem  iam  non  poterunt  omnia  maria  extinguere. 
Salui  sunt  nobis  Christus,  Euangelium,  Domus  Sacrae  Scholae, 
domus  ministrorum  Ecclesiae  et  Schola,  Ciues  omnes  amici,  omnium 
animae  et  corpora.  An  hoc  non  magnum  est  ?  Perierunt  vero  ligna, 
lapides,  ferrum,  aes,  argen  tum,  aurum,  Domus,  horrea,  frumentum, 
vestes,  lecti  et  quiequid  vocantur  (!)  Substantia  huius  mundi,  et  certe 
multa  idola,  quae  coluimus  et  adorauimus,  pro  quibus  magis  fuimus 
quam  pro  diligendo  deo  et  proximo  solliciti,  das  gröste,  Reichste, 
beste,  gebaweste  thail  der  statt  auff  allen  seitten.  Dominus  per  me 
et  duos  viros  et  uix  tres  guttas  aquae  in  einer  spritzen  errettet  die 
kirche  zu  S.  Margarethen,  die  oben  im  tach  rödtlicht  brandte. 
Vicini  nostri  ex  omnibus  ditionibus  adiuuerunt  et  adhuc  adiuuant 
nos  strenue.  Sed  uestri  neque  vicini  nostri  sunt  neque  eorum  res 
agitur,  ubi  paries  proximus  ardet8)  .  .  .  Caetera  ex  Johanne. 
Dominica  post  Simonis  .  .  . 

29.  19.  November  1545  (fol.  163a  u.  b). 

.  .  .  Non  nescis  .  .  .  quanto  studio  his  annis  contra  immundum 
spiritum,  qui  coniugio  et  puellarum  atque  totius  illius  sexus,  unde 
Christus  nobis,  semen  beatissimum,  prodijt,.  insidiatur,  vobiscum 
pugnauerim.  Et  etiam  tandem  nonnullos  tuorum  ab  illius  impura 
tyrannide,  ut   scis,  eripui.     Et  toto   pene  biennio  etiam  in    nomine 


1)  Ăśber  die  Feuersbrunst,  die  am  31.  Okt.  1545  in  Gotha  aus- 
brach, vgl.  Scherffig,  S.  154 f. 

2)  1.  Petr.  4,  17. 

3)  Hör.  ep.  1,  18,  84.     Vgl.  No.  27. 


378  Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha 

domini  Jesu  Christi  tutatus  sum  huius  bonae  foeminae  ĂĽbe  mĂĽs- 
sen sis  filiam  Catharinam,  quae  etiam  per  diligentiam  vestri  senatus 
declarata  est  libera  ab  impostore  HansoneSchrotter  impotente. 
Et  ei  permissum  est,  ut  illi  publicis  solemnitatibus  coniungantur  (!), 
cni  eam  iam  copulauit  Dominus.  Verum  ut  audio  pastor  harum 
ouium  et  agnellorum  adhuc  nodum  in  scirpo  quaerit,  Et  uos  etiam 
non  satis  fortiter  adiuuatis  simplicum  puellarum  et  parentum  ius  et 
causam  Et  rem  in  nouam  disputationem  vultis  adducere  .  .  .  com- 
mittite  hoc  munus  alteri  cuidam  bono  pastori  aut  coniungite  ipsi, 
quos  coniunxit  iam  per  corda,  verba,  voluntatem  et  consensum 
parentum  et  sententiam  optimorum  virorum  ex  senatu  vestro  ipsemet 
Dominus  .  .  .  Valete.  Datum  zu  Gottha  in  die  S.  Elizabeth  exem- 
plaris  fidei  et  charitatis  Thuringiae  Anno  1545  .  .  . 

30.    30.  November  1545  (fol.  162a  — 163a). 
. . .  Gratulor  tibi  citra  omnem  adulationem  et  hypocrisin,  a  quibus 
scis  me  natura  abhorrere,  quod  inter  reliqua  dona,  quae  liberalissima 
manus   Domini  in  te  effudit,   etiam  hoc  addidit,    quod  dedit  tibi 
filium  ad  imaginem  et  simihtudinem  tuam  formatum,  imo  in  Omnibus 
donis  Dei   te  pro  hac  aetate  pulchriorem  et  elegantiorem.    Nam  hie 
Martinus1)  certe  declarat  se  esse  ingeniosum,  pium  et  timentem 
Dei  .  .  .    Conuenio  eum  frequenter  et  satis  bene  respondet  ad  omnia. 
Video   eius   scriptiones   interdum    et   admoneo,   ut   declaret  se  esse 
D.  Langii  filium,  et  doceo,  quod  sola  virtute  id  facere  possit.    Nihil 
in  eo  desidero,  quam  ut  ita  currat  ut  coepit.    In  te  vero  desidero, 
ut  sie  foeliciter  currentem  non  eum  hinc  retrahas  ex  cursu,  donec 
videas  eum  attigisse  metam,  quam  praestruxisti.    Neque  probarem, 
ut   vocares   eum  ad  carnisprivium,   ut  aliquando  cum  matre  et  fra- 
tribus   et  sororibus  se  oblectet.    Scis,  quam  sint  perniciosae  hae  ob- 
lectationes    huic   aetati.      Sed    quid  hie  murmuror  ?     Iudicabis  eius 
ingenium   et  quem  hie  progressum  fecerit  ex  libro  eius  epistolarum. 
Scribit  enim  magnos  libros  epistolarum  et  vellet  se  posse  Ciceronem 
superare,  si  eius  calamum  et  atramentum  haberet.    Bene  etiam  pingit. 
Nam  hie  non  probamus  stulticiam  eorum,  qui  volunt  in  literis  Phi- 
lip p  i  picturam  sequi  et  ita  pingunt,  ut  neque  Philippus  neque  quisquam 
legere  possit.     De  Caesare  nihil  eorum   audio,   quae  scribis.     Et 
miror,   an   vera  sint.    Nam   pridie  reeepi  literas  a  Domino  Fran- 
cisco2), qui  significauit  illum  esse  Leodij,  prorogasse  ad  aliquot  dies 
colloquium  Regen  bĂĽrgen  se,  Venturum    illum,   ut  adsit  Colloquio  et 
comitijs,  sed  quo  animo,   non  poterit  latere3)  .  .  .    Bellum  contra 


1)  Vgl.  No.  25  und  26. 

2)  Burkhard. 

3)  CR  V  892.  893. 


an  Johann  Lang  in  Erfurt.  379 

Mezentium,  ut  est  breuiter  coeptum,  ita  subito  debellatum.  Nam 
dum  primum  conscriberet  exercitum  et  iam  esset  progressurus,  istas 
voces  iactabant  et  prolata  contra  Dominum  exercituum  et  rubicun- 
dum  iuuenem  filium  Dauidis  cum  baculo  et  funda  contra  se  vnctum 
et  electum:  vnd  wenn  der  Saxe,  der  Hesse,  die  Lutherischen,  so 
viel  trescher  vnd  bawern  brechten  als  Mucken  vnd  Maden,  so  wolt  er 
sie  doch  hinweg  wĂĽrgen  vnd  die  Maden  mit  handt  vol  fressen  .  .  . 
De  Maguntino1)  hie  nihil  audiuimus,  albus  aut  ater  sit,  noster 
an  aduersariorum,  Sed  non  placet,  dum  vestris  papistis  placet,  neque 
metuimus  illum  dominum.  Nobis  uiuit  ille,  qui  priorem  multo 
astutiorem,  maiorem,  perniciosiorem  hostem  Albertum  2)  posuit  sca- 
bellum  pedum  suorum  3)  .  .  .  Oro  te,  ut  publica  contione  agas  gra- 
tias  Senatui  et  Ecclesiae  ac  omnibus,  qui  nostris  pauperibus  ouibus 
in  hac  sua  paupertate.  calamitate  et  miseria  post  tarn  horrendum 
incendium  subvenerunt.  Relata  est  eorum  beneficentia  ad  magnos 
amicos.  Et  heri  aeeepi  literas  a  Viteberga,  ut  edoceam,  quomodo 
se  erga  nos  vicina  Erphordia  ostenderit.  Ego  respondi,  quod  res 
est  satis  liberaliter  .  .  .  Lipsenses  miserunt  sexaginta  fl.  solius  Se- 
natus  nomine  et  plura  pollicentur  Ecclesiae  causa,  si  eo  mitta- 
mus  fideles  nuncios4).  Vale  et  saluta  Sturciadem.  Datum 
Gotthae  1545  die  Andreae.  Oeconomo  solui  vsque  ad  Dominicam 
proximam  post  Natalem  Christi.  Et  sunt  ressidui  quinque  gr.,  quos 
exponam  pro  candelis  et  alijs  necessitatibus  pueri,  et  scribam  omnia 
in  rationali  .  .  . 

31.  Undatiert  (foL  148b— 149a). 
.  .  .  Oro  te  .  .  .  ut  literas  ad  Franciscum  Vinariensem 5), 
quas  nuper  in  causa  Henningorum  tuorum  ad  te  per  puerum 
tuum  aut  ante  mensem  misi.  aperias,  in  quibus  inuenies  alias  literas 
parvas  ad  eundem  Franciscum  diligenter  obsignatas,  quas  obsecro 
ut  vel  tecum  retineas  et  nullo  modo  Francisco  tradas  uel  ad  me 
remittas  .  .  .  vnnd  schickt  mir  das  klein  briefflin  wider  vnd  druckt 
den  andern  widerumb  zu.    2a  post  Briccij  .  .  . 


1)  Erzbischof  Joh.  Albrecht  (regierte  seit  dem  19.  Okt.  1545). 

2)  Gest.  am  24.  Sept.  1545. 

3)  Ps.  110,  3. 

4)  Die  Wittenberger  Universität  schickte  100  Gulden:  CR  V 
897.  Der  Anschlag  CR  V  No.  3315  steht  auch,  aber  ohne  Datum,  in 
Hs.  XXXV,  fol.  120a  — 121a  der  Zwickauer  Ratschulbibliothek. 

5)  Burkhard. 


XI. 

Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711. 

Von 
Archivdirektor  Dr.  Joh.  Trefftz  in  Weimar. 

I.  Die  Vorgeschichte. 

Am  9.  Juli  1911  sind  200  Jahre  verflossen,  seitdem 
die  Stadt  Arnstadt  mitten  im  Frieden  von  sachsen-weimari- 
schen  Truppen  unter  FĂĽhrung  des  Obersten  v.  Rumroth 
kriegerisch  ĂĽberfallen  und  fĂĽr  kurze  Zeit  besetzt  wurde. 
Mit  Gewalt  und  dem  Schwerte  suchte  sich  Herzog  Wilhelm 
Ernst  von  Sachsen- Weimar  einen  Ausweg  zu  bahnen  aus 
einem  Wirrsal  endloser  Streitigkeiten  und  gereizten  Feder- 
krieges; aber  ohne  Erfolg,  der  Streich  miĂźlang,  die  weima- 
rischen Truppen  muĂźten  sich  wieder  zurĂĽckziehen,  seinen 
Zweck  erreichte  der  Herzog  nicht.  Dieser  Ăśberfall  der 
friedlichen  Stadt  bedeutet  freilich  nur  eine  Episode,  zu- 
gleich aber  auch  einen  gewissen  Höhepunkt  in  den  Kämpfen, 
die  sich  Jahre,  ja  Jahrhunderte  lang  zwischen  den  Häusern 
Sachsen,  speziell  Sachsen- Weimar,  und  Schwarzburg  ab- 
gespielt haben.  Deshalb  verlohnt  es  sich  wohl,  an  der 
Hand  des  darĂĽber  im  Geheimen  Haupt-  und  Staatsarchiv 
zu  Weimar  befindlichen  reichen  Materials  auf  diesen  Vor- 
fall etwas  näher  einzugehen,  ohne  den  Anspruch  zu  er- 
heben ,  die  Sache  erschöpfend  behandeln  zu  wollen ;  die 
einschlägige  gedruckte  Literatur  bietet  darüber  wenig  oder 
nichts. 

Die  Streitigkeiten  zwischen  dem  Hause  Sachsen  kur- 
fĂĽrstlicher und  fĂĽrstlicher  Linie  und  den  Grafen,  nach- 
maligen FĂĽrsten  von  Schwarzburg    gehen  bis  ins  16.  Jahr- 


Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711.  381 

hundert  zurĂĽck,  ihr  Objekt  waren  die  Land-,  Trank-  und 
Reichssteuern.  Am  22.  April  1570  wurde  zu  Naumburg 
von  den  sächsischerseits  in  dieser  Sache  niedergesetzten 
Räten  ein  Endurteil  erster  Instanz  gesprochen,  von  welchem 
aber  beide  Teile  alsbald  an  das  Reichskammergericht  ap- 
pellierten. 1646  schwebte  der  Prozeß  hier  noch  unerörtert, 
eine  Notiz  in  den  Akten  berichtet,  daĂź  zwischen  dem 
10.  Dezember  1631  und  dem  25.  August  1658  nihil  actum 
reperitur,  in  27  Jahren  war  also  die  Sache  keinen  Schritt 
vorgerĂĽckt!  Kennzeichnet  schon  das  die  ĂĽbergroĂźe  Lang- 
samkeit, die  bei  dem  damaligen  obersten  Gerichtshofe  des 
heiligen  römischen  Reiches  deutscher  Nation  herrschte, 
einigermaĂźen,  so  wird  es  schlieĂźlich  auch  nicht  allzusehr 
ĂĽberraschen,  wenn  selbst  1699,  also  nach  weit  ĂĽber  100 
Jahren  seit  Beginn  des  Handels,  kein  Fortschritt  zu  ver- 
zeichnen war.  Das  ergibt  sich  aus  dem  kursächsisch- 
schwarzburgischen  Vertrage  dieses  Jahres,  wo  gesagt  wird, 
daĂź  diese  Irrungen  am  kaiserlichen  Kammergerichte  zu 
Speier  rechtshängig  geworden  seien,  aber  noch  bis  dato 
in  unerörterten  terminis  schwebten. 

Im  Jahre  1652  befaĂźte  sich  der  bekannte  fĂĽrstlich 
sächsische  Geheime  Rat  Veit  Ludwig  v.  Seckendorf  amt- 
lich mit  der  Sache  und  erstattete  einen  interessanten  Be- 
richt über  den  Fall.  Der  gewiegte  Staatsmann  äußerte 
sich,  seine  Ansicht  zusammenfassend,  treffend  dahin,  daĂź 
der  ganze  gefĂĽhrte  Krieg  Rechtens  auf  zwei  Generalpunkten 
beruhe,  deren  erster  die  von  dem  kurfĂĽrstlichen  und  fĂĽrst- 
lichen Hause  Sachsen  ĂĽber  die  Herrn  Grafen  von  Schwarz- 
burg gesuchte  und  von  diesen  angefochtene  landesfĂĽrstliche 
Hoheit  und  Territorialsuperiorität  —  in  bezug  auf  Franken- 
hausen und  Arnstadt  —  beträfe,  während  den  zweiten  die 
dannenhero  flieĂźende  Gerechtigkeit  des  Kollektierens  oder 
der  Steuer  ĂĽber  die  Untertanen  bilde.  Die  Schwierigkeit 
lag,  wie  Seckendorf  richtig  hervorhob,  darin,  daĂź  die 
Schwarzburger  in  einer  Person  zwei  unterschiedliche  Per- 
sonen diverso  respectu  vertraten,  d.  h.  sie  waren  in  einer 
XXVIII.  25 


382  Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711. 

Person  zugleich  Reichs-  wie  Landstände.  Nach  Secken- 
dorfs  Ansicht  waren  die  sächsischen  Lehen  der  Grafen  der 
mehrere  und  beste  Teil  ihrer  Graf-  und  Herrschaften  und 
den  anderen  vom  Reiche  oder  sonstwoher  habenden  Lehen 
weit  vorzustellen,  vornehmlich  dieserhalb  wären  sie  in 
Konsideration  zu  ziehen  und  für  sächsische  Landstände J) 
zu  achten,  —  von  schwarzburgischer  Seite  wurden  solche 
Behauptungen  natürlich  lebhaft  bestritten.  Während  Sachsen 
das  Landsassiat  der  Grafen  in  den  Vordergrund  rĂĽckte, 
behauptete  Schwarzburg,  sie  seien  darum  nicht  mere  sub- 
dili,  sondern  principaliter  comites  imperii,  secundario  domus 
Saxonicae  sive  Thuringiae. 

Während  der  Jahre  1671  bis  1674  wurde  dann  von 
herzoglich  sächsischer  Seite  der  Versuch  gemacht,  die 
Irrungen  und  Streitigkeiten  in  der  GĂĽte  beizulegen,  es 
fanden  Verhandlungen  ĂĽber  einen  Vergleich  statt,  die  auf 
beiden  Seiten  eintretenden  Todesfälle  ließen  aber  das  Werk 
ins  Stocken  geraten,  so  blieb  also  alles  beim  alten.  Solange 
in  Weimar  der  friedlich  gesinnte  Jobann  Ernst  regierte, 
hatte  das  nicht  eben  viel  zu  bedeuten,  das  Verhältnis  beider 
Parteien  zueinander  war  erträglich,  in  Titulaturfragen  zeigte 
man    sich   gegenseitiges  Entgegenkommen 2).     Die  Sachlage 


1)  Als  Sachsen  im  Jahre  1622  den  Versuch  machte,  der  MĂĽnz- 
unordnung zu  steuern,  suchte  es  auch  die  Schwarzburger  Grafen 
dazu  heranzuziehen,  die  bei  dieser  Gelegenheit  als  des  Hauses 
Sachsen  immediati  subditi  bezeichnet  werden.  Die  Grafen  ent- 
zogen sich  aber  diesem  sächsischen  Vorgehen  mit  Erfolg.  Das  gleiche 
war  der  Fall,  als  sie  1662  anläßlich  des  Todes  Herzog  Wilhelms  für 
ihre  Gebiete  zum  Traueraktus  herangezogen  werden  sollten,  ebenso 
1683  beim  Tode  Johann  Einsts. 

2)  Am  2.  Dezember  1680  kamen  die  Grafen  von  Schwarzburg 
abermals  bei  Weimar  um  gnädigste  Eesolution  ein  wegen  der  Titu- 
latur (Hohnstein,  Leutenberg,  Lohra  und  Klettenberg)  und  wegen 
des  Prädikats  (Hochgeboren).  Weimar  und  Eisenach  kommunizierten 
darüber  miteinander,  Eisenach  erklärte  sich  damit  zufrieden.  Am 
27.  Januar  1681  teilte  Herzog  Johann  Ernst  den  Schwarzburgern 
mit,  daĂź  an  die  Kanzleien  die  VerfĂĽgung  ergangen  sei,  Titulatur 
und  Prädikat,  wie  sie  gewünscht,  zu  verwenden,  jedoch  ohne  Präjudiz. 


Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711.  383 

änderte  sich  aber,  als  nach  dem  Tode  dieses  Herzogs 
(15.  Mai  1683)  dessen  andersgearteter  Sohn  Wilhelm  Ernst 
zur  Regierung  kam,  die  er  fĂĽr  sich  und  in  Vormundschaft 
seines  jĂĽngeren  Bruders  Johann  Ernst  fĂĽhrte.  Wilhelm 
Ernst  war  Zeit  seines  Lebens  ein  eigenwilliger  und  streit- 
barer Herr,  in  hohem  Grade  von  HerrscherbewuĂźtsein  er- 
fĂĽllt und  nicht  gewillt,  auch  nur  ein  TĂĽpfelchen  von  den 
Rechten  preiszugeben,  auf  die  er  als  Herzog  von  Weimar 
Anspruch  zu  haben  glaubte.  Gerade  über  das  Verhältnis 
zu  Schwarzburg  hat  er  sich  Kursachsen  gegenüber  später 
einmal  ĂĽberaus  bezeichnend  ausgelassen,  er  schrieb  damals  *), 
bisher  habe  er  sich  äußerst  bemüht,  nach  seinem  besten 
Vermögen  die  Hoheitsjura,  insoweit  solche  ihm  über  den 
Fürsten  zu  Schwarzburg  zuständen,  die  er  für  das  pretieu- 
seste  Kleinod  des  Hauses  Sachsen  ästimiere,  aufrecht  und 
die  Grafen  von  Schwarzburg  in  den  Schranken  gebĂĽhrender 
Subjektion  zu  erhalten!  DaĂź  es  bei  solchen  Anschauungen 
mit  Naturnotwendigkeit  zu  Reibungen  kommen  muĂźte,  liegt 
auf  der  Hand,  die  Zusammenstöße  blieben  denn  auch  nicht 
lange  aus. 

Aus  der  Menge  dieser  Streitigkeiten  seien  nur  einige 
wenige  beispielsweise  herausgehoben.  Im  Jahre  1686  kam 
es  zu  einem  Konflikt  wegen  eines  Koches  Hans  Christof 
Kropf ;  auf  Kosten  des  Grafen  Anton  GĂĽnther  von  Arnstadt 
ausgebildet,  war  dieser  KĂĽnstler  von  dort  entwichen,  nach 
Weimar  gegangen  und  in  die  Dienste  Herzog  Johann  Ernsts 
getreten.  Als  er  nun  energisch  von  Arnstadt  aus  reklamiert 
wurde,  weigerte  sich  der  Herzog,  ihn  herauszugeben,  mit 
der  naiven  BegrĂĽndung,  mit  der  Handlungsweise  des  Mannes 
trage   er   zwar    ein    MiĂźfallen,    nachdem    er   aber    bei    Ein- 


Dagegen  muĂźten  sich  auch  die  Grafen  der  fĂĽr  das  ernestinische 
Gesamthaus  errungenen  höheren  Titulatur  (Durchleuchtigßt  und 
Durchleuchtigkeit,  wie  auch  sonst  im  Superlativ  gnädigst  und  unter- 
tänigst) künftighin  bedienen.  Bei  der  nächsten  Erbhuldigung  1684 
wurde  das  beobachtet. 
1)  9.  April  1714. 

25* 


384  Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711. 

richtung  seines  Hofwesens  keines  tĂĽchtigen  Koches  in  der 
Eile  habe  habhaftig  werden  können,  möchte  er  desselben 
fĂĽr  jetzt  nicht  entraten.  So  unbedeutend  dieser  Vorfall  an 
sich  auch  war,  bekam  er  doch  einen  besonderen  Bei- 
geschmack, als  dabei  in  einem  von  Weimar  ausgegangenen 
Schreiben  ganz  allgemein  gehalten  der  Ausdruck  „Vasall" 
in  bezug  auf  den  Grafen  gebraucht  worden  war.  Diese 
Wendung  brachte  Anton  GĂĽnther  gewaltig  in  den  Harnisch, 
in  einem  Verwahrungsschreiben  vom  10.  März  1687  gegen 
Johann  Ernst,  das  aber  an  den  älteren  Bruder,  Wilhelm 
Ernst,  gerichtet  war,  remonstrierte  er  scharf  dagegen  und 
wies  darauf  hin,  daĂź  zwischen  ihm  als  Grafen  und  anderen 
gemeinen  adligen  Lehnsleuten  ein  ziemlicher  Unterschied 
bestände,  wobei  am  Schluß  sogar  Rekurs  an  den  Kaiser 
in  Aussicht  gestellt  wurde. 

Beweist  schon  dies  kleine  Vorkommnis,  daĂź  eine  ge- 
wisse Gereiztheit  auf  beiden  Seiten  herrschte,  so  kam  es 
zu  einem  sachlich  erheblich  ernsteren  ZusammenstoĂź,  als 
im  Jahre  1692  die  kurmainzische  Regierung  in  Erfurt  „zu 
Konservation  des  Commercii,  auch  Vermeidung  aller  be- 
sorgenden Konfusion"  einen  KongreĂź  der  benachbarten 
Kreisstände  angeregt  und  zu  dessen  Beschickung  auch  den 
Grafen  Anton  GĂĽnther  von  Arnstadt  aufgefordert  hatte. 
Auf  Veranlassung  der  sächsischen  Herzöge  war  Bischleben 
als  Ort,  der  19.  November  als  Tag  der  Zusammenkunft  der 
Räte  bestimmt  worden.  Als  aber  nun  der  schwarzburgische 
Abgesandte,  Hofrat  BĂĽttner,  rechtzeitig  sich  einstellte  und 
an  den  Beratungen  teilnehmen  wollte,  machte  der  weimarische 
Vertreter  Diffikultäten ,  den  gräflichen  Abgeordneten  zu 
solcher  Unterredung  zu  admittieren.  Man  berief  sich 
sächsischerseits  auf  die  bekannte  Kammergerichts  -  Kontro- 
verse und  verweigerte  auf  Grund  deren  die  Zulassung,  wo- 
gegen der  Vertreter  Schwarzburgs  natĂĽrlich  gebĂĽhrend 
protestierte,  aber  unverrichteter  Dinge  wieder  abziehen 
muĂźte.  Da  die  Schwarz  burger  Grafen,  wohl  nicht  ohne 
Grund,  befĂĽrchteten,    daĂź  dieser   ihr  Protest    nicht    zu    den 


Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711.  385 

Akten  gekommen  sein  möchte,  „und  solcher  Actus  ihren 
Gerechtsamen  ein  Präjudiz  schaffen  dürfte",  so  richteten 
die  sämtlichen  Grafen,  Albrecht  Anton,  Christian  Wilhelm 
und  Anton  GĂĽnther,  sofort  noch  am  19.  November  ein 
feierliches  Protestschreiben  an  den  Herzog  Wilhelm  Ernst, 
worin  sie  unter  Darlegung  ihres  Standpunktes  in  der  Sache 
am  SchluĂź  baten,  die  weimarischen  Abgeordneten  bei  kĂĽnf- 
tigen dergleichen  Fällen  zur  Admission  der  bevollmäch- 
tigten schwarzburgischen  Eäte  sonder  Maßgebung  zu  in- 
struieren. In  Weimar  erklärte  man  diese  Protestations- 
schrift  für  ungewöhnlich  und  setzte  sich,  da  man  der 
Meinung  war,  die  Sache  gereiche  dem  gesamten  fĂĽrstlichen 
Hause  Sachsen  zu  nicht  geringem  Präjudiz,  mit  Sachsen- 
Gotha  und  Sachsen  -  Eisenach  in  schriftliche  Verbindung 
darĂĽber  zum  Zwecke  gemeinsamen  Vorgehens.  Bis  in  den 
März  1693  hinein  dauerte  diese  Korrespondenz.  Dann  aber 
erlieĂźen,  und  zwar  unter  dem  20.  dieses  Monats,  Sachsen- 
Weimar  und  Sachsen-Eisen  ach  zusammen  eine  fulminante 
Reprotestationsschrift  *)  an  die  sämtlichen  Grafen  zu  Schwarz- 
burg, die,  was  ihr  an  sachlich  wirklich  stichhaltigen  GrĂĽnden 
abging,  durch  Massivität  der  Sprache  zu  ersetzen  suchte. 
Verletzende  AusdrĂĽcke  waren  darin  nicht  gespart,  ge- 
sprochen wurde  von  einer  „vermeintlichen"  Beschwerde, 
von  „Zudringlichkeit"  des  schwarzburgischen  Abgeordneten, 
von  der  „Anmaßung",  diesen  Protest  schriftlich  zu  wieder- 
holen, er  wurde  als  ein  „unerheblicher",  die  Protestation 
als  eine  „zumal  Vasallen  gegen  ihre  Lehns-  und  Landes- 
herrn unanständige,  ganz  vergebliche"  bezeichnet.  Drohend 
wurde  hinzugefĂĽgt,  daĂź,  wenn  diese  vermeintliche  Pro- 
testationsschrift  auf  einige  ungegrĂĽndete  AnmaĂźung  gegen 
die    dem  Gesamthause  Sachsen    zustehenden    hohen  Rechte 


1)  Das  Konzept  dazu  von  der  Hand  Johann  Joachim  MĂĽllers. 
Als  weimarischer  Geheimsekretär  und  herzoglich  sächsischer  Gesamt- 
archivar ist  er  mit  seiner  Feder  in  diesen  Händeln  vielfach  tätig 
gewesen,  seine  ausgebreiteten  und  grĂĽndlichen  historischen  Kennt- 
nisse befähigten  ihn  dazu  in  hervorragendem  Maße. 


386  Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711. 

und  gegen  dessen  Oberhoheit  gemeint  sei,  den  Grafen  hierin 
nicht  das  Geringste  nachgesehen  werden  wĂĽrde,  vielmehr 
werde  man  solch  unbefugten  AnmaĂźungen  zum  allerfeier- 
lichsten  und  kräftigsten  entgegentreten.  Selbstverständlich 
lieĂźen  die  Schwarzburger  diese  grobe  Abkanzlung  nicht  so 
ohne  weiteres  auf  sich  sitzen.  In  einem  gemeinsamen 
Schreiben  vom  1.  August  1693  antworteten  die  drei  oben- 
genannten Grafen  darauf,  worin  sie  betonten,  daĂź  BĂĽttner 
sich  zu  jener  Konferenz  nicht  gedrungen  hätte,  wie  man 
sächsischerseits  behauptet  hatte;  vielmehr  habe  Kurmainz 
als  der  vornehmste  Interessent  bei  der  Sache  den  Grafen 
Anton  GĂĽnther  zu  dessen  Absendung  veranlaĂźt,  als  Beweis 
wurde  das  kurmainzische  Schreiben  in  Abschrift  beigefĂĽgt. 
Nochmals  hoben  sie  hervor,  „daß  sie  pro  bono  publico  bei 
fraglicher  Konferenz  nur  bloĂźerdings  zu  Konservation  derer 
Commerciorum  und  VerhĂĽtung  allerhand  besorglicher  Kon- 
fusion in  ihren  Landen  ihr  darunter  versierendes  Interesse 
hätten  beobachten  wollen",  und  hielten  den  früher  erhobenen 
Protest  gegen  das  von  sächsischer  Seite  beliebte  Verfahren 
durchaus  aufrecht.  Gewiß  hat  es  zur  Verschärfung  des 
Konfliktes  nicht  wenig  beigetragen,  daĂź  gleichzeitig  damit 
eine  von  Schwarzburg  vorgenommene  Devalvierung  fĂĽrst- 
lich sächsischer  Münzsorten  ins  Spiel  kam.  Sachsen  bestritt 
dem  Gegner  das  Recht  zu  solchem  Vorgehen  aufs  nach- 
drĂĽcklichste, worauf  dieser  unter  Berufung  auf  den  kaiser- 
lichen Lehnbrief  vom  22.  August  1668  und  sonstige  Privi- 
legien natürlich  ebenso  kräftig  reagierte. 

Eine  ständige  Quelle  der  Irrungen  zwischen  beiden 
Häusern  bildete  weiter,  mit  den  Jahren  in  steigendem 
MaĂźe,  die  Frage  der  Appellation  von  den  schwarzburgischen 
Gerichtsurteilen  nach  Weimar,  das  die  obere  Instanz  dafĂĽr 
war.  Durch  die  ewigen  Supplikationen  nach  dort  wurden 
die  Prozesse  verschleppt  und  hinausgezogen,  1696  klagen 
die  schwarzburgischen  Räte  lebhaft  über  den  seit  einiger 
Zeit  eingerissenen  groĂźen  MiĂźbrauch  des  sonst  heilsamen 
beneficii  appellationis. 


Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711.  387 

In  diese  Wirren  hinein  fiel  nun  ein  Ereignis  von 
schwerwiegender  Bedeutung,  das  geeignet  war,  die  Animo- 
sität und  den  Gegensatz  zwischen  beiden  feindlichen  Par- 
teien nur  noch  mehr  zu  verschärfen  und  zu  vertiefen.  Am 
3.  September  1697  erhob  nämlich  Kaiser  Leopold  I.  die 
Grafen  Christian  Wilhelm  von  Schwarzburg-Sondershausen 
und  Anton  GĂĽnther  von  Schwarzburg- Arnstadt  in  den  Reichs- 
fĂĽrstenstand. Beide  erhielten  fĂĽr  sich  und  ihre  eheliche 
Deszendenz  männlichen  und  weiblichen  Geschlechts  den 
Fürstentitel,  ihre  jetzigen  und  „fürohin  rechtmäßig  über- 
kommenden" Lande  und  Herrschaften  wurden  in  ein  Reichs- 
fĂĽrstentum verwandelt.  Unter  den  GrĂĽnden,  die  das  kaiser- 
liche Diplom  für  diese  bemerkenswerte  Standeserhöhung 
auffĂĽhrte,  war  der  an  letzter  Stelle  genannte  wohl  der 
hauptsächlichste  und  am  meisten  ins  Gewicht  fallende : 
weil  das  Haus  Schwarzburg  bei  jetzigen  mĂĽhsamen  Zeiten 
und  höchstgefährlichen  Kriegsläuften  das  seinige  so  getreu 
und  eifrig,  dem  Gemeinwohl  zum  Besten,  beständig  bei- 
getragen habe. 

Verhältnismäßig  spät  erst  erhielt  das  fürstliche  Haus 
Sachsen  von  dem  wichtigen  Ereignis  Kenntnis,  das  kaiser- 
liche Notifikationsschreiben  an  den  Herzog  Wilhelm  Ernst 
trägt  den  Präsentationsvermerk  vom  31.  März  1698,  und 
in  Eisenach  erfuhr  Herzog  Johann  Georg  IL  den  Vorgang 
etwa  gleichzeitig.  Begreiflich,  daß  dieser  beträchtliches 
Aufsehen  erregte,  unter  den  sächsischen  Höfen  entspann 
sich  alsbald  ĂĽber  die  Angelegenheit  eine  Korrespondenz, 
aus  der  die  etwas  gemischten  Empfindungen  unschwer 
herauszulesen  sind,  mit  denen  die  Standeserhöhung  der 
Schwarzburger  von  den  Herzögen  aufgenommen  wurde. 
Nachdem  man  sich  dann  im  Mai  durch  den  weimarischen 
Agenten  am  Wiener  Hofe,  Persius,  eine  Abschrift  des 
kaiserlichen  Diploms  verschafft  hatte,  tauchten  alsbald  Be- 
denken wegen  einiger  in  demselben  enthaltener  AusdrĂĽcke 
auf,  die  den  Rechten  des  Hauses  Sachsen  präjudizierlich 
zu   sein  schienen,    ebenso  wurde  die  Frage,    „was    für  Ku- 


388  Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711. 

rialien  und  Zeremonien  fĂĽrderhin  gegen  die  exaltierten 
Herren  Grafen  zu  gebrauchen  seien",  aufs  Tapet  gebracht, 
da  man  der  Meinung  war,  daß  hierin  „eine  gewisse  Kon- 
formität zu  koncertieren  sein  möchte,  um  dem  Gesamthause 
Sachsen  ratione  titulaturae  und  sonsten  kein  Präjudiz  zu- 
ziehen zu  lassen".  Herzog  Johann  Georg  II.  von  Eisenach- 
Marksuhl  faĂźte  die  Bedenken,  die  ihm  bei  Durchgehung 
des  kaiserlichen  Diploms  beigegangen  waren,  in  Anmerkun- 
gen zusammen,  die  er  unter  dem  8.  August  1868  Herzog 
Wilhelm  Ernst  „zu  hocherleuchteter  Überlegung"  zu- 
schickte, der  sie  dann  an  Herzog  Albrecht  nach  Coburg 
weitergab.  Dieser  sandte  darauf  den  Entwurf  eines  ge- 
meinsamen Schreibens  an  Kursachsen  ein,  in  dem  die  Be- 
denken der  Herzöge  gegen  die  schwarzburgische  Standes- 
erhöhung auf  Grund  der  eisenachschen  Anmerkungen  gel- 
tend gemacht  wurden.  Ob  dies  Schreiben  dann  wirklich 
abgegangen  ist,  bezw.  welchen  Erfolg  es  gehabt  hat,  das 
entzieht  sich  unserer  Kenntnis. 

Die  Irrungen  zwischen  Kursachsen  und  den  FĂĽrsten 
von  Schwarzburg  wurden  durch  den  RezeĂź  vom  18.  De- 
zember 1699  beigelegt x),  der  durch  einen  NebenrezeĂź  vom 
12.  Juli  1702  näher  bestimmt  und  erläutert  wurde.  Später 
trat  aber  Kursachsen,  das  sich  ĂĽbervorteilt  glaubte,  mit 
der  Behauptung  hervor,  die  beiden  Rezesse  seien  von 
gegnerischer  Seite  erschlichen  worden,  und  so  kam  es  am 
8.  Oktober  1719  zu  einem  neuen  Abkommen,  durch  welches 
die  FĂĽrstenwĂĽrde  des  gesamten  Hauses  Schwarzburg  erst 
eigentlich  vom  Kurhause  anerkannt  wurde.  Auf  die  Weiter- 
entwickelung dieser  kursächsisch  -  schwarzburgischen  Ver- 
hältnisse gehen  wir  hier  nicht  näher  ein. 

Sachsen -Weimar  war  jenem  Vertrage  von  1699  nicht 
beigetreten,  vielmehr  erlieĂź  Herzog  Wilhelm  Ernst  eine 
Verwahrungsschrift  dagegen  anläßlich  dessen  Abschlusses; 
es  war  also  vorauszusehen,    daĂź   es  zu  neuen  Streitigkeiten 

1)  Die  kaiserliche  Bestätigung  erfolgte  unter  dem  17.  Sep- 
tember 1700. 


Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711.  389 

mit  Schwarzburg- Arnstadt  kommen  werde,  die  dann  auch 
mit  dem  Jahre  1702  einsetzen.  Es  ist  als  kein  Zufall  zu 
betrachten,  daĂź  der  weimarische  Herzog  gerade  damals  eine 
Persönlichkeit,  die  in  Arnstadt  selbst  ansässig  war,  zu  seinem 
Kammeragenten  ernannte,  einen  gewissen  Johannes  Dönicke. 
Dieser  Mann  war  gewissermaĂźen  der  Spion  an  Ort  und 
Stelle,  der  die  Aufgabe  hatte,  alles,  was  in  Arnstadt  pas- 
sierte, namentlich  alle  seitens  der  gräflichen  bezw.  fürst- 
lichen Regierung  angeordneten  oder  beabsichtigten  MaĂź- 
regeln, möglichst  schnell  nach  Weimar  zu  berichten,  um 
eventuell  ein  Einschreiten  dagegen  von  dort  aus  möglich  zu 
machen.  Später  war  auch  noch  ein  anderer  Agent,  der 
Reservatamtmann,  nachmalige  Kommissionsrat  Johann  Ernst 
Blumröder  in  Arnstadt,  im  gleichen  Sinne  und  in  der 
gleichen  Richtung  tätig.  Es  ist  nicht  zu  leugnen,  daß  beide 
Männer,  besonders  Dönicke,  sich  ihrer  immerhin  etwas 
zweifelhaften  Aufgabe  mit  Eifer  und  Hingebung  unterzogen 
haben ;  sie  vermeinten  dabei,  ihr  guter  Glaube  soll  keines- 
wegs bestritten  werden,  den  Interessen  des  weimarischen 
Oberlehnsherrn  aufs  beste  zu  dienen.  Dönicke  hat  voll- 
kommen recht,  wenn  er  am  28.  April  1714  schreibt,  er 
habe  sein  ihm  aufgetragenes  Kammeragentenamt  nunmehr 
12  Jahre  her  bei  Tag  und  Nacht,  in  Hitze  und  Kälte,  in 
gutem  und  stürmischem  Gewitter  nach  seinem  Vermögen 
treulichst  ausgestanden,  seine  Bitte  um  eine  gewisse  Be- 
soldung, die  ihm  bisher  nicht  zuteil  geworden  war,  war 
wohlberechtigt.  Andererseits  läßt  sich  doch  aber  auch 
nicht  verkennen,  daß  gerade  diese  Männer  sehr  wesentlich, 
ja,  man  kann  wohl  sagen,  die  Hauptsache  dazu  beigetragen 
haben,  den  Kampf  ins  Endlose  zu  verlängern  und  die  Sache 
auf  die  Spitze  zu  treiben.  Indem  sie  in  ihren  Berichten 
alles  und  jedes  nach  Weimar  meldeten,  ihre  eigenen  An- 
gelegenheiten zum  Teil  mithineinmengten,  alle  MaĂźnahmen 
der  Arnstädter  Regierung  als  unberechtigte  Eingriffe  in  die 
weimarische  Oberhoheit  dar-  und  entstellten,  indem  sie  erst 
mehr  in  spielender,  dann  in  direkt  aufhetzender  Weise  auf 


390  Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711. 

ein  militärisches  Einschreiten  hinwiesen,  wie  wir  noch  sehen 
werden,  haben  sie  den  dann  so  wenig  glĂĽcklich  verlaufenen 
Ăśberfall  Arnstadts  vorbereitet  und  provoziert.  Dem  wei- 
marischen Herzog  und  seinen  Räten  kann  der  Vorwurf 
nicht  erspart  werden,  daĂź  sie  sich  geradezu  blindlings  von 
den  Blumröder-Dönickeschen  Berichten  gefangen  nehmen 
ließen  und  diese  für  so  zuverlässig  hielten,  daß  sie  ihre 
MaĂźregeln  und  Reskripte  darauf  grĂĽndeten;  an  und  fĂĽr 
sich  schon  gereizt,  haben  sie  sich  durch  diese  Berichte 
vollends  in  verbitterte  und  zornige  Stimmung  gegen  den 
FĂĽrsten  zu  Arnstadt  und  seine  Regierung  hineintreiben  und 
schlieĂźlich  in  ein  Unternehmen  hineinziehen  lassen,  dessen 
ĂĽbler  Ausgang  bei  geringerer  Befangenheit  sich  unschwer 
hätte  voraussehen  lassen. 

In  Arnstadt  war  man  sich  natĂĽrlich  darĂĽber  voll- 
kommen klar,  wo  die  eigentlichen  Hetzer  und  SchĂĽrer  zu 
suchen  seien.  Anläßlich  eines  späteren  Falles  im  Jahre  1714 
haben  die  schwarzburgischen  Räte  sehr  deutlich  auf  den 
Anbringer  dieser  Sachen  —  Döuicke  —  hingewiesen,  der 
dabei  keine  christlichen,  sondern  böse  Intentionen  habe. 
Mit  dergleichen  Legenden  verursache  er  bei  dem  weima- 
rischen und  arnstädtischen  Kollegium  nur  immer  mehr 
Arbeit,  daneben  suche  er  sie,  die  Räte,  verhaßt  zu  machen, 
die  fĂĽrstliche  Herrschaft  und  deren  Befugnisse  in  Abgang 
zu  bringen,  es  wurde  direkt  von  Verhetzereien  gesprochen. 
Aber  auch  diese  ganz  zutreffende  Vorstellung  blieb  ohne 
Erfolg,  Herzog  Wilhelm  Ernst  war  nicht  gewillt,  Herrn 
Dönicke  fallen  zu  lassen. 

Während  Graf  Christian  Wilhelm  von  Schwarzburg- 
Sondershausen  die  FĂĽrstenwĂĽrde  alsbald  nach  der  Erteilung 
angenommen  hatte,  folgte  sein  Bruder  Anton  GĂĽnther  in 
Arnstadt  erst  wesentlich  später  diesem  Beispiele,  am 
26.  Mai  1709  erließ  er  die  öffentliche  Bekanntmachung 
darüber 1).      Es    erregte    in    Weimar    sofort    argwöhnisches 


1)  Noch   später  erfolgte  die  Annahme   der   Fürstenwürde    in 
Rudolstadt,   erst  1711.     Die  Ausfertigung  des   kaiserlichen   Diploms 


Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711.  391 

Aufsehen,  als  der  neue  ReichsfĂĽrst  verschiedene  Neuerungen 
vornahm,  Herzog  Wilhelm  Ernst  könne,  schrieb  ein  Ein- 
geweihter am  12.  Juni,  dazu  nicht  stillesitzen.  Die  An- 
erkennung der  neuen  FĂĽrstenwĂĽrde  machte  man  von  der 
Ausstellung  eines  gewissen  Reverses  abhängig,  den  Anton 
Günther  unterzeichnen  sollte.  Alsbald  häuften  sich  die 
Eingriffe  und  EinsprĂĽche  des  Oberlehnsherrn,  auf  alle 
Weise  wurde  der  Lehnsmann  in  seinen  Gerechtsamen  be- 
einträchtigt, noch  dazu  in  einer  ihn  persönlich  stark  ver- 
letzenden Form. 

Das  zeigte  sich  namentlich  in  einer  Wechselklagsache, 
die  ein  auswärtiger  Jade  gegen  die  Fürstin  zu  Arnstadt  in 
Weimar  anhängig  gemacht  hatte.  Anton  Günther  wendete 
sich  deshalb  klagend  an  seinen  Schwiegervater,  den  Herzog 
Anton  Ulrich  von  Braunschweig- WolfenbĂĽttel,  der  denn 
auch  nicht  verfehlte,  sofort  sich  ins  Mittel  zu  legen ;  am 
25.  September  1709  richtete  er  ein  Schreiben  an  Herzog 
Wilhelm  Ernst,  das  an  Deutlichkeit  nichts  zu  wĂĽnschen 
übrig  ließ.  Der  Braunschweiger  erklärte  darin,  sein 
Schwiegersohn  habe  sich  bei  ihm  beklagt,  daĂź  er,  besonders 
seit  Annahme  des  FĂĽrstenstandes,  von  seiten  des  wei- 
marischen Herzogs  an  seinen  Gerechtsamen  verschiedene 
Beeinträchtigungen,  auch  sonst  für  seine  Person  und  seine 
Frau  ein  und  anderes  höchst  nachteiliges  Traktament  er- 
fahren mĂĽsse.  Er  warf  dem  Herzog  vor,  dieser  suche, 
während  der  Streitfall  am  Kammergericht  noch  schwebe, 
den  Gegner  des  einen  oder  anderen  StĂĽckes  seines  bis- 
herigen Besitzes  de  facto  zu  entsetzen,  und  richtete  die 
Frage  an  ihn :  was  ergäbe  das  für  präjudizierliche  Kon- 
sequenzen, wenn  dergestalt  ein  mächtiger  Stand  im  Reich 
wieder  einen  schwächeren  sein  Potestat  abutiere  und  sich 
bei  Streitigkeiten  selbst  zum  Richter  auf  werfen  wolle? 
Sein  Wunsch  ging  dahin,  daĂź  das  Haus  Arnstadt  mit  fer- 
neren Tätlichkeiten    nicht    beschwert  werden  möchte.     Die 


fĂĽr  diese  Linie  des  Hauses  Schwarzburg  war  merkwĂĽrdigerweise  in 
Wien  1697  liegengeblieben. 


392  Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711. 

oben  erwähnte  Forderung  eines  Reverses  parierte  Anton 
Ulrich  geschickt  mit  der  Bemerkung,  Wilhelm  Ernst  werde 
doch  wohl  die  kaiserlichen  Gerechtsame  hierin  nicht  in 
Zweifel  ziehen  und  dem  Kaiser  MaĂź  und  Ziel  setzen  wollen, 
doch  war  er  bereit,  in  diesem  Punkte  gĂĽtliche  Verhand- 
lungen anzubahnen.  Besonders  peinlich  war  der  Wolfen- 
bĂĽttler  Herzog  durch  die  Wechselsache  in  bezug  auf  die 
FĂĽrstin  berĂĽhrt  worden,  nicht  ohne  alle  Empfindung  habe 
er  vernommen,  daĂź  bei  seiner  Tochter  mit  der  gleichen 
Neuerung  und  verkleinerlichem  Traktament  der  Anfang 
gemacht  worden  sei.  Er  gab  sich  den  Anschein,  als  nehme 
er  an,  daĂź  dies  Vorgehen  auf  einer  unziemlichen  Passion 
eines  der  weimarischen  ministrorum  beruhe,  der  Herzog 
sei  entschuldigt,  er  habe  gewiß  nichts  davon  gewußt!  — 
das  war  der  äußeren  Form  nach  höflich,  aber  doch  recht 
deutlich  fĂĽr  den,  der  zwischen  den  Zeilen  zu  lesen  ver- 
stand ! 

Im  Laufe  des  Jahres  1710  und  Anfang  1711  wuĂźten 
Blumröder  und  Dönicke  um  die  Wette  von  unzähligen 
Attentaten,  höchst  strafbaren  Beginnen,  Eingriffen,  un- 
erhörten Neuerungen,  großen  Widersetzlichkeiten  zu  be- 
richten, die  sämtlich  als  schwere  Vergehen  der  arnstädti- 
schen  Regierung  gegen  die  weimarische  Oberhoheit  charak- 
terisiert wurden.  Unablässig  hetzten  sie  zum  Einschreiten 
dagegen  auf,  so  Blumröder,  wenn  er  am  24.  Oktober  1710 
schrieb,  allhier  zu  Arnstadt  habe  man  nur  die  Intention, 
sich  gar  independent  zu  machen  und  keinem  weimarischen 
Befehle  mehr  zu  gehorsamen ;  wofern  dem  nicht  mit  Nach- 
druck widerstanden  werde,  werde  gar  eine  böse  Konsequenz 
daraus  folgen.  Eine  eigene  Angelegenheit  Blumröders 
—  er  war  aus  seiner  bisherigen  Wohnung  im  Schwarzen- 
felsschen  Hause  anläßlich  dessen  Verkaufes  durch  den 
neuen  Käufer,  Hofrat  Posner,  allerdings  etwas  unsanft  an 
die  Luft  gesetzt  worden  —  wurde  gewaltig  aufgebauscht: 
durch  dies  widerrechtliche  Beginnen  werde  der  Respekt 
gegen    den  weimarischen  Herzog  gröblich  violiert,    ihm  als 


Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711.  393 

seinem  Diener  groĂźer  Tort  und  Schimpf  angetan.  Der 
Wirt  zur  Goldenen  Henne,  wohin  er  sich  retiriert  hatte, 
wolle  ihn  nicht  mehr  behalten,  schwerlich  werde  er  fĂĽr 
sich  und  die  Seinen  eine  andere  Behausung  in  Arnstadt 
bekommen.  Die  Bürger  könnten  sich  nicht  genug  über  die 
Angelegenheit  wundern,  sie  fĂĽhrten  Reden  darĂĽber  und 
ergingen  sich  in  höhnischer  Gegenüberstellung  Weimars 
und  Scbwarzburgs  hinsichtlich  der  Force  und  Kräfte.  — 
Der  Ăśbermut  der  schwarzburgischen  Beamten  wurde  als 
ein  stetig  wachsender  hingestellt,  das  Appellationsrecht 
werde  geschwächt,  die  Untertanen  wagten  davon  keinen 
Gebrauch  zu  machen,  weil  sie  die  Repressalien  fĂĽrchteten, 
die  dann  von  schwarzburgischer  Seite  ihnen  zugefĂĽgt  wĂĽr- 
den, infolgedessen  seien  sie  in  groĂźer  Furcht  vor  Weimar 
und  den  weimarischen  Bedienten  —  eben  Blumröder  und 
Dönicke  —  und  mieden  sie  auf  alle  Weise  und  Wege. 
Die  weimarischen  Patente  und  Mandate  wĂĽrden  unter  die 
Bank  gesteckt,  statt  dessen  eigene  schwarzburgische  ver- 
öffentlicht. Wie  alarmierend  mußten  solche  Meldungen  in 
Weimar  wirken,  wo  man  schon  schwer  geladen  und  gereizt 
war!  Der  Force,  d.  h.  einer  militärischen  Exekution  zur 
Abstellung  aller  Schwierigkeiten,  redet  Blumröder  im 
Februar  1711  noch  nicht  das  Wort,  wenigstens  tut  er  so, 
aber  er  spielt  gewissermaĂźen  mit  dem  Gedanken  daran  und 
legt  ihn  dadurch  dem  Herzog  Wilhelm  Ernst  nahe  und 
näher. 

Unter  solchen  Umständen  bedurfte  es  schließlich  nur 
noch  weniger  Vorkommnisse,  um  den  Stein  ins  Rollen  zu 
bringen,  eine  gewaltsame  Lösung,  oder  wenigstens  der 
der  Versuch  zu  einer  solchen,  lag  sozusagen  in  der  Luft. 
Wir  beschränken  uns  darauf,  diese  letzten  Konflikte,  welche 
dem  militärischen  Überfall  Arnstadts  unmittelbar  voran- 
gingen, in  aller  KĂĽrze  vorzufĂĽhren ;  sie  fallen  in  die  Mo- 
nate Mai  und  Juni  1711,  und  zwar  sind  es  drei  an  Zahl: 
die  Notifikationsaffaire,  wenn  man  so  sagen  darf,  die  SchloĂź- 
wachen-Angelegenheit und  die  Reichs  vikariatspatent- Sache. 


394  Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711. 

Am    17.  April    1711    war  Kaiser   Joseph  I.  gestorben, 
in  Arnstadt   war  man  merkwĂĽrdig  rasch,  jedenfalls  frĂĽher 
als  in  Weimar,  ĂĽber  den  Todesfall  unterrichtet ;  denn  bereits 
am  3.  Mai,    einem  Sonntage,  wurde  er  den  Untertanen  da- 
durch notifiziert,  daĂź  ein  gedrucktes  fĂĽrstliches  Patent  von 
den    Kanzeln    herab    verlesen,     also    immediate    publiziert 
wurde.      Gleichzeitig    damit    begann    das    offizielle   Trauer- 
geläute   in    den  Städten    und  Ortschaften  des  Fürstentums. 
Blumröder    hatte   natürlich  wieder  nichts  Eiligeres  zu  tun, 
als    in    seiner    sattsam    bekannten    Manier    den    Fall    nach 
Weimar    zu    berichten.     Nach   ihm    war  das  Vorgehen  der 
fĂĽrstlichen  Regierung  eine  abermalige  Neuerung  und  sonst 
nie    geschehen,    das  Patent   habe    viele  ungewöhnliche  Ex- 
pressionen,   so   „Landesfürst  und  Herr",  enthalten.     Jedes- 
mal seien  die  kaiserlichen  Avokatorien  und  andere  Sachen 
von  Weimar    aus    zur   Publikation    nach   Arnstadt    gehörig 
abgeschickt    und    affigiert   worden,   jetzt    sei  das  alles  von 
dort    aus    unmittelbar  verrichtet  worden.     Er  kam  zu  dem 
SchlĂĽsse,    daĂź  Arnstadt   in    diesem  StĂĽcke  dem  Lehn-  und 
Landesherrn   habe  zuvorkommen  und  dadurch  einen  actum 
possessorium    erzwingen    wollen.     Auch    das    Trauergeläute 
zu   beanstanden,    brachte  er  fertig,  indem  er  daran  AnstoĂź 
nahm,  daĂź  man,  weil  man  frĂĽher  damit  begonnen,  in  Arn- 
stadt eher  damit  fertig  war  als  in  Sachsen,  wo  die  Trauer- 
glocken   noch    läuteten.     Vielleicht    sei  das  aus  keiner  an- 
deren Ursache   geschehen,    als  daĂź  man  dort  allezeit  etwas 
Besonderes  haben,  sich  niemals  nach  Weimar,  dessen  Ver- 
ordnungen und  Mandaten  richten  und  akkommodieren,  son- 
dern   sich    selbst   fĂĽr    den    LandesfĂĽrsten    allein    aufspielen 
wolle.    Endlich  meldete  er  noch  weitere  Ă„nderungen,  nach 
ihm  Verstöße,    im   sonst   gewöhnlichen    Kirchengebete   und 
in    der  Litanei  anläßlich  dieses  kaiserlichen  Todesfalles  — 
alles    wurde    aufs    abfälligste    und    schärfste    glossiert   und 
GegenmaĂźregeln    dagegen    vorgeschlagen.       Aber     diesmal 
hatte    die    schöne    Denunziation    keine    sichtbare    Wirkung, 
wenigstens  enthalten  die  Akten,    soweit  wir  sehen  können, 


Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711.  395 

nichts,    woraus  sich  auf  ein  Eingreifen  Weimars    schlieĂźen 
lieĂźe. 

Um  so  schärfer  griff  Herzog  Wilhelm  Ernst  dann  aber 
in  dem  zweiten  Falle  zu,  der  SchloĂź  wach  enangelegenheit. 
Die  Bewachung  des  fĂĽrstlichen  Residenzschlosses  in  Arn- 
stadt, der  Burg  Heideck,  war  bisher  durch  die  Bauern 
aus  den  Dörfern  der  Herrschaft  Arnstadt  und  des  Amtes 
Käfernburg  besorgt  worden.  Vor  Zeiten,  im  17.  Jahr- 
hundert, hatten  sie  zwar  protestiert  und  ihre  Notdurft  da- 
gegen angegeben ,  aber  schlieĂźlich  hatten  sie  sich,  wenn 
auch  widerwillig,  gefĂĽgt  und  die  Leistung  ĂĽbernommen. 
Doch  hatten  sich  mit  der  Zeit  wohl  Unzuträglichkeiten  her- 
ausgestellt, die  Sache  war  den  Bauern  unbequem  und 
störend,  da  sie  dadurch  vielfach  in  ihrer  Hantierung  ge- 
hindert wurden,  an  Wachtbescbwerden  hatte  es  nicht  ge- 
fehlt. Die  Untertanen  waren  deshalb  um  Ă„nderung  der 
Leistung  eingekommen,  und  die  Regierung  in  Arnstadt  war 
auf  den  vernĂĽnftigen  Gedanken  verfallen,  die  Bewachung 
kĂĽnftig  statt  der  Bauern  durch  geworbene  Soldaten  ver- 
richten zu  lassen.  Zu  deren  Besoldung  und  Unterhaltung 
war  nun  aber  freilich  Geld  notwendig,  und  so  wurde  den 
auf  die  Kanzlei  entbotenen  Schulzen  und  Syndiken  ge- 
nannter Bezirke  am  4.  Mai  der  Vorschlag  gemacht,  sie 
sollten  jährlich  ein  gewisses  Geldquantum,  7 — 800  Jffl,  auf- 
bringen zur  Werbung  von  40 — 50  Soldaten  zu  Bestellung 
der  künftigen  Schloßwache.  Blumröder  erfuhr  die  Sache 
noch  am  nämlichen  Tage  und  berichtete  flugs  nach  Wei- 
mar. Er  erblickte  natĂĽrlich  darin  eine  abermalige  groĂźe 
Neuerung  und  einen  unpassierlichen ,  höchst  präjudizier- 
lichen  Eingriff  in  die  sächsische  Landeshoheit,  das  gereiche 
den  armen  Untertanen  zu  böser  Konsequenz  und  sei  eine  weit 
größere  Bürde  und  Beschwerung  für  sie,  als  wenn  sie,  wie 
bisher,  die  Schloßwache  persönlich  hätten  verrichten  müssen  *). 


1)  Dieser  Auffassung  gegenĂĽber  steht  die  amtliche  Angabe  der 
schwarzburgischen  Räte,  die  intendierte  Erleichterung  sei  auf  der 
Untertanen  eigenes  Anhalten  erfolgt. 


396  Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711. 

Hatte  er  frĂĽher  mit  dem  Gedanken  an  ein  gewaltsames 
Einschreiten  nur  gespielt,  so  sprach  er  ihn  jetzt  ganz 
offen  aus :  seiner  Einfalt  nach  sei  es  höchst  nötig ,  daß 
einmal  die  Schärfe  wider  die  unzähligen  Attentate  vor- 
gekehrt, und  ein  solches  Exempel  statuiert  werde,  damit 
man  sich  kĂĽnftig  danach  achten  und  sotane  Eingriffe 
und  höchst  strafbare  Beginnen  unterlassen  müsse.  Und 
listig  wies  er  auf  den  fĂĽr  solches  Vorgehen  gĂĽnstigen 
Zeitpunkt  hin:  bekanntermaĂźen  sei  nach  Absterben  des 
Kaisers  der  Reichshofrat  zu  Wien  geschlossen,  der  Kur- 
fĂĽrst von  Sachsen  verwalte  die  Reichsaffairen  in  Sachsen, 
ob  nicht  bei  solchem  Interregnum  in  der  hiesigen  schwarz- 
burgischen  Sache  fĂĽglich  etwas  zu  tun  und  sonder  MaĂź- 
gebung  fĂĽr  sich  zu  verfahren  sei?  Lockend  schrieb  er, 
die  vielen  ergangenen  Pönalbefehle ,  die  er  auf  etliche 
1000  Jffl  veranschlagte,  könnten  somit  exequiert  und 
alles  wieder  in  guten  Stand  gebracht  und  gesetzt  werden. 
Weiter  schlug  er  unmaĂźgeblich  vor,  einstweilen  an  die 
schwarzburgischen  Kanzleiräte,  den  Amtmann  zu  Arnstadt 
und  die  sämtlichen  Schulzen  und  Syndiken  der  Gemeinden 
fördersamst  Pönalbefehle  ergehen  zu  lassen,  um  so  den 
Eingang  der  Wachtgelder  zu  verhindern,  BĂĽrger  und 
Untertanen  sollten  bei  Strafe  auch  nicht  das  Geringste 
dieserwegen  abgeben  dĂĽrfen. 

Blumröders  Vorschläge  fielen  in  Weimar  auf  einen 
nur  allzu  fruchtbaren  Boden,  so  gut  wie  buchstäblich  sind 
sie  zur  AusfĂĽhrung  gebracht  worden,  ja,  man  ging  sogar 
darĂĽber  noch  hinaus.  Am  16.  Mai  wurde  den  Schulzen 
und  Syndiken  der  Herrschaft  Arnstadt  und  des  Amtes 
Käfernburg  die  Erlegung  der  angesonnenen  Kontributions- 
gelder, wie  man  sie  benannte,  bei  300  Jffl  Strafe  unter- 
sagt mit  dem  Bemerken,  Herzog  Wilhelm  Ernst  gedenke 
solchen  Neuerungen  keineswegs  nachzusehen.  Dieser  Passus 
kam  auch  in  dem  ĂĽberaus  scharfen  Reskripte  vor,  das  am 
selben  Tage  an  die  „gräflichen"  Räte  zu  Arnstadt  abging. 
Sie   wurden    bei    Vermeidung    einer    Strafe    von    1000   Jty 


Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711.  397 

aufgefordert ,  nicht  allein  diese  Kontribution  einzustellen 
und  etwa  bereits  gezahlte  Gelder  den  Untertanen  zurĂĽck- 
zugeben, sondern  sie  sollten  das  auch  ihrem  FĂĽrsten  ge- 
bĂĽhrend hinterbringen,  daĂź  dieser  fĂĽr  seine  Person  sich 
gleichfalls  bei  Vermeidung  derselben  Strafe  danach  ge- 
horsamst achten  solle ! !  In  dieser  persönlichen  Herein- 
ziehung Anton  GĂĽnthers  in  die  Sache  lag  natĂĽrlich  eine 
schwere  Beleidigung  fĂĽr  den  FĂĽrsten. 

Selbst  angesichts  solch  groben  Vorgehens  bewahrte 
man  noch  in  Arnstadt  ruhige  KaltblĂĽtigkeit,  das  zeigte 
sich  in  der  Antwort  der  schwarzburgischen  Räte  vom 
2.  Juni,  die  in  sachlicher  und  gemäßigter  Form  den  dor- 
tigen Standpunkt  zum  Ausdruck  brachte.  Der  FĂĽrst  sprach 
seine  groĂźe  Verwunderung  darĂĽber  aus,  daĂź  die  beabsich- 
tigte Erleichterung  der  bisherigen  Wachtbeschwerden  bei 
Wilhelm  Ernst  ebenso  unwahr  als  boshaft  fĂĽr  eine  Kon- 
tributionsanlegung ausgegeben  und  vom  Herzog  sofort  als 
wahr  angenommen  worden  sei.  Im  übrigen  könne  es  ihm 
gleichviel  gelten,  falls  die  Untertanen,  wenn  sie  lieber 
wollten,  die  SchloĂźwache,  wie  bisher,  allein  und  in  natura 
verrichteten.  Auf  den  schroffen  persönlichen  Angriff  ein- 
gehend, ließ  Anton  Günther  den  unter  Fürsten  ungewöhn- 
lichen Stil  des  Reskriptes,  der  ihn  mit  Strafe  bedrohe  und 
zu  gehorsamster  Nachachtung  anweise,  fĂĽrs  kĂĽnftige  depre- 
zieren,  damit  er  nicht  dagegen  höheren  Orts  sich  zu  be- 
schweren Ursache  haben  möchte.  Ausdrücklich  behielt  er 
sich  vor,  gegen  die  abermalige  Turbation  in  bezug  auf  die 
ihm  verliehene  Gerichtsbarkeit  und  Gerichte,  weiter  gegen 
die  ergangene  ImmediatverfĂĽgung  an  die  Schulzen  seiner- 
zeit rechtliche  Notdurft  vorzukehren. 

Mit  dieser  SchloĂźwachensache  zeitlich  aufs  engste  ver- 
quickt war  endlich  der  dritte  Konfliktsgegenstand,  die 
Reichsvikariatspatent- Angelegenheit.  An  eben  jenem  12.  Mai 
ĂĽberschickte  Wilhelm  Ernst  das  Patent  des  Reichsvikars, 
des  Kurfürsten  von  Sachsen ,  nach  Arnstadt  zur  förder- 
lichsten Publikation  an  den  gewöhnlichen  Orten  und  Stellen. 
XXVIII.  26 


398  Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711. 

Wiederum  konnte  man  in  Weimar  es  sich  nicht  versagen, 
auch  in  diesem  Falle  die  Person  des  fĂĽrstlichen  Gegners 
in  die  Debatte  zu  ziehen;  die  schwarzburgischen  Räte 
wurden  angewiesen,  es  dem  FĂĽrsten  zu  hinterbringen,  da- 
mit dieser  fĂĽr  seine  Person  sich  in  allen  Dingen  demselben 
gemäß  bezeigen  und  verhalten  solle.  In  Arnstadt  war  man 
aber  nicht  gewillt,  den  von  Weimar  vorgeschriebenen  Weg 
so  ohne  weiteres  einzuschlagen.  FĂĽrst  Anton  GĂĽnther 
lieĂź  vielmehr  in  seinem  eigenen  Namen  ein  Patent  ausgehen 
und  anschlagen,  in  welchem  das  kursächsische  Vikariats- 
patent  lediglich  ingrossiert  war,  und  gab  auf  solche  Weise 
seinen  Untertanen  vom  neuen  Stande  der  Dinge  im  Reiche 
Kenntnis.  Natürlich  erfuhr  man  das  durch  Blumröder 
bald  genug  in  Weimar.  Unter  dem  29.  Mai  protestierte 
Wilhelm  Ernst  aufs  schärfste  gegen  das  schwarzburgische 
Vorgehen  und  verlangte  nicht  mehr  und  nicht  weniger,  als 
daĂź  Anton  GĂĽnther  bei  Vermeidung  einer  Strafe  von 
2000  Jffl  sotane  AnmaĂźung  abstellen,  das  in  seinem  Namen 
ergangene  Patent  abnehmen  und  dagegen  das  von  Weimar 
überschickte  anschlagen  lassen  sollte.  Wäre  man  in  Arn- 
stadt auf  solches  Ansinnen  eingegangen,  so  wĂĽrde  das 
einem  politischen  Selbstmorde  ungefähr  gleichgekommen 
sein,  die  fürstliche  Regierung  hätte  sich  vor  ihren  Unter- 
tanen aufs  gründlichste  blamiert  und  sich  einfach  unmög- 
lich gemacht,  das  konnte  ihr  nicht  zugemutet  werden.  In 
Anbetracht  der  Ăśberspanntheit  der  Forderung  und  der 
wiederholten  persönlichen  Anzapfung  des  Fürsten  wird  man 
es  vom  menschlichen  Standpunkte  aus  ganz  wohl  begreifen, 
wenn  man  in  Arnstadt  nun  endlich  auch  einmal  die  Ge- 
duld verlor  und  sich  in  kräftigerer  Weise  als  bisher  zur 
Wehr  setzte,  die  Antwort,  die  ebenfalls  am  2.  Juni  nach 
Weimar  abging,  schlug  einen  erheblich  schärferen  Ton 
an.  Die  Verteidigung  in  bezug  auf  das  angeschlagene 
schwarzburgische  Patent  war  geschickt  und  zutreffend. 
Das  Vikariatspatent  sei  von  Kursachsen  nicht  hierher  ge- 
sandt worden,  der  Fürst  vermeine  nicht,  etwas  dem  Könige 


Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711.  399 

von  Polen  Mißfälliges  begangen  zu  haben,  als  er  aus  unter- 
tänigstem Respekt  gegen  diesen  seinen  Untertanen  davon 
Mitteilung  gemacht  hätte.  Das  weimarische  Vorgehen 
wurde  rechtlich  bestritten :  der  Fürst  könne  nicht  sehen, 
inwiefern  Wilhelm  Ernst  aus  der  Unterlassung  solcher 
Ăśberschickung  seitens  Kursachsens  die  Befugnis  erlangt 
hätte,  die  Publikation  in  seinem  Namen  in  Arnstadt  zu 
tun.  Falls  bei  solcher  AnmaĂźung  beharrt  werden  sollte, 
wolle  man  dagegen  feierlich  protestiert  und  an  die  höhere 
Instanz  provoziert  haben.  Die  Hauptkraft  der  Abwehr 
trat  aber  in  dem  SchluĂźpassus  der  Antwort  zutage.  Am 
allerwenigsten  könne  Anton  Günther  eingestehen,  daß  der 
Herzog  gar  mit  Strafgeboten  gegen  ihn  verfahren  wolle. 
Er  lieĂź  ersuchen ,  ihn  mit  dergleichen  seiner  fĂĽrstlichen 
Dignität  unanständigem  Traktament  nicht  allein  hinkünftig 
zu  verschonen,  sondern  ihn  auch  in  seinem  wohlherge- 
brachten Besitz  unbeeinträchtigt  zu  lassen,  seine  Gerichts- 
barkeit und  sonstigen  Besitzrechte  nicht  auf  gewaltsamem 
Wege  zu  turbieren. 

Die  beiden  schwarzburgischen  Schreiben  liefen  am 
4.  Juni  in  Weimar  ein,  man  brauchte  hier,  scheint  es,  etwas 
Zeit,  um  sich  zu  fassen  und  zu  antworten,  das  geschah 
durch  die  Reskripte  vom  15.  und  22.  d.  M.  In  der  Vika- 
riatspatentsache  erhob  Wilhelm  Ernst  den  Vorwurf  gegen 
die  Räte  in  Arnstadt,  sie  hätten  den  obwaltenden  bekannten 
Nexus  zwischen  dem  fĂĽrstlichen  Gesamthause  Sachsen  und 
den  von  diesem  unstrittig  zu  Lehn  rĂĽhrenden  schwarz- 
burgischen Landen  zu  wenig  vor  Augen  gehabt  und  un- 
gegrĂĽndete Principia  darwider  an  den  Tag  gegeben.  Sich 
mit  ihnen  in  einen  weitläufigen  Schriftwechsel  einzulassen, 
erachtete  er  nicht  für  nötig,  ein  für  allemal  widersprach 
er  dem  von  der  Gegenseite  AngefĂĽhrten  bestens.  Unbe- 
dingter Gehorsam  gegen  das  frĂĽhere  Reskript,  ohne  fernere 
Widerrede,  wurde  gefordert,  die  Strafandrohung  auf  4000  $$ 
erhöht  mit  Vorbehalt  der  verwirkten,  vorher  diktierten 
2000.     Die    gehörige  Ahndung    gegen  die  Räte  persönlich, 

26* 


400  Ăźer  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711. 

die  sich  unterstanden  hätten,  den  Rechten  des  Gesamt- 
hauses Sachsen  zu  nahe  zu  treten,  behielt  sich  der  Herzog 
vor.  Und  ganz  ebenso  war  der  Ton  in  dem  Reskript 
wegen  der  SchloĂźwachensache  vom  22.  Juni.  Die  ver- 
meintlichen Einwendungen  dagegen  wurden  kurzerhand  ab- 
gewiesen, Wilhelm  Ernst  lieĂź  es  bei  dem  vorigen  Reskript 
bewenden,  es  habe  diesfalls  beim  Herkommen  zu  verbleiben. 
Drohend  wurde  aber  auch  diesmal  hinzugefĂĽgt,  die  Be- 
strafung der  ungebĂĽhrlichen  und  exorbitanten  Schreibart 
behalte  man  sich  vor. 

Was  diese  Drohungen  bedeuten  sollten,  das  sollten 
die  schwarzburgischen  Räte ,  der  Kanzler  Georg  Zang 
und  der  Hofrat  Friedemann  Posner,  in  denen  der  weima- 
rische Herzog  seine  Hauptgegner  erblicken  zu  mĂĽssen 
glaubte,  bald  genug  innewerden.  Die  Saat,  die  Blum- 
röder  in  seinen  Berichten  ausgestreut  hatte,  ging  auf,  An- 
fang Juli  gelangte  Herzog  Wilhelm  Ernst  zu  dem  Ent- 
schlĂĽsse, die  gĂĽnstige  Situation,  die  das  Interregnum  und 
das  kursächsische  Reichsvikariat  zu  bieten  schienen,  aus- 
zunutzen und  mit  offner  Gewalt  auf  die  verhaĂźten  Gegner 
loszuschlagen. 

(Der  Schluß  folgt  im  nächsten  Heft.) 


XII. 

Die  Vertreter  ThĂĽringens  in  der  Frankfurter  National- 
versammlung. 

Von 
Regierurigsrat  Dr.  Niebour  in  Wilmersdorf. 


Wie  alle  deutscheu  Gaue  entsandte  auch  ThĂĽringen 
in  „dem  großen  Erweckungsjahr",  wie  Karl  Schurz  das 
Jahr  1848  genannt  wissen  will,  seine  besten  Männer  nach 
Frankfurt  und  es  ziemt  sich  wohl,  das  Andenken  an  diese 
Männer  zu  erhalten. 

Diesem  Zwecke  dienen  die  nachstehenden  kurzen  Lebens- 
nachrichten, denen  ich  folgende  allgemeinen  Bemerkungen 
voranstellen  möchte. 

Die  meisten  der  ThĂĽringer  Abgeordneten  waren  ge- 
borene Thüringer  und  haben  auch  später  hier  gewirkt.  Der 
einzige  eigentliche  Ausländer  unter  den  Gewählten  war  der 
vom  Hambacher  Fest  her  bekannte  Schriftsteller  August 
Wirth,  der  als  politischer  Märtyrer  gewählt  wurde.  Er 
hat  nie  in  ThĂĽringen  gelebt.  Von  den  23  Abgeordneten 
war  auĂźerdem  nicht  in  ThĂĽringen  geboren  der  aus  Ham- 
burg stammende  Apotheker  Hirschberg.  Nach  der  Revo- 
lution wirkten  auĂźer  Wirth  nicht  mehr  in  ThĂĽringen  Wyden- 
brugk,  der  nach  Oberbayern  ging  und  Scblutter  und  Fröbel 
die  im  Auslande  lebten. 

Der  älteste  der  Thüringer  Abgeordneten  war  der  1776 
geborene  Oberstleutnant  v.  Blumröder;  er,  wie  der  Zweit- 
älteste, der  Minister  v.  Lindenau  (geboren  1779)  hatten 
schon  an  den  Freiheitskriegen  teilgenommen.  Vor  1800 
waren  auĂźerdem  noch  geboren  Becker,  SchĂĽler  und  Wirth 


402  Die  Vertreter  ThĂĽringens 

Das  jĂĽngste  ThĂĽringer  Mitglied  ist  der  Augenarzt  und 
Karrikaturenzeichner  Schröder,  der  damals  erst  30  Jahre 
zählte. 

Die  Parteistellung  ist  bei  16  Abgeordneten  bekannt. 
Von  ihnen  gehörten  4  (Becker,  Briegleb,  Fischer,  Fritzsche) 
der  Gagernschen  Partei  (dem  Kasino),  6  (WeiĂźenborn,  Wyden- 
brugk,  Johannes,  MĂĽller,  Hirschberg,  Bonardy)  dem  linken 
Zentrum  (dem  Württemberger  Hof)  an,  während  die  übrigen 
6  sich  der  entschiedenen  Linken  und  zwar  Schüler,  Hön- 
niger  und  Schröder  dem  Deutschen  Hof,  Enders,  Schlutter 
und  Fröbel  dem  Donnersberg  angeschlossen  hatten.  Diese 
letztgenannten  6  Abgeordneten  haben  mit  Ausnahme  von 
Enders,  der  verhindert  war,  auch  am  Stuttgarter  Rumpf- 
parlament teilgenommen. 

Dem  Berufe  nach  waren  9  der  ThĂĽringer  Vertreter 
Juristen,  und  zwar  die  3  Rechtsanwälte  Briegleb.  Fritzsche, 
Bonardy,  die  Regierungsräte  Liebmann,  Hönniger,  der  Richter 
SchĂĽler  und  die  Minister  v.  Wydenbrugk,  v.  Lindenau, 
Sonnenkalb.  Im  übrigen  waren  fast  sämtliche  Stände  ver- 
treten :  1  Theologe  (Thieme),  2  Ärzte  (Enders  und  Schröder), 
1  Universitätsprofessor  (Fischer),  1  Gymnasiallehrer  (Weißen- 
born), 1  BĂĽrgermeister  (Hoffmann),  1  Offizier  (v.  Blum- 
röder),  3  Schriftsteller  (Schlutter,  Fröbel,  Wirth),  2  Fabri- 
kanten (Johannes  und  Müller)  und  je  1  Buchhändler  (Becker) 
und  Apotheker  (Hirschberg). 

GroĂźherzogtum  Sachsen-Weimar. 
Philipp  August  Friedrich  Wilhelm  Enders 
war  am  19.  März  1808  geboren  als  Sohn  eines  hessischen 
Offiziers,  der  in  den  Napoleonischen  Kriegen  fiel.  Er  wurde 
erzogen  in  Stadtlengsfeld  im  Hause  des  Freiherrn  v.  MĂĽller, 
bei  dem  seine  Mutter  Wirtschafterin  war  und  den  sie  später 
geheiratet  hat.  Er  studierte  Medizin  in  Jena,  war  Burschen- 
schafter und  nahm  1832  auch  am  Hambacher  Fest  teil. 
Er  beendete  seine  Studien  in  WĂĽrzburg  und  wurde  dann 
praktischer  Arzt  in  Eisenach.     Schon  nach  kurzer  Zeit  aber 


in  der  Frankfurter  Nationalversammlung.  403 

ging  er  nach  Tiefenort,  gab  die  ärztliche  Tätigkeit  auf, 
pachtete  das  Kammergut  in  Tiefenort  und  trieb  daneben 
juristische  Studien.  1853  erwarb  er  nach  langem  Prozes- 
sieren mit  dem  Fiskus  das  v.  MĂĽllersche  Rittergut  in 
Stadtlengsfeld  und  hat  nun  hier  bis  zum  Tode  gelebt.  Er 
starb  10.  Mai  1878.  Enders  hat  als  Ersatzmann  fĂĽr 
WeiĂźenborn  der  Nationalversammlung  nur  von  Mitte  April 
1849  ab  angehört.  Er  trat  der  entschiedenen  Linken  bei 
und  wäre  wohl  mit  nach  Stuttgart  gegangen,  wenn  er  nicht 
in  jenen  Tagen  gerade  zu  Hause  hätte  sein  müssen.  Später 
hat  er  jahrelang  dem  weimarischen  Landtag  angehört,  in 
dem  er  einen  engen  AnschluĂź  an  PreuĂźen  erstrebte. 

Gustav  Fischer  war  1803  in  Buttstedt  geboren, 
er  wirkte  seit  1831  als  Dozent,  seit  1850  als  ordentlicher 
Professor  in  der  philosophischen  Fakultät  in  Jena  und  ist 
hier  1868  gestorben.  In  der  Nationalversammlung  gehörte 
er  der  Kasinopartei  an,  nahm  auch  an  den  Verhandlungen 
des  Nachparlaments  in  Gotha  teil.  In  das  Parlamentsalbum 
schrieb  er  sich  mit  folgenden  Worten  ein:  „Wer  für  die 
BegrĂĽndung  dauerhafter  Volksfreiheit  mitwirken  will,  der 
beginne  damit,  sich  selbst  zur  wahren  Freiheit  zu  erheben." 

Gottlieb  Christian  Schüler  war  am  27.  März 
1798  in  Salzungen  als  Sohn  eines  Advokaten  geboren.  Er 
studierte  Jura  in  Jena  und  Heidelberg  und  war  Mitglied 
der  Burschenschaft.  1826  lieĂź  er  sich  als  Rechtsanwalt  in 
Salzungen  nieder,  trat  aber  schon  1827  in  den  Staatsdienst. 
1833  wurde  er  in  den  Landtag  gewählt  und  blieb  Mitglied, 
bis  ihm  1837  der  weitere  Urlaub  verweigert  wurde.  1834 
bis  1835  war  er  im  Ministerium  beschäftigt  gewesen,  1835 
wurde  er  Mitglied  des  Oberlandesgerichts  zu  Hildburg- 
hausen und  1838  Oberappellationsgerichtsrat  in  Jena,  wo 
er  von  1842  ab  auch  Vorlesungen  ĂĽber  Kriminal  recht  hielt. 
In  die  48er  Bewegung  trat  er  mit  Begeisterung  ein;  er 
war  schon  Mitglied  des  Vorparlaments  und  sprach  und 
schrieb  fĂĽr  die  GrĂĽndung  eines  deutschen  Reiches  mit 
einem  Präsidenten  an  der  Spitze.     Er    hat   im  Frankfurter 


404  Die  Vertreter  ThĂĽringens 

VerfassungsausschuĂź  und  im  GesetzgebungsausschuĂź  fleiĂźig 
mitgearbeitet  und  gehörte  der  entschiedenen  Linken,  dem 
Deutschen  Hof,  an.  Mit  Raveaux  und  Simon  von  Trier 
leitete  er  die  Märzvereine,  die  über  ganz  Deutschland  sich 
ausdehnten.  Er  nahm  am  Stuttgarter  Rumpfparlament  teil, 
ging  dann  nach  Jena  zurück,  wo  er  zum  Vizepräsidenten 
des  Landtages  gewählt  war.  Auch  hier  war  er  in  demo- 
kratischem Sinne,  vor  allem  aber  auch  als  GroĂźdeutscher 
tätig,  wie  er  denn  auch  in  der  Nationalversammlung  gegen 
das  preuĂźische  Erbkaisertum  gestimmt  hatte.  Herbst  1850 
wurde  ihm  wiederum  der  Urlaub  zur  Teilnahme  an  den 
Landtagsverhandlungen  verweigert  und  später  hat  er  eine 
Wiederwahl  nicht  angenommen.  Dagegen  nahm  er  auch 
weiterhin  an  den  politischen  Bewegungen  regen  Anteil,  war 
auch  bei  der  BegrĂĽndung  des  Nationalvereins  beteiligt ;  vor 
allem  aber  lag  ihm  die  soziale  Frage  am  Herzen.  Im 
Jenaer  Gemeinderat  war  SchĂĽler  lange  Jahre  als  Mitglied 
und  Vorsitzender  tätig.  1871  wurde  er  Ehrenbürger  von 
Jena ;  1874  konnte  er  noch  die  goldene  Hochzeit  feiern, 
starb  aber  kurz  darauf  am  1.  Juni  1874  und  konnte  so 
der  Aufforderung,  an  den  Vorarbeiten  zum  bĂĽrgerlichen 
Gesetzbuch  teilzunehmen,  nicht  mehr  nachkommen. 

"Wilhelm  WeiĂźenborn  war  am  23.  November  1803 
im  Weimarischen  geboren,  studierte  in  Jena  und  war  Mit- 
glied der  Burschenschaft.  Er  war  zunächst  Hauslehrer,  lebte 
dann  ein  Jahr  lang  in  der  Schweiz  und  wurde  1827  Lehrer 
in  Eisenach,  wo  er  bis  1873  gewirkt  hat.  Eisenach  sandte 
ihn  in  die  Nationalversammlung,  wo  er  dem  linken  Zentrum 
(Württemberger  Hof)  angehörte.  Weißenborn  wurde  später 
Ehrenbürger  von  Eisenach.  Er  schrieb  verschiedene  päda- 
gogische LehrbĂĽcher  und  starb  am  5.  November  1878. 

Oskar  v.  Wydenbrugk  war  am  7.  Oktober  1815 
in  Aschenhausen  in  der  Rhön  geboren,  studierte  Jura  in 
Jena,  Heidelberg,  Berlin  und  wurde  Amtsadvokat  in  Eise- 
nach. Er  war  mit  Itzstein  befreundet  und  beteiligte  sich 
frĂĽhzeitig    an    den    liberalen    Bestrebungen.      1847    in    den 


in  der  Frankfurter  Nationalversammlung.  4Q5 

Weimarer  Landtag  gewählt,  trat  er  als  tüchtiger  Redner 
hervor,  genoß  großes  Ansehen  und  wurde  auf  Drängen  des 
Volkes  1848  in  das  Ministerium  berufen.  In  der  National- 
versammlung gehörte  er  dem  linken  Zentrum,  dem  Württem- 
berger Hof,  an,  war  an  sich  GroĂźdeutscher,  lieĂź  sich  aber 
nach  längerem  Bedenken  überzeugen,  daß  ein  deutsches 
Reich  mit  Ă–sterreich  nicht  zu  schaffen  sei  und  stimmte  fĂĽr 
den  preuĂźischen  Erbkaiser.  Am  Gothaer  Nachparlament 
nahm  er  noch  teil,  dann  war  er  wieder  weimarischer  Mi- 
nister, bis  er  1854  in  der  Reaktionsperiode  seinen  Ab- 
schied nahm.  Er  lebte  seitdem  in  Tegernsee  und  MĂĽnchen 
und  trat  1862  wieder  politisch  hervor,  indem  er  gegen  den 
Nationalverein  den  „großdeutschen  Reformverein"  gründete, 
der  eine  gemeinsame  Bundesvertretung,  gewählt  aus  den 
Parlamenten  der  Einzelstaaten,  erstrebte.  Er  wurde  dann 
Vertrauter  des  Herzogs  von  Augustenburg,  für  den  er  — 
allerdings  ohne  Erfolg  —  in  Wien  tätig  war.  1867  zog 
er  sich  nach  Oberbayern  unweit  Oberaudorf  zurĂĽck,  war 
schriftstellerisch  noch  unausgesetzt  tätig  und  starb  am 
9.  Juni  1876. 

Herzogtum  Sachsen-Coburg-Gotha. 
Friedrich  Gottlieb  Becker  war  am  9.  November 
1792  zu  Gotha  geboren,  studierte  in  Göttingen,  wurde  aber 
frĂĽhzeitig,  infolge  der  Kriegsunruhen,  in  die  Heimat  ge- 
rufen und  übernahm  den  buchhändlerischen  Verlag  seines 
als  national -deutsch  denkenden  Schriftsteller  bekannten 
Vaters  und  auch  die  Herausgabe  der  Zeitung  seines  Vaters, 
des  „Allgemeinen  Anzeigers  der  Deutschen",  der  bis  1850 
erschien.  Becker  war  in  Gotha  bald  die  Seele  aller  ge- 
meinnützigen Tätigkeit.  Als  Senator,  Stadtverordneter,  Vor- 
steher der  Innungshalle,  später  auch  als  Mitglied  der  Direk- 
tion der  Lebensversicherungsbank  war  er  lange  Jahre  un- 
ermüdlich tätig.  1848  wurde  er  einstimmig  nach  Frank- 
furt gewählt  als  der  populärste  Mann  Gothas.  Er  war  hier 
Mitglied  der  Kasinopartei   und  war   mit  groĂźem  Eifer  ver- 


406  Die  Vertreter  ThĂĽringens 

mittelnd  tätig;  in  das  Parlamentsalbum    hat    er  die  Worte 
eingetragen : 

Können  wir  Freiheit  des  Volks,    des  Vaterlandes  Ein- 
heit erringen, 
Sind  wir  selber  nicht  eins,  frei  in  der  eignen  Brust  ? 

Lasset   friedlich    die   Hand   zum   heiligen    Werke    uns 

reichen : 
Nur    der  Eintracht   gelingt's,    nur    wenn    wir    selbst 

uns  besiegt. 

Becker  leitete  die  Einberufung  des  Gothaer  Nach- 
parlaments, später  wirkte  er  noch  als  Mitglied  des  Land- 
tages,  war  auch  eine  Zeitlang  Präsident  desselben;  die 
Enttäuschungen  des  Jahres  1848  hatten  aber  seine  Kraft 
gebrochen.  Bald  zog  er  sich  ganz  zurĂĽck  und  ist  schlieĂź- 
lich am  24.  Juli  1865    in  geistiger  Umnachtung  gestorben. 

Moritz  Briegleb  war  am  10.  November  1809  als 
Sohn  eines  Advokaten  in  Coburg  geboren.  Er  studierte 
Jura  in  Jena  und  Heidelberg,  war  einige  Zeit  Aktuar  in 
Königsberg  im  Herzogtum  und  wurde  dann  Anwalt  in 
Coburg.  Eine  seiner  ersten  Taten  war  die  Verteidigung 
von  4  Jugendfreunden,  die  wegen  ihrer  Beteiligung  an  der 
Burschenschaft  in  Anklagezustand  versetzt  waren.  Bald 
war  er  wegen  seiner  strengen  Rechtlichkeit,  seines  lauteren 
Charakters  und  seiner  tiefen  Kenntnisse  ein  sehr  geschätzter 
Verteidiger.  Von  1842  ab  war  er  in  Coburg  Landtags- 
abgeordneter und  bald  einer  der  FĂĽhrer  der  liberalen  Op- 
position gegen  die  WillkĂĽr  der  Regierung.  1843  wurde 
er  wegen  seines  Auftretens  gegen  die  Regierung  in  Anklage- 
zustand versetzt,  aber  freigesprochen.  1844  kam  Ernst  IL 
zur  Regierung  und  es  schien  jetzt  Friede  einzutreten,  aber 
erst  1847  wurde  ernstlich  in  das  konstitutionelle  Fahr- 
wasser eingelenkt.  Briegleb  wurde  damals  die  Leitung 
des  Ministeriums  angeboten,  die  er  aber  ablehnte ;  dagegen 
wirkte  er  unablässig  weiter  für  den  freiheitlichen  Ausbau 
der  Verfassung.  Seit  1846  war  er  auch  Stadtverordneter 
und  gleich  nachher  Vorsteher  der  Stadtverordneten  in  Coburg 


in  der  Frankfurter  Nationalversammlung.  407 

und  hat  auch  hier  verdienstvoll  gewirkt.  Im  Vorparlament 
war  er  einer  der  SchriftfĂĽhrer,  auch  wurde  er  Mitglied  des 
FĂĽnfziger-Ausschusses.  In  Frankfurt  schloĂź  er  sich  der 
Kasinopartei  an,  er  war  eifriges  Mitglied  des  Verfassungs- 
ausschusses und  gehörte  auch  zur  Kaiserdeputation.  An 
den  Verhandlungen  des  Nachparlaments  nahm  er  noch  teil 
und  blieh  bis  1851  Landtagsmitglied,  dann  trat  er  auf 
längere  Jahre  ganz  vom  öffentlichen  Leben  zurück.  Er 
ĂĽbernahm  die  Verwaltung  der  teilweise  im  Ausland  ge- 
legenen GĂĽter  des  Prinzen  Albert  und  suchte  auch  fĂĽr  die 
Besitzungen  des  Königs  von  Belgien  in  Mähren  und  Ungarn 
deutsche  Verwaltungsgrundsätze  einzuführen.  Über  10  Jahre 
lang  war  er  fast  ununterbrochen  abwesend.  Später  kehrte 
er  zurĂĽck  und  trat  1865  in  das  Magistratskollegium  in 
Coburg  ein,  wo  er  sich  wieder  groĂźe  Verdienste  erwarb. 
Die  preuĂźisch-deutschen  Einheitsbestrebungen  waren  sein 
politisches  Ideal  und  so  begrĂĽĂźte  er  die  Jahre  1866  und 
1870  mit  Freuden.  Im  FrĂĽhling  1870  trat  er  in  den 
Reichstag  ein  und  schloĂź  sich  der  nationalliberalen  Partei 
an;  aber  schon  am  28.  April  1872  ist  er  in  Berlin  an  den 
Folgen  einer  Operation  gestorben.  Sein  Nachfolger  im 
Reichstag,  Forkel,  hat  seine  Biographie  geschrieben. 

Herzogtum  Sachsen -Meiningen-Hildburghausen. 

Julius  Hoffmann  war  1809  geboren  und  wurde 
OberbĂĽrgermeister  in  Eisfeld.  Er  war  1847  Mitglied  der 
meiningenschen  Ständeversammlung,  in  der  Nationalversamm- 
lung ist  er  nicht  hervorgetreten,  hat  sich  auch  einer  Partei 
nicht  angeschlossen  und  ist  am  16.  November  1848  aus- 
getreten. 1859  war  er  MitbegrĂĽnder  des  Nationalvereins 
und  in  den  70er  Jahren  war  er  nationalliberaler  Vertreter 
Meiningens  im  Reichstag.  Er  lebte  in  Eisfeld  als  Ritter- 
guts- und  Fabrikbesitzer,  war  auch  Bergrat  und  ist  1882 
in  Eisfeld  gestorben. 

Werner  Johannes  war  1805  in  Meiningen  ge- 
boren.     Er    wurde     hier    Kaufmann    und     grĂĽndete    eine 


408  Die  Vertreter  ThĂĽringens 

mechanische  Spinnerei,  die  er  bis  zum  Tode  betrieben  hat. 
In  die  Nationalversammlung  trat  er  als  Nachfolger  Hoff- 
manns ein,  er  schloĂź  sich  dem  linken  Zentrum  (dem  WĂĽrt- 
temberger Hof)  an,  stimmte  fĂĽr  den  preuĂźischen  Erb- 
kaiser und  nahm  auch  am  Gothaer  Nachparlament  teil. 
Johannes  ist  1871  in  Meiningen  gestorben. 

Richard    Ernst    Liebmann    war    am    8.    Februar 

1811  zu  Schmiedefeld  bei  Wallendorf  geboren.  Er  wurde 
als  Regierungsrat  in  Meiningen  in  die  Nationalversammlung 
gewählt,  trat  aber  schon  im  September  1848  aus  und  wurde 
Staatsrat  im  Herzogtum.  1850  nahm  er  an  den  Verhand- 
lungen des  Erfurter  Volkshauses  teil;  im  gleichen  Jahre 
wurde  er  Dirigent  des  Kreisgerichts  in  Saalfeld.  Liebmann 
ist  am  7.  Oktober  1871  in  Hildburghausen  gestorben  als 
Präsident  des  dortigen  Appellationsgerichtes. 

Louis   MĂĽller   war   der   Sohn   des   BegrĂĽnders    der 
Papiermacheindustrie  in  Sonneberg.  Er  war  hier  am  30.  März 

1812  geboren,  besuchte  das  Gymnasium  zu  Schleusingen 
und  ging  dann  nach  Jena,  um  Jura  zu  studieren.  Hier 
begeisterte  er  sich  fĂĽr  freiheitliche  Ideale,  wurde  deshalb 
relegiert,  muĂźte  nach  Sonneberg  zurĂĽckkehren  und  wurde 
hier  unter  Polizeiaufsicht  gestellt.  Er  trat  nunmehr  in  das 
Geschäft  seines  Vaters  ein  und  hat  es  zu  einer  hohen  Blüte 
gebracht.  Die  Bewegung  von  1848  zog  ihn  mächtig  an; 
er  war  Kommandant  der  BĂĽrgerwehr  und  wurde  als  an- 
gesehenster Bürger  Sonnebergs  nach  Frankfurt  gewählt  als 
Vertreter  des  frĂĽh  ausscheidenden  Regierungsrats  Liebmann. 
Er  war  Mitglied  des  linken  Zentrums  (des  WĂĽrttemberger 
Hofes).  Später  hat  Müller  dem  Meininger  Landtag  noch 
mehrfach  angehört  und  in  der  Kommune  war  er  unermüd- 
lich tätig.  In  der  Gemeindevertretung  und  in  der  Handels- 
kammer wirkte  er  lange  Jahre,  in  letzterer  fĂĽhrte  er  lange  Zeit 
den  Vorsitz.  Bei  BegrĂĽndung  des  National  Vereins  war  auch 
MĂĽller  beteiligt;  seinen  liberalen  Ansichten  ist  er  stets  treu 
geblieben,  freudig  sah  er  das  neue  Reich  erstehen.  In  Sonne- 
berg genoĂź  er  bis  zum  Tode  allgemeinstes  groĂźes  Ansehen, 


in  der  Frankfurter  Nationalversammlung.  409 

1885  wurde  er  anläßlich  seiner  goldenen  Hochzeit  Ehren- 
bĂĽrger von  Sonneberg.  Am  1.  Mai  1889  ist  er  ge- 
storben. 

Herzogtum  Sachsen-Altenburg. 
Friedrich  August  Fritzsche  war  geboren  am 
23.  April  1806  in  Altenburg,  studierte  Jura  in  Jena  und 
wurde  1830  Advokat,  1834  auch  Stadtschreiber  in  Roda. 
1836 — 1850  vertrat  er  Roda  im  Landtage  des  Herzogtums. 
In  die  Nationalversammlung  trat  er  als  Nachfolger  Sonnen- 
kalbs erst  im  Januar  1849  ein.  Er  stimmte  fĂĽr  den 
preuĂźischen  Erbkaiser  und  trat  mit  der  Partei  Gagerns 
Mitte  Mai  aus.  Von  1851  ab  war  er  Amtssekretär  am 
Justizamt  zu  Roda;  1878  erhielt  er  den  Ratstitel,  lieĂź  sich 
aber  im  gleichen  Jahre  pensionieren.  Politisch  rechnete  er 
sich  später  zur  nationalliberalen  Partei;  freudig  begrüßte 
er  die  Errichtung  des  neuen  Reiches.  Eritzsche  ist  in 
Roda  am  10.  Mai  1887  gestorben.  In  das  Parlaments- 
album schrieb  er  die  Worte : 

„Wenn  auch  des  Dankes  bloß,  bleibt  des  Volkes  Glück 

mein  Streben,  sein  GlĂĽck  meine  Freude." 

Bernhard  August  v.  Lindenau  war  am  11.  Juni 
1779  in  Altenburg  geboren,  studierte  Jura  in  Leipzig  und 
wurde  schon  1801  Rat  beim  Kammerkollegium.  Bald  aber 
wechselte  er  seinen  Beruf,  trieb  eifrig  Astronomie  und  ging 
nach  Gotha,  wo  er  seit  1809  Direktor  der  Sternwarte  auf 
dem  Seeberge  war;  er  schrieb  hier  verschiedene  wertvolle 
astronomische  Arbeiten.  1814  nahm  er  an  den  Freiheits- 
kriegen teil  als  Generaladjutant  des  Herzogs  Karl  August 
von  Weimar  und  wurde  1816  wieder  in  den  Verwaltungsdienst 
des  altenburg-coburgischen  Staates  gezogen.  Er  ĂĽbernahm 
das  Ministerium  und  leitete  bis  1826  die  ganze  Regierung 
im  wesentlichen  allein.  Dann  trat  er,  nach  Bildung  des 
neuen  Staates  Coburg-Gotha,  in  den  königlich  sächsischen 
Staatsdienst,  zunächst  als  Bundestagsgesandter,  dann  1829 
als  Minister.     Er  leistete  Bedeutendes    in   der  Leitung  der 


410  Die  Vertreter  ThĂĽringens 

Kunst-  und  der  wissenschaftlichen  Sammlungen  und  wurde 
1830  Kabinettsminister.  Als  solcher  wirkte  er  eifrig  fĂĽr 
EinfĂĽhrung  einer  Konstitution,  die  er  1831  wirklich  ein- 
fĂĽhrte, und  schuf  dann  eine  groĂźe  Anzahl  grundlegender 
Gesetze.  Sein  Streben  ging  nach  freisinniger  Entwickelung 
der  Verfassung,  seit  Ende  der  30er  Jahre  hatte  er  aber 
mancherlei  Kämpfe  sowohl  mit  der  Krone,  der  er  zu  weit 
ging,  als  auch  mit  einem  Teil  der  Kammer,  die  raschere 
Fortschritte  wollte.  1843  nahm  er  seinen  Abschied  und 
ging  nach  Altenburg  zurück,  wo  er  Präsident  der  Stände- 
versammlung wurde  und  allgemeines  groĂźes  Ansehen  genoĂź. 
In  der  Nationalversammlung  war  er  zweiter  Alterspräsident 
(nach  Lang)  bei  der  Eröffnung ;  er  ist  hier  aber  kaum  mehr 
hervorgetreten  und  legte  im  Januar  sein  Mandat  nieder. 
Nach  der  Rückkehr  widmete  er  sich  eifrig  humanitären 
Bestrebungen,  tat  viel  Gutes  für  die  Bevölkerung  und 
wirkte  für  Aufklärung.  Er  starb  in  Altenburg  1854  am 
12.  Mai. 

Friedrich  Schlutter,  geboren  1812,  war  in  den 
30er  Jahren  mit  Fritz  Reuter  zusammen  Mitglied  der 
Burschenschaft,  sollte  dafĂĽr  vor  Gericht  gestellt  werden, 
floh  aber  in  die  Schweiz  und  lebte  hier  als  Privatgelehrter. 
1848  kehrte  er  in  die  Heimat  Poris  in  Altenburg  zurĂĽck 
und  trat  im  Dezember  als  Nachfolger  Lindenaus  in  die 
Nationalversammlung  ein.  Er  trat  der  äußersten  Linken, 
dem  Donneisberge,  bei,  nahm  auch  am  Stuttgarter  Rumpf- 
parlament teil  und  floh  nach  der  Auflösung  des  Parlaments 
nach  England,  wo  er  Professor  an  der  Kriegsakademie  zu 
Woolwich  wurde.  1870  kehrte  er  nach  Deutschland  zurĂĽck 
und  lebte  in  Dresden  ganz  zurĂĽckgezogen.  Hier  ist  er 
1888  gestorben. 

Carl  Victor  Sonnenkalb  war  am  11.  Januar  1814 
in  Ronneburg  geboren.  Er  studierte  Jura  in  Jena  und  trat 
1835  in  den  altenburgischen  Staatsdienst.  Als  alten- 
burgischer  Hofadvokat  war  er  im  Herzogtum  bald  eine  sehr 
populäre  Persönlichkeit  und  wurde  mit  großer  Majorität  in 


in  der  Frankfurter  Nationalversammlung.  411 

die  Nationalversammlung  gewählt.  Das  Wahlresultat  war 
damals  Sonnenkalb  9572,  v.  Lindenau  8611,  SchlĂĽtter  3731, 
Kahle  1367  und  Fritzsche  1367  Stimmen.  Sonnenkalb  hat 
an  den  Verhandlungen  in  Frankfurt  wenig  teilgenommen, 
er  wurde  im  September  als  Minister  mit  der  Leitung  der 
Regierung  in  Altenburg  betraut  und  legte  im  Dezember  sein 
Mandat  nieder.  In  Altenburg  war  er  noch  einige  Jahre 
tätig,  dann  begann  er  zu  kränkeln  und  starb  nach  lang- 
jährigem Leiden  am  8.  Januar  1869. 


FĂĽrstentum  Schwarzburg-Sondershausen. 

Johann  August  Friedrich  v.  Blumröder  war 
am  3.  August  1776  zu  Gehren  bei  Ilmenau  als  Sohn  des 
dortigen  Pfarrers  Blumröder  geboren.  Nach  Besuch  des 
Gymnasiums  zu  Arnstadt  studierte  er  auf  Wunsch  des 
Vaters  Theologie  zu  Jena.  Da  ihm  jedoch  das  Studium 
der  Theologie  nicht  zusagte,  faĂźte  er  den  EntschluĂź,  Offizier 
in  der  preuĂźischen  Armee  zu  werden.  Hierzu  bewog  ihn 
die  groĂźe  Verehrung,  die  er  fĂĽr  Friedrich  den  GroĂźen 
hegte.  1798  wurde  er  als  Bombardier  mit  Aussicht  auf 
Beförderung  in  das  1.  Artillerieregiment  (Berlin)  eingestellt. 
Er  vervollkommnete  sich  in  Berlin  weiter  in  der  Mathematik 
und  wurde  1803  nach  Kyritz  abkommandiert,  um  den 
Offizieren  des  dortigen  KĂĽrassierregiments  Unterricht  in 
der  Mathematik  zu  erteilen.  Noch  im  gleichen  Jahre  wurde 
er  Leutnant,  stand  erst  in  Magdeburg  und  wurde  1806  zur 
Verteidigung  der  kleinen  hannoverschen  Festung  Hameln 
abkommandiert.  Nachdem  die  Franzosen  die  Belagerung 
von  Hameln  eingeleitet  hatten,  schlug  er  zweimal  die  An- 
griffe derselben  auf  das  mit  seiner  Artillerie  besetzte  Fort 
zurĂĽck  und  wuĂźte  seine  Truppen  in  freudigster  Kampf- 
stimmung zu  erhalten.  Der  feige  Kommandant  ĂĽbergab 
trotzdem  die  Festung  am  19.  November  1806  und  Blum- 
röder wurde  mit  den  anderen  Offizieren  auf  Ehrenwort  ent- 
lassen.    Da  seine  BemĂĽhungen,    in    der   sehr   verkleinerten 


412  Die  Vertreter  ThĂĽringens 

preuĂźischen  Armee  wieder  ein  Offizierspatent  zu  erhalten, 
vergeblich  waren,  lebte  er  jetzt  einige  Jahre  als  Lehrer 
und  Erzieher,  1807  in  der  Salzmannschen  Erziehungsanstalt 
in  Schnepfenthal,  1808  als  Hauslehrer  bei  dem  Geheimrat 
v.  Weise  in  Sondershausen.  1809  wurde  er  Kapitän  bei 
den  Truppen  in  Sondershausen  und  nahm  nun  mit  diesem 
Kontingent  an  den  Napoleonischen  Kriegen  teil.  1809 
kämpfte  er  gegen  die  Tiroler,  zog  auch  mit  in  Wien  ein. 
Dann  kam  er  nach  Spanien,  wo  das  schwarzburg-sonders- 
hausensche  Kontingent  in  den  Kämpfen  und  durch  Krank- 
heiten nahezu  vollständig  aufgerieben  wurde.  1812  hatte 
er  mit  seinen  neu  ergänzten  Truppen  die  Nordseeküste 
gegen  England  zu  verteidigen,  wurde  im  Herbst  nach  RuĂź- 
land gesandt,  kam  aber  nur  bis  Kowno  und  ging  mit  den 
geschlagenen  Eranzosen  nach  Deutschland  zurĂĽck.  Im 
Januar  1813  hatte  er  in  Danzig  die  Belagerung  durch  die 
Russen  durchzumachen  und  geriet  bei  einer  Rekognoszierung 
in  russische  Gefangenschaft,  aus  der  er  erst  nach  der  Schlacht 
bei  Leipzig  freikam.  Im  Februar  1814  wurde  er  Kom- 
mandeur des  schwarzburg-sondershausenschen  Kontingentes 
und  Oberstleutnant  und  machte  den  Feldzug  gegen  Napo- 
leon in  Belgien  mit. 

Auch  1815  fĂĽhrte  er  seine  Truppen  wieder  gegen 
Napoleon  und  nahm  an  der  Belagerung  von  Bouillon,  an 
der  Belagerung  und  Einnahme  von  Mezieres  und  Monmedy 
mit  großer  Auszeichnung  teil.  1816  nahm  Blumröder  seinen 
Abschied  und  war  1816 — 1820  als  Gouverneur  des  Erb- 
prinzen von  Sondershausen  tätig,  1816  war  er  geadelt 
worden.  1832  wurde  er  Landrat  in  Sondershausen  und 
ist  als  solcher  bis  1850  verdienstvoll  tätig  gewesen.  Der 
Nationalversammlung  gehörte  Blumröder  nur  bis  zum  Sep- 
tember 1848  an,  er  ist  hier  nicht  besonders  hervorgetreten, 
daĂź  er  den  Arbeiten  aber  alles  Interesse  entgegenbrachte, 
zeigt  seine  Eintragung  in  das  Parlamentsalbum:  „Es  ist 
ein  UnglĂĽck,  daĂź  wir  Deutschen  uns  so  leicht  mit  halben 
MaĂźregeln    begnĂĽgen    und   uns    oft   mitten    im    Anlaufe    zu 


in  der  Frankfurter  Nationalversammlung.  413 

einem  kühnen  Fortschritt  durch  ängstliche  Bedenken  hemmen 
lassen.  So  ist  unsere  Revolution,  obgleich  sie  sich  anfangs 
ziemlich  breit  machte,  und  vielleicht  weil  sie  sich  zu  breit 
machte,  nur  eine  halbe,  unvollständige  geblieben,  denn  die 
vielen  Ränkeschmieden  der  alten  Diplomaten,  Bürokraten 
und  Staatssophisten  sind  nicht  zerstört  worden.  So  wird, 
fĂĽrchte  ich,  auch  die  deutsche  Einheit,  die  man  jetzt  schaffen 
will,  nur  eine  halbe  und  schwache  sein,  weil  man  vor 
allem  Kräftigen  und  Starken  erschrickt,  und  die  deutsche 
Diplomatie  von  jeher  vor  allen  RĂĽcksichten,  Bedenken  und 
EifersĂĽchteleien  zu  keinem  Resultat  gelangen  konnte. 
Möchten  wir  uns  bei  dieser  Aussicht  wenigstens  mit  dem 
Spruche  des  alten  Hesiodus  trösten  können,  daß  das  Halbe 
oft  besser  sei  als  das  Ganze.  Das  ist  freilich  ein  leidiger 
Trost;  aber  was  will  man  machen?  Wenn  ein  Glied  faul 
und  durchfressen  ist,  muĂź  man  es  abschneiden,  damit  nicht 
der  ganze  Körper  angesteckt  werde.  So  müssen  wir  auch 
auf  GroĂźdeutschland  verzichten,  wenn  kein  anderes  zu  haben 
ist  als  ein  von  der  Metternichschen  Politik  infiziertes.  Es 
wird  doch  endlich  einmal  die  Zeit  kommen,  wo  die  deutsche 
Eiche  das  Symbol  der  deutschen  Freiheit  ist."  Blumröder 
schrieb  diese  Worte  im  73.  Lebensjahr;  gestorben  ist  er 
1860  am  14.  Juni  in  Sondershausen. 

August  Hirschberg  war  1804  als  Sohn  eines 
Kaufmanns  in  Hamburg  geboren,  besuchte  dort  das  Jo- 
hanneum  und  wurde  dann  Apotheker.  1839 — 1854  besaß  er 
in  Sondershausen  eine  eigene  Apotheke,  dann  verkaufte  er 
dieselbe,  blieb  aber  in  der  PrĂĽfungskommission  fĂĽr  die 
Apothekerlehrlinge  und  verwaltete  nebenbei  ein  Agentur- 
geschäft. Später  erhielt  er  den  Titel  Kommissionsrat.  Er 
war  auch  schriftstellerisch  tätig  und  arbeitete  mit  Pro- 
fessor Merker-Halle  zusammen.  In  die  Nationalversammlung 
trat  Hirschberg  als  Nachfolger  Blumröders  im  September 
ein,  er  gehörte  dem  linken  Zentrum  (dem  Württemberger 
Hof)  an  und  stimmte  fĂĽr  den  preuĂźischen  Erbkaiser. 
Hirschberg  ist  1885  in  Sondershausen  gestorben. 
XXVIII.  27 


414  Die  Vertreter  ThĂĽringens 

FĂĽrstentum  Schwarzburg-Rudolstadt. 

Friedrich  Carl  Hönniger  war  am  19.  November 
1812  in  Rudolstadt  geboren,  wo  sein  Vater  Konsistorial- 
Präsident  und  Kanzler  war.  Er  studierte  Jura  in  Jena 
und  Berlin,  und  sein  reiches  Talent  und  sein  tiefes  Wissen 
verschafften  ihm  rasch  Anerkennung.  Er  wurde  in  die 
Regierung  gezogen  und  war  schon  Mitte  der  vierziger  Jahre 
Regierungsrat.  Die  Bewegung  von  1848  ergriff  ihn 
mächtig,  er  wurde  der  begeisterte  Führer  der  Demokraten 
und  war  1848  auch  Landtagspräsident.  In  der  National- 
versammlung gehörte  er  der  entschiedenen  Linken  (dem 
Deutschen  Hof)  an,  er  stimmte  fĂĽr  Heinrich  v.  Gagern  als 
Reichsverweser  und  sagte  bei  der  Kaiserwahl:  „Ich  wähle 
keinen  Kaiser."  Da  er  an  den  Verhandlungen  des  Stutt- 
garter Rumpfparlaments  teilgenommen  hatte,  wurde  er  nach 
der  RĂĽckkehr  in  Anklagezustand  versetzt  und  hatte  eine 
Gefängnisstrafe  von  einem  Jahr  zu  verbüßen.  Zugleich 
verlor  er  sein  Amt,  und  es  gelang  ihm  auch  später  nicht, 
eine  seinen  Fähigkeiten  entsprechende  Stellung  zu  finden. 
Vereinsamt  und  frĂĽhzeitig  gebrochen  lebte  der  hochbegabte 
und  allen,  die  ihn  kannten,  verehrte  Mann  und  Idealist  in 
Rudolstadt  und  ist  hier  am  30.  April  1874  gestorben. 

Fürstentum  Reuß  ältere  Linie. 

Ludwig  Bonardy  war  am  22.  Juni  1805  in  Greiz 
als  der  Sohn  des  fĂĽrstlichen  Mundkochs  geboren.  Er 
studierte  Jura  in  Leipzig,  wurde  Rechtsanwalt  und  als 
solcher  in  die  Nationalversammlung  gewählt.  Er  gehörte 
hier  dem  linken  Zentrum  an,  war  aber  später,  wie  er  1878 
an  Biedermann  schrieb,  „mehr  konservativ  als  sonst  liberal 
gesinnt".  „Am  Nachparlament"  in  Gotha  nahm  er  teil.  Er 
stimmte  fĂĽr  den  preuĂźischen  Erbkaiser  und  trat  im  Mai  1849 
aus.  1863 — 1871  war  Bonardy  Bürgermeister  von  Greiz, 
dann  ĂĽbte  er  wieder  die  Advokatur  aus.  Er  starb  in 
Greiz  am  2.  Februar  1881. 


in  der  Frankfurter  Nationalversammlung.  415 

Ferdinand  Schröder  war  geboren  am  8.  April  1818 
in  Zeulenroda,  lernte  als  Kaufmann,  ging  dann  aber  noch  auf 
das  Gymnasium  zu  Gera  und  studierte  später  Medizin  in 
Jena  und  Halle.  Zu  Zeulenroda  lieĂź  er  sich  als  Augenarzt 
nieder;  neben  seiner  ärztlichen  Praxis  beschäftigte  er  sich 
aber  viel  mit  dem  Zeichnen  von  Karrikaturen  und  war  bald 
ein  geschätzter  Mitarbeiter  des  „Dorfbarbiers",  der  „Düssel- 
dorfer Monatshefte"  und  der  „Fliegenden  Blätter".  In  die 
Nationalversammlung  trat  er  als  Nachfolger  Bonardys  erst 
Ende  Mai  ein.  Er  gehörte  der  Linken  an,  nahm  auch  am 
Stuttgarter  Rumpfparlament  teil.  1848  war  er  in  seiner 
Heimat  ein  beliebter  Volksredner  und  wurde  auch  in  den 
Landtag  des  Fürstentums  gewählt.  Bei  einem  Aufenthalt 
in  München  erkrankte  Schröder  an  Typhus  und  starb  in 
Zeulenroda  am  24.  Januar  1857. 

FĂĽrstentum  ReuĂź  jĂĽngere  Linie. 
Julius  Fröbel,  ein  Neffe  des  bekannten  Pädagogen, 
war  1805  in  Griesheim  bei  Stadtilm  geboren,  wo  sein 
Vater  Pfarrer  war.  Nach  einer  sehr  sorgfältigen  Erziehung 
bei  seinem  Onkel  in  Keilhau  wurde  Fröbel  Kartograph  in 
Stuttgart,  studierte  dann  aber  noch  in  MĂĽnchen,  Jena  und 
Berlin  namentlich  Geographie  und  Naturwissenschaften  und 
erhielt  1833  einen  Ruf  nach  ZĂĽrich,  wo  er  als  Lehrer  und 
Professor  der  Mineralogie  an  der  Universität  tätig  war. 
Zugleich  trat  er  nun  als  radikaler  Politiker  und  poli- 
tischer Schriftsteller  hervor,  seine  unter  dem  Namen  Junius 
geschriebene  „Neue  Politik"  verschaffte  ihm  bald  großes 
Ansehen.  1840  begrĂĽndete  er  mit  UnterstĂĽtzung  Follens 
und  Ruges  ein  Verlagsgeschäft,  das  „Literarische  Comp- 
toir",  in  dem  die  Gedichte  von  Herwegh,  Hoffmann, 
RĂĽge,  Prutz  etc.  und  viele  in  Deutschland  meist  verbotenen 
politischen  BroschĂĽren  erschienen.  1846  erreichte  der 
Bundesrat  die  Unterdrückung  der  Verlagsanstalt,  Fröbel 
lebte  in  Paris,  später  in  Dresden.  In  die  48er  Bewegung 
trat  Fröbel  als  Führer   der  Demokraten  ein ;  er  präsidierte 

27* 


416  Die  Vertreter  ThĂĽringens 

dem  DemokratenkongreĂź  und  trat  im  August  an  Wirths 
Stelle  in  die  Nationalversammlung  ein.  Er  schloĂź  sich  dem 
Donnersberge,  der  äußersten  Linken,  an ;  nachdem  er  aber 
kaum  eine  Woche  in  Frankfurt  gewesen  war,  wurde  er  von 
der  Linken  mit  Blum  nach  Wien  geschickt,  um  den  dor- 
tigen, damals  siegreichen  Demokraten  die  Sympathie  der 
Linken  zu  ĂĽberbringen.  Mit  Blum  verhaftet,  scheint  er 
einem  gleichen  Schicksal  wie  dieser  entgangen  zu  sein, 
weil  seine  kurz  vorher  erschienene  Broschüre  „Wien, 
Deutschland  und  Europa",  in  der  er  fĂĽr  Erhaltung  der 
Machtstellung  Ă–sterreichs  sich  aussprach,  ihm  die  Sym- 
pathie seiner  Richter  verschaffte.  Er  konnte  nach  Frank- 
furt zurĂĽckkehren,  nahm  wieder  an  den  Verhandlungen 
teil,  sprach  sich  in  einer  bedeutenden  Rede  fĂĽr  die  Wahl 
des  Oberhauptes  durch  allgemeine  Volksabstimmung  aus 
und  nahm  auch  am  Stuttgarter  Rumpfparlament  noch  teil. 
Dann  floh  er  ĂĽber  die  Schweiz  nach  Amerika  und  lebte  in 
New  York  und  San  Francisco,  eine  Zeitlang  auch  in  Nica- 
ragua,   meistens    als  Redakteur,    aber    ohne    groĂźen  Erfolg. 

1857  kehrte  er  zurück,  war  literarisch  tätig,  lebte 
einige  Jahre  in  Wien  als  GroĂźdeutscher  und  Vertreter  der 
damaligen  österreichischen  Politik,  dann  in  Stuttgart  und 
endlich  in  München,  wo  er  die  „Süddeutsche  Presse"  redi- 
gierte, später  auch  käuflich  erwarb.  Nach  1870  trat  er  in 
den  Dienst  des  neuen  Deutschen  Reiches,  wurde  1873  Konsul 
in  Smyrna,  später  in  Algier.  Erst  1890  trat  er  in  den 
Ruhestand  und  ist  1893  in  Zürich  gestorben.  Fröbel,  eine 
der  interessantesten  Persönlichkeiten  des  Parlaments,  hat 
sein  bewegtes  Leben  beschrieben  in  dem  1891  erschienenen 
Werk  „Ein  Lebenslauf,  Aufzeichnungen,  Erinnerungen  und 
Erkenntnisse  von  J.  Fröbel". 

August  Thieme  wurde  als  cand.  theol.  in  Hirschberg 
in  die  Nationalversammlung  entsandt.  Er  gehörte  der  Ver- 
sammlung nur  bis  Anfang  Juli  an. 

Johann  Georg  August  Wirth  wurde  am  26.  No- 
vember 1798    in  Hof  geboren,    studierte  Jura    in  Erlangen 


in  der  Frankfurter  Nationalversammlung.  417 

(wo  er  sich  auch  der  Burschenschaft  anschloĂź)  und  war  dann 
zunächst  als  Rechtsanwalt  in  Schwarzenbach  in  Sachsen 
und  in  Bayreuth  tätig,  trieb  aber  daneben  noch  eifrig 
nationalökonomische  Studien.  1831  übernahm  er  in  München 
mit  Wilhelm  SchĂĽtz  (Abgeordneter  der  Nationalversamm- 
lung) die  Redaktion  des  „Inland",  eines  ministeriellen 
Blattes,  gab  dann  aber  das  liberale  Blatt  „Die  Tribüne" 
heraus.  Hier  trat  er  mit  groĂźer  Energie  und  unermĂĽdlich 
fĂĽr  freisinnige  Ausgestaltung  aller  staatlichen  Einrichtungen 
ein  und  hatte  fortgesetzt  Verfolgungen  aller  Art  zu  erdulden. 
Um  diesen  zu  entgehen,  siedelte  er  nach  Homburg  a.  d. 
Hardt  über,  weil  in  der  Pfalz  noch  französisches  Recht 
galt.  Aber  auch  hier  erwuchsen  ihm  aus  seinen  idealen, 
durchaus-  nicht  revolutionären  Bestrebungen  fortdauernd 
Schwierigkeiten.  1831  wurde  er  verhaftet,  aber  vom  Schwur- 
gericht freigesprochen.  Er  grĂĽndete  nun  den  Presseverein 
zum  Schutz  der  politisch  Verfolgten  und  veranlaĂźte  mit 
Siebenpfeiffer  und  anderen  Versammlungen  der  Liberalen 
zuerst  am  1.  April  1832  in  Weinhein  und  dann  am  27.  Mai 
1832  unter  gewaltiger  Beteiligung  in  Hambach.  Obgleich 
auf  diesem  sogenannten  Hambacher  Fest  nur  geredet,  nichts 
beschlossen  wurde,  setzten  nun  neue  Verfolgungen  ein. 
Wirth  wurde  wieder  verhaftet  und  blieb  in  Haft  bis  1835. 
Dann  durfte  er  unter  polizeilicher  Aufsicht  in  Hof  wohnen, 
entfloh  aber  nach  Frankreich.  Später  redigierte  er  in  der 
Schweiz  die  „Deutsche  Volkshalle",  und  nachdem  er  1847 
nach  Deutschland  zurĂĽckgekehrt  war,  in  Karlsruhe  das 
konstitutionell-monarchische  „Deutsche  Nationalblatt".  Hier 
schrieb  er  auch  ein  großes  Werk  „Die  Geschichte  der 
Deutschen".  In  die  Nationalversammlung  trat  Wirth  als 
Nachfolger  Thiemes  Anfang  Juli  ein,  starb  aber  schon  in 
Frankfurt  am  26.  Juli  1848,  wenige  Tage  nachdem  der  Erz- 
herzog Johann  in  Frankfurt  seinen  Einzug  gehalten  hatte. 
„Er  war  einer  der  eifrigsten,  der  überzeugungstreusten  und 
charakterfestesten  Patrioten  in  den  Zeiten  schmählichster 
Reaktion,    hat    darum  Kerkerqualen    und    Verbannung    fĂĽr 


418     Vertreter  ThĂĽringens  in  d.  Frankf.  Nationalversammlung. 

die  Rechte  des  Volkes  erlitten  und  verdient,  wie  der 
Besten  einer,  daĂź  ein  dauerndes,  dankbares  Andenken  fĂĽr 
ihn  im  deutschen  Volke  fortlebt."  (Woerle:  „Miterlebtes 
aus  den  Tagen  der  deutschen  Revolution  und  deren  Vor- 
geschichte.) x) 


1)  Die  vorstehenden  Daten  entstammen  größtenteils  aus  Mit- 
teilungen, die  dem  Verfasser  von  noch  lebenden  Angehörigen  der 
Abgeordneten  gĂĽtigst  gemacht  worden  sind.  Nur  bei  den  Ab- 
geordneten: Fröbel,  v.  Lindenau,  WeLßenborn,  Wirth,  v.  Wyden- 
brugk  konnten  Angaben  der  „Allgemeinen  deutschen  Biographie" 
mitbenutzt  werden. 

Nachrichten  ĂĽber  den  cand.  theol.  August  Thieme  (1848  in  Hirsch- 
berg wohnend)  wären  dem  Verfasser  sehr  erwünscht.  Ein  August 
Thieme  war  1848  Pfarrer  in  Allstedt,  sein  SchĂĽler  Alfred  v.  Wol- 
zogen  hat  im  August  1848  Gedichte  von  ihm  veröffentlicht.  Er 
lebte  als  junger  Geistlicher  in  Ilmenau,  dann  längere  Jahre  in 
RuĂźland.  Der  Abgeordnete  ist  vielleicht  ein  Enkel  dieses  Pfarrers 
Thieme? 


Miszeilen. 

v. 

Ein  Brief  Johann  Stigels  an  Spalatin. 

Mitgeteilt  von  Otto  C  leinen  (Zwickau  i.  S.). 
In  Cod.  Chart.  A  121  der  Herzoglichen  Bibliothek  zu  Gotha 
befindet  sich  ein  Brief  Johann  Stigels  an  Spalatin  vom  27.  Oktober 
1538,  der  uns  von  einem  nicht  zur  AusfĂĽhrung  gelangten  schrift- 
stellerischen Plane  Johann  Stigels  in  Kenntnis  setzt.  Dieser  hatte 
einige  Epigramme  zum  Buhme  des  KurfĂĽrsten  Johann  Friedrich 
und  der  Vorfahren  desselben  verfaĂźt  und  beabsichtigte,  diese  Samm- 
lung zu  vermehren  und  herauszugeben.  Zu  diesem  Zwecke  erbat  er 
sich  weiteres  Material  von  Spalatin,  der  ja  sowohl  in  den  in  Betracht 
kommenden  Autoren  bewandert  sei,  als  auch  aus  persönlicher  Er- 
fahrung von  den  Taten  und  Lebensumständen  des  Kurfürsten  genaue 
Kenntnis  habe.  Der  Brief  ist  charakteristisch  sowohl  fĂĽr  die  rĂĽhrige 
und  betriebsame  Art  und  den  Patriotismus  Stigels  wie  fĂĽr  das  An- 
sehen, das  Spalatin  wegen  seines  vertrauten  Verhältnisses  zu  den 
drei  KurfĂĽrsten  und  seiner  LiebenswĂĽrdigkeit  in  der  Humanisten- 
welt genoĂź. 

S.  Petiturus  colloquium  tuum  cum  essem  nuper  Lipsiae,  dili- 
genter  quidem  de  te  percontatus  accepi  ab  amicis  te  in  aula  hoc 
tempore  uersari,  quare  quam  celerrime  huc  aduolaui.  Posteaquam 
uero  me  haec  spes  falsum  habuit,  fretus  tua  in  me  beneuolentia  per 
literas  hec  tibi  significanda  esse  duxi,  quae  coram  tecum  agere 
uoluissem  libentius.  Caussa  autem  haec  est :  Conscripsi  Epigrammata 
quaedam  in  hoc  potissimum,  vt  monimento  aliquo  posteris,  quoad 
eius  pro  ingenij  mei  tenuitate  fieri  possit,  commendarem  memoriam 
virtutum  cum  nobilissimi  nostri  Principis  Maiorumque  eius  tum 
uero  uniuersae  patriae.  Quae  cum  augere  et  in  publicum  emittere 
certis  nimirum  horum  temporum  rationibus  adductus  in  animo 
habeam  intelligamque,  quantum  tua  opera  iuuare  et  prouehere  hoc 
institutum  possit,  peto  a  te  pro  mea  erga  te  obseruantia  proque  tuo 
erga  patriam  amore  etiam  atque  etiam  diligenter,  vt  operam  tuam 
et  consilium  hac  in  re  mihi  impartias,  quod  ita  fiet,  si  ea,  quorum 
cum  ex  frequenti  probatissimorum  autorum  lectione,  tum  uero  fac- 
torum  gestorumque  memoria  cognitionem  habes,  haud  grauatim  mihi 
communicaueris.  Te  enim  si  quem  alium,  cum  ab  ineunte  adole- 
scentia  vsque  ad  ingrauescentem  hanc  tuam  aetatem  tribus  florentiss[imis] 
ac  laudatiss[imis]  Saxoniae  Electoribus  a  secretiorib[us]  literis  et 
consilijs  summa  cum  laude  fueris,  et  callere  omnes  piincipum  nostro- 
rum  historias  iudico  et  libenter  illas  impartire  amorem  suum  in 
patria    testari   cupientibus   compertum    habeo.    Quod    cum   ita   sit, 


420  Miszellen. 

gratissimurn  optimo  nostro  principi  feceris,  si  me  hac  in  re,  quae  ad 
eius  dignitatem  pertinet,  iuueris,  me  uero  perpetuo  aniore  tibi  de- 
uinxeris.  Hac  de  re  quid  facturus  sis,  si  tibi  molestum  non  sit, 
rescribas  rogo.  Bene  vale.    Torgae  Sexto  Cal.  Nouembres  Anno  38. 

J.  Stigelius 
dignitatis  tuae  studiosissiinus. 

Idem  uolui  a  te  petere  hoc  extemporario  epigrammate,  vt  in- 
telligeres  me  serio  et  non  sine  caussa  petere.  Deus  te  diu  conseruet 
incolumem ! 

Adresse:  Clariss[imo]  viro  D.  Georgio  Spalatino  Illustriss[imo] 
Principi  ac  domino  Jo.  Frid.  Electori  etc.  a  consilijs  et  concionib[us], 
patrono  suo  obseruando.  Aldenburgi. 


VI. 
Entgegnung:  und  ZurĂĽckweisung. 

Von  A.  Mueller,  GroĂźh.  Landmesser  a.  D.  in  Weimar. 
Im  Schlußwort  zu  seiner  Doktor-Dissertation :  „Der  sächsische 
Bruderkrieg"  sagt  der  Verfasser  Herbert  Koch:  „Noch  jetzt  ist  es 
ĂĽblich,  den  Bruderkrieg  fĂĽr  die  oder  jene  , Burg-Ruine'  (I) 
verantwortlich  zu  machen,  wenn  man  weiter  keine  Anhaltspunkte 
hat",  und  erklärt  in  einer  Anmerkung,  daß  von  den  von  mir  auf- 
gefĂĽhrten wĂĽsten  Ortschaften  und  Fluren  (WĂĽstungen)  nur  fĂĽnf 
durch  den  Bruderkrieg  zu  Wüstungen  geworden  seien,  während  in 
allen  übrigen  als  damals  zerstört  von  mir  angegebenen  Dörfern  Be- 
lege und  Wahrscheinlichkeit  fehlten.  „Schnell  fertig  ist  die  Jugend 
mit  dem  Wort!"  — 

Um  „Burgruinen"  handelt  es  sich,  nebenbei  gesagt,  überhaupt 
nicht;  Burgen  (NiederroĂźla,  Kapellendorf,  Leuchtenburg  usw.)  sind 
im  Bruderkriege  wohl  eingenommen,  wenige  aber  zerstört  worden, 
wie  Gleisberg,  Magdala  und  Isserstedt.  DaĂź  aber  in  dieser  Fehde 
eine  sehr  große  Anzahl  Ortschaften  der  völligen  Zerstörung  an- 
heimfielen, muß  auch  Koch  zugeben  (S.  62 :  „viele  Dörfer  gingen  in 
Flammen  auf";  S.  73:  „darauf  gingen  viele  Dörfer  in  der  Pflege 
Rosla,  Dornburg,  WeiĂźenfels  in  Flammen  auf"),  und  dies  alles 
erst  bis  1447!  Wie  groß  aber  später  noch,  namentlich  1450,  die 
Zahl  der  verbrannten  Orte  war,  zeigt  die  Tatsache,  daĂź  auf  dem 
Zuge  des  KurfĂĽrsten  von  Eckard tsberga  nach  Erfurt  an  einem 
Tage  60  Dörfer  der  Zerstörung  anheimfielen.  „Alle  Dörfer  ver- 
brannte er  —  der  Kurfürst  —  reine",  sagt  Cammermeister.  Von 
diesen  vielen  Ortschaften  werden  aber  nur  wenige  namentlich  auf- 
gefĂĽhrt, und  da  schlieĂźt  Koch:  die  Orte,  die  nicht  namentlich  auf- 
geführt sind,  können  auch  nicht  als  im  Bruderkriege  zerstört  an- 
genommen werden ! 


Miszellen.  421 

Wenn  ein  Ort  unserer  Gegend  zu  Ende  des  14.  und  zu  Anfang 
des  15.  Jahrhunderts  noch  urkundlich  aufgefĂĽhrt  wird,  gegen  Ende 
aber  verschwindet  und  als  „desolata,  deserta"  bezeichnet  wird,  so  läßt 
sich  fast  mit  Sicherheit  annehmen,  daĂź  er  durch  kriegerische  Er- 
eignisse des  Jahrhunderts,  hier  also  durch  den  Bruderkrieg,  seinen 
Untergang  gefunden.  Werden  nun  größere  Orte  als  damals  in 
Flammen  aufgegangen  aufgeführt,  die  in  der  Nähe  einer  jetzigen 
Wüstung  liegen,  so  ist  die  größte  Wahrscheinlichkeit  vorhanden, 
daĂź  der  jetzt  wĂĽste  Ort  damals  zugrunde  gegangen  ist.  Wenn  z.  B., 
wie  Koch  S.  64  erzählt,  am  21.  Okt.  1447  Suiza  und  gleich  darauf 
Wickerstedt  in  Brand  gesteckt  wurden,  so  wäre  es  wirklich  als  ein 
Wunder  zu  betrachten,  wenn  das  kleine,  nur  l1/,  km  von  Wicker- 
stedt entfernt  gelegene  Kalthausen  —  jetzt  Wüstung  —  verschont 
geblieben  wäre ;  oder  Grüns tedt  und  Allstädt  bei  Suiza ;  oder 
sollte  Fördern  unberührt  geblieben  sein,  während  das  daneben 
liegende  Tamfurt  in  Flammen  aufging?  Im  Amte  RoĂźla  (Koch, 
S.  73)  lag  Alchendorf,  im  Amte  Dornburg  Lichtendorf,  bei 
Rothenstein  Eothensteinichen!  Und  die  Zerstörung  der  Ort- 
schaften im  Bruderkriege  war  eine  grĂĽndliche.  Neumark  und 
Vogelsberg  sind  nachweislich  damals  verbrannt  worden ;  sollte  das 
zwischen  ihnen  hegende  Stölborn  damals  der  Verwüstung  ent- 
gangen sein?  Hain  rode  bei  Fördern,  Tamfurt  und  Kiliansroda 
besteht  noch  1450,  1615  wird  es  Wüstung  genannt,  Fördern  be- 
steht noch  1432,  1587  ist  der  Ort  verschwunden,  nur  die  Flurge- 
nossenschaft blieb  bestehen.  Weydehausen  wird  1440  noch  als 
Dorf  aufgeführt,  später  ist  es  verschwunden;  in  der  Gegend  von 
Berka  (Tiefengruben)  haben  1450  die  Horden  Herzog  Wilhelms  ge- 
haust!  Escheroda  zwischen  Suiza  und  Flurstedt  kommt  1443 
noch  als  Dorf  vor,  1525  war  nur  noch  ein  Gehöft  (Vorwerk)  vor- 
handen1). —  So  lassen  sich  noch  viele  Ortschaften  anführen,  die  vor 
dem  Bruderkriege  noch  bestanden,  nach  demselben  aber  nicht  mehr 
genannt  werden.  Koch  sucht  seinen  Helden  Wilhelm  (der  eher  einen 
anderen  Namen  als  den  des  „Tapferen"  verdiente)  möglichst  weiß- 
zuwaschen, trotzdem  diesem  niemand  die  größere  Schuld  an  den 
grauenhaften  Verwüstungen  zuschreibt.  Die  größten  Verwüstungs- 
greuel fallen  im  Gegenteil  den  kurfĂĽrstlichen  Raubscharen  zur  Last, 
und  zwar  sind  die  VerwĂĽstungen  im  Norden  und  Osten  lediglich 
dem  KurfĂĽrsten,   die  im  SĂĽden  dem  Herzog  zuzuschreiben.     Beide 


1)  Zellendorf  und  Neuendorf  zwischen  Alperstedt-GroĂźrudestedt 
(Sömmerda),  wo  1450  die  Scharen  des  Kurfürsten  hausten,  sind  1534 
WĂĽstungen;  1410  wird  Zellendorf  noch  als  bestehend  aufgefĂĽhrt; 
ebenso   1449  XL  23.   Urda  (Vrde)  und   Vollradisroda  (FulJersrode). 


422  Miszellen.  —  Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  für  Urgeschichte. 

aber,  der  „tapfere"  Wilhelm,  wie  der  „sanftmütige"  Friedrich  sehen 
ruhig  den  scheußlichen  Greueln  der  Zerstörung  zu. 

Wenn  K.  nicht  den  Bruderkrieg  fĂĽr  das  Vorkommen  so  vieler 
VerwĂĽstungen  verantwortlich  gemacht  wissen  will,  so  wĂĽrde  er  sich 
gewiĂź  sehr  verdient  machen,  wenn  er  selbst  die  Ursachen  der  Ent- 
stehung näher  angeben  wollte.  Die  Hussiten  sind  weder  bis  Naum- 
burg noch  in  unsere  Gegend  gekommen,  wenn  wir  nicht  die  böh- 
mischen Scharen  beider  feindlichen  BrĂĽder  als  solche  bezeichnen, 
noch  hat  die  Pest  so  entsetzĂĽch  gewĂĽstet,  daĂź  Hunderte  von  Ort- 
schaften gänzlich  ausgestorben  wären ;  die  Pest  zerstörte  die  Menschen, 
nicht  die  Wohnungen. 


Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte. 

(Der   Bericht    ĂĽber    die    3    ersten    Semester    der    am    18.  Februar  1901 

gegrĂĽndeten  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte  ist  enthalten  im  XXI.  Bd. 

der  Zeitschrift  für  Thür.  Gesch.  und  Altertumskunde  S.  404—408.) 

Von 

Dr.  Grustar  Eichhorn  in  Jena. 


IV.  Winterseinester  1902/03. 

Die  November-Sitzung'  der  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte  ge- 
staltete sich  zu  einer  Virchow-Feier  zu  Ehren  des  im  September 
verstorbenen  groĂźen  Anthropologen.  Zu  dieser  Festsitzung  waren 
an  die  Mitglieder  der  Medizinisch-Naturwissenschaftlichen  Gesell- 
schaft und  des  Vereins  fĂĽr  ThĂĽringische  Geschichte  und  Altertums- 
kunde zu  Jena  Einladungen  ergangen.  Herr  Prof.  E.  Schmidt 
hielt  die  Festrede,  in  welcher  er  die  bedeutenden  Verdienste  Virchows 
um  die  Anthropologie  und  Prähistorie  schilderte.  Besonders  wirkungs- 
voll gestaltete  sich  der  Vortrag  dadurch,  daĂź  Prof.  Schmidt  die 
meisten  der  gedruckten  Werke  Virchows,  die  diesen  Studien  ent- 
sprossen waren,  vorlegte  —  eine  Büchersammlung,  die  allgemeines 
berechtigtes  Staunen  erregte. 

In  der  Dezember-Sitzung  referierte  Prof.  Noack  ĂĽber  die 
jĂĽngst  erschienene  Literatur,  die  Urgeschichte  betreffend.  Dr.  Eich- 
horn hatte  die  Nachbildungen  vor-  und  frühgeschichtlicher  Gefäße 
ausgestellt,  die  unter  seiner  Aufsicht  in  der  Fabrik  von  Franz  Eber- 
stein in  BĂĽrgel  nach  der  Tafel  der  vorgeschichtlichen  AltertĂĽmer  der 
Provinz  Sachsen  hergestellt  worden  waren.  An  der  Hand  dieser 
demonstrierte  derselbe  dann  in  der  Januar-Sitzung  die  wichtigsten 
Formen  der  einzelnen  Epochen  der  vor-  und  frĂĽhgeschichtlichen 
Keramik  Mitteldeutschlands  in  zeitlicher  Aufeinanderfolge. 

In  den  beiden  letzten  Sitzungen  des  Wintersemesters  hatte  die 
Jenaer  Gesellschaft  für  Urgeschichte  das  Vergnügen,  zwei  auswärtige 
Herren  als  Gäste  und  Vortragende  zu  begrüßen:  Herrn  Dr.  Baglioni 
(Göttingen)  und  Herrn  Prof.  Dr.  Klaatsch  (Heidelberg). 


Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte.  423 

Dr.  Baglioni  sprach  in  der  Februar-Sitzung.  Er  hatte  auf 
einer  anthropologischen  Forschungsreise  in  Italien  im  sĂĽdlichen 
Picenum  eine  groĂźe  Anzahl  Funde  gemacht,  und  zwar  in  einem 
kleinen  Dorfe  Belmonte-Piceno.  Hier  ist  ein  hallstattzeitliches 
Gräberfeld  schon  zu  verschiedenen  Zeiten  ausgebeutet  worden.  Neben 
gedrehten  flalsringen,  Arm-  und  Fingerringen,  Fibeln  hatte  der  Vor- 
tragende eine  große  Anzahl  mannigfaltiger  Anhänger  ausgelegt,  die 
sich  besonders  häufig  gerade  in  diesen  Gräbern  gefunden  hatten. 
Die  meisten  sind  aus  Bronze,  wenige  von  Eisen.  Bernstein  spielt 
bei  den  Schmucksachen  eine  wichtige  Bolle.  Auffällig  selten  fanden 
sich  bei  den  Grabbeigaben  Waffen. 

In  einer  auĂźerordentlichen  Sitzung  am  26.  Februar  1903  be- 
richtete Prof.  Kl  aat  seh  ĂĽber  die  Ergebnisse  seiner  anthropologisch- 
prähistorischen Studienreise  durch  Deutschland,  Belgien  und  Frank- 
reich. Xach  einem  kurzen  Ăśberblick  ĂĽber  den  Stand  unserer 
Kenntnisse  von  den  Rassenvariationen  des  Skeletts  demonstrierte  der 
Vortragende  an  der  Hand  einer  groĂźen  Eeihe  photographischer 
Bilder  das  von  ihm  in  dieser  Hinsicht  untersuchte  Material  der  von 
ihm  aufgesuchten  groĂźen  Museen.  Im  AnschluĂź  hieran  legte  Prof. 
Klaatsch  eine  Reihe  von  primitiven  Feuerstein  -  Artefakten  und 
Knochen-SchmuckstĂĽcken  vor  aus  den  diluvialen  Ablagerungen  des 
Somme-Tales  vom  Typus  Chelles  und  St.  Acheul,  den  jung-diluvialen 
Fundstätten  des  Vez&re-Tales  (Dordogue),  aus  den  spät-tertiären 
Schichten  bei  Aurillac  (Cantal) ;  ferner  Belege  für  die  Anfänge  der 
Kunst  in  der  Mammut-  und  Renntierperiode  als  Knochenschnitzereien, 
Zeichnungen  der  damals  lebenden  Tiere  auf  Elfenbein  und  Knochen. 

V.  Somniersemester  1903. 

In  der  Mai-  und  Juni-Sitzung  hielt  Prof.  Seh  rader  einen 
Vortrag  ĂĽber  die  neuesten  Arbeiten  auf  dem  Gebiete  der  indo- 
germanischen Heimatsfrage.  Er  sprach  zuerst  über  die  letzte  größere 
Schrift,  die  fĂĽr  Asien  als  Urheimat  der  Indogermanen  eingetreten 
ist :  die  Abhandlung  J.  Schmidts  ĂĽber  die  Urheimat  der  Indogermanen 
und  das  europäische  Zahlsystem.  Hierauf  wendete  er  sich  der  um- 
fangreichen Literatur  zu,  die  in  neuerer  Zeit  bestrebt  ist,  die  Ur- 
heimat der  Indogermanen  in  Europa  oder  an  den  Grenzen  Europa- 
Asiens  festzulegen.  Er  unterschied  in  derselben  eine  anthropologische, 
eine  urgeschichtliche  und  eine  linguistisch-historische  Richtung.  In 
den  Mittelpunkt  der  ersteren  stellte  er  die  Arbeiten  K.  Penkas,  der 
zweiten  M.  Muchs  Buch:  Die  Heimat  der  Indogermanen  im  Lichte 
der  urgeschichtlichen  Forschung  und  G.  Kossinnas  Arbeit:  Die  indo- 
germanische Frage  archäologisch  beantwortet.  Was  in  linguistisch- 
historischer Richtung  ĂĽber  die  Frage  gesagt  werden  kann,  hat  Prof. 
Schrader  in  seinem  Reallexikon  der  indogermanischen  Altertums- 
kunde niedergelegt. 

Mit  der  Mai-Sitzung  war  eine  Ausstellung  verbunden  von  den 
wertvollsten  StĂĽcken  der  vorgeschichtlichen  italienischen  Sammlung 
aus  Montegiorgio  im  alten  Picenum,  welche  Herr  Dr.  Otto  Schott 
(Jena)  wenige  Wochen  vorher  dem  prähistorischen  Museum  der 
Universität  geschenkt  hatte.  Die  Fundstücke:  prächtige  Colliers, 
Arm-,  Ohr-,  Fingerringe,  Fibeln  aus  Bronee,  Anhänger  aus  Muscheln, 
Bernstein,  bronzene  und  eiserne  Schwerter,  Dolchklingen,  Lanzen- 
spitzen gaben  Zeugnis  von  der  reichen  Ausstattung  der  bronze-  und 
hallstattzeitlichen  Gräber  in  und  um  Montegiorgio. 


424  Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte. 

FĂĽr  den  Juli  1903  hatte  die  Gesellschaft  einen  Ausflug  nach 
Taubach  und  Ehringsdorf  geplant  zum  Besuch  der  paläo 
lithischen  Fundstellen.  Prof.  Walt  her  hielt  zu  diesem  Zwecke 
in  einer  Sitzung  am  6.  Juli  einen  vorbereitenden  Vortrag,  in  dem 
er  besonders  die  geologischen  Verhältnisse  der  genannten  Fundplätze 
schilderte,  die  Ablagerungszeiten  der  dort  zutage  tretenden  Schichten, 
die  dort  durch  Funde  vertretene  Fauna,  die  Feuerstein  gerate. 

Am  11.  Juli  fand  dann  unter  FĂĽhrung  des  Herrn  Prof.  Walther 
der  Ausflug  der  Gesellschaft  statt.  Nach  der  kurzen  Eisenbahnfahrt 
bis  Mellingen  begaben  sich  die  Teilnehmer  zu  Fuß  zunächst  nach 
Taubach  in  die  abgebauten  Gruben,  deren  AufschlĂĽsse  Prof.  Walther 
demonstrierte,  von  da  nach  Ehringsdorf  mit  ebensolchen,  nur  viel 
mächtigeren  und  instruktiveren  Schichtenfolgen.  Durch  den  Park 
wanderte  dann  die  Gesellschaft  nach  Weimar  in  das  städtische 
Museum,  wo  Herr  Kustos  Möller  zunächst  die  aus  Taubach  und 
Ehringsdorf  aufgespeicherten  FundstĂĽcke  demonstrierte,  dann  aber 
auch  die  ĂĽbrigen  im  Museum  ausgestellten  vor-  und  frĂĽhgeschicht- 
lichen AltertĂĽmer. 

Am  27.  August  1903  trat  die  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte 
in  den  Gesamtverein  der  Deutschen  Geschichts-  und  Altertumsvereine 
als  Mitglied  ein. 

VI.  Wintersemester  1903/04. 

Den  ersten  Vortrag  im  Wintersemester  hielt  Herr  Prof.  E. 
Schmidt  in  der  November-Sitzung  über  „Dolichocephalie 
und  Brachy  cephalie  und  ihre  Bedeutung  in  der  Anthropologie", 
den  zweiten  Herr  Prof.  Noack  in  der  Dezember-Sitzung  ĂĽber  die 
Ausgrabungen  in  Troja  und  ihre  Bedeutung  fĂĽr  die  Chronologie  der 
europäischen  Prähistorie. 

In  der  Februar-Sitzung  1904  demonstrierte  Dr.  Johannes 
Behr,  Geologe  an  der  Kgl.  Geol.  Anstalt  zu  Berlin,  neue  Funde  in 
Masuren,  die  er  bei  der  geologischen  Aufnahme  jener  Gegend  im 
vergangenen  Sommer  gelegentlich  gemacht  hatte,  und  zwar  nördlich 
von  Orteisburg  bei  dem  Dorfe  Mingfen  an  der  WestkĂĽste  des  Stupek- 
Sees.  25  Brandgräber  aus  dem  3.  Jahrhundert  n.  Chr.  hatte  der 
Vortragende  ausgegraben  und  einen  Teil  der  Urnen  mitgebracht, 
sowie  der  Beigaben:  bronzene  Fibeln,  Kinge,  Perlen  aus  Bernstein, 
Glas,  Gewebespuren,  eiserne  Lanzenspitzen,  Schildbuckel,  Schwert- 
klingen, Schnallen,  Pinzetten.  Hierauflegte  Dr.  G.  Eichhorn  eine 
groĂźe  Sammlung  vor-  und  frĂĽhgeschichtlicher  AltertĂĽmer  vor,  die 
in  den  letzten  Jahren  in  und  um  Naumburg  im  Unstrut-,  Saale- 
und  Wethautal  gefunden  und  vom  prähistorischen  Museum  angekauft 
worden  sind.  In  der  ĂĽberwiegenden  Mehrzahl  waren  es  Einzelfunde 
aus  Stein :  Beilklingen,  Ă„xte,  Hacken,  Flintmesser  und  -pfeilspitzen, 
Reibkugeln,  ferner  aus  Ton:  Spinnwirtel,  Webegewichte,  aus  Bronze: 
Beilklingen.  Von  besonderem  Wert  sind  die  Funde,  die  1902  in  der 
KanonierstraĂźe  in  Naumburg  gemacht  worden  sind  und  einem  Skelett- 
gräberfriedhof entstammen  aus  Christi  Zeit. 

VII.  Sommersemester  1904. 

Mit  Beginn  des  Sommersemesters  trat  ein  Wechsel  im  Vorstand 
unserer  Gesellschaft  ein.  Prof.  Noack  folgte  einem  an  ihn  ergangenen 
Ruf  nach  Kiel.  Zu  seiner  Ehrung  hatte  sich  die  Gesellschaft  am 
20.  April   im  kleinen  Burgkellersaal  zu  einer  Abschiedsfeier  vereint. 


Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte.  425 

Als  erster  Vorsitzender  wurde  nunmehr  Prof.  Dr.  Emil 
Schmidt  gewählt,  Prof.  Dr.  B.  Graf  als  zweiter,  Schriftführer 
blieb  der  bisherige  Dr.  Eichhorn. 

Statt  einer  Sitzung  fand  im  Juni  ein  Ausflug  der  Gesell- 
schaft nach  Hainichen  bei  Dornburg  statt  zur  Besichtigung  der 
umfangreichen  Sammlung  vor-  und  frĂĽhgeschichtlicher  AltertĂĽmer 
unseres  Mitgliedes  des  Herrn  Pfarrer  Schröder.  In  überraschender 
Menge  waren  hier  ausgelegt  wohlerhaltene  Steinbeile,  durchlochte 
Steinäxte,  Feuersteinklingen,  Topfscherben,  Bronzeschmuck  und 
Bronzebeile,  Eisen waffen,  meist  FundstĂĽcke  aus  ThĂĽringen,  besonders 
der  Dornburger  Gegend,  aber  auch  aus  anderen  Gegenden  waren 
dem  eifrigen  Sammler  vorgeschichtliche  Gegenstände  zugegangen. 
Eine  treffliche  Demonstration  der  Gegenstände  durch  den  Besitzer 
machte  den  Besuch  der  Sammlung  hochinteressant  und  lehrreich. 
Bis  zur  späten  Nachmittagsstunde  blieb  die  Gesellschaft  im  trau- 
lichen Pfarrhaus  zu  Gaste. 

In  der  Juli  -  Sitzung  berichtete  Prof.  Giese  ĂĽber  einige 
stammesgeschichtlich  interessante  Eigenschaften  des  Blutes,  besonders 
die  gegenseitige  zerstörende  Einwirkung  von  Blut  niedrigstehender 
Affen  auf  die  Blutkörperchen  des  Menschen  und  umgekehrt,  im 
Gegensatz  zu  der  chemischen  Ă„hnlichkeit  des  Blutes  der  hoch- 
stehenden anthropomorphen  Affen,  z.  B.  Schimpanse  und  Orang- 
Utang. 

Hierauf  sprach  Prof.  Schrader  ĂĽber  Totenhochzeit.  Er 
ging  von  der  in  Attika  bezeugten  Sitte  aus,  auf  dem  Grabe  unver- 
heiratet Gestorbener  einen  Wasserkrug  (lutrophoros)  aufzustellen, 
in  dem  sonst  das  Wasser  fĂĽr  das  Brautbad  des  jungen  Paares  herbei- 
geholt wurde.  Diese  Sitte  herrscht  jetzt  noch  bei  den  slavischen 
Völkern,  der  zufolge  an  den  Gräbern  von  Jünglingen  und  Jung- 
frauen eine  förmliche  Scheinhochzeit  aufgeführt  wurde,  bei  der  für 
den  Toten  geradezu  eine  Braut  oder  ein  Bräutigam  bestimmt  wurde. 
So  berichten  ferner  Araber  über  die  ältesten  slavischen  und  russischen 
Zustände,  daß  nicht  nur  dem  verstorbenen  Ehemann  seine  Frau  mit 
in  den  Tod  gegeben  wurde,  sondern  es  wurde  auch  der  Junggeselle 
nach  seinem  Tode  rite  mit  einem  Mädchen  verheiratet,  das  damit 
selbst  dem  Tod  verfallen  war1). 

VIII.   Wintersemester  1904/05. 

In  der  November-Sitzung  hielt  Prof.  von  Bardeleben  Vor- 
trag ĂĽber  Unterkiefer  und  Sprache.  Unter  Vorlegung  einer  Anzahl 
Röntgen-Photographien ,  die  den  feineren  Knochenbau  des  Unter- 
kiefers zeigen  als  Folgen  eines  Zug-  und  Drucks  besonders  auf  die 
Kinnpartie,  bespricht  v.  Bardeleben  an  der  Hand  einer  Anzahl 
vorgelegter  Unterkiefer  die  Faktoren,  welche  bei  der  Umgestaltung 
des  Unterkiefers  tätig  waren,  besonders  des  Kinns,  und  führt  die 
Persistenz  des  Kinns  auf  die  bisher  unbekannten  oder  als  seltene 
Varietät  beschriebenen  kleinen,  anfangs  paarigen,  später  unpaaren 
Skelettelemente  zurĂĽck,  die  als  Ossicula  mentalia  bezeichnet  wurden. 
Diese  Knöchelchen  verschwinden  nicht,  sondern  v.  Bardeleben  hat 
gezeigt,  daĂź  dieselben  mit  den  seitlichen  Teilen  des  Unterkiefers  ver- 
schmelzen und  zwar  so,  daß  man  ihre  Grenzen  in  Gestalt  von  Nähten 


1)  Der  Vortrag  ist  in  Buchform  erschienen  unter  dem  Titel: 
Totenhochzeit  von  Otto  Schrader.  Jena  1904.  Hermann  Costenoble, 
Verlagsbuchhandlung. 


426  Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte. 

auch  beim  Erwachsenen  sehen  kann.  „Die  Form  des  menschlichen 
Unterkiefers  und  das  Vorhandensein  des  Kinns  ist  nicht  eine  Funktion 
der  Sprache,  sondern  das  Kinn  ist  ein  altes  primitives  Skelettelement, 
das  beim  Menschen  bei  der  Reduktion  der  Kauwerkzeuge  wieder  zum 
Vorschein  gekommen  ist  und  unter  anderem  als  Klammer  fĂĽr  die 
beiden  Hälften  des  Unterkiefers  dienen  dürfte." 

Ăśber  die  Slaven  in  ThĂĽringen  sprach  in  der  Dezember-Sitzung 
Prof.  Mentz.  Aus  dem  prähistorischen  Museum  der  Universität 
waren  eine  Reihe  typischer  slavischer  Fundstücke  ausgestellt  (Schläfen- 
ringe, Tonwaren  mit  Wellenornament),  die  in  Thüringen  östlich  und 
westlich  der  Saale  gefunden  sind.  Die  slavischen  Funde  beweisen, 
daĂź  die  Saale  nicht  die  westliche  Grenze  gewesen.  Ebenso  erweisen 
die  Ortsnamen,  Familiennamen,  einzelne  Sprachreste  in  ThĂĽringer 
Dialekten,  Dorfanlagen,  Schriftsteller  und  Urkunden,  daĂź  durch 
ganz  ThĂĽringen  hin  einst  zahlreiche  Slaven  wohnten.  Als  Grund 
ihres  Vorkommens  im  westsaalischen  ThĂĽringen  ist  nicht  genĂĽgend 
die  Annahme,  daĂź  sie  als  Kriegsgefangene  angesiedelt  worden  seien, 
wohl  aber,  daĂź  sie  sich  als  Kolonisten  von  deutschen  Herren  ange- 
siedelt haben,  daĂź  sie  spontan  hierher  vorgedrungen  seien.  Ein 
kriegerisches  Vordringen  sei  um  630  anzunehmen  (Sieg  des  Slaven - 
königs  Samo  über  den  Frankenkönig  Dagobert),  von  640  bis  in  die 
Zeit  Pippins  sei  das  Vordringen  ein  friedliches.  Erst  durch  Pippin 
und  Karl  den  GroĂźen  wird  die  Saale  wenigstens  politisch  die  Grenze, 
während  zahlreiche  Slaven  westlich  der  Saale  zurückbleiben. 

In  der  Januar  -  Sitzung  1905  legte  Prof.  E.  Schmidt  eine 
größere  Anzahl  von  Feuersteinsplittern  vor,  die  auf  dem  roten  Berg 
südöstlich  von  Saalfeld  zwischen  Gleitsch  und  dem  preußischen 
Haus  gefunden  worden  sind.  Nach  Ansicht  des  Vortragenden  sind 
es  menschliche  Artefakte,  Abfälle  aus  den  Steinwerkstätten  einer 
neolithischen  Niederlassung. 

Weiter  bespricht  Prof.  E.  Schmidt  noch  die  Operation  der 
Durchlochung  des  Hirnschädels  in  prähistorischer  Zeit,  wie  in  der 
Gegenwart  bei  Völkern  niederer  Kultur.  Die  letzteren  führen  mit 
sehr  einfachen  Werkzeugen  in  roher  Weise  Trepanationen  aus,  um 
Kopfverletzungen  und  sonstige  Krankheiten  zu  heilen ;  daĂź  aber  auch 
in  prähistorischer  Zeit  in  Europa  Trepanationen  zur  Gewinnung  von 
Knochenscheibchen  gemacht  worden  seien,  die  als  Amulette  getragen 
wurden,  beweisen  die  besonders  in  Frankreich,  in  Böhmen,  Sachsen, 
Ungarn  beobachteten  kreisrund  durchlochten  Schädel  und  die  Amulett- 
funde dieser  Art. 

In  der  Februar-Sitzung  sprach  Prof.  Graf  ĂĽber  die  Entwicke- 
lung  der  Ornamentik  auf  den  Vasen  der  kretisch-mykenischen  Kultur. 
Die  ältesten  Tpngefäße  im  Gebiet  des  Mittelmeers  zeigen  in  ihren 
Verzierungen  Übereinstimmungen  mit  den  Motiven  der  europäischen 
Bandkeramik.  Als  etwas  Neues  tritt  auf  den  Inseln  des  Agäischen 
Meeres  in  der  primitiven  Töpferei  das  Ornament  auf,  das  Natur- 
formen, namentlich  Pflanzen,  entnommen  ist.  Eine  Synthese  dieser 
beiden  Ornaraentarten  bringt  die  eigentliche  kretisch  -  mykenische 
Töpferei.  Daneben  geht  die  Spirale,  deren  Rückführung  auf  Metall- 
drahtformen Prof.  Graf  abweist ;  sie  sei  den  Bandformen  zuzuordnen. 
Im  sogenannten  zweiten  und  dritten  „mykenischen  Firnisstil"  er- 
reicht diese  Entwickelung  ihre  volle  Höhe.  Im  weiteren  Verlauf 
des  dritten  Stils  wird  das  Ornament  linear,  es  teilt  die  Flächen  des 
Gefäßes  rhythmisch,  im  vierten  ist  fast  das  ganze  Gefäß  netzartig 
mit  Ornament  überzogen.    Vor  dem  Auftreten  des   „geometrischen" 


Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte.  427 

Stils  läßt  sich  ein  allgemeiner  Niedergang  beobachten.    Zahlreiche 
Lichtbilder  erläuterten  den  Vortrag. 

Nach  dem  Vortrag  fand  die  Neuwahl  des  Vorstandes  der  Ge- 
sellschaft statt.  Prof.  Schmidt  hatte  gebeten,  mit  RĂĽcksicht  auf  seine 
Gesundheit  von  einer  Wiederwahl  abzusehen.  An  seiner  Stelle  wurde 
Prof.  von  Bardeleben  zum  ersten  Vorsitzenden  gewählt,  zweiter  Vor- 
sitzender bĂĽeb  Prof.  Graf,  SchriftfĂĽhrer  Dr.  G.  Eichhorn. 

IX.  Sommerseniester  1905. 

In  der  Sitzung  am  8.  Mai  gab  Prof.  v.  Bardeleben  einen 
Ăśberblick  ĂĽber  die  anatomischen  Unterschiede  der  verschiedenen 
Menschenspecies. 

Die  minoisch-mykenische  Kultur  im  Lichte  der  Ăśberlieferung 
bei  Herodot  behandelte  Ph.  Kropp  in  der  Juni-Sitzung.  Fast  als 
gesichert  sei  anzusehen,  daĂź  die  minoischen  Bewohner  Kretas  dem 
karisch-lykischen  Volksstamm  angehörten.  Auch  eine  ethnographische 
Verwandtschaft  der  Karer  mit  den  Etruskern  erscheine  sehr  wahr- 
scheinlich. Ein  Bericht  Herodots ,  den  er  von  den  Praisiern  hat, 
den  alten  Eteokreten,  deckt  sich  gut  mit  den  Kulturschichten  des 
aufgedeckten  Palastes  von  Knossos. 

X.  Wintersemester  1905/06. 

Am  20.  November  hielt  Prof.  Bäntsch  einen  Vortrag  über  die 
neuesten  Ausgrabungen  in  Palästina,  speziell  in  Teil  Ta'annekh  und 
ĂĽber  deren  Bedeutung  fĂĽr  unsere  Kenntnis  der  Geschichte  des  alten 
Kanaan.  Auf  Grund  des  keramischen  Materials  lassen  sich  unter- 
scheiden :  eine  altkanaanäische  Schicht,  eine  spätkanaanäische  Schicht, 
eine  israelitische  Schicht,  ferner  eine  griechisch-römische,  eine  spät- 
römisch-byzantinische und  endlich  eine  mittelalterlich  -  arabische 
Schicht.  Eine  auf  Grund  dieser  Funde  rekonstruierte  älteste  Ge- 
schichte Kanaans  stimmt  auf  das  schönste  mit  dem  Bilde,  das  uns 
die  im  alten  Testament  enthaltenen  Urkunden  bieten. 

In  der  Dezember-Sitzung  erfreute  unser  Ehrenmitglied  Prof. 
Verworn  (Göttingen)  die  Gesellschaft  durch  einen  Bericht  über 
seine  Ausgrabungen  in  Frankreich.  Die  äußerst  stark  besuchte 
Sitzung  fand  im  alten  SchloĂź  statt.  An  der  Hand  einer  groĂźen 
Sammlung  demonstrierte  Verworn  die  Typen  der  ältesten  Feuerstein- 
werkzeuge und  behandelte  eingehend  das  Alter  dieser  Instrumente 
im  Vergleich  zu  den  erdgeschichtlichen  Epochen.  Auf  Grund  der 
in  den  miocänen  Schichten  gemachten  Funde  ist  Verworn  überzeugt, 
daß  bereits  in  der  Tertiärzeit  Menschen  oder  menschenähnliche  Ge- 
schöpfe gelebt  haben  müssen. 

Die  Januar-Sitzung  1906  fand  auf  eine  Einladung  des  Prof. 
Weber  im  städtischen  Museum  statt.  Vorgelegt  wurden  eine  Reihe 
alter  Gefäßscherben,  auch  ganze  Gefäße  wurden  gezeigt,  die  beim 
Abreißen  alter  Gebäude  in  Jena  und  bei  Ausschachtungen  gefunden 
worden  waren.  Zeitlich  entstammten  diese  Gefäße  der  jüngeren  Zeit. 
An  ihnen  konnten  die  unterscheidenden  Merkmale  prähistorischer 
und  neuerer  Tonwaren  gezeigt  werden. 

In  der  Februar -Sitzung  sprach  Pfarrer  Schröder  (Haini- 
chen)  ĂĽber  neolithische  Siedelungen  in  den  Fluren  Hainichen  und 
Hirschroda  bei  Dornburg.  Eine  groĂźe  Anzahl  von  Nachgrabungen 
haben  dem  Vortragenden  ein  reiches  Material  von  steinzeitlichen 
Werkzeugen  und  Tonscherben,  das  zum  Teil  ausgestellt  war,  ge- 


428  Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte. 

liefert.  Auf  Grund  dieses  kommt  er  hinsichtlich  der  in  SĂĽddeutsch- 
land vielumstrittenen  Frage,  ob  die  beiden  auch  hier  gefundenen 
Typen  der  Keramik:  Stich-  und  Linearverzierung,  einem  Zeitalter 
angehören,  für  unsere  Gegend  zu  dem  Entscheid,  daß  —  wie  Kohl 
(Worms)  auch  für  Süd-  und  Westdeutschland  annimmt  —  beide  in 
zwei  verschiedenen  Perioden  entstanden  sind.  Und  zwar  vermutet 
er,  daĂź  die  wohl  in  der  Schnurkeramik  wurzelnden  Stichverzierungen 
hinter  die  Linearverzierungen  an  den  SchluĂź  der  Steinzeit  zu  stellen 
seien. 

XI.  Sommerseniester  1906. 

In  der  Mai-Sitzung  sprach  Prof.  v.  Bardeleben  ĂĽber  Unter- 
scheidungsmerkmale ausgegrabener  Knochen  und  fĂĽhrte  etwa  folgen- 
des aus:  Knochen  vom  Mensch  oder  Tier  zu  unterscheiden,  ist  im 
ganzen  leicht.  Bei  kleineren  BruchstĂĽcken  zieht  man  das  Knochen- 
material der  zoologischen  Sammlungen  heran.  Ein  wertvolles  Hilfs- 
mittel ist  die  Röntgenbestrahlung.  Die  Architektur  der  Spongiosa, 
der  innere  Aufbau  des  Knochens  ist  beim  Menschen  unvergleichlich 
feiner  als  beim  Tier.  Ob  ein  Knochen  vorgeschichtlich  oder  neu,  ist 
nicht  in  allen  Fällen  festzustellen.  Von  Wichtigkeit  ist  die  ein- 
schlieĂźende Umgebung  auf  die  Erhaltung  des  Knochens;  es  kommt 
darauf  an,  ob  er  in  Erdreich  oder  in  Feuchtigkeit  gebettet  wurde ; 
beinahe  rezent  sieht  der  in  Java  zutage  geförderte  Schädel  aus.  Im 
allgemeinen  nimmt  in  der  Erde  der  Knochen  an  Porosität  zu,  er 
wird  immer  anorganischer,  leichter.  Der  EinfluĂź  der  Bodenarten 
ist  ein  verschiedener.  Ob  der  als  ein  menschlicher  erkannte  Knochen 
einem  männlichen,  weiblichen,  kindlichen  Individuum  angehört,  ist 
hinsichtlich  der  Unterscheidung  zwischen  Erwachsenem  und  Kind 
leicht,  schwieriger  zwischen  Mann  und  Weib.  Im  allgemeinen  ist 
der  männliche  Knochen  im  Vergleich  zu  dem  gleichen  des  Weibes 
größer,  stärker,  hat  stärkere  Muskelansätze,  stärkere  Linien  am 
Schädel.  Das  Becken  der  Frau  ist  breiter  als  das  des  Mannes;  der 
Winkel,  in  welchem  die  beiden  Beckenhälften  in  der  Symphyse  zu- 
sammenstoĂźen, ist  beim  Mann  spitz,  bei  der  Frau  stumpf.  Der 
Oberschenkelknochen  ist  beim  Weibe  im  allgemeinen  kleiner  als 
beim  Manne.  Die  Halsachse  am  Oberschenkelknochen  bildet  beim 
Weibe  mit  der  Oberschenkelachse  fast  einen  rechten,  beim  Manne 
einen  stumpfen  Winkel.  Besonders  gĂĽnstige  Erkennungszeichen  fĂĽr 
Geschlecht  und  Alter  eines  Skeletts  bieten  die  Zähne.  Zum  Schluß 
kam  der  Vortragende  noch  auf  die  Gesichts-  und  Schädelbildung  zu 
sprechen,  auf  Prognathie  und  Orthognathie. 

In  der  Juni-Sitzung  hatte  die  Gesellschaft  die  Freude,  einen 
Vortrag  des  Herrn  Prof.  Götz  (Jena)  anzuhören:  Aus  dem  ältesten 
Rom.  Der  Vortragende  sprach  zunächst  über  das  Grab  des  Romulus. 
Unter  dem  lapis  niger  befindet  sich  1)  das  Sacellum,  2)  eine  archaische 
Stele,  3)  eine  Inschrift.  Der  lapis  niger  bezeichnet  die  Stelle,  wo 
sich  das  Sacellum  (das  Grab  des  Romulus)  befindet.  Die  Bedeckung 
des  Sacellum  erfolgte  vielleicht  nach  dem  Einfall  der  Gallier  390. 
Die  Inschrift  stammt  aus  dem  6.  Jahrhundert  v.  Chr.  und  ist  die 
älteste,  die  wir  haben.  Weiter  berichtete  Prof.  Götz  über  den  lacus 
curtius.  Er  ist  eine  Opfergrube  oder  eine  Brunneneinfassung. 
Drittens  behandelte  er  das  Sepulcretum,  eine  Grabstätte,  auf  der 
bisher  40  Gräber  aufgedeckt  worden  sind,  Brand-  und  Skelettgräber 
mit  hallstattzeitlichen  Beigaben.  Sie  stammen  aus  dem  9. — 6.  Jahr- 
hundert. 


Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte.  429 


XII.  Wintersemester  1906/07. 

Die  Sitzung1  am  12.  November  wird  eröffnet  vom  Vorsitzenden 
Prof.  v.  Bardeleben  mit  einem  warm  empfundenen  Nachruf  auf 
den  frĂĽheren  Vorsitzenden  der  Gesellschaft,  Prof.  Emil  Schmidt, 
der  am  22.  Oktober  I906..in  Jena  verstorben  war.  Der  Vorsitzende 
gab  zunächst  eine  kurze  Übersicht  über  den  Bildungsgang  des  Ver- 
storbenen. Emil  Schmidt  war  am  7.  April  1837  in  Obereichstädt  in 
Bayern  geboren  als  Sohn  des  dortigen  HĂĽttendirektors,  besuchte 
die  Lateinschule  in  NĂĽrnberg,  das  Gymnasium  in  Nassau,  studierte 
in  Jena,  Leipzig,  Berlin  Naturwissenschaften  und  Medizin.  Nach 
absolvierten  Examinibus  und  einer  längeren  Assistentenzeit  ließ  er 
sich  in  Essen  als  Arzt  nieder.  Auf  Veranlassung  von  Krupp  gab 
er  nach  5-jähriger  Tätigkeit  die  Stadtpraxis  auf,  um  Arzt  der  Familie 
Krupp  zu  werden.  Eine  groĂźe  Anzahl  weiter  Eeisen  machte  er  erst 
mit  dem  Vater  Friedrich  .Krupp,  dann  mit  dem  Sohne  Alfred.  Eng- 
land, Italien,  BuĂźland,  Ă„gypten,  Amerika  wurden  von  ihm  auf- 
gesucht. 1885  habilitierte  er  sich  in  Leipzig  fĂĽr  Anthropologie,  fĂĽr 
das  Fach,  dem  er  bis  zu  seinem  Tode  die  umfassendsten  Studien 
widmete.  Auf  Grund  der  Beobachtungen,  die  er  auf  seinen  groĂźen 
Reisen  an  Lebenden  gemacht  hatte  und  durch  Studien  an  dem  groĂźen 
Schädelmaterial,  besonders  aus  Ägypten  —  er  besaß  über  1000  Schädel 
der  verschiedensten  Epochen  —  war  er  zur  Erkenntnis  der  Tatsache 
von  der  temporären  Konstanz  der  Schädelformen  gekommen,  der 
Konstanz  der  Menschenrassen  wenigstens  seit  der  jĂĽngeren 
Steinzeit.  Es  war  ihm  vergönnt,  noch  den  Sieg  und  die  all- 
gemeine Anerkennung  dieser  seiner  schon  frĂĽhzeitig  ausgesprochenen 
aber  viel  umstrittenen  Auffassung  zu  erleben. 

Eine  stattliche  Anzahl  von  Aufsätzen  im  Archiv  für  Anthropo- 
logie, im  Globus  und  von  besonderen  Werken  geben  Zeugnis  von 
dem  FleiĂź  und  dem  Wissen  des  allgemein  geachteten  und  beliebten 
Anthropologen. 

Hierauf  hielt  Dr.  G.  Eichhorn  einen  Vortrag  ĂĽber  die 
Epochen  der  Vor-  und  FrĂĽhgeschichte.  Die  einzelnen  Epochen  mit 
ihren  Unterabteilungen  wurden  kurz  besprochen,  die  charakteristi- 
schen Waffen ,  Werkzeuge ,  Schmuckgegenstände  an  einer  großen 
Zahl  von  Bildern  und  Wandtafeln  demonstriert,  das  Differentiell- 
diagnostische  besonders  betont.  Etwas  eingehender  behandelte  der 
Vortragende  die  Gliederung  der  älteren  Steinzeit  nach  dem  neuesten 
Stand  der  wissenschaftlichen  Forschung,  die  Gliederung  der  jĂĽngeren 
Steinzeit  nach  den  Erzeugnissen  der  Keramik.  Bei  der  Betrachtung 
der  Bronzezeit  wurde  die  Herkunft  der  Bronzekultur  und  ihre  Ver- 
breitung eingehender  erörtert.  Für  alle  Zeitabschnitte  wurden  Beleg- 
stĂĽcke aus  ThĂĽringens  Vor-  und  FrĂĽhgeschichte  angefĂĽhrt  und 
durch  Bilder  veranschaulicht. 

In  der  Dezember-Sitzung  machte  Dr.  Wein  eck  Mitteilungen 
ĂĽber  vorgeschichtliche  Funde  in  der  Niederlausitz.  Unter  Vorlegung 
einer  reichen  Sammlung  von  Waffen,  Werkzeugen  und  Schmuck- 
gegenständen, die  der  Vortragende  in  der  Niederlausitz,  besonders 
in  der  Umgebung  von  LĂĽbben,  selbst  gesammelt  und  ausgegraben 
hatte  —  Einzelfunde  und  Gesamtfunde  —  entwickelte  Dr.  Weineck 
die  Kultur  der  Niederlausitz  in  den  verschiedenen  Epochen  der  Vor- 
geschichte.    Während  die   jüngere   Steinzeit  verhältnismäßig  wenig 

XXVIII.  28 


430  Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte. 

durch  Fundstücke  vertreten  war,  bot  die  ältere  Lausitzer  Zeit,  d.  h. 
die  mittlere  und  jĂĽngere  Bronzezeit,  viel  Material.  Aus  der  la  Tene- 
Zeit  wurde  ein  interessanter  Grabfund  gezeigt  (eiserne  GĂĽrtelschlieĂźen, 
gerostete  Nadeln).  Eingehender  gab  der  Vortragende  an  der  Hand 
von  Bildern  eine  Schilderung  der  Lausitzer  Keramik  mit  ihrem 
Formenreichtum. 

In  der  Januar-Sitzung  1907  demonstrierte  Apotheker  GrĂĽner 
eine  Reihe  ostthĂĽringischer  Funde  aus  seiner  Privatsamm- 
lung, und  zwar  aus  dem  Pennickenthal  bei  Wöllnitz,  darunter  eine 
wohlerhaltene  topfförmige  Urne ,  ein  tassenförmiges  Gefäß ,  Tier- 
knochen, eine  Hornpfeilspitze  (Wohngrubenfunde);  aus  einer  Diluvial- 
stelle bei  Saalfeld  und  Unterwellenborn  einen  angeschliffenen  Röhren- 
knochen ;  aus  einer  Grabstelle  durchlochte,  als  Schmuck  getragene 
Muscheln  und  Gefäßscherben  mit  schnurkeramikähnlichen  ,  Orna- 
menten ;  aus  einer  Höhle  und  deren  Umgebung  auf  dem  Opitzer 
Berg  bei  Pößneck  Gefäßscherben,  Steingeräte,  Tierknochen;  aus  Herd- 
gruben bei  Dorna  (Gera)  bandverzierte  Gefäßscherben;  sodann  eine 
Reihe  von  Einzelfunden. 

Die  Februar-Sitzung  wurde  in  der  neuen  Universität  im  Hör- 
saal des  Archäologischen  Instituts  abgehalten.  Herr  Dr.  H.  Koch 
aus  Leipzig  hielt  einen  Vortrag  ĂĽber  Funde  aus  einem  oskischen 
Heiligtum  bei  Capua.  Das  Heiligtum  war  ein  Tempel  einer  Ge- 
burtsgöttin. Eine  aufgefundene  Inschrift  berechtigt  zu  der  Annahme, 
daß  es  die  Göttin  Damia  war,  die  hauptsächlich  in  Epidaurus, 
Aegina  und  Troizen  verehrt  wurde.  Der  Tempel  war  hochgelegen.  Es 
war  ein  rechteckiger  Bau.  Die  längeren  Seiten  bildeten  die  Vorder- 
und  Hinterfront,  die  kürzeren  die  Seitenwände.  Zum  Eingang  auf 
der  vorderen  Breitseite  fĂĽhrten  Stufen  hinauf.  Das  Heiligtum  war 
etwa  im  3.  Jahrhundert  auf  den  Trümmern  eines  älteren  aus 
archaischer  Zeit  errichtet.  Bei  den  Ausgrabungen  kam  eine  größere 
Zahl  von  weiblichen  Statuen  zutage,  in  ziemlicher  roher  AusfĂĽh- 
rung aus  Stein.  Sie  waren  alle  in  Lebensgröße  auf  Sesseln  sitzend 
dargestellt.  Bis  auf  eine  alle  mit  Kindern  auf  den  Armen.  Man 
vermutet,  daĂź  es  sich  um  Votivstatuen  handelt  an  die  Geburts- 
göttin. 

XIII.   Somiuersemester  1907. 

In  der  Sitzung  am  13.  Mai  sprach  Prof.  von  Bardeleben 
ĂĽber  den  diluvialen  Menschen  von  Krapina  an  der  Hand  von  dem 
vor  kurzem  erschienenen  Werk  des  Prof.  Gorjanovic-Kramberger.  Ob 
der  Krapina-Mensch  mit  dem  von  Taubach  gleichzeitig  war,  wie 
Gorjanovic  will,  erscheint  v.  Bardeleben  zweifelhaft. 

In  der  Sitzung  am  10.  Juni  sprach  Dr.  Graf  ĂĽber  die 
Steinsburg  auf  dem  kleinen  Gleichberg  bei  Römhild  auf  Grund 
eigener  Anschauung  und  eines  Studiums  der  neuesten  einschläglichen 
Literatur.  Eine  zu  diesem  Vortrag  besonders  angefertigte  Ver- 
größerung des  Ackermannschen  Plans  der  Steinsburganlage,  zahl- 
reiche Photographien,  eine  Ausstellung  der  Nachbildungen  der  haupt- 
sächlichsten Steinsburgfunde  aus  dem  prähistorischen  Museum  zu 
Jena  erläuterten  den  Vortrag. 

Weiter  berichtete  Prof.  Dobe necker  ĂĽber  die  Aufgrabung 
des  großen  Galgenhügels  bei  Helmsdorf  in  der  Nähe  von  Eisleben, 
die  unter  sachverständiger  Leitung  des  Prof.  Größler  in  Eisleben 
kĂĽrzlich  zu  Ende  gefĂĽhrt  wurde. 


Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte.  431 

XIV.  Wintersemester  1907/08. 

In  der  November-Sitzung1  wurde  ĂĽber  die  Steinwerkzeuge  der 
älteren  Steinzeit  verhandelt.  An  der  Hand  ausgesucht  schöner  Stücke 
aus  französischen  Fundstellen,  die  Dr.  Graf,  Pfarrer  Schröder- 
(Hainichen)  und  das  hiesige  prähistorische  Museum  ausgestellt  hatten, 
gab  Dr.  Eichhorn  eine  orientierende  Übersicht  über  die  ältere 
Steinzeit,  aus  der  die  Wichtigkeit  und  Seltenheit  dieser  Gerätschaften 
hervorging.  Im  Anschluß  hieran  demonstrierte  Pfarrer  Schröder 
Eolithen.  Dr.  Graf  schilderte  seine  Wahrnehmungen  im  prähisto- 
rischen Museum  zu  St.  Germain  bei  Paris. 

Die  Dezember-Sitzung  war  eine  öffentliche  im  kleinen  Volks- 
haussaal. Ph.  Kropp  berichtete  ĂĽber  die  Ausgrabungen  bei  GroĂź- 
romstedt,  die  er  im  Auftrag  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte 
im  Herbst  1907  vorgenommen  hatte.  Die  wichtigsten  Funde:  eiserne 
Schwerter,  Schildbuckel,  Messer,  Scheren,  Lanzenspitzen,  bronzene  und 
eiserne  Fibeln,  Sporen,  ZierstĂĽcke  (die  Beigaben  in  den  ausgegrabenen 
tönernen  Brandurnen)  waren  ausgestellt  und  wurden  zum  Teil  durch 
das  Epidiaskop  demonstriert1). 

Die  Januar-Sitzung  1908  wurde  im  archäologischen  Museum 
der  neuen  Universität  abgehalten.  Prof.  Graef  besprach:  die  Neu- 
erwerbungen des  archäologischen  Museums,  besonders  eingehend  zwei 
kleine  Tonväschen,  ein  unteritalisch-geometrisches  Gefäß  aus  dem 
8.  Jahrh.  v.  Chr.  und  ein  sogenanntes  Eulengefäß,  wie  sie  in  Athen 
um  die  Wende  des  6.  zum  5.  Jahrh.  gemacht  wurden. 

Die  Februar-Sitzung  war  in  der  Hauptsache  einer  Besprechung 
der  neu  erschienenen  Fachliteratur  durch  den  Vorsitzenden  gewidmet. 
Dr.  Graf  wird  als  zweiter  Schriftführer  in   den  Vorstand  gewählt. 

XV.  Sommersemester  1908. 

Zur  Mai-Sitzung  war  in  den  großen  Burgkellersaal  öffentlich 
eingeladen  worden.  Exzellenz  Haeckel  sprach  vor  einer  zahlreichen 
Zuhörerschaft  über  den  Australier-  und  Neandertalschädel  und  ihre 
Stellung  zueinander.  Er  gab  zunächst  eine  Übersicht  über  die 
Entwicklung  der  Schädellehre  im  allgemeinen,  die  mit  Jena  gerade 
in  enger  Beziehung  stehe,  insofern  hier  Forscher  wie  Goethe,  Oken, 
Huschke,  Gegenbaur  gelebt  haben.  Hierauf  kam  der  Primatenschädel 
zur  Sprache.  Der  Huxleysche  Satz:  die  Unterschiede  zwischen  dem 
Menschenschädel  und  dem  des  menschenähnlichen  Affen  sind  geringer 
als  die  zwischen  dem  menschenähnlichen  Affen  und  dem  der  niederen 
Affen  wurde  durch  aufgehängte  Bilder  und  ausgestellte  Schädel 
illustriert.  Der  rezente  Uraustralier  steht  dem  fossilen  Homo  primi- 
genius  der  altdiluvialen  Zeit  (Neander,  Spy,  Crapina)  ganz  nahe. 
Als  Bindeglied  zwischen  Menschenaffen  und  Urmenschen  wurde  der 
Pithecanthropus  festgehalten  trotz  der  neuerdings  strittigen  geologischen 
Lagerung  der  Fundstelle.  Weiterhin  besprach  Haeckel  die  wichtigsten 
fossilen  Menschenreste  und  erwies  den  vorliegenden  Schädel  eines 
etwa  30-jährigen  Australiers  als  einen  Kückschlag  in  alte  Formen  als 
eine  neandertaloide  Form. 

Statt  der  Juni-Sitzung  fand  fĂĽr  die  Mitglieder  der  Gesellschaft 
eine  Führung  durch  die  Sammlung  des  prähistorischen  Museums  der 


1)  Der  Vortrag  ist  in   der  Z.  f.  ThĂĽr.  G.  u.  A.,   Bd.  XVIII, 
Heft  2,  1908,  im  Druck  erschienen. 

28* 


432  Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte. 

Universität  statt.  Dr.  G.  Eichhorn  erörterte  zunächst  an  der  Typen- 
sammlung die  Entwicklung  der  einzelnen  Waffen,  Werkzeuge, 
Schmuckgegenstände,  Gefäße  in  chronologischer  Aufeinanderfolge 
der  einzelnen  Epochen,  weiterhin  wurde  eine  Reihe  von  interessanten 
Gesamtfunden  demonstriert,  die  in  ThĂĽringen,  besonders  in  Jenas 
Umgegend  gemacht  worden  waren. 

In  der  Juli-Sitzung  legte  Prof.  Philip  pi  eine  Anzahl  Obsidian- 
Nuclei  und  Obsidian- Abschläge  vor,  die  er  auf  einer  Reise  im  Jahre 
1906  in  Mexiko  gesammelt  hatte.  Als  prähistorische  Stücke  im 
eigentlichen  Sinne  können  derartige  Funde  nicht  gelten,  da  sie  noch 
nicht  1000  Jahre  alt  seien.  Sie  stammen  aber  aus  einer  Zeit,  die  fĂĽr 
Mexiko  als  vorgeschichtlich  gelten  kann,  d.  h.  aus  der  Zeit,  wo  es 
mit  der  alten  Welt  noch  nicht  in  BerĂĽhrung  gekommen  war.  Ein 
längerer  Speer  mit  Obsidianspitze  gab  interessanten  Aufschluß  über 
die  Art  der  Befestigung  mittels  Lederriemen  und  harziger  Masse. 
Wie  der  Vortragende  mitteilte,  findet  sich  Obsidian  in  den  Gebirgen 
der  Nachbarschaft  Mexikos. 

Weiterhin  zeigte  der  Vortragende  eine  Reihe  von  Tonfiguren, 
die  an  einer  alten  mexikanischen  Kultusstätte  gefunden  worden  waren. 
Es  sind  kleine  menschliche  Köpfe  und  Rumpfstücke. 

XYI.  Wintersemester  1908/09. 

In  der  November-Sitzung  demonstrierte  Dr.  G.  Eichhorn 
zunächst  eine  größere  Sammlung  französischer  Feuersteine,  die  der 
bekannte  Schweizer  Forscher  O.  Hauser  dem  Jenaer  prähistorischen 
Museum  zum  Kauf  angeboten  hatte. 

Die  Kollektion  umfaĂźte :  1)  eine  Serie  aus  la  Micoque  (auf 
einer  beiliegenden  Skizze  des  Ausgrabers  waren  die  einzelnen  Schichten, 
in  denen  die  Stücke  gefunden  worden  sind,  bezeichnet),  —  2)  eine 
Serie  aus  le  Moustier  Terrasse  No.  43,  —  3)  eine  Serie  aus  le 
Moustier  unterer  abri  No.  44  (der  berĂĽhmten  Fundstelle  des  Homo 
Mousteriensis  Hauseri),  —  4)  eine  Serie  aus  Longueroche,  einer  sehr 
interessanten  Magdal^nien-Station,  —  5)  eine  Serie  aus  Miremont 
mit  Magdalenien  und  den  fĂĽr  das  Aurignacien  sonst  typischen 
„grattoirs  tartes",  —  6)  eine  Serie  aus  la  Roque,  (Anfangs  Magda- 
lenien), —  7)  eine  Serie  aus  le  Ruth  (Aurignacien),  —  8)  eine  Serie 
aus  Sergeac  (Aurignacien). 

Von  dem  GroĂźromstedter  Urnenfriedhof  zeigte  und  besprach 
Ph.  Kropp  die  wertvollsten  StĂĽcke,  die  bei  den  weiteren  Ausgrabungen 
gefunden  worden  waren:  in  der  Hauptsache  Eisenwaffen  (Lanzen- 
spitzen, Schildbuckel,  zusammengewickelte  Schwerter)  und  eiserne 
Messer,  Scheren ,  daneben  einige  Schmucksachen  aus  Bronze  und 
Eisen  (Fibeln). 

Ein  interessantes  Referat  erstatte  Dr.  Graf  ĂĽber  das  Lazarett 
im  Kastell  Novaesium  im  Rheinlande,  das  mitsamt  einer  stattlichen 
Reihe  von  chirurgischen  Instrumenten  ausgegraben  worden  ist.  Das 
mit  vielen  Bildern  ausgestattete  Werk,  das  hierĂĽber  berichtet,  war  vom 
Verein  der  Altertumsfreunde   im  Rheinlande  veröffentlicht  worden. 

In  der  Dezember-Sitzung  legte  der  Vorsitzende,  Prof.  von 
Bardeleben,  zunächst  die  neue  (9.)  Auflage  des  bekannten  Werkes 
„Das  Weib  in  der  Natur  und  Völkerkunde"  von  H.  Ploß  und  Max 
Bartels  vor,  das  nach  dem  Tode  vom  Sohne  desselben,  Paul  Bartels, 
neu  bearbeitet  und  stark  vermehrt  herausgegeben  wird. 

Sodann  berichtete  derselbe  ĂĽber  die  soeben  erschienene  Mono- 
graphie von   O.   Schoetensack   in  Heidelberg:   Der  Unterkiefer  des 


Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte.  433 

homo  Heidelbergensis  aus  den  Sanden  von  Mauer  bei  Heidelberg. 
Als  präneanderthaloid  und  präanthropoid  wurde  er  bezeichnet,  also 
zeitlich  älter  als  der  Schädel  von  Spy  und  Krapina. 

Ph.  Kropp  referierte  ĂĽber  das  im  Verlag  von  C.  H.  Beck- 
München  1909  erschienene  Buch  von  Albert  Mayr,  „Die  Insel  Malta 
im  Altertum".  Kropp.  der  Malta  aus  eigener  Anschauung  kennt, 
behandelte  besonders  eingehend  die  vorgeschichtlichen  AltertĂĽmer 
jener  Insel. 

Prof.  Schrader  erwähnte  kurz  die  Entdeckung  von  zwei 
neuen  indogermanischen  Sprachen,  die  nach  Europa  hin  gravitierten. 

In  der  Januar- Sitzung  1909  sprach  Prof.  Schrader,  auf 
Grund  der  Ergebnisse  der  Ausgrabungen,  der  historischen  Ăśber- 
lieferung und  der  volkstümlichen  Bräuche  über  Begraben  und 
Verbrennen  im  Lichte  der  Reiigions-  und  Kulturgeschichte  bei 
den  indogermanischen  Völkern  Europas.  Nach  der  Auffassung  unserer 
Vorfahren  lebt  der  Tote  im  Grabe  weiter,  und  die  Befriedigung  aller 
LebensbedĂĽrfnisse  des  Toten  durch  die  Lebenden  ist  der  Kern  des 
Totendienstes.  Dieser  scheidet  sich  in  Gebräuche  bei  der  Bestattung 
und  solche  nach  der  Bestattung.  Aus  der  Zahl  der  ersteren  behandelte 
der  Redner  ausfĂĽhrlich  die  Sitte  der  Totenbeigaben,  die  ursprĂĽng- 
lich die  gesamte  persönliche  Habe  des  Verstorbenen  darstellen.  Die 
nach  der  Bestattung  üblichen  Bräuche  sind  im  wesentlichen  auf  die 
Speisung  des  Toten  gerichtet;  der  Belustigung  des  Toten  dienen 
Spiele,  Wettkämpfe.  Aus  dem  Gedanken,  daß  der  Tote  weiterlebt, 
folgt,  daß  er  eine  Wohnung  braucht.  Zunächst  bestattet  man  die 
Leiche  am  Herde  der  menschlichen  Behausung  selbst,  dann  errichtet 
man  Grabanlagen,  ursprĂĽnglich  in  Nachahmung  menschlicher  Woh- 
nungen. Als  Wohnung  ist  auch  der  Sarg  gedacht,  über  dessen  älteste 
Geschichte  ausführlieh  verhandelt  wurde.  Innerhalb  dieser  Zustände 
des  Begrabens  tritt  plötzlich  die  Feuerbestattung  hervor ,  die  sich 
von  Kleinasien  und  dem  Norden  des  Balkan  ĂĽber  Europa  verbreitet 
hat.  Ihr  Grundgedanke  ist  nicht  der  einer  Opferung  des  Toten  an 
die  Götter,  und  nicht  der  einer  Räucherung  zum  Zweck  der  Er- 
haltung der  Leiche,  sie  bezweckt  vielmehr  eine  Trennung  des  Körpers 
von  der  Seele  und  die  EinfĂĽhrung  der  letzteren  in  ein  Totenreich. 
Gleichzeitig  glaubt  man  sich  durch  den  Leichenbrand  vor  dem  Toten 
zu  schĂĽtzen.  Eine  chronologische  und  geographische  Darstellung  der 
Verbreitung  der  Leichenverbrennung  in  Europa  ist  zur  Zeit  noch 
unmöglich.    Teilweise  Verbrennung  ist  beobachtet. 

Nach  dem  Vortrag  legte  Dr.  Graf  eine  Anzahl  Steinbeile  und 
Steinhacken  aus  Thüringen  vor,  ferner  slavische  Gefäßscherben  aus 
Halle  und  die  Beigaben  eines  bronzezeitlichen  Begräbnisses:  eine 
flache  Tonschale,  einen  ovalen  Bronzering,  eine  Knochennadel  mit 
Öhr  und  einen  Knochenpfriemen,  Oberförster  Weißker  eine  An- 
zahl eiserner  Fundgegenstände,  die  1882 — 1890  im  Revier  Rodacher- 
brunn  bei  Lobenstein  bei  Kulturarbeiten  ausgegraben  worden  waren : 
ein  schweres  einschneidiges  Schwert  mit  Griff,  eine  Kandare,  3  Huf- 
eisen, ein  eisernes  Messer.  Die  Fundstelle  lag  in  der  Nähe  der 
Wüstung  Großhörne. 

Zu  seinem  Vortrag  ĂĽber  Begraben  und  Verbrennen  im  Lichte 
der  Religions-  und  Kulturgeschichte  fĂĽgte  Prof.  Schrader  in  der 
Februar-Sitzung  zunächst  noch  einige  Ergänzungen  an  betreffend 
1)  die  Beigabe  eines  Pferdes  bei  der  Bestattung,  eine  Sitte,  die  im 
Osten  Europas  herrschte  bei  Skythen  und  Russen;  2)  Toten  male  auf 
russischen  Friedhöfen;  3)  Holzbauten  in  den  Grabhügeln  (Analogien 


434  Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte. 

in  SĂĽdruĂźland) ;  4)  Lage,  in  der  sich  die  Toten  befinden  (die  Hocker- 
stellung wird  als  Ruhestellung  erklärt;  Orientierung  der  Leiche  in 
den  Gräbern  ursprünglich  ohne  erkennbaren  bestimmten  gleichen 
Ritus ,  erst  in  der  Merowingerzeit  Gesicht  nach  Osten) ;  5)  Ver- 
brennen im  Grabe. 

Hierauf  teilte  Lehrer  Seesemann  eine  Reihe  noch  jetzt  ĂĽb- 
licher Thüringer  Volksbräuche  bei  der  Beerdigung  mit,  deren  Ent- 
stehung zum  Teil  in  vor-  resp.  frĂĽhgeschichtliche  Zeit  hinaufreicht. 


XVII.  Sonimersemester  1909. 

In  der  Mai-Sitzung  wurde  von  Dr.  G.  Eichhorn  das  neu- 
erschienene Werk :  Die  vor-  und  frĂĽhgeschichtlichen  AltertĂĽmer 
Thüringens  von  Prof.  Götze,  Hof  er,  Zschiesche  vorgelegt  und  kurz 
besprochen,  desgleichen  G.  Eichhorn,  Die  paläolithischen  Funde  von 
Taubach  in  den  Museen  zu  Jena  und  Weimar. 

Sodann  demonstrierte  Prof.  v.  Bardeleben  einen  GipsabguĂź 
des  homo  Heidelbergensis-Unterkiefers  und  betonte  als  besondere 
Eigentümlichkeiten  desselben:  1)  die  un verhältnismäßige  Größe  des 
Kiefers;  2)  die  flache  incisura  semilunaris;  3)  den  walzenförmigen 
condylus;  4)  den  plumpen  und  senkrecht  aufsteigenden  Ast.  Die 
Frage,  ob  der  Unterkiefer  einem  Menschen  angehörte  oder  einem 
menschenähnlichen  Affen,  führte  zu  einer  interessanten  Auseinander- 
setzung des  Prof.  Plate.  Der  Kiefer  als  solcher  wurde  nach  seinem 
ganzen  Bau  von  ihm  als  affenähnlich  bezeichnet,  die  Zähne  aber  als 
menschliche  Zähne.  Ob  der  homo  Heidelbergensis  schon  eine  mensch- 
liche Sprache  gesprochen,  sei  fraglich. 

Die  Juni-Sitzung  fand  im  archäologischen  Museum  der  Uni- 
versität statt.  Prof.  Graef  hatte  die  Gesellschaft  zu  einer  Führung 
durch  die  Vasensammlung  des  archäologischen  Museums  eingeladen. 

Von  eigentlichen  „prähistorischen"  Gefäßscherben  sind  im 
archäologischen  Museum  nur  Tongefäßreste  aus  Troja  vorhanden, 
eine  kleine  Sammlung,  die  vor  circa  6  Jahren  aus  den  Schliemann- 
schen  Doubletten  in  Berlin  nach  Jena  abgegeben  worden  ist.  Die 
übrigen  Gefäße  und  Gefäßreste  des  Museums  gehören  Jahrhunderten 
an,  die  für  unsere  mitteldeutsche  Gegend  noch  prähistorisch  sind, 
in  den  klassischen  Ländern  bereits  in  die  Frühgeschichte  fallen. 

Als  älteste  Gefäße  der  Sammlung  wurden  eine  Amphora 
und  eine  Schale  gezeigt,  auf  der  Drehscheibe  gearbeitet,  cyprische 
Gefäße  mit,  matter  Bemalung  aus  dem  Anfang  des  2.  Jahrtausend ; 
aus  der  Mitte  des  2.  Jahrtausend:  3  mykenische  Gefäße,  und  zwar 
eine  Obertasse,  eine  BĂĽgelkanne,  ein  Kelch,  mit  einer  glasurbildenden 
Farbe  ĂĽberzogen,  der  Grund  dunkelgrau  oder  braun,  die  Ver- 
zierungen weiĂź,  rot,  violett.  Aus  dem  jetzt  auftretenden  Spiral- 
ornament leitet  sich  die  Bandkeramik  ab,  die  in  Deutschland  be- 
kanntlich neben  der  Schnurkeramik  den  zweiten  Haupttyp  der  stein- 
zeitlichen Keramik  ausmacht. 

Das  griechische  Mittelalter  (von  1000  v.  Chr.,  etwa  3  Jahr- 
hunderte aufwärts)  charakterisieren  die  griechisch-geometrischen 
Vasen  (Dipylonstil,  vor  dem  Dipylon  in  Athen  in  Gräbern  gefundene 
Gefäße)  mit  reichen  Ornamentsystemen.  Die  sich  ab  und  wieder  in 
einer  zweiten  Scheibe  aufrollende  Spirale  verarmt  zum  Mäander- 
ornament,  ein   eckiges  Spiralband;  die  Formen   der  Vasen   werden 


Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte.  435 

plumb  und  echter,  aber  sie  zeigen  eine  unzerstörbare  matte  Glasur. 
Das  Bestreben,  die  Gefäße  zu  verzieren,  artet  gegen  Ende  dieser 
Epoche  aus  in  einer  Überfüllung  der  Gefäßwände  mit  Ornamenten, 
einem  wirklichen  horror  vacui.  Die  Dekoration  wird  in  Zonen  ge- 
teilt. Tierformen  treten  unter  den  Ornamenten  auf.  Die  Keramik 
ist  im  8.  und  9.  Jahrhundert  so  weit  erblĂĽht,  daĂź  beinahe  jede 
Stadt  Griechenlands  ihre  eigenen  wohlcharakterisierten  Vasen  an- 
fertigt, so  Athen,  Theben,  Argos,  Korinth,  Euböa,  Böotien.  —  Den 
griechisch  -  geometrischen  Vasen  gegenĂĽber  charakterisieren  sich 
andererseits  die  italienisch-geometrischen  Gefäße  als  selbständige  Abart 
dieser  Gruppe.  Besonders  charakteristisch  sind  die  hohen  Henkel  mit 
den  scheibenförmigen  Verzierungen. 

Weiterhin  demonstrierte  der  Vortragende  eine  Reihe  von  Ăśber- 
gangsvasen  aus  dem  7.  Jahrhundert,  der  böotischen  Gruppe 
angehörend,  mit  ihren  aus  dem  Osten  stammenden  Palmetten- 
Mustern,  ebenso  korinthische  mit  der  gleichfalls  aus  dem  Osten 
stammenden  Tierfriesornamentik,  alles  in  allem  eine  Serie  von  Ge- 
fäßen, die  ein  hoher  Grad  von  Formenreichtum  auszeichnet. 

Mit  dem  Beginn  des  6.  Jahrhunderts  treten  menschliche 
Darstellungen  auf  den  Vasen  in  den  Vordergrund,  die  schwarz- 
figurige  Vasenmalerei,  die  in  Attika  zur  höchsten  Vollendung  ge- 
langte. Die  Herstellung  einer  solchen  Vase  geschah  in  der  Weise, 
daß  zunächst  das  rohe  Gefäß  auf  der  Drehscheibe  gedreht  wurde. 
War  der  Ton  lederhart,  so  wurde  die  menschliche  Gestalt  als 
schwarze  Silhouette  aufgemalt.  In  die  trockene  schwarze  Silhouette 
wurde  dann  die  Innenzeichnung  eingeritzt,  rot  und  weiĂź  aufgelegt 
und  nun  das  Gefäß  gebrannt.  Hierdurch  erlangte  dann  die  Malerei 
die  tiefschwarze,  vielbewunderte  Glasur.  Als  Paradigmata  dieser 
Gruppe  sind  eine  Reihe  von  Vasen  im  Museum  aufgestellt,  zwei- 
henkelige  attische  Amphoren  und  dreihenkelige  Hydria.  Dieser 
Geschmack  währte  bis  in  die  Mitte  des  6.  Jahrhunderts  v.  Chr. 

In  der  Mitte  des  6.  Jahrhunderts  schlägt  der  Geschmack  um. 
Es  tritt  die  rotfigurige  Vasenmalerei  in  die  Erscheinung.  Jetzt  wird 
das  ganze  Gefäß  schwarz  gemacht,  die  Figuren  aber  ausgespart. 
Jetzt  ist  auch  eine  bessere  Zeichnung  der  Bilder  möglich.  Mit  einer 
Borste  werden  die  Linien  gezogen,  nicht  mehr  geritzt.  Bis  Ausgang 
des  5.  Jahrhunderts  währte  diese  rotfigurige  Vasenmalerei,  dann 
verkommt  auch  dieser  Geschmack. 

Mit  einigen  Bemerkungen  wies  dann  der  Vortragende  noch  auf 
eine  Reihe  ganz  schwarzer  Vasen  hin,  die  der  Bucherokeramik  an- 
gehören, eine  Keramik,  die  zur  Hallstattzeit  beginnt  und  haupt- 
sächlich in  Italien,  besonders  Etrurien,  zur  Blüte  gelangte.  Ge- 
flĂĽgelte Menschen-  und  Tiergestalten  in  Flach-  und  Hochrelief 
schmücken  hier  die  Gefäße. 

FĂĽr  den  12.  Juli  nachmittags  4  Uhr  waren  die  Mitglieder  der 
Gesellschaft  von  Dr.  G.  Eichhorn  zu  einer  FĂĽhrung  durch 
die  Sammlung  des  prähistorischen  Museums  der  Uni- 
versität Jena  eingeladen  worden.  Nach  einer  Demonstration  der 
fĂĽr  die  einzelnen  Epochen  charakteristischen  Waffen,  Werkzeuge, 
Gefäße,  Schmucksachen  wurden  eingehender  die  Neuerwerbungen 
des  Museums  besprochen ,  insbesondere  die  Funde  vom  GroĂź- 
romstedter  Urnenfriedhof,  die  in  3  Schränken  Aufstellung  gefunden 
haben. 


436  Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte* 


XVIII.  Wintersemester  1909/10. 

In  der  November-Sitzung  sprach  Dr.  G.  Eichhorn  ĂĽber  den 
Übergang  der  Steinzeit  zur  Metallzeit.  Zunächst  wurde 
auf  die  Schwierigkeit  hingewiesen,  die  es  gekostet  hatte,  das  zuerst 
von  nordischen  Forschern  fĂĽr  ihre  heimatlichen  Funde  aufgestellte 
Dreiperiodensystem  (Stein-,  Bronze-,  Eisenalter)  zu  verallgemeinern, 
und  wie  es  lange  gedauert  hatte,  bis  die  .Bronzekultur  für  älter  als 
die  Eisenkultur  anerkannt  wurde.  Den  Ăśbergang  von  der  Steinzeit 
zur  Metallzeit  hat  die  Verwendung  eines  einfacher  zu  gewinnenden 
und  leichter  zu  bearbeitenden  Metalls  gebildet:  die  des  Kupfers. 
Schon  gegen  Ende  der  Steinzeit  sind  Kupfergegenstände  neben  rein- 
steinzeitlichem  Inventar  in  den  Gräbern  gefunden.  Der  Vortragende 
ging  dann  näher  ein  auf  die  geographische  Verbreitung  der  Kupfer- 
funde. In  Europa  seien  deren  bekannt  aus  den  Schweizer  Pfahl- 
bauten, Böhmen,  Mähren,  Italien,  Portugal,  Frankreich,  England, 
Belgien,  Dänemark,  Deutschland,  besonders  aus  dem  Rheingebiet, 
sehr  reichlich  aus  Ungarn,  auĂźerhalb  Europas  seien  die  kupfer- 
reichen Fundgebiete  Cypern  und  Troja.  Die  Funde  sind  meist  Beil- 
klingen in  der  Form  der  undurchlochten  Steinbeile,  dreieckige  Dolch- 
klingen, seltener  Lanzenspitzen,  Pfeilspitzen,  Messer,  Pfriemen, 
Nadeln,  Angeln.  Die  kupfernen  Doppeläxte  mit  engem  Schaftloch 
sind  neuerdings  als  Kupferbarren  vom  Gewicht  einer  kretischen 
Mine  gedeutet  worden. 

In  ebenso  einfachen  Formen  ist  aber  in  neolithischen  Fund- 
stellen auch  Bronze  bereits  neben  rein  neolithischem  Inventar  ge- 
funden worden.  Daraus  wird  geschlossen,  daĂź  manche  Gegenden 
aus  der  Steinzeit  direkt  zur  Bronzekultur  ĂĽbergingen. 

In  eingehender  Weise  schilderte  der  Vortragende  sodann  die  ver- 
schiedenen Ansichten  ĂĽber  die  Herkunft  der  Bronzekultur  in  Europa. 
Nach  der  einen  Meinung  sei  die  EinfĂĽhrung  der  Bronzekultur  auf 
Handelsbeziehungen  zurückzuführen  aus  außereuropäischen  Ländern 
(Import  durch  Phönizier),  nach  der  anderen  habe  ein  einwanderndes 
Volk  diese  Kultur  mitgebracht.  Als  Ursprungsgebiet  seien  haupt- 
sächlich bezeichnet  worden :  der  Kaukasus ,  Zentralasien ,  Meso- 
potamien. Eine  Erinnerung  an  die  uralte  Verbindung  Europas 
mit  dem  östlichen  Ende  des  Schwarzen  Meeres  stecke  in  der  Jason- 
sage und  dem  Argonautenzug  nach  Colchis.  Auf  zwei  Wegen  sei 
Europa  zur  Kunde  des  ersten  Metalls  gekommen:  1)  Schwarzes 
Meer  —  Donau  —  nördliche  und  zentrale  Gebiete  Europas ;  2)  Mittel- 
meer —  Mittelmeer-Halbinseln.  Ausläufer  sind  dann  von  Norden 
nach  SĂĽden  und  umgekehrt  vorgedrungen.  SchlieĂźlich  wies  der  Vor- 
tragende noch  auf  die  verschiedene  Stärke  hin,  in  der  die  Bronze- 
kultur in  den  verschiedenen  Ländergebieten  Europas  aufgetreten  ist. 
Eine  lang  andauernde  Bronzezeit  hatten  die  Länder,  die  sehr  ent- 
legen waren  (Skandinavien,  GroĂźbritannien)  oder  die  nach  SĂĽden  durch 
vorgelagerte  Gebirge  abgeschnitten  waren  (Schweiz,  Ungarn),  eine 
kurzdauernde  die  Länder,  die  vom  Süden,  vom  Meere  her  leicht  zu- 
gänglich waren. 

Der  Ăśbergang  der  Steinzeit  zur  Metallzeit  war  in  Europa  ein 
sehr  allmählicher.  Lange  Zeit  sind  die  Werkzeuge  aus  Stein  noch 
neben  den  ersten  Metallgegenständen  in  Gebrauch  gewesen,  ebenso 
wie  später  die  Bronzewerkzeuge  nur  allmählich  von  den  eisernen 
verdrängt  wurden. 


Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte.  437 

In  der  Dezember  -  Sitzung  hielt  Geh.  Justizrat  Lommer 
einen  Vortrag  ĂĽber  den  Hexengrund  am  FuĂźe  des  Schauen- 
forstes  bei  OrlamĂĽnde  und  seine  Beziehungen  zur  vor- 
geschichtlichen Zeit.  Nach  einer  einleitenden  Erörterung  der 
Ortsbezeichnung  Hexengrund,  der  Entstehung  dieses  Namens  und 
einer  auf  urkundliche  Nachrichten  aufgebauten  ältesten  Geschichte 
jener  Gegend  schilderte  der  Vortragende  besonders  die  Ausbreitung 
des  christlichen  Glaubens,  die  auf  der  linken  Saaleuferlandschaft 
von  Erfurt  aus  erfolgte,  der  treuen  Tochterstadt  des  Bistums  Mainz 
mit  OrlamĂĽnde  als  Mittelpunkt  der  Mission,  auf  dem  rechten  Ufer 
der  Saale  und  in  dem  Orlagau  vom  Bistum  Köln  aus  mit  dem  Sitz 
in  Saalfeld.  Bei  der  Betrachtung  der  heidnischen  Vorzeit  des  Hexen- 
grundes gedachte  der  Vortragende  zweier  Männer,  die  schon  zu  Be- 
ginn des  vorigen  Jahrhunderts  in  richtiger  Erkenntnis  der  Wichtig- 
keit der  Denkmale  vorgeschichtlicher  Zeit  alles  gesammelt,  was  ihnen 
zu  Ohren  und  zu  Gesicht  gekommen  war:  des  Diakonus  Börner, 
welcher  die  Sagen  aus  dem  Orlagau  veröffentlicht  hat,  und  des 
Dr.  Adler,  der  ein  Werk  1837  veröffentlichte :  Die  Grabhügel,  Ustrinen 
und  Opferplätze  der  Heiden  im  Orlagau  und  in  den  schaurigen 
Tälern  des  Sorbitzbaches.  Die  hier  beschriebenen  Gräberfunde  des 
Hexengrundes  erwähnte  Lommer  und  fügte  noch  hinzu  eine  Be- 
schreibung der  1870  bei  Anlage  eines  Wirtschaftsweges  bei  Röb- 
schütz  gefundenen  vorgeschichtlichen  Skelettgräber,  eines  Rundwalles 
in  der  Nähe  des  Schauenforstes,  der  bronzezeitlichen  Brandgräber 
in  der  Flur  Dorndorf  am  Teufelsberg,  der  slavischen  Skelettgräber 
bei  Engerda. 

Die  Januar-Sitzung  1910  war  internen  Angelegenheiten  ge- 
widmet. Es  wurde  beschlossen,  die  Sitzungen  auf  den  zweiten 
Dienstag  im  Monat  zu  verlegen. 

In  der  Februar-Sitzung  sprach  Oberlehrer  Wagner  (Zwätzen) 
ĂĽber  das  mittlere  Saalegebiet  im  Eiszeitalter.  Aus- 
gehend von  der  irrigen  Auffassung,  daĂź  das  heutige  Bild  des 
Saaltales  von  jeher  dasselbe  gewesen ,  schildert  der  Vortragende 
zunächst  die  Entstehung  des  Tales  und  seiner  Seitentäler  und 
betrachtet  zu  diesem  Zwecke  die  Talaue,  d.  h.  die  gegenwärtige 
Talsohle,  den  Aufbau,  die  Entstehung  der  einzelnen  Saaleterrassen 
durch  das  sich  immer  tiefer  einfressende  flieĂźende  Wasser  der  Saale. 
Dann  werden  die  ältesten  Flußablagerungen  geschildert ,  die  er- 
weisen, daß  sich  die  Saale  im  Verlauf  sehr  langer  Zeiträume,  die 
wir  in  die  Diluvialzeit  und  in  das  Ende  der  Tertiärzeit  verlegen, 
ihre  gegenwärtige  tiefe  Talrinne  selbst  eingegraben  hat.  Wagner  ist 
es  gelungen,  nachzuweisen,  bis  zu  welcher  Tiefe  das  Saaltal  bereits 
vorgegraben  war,  als  das  Eis  der  ersten  Vereisung  unser  Tal  okku- 
pierte. Auf  Grund  eigener  Begehungen  des  Saalegebiets  zwischen 
Zeutsch  und  Kosen  hat  Wagner  das  Vordringen  und  Verhalten  des 
nordischen  Eises  in  unser  Gebiet  untersucht.  Er  unterscheidet  I.  Die 
präglacialen  Ablagerungen  der  Saale  mit  einer  oberen  ältesten,  meist 
auĂźerhalb  des  heutigen  Tales  verlaufenden  und  einer  unteren  Terrasse, 
die  schon  die  Anlage  zum  gegenwärtigen  Tale  zeigt  und  den  Fluß 
schon  innerhalb  der  heutigen  Talwanne.  II.  Die  Ablagerungen  der 
ersten  (Haupt-)Vereisung,  die  bis  in  unsere  Gegend  (als  äußerste  süd- 
liche Bandzone  Ammerbach,  Vollradisroda,  Döbritscheu)  gelangte  und 
diese  mit  einer  Eisdecke  von  über  200  m  Mächtigkeit  bedeckte :  III.  Die 
interglaziale   Terrasse.      IV.  Die  postglaziale  Alagerung   der   Saale 


438  Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte. 

(jĂĽngste  Saaleschotter).  Als  eine  derartige  bezeichnete  der  Vortragende 
die  Kiesschicht  in  der  Weberschen  Ziegelei  (4 — 5  m  über  der  gegen- 
wärtigen Saaleaue),  die  den  einzigen  bearbeiteten  Knochen  aus  Jenas 
Umgebung  enthielt,  der  von  Diluvialmenschen  bearbeitet  worden. 

XIX.   Soinmerseiuester  1910. 

In  der  Mai-Sitzung  hielt  Geh.  Justizrat  Lommer  einen  Vor- 
trag ĂĽber:  Stempelschneidekuns t  und  Vorgeschichte. 
Denare,  Bracteaten  und  Hohlpfennige  mit  Vorlegung  von  MĂĽnzen 
und  FundstĂĽcken  aus  der  Umgegend  von  Jena.  Der  Vortragende 
schilderte  zunächst  die  Wichtigkeit  der  ältesten  Münzen  als  Kunst- 
erzeugnisse einer  Zeit,  aus  der  uns  nur  spärliche  Kunde  fließt,  es 
lieĂźe  sich  z.  B.  allein  aus  der  Stempelschneidekunst  der  Kelten  nach- 
weisen, wie  stark  das  keltische  Volk  von  der  griechischen  Kunst 
beeinfluĂźt  sei.  Die  BlĂĽte  der  mittelalterlichen  MĂĽnzstempelschneide- 
kunst  bilden  die  Brakteaten  Deutschlands.  Der  Name  Brakteat  leitet 
sich  ab  von  dem  römischen  brectea,  d.  i.  dünne  Metallplatte.  In  den 
lateinischen  Urkunden  des  Mittelalters  werden  die  Brakteaten  denarii, 
in  den  deutschen  Urkunden  Pfennige  genannt.  Brakteaten  sind  ein- 
seitig geprägte  Denare.  Die  Denare  entstammen  dem  römischen 
MĂĽnzwesen,  welches  die  Merowinger  und  ihre  Nachfolger  ĂĽbernahmen. 
Unter  den  Karolingern  ging  man  von  der  Goldwährung  zur  Silber- 
währung über,  an  Stelle  des  Goldsolidus  trat  der  Silbersolidus,  eine 
BechnungsmĂĽnze  zu  12  Denaren.  Nur  Denare  gelangten  zur  Aus- 
prägung und  zum  Umlauf.  Seit  dem  11.  Jahrhundert  prägt  man  dünne 
Schrötlinge,  Vorder-  und  Kehrseite  nacheinander,  nicht  gleichzeitig 
wie  früher,  „Halbbrakteaten"  nach  dem  Sprachgebrauch  der  neueren 
Münzkunde  benannt,  seit  der  Staufenzeit  dünne  Schrötlinge  nur 
einseitig,  die  „Brakteaten".  Ihr  Wert  war  verschieden  nach  Zeit  und 
Ort.  In  der  Staufenzeit  fertigte  man  aus  einem  Pfund  Silber 
240  Denare.  Von  Haus  aus  war  die  Herstellung  der  MĂĽnzen  Regal 
des  Königs  und  unterstand  dem  Münzmeister.  Je  nach  dessen  Kunst- 
sinn und  Bildungsgrad  (schriftkundig)  war  die  AusfĂĽhrung  der  Stempel 
ein  verschieden  gute  und  bot  der  Entfaltung  der  Kleinkunst  ein 
groĂźes  Feld.  Mit  Ăśberweisung  des  MĂĽnzrechts  an  geistliche  WĂĽrden- 
träger, Fürsten  und  Städte  setzt  ein  Münzschwindel  ein,  die  kunst- 
volle Ausführung  sinkt,  der  Nennwert  steht  in  keinem  Verhältnis  zum 
wirklichen  Wert.  Mit  Ende  des  14.  Jahrhundert  endet  die  Brakteaten- 
zeit.  Im  AnschluĂź  hieran  gab  Lommer  eine  Ăśbersicht  der  Brakteaten- 
funde:  Rothenstein,  Schmorda  bei  Ranis,  Naumburg,  Altenberga, 
Milda,  und  der  auf  den  MĂĽnzen  angebrachten  Bilder. 

Im  Handelsverkehr  löste  das  Brakteatenwesen  die  Prägung  sog. 
Händelsheller  ab,  zweiseitig  geprägte  kleine  Silbermünzen,  „Heller", 
staatlicherseits  die  Groschenprägung  (Grossus  =  dicker  Pfennig).  An 
Stelle  der  Denare  oder  Pfennige  prägten  die  Städte  „Hohlpfennige", 
so  daß  der  neugeprägte  Groschen  =  12  Hohlpfennigen  ist.  Auch 
die  Hohlpfennige  sind  einseitig  geprägt,  aber  kräftige  Schrötlinge. 
Unter  den  thüringischen  Städten  war  Eisenach,  Weißensee,  Jena, 
Gotha,  Saalfeld  das  Recht  der  Pfennigprägung  verliehen.  Auch  von 
diesen  Orten  demonstrierte  der  Vortragende  FundstĂĽcke  aus  seiner 
reichen  Sammlung. 

Statt  der  Juni-Sitzung  fand  eine  FĂĽhrung  durch  die  Samm- 
lung des  prähistorischen  Museums  statt  unter  Dr.  G.  Eichhorn. 


Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte.  439 

In  der  Juli-Sitzung  sprach  Apotheker  A d  1  u n g  über  römisch- 
germanische Baureste  im  Rheinland,  speziell  in  der 
Ei  fei.  Nach  einer  Schilderung  des  keltischen  Bergbaues  in  der 
Eifel  auf  silberhaltige  Bleierze  und  der  römischen  Grenzbefestigungen 
durch  den  Limes  berichtete  der  Vortragende  ĂĽber  Ausgrabungen, 
die  er  im  Urftbachtal  bei  Call  in  der  Eifel  1880  vorgenommen  hatte. 
Es  handelte  sich  um  die  Auffindung  des  Fundaments  einer  turm- 
artigen Römerschanze  auf  der  Stolzenburg,  einer  zungenförmig  vor- 
springenden Uferhöhe.  Innerhalb  dieses  Mauervierecks  wurden  etwa 
aus  1  m  Tiefe  zutage  gefördert:  der  obere  Stein  einer  Querne, 
Scherben  römischer  Gefäße  mit  gitterförmigen  Mustern  an  der 
Schulter,  ein  vergoldetes  Kupferband,  eine  Eisenschere  in  Schaf- 
scherenform. Mit  dieser  Römerwarte  brachte  der  Vortragende  den 
bekannten  Aquädukt  des  Hadrian  in  Zusammenhang,  der  sich  am 
Fuße  der  Stolzenburg  im  Urftbachtale  hinzieht.  Skizzen  dieses  Aquä- 
duktes und  Pläne  der  vorgenommenen  Ausgrabungen  auf  der  Stolzen- 
burg wurden  vorgelegt,  sowie  die  erwähnten  Fundstücke  aus  der 
Römerwarte. 

Eine  rege  Diskussion  knĂĽpfte  sich  an  Prof.  v.  Bardelebens 
Besprechung  der  Rechts-  und  Linkshändigkeit,  besonders 
ihrer  Ursachen  und  der  Schwierigkeit  ihrer  Konstatierung. 

XX.  Wintersemester  1910/11. 

Die  November  -  Sitzung  fand  im  Hörsaal  des  archäologischen 
Museums  statt.  Prof.  v.  Bardeleben  sprach  ĂĽber  das  Alter  der 
Menschheit.  Nach  einer  eingehenden  Behandlung  der  Vorfrage, 
der  körperlichen  und  geistigen  Unterschiede  zwischen  den  Affen 
und  den  Menschen  der  Jetztzeit,  erörterte  der  Vortragende  die  Frage 
des  Ăśbergangs  des  Affen  zum  Menschen.  Die  bisher  bekannt  ge- 
wordenen Zwischenformen  sind  keine  solchen,  der  Pithecanthropos 
ist  nach  den  genauen  Feststellungen  von  Schwalbe  ein  Affe.  Nach 
den  im  letzten  Jahrzehnt  entdeckten  Funden  fossiler  Menschen 
müssen  wir  schon  bei  den  ältesten  zwei  verschiedene  Typen  an- 
nehmen, eine  niedere  und  höhere.  Anatomische,  vor  allem  aber 
zeitliche  Gründe  schließen  aus,  daß  der  niedere  ein  „Vorfahre"  des 
höheren  ist.  Nach  Ansicht  v.  Bardelebens  ist  der  höhere  kultiviertere 
Typus  dem  niederen  unterlegen.  Unmöglich  stammt  der  Mensch  von 
den  jetzigen  Menschenaffen,  mit  denen  er  blutsverwandt  ist.  Zur- 
zeit kennen  wir  ĂĽberhaupt  die  Vorfahren  des  Menschen  nicht,  wir 
kennen  nur  Zweige  des  Stammbaumes,  nicht  seinen  Stamm.  Die 
eigentliche  Frage  nach  dem  Alter  der  Menschheit  knĂĽpft  an  die 
ältesten  Funde  körperlicher  Menschenreste  aus  der  Periode  Mafflien, 
Mousterien,  Aurignacien,  also  aus  dem  älteren  Quartär.  Annähernd 
wird  die  Eiszeit  von  Geologen  auf  etwa  3/i  Millionen  Jahre  berechnet. 
Somit  sind  die  körperlichen  Reste  des  Menschen  300000—400000 
Jahre  alt.  Wenn  die  Eolithen  menschliche  Werkzeuge  waren,  wĂĽrde 
das  Alter  der  Menschheit  aber  mindestens  3 — 5  Millionen  Jahre  be- 
tragen. 

In  der  Dezember  -  Sitzung  wurden  von  Dr.  Eichhorn  die 
hauptsächlichsten  Neuerwerbungen  des  prähistorischen  Museums  vor- 
gelegt, an  Einzelfunden:  Steinbeile,  Steinhacken,  Reibkolben,  Axt- 
hämmer, ein  Rillenbeil;  bronzene  Celte  verschiedener  Typen  gaben 
Veranlassung  zu  einer  Besprechung  der  Unterperioden   der   Bronze- 


440  Aus  der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte. 

zeit  nach  Kickebuschs  Vortragsreferat  im  Mannus.  An  Gesamt- 
funden wurden  demonstriert:  Herdgrubenfunde  vom  Spechsart,  der 
Henne  bei  Naumburg,  von  Großjena,  Stößen,  Wetbau  und  Grab- 
funde aus  Naumburg,  Schkölen,  Gröst,  Streckau,  Altranstädt,  Groß- 
jena. Von  den  Gefäßresten  unterzog  Dr.  Eichhorn  besonders  die 
steinzeitlichen  einer  näheren  Betrachtung  und  referierte  kurz  die  Ar- 
beit C.  Schuchardts  in  der  Prähistorischen  Zeitschrift  über  das  tech- 
nische Ornament  in  den  Anfängen  der  Kunst.  Nach  einer  Darlegung 
der  bisherigen  Ansicht  über  die  prähistorischen  Wohnstätten,  die  sich 
besonders  auf  die  Herdgrubenfunde  aufbaute,  berichtete  der  Vor- 
tragende weiter  von  Grundrissen  germanischer  Häuser,  die  neuer- 
dings auf  der  Römerschanze  bei  Potsdam  von  Schuchardt  und  bei 
Buch  von  Kickebusch  aufgedeckt  und  zum  Teil  in  der  Präh.  Zeit- 
schrift publiziert  worden  sind. 

Hierauf  sprach  Geh.  Justizrat  Lommer  ĂĽber  die  abenteuer- 
liche Deutung  der  diluvialen  Knochenfunde  im  15.  und  16.  Jahr- 
hundert im  allgemeinen  und  einen  besonderen  Fall  aus  der  Gegend 
von  Kahla  und  OrlamĂĽnde. 

Dr.  Graf  legte  eine  Reihe  von  Bildern  vor  vom  paläolithischen 
Menschen,  wie  sie  neuerdings  auf  Grund  der  Skelettfunde  entworfen 
worden  sind,  und  machte  auf  die  alten  Knochenzeichnungen  auf- 
merksam, auf  denen  sich  die  alten  Paläolithiker  selbst  dargestellt 
haben. 

Im  Januar  1911  fand  ein  Ausflug  der  Gesellschaft  nach  Wei- 
mar statt  zur  Besichtigung  des  städtischen  Museums.  Kustos 
Möller  demonstrierte  zunächst  die  aufgestellten  Skelettreste  der 
diluvialen  Vierfüßler,  insbesondere  die  Schädel  und  Zähne  der  Rhi- 
nozeros, Elephas  antiquus  und  primigenius,  weiterhin  die  reichhaltigen 
Sammlungen  französischer  Feuersteine  aus  der  älteren  Steinzeit. 
Ganz  besonders  lehrreich  war  mit  anzusehen,  wie  Kustos  Möller  eine 
Anzahl  Feuersteingeräte  nach  altem  Muster  herstellte.  Eingehend 
besprochen  wurde  die  Art  der  Verwendung  der  paläolithischen  Flint- 
und  Knochengeräte.  Aus  der  jüngeren  Steinzeit  erregten  die  Ge- 
samtgräberfunde berechtigtes  Interesse,  ebenso  wie  die  prächtig  aus- 
gestatteten, im  Weimarer  Stadtgebiet  aufgefundenen  Merowinger- 
gräber. 


Miszelle. 

v. 

Karl  August  iu  BrĂĽssel. 

Von  Dr.  Eud.  Maisch. 
Das  1909  in  BrĂĽssel  erschienene  Buch  von  G.  des  Marez, 
Le  compagnonnage  des  chapeliers  Bruxellois1),  welches 
in  anschaulicher  Weise  die  Entwicklung  und  Geschichte  des  Ge- 
sellenverbandes der  Brüsseler  Hutmacher  von  1576—1909  darstellt, 
wird  schwerlich  den  Blick  des  ThĂĽringischen  Forschers  auf  sich 
ziehen.  Es  enthält  aber  zur  Charakteristik  des  trefflichen  Karl 
August,  Herzogs  von  Sachsen-Weimar,  dessen  Biographie  wir  ja  noch 
immer  schmerzlich  vermissen 2),  einen  nicht  uninteressanten  Beitrag, 
auf  den  an  dieser  Stelle  hingewiesen  zu  werden  verdient  (1.  c.  S.  84  f.). 
Nachdem  im  Februar  des  Jahres  1814  die  Truppea  der  Großmächte 
in  BrĂĽssel  eingezogen  waren,  lieĂź  Karl  August  als  erster  von  allen 
zu  Ehren  der  Unabhängigkeit  von  Belgien  ein  Tedeum  feiern.  Die 
alten  Syndici  verlangten  vom  Herzog  die  vollständige  Wieder- 
herstellung des  Brüsseler  Magistrats,  wie  er  vor  der  französischen 
Eroberung  gewesen  sei.  Karl  August  aber  antwortete  ihnen,  daĂź 
„les  institutions  humaines  devaient  se  modifier  d'apres  les  exigences 
sociales  de  chaque  epoque  et  qu'il  etait  difficile  et  dangereux  de 
retrograder,  meme  au  nom  du  bon  droit,  vers  un  pass£,  qui  n'ätait 
plus  en  harmonie  avec  le  present."  G.  des  Marez  fĂĽgt  die  Be- 
merkung hinzu,  daß  eine  solche  ausweichende  Antwort  bei  älteren 
Leuten,  die  alles  geopfert  hatten,  um  ihrer  Ueberzeugung  und  ihren 
SchwĂĽren  treu  zu  bleiben,  natĂĽrlich  keinen  Anklang  finden  konnte. 
Die  Betonung  der  „exigences  sociales"  und  die  Abneigung  gegen 
jegliches  „retrograder"  entspricht  aber  durchaus  der  fortschritts- 
freundlichen Gesinnung  Karl  Augusts,  der  gemäß  dem  Versprechen 
der  Wiener  Bundesakte  sofort  erklärt  hatte,  „die  für  Deutschland 
aufgegangenen  Hoffnungen  seinem  Lande  zu  verwirklichen". 

1)  G.  des  Marez,  Archiviste  de  la  ville  de  Bruxelles,  Professeur 
ä  l'Universite  libre.  Le  compagnonnage  des  chapeliers  Bruxellois; 
Extraits  des  Annales  de  la  Societe  d'Archeologie  de  Bruxelles, 
T.  XXIII,  1909,  1"  et  2e  livr.,  p.  137—244. 

2)  Frhr.   v.   Egloffstein  bereitet  fĂĽr  den  Ver.  f.  ThĂĽr.  Gesch. 
u.  Altertumsk.  eine  größere  Darstellung  vor. 


Literatur. 


vi. 

Kießkalt,  E.,  Postsekretär  in  Nürnberg :  Der  „hohe  Schwärm"  zu 
Saalfeld  a.  S.  Sonderabdruck  aus  den  „Saalfischen,  Sonntagsgabe 
des  Saalfelder  Kreisblattes",  1910,  No.  20  und  21.  Verlag  von 
Adolf  Nieses  Nachf.  Adolf  Auerbach,  Saalfeld  a.  S.,  1910,  38  SS. 
8°.    Mit  4  Abbildungen.    0,50  M. 

Ein  Grund,  dieses  an  sich  unbedeutende  Schriftchen,  das  stellen- 
weise in  unnötig  scharfe  Polemik  gegen  Andersdenkende  ausartet,  an 
dieser  Stelle  überhaupt  zu  erwähnen,  läge  nicht  vor,  wenn  nicht  die 
Gefahr  bestände,  daß  es  das  von  der  Wissenschaft  endlich  nach 
vieler  Mühe  so  ziemlich  beseitigte  Märchen  von  dem  „tausendjährigen" 
hohen  Schwärm  zu  neuem  Leben  erweckte.  Auf  Grund  „logischer 
Erwägungen"  und  unter  Ablehnung  der  seiner  Hypothese  entgegen- 
stehenden historischen  Zeugnisse  kommt  K.  nämlich  zu  dem  Schlüsse, 
daß  der  hohe  Schwärm  „aus  dem  9.  oder  —  wie  wahrscheinlicher  — 
aus  dem  10.  Jahrhundert"  stamme.  FĂĽr  den  Wert  der  Arbeit,  die 
sich  verschiedentlich  auf  die  veraltete  1.  Auflage  von  Pipers  „Burgen- 
kunde" stĂĽtzt,  ist  es  charakteristisch,  daĂź  die  AusfĂĽhrungen  des 
verstorbenen  Professors  Lehfeldt  als  „mehr  als  dürftige  Notizen" 
abgetan  werden,  und  daĂź  der  zurzeit  bedeutendste  Kenner  thĂĽringischer 
Burgen,  Professor  Weber  in  Jena,  von  K.  nicht  einmal  erwähnt  wird 
—  lediglich  in  dem  „Vorwort  des  Verlegers",  das  eine  brauchbare 
LiteraturĂĽbersicht  bietet  und  ĂĽberhaupt  der  wertvollste  Teil  des 
Heftes  ist,  wird  sein  Aufsatz  in  den  „Wartburgstimmen"  von  1903 
genannt.  An  der  Tatsache,  daĂź  die  Burg  nach  ihren  durchaus  ein- 
heitlichen Bauformen  im  13.  oder  14.  Jahrhundert,  jedenfalls  unter 
der  Herrschaft  der  Schwarzburger  Grafen,  die  Saalfeld  von  1209  bis 
1389  besaĂźen,  entstanden  sein  muĂź,  wird  das  Schriftchen  nicht  viel 
ändern ;  eine  genauere  Feststellung  der  Bauzeit  könnten  nur  die 
Bauakten  ermöglichen,  die  vielleicht  —  ganz  oder  zum  Teil  —  noch 
in  einem  Schwarzburgischen  oder  auch  Kursächsischen  Archive  ver- 
borgen liegen,  nicht  aber  die  „logischen  Erwägungen"  des  Herrn 
KieĂźkalt. 

Saalfeld.  O.  Engelhardt. 


VII. 

Johannes  Falks  Kriegsbüchlein.  Beiträge  zur  Geschichte  Thüringens 
1896—1813.  Eine  Jahrhundertgabe  für  das  Volk,  aufs  neue  heraus- 
gegeben von  Budolf  Eckart.  Jena,  Frommannsche  Buchdruckerei 
(Hermann  Pohle),  1910.    88  SS.    8°.    Broschiert  1,10  M. 

Die    immer    häufiger    werdenden    Jahrhundertgedenktage    an 

Deutschlands  groĂźe  Schmach  und  Erhebung  veranlassen  zu  immer 


Literatur.  443 

mehr  Neuausgaben  wichtiger  Quellenschriften.  Sammlungen,  wie 
die  von  Rehtwisch  herausgegebenen,  „Aus  vergilbten  Pergamenten", 
sind  mit  groĂźer  Freude  dankbar  zu  begrĂĽĂźen,  nicht  weniger  aber 
solche  Einzelerscheinungen,  wie  sie  in  diesem  BĂĽchlein  vorliegen. 
Falk,  der  als  Legationsrat  in  Weimar  starb  und  heute  noch  durch 
seine  pädagogischen  Bestrebungen  bekannt  ist,  hat  in  seinem  „Kriegs- 
bĂĽchlein" eine  Reihe  sehr  interessanter  Episoden  zusammengestellt, 
die  es  heute  noch  möglich  machen,  die  Greuel  mitzuempfinden,  die 
unser  armes  ThĂĽringen  vor  hundert  Jahren  auszukosten  gehabt  hat. 
Es  sei  hier  nicht  mit  ihm  gerechtet,  ob  er  nicht  hier  und  da  ein 
wenig  starke  Farben  aufgetragen  hat:  man  wird  sich  doch  nie  dem 
Eindruck  verschließen  können,  daß  er  mit  blutendem  Herzen  seine 
Landsleute  hat  leiden  sehen,  und  daĂź  seine  Aufzeichnungen  aus- 
nahmslos von  einem  aufrichtigen  Mitleid  diktiert  sind !  Und  gerade 
die  Lebhaftigkeit  und  Anschaulichkeit  lassen  das  BĂĽchlein  in  hohem 
MaĂźe  geeignet  erscheinen,  daĂź  es  namentlich  in  ThĂĽringen  weite 
Verbreitung  findet:  denn  wenn  auch  die  groĂźen  Ereignisse  nur 
lose  gestreift  werden ,  so  wird  doch  der  unmittelbare  Eindruck 
selbsterlebter  und  selbstgeschauter  Greuel  immer  erhebend  und  be- 
lehrend wirken. 

Herbert  Koch. 


VIII. 

Sempert,  J.,  Die  Siedelungen  in  der  Oberherrschaft  von  Schwarz- 
burg-RudoIstadt.  Ein  Beitrag  zur  Siedelungsgeschichte  ThĂĽ- 
ringens.   Rudolstadt,  Mänicke  u.  Jahn,  1910.    199  SS.    4  M. 

FĂĽr  ein  kleines,  aber  in  sich  abgeschlossenes  Gebiet,  dessen  Be- 
grenzung Sempert  im  Anfange  genau  festlegt,  macht  er  uns  zuerst 
vertraut  mit  der  Bodenbeschaffenheit,  um  daran  zu  zeigen,  welche 
Besiedelungsmöglichkeiten  das  Land  bietet.  Darauf  bespricht  er  die 
Siedelungen  der  Gegenwart  und  berichtet  ĂĽber  die  Haupterwerbs- 
quellen, namentlich  Bergbau,  Olitätenhandel,  Glas-  und  Porzellan- 
fabrikation. Nach  einem  kurzen  historischen  Überblick  erörtert  er 
eingehend  das  Sprachliche  der  Ortsnamen  und  zieht  daraus  wichtige 
SchlĂĽsse  auf  ihr  Alter.  Dann  geht  er  auf  die  WĂĽstungen  ĂĽber  und 
bespricht  dann  die  Flurnamen.  Am  Ende  seiner  Betrachtung  kommt 
er  zu  dem  Ergebnis,  daĂź  hier  in  der  schwarzburgischen  Oberherr- 
schaft sich  keine  slavischen  Siedelungen  finden,  daĂź  vielmehr,  wo 
slavische  Namen  vorkommen ,  nur  ein  beschränkter  Einfluß  sich 
geltend  gemacht  hat.  Sein  Beweis  muĂź  als  gelungen  bezeichnet 
werden ! 

Schon  aus  dieser  kurzen  Ăśbersicht  ergibt  sich,  wie  reich  der 
Inhalt  des  Buches  ist  und  wie  viel  mehr  es  enthält,  als  sein  Titel 
verheiĂźt.  Sempert  hat  in  Rudolstadt  die  FĂĽrstlichen  und  das  Rats- 
archiv, das  Katasteramt  und  die  Ministerialakten  ausgebeutet,  sich 
aber  auch  von  den  Einwohnern  der  besprochenen  Orte  vieles  be- 
richten lassen.  Vor  allem  sei  das  Flurnamenverzeichnis  erwähnt, 
das  aus  diesen  Erkundigungen  zum  guten  Teile  entstanden  ist,  und 
um  so  größerer  Anerkennung  würdig  ist,  als  gerade  auf  diese  Namen 


444  Literatur. 

noch  viel  zu  wenig  Wert  gelegt  wird,   sie  aber  immer  schneller  in 
Vergessenheit  geraten. 

Sempert  fĂĽgt  S.  183  ein  Schriftenverzeichnis  bei.  Leider  ist 
es  in  der  von  ihm  gegebenen  Form  nicht  vollständig:  ich  habe 
22  BĂĽcher  in  Text  und  Anmerkungen  zitiert  gefunden,  die  in  dem 
Schriftenverzeichnis  nicht  wiederholt  worden  sind.  Ein  solches  Ver- 
zeichnis hat  aber  nur  bei  Vollständigkeit  Wert.  Ferner  wird  das 
Lesen  erschwert  dadurch,  daĂź  die  S.  189  zusammengestellten  Ab- 
kĂĽrzungen nicht  einheitlich  genug  eingehalten  worden  sind.  Als 
inhaltlicher  Fehler  ist  mir  aufgefallen,  daĂź  Verf.  S.  93  schreibt, 
Tanndorf  sei  im  schvvarzburgischen  Hauskriege  zerstört  worden,  kurz 
vorher  aber  angibt,  es  sei  zwischen  1466  und  1537  untergegangen, 
oben  S.  46  aber  selbst  mitteilt,  daĂź  der  Hauskrieg  1451  sein  Ende 
gefunden  habe. 

Das  sind  aber  natĂĽrlich  nur  Kleinigkeiten,  die  den  Wert  des 
Buches  nicht  schmälern  können.  Man  wird  zu  ihm  oft  greifen 
mĂĽssen,  sei  es  wegen  der  mustergĂĽltigen  Anlage,  um  daran  ein 
Vorbild  für  ähnliche  Arbeiten  zu  haben,  sei  es,  daß  man  schnell 
das  Wichtigste  aus  der  Lokalgeschichte  finden  will. 

H.  Koch. 


IX. 

Förtsch,  W.,  Bilder  aus  Vergangenheit  und  Gegenwart  der  Stadt 
Ostheim  vor  der  Rhön.  Ostheim,  Schüffei,  1909.  180  SS. 
1,50  M. 

Wenn  auch  die  meisten  der  in  diesem  BĂĽchlein  enthaltenen 
Aufzeichnungen  rein  ortsgeschichtliches  Interesse  haben,  findet  sich 
natĂĽrlich  auch  eine  ganze  Reihe,  die  weitere  Kreise  interessieren 
kann.  Das  ist  vor  allem  der  Fall  bei  der  Beschreibung  der  Kirchen- 
festung, die  in  ihrer  Art  ziemlich  vereinzelt  dastehen  dĂĽrfte,  dann 
bei  den  Nachrichten  über  die  älteren  Stadtrechte  und  Verwaltungs- 
vorschriften. Weiterhin  sind  sehr  wertvoll  die  Nachrichten  ĂĽber 
das  Kirchenwesen  und  die  Pfarrer,  das  Schulwesen  und  die  Lehrer. 
Das  Beste  aber  am  ganzen  Buche  ist  zweifellos  die  Zusammen- 
stellung von  Aberglauben  und  Volkssitten,  die  sich  Verf.  von  seinen 
Konfirmanden  hat  mitteilen  lassen,  und  die  hoffentlich  zu  ähnlichen 
Arbeiten  AnlaĂź  gibt. 

Förtsch  vermeidet  zu  schreiben  „Geschichte  von  Ostheim",  er 
stellt  unzusammenhängende  „Bilder"  nebeneinander.  Er  hätte  sich 
deshalb  nicht  so  oft  zu  entschuldigen  brauchen.  In  einer  Geschichte 
hätte  er  manches  weglassen  müssen,  was  er  in  den  Bildern  bringen 
kann,  und  eine  Geschichte  von  Ostheim  hätte  vielleicht  nicht  so  viel 
Anspruch  auf  Interesse  erheben  dĂĽrfen,  wie  es  die  Bilder  tun. 

H.  Koch. 


Literatur.  445 


Ăśbersicht 

ĂĽber   die   neuerdings   erschienene   Literatur   zur   thĂĽringischen 

Geschichte  und  Altertumskunde. 

Von  O.  Dobenecker  und  Herbert  Koch. 

A.:  Was  die  Jenaer  Chronik  ĂĽber  Jenas  Wein  und  Weinbau 
berichtet.    Jen.  Ztg.  1909.  No.  250. 

Ackermann,  Alfr. :  Genealogie  der  Familie  Ackermann  aus 
Gödern  im  Ostkreise  des  Herzogtums  Sachsen-Altenburg.  Geneal. 
Handbuch  bĂĽrgerl.  Familien,  XVI. 

Ahlhorn,  Walter:  Jena.  Burschenschaf tl.  Blätter.  Jahrg. 
XXIII.  Heft  3.  S.  58. 

Aktenniäßige  Relation,  wie  es  mit  des  gewesenen  Müllers 
zu  Fockendorff  Ihomä  Langens  Entleibung  auch  desselben  gewesenen 
Eheweibs  Marien  und  des  MĂĽhlknechts  Martin  MĂĽller  erfolgten  In- 
quisition und  nach  ihren  beiderseits  Geständnis,  daß  sie  ihn  mit  dem 
Stricke  im  Bette  erwĂĽrget,  erlangten  Urthels  und  Recht,  wie  auch, 
was  sonsten  darbei  vorkommen  und  rechtlich  erörtert  worden.  Der 
Wahrheit  zu  Steuer  und  männiglich  zur  guten  Nachricht  ausgefertigt. 
Altenb.  Ztg.  1911.  Beilage  1—3. 

Alafberg,F. :  Goethe  als  Erzieher.  Voss.  Ztg.  1910.  Sonntags- 
beilage, No.  35  (28.  Aug.). 

Albert,  H. :  Schiller,  ein  Prophet  des  Idealismus.  In:  Christ- 
liche Freiheit.  XXVI,  2. 

Album  von  Alt-Nordhausen.  (12  Bl.  in  Leporelloform.)  10X14,5. 
Nordhausen,  1910,  G.  Wimmer,  br.  1  M. 

Alte  Verordnungen  gegen  Unfug  auf  den  StraĂźen.  Beilage 
z.  Altenb.  Ztg.  1910.  S.  247. 

Altenburgische  Hofbeamte  in  frĂĽherer  Zeit.  Beilage  z. 
Altenb.  Ztg.  1910.  S.  319. 

A[nemĂĽller],  H[ermann]:  Zum  14.  Januar  1909,  betr. 
Gräfin  Katharina  die  Heldenmütige.    Schwarzburgbote  III.  Spalte  50. 

AnemĂĽller:  Caspar  Aquila.  Ein  Beitrag  zur  ThĂĽr.  Re- 
formationsgeschichte. Evang.  Buudesbote  f.  ThĂĽringen.  1910.  Bl.  f. 
Unterhaltung.  No.  88.  Beil.  z.  Jen.  Ztg.  1910.  Nov.  2. 

Ankenbrand,  L. :  Friedr.  Schiller  als  Tierfreund.  Zu  seinem 
150.  Geburtstage  am  10.  XI.  1909.  FĂĽr  Stadt  u.  Land.  1909.  No.  80. 
Beil.  z.  Altenb.  Ztg. 

Arnold,  Ernst:  Jenaische  Erinnerungen  im  Briefwechsel 
zwischen  Eduard  und  Therese  Devrient.    Jen.  Ztg.  1909.  No.  254. 

Auer,  Karl:  Goethes  Religiosität.  Tübingen,  J.  C.  B.  Mohr, 
1910.  32  SS. 

Auerbach,  Alfred:  Zur  Geschichte  des  Schlosses  Osterstein. 
Geraisches  Tagebl.  1909.  No.  265. 

Derselbe:  Die  Stiftungen  der  Familien  von  Kudorf  und 
von  Waldheim  in  Gera.  Heimat -Blätter,  d.  Geraer  Ztg.  1909. 
No.  3. 

Auerbach,  B. :  Friedrich  d.  Gr.  v.  Schwaben.  (Zu  Schillers 
150.  Geburtstag.)    KompaĂź.  VI.   Heft  1/5.   Stuttgart,  Kohlhammer. 

XXVIII.  29 


446  Literatur. 

Die  Aufzeichnungen  des  Schulmeisters  Johann  Ebertt  zu 
Neubrunn  ĂĽber  seine  Erlebnisse  in  den  Jahren  1630  und  1636  des 
30-jähr.  Krieges.    Meininger  Tagebl.  1911.  No.  12  f. 

Aus  alter  Zeit.  Geschichtliches  aus  MĂĽhlhausen  in  ThĂĽringen. 
(Sonderausgabe  der  Beiblätter  zum  Mühlhäuser  Anzeiger.)  Neue 
Folge  5.  Heft.  (67  SS.)  Lex.  8°.  Mühlhausen  i.  Th.,  Danner,  1909. 
1,60  M. 

Aus  dem  Leben  der  KurfĂĽrstin  Sibylla  von  Sachsen,  Herzogin 
von  Cleve,  JĂĽlich-Berg.  Mit  Benutzung  ihres  Briefwechsels.  Sonntags- 
blatt No.  46  d.  Altenb.  Ztg.  1909. 

B.,  P. :  Etudes  tactiques  sur  la  campagne  de  1806.  Revue  d'hist. 
red.  ä  l'Etat-Major  de  Tarmed  29,  31,  32,  34. 

Bach,  C.  E. :  Aus  der  nördlichen  Vorrhön.  „Im  Tullifeld". 
Eine  historisch-landschaftliche  Umschau  in  engerer  Heimat.  5.  bis 
10.  Heft.   Kaltennordheim,  Verlag  v.  Fr.  Naumann. 

Bärwinkel:  Aus  meinem  Leben.  Ein  Beitrag  zur  Kirchen- 
geschichte Erfurts  in  den  letzten  40  Jahren.  (III,  146  SS.)  8°.  Erfurt, 
C.  Villaret,  1909.  2  M. 

Baldensperger,  F.:  Goethe  et  les  6migres  frangais  ä  Weimar. 
Revue  germanique.  VII  (1911).  S.  1—28. 

Bamberg,  Albert  v.:  Hundertjährige  nationale  Erinnerungen. 
Gotha,  Engelhard  Reyher,  1909.  (19  SS.)  4°.  Progr.  Gotha.  Gym. 
Ernestinum. 

Derselbe:  Fichte  und  Friedrich  Jacobs.  Progr.  Gym.  Erne- 
stinum. Gotha  1909. 

Bangert:  Das  FĂĽrstlich  Schwarzburgische  Geh.  Archiv  zu 
Rudolstadt.    Schwarzb.-Rudolst.  Landesztg.  1908.   Juni  28.   Beilage. 

Derselbe:  Der  Bau  der  Stadtkirche  in  Rudolstadt.  Schwarzb.- 
Rudolst.  Landesztg.  1911.  Juni  18.  (No.  141.) 

Derselbe:  Ein  Schwarzburger  Jubiläum.  (Erhebung  der 
Grafen  von  Schwarzburg-Rudolstadt  in  den  FĂĽrstenstand.  2.  VI. 
1710.)    Schwarzb.-Rudolst.  Landesztg.  1910.  Mai  22.  (No.  117.) 

Derselbe:  Bauernaufstand  im  Amte  Schwarzburg  im  Jahre 
1627.  Beil.  z.  Schwarzb.-Rudolst.  Landesztg.  No.  213.  1910. 
Sept.  11. 

Derselbe:  Die  älteste  Rudolstädter  Zeitung.  Beil.  z.  Schwarzb.- 
Rudolst.  Landesztg.  1910.  Juni.  19.  No.  141. 

Derselbe:  Der  Bau  der  Stadtkirche  in  Rudolstadt.  Schwarzb.- 
Rudolst.  Landesztg.  1911.  Juni  18.  No.  141. 

Bardua,  Wilh. :  Karoline  Bardua  in  Weimar.  Stunden  mit 
Goethe.  VII  (1911).  2.  S.  98—108. 

Bärge,  H. :  Das  Vorgehen  der  Kurie  gegen  Luther  in  den 
Jahren  1518—1521.  N.  Jahrb.  f.  d.  klass.  Altertum.  XIV.  (1911) 
S.  277—295. 

Bartels,  Adolf:  Weimar,  die  klassische  Literaturperiode  in 
ihrer  nationalen  Bedeutung.  (108  SS.  m.  11  Abb.)  In:  Als  Deutsch- 
land erwachte.  Lebens-  und  Zeitbilder  aus  den  Befreiungskriegen. 
8°.  Hamburg,  G.  Schloessmann,  1910.  Heft  7.  geb.  1  M. 

Derselbe:  Die  ersten  Weimarer  Nationalfestspiele  fĂĽr  die 
deutsche  Jugend.    Weimar,  AI.  Huschke,  1909.  126  SS.  1  M. 

Barth el:  Gorsieben  im  30-jährigen  Kriege.  Kalender  für  die 
Ortsgeschichte  Eckard tsberga.  1909.  S.  57  f. 


Literatur.  447 

Barthelmes,  P.:  Lose  Blätter  aus  der  Geschichte  Grafen  - 
thals.    XVI.    Saalfische,   Beil.  z.  Saalfelder  Kreisbl.   1908.    No.  21. 

Derselbe:  Alte  Sagen  aus  der  Umgegend  Gräfenthals.  In: 
Saalfische,  Beil.  d.  Saalfelder  Kreisbl.  1910.  No.  23. 

Barzellotti,  G.:  Wolfgan go  Goethe  in  Italia.  Bivista  di 
letteratura  tedesca.  1909.  S.  196—201. 

Bau-  und  Kunstdenkmäler  Thüringens.  Heft  34:  G.  Voss, 
Hzgt.  S.  Meiningen,  Kreis  Meiningen,  Amtsgerichtsbezirk  Meiningen. 
(Die  Stadt  Meiningen  und  die  Landorte.)  (X,  584  SS.  m.  356  Abb. 
u.  74  Taf.)  1909.  20  M. 

Bau-  und  Kunstdenkmäler  Thüringens.  Bearb.  von  Prof.  Dr. 
P.  Lehfeldt  und  Prof.  Dr.  G.  Voss.  gr.  8°.  Jena,  G.  Fischer,  1909. 
35.  Heft.  Hzgt.  S.-Meiningen,  Amtsgerichtsbezirk  Salzungen.  Von 
G.  Voss.  VIII,  130  S.  m.  73  Abb.  u.  26  Taf.   Geh.  6,60  M. 

Bau-  und  Kunstdenkmäler  Thüringens.  36.  Heft:  G.  Voss, 
Hzgt.  S.  Meiningen,  Kreis  Meiningen,  Amtsgerichtsbezirk  Wasungen. 
IX— XV.  S.  131—272  u.  V  SS.  m.  107  Abb.  u.  4  Taf.  Jena,  G.  Fischer, 
1910.  Lex.  8°. 

Bauer,  Karl:  Schillers  äußere  Erscheinung.  Veröffent- 
lichungen des  Schwäbischen  Schiller-Vereins.  III.  (70  SS.)  S.  163 
—184. 

Derselbe:  Physiognomisches  über  Schiller.  „Stunden  mit 
Goethe".  VI,  1.  Berlin,  E.  S.  Mittler  u.  S. 

Baumgärtel,  Max:  Die  Wartburg.  Ein  Album  mit  25,  z.  T. 
färb.,  Abbildungen  (auf  12  Taf.)  u.  4  Wartburgdichtungen  von  E.  v. 
Wilden  bruch  u.  A.  FĂĽr  die  Wartburgbesucher  herausggb.  (24  SS.  u. 
8  SS.)  15X19Ä  Berlin,  Hist.  Verlag  Baumgärtel,  1910. 

Derselbe:  Der  FĂĽhrer  durch  die  Wartburg  und  Eisenach. 
Mit  41  Tal,  Ansichten,  Abbildungen,  Bildnisse,  Karten,  Pläne, 
Grundrisse  u.  Panorama.  (167  SS.)  16°.  Berlin,  Hist.  Verlag  Baum- 
gärtel, 1910. 

Derselbe:  Die  Wartburgsagen.  Mit  1  Wartburgansicht  und 
Mor.  v.  Schwinds  7  Wandgemälden  im  Landgrafensaale  der  Wart- 
burg. (110  SS.)  16°.  Berlin,  Hist.  Verlag  Baumgärtel,  1910. 

Derselbe:  Das  Sankt  -  Elisabeth  -  BĂĽchlein  der  Wartburg. 
Lebensgeschichte  der  hl.  Elisabeth,  Landgräfin  von  Thüringen.  Mit 
18  Vollbildern,  Mor.  v.  Schwinds  Gemälden  a.  d.  Leben  der  hl. 
Elisabeth  und  anderen  Abb.  aus  der  Wartburg.  (79  SS.)  16°.  Berlin, 
Hist.  Verlag  Baumgärtel,  1910. 

Derselbe:  Die  Martin  -  Luther  -  Galerie.  24  Bilder  auf 
13  Tafeln,  gemalt  von  Wilh.  Weimar,  aus  Martin  Luthers  Leben 
und  Wirken.  Mit  den  Lukas  Cranachschen  Wartburgbildnissen 
Martin  Luthers  und  seiner  Eltern.  FĂĽr  die  Wartburgbesucher  her- 
ausgegeben. (25  SS.  m.  16  S.  Text.)  kl.  8°.  Berlin,  Hist.  Verlag 
Baumgärtel,  1910. 

Beck,  H.:  Verzeichnis  der  Lehrer  des  Gymnasiums  von  der 
Gründung  an.    Koburg  1907.  Gymn.  Casimirianum.  Progr.  S.  3—13. 

B  eh  r ,  O. :  Von  alten  Bauernhäusern  in  unserem  Lande.  Heimat- 
Blätter.  Vierteljahrsbeilage  zur  fürstl.  Reuß.  Geraer  Zeitung.  Mit- 
herausgegeb.  vom  Bunde  Heimatschutz,  Ortsgruppe  Gera.  1909.  No.  3. 

Derselbe:  Georg  Kresse,  der  Bauerngeneral  [aus  der  Gegend 
von  Weida].  Aus  dem  30- jähr.  Kriege  erzählt.  Selbstverl.  des  Verf. 
Rektor  O.  Behr,  Gera-Debschwitz,  1909.  101  SS. 

29  * 


44g  Literatur. 

Beiträge  zur  Kunstgeschichte  Thüringens.  Namens  des  Ver. 
f.  thĂĽr.  Gesch.  u.  Altertumskunde,  hrsg.  v.  d.  thĂĽring.-hist.  Kom- 
mission, gr.  8°.  Jena,  G.  Fischer.  2.  Bd.  Fei.  Scher  er:  Kirchen  und 
Klöster  der  Franziskaner  und  Dominikaner  in  Thüringen.  Ein  Bei- 
trag zur  Kenntnis  der  Ordensbauweise.  (VIII,  14S  SS.  m.  4  Abb.  im 
Text  u.  auf  3  Taf.)    1910.   4  M. 

Beiträge  z.  G.  des  sächsischen  Gelehrtenschulwesens  von 
1760—1820.  Beigegeben :  Die  Pförtner  Schulordnung  von  1808.  Von 
Ernst  Schwabe.    Leipzig,  Teubner,  1909.   VI,  283  SS.   8°. 

Die  Belehnung  des  Rats  und  Obersteuereinnehmers  Georg 
von  Vippach  zu  Obernitz  mit  dem  Scbwarmgute.  Saalfische.  Beil. 
z.  Saalfelder  Kreisbl.  1909.  No.  23. 

Bemmann,  R. :  Zur  Geschichte  von  Popperode.  Mühlhäuser 
Ztg.  1910.  No.  163. 

Derselbe:  Rechnung  ĂĽber  eine  Reise  von  MĂĽhlhausen  i.  Th. 
nach  Dresden  1653.    In:  Dresdner  Geschichtsblätter.  1909.  S.  86— 88. 

Derselbe:  Die  Hanse- und  die  Reichsstadt  MĂĽhlhausen  i.  Th. 
1423—1432.    Hansische  Geschichtsblätter.  1910.  1.  S.  285—292. 

Derselbe:  Die  Artillerie  der  Reichsstadt  MĂĽhlhausen  i.  Th. 
Zeitschr.  f.  hist.  Waffenkunde.  V.  1909.  Heft  4.  S.  104. 

Beobachtung  von  Kometen  in  Altenburg  in  frĂĽherer  Zeit. 
Beil.  z.  Altenburger  Ztg.  1910.  S.  166. 

B  er  big,  G. :  Die  Messen  und  deren  Einkommen  bei  der 
St.  Moriz-Kirche  zu  Coburg.  Ein  kirchenrechtlicher  Beitrag  zum 
Studium  der  Präbenden  und  Gottesdienstordnung ;  Zur  Sequestration 
des  Benediktinerklosters  Mönchröden  zu  Coburg.  In :  Deutsche 
Zeitschr.  f.  Kirchenrecht.  XX,  1. 

Derselbe:  Spalatiniana  aus  dem  auf  Herzoglicher  Hof- 
bibliothek Friedenstein  zu  Gotha  befindlichen  Neudeckerschen  Nach- 
lasse.   In:  Neue  kirchl.  Zeitschr.  XXI  (1910).  Heft  4.  S.  156—168. 

Derselbe:  Bilder  aus  Coburgs  Vergangenheit.  1.  Bd.  2.  Aufl. 
Leipzig,  M.  Heinsius  Nachf.,  1910.  VI,  120  SS.    2  M. 

Derselbe:  Kriegstaktik  und  Erfolg  im  Thüringisch-Frän- 
kischen Volksaufstand  1525.    Militärwochenbl.  XCV.  2992/7.  3017/9. 

Derselbe,  M. :  Alexander  Ziegler,  Großh.  sächs.  Hofrat,  1822 
—1887.    In:    Allgem.  deutsche  Biographie  LV  (1910).  S.  421—423. 

Derselbe:  Christian  Wermuth,  1661—1739.  Ebenda  LV 
(1910).  S.  43—45. 

Derselbe:  Adolf  Wandersieb,  1810—1884.  Ebenda  LV 
(1910).  S.  1. 

Derselbe,  Coburger  ReformationsaktenstĂĽcke,  zur  ersten 
Visitation  im  Jahre  1528  gehörig.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  thür.  Gesch. 
u.  Altertumsk.  XXVIII.  S.  203-208. 

Berend,  Eduard:  Nikolais  Besuch  in  Weimar  im  FrĂĽhjahr  1773. 
Zeitschr.  f.  Bücherfreunde.    II  (1910).  H.  1.   April  1910.   S.  21—28. 

Berg,  C:  Joh.  Wolfg.  Goethe.  Der  reiferen  Jugend  dargestellt. 
Gotha,  F.  A.  Perthes.    Geb.  4  M. 

Bergemann-Könitzer,  M.:  Die  Fresken  an  der  Kirche 
in  Lichtenhain.  Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jenaer  Volks- 
blatt. 1910.  No.  10. 

Berger,  Arn.  E. :  Ein  Schillerdenkmal.  3  Vorträge.  Berlin, 
E.  Hofmann  u.  Co.,  1909.  8°.  IV,  100. 

B  e  r  g  e  r  ,  K. :  Wie  meine  Schillerbiographie  geworden  ist. 
Eckart.  IV.  1909/10.  S.  98-112. 


Literatur.  449 

Bernhardt,  Arno:  Grundpreise  der  Stadt  Gera  (EeuĂź  j.  L.) 
â– wahrend  der  letzten  50  Jahre.  Borna- Leipzig,  R.  Noske,  1908.  (112  SS. 
1  Taf.  1  Plan.)  8°.   Erlangen,  Diss.  ing.  phil. 

Bernhardt,  E.,  u.  F.  Schwabe:  Lebensbilder  und  Sagen 
aus  der  Geschichte  der  Prov.  Sachsen  und  der  thĂĽring.  Staaten. 
(31  SS.)   8°.   Leipzig,  F.  Hirt  u.  Co.,  1910.   0,40  M. 

Bertant,  J.,  etA.  S6ch6:  Goethe.  43  portraits  et  documents. 
kl.  8°.  (192.)  Paris,  Michaud.   2,25  fr. 

Bertram,  Max  Paul:  Die  historischen  Beziehungen  zwischen 
dem  Dorfe  Alach  und  dem  Erfurter  Peterkloster.  Ein  Beitrag  zur 
Charakteristik  mittelalterlich-mönchischer  Kultur  in  Thüringen  und 
zugleich  ein  GrundriĂź  der  Geschichte  des  Dorfes  Alach  bei  Erfurt. 
Mit  3  Vollbildern  und  einem  von  Carl  Mey  gezeichneten  Dorfplan. 
(Aus  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Kirchengesch.  f.  d.  Prov.  Sachsen.)  48  SS. 
Magdeburg  1911,  Evang.  Buchh.   0,80  M. 

Derselbe:  Der  Erfurter  Dorfpfarrer  im  ausgehenden  Mittel- 
alter. Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Kirchengesch.  d.  Prov.  Sachsen.  V,  S.  159 
—185. 

Derselbe:  Das  Kirchen wesen  Erfurts  und  seines  Gebietes 
gegen  Ausgang  des  Mittelalters.  Ein  erster  Entwurf  auf  Grund  der 
Quellen.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Kirchengesch.  d.  Prov.  Sachsen.  Magde- 
burg 1910.  VII,  S.  1—25. 

Bess :  Elisabeth  v.  ThĂĽringen  im  Lichte  der  neuesten  Forschung. 
Jahresber.  d.  thür.-sächs.  Verein.  1908/09. 

Bessel,  A. :  Hussitenkriege  in  Böhmen  und  den  Nachbar- 
ländern. Mitt.  d.  Ver.  f.  Heimatkunde  d.  Bezirke  Böhmisch-Aicha. 
1.  S.  3—43;  61—86;  117—138. 

Bethmann,  Sophie:  Der  FĂĽrstenkongreĂź  zu  Erfurt.  Zeit- 
geist. 1908.  No.  39.  Beibl.  z.  Berl.  Tagebl. 

Beyer,  Carl  j:  Geschichte  der  Stadt  Erfurt  von  der  ältesten 
bis  auf  die  neueste  Zeit,  fortgesetzt  von  Johann  Biereye.  Mit  einem 
Anhang.  Das  vorgeschichtliche  Erfurt  und  seine  Umgebung  von 
Zschiesche.  Mit  ca.  100  Abb.  und  Plänen.  Erfurt,  Keysersche  Buch- 
handlung, 1911.   Lieferung  17/18.  S.  481—544.    0,80  M. 

Beziehungen,  Die  verwandtschaftlichen,  des  Meininger  Her- 
zoghauses zu  anderen  fĂĽrstlichen  Familien.  Saalfische,  Beil.  z.  Saalf. 
Kreisbl.  1910.  No.  1. 

Bier b ach,  A. :  Geschichte  der  Hallischen  Zeitung.  Landes- 
zeitung fĂĽr  die  Provinz  Sachsen,  fĂĽr  Anhalt  und  ThĂĽringen.  Denk- 
schrift aus  Anlaß  des  200-jährigen  Bestehens  der  Zeitune.  Halle, 
Thiele,  1908.  168  SS.   2  M. 

Bierbaum,  O.  J. :  Liliencron  und  Goethe.  Goethe-Kalender. 
1910.  S.  139—145. 

Blaschke,  J. :  Schillers  musikalische  Freunde.  Erinnerungs- 
blatt zum  150.  Geburtstag  des  Dichters.    Neue  Musikztg.  1910.  No.  4. 

Blei  seh,  P. :  Bilder  aus  Ilmenaus  Vergangenheit.  (VIII,  276 
u.  IX  SS.  m.  Vollbüdern.)  gr.  8.  Ilmenau,  A.  Schröters  Verlag,  1910. 
geb.  4,50  M. 

Bleisch,  Paul,  R.  Heusinger,  R.  Riehm,  C.  Kahle: 
Bad  Ilmenau  in  Thüringen.  Ein  Handbuch  für  Kurgäste,  Touristen 
und  Radfahrer.  2.  Ausg.  Neubearbeitet  von  Bleisch  -  Heusinger. 
(H.  Kahles  Führer  durch  Ilmenau.)  Mit  1  färb.  Umgebungs-  und 
1  färb.  Thüringerwald  karte.  (126  SS.  m.  Taf.)  Eisenach,  Hofbuch- 
druckerei H.  Kahle,  1910.   8°.   1,25  M. 


450  Literatur. 

Blum,  Gg.  Richard:  Bruno  von  Querfurt.  Geschichtliche 
Skizze  zur  900- Jahrfeier.  Saalfische.  Beil.  z.  Saalf.  Kreisbl.  1909. 
No.  5. 

Bock,  Gust.:  Kriegserlebnisse  zweier  Schwarzburger  1870/71. 
Schwarzb.-Rudolst.  Landesztg.  1910.  Sept.  18.  Beil.  Frankenhäuser 
Zeitung.  1910. 

Bock,  Kurt:  Bruder  Studio  einst  und  heut.  Akad.  Turnztg. 
1909.  S.  16. 

B  o  d  e ,  W  i  1  h. :  Damals  in  Weimar.  Bilder  von  Ludw.  Bartning, 
Rob.  Bauer,  Valentin  Blaufuss  u.  A.  (88  SS.)  18,5  X  26  cm.  Weimar, 
G.  Kiepenheuer,  1910.  geb.  4  M. 

Derselbe:  Briefe  der  Frau  von  Stein  an  Knebel  1807 — 11. 
Ăśber  Goethe.  Aus  dem  GroĂźh.  Sachs.  Hausarchiv  mitgeteilt.  Stunden 
mit  Goethe.  VI,  S.  153—159.  VII.  2.  Berlin,  Mittler  u.  S. 

Derselbe:  Schillers  und  Goethes  Wochenblättchen.  Stunden 
mit  Goethe.  VI,  S.  101-113. 

Derselbe:  Martin  Klauer,  der  Bilderhauer  im  klass.  Weimar. 
Deutschland  (Weimarische  Landesztg.)  1909.  No.  227,  229,  232,  233. 
Schwarzb.-Rudolst.  Landesztg.  1910.  No.  4,  7,  10. 

Derselbe:  Goethes  Tonsetzer  vor  hundert  Jahren.  Stunden 
mit  Goethe.  VII  (1911).  2.  S.  109—144. 

Derselbe:  Charlotte  von  Stein.  Ihre  erste  Begegnung  mit 
Goethe.  Deutschland.  1909.  No.  316.  Erfurter  Allgem.  Anz.  1909. 
No.  319. 

Derselbe:  Schuhmacher  Steube  und  die  Vorsehung.  Stunden 
mit  Goethe.  VII.  S.  217—226. 

Derselbe:  Passows  Aufzeichnungen  ĂĽber  Goethe.  Stunden 
mit  Goethe.  VII.  S.  193—216. 

Derselbe:  Charlotte  v.  Stein.  Berlin,  Mittler  u.  S.,  1910. 
XXVI,  628  SS.    7,50  M. 

Bodin,  C:  Die  Grafen  und  FĂĽrsten  des  Hauses  Schwarzburg. 
Schwarzb.-Rudolst.  Landesztg.  1909.  No.  195. 

Böckel,  Fritz:  Aus  der  guten  alten  Zeit.  Kulturgeschicht- 
liche Mitteilungen.  Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl. 
1908.  Sept.  6.  Nov.  8. 

Derselbe:  Jena.  (Zum  Gedenktage  der  Schlacht.  14.  Oktober 
1806.)     In:  Unterhaltungsbeilage  z.  Tägl.  Rundschau.   14.  X.  1909. 

Böhme,  Ernst:  Wilhelm  Treunert,  der  Rats  Wachtmeister  und 
Dichter,  f  am  1.  VII.  1860  zu  Jena.  In:  Altes  u.  Neues  a.  d. 
Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1910.  No.  17,  18. 

Böhme,  Martin:  Die  Orts-  und  Flurnamen  des  Kreises 
Querfurt,  nebst  einem  Wüstungsverzeichnis.  Querfurt,  R.  Jäckel,  1910. 
72  S.    1  M. 

Boehme,  P. :  Urkundenbuch  des  Klosters  Pforte.  IL  T. 
1  Halbbd.  (1351—1500).  [Geschichtsquellen  d.  Prov.  Sachsen  u.  d. 
angrenzenden  Gebiete.  XXXIV.  Bd.]  gr.  8°.  XII,  368  SS.  Halle, 
Hendel.    9  M. 

Derselbe:  Der  Name  Pforte  (Pforta).  Naumb.  Kreisbl.  1909. 
No.  290,  291. 

Derselbe:  Die  sprachliche  Zugehörigkeit  des  Namens  Pforta. 
Erwiderung  auf  Grösslers  Aufsatz.  Neue  Mitt.  a.  d.  Gebiete  hist.- 
ant.  Forschungen  (Halle). 

Derselbe:  Ein  letztes  Wort  über  den  Namen  „Pforte".  Beil. 
49  u.  50  z.  Naumb.  Kreisbl.  1910. 


Literatur.  451 

Boehraer,  H. :  Urkunden  zur  Geschichte  des  Bauernkrieges 
und  der  Wiedertäufer.  In:  Lietzmanns  kleinen  Texten  50/1.  Bonn, 
Marcus  u.  Weber,  1910.   35  BS. 

Bönhoff,  Leo:  Bischof  Thietmar  von  Merseburg.  Eine 
Skizze  aus  der  heimatlichen  Kirchengeschichte.  Neue  sächs.  Kirchen- 
blätter. XIV.  Sp.  785—92,  801-  10,  817—24. 

Derselbe:  Chutizi  orientalis.  N.  A.  f.  sächs.  Gesch.  XXXI, 
S.  1—28. 

Böttcher,  Karl:  Beiträge  zur  Geschichte  der  Landesschule 
Pforta  in  den  Jahren  1630—1672.  Naumburg  1909.  34  SS.  4°.  Progr. 
Landesschule  Pforta. 

Bohlmann,  R. :  Eine  Eisenacher  HakenbĂĽchse.  Zeitschr.  f. 
hist.  Waffenkunde.  1910.  (V.)  6. 

Bon  in,  Daniel:  Johann  Georg  Zimmermann  und  Johann 
Gottfried  Herder  nach  bisher  ungedruckten  Briefen.  Worms,  Kranz- 
bühler,  1910.  32  SS.  8°.  Worms,  Großh.  Oberrealschulprogr.  Er- 
schien auch  als  Buch  bei  Kräuter  in  Worms. 

Bothär,  Daniel:  Aus  einem  alten  Stammbuch.  Zur  Er- 
innerung an  Schillers  akademische  Antrittsrede.  In :  Neue  Jahrb. 
f.  d.  klass.  Altertum,  Geschichte  u.  deutsche  Literatur  u.  f.  Päda- 
gogik. XII  (25.-26.  Bd.)  Heft  2.  Leipzig,  Teubner,  1910. 

Brandau,  O. :  Unsere  Feststadt  (Eisenach).  Festschrift  zur 
15.  Bundesversammlung  des  thĂĽring.  Stenographenbundes  Stolze- 
Schrey.  1907. 

Braun,  P. :  Der  Beichtvater  der  h.  Elisabeth  und  deutsche 
Inquisitor  Konrad  von  Marburg  (f  1233).  Beitr.  z.  hessischen  Kirchen- 
geschichte. IV,  S.  248—300,  V,  S.  331—364. 

Bressonet,  P. :  Etudes  tactiques  sur  la  campagne  de  1806 
(Saalfeld-Iena-Auerstedt).  Paris,  Chapelot,  1909.  402  SS.  12  fr.  Publ. 
de  la  Section  hist.  de  PEtat-Major  de  l'armee. 

Brenke,  Max:  Schillers  Persönlichkeit  im  Verhältnis  zu  seinen 
Zeitgenossen.  Elbing,  KĂĽhn,  1910.  Kaiserin -Auguste -Viktoria- 
Schule.  Progr.  S.  1—14.  4°. 

Bretel:  EtĂĽde  sur  la  bataille  de  Iena.  Paris,  Chapelot,  1909. 
31  SS.   0,60  fr. 

Briefe  des  Freiherrn  Adam  von  Gablenz  ĂĽber  eine  Reise  des 
ErbgroĂźherzogs  Carl  Alexander  von  Sachsen  nach  Petersburg  und 
Moskau.    Deutsche  Revue.  1909.  Juli. 

Bucerius:  Gemeindebetriebe:  Remscheid.  Schrift,  d.  Ver.  f. 
Sozialpolitik.  Bd.  2.  T.  6.  1909.  59  SS.    1,40  M. 

Die  Buchdruckerei  in  Naumburg.  Naumb.  Kreisbl.  1911. 
No.  66  (März  18), 

Buchholz,  Franz:  H.  Bart,  der  dritte  Hochmeister  des 
deutschen  Ordens.  Ein  Beitrag  zur  ältesten  Geschichte  des  deutschen 
Ritterordens.  Aus:  AltpreuĂź.  Monatsschr.  XL VIII.  Heft  2.  S.  159 
—175. 

Buchner,  Maximilian:  Das  erstmalige  Vorkommen  des 
sächsischen  (Erz-)  Marschalltitels.  Hist.  Vierteljahrsschrift.  XIV. 
Jahrg.  1911.  2.  Heft.  S.  255—264. 

Buchwald,  G. :  Martin  Luther  1517.  Luther-Kalender  f.  d. 
J.  1911.  S.  33—53. 

Derselbe:  Der  fröhliche  Luther.    Ebenda  S.  115 — 123. 

Bücherdrucke,  Die  ältesten,  der  Pößnecker  Kirchenbibliothek. 
Thüringer  Warte.  V.  S.  103—106. 


452  Literatur. 

Büchner,  Hugo:  Alt-Erfurt  und  Erfurts  frühere  auswärtige  Be- 
sitzungen. Jahresbericht  d.  Gewerbevereins  in  Erfurt.  1909 — 10.  S.  37  f. 

BĂĽhring,  J.,  und  L.  Hertel:  Der  Rennsteig  des  ThĂĽringer 
Waldes.     1.  Teil,  2.  A.     Ruhla  (1910).  VII  u.  163  SS. 

BĂĽtow,  A. :  Die  Entwicklung  der  mittelalterlichen  Briefsteller 
bis  zur  Mitte  des  12.  Jahrh.    Greif swald er  Diss.  1908. 

BĂĽttner,  Richard,  Vom  fĂĽrstlichen  KĂĽchengarten.  Heimat- 
blätter.   Beil.  zur  Geraer  Ztg.   1911.  No.  2  (Juli). 

Bunte  Bilder  aus  der  Vergangenheit  des  Vogtlandes  und  seiner 
Kreisstadt  Plauen.  Von  Mitgliedern  und  Freunden  des  Altertums- 
vereines zu  Plauen  dessen  erstem  Vorsitzenden  Herrn  Alwin  Neupert 
gewidmet  zum  70.  Geburtstage,  19.  März  1911.  Plauen  i.  V.,  Verlag 
von  Rudolf  Neupert  jr.  VIII,  180  SS.   4°.   Mit  42  Abb. 

Burckhardt,  Rieh.,  DenkwĂĽrdigkeiten  aus  der  Vergangen- 
heit der  Stadt  Meuselwitz  und  ihrer  Umgegend.  Bote  v.  d.  Schnauder 
(Meuselwitz).  1911.  Juni  — Juli. 

Burg,  Paul:  Das  Dornburger  Goethe-SchloĂź.  Dorfztg.  1909. 
No.  273.  Beiwagen  2. 

Butte,  H. :  Stift  und  Stadt  Hersfeld  im  14.  Jahrh.  mit  einem 
Anhang :  Die  St.  Hersfeld  bis  zum  Beginn  des  15.  Jahrb.,  und 
14  Urkundenbeilagen.     Marburg,  Elwert,  1911.  167  SS. 

C,  E.  v.:  Genealogische  Studie.  (Verwandtschaft  des  GroĂźh. 
v.  Sachsen  u.  s.  Gemahlin.)    Meininger  Tagebl.  1910.  Jan.  9. 

Caemmerer,  E.,  Konrad,  Landgraf  von  ThĂĽringen,  Hoch- 
meister des  deutschen  Ordens  (f  1240).  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  thĂĽr, 
Gesch.  u.  Altertumsk.  XXVIII.  S.  43—80. 

Cappeller,  C. :  Jena  und  die  Salzburger  Emigranten.  Nach 
amtlichen  Quellen  dargestellt.  Jena,  B.  Vopelius,  1910.  54  SS.  m. 
1  Bild.  0,75  M.;  auch  in:  Altes  u.  Neues  aus  der  Heimat.  Beil.  z. 
Jenaer  Volksbl.  1910.  No.  13,  14,  15,  16. 

Cartellieri,  Alexander:  Hermann  Diemar  f.  Aus:  Mit- 
teilungen des  Oberhessischen  Geschichtsvereins  1911. 

Die  Neustädter  Chronik.   Neustädter  Kreisbote.  1909.  No.  266. 

C lernen,  O.:  Joh.  Voit,  Franziskaner  zu  Weimar,  erster  evang. 
Pfarrer  in  Ronneburg.    Zeitschr.  f.  Kirchengesch.  XXX.  S.  434. 

Derselbe:  Zur  ältesten  Geschichte  von  Schulpforta.  Mitt.  d. 
Gesellsch.  f.  deutsche  Erziehung  u.  Schulgesch.  XVII.  S.  238  f. 

Derselbe:  Balthasar  Stauberger,  Dialogus  zwischen  Petro  und 
einem  Bauern  (1523).  Flugschriften  aus  den  ersten  Jahren  der  Re- 
formation. III.  5.  Leipzig,  R.  Haupt,  1908.    1,20  M. 

Derselbe:  Briefe  von  Friedrich  Myconius  in  Gotha  an  Johann 
Lang  in  Erfurt.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  thĂĽr.  Gesch.  u.  Altertumsk. 
XXVIII.  S.  355—379. 

Derselbe:  Ein  Brief  Johann  Stigels  an  Spalatin.  Ebda.  S.  4191 

Codex  diplomaticus  Saxoniae  regiae.  1.  Hauptteil,  Abt.  B, 
Bd.  III :  Urkunden  der  Markgrafen  von  MeiĂźen  und  Landgrafen  von 
Thüringen  1407—1418.  Im  Auftrage  der  Kgl.  Sachs.  Staatsregierung 
herausgegeben  von  Hubert  Ermisch.  Leipzig,  Giesecke  u.  Devrient, 
1909.  XVI,  564  SS.   4°.  25  M. 

Cramer,  F.:  Die  Erfurter  Schulordnung  von  1282.  Hist. 
Jahrb.  der  Görres-Ges.  XXXI  (1910).  S.  290-292. 

Crienitz:  Zwei  geschichtlich  interessante  Dörfer  hiesiger 
Gegend  (Altlöbnitz  und  Lachstedt).  Camburger  Tagebl.  1911. 
No.  18/19. 


Literatur.  453 

C  r  i  s  t  i  a  n  i :  Luther  et  le  Lutheranisme.  Paris,  Blond  et  Comp. 
XXVI,  387  SS. 

Curdt,  Otto:  Geschichte  der  GiinthersmĂĽhle  in  Arnstadt. 
Arnstadt,  Emil  Frotscher,  1909.  41  SS. 

Curs,  Otto:  Deutschlands  Gaue  im  10.  Jahrhundert.  Nach- 
weisungen und  Erörterungen  zu  einer  historischen  Karte  „Deutsch- 
lands Gaue  um  das  Jahr  1000  nach  den  Königsurkunden".  Göttingen 
1910.  Diss.  inaug.  phil.    39  SS.  mit  1  Karte. 

Czapski,  Prof.  Dr.  Siegfried,  f  29.  Juni  1907.  Nachrufe: 
Jenaer  Volksbl.  No.  153.  —  Jenaische  Ztg.  No.  151 — 153.  — 
Landesztg.  Deutschland  Weimar,  2.  Juli.  —  Erfurter  Allgem.  Anz. 
No.  180.  —  Geraer  Ztg.  No.  152.  —  Dorfztg.  Hildburghausen.  No.  142. 

—  Allgemeine  Ztg.  Chemnitz  No.  152.  —  Dresdener  Nachr.  No.  181. 

—  Meißner  Tagebl.  No.  151.  —  Leipziger  Tagebl.  No.  182.  —  Posener 
Neueste  Nachr.,  2.  Juli.  —  Bromberger  Tagebl.  No.  152.  —  Der 
Gesellige,  Graudenz  No.  152.  —  Breslauer  Ztg.  No.  451.  —  Breslauer 
Morgenztg.  30.  Juni,  2.  Juli.  —  Fraakfurter  Ztg.  No.  181,  182.  — 
Kölnische  Volksztg.  No.  562.  —  Freiburger  Ztg.  No.  151.  —  Frän- 
kischer Courier,  Nürnberg  30.  Juni.  —  Generalanzeiger  für  Düssel- 
dorf, 29.  Juni.  —  Anhaltischer  Staatsanzeiger,  Dessau  No.  152.  — 
Folgende  Berliner  Blätter:  Volksztg.  No.  301.  —  Lokalanz.  No.  325. 

—  Morgenpost  No.  151.  —  Deutsches  Blatt  No.  176.  —  Freisinnige 
Ztg.  No.  153.  —  Nordd.  Allgem.  Ztg.,  2.  Juli.  —  Deutsche  Warte 
No.  176.  —  Deutsche  Tagesztg.  No.  300.  —  Börsencourier  No.  300. 

—  Nationalztg.  No.  300,  301.  —  Vossische  Ztg.  No.  300,  306.  — 
Tagebl.  No.  325,  330.  —  Tägl.  Kundsch.  No.  301,  302,  304.  — 
Ferner  Prager  Tagebl.  1.  Juli.  —  Deutsche  Mechanikerztg.  1907. 
S.  146.  —  The  British  Journal  of  Photography.  LIV.  No.  2462. 
S.  522.  —  Ktr.  in  Ztschr.  für  ärztliche  Fortbildung  (Jena,  Fischer) 
IV.  S.  448.  —  Deutsche  Photographenztg.   XXXI.    No.  27.    S.  392. 

Daehne,  Paul:  Wettin  intim.  Mit  3  Originalvignetten. 
Leipzig,  Sattlers  Verlag.    2  M. 

Dähne,  Will:  Schiller  im  Drama  und  Festspiel.  Nebst 
einem  Abdruck  von  Haugs  verschollener  Gedächtnisfeier.  99  SS. 
Kostock,  Diss.  phil.  inaug.  1909. 

Dahl,  H.  v.:  Jenaer  Studentenauszug  1792.  Balt.  Monats- 
schriften.   LXVI.  S.  1—37. 

Dahn,  F.:  Die  Könige  der  Germanen.  Bd.  X.  Die  Thüringe, 
Leipzig,  Breitkopf  u.  Härtel,  1907. 

Dahns,  Bobert  W.:  Jenaer  Glas.  Schw.-Budolst.  Landesztg. 
1909,  No.  226. 

Damm,  E.  v. :  Verwandtschaft  braunschweigischer  Adels- 
geschlechter mit  Goethe.  Braunschw.  Magazin.  1909.  S.  125—127. 
1.  Tabelle. 

Das  Altenburger  Bauernreiten  vor  Kaiser  Wilhelm  IL  am 
4.  Mai  1890.    Saalfische.   Beil.   z.  Saalfelder  Kreisbl.   1909.   No.  20. 

Das  Eitterfräulein  zu  Heilingen.     Saalfische.    1909.    No.  3. 

Dassel,  O.  v.:  Grabdenkmal  des  im  Jahre  1725  verstorbenen 
Pastors  M.  Georg  Ernst  Bachrodt  und  seiner  drei  Frauen  an  der 
Kirche  zu  Clingen  in  Schwarzburz-Sondershausen.  Famib'engeschichtl. 
Bll.  VI.  S.  7  f. 

Deetgen,  Werner:  Ein  Brief  Goethes  an  Ludwig  Christian 
Lichtenberg.    Sonntagsbeilage  No.  3  zur  Voss.  Ztg.   1910. 


454  Literatur. 

Dembski,Max:  Erinnerungen  und  Gedanken  zur  350-jährigen 
Jubelfeier  der  Jenaer  Universität.  Burschenschaf tl.  Bll.  XXII. 
S.  225-229,  253—256,  277—279. 

DenkwĂĽrdigkeiten  aus  Saalfelds  Vorzeit.  Saalfische.  Beil. 
z.  Saalfelder  Kreisbl.  1908.  No.  23. 

Deutsches  Land  und  Volk.  Herausgegeben  von  Rektor  Dr. 
Wohlrabe.  8°.  Halle,  Gebauer-Schwetschke.  Heft  11:  Thüringen, 
Hessenland,  Franken.  In  Lied,  Spruch  und  Prosaschilderuug.  Buch- 
schmuck von  Alfred  Wesener  und  Heinrich  Kopp.  VIII,  144  SS. 
1911.   geb.  1,75  M. 

Devrient,  E. :  Das  alte  Stadtrecht.  Altes  und  Neues  a.  d. 
Heimat.     Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  27.  Nov.  1908,  14.  März  1909. 

Derselbe:  Hermann  Größler  (f  4.  Febr.  1910).  Hist.  Viertel- 
jahrsschrift.   VIII.  (1910)  H.  3.    Nachr.  u.  Not.  IL    S.  444  f. 

Strenge,  K.  Fr.  v.  u.  E.  Devrient:  Die  Stadtrechte  von 
Eisenach,  Gotha  und  Waltershausen.  Mit  2  Tafeln,  2  Stadtplänen 
und  1  Flurkarte.  (Thür.  Geschichtsquellen.  N.  F.  VI.  Bd.).  8°. 
VII,  106  u.  442  SS.    Jena,  G.  Fischer.     18  M. 

Briefwechsel  zwischen  Eduard  und  Therese  Devrient.  Mit 
8  Vollbildern.  Herausgegeben  von  Hans  Devrient.  Stuttgart, 
Carl  Krabbe,  o.  J. 

Diemar,  Hermann:  Die  Chroniken  des  Wigand  Gersten- 
berg von  Frankenberg.  Marburg,  Elwert,  1909  XX,  97*  und 
531  SS.  gr.  8°.  Mit  5  Lichtdrucktafeln.  18  M.  geb.  20  M.  Ver- 
öffentlichg.  d.  Hist.  Komm.  f.  Hessen  und  Waldeck.  Chroniken  von 
Hessen  und  Waldeck,  Bd.  I. 

Dietrich:  Das  Schulhaus  vor  der  Pforte  in  Saalfeld.  Saal- 
fische.    Beil.  z.  Saalfelder  Kreisbl.    1909.   No.  9. 

Dietz,  Die  Verfassung  der  jenaischen  Urburschenschaft  vom 
12.  Juni  1815  und  die  heutige  Burschenschaft.  Burschenschaftl.  Bl. 
XXV.  S.  7. 

Dithmar,  Karl:  Elisabeth,  Landgräfin  von  Thüringen  und 
Hessen,  die  Heilige.  Im  Verlag  d.  Ver.  f.  hess.  Geschichtskunde. 
30  SS.    0,50  M.    Eschwege,  R.  Himmelreich,  1910.. 

Dobeneck,  A.  Frhr.  v. :  Randbemerkungen  zu  einer  ver- 
schollenen Urkunde.  Jahreschrift  XX  des  Altertumsforschenden 
Vereins  zu  Plauen  i.  V.    S.  1 — 51. 

Derselbe:  Ueber  die  Herkunft  des  Luthergegners  Dr.  Jo- 
hannes Cochlaeus  und  der  Anverwandten  seines  Namens.  28  SS. 
Selbstverlag  Jena. 

Doli,  A. :  Goethes  Mitschuldigen.  Mit  Anhang.  Abdruck 
der  ältesten  Handschrift  (1769).  Bausteine  zur  Gesch.  d.  neueren 
deutschen  Literatur.  3.   1909.   XIII,  274  SS. 

Doelle,  Ferd.:  Johannes  von  Erfurt  ein  Summist  aus  dem 
Franziskanerorden  um  die  Wende  des  13.  Jahrhunderts.  Ztschr.  f. 
Kirchengesch.   XXXI.   H.  2.    S.  214—248. 

Doering,  O. :  Sächsisch  -  thüringische  Zisterzienserkirchen. 
Montagsblatt,  Beilage  zur  Magdeburg.  Ztg.     1908.    S.  63  f.,  70 f. 

Derselbe:  Das  Bild  Karls  des  GroĂźen  in  einer  Handschrift 
zu  Gotha.    ThĂĽr.  Kalender.  1911. 

Derselbe:  Sächsisch-thüringische  und  tirolische  Kunst  im 
Austausch.    Montagsblatt  der  Magdeburg.  Ztg.   1910.    No:  51. 

Derselbe:  Von  thĂĽringischer  Volkstracht.  ThĂĽringischer 
Kalender  1910. 


Literatur.  455 

Doktor  Eisenbart  in  Alteuburg.  Beilage  12  zur  Altenburger 
Ztg.  12.  März  1911. 

Dorien,  Kurt:  Der  Bericht  des  Herzogs  Ernst  II.  von 
Coburg  ĂĽber  den  Frankfurter  FĂĽrstentag.  Ein  Beitrag  zur  Kritik 
seiner  Memoiren.  Historische  Bibliothek.  Bd.  XXI.  MĂĽnchen- 
Berlin,  R.  Oldenbourg,  1910.  XVI,  170  SS.  geb.  2,50  M. 

Dosenheimer,  Elise:  Schiller.  (Zum  150.  Geburtstag.)  „Die 
Frauenbewegung."    XV.   No.  21. 

D  o  v  e ,  K. :  Winterkuren  im  ThĂĽringer  Gebirge.  Dorfztg. 
No.  265. 

Drees,  H. :  Wernigerode  in  der  Franzosenzeit.  Wernigerode 
Progr.   32  SS. 

Droysen,  G. :  Johann  Gustav  Droysen.  1.  Teil.  Bis  zum 
Beginn  der  Frankfurter  Tätigkeit.  Leipzig,  B.  G.  Teubner,  1910. 
VI,  372  SS.   gr.  8°.   Geb.  12  M. 

Duvernoy,  v. :  Der  Winterfeldzug  des  Herzogs  Ferdinand 
von  Braunschweig  und  das  Treffen  bei  Langensalza  am  15.  Februar 
1761.  Militärwochenblatt  XCV,  3162/7,  3189/94,  3209/14;  XCVI, 
467/71. 

E. :  D.  Christian  Friedrich  Heinrich  Sachse.  Beilage  zur  Alten- 
burger Ztg.    1910.   S.  326. 

-e :  Aus  dem  7jährigen  Streit  um  die  Landgrafschaft  Thüringen. 
Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.    Beil.  z.  Jen.  Volksbl.   1909.  6.  Juni. 

Ebhardt:  Genealogie  der  Familie  E.  aus  Hannover  und 
Eisenach.    In:  Geneal.  Handbuch,  Bd.  XVII. 

Ebhardt,  Bodo:  Die  Ruine  der  Lobedaburg.  Burgwart  9, 
S.  21—27. 

Ebrard,  F.  C. :  Neue  Briefe  von  W.  v.  Humboldt  an  Schiller, 
1796—1803.  Deutsche  Rundschau.  XXXVII.  S.  2—7.  Berlin, 
G.  Paetel. 

Ebstein,  Erich:  Jacob  Philadelphia  in  seinen  Beziehungen 
zu  Goethe,  Lichtenberg  und  Schiller.  Mit  2  Abb.  Ztschr.  f.  BĂĽcher- 
freunde. N.  F.  III  (1911/12).    H.  1.    S.  22—28. 

Eggeling:  Zwei  berĂĽhmte  Frauen.    ThĂĽr.  Kalender.  1910. 

Egloff  stein,  Herrn.  Frhr.  v.:  Im  Dienste  des  GroĂźherzogs 
Carl  Alexander.  Ein  Erinnerungsblatt.  80  SS.  mit  1  Bild.  8°. 
Berlin  1911.  SA.  aus  Deutsche  Rundschau.  XXXVII.  S.  4.  geb.  3  M. 

Derselbe:  Maria  Ludovica  v.  Ă–sterreich  und  Maria  Paulowna. 
Mit  4  Tafeln.    8°.    X,  60  SS.    Leipzig,  Inselverlag,  1909. 

Ehwaldt,  R.:  Ausstellung  von  Gothaer  Porträts  aus  der  Zeit 
von  1640—1850.  Veranstaltet  vom  Kunstverein  zu  Gotha  19.  April 
bis  10.  Mai  1908. 

Derselbe:  Gedächtnisrede  auf  Albert  von  Bamberg.  Progr. 
des  Herzogl.  Gymnasium  Ernestinum  zu  Gotha.  Gotha  1910, 
S.  1—15. 

Eichhorn,  E.:  Die  Grafschaft  Camburg  VIII.  Schriften  des 
Ver.  f.  Sachsen-Meiningische  Geschichte.  H.  60.  Hildburghausen, 
F.  W.  Gadow  u.  Sohn  1910.     (167  SS.  u.  3  Taf.)     Lex.  8°.    3  M. 

Eichhorn,  Gustav:  Mitteilungen  aus  den  ersten  10  Jahren 
der  Jenaer  Gesellschaft  fĂĽr  Urgeschichte.  Ztschr.  f.  ThĂĽr.  Gesch. 
u.  Altertumskunde.  XXVIII  (N.  F.  Bd.  XX)  S.  422  ff.).  Jena,  G. 
Fischer,  1911. 

Derselbe:  Tafeln  zur  Vor-  und  FrĂĽhgeschichte  ThĂĽringens, 
mit   224  photogr.  Aufnahmen    vor-   und  frĂĽhgeschichtlicher  Alter- 


456  Literatur. 

tümer  nach  Epochen  geordnet  und  erläutert.  6  Tafeln.  Jena, 
H.  W.  Schmidt  (Gust.  Tauscher)  1910.    8  M. 

Die  EinfĂĽhrung  der  Eeformation  in  der  Pflege  Altenburg. 
Beilage  No.  44  zur  Altenb.  Ztg.  1909. 

Einicke,  G.:  Zwanzig  Jahre  schwarzburgischer  Eeforniations- 
geschichte  1521 — 1541.  2.  Teil:  1531—1541.  Nach  urkundlichen 
Quellen  dargestellt.  Rudolstadt,  MĂĽller,  1909.  Mit  Bildnis  des 
Grafen  Günther  XL.)    gr.  8°.     6  M. 

Zum  Andenken  an  die  Wartburgstadt  Eisenach.  32  SS.  mit 
Abbildungen,  1  färb.  Plan  und  1  färb.  Karte.  Eisenach,  Hof  buch- 
druckerei H.  Kahle,  1910.    8°.    0,25  M. 

Eitner,  Theodor:  Ausgewählte  Urkunden  und  Aktenstücke 
zur  Geschichte  des  Erfurter  Bauernaufruhrs  im  Jahre  1525.  37  SS. 
Erfurt,  Ohlenroth  1909.  4°.  Erfurt,  städt.  Oberrealschule,  Oster- 
program  m   1909. 

Elberling:  Das  Bathaus  in  Altenburg.  Beilage  zur  Altenb. 
Ztg.    1910.    S.  207. 

Elster,  Alex.:  Jena.  Burschenschaftl.  Blätter.  XXII. 
S.  169—172. 

Derselbe:  Das  neue  Jenaer  Universitätsgebäude.  Burschen- 
schaftl. Blätter.   XXII.    S.  185-187. 

Derselbe:  Alt-Weimar  und  Alt-Jena.  Literar.  Echo.  XL 
S.  18.    1909.   Juni  15. 

E [Ist er],  A.:  Jenas  Buchhandel  und  Buchdruck  in  frĂĽherer 
Zeit.  Altes  und  Neues  aus  der  Heimat.  Beilage  zum  Jen.  Volksbl. 
25.  Okt.  1908.    Börsenbl.  f.  d.  d.  Buchhandel.    1909. 

Elster,  Alex.:   Abbe  und  Freese.     Frankf.  Ztsr.    20.  Febr. 

1910.  No.  50.    S.  7. 

Ellinger,  G. :  Schiller  und  die  deutsche  Nachwelt.  Sonntags- 
beilage zur  Voss.  Ztg.    1909.    No.  32. 

Engel,  E. :  Goethe.  Der  Mann  und  das  Werk.  Berlin,  Con- 
cordia,  1910.    641  SS.    8°.     8,50  M. 

Derselbe:  Der  Politiker  Goethe.  Sonntagsbeil.  No.  30  z.  Voss. 
Ztg.  1909. 

Eine  Entscheidung  der  Herzogin  Charlotte  Amalie  und  des 
Herzogs  Karl  vom  16.  Juli  1777  wegen  Bestrafung  von  Personen, 
die  gegen  die  Verordnungen  vom  12.  März  über  den  Aufwand  bei 
Verlöbnissen,  Hochzeiten,  Kindtaufen,  Kirchweihen  und  Handwerks- 
zusammenkĂĽnften   ĂĽberhaupt    gehandelt  haben.     Meininger  Tagebl. 

1911.  März  19.  No.  66. 

Entwicklung  der  fürstlichen  Brauerei  Köscritz  von  1543 
—1908.  Selbstverlag  d.  fürstl.  Brauerei  1909.  Druck  von  F.  Bruck- 
mann,  MĂĽnchen. 

Erffa,  v. :  Langensalza,  eine  kriegsgeschichtliche  Studie.  Kon- 
servative Monatsschr.  LXVIII.  S.  484—491,  580—586. 

Erichs  en,  J. :  Die  Anfänge  des  Hauses  Schwarzburg.  8°. 
23  SS.    1  Stammtafel.     Sonderehausen,  J.  A.  Eupel,  1910.    0,60  M. 

Ernst:  Truppen einzug,  Friedensdankfest  und  Kinderfest  vor 
40  Jahren  in  Altenburg.    Altenb.  Ztg.  1911.  No.  140.  (Juni  17.) 

Ernsts  I.  —  Dem  Gedächtnis  Sr.  Hoheit  des  Herzogs  —  von 
Sachsen-Altenburg,  f  7.  Febr.  1908.  Altenburg,  O.  Bonde.  72  SS. 
0,60  M. 

Herzog  Ernst  von  Coburg  und  Gotha  und  der  deutsch 
SchĂĽtzenbund.     Gothaisches  Tagebl.  1911.  No.  140.  (Juni  17.) 


Literatur.  457 


Eschenbure:  Mit  dem  Herzog  Louis  Ferdinand  von  Braun- 
schweig voT  Jena8  bis  Altona.  Deutsche  Welt.  Wochenschr.  d. 
Deutscben^Ztg.^909.  No.  49^  ^^^^  „LiebeSpaares«. 

Renertorium  f.  Kunstwissenschaft.  XXXI,  S.  170.  » 

P   Einer,  S. :   Das  Wachstum   von   Goethes   Schädel.     Oster- 
rpirbische  Rundschau.  XXV,  S.  6. 

ET  Ad.:  Langensalza.  Göttinger  Studentenerinnerung.  Zeit- 
geist   Beil   z.  Berl.  Tagebl.  1911.  26.  Juni. 

g  'Derse  be:  Göttinger  Studentenerinnerungen  an  die  Tage  der 
Schlacht  bei  Langensalza  (27.  Juni  1866).    Burschenschaf tl.  Blatter 

JahrgFflkILJoIhan9n:  KriegsbĂĽchlein  No.  I.  D^lung  der 
Krieesdrangkle  Weimars  in  dem  Zeitraum  von  1806-1813  nach  den 
tchlachtengvon  Jena,  LĂĽtzen  und  Leipzig.  Aus  AktenstĂĽcken  und 
Ori-inalbriefen  einiger  deutschen  Männer  an  ihre  Freunde  in  Eng- 
SS^SimdtWaW  1815.   XVIII,  140  SS.  m.  Bddms.  Leipzig, 

WlD SS elbe;  jlthunLtgabe  fĂĽr  das  Volk  aufs  neue  herausggb. 
von  Rud.  Eckart.    Jena,  Pohle,  1910.    88  SS.    1,50  M 

F  a  s  o  1  a ,  C. :   Goethe  e  popolare  in  Itaha  !    Kiv.  di  letterat. 

tedeSCDie9Fei?r  ^rlu^-hen  Konfession  in  E^enberg  und 
Altenburg  am  Johannisfeste  1730.    BeĂĽage  zur  Altenb.  Ztg.  1910. 

S'l9FeigenSpan,   Bruno:    Das    Heimatfest    in    Auma.     ThĂĽr. 

WartFeIiVs'eSE1?2De1r  Knittelvers  des  jungen  Goethe.    Leipzig,  Röder 

"  SCFUefdka9m0m,  J,  Benenzial-  oder  Vikarienbuch  Erfurts.  Mitt. 
d  Ver   f   Gesch.  von  Erfurt.  S.  30,  31,  45-226.  Mit  4  Taf. 

Fennel,  F.:   Eisenach  mit  Wartburg.     10  färb.  Ong.-Stein- 
•  u  „    oQvyqi      Kissel    C    Victor,  1911.    In  Umschlag  4  M. 

ZelChnF™ftsVh9r^t3  urlSweihSn, Treuen  Meioinger Hoftheaters 
vom  Hofbaurat  Karl  Behlert,    Mit  eiuem  gesehichthchen  Vorwort  voa 
H    Pusch     Meiningen,  Junghauss  u.  Kontzer,  J\)W.    o  an. 
H'      Fpnssner     D  -August  v.  Kotzebue.     Eine  literarische  und 

schicMsbl   XXH    S   87f  Geschichte  der  Gera-Greizer 

WolJar^uItrlevön  1572  bis  zur  Neuzeit.     ( Jahresbei :  d.  Vog ü 
altertumsforsch.  Vereins  Hohenleuben,   S.  '8-80,  89-^b.) 

^T^^Tkorn^eu^  Dr .Gustav:  Nad.rufe:  W  Lexis 
im  Handwörterbuch  der  Staatswissenschaften.  VI  (1911).  -  Kosen 
thal   in  Zeitschr.  f.   thĂĽr.  Geschichte   u.  Altertumskunde    XX VIII. 
Heft  2  (1911)  —  Mitt.  d.  deutschen  Verlegervereins,  Leipzig,  ib. Aug. 
^To    i  zitschr    f.  ärztl.  Fortbildung.   -  Jahresber   d.  Anatomie 

febtionskrankh   1910.  -  Khn.  Jahrb.  Bd.  XXIV.  Heft  1.        Jauro. 


458  Literatur. 

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Zeitschr.  f.  Irnmunitätsforschung  u.  experimentelle  Therapie.  1910.  — 
Karl  v.  Bardeleben  im  Anat.  Anz.  Bd.  XXXVII.  No.  4/5.  —  E.  Koken 
in  den  Geologischen  u.  Paläontologischen  Abhandl.  N.F.  IX.  Heft  4. 

—  Rud.  Klett  i.  Jahresber.  d.  Jenaer  Baugenossenschaft  (e. G.m.b.H.) 
1909/10.  —  Pferdekämper-Seuholdt  in  Mitt.  d.  Handelskammer  f.  d. 
Großherzogtum  Sachsen.  VI  (1910).  No.  3.  —  Bodenreform.  XXI. 
S.  461.  —  Volksstimme  (Chemnitz).  1910.  No.  170.  —  Jen.  Ztg. 
1910.  No.  171.  —  Dorfztg.  (Hildburghausen).  26.  Juli  1910.  — 
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Neuesten  Nachrichten.  24.  Juli  1910.  —  Die  Konjunktur  (Berlin), 
Heft  15.  1910.  S.  413.  —  Jenaer  Volksbl.,  1910,  No.  171  (24.  Juli). 

—  Bg.  Nachruf  in:  Das  Mareile  (Rennsteigverein).  1910.  No.  5.  — 
Bericht  ĂĽber  die  Trauerfeier  (Reden  von  D.  Braasch,  Exz.  Dr.  Rothe, 
Geh.  Rat  Goetz,   Hofrat  Edler,  Geh.-Rat  Rosenthal,  Prof.  Anton, 

E.  Klostermann).  Jena,  G.  Neuenhahn,  1910. 

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Leipzig,  Quelle  u.  Meyer,  1908.   8°.    135  SS.    1,25  M. 

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Fischnaler,  C.,  Vigil  Rabers.  Wappenbuch  der  Arlberg 
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Stein.   8°.   25  SS.   Jena,  Diederichs,  1909.   1  M. 

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1686.  Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1909. 
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liken im  GroĂźherzogtum  Sachsen- Weimar-Eisenach.  In:  Festschrift 
für  Hugo  v.  Burkhard  zum  Doktor-Jubiläum.  Überreicht  von  der 
rechts-    und    Staatswissen schaftl.    Fakultät    Würzburg.      Stuttgart, 

F.  Enke,  1910. 

Frey  tag:  Aus  ernestinischer  Vergangenheit.  Weimar,  W.  Hoff- 
mann, 1911.   2,50  M. 

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Friedländer,  E.:  Die  hl.  Elisabeth  und  die  Wunderkraft 
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Beiwagen  2. 


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Geiger,  Ludw. :  Schiller  und  Goethe.  Gegenwart.  1909. 
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Derselbe:  Unbekannte  Verse  des  jungen  Goethe.  Gegenwart. 
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Geissler,  C. :  DenkwĂĽrdigkeiten  aus  dem  Feldzuge  in  Spanien 
in  den  Jahren  1810  und  1811  mit  dem  Herzogl.  Sachs.  Kontingent. 
Bearbeitet  von  Theodor  Rehtwisch.  Leipzig,  Wigand,  1911.  12°. 
213  SS. 

Genssler,  Dr.  phil.  et  theol.  Johann  Andreas  — ,  General- 
superintendent und  Oberhofprediger  von  Hildburghausen,  Korresp. 
Mitglied  der  Kgl.  Akademie  der  Wissenschaften  in  MĂĽnchen,  geb. 
12.  Mai  1748,  t  19.  April  1881.  (Nach  autobiographischen  Auf- 
zeichnungen.) Sachsen  -  Meining.  Kirchenbl.  1909.  No.  10.  Beil.  z. 
Hildburgh.  Kreisbl. 

Gerbing,  Luise:  Die  Flurnamen  des  Herzogt.  Gotha  und 
die  Forstnamen  des  ThĂĽringer  Waldes  zwischen  der  WeinstraĂźe  im 
Westen  und  der  Schorte  (Schleuse)  im  Osten,  namens  des  Vereins 
fĂĽr  thĂĽr.  Geschichte  bearbeitet  und  herausgegeben.  XVI,  588  SS. 
m.  1  färb.  Karte,    gr.  8°.    Jena,  G.  Fischer,  1910.    20  M. 

Dieselbe:  Die  Ruhlaer  Tracht.  Eine  volkskundliche  Wande- 
rung durch  fĂĽnf  Jahrhunderte,    Ruhla,  Heimatverlag. 

Dieselbe:  Aus  der  Geschichte  des  Schwansees.  A.  f.  Landes- 
u.  Volkskunde  d.  Prov.  Sachsen.  1910. 

Gern,  August:  Zum  10.  November  1909.  Festrede  zur 
Schillerfeier.  Bochum,  Stumpf,  1910.  Mädchenschulprogr.  S.  30 
—35.   4°. 

Gerstenhauer,  A.:  Zur  Geschichte  der  ehemaligen  Rats- 
schule zu  Naumburg  a.  S.  Themata  von  SchĂĽlerreden  nebst  Ein- 
leitung über  Schulkomödien  und  Redeaktus.  Realgymn.  Progr. 
Naumburg.  1910.  36  SS.  8°. 

Gerstung,  Karl:  Blankenhainer  Schulchronik.  Blanken  - 
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G  1  a  u  e  ,  P. :  Die  nationale  Bedeutung  der  thĂĽr.  Staaten. 
Burschenschaftl.  Blätter.  XXII.  S.  172—176. 

Derselbe:  Das  kirchliche  Leben  der  evangelischen  Kirchen  in 
ThĂĽringen.  Dargestellt  mit  UnterstĂĽtzung  von  Pfr.  FĂĽsslein.  Mit 
1  färb.  Karte  der  thür.  Staaten.  XVI,  413  SS.  Geb.  9,20.  In: 
Evang.  Kirchenkunde.  Das  kirchl.  Leben  der  evang.  Landeskirchen. 
Hrsgg.  von  Dr.  P.  Drews.    gr.  8°.    Tübingen,  J.  C.  B.  Mohr,   1910. 

Gleichen-Russwurm,  A.  v. :  Intime .  Erinnerungen.  Ein 
Gedenkblatt  zu  Schillers  150.  Geburtstag.  Ăśber  Land  u.  Meer. 
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Derselbe:  Schiller  in  der  Familien tradition.  Festnummer  d. 
Schwarzb.-Rudolst.  Landesztg.  1909. 

Glossy,  K.:  Schiller  und  Ă–sterreich.  Mit  Benutzung  unge- 
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460  Literatur. 

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stadt  und  Döschwitz  im  Juli  1781.  Sonntagsblatt  der  Dorfztg. 
1909.  No.  35. 

Gör ler,  Max:  Aus  Thüringens  Schieferindustne.  Thür.  Warte 

IV.  S.  289 f.,  343  f. 

Goethe  und  seine  Freunde  im  Briefwechsel.  Hrsgg.  und 
eingeleitet  von  Rieh.  M.  Meyer.  3.  Ăźd.  (Titel  und  Initialen  von 
Melch.  Lechter.)  624  Sp.  u.  3  SS.  lex.  8°.  Berlin,  G.  Bondi,  1911. 
Geb.  6  M. 

Goethes  religiöse  Anschauungen  in  ihrer  geschichtlichen  Ent- 
wicklung.    Konservative  Monatsschrift.  1911.     Januar.    S.  392 — 399. 

Goethe  in  seinen  Beziehungen  zur  Technik  und  als  Arbeits- 
minister Carl  Augusts  von  Weimar.  Montagsblatt  der  Magdeb.  Ztg. 
1911.   No.  13.    (März  27.) 

Goethes  Gespräche.  Gesamtausgabe.  Begründet  von  Wolde- 
mar  Frhr.  v.  Biedermann.  2.,  durchgesehene  und  stark  vermehrte 
Auflage.  Neuherausgegeben  von  Flodoard  Frhr.  v.  Biedermann  unter 
Mitwirkung    von    Max   Moris,   H.   G.   Graf    und    L.    L.   Mackall. 

V.  (Schluß-)  Band.  Erläuterungen,  Ergänzungen,  Nachträge,  Nach- 
weisungen. XVIII,  507  SS.  Leipzig,  F.  W.  v.  Biedermann,  1911. 
8°.    4  M. 

Goethes  Briefe  an  Frau  v.  Stein.  Herausgegeben  v.  Petersen. 
Leipzig,  Inselverlag,  1910. 

Goetz,W.:  Frankenland  (Land  und  Leute.  23).  lex.  8°.  187  SS. 
mit  150  Abb.     Bielefeld,  Velhagen  u.  Klasing. 

Goetze,  A.:  Volkskundliches  bei  Luther  (Vortrag).  Weimar, 
Böhlau.    gr.  8°.    1  M. 

Derselbe:  Ein  Besuch  bei  den  diluvialen  Elefantenjägern 
Weimars.  Mitteilungen  der  Vereinigung  der  Saalburgfreunde. 
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Goldmann,  Karl:  Helene  Böhlau.  Zu  ihrem  50.  Geburtstag 
(22.  Februar  1909).  Mit  einem  Bildnis.  Westermanns  Monatshefte 
(1910,  I).    CVII.   H.  640.    S.  589. 

Goldschmidt,  K.W.:  Schiller.  „Der  Osten".  1909.  S.  228 
—235. 

Goltz,  Colmar  Frhr.  v.  d. :  Kriegsgeschichte  Deutschlands 
im  neunzehnten  Jahrhundert.  I.  Teil:  Im  Zeitalter  Napoleons. 
(S.  41:  Schlacht  bei  Jena!)  XXXII  u.  516  SS.  Mit  60  Karten  und 
Skizzen.     Berlin,  Bondi,  1910. 

Gottschling,  Joh. :  Zur  Geschichte  des  Karolinum.  1.  Die 
GrĂĽndung.  2.  Die  Entwicklung  der  Schule  bis  zum  Jahre  1886. 
Altenburg,  Unger,  1908/09.  4°.  Altenburg,  Karolinenschule,  städt. 
Mädchen  Lyzeum.    Programm. 

Graef,  H.  G.:  Neue  Goethebriefe.  Grenzboten.  LXVIII. 
S.  25. 

Derselbe:  Goethe  in  Berka  a/Ilm.    Weimar  1911. 

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Grauert,  H.:  Auf  dem  Wege  zur  Universität  Erfurt.  Hist. 
Jahrb.  der  Görres-Ges.  XXXI.    1910.    S.  249—289. 


Literatur.  461 

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Beiträge  zur  Geschichte  der  Porzellankunst  im  18.  Jahrh.  Hrsgg. 
vom  städtischen  Kunstgewerbemuseum  zu  Leipzig.  VI,  110  SS. 
mit  100  Abb.,  61  Tafeln,  3  Marken  tafeln  und  60  ßl.  Erklärungen 
39X30  cm.    Leipzig,  E.  A.  Seemann,  1909.  Leinw.  geb.  70  M. 

Gravenhorst,  H.:  Ueber  Schillers  „  Phädra".  Eine  literarische 
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Grein  er,  A. :  Aus  alter  Zeit  (GlashĂĽtte  in  Schmalenbuche). 
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Derselbe:  Die  Kirche  zu  Gauerstadt.  Aus  den  kob.-goth. 
Landen.   VI.   S.  86—94. 

Greiner,  Hugo:  Aus  der  ThĂĽringer  Heimat.  Geschichten 
und  Gedichte  in  der  Mundart  der  Sommerschen  „Bilder  und  Klänge 
aus  Rudolstadt".  4°.  H.  1.  Weimar,  L.  Thelemann,  1909.  0,50  M. 
H.  2.   64  S.    Weimar,  L.  Thelemann,  1910.   0,50  M. 

Grisar,  H. :  Luther.  1.  Bd.  Luthers  Werden.  Grundlegung 
der  Spaltung  bis  1530.    Freiburg  i.  B.,  Herder.     12,50  M. 

Grössler  f,  Herrn.:  Zur  Geschichte  des  Wendelsteins  an 
der  Unstrut.     Burgwart.    X.    S.  10 — 17. 

Derselbe:  Ein  Eislebener  HohlmaĂź.  Mansfelder  Geschichtsbll. 
XXII.    S.  236  f. 

Derselbe:  Das  Werden  der  Stadt  Eisleben.  Teil  4.  Mans- 
felder Geschichtsbl.   XXII.    S.  63—86. 

Derselbe:  Forschungen  zur  Gaugeographie  und  Ortsnamen- 
kunde der  BistĂĽmer  Merseburg,  Naumburg-Zeitz  und  MeiĂźen.  In : 
Neues  Arch.  f.  sächs.  Gesch.   XXX.   H.  3.    1909. 

Derselbe:  Nochmals  der  Name  Pforta.  Naumburger  Kreisbl. 
1910.   No.  18.  19. 

Derselbe:  Die  Tongefäße  der  Glockenbecherkultur  und  ihre 
Verbreitung  in  ThĂĽringen  und  angrenzenden  Gebieten.  Jahresschrift 
f.  d.  Vorgeschichte  der  sächs.-thür.  Länder.    VIII.  S.  1 — 56. 

Grössler,    Professor    Dr.     Hermann:    2.    April    1840    bis 

4.  Febr.  1910.  Privatdruck  des  Nachrufes  von  Ernst  BlĂĽmel  aus 
den  Mansfelder  Blättern  und  einiger  Gedächtnisreden  und  Trauer- 
kundgebungen, angefügt  von  Architekt  Hermann  Grössler.  Eisleben. 
Druck  von  E.  E.  Schneider,  1910.  8°.    24  SS. 

Grössler,  H.  jun.:  Martin  Luther  „zufällig"  in  Eisleben  ge- 
boren.   Lutherkalender  f.  d.  Jahr  1911.     S.  126  ff. 

Grube,  Max:  Meininger  Kunst.     In:  Woche.    X.    S.  50. 

GrĂĽnfeld,  Sieg  fr. :  August  von  Goethe.  Eine  Studie. 
41  SS.  mit  1  Bildnis,    gr.  8°.    Czernowitz,   R.  Schally,   1911.    1  M. 

GrĂĽnhagen,  C:  Goethe  in  Schlesien  1790.  Jahresbericht  d. 
schles.  Ges.   f.  vaterl.  Kultur.   86.   (1908.)     Allgem.  Bericht.   1909. 

5.  15—34. 

GrĂĽner,  C. :  Beitrag  zur  Geschichte  des  Landes  und  der  Stadt 
Coburg.  Teil  I.  Heimatblätter  a.  d.  Coburg-Gothaischen  Landen. 
V.  S.  1—15. 

Günther,  Frida:  Zu  Schillers  Gedächtnis.  Den  10.  Nov. 
1909.     Burg  b.  M.    Luisenschulprog.  1910.    S.  1—6.    4°. 

GĂĽnther,  O. :  Wiegendrucke  der  Leipziger  Sammlungen  u. 
d.  herzogl.  Bibliothek  in  Altenburg.  Zentralbl.  f.  Biblw.  Bh.  35. 
gr.  8°.    XI,  352  SS.     Leipzig,  Harrassowitz. 

Gutbier,  H. :  Beiträge  zur  Häuserchronik  der  Stadt  Langen- 
salza.  H.  3.    100  SS.   Langensalza,  H.  Schütz,  1910.   8°. 

XXVIII.  30 


462  Literatur. 

Gutbier,  H. :  Beiträge  zur  Heimatkunde.  H.  1.  (Langen- 
salza o.  J.,  Wendt  u.  Klauwell.)  92  SS.  Inh.:  Georg  Melchior 
v.  Hopffgarten  auf  Craula-Langensalza  während  des  Bauernkrieges. 

—  Goethes    Besuche    beim    Grafen    Werthern    in    Neunheilingen. 

—  Die    Tennstedter    Badesaison    im    Jahre     1816.    —    Chr.    W. 
Hufeland. 

Derselbe:  Beiträge  zur  Heimatkunde.  Bilder  aus  Geschichte, 
Kulturgeschichte  mit  Literatur.  H.  2.  Langensalza,  Wendt  u.  Klau- 
well, 1911.    102  S. 

H.,  A. :  Henriette  Hendel-SchĂĽtz.  Ein  Beitrag  zur  Gothaer 
Theatergeschichte.    Goth.  Tagebl.    1909.   No.  272. 

H.,  H. :  DenkwĂĽrdigkeiten  aus  der  Geschichte  des  alten  Hof- 
theaters (in  Meiningen).    Meininger  Tagebl.  1909.  Dez.  17. 

H.,  L. :  Tiefurt.  Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen. 
Volksbl.  1909.  Sept.  17. 

Derselbe:  Vom  Prinzessinnen  garten  in  Jena.  Altes  u.  Neues 
a.  d.  Heimat.   Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1909.  Mai  13. 

H.,  V.:  Vom  Wegmacher  und  Karrenwächter  in  Saalfeld.  Saal- 
fische, Beibl.  z.  Saalfelder  Kreisbl.  1910.  No.  26. 

Derselbe:  Der  Kriegsdienst  in  Saalfeld  im  15.  u.  16.  Jahrh. 
Saalfische,  Beibl.  z.  Saalfelder  Kreisbl.  1909.  No.  21. 

Haases,  Fried r.  Memoiren.  Was  ich  erlebte  1846 — 1896. 
457  SS.    Leipzig-Berlin,  B.  Bong,  Kunstverlag. 

Habbicht,  Heinr. :  Die  Rats  Verfassung  der  Stadt  Weimar 
im  14.  Jahrhundert«    Thür.  Monatsbl.  XVII.  No.  12. 

Derselbe:  Nikolaus  Rebhan,  Generalsuperintendent  zu  Eise- 
nach (1611—1626).    Thür.  Monatsbl.  XVII.  1910.  No.  11. 

Hack,  Fried r.  Wilh. :  Untersuchungen  ĂĽber  die  Standes- 
verhältnisse der  Abteien  Fulda  und  Hersfeld  bis  zum  Ausgange  des 
13.  Jahrhunderts.  In :  Quellen  u.  Abhandl.  z.  Gesch.  der  Abtei  und 
Diözese  Fulda.  Bd.  VII.  Fulda  1911.  gr.  8°. 

Hänsch,  Ernst:  Die  wettinische  Hauptteilung  von  1485 
und  die  aus  ihr  folgenden  Streitigkeiten  bis  1493.  Leipzig  1910. 
131  SS.    Diss.  inaug.  phil. 

Derselbe:  Nordhausen  und  Umgegend  im  Jahre  1848.  Dazu 
20  Bilder  auf  Tafeln  und  1  SchluĂźbildchen.  53  SS.  Nordhausen, 
C.  Haacke  1909.   8°.   1,50  M. 

Häusler,  O. :  Welches  preußische  rote  Reiterregiment  hat 
am  3.  Juli  1866  den  Angriff  gegen  die  sächsische  Batterie  Hering- 
Göppingen  unternommen?    Kamerad.  XLVI.  No.  38.  S.  17 f. 

Hanoum,  K. :  Festtage  in  Meiningen.  Zum  50.  Geburtstage 
der  Frau  Erbprinzessin  Charlotte  v.  Sachsen -Meiningen,  Prinzessin 
von  PreuĂźen.  In :  Nordwest.  Halbmonatsschrift.  Hrsgg.  von  E.  Vely. 
1.  Jahrg.  H.  23.  Berlin,  Wertheim,  1910. 

Harbou,  Thea  v. :  Weimar— Tiefurt— Belvedere.  Weimar, 
A.  Huschke  Nachf.,  1909. 

Hardeland:  Zu  Schillers  150.  Geburtstag.  Ev.  Kirchenztg. 
1909.  No.  45. 

Hartmann,  Gg.  v. :  FĂĽhrer  durch  die  Bibliothek  des  Goethe- 
museums.   Jahrb.  d.  freien  deutschen  Hochstifts.  1908. 

Härtung,  B.:  Erfurts  Eingesessene  durch  5V2  Jahrhundert. 
Arch.  f.  Stamm-  u.  Wappenkunde.  IX.  S.  149 — 156. 

Härtung,  C. :  Zur  Ortsgeschichte  (Inschriften  in  Naumburg). 
Naumburger  Kreisbl.  1911.  No.  128.  Juni  2. 


Literatur.  463 

Hasenclever,  A. :  Johann  Friedrich  der  GroĂźmĂĽtige  von 
Sachsen  und  die  Katastrophe  von  MĂĽhlberg.  Neue  Mitt.  a.  d.  Gebiete 
hist.-ant.  Forschung.  XXIV.  S.  214—239. 

Haupt,  H. :  Die  Jenaische  Burschenschaft  von  der  Zeit  ihrer 
GrĂĽndung  bis  zum  Wartburgfeste.  Ihre  Verfassungsentwicklung 
und  ihre  inneren  Kämpfe.  Quellen  und  Darstellungen  z.  Gesch.  d. 
Burschenschaft.    Heidelberg  1910.    H.  1—3. 

Derselbe:  Die  Verfassungsurkunde  der  Jenaischen  Burschen- 
schaft vom  12.  Juni  1815.  Quellen  und  Darstellungen  z.  Gesch.  d. 
Burschenschaft.    Heidelberg  1910.    H.  1—3. 

Derselbe:  Das  Dreibrunnengelände  in  Erfurt.  Thüringer 
Warte.    IV.    S.  97  f. 

Derselbe:  Jenas  Jubelfeier.  ThĂĽringer  Warte.  V.  1908. 
S.  193—206. 

Derselbe:  Erfurts  Gartenbau  im  Mittelalter.  ThĂĽringer 
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Das  „Haus  zum  Stockfisch"  in  Erfurt.  Denkmalpflege.  X. 
S.  57  ff. 

Hausberg,  Der,  und  die  Fuchsturmgesellschaft.  Festschrift 
zur  Feier  des  50jährigen  Bestehens  der  Gesellschaft  im  Sommer  1911. 
Mit  9  Tafeln  und  39  Bildern  im  Texte.  Jena  1911.  Verlag  der 
Fuchsturm gesellschaft.    Druck  von  G.  Neuenhahn.     116  SS.    1  M. 

Hausmann,  G.:  Goethes  amtliche  Stellung  und  amtliche 
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Haussman,  Joh. :  Untersuchungen  ĂĽber  Sprache  und  Stil 
des  jungen  Herder.   XII,   114  SS.   8°.   Leipz.  Inaug.-Diss.  phil.  1906. 

Hecht,  Georg:  Goethe  und  Darwin.  Xenien,  Monatsschrift. 
Leipzig,  1911.  H.  5. 

Hecker,  Max:  Schillers  Persönlichheit.  Gegenwart.  1909. 
(XXXVIII,  Bd.  LXXVI).  No.  46. 

Derselbe:  Die  Briefe  des  jungen  Schiller.  Ausgewählt  und 
eingeleitet.   VIII.   290  SS.   8°.   Leipzig,  Inselverlag,  1909.   2  M. 

Heilborn,  Adolf:  Schillers  Sterbehaus.  Gegenwart.  1909. 
(XXXVIII,  Bd.  LXXVI.)   No.  46. 

Heinecken, Johanna:  Die  Anfänge  der  sächsischen  Frauen- 
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H  e  i  n  t  z  e :  Geschichte  der  Erfindung  des  Porzellans  durch 
Johann  Friedrich  Böttger.  Arch.  f.  d.  Gesch.  d.  Naturwissensch.  u. 
d.  Technik.  II  (1910).  S.  183-200. 

Heldmann,  K. :  Päpstliche  Ehrenkapläne  des  14.  Jahr- 
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bericht d.  Thür.-Sächs.  Vereins.  1909/10.  Haue  a.  S.,  E.  Anton,  1910. 
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Derselbe:  Das  Catharinenkloster  vor  Eisenach.  ThĂĽr.  Ka- 
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[H elm  ri ch ,  W.  C] :  Kurtze Nachrichten  von  der  academischen 
Deposition,  deren  Ursprung,  Absicht,  und  heutigem  Gebrauch,  etc. 
denen  neuen  Herren  Studiosis  und  anderen  zum  Unterricht  ertheilet 

30* 


464  Literatur. 

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Thuringiae,  auctore  anonymo,  nunc  primum  in  lucem  editae:  Archi- 
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Derselbe:  Prologus  et  epilogus  in  dicta  IV  ancillarum  S.  Elisa- 
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18.  Jahrhundert.    Zeitschr.   f.  deutsche  Mundarten.   V  (1910).   S.  3. 

Derselbe:  Die  Sage  vom  Salzunger  Silberglöcklein.  Thür. 
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Hess ler,  H. :  Aus  der  Vergangenheit  Burgholzhausens.  Ka- 
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Hettstedt:  Karl  Alexander  als  Mensch  und  Charakter. 
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Heuer,  Otto:  Eine  verschollene  Goethe-BĂĽste.  Jahrb.  d. 
freien  deutschen  Hochstifts.  1908. 

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Hiecke:  Die  Bauten  des  Klosters  und  der  Landesschule 
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H  [i  1  g  e  n  f  e  1  d] ,  H. :  Ein  vergessenes  Jubiläum.  (Dr.  G.  Zenker.) 
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Derselbe:  Ein  vergessenes  Jubiläum.  (Dr.  Gustav  Zenker.) 
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Literatur.  465 

« 

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deutschen Verbände  für  Altertumsforschung  bei  seiner  Tagung  in 
Wernigerode  am  17. — 19.  April  1911  dargebracht  vom  Harzverein 
fĂĽr  Geschichte  und  Altertumskunde  Wernigerode.  In  Komm,  bei 
H.  C.  Huch  in  Quedlinburg.    12  Sp.    4°.    Mit  einem  Grundriß. 

Höffner,  Joh. :  Schiller.    Velhagen  u.  Klasings  Volksbücher. 

1911.  8°.   32  SS.  m.  Abb.    0,40  M. 

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Honndorf,  H. :  Gedenkblatt  zum  50-jährigen  Jubiläum  des 
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Hoppe,  Fr.,  K.  Schöppe:  Vor  100  Jahren  (Das  Jahr  1810 
in  der  Naumburger  Geschichte).  10.  Beil.  z.  Weihnachtsanzeiger  d. 
Naumb.  Kreisbl.  1910. 

Hoppe,  Fr.:  Aus  der  GrĂĽndungszeit  der  Naumburger  Kramer- 
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Naumb.  Kreisbl.  1911.   No.  118ff. 

Derselbe:  Wolffs  Naumburger  Annalen.  Naumb.  Kreisbl. 
1910.  November  (erscheint  als  Buch). 

Derselbe:  Ein  KurfĂĽrstenbesuch  in  Naumburg  i.  J.  1773. 
Nach  einer  gleichzeitigen  Handschrift  des  städtischen  Archivs. 
Naumb.  Kreisbl.  1911.  No.  139.  Juni  16. 

Derselbe:  Naumburger  Dom-  und  Stadtwappen.  Naumb. 
Kreisbl.  1911.  No.  140.  Juni  17. 

Horneffer,  A.:  Schiller  und  Nietzsche.  Die  Tat.  I.  1909. 
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Hossfeld,  Fr.:  Geschichte  des  Dorfes  Barchfeld  a.  d.  Um 
mit  der  Kaffenburg.  Mit  1  Kärtchen  und  2  Bildern.  242  SS.  gr.  8°. 
1,75  M.    Kranichfeld,  K.  SchĂĽffler,  1910. 

H  ü  b  n  e  r  :  Zwei  Verträge,  geschlossen  vor  dem  Patrimonial- 
gerichte  zu  Schlettwein  1799  und  1805.  Saalfische.  Beil.  z.  Saal- 
felder Kreisbl.  1908.  No.  24. 

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Hugelmann,  Karl:  Ein  Stammbuch  aus  dem  Kreise  Karl 
Leonhard  Reinhold's.  (Jena  und  Kiel  1792—1795.)  54  SS.  gr.  8°. 
Wien,  A.  Opitz  Nachf.,  1910.     1  M. 

Human,  A. :  Johann  Werner  Krauss,  Superintendent  von  Eis- 
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Hundertmarck,  Walther:  Die  Anfänge  des  Eisenbahnwesens 
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466  Literatur. 

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Heft  86. 

Derselbe:  Der  Hospitalbau  der  h.  Elisabeth  und  die  erste 
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No.  33.  S.  129—143. 

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anderen  Dramatikern.  Herausg.  u.  m.  Anmerkungen  u.  erl.  Text 
versehen  von  Curt  Müller.  Leipzig,  Ph.  Beclam  jun.,  1910.  16°. 
260  SS.    geb.  1  M. 

Imhof,  O.  W.:  Ortsgeschichte  von  Niederzimmern.  Teil  II. 
1600 — 1700.    Niederzimmern,  Selbstverlag. 

Isolani,  Eugen:  Die  Schiller-Stiftung.  Hallesche  Ztg.  1909. 
No.  264.    Beil.  z.  Altenburger  Ztg.  1909.  No.  86. 

Jaenisch,  E.:  Eine  Werrafahrt.    Akad.  Turnb.  Bl.  XXII.  12. 

Jahrbuch  der  ThĂĽringer  Vereinigung  fĂĽr  Heimatpflege. 
Eingetr.  Verein  1909.  Herausg.  v.  d.  Geschäftsstelle  Erfurt.  2.  Jahrg. 
149  SS.  m.  Abb.  1  M.  —  1910.  149  SS.  m.  Abb.  gr.  8°.  Erfurt, 
K.  Keil,  1910.     1  M. 

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Dresden,  W.  Baensch,  1908. 

Jakobi,  H. :  Weimar  in  den  Tagen  des  Erfurter  FĂĽrstenkon- 
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Jakobs,  E. :  Friedrich  Weissensee,  ca.  1560 — 1622.  Tonsetzer. 
Allgem.  deutsche  Biogr.  LV.  S.  26. 

Derselbe:  Karl  Zeisberg,  1804—1850.    Ebenda.    S.  402. 

Jakoby,  G. :  Kant  unter  den  Weimarer  Klassikern.  Deutsche 
Rundschau.  S.  136,  182—198,  365—386. 

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schule RoĂźleben.  1910.  XLI  SS. 

Joachimi-Dege,  Marie:  Schiller  und  die  deutschen  Roman- 
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Joch,  Ad.:  Der  30-jährige  Krieg  in  der  Umgebung  von 
Sonneberg.    Sonneberg,  Max  Gloger,  1909.    50  SS. 

John,  Alois:  Der  Schauplatz  von  Goethes  Hermann  und 
Dorothea:  Adorf  und  Elster.    Unser  Egerland.  XV.  1911.  S.  22—35. 

Jonas:  Schillers  Leben  und  Schaffen.  In:  Schillerbuch  fĂĽr 
Deutschlands  Jugend,  herausg.  v.  d.  literar.  Vereinig,  d.  Berliner 
Lehrervereins.  2.  Aufl.  141  SS.  kl.  8°.  Steglitz  -  Berlin ,  Franke, 
1910.     1  M. 

Jordan,  R. :  Zur  Schlacht  bei  Frankenhausen  1525.  Jahresber. 
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Derselbe:  Beiträge  zur  Geschichte  der  Mädchenschule  in 
MĂĽhlhausen.    Aus  alter  Zeit.  IL 

Derselbe:  Zur  Geschichte  der  Stadt  Mühlhausen  i.  Th.  8°. 
MĂĽhlhausen  i.  Th.,  Dannersche  Buchhandlung.  8.  Heft:  Michael 
Koch.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der  bĂĽrgerlichen  Unruhen  in  MĂĽhl- 
hausen i.  Th.  1523-1525.  44  SS.  1910.     1,20  M. 

Derselbe:  Michael  Koch.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  der 
bürgerlichen  Unruhen  in  Mühlhausen  i.  Th.  1523—1525.  28  SS.  8°. 
MĂĽhlhausen,  Gym.  Progr.,  1910. 

Derselbe:  Zur  Schlacht  bei  Frankenhausen.  Jahresber.  d. 
thür.-sächs.  Ver.  f.  Erforsch,  d.  vaterl.  Altertümer.  1908/09.  S.  16—24. 


Literatur.  467 

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Derselbe:  Kleine  Beiträge  zur  Geschichte  des  Gymnasiums. 
Gymn.  Progr.  Mühlhausen  i.  Th.  1909.  S.  1—7. 

Derselbe:  Vor  100  Jahren.  Aus  alter  Zeit.  N.  F.  III.  MĂĽhl- 
hausen, Danner,  1908.    53  SS.    2  M. 

Derselbe:  Aus  der  Franzosenzeit  1806/07.  Aus  alter  Zeit. 
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Derselbe:  Die  Königin  Luise  und  die  Stadt  Mühlhausen  i.  Th. 
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zeiger. 1910.  No.  78  ff. 

Derselbe:  Johannes  Laue,  Prediger  in  MĂĽhlhausen  i.  Th. 
1524 — 1525.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Kirchengesch.  d.  Prov.  Sachsen. 
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Derselbe:  Ăśbergang  MĂĽhlhausens  an  die  Herrschaft  PreuĂźens. 
Aus  alter  Zeit.  IL  Aufl.  2.  MĂĽhlhausen,  Danner,  1908. 

Derselbe:  Die  Familien beziehungen  des  Propstes  Justus  Jonas 
zur  Stadt  MĂĽhlhausen.  Zeitschr.  f.  Kirchengesch.  d.  Prov.  Sachsen. 
VII.  S.  156—161. 

Jubiläum,  das  50-jährige,  des  Wissenschaftlichen  Vereins  in 
Arnstadt.  Arnstädter  Nachrichts-  u. Intelligenzblatt.  143.  Jahrg.  No.20 
(1911,  Jan.  24).  Darin  ein  Referat  ĂĽber  den  Vortrag  von  .Blondaus 
über  „Die  Schwarzb.  Fürsten  als  kaiserl.  Hofpfalzgrafen"  (1691 — 1806). 

J  ĂĽ  n  g  k  e  n  :  Zur  Geschichte  des  Schillerhauses  in  Weimar. 
ThĂĽr.  Monatsbl.  XVII.  1909.  No.  4. 

K.,  A. :  Kotzebue,  RĂĽckblick  zu  seinem  150.  Geburtstag.  Voss. 
Ztg.  1911.  No.  212.  Mai  3. 

K.,  H.:  Schillers  „Räuber"  und  die  Jenaer  Studenten.  Ein 
Beitrag  zum  Schiller-Jahr.    SonntagsbeĂĽ.  z.  Voss.  Ztg.  1909.  No.  45. 

Kahle,  Karl:  Aus  Eisenachs  guten  und  bösen  Tagen.  Bd.  IX. 
6.  Heft.  1851—1860.  Verlag  Hofbuchdruckerei  Eisenach.  1911.  1,30  M. 

Kai  bei,  Fr.:  Tiefurt.  Ăśber  Land  u.  Meer.  1910.  No.  29. 
S.  711-713.  Mit  7  Abb. 

Kalb,  Gust. :  Heimatkunde  von  ThĂĽringen.  Mit  2  Karten. 
3.  Aufl.    Leipzig,  B.  G.  Teubner.     16  SS. 

Kalkschmidt,  Eugen:  Goethe  im  Bildnis.  Die  Grenzboten. 
1911.  LXX.  No.  6.  S.  292. 

Kar  che,  P.  C.  G.:  Coburgs  Vergangenheit.  JahrbĂĽcher  d. 
herzogl.-sächs.  Residenzstadt  Coburg  741—1822.  Mit  1  Bilde:  Alt- 
Coburg  (1626).  Nach  einem  Kupferstiche  von  Peter  Iselburg,  und 
einem  Orts-,  Personen-  und  Sachregister.  VIII.  647  SS.  8°.  Coburg, 
J.  F.  Albrecht,  1910.    geb.  3,50  M. 

Karl  GĂĽnther,  FĂĽrst  v.  Schwarzburg -Sondershausen  f, 
Nachruf  in  der  Sonderausgabe  der  Schwarzb.  -  Rudolst.  Landesztg. 
1909.  März  29. 

Katalog  der  Lehrerbibliothek  der  Königin-Luisen-Schule  zu 
Erfurt.  Bestand  am  1.  Februar  1910.  Osterprogr.  1910.  Erfurt, 
Ohlenroth.   68  SS.   8°. 

Kauf  fungen,  K.  v. :  Alteste  Forst-  und  Holzordnungen  der 
Reichsstadt  MĂĽhlhausen  i.  Th.  1566  und  1571.  Zeitschr.  f.  Forst  - 
und  Jagdwesen.  1908.  S.  462—469,  521—525. 

Derselbe:  Misnensia  im  Archiv  der  Stadt  MĂĽhlhausen  i.  Th. 
Mitt.  d.  V.  f.  G.  d.  St.  MeiĂźen.  28.  H.  1909. 


468  Literatur. 

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Leipzig,  Quelle  u.  Meyer,  1909.    3,25  M. 

Kehler,  Clara  v.:  Der  Park  zu  Weimar.  Sonntagsbl.  No.  47 
z.  Naumburger  Kreisbl.  1909. 

Dieselbe:  Das  alte  und  das  neue  Theater  in  Weimar. 
Sonntagsbl.  No.  44.    Beil.  z.  Naumburger  Kreisbl.  1909.  No.  256. 

K[eibel,  Otto]:  Eine  KĂĽnstlerfamilie  unseres  Landes.  [Orgel- 
bauer SchĂĽtze  in  Paulinzella.]  Schwarzburgbote.  IV.  Spalte  11,  28,  43. 

Keil,  H. :  Wölfis.  Bilder  aus  der  Geschichte  eines  Thüringer 
Walddorfes.   VII.  187  SS.   8°.    Gotha,  F.  A.  Perthes,  1910.   geb.  4M. 

Keller,  L. :  Schiller  und  Albrecht  Friedr.  Lempp.  Monatsh. 
d.  Comeniusgesellschaft.  N.  F.  I.  Heft  5.  1909.  S.  214—220. 

Kemmerich,  Max:  Die  deutschen  Kaiser  und  Könige  im 
Bilde.    Leipzig,   Klinkhardt  u.  Biermann,   1910.  V,  S.  60.    2,50  M. 

Kern,  Philipp  Ernst  Generalsuperintendent  und  Ober- 
hofprediger in  Hildburghausen,  f  1779.  Sachsen-Meining.  Kirchenbl. 
1909.  No.  11.  Beil.  z.  Hildburgh.  Kreisbl. 

Keyssner,  Gustav:  Das  Gebäude  der  Universität  in  Jena. 
Sonderdruck  des  Profanbau,  Leipzig.  66  SS.  gr.  4°.  Mit  4  färb, 
und  70  Textillustr.  und  5  Kissen.    Leipzig,  J.  J.  Arnd.    4  M. 

Kiefer,  K. :  Goethes  Vornamen.  Deutscher  Herold.  XL. 
1909.  S.  179—180. 

Kielmer,  F.:  Zur  150.  Wiederkehr  von  Schillers  Geburtstag. 
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Kiesskalt,  E. :  Der  hohe  Schwärm  zu  Saalfeld  a.  S.  Saal- 
feld, A.  Auerbach,  1910.    40  SS. 

Derselbe:  Soldatenlied  auf  die  verschanzten  schwedisch- 
kaiserlichen Feldlager  bei  Saalfeld  von  Mai  bis  Juni  1640.  Saal- 
fische, Beil.  z.  Saalfelder  Kreisbl.,  1909.  No.  25. 

Kipp,  Friedrich:  Silvester  von  Schaumberg,  der  Freund 
Luthers.  Ein  Lebensbild  aus  der  Reformationszeit  Mit  4  Taf. 
Leipzig,  M.  Heinsius  Nachf.,  1911.    geb.  9  M. 

Kirmis,  M. :  Aus  alten  Jenenser  StammbĂĽchern.  Daheim. 
XLVI.  No.  38,39.  Leipzig,  Velhagen  u.  Klasing,  1910. 

Kirmse,  E.:  Die  Reichspolitik  Hermanns  L,  Landgrafen  von 
Thüringen  und  Pfalzgrafen  von  Sachsen  (1190 — 1217)  (Fortsetzung). 
Zeitschr.  d.  Ver.  f.  thĂĽr.  Gesch.  u.  Altertumsk.,  XXVIII.  S.  42. 

Klaar,  Alfr. :  Schiller  und  Lotte.  Sonntagsbeil.  No.  45  z. 
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Klauder,  A. :  Genealogie  der  Familie  Klauder  aus  Neustadt 
a.  d.  Orla.    Geneal.  Handbuch  bĂĽrgerl.  Familien.  XVI. 

Derselbe:  Genealogie  der  Familie  Klauder  aus  Pößneck  i. Th. 
Geneal.  Handbuch  bĂĽrgerl.  Familien.  XV. 

Kleeberg,   E. :    Stadtschreiber  und  StadtbĂĽcher  in  MĂĽhl- 
hausen i.  Th.  vom  14.— 16.  Jahrh.  nebst  Übersicht  über  die  Editionen 
mittelalterl.  Stadtbücher.    Arch.  f.  Urkundenforsch.  IL  S.  407—490. 
Klein,   O.:  Alma  v.  Goethe,  des  Dichters  Enkelin.    Leipzig- 
Gohlis,  Volger,  1910.   47  SS.   8°.    1,25  M. 

Klinghammer,  Wold.:  Alte  Rudolstädter  Raupen.  Beil.  z. 
Schwarzb.-Rudolst.  Landesztg.  1909.   Nov.  14. 

Knieb  ,  Pf.:  Geschichte  der  Reformation  und  Gegenreformation 
auf  dem  Eichsfelde.  2.  erw.  Aufl.  8°.  XXXII,  416  SS.  Heiligen- 
stadt, Cordier,  1909. 


Literatur.  469 

Koch,  Ernst:  Einiges  aus  der  Geschichte  des  Stiftes  Saal- 
feld. Saalfelder  WeihnachtsbĂĽchlein  1910.  Saalfeld,  Wiedemann. 
25  SS.  0,50  M. 

Derselbe:  Die  Amt-Schmalkaldener  Holzordnungen  aus  den 
Jahren  1533,  1555,  1570  und  die  Amt-Schmalkaldener  sowie  Cent 
Benshäuser  Waldbereitung  vom  Jahre  1570.  Zeitschr.  f.  Henneberg. 
Gesch.  XVI.  1911.  S.  85—158. 

K[och,  ErnstJ:  Meininger  Huldigungseide  aus  den  Jahren 
1418  und  1446.    Meininger  Tagebl.  1910.  No.  48. 

Derselbe:  Ein  ErlaĂź  der  Hennebergischen  Regierung  zur 
Sonntagsheiligung  in  der  Stadt  Meiningen  1594.  Meininger  Tagebl. 
1908.  No.  215. 

Derselbe:  Musikpflege  am  Hofe  der  Grafen  zu  Henneberg. 
Meininger  Tagebl.  1908.  No.  257. 

Derselbe:  Ein  Brief  Magister  Sebastian  Glasers  aus  dem  Jahre 
1545.    Meininger  Tagebl.  1908.  No.  227. 

Derselbe:  Ein  Brief  der  Gräfin  Margarete  zu  Henneberg, 
geb.  Herzogin  zu  Braunschweig  (1473  12.  Febr.  an  Graf  Johann  zu 
Wertheim).    Meininger  Tagebl.  1909.  No.  49. 

Derselbe:  Ein  für  Herzog  Heinrich  zu  Sachsen-Römhild  aus- 
gestellter Lehrbrief  (BĂĽcbsenmeisterj.  Meininger  Tagebl.  1909.  No.  183. 

Derselbe:  Ein  jĂĽdischer  Arzt  im  Dienste  der  Grafen  zu 
Henneberg.     Meininger  Tagebl.  1908.  No.  221. 

Derselbe:  Ein  StĂĽck  Geschichte  des  Schlosses  Henneberg 
aus  dem  Jahre  1485.    Meininger  Tagebl.  1908.  No.  280. 

Derselbe:  Ein  ErlaĂź  Graf  Wilhelms  IV.  zu  Henneberg  gegen 
übermäßigen  Aufwand  bei  Hochzeiten  und  Kindtaufen  (16.  Nov.) 
1538.    Meininger  Tagebl.  1908.  No.  298. 

Derselbe:  Noch  einiges  ĂĽber  die  Flurnamen  Anspann  und 
Aspe.    Meininger  Tagebl.  1909.  No.  55,  67. 

Derselbe:  Die  Einwohner  der  Stadt  Meiningen  im  Jahre  1611. 
Meininger  Tagebl.  1909.  No.  89,  95,  101. 

Derselbe:  Die  Urfehde  Eckart  Sattlers  zu  Meiningen  1432. 
Meininger  Tagebl.  1910.  No.  36. 

Koch,  Ernst:  Die  aus  Hilders  nach  Kaltennordheim  ent- 
fĂĽhrte Glocke  und  die  Grafen  von  Henneberg.  Fuldaer  Geschichts- 
blätter. VII.  No.  12.  S.  177—183. 

Derselbe:  Die  Teufelssage  der  Steinsburg.  Beiwagen  2  zur 
Dorfztg.  (Hildburghausen)  1908.   April  5. 

K[och,  Ernst]:  Der  Aufstand  zu  Meiningen  im  Jahre  1478. 
Meininger  Tagebl.  1910.  No.  60.   März  13. 

Derselbe:  Dr.  Erasmus  Reinhold.  Saalfelder  Weihnachts- 
bĂĽchlein. Saalfeld,  Wiedemann,  1909. 

Derselbe:  Beiträge  zur  inneren  Geschichte  der  Stadt  Meiningen. 
Zeitschr.  d.  Ver.  f.  thĂĽr.  Gesch.  u.  Altertumsk.  XXVIII.  S.  340-354. 

Koch,  Herb.:  Der  Sächsische  Bruderkrieg  1446-1451.  Gekrönte 
Preisarbeit.    Jahrb.  d.  Kgl.  Akad.  f.  gemeinn.  Wiss.  1910.  260  SS. 

Derselbe:  Geschichte  der  Stadt  und  Universität  Jena.  In: 
Studentisches  Taschenbuch,  1910.  Hrsgg.  vom  AusschuĂź  der  Freien 
Studentenschaft.  S.  21—34.  Auch  in:  Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat. 
Beil.  z.  Jenaer  Volksbl.  1911.  No.  6—9. 

Derselbe:  Die  Johann-Georgs-Kirche  und  der  Johannis- 
Friedhof  in  Jena.  Mit  11  Tafeln  und  einer  Karte.  8°.  68  SS.  Jena, 
B.  Vopelius,  1911. 


470  Literatur. 

Koch,  Herb.:  Thüringische  Glocken.  Blätter  f.  Unterh.  u. 
Bei.,  Beil.  z.  Jen.  Ztg.  1909.  No.  26,  28,  31. 

Derselbe:  Hans  Gronig,  ein  Jenaer  KĂĽnstler.  Altes  u.  Neues 
a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksb.  1909.  Mai  2. 

Derselbe:  Ein  Haushaltungsausgabebuch  aus  der  alten  guten 
Zeit.  Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1910. 
März  18. 

Derselbe:  Beise  der  von  dem  Deutschen  Orden  im  Jahre  1451 
ausgesandten  Visitatoren.  Zeitschr.  f.  ThĂĽr.  Gesch.  u.  Altertumsk. 
XXVIII.  S.  198—204. 

Derselbe:  Maria  Paulowna,  GroĂźherzogin  von  Sachsen 
(f  23.  Juni  1859).  Deutschland,  Weim.  Landesztg.,  u.  Jen.  Volksbl. 
1909.  Juni  23. 

Derselbe:  Andreas  Ramdohr,  Professor  in  Jena  1613 — 1656. 
Jenaer  Volksbl.  1910.  Aug.  1. 

Derselbe:  Adrian  Beiers  Athenae  Salanae.  Arch.  f.  Stamm- 
kunde. 1910. 

Derselbe:  Steinmetzzeichen  an  der  Jenenser  Michaeliskirche. 
Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1910.  No.  19. 

Derselbe:  Friedrich  der  GroĂźe  in  Jena.  Altes  u.  Neues  a. 
d.  Heimat.   Beil.  z.  Jen    Volksbl.  1911.   No.  10. 

Derselbe:  Die  KirchenbĂĽcher  des  Herzogtums  Sachsen- 
Meiningen.  In:  Mitt.  d.  Zentralstelle  f.  deutsche  Person engesch. 
VII.  S.  68-115.     Dazu:  Dorfztg.  1910.  Sept.  21. 

Derselbe:  Jena  im  30jähr.  Kriege.  Altes  u.  Neues  a.  d. 
Heimat,   Beil.  z.  Jen.  Volksb.  1909.  Juli  22. 

Derselbe:  Kreuzsteine.  Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.  Beil. 
z.  Jen.  Volksbl.  1909.  August  25. 

Derselbe:  Herzog  Wilhelms  LandtagsbeschluĂź  vom  9.  Jan. 
1446.     Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1909.  Nov.  13. 

Derselbe:  MĂĽnzverordnungen  Herzog  Wilhelm  III.  von 
Sachsen  1444—1482.    Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1909.  Dez.  18. 

Derselbe:  Jenas  evangelische  Geistlichen  (1524 — 1576).  Beil. 
z.  Jen.  Volksbl.  1910.  März  5. 

Derselbe:  Grenzstreitigkeiten  zwischen  Jena  und  Burgau 
im  15.  Jahrh.    Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1910.  No.  7. 

Ders  elbe:  Die  Grabdenkmäler  in  Jena.  In:  Arch.  f.  Stamm- 
u.  Wappenkunde.  X.  1910.  No.  11.  S.  172.  PapiermĂĽhle,  Voigt. 
Der  Deutsche  Herold.  1910.  No.  6. 

Koegler,  H. :  Die  erste  Städteordnung  im  Großherzogtum 
S.-Weimar.     Dorfztg.  1911.  No.  25.  Jan.  25. 

Derselbe:  Von  der  „Tanne"  in  Jena,  von  Goethe  und  von 
der  deutschen  Burschenschaft,  Burschenschaftliche  Blätter.  XXIV. 
S.  6  ff. 

K[oegler],  H. :  Zur  Geschichte  des  Fuchsturmes  bei  Jena. 
3.  Beiwagen  zur  Dorfztg.  1911.   No.  19.  Mai  21. 

Koegler,  H.:  Schillers  „Räuber"  und  die  Jenaer  Studenten. 
Weidaer  Ztg.  1909.  No.  264.    Gothaisches  Tagebl.  1909.  No.  264. 

Köhler,  C. :  Zwei  Schuld-  und  Pfandverschreibungen  der 
Grafen  von  Honstein  an  Nordhäuser  Bürger  von  1344  und  1370, 
nebst  einigen  anderen  Urkunden  und  einer  Karte  der  Herrschaft 
Lohra.    Zeitschr.  d.  Harzvereins.  XLII.  1909.  S.  261—360. 

Derselbe:  Stammtafel  der  Grafen  von  Hanstein.  Zeitschr. 
des  Harzver.  f.  Gesch.  u.  Altertumsk.  XLII.  S.  143—156. 


Literatur.  47 1 

Koehler,  P.:  Der  Pößnecker  Chronist  Johann  Christoph 
Könitzer  1690—1772.     Pößnecker  Ztg.  1911.  No.  19. 

Koehne,  Otto:  Erinnerungen  eines  alten  Burschenschafters. 
Burschenschaftliche  Blätter.  XXII.  S.  1—3,  25—28,  49—53. 

Könnecke,  Max:  Führer  durch  Stadt  und  Burg  Querfurt 
in  Vergangenheit  und  Gegenwart.  46  SS.  mit  Abbildungen,  1  Taf., 
1  Plan  und  8  Ansichtskarten.  Querfurt,  R.  Jaeckel,  1910.  8°. 
Geb.  2  M. 

Derselbe:  Ein  städtischer  Ausgabeposten  zu  Luthers  Leichen- 
begängnis.    Mansfelder  Blätter.  XXIV.  S.  242  f. 

Körner,  B. :  Genealogie  der  Familie  Körner  aus  Lumpzig 
S.-A.     In:  Geneal.  Handbuch  bĂĽrgerl.  Familien.  XVI. 

Kötzschke,  R.:  Die  kulturgeschichtliche  Stellung  der  Uni- 
versität Leipzig.  N.  A.  f.  Sachs.  Gesch.  u.  Altertumsk.  XXXI.  1910. 
S.  29,  85. 

Derselbe:  Staat  und  Kultur  im  Zeitalter  der  ostdeutschen 
Kolonisation.  In  :  Aus  Sachsens  Vergangenheit.  H.  1.  68  SS.  Leipzig, 
Joh.  Wörner,  1910. 

Kohlstock,  Karl:  Kleine  Heimat-  und  Landeskunde  des 
Herzogtums  Gotha  mit  14  Abbildungen.  FĂĽr  die  Hand  der  SchĂĽler 
bearbeitet.    56  SS.    Gotha,  R.  Wöpke,  1910.    8°.   0,40  M. 

Kohut,  Adolf:  Ungedruckte  Briefe  der  Herzoginnen  Anna 
Amalia  und  Luise  von  Sachsen-Weimar  an  Herder.  Monatshefte  der 
Commeniusgesellschaft.  1909.  H.  7. 

Koja,  Fried  r. :  Schiller  als  Erzieher  seines  Volkes.  Gedächtnis- 
rede zu  des  Dichters  150.  Geburtstage  am  10.  November  1909. 
Gymn.-Progr.  Kremsier  1910.   S.  1—9.  4°. 

Kolbe,  W. :  Der  Einfall  des  Prinzen  Friedrich  von  Braun- 
schweig in  das  Eichsfeld  und  seine  Folgen  (1762).  In:  Heimatland. 
VII.  S.  17—19. 

Konrad,  Karl:  Jenas  Burschenherrlichkeit  im  Spiegel  deut- 
scher Dichtung.  Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl. 
1909.  April  6. 

Koppenhagen,  Benno:  Aus  dem  Tagebuch  eines  ThĂĽringer 
Landarztes.  Heitere  Skizzen  von  der  Höhe  des  Waldes.  XI,  259  SS. 
Hildburghausen,  Thüringische  Verlagsanstalt.  1910.  8°.  2,50  M. 

Krähe,  Wilh. :  Die  ersten  Nationalfestspiele  für  die  deutsche 
Jugend.    Pädagog.  Arch.  LI.  H.  11.  Meyer,  Leipzig  Quelle  u.  Meyer. 

Krauss,  Eud, :  Schillers  Popularität.  Beil.  z.  Schwarzb.- 
Rudolst.  Landesztg.  1909.  Nov.  10. 

Derselbe:  Schiller  und  Verdi.     Neue  Musikztg.  1910.  H.  5. 

Kraze,  H. :  Schlösser  und  Geschlechter :  Ziegesar-Helldorfs 
und  Drakendorf.    In:  Daheim.  XLVII.  No.  8/9. 

Krem  er,  Jos.:  Die  Servitenklöster  Mariengart  und  Vacha. 
In :  Quellen  z.  Gesch.  d.  Abtei  Fulda.  8°.  Fulda,  Aktiendruckerei,  1910. 

Kretzschmar,  Joh.  R. :  Die  Entstehung  von  Stadt  und 
Stadtrecht  in  den  Gebieten  zwischen  der  mittleren  Saale  und  der 
Lausitzer  NeiĂźe. 

Krieg,  R. :  Von  MĂĽnden  nach  Karlshafen.  Montagsbl.  No. 44. 
Wochenbeil.  z.  Magdeb.  Ztg.  1909. 

Derselbe:  Die  Kommende Griefstedt.  Montagsblatt,  Wochen- 
beilage z.  Magdeb.  Ztg.  1908.  S.  343. 

Derselbe:  Aus  dem  oberen  Unstruttale.  Montagsbl.  No.  33 
—36.  Wiss.  Wochenbeil.  z.  Magdeb.  Ztg.  1909. 


472  Literatur. 

Krieger,  v.:  Erinneruugsblätter  von  Schülern  des?  damaligen 
Herzogl.  Obergymnasiums  zu  Braunschweig  und  des  Königl.  Gym- 
nasiums in  Erfurt.  In:  Roland.  Aren.  f.  Stammkunde.  XI.  S.  39—41, 
PapiermĂĽhle  S.-A.  1910. 

Kriesehe:  Die  Stadt  Weimar  zur  Zeit  Goethes.  4°.  12  SS. 
Weimar,  Alex.  Huschke  Nachf.,  1909. 

Kropp,  Phil.:  Latenezeitliche  Funde  an  der  keltisch-germa- 
nischen Völkergrenze  zwischen  Saale  und  weißer  Elster.  In  :  For- 
schungen zur  FrĂĽh-  und  Vorgeschichte  Europas.  H.  2.  Mit  167  Abb. 
und  2  Karten  im  Text.  WĂĽrzburg,  Curt  Kabitzsch,  1911.  IV,  132  SS. 
8°.  6,50  M. 

KrĂĽger,  K. :  Wann  ist  die  Stadtkirche  zu  Rudolstadt  erbaut 
worden  ?     Schwarzb.-Rudolst.  Landesztg.  1911.  No.  147.  Juni  25. 

Krumbholz,  P. :  Johann  Gottfried  Zeidler  als  Verfasser  der 
Schrift  von  den  sieben  Schulmeisterteufeln.  In :  Mitt.  d.  Gesch.  f. 
deutsche  Erziehungs-  u.  Schulgesch.  XX.  1910.  S.  237-270. 

Kuberka,  Felix:  Zu  Schillers  WĂĽrdigung.  Suhl,  Kauf- 
mann. 8°.  18  SS.  (Soll  als  Buch  erscheinen  u.  d.  Titel:  Schiller,  der 
Dichter  als  Denker.)     Oberrealschul-Osterprogramm  1909. 

Kühn,  Hugo:  Quellen  und  quellenmäßige  Berichte  aus  Thü- 
ringen zur  Belebung  und  Ergänzung  des  Geschichtsunterrichts  (für 
die  Zeit  vom  30jähr.  Krieg  bis  zum  Jahre  1815).  X,  230  SS.  8°. 
Langensalza,  H.  Beyer  &  Söhne,  1910.   4  M. 

KĂĽhn,  Paul:  Im  klassischen  Weimar.  Reklams  Universum. 
XXVI.  H.  6.  S.  127. 

Derselbe:  Die  Frauen  um  Goethe.  Weimarer  Interieurs. 
I.  Bd.    Die  Frauen.    Ehe.    Seelenfreundschaft.    Liebe.    1. — 3.  Taus. 

XXI,  442  SS.  mit  24  Bildnissen.   8°.    Leipzig,  Klinkhardt  u.  Bier- 
mann, 1911.  geb.  6  M. 

Derselbe:  Weimar.  Stätten  der  Kultur.  XIII.  216  SS.  8°. 
Leipzig,  Klinkhardt  u.  Biermann,  1909. 

Kumpel,  C:  Eine  altgermanische  Kultstätte  von  hervor- 
ragender Bedeutung.  In:  Festschrift  zur  XV.  Bundesversammlung 
des  Thür.  Bundes  Stolze-Schrey.   S.  43 — 47.   Gleichberg  b/Römhild. 

Kürsten,  O. :  Neue  Thüringer  Klänge.  16  SS.  8°.  Erfurt, 
Körner,  1910.  0,15  M. 

Derselbe:  Der  Vokalismus  der  sĂĽdwestthĂĽr.  Mundart,  ver- 
anschaulicht an  dem  Dialekte  an  den  Gleichen.  1.  Die  kurzen  Vokale. 
Erfurt,  Stadt.  Oberrealschulprogr.  1910,  12  SS.  4°. 

Kuhn,  C. :  Illustrierter  ReisefĂĽhrer  durch  das  deutsche  Land. 
Bd.  III.  ThĂĽringen.     Berlin  C.  19,  F.  Zillessen,  1907. 

Kuli m er,  Charles  Jul.:  Pößneck  und  Hermann  und 
Dorothea.  VII,  49  SS.  mit  Abbildungen  und  Titelbild.  8°.  Heidel- 
berg, Carl  Winter,  1910.   1,50  M. 

Kulturbilder  der  Stadt  Kahla  aus  dem  15.  Jahrhundert. 
Heergewette  und  Harnisch.  Saalfische.  Beil.  z.  Saalfelder  Kreisbl. 
1909.  No.  12. 

Kutscher,  A. :  Schiller  und  Wir.  Werdandi.  1909.  Nov.— 
Dez.  1—9. 

L.,  A. :  Zwischen  Weimar  und  Jena.  Eine  Theaterfahrt  aus 
der  Fuchsenzeit.    Burschenschaft!.  Blätter.  XXII.  S.  191 — 193. 

L.,  H. :  Das  Jenenser  Universitätsjubiläum.  Burschenschaftl. 
Blätter.  XXII.  S.  236-238. 

Derselbe:    Vom    Jenaer    Karzer.     Burschenschaft].    Blätter. 

XXII.  S.  189-191. 


Literatur.  473 

L.,  L.:  Ueber  die  literarische  Bedeutung  Berthold  Sigismunds. 
Zum  Gedächtnis  seines  90.  Geburtstages,  19.  März  1909.  Beil.  z. 
Schwarzb.-Rudolst.  Landesztg.  1909.  März  19. 

Landmann,  H. :  Deutsches  Walderziehungsheim  in  Roda 
S.-A.  bei  Jena  (ThĂĽringen).    Roda,  C.  T.  Wiedemann,  1909. 

Landmann,  K.  v.:  Krieg  von  1806  und  1807.  Auf  Grund 
urkundlichen  Materiales  sowie  der  neuesten  Forschungen  und  Quellen. 
(PreuĂźen-Deutschlands  Kriege  von  der  Zeit  Friedrichs  des  GroĂźen 
bis  auf  die  Gegenwart  III.)    Berlin,  Voss,  1909.  XV,  467  SS.  10  M. 

Langethal:  Geschichte  Keilhaus  in  der  Landesgeschichte. 
Neubearbeitet  mit  Vorwort  von  Wächter.  Leipzig,  Thalacker,  1909. 
160  SS.  1,25  M. 

Laue,  M. :  Sachsen  und  ThĂĽringen.  Jahresberichte  der  Ge- 
schichtswissenschaft. XXX.  1907.  H.  2.  S.  121—166.  XXXI.  1908. 
H.  2.  S.  187—227.  8°.     Berlin,  Weidmann,  1910. 

Derselbe:  Bibliographie.  Thür.-sächs.  Ver.  f.  Gesch.  u. 
Kunst.  I.  Bd.   Halle,  1911.  S.  137—168. 

Leers,  Rud. :  Geschlechtskunde  der  Grafen  von  Mansfeld 
Querfurter  Stammes.  Teil  2.  (1330—1420.)  Mansfelder  Blätter. 
XXII.  S.  110—154. 

Derselbe:  Mansf eidische  Erbteilungen  1420—1520.  Eisleben, 
Schneider,  1910.   Luther-Gymnasialprogr.  1910.   S.  1—20.  4°. 

Lehnstreit,  der,  zwischen  Schwarzburg  und  Sachsen- Weimar. 
(Ein  Beitrag  zur  Entwicklungsgeschichte  der  territorialen  Verhältnisse 
ThĂĽringens.)     Arnstadt.  Intelligenzblatt.  1911.  No.  153  ff. 

Lejeune,  Ernst:  Die  neueren  MĂĽnzen  und  Medaillen  der 
Reichsstadt  Nordhausen.  Aus  Blättern  f.  Münzfreunde.  15  SS.  m. 
Abb.  u.  3  Lichtdrucktaf.  Lex.  8°.  Dresden,  C.  G.  Thieme,  1910.  4  M. 

Lemmens,  L.:  Die  hl.  Elisabeth  in  der  neueren  Forschung. 
Fuldaer  Geschichtsblätter.  VI.  S.  145—155. 

Derselbe:  Ex  iibro  miraculorum  invisionorum  in  provincia 
(OFM)  Saxoniae  c.  1300  conscripto.  Archivum  Franciscanum  histori- 
cum.  IL  p.  72-78. 

Lewes,  G.  H.:  Goethes  Leben.  Neu  ĂĽbers,  von  P.  Lippert. 
8.  Aufl.  2  Bde.  Berlin,  Neufeld  u.  Henius,  1910.  XIII,  550  SS.  u. 
XV,  620  SS.  7,50  M. 

Liebe,  G.:  Ein  Gutachten  zur  BegrĂĽndung  der  Klosterschule 
RoĂźleben.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  d.  Kirchengesch.  d.  Provinz  Sachsen. 
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Ein  Liebesbrief  eines  Schmöllners  aus  dem  Jahre  1654. 
Beilage  zur  Altenb.  Ztg.   1910.    S.  174. 

Liebmannn,  R. :  Wie  ist  der  Zwiespalt  zwischen  den  frän- 
kischen und  den  sächsischen  Geschichtsquelien  über  den  Untergang 
des  sächsischen  Königreiches  zu  erklären?  Ein  Versuch.  Zeitschr. 
d.  Ver.  f.  Thür.  Gesch.  u.  Altertumsk.,  XX VIII.  S.  331—339. 

Liedloff,  W. :  Friedrichsroda  und  Umgebung.  Praktischer 
Führer  für  Kurgäste  und  Touristen.  2.  Aufl.  Mit  zwei  Karten. 
(Griebens  ReisefĂĽhrer  No.  112.)     Berlin,  A.  Goldschmidt,  1910. 

Lienhard,  F.:  Goethe.  Stuttgart,  Greiner  &  Pf.  268  SS. 
3  50  M 

Derselbe:  Über  Schiller.    Xenien.  1909.  H.  11.  S.  257—260. 

Derselbe:  Das  klassische  Weimar.  Wissenschaft  u.  BĂĽdung 
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Lilienfein,  H.:  Zum  Schiller-Tage.  10.  Nov.  1759-10.  Nov. 
1909.    Eckart.  IV.  1909/10.  S.  81-87. 


474  Literatur. 

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Lindner:  Die  Stellung  Sachsens  und  ThĂĽringens  in  der 
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Gesch.  Ver.  1903.  S.  202—203. 

Lins,  W  i  1  h. :  Die  thüringischen  Eisenbahnverhältnisse  in 
ihrer  geschichtlichen  Entwicklung  und  gegenwärtigen  Lage  dar- 
gestellt. Mit  Fr.  Lists  Diplom  und  einem  Brieffacsimile  im  Anhang. 
Jena,  Diss.  phil.,  G.  Fischer,  1910.    56  SS. 

Derselbe:  Die  thüringischen  Eisen bahnverhältnisse,  in  ihrer 
geschichtlichen  Entwicklung  und  gegenwärtigen  Lage  dargestellt. 
Mit  Fr.  Lists  Diplom  n.  e.  Brieffacsimile  im  Anhang.  VIII.  119, 
IV  SS.  m.  2  Taf.  1910.  2  M.  —  Abhandlungen  des  staatswissen- 
schaftlichen Seminars  zu  Jena.    VIII.  Bd.  gr.  8.    Jena,  G.  Fischer. 

Liszt,  Franz,  et  Charles  Alexandre,  Grand -Duc  de 
Saxe:  Correspondance.  Publiee  par  La  Mar a.  34  u.  217  SS.  m. 
2  Bildnissen.    8°.     Leipzig,  Breitkopf  u.  Härtel,  1909.    5  M. 

Litzmann:  Theatergeschichte.  Forschungen.  9.  Hodermann, 
Gesch.  d.  Goth.  Hoftheaters.  3,50  M.  13.  Schlösser,  vom  Hamburger 
Nationaltheater  zur  Gothaer  HofbĂĽhne.    2,80  M. 

Loe,  v.:  Statistisches  ĂĽber  die  Ordensprovinz  Saxonia.  65  SS. 
2,60  M.  In :  Quellen  und  Forschungen  zur  Geschichte  des  Dominikaner- 
ordens in  Deutschland. 

Loeber,  OL:  Eine  Gedächtnisfeier  zu  Schillers  150.  Geburts- 
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Löffler,  Kl.:  Der  Hülfensberg  im  Eichsfelde.  Neue  Mitt. 
a.  d.  Geb.  hist.  Forsch.  1909. 

Löwenberg,  V.:  Zur  Entwicklungsgeschichte  des  Klassen- 
kampfes vom  Jahre  1525  in  der  freien  Eeichsstadt  MĂĽhlhausen  i.  Th. 
Volksblatt,  Organ  f.  d.  werktätige  Bevölkerung  d.  Wahlkreise  Mühl- 
hausen-Langensalza-WeiĂźensee.  1910. 

Loewenfeld,  W. :  Ein  Besuch  bei  Gustav  Frey  tag  [in  Gotha 
1893].    Sonntagsbeil.  z.  Voss.  Ztg.   No.  320  (2.  Juli).   S.  211—214. 

Lomler:  Dr.  theo)..  Friedrich  Wilhelm  Lomler,  Sup.  u.  Hof- 
prediger in  Saalfeld  1774.  Sachs.-Meinig.  Kirchenbl.  1909.  No.  5. 
Beil.  etc. 

Lommer,  Vict.:  Brakteaten  und  Hohlpfennige  insbesondere 
der  Stadt  Jena  und  deren  Funde  in  der  Umgegend.  Blätter  f.  Unter- 
haltung (Jen.  Ztg.).  1911  (Febr.  9).  No.  12. 

Derselbe:  Der  Hexengrund  am  FuĂźe  des  Schauenforstes  bei 
OrlamĂĽnde  und  seine  Beziehungen  zur  Vorgeschichte.  ThĂĽr.  Monats- 
blätter. XIX.  No.  1.  S.  6—10. 

Derselbe:  BrĂĽckenstiftungen  an  der  Saale.  Altes  u.  Neues 
a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1910.  No.  22. 

Derselbe:  Die  in  den  Jenaischen  Urkunden  des  14.  und  15. 
Jahrhunderts  erwähnten  Zahlungsmittel.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1910. 
Mai  14.  No.  11. 

Lfommer],  V.:  Zur  Geschichte  von  Lichtenhain.  Altes  u. 
Neues  a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1911.  No.  10. 

Derselbe:  Die  Waffenlast  der  Stadt  Jena  im  Mittelalter. 
Jen.  Ztg.  1911.    BeĂĽage  No.  70.   Juni  25. 

Derselbe:  Tanzvergnügen  in  Wöllnitz  am  1.  Juni  1825. 
Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1911.  No.  1. 

Lothholz:  Karl  Ferdinand  Wieck,  1787—1864.  Allgem. 
deutsche  Biogr.  LV.  1910.  S.  63—67. 


Literatur.  475 

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10.  Juni  1635.    Mansfelder  Geschichtsbl.  XXII.  S.  225  f. 

Verwandte  Luthers  in  Niederrossla  bei  Apolda.  Jen.  Ztg. 
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Luther,  Johannes:  Luther  und  die  Wartburg.  Luther- 
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Luther,  Martin:  Unterricht  der  Visitatoren  an  die 
Pfarrherrn  im  Kurf.  zu  Sachsen  (1528),  in  Herzog  Heinrichs  zu 
Sachsen  FĂĽrstentum  (1538/39),  im  Bistum  Naumburg  (1545).  In: 
D.  M.  Luthers  Werke.  Kritische  Gesamtausgabe.  XXVI.  1909. 
S.  175—240. 

Lutze,  G. :  Aus  vergangenen  Tagen.  Aus  dem  Reiche  der 
Wunder.  I :  Im  Namen  Jesu.  Kurtze  Beschreibung  eines  Blutzeichens, 
welches  Im  Dorffe  BotenheiligeD,  zum  Gräflich  Schwarburgischen 
Amte  Ebeleben  gehörig,  am  28.  Juli  dieses  1673  Jahres  früe  umb 
4  Uhr  gesehen  worden.  II.  Die  blutende  Geweihstange.  Arnstadt. 
Nachrichtsblatt.  1911.  No.  147.  Juni  25. 

M. :  Klassische  Stätten  bei  Weimar.    Saalfische.  1908.  No.  21. 

Maas,  Bernhard:  Rede  zum  150.  Geburtstage  Schillers. 
Dorsten,  Reichatz,  1910.  S.  17—23.   4».    Kath.  Gymn.-Progr. 

Maisch,  H. :  Der  Streit  der  4  Gemeinden  des  alten  Amts 
Altenstein  mit  den  Junckern  Hund  von  Wenckheim.  ThĂĽr.  Warte. 
IV.  S.  209—212. 

Maisch,  R. :  Heinrich  Raspe,  Landgraf  von  ThĂĽringen  und 
Deutscher  König  (f  1247).  In :  Forsch,  zur  Thüring.-sächs.  Gesch., 
hrsgg.  v.  d.  Thüring.-sächs.  Geschichtsverein.  Halle  a/S.,  Gebauer, 
1911.  76  SS.  und  1  Stammtafel.  Auch  Jenaer  Diss.  1911.  XV, 
24  SS. 

Derselbe:  Aberglaube  in  Sitten  und  Bräuchen  der  Gegend 
um  den  Altenstein.    ThĂĽr.  Warte.  V.  S.  267  f. 

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und  Prager  Studenten.  Altenburg,  1739,  März  5.  Sonntagsbl.  No.  47 
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Matthes:  Die  alte  Kunitzer  Dorfordnung.  Altes  u.  Neues 
a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1910.  März. 

[Matthes]:  Lehrernot  und  Lehrerelend  in  Triptis  am  Anfang 
des  17.  Jahrhunderts.  Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen. 
Volksbl.  1908.  Sept.  29. 

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stadt,  Mänicke  u.  Jahn,  1910.    59  SS.    8°. 

Maude,  F.  N.:  The  Jena  compaign  1806.  London,  Sonnen- 
schein.   226  SS.    5  sh. 

May,  Walther:  Ernst  Haeckel.  Westermanns  Monatshefte. 
LV.  6.  Braunschweig  1911.  S.  923—930.  Mit  4  Abb. 

Derselbe:  Ernst  Haeckel.  Versuch  einer  Chronik  seines 
Lebens  und  Wirkens.  Leipzig,  Barth,  1909.  VII.  301  SS.  gr.  8°. 
6,60  M. 

Maydorn,  B. :  Die  Nationalfestspiele  des  Deutschen  Schiller- 
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XXIII.  S.  4. 


47  6  Literatur. 

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des  Eutheneums  in  Schleiz.  Schleiz,  R.  Rosenthal,  1907.  Gymn. 
Progr.    4°.    30  SS. 

Meier- Wöhr den:  Paul  Meder.  Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat. 
Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1910.  No.  2. 

Derselbe:  Karl  MĂĽllerhartung.  Altes  u.  Neues  a.  d..  Heimat. 
Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1908.  Juli  7. 

Meissinger,  K.  A.:  Der  junge  Luther.  Frankfurter  Ztg. 
(I.  Blatt.)  1910.  30.  Okt. 

Memminger,  K. :  880  Jahre  Baugeschichte  des  Naumburger 
Domes.  Gelesen  aus  Urkunden  und  aus  dem  Bau  selbst.  Kunst- 
freunden und  Liebhabern  des  Domes  dargeboten.  2.  m.  Anmerk.  u. 
Erläut.  etc.  versehene  Aufl.  (40  S.  m.  Abb.)  kl.  8°.  Naumburg, 
E.  Schöller,  1910.    0,50  M. 

Graf  M  e  n  s  d  o  r  f  f  zu  Saalfeld  10.  Okt.  1806.  Saalfelder  Kreisbl. 
Saalfische.  1908.  No.  20. 

Mentzel,  Elis:  Auf  Goethes  Spuren  in  Malcesine.  Jahrb. 
d.  freien  deutschen  Hochstifts.  1908. 

Mercks,  Joh.  Heinr. :  Briefe  an  die  Herzogin-Mutter  Anna 
Amalia  und  an  den  Herzog  Carl  August  v.  Sachsen- Weimar.  Hrsg. 
von  Hans  Gerhard  Graf.  XXV,  343  SS.  8°.  Leipzig,  Insel-Verlag, 
1911.    geb.  8  M. 

Meyer,  Christian:  Eine  fürstliche  Palästinafahrt  vor  450 
Jahren  (Herzog  Wilhelm  von  Sachsen).  Sonntagsbeil.  No.  38  z.  Voss. 
Ztg.  No.  439.  18.  Sept.  1910. 

Meyer,  Georg:  Die  Franzosen  im  Kloster  Ilfeld  nach  der 
Schlacht  bei  Jena.  Progr.  Klosterschule  Ilfeld.  S.  3—25.  Mit  5  Abb. 
Göttingen,  Louis  Hofer,  1909. 

Derselbe:  Christian  Gottlob  Heynes  Briefwechsel  mit  Johanna 
v.  Müller  über  Ilfeld.  Göttingen,  Hofer,  1910.  Ilfelder  Osterprogr. 
S.  1—44.   4°. 

Meyer,    Richard   M. :    Tannhäuser    und   Tannhäusersage. 
Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Volkskunde.  XXI.  Berlin  1911.  Heft  1.  S.  1-31. 
Derselbe:  Goethe  und  seine  Freunde  im  Briefwechsel.    1.  Bd. 
Lex.  8°.     S.  581.     Berlin  Bondi.     6  M. 

Michel,  A. :  Caroline  Neubers  theatralische  Sendung  (zu  ihrem 
150.  Todestage,  30.  Nov.).  „Deutschland",  weim.  Landesztg.  No.  328. 
1910.  30.  Nov. 

Mirus,  Adolf:  Charlotte  Hardtmuth  geb.  Völkel  und  das 
Goethesche  Haus.    Ztg.  Deutschland.  No.  170.  1910.  24.  Juni. 

Derselbe:  Zum  Gedächtnis  des  Geh.  Justizrats  Dr.  Carl 
Reinhold  zu  Weimar.  Weim.  Ztg.  1910.  Juni  17.  Jahrg.  156.  No.  139. 
Jen.  Ztg.  1910.  Juni  17.  Jahrg.  237.  No.  139. 

Mitzschke,  Paul:  Der  GnĂĽsch.  In:  Das  Mareile,  Bote  des 
Rennsteigvereines.  1910.  No.  6.  S.  59—61. 

Derselbe:  Zwei  Briefe  Wilhelms  des  Tapferen.  N.  A.  f. 
Sächsische  Geschichte.  1909.  XXX.  S.  151  f. 

Derselbe:  Jugenderinnerungen  eines  ehemaligen  Extraneers 
von  Schulpforta.  Montagsblatt.  Beil.  d.  Magdeburger  Ztg.  1909. 
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Derselbe:  Das  Nietzsche- Archiv  in  Weimar.  ThĂĽr.  Warte. 
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Derselbe:  Fritz  Reuter  und  die  Rudelsburg.  Dorfztg.  1910. 
April  10.  3.  Beiwagen  zu  No.  83. 


Literatur.  477 

Mitzschke,  Paul:  Nochmals  Fritz  Eeuter  und  die  Rudels  - 
bĂĽrg.    Dorfztg.  1910.  No.  171.  3.  Beiwagen. 

Derselbe:  Karl  Albert  Leopold  Benedikt  Wintzer,  1812—1890. 
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Derselbe:  Eisenbart  in  Koburg  1713.  Thür.  Warte.  IV.  S.12— 16. 

Derselbe:  Chr.  L.  Wucke,  Dialektdichter,  1807—1883.  Allgem. 
deutsche  Biogr.  LV.  S.  125. 

Derselbe:  ThĂĽringische  Archivpoesie.  Gotha,  Fr.  Perthes 
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Möslein,  Paul:  Die  Gewerbegesetzgebung  der  Thüringer 
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Mötefindt,  Hugo:  Die  Entwicklung  der  vorgeschichtlichen 
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(Magdeb.  Ztg.).  1911.  No.  16/17.  (24.  April.) 

Mollber^,  A. :  Karl  Volkmar  Stoy.  Miterlebtes  aus  Stoys 
letztem  Jahre.  "Jen.  Ztg.  1910.  No.  20—21. 

Derselbe:  Karl  Volkmar  Stov.  Miterlebtes  aus  Stovs  letztem 
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Morgenroth:  Was  in  dem  Kirchen turmknopf  von  Göttern 
war.   Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1910.  No.  2. 

Morris,  Max:  Zu  Goethes  Stammbucheintragen.  In:  Chronik 
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Muchau,  Herrn.:  Das  4000-jährige  Alter  des  Volkes  der 
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die  Urzeit  ThĂĽringens. 

Mucke,  E. :  Sorbenwendische  Namen  im  Zeitzer  Kreise  zu- 
sammengestellt und  erklärt.     Zeitz,  Jubelt,  1910.    33  SS.    0,25  M. 

Mueller,  A.:  Entgegnung  und  Zurückweisung  (betr.  Zerstörung 
von  Dörfern  und  Burgen  im  Bruderkriege).  Zeitschr.  d.  Ver.  f. 
thür.  Gesch.  u.  Altertumsk.  XXVIII.  S.  420—422. 

MĂĽhe,  Th. :  Studentenleben  und  -lieben  im  Spiegel  eines  alten 
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MĂĽhlfeld,  Christian:  Die  herzogl.  Hofkapelle  in  Meiningen. 
Biographisches  und  Statistisches,  zusammengetragen  und  bearbeitet. 
IV.  96  SS.  2,60  M.  In:  Neue  Beiträge  zur  Geschichte  deutschen 
Altertumes,  hrsg.  v.  hennebergischen  altertumforschenden  Verein  in 
Meiningen.     Meiningen  1910. 

MĂĽller:  Das  Inventar  einer  Jenenser  Corporation  um  1800. 
A.D.B.-Zeitschrift  (Verbandsbl.  d.  vereinigten  Burschenschaften).  VI. 
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MĂĽller,  A. :  Zwei  alte  Burgen.  Wiege  und  Grab  eines  be- 
rĂĽhmten ThĂĽringer  Dynastengeschlechts.  [Beichlingen-Krayenburg.] 
Thür.  Monatsbl.  XVIII  (1910).  No.  9.  (Dezbr.)  S.  107—110. 

MĂĽller,  Dr.  Ernst:  Schiller  und  die  Freimaurer.  Sonntags- 
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MĂĽller,  Friedr.  v.:  Erinnerungen  aus  den  Kriegszeiten  von 
1806—1813.  XII,  225  SS.  m.  Bild.  Leipzig,  Inselverlag,  1911. 
geb.  3,50  M. 

Dasselbe,  bearbeitet  von  Theodor  Behtwisch.  Leipzig  1911. 
317  SS.     12o.    g.  Wigand. 

XXVIII.  31 


478  Literatur. 

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und  Weser  in  vorgeschichtlicher  Zeit.  Bl.  d.  Männer  v.  Morgen- 
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MĂĽlverstedt,  G.  A.  v. :  Ausgestorbener  Adel  der  FĂĽrsten- 
tĂĽmer Schwarzburg,  zugleich  Entwurf  eines  Lexikons  des  frĂĽheren 
schwarzburgischen  Adels  (=  J.  Siebmachers  Wappenbuch  VI.  Abt.  13). 
NĂĽrnberg,  Bauer  u.  Easpe.  IV.  52  SS.  28  Taf.     15  M. 

Derselbe:  Ein  ( v.  Plothoscher)  Grabstein  aus  dem  letzten 
Drittel  des  zwölften  Jahrhundert  in  der  Kirche  zu  Alten-Plathow. 
Neue  Mitt.  a.  d.  Geb.  hist.-ant.  Forsch.  1909.  S.  47. 

Müsebeck,  E. :  Aus  Jahns  Stammbuchblättern  (Jena,  21.  April 
1798-20.  Aug.  1802.  Halle,  22.  Aug.  1802— April  1803,  dann  Merbitz, 
Greifswald,  Göttingen,  Friedland,  Merseburg,  Seilahn).  Sonntagsbeil. 
No.  14  z.  Voss.  Ztg.  No.  155.  1910.  April  3. 

Muthesius,  Karl:  Goethe  und  Karl  Alexander.  VII.  116  SS. 
8°.    Weimar,  H.  Böhlaus  Nachf.,  1910.    2  M. 

Derselbe:  Goethe  ein  Kinderfreund.  2.  neubearb.  Aufl. 
Berlin,  E.  S.  Mittler  u.  S.,  1910.  VIII,  245  SS.  8°.  Mit  1  Abb. 
2,50  M. 

Mylius,  A.  C. :  Genealogie  der  Familien  Mylius  (Mylius  - 
Benzon,  Milius,  Mylius  Reichsritter  und  Edle  von  Ehrengreiff, 
Freih.  v.  Mylius)  aus  Schleiz  i.  Th.  Geneal.  Handbuch  bĂĽrgerl. 
Familien  XV. 

Nagel,  E.:  StreifzĂĽge  durch  das  Gebiet  thĂĽringischer  MĂĽnzen. 
ThĂĽr.  Monatsbl.  1909.  (XVII.)  No.  4,  6,  7. 

Naumann:  Die  Entwicklung  des  StolgebĂĽhren wesens,  soweit 
Taufe  und  Trauung  in  Betracht  kommen.  Zeitschr.  f.  Kirchengesch. 
d.  Prov.  Sachsen.  1911.  S.  137—155. 

Derselbe:  Geistliche  und  Gemeinden  der  Ephorie  Eckards- 
berga  vor  dem  großen  Kriege.    Ebenda  157 — 172. 

Derselbe:  Eckardsberga  vor  und  nach  der  Schlacht  bei  Auer- 
stedt.    Kalender  Ortsgeschichte  Eckardtsberga.  1909.  S.  51 — 53. 

Derselbe:  Heimatkundliches  Vademecum  fĂĽr  die  Lehrer  der 
Ephorie  Eckardtsberga.  Unter  Mitwirkung  von  Lehrern  und  Geist- 
lichen herausg.  4.  Heft.  131  SS.  gr.  8°.  Eckardtsberga  1910. 
(Leipzig,  H.  G.  Wellmann.)     2  M. 

Derselbe:  Lasten  der  Gerichtsherrschaft  BurgheĂźler  im 
7-jährigen  Kriege.  Kalender  f.  d.  Ortsgeschichte  Eckartsberga.  XVI. 
S.  49-57. 

Derselbe:  Das  Archidiakonat  Bibra  —  eine  Legende.  Zeitschr. 
d.  Ver.  f.  Kirchengesch.  in  d.  Prov.  Sachsen.  VII.  (Magdeburg,  1910.) 
S.  87-96. 

Derselbe:  Die  Bedeutung  der  Frankenherrschaft  fĂĽr  die 
Christianisierung  des  nord-östlichen  Thüringen.  Ebenda.  VI.  1909. 
S.  1—10. 

Derselbe:  Die  Christianisierung  und  Pastorierung  der  Kreis- 
dörfer. (Ein  Beitrag  zur  Kirchengeschichte  des  Landkreises  Naum- 
burg.)   Ebenda.  VI.  S.  136—151. 

Nebelsieck,  H. :  Briefe  und  Akten  zur  Reformationsgeschichte 
der  Stadt  MĂĽhlhausen  i.  Th.  Ztschr.  f.  ThĂĽr.  Gesch.  u.  Altertumsk. 
XXVIII.  S.  181—197. 

N  e  i  s  s  e  r  ,  R. :  Weimars  guter  Genius  (Maria  Paulowna). 
Deutschland.  (Weim.  Landesztg.)  1909.  No.  168. 


Literatur.  479 

Netoliczka,  O. :  Zu  Bruno  v.  Querfurt.  Korrespondenzbl. 
d.  Ver.  f.  siebenb.  LandeskuDde.  XXXII.  6. 

Neuenhahn,  Gr.:  Sammlung  der  Ortsgesetze  und  wichtigeren 
Verordnungen  fĂĽr  die  Univ.-  und  Residenzstadt  Jena.  2.  Bd.  Jena, 
G.  Neuenhahn,  1909.    XII,  388  SS.    8°. 

Neumann,  Arno:  Otto  Liebmann  (zum  70.  Geburtstage). 
Mit  1  Bilde.    Illustr.  Ztg.  Leipzig.  1910.  Febr.  10.  No.  3476. 

Neumann-Strela,  Karl:  Karl  Gutzkow  in  Weimar.  Persön- 
liche Erinnerungen  zum  100.  Geburtstag  des  Dichters.  Der  Zeitgeist 
No.  11.  Beibl.  z.  Berliner  Tagebl.  vom  13.  März  1911. 

Derselbe:  Aus  Weimars  goldenen  Tagen.  FĂĽrst  und  Dichter 
im  Familienkreise.  IX,  212  SS.  m.  8  Taf.  8°.  Halle,  R.  Mühlmanns 
Verlag,  1910.    geb.  4  M. 

Neumann,  Robert:  Ein  Brief  der  Herzogin  Anna  Amalia 
aus  dem  Jahre  1795  [August  28.  an  Karl  August  ĂĽber  die  Jenenser 
Unruhen].    Zeitschr.  f.  Bücherfreunde.  N.  F.  IL  8.  S.  249—251. 

Derselbe:  Herder  und  der  Kampf  gegen  die  Kantischen 
Irrlehren  an  der  Universität  Jena.  Prog.  (25  SS.)  Lex.  8°.  Berlin, 
Weidmann,  1911.   1  M. 

Neupert  sen.,  A.:  Bären-,  Luchs-  und  Wolfsjagden  im  Vogt- 
land während  des  17.  und  18.  Jahrhunderts.  Vogtland.  Anz.  u. 
Tagebl.  1910.  No.  281.  4.  Dez. 

Zum  Gedächtnis  des  Geheimrats  D.  theol.  F.  O.  Nicolai, 
geb.  in  Ollendorf  am  17.  April  1832,  gest.  in  Eisenach  am  10.  Febr. 
1910.    59  SS.    gr.  8°.    Weimar,  H.  Böhlaus  Nachf.,  1910.    0,80  M. 

Niebour:  Die  Vertreter  ThĂĽringens  in  der  Frankfurter  National- 
versammlung. Zeitschr.  d.  Ver.  f.  thĂĽr.  Gesch.  u.  Altertumsk. 
XXVIII.  S.  401—418. 

Noailles,  de:  Episodes  de  la  guerre  de  trente  ans.  Bernard 
de  Saxe- Weimar  (1604 — 1639)  et  la  reunion  de  lAlsace  ä  la  France. 
Mit  5  Karten.   VIII,  502  SS.    8°.   Paris,  Perrin  &  Co.,  1908.  7,50  Fr. 

Noska,  Egon:  Stapss.  Ein  Gedenkblatt  zum  12.  Okt.  1809. 
In:  FĂĽr  Stadt  u.  Land.  No.  78.  Feuilletonbeil.  z.  Altenb.  Ztg.  1909. 

Nottrott,  L. :  Die  Sage  von  Ludwig  dem  Springer.  Kalender 
der  Ortsgesch.  Halle.  1911.  S.  29—32. 

Oberbreyer,  M. :  20  Jahre  FĂĽrst  zu  Schwarzburg.  Ein  Lebens- 
bild des  regierenden  FĂĽrsten  GĂĽnther  zu  Schwarzburg-Rudolstadt- 
Sondershausen.  16  SS.  mit  1  Abb.  und  3  Bildnissen.  Dresden-A., 
L.  Klemnich  jr.,  1910.  0,60  M. 

Oberländer,  K. :  Von  Dr.  Johann  Schröter  und  seinem  Ge- 
schlechte.   Arch.  f.  Stamm-  und  Wappenkunde.  IX.  No.  2.  S.  17 — 23. 

Derselbe:  Von  drei  DichterbrĂĽdern  und  ihrem  Geschlechte 
(Franck).     Arch.  f.  Stamm-  und  Wappenkunde.  IX.  S.  135 — 140. 

Obernitz,  v. :  Zur  Geschichte  LiebengrĂĽns.  Zeitschr.  d.  Ver. 
f.  Thür.  Gesch.  u.  Altertumsk.  XXVIII.  S.  209—218. 

Obert,  Franz:  Hermann  von  Salza  und  die  Besied elung  des 
Burzenlandes.  Hist.  Studie.  Mit  einem  Anhang.  Neustadt  a.  d.  Hardt, 
D.  Meininger,  (1911.)  66  SS.  8°.  0,60  M. 

Ă–ttingen,  W.  v. :  Goethes  Hausgarten  in  Weimar.  ThĂĽr. 
Kalender.  1911. 

Derselbe:  Das  Goethehaus  in  Weimar.  Deutsche  Rundsch. 
Juni  1910. 

Ohnesorge,  W. :  Deutung  des  Namens  LĂĽbeck.  (Zieht 
thĂĽringische  Orte  zum  Beweise  seiner  Untersuchung  heran.)    Beil.  z. 

31* 


480  Literatur. 

Jahresbericht  1910  des  Katharineums  zu  LĂĽbeck.  LĂĽbeck  1910. 
104  SS.  8°. 

Ohorn,  Anton:  An  Weimars  Musenhof.  Geschichtl.  Er- 
zählung für  die  Jugend.  VII,  130  SS.  mit  4  Vollbildern.  Berlin, 
Verlag  Jugendhort,  1910.  4°.  Geb.  1  M. 

Ortloff ,  Wilh. :  Der  groĂźe  Brand  von  Stadtilm  im  Jahre  1780. 
Beil.  z.  Schwarzb.-Budolst.  Landesztg.  1911.  No.  150  (Juni  29). 

Ott,  Arthur:  Goethe  und  der  Illuminatenorden.  Stunden 
m.  Goethe.  VI.  S.  85—91. 

Derselbe:  Verzeichnis  der  BĂĽcherei  des  GroĂźherzoglichen 
Realgymnasiums  zu  Weimar.  Weimar  1909.  Realgymn.-Progr. 
No.  915.   82  SS.  8°. 

Osten,  Gustav  v.  d. :  Heinrich  Wilhelm  Schmeelkes  Besuch 
bei  Salzmann  in  Schnepfenthal.  Ein  Beitrag  zur  deutschen  Er- 
ziehungs-  und  Schulgeschichte.  Nach  d.  Originalhsg.  hrsgg.  Ottern- 
dorf, Hottendorf,  1910.    59  SS.   8°.    Realschulprog. 

0 1 1  e ,  Paul:  Die  Großh.  sächs.  Karl-Friedrich  Ackerbauschule 
in  Zwätzen  bei  Jena.  Festschr.  zur  Feier  des  50jähr.  Bestehens. 
Jena,  A.  Kämpfe,  1906.   43  SS. 

Otterstedt,  v.:  Kurze  Geschichte  des  7.  ThĂĽringischen  In- 
fanterie-Regiments No.  96  und  seiner  Stämme.  8.  erg.  Aufl.,  hrsgg. 
v.  Wagner.    Altenburg,  Bonde,  1910.   104  SS. 

P. :  Eine  Urkunde  zur  Geschichte  des  Schwarmgutes  (in  Saal- 
feld).   Saalfische.  Beil.  z.  Saalfelder  Kreisbl.  1908.  No.  23. 

Derselbe:  Burg  Liebenstein  und  die  Feste  Coburg.  Ebenda. 
1909.  No.  24. 

Derselbe:  Zur  Geschichte  des  SchĂĽtzen wesens  der  Stadt 
Meiningen.    Meininger  Tagebl.  1909.  No.  296. 

Pallas,  K. :  Noch  ein  bisher  unveröffentlichter  Brief  des 
Justus  Jonas.    Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Kirchengesch.  d.  Prov.  Sachsen. 

VII.  S.  162—170. 

Palleske,  E.:  Schillerrede.  Stuttgart,  C.  Krabbe,  1905.  8°. 
32  SS. 

Pasig,  J. :  ThĂĽringer  Volkssitten.  ThĂĽr.  Monatsbl.  XVI. 
S.  52-54. 

Pasig,  Paul:  Goethe  und  die  „Sommerfrische"  Gabelbach. 
3.  Beiwagen  zu  No.  89  der  Dorfztg.  1910.  April  17. 

Derselbe:  Goethe  und  Napoleon  1.  Saalfische,  Beil.  z.  Saal- 
felder Kreisbl.  1908.  No.  20. 

P[aul],  H. :  Ein  Haushaltungsausgabebuch  aus  der  „guten 
alten  Zeit"  (1820).  Altes  u.  Neues  a.  d.  Heimat.  Beil.  z.  Jenaer 
Volksbl.  1908.  Okt.  7.    ThĂĽringer  Monatsbl.  1909.  No.  2.  S.  15. 

Die  Pest  vor  300  Jahren.   Beilage  zur  Altenb.  Ztg.  1910.  S.  71. 

Peter,  Hugo:  Die  herzogliche  Residenz  in  Eisenach..  55  SS. 
mit  16  (1  farbigen)  Taf.  In :  Beitrage  zur  Geschichte  Eisenachs.  XX. 
8°.   Eisenach,  H.  Kahle,  1910.    1,75  M. 

Petermann,  L. :  Sächsisch-deutsche  Geschichte.  Ein  Buch 
für  Schule  und  Haus.  8°.  Meißen,  sächsische  Schulbuchhandlung. 
1.   Teil:    Geschichte    der   Mark  MeiĂźen    und   ihrer   Vorzeit.    1911, 

VIII.  160  SS. 

Petersen,  Julius:  Das  Rittertum  in  der  Darstellung  des 
Johannes  Rothe.  (Quellen  und  Forschungen  zur  Sprach-  u.  Kultur- 
geschichte der  germanischen  Völker.  H.  106.)  VII,  184  SS.  gr.  8°. 
StraĂźburg,  TrĂĽbner,  1909.    5  M. 


Literatur.  481 

Petzold,  Polen  begeisterung  in  Jena  in  den  1830er  Jahren. 
Burschenschaftl.  Blätter.  XXIII.  H.  3.  S.  57. 

Die  ersten  evangelischen  Pfarrer  von  GroĂźmonra.  Kalender 
f.  Ortsgesch.  Eckardtsberga.  1909.  S.  57  f. 

Pfau,  W.  C. :  Erklärung  zu  dem  von  Herrn  Archivrat  Schmidt 
im  27.  Bd.  dieser  Zeitschr.  veröffentlichten  Aufsatz  „Nochmals  die 
Ausgrabung  etc."  Zeitschr.  f.  ThĂĽr.  Gesch.  u.  Altertumsk.  XXVIII. 
S.  219—230. 

Pfeiffer,  L. :  Steinzeittechnik.  Aus  der  Taubachabteilung 
des  städt.  Museums  zu  Weimar.  48  SS.  mit  Abb.  21,5  X  10  cm. 
Weimar,  H.  Böhlaus  Nacht,  1910. 

Pfeil,  E. :  Zur  Geschichte  Balgstedts.  Naumburger  Kreisbl. 
1911.  No.  141.  (Juni  18.) 

Piltz,  Ernst:  Literatur-Uebersicht  zur  Landes-  und  Volks- 
kunde ThĂĽringens.  In:  Mitt.  d.  Geogr.  Gesellsch.  zu  Jena.  XXVIII. 
S.  36  t   Jena,  G.  Fischer,  1910. 

Derselbe:  Oberhof  und  Umgebung.  Praktischer  FĂĽhrer. 
=  Griebens  ReisefĂĽhrer  No.  143.  52  SS.  mit  2  farbigen  Karten  und 
1  Panorama.   4°.   Berlin,  A.  Goldschmidt,  1910. 

Derselbe:  Wintersport  und  Winterreisen  in  ThĂĽringen.  Be- 
arbeitet unter  gefl.  Mitwirkung  des  ThĂĽringer  Wintersportsverbandes 
und  der  Zweigvereine  des  ThĂĽringerwaldvereines.  84  SS.  mit  3  Karten. 
Berlin,  A.  Goldschmidt,  1910.  (Griebens  ReisefĂĽhrer.  Bd.  134.) 
Geb.  1,20  M. 

Pischel,  F.:  Die  Entwickelung  der  Zentralverwaltung  in 
Sachsen -Weimar  bis  1743.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  ThĂĽr.  Gesch.  u. 
Altertumsk.  XXVIII.  S.  237—305  (1.  Teil,  62  SS.  als  Jenaer  Diss.) 

Planer:  Aus  der  Geschichte  des  FĂĽrstentums  Schwarzburg- 
Sondershausen  im  17.  bis  19.  Jahrh.  1.  Teil.  Progr.  d.  Gymn.  in  Arn- 
stadt. 1909.  21  SS.    2.  Teil.  Ebenda.  1910.  32  SS. 

Poseck,  Wald.:  Langwitz-Längwitz.  Arch.  f.  Stamm-  u. 
Wappenkunde.  IX.  No.  3.  S.  39. 

PreuĂź,  Hans:  Im  Dom  zu  Naumburg.  1.  Beilage  z.  Naumb. 
Kreisbl.  1910.  No.  95.  April  25. 

Priebsch,  Otto:  Unbekannte  Briefe  von  Fritz  Jacobi,  Ottilie 
v.  Goethe,  E.  M.  Arndt,  Karl  Immermann  und  Th.  Storm.  Zeitschr. 
f.  Bücherfreunde.  III.  1911.  S.  41—45. 

Priegel,  J.:  Die  Kirchenbücher  in  Reuß  ä.  L.  In:  Mitt.  d. 
Ver.  f.  Greizer  Gesch.  IV.  1909. 

Priest:  Zu  Ebernand  von  Erfurt.  Zeitschr.  f.  deutsches 
Altertum  u.  deutsche  Literatur.  LIII.  H.  1. 

PrĂĽmers,  Adolf:  Lortzingbriefe  aus  Gera.  Musikalisches 
Wochenbl.  1909.  No.  33. 

Pusch:  Ein  Kachelofen  aus  dem  17.  Jahrhundert  in  Wolfers- 
hausen  bei  Meiningen.    ThĂĽr.  Kalender.  1910. 

Derselbe:  SchloĂź  RoĂźrieth.    ThĂĽr.  Kalender.  1911. 

PĂĽtt  mann,  M.:  Louis  Spohr  (f  22.  Okt.  1859).  Ert  Allg. 
Anz.  1909.  No.  292.  Okt.  21. 

Quellen  und  Darstellungen  zur  Geschichte  der  Burschen- 
schaft und  der  deutschen  Einheitsbewegung.  Bd.  I.  H.  1 — 3.  Heidel- 
berg 1910. 

Rau,  E.:  Mönchröden  und  sein  Kloster.  Unterhaltungsbeil. 
No.  11  der  Coburger  Ztg.  1911. 


482  Literatur. 

Bau,  E. :  Vom  Thüringer  Aberglauben.  Thür.  Monatsblätter. 
XVII.  1909.  No.  1. 

Rauch,  Gotth. :  Der  Besuch  Sr.  Kaiserl.  Hoheit  des  Kron- 
prinzen im  Kloster  zu  Roßleben.  Roßleben,  Sauer,  1909.  4°.  Kloster- 
schulprogr. 

Rauch,  Chr.:  Von  alten  Gothaer  Häusern.  Aus  den  cob.- 
gothaischen  Landen.  VI.  S.  61 — 66. 

Rausch,  G. :  Goethe  und  die  deutsche  Sprache.  IV,  268  SS. 
8°.   Leipzig,  Teubner.   3,60  M. 

Reclam,  E. :  Die  Burgauische  Gemeindeordnung  vom  Jahre 
1669.    Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1909.  März  21. 

Refpünck,  A.:  „Du  mein  Jena".  Jugenderinnerungen  und 
Betrachtungen.  Unterhaltungsbeil.  z.  Jen.  Ztg.  1910.  S.  249,  253, 
257,  261,  265. 

Rehbein,  Artur:  Graf  Gotter  und  sein  Molsdorf.  ThĂĽr. 
Warte.  IV.  S.  203—207. 

Derselbe:  Die  Arnstädter  Schützengesellschaft  und  ihre 
„Reichskleinodien«.    Thür.  Warte.  IV.  S.  266  f.,  304  ff. 

Derselbe:  Erfurter  Not  und  englische  Hilfe.  ThĂĽr.  Warte. 
IV.  S.  460  f. 

Reimerdes,  E.  G.:  Walter  v.  Goethe  (zur  25.  Wiederkehr 
seines  Todestages).  Sonntagsbeil,  zur  Nationalztg.  1910.  No.  17. 
April  24. 

Derselbe:  Schillers  Adelsbrief  und  Wappen.  Neue  PreuĂź. 
(Kreuz-)Ztg.  1909.  No.  525. 

Rein.  B. :  Caroline  v.  Schiller  als  Lehrerin.  Schwarzb.- 
Rudolst.  Landesztg.  1910.  No.  301;  1911.  No.  7,  8. 

R  [  e  i  n  ]  :  Zur  Erinnerung  an  Professor  Regensburger.  Schwarzb.- 
Rudolst.  Landesztg.  1910.  Okt.  16.  No.  243. 

Rein,  B. :  Schiller  in  Rudolstadt.  Festnummer  z.  Schwarzb.- 
Rudolst.  Landesztg.  1909. 

Rein  eck.  K. :  Dalberg  als  Statthalter  von  Erfurt.  ThĂĽr. 
Warte.  VI.  S.  67  f.,  1211 

Reinhold,  Carl  Leonhard  (1787—1794).  Altes  u.  Neues 
a.  d.  Heimat.    Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1911.  No.  3. 

Eine  Reise  von  Leipzig  nach  NĂĽrnberg  und  Aufenthalt  in 
dieser  Stadt  vor  etwa  hundert  Jahren.  Saalfische.  Beil.  z.  Saalfelder 
Kreisbl.  1908.  No.  25. 

ReuĂźische  Forschungen.  Herrn  Archivrat  Dr.  Berthold 
Schmidt  in  Schleiz  zu  seinem  25-jährigen  Jubiläum  als  reußischer 
Geschichtsforscher  in  dankbarer  Verehrung  der  Vogtländische  Alter- 
tumsforschende Verein  zu  Hohenleuben,  der  Geschichts-  und  Alter- 
tumsforschende Verein  zu  Schleiz,  der  Verein  fĂĽr  Greizer  Geschichte, 
der  Altertumsverein  zu  Plauen,  der  Verein  fĂĽr  ThĂĽringische  Ge- 
schichte und  Altertumskunde  zu  Jena,  der  Ortsgeschichtliche  Verein 
zu  Weida.     Weida,  Druck  von  H.  Aderhold,  1911.   125  SS. 

Inhalt:  Die  Münze  zu  Weida,  von  H.  G.  Francke.  S.  1 — 22. 
—  Die  kirchlichen  Reformationsbestrebungen  Graf  Heinrichs  IL 
von  Obergreiz  (1715—1722),  von  K.  CoUmann.  S.  23—56.  —  Wo 
lag  Gnannendorf?  Von  A.  Auerbach.  S.  57—63.  —  Das  reußische 
Oberland  im  nordischen  Kriege,  von  Böhme.  S.  64 — 84.  —  Zur  Ge- 
schichte und  Genealogie  der  Familie  Oberländer  in  Schleiz,  von 
Max  Weißker.  S.  85—95.  —  Vom  ortsgeschichtlichen  Vereine  Weida, 
von  A.  Leberl,  S.  96—107.  —  Nach  langem  Kriegselend.    Streiflichter 


Literatur.  433 

auf  das  Leben  des  heimischen  Adels  in  der  2.  Hälfte  des  17.  Jahr- 
hunderts, von  0.  ßehr.   S.  113—125. 

Richard,  August:  Das  Richard  Wagner-Haus  in  Magdala. 
Neue  Musikztg.  1910.  H.  17.  S.  359—360. 

Richter,  Arthur:  Die  Messerschmiedeordnung  Johann  Wil- 
helms von  Sachsen.    ThĂĽr.  Warte.  IV.  S.  400  f.,  491  f.,  545  f. 

Richter, Greg.:  Die  bĂĽrgerlichen  Benediktiner  der  Abtei  Fulda 
von  1627 — 1802.  Nebst  den  Statuten  des  Konvents  ad  s.  Salvatorem 
vom  25.  IL  1762.  In :  Quellen  und  Abhandl.  z.  Gesch.  d.  Abtei  u. 
Diözese  Fulda.     Fulda,  Aktiendruckerei,  1911.  gr.  8°. 

Richter,  P.E.:  Johann  August  Richters,  des  chursächsischen 
Cammer-Conducteurs  verschwundene  und  wiederaufgefundene  An- 
sichten kursächsischer  Orte.  Neues  Arch.  f.  sächs.  Gesch.  XXXI. 
S.  142—144. 

R  i  e  k  e  n ,  W. :  Dem  Andenken  Karl  Volkmar  Stoys.  Lehrerztg. 
f.  ThĂĽr.  XXIII.  No.  3. 

Ripcke,  Leopold:  Schiller  und  Luther.  Rede  bei  der  Ge- 
dächtnisfeier der  großen  Stadtschule  am  10.  Nov.  1909.  Rostock, 
Boldt,  1910.    13  SS.   4°.    Gymnasial progr. 

Ritschi,  O. :  Luthers  seelische  Kämpfe  in  seiner  früheren 
Mönchszeit.     Internat.  Wochenschr.  V.  H.  2. 

Zum  600-jährigen  Jubiläum  der  ältesten  Urkunde  der  Stadt 
Roda  (13.— 15.  März  1910).    Beil.  z.  Altenb.  Ztg.  1910.  S.  94. 

Rödiger,  Karl:  Von  der  Kleinstadt  zur  Großstadt.  Eine 
Unterhaltung  ĂĽber  Plauens  vergangene  Tage.  Vogtl.  Anzeiger.  1911. 
No.  151  (Juli  2). 

Roll,  Louis:  ThĂĽringen  und  seine  Eisenbahnen  in  Wort  u. 
Bild.    2  Hefte.    Erfurt,  Bartholomäus.   0,50  M. 

Rosen thal,  Ed.:  Gustav  Fischer.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  ThĂĽr. 
Gesch.  u.  Altertumsk.  XXVIII.  S.  I— XIV. 

Derselbe:  Ernst  Abbe  und  seine  Auffassung  von  Staat  und 
Kirche.    Jena,  G.  Fischer,  1910.   32  SS. 

Ross,  H. :  Aus  den  Anfängen  des  Rudolstädter  Frauen  Vereins. 
Beil.  z.  Schwarzb.-Rudolst.  Landesztg.  1910.  Okt.  1. 

Rost,  Bernh. :  Anton  Ohorn  und  seine  Beziehungen  zu  MĂĽhl- 
hausen in  ThĂĽr.    MĂĽhlh.  Anz.  1911.  April. 

Derselbe:  Anton  Ohorn.  Lebensbild  eines  Dichters  der 
Gegenwart.  XI,  142  SS.  gr.8°.  Meißen,  1911.  (Chemnitz,  B.  Troitzschs 
Nachf.)  2  M. 

Roth  von  Otto,  Elsa:  Im  Haeckelschen  Hause  in  Jena. 
Gespräche  mit  dem  Meister.  Zeitgeist.  Beil.  z.  Berl.  Tagebl.  1909. 
No.  50. 

Dieselbe:  Ein  Gespräch  mit  E.  Haeckel.  Altes  u.  Neues 
a.  d.  Heimat.   Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1908.  Juni  6. 

Roth,  F.  W.  E. :  Aus  einer  Handschrift  der  Schriften  der 
hl.  Elisabeth  v.  Schönau.  N.  A.  d.  Gesellsch.  f.  ältere  deutsche  Ge- 
schichtskunde. XXXVI.  S.  219-225. 

Der  Fall  der  Rudels  bĂĽrg  im  Jahre  1348.  Naumb.  Kreisbl. 
1910.  No.  19. 

Runge,  F.  J. :  Besuch  bei  Goethe  1819.  In:  Stunden  mit 
Goethe.  VII.  H.  1. 

Rusert,  W. :  Die  Sauhatz  am  Hubertustage  anno  1809.  Unter- 
haltungsbeil. No.  46  zum  Arnstadt.  Intelligenzbl.  1909. 


484  Literatur. 

SadÂŁe,  Leop. :  Schiller  als  Eealist.  Eine  literarisch- psycho- 
logische Studie.  XI,  190  SS.  gr.8°.  Leipzig,  1909;  Asch,  C.Schneider. 
3,20  M. 

Derselbe:  Chronologisches  zu  Goethes  Briefwechsel  mit  Hum- 
boldt.   Zeitschr.  f.  d.  Gymnasialwesen.  LXIV.   H.  12.  Berlin  1910. 

Saitschick,  Rob. :  Schillers  Charakter.  Hochland.  VII. 
S.  403. 

Salis,  F.:  War  Marianne,  die  erste  Gemahlin  Herzog  Bar- 
nims L,  eine  Tochter  Graf  Alberts  von  OrlamĂĽnde?  Monatsbl.  d. 
Gesellsch.  f.  pomm.  Gesch.  1908. 

Salomon,  Ludw. :  Der  Prinzessin n engarten  (ehemals  Gries- 
bachsche  Garten)  zu  Jena.  Velhagen  u.  Klasings  Monatshefte.  XXIV. 
1910.  H.  10.  S.  297—305. 

Derselbe:  Die  freie  Presse  in  Sachsen- Weimar  während  der 
Jahre  1813—1819.    Beil.  z.  Jenaer  Volksbl.  1908.  Aug.  23. 

Samhammer,  Ph. :  Die  preuĂź.  Eisenbahnpolitik  und  die 
thür.  Kleinstaaten.    Thür.  Warte.  V.  S.  5—16. 

Sch[oeppe],  K.:  Der  Naum  burger  FĂĽrstentag.  Beil.  z.  Naumb . 
Kreisbl.  1911.  No.  34.  Febr.  9. 

Derselbe:  Naumburg  und  die  Familie  Lepsius.  Naumb. 
Kreisbl.  1910.  No.  304.  Dez.  29. 

Derselbe:  Weimars  Errettung  von  den  Franzosen.  Weim. 
Ztg.  1910.  No.  89.  April  17. 

Schaffner,  Siegfried,  Nachruf  auf — .  In:  Jahresber.  d. 
Lehranstalt  zu  Gumperda  in  ThĂĽringen.  1911. 

Schaumberg,  O.  v. :  Das  Land  vor  dem  ThĂĽringer  Walde, 
Stadt  Schalkau  und  Burg  Schaumberg  vom  Jahre  1300  bis  zur 
Reformation.  In :  Herald. -geneal.  Blätter  für  adelige  u.  bürgerliche 
Geschlechter.  VII.  H.  1  (Jan.  1910).   Bamberg-Pforzheim. 

Scheidemantel,  H. :  Die  Eröffnung  des  neuen  Hoftheaters 
in  Weimar  (11.  Okt.  1908).    ThĂĽr.  Warte.  IV.  S.  433-440. 

Scheller,  Marie:  Vom  Schreibtisch  und  aus  dem  Atelier. 
Weimar  und  sein  Hof  in  den  Jahren  1777—1783.  Aus  den  hinter- 
lassenen  Papieren  des  Obersten  Carl  Frhr.  v.  Lyncker.  Velhagen  u. 
Klasings  Monatshefte.  XXV.  H.  6.  S.  288—294.    Mit  2  Abb. 

Schenkung,  C. :  Die  Schillerbank  in  Weimar.  Sonntagsbl. 
d.  Reichsboten.  1909.  No.  46;  ThĂĽr.  Monatsbl.  XVII.  1909.  No.  10. 

Schiff,  J. :  Alexander  v.  Humboldt  in  seinen  Beziehungen 
zu  Goethe.    In :  Stunden  mit  Goethe.  VII.  H.  1. 

Derselbe:  Eine  Begegnung  zwischen  Goethe  und  Berzelius. 
Stunden  mit  Goethe.  VI.  S.  92—100. 

Schiff,  M. :  Una  lettera  inedita  di  Goethe  al  primo  traduttore 
francese  del  „Fausto".  Riv.  di  letterat.  tedesca.  1909.  p.  181 — 195. 
Mit  Facsim. 

Schillers  erster  Eindruck  von  Goethe.  Die  Lese.  Litera- 
rische Ztg.,  hrsgg.  v.  Th.  Etzel.  No.  13/14.    MĂĽnchen  1911. 

Schillers  Tod  und  Begräbnis.  In :  Christliche  Freiheit,  evang. 
Gemeindebl.  f.  Rheinl.  und  Westf.  XXVI.  No.  47. 

Friedrich  Schillers  Stammbaum.  Montagsbl.  No.  5.  Wiss. 
Beil.  der  Magdeb.  Ztg.  1910.  Jan.  31. 

Schlag,  Chr.:  Spinn-  und  Hutzenstubenwesen  im  Vogtlande 
und  in  Ostthüringen.  In:  Das  Land,  Org.  d.  Ver.  f.  ländl.  Wohl- 
fahrtspflege. XVIII.  S.  3—6. 


Literatur.  485 

Schlothauer,  Arno:  Zur  Geschichte  des  Ruhlaer  Messer- 
schmiedegewerbes.   ThĂĽr.  Warte  IV.  S.  69  f.,  104f. 

Schmid,  Paul:  Aus  dem  Universitätsleben  zu  Jena  am 
Ende  des  18.  Jahrhunderts.    Unterhaltungsbeil,  der  Tägl.  Rundsch. 

1910.  No.  306.  Dez.  31. 

Schmidt,  Ad.:  Die  Streitschriften  zwischen  Mainz  und  Erfurt 
aus  den  Jahren  1480  und  1481.  8.  Jahresber.  der  Gutenberggesell- 
schaft.  1909. 

Schmidt,  Berthold:  Die  Grabsteine  mit  dem  Kreuze. 
N.  A.  f.  sächs.  Geschichte.  XXIX.  H.  3. 

Derselbe:   Der   Schleizer  Pestmann.     ThĂĽr.   Kalender  1910. 

Schmidt,  B. :  Walther  Theodor  Böhme  y.  6  SS.  mit  einem 
Bildnis. 

Derselbe:  Geschichte  der  Stadt  Schleiz.  2.  Bd.  Schleiz, 
P.  Webers  Nacht,  1909.  IV.  165  SS.    8°. 

Schmidt, Fr.:  Aus  dem  Leben  des  Pfarrers  Johann  Sagittarius 
(Schütz)  zu  Riestedt  (1556—1581).  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  d.  Kirchen- 
gesch.  in  d.  Prov.  Sachsen.  VI.  S.  152 — 160. 

Schmidt,  L. :  Neue  Heimatliteratur.  Mitt.  d.  Ver.  f.  gothaische 
Geschichte.  1906/07.  S.  94—98. 

Schmidt,  O.  E.,  und  Sponsel,  J.  L.:  Bilderatlas  zur 
sächsischen  Geschichte  in  mehr  als  800  Abb.  auf  100  Tafeln.  Leipzig- 
Dresden,  B.  G.  Teubner,  1909. 

Schmidt,  O.  E. :  SchloĂź  Crossen  an  der  Elster.  Deutsche 
Rundschau.  1911.  Januar... 

Schmidt,  Rob. :  Ăśber  die  Entstehung  und  Verbreitung  des 
Medizinhandels  auf  unsrer  Waldgegend ,  mit  besonderer  BerĂĽck- 
sichtigung  von    OberweiĂźbach.     Saalfische.  Beil.   z.  Saalf.  Kreisbl. 

1911.  No.  3. 

Schmiedel,  Hans:  Nicolaus  Lubich  (1360— 1431) , ^ein 
deutscher  Kleriker  im  Zeitalter  des  groĂźen  Schismas  und  der  Kon- 
zilien, Bischof  von  Merseburg  1411—1431.  160  SS.  gr.  8°.  Histo- 
rische Studien.  LXXXVIII.  Berlin,  Emil  Ebering,  1911. 

Schnapp,  Hugo:  Zur  Rückkehr  des  Rudolstädter  Bataillons 
am  19.  Juni  1871.  Nach  Tagebuchaufzeichnungen  des  Albert  Schnapp 
aus  Volkstedt.  Schwarzb.-Rudolstädter  Landesztg.  1911.  Juni  18. 
(No.  14.) 

Schnaubert,  Guido:  Aus  Weimars  Vergangenheit.  Johannes 
Falck.  —  Ein  Lebensbild.  Deutschland  (Weim.  Landesztg.)  1909. 
No.  188  ff. 

Derselbe:  Die  Stadtkirche  zu  Weimar.  Beil.  z.  Ztg.  Deutsch- 
land. 1909.  Nov.  28. 

Derselbe:  Aus  Weimars  nachklassischer  Zeit.  „Der  Neu- 
Weimar- Verein"  und  die  Stätte  seines  Wirkens :  das  Genelli-Zimmer 
im  Goldenen  Adler.    Neue  Musikztg.  VII.  1910.  S.  149—152. 

Schneider,  Ed.:  Belrieth  und  die  fränkische  Markenregu- 
lierung. Ein  Beitrag  zur  Heimatskunde.  ThĂĽr.  Monatsbl.  XVIII. 
S.  117  f.  ,    , 

Schneider,  Gottlob:  Gothaer  Gedenkbuch,  Bd.  2,  und 
Heimaterinnerungen  an  Dorf  und  Stadt.  Leipzig-Gohlis ,  Volger, 
1909.  244  SS.  gr.  8°.  Mit  zahlr.  Abb.  geb.  5  M.  [Inh. :  Bekannte 
und  vergessene  Gothaer  Namen  in  alphab.  Reihe.  —  Erinnerungen 
an  TrĂĽgleben,  Sundhausen,  Siebleben,  Gymnasium  illustre  Gothanum, 
Alma  mater  Jenensis,  Thurn  und  Taxis  in  Gotha.] 


486  Literatur. 

Schneider,  G.  H.:  Student,  FuchsweLhe  in  alter  und  neuer 
Zeit.  Burschenschaft].  Blätter.  XXII.  S.  167—170,  192,  195,  213  f., 
242  f.,  266—270. 

Derselbe:  Die  Weigeliana  Donius  in  Jena.  Burschenschaf tl. 
Blätter.  XXII.  101  f. 

Derselbe:  Die  Kreussler-Denkmäler  in  Jena.  Burschenschaf  tl. 
Blätter.  XXII.  S.  187—189. 

Schneider,  M. :  Thüringische  Staaten.  In  hist.-pädag.  Lite- 
ratur. Bericht  ĂĽber  das  Jahr  1908.  19.  Beiheft  zu  den  Mitteilungen 
der  Gesellschaft  fĂĽr  deutsche  Erziehungs-  und  Schulgeschichte. 
Berlin,  Weidmann,  1910.  S.  233—253. 

Derselbe:  Die  Themata  der  von  SchĂĽlern  des  Gymnasium 
Illustre  zu  Gotha  1728—1765  öffentlich  gehaltenen  Beden.  (Schluß.) 
Mitt.   d.    Gesellsch.   f.   deutsche  Erziehungs-   u.   Schulgesch.    XIX. 

1909.  S.  234—248. 

SchnĂĽrer,  G.:  Bonifatius.   Die  Bekehrung  der  Deutschen  zum 

Christentum.    Mainz,  Kirchheim  u.  Co.,  1909.  VIII.  HO  SS.    4  M. 

Schöppe,  K. :  Lehrverhältnisse  in  alter  Zeit.   Naumb.  Kreisbl. 

1910.  No.  306.  Dez.  31. 

S  c  h  [ö  p  p  ej ,  K. :  Der  Buchhandel  in  Naumburg.  Naumb. 
Kreisbl.  1911.  No.  113. 

Scholz,  H. :  Goethe  und  die  Persönlichkeitskultur.  Christi. 
Welt.  XXIV.  1. 

Schorn,  Adelh.  v.:  Das  nachklassische  Weimar  unter  der 
Begierungszeit  Karl  Friedrichs  und  Maria  Paulownas.  VIII.  391  SS. 
m.  16  Tat'.    8°.    Weimar,  G.  Kiepenheuer,  1911.    geb.  8  M. 

Schornbaum,  K.:  Zum  Tage  von  Naumburg  1561.  Arch. 
f.  Eeformationsgesch.  VIII.  1911.  Heft  2. 

Derselbe:  Zum  Briefwechsel  Melanchthons.  Zeitschr.  f. 
Kirchengesch.  Bd.  29.  S.  387—389. 

Schrader,  O. :  FĂĽrst  Ăźismarck  in  Jena.  Gedenkrede  im 
Schlesischen  Bismarckvereine,  gehalten  am  1.  April  1911.  Breslau, 
W.  G.  Korn,  1911.    16  SS. 

[Schreyer,  J.  F.:]  Die  Chronik  von  Camburg  von  der  Ent- 
stehung der  Stadt  bis  auf  unsere  Zeit.  Camburger  Tageblatt.  1911. 
No.  151  ff. 

Schröder, Edward:  Erfurter  Dichter  des  XIII.  Jahrhunderts ; 
der  deutsche  Ovid  von  1210.  Zeitschr.  f.  deutsches  Altertum.  LI.  2 — 3. 

Derselbe:  Zur  Datierung  des  Herbort  v.  Fritzlar.  Zeitschr. 
f.  deutsches  Altertum  u.  Literatur.  LH.  1910.  S.  360—364.  (Der 
Aufsatz  gibt  eine  vortreffliche  kritische  WĂĽrdigung  der  Nachrichten 
ĂĽber  die  Entstehung  des  thĂĽringischen  Wappens.) 

Schröer:  Bilder  aus  Mühlhausen  i.  Th.  IL  Mittelalterliche 
Profanbauten.     Denkmalpflege.  X.  S.  105  f.,  113  f. 

Schröter,  E.:  Die  Münzen  und  Medaillen  des  Weißenfelser 
Herzogshauses.  Ein  Beitrag  zur  Geschichte  des  Herzogtums  Sachsen- 
WeiĂźenfels  und  des  FĂĽrstentums  Sachsen -Querfurt.  I.  Teil.  WeiĂźen- 
felser Oberrealsch.  Progr.  No.  372.  32  SS. 

Derselbe:  Heinrich  von  Helldorf,  ein  Held  aus  der  Schar 
des  schwarzen  Herzogs.     Hallesche  Ztg.  1909.  No.  535. 

Derselbe:  Heinrich  v.  Helldorf,  ein  Held  aus  der  Schar  des 
schwarzen  Herzogs.    Montagsbl.  1909.  No.  43  z.  Magdeb.  Ztg. 

Schubart,  L. :  Die  Gegend  von  Gera  und  Weida  in  der 
deutschen  Vergangenheit.    Weida,  H.  Aderhold,  1907.    18  SS. 


Literatur.  437 

Schubring,  Paul:  Paulinzella.  Die  Hilfe.  1910.  No.  47. 
Nov.  27.  S.  752  ff. 

SchĂĽddekopf,  Carl:  Unbekannte  Schill  er- Briefe.  Zeitschr. 
f.  BĂĽcherfreunde.  N.  F.  VIII.  1909.  S.  284. 

SchĂĽtte,  M.:  Schiller-Bildnisse.  Nord  u.  SĂĽd.  1909.  Nov.  1. 
S.  263-269. 

Dieselbe:  Goethe  als  Zeichner.  Zeitschr.  f.  bildende  Kunst. 
XX.  S.  263. 

Schütz,  v.:  Die  Vergangenheit  von  Marktgölitz  und  seiner 
Umgebung.    Saalfische.  Beil.  z.  Saalf.  Kreisbl.  1910.  No.  3. 

Derselbe:  Das  Alter  des  Dorfes  Marktgölitz.  Saalfische. 
Beil.  z.  Saalf.  Kreisbl.  1909.  No.  6. 

Schulwesens,  Die  ersten  Anfänge  des  höheren,  in  Erfurt. 
ThĂĽringer  Zeitung.  1911.  No.  153  (Juli  2). 

Schulz,  Dr.  Hans:  Genealogie  der  Familie  Kämmerer  aus 
Frankenhausen  in  ThĂĽringen.  Geneal.  Handb.  bĂĽrgerl.  Familien.  XVI. 

Schulze:  Das  Stift  Bibra.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Kirchengesch. 
d.  Prov.  Sachsen.  VII.  1910.  S.  42—86. 

S[chulze],  [Aug.]:  Aus  alten  Jenaer  Studentengesetzen.  Beil. 
z.  Jen.  Volksbl.  1909.  Dez.  18. 

Derselbe:  Carl  August  als  Förderer  des  Obstbaues.  Beil.  z. 
Jen.  Volksbl.  1909.  März  14. 

Schulze,  Bruno:  Mein  zweiter  Feldzug  1870/71  gegen  Frank- 
reich, nach  meinem  Tagebuch  wiedererzählt.  Dorfztg.  1909.  No.  178, 
202,  226,  238,  250,  268,  279,  297.  1910.  No.  13,  67,  77,  95,  101,  117. 

Schulze,  Gustav:  Beiträge  zur  Landes-  und  Siedelungs- 
kunde  des  Fichtelgebirges.    Diss.  phil.  Leipzig.  1909.  126  SS. 

Schwalbe,  Ernst:  Beiträge  zur  Geschichte  des  sächsischen 
Gelehrtenschulwesens  von  1760 — 1820.  Beigegeben:  Die  Pförtner 
Schulordnung  von  1808.  IV.  283  SS.  gr.  8°.  Leipzig,  Teubner, 
1909.    10  M. 

Schwartz,  Franz:  Vom  Fuchsturm  und  der  Fuchsturm- 
gesellschaft in  Jena.  (Zum  50-jähr.  Jubiläum.)  Eisenacher  Tages- 
post. 1911.  No.  147  (Juni  25). 

Schwinkowski,W. :  Die  ersten  sächsischen  Goldgulden  und 
die  deutsche  Goldprägung  im  Mittelalter.  Zeitschr.  f.  Numismatik. 
Berlin.  XXVIII.  H.  3/4. 

S co bei,  A. :  ThĂĽringen.  Mit  148  Textabbildungen,  darunter 
4  farbigen  Kunstbeilagen  nach  Gemälden  von  Hans  Busse  und  1  far- 
bigen Karte.  3.  Aufl.  V,  171  SS.  1910.  In :  Land  und  Leute,  Mono- 
graphien zur  Erdkunde.    Lex.-8.    Bielefeld,  Velhagen  u.  Klasing.    5  M. 

S  e  b  i  c  h  t ,  R. :  Unsere  mittelalterliche  Ostmarkenpolitik. 
Breslau,  F.  Hirt,  1910.  VII,  140  SS.    8°.    2,50  M. 

Seil,  H.:  Die  Religion  unserer  Klassiker  Lessing,  Herder, 
Schiller,  Goethe.  2.  Aufl.  Weineis  Lebensfragen.  I.  TĂĽbingen, 
Mohr.    4  M. 

Seil,  K. :  Goethe  und  Schiller.  Unsere  relig.  Erzieher.  IL 
S.  135—179. 

Sempert,  Joseph:  Die  Siedelungen  in  der  Oberherrschaft 
von  Schwarzburg  -  Rudolstadt.  8°.  Rudolstadt,  Mänicke  u.  Jahn, 
1909.   4  M. 

S  i  [c  k  m  ĂĽ  1 1  e  r]  :  Erlebnisse  eines  schwarzburgischen  Dorfs 
[Eyba]  im  7-jährigen  Kriege  und  das  1763  gefeierte  Friedensfest. 
Schwarzburgbote.  HL  Sp.  177. 


488  Literatur. 

Sigismund,  Fr.:  Das  tolle  Jahr  1848  in  Schwarzburg-Rudol- 
stadt.    Beil.  z.  Rudolstädter  Ztg.  No.  213  u.  219.  1910.  11.  Sept. 

Simoneit,  Fried r. :  Wie  kann  der  Wohlstand  der  landwirt- 
schaftlichen Bevölkerung  auf  der  hohen  Rhön  gehoben  werden,  ins- 
besondere mit  Berücksichtigung  der  Verhältnisse  in  Frankenheim? 
Inaug.-Diss.  Jena.  1909.  170  SS. 

Smolle,  Leo:  Friedr.  Schiller.  Sein  Leben  und  Wirken. 
Wien,  Th.  Daberkow,  1909.  211  SS.  m.  6  Vollbildern,    kl.  8«. 

Spaeth,  A.  f:  Ein  bisher  unbekannter  Bericht  eines  Augen- 
zeugen über  Luthers  Tod.   Luther-Kalender  f.  d.  Jahr  1911.  S.  88—98. 

Spangenberg:  Beiträge  zur  ältesten  Geschichte  der  Kloster- 
schule RoĂźleben.    Klosterschulprogramm  RoĂźleben. 

Spranger,  Eduard:  Fichte,  Schleiermacher,  Steffens  ĂĽber 
das  Wesen  der  Universität.    Leipzig,  Dürrs  Verlag,  1910.  292  SS.  4  M. 

Stammbuchblatt  aus  dem  Stammbuch  des  Jenenser  theo- 
logiestudierenden Gottlieb  Schopftaus  (1751/3).  Burschenschaftl. 
Blätter.  Jahrg.  23.  H.  5.  S.  121,  125. 

Friedrich  Stapss  aus  Naumburg  und  sein  Mordanschlag  auf 
Napoleon  I.    Sonntagsbl.  No.  42.  Beil.  z.  Naumb.  Kreisbl.  1909. 

Statuten  bezw.  Bestätigungsurkunde  der  Buchbinderinnung 
zu  Jena  am  5.  Sept.  1609  bezw.  16.  Nov.  1667.  Altes  u.  Neues  a.  d. 
Heimat,  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1911.  No.  3. 

Statuten  der  Innung  der  Barbierer  der  Residenzstadt  Römhild 
und  deren  Umgebung  erlassen  von  Hzg.  Heinrich  16.  Okt.  1693.  Saal- 
fische, Beil.  z.  Saalf.  Kreisbl.  1910.  No.  12. 

Steffens,  Henrik:  Was  ich  erlebte.  Erinnerungen  aus  den 
Jahren  1806  und  1813.  Bearbeitet  von  Theodor  Rehtwisch.  Leipzig, 
G.  Wigand,  1911.     12°.    255  SS. 

S  t  e  i  f  f  ,  K. :  Wolfgang  Schenck ,  Erfurter  Buchdrucker  des 
15.  Jahrhunderts.    Allg.  deutsche  Biogr.  LV  (1910).  S.  163—165. 

Steig,  Reinhold:  Neue  Schiller-  und  Goethe-Handschriften 
aus  des  Grafen  Schlitz  NachlaĂź.  Sonntagsbeil.  No.  46  z.  Voss. 
Ztg.  1909. 

Derselbe:  Goethes  selbstbiographischer  Neben titel  Dichtung 
und  Wahrheit.     Sonntagsbeil.  No.  3  z.  Voss.  Ztg.  1910. 

Stein,  Carl  Frhr.  v.:  Die  Kunst  in  Meiningen  unter  Herzog 
Georg  IL  43  SS.  m.  2  Taf.  u.  2  Bildnissen,  gr.  8°.  Meiningen, 
Keyssner,  1909.    1  M. 

Stein,  Fritz:  Ernst  Naumann.  Zeitschr.  d.  Internat.  Musik- 
gesellsch.  1911.  März.     Auch  in  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1911.  Juni  2. 

Steinert,  Raim.:  Das  Territorium  der  Reichsstadt  MĂĽhl- 
hausen i.  Th.  Forschungen  zur  Erwerbung,  Verwaltung  und  Ver- 
fassung der  Mühlhäuser  Dörfer.  XVI,  98  SS.  1910.  3,40  M.  In : 
Leipziger  historische  Abhandlungen.  Heft  23.  Leipzig,  Quelle  u. 
Meyer. 

Steinhausen,  Aug.:  Die  GĂĽterparzellierungen  und  das  Vor- 
dringen des  Kleinbauerntums  im  Kreise  Langensalza.  (Einl.  u. 
Kap.  2.)    Berlin,   G.  Schade,  1908.    29  SS.    8°.    Berlin,  Diss.  phil. 

Stenger,  G.:  Goethe  und  August  v.  Kotzebue.  Breslau,  Hirt, 
1910.  VIII,  176  SS.  4,40  M.  (Breslauer  Beitr.  z.  Literaturgesch. 
H.  22J 

Sterzin  g,  H. :  Die  Kontingente  der  FĂĽrstentĂĽmer  Schwarz- 
burg, ReuĂź  und  Waldeck  in  den  napoleonischen  FeldzĂĽgen.  Montagsbl., 
Beil.  z.  Magdeb.  Ztg.  S.  398—400,  405—8,  415  f. 


Literatur.  489 

Derselbe:  Was  ich  in  alten  Chroniken  und  HistorienbĂĽchern 
über  Arnstadt  fand.  Arnstädtisches  Intelhgenzbl.  1910.  No.  266  u. 
272,  283,  290,  296. 

Stieda,  Wilh.:  Die  Porzellanfabrik  zu  Volkstedt  im  18.  Jahr- 
hundert. X,  204  SS.  m.  3  Bildnissen.  8°.  Leipzig,  S.  Hirzel, 
1910.    6  M. 

Derselbe:  Eine  Jenaische  Studentenrechnung  des  18.  Jahr- 
hunderts.   Arch.  f.  Kulturgesch.  VIII.  H.  1.    Leipzig,  Teubner. 

Stockius,A. :  Die  Erfurter  Schulordnung  von  1282.  Montags- 
blatt (Magdeb.  Ztg.).  LXIL  S.  222—224. 

Stotzingen,  O.  Frhr.  v. :  Beiträge  zur  Jugendgeschichte  des 
Hzg.  Karl  August  v.  Weimar.  In :  Aus  dem  Goethe-Museum.  Jahrb. 
d.  deutschen  Hochstifts.  1909.  Frankfurt  a.  M.,  Knauer.  S.  311— 371. 

Straube,  A. :  Die  Universität  Jena.  Ein  Erinnerungsblatt. 
Thüringer  Warte.  V.  S.  207—213. 

Derselbe:  Das  Haus  Reuß  und  seine  Teilung  in  ältere  und 
jüngere  Linie.     Thür.  Warte.  V.  S.  17 — 25. 

Streng,  Anton:  Romantische  Herbergen.  Schwarzb.-Rudolst. 
Landesztg.  1909.  No.  178. 

Strieder,  J. :  Ein  Kartell  deutscher  Kaufleute  [aus  WeiĂźenfels 
und  Merseburg  a.  d.  S.]  aus  d.  J.  1743.  tust.  Jahrb.  d.  Görres-Ges. 
München  1911.  Bd.  XXXII.  H.  1.  S.  49—57. 

Studentensturm,  Der  —  zu  Erfurt  im  Jahre  1510.  Akad. 
Monatshefte.  1910/11. 

StĂĽmcke,  Heinr. :  Das  neue  Hoftheater  in  Meiningen.  Mit 
8  Illustr.    Bühne  u.  Welt.  1910.  I.  S.  285—292. 

Sturmhöfel,Konrad:  Illustrierte  Geschichte  der  sächsischen 
Lande  und  ihrer  Herrscher.  Leipzig,  HĂĽbel  u.  Denck,  1910.  2  Bde. 
zu  je  2  Abteil,  geb.  40  M.  1.  Band:  Illustrierte  Geschichte  der 
meiĂźnischen  und  thĂĽringischen  Lande.  2.  Band:  Illustrierte  Ge- 
schichte des  Albertinischen  Sachsen. 

T.,  G.  H. :  An  der  Wiege  deutscher  Schauspielkunst.  Saalfische, 
Beil.  z.  Saalf.  Kreisbl.  1909.  No.  2. 

Taube,  F.  W. :  FĂĽhrer  durch  Merseburg  mit  geschichtlicher 
Einleitung.    Merseburg,  Pouch,  1908.   25  SS. 

Teil-Katalog  [I]  der  Alexander-Bibliothek  Eisenach.  Gruppe: 
Thüringisch-sächsische  Geschichte.  Eisenach,  H.  Kahle,  Hofbuchdr., 
1910.  —  Teil-Katalog  II  der  Karl-Alexander-Bibliothek  Eisenach. 
Abt.:  Wartburg  -Bibliothek.  Jena,  Univ.-Buchdr.  G.  Neuenhahn, 
1910.    30  u.  207  SS.    8°. 

Tetzner,  F.:  Wilhelm  Thumshirn.  Beil.  No.  17  z.  Altenb. 
Ztg.  1911.  April  23. 

Derselbe:  Altenburg- Werdau er  Beziehungen  im  Mittelalter. 
Altenb.  Ztg.  1911.  Beil.  21.  (Mai  21). 

Derselbe:  Magister  Mauritius  Pfleumer  von  Altenburg.  Beil. 
z.  Altenb.  Ztg.  1910.  S.  374. 

Derselbe:  Altenburg-Dornburger  Beziehungen  im  30- jährigen 
Kriege.     Beil.  z.  Altenb.  Ztg.  1911.  S.  46.  No.  6. 

Thieme,  Fried r.:  Thüringer  Schillerstätten  und  ihre  Be- 
deutung fĂĽr  die  Entwicklung  des  Dichters.  Zum  10.  Nov.  1910.  ThĂĽr. 
Monatsbl.  XVIII.  No.  8.  Nov.  1910.  S.  89—95. 

Thimme,  K.:  Joh.  Heinr.  Schmidt  aus  Budolstadt,  ein  Ver- 
treter des  Pietismus  in  Hannover  und  seine  AmtsfĂĽhrungsordnung. 
Zeitschr.  d.  Gesellsch.  f.  niedersächs.  Kirchengesch.  XIV.  S.  136—161. 


490  Literatur. 

Thudichum,  Fried r. :  Goethe  und  Macchiavelli.  In :  Allerlei 
für  Freund  und  Feind.    Leipzig,  Sängewald,  1910.    105  SS.   8°.    1  M. 

Thümmel:  Festgottesdienst  zum  Universitätsjubiläum  in  Jena 
am  31.  Juli  1908  in  der  Stadtkirche.  15  SS.  8°.  0,30  M.  Jena, 
G.  Neuenhahn. 

Thüringen  —  Hessenland  und  Franken.  In  Lied,  Spruch  und 
Prosaschilderung.  Buchschmuck  von  Alfred  Wessner  und  Heinrich 
Kopp.  VIII,  144  SS.  In :  Deutsches  Land  und  Volk.  Hrsg.  von 
Wohlrabe.  H.  11.  Halle,  Gebauer-Schwetschke,  1911.    geb.  1,75  M. 

ThĂĽringer  Sagen.  Erfurter  Allgem.  Anz.  28.  Mai  1911. 
No.  147.  Beil.  1. 

Thurandt,  A. :  Schiller  als  Professor  in  Jena.  Saaleztg.  1909. 
No.  312;  Sonntagsbl.  No.  45  z.  Eisenacher  Ztg.  1909. 

Der  Tod  des  Prinzen  Louis  Ferdinand  von  PreuĂźen.  Beil.  z. 
Saalf.  Kreisbl.  1908.  No.  21. 

Tönnies,  Ferd. :  Schillers  pohtisches  Vermächtnis.  In:  Der 
StaatsbĂĽrger,  hrsg.  v.  H.  Dorn.  1910.  No.  16. 

Töpfer,  H:  Zur  Geschichte  des  Weinbaues  und  Weinverbrauchs 
in  Thüringen.    Sondershausen,   Eupel,   1909.    132  SS.    8°.     1,50  M. 

Toppe,  Herrn.:  An  Kleeblaat  us  ThĂĽringen.  3.  Titelauflage. 
Neue  Ausgabe.  VI,  126  SS.  m.  Bildnis.  8°.  Gotha,  R.  Wöpke, 
1910  (1893).    geb.  1  M. 

Töwe,  Carl:  Was  ist  uns  Schiller?  Elberfeld,  Martini 
&  Grüttessen,   1910.    Oststädt.  höh.   Mädchenschulpr.   S.   1—6.   4°. 

Tornius,  Val. :  Goethe  als  Dramaturg.  Leipzig,  E.  A.  See- 
mann, 1909. 

Derselbe:  Weimarer  Schauspieler  zu  Goethes  Zeit.  Sonntags- 
beilage No.  23  zur  Voss.  Ztg.  No.  270.  1911. 

Tr.,  Dr.  Hg.:  Zum  Schönbrunner  Attentat.  Erfurter  Allgem. 
Anz.  1909.  Okt.  20.  No.  291. 

Traumann,  Ernst:  Ausgewählte  Abhandlungen,  Kritiken 
und  Betrachtungen.  I.  Zu  GoethesLeben  und  Werken.  Berlin,  Felber, 
1909.  VIII,  161  SS.  8°.  geb.  3,50  M.  [Aufsätze  a.  d.  Feuilleton 
u.  Literaturbl.  d.  Frankf.  Ztg.  1903/8  und  aus  der  Halbmonatsschr. 
„März"  1907.] 

Derselbe:  Zu  Goethes  Leben  und  Werken.  [Ausgew.  Ab- 
handlungen 1.]     Berlin,  Emil  Felber.    2,50  M. 

Trefftz,  J.:  Der  Ăśberfall  Arnstadts  im  Jahre  1711.  1.  Teil. 
Zeitschr.  d.  Ver.  f.  thür.  Gesch.  u.  Altertumsk.  XXVIII.  S.  380—400. 

Derselbe:  Aktenmäßige  Relation  über  die  Feldzüge  des 
Sachsen -Weimar-  und  Eisenachischen  leichten  Infanterie -Bataillons 
in  den  Jahren  1806—1811.    Ebenda.  XXVIII,  p.  131—180. 

Treitzschke,  H.  v.:  Die  goldenen  Tage  von  Weimar.  Bilder 
a.  d.  Geschichte.  IL  S.  1 — 25. 

Trenn,   Paul:   Aus   Abbes    Sozialpolitik.     Menschheitsziele. 

1909.  No.  4/5. 

Trinius,  Aug.:  SchloĂź  Wilhelmsthal  bei  Eisenach.  ThĂĽr. 
Kalender.  1910. 

Derselbe:  Schwarzburg.    ThĂĽr.  Kalender.  1911. 

Derselbe:  SchloĂź  Friedenstein.    ThĂĽr.  Kalender.  1911. 

Derselbe:  Das  grĂĽne  Herz  Deutschlands.  Eine  Wanderfahrt 
durch  den  ThĂĽringer  Wald.  Mit  8  Bildbeigaben  und  Buchschmuck 
von  Jos.  Windisch.    160  SS.    8°.    Berlin,  Heimat-  und  Welt- Verlag, 

1910.  geb.  2,50  M. 


Literatur.  491 

Trinius,  Aug.:  Das  ThĂĽringer  Dorf.  Mit  9  Abbild,  von 
Fritz  Kuithan.  In:  Gartenlaube.  1911.  No.  15.  S.  323— 326.  Leipzig, 
Keils  Nacbi. 

Derselbe:  Wilhelm  Hey  (geb.  26.  März  1789  in  Leina).  Saal- 
fische, Beil.  z.  Saalf.  Kreisbl.  1908.  No.  26. 

Derselbe:  Aufstillen  Pfaden.  Tägl.  Eundschau.  1909.  No.498. 

Derselbe:  Dornburg.    Burgwart.  IX.  S.  27 — 31. 

Derselbe:  Martinsfest  in  Erfurt.  Saalfische.  Beil.  z.  Saalf. 
Kreisbl.  1908.  No.  24. 

Derselbe:  Eine  Wallfahrt  zum  HĂĽlfensberg.  In:  Sonntags- 
blatt No.  50  z.  Dorfztg.  1910.  Dez.  11. 

Derselbe:  Aus  der  Heimat  Otto  Ludwigs  (Eisfeld).  ThĂĽr. 
Monatsbl.  XVII.  No.  12. 

Derselbe:  An  der  Quelle  der  Weser.  Saalfische,  Beil.  z.  Saalf. 
Kreisbl.  1909.  No.  11. 

Derselbe:  Auf  der  Wachsenburg.  Apoldaer  Tagebl.  1911; 
No.  147;  Eisenacher  Ztg.  1911.  No.  146  (Juni  24);  Geraisches  Tagebl. 
1911.  No.  147  (Juni  25);  Arnstadt.  Nachrichtsbl.  1911.  No.  146; 
Leipz.  Neueste  Nachr.  1911. 

Derselbe:  Leutenberg.  Ein  Dornröschen  im  Schwarzburger 
Lande.    Goth.  Tageblatt.  1911.  No.  146  f.  (Juni  24). 

Trinkfröhlichkeit  im  alten  Jena.  Schwarzb. - Kudolst. 
Landesztg.  1909.  Jan.  17.  Beilage. 

Tr finkler]:  Der  Musensitz  und  seine  Umgebung.  Schwarzb.- 
Kudolst.  Landesztg.  1910.  Juli  17.  Beilage. 

Derselbe:  Die  letzte  Dichtung  Eegensburgers.  Schwarzb.- 
Kudolst.  Landesztg.  1910.  No.  246.  Okt.  20. 

Trink ler,  H. :  Aus  Alt-Rudolstadt,  Der  Markt,  Marktplatz, 
Marktverkehr,  Marktpolizei,  die  Strumpfgasse.  Beil.  z.  Schwarzb.- 
Eudolst.  Landesztg.  1910.  No.  271,  277,  279,  283;  1911.  No.  13. 

Trippenbach,  Max:  Zur  Geschichte  der  Burg  Falkenstein 
seit  Besitznahme  durch  das  Geschlecht  v.  d.  Asseburg.  Zeitschr.  d. 
Harzvereins.  Wernigerode  1911.  XXIV.  S.  81—129.   M.  1  Stammtafel. 

Tröge,  W.:  Der  Taubacher  Münzfund.  Montagsbl.  Beil.  z. 
Magdeb.  Ztg.  1908.  S.  333  f. 

Tröster,  Albert:  Die  Staatsstraßen  im  Gebiete  der  Ober- 
herrschaft des  FĂĽrstentums  Schwarzburg-Rudolstadt.  Ein  Beitrag 
zur  Landeskunde.  Schwarzb.-Rudolst.  Landesztg.  1910.  Juli  24  u. 
28  Beilagen. 

Uhle,  R:  Schiller  im  Urteil  Goethes.  Die  Zeugnisse  Goethes 
in  Wort  und  Schrift.  Gesammelt  und  ergänzt  durch  die  Zeugnisse 
Mitlebender.  Leipzig-Berlin,  B.  G.  Teubner,  1910.  VI,  154  SS.  8°. 
2,40  M.  ^     n 

Unbe scheid,  Herrn.:  Die  Gemeinde  Gierstedt  bei  GroĂź- 
fahner  in  Gotha,  nach  den  Wohnhäusern  geordnet,  mit  den  Geburts- 
daten der  Bewohner  versehen,  vom  Pfarrer  Ulrich  Oberegger  daselbst 
zusammengestellt  und  abgeschlossen  am  24.  Nov.  1702.  Arch.  f. 
Stamm-  u.  Wappenkunde.  IX.  No.  3.  S.  33—35. 

Unger,  Max:  Robert  und  Clara  Schumanns  Beziehungen  zu 
Dr.  Gust.  Ad.  Keierstein.  (Mit  7  unveröffentlichten  Briefen  von 
Clara  und  einem  von  Rob.  Schumann.)    Neue  Musikztg.  1910.  H.  18. 

Unrein,  Otto:  ThĂĽringen.  Anhang  zum  deutschen  Lesebuch 
von  Karl  Hessel.  IV,  154  SS.  8°.  Bonn  1910,  A.  Marcus  u. 
E.  Webers  Verlag. 


492  Literatur. 

Urkundenbuch  der  Stadt  und  des  Kreises  Langensalza 
während  des  Mittelalters.  Bd.  I  m.  12  Exkursen.  Hrsg.  v.  A.  Wenzel. 
Langensalza,  Beyer,  1910.  X,  321  SS.  10  M.  Regesten,  Urkunden, 
sowie  AuszĂĽge  aus  anderen  mittelalterlichen  Quellenschriften  von  der 
ältesten  Zeit  bis  zur  Erhebung  Langensalzas  zur  Stadt.    775—1212. 

V.,  G.:  Die  heilige  Sippe.  Gemälde  vom  großen  Altar  in 
Themar  bei  Meiningen.    ThĂĽr.  Kalender.  1910. 

Veit,  Rudolf:  Das  Finanzwesen  der  Stadt  Altenburg. 
Halle  a.  S.,  C.  A.  Caemmerer  u.  Co.,  1908.  90  SS.  8°.  (Erscheint 
vollständig  im  gleichen  Verlag.     Halle,  Diss.  phil.  ing.  1908.) 

Velden,  A.  v.  d. :  Die  sechzehn  Ahnen  der  Durchlauchtigsten 
Braut  Sr.  Kgl.  Hoheit  des  GroĂźherzogs  von  Sachsen.- W.-E.,  Ihrer 
Hoheit  der  Prinzessin  Karola  Feodora  von  Sachsen-Meiningen.  Mit 
1  Abb.    Der  Deutsche  Herold.  XII.  1909. 

Die  Verfassung  der  Jenaischen  Burschenschaft  vom  12.  Juni 
1815.     Monatsschr.  d.  Rudolst.  Senioren-Convents.  1911. 

Verzeichnis  der  vor  das  Jahr  1664  zurĂĽckreichenden 
KirchenbĂĽcher  (in  Sachsen -Weimar-Eisenach).  In:  Kirchen-  u.  Schul- 
blatt in  Verbindung.  1909.  No.  17.  Weimar,  Böhlaus  Nachf. 

Vetter,  Arno:  Bevölkerungsverhältnisse  der  ehemals  freien 
Reichsstadt  MĂĽhlhausen  i.  Th.  im  15.  und  16.  Jahrhundert.  X, 
102  SS.  In:  Leipziger  hist.  Abhandlungen,  hrsg.  von  Brandenburg, 
Seeliger,  Wilcken.    gr.  8°.    Leipzig,  Quelle  u.  Meyer,  1910.    3,20  M. 

Vetter,  P. :  Ein  ungedruckter  Brief  des  Justus  Jonas.  Arch. 
f.  Reformationsgesch.  VII.  S.  121—134. 

Vogel,  H.  G. :  VolkstĂĽmliche  Kunst  aus  ganz  ThĂĽringen. 
Deutschland.  Weim.  Landesztg.  1910.  No.  140—142. 

Vogel,  Jul. :  Goethes  Arbeitszimmer  und  Stielers  Bildnis  des 
Dichters.  16  SS.  m.  1  Abb.  u.  1  Bildnis.  8°.  Leipzig,  F.  E.  Wachs- 
muth,  1911.    0,60  M. 

Derselbe:  Die  Kämpfe  des  Jahres  1809.  Altes  u.  Neues  a. 
d.  Heimat.  Beil.  z.  Jen.  Volksbl.  1909.  Aug.  3.  13. 

Voigt  (v.),  Genealogie  der  Familie  —  aus  Weimar.  Geneal. 
Handbuch.  Bd.  XVII. 

Voigt,  H.  G. :  Bruno  v.  Querfurt  und  die  Bedeutung  seines 
Missionswerkes.     Altpreuß.  Monatsschr.  XLV.  S.  486—498. 

Das  Volksbad  in  Jena.  Der  Profanbau.  1910.  No.  2 
(Leipzig). 

Vollert,  W. :  Heinrich  Posthumus.  Ein  thĂĽr.  Graf  als  Be- 
kenner  zu  Gottes  Wort  und  Luthers  Lehr.  Neue  kirchl.  Zeitschr. 
XX.  10. 

Voretzsch,  M. :  Zur  EinfĂĽhrung  der  Kontinentalsperre  in 
Altenburg  im  Dez.  1806.  Altenburg,  Selbstverlag,  1907.  8  SS. 
0,30  M. 

Vorgeschichtliche  Funde  in  der  Umgebung  von  Kahla. 
Beil.  12  z.  Altenburger  Ztg.  1911.  März  19. 

Voss,  Gg.:  Die  Bure  Bibra  bei  Meiningen.  Burgwart.  IX. 
S.  37  f. 

Derselbe:  Alte  Holzhäuser  in  der  Stadt  Meiningen.  Thür. 
Kalender.  1910. 

W.,  A.  v.:  Die  von  Schiller.  Beil.  z.  Schwarzb.  -  Rudolst. 
Landesztg.  1911.  No.  43.  Febr.  19. 

W.-O. :  Ludämilia  Elisabeth,  Gräfin  zu  Schwarzburg- Rudolstadt. 
Schwarzburgbote.  III.  S.  6  u.  36. 


Literatur.  493 

Waas,  Fr.:  Die  Generaivisitation  Einsts  des  Frommen  im 
Herzogt.  S.-Gotha.  1641—1645.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  thür.  Gesch. 
u.  Altertumsk.  XXVIII,  S.  81—130,  306-330. 

Wachler,  Ernst  u.  Max:  Chronik  der  Familie  Wachler 
vom  Ende  des  16.  Jahrhunderts  bis  zur  Gegenwart.  Nebst  zahl- 
reichen Abbildungen,  Fksms.,  Briefen  und  Stammtafeln.  Unter  Mit- 
wirkung von  Wilh.  Bernhardi,  Wilh.  Bock,  Ludw.  Glatzel,  Alex. 
Klein  hrsg.  Wappenzeichnung  von  Hans  F.  W.  Fiek.  Photogr. 
Aufnahmen  von  Karl  Wahl,  Hugo  Gewalt  u.  V.  Bittner.  XI,  227  SS. 
8°.    Jena,  H.  Costenoble,  1910.    geb.  7,50  M. 

Wächter,  Albert:  Dreihundert  Jahre  Rudolstädter  Gym- 
nasium. Beiträge  zur  Landesgeschichte  des  Fürstentums  Schwarzb.- 
Rudolstadt.    Rudolstadt,  Mänicke  u.  Jahn,  1910.    8°.    130  SS.    2  M. 

Wäschke:  Emser  als  Kritiker  Luthers.  Zeitschr.  d.  Ver.  f. 
d.  Kirchengesch.  in  d.  Prov.  Sachsen.  VI  (1909).  S.  81—90. 

Wagner,  Richard:  Mein  Leben.  2  Bde.  Titel  und  Einbd. 
gez.  von  Heinr.  Wieynk.  886  SS.  gr.  8°.  München,  F.  Bruckmann, 
1911.    geb.  25  M. 

Waldeck,  O. :  Die  Publizistik  des  Schmalkaldischen  Krieges. 
Arch.  f.  Reform ationsgesch.  VII.  S.  1 — 55. 

Das  Wappen  der  Herzöee  von  Sachsen-Meiningen.  Saalfische. 
Beil.  z.  Saalfelder  Kreisbl.  1911.   No.  10. 

Wappler,  Paul:  Die  Stellung  Kursachsens  und  des  Land- 
grafen Philipp  von  Hessen  zur  Täuferbewegung.  Reformations- 
geschichtliche Studien  und  Texte.  H.  13  u.  14.  MĂĽnster  i.  W., 
Aschendorff,  1910.    gr.  8°.    254  SS.    6,80  M. 

Warnecke,  Fried  r. :  Goethe  und  Schiller.    Weimar,  Böhlau, 

1909.  8°.     15  SS. 

W  a  r  t  b  ur  g  er ,  M. :  Martin  Luther.  Berlin,  Historischer  Verlag 
Baumgärtel,  1911.  XXX.  171  SS.     1  M. 

Wartburghefte  fĂĽr  den  evangelischen  Bund  und  deren 
Freunde,  kl.  8°.  Halle,  Verlag  des  Evang.  Bundes,  1910.  No.  49: 
Er  war  unser.  Zu  Friedrich  von  Schillers  Gedächtnis.  20  SS.  m. 
Abb.  u.  1  Bildnis.    0,10  M. 

Weber,  Paul:  Jahresbericht  des  städtischen  Museums 
1909/10.    12  SS. 

Derselbe:   Die  Glocken   der  Jenaer   Stadtkirche.     Jen.  Ztg. 

1910.  No.  177.  (31.  Juli.)  2.  Blatt. 

Weicker,  Andr. :  Die  Damen  von  Weimar-.  Mit  25  Abb. 
von  Louis  Held.  Velhagen  u.  Klasings  Monatshefte.  XXV.  1911. 
H.  9.  S.  73  ff. 

W  e  i  d  n  e  r  ,  F  r  i  e  d  r. :  Beiträge  zur  politischen  Geschichte 
Gothas  1815—1834.     Inaug.-Diss.  Jena  1907.    85  SS. 

Derselbe:  Gotha  in  der  Bewegung  von  1848.  Nebst  RĂĽck- 
blicken auf  die  Zeit  von  1815  an.  Gotha,  Perthes,  1908.  265  SS. 
4,50  M. 

Weimar.  FĂĽhrer  des  deutschen  Schillerbundes.  Weimar, 
Verlag  des  Bundes,  1909.    32  SS.    0,20  M. 

Weimar.     Goethe-  und  Schiller-Stätten.     10  Kupfergravüren. 


In  Leinwandmappe  20  M.,   einzelne  GravĂĽren  2  M.,   einzelne  Texte 
0,25  M. 

XXVIII.  32 


494  Literatur. 

Weiner,  Franz:  Kapellendorf,  seine  Burg  und  sein  Kloster. 
ThĂĽr.  Monatsbl.  XVII  (1909).  No.  4. 

Weingart,  H. :  ThĂĽringen,  Bilder  aus  Geschichte,  Land  und 
Volk.    Bremen,  G.  Winter,  1909.    80  SS.    8°.     IM. 

Wenck,  Karl:  Quellenuntersuchung  und  Texte  zur  Ge- 
schichte der  hl.  Elisabeth.  I.  Ăśber  die  dicta  quatuor  ancillarum 
sanctae  Elisabethae.  N.  A.  d.  Gesellschaft  f.  ältere  deutsche  Ge- 
schichtskunde. XXXIV.  H.  2.  S.  429—502.  Hannover,  Hahn's 
Buchh.,  1909. 

Derselbe:  Der  Jenaer  Ausschuß.  Akad.  Turnbundsblätter. 
XXII.  12. 

Derselbe:  Hermann  Diemar.  Nekrolog.  Zeitschr.  d.  Ver.  f. 
hess.  Gesch.  u.  Literaturk.  N.  F.  XXXIV.  S.  287—294. 

Derselbe:  Die  Stellung  des  Erzstiftes  Mainz  im  Gange  der 
deutschen  Geschichte.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  hess.  Gesch.  u.  Literaturk. 
XLIII.  S.  278-318. 

Werner,  Arno:  Städtische  und  fürstliche  Musikpflege  in 
WeiĂźenfels  bis  zum  Ende  des  18.  Jahrhunderts.  VIII,  160  SS.  m. 
8  Taf.    gr.  8°.     Leipzig,  Breitkopf  u.  Härtel,  1911.    geb.  4  M. 

Werthern,  v. :  Cölleda  und  Beichlingen,  ein  etymologischer 
Versuch.     Kalender  f.  d.  Ortsgesch.  v.  Eckard tsberga.   1909.   S.  33. 

Wibel,  H. :  Zur  Chronologie  der  ersten  Ă„bte  von  Reinhards- 
brunn.   NA.  f.  ä.  d.  Gk.  XXXVI.  S.  728-739. 

Wichdorff,Hess  v. :  Saalfelder  BĂĽrgerleben  vor  150  Jahren. 
Saalfische.  Beil.  z.  Saalf.  Kreisbl.  1909.  No.  13. 

Widder,  F.:  Lessingreminiszenzen  bei  Schiller.  Zeitschr.  f. 
d.  d.  Unterricht.  XXIII.  1909.  S.  678—681. 

Wie  es  in  Altenburg  im  Dezember  1813  aussah.  Sonntagsbl. 
No.  48  d.  Altenburger  Ztg.  1909. 

Wieruszowski,  A. :  Goethe  als  Rechtsanwalt.  Cöln  a.  Rh., 
Paul  Neubner.    1  M. 

Willkomm:  Ein  vergeĂźner  Jenaer  Privatdozent.  Zum 
30.  März  1911.  (Friedrich  Rückert.)  Blätter  f.  Unterhaltung.  Beil. 
z.  Jen.  Ztg.  1911.  No.  33  (März  30).    Auch  S.-A. 

Willmann,  Franz  E. :  Zur  Einweihung  des  neuen  Hof- 
theaters in  Meiningen.  In:  Die  schöne  Literatur.  XL  1910.  S.  1. 
Beil.  z.  Lit.  Zentralbl. 

Witkowski,  G. :  Goethe-Schriften.  Das  literarische  Echo. 
XIII.  H.  9.  Berlin,  Heischel  u.  Co.,  1911. 

Wolf,  Gustav:  Schloß  Tinz.  Heimat-Blätter  (Geraer  Ztg.). 
1909.  No.  3. 

Wolf,  Richard:  Der  deutsche  Bauernkrieg  von  1525,  seine 
Ursachen  und  Veranlassungen.  In :  Deutsche  Geschichtsblätter.  XL 
S.  61—72. 

Wolff,  Karl:  Die  Terrassen  des  Saaletales  und  die  Ursachen 
ihrer  Entstehung.    Stuttgart,  Engelhorn,  1909. 

Wolle,  H. :  Zwei  Taufnamen  für  neue  Rudolstädter  Straßen. 
Zum  10.  Nov.  1909.  Beil.  No.  264  z.  Schwarzb.-Rudolst.  Landes- 
zeitung. 1909. 

Woltze,  Peter:  Das  klassische  Weimar,  mit  erläuterndem 
Text  von  Ed.  Scheidemantel.    Weimar,  Böhlau,  1907. 

Wuttig:  Die  Wiederherstellung  der  Allstedter  Kirche.  In: 
Das  Land.  XVIII.  3-6. 


Literatur.  .  495 

ZeiĂź,  H. :  Bestanden  in  der  alten  Jenaischen  Burschenschaft 
Geheimbünde?     Burschenschaftl.  Blätter.  XXV.  9. 

Zimmermann,  Ernst:  Neue  ThĂĽringer  Porzellane.  Mit 
12  Abb.  Deutsche  Kunst  u.  Dekoration.  XIII  (1910).  H.  4.  (Jan.). 
S.  283  ff. 

Zimmermann,  Karl:  Aufzeichnungen  eines  Veteranen  aus 
der  Zeit  1806/14.  In:  Das  Bayerland.  Illustr.  Wochenschr.  XXII. 
No.  6/7. 

Z  i  n  c  k  ,  P. :  Eockenlieder.  Gesammelt  in  Schellerhau  bei 
Altenburg.    Mitt.  d.  Ver.  f.  sächs.  Volkskunde.  IV.  S.  227  f. 

Zschiesche:  Weitere  Funde  aus  der  merowingischen  Zeit 
von  Erfurt  und  Umgebung.  In :  Mitt.  d.  Ver.  f.  Gesch.  von  Erfurt. 
H.  30/31.  S.  7—15. 

Zschimmer,  E. :  Die  Glasindustrie  in  Jena.  Ein  Werk  von 
Schott  und  Abbe.     Jena,   Diederichs,  1909.    gr.  4°.     160  SS.    6  M. 


Beiträge,  Neue,  zur  Geschichte  deutschen  Altertums.  Hrsg. 
vom  Hennebergischen  Altertumsforschenden  Vereine  zu  Meiningen. 
Meiningen,  Brückner  u.  Benner,  1909.  8°.  —  Lieferung  22.  Inh. : 
Die  Botenlaubischen  Grabdenkmäler  in  der  Klosterkirche  zu  Frauen- 
rode.  Von  K.  Zürcher.  S.  3 — 38.  —  Die  ehemalige  sächsische  Land- 
wehr im  Kreis  Hildburghausen.  Von  E.  Schaubach.  S.  38 — 121.  — 
Lieferung  23.  1910.  Inh. :  Die  herzogliche  Hof kapelle  in  Meiningen. 
Biographisches  und  Statistisches.    Von  Chr.  Mühlfeid.    S.  3—96. 

Bunte  Bilder  aus  der  Vergangenheit  des  Vogtlandes  und  seiner 
Kreisstadt  Plauen.  Von  Mitgliedern  und  Freunden  des  Altertums- 
vereins zu  Plauen  dessen  erstem  Vorsitzenden  Herrn  Alwin  Neupert 
gewidmet  zum  70.  Geburtstage,  19.  März  1911.  Plauen  i.  V.,  Verlag 
von  Rudolf  Neupert  jr.  Aus  dem  Inhalt :  Der  Vogtstitel  der  Herren 
von  Weida,  Gera  und   Plauen.     Von  Berthold   Schmidt.    S.  1—17. 

—  Vogtländische  Schüler  von  Schlüpf orta  von  1564—1648.  Von 
Dr.  Angermann.  S.  33—36.  —  Vogtländische  Kriegsereignisse  bis 
zum.  Ende  des  siebenjährigen  Krieges.    Von  W.  Dorsch.    S.  37 — 56. 

—  Über  sächsische  und  insbesondere  Plauener  Postverhältnisse  in 
den  Jahren  1772—1823.  Von  E.  Voigt.  S.  108—113.  —  Die  Juden 
Plauens  und  des  Vogtlandes  im  Mittelalter.    Von  W.  Warg.    S.  114 

—  117. 

Unser  Ei  chsf  eld.  Zeitschr.  d.  Ver.  f.  Eichsfeidische  Heimats- 
kunde. Bd.  V.  Heiligenstadt,  F.  W.  Cordier,  1910.  8°.  228  SS. 
Inh.:  Der  30- jährige  Krieg  und  das  Eichsfeld.  Von  Ph.  Knieb. 
S.  1—21.  77—98,  138—161,  199—222.  —  Bilder  aus  dem  heimat- 
lichen Tierleben.  Von  Fr.  Neureuter.  S.  22—24,  177—180.  —  Die 
Stadt  Mühlhausen  und  die  Verwüstung  der  Schlösser  und  Klöster 
des  Eichsfeldes  im  Jahre  1525.  Von  R.  Jordan.  (SchluĂź.)  S.  25 
— 47.  —  Das  ehemalige  Bischöfliche  Progymnasium  in  Duderstadt. 
Von  K.  Wüstefeld.  S.  48—56.  —  Das  Museum  von  Heiligenstadt, 
Von  A.  Heil.  S.  57—58.  —  Ein  Wahrzeichen  des  Dorfes  Bicken- 
riede.  Von  L.  Goldmann.  S.  59—74.  —  Das  Zwergloch  in  Heuthen. 
Von  K.  Löffelholz.  S.  75—76.  —  Die  Verfassung  und  Verwaltung 
der  Stadt  Duderstadt.    (Fortsetzung.)    S.  99—105,  119-137,  181-182. 

—  Volksglaube  auf  dem  Eichsfelde.   Von  H.  Herbst.    S.  106-112, 

32* 


496  Literatur. 

196 — 198.  —  Der  Tabaksbau  auf  dem  Untereichsfeld.  Von  X.  S.  113 
—118,  183—190.  —  Andreas  Rabe,  des  Eichsfeldes  Wunderkind. 
Von  Florentin  Müller.  S.  162—176, 191—195.  —  Kleine  Mitteilungen. 
S.  61—63,  110,  112,  175—176,  222—224.  —  Bd.  VI  (1911).  Heft  1. 
Inh. :  Die  ältesten  Karten  des  Eichsfelds.    Von  J.  Müller.  S.  1 — 19. 

—  Inschriften  aus  dem  Werke  über  Bau-  und  Kunstdenkmäler  des 
Kreises  Heiligenstadt.  Von  W.  Eassow.  S.  20 — 25.  —  Der  30-jährige 
Krieg  und  das  Eichsfeld.  Von  Ph.  Knieb.  S.  26—50.  —  Aus  dem 
obereichsfeldischen  Sagengebiete.    Von  L.  Goldmann.    S.  58 — 64- 

'  Geschichtsblätter,  Mühlhäuser.  Zeitschr.  d.  Altertums- 
vereines f.  MĂĽhlhausen  i.  Th.  und  Umgegend.  Hrsg.  v.  Dr.  Rudolf 
Bemmann.  Mühlhausen,  Carl  Albrecht.  —  Jahrg.  X.  1909/10.  Inh.  : 
Der  RezeĂź  zwischen  Rat  und  BĂĽrgerschaft  1523.  Von  Jordan. 
8.  1 — 13.  —  Der  Mühlhäuser  Landgraben  mit  einem  Plan.  Von 
Rud.  Bemmann.  S.  14 — 36.  —  Beitrag  zur  Predigtgeschichte  der 
Dominikaner  und  Barfüßer  in  Mühlhausen  i.  Th.  während  des 
14.  Jahrhunderts.  Von  P.  Michael  Bihl  OFM.  S.  37—46.  —  Das 
Testament  des  BĂĽrgermeisters  Sebastian  Birckener  zu  MĂĽhlhausen 
1602  und  seine  Folgen.  Von  G.  Liebe.  S.  47—54.  —  Das  Leben 
des  Pfarrers  Magister  Justus  Mertz.  Aus  dem  Kirchenbuch  St.  Nicolai 
mitgeteilt  von  Ehrhardt.  S.  55 — 58.  —  Das  peinliche  Gerichtsver- 
fahren gegen  den  Dieb  Wilhelm  Kriesing  zu  Treffurt  im  Jahre  1755. 
Von  Dr.  K.  v.  Kauffungen.  S.  59 — 70.  —  Zum  Leben  des  Wilhelm 
Gottlieb  Tilesius  (1769—1857).  S.  71—74.  —  Zur  Geschichte  des 
Mühlhäuser  Handels  und  Gewerbes.    Von  R.  Bemmann.    S.  75—94. 

—  Ein  Skelettgrab  aus  der  älteren  Bronzezeit.  Von  Karl  Seilmann. 
S.  95—97.  —  Aus  dem  Jahre  1525.  Von  Jordan.  S.  98—103.  — 
Ein  Pfarrerjubiläum  in  alter  Zeit.  Von  G.  Thiele.  S.  104—108.  — 
Herzog  Wilhelm  von  Weimar,  die  Stadt  MĂĽhlhausen  und  das  Eichs- 
feld. III.  Teil.  Von  Jordan.  S.  109—127.  —  Vom  Rieseninger 
Berge.  Von  Karl  Sellmann.  S.  128.  —  Ein  Stück  Mühlhäuser 
Diplomatie.  Von  Jordan.  S.  129 — 130.  —  Aus  dem  Edictbuche  des 
Rates.  Von  Bemmann.  S.  131 — 132.  —  Eine  vergessene  Schrift  über 
Thomas  Münzer.  Von  Jordan.  S.  133.  —  Die  Kupferplatte  Merians. 
Von  Jordan.  S.  134.  —  Das  Streifkorps  des  Majors  von  Hellwig  in 
Mühlhausen.  Von  Jordan.  S.  135.  —  Aus  dem  Jahre  1849.  Von 
Jordan.  S.  135.  —  Bücherschau.  S.  137 — 141.  —  Vereinsnachrichten. 
S.  142.  —  Jahrg.  XL  1910/11.  Inh.:  Aus  den  Jahren  1524—1525. 
Von  Jordan.  S.  1—14.  —  Die  Kirchenbücher  im  Gebiete  der  ehe- 
mabgen  freien  Reichsstadt  MĂĽhlhausen.  Von  Georg  Thiele.  S.  15 
— 22.  —  Briefe  des  Syndicus  M.  Lucas  Otto  vom  Augsburger  Reichs- 
tage 1547/8.  Von  Rud.  Bemmann.  S.  23—29.  —  Aus  Martin  Rinck- 
hardts  Buch  „Monetarius  seditiosus".  Von  Jordan.  S.  30—38.  — 
Burg  Scharfenstein.  Von  W.  C.  v.  Wintzingerode.  S.  39—48.  — 
Altkumistica.  Ein  Mühlhäuser  Druck  vom  Jahre  1614.  Von  Heineck. 
S.  49—55.  —  Mühlhausen  am  Anfang  des  18.  Jahrhunderts.  Von 
Bemmann.  S.  50—60.  —  Zur  Geschichte  der  Kornmarktskirche. 
Von  Jordan.  S.  61—66.  —  Die  Kaiserwahl  Philipps  von  Schwaben 
in  Mühlhausen  i.  Th.  Von  E.  Brinckmann.  S.  88—93.  —  Herzog 
Wilhelm  von  Weimar,  die  Stadt  MĂĽhlhausen  und  das  Eichsfeld. 
IV.  Teil.  Von  Jordan.  S.  67—87.  —  Ein  Nachtrag  zu  dem  Bericht 
ĂĽber  die  geplante  Verlegung  des  Reichskammergerichts  in  die  Stadt 


Literatur.  497 

-Mühlhausen  i.  Th.  Von  Jordan.  S.  99 — 100.  —  Verzeichnis  von 
älteren  geschichtlichen  Arbeiten  im  Mühlhäuser  Anzeiger.  Zusammen- 
gestellt von  Prot.  Jordan.  S.  94—98.  —  Weiteres  zur  Geschichte 
der  Unruhen  1523/25.  Von  Jordan.  S.  101—105.  —  Der  „Lust- 
garten" der  Stadt  Mühlhausen  i.  Th.  Von  Jordan.  S.  106—109.  — 
Der  Waidhandel  der  Stadt  MĂĽhlhausen  i.  Th.,  besonders  im  14.  und 
15.  Jahrhundert.  Von  R.  Bemmann.  S.  109 — 119.  —  Zur  Geschichte 
der  Mühlhäuser  Juden  z.  Z.  Königs  Wenzels.  Von  A.  Süßmann. 
S.  120.  —  Johannes  Capistrano  und  Mühlhausen.  Von  R.  Bemmann. 
S.  120.  —  Die  Sturmglocke  zu  St.  Jakob.  Von  Jordan.  S.  121 
— 122.  —  Aus  einer  Muhlhäuser  Chronik.  Von  R.  Bemmann.  S.  123 
— 125.  —  Die  letzte  Enthauptung  in  Mühlhausen  1787.  Von  Jordan. 
S.  126-127.  —  Ein  Brief  des"  Wilhelm  Gottlieb  Tilesius.  Von 
R.  Bemmann.  S.  128 — 129.  —  Das  Görmarsche  Kreuz.  Von  Jordan. 
S.  130.  —  Die  Stadtmauer  zwischen  Burgtor  und  Frauentor.  Von 
R.  Bemmann.     S.  131.   —   Der  Schwerttanz.     Von  Jordan.     S.  132. 

—  Französische  und  andere  Emigranten  in  Mühlhausen  1794.  Von 
E.  Brinckmann.  S.  134 — 135.  —  Eine  Ratsverordnung  über  die 
Anfertigung  des  Backwerkes.  Von  R.  Bemmann.  S.  136.  —  Ver- 
ordnung ĂĽber  den  Fleischverkauf  des  16.  Jahrhunderts.  Von  R. 
Bemmann.  S.  137.  —  Bücherschau.  S.  139 — 142.  —  Vereinsnach- 
richten.    S  143. 

Heimatblätter.  Aus  den  coburg-gothaischen  Landen.  Hrsg. 
v.  R.  Ehwald.  Heft  7.  Gotha,  F.  A.  Perthes,  1910.  Inh.:  Geheimer 
Hofrat  Professor  Dr.  Friedrich  Jakobs.    Von  R.  Ehwald.    S.  1—11. 

—  Stadt  und  Land  Coburg  im  7-jährigen  Kriege.  Von  Tob.  Quarck. 
S.  12 — 22.  —  Geologischer  Aufbau  und  geologische  Geschichte  des 
Wachsenburgberges.  Von  R.  Amthor.  S.  23—32.  —  Die  Alte  Tanne 
bei  Friedrichsanfang.  Von  F.  Thomas.  S.  33—35.  --  Beitrag  zur 
Geschichte  von  Stadt  und  Land  Coburg.  Von  C.  GrĂĽner.  S.  36 
— 46.  —  August  Petermann  und  die  Gothaer  Kartographie.  Von 
H.  Haack.  S.  47—57.  —  Herzog  Franz  von  Sachsen-Coburg-Saal- 
feld  (1750—1806)  als  Förderer  der  schönen  Künste.  Von  M.  Loß- 
nitzer.  S.  58—67.  —  Die  Liebensteiner  Burgen  an  der  wilden  Gera. 
Von  A.  Boie.  S.  68—75.  —  Unser  Bergwald.  Von  A.  Stier.  S.  76 
— 82.  —  Über  die  Anfänge  des  coburgischen  Theaterwesens.  II.  Von 
K.  Höfer.  S.  83—91.  —  Aus  der  Jugendzeit  der  Thüringer  Tier- 
welt. Von  Luise  Gerbing.  S.  94—97.  —  Gothaer  Ansichten  auf 
Münzen  und  Medaillen.    Von  B.  Pick.    S.  98—103. 

JahrbĂĽcher  der  Kgl.  Akad.  gemeinnĂĽtziger  Wissenschaften 
zu  Erfurt.  N.  F.  Heft  35.  Erfurt,  C.  Vilaret  u.  Co.,  1910.  Inh.: 
Der  sächsische  Bruderkrieg.  Gekrönte  Preisarbeit.  Von  Herb.  Koch. 
S.  1-260.  Geschäftliche  Mitteilungen.  —  Heft  36.  1910.  Inh.: 
Wieland  als  Freimaurer.  Von  G.  Deile.  —  Aufzählung  der  in  der 
Umgebung  von  Erfurt  beobachteten  Mikromyceten.  —  Die  orohydro- 
graphischen  Verhältnisse  des  Stadt-  und  Landkreises  Erfurt.  Von 
A.  Reichardt.  —  Jahresbericht  von  E.  Stange.  —  Nekrolog  des 
Dr.  R.  Loth. 

78.,  79.  und  80.  Jahresbericht  des  Vogtländischen  altcr- 
tumsforschenden  Vereins  zu  Hohenleuben.  Hrsg.  von  A.  Weber, 
Hohenleuben,  1910.  —  Inh.:  Das  Reichsgebiet  Regnitzland  bis  zu  Beiner 


498  Literatur. 

endgĂĽltigen  Erwerbung  durch  die  Burggrafen  von  Hohenzollern.  Von 
W.  Warg.  S.  1 — 88.  —  Urkundliche  Geschichte  der  Gera-Greizer 
Wollwarenindustrie  von  1572  bis  zur  Neuzeit.  Von  K.  Finkenwirth. 
S.  89—226.  —  Geschäftliche  Mitteilungen. 

Mitteilungen  der  Geschichts-  und  Altertumsforschenden  Ge- 
sellschaft des  Osterlandes.  Bd.  XII.  Heft  1.  Altenburg,  O.  Ăźonde, 
1909.  Inh. :  Etwas  von  Altenburgern  im  Auslande.  Von  M.  Meissner. 
S.  1—41.  —  Der  Altenburger  September- Aufruhr  1830.  Von  dem- 
selben. S.  42 — 66.  —  Eine  steinzeitliche  Grabstätte  bei  Zipsendorf. 
Von  E.  Amende.  S.  67 — 75.  —  Ein  Urnenfriedhof  bei  Meuselwitz. 
Von  demselben.  S.  76—84.  —  Ein  bronzezeitlicher  Depotfund  bei 
Kriepitzsch.    Von  demselben.     S.  85 — 90. 

Mitteilungen  des  Geschichts-  und  Altertumsforsch.  Vereines 
zu  Eisenberg.  Eisenberg,  Selbstverl.  d.  Ver.,  1910.  Heft  26  u.  27. 
Inh.:  Das  SchloĂź  zu  Eisenberg  um  die  Mitte  des  16.  Jahrhunderts. 
Von  H.  Lobe.  S.  3—26.  —  Leben  und  Wirken  des  Kupferstechers 
Ed.  Büchel.  Von  H.  Sachse.  S.  27—50.  —  Der  Ostkreis  und  der 
Westkreis.  Von  O.  Weise.  S.  51—56.  —  Die  Besiedelung  Thüringens 
auf  Grund  der  Ortsnamen.  Von  O.  Weise.  S.  57—66.  —  Die  hand- 
schriftlichen Bestände  in  der  Sammlung  unserer  Gesellschaft.  Von 
Geyer.  S.  67 — 84.  —  Bücherbestand  der  Vereinsbibliothek  von  dem- 
selben. S.  85—112.  —  Nachtrag  zu  der  Arbeit  über  Flurnamen  im 
24.  Hefte.    S.  113.  —  Geschäftliche  Mitteilungen.    S.  114—119. 

Mitteilungen  des  Vereins  fĂĽr  die  Geschichte  und  Altertums- 
kunde von  Erfurt.  Heft  30/31.  Erfurt,  H.  Güther,  1909/10.  8°. 
228  SS.  Inh.:  Bericht  über  die  Tätigkeit  des  Vereines  im  Jahre 
1909.  S.  V— XVI.  —  Zwei  neolithische  Gräber  mit  Schnurkeramik 
von  Erfurt.  Von  Zschiesche.  S.  3—6.  —  Weitere  Funde  aus  der 
merowingischen  Zeit  von  Erfurt  und  Umgegend.  Von  demselben. 
S.  7 — 16." —  Über  das  bischöfliche  geistliche  Gericht  zu  Erfurt.  Von 
J.  Feldkamm.  S.  17—44.  —  Das  Benefizial-  oder  Vikarienbuch 
Erfurts.  Von  demselben.  S.  45—226.  —  Mit  2  Taf.,  3  Abb.,  5  Stamm- 
tafeln. 

Mitteilungen  des  Vereines  fĂĽr  Gothaische  Geschichte  und 
Altertumsforschung.  Jahrgang  1908/09.  Gotha  1909.  108  SS.  Inh. : 
Aus  der  Geschichte  des  Dorfes  Rödichen.  Von  L.  Gerbing.  S.  1 
— 32.  —  Neue  Studien  zur  älteren  Geschichte  des  Gymnasiums  zu 
Gotha.  Von  M.  Schneider.  S.  33—64.  —  Die  Druckerei  auf  dem 
Grimmenstein  und  der  Drucker  Johann  Friedrichs  d.  M.  Von 
R.  Ehwald.  S.  65—87.  —  De  monte  Sebergo  in  Thuringia  sito. 
Von  G.  Florschütz.  S.  88—92.  —  Der  Gothaer  Goldmünzenfund. 
Von  B.  Pick.  S.  93—96.  —  Der  Mönchshof  bei  Manebach  und 
seine  Beziehungen  zum  tugendhaften  Schreiber.  Von  H.  Helb. 
S.  97—101. 

Mitteilungen  des  Ver.  f.  Geschichte  u.  Altertumskunde  zu 
Kahla  und  Roda.  Bd.  VII.  Heft  1.  Kahla,  J.  Beck,  1909.  Inh.:  Die 
Stadtbefestigung  von  Kahla.  Von  Fr.  Lehmann.  S.  1—28.  —  Das 
Urkundenbuch  der  Stadt  Kahla.  Von  V.  Lommer.  S.  29—86.  —  Der 
Drachenglaube  im  Altenburger  Westkreise.     Von  P.  Ammer.     S.  87 


Literatur.  499 

—107.   —    Nachrichten    über  Adlige   aus  den   Kirchenbüchern    der 
Ephorie  Kahla.  X.  Parochie  Heilingen.   Von  E.  Huhn.    S.  108—112. 

Mitteilungen  des  Vereins  f.  Geschichte  u.  Naturwissenschaft 
in  Sangerhausen.  Sangerhausen,  L.  Arendt,  1910.  8°.  (18Taf.) 
Inh. :  Die  St.  Katharinenkirche  im  Helmsthale  bei  Sangerhausen. 
Von  F.  Schmidt.  S.  5 — 32.  —  Zur  Geschichte  von  Beyernaumburg. 
Von  M.  Trippenbach.  S.  33-37.  —  Die  Örtlichkeit'  von  Goethes 
Hermann  und  Dorothea.  S.  38—39.  —  Friedrich  Wilhelm  Graf 
von  Eeden.  S.  39 — 4L  —  Der  Geograph  Karl  Ritter  in  Sanger- 
hausen. S.  41 — 42.  —  Baugeschichtliches  zum  Kloster  Kaltenborn. 
S.  42 — 46.  —  Die  Glocken  von  St.  Jakobi  in  Sangerhausen.  S.  46 
— 47.  —  Vorgeschichtliche  Funde.    Von  Krieg.    S.  48—52. 

Schriften  des  Vereins  fĂĽr  Sachsen  -meiningische  Ge- 
schichte u.  Landeskunde.  Hildburghausen  1910.  Heft  60.  VIII,  167  S. 
Inh. :  Die  Grafschaft  Cam bürg.  Von  E.  Eichhorn.  3  M.  —  Heft  61. 
Inh. :  Neue  Landeskunde  des  Herzogtums  Sachsen-Meiningen.  H.  7  (3). 
Die  Fauna.  Von  A.  Weiss.  V.  Abteilung.  Arthropoda  (Glieder- 
füßlerj.  S.  871—1018.  —  Heft  62.  Inh. :  Der  Bock  bei  Wallendorf, 
S.-M.  1910.    144  SS.    2  M. 

Abgeschlossen  am  1.  Juli  1911. 


Berichtigung. 

In  dem  Vorworte  zu  den  Thür.  Geschichtsqu.  N.  F.  VI :  „Die 
Stadtrechte  von  Eisenach,  Gotha  und  Waitershausen"  ist  die  An- 
gabe, daĂź  Herr  Dr.  Devrient  den  SchluĂź  des  4.  und  6.  Kapitels 
der  Einleitung  bearbeitet  habe,  nicht  ganz  richtig.  Es  muĂź  heiĂźen : 
den  SchluĂź  des  5.  und  6.  Kapitels. 

Die  Redaktion. 


Krommannsche  Buchdruckerei    Hermann  Pöble)  in  Jena.  —  3899 


DD  Verein  fĂĽr  ThĂĽringische 

801  Geschichte  und  Altertumskunde, 

T4.V4  Jena 

n.F.      Zeitschrift. 

Bd. 20      n.F.,  Bd.20 


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