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ZEITSCHRIFT DES VEREINS 



FÜR 



THÜRINGISCHE GESCHICHTE 



üin> 



ALTERTUMSKUNDE. 



NEUE FOLGE. VIERZEHNTEE BAND. 

DER GANZEN FOLGE ZWEIUNDZWANZIGSTER BAND. 

Mit 1 Karte und 147 Abbildungen im Texte. 




JENA, 

VERLAG VON GUSTAV FISCHER. 
1904. 



Alle Rechte vorbehalten. 



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Inhalt. 



Abhandlungen. Seite 

I. Zur Rechtsgeschichte des thüringischen Adels. Von 
Professor Dr. Rudolf His a. d. Univ. Heidelberg . . 1 

II. Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld und die 
Verwüstung der Klöster und Schlösser. Von Prof. Dr. 
Jordan in Mühlhausen 36 

m. Die vor- und frühgeschichtlichen Funde der Grafschaft 
Camburg. Von Dr. Gustav Eichhorn in Jena. Mit 
79 Abbildungen im Text 97 

IV. Studien zur Geschichte des Unterganges des alten 
Thüringischen Königreichs im Jahre 531 n. Chr. Von 

Dr. Wilhelm Pelka 165 

V. üeber ein 1525 und 1526 geplantes Religionsgespräch zur 
Beseitigung des Gegensatzes zwischen Ernestinem und 
Albertinem. Von Prof. Dr. G. Mentz 229 

VI. Der Diesberg (Diesburg) an der Rhön, und der Steinwall 
auf demselben. Von Landesgeometer A. Mueller. (Mit 

einer Karte) 239 

Vn. Neues über den Sturz des Thüringischen Königreichs. 
Von Prof. Dr. Hermann Größler in Eisleben. (Mit 
einem Kärtchen der Gegend von Runibergun) .... 249 
Vni. Die vor- und frühgeschichtlichen Funde der Grafschaft 
Camburg. Von Dr. GustavEichhornin Jena. IL Stadt 
Camburg an der Saale. (Mit 67 Abbildungen im Text) 269 

Migzellen. 

1, Landmesserordnung und Holzordnung im Amt Keula 
aus den Jahren 1567 und 1572. Mitgeteilt von Pfarrer 
Fleischhauer in Oberspier . 145 

2. Mitteilungen aus Copialbüchern der Stadt Naumburg a. S. 
Von Redakteur Karl Seh öppe 331 

Literatur. 

1. Dr. Eduard Bohl, Beiträge zur Geschichte der Refor- 
mation in Österreich, hauptsächlich nach bisher unbe- 
nutzten Aktenstücken des Regensburger Stadtarchivs. 
Jena, G. Fischer 1902. Von Professor Dr. F. Nippold 

in Jena 151 

2. Hessische Landta^sakten, herausgegeben von Dr. Hans 
G lag au, Privatdozenten an der Universität Marburg. 
Erster Band, 1508 bis 1521. Marburg 1901. XV, 593 SS., 

M. 14.—. Von Professor Dr. G. Mentz in Jena ... . 161 



i^^^ 624787 



IV Inhalt. 

Seite 

3. Ermisch, H., Codex diplomaticus Saxoniae regiae. Im 
Auftrage der Königlich Sächsischen Staatsregierung heraus- 
gegeben von Otto PosseundHubertErmisch. Erster 
Hauptteil. Abteilung B. Zweiter Band. Urkunden der 
Markgrafen von Meißen und Landgrafen von Thüringen 
1396—1406. Leipzig, Giesecke und Devrient, 1902. XV 
und 597 SS. 4°. Von Professor Dr. 0. Dobenecker 

in Jena 162 

4. Beschreibende Darstellung der älteren Bau- und Kunst- 
denkmäler der Provinz Sachsen. Herausgegeben von der 
Historischen Kommission für die Provinz Sachsen und das 
Herzogtum Anhalt. XXIV. Heft Die Stadt Naumburg. 
Bearbeitet von Dr. Heinrich Bergner. Mit 162 in den 
Text gedruckten Abbildungen, 20 Lichtdrucktafeln und 
1 Stadtplan. Halle a. S. (Hendel) 1903. Von Archivar Dr. 
Rosenfeld in Magdeburg '. . . . 334 i 

5. Beiträge zur Sächsischen Kirchengeschichte. Herausgegeben 
im Auftrage der Gesellschaft für Sächsische Kirchen- 

feschichte von Fr. Dibelius und Th. Brieger. Leipzig, 
. A. Barth, 17 Hefte, 1882—1904. Von 0. Dobenecker 338 

6. Mitteilungen der Vereinigung für Gothaische Geschichte 
und Altertumsforschung. Jahrgang 1903. Friedrichroda, 
Jac. Schmidt u. Co. [1903]. Von 0. Dobenecker. . 339 

7. Größler, Hermann: Führer durch das Unstruttal von • 
Artem bis Naumburg für Vergangenheit und Gegenwart. 

2. vermehrte und verbesserte Auflage. (Mit einer Karte 

des Unstruttales.) Freyburg (Unstrut), Joh. Finke, 1904. de 

Von 0. Dobenecker 340 i 

8. Gröger, Johannes: Ein thüringisches Städtchen. Bei- ^^ 
träge zur Geschichte Großbreitenbachs und der Umgegend, 4« 
hauptsächlich auf Grund der Kirchenbücher zusammen- ., 
gestellt Arnstadt, KFrotscher, 1903. VonO.Dobenecker 341 ^^ 

9. Die Pfarrei Mupperg. Topographisch und kirchengeschicht- 
lich dargestellt von weil. Dr. Gustav Lotz, Kirchenrat, , 
Pfarrer zu Mupperg und Gefeil. Neu herausgegeben von S 
Adolf Joch, Lehrer. Mit 3 Abb. Sonneberg, Druck 1 
von Grabe u. Hetzer, 1903. Von 0. Dobenecker . . 343 

10. Behr, Otto: Triebeser Schulchronik. Ein Beitrag zur S 
Geschichte der Landesschulen in der Herrschaft Schleiz. ( 
Selbstverlag des Verfassers. [Triebes] 1903. Von 0. 
Dobenecker 343 

11. Übersicht über die neuerdings erschienene Literatur zur J. 
thüringischen Geschichte und Altertumskunde. Von 0. 

Dobenecker 344 

Mitteilung 362 | 

Gustav Richter. Ein Gedächtniswort. Von Eduard \ 

Rosenthal I 

Karl Konrad Müller. Ein Gedächtniswort. Von Eduard < ^ 

Rosenthal IX i 

1 



e 



I. 
Zur Rechtsgeschichte des thüringischen Adels. 

Von 
Sudolf Hts. 

1« Freier und dienstmäniiiseher Adel. 

Otto von Zallinger hat nachgewiesen, daß in Ostfalen, 
dem Yaterlande des Sachsenspiegels, im 12. nnd 13. Jahr- 
hundert die große Mehrzahl der alten Herrengeschlechter 
den freien Stand aufgegeben hat und in die Ministerialität 
übergetreten ist^). 

Schon von vornherein durfte man annehmen, daß die 
gleiche Entwickelung, wie in Ostfalen, sich auch in 
Thüringen vollzogen habe, wo die Lage des Adels eine 
ganz ähnliche war, wie in den benachbarten sächsischen 
Gegenden. 

Auch hier saß ursprünglich ein sehr zahlreicher freier 
Adel, der mit der endgültigen Unterwerfung der Sorben 
eine früher reichlich fließende Einnahmequelle verloren hatte, 
gerade zu einer Zeit, wo die von Westen her vordringende 
höfische Kultur das Leben des Adels zu verteuern, begann. 
Auch hier war die Möglichkeit, Lehen zu erhalten, für den 
freiherrlichen Adel sehr beschränkt, da die Sitte es ihm 
ebensowenig wie in Ostfalen gestattete, von Standesgenossen 



1) y. Zallinger, Die SchöffenbarfreieD des SachsoiBpi^els, 1887« 
XU (XXn). 1 



2 Zur Bechtsgeschichte des thüringischen Adels. 

Lehen zu nehmen *). So kamen für den freien Adel als 
Lehensherren nur das Reich und die Fürsten in Betracht: 
die Erzbischöfe von Mainz und Magdeburg, die Bischöfe 
von Naumburg, Merseburg und Halberstadt, die Äbte von 
Fulda und Hersfeld, der Landgraf von Thüringen, sowie 
die in Thüringen begüterten Weifen und Askanier^). Die 
Fürsten aber gaben die verfügbaren Lehen lieber an 
Ministeriale, da sie diese in stärkerer Abhängigkeit halten 
konnten. 

So trieb die Not manchen freien Herrn zur Ergebung 
iix die Ministerialität, und der EntschluiS zu einem solchen 
Schritte mochte bei der verhältnismäßig hohen Stellung, die 
der ganze Ministerialenstand in der Staufenzeit erlangte, 
nicht mehr allzuschwer fallen. 

So finden wir denn auch in Thüringen im 12. und 
13. Jahrhundert zahlreiche Übertritte freiherrlicher Ge- 
schlechter in die Ministerialität ^). 

Zunächst zwei Beispiele aus der Erfurter Gegend. Otto 
vonWalschleben heißt 1170 frei, liber*); seit 1217 
dagegen zeigt seine Stellung in den Zeugenreihen, daß er 



1) Ich kenne nur z wei Beispiele dner Lehensverbindung unter 
freien Herren: 1169 (Dobenecker II, No. 381) ist Heinrich von Hel- 
drungen Vasall der Grafen von Beichlingen ; 1259 (Walkenried. üb. 
No. 337) Heinrich von Heldrungen Lehensmann des Grafen von 
Honstein. 

2) Zu den Askaniem gehören die Grafen ;von Orlamünde, die 
als Fürstengenossen gelten und daher freie Herren und selbst Grafen 
zu Vasallen haben. 

3) Die folgenden Ausführungen stützen sich fast durchweg auf 
Belege in Dobeneckers ßegesten. — Bei den Mainzer Urkunden ist 
Vorsicht geboten, da diese unter der Bubrik Ministeriales bisweilen 
nur die Mainzer Stiftsdienstmannen aufzählen. So führt eine 
Mainzer Urkunde von 1158 (Dobenecker II, No. 153) den Beichs- 
ministerialen Werner von Bolanden und die fuldischen Dienstleute 
Härtung von Scharfenberg und Härtung von Erfa unter den 
Freien an. 

4) Dobenecker II, No. 415. 



Zur Bechtsgeechichte des thüriBgischen Adels. 3 

den freien Stand aufgegeben hatte ^). Er tritt von nun an 
mehrfach im Oefolge des Mainzer Erzbischofs auf und 
scheint zu den Ministerialen dieses Eürsten gehört zu 
haben. 

Etwa gleichzeitig haben die Herren von Kühnhausen 
den Übertritt vollzogen. Bertold von Kühnhausen wird 
1170 noch ausdrücklich als frei bezeichnet*); auch 1184 
scheint er noch dem freien Stande angehört zu haben 3). 
Dagegen erscheint er in der Zeugenreihe einer undatierten 
Paulinzeller Urkunde, die spätestens ins Jahr 1191 zu setzen 
ist, hinter dem (Hersfelder?) Ministerialen Adelher von 
Arnstadt und gibt sich dadurch deutlich als Dienstmann 
zu erkennen^). 

Die Herren vonBerlstedt bei Weimar, also ein ost- 
thüringisches Geschlecht, werden 1184 und 1186 unter den 
Freien genannt fi) , auch 1191 sind sie sicher noch frei: eine 
Zeugenreihe dieses Jahres nennt Ludolf von Berlstedt 
vor Volrad von Kranichfeld, der einem freiherrlichen Ge- 
schlecht angehörte^). Ebenso noch im Jahre 1200, wo 
Ludolf von Berlstedt vor Albrecht von Wippra erscheint, 
denn dieser war freier Herr und gehörte zum Hause der 
Edlen von Hackebom ''), Bald darauf aber müssen die 
von Berlstedt in die Ministerialität übergetreten sein. 
1214 erscheint Ludolf von Berlstedt hinter dem Beichs- 
ministerialen Heinrich Vogt von Weida ®) und einige Jahre 
später (1221) wird er selbst ausdrücklich als Ministerial be- 
zeichnet^): wahrscheinlich gehörte er zur landgräflichen 
Dienstmannschaft ^^). Sind die Herren von Berlstedt, wie 

1) Dobenecker H, No. 1747, 2111, 2215, 2224, 2377. 

2) Dobenecker II, No. 398. 3) Dobenecker II, No. 670. 

4) Dobenecker II, No. 1031. 

5) Dobenecker II, No. 700. 760. 6) Dobenecker H, No. 881. 

7) Dobenecker II, No. 1178. Vgl. v. Mülverstedt, Regest 
Stolberg. 1141). 

8) Dobenecker II, No. 1590. Ebenso No. 1613 (a. 1215). 

9) Dobenecker II, No. 1976. 10) 1225 wird er irrtümlich noch 
eimnal zu den Freien gerechnet (Dobenecker H, No. 2261). 

1* 



4 Zva Bechtsgeschichte des thüringischen Adels. 

Von mehreren Forschern auf Gmnd gewichtiger Anzeichen 
behauptet wird ^), gleichen Stammes mit denen von Alle r- 
stedt, so wird auch für dieses Geschlecht freie Abkunft 
wahrscheinlich, obwohl die von Allerstedt schon bei ihrem 
ersten Auftreten (1157) Reichsministerialen sind^). 

Bei den Herren v. Vippach (nw. Weimar) können 
wir fast genau das Jahr ihrer Ergebung in die Ministerialität 
feststellen. 1221 wird Albero von Vippach als nobilis und 
liber bezeichnet •) ; 1225 erscheint er mitten unter Ministe- 
rialen^). Sein Sohn Hermann wurde 1233 Burgmann des 
Mainzer Erzbischofs zu Erfurt 5). 

Aus dem Norden Thüringens kann man die Geschlechter 
von Bendeleben und von Honstein als Beispiele anführen. 

Die liber a et wizzinthaft femin a Aksuit nomine 
de Bendeleve (Bendeleben b. Sondershausen) macht 1136 
eine Schemkung an das hessische Kloster Lippoldsberg ^). 
Ein Verwandter der Familie, Hathemar von Bendeleben, 
ficht 1155 die Schenkung an, wird aber mit einer Geld- 
zahlimg abgefunden ^). Der Sohn dieses Hathemar, Egelolf, 
erscheint 1203 unter den landgräflichen Dienstmannen^) ; 
wahrscheinlich hatte sich sein Übertritt schon vor 119d 
vollzogen. In diesem JiJire finden wir Egelof von Bende- 
leben am Schluß einer Ministerialenreihe, auf die dann auf- 
fölligerweise' noch die zwei Grafen von Schwarzburg xmd 
Elettenberg folgen : diese mögen später nachgetragen worden 
sein •). 

Burchard von Honstein, benannt nach derselben 
ELarzburg Honstein, die auch einem Grafengeschlechte den 



1) Bein, Thur. Sscra I, 72 ; t. Mülveratedt, Begesta Stolbergica 
lia6}. 

2) Dobenecker H, No. 152. 3) Dobenecker II, No. 1973, 1976. 
4) Dobenecker II, No. 2261. 5) ÜR Erfurt I, No. 108. 

6) Dobenecker I. No. 1312. 7) Dobeoecker H, No. 101. 
8) Dobeneck^ H, No. 1247. 9) Dobenecker II, No. 1085. 



Zur Bechtsgesclüchte des thüringischen Adels« 5 

Namen gab, steht in ^iner Zeugenreihe von 1178 vor dem 
Sohöffenbarfreien Eckehard von Liebenrode, war also damals 
jedenfalls noch freier Herr ^). In einer Urkunde von 1215 
wird dagegen sein gleichnamiger Sohn ausdrücklich als 
Ministerial bezeichnet^): wahrscheinlich ist die Ergebung 
in den Jahren 1209 — 1215 vor sich gegangen *). Im Jahre 
121 7, heißt Burchard Vasall (fidelis) des Grafen von Honstein, 
was ebenfalls auf Zugehörigkeit zum niederen Adel hinweist^). 
Eine landgräfliche Urkunde von 1216 nennt Burchard von 
Honstein allerdings wieder „liber**, aber man wird darauf 
kein allzu großes Gewicht legen dürfen'^). Die übrigen 
Urkunden, in denen Burchard auftritt, geben über seinen 
Stand keinen sicheren Aufschluß. Erst 1242 vermögen wir 
einen Burchard v. Honstein sicher als Dienstmann zu be- 
zeichnen ^). Ein Bruder des jüngeren Burchard ist Hermann 
von Amswald, der in einer landgr&f liehen Urkunde von 1227 
unter Ministerialen aufgeführt wird^). Dienstherren der 
Honsteiner waren die Grafen v. Honstein: 1215 und 1219 
wird Burchard von Honstein unter den Burgleuten dieses 
Schlosses genannt®). 

Sogar ein ehemaliges Grafengeschlecht treffen wir später 
unter den thüringischen Dienstmannen : es sind die Grafen 
vonWartberg»). Der Stammvater Wigger (1 138— 1 189) 



1) Dobenecker II, No. 539. Eckehard von Liebenrode wird in 
einer ürk. von 1214 (Dobenecker II, No. 1604) als schöffenbarfrei 
(qui insigni gaudebat libertatie titulo et qui in foro iuris unus erat 
scabinorum) bezeichnet. 

2) Dobenecker II, No. 1644 

3) Im Jahre 1209 (Dobenecker II,' No. 1448). scheint er noch 
frei gewesen zu sein. 

4) K. Meyer, Z. d. Harzvereines XXVIII, S. 421, No. 92. 

5) Dobenecker II, No. 1680. 

6) K. Meyer, a. a. O. S. 440, No. 145. 

7) Dobenecker H, No. 2421. 

8) K. Meyer, a. a. O. S.420, No. 91; Dobenecker II, No. 1845. 

9) Vgl. Rein, Z. f. thür. Gtesch. IV, S. 190 ff uod Thur. Sacra I, 
S. 72. 



6 Zur Bechtsgeschichte des thürmgiBcheii Adels. 

aus dem Hause der Grafen von Bilstein führt den Grafen- 
titel nicht ständig und verwaltete vielleicht gar keine 
eigentliche Grafschaft. Er war mit einer fuldischen Ministe- 
rialin, der Tochter Christians von Goldbach, vermählt i). 
Nach strengem Hecht hätten somit seine Kinder Dienst- 
mannen werden müssen. Trotzdem behielt sein Sohn 
Burchard den freiherrlichen Stand und den Grafentitel 
Er nennt sich comes de Wartberg (1182), wird einmal auch 
castellanus de Wartberc genannt und scheint demnach 
landgräflicher Burggraf auf der Wartburg gewesen zu sein. 
Auch die Enkel und Urenkel Wiggers führen noch den 
Grafentitel, aber die nächste Generation gab diesen und 
zugleich den Freiherrenstand auf: Albert 11., zuerst 1279 
noch Graf von Wartburg genannt, heißt 1283 bloß noch 
miles und muß demnach zwischen 1279 und 1283 sich in 
die Ministerialität ergeben haben 2). Dieser Übertritt er- 
folgte also wesentlich später als die übrigen uns bekannten 
Fälle. 

Kenner der thüringischen Orts- und Adelsgeschichte 
werden jedenfalls die angeführten Beispiele mit leichter 
Mühe vermehren können. So ist z. B. bei den Herren 
von Liebenrode im Norden, bei denen vonDöllstädt 
und von Hausen im Süden Thüringens der Übertritt in 
die Ministerialität sehr wahrscheinlich. Für uns mögen 
diese Fälle genügen. 

Das Ergebnis der geschilderten Entwickelung war 
schließlich, daß am Ausgang des 13. Jahrhunderts von dem 
einst so zahlreichen freiherrlichen Adel Thüringens — von 
den Grafen und Burggrafen abgesehen — nur noch 5 Ge- 
schlechter übrig waren: die Herren von Frankenstein 
im äußersten Westen, im Osten Thüringens die Herren 



1) Dobenecker I, No. 1354. ChristiaD von Goldbach war Freier, 
aber mit einer Stiftsministerialin verheiratet (Dobenecker I, No. 1161). 

2) Belege bei Kein a. a. O.. Auch später führt Albert von 
Wartberg noch bisweilen den Grafentitel ; 1291 (ÜB. Pforte I, No. 297) 
und 1292 (vgl. Landau, Z. f. thüring. Gesch. II, S. 357). 



Zur BechtsgeBchichte des thüringischen Adels. 7 

TOB Heldrangen, Kranichfeld und Tannroda und 
das halb osterländische Geschlecht der Lobdeburger. 

Aber der stark zusammengeschmolzene freiherrliche 
Adel erhielt gerade in jener Zeit einigen Zuwachs durch 
einzelne neufreiherrliche Familien, die sich aus der Ministe- 
rialität zu dem höheren Stande emporgehoben hatten: es 
sind die Herren von T r e f f u r t , von S a 1 z a und von 
Blankenhain. Von ihnen wird später noch die Bede 
sein. 

Für den Gegensatz zwischen hohem und niederem Adel 
im 14. Jahrhundert ist von Interesse eine Urkunde von 
1371, die ein Schuldversprechen der Landgrafen Friedrich 
Balthasar und Wilhelm gegenüber einigen Erfurter Juden 
enthält^). Die Landgrafen stellten eine größere Anzahl 
von Bürgen: „dese ediln unde gestrengen hem, hern F., 
bischofe zcu Merseburg, hern F. von Orlamünde, herre zcu 
Drozsig, h e r r e n G. von Querenfurte, herre daselbins, herre 
C. von Thannenrode den elderen, herre daselbins, herre 
H. von Heiderunge, herre daselbens, herre F. von Schon- 
burg, herre zcu Gluchowe, er K. von Wiczeleyben, ern 
N. von Kokericz, ern von Eckirsberge" u. s. w. Hier ist 
aufiEallend die verschiedeneBedeutung der Formen 
herre und er. Der von Schönburg ist der letzte Bürge 
aus freiherrlichem Stande, die folgenden sind Angehörige 
des niederen Adels. Sie müssen sich mit der unbetonten 
Form er begnügen^ während die voraufgehenden Fürsten, 
Grafen und Herren durch das vollklingende herre ausge- 
zeichnet werden. 

2. Bienstlente nnd einfoche Bitter« 

Die unfreie Bitterschaft, aus der bekanntlich unser 
niederer Adel hervorgegangen ist, teilt sich in die beiden 
iKlassen der Ministerialen und der einfachen Ritter. Der 
Unterschied liegt in erster Linie in ihrer Tätigkeit : während 
die einfachen Ritter bloß Kriegsdienst leisten, und zwar 

1) ÜB. Erfurt H, No. 666, 



^ Znr BeohtBgeBchichte des thüriogischen AdeK 

hauptsächlich als Burgmannen, steht bei den Ministerialen 
der Hofdienst im Vordergrund. Ministerialen kann daher 
nar derjenige Herr haben, der über einen Hofstaat mit den 
vier Ämtern des Marschalls, Truchsessen, Kämmerers und 
Schenken oder wenigstens einzelnen dieser Ämter verfügt. 
Dazu kommt ein lehnrechtliches Merkmal : nach der Zählung 
des Sachsenspiegels bilden die Ministerialen den fünften 
Heerschild; die einfachen Eitter nehmen den sechsten ein 
und stehen häuüg in Lehensabhängigkeit von jenen. Die 
Kluft zwischen den beiden Gruppen, in früherer Zeit kaum 
bemerkbar, erweitert sich seit der Mitte des 13. Jahr- 
hunderts, und in^Südostdeutschland kommt es so weit, daß 
den Eittem sogar die Ebenbürtigkeit mit den Ministerialen 
abgesprochen wird^). 

Diese Sätze verdanken wir wiederum den Forschungen 
Zallingers ^), der seine Darstellung vorwiegend auf 
baierische und österreichische Quellen gründet. Sehen wir 
zu, inwieweit Zallingers Ergebnisse für unser Gebiet Geltung 
beanspruchen können. 

Die Ministerialen heißen in Thüringen „Dienst- 
mannen", „Dienstleute" *); der Ausdruck „Dienst- 
herren", der in Österreich seit dem 13. Jahrhundert 
üblich wird *) und der sich auch in der Mark Brandenburg 
belegen läßt % kommt in Thüringen nicht vor. Ministerialen 
finden wir im Dienste des Eeiches, der geistlichen und 
weltlichen Fürsten. Auch Grafen sprechen von ihren 



1) Siegel, Wiener Sitzungsber., phü.-hist. KL CII, S. 280; 
V. Zallinger, Ministeriales und Milites S. 21. 

2) In der vorhin genannten Schrift. 

3) „Dienstmanne" z. B. im thüringischen Landfrieden von 1388 
(Erhard, MittdL z. Gesch. d. Landfrieden, 1829, S. 30); „dinstlute" 
in tJrk. von 1315 (Reitzenstein, ßegesten von Orlamünde S. 129). 

4) V. Zallinger, Die ritterlichen Klassen im steirischen Landrecht, 
Mitt d. Inst f. Ost. Gesch.-Forsch. IV, S. 393 fi 

5) Riedel, C. dipL Brandenb. H, 320 (a. 1350). Das Wort 
wird hier durch die wittelsbachischen Markgrafen eingeführt 
worden sein. 



Zur BechtsgoBchichte des thüringiBchen Adels. 9 

„Ministeriales^', so 1217 der Graf von Honstein, 1270 die 
Ghrafen von Käfemburg, 1294 der Graf von Gleichenstein ^). 
Dem entspricht es, wenn wir an den Höfen der Grafen 
auch einzelne Hofamter finden: wir kennen Truchsessen 
der Grafen von Schwarzburg (um 1200), von Rabenswald 
(1237) und von Beichlingen (1263) und einen Marschall 
des Grafen von Käfembarg (1283) *). Einmal wird auch 
ein Ministerial einfacher Edelherren, der Herren von Lobde- 
fourg, erwähnt (1266) '). Auch anderwärts kommen Ministe- 
rialen von freien Herren bisweilen vor, in Nord- und 
Westdeutschland, wie es scheint, häufiger, im Südosten nur 
ausnahmsweise *). 

Eine Stufe unter den Dienstmannen stehen auch in 
Thüringen die einfachen Ritter, milites, auch wohl 
castrenses, auf deutsch R i 1 1 e r oder einfach Mannen 
genannt. Zum ersten Male begegnet die Unterscheidung 
in einer landgräflichen Urkunde vom Jahre 1206^): comes 
Emestus (von Gleichen) mediatorem se exhibens accersitis 
. . quibusdam regis ministerialibus et nostris alüsque 
quam plurimis bone fame militibus ex utraque parte . . 
commune iniere consilium. 1270 übergeben die Grafen 
Günther und Günther von Käfernburg dem Erfurter Peters- 
kloster Güter zu Alach ,,in presentia ministerialium 
et militum nostrorum" •). In einer Urkunde Günthers 



1) K. Meyer a. a. O. S.421, No. 92. — Diplomat des Erfurter 
Petarskiostere (ßerün, Kgl. Bibüothek), f. 1(B. - Wolf, Gesch. d. 
Eichsfeldes I, Urk. No. 60. 

2) Dobenecker H, No. 1480; ÜB. Pforte I, No. 110; Mencke, 
Scriptores I, S. 537, 685. 

3) Avemann, Grafen und Burggrafen von Kirchberg, Urk. 
Na 146. 

4) y. Zallinger, Mmisteriales und Milites S. 5. Vgl W. öchsli, 
Die Anfänge der schweizerischen Eidgenossenschaft (1891), S. 164. 

5) Dobenecker II, Na 1313 aus Cod. dipL Sax. reg. I, 3, 
No. 98. 

6) Diplomat, des Petersklosters, f. 103. 



10 Zur Bechtsgeechichte des thüringischea Adels. 

von Salza (1272) i) treten als Zeugen auf Tuto von Stein und 
Ludwig von Almenhausen, ministeriales, Konrad von 
Heilingsieben, Albert Falanga, Heinrich von Eppenrode, 
Giseler sub monte^), Bertold Surezzic, Gerlach Schrimp^ 
Friedrich Meliere, milites de Salza. Was milites de 
Salza bedeutet, ist zweifelhaft : man könnte sowohl an Burg- 
mannen der landgräilichen Burg Salza, wie an ritterliche 
Unfreie der Ministerialen von Salza denken. Letztere An- 
nahme ist wahrscheinlicher ^). Aber das ist jedenfalls klar, 
dAÜ diese milites den Ministerialen als eine niedrigere Klasse 
gegenübergestellt werden. Ähnlich eine Urkunde des- 
selben Günther für Homburg (1284) : dominus Ludewicus de 
Almenhusen, d. Burghardus de Newnheilingen, d. Gonradus 
ipsius .. germanus, ministeriales, itemque d. Bertoldus 
de Salza dictus Surezzich, d. Johaimes de Thungesbrucken, 
. . milites*). Im Jahre 1294 verkauft Graf Heinrich von 
Gleichenstein an den Erzbischof von Mainz das Land Eichs- 
feld cum . . vasallis, ministerialibus, castrensibus 
et hominibus^). Eine landgräfiiche Urkunde von 1280 nennt 
als Zeugen: Hermann Kämmerer von Fahner, Günther von 
Salza, Heinrich von AUerstedt, Thuringie ministe- 
riales, dann Siegfried von Hopfgarten und Heinrich vom Hain, 
ebenfalls rittermäßige Leute ^). Der Ausdruck ,,Thuringiae 
ministeriales^^ ist bemerkenswert: die von AUerstedt sind 
nicht landgräfliche, sondern Eeichsministeriale. Endlich 
führe ich noch die Zeugenreihe einer landgräflichen Urkunde 
von 1294 an: Heinrich Kämmerer von Mühlhausen, Heinrich 
von Göttern, Heinrich von Webelo (?), ministeriales, 



1) Schöttgen und Kreysig, Diplom, et scriptor. I, S. 762, No. 34. 

2) Von Salza. 

3) VgL ürk. von 1320 (Begasten von Salza, No. 156): Berthous 
dictus Schrimph,] Hartungus de Hungede,-mi!lites dominorum 
de Salza. 

4) N. MitteiL d. thür.-sächs. Vereines VIII, S. 2. 96. 

5) Wolf, Gesch. d. Eichsfeldes I, ürk. No. 60. 

6) ÜB. d. Vögte V. Wdda I, No. 201. 



Zur BechtsgeBchichte des thüringischeii Adels. H 

Dietrich und Giseler, Söhne Elisabeths, Eberhard von Kutz- 
leben, Dietmar Netsche, milites^). 

Für die Standesunterschiede im 14. Jahrhundert ist 
lehrreich der Landfriede Friedrichs des Ernsthaften von 
1388, den der Markgraf „nach rate der greven, der frien, 
der herren unde dinstmanne, man unde stete^' er- 
richtet*). Auch in ihrem weiteren Verlaufe unterscheidet 
die Urkunde aufs bestimmteste den Dienstmann von 
dem Bitter oder rittermäßigen Knecht. 

Dinstleute, rittere und knechte werden auch 
in einem Landfrieden von 1382 auseinandergehalten*). 

Die angeführten Belege stammen fast alle aus der 
Zeit nach der Mitte des 13. Jahrhunderts: ein Beweis, daß 
auch in. Thüringen erst jetzt eine schärfere Sonderung der 
Ministerialen von den einfachen Bittem eintritt. Das wird 
durch verschiedene sonstige Anzeichen bestätigt. Gerade 
in dieser Zeit wird es üblich, den Titel ministerialis als 
auszeichnenden Zusatz zum einzelnen Namen zu führen, was 
auf ein starkes Standesbewußtsein der Dienstmannschaft 
hindeutet. Vgl. z. B. 1264 nos Johannes et Albertus 
germani nee non ministeriales de Herversleiben *), 1282 
nos ^eroldus ministerialis de Ischirstete 5), 1288 Bertoldus 
ministerialis de Isserstete ^), 1306 nos Ludolfus ministerialis 
de öruningen ^). 

Aber noch mehr! Zur selben Zeit beginnen die 
Ministerialen sich in eigentümlicher Weise des Titels „Herr** 
zu bedienen. Herr, dominus kann im 13. und 14. Jahr- 
hundert bekanntlich Verschiedenes bedeuten, den Geistlichen, 
den dem Herrenstande angehörigen freien Herrn oder auch 



1) Schöttgen und Kreysig, Diplom, et Script. I, S. 775. 

2) Erhard, MitteiL z. Gesch. d. Landfrieden S. 30. 

3) CJod. dipl. Saxon. reg. I B 1, 79. 

4) ÜB. Pforte I, No. 178. 

5) ÜB. Erfurt H, Nachtr. No. 8. 

6) Struv, Hist.-polit. Arch. II, S, 132. 

7) Ilfelder Kopialb, (Mitt. v. Herrn K. Meyer in Nordhausen). 



12 2w BechtsgeBdiichte des thüriBgischen Adels. 

jeden, der die Eitterwürde erlangt hat, und man muß des- 
halb bei jeder Urkunde zuerst feststellen, wie sie das Wort 
versteht. Da ist es nun merkwürdig, daß viele Urkunden 
nur den Ministerialen den Herrentitel zugestehen, ihn da- 
gegen den niederen Eittem versagen. 

1273 nennt eine Urkunde Heinrichs von Treffurt als 
Zeugen : dominus Ludovicus de Almenhusen, Albertus miles 
dictus Stange 1). Beide Zeugen sind Eitter, aber nur der 
Ministerial von Almenhausen heißt „Herr^^ Eine dem 
gleichen Jahre angehörige Urkunde des Kirchberger Burg- 
grafen führt zuerst den „dominus" Meinhard von Lehesten, 
dann „Heidenricus miles" an 2). Ebenso wird in einer land- 
gräflichen Urkunde von 1275 der Truchseß von Schlotheim 
als „dominus Guntherus de Slatheim" ausgezeichnet, es 
folgen Heinemann vom Hain, Albert Bolerus, landgräflicher 
Vogt, Hermann Stranz von Döllstedt, Hermann von Mihla, 
milites*). Weiter 1277 Jechaburger Urkunde .-„dominus 
Henricus de Gruningön, miles", es folgen Heinrich von 
Sommern, miles, Heidenreich Velkener von Qreußen, miles, 
Bertold von Eottleben, miles u. a. *). 

1288 Urkunde der Grafen von Gleichen: „dominus 
Thidericus de Wechmar", Friedrich v. Möbisburg, Dietmar 
von Büßleben, milites^). 

1292 Urkunde Dietmars des Älteren von Willerstedt, 
dominus Ditmarus iunior et filius suus Bertoldus, Her- 
mannus miles de Eode *). 

1324 dominus Lodewicus de Gruzen (Greußen), 
Heinricus Geze, Bertoldus de Semerde, Heimicus Hezebolt 
milites ^). 

In all den angeführten Belegen gehören die als 
dominus bezeichneten Zeugen angesehenen Ministerialen- 



1) Wolf, Gesch. d. Eichsfeldes I, Urk. No. 44 

2) Mencke, Scriptor. I, S. 694. 3) ÜB. Erfurt I, No. 27a 

4) Michelsen, Cod. Thuring. diplom. No. 27. 

5) Mencke, Scriptor. I, 542. 6) ÜB. Erfurt I, No 42a 
7) Michelsen, a. a. 0. Na a 



^Tir Eeditsgescliichte des thüringischen Adels. 13 

geschlechtem an: die von Wechmar sind Hersfelder, die 
übrigen landgräfliche Dienstmannen. 

Denselben Sprachgebranch zeigt eine deutsche Urkunde 
des Grafen von Käfemburg vom Jahre 1341 ^) mit folgender 
Zeugenreihe: Graf Günther von Schwarzburg, Herr Otto 
von Fahner, Herr Eudolf von Hellingen, Ludwig von Sonders- 
hausen, Burchard von Mülverstedt, Beringer von Witzleben, 
Eitter. Ähnlich eine Honsteiner Urkunde von 1344*): 
Die Grafen von Honstein stellen der Stadt Nordhausen 
eine gröliere Anzahl Bürgen aus verschiedenen Ständen: 
den Grafen Friedrich von Orlamünde mit Gemot von Ober- 
weimar, [Eitter, Konrad von Häseler, Gemot von Croms- 
dorf, Gemot von Weimar, Dietmar von Mellingen ; den Grafen 
Günther von Schwarzburg- Arnstadt, den Grafen Heinrich 
von Gleichen mit je einem Eitter und zwei anderen Mannen ; 
den Grafen Heinrich von Honstein-Sondershausen mit 
9 Mannen; femer Friedrich von Werther, Eitter, und 
Friedrich von Dennstedt, Knecht, „e r n" Günther von Willer- 
stedt mit Heinrich aus dem Brühl, „ern" Eudolf von Ebe- 
leben mit Dietrich von Badra; femer die eigenen Mannen 
der Aussteller : Heinrich Hacke u. s. w. Auch diese Urkunde 
scheidet in anschaulicher Weise die „ Herren ', d. h. Ministe- 
rialen, Günther von Willerstedt und Eudolf von Ebeleben, 
von den einfachen Eittem, wie z. B. Gemot von Oberweimar. 

Mitunter wird dominus nurbei einzelnen Ministe- 
rialen hinzugesetzt, während es bei anderen fehlt: so ist in 
der vorhin angeführten Urkunde von 1275 Hermann Stranz 
von DöUstedt landgräflicher Dienstmann, so gut wie der 
Truchsefi von Schlotheim, und wird in einer späteren Ur- 
kunde auch als dominus bezeichnet ^). So nennt eine Urkunde 
von 1282 als Zeugen dominus Hugo et Ludewicus de 

1) Bein, Umr. sacra I, 129. 

2) Eeitzenstein, Begest. v. Orlamünde, No. 161. 

3) ürk. von 1296 (ÜB. Erfurt I, Na 457): dominus Hermannus 
«enior dictus Stnmz, dominus HJermaimus frater «uus, mlHtes, . . . 
item Dietmarus miles dictus am Cygenberge. 



14 Zur Bechtsgeschichte des thüringischen Adels. 

Almenhusen, Härtungen de Herversleiben milites ^), hebt also 
nur den ersten als dominus hervor, obwohl alle drei land- 
gräfliche Ministerialen sind. Man darf vermuten, daü an 
diesen Stellen nur solche Bienstmannen domini genannt 
wurden, die Häupter des Geschlechtes oder 
wenigstens einer Linie desselben waren. 

Das Wort dominus wird bei den Dienstmannen noch 
in anderer Weise verwendet, nämlich d e m N am e n nach- 
gestellt und mit dem Ortsnamen durch „in^ 
verbunden, z. B. Albertus dominus in Heilingen. Diese 
Art des Gebrauchs läßt sich nur bei freien Herren und 
Dienstmannen, niemals bei einfachen Rittern, nachweisen 
und bietet daher ein Mittel für die Abgrenzung des Ministe- 
rialenstandes nach unten. Die Ausdrucksweise ist etwas 
jünger als die vorhin beschriebene: sie tritt erst am Aus- 
gang des 13. Jahrhunderts hervor. 

1293 Albertus dominus in Heilingen *). 

1298 nos Hugo de Herversleyben, dominus in Einke- 
leyben ^), 

1306 Erfurter Urkunde : viri strenui Hermannus et 
Hermannus fratres Camerarii, domini in Vanre, Hermannus 
Stranz. de TuUestete, Henricus dictus vonme Cyegenberge 
et Henricus dictus Pfefir, milites*). 

1316 Theodericus et Hugo fratres filii quondam 
Theoderici beate memorie domini in Almenhusen *). 

1317 Ludolfus dominus in Ebeleiben gibt an Eloster 
nfeld eine Hufe, die Ludolf von Bachra, miles und castellanus 
noster, von ihm zn Lehen hat *). 

1317 Berthous miles dapifer et Johannes domini in 
Slatheym geben demselben Kloster eine halbe Hufe, Lehen 
des genannten Ludolf von Bachra 5). 

1) Schöttgen und Bjreysig, Diplom, et script I, S. 770. 

2) Schöttgen und Kreysig, Diplom, et script I, S. 774. 

3) ÜB. Erfurt I, No. 471. 

4) Eein, Thur. sacra I, No. 138. 

5) Ilfelder Kopialb. (frdL MitteiL von Herrn K Meyer in 
Nordhausen). 



Zur Bechtsgeschichte des thüringischen Adels. 15 

1323 Urkunde des Grafen Heinrich von Honstein. 
Zeugen : viri strenui Lutolphus dominus in Ebeleiben et 
Heinricus . . Funke, milites ^). 

1328 Henricus de Erfa miles, dominus in Mulverstete, 
nrkundet mit Genehmigung seiner Brüder Hartungus et 
Hartungus domini in Erfa ^). 

1331 Graf Günther von Schwarzburg stellt als Bürgen 
den Fridericus dominus in Wangeheim 8). 

1832 Fridericus de Wiczzeleyben dominus in Eylgers- 
burg ^). 

1342 Henricus miles dominus in Denstethe ^). 

In dieser Anwendung bezeichnet dominus den Besitz, 
insbesondere den (Eigen-, Lehens- oder auch Pfand-)Besitz 
einer Burg *). Die Familien, die sich in dieser Weise nennen, 
bilden den später sogenannten schloligesessenenAdel 
und unterscheiden sich dadurch von den einfachen Eittem, 
die regelmäßig auf der Burg eines anderen als Burgmannen 
wohnten '). 

Eine scharfe Scheidung von Dienstmannen und Bittem 
zeigt sich im Lehnregister Markgraf Friedrichs des Strengen 
von 1349/50 ^). Das Buch zählt zuerst die Lehen auf, die an 
„Herren^' (domini) vergeben sind, dann folgen die übrigen 
Lehen, nach Bezirken eingeteilt. In dem Abschnitt über 
die Herren finden wir außer Grafen und Edelfreien auch eine 
ganze Beihe von unzweifelhaft dienstmänni- 



1) Schöttgen und Kreysig, a. a. O., S. 794. 

2) ÜB. Mühlhausen, No. 825. 3) ÜB. Erfurt II, No. 95. 
4) Ebenda, No. 104. 5) Hein, Thur. sacra H, S. 79. 

6) 1320 Ludolphus de Alrestete, dominus castri in Alrestete 
(Eegesta Stolberg., S. 1140). 

7) V. Mülverstedt, Eegesta Stolberg., S. 1137 ff. 

8) Ausgabe von W.Xippert und H. Beschomer (Publikation d, 
Kgl. Sachs. Kommission f. G^chichte), erscheint demnächst. Herr 
Archivrat lippert in Dresden war so liebenswürdig, mir die Aushänge- 
bogen des Werkes zu überlassen. 



lg Zur BechtsgoBchichte des thfiringischen Adels« 

sehen Geschlechtern. Es sind die Geschlechter 
Slune, von Fahner, Marschälle von Gosserstedt, Schenken 
Yon Saaleck nnd von Käfemberg, dann die von Ebeleben, 
Willerstedt, Herbsleben, Seebach, von Allerstedt, von Wan- 
genheim und von Famrode, also großenteils dieselben Ge- 
schlechter, die wir auch sonst in Besitz des Herrentitels 
fanden. Die fünf erstgenannten sind die Inhaber der alten 
landgräflichen Erbhofämter: Slune ist ein Beiname derTruch- 
sessen von Schlotheim, und die von Fahner verwalteten das 
Kämmereramt. Auch die nächstfolgenden sind altangesehene 
landgräfliche Ministerialenfamilien ^), die von Allerstedt 
sind Eeichsdienstmannen, die von Wangenheim faldische 
Ministerialen. Die von Famrode scheinen zur landgräflichen 
Dienstmannschaft gehört zu haben. Man darf nicht glauben, 
daß das Kapitel über die Herren erschöpfend sei, d. h. alle 
dienstmännischen Vasallen des Landgrafen umfasse. Es 
fehlen eine ganze Anzahl echt dienstmäunischer Geschlechter, 
z. B. die von Erfa oder von Vippach, und das ist bei der 
etwas flüchtigen Anlage des ganzen Lehnbuches auch nicht 
zu verwundem. Aber es ist sehr bezeichnend, daß das 
Lehnbuch unter der Bubrik „Herren*^ so viele Dienstmannen, 
dagegen keinen einzigen Bitt er anführt. Eine fast 
derselben Zeit angehörige Aufzeichnung der markgräflichen 
Kanzlei (wahrscheinlich 1347 entstanden) ') zählt unter der 
Bubrik „Begistrum minist erialium in Thuringia'^ außer 
den genannten noch folgende Geschlechter auf: Salza'), 
Heilingen, Vippach (landgräfliche Dienstmannen), Viztume 
von Eckstedt und Apolde, Schenken von Apolde (Mainzer), 
Erfa (Fuldaer Ministerialen), Weberstedt. Auch dieses Begister 
dürfte nicht vollständig sein: man vermißt z. B. die Orla- 



1) Die von Willerstedt sind eines Stammes mit den Truch- 
sessen von Schlotheim. 

2) Abgedruckt bei Uj^pert und Beschorncr, a. a. O. S. 203 £f. 

3) Über dieses Geschlecht nachher. 



Zur Eechtsgeschichte des thüringischen Adels. 17 

münder Ministerialen. Einfache Eitter fehlen auch 
diesem Verzeichnis fast ganz^). 

Das Emporsteigen der thüringischen Ministerialen übt 
seinen Einfluß auf die Hof- und Landes Verwaltung 
aus. An Stelle der dienstmännischen Erbhof beamten treten 
um die Mitte des 13. Jahrhunderts Beamte aus der Schicht 
der einfachen Eitter. So erscheint 1246 anstatt eines der 
Erbmarschälle von Eckartsberge, Trebra, Gosserstedt oder 
Ebersberg der Eitter Hellwig (von Goldbach) als Marschall 
im Gefolge des Landgrafen *). Die Ministerialen sind zu 
vornehm geworden, um noch ständig den Hofdienst zu ver- 
sehen. Sie bleiben aber dem Namen nach im Besitz der Ämter, 
beziehen die damit verbundenen Einkünfte und üben die 
betreffenden Funktionen vielleicht noch bei festlichen Ge- 
legenheiten aus ^). 

In Süddeutschland ist im 13. Jahrhundert der Stand 
der Ministerialen dermaßen gestiegen, daß sogar der Aus- 
druck edel, früher ein Prädikat der freien Herren, auf sie 
angewandt wird *). Auch in Thüringen finden sich Beispiele 
für diesen Sprachgebrauch. 

Eine Urkunde von 1266 bezeichnet die Ministerialen 
von Allerstedt als nobiles ^). In einer Urkunde des Erfurter 
Petersklosters von 1272 werden die Dienstmannen von Kühn- 



1) Ausnahme : die von Weberstedt gehörten, wenigstens im 
13. Jahrh., zur Schicht der einfachen Bitter. 1283 ist Hermann 
von W. Vasall des landgräflichen Dienstmanns Hermann von Ball- 
fitädt (Schwarzes Georgenth. Kopb., A. Gotha, FoL 31). 
' 2) Mon. Genn. L. L. Sect. IV, t. 2, S. 630. 

3) Vgl. H. B. Meyer, Hof- und Zentralverwaltung der Wettiner, 
1902, 8. 29 ff. 

4) y. Zallinger, Die Bechtsgeschichte des Bitterstandes und das 
Nibelungenlied, S. 37; Eoth v. Schreckenstein, Z. f. (Jesch. d. 
Oberrh. XXXXI, S. 288 ff.; Eitterwürde und Bitterstand, S. 360 ff. 

5) Böhme, Die Totteilung und ihre Folgen, S. 53, No. 7. Auch 
in einer undatierten Urkunde der Vitztume von Apolde wird der von 
AUorstedt ab nobilis vir bezeichnet (ÜB. Pforte I, No. 248 ; vgl 
noch ebenda No. 2). 

XII (XXn). 2 



\^ Zur Bechtsgeschichte des thüringischen Adels. 

hausen als nobiles bezeichnet. 1 299 nennt der Erzbischof 
von Magdeburg den Schenken Heinrich von Apolde nobilis 
vir ^). Im Jahre 1290 stellt Fridericus nobilis de Hetstede 
den Gothaer Augustinern eine Urkunde aus ^). Im letzteren 
Fall ist der Titel um so auffallender, als Friedrich von 
Eettstedt nicht einmal Ministerial, sondern einfacher Bitter 
ist. Aus dem 14 Jahrhundert haben wir eine Urkunde 
des Grafen von Gleichen, die die von Witterda als nobiles 
viri bezeichnet (1329) 8), ferner zwei Urkunden des Abtes 
von Fulda, in denen er die von Erfa, von alters her Dienst- 
mannen seines Klosters, „nobiles viri", „edele herren" nennt 
(1354 und 1390)4). 

Merkwürdig ist auch die Zeugenreihe einer Urkunde 
von 1362 5), die wiederum die strenge Scheidung der beiden 
Klassen des niederen Adels vor Augen führt: „di ediln 
her Fritzsche von Wangenheim, er Otto von Ebeleyben und 
die gestrengen er Kristan von Witzeleyben, er Dietrich von 
Honsperg, er Otto von Stutirnheim, Heinrich von Loucha, 
ritt er". 

S. Au&teigen dienstmännischer Geselileehter zum Herrenstande» 

Eine Sonderstellung nehmen drei thüringische Ministe- 
rialengeschlechter ein, denen es gelungen ist, sich über ihre 
Standesgenossen zu erheben und eine den freien Herren 
ähnliche Stellung einzunehmen : es sind die Herren von 
Treffurt und vonSalza im Westen, die von Blanke n- 
hain im Osten des thüringischen Landes. 

Als Stammvater des treffurtischen Geschlechts^) 
pflegt man den 1104 genannten Pilgrim anzusehen. Der 
erste Treffurter aber, dessen Stand mit Sicherheit ermittelt 



1) N. Mitt. d. thür.-sächs. Ver. VHI, 2, S. 94; Gesch. d. 
G^eschlechts der von Hanstein I. Urk. No. 50. 

2) Sagittarius, Hist. Goth. S. 153. 3) ÜB. Erfurt II, No. 79. 

4) Thur. Sacra S. 150. Schannat, Fuld. Lehnhof S. 205. 

5) Eein, Thur. sacra I, No. 205. 

6) Vgl die zuverlässige Arbeit von Landau in der Zeitschr. d. 
Ver. f. hessische Gesch. IX, S. 145—240. 



Zur Bechtsgeschichte des Uiüringischen Adels. 1^ 

werden kann, ist der landgräfliche Ministerial Eeginhard IE.. 
(1186—1192)1). Friedrich IL, wahrscheinlich Eeginhards 
Sohn, hielt sich öfters in der Umgebung des Landgrafen 
auf und wird 1221 in einer landgräflichen Urkunde aus- 
drücklich als ministerialis bezeichnet 2). Auch die Nach- 
kommen Friedrichs unterscheiden sich zunächst noch nicht 
von den anderen Dienstmannen. Sie gehen mit einfachen 
Grafen, wie denen von Gleichen ^) oder von Bilstein *), ja 
sogar mit den Edelherren von Frankenstein 5) Lehens- 
verbindungen ein und werden in den Zeugenreihen häufig 
anderen Ministerialen nachgestellt ^). Wenn seit der Mitte 
des Jahrhunders die TreflPurter auch mehrfach den anderen 
Ministerialen voran stehen, so kann das auf Zufall beruhen^). 
Auffallend aber ist eine Urkunde Günthers von Salza von 
1272, die als Zeugen anführt: dominus Fridericus de 
Drifordia et Heinricus filius suus, Tuto de Lapide, Ludovicus 
de Almenhusen, ministeriales^). Die Urkunde gibt 
Friedrich von Treffurt den Titel Herr, den sie den anderen 
versagt. 1262 nennt der Graf von Bilstein den Friedrich 
von Treffurt geradezu nobilis vir^), und eine Urkunde 
des folgenden Jahres erwähnt die nobiles Hermannus et 
Hermannus filius suus de Spanginberg, die ebenfalls dem 
Treffurter Hause angehören ^ ^). Im Jahre 1364 erscheinen 

1) Dobenecker H, No. 760, 897. 2) Dobenecker H, No. 1976. 

3) Graßhof, Orig. Muhlhusan., S. 181, No. 9 (a. 1257). 

4) Landau, a. a. O. S. 163 (a. 1288). 5) Landau, S. 177. 

6) Z. B. 1246 Friedrich von Treffurt hinter dem Truchsessen 
von Schlotheim (Mon. Germ. L. L. Sect. IV, .t. 2, S. 630); 1254 
derselbe hioter dem Truchsessen von Borna (Thuringia sacra, 
8. 488); 1255 wieder hinter dem von Öchlotheim (Z. d. Ver. 
f. hess. Gesch., N. F. X, S. 371; Schannat, Vindem. litter. I, 
S. 122); 1266 hinter dem Schenken von Vargula (Rein, Thor, sacra H, 
157) ; 1267 hinter dem von Isserstedt (ebenda II, 158) ; 1272 hinter 
Hennann Stranz von Döllstädt (Walkenried, ÜB. No. 412). 

7) ürkk. von 1258 (Sagittarlus, Hist. Goth., ö. 64f.), 1259 
(ebenda ö. 67), 1265 (ebenda S. 71) u. ö. 

8) Schöttgen und Kreysig, Dipl. et script. I, S. 763. 

9) ÜB. MühlhauseD, No. 160. 10) Landau, S. 192. 



20 Zur Bechtsgeschichte des thüringischen Adels. 

„die edeln lüde her Herman von Drifurte, herre zu 
Bielstein, und frouwe Margrete sin eliche frouwe^). Aber 
daneben stehen auch wieder zahlreiche Zeugnisse einer 
anderen AufPassung: in einer Urkunde von 1279 heifit 
Hermann von Spangenberg ministerialis ^), 1299, 1304, 1313 
und 1338 werden Angehörige des Geschlechts als strenui 
bezeichnet *). Vielleicht hielten es die einzelnen Linien des 
Hauses Treffurt verschieden mit dem Gebrauch dieser Titel. 
So wird die Linie der Scherfe meines Wissens nie mit dem 
Prädikat nobilis bedacht, während bei der spangenbergischen 
Linie sich dasselbe, nach der Angabe Landaus^), regelmäßig 
vorfindet. 

Auch die Herren von Salza^, bekannt insbesondere 
durch den Deutschordensmeister Hermann, sind ursprünglich 
nicht freie Herren gewesen, obwohl man diese Behauptung 
in alten und neuen Büchern häufig zu lesen bekommt. Ob 
der Reichsministerial Heidenreich (1157)*) ein Angehöriger 
des Hauses war, möge dahingestellt bleiben. Sicher ist, 
daß später mehrere Glieder des Geschlechts als Ministerialen 
der Weifenherzöge bezeichnet werden ''). Von den Weifen 
scheinen sie später, wenigstens zum Teil, an die Landgrafen 
gekommen zu sein ; Hermann von Salza (der Ordensmeister ?) 
heifit 1237 ausdrücklich ministerialis domini lantgravii ^), 

1) Wenck, Hess. Landesgesch. IH, ÜB. No. 422. 

2) ÜB. Kaufungen I, No. 54. 

3) 1299 Urk. Heinrichs von Treffurt; Zeugen : strenui viri dominus 
Hermannus Wolpheri de Drivordia, Giselherus de Graba, milites 
(ÜB. Mühlhausen, No. 490). 1304: strenuorum militum Hermanni de 
Drivordia dicti Scherf , Joh. de Amera etc. (ÜB. Kaufungen I, No. 101). 
1313 : G. relicta quondam strenui militis Eeinhardi dicti Oboli nostri 
patrui (ebenda No.l25). 1338 : strenui et famosi viri domicelli Hermanni 
de Drivordia (ebenda No. 197). 

4) a. a. O., S. 238. Ich vermag die Bichtigkeit dieser Angabe 
auf Grund des mir vorliegenden Materiales nicht nachzuprüfen. 

5) Vgl. die Ehesten des Geschlechts Salza, Leipzig 1853 (ober- 
flächlich und unkritisch). 6) Dobenecker II, No. 152. 

7) Dobenecker II, No. 2450 und Register unter Salza. 

8) Schannat, Vindem. üter. I, S. 121. 



Zur Bechtsgeschichte des thüringischen Adels. 21 

Günther von Salza ist 1278 und 1281 ebenfalls land- 
graflicher Ministerial ^). Auch die Stellung in den Zeugen- 
reihen weist deutlich auf Zugehörigkeit zum Dienstadel. 
So steht z. £. 1251 Hugo von Salza hinter dem Truch- 
sessen Bertoh von Schlotheim, Albert von Herbsleben und 
Kunemund von Mihla '), 1275 Günther von Salza hinter 
dem Schenken Dietrich von Vargula^). Zu den Grafen 
von Gleichen stehen die Gebrüder Günther und Friedrich 
1292 im Vasallenverhältnis*). 

Erst am Anfang des 14. Jahrhunderts beginnen die 
von Salza aus den übrigen Dienstmannengeschlechtem her- 
auszutreten. In den Zeugenreihen stehen sie jetzt häufig an 
der Spitze der Ministerialen oder am Ende der freien 
Herren 5). 1307 urkundet der Abt von Hersfeld für den 
„edlen Mann" Friedrich von Salza*); in Urkunden des 
Jahres 1336 ') ist von dem nobilis vir dominus Henricus 
de Salza, dem ,,edlen man hem Heinrich herre zu Salza'', 
die Bede. 

Aber noch im 14. Jahrhundert werden die Herren von 
Salza mehrfach zum niederen Adel gezählt. Noch im Jahre 
1308 nennt Markgraf Friedrich die Gebrüder Günther und 
Friedrich ministeriales nostri®). Besonders schwer wiegt 
eine von einem Angehörigen des Geschlechts 
selbst, von Friedrich von Salza, im Jahre 1311 ausge- 
stellte Urkunde : ihre Zeugen sind „die edeln Herren" Graf 
Gtinther von Schwarzburg, Graf Günther von Käfemburg, 



1) ÜB. Mühlhausen, No. 268; ÜB. BaUei Hessen I, S. 296, 
No. 396. 

2) Sagittarius, Histor. Goth., S. 57. 

3) Leuckfeld, Beschreibg. von Eeibra, S. 84. 

4) Bfelder^opialb. (Mitteilg. v. Herrn K. Meyer in Nordhausen). 

5) z. B. ÜB. Erfurt I, No. 499, 557, 559 ; ßegesten von Salza, 
No. 150. 

6) E^. v. Salza, No. 111. 

7) Kuchenbecker,^ AnaL hassiaca XII, 368; ÜB. Erfurt H, 
No. 147. 

8) Schöttgen und Kreysig, Diplom, et script. I, S. 785, No. 91. 



22 2^^ Bechtsgeschichte des thüringischen Adels. 

Burggraf Dietrich von Altenberge, „und die erbern 
rittere" Ludolf von AUerstedt, Günther von Salza, 
des Ausstellers Bruder, und der Kämmerer Otto von Fahner i). 

Eine markgräfliche Urkunde von 1320 2), eine gräflich 
honsteinische von 1330 •) zählen die von Salza noch immer 
zum dienstmännischen Adel. Die markgräfliche Kanzlei 
scheint sich besonders hartnäckig dagegen gesträubt zu 
haben, sie als Herren anzuerkennen: so noch 1346 und 
1347^). Die Markgrafen scheinen den Herren von Salza 
den hohen Adel erst gegönnt zu haben zu einer Zeit, da 
sie gar keine unabhängige Herrschaft mehr 
besaßen. 1360, 1365 5) und dann wieder 1402, 1405«) 
und öfter werden die Herren von Salza auch in den mark- 
gräflichen Urkunden als Herren bezeichnet. 

Die Herren von Blankenhain (südlich von Weimar), 
ebenfalls ein ehemaliges Dienstmannengeschlecht, haben sich 
etwa gleichzeitig mit denen von Salza zum freiherrlichen Adel 
emporgearbeitet. Sie sind ein bloßer Nebenzweig der Familie 
von Meilingen (so. von Weimar) ') und traten infolgedessen 
erst spät auf. 

1272 steht Heinrich von Blankenhain hinter dem 
orlamündischen Marschall von Tiefurth ®). 1308 zählt 
Landgraf Friedrich den Ludwig von Blankenhain zu 



1) Or. Dresden No. 2056 (frdL Mitteilg. von Herrn Archivrat 
Dr. Lippert). 2) Cod. dipl. Sax. reg. U 1, No. 309. 

3) ürk. von 1330 Sept. 1 (A. Sondershausen). 

4) Eeg. V. Salza No. 221, 227. Auch das ca. 1347 entstandene 
Verzeichnis der Edeln und Ministerialen (s. o. S. 16) führt die Herren 
von Salza unter den Dienstmannen auf. 

5) Keg. V. Salza, No. 249. Thur. sacra, 153. 

6) Eeg. V. Salza, No. 307, 310. 

7) Die von Mellingen sind Mainzer Dienstmannen. Mit Förtsch 
(Gesch. d. Gememde M., S. 6) nehme ich trotz der Verschiedenheit 
der Wappen nur eine Familie dieses Namens an. Anders Funkhänel, 
Z. f. thüring. Gesch. U, S. 178 f, 480 ff ; Bein, Korrespondenzbl. d. 
Ges.- Vereins, 1860, S. 47, 75; 1861, S. 251 u.; v. Mülverstedt in 
Siebmachers Wappenbuch VI«, S. 106 f. Taf. 69. 

8) Mencke, Scriptores I, S. 693. 



Zur Bechtsgeschichte des thüringischeD Adels. 23 

seinen Ministerialen ^), und auf dienstmännischen Stand 
deuten auch die Lehensverbindungen mit den Grafen von 
Honstein (1312), den Burggrafen von Kirchberg (1281 *). 
Noch die folgenden Jahrzehnte zeigen uns die Blanken- 
bainer als Angehörige des niederen Adels. 1315 zeugen 
in einer Urkunde Bussos von Elsterberg (aus dem 
Hause Lobdeburg) ,,der edle man . . herr Herman von 
Luchtenberg (ebenfalls ein Lobdeburger), herr Ludwig von 
Blankenhain, herr Heinrich von Amstedt" *); 1331 in einer 
Orlamünder Urkunde hinter mehreren ,,edeln Herren" „die 
gestrengen rittere Ludewig, herre zu Blankenhain" u. s. w.^). 
Daneben steht allerdings ein Diplom des Grafen von Schwarz- 
burg, das schon im Jahre 1309 den Ludwig von Blanken- 
hain als nobilis vir bezeichnet^). 

Das mehrfach angeführte Verzeichnis vom Jahre 1347 
nennt Ludwig und Heinrich von Blankenhain unter den 
nobiles in Thuringia, und von nun ab werden die von 
Blankenhain ständig zu den Herren gerechnet. Landgraf 
Balthasar nennt 1392 Ludwig und Heinrich von Blanken- 
hain „edle Herren" *), in einer anderen Urkunde desselben 
Pursten (1396) ^) steht Ludwig Herr zu Blankenhain vor 
dem Edelherm Friedrich von Heldrungen. 

Alle drei Familien, die von Treffurt, Salza und Blanken- 
hain, haben sich aus dem Ministerialenstand emporge- 
schwungen, alle drei haben dann eine Zeitlang eine Mittel- 
stellung eingenommen, dergestalt, daß man sie bald zu den 
Dienstmannen, bald zu den freien Herren rechnete. Die 
Treffurter sind überhaupt nie über diese Zwitterstellung 
hinausgekommen, während die Herren von Salza und von 



1) Behöttgen uud Kreysig, Diplom, et scriptor. I, S. 785. 

2) Honstein : 1312 (Ilfelder Kopb., Mitteilg. von Herrn K. Meyer 
in Nordhausen). Burggraf von Kirchberg: 1281 (A. Weimar). 

3) ÜB. Jena I, No. 85. 4) ÜB. Erfurt II, No. 94. 

5) ÜB. Erfurt I, No. 551. 

6) Cod. dipl. Saxon. reg. I B 1, No. 455. 

7) Ebenda 2, No. 36. 



24 Zur Bechtsgeschichte des thüringischen Adels. 

Blankenhain schließlich allgemein als freie Herren anerkannt 
worden sind. Einen Anhalt für die technische Bezeichnung 
dieser Mittelstufe bildet vielleicht der thüringische Land- 
friede von 1338 1). Landgraf Friedrich 11. errichtet diesen 
Trieden ,,nach rate der greven unde frien, der herren 
unde dinstmanne, man unde stete". Die „Herren** er- 
scheinen hier als besondere Klasse zwischen den Dienst- 
mannen und den freien Herren : es liegt die Annahme nahe, 
daß mit diesem Namen eine Mittelstufe gemeint sei, wie 
sie die Herren von Treffiirt, Salza und Blankenhain ein- 
nahmen. Auch das mehrfach erwähnte Verzeichnis von 
1347 nennt die domini neben den nobiles : registrum domi- 
norum et nobilium in terra Missnensi, in terra Orientali; 
auch hier sind vielleicht unter den domini Oeschlechter 
verstanden, die aus alter Ministerialität hervorgegangen 
sind 2). 

Fragt man nach dem Rechtsgrund, auf dem die Tren- 
nung dieser Familien von ihren früheren Standesgenossen 
beruhte, so ist der Gedanke einer förmlichen Frei- 
lassung jedenfalls abzuweisen. Wohl kennen wir aus 
der Stauferzeit einen Fall einer solchen formellen Standes- 
erhöhung eines Dienstmannes: er betrifft den Keichstruch- 
sessen Markward von Annweiler, der von Heinrich VL zum 
freien Herrn erhoben wurde ^). Auch bei anderen süd- 
deutschen Keichsministerialen, die wir später unter den 
Edelherren finden, mag ein solcher Akt vorgekommen sein. 
Aber einmal gehören diese Fälle einer ganz anderen Oegend ^), 



1) Erhard, Mitteilungen zur Q^chichte d. Landfrieden, S. 30. 

2) Wie die Herren von Eilenburg, Schönburg u. a. 

3) Ficker, Vom Heerschilde, S. 150 ff. Dazu A. Schulte, Z. f. 
deutsches Altert. XXXIX, S. 195. — Bekanntlich kennt auch der 
Sachsenspiegel (3, 80 f.) die Freilassung eines Beichsministerialen zum 
Rechte des Schöffenbarfreien. Da der ganze Stand der Schöffen- 
barfreien sich der neueren Forschung als eine Fiktion des Spiegels 
ergeben hat, so ist schwer zu sagen, was Eike hier gemeint hat. 

4) Ficker, S. 151, meint, in Sachsen dürfte sich ein Übergang 
vom Ministerialen zum freien Herrn schwerlich nachweisen lassen. 



Zur Bechtsgeschichte des thüringischen Adels. 25 

einer ganz anderen Zeit an als die nnsem : was im 12. Jahr- 
hundert in Süddeutschland vorkam, wäre für Thüringen 
um 1800 herum kaum denkbar. Vor allem aber widerstrebt 
das merkwürdige Schwanken der urkundlichen Titel dem 
Gedanken einer förmlichen Freilassung. Wenn dieselbe 
Person bald als nobilis, dann als Dienstmann, dann wieder 
als freier Herr bezeichnet wird, so kann die Standeser- 
höhung nicht auf einem formellen Akt beruhen. Der einzige 
Grund für die Sonderstellung der drei Familien liegt viel- 
mehr auf staatsrechtlichem Gebiet. Es sind Ge- 
schlechter, die sich auf ihrem Besitz frei von fremder 
Landeshoheit erhielten. Urkunden des 14. Jahrhunderts 
zeigen uns die Herrn von Salza und Blankenhain im völker- 
rechtlichen Verkehr den Grafen und Freien völlig gleich- 
berechtigt: wie diese schließen sie Verträge und Bündnisse 
mit Fürsten und Städten, wie diese beteiligen sie sich an 
der Errichtung von Landfrieden^). Bei den Treffurtern 
läßt sich dies nicht nachweisen; daß aber auch sie eine 
exempte Stellung einnahmen, ist sehr wahrscheinlich. Noch 
lange nach ihrem Aussterben wurde ihr Besitz als „Gan- 
erbschaft Treffiirt" gesondert verwaltet. 

Von den drei neuen Herrengeschlechtem Thüringens 
hat keines das Mittelalter überdauert. 

Am frühesten verschwinden die Treffurter^. Der- 
jenige Zweig des Geschlechtes, der die thüringischen Be- 
sitzungen, insbesondere Treffurt selbst erhalten hatte, ver- 
lor diese Gebiete durch Eroberung 1333 und endgültig 
1336 an die verbündeten Fürsten von Thüringen, Hessen 
und Mainz und starb um 1370 aus. Länger hielt sich der 
hessische Zweig des Geschlechtes, der zu Spangenberg 
seinen Sitz hatte. Er verkaufte die Herrschaft Spangen- 
berg 1350 an den Landgrafen von Hessen, erhielt sie aber 
nebst der Herrschaft Bilstein von den Landgrafen in Pfand- 

1) z. B. Eegesten von Salza, No. 157 ; ÜB. Erfurt II No. 131, 
136; ÜB. der Vögte von Weida I, No. 853. 

2) Landau a. a. O. 



26 2^ Bechtsgeschichte des thüringischen Adels. 

besitz. 1376 ist auch diese Linie der Trefiurter aas- 
gestorben. 

Die Herren von Salza verkauften ihre Herrschaft 
1344 zur Hälfte an den Landgrafen Friedrich IL, zur 
anderen Hälfte 1345 an den Erzbischof von Mainz, doch 
erhielten sie einen Teil ihres Besitzes als Lehen zurück^). 
Diese Unterwerfung unter fremde Landeshoheit hat aber 
den Stand der Herren von Salza nicht erniedrigt. Anders 
als 70 Jahre früher die Grafen von Wartberg wurden sie 
nach wie vor bis zu ihrem Aussterben (1409) zu den edlen 
Herren gerechnet. 

Die Herren von Blankenhain haben sich bis zu ihrem 
Aussterben im Jahre 1446 im Besitz ihrer Herrschaft und 
ihres Standes behauptet ^). 

Li Thüringen dürften die drei genannten Familien die 
einzigen sein, bei denen sich ein Übergang von der Ministe- 
rialität zum Herrenstande nachweisen läl^t. Eichten wir 
aber den Blick über die Grenzen Thüringens hinaus in die 
Markgebiete, so bieten sich noch weitere Beispiele in 
den Vögten von Weida, den Herren von Schönburg ^), von 
Kolditz und von Eilenburg. Da es sich hier um interessante 
und noch wenig beachtete Tatsachen handelt, so mag auf 
die Geschichte dieser Geschlechter noch kurz eingegangen 
werden. 

Unter allen Ministerialenfamilien Deutschlands ist keine 
höher gestiegen als die Vögte vonWeida: sie sind die 
Vorfahren der heutigen Fürsten von Reuß. Der älteste be- 
kannte Vertreter des Geschlechts ist Erkenbertus de Weida, 
der 1122 mit dem Titel ministerialis auftritt*). Wer die 



1) Ehesten von Salza, S. 151 — 154. 

2) Sagittarius, Historie der Grafschaft Gleichen, S. 181. 

3) Auch die Herren von Waidenburg, deren Besitz spater 
an die Schönburger fiel, sind, wie es scheint, dienstmännischer Abkunft. 
Unarg von Waidenburg ist noch 1296 Eeichsministerial (ÜB. der 
Vögte V. Weida I, No. 295). 

4) ÜB. der Vögte von Weida I, No. 1. 



Zur Bechtsgeschtchte des thüriDgischen Adels. 27 

Dienstherren derer von Weida waren, zeigt eine Urkunde 
Heinrichs des Löwen 1154, die Heinrich von Weida als 
ministerialis noster bezeichnet ^). Mit dem Sturz des Weifen- 
herzogs 1180 ging das Eigentum an diesem, wie an 
andern Ministerialengeschlechtem, über an das Reich. Vgl. 
Amoldi Lubicensis chron.: multi ministerialium ducis . . 
ut Henricus de Witha . . recesserunt ab eo et ad imperium 
«e transtulerunt 2). Als Reichsministerial wird Heinrich 
von Weida in einer Urkunde von ca. 1196 ausdrücklich 
bezeichnet^). Eine Urkunde Kaiser Friedrichs I. 1188 nennt 
ihn sogar nobilis vir*), und wenn dieser Titel auch auf 
den Irrtum eines kaiserlichen Kanzleischreibers zurück- 
geführt werden muß, so beweist er doch das große Ansehen, 
das das Geschlecht schon damals genoß. 1214 tritt uns 
zum erstenmal der Titel Vogt von Weida, advocatus 
de Wida *) entgegen : die Familie erlangt die Vogtei über 
das Eeichsgut in jener Gegend. An ihrem Stande ändert 
«ich dadurch noch nichts; die Vögfce von Weida, später 
Vögte von Gera und Plauen genannt, bleiben Ministerialen 
und unterscheiden sich dadurch von den in ähnlicher Stellung 
befindlichen Reichsburggrafen der Nachbargebiete, den Burg- 
grafen von Kirchberg, Altenburg und Leisnig, die alle dem 
Herrenstande angehören. So zählt eine Urkunde König 
Friedrichs 11. für das Kloster Lausnitz 1220 den Heinrich 
von Weida zu den ministeriales regni^). Auffallend ist 
die Anrede in einer anderen Urkunde desselben Fürsten 
von 1232^): dilectis ac nobilibus sibi Heinricis, seniori, 
regni nostri advocato, . . domino dePlawen, et iuniori, 
strenui militis eins filio, advocato de Plawen. Hier 
nennt der König Heinrich den Älteren in demselben Satze 
nobilis und strenuus miles. Bemerkenswert ist an dieser 
Urkunde auch der Titel dominus de Plawe, der zeigt, daß 



1) Ebenda No. 10. 2) Mon. Germ. S.S. XXI, S. 137. 

3) ÜB. d. Vögte von Weida I, No. 36: ministeriales imperii 
et Bostri Heinricus de Wida . . 

4) Ebenda I, No. 28. 5) Ebenda I, No. 40. 
6) Ebenda T, No. 49. 7) Ebenda I, No. 58. 



28 ^^^ Bechtsgeschichte des thüringisclieii Adels. 

das Amt schon damals begann, sich in eine Herschaft za 
verwandeln. Die Urkunden der folgenden Jahrzehnte rechnen 
die Vögte von Weida ausnahmslos zum niederen Adel. So 
schreibt König Rudolf 1281 strenuo viro Heinrico 
advocato dePlawe^), König] Albrecht 1302 strenuo viro 
Heinrico advocato de Wida ^). In einer Urkunde Markgraf 
Priedrichs des Preidigen für Großenhain *) 1291 erscheinen 
als Zeugen: nobilis vir Albertus burgravius de Lisnic, 
Heinricus de Zweyne, noster protonotarius, Heinricus iunior 
de Plawen, Heinricus advocatus de Wida senior, Thimo 
Knut . . Der Vertreter des geistlichen Standes, der mark- 
gräfliche Schreiber, schiebt sich hier, wie sehr häu£g in 
jener Zeit, zwischen den hohen und den niederen Adel ein : 
die Vögte von Weida und Plauen sind dem letzteren zu- 
gewiesen. 

Erst um das Jahr 1300 ist es den Vögten gelungen, 
als Herren anerkannt zu werden. Das zeigt sich zuerst 
in den Urkunden Landgraf Diezmanns. Während eine Ur- 
kunde von 1306 ian. 23 *) den Vogt Heinrich von Weida 
noch ausdrücklich als strenuus vir den vorher genannten 
nobiles viri gegenüberstellt, erscheint derselbe Heinrich in 
einem nur drei Tage später ausgestellten Briefe 
zwischen einem nobilis und mehreren strenui in der Mitte ^). 
Eine Urkunde Diezmanns vom 26. Februar desselben Jahres 
rechnet Heinrich zu den nobiles*). Eine Urkunde König 
Johanns von Böhmen 1312, ein Beschluß des Landfriedens- 
gerichts von 1322 führen die Vögte gleichfalls als nobiles auf '). 
Am spätesten scheint die Kanzlei Markgraf Friedrichs L 



1) Ebenda, No. 205. 2) Ebenda, No. 347. 
3) Ebenda, No. 256. 4) Ebenda, No. 378. 

5) Wegde, rriedrich der Freidige S. 443 (nach einer schlechten 
Kopie) : nobilis vir dominus Henricus comes de Stalberg, dominus 
advocatus de Wyda, strenui: Eodolfus pincema de Domberg, Johannes 
miles de Gelnowe. 

6) ÜB. d. Vögte I, No. 381: presentibus viris nobilibus 
Heinnco comite de Stalberg, Heinrico advocato de Wyda, itemque 
Eudolpho pincema de Domburg, lohanne de Csteilnowe . . 

7) Ebenda, No. 429, 524. 



Zur Eechtsgeschidite des thüringischen Adels. 29 

sich zur Anerkennung ihres Herrenstandes bequemt zu haben. 
Eine Urkunde der Markgräfin Elisabeth von 1322 nennt 
als Zeugen unse üben frunde greve H. von Swarzburch, 
A. burcgreve von Aldenburg, her Walter tumprobst von 
Mysnen, Heinrich Kuze, der Voit von Plawe, Henrich Voit 
von Gera der eldere, her Hans Groze von Doblyn der eldere ^) : 
sie schiebt also wiederum den Geistlichen zwischen die 
Herren und Dienstmannen ein, zu den letzteren rechnet sie 
unsere Vögte. 

Diese Urkunde ist — was die markgräfliche Kanzlei 
anlangt — der letzte mir bekannte Fall dieser 
Art. In einer Urkunde des folgenden Jahres, die Elisabeths 
Sohn, der junge Markgraf Friedrich ausstellt, erscheinen 
die Vögte von Gera und Plauen unter den viri nobiles, 
vor dem Dompropst von Meißen und dem niederen Adel*). 
Eine letzte Erinnerung an die ursprüngliche Ministerialität 
findet sich in einer Urkunde König Ludwigs des Bayern von 
1329, in der er die Vögte tamquam (imperi) principales 
ministeriales et vasalli nobiles anredet^). 

Den Grafentitel haben die Vögte, oder, wie sie sich jetzt 
nennen, die Eeuüen, erst 1671 angenommen. Die Erhebung 
in den Reichsfürstenstand erfolgte bei den verschiedenen 
Linien des Hauses in den Jahren 1778, 1790 und 1806*). 

Die Stammburg der Herren und späteren Fürsten von 
Schönburg ^ liegt zwischen Naumburg und Weißenfels 
an der Saale. Die ältesten Vertreter des Geschlechts, die 
uns seit dem Jahre 1171 entgegentreten, sind teils Reichs- 
dienstmannen,. teils Naumburger Ministerialen 
und nennen sich bald von Schönburg (Schönberg), bald auch 
von Rudelsburg ^). Es gab zwar auch ein freiherrliches 

1) Ebenda, No. 526. 2) Ebenda, No. 541. 

B) Ebenda, No. 669. 4) Ficker, Beichsfürstenstand S. 239. 

5) Fraustadt und v. Schönberg, Gesch. des Geschlechtes von 
Schönberg I A (2. Ausg.) und II ; C. A. Tobias, Ehesten des Hauses 
Schönburg (Zittauer Schulprogr. 1865). Die ältere Geschichte des 
Geschlechtes ist noch «ehr zweifelhaft. 

6) Siehe Dobenecker H, Register unter den Stich Worten Schön- 
burg imd Rudeisburg. 



30 Zur ßechtsgeschichte des thüringischen Adels. 

Geschlecht von Schönbarg, doch scheint dieses mit unserer 
Familie nicht verwandt zu sein. Auch dieses altfreiherr- 
liche Geschlecht finden wir übrigens später (sicher seit 1225) 
in der Ministerialität ^). 

Unsere Schönburger, mit denen wir es hier allein zu 
tun haben, werden fast das ganze 13. Jahrhundert hindurch 
zu den Ministerialen gezählt: 1268 stehen sie in einer 
Zeugenreihe hinter den Schenken von Vargula 2), 1279 und 
1292 hinter den Vögten von Weida^), die ja damals 
auch noch zum Dienstadel gehörten. Anders eine Urkunde 
Landgraf Diezmanns von 1293, die Hermann und Triedrich 
von Schönburg zwischen den Burggrafen von Altenburg 
und den Kirchberger Burggrafen, also zwei freie Herren^ 
in die Mitte stellt*). Eine Urkunde Friedrichs von 
Dresden vom Jahre 1300 nennt Friedrich von Schönburg 
ausdrücklich nobilis vir; auf ihn folgen die milites Jordan 
von Brand, Heinemann von Naundorf ^ ). Auch hier ist es 
wieder die markgräfliche Kanzlei, die sich am längsten 
gegen die Anerkennung der Standesänderung sträubt: noch 
1308 führt sie Friedrich von Schönburg unter den strenui 
milites et famosi an ^). Auch die Markgrafen haben schließlich 
sich in clie Veränderung geschickt. Das beweist z. B. eine 
markgräfliche Urkunde von 1345, die sich durch genaue 
Klassifizierung der Zeugen auszeichnet : an der Spitze nennt 
sie die illustres, die Fürsten Herzog Rudolf von Sachsen 

1) Dobenecker H, No. 2235. 

2) ÜB. der Vögte von Weida I, No.^146. 

3) Ebenda, No. 191, 270. 4) Ebenda, No. 280. 

5) Cod. dipl. Sax. reg. H, 15, 214, No. 300. 

6) ÜB. der Vögte I, No. 401. — Ob Johann und Dietrich 
von SchQnberg, die eine markgrafliche Urk. vom ötephanstag 1343 
(A. Sondershausen) zu den Dienstmannen zählt, zu unseren Schön- 
burgern gehören, kann ich nicht sagen. Die Standesänderung be- 
trifft übrigens nur die pleißenländischen Schönburger. Die oster- 
ländische Linie, die in der alten Heimat des Geschlechts zurück- 
blieb, erscheint bis zu ihrem Erlöschen (im 14. Jahrh.) unter dem 
niederen^ Adel. Vgl. v. Schönberg, Gresch. des Geschlechtes von 
Seh. II, S. 165—167. 



Zur Bechtsgeschichte des thüriDgischen Adels. 31 

und Graf Albrecht von Anhalt, dann die nobiles Friedrich 
den Älteren von Schönburg, Herrn zu Pürstein, Friedrich 
den Jüngeren von Schonburg, Herrn zu Crimmitzschau, und 
Botho von Eilenburg, den markgräflichen Marschall; es 
folgt der markgräfliche Schreiber Konrad Pruzze als Ver- 
treter der Geistlichen, und den Schluß bildet der niedere 
Adel, die strenui Ulrich von Gladbach, Ritter, der Truch- 
seß Heinrich von Borna und der Hofrichter Albrecht von 
Maltitz 1). 

Die Herren von Schönburg haben die Zugehörigkeit 
zum hohen Adel auch dann behauptet, als sie sich unter 
fremde Landeshoheit beugen mußten. 

Der Stammvater der Herren von Kolditz^), Thimo, 
war ursprünglich weifischer Ministerial, wurde aber durch 
Vertrag vom Jahre 1158 dem Reiche abgetreten') und 
erscheint als Reichsdienstmann häufig im Gefolge Kaiser 
Friedrichs I. Seine Nachkommen gehören lange Zeit dem- 
selben Stande an: 1271 zeugen in einer Urkunde Markgraf 
Dietrichs von Landsberg die nobiles viri Otto von Arnshaug 
(aus dem lobdeburgischen Hause) und Gebhard von Quer- 
fort, dann die milites Botho von Eilen bürg, Ulrich von 
Kolditz u. s. w. *). 1293 nennt eine Urkunde Friedrichs 
des Preidigen den nobilis vir A. Burggraf von Leisnig und 
die strenui viri Heinrich von Kolditz, H. von Trebezin 
u. s. w. ^). 1295 werden die Burggrafen von Altenburg 
und Meißen als nobiles terre den ministeriales imperii 
H. von Kolditz und Genossen gegenübergestellt ^ ). Ganz 



1) ÜB. Erfurt II, No. 252. Schon 1343 wird Friedrich von 
Schönburg in einer markgräflichen Urkunde zu den edeln Herren 
gerechnet (ÜB. Erfurt II, No. 228). Ebenso das Verzeichnis von 1347. 

2) Vgl H. G. Francken, N. Beitr. z. G^ch. d. sächs. Lande I 
(1767), S. 320 ff; Limmer, Das Pleißnerland (Biblioth. d. sächs. 
Gesch. II) I, S. 598 ff. 

3) Dobenecker II, No. 158. 4) ÜB. Erfurt I, No. 249. 

5) Cod. dipl. Saxon. reg. II 1, No. 310. 

6) ÜB. der Vögte von Weida I, No. 295. 



32 ^ur Bechtsgeschichte des thüringischen Adels. 

vereinzelt steht ein Brief des Grafen von Brehna an den 
nobilis vir dominus de Koldiz aus dem Jahre 1278 ^). Erst 
mit dem Beginn des 14. Jahrhunderts mehren sich die 
Zeugnisse für die Zugehörigkeit zum Herrenstand. So nennt 
eine Urkunde des Burggrafen von Meißen 1312 als Zeugen 
den dominus H. senior de Coldiz und den strenuus miles 
Bertold de Roschitz*). In einer Urkunde des Burggrafen 
von Leisnig 1333 erscheinen als Zeugen ^^der edle herr 
herr Volrad von Kolditz, des Wolkenberg ist, herr Konrad 
von Sachsendorf, herr Adolf von der Wieden"^). Die 
markgräfliche Kanzlei widerstrebt auch hier der An- 
erkennung. Noch 1320 rechnet sie die Herren von Kolditz 
zum niederen Adel : das beweist eine Urkunde Friedrichs L, 
die als Zeugen die viri nobiles Graf Heinrich von Schwarz- 
burg, Burggraf Albrecht von Altenburg, Albrecht von Hacke- 
bom, ferner (itemque) Heinrich von Kolditz, Günther 
von Salza, Tammo von Haldeck, Siegfried von Schönefeld, 
Hermann Goldacker, milites, anführt*). Um die Mitte 
des Jahrhunderts, seit 1340, wird der hohe Adel der Kolditzer 
auch von dieser Seite nicht mehr bestritten ^). Die Herren 
von Kolditz haben ihre Herrschaft 1404 an die Markgrafen 
abgetreten, scheinen aber trotzdem bis zu ihrem Aussterben 
(um das Jahr 1500) ihren Stand behauptet zu haben ^). 

An der nördlichen Grenze der alten Meißner Mark 
liegt die Stadt Eilenburg, die den Herren, später (seit 1786) 
Grafen, von Ilburg, Eilenburg oder Eulenburg 
ihren Namen gegeben hat ^). Auch sie sind dienstmännischer 
Abkunft: Konrad von Eilenburg 1197 wird ausdrücklich 



1) Cod. dipL Saxon. reg. U 1, S. 188, No. 245. 

2) Cod. dipl. Sax. reg. II, 1, 8. 283. 

3) Mencke, Scriptor. III, S. 1044. 4) Ebenda, S. 309. 

5) Schöttgen und Kreysig, Diplom, etscript. II, S.399(a. 1340), 
Verzeichnis von 1347. Thur. sacra 149 (a. 1350). Cod. dipl. Sax. 
reg. II, 15, 8. 21, No. 27 (a. 1351); IB 1, S. 60, 79 (a. 1383, 1384). 

6) 1436 schreibt König Siegmund „dem edeln Albrechten von 
Kolditz (Hom, Friedrich d. Streitbare S. 860). 

7) Vgl. V. Mülverstedt, Diplomatarium Ileburgense, Bd. I. 



Zur Eechtsgeschichte des thüringischen Adels. 33 

als Ministerial genannt^), die Gebrüder Bodo I. und Otto, 
seit 1215, geben sich durch ihre Stellung in den Zeugen- 
reihen ebenfalls als solche zu erkennen und gehörten 
wahrscheinlich zur markgräflich - meißnischen Dienstmann- 
schaft 2). 

Wir finden aber später auch einen Teil des Geschlechts 
im Dienste des Markgrafen von Brandenburg. 1292 be- 
zeichnen die Markgrafen Otto und Konrad von Brandenburg 
Otto von Buch, Otto von Eilenburg und mehrere andere als 
ministeriales nostri^). 1298 erscheint Otto von Eilenburg 
in einer Urkunde desselben I^ürsten am Schlüsse einer 
ganzen Reihe von milites^). 

1805 zeugen in einer Urkunde Markgraf Ottos der 
Graf von Lindow und der Herr von Heldrungen als nobiles ; 
es folgen Herr Friedrich und sein Sohn Friedrich von 
Torgau, Herr Otto von Eilenburg, Herr Wibald von Forst 
u. s. w. ^). 

Aber schon seit 1296 finden sich auch Zeugnisse für 
das Emporsteigen der Eulenburger zum Herrenstand. Eine 
markgräfliche Urkunde dieses Jahres stellt den vir 
nobilis Bodo von Yleburch vor eine Anzahl markgräf- 
licher milites. ®). 

Noch einmal, im Jahre 1332, wird Bodo von Eilen- 
burg von Herzog Rudolf von Sachsen unter einer Anzahl 
einfacher Bitter angeführt ^), aber im ganzen ist jetzt der 
Eintritt der Eilenburger in den Herrenstand eine vollzogene 
Tatsache. Das bezeugen sowohl die brandenburgischen wie 
die Meißner Urkunden: 1336 Markgraf Ludwig der Ältere. 
Zeugen : Herr Johann von Buch, capitaneus generalis, Herr 



1) Dobenecker H, No. 1036. 

2) Dobenecker H, Register unter Eilenburg. 

3) Riedel, Cod. dipl. Brandenburg. A. VII, S. 396. 

4) Ebenda, A. XIV, S. 177. 

5) Ebenda, B.1, No. 226. 6) Ebenda, No. 492. 
7) Cod. dipl. Sax. reg. II, 1, S. 334. 

XXII. 3 



34 ^ur Eechtsgeschichte des thüringischen Adeb. 

Otto von Eilenburg, no blies, Herr Gazzo von Guzzen- 
berg . . . milites ^). 

1337 Gleicher Aussteller; Zeugen: Herzog Rudolf 
von Sachsen nee non nobilis dominus Otto de 
Yleburg, Herr Johann von Buch, Herr Henning von Jagow 
u. s. w. 2). 

1344 Markgraf Friedrich der Ernsthafte stellt als 
Bürgen „di ediln lute" Graf Heinrich von Honstein, 
. , » Heinrich Vogt von Plauen, Heinrich Vogt von Weida, 
Burggraf Otto von Leisnig, Bodo von Eilenburg und „die 
gestrengen" Nickel von Ende u. s. w. ^). — Eine 
andere hierher gehörige Urkunde desselben Fürsten von 
1345 wurde schon bei den Herren von Schönburg ange- 
führt*). 

Endlich noch eine Urkunde Markgraf Ludwigs des 
Römers von 1354: Zeugen sind der nobilis vir Otto 
Wend dominus in Hburg, strenuique viri Petrus de Breidow 
u. s. w. ^). 

Die Herren von Eilenburg waren nicht im stände, 
ihren Besitz zu behaupten: um 1395 veräußern sie ihre 
Herrschaften Eilenburg und Liebenwerda an Sachsen, 1477 
mußten sie auch die Herrschaft Sonnenwalde in der Nieder- 
lausitz aufgeben. Ihren Freihermstand haben sie sich aber 
trotzdem bewahrt. 

Auch bei den zuletzt besprochenen Geschlechtem der 
Vögte von Weida, der Herren vouj Schönburg, Kolditz 
und Eilenburg ist kaum eine formliche Fi*eilassung als 
Rechtsgrund ihrer Standesänderung anzunehmen. Auch sie, 
wie die thüringischen Dynasten, nennen sich schließlich 
Herren, weil sie eine der Landeshoheit entzogene Herrschaft 
besitzen. Bei den vier ersten Geschlechtem fällt die Standes- 



1) Riedel, a. a. O. A. 11, S. 33. 

2) Ebenda, A 6, S. 353. 

3) ÜB. der Vögte von Weida I, No. 

4) S. 0. S. 30. 

5) Riedel, a. a. O. A. 5, No. 156. 



Zur Rechtsgeschichte des thürmgischen Adels. 35 

verschiebnng um das Jahr 1300, also in eine Zeit, da in den 
wettinischen Landen alles drunter und drüber ging, wo 
sich also für eine derartige Anmaßung eines höheren 
Standes gute Gelegenheit bieten mochte. Bei den Eilen- 
burgem scheint der Übertritt sich etwas später vollzogen 
zu haben, und zwar zuerst bei den brandenburgischen 
Familienmitgliedern. Möglich, daß hier die märkischen 
Wirren nach dem Tode des letzten Askaniers (1319) den 
Anlaß gaben. 

19'aohtrag. 

(Zu Seite 8.) 

Die Bezeichnung „Dienstherren" für die Ministe- 
rialen kommt auch in den wettinischen Ländern 
vor. Ich finde sie in einer Urkunde Friedrichs des Freidigen 
von 1311 (Scheidt, Von dem hohen und niederen Adel, 
Mantissa docum., No. 131b, S. 468). Der Markgraf stellt 
10 Herren und 10 „dienstraan" als Bürgen; unter letzteren 
den Vogt Heinrich B»euß , Günther von Salza , Hermann 
von Spangenberg. Die Herren sollen 2 Ritter nach Erfurt 
zum Einlager senden, die „Dienstherren" dagegen selbst 
in Erfurt einreiten. Die Dienstmannen oder Dienstherren 
heben sich hier sehr deutlich von den Herren einerseits 
und den Rittern andererseits ab. 



II. 

Pfeifers und MUnzers Zug in das Eichsfeld 
und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 

Von 
Prof. Dr. Jordan in Mtihlhausen. 

Man -war bisher gewohnt, die beiden in der Über- 
schrift genannten Männer in gleicher Weise zu behandeln 
und ihr Tun und Treiben gleichmäßig zu beurteilen oder 
vielmehr zu verurteilen. Bei längerem Studium hat sich 
mir aber mit steigender Sicherheit eine Verschiedenheit 
ergeben, die, wie ich nicht bezweifle, noch stärker hervor- 
treten wird, wenn es gelingen sollte, tieferen Einblick in 
die Ereignisse zu gewinnen, die sich damals in Mühlhausen 
L Thür. und seiner Umgebung abspielten. Der Unterschied 
beruht im tieferen Grunde auf der Charakterverschiedenheit 
beider Männer, wie sie deutlich genug bei ihrer Hinrichtung 
hervortritt; er klingt scharf hervor aus der schadenfrohen 
Äußerung Münzers bei der Meldung von Pfeifers Gefangen- 
nahme *). 

In anderer, hier allerdings einfach und wohlbegründeter 
Weise zeigt sich dieser Unterschied auch in dem Streben 
beider Männer, die Umgegend für ihre Pläne zu gewinnen. 
Als früherer Mönch des Klosters Reifenstein hatte Pfeifer 
engere Beziehungen zum Eichsfelde, zu dem jenes Kloster 



1) Neue Mitteil. XXI, S. 204. 



Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld etc. 37. 

gehörte, wie er es ja auch zunächst versucht hatte, sich 
auf dem Eichsfelde festzusetzen. Als er dann in seine 
Vaterstadt Mühlhausen wich, begleiteten ihn 4 Männer aus 
Worbis, auch wird er absichtlich die Pfarre zu S. Nicolai 
für sich gewonnen haben, da diese Vorstadt auf der dem 
Eichsfelde zugekehrten Seite der Stadt liegt, und ihm alsbald 
Zuzug von dort zu Hilfe kam. Münzer dagegen war von Allstedt 
gekommen, von wo aus er die Fäden seines Bundes gesponnen 
hatte, es war also natürlich, daß es ihn mehr nach Osten 
zog, führte ihn. doch auch sein Traum, der ihm anzeigte, 
„er sollte nach Aufgang der Sonne ziehen" (Chronik 189), 
schließlich dort seinem Verderben entgegen, während Pfeifer 
in Mühlhausen blieb, vielleicht weil nun der Gegensatz 
unter ihnen offen hervorgetreten war. Bereits Stephan 
(Anzeige, S. 128) bemerkte: „Münzer ziehen seine Pläne 
nach Osten, doch Pfeifer dringt in der Eichtung nach dem 
Eichsfelde durch." 

Dennoch ist unter beiderseitiger Teilnahme ^) ein ge- 
meinsamer Zug nach dem Osten unternommen worden, der 
ganz unerwarteter Weise dann plötzlich nach Westen ab- 
schwenkte. Diesen zweiten Teil des Zuges genauer darzu- 
stellen, soll hier auf Grund von Akten unternommen werden, 
die mir in den Abschriften und Auszügen vorliegen, wie 
sie Friedrich Stephan anfertigen ließ ^) ; sie gehören also 
zu dem Aktenmaterial, das aus dem Nachlasse unseres 
Archivars von seinem Neffen einst Zimmermann für die 
zweite Auflage seiner Geschichte des großen Bauernkrieges 
zur Verfügung gestellt wurde. Es ist bekannt, in welcher 
Weise diese Akten dort benutzt sind; Zimmermann nahm 
eilig heraus — besonders aus der gedruckten „Anzeige" — 



1) Georg Pfeifer sagte aus, „zu demselben Zuge; habe Münzw 
und Pfeifer, sdn Bruder, Bat und Tat gegeben'' (Zur Gesch. d. Stadt 
Mühlhausen I, S. 25). Auch Strutmann (St. A. 47) sagt aus, Heinrich 
Pfeifer habe sie geheißen auszuziehen. 

2) Stephans Akten, No. 68. Ich zitiere die Blattzahl dieses 
Aktenstückes. 



38 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

was zu seinen Anschauungen paßte, ohne eine Nachprüfung- 
und weitere Verwertung des gebotenen zu unternehmen. 
Dies nun wenigstens für diese Untersuchung nachzuholen, 
soll hier versucht werden. Insgesamt aber soll dieselbe 
erfolgen mit dem von vornherein ausgesprochenen Zwecke, 
zu prüfen, inwieweit die Verwüstungen, die auf jenem Zuge 
erfolgten, dem Rat und der Bürgerschaft der Stadt Mühl- 
hausen zu Schuld geschrieben werden können. Bis in 
unsere Zeit hinein war es ein etwas bequemes Verfahren, 
alle Schuld „den Mühlhäusern" zuzuschieben; es wird sich 
fragen, ob das überall mit Recht geschehen ist. In jenen 
Akten liegen zum Teil Aussagen vor, die frei sind von dem 
Verdachte, parteiisch für den Bauernkrieg zu sprechen^ 
wurden sie doch großenteils unter dem von den Fürsten 
eingesetzten Rate aufgenommen, der nur aus Gegnern der 
Bewegung bestand. Die Akten, deren Originale in unserem 
Archiv vorliegen, sind K. 3, No. 4 Cantica canticorum 
sampt etlichen urgichten; K. 3, No. 13 Fragestühk vnd 
Etlicher bekentnis Bey beyden Regierenden Bürgermeistern 
Sebastian Rodeman vnd Job an Wettich anno XXV; K. 5^ 
No. 18 und 20: In Sachen Mühlhausen contra Mainz (der 
Erzbischof verlangte Entschädigung für die Verwüstungen i). 
Dazu kommen die Nachrichten unserer Chronik, gelegentlich 
auch wohl das Verzeichnis „Disse dorffe sint auch vf der 
Beschedigungk des Adels mit gewest" (Jordan, Zur Gesch. 
d. St. Mühlhausen, Heft 2, S. 36—37). 

Absichtlich verzichte ich bei dieser Untersuchung von 



1) Diese letzten Akten stammen aus dem Jahre 1544, die Aus- 
sagen unterliegen also dem Verdachte der Vergeßlichkeit, haben 
aber den Vorzug, daß sie zu einer Zeit gemacht wurden, wo man 
ihretwegen keine Strafe mehr zu befürchten hatte; auch stimmen 
sie oft genug so gut überein, daß sie sich gegenseitig stützen, sind 
auch vielfach so lebhaft und anschaulich, daß man sie kaum für 
ersonnen halten wird. — Kardinal Albrecht machte 1530 Ansprüche 
an die Mühlhäuser, wegen des Schadens, den sie den Gotteshäusern 
auf dem Eichsfelde getan hätten, auf 18000 Fl. N, M. XIV, S. 423. 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 39 

einem Berichte auszugehen, der sich in der „Histori Thome 
Munzers" findet; freilich ist gerade diese Darstellung weit 
verbreitet worden, da die Historie früher unter Melan- 
chthons Namen ging und in Luthers Werken aufgenommen 
wurde. Für die allgemeine Beurteilung dieser Schrift berufe 
ich mich auf die Untersuchungen von Droysen^) und 
Falckenheiner*); dem dort festgestellten geringen Werte 
dieser Quelle entspricht ganz die folgende, auf die hier zu 
besprechenden Ereignisse sich beziehende Stelle: ,^Er 
(Münzer) hatte einen Prediger bey jm, der hies Pfeiffer, 
ein ausgelaufener Münch, seer gut zum spiel, frevel vnd 
mutwillig, der wolt je den ersten angriff thun vnd gab für. 
Er bette ein Gesicht gehabt, daraus er mercket, das Gott 
in fodert, fortzufaren, Er hette einen träum gehabt, wie 
er were in einem Stall gewesen vnd viel Meuse gesehen, 
die hette er alle verjagt, Damit meint er hette jm Gott 
angezeigt, er solte ausziehen vnd allen Adel verjagen. 
Vnd da Thomas aus furcht nicht wolt vergönnen nach zu 
ziehen, ward er seer mit Thoma zwietrechtig, Drewet jm 
befftig, er wolt jn vertreiben, wo er jn nicht ziehen Hesse 
vnd jm das volck abschreckt, Denn Thomas wolt den an- 
griff nicht thun, er were denn starck gnug vnd nicht aus 
der Stadt komen, es betten sich denn vorhin die Bawren 
allenthalb in der Nachbarschaft erreget. — Pfeiffer zog aus 
ins Eisfeld, plündert Schlösser vnd Kirchen, verjagt vnd 
fieng die Edlen, kam heim, bracht viel Raubs. Da ward 
der gemein Pöbel beissig, dieweil es gelückt hette." 

Diese Erzählung ist nach meiner Auffassung und 
Kenntnis der Dinge ohne geschichtlichen Wert. Wie 
wenig der Verfasser der Schrift von der inneren Geschichte 
Mühlhausens wußte, ergibt sich schon daraus, daß er Münzers 
erste Anwesenheit in der Stadt gar nicht kennt und diese 
Unkenntnis hinter dem Satze birgt, „er machte sich davon 



1) Zeitschrift für preußische Geschichte X, S. 594. 

2) Philipp der Großmütige im Bauernkriege, S. 65. 



40 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

vnd verborg sich ein halbes Jahr", auch verdanken wir 
ihm den Irrtum, der sich dann weit verbreitete, „da haben 
die Johanniter einen Hof gehabt**, während es doch die 
alte Komturei des deutschen Ordens war, in der Münzer 
als Pfarrer an der Marienkirche Wohnung nahm. Nicht 
Pfeifer war es, der leidenschaftlich hinausdrängte, sondern 
Münzer; nicht Pfeifer war der Träumer, sondern Münzer, 
der es in Zwickau von Nikolaus Storch gelernt hatte, an 
Träume zu glauben, bis ihn sein letzter Traum gen Franken- 
hausen führte. Wer seine Briefe kennt oder auch nur eine 
seiner Schriften gelesen hat, wird es schwerlich glauben, 
daB er je eine zurückhaltende Mäßigung vertreten hat. Edle 
vom Eichsfelde, die gefangen wären, finde ich nirgends er- 
wähnt, und auf die Plünderung der Schlösser und Klöster 
geht unsere ganze Untersuchung hinaus. Ich hoffe, zu einem 
anderen Schluß zu kommen. 

Ich stelle zunächst zusammen, was unsere Chronik 
bietet, aus deren Angaben sich folgende nach Tagen ge- 
ordnete Übersicht der einleitenden Ereignisse ergibt: 
Mittwoch, April 26. Musterung, Zug nach Langensalza 

(Homburg). 
Donnerstag, April 27. Nach Goermar, Lager auf S. Nicolaus 

Kirchhof. 
Freitag, April 28. Nach Schlotheim, Kloster geplündert, 
Haus des R. v. Hopfgarten. Volken- 
roda^), Lager bei Goermar. Eichs- 
felder treffen ein mit 8—9 Wagen 
Beute. 
Sonnabend, April 29. Nach Ebeleben; Schloß geplündert, 
Nonnenkloster in Sussra, Schloß 
Almenhausen. (Freienbessingen). 



1) Nach einem Schreiben des Abtes an Herzog Georg ist 
Volkenroda „Donnerstag nach Quasimodogeniti" überfallen. Nebel- 
sieck in N. M. XXI, S. 202. Keil, Aus Volkenrodas Vergangenheit 
üi No. 31 „Aus alter Zeit", Beiblatt zum Mühlh. Anzeiger. Münz^ 
war am 27. in Volkenroda. Forschungen XIV, S. 535. 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 41 

Sonntag, April 30. Zug der Mühlhäuser nach Seebach ^). 
Beratung des Haufens vor £beleben ; 
Münzer rät, auf Heldrungen zu ziehen. 
Botschaft der Eichsfelder (Zug über 
Nieder-Orschel, Beuren auf Heiligen- 
stadt.) 
Schon vor dem Zuge nach Langensalza berichtet unsere 
Chronik (S. 187) : „In dieser Woche sind zwei von der 
Struth, Hans Hesse und Michael N., samt a,ndem mehr zu 
Mühlhausen auf den Markt gekommen, haben zwei Faß 
voll Geräte und fünf Glocken daselbst verkauft, und als 
sie des Kaufgeldes streitig werden, wird ein großer Tumult 
darüber." Diese Nachricht wird bestätigt in den Akten 
(S. 186) : „Hans Hesse und den artikulierten Michel — auch 
hier fehlt der Name! — habe er wohl gekannt und ge- 
sehen, daß sie etliche Glocken vom Eichsfelde in Mühl- 
hausen geführt, dieselben zerschlagen und den Bürgern 
verkauft, darnach sich derhalben untereinander erwürgen 
wollen". Ferner sagt ein Zeuge aus (S. 179), er sei ein- 
mal mit seinem Junker gen Mühlhausen gekommen, hätte 
er gesehen, daß eine Glocke unter dem Rathaus gestanden, 
hätte der Propst „zur Zelle" (Kloster Zella) zu ihm gesagt : 
Siehe, das ist unsere Glocke. Hans Hesse zur Struth findet 
sich in Pfeifers Bund (Heft 2, Zur. Gesch. d. St. Mühl- 
hausen, S. 35); bei seiner Vernehmung (St. A. 104 — 105) 
leugnet er jede Teilnahme an Plünderungen, will vielmehr 
die „frommen" Bürger in Mühlhausen gewarnt haben (Be- 
zeichnung der Partei des alten Rates). 

Freitag, den 28. April, zog der Haufe nach Schlot- 
heim; mit dem Raub beladen lagerte er bei Görmar. 
„Als sie daselbst", berichtet unsere Chronik, S. 187, „die 
Beute austeilen wollten, sind die Eichsfelder sehr stark ^), 



1) Förstemann, Neues Urk.-Buch No. 277. 

2) Hans von Göttingen ist mit den 600 Knechten aus Hessen (I) 
nach Görmar gezogen (8t.A. 68, 36). Zeuge S. 156 berichtet, 
als die Mühlhäusischen zu Felde gezogen, sei ein Haufe Eichsfelder, 



42 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

anqh mit acht oder neun Wagen gekommen, darauf gewesen 
Speck, Glocken, Hausrat und Geschmeide und haben an- 
gezeigt, daß sie solches auf dem Eichsfelde aus den Klöstern 
genommen. Des hat sie der Münzer empfangen und als 
christliche Brüder gelobt und zu seinen Brüdern ange- 
nommen, und ist er so bald auf ein Pferd gesessen und 
hat im Felde eine Predigt gethan und nach der Predigt 
den Raub gleich unter die Mühlhäusischen und Eichsfeldi- 
schen Buben geteilet. Bei diesem Haufen und Zuge sind 
wenig Bürger und kein Ratsherr von Mühlhausen gewesen, 
allein einer, Jobst Homberg genannt ^), der zuvor des Raths 
Ausreiter gewesen, hat auf einem Motzen (Wallach) vor 
dem Haufen her geritten und sich einen Hauptmann schelten 
lassen. Das andere ist allerlei zusammengelaufen Volk ge- 
wesen, welches dem Pfeifer und Münzer gefolget und 
auch zum großen Teil in der Stadt bei ihnen gewesen ist." 
„Sonnabend früh (29. April) sind Pfeifer und Münzer 
mit ihrem Volk, auch der Eisfeldische Haufe, der mit einem 
gelben und grünen Fähnlein (darin ein Pflug gestanden, 
sagt Zeuge S. 153) zu ihnen auf dem Rieth zu Goermar 
gekommen, nach Ebeleben gezogen, haben daselbst das 
Schloß geplündert, zerrissen, zerschlagen, was sie konnten, 
den Wein ausgesoffen, das Korn auf dem Felde aus den 
Garben gelangt, die Teiche gefischt, auch zu Sustra (Mark- 
sussra) die Nonnen gestürmt, geplündert, item das Schloß 
Almenhausen und andere; schickten den Raub gen Mühl- 
hausen in die Nieder Pfarre (zu S. Blasien), viel Wagen 
voll große Haufen. Da hat der neue Rath (der ewige) die 
Bürger gezwungen, dem Haufen Bier und Proviant nach- 
zuführen, wohin sie zogen. Als nun der Haufe von Ebe- 
leben wieder hat auf sein wollen, haben sie Gemeine ge- 



auf 3—400 UDgefähr, mit einem Fähnlein imter dem Risingberge 
nahe bei der Stadt gelegen, wie er gesehen habe. 

1) Er muß sehr großen Eindruck gemacht haben, da auffallend 
oft gerade er in den Akten erwähnt wird. 



und die Verwüßtung der Klöster und SSchlösser. 43 

halten, und hat Münzer im Ringe angezeigt, daß sie nach 
Heldrungen ins Mansfeldische Land ziehen wollten. ^^ 

Gegen den Grafen Ernst von Mansfeld hegte Münzer 
den bekannten, unaufgeklärten Groll, doch sollte aus diesem 
Zuge nichts werden, der dem Haufen wohl die Mansfelder 
Knappschaft zuführen sollte, die als wohlgeübt in den 
Waffen galt. Dringende Bitte lenkte den Zug nach 
anderer Richtung; sie kam zunächst von Nordhausen. 
Förstemann (Kl. Sehr. 86) berichtet darüber: „In der Ober- 
stadt verbanden sich einige Bürger, die um geringer Sachen 
willen einen persönlichen Groll gegen den Rat hatten. 
Diese, Hans Sander und dessen Stiefbruder Berthold Helms- 
dorf, Hans Kehner ^) und andere beratschlagten in einem 
Hause vor dem Dome und entwarfen einen Brief an die 
Häupter des Aufstandes zu Mühlhausen, sie möchten nach 
Nordhausen kommen und hier auch ein „ewiges Regiment* 
anrichten ; damit sendeten sie einen ihrer Verbündeten nach 
Mühlhausen. Auch ritten die Häupter dieser Verbündeten 
zu der mühlhäusischen Rotte, als diese bei Ebeleben lag. 
Da sagte Pfannenschmied 2), welchen sie dringend baten, 
das auszuführen, sobald es sich schicken wollte, würden sie 
kommen und „den Brief und die Artikel" mitbringen^), 
und wer sich nicht wohl verantworten könnte, den wollten 
sie absetzen und einen ewigen Rat machen. Schleunig sah 
sich der Rat in Nordhausen nach Hilfe um, doch Herzog 
Johann von Sachsen, an den er sich deshalb wandte (Lesser, 
Nordh., S. 662), antwortete Mittwoch post Misericordias D. 
(3. Mai), „Nordhausen sei so gut befriedet und habe eine so 



1) Alle 3 finden sich im Verzeichnis. Zur Gesch. d. St. M., 
Heft 2, S. 36. 

2) „Ohne Zweifel einer der Anführer^', Förstemann. Ein Klaus 
Pfannenschmidt findet sich in Pfeifers Bimd (Zur Gesch. d. St. M. 2, 
S. 33). 

3) Darunter möchte ich die 12 Artikel verstehen, wenn nicht 
etwa die 11 Mühlhäuser Artikel gemeint sind (Förstemann, Neues 
Ürk.-Buch, S. 254. Zur Gesch. d. St Mühlh. 1, 26). 



44 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

stattliche Sammlimg, daß man sich vor diesen Leuten 
wenigstens eine Zeit lang werde aushalten können. Der 
Bat möge darauf denken, er mit seinem Vater wollte als 
Landes- und Schutzforst thun, was zur Abwendung der 
Beschwerung dienen könne." Auch Zeuge S. 176 erzählt, 
der Haufe habe von Ebeleben nach Nordhausen ziehen 
wollen. 

Die Sorge der Nordhäuser sollte unbegründet bleiben, 
denn eine weitere Bitte um Hilfe rief den Haufen alsbald 
nach einer ganz anderen Gegend. „Da sind etliche Eichs- 
felder, Hans Gehäusen, Hans Stein, Hans Kirchworbis und 
andere mehr hervorgetreten und haben um Gotteswillen 
gebeten, man wolle mit ihnen aufs Eichsfeld ziehen und sie 
zuvor von der bösen Obrigkeit erretten, denn die Edelleute 
wären schon in Dingelstedt gefallen und wollten alle armen 
Leute ermorden, wie sie ihnen allbereit viel zu Leide ge- 
than hätten, darum wollte man ihnen zu Hülfe kommen und 
sie rächen." (Chronik 188.) 

Veranlaßt wurde dieser Hilferuf durch das Vorgehen 
der Adligen, die sich, als die Bewegung das Eichsfeld er- 
griff, auf Schloß Rustebergj die alte mainzische Burg, 
geflüchtet hatten und nun in dieser Weise auf die Ver- 
wüstung ihrer Besitzungen antworteten. S. 134 soll gefragt 
werden, „ob der Zeuge nicht weiß oder gehört hat, nach- 
dem die Geistlichen und vom Adel solcherweise beschädigt, 
daß sie durch den gemeinen Amtmann des Eichsfeldes auf 
einen eilenden Landtag an gewöhnliche Malstatt gefordert 
und daselbst geratschlagt sei, wie und was Gestalt sie dem 
bösen, tyrannischen Vornehmen und Aufruhr derer von 
Mühlhausen begegnen, auch sich, ihre Weiber, Kinder, 
Haus und Güter dazu dem Erzbischof das Land erretten 
könnten von den von Mühlhausen. Item, daß der gemeine 
Adel und Geistlichkeit sich deshalb zusammen auf das 
Haus Rustenberg getan in Mut und Willen, dem auf- 
rührerischen Haufen zu begegnen und sie aus dem Lande zu 
schlagen". Die Adligen gingen später auch angriffsweise 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 45 

vor; ein Zeuge berichtet (St. A. 188): Als der Hanfe vor 
Heiligenstadt gelegen und viele vom Adel des Eichsfeldes 
auf Enstenberg gelegen, hätten seine Junker, denen ihre 
Schäden und Verjagen wehe getan, dabei er, Zeuge, in 
Dienst gewesen, sich gerüstet and reisige Leute, der 
Bauernschaft Abbrach zu tun angefangen, und was sie 
derselben abbrechen mögen, gewürgt und erstochen, dabei 
er Zeuge gewesen. S. 190 sagt Hans Grebingk von Beber- 
stedt dasselbe aus. 

Wie es scheint, wurde es Münzer nicht leicht, auf den 
geplanten Zug nach Heldrungen zu verzichten. Es be- 
durfte der dringendsten Bitte der Eichsfelder, ja eines 
Kniefalles. So berichtet ein Zeuge (StA. 68, 145), er 
habe die Zeit von seinem Junker Seifart von Bolzingsleben 
hören sagen, daß die artikulierten Personen vor Pfeifer und 
Münzer in ihre Knie gefallen seien und gebeten haben sollen. 
Dagegen erhebt ein wichtiger Zeuge folgende Einsprache 
(S. 151): „Hans Gobelen, Hans Stein, die beide im Artikel 
genannt, habe er gekannt, desgleichen werde er, Zeuge, 
mit diesen zweien im Artikel angezogen, daß sie und er, 
Zeuge, sollen vor den Prädikanten auf ihre Knie gefallen 
sein und von wegen der Eichsfelder um Gottes willen ge- 
beten haben, mit ihrem Haufen auf das Eichsfeld zu 
kommen. Darauf sagt er bei geschworenem Eide, daß er 
solches nie in seinen Sinn genommen, auch nicht getan oder 
tun geholfen habe, sollte sich auch zu ewigen Tagen nicht 
erfinden, wisse auch nicht, ob es die zwei Hans Gobel oder 
Hans Stein getan haben sollen." Der Unterschied beider 
Aussagen wird durch einen dritten Zeugen vermittelt 
(S. 158): „Es seien etliche vom Eichsfelde zum Haufen gen 
Ebeleben gekommen, Hans Gebelhausen, Hans Stein von 
Stadtworbis, so der dreien einer gewesen, so vormals mit 
dem Pfeifer gen Mühlhausen gekommen (Zur Gesch. der 
St. Mühlhausen, Heft 1, S. 6 und 48), und andere mehr; hätte 
Gebelhausen das Wort gehalten und wäre allein auf die 
Knie gefallen und hätte Pfeifer und Münzer gebeten, um 



46 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

Gottes willen auf das Eichsfeld zu ziehen, sie zu erretten, 
denn die Edelleute nähmen alle das Ihre. Also hätten die- 
selben Eichsfelder einen besonderen Haufen (gebildet), die 
ein Fähnlein grün und gelb dabei gehabt, das hätte einer, ge- 
nannt Hans Kaiser (Heft 2, 35), getragen, welcher Haufe viel 
größer und stärker gewesen, denn der -Mühlhäusische und 
thüringische Haufe. Darauf wären Pfeifer und Allstedter 
auf das Eichsfeld gezogen; er habe alles selbst gesehen 
und dabei gestanden." — Die Zahl der Eichsfelder, die nach 
Ebeleben gekommen, gibt ein Zeuge (S. 160b) auf 6 — 700 
an ; auch er hat dabei gestanden, als etliche von ihnen „in 
den Kreis getreten, hat gehört, daß dieselben Alstedter, 
Pfeifer samt den Oberen gebeten, geflehet und zuletzt ge- 
drohet." Diese Aussage ist wichtig durch die Erwähnung 
der Oberen; es gab also neben Pfeifer und Münzer noch 
andere Führer des Zuges; wer waren die? Schwerlich allein 
der oft genannte Jost Homberg, den Zeuge S. 149 „als einen 
Hauptmann hat vorreiten sehen". 

Ein weiterer Zeuge (165b) nennt als die Eichsfelder, 
die nach Ebeleben kamen und kniefällig um Hilfe baten 
Hans Gebelhausen, Hans Stein, Hans Kirchworbis, Augustin 
Konemunt, Reusse von Gernrode u. a. m. Gebelhausen 
wird auch S. 166 genannt, Gebelhausen, Stein und Kune- 
mundt S. 174b. Ein Zeuge (S. 180) nennt neben dem 
immer wiederkehrenden Gebelhausen Paul Wollhaupt, Hans 
Hebestreit und Kolruß, „diese vier, die er wohl kenne, habe 
er gesehen, daß sie zu dem Haufen gen Ebeleben gekommen 
und vor den Prädikanten auf die Kniee gefallen und ge- 
beten". Paul Wollhaupt von Helmsdorf nennt auch Zeuge 
S. 181. Eine neue Tatsache ergibt die Aussage S. 182 b, 
die Eichsfelder hätten 3 Briefe geschickt, wären selbst ge- 
kommen und hätten die Prädikanten gebeten; sie wird be- 
stätigt durch die sehr wichtigen Angaben des Zeugen 
S. 184 — 185: „Als er derselben Zeit zu Hofiferstedt (Hüp- 
stedt) in seinem Hause morgens noch geschlafen, wären 
2 Bauern zu ihm gekommen, der eine wäre „von pewrn" 



und die Verwüstung der Kloster und Schlösser. 47 

(Beuem) Hans Heie (Hein?), der andere von Birkungen, 
Hans Hnnolt genannt, gewesen, die hätten ihn gebeten, 
daß er also wohl tun wollte und von wegen der im Gericht 
Scharfenstein und Reifenstein, so beieinander sich in der 
Nacht versammelt, zu dem Haufen zu Ebeleben gelegen 
zu kommen, um heimlich zu erfahren und zu sehen, wo 
doch derselbe Haufen hinziehen wollte. Also wäre er 
dahin geritten und zu dem Haufen zu Ebeleben gekommen, 
um heimlich zu erfahren, wo doch derselbe Haufe hin- 
ziehen wollte. Also wäre er dahin geritten und hätte sein 
Pferd an einen Wagen daselbst gebunden, auf dem Wagen 
gelegen, sich nichts angenommen und sehen und hören 
wollen, wo doch der Haufe hinaus wollte. Wäre einer, 
genannt Hans Pfeil, zu ihm gekommen, der auch beim 
Haufen gewesen, und habe gesagt, was er da täte; hätte 
er ihm geantwortet, er solle ihm zuvor sagen, warum er 
da wäre, hätte er ihm gesagt, die Edelleute vom Rusten- 
berg hätten ihn dahin geschickt, zu sehen, wo dieser 
Haufen hinaus wollte. Hätte er, Zeuge, ihm auch gesagt, 
so wäre er von denen im Gerichte Scharfenstein und 
Reifenstein wegen da, so sich zusammengetan und ihn 
hergeschickt, zu erfahren, wo sie hin wollten. Hätte der 
Hans Pfeil ihm gesagt, sie wären | schon imj Haufen und 
hätten Augustin Konemunt und noch zween Briefe ge- 
bracht, die lese man jetzt, daB sie aufs Eichsfeld zu ihnen 
ziehen sollten." — Der Haufe lag damals zwischen Ebe- 
leben und Schemberg (S. 185b). 

Über den Erfolg den diese dringende Bitte der Eichs- 
felder um Hilfe hatte, die also schriftlich und mündlich 
kam, berichtet Zeuge (S. 176b): „Als der Haufe vor Ebe- 
leben gelegen und nach Nordhausen habe ziehen wollen, 
wären 4 auf Pferden geritten vor die Obersten, Prädikanten 
und andere, hetten sie gebeten, daß sie ihnen auf dem 
Eichsfelde zu Hilfe kämen, denn die Edelleute wollten 
ihnen Weib und Kind erstechen. Darauf Pfeifer geredet 
es tauge nicht, daß man sie verderben ließe, darauf die 



48 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

Oberen gesagt, was sie auf dem Eichsfelde suchen sollten, 
sie hätten nicht Geschütz, daß sie vor derselben Schlössern 
bestehen möchten. Sagte der Pfeifer: En (on, ohne, aus- 
genommen) Rustenberg, so wollte er die anderen Schlösser 
alle mit weichen Käsen umschießen. Also wäre der Haufe 
aufs Eichsfeld gezogen. Zeuge S. 176b berichtet, „Pfeifer 
hätte den ganzen Haufen zusammenberufen. Gemeine ge- 
halten und öfiFentlich geredet : Ihr lieben christlichen Brüder, 
es sind da Leute vom Eichsfeld kommen, zeigen an, daß 
man ihnen um Gottes willen zu Hilfe komme, dieweil je 
billig, daß ein Bruder dem andern helfen soll und nicht 
verlassen. Da sprach der ganze Haufe, ja, es wäre billig, 
daß ein christlicher Bruder dem andern zu Hilfe käme, und 
wären also aufs Eichsfeld gezogen". — Eine weitere 
Äußerung Pfeifers erwähnt ein Zeuge S. 179: „Als der 
Haufe gen Ebeleben gekommen, habe er der Zeit hören 
sagen, Pfeifer hätte beim Haufen ausgerufen, man wäre 
willens, aufs Eichsfeld zu ziehen, die Klöster Reifenstein 
und Beuren, die Hurenhäuser, zu vertreiben; da soll der 
ganze Haufe „Ja" geschrieen haben und wäre also aufs 
Eichsfeld gezogen". Zeuge S. 177 stimmt damit überein, 
gibt aber an, der weitere Zug hätte auf Heldrungen ge- 
richtet sein sollen, wie es ja Münzers Absicht gewesen 
war, läßt den Allstedter den Haufen im Ring versammeln, 
aber doch wieder Pfeifer jene bezeichnende Äußerung tun, 
die in merkwürdiger Weise zu Münzers großsprecherischen 
Worten paßt (vgl. Heft 1, S. 44). Auch S. 181b berichtet 
ein Zeuge, „Pfeifer habe im Haufen ausgerufen, sie hätten 
Willen, vor Heldrungen zu ziehen, aber dieweil die 
vom Eichsfelde also bedrängt, sollte man ihnen zu Hilfe 
kommen". 

Diese Gesandtschaft der Eichsfelder hatte schon ein 
kleines Vorspiel gehabt, wie wir ebenfalls durch Zeugen- 
aussagen erfahren. S. 166b: „Als die auf dem Eichsfelde 
hören sagen, daß ein Haufe in Thüringen gelegen, haben 
sich die Eichsfeldischen Bauern auch gesammelt und bei 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 49 

Hoppenstedt (Hüpstedt) gelegen; haben sie zu ihren Herrn 
und Obrigkeit geschickt, ob sie trauten, sie vor dem 
thüringischen Haufen zu verteidigen. Da nun dieselben 
vernommen, daß ihre Herrschaft und die Edelleute geflohen 
(auf den Rusteberg), sei der Zeit unter demselben Haufen 
geredet, daß man sollt zu dem thüringischen Haufen 
schicken vor Ebeleben, sie vor ihrer Obrigkeit zu ver- 
teidigen.^^ Auch hier erscheint Hans Gebelhausen als 
Führer. — Zeuge S. 163b berichtet: „Hans Gebelhausen, 
Hans Hebestreit und sonst noch einer — hätte eine 
Schramme über der Backe — wären zu ihm gen Urbach ^) 
gekommen und hätten zu ihm gesagt, er sollte Sturm 
läuten, denn die vom Adel erwürgten auf dem Eichsfeld 
Weib und Kind, und ihnen zu Hilfe kommen. Darauf er 
ihm geantwortet, er hätte keinen Befehl; sie sollten zum 
Haufen zu Ebeleben ziehen, sie könnten ihnen nicht helfen. 
Darauf sie zum Haufen geritten.'^ Das bestätigt Zeuge 
S. 171: „Hans Gebelhausen und Hansen Reußen habe er 
gesehen sammt etlichen mehr, die er nicht gekannt, daß sie 
zum Haufen nach Ebeleben wollten reiten." S. 171b er- 
fahren wir dann, „Reusse und Gebelhausen seien unehelich 
gewesen und Pfaffenkinder". Daß die Gesandten der Eichs- 
felder Bauern zu Pferde vor Ebeleben eintrafen, bestätigt 
Zeuge S. 176: „Wären 4 auf Pferden geritten gekommen 
vor die Obersten, Prädikanten, und andere, hätten sie ge- 
beten, daß sie ihnen auf dem Eichsfeld zu Hilfe kämen." 
Dieser Angriff der Adligen war aber erst als Antwort 
auf die Verwüstungen der Bauern erfolgt: S. 163b wird be- 
richtet: „er und sein Anhang und der Schlösser und Klöster 
Untertanen hätten die Schlösser und Klöster geplündert und 
verbrannt, darum wollten die vom Adel sie alle erwürgen, 
darum sie Hilfe suchen müßten." Dieses erste, selbständige 
Vorgehen der eichsfeldischen Bauern ergibt sich aus der Er- 



1) Urbach li^ auf schwarzburgischem Grebiete, auf halbem 
Wege nach Ebeleben. 

XXII. 4 



50 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

zäHung der Chronik (vgl. oben S. 41), die durch Äußerungen 
von Zeugen Ergänzrung findet. So wird S. 177b berichtet, es 
sei einer gewesen zu Diederf, Hans Thomas genamit, unter 
dem Gericht zu Bischofsstein, der habe Briefe hin und wieder 
gesandt, dafl die Bauern im selben Gerichte auf sein 
sollten; das wäre geschehen; wiewohl es auf clem Eichs- 
felde durch die Amtleute und den Adel vwboten bei Leib 
und Gut, nicht zu dem aufrührerischen Haufen zu ziehen. 
80 wären sie doch mit solchem seinem Haufen zu dem 
Mühlhftusischen Haufen der Zeit ausgezogen und zu Görmar 
gelegen (vgl. oben S. 42), und seien die beiden Haufen 
ein Haufe gewordwi und gleich darauf gen Ebeleben ge- 
zogen. Auch Zertge S. 178 ist mit dem Haufen von Die- 
dorf nach Görmar gezogen. Das erwähnte Verbot des 
Adels bestätigt Zeuge S. 179: „Seines Wissens sei noch 
keine Versammlung auf dem Eichsfelde gewesen, denn sein 
Junker^ Werner von Herstall, habe den Seinen geboten, 
diesem aufrührerischen Haufen, sc schon zu Mühlhausen 
ausgezogen, bei Leib und Gut nicht zuzuziehen." 

Derselbe Zeuge macht folgende wichtige Angabe: „Er 
habe nie gehört der Zdt, dafl ein Aufruhr oder eine Var- 
sammlung auf dem Eiehsfelde gewesen, bis daß die 
Prädikanten zu Mühlhausen geschrieben, ihnen samt ihrem 
Anhange zuzuziehen — (doch wohl die Briefe, die Hans 
Thomas aus Diedorf umhmrtrug) — und seien die Prädikanten 
zuvor ausgezogen sammt ihrem Anhange allenthalben; dem- 
nach sei erst der eichsfeldische Haufe zu jenem gen Görmar 
gekommen." — Die erwähnten Briefe bestätigt Zeuge 
S. 171b : „wisse auch von keinem Verbot, daß man sich der 
Prädikanten aithalten solle" (vgl. aber das Verbot Werners 
von Herstall); „es hätte aber der) Allstedter in alle 
Dörfer daselbst herum geschrieben, daß ein jedes Dorf seine 
Anzahl gerüsteter schicke bei Eopfabhauen; also wären 
15 Mann zu Orsla (Nieder-Orschel) zum Haufen zu ziehen 
gew&hlt, deren er ein^ gewesen und also ausgezogen; 
wären noch 15 aus Orsla willig mitgezogen. Also hätten 



und die Verwüstung der Klöet^ und SehlösBer. 51 

andere Dörfer aaf dem lächsfolde auch getanJ' Itk erixmere 
an die von mir ab^lehnte Er^Üünng der Hislorie (vgl. 
oben 8. 39) ; nirgends wird aber hier ein persönlidies Ein- 
greifen Pfeifers erwähnt^ nur Briefe der Prädikaatea. Aach 
Pörstemami (KL Schr.^ 8. 79) berichtet: „Hier (in Gtörmar) 
vereinigte sich mit Müozers 8ehar die eieksfeldisehe Rotte 
Pfeifeirs:, welche indessen die Klöster Anrod« nnd Zelle nnd 
die Edelhöfe Diedorf nnd ELatharinenbnrg geplündert hatte'' ; 
ein Beweis^ daß Pfeifer bei diesen Plündemngen gewesen, 
ist nirgends geliefert^ vielmehr kann er nach nnserer Chronik 
gar nicht dabei gewesen sein. 

Über die Plünderung des Klosters Anrode fand ich in 
Akten ^) des Dresdener Staatsarchivs folgendes Schreiben, das 
leider wenig Aufklärung bietet: „Wir Elizabeth Lnchtewalt 
eptisten, Appolonia Ödester priorin, Amolt lackhart probst 
aampt gancaen convent gemeUs closter bedagen uns, das wir 
von der negsiaenn Vorgängen anffmr szo ans Molhaii£en gescheen 
nnd durch ihr gewaltige handlnnge unser closter kirchenn 
und alle eyngebew geplündert unnd folgens abgebrannt 
auch cl^nioth nnnd hansrath hynweg genomen vnnd darzu 
ein gute anczahl k(»m, gerstfflui ha£em malcz byr — speck 
sampt anter proviant' ^itfromt, welchen obangezeigten 
schaden anfb geringst achten anff dntt halb tausend gülden, 
do mit obgemelt closter inn vorigen staodt unnd weßen 
nicht zcn bdngcin vermögen.'^ An dieser Zerstörung waren 
die Bauern von Bickenrlede betrügt. (Kmeb, Geschichte der 
Heforma^on und Gegen-^Beformation auf dem Eichsfelde 8. 25, 
nach dem Kopialbuch von Anrode.) Entsprechend lautet die 
Beschwerde des Klosters Z^la : „Wir Barbara Jocuffin priorin 
xmnd Jooeiff Hencz probst des stiff^ zcnne Zcelle. Wir 
beclagen unns das wir inn der mniwilligein empomnge 
durch die von Molhaufien und yhr angeben unser 



1) 9135 No. 127: Was die von Mühlhausen sammt ihren An- 
hängern in der aufrührerischen Empörung den Stiften und Klöstern 
u. 8. w. vor Schädel gelhan haben. 1525. S. 9. u. f. Besehedignngen 
der ck^st»: des Ejsf^des. 

4* 



52 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

closter unnd gotz haus gestyrmpt unnd geplündert auch 
alle ceremonni und cleynoth der kirchen unnd sunst allen 
hauszrath geweltiglich hynweg genomen unnd vorterblich 
gemacht sampt kuwe Schweine unnd schaffe darunder ent- 
frombt auch zwene teych abgestochen unnd gefischt sampt 
andre vorderblichenn schedenn zugefügt, die in der eyle 
nicht zue zelen, welchen beschedigung unsers closters wir 
auff das geringste auff vyr hundert gülden achten, do mit 
wir obangezeigt closter nit widder in forigen baw und 
vorroth unnd stand zcu bringe vermögen. Auch haben 
wir eine freyge schafftrifft im flur und dorff zcu Felchte, 
welche uns die von Molhaußen in dieser geweltiglichen 
emporung abgedrunge und underslangenn habenn." Leider 
enthalten diese Schreiben kaum mehr als ein vor- 
läufig — doch wohl bei Herzog Georg — eingereichtes 
Protokoll und angemeldete Klagforderung. Inwieweit solche 
Beschädigungen wirklich die Bürger der Stadt Mühlhausen 
treffen, werde ich im Laufe dieser Untersuchung noch 
weiter erörtern. 

Nach den Klagen, die später gegen sie erhoben wurden, 
erhielt der Haufe vor Ebeleben Unterstützung durch adlige 
Herren. N. M. 14, 527 heißt es, „Heinrich von Schwarz- 
burg habe seinen Sohn Günther zum Haufen gen Franken - 
hausen lassen reiten, ist förder gen Ebeleben gezogen und 
hat sich daselbst dem Münzer auch mit Pflichten verwandt 
gemacht, hat ihm Knechte und Pferde zugesichert aufs 
Eichsfeld zu ziehen." Auch Ernst von Honstein ist zu 
Münzer vor Ebeleben geritten. 

Von Ebeleben wandte sich der Zug nun weiter; 
„da sind sie auf Keula und folgends nach Orsla (Nieder- 
Orschel) gezogen", berichtet die Chronik, „da sind die Ältesten 
aus Orsla gekommen und haben sie zu Gaste gebeten, denn 
sie hatten den Edelleuten und den Klöstern alle Teiche 
abgestochen, die Braupfannen genommen und dieselben voll 
Fische gesotten, daß jedermann Fische genug kriegte." Nach 
Orsla war der Haufe ausdrücklich berufen, wie Zeuge 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 53 

S. 164b zu erzählen weiß: „Als er zu Ebeleben bei dem 
Haufen gewesen, seien auch 7 oder 8 Personen aus dem 
Eichsfeld, die er nicht gekannt, zu dem Haufen daselbst zu 
Pfeifer und Münzer gekommen und hätten gebeten aufs Eichs- 
feld zu ziehen und gen Orsla, wo der Eichsfelder Haufe läge, 
zu kommen, da wäre für sie gekocht, wollten ihnen Essen 
und Trinken geben ; darauf der Haufe zu dem eichsfeldischen 
Haufen, so vor Orsla gelegen, gezogen." Die Nachricht 
seines Kommens zog ihm voraus; Zeuge S. 171b berichtet: 
„Über 2 Tage danach seien Gebehausen und Beuse wieder 
zu ihnen vor das Dorf Orsla geritten und hätten zu ihnen 
und allen Nachbarn zu Orsla gesagt : Freut euch, wir haben 
den Haufen zu Ebeleben angesprochen, die wollen kommen 
und uns frei machen." „Von Orsla aus (berichtet die Chronik) 
schrieben Münzer und Pfeiffer in Heiligenstadt, man sollte 
ihnen aller Pfaffen und Edelleute, die sie Baals und Nimrods 
Geschlecht nannten, Güter aus der Stadt geben. Des schickte 
der Rat vier Personen zu ihnen, die um Bedenkzeit baten, aber 
sie konnten keine erlangen, sondern sie zogen mit dem Haufen 
vor die Stadt." Unsere Akten bieten dazu mancherlei Er- 
gänzung. Am genauesten berichtet der Zeuge S. 149b — 150 
(Iring): „Die Prädikanten Pfeifer und Allstedter samt 
ihrem Anhange hätten dem Bat zu Heiligenstadt geschrieben, 
daß die von Heiligen stadt ihnen, den christlichen Brüdern, 
300 Bürger, aufs geschickteste gewaffnet, mit ihrem besten 
Geschütz ^) schicken und zuziehen wollten, darauf ein Bat 
sich bedacht und ihn, Zeugen (Iring), Hansen Oppermann, 
Hansen TiefFenhart und Hansen Schierbach verordnet, zu 
dem Haufen, so der Zeit vor Orsla gelegen, zu reiten, das 
sie gethan und dieselbe Schrift mit ihnen genommen, alles 
mit Befehl, mit dem aufrührerischen Haufen zu handeln und 
zu bitten, denen von Heiligenstadt 4 Wochen ein Bedenken 
auf ihr Begehren zu lassen. Als sie solches Gewerbe (vor- 
gebracht) und im Haufen umringt (wären), hätten die Auf- 



1) Vgl. oben S. 48 Pfeifers Äußerung über Eusteberg. 



54 Pfeifers und Münzars Zug in <las Eichsfeld 

rabrerifichen denen von Heiligenstadt Jceine Zeit geben 
wollen, «ondem begehrt, der GeistÜcben und EdeUente Güter 
daselbst ihnen zueastellen und heraoszng^^en iii»i das stracks 
haben wollen, oder vor Heiligenstadt asa zidian. Hatten sie 
abermals 4 Ti^ Bedenkzeit erbeten, solch' ihre Antwort 
an den iRat eu Heiligenstadt zu bringen, was sie h&tten gar 
nicht haben wollen, sondern gesagt und gewollt, die Gesandten 
sollten gedenken, bei ihnen zu bleiben, so wollten sie geoEi 
Heiligenstadt ziehen und solche Güster der Geistlichen und 
£delleute selbst hol^i, und sind «Iso audi mit dem Haufen 
Abends 9 Uhr vor Heiligenstadt gekodounen." 

Diesen nach Heiligenstadt gesandten Brief der Prädi- 
kanten bestätigt der Zeuge S. J 75 : „Der Zeit, als der Haufe 
im Zug aufs Eichsfdd vorbanden war, wäre eine Schrift 
vom Haufen ^eoa Heil^enstadt geschickt worden ungefähr 
des Inhaltes, die Gemeine hätte sich beklagt, die wären hoch 
von den Geistlichen beschwert, begehrte, daß ein BAt ihnen 
wolle zu Hülfe kommen. Solche Schrift sei ^£Eentlieh vor 
der Gemeine verlesen worden. Darauf hs^e der Rat, Gilde- 
meister und Gemeine etliche aus ihnen zum Haufen verordnet 
und geschickt, die hätten den Haufen mit sich vor Heiligen- 
stadt gebracht.** Nach dem Zeugen S. 175 „wären die Ver- 
ordneten gewesen Hans Oppermann, Engeüiardt Iringk von 
Eats wegen, von der Gildemeister (wegen) Hans Tiefenhardt ; 
wer von der G=emeine wegen verordnet, das wisse er nicht**. 
Das müßte also Hans Schlierbach gewesen sein, denn Zeuge 
S. 148 berichtet, „Engelhardt Iring, Johwm Opermant, Hans 
Schlierbach und Hans Tiefenliardt, diese vier und nicht mehr 
seien seines Wissens zum Haufen verordnet und geschickt.** 

Jene Porderung an den Eat zu Heiligenstadt, die ein 
Brief der Prädikanten aussprach, der nach der kurzen Notiz 
g£^z in Münzers Stil abgefaßt gewesen zu sein scheint, be- 
stätigt in auffallender Übereinstimmung mit der Chronik 
Zeuge S. 147b: „Der aufrührerische Haufe habe der Zeit von 
einem ehrbaren Rat in Heiligenstadt begehrt, ihnen alle 
Priester und Edelleute, die sie Baals und Nimrods Geschlecht 



und die Verwüstung der Klößta: und Sdüödser. 56 

gfiluumt, zu. überlie&m. Darauf ein Bat etliche zu dem 
aufrtLbrerischen Haufen Yewtäa&t dieser und keiner anderen 
Meinizng, denn sie zu bitten, von eolcliem abzusehen und, 
wo sie etwas verwirket, ihnen, einem Rate zu Heiligenstadt, 
dieselbe Strafe imheimoistellen, denn ein Rat zu Heiligen- 
sAadt (wäre) samt und sonders g9x nicht der Meinung, die 
g^rdert^i Geistlichen und Edelleute auf die FleischbaiÜL 
zu liefern/' Danach ist Chronik 189 Zeile 6 zu verbessern. — 
Diese (jkesaadtschckft des Rates zu Heiligenstadt wurde zum 
Teil auch wohl ganz falsch aufgefaßt, so in der Aussage 
des Zeugen 8. ISlb: „Als der Hanfe zu Qrsla gelegen, 
seien ,anff' (®^<') oder zehn Personen zum Haufen geritten, 
habe man gesagt, es seien die von Heiligenstadt, welche 
gebeten, zu ihnen zu ziehen und eine Einigung mit ihren 
Bürgern helfen zu mach^i, daacsaif der Haufe nnxgeschlagen 
und Abends spät vor Heiligenstadt gekommen.*' ^ieht recht 
zu verstehen ist femer die Äußerung des Zeugen S. 182b, 
„die Zeit hätte er etliche Personen beim Haufen zu Orsla 
gesehen, da hätte man im Haufan gesagt, die von Heiligen- 
stadt wäxen da und wollten den Haufen verhindern, daß 
er nicht gen Heiligenstadt sollte ziehen ohne Wissen derer 
von Duderstadt". Auch erfahren wir, daß die Boten von 
Heiligenstadt ihren Weg über Beuren nahmen, S. 169b: 
„die von Heiligenstadt, so zum Haufen verordnet, seien 
zuvor zu ihm gen Beuren gekommen, vermeinend, sie 
wollten den Haufen vor Beuren finden; hätten sie ihm ge- 
sagt, sie wären abgefertigt mit den Bauern zu handeln, 
damit sie und andere wieder zum Frieden kämen, und seien 
also fort zum Haufen gen Orsla zu geritten, und sei der 
Haufe gleich hernach vor Heiligenstadt gezogen.'* 

Von Orsla aus wird der Haufe vermutlich seinen 
Marsch auf Leinefelde genommen haben und dann, der Leine 
folgend, am Fuße des Dün auf Heiligenstadt gezogen sein, 
wo heute Chaussee und Eisenbahn führen. Dabei erreichte 
er alsbald Kloster Beuren, über dessen Schicksal mancherlei 
Nachrichten vorliegen. In den erwähnten Akten des Dres- 



56 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

dener Archivs findet sich S. 12 ein Schreiben: „Zue wissen 
das wir Margaretha von Bodenhusen eptisten, priorin mit 
dem gantzen conventh zcu Buem haben oberschlagen 
unsers closters branth der uns zue gefügt ist von etzlichen 
des hauffs von Molhusen, in welchem haufFen der Alstetter 
und Pfiffer oberste hawbtleute gewest sind^), geschin uä 
dinstag nach Misericordia Domini (2. Mai) anno MDXXV. Hier 
nacher folget alles ufs geringst gerechnet und angeschlogen." 
(Folgt Verzeichnis.) In einem besonderen Stück aus dem 
Jahre 1531 liegt vor: „Der Syndicus des Klosters ßevem 
klagt bei dem Reichskammergericht gegen Bürgermeister, 
Rat und Gemeine zu Mühlhausen wegen Landfriedensbruches 
auf Schadenersatz von 2188 Fl." Aus der Klage hebe ich 
heraus: „Erstlich — das die jetzt gedachten von Muhl- 
hausen im jähr 1525 im monat Aprilis sich zcu Mulhausen 
in der stadt aus eignem furnemen haufiich rotirt zcusamen 
in aufruhr gethan unnd embort haben gemute und meynunge 
gegenn geistlichen auch dem adel unnd denn oberkaiten 
ihres gefallens thetlich handtlung zcuoben unnd furzunemen. 
Item das die genanten von Mulhausen also zcur aufrur versam- 
let solchem irem thetlichem vornehmen — etliche hauptleut 
verordent haben. Item das die obgemeltenn von Mulhausen 
erstlich in der stadt Mulhausen etlich closter unnd andere 
gotshauser mit thetlicher ungest3nnmickeit überfallen. Item 
ire cleynoter unnd gezeurde so man zcum gots dienst unnd 
sunst gebraucht auch andere gutter gewaltiglich hinwegk 
genomen und entvurt haben. Item das auch gemelte von Mül- 
hausen des ungesettigt über solchs also vorsamelt gewapnet 
und mit wehrhafter handt unnd mit der stadt Mülhausen ge- 
schutz under auffgerichtem fliegendem vhenlein ausz ge- 
dachter Stadt Mülhausen in etliche umbliegende lande her- 
schafft unnd fleckenn auch uff das Eychsfeldt dem ertzstifft 
Mentz zcustendig gezcogen sein. Item das solch irre 



1) Daß sie das nicht gewesen sind, der Haufe vielmehr be- 
sondere „Oberste" hatte, haben wir oben (S. 46) gesehen. 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 57 

zciehen von einem ort zcum andernn viel tage uimd gute 
zceit gewert hat. Item das sie sich auch zcu veldt gelegert 
haben. Item das der gedachtenn von Mulhausen in solchem 
irem zcugk viel closter und gotshauser in obgemelten 
landen und herschaften umb sie gelegen gefallen sein und 
dieselbige mit gewapenter handt geplündert, inen ire 
cleinoter geczirde allerley fruchte unnd andere gutter 
genommen und sie derselbigen beraubt haben. Item 
das sie gleicher masse vieler vom adel der lande ire 
hausser und wesentliche wonungen mit gewalt einge- 
nommen, geplündert und inen ire habe und gutter raublich 
genommen haben. Item das sie auch viel derselben closter, 
Schlosser unnd heuser ausgebrandt verwüstet, zcerstort und 
gentzlich verheeret haben. Item das under andern jung- 
frawen clostem unnd stifPtem au£P dem Eichsfelde das ob- 
genante closter unnd stifft Bewren langzeit gelegen gewest 
ist. Item das die obgenannten von Mulhausen mit solchem 
irem aufrürerischen hauffen in obarticuliertem iare im monat 
Mai domstagk nach Sanct Marci tag [27. April] mit ge- 
wapneter handt das nechst articulirt closter gewaltiglich 
eingenommen, dasselbige geplündert des closters guter, so 
sie in der kirche und sonst im stifft und closter auch auüer- 
halb desselben fanden geraubt und was sie derselben nit 
verbrannt hinweg zu sich genommen haben. Item das sie 
auch etlich derselben und an andern obgemellten orten 
genommene guter gen Mülhausen gebracht und daselbst 
gebeutht haben. Item das nachdem die churfürsten und 
fürsten von Sachsen und Hessen solcher aufruhr halben die 
Stadt Mulhausen mit gewalt erobert haben, dieselben fast 
viel obartikulierter geraubter guter noch in der Stadt Mul- 
hausen gefanden worden seien. Item das bürgermeister 
rat und gemeine zu Mulhausen den churfürsten und forsten 
zu Sachsen und auch vielen vom adel und der ritterschaft 
des Eichsfeldes und sonst andern die scheden inen in solcher 
aufruhr durch sie mit plündern nähme verbrennen und Zer- 
störung zugefügt zum teil wiederumb erstattet, bezahlt und 



58 Pfeifer« imd Münzers Zug in dae I^chsfeld 

d^halben zxdnedßn. gestellet haben." — Der Schaden wird 
sodAmi auf 218S Gulden berechnet; genackee und kultur- 
historisch ganz intereeaantes In7entar der zerstörten «Gebäude 
und geraubten Güter lii^ vor. lOG Gulden werden berechnet 
für Kirche und Turm, 100 für Bücher, loeistens Pergament, und 
Leuchter, 217 Gulden für Glocken, deren eine 8 Zentner 
schwer gewesen, 250 Gulden für die Abtei, Schlafhaos, 
BefBktorium und 2 Häuser auf beid^i Seiten, 80 Gulden 
für Brauhaus und Backhaus, 100 Guldeoi £ar das neue 
Schafhaus und die Scheuem, BO Gulden für 6 A^kezpferde 
und 4 Füllen im dritten Jahre, 40 Gulden für ein Schock 
Schweine, groüe und kleine, 90 Gulden für 300 „Melk- 
Bchafe" etc. 

Groß ist^ wie man sieht, die Zahl Aeec „Item'', doch 
wird es der Mühe wert sein, damit zu vergleichen, was die 
Zeugen in unseren Akten aussagen. 8. 148b wird be- 
riefet: „Das Kloster Beuren sei auf Sonnabend nadi 
Quasimodogeniti (29. April) geplündert ^), wer aber daa 
getan, habe er kein Wissen; wohl habe er die Zeit gehört 
sagen, es sollteoi das des Klosters eigene Untertanen getan 
haben, aber folgendes ^) Diensti^s (2. Mai), als der große 
Hanfe Ton Orsla davor gezogen, sei es verbrannt worden." 
Genaueres weiß ein anderer Zeuge (S. 170) zu berichten: 
„Zuvor und ehe die Prädikanten mit ihrem Haufen auf das 
Eichsfeld gezogen, hätbem des Klosters Beuren eigene Unter- 
tanen dasselbe Kloster geplündert, alles darin gefressen, 
gesoffen und zerschlagen, das habe er, Zeuge, selbst gesehen 
und die Nachbarn und eigene Leute, die es getan, gekannt ; 
das sei Schlössern und anderen Klöstern auch von ihren 
eigenen Leuten und anderen geschehen und also geplündert, 
das habe er auch gesehen. Hernach aber, als der Prädikanten 
Haufe von Orsla aufgebrochen und nach Heiligenstadt ge- 
zogen, wären zwei auf einom Pferde den Berg von Lengen- 

1) An diesem Tage zog der Mühlhäuser Haufe nach Ebeleben. 

2) Nach der Chronik erfolgte an dieeem Tage bereits die Eück- 
kehr nach Mühlhausen, was allerdings nicht richtig ist. 



und die Verwüstung der Klöster nnd Schlösser. 59 

feld (Leinef ekLß) ziun Kloster iierein geritten, als er aber die 
gesehen, iiätte er zweien der Nonnen, „pfrondtaeir mit namen 
(mid ?) ^oJtxnan genfennet^', gesagt: Was güts, die werden 
das Kloster anstecken? B^in der fiaufe zieht daher. Biese 
zwei wären ins Kloster georitten nnd erstlich aof der 
KonneoEi Schkflians gegangen, da noch Stn>h in den Betten 
lag, das iiatten die jswei alle angezündet mnd gebrannt. 
Alsbald kam der Hänfen bei dem Dorfe Beoren her, und 
liefen wohl hundert PeiBonen ans dem Hänfen auch ins 
Kloster wod steckteoi die JSchenne an und sind demnach 
im Klosttf hin und wieder gelaufen und haben den ersten 
zweien geholfen, das allenthalben anzuzünden und zu ver- 
brenzien. Bas hätte er, Zeuge, gesehen, bleich alsbald 
habe er, Zeuge, auch gesehen, dafi Eeifenstein isnd Seharfen- 
stein die selbst auch gebrannt.'^ Ein anderer Zeuge 
(S. 174), der Hofmeister von Kloster Beifenstein (in 
Hoppenstedt^, berichtet: Ratten der Zeit auch Eichsfelder 
etbeh viel Schweine und Schafe gen Hoppenstedt (Hüpstedt), 
da er seine Wohnung habe, gebracht, die hätte er hören 
sagen, sie hättens aus dem Kloster Beuren genommen.^' 

Ob der Haufe von Orsla aus direkt über Leinefelde 
auf Beuren zog oder einen kleinen Umweg über Beifen- 
stein machte, etwa auf dem Wege, wo heute die Chaussee 
zieht, läßt sich nicht sagen; vielleicht zog nur eine sich 
abtrennende Schar dorthin, jedenfalls brannten, wie wir 
eben schon sahen, beide Klöster an demselben Tage. Auch 
über das Schicksal Eeifensteins bieten unsere Akten 
mancherlei Auskunft. S. 168 erzählt ein Zeuge: „Zuvor 
und ehe die Prädikanten mit ihrem Anhang auf das Eichs- 
feld gekommen, seien die eichsfeldischen Dörfer und 
Nachbarn, um Beilenstein gelegen, nämlich Hopp^istedt 
(Hüpstedt), Beberstedt, Birkungen, Lenckenfeld (Leinefeld), 
Zella, Helmsdorf, Bernrode (Gemrode), Stadtworbis, Kirch- 
worbis, Breitenworbis und kein Fremder in das Kloster 
Beifenstein gefallen, bätten gefressen und gesoffen und, 
was sie nicht gesoffen, die Böden ausgeschlagen und alles 



60 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

was im Kloster gewesen, Orgeln und anderes, zerbrochen 
und mit Füßen getreten, dazu die Glocken zerschlagen und 
samt dem Vieh hinweggeführt und übel in diesem Kloster 
gehandelt, daß nichts dageblieben wäre. Das habe er als 
der Zeit ein Mönch im Kloster gesehen. Aber im Zuge 
nach Heiligenstadt, da sei das Kloster Beifenstein gebrannt 
worden." — Der schon erwähnte Hofineister des Klosters 
in Hoppenstedt sagt femer aus: „Er habe gesehen, daß 
die Eichsfelder das Kloster Beifenstein, ehe der Haufe 
dahin gekommen 3 oder 4 Tage, geplündert haben und 
alle Dinge zerschlagen und verwüstet; aber das Brennen 
der Schlösser und Klöster habe er gesehen, als der Haufe 
von Orsla nach Heiligenstadt zu gezogen; wer das getan, 
hätte er nicht Wissen. Es sei noch ein Ziegelhüttlein da- 
gestanden, sei ein Mönch im Gerücht gewesen, Bernhard 
genannt, der soll es verbrannt haben. Der Abt zu Reifen- 
stein habe seine Kleinode, Kirchengezierde, Silber, Brief 
und Siegel geflüchtet ; er, Zeuge, habe es mit 3 Wagen gen 
Heiligenstadt helfen führen." S. 141 sagt der Zeuge : „Als 
das Kloster zu Reifenstein angebrannt, sei der Abt und er, 
Zeuge, auf Rustenberg zur Erhaltung ihres Leibes und 
Nahrung geflohen, auf welchem Schloß die Edelleute auf 
dem Eichsfeld versammelt gewesen, und wäre Hans von 
Minnigerode derselben Versammelten Hauptmann gewesen." 
Das bestätigt Zeuge S. 169 : „Der Abt zu Reifenstein habe 
des Klosters Kleinode, Kircbengezierde, dergleichen Brief 
und Siegel gen Heiligenstadt geflüchtet, er habe es helfen 
einpacken samt anderen Mönchen im Kloster; seien 2 Wagen 
voll gewesen." Zeuge S. 180 gibt an: „Zuvor der Haufe 
gezogen, habe er von etlichen von Hoppenstedt gehört, daß 
sie sollten die Glocken zu Reifenstein aus dem Kloster 
genommen, zerschlagen und Büchsen daraus gegossen haben. 
Auch wären der Zeit etliche Bauern von Beberstedt zu 
ihm gekommen, hätten viel Eisens gebracht und ihm zum 
Kaufe zum Teil gegeben, hätte er ihnen gesagt, das Eisen 
wäre zu Reifenstein aus dem Kloster genommen, darauf 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 61 

sie bekannt, sie hätten daselbst genommen und geplündert, 
und im Zuge auf das Eichsfeld nach Heiligenstadt zu, ehe 
der Haufe hinan kommen, hätten Schlösser und Klöster 
gebrannt." — S. 182b wird ausgesagt: „Hätte einer eine 
ziemliche Glocke, die in 3 Stücke geschlagen, samt anderem 
Kirchengezeuge mit ihnen gen Hoppenstedt gebracht, da- 
selbst auf einen Anger gelegt und das mit anderen geteilt. 
Es hätte auch einer derselben eine ziemliche Pfeife aus 
der Orgel zu Reifenstein gehabt und vorher gepfiffen, und 
seien nach der Teilung gen Mühlhausen gekommen und 
hätten die Glocke um Handrohr verwechselt, das habe er 
gesehen." — Zeuge S. 141 berichtet: „Es haben einige von 
Birkungen dem Abt zu Reifenstein gesagt, daß Hans 
Creutzeburg und ein Zimmermann, beide Bürger zu Mühl- 
hausen, die hätten das Kloster Reifenstein angesteckt und aus- 
gebrannt." — Der Zeuge S. 145b „hat solches von Michel 
dem Zimmermann, so der Zeit, ehe er das Kloster Reifen- 
stein angezündet, bei einem zu Stadtworbis, Hans Demut, 
gedient, gehört sagen, als er und andere im Kloster nichts 
gefunden, und es geplündert gewesen, hat er Feuer geholt 
und das Kloster angezündet und verbrennen lassen". Auch 
unsere Chronik erzählt: „ — wie auch einer das Kloster 
Reifenstein, Michel Zimmermann genannt, angesteckt und 
das Feuer zu Bartlof dazu geholet hatte." Zeuge S. 167 
sagt aus, „er könne nicht glauben, daß Reifenstein vor 
3 Tagen vor dem Zuge verbrannt, sondern im Zuge sei es 
verbrannt worden, das habe er gesehen". — Über die Zeit 
dieses Brandes gibt Zeuge S. 170b an: „Gleich alsbald 
als Beuren gebrannt, hat er gesehen, daß Reifenstein auch 
gebrannt." Das läßt noch mehr vermuten, daß nur eine 
Abteilung nach dem etwas seitab gelegenen Reifenstein zog, 
nicht der ganze Haufe. 

In jenen Dresdener Akten liegt nun auch die Be- 
schwerde vor, mit der der Abt von Reifenstein seinen 
Schaden anmeldete : „Wir Matthes abt des stifPts zu 
ReifPenstein beclagen unns sampt unserem convent, das unns 



ß2 Pfeifers und Mänaers Zug in das EidisMd 

in der letzigeBn voTgxDgeaien anfBrahr nsere kirdMnn sampt 
anderen ubir zens (? mibiczeim 17 ?) gebenw«! gnA unnd 
clejn in gnmdt Torterbt imnd vorbrandt, daezn alle alteren 
unnd alle geedbmeyde^ meesegewaadt, altartücher, leiuditer, 
orgeln nidergeachlagen nnnd hynweg genommen, das wir 
nffs wenigst achtenn auf dritdtidb tansend gnlden, do 
mit wir soldi gebew nnnd vorrot niciit getrauwen mit 
aafPznriehten oder in vorigen stant widder su bringen. 
Auch sind nnns fonff tei^e aosgeetocben mmd gefischt, 
welchen schaden wir a<^ten uttfBs wenigst auff drey hundert 
gülden. Es haben uns auch die menner zu Lesgefeldt im 
Molschen gericht unser schaff entfrempt, die sie noch bey 
sich haben unnd die woln abgenommen und der selbigen 
etlich geschlacht, welchen schaden wir achten u£F sechzigk 
gülden. 

Note. Es haben die vonn Molhaußen sampt dem mut- 
willige anhange vonn G-lidiisteyn hundert drey stttcke 
rinth vyhes, darunder fufFzig funff müchkuwe sampt vindgk 
acht rinder gewest ungeveriich im andre unnd dryhundert 
unnd zwelfT zeigen on einige fede unnd verwamunge ge- 
nommen und ubir Molhauüen getriben, welch ich der vogt ^) 
gemelts schloß zum Olichensteyn vor mich außerhalb meins 
gnedigsten hem vonn Mentz churfursten oder andere (?) 
eh. f. g. rethe oder amptman des Eysfeldes beuelich nicht 
angezeigt haben wyl, sundern vor mich E. f. f. g. ver- 
ordnethen rethen untirthenig angezeigt haben. Von obge- 
melter vyhe hab ich von den Molhaußen acht m^ke kuw 
unnd ein rind widder krigen." 

Gegenüber von Kloster Beuren eriiob sich auf dem 
Abhänge des Dün Schloß Scharfenstein, das an jenem Tage 
gleiches Geschick mit ihm teilte. Ein Zeuge (S. 18d) er- 
zählt: „Als der Haufe von Orsla au%elnrodien und nach 
Heiligenstadt gezogen, wäre er und wohl 60 Männer mit 
ihm von dem Haufen auf das Schloß Scharfenstein gegangen, 



1) Matdies Hunebom. 



und die Verwüetung der Klöster und Schlösser. 63 

Isätten sie nichto melir da oben gefanden, weder Essen 
noch Trinken, denn ein wenig Korn, noch nic&t ansge- 
droschen; hätte er gesehen, daß es die Nachbarn nnten im 
Dorf genommen irad geteilt hätten, wären er und die mit 
ihm wieder hiiiweggegangen und gen Heiligenstadt mit 
dem Haufen gezogen. Alsbald sie also herabgekommen, 
hätte er gesehen das Eener um das Schloß samt andern 
Schlössern und Klöstern brennen. Wer nun die Schlösser 
iCTid Ellöster angesteckt habe, davon habe er gar kein 
Wissen." — Daneben stelle ich das Zeugnis S. 167: „Zuvor 
und ehe die Prädikanten aufs Eiehsfeld gen Heiligenstadt 
za gezogen, seien dureh die Eichsfelder Scharfenstein, 
Horburg, Beäfenstein , Kloster Worbis, Beuren und 
Teistungenborg geplündert worden. Aber als der Haufe 
im Zug gem. Heiligenstadt zu gezogen, seien vorgemeldete 
Schlösser und Klöster gebrannt worden, wer aber das 
Brezmen gethan, weiß er nicht. Und er, Zeuge, kabe ge- 
seh«ü, daß die Eichsfelder die Schlösser und Klöster ge- 
plündert haben." — Auch über den Brand des Schlosses 
€T&hren wir näheres. Zeuge S. 166b erzählt: „Da man mit 
dem Haufen bei Beuren gekommen, hätte der Pfeifer, der 
auf einem kleinen Pferdlein (gesessen) voller Schien ge- 
bangen, mit der Hand gedeutet auf Scharfenstein ^) und 
gesagt: „Seht ihr dort das Dinglein?*- Scharfenstein 
meinend, und schwieg* damit. „Neher" denn ^/g Stunde 
hätte das Sehloß in alle Höhe gebrannt, das hätte er, Zeuge, 
selbst gesehen und gehört. Wer aber die Klöster und 
das Schloß angesündet und geplündert, davon habe er nicht 
Wissens." — Auch diese letzte Frage läßt si<^ beantworten 
nach dem Zeugnis S. 188: „sie hätten — dimach die 
4 Klöster, auch das Schloß Scharfenstein und Horburg 
durch ihre verordneten Brandmeister, nämlich Hans Hern, 
Glasen Frosch, Christo&l Schmidt und Tiel Ghittem aus- 
gebrannt und geplündert". 2ieuge S. 190 bestätigt die 

1) Wir erinnern uns, daß er auf diesem Schlosse bei dem Junker 
Hans V. Enzenberg gewohnt hatte. Heft 1, S. 5. 



64 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

Namen dieser Brandmeister (Hans Heer), desgl. S. 134 
(Glasen Krosch). 

Der „Dialogus oder Gesprächbüchlein zwischen einem 
Müntzerischen Schwärmer und einem Evangelischen frommen 
Bauern" weiß noch mehr zu berichten (Duval, Das Eichsfeld, 
S. 232). „Da wir vor den Scharfenstein kamen, war die 
Zugbrücke aufgezogen, und war niemand darin. Da stiegen 
wir hinein über die Gräben und über die Mauern und 
kamen in einen Weinkeller, da dürstete uns sehr, fanden 
darin wohl 20 Faß Wein, der war gar vergiftet, und 
tranken etliche eilends davon und starben unter unseren 
Händen. Da wir das sahen, nahmen wir Messer und 
Hellebarten und hieben die Fässer zu Stücken und ließen 
den Wein in den Keller laufen ; wir nahmen Schafe, fraßen 
sie zum Teil und die andern verkauften wir, das Stück zu 
5 Groschen. Der mehrste Raub wurde dem Rat überliefert, 
um im Fall der Not etwas zu haben." Diese Giftgeschichte, 
die Duval aus Wolf, Denkwürdigkeiten der Stadt Worbis, 
S. 96 entlehnte, verdient natürlich nicht mehr Glauben als 
andere ähnlicher Art; schon Wolf spricht sein Be- 
denken aus (vgl. Seidemann, Thomas Münzer S. 75). 

Auf halbem Wege zwischen Scharfenstein und Heiligen- 
stadt liegt Westhausen; da „der frawen von Westhusen" 
57 1/2 Fl. Ersatz gezahlt werden mußten (Chronik, S. 209), 
so muß auch dort eine Plünderung stattgefunden haben, 
über die ich Weiteres nicht nachweisen kann, als daß ich in 
den Dresdener Akten die Forderung fand von „Ursula 
Reinharth von Westhusen selig Wittfrau". 

Besondere Mühe gab man sich in den hier benutzten 
Akten, festzustellen was vor und in Heiligenstadt geschehen 
ist, leider ohne uns einen sicheren Einblick in die Ereig- 
nisse zu gewähren. So wurde bestimmt (S. 144): „Bei 
dem XX. und XXL Punkte soll gefragt werden, ob nicht 
die von Mühlhausen die Stadt Heiligenstadt bei nächtlicher 
Weile überfallen und unversehens erobert, eingenommen 
und also mit Gewalt gehandelt haben. Item, ob Zeuge nicht 



und die Yerwüstang der Klöster und Schlösser. S5 

gehört habe oder sonst wisse, daß der Bat zu Heiligenstadt 
mit ihnen eines füglichen Abzuges halber Sprache und Unter- 
handlung gehabt. Item ob nicht Allstedter, als die Stadt 
erobert, sich selbst in die Kirche gedrängt, nur einmal un- 
geheiBen des Befehls eines Rates und sonst keiner mehr 
gepredigt hat." Es föllt auf, daß von diesen Ereignissen 
keine sichere Kunde vorlag, über die sich aus den Zeugen- 
aussagen folgendes ergibt. S. 150b wird erzählt: „Als 
der aufrührerische Haufe vor Heiligenstadt gekommen, sei 
Pfeifer samt dem Hauptmann Jost Hamwurg (Homberg) 
des Nachts zwischen 10 und 1 1 Uhr eingelassen, desgleichen 
sei der Allstedter des Morgens an einem Mittwoch nach 
Walpurgis (3. Mai) auch eingekommen, habe nicht ver- 
nomm^i, daß sie bei einem Bäte zu Heiligenstadt will- 
kommen oder empfangen worden seien.*' Eine um 8 Tage 
abweichende Angabe des Tages bietet Zeuge S. 148: „All- 
stedter sei mit dem gewaltigen Haufen vor die Stadt 
Heiligenstadt Dienstags nach Quasimodogeniti (25. April) 
gegen Abend gekommen, sich davor gelagert, folgenden 
Mittwoch morgens in die Stadt vor den Eat daselbst ge- 
treten." Aus beiden Aussagen ergibt sich, daß der Haufe 
Dieimtag abends vor Heiligenstadt eintraf; da der Zug erst 
Sonnabend, 29. April, sich nach Ebeleben wandte, so kann das 
nur Dienstag, 2. Mai ^), gewesen sein. Wenn dann unsere 
Chronik (S. 189) berichtet: „Da wurden die Prädikanten 
vor den Bat gelassen, und begehrte Münzer, einen Sermon 
zu tun, der ist ihm verstimmtet worden in der Kirche 
Mariae^, so wird das durch die Zeugen bestätigt. So er- 
zählt Zeuge S. 148: „Allstedter sei vor den Eat daselbst 
getreten und habe begehrt, einen Sermon zu tun ; das habe 
ein Bat mit großer Beschwerde zulassen müssen.^' Ge- 
naueres berichtet Zeuge S. 149: „Als der aufrührerische 
Haufe sich vor Heiligenstadt gelegt, sei Allstedter an einem 



1) Also ist die Angabe unserer Chronik, der Haufe sei an 
diesem Tage nach Mühlhanaen zurückgekehrt, nicht richtig. 

xxn. 5 



66 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

Morgen auf das Eathaus vor den Bat gekommen und habe 
begehrt, ihm zu vergönnen, das Wort Gottes zu predigen, 
darauf habe ihm der Bat sagen lassen, sie erlaubten es 
nicht, so verböten sie es ihm auch nicht. Darauf ist er. 
Allstedter, aufgestanden und hat in Unser Frauen Kirche 
einmal geprediget. ^ Ähnlich erzählt Zeuge S. 152: „Als 
die Prädikanten und der Haufe gen Heiligenstadt gekommen, 
sind des anderen Tages Pfeifer und Allstedter mit Per- 
sonen, deren er, Zeuge, einer gewesen, eingelassen ; sind die 
Prädikanten mit einander auf das Bathaus gegangen, haben 
ein Gespräch -gehabt, was dasselbe gewesen, sei ihm ver- 
borgen." Münzers Predigt bestätigt der Zeuge S. 1 50b : „All- 
stedter habe zu Heiligenstadt in der Pfarrkirche zu Unser 
L. Frauen geprediget, wer es aber erlaubt und zugelassen, 
wisse er nicht." Auch Zeuge S. 16b sagt aus: „Münzer 
habe zu Heiligenstadt geprediget, das habe er gehört", und 
Zeuge S. 14db: „Allstedter habe dem Bäte angezeigt, 
ihm zu vergönnen, eine Predigt zu halten; das haben sie 
gestattet." Femer verdanke ich H. Pfarrer Nebelsieck 
noch folgende Aussagen aus Mühlhäuser Akten: Bürger- 
meister Strecker (von Heiligenstadt) : „Es hätte mit großer 
Beschwerde zugelassen werden müssen" (daß Münzer in der 
Marienkirche predigte). Hans Hersch, Verweser des 
Schultheißenamtes in Heiligenstadt, sagte aus, der Bat habe 
Münzer sagen lassen, „sie erlauben es yhm nicht, so ver- 
bietten sie ihme es nicht"; darauf habe er einmal in der 
Marienkirche gepredigt. Diese Nachrichten lauten so be- 
stimmt, daß andere dahinter zurücktreten müssen, wie die Aus- 
sage S. 146 : „Seines Wissens seien Pfeifer und Allstedter 
von einem Bat zu Heiligenstadt gar nicht empfangen, viel 
weniger sei ein Gespräch mit ihnen gehalten, denn ein Bat 
hätte wohl leiden mögen, daß sie gar nicht zu ihm ge- 
kommen wären", oder S. 149: „daß ein Bat dieselben 
empfangen oder ein heimlich Gespräch mit ihnen gehabt, 
oder gefordert, das glaube er nicht." 

Von einer feindlichen Behandlung der Stadt ist keine 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser.! 67 

!ßede; der Haufe blieb vor den Mauern liegen, nur wenige 
wurden eingelassen. Zeuge S. 148b sagt ausdrücklich: 
„Heiligenstadt sei nicht mit Gewalt erobert", ein anderer 
S. 146b: „Darauf soll auch der Haufe abgezogen sein 
und die von Heiligenstadt nicht viel beschädigt haben", 
endlich S. 152: „Der Haufe sei zu Heiligen Stadt gekommen 
und draußen geblieben, bis sie wieder weggezogen seien; 
er wisse von keiner Eroberung." Daneben ist die Angabe 
S. 134, der Haufe habe „bei nächtlicher Weile Heiligen- 
stadt eingenommen**, ohne Bedeutung. — Daß die Prä- 
dikanten eingelassen wurden, berichten ganz genau fol- 
gende Zeugen, S. 165: „Er sei mit Pfeifer und anderen an 
einem Abend spät in Heiligenstadt eingelassen und in die 
Herberge gekommen ; wäre der Pfeifer mit etlichen Bürgern 
— wer die gewesen, wisse er nicht — hinweggegangen 
und bald wiedergekommen, wäre das Essen bereit gewesen, 
hätten sie gegessen und getrunken und seien fröhlich ge- 
wesen. Auch hätten die von Heiligenstadt ihnen 2 Faß 
Eimbeckisch und Heiligenstädter Bier in die Herberge 
führen lassen, das sie getrunken. Den andern Morgen seien 
sie wieder herausgeritten." Ein ebenso guter Zeuge be- 
richtet S. 166: „Die 2 Prädikanten seien gen Heiligenstadt 
an einem Abend eingelassen, er sei mit geritten und in 
die Herberge, des Bürgermeisters Listemann Haus, gewiesen, 
habe da gegessen, getrunken, sei 2 Nächte geblieben." 
Zeuge S. 175 weiß dann noch anzugeben : „Die Prädikanten 
wären ungefähr mit 30 Pferden eingelassen und der Wein 
geschenkt." Wenn Zeuge S. 148b berichtet : „Anders 
oder weiter sei nicht mit ihnen gehandelt, denn daß der 
Haufe denen von Heiligenstadt (gegen); Geistliche und 
Adelspersonen, wo sie etwas verwirkt, ihnen die Strafe 
heimstelle ; das sei also geschehen,' und der Haufe dar- 
auf wieder abgezogen" — so ist das vielleicht nur eine 
Erinnerung an den oben erwähnten Brief (S. 54), wenn es 
natürlich auch möglich ist, daß jene Forderung nochmals 
mündlich erörtert wurde. 

5* 



g3 PMfers und Mfinzen Zug in das Eichfifeld 

Vor Heiligenstadt erhielt der Hanfe Verstärkung 
und Verpflegung. Zeuge S. 146b berichtet: „Er habe 
einen Haufen der Zeit sehen ziehen den Beiser Grund 
nach Heiligenstadt; habe man gesagt, es seien etliche von 
Mühlhausen zu Fuß und Roß darunter.^ — Andere hatten sich 
wohl schon früher angeschlossen; S. 177b wird berichtet: 
,,Wäre ein Haufe Eichsfelder zwischen Zaunröden und 
Orsla zu dem Haufen von Mühlhausen gekommen, und 
wären als beide Haufen auf Heiligenstadt gezogen." Der 
Zeuge S. 154b gibt an, „er habe 9 Fässer Bier in das 
Lager vor Heiligenstadt geführt, das sei ihm durch die 
Bauern ausgetrunken, und nicht viel dafür gegeben worden". 
Auch Zeuge S. 159b berichtet, „er habe Bier gen Heiligen- 
stadt geführt, das hätten ihm etliche Bürger geheißen, 
nämlich Michael Koth (was doch sicher Koch heißen soll) 
und Dietrich Weißmüller, Goldschmidt", also 2 der Acht- 
männer (Chronik, S. 173), Zeuge S. 159b erzählt, „der 
Haufe habe vor Heiligenstadt gelegen ; er, Zeuge, habe einen 
Wagen und 2 Karren Brod ins Lager geführt, auf des 
ewigen Bats Befehl^^ S. 131 wird dann angegeben, es 
seien 2 Vierteismeister, die des neuen Regiments gewesen, 
mitgezogen, mit Namen Hans Schmidt und Klaus Fulstich. 
Diese beiden finden wir bereits in der Liste der Acht- 
männer des Jahres 1523 (Chronik 8. 173); sie müssen also 
auch 1525 dies Amt bekleidet haben, denn mit dem „neuen 
Regiment^ wird der ewige Rat bezeichnet; ähnlich heißt 
es Zur Gesch. d. Stadt Mühlhausen, Heft 3, S. 24 „des 
newen Radts achtmann^. Georg Pfeifer sagte aus (Heft 1 
S. 24): „Als die von Mühlhausen ausgezogen seien vor 
Ebeleben, Schlotheim und andere Flecken in der Fürsten 
Lande, die Schlösser zu stürmen, da ist Reinhard Lamhart 
ein Elriegsmeister und Bock, jetzt ein Ratsherr zu Mühl- 
hausen, auf die Zeit ein Rottmeister gewesen.^ Lamhart 
ist aus dem Bauemliede (Chronik S. 224) bekannt; Bock 
ist vielleicht Heinrich Boy in der Liste Chronik S. 197. 
Dem Einfluß dieser Männer wird es auch zuzuschreiben 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 69 

sein, daß Geschütz dem Haufen zur Verfügung stand, 
wenigstens sagt Hans Ditmar aus (S. 59 — 61), „Michael 
Koch, ebenfalls einer der Achtmänner, habe ihn im Lärm 
erstechen wollen, daß er die Büchsen nicht habe führen 
wollen'^; femer „er habe aus Gehorsam die Büchsen nach 
Heiligenstadt, Ebeleben und Schlotheim geführt^^ (als Fuhr- 
mann); „er sei also an die Büchsen gebunden gewesen^', 
daß er nicht habe plündern können. 

Was in Heiligenstadt damals geschehen, ist, so viel 
ich weiß, bisher nicht genauer bekannt geworden. Wolf, 
Eichsfelder Kirchengescbichte, S. 148 weiß zu berichten: 
„Nach ihrer Ankunft zu Heiligenstadt mußte sich der Bat 
versammeln und ihren Vortrag anhören, der hauptsächlich, 
wie es scheint, dahin ging, den bisherigen Gottesdienst zu 
ändern, die alten Zeremonien abzuschaffen und den Stifts- 
geistliohen ihre^ Privilegien zu nehmen. Nicht genug 
damit^ Münzer ließ sich nach geendigtem Batssitze eine 
Kanzel auf dem Kirchhofe u. 1. Frau errichten und hielt 
nach seiner Bibel eine Predigt, 'nicht ohne heftige Rührung 
der zuhörenden Bürger und Bauern. Denn von dem Kirch- 
hofe liefen sie auf das Stift, fielen wütend in die Gurion, 
raubten das Hausgerät, zerschlugen die Braupfanne und 
schleppten aus der Kirche die Kleinodien mit sich fort." 
Auch in seiner Geschichte von Heiligenstadt S. 55 be- 
richtet er nicht mehr. Es fällt auf, daß die Zeugen in 
unseren Akten Münzer in der Liebfrauenkirche predigen 
lassen, von einer Predigt auf dem Kirchhofe nichts er- 
wähnen. War der Zudrang so stark, daß die Kirche 
nicht ausreichte? Oder ist mit Absicht eine Änderung in 
der Überlieferung eingetreten? Vermutlich wird sich in 
Heiligenstadt Genaueres feststellen lassen. Die von Wolf 
erwähnten Bauern gehörten jedenfalls nicht zum Haufen, 
dem ja die Tore geschlossen blieben ; Wolf freilich scheint 
angenommen zu haben, der Haufe sei in die Stadt ge- 
drungen. Wichtig ist die von ihm (Politische Geschichte 
des Eichsfeldes II, Urk.-Buch S. 74) veröffentlichte Urkunde: 



70 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

„Wie sich die von Heiligenstadt ihrer Empörung halber 
verschrieben haben. Wir burgermeister, rat und gemeinheit 
der Stadt Heiligenstadt bekennen . . . , nachdem als die 
aufrührige bauemschaffib des Eichüfeldes verschienener weil 
anher in diese stadt sich begeben und davor gelagert, und 
wir wieder dieselben wie feind uns nit, sondern freundlich 
gehalten, dadurch zwischen uns allen derselbigen aufruhr 
und empörung in dieser stadt sich erhebet und erstanden 
ist'' etc. Zu beachten ist, daß hier nur die Bauernschaft 
des Eichsfeldes erwähnt wird; von Pfeifer und Münzer 
oder ihrem Haufen ist keine Kede. 

Elnieb (Gesch. der Reformation und Gegenreformation auf 
dem Eichsfelde, S. 23) berichtet (nach Wolf): „Treulos öffneten 
die Bürger die Tore. Auf Geheiß Münzers und Pfeifers mußte 
der Rat zusammentreten und deren Forderungen entgegen- 
nehmen, die wahrscheinlich auf Abänderung des bisherigen 
Gottesdienstes, Abschaffung der alten Ceremonien und Privi- 
legien der alten Stiftsherren lauteten. Barauf hielt Münzer 
auf dem Kirchhofe bei der Liebfrauenkirche eine seiner 
gewohnten Brandreden mit dem Erfolge, daß die Zuhörer 
sofort die Häuser der Stiftsherren und die Kirchen erstürmten 
und plünderten, die Braupfannen zerschlugen, die Privilegien- 
briefe der Stiftsherren wegnahmen und letztere zu allen 
öffentlichen Lasten zwangen.** Vergebens habe ich nach 
der Quelle dieser Angaben geforscht, halte es auch für 
keinen Beweis, wenn noch 1564 ein steinerner Predigtstuhl 
auf dem erwähnten Kirchhofe stand; hätte den Münzer be- 
nutzt, so dürfte man eher annehmen, daß man ihn eben 
deswegen bald entfernt haben würde. Ebenso vermisse ich 
eine Begründung für die von Knieb aus Janssen II, S. 624 
übernommene Angabe, daß „selbst etliche Grafen und 
Edelleute mit Gewalt gedungen wurden, ihnen anzuhangen; 
wer solches nicht tun wollte, hat müssen durch den Spieß 
laufen". Münzer ließ, was doch wohl betont werden darf, 
kein Blut vergießen, auch das Urteil über Matern von Ge- 
hofen und die anderen Diener des Grafen von Mansfeld hat 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 7J 

er ^au8 dem Monde der gemeyne" verkündigt und hat das 
^auß forcht gethan" (Seidemann, Th. Münzer, S. 164). Frei- 
lich würden seine leidenschaftlichen Worte, die er an seine 
Anhänger richtete, bei längerer Dauer der Bewegung ohne 
Zweifel zu blutigen Scenen gefuhrt haben; so aber ist in 
dem bekanntlich sehr kurzen Thüringer Bauernkriege von 
Scenen, wie sie sich vor Weinsberg oder an anderen Orten 
in dem viel blutigeren, aber auch großartigeren Bauernkriege 
Oberdeutschlands abspielten, keine Rede. 

Die Schriften von Wolf sind nun 100 Jahre alt oder 
werden es bald sein; es wird doch wohl Zeit, daß wir in 
der Kenntnis jener Ereignisse weiterzukommen suchen als 
der fleißige und tüchtige Kanonikus zu Northeim. Sollten 
nicht die von mainzischer Seite geführten Akten noch vor- 
handen sein? Sie würden eine willkommene Ergänzung 
bieten, selbst wenn ich dadurch des Irrtums überführt 
werden sollte. 

In sehr auffallender Weise lassen uns, nachdem der 
Haufe Heiligenstadt erreicht hatte, unsere Nachrichten im 
Stich; schon was in dieser Stadt geschehen ist, läßt sich, 
wie wir eben sahen, nicht genauer angeben, noch viel 
weniger aber erfahren wir, wenn wir den Zug weiter zu be- 
gleiten suchen. 

Man fragt sich unwillkürlich, woran das liegt, ohne 
die Möglichkeit, eine auch nur einigermaßen sichere Antwort 
zu finden. Vermuten kann man ja, daß die Mühlhäuser im 
Haufen, als der Zug sich nun nordwärts in das untere 
Eichsfeld wandte, zurückblieben und umkehrten, um sich 
nicht zu weit von der Heimat zu entfernen; das gäbe 
wenigstens die Möglichkeit, es zu erklären, daß in unseren 
Zeugenaussagen, so reichlich sie auch vorliegen, über die 
weiteren Ereignisse so gut wie nichts zu finden ist. Ein 
Beweis kann dafür in keiner Weise geboten werden, viel- 
mehr sind auch die weiteren Verwüstungen Mühlhausen in 
B.echnung gestellt. Münzer und Pfeifer sind, wie wir sehen 
werden, auch weiter mitgezogen, aber außer in Duderstadt 



72 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

tritt ihre Tätigkeit fast nirgends hervor. Dennoch soll hier 
alles zusammengestellt werden, schon um eben dadurch 
vielleicht zu weiterer Forschung anzuregen. 

Unsere Chronik bietet über alle die folgenden Er- 
eignisse nur die magere Notiz: „Danach zogen sie gen 
Duderstadt, die machten einen Bund mit ihnen, daß sie 
wieder abzogen." Wer damit gemeint ist, bleibt unbe- 
stimmt; man wird doch zunächst an Münzer und Pfeifer 
denken; mit dem Bunde kann dann die Verbrüderung mit 
den Bauern gemeint sein, oder auch der besondere „Bund", 
wie ihn Münzer weithin ausgedehnt hatte, dessen Beispiel 
auch Pfeifer^) in Mühlhausen gefolgt war. Daß Pfeifer 
mit nach Duderstadt zog, ergibt sich aus einer Zeugen- 
aussage (St.A. 151): „Pfeifer habe ihn vor Duderstadt ge- 
fänglich annehmen lassen." Hier mögen auch gleich die 
weiteren Aussagen folgen: (S. 147) „Der Mühlhäuser Haufe 
sei von Heiligenstadt nach Duderstadt gezogen, in dem sei 
das Kloster Teistungenburg geplündert und ausgebrannt 
worden". Ein anderer Zeuge ist etwas genauer (S. 170b): 
„Als sie nun vor Heiligenstadt gekommen, und wieder ab- 
gezogen und den andern Tag gen Duderstadt gerückt, habe 
er gesehen, daß Teistungenburg gebrannt, und daß sie da- 
selbst zu Duderstadt auch einen Tag still gelegen, demnach 
wieder aufgebrochen und sich nach dem Bodenstein ge- 
wandt." 

Georg Scharf von Nordhausen bekannte (Pörstemann 
Kl. Sehr. S. 88), er sei mit vor Heiligenstadt gewesen und 
darauf auf dem Wege nach Duderstadt bei der Plünderung 
des Schlosses Westemhagen und des Jungirauenklosters 
Teistungenburg, welches ganz verbrannt sei; darauf sei 
auch das Haus Berits von Westemhagen zu Berlingerode 
zerstört worden und das Haus Thilos von Hagen zu 
Teistungen, auch sei er mit dem Haufen nach Gerblingerode 
und vor Duderstadt gezogen. 



1) Zur Gesch. d. St. Mühlh. 2, S. 33. 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 73 

Wir gewinnen daraus zunächst die Möglichkeit, die 
Richtung des weiteren Zuges festzustellen. Der Haufe 
wird vermutlich seinen Weg genommen haben, wo jetzt die 
Chaussee von Heiligenstadt nach Duderstadt fährt. ,,Auf 
dem Marsche nach Duderstadt wandte er sich gegen die 
Herren von Westemhagen, zerstörte das Schloß dieses 
Namens, die Häuser Berits von Westemhagen in Berlinge- 
rode, Tilens von Hagen in Teistungen nebst dem Kloster 
Teistungenburg** ^). Duval*) weiß folgende etwas romanti- 
sche Sage zu erzählen: „Als die Bauern das Schloß 
Westemhagen zu zerstören beschlossen hatten, sannen sie 
auf eine List und schickten an die von Westemhagen einen 
Boten, der denselben einen Gruß von denen von Hanstein 
bringen und sie dringend bitten mußte, nach dem Haustein 
zu kommen und denselben gegen die eben anrückenden 
Bauern verteidigen zu helfen ; sie, die von Hanstein, wollten 
denen von Westemhagen ebenfalls beistehen, wenn auch 
sie etwa später von dem Bauemheere gefährdet werden 
sollten. Infolge dieser Aufforderung machten sich die von 
Westemhagen mit ihren Knechten sogleich auf den Weg, 
indem sie nur eine geringe Besatzung auf der Veste zurück- 
ließen. 

Kaum aber waren sie fort, so rückten die im Hinter- 
halte lauernden Bauern herbei, griffen die Veste an, er- 
oberten und zerstörten sie und hieben alles nieder, was sich 
nicht schleunig durch die Flucht zu retten vermochte. 
Eine Amme mit einem zarten Knaben des Geschlechts von 
Westemhagen auf dem Arme, rettete des Kindes Leben 
einzig und allein dadurch, daß sie dasselbe Air ihr eigenes 
ausgab. Sie brachte es nach Teistungenburg, wo sich die 
Klosterfrauen seiner eifrig annahmen, unter deren Pflege 
es fröhlich aufwuchs. Die Sage fügt noch hinzu, daß, da 
alle des Namens Westemhagen im Bauernkriege umge- 



1) Wolf, Eichsfeldische Eirchengeschichte 149. 

2) Das Eichsfeld, S. 589. 



74 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

kommen seien, dieser Säugling der letzte Sproß des ganzen 
Stammes gewesen, — dem ist nicht so." Wir haben hier 
also eine Übertragung der Erzählung, von der Rettung 
Volkmars von Berlepsch in Langensalza. Nüchterner lauten 
die Summen in unserer Chronik (209), die von Mühlhausen 
für diese Verwüstungen gezahlt werden mußten : „Hansen 
vom Hayne IblS^f^ FL, Tyelen (Thilo) von Westemhagen 
150 FL, Amolten von West. 35 FL, ßemharten von W. 
70 FL, Ernsten von W. 130 Fl., Otten von W. 16 FL, 
allen von W. des Hauses W. 1200 Fl." In den oben er- 
wähnten Akten des Dresdener Archivs (9135 No. 127) 
liegen Verzeichnisse der erlittenen Verluste vor von Berit 
von W., Ernst von W., Berits Sohn, Thilo von W. 

Auf dem weiteren Zuge bereitete der Haufe dem 
Kloster Teistungenburg dasselbe Schicksal wie dem Mutter- 
kloster Beuren. Auch hier liegen sehr geringe Nachrichten 
vor. Duval (S. 322) weiß nichts weiter zu berichten als: 
^Die Bauern verwüsteten bei dieser Gelegenheit Teistungen- 
burg, wodurch ein großer Teil der Klosterschriften verloren 
ging." Einer aus dem Bauemheere, Georg Scharf, hat 
nachher bekannt: „daß das Jungfrawen-Gloster Teistingenburg 
geplündert, beraubet und bis in den Grund verbranndt, er 
habe aber für seine Person nichts dazu gethan." Diese 
Aussagen bietet auch Förstemann, Kl. Schriften, S. 88. 
In den Dresdener Akten ^) fand ich folgende Klage der Vor- 
gesetzten des Klosters: „Wir Steffanus Hogenius probst, 
Osanna Nesselroder eptisthen, Margrita Mollers priorin 
unnd gantz convent gemeltes closters beclagen uns, das wir 
durch die mutwillige uberfahrunge unnd gewaltige emporunge 
der von Molhaußen unser closter sampt der kirchen unnd 
eyngebewe in gründe verbrandt, auch alle cleynoth unnd 
hausroth sampt allen kirchen geschmeyde unnd glocken 



1) Die Beschwerden der Klöster li^en dort nur in Kopie vor, 
von einer Hand und machen fast den Eindruck aufgenommener 
Protokolle. 



und die Verüwstung der Klöster und Schlösser. 75 

auch andir das in einer eyl nicht erzelt mag werden hin- 
weg genommen, darzu etliche vyhe szo vyl das do bifunden 
auch enpfromt, welchen schaden wie oben angezeygt auffs 
geringst veranschlagen aufif funffczehen hundert gülden, do 
mit obgemelt closter nit vermochtenn in vorigenn stände zu 
bringen." 

Der Zug ging dann weiter auf Duderstadt, wo der 
Haufe, trotzdem die Stadt gegen einen derartigen Überfall 
durch ihre Befestigungen gesichert war, wie es scheint, 
unter ähnlichen Verhältnissen, wie sie in Heiligenstadt ge- 
herrscht haben können, Aufnahme fand, ohne daß sich ge- 
naueres darüber und über den Bund, den man mit den 
Bauern schloß sagen ließe. Wolf (Eichsfelder Kirchen- 
geschichte S, 149) sagt: „Was die Bauern in Duderstadt 
getrieben, weiß man nicht; es ist aber bekannt, daß die 
dasigen Bürger sich wegen ihres Verhaltens, wie die 
Heiligenstädter, eine schwere Strafe von ihrem Landesherrn 
zugezogen haben." In der Geschichte der Stadt Duderstadt 
(S. 1 54) bringt er nur die knappe Meldung unserer Chronik 
und setzt hinzu: „Einen mächtigen Feind sich in Gutem 
vom Halse schaffen, ist Klugheit und kein Staatsverbrechen. 
Die Duderstädter müssen mehr als dieses gethan haben, 
sonst würde sie der Herzog von Braunschweig nicht ebenso 
strenge als die Heiligenstädter, ja noch strenger behandelt 
haben." Das ist ganz richtig geschlossen, wenn wir auch 
leider tatsächliches dadurch nicht erfahren, auch nicht 
vergessen dürfen, daß die wachsende Pürstenmacht die gute 
Gelegenheit benutzte, die alten Freiheiten der Städte zu 
mindern; das mußten Mühlhausen, Heiligenstadt wie Duder- 
stadt empfinden. In Münzers „Bund" hatten sich auch 
adlige Herren aufnehmen lassen; man hört nicht, daß sie 
dafür in gleicher Weise hätten büßen müsfifen. Vom Felde 
vor Duderstadt schrieb Münzer an den Grafen Günther 
von Schwarzburg am Donnerstag nach Walpurgis (Förste- 
mann. Kl. Sehr. S. 79, der das angegebene Datum [Mai 4] 
bezweifelt). 



76 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

Von Duderstadt aus wird sich der Zug zum alten 
Benediktinerkloster Gerode gewandt haben, wobei es un- 
sicher bleiben muß, ob der gesamte Haufe mit Pfeifer und 
Münzer dorthin zog, oder ob nur eine kleine Schar bis an 
die nordöstliche Grenze des Eichsfeldes vordrang. Jeden- 
falls ist der Ausdruck Pörstemanns „die Benediktinerabtei 
Gerode verwüsteten sie, wie scheint, auf ihrem Rückzuge 
nach Mühlhausen", nach der örtlichen Lage des Klosters 
bemessen, kein richtiger. 

Über die Zerstörung des Klosters klagt der Abt : 
„Wir Petrus abt des stifftes zu Gerode beclagen uns sampt 
unserem convent, das uns in dissem uncristlichem auf&uhr 
unsere kirchen verbrandt mit allen gebyltnys, gestöle, auch 
acht glockenn und die orgel entfromt und hynweg gefiret, 
dergleichen bucher^ meßbucher, meßgewandt, kannen, ampelen, 
handtfesser, altartücher, handzwelen, lichte und kerzen, 
darczu alle alteren inschlagen darczu das ganze closter 
sampt allen eingebew zu gründe vorbrandt, alle keßel, 
topffe, bette sampt alle was yn closter gewest, in ... . 
(Fleck und Loch!) closter hynweg genomen unnd gefiret, 
der gleichen schweine, kuwe, pferde, schaffe, wagen, geschir 
unnd was zum ackerwergk gehört alles hinweg genommen 
sampt allem vorrate, was im closter gewest. Des gleichen 
weyne, byr alles ausgedrungken unnd dye fesser zerschlagen, 
auch die teiche ausgestochen unnd gefischt worden, das dann 
uns (?) denen des Eysfeldes vom adell wol bewost, welche 
beschedunge wyr auffs aller gerings auff funffthalber taußent 
gülden ermessen, do mit wir unßer closter im vorigen 
standt nit mugen adir können bringken und widder auff- 
richten." 

Duval (S. 253) berichtet: „Im Bauernkriege hausten 
die wilden Rotten hier ebenso zügellos als anderwärts. 
Die Mönche, welche glücklicher Weise noch zeitig genug 
vernommen hatten, daß die Bauern nach Gerode zu ziehen 
gesonnen seien, beschlossen den imgebetenen Gästen aus 
dem Wege zu gehen, rafften zusammen, was sie in der 



und die Verwüstong der Klöster und Schlöeser. 77 

Angst und Hast erraffen konnten, und flohen von dannen, 
um nur das Leben zu retten. Ein Hehreres blieb ihnen 
aber auch wirklich fast nicht übrig, denn als sie nach dem 
Abzüge der Bauern eu der geliebten Stätte zurückkehrten, 
fanden sie dieselbe leergebrannt und von allem, was ehe- 
dem hier vorhanden, nichts als ein Marienbild, ein Pult 
und drei Glocken." Auch Wolf, Eichsf Kirchengesch., S. 149 
weiß nicht mehr zu berichten, ebenso Kegel in dem 
Sammelwerke Thüringen und der Harz VUI, S. 59. Am 
betrübtesten waren die Mönche über den Verlust ihrer 
Bibliothek und Abt Nicolaus (? Petrus) sagt in einem Briefe 
vom 81. August 1525: „Imo quod sanguineis quoque 
deplorandum est lacrymis bibliothecam monasterii nostri 
instructissimam simul cum Gramato phylacio, archivis, 
imaginibus, tabulis sacris et profanis tam foede lacerarunt, 
conscideruntet depraedati sunt non modo raptores illi facinorosi 
verum etiam, ut fama fert (Knieb, S. 25), vicinorum pagi rustici, 
adeo ut, si quid reliquum reperiatur, illud ipsum tarnen sit 
laceratum, mutilum vel pedibus conculcatum." Mehr weiß 
Duval nicht zu erzählen, obgleich er ein seiner Zeit in 
Duderstadt aufbewahrtes Chronicon Monasterii Gerodensis 
ab anno 1124 — 1618 kannte. War der altbewährte wissen- 
schaftliche Sinn der Benediktiner wirklich so weit ge- 
schwunden, daß niemand das traurige Geschick des Klosters 
aufzeichnen mochte? 

Von Gerode aus zog der mit Beute beladene Haufe 
wohl schwerlich über das damals vermutlich wenig weg- 
same Ohmgebirge; er wird sich nach Duderstadt zurück- 
gewandt haben und von dort aus auf Worbis gezogen sein. 
Unterwegs stieß man auf d^i Bodenstein, bei dem nach 
bisheriger Erzählung der Angriff gescheitert sein sollte. 
Duval (S. 522) weiß folgendes zu berichten: „Die Bauern 
rückten auch endlich vor den Bodenstein, der damalige 
Besitzer des Schlosses aber, Barthold von Winzingerode, 
war fest entschlossoi, lieber das Leben mit dem Schwerte 
in der Hand zu verlieren, als dem elenden Haufen lebendig 



78 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

in die Hände zu fallen. Alle Versuche, welche Thomas 
Münzers Banden machten, die Peste zu erobern, blieben 
erfolglos, und der wilde Haufe faßte daher den Entschluß, 
den kühnen Kitter zur Übergabe zu zwingen. Die tobenden 
Feinde lagerten sich deshalb auf das nächste, südliche 
Vorgebirge, welches noch bis heute von ihnen die „Mühl- 
häuser Burg" genannt wird, aber die Belagerer mußten 
unverrichteter Sache wieder abziehen, zerstörten aber aus 
Wut die Dörfer Wintzingerode und Kaltohmfeld, weshalb 
später die Mühlhäuser an Friedrich und Georg von 
Wintzingerode als Entschädigung 2039 Gulden und außer- 
dem den ,Frawen von Wintzingerode* 150 Gulden zahlen 
sollten." Diese Angaben stimmen mit denen in der 
Chronik I, S. 209 überein, doch kommen da noch „Heinrichs 
von Wintzingerode gelassene Erben" dazu. 

So bestimmt diese Erzählung lautet, so kann doch kein 
Zweifel sein, daß die Burg ebenfalls zerstört wurde ; so sagt ein 
Zeuge (St.A. 170b), der Haufe habe „sich nach dem Boden- 
stein gewandt, der auch verbrannt", ebenso will Zeuge (St.A. 
188b) gesehen haben, daß Bodenstein brannte. Auch Lant- 
grefiPer (S. 75b) wird befragt, warum er habe den „budenstein" 
helfen anstecken, und sagt, er habe ihn nicht helfen an- 
stecken, er sei sonst letztlich dazugekommen. In den 
Dresdener Akten finde ich: „Georgen Wissingerode sampt 
seines bruders vnd wittfrauen empfangenen Schadens an- 
schlagk, Friederich von Wissingerode, Heinrichs selig von 
Wissingerode nachgelassene wittwe" ; darin heißt es: „Item 
wir weiten lieber dreytausent gülden den den baw ^ und 
schloß Bodenstein das mit zweyen schefPereyen in grünt 
verbrant verloren haben." Danach wird die Summe des 
erlittenen Schadens auf 4677 Gulden berechnet, während 
in der Chronik (S. 209) für Friedrich und Georg von 
Wissingerode und Heinrichs gelassene Erben nur 2039 Fl. 
angesetzt sind ; der Unterschied erklärt sich dadurch, daß 
in der ersten Summe noch die Hälfte des Scharfensteins 
eingerechnet ist („Bau unsers teils des Scharfensteins")^ 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 79 

der den Herren von Wintzingerode oft verpfändet war 
(Dnval S. 281). Die andere Hälfte hatte Hans von Enzenberg 
inne. (In den Dresdener Akten findet sich: Georg v. W. 
Verlust zum Scharfenstein, Heinrichs v. W. Witwe desgl. 
Enzenberg: Hälfte des Scharfensteins verbrannt.) Die 
Verwüstung der Dörfer ist nicht ganz sicher; Wolf, Denk- 
würdigkeiten der Stadt Worbis, sagt darüber : „Denen von 
Winzingerode sind vielleicht auch die 2 Dörfer Winzingerode 
und Kaltenohmfeld von den Bauern vernichtet worden, 
weil sich die von Bülzingsleben 1539 darüber beklagen, 
daß man ihrem Gerichte zu Worbis, das sie pfandweise 
besäßen, jene Orte entziehen wolle, da sie doch vor der 
Verwüstung dabei erschienen wären." 

Der Zug ging dann weiter auf Worbis, wo das Kloster 
geplündert wurde. In den Dresdener Akten liegt darüber 
folgendes Schreiben vor: „Wir Jost probst^), Anna priorin 
und gantz convent gemeltes closter beclagen uns das wir 
inn itzigen vergangenen auffruhr durch die von Molhaußen 
geplündert unnd kirchenn sampt allenn eyngebew des 
closters gebraut auch alle cleynoth unnd geschmeyde der 
kirchenn sampt allem hausrath unnd sunderlich vyl kelche 
auch zwey monstrancz hyn weg genommen, darzu hundert 
sechzig sechs schafe unnd ander vyhe sampt allen geschirr, 
so zcum acker gehört,- gewaltiglichen enteussert, welchen 
schaden wir auffs geringst uff zwelff hundert gülden er- 
messen, do mit obgemelt closter in vorigen standt unnd 
zcu zcurichten nicht möglich." 

Duval (S. 187) berichtet: „Müntzer und Pfeiffer, als 
sie auf dem Eichsfelde wüteten, fielen mit ihren Scharen, 
zu denen sich viele Eichsfelder gesellt hatten, auch über 
das Kloster Worbis her, plünderten es und steckten es 
nachher in Brand" ; Genaueres hat auch er offenbar nicht 
gewußt. Da Nickel Heise nur 30 fl. zu zahlen waren 
(Chronik, S.209), so werden die vor Worbis und Breitenworbis 



1) Jodocus Stowffenbuel ; Förstemann, KL Sehr., 8. 100. 



so Pfeifers und Münzers Zug in das Elichsfeld 

gelegenen „Heisengüter" nicht viel gelitten haben. (Wolf, 
Denkwürdigkeiten der Stadt Worbis, S. 87 — 88; über den 
Zng der Bauern weiß auch er nichts weiter zu berichten). 
Daß Pfeifer — wohl auch Münzer — hier noch bei dem 
Haufen war, ergibt sich aus der Aussage in St.A. 8. 151 : 
^Pfeifer habe ihn vor Duderstadt ge&nglich annehmen und 
mit dem Haufen vor Breiten- Worbis geschraubt und ge- 
bunden führen lassen, daselbst ihn vor dem Haufen für 
Recht stellen imd beklagen lassen. Da habe er, Zeuge, 
um Gottes willen gebeten, ihn ledig zu lassen, angesehen 
seine Unschuld, darauf der Haufe ihn ledig erkannt und 
gelassen." Von Worbis aus wandten sich später (Förstemann, 
Kl. Sehr., S. 100) 8 Brüder und Vettern von Bülzingsleben 
an den Rat von Nordhausen. Sie hatten die Güter der 
dorthin geflüchteten, aus Worbis ausgetretenen Männer in 
Beschlag genommen, den „langen Jacoff" erwischt und hin- 
richten lassen. Am 23. Mai 1526 forderten „Alle von 
Bülzingsleben^^ die Earchenkleinodien zurück, die sie im 
Bauemaufruhr dem Rat zu Nordhausen in Verwahrung ge- 
geben hatten; da der Propst zu Worbis und 2 Kirchen- 
vormunde die Quittung über den Empfang der Monstranzen 
und des übrigen ausstellten, so werden diese Kleinodien 
wohl aus Worbis gestammt haben. 

Mit Worbis hatte Pfeifer ältere Beziehungen, vgl. 
Heft 1, 48; auch berichtet Sittich v. Berlepsch (Forschungen 
XI, 385) aus früherer Zeit: „Es haben Gliche zu Stadt- 
worbis in der von Bolzingsleben Gebieten einen Priester 
gestürmt und noch einen Priester die andere Nacht auch 
stürmen wollen, deshalb die von Bolzingsleben sich fast 
beschwert und Leute dabei gelegt. Als die Stürmer ge- 
kommen, haben sie zu ihnen einfallen und sie annehmen 
lassen. Da haben derselben Freundschaft zu Worbis sich 
etliche versammelt und dieselben angenommenen entwehrt, 
daß ihnen ako zusammen 25 entlaufen; die haben die von 
Mühlhausen in ihre Stadt gelassen, ihnen Geleit gegeben 
und der deutschen Pfarrhöfe einen eingethan.^ 



und die Verwüstung der Klöster und Sohiösser. gl 

Weiter östlich wandte sich der Hanfe zur Zerstörung 
der Harburg (Horbnrg). Auch hier fehlt es fast ganz an 
Nachrichten. Duval (8. 310) schreibt: „1525, als der 
Bauernkrieg wütete, kam der tobende Haufe auch in diese 
Gegend, rückte vor die Harburg, nahm sie ein, plünderte sie 
aus und zündete sie an. Die hier und auf dem Scharfensteine 
gemachte Beute wurde auf 9 Wagen von dannen geführt**. 
In den Dresdener Akten liegen auch hie/ die Verzeichnisse 
des erlittenen Schadens: „Dis sint die Verluste, so wir 
Henrich und Rudolff von Butzigsleben die jungem zur 
Horborgk von den von Molhusen und yrim anhang gelitten. 
Erstlich ist das haus Horborgk uns der helfPte gewest, 
darauff wir haus gehaltenn, das zimlich und zum Teil 
newerlich durch unsem vater seligk Erbawet gewesen, das 
von den von Molhusen rein aus gebranth samt der vorborgk 
und unser solch hauß des stifftes Mentz eygentum und 
unser pfanth.** — „Nach folgende bescheddigimge haben 
dy von Molhusen mit irem anhangk Heinrich von Bulzings- 
leben amptman zum Glichenstein zugefügt. Erstlich mynen 
teyll an der Horborgk samt myner vettern behusunge yst 
Mentzsch pfantscha£Ft ausgebranth. — Eudolf der ältere 
V. B.: myn teil zur Horborgk — der schade am hauße zu 
Heigenrode [Haynrode] — das hauß in Gernrode ist ab- 
gebrandt." In dem „Schadegeldt nach dem Bawrenlerm^ 
(Chronik, S. 208) mußte Mühlhausen zahlen an SeifPart von B. 
500 fl., „darin der brandschaden des schloßes Horburg, so 
allen von Bultzingisleben znstendig, dweü ehs mentzisch 
pfant, nicht gezogen". Rudolf v. B. der Ältere erhielt 500 fl., 
Heinrich der Ältere 200 fl., Heinrich und Rudolf die Jüngeren 
1000 fl. Wenn Duval, dem die in der Chronik benutzten 
Akten bekannt gewesen sind — mittelbar? — hinzusetzt, 
daß die adligen Herren diese Summen „wahrscheinlich 
niemals erhalten haben", so hat er dabei schwerlich das 
dicke Bündel der Abrechnungen durchstudiert, das leider 
noch ungeordnet in unserem Archive ruht. — Georg Scharf 
(vgl. S, 72) bekannte, daß er aus Siegfrieds (Seiffarts) v. B. 

xxn. 6 



82 Pfeifers und Münzers Zng in das Eichsf eld 

Hanse einen Scheffel Korn bekommen, mit seiner Oesell- 
schafb die Pfanne za Heygenrode gelanget und nach Worbis 
gebracht habe (Duval S. 311, Pörstemann, Kl. Sehr., S. 86). 
Einiges der Güter, die Rudolf von Bülzingsleben in „Heigen- 
rode^ geraubt waren, war nach Nordhausen gekommen, wo 
später die Auslieferung verlangt wurde (Pörstemann, Kl. 
Sehr., S. 100). 

Auch hier erwecken die Zeugenaussagen Zweifel, ob 
alle diese Zerstörung dem heranziehenden Haufen zuzu- 
schreiben ist. Ein Zeuge berichtet (St.A. S. 68, 146), „er 
habe von seinem Junker Seifart von Bülzingsleben sagen 
gehört, daß das Schloß Horburg und Kloster Worbis zuvor 
und ehe der große Haufe dahin gekommeu, ausgebrannt ge- 
wesen sein sollen'^ Ein anderer sagt aus (S. 147), „er habe 
hören sagen, daß Worbis und Horburg durch ihre eigenen 
Leute verbrannt worden; ob es also sei, oder nicht sei, 
davon weiß er nichts zu sagen'^ Weiter gibt ein Zeuge 
(S. 167) an, Horburg sei vor dem Zuge geplündert worden^ 
dagegen erklärt ein anderer (S. 149), „das wisse er wohl» 
daß Pfeifer und Münzer samt ihren Anhängern solch Kloster 
und Schloß (Worbis, Horburg) verbrannt und geplündert 
haben'^ Schließlich erzählt ein Zeuge (S. 170), Bodenstein, 
Kloster Worbis und Horburg, diese drei wären auf einen 
Tag und Stunde verbrannt worden, das habe er gesehen. 

„Dienstages nach Misericordias Domini [2. Mai] *) sprach 
Münzer, ihm wäre im Traum angezeigt, er sollte nach Auf- 
gang der Sonne ziehen, darum sprach er: Wer nicht gern 
will, der mag heimziehen. Da verliefen sich etliche Hessen 
und Eichsfelder, er aber mit den andern zog wieder gen 
Mühlhausen« (Chronik, S. 189). 

Die Rechnung, die man Mühlhausen machte, erstreckte 
sich noch weiter. In den Dresdener Akten findet sich auch 
ein Verzeichnis „us der Graffschafft Hoenstein geystlicher 



1) Dafi das Datum falsch ist, haben wir schon oben (S. 65) 
gesehen. 



und die Verwüstung der Klöeier und 8chlö8eer. g3 

und der vom adell empfangener schadenn^ ; unter der Auf- 
schrift steht „Mulhaußen". Wir finden hier verzeichnet: 
„Wolff Schmidt zu Bleichenrode pfarrer, er Johann Schmidt 
(desgL), er adam Korber vicarius (desgl.), er Nicolaus 
vicarius (desgl.), er Johan Wihemut zu Elende vicarius, er 
Valentin Eckenbrecht vicarius zu Elende, schaden der kirchen 
zu Elende, er Heinrich Härtung vicarius zu Elendt, er 
Heinrich Haydorn vicarius in exilio, Hermann Haydom 
bruder zu S. Annen zu Hauroden, Grethe Spiegels, Orethe 
Spiegels tochter, die von Bursfelde, er Johann Sohnetteler 
zu Blicherode. Item vorzeichnus des Schadens, so an den 
zweien geistlichen jungfraw closter zu Monchenlohra und 
Dittenbom in der Grafschaft Lohra gelegen gescheen, Ernst 
Windelt, Heinrich Meysse, Nickel Heysse." — Die 3 letzten 
finden sich in der Chronik S. 209. Ehester Dietenbom 
wurde von den Landleuten der Umgegend ausgeplündert 
(Duval in „Thüringen und der Harz" VIII, S. 271.) Dann 
folgen noch Hans von Entzenberg, Ursula Reinhardt von 
Westhusen selig Wittfrau (Chronik S. 209, vgl. oben 
S. 64). 

Der Zug fand noch ein Nachspiel, das wir doch an 
dieser Stelle nicht vergessen wollen, unsere Chronik 
(S. 198 — 199) berichtet : „Da nun solches alles geschehen, ließen 
die Kur- und Fürsten durch einen von Schonberg ^) in der 
ganzen Stadt öffentlich einen Frieden und Sicherheit allen 
Bürgern und Untertanen ausrufen, darauf dann viele Unter- 
tanen von den Dörfern mit dem, was sie in die Stadt ge- 
flohen, wiederum zu Haus zogen. Denselben wurden auch 
Friedebriefe gegeben, daran der Fürsten Wappen gemalet, 
die sie öffentlich anschlugen an ihre Tore, verhoff^en, sie 
wollten also femer unbeschädiget bleiben. Aber dessen 
allen ungeachtet haben die eichsfeldischen Edelleute und 
andere, so auf Schloß ßusteberg gelegen, deren Hauptmann 
Hans von Mingerode gewesen (vgl. oben S. 44), item mit 



1) Wolf von Schönberg. 



34 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

ihm die Vögte Matthes Hunebom und der Propst zu Anroda, 
Arnold Luckart, auch der geistliche Mönch und Daniel, der 
schwarze Mönch, Matthias zu Eeifenstein den armen Leuten 
ihren Jammer gemehret und großen Mutwillen mit ihnen 
getrieben. Denn erstlich haben sie dem Eate zu Mühlhausen 
zwo Warten, als den Ziegenrain und Eichel, ausgebrannt 
und zerstöret ; danach haben sie das Vieh zu Döma, HoUen- 
bach und Lengefeld alle genommen und hinweggetrieben, 
die Kirchen beraubt, die Häuser geplündert, letztlich die 
Dörfer angezündet und dergestalt erbärmlich verbrannt, daß 
zu Döma nicht mehr zwei, zu Lengefeld drei und die Kirche, 
zu Hollenbach gar wenig Häuser geblieben sind. Der Vogt 
Matthes Hunebom auf dem Scharfenstein (Gleichenstein vgl. 
oben S. 62) sagte zu Lengefeld zu den armen Leuten, als sie 
auf dem Ejrchhofe saßen : ,Seid ihr noch Martinisch ? Wir wol- 
len euch Lutherischen Buben jetzt lehren', und ist darauf in 
die Kirche gefallen, hat dieselbe beraubt und das Dorf an- 
gesteckt. Dieser Schade, von den Eichsfeldischen den Tag 
geschehen, ist an 21000 fl. allein geachtet worden. So 
hatten zuvor Kersten von Schmalstieg und der von Beune- 
burg^) mit dem einen Auge und die Hessischen das Dorf 
Eigenrieden geplündert und gar in Gmnd hinweggebrannt, 
daß nicht ein Haus geblieben. Als nun die letzten Eeuer 
zu Döma, Lengefeld und Hollenbach von den Türmen in 
der Stadt gemeldet wurden, und es die im Lager gesehen, 
haben sie etliche Eeiter zu den Eichsfeldischen abgefertiget, 
die ihnen angezeigt, es wäre ein Friede bedingt, sie sollten 
nicht mehr brennen; darauf sie miteinander ins Lager 
geritten. Da nun die armen Leute solchen großen Schaden, 
der ihnen im Eriedestande zugefüget, weinend geklagt, tat 
der Herzog van Braunschweig die gnädige* Bitte für sie, 
daß ihnen die Eichsfelder etlich Vieh wieder gaben." 

Dieser Erzählung läßt sich aus den Akten noch man- 
cherlei hinzufügen, besonders aus denen, die wir dem 



1) Boyneburg. 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 85 

Eechtsstreit „Mühlhausen gegon Mainz ** verdanken (K. 3, 
Nr. 18). S. 134b. Es soll gefragt werden: „Ob nicht die 
Knr- und Fürsten vor Mühlhausen gezogen sind und die 
obgemeldeten auf dem Hause Eustenberg gelegenen zu sich 
erfordert haben, ... sie darauf dahingezogen und etliche 
Wagen mit Proviant mit sich genommen, daß der gemeldete 
Abt, auch der Vogt zu E.ustenberg und Mathes Hindebom 
mit denselbigen Froviantwagen gezogen und dabei auch bis 
ins Lager geblieben seien. ^* Zeuge erzählt, er sei als ein 
reisiger Ejiecht der Junker von Winzingeroda mit in das 
Lager gezogen, und hat gesehen, daß des andern Tags 
[27. Mai] Pfeifer samt etlichen Bürgern und Bauern 
gerichtet worden. Drei Stunden, ehe der Haufe (der Ad- 
ligen) ins Lager gekommen, sei der Abt (von Eeifenstein ?) 
ins Lager bei Nacht mit Kuntze Gutghar zu Busten- 
berg — Zeuge S. 141 setzt noch den Amtmann auf dem 
Eichsfelde, Bernhard von Härtungen dazu — vorgeritten. 
Der Vogt zu Rustenberg, der Abt und Wolf Zeisig, 
diese 3 seien mit den Proviantwagen vor ihrem Haufen 
(gezogen). 

Auf diesem Zuge in das Lager der Fürsten kamen die 
Adligen, etwa über Bickenriede, in das mühlhäusische Ge- 
biet, das sie sofort als feindliches behandelten, um an ihm 
die Verwüstung der eigenen Schlösser und Klöster zu 
sühnen. In den Akten wird nun festzustellen gesucht, ob 
bei ihrem Einrücken in das städtische Gebiet der Friede, 
wie ihn im Namen der Fürsten Wolf von Schönberg ver- 
kündigt hatte, bereits in den Dörfern bekannt, die Friede- 
briefe angeschlagen waren. Darüber finden sich mancherlei 
Aussagen, aus denen hier einige hervorgehoben werden 
mögen. So berichtet Zeuge S. 135: „Die vom Adel seien 
durch die Bauernschaft von dem Ihrigen, Weib und Kind 
verjagt worden und auf Bustenberg zusammengekommen, 
sich daselbst zu rüsten, daselbst den bäurischen Haufen zu 
erwarten, Leib und Leben bei einander zu lassen. Als nun 
Gott Glück gegeben, daß die Fürsten den bäurischen Haufen 



gg Pfeifen und Münzers Zug in das Hchsfeld 

geschlagen und auch vor Mühlhansen gelegen, hätten sich 
diese Edelleute auf Rustenberg zu Häuf getan und zu den 
Fürsten vor Mühlhausen kommen wollen, wie denn ge- 
schehen; damit er, Zeuge, als ein reisiger Knecht seines 
Junkers von Winzingerode mitgezogen." Weiterer Bericht 
lautet (S. 135): „Kunz Gutjahr, der Vogt, und der Abt 
zu Reifenstein seien zuvor, ehe der Haufe von Rustenberg 
gezogen, mit den Proviantwagen in das Lager vor Mühl- 
hausen gekommen. Als dann die vom Adel, so auf Rusten- 
berg gelegen, zu den Fürsten ins Lager gen Mühlhausen 
hätten ziehen wollen und zwischen die 3 Dörfer gekommen 
wären, habe er, Zeuge, gesehen, daß die 3 Dörfer gebrannt. 
Indem wären auf die 200 Pferde von den Fürsten von 
Mühlhausen ihnen entgegengekommen, also, daß nicht weit 
gewesen wäre, daß die beiden Haufen einander geschlagen, 
und jede Partei hätte schon ihren Vorteil genommen und 
geschickt zu schlagen gehalten. — Dazwischen hätte man 
Sprache gehalten, und sei also der Sachen eins geworden, 
daß beide Haufen zufrieden und nach dem Lager gezogen 
seien.^! Genaueres über die Absendung dieser Reiterschar 
aus dem Lager der Fürsten erfahren wir S. 136b: „Als 
die Dörfer gebrannt und alle Dinge hinweggenommen, wären 
die Nachbarn aus diesem Dorfe zu den 3 Fürsten, so vor 
Mühlhausen gelegen, gekommen, hätten solchen ihren Schaden, 
der ihnen über den ausgerufenen Stillstand geschehen, ge- 
klagt, hätten sie wohl bei 600 Pferden dem Haufen in den 
Dörfern, so gebrannt, entgegen geschickt. Wären die beiden 
Haufen mit einander in der Fürsten Lager gezogen, das 
hätte er gesehen." 

Genaueres erfahren wir über die Zerstörung von Döma. 
Zeuge S. 137b erzählt: „Als er vor seiner Herrschaft von 
dem Eichsfelde geflohen, wäre er zu Döma gewesen und 
hätte sich heimlich daselbst aufgehalten, wären die Nach- 
barn aus der Stadt gen Dörna heimgekommen, hätten zum 
Teil das Ihre mitgebracht, hätten sie ihm gesagt, wie die 
Fürsten auf denselbigen Tag, der da war Ascensionis Do- 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 87 

mini ^) einen Frieden ausgerufen, daß jedermann sollte heim- 
ziehen und sicher sein, und hätten Friedebriefe mit sich 
gebracht und dieselben Briefe denselben Tag oder den 
nächsten Morgen an die 2 Tore^) angeschlagen, das habe 
er gesehen ; das Wappen der Fürsten habe an den Briefen 
gestanden. Als er bei den Nachbarn auf dem Kirch- 
turme den nächsten Freitag nach Ascensionis Domini ge- 
wesen, hätte er samt den andern droben gesehen, daß ein 
Haufe zu £.oß und zu Fuß vom Eichsfelde her den Warten 
zugezogen, wären dieselben Warten angesteckt und ver- 
brannt. Derselbe Haufe hätte sich zerteilt, ein Teil still 
gehalten, auf 7 oder 8 Eeiter sich gen Döma vor das Tor 
getan und hätten hinein gewollt; hätten die Nachbarn auf 
dem Kirchturm 2 aus ihnen zu denselben an das Tor ge- 
schickt, zu fragen, was sie wollten. Hätten dieselbigen 
fieiter ihnen zweien zu Antwort gegeben, sie suchten 2 
Eichsfelder, deren er, Zeuge, einer und sein Gesell von 
Bickenriede der andere. Also wären die 2 Gesandten zu 
ihnen auf den Earchturm gekommen, hätten solches an- 
gesagt und sie zwei nicht mehr bei ihnen haben wolSn; 
also hätten sie seinem Gesellen Weibskleider gebracht, die 
er angetan und also davongekommen, und er, Zeuge, sei 
über die Kirchhofsmauer hinausgefallen und habe sich in 
Hecken und Genicke *) gesteckt und verborgen. Als dem- 
nach sie zwei hinweggekommen wären die Tore geöfinet, 
und das Dorf Döma angesteckt.^ Diese Erzählung ergänzt 
ein anderer Zeuge (136 — 137) : „Als er und seine Nachbarn 
zu Döma auf dem Kirchturm gewesen, hätten er und 
andere da oben gesehen, daß Eeiter und Fußgänger auf 



1) Bekanntlich zogen an diesem Tage (25. Mai) die Fürsten in 
Mühlhausen ein. 

2) Das Dorf war durch den „Dorfhagen", einen mit Holz be- 
standenen Wall, befestigt (Sommer, Bau- und Kunstdenkmäler des 
Kreises Mühlhausen S. 15). 

3) Vgl. das „Geneige" unseres Gebietes. Chronik I, 17. 



88 FfeiferB und Münzers Zug in das Eichsfeld 

dem Felde gehalten und sich gegen das Dorf gewendet 
hätten. Hätten die von Döma 2 aus ihnen zu demselbigen 
Haufen geschickt, zu erforschen, was sie wollten, darauf 
ihnen aus demselbigen Haufen geantwortet sei, sie wollten 
2 Eichsfelder bei ihnen suchen ; wäre der eine sein Bruder 
gewesen, den sie suchten, also wäre er mit seinem Bruder 
ab dem Turme gestiegen und. hätte ihm davon wollen helfen, 
da wären etliche von dem Haufen vor dem Tore gestanden, 
unter denen er Lukarden und den schwarzen Daniel, so 
ein Eeifensteiner Mönch gewesen, und Liborius Thon- 
hose, der Zeit ein Obervogt zu Eustenberg, gekannt hätte, 
welcher ihm und andern zu Döma, so auf dem Tor (Turm?) 
gewesen, gerufen, zu ihnen zu kommen, sie sollten Leibes 
und Lebens sicher sein, ihnen sollte nichts geschehen, und 
hätten von ihm, seinem Bruder und anderen die Gelübde 
genommen von wegen des Bischofs zu Mainz. So wäre 
die Kirche geöffnet von etlichen, die geflohen aus der Kirche 
und über die Mauer gefallen wären. (?) Wären dieselben, 
auch Mathes Hunde born und etliche vom Haufen, so vorm 
Tore gehalten, Kelter und Fußgänger in die Kirche ge* 
langt, hätten geplündert und genommen, was sie gefunden, 
hin und wieder im Dorfe gelaufen, das Feuer angesteckt 
und brennen lassen und demnach dem Lager des Fürsten 
zu Mühlhausen zugezogen, und wäre ihnen ein Haufe von 
Mühlhausen entgegen gekommen und sie als miteinander 
in das Lager der Fürsten gezogen." Weiter erzählt ein 
Zeuge: „Als der Friede zu Mühlhausen ausgerufen, derzeit 
er, Zeuge, noch zu Mühlhausen gewesen, hätte der Wächter 
auf dem Turme 8 Feuer geblasen, darauf man gefraget, 
wo das wäre, hätte der Türmer gesagt, es wäre Döma, 
da er, Zeuge, wohnhaftig, Lengefeld und Hollenbach. Hätte 
der Freiherr von Schönberg den Nachbarn gesagt, sie 
sollten hinlaufen und löschen. Wäre er, Zeuge, gen Döma 
seinem Hause zu gelaufen, hätte das Dorf Döma in aller 
Höhe gebrannt, dabei hätte er gesehen Mathes Hundebom» 



und die Verwüstimg der Klöster und Schlösser. 89 

Vogt auf Gleichenstein, und Lukharden, jetzt Propst zu 
Anrode, auch hätte Lukhard selbst ein Haus angezündet, 
das hätte er gesehen. Auch wäre Mathes Hundebom auf 
einem Pferde im Dorfe hin und wieder gerannt, hätte 
diesen und jenen geschlagen, Kühe, Pferde und anderes, 
was er bekommen, hinweggefiihrt und andere hinwegzu- 
führen angewiesen, und wären sonst viel Heiter, auf 
80 Pferde, und Fußgänger im Dorfe gewesen, die er nicht 
gekannt Nachdem die Häuser angesteckt, wären sie vor 
den Kirchhof gekommen, hätten sie die Bauern gezwungen, 
die Kirche zu öffnen. Das wäre geschehen, wären diese Leute, 
Beisige und Fußgänger, in die Kirche gelaufen und hätten 
genommen alles, was sie darin gefunden, und mit sich 
hinweggenommen. Auch hätte er gesehen, daß der Luk- 
hard nach einem auf dem Kirchtor (Turm ?) geschossen, der 
hätte das Tor öfPnen müssen. ** 

Weitere Aussagen ergeben nun aber, daß die Dörfer 
schon vorher (vgl. S. 84) von anderer Seite geplündert yaren 
(S. 138) : „Da die Fürsten vor Mühlhausen gelegen, haben die 
Hessischen und ihr Hauptmann Kersten Schmalstich (Schmal- 
steygk) von Treffart auf Ascensionis Domini um den Mittag 
ungefähr in das Dorf Dömä gefallen und etwa die Hälfte 
abgebrannt, auch die Schafe und E^einvieh hinweggetrieben ; 
und folgenden Freitags nach Ascensionis um den Mittag sei 
es angesteckt worden durch den Haufen vom Eichsfeld** 
S. 138b: „Außer dem, so an dem Dorf Junker Schmal- 
stich samt seinen Eeitern gebrannt, sei des andern Tages 
durch den Haufen, so vom Eichsfelde gezogen, das Dorf 
Döma bis auf 2 Häuser und die Pfarre verbrannt." — 
Noch genauer erzählt ein weiterer Zeuge (138b): „Als der 
Friede ausgerufen, wären er und sein Vater der Zeit zu 
Mühlhausen gewesen. Hätte der Vater zu ihm gesagt, der 
Friede wäre von den 3 Fürsten ausgerufen, es sollte nun 
jedermann sicher sein, und niemand nichts mehr geschehen. 
Darauf habe Zeuge seinen Wagen geladen und, was er 



90 Pfeifers und Münzers Zug in das Eichsfeld 

hätte flüireii mögen mit 4 Pferden, wieder gen Döma ge- 
fahren und abgeladen. Er wisse nicht, ob die Friedens- 
briefe angeschlagen seien desselben Tages. Darauf des- 
selbigen Tages wären etliche niederländische Reiter ge- 
kommen, hätten das Dorf Döma angesteckt und zum Teil 
verbrannt, dazu etlich Vieh auch genommen. Des andern 
Tages hernach wäre ein Haufe vom Eichsfeld gekommen und 
hätte das übrige geplündert und verbrannt; doch wären des- 
selben Tages die Briefe an den Toren angeschlagen." Auch 
ein weiterer Zeuge sagt, Döma und Hollenbach sei^i zwei- 
mal in 2 Tagen nacheinander gebrannt. Auch die Plün- 
derung des Dorfes Eigenrieden, wie sie unsere Chronik 
erwähnt, bestätigt ein Zeuge: „Auf Ascensionis Domini sei 
ein Haufe aus dem hessischen Lande dem Lager vor Mühl- 
hausen zugezogen, der sei in Eigerode — in Döma ge- 
fallen". — Einiges wichtige bietet dann folgende Aussage : 
„Als auf Ascensionis Domini der Friede ausgerufen und 
er, Zeuge, von seinem Vater mit den Wagen und Pferden 
wieder gen Dörna geschickt, und er den Freitag danach 
auch gen Döma gekommen, wäre geboten worden zu 
Döma, welcher noch nicht den Fürsten gelobet, daß der- 
selbige in das Lager der Fürsten käme und daselbst an- 
gelobte. Also wären viele aus den Dörfern gen Mühl-> 
hausen in das Lager gekommen, den Fürsten zu Fuß ge- 
fallen und hätten um Gnade bitten müssen". Schließlich bietet 
eine Aussage (S. 140) auch genaue Bestätigung der Er- 
zählung in der Chronik: „Als der Haufe vom Eichsfeld 
bei Döma gekommen, wären 4 Eeiter an das Tor zu Döma 
geritten und hätten hinein gewollt Hätten die Bauern, 
die auf dem Eörchturm versammelt, 2 aus ihnen zu den- 
selbigen 4 geschickt, sie fragen lassen, was sie wollten. 
Darauf dieselbigen zur Antwort gegeben, sie suchten zwei 
ihrer Männer, darauf die ihnen wieder geantwortet, sie 
wären der Fürsten und Friede sei ausgerufen, ihre Nach- 
barn wären im Lager und wollten deshalb Briefe 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 91 

bringen. Dagegen habe Mathes Hondebotn gesagt, so 
sollten sie die Tore auftnn und mit ihm in das Lager der 
Fürsten ziehn; meinten die Nachbarn, es sollte Olauben 
sein^ und werden die Tore des Dorfes und Kirchhofes ge- 
öffnet. Hätte Zeuge gesehen, daß Mathes Hundebom und 
einer, genannt Luckart, wären die vordersten gewesen, wären 
auf den Kirchhoff gekommen und hätten gesagt, ob sie 
Martinisch wären, hätte ihm ein Bauer geantwortet: Ja. 
Hätte er wieder gesagt : Seit ihr noch Martinisch und haltet 
deutsche ^) Messen I Ich will euch eine deutsche Messe halten ! 
und habe zu den andern gesagt : Steckt das Dorf an ! und 
übel geflucht. — Auch hätte ihn, Zeugen, derselbige Matthes 
und noch einer mit einem Auge (vgl. S. 84; v. Beuneburg) ge- 
zwungen, das genommene Vieh zu helfen, mit ihnen zu 
treiben, und sie seien damit der Fürsten Lager zugerückt. 
Indem wären etliche Heiter aus der Fürsten Lager diesem 
eichsfeldischen Haufen entgegengeschickt, um das Brennen 
zu wehren, hätten sie die Bauern, so ihnen das Vieh hätten 
helfen treiben müssen, von sich gejagt und den Nachbarn 
gar nichts wiedergegeben." Eine besondere Nachricht gibt 
dann noch der Zeuge S. 141 : „Als der Hauptmann der Edelen 
auf dem Hustenberge, Hans v. Minnigerode, mit seinem 
Haufen zum Ziegenrain, der Warte (Chronik S. 16), gekommen, 
hätte er den Matthes Hundebom und seinen üntervogt ge- 
rufen, zu ihm zu kommen, hätte ihnen befohlen samt 
andern noch fünfen, daß sie das Dorf Döma plündern und 
ausbrennen sollten; das war also geschehen, und hätte er, 
Zeuge, auf einem Pferdlein gehalten und zugesehen." 
Nach diesen Ereignissen standen in Eigenrieden noch 3 Häuser, 
in Döma etwa noch 6, in Hollenbach waren 4 Höfe abge- 
brannt, in Lengefeld standen noch 4 Häuser (N. M. 14, 407 
vgl. S. 84). Die Gemeinde zu Döma klagte am 3. Juni schrift- 
lich bei Dr. v. Otthera, dem neuemannten Schultheißen, 



1) Die hatte Münzer eingeführt. (Chronik 182, 186.) 



92 Pf eiferB und Münzer» Zug in das Eichsleld 

daß sie an ihrer Behausung und ihren Oütern, ohne Ursache 
am Aufruhr gewesen zu sein, merklichen Schaden durch 
Feuer erlitten hätten, und baten um seine Vermittelung bei 
Herzog Georg, dem Otthera die Klage alsbald übersandte. 



Es ist ein reiches Detail, das unsere Akt^n bieten, 
oft in recht lebhafter Färbung, der Schluß aber, der sich 
daraus ergibt, ist doch nur ein einfacher, und es darf 
wohl nun ausgesprochen werden, daß „denen von Mühl- 
hausen ^^ mancherlei zugeschoben ist, an dem sie nicht oder 
nur wenig schuld waren. Ausgeplündert sind die Erlöster 
und Schlösser größtenteils von den Eichsfelder Bauern, doch 
wohl den umwohnenden; als der Haufe heranzog, sind die 
geplünderten und verlassenen Klöster und Schlösser an- 
gezündet worden, vielleicht aus Ärger, daß es nichts mehr 
zu plündern gab. Das gilt freilich mit einiger Sicherheit 
nur bis Heiligenstadt hin; darüber hinaus hört ja unsere 
genauere Kunde auf. 

Einige allgemeine, diese Auffassung bestätigende Zeug- 
nisse stelle ich hier noch zusammen. S. 146b gibt ein 
Zeuge an, „die Feldnachbaren hätten das Elloster (Name 
fehlt) geplündert, ungefähr gleich nach Ostern Ursach seines 
Wissens, denn Bernhard von Honten (Härtungen), gemeiner 
Amtmann auf dem Eichsfelde, des Schreiber der Zeuge ge- 
wesen, der hätte samt seinen Beisigen etliche Bürger von 
Heiligenstadt zu ihm gefordert, dieselben, so das Elloster 
geplündert, schlagen (?!). — Das Elloster sei noch nicht 
verbrannt gewesen, sondern nachmals geschehen." Dies letz- 
tere wird dann genauer wiederholt: „Als das obgemeldete 
Kloster geplündert wäre, wäre über 3 oder 4 Tage un- 
gefähr hernach der große Haufe, so man den Mühlhäusischen 
genannt, vor Heiligenstadt gekommen; sei in demselben 
Zuge seines Wissens das Elloster verbrannt worden." 
S. 152: „Als die Prädikanten und der au&ührerische Haufe 
von Orsla gen Heiligenstadt gezogen, seien die Schlösser 



und die Verwüstung der Klöster und Schlösser. 93 

und Klöster geplündert gewesen, aber im Zuge gen Hei- 
ligenstadt seien sie durch diejenigen, so von dem Haufen 
gelaufen, verbrannt worden, solch' Brennen habe er selbst 
gesehen.^ S. 163 : „Als der Haufe von Orsla auf Heiligen- 
stadt zu gezogen sei, seien zuvor Schlösser und Klöster 
geplündert und ausgebrannt, denn er von Oebelhausen 
(vgL S. 49), als er und die Eichsfelder zu ihnen gen Ur- 
bach gekommen, gehört, er und sein Anhang und der 
Schlösser und Erlöster Untertanen, hätten die Erlöster und 
Schlösser geplündert und verbrannt." S. 167; „Zuvor und 
ehe die Prädikanten aufs Eichsfeld gen Heiligenstadt ge- 
zogen, seien durch die Eichsfelder Scharfenstein, Horburg, 
Beifenstein, Kloster Worbis, Beuren und Teistungenburg 
geplündert worden. Aber als der Haufe im Zuge gegen 
Heiligenstadt gezogen, seien vermeldete Schlösser und 
Klöster verbrannt worden. Er, Zeuge, habe gesehen, daß 
die Eichsfelder die Schlösser und Klöster geplündert haben." 
S. 178: „Er habe hören sagen, die Schlösser und Klöster 
seien vorhin geplündert gewesen, ehe der Haufe gezogen; 
als aber der Haufe zu Orsla gezogen nach Heiligenstadt, 
hätten Schlösser und Booster gebrannt." 

Es wird femer der Mühe wert sein, zu fragen, wer 
denn eigentlich den Mühlhäuser Haufen gebildet hat. Erüh, 
schon im Beginne der Bewegung haben sich fremde Ele- 
mente in unsere Stadt gedrängt, deren Einfluß in anderem 
Zusammenhange erörtert werden muß; hier muß doch 
darauf aufinerksam gemacht werden, daß die kleine Stadt, 
an deren Volkszählung vom Jahre 1525 (Chronik S. 215) 
immer wieder erinnert werden möge, zu dem Haufen wirk- 
lich nicht viele ihrer Bürger oder Mitwohner entsenden 
konnte. In den Akten liegen ja genug Aussagen vor über 
die, welche mitgezogen waren, aber ihre Zahl ist doch 
in Summa klein, wenn man an den großen Haufen denkt, 
der gen Heiligenstadt zog. Fremde in Menge sind darin 
vertreten gewesen, worüber ebenfalls Zeugnisse vorliegen. 



94 Pfeilen und Münzers Zug in das Eichsfeld 

So heißt es S. 151 : ^er sei mit dem aufrührerischen Haufen 
der Zeit im Feldlager gezogen, in welchem Hessen, Mühl- 
häoser, Eichsfelder, vom Harze und sonst aus anderen 
Orten gewesen." S. 178 erzählt ein Zeuge: „Vielerlei Volks, 
als Sachsen, Hessen, Eichsfelder, Franken, Meißner und 
andere seien mitgezogen, die alle gern reich und frei hätten 
werden wollen." Zeuge S. 154b erzählt: „Die Prediger 
sollen allenthalben hin geschrieben haben, also sind aus 
Hessen, Sachsen, Eichsfeld viel zu ihnen gelaufen." Ein 
anderer berichtet S. 155: „Hernach aus Hessen haben sich 
von der Werra und allenthalben viel zu Pfeifer gen Mühl- 
hausen getan, also daß der Anhang der Ausländer und der 
Bürger so groß geworden, daß der Bat ihrem Mutwillen 
nicht mehr hat vorkommen mögen." S. 161 heißt es, 
Pfeifer habe sich einen großen Anhang gemacht von 
Bürgern und ausländischen Bauern, und S. 172: „sei das 
Volk allenthalben her Bürger, Eichsfelder und Sachsen in 
ihre Predigt gelaufen." Leider ist keine Hoffnung vor- 
handen, daß wir über Pfeifers Bund, dessen Liste ich Heft 2, 
S. 33 — 35 veröffentlicht habe, jemals genaueres erfahren. 
Schließlich verweise ich noch auf das dort S. 36 — 37 ver- 
öffentlichte Verzeichnis: „Disse Dorffe wye hernach folgendt 
sint auch vf der Beschedigungk des Adels mit gewest." 

„Alle Welt wollte von Mühlhausen entschädigt sein", 
schrieb schon Seidemann, N. M. 14, 412. Herzog Georg, 
der doch wahrlich Mühlhausen nicht freundlich gesinnt war, 
ließ bei einer Tagung der Käte anbringen (N. M. 14, 417): 
„Ernsten Windelt hätten der von Honstein Leute mehr 
Schaden getan, als die von Mühlhausen", dennoch mußte 
die Stadt Ernst und Hans Windolt 1200 PI. zahlen (Chro- 
nik, S. 209). Der Erzbischof von Mainz forderte zunächst als 
Entschädigung für die Klöster 18000 PI. (N. M. 14, 423), 
begnügte sich aber 1550 bei einem Vergleiche mit 3000 PL, 
immerhin ein Beweis, daß der Schaden der Stadt nur zu 
einem kleinen Teile zugeschoben werde konnte. 



und die Verwüstung der Klöeter und Schldsser. 95 

Schon in unserer Cbronik tritt an einzelnen Stellen ein 
Streben hervor, die gegen die Stadt gerichteten Anklagen 
zurückzuweisen, wie ich denn auch nicht Stephan zustimmen 
kann, der für „die Beschreibung des Bauernkrieges^ an- 
nahm, wahrscheinlich habe der Verfasser die Vorgänge 
selbst mitangesehen (Stofflieferungen II, S. 146). Vielmehr 
habe ich immer mehr den Eindruck gewonnen, daß unsere 
Akten dem Verfasser bei der Niederschrift nicht fremd 
gewesen sind. Man behauptete, der Haufe sei „mit der 
Stadt aufgerichtetem Fähnlein^ ausgezogen (vgl. oben S. 56); 
daß das unmöglich war. soll die genaue Erzählung zeigen, 
wie der Stadt Eähnlein von Hodemann und Wettich entführt 
wurde; deshalb wird auch genau das weiße Fähnlein, „darin 
ein Regenbogen stund", beschrieben, mit dem Pfeifer und 
Münzer auszogen, ebenso das gelbgrüne Fähnlein des Eichs- 
felder Haufens. Absichtlich betont die Chronik (S. 187): 
„Bei diesem Haufen und Zuge sind wenig Bürger und kein 
Eatsherr von Mühlhausen gewesen" außer dem berühmten 
JobstHomberg;war doch Silage erhoben, Mitglieder des Rates 
hätten den Haufen geführt. Auch was ich zuletzt zusammen- 
gestellt habe, faßt die Chronik dahin zusammen: „Das 
andere ist alles zusammengelaufen Volk gewesen." Genaueres 
Studium wird diesen Orundton der Darstellung in der 
Chronik wohl noch deutlicher nachweisen können. Ob sie 
damit recht hat, wird die vorliegende Untersuchung er- 
kennen lassen ; vielleicht dient sie dazu, daß man in Zukunft 
mit „denen von Mühlhausen" etwas gnädiger ins Gericht 
geht. Man vergleiche mit unserer Darstellung Mühlh. 
Gesch.-Bl. m, S. 64: „So singt Bernardus Americanus von 
Thomas Münzer und seinem ,Speerarme', der noch rauchte von 
dem Blut der Edelleute" ; hoffentlich wird man dann uns zu- 
stimmen, daß es Zeit ist, diese Dinge etwas genauer zu prüfen. 
Vielleicht vergißt man dabei auch folgende Stelle aus Münzers 
letztem Briefe (Seidemann S. 146) nicht, wohl dem einzigen 
Schreiben aus seinen letzten Jahren, in dem aufrichtiges 



96 Pfeifers nnd Mflneers Zug in das Eichsfeld etc. 

Oefähl nicht durch übertriebene Phrasen verhüllt ist : „Ich 
weyß das ewer der mehrer theyl in Molhonßen dysser 
ofEmrischen und eygenntzigen empomng nihe anhengig 
gewest, szondem das allewege gerne gewerth und vor- 
komen" i). 



1) Das kürzlich erschioiaie Werk von v. Wintzing^xxla-KnoiT, 
yJMe Wüstungen des Eichsfeldes etc.'' konnte ich leider zu dieser 
Studie nicht mehr durcharbeiten (1060 Seiten !), doch möge wenig- 
stens folgende Notiz zu S. 78 hier Platz finden : , J)er jetzige Name 
Mühlhauser Burg ist erst im 18. Jahrhundert gebräuchlich ge- 
worden« (8. 691). — Das S. 1020 für die Zerstörung des Schlosses 
Westemhagen gegebene Datum (1. Mai) wird kaum richtig sein, da 
der Haufe Dienstag den 2. Mai erst vor Heiligeustadt eintraf (vgL 
oben S. 65). Die Sage von der Vernichtung der Familie v. Westem- 
hagen bis auf einen Knaben wird auch hier als irrig bezeichnet, wie 
sie ja auch neben den von den Herrn v. W. erhobenen Forderungen 
(v^. S. 74) lacherHch genug erscheint. Ich finde aber, selbst in der 
Sage, sonst keine weitere Gelegenheit, bei der das „Blut der Edel- 
leute*^ vergossen sein könnte. 



III. 

Die vor- und friihgeschichtlichen Funde der 
Grafschaft Camburg. 

Von 
Dr. Gnstar Eichhorn in Jena. 

Mit 79 Abbildungen im Text. 

Die vorliegende Arbeit ist das Resultat einer mehr- 
jährigen Sammlung aller vor- und frühgeschichtlichen Funde, 
die im Saalegebiet in der Grafschaft Camburg gemacht 
worden sind. Das umfangreiche Material ist weit verstreut 
worden. Es sind Funde nach Berlin gekommen in das 
Museum für Völkerkunde, nach Meiningen in das Henne- 
berger Haus, nach Jena in das Germanische Museum, nach 
Weimar in das städtische Museum, nach Coburg in die 
Sammlung des Anthropologischen Vereins; eine größere 
Sammlung vorgeschichtlicher Altertümer besitzt die Schule 
zu Eckolstedt, Herr Gutsbesitzer Becker in Schinditz, einige 
Stücke Herr Pfarrer Schröder in Hainichen, Herr Bitter- 
gutsbesitzer von Schönberg in Kreipitzsch, und heute noch 
gehen Fundobjekte in reichlicher Menge dem unermüdlichen 
Sammler Herrn Straßenbauverwalter Heim in Camburg zu. 
Ich habe die einzelnen Gegenstände genau gebucht, ge- 
zeichnet und beschrieben. Beim Abschluß der Arbeit bin 
ich nun lange unschlüssig gewesen, wie der umfangreiche 
Stoff am besten zu sondern und zu gruppieren wäre, ob 
ich die Funde aufzählen sollte nach den Fundorten oder 

xxn. 7 



98 I^e ^OT- u. frühgeBchichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 

nach dem jetzigen Verbleib in den genannten Sammlungen, 
oder ob ich eine zusammenhängende Darstellung der Vor- 
geschichte der Grafschaft Camburg geben und die hier ge- 
machten Funde einflechten sollte. SchlieiSlich bin ich zu 
dem Entschluß gekommen, die Funde zunächst nach den 
Fundorten zusammenzustellen, jeden Fundgegenstand ein- 
zeln zu beschreiben und erst in einem Schlußkapitel einen 
Überblick der vor- und frühgeschichtlichen Entwickelung 
der Grafschaft Camburg auf Grund dieses Materials zu 
geben. Es wird auf diese Weise zwar der flüchtige Leser 
leicht ermüden, wenn er die trockene Aufzählung ganzer 
Serien von gleichartigen Steingeräten oder Schädelbeschrei- 
bungen durchmustert, doch geschieht damit dem Prähistoriker 
sowohl, wie der Landeskunde ein Gefalle, das weit ver- 
streute Material dieser Gegend wenigstens in einer katalog- 
artigen Zusammenstellung beieinander zu finden. 

Die Fundgegenstände sind in ihrem Wert, d. h. in 
ihrer wissenschaftlichen Verwertbarkeit sehr verschieden. 
Wird ein Steinbeil z. B. eingeliefert ohne nähere Angabe 
der Fundstelle und der begleitenden Fundumstände, so hat 
es einen verhältnismäßig geringen Wert. Wir können nicht 
einmal mit Sicherheit sagen, ob es der Steinzeit angehört, 
da Steinbeile auch in der späteren metallischen Zeit noch 
häufig im Gebrauch waren. Wir bezeichnen ein derartiges 
Fundstück als „Einaelftind". 

Wird uns aber z. B. glaubwürdig mitgeteilt, daß das Stein- 
beil innerhalb einer schwarzen Schicht Branderde auf einem 
sonst lehmfarbenen Acker beim Pflügen neben ornamen- 
tierten Gefäßscherben, Feuersteinmesserchen und Reibsteinen 
zu Tage gefördert worden ist, so läßt sich mit Sicherheit an- 
nehmen, daß es einer steinzeitlichen Wohnstätte entstammt. 
Wie hieraus erhellt, macht ein genauer Fundbericht, der 
präzise Angaben hinsichtlich des Fundortes und der be- 
gleitenden Fundumstände bringt, den Fund für das wissen- 
schaftliche Studium zu einem bedeutend wertvolleren. Im 
Gegensatz zu den oben erwähnten Einzelfunden nennen wir 



Die vor- n. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Cambnrg. 99 

derartige gleichzeitig an gleichem Orte zusammen gemachte 
Funde „G^amt- oder Gruppenfiinde'^ 

Als Gesamtfunde sind dementsprechend anzuführen: 

1) die Funde aus einer Wohnstätte „W h n s t ä 1 1 e n - 
funde, 

2) die Funde aus einem Grab, die „Grabfunde", 

3) die sogenannten „Depotfunde", d. h. Funde von 
Gegenständen, die in vorgeschichtlicher Zeit an einer Stelle 
in der Erde, z. B. unter einem großen Stein, in der Nähe 
eines Baumes oder im Wasser niedergelegt worden sind, 
sei es von einem fahrenden Händler, der in Zeiten der Gefahr 
diese Schätze vergrub, sei es von einem heimkehrenden 
Krieger, der dankerfüllt diese kostbaren Stücke nach glücklich 
bestandenem Kampfe seinen Göttern weihte. 

Bei allen Gesamtfunden gilt es aber, genau zu beobachten. 
Es ist nicht immer richtig, alle an einem Wohnplatz, in 
einer Herdgrube gemachten Funde einer Epoche zuzuteilen, 
da die Wohnplätze oft lange Zeit hindurch benutzt worden 
sind, und die unteren Schichten der Abfallgruben einer 
viel früheren Epoche angehören können als die oberen. 

Ebenso sind auch die Grabhügel oft in zeitlich ganz 
getrennten vorgeschichtlichen Epochen als Bestattungsstellen 
benutzt worden. Es sind z. B. Grabhügel eröffiaet worden, 
in welchen das Hauptgrab im Zentrum bereits in der 
Steinzeit angelegt worden war, während die oberen Hügel- 
schichten Bestattungen aus der slavischen Zeit enthalten. 

In der vorliegenden Arbeit sind diese äußerst wichtigen 
Gruppenfunde bei den betreffenden Fundorten vorangestellt. 

Die Einzelfunde sind ihnen angereiht worden. Die Zeit- 
schriften , Tageszeitungen , Abbildungen , die schriftlichen 
Notizen, welche die Funde schon in irgend einer Weise 
behandeln, sind quellenmäßig angegeben, ebenso wie der 
jetzige Aufbewahrungsort der Fundgegenstände bei jedem 
Stück verzeichnet ist. 



100 I^ie vor- u. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 

I. Die auf dem linken Ufer der Saale gelegenen Fundorte 
in der Grafschaft Kamburg. 

1. Eokolstedt. 

Steinzeitliehe Wolinstätten. 

Im Germanischen Museum zu Jena liegen eine große 
Anzahl von Tongefäßscherben, welche Herr Land- 
wirt Carl Kunze aus Hirschroda bei Eckolstedt gesammelt 
und unserem Museum zu Klopfleischs Zeiten übergeben 
hat. Die Gefäßreste sind zumeist der Bandkeramik 
angehörig und stammen aus sogenannten Herdgruben 
steinzeitlicher Siedelungen. Im vergangenen Sommer habe 
ich mit Herrn Kunze eine Reihe derartiger Anlagen unter- 
sucht und neues Material derselben Art gesammelt. 

Auf derartige Reste vorgeschichtlicher Wohnstätten 
wird man aufmerksam durch eine auffällige, schwarze Boden- 
färbung, die ein meist kreisförmiges Stück auf dem sonst lehm- 
farbenen Ackerboden deutlich heraushebt. Besonders nach 
einem Regen sind die Stellen auf den frisch geackerten 
Feldern deutlich sichtbar. An senkrecht angeschnittenen 
Herdgruben sieht man, daß dieselben ursprünglich als cylin- 
derförmige Gruben aus dem Boden ausgehoben worden 
sind mit senkrechten Wandungen, ihr Durchmesser schwankt 
von 1 — 2 m, ihre Tiefe beträgt ^/j — 1 m. Unter- 
sucht man derartige Stellen genauer, so findet man in der 
schwarzen Erde eine große Zahl Gefäßbruchstücke, die zu- 
nächst leicht zerbrechen, aber, lufttrocken gemacht, sehr 
rasch wieder erhärten, vereinzelt Holzkohle, Feuerstein- 
splitterchen oder -messerchen, Flintpfeilspitzen, Knochen von 
Tieren, zuweilen Steinbeile, Steinhacken, Reibsteine, Klopfer. 
Nach meiner Ansicht sind diese schwarzen Stellen auf den 
Äckern, die sogenannten Herdgruben, nicht Feuer- 
stätten, d. h. Stellen, wo sich der Herd der primitiven 
Siedelung befunden hat, sondern Abfallgruben, die in 
der Nähe der leicht gebauten Wohnhütten, in den Boden 



Die vor-, u. frühgeechichtl. Funde der Grafschaft Oamborg. IQl 



vertiefb, angelegt worden sind. Man bedurfte ihrer, um 
die Reste des Herdfeuers, die glühende Asche, aus der 
leicht brennbaren Hütte zu entfernen und sie unschädlich 
zu machen. Schließlich warf man auch alle Küchenabfälle, 
Tierknochen nach der Mahlzeit, zerbrochene Töpfe, un- 
brauchbar gewordene Werkzeuge mit in die Grube. 

Die Wohnstätten dieser steinzeitlichen Besiedler der 
Eckolstedter Flur lagen auf dem nord- und südöstlichen 
Hochplateau, zwischen denen sich das heutige Dorf ins 
Tal hinabzieht. 

Die mir vorliegenden G^fäßsoherben aus diesen Fund- 
stellen gehören, wie eingangs erwähnt, in die Periode 





Fig. 2. 




Fig. 3. V,. Fig. 4. V^. 

der Bandkeramik, also den letzten Abschnitt der jün- 
geren Steinzeit. Bekanntlich hat dieser Abschnitt der Vor- 
geschichte von der Verzierungsweise der Gefäße seinen 
Namen. Eingeritzte Linien umziehen geradlinig, in Winkeln 



102 ^i® ^OT' a. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 

gebrochen, oder bogen - (spiral-)limg das ganze Gefäß. 
Die Linien verlaufen zumeist parallel, zu Bändern ge- 
ordnet. Klopfleisch führte daher die Nam^n „Winkel- 
band^' und „BogenbandV für diese Omamentierung in 
die Literatur ein. Zur ersten Ghruppe gehören die Gefäß- 
scherben, Fig. 1, 2, 3, 4, zur Bogenbandverzierung 
Fig. 5, 6, 7. Wir wissen, daß die Bandkeramik aus Süd- 




Fig. 5. V2- 



Fig. 6. % 



deutschland zu uns nach Thüringen gekommen ist. Eine 
neuerdings erschienene Arbeit von Dr. Schliz, „Das stein- 
zeitliche Dorf Großgartach", bringt eine große Anzahl von 
abgebildeten Gefeßbruchstücken, die in Omamentierung, 
Form und, wie die Beschreibung ergänzt, auch in der Masse 
genau übereinstimmen mit den bandverzierten Gefäßresten 
Eckolstedts. 

Die uns erhaltenen Gefäßscherben sind Ran d - , 
Bauch-, Boden- und Henkelstücke. Ihrem Material, 
ihrer Form, ihrer Verzierungs weise nach sind mit Sicher- 
heit zwei Arten zu unterscheiden : 1) blaugraue, bräunlichgelbe 
oder schwarze, hartgebrannte, dünnwandige Gefäße, 
deren Masse mit feinem Sand versetzt ist, so daß sich die- 
selben feinsandkörnig anfühlen, und 2) schmutzig - ziegel- 
farbene, grobgearbeitete, dickwandige, poröse Gefäße, 
mit gröberen Quarzkömem in der Tonmasse eingebettet 
Die ersteren sind kleinere, halbkugelförmige Gefäße 
mit weiter Mündung, gerad abgeschnittenem Rand, oder 
größere, amphorenartigeoderkugelförmige Gefäße 



Die vor- u. frühgescbichtL Funde der Grafecbaft Oamburg. 103 



mit engem, kurzem Hals, kugeligem Bauch und Boden. 
Die dickwandigen Gefälle sind groß, topf form ig. Auch 
hinsichtlich der Henkelbildung sind beide Gruppen 
wesentlich verschieden. Bei der ersten Sorte fehlen eigent- 
liche Henkel. Von andern Fundstellen Thüringens wissen 
wir, daß derartige Eugelgeföße nur kleine Schnurösen 




Fig. 8. V2. 



Fig. 10. V.. 



haben. Auf den hier- 
her gehörigen Eckol- 

stedter Ge&ß- 
scherben haben wir 
nur runde, kleine, 
Warzen, die mehr 
zum Schmuck, z. B. 
als Abschluß eines 

linearen Band- 
musters, angebracht 
sind (Fig. 5). An 
den größeren Ge- 
fäßen sind größere, 
undurchlochte Hand- 
haben angebracht, 
kegelförmig mit plattgedrückter Spitze (Fig. 8), oder breit- 
gedrückt, in ein oder zwei Spitzen auslaufend (Fig. 9, 10, 
11), senkrecht aufsitzend auf der Wandung oder leicht 
nach abwärts gebogen. Daneben kommen quersitzende 
Bogenhenkel vor, zum Durchziehen einer Schnur berechnet, 




Fig. 12. Vr 



104 Die vor- u. frühgeschiclitl. IMnde der Grafschaft Cambarg. 



(Fig. 12), mit geradflächiger oder schwach aosgemuldeter 
Ober- und gewölbter Unterseite. Die blaugrauen, braun- 
lichgelben und schwarzen, dünnwandigen Gefäße sind, wie 
erwähnt, mit der charakteristischen Linearzeichnung ver- 
sehen (Fig. 1, 2, 3, 4 und 5, 6, 7). Vereinzelt ist der 
Bandcharakter der Verzierung durch eine Ausfüllung mit 
Tupfenstichen erhöht (Fig. 6). Von den Scherben der großen, 
grobwandigen Gefäße ist einer mit tiefen Fingerspitzen- 
und Nageleindrücken verziert, die in einer einfachen Reihe 
den Gefkßhals umzogen haben. 

Auf ein eigentümlich verziertes, verhältnismäßig dick- 
wandiges amphorenartiges Gefäß läßt ein Randstück 
schließen mit daranhängendem oberen Bauchteil (Fig. 18). 

Das Gefäü hatte einen 
kurzen , gerad auf- 
steigenden Hals, eine 
enge Mündung. Der 
Mündungsrand ist glatt 
gestrichen, abgerundet, 
der Bauch kugelförmig. 
Den Hals umziehen 
am Grunde 2 parallele 

Reihen von tiefen 
Stichen, die mit einem 
dreieckigen Pfriemen 
ausgeführt sind. Den 
oberen Bauchteil zieren 
parallele, im Winkel 
gebrochene Linien, den 
Winkel überdacht ein 
Bogenband, dessen Gipfel sich dem Halse nähert. Ab- 
wechselnd mit diesem Bogen tritt daneben ein Winkel- 
band an den Gefaßhals. Die Bandverzierung ist seitlich 
begleitet von kräftigen Wülsten, welche die Omamentierung 
stark hervortreten machen. Das Gefäß ist aus schwarzem, 




Fig. 13. V.. 



Die vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Cambarg. 105 

mit Kohle gemischtem Ton hergestellt, Wandnog am Hals- 
gmnd 9 mm stark ; oberer Durchmesser 8 cm circa, Innen- 
nnd Außenfläche schwarzglänzend. 

Ein 7 mm wandstarker Gefäßscherben aus schwarzem 
Ton ist mit Quarzstückchen in Stecknadelkopfgröße durch- 
setzt, Außen- und Innenfläche geglättet, die Außenfläche 
mit kleinen, getupften Ovalen verziert (Fig. 14). 

Die gleiche Verzierung zeigt der Bauchteil eines Band- 
stuckes, das einem größeren Napf angehört, mit glattge- 
strichenem Band. Das Material ist dasselbe. 




Fig. 14. Vr Fig. 15. V2. 

Zwei kleinere Gefaßbruchstücke: ein dünnwandiges 
Bandstück aus graublauem Ton und ein innen graues, an 
der Außenfläche schmutzig - ziegelfarbenes Gefaßbruchstück 
sind mit schmalem Furchenstich verziert nach Art der 
Monsheimer Gefäße (Fig. 15, 16). 




Fig. 16. V2. Fig. 17. V2. 

Aus der steinzeitlichen Ansiedelung stammen eine An- 
zahl Wandbewnrfttüoke aus Lehm im Jenaer Museum. 
Femer ein spitzer Enochenpfriemen (Fig. 17). 

fiinzelfnnde. 

Die Schule in Eckolstedt bewahrt eine reiche 
Sammlung von Steingeräten. Die meisten Fundobjekte sind 
— mineralogisch betrachtet — Diabase, kommen im Saale- 



106 Die vor- u. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 

Schotter vor und treten im Fichtelgebirge auf. Aus Feuer- 
stein ist bisher nur ein Steinbeil auf Eckolstedter Flur 
gefunden worden. An einen Kampf auf der Höhe Eckol- 
stedts während der Steinzeit ist nicht zu denken, wie ver- 
mutungsweise zur Erklärung der großen Zahl von ganzen 
und zerbrochenen Steinwaffen ausgesprochen worden ist. 
Es sind vielmehr einzeln aufgelesene Funde aus jenen oben 
erwähnten steinzeitlichen Wohnstätten. Wie die Menge 
der gesammelten Steingeräte beweist, muß das steinzeiüiohe 
Dorf ein großes gewesen sein. Die Bewohner haben sich 
auch sicherlich mit der Massenfabrikation der Steinwerk- 
zeuge beschäftigt, da eine B.eihe halbvollendeter Beile, an- 
gebohrte Steinäxte, Bohrzapfen als unbrauchbar wegge- 
worfene Bruchstücke aufgefunden worden sind. 

Die Eckolstedter Schulsammlung bietet mir Gelegen- 
heit, gleich von vornherein, bestimmte 

Typen der Steinwerkzeuge 

aufzustellen, die immer wiederkehren und mit deren voraus- 
genommener Charakterisierung ermüdende Wiederholungen 
vermieden werden können. 

I. Steinbeile. 

Wir sehen Steingeräte in Keilform (S t e i n k e i 1 e), die, 
hochkant, d. h. auf die Schmalseiten gestellt, mit ihrer gut 
geschliffenen Schneide, den zwei symmetrischen Seiten- 
Wangen, dem Bücken oder Bahnende im ganzen unseren 
Beilen gleichen und wie diese zum Zerspalten weicherer 
Objekte verwendet wurden. Diese Steinbeile wurden 
in einen oben gespaltenen Knüttel mit dem Bahnende hin- 
eingezwängt und durch umgewickelte Lederstreifen oder 
Schnuren festgehalten. Das Bahnende wurde im ganzen 
bei der Herstellung, bei der Glättung der Steinbeile, da 
es im Holz stak, weniger sorg&ltig bearbeitet als Schneide 
und Seitenwangen. Auch die Schmalseiten blieben oft un- 
bearbeitet. Es deutet schon auf eine bessere Kunstfertig- 



Die vor- u. frühgeschichtl. Funde der Gra&chaft Oamburg. 107 

keit, wenn wir ein Steinbeil vor uns liegen sehen mit gut 
geglätteten Schmalseiten und sorgfaltig gearbeitetem Bahn- 
ende. Die Steinbeile sind undurchlocht. Ihrem Quer- 
schnitt nach unterscheiden wir vierkantige und bikon- 
vexe, nach der gegenseitigen Richtung der Schmalseiten 
Steinbeile mit parallel verlaufenden Schmal- 
seiten, mit konvergierenden Schmalseiten, mit 
verjüngtem, mit spitzem Bahnende. Bei der Be- 
schreibung und Messung denken wir uns das Steinbeil 
hochkant gestellt: infolgedessen reden wir von einer 
Schneidenhöhe, von einer größten Breite des Beils, 
von links nach rechts gemessen, von einer Beillänge, 
von vom nach hinten gemessen. 

Bei der Mehrzahl der Steinbeile verjüngt sich der 
Körper des Beils allmählich nach dem Bahnende zu, sehr 
selten ist die absatzweise Verlängerung des 
Schneidenteils nach unten. 

Einzig in seiner Art unter den Steinbeilen der Graf- 
schaft Camburg ist ein Steinbeil mit dünnem, breitem 
Schneidenteil und scharf abgesetztem, schmälerem, 
abgerundetem Bahnendenteil. £s erinnert in seiner Form 
an die Absatzcelte, eine Bronzebeilform, die einen Quer- 
steg zwischen Schaftteil und Schneidenteil haben, damit 
das Beil beim Schlag nach hinten nicht ausweichen kann. 
Entsprechend diesem bronzenen Absatzcelt können wir es 
Absatzbeil nennen. 

Zur größeren Festigung der Steinbeile am Schaft und 
zur hammerartigen Verwendung des stumpfen Bahnendes 
versah man die Steinbeile mit einer quer über die Mitte 
des Beilkörpers verlaufenden Rille. In diese Rille hätte 
man die OrifPgabel stecken und die Kreuzstelle mit Schnuren 
fest umwickeln können. Die mir bisher bekannten quer- 
gerilltenSteinbeile haben aber alle eine geradflächige 
Schmalseite und eine gewölbte, und diese Eigentümlichkeit 
gibt uns einen Anhalt für die Art der Befestigung mit dem 
Griff. Das Beil wurde nämlich mit dieser geradflächigen 



108 I^ie vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 

Schmalseite auf den einen Arm eines rechtwinklig gebogenen 
HolzgrifPes mit Lederriemen fest aufgeschnürt, die ihrer- 
seits in der Rille ihren Halt fanden. Diese Form der 
Steinbeile ist selten. 




Fig. 18. V2. 



A. Yierkantige Steinbeile mit breitem Bahnende. Sehneiden- 

h)(he gleieh oder wenig höher als mittlere Beilhöne, deutliche 

Sehmalseiten. Seitenwangen flach gewölbt oder gerade. 

(Fig. 18, 19)^). 

SteinbeO, mittelgroß, schön gesclüiffeD, Seiten wangen flach 
^wölbt, Schmalseiten geradflächig, »chneidenhöhe gleich der Höhe 
des Bahnendes, Schneide gebogen ; aus Diabas. lAnge 11 cm, Schneiden- 
höhe 4 cm. Schwere 227 g. (ES 58.) 

Steinbeil mittel- 
groß (Fig. 18) , schön 
geschliffen an der 
Schneide und den ge- 
radflächigen Schmal- 
seiten,nachdem Bahn- 
ende sich kaum ver- 
jüngend. Seitenwangen 
roh, Schneide gebogen. 
Bahnende abgerundet ; 
aus Grauwacke, Umse 
9,5 cm, Schneidenhöhe 
4 cm. Schwere 121 g. 
lES 31.) 
Mittelgroßes, dickes Stein- 
beil, gescUiffene Schneide und 
Schmalseiten , Seitenwan^en 
flach gewölbt, nach dem Bahn- 
ende sich kaum verjüngend. 
Schneide gebogen , Bahnende 
roh; aus knstall. Schiefer. Lange 
11,2 cm, Schneidenhöhe 4 cm. 
Schwere 215 g. (ES 57.) 

Kleines Steinbeil, gut er- 
halten, leicht gewölbte Seiten- 
wan^n, nach dem Bahnende 
zu sich etwas verjüngend, gerad- 
flächige Schmalseiten , ge- 
glättetes Bahnende; aus Dia- 
bas. Länge 6,3, Schneiden- 
höhe 3,5, Schwere 70 g. (ES 15.^ 
Schön erhaltenes, gut poliertes, vierkantiges, geschliffenes Stein- 

1) In den folgenden Aufzählimgen sind die Funde, welche im 
Berliner Völkermuseum aufbewahrt werden, mit BV, die des G^er- 
manischen Museums zu Jena mit GMJ, die der Schule zu Eckolstedt 
mit ES bezeichnet, die des Henneberger Hauses in Meiningen mit 
HH, die in Heims Privatsammlung mit HPS. 




Fig. 19, 



Die vor- u. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg* 109 

beil mit scharfer, gebogener Schneide, flach gewölbten Seitenwangen *, 
Schmalseiten flach gewölbt, nach dem Bahnende zu sich leicht ver^ 
jungend, Bahnende geschliffen; aus Diabas. L. 7,0, Schneidehöhe 
4,6, Gewicht 88 g. (ES 28.) 

Kleines, gut erhaltenes, vierkantiges Steinbeil mit flach ge- 
wölbten Seitenflächen, Schneide gebogen, nach dem Bahnende sich 
etwas verjüngend, geradflächige Schmalseiten; aus Diabas. L. 5,2, 
Schneidenhöhe 3,1, Gewicht 38 g. (ES 29.) 

Schön erhaltenes, ^t poliertes, vierkantiges Steinbeil aus Diabas, 
nach dem Bahnende sich leicht verjüngend, mit flach gewölbten 
Seitenwangen, halbmondförmig angeschliffener, gebogener Schneide; 
Bahnende abgerundet, Schmalseiten geradflächig. L. 5,8, Schneiden- 
höhe 4,2, Gewicht 62 g. (ES 49.) 

Schön erhaltenes, geschliffenes Steinbeil (Fig. 19) aus Diabas, 
vierkantig, nach dem B^mende sich leicht verjüngend, mit flach ge- 
wölbten Seitenwangen, halbmondförmig angescmiffener, gebogener 
Schneide, Schmalseiten geradflächig; Bahnende geschliffen. L. 6,3, 
Schneidenhöhe 4,2, Gewicht 82 g. (ES 40.) 

Vierkantiges, geschliffenes Steinbeil au» Diabas, nach dem 
Bahnende zu sich kaum verjüngend, Seitenwangen flach gewölbt, 
zum Teil imbearbeitet. Bahnende roh, Schneide gebogen. L. 6,6, 
Schneidenhöhe 4,0. (ES 12.) 

Gut erhaltenes, geschliffenes, vierkantiges Steinbeil aus kristall. 
Schiefer mit scharfer, gebogener Schneide, nach dem Bahnende 
sich etwas verjüngend, Seitenwangen gewölbt, Schmalseiten gerad- 
flächig, Bahnende abgerundet. L. 5,7, Schneidenhöhe 4,7, Gewicht 
96 g. (ES 46.) 

Geschliffenes, vierkantiges Steinbeil aus Diabas, nach dem 
Bahnende sich wenig verjüngend, Schmalseiten abgerundet, Seiten- 
wangen flach gewölbt, Schneide gebogen. L. 6,0, Scnneidenhöhe 4,8, 
Gewicht 82 g. (ES 38.) 

Geschliffenes, vierkantiges Steinbeil aus Diabas, nach dem 
Bahnende zu sich etwas verjüngend, Schmalseiten abgerundet. 
Schneide gebogen, Seitenwangen flach gewölbt. L. 6,0, Scnneiden- 
höhe 4,8, Gewicht 75 g. (ES 39.) 

Großes, schön geschliffenes, vierkantiges Steinbeil aus fein- 
körniger Grauwacke, nach dem Bahnende zu sich etwas verjüngend, 
mit geradflächigen Schmalseiten und geradflächigen Seiten wangen. 
Schneide gebogen. Bahnende abgebrochen. Schneidenhöhe 6,0. (ES 13.) 

Grosses, geschliffenes, vierkantiges Steinbeil aus Diabas, nach 
dem Bahnende zu sich etwas verjüngend, Schmalseiten geradflächig, 
Seitenwangen kaum gewölbt. Schneide gebogen. Bahnende fehlt. 
Schneidenhöhe 6,5. (ES 54.) 

Mittelgroßes, geschliffenes, dickes Steinbeil aus Buntsandstein, 
nach dem Bahnende zu sich kaum verjüngend, Schmalseiten gerad- 
flächig, Seitenwangen flach gewölbt. Schneide fehlt. Bahnende ab- 
gerundet. Mittlere Höhe 4,7. (ES 89.) 

Schneidenteil eines großen, vierkantigen Steinbeils aus Quarzit, 
mit geradflächigen Schmalseiten und geradflächigen Seitenwangen, 
Schneide gebogen. Schneidenhöhe über 5,0. (ES 26.) 

Schneidenteil eines mittelgroßen, vierkantigen Steinbeils aus 
kristall. Schiefer mit leicht gewölbten Seitenwangen, Schneide ge- 
bogen. Schneidenhöhe 5,0. (ES 41.) 

Schneidenteil eines abgerundet vierkantigen Steinbeils aus 



110 Die vor- u. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 

Diabas mit flachgewölbten Seiten wangen, Schneide gebogen. Schndd^i- 
höhe ca. 5,5 cm. (ES 4a) 

Hierzu kommen von derartigen Steinbeilen im Völker- 
museum zu Berlin: 

Ein sehr kleines Steinbeil aus grünem CJestein, L. 5,0, 

Schneidenhöhe 3,0. (BV II b. 1102.) 

Eins aus grauem Gestein, L. 6,0, Schneidenhöhe 4,0. (BV 1103.) 

Eins aus grünlichem Gestein, L. 10,0, Schneidenhöhe 5,1. (BV 1225.) 

Eins aus grauem Gestein, L. 7,5, Schneidenhöhe 5,0. (BV 1529.) 

Eins aus grauem Gestein, L. 23,0, Schneidenhöhe 10,5. (BV 2344.) 

Eins 8,5 cm lang, Schneidenhöhe 6,5. (BV 2618.) 

Ein flaches Feuersteinbeil, 10 cm lang, verjüngt sich nach 

dem Bahnende zu stärker. Bemerkenswert ist das Stück als eins 

der wenigen aus Feuerstein gefertigten. (BV 2423.) 

Im Henneberger Haus in Meiningen ein Steinbeil mit 

abgestumpfter Schneide. 

B. Vierkantige Steinbeile, nach dem Bahnende sieh ver- 
jüngend, Sehneide gebogen, Sehmalseiten geradfläehig, Seiten- 
wangen gewölbt, nach dem Bahnende zn stark konvergierend. 

Schön erhaltenes, mittelgroßes, geschliffenes, vierkantiges Stein- 
beil aus kristalL Scliiefer, nach dem Bahnende zu sich verjüngend. 
Schneide gebogen, Schmalseiten geradflächig, Seitenwancen eewölbt, 
nach dem Balmende zu stark konvergierend. L. 9,2, Scnneiaenhöhe 
7,2, gr. Dicke 3,6, Gewicht 315 g. (ES 45.) 

Geschliffenes, vierkantiges Steinbeil aus Diabas, nach dem 
Bahnende zu sich verjüngend, Schmalseiten geradflächig, Seiten- 
wangen gewölbt, nach dem Bahnende zu stark konvergierend. L. 7,0, 
Schneidenhöhe 6,0, gr. Dicke 2,2, Gewicht 130 g. (ES 35.) 

Schön erhaltenes, fein poliertes, vierkantiges Steinbeil aus Diabas, 
nach dem Bahnende sich verjüngend; Schneide gebogen, halbmond- 
förmig angeschliffen, Schmalseiten geradflächig, Seiten wangen ge- 
wölbt, nach dem Bahnende zu ziemlich stark konvergierend. L. 5,5, 
Schneidenhöhe 5,5, gr. Dicke 2,2, Gewicht 88 g. (ES 37.) 

Schön erhaltenes, kleines, fein poliertes, undeutlich vierkantiges 
Steinbeil aus Diabas, nach dem Bahnende zu sich verjüngend, Schneide 
kaum gebogen, Schmalseiten geradflächig, Seiten wangen flach ge- 
wölbt, nach dem Bahnende zu konvergierend. L. 4,0, ^hneidenhöhe 
3,8, gr. Dicke 1,1, Gewicht 25 r. (ES 25.) 

Kleines, vierkantiges Steinbeil aus Diabas, nach dem Bahnende 
zu sich verjüngend, Schneide gebogen, Schmalseiten geradflächig, 
Seitenwangen kaum gewölbt. L. 4,5, Schneidenhöhe 3,5, gr. Dicke 1,1, 
Gewicht 25 g. (ES 52.) 

Kleines, vierkantiges Steinbeil aus Diabas, nach dem Bahnende 
zu sich verjüngend, ^hneide gebogen, Schmalseiten geradflächig, 
Seitenwangen flach gewölbt. L. 5,0, Schneidenhöhe 4,5, gr. Dicke l3. 

(ES 21.) 

Kleines, vierkantiges St^beil aus Diabas, beschädigt, nach 
dem Bahnende zu sich verjüngend. Schneide gebogen, Schmalseiten 
geradflächig, Seitenwangen flach gewölbt. L. 6,0, ^hnddenhöhe 5,0, 
gr. Dicke 2,3. (ES 42.) 

Gleichartiges aus Diabas, klein, beschädigt. L. 5,0, Schneiden-^ 
höhe 4,0. (ES 11.) 



IMe Tor- IL frühgeBchi(^tL Fimde der Grafschaft Ckmburg. Hl 



Mittelgroßes, geschliffenes, vierkantiges Stdnbeil aas Diabas, 
nach dem äEihnende sich stark verjüngend, Schmabeiten geradflächig. 
L. 93, Schneidenhöhe 4,0, Gewicht 120 g. (ES 47.) 

Kleines, gut poliertes Steinbeil aus Diabas, nach dem abge- 
schräjgten Bahnende zu sich verjüngend; eine Schmalseite eerad- 
flachig, an der anderen stoßen die &sitenwan^en in einer scharfen 
Kante zusammen. Seitenwangen sehr flach gewölbt. L. 5,8, Schneiden- 
höhe 33, CT, Dicke 1,3, Gewicht 37 g. (ES 51.) 

Em Bruchstück eines derartigen Steinbeils von mittlerer Größe 
aus grünlichem Gestein mit feinen dunkleren Sprenkeln ist im 
J^iaer Museum. 

Zu diesen Steinbeilen mit sich stark verjüngendem Bahnende 
kommen im Berliner Völkermuseum: 

Eins, 7 cm lang. (BV 1411.) 

Eins aus grauem Gestein, 6,5 cm lang, 6 cm Schneidenhöhe. 

(BV 1530.) 

Eins aus grauem Grestein, 8 cm lang, 6^/, cm Schneidenhöhe. 

(BV2103.) 

Eins, 8 cm lang, 7 cm Schneidenhöhe. (BV 2619.) 

C. Steinbeile mit spitzem Balinende, flaeh gewölbten Seiten- 
wangen, die an Steile der Sehmalseiten oben und unten in einer 
melir oder weniger seliarfen Kante znsammenlanfen, Selineide ge- 
bogen. (Fig. 20.) 

Kleines derartiges Steinbeil 
(Fig. 20) mit breit-htubmondförmig 
angeschliffener Schneide, aus Diabas. 
Seiten wangen in abgerundeter Kante 
aneinander stoßend, nach dem Bahn- 
ende zu stark konvergierend. L. 6,6, 
Schneidenhöhe 5,6, gr. Dicke 1,9, 
Gewicht 67 g. (ES 36.) 

Mittelgroßes , gleichartiges 
Steinbeil aus Diabas. Seitenwangen 
in abgerundeter oberer imd unterer 
Kante aneinander stoßend, nach 
dem Bahnende konvergierend. L. 
8,0 cm, SchnddenhÖhe 4,0, gr. 
Dicke 2,0, Gewicht 129 g. (ES 44) 

Mittelgroßes , deicharti^es 
Steinbeil aus Diabas, stark beschädigt 
Schneidenhöhe 5,1. (ES 34.) 




Fig. 20. V,- 



B. Steinbeile vieriointig mit breitem Bahnende. Sehneidenhöhe 

geringer als mittlere Beilhöhe, deutliehe geradnäehige Sehnud- 

sdten; Seitenwangen gewölbt. (Fig. 21.) 

Mittelgroßes Steinbeil dieser Art aus Diabas, Bahnende fehlt; 
Seitenwangen flach gewölbt. Schneidenhöhe 3,2, mittlere Beilhöhe 
4,5, gr. Dicke IJß. (ES 27.) 

Mittel^oßes Steinbeil dieser Art aus Diabas, Seitenwangen 

fewölbt. L. 8,0, Schneidenhöhe 3,0, mittlere Beilhöhe 4,0, gr. Dicke 
,3, Gewicht 151 g. (ES 19.) 



112 Die vor- u. frühgeBchichtL Funde der Grafschaft Camburg» 



Mittelgroßes Stdnbeil dieser Art (Fig* 21) aus Diabas. Seiten- 
wangen gewölbt. L. 10,0 Schneidenhöhe 4,0, gr. Höhe am Bahn- 
ende 5,5, gr. Dicke 2,3. (ES 20.) 




Fig. 21. Vr 

Mittel^oßes Steinbeil dieser Art aus Variolit, mit flach ge- 
wölbten Seitenwangen, beschädigt. L. 7,5, Schneidenhöhe 3,5, gr. 
Höhe am Bahnende ca. 6,5, gr. I)icke 2,5. (£8 24.) 

£• Ein Steinbeil mit absatzweise nach unten Terlängerter Sehneide. 

(Fig. 22.) 
In Schröders Sammlimg von Eckolstedt. L. 12,6, Schneiden- 
höhe 7,2, gr. Dicke 2,5. 





Fig. 23. Vr 



Fig. 22. V*- 

Originell in seiner Form ist ein kleines, zierliches Steinbeil 
(Fig. 23) aus schwarzem Kieselschiefer. Schneide gebogen, scharf, 
Seitenwangen ^radflachig, in abgerundeter Kante ooen und unten 
aneinander stoßend, nach dem Bauende zu sich etwas verjüngend ; 
kleines Schnurloch am Bahnende. Gewicht 20 g. Vielleicht ist 
es als Amulet getragen worden. Als Beil hat es bei der Weichheit 
des Materials sicher nicht Verwendung gefunden. (ES 50.) 

n. Steinaxt«. 

Diesen undurchlochten Steinbeilen stehen die wnchtigerdn 
Steinäxte gegenüber mit Schaftloch. Ein gewaltiger 



Die vor- u. frühgeschichtl. Punde der Grafschaft Camburg. US 

Portschritt in der Technik der Steinwerkzeuge ! Die S ch a f t- 
löcher wurden in der Mehrzahl mit einem Hohlbohrer 
hergestellt, selten mit einem Vollbohrer. Als Hohlbohrer 
diente ein querdurchbrochener Röhrenknochen, ein quer- 
durchsägter Holunderast. Nach den vielen Bruchstücken 
zu urteilen, die uns in den verschiedensten Stadien der 
Bearbeitung vorliegen, verlief die Herstellung einer Stein- 
axt mit Schaftloch folgendermaßen. Man schlug den ge- 
wählten passenden Stein grob zu, so daß er im ganzen die 
Axtform bekam. Dann begann man mit der Bohrung. Der 
Hohlbohrer wurde auf die obere Fläche aufgesetzt, die an der 
Bohrstelle mit angefeuchtetem Sand bedeckt war. Mit 
einem halbkugelförmigen Stein druckte man den senkrecht 
stehenden Bohrer an und brachte ihn durch eine umgelegte 
Schnur, die bald nach rechts, bald nach links gezogen 
wurde zur Drehung, wie einen Kreisel. Die Bohrlöcher 
sind meist konisch, nach unten stärker werdend, kreisrund. 
Dementsprechend auch die ausfallenden Bohrzapfen. 
Bei genai&er Betrachtung lassen sich unschwer die vom 
Bohren erzeugten spiralförmigen Kritzel am Zapfen und im 
Bohrloch erkennen. Das Schaftloch sitzt bei der großen 
Mehrzahl der Äxte mehr nach dem Bahnende zu, oft an 
der Grenze zwischen vorderen zwei und hinterem ein Drittel. 
War nun die Durchbohrung gelungen, so wurde die Axt 
sorgfältig geglättet und geschärft. — Die Schneide 
steht wie bei den Steinbeilen senkrecht. Die Seiten- 
Wangen sind meist symmetrisch, das Bahnende gerad- 
flächig angeschliffen oder abgerundet. 

Beim Schlag war die links und rechts vom Schaftloch 
befindliche. Schneiden- und Bahnendenteil verbindende 
Brücke die gefllhrdeteste für den Bruch des Gerätes. Und 
in der Tat zeigen die meisten Bruchstücke zerbrochener 
Steinäxte hier die Bruchfläche. Dieseni Mangel half man 
durch Verstärkung dieser seitlich vom Schaftloch gelegenen 
brückenfonnigen Seitenwangenpartie ab. Aus der ursprüng- 
licheren dreieckigen Form des Horizontaldurchschnitts, wird 

xxn. 8 



114 Die vor- n. fröbgeschiditL Funde der Gxafechaft Ofonbiug. 



ein BliombuB. Die Seitenwan^n sind nicht mäsr ein&che^ 
zur Schneide konvei^rraide i^iachen, sondern stumpf- 
winklig gebrochene. 

m. Aicthämmer. 

Den Abschluß dieser JSntwiokelungsreihe bilden schliei^ 
lieh die Azthämmer, bei welchen, wie der Name 
sagt, das sorgfältig bearbeitete Bahnende als Hammer 
verwendet wurde, 4lie Schneide als Axt. Wahre Prunk- 
stücke sind die polygonal face ttierten Axthäm- 
mer, bei denen eine Reihe von angeschliffenen Längs- 
flächen die Seitenwangen zieren. 

Steinäxte von dreieekiger Gmndflftdie. 

Sdir gut erhaltene Steinaxt dieser Art: Fig. 24 von oben^ 
Fig. 24a s«itlidi gesdien. Die Steinaxt ist schön poliert, aus nauem 
Gestein, das Bannende abgerundet, unre^mäUig, die Schneide 
scharf, senkrecht. Das Schaitloch ist an der Grenze des hinteren 
und mittleren Drittete der ganzen Axtlange angetobcht. £s ist oben 
enger als unten (23 : 2,5 cni), verläuft von ol^n etwas nach rechts 
hinten unten. Der obere Lochrand ist abgestumpft, der untere 




I Fig. 24 Vr 






Rg. 24a. V4. 



Fig. 25. V4. Fig.2beL. V*- 



Lochnuad scharf. Im Bohrlodi sind an der hinteren Wand fänf 
parallele, 1 mm weit vonmnander entfernte KnU;zlinien sichtbar; 
sonstige Wandung des Lodis spiegelglatt poliert, ganz ver- 
einzelt kaum merkfidie Olattkritzd von ODen ntiäi unten. L. 18 cm^ 
gr. Brdte in der Ebene des Bohrlochs 6,5 cm, gr. Hohe 4,0, Gewicht 
828 g. (ES 3.) 

GlöehartigeSteinaxt, Fig. 25 von oben, Fig. 25a von unten, 
aus grauem Gestein, mit geradflächigen Schmalseiten und nach der 
stumpfen Schneide zu ällmälich konverderenden S^nwangen. Das- 
Exemplar ist beeaaderB wertroll und leEneich, d& ider die Schaft- 



Die vor- u. IriihgeBchichtL Ponde der Qrafiachaft Cambuxg. 115 



lochbohrang an der Grenze des Jbdnteren und mittierBn Drittds an- 
gefeuig«! und nicht vollendet ist. Der Bohmpfen «teht noch im 
Sofailoch. Bohrung 14 mm tief, Bohrloch 16 mm Durchmeaser, 
Bdtncza^pSea oben 6 mm. Nach links hinten ist die ümgebonff des 
BohrloäiB durch falsche Bohrung erweitert Bichtuag des Bohr- 
lochs Ton hinten oben nach vom unten. Ein zweiter Bohrversucii 
wurde auf der Unterseite gemacht, 2 mm tief, 17 mm im Durch- 
messer. Bohrzapfen oben 10 mm. L. 11,5, gr. Breite in der Quer- 
ebene des SchafUochs 4,1 cm, Höhe 2,5 cm. Gewicht 225 g. (ES 105.) 

Bruchstück einer gleichartigen Steinaxt Das grünliche 
G^estelnstück ist auf allen Seiten nodi rauh, nur eine Schmalseite 
zei^ SagekritzeL Auf d^ zur Oberseite bestimmten Fläche ist das 
SchafÜoch halb gebohrt, der Bohrzapfen zur Hälfte noch fest im 
Bohrloch, Bohrkntzel stellenweise parallel laufend, 1 mm von- 
einander entfernt Das Stück beweist, daß man die Bohrung vor 
der feineren Glättung an nur roh axtförmig zubehauenen Stücken 
vornahm. (ES 103.) 

Bruchstück einer mittelgroßen, durchbohrten Steinaxt, aus 
gnmem G^tein mit grünlichen Streifen, gut poliert Lochwandung 
mn glattpoliert. Unter- und Oberfläche eben, Bchmalseiten zur 
Schneide konvergierend. Bahnende breit L. ca. 12^, Loch zwischen 
3,5—6 cm der Lange, Höhe des Bohrlochs 4,6 cm. (ES 4:) 

Hier einzureihen sind 3 Steinäxte von dreieckiger Grundfläche 
aus dem Völkermuseum in Berlin: 

Schmale Stdnazt aus lachwaxzem Gestein, mit langer, sdiarler, 
sttikrecht gebogener Schneide, breitem, abgerundetem Bahnende. 
L. 14,0, er. Br. 3^5. (BV 2346.) 

Dickere Steinaxt ans schwarzem Gestein, mit senKrecht ge- 
botener Schneide, breitem, abgerundetem Bahnende. L. 13,2, gr. 
Br. 6,0. (BV 2347.) 

Eine ebensolche aus schwarzem Gestein. -L. 12,0, gr. Br. 5,0. 

(BV 2348.) 

Axthttmmer von rhombiseher Qnoidiftelie. 

Axthammer dieser Form mit kreisrundem Bohrloch und 
einem zweiten Bohnrersuch auf der Oberfläche, flg. 26 von oben ; 
die Seitenansicht, Fig. 26a, zeigt 
eiae Beihe angescaUffener Facetten. 
L. 13A Schneidenhöhe 3,0, er. Br. 
5 cm. Privatsammlung von Sdiröder 
in Hainichen. 

Bruchstück eines mittelgroßen, 
durchbohrten Axthammers aus 
miuem Gestein, Schneide bis Hälfte 
Bohrloch 7 cm, Höhe des Bohr- 
lochs 5 cm, Schneidenhöhe 4,5 cm. 
Schneide stumpf. Im Inneren des 
Bohrlochs ca. 57 Bohrkntzel quer, 
fast parallel laufend. (ES 107.) 

Brudistück eines mittelgroßen, 
durciibohrten Axthammers aus grau- 
erünem Gestein. Höhe im fiohrloöh 

4^ cm, Bohrloch spiege^latt innen pofiert, beredmete, towefiliFe 
Hammerlänge lOV, cm. (ES 5.) 

8* 





Fig. 26. 



Flg. 2&i. V*- 



116 Di6 vor- u. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 



Hintere Hälfte eines großen, breiten Axthammers mit 
größtem Teil des Bohrlochs, aus schwarzgrauem Gestein. Bohrloch 
oben 18 nmi. unten 22 nmi. Im Innern parallele, 1 mm voneinander 
entfernte Bohrkritzel, seichtere Bohrversuche rechts und links vom 
unteren Bohrloch; Höhe des Hammers im Bohrloch 4 cm, unge- 
fähre Breite 8,5 cm, Länge ca. 15 cm. (ES 106.) 

Schneidenteil eines großen Axthammers aus grünlichgrauem 
Gestein. Schneide abgestumpft, Schneide bis vorderen Bohrlochrand 
11 cm, Bohrlochdurdunesser 2,2, Breite in der Querebene des Bohr- 
lochs ca. 6,5, Höhe des Bohrlochs 5 cm. (ES 10.) 

Bruchstück eines mittelgroßen Axthammers mit halbem 
Schaftloch, aus grünem Gestein. Durchmesser des Schaftlochs 23 cm. 

(ES 9.) 

Ebensolches aus nrünem Gestein, Lochdurchmesser 2,5 cm. (ES. 8.) 

Breites Bahnende eines ^oßen Axthammers mit halbem 
Bohrloch, aus grünlichgrauem Gestein. Bohrloch 2,4 cm im Durch- 
messer, viel senkrechte Glättkritzel in der Bohrlochwandung. (ES. 7.) 

Ebensolches aus grauem Gestdn mit Bohrlochhälfte. Bohrloch- 
durchmesser 2,4 cm. (ES 109.) 

Scharfe Schneide eines großen Axthammers, hell^au mit 
dunkleren Flecken. (ES 110.) 

Bruchstück eines Axthammers mit ^4 Bohrloch, aus ^nem 
Gestein. Bohrkritzel in der Bohrlochwandung. Ereisbogenkntzel an 
der Oberfläche um das Loch. Durchmesser des Schaftlochs 2,4 cm. 

(ES 104.) 

Ein Prachtstück der Sammlung ist ein polygonal facettierter 
Axthammer (Fig. 27 von der Seite, Fig. 27a von unten) aus 

grauem Gestein, sehr fdn 

Eoliert. Die Schneiden- 
öhe ist absatzweise nach 
unten verlängert, die Seiten, 
Wangen zu oeiden Seiten 
des Bohrlochs verstärkt. 
Die Schneidenhälfte zählt 
17 Facetten, das Bahn- 
ende ist ein Sechzehneck. 
Das Schaftloch ist unten 
und oben gleich weit im 
Durchmesser 1,9 cm. Wan- 
dung innen gut poliert, 
man sieht nur Glättkritzel 
von oben nach unten. L. 
18,8, Sclmeidenhöhe 5,0, 
Schaftlochhöhe Sß, Breite in der SchafÜodiquerebene 5,0, Gewicht 
522 g. (ES 2.) 

Bruchstück (Bahnende mit 7^ Schaftloch) eines polygonal 
facettierten Axthammers aus grünhchgrauem Gestein, 12 Facetten, 
Bohrlochdurchmesser 2,2 cm, Höhe des Bohrlochs 4,4 cm. (ES 6.) 
Ein polygonal facettierter Hanuner aus schwarzem Gestein, 
13 cm lang, mit zur Seite des Schaftlochs verstärkten Seitenwangen, 
nach unten allmählich verstärkter Schneide, li^ im Berliner Völker- 
museum aus Eckolstedt. (BV II b 2607.) 




Fig. 27. V*- 




Die vor- u. frühgeechichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 117 



Bohrzapfen. 

Bohr zapfen (Fig. 28), k^elförmiff, unten am Band glocken- 
förmig umbi^end, Oberfläche raun, Durcmmesser unten 18 nmi, oben 
9 mm, Höhe 2,5 cm. 





Fig. 28. V^. Fig. 28a. Vi- 

Bohrzapfen (Fig. 28a), aus schwarzgrauem Gestein, Achse schräg, 
oberer Durchmesser 13 mm, unterer 18 mm, Höhe 2 cm. (ES 114.) 

IV. Hacken. 

Diesen Steinbeilen, Steinäxten und Axthämmern steht 
eine Form von Steinwerkzeugen gegenüber, die als Hacken 
verwendet worden sind. Wir sehen an einer derartigen Stein- 
hacke eine gut geglättete, geradflächigeUnter fläche 
und eine gewölbte Oberfläche, wiederum das Gerät 
im Gebrauch gedacht, in diesem Falle quer gelegt. Die 
Schneide ist bogenförmig nach rechts und links abgerundet 
und nach oben schnäbelnd ; bei der Beschreibung reden wir 
selbstverständlich hier von einer Schneidenbreite. Bei 
sorgfältig gearbeiteten Exemplaren sind schmale Seiten- 
Wangen angeschliffen. Das Bahnende ist auch hier, weil 
es im Holzgriff stak, mit weniger Sorgfalt behandelt als, 
die Schneidenhälfte, und nach ihm zu verjüngt sich die 
Hacke. Dadurch wird das Bahnende beim Hacken fester 
in den Griff eingekeilt. Selbstverständlich mußte der Griff 
eines derartigen Werkzeuges ein zweiarmiges, ungefähr im 
rechten Winkel aneinander stoßendes Holzstück sein. 

Wir unterscheiden zwei Sorten der Steinhacken: 

1) breite, flache und 

2) lange, schmale, hochgewölbte (schuh- 
leiste nförm ige). 

Die ersteren sind die häufigeren. Eine Durchbohrung 
der Hacken, um dieselben an einen Stiel zu befestigen, ist 
äußerst selten. 



118 Die vor- o. frnl^eschiditL Funde der Gmfscfaftft GambHrg. 



r\ 



v 



Fig. 29- 




A. StelnhaekeB: i»h, Ireit. (Fig. 29.) 
€hx)6j aus Diabas, gpt erhalten, nach dem Bahnende zn sich 
etwas Terjüngend. L. 10^, SchneMenlnreite iß, mittL Dicke 1,5, 
Gewicht 101 g. (ES 79.) 

Mittelgroß, aus Diabas, ^t er- 
halten. L. 6,5, Schneidenbreite 4,0, 
mittL Dicke 1,1, Gewicht 42 g. (ES 84.) 
Klein, aus Diabas, gut erhalten, 
nach dem Bahnende zu sich verjüngend. 
L. 53) Schneidenbreite 3,6, mittL Dicke 
1,0, (3tewicht 22 5. (ES 74.) 

Kl&Jif aus Diabas, nach dem Bahn- 
ende zu sich verjängend. L. 5,7, 
Schn^denbreite 4,5, mittl. Dicke 1,2, 
Gewicht 49 g. (ES 83.) 

Mittelgroß, aus Diabas, nach dem 
Bahnende zu sich etwas yenüngend, 
gut erhalten. L. 7,1, Schneidenbreite 
4,0, mittL Dicke 1,2, (3tewicht 61 g. (ES 32.) 

Mittelgroß, aus Diabas> sehr gut erhalten. L. 6,5, Scmneiden- 
breite 33, mittL Dicke 1^, (Gewicht 50 g. (ES 33J 

Mittelgroß, aus Diabas, gut erhalten. L. 6,0, Schneidenbreite 
4,2, mittl. Dicke 1,5, (3tewicht 67 e. (ES 65.) 

Mittelgroß, aus Diabas, Bahnende roh, sonst gut erhalten» 
L. 5,0, Schneidenbreite 4,3, mittl. Dicke 1,4, (3tewidit 46 g. (ES. 66.) 
Mittelgroß, ans Diabas, schönes Exemplar (¥ig. 29), hidbmond- 
fönniger Schliff der Oberfläche nach der Senneide zu. L. 5,6, 
SchnSdenbreite 4,0, mittl. Dicke 1,0, Gewicht 39 g. (ES 67.) 

Mttelgroß, aus Diabas, Schneide etwas beschSdigt L. 7,2, 
Schneidenbreite 5A mittL Dicke 1,1, Ctewicht 75 g. (ES 8L) 

Mittelgroß, aus Diabas, vollständig, eine angeschliffene, gorad- 
flachige Seiteiwange. L. 6,3, Schimdenbreite 4,5, mitd. Dkke 1,0, 
Gewidit 51 g. (ES 85^ 

Klein, aus Diabas, vollständig, angeschliffene, geradfifichige 
Seitenwangen. L. 5,0, Schneidenbreite 3,7, mitH. Dicke Ofi, Gewicht 
29 g. (ES 70.) 

Klem, aus Diabas, beschädigt, angeschliffene Seitenwangen. 
L. 6,0, Schneidenbreite 4,0, mittL Dicke 1,0, Gewicht 38 g. (ES 71.) 
Zierlich, dünn, gut euialten, aus Diabas, angeschhf&ie Seiten- 
wangen. L. 5,7, Sdmeidenbreite 2,5, mittL Dicke 0,7, Gewicht 22 g. 

(ES 72.) 
Klem, etwas beschädigt^ aus Kieselschiefer. L. 4^, Schneiden* 
breite 3,2, mittl. Dicke 0,7. (ES 73.) 

Mitt^roß, aus Diabas, angeschliffene, ga^flachi^ Seiten- 
wangen. L. 7,0, Schneidenbreite 4,5, mittl. Dicke 1,0, Gewicht 63 g. 

(ES 86.) 
Mittelgroß, aus Diabas. L. ßfi, Schneidenbrette 53, mittl. 
Dicke 1,8, Gewicht 102 g. (ES 87.) 

Mittel^oß, aus Diabas, sehr glattpoliert, angeschliffene gerad- 
fifichige Seitenwangen. L. 6,5, ^hneid^breite 5,0, Gtowicnt 72 e, 

(ES 88!) 

Schneidenteil einer größeren derartigen Hacke, aus Diabas, 

Schneidenbreite 5,7, mittL Dicke 2,2. (ES la) 



Die Yor- u. frahgeschiditL FmMle der Grafschaft Cambarg. 1 19 



Schpeidenteil einer mfieren deraxtigeii Hacke, aoB Diabas, 
Schneidenbreite 7,0, mittl. Dicke 1.^. (Eö^ 60.) 

Bmdustä^ einer größeren derartigen Hacke ans Diabas. 
Bl^te 6,6, Dicke 1,4. (ES 7a) 

Ramiende einer Meinen, derartigen Hadre avus Diabas. (ES 68.) 

Vollständiee, geschliffene derartige Hacke aus Diabas; scharf- 
kantiges, seitlicheB Aneinanderstofien Ton Ober- nnd Unterfiäche. 
JL 6,8, Scfaneidenbreite 4^ mtttl. Dicke 1,1. (ES 10^) 

Kleinere, dicke derartige Hacke aus Diabas, mit anffeschliffeneD 
Seitenwangen. L.7i), Schnodenbreite 4,7, mittl. Didce S2 ! Gewicht 
127 g. (ES 96.) 

Schneidenteil einer großen, breiten derartigen Hacke aus Diabas, 

feradflächige Sdtenwangen angeschliffen. Gr. Breite 5,3, mittl. 
)icke 2,4. (ES 16.) 

Hierzu kommen aus dem Berliner Völkermuseum: 

Steinhacke ausgrauem Gestein, mit angeschliffenen Seiten wangen, 
<>,2 cm lang, 3 cm Schneidenbreite und beinahe spitzem Bahnende. 

(BV 2104) 

Eine do^^choi aus diu^dgrauem (Gestein, mit angeschCffenen 
Seitenwangen, 8 cm lan^, 4,5 cm Schneidenbreite. (BV 2105.) 

Aus dem Jenaer liluseum: Steinhacke aus grünlichem G^ 
stein, Sehneide abgesprung^, nach dem. Bahnende zu sich wenig 
verjüngend; gefunden auf der steinzeitlichen Ansiedelung an der 
Hirsdurodaer Grenze. 

Eine gleiche, sehr beschädigt 

Eine fladie Hacke von l&^kolstedt besitzt Pastor Schröder 
(Hainichen), 7,5 cm lang, Schneidenbreite 3,5. 

B. Steinhaeken: long, schmal, hoefagewölbt, sehnhlelstem^tmig^ 

(l^^g. 30.) 

Größere, schön erhaltene derartige Hacke aus feinkörnigem, 
luurtem, einfarbis hellgrauem Sand- 
stein. L. 13,5,größteBreite3,7,miitl. 
Dicke 2,5, Gtewidit 255 g. (ES 94) 

Mittelgroße, gut erhalt^ie dex- 
arti^ Hacke (Fig. 30) aus Diabas. 
L. 10,6, gr. Breite 4 cm, mittl. Dicke 

2.2, Gewicht 177 g. (ES 97.) 

Mittelgroße, gut erhaltened«^ 
artige Hacke aus Diabas. L. 10,3, 
gr. Breite 3,0, mittL Dicke 3,0 cm, 
Gewicht 157 g. (ES 93.) 

Kleinere, etwas beschädigte 
derartige Hacke ans Diabas. L. 8 cm, 
gr. Breite 1^, ct. Dicke 1,5. (ES 99.) 

Ebensolche. L. 7ß, gr. Breite 
2,0, gr. Dicke 1,5. (ES 96.) 

Ebenscdche, klein, sehr gut 
erhalten. L. 6,5, gr. Breite 1,8, gr. 
Dtdie M» Gewicht 25 g. (ES 102.) 

Ebeinsokbe. L. 7,0, gr. Breite 

1.3, gr. Dicke 1,6, Gewidit 24 g. 

(ES 101.) 




Fig. 30. Va- 



120 ^^6 ^^^- ^' frühgeBchichÜ. Funde der Grafschaft Cambuig. 

Schnddenteil einer großen derartigen Hacke aus Diabas. Gr» 
Breite 4,7. (ES 95.) 

Bcimeidenteil einer größeren derartigen Hacke aus Diabas. Gr. 
Brdte 3,8, gr. Dicke 3,0. (ES 30.) 

Schneidenteil einer größeren derartigen Hacke aus Diabas. 
Gr. Breite 4,0. (ES 100.) 

Eine hochgewölbte, schuhleistenförmiee Steinhacke, 9,5 cm 
lang, 3,3 cm Schneidenbreite, 2,3 cm gr. Dicke, in Pastor Schröders 
Sammlung (in Hainichen). 

zu Sdir große, langgestreckte, hochgewölbte, nach dem Bahnende 
sich etwas verjüngende, schuhleistenförmige Hacke (Fig. 31) aus 




Fig. 31. V,. 

Diabas. L. 31,3 cm, gr. Höhe 5,1 cm, gr. Breite 3,8, Gewicht 1146 g^ 
5,5 — 7,5 cm vom Bamiende entfernt sind auffällig ca. 25 — 30 quer 
über die Unterfläche verlaufende Kritzel (vielleicht von der Be- 
festigung?). (ES 2.) 

Sehr großes, langgestrecktes, spitz-schuhleistenförmiges, 
hochgewölbtes Steingerät (Fig. 32), sehr schön poliert,:aus 




Fig. 32. V4- 

Diabas. Unterfläche glatt, Schneide wenig aufbiegend, ebenso Bahn- 
ende. Quer durchDohrtes Loch an der Grenze der vorderen 
B/^ und hinteren V4 ^^^^ ganzen Län^e, auf der einen Seite 3 cm 
im Durchmesser, nach der anderen sich verjüngend zu 2,5 cm Durch- 
messer, kreisrund. Im Innern des Bohrlodis circa 50 im ganzen 
spiralig verlaufende Kratzfurchen des bohrenden Instruments sicht- 
bar. Seim Bohren ist auf der einen Seite die Umgebung des Bohr- 
lochs leicht abgesprengt, auch ist der Bohrer einmal ausgelitten 
und hat einen scharfen Kratzer erzeugt. Das Loch verläuft etwas 
schräg. L. 28,9, gr. Breite 5,1, höchste Höhe 5,7, * Gewicht 1552 g» 

(ES 1.) 



Die vor- u. frühgeschicht]. Funde der Grafischaft Camburg. 121 



£in interessantes Stück ist eine senkrecht durchbohrte, 
breite, flache Hacke (Flg. 33) aus schwarzgraueip Eieselschiefer, mit 
angeschliffenen Seitenwangen, gerader 
Unter- , flachgewölbter Obemache. 
Das Bohrloch ist von 2 Seiten her- 
gestellt, das obere hat nidit genau 
auf das untere getroffen. Das Bahn- 
ende fehlt. Lochweite oben 10 mm, 
unten 12 mm. L. ca. 7,0, gr. Breite 
3,3, Höhe 1,2. (ES 112.) 



Von sonstigem Gerät, das 
mit jenen Steinwaffen und Werk- 
zeugen auf Eckolstedter Boden ge- 
funden worden ist, sind zu nennen: 




Fig. 33. Va- 



Fig.34. V2. Fig.35. V2. 



y. Feuersteinmesser. 

Im Jenaer Museum haben wir von da: ein sehr 
schmales (Fig. 34), 4,2 cm langes, 1,1 cm breites. Es ist 
flach dachförmig. 

Ebenso ein kürzeres, aber 
etwas breiteres, 3,8 cm lang, 
1,8 cm breit. 

Ebenso ein dickeres von 2,6 
Länge, 1,5 Breite. 

Ebenso ein kleines von 
stumpf- dreieckigem Querschnitt, 
2,3 cm lang, 0,8 cm breit. 

Ein 3,3 cm langes, 1^3 cm breites, feinklingiges (Fig. 36) 
hat trapezförmigen Querschnitt. 

Ebenso ein 2 cm langes, 1,1 cm breites, etwas kräf- 
tigeres. 

VI. Feuersteinpfeilspitzen. 

Im Völkermuseum wird aus Eckolstedt 
eine Fenersteinpfeilspitze mit Wider- 
haken (Fig. 36) bewahrt, Höhe 6,6; gut 
erhalten. (BV IIb 2420.) 

In Jena eine 3,2 cm lange, 1,2 cm breite ohne 
Widerhaken. 




Fig. 36. % 



122 IHevoi^ v.£rafa|BpaB(^(±tl. FimdederGia&chaftCambuig. 



vn. Steinsaga. 

Eine Steinsäge aus EieselschiefBr, von Droiecksform 
(Fig. 37), ein sehr seltenes Stück. Nacli der Schneida 

zn verdünnt sich das an der Rück- 
seite starke Sägeblatt keilförmig 
und trägt 15 Zähne. Höhe des 
dreieckigen Sägeblattes 3,5 cm, 
Rückenbreite 1,2. Auf der Rücken- 
kante veriänft ein 1,1 cm langer 
Einschnitt (zur Befestigung?). 

(ES iia) 




Fig. 37. Vr 




Fig. 38. V,. 



Vm. SteinmeißeL 

Ein kleiner grauer Stein- 
meißel, 5,5 cm lang, 2,5 gr. 
Breite, vierkantig, mit gerader 
Schneide ist im Berliner Vdlker- 
< ^ ~^ museum (BV üb. 1531.) 

Ein ebensolcher im Jenaer 
Museum aus blaugrauem Schiefer, 
4 cm lang, 2,5 cm breit. Fo. am Lohholz. 

Als Hohlmeißel verwendet werden konnte ein kleines, 

vierkantiges Steingerät (Fig. 38) aus Diabas mit schader 

hohlgeschliffener Schneide, 11 g schwer, 

L. 4,7, Breite 1,7, Dicke 0,8 cm. (ES 55.) 

IX. Zum Schneiden und Sobabeai 
gedient hat ein 8,6 cm langes, 3,5 em 
breites, im ganzen messerförmiges Stein - 
gerät (I^g. 39) mit scharfer Schneide, sehr 
starkem {\fi cm) Rücken. (ES 117.) 

X. Als Wetzstein 
kennzeichnet^ sich ein langes, rechteekagee 
Steingerät aus grünlichgrauem Diabas. 
Fig. 39. Va- ^- ^»2, Breite 3,0, Dicke 1,5. (ES 80.) 




I>ie vor- B. MhgeacMehtL Fimde der GimCschAft Camburg. 123 



Brudbfftück eines ebensoldidny 2,6 cm bniteiif lang- 
glbatreßkbßiif reoliteckigea Wetzsteins ans Eieselscliiefer. 

(ES 76.) 

Ebenso ein 9 cm langes, 2,2 cm breites 
Stück ans Kieselschiefer (Fig. 40), mit trichter- 
förmigem, kleinem Schnurloch an dem einen 
Ende und vielen Kritzeln. (ES 64.) 

Oberes Ende eines ebensolchen aus 
Kieselschiefer, mit zwei seitlichen, einander 
gegenüberliegenden Grübchen zum Einklemmen 
eines federnden Metallbogens. In der Tiefe 
des einen gewahrt man eine grünlidie Ver- 
färbung (Bronze?). Breite 2 em, Dicke 1,4 cm. 

(ES 82.) 

Ein Schleifstein ycm vierseitiger Prisma- 
fOTm mit ausgemuldeter SchleifHäche ist aus 
Qmrzitj 12 cm lang, 3 cm breit. (ES 62.) 




Fig. 4D. 



XL Beibkolben. 

Unter den gesammelten Steinwerkzeugen findet man 
allenthalben ein Gerät in Zigarrenetuiform, im ganzen 
rechteckig, mit abgerundeter oberer und 
unterer Schmalseite. Die glatte, gerad- 
flächige Unterseite, die gewölbte Ober- 
fläche erinnern an die Steinhacken, so 
daß der Gedanke naheliegt, daß man 
diese Art Steingeräte durch Abschleifen 
der Bruchfläche unbrauchbar gewordener 
Exemplare hergestellt hat. Zum Polieren, 
Glätten, Reiben haben derartige Stein- 
gerate gut dienen können. 

Fig. 41. V,. 

Ein derartige« schön eeschliffenes, gut 
erhaltenes Exemplar (Fig. 41) ist in der Eckolstedter Sammlung aas 
Diabas, 12^/, cm lang, 5 cm breit» 3,3 cm hoch, 335 g schwer. (ES 61^) 

Em ebensolches, kleineres aus Diabas. L. 8,0, Breite 4,5, 
Dicke 2,0, 147 g schwer. (ES 91.) 

Ein ebensolches aus Diaban L. 6,6, Bceite 6,0, Didce 2,0, 
159 g schwer. (ES 92.) 




124 ^ie vor- u. MhgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg, 

Ein noch wenig abgeriebenes, derartiges aus Diabas. L. 6/), 
Breite 4,0, Dicke 2,0. (ES 61.) 

Ein gleiches, hergesteUt aus einer breiten, flachen Hacke au^ 
grünlichem, schwarzgesDrenkeltem Grestein im Jenaer Museum. Fo. : 
zwischen Lohhok und Eckolstedt. 

Beweisend für die Verwendung unbrauchbarer Stein- 
beile, Hämmer und Hacken zu derartigen Reibsteinen ist das 
Bruchstück einer durchlochten Steinaxt. Das Stück ist 
mitten durch das Schaftloch zersprungen, die entstandenen 
Bruchflächen durch Beiben abgerundet und glatt geschliffen. 

(ES 111.) 

xn. Beibplatten. 

Zum Zerreiben der Getreidekömer bediente man sich 
fußlanger, ovaler Platten, meist aus einem harten Sandstein, 
als Unterlage und faustgroßer Beibkugeln. Diese ovalen 
Beibplatten wurden durch längeren Gebrauch auf der Beib- 
fläche ausgemuldet, und dies ist das Kennzeichen, an dein 
man sie auch in Bruchstücken erkennen kann. Meist sind 
die übrigen Flächen roh zugehauen. 

Beibplatten sind häufige Funde auf den Eckolstedter 
steinzeitlichen Wohnplätzen. 




Fig. 42. 

Ein schönes Exemplar (Fig. 
42, links von oben gesehen, da- 
neben im Querschnitt) besitzt das 
Jenaer Museum. Es ist 30 cm 
lang, gr. Breite 18 cm. 



Fig. 43. V.. 



Xm. Beibkugelo. 

Große, schwere Reibkugel (Fig. 43) von 8 cm Durchmesser, 
aus graurötlichem Gestein, mit einer fast geraden Fläche, 648 g 
schwer. (ES 124.) 



Die vor- u. frfihgeschidiil. Funde der Grafschaft Camburg. 125 

Eine ebensolche, etwas plattgedrückt, von 9 cm Durchmesser, 
aus Braunkohlenquarzit, 780 g schwer. (ES 123.) 

Eine ebensolche, halbkugelförmig, aus Porphyr, von 63 cm 
Durchmesser, 165 g schwer. (ES 122.) 

XIV, 

Von besonderem Interesse sind 2 halbkugelförmige 
Steingeräte, die vermutlich sum Aufdrücken des Trill- 
bohrers auf den zu durohbohrenden Steinhammer gedient 
haben : Eine 258 g schwere, grausteineme Halbkugel (Fig. 44), 




Fig. 44. Vf 

mit glatter ünterfläche, Durchmesser 6,7, Höhe 4,7. In der 
Mitte derselben seichte, 1,5 cm große Aushöhlung mit vielen 
Kritzeln, die strahlenförmig vom Zentrum nach außen gehen. 

(ES. 125.) 




Fig. 45. 



Ein 167- g schwerer, breit-ovaler Kiesel (Fig. 45) mit 
deichter, zentraler Anbohrung eines Trepanbohrers auf der 
Oberfläche. Die Umgebung des gebohrten Kreises ist durch 
Absprengen der Oberfläche gerauht. Durchmesser 6,5, Höhe 
3,5. (ES 126.) 



126 ^^ ^^^ ^ frfihgeBchichtL Funde der (^hrafsclnftCainbiiig. 



XV. 

Bei der Töpferei könnte ein kleines, zugespitztes, pris- 
matisches Steingei^t aus Eieselschiefer sum Ziehen der 
OmamentUnien gedient haben. (ES 53.) 

XVL SpinnwirteL 
Als £inzelfande sind aiuch eine Bdihe von Sjonnwirteln 
in der Eckokiedter Mar gemacht worden (Fig. 46 — 51). 






Fig. 46. V2. 



Fig. 47. V2. 







Flg. 48. %. 



Fig. 49. Vr 





Fig. 50. V2. 



Fig. 51. % 



Sie haben die Gestalt von großen Perlen. In das zentrale 
Loch wurde ein Stab fest hineingesteckt, so daß das 
Ganze nun eine Spindel darstellte, die mit der Hand nach 
Art einer Tori in rotierende Bewegung versetzt wurde und 
den geeponnenen Flachsfaden auf sich wickelte. Diese Spinn- 
wirtel sind zumeist ans Ton, einige wenige aus St^n. Auf 
der Anfenfläohe sind viele ornamentiert Hure Zeitstellung 
ist unsicher, da sie selbst noch im Mittelalter im Gebrauch 
blieben. 



Die Yor- u. iruhgeBehiclitL Funde der Gnrfmihaft Gamburg. 127 

Tonwirtel «na schwarzmuem Stein (Fut. 46), doppeltkonisch, 
nnverziert, abgerundete Mittelkante. D. 3,7, Höhe 2,1, 28 g schwer,. 
Lochweite oben 12,0, unten 11 mm. (E6 128.) 

Tonwirtel (Fi^. 47), diweltkonisch, unveniert, ediarfe Mittel- 
kante, 8chmutzig-zi^ebx>t. D. 4,0, Höhe 2,2, 29 g schwer, Loch- 
weite oben 11,0, unten 10,0 mm. (ES 129.) 

Tonwirtel, doppeltkoniscfa, Andeutung von Querfurchen um 
die Außenfläche, scnwarzgrau, abgerund^ MitteUcante. D. 4,0, 
Höhe 2,2, 42 c schwer, Lochweite 13 mm oben, 11 unten. (ES 130.) 

Tonwirtel (Fig. 48), doppeltkonisch, mit 4 parallelen Streifen 
oberhalb und 4 paiallelen Streifen unterhalb; des Umbruchs, weiß- 
grau. D. 3,5, H. 2,2, 21 g schwer, Lochweite oben und unten 

9 inm. (ES 131.) 

Tonwirtel, doppeltkonisch, unverziert, gelblich. D. 3,2, Höhe 
1,9, 17 g schwer, Lochweite oben und unten 9 mm. (ES 132.) 

Tonwirtel, doppeltkonisch, weißlich, an einer Stelle orange- 
farben, 4 obere parallele Streifen, 3 untere. D. 2,4, Höhe 1,6, 8 g 
sdiwer, Lochweite oben 6 mm, unten 5 mm. (ES 137!) 

Tonwirtel (Fig. 49), doppeltkonisch, mit scharfer Kante, un- 
verziert, Schwartau, triditerförmige Einsen kung der Oberfläche zum 
Loch. Obere Breite des Trichters 21 mm, Locmdurchmesser 6 mm, 
Doidmiesser der Unterfläche 1,6, gr. D. 3,5, Höhe 1,7, G^ewicht 
16 g. (ES 136.) 

Tonwirtel (Fig. 50), doppeltkonisdi , mit scharfer Kante; 
seichte Einsenkun^ der Oberflache zum Loch, schmutzig-zießahot, 
mit 14 speichenartig vom Zentrum nach der Peripherie yerlau&den 
Schnitten. D. 4,1, Höhe 2,2, Gewicht 21 g, Lochweite oben und 
unten 8 mm, Dim^meseer der Oberfläche 2,2, der Untorfläche 
1,5 cm. (ES 127.) 

Tonwirtel (Fig. 51) von ovalem Längsschnitt, verwaschene 
Oberfläche, an einer Stelle 2 parallele Kreislinien um das zentrale 
Loch des Wirteis sichtbar. Dieselben sind rötlichgelb gefärbt. 
D. 3,2, Höhe 1,9, Schwere 16 g, Lochweite oben und unten 8 mm. 

(ES 135.) 

Wirtel aus bläulichgrauem Stein, 
im Längsschnitt trapmörmig; an 
einer intäten Stelle sieht man einen 
gelbHchweißen, glasurähnlichen Belag 
mit 2 Paar um den Wirtel verlaufenden 
LiBifln. D. oben 3,3, unten 2,2, Höhe 
1,5, Schwere 18 g, Lochweite unten 

10 mm, oben 12 mm. (ES 133.) 



Der jüngeren Bronzezeit 
gehört eine auf £ckolstedter Flor 
gefondeDe Bronzenadel (Fig. 52) 
an, imt xeich verzierter, quer- Fig. 52. 

stehender Kop&cheibe, 10 cm 

kng, der Hab der Nadel ist quergerillt. Im BV. 11 b 
242L 




128 ^^6 ^0^' u* MhgeBchichtl. Funde der Grafschaft Oamburg. 




Auf der Flur Eckolstedt liegt im Korden des jetzigen 
Dorfes eine Wüstung Obergosserstedt. Hierwurden 
slavisohe Scherben mit Kammomament gefunden. Dieselben 
befinden sich jetzt im Jenaer Museum (Fig. 53). Es ist ein 

Bandstück eines großen Topfes 
mit glattgestrichenem, leicht aus- 
' /^x ^»s»' ladendem Rand und 2 Halsbruch- 

(f/ stücke. Das eine System Wellen- 

linien bricht auf dem einen Stück 
Fig. 53. V4' (in der Figur auf dem rechten) 

einmal spitzwinklig um, darüber 
verläuft es in niederen Kämmen; auf dem anderen Stück 
in der Mitte ist der Kamm nur kurz in die noch weiche Ton- 
masse eingetupft, so dass in bestimmten Zwischenräumen 
die Punkte übereinander stehen. Die Tonmasse dieser Gefäße 
ist grau, sehr hart gebrannt. Die Wandung der Oefaße ist 
1 cm stark. 

Einen slavischen Oefäß- 
scherben mit Wellenornament 
besitzt auch die Schule zu 
Eckolstedt. Das Gefaßstück 
ist grau, gut gebrannt, die 
Masse mit Sand reichlich ge- 
mengt, Gefäßwandung 9 mm 
stark. 

Ebenda wird auch ein 
Gefäßbruchstück aufbewahrt 
(Fig. 54), welches auf seiner 
Außenfläche mit 3 Reihen ge- 
stempelter Ornamente verziert ist. Jede Stempelreihe 
ist mit einem anderen Stempel ausgeführt. Die oberste, 
dem Hs^lsübergang nächste Reihe ist mit einem rechteckigen, 
mit 5 parallelen Leisten versehenen Stempel hervorgebracht, 
die mittlere mit einem etwas größeren, ebenfalls rechteckigen 
Stempel, der durch eine Längsleiste in zwei Hälften, jede 
Hälfte wieder in 9 Rechteckchen geteilt ist. In der dritten 




Fig. 54. 



Die Tor- u. frühgeechichtL Funde der GralBchaft Cambüig. 129 

Reihe sind Stempeleindrücke eines achtspeicliigen Bades. Der 
Scherben gehört zu einem groüen, terrinenartigen, henkel- 
losen Tongefäß von grauer Farbe. Die Masse ist gleich- 
mäßig durchsetzt mit rötlichen und weißlichen Quarzstückchen. 
Die Gefaßwand hat am oberen Bauchteil 9 mm Durchmesser. 
Aehnliche Oefäße mit fast denselben rechteckigen 
Stempeln finden sich unter den merovlngisohen Altertümern, 
die den Beihengräbem bei Nordendorf in Schwaben ent- 
nommen sind. 

2. MünohengoBserstedt. 

Von Münchengosserstedt liegen nur Einzelfunde vor: 
Steinbeile, Steinäxte, Hammeräxte, breite und hochgewölbte 
Hacken, Beibsteine, Topfscherben. Interessant ist ein Stein- 
beil mit Andeutung von Absatz hinter der Schneidenhälfte 
an der unteren Schmalseite und ein Axthammer mit sehr 
weitem Bohrloch, quadratischem Bahnende und sehr langer, 
dünner Schneide. Funde von Münchengosserstedt besitzt 
das Berliner Völkermuseum, das Henneberger Haus in 
Meiningen, das Germanische Museum zu Jena, Herr Heim 
in Gamburg, das städtische Museum in Weimar. Näher be- 
zeichnet wird eine Münchengosserstedter Fundstelle als 
„am Fußweg nach Camburg"; eine zweite als: „am 
Ort Münchengosserstedt". 

Meiner früheren Einteilung folgend, haben wir 

L an vierkantigen Steinbeilen mit breitem Bahn- 
ende, leicht gewölbten Seiten wangen, gebogener Schneide: 

Ein mittä^roßes Exemplar im HH. 

Ein etwas Kleineres, ebenda, aus Homblendeschiefer. 

Ein gleichartiges aus Hornblendeschiefer, mit halbmondförmig 
angeschliffener Schneide, ebenda. 

Ein gleichartiges, ca 8,0 cm lang, ebenda. 

Ein mittelgroßes aus grauem Gestein im BY 1416. Lange 
7,0 cm, Schneidenhöhe 3,0 cm. 

Ein desgL mit ^eradflächig geschliffenen Schmalseiten, in H.P.S. 
Lange 10,0 cm. Breite 2,0 cm. Schneidenhöhe 5,0 cm. 

Ein breites, flaches Steinbeil dieser Art im BV 1030, aus grau- 
braunem Gestein. Län^e 12,0 cm, Schneidenhöhe 6,0 cm. 

Ein ebensolches un BV 2032, aus grauem Gestein. Lange 
Ifi cm, Schneidenhöhe 5,5 cm. 

Ein sehr langes, meißelartiges, ca. 15,0 cm lang, im HH. 

XXII. 9 



130 I^ie vor- u. frühgeschichtL Funde der Gra&chaft Camburg. 

II. Von vierkantigen Steinbeilen, die sich stark 
nach dem Bahnende zu verjüngen, bewahrt das BV ein 
Exemplar (1900) aus grauem G^tein, Lange 8,5, Schneidenhöhe 6,5. 

in. Bikonvexe Steinbeile mit spitzem Bahnende 
gibt es aus Münchengosserstedt 3: 

Ein schönes Exemplar in H.P.S., aus Eieselschiefer, grau mit 
schwarzen Flecken, Lange 9,5 cm, Schneidenhöhe 5,0 cm. 

Ein gleichartiges aus schwarzem Kieselschiefer im HH. 

Ein sehr langes dieser Art (Länge 16,0 cm) im BY 2652. 

IV. Ein Steinbeil, vierkantig, mit geradflächiger oberer Schmal- 
seite und hinter der Schneidenhälfte durch eine Quer- 
rille eingebogter unterer Schmalseite, in H.P.S., Länge 
8,0 cm, gr. Breite 1,5, Schneidenhöhe 4,5 cm. 

Steinäxte von dreieckiger (Grundform mit Schaft- 
loch: 

Ein ca. 8,0 cm langes im HH., gut erhalten. 

Die vordere lange Hälfte einer Steinaxt, mitten durch das 
Schaftloch gebrochen, mit einer zweiten unvollendeten Schaftloch- 
bohrung aus dunkelgrauem (Gestein im BV 2101. Länge 12,0 cm, 
gr. Breite 4,0 cm. 

Ein Bruchstück: Schneidenhälfte eineä ebensolchen mit spitz- 
bodger Vereinigung der Seitenwangen, mitten durch das Schaftloch 
zerbrochen, im HH. 

Ein ebensolches ebenda, Schneidenhälfte. 

Ein ebensolches Bruchstück mit rundlich abgeschliffenen Bruch- 
flächen, wohl als Beiber benutzt, ebenda. 

Eine sehr interessante Hammeraxt im St.M.W. (Fig. 55), 
von sehr schmaler Form, mit gebogener Schneide, quadratischenoi 



Fig. 55. V4. 

Bahnende und sehr großem Schaftloch. Die Hammerende und 
Schneidenteil verbindende Brücke ist kaum 1 mm dick. Län^e 
18 cm, Schneidenhöhe 3,5, gr. Breite in der Gregend des Bohrlochs 
3,0 cm. 

Steinhacken, breit, flach: 

Eine mittelgroße im HH, „vom Fußweg nach Cambuig**. 

Eine mittelgroße mit angeschliffenen Seitenwan^en, Sdmeide 
abgebrochen im G.M.J., aus grünlichgrauem, schiefngem Oestein. 

Eine 11,0 cm lange, 4,5 cm breite im BV (1147), von grünlichem 
Gestein. 

Eine 7,5 cm lange, 4,25 breite, aus grauem, schiefngem Gestein, 
gut erhalten im BV 586. 

Eine 8,5 cm lange, gut erhaltene im BV 2653. 

Bemerkenswert ist eme ca. 10,0 cm lange, breite Hacke mit ab- 
gerundeter Schneide, breiterem Bahnende und Schaftloch, im HH. 

Schuhleistenförmige Steiuhacken, hochgewölbt, 
schmal: 



Die vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafechaft Camburg. 131 

Eine mittelgroße im HH. 

Eine 10,0 cm lange, 2,0 cm breite aus schwarzem Gestein, im 
BV 2102. 

Eine mittelgroße, verhältnismäßig breite, in H.P.S. aus Kiesel- 
schiefer, Länge 9,0 cm, gr. Höhe (Dicke)^V« cm, Schneidenbreite 4,0 cm. 

Eine ca. 15,0 cm lange, meißelartig geformte im HH. 

Ein ^oßes, langes, hochgewölbtes, schuhleistenförmiges Stein- 
gerät mit querdurchbohrtem Schaftloch, planer Unter- 
näche, gemattetem Bahnende, im HH. 

Als Keibkolben benutztes dickes, nach dem Bahnende zu 
sich verjüngendes Steinbeil mit abgebrochener Schneide im G.M.J., 
8,5 cm lang, gr. Breite 5,6, an der Bruchstelle glatt gerieben. 

Ein zigarrenetuiförmiger Beibkolben im BV 1415, aus sdiwarzem 
Gestein, 10,0 cm lang, 4,5 ct. Breite, mit 2 auf beiden Breitsdten 
angefangenen, cylindnschen Bohrungen. 

Ein kugelförmiges Steingerät mit näpfchenartiger zen- 
traler Vertiefung, im HH., faustgroß. 

Ein Bruchstück einer roten Sandsteinreibplatte mit 
Fo.: „Fußweg nach Camburg*, im HH. 

Thonscherben eines großen Gefäßes, schwarzbräunlich, dar- 
unter ein Bandstück mit torquierter Verzierung. Als Fundort für 
letzteres ist ang^eben „am Ort Mimchengosserstedt'S HH. 

3. Sohmiedehansen. 

Im Jnli 1882 berichtet Klopfleisch in der Weimarischen 
Zeitnng von einer Fundstätte am Schmiedehäuser 
Weg. 

Dieselbe war klein. Es fanden sich: 

Knochen dort vom Schaf, ein vollständiges Gebii! des- 
selben, 

und Getreidereibsteine, meist bläuliche Kieselsteine. 

Die Klopfleischschen Fandstücke im Germanischen 
Museum zu Jena tragen die Signatur „Schmiedehausen 
zwischen Ziegelei und Dorf^. Es sind Knochen vom Bind. 
Ein Kästchen ist gefüllt mit harzigen Kömchen und sig- 
niert: „Schmiedehansen vom Altare mit den vielen runden 
Gruben". 

Die Fundobjekte sprechen dafür, daß es sich hier um 
Reste alter Kiederlassungen handelt. Die Zeitstellung 
derselben ist unmöglich. 

Eine zweite Fundstelle: „im Gelände" und eine 
dritte: „am oberen Lindenberg" beutete Heim aus. 

9* 



1 32 ^e ^or- n. frühgeschicbtL Funde der QrafBchaft Camburg. 

Beide liegen am Südwestende des Dorfes. Auch die Fand- 
objekte dieser beiden lassen auf alte WohnstEtten schließen. 
Es wurden gefiinden: 

Scherben rohgearbeiteter Töpfe, mit Quarzkömchen 
reichlich vermengt, 

ein abgebrochenes Henkelstück, 

ein breiter Henkel, 

ein kleiner, ausgebauchter Becher aus Ton mit aus* 
ladendem Bande, zeitlich der Bronzezeit angehörig, 

3 Eiiochenpfriemen , von denen der längste ein zu- 
gespitzter Pferdefußzehenknochen, der mittelgroße ein feder- 
artig zugespitzter zarter Böhrenknochen ist, 

ein Lehmbewurfstück, 

ein kegelförmiger, ein doppeltkonischer Wirtel, mit senk- 
rechten Einkerbungen am Umkreis. 

Zeitlich sicherzustellen sind die Funde einer Herd- 
grube auf Schmiedehäuser Flur, die nach Berlin in das 
Völkermuseum gekommen sind. Die Funde gehören in die 
Zeit der Bandkeramik. Unter Üb 2750 sind als aus 
einer Herdgrube stammend angegeben: 

a) 1 Tonscherben der Bandkeramik (Bogenband); 

b) 1 schuhleistenförmige , hochgewölbte Steinhacke, 

L. 7,6; 1 Bruchstück einer solchen; 
d) 2 Flintmesser, flach, dreikantig; 

f) 1 Klopfstein in Kugelform (L. 8); 

g) 1 ausgemuldeter Mahlstein, L. 25, gr. Breite 25 cm. 
Südwestlich vom Dorfe „an d e r Z i e g e 1 e i" hat Heim 

eine Grabstätte aus der BronaeEoit ausgegraben. In einer 
schwarzen Brandaschenschicht, umgeben von einem Kreis 
hochkant gestellter Steine, wurden 

Tierknochen, 

Umenscherben in reichlicher Menge, 

das Kinnstück eines menschlichen Unterkiefers mit 
3 wagrecht abgekauten Zähnen zu Tage gefördert neben 
einer Anzahl gut erhaltener Bronzen (Fig. 56 — 61): 



Die vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Oamburg. X33 



1) Ein groüer Halsring (Fig. 56), massiv, oval, offen, 
von rnndem Querschnitt, nach rechts schnurformig gedreht, 
mit wenig sich verjüngenden, glatten Enden, die etwas über- 
einander stehen. Weite ca. 17 cm. 





Fig. 57. Vr 



Fig. 58. V.. 



Fig. 56. V,. 




Fig. 59. V2. 



Fig. 60. Vr 



Fig. 61. %, 



2) Ein Oberarmring (Fig. 57), massiv, oval, weit offen, 
von rundem Querschnitt, nach rechts schnurformig gedreht, 
nach den Enden sich etwas verjüngend; die ungedrehten 
Enden mit längs verlaufendem Grätenmuster verziert. 
Weite ca. 11 cm. 

3) Ein Unterarmring (Fig. 58), massiv, oval, offen, mit 
übereinander liegenden Enden, vierkantig im Querschnitt; 
längs der oberen und unteren Kante verläuft ein fortlau- 
fendes, kleinästiges Grätenmuster, quer um die Enden ein 
von einem System paralleler Linien beiderseits eingefaßtes, 
größeres Grätenmuster. Das äußerste Ende schließen kurze, 



134 1^6 vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 

in der Längsachse des Armbandes verlaufende parallele 
Striche. Weite ca. 6 cm. 

4) Ein Unterarmring (Fig. 59), massiv, oval, mit über- 
einander liegenden Enden, schön glänzender Patina; Quer- 
schnitt rund, innen glatt. An den Enden und an 3 gleich 
weit voneinander entfernten Stellen mit einem System 
paralleler, um die Außenfläche des Ringes verlaufenden Linien 
verziert. An den Enden sind diese einseitig, in der Ring- 
mitte beiderseits von entgegengesetzt verlaufenden Fisch- 
grätenmustern begleitet. Weite ca. 7,5 cm. 

5) Ein Unterarmring (Fig. 60), massiv, breit-oval, offen, 
mit übereinander gelegten Enden, Enden etwas verjüngt, 
Querschnitt rund, innen abgeplattet. Ober- und Unterseite 
durch Scheuern an einem anderen beim Tragen stellen- 
weise plattgeschliffen, an den Enden und 3 anderen Stellen 
mit einem System parallel um den Ring verlaufender 
Linien ornamentiert, die in der Ringmitte jederseits von 
einem Fischgrätenmuster begleitet werden. Dicker als 
vorheriger. Weite ca. 8,6. 

6) Ein bronzenes Zierstück (Eig. 61), leicht schalen- 
förmig gemuldetes Blechband, 14 cm lang, 5 cm breit un- 
gefähr, beschädigt, mit 2 den Rändern parallel verlaufen- 
den, eingepunzten Punktreihen, an den Schmalseiten je 
2 zum Teil ausgebrochene gröiSere Löcher. 

Die genannten Funde sind in das Henneberger Haus 
nach Meiningen gekommen i). 

Außerdem sind eine große Reihe von Einzelfiinden 
auf Schmiedehäuser Gebiet gemacht worden, besonders 
auffällig viel Spinnwirtel, wenig Steinbeile und Stein- 
hacken. Die meisten Einzelfunde sind steinzeitliche, einige 
slavische. 



1) In E. Eichhorn, Die Grafschaft Camburg (im 20. Heft der 
Schriften des Vereins für S.-Meiningische Geschichte imd Landes- 
kunde) sind die Ringe auf Tafel Hl ohne Nennung des Fundortes 
abgebüdet, Fig. 6, 2, 8, 5, 4. 



Die vor- u. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Oamburg« 135 

£in kleines, vierkantiges 8teinbeil mit breitem Bahnende 
im HH. 

Ein größeres ebensolches im HH. 

Ein ebensolches mit ^b(^ener Schneide im HH. 

Ein vierkantiges Stembeü, beschädigt, L. 9,5, im BV 2793. 

Ein desgl., nach dem Bahnende zu sich verjüngend, im BV 
2794. L. 7,0 cm. 

Ein desgl. im BV 2748. L. 5,0 cm. 

Ein Stembeil mit spitzem Bahnende im HH. 

Ein des^L mit ovalem Querschnitt, die Schneide nach Art der 
Hacken gekrümmt, aus grauem Gestein. L. 10,0, Schneidenhöhe 
5,5. Im BV Hb 1224. 

Eine durchlochte Steinaxt von dreieckiger Grundfläche im 
HH, mit abgerundetem Bahnende. 

Eine desgl. mit ungleich langen Seitenwang^, in Pastor Schrö- 
ders Besitz, hat eine Län^e von 17,0 cm, Schueidenhohe 2,0, Bahn- 
endehöhe 3,0 cm, gr. Breite 6,7 cm. 

Ein durchlochter Axthammer von rhombischer Grund- 
fläche, L. 10,0 cm. die eine Hälfte fehlt, im BV 2749. 

Bruchstück einer durchlocht^n Steinaxt (Schneidenteil) im HH. 

Ein desgl., Axthammerende, im HH. 

Ein sem* flacher Axthammer von rhombischer Grundfläche, 
mit abgerundeter Schneide, 24,0 cm lang, 2,8 Schneidenhöhe, 7,0 cm 
gr. Breite, in P. Schröders Besitz. 

Ein längliches Steingerät, wohl das roh zugehauene Stück zu 
einem Axthammer, mit näpfchenartiger, angebohrter Vertiefung, grau- 
braunes Gestein, im BV 1097. L. 16,5, gr. Breite 3,5. 

Ein polygonal facettierter Axthammer aus grauem, schwarz- 
gesprenkeltem Gestein, mit scharf vorspringender, senkrediter Kante 
zu neiden Seiten des Schaftlochs, L. 13,5, Breite 5,0, Schneiden- 
höhe 3,5 cm, in Heims Privatsammlung. 

Eine flache, breite Steinhacke, gut erhalten, in H.P.S., 8,5 cm 
lang, 5,0 cm Schneidenbreite, 1,5 cm dick. 

Eine breite, verhältnismäßig dicke Steinhacke, Oberfläche be- 
schädigt, aus Kieselschiefer, L. §,5, Schneidenbreite 5,0, in H.P.S. 

3 Feuersteinmesser im HH. 

2 Flintmesser im BV 2752. L. 4,5 resp. 6 cm. 

1 Wetzstein aus Schiefer im HH. 

1 Beibstein im HH. 

1 durchlochtes, webegewichtartiges Gerät im HH. 

1 Tonwirtel, doppeltkonisch, die niedere Hälfte leicht aus- 
gemuldet, im Bv 2756, mittlerer Durchmesser 3,5. 

1 Steinwirtel, doppeltkonisch, Durchm. 2,9, im BV 2757. 

1 Steinwirtel, breit- oval, mit konzentrischen Linien um die 
Außenfläche, Bruchstück, in H.P.S. Durchm. 3,5. 

1 Tonwirtel, doppeltkonisch, die niedere Hälfte ausgemuldet, 
Außenfläche mit je 2 parallelen Furchen auf jedem Quadrant, 
in H.P.S. Durchm. 2,6. 

1 Tonwirtel, doppeltkonisch, in H.P.S. Auf der niederen 
Hälfte senkt sich das Stabloch trichterförmig ein. 

1 Tonwürtel, breit-oval, mit abgeplatteter mittlerer 2k)ne, in 

H.P.S. Durchm. 4,0 cm, Höhe 2,5 cm. 
10 weitere Spinnwirtel im HH. 

1 Bernsteinperle, hell, doppeltkonisch, kirschengroß, im HH. 

2 Stück Wandbewurf im BV 2753. 



136 ^® ▼or- u. frühgetchichtL Fände der Grafechaft Cambnrg. 

5 Tonecherben älterer Art, davon eine ornamentiert mit 
Reihen von kleinen Spitzoyalen (Fig. 62), eine andere mit ge- 
stichelten Dreiecken (Fig. 63), im BV 2755. 

4 Blavieche Topfecherben mit 
Wellenomament, mit 7-zinki- 

fem Kamm gezogen, im 
\y 2751. 
2 Tier^ehörne, das Geweih 
zienüich gut erhalten. 




Fig. 62. Fig. 63. 



4. Stöben. 
Im Mai 1882 wurden auf 
einem frischgeackerten Felde 
in der Stöben er Flnr vom Lehrer A. Sorge in Camburg 
schwarze Stellen entdeckt, die bei näherer Untersuchung 
Knochen, Umenreste, eigentümliche Kieselsteine enthielten. 
Klopfleisch wurde hiervon benachrichtigt. Am 12. JuK 1882 
wurden Ausgrabungen in der Nähe von Stöben veranstaltet. 
Die von Klopfleisch hierüber gemachten Tagebuchnotizen 
und Skizzen beweisen, daß man auf vorgescbichtliehe Ab- 
fallgruben gestoßen war, in deren Nähe einstens mensch- 
liche Niederlassungen gelegen hatten. 

Fundstelle 1: „In der 
unteren Trift", an dem Feld- 
raine beim Dorfe (Besitzer Albert 
Hanemann) wurden trichter- 
förmige Herdstellen freigelegt. 
Pig^ (54^ Unter der Ackererde senkte 

sich in den lehmigen, natürlichen 
Boden trichterförmig eine Grube (Fig. 64), die ausgefüllt 
war mit schwärzlicher, aschenartiger Erde. In dieser lagen 
zerstreut bunt durcheinander: 
viele Tierknochen, 

viele Umenscherben, die meist schön geglättet, schwarz 
gefärbt, teilweise mit hübschen Randleisten versehen sind, 
Beste von Beibern, 

größere Beibplatten aus Sandstein, eine von ihnen: 
19 cm lang, 12 ^/g cm breit, 5 cm dick, 
kleinere Handreiber, 
Holzkohlen. 




Die vor- u. frühgetchichtl. Funde der Grafechaft Camburg. 137 

Fundstelle 2: „auf der Heide'' (Fig. 65), auch 
noch auf Scbmiedehäuser Flur, Besitzer Albert Hanemann. 

40 cm unterhalb des lehmigen Bodens stieß man auf 
einen großen, mit kleinen Steinen eingefaßten Kreis von 
2,80 m Durohmesser. Innerhalb desselben fand sich melierte 




Fig. 65. 

Branderde mit Tierknochen. An der Nordseite der Peri- 
pherie, innerhalb des Kreises, war eine kleinere, runde 
Stelle von 50 cm Durchmesser als Brandstelle deutlich zu 
unterscheiden. Das Zentrum der steinumgrenzten Fläche 
bildete eine in den Boden flach eingesenkte, kreisrunde 
Vertiefong, die mit Branderde ausgefüllt war und ziemlich 
viel Tierknochen und einzelne Tonscherben enthielt. Weiter* 
hin wurde ein kleiner Bronzerest gefunden, daneben eine 
zerquetschte, sehr weiche Urne von Schalenform, Reste 
eines etwas härteren Gefäßes und eines töpfemen Napfes mit 
hohem Bande. 

Fundstelle 3: „auf der Heide", südwestlich der 
Fundstelle 2, von ähnlicher Anlage. 

Hier war eine rautenförmige Steinumgrenzung unter 
der Lehmdecke zu Tage gekommen. An der Nordecke 
Beste eines sehr starken, großen Tongefäßes innerhalb der 
umgrenzten Stelle. Die Mitte der Fundstelle war, wie 
bei der vorigen Fundstelle, tiefer in den Lehmboden ein- 
gesenkt und mit vereinzelten Tierknochen durchsetzt. Am 
Grunde der Senke lag ein Stein. Im Profil wie Stelle 2» 

Fundstelle 4: „auf der Heide", südwestlich hinter 
Stelle 3, in einer Linie mit 2, bereits in der Mitte durch- 
wühlt. Die Anlage war im ganzen so wie die der anderen, 
ein kreisförmiger Fleck mit schwarzer Branderde ausge- 
füllt. Li derselben lagen Tierknochen, Tierzähne zerstreut 



138 1^16 vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 

und ein besonders nennenswertes zertrümmertes Gefäß von 
roter Farbe, durch Feuer nachträglich gehärtet, klingend. 

Fundstelle 6: „auf der Heide", schon angegraben. 
Anlage ebenso, schwarze Brand erde mit zahlreichen Tier- 
knochen und TJmenresten, darunter ein sehr starkes, großes 
Gefäß und ein Bruchstück eines Henkelgefäßes. 

Ein in der Weimarischen Zeitung noch im Juli 1882 
erschienener kurzer Bericht bezeichnet diese Stellen als 
Opferstätten unserer Vorfahren und gibt ihr Alter auf 
2—3000 Jahre an. 

Am 21. August 1889 suchte Klopäeisch neue Fund- 
stellen in der Nähe von Stöben auf. Ein an der 
Ausgrabung damals mitbeteiligter Herr, der Landwirt 
Carl Kunze in Hirschroda, schilderte diese Ausgrabung in 
einem schriftlichen Bericht, dem wir folgendes entnehmen: 

Hanemann war wiederum beim Ackern auf vorge- 
schichtliche Fundobjekte gestoßen. Die Stellen waren an 
der Oberfläche nicht sichtbar, höchstens beim frischen Ackern 
fielen sie durch eine dunklere Färbung des Ackerbodens auf. 

Die erste Stelle lag am Fahrweg nach Schmiede- 
hausen. In schwarzer Erde fand man einige ümen- 
scherben. 

Eine etwas erhöht gelegene sweite Stelle war von 
circa 4 m Durchmesser und Vs ^ Tiefe. Dieser Baum 
war angefüllt mit Branderde. Der Boden im Mittelraum 
war mit Steinen besetzt ; ein mit Branderde gefülltes Loch 
ging noch über 1 m unter den Boden. Gefunden wurden: 
ziemlich viel ümenscherben und ein ziemlich gut erhaltener 
Unterkiefer eines Hirsches. 

Die dritte ausgegrabene Stelle hatte einen Durchmesser 
von ca. l^/j m und eine Tiefe von über 2 m. Li diesem 
Baum war der oberste Teil angefüllt mit Branderde. Diese 
lag auf einer Schicht Estrich, einer rot aussehenden ge- 
brannten Lehmschicht, die nach Art einer Tenne behandelt 
und gebrannt wurde. Unter dieser Estrichschicht befand 
sich wieder ein kleiner Baum, angefüllt mit Branderde. 
In dem oberen Raum lagen zahlreiche Knochen und 



Die vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 139 

Scherben von Urnen, im unteren ein vollständiges, gut er- 
haltenes Skelett einer jungen Ziege, umgeben von Scherben 
und anderen Knochen. 

Weitere Fundstellen wurden am 24. August 1889 
ebenfalls auf Hanemannschen Grundstücken aufderHöhe 
nachLachstedt zu ausgebeutet. Die erste Stelle war 
3 m im Durchmesser, 1 m tief, mit Branderde ausgefüllt, 
die mit Knochen und Scherben vermengt warl In der Mitte 
des Bodens waren eine ziemliche Anzahl von Steinen gelegt. 

Die zweite Stelle, ziemlich so groß, mit Branderde 
gefüllt, bot eine große Zahl sehr mürber Tierknochen, dar- 
unter 2 Eonnladen, Rippen, Zähne vom Rind. Der Boden 
war stellenweise mit Estrich belegt. 

Die dritte Fundstelle war die ergiebigste: l^/j m 
breit, 70 cm tief. Gleich von Anfang an wimmelte es 
von Scherben. Die mächtigen Scherben mit Fingertupfen- 
eindrücken auf einem l^/j cm xmter dem Rand um das 
Gefäß herumlaufenden Wulst ermöglichten eine ungefähre 
Zeitbestimmung. 

In einer ähnlichen, etwas kleineren Stelle mit Brand- 
erde fand man 2 noch zusammenhängende Kinnladen von 
einem Hausrind. 

Auch hier handelte es sich also -- wie wir sehen — 
um eine Anzahl von Abfallgruben im Bereiche vorgeschicht- 
licher Siedelungen. 

Die in diesen Abfallgruben vorgefundenen 
prähistorischen Funde sind ihrerzeit in das Ger- 
manische Museum zu Jena gekommen. Die hier auf- 
bewahrten Scherben sind meist Reste grobgearbeiteter 
Gefäße. Die Masse der meisten ist mit Quarzkömchen 
durchsetzt von Sandkorn- bis Hirsekorngröße. Die hart- 
gebrannten sind geringer an Zahl und haben meist eine 
schmutzig-ziegelrote Farbe: Die meisten sind dickwandig, 
bis über 1 cm stark, hell-lehmfarben, braun, bis schwarz- 
grau. Die größeren sind oberflächlich geglättet, die dünn- 
wandigeren besser. 



140 ^^6 ^or- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 

Als besonders interessant seien genannt: 

Das Bruchstück eines großen, dickwandigen G^äßes mit ge* 
glätteter Oberfläche, schwarzgrau, die Masse mit bräunlichen und 
weißen zerkleinerten Steinchen reichlich durchsetzt, ist besonders 
interessant, weil am Halsübergang zum oberen Bauchteil eine nicht 
verstrichene i^\irche sichtbar, die beweist, daß der Hals extra auf 
das Grefäß aufgesetzt ist, nachdem der Bauch fertiggestellt war. Der 
Durchmesser der Urne an dieser Über^ingsstelle beträgt 14 cm. 
Hals und oberer Bauchteil bilden einen Winkel von HO^ 

Auf eine beträchtliche Größe läßt ein G^fäßrandstück schließen 
mit oberem BauchteiL Der Durchmesser des G^efäßes an der Hals- 
wurzel beträgt 28 cm, der Winkel, den Hals und oberer Bauchteil 
miteinander bilden, 120 ^ Der Band ist abgerundet, ohne ver- 
stärkenden Wulst. Die Substanz des Gefäßes durchweg grau, mit 
Quarzstückchen vermengt, die Oberfläche g^lättet. Die V^ndungs- 
stärke 6—8 mm. 

Ein Bodenstück mit teilweise erhaltener, anschließender Gefäß- 
wand, äußerlich gut geglättet, schmutzig-braun, die Masse im Bruch 
schwarzgrau, mit vielen bis hanfkomgroßen Quarzkömchen durch- 
setzt, die Wandung 10 mm stark. Bodenfläche imd Wandung bilden 
einen Winkel von 125 ^ Der Bodendurchmesser 12 cm. 

Ein anderes Bodenstück eines ebenfalls dickwandigen, großen 
Gefäßes mißt im Durchmesser 14 cm, die Wandung stät auf ihm 
im Winkel von 125 ^ 

Ein Bodenstück eines kleineren Gefäßes hat nur einen Durch- 
messer von 4,5 cm. 

Der Band der aufgefundenen Gefäße ist entweder da- 
durch hergestellt, daß die Gefäßwandung oben einfach glatt- 
gestrichen ist, ohne Ausladung, ohne besondere wulstförmige 
Verstärkung, so besonders bei den gi'oßen Gefößen, deren 
Masse mit Quarzkömchen reichlich durchsetzt ist, oder der 
Rand ist leicht wulstig umgebogen oder er ist von einer 
krauselformig gefalteten Tonleiste begleitet, die man, den 
oberen Gefäßhals verstärkend, aufgelegt und in bestimmten 
Zwischenräumen mit der Eingerkuppe ein- und angedrückt, 
das verdrängte Stück nach unten geschoben hat. Randstücke 
dieser Art finden sich eine ganze Anzahl (Fig. 66 — 69). 
Sie gehören zu großen Gefäßen mit dicken Wandungen. 

An der Halswurzel hat das eine (Fig. 66) einen Durchmesser 
von 22 cm. Es ist schmutzig-backsteinrot auf der Außenfläche und 
Innenfläche gefärbt, die Masse innen grau, mit Quarzstückchen 
reichlich vermengt, 7 mm starke Wandung. 

Bei einem gleichartigen (Fig. 67) lie^ über der Leiste ein ver- 
stärkender Bandwulst. Dies Geraß ist dunkelziegelrot, die Masse in 
der Mitte schwarzOTau, mit Quarzkörnchen vermengt, Wandstärke 
10 mm, Dm. am Hals 24 cm. 

Bei einem weiteren derartigen Gefäß (Fig. 68) sieht man be- 



Die vor- u. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 141 



sonders gut, wie das verdrängte Stück nach unten geschoben worden 
ist. Dm. des Mündungsrandes 22 cm. 

Schließlich sieht man bei einem kleineren Bandstück (Fi^. 69), 
wie die Fingerkuppen zweier nebeneinandergelegten und eingedruckten 
Finger den aufquellenden kleinen Kamm noch einmal von beiden 
Seiten eingedrückt haben. 




Fig. 


66. 


Vv 


^s;> 


) 


Fig. 


69. 






Fig. 67. % 




Fig. 68. V4. 



Diese Tupfenlelste tragen einige Gefäße am Hals, 
nicht mit dem Rande zusammenhängend, als besonderes 
Ornament (Fig. 70). 

Auch eine abgesprungene derartige Leiste wurde ge- 
funden (Fig. 71). ' 

Zwei hell-ziegelrote, hart gebrannte Randstücke (Fig. 72) 
demselben Oef^ angehörig, sind in einiger Entfernung vom 



msl 




Fig. 70. V«. 



Fig. 71. V«. 



Fig. 72. V4- 



Band durch eine Kette von oben nach unten aasgehobener, 
lanzettförmiger Stiche verziert Der obere Dorchmesser 
dieses G^eflUies betrag 10 cm nach Bereohnnng. 



142 1^6 ^OT- u. frühgeschichtL Funde der Gra&chaft Camburg. 

Die gefundenen Henkel (Fig. 73 — 76) sind alle breit, 
das Henkelloch für einen Finger passierbar. Sie sitzen 
am Halse, gehen mit ihrem einen Bogenansatz unmittelbar 
in den Gefäßrand über, mit dem anderen unmerklich in die 
Wandung des Topfes (Fig. 73, 74) oder sie sitzen am Um- 




Fig. 73. V,. Fig. 74. V4. Fig. 75. V*. Fig. 76. V*- 

bruch des Bauches (Fig. 75, 76). Der eine ist im Querschnitt 
plankonvex, er gehört zu einem Gefäß von 28 cm weitestem 
Durchmesser, der andere, plankonkav, zu einem Geföß von 
24 cm Durchmesser zwischen den Henkeln. 

Nur wenige Gefäße sind in ihrer ganzen Form re- 
konstruierbar: Ein napfförmiges, hartgebranntes, ziemlich 
dünnwandiges, ziegelrotes (Fig. 77). Der Boden, 6^/, cm 




Fig. 77. V,, 




Fig. 78. Vi. 



im Durchmesser, größter Durchmesser 17 ^/j cm in 8^/, cm 
Höhe, ganze Höhe 13 cm. Nach dem Bande zu biegt 
die Wandung sanft nach innen, Durchmesser hier 16 cm, 
um 1 cm vom Gefäßrand wieder wenig auszuladen. Der 
Rand ist ohne Wulstverstärkung, scharf. Die Bodenfurche 
innen ist ausgefüllt; auf dem oberen Bauchteil hüben und 
drüben je ein brustwarzenförmiger Buckel. 



Die vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 143 

Ein großes, im ganzen kugelförmiges Gefäß, am Halse 
sich leicht verjüngend, der Rand dann wieder ausladend, 
einfach glatt abgerundet; Wandstärke 12 mm, größter 
Durchmesser 30 cm, oberer Durchmesser 26 cm, Hals im 
Lichten 24 cm. 

Ein sehr großes, glockenförmiges Gefäß mit Tupfen- 
leiste unter dem Rande ; 29 cm oberer Durchmesser, 28 cm 
Höhe, sehr dickwandig (Fig. 78). 

Von weiteren Fundobjekten aus den Herd- 
gruben sind zu nennen: 

14 teils kugel-, teils eierförmige Körper, die 
einen künstlich hergestellt aus Ton, die anderen abge- 
schliffene, feine Sandsteingebilde. 

Eine kleine Anzahl Feuersteinspäne, 

ein großes Webegewicht, aus rötlichgrauem Lehm, 
schwach gebrannt, 4 Längsseiten, Unterseite beschädigt 
durchgehendes Loch von P/g Durchmesser; 

eine hochgewölbte schuhleistenförmige Steinhacke 
16,0 cm lang, 3,5 cm breit, 4,0 cm hoch, 410 g schwer; 

eine kleine Steinhacke, flach, breit. 



Fundort „an der Sohweinsbrüoke^, ausgebeutet von 
Heim. Hier fanden sich Umenreste ohne Verzierungen, ein 
kleines, henkelloses, napfartiges Gefäß aus Ton mit 4 bronzenen, 
vierkantigen Stückchen im Innern (Reste einer Nadel). 



Als Einzelfunde von Stöben liegen im Henneberger Haus 
in Meiningen: 

Eine Steinaxt aus Grünstein, Schaftloch im Zentrum der 
Axt, was besonders zu bemerken ^), 15 cm lan^; im Horizontalschnitt 
dreieckig, mit langer Schneide, Bahnende seitlich abgerundet. 

Eine Steinnacke, flach, breit, mit gebogener Schneide, ge- 
radem Bahnende, aus Kieselschiefer, mit Schaftloch, eine 
Seltenheit 51 

Ein Bruchstück: der Schneidenteil einer Steinaxt aus grün- 
Hchem Gestein. 

Heim in Camburg besitzt zur Zeit ebendaher eine durchlochte 
Steinaxt von unregelmäßig-dreieckiger Grundfläche, mit ge- 



1) Vgl. E. Eichhorn, Die Grafschaft Camburg, Heft 20 der 
Schriften des Ver. f. S.-Mein. Gesch. u. Landeskunde, Taf. IV, Fig. 7. 

2) Vgl. ebenda Taf. IV, Fig. 7. 



144 I^ ^<^' u* frühgeechichtl. Fände der Grafschaft Cambarg. 

bogener Schneide, schiefem Bahnende, aus graugrünem G^tein; auch 
hier befindet sich das Bchaftloch mehr nack dem Zentrum zu. 

Im Berliner Völkermuseum : 

Ein vierkantiges Steinbeil aus grauem Gestein, mit ge- 
bogener Schneide, breitem Bahnende, flach gewölbten Seitenwangen. 
L. 8,5, Schneidenhöhe 4,0 cm. (BV II b 1611.) 

Ein Steinhammer, durchlocht, im Horizontalschnitt un- 
r^elmäßig-dreieckig. Ober- und Unterseite flach gewölbt. L. 11,5 cm. 

(BV II b 2641.) 

Ein Klopfstein von länglicher Gestalt, aus grauem Gestein. 
L. 8,5, gr. Br. 3,0. (BV II b 1612.) 

In einer Lehmgrabe swisohen Stöben nnd Oambuig 

fand Klopfleisch eine stein zeitliche Abfallgrub e, 
die Tonscherben waren gut gebrannt, grau, mit feinem Sand 
gemengt, mit Bandverziernng (gerade Linien und 
Tupfen von unten nach oben aus der Tonmasse ausgehoben). 

Dabei ein stark gebrannter, ziegelroter Gefä.ßscherben, 
3 mm stark, ein Randstück mit einer Kette von ausge- 
stochenen lanzettförmigen Gruben unterhalb des glatten 
Gefäßrandes. 

Andere Scherben waren unverziert. Diese Fundobjekte 
liegen im Germanischen Museum zu Jena. 

Es sei hier ein prachtvoller Bronzekelt (Fig. 79) er- 
wähnt, der in Stöbens Nachbarschaft auf Lachstedter 

Flur bei Großheringen ge- 
funden worden ist neben mensch- 
lichen Skeletten. Nähere Fund- 
berichte fehlen. Der Kelt be- 
findet sich im G.M.J. 



Er ist 269 g schwer, mit niederen 
p. „Q Randleisten versehen, nach der 

■"^^Ä* *^' Schneide zu kräftig ausladend, 

Schneide gebogen. Bahnende ab- 
gerundet, grün patiniert. Lance 13,0 cm, S<£neidenhöhe 6,0 cm, 
m der Mitte 23 cm hoch, Dicke 14 mm, Höhe der Randleisten 
2 mm. In der Schaftrille ist an der bräunlichen Yerf&rbung der 
Patina die Holzschäftungsform noch erkennbar. 

(Fortsetzung folgt.) 




Miszellen. 



I. 

Laudmesserordnnngr and Holzordnangr im Amt Kenia aas den 
Jahren 1567 nnd 1572. 

Mitgeteilt von Pfarrer Fleischhauer in Oberspier. 

Die nachstehenden zwei Ordnungen, eine Ordnung im Land- 
messen zur Feststellung der Grenzen und Beileguqg der Grenz- 
streitigkeiten zwischen Flurnachbam und eine Ordnung für die 
Nutzung der Gemeindewaldungen, sind entnommen der Gemeinde- 
lade von Großbrüchter, einem Dorfe des früheren Amtes Kenia, das 
den Viergrafen des Eeiches von Schwarzburg gehörte. 

Das Amt Kenia, jetzt der westhche Teil der Schwarzburg- 
Sondershausenschen Unterherrschaft und dem Landratsamt, Amts- 
gerichtsbezirk und der Superintendentur Ebeleben zugeteilt, kam 
durch Erbvertrag zwischen den Grafen von Honstein und Schwarz- 
burg um die Mitte des 14. Jahrhunderts an die letzteren. 

Im Jahre 1421 nahm Graf Heinrich von Schwarzburg Kenia 
nebst Straußberg vom Erzbischof zu Mainz zu Lehen, wogegen der 
Erzbischof seinen Ansprüchen auf Heringen entsagte. 

Im Jahre 1437 kam durch Tausch gegen das Dorf Blanken- 
burg Kleinkeula (jetzt zu Gotha gehörig) und halb Urbach, die beide 
bisher im Besitz der Landgrafen von Thüringen gewesen waren, an 
das Amt. 

Um 1540 führte Graf Günther XL. die Eeformation in seinen 
Landen ein. 

1670—1681 residierte als Herr des Amtes Graf Anton Günther IL 
in Kenia. 

1682 — 1716 bestand ein Unterkonsistorium daselbst. 

Im Jahre 1852 ist der Sitz des Justizamtes nach dem Markt- 
flecken Ebeleben verl^ worden. 

Zum Amt Kenia gehörten die Ortschaften Kenia, Holzthaleben, 
Großbrüchter, Kleinbrüchter, Urbach, Toba, Wiedermuth, Eocken- 
sußra, Großmehlra. 

Zur „Holtzordnung^S die einige Hauptbestimmungen der jetzt in 
den Ortschaften Kenia, Holzthaleben, Großbrüchter und Urbach (sog. 
obere Pflege des Landratsamtes Ebeleben) geltenden Waldordnung 
enthalt, ist zunächst zu bemerken, daß sie wohl der erste bekannte 
Versuch ist (vergl. auch Art. 6), den vorbenannten Orten die Nutz- 
nießung des ihnen gehörigen Waldes zu ordnen und ein Gemeinde- 

XXII. 10 



146 Miszellen. 

yermögen zu erhalten, das noch heute als die vorzüglichste Ursache 
ihrer Wohlhabenheit zu gelten hat. Besonders sind in dieser Eich- 
tung Artikel 1 und 2 bedeutsam. Nach den Bestimmungen der 
neuesten Zeit sind die politischen Gemeinden Besitzer der Inter- 
essentenwaldungen, so z. B. Keula, das 748 ha 22 a 38 qm Wald 
besitzt, durch endgültiges Urteil des Bevisionskollegiums für Landes- 
kultursachen in Berlin vom 10. Juli 1868 und durch Zuschreibungs- 
urkunde des Fürstlichen Justizamtes in Ebeleben aus demselben Jahre. 

Art. 1 ist selbstverständlich nicht mehr gültig. Dag^en be- 
steht Art. 2 seinem Inhalt nach noch jetzt zu Recht. Die Besitzer 
von Holzgerechtigkeiten (im genannten Orte 95 an der Zahl) sind 
Hausbesitzer oder Besitzer von Hausstätten (Grundstücke, auf denen 
ein Haus gestanden hat), zu denen die Holzgerechtigkeiten untrenn- 
bare Pertinenzen sind. 

Art. 6 hat in den neuesten Bestimmungen dahin eine Ab- 
änderung gefunden, daß sämtlichen Ortsangehöngen, so lange sie im 
Ort ihren bleibenden Wohnsitz haben, also auch zugezogenen Hei- 
matsberechtigten, die Ausübung folgender NebenbereÄhtigungen 
zusteht : 

1) Die Nutzung der Stämme (Stocken), der beim Fällen stehen 
gebliebenen Schaftenden, deren Höhe mindestens 2 Fuß von der 
Erde ab betragen muß, nebst Wurzeln. Ausgenommen von der 
Nutzungsberechtigung sind der Pächter der fürstlichen Domänen, 
der Pfarrer, die Lehrer, Alimentanden, die nicht eigene Wirtschaft 
führen, und Witwen, die keinen über 14 Jahre alten Sohn haben. 

Zu dieser Bestimmung kann Einsender von einer ihm mit- 
geteilten Sitte berichten, die noch in den 30er und 40er Jahren des 
vorigen Jahrhunderts bestand (1846 abgeschafft). An einem festge- 
setzten Frühlingstage nach Beendigung der Schlagzeit versammelten 
sich die erwachsenen männlichen Bewohner Keulas an einer be 
stimmten Stelle des Dorfes. Beim Glockenschlag begannen sämt- 
liche Teilnehmer zum Walde zu laufen, um dort die Stocken, die ein 
jeder zuerst erreichen konnte, für sich in Besitz zu nehmen. Wer 
am frühesten am Ziele war, hatte die Auswahl unter den besten 
Stocken bis zu einer gewissen Anzahl. Die Besitzergreifung bestand 
zu Recht. 

2) Das Recht der Gräserei mit gewissen Einschränkungen. 

3) Das Sammeln von Raff- und Leseholz für den Hausbedarf. 

4) Die Nutzung der Laubstreu. Ausgeschlossen bleiben die drei 
jüngsten Schläge. 

5) Die Nutzung der Bucheckern. Nur das Auflesen, resp. Zu- 
sammenkehren der Eckern, nicht aber das Anschlagen und Klopfen 
der Bäume ist gestattet. 

Weffen dieser Einschränkung entstand im 3. Jahrzehnt des 
19. Jahrhunderts ein Streit zwisdien der Gemeinde Keula und der 
Regierung. Die Gemeinde nahm das Recht des Bucheckerschiagens 
für sich m Anspruch. Im Interesse der Waldverjüngimg und des 
Nationalwohlstandes konnte die Regierung das Recht nicht gelten 
lassen. Als die Ortsbewohner trotz mehrfacher Verwarnung und 
Strafen nicht von der Ausübung ihres vermeintlichen Rechtes ab- 
ließen, mußte eine Abteilung Soldaten des Schwarzburger Kontingents 
in den Ort gelegt werden. Es kam sogar im Walde zum Kampf, bei 
dem Blut geflossen sein soU. Die Begäenheit wurde im Volksmund 
der Bucheckerkrieg genannt. 



Miszellen. 147 

Art. 9 bestimmt, daß bis zum Walpurdsta^ das gefällte Holz 
aus der Maße geschafft sein sollte. Nach den jetzt gätenden Sta- 
tuten (§ 13 — 15) muß das Fällen der Bäume spätestens bis 1. Mai, 
die Aufbereitimg des Holzes bis 24. Juni, die Abräumung der Maßen 
durch Abfuhr bis spätestens den 1. Dezember beendet sein. 

Zum Schluß ist zu bemerken, daß, wie heute dem Staate 
(FürstL Ministerium, Abt. des Innern), zur Zeit der Aufstellung der 
Holzordnung die Oberaufsicht den Grafen von Schwarzburg (den 
gräfl. Eäten zu Kenia) zustand. Sie bestimmten die Strafen, setzten 
die Holzförster ein, wie sie auch Urheber der hier wiedergegebenen 
Holzordnung gewesen sind. So heißt es am Ende: „Es soll auch 
unser ffliädiger herr diese Ordnung jederzeit zu mehren, zu mindern 
oder aozuthun macht haben'^ 

1. Ordnung im landtmessen des ambts Keula. 
Anno 1567. 

Erstlichen. 

Wer befindet, daß ihm von seinen nachbar etwas aus unbillig- 
keit abgepflüget, der soll denselben gütlich bereden, oder mit zween 
mann beschicken imd begehren ihm sein abgepflügtes landt in der 
güthe wieder zu geben, und wo er ihm an fruchten schaden ge- 
Sian, denselben auf billige wege erstatten und wenn sie sich unter 
einander nicht vergleichen können, ein jeder zween unpartheyische 
männer zu sich bitten; 

2) Wenn aber diese güthl. handlung der Sachen nicht helffen 
will, soll der kläger den bürgermeister oder heimbürger bitten, den 
geschwohren männern zu befehlen, einen gelegenen t£^ zu ernennen, 
und den gebrechen abhelffen. 

3) Soll der kläger verpflichtet seyn, denen meßer 4 gr., ehe sie 
hinausgehen, zu erlegen. 

4) Wenn nun beyde theile hinaus beschieden, sollen die meßer 
beyder partheyen bericht nothdürftig hören und mahl-steine, steine, 
alte gewende fleißig besehen, auch wo es noth, andere leuthe be- 
fragen und nach des oder derselben anzeigunee, bey ihren pflichten 
vertheilen, den nicht an allen orthen der ruthe meisterin seyn kann. 

5) Sollen auch die meßer, wo sichs ohne verrückung anderer 
gewende leiden will, all ende, so sie verglichen, alsobalden ver- 
steinigen, damit gezänke, so viel möglichen, abgeschaff et werden mögen. 

6) Soll der beklagte, so er in wenigen oder vielen unrecht 
befunden, den klägern die ausgelegten 4 gr. alsobalden wieder er- 
statten, und den meßer von jeder lorche (: doch unbegeben gnädiger 
herrschafft strafe:) 3 gr., ist aber der acker bestellt, 7 gr. erlegen 
und den kläger seinen schaden nach erkänndtnüß obgenanndter 
messer entrichten. 

7) Weiln es aber gleichwohl an deme, daß die gesetzten mahl- 
steine beyden theilen zu guthe gerichtet, soll jeder parth von 
jeghdien steine, welche auch kläger und beklagte zugleicn schaffen 
s<ulen, den messer 6 §). vergnügen, imd ob wohl 4 ruthen breit 
und 30 lang und also auf und zurichten einen gemeinen acker, da 
(?) die ruthe 14. schue lang seyn sollen, so soll es doch (?) um die 
ruthen imd große der acker, wie es an einem jeglichem orthe von 
alter hergebracht, gehalten werden und bleiben. 

10* 



148 Miszellen. 

8) Sollen auch beyde partheyn verbunden seyn, wenn sie den 
meßer ihre notdurfft angezeigt, auf begehren von der irrung abzu- 
weichen, damit sich die meßer desto freyer zu unterreden und die 
handlung fürzunehmen haben. 

9) Würde eine oder beyde partheyen, in ausführen oder er- 
scheinen, sie die meßer mit losen wortten angrdffen, oder gegen 
dieselben sich ungehohrsamb erzeigen, so sollen die ungehohrsiunen, 
so oft es geschieht, den meßer 5 gr. zur straffe verfallen seyn, doch 
unbegeben unser gnädigen ham straffe. 

10) Sollen die meßer bey ihren eeschwohren eyde hirinnen 
vorsichtig, fleißig, auch unpartheyisch handeln, im fall aber da es 
von ihnen änderst vennerckt, soÜen sie um ^talte Sachen u. g. 
herm strafffällie seyn, obgleich nicht vermumL, daß die meßSr 
jemand wißendUich unrecht thun, derowegen ihnen auch von den 
partheyen gefolget werden soll, so soll doch eine oder beyden theilen, 
so sich beichwerth befunden, weiln am meßen ^irrt werden kann 
frey stehen, wenn sie den meßer wie gehöret, ihre gebühr zuvor 
erl^, das ambt zu besuchen, da aber luush besichtigung befunden, 
daß er die meßer zur Unbilligkeit beklaget, so soll er MgfL 4 . . (?) 
uuabläßig zur strafe verfallen seyn , würde aber dm er seine 
suchens ursadi gehabt, erkandt, so soll die irrung nach Weisung 
des ambts gerichtet und sein erlittener schaden nach erkändtnüS 
deßelbigen erstattet werden. 

11) Soll ein jeglicher, der eine langweilige irrung zu haben 
vermeinet, zur zeit, wann das feldt offen und imbestellt ist, sonder 
in der braache, solche suchen und rechtfertigen laßen, würde er aber 
zur zeit bestellter felder derentwegen ansuchen, so sollen die messer 
nicht verbunden seyn, dazumahl die meßunge für die handt zu 
nehmen, aber in neuen abpflügen sonderL in der brache soll kein 
Verzug geschehen. 

12) Sollen die meßer an allen orthen der fluhr uf die mahl- 
steine fleißig achtung geben und wo sie befunden, daß jemand die- 
selbigen verrückt, umbgeworffen oder verändert, solches alsobalde bey 
ihren pfhchten im ambte anzeigen und bescheides gewarten. 

13) Würde eine gemeine fluhr irrung zu rechtfertigen von 
nöthen seyn, daran sollen sich die meßer ohne vorwissen des ambts 
nicht unterstehen, auf daß niemanden darinnen zu kurtz geschehe. 

2. Geschwohren- oder stein-setzer eydt. 

Demnach ihr bey der gemeinde NN zum ältesten und ge- 
schwohrenen außerlesen und vorgeschlagen worden und anitzo darzu 
bestätiget werden sollet, als sollet ihr zu der heil, dreyfaltigk. ge- 
loben und schwdiren. 

Daß ihr zuförderst enster herrschafft unsem gnsten graffen 
und herm, dero hodüöbl r^erung und ambte treu, hold, und 
gewärtig seyn, nutzen fördern, schaden und nachtheil aber hüten 
und warnen, sodann 2) auf richtig maaß, gewichte, sehne und ruthen 
sehen imd halten, und nicht zugeben, daß darinnen unterschleiff 
vorgenommen werde. — 3) Auf die gräntze genaue aufsieht mit 
halten, und da was gnster herrschafft dem ambte oder der ge- 
meinde nachteiliges vorfiele, oder unternommen würde, sofort ge- 
hörigen orths berichten. 4) So irrungen zwischen reinen (Bainen?) 
und steinen geschehen, solches auf erhaltenen ambts-befehl euren 



MiszelleD. 149 

besten wißen und gewißen nach mit anbescheiden helffen, auch auf 
erfordern zu versteinen und uhrkunden zu machen, mit den maß- 
ruthen richtig anschlagen und darinnen niemand so viel oder zu 
wenig geschäien lassen, auch 5) dafem von dem ambte bey Be- 
sichtigung von baustädten, feuerstädten und dergl. it. Executionen, 
Immissionen oder Taxationen hauser, acker und wiesen erfordert 
werden, solts euch darbey willig finden und auch in allen als wie 
treuen, rechtschaffenen geschwo&enen zustehet, verhalten, und da- 
bey nicht anschien wollet freundtschafft oder feindschafft, geschenke 
oder gäbe, haß, furcht, gunst oder Ungunst, oder wie es nahmen 
haben möge. So wahr euch gott helffe. 

S.Copia der holtz Ordnung im amteKeüla aufgerichtet 
anno 1572. 

Art. 1. 

Welcher einwohner seine holtzmaßen verkauffet und nicht zu 
seinem haushält gebraucht, derselbige soll meinem gnäd. herm ein 
fuder hier und der gemeind ein faß zur straffe geben. 

Art. 2. 
Es soll keine holtzmaßen von den häusem verkauf ft werden, 
sondern eine jede maße soll bey dem hause, darzu sie gegeben, 
bleiben ; wer daß über treten wird, soll obenangezogen straffe geben ; 
da aber jemand über seinen hauß halt etwas zu verkauffen übrig 
hat, daß soll ihm hier mit nicht verbothen seyn. 

Art. 3. 
Wer im holtze mit hauen oder fahren schaden thut oder 
sonsten an schaden betroffen wirt, derselbe soll meinem gnäd. hern 
2 fl. und der gemeinde 1 fl. straffe geben und sich mit dem förster 
abfinden und verdragen. 

Art. 4. 
Wer ohne erlaubnis des holtzförsters in seinem übergebenen 
forst eigenmächtig einen reiß stock hauen würde, derselbe soll meinen 
mäd. herrn 2 fl. zur straffe geben und sich mit der gemeind und 
förster abfinden. 

Art. 5. 
Alle hauungen sollen mit hüten und treiben von hirtten und 
schäffem, desgl. mit den pferden, sieben jähr lang geheget und nicht 
betrieben noch behütet werden bey straffe 3 fl., so offt einer dar- 
über b^riffen und befunden wirt. 

Art. 6. 
Die weil befunden wird, daß sich viel mithlinge in die dörffer 
um daß holtzes und feuerwerckes willen begeben, dem selben soll 
nicht mehr, wie wohl gesehen, holtz gegeben werden, sondern wer 
die einnimmt und aus dem amte sie einzunehmen Vergünstigung und 
laube hat, der soll sie mit feuerwercke aus seiner nolztoaßen mit 
versehen, wer aber daß nicht thun kan oder will, der mag ihrer 
müßig gehen und aus dem seinen laßen bey straffe 5 gfl. 



150 Miszellen. 

Art. 7. 
8ollen alle he^ereiser so geschlafen und ffemarcket sein be- 
neben den haubtstammen, sie sein gleich jun^ oder alt, abzuhauen 
verbothen seyn bey straffe 5 gfl. meinen gnämg herm, und der ge- 
meinden isre straffe imbenommen. 

Art. 8. 
Verbothene und unnöthige w^e im holtze soll niemand fahren ; 
wer das thut und darüber b^iffen, der soll der herrschaft 2 fl. zur 
straffe geben und den förstem ihr pfandgeld. 

Art. 9. 

Ein ieder soll sein holtz wintters zeit und im frühlinge auß d&c 
maßen schaffen, also daß die gehölze von groben holtze und vom 
reisich auf den tag Walburgis gantz ledig und gereümet sein, bey 
Verlust des holtzes und gäntzhcher enthaltung des selben, wie denn 
auch nach dem ta^e Walburds keiner mehr holtz führen soll bey 
straffe 2 fL auf jede führe. £s würde den in ansehung der hohen 
nothurfft und gelegenheit der vorgefallenen Verhinderungen auff an- 
suchen und bitten, aus dem amte einem insonderheit oder ingemein 
nach Walburgis auf ein oder mehr tage gunst und verlaubnis ge- 
geben. 

£s soll auch imser ^ädi^er herr diese Ordnung jederzeit zu 
mehren, zu mindern oder ä>zuthun macht haben. 

Hiemach wolle sich ein jeder halten und zu richten wissen, 
und sich vor schaden selbst hüten, den ein jeder soll hiermit ge- 
nimgsam vor der straffe gewarnt seyn. 



Literatur. 



I. 

Br. Eduard B($hl, Beiträge zur Geschichte der Befor- 
mation in Österreich, hauptsächlich nach bisher 
unbenutzten Aktenstücken des Eegensburger 
Stadtarchivs. Jena, G. Fischer 1902. 

Das ßöhlsche Buch hat für die Thüringer Geschichte eine 
speziellere Bedeutung, indem die von hier vertriebenen Anhanger des 
Flacius gutenteils in Österreich Aufnahme gefunden und auf die 
Weiterentwickelung des dortigen .. Protestantismus entscheidenden 
Einfluß ausgeübt haben. Ein aus Österreich gebürtiger Eeferent im 
kirchenhistorischen Seminar (der in der DarsteUung der dogmatischen 
Streitfragen den Verfasser mögUchst in dessen eigenen Worten an- 
führt, somit zugleich auch ein klares Bild von dem Standpunkt 
seines Werkes gibt) stellt die hierauf bezüglichen Tatsachen fol- 
gendermaßen zusammen. 

Von außerordentlicher Bedeutung fii^ die Entwickelung und 
Verbreitung der protestantischen Lehie in Österreich sind die mehr- 
maligen Vertreibungen evangelischer Prediger und Lehrer aus Thü- 
ringen. 

Im vorhi^nden Buche werden diese Ausweisungen in dem 
historischen Überblick behandelt Der Verfasser be^nt mit den 
Ereignissen nach Luthers Tod. Nach GegenübersteUung der ent- 
gegengesetzten Ansichten Maurenbrechers und Wolfs über den 
Charakter des Kurfürsten Moritz geht er auf das Augsburger Interim 
über, das 1548 auf dem Beichstag zu Au^burg vom Kaiser er- 
lassen, auch als Eeichsgesetz proklamiert, ]edoch nicht allgemein 
durchgeführt werden konnte. 

Seit Flacius und G^us und überhaupt die Magdeburger 1549 
enerdsch für die Interessen des Protestantismus eintreten, werden 
die Klagen über das Interim allgemein, infolgedessen die Opposition 
immer stärker. Im Frühjahr 1549 läßt Moritz von Sachsen, um 
den verschiedenen Klagen gerecht zu werden, von Vertretern beider 
Parteien das Auesburger zum Leipziger Interim umarbeiten, das den 
Protestanten wonl mehr zusicherte, die katholische Kirche aber 
immer noch so weit bevorzugte, daß ein großer Teil der Protestanten, 
im G^ensatz zu dem Mitarbeiter am Interim Melanchthon, erklärte, 
das Interim nicht annehmen zu können. 

Gleichermaßen erklärten die strengen Katholiken, das Interim 
benachteiligte sie, und deshalb könnten sie es nicht annehmen. So 
war denn die Folge dieser Einheitsbestrebungen, daß die protestan- 



152 Literatur. 

tischen und katholischen Kirchen keinesfalls einander näher getreten 
waren, und daß es von nun an innerhalb des protestantischen La^rs 
zwei feindlich sich g^enüberstehende Parteien ffab, die der OrÖio- 
doxen (Flacius, Amsdorf, Wigand u. s. w.) und die der Paktierer 
mit der katholischen Kirche (Melanchthon und die Wittenberger 
überhaupt). Im Anschluß an das Interim folgen nun jene erbitterten, 
gehässigen Kämpfe um die Adiaphora, den Synergismus und Majo- 
rismus, die immer mehr persönlicnen Charakter annahmen, vor allem 
weil Melanchthon in den den Adiaphorismus betreffenden Fragen 
privatim wohl Schuld bekannte, nicnt aber Öffentlich, weil er be- 
fürchtete, sich selbst bloßzustellen und viele Anhänger von sich ab- 
zuwenden. 

Es ist leicht zu b^eifen, daß bei einem solchen Stand der 
Dinge auch das Wormser Kolloquium ergebnislos sein mußte, das auf 
dem Regensburger Reichstag b^chlossen worden war. 

„Erst der Naumburger Fürstentag 1561 brachte größere Klar- 
heit in die Situation.^' ^ach Melancmthons Tod hörte die Nach- 
giebigkeit gegen seine Schule auf, und die strenge Richtung Jenas, 
wo seit Jahren schon Flacius und seine Freunde lehrten, drang 
durch. 1574 geht auch Kursachsen in das Lager der strengen 
Lutheraner über, nachdem dem Kurfürsten August „über die schon 
anfänglich durch Melanchthons Beispiel genämrte Unaufrichtigkeit 
von Männern wie Peucer, Cracov, Stößel, Schütz die Augen ge- 
öffiiet" worden. 

Während der adiaphoristische Streit im Sinne der streuen 
Lutheraner seinen Abschluß fand, endete der synergistische Streit, der 
bald nachher entstanden war, mit dem ersten Exodus thüringischer 
Pfarrer und Professoren, die auf LuÜiers Standpunkt im Streite 
über die Erbsünde verharrten. 

Eingeleitet wurde der Streit durch ein Vorgefecht zwischen 
dem Leipziger Pfaffinger imd Amsdorf nebst Flacms. Gegen den 
Frankfurter Rezeß vom Jahre 1558 ließ Herzog Johann Iriedrich 
auf Rat des Flacius das Konfutationsbuch ausgehen, verfaßt von 
Strigel und Stößel und von Flacius durchgesehen. Dasselbe war 
keineswegs dazu angetan, die Kluft zwisdiien den Jenaem und 
Wittenbergem zu überbrücken, im G^enteil, es erweiterte die Tren- 
nung. Nun ereignete sich das Unerwartete, daß Strigel, der Mit- 
verfasser der Ck)nfutatio, der erste Prorektor der neugegründeten 
orthodoxen Universität, bald im Sinne der Synergisten zu lehren be- 
gann. Flacius bekämpfte ihn, erzielte jedoch nur so viel, daß er am 
10. Dezember 1561 aus Jena ausgewiesen wurde. Herzog Johann 
Friedrich, der bisher ganz und gar von der orUiodoxen Partei ge- 
leitet worden war, konnte so weit umgestimmt werden, daß er das 
Urteil unterschrieb. Man kann diesen Umschwung ins gerade G^en- 
teil vielleicht zu beschönigen suchen durch die Vorfälle am Hofe, 
sowie den Fall Wesen beck und die Behandlung der reformierten 
Kurfürstin Marie v. d. Pfalz, die ja tatsächlich den Beweis brachten, 
daß die Orthodoxen doch zu weit gingen; aber trotzdem ist es ein 
Zeichen der Charakterschwäche des Herzogs. Der Herzog war offen- 
bar der Spielball jener Leute, die sein Ohr hatten, besonders des 
(jüngeren) Kanzlers Brück. Genug, das Urteil war gefällt: Flacius 
nebst 40 anderen Predigern und Pfarrern, unter denen auch der 
spätere Österreichische rrädikator Magdeburgius war, mußten das 
Land räumen. 



Literatur. 153 

„1562 wurde durch eine Visitation den Predigern zwangsweise 
auferlegt, sich des Zankes über den Synergismus zu entmdten/' 
Damit fand der erste Exodus seinen Abschlug. 

In den Jahren 1571 — 73 fand eine zweite Massenvertreibung 
statt, die durch den Erbsündestreit veranlaßt wurde. Flacius lehrte 
in Übereinstimmung mit Luther, daß der Mensch sich in der Be- 
kehrung nicht nur rein passiv verhalte und zum Guten völlig er- 
storben sei, sondern daß er sogar nur widerstreben könne. Anfangs, 
auf dem Kollo<j[uium zu Weimar, wich sein Gegner Strigel dem 
Flacius beständig aus, und letzterer blieb im Kecht. Doch als 
Heshus infolge eines Mißverständnisses dem Flacius Dinge auf- 
bürdete, die Flacius gar nicht behauptet hatte, und als es den 
G^nem gelang, Flacius' Lehre vom Boden der Augsburgischen 
Konfession zu verdrängen, da hatten sie gesic^ 

Die folgenden Blätter sind der Geschichte der Flacian.Qr und 
ihrer Behandlung in den thürindschen Ländern gewidmet. Überall 
ließ man dem Haß gegen den verfolgten und semen Anhänger frei 
die Zügel schießen, weil er die. Erbsünde als Substanz detinierte. 
Dieser Haß ward bald auch in Österreich allgemein. Kaiser Maxi- 
milian schloß sich schon aus politischen Grtmden dem Kurfürsten 
August an. Und demnach smd gerade hier in Österreich die 
Flacianer fast die einzigen Stützpfeiler des Evangeliums gewesen 
dadurch, daß sie für Luthers I^hre von dem „unfreien Willen" 
sich von Stadt zu Stadt, von Land zu Land verfolgen ließen — aber 
aufrichtig treue Lutheraner blieben. „Sie widerstanden aufs heftigste 
d^n ihnen vom Kaiser und den Papisten gelegten Fallstrick, daß 
man Ceremonien, wie sie die Adiaphoristen zuließen, in die neue 
Agende nehmen solle, und perhorreszierten Leute, wie Camerarius, 
Eber, kurz die Melanchthonianer, die sich zu solchen Kompromissen 
hergaben." 

Die nennenswertesten der flacianischen Prediger in Österreich 
sind wohl Mathias Klombner, der in Krain wirkte, Sebastian Krell, 
mit Flacius aus Jena geflohen, und Primus Trüber. 

Es tritt in dieser Übersicht deutlich zu Tage, daß Professor 
Bohl seinen aus früheren Veröffentlichungen bekannten dogmatischen 
Standpunkt auch in der Darstellung der den alten Prot^tantismus 
innerhch zerfleischenden Gegensätze zur Geltung gebracht hat. Es 
ist hier aber nicht der Ort, diese Gegensätze selber genauer zu 
zeichnen bezw. an der Böhlschen Urteils weise Kritik zu üben. Es 
wird genügen, neben den bekannten zusammenfassenden Geschichts- 
werken, zumal von Hase und Kurtz, die bei dem Jenaer Jubiläum 
von 1858 erschienene Schwarzsehe Geschichte der ersten 10 Jahre 
der dortigen Universität in Erinnerung zu rufen, wo b^eiflicherweise 
sowohl die Strigelsche wie die Flaciussche Tragödie im Mittelpunkt 
stehen. Ebenso zeichnet sich die Einleitung zu der Loebeschen Ge- 
schichte der Kirchen und Schulen im Herzogtum Sachsen -Altenburg 
durch ihre objektive Zeichnung der gegenseitigen Verfolgungen aus, 
deren Opfer hüben und drüben so zamreiche Pfarrer- und Lehrer- 
familien geworden sind. 

Mit den Beziehungen zwischen den Thüringer Exulanten und 
der österreichischen Kirche ist jedoch nur ein kleiner Ausschnitt 
aus dem Böhlschen Werke gegeben. Sein übriger Inhalt wird in 
dem schon erwähnten Keferat folgendermaßen gekennzeichnet. 

Die Bedeutung der „Beiträge" ist, wie der Verfasser in der 



154 Literatur. 

Vorrede bemerkt, darin zu suchen, daß er bei seiner Arbeit der 
Mehrzahl nach bisher unbekannte Quellen benutzte. Es sind dieses 
Akten und Briefe aus dem Begensburger Stadtarchiv, die bis in die 
mittleren Jahre des 16. Jahrhunderts zurückreichen und interessante 
Daten zur Reformationsgeschichte überhaupt, wie speziell zu der- 
jenigen Österreichs bieten. Sie werfen ein helles Licht auf die dog- 
matischen Streitigkeiten innerhalb der protestantischen Kirchen, die 
nach Luthers Tode die Gemüter in Ajymr^ung hielten, und reinigen 
zugleich die Beformationsgeschichte Osterreiois von mannigfachen 
Irrtümern. 

Dem eigentlichen Xhema schickt der Verfasser einen theologischen 
und einen pohtischen Überblick voraus. 

Der theologische Überblick hat es mit den dogmatischen 
Streitigkeiten zu tun, deren wir schon oben gedachten. Spezieller 
hebt sich die Schilderung der Folgen des Leipziger Interim S. 38 
heraus. 

In dem historischen Überblick finden die Vertreibungen evan- 
gelischer Professoren und Pfarrer aus Thüringen eine eingehende 
Behandlung, weil sie auf die österreichischen Verhältnisse und den 
Gang der jfteformationabewegung in den habsburgischen Erbländem 
einen nicht zu imterschätzenden Einfluß ausgeübt haben. 

Dem ersten Exodus von 1561 folgte zu Anfang des nächsten 
Jahrzents der zweite 1571 — 73, der direkt durch die Parteinahme 
für Flacius im .Erbsündestreit verursacht war. Dieser zweite Nadi- 
schub fand in Österreich abermals bereitwillige Aufnahme. 

1573 fand eine dritte Vertreibung statt, als Kurfürst August 
mit HiKe des Kaisers die Vormundschaft in den durch Jolumn 
Wilhelms Tod verwaisten sächsischen Herzogtümern erhalten und 
nun aus Rache alle Gegner seiner Richtung — damals der melan- 
chthonischen — auch Wigand und Heshusius, fortschaffen ließ, wobei 
so viele Prediger das Limd räumen mußten, daß großer Mangel an 
Kandidaten eintrat. 

Während der Verfasser im bisherigen besonders die Beziehungen 
Thüringens zu dem evangelischen Österreich erläutert, tritt er jetzt 
auf österreichischen Boden über. Zunächst untersucht er auf Grund 
des vorli^enden Quellenmaterials die Stellungnahme der vier Herr- 
sdier Ferdinand L, Maximilian IL, Rudolf IL und Mathias zur Refor- 
mationsbewegung. Keiner der vier Kaiser hat sich absolut feindselig 
zu den Evangelischen gestellt und — abgesehen von der ersten Re- 
gierungszeit Ferdinands — dieselben blutig verfolgt. Wenn sich der 
Protestantismus trotzdem für die Dauer nicht be^tigen konnte, so 
lag das an den protestantischen Fürsten selbst, die gerade in ent- 
scheidenden Augenbhcken am meisten entgegen arbeiteten, unter 
ihnen besonders August von Sachsen (1553—86). 

Unter den leitenden Persönlichkeiten des Jahrhunderts kommt 
zunächst König Ferdinand I. in Betracht. Er war für seine Person 
dem alten Glauben ergeben und sah mit Schmerz, wie ein Teil 
seiner Untertanen, besonders der Adel, sich dem neuen Bekenntnis 
zuwandte. Er duldete aber die Verbreitung des protestantischen 
Gk)ttesdien8tes trotz aller Mandate dagegen und gab selbst seinem 
Sohn Maximilian einen Lehrer von protestantischer Richtung. 

Die Verderbtheit und Unwissenheit des Klerus hatte auch in 
Österreich die Reformation vorbereitet, und als die Bewegung einmal 
im Gange war, konnte Ferdinand sie nicht mehr hemmen. Er 



Literatur. 155 

mußte trachten, die protestantischen Stände für sich zu gewinnen, 
weil er ihre Hilfe im Kri^e g^en die Türken unbedingt orauchte. 
1546 ändert sich die Sachlage. Es wird für österreichische Theologen 
nicht bloß das Studium in Wien und Freiburg obligatorisch ge- 
macht und die Universität Wittenberg verboten, sondern bald bringt 
der Bischof von Laibach, ürban Textor, auch die Jesuiten ins 
Land. Nach den Begensburger Akten scheint im Jahre 1554 die 
Verfolgung der Protestanten ihren Höhepunkt erreicht zu haben. 
Perkheim, Herr von Wirting und Roseneck, klagt in einem Brief 
an den Juristen Hiltner in K^ensburg: „Und werdn nun theglicli 
mehr gefenküch eingezogen, wdlns alles auf f das pabstumb pringen." 
Weiter berichtet er übÄ einen Hofkaplan Paulus: „Redt frei her- 
aus trefflich und thut den Sachen recht; ist schon einmal von der 
K M. selbst und zwier vor dem Herrn Hofmarschall im Capitl 
gebest, hart angeredt wordn." 

In einem zweiten Brief berichtet er, wie man sich vom Hofe 
aus bestrebe, die Protestanten zu entzweien und gegeneinander auf- 
zuhetzen. 

28. August 1554 schreibt er an Gallus: „Vor verrugkhung der 
Ko. K. M. in Wien sein abermal 3 arm pfarherr gefangen wordn, 
allain, das sy das sacrament des altars In bederlaj gestaldt gebn 
habn, di lign noch gefangen." 

Nach Karls \, Rücktritt von der Regierung 1556 eröffneten 
sich für Ferdinand die Aussichten auf die deutsche Kaiserkrone, und 
er mußte bestrebt sein, den Religionsfrieden aufrecht zu erhalten 
und die Protestanten für sich zu gewinnen, zumal da der Papst 
sich in einer Anklageschrift offen gegen seine Nachfolge erklärte. 
In diesem Zusammenhang führt der Verfasser eine Reihe von Briefen 
an, die deutlich beweisen, wie sich die Politik Ferdinands zu Gunsten 
der Protestanten geändert hatte. Diese Umwandlung in Ferdinands 
Verhalten den Protestanten gegenüber ging so weit, daß er noch in 
seinem Todesjahre sich emsthch bestrebte, eine Union zwischen 
Protestanten und Katholiken zu erwirken und auf dem Tridentiner 
Konzil energisch die Gewährung des Laienkelches forderte. 

1564 kommt Maximilian II. zur Regierung. £r ist eine durch- 
aus unberechenbare Persönlichkeit. Faßt man seine Jugendjahre 
ins Auge, so ist es schwer verständlich, wie er, der der Protestanten 
halber von seinem Vater viel hatte Ipiden müssen, es so weit kommen 
ließ, daß er gegen seine innere Überzeugung zu Zeiten die Pro- 
testanten in ihrem Rechte einschränkte. Er lavierte zwischen den 
streitenden Parteien hindurch, bald dieser, bald jener etwas zur Be- 
ruhigung nachlassend. So behandelte er die Jesuiten äußerst streng 
und ließ sich dann doch wieder von ihnen leiten, wenn sie sich 
schmeichelnd an ihn heranmachten. Er wollte allem Anschein nach 
Vermittler zwischen den Parteien sein. Doch war die einzige Folge 
seiner Bestrebungen die, daß bei seinem Tod niemand wußte, ob er 
als Protestant oder Katholik gestorben. 

So ist es auch erklärlich, daß die zeitgenössischen Schriften 
nur ein unklares, verschwommenes Bild seiner Person geben können. 
Unter den Regensburger Dokumenten finden sich mehrere Briefe 
Reuters, Perkheims u. s. f., aus denen man deutlich herauslesen 
kann, wie die Protestanten auf Maximilian bei seinem Regierungs- 
antritt die größten Hoffnungen setzten, wie sie später immer mehr 
an seiner Aufrichtigkeit zu zweifeln beginnen, bis sie ihm schließlich 



156 Literatur. 

Dicht selten mit offenem Mißtrauen entgegentreten, und dennoch 
müssen wir einen Maximilian hochschätzen, wenn wir seine Beperung 
mit der seines Sohnes und Nachfolgers Eudolfs II. vergleichen. 
Persönlich ist auch er den Protestanten nicht feindlich gesinnt ge- 
wesen. Obgleidh in Spanien von Jesuiten erzogen, zeigte er in 
poUtischen wie in religiösen Dingen eine auffallende Gleichgültigkeit. 
Er war nicht der Mann, um mit dem System seines Vaters plötzlich 
zu brechen, und rührte nicht an die Privilegien und Freiheiten der 

Srotestantischen Stände. Das Verhängnisvolle seiner Be^erung war, 
aß er die Verwaltung des Erzherzogtums Österreich seinem Bruder, 
Erzherzog Ernst, übertrug, der an Entschlossenheit und Willens- 
stärke Eudolf w^it überragte. Von seiner Zeit datiert die Gegen- 
reformation in Osterreich. Obgleich die Protestanten ursprünglich 
noch an Zahl bedeutend stärker waren als die Eömisch-Katnolisdien, 
gelang es der Begierung bald, der evan^lischen Kirche ihre Rechte 
und Priyil^en zu entzidien, und damit war der Anfang zur voU- 
ständieen Unterdrückung der evangelischen ßewegim^ g^ben. 

Unter Mathias wurde die Gegenreformation allgemein durch- 
geführt, hier gewaltsam, wie in Oberösterreich, dort auf Umwegen, wie 
m Niederösterreich. 

Es ist eine auffallende Erscheinung, daß im B^ensburger 
Stadtarchiv keine einschlägigen Schriften erhalten sind, als ob die 
B^iehungen der Protestanten Österreichs seit dem Beginn der Gegen- 
reformation zu denen des Beiches mit einem Schlage aufg^ört 
hätten. 

„Die evangelische Bewegung ist in Österreich so mit dem Adel 
verwachsen, daS, wer eine vollständige Geschichte derselben geben 
wollte, die Geschichte der vornehmsten Adelsgeschlechter schreiben 
müßte." Daß bei der Gegenreformation trotzdem auch von dieser 
Seite nur verhältnismäßig schwacher Widerstand geleistet werden 
konnte, hat seinen Grund darin, daß die Jesuiten es von jeher 
gründlich verstanden, die Protestanten in ewigem Streit und Hader 
zu erhalten. 

Die Hauptfaktoren bei der Ausbreitung des Evangeliums waren 
die Prädikanten. An diesen war Österreich nicht arm; es erhielt sie 
vom Beiche, besaß aber auch unter den eigenen Landeskindem 
Prediger und Lehrer, die als kühne Streiter für ihren Glauben ein- 
traten. Der größte Teil der einheimischen Prädikanten bestand aus 
Mitgliedern alter Adelsfamilien und vor allen Dingen aus ehemaligen 
katholischen GeistUchen oder Mönchen. Die Visitation der Klöster 
vom Jahre 1528, veranlaßt durch Faber, den Bischof von Wien, 
zeigte, daß die Beformation in den Klöstern Ober- und Niederöster- 
reichs zahlreiche Anhänger hatte. Und wenn der Kampf gegen das 
Luthertum auch von den Kanzeln organisiert wurde, so blieben 
solche Verteidigungsmaßregeln ähnlichen Erscheinungen gegenüber 
doch wirkungslos. 

Von allen Prädikanten verdient an erster Stelle genannt zu 
werden Nikolaus Gallus. 

1516 war er in Köthen in Anhalt geboren. Frühzeitig, nach- 
dem er seine Studien in Wittenberg vollendet und daselbst magistriert 
hatte, wurde er als Diakonus an die Marienkirche in Begensburg 
berufen. Beim Ausbruch der theologischen Streitigkeiten zwischen 
Melanchthon und Jena bekennt er sich als entschiäener Anhänger 
des Flacius. Später wurde er in Begensburg Superintendent, und 



Literatur. ] 57 

als solcher entfaltet er eine außergewöhnlich umfangreiche Tätigkeit. 
Für Osterreich hat er insoweit eine große Bedeutung, als er, lanee 
bevor durch die Agende ein mehr geordnetes Kirchenwesen zu stände 
kam, für Österreich eingdiend sorgte. David Chyträus rühmt ihm 
nach, daß er „totius vicinae, Austriae et Stiriae ecclesias emendavit, 
doctrina et consiliis suis pie et fideliter erudiit et gubemavit". 
Grenzenlos war das Vertrauen der Herren vom Adel, gewisser 
Magistrate und vieler Pradikanten zu ihm ; unter letzteren besonders 
Reuter. Gallus war unermüdlich, allen an ihn gerichteten Gesuchen 
um Prüfung und Ordination zu entsprechen. Nur die von ihm Or- 
dinierten seien gut, so lautete das Urteil eines Pfarrers aus. Öster- 
reich. Groß una unermüdlich war er auch auf literarischem Gebiet. 
54 Jahre alt starb er im Zellerbad in Württemberg 1570, wohin er 
sich begeben hatte, um Linderung von Steinbeschweraen und Podagra 
zu suchen. 

Zu den bedeutenderen Pradikanten gehören weiterhin Wolfgang 
Waldner, Christoph Reuter und Joachim Magdeburgius. 

Wolfgang Wäldner, etwa 1520 in Tulln bei Wien geboren, war 
der Sohn eines Bauern. Seit 1545 war er Geistlicher zu Hteyr und 
lebte als solcher, wie viele seiner Zeit, im Konkubinat, das er später 
in eine Ehe umwandelte. Diese Ehe, wie auch der Umstand, daß 
er zuerst und allein evangehsch wirkte, machte ihn in Steyr un- 
möglich. Er ging zunächst nach Augsburg, von da nach Nürnberg 
und beteiligte sich lebhaft an den späteren Lehrkämpfen. Er stand 
entschieden zu der Partei, die Melanchthon und die Wittenberger 
überhaupt scharf verurteilte. Als Prediger am Dominikanerkloster 
zu Nürnberg erhält er von Steyr aus mehrere Ansuchen, in die 
Heimat zurückzukehren, doch kann er sich nicht entschließen,. .seine 
feste Stellung in Nürnberg für die unsicheren Verhältnisse Öster- 
reichs umzutauschen. Docn verfolgt er auch später von Regensburff 
aus die Vorgänge im Nachbarlanae mit aufmerksamem Auge und 
ist stets bereit, die Evangelischen mit seinem Rat zu unterstützen. 

Im Anschlüsse an die Charakteristik dieses Mannes gibt der 
Verfasser eine Auswahl der Briefe, die der alte Hans Waldner mit 
seinem berühmten Sohn Wolf gang wechselte, und die uns tief in 
die intime Gesinnung der österreichischen Landbevölkerung bücken 
lassen. 

Unter den in Österreich selbst wirkenden Pradikanten war der 
bedeutendste Christoph Reuter. Derselbe war etwa im 4. Jahrzehnt 
des Jahrhunderts in der Oberpfalz geboren. 1555 kam er nach 
Osterreich und lebte anfangs zu Spitz in Niederösterrdch. Dann 
ward er als Schlol^prediger nach Rosenberg versetzt. Einige seiner 
Briefe aus Rosenberg teilt der Verfasser im Anschluß m..it, aus denen 
wir sehr Wertvolles über die damaligen Zustände in Österreich er- 
fahren. Man begegnete ihm allgemein mit solchem Vertrauen, daß er 
aufgefordert wurde, ein Bekenntnis aufzustellen, welches er 1562 im 
Druck erscheinen ließ. Wegen dieses Bekenntnisses mußte er im 
folgenden Jahr aus Österreiäi weichen, doch durfte er schon 1564 
wiSier in Wien erscheinen, und bald lernte ihn Kaiser Maximilian 
so hoch schätzen, daß er sich oft bei ihm Rat holte. Es war ein 
ernster Lutheraner, dem es auf die Seelsor^e und nicht auf dogmatische 
Distinktionen ankam. In seiner Bescheidenheit konnte er es nicht 
verstehen, daß ihn die Stände und der Kaiser als eine Art Beirat in 
allen kirchlichen Eragen betrachteten. 



158 Literatur. 

Das letzte LebenszeicheD, das wir von ihm haben, ist ein Brief 
an Backmeister, in welchen er von demselben Abschied nimmt. 

Nach dem Tode Ferdinands I. erhielt dessen Sohn Erzherzog 
Karl bei der Erbteilung Innerösterreich. Anfangs tolerant, machte 
er den Protestanten immer größere Zugestandnisse, blieb aber selbst 
streng katholisch. Die Jesuiten und seine Gemahlin, eine bayerische 
Prinzessin setzten es aber bald durch, daß er ^egen die Protestanten 
strenger auftrat. Es wurde dem gewaltig vordrmgenden Protestantis- 
mus dadurch ein Damm entgegengesetzt, daß 1573 in Graz eine 
Jesuitenschule gegründet wurde, die schon 1578 den Charakter einer 
Universität annahm. Bald darauf erfolgte die entscheidende Ver- 
ordnung Karls, daß die ihm untergebenen Städte und Märkte die 
Jugend auf keine andere als die Jesuitenschule schicken dürften. 
Ebenso wurde den Bürgern der Stadt Graz der Besuch des evan- 
gelischen Gottesdienstes in der Stiftskirche verboten. So war denn 
an Stelle der Toleranz in kurzer Zeit Gewalt getreten, besonders 
seitdem sich der Bischof Martin Brenner als Haupt der Gegenrefor- 
mation an die Seite Karls stellte. Aus den Sciriften dieser Zeit 
können wir die große Gefahr erkennen, die den Bestand der evan- 
gelischen Kirche bedrohte, obgleich sich die Protestanten nach 
Kräften gegen solche Gewaltma&egeln wehrten. So wurde 1574 an 
die Reformierung der Landschaftsschule in Graz geschritten, damit 
dieselbe nicht hinter der 1573 eröffneten Jesuitenschule zurückbleibe. 
Gleichzeitig sollte auch eine neue Kirchenordnung aufgestellt werden. 
Hierbei kam es aber zwischen den beiden Hauptpersonen, Khun und 
Chyträus, zu Zwistigkeiten, welche das Gelingen des ganzen Werkes 
nicht wenig gefährdeten. Endlich entschied man sich dahin, daß 
die heilige Schrift, die altkirchlichen Symbole, Luthers Katechismus 
imd die Konfession hinzugenommen werden sollen, und die De- 
claratio (Norm der Lehre) auf Grund dieser Schriften insgesamt 
verfaßt werde. Luthers Schriften durften unter keinen Umständen 
ausgeschlossen werden. Endlich wurde auch noch über die Ordination 
der Kirchendiener und die Ceremonien verhandelt; bezüglich der 
letzteren soUten keine lateinischen Gesänge und überhaupt weniger 
Ceremonien gebraucht werden. Der letzte Punkt betraf die Be- 
stellung des Predigeramtes, die Einsetzung eines Kirchenvaters, die 
Visitation und Aufsicht über Kirche und Schule, die Aufstellung 
nützlicher Synoden u. s. w. 

Der Einfluß dieser neuen innerösterreichischen Kirchenordnung 
auf die Nachbarländer (Steiermark, Kärnten, Krain) kann nicht ge- 
rade günstig genannt werden. Überhaupt gibt der ganze Fortschritt 
der ßeformationsbewegune reichlich Anlaß zu Enttäuschungen. Der 
Grund dafür lag darin, daß die beteiligten Prädikanten nicht geeignet 
waren, um dem gewaltigen Vorstoß des mit den Jesuiten verbündeten 
Hofes erfolgreich Widerstand zu leisten. Dieser, oder besser die 
Jesuiten scheuten sich nicht, das Volk zu vergewaltigen. Tortur, 
öffentliche Hinrichtungen imd Kerker waren in Graz nichts Unge- 
wöhnliches. 

So wurde die Gegenreformation in diesen gut evangelischen 
Ländern durchgeführt. Sie übte mit ihren Gewalttätigkeiten auf 
den Geist der Bevölkerung eine niederschmetternde Wirkung, die 
bis heute noch in ihren Folgen nicht überwunden ist. 

Auch der Streit um die Erbsünde war mit den aus Sachsen 
Vertriebenen nach Österreich verpflanzt und konnte nicht so bald 



Literatur. 159 

beigelefft werden. Ebenso schieden sich in der Frage um das Abend- 
mahl die Philippisten von den Antiphilippisten. Das Interesse des 
einen an Melancnthons Namen sich hängenden Teiles lag nimmehr 
darin, die Streitfrage möglichst unentschieden zu lassen. Sie hofften 
auf Ausgleichung und Abstumpfung der Gegensätze im Laufe der 
Zeit. Diese Partei, die augenblicklich noch die Oberhand hatte, be- 
trieb eifrigst die Vertreibung der Pfarrer der Gegenpartei. Es be- 
gann überhaupt auf der ganzen Linie ein Vorstoß zur Unterdrückug 
der strengen Lutheraner, dessen Opfer ohne ihr Vorwissen Opitz 
und seine Freunde in Eegensburg wurden. „Man entledigte sich 
der Klamanten imd Schreier, wie es hieß, um soviel Euhe als mög- 
lich zu bekommen und konform mit den benachbarten Städten vor- 
zugehen. Ja, man bediente sich der Gutachten von orthodoxer 
Seite, um nur unter einem guten Schein die Partei des Flacius 
tunlichst zu schwächen. In aiesem Zusammenhang fügt sich nun 
der Erbsündestreit der 70er Jahre in Österreich ein. Es war nur 
die Fortsetzung des Kampfes im Eeiche und wurde von manchen 
herzlich beklagt. So schreibt Philipp Barbatus 1573 an Waldner 
in Regensburg: „Nicht mit wenigen Schmertzen erfahre ich auch, 
daß es albereidt unter den Predigern und Lehrern Eurer Kirchen 
und Schulen über dem Zank De peccato originis zu splittern änfahe. 
Ach der bösen, jammerlichen Zeiht. Blibe man bey Gottes Wortt 
und der Lehre D. Luthers, welcher an vielen Ortten seiner Bücher, 
wie auch in Schmalkaldischen Artikeln klar zeuget . . . ". 

Innerhalb der evangelischen Stände selbst war Zwiespalt an- 
läßlich der bevorstehenden Berufung eines Landschaftspredigers in 
Wien. Die Bestellung eines Superintendenten war nämlich nicht 
gestattet. Nach längeren Parteiumtrieben wurde Opitz, der aus 
Kegensburg hatte flüchten müssen, zum Landschaftsprediger in der 
Hauptstadt gewählt. In dieser Stellung wirkte er nun 4 Jahre, dann 
wegen seiner als flacianisch verschrienen Lehre wurde er bald ver- 
leumdet und war seinen Gegnern ein Dom im Auge. Wenn dieser 
erst 32-jährige hochgewachsene Mann rücksichtslos predigte, in seinem 
Feuereifer selbst ärgerliche Dinge auf der Kanzel vorzubringen sich 
nicht scheute, so darf ihm das nicht als Schuld angerechnet werden. 
§eine schweren Erlebnisse hatten ihn nicht entmutigt und nicht die 
Überzeugung bei ihm bewirkt, daß er, weil er verfolgt wurde, eine 
ungerechte Sache vertrete. Die große Stadt Wien lag vor ihm 
offen, die Ernte reif zum Schnitte. Schon gaben die Römischen 
ihre Sache verloren. Ein Brief aus dieser Zeit gibt ein gutes Bild 
von der Stimmung, die in katholischen Kreisen herrschte: „Das 
Religionswesen ist allhie in 20 Jahren nicht übler eingestanden, 
als eben jetzo. Außer des Hauffleins so die frummen heiligen Vatter 
der ßocietas Jesu bis anhero auffgehalten, ist es alles gefallen. Die 
sacramenta werden nicht mdir bei der haupt- und pfarrkirchen, 
sondern alle im landhaus gesucht und prophaniert. Auch Skt. 
Stephan werde in kurzem zu einer Wüste werden, und niemand 
nehme das zu Herzen." — Die Erregung wurde aiifs höchste ge- 
steigert, als Opitz die Erzählung von etlichen tausend Kindsköpfen, 
die in Klöstern gefunden sein smlten, auf die Kanzel brachte. Der 
Jesuit Georg Säierer schrieb gegen diese das katholische Gefühl 
verletzende, doch allgemein verbreitete Erzählung, ließ aber außer 
acht, daß es Opitz nicht auf die Zahl der Köpfe ankam, sondern 



160 Literatur. 

daß er das System treffen wollte, das Cölibat, das solche Früchte 
notwendig tn^en mußte. 

Die Aufrüttelung der Gemüter durch Opitz und. seine Mit- 
prädikanten war eine gewaltige; sie griff tief in die Bürger- und 
Handwerkerkreise ein, die angewiesen wurden, keine Gemeinschaft 
mehr mit den Katholiken zu pfl^en. 

Da aber schon die überwiegende Mehrheit des Adels, nun der 
der Bürger der Augsburger Konfession angehörten, mußten wieder 
Gewaltmittel helfen. Nach einer Verordnung vom 7. Juni 1578 
sollte allen Verhandlungen über die evangelischen Angelegenheiten 
die Ausweisimg der Pr^kanten und Schulmeister aus Wien vor- 
ausgehen. Trotzdem nun die Verordneten Rudolfs den Evangelischen 
Zugeständnisse machten, verlangten die letzteren, Regendon an der 
Spitze, freie Verfügung über ihre Prediger; bceonders wollten sie 
von einer Ausweisimg des Opitz nichts wissen. Als die kaiserlichen 
Abgeordneten darauf bestanden, wurden die Verhandlungen abge- 
brochen, und die Resolution trat in Kraft. Am 21. Juni erhielten 
Opitz und die übrigen evangelischen Lehrer und Prediger den Aus- 
weisungsbefehl zugestellt. Opitz, offenbar schon vorbereitet, empfing 
die Nachricht mit größter Kühe; dagegen in der Stadt gärte es. 
Zur befürchteten Revolte kam es aber nicht. 

Wie wohlberechnet dieser Schachzug war, zeigt nicht bloß 
der Triumph der römischen Partei, die soeben noch verzweifelt da- 

festanden, sondern mehr noch die Folgen der Ausweisung: in der 
lauptstadt war der evangelische Gottesdienst mit einem Sichlag all- 
gemein eingestellt ; es gelang nicht wieder, die Schließung der Land- 
hauskirche und -schule rückgängig zu, machen, sogar der Gottes- 
dienst war untersagt. 

Der augenblickliche Erfolg der römischen Partei in Wien hatte 
keineswegs eine Entmutigung der Evangelischen außerhalb Wiens 
zur Folge; diese verdop^ten ihre Kräfte, und namentlich die ge- 
schlossene Partei der Flacianer war für ihre Sache außerordenthch 
tätig. Wollte aber auf protestantischer Seite ein Si^ errungen 
werden, so war dazu einheitliches Vorgehen der Parteien unbedingt 
nötig. Diese Einigkeit konnte nur durch eine Austragung der pro- 
testantischen Dogmen Streitigkeiten erzielt werden, und hierzu war 
eine Synode nötig, die von den Flacianern auch gefordert wurde. 
Statt der Synode wurde aber 1580 die von den Ständen dekretierte 
Visitation durchgeführt. Diese Visitation hatte ein strengeres Vor- 
gehen gegen die „beständigen" Lutheraner zur Folge. Letztere 
spalteten sich später in zwei Parteien, bekämpften sich gegenseitig, 
und so kam es, daß sie in den 80er Jahren gänzlich verschwanden. 
So sind es eine Reihe bedeutsamer Momente in der Geschichte 
der österreichischen Reformation und Gegenreformation, welche durch 
die von Bohl herangezogenen Regensburger Quellen mannigfach ge- 
nauer illustriert werden. Zur vollen Verwertung derselben kommt es 
aber zugleich darauf an, die letzteren mit der einschlägigen Literatur 
in die rechte Verbindung zu setzen. Es ist dies um so leichter 
möglich, weil gerade cue österreichische Reformation sgeschichte 
neuerdings in überaus fruchtbringender Weise archivalisch gefördert 
worden ist. Schon die formlose, aber stoffreiche Wiedemann- 
sche Aktensammlung zur Geschichte der Österreichischen Gegen- 
reformation verdient trotz der römisch-katholischen Tendenz des 
Verfassers nach wie vor gründliche Beachtung. In noch höherem 



literatnr. X61 

Grade ^It dies von den bahnbrechenden UnterBuchnn^en Loserths, 
sowohl über die hussitische Vorreformation wie über die Keformation 
selber und die verschiedenen Stadien ihrer Unt^rückung. Und 
wie wir dem Grazer Professor Loser th eine Fülle der über- 
raschendsten neuen Einblicke speziell in die steiermärkische Geschichte 
verdanken, so hat der unermüdliche Wiener Eirchenhistoriker L o e s c h e 
schon durch seine gründliche Mathesiusforschung die gesamte öster- 
reichische Beformationsgeschichte bedeutsam gefördert, überdies aber 
zugleich dem „Jahrbuch für die Geschichte des österreichischen Pro- 
testantismus'* einen gewichtigen Au&chwung gegeben. An das Jahr- 
buch haben sich dann noch zahlreiche Einzekrbeiten angesdüossen, 
deren Aufzählimg hier zu weit führen würde. Wir erinnern nur an 
die (aus dem an gut gesichtetem Quellenmaterial überreichen Archiv 
des e.V. geschöpften) Darstellungen der von dem G.A.V. unter- 
stützten Gemeinden, zumal in den Berichten für die große Liebes- 
gabe, aber auch in den provinziellen Veröffentlichimeen. Das be- 
sondere Verdienst des Bönlschen Werkes liegt somit darin, daß es 
über eine überaus fleißig bearbeitete Periode trotzdem viel neues 
licht verbreitet. Zuglei(£ aber darf der so vielseitig geweckte histo- 
rische Forschungstrieb als ein besonders bedeutsames Symptom für 
die Zeit der österreichischen Los -von -Rom -Bewegung bezeichnet 
werden. Nippold. 

II. 

Hesdsehe Landtagsakten, herausgaben von Dr. Hans Glagau, 
Privatdozenten an der Universität Marburg. Erster Band, 1508 
bis 1521. Marburg 1901. XV, 593 SS. M. 14.-. 

In Bd. XX, 8. 318 f. dieser 2^tschrift ist Glagaus Mono^aphie 
über Anna von Hessen angezeigt worden. Der jetzt vorhegende 
Band bildet gewissermaßen das Urkundenbuch dazu, denn er ent- 
hält mehr, sSa man nach dem Titel erwarten soUte. Doch wird 
man dem Herausgeber dankbar dafür sein dürfen, daß er sich 
keine allzu strenge Beschränkung bei der Auswahl der Akten auf- 
erl^ hat. 

An der Hand der mitgeteilten, bisher mit ganz wenigen 
Ausnahmen imgedruckten Akten können wir nun die Darstellung 
des Herausgebers in seinem Buche über die Landgräfin genauer 
nachprüfen und feststellen, wie weit seine Auffassung von seiner 
Heldin in den (Quellen b^ründet ist Von anderer Seite') hat man 
dem^enüber jetzt eine andere Anschauung vertreten; nicht als 
eme^^rkämpferin landesherrhcher Macht, sondern als eine Fürstin, 
die nur von persönlicher Herrschsucht und ^istischen Bestrebungen 
bestimmt war, hat man Anna auffassen woUen. Ihren einheitlichen 
und großartigen Charakter würde ihre Pohtik auch dann behalten, 
im allgemeinem Interesse aber würde sie bedeutend verlieren. Nun 
läßt sieh allerdings die Bichtigkeit der Auffassung Glagaus aus den 
vorhandenen Qudlen nicht sti^ beweisen, Beferent mS^te ihr aber 
auf Grund seiner Durchsicht der Akten doch eine größere Berechti- 
gung zugestehen, als das durch Wolf geschieht. 

Für uns kommt auch die vorhegende Publikation Glagaus 
'Wieder vor allem in Betracht wegen der Bedeutung, die sie für die 



1) Vgl. G. Wolf in den G.G.A., Bd. 164, S. 465-480^(Juni 1902). 
XXIL 11 



162 Literatur. 

thürindsche Geschichte hat, doch brauchen wir hier auf die BBch-^ 
HcheD Ergebnisse der Forschungen Glagaus nicht noch einmal hinzu- 
weisen. Man wird es thüringischerseits mit Freuden begrüßen 
dürfen, daß uns der Herausgeber auch das Material zur Beurteilung^ 
der wettinischen Politik in der hessischen Frage nicht vorenthalteii 
hat, an einigen Punkten berührt und ergänzt sich seine Publikation 
mit Burkhfädts inzwischen erschienenen Ernestinischen Landt^- 
akten, ohne aber durch diese überflüssig gemacht zu werden. Für 
jeden, der die wettinische Geschichte von 1509—21 studiert, wird 
jedenfalls auch Glagaus Publikation von höchster Wichtigkeit sein^ 

Äußerlich hat Gl. seine Ausgabe nach dem Muster der Below- 
schen Ausgabe der Landtagsakten von Jülich-Berg gestaltet und 
verweist auf diese. Vielleicht hätte er sich für solche Benutzer^ 
denen Belows Publikation nicht zur Hand ist, aber doch etwas aus- 
führlicher über die befolgten Grundsätze aussprechen können. Die 
Einleitungen zu den 8 Abschnitten des Buches sind präzis und über- 
sichtlich, die Inhaltsangaben am Kopfe der einzelnen Aktenstücke 
von genügender Gründlichkeit, was bionders bei den zum Teil sehr 
mnfangreichen Protokollen der Landtagsverhandlungen die Benutzung 
sehr erleichtert, das Register macht einen sehr genauen Eindruci 
und scheint auch praktisch eingerichtet zu sein. 

An Einzelheiten sei bemerkt, daß auf S. 111 doch wohl die- 
selbe Landgräfin Elisabeth gemeint ist wie auf 8. 103, als pfälzische 
Prinzessin konnte sie sehr wohl als „aus dem Fürstenstamm Bayern" 
gebürtig bezeichnet werden, tebten auf S. 81 möchte ßeierent 
als Tapeten oder Teppiche deuten. Eine Erklärung ungebräuch- 
licher Ausdrücke wäre auch sonst hie und da erwünscht gewesen. 
Was bedeutet z. B. erne auf S. 544? Mancher wird auch Mit- 
teilungen über den äußeren Hergang der Landtagsverhandlungen ver- 
missen. Man darf wohl vermuten, daß der Herausgeber sich in dem 
versprochenen Einleitungsbande, der die Zeit vor 1509 darstellend 
behandeln soll, auch darüber aussprechen wird. G. Mentz. 

IIL 

Ermiseh, H., Codex diplomaticus Saxoniae regiae. Im 
Auftrage der Königlich Sächsischen Staatsregierung nerausgeg.. 
von Otto Posse und Hubert Er misch. Erster Hauptteü. 
Abteilung B. Zweiter Band. Urkunden der Markgrafen von 
Meißen und Landgrafen von Thüringen 1396 — 1406. Leipzigs 
Giesecke und Devrient, 1902. XV und 597 SS. 4». 
Der erste Hauptteil des Codex dipL Saxoniae regiae hat für alle 
unter der Herrschaft der Wettiner stehenden oder einst von diesem 
Geschlechte beherrschten Länder die größte Bedeutung, denn in 
dieser Abteilung der groß angelegten Publikation sollen ja alle Ur- 
kunden zur Geschichte des Gesamthauses bis zu der folgenreichen 
Teilung vom Jahre 1485 imd bis zu deren Bestätigung durch Kaiser 
Friedrich III. vom 24. Februar 1486 ediert werden. Darum ist von 
allen Interessenten auf das lebhafteste bedauert worden, daß g^en- 
über dem rüstigen Fortschreiten der Arbeit an den Urkunden- 
büchem des zweiten Hauptteiles, der die Urkunden zur Geschichte 
der einzelnen Stifter imd größeren Städte umfassen soll (s. O. Posse^ 
Cod. dipl. Sax. regiae. Seine bisherige Herausgabe und seine 
Weiterfuhrung. Leipzig, Giesecke imd Devrient, 1876, S. 5), die 



Literatur. 163 

Arbeit an dem ersten Hauptteil nicht recht von der Stelle rücken 
wollte. Daß in einem Zeiträume von mehr deun 20 Jahren nur 
drei schwache Bände mit insgesamt 1301 Nummern erschienen, 
konnte nicht Terwundem, da oekannt war, daß die Bearbeitung 
dieser Abteilung, trotzdem sie bei weitem schwieri^r und zeitrauben' 
der als die für die Urkundenbücher des zweiten Haupiteils ist, lange 
Zeit im wesentUchen auf den Schultern eines Mannes ruhte, der 
überdies durch andere mit dem Cod. d. Sax. r. in inniger Ver- 
bindung stehende wissenschaftliche Unternehmungen abgehalten 
worden war, sich der Aufgabe ausschließlich zu widmen. 

Mit lYeuden bewußte man daher den Entschluß, die bewährte 
Kraft eines Ermisch, der schon für den zweiten Hauptteil das Beste 
geleistet hat, für den ersten Hauptteil mit heranzuziehen. Mit außer- 
ordentlichem Fleiße hat er sich seiner Aufgabe angenommen, die Ab- 
teilimg B des ersten Hauptteiles, die die Urkunden der Wettiner 
des si)äteren Mittelalters, zunächst von dem Tode des Markgrafen 
Friedrich III. (1381) bringen wird, zur Drucklegung zu fördern. 
Dank seiner Rührigkeit und seiner Sachkunde konnten in verhält- 
nismäßig kurzer Zeit zwei stattliche Bände dieser Abteilung ver- 
Öffentlicnt werden. Dem 1899 erschienenen ersten Bande mit 637 
Nummern für die Jahre 1381—1395 folgte schon 1902 der 2. Band, 
der nicht weniger als 719 Urkunden und E<^esten für die Zeit von 
1396 — 1406, d. n. bis zum Ende der Regierung Balthasars imd Wil- 
helms I. der Forschimg erschließt. 

Ueber das bei der Publikation beobachtete Verfahren, das von 
dem von Gersdorf einst aufgestellten Plane nicht unerheblich ab- 
weicht, hat sich Ermisch im Vorbericht zum 1. Bande, S. XX ge- 
äußert. Er hat es mit Rücksicht auf den gewaltigen Umfang des 
Urkunden Vorrates des späteren Mittelalters für nötig gehalten, für 
die Drucklegung eine Auswahl unter den Urkunden zu treffen, hat 
dabei aber in den Anmerkungen zu den Urkunden wenigstens kurze 
Verweise auf viele ausgelassene Stücke gegeben. Im 1. Bande sind 
so ca. 400 Urkunden, die in dankenswerter Weise am Schlüsse 
S. 519 — 521 zusammengestellt worden sind, nur in den Anmerkungen 
erwähnt worden, eine große Anzahl nach dem subjektiven Ermessen 
des Herausgeberä unb^eutender Urkunden, z. B. Bestallungen unter- 
geordneter Personen, Verschreibungen über geringfügige Schulden, 
Lehn-, Leibgeding- und Gunstbriefe , desgleichen Verschreibungen 
der Land- imd Markgrafen für Städte und Ortschaften, die in dem 
zweiten und dritten Hauptteile Aufnahme finden, oder soweit — was 
uns im besonderen angeht — Thüringen in Frage kommt, 
thüringischen lokal- oder familiengeschichtlichen Urkundenbüchern 
überlassen bleiben sollen, sind überhaupt von der Aufnahme ausge- 
schlossen worden. Man kann aus mehr denn einem Grunde be- 
dauern, daß Vollständigkeit das gebotenen diplomatischen Apparates 
somit nicht gewährleistet werden Kann, man würde aber ungerecht 
sein, wenn man darüber mit dem Herausgeber rechten wollte. Mir 
will sogar scheinen, als ob die Arbeit des Editors bei dem beobach- 
teten Verfahren schwieriger gewesen sei, als wenn er alles, was an 
urkundlichem Material fiu: die Geschichte der Markgrafen und Ijand- 
grafen vorhanden ist, ohne Auswahl hätte publizieren können. Tat- 
sächlich läßt sich für das spätere Mittelalter mit seinem reichen 
Urkundenvorrat und seinen in vielen Fällen zu Akten auswachsen- 
den Diplomen ebensowenig alles dem Drucke übergeben als bei den 

11* 



164 Literatur. 

AktenpubllkatioDen zur neueren und neuesten Geschichte. Selbst- 
yerstandlich mußte überdies bei den meisten Urkunden die B^est^i- 
form an Stelle des voUstandisen Druckes treten. 

In eigenartiger Weise hat Ermisch aber die Gesamtheit d^ 
von Wettinem ausgestellten Urkimden skizzenhaft angedeutet in der 
Uebersicht über die Wettinerurkunden im 1. Bande für die Zeit von 
1381—1395, im 2. Bande für die Jahre 1396—1406. Diese Listen 
di^en zugleich als Itinerare. Es ist dabei alles so wohl durchdacht 
und so exakt ausgeführt, daß man diese Uebersichten zur Nach- 
ahmung empfehlen kann. Nur in einem Punkte muß man mehr 
wünschen. Ich halte es für nötiff, daß bei Stücken, die in den CJodex 
nicht aufgenommen werden, ein Wort über die eigentliche Disposition 

fesagt wird, natürlich so präzis wie möghch, so daß in jedem 
■•alle nur einige Worte dazu kommen. Anzuerkennen ist, daß für 
solche Urkunden die Zeugenreihen nicht unterc^rückt worden sind. 
Von größter Wichtigkeit ist auch, daß er zahlreiche Rechnungen 
zur Erklärung der Urkunden und zur Vervollständigung des Itinerars 
verwertet hat. Man sieht. Ermisch ist in verschiedenen wichtigen 
Pimkten seine eigenen Wege gegangen, und man muß ihm dafür 
Anerkennung zollen ; es sind Wege, die nur ein gewiegter Praktiker 
finden und weisen konnte. 

In beiden Bänden sind eine Menge inedita enthalten, die über 
die Geschichte der Wettiner und ihre Lande neues Licht verbreiten 
und die nicht zum wenigsten gerade für Thüringens Geschichte von 
Bedeutung sind. Ermisch verspricht, die Ergebnisse sein«: Publi- 
kation in einer darstellenden Arbeit zusammenzufassen, sobald das 
Material bis zum Tode Friedrichs des Streitbaren (4. Jan. 1428) ge- 
sammelt vorliegen wird. Dann wird man die Bedeutung seiner 
Publikation erst recht würdigen lernen. 

Die Behandlung der Texte, die Regesten, die Bemerkungen über 
die handschriftliche IJeberlief erung, die Anmerkungen zur Erklärung 
der Texte und die Indices sind so vortrefflich, wie wir es bei Ermischs 
Publikationen längst gewöhnt sind, nur in den Drucknachweisen ist 
Vollständigkeit nicht erreicht, wohl auch nicht erstrebt worden. 

Möge die Fortsetzung dieser mustergiltigen Publikation in dem 
Tempo, aas sie bis jetzt eingehalten hat, erfolgen I 

O. Dobenecker. 



Berichtigung. 
S. 94, Z. 3 V. u. ist zu lesen: 7000 FL 

Zur Nachricht. 
Eine Anzahl Rezensionen und die Literaturübersicht 
können erst im nächsten Hefte zum Abdruck kommen. 



Frommaonsche Buchdruckerei (Hermann Fohle) in Jena. — 2532 



Gustav Richter. 

Ein Gedächtniswort. 

Von 

Eduard Sosenthal. 

Dem Wimsch, den ich bei der 50-jährigen Jubelfeier 
des Vereins für Thüringische Geschichte und Altertums- 
kunde, am 22. Juni 1902, Gustav Richter im Namen unseres 
Vereins aus Herzensgrunde darbrachte, daß ihm noch eine 
recht lange Tätigkeit als Mitglied unseres Ausschusses be- 
schieden bleibe, ward leider die Erfüllung versagt. 

Nur zu bald hatte der Verein den Verlust seines lang- 
jährigen Leiters zu betrauern. Am 28. Januar d. J. wurde 
er uns durch den Tod entrissen. 

Indem wir ihm auch in der Zeitsqhrift unseres Vereins, 
ein Wort des innigen Dankes in die kaum geschlossene 
Gruft nachrufen, entsprechen wir nicht nur dem Her- 
kommen, sondern folgen einem Zuge des Herzens. 

Wer in den Annalen unseres Vereins blättert, dem 
wird bald die Wahrnehmung sich aufdrängen, daß nur 
wenige Persönlichkeiten so innig mit dessen Geschichte 
verwachsen waren wie er. 

Der 1852 gegründete Verein war nach dem Weggange 
Michelsens von Jena allmählich dahingesiecht und nach 
dem Tode Professor Hermanns (1867) in einen 9-jährigen 
Schlummer verfallen. 

Nachdem am 1. Oktober 1876 das Großherzogliche 
Gymnasium dahier eröflFnet worden war, fand am 12. Januar 
1877 die Wiederbelebung des Vereins für Thüringische Ge- 
schichte statt. Oberappellationsgerichtsrat Professor Muther 
wurde zum ersten und Gymnasialdirektor G. Richter zum 



II Gostay Eichter. Ein Gedachtniswort 

stellvertretenden Vorsitzenden gewählt. Man geht wohl 
nicht fehl in der Annahme, daß die Persönlichkeit des 
Leiters des neuen Gymnasioms die treibende Kraft war, 
dem die Wiederbelebung des Vereins zu danken ist. 

Gustav Bichters Wiege stand in thüringischen Landen. 
Am 29. Juni 1838 hat er in Naumburg a. S. das Licht der 
Welt erblickt. 

Schon in seiner Studentenzeit hat der junge Philologe, 
der an der rheinischen Hochschule zu den Füßen eines 
Dahlmann gesessen, seine Kameraden zum eifrigen Studium 
der von den Philologen vernachlässigten Geschichte ange- 
regt ^). Die Liebe des Jünglings zur Geschichte blieb auch 
dem Manne treu. 

Beim Geschichtsunterricht, den er am Gymnasium zu 
Weimar erteilte, war es ihm klar geworden, wie viele ver- 
altete Lrtümer und schiefe Auffassungen sich in den ge- 
wöhnlichen Hilfsbüchem fortpflanzen. Hauptsächlich um 
dem Lehrer, für den die meisten Quellenwerke schwer zu- 
gänglich, ein Hilfsmittel zur eigenen Belehrung zu bieten, 
verfaßte er die „Annalen der Deutschen Geschichte des 
Mittelalters". Den Annalen Ottos des Großen, die er als 
Probe schon 1870 veröffentlicht hatte, ließ er 1873 den 
die Merowinger behandelnden Band folgen. 

1885 erschien die erste Hälfte des das Zeitalter der 
Karolinger behandelnden Bandes, dessen 2. Hälfte (1887) 
Horst Kohl, den er 1879 als Mitarbeiter gewonnen hatte, 
bearbeitet hat Im Jahre 1890 gab er den 1. Band der 
m. Abteilung „Annalen des Deutschen Reiches im Zeit- 
alter der Ottonen und Salier" heraus, der die Zeit von 
919—1056 umfaßte, und 1898 erschien der 2. Band dieser 
Abteilung, der in seiner ersten noch von Bichter bear- 
beiteten Hälfte die Regierungszeit Heinrichs IV. behandelte, 



1) Ich verweise bezüglich des Lebensganges Bichters auf das 
lichtvolle Charakterbild, das Sief ert („Zum Gecmchtnis Gustav Bich- 
ters^ — Lehrproben und Lc^gange, 79. Heft) vom Entsdilafenen 
entworfen hat. 



Gustav Kichter. Ein Oedachtniswort lll 

während die 2. Hälfte des 2. Bandes (1106—1187) von Kohl 
und Opitz herausgegeben wurde. Das Werk, das leider un- 
vollendet blieb, hat sich fär Lehrer und Studierende als ein 
wertvolles Hil&mittel bewährt. 

Neben diesen der deutschen GFeschichte angehörigen 
Arbeiten, neben pädagogischen und philologischen Abhand- 
lungen, neben einer ausgedehnten beruflichen Wirksamkeit 
fand der schwer leidende Mann Kraft und Muße, um eine 
Reihe von Untersuchungen zu Tage zu fördern, die der CFe- 
schichte der von ihm so geliebten thüringischen Heimat 
gewidmet waren. 

Als Festschrift zum Jubiläum des Staatsministers Stich- 
ling widmete er dem von ihm hochverehrten Enkel Herders 
eine quellenmäßige Geschichte der alten lateinischen Rats- 
schule, in den Programmabhandlungen 1887 und 1888 unter 
dem Titel: „Das alte Gymnasium zu Jena. Beiträge zu seiner 
Geschichte" erschienen. Bis ins 18. Jahrhundert verfolgt er 
die Sparen dieser noch im 18. Jahrhundert ihre Schüler 
bis zur Universität vorbereitenden Anstalt, die als Gymnasium 
bezeichnet wurde. Nach mannigfachen Wandlungen war 
dann aus der in eine vierklassige „ Trivialschule '^ umge- 
stalteten Anstalt die neue Bürgerschule hervorgegangen! — 
Wie Jenas Schulgeschichte durch diese Untersuchung auf- 
gehellt wurde, so hat sich Richter auch um die Rechts- 
geschichte der Stadt verdient gemacht durch die Heraus- 
gabe einer Jenaer Stadtordnung aus dem 16. Jahrhundert 
nebst einem Anhang aus dem 17. Jahrhundert (Vereins- 
zeitschrift, Bd. X, S. 280 ff.). 

In formvollendeten, von warmer Anhänglichkeit an das 
weimarisehe Fürstenhaus getragenen Reden hat Richter bei 
Gelegenheit von Schulfeiern den Großherzog Carl Alexander 
als den Hüter der großen Traditionen Weimars gefeiert, als 
den Herrscher, „dessen Wiege noch umstrahlt war von dem 
Glänze der Goetheschen Epoche'^, der in seinem Denken 
und Handeln bestimmt war von den großen Erinnerungen der 
klassischen Zeit. Es sind fesselnde Bilder, die Richter in 



IV Gustav Bichter. £m Gedachtniswott. 

den 4 Schnlreden: „Zur Erinnerung an Carl Alezander, 
Großherzog von Sachsen und das Ghroßherzogliche Haus" 
(Jena 1901) entworfen hat. Sie sind besonders charak- 
teristisch für Richters Weltanschauung. Als hochgebildeter 
Mann, dem die Ideale der Humanität nicht nur leerer Schall 
sind, der begeistert für die wahre Freiheit, mit künst- 
lerischem Sinne plastische Gestalten vor die Seele seiner Zu- 
hörer zaubert, zeigt sich hier Richter. Immer versteht er es, 
seine Helden in den Fluß der geschichtlichen Entwickelung 
zu stellen. Wie schön weiß er Großherzog Carl Alexander 
und Großherzogin Sophie als Träger des in den Emestinem 
und Oraniem ausgeprägten Geistes, als Beschützer der 
bürgerlichen und religiösen Freiheit darzustellen. 

Feinsinnig zeigt er in seiner Rede zum 80. Geburts- 
tage Carl Alexanders diesen seinen Zuhörern im Spiegel 
seines Lebenswerkes, der Wiederherstellung der Wartburg, 
in den Vortrag verflechtend einige der Hauptmomente der 
thüringischen und deutschen Geschichte. Als ein Kabinets- 
stück erscheint mir seine Rede über Maria Paulowna, die 
Mutter des Großherzogs. Wie herrlich gelingt ihm das 
Bild dieser edlen Fürstin, die er mit erquickender Herzens- 
wärme anmutig einreiht in die Kette jener großen Frauen, 
„die unvergängliche Spuren ihres Wirkens in die geschicht- 
liche Überlieferung eingegraben haben", auch in die Thü- 
ringens, von den Tagen der heiligen Elisabeth an. 

Zum letzten Male trat Gustav Richter vor eine breitere 
Öffentlichkeit bei der Feier des 25. Stiftungstages des 
Jenaer Gymnasiums am 7. Oktober 1901, zugleich seines 
Ehrentages, denn seiner Leitung war dasselbe seit seiner 
Gründung anvertraut. In der Festrede (veröffentlicht unter 
dem Titel „Jena und sein Gymnasium", Jena und Leipzig 
1902), die die äußere und innere Lebensgeschichte der An- 
stalt zeichnet, kommt neben dem Pädagogen auch der 
Historiker zu Wort. Höchst ansprechend leitet er die Ent- 
wickelung des Gymnasiums aus den geschichtlichen Be- 
dingungen der Landschaft und der Stadt ab. 



Gustav Bichter. Sin Gedächtniswort V 

Da ist es der gemeinsame Familienzug als thüringische 
Bildungsanstalt^ den er in den Vordergrund schiebt. „Hier 
erwuchs, sagt er, jener Ernestinische Geist, in dem Glaubens- 
treue und Geistesfreiheit mit der Pflege des Schönen, inniges 
Heimatsgefühl mit deutschem Nationalstolz, kriegerischer 
Sinn und militärische Tüchtigkeit mit dem Ideal Herderscher 
Humanität eine unauflösliche Verbindung eingegangen ist. 
Den Stempel dieses zugleich frommen und freien, ernsten 
und freudigen Geistes trägt allenthalben in Emestinischen 
Landen alles, was Bildungswesen heißt, von der Hochschule 
und den Kunstanstalten bis zur Volksschule herab '^ Nun 
charakterisiert er Landschaft, Klima und Volksgeist, den 
genius loci Jenas als wirksamen Miterzieher des Gymnasiums, 
ganz besonders den Einfluß der Hochschule rühmend. Dank- 
bar gedenkt er seiner Kollegen und Mitarbeiter. Der ganze 
Idealismus, der seine Berufsarbeit adelt, die ganze sittlich 
hohe Auffassung seiner Lebensarbeit, faßt er in dem päda- 
gogischen Glaubensbekenntnis zusammen: „Wissenschaft- 
licher Ernst soll sich verbinden mit brüderlichem, menschen- 
freundlichem Geist". „Vielseitiges Interesse wecken und es 
in den Dienst der sittlichen Ideen stellen; nicht nur for- 
male Kräfte ausbilden, sondern zugleich die Seele adeln, 
das muß unser Ziel sein". 

Ich habe diese Sätze angeführt, weil sie besser als 
ich es vermöchte widerspiegeln die nach dem Höchsten 
ringende, ideale Tätigkeit Eichters, die gleich weit entfernt 
war von philologischer Einseitigkeit und engherziger Pe- 
danterie. 

Richters Bedeutung als Lehrer hat Hofrat Wilhelm, 
der ihm 27 Jahre hindurch als Amtsgenosse nahe stand, 
mit warmempfundenen Worten bei der Trauerfeier des 
Gymnasiums verständnisvoll gewürdigt^). „Lehramt und 
Wissenschaft, so führte Wilhelm aus, floß bei ihm eigent- 
lich in eins zusammen. — Bei seinen Studien schwebten 



1) VergL den Bericht in der „ Jenaischen Zeitung* 1904, No. 26. 



Vt Gustav Bichteir. Ein Oedächtniswort 

ihm seine Schüler vor und in der Schule, wo er das Wissen 
lebendig zu machen hatte, ergri£F und erhob ihn die Be- 
deutung des Gegenstandes zu einer ihn selbst beglückenden 
Stimmung". 

Sein Wirken hat auch die äußere Anerkennung ge- 
funden durch Verleihung von Orden und des Titels „Ge- 
heimer Hofrat". 

Nicht habe ich vor als Laie hier noch zu sprechen von 
Bichters philologischen (Kritische Untersuchungen zu Senecas 
Tragödien) und pädagogischen Arbeiten, die in stattlicher 
Fülle in Schulprogrammen und Fachzeitschriften veröffent- 
licht wurden, nicht von seiner Wirksamkeit als Leiter des 
Gymnasialseminars. Diese seine Tätigkeit zu beurteilen, 
muß ich durch Sachkunde Berufenen überlassen. 

An dieser Stelle ziemt es noch ein Wort zu sagen 
über das, was Gustav Richter dem Verein für Thüringische 
Geschichte und Altertumskunde gewesen. 

Bei der Wiedergeburt des Vereins (1876) wurde Richter 
nicht nur, wie erwähnt, zum 2. Vorsitzenden erwählt, son- 
dern gleichzeitig auch mit der Redaktion der Vereinszeit- 
schrift betraut, die er bis zum Jahre 1886 gefahrt hat 
Treu hat Gustav Richter — und ich darf hier die Worte 
aus dem Festvortrage (Zeitschrift des Vereins für Thü- 
ringische Geschichte, Bd. XXI) über die 6()-jährige Wirk- 
samkeit des Vereins wiederholen — unserer Sache gedient. 
Nach Lipsius Tode, der nach dem Ableben Muthers 
1. Vorsitzender geworden war, übernahm er das Präsidium, 
in dessen Führung er mit der Würde der Repräsentation 
feines Verständnis für die Aufgaben unserer Landesgeschichts- 
forschung verbunden hat. Für die Interessen des Vereins 
ist er stets mit Wärme und Entschiedenheit eingetreten. 
Mit einer sein ganzes Sein durchglühenden Begeisterung für 
das große deutsche Vaterland verband er eine innige Anhäng- 
lichkeit zur thüringischen Heimat. Diese verlieh noch dem so 
vielseitig in Anspruch genommenen Manne die Kraft, seine 
reichen Gaben einzusetzen für die Förderung des auf eine £r- 



Gustav Bichter. Ein Gedächtniswort. VII 

forschnng der Vergangenheit Thüringens gerichteten Be- 
strebungen. Hatten doch diese endlich in unserem Vereine 
einen Mittelpunkt für die Förderung seiner landesgeschicht- 
lichen Studien gefunden. V7ar und ist doch Thüringen, das 
Herz Deutschlands, mit seiner reichen und wechselvollen 
Geschichte aufs innigste verflochten mit der Geschichte des 
Gesamtvaterlandes. 

Unter Richters Leitung wurde auch ein längst gehegter 
Wunsch des Vorstandes Wirklichkeit, als es gelang, eine 
Erweiterung des Arbeitsgebietes des Vereines durch eine 
nähere Verbindung mit den in Thüringen zerstreuten Lokal- 
geschichtsvereinen in die Wege zu leiten. Auf der General- 
versammlung zu Pöl^neck (1894) hatte Richter in lieber- 
einstimmung mit einer früher von Professor Lorenz u. a. 
gegebenen Anregung den Verein darauf hingewiesen, jetzt 
mehr Publikationen zur neueren Geschichte in Angriff zu 
nehmen. Er erklärte eine planmäßige Beeinflussung und 
Leitung der ortsgeschichtlichen Forschungen für eine Auf- 
gabe der größeren provinziellen Vereine. Aus der Verbindung 
des Gesamtvereines mit 12 Geschichtsvereinen in Thüringen 
erwuchs so die „Thüringische Historische Kommission ^^ 

In zwei Gedächtnisreden hat Richter seinen Vorgängern 
im Vereinspräsidium Seebeck und Lipsius (Zeitschrift des 
Vereins, Bd. XIII und XVII) würdige Denkmäler errichtet. 
In glänzenden Farben malt er ein anziehendes Bild der 
harmonisch abgeklärten Persönlichkeit Seebecks, des um 
die Entwickelung der Jenaer Universität hochverdienten 
Curators, dem er in warmer Sympathie zugetan war. 
Glänzend hat er es aber auch verstanden, der eigenartigen 
Persönlichkeit eines Lipsius gerecht zu werden. In lebens- 
voller Anschaulichkeit entwirft er ein Charakterbild des 
scharfsinnigen Denkers, „dfes streitbaren Theologen, des 
leidenschaftlichen Kämpfers für freie Forschung und freien 
Glauben". Auch die Verdienste Michelsens, Eduard From- 
manns und Martins um den Verein hat Richter in kürzeren, 
trefflichen Charakteristiken dankbar gewürdigt. 



VIII Gustav Richter. Ein Gredachtniswort 

Onstav Richter war nicht der Mann, der Ehrenstellongen 
nur dem Namen nach ausfällte. Wie er, dessen Freund- 
schaft mit Otto Devrient ihn zur Gründung des Jenaer 
Lutherfestspielvereins veranlaßt hat, seine reiche Kraft in 
den Dienst der Wiederbelebung des deutschen Volksdramas 
gestellt hat, ist in Aller Erinnerung. Es fordert unsere Be- 
wunderung heraus, daß er, der mit schweren körperlichen 
Leiden zu ringen hatte, in mustergültiger Weise auch die 
Geschäfte eines Vorsitzenden unseres Geschichtsvereines 
versah. Sein vornehmes Wesen und seine liebenswürdige 
Persönlichkeit machte es allen Mitgliedern des Vorstandes 
zur Freude, mit ihm die Bürde der Vereinsarbeit zu tragen. 

So wird es begreifUch, daß uns die Kunde, daß Richter 
(September 1901) wegen seines Befindens die Stelle des 
1. Vorsitzenden niederlegte, aufrichtigen Schmerz erregte. 
Wir ließen das Präsidium ein halbes Jahr unbesetzt in der 
Hoönung, ihn zur Weiterführung des Amtes zu bewegen. 
Leider vergeblich. Die Wahl als Mitglied unseres Ausschusses 
nahm er an. Man wird es mir nachempfinden können, wenn 
ich bei der Jubelfeier des Vereins als sein Nachfolger genötigt 
den Festvortrag zu übernehmen seiner gedachte mit den 
Worten: „Doppelt schmerzlich ist es mir, ihn nicht heute statt 
meiner an dieser Stelle zu sehen, denn er war der berufene 
Chronist des Vereins, dessen ältere Geschichte er in den 
erwähnten Charakteristiken so anziehend dargestellt, dessen 
jüngere Geschichte er an leitender Stelle mitgemacht hat^^ 

Ein reiches inneres und harmonisches Dasein hat seinen 
Abschluß gefunden, als Gustav Richter abberufen wurde 
von der Seite seiner durch gleiches ideales Streben ihm 
verbundenen Lebensgefährtin und der geliebten Tochter. 
Ein Mann von seltener Herzensgüte, dem Wohltun Be- 
dürfnis war, ist mit ihm geschieden. 

In Treue und Dankbarkeit werden wir stets des edlen 
Mannes gedenken. 

Jena, im Mai 1904. 



Karl Konrad Müller. 

Ein GedächtnisworL 

Von 

Edaard Sosenthal. 



Am 15. Juni 1903 fiel Dr. Karl Konrad Müller, Direktor 
der Universitätsbibliothek zu Jena, einer heimtückischen 
Krankheit zum Opfer. 

Er war geboren zu Würzburg am 7. Juli 1864 als Sohn 
Heinrich Müllers, des hochverdienten Professors der Ana- 
tomie. Seine Studien in der klassischen Philologie schloß 
er nach guter Absolvierung der philologischen Haupt- und 
Spezialprüfung für die bayerischen Lehramtskandidaten 
durch die Promotion an der philosophischen Fakultät der 
Universität seiner Vaterstadt ab mit einer Abhandlung : De 
arte critica Cebetis tabulae adhibenda (1877). Neben einer 
Reihe von Abhandlungen, die er namentlich im „Rheinischen 
Museum" und im „Centralblatt für Bibliothekswesen" ver- 
öffentlicht hatte, wurde von ihm 1882 : Eine griechische Schrift 
über Seekrieg zum ersten Male herausgegeben und untersucht 
(Würzburg 1882). Eine von Müller eingereichte Arbeit über 
die griechischen Taktiker wurde von der Münchener Akademie 
der Wissenschaften mit dem großen Zographospreise gekrönt. 
Eine den heutigen Anforderungen der Kritik entsprechende 
Ausgabe dieser historisch so wichtigen Quellen bereitete er 
vor. Auf diese Bahn lenkten den tüchtig geschulten Philo- 
logen tiefere militärische Interesden. Müller war mit Leib 



X ^^ai-1 Eonrad Müller. Ein GedSchtniswort. 

and Seele Soldat. Erst wenige Monate vor seinem Tode 
scliied er als Landwehrhauptmann der bayerischen Artillerie 
aas dem Militärverhältnisse als tüchtiger, pflichteifriger, 
bei seinen Kameraden sehr beliebter Offizier. 

Die wissenschaf))liche Lebensarbeit, za deren Darch- 
führang er wiederholt Stadienreisen nach Paris and nach 
Italien antemommen hatte, blieb leider anvollendet. 

Müllers Neigang führte ihn 1875 in den Bibliotheks- 
dienst. An der anter Laabmanns, später anter Eerlers 
Leitung stehenden Würzbarger Universitätsbibliothek rückte 
er zam Bibliothekssekretär aaf. 

Als Oberbibliothekar an die Spitze der Jenaer Uni- 
versitätsbibliothek (1. Aagast 1888) berafen, verwaltete er, 
aasgerüstet mit reichen bibliographischen Kenntnissen, dieses 
Amt mit rastlosem Eifer and peinlicher Gewissenhaftigkeit. 

Einen Schatz der seiner Obhat anvertraaten Bücherei: 
„die Jenaer Liederhandschrift", machte er 1896 in herrlicher 
phototypischer Wiedergabe, zu der er eine gat orientierende 
Einleitung schrieb, allen Freunden mittelalterlicher Dicht- 
und Sangeskunst zugänglich. 

Nach Martins Tod wurde er 1892 zum Mitglied des 
Ausschusses des Vereins für Thüringische Geschichte und 
Altertumskunde gewählt. 

Linige Beziehungen bestanden zwischen unserem Ver- 
ein und der Universitätsbibliothek infolge einer Vereinba- 
rung, nach der alle im Wege des Austauschverkehrs von 
288 Vereinen und gelehrten Instituten unserm Vereine zu- 
kommende Schriften der Universitätsbibliothek zugeführt 
werden. Auf diese Weise werden mehrere tausende, zum 
Teil sehr wertvolle Schriften, allgemeiner Benutzung er- 
schlossen. Es erschien deshalb wünschenswert, eine Perso- 
nalunion herbeizuführen. Müller übernahm auf Wunsch des 
Vorstandes 1897 das Amt des Vereinsbibliothekars und 
Konservators. 

Unermüdlich nahm er die Literessen des Vereins wahr, 
bemüht den Austauschverkehr auszudehnen. Gerne stellte 



Karl Konrad Müller. Ein Gedächtniswort. XI 

er seine Kraft in den Dienst des Vereins. War irgend 
eine Arbeitsleistung erforderlich, nie wandte man sich ver- 
geblich bittend an ihn. Seine nie versagende Oefälligkeit 
unterstützte oft die Vorstandskollegen. 

Noch in den letzten Jahren hatte er tatkräftig die von 
Kantor Freiberg ontemommene Ausgrabung der Wasserburg 
bei Magdala gefördert und neue Geldmittel für die Fortführung 
der Arbeit durch rührige Werbung flüssig zu machen gewußt. 

Mit großer Bereitwilligkeit stellte sich Müller einer 
Beihe von wissenschaftlichen und gemeinnützigen Be- 
strebungen zur Verfügung. So gehörte er an dem Vor- 
stande der medizinisch-naturwissenschaftlichen Gesellschaft 
und der geographischen Gesellschaft für Thüringen, die 
auch durch einen regen Schriftenaustausch vielfache Be- 
ziehungen zur Universitätsbibliothek unterhielten. Femer 
war er Mitglied der Bibliothekskommission des Lesehallen- 
vereins und des Ausschusses der Ortsgruppe Jena des 
deutschen Flottenvereins. In allen diesen Stellungen förderte 
er die Aufgaben dieser Vereine durch reges sachliches 
Interesse und durch unablässige Rührigkeit. 

Als ein zuverlässiger Freund, als lauterer Charakter, 
als liebenswürdiger Kollege hat er sich stets bewährt. 
Treu werden wir Karl Konrad Müllers Andenken im dank- 
baren Herzen wahren. 

Jena im Mai 1904. 



IV. 

Studien zur Geschichte des Unterganges des 
alten Thüringischen Königreichs Im Jahre 531 n. Chr. 

Von 
Dr. Wilhelm Pelka. 

Teil I. Orundlegriuig« 

Seit Gloels klassischer Abhandlung^) durfte man es 
wohl als nutzlos bezeichnen, den Thüringerkrieg des Jahres 
631 noch einmal zum Gegenstande einer Untersuchung 
zu machen 2). Erst neuerdings haben Lorenz 8) und Größler*) 
die Trage wieder aufgenommen, und dabei hat sich doch 
herausgestellt, daß noch immer nicht, selbst nicht in den 
Hauptpunkten, eine Einigung erzielt ist. 

Auffallend, welch helles Licht unsere Überlieferung 
gerade auf den Untergang des Thüringerreichs wirft; 
merkwürdig, wie tief das Dunkel, in dem die Vorgeschichte 
des Reiches für uns liegt. Trojas Geschick scheint hier 
erneut; wo ist aber der Homer, der uns den Helden- 
kampf dieses untergehenden Volkes geschildert hätte? 

1) A. Gloel, Zur Gesch. der alten Thüringer. Forsch, zur 
Deutsch. Gesch. IV, S. 195 ff. Die Litteratur vor Gloel habe ich 
nicht benutzt, sie ist am besten zu finden bei Lorenz, vergL unter 
Anm. 3. 

2) H. W. Lippert, Zeitschrift des Vereins für thüring. Ge- 
schichte Bd. 15, S. 5. 

3) E. Lorenz, Die thüring. Katastrophe vom Jahre 531. 
Z. d. V. f. th. G. Bd. 15, S. 335 ff. 

4) H. Größler, Der Sturz des thür. Königreichs im Jahre 
531. Z. d. V. f. th. G. Bd. 19, S. 1 ff. 

XXII 12 



166 Studien zur Geschichte des üntergangeB 

Wohl erhebt Venantius Fortunatus kaum vierzig Jahre 
später klagend seine Stimme: 

Condicio belli tristis, sors invida rerum! 
quam subito lapsu regna superba cadunt! 
quae steterant longo felicia culmina tractu 
vieta sub ingenti clade cremata iacent. 
aula Palatino quae floruit antea cultu 
hanc modo pro cameris maesta favilla tegit 
ardua quae rutilo nituere omata metallo 
pallidus oppresit fulgida teeta cinis 
Wohl mögen später auch im Munde des Volkes Lieder 
und Sagen umgelaufen sein, aber bia auf unsere Zeit ist 
nichts davon hinübergerettet. 

Wie großartig muß es daher um die historische Über- 
lieferung bestellt sein, wenn die neueren Forscher im 
Stande sind, die Plätze der verschiedenen Schlachten zu 
bezeichnen, in denen die thüringische Streitmacht vernichtet 
wurde, wenn Größler i) sogar die Furt zeigen kann, über 
die vor nunmehr fast 1400 Jahren die Sachsen zogen, 
ehe sie den letzten Sturm auf Burgscheidungen unter- 
nahmen. Sieht man jedoch genauer zu, so ergibt sich, 
daß es mit der Überlieferung nicht so sehr gut bestellt sein 
kann. Gewiß können neuere Forscher die verschiedenen 
Schlachtorte angeben, aber eine Übereinstimmung ist nicht 
erzielt; der eine 2) behauptet, alles habe sich im Verlauf 
von wenigen Stunden ereignet, ein anderer 3) braucht 
Wochen, ja Monate dazu; der eine*) nimmt drei, der 
andere^) vier Schlachten an; auch darüber, wo man die 

1) a. a. O. S. 51 ££. Größler läßt alle 3 Furten, die sich heut- 
zutage in der Nähe von Burgscheidungen befinden, benutzt werden, 
die eine von den Franken, die andere von dem thüringischen Abge- 
sandten, die dritte von den Sachsen. Daß Furten sich im Lauf 
der Zeit ändern können, berücksichtigt Größler nicht, wiewohl er 
selbst davon spricht. Vergl. a. a. O. B. 52. 

2) Lorenz, a. a. O. S 387. 

3) Größler, a. a. O. S. 21 ff. 

4) Lorenz, a. a. O. S. 391. 

5) Größler, a. a. O. S. 35. ' 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 167 

benannten Orte, ßunibergun u. s. w., eigentlich zn suchen 
hat, herrscht keine Klarheit. Die Verwirrung ist eine 
vollständige, und zwar, wie wir gleich sehen werden, vor 
allem deshalb, weil man es bisher nicht fdr nötig gehalten 
hat, mit den Quellen eine reinliche Scheidung vorzunehmen. 

Unter den Quellen zur Geschichte des Untergangs des 
Thüringerreichs lassen sich zwei große Gruppen unter- 
scheiden. 

I. Die fränkischen Quellen: 

1) Venantius Tortunatus^) 

2) Gregor v. Tours 2) 

3) Der Scholasticus Eredegar ^) 

4) Der liber historiae Francorum*) 

5) Die Gesta Theoderici 5), 

wozu man auch noch Aimoin^) rechnen kann, die mit 
Ausnahme des letzteren sämtlich vor 750 geschrieben haben, 
Venantius sogar nur wenig mehr als 80 Jahre, Gregor 
etwa 60 Jahre später^. 

Vorweg sei bemerkt, daß diese fränkischen Quellen, 
auch Aimoin, von sächsischer Hilfe gegen die Thüringer 
nicht das mindeste wissen, einige erwähnen außerdem die 
Vei*wandtschaft Amalabergas mit den Ostgoten, während 
die anderen nichts darüber melden. 



1) M. G. Auct. antiqu. IV, 1, S. 271 ff. 

2) M. G. SS. rermn Merov. I, S. 111—116. 

3) M. G. SS. rermn Merov. II, S. 103 f. 

4) M. G. SS. rerum Merov. II, S. 277 f. 

5) M. G. SS. rerum Merov. II, S. 206. 

6) Bouquet, Eecueil des historiens des Glaules et de la France. 

in, 50. 

7) Das betreffende Gedicht des Venantius muß nach 565 ge- 
schrieben sein, weil er erst von da an in Gallien sich aufhält und 
erst von da an seine Beziehungen zu Eadegunde datieren. Gregors 
historia eccL Francorum ist zwar erst nach 591 ganz fertig ge- 
stellt, die ersten Bücher jedoch (in denen sich auch die Erzählung 
vom Thüringerkrieg findet) sind bereits um 577 entstanden. Vergl. 
Teuffd, Gesch. d. römisch. Litteratur 11*, S. 1261. 1278. Watten- 
bach, Geschichtsquellen 1% S. 91. 100. 

12* 



168 Studien zur Geschichte des Unterganges 

Auf der anderen Seite stehen 11. die sächsischen 
Quellen, die uns von sächsischer Hilfe berichten und die 
Amalaberga zu einer Schwester des Merowingers Theuderich 
machen : 

1) Ruodolfi translatio S. Alexandri ^) 

2) Widukind 2) 

3) Die Annales Quedlinburgenses 8). 

Scheinbar beeinflußt von den sächsischen Quellen, 
in Wahrheit aber unabhängig von ihnen*), ist 

4) Der Anonymus de origine Suevorum^). 
Ganz abseits steht 

5) Procop V. Caesarea^) (um 550) mit einigen 
Nachrichten. 



1) M. G. SS. II, 674 f. 

2) M. G. SS. III, 420-424. 

3) M. G. SS. III, 31 f. 

Ist die den ThüriDgerkrieg behandelnde Stelle in den Annales 
Quedlinburgenses echt? Nach dem Vorgang von L. Hoffmann 
(Jahresbericht über die höhere Bürgerschule in Kathenow 1872) hat 
sie auch Wattenbach (sowohl: Geschichtsquellen I®, 342 f. als: Ge- 
schichtsschreiber der deutschen Vorzeit [Widukind \ 1882, S. XIV f.] 
für interpoliert erklärt. Im Gegensatz zu Hoff mann jedoch, der 
den Bericht für eine Zutat des 13. Jahrhunderts hält, glaubt 
Wattenbach, die Erzählung sei bereits im 12. Jahrhundert vorhanden 
gewesen. 

H. Lorenz (Germania XXXI, S. 137 ff.) hat g^cn die Auf- 
fassung dieser Stelle als interpoliert erhebliche Bedenken geltend 
gemacht. 

P. Eajna, le origini dell' epopea francese. Firenze 1884, S. 103, 
n. 1 hält es für wahrscheinlich, daß die Erzählung vom Thüring^- 
kri^ in den Ann. Quedl. auch vom Verfasser der Chronik ge- 
schrieben ist. Der Verfasser habe wahrscheinlich die Erzählung 
in sein eigenes Werk eingefügt, als es schon geschrieben war. Ich 
lasse diese Frage imentschieden, bemerke jedoch, daß wenn man 
die Stelle als Interpolation auffaßt, man diese Interpolation bis 

zu den Worten: „cultello perfossus, interiit" reichen 

lassen muß. 

4) siehe weiter unten. 

5) Zeitschrift für deutsches Altertum XVII, S. 59—61. 

6) ex. recens. Dindorf. Bonn 1833 (corp. scr. bist. Byz.). 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. Igg 

Diese sächsischen Quellen sind mit Ausnahme der 
translatio S. Alexandri sämtlich nach 900 geschrieben, ver- 
dienen also, wie man annehmen sollte, von vornherein ge- 
ringeren Glauben. Trotzdem hat man sie von verschiedenen 
Seiten in beträchtlichem Umfange mit zur Darstellung ver- 
wertet, ein „gemischtes Verfahren" beliebt, wie sich Größler 
ausdrückt^), andererseits steht man ihnen jedoch wieder 
mißtrauisch gegenüber 2). Die Hauptvertreter des „gemischten 
Verfahrens" sind Lorenz und Größler. Letzterer nimmt 
z. B. aus den sächsischen Quellen all das heraus, was nur 
einigermaßen zu den fränkischen paßt 8), und erklärt dies 
für richtig, alles andere für falsch. 



1) a. a. O. S. 3. 

2) Gloel a. a. O. S. 189 ff. nimmt eine Art Mittelstellung ein. 
Den Nachrichten, welche sich auf Hauptbegebenheiten beziehen, ist 
er geneigt Glauben zu schenken, insbesondere tritt er warm für die 
Quedlinburger Annalen ein. Lippert spricht sich in seinen „Beiträgen 
zur ältesten Greschichte der Thüringer** über Widukind aus: „bei 
letzterem sind alle diese Begebenheiten von dichtem Sagengewebe 
umrankt** (Z. d. V. f. th. G. Bd. 15, 8. 12). 

3) Ein Beispiel dafür findet sich gleich im Anfang (a. a. O. 
8. 4 f ). Größler stellt die QuellensteUen über den ersten Zusammen- 
stoß der Franken und Thüringer zusammen. Zuerst Gregor : venientibus 
Francis dolos praeparant. Dazu bemerkt Größler gaaz richtig: Die 
Handlung beginnt also für ihn (d. h. Gregor) bereits beim Anrücken 
der Franken. Aimoins Bericht : „Profectus itaque Theodericus in Tho- 
ringam obvium habuit Hermenefredum cum innumera multitudine 
hostium** legt er dann dahin aus, daß Irminfried dem Merowinger 
entgegengezogen sei. Obvium habere aliquem heißt aber : jemandem 
b^egnen, also muß die Stelle übersetzt werden: Iheuderich begeg- 
nete dem Hermanfried. Weiter zieht Größler noch die Stellen Widu- 
kinds und der Ann. Quedlinburgenses heran (appropinquans terminis 
Thuringorum invenit .... generum suum se expectantem in loco, qui 
dicitur Eunibergun imd venit in regionem Maerstem vocatam et 
Irminfridum illic sibi hello occurentem vicit et fugavit) und schließt 
dann : Also sowohl die sächsischen als auch die fränkischen Quellen 
behaupten übereinstimmend, daß Irminfried den Franken entgegen- 
gezogen und daß es außerhalb Thüringens zur ersten Schlacht ge- 
kommen sei.** Von einem Entgegenziehen Irminfrieds wissen nur 



170 Stadien zur G^eschichte des üntergangeB 

Lorenz verfährt fast genau ebenso, kommt aber doch 
dabei zu vollständig entgegengesetzten Eesnltaten. Gerade 
dieser Umstand aber ist ein deutlicher Beweis, daiS die 
beiden Forscher sich entweder einer falschen Methode be- 
dient haben oder in der Beurteilung der Quellen fehl ge- 
gangen sind. Sehen wir uns daher zum mindesten die 
sächsischen Quellen etwas genauer an. 

Wir beginnen mit dem Anonymus de origine Suevorum, 
der von Müllenhoff herausgegeben ist und dem 13. bez. 
12. Jahrhundert zugeschrieben wird^). Alles, was in den 
andern Quellen von den Sachsen erzählt wird, wird hier 
auf die Schwaben übertragen. 

Nach einer Einleitung, die für uns nicht in Betracht 
kommt, berichtet der Anonymus von dem Kriege zwischen 
Theuderich und Irminfried. Gleich zu Anfang dieses Be- 
richtes heilst es : causa vero congressionis in hystoria Saxonum 
describitur talis. MüllenhofP sieht in dieser hystoria Saxo- 
num eine Ableitung von Ekkehards Weltchronik 2). Zwar 
ließe es sich nicht leugnen, daß eine wörtliche Benutzung 
der Vorlage, wenn man Ekkehard vergleicht, überhaupt nicht 
oder nur in sehr geringem Maße stattgefunden zu haben 
scheint, aber es wird das Werk des Ekkehard vorausgesetzt ^). 
Worauf stützt aber Müllenhoff seine Behauptung? Er schließt 
folgendermaßen*). Der betreffende Abschnitt in Ekkehards 
Chronik ist aus Widukind geschöpft, er wird jedoch ein- 
geleitet durch einen Bericht über die Verteilung des Franken- 



die Annalen etwas ; daß es außerhalb Thüringens zur ersten Schlacht 
gekommen sei, behaupten allerdings die Annalen und scheint Widu- 
kind anzudeuten. Die fränkischen Quellen lassen alles imentschieden. 

1) Müllenhoff, Von der Herkunft der Schwaben. Zeitschrift 
für deutsches Altertum Bd. XVII, S. 63 f. 

2) Müllenhoff a. a. O. S. 63. Dümmler, Zeitschr. für deutsch. 
Alt, XIX, S. 131 f. hält Ekkehard selbst für die Vorlage. 

3) MüUenhoff a. a. O. S. 63. 

4) Müllenhoff a. a. O. S. 63. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. X71 

reiches nach dem Tode Chlodwigs unter dessen vier Söhne, 
einen Bericht, der, aus dem liber historiae Francorum ab- 
geleitet, sich bei Widnkind nicht findet, wohl aber in den 
Anonymus übergegangen ist. Letzterer kann daher nicht 
Widukind benutzt haben, sondern schon eine Vorlage, in 
der die Erzählung des Korveyer Mönches mit dem Bericht 
über die Verteilung des Reiches verbunden war. Erst 
Ekkehard ^) verbindet diese Nachrichten, aber auch er kann 
nicht die Vorlage gewesen sein, sondern nur eine daraus 
abgeleitete jüngere sächsische Chronik^). Ist diese Hypo- 
iihese richtig? Sehen wir im einzelnen zu, wie sich der 
Anonymus zu Widukind-Ekkehard verhält ^), Die sachliche 
ITebereinstimmung zwischen den beiden Berichten des 
Anonymus und des Widukind-Ekkehard beginnt etwa mit den 
Worten des Anonymus : Quo (sc. Theuderico) regnante misit 
legatos ad Irminfridum. Beide Berichte erzählen überein- 
stimmend, daß Theuderichs Gesandtschaft von dem Thüringer- 
könig gut aufgenommen, daß der Zweck der Gesandtschaft 
aber von Amalaberga mit Irings Hilfe hintertrieben wird. 
Die Gesandten kehren zurück (der Anonymus ist hier im 
Verhältnis zu Widukind sehr kurz), es kommt zum ELriege. 
Und hier findet sich der erste große Unterschied zwischen 
beiden Quellen. Der Anonymus weiß nichts von der Schlacht 
-bei Btunibergun und den sich daran anschließenden Be- 
ratungen im Frankenlager, bei ihm verwüstet Theuderich 
nur das Land und verbindet sich dann mit den Sachsen, 
nicht etwa in der Absicht, sich durch sie zu verstärken 
(Widukind), sondern in der Absicht, den Thüringerkönig 

1) Ich setze trotz Bresslau's berühmter Abhandlung 
(N. A. XXI, 1896. „Bamberger Studie n") hier immer den Namen 
Ekkehard anstatt Frutolf, einerseits weil ich hier über M's. Ansicht 
referiere, und dieser noch keinen Frutolf kannte, andererseits weil 
der Name Ekkehard sich einmal eingebürgert hat. 

2) Man sieht nicht recht, weshalb Müllenhoff eine Ableitung 
Ekkehard's annimmt imd nicht vielmehr Ekkehard selbst, wie 
Dum ml er (a. a. O.). 

3) Ekkehard ist hier nur Abschrift von Widukind. 



172 



Studien zur Geschichte des Unterganges 



ihrer etwaigen Unterstützung zu berauben. Man erkennt hier 
deutlich, wie konsequent der Anonymus verfährt. Er er- 
wähnt keine Schlacht (d. h. bis zur Ankunft der Sachsen), 
er weiß daher von keinen Verlusten des Theuderich, für 
ihn wird somit die Angabe Widukinds, Theuderich habe 
sich durch die Sachsen verstärken wollen, überflüssig; er 
muß sich nach einem andern Grunde umsehen. Was liegt 
da wohl näher als die Vermutung, Theuderich habe aus 
Furcht, Irminfried möchte die Hilfe der Sachsen erlangen, 
selbst seinerseits mit den Sachsen angeknüpft, zumal der 
Anonymus merkwürdigerweise die Erklärung Widukinds: 
Saxones, qui iam olim erant Thuringis acerrimi hostes nicht 
beachtet ? Man könnte vielleicht einwenden, der Anonymus 
berücksichtige diese Worte doch, indem er die Sachsen als 
so eminent bündnisfähig hinstellt, aber dem steht entgegen, 
daß die Sachsen nach dieser Ueberlieferung soeben erst von 
Norden her die Elbe überschritten haben, daß Theuderich 
nur aus Furcht vor einer Verbindung der Thüringer und 
der Sachsen mit letzterem abschließt. 

Im folgenden ist der Anonymus wieder reicher als 
Widukind. 



Widukind. 
si quidem vincerent Irminfridum 
urbemque caperent, terram eis in 
possessionem aeternam traderet. 



Anonymus. 
(Theudericus) spopondit eis ter- 
ram illam in proprietatem tradi- 
turum, quam fluvius Salza per 
decursum suum cingeret defiuen- 
do in flumen Sala. 

Aehnlich wie der Anonymus berichten die Ann. Quedlin- 
burg. : si Thuringos sibi adversantes vincerent, omnem 
illis eorum terram daturum, usque ad confluentiam Salae 
et Unstradae fluviorum^). 

Interessant ist ferner, daß bei dem einen Schriftsteller 
die Reiterei der Schwaben (= Sachsen) den Franken zu Hilfe 
kommt, ja es wird noch erwähnt: Das Fußvolk wird zu- 



1) Eine Abhängigkeit des Anon. von den Ann. ist hier natürlich 
ausgeschlossen. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 173 

rückgelassen (relicto pedestrali exercitu), während es bei 
dem andern (Widukind) unverkennbar Tußtruppen sind, die 
den Sturm auf Burg-Scheidungen unternehmen. Kurz, wir 
sehen, der Anonymus unterscheidet sich doch nicht unbe- 
trächtlich von Widukind-Ekkehard. Ich übergehe die nächsten 
ßreignisse, obwohl sich auch hier sehr starke Unterschiede 
zwischen den beiden Quellen zeigen ^), und komme gleich zur 
sogenannten Jagdanekdote. Zur Orientierung diene, daß 
die Thüringer sich nach Burg-Scheidungen zurückgezogen 
nnd somit die ünstrut zwischen sich und ihre Feinde gelegt 
haben 2). Nun geht es bei Widukind-Ekkehard folgender- 
maßen weiter 8): Interea urbe ex pace promissa securiore 
reddita, egressus est quidam cum accipitre, victum quaeri- 
tans^) supra litus fluvii supradicti. Emisso vero volucre, 
quidam ex Saxonibus in ulteriore ripa ilico eum suscepit. 
Quo rogante, ut remitteretur, Saxo dare negavit. Ble autem : 
„Da", iuquit, „et secretum tibi sociisque utile prodam". 
Saxo econtra: „Die, ut accipias, quod quaeris". „Reges", 
inquit, „inter se pace facta decretum tenent, si cras invenia- 
mini in castris, capiamini aut certe occidamini". Ad haec- 
ille: „Serione haec an ludo ais?" — „Secunda hora, ait, 
sequentis diei probabit, quia vos oporteat sine ludis agere. 
Quapropter consulite vobis ipsis et fuga salutem quaerite". 
Saxo statim emittens accipitrem, sociis retulit quae audivit. 
mi satis commoti, in promptu non inveniebant, quid super 
hoc agere debuissent. 

Es kommt zu Beratungen im Sachsenlager, und am 
nächsten Tage früh stürmen sie Burg-Scheidungen. 



1) Auf einen sehr mchtigen Unterschied komme ich noch später 
zurück. 

2) Vergl. die Karte bei Größler, a. a. O., S. 54. 

3) Widukind I, 10, Separatausgabe (Waitz 1882, S. 11). 

4) Der Eeiher (ardea. Vergl. den Bericht des Anonymus) ist 
zwar ein Jagdvogel (Heyne, Deutsche Hausaltertümer IJ, S. 242, 245), 
indes habe ich keinen Beleg dafür finden können, daß er auch als 
Nahrung diente. 



174 Studien zur G^eechichte des Untergangee 

Sehr klar und verständlich ist diese Erzählung eben nicht. 
Schon das „Nahruogsuchen oberhalb des Flusses" ^) ist sehr 
merkwürdig, als ob die Burg, die eben erst eingeschlossen 
ist, bereits an Nahrungsmangel litte. Auffallig ist auch 
die Reiherbeize nach Sonnenuntergang — es hei^t ja 
kurz vorher (cap. 9): talique spectaculo tota dies illa trahi- 
tur. Wie vollends der Sachse in den Besitz des Vogels 
gelangen soll, ist nicht recht zu ersehen. Vergleichen wir 
jetzt dazu den Bericht des Anonymus, so wird die Sinn- 
losigkeit des Berichtes bei Widukind-Ekkehard uns noch 
klarer. Der betreffende Absatz beim Anonymus lautet *): 

Praeterea forte accidit, ut quidam ex Thuringiis, Wito 
vocabulo, ripam fluminis accipitrem manu gestans descen- 
deret alteramque ripam Gosholdus quidam de Swevis e re- 
gione ascenderet. et mittens Wito accipitrem ad irretiendam 
ardeam flumen transvolare, a Gosholdo ambe aves sunt in- 
terceptae. Quem Wito imprecatus, ut si suum volatile sibi 
restitueret, rem quam ignoraret, ei insinuaret. Tum demum 
Oozoldus fecit eum amnem transire et accipitrem cum ardea 
recipere. qui caballo vadum quoddam pematavit atque ar- 
deam cum accipitre recepit, Gosholdo quoque inquit: id pro 
certo tibi notifico, quod reges sunt placati, et hoc quod 
hactinus hereditarie possidebamus, ex Iringi ^) superflua ra- 
tionatione modo in praestationem recepimus". Haec audiens 
Gozoldus ad commilitones suos rediit eisque causam pactionis 
examussim exposuit. At illi confederationes regum metu- 
entes, ne vel Theoderici sponsionum fraudarentur vel regum 
coDspiratione ex provincia propellerentur, decreverunt noctu 
vadum per Gosholdum monstratum transire ac Thuringio- 
rum castra ex inproviso irrumpere. Quo peracto tantam 
stragem de hostibus dederunt, ut vix quingenti cum Irmin- 
frido evaderent. 



1) Geschichtsschreiber der deutschen Vorzeit X 6^, S. 18. 

2) MüUenhoff a. a. O., S. 61. 

3) Iring spielt am Hofe Irminfrieds die Bolle eines einfluß- 
reichen Günstlings. 



des alten Thüring. Eönigieichs im Jahre 531 n. Chr. I75 

Auch hier bleiben innere Unwahrscheinlichkeiten. Wes- 
halb verrät z. B. eigentlich der Thüringer das Bündnis mit 
den Franken? Im ganzen genommen ist dieser Bericht 
jedoch klarer wie der des Korveyers ; wir sehen aber auch, 
daß Widukind die Pointe der Erzählung, die listige Auf- 
findung der Furt, einfach weggelassen hat, falls er^sie über- 
haupt kannte. Da sich nun der ganze Bericht über den 
Thüringerkrieg bei Ekkehard ebenso findet, wie bei Widu- 
kind, so kann der Anonymus in den angeführten Stellen 
unter keinen Umständen auf Ekkehard zurückgehen. 

Müllenhoff hat aber schon bemerkt i), daß im Anonymus 
ausdrücklich gesagt wird: causa vero congressionis in 
hystoria Saxonum describitur talis, d. h. nur der Grund 
zum Kampfe wird der hyst. Sax, entlehnt. Daraus folgt 
aber unmittelbar, daß der Anonymus zum mindesten noch 
eine weitere Quelle benutzt haben muß, die sogar besser 
unterrichtet war, als Widukind-Ekkehard. 

Wir verlassen für einen Augenblick diese Gedankenreihe 
und wenden uns den Quedlinburger Annalen zu. Gewisse 
Uebereinstimmungen zwischen ihnen und dem Anonymus 
finden sich wohl, doch sind sie so geringfügig, daß an eine 
Abhängigkeit beider Quellen von einander nicht gedacht 
werden kann. Andererseits findet man zwischen dem Quedlin- 
burger und Widukind eine auffallende Uebereinstimmung, 
so daß man fast auf den Verdacht kommt, jener habe diesen 
excerpiert. Und doch ist der Quedlinburger teilweise wieder 
viel reichhaltiger als der Korveyer Mönch. So hat er 
allein die Erinnerung an eine Schlacht bewahrt, die nach 
der Ankunft der Sachsen geschlagen und doch der Schlacht 
an der Unstrut noch voraufgeht 2). Man höre: Qui (sa 
Saxones) nihil morantes venerunt ad eum etpersequentes 
Inninfiridum pugnaverunt contra eum super Unstradan fluvi- 



1) a. a. O., S. 66. 

2) Die Schlachten im Guu Maerstem und an der Ocker sind, 
wie ich später nachzuweisen versuchen werde, freie Erfindungen des 
Annalisten. 



176 Studien zur G^eschichte des Unterganges 

um etc. Dieses „persequentes^ setzt aber schon einen 
anderen Kampf voraus^), von dem weder in den Qaedlin- 
burger Annalen noch bei Widukind sich eine Spur findet, 
nur der Anonymus hat uns einen Bericht darüber aufbe- 
wahrt: Quod ut Irminfridus rescivit (sc. daß die Sachsen 
den Franken Hilfe gebracht haben), manum validam equestri- 
um elegit et ad pugnandum contra Theodericum direxit^ 
in qua congressione Irminfridus terga vertit atque amnem 
XJnstruot cum suis celerius transivit et in ripa eiusdem 
fluminis hostibus acrius restitit. 

Der Anonymus allein hat uns diesen Bericht aufbewahrt, 
in der Vorlage des Quedlinburgers muß dieser Kampf aber 
auch erwähnt gewesen sein, denn sonst ist der Begriff 
„persequentes" nicht recht zu verstehen. Wir geben zu, 
daß dieser Schluß nicht zwingend ist, er hat zunächst nur 
eine gewisse Wahrscheinlichkeit für sich, wird aber durch 
weiteres noch gestützt werden. Da der Anonymus später 
geschrieben hat als der Quedlinburger, so kann jener nicht 
die Quelle von diesem sein, wir müssen für beide eine 
gemeinsame Quelle annehmen. 

Und nur unter dieser Voraussetzung ist es uns möglich, 
den Schluß des Berichts in den Ann. Quedl. zu verstehen. 
Der Anonymus läßt Irminfried zu Attila ziehen, der Annalist 
läßt ihn zwar von den Mauern Zülpichs herabgestürzt 
werden, bringt aber merkwürdigerweise gleich im Anschluß 
daran den Satz: Attila rex Hunorum et totius Europae 
terror, a puella quadam, quam a patre occiso se rapuit, 
cultello perfossus interiit, ein Satz, der in keinem erkenn- 
baren Zusammenhang mit dem Bericht über Irminfrieds 
Schicksal steht, zumal da Attila und Irminfried fast 
100 Jahre auseinander lebten. Wir sehen uns so in der 
Tat zu der Annahme gedrängt, daß beiden Autoren ge- 
gemeinsam dieselbe Quelle vorgelegen haben muß. 

1) An und für sich könnte man dies aus dem ^persequentes* 
nur schließen, wenn man das Wort stark preßt. Der Vergleich mit 
Anonymus macht aber obigen Schluß hödist wahrscheinlich. 



des alten Thüring. Königreiclis im Jahre 531 d. Chr. 177 

Wir haben oben^) bemerkt, daß der Unterschiede 
zwischen "Widukind und dem Anonymus nicht wenige sind, 
es dürfte sich aber doch verlohnen, die Kehrseite des Ver- 
hältnisses zwischen diesen beiden Quellen aufzusuchen, die 
Uebereinstimmungen zwischen beiden Schriftstellern im 
einzelnen zu prüfen. Doch bevor wir dazu schreiten, be- 
darf es noch einer kleinen Digression. Die Quedlinburger 
Annalen stimmen teilweise auffallend mit Widukind über- 
ein 2), doch hat Widukind durchaus nicht alles, was jene 
haben ; so fehlt bei ihm z. B. die Erwähnung jener Schlacht, 
von der uns der Anonymus allein einen Bericht aufbewahrt 
hat, und die die Annalen wenigstens andeuten ; daher können 
die Annalen zum mindesten hier nicht Widukind zur Vor- 
lage gehabt haben. Da aber der den Annalen und dem 
Anonymus gemeinsam vorliegende Bericht sehr reichhaltig, 
vielleicht allerdings nur stellenweise, gewesen sein muß (er 
brachte ja Tatsachen, die Widukind in seiner recht aus- 
führlichen Erzählung nicht bot), die merkwürdige Ueber- 
einstimmung zwischen Widukind und den Annalen aber 
nicht aus der Welt zu schaffen ist, so dürfen wir zunächst 
wohl vermuten, dem Korveyer Mönch habe dieselbe Quelle 
vorgelegen, die wir als gemeinsame Vorlage des Anonymus 
und der Ann. Quedlinb. erkannt haben. 

Und in der Tat läßt diese Vermutung sich wahr- 
scheinlich machen. Wir haben ja ein Mittel, diese Frage 
weiter zu verfolgen, — eben jene Vergleichung zwischen 
Widukind und dem Anonymus, die wir oben für einen 
Augenblick ausgesetzt haben. 

Ich setze die wichtigsten Stellen zum bequemeren 
Vergleich neben einander: 



Widukind. 
Ad haec Irminfridus iuxta 
quod realem deeuit dignitatem 
dementer legato respondit, pla- 



Anonymus. 
Cuius legationem Irminfridus 
benigne quidem suseepit et iure 
pacem concordiamque cum eo 



1) S. 171 ff. 

2) Wattenbach, Geschichtsquellen I^ S. 342. 



178 



Studien zur Geschichte des Unterganges 



dta sibi placere populi Franco- 
rum, ab eorum concordia non 
discordare, pace omnimodis indi- 
gere, super negotio vero regni 
responsionem suam in amicorum 
praesentiam velle differre. 

Die Uebereinstimmung ist hier schon auffallend, noch 
mehr aber in Folgendem: 



habere asseruit, quod sororem 
suam sibi in matrimonium copu- 
laverit, super regni vero stabili- 
täte nil ei posse respondere nisi 
principum suorum assentatione. 



Anonymus. 
Soror itaque regis Theoderici 
indignum ducens, ipsum r^em 
constitutum affirmabat, ilium non 
iure sibi regnum vendicasse, set 
potius ex patema hereditate se 
debere attinere, ascitoque Iringo 
Irminfridi consUiario egit cum 
eo, quatinus in auribus princi- 
pimi ac fratris veredariorum con- 
ferretjTheodericum patris sui con- 
cubine filium fore et ideo merito 
sibi serviim, non debere r^num 
invadere, quod eam attingeret 
ex patema successione. 

Auch hier die Verwandtschaft, aber — nur die in- 
haltliche, in der Struktur des Satzes und in der Stilistik 
weichen beide Berichte beträchtlich von einander ab. 

Wir gehen zur Hauptstelle über: 



Widukind. 
Audiens autem regina, lega- 
tum fratris supervenisse et locu- 
tum cum rege super negotio reg- 
ni, suasit Iringo, ut pariter per- 
suaderent viro, quia sibi r^num 
cessisset iure hereditario, utpote 
quae filia regia erat et filia regi- 
nae, Thiadricum vero suum ser- 
vum tanquam ex concubina na- 
tum, et ideo indecens fore, pro- 
prio servo umquam manus dare. 



Widukind. 
Et haec dicens (sc. legatus) 
reversus est ad Thiadricum, quae 
audivit non celat. Thiadricus au- 
tem nimiam iram vultu Celans 
sereno: Oportet nos, inquit, ad 
servitium Irminfridi festinare, 
quatinus qui libertate privamur, 



Anonymus, 
legati ... ad dominum su- 
um rediere sibique huiusmodi 
verba intulere. Qui furorem ani- 
mi simulans statuit, quia Irmin- 
fridus se pro servo haberet, quan- 
tocius ei ad obsequendum occur- 
reret. 



inani saltem vita fruamur. 

Nach der Lektüre dieser Stelle dürfte wohl niemand 
mehr zweifeln, daß beide, Widukind wie der Anonymus, 
auf dieselbe Quelle zurückgehen. Wenn dies aber der 
Fall ist, so ist nach dem oben (S. 177) Gesagten höchst 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 179 

wahrscheinlich, daß allen drei Berichten dieselbe Urquelle 
zu Gnmde liegt. 

Aber die eben angeführten drei Stellen lehren uns 
noch etwas Anderes, nicht minder wichtiges. Dieselbe 
Quelle liegt dem Anonymus und dem Korveyer Mönche 
zu Grunde, und doch ist es uns unmöglich, durch Ver- 
gleichung beider den Wortlaut jener Urquelle zu rekon- 
struieren. Der Inhalt ist — fast möchte man sagen, satz- 
weise — übereinstimmend, der Ausdruck ganz verschieden, 
wie sich aus den mitgeteilten Stellen, besonders der letzten, 
zur Evidenz ergibt. Wäre es zu kühn, daraus zu folgern, 
daß die gemeinsame Quelle keine lateinische gewesen sein 
kann, daß sie vielmehr eine deutsche gewesen sein^) muß, 
selbstverständlich, da deutsche Prosa in jener Zeit völlig 
ausgeschlossen ist, ein deutsches Heldenlied, das den Unter- 
gang des Thüringerreichs behandelte, wo nicht zum Vorwurf 
hatte 2)? 

Bisher hatte man eine Zusammensetzung des Quedlin- 
bnrger Berichts aus Widukind und der Volkssage 3), eine 
Zusammensetzung des Berichtes des Anonymus aus Widukind, 
den Ann. Quedlinb. und der Volkssage ^) angenommen. Nur 

1) Besonders klar wird dies bei der Betrachtung der letzten 
Stelle, wo einerseits die (wahrscheinlich) direkte Eede des Heldenliedes 
in das Lateinische hinübergenommen ist, während der Anonymus 
den Inhalt der Worte Theuderichs durch einen Nebensatz mit quia 
wiedergibt, wo andererseits ein Begriff, der etwa unserm heutigen 
»sich beeilen" entspräche, von beiden verschieden übersetzt wird, 
von dem einen mit „festinare", von dem andern mit „quantocius 
oceurrere". Öaß Widukind hier auf Volkssagen bez. Heldenlieder 
zurückgeht, ist langst erkannt worden, er ahmt sogar die AUitteration 
iiach; z. B. cap. 9: Indecorum est victoribus, victis vincendi locum 
<iare oder yincere velle aut certe vivere noUe. 

2) Es ist mir nicht sicher, ob die betreffende gemeinsame Quelle 
iiur den Untergang des Thüringerreichs behandelte, oder ob auch 
die Vorgeschichte der Sachsen darin poetisch dargestellt wurde. In 
letzterem Falle würden wohl auch die ersten Kapitel des Widukind 
auf diese poetische „origo Saxonum" zurückgehen. 

3) Wattenbach, Geschichtsquellen I«, S. 342. 

4) Wattenbach a. a. O. I«, S. 333. Müllenhoff a. a. O. S. 67. 



180 Studien zur Geschichte des Unterganges 

Könnecke ^) sprach gelegentlich von der Wahrscheinlichkeit 
einer gemeinsamen Quelle für Widukind und die Quedlin- 
burger Annalen, ohne aber einen Beweis dafür zu erbringen. 
Wir müssen, wie gesagt, eine gemeinsame Quelle annehmen, 
ein sächsisches Heldenlied 2). 

Und doch! Werden wir uns dazu entschließen, eine 
schriftliche Quelle anzunehmen? Wohl sind wir durch 
Verfolgung der Uebereinstimmungen zu unserem Resultat 
gelangt, aber vergessen wir doch nicht, daß unsere Arbeit 
von den kleinen Unterschieden zwischen den einzelnen Autoren 
ihren Ausgang nahm. Berücksichtigen wir dies, so können 
wir ruhig einen Schritt weiter tun, indem wir sagen: Das 
Lied hat sich wahrscheinlich zunächst nur mündlich fort- 
gepflanzt. Manche ^) Abweichungen der Autoren von einander 
verdanken ihren Ursprung lokalen Varianten. 

Wenn in der Geschichtsliteratur neue Quellen auftauchen, 
so pflegt man zuerst nach der Zeit der Entstehung und 
nach dem Verfasser zu fragen. Es dürfte sich hier vielleicht 
doch verlohnen, wenigstens nach jener zu forschen. Man 
wird es möglicher Weise als widersinnig bezeichnen, die 
Entstehungszeit eines Liedes feststellen zu wollen, das nur 
im Volks munde lebt, und das sich daher sozusagen in stetem 
Fluß befindet. Aber so war jene Frage auch nicht gemeint. 
Es kann doch nur heißen: Können wir feststellen, inner- 
halb welcher Zeitgrenze das Lied so gestaltet wurde, wie 
Widukind es gekannt, oder falls es gestattet ist, diese 



1) Könnecke, Das alte Thüringische Königreich und sein Unter- 
gang. Querfurt 1893, S. 26. 

2) Daß das Lied ein säohsisches gewesen ist, ist ohne weiteres 
klar. Der ganze Inhalt ist ad maiorem gloriam Saxonmn zugeschnitten. 

3) Nicht etwa . alle I Ich werde unten zeigen, daß der Quedlin- 
burger Annalist die Schlacht an der Ocker z. B. frei erfunden hat. 
Daß der Bericht über die Teilung des Edches (in den Ann. QuedL) 
auf eine echte historische Quelle zurückgeht, ist ebenfalls klar. 
Auch der Umstand, daß in den Ann. Quedlinb. die Leichen brücke 
erwähnt wird, wie bei Gregor v. Tours, läßt^ auf Benutzung 
einer echten Quelle schließen. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 181 

„Gestaltung" als Recension zu bezeichnen, innerhalb welcher 
Zeitgrenzen kann die von Widukind benutzte Recension 
des Liedes nur zu stände gekommen sein? Der terminus 
ad quem ist natürlich das Jahr 967, das Jahr, in dem 
"Widukind sein Werk vollendete^). Schwieriger ist es, den 
terminus a quo zu bestimmen. Hier gibt uns aber glücklicher- 
weise Widukind selbst einen Fingerzeig. 

Nicht mit Unrecht ist seine Schilderung der Sachsen 
(I 9) so berühmt. „Ihm geht das Herz auf 2)", wenn er 
von diesen Kriegern spricht, die durch Körperkrafb und 
Mut hervorragend, bewaffiiet mit langen Lanzen, auf ihre 
Schilde gestützt dastehen, bewundert und angestaunt von 
den Franken. Mit naivem Stolz erzählt er, wie bereits da- 
mals manche Franken sich hätten vernehmen lassen : tantis 
ac talibus amicis Francos non indigere; indomitum genus 
hominum fore, et si presentem terram inhabitarent, eos 
procul dubio esse, qui Francorum imperium quandoque 
destruerent ^). Ist dies etwa keine vaticinatio post eventum ? 
Und wenn es eine ist, so kommen wir auf das Jahr 919, 
in welchem die Herrschaft endgültig von den Franken auf 
die Sachsen überging. 

Man wird einwenden : Diese ganze Stelle sei erst von 
Widukind seiner Quelle eingefügt worden und habe daher 
für die chronologische Festsetzung des Liedes durchaus 
keinen Wert. Es läßt sich zeigen, daß dem nicht so ist. 

Als Iring in Irminfrieds Auftrage zu Theuderich geht, 
um den Frieden zu erbitten, da bietet der schlaue Thüringer 
dem Merowingerkönig ein Bündnis gegen die Sachsen an: 
utilius esse, eum in fide suscipere, quem iam superatum 
haberet tamque contritum, ut numquam se contra eum possit 
levare quam illud genus hominum indomabile et ad omnem 



1) Wattenbach, Geschichtsquellen I «, S. 328. 

2) Köpke, Widukind von Korvey S. 5. 

3) Widukind I, 9, Separatausgabe von Waita, 1882, S. 9 f. 
XXII. 13 



182 Studien zur Geschichte des Unterganges 

laborem perdurabile, a quo nichil expectaret Francornm 
imperium nisi solum periculum ^). 

Theuderich geht auf den Vorschlag ein, den Sachsen 
wird das Bündnis verraten, sie stürmen, um ihm zuvor zu 
kommen, am nächsten Tage früh Burg Scheidungen. 

Man sieht hier deutlich, wie der Gedanke, den Franken 
drohe von den Sachsen nur Gefahr, zum forttreibenden 
Motiv der Handlung wird. Daher muß der Gedanke dem 
Heldenlied entstammen, und er ist wohl verwertbar zur 
chronologischen Fixierung 2). 

So stellen wir denn als bisheriges Resultat unserer 
Untersuchung nochmals fest. 

Für die Darstellung des Thüringerkrieges von 531 
haben Widukind, die Annales Quedlinburgenses und der 
Anonymus de origine Suevorum ein jetzt verlorenes, in der 
von Widukind benutzten Recension zwischen 919 und 967 
entstandenes sächsisches Heldenlied benutzt, in dem der 
Krieg zwischen Theuderich und Irminfried ausführlich ge- 
schildert, wo nicht zum Vorwurf gemacht war. In diesena 
Heldenlied verschob sich das Verwandtschaftsverhältnis 
Amalabergas insofern, als man ihre Person im Gegensatz 
zu den echten historischen Quellen an die Merowinger statt 
an die Ostgoten anknüpfte, wodurch sich allmählich ein© 
Verschmelzung der Persönlichkeiten der beiden Theoderiche 
vollziehen mußte. Diese Verschmelzung mußte logischer 
Weise dazu führen, die Irminfriedsagen mit dem Sagen- 
kreise Dietrichs von Bern (des Ostgoten Theoderich), d. h. 



1) Das „periculum" wird man am ehesten dodi auf den Ueber- 
gang der Krone von den Franken an die Sachsen beziehen können. 
Etwa an den großen Sieg der Sachsen über Chlotar I. zu denken, 
geht nicht an, weil dieser Erfolg nur ein ganz vorübergehender war. 

2) üeber die Persönlichkeit des Verfassers wage ich kein urteil. 
Auffällig sind allerdings die zahlreichen Anklänge an angelsächsische 
Sagen. Der Ausdruck Huga für Franke, der bei Widukind imd 
den Ann. Quedl. erscheint, kommt bereits im Beowulf v. 2195 und 
v. 2503 vor. Vergl. Kurth histoire po^tique des M^roving. 1893, 
S. 338, n. 2. 



des alten Tfaüring. KöDigreidis im Jahre 531 n. Chr. Ig3 

auch mit dem Hunnenkönig in Verbindung zu bringen ; und 
wirklich finden wir im Nibelungenliede Irminfried und Iring 
am Hofe Etzels lebend ^). Aber auch schon unser Gedicht 
wirft Irminfried, Iring und Attila zusammen : Der Anonymus 
läßt Irminfried mit Iring an Etzels Hof kommen^ der 
Quedlinburger schließt einen Kompromiß mit den historischen 
Quellen, indem er den Thüringerkönig von Theuderich zwar 
töten läßt, daran jedoch jenen Satz über Attila anschließt, 
der in diesen Zusammenhang gar nicht hineinpaßt; Widu- 
kind erwähnt Attila überhaupt nicht und hat über den 
Tod des Irminfried eine vom Quedlinburger abweichende 
Version. Daraus folgt, daß sowohl der Quedlinburger als 
Widukind mindestens noch je eine Quelle benutzt haben. 
Aber des Quedlinburgers Bericht ist nur ein Anklang 
an die echten historischen Quellen: Post haec Theodericus 
data fide Irminfrido in Zulpiaco civitate illum dolo perimi 
iussit, ein Satz, der sich ebensowohl mit Gregor von Tours 2) 
als mit Widukind verträgt. Wie jedoch der Korveyer zu 
seiner Nachricht kommt, Iring habe den Irminfried auf 
Befehl des Theuderich erschlagen und dann Theuderich 
selbst getötet, ist nicht mehr zu erkennen. Vielleicht war 
es die ursprüngliche Sagenfassung ^), und Widukind mag 
diese aus Furcht, einen Anachronismus zu begehen, wenn 
er in einem Geschichtswerk die Person Irminfrieds mit 



1) Nibelungenlied, übersetzt von K. Simrock 1893, 22. Abenteuer 
Str. 1286, 35. Abenteuer Str. 1965 ff. 

2) III, 8. Idem vero r^ressus (sc. Theud.) ad propria, Hennene- 
£redum ad se data fidem securum praeeipit venire, quem et honoriftds 
ditavit muneribus. Factum est autem, dum quadam die per murum 
civitatis Tulbiacensis confabularentur, a nesdo quo impulsus, de 
altitudine muri ad terram corruit ibique spiritum exalavit. Sed quis 
eum exinde deiecerit ignoramus; multi tamen adserunt Theudorici 
in hoc dolum manifestissime patuisse. 

3) Dies ist wohl das Wahrscheinlichste. Man wolle übrigens 
bemerken, daß Widukind die Erzählung vom Tode Irminfrieds scharf 
von d^ vorhergehenden sondert (Qui autem finis r^es secatus sit, 
quia memorabilis fama est, prodere non n^ligo). 

13* 



184 Studien zur Greschichte des Unterganges 

Attila verband, vorgezogen haben. Auch der Quedlinburger 
scheint diesen Anacbronismns gescheut zu haben, verrat 
uns aber doch durch jenen Satz über Attila wieder die ge- 
meinsame Quelle. Erst der Anonymus, der mehr die Sagen 
aufzeichnete als Geschichte schrieb, konnte ohne Bedenken 
seiner Vorlage folgen. 

Auf Grund unserer bisherigen Untersuchung können wir 
jetzt in die Verhandlung darüber eintreten, ob den säch- 
sischen Quellen irgend welche historische Glaubwürdigkeit 
beizumessen ist oder nicht. 

Teil n. Kritik der Sage. 

Schon Ephoros^) hat im Wesentlichen das Princip 
ausgesprochen, dessen man sich in diesen und ähnlichen 
Fällen bedienen muß: 

nsgl fiiv yuQ rmv xad^ W^S ysysvrjfiivmv rovg anqtßiaxtixa 
kiyovvag niatoxixovg rjyovfiB^af negl de tcov naXaimv rovg 
ovtcD diB^idvrag ani^avoDraTOvg tlvai vofAi^OfisVj VTtokafißdvov- 
TBg ovts rdg TtQci^Big anaöag ovtb tcov koycav xovg nXeiotovg 
tlKog slvai fivfjfAOvevBiSd'ai, öicc tocovratv. 

Streng genommen müßten wir also über die sächsischen 
Quellen (Widukind, die Ann. Quedlinburg., den Anonymus 
de origine Suevorum) in Bausch und Bogen das Ver- 
dammungsurteil aussprechen; aber ist ein so völlig ab- 
sprechendes Urteil auch wirklich gerechtfertigt? In einem 
Punkte wohl sicher nicht. Erinnern wir uns daran, daß 
historisch bedeutsame Örtlichkeiten nicht so leicht vom 
Volke vergessen werden. Die homerischen Epen ninamt 
heutzutage niemand mehr für Geschichte, und doch hätte 
Schliemann ohne ihre Existenz wohl schwerlich jene 
epochemachenden Ausgrabungen auf Hissarlik vorgenommen. 
Die Nutzanwendung auf unser Gebiet liegt nahe. Wir 
werden die in unserm Heldenlied vorkommenden Örtlich- 



1) Ephoros bei Harpokration u. apxotCco; (Harpokration ed. Bekka*, 
1833, S. 36). 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 185 

kalten und Schlachten bis auf Weiteres als historisch be- 
trachten, aber auch hier werden wir das Lied nur als 
bestätigende, nicht als grundlegende Quelle verwenden 
dürfen. 

Manchem wird es schwer fallen, den ihm lieb ge- 
wordenen Glauben an die Verwendbarkeit des Details der 
sächsischen Quellen aufgeben zu müssen ; es wird daher 
nicht nutzlos sein, den Inhalt des Liedes einer sachlichen 
Kritik zu unterziehen. 

Ist diese Forderung aber überhaupt durchführbar? 

Nicht als ob die sachliche Kritik an sich großen 
Schwierigkeiten begegnete, die Schwierigkeit liegt in der 
erforderlichen Rekonstruktion des Liedes. 

Es giebt dazu nur einen Weg. 

Wir müssen nach den Ausführungen von Teil I. die 
drei uns bereits bekannten sächsischen Quellen als ver- 
schiedene Ableitungen ein und derselben Urquelle be- 
trachten. Die Abweichungen der Quellen von einander 
schrieben wir schon oben (S. 180) teilweise lokalen Va- 
rianten zu; an manchen Stellen genügt dies jedoch nicht. 
Daher kann man als dem Liede angehörig alle diejenigen 
Stellen bestimmt annehmen, die mit dem Berichte der 
anderen Quellen übereinstimmen, oder wenigstens sich 
gegenseitig nicht völlig ausschließen. Es wird demnach 
am einfachsten sein, bei einer Kritik der Sage von Widu- 
kind auszugehen und nötigenfalls die Stellen der anderen 
Quellen zum Vergleich, resp. zur Ergänzung heranzuziehen. 

Im Anfang ist bei Widukind Sage und Geschichte 
in wirrem Durcheinander gemischt. Erst etwa von den 
Worten „Thiadricus autem designatus rex" an scheint 
Widukind ganz der Sage zu folgen, wie ein Vergleich 
mit dem Anonymus lehrt. (Quo regnante misit legatos etc.). 

Der von Theuderich an Irminfried „pro pace atque 
concordia" abgesandte Bote hält vor dem Thüringerkönig 
eine bemerkenswerte Rede. „Mortalium optimus maximus, 
dominus meus Thiadricus misit me ad te, exoptans te 



Igg Studien zur Geschichte de« Unterganges 

bene valere et lato magnoque diu imperio vigere seque 
tibi non dominum sed amicum, non impera- 
torem, sed propinquum, propinquitatisque iura in- 
violabiliter tibi fine tenus velle servare demandat; tantum 
ut a populi Francorum concordia non discordes rogat; 
ipsum namque sibi regem sequuntur constitutum." 

Auf was für Voraussetzungen fußt denn diese Rede? 
Weist sie nicht deutlich auf ein Abhängigkeitsverhältnis 
Irminfrieds von Theuderich hin? Man sage nicht etwa 
die Ausdrücke dominus und imperator seien nur eine 
rhetorische Phrase im Munde des Gesandten; ein Ge- 
sandter, der pro pace atque concordia zu einem fremden 
Herrscher hingeht, wird sich hüten, diesen grundlos zu 
beleidigen. Zum Überflluß aber ergänzen hier die Ann. 
Quedlinb. den Korveyer Mönch auf das vortrefilichste. 
Es wird von der Teilung des fränkischen Reiches unter 
die Söhne Chlodwigs gesprochen und dann heißt es: 
Cuius (sc. Theoderici) parti cum Thuringia ces- 
sisset, Irminfridus, gener eins, hortatu uxoris suae 
Amelburgae invitationem regis respuit (vorhin war schon 

erwähnt worden: Theodericus rex ad electionem 

suam Irminfridum regem Thuringorum honorifice invitavit). 

Wir sehen: die Worte dominus und imperator stehen 
nicht zufällig bei Widukind. Die ganze Notiz ist aber so 
absurd, keine der fränkischen Quellen bestätigt sie, obwohl 
diese doch am ehesten davon etwas wissen mußten; wir 
sind daher gezwungen diese Nachricht als unhistorisch zu 
verwerfen. 

Bei der folgenden Entgegnung Irminfrieds ist nur der 
Anonymus außer Widukind zum Vergleich heranzuziehen; 
beide Berichte sind inhaltlich fast identisch, nur fehlt beim 
Anonymus die Beteuerung des Thüringers: pace omnimodis 
indigere. Man wäre fast versucht, diese Worte als nichts- 
sagende Phrase aufzufassen; aber der weitere Bericht des 
Korveyers steht dieser Auffassung unter allen Umständen 
im Wege. Denn bei der Versammlung der Großen, die 



des altea Thüring. Königreichs im Jahre 531 d. Chr. Ig7 

Lrminfried einberuft, raten diese ihm : quae pacis atque con- 
cordiae sunt, eum sentire, quia impetus Francorum ferre 
non posset, maxime qui acrioribus hostium armis ex alia 
parte premeretur. Und trotz dieses Rates schenkt lrmin- 
fried seinem Vertrauten Iring Gehör, der ihm rät, er dürfe 
den Franken nicht nachgeben! Wer sind denn diese Feinde, 
um derentwillen lrminfried „gar sehr des Friedens bedarf", 
BÜt denen er jetzt bereits im Kampf ist und deren Waffen 
noch schärfer sind als die der Franken ? Sind es etwa die 
Sachsen, qui iam olim erant Thuringis acerrimi hostes? 
Aber diese kommen ja selbst erst auf den Euf Theuderichs 
(nach dem Liede) den Franken zu Hilfe, wir erfahren 
nichts davon, daß sie schon zu Beginn des fränkischen 
Feldzuges mit den Thüringern in Fehde liegen ! Und trotz 
dieses bedeutenden Krieges gegen unbekannte Feinde fühlt 
sich lrminfried doch veranlaßt, noch einen Krieg gegen 
die Franken einzugehen ! Sowie dieser Krieg aber beginnt, 
verschwinden die anderen Feinde plötzlich, wir erfahren 
nichts mehr von ihnen! Auch die Gründe, die Iring an- 
fahrt, um lrminfried zum Kriege fortzureißen, sind dazu 
angetan, das ganze Verhalten des Königs in ein recht 
merkwürdiges Licht zu rücken. Zwar was Iring zuerst 
sagt, läßt sich hören : Die Sache Irminfrieds sei die gerechtere ; 
aber gleich darauf heißt es : latum praeterea imperium, mili- 
tom manus et arma caeterasque belli copias sibi ac Thia- 
drioo parum procedere. 

Hier wird es klar ausgesprochen : Die Macht Irminfrieds 
reicht nicht an die Theuderichs heran ; wenn der Unterschied 
auch nur klein ist, er ist aber doch eben da. lrminfried 
übernimmt also den Kampf gegen die Franken, deren Macht 
bedeutender als die seinige ist, zu dem Kampf gegen eine 
andere Nation, deren Macht noch bedeutender als die der 
Franken sein soll ! Wohin wir uns wenden, lauter Wider- 
sprüche, lauter Unmöglichkeiten! 

Sehen wir uns den Inhalt des Liedes weiter an. 

Es kommt zum Kriege, die erste Schlacht findet „an 



188 Studien zur Geschichte des Unterganges 

den Grenzen der Thüringer" statt, in loco qui dicitur Runi- 
bergun^). Wo diese Schlacht eigentlich stattgefunden hat, 
kann hier noch unerörtert bleiben. Genug, die Thüringer 
werden in die Flucht geschlagen, aber auch die Franken 
erleiden solche Verluste, daß in dem Kriegsrat, der sofort 
abgehalten wird, man den Gedanken in Erwägung zieht, unge- 
säumt nach Hause zurückzukehren. Dieser Kriegsrat muß 
unmittelbar nach der Schlacht abgehalten sein, denn noch sind 
die Toden nicht bestattet, noch ist kein Lager von den 
Franken aufgeschlagen 2). Trotzdem daß also dieser Kriegs- 
rat auch „an den Grenzen der Thüringer" stattfinden muß, 
behauptet der Sklave des Theuderich : Nunc terra in nostra 
est potetaste (!), und, damit noch nicht genug : Num singulis 
urbibus administranda sufficimus presidia? Et eas omnes 
perdimus, dum imus et redimus. 

Kann man sich einen größeren Widerspruch denken? 
Der Kriegsrat findet sofort nach der ersten Schlacht an 
der Grenze des Landes statt, und doch soll das Land bereits 
in der Gewalt der Franken sein, und doch können diese 
die Befürchtung aussprechen, sie würden die Burgen ver- 
lieren, wenn sie abziehen würden. 

Während Theuderich zu den Sachsen schickt, muß das 
fränkische Heer (nach dem Liede) weiter gezogen sein, 
denn die Sachsen treffen im Lager Theuderichs vor Burg- 
Scheidungen ein. Neun Scharen zu je tausend Mann sind 
es, die den Kampf gegen die Thüringer wagen wollen. 
Möglich, daß dies noch eine Erinnerung an die alten 
Tausendschaften ist, in diesem Falle müßten die Elemente 
des Liedes bis weit in die fränkische Zeit hinaufreichen. 
Die neuen Bundesgenossen begrüßen den Frankenkönig verbis 
pacificis. Ist dieser Zusatz nicht selbstverständlich? Fast 



1) Ueber die Lage dieses Ortes vergl. weiter unten im Teil III. 

2) Walderich sagt im Kriegsrat : Censeo causa caesos sepeliendi 
.... patriam remeandum. Der Sklave Theuderichs sagt im selben 
Kriegsrat: castrorum esto labor. (Widukind I, 9, Sep.-Ausg. 1882, 
S. 8 und 9. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 189 

scheint es nicht, denn Theuderich nimmt den Gruß hilarior 
auf. Hat etwa eine Spannung zwischen Sachsen und Franken 
bestanden, die jetzt durch den Vertrag beseitigt ist? Wir 
wissen es nicht; über die Vorgeschichte des Vertrages 
meldet nicht einmal unser Lied etwas. Die Sachsen schlagen 
nun ein Lager auf ad meridianam plagam urbis in pratis 
fluvio contiguis d. h. im Süden der Burg auf den dem Fluß 
benachbarten Wiesen. Da sie bei dem ersten Sturm am 
nächsten Tage aber den Fluß nicht zu überschreiten brauchen, 
so muß man sich das Lager zwischen Burg und Fluß denken. 
Damit ist nun wieder die Jagdanekdote nicht vereinbar, 
die ja von der Voraussetzung ausgeht, daß Sachsen und 
Thüringer durch den Fluß getrennt sind. Ich gebe zu, daß 
die Auffassung Größler's^), daß die Sachsen ihr Lager 
südlich vom Flusse gehabt hätten, sich allenfalls halten 
läßt; auffallend muß dann aber die Stellung der Jagdanek- 
dote bleiben. Diese Anekdote gipfelt doch (in der Urquelle), 
"Wie wir gesehen haben, in der listigen Auffindung der Furt, 
sie ist eingeschoben zwischen dem ersten und zweiten Sturm 
der Sachsen. Wie kommt es nun (immer unter der Vor- 
aussetzung, daß der Fluß Sachsen und Thüringer trennt), 
daß die Sachsen, um den zweiten Sturm machen zu können, 
erst die Furt auffinden müssen, während sie doch bereits den 
ersten Sturm gemacht haben, ohne die Furt zu kennen? 
Diese heikle Frage hat Größler völlig übersehen. Auch hier 
liegen wieder unlösbare Widersprüche vor. 

Die Sachsen sind im Lager Theuderichs eingetroffen 
nnd haben dann selbst ihr Lager aufgeschlagen. Am nächsten 
Tage beginnen sie in aller Frühe den Kampf, stürmen die 
Vorburg und stecken sie in Brand. Die in der Burg be- 
findlichen Thüringer machen einen Ausfall, es kommt zu 
einem fürchterlichen Handgemenge, talique spectaculo tota 
dies illa trahitur. Erst die Nacht macht dem Treffen ein 



1) a. a. O. S. 36. Größler hält übrigens die Schilderung des 
Angriffs für historisch. 



190 Studien zur Oeechichte des Untergangee 

Ende : Cum neuter agmen loco cessisaet, iam tardior hora 
prelium diremit. Dann wird Iring der Friedensunterhand- 
lungen wegen zu Theuderich geschickt, Theuderich ver- 
spricht am nächsten Tage mit den Thüringern vereint die 
Sachsen anzugreifen, es folgt die Jagdanekdote, die Be- 
ratung im Sachsenlager, und dann plötzlich heißt es: Quod 
supererat diei in reficiendis suis oorporibus expendebaat, 
während wir doch vorhin schon gehört hatten, daß erst die 
Nacht dem Treffen ein Ende macht. Bereits in der ersten 
Nachtwache unternehmen sie den Sturm i). Ich frage, wie 
ist das chronologisch denkbar ? Man könnte versucht sein, 
sich zu helfen, indem man zwischen den ersten und zweiten 
Sturm einen ganzen Tag einschiebt und an diesem die 
Friedensverhandlungen spielen läßt, aber in den sächsischen 
Quellen steht davon nichts 2). 

Was sollen wie noch das ganze Detail im Einzelnen 
nachprüfen ? Längst ist erkannt worden, daß das sächsische 
Löwen- und Drachenbanner der Sage angehört 3), und der 
Umstand, daß es teilweise doch zur Schilderung der Ereig- 
nisse mit verwendet wird^), ändert daran nicht das mindeste. 
Ehe wir aber diesen Teil abschließen, müssen wir noch 
eine Stelle besprechen, die von Größler zum Ausgangspunkt 
seiner Hypothese gemacht wird, das der Krieg „den ganzen 
Sommer hindurch" gedauert habe 5). Wir meinen die Da- 
tierung von Burg-Scheidungens Einnahme auf den 1. Oktober^). 



1) Die erste Vigilie tritt bekanntlich gleich nach Sonnenunter- 
gang ein. 

2). Damit erledigt sich die Ansicht Koennecke's (a. a. O. S. 47) : 
„Der Sturm der Sachsen auf die Vorburg und der verzweifelte Aus- 
fall der Thüringer können also recht wohl geschichtlich sein", ebenso 
wie die Auffassung Größler's, der (a. a. 0. S. 46 ff.) eine detaillierte 
Schilderung der letzten Ereignisse um Burg- Scheidungen giebt. 

3) Geschichtsschreiber d. deutschen Vorzeit X, 6'^ S. 19 n. 

4) Kirchhoff, Thüringen doch Hermunduren land. 1882, S. 34. 

5) Größler, a. a. 0. S. 22. 

6) Widukind, I, 12, Separatausgabe 1882, S. 13. Giesebrecht, 
G^sch. der deutschen Kaiserzeit I, 812 hält die Notiz W. für eia- 



des alten TMriDg. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. ^91 

Eins isfc von vornherein klar: dem Heldenlied kann 
dieses Datum nicht entstammen. Es muJS Widukinds 
eigene Zutat sein, der auf die Datierung folgende Satz 
lä£t darüber keinen Zweifel: Acta sunt autem haeo omnia, 
ut memoria maiorum prodit, die Kai. Octobris. Qui dies 
erroris religiosorum sanctione virorum mutati sunt in 
ieiunia et orationes, oblationes quoque omnium nos prece- 
dentiuna christianorum ^). Auch darüber, daß unter den 
erwähnten Festtagen die sog. „gemeine Woche" verstanden 
ist, ist man einig ^), Ist aber die Ableitung selbst richtig ? 
Homeyer^) nimmt es an und Grotefend*) scheint ebenfalls 
keine andere zu kennen. Und doch giebt es noch eine 
andere, freilich wohl auch nur lokalen Ursprungs. Trotz 
Wattenbach 's ^) Zitat scheint sie so gut wie unbekannt 
geblieben zu sein, selbst Grotefend erwähnt sie nicht. 

In einem Sammelbande der Bibliothek der Ritter- 



geschoben, da sie sinnstörend sei ; er glaubt allerdings, daß Widukind 
die Notiz nachträglich selbst eingeschoben habe. Die Cronica du* 
cum de Brunswick (M. G. deutsche Chronicken II. 1877, 8. 581), 
die auf die Nienburger Annalen, deren Quellen hier wieder Ekkehard 
und die Ann. Quedlinb. sind, zurückgeht ( a. a. O. S. 574), läßt die 
Eroberung Burg-Scheidungens am 25. September 534 vor sich gehen. 
Die Jahreszahl ist sicher falsch, vgl. Richter „Annalen der 
deutschen Geschichte*' imter dem Jahre 531. Wie die Chronik zu dem 
von Widukind um 6 Tage abweichenden Datum kommt, vermag ich 
nicht zu sagen. 

1) Herr Professor Rühl macht mich darauf aufmerksam, daß 
der Text an dieser Stelle völlig korrumpiert sein muß. • Das „die 
Kai. Oct." giebt keinen Sinn, weil es ja nachher heißt: qui dies 
nautati sunt. Vielleicht hat es ursprünglich „circa diem" oder ähn- 
lich gehdßen. 

2) Waitz, in s. Widukindausgabe, 1882, S. 13 n. 3. Wattenbach 
in den „Geechichtschreiber der deutschen Vorzeit" X, 6^, S. 21, n. 1. 
0. Homeyer, Stadtbücher des Mittelalters, 1860, S. 71 f. 

3) Homeyer, a. a. O. 

4) Grotefend, Zeitrechnung des deutschen Mittelalters und der 
Neuzeit I, 72 unter „gemeine Woche". 

5) Wattenbach, Geschichtschreiber der deutschen Vorzeit X, 6^ 
S. 21, n. 1. 



192 Studien zur (^eBchichte des Unterganges 

akademie zu Brandenburg^) steht eine „Commemoracio 
sancti episcopi Borchardi et confessoris". Dieser Burchard, 
ein ungebildeter Priester, nesciens aliam missam quam 
pro defunctis, wird, als ein Bischofswechsel eingetreten ist, 
de ignorancia sui ofHcii bei dem neuen Bischof verklagt. 



1) Mitteilungen aus den Handschriften der Bitter- Akademie 
zu Brandenburg a. H. I. Johannes von Hildesheim, beig^eben dem 
22. Jahresbericht über die Bitter- Akademie von £. Köpke, Branden- 
burg 1878. Der für uns in Betracht kommende Passus findet sich 
S. 2 f. Commemoracio sancti episcopi Borchardi et confessoria. 
Elapso tempore hie Borchardus fuit illiteratissimus et sacerdotum 
simplicissimus, nesciens aUam missam quam pro defunctis, quam 
devotissime, cum ab affine episcopo suo fuit beneficiatus, celebravit. 
unde per eum multe anime fuerunt salvate. postea aliquo tempore 
moritur collator et episcopus sue ecclesie, et dos eins cum villa 
funditus fuit exusta. Novo episcopo superveniente et villico alio 
succedente Beatus Borchardus de ignorancia sui officii apud novum 
episcopum accusatur, et quomodo ecclesiam possideret citatur et in- 
terrogatur. lUe affirmans a mortuo episcopo esse curam, cui novu» 
episcopus respondit; Si infra quindenam autenticum literarum ves- 
tre eure a primo (?) unius testis non adhibueritis, privabo vos be- 
neficio et officio. Beatus Borchardus abiit flens et iterum flendo 
se super tumulum defuncti episcopi locavit auxilium accusacionis ab 
eo petens. Mortuus vero episcopus divina ordinacione illum con- 
solatus est dicens: Breviter tuus episcopus consiHum generale habe- 
bit cum Omnibus suis prelatis et clericis. Tunc vadas et compare- 
as oboedienter, et sequor te. Et secutus est eum sicud cum infula 
sua fuit usque ad kathedralem suam sedem, ubi visus est ab Omni- 
bus cum episcopo sedentibus. Qui dum mortuum viderunt, omnes 
fugierunt. Quibus precepit sub virtute sancte oboediencie ut reside- 
rent et eum in negocio suo audirent. Episcopus vero et alii au- 
dientes obedienciam nominare, se reposuerunt ipsumque audierunt. 

Tunc mortuus episcopus affatur episcopo vivo dicens: Cur 
sanctum Borchardum beneficio suo et officio privare intendetis? 
preferens eis, quod quamdiu ecclesie sue prefuisset omnium anime 
sub sua cura defunetorum essent salvate, et adiecit: si privaveritis 
sanctum Borchardum beneficio et officio, vos privabimus regno ce- 
lorum. His dictis mortuus episcopus, dimittens se ab omnibus, re- 
divit ad sepulchrum. Sanctus Borchardus adhuc stans ante suum 
presulem graciam exspectans, cui episcopus: „Borcharde, vis nobis 
in omnibus oboedire?" Cui ille: „Volo." „Precipio ergo tibi in vice 



des alten Thüring. Königreiclis im Jahre 531 n. Chr. 193 

Dieser droht ihn abzusetzen, falls er innerhalb 14 Tagen 
kein authentisches Zeugnis dafür schaffen könne, daß er 
seine Kirche zu Recht besäße. Burchard entfernt sich 
weinend und klagt am Grabe des alten Bischofs diesem 
sein Leid. Der Verstorbene ist bereit, ihm zu helfen, er 
erscheint mit ihm in einer Versammlung, die der Bischof 
mit seinen Prälaten und Klerikern abhält, und befiehlt 
ihnen, den heiligen Burchard in seinem Amte zu belassen, 
widrigenfalls sie des Himmelreichs verlustig gehen würden. 
Dann kehrt der Verstorbene zu seinem Grabe zurück. 
Der neue Bischof tritt, erschüttert durch diesen Vorfall, 
seine Würde an den Heiligen ab, und man feiert die Be- 
gebenheit mit einem Gastmahl. „Daher rührt die Sitte 
der Kleriker, jährlich an St. Burchardstag ein Gastmahl 
zu halten. Et ex isto miraculo communis septimana 
sanctis patribus solempniter pro defunctis in memoria 
habeatur. Tandem sanctus Borchardus obdormivit in do- 
mino". 

Die Identificierung dieses Burchard macht nicht ge- 
ringe Schwierigkeiten, vornehmlich aus zwei Gründen. 
Einmal läßt sich die Geschichte, wie sie hier erzählt wird, 
von keinem der bekannten Heiligen dieses Namens nach- 
weisen^), und sodann fallen die Tage, an denen man die 



sanete obediencie, ut capias locum mee dignitatis; et mei miserere." 
Et provolutus pedibus eum episcopus cum atüs digoe et alta voce 
in sede sua collocavit omnibusque grande convivium fecit. Exinde 
inolevit mos clerieorum^ omni anno irf die Saneti Borchardi habere 
conyivium. Et ex isto miraculo communis septimana sanctis pa- 
tribus solempniter pro defunctis in memoria habeatur. Tandem 
sanctus Borchardus obdormivit in domino. 

1) Die verschiedenen Heiligenverzeichnisse führen an: 1. S. 
Burchardus, Graf von Melun (Acta SS. Boll. 26. Febr.; 2. S. 
Burchardus, Abt von St. Gallen. (Mabillon Acta SS. ord. S. 
Benedicti saec. VI, 1. von Mas Latrie im „tr^sor de Chronologie" 
Paris 1889, S. 694 als S. bezeichnet, während Potthast Bibliotheca 
II ^ 1227 und Grotefend a. a. O. II, 2, 75 ihn als v. (venerabilis) 
bezeichnen). Festtag: 4. März. 3. S. Burchardus, Erzbischof von 



194 Studien zur Geschichte des Unterganges 

Feste dieser Heiligen gewöhnlich feiert, nicht in die „ge- 
meine Woche ^)". Diese Schwierigkeit wird noch dadnrck 
erhöht, daß weder in der Diöcese Brandenburg noch bei 
den Prämonstratensem („Die Bischöfe nnd Kapitularen des 
Hochstifts Brandenburg waren bis zum Jahre 1506 sämt- 
lich regulierte Chorherren des Prämonstratenser*Ordens 2)". 
Die Handschriften des Hochstifts sind zum Teil in die 
Bibliothek der Bitter-Akademie hinübergerettet, und einer 
dieser Handschriften entstammt die obige Erzählung) die 
Verehrung eines Heiligen Namens Burchard sich nach- 
weisen läßt '). In Betracht kommt für uns eigentlich 
nur Bischof Burchard von Würzburg, da dieser sein Fest 
meistenteils am 14. Oktober hat. Wenn nun auch der 
vierzehnte Oktober nicht mehr in die „gemeine Woche" 
fällt, so erinnern wir uns daran, daß die Feste der Heiligen 
örtlich verschieden gefeiert werden. Da nun in der Diö- 
cese Lebus, die der Diöcese Brandenburg benachbart ist*), 
der Tag des heiligen Burchard am 6. Oktober, also ge- 
nau eine Woche nach Michaelis, gefeiert wird, femer der 
Heilige im Lebuser Diöcesankalender als cf. (== confessor) 



Vienne. (Acta S8. Boll. 19. August, nur Mas Latrie führt ihn 
auf, bei Potthast und Grotefend fehlt er.) 4. B. Burchardus, Pres- 
byter in der Schweiz. (Acta SS. Boll. 20. August. Mas Latrie 
bezeichnet ihn a. a. O. als prötre et conf. en Suisse. 5. S. Burchar- 
dus, Bischof von Worms (Mas Latrie bezeichnet ihn fälschlich als 
S.; nach Grotefend a. a, 0. II, 2,75 ist er nie kanonisiert worden. 
In den Acta SS. Boll. fehlt geine Vita). 6. S. Burchardus, Bischof 
von Würzburg. (Acta SS. Boll. 14. Oktober). 

1) Grotefend erklärt a, a. 0. I, 72 die „gemeine Woche** als 
„meist die volle Woche nach dem Michaelisfeste" (29. Sept.) Der 
Halberstadter ordo divinus versteht unter der gemeinen Woche die 
Woche nach Bemigius (1. October), vgl. die Nachweise bei Grote- 
fend a. a. O. 

2) E. Köpke, a. a. O. S. 1. 

3) Vgl die entsprechenden Diöcesan- und Ordenskalender bei 
Grotefend a. a. 0. II, 1, 14 ff. II, 2, 48 ff. 

4) Spruner-Menke, Handatlas 1880, Karte no. 42. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 195 

auftritt^), 80 dürfte, zumal da der heilige Burchard in 
der Überschrift unserer £rzählung auch als confessor er- 
scheint, die Ableitung der „gemeinen Woche" von dem 
heiligen Burchard ein geistiges Produkt der Lebuser Diö* 
cese sein. 

Wir haben jetzt die Wahl zwischen beiden Erklärungen, 
derjenigen Widukinds und derjenigen der Brandenburger 
Handschrift. Aber gerade der Umstand, daß beide Erklärungen 
rein lokaler Natur sind, führt auf die Vermutung, daß auch 
Widukinds Ableitung erfunden ist. Die „gemeine Woche", 
die sich in einem großen Teil von Deutschland, und nicht 
bloß auf sächsischem Stammesboden nachweisen läßt ^), sollte 
ihren Ursprung einem lokalen Ereignis verdanken, mag es 
nun die Eroberung von Burg-Scheidungen durch die Sachsen 
oder die wunderbare Erhebung des heiligen Burchard auf 
den Bischofsstuhl sein? Wie sagt doch der Halberstädter 
ordo divinus? In illa septimana erunt communes orationes 
tam pro vivis quam pro defunctis. Und ähnlich heißt es 
in der Brandenburger Handschrift: Et ex isto miraculo 
communis septimana sanctis patribus solempniter pro defunctis 
in memoria habeatur. Die gemeine Woche ist also eine 
Gedächtniswoche für die Toten, sie vertritt die Stelle des 
späteren Festes Allerseelen 3), ja, zuweilen werden bestimmte 
Tage in ihr als „aller selentag" oder „seledage" bezeichnet, 
auch lateinische Bezeichnungen finden sich: commemoratio 
omnium animarum, memoria omnium animarum *). Und hier 
drängt sich uns eine neue Trage auf: hängt vielleicht die 
gemeine Woche mit dem Feste Allerseelen zusammen, und 
inwiefern hängt sie zusammen? 

1) Grotefend, a. a. O. II, 1, 101. II, 2,75. 

2) Vgl. die Nachweise bei Grotefend a. a. O. I. S. 72 f. er führt 
Beispiele an aus: Halberstadt, Duderstadt, Frankfurt a. M., Bremen, 
Mecklenburg, Stolberg, Oldenburg, Braunschweig, Verden, Jena, 
Niederrhein. 

3) „Die Feier des 2. November als Allerseelen-Tag drang in 
Norddeutschland erst spät ein". Grotefend a. a. 0. I, S. 73. 

4) Die Nachweise bei Grotefend a, a. O. I, S. 73. 



X96 Studien zur Geschichte dee Unterganges 

Nach Widukinds Bericht (er hat im Jahre 967 ge- 
schrieben) bleibt es 300 Jahre lang still, in keiner Quelle 
finden wir die „gemeine Woche" erwähnt, bis sie 1243 
plötzlich in dem sog. scriptum super Apocalypsim auftaucht ^). 

Urkundlich erscheint sie selbst in jener Zeit noch nicht, 
erst vom Jahre 1304 an kommt sie in Diplomen vor, zuerst 
(d. h. 1304) auf thüringischem Boden in einer Urkunde 
der Herren von Heldrungen 2). Von da ab erscheint sie 
öfter und läßt sich bis zum 16. Jahrhundert einschließlich 
— das letzte uns bekannte Beispiel stammt aus dem Jahre 
1536 und findet sich in den Schmalkaldischen Artikeln 
(art. 2 de Missa)^) — nachweisen; im 17. Jahrhundert 
scheint sie nicht mehr vorzukommen. Wahrscheinlich wird 
sie um diese Zeit durch die Feier des 2. November als 
Allerseelentag verdrängt. „Diese drang in Norddeutschland 
erst spät ein, die liturgischen Bücher der Diöcesen Verden, 
Paderborn, Osnabrück und Minden aus der ersten Hälfte 
des 16. Jahrhunderts führen dieselbe noch nicht im Kalender 
auf ^)". Muß es schon ^eigentümlich berühren, daß wir nach 
Widukind fast 300 Jahre lang von der „gemeinen Woche" 
nichts hören, so muß es noch mehr überraschen, daß zu 
Widukinds Zeiten die Feier eines Gedächtnistages für die 
Verstorbenen überhaupt noch nicht gesetzlich geregelt war. 
Erst Abt Odilo von Cluny (994—1048) hat, angeblich durch 
die Vision eines Pilgers bewogen, das Fest Allerseelen 
eingeführt. 

Man pflegt sich auf eine Stelle Sigeberts von Gembloux ^ 
zu stützen, wenn man, wie es gewöhnlich geschieht, die 
Einführung des Festes Allerseelen im Jahre 998 stattfinden 
läßt, da eben bei diesem Jahre Sigebert die Legende bringt, 
im Anschluß an die Thronerhebung Papst Agapits. 

1) Vgl. Wattenbach, Geschichtsquellen II«, S. 254. 

2) Haltaus, calendarium medii aevi etc. Lipsiae 1729, S. 136. 

3) Haltauß a. a. O. S. 136. 

4) Grotefend a. a. 0. I, S. 73. 

5) M. G. SS. VI, S. 353. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 197 

Ernst Sackur hat neuerdings diese Auffassung in ihren 
Grundfesten erschüttert ^), Er zeigt, daß Sigebert in völlig 
unberechtigter Weise zwei Nachrichten, den Bericht über 
den sagenhaften Papst mit der Erzählung über die Einführung 
des Allerseelentages (Marianus Scotus und die Vita Odilonis 
von Jotsald) verbunden hat. Er setzt vermutungsweise 
die Einführung des Festes Allerseelen in den Anfang der 
dreißiger Jahre des 11. Jahrhunderts, ohne jedoch den Be- 
weis hierfür antreten zu können. So viel steht immerhin 
fest: unter Abt Odilo von Cluny ist die Einführung des 
Festes erfolgt, zunächst jedoch nur innerhalb des Cluniacenser- 
ordens, erst Papst Leo IX. (1048 — 1054) soll, einer An- 
gabe der Vita S. Bertulfi zufolge, den neuen Festtag in 
die gesamte Kirche eingeführt haben 2). 

Aber nun wird die Stelle Widukinds noch unverständlicher. 
Wer sind denn diese „religiosi viri", durch deren sanctio 
„diese Tage des Irrtums verwandelt sind in Fasten und 
Gebetstage und in Opfergaben für alle Christen, die vor 
uns gelebt haben"? Widukind spricht davon, wie von etwas 
ganz Bekanntem, wir aber finden in der gesamten Litteratur 
des Mittelalters vor 1243 keinen weiteren Beleg für seine 
Angaben. Man kommt unwillkürlich auf den Verdacht, daß 
die Stelle erst später eingeschoben sei, aber diesen Verdacht 
müssen wir in etwas gleich einschränken. 

Abgesehen von der ersten Ausgabe Widukinds, die 1532 
von Martin Frecht nach einem jetzt verlorenen Ebersbacher 
Kodex veröffentlicht ward, ist uns das Geschichtswerk des 
Korveyer Mönches in drei Handschriften überliefert 3). 
Alle dxei gehören dem 12. Jahrhundert an, die eine vielleicht 
sogar schon dem ausgehenden 11. Jahrhundert, alle drei 
bringen jenen in Frage stehenden Satz, also muß jene Er- 
wähnung der gemeinen Woche sicherlich dem 11. Jahrhundert 

1) E. Sackur, Die auniacenser, 1894, II, S. 475 ff. 

2) E. Sackur a. a. 0. II, S. 231. 

3) Vgl. hierzu und zum Folgenden die Separatausgabe Widu- 
kinds von Waitz, 1882, 8. XII f. 

xxn. 14 



198 Studien rar Geschichte des Unterganges 

angehören, vielleicht hat sie gar schon als Randglosse ün 
Archetypus gestanden. Daß wir es hier mit einer Rand- 
glosse zu tun haben, ergibt sich mit hoher Wahrschein- 
lichkeit aus dem folgenden: His itaque omnibus peractis 
reversi sunt ad Thiadricum in castra, wo das Subjekt auB 
der Erzählung der Sachsonfeier (sc. Saxones) ergänzt werden 
muß. Am wahrscheinlichsten bleibt es immer, daß diese 
Glosse bereits im Archetypus gestanden hat, denn die drei 
Handschriften, die uns vorliegen, sind völlig unabhängig 
von einander und geben doch alle drei das Datum und 
den Erläuterungssatz an. 

"Wie schade, daß wir nicht jene Notiz Sigeberts ver- 
werten dürfen! Möglich, daß der Schreiber der Glosse — 
daß es Widukind selbst ist, ist nach dem Stil sehr wahr- 
scheinlich — tatsächlich die Einführung des Festes Aller- 
seelen im Auge gehabt hat, daß mit den religiosi viri die 
Cluniacenser gemeint sind. In diesem Falle müßte Widu- 
kind — immer unter der Voraussetzung, daß Sigebert die 
richtige Jahreszahl hat — noch nach dem Jahre 998 gelebt 
haben. Aber mit dem Nachweis, daß Sigeberts Verfahren 
ungerechtfertigt ist, müssen wir uns aller Kombinationen 
enthalten. 

Und vielleicht läßt sich doch etwas gegen den Zusammen- 
hang der „gemeinen Woche" mit dem Feste Allerseelen 
geltend machen, der Umstand nämlich, daß in manchen 
Diöcesen mehrere Gedenktage für die Verstorbenen im Jahre 
stattzufinden pflegten. Nur eine einzige Urkunde ist es, 
die hierüber Aufschluß erteilt. In einer Verordnung des 
Willehadkapitels zu Bremen über die Verteilung der an 
gewissen Tagen bei den Altären dargebrachten frommen 
Gaben und über die Feier der Leichenbegängnisse — die 
Urkunde stammt wahrscheinlich aus dem Jahre 1308 — 
heißt es ^) : Sed sacerdos cuius est prior missa in die nativi^ 
tatis domini, habebit de oblationibus huiusmodi dimidium 



1) Bremer Urkundenbuch II, 91, S. 97. 



des alten Thürmg. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 199 

fertonem, in pasche XV solidos, in die pentecost^ antun 
lotonem, in tribus antem diebus animarum ebdo- 
medarius recipiat oblationes prioris misse. Und weiter : Nota 
quod constitutnm est a canonicis ecclesiae beati Willehadi, 
qaod in octava pentecostes dictis vesperis maiores vigilie 
soUempniter dicantur pro animabus fidelium defanctomaa 
et simile debet fieri post festum beati Micha- 
elis in septimana beati Dyonisii martiris,quan- 
do agitnr memoria fidelinm defunctorum. 

Wir sehen, es wird nicht nur einmal im Jahre für die 
Seelen der Verstorbenen von der Kirche gebetet. 

Die Bestimmung, die memoria defunctorum falle post 
festum beati Michaelis in septimana beati Dionysii martiris, 
paßt, wenigstens auf das Jahr 1308, dem die Urkunde 
wahrscheinlich angehört, vortrefflich. Die „gemeine Woche** 
ißt doch, wie wir gesehen haben, die volle Woche nach 
Remigius^); da der 1. Oktober 1308 aber ein Dienstag war, 
so muß die „gemeine Woche" in diesem Jahre von Sonntag 
den 6. Oktober bis Sonnabend den 12. Oktober gereicht 
haben. 

Das Fest des heiligen Dionysius fällt aber auf den 
9. Oktober. Man wird zur näheren Fixierung der „gemeinen 
Woche" diesen Tag gewählt haben, weil Dionysius der 
bekannteste der Heiligen war, die in der Zeit vom 6. bis 
12. Oktober ihr Fest haben. Zugleich geht aber aus dieser 
Tatsache, daß man zur Fixierung einen Tag wählte, der 
nicht unter allen umständen in die „gemeine Woche" fiel, 
hervor, daß dieser Erlaß nur für das betreffende Jahr be- 
stimmt sein konnte. 

Wir kehren zu Widukind zurück. Wir haben gesehen, 
daß die Notiz über die „gemeine Woche" wahrscheinlich 
eine Glosse ist, die vielleicht schon von Widukind selbst 
geschrieben, jedenfalls im 11. Jahrhundert bereits vorhanden 
war. Aber die Frage, von der wir ausgingen, haben wir 



1) vergl. oben S. 194, n. 1. 

14* 



200 Studien zur Geschichte des Unterganges 

noch nicht beantwortet: ist die Ableitung der „gemeinen 
Woche" von der Eroberung Burg-Scheidungens richtig? 

Ein naheliegender Gedanke ist, daß ursprünglich in 
heidnischer Zeit um den 1. Oktober herum ein Götterfest 
gefeiert wurde, das die katholische Kirche später in ein 
christliches Fest umwandelte. Schon Widukind deutet das 
an^), wenn er sagt: (Saxones) secundum errorem patemum 
Sacra sua propria veneratione venerati sunt ; nomine Martern, 
effigie columpnarum imitantes Herculem, loco Solem, quem 
Graeci appellant ApoUinem. Ex hoc apparet aestimationem 
illorum utcumque probabilem, qui Saxones originem duxisse 
putant de Graecis, quia Hirmin vel Hermis Graece Mars 
dicitur. 

Daß hier Ares und Hermes verwechselt sind, darüber 
besteht kein Zweifel. "Wir sehen aber: die Sachsen ver- 
ehren zur Feier ihres Sieges ihr Heiligtum, das „dem Namen 
nach den Mars vorstellt", — eine Feier zu Ehren ihres 
Kriegsgottes. „Das Fest fand dem Irmin zu Ehren statt, 
der durch seinen Namen an Hermes-Mars erinnert 2)". Das 
Fest ist dreitägig, acta sunt autem haec omnia, ut maiorum 
memoria prodit, die Kalendis Octobris, also muß es entweder 
am 29. September, 30. September oder 1. Oktober begonnen 
haben. 

Zum Vergleich ziehen wir eine Parallelüberlieferung 
heran. Wahrscheinlich unter den Karolingern oder Ottonen ^) 
ist das sog. excerptum ex Gallica historia entstanden, das 
man früher wohl auf Caesar oder Velleius Paterculus 
zurückführte ^). 



1) Separatausgabe 1882, S. 12 f. (c. 12). 

2) K. Koppmann, „Irmin und St. Michael" im Jahrbuch des 
Vereins für Niederdeutsche Sprachforschung II, 1876, S. 114. Ich 
folge im weiteren den Ausführungen Koppmann's, ergänze sie aber 
teilweise. 

3) M. G. SS. XXIII, S. 387. 

4) So Wolfg. Lazius, Commentariorum reipublicae Komanae 
libri duodecim. Basileae (1551), S. 85. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 201 

Es erzählt von einem Sieg der Schwaben über die 
Römer bei Augsburg^): Germanorum gentes, qni S^tias 

oocupaverant, non longe ab Alpibus , ubi duo 

rapidissimi amnes inter se confluunt, in ipsis Noricis £nibus 
civitatem non quidem muro, set vallo fossaque cinxerant, 
quam appellabant Cizarim, ex nomine deae Cizae, quam 

religiosissime colebant Hanc urbem (Augsburg 

ißt gemeint) Titus Annius praetor ad aroendas barbarorum 
exoursiones Kalendis Sextilibus exercitu circumvenit. 
Die Belagerungsmaßregeln werden geschildert, dann heißt 
es weiter: Igitur quinquagesinxo nono die, quam eo 
ventum est, cum is dies deae Cizae apud barbaros (sc. Suevos) 
celeberrimus ludum et lasciviam magis quam formidinem 
ostentaret, immanis barbarorum (sc. Suevorum) multitudo 
e proximis silvis repente erumpens ex improviso castra irrupit, 
equitatum omnem et, quod miserius erat auxilia sociorum 

delevit Oppidani vero non minori fortuna, set maiori 

virtute praetorem in auxilium sociis properantem adoriuntur, 

Romani haud segniter resistunt Et inclinata iam res 

oppidanorum esset, ni maturassent auxilium ferro socii, in altera 
ripa iam victoria potiti. Denique coadunatis viribus Castro 
irrumpunt, praetorem, qui paulo altiorem tumulum frustra 
ceperat, Romana vi resistentem obtruncant, legionem divinam, 
ut ne nuntius cladis superesset, funditus delent. 

Otto von Ereising nennt diesen Hügel, der später die 
Gebeine der Erschlagenen deckte, perleich ^). Im Jahre 1064 
sind, wie Grimm angiebt ^), Stift und Kirche St. Peter auf 
dieser Anhöhe gegründet worden. „Auf dem Perlachturm war 
ein Bild des heiligen Michael angebracht, das am Michaelis- 
feste bei jedem Glockenschlage zum Vorschein kam" ^). 

Jene Augsburger Tradition berichtet nun doch, daß am 
Tage der Göttin Cisa, der der 29. Septemljer gewesen sein 

1) M. G. SS. XXIII, IS. 388. 

2) Ottonis Fris. chronicon, ni, 3. (M. G. SS. XX, S. 173.) 

3) J. Grimm, Mythologie, S. 274 ^ 

4) Grimm, Mythologie, S. 274 ^ n. 3. 



202 Studien zur Greschichte des UntergaDges 

muß — denn der 69. Tag nach den Kaienden des August 
ist der 29. September — , ein Siegesfest gefeiert wurde zur 
Erinnerung an einen errungenen Sieg. 

Wenn nun auch, wie Bachlechner gezeigt hat^), der 
Name der Göttin Cisa wahrscheinlich auf ein MilSverständnis 
zurückgeht, so bleibt doch die Tatsache des Siegesfestee 
bestehen. „Beide Erzählungen (sc. Widukind und die 
Augsburger Tradition) gehören offenbar zusammen, be- 
glaubigen und erläutern einander" ^). Am 29. September 
wird bei den Sachsen und Schwaben ein Siegesfest gefeiert, 
sollte es sich nicht vielleicht um ein gemeingermanisches 
Fest zu Ehren des Kriegsgottes (Ziu oder Irmin) handeln? 
Erwägen wir, daß erst 813 auf dem Konzil zu Mainz der 
29. September als Tag des heiligen Michael in die deutsche 
Kirche eingeführt wurde ^) erwägen wir femer, daß St. Michael, 
„der Erzengel, bei dem der Sieg ist", im Muspilli dem 
Antichrist das Haupt spaltet, der in den Ungarnschlachten 
von 933 und 965 den Sachsen voranzieht*), so wird es in 
der Tat klar — wir wissen ja, daß die katholische Kirche 
mit Vorliebe ihre großen Feste auf heidnische Festtage 
verlegt hat — , daß am 29. September das Fest des ger- 
manischen Kriegsgottes war. Ein dreitägiges Fest, das mit 
diesem Tage beginnt, mußte also mit dem 1. Oktober schließen. 
„Acta sunt autem haec omnia, ut maiorum memoria prodit, 
die Kalendis ctobris." 

Verstehen wir jetzt den Sinn dieses Satzes? Was 
ist natürlicher, als an das Fest des Krieggottes, das man 
feiert, die Erinnerung an gewonnene Siege anzuknüpfen. 



1) Hauptes Zeitschrift für deutsches Altertum VIII, S. 587. 

2) Koppmann a, a. O. S. 115. 

3) Die Aachener Synode von 809 führt in ihrer Aufzählung 
der Feste das des heiligen Michael noch nicht auf. Zuerst erscheint 
es in den Akten der Mainzer Synode von 813, vgl. Mansi sacrorum 
conciliorum coUectio XIV, S. 73, can. 36 und H. Kellner, Heortologie, 
1901, S. 15. 

4) Koppmann a. a. O. S. 115. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 203 

Und dazu kommt noch eins. Koppmann hat in schöner 
Weise darauf hingewiesen ^). ,,Mit dem Siegesfeste zu Ehren 
Irmins war eine Totenfeier für die Verstorbenen verbunden. 

St. Michael heiiSt praepositus paradisi ^) et princeps 

animarum, er gilt als Empfänger und Wäger der Seelen." 
So konnte sich am Michaelistage eine Totenfeier ausbilden, 
in der man den Heiligen nicht als den siegbringenden Erz- 
engeli sondern als den praepositus paradisi verehrte. 

Warum später allerdings diese Totenfeier in der Form 
einer Woche erscheint, ist uns völlig verborgen; vielleicht 
ist schon früh das Fest des heiligen Michael mit einer 
Oktave versehen worden, und dies der Ursprung der 
„gemeinen Woche" ^). Die Umwandlung muß ins 11., 12. 
oder 13. Jahrhundert fallen, denn Widukind erwähnt die 
„gemeine Woche" noch nicht; bei ihm sind es nur die 
dies erroris, die „durch die Heiligung frommer Männer", 
vielleicht das Konzil von 813, verwandelt sind in Fasten 
und Gebetstage. 

Es ist ein Akt der großartigsten Volksdankbarkeit, 
wenn das Volk, und mit ihm Widukind, die „gemeine 
Woche" an die Einnahme Burg Scheidungens durch die 
Sachsen knüpft. In der Tat, was konnte verlockender sein, 
als die Feier der Woche, in der man Gebete für die Ver- 
storbenen zum Himmel sandte, an ein Ereignis anzuknüpfen, 
durch das 6000 Sachsen ihr Streben, ihrem Volk neues 
Land zu gewinnen, mit ihrem Blut bezahlt hatten^), eine 



1) Koppmann a. a. 0. S. 115. 

2) Vgl. den codex tradit. Wessofont. in den Monumenta Boica 
Vm, S 371. 

3) Heute wird die Oktave des Michaelisfestes überall begangen, 
und zwar am 6. Oktober. Vgl. Grotefend, Zeitrechnung II, 2, S. 143. 
Die oben gegebene Erklärung hat den Fehler, daß die Definition der 
^gemeinen Woche*', wie sie d&c Halberstädter ordo divinus gibt, sich 
mit ihr nicht in Einklang bringen läßt Ob die Halberstädt^ De- 
finition erst das Produkt einer späteren Entwickelimg ist? 

4) Widukind I, 9, de Saxonibus vero niunerati sunt sex milia 



204 Studien znr Greschichte des Unterganges 

Tat zudem, durch die die Sachsen sich zum ersten Male 
den Franken überlegen gezeigt hatten. Und gerade bei 
einem Schriftsteller, wie Widukind, der durch und durch 
Sachse ist, mußte sich eine derartige Kombination am 
ehesten fbden. 

Und nun fragen wir nochmals : ist die Hypothese Größ- 
lers, daß der Thüringerkrieg den ganzen Sommer gedauert 
habe, da die Franken bereits im Frühjahr auszurücken 
pflegten ^), und die Eroberung der Burg erst am 1. Oktober 
vor sich ging, berechtigt? Wir können diese Frage nur 
verneinen, da wir eben gesehen haben, auf welchen Grund- 
lagen diese Kombination beruht. Über die Dauer des 
Krieges gewährt uns die Stelle Widukinds durchaus keinen 
Aufschluß. 

Als Resultat dieses Abschnittes dürfen wir aussprechen: 

Bei einer eingehenden Prüfung der sächsischen Quellen 
stellt sich heraus, daß sie historisch durchaus unglaub- 
würdig sind. Einige Tatsachen mögen vielleicht wahr 
sein, die Methode zeigt uns aber keinen Weg zu ihnen zu 
gelangen. Daher dürfen diese Quellen für eine Darstellung 
des Thüringerkrieges von 531 unter keinen Umständen 
verwendet werden. Der Grund dazu liegt in nicht weg- 
zuschaffenden inneren Widersprüchen. Auch das Datum 
der Einnahme Burg-Scheidungens ist nicht historisch. 

Von diesem Verdikt nicht berührt bleiben vorläufig 
nur die Schlachtorte. 

Fast scheint es, als ob wir gezwungen sind, auch die' 
Sachsenhilfe zu leugnen, aber diese ist, wie wir versuchen 
werden zu zeigen, wirklich historisch; mit der Erörterung 
dieser Frage verlassen wir das Gebiet der Sage und treten 
in das der Geschichte ein. 



1) Es ist kein Grund vorhanden anzunehmen, daß die Franken 
gerade in diesem Jahre von ihrer Gewohnheit abgewichen seien. Gre- 
gor sagt zwar nichts über den Zeitpunkt ihres Ausrückens, indes 
spricht dieser Umstand gerade zu unsem Gunsten, da er eine Ab- 
weichung von der Regel wohl verzeichnet haben würde. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 205 

Teil nL Kritik der liistorisehen Probleme. 

Außerordentlich dürftig ist, was uns übrig bleibt. Nie 
wird es gelingen, jene furchtbare Katastrophe im Einzelnen 
aufzuhellen, nur die Umrisse der Ereignisse festzustellen, 
kann unsere Aufgabe sein. 

An Quellen bleiben uns nur die fränkischen Autoren 
nebst Prokop und Rudolf von Fulda. 

Rudolfs translatio S. Alexandri ist zwischen 851 und 
865^), also rund 100 Jahre vor Widukind geschrieben. 
Sagenbildung ist auch bei ihm nicht zu verkennen, aber die 
Ausgestaltung, die die Sage durch unser Lied erhalten hat, 
ist ihm noch völlig fremd. Trotzdem wird man gut tun, 
ihm nicht zu viel Glauben zu schenken, denn die Elemente 
der Sage sind ihm auch vertraut. Irminfried ist der 
Schwager Theuderichs, er ist dux Thuringorum, wodurch 
natürlich das Abhängigkeitsverhältnis des Thüringerkönigs 
von den Franken angedeutet werden soll. Vor allem aber 
berichtet auch er die Hilfe der Sachsen, ihr „Herzog" heißt 
hier Hadugoto, bei Widukind Hathagat 2). 

Kann es als historisch richtig betrachtet werden, daß 
die Sachsen den Franken zu Hilfe gekommen sind ? Zweifel 
hat, soweit wir sehen, niemand ausgesprochen. Nach Lorenz ^) 
geht die Mithilfe der Sachsen „sicherlich auf historischen 
Kern zurück. Liefert ihm (sc. Widukind) auch die Volks- 
überlieferung den Stoff zur Darstellung des Gegenstandes, 
so ist auch zu berücksichtigen, wie fest sich dieselbe an 
historische Vorgänge nnd namentlich an ein so wichtiges 
Ereignis, wie den Feldzug von 531 klammert." 

Könnecke ^) hält es für klar, daß die Sachsenhilfe „von 
den sächsischen Geschichtsschreibern nicht aus der Luft 
gegriffen sein kann", und Größler ^) weist sogar seinen Vor- 

1) Wattenbach, Geschichtsquellen I«, 238 f. 

2) Bei Widukind ist Hathagat nur veteranus miles. 

3) Lorenz, a. a. 0. S. 374. 

4) Koennecke, a. a. O. S. 26. 

5) Größler, a. a. O. S. 18 f. 



206 Stadien zur Geschichte des UntergangeB 

ganger Lorenz scharf zoreoht, weil dieser „das Maß and 
die Bedeutung der Sachsenhilfe in die gebührenden Schran- 
ken weisen" will ^). Die Gründe von Lorenz und Kön- 
necke erledigen sich aber durch den Hinweis, daß wir ebenso, 
falls uns die fränkischen Quellen hier im Stich ließen, Xr- 
minfried für einen Schwager Theuderichs halten müßten. 
„Wie fest klammert" sich nicht diese „Tatsache" an 
historische Vorgänge an, der ganze Krieg entspringt ja, 
nach den sächsischen Quellen, aus ihr. „Daß sie niclit 
aus der Luft gegriffen sein kann, ist klar." 

Sehr viel schwerwiegender ist der Einwand Größler's ^) : 
„Was soll es da heißen, wenn Lorenz meint, die Bedeutung 
und das Maß der Sachsenhilfe müsse in die gebührenden 
Schranken gewiesen werden? Kann etwa die Tatsache 
umgestoßen werden, daß seit dem Sturze des thüringischen 
Königreichs durch die Franken das ganze Nordthüringer 
Land Sachsenboden geworden und seitdem geblieben ist, 
jene Tatsache die den Anstoß dazu gab, daß der Sachsen- 
name erst auf die heutige Provinz Sachsen, dann auf daa 
Kurfürstentum und Königreich und die thüringischen Her- 
zogtümer sich verbreitet hat ? Das Vordringen des Sachsen- 
namens zunächst bis an die Unstrut, die Helme und den 
Sachsgraben wäre ganz unbegreiflich, wenn die Sachsen 
keine entscheidende Bolle in dem thüringischen Trauer- 
spiel gespielt und die Frankenkönige nicht zur Anerkennung 
ihrer Ansprüche genötigt hätten." 

Gegen den Schlußsatz dieses Beweises wird man viel- 
leicht Widerspruch erheben, gegen die Anfangssätze kaum. 
Sind diese aber wirklich in ihrer Allgemeinheit richtig? 
Woher weiß Größler, daß „seit dem Sturze des thüringischen 
Königreichs durch die Franken" das ganze Nordthüringer 
Land Sachsenboden geworden ist? Direkte Belege aller- 



1) Lorenz, a. a. O. S. 374. 

2) Größler, a. a. O. S. 18 f. 



des alten Thüiing. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 207 

dings £nden sich nicht, wohl giebt es aber Stellen, aas 
denen sich die angedeutete Tatsache erschließen läDt. 

Im Jahre 568 ziehen 26000 Sachsen mit Alboin und 
seinen Langobarden nach Italien^); in den von ihnen ver- 
lassenen Gegenden siedelt der Merowinger Sigebert ,,Suavo8 
et alias gentes" an. Später kehren die Sachsen zurück und 
kämpfen mit den Schwaben um ihr firüheres Land, in diesen 
Kämpfen kommen die meisten Sachsen um, der Best steht 
vom Kriege ab. 

Jede Oaukarte des Mittelalters ^) zeigt nördlich von 
der XJnstrut vier Gaue, die ihren Namen augenscheinlich 
von Volksnamen hergeleitet haben. Es sind dies (von Sü- 
den nach Norden gerechnet): Der pagus Hassegowe mit 
dem pagus Frisoneveld, der j)agus Suevon und der pagus 
Nortthuringia. Hält man dazu die Nachricht der Ann. 
Quedlinburg.^), daß Theuderich den Sachsen alles Land der 
Thüringer bis zum Zusammenfluß der Saale und Unstrut 
versprochen und ihnen später wirklich alles Land im Norden 
des Harzes gegeben habe, so wird es allerdings sehr wahr- 
scheinlich, daß die Sachsen bereits in sehr früher Zeit, 
jedenfalls vor dem Jahre 568, bis an die Unstrut gesessen 
haben. 

Vielleicht aber läßt sich ein noch früheres Datum er- 
mitteln. 

Nach der Eroberung von Burg-Scheidungen verschwinden 
die Sachsen zunächst völlig aus unserer XJeberlieferung. 
Erst in den Jahren 565 und 556 erscheinen sie wieder in 



1) Vgl. zu dem Folgenden: Gregor v. Tours IV, 42; V, 15; 
Fredegar, III, 68. 76. Paulus Diaconus II, 6; III, 7 (SS. rerum 
Langob. et ItaL). Vgl. auch Ann. Mett. a. 748 (M. G. SS. I, 330}: 
fines Saxonum, quos Nordosquavos vocant. 

2) Spruner-Menke, 1880, Karte no. 33. 

3) Ann. Quedhnb. (M. G. SS. IH, 31.) Ob die betreffende 
Stelle der Annalen ursprünglich zum Lied gehört hat oder nicht, 
tut nichts zur Sache. 



208 Studien zur Geschichte des Unterganges 

den Quellen, gleichzeitig bei Gregor v. Tours ^) und bei 
Marius v. Avenches^). 

Gregor berichtet (IV, 10) : Eo anno (555) rebellantibus 
Saxonibus Ohlotaoharius rex, commoto contra eos exercita,^ 
maximam eorum partem delevit, pervagans totam Thoringiam 
ac devastans, pro eo quod Saxonibus solatium praebuisset: 

Marius ergänzt diesen Bericht: a. 555. 1. Hoc anno 
Theudobaldus rex Francorum obiit et obtinuit regnum eius 
Chlotacarius patruus patris eius .... 3. Eo anno Saxones 
rebellantibus Chlotacharius rex cum gravi exercitu contra 
ipsos dimicavit, ubi multitudo Francorum et Saxonum ceci- 
derunt, Chlotacharius tamen rexvictor abscessit. Und a. 556. 1. 
Eo anno iterum rebellantibus Saxones Chlotacarius rex 
pugnam debit ibique maxima pars Saxonum cecidit. 2. Ea 
anno Franci totam Toringiam pro eo quod cum Saxonibus 
coniuravit vastaverunt. 

Man beachte, daß bereits in diesem Jahre die Kriege 
der Sachsen gegen die Franken unter dem Gesichtspunkt 
einer Empörung aufgefaßt werden. Welchen Rechtsgrund 
die Franken dazu haben, erfahren wir auch von Gregor, 
vier Capitel später (IV. 14) 8): Igitur Chlotacharius post 
mortem Theodovaldi cum regno Franciae suscepisset atque 
eum circuiret, audivit a suis in iterata insania eflferviscere 
Saxonis sibique esse rebelles, et quod tributa, quae annis 
singulis consueverant ministrare, contempnerent reddere. 
His incitatus verbis, ad eos dirigit. Cumque iam prope 
terminum illorum esset, Saxones ad eum legatus mittunt, 
dicentes: „Non enim sumus contemptores tui, et ea quae 
fratribus ac neputibus tuis reddere consuevimus non nega- 
mus, et maiora adhuc, si quaesieris, reddimus. Unum tamen 
exposcimus, ut sit pax, ne tuus exercitus et noster populus 
conlidatur". 



1) M. G. 88. rerum Merov. I, 147. 

2) M. G. Auet. antiqu. XI, 236 f. 

3) M. G. SS. rerum Merov. I, 151. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 209 

Wir sehen: Schon die Erhebung des vorhergehenden 
J'ahres (unsere Erzählung fällt in das Jahr 556) wird des- 
halb als Empörung aufgefaßt, weil die Sachsen gewöhnt 
sind, jährlich Tribut zu zahlen. Wer sind aber die „Brüder 
und Neffen", denen sie ursprünglich den Tribut zu zahlen 
pflegten ? 

Chlotar hatte drei Brüder : Chlodomer, der über Aqui- 
tanien herrschte und bereits 524 starb, und Childebert, der 
2u Paris seinen Sitz hatte, können nicht in Betracht kommen; 
80 bleibt Theuderich übrig. Dieser, der in Austrasien 
herrschte, kann allein gemeint sein. Daraus folgt aber un- 
mittelbar, daß bereits vor dem Jahre 534, dem Todesjahre 
Theuderichs, die Sachsen in einer Art Abhängigkeitsverhältnis 
von den Franken gestanden haben ^). 

Und nun wird in der Tat die Sachsenhilfe höchst 
wahrscheinlich. Wir werden uns die Sache so zu denken 
haben, daß die Sachsen für das ihnen von Theuderich über- 
lassene Land einen Tribut bezahlen, der vielleicht aus 
500 Kühen bestanden hat ^) und der ihnen dann von Dago- 
bert erlassen wurde (632 oder 33). 

Diese ganze Beweisführung beruht auf der Voraus- 
setzung, daß zum mindesten jene vier Gaue, von denen oben 



1) Die „Neffen" sind natürlich Theuderichs Sohn und Enkel, 
Theudebert und Theudebald. 

2) Vergl. Fredegar IV, 74. Es muß höchst auffallend erscheinen, 
daß die neueren Forscher nicht das geringste von diesem Tribut 
der Sachsen unter Theuderich wissen, obwohl schon bei Wenck 
Hessische Ijandesgeschichte 1789, II, S. 198, das Richtige steht, frei- 
lich ohne Quellenangabe. Lorenz, a. a. 0. S. 402 ist hier-in einen 
merkwürdigen Irrtum verfallen ; er verwechselt den Schweinezins, den 
•die Thüringer zu zahlen haben, mit diesem Tribut der Sachsen. 
Dieser Schweinezins der Thüringer, wie er uns aus den Ann. 
Quedhnb. und Thietmar von Merseburg (V, 9) bekannt ist, wird wohl 
nur auf die Thüringer gehen, die, zwischen Harz und Thüringer 
Wald sitzend, direkt unter fränkische Oberhoheit kommen ; die nörd- 
lich von der Unstrut wohnenden Thüringer mußten Tribut an die 
Sachsen zahlen (Widukind 1, 14: Saxones .... reÜquias pulsae gentis 
tributis condempnavenmt). 



210 Studien zur (beschichte dee Unterganges 

die Rede war, einst noch zum thüringischen Gebiet gehört 
haben. Wer bürgt uns aber dafür, daß sich das Thüringer- 
reich soweit nach Norden erstreckt hat? 

V. Wersebe ^) ist, soweit wir sehen, der erste gewesen, 
der die bis dahin übliche Auffassang, daß der pagus Nort- 
thuringia seinen Namen von der einstigen Zugehörigkeit 
zum thüringischen Königreich erhalten habe, angegriffen 
hat. Was er vorbringt, klingt nicht unwahrscheinlich. Wie 
der pagus Suevon seinen Namen von den Schwaben hat, die 
dort von Sigebert angesiedelt werden, der pagus Hassegow© 
von hessischen, der pagus Frisoneveld von friesischen Kolo- 
nisten, so läßt sich „dieser Name (sc. Nortthuringia) weit 
natürlicher von einer dahin verpflanzten Kolonie südlicher 
Thüringer, die bei dem sächsischen Heere gegen den König 
Sigebert mit gefochten, als davon, daß diese entfernte 
Gegend einen Teil des alten thüringischen Königreidis 
ausgemacht, ableiten" 2). Wir werden uns bei der Bedeutung 
V. Wersebe's nicht der Pflicht entziehen können, unsere 
abweichende Anschauung durch Gegenbeweise zu stützen. 

Nur ein Gelehrter hat bis jetzt versucht, die Ansicht 
V. Wersebe's zu widerlegen, der Meister mittelalterlicher 
Gauforschung, Leopold v. Ledebur^). Leider muß diese 
Widerlegung in der Hauptsache als total mißlungen bezeichnet 
werden, wenn ihn allerdings auch nur teilweise die Schuld 
daran trifft. 

Auf einer Wundererzählung der Vita S. Emmerami 



1) V. Wersebe, Über die Verteilung Thüringens zwischen den 
lüten Sachsen und Franken. Hamburg 1834, S. 13 ff. Femer: v. Wer^ 
sehe, Beschreibung der Gaue zwischen Elbe, Saale und ünstrut, Weser 
und Werra etc. Hannover 1829, S. 109. Ihm folgt: Bolze, Die 
Sachsen vor Karl dem Großen (Jahresbericht der Lmsenstädtisdien 
"Realschule Berlin 1861), 8. 10. 18. 

2) V. Wersebe, Beschreibung etc. S. 109. 

3) L. V. Ledebur, N^dthüringen und die Hermunduren oder 
Thüringer, 1842. Neudruck: Berlin 1852. Vgl über ihn das Vor- 
wort zu Böttger's Diöcesan und Gau-Grenzen Norddeutschknds 1875, 
I, S. VIII ff. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 211 

von Arbeo ^) baut sich der erste Beweis v. Ledebur's auf. 
Er giebt zunächst den Inhalt der Erzählung wieder. 



1) Die Ausgabe der Acta SS. Boll. tom. VI, Sept. 22 ist ver- 
altet, neue Ausgabe (v. Sepp) in den Analecta BoUandiana, Band VIII, 
(1889), S. 211 ff. Hier ist auch die Schreibweise Arbeo, (früher 
Aribo) eingeführt. Die Vita ist geschrieben von Arbeo, Bischof 
V. Freising, zwischen 770 und 772 (a. a. O. S. 217 f.). Die in Be- 
tracht kommende Erzählung findet sich im Cap. IV, Absatz 39, 
(a. a. 0. S. 249 ff.): ünde silentio praetereundum non est, quod a 
quodam religiöse et prüden ti viro me contigit audisse; aiebat enim, 
quia quadam die ad beati martyris ecclesiam pro suis delictis minu- 
endis accedere voluisset. Sed contigit ei, dum solus iter carperet 
et venisset in solitudinem quandam, quae locutione vulgari feroni- 
faidus appellatur, in latrones incidisse, .... extra terminum genti 
francorum venundant. Quidam vero, qui cum exinde redimerat, 
genti duringorum partibus aquilonis tradidit in confinio parahtano- 
rum gentis, quae ignorat deum. Cumque se praedictus senex gentili- 
um idolorumque cultoribus proximum cerneret, coepit viribus, ut 
potuit, domino suo temporali tam presenti, quam absenti, digniun 
omnino praebere famulatum. Erat enim operandi peritia instructus, 
ita ut molendinam domino suo perfecisset edificiorumque miro modo 
oonpositiones, [40] et ob hoc in conspectu eins gratiam invenit. Cum- 
que hoc continuo per triennium, prout poterat, ex pura voluntate 
ministraret et tamen a dei cultura et oratione minime recessisset, 
accidit, ut quidam de conservis eins moreretur. Qui relicta vidua 
iuvencula secundum huius camis putredinem speciosa sine procrea- 
tione filiorum, quam temporalis dominus huic seni in matrimonium 
volebat sociare, ut domo et omnibus defuncti substantiis frueretur. 
Sed senex idem obtemperare huic facto nolens respondit dicens : Uxo- 
ron in cognatione mea reliqui, cum pro innumeris meis captivitati 
huic traderer peccatis et eo modo his locis devenirem. Nunc igitur 
ea vivente quomodo aliam in matrimonium ducam? ünde dominus 
eins asperrimis sermonibus adiunxit dicens : Haec mihi facit dominus 
et addat, nisi iUam in matrimonio sumpseris, genti te saxonum 
tradam , quae tot idolorum cultibus dedita est, quia novi et didici ex- 
perimento, si accipere muiierem hie rennueris, nullo modo te mecum 
velle commorari, sed magis fugere, ut de pretio tuo remaneam omni 
modo fraudatus. 

Im Weiteren ist der lateinische Text zur Vergleichung nicht 
wesentlich, nur der Sdiluß mag hier noch Platz finden : [44] Perac- 
tis itaque continuis diebus in profectione quindecim tanta prosperitate 
ac securitate supemus iudex eum reduxit ex itinere fatigatum, ita 



212 Studien zur Greschichte des Unterganges 

„Ein frommer und verständiger Mann erzählte mir, so 
hebt Aribo an, er sei in einer Wildnis, die den Namen 
Feronifaidus führe (oder wie der spätere Bearbeiter Me- 
ginfried i) sagt, Verroniwaida, was er in longinqua pascua 
überträgt und für den Wald von Langwaid gehalten wird), 
von Räubern überfallen, außer Landes geführt und dem Volke 
der Franken verkauft worden. Diese letztem nennt Me- 
ginfried bestimmter Ostfranken, worunter also zunächst die 
Franken des Würzburgischen Sprengeis zu verstehen sind. 
Einer aus diesem Volke nun verkaufte ihn wieder, wie 
Aribo sagt, an jemand in den nördlichen Teilen des Volkes 
der Thüringer 2) an der Grenze des Volkes der Porahtanen, 
die Gott nicht kennen ! oder, wie Meginfried sich ausdrückt ^), 
an einen Thüringer an den Grenzen der Parathanen, die zu 
jener Zeit grausame Heiden waren. So in der Nähe von 
Heiden und Götzendienern, fährt Aribo fort, bemühte sich 



ut in tertia hora quintae deeime diei staret in monte contra radas- 
ponam inter danubii et imbris fluenta iuxta plantationem vinearum. 
Et ex eodem iugo montis urbem avidam videns beati etiam 
dei martyris ecclesiam contemplans magnas et immensas domino 
gratias referebat et demum ita descendens venit ad portum. 

1) An dieser Stelle müssen noch einige Bemerkungen über den 
Text eingeschaltet werden. Der in den Analecta BoU. jetzt gebotene 
imd hier wiedergegebene Text ist weit älter als der Text der Acta 
SS. Boll. Nach Sepps Ansicht sind die drei Handschriften, die er 
zur Eekonstruktion des Textes benutzt und die der ältere Heraus- 
geber noch nicht gekannt hat, direkt aus dem Archetypus geflossen 
(Anal. Boll. VIII, S. 213). Außerdem gibt es aber noch eine Über- 
arbeitung der Vita, von dem Magdeburger Probst (Potthast BibÜo- 
theca etc. II, 1289) Meginfried im Jahre 1030 verfaßt, und die Mono- 
graphie Amold's V. Vochburg über die Wunder des heiligen Emmeram. 

2) Quidam ex his, qui eum pretio redemerat, in partibus Aqui- 
lonis Thuringorum gentis cuidam venundavit in coniacenti confinio 
Porahtanorum gentis, quae ignorat Deum (so die Acta SS. BoU.) 

3) V. Ledebur ist noch der Ansicht, daß sowohl die spätere 
Überarbeitung der Vita als auch die Schrift demiraculis S. Emmerami 
auf Meginfried zurückgehen, während die letztere doch von Arnold 
V. Vochburg verfaßt ist (Anal. Boll. VIII, S. 214). Die imter Megin- 
fried citierten Stellen finden sich alle bei Arnold (M. G. SS. IV, 550). 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 213 

derselbe, in allen Kräften seinem Herren treu und redlich zu 
dienen." Nach drei Jahren will ihm sein Herr eine Witwe 
znr Ehe geben, er weigert sich jedoch dessen. ,,Er habe 
bereits daheim ein Weib und diese zurücklassen müssen, 
als er, wohl seiner großen Sünden wegen, in Gefangenschafb 
geraten und seiner Heimat entrissen worden sei: solange 
aber diese Gattin lebe, dürfe er keine andere Ehe eingehen. 
Sein Herr aber erwiderte ihm in listigen und gebieterischen 
Worten: „Nun bei Gott, wenn du die nicht zum Weibe 
nimmst, da überliefere ich dich dem Volke der Sachsen, 
das ganz dem Götzendienste ergeben ist: denn ich sehe 
schon aus deiner Weigerung, daß du nicht bei mir bleiben 
und mich durch Flucht um den Kaufpreis bringen willst i)." — 
Der Diener muß schließlich, um nicht an die Sachsen verkauft 
zu werden, in die Heirat willigen, flieht aber gleich dar- 
auf und kommt am 15. Tage glücklich zu dem Berge, 
„von wo aus er über die Weinpflanzungen zwischen der 
Donau und dem Eegen hinweg des heiligen Emmeram 
Kirche und die mit Mauern und Türmen prangende Stadt 
erblicken konnte 2)." 

Der Beweis v. Ledebur's ist nun folgender. Er identi- 
fiziert die Farathaner Meginfrieds (d. h. Arnolds) mit den 
Barden des Bardengaus; da zwischen dem Gau Nordthü- 
ringen aber und dem Bardengau noch der Balsamgau liege, 
die Farathaner aber an den nördlichen Teil des Volkes 
der Thüringer anstießen, so müsse der Balsamgau in jener 
Zeit notwendig zu Nordthüringen gehört haben. Daraus 
ergebe sich aber wieder, daß der Begriff „Nordthüringen" 
umfassender sei als der pagus Nortthuringia. v. Ledebur 
behauptet nun, die Ausdrücke Nortthuringia und Nordthu- 
ringorum gens könnten „für das ganze nordwärts der Un- 
stmt gelegene Sachsenland, soweit der Sprengel von Halber- 
stadt sich erstreckte, genommen werden"*). Wenn aber 

1) V. Ledebur a. a. O. S. 24—26. 

2) ebenda S. 27. 

3) a. a. O. S. 31. 

XXU. 15 



214 Stadien rar G^eschicfate des UntngADgeB 

dies ganse Land Nordthfiriagen heiflt, 00 mnfi es zu Thüringen 
gehört haben, denn sonst wird der Name unerkl&rlioh. 

Ein anfälliger geographischer Irrtum, in den y. Lede- 
bor hier verfallen ist! Der Balsamgau nämlich stöfit nir- 
gends an den Bardengau ^), wohl aber ist dies beim Berlin- 
gan der Fall, der auch zum Bistum fialberstadt gehört^). 
Wir könnten also allenfalls den Balsamgau in dem Ledebur- 
sehen Beweis durch den Derlingau ersetzen ; aber der Beweis 
selbst wird dadurch nicht besser. Mag immeridn der Be- 
griflf Nortthuringia sich in früher Zeit auch auf den Der- 
lingau mit erstreckt haben, so könnte daraus nur geschlos- 
sen werden, daß auch im Derlingau Thüringer gesessen 
haben ; ob das ganze Land aber von der XTnstrut nordwärts 
bis zum Derlingau einst zu Thüringen gehört hat, ist da- 
mit nicht entschieden. Man könnte recht gut annehmen, 
im Jahre 568 seien nach dem Auszug der Sachsen nach 
Italien neben Schwaben, Friesen und Hessen auch Nord- 
thüringer, und zwar in dem Gebiete des späteren Nord- 
thüringgaus und des späteren Derlingans angesiedelt worden, 
in einem Gebiete, das man damals als Nortthuringia be- 
zeichnete. Erst später sei die Beschränkung dieses Namens 
auf den eigentlichen pagus Nortthuringia eingetreten. Und 
dann das Andere! Warum identifiziert v. Ledebur die 
parahtani mit den Barden ? Er hat sich durch die Schreib- 
weise parathani verleiten lassen, die sich aber erst in der 
Schrift Amold's findet ; die alten Lebensbeschreibungen lesen 
parahtanorum oder porahtanorum. 

Grund genug jedenfalls, sie nicht mit den Barden zu 



1) Der pagus Belesem stÖfit an die Gaue: Nielitizi, liezizi, 
Zemzizi, Moradani, Northuringowe imd Osterwalde. Vgl Böttg«, 
Diöcesan- und Gaugrenzen III, S. 181 f. 

2) Urkunde Ludwigs des Frommen vom 2. Septemba* ^4. 
y. Wersebe, Beschreibung etc. S. 137 schiebt zwischen Derlingau und 
Bardengau noch den pagus Wittinga ein; noch Böttger Diöcesan- 
und Gaugrenzen III, 176 ist der pagus Witingao mir „ein Unt^- 
gan des Derüngowe'^ 



des alten Thüriag. Königmefafi ki Jtthre 531 &. Chr. 215 

identifisidren ^). So müssen wir diesen Beweis v. Ledebnr's 
ablehn^i; wie steht es mit dem zweiten Beweise? In 
einer Urkunde Karls des Großen werde die 8tadt ScAnnige 
als in Nordthnringia liegend angegeben, dieses „Schdningen" 
aber liegt, wie sich aus sonstigen Urkunden klar ergibt, 
im Derlingau*). v. Ledebur findet es bemerkenswert, di^ 
in der Urkunde in Nordthuringia, nicht etwa in pago Nor«- 
thuringon oder ähnliches stände ^j. 

Y. Ledebur bringt die Bezeichnung in Norddiuriogia 
als gewichtigen Orund für die Echtheit des Diploms aar 
Sprache. Anstatt mit einem echten Diplom die Zugehörigkeit 
£lchöningens zu Nordthüringen zu beweisen, sucht er die 
£chth6it des Diploms eben durch den Umstand zu beweiset), 
4aß Schöningen zu Nordthüringen gehört hat, was eben noöh 
bewiesen werden muß. Was würde v. Ledebur wohl sagen, 
wenn er wüßte, daß das Stück als eine Fälschung entlarv 
mtj die womöglich erst dem 18. Jahrhundert angehört? 
Würde er auch dann noch die Worte in Nortthuringia 
^höchst beachtenswert^^ finden? Wir müssen auch diesen 
Beweis v. Ledebnr's ablehnen. Wie würden wir uns aber ver- 
halten, wenn die angezogene Urkunde echt wäre? In diesem 
Falle würde sich gegen sie wohl mit Recht dasselbe 
geltend machen lassen, was wir bereits gegen den ersten Be- 
weis y. Ledebur's vorgebracht haben. £s möchte daher nutzlos 
scheinen, dieses noch einmal zu wiederholen, in der Tat werden 
wir dadurch jedoch ein gut Stück weiter geführt werden. 

1) Ich verstehe nicht, wie Sepp in s. Ausgabe (Anal. BoU. VIII 
249) trotz der endgültig festgestellten Schreibart parahtaDorum noch 
immer die Barden in ihnen sehen kann. Höchst wahrscheinlich sind 
die Brukterer gemeint, allerdings muß man in diesem Falle dem 
Verfasser der Vita Unkenntnis der ethnographischen Verhältnisse zur 
Last l^^n. Für Brukterer hält die parahtani ba*eit8: Zeuß, Die 
Deutschen und die Nachbarstämme, 1837, 8. 352. Budhart erklärt 
(Archiv für Geschichte und Altertumskunde von Oberfranken, 1842, 
II, 1, 8. 103 ff.) die parahtani nach dem Vorgang von Mannert und 
V. Lang für Bayreuther. 

2) V. Ledebur a. a. O. 8. 30 f. 

3) Vgl. Mühlbaöher, Beg. der Karolinger I «, 1809, no. 267 (268). 



216 Studien zur Geschichte des Unterganges 

Der Derlingau liegt ungefähr im Norden des Nord- 
thüringgans und grenzt an diesen. Es ist nun nicht 
richtig, wie wir eben gesehen haben, aus dem Umstand, 
daß eine im Derlingau liegende Stadt als in Nortthuringia 
bezeichnet wird, zu schließen, daß das ganze Gebiet von 
der Unstrut nordwärts bis zum Derlingau einschließlich 
einst zu Thüringen gehört hat Man konnte recht gut an- 
nehmen, daß bei der gleichzeitigen Ansiedelung von vier 
Xolonistengruppen durch König Sigebert im Jahre 568 der 
thüringischen Xolonistengruppe das Gebiet, das später in 
die Gaue Nordthüringen und Derlingau zerfiel, angewiesen 
wurde, ein Gebiet, das damals zuerst und nur aus diesem 
Grunde den Namen Nordthüringen erhielt, während sich die 
Bezeichnung pagus Nordthuringia erst später für einen be- 
stimmten Teil dieses Gebietes festsetzte. Diese Annahme 
aber wird unmöglich, wenn sich zeigen läßt, daß irgend eine 
beliebige Stadt, die in einem der 3 andern Kolonistengaue 
gelegen ist, auch als in Nordthuringia gelegen bezeichnet 
wird, denn die Abgrenzung der vier Gaue gegeneinander 
erfolgte ja gleichzeitig, da die Kolonisten in ein und dem- 
selben Jahre (568) angesiedelt wurden. Wenn uns ein 
Nachweis dieser Art gelingt, so ist zugleich damit der Be- 
weis geführt, daß das ganze Land von der Unstrut nordwärts 
bis mindestens zum Nordthüringgau einschließlich, soweit 
es eben jene genannten vier Gaue umfaßt, einst tatsächlich 
zum thüringischen Bliche gehört hat. 

Eine einzige Urkunde gibt es ^), die den Beweis liefert, 



1) Zu den bei Böttger, Diöcesan- und Gktugrenzen III, 8. 183 ff. 
für den pagus Northuringowe angezogenen Urkunden kommen noch 
folgende Urkunden hinzu: 

1. Urkunde Ludwigs des Jüngeren für Drübeck. 877. 26. Januar 
(U.B. d. Klost. Drübeck, 1874, S. 1, no. 1). 

2. Urkunde Ottos I. für St Moritz in Magdeburg. 941. 23. April 
(M. G. DD. I, S. 123, no. 37). 

3. Urkunde Ottos I. für St. Moritz in Magdeburg. 965. 12. April 
(M. G. DD. I, S. 397, no. 281). 

4. Urkunde Ottos IIL für s. Tante, die Äbtissin Mathilde. 987. 21. Mai 
(M. G. DD. II, S. 434, no. 35). 



des alten ThüriDg. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 217 

wenn auch spätere Abschrift, so doch „sachlich unver- 
dächtig *).!* In dieser Urkunde Ludwigs des Jüngeren für das 

Kloster Drübeck vom 26. Januar 877 heißt es : Quapropter 

noverit omnium industria, qualiter Theti et Wikker 

nostri fideles comites tradiderunt nobis quoddam 

monasterium, quod dicitur Drubiki ; ipsi autem 

quoddam monasterium sui iuris quod dicitur Homburg in 

pago North-Thuringa situm ad idem monasterium 

contradiderunt. Dieses Homburg ist das „im Mansf eider 
Seekreise, 1^2 Stunden südlich von Eisleben belegene vor- 
malige Kloster Holzzelle oder Hornburg-Oelle, Celle Homburg, 
anter dem jetzigen Dorfe Homburg, südwestlich vom salzigen 
See" 2). Es hat also nicht in dem pagus Nordthuringa ge- 
legen, sondern vielmehr im Hassago, speziell in dem unter 
dem Namen Frisoneveld bezeichneten Teil desselben^). 

Es wird somit höchst wahrscheinlich, daß das thüringische 
Reich vor der Katastrophe von 531 sich über die Unstrut 



5. Urkunde Heinrichs II. für Merseburg. 1021 5. Oktober (M. G. 
DD. m, 8. 571, no. 449). 

6. Urkunde Konrads II. für Nienburg. 1025. 8. Februar (Cod. dipl. 
Anhalt. I, S^ 84, no. 106). 

7. Urkunde Heinrichs HL für Nienburg. 1041. 22. Juli (Cod. dipl. 
Anhalt. I, S. 89, no. 113). 

8. Urkunde Heinrichs IV. für Nienburg. 1062 5. März (Cod. dipL 
Anhalt. I, 8. 111, no. 138). 

9. Urkunde Heinrichs IV. für einen gewissen Lantfried. 1068. 5. Aug. 
(Schmidt, U.B. des Hochstifts Halberstadt, 8. 67, no. 92). 

10. Urkunde Bischof EudoLb von Halberstadt (über die Ansprüche 
des Klosters Hamersleben). 1144. 18. Juni (8chmidt a. a. O. I, 
8. 174 ff., no. 206). 

1) Einer genauen Prüfung ist die Urkunde unterzogen von 
E. Jacobs (Zeitschrift des Harzvereins XI, 1878, 8. 1 ff.). Er kommt 
zu dem Resultat (8. 15), dafi die Urkunde zwar nicht eine „Original- 
ausfertigung*^, aber eine „sachlich unverdächtige Nachbildung des 
jetzt verlorenen Originals*^ ist Auch E. Mühlbacher (Zeitschrift des 
des Harzvereins XI, 8. 25) bezeichnet die Urkunde als „sachlich un- 
verdächtig'^ 

2) G. ßode in Zeitschrift d. Harzvereins IV, 8. 24. 

3) Spruner-Menke 1880 Karte no. 33. 



218 StudieD zur Gwcfaidite dea Unterganges 

hmanft nördlidi bis mindestens zum Nordthüringgau eiB** 
aohlieBlioh eroiredct hat; ob ab^ wirklich Nordthüringeo' 
mit dem nachmaligen Halberstädter Sprengel zusammenflülty. 
ob also der pagus Derlingowe, der pagus Belkesheim ^) nnd: 
der pagos Hartingowe auch einst zu Thüringen gehört haben,, 
ist nicht meiir auszumachen^). Immerhin kann diese An«^ 
sieht, die von v. Ledebnr eingehend — wie uns all^rdinge^ 
aobeinen will, in unzulänglicher Weise — begründet ist^ 
nicht als unmöglich bezeichnet werden. Über das Gebiet 
des Halbenrtädter Sprengeis hinaus aber hat sich Nord^ 
thüringen nicht erstreckt, das ist die Ansicht aller, die sick 
mit diesem Gegenstande beschäftigt haben. 

Sollte aber nicht die erste Schlacht, die Schlacht bei 
Brunibergun , an den Grenzen des Landes stattfinden ^) ? 
Was könnte uns verhindern, ihr den Platz im Gau Maerstem 
anzuweisen, wie es so häufig geschehen ist ^) ? 

Wir haben oben gesehen, wie unglaubwürdig der Be- 
richt des sächsischen Liedes ist: bei Eunibergun „an den 
Ghrenzen. der Thüringer" findet die Schlacht statt, gleich 
nach der Schlacht wird ein Kriegsrat abgehalten, in dem 
davon gesprochen wird, daß das ganze Land in der Gewalt 
der Franken sei u. s. w. 

Sollte die Angabe des Quedlinburgers, die erste Schlacht 
sei im Gau Maerstem geschlagen, richtig sein, so ständen 
wir vor einer Fülle von Widersprüchen. Liegt denn das 



1) V. Ledebur a. a. 0. S. 10 erklart den Namen dieses Gaues 
durch dort angesiedelte Belgier und scheint ihn auch zu jenen Gauen 
zu rechnen, die im Jähre 568 von Sigebert neu besiedelt wurden. 

2) Gesichert ist nach den obigen Ausführungen nur die Zu- 
gdtörigkat der 4 Gaue: Haasigowe, Prisoneveld, Suevon und North- 
thuringia zum einstigen thüringischoi Bdeh. 

3) Widukind I, 9. a. a. O. S. 8. Et cum gravi ex»citu ap* 
]»fopians terminis Thuringorum, invaiit cum valida quoque manU' 
generum suum se expectantem in loeo qui dicitur Bunibergun. 

4) f. Ledebur a. a. O. S. 5 f; Gloai a. a. O. 8. 225; Venediger, 
Das Unstrutthal und seine geschichtliche Bedeutung (Jahresberichi 
des Stadtgymnaaiums zu Halle a. d. 8. 1886), 8. 24; Gr^ler a. a. O. 
8. 10 ff. 



des altan Xhünng. K&ugrächs^ im Jabre 531 n. Chr. 219^ 

Bonn^eberg im Gau Maerstem wirklioh „an den Grenzen der 
Thüringer" ? Der Gan Maerstem gehört zur Diöcese Minden ^), 
wird also von dem Halberstädter Sprengel durch die ganase 
Breite de» Hildeaheimer getrennt, wie kann hier die Schlaoht 
stattgefunden haben? Wie kann in diesem Falle, wo ein 
EbdegBrat abgehalten wird, um za beraten, ob man nach 
Hause ziehen solle — ehe man überhaupt noch thüringischem 
Boden erblickt hat!, — der Sklave Theuderiohs die Be- 
hauptung wagen: Nunc terra in nostra est potestate, wie 
kann er wissen, daß „der Anführer (so. Irmin£ried) selbst wie 
ein schwaches Tierlein durch seinen Versteck sich schützt, sich 
hinter den Mauern seiner Burg vergräbt ?" Diese Erwägung 
gibt in der Tat den AussohLag ^). Das Lied muß ein Bunir 
hergun in der Nähe von Burg*Scheidungen gemeint haben, 
das Bonneberg im Gau Maerstem ist ausgeschlossen. 

Interessant ist es zuzusehen, wie Größl^ manövriert, 
um dieser unabweislichen Folgerung zu entgehen. Für ihn 
steht es fest, daß Bunibergun im Gau M&erstem gemeint 
sei — Widukind sagt ja: die Schlacht habe außerhalb 
Thüringens stattgefunden, und die Übereinstimmung Widur 
kinds and der Quedlinburger Annalen ist doch zu merk^ 
würdig! — , er argumentiert folgendwinaßen weiter ä): „Wenn 
nun aber auch der servus satis ingeniosus des TheudericbL 
in dem von Widukind geschilderten Eriegsrate mit Be- 
ziehung auf Irminfried spöttisch bemerkt: Ipse namque 
duz, ut quaedam bestiola suo munitur latibulo, urbis cir- 
cumdatur claustro, so setzt diese Bemerkung voraus^ da& 
die Franken sehr lange bei Orheim gelegen haben müssen, 
sonst hätte ja die Kunde, daß Irminfried sich nach Schei- 
dungen begeben habe, nicht in das dortige Lager der Franken 
gelangen können." Zunächst beruht es auf einer durch 



1) Böttger, Diöcesan- und Gaugrenzen II, 113 B. glaubt übrigens 
auch, daß die sächsischen Quelleu das „Bunibergun" im Gau Maemiem 
meinen. 

2) Es ist Könneckes Verdienst, hierauf aufmerksam gemacht 
«n habm a, a. 0. ö* 37. 

3) a. a. O. S. 26. 



220 Studien zur GeBchichte des Unterganges 

nichts gerechtfertigten Kombination von Widakind und den 
Quedlinburger Annalen^), wenn Größler von einem Lager 
bei Orheim spricht^ und sodann wird der Kriegsrat so schnell 
nach der Schlacht berufen, daß man überhaupt noch kein 
Lager aufgeschlagen hat*). Die „überzeugende Kraft der 
Gründe", die Größler sich gerade in dieser Frage vindiziert ^), 
ist gewiß nicht auf seiner Seite. 

Wir müssen trotz Gloel und Größler zu der Ansicht 
von Joh. Gottlob Böhme zurück, die in neuerer Zeit wieder 
von E. Lorenz und Koennecke aufgenommen ist : das Runi- 
bergun Widukinds sind die Eionneberge an der Unstrat 
bei Nebra. Der Ausdruck Widukinds „appropians terminis 
Thuringorum" läßt nur darauf schließen, daß der Verfasser 
des Liedes in diesen Gegenden nicht genau Bescheid ge- 
wußt hat. 

Wie ist unter dieser Voraussetzung aber die Schlacht 
bei Orheim an der Ocker, von der uns der Quedlinburger 
zu erzählen weiß, zu erklären? 

Die Schlacht bei B,onneberg wird von dem Annalistwi 
in den Gau Maerstem verlegt, ohne Zweifel, weil er nur 
dort ein Ronneberg*) kannte. Das Heldenlied wußte aber 
von drei Schlachten, erstens bei Runibergun, zweitens einer 
unbekannten, von der nur der Anonymus erzählt, die die An- 
nalen aber wenigstens andeuten ^), drittens der Schlacht an 
der Unstrut. Es mochte für den Annalisten wohl etwas 
Verlockendes haben, da er bereits den Ort der ersten 
Schlacht genannt hatte, auch den Ort der zweiten Schlacht 



1) Wenn eine Kombination von Widukind und dem Qnedlin- 
burger möglich wäre, so handelt Größler durchaus konsequent, indem 
er den Kriegsrat erst nach der Schlacht an der Ocker stattfinden 
läßt; denn erst nach dieser Schlacht wird die Sachsenhilfe in An- 
spruch genommen. Nach Widukind wird aber der Kriegsrat sofort 
nach der Schlacht bei Runibergun gehalten, daher können beide 
Berichte nicht kombiniert werden. 

2) Vgl. S. 188 Anmerkung 2. 

3) a. a. O. S. 6. 

4) E. Lorenz a. a. O. S. 391 f. Koennecke a. a. O. S. 38. 

5) S. 175 f. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 221 

näher zu bestimmen. Weshalb er aber gerade auf Orheim 
an der Ocker verfallen ist, bleibt völlig rätselhaft. Viel- 
leicht ist es indes auch nur eine lokale Abwandlung des 
Liedes gewesen, die der Quedlinburger aufgezeichnet hat. 
Auch das wird man nicht unerwähnt lassen dürfen, daß an 
der Ocker bei Ohrum ein „Duringesrod" sich nachweisen 
läßt^). Weitere Folgerungen hieraus wird man aber nicht 
ziehen dürfen. Außerdem hat der Annalist noch die größte 
Verwirrung dadurch angerichtet, daß er die Ankunft der 
Sachsen erst nach der zweiten Schlacht erfolgen läßt, 
während sie im Liede bereits nach der ersten Schlacht erfolgte 
{vor dem Kampf, von dem der Anonymus allein berichtet, 
und der in dem Liede der zweite gewesen sein muß, haben 
sich die Sachsen bereits mit Theodorich verbündet). So 
viel steht in allen Fällen fest: für die Schlacht an der 
Ocker ist im ThüringeS'krieg von 531 kein Platz 2). 

Wir kommen jetzt zu der Frage: Wann haben die 
Sachsen in die Ereignisse eingegriffen und wieviel Schlachten 
haben überhaupt stattgefunden? Gregor v. Tours spricht 
von zwei Schlachten^), einer in campo piano, auf einem 
Blachfelde. Der liber historiae Francorum kennt ebenfalls 
zwei ^), die sich mit denen Gregors decken. Aimoin berichtet 
auch nur von zwei ^). Rudolf von Fulda erzählt ^) : nach zwei 
Schlachten mit zweifelhaftem Ausgang und großem Blut- 
vergießen (ancipiti pugna incertaque victoria miserabiii 
suorum caede) habe Theuderich Boten an die Sachsen um 



1) Trad. Fuld. ed. Dronke S. 101 : in terminis Darlingen novale 
quod didtur Duringesrod iuxta fluvium Oncnu Vgl. Böttger a. a. O. 
III, S. 168. 

2) Koennecke S. 36 f. glaubt an die Schlacht an der Ocker, setzt 
sie ab^ vor die ISchlacht bei Bunibergun — ein höchst bedenkliches 
Verehren. 

3) Gr^or v. Tours, III, 7 a. a. O. 

4) über hist. Franc, c. 22 a. a. O. 

5) Aimoin II, 9 bei Bouquet III, 50. 

6) SS. II, 67: Et cum duobus proeliis ancipiti pugna incertaque 
victoria miserabiii suorum caede decertassent, Thiotricus spe vincendi 
frustratus, misit legatos ad Saxones. 



22St StndieB anr. QoM^ikibte d«» Untargrage» 

Hilfe geschickt. Widakind weüS nur yon einer Feldschlaoht^ 
nach deren Verlauf die Franken bereits so sehr geschw&chtt 
sind, daß sie die Sachsen um Hilfe angehen. Der Quedlinr 
borger spricht von drei Schlachten, b^ Eunibergan, bei 
Orbeim an der Ocker nnd an der Unstmt Da Widakind 
außerdem von der Erstürmung der Vorbarg (oppidum) Bal;g<^ 
Scheidungens redet, so sieht sich Orößler^) natürlich ver- 
anlaßt, damit ja alle Berichte in seinem Schema Plats haben^ 
vier Schlachten anzunehmen ; Lorenz ') nimmt drei Schlaohteo 
an, bei Bunibergun, an der Unstrut und vor Burg-SoheidungeB». 
ELoenneckes ^) Ansicht ist, daß „abgesehen von den Vorgäageiv 
bei Burg-Scheidungen nur zwei Sohlachten im ganzen Krieg» 
geschlagen sind^^, imd zwar bei Ohrum an der Ocker und 
bei Runibergun. Alle drei Forscher stützen sich auf di» 
fränkischen und sächsischen Quellen, alle drei such^a alle 
Berichte möglichst in Einklang miteinander zu bringen, alle^ 
drei kommen dabei zu abweichenden Besultaten. 

Kein Zweifel, das Heldenlied steht in einmn gewissen 
Widerspruch mit den fränkischen Quellen ; diese wissen nur 
von zwei, jenes kennt drei Schlachten. Aber man wird es 
doch bemerkenswert finden, daß nur zwei von den drei 
Schlachten des Liedes lokalisiert werden; die Erinnerung 
an den Ort der zweiten, d. h. derjenigen Schlacht, die der 
an der Unstrut noch voraufgeht, scheint gänzlich aus drai 
Gedächtnis des Volkes geschwunden zu sein. 

Es hieße die Grenzen der historischen Kritik verkennen, 
wollte man hieraus noch weitere Schlüsse ziehen ; das jedoch 
wird man zugeben müssen, daß mit hoher Wahrscheinlichkeit 
nur zwei Schlachten in diesem Kriege geschlagen sind, eine 
bei B«unibergun, eine an der Unstrut (abgesehen von der 
Eroberung Burg*Scheidungens). 

Haben die Sachsen die Schlacht an der Unstrut mit- 
geschlagen? Mit anderen Worten: hat Widukind oder 



1) a. a. O. S. 35. 

2) a. a. O. S. 390 ff. 

3) a. a. O. 8. 35. 



des alten ThüriDg. KöDigmdi» im Jahre 531 n. Chr. 223^ 

Rudolf von Fulda Recht? Jener läßt die Sachsen bereits 
nach der Sohlacht bei Runibergun rufen, dieser läßt swei 
Sohlachten vergehen, ehe Theuderich Beistand in Anspruch 
nimmt. Nach der Volksüberlieferung haben die Sachsen 
an der Schlacht an der Unstrut bereits teilgenommen (so* 
wohl die Ann. Quedlinb. als der Anonymus geben das zu), 
Rudolf, der jenen Gegenden femer stand, wenn auch früher 
schrieb, läßt die Sachsen am zweiten Kampfe nicht teilnehmen 
— wenn wir hier überhaupt einen Schluß machen wollen, 
so werden wir die Überlieferung des Liedes vorziehen. 

Schon bei der zweiten Schlacht, so will das Lied, 
haben die Sachsen mitgekämpft. Sie soll an der Unstrut 
geliefert worden sein, aber wo? Die Antwort dürfte hier 
nicht schwer fallen. 

Die erste Schlacht hat, wie wir sahen, bei Runibergun 
d. h. den Ronnebergen in der Nähe von Vitzenburg stattgefun* 
den ^), die Thüringer haben also die Unstrut direkt im Rücken 
gehabt Irminfried flieht, und wenn auch Theuderichs Heer 
zunächst noch stehen bleibt, um jenen Kriegsrat abzuhalten, 
so ist es doch nicht anzunehmen, daß, nachdem die Fort- 
setzung des Krieges einmal beschlossen ist, er nicht über 
den Fluß seinen Feinden nachgerückt sein sollte. Es ist 
also von vornherein wenig wahrscheinlich, daß das zweite 
Tre£Pen etwa in unmittelbarer Nähe der ersten Wahlstatt 
geschlagen worden ist 2). Nun geht aber der Bericht der 
zweiten Schlacht wieder von der Voraussetzung aus, daß die 
Thüringer die Unstrut im Rücken haben, daß die Unstrut 
sie von Burg-Scheidungen trennt. Daher muß der Kampf sich 
in unmittelbarer Nähe von Burg-Scheidungen abgespielt 
haben, vielleicht auf der Strecke Wennungen-Tröbsdorf, viel- 
leicht auch direkt im Süden der Burg und des Flusses östlich 
von Tröbsdorf. Größler nimmt merkwürdigerweise an^), 
die Stätte des Gefechts sei bei Seigerstädt, das er für Sieger- 
städt erklärt, zu suchen, also auf demselben Ufer der Unstrut, 

1) vgl. Kocnneckes Ausführungen a. a. 0. S. 39 ff. 

2) Generalstabskarte, Sektionen Querfurt und Naumburg. 

3) a. a. 0. S. 29 ff. 



224 Studien zur Geschichte des Unterganges 

auf dem auch Burg-Scheidungen liegt. Dann läßt er die 
Franken auf das andere Ufer gehen (!), nach Süden ziehen, 
wo sie „nordwestlich von Tröbsdorf der Feste gegenüber 
auf dem Tröbsdorfer Unterfelde unterhalb der Neideck ihr 
Lager aufschlagen/' Die Sachsen beziehen ebenfalls auf 
dem südlichen Ufer der Unstrut östlich (!) von Tröbsdorf 
ihr Lager. Von hier aus findet der Sturm statt (man muß 
also von neuem den Fluß überschreiten!) und dann folgt 
die weitere Erzählung nach Widukind. Größler weiß uns 
sogar den Pfad^) zu zeigen, auf dem Irminfried geflohen 
ist. Daß der Übergang der Franken bei Garsdorf auf das 
andere Ufer, in unmittelbarer Nähe der feindlichen Burg 
gegen allen Elriegsgebrauch und Vorsicht verstösst, sieht 
örößler selbst ein 2). Womit motiviert er ihn denn aber? Die 
Franken hätten auf der linken Seite des Flusses nicht die 
Möglichkeit gehabt, sich zu verpflegen ^), wenn eine längere 
Belagerung in Aussicht stand. Aber gründet sich nicht diese 
Voraussetzung wieder auf eine andere, die nämlich, daß der 
Krieg erst am 1. Oktober zu Ende gegangen sei, eine An- 
sicht, die, wie wir oben gezeigt haben *), von Widukind selbst 
erst kombiniert ist. Ln Gegenteil, nimmt man an, daß die 
erste Schlacht an den Bonnebergen bei Vitzenburg stattge- 
funden hat, daß die Sachsen selbst schon in der Schlacht 
an der Unstrut mitgekämpft haben, so wird es höchst wahr- 
scheinlich, daß der Krieg nicht so übermäßig lange gedauert 
hat, wenn man auch nicht mit Lorenz^) der Ansicht sein 
wird, alles hätte sich im Verlaufe von wenigen Stunden 
abgespielt. Die Größler'sche Anschauung muß, wenn auch 
zugegeben werden soll, daß sie höchst scharfsinnig kon- 
struirt ist, zurückgewiesen werden, weil sie auf falschen 
Voraussetzungen beruht ^). 

1) a. a. O. S. 49. 

2) a. a. O. S. 30. 

3) a. a. O. S. 30. 

4) S. 190 ff. 

5) a. a. O. S. 387. 

6) Soweit ich sehe, hat außer Größler niemand versucht, die 
Schlacht an der Unstrut näher zu lokalisieren. 



des alten Thüring. Königreichs im Jahre 531 n. Chr. 225 

Der Sturz des thüringischen Königreiches ist die Folge 
der Katastrophe. Berthachar, der Vater Radegundens, der 
Bruder Irminfrieds, kann erst jetzt ^) gestorben sein ; wahr- 
scheinlich ist er in einer Schlacht gefallen ; Radegunde fällt 
in die Hand Chlotars 2), dessen Gemahlin sie später wird; 



1) Gloel a. a. 0. S. 208 f. hat bekanntlich zuerst darauf hinge- 
wiesen, daß die Erzählung Gregors von der Ermordung Berthachars 
durch Irminfried jedes realen Hintergrundes entbehrt. Er hat gleich- 
zeitig gezeigt, daß der Tod Berthachars frühestens in die Mitte der 
zwanziger Jahre fallen kann (a. a. O. S. 212). Baderich, der andere 
Bruder Irminfrieds, ist (Lippert, Z. d. V. f. th. G. u. A. XI, S. 287) 
zwischen 515 und 522 geschlagen und getötet, hat also die Kata- 
strophe nicht mehr erlebt. Andrerseits ist Berthachar vor Irmin- 
fried gestorben (Radegunde bei Venantius Fortunatus ad Artachin 
[Auct. antiqu. IV, 1, S. 278]: nam pater ante cadens et avunculus 
inde secutus). Schon der Ausdruck cadens läßt auf einen gewalt- 
samen Tod schließen, zum Überfluß sagt aber Theudebert I. in einem 
Briefe an Justinian (M. G. epistolae III, 8. 132 f., no. 20) : Dei nostri 
misericordiam feliciter subactis Thoringüs et eorum provinciis adqui- 
sitis, extinctis ipsorum tunc tempore regibus. Also kann Ber- 
thachar, der neben Irminfried nur allein noch als rex bezeichnet werden 
kann, erst zur Zeit des Frankenkrieges gestorben sein ; ob er aber in 
einer Schlacht gefallen oder erst später, etwa ähnlich wie sein 
Bruder, ums Leben gekommen ist, bleibt dunkel; jedenfalls deutet 
das extinctis auch auf einen gewaltsamen Tod. 

2) Nach Gregor III, 7 wird Theuderich von seinem Bruder 
Chlotar und seinem Sohne Theudebert iu dem Thüringerkriege unter, 
stützt. Wann und wie Kadegunde in die Hände Chlotars gefallen 
ist, bleibt völlig dunkel. Koennecke a. a. O. S. 44 f. hält es für 
wahrscheinlich, daß sie in der ersten Schlacht (bei K. also in der 
Schlacht an der Ocker) gefangen genommen wird. Über sie geraten 
beide Frankenkönige in Streit miteinander. Koennecke hat im Anschluß 
daran eine neue Hypothese aufgestellt Bei Gregor findet sich nämlich 
der Satz (III, 7): Chlotacharius vero rediens, Ead^undem, filiam 
Bertacharii regis, secum captivam abduxit. Koennecke argumentiert 
»un so (a. a. O. S. 45): Zwischen der zweiten Schlacht und der 
Einnahme von Burg-Scheidungen liege ein so kleiner Zeitraum, 
^ „für die Mißhelligkeiten zwischen den beiden fränkischen Königs- 
brudem kein rechter Baum mehr bleibf Daher müßten wir die 
Gefangennahme Kadegundes und den Streit der Brüder nach der 
^ten Schlacht ansetzen. Chlotar sei dann erzürnt mit seiner Beute 
abgezogen und Theuderich habe sich jedenfalls nach Abzug seine» 



226 Studien zur Geschichte des Untergangos 

Irminfried selbst entkommt, wird aber später zu Zülpich 
auf Betreiben Theuderichs ^) von der Stadtmauer hinabge- 



Bruders nicht mehr stark genug gefühlt, die Thüringer zu überwinden. 
80 sei die Sachsenhilfe zu erklären. Aber Koennecke hat die Stelle 
bei Gregor aus dem Zusammenhang gerissen; Gregor hat nämlich 
bereits von der zweiten Schlacht (an der Unstrut) gesprochen und 
fährt dann fort: Patratam ergo victuriam, r^onem iUam capessunt 
et in suam redigunt potestatem. Ohlotacharius vero rediens etc. 
Hiemach kehrt Chlotar also erst nach Schluß des Feldzuges, nach 
Unterwerfung Thüringens zurück. 

1) Wohin Irmintiied zunächst entkommt, wissen wir nicht. Erst 
sein Tod gibt Gregor (III, 8) Veranlassung, ihn wieder zu erwähnen: 
er soll von Theuderich, nachdem ihm Sicherheit verbürgt war, nach 
Zülpich eingeladen und dann dort von der Stadtmauer herab- 
gestürzt sein. Der liber historiae Francorum und Aimoin folgen der 
Version Gr^ors. Fred^ar dagegen (III, 32) erzählt: Ipsi (=Ip6e= 
Ermeufridus) a Theodeberto, filium Theuderici interfectus est Hier 
ist also Theuderichs Sohn, Theudebert, der 534 zur Regierung kommt, 
der Mörder. 

Diesem Berichte Fredegars werden vni doch nicht ohne weiteres 
Glauben schenken können. Zunächst hat Fredegar spater, wenn 
auch nicht viel später, geschrieben als Gregor, sodann ist sein ganzer 
Bericht so außerordentlich dürftig, daß man nur annehmen kann, er 
sei schlecht unterrichtet gewesen. Alles, was er sagt, ist folgendes: 

III, 32 : Thoringorum tres fratres regnabant, Badericus, Ermen- 
fridus et Bertharius. Ermenfridus Bertharium interfecit. Instigante 
uzore £>menfridi nequissima nomen Amalberga et Baderici, germanum 
suum cum solatio Theuderici interfecit. Ipse vero a Theudeberto, 
filium Theuderici interfectus est B^num Toringorum Francorum 
didone subactum est. 

Wir werden uns entschließen müssen, der ersteren Fassung 
(Gregor und liber historiae), daß Irminfried auf Betreiben Theudäichs 
ermordet sei, den Vorzug zu geben. Man beachte übrigens, daß Gregor 
sagt : Sed quis eum exinde deiecerit, ignoramus ; multi tam^ adsemnt, 
Theuderici in hoc dolum manifestissime patuisse, daß er mithin nur 
von einem Gerücht spricht. Auch der liber historiae laßt es nur 
gleichsam durchschimmern, daß Theuderich der eigentliche Urheber 
des Mordes war. Wie fest und bestimmt tritt dagegen nicht die 
Nachricht bei Fredegar auf: Ipsi vero a Theudeberto, filium Theu- 
derici interfectus est. Wahrscheinlich liegt hier wieder die bekannte 
Tatsache vor, daß ein unbestimmtes Gerücht sich zu einer bestinunten 
Tatsache verdiditet hat. 



des flhen ThüriDg. KOnigreidis im Jähre 581 n. Chr. 22?7 

«tünst tmd &idet so ein elendes Ende. Amal&berga flieht 
tmd kommt im Jahre 594 (wo sie so lange geweilt hat, 
bissen wir nicht) zu ihrem Bruder Theodahat, der damals 
•bereits König der Ostgoten war^); ihr Sohn Amalafried und 
«lehrere Tochter begleiten sie 2). 640 nach d^ Kapitulation 
^on Bavenna wurde Amalafried mit Witigis von BeHsar 
^ach Byzanz gebracht, wo ihn Justinian zum „Archon" 
machte 3). 551 wurde ihm eine Feldherrenstelle in einem 



Wie es jedoch hier zu einer Verwechslung Theuderichs mit 
Theudebert gekommen ist, können wir nicht sagen. 

L. V. Hanke ist übrigens bei der Besprechung dieser Stelle 
Fredegars ein Versehen mit untergelaufen. 'Er interpungiert die 
^k^e falsdi: Ermenfridus Bertharium interfocit insügante uzote 
Ermenfridi nequissima nomen Amalberga. Et Baderici etc. Auf 
-diese Weise konstruiert er einen Gregensatz zwischen der Erzählung 
Gregors und der des Fredegar (Weltgeschichte IV, 2, Analekten 
8. 337). Daß Irminfried jedenfalls einer Treulosigkeit der Franken 
•crimen ist, ergibt sich mit ziemlicher Sicherheit auch aus einer Stdle 
bei Procob (de hello goth. II, 28). Dort verdächtigen die Franken dem 
Witigis bei der Belagerung von Ravenna die byzantinische Treue, worauf 
Belisars Cksandte erwidern : tc 61 6r, toutcjv (sc. der Franken) ictot^, 
<J xP^^^Ät auxouotv iz TtavTac ßapßotpov^, iktrayt BoQLyyo\>^ x«l 'Po 
•Boup^tov^tcöViüv ftjvoc Ki\ iz xoKiz SufjL.udtxövc ujxa? Ttapff Twv av$p(5v 
^Tci^rSsDcrai. Die hier erwähnte Treulosigkeit gegen die Thüringer 
irird man am diesten auf Irminfrieds Tod beziehen, da wir die Stelle 
mit einem andern Ereignis nicht gut in Verbindung setzen köunoii. 

Aufierdem sagt Procop selbst (de hello goth. 1, 13) : ol ^pay^ot 

- . . . . £tc\ 0oo(yyouc ftatpaTeuaoiv xirl *EpfX£v59pt8ovT6 tÄv auToav &p)ipynti 
xTfiivouatv. Vgl. über den Tod Irminfrieds den Aufsatz von Lippert 
(„Der Tod König Herminafrids** in Zeitschrift für thüring. G^h. 
u. s. w. XV, N. F. VII, S. 5 ff). 

1) Procop a. a. 0. I, 13: ti bl tou *Ep|jLev£9p{$ov y^^^ S'^^ foCc 
TCtttal (p}jyo\iaa, napa öevfioTov tov aSiXqpcv, FoTtJwv TT)vtxaCTa apxovxa tjX^t. 

2) Von Irminfrieds Kindern kennen wir nur einen Sohn, Amala- 
fried mit Namen. Daß er auch Töchter gehabt hat, ergibt sich 
AUS Venantius Fortunatus „de excidio Thorin giae", Vers 159 ff. 

3) Procop a. a. O. IV, 25: xo\ *AjjLaXa9p(öo;, Fo't^Jo; 

ctvT^p 'A|ioXacpp{öt)c y.h iS^yaTpifioOc» Ttj^ öeuöepCxou tou Fot^Dwv ß(xaiX^o>c 
«8eX9t5;, *Ep|isv£(pp($ov bk ulo; toO SQpiyy(ti'* TQYtjaajx^vou. '^OvTttp 
BcXtadipto; fxlv gvv OuirrCYtÄt k BvJ^avTtov ^yaye, ßaaiXeO; 81 'Pw^ifwv 
opxovra xaT£OTT)oaTo. xa\ tt^v avTov a8£X9Tnv Au8ou\v tcü AaYYoßapÄwv 
•apxovTt xttTtjYY^^o*» 



228 Studien zur Geschichte des Unterganges etc. 

Krieg gegen die Gepiden übertragen i). Dann entschwindet 
er unsern Blicken. Größler läßt ihn bald darauf sterben 2), 
ohne aber einen Beweis dafür anzutreten, Lippert hat es 
wahrscheinlich gemacht^), daß er erst nach 561 gestorben ist. 
Wir sind am Schlüsse. Absichtlich haben wir darauf 
verzichtet, die Vorgeschichte des Krieges in den Bereich 
unserer Untersuchung zu ziehen, da besonders durch die 
Arbeiten von Lippert diese, soweit es überhaupt möglich^ 
aufgeklärt ist. Nur der Katastrophe haben wir unser Augen- 
merk zugewandt. Wir fanden dabei, daß die drei sächsischen 
Quellen (Widukind *), die Ann. Quedlinburg, und der Anony- 
mus de origine Suevorum) auf ein jetzt verlorenes Helden- 
lied gemeinsam zurückgehen und stellten ihre fast völlige 
historische Unglaubwürdigkeit fest. Von der so gescha£Penen 
Grundlage aus haben wir dann versucht, ein Bild von der 
Katastrophe zu gewinnen. Wir geben uns der Hoffnung 
hin, daß dieses Bild das richtige sein mag. 



1) Procop a. a. O. IV, 25 : tqyouvto Öl xiric OTpartac TatjTtjg (sc.^ 

gegen die Gepiden) 'A(jiaXa9pt8oc x.t.X. Vgl. hierüber noch 

Lippert, Z. f. th. G. XII, S. 80 f. 

2) Größler, „Radegundis". Mansf eider Blätter II, S. 69 ff. 

3) Lippert, Z. d. V. f. th. G. XV, N. F. VH, S. 23 ff. 

4) Größler, „Sturz des thüring. Königreichs" (Z. d. V. f. th. G. 
XIX, N. F. XI, S. 3) bezeichnet Widukind als Abt (I) und Rudolf 
von Fulda als Presbyter (!). Es ist mir völlig rätselhaft, woher 
Größler diese Kenntnis geschöpft hat. Beide waren schlichte Mönche. 



Ueber ein 1525 und 1526 geplantes 

Religionsgespräch zur Beseitigung des Gegensatzes 

zwischen Ernestinern und Albertinern 

Von 
6. Hentz. 

In Bd. IV dieser Zeitschrift hat 1885 W. Karstens 
fiber die sächsisch-hessischen Beziehungen in den Jahren 
1524, 1525 und 1526 gehandelt, in demselben Jahre gab 
Friedensburg den Briefwechsel zwischen Herzog Georg von 
Sachsen und Landgraf Philipp von Hessen aus den Jahren 
1525 — 1527 heraus i), vollständiger als das schon 1849 
durch Seidemann ^) geschehen war. Zu diesen Arbeiten 
sollen hier einige Ergänzungen gegeben werden. 

Tür die Ausbreitung der Reformation war der Gegen- 
satz zwischen Emestinern und Albertinern ein großes 
Hindernis, andererseits wurde aber auch wieder durch die 
Abneigung Herzog Georgs gegen Luther und sein Werk 
die Feindschaft der beiden sächsischen Linien gesteigert. 
Landgraf Philipp, der Preund und Bundesgenosse Johanns 
des Beständigen und der Schwiegersohn Georgs, schien 
die geeignetste Persönlichkeit, um die Vermittlung zu über- 
nehmen. Ihm sowohl wie den Ernestinern war 1525 das 
gespannte Verhältnis zu dem albertinischen Vetter sehr 



1) Neues Archiv für Sachs. Gesch. Bd. VI. 

2) In Niedners Zeitschrift für die historische Theologie. N. F. 
XIII, 1849, S. 175 ff. 

XXn. 16 



230 Ueber ein 1525 und 1526 geplantes Eeligionsgesprach 

unbequem, sie benutzten gern jede Gelegenheit zu einer 
Versöhnung. Die gemeinsame Aufgabe, die die Erhebung 
der Bauern den benachbarten Fürsten stellte, bot einen 
erwünschten Anlaß zu Verhandlungen, vor Mühlhausen 
einigte man sich auf eine gemeinsame Politik den Unter- 
tanen gegenüber. Andere Fürsten sollten für den Eintritt 
in diesen Bund gewonnen werden^). Bald aber zeigte sich, 
daß man dabei von ganz verschiedenen Voraussetzungen 
ausging. Die Nachrichten, die Johann und Philipp im 
August 1525 zum Teil aus Georgs eigenem Munde über 
seine Dessauer Verabredungen mit den Kurfürsten von Mainz 
und von Brandenburg u. a. erhielten, verschafften ihnen 
die unerwünschte Erkenntnis, daß Georg dem Bunde einen 
antievangelischen Charakter zu geben suchte. Trotzdem 
gaben sie die Hoffiiung, die Einigung zu erhalten, nicht 
auf. Es entstand jetzt in ihnen der Gedanke, durch ein 
Eeligionsgesprach die religiöse Differenz zu beseitigen, und 
wir dürfen wohl annehmen, daß sie dabei die Hoffnung 
hegten, Georg für den neuen Glauben zu gewinnen. Längere 
Zeit kamen sie immer wieder auf diesen Gedanken zurück, 
und es ist dieser Punkt, den ich hier auf Grund bekannter 
und unbekannter Akten verfolgen möchte. 

Zuerst findet sich der Vorschlag in dem Briefe, den 
Johann und Philipp am 15. Sept. 1526 aus Treffurt an 
Herzog Georg richteten ^), Es heißt darin, sie sähen für 
gut an, „das die obgemelten churfursten und fursten (d. h. 
die, die zu Dessau versammelt waren), auch E. L. und wir 
zu allen theiln gelarte, erbare, gotsfurchtige und geschigte 
personen, auch wenn von allen theilen unsem freunden und 
verwanten, uf einen gelegenen platz zusamen schigten und 
sich von allen misspreuchen und Sachen das evangelium 
und wort gottis sampt den ceremonien belangent erbarlich 
und christlich zu unterreden, und was dann befunden, das 

1) Vgl. Friedensburg, Zur Vorgeschichte des Gotha-Torgauischen 
Bündnisses, S» 7 ff» 

2) Friedensburg, Vorgeschichte, S. 114 ff. 



zwischen ErnestiDem und Albertinern. 231 

am allermeisten dem wort gottis gleich were, das man das- 
aelbige furgehen Hess, was aber am meinsten darwidder were, 
das solchs nachpliebe bis aaf einen mehrem christlichen und 
entlichen beschlus^^ Auch am 25. Oktober scheinen die 
beiden Fürsten ihren Vorschlag noch einmal wiederholt zu 
haben i), sie hoffken, daß nach Beilegung des Religions- 
streites die Beseitigung der übrigen DiflFerenzen der Wet- 
tiner keine großen Schwierigkeiten mehr machen würde *), 
bei Georg aber fanden sie mit ihren Vorschlägen wenig 
Anklang. Er zog sich auf seine Dessauer Verbündeten 
zurück. Diese erklärten in ihrer Antwort vom 13. November, 
die Georg am 12. Dezember an Johann übersandte, daß 
sie sich auf dergleichen Verhandlungen nicht einlassen 
könnten, weil sie den Reichstagsbeschlüssen und den Ge- 
boten des Kaisers zuwider laufen würden. Trotzdem gaben 
die evangelischen Fürsten ihren Plan noch nicht auf, in 
ihren Briefen vom Dezember 1625 und Januar 1526 ist 
noch öfters davon die Rede, sogar in einem Briefe an 
Georg berühren sie ihn noch einmal*), aber wohl nur, um 
diesen zu nötigen, Farbe zu bekennen. Besonders der 
Landgraf scheint sich keine großen Hoffiiungen mehr 
gemacht zu haben, daß man auf diesem Wege etwas er- 
reichen könne ^). Erst als ihm seine Schwester Elisabeth 
im JFebruar 1526 meldete, der Herzog gestatte die freie 
Predigt des Evangeliums, wagte Philipp einen neuen Vor- 
stoß. Im Februar, März und April fand eine Korrespondenz 
zwischen ihm und seinem Schwiegervater statt ^), die aber 
bald zeigte, daß auch diese neuen Hoffiiungen eine Täu- 
schung waren. Auch die Ermahnungen, die der Landgraf am 



1) Karstens, S. 362. Vgl. auch Friedensburg, Vorgeschichte, 
8. 93 ff. . 

2) Karstens, S. 369. 

3) am 7. Jan. 1526. VgL Friedensburg, Vorgeschichte, S. 97. 

4) ebenda S. 96. 

5) Abgedruckt bei Friedensburg im Neuen Arch. L die sächs. 
Gesch., VI, 129-135. 

16* 



232 Ueber ein 1525 und 1526 geplantes Eeligionsgespräch 

1. April an den Eurftbrsten Johann ergehen ließ, Georg 
gegenüber behutsam zu verfahren und besonders Luther, 
den er so sehr hasse, zurückzuhalten^), hatten nun keine 
weitere Bedeutung. 

Man bat bisher angenommen, daß Philipp von nun an 
die Hoffnung auf Gewinnung seines Schwiegervaters auf- 
gegeben habe ^). In der Tat scheint er selbst direkt nicht 
weiter in Verbindung mit ihm getreten zu sein, dagegen 
veranlaßte er aber im Juni, daß kursächsischerseits der 
Gedanke des Religionsgesprächs noch einmal aufgenommen 
und ein letzter energischer Versuch, Georg auf diese Weise 
zu gewinnen, gemacht wurde. Der folgende auch in anderer 
Hinsicht interessante Brief belehrt uns darüber: 

Landgraf Philipp an Herzog Johann Friedrich. Eppen- 
berg [1526 Juni 16].»). 

Ich hab E. L. schreiben verstanden und will meiner 
swester bei eigener botschaft antwort geben. Zum andern 
hz. Heinrichs halben, was er zu Quedelburg gemacht hat, 
das hab ich E. L. vater vorhin angezeit, wie E. L. an 
zwiffel von im vememen werden, desglichen so schick ich 
E. L. ein briff von hz. Heinrich an mich gangen, do wirt 
E. L. sein gemut wol in vememen und ist darnach mein 
frundlich bit an E. L., als E. L. und mein gluck stet, 
E. L. woll sich kegen hz. Heinrich nit verhetzen lassen, 
das E. L. ein unfrundlich gemute zu im entpecht, wan er 
wert E. L. dünn, was E. L. lieb ist, das hat er mir zu- 
gesagt, so wirt es E. L. auch selbst von im hören. 



1) ebenda S. 114. Karstens S. 372. Weim. Arch. Reg. A, 237. 

2) Friedensburg, ebenda S. 116. 

3) eigenh. Or. Wdm. Arch. Reg. N. 50. Dort ins Jahr 1525 
gesetzt, doch gehört der Brief offenbar ins Jahr 1526. Es ist der 
Hauptbrief zu dem bekannten Briefe Philipps an Joh. Friedr. vom 
17. Juni 1526 (Eppenberg am sontage nach Viti et Modesti anno 
■XXVI. Or. von Kanzleihand Reg. H. p. 3. C. beginnend mit : Wir 
bitten auch E. L.) , den Seckendorf II , 47 f. und Friedensbuig, 
Speier S. 291 f. u. a. benutzt haben. 



zwischen Ernestinarn und Albertinern. 233 

Nachdem ich nu E. L. und E. L. fater mit verwantnis 
nnd frundschaft zugetan bin, so kan ich nit underlassen; 
nachdem auch es dem evangelinm, nach menchslicher weise 
zu reden, schaden tut und vil leut dardorch geergert werden, 
wo das also war were, nu gehet ein gemeine geschrei, wie 
das E. L. her vater die monch und nennen us den clostem 
jag mit gewalt und in nichts geben und mit dem closter- 
gut auch übel gehandelt wirt und die closterleut darüber 
zu huren und buben werden. Wo das nu so were, das ich 
nit hoff, so wers mirs leit, es wer auch nit ewangelichs, es 
werden auch vil lut darüber geergert, ich kunt auch kein 
glauben do mirken, nachdem die liebe nit da wer, und 
darumb ist mein frundlich bit an E. L. umb Cristi willen, 
wo das also wer, wolt das abstellen und mit Martino und 
Melanthon nach laut des wort gots darin handeln, uf dsis 
unser schätz, das wort gots, durch unser böse leben nit 
gelestert werde. 

Desglichen höre ich, das vil buberei mit ebruch und 
sust mit nemen einem dem andern und das sich czwei hin- 
nemen, mom wieder von ein[ander]laufen, in E. L. vater land 
sei, do sich dan vil leut an ergern, das bit ich auch E. L., 
wo im also ist, das E. L. her vater darin ein insehen habe, 
das das gestrafft werde, wie dan das Sein Liebe schuldig 
ist zu dun, wie dan das Petrus und Paulus sagen, da sie 
schriben, die oberkeit trag das swert nit vergebelich, wan 
sie seie gots dinerin zu straffen den, der bosses tut, uf das 
[das] evangelium nit durch unser leben gelestert werde. 

Nachdem uns auch nu Gristus gebeut und heist uns 
frid haben, auch Paulus sagt, wir sollen mit iederman frid 
haben und auch Petrus spricht, man sol dem frid nach- 
jagen und iderman um bitten, und ich auch gelessen hab 
in der schrift der geschieht der apostel, wan ein irrung 
gewesen ist, das sie dan zu häuf komen sein und sich nach 
laut des worts gots vereiniget, und ich nu mirk, das zwei- 
spellicheit und irrung zwischen E. L. vater und hz. Jörgen 
ist, und ir mir von beiden teilen verwant seit und sich zu 



234 Ueber ein 1525 und 1526 geplantes Beligionsgesprach 

besorgen were, das ein fanklein ain ganzen walt anstechken 
wird, wo es nit in der zeit vorkomen werde, und mir nu 
ein menchs ^), dem evangelio geneit, ein anslag geben hat, 
wie E. L. fater und hz. Jörg in ein entlichen vertrag komen 
konten, so kan ich E. L. nit bergen, das mir angezeit worden 
ist die meinung, das hz. Jörg ein halstarigen köpf habe 
und wo man im auch nit ein wenig nachgibt, so bringt 
man in numer davon, wan mir wirt angezeit, er Sprech, 
was den corforsten gut dunkt, das sol also recht sein. 
Nu hat mir der menchs den weg angezeit, das er meinte, 
und ich halts auch darvor, er kunt nit darvor über und ob 
ers schon nit duen wolt, so vermerk ich so vil, das er dem 
son das regiment übergeben und liß den dun, und es hat 
mich glaublich angelangt, wie ich E. L. wol anzeigen wil, 
wan ich einmal bei E. L. kum oder bei den corforsten. 
Und das ist der weg, das sich E. L. her vater der corforst 
zu hz. Jörgen schickt, wo es dan Sein Lieb haben wolt, 
so wolt ich dergleichen auch dun, und lies im sagen, das 
S. L. gern frundschaft und guten willen bei S. L. haben 
wolt, auch gern sehen, das S. L., desglichen sein eigen 
undertan in einer guten eintracht und einikeit weren, und 
wolt es auch gern machen, das got gefil, und darumb wer 
sein bit an S. L., das S. L. wolt etlich frome gelerte menner 
US S. L. landschaft [verordnen], desglichen wolt er auch dun, 
desglichen wol er mich vermögen, ich solt auch die meinen 
darbei schicken, und das die das wort gots vor sich nemen 
und alle cermonien und userliche Sachen darnach richten. 
Wie die es machen nach laut des wort gottes, so solt es im 
gefallen, und nem das E. L. vater, so kunt es hz. Jörg 
nit abslagen, und ich ho£Pe, alle Sachen selten gut werden, 
es wer auch recht und wer dem wort gots glich, es wirt 
auch Lutern, versehe ich mich, gefallen, er und ander musten 
auch darbei sein. Wan auch das geschege, su were der 
paffen pratica ser gebrochen und wan man dan ein veinen 



1) Vielleicht Herzogin Elisabeth. 



zwischen EmeBtinem und Albertinem. 235 

wandel füret, wie ich for geschriben hab, so werden sich 
vil leut bessern und nit ergem, so fer als auch got sein 
gnade verleit. Ich bit, E. L. wol dis mein schriben in 
geheim halten und nimant wan E. L. her vater und, wo 
£. L. wil, dem Lutter sehen lassen und sich cristlich und 
£rundlich darin erzeigen und mein schriben nit anders dan 
US getruem herzen keigen E. L. vermirken ... D. Ebpen- 
berk sambstag nach Viti etc. 

Johann Friedrich scheint den Wunsch des Landgrafen 
bereitwillig erfüllt zu haben, denn in der Listruktion, mit 
der am 4. Juli Hans v. d. Planitz und Günther von Bünau 
als knrsächsische Gesandte an Herzog Georg geschickt 
wurden ^), kehren die hessischen Vorschläge, allerdings in 
mancher Hinsicht modifiziert und ohne Erwähnung des 
Landgrafen, wieder. Nachdem der Kurfürst darin zunächst 
auseinandergesetzt hat, daß ohne Beilegung der Difierenzen 
in Glaubenssachen auch auf eine Beseitigung der zeitlichen 
Streitigkeiten nicht zu rechnen sei, betont er seine Bereit- 
willigkeit, sich einem freien christlichen Konzilium oder 
einer Versammlung, „so von Kais. Mt, kfen, fursten und 
andern stenden des heiligen reichs, auch allen cristglaubigen 
menschen furgenomen wirdet^', zu fugen und fährt dann 
fort : „So aber E. f. Gn. solchs auch nit gefallen wolt, vil- 
leicht darumb, das sichs darmit zu lange verziehen wurde, 
ader aus andern Ursachen, können und mögen S. kf. Gn. 
wol leiden und wollen S. kf. Gn. sich auch hiemit darzu 
erboten haben, das beide E. kf. und f. Gn. sich eines tags 
und malstadt freuntlich vereinigen und auf denselben tag 
beiderseits gelerte und ungelerte rete in gleicher anzalh 
geschickt und verordent werden und das dazumal notturf- 
tiglich und mit gutem bedacht aus Verleihung gotlicher 
gnaden von demjhenigen, so in beiderseits E. kflichen und 
f. Gn. furstentumben und landen für mißbreuchlich und 
unsehigklich angesehen wirdet, gehandelt und geredt werde, 



1) Weim. Arch. Reg. A 237 Conc. Vgl. Karstens S. 378 f. 



236 Ueber ein 1525 und 1526 geplanteB Bdigionsgespräch 

auch mit gotlicher hnlf und durch sein wort Vereinigung 
gemacht, wie es allenthalben bis auf ein frei cristlich con- 
cilium solte gehalten und gebraucht werden. 

Und zu einem weitem erbieten, wo es E. f. G. nicht 
gefeilig, wollen S. kf. Gn. willigen und sich darzu erboten 
haben, das durch gemeine landschaft und von allen stenden 
beiderseits E. kf. und f. Gn., inmassen wie hiebevorhn von 
den reten meidung bescheen, aus Verleihung gotlicher gnaden 
und durch sein heiligs wort gehandelt werde." 

Die Antwort Georgs vom 19. Juli^) lautete rundweg 
ablehnend. Er erkannte zwar an, daß Einigkeit in den das 
Seelenheil berührenden Dingen erwünscht sei, empfahl im 
übrigen aber, die Beschlüsse des bevorstehenden Speierer 
Reichstags über die Missbräuche und über die bis zum 
Konzil zu beobachtende Haltung abzuwarten, und erklärte 
eine besondere Verhandlung darüber für unangebracht. 

Unsere Kenntnis über die Verhandlungen der beiden 
Gesandten mit Georg ist aber nicht auf die beiden erwähnten 
offiziellen Aktenstücke beschränkt, wir besitzen vielmehr 
darüber noch einen lebensvollen Bericht des Hans von der 
Flanitz an den Kurprinzen, der sich seinen berühmten 
Berichten vom Reichsregiment würdig anreiht und auch 
zur Charakteristik Herzog Georgs einen hübschen Beitrag 
liefert. Ich denke manchem eine Freude zu machen, wenn 
ich ihn hier mit anreihe: 

Hans von der Planitz an Hz. Johann Friedrich. Grimma 
1526 Juli 212). 

Er Günther von Bunau und ich seint am nechsten 
mitwochen zu Dresden einkommen und am donerstag das 
antragen getan in gegenwertigkeit der rett Jörgen von 
Karlwitz, des canzlers, Hanssen von Haubitz Und Haussen 



1) Dresden domstags nach Alexii 1526. Or. Reg. A. 237. Kar- 
stens S. 379. Am 26. Juli wurde Greorgs Antwort von den Räten 
aus Weimar dem Kien nach Speier nachgesandt (ebenda Or.), daher 
wohl das Datum bei Karstens ö. 385. 

2) eigenh. Or. Reg. N. pag. 68. C. No. 17. 



zwischen Ernestinem tmd Albertinem. 237 

von Schonberghs, gab uns nnsser gn. herr hz. Jorge antwort 
desselben tages umb VII höre auf den abent, wie E. f. Gn. 
befinden werden, dan wir dieselbigen unsserm gnsten. hn. 
dem kfen, E. f. Gn. vattem, haben zugeschigkt, und betten 
gern weiter antwort gehabt, wue nichts auf disem reichstag 
von sulcher Ordnung aufzurichten gehandelt ader beschlossen 
wurde, ab alsdan 8. f. Gn. der erpiten eins und welchs 
annemen und willigen wolde, wir haben aber nichts erlangen 
mögen. Dan ich allein bekam von 8. f. Gn. mein auspeut 
und also : Do wir die antwort entpfangen hetten und unssern 
abschidt nemen weiten, sprach ich zu m. gn. hn. hz. Jörgen 
ich wolt mich auch versehen, die reichsstende wurden von 
einer Ordnung reden, wie man es mit den ceremonien und 
anderen halten solde bis auf ein zukonftig concilium, wue 
«e aber nicht beschee, als woll zu besorgen stunde, nochdem 
es die geistlichen nicht gern wurden nachlassen, ßo ver- 
hoffet ich doch, 8. f. Gn. wurden sich mit m. gn. hn. dem 
kfen einer Ordnung vereinigen. Darauf 8. Gn. antwortet 
Wir haben ein gute Ordnung gehabt, hett man es dobei 
bleiben lassen. 8aget ich; Gn. her, E. f. Gn. wissen den- 
nochst woll und haben gesehen, was Unordnung die geist- 
lichen haben mit eingefurt, dieselben alle zu dulden were 
auch vast beschwerlich. Antwortet er: Man soll darumb 
den bäum mit der wurzel nicht ausreissen. Zu dem ich 
antwortet: Were etwas guths und cristlichs umbgestossen, 
gn. h., so rieht man es wider auf, allein das E. beider kf. 
und f. Gn. darvon reden und handeln lissen, was dem evan- 
gelio gemeß ader ungemeß were, darnach hett man die 
Ordnung aufzurichten. Do sprach er zomiglichen: Ja Ir 
und ich verstehen und wissen woll, was dem ewangelio 
gemess sei oder nicht. Darauf ich saget : Gn. her, E. beider 
kf. und f. Gn. haben, gott hab lobe, vill verstendiger und 
redlicher leut im furstentum, die sulchs woll verstehen und 
wissen. Ja, sprach ehr, was itzunt ein ausgelaufener monch 
saget, das muß recht sein. Man kan kein besser Ordnung 
machen, dan die, ßo hievor gewest. Und wurde also scheel- 



238 üeber ein 1525 und 1526 geplantes Beligionsgespräch etc. 

lig und ungeberig, das ich mein pfeif einzog, gab em 
Günthern und mir ein gute nacht, zogen alßo in unsser 
herbergh, und in summa, S. f. Gn. mögen übel leiden, das 
man mit im von disser Sachen rede, und ßonderlich vermerk 
ich, das er es von mir unliber, den von einem andern hat. 
Er ist auch etwas schwach gewest am fiber und ist noch 
nicht woll geschigket, dan S. Gn. haben einen bösen husten, 
sagen die erzt, es sei ein fiuß, der falle S. Gn. auf die lunge. 
Gott helf uns allen. 

Von neuen Zeitungen aus disen landen weiß E. f. Gn. 
ich nichts zu schreiben, den das man saget, wie das der 
kg. von Polen zu Danzig vill leut hab richten lassen, und 
müssen die von Danzig alle altar und ceremonien, wie zuvor 
gewest, widerumb aufrichten. Nicht wes ich, ob dem also. 
Greflfendorflf, wen der kommet, wirt die warheit wissen. 
D. Grim am XXI. tage julii anno dni XV<^ und XXVL 

Die Beschlüsse des Speierer Reichstags konnten in 
keiner Weise dazu dienen, die Gegensätze im Hause Wettin 
zu beseitigen. Wohl aber lag es nahe, daß man von 
emestinischer Seite jetzt auf den Gedanken einer gemein- 
samen Regelung der religiösen Frage wieder zurückkam. 
Tatsächlich wurde in einem Briefe Johanns an Georg 
vom 3. Januar 1527 ^) an den Vorschlag vom vorigen Jahre 
noch einmal erinnert. Georg ging in seiner Antwort vom 
8. Jan. 2) aber auf die Sache überhaupt nicht ein, und nun 
scheint man auch auf emestinischer Seite den Plan fallen 
gelassen zu haben. 



1) Reinentw. Reg. A. 238. 

2) ebenda. 



VI. 

Der Diesberg (Diesburg) an der Rhön, und der 
Steinwall auf demselben. 

Von 
Landesgeometer A. Mueller. 

(Mit einer Karte.) 

Zwischen den Dörfern Wohlmuthausen, Aschenhausen 
(Sachs.-Weimar) und Oberkatz (Sachs.-Meiningen) erhebt 
sich in den östlichen Vorbergen der Rhön bis zu einer Höhe 
von 710 m der Baseltkegel „der Diesberg", von den benach- 
barten Basaltbergen Alte Mark, Hutsberg, Streufelsberg etc. 
durch einen breiteren, von Ost nach West laufenden Rücken 
sich unterscheidend. Den Gipfel umschließt ein von Basalt- 
steinen (sogen. Wackersteinen) aufgeführter Ringwall in 
elliptischer Form, der bei einer unteren Breite von 7 — 8 m, 
von außen immer noch eine Höhe von l^/g — 2 m hat, 
während im Innern durch Anschwemmung und Humus- 
bildung die Erhebung über den Boden nur eine geringe ist. 
Ein jedenfalls alter Eingang liegt auf der westlichen Seite 
des Rings, nach Wohlmuthausen hin, während noch drei 
weitere Ausgänge, nach Süden und Westen, erst in neuerer 
Zeit zur Abfuhr des auf der Höhe geschlagenen Holzes in 
den Steinwall gebrochen worden sind. Derselbe schließt 
eine Fläche von ca. 1^/j ha = 15000 qm ein, und hat in 
der Richtung von Süd nach Nord eine Länge von etwa 
230 m, bei einer größten Breite von 150 m von Ost nach 
West; der Steinwall selbst bedeckt eine Fläche von 40 ar. 
Bis vor etwa 80 Jahren war der Rücken des Berges inner- 



240 ^^f Dieeberg an der Rhön, 

halb des Ringes nur mit einzelnen Bäumen bestanden und 
diente als Viehweide; dann haben die Gemeinden, des 
höheren Ertrags wegen, die eingeschlossene Fläche auf- 
geforstet, wodurch natürlich die Uebersicht und Aussicht 
höchlichst beeinträchtigt wird. 

Auf der höchsten Stelle der Umwallung, die im Volks- 
munde „der Kjingel" genannt wird, stoßen, wie aus dem 
beigegebenen Kärtchen ersichtlich, die Grenzen der drei 
genannten, ehemals hennebergischen, Fluren zusammen, die 
nach Absterben dieses Hauses 1583, an Sachsen, und zwar 
Aschenhausen und Wohlmuthausen an S.-Koburg — später 
Eisenach (Weimar) — , Oberkatz an S.-Hildburghausen — 
später Meiningen — fielen, so daß die Flurgrenze zwischen 
Oberkatz und Aschenhausen- Wohlmuthausen, jetzt gleich- 
zeitig Landesgrenze zwischen Sachsen- Weimar und Sachsen- 
Meiningen, ist. 

In einer Abhandlung (Programm) vom 29. Dezbr. 1709 
stellte der aus Oberkatz stammende Jenaer Professor und 
Rechtsgelehrte J. W. Ditmar die Behauptung auf, daß jene 
Umwallung auf dem Diesberge, die er aus eigener An- 
schauung genau kannte, das längst gesuchte Dispargum des 
Gregor von Tours, die fränkische Königsburg des Chlodio 
sei, von welcher aus der Frankenkönig im Jahr 491 den 
Römern nach Cambray (Cameracum) gefolgt sei und sie 
geschlagen und vertrieben habe. Dieser Ansicht trat der 
um die Mitte des 18. Jahrhunderts als Pfarrer in Betten- 
hausen lebende Magister Johann Ludwig Heim, und nach 
ihm die meisten Forscher, bei. 

Wenn nun jetzt auch feststeht, daß diese Ansicht un- 
richtig, und das Dispargum in unserer Diesburg nicht zu 
erblicken ist, so dürfte es doch ebenso irrig sein, Diestheim 
bei Tongern (s. Binder, „Das ehemalige Amt Lichtenberg 
V. d. Rhön", in Bd. XVI, S. 238 d. Zeitschr.) dafür an- 
zusehen, als das Ronneberg bei Hannover für das „Runi- 
bergun" Gregors zu halten, wo im Jahre 531 der Kampf 
zwischen den Thüringern und Franken stattgefunden. 



und der Stemwail auf demselben. 241 

Nach Ansicht der Umwohner hat allerdings den Gipfel 
des Diesbergs eine Königsborg gekrönt, and in der Regel 
wird die Umwallung, ja der ganze Berg, die „Diesburg" 
genannt, freilich nicht erst, wie Binder vermutet, seit Ditmars 
Hypothese, denn schon 1661 kommt nachweislich die Be- 
nennung „Dießburgk" vor^) vor. Wir kommen später 
darauf zurück. 

Auf alle Fälle bleibt die Frage bestehen: Welchen 
Zwecken hat die Umwallung (der Steinring) ursprünglich 
gedient? 

Ditmar beschreibt den Berg folgendermaßen : Est mons 
altissimus, longo lateque conspicuus, in cacumine magnam 
planitiem, raris arboribus continet, lateribus inhaerent nemora 
. . . und fährt dann fort: in monte hoc nuUa supersunt 
rudera^ nisi quod in supema planitie circulus ex lapidibus 
coUectus, et lapis limitaneus tribus cochlearibus incisus 
notabilis appareat^^, und Heim setzt erläuternd hinzu : 
„Dieser Grenzstein ist von ziemlicher Größe oder Umfang, 
oben darauf ist eine Schüssel, in welcher drei Löffel liegen, 
gehauen; anzuzeigen, daß derselbe 3 Ämter unterscheide, 
als das Amt Lichtenberg, Amt Kaltennordheim und Amt 
Sand — (jetzt Meiningen) — und filhrt scherzend fort: 
„sodann, wann etwa die 3 Herren Beamten bey einer Grenz- 
Beziehung wollten eine Suppe verzehren, ein jeder sich auf 
den Stein bey die Schüssel setzen und dabey seine Füße 
auf seinem Amts-Territorio könne ausruhen lassen." 

Zu Ditmars und auch zu Heims Zeiten also war noch 
ein großer Stein auf der höchsten Stelle der Umwallung 
vorhanden, dessen Vorhandensein Binder, der in der Um- 
wallung eine Kultus- und Opferstätte erblickt, ftllschlich 
auch jetzt noch anzunehmen scheint. „Der Block in jenem 



1) Man hat g^en die Ansicht, eine Burg habe den Berggipfel 
gekrönt, geltend gemacht, daß sich kein einziger Überrest eines Bau- 
werks auf dem Berge vorfinde ; es ist dieser Grund deshalb hinfällig, 
weil noch im 4. und 5. Jahrhimdert unserer Zeitrechnung die Innen- 
bauten der Höfe — Burgen — nur aus Holz errichtet waren. 



242 ^^ Diesberg an der Rhön, 

Steinring", sagt er, „ist jedenfalls der Opferstein gewesen, 
und die schüsselförmige Vertiefung .... dürfte zum Auf- 
fangen des Blutes der geopferten Tiere, oder Menschen 
gedient haben." 

Dieser große Stein auf dem höchsten Punkte der Um- 
wallung, von jeder Stelle derselben sichtbar, solange der 
Gipfel unbewaldet war, ist heutzutage nicht mehr vorhanden , 
und niemand ist imstande, über den Verbleib oder das 
Schicksal desselben Kunde zu geben, wenn sich auch die 
Erinnerung an den „großen Stein" bei den Umwohnern noch 
erhalten hat. Was aber heute von den Bewohnern der 
umliegenden Dörfer als „der große Stein" bezeichnet wird, 
ist eine zu Tage tretende Basaltfelsmasse, auf dem Ost- 
abhange des Berges, außerhalb des Kringels gelegen. 

Jetzt befindet sich auf der höchsten Stelle der Um- 
wallung ein neuer Landesgrenzstein zwischen Sachsen-Mei- 
ningen und Sachsen- Weimar. 

Der Verfasser, der 4 Jahre lang zum Zwecke der 
Landesvermessung in Wohlmuthausen stationiert war, kam 
zu der Überzeugung, daß sich in den Protokollen über 
frühere Landesgrenzbegehungen Aufzeichnungen über den 
verschwundenen Stein vorfinden würden. Herr Professor 
Koch in Meiningen, der mich auch später in meinen Nach- 
forschungen freundlichst unterstützte, verschaffte mir Ab- 
schriften von Begehungsprotokollen aus dem Archive des 
Herzoglichen Landratsamts in Meiningen, in welchen dieser 
sogen, große Stein erwähnt wird. In dem Protokoll vom 
28. Juni 1837 heißt es: „Die Grenzbeziehung begann auf 
der Höhe der Duisburg am 1. Stein. Nr. 1 ein alter Stein, 
auf dem Kopf abgeschlagen (mit unkenntlicher Bezeichnung, 
und sind daran noch Spuren von Nr. 42 vorhanden), stehend 
am Anfang der Flurgrenze zwischen Oberkatz und WeU- 
muthhausen auf dem sogen. KringeL" 

In einem anderen Protokolle vom 6. Aug. 1845, in 
welchem auf eine frühere Qrenzbegehung vom 31. Juli 1834 
Bezug genommen wird, heißt es betreffs des vorerwähnten 



und der Steinwall auf demselben. 243 

Steins Nr. 1 „zwischen den Markungen Wohlmuthhausen, 
Oberkatz und Aschenhausen" : „Der Punkt wurde heute 
anerkannt, der alte Stein ausgehoben und ein neuer be- 
hauener, oben abgerundeter Sandstein, auf der einen Seite 
S. W. E., auf der anderen S. M., eingesetzt etc.". Dieser 
Stein ist der jetzt noch vorhandene. 

Es ist also damals (1845) der von Ditmar und Heim 
erwähnte große Stein mit ausgehauener schüsseiförmiger 
Vertiefung (die allerdings stark beschädigt war) entfernt 
worden. Das Protokoll von 1834, dessen Abschrift mir 
aus dem Archiv der Großherzoglichen Bezirksdirektion in 
Dermbach mitgeteilt wurde, weist wieder auf eine im Ge- 
meindearchiv in Oberkatz befindliche Abschrift einer Grenz- 
beschreibung vom 18. Sept. 1669 hin. In dieser, mir eben- 
falls durch die Freundlichkeit des Herrn Professor Koch, 
der sich deshalb selbst nach Oberkatz begeben, zugänglichen 
Abschrift heißt es S. 110: „Zum Fünfften: „Grenzet unsere 
Eluhrmarkung gegen Niedergang an deß Junkern von 
Speßart seine Fluhrmarkung zu Aschenhaußen, derowegen 
den 4. February" Anno 1661 das erste mahl i), sodann den 
18. Septembris Anno 1669 wiederumb begangen, vnd weilen 
solche Fluhrmarkung gar Eckicht, nachfolgend nicht allein 
alle Stein, so .noch gestanden, sondern auch, wo Stein 
gemangeldt, Neue Eingesetzet, vnd wie sie befunden vnd wo 
sie stehen vfgesetzet." 

„Erstlich ein gehaubener Eck-Stein, oben auf der Diß- 
burgk, so nicht allein zwischen vnß, vnd dem von Speßart, 
sondern auch gegen den Wohlmutheußern die Fluhrmarkung 
scheidet. Zum Andern zwey Neue Stein an der Dießburgk 
herab auff den Ellem Eingesetzet" etc. etc. 

Es ist demnach dieser von Ditmar und Heim erwähnte 
„gehaubene" Stein im Jahre 1661 schon vorhanden gewesen, 
keinesfalls aber ist es, wie Binder annimmt der ursprting- 



1) Das erste Mal wahrscheinlich nach den Wirren und Greueln 
des 30-iähr. Krieges. 



244 1^ Diesberg ui der Bhmi, 

liehe Opferstein, der sicher ein behauener Stein nicht 
gewesen ist. 

Durch örtliche Nachgrabungen glaubte der Verfasser 
einen sicher^i Anhalt üb«r den Zweck, den der Steinwall 
gehabt, zu gewinnen. Etwa in der Mitte desselben befindet 
sich eine, auch aus dem beigegeben«:! Kärtchen ersichtliche, 
Stelle ohne Baumwuchs, bloß von Moos und Pflanzen bedeckt, 
auf welcher der Boden feuchter scheint, als ringsum, wes- 
halb dieselbe für ehemals Sumpf oder Moor gehalten werden 
konnte, wie man es ja des öfteren an der Bhön trifii 
Diese Stelle erschien zur Nachgrabung am günatigst^iL 
Eine solche hat nun in Verbindung mit Herrn Professor 
Koch der Verfasser an gedachtem Platze vorgenommen. An 
fünf verschiedenen Stellen wurden Gruben in einer Breite 
von ca. 1 m, bei etwa 2 — 2^/f m Länge und bis zu einer 
Tiefe von 1 V2 m ausgeworfen, ohne daß sich das GFeringste 
vorgefunden hat. Eine nach Angabe von Bewohnern in 
Wohlmuthausen schon vor ungefähr 30 Jahren durch einen 
Ungenannten vorgenommene Nachgrabung auf dem Kringel, 
deren Spuren sich noch erkennen ließen, soll ebenfalls ohne 
Resultat verlaufen sein. Auch die in großer Anzahl vor- 
handenen Dachsgruben an verschiedenen Stellen der TJm- 
wallung, haben ebenfalls nie etwas an Waffen, Knochen, 
Scherben etc. zu Tage gefördert. 

Diese negativen Resultate verstärken die Annahme, 
daß wir hier eine große Kultus- und Thingstätte vor uns 
haben. Wäre der Ringwall ein Überrest von Wohnstätten, oder 
hätte irgend ein Kampf auf dem Berggipfel stattgefunden, 
dessen Resultat die Zerstörung des Ringwalls gewesen, so 
würden sich wohl noch Waffen, oder Waffenstücke, oder 
sonstige Überreste bei den Ausgrabungen etc. vorgefunden 
haben. Diese Annahme erleidet -auch keine Störung durch die 
ortsübliche Bezeichnung Diesburg. In einem Vortrage : „Ein 
Streifzug durch das mittelalterliche Weimar" im Wartburgs- 
Herold Bd. I sagt 0. V. Pranke : „Die Altenburg (bei Weimar) 
ist weiter nichts als eine hundertfach unter diesem oder 



und der ISteinwall auf deiuselben. 245 

ähnlichem Namen vorkommende alte heidnische, meist 
befestigte, Kultusstätte, wie wir sie in Verbindung mit 
„Burg" beispielsweise bei Hetschburg, Oettem und Hel- 
lingen, — Hainbnrg — als „Burg" schlechtweg bei Ober- 
grunstedt finden." Die Altenburg in Merseburg, jetzt 
Kirche mit Kirchhof, ist auch ohne jeden Zweifel eine alte 
heidnische Kultusstätte gewesen. Auf Befestigung deutet 
die Bezeichnung „Burg" unbedingt, und wir erkennen, daß 
diese heiligen Stätten befestigt waren, zum Schutze des 
Heiligtums selbst wie der Bewohner, die wahrscheinlich in 
Zeiten der Gefahr innerhalb der Befestigung Zuflucht 
suchten. Die Befestigung der heiligen Stätten hat sich 
auch in die christliche Zeit hinübergetragen, wo überall 
die um die Kirche herumliegenden Kirchhöfe befestigt, d. h. 
wenigstens mit Mauern umgeben waren, und in Kriegs- 
zeiten gar oft die letzte Zufluchtsstätte der Bewohner, wie 
nicht minder der kämpfenden Scharen, bildeten; in die 
Nähe des Heiligtums flüchteten die Bewohner ihre Hab- 
seligkeiten. Burg ähnliche Befestigungen erblicken wir an 
der Rhön besonders in Ostheim und in Walldorf bei Mei- 
ningen. 

Wessen Dienste die Kultusstätte gewidmet gewesen, 
zeigt uns der Name des Berges, der schon von Grimm als 
Kultusstätte bezeichnet wird. Mannhardt : „Die Götter der 
deutschen und nordischen Völker", sagt S. 262: „Der 
älteste unter allen germanischen Göttern: goth. Tius, ags. 
Tiw, ahd. Zio, altn. Tyr, war der Gott des lichten Himmels- 
gewölbes, der Vater Himmel, welcher dem Laut und Begriffe 
nach dem vedischen Dyaus, griechischen Zeus genau 
entsprach. Nach ihm führte der dritte Wochentag bei den 
Angelsachsen den Namen Tiwesdag (engL Tuesday): in 
Schwaben und Bayern heißt er Ziestag (ahd. Ziwestac) und 
auch unser Dienstag ist aus Tag des Tiu verderbt. Das 
Wenige, was wir von dem Dienste dieses Gottes wissen, 
berichtet uns Tacitus. Zwischen Elbe und Oder wohnte 
im ersten Jahrhundert der Hauptstamm der Sueven, Sem- 

XXn. 17 



246 ^^ Diesberg an der Khön, 

nonen, d. h. Feßler, genannt. „Für die ältesten und edelsten 
der Sneven**, sagt der römische Geschichtsschreiber, ,,geben 
sich die Semnonen aus. Zar festgesetzten Zeit kommen in 
einem Walde, der durch der Väter Weihe und alther- 
kömmliche Scheu geheiligt ist, alle Völkerschaften desselben 
Blutes vermittelst Gesandschafben zusammen und begehen 
nach barbarischem Gebrauche schauderhafte Weihen." . . . 
Die Semnonen wanderten später nach Süden aus, und hier 
finden wir sie am Ende der Völkerwanderung als Juthungen, 
d. h. „die echten Abkömmlinge des Gottes", und als 
Schwaben, nördlich vom Bodensee wieder. Ihren National- 
gott haben sie in die neuen Sitze mitgebracht, und wir 
lernen seinen Namen kennen. Es ist Zio. Denn die 
Schwaben werden in Glossen des 9. und 10. Jahrhunderts 
Ziuwarl, d. h. Männer des Zio, genannt, und die Stadt 
Augsburg fährte vom Kulte des Gottes den Namen Zies- 
burc (Stadt des Zio). Ein Tiesdorf kömmt in nieder- 
schlesischer Eibgegend vor, ein Ziesberg liegt im Wei- 
marischen" *). 

Daß diese Kultusstätte eine besonders hervorragende 
gewesen sein muß, läßt sich nicht nur aus der eigentümlichen 
Lage des Berges, sondern vornehmlich aus der Größe der 
Umwallung erkennen, die bei ca. 15000 qm Flächengehalt 
leicht bis zu 8000 Menschen zu fassen im stände war. 
Gerade gegen eine solche bedeutende Kultusstätte mußte 



1) Es ist dies unser Diesberg. Etwa IV2 Stunden von dem- 
selben entfernt liegt zwischen Ealtensundheim , Mittelsdorf und 
Reichenhausen eine Höhe, Zeunsberg oder „am Zeunsberg** genannt, 
ein Diedorf ebenfalls in dortiger Gegend, im Feidagrunde, 1 Stunde 
nördlich von Kaltennordheim, ein Dietlas gleichfalls im Feidagrunde. 
Sollten uns diese Namen nicht vielleicht den Weg zeigen, den die 
Semnonen auf ihrer Wanderung von der Elbe nach Westen und 
Süden genommen ? Haben nach dem Berichte des Tacitus die Sem- 
nonen noch im 1. Jahrhundert unserer Zeitrechnung an der Elbe 
gesessen, so ließe sich mit einiger Wahrscheinlichkeit die Errichtung 
des Heiligtums — Steinwall — auf dem Diesberge in das Ende des 
ersten oder zu Anfang des zweiten Jahrhunderts setzen. 



und der Steinwall auf demselben. 247 

sich in besonderem Grade der Religionseifer der christlichen 
Missionare und Priester richten, und sie nahmen vorzüglich 
auf dem höchsten Punkte des Einges, der Nordseite, auf 
welchem sich wohl der Opferstein befand, eine so gründ- 
liche Zerstörung vor, daß diese Seite der Umwallung wenig 
mehr als ein großes Trümmerfeld von Basaltsteinen zeigt; 
auch die übrigen Seiten des Berges, namentlich die West- 
seite, sind mit Basalttrümmem bedeckt. Daraus läßt sich, 
außer aus dem oben schon erwähnten Grunde, wohl mit 
Recht schließen, daß der von Ditmar und Heim beschriebene 
umfangreiche Stein auf dem Gipfel der Umwallung nicht 
mehr der ursprüngliche Opferstein gewesen sein kann, für 
den ihn Binder ansieht, der ebenso unrichtig, den Namen 
Diesberg von „dissen" (Hegedissen) ableitend, in ihm den 
Blocksberg der Rhön erblicken will. Wenn außerdem 
Binder in seinem Aufsatz über das Amt Lichtenberg einer 
dem Diesberg analogen Opferstätte und Umwallung im 
kleinen bei Urspringen Erwähnung tut, so irrt er auch 
darin, wie ich in einer späteren Arbeit nachweisen werde. 
Auf eine andere, der auf dem Diesberg ähnliche. Um- 
wallung machte mich Herr Professor Koch in Meiningen 
aufmerksam. Er schrieb: „Im Juni d. J. (1902) besuchte 
ich mit einigen Freunden zum erstenmal den Gangolfsberg, 
einen mit der hohen Rhön durch einen ziemlich flachen 
Sattel verbundenen Basaltberg bei Urspringen bez. Ober- 
elsbach. Dabei entdeckte ich einen alten Basaltwall, der 
sich auf einem Teil des Nordrandes, sowie des westlichen 
Bergabhanges hinzieht. In den landläufigen Rhönbüchem 
ist nichts davon zu lesen, und weder der bayerische Förster, 
zu dessen Revier der Gangolfsberg gehört, noch der Pfarrer 
von Obereisbach, der im vorigen Jahre einen kleinen Auf- 
satz über den Gangolfsberg veröffentlichte, hatten eine 
Ahnung von der Existenz dieses doch ganz ausgeprägten, 
dem auf der Dißburg ähnlichen Walles. Im September 
(1902) suchte ich denselben noch zweimal auf. Dabei stellte 
es sich heraus, daß die Umwallung gerade da sich findet, 

17* 



248 ^^ Diesberg an der Rhön, und der Bteinwall auf demselben. 

wo sich der Berg am leichtesten ersteigen läßt; sie diente 
somit augenscheinlich zum Schutze des Gipfels. 

Bei einem freien Ausblick vom Nordrand des Gangolfs- 
berggipfels nach Norden zu ergab sich die überraschende 
Tatsache, daß die Dißburg im ganzen Umfang ihrer Süd- 
hälfte frei in der Gesichtslinie liegt, und zwar so merk- 
würdig frei, als wenn ein rechts und links von mäßigen 
Erhebungen eingefaßtes Hochtal die beiden Berge verbände. 
Von der Dißburg aus wird jedenfalls nur der Gipfel des 
Gangolfsbergs zu sehen sein, da dem letzteren ein Ausläufer 
der hohen Rhön vorgelagert ist. Aber das genügte auch 
vollständig, um etwaige Zeichen von dem einen zum anderen 
Gipfel auszutauschen. Denn in Anbetracht der eigenartigen 
Befestigung auf dem Gangolfsberge, komme ich zu der An- 
sicht, daß die Gipfel, sowohl dieses Berges wie der Dißburg 
befestigt waren, um in erster Linie Beobachtungsposten 
zum Schutz zu dienen, die dort droben Umschau halten 
mußten, und mittels verabredeter Zeichen sich gegenseitig 
Nachrichten über den Stand der Dinge übermittelten." 

Der Wall auf dem Gangolfsberge — nicht Ring wall, 
denn er bedeckt bloß die Nord- und einen Teil der West- 
seite — den ich selbst in Begleitung des Herrn Professor 
Koch besuchte, scheint mir nicht durchaus in Bezug auf seinen 
Zweck mit dem auf dem Diesberge verglichen werden zu 
können, da er einen Abschluß nicht hat, und allerdings wohl 
lediglich zu Schutz- und Verteidigungszwecken gedient 
haben mag. Ein ganz regelmäßiger Bauüberrest am Nord- 
rande des Steinwalls auf dem Gangolfsberge gehört, wenn 
wenn er auch nicht Überrest einer Klause ist, offenbar einer 
späteren Zeit an. 

Hoffentlich führt Herr Professor Koch die geäußerte 
Absicht, einen Hinweis auf diese BasaltumwaUung zu ver- 
öffentlichen, recht bald aus. 



VII. 

Neues über den Sturz des Thüringischen 
Königreichs. 

Von 
Prof. Dr. Hermann €fr5ßler 

in Eisleben. 
(Mit einem Kärtchen der Gegend von Kunibergnn.) 

Die „Studien zur Geschichte des Unterganges des alten 
Thüringischen Königreichs im Jahre 531 n. Chr." von 
Herrn Dr. Pelka kann ich nicht in die Öffentlichkeit gehen 
lassen, ohne zu ihnen Stellung zu nehmen^), da ich weder 
seiner Methode noch seinen Ergebnissen zustimmen kann. 
Da mir aber durch den Herrn Herausgeber räumlich enge 
Schranken gezogen sind, so werde ich mich möglichst kurz 
fassen und nicht auf alle Einzelheiten eingehen, die Pelka 
an meiner Auffassung bemängelt. Es ist dies aber auch 
nicht nötig, da ich schon durch Erörterung der Hauptfragen 
zu einer hinlänglich klaren Entscheidung zu gelangen hoffe 
und die meisten Einwände Pelkas gegenstandslos werden, 
wenn die Unhaltbarkeit seines Standpunktes überhaupt 
erwiesen ist. Ein weiterer Grund mich kurz zu fassen, ist 
der, daß ich auch noch einiges Neue vorzubringen habe. 

Zur Kennzeichnung meines Standpunktes bemerke ich 
im voraus, daß nach meiner Ansicht selbst durch noch so 
umständliche, ja haarspaltende Untersuchungen über Be- 
schaffenheit, Ächtheit, Alter, Verwandtschaft und Benutzung 



1) Herr Prof. Dr. Größler erhielt zu diesem Zwecke von der 
Eedaktion die Revisionsbogen der Abhandlung Pelkas. Bern, des 
Herausgebers. 



250 Neues über den Sturz 

der „ Quellen ** schwerlich etwas Neues, unsere Erkenntnis 
Förderndes zu ermitteln sein wird, da jede Stellungnahme 
auf diesem Gebiete angreifbar ist und jeder, der diesen 
Weg einschlägt, Gefahr läuft, unter dem Anschein der 
Objektivität recht subjektiven Phantasieen zu verfallen, 
denn es kommt eben darauf an, was einer für möglich, 
wahrscheinlich, selbstverständlich oder unzweifelhaft hält. 

Den Anlaß und die Notwendigkeit seiner „Studien etc.** 
findet Pelka (S. 167) in der „vollständigen Verwirrung", 
die nach seiner Meinung auf diesem Forschungsgebiete 
herrscht. Wenn er unter dieser Verwirrung Vielheit der 
Auffassungen versteht, zu deren Vermehrung auch er das 
Seinige beiträgt, so hat er recht. Versteht er aber darunter 
Verwirrung aller bisher aufgestellten Auffassungen selbst, 
so dürfte eine solche Behauptung als eine starke Über- 
hebung bezeichnet werden, die nur durch den Nachweis, 
daß er selbst volle Klarheit zu schaffen vermag, gerecht- 
fertigt werden könnte. 

Doch nun zur Sache. Die Verwirrung ist nach Pelka 
deshalb eine vollständige, weil man es bisher nicht für 
nötig gehalten habe, „mit den Quellen eine reinliche 
Scheidung vorzunehmen". (Soll übrigens wohl heißen „eine 
reinliche Scheidung der Quellen vorzunehmen" ?) Diese 
Behauptung ist falsch, denn es sind ja verschiedene Ver- 
suche der Art gemacht worden; die Hoffnung aber auf 
einen Erfolg in dieser Richtung dürfte sich als eine eitle 
erweisen, weil eine reinliche, d. h. keinen Zweifel zurück- 
lassende Scheidung der Quellen unmöglich ist, oder die 
erwünschte „reinliche Scheidung" doch nur in der Weise 
stattfinden könnte, daß man entweder nur die fränkischen 
Quellen maßgebend sein läßt, die von der Sachsenhilfe nichts 
wissen oder wissen wollen, oder nur die sächsischen, die 
denn doch unverkennbar gut unterrichtet sind. Um so 
gespannter ist man natürlich darauf, wie denn Pelka die 
von ihm in Aussicht gestellte reinliche Scheidung zu stände 
bringen wird. Aber sehr bald wird man zu seinem Er- 



des Thüringischen Königreichs. 251 

staunen gewahr, daß dieser Anwalt einer reinlichen Schei- 
dung nicht nur von den fränkischen, sondern auch von den 
sächsischen Quellen Gebrauch macht und aus ihnen, als 
hätte er den Lorenz und mir gemachten Vorwurf des 
„gemischten Verfahrens" ganz vergessen, ebenfalls ganz 
munter heraus nimmt, „was in sein Schema paßt"; ja 
schließlich, anstatt sich mit einer Scheidung zu begnügen, 
noch eine dritte Quellengruppe oder zum mindesten noch 
eine neue Quelle aufstellt, nämlich den Anonymus de origine 
Suevorum, beziehungsweise das dieser Schrift zu Grunde 
liegende „Heldenlied". 

Mit diesem Heldenliede nun hat es nach Pelka folgende 
Bewandtnis: Er nimmt nämlich (S. 176) an, daß der Qued- 
linburger Annalist und der später schreibende Anonymus 
eine gemeinsame Quelle gehabt haben, und weiter (S. 177), 
daß diese Quelle auch Widukind vorgelegen habe. Also 
haben nach ihm alle drei Berichte dieselbe Urquelle (S. 179 
und 185), und zwar eine deutsche, da zwar der Inhalt 
übereinstimmend sei, nicht aber der Wortlaut. Sei es aber 
eine deutsche, so könne es nur ein sächsisches 
Heldenlied gewesen sein. Im besondem sei anzunehmen, 
daß alle Stellen der erwähnten drei Berichte, welche mit- 
einander übereinstimmten oder wenigstens sich gegenseitig 
nicht völlig ausschlössen, diesem Heldenliede angehörten; 
die abweichenden aber seien lokale Varianten. 

Neu ist der Grundgedanke dieser Behauptung nicht. 
Wenigstens ist schon früher in gewissen Teilen des Widu- 
kindschen Berichtes und auch der Quedlinburger Annalen 
die Wiedergabe eines epischen Gedichts erblickt worden. 
Die Frage ist nur, wie die mannigfachen Abweichungen 
der sächsischen Berichte zu erklären sind, und welche 
Glaubwürdigkeit man ihnen beimessen kann. Wenn Pelka 
sagt, die Punkte, betreffs deren sie voneinander abweichen, 
seien ^lokale Varianten", so ist damit nichts erklärt. Läge 
wirklich eine gemeinsame Quelle vor, aus der alle drei 
geschöpft haben, so müßte doch wohl eine durchgängige 



252 Neues über den Sturz 

Übereinstimmung in allen Hauptzügen und in der Fassung 
der Gedanken wahrzunehmen sein, die aber Pelka nicht 
hat nachweisen können. Dagegen läßt sich die Verschieden- 
heit begreifen, wenn man annimmt, daß nicht bloß Ein 
Heldengedicht die für den sächsischen Stamm so wichtigen 
Begebenheiten besungen hat, sondern mehrere. Aus der 
Tiefe des sächsischen Volkstums heraus werden eben v e r - 
schiedene selbständige Gestaltungen desselben 
Stoffs an verschiedenen Orten hervorgegangen sein, 
die sich im wesentlichen auf die Mitteilungen von Teil- 
nehmern an den Kämpfen stützten, und deren Urgestalt 
daher bis in die Zeit der in ihnen erzählten Begebenheiten 
zurückreichen wird. Woran ein solcher Sänger oder seine 
Gewährsmänner nicht teilgenommen, das konnte er natürlich 
auch nicht besingen. Diese Volksepen aber dienten bei 
dem Mangel geschichtlicher Lehrbücher und Unterrichts- 
stätten den Zeitgenossen als zeitgemäßer Ersatz für unsere 
heutigen Zeitungen und ihren Nachkommen als Lehrmittel 
der Geschichte der Vergangenheit. Je nach dem Orte ihres 
Entstehens und der Kenntnis und Urteilsfähigkeit ihres 
Verfassers konnten diese Dichtungen natürlich mancher 
Trübung, manchem Irrtume unterliegen, zumal sie zunächst 
Jahrhunderte hindurch nur mündlich fortgepflanzt wurden. 
Die sächsischen Berichterstatter könn en also, jeder für sich 
aus einer andern epischen Urquelle geschöpft haben. In 
diesem Falle wird sowohl die Übereinstimmung in den 
meisten Hauptbegebenheiten, wie auch die Abweichung 
in Einzelheiten (die „lokalen Varianten" Pelkas) begreiflich. 
Die sodann notwendig sich erhebende Frage, welche 
Glaubwürdigkeit denn nun den sächsischen Be- 
richten beizumessen sei, wird von Pelka dahin 
beantwortet, daß sie von vornherein geringeren Glauben 
verdienten, eine Behauptung, die er freilich nicht begründet, 
daß aber ein völlig absprechendes Verdammungsurteil doch 
nicht gerechtfertigt sei. Namentlich müsse man sich er- 
innern, daß historisch bedeutsam gewordene Örtlichkeiten 



des Thürmgischen Königreichs. 253 

nicht so leicht vom Volke vergessen würden, beiläufig 
bemerkt, eine Tatsache, die nicht erst von Pelka entdeckt 
ist, auf die vielmehr vorher ich^) hingewiesen hatte. Er 
werde also, fährt Pelka fort, die in dem Heldenliede vor- 
kommenden örtlichkeiten und Schlachten bis auf weiteres 
als historisch betrachten, das Lied dagegen nur als be- 
stätigende, nicht aber als grundlegende Quelle. 

Ist das nun eine reinliche Scheidung der Quellen? 
Wissen wir nun, ob die sächsischen Berichte irgend welchen 
geschichtlichen Wert haben? Pelka will es offenbar mit 
den Franken halten, ohne aber zuvor ihre Glaubwürdigkeit, 
im besonderen die Gregors von Tours, kritisch untersucht 
zu haben, jenes Berichterstatters, der nicht nur bewußt die 
Sachsenhilfe verschweigt, vermutlich weil er nicht wagte, 
mißliebige Dinge, die dem fränkischen Nationalstolz wehe 
taten, zu berichten, sondern auch zweifellose Irrtümer be- 
richtet, wie z. B. die meuchlerische Beseitigung Berthars 
durch Irminfried. Andererseits kann er sich der Bedeutung 
der sächsischen Berichte nicht ganz verschließen. Aber 
obwohl er wenigstens die in ihnen erwähnten Örtlichkeiten 
far geschichtlich bedeutsam erklärt, bringt er es doch, 
diesem seinem Zugeständnis zuwider, fertig, zu behaupten, 
der Quedlinburger Annalist habe die Schlachten in pago 
Maerstem und an der Ocker frei erfunden. Was bleibt 
denn dann von seinem Zugeständnisse noch übrig? 

Aber warum wird er dem von ihm verkündeten Grund- 
satze untreu? Weil er sich von seiner irrigen Voraus- 
setzung nicht losreißen kann, daß allein die Pranken maß- 
gebend seien, und daß auf den Ronnebergen bei Vitzenburg 
die erste Schlacht stattgefunden habe, obwohl die fränkischen 
Berichterstatter diesen Namen nicht einmal nennen. Ich 
frage daher nochmals: Ist das eine reinliche Scheidung 
der Quellen? Ist das nicht vielmehr der höchste Gipfel 
der Verwirrung? Und welchen Zweck hat denn überhaupt 



1) Zeitschr., Bd. XIX, 1897, S. 19. 



254 Neues über den Sturz 

Pelkas Versuch, eine gemeinsame Quelle der sächsischen 
Berichte nachzuweisen, wenn er weder diesen noch jener 
irgend welche Beweiskraft zugestehen will? Dann hätte er 
sich die ganze Mühe sparen können. Ich meinerseits spreche 
allerdings den sächsischen Berichten, die nach meiner 
Ansicht aus mehreren älteren Heldenliedern geflossen 
sind, eine gewisse Beweiskraft zu. Gewiß ist in solchen 
Volksepen manches frei erfunden, ja sogar Mythen können 
eingewebt sein; trotzdem aber können geschichtliche Tat- 
sachen in ihnen treu überliefert sein, und zwar um so treuer, 
je entschiedener der Bericht auf eine bestimmte Orts: 
lichkeit sich bezieht. Wir haben dafür ein recht beweis- 
kräftiges Beispiel in dem angelsächsischen Epos „Beowulf". 
Dort steht im zehnten Gesänge folgender Bericht (nach 
Hans von Wolzogens Übersetzung) über den Tod des 
Gautenkönigs Hygelac (ahd. Hugileich): 

„Wahrlich, nicht war es das wenigst schwere 

Handgemenge, wo Hugileich sank; 

Hin gab da im Kampfe der gautische König, 

Der liebe Volksfürst, im Lande der Friesen, 

Des Rodilo Erbe, den Rottrun k des Eisens, 

Vom Beile getroffen. Doch Bärweif entrann 

Durch seine Kraft, die Sundstraße nutzend, 

und trug noch am Arme einunddreißig 

Maschige Streithemden mit an den Strand. 

Da erwuchs den Chatt waren nur wenig Ruhm 

Aus dem Fußgefecht; die zuvor ihm die Schilde 

Entgegen gekehrt, nun entgingen nicht viele 

Dem schlagfertigen Helden, die Heimat zu schauen.'* 

Und im zwölften Gesänge spricht der Bote, der seinen 
Landsleuten die Nachricht vom Tode Beowulfs bringt, unter 
Bezugnahme auf dasselbe Ereignis die Befürchtung aus: 

„Das Land erwarte 
Blutige Zeiten, sobald da draußen 
Franken und Friesen der Fall unsres Fürsten 
Bekannt geworden I Wir waren im Kampfe 
Fast stets mit den Hugen, seit Hugileich gesteuert 
Zum Friesenlande mit den Leuten zu Schiff, 



des Thürmgischen Königreiclis. 255 

Wo auf der Wahlstatt ihn warf der Chattwaren 
Eilig bereite Übermacht, 

Daß der Held in der Brünne sich beugen mußte, 
Im Fußkampf gefällt. Wir empfingen nie mehr 
Gaben vom Fürsten; auch gönnten uns fürder 
Wenig Milde die Merowingel" 

Dagegen halte man nun folgende Stelle aus Gregors 
Historia Francorum, Lib. III, cap. 3. zum Jahre etwa 515 
(Mon. Germ. SS. rer. Merow. I, p. 111): 

„His ita gestis Dani cum rege suo nomine Chlochi- 
laichum (rectius Chochilaicbum) evectu navale per mare 
Gallias appetunt. Egressique ad terras, pagum unum 
de regno Theudorioi devastant atque captivant onera- 
tisque navibus tam de captivis quam de reliquis spoliis 
reverti ad patriam cupiunt; sed rex eorum in litus resedebat, 
donee na vis alto mare conpraehenderent, ipse deinceps secu- 
turus. Quod cum Theudorico nuntiatum fuisset, quod sci- 
licet regio eins fuerit ab extraneis devastata, Theudobertum 
filium suum in illis partibus cum valido exercitu ao magno 
armorum apparatu direxit. Qui, interfectu rege, bosti- 
bus navali proelio superatis oppraemit omnemque rapinam 
terrae restituit." 

Wer sähe hier nicht, daß beide, das Epos und der 
Geschichtschreiber, im wesentlichen übereinstimmend, das- 
selbe Ereignis darstellen, daß also das Epos eine anderweit 
beglaubigte Nachricht von einem geschichtlichen Ereignisse 
bringt und insofern genauer bringt, als der Geschicht- 
schreiber, als es die Erinnerung an die Gegend, in der 
der feindliche Zusammenstoß stattgefunden, treuer fest- 
gehalten hat? Und wie es hier geschehen, so können, ja 
werden auch in den sächsischen Heldengedichten wirklich 
geschichtliche Ereignisse der Nachkommenschaft treu über- 
liefert worden sein, so daß zwar Einzelzüge abweichen 
mögen, die eigentliche Tatsache aber als fester geschicht- 
licher Kern gelten darf. 

Was aber nun die Entstehungszeit dieser Helden- 
gedichte oder des nach Pelkas Auffassung als Urquelle 



256 Neues über den Sturz 

der sächsischen Überlieferung benutzten einzigen Helden- 
gedichts betrifft, so habe ich meine Ansicht bereits aus- 
gesprochen; Pelka dagegen ist der Meinung, es müsse 
zwischen den Jahren 919 und 967 entstanden sein. Das 
Jahr 967 ist als terminus ad quem nicht anzuzweifeln, 
wenn Widukind aus dem Gedichte geschöpft hat; um so 
mehr aber das Jahr 919 als der terminus a quo. Schon 
an sich ist es kaum denkbar, daß erst im 10. Jahrhundert es 
einem Dichter eingefallen sein soll, das größte Ereignis des 
6. Jahrhunderts auf sächsischem Boden zu besingen. 
Gedichte, die solche geschichtliche Katastrophen behandeln, 
muß man sich als unmittelbar oder bald nach jenen ent- 
standen denken, denn nur da war das nötige Interesse 
für die in ihnen erzählten Begebenheiten vorhanden, was 
natürlich nicht ausschließt, daß später mit Bücksicht auf 
spätere Hörer und Zustände Zutaten und Änderungen statt- 
gefunden haben. Warum aber erst nach 919? Weil die 
Äußerung Irings (nach Widukind I, 9) : „eos (Saxones) procul 
dubio esse, qui Francorum imperium quandoque 
destruerent" nach Pelka ein vaticinium post eventum 
ist, welches die Tatsache im Auge habe, daß in diesem 
Jahre die Herrschaft endgültig von den Franken auf die 
Sachsen überging. Und diese Deutung gibt derselbe Pelka, 
der an anderen Stellen, wenn auch nicht mit besonderem 
Glück, größten Wert auf genaue Deutung des Wortsinnes 
legt (vgl. die gekünstelten Erörterungen über die Bedeutung 
von persequentes auf S. 175 und 176), hier aber gar nicht 
zu bemerken scheint, daß imperium destruere eine höchst 
unzutrefiende Bezeichnung für den Übergang der Führung 
von den Franken auf die Sachsen ist, da ja der Herzog 
der Sachsen von einer fränkischen Gesandtschaft um Über- 
nahme der Führung ersucht wird und der Übergang der 
Krone von den Franken auf die Sachsen in der friedlichsten 
Weise stattgefunden hat. Von einer Destruktion der fränki- 
schen Herrschaft und einem vaticinium post eventum kann 
also wirklich keine Rede sein. Alles, was Pelka auf diesem 



des Thüringischen Königreichs. 257 

schwachen Grunde aufbant, hat natürlich keinen Halt. Er 
selbst empfindet das, da er wenigstens erwägt, ob man 
nicht an den großen Sieg der Sachsen über Chlothar L 
denken müsse, wenn Iring davon spreche, daß die Sachsen, 
illud genus hominnm indomabile et ad omnem laborem 
durabile, zn einer Gefahr für die fränkische Herrschaft 
werden könnten, ein Gedanke, den er aber alsbald nur aus 
dem Grunde verwirft, weil „dieser Erfolg nur ein vorüber- 
gehender^^ gewesen sei. Ich halte solches Nachrechnen 
überhaupt für überflüssig und ergebnislos, da mir feststeht, 
daß in jener Zeit, wo es noch keine nach unverbrauchten 
Stoffen suchenden Dichter gab, ein Gedicht nur geschaffen 
worden ist, um gleichzeitige Ereignisse oder solche, die 
nur wenig zurücklagen, zu Kenntnis weiterer Kreise zu 
bringen. 

Da Pelka es für nötig hält, mich auf eine nach seiner 
Meinung richtigere Übersetzung des Wortlauts hinzuweisen, 
so will ich gleich hier über seine mit dem Anschein philo- 
logischer Akribie auftretenden Übersetzungen noch einiges 
bemerken. S. 174 übersetzt er „victum quaeritans supra 
litus fluvii dicti" „Nahrung suchend oberhalb des Flusses", 
was gar keinen Sinn gibt, während es doch nur übersetzt 
werden kann „am Ufer des Flusses, entsprechend dem fran- 
zösischen sur Marne, sur Aube; S. 169 belehrt er mich 
freundlichst, daß obvium habere aliquem heiße „jemandem 
begegnen". Aber wer bezweifelt denn das? Und was 
läßt sich daraus zu Ungunsten meiner Erklärung schließen ? 
Der fragliche Satz Aimoins lautet ja: „profectus itaque 
(Theodoricus) in Toringiam obvium habuit Hermenefredum". 
Da muß ich denn doch fragen, ob ihm die Bedeutung von 
proficisci unbekannt ist. Proficisci bedeutet ,,sich fort- 
machen, sich aufmachen, einen Marsch antreten" ; also ist 
der Satz zu übersetzen : „Auf dem Marsche nach Thüringen 
begegnete er dem Hermenefried". Dieser Satz, welcher 
also im wesentlichen dasselbe besagt, wie Widukinds „ap- 
propinquans terminis Thuringorum" und des Annalisten 



258 Neues über den Sturz 

„hello sibi occurentem", hätte schon aus sprachlichen Gründen 
ihn hindern müssen, die Ronneberge bei Nebra für den 
Ort des ersten Zusammenstoßes auszugeben, wozu dann 
freilich noch topische und psychologische Gründe kommen. 
Pelka bemerkt zwar spöttisch, als hätte ich etwas ganz 
Unerhörtes und Unhaltbares behauptet, ich wüßte sogar 
die Furt zu zeigen, über die vor nunmehr fast 1400 Jahren 
die Franken gezogen seien, aber damit beweist er eben 
nur, daß er von dem Gewichte gerade solcher Beweisgründe 
eine recht unzulängliche Vorstellung hat. Gerade die ört- 
lichen Verhältnisse gewähren den sichersten Anhalt für die 
Beurteilung geschichtlicher Fragen. Erst, wenn die Örtlich- 
keiten, die für eine Reihe geschichtlicher Begebenheiten 
in Frage kommen, festgelegt sind, kann der Verlauf der 
Begebenheiten selbst mit einiger Sicherheit beurteilt werden. 
Es gereichte mir daher zu nicht geringer Befriedigung, als 
ich einige Zeit nach dem Erscheinen meiner Abhandlung 
in der Einleitung zu Moltkes leider unvollendet gebliebenem 
Werke über Rom und seine Umgebung folgende, meine 
Forschungsmethode aufs schönste bestätigenden Bemer- 
kungen des großen Feldherrn fand: „Geschichte und Orts- 
kunde ergänzen sich, wie die Begriffe von Raum und Zeit. 
Die Örtlichkeit ist das von einer längst vergangenen Be- 
gebenheit übrig gebliebene Stück Wirklichkeit. Sie ist 
sehr oft der fossile Knochenrest, aus dem das Gerippe der 
Begebenheit sich herstellen läßt, und das Bild, welches die 
Geschichte in halb verwischten Zügen überliefert, tritt durch 
sie in klarer Anschauung hervor. Denn wenn auch die 
Jahrtausende nicht spurlos vorübergehen an der größten 
aller Ruinen, der Mutter Erde, wenn der Anbau die Ober- 
fläche glättet, die Wälder verschwinden, die Bäche ver- 
siegen und tarpejische Felsen sich zu sanfteren Hängen 
ebnen, so sind doch alle diese Einwirkungen höchstens im 
Stande, nur die Hautfarbe der alma mater zu verändern, 
ohne ihre Gesichtszüge unkenntlich zu machen." Und 
weiter; „Selbst wenn die Forschung eine Überlieferung nur 



des Thüringischen Königreichs. 259 

noch als Fabel bestehen läUt, bezieht sich diese doch meist 
auf eine ganz bestimmte Örtlichkeit, welche der ursprüng- 
liche Erzähler im Ange hatte. Eine Erzählung kann 
geschichtlich unwahr und örtlich vollkommen genau sein. 
. . . Die Aufgabe, welche wir uns stellen, wird nicht die 
sein, die Fabel von der Wirklichkeit zu scheiden, sondern 
beide mit derjenigen Örtlichkeit zu verbinden, auf welche 
sie sich jedesmal beziehen." Ganz im Geiste Moltkes, ob- 
wohl damals noch unbekannt mit seinen eben wieder- 
gegebenen Äußerungen, habe ich „aus dem fossilen Knochen- 
reste der Örtlichkeit" das Gerippe jener längst vergangenen 
Begebenheit des Thüringerkriegs herzustellen gesucht und 
bin der Meinung, daß diese Methode zu neuen und brauch- 
baren Ergebnissen geführt hat. Gewiß weiß auch ich, 
worauf Pelka mich aufmerksam machen zu müssen meint, daß 
Furten im Laufe der Zeit sich ändern können, aber doch 
nur, wenn die Bedingungen ihres Entstehens und ihrer 
Fortdauer sich geändert haben. Bei einem Flusse, der, wie 
das bei der Unstrut der Fall ist, zur Zeit des gewöhnlichen 
Wasserstandes 3 — 5 m Tiefe hat, können nur ganz bestimmte 
Stellen des Flußbettes in Frage kommen, und meine Auf- 
spürung eben dieser Durchgangsstellen verliert dadurch 
doch nicht an Beweiskraft, daß keiner vor mir auf den 
Gedanken gekommen ist, die Furten zu erkunden, die für 
die Feststellung des Ganges der Begebenheiten von aus- 
schlaggebender Bedeutung sind, und noch weniger dadurch, 
daß sie die Angaben gerade der sächsischen Quellen, auch 
des von Pelka bevorzugten Anonjrmus de origine Suevorum, 
in mich selbst überraschender Weise bestätigt haben. 

In gleicher Weise nun, wie ich es betreffs der Furten 
getan, habe ich die Vereinbarkeit der verfehlten Annahme, 
die erste Schlacht habe auf den Ronnebergen bei Nebra 
stattgefunden, mit den örtlichen Verhältnissen dieses Ge- 
birgsstocks nachgeprüft. Ich kann allen, welche es be- 
zweifeln, daß jene Schlacht, in welcher die Thüringer ihre 
berittenen Gegner durch Anlegung von Gruben zu Falle 



260 Neues über den Sturz 

gebracht haben sollen, nicht auf den Ronnebergen bei 
Nebra stattgefunden haben kann, und im besonderen Herrn 
Dr. Pelka, nur empfehlen, diese Örtlichkeit durch den 
Augenschein kennen zu lernen. Dann werden sie sehen, 
daß dieser mächtige, von einer nur dünnen Erdschicht 
bedeckte Sandsteinblock mit allseits steil abfallenden 
Hängen als Ort einer Reiterschlacht und als geeignet zur 
Anlage einer Reihe von Fallgruben überhaupt nicht in 
Frage kommen kann. Gedankenlos, muß ich sagen, haben 
alle Späteren die leichtfertige Behauptung des Leipziger 
Professors Böhme nachgeschrieben, obwohl sich dieser mit 
ganz allgemeinen Vermutungen begnügt und selbst zweifel- 
haft ist, ob die ihm zugesandten Fundstücke von den 
Ronnebergen der Zeit des Thüringischen Königreiches zu- 
geschrieben werden können. Auf diesen Gewährsmann, 
dessen Schrift Pelka gar nicht gelesen zu haben scheint, 
sonst würde er ihm nicht solche Autorität zusprechen, und 
die von ihm besehenen Funde, von denen nicht ein einziger 
mehr nachweisbar vorhanden ist, darf man sich um so 
weniger berufen, als die später auf den Ronnebergen und 
namentlich auf ihrer südlichsten Erhebung, dem Bock, 
gemachten Funde, welche ich bei Herrn Baron vpn Hell- 
dorf auf dem Rittergute Zingst habe besichtigen können, 
sämtlich teils der jüngeren Steinzeit, teils der ältesten und 
mittleren Bronzezeit, also einer Zeit angehören, die von 
der Schlacht bei Runibergun durch mindestens ein bis 
zwei Jahrtausende getrennt ist, wie ich in meinem Führer 
durch das Unstruttal (2. Aufl., S. 160, Freyburg, 1904 bei 
Joh. Finke) mitgeteilt habe. 

Zu den Gründen, die sich aus der Beschaffenheit der 
Örtlichkeit ergeben, gesellt sich nun aber ein nicht minder 
maßgebender psychologischer. Welcher unbefangene Be- 
urteiler kann es wohl für möglich halten, daß der thüringische 
König trotz der innumera multitudo seines Heeres stumpf- 
sinnig bei Burgscheidungen gewartet hat, bis ihn die 
Franken dort aufsuchten und auf den kaum 10 km in der 



des Thüringischen Königreichs. 261 

Luftlinie von Burgscheidungen entfernten Ronnebergen zum 
Kampfe zwangen ? Ein solches Verhalten wäre wohl denk- 
bar nach einer oder mehreren verlorenen großen Schlachten, 
nicht aber vor irgend einer Schlacht. Das ist doch wohl 
80 einleuchtend, daß es sich wirklich nicht verlohnt, darüber 
noch weitere Worte zu verlieren. 

Auf die übrigen Einwände Pelkas und seine Versuche, 
meine Ausführungen zu erschüttern, glaube ich bei der 
Unhaltbarkeit der von ihm vertretenen Auffassung bezüglich 
der Lage von Runibergun vorläufig nicht weiter eingehen 
zu sollen, obwohl ßs nicht schwierig wäre, sie zu wider- 
legen, wenn ich auch seinem Eleiße meine Anerkennung 
nicht versagen kann. Wohl aber möchte ich nun noch 
Verschiedeties geltend machen, was geeignet ist, meine Be- 
hauptung, daß die erste Schlacht in der Nähe von Hannover 
stattgefunden haben müsse, zu bestätigen, weil schon dieser 
Nachweis genügt, die Unhaltbarkeit der Pelkaschen Auf- 
fassung darzutun. 

Da in Deutschland eine beträchtliche Anzahl von Orten 
den Namen Ronneberg führt und auch bloß aus diesem 
Grunde ohne Rücksicht auf passende Lage viele von ihnen 
als die Stätte der Schlacht bei Runibergun in Anspruch 
genommen worden sind, so wird man fordern dürfen, daß 
irgend welche bedeutsamen Namen, Sagen oder Funde nach- 
gewiesen werden, die es wahrscheinlich machen, daß an 
dem Orte dieses Namens eine große Völkerschlacht statt- 
gefunden hat. Für die Ronneberge bei Nebra ist man 
bisher diesen Nachweis schuldig geblieben und auch Pelka 
wird ihn schwerlich liefern. Anders steht es, wie ich 
zeigen werde, um Ronnenberg südwestlich von Hannover, 
welches westlich der Leine und ihres Zuflusses Ihme am 
Nordende eines den gleichen Namen tragenden Bergrückens 
liegt, nördlich dessen in einer von mehreren Bergrücken 
umgebenen Ebene die Döi-fer Empelde und Benthe liegen. 
Nun hat Sanitätsrat Dr. Weiß in Bückeburg-Eilsen in einem 
XXn. 18 



262 



Neues über den Sturz 



vor 8 Jahren erschienenen Aufsatze ^) zur Erklärung des Orts- 
namens Empelde folgendes bemerkt: „Das Dorf Empelde, 
südwestlich von Hannover (im 9. Jahrhundert Amplithi, 
1186 Emplithe, 1204 Emplethe, 1676 Empelde) ist dadurch 
merkwürdig, daß in seiner Gemarkung der Sattel des un- 
geheuren unterirdischen Salzgebirgs der Umgegend von 
Hannover so nahe unter der Erdoberfläche liegt, wie an 
keiner anderen Stelle, wie durch neue bergbauliche Unter- 
suchungen erwiesen ist. Nun erscheinen inderEmpelder 
Feldmark in höchst auffälliger Weise eine ganze 




Seerden - ^ ^ 



Anzahl von Bodenvertiefungen. Noch zu Menschen- 
gedenken war die Flur durchsetzt mit nicht übermäßig tiefen 
Erdfällen von trichterförmiger Gestalt. Die Entstehung 
derselben ist sehr leicht erklärbar. Durch Auslaugen des 
Salzbergsattels oder der Gypsdecke entstanden hier Hohl- 
räume, die, weil sie oben lagen, sich nicht, wie es sonst 
bei Hohlräumen im Salzlager der Fall zu sein pflegt, mit 
Wasser füllten, sondern ein Nachstürzen der Decke ver- 
anlaßten, welcher Vorgang wiederum an der Erdoberfläche 
zur Bildung von Trichtergruben Veranlassung gab. Diese 

1) „Neue ErkläniDgen der Namen von einigen wichtigen Orten 
in Niedersachsen.'' Jahrgang 1900 der Zeitschrift des historischen 
Vereins für Niedersachsen, Hannover, Hahn, 1900, S. 181 — 193. 



des Thüringischen Königreichs. 263 

Graben scheinen teilweise trocken geblieben zu sein ; waren 
sie aber tief, so bildeten sie, jedenfalls dorch einströmendes 
Grandwasser, „Eölke''. Solche finden sich, oft aasgezeichnet 
durch ihre Tiefe und scheinbar ohne Zusammenhang mit 
anderen Gewässern, gar nicht selten in dem GFelände über 
dem Salz- und Gypslager. Sie führen in der Umgegend von 
Hannover den besonderen Namen ,,Glocksee" und zwar sicher 
von ihrer Gestalt. Stadtler erwähnt ausdrücklich große 
Erdfälle am Ende des Eonneburger Holzes 
unmittelbar an der Empelder Mark, welche als drei etwa 
7 Morgen große „Teiche" firtlher Glocksehe genannt wurden." 

Aus dieser Eigentümlichkeit des Geländes erklärt nun 
Weiß den Ortsnamen Empelde. Die urkundlich älteste 
Namensform Amplithi kann nicht etwa auf eine Wurzel 
Amp — und ein Grundwort — lithi (richtiger hlltä! = Leite, 
Bergabhang) bezogen werden, „weil wegen vollständig 
ebener Beschaffenheit der Feldflur eine Zu- 
sammensetzung mit lithi (hlitä) ausgeschlossen ist. Es 
muß also der Name aus der bereits erweiterten Wortform 
Ampi — mit dem Suffix — ithi gebildet sein, welches dem 
vorangehenden Worte den Begriff der Häufigkeit verleiht 
oder es verallgemeinert.^' Das zu Grunde liegende ampl — 
führt Weiß — meines Erachtens mit Becht — auf das 
(dem lateinischen ampulla entlehnte) ahd. amptdlä (amplä), 
mhd. ampel, nhd. Ampel zurück, welches ein Gefäß von 
kegel- oder trichterförmiger Gestalt bedeutet, und von der 
Wurzel amb, welche Krümmung und Bogenform bezeichne, 
abztdeiten sei. In dem Namen des Dorfes oder seiner Flur 
komme also die auffällige Häufigkeit trichterförmiger, durch 
ErdfWe entstandener Gruben zum Ausdruck. 

Da nun diese Erd fälle sich ganz in der Nähe von 
Bunibergun in regione Maerstem zeigen, so findet es Weiß 
— und man kann sagen: mit gutem Grunde — wahr- 
scheinlich, daß sie in der dreitägigen Völkerschlacht des 
Jahres 531 (Weiß setzt unrichtig 530) zwischen Franken 
und Thüringern, weil nicht sehr groß, als Wolfsgruben 

18* 



264 Neues über den Sturz 

verwendet und der fränkischen Eeiterei verderblich 
geworden sind. Hierzu möchte ich bemerken, daß es kein 
Bedenken zu erregen braucht, wenn die fränkischen Bericht- 
erstatter diese zu Fallgruben eingerichteten Erdfälle als 
fossae oder fossata^) bezeichnen, da den Erdfällen, falls 
sie zu flach erschienen, durch nachhelfende Ausschachtung 
größere Tiefe gegeben sein kann oder auch die vereinzelten 
durch Verbindungsgräben zu einer fortlaufenden Hindemis- 
kette verbunden sein mögeti. Darum werden auch diese Ver- 
tiefungen, wie ich bald nachweisen werde, Grüften genannt. 
Am Schlüsse seiner Ausführungen macht Weiß darauf 
aufmerksam, daß auf dem naturgemäß sehr ausgedehnten 
Ronneberger Schlachtfelde bei dem Dorfe Benthe die alte 
Gerichtsstelleder „siebenTrappen" gelegen habe, 
die noch im vorigen Jahrhundert eine E^ihe von sieben 
Löchern und zwar in Einer Flucht mit den bekannten, 
damals an anderer Stelle als jetzt stehenden 8 Steinen, an 
diese ostwärts sich unmittelbar anschließend, gebildet hätten. 
Die erste Trappe war flach, jede folgende tiefer, als die 
vorhergehende, so daß die letzte etwa l^/g m (Tiefe) er- 
reichte. Auf einem Hofe in Benthe aber ruhte die Ver- 
pflichtung, die Trappen in jedem Jahre aufzuräumen und 
wieder herzustellen 2). Weiß hält es nicht für unmöglich, 
daß wir es hier mit einer Gedächtnisstätte und Gedächtnis- 
feier in Bezug auf die Fallgruben der Schlacht bei Buni- 
bergun zu tun haben und daß die Steine vielleicht als 
Grabsteine aufzufassen seien. Diese Annahme wird, woran 
Weiß nicht gedacht hat, bestätigt durch mehrere Sagen, 
welche sich an die sieben Trappen der Benther Gerichts- 



1) AuffaUig ist überdies, daß nördlich von Benthe und Empelde 
ein Bach, die Fosse, unterhalh von Linden in die Leine geht 
Ob dieser zu der lateinischen Bezeichnung fossa in irgend welcher 
Beziehung steht, muß ich dahingestellt sein lassen. 

2) So berichtet G. F. Fiedeler, Das Kirchspiel Gerden. 
Zeitschrift des Historischen Vereins für Niedersachsen, Jahrg. 1862, 
ö. 145—242. 



des Thüringischen Königreichs. 265 

Stätte knüpfen und welche Fiedeler in seinem Aufsatze er- 
wähnt. Diese Sagen erzählen folgendes: „Nicht weit von 
Hannover sind die sogenannten sieben Trappen oder 
Grüften zu sehen, woselbst ein Brauer (I) — offenbar 
ein Druckfehler für Bauer — sich verflucht, daß er seiner 
Magd das Lohn gegeben, und soll darauf daselbst unter- 
gesunken sein^)." Ausführlicher und etwas abweichend 
ist folgende Fassung: „Zu Benthe unweit Hannover zeugen 
noch heutiges Tages die sieben Trappen oder Fußtapfen 
von einem besondem daselbst gehaltenen Gerichte'^ ^), und 
namentlich folgende Fassung: „Des Weges nach Gerden 
hin zwischen Eberloh und Empele (I) bemerkt man einen 
Platz zwischen einem Knick, die Sieben Trappen genannt. 
Die Tradition saget hiervon, daß vorzeiten hieselbst öffentlich 
Landgericht gehalten worden. Als nun ein Bauer vor- 
kömmt, der seinem Nachbar Land abgepflüget, 
oder, wie eine andere Tradition will, seinem Knecht 
dasverdienteLohnversaget, (hat er) einen falschen 
Eid gethan und sich dermaßen vermaledeyet, daß ihn Gott 
sollte lassen versinken, ehe er von dem Platze ginge, wenn 
die Sache nicht so wäre, als er ausgesaget. Allein, wie er 
kaum seinen Abtritt genommen, fanget er an zu gleiten 
und in dem siebenten Schritt sinket er gar in die Erde. 
Ob er nun sein Leben noch davon gebracht, ist nicht 
bekannt. Indessen muß ein Bauer dasiges Orts diese sieben 
Schritt oder Trappen jährlich unterhalten und erneuern^). 
Wieder etwas abweichend lautet die Sage auf Grund 
mündlicher Überlieferung bei Kuhn und Schwarz*). 
„Bei Everloh unweit Hannover liegen am Berge sieben große 
Steine, die man die sieben Trappen nennt und die auf die 

1) P. L. Berckemeyer, Vermehrter Curieuser Antiquarius, 
S. 675. Hamburg. 

2) W. E. Barin g, Beschreibung der Lauensteinschen Saale, 
S. 73, 1744. 

3) W. E. Baring, Beiträge zur Hannoverschen Kirchen- und 
Schulgeschichte, 8. 89 der Vorrede. 1748. 

4) Norddeutsche Sagen, S. 253. Leipzig 1848. 



266 Neaes über den Sturz 

folgende Weise ihren Namen bekommen haben sollen. Zar 
Zeit, als das Gericht noch unter freiem Himmel gehalten 
wurde, war mal ein Bürgermeister, der schwor 
seinem Knecht das Lohn ab, sagend, er hätte es 
ihm bereits gegeben, und wenn es nicht wahr sei, so wolle 
er gleich in die Erde versinken. Da hat er denn nur noch 
sieben Schritte gemacht, und bei dem letzten ist er in die 
Erde gesunken. Zum Andenken aber hat man nachher bei 
jedem Schritt, den er gethan, einen Stein gesetzt, und davon 
haben diese Steine den Namen der sieben Trappen erhalten.^ 

Offenbar liegt in diesem Bericht insofern eine Ver- 
wechselung vor, als nicht die Steine, sondern die neben 
ihnen befindlichen Vertiefungen die sieben Trappen heißen. 
Auch sind es nach Fiedeler nicht sieben, sondern acht 
Steine. Laut einer an Ort und Stelle eingezogenen Er- 
kundigung haben diese 8 Steine vor dem Jahre 1857 in 
einer Beihe, und zwar ungefähr 10 Schritte von ihrem 
jetzigen Standorte nach Benthe zu gestanden, sind aber 
nach diesem Jahre infolge der Verkoppelung der Benther 
Feldmark beim Bau des dort errichteten MtQlerhauses an 
ihre jetzige Stelle gesetzt worden, und vor denselben haben 
sich die sieben Trappen befunden, welche jährlich auf- 
geräumt und dadurch erhalten gewesen. Die erste Trappe 
sei klein, die zweite größer, die folgenden immer größer 
als die vorhergehende, und die siebente ein großes Loch 
gewesen. Eine Lagezeichnung der Trappen und auch der 
Steine sowohl nach ihrem früheren, wie auch nach ihrem 
jetzigen Stand bei dem Müllerhaus dicht an der Chaussee 
von Nenndorf nach Hannover ist dem Fiedelerschen Auf- 
satze beigegeben 1). 

Die erwähnten 8 Steine, welche a. a. 0. ebenfalls nach 
einer um das Jahr 1830 angefertigten Zeichnung abgebildet 
sind, sind etwa 2 ' breit und 3 — 4 ' hoch gewesen, übrigens 
mehr oder weniger beschädigt. Auf der Vorder- und Bück- 

1) Zeitschr. des Histor. Vereins für Niedersachsen, Jahrg. 1862, 
vor S. 171. 



des ThüringiBcheii Königreichs. 267 

seile waren durch einfache, vertiefte Linien Kreuze von 
mannigfacher altertümlicher Form eingehauen, welche es 
wahrscheinlich machen, daß sie als Grabdenkmäler vor- 
nehmer, dort gefallener Franken dienen sollten ^), zumal da 
ihre Zahl eine so beträchtliche ist 

Der eigentümlichste Zug der über die sieben Trappen 
überlieferten Sagen ist der, daß ein Bauer oder Bürger- 
meister, in jener ländlichen Gegend das Urbild des 
Machthabers, seinem Knechte das verdiente Lohn 
versagt oder seinem Nachbar das diesem gehörige Land 
abgepflügt und darum seinen Untergang gefunden haben 
soll. Es liegt nahe, in dieser dem Volksverständnis an- 
genäherten Darstellung eine Erinnerung an die Ur- 
sache des fränkisch-thüringischen Krieges, 
die Vorenthaltung des von Irminfried seinem Bundes- 
genossen und Helfer Theodorich vorenthaltenen Beuteanteils, 
und in dem Untergange des von der göttlichen Vergeltung 
ereilten Wortbrüchigen eine Erinnerung an den den Später- 
lebenden als ein Gottesgericht erscheinenden Untergang 
des Thüringerkönigs zu erblicken, eine Auffassung, die 
freilich den fränkischen Siegern und ihrem Einflüsse ihren 
Ursprung verdanken wird. Denn der Unterlegene erscheint 
immer im Unrecht nach dem Worte des Dichters: „Denn 
jeder Ausgang ist ein Gottesurteil" 

Machen es schon diese sagenhaften Überlieferungen 
wahrscheinlich, daß bei Benthe unweit Eonnenberg tat- 
sächlich der große Völkerkampf zwischen Franken und 
Thüringern stattgefunden hat, so wird diese Wahrscheinlich- 
keit durch die Bedeutung des Namens Benthe zur Gewiß- 
heit erhoben. Es mag hier ganz davon abgesehen werden, 
daß nach einer Urkunde vom Jahre 1362 im Gogericht 
Gerden eine Mordmohl*) erwähnt wird, welche in ihrem 



1) Man vergesse nicht, daß die Franken damals bereits Christen 
waren. 

2) Nach Fi edel er a. a. O. S. 171 die jetzige Landwehrschenke, 
Amts Linden. 



268 Neues über den Sturz des Thüringischen Königreichs. 

Namen die Erinnerung an den blutigen Zusammenstoß der 
feindlichen Heere bewahrt haben kann. Weit wichtiger ist 
der Name Benthe (urkundlich Benethe) selbst, dessen Ur- 
form Banithi gelautet haben muß. Offenbar liegt dem- 
selben die Wurzel bhan in der Bedeutung schlagen und 
das ahd. und as. Wort bano, mhd. baue (vgl. das griechische 
g>ovrji)j welches Tod und Verderben bedeutet, zu Grunde. 
Mit dem verallgemeinernden Suffix — ithi zusammengesetzt, 
welches ein häufiges Vorkommen der Wurzelbedeutung an- 
zeigt, bezeichnet es eine Stätte oder Gegend, in welcher 
Todschlag und Verderben in ungewöhnlichem Maße statt- 
gefunden hat, ist also ein durchaus passender Name far 
die Stätte eines großen Völkerkampfes. Faßt man alle 
besprochenen Umstände zusammen, so kann es wohl kaum 
noch einem Zweifel unterliegen, daß bei den Orten Ronne- 
berg, Empelde und Benthe die erste große Schlacht 
zwischen Thüringern und Franken stattgefunden hat und 
daß die durch eingeritzte Kreuze ausgezeichneten Steine 
Denkmäler dort gefallener und begrabener, vornehmer 
fränkischer Krieger sind, die ebenso einmal erneuert worden 
sein mögen, wie man die Trappen oder Grüften neben ihnen, 
welche wohl die Ursache ihres Todes ad oculos demon- 
strieren sollten, durch stetige Erneuerung zu erhalten bemüht 
gewesen ist. Hat aber die erste Schlacht in dem Kriege 
tatsächlich bei Eonneberg unweit Hannover stattgefunden, 
so wird nicht nur wahrscheinlich, daß die Westgrenze des 
Thüringischen Königreichs sich damals (531) bis an die 
Leine erstreckt hat, sondern man muß dann auch zugeben, 
daß die sächsischen Quellen betreffs des Örtlichen weit 
besser, betreffs des allgemeinen Ganges der Begebenheiten 
aber mindestens eben so gut unterrichtet sind, als die 
fränkischen, und daß dann eben nichts weiter übrig bleibt, 
als die Anwendung des von Pelka als vollständige Ver- 
wirrung bezeichneten „gemischten Verfahrens". 



Die vor- und frühgeschichtlichen Funde der 
Grafschaft Camburg. 

Von 
Br. C^usttT Eiehhorn in Jena. 

iL Stadt Camburg an der Saale. 

Slavisohes Gräberfeld 
in der Nähe des heutigen Amtsgeriohtsgebäudes. 

Am 2. April 1869 teilte Dr. Bender in Oamburg 
Prof. Klopfleisch, der in Tierschneck mit Ausgrabungen gerade 
beschäftigt war, brieflich mit, daß sich beim Ausgraben 
eines Grandes in der Stadt Gambarg 2 sehr alte Skelette 
gefunden hätten, dabei ein Messer, ein kleiner Wetzstein von 
messerähnlicher Form, an einem Ende durchlocht, und ein 
Topf von schwarzer Masse. Die Sachen ständen zar Ver- 
fügung. 

Mit dieser Benachrichtigung hat Dr. Bender der thü- 
ringischen Prähistorie einen großen Dienst geleistet. Klop- 
fleisch warde nämlich auf die Spur eines Gräberfeldes 
geleitet, das sich bei den veranstalteten Ausgrabungen als 
eines der größten in Thüringen erwies, dessen 
Schädelmaterial unsere namhaftesten Anthropologen za 
wiederholten Malen auf den Kongressen auf das lebhafteste 
beschäftigte. Der Schädel einer Jungfrau wurde schließlich 
zu einer internationalen Berühmtheit. 

Die Ausgrabangen wurden erst im Mai des Jahres 1872 
abgeschlossen. In der Zwischenzeit waren alljährlich eine 
größere Anzahl Gräber aufgedeckt worden unter spezieller 
Aufsicht Klopfleischs, der, wie Virchow auf dem VII. all- 
gemeinen Kongreß zu Jena am 9. Augast 1876 rühmend 
sagte, „mit einer Treue und Sorgfalt, wie sie außerhalb der 
Kreise der Naturforscher, einschließlich Altertumsforscher 



270 ^0 ^0^' ^* MbgeschichtL Funde der Gndbchaft Camburg. 

selten gefunden wird, seit Jahren das Material, das auf 
diesem Boden zu haben ist, gesammelt haf Die Funde 
befinden sich im germanischen Museum zn Jena. 

Unter den Akten des germanischen Museums befindet 

sich ein Situationsplan dieser Gräber von der Hand Elop- 

fleischs (Fig. 80). 




Fig. 80. 

Wie ich gleich vorweg nehmen will, war dieses Gräber- 
feld ein slavisches. £s lag auf dem westlichen Ufer 
der Saale ungefähr da, wo jetzt das Hotel zur Post und 



Die Tor- n. MhgeBchichtL Funde der Giafischaft Camborg. 271 

dessen Nebengebäude stehen. Die Ausschachtungen beim 
Bau der Saaleisenbahn zerstörten es. Der Fundort ist 
tlbrigens ganz besonders zu beachten. Wir wissen, daß 
ganz in der Nähe dieses slayischen, also frühgeschichtlichen 
Oräberfeldes die älteste Burg Camburgs im frühen Mittel- 
alter errichtet wurde, da, wo heutigen Tages das Amts- 
gerichtsgebäude steht. 

Die Skelette lagen 0,60 — 1,50 m tief, meist einzeln, in 
ungleichmäßigen Abständen voneinander, in nicht sehr regel- 
mäßigen Beihen, ohne jede Steinsetzung oder Spur von Holz- 
umhüllung im Lehmboden. Fast durchgängig aber war eine 
dünne Schicht Asche mit Kohlen unter und neben die Toten 
gestreut worden, keine Scherben. 

Die Toten waren derart beerdigt, daß die Füße im Osten 
oder Südosten, der Kopf im Westen resp. Nordwesten lag. 
Es sind Frauen jeden Alters, Kinder, Männer. In einzelnen 
Fällen waren zwei Erwachsene, oder Frau und Kind dicht 
beieinander beerdigt. In einem Orab lagen zwei Erwachsene 
nebeneinander, der eine kopfüber, wie in abwärts sitzender 
Stellung. 

Die Beigaben der Toten waren im ganzen ärmlich. 

Bei yier Skeletten standen zur rechten Seite halbierte 
Urnen, teils wagrecht, teils senkrecht zerschlagen. Die Urnen 
waren am oberen Bauchteil mit dem charakteristischen 
slavischen Wellenomament verziert. Die zwei senkrecht 
halbierten Gefäße (Fig. 81. 82) habe ich ergänzt. 

Hohes Gefäß von Topfform (Fig. 81), proportioniert. Der 
Band schwadi ausladend; unterhalb desselDen laufen am Hals 2 
Systeme von nnr^elmäfiigen Wellenlinien um das Gefäß, die mit 
emem mehrzinkigen (5—7), kammartigen Instrumente unter mäßigem 
Druck in die noch wdche Tonmasse gezogen sind. Die Tonmasse 
ist hart gebrannt, mit Glimmer durchsetzt, rötUch grau ; Außenfläche 
weoig sorgfältig dattgestrichen. Der Boden gerade. Wand mittel- 
stark: 0^ cm. Das ergänzte Gefäß hat im oberen Durchmesser 
17,5 cm, im größten Durchmesser 19 cm, im Bodeodurchmesser 10,5; 
ganze Höhe 20 cm, Umbruch in 15 cm Höhe. (No. 1538). (War 
1880 mit auf der Ausstellung vorgeschichtlicher Altertümer in ßcorlin.) 



272 ^6 ^of- ^ frühgeschichtL Funde der Grafechaft Gamburg. 

Mittelhohes Gefäß von Topfform (Fi^. 82), dem vorigen 
gleicliartig. Der Rand ebenffdls schwach ausladend. Unterhalb des- 
selben umzieht ein System von Wellenlinien, mit dnem 7-zinkigen 
Instrument erzeugt, den Gefaßhals. Eine deichartige Wellenlinie 
umzieht den Umbruch des Gefäßbauches. Die Tonmasse ist hart 
gebrannt, mit Sandkömchen reichlich durchsetzt, rötlich grau. Die 
Außenseite ist ohne große Akkuratesse glatt gestrichen, Innenfläche 
schwärzlich. Das ergänzte Gefäß hat einen oberen Durchmesser von 
15 cm ; größter Durdunesser 16 cm, Bodendurchmesser 8 cm, Höhe 
15 cm; Umbruch in einer Höhe von 10 cm vom Boden. Wandstärke 
1 cm. (No. 1539). (War 1880 mit auf der Ausstellung vorgeschicht- 
licher Altertümer in Berlin.) 





Fig. 82. V* 



Fig. 81. V* 



Bodenhälfte eines großen Tontopfes, aus einzelnen Bruch- 
stücken wieder zusammengesetzt. Die Tonmasse ist hart gebrannt, 
mit Sandkörnchen reichlidi durchsetzt, so daß sie sich anfühlt wie 
Sandpapier; Außenfläche gut geglättet, gelblich grau, Innenfläche 
geschwärzt; der Boden ist glatt und in scharfem Winkel abgesetzt 
von der Seitenwand. Durchmesser 13 cm. In 8 cm Höhe ist der 
Topfdurchmesser 18,5 cm. Wandstärke 6 mm. Auf der Kante rings 
tun den Boden scharfe geradlinige Einschnitte, zum Teil sich spitz- 
winklig schneidend, wom vom Wetzen eines metallenen Werkzeuges 
auf der sandigen Fläche und Kante herrührend. (No. 1540.) 

Bodenstück eines mittelgroßen Tontopfes von roher Arbeit. 
Die unteren Partieen der Seitenwandung sitzen in stumpfem Winkel 
auf. Tonmasse bräunlich grau, mit kiargestoßenen Steinstückchen 
reichlich durchsetzt. Auf der Außenfläche des Bodens im Zentrum 
nabeiförmige Einsenkung und einige konzentrische Furchen, durch 
die Befestigung auf der Töpferscheibe erzeugt; periphere Furche innen 
am Übergang des Bodens in die Seitenwandung. Durchmesser des 
Bodens 11 cm, des Topfes in 4}]^ cm Höhe 14 cm. Wandstärke 
6 mm. (No. 1541.) 



Die vor- u. frühgescbichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 273 

Bei 5 Skeletten wurden zu Füßen die eisernen Helfen, 
Handhaben und Ösen von je einem Eimer gefunden, die 
Holzgefäße waren natürlich vermodert. 

Die eisernen Henkel (Fig. 83 — 88) sind gut er- 
halten, durch die Erdlast aber verbogen. Sie sind aus 
einem vierkantigen Eisenstab geschmiedet, der entweder 
als solcher halbkreisförmig gebogen, an seinen Enden zur 
Aufnahme der Ösen umgelegt war (Fig. 84, 85); oder der 
mittlere Teil des Bogens war in der Glühhitze nach rechts 
um seine Achse vielmal gedreht, so daß er schnurformig aus- 
sah (Fig. 83) ; oder der mittlere Teil war bandförmig breit 
gehämmert und nach Art der noch heute gebräuchlichen 
Eimerhenkel halbzylinderförmig aufgebogen (Fig. 86, 88). 
Ein starker vierkantiger Henkel ist durch zwei längliche 
Knoten geziert (Fig. 87). 

Die Ösen (Fig. 86, 87), in welchen sich die umge- 
bogenen Henkelstücken drehten, haben die Form eines ge- 
schwungenen V. Ihre freien Enden sind rechtwinklig ab- 
gebogen, um ins Holz des Eimers nageiförmig einzugreifen. 
Gefunden wurden 10 Stück, von denen einzelne noch mit 
ihrem Henkel zusammenhängen. Bei einem Henkel (Fig. 
88) hängt an dem einen Ende ein fingerlanger, gerader 
Eisenstab, der sich ringförmig um dasselbe legt. 

Die eisernen Eimerreifen bilden einen Ejreis, einige 
ein Oval. Ihr Querschnitt ist dreieckig, quadratisch, schmal 
rechteckig; einige sind bandförmig breit; ein vierkantiger 
ist schnurformig, in der Glühhitze nach rechts gedreht. 
4 Reifen sind vollständig, dreikantig, kreisrund, 7 ebenso, 
aber verzogen oder gebrochen; ein Reif hat quadratischen 
Querschnitt, er ist kreisrund, vollständig; 2 vierkantige 
waren nur in Bruchstücken erhalten ; 2 sind breitbandförmig, 
3 schmalbandförmig. Die Stelle, an welcher die ursprüng- 
lichen Enden aneinander geschmiedet sind, ist nur bei wenigen 
etwas verdickt. Bei den bandförmigen sind die Enden 
übereinander gelegt und vernietet. 



274 ^1® '^or- u. frühgeBchichtL Funde der Grafechaft Cambnrg. 

Eiserner Henkel (Fig. 83) zu einem Holzeimer, gut erhalten, 
nach der einen Seite etwas ausdnandergezogen, auf der anderen Seite 
nach innen gedrückt, verrostet Der vierkantige Henkel bt aus 
einem im Querschnitt quadratischen Stab hergestellt, der im Verlauf 




Fig. 83. Vr 

des Bogens vielmal nach rechts gedreht worden ist, die zum Haken 
bestimmten Enden sind nicht sedreht, 3 -förmig abgebogen und auf 
der einen Sdte zu einer Spinuschabe ein^eroUt. Dicke des 'unge- 
drehten Stabes 0,5 cm, in oer Bogenmitte 0,7 cm. Durdmiesser des 
Bozens von einem Haken zum andern 20 cm, Peripherie des Bogen» 
aul»en 38 cm. Aus diesen Zahlen ereibt sich eine obere Peripherie 
des Eimers von 76 cm, voraussetzt, daß der Henkel auf den Eimer- 
rand auflag, wie bei unseren jetzigen Holzeimem. Durchmesser de» 
beigesetzten Eimers ursprünglich Sl cm. (No. 1542.) 




Fig. 84. V*. 

Eiserner Henkel (Fig. 84) zu einem Holzeimer, gut erhalten^ 
verrostet, vierkantig, gleichmäßig nach beiden Seiten etwas auseinander 
gezogen. Der Henkd ist aus einem ungedrehten Eisenstab hergestellt 
von quadratischem Querschnitt, die Enden zur Aufnahme der Oese 
umgebogen. Dicke des Stabes 0,6 cm, Peripherie des ßogens 39 cm,. 
Durchmesser zwischen den beiden Haken ^5 cm; berechnete obere 
Peripherie des dazugehörigen Eimers 78 cm, Durchmesser desselben 
21,6. (No. 1543.) 



Die vor- u. frflhgeBchichtL Funde der Grafschaft Gamburg. 275 

Eiserner Henkel (Fi^. 85) eines Eimers, gnt erhalten, yer- 
rostet, vierkantig, aus einem bandförmigen Eisen gearbeitet, die E2nden 
verjfingt, hakeiuörmig umgebog^. Bogenperipherie 31 cm, Durch- 
messer zwischen den Haken 20,5 cm. Größte Breite 1 cm in der 
Bogenmitte, Dicke 2 muL Berechnete obere Peripherie des zugehörigen 
Eimers 62 cm, Durchmesser desselben 19,5 cm. (No. 1544.) 




Eiserner Henkel (Fig. 86) eines Eimers, in zwei Stücke ge- 
brochen, mit den daran festgerosteten Ösen, gut erhalten. Der 
Henkel ist aus einem vierkantigen Stab hei^tellt, von quadratischem 
Querschnitt; die Mitte des Bogens ist breitffdiämmert und mulden- 
förmig umeebo^, damit es besser in der Hand liegt Die Enden 
sind hakeDtonmg umgebogen. Der Henkel hat auf dem oberen Eimer- 
rand au&eliegen, infolge dessen sind die ankerförmigen Ösen recht- 
winklig dazu angerostet Sie lagen auf der äußeren Eimerwand nach 
beiden Seiten sioi spreizend auf und waren — wie ein in der Mitte 
des einen Ankerschenkels angerosteter Nagel beweist — durch Nägel 




Fig. 86. Vr 

befestigt Gleichzeitig läßt die Richtung der Ösenschenkel den Schluß 
zu, daß die Eimer oben enger, der Boden weiter war. Bosenperipherie 
26 cm. Ösenlänge 4 cm. Berechnete obere Eimerperipnene 52 cm, 
Durchmesser oben 13,5 cm. (No. 1545.) 

Kräftig eiserner Henkel (Fig. 87) eines nx)ßen Eimers, gut 
erhalten, mit dazu gehörigen, lose daran hängenden, ankerförmigen 
Ösen. Der Bügel ist aus einem 1 cm starken, vierkantigen Eisenstab 



276 ^^® ^^^' ^ frühgeschichtL Funde der Giafechaft Camburg. 



hergestellt, von quadratischem Querschnitt; durch zwei längliche 
Knoten ist der Bogen in drei Drittel geteilt. Peripherie des ^gens 
außen 40 cm. 23/2 cm jetziger Durchmesser. Die Enden des Hensels 
sind reditwinklig abgebogen und durch einen quadratischen Egaopf 
abgeschlossen. Die anhangenden, bandförmig gehämmerten Osct 
enden in divergierende Bogen, die Spitzen sind zugespitzt und nach 
der Eimerwand zu abgebogen, um nageiförmig ins Holz einzugreifen. 
Berechneter oberer Umfang des Holzämers W cm. (No. 1546.) 




Fig. 87. V.. 



Eiserner Eimerhenkel (Fig. 88) mit rechtwinklig dazu an- 

o Jteter, einarmiger Ösa Auch dieser Bügel ist hergestellt aus 

einem vierkantigen Eisenstab von quadratischem Quersdmitt, der in 




Fig. 88. % 



Die Tor- u. frfihgeschichtL Fände der GnfBcluft Cambtug. 277 

kurzer Entfemnng von den hakenförmieen £nden vide Male nach 
rechts gedreht ist und in der Mitte für das Anlegen der Hand breit 
gehämmert und muldenförmig auf^bogen ist. Peripherie des Bogen« 
29^ cm, Durchmesser des Bogens jetzt 17 cm. Dicke des Eisenstabes 
0,6 cm, des breitesten Teiles der mittleren Mulde 1,7 cm. Berechnete 
obere Peripherie des Eimers 59 cm. Die anhängende Öse ist ein 11 cm 
langes, stabförmiffes, eerades Eisen, das obere Ende legt sich kreis- 
förmig um den Henkelhaken, das . untere £}nde ist nach außen 
abgetogen. Vermutlich lag diese Öse auf der äußeren Eimerwand 
auf, und ein Keif drückte dieselbe fest an. Dai» umgebogene Ende 
Terhinderte das Hervoreleiten unter dem Reif. Die Öse ist in einem 
leicht stumpfen Winkel angerostet, so daß auf eine nach unten sich 
erweiternde Eimerform zu schließen wäre. Ebenso gut aber kann es 
auch auf eine Verschiebung des ganzen Eimers durch die drückende 
Erdiast zurückgeführt werden. (No. 1547.) 

J^seme Eimeröse, aus einem 7 mm breiten, bandförmigen 
Eisenstück hergesteUt, mit gespreizten Schenkeln. Höhe 72 cm. 
<No. 1548.) 

Eiserne Eimer Öse, aus einem Eisenstab hergestellt von 
quadratischem Quaischnitt. Die Schenkel ausdnander gespreitzt und 
nach der Eimerwandung zu zugespitzt und abgebogen, um ins Holz 
einzuseifen. Höhe 8,5 cm. (No. 1549.) 

Eiserne Eimeröse, aus einem Eisenstab hergestellt von 
^uadradischem Querschnitt, mit ebenso gespreizten Schenkdn und 
ins Holz eingreifenden Spitzen, aber sehr verschoben beim Zusammen- 
drücken des Holzeimers. Jetzige Höhe 9,2 cm. (No. 1550.) 

Eiserne Eimeröse — der eine gespreizte Schenkel iehlt — , eben- 
falls hergestellt aus einem Eisenstab von quadratischen Quersdmitt 
und geformt wie die anderen; auch hier ist das letzte Ende des er- 
haltenen Schenkeis zum Eingreifen in das Holz des Eimers abgebogen. 
Höhe 9 cm. (No. 1551.) 

Eiiseme Eimeröse, die sich spreizenden Schenkel fehlen; 
schmal bandförmig. (No. 1552.) 

Eiserner Eimer reif, vollständig, kreisrund, von dreieckigem 
Querschnitt, innere Peripherie 53 cm, die Seiten des gleichseitigen 
Dreiecks 0,6 cm breit (No. 1553.) , 

Eiserner Eimerreif, vollständig, kreisrund, von dreieckigem 

äuerschnitt, innere Peripherie 56 cm; 0,6 cm Länge der Seite des 
_ eichseitigen Dreiecks. (No. 1554.) 

^ Eiserne Eimerreii, vollständig, kreisrund, Querschnitt ein 
gleichseitiges Dreieck, jede Seite 0,6 cm, innere Peripherie 65,5 cm. 
<No. 15550 

Eiserner Eimerreif, vollständig, kreisrund, im Querschnitt 
ein gleichschenkliges Dreieck von 0,8 cmHyt)Othenu8en=,0,6 Seiten- 
länge, innere Peripherie 68,5 cm. (No. 155o.) 

Eiserner Eimerreif, vollständig, zu einem unregelmäßigen 
Oval verzogen, im (Querschnitt ein gleiäiseitiges Dreieck von 0,6 cm 
Seitenlänge, innere Peripherie 58 cm. (No. 1557.) 

Eiserner Eimerreif, vollständig, breitoval, im Querschnitt 
ein gleichseitiges Dreieck von 0,6 cm Seitenlange, innere Peripherie 
85,5 cm. (No. 1558.) 

XXn. 19 



278 ^® ^or- n. frühgeschichÜ. Funde der Grafechaft Gambnrg. 

iäsemer Eimer reif, oval, gesprengt, die Enden stehen 3 cm 
auseinander, Querschnitt dreieckig, 0,6 cm breit, innere Peripherie 
67 cm. (No. 1559.) 

Eiserner Eimerreif, Vi ^^^ Ovals, Querschnitt dreieckige 
von 0,6 cm Seitenlange, innere Peripherie 59 cm. (No. 1560.) 

Bruchstücke änes eisernen Eimerreifs, im Querschnitt ein 
Dreieck von 0,6 cm (Seitenlang; dieselben ergeben zusammen, ihren 
Krümmungen entsprechend, emen Beif von 75 cm innerer Peripherie. 
(Nr. 1561.) 

Mehrere Bruchstücke eines eisernen Eimer r ei fs, in ihren 
Krümmungen entsprechend dnem Bin^ von annähernd derselben 
Peripherie wie No. 1561. Im Querschmtt ein Dreieck von 0,6 cm 
Seitenlange. (No. 1562.) 

Bruchstücke eines eisernen Eimerreifs, im Querschnitt ein 
Dreieck von 0,6 cm Seitailänge, an einer Stelle schleifenförmig (zum 
Einhängen des Henkels?) in die Höhe gezogen. Innere Penpherie 
ohne Ausbiegung zur Schleife 55,5 cm, 7« eines Ovals in seiner vor- 
üegenden Gestalt. (No. 1563.) 

Schön erhaltener, starker, kreisrunder Eimerreif, herstellt 
aus einem 0,8 cm starken vierkantigen Eisenstab von quadratischem 
Querschnitt; der Stab ist in seiner ganzen Länge um seine Achse 
vielmals nach rechts gedreht, die Enden hakenförmig abgebogen und 
übereinander gelegt Innere Peripherie 66,5 cm. (No. 1564j 

Schwächerer, eisamer Eimerreif, aus 3 Bruchstücken be- 
stehend, im Querschnitt rechteckig, die Enden hakenförmig über- 
einander gel^ Innere Peripherie ca. 62 cm, das größere Bruch- 
stück oval verzogen. (No. 1565.) 

Eiserner Eimerreif in 3 Bruchstücken von ca. 66 cm innerer 
Peripherie, die Enden hakenförmig umeinander gebogen und inein- 
ander gerostet, Querschnitt vierkantig. (No. 15w.) 

urd isolierte kleine Bruchstücke von eisernen Keifen, vier- 
kantig. (No. 1567.) 

Eiserner Eimerreif in 3 Bruchstücken, nach ihren Krüm- 
mungen zu einem Beif von ca. 82 cm innerer Peripherie gehörig, 
schmal bandförmig, im Querschnitt rechteckig, 0,7 cm breit. (No. 1568.) 
Zwei kleine I^fenbruchstücke von rechteckigem Querschnitt aus 
Eisen. (No. 1569.) 

Eiserner E i m e r r e i f , breit bandförmig, vollständig, geschlossen, 
ohne erkennbaren Niet; innere Peripherie y7 cm, oval, Breite 3 cm. 
(No. 1570.) 

Brucnstücke eines eisernen Eimerreifen, breit bandförmig, 
an dem größten eine 10 cm lange Stelle doppelter Dicke. Hier 
waren die E^den übereinander gelegt und genietet. (No. 1571.)*) 

Bald rechts bald links in der Handgegend hatten die 
Toten verrostete Messerklingen aus Eisen liegen (Fig. 
89 — 100), einschneidig, in langer, schmaler Form oder 
kürzer und breiter, die meisten mit Griffdom, an einem 



*) Von den eisernen Eimerhenkeln waren zwei, von den Eimer- 
reifen einer mit auf der Ausstellung in Berlin 1880. 



Die yor- u. frühgesehichü. Funde der GrafBchaft Camburg. 279 



sogar die Spuren einer Holzverschalung (Fig. 91), im 
Ganzen 15 Stück. 



Fig. 89. Fig. 90. Fig. 91. Fig. 92. Fig. 93. Fig. 94. 

A 





\ 



Fig. 100. 



Fig. 98. Fig. 



Fig. 89—101. V». 



Fig. 97. Fig. 101. 



Lan^, schmale, eiserne, einschneidiee Messerklinge (Fi^. 89), 
&a Dritteil mit der Spitze fehlt, mit Griffcforn. Län^ des erhmtenen 
Klingenteiles 4,5 cm, des Griffaoms 3 cm, Breite 1,? cm. Verrostet, 
Form deutlich. (No. 1502.) 

Lange, schmale, eiserne, einschneidige Messerklinge (Fie. 90), 
' "* '"^' zur Spitze sich vereinend, mit 



Bücken und Schneide gleichmäßig zur Spitze sich vereinend, mit 
Griffdom. Lanee der Klinge 12 cm, des Griffdoms 3,5 cm, ^ößte 
Breite in der Mtte 1,8 cm. Verrostet, aber mit Deutlichkeit die 
Form zu erkennen. (Nö. 1501.) 

Großes, mittelbreites, eisernes Messer (Fig. 91), in drei Bruch- 
stücken, die Spitze fehlt, Lange der Elinge 9 cm, größte Breite 

19* 



280 ^^ ^<^' u* ^rfiligeechichtL Funde d«* Gra&chaft Cambnrg. 

2 cm, in der Mitte, Grilfdom 8 cm lang, mit Besten der Hob- 
yenscnalang. (No. 1503.) 

Eiserne Messerklinge (Fi^. 92), klein', mittelbrdt, Bücken 
wenig, 6dineide mehr zur Spitze sich nmbi^end, mit Griffdom, 
stark yerrostet. Klinge 6, Grindom 3 cm lang, Brdte der Elingen- 
mitte 1,5 cm. (No. 1504.) 

Brdte, eiserne Messerklinge, in 2 Stücke zerbrochen, stark yer- 
rostet, Griffdom fehlt. Lange 9 cm. Breite in der Mitte 2,2 cm. 
(No. 1505.) 

Brdte, eiserne Messerklinge (Fig. 93), Bückai gerade. Schneide 
allmählich zur Spitze umbi^end, Grifraom fehlt, yerrostet, Lange 9 cm. 
Breite 2,2 cm. (No. 1506.) 

Schmale, dseme Messerklinge (Fig. 94), Bücken leicht. 
Schneide mehr geschweift, Griffdom fehlt. Lange 9,5 cm. Breite in 
der Mitte 1,7 cm. Verrostet (No. 1507.) 

Lange, schmale, eiserne Messerklinge, Bücken gerade. Schneide 
allmählich zur Spitze umbiegend, nach dem Schaft zu sich leicht 
verjüngend, Griffdora fehlt, Länge 9 cm. Breite in der Mitte 1,7 cm, 
yerrostet. Form aber sehr deutlich. (No. 1508.) 

Langes, schmales Messer (Fig. 95), gut erhalten, mit Griffdom, 
Bücken leicht, Schneide mehr gächwdtt, Bücken am Griffansatz 
abfallend, Länge der Klinge 10 cm, des Griff doms 4 cm, mittlere 
Breite 1,7 cm. (No. 1509.) 

Ebenso geformtes, etwas schmäleres Messer (Fig. 96), g;ut 
erhalten. Länge der Klinge 10 cm, des Griffdoms 2,5 cm. Breite 
der Klingenmitte 1,3 cm. (No. 1510.) 

Eisernes Messer (Fig. 97), lan^, schmal, mit langem, deutlich 
abgesetztem Griffdom, ein viertel der Klinj^e mit der Spitze fehlt 
Bücken und Schneide gleichmäßig zur Spitze zu sich verjüngend. 
Länge des Klingenrestes 8 cm, des Griffdoms 8 cm. (No. 1511.) 

Besterhaltenes, schmales, spitzes Eisenmesser (Fig. 98), Bückai 
und Schneide fast gleichmäßig im schwachen Bogen zur Spitze sich 
vereinend. Griff dom abgesetzt, Länge der Klinge 8 cm, Klingen- 
breite in der Mitte 1,2 cm, Griff dom vollständig, 3,5 cm lang. 
(No. 1512.) 

Eisernes Messer (Fig. 99), gut erhalten, in 2 Stücke zerbrochen, 
mit Griffdom, mittelgroß, mittdbreit, zugespitzt. Länge der Klinge 
10 cm, des Griffdoms 4,5 cm. Breite der Eümgenmitte 2 cm. (No. 1513.) 

Kleines, gut erhaltenes« eisernes Messer (Fig. 100), mit langem 
Griffdorn, Bücken gerade. Schneide allmählich auf^ebojgen. L^ige 
der Klinge 6,5 cm, des Griffdoms 5 cm, Klingenbreite in der Mitte 
1,4 cm. (No. 1514.) 

Langes, schmales, stark verrostetes Messer mit breitem Griffdom, 
Lange der Klinge 9,0 cm, Breite in der Mitte 1,3 cm, GrifMom 3,5 cm 
lang. (No. 1515.)*) 

Einzelne Skelette hatten auch Sohlei&teinohen und 

Flußkiesel bei sich. 

Ein Schlei&tein (Fig. 101) war messerformig, aus grauem 



*) 2 eiseme Messer davon waren 1880 auf deac Ausstdlung vor- 
geschichtlicher Altertümer in Berlin. 



IMe Tor- u/fröhgeKshiditL Fimde der (kalBcliaft CAmbnrg. 281 

Schiefer, mit beiderseits triohterforimgem, kleinem Loch nahe 
dem einen Ende zum Anhängen« 14 om lang, 2 om breit, 
1 cm gröSte Dicke, beide Enden abgeschliffen. (No. 1516.) 

In der Nähe der rechten Hand einer erwachsenen Person 
lag eine kleine patinierte Bronsenadel (Fig. 102) mit platt 
gehämmertem nnd Z -förmig umgebogenem Kopf. Länge 7 cm. 
(No. 1518.)*) 

In der Ohrgegend lagen bei einem Skelett zweigleich* 
artige, große, bronzene, patinierte Sohläfenringe 
(Fig. 103), das eine platt gehämmerte Ende mit der charakte- 
ristischen 2 -förmigen Umbiegung, das andere hakenförmig 
im rechten Winkel abgebogen, so daß es mit der 2 -förmigen 
Schleife einen festen Verschluß bildet 




Fig. 103. V«. 
Fig. 102. V,. 

Auf jeden Bing sind lose aufgeschnürt drei vergoldete, 
kugelförmige Metallperlen mit je einem geperlten Kranz um 
die Mitte und an jedem Ende dem Schnurloch vorgelegt, und 
vier zylinderförmige Spiralen aus feinem Silberdraht in ab- 
wechselnder Reihenfolge vom 2 -förmigen Ende an. Die 
kleinere Hälfte des Binges ist frei. Der Haken des zweiten 
Binges ist nach der entgegengesetzten Seite abgebogen, so 
daß der eine Bing zum Tragen für die rechte, der andere 
für die linke Seite berechnet worden ist. Durchmesser 



*) War 1880 mit in Berlin auf der Ausstellung vorgeschicht- 
licher Altertümer. 



282 IHe vor- IL fnihgeschichtL Fände der Grafschaft Cam 

beider Binge gleich, 6,2 cm im Lichten. Si&rke des Drahtes 
2 mm, Breite der Perle 1,2 cm, Dicke 1,3 cm, Länge der 
Spiralen 1,1 — 2,1 cm. Gewicht beider Binge gleich, je 12 
Gramm. (No. 1619.)*) 

Aaßerdem worden 11 kleinere Schläfenringe (Fig. 
104 — 108) gesammelt, die bekanntlich die Slayen in der 
Ohrgegend an einem xxm den Kopf gelegten, ledernen Stirn- 
riemen trugen, einzeln oder paarweise, in größerer ZahL 
6 waren aus Silber, 5 aus Bronzedraht. 




Qo 



Fig. 104. Fig. 105. Fig. 106. Fig. 107. Fig. 108. 

Schläfenring (Fig. 104) aus Silberdraht, mittelgroß, Durch- 
messer im Lichten 3^ cm. Drahtstärke 1^ mm. (No. 1520.) 

Schläfenrine (Fie. 105) aus fironze, mit Patina überzogen, 
mittelgroß, in 2 Stücke gebrochen, Durchmesser im Lichten ca. 3,0 cm. 
Drahtstärke 2 mm. (No. 1521.) 

Schläfen ring aus Silber, mittelgroß, von dem 2 -förmige 
Ende fehlt ein Stück. Durchmesser im Lichten 2ß cm. Drahtstärke 
2 mm. (No. 1522.) 

Schläfen ring aus Silber, in drei Teile zerbrochen, mittelgroß, 
Durchmesser im Lichten ca. 2,5 cm, Drahtstärke 1^ mm. (No. 1523.) 

Schläfen ring aus Silber, in zwei Teile zerbrochen, das 
Z -förmieeEnde fehlt, mittelgroß. Drahtstärke 1^ mm. (No. 1524) 

Scnläfenring (Fig. 106) aus Bronzedraht, patiniert, weit 
offen, klein. Durchmesser im Lichten 1,5 cm. Drahtstärke 1^ mm. 
(No. 1525.) 

Schläfenring (Fig. 107) aus Bronzedraht, patiniert, Enden 
wenig übereinander D^end, klein. Durchmesser im Lichten 1,9 cm. 
Drahtstärke 1,5 mm. (No. 1526.) 

Schläfenring aus Silber, sehr klein, Enden andnander 
li^end. Von der 8 -förmigen Schleife fehlt ein Stück. Durchmesser im 
Liditen 1,1 cm. Drahtstärke 1^ mm. (No. 1527.) 

Schläfen ring (F\g. 106) aus Silber, sehr klein, in zwd Teile 
gebrochen, S-förmiges Ende abgebrochen. Drahtstärke 1,1 mm. 
(No. 1528.) 

Schläfenring aus Bronze, patiniert, mittelgroß, von der 



*) Waren 1880 mit in Berlin auf der Ausstellung yorgeschicht- 
licher Altertümer. 



Die vor- u. frühgeechichtL Fnnde der Grafschaft Gamburg. 283 

2 -förmigen Schleife fehlt ein TeiL Durchmesser im Lichten 2^ cm. 
Drahtetärke ly8 mm. (No. 1529.) 

Sehr kleiner Schläfenrinj^ aus relativ dickem Bronzedraht, 
die Z Schleife fehlt zum großen Teil. Drahtstarke 2fi mm. Durch- 
messer im Lichten 0,8 cm. (No. 1533.) 

Von 5 weiteren kleineren und mittelgroßen Bingen 
ist nicht sicher mehr zu sagen, wo und wie sie getragen 
wurden. Von einem kleineren wissen wir, daß er in der 
Hüffcgegend lag. 





O o 



Fig. 109. V,. Fig. 110. V,. Fig. 111. V.. Fig. 112. V,. 

Mittelgroßer Bing (Fig. 109) aus Bronzedraht, patiniert, ver- 
bogen, das eine Ende etwas platt gehämmert und eingerollt. Durch- 
messer im Lichten ca. 2,5 cm. (STo. 1530.) 

Mittelgroßer Bing (Fi^. 110) aus Bronzedraht, patiniert, vier- 
kantig, das eine Ende zu emer Schleife umgebogen, das andere in 
die Sdbleife eingreifende Ende abgebrochen. Durchmesser im Lichten 
2,5 cm. (No. 1531.) 

Kleiner ovaler Bing aus Bronzedraht, patiniert, einzelne Stellen 
mit braunem Bost inkrustiert, die Enden äbereinander gebogen. 
Drahtstarke 2,1 mm. (No. 1532.) 

Kleiner; offener Bronze ring (Fig. 111), patiniert, Durchmesser 
im Lichten Iß cm, relativ starker Dnmt 2,0 mm. (No. 1534). 

Sehr kleiner, offener Brenz er ine (Fig. 112), patiniert, von 
relativ starkem Draht Durdmiesser im Ochten 0,9 mm. Drahtstärke 
2,0 mm. (No. 1535.) 

Eine eiserne Sohnalle (Fig. 118), in Bruchstücken, ver- 
rostet, mittelgroß (No. 1536) lag zusammen mit einem kleinen, 
zylinderförmig gerollten, starken Bronzeblech (Bronze- 
perle ? Fig. 114), 1,3 cm lang, in der Beckengegend einer 
erwachsenen Person. (No. 1637.) 




Fig. 113. V,. Fig. 114. V,. 



284 ^0 ▼of- ^ frfihgwchichtL Funde der Grafschaft Gambarg. 

In der Halsgegend worden hier und da bei Erwachsenen 
und Kindern Glasperlen gefanden, einzeln oder mehrere 
Stück bei einander. Die Glasperlen hatten doppeltkonische 
Eorm (Fig. 115, 116, 117), oder sie waren breit faßförmig 
(Fig. 118), platt kugelförmig (Fig. 119), zylinderfiSrmig 
(Fig. 120 — 124). Die langen, zylinderförmigen hatten im 
Querschnitt Stemform. Die Farbe der Perlen ist schwärz^ 
lieh, grünlich, rotbraun, blau, durchsichtig oder undurck» 
sichtig. Einige sind mehrfarbig, gefleckt, eine Perle ist mit 
einer zackigen Glasauflage geziert (Fig. 115). 

Bei allen zylinderförmigen Glasperlen ist das Schnur- 
loch innen ausgekleidet mit einer sehr dünnen, mit grüner 
Patina überzogenen Metallschicht (Bronze). Bei einzelnen 
durchbrochenen Stücken (Fig. 121a) ist das Glas abgesprengt 
und die sehr feine Blechplatte isoliert sichtbar. Bei genauer 
Betrachtung der Struktur der Glasschicht (Fig. 123) sieht 
man femer eine Summe einzeln übereinander liegender 
Flächen. Diese beiden Beobachtungen geben einen Aufschluß 
über die Herstellung der Perlen. Man fertigte erst dünne^ 
metallene Hohlzylinder, umwickelte diese eine Reihe mal 
mit einem sehr fein ausgezogenen Glasband und drückte 
in die noch weiche Glasmasse vier Längsfurchen. 

Perlen von Halsketten. (No. 1517.)*) 







© 

Fig. 115. Vi. Fig. 116. Vi. Fig. 117. Vi* Fig. 118. Fig. 119. Vi- 

a) Große Perle (Fig. 115) mit weitem Schnurloch von annähernd 
doppelkonischer Form aus schwärzlichem, undurchsichtigem Glas- 
fluß. Auf die Außenfläche ist ein gelblichweißes Giiästäbchen 
in unr^lmäßige Zacken gelegt aufgeschmolzen. Durchmesser 
der Perle 1,5 cm, Dicke 1,0 cm, Schnurlochweite 0,6 cm. 

b) Mittelgroße Perle (Fig. 116) von doppelkonisc^er Form au& 
schwärzlichem, undurchsichtigem Glasfluß. Auf der Außenfläche 
Tier große auswendig weiße, mit hellblauen Zentren versehene, 



*) Waren 1880 mit in Berlin zur Ausstellung vorgeschichtlicher 
Altertümer. 



Die Yor- u. frühgeschichtL Funde der Qnfochaft Gambiu^. 285 

kreisförmige Flecken in iinre&;elmSßigen Abständen. Schnurloch 
kreisrund, beiderseits ilachtricnterförmig. Durchmesser der Perle 
1,1 cm, Dicke 0,8 cm, Schnurloch weite 0,3 cm. 

c) Mittelgroße doppelkonische Perle (Fig. 117) ans malachitgrünem, 
undnichsichtigem Glasfluß. 1,0 cm Dorchmesser, 0,8 cm Dicke, 
Schnurloch l^eisrund, 0,3 cm weit. 

d) Mittelgroße, schmale Perle (Fig. 118), breit faßförmig, von rot- 
braunem, undurchsichtigem Glasfluß. Die Seitenflächen senken 
sich flach trichterförmig zum kreisrunden Schnurloch. Durch- 
messer 1,1 cm, Dicke 0,5 cm, Schnurlochweite 0,3 cm. 

e) Kleine, blaue, durchsichtige Glasperle (Fig. 119), platt kugelförmig. 
0,5 cm Durdunesser, 0,^ cm Dicke, Schnurlochweite 0,1 cm. 





Fig. 120. V,. 



Fig. 121. V.. 



Fig. 121a. V,. 



f) Lange, zylinderförmige Perle (Fig. 120) von durchsichtigem, 
grünlichem Glas mit vier tiefen Langsfurchen, so daß die rerle 
aus vier um das Schnurloch gellten Wülsten zusammengesetzt 
erscheint, der Querschnitt infolgedessen stemartig. Durchmesser 
0,7 cm, Länge 2,1 cm, Schnnrloch kreisrund, 0,2 cm Schnur- 
lochwate. 

g) Lange, zylinderförmige Perle (Fig. 121) von durchsichtigem, 
grünlichem Glas, durch vier Langsfurchen in vier Wülste ge- 
sondert, Querschnitt sternförmig. Durchmesse 0,9 cm, Länge 
2,5 cm, Schnurloch kreisrund, 0,2 cm Schnurloch weite. Ean 
Brudistück dieser Perle (Fig. 121a] zeigt die innere Auskleidung 
des Schnurlochs mit einer sehr dünnen Bronzeschicht. 




Fig. 122. ^\. 



Fig. 123. Vi. 



Fig. 124. 



h) Lange, olivenförmige Perle (Fig. 122) von durchsichtigem Glas, 
die eine Half te bläulich, die andere grünlich, durch vier Längs- 
furchen vierwubtig geformt. Gr. Durchmesser 1,1 cm, Länge 
2,4 cm, Schnurloch breisrund, 0,2 cm weit. 

i) Hälfte einer lan^n, zylinderförmigen Perle (Fig. 123) von durch 
sichtigem, grünlichem Glas, vier tiefe Längsfurchen, Querschnitt 
stemtörmig, kreisrundes Schnurloch, Dicke 1,1 cm. Zwei wulst- 
förmige Bruchstücke derselben Perle angehörig. 

k) Bruchstücke einer mittelgroßen, zylinderförmigen Perle (Fig. 124) 
aus grünlichem Glas, vier LIngsfurchen mit abgerundeten Enden» 



286 I^ ▼or- n. frfiligeBchichÜ. Funde der Grafschaft Cambnrg. 

Nicht alle Skelette hatten^ Beigaben, einzelne dagegen 

mehrerlei. Die Notizen von den Ausgrabungen am 13. 

Oktober 1871 berichten darüber: 

1 Frauenskelett mit Messer von Eisen, zur Linken neben 
dem Vorderarm ein paar Fluüsteine. 

1 Kind mit silbernen Ohrringen, Glasperle. 

Die Ausgrabungen am 6. 7. 8. Mai 1872: ^ 

1 erwachsene Person mit kleinem Bronzering in der Hüften- 
gegend, ein etwas größerer Bronzering unter dem Kopfe 
zur rechten Seite, in der Mitte ein Messer. 

1 Kind mit zwei silbernen, kleinen Ohrringen, Bronzeperle 
und Bemsteinperle, kleinem Reibstein. 

1 Kind, dabei länglich geteilter Schleifstein. 

1 Erwachsener, Messer zur Linken. 

1 alte Person, Ohrring von Bronze. 

1 erwachsene Person, in der Beckengegend Beste einer 
eisernen Schnalle und eine lange Bronzeperle. 

1 Kind, am Kopf ein Hahnenskelett, zu Füßen ein Eimer. 

1 erwachsene Person, ein eisernes Messer mit Holzspuren 
am Griflf. 

1 Skelett, bei der linken Hand ein Messer. 

1 Skelett, bei der rechten Hand eine Nadel; ein Eimer. 

1 Skelett mit Messer in der rechten Hand. 

1 Skelett mit Messer in der linken Hand, am Halse drei Perlen. 

1 Skelett mit Messer in der rechten Hand. 

1 Kind, beim Schädel drei Perlen. 

1 Skelett, beim Schädel zwei Ohrringe; ein Eimerhenkel. 

1 Skelett mit Messer in der Linken. 

1 weibliches Skelett mit Perlenbruchstücken an der linken 
Halsseite. 

1 männliches Skelett mit Messer in der Rechten. 

1 Skelett mit Messer in der Linken. 



Das von Klopfieisch sorgsamst gesammelte, große 
Material an Skelettresten ist bisher nur zu einem 



Die Yor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 287 

kleinen Teil wissenschaftlich verwertet worden. 1880 waren 
es nnr 6 Schädel, die, fast unversehrt dem Boden entnommen, 
zur Ausstellung vorgeschichtlicher Altertümer nach Berlin 
gesandt wurden, und Virchow stellte auch nur an diesen 
bei Oelegenheit der allgemeinen Anthropologenversammlung 
zu Jena 1876 seine Messungen an. Im vergangenen Jahre 
habe ich nun das gesamte Knochenmaterial gereinigt, ge- 
ordnet und die Schädel mit gütiger Unterstützung des 
Herrn Zahnarztes Hahn in Jena, soweit es möglich 
war, zusammengesetzt. Die Schädel und Schädelreste 
gaben die wichtigsten Anhaltepunkte zur nachträglichen, 
näheren Bestimmung der hier Beerdigten nach Geschlecht 
und Alter. Wir erinnern uns daran, daß größeres Volumen, 
größere Derbheit der Knochen, kräftigere Entwickelung der 
den Muskeln zum Anheft;en dienenden Knochenhöcker und 
Leisten besonders am Hinterhaupt, knochigeres Gesicht mit 
wulstigeren Umrahmungen der Augenhöhlen, tiefen Fossae 
caninae, größere Zähne, massiverer Unterkiefer, kräftigeres 
Gebiß den männlichen Schädel gegenüber den weiblichen 
charakterisiert. Ganz besonderen Wert lege ich auf die 
genaue Untersuchung der Zähne. Sie sind oft der einzige' 
wissenschaftlich brauchbare Körperüberrest, während das 
übrige Skelett morsch unter unseren Händen beim Aus- 
graben zerfallt. Aus ihrem Erhaltungszustand, der Art 
ihrer Entwickelung, ihrem Bau, ihrer Stellung können eine 
ganze Eeihe von Schlüssen gezogen werden auf das Ge- 
schlecht, auf das Alter, auf die Ernährungsweise ihrer Besitzer, 
um einem weiteren Kreise die Möglichkeit einer selb- 
ständigen Beurteilung der Schädel zu ermöglichen, habe 
ich in der photographischen Abteilung der Firma Zeiss in 
Jena Photographien derselben anfertigen lassen. Die Bilder 
sind alle in demselben Verhältnis 1 : 4 der natürlichen Größe 
mit einem sehr großen Apparat in weitem Abstand vom 
Original aufgenommen worden, so daß eine Verzeichnung 
so gut wie ausgeschlossen ist Sie sind so scharf, daß jede 



288 ^^ ▼OT- ^ frOhgeechichiL Fonde der GralBchaft Camburg. 

Einselbeit am Knoohen auf das deutlichste hervortritt. Auf 
die gleiohm&tige Aufstellung der Schädel beim Photogra- 
phieren wurde besondere Acht gegeben. Sie sind allesamt 
in die deutsche Horizontalebene eingerichtet photographiert, 
d. h. in die Ebene, welche bestimmt wird durch 2 Grade, 
die beiderseits den tie&ten Punkt des unteren Augen- 
höhlenrandes mit dem senkrecht über der Mitte der Ohr- 
dfhung liegenden Punkt des oberen Randes des knöchernen 
Oehörganges yerbinden. 



Im ganzen sind es 56 Personen, die hier ausgegraben 
worden sind, und deren Skelettreste wir im Germanischen 
Museum haben, und zwar: 

im ersten Kindesalter verstorbener (bis Ende des 
6. Lebensjahres gerechnet): 8 (No. 16. 17. 26. 32. 33. 
63. 64. 66); 
im zweiten Kindesalter (vom 7. bis Ende des 

13. Jahres): 1 (No. 62); 
im Jugendalter (vom 14. — 26. Jahr): 7 (No. 1. 2. 

10. 16. 26. 41. 46); 
im Greisenalter (über 60 Jahr) mit Sicherheit 1 ; 
die übrigen 28 gehören dem kräftigen erwachsenen 
(26. — 40. Jahr) und reifen Alter an (40.— 60. Jahr). 
Von diesen sind weiblichen Geschlechts 22, männlichen 
Geschlechts 17. Die übrigen sind unbestimmbar. 

Wissenschaftlich verwertbar sind heute nach der Zu- 
sammensetzung 24 Schädel. Ein flüchtiger XTeberblick sagt 
uns, daß es fast durchgängig Schmalgesichter sind, lange, 
relativ schmale und verhältnismäßig hohe Schädel. Die einen 
(Fig. 126) im Bau, in ihrem Profil ebenmäflig, andere (Fig. 129) 
starkknochig, mit kräftigen Augenbrauenwülsten, Sattelnase, 
hervortretenden Backenknochen und starker PrognathiiB, d. h. 
die Ober- und Unterkieferzahnreihe ist stark schnauzenartig 
nach vom gezogen. Das Extrem von Prognathie zeigt der 
Schädel eines 14-jährigen Mädchens (Eig. 126), der inter- 



Die Yor- a. frühgeechichiL Funde der GrtfiBehaf t Oambnrg. 289 

national berühmt gewordenen „Gamborger Jungfrau". 
Einige der Schädel haben sehr hohe Unterkiefer, auch ist 
das Mittelstücky das die Schneidezähne enthält, sehr breit. 
Stellenweise ist die Einnbildung eine sehr starke, durchweg 
aber steht die Bildung im Gegensatz zur progenäischen 
Form, d. h. trotz der starken Ausbildung des Kinns schiebt 
sich die Eiefergegend gleichzeitig nach vorne. Das gibt 
einen stark eingebogenen Unterkiefer, an dem sowohl 
das Kinn als die Zahngegend hervortreten. Die Differenz 
in der Kieferwinkeldistanz ist eine sehr grolSe. Bei den 
Männern beträgt diese Distanz im Mittel 92,5 mm, bei den 
Frauen 94,5; in mittlerer Summe 93,8. Die Zähne sind 
im ganzen sehr gut, kräftig, blendend weiß ; nur ausnahms- 
weise mit Zahnstein besetzt. Einige Personen haben aller- 
dings Garies der Zähne, vereinzelt auch sehen wir einige 
Fistelöffnungen und Spuren gewaltsamer Extraktionen 
während des Lebens. Ein Schädel (Fig. 128) hatte fünf 
untere Schneidezähne. 

Als interessant seien hier erwähnt 2 Schädel mit voll- 
ständig erhaltener St im naht (Fig. 134, 143) und 2 Schädel, 
welche einen Processus frontalis squamae tem- 
poral is aufweisen (Fig. 144, 145), Exemplare von solcher 
Güte, „wie sie", nach Virchows Ausspruch „vielleicht kein 
anderes Museum an deutschen Schädeln zu zeigen im stände 
ist". Es sind dies Schädel, bei welchen die Schuppe des 
Schläfenbeins unmittelbar an das Stirnbein anstößt dadurch, 
daß die Schläfenschuppe einen Fortsatz von hinten her so 
weit vorschiebt, daß die Verbindung zwischen Keilbeinflügel 
und Seitenwandbeinwinkel unterbrochen wird, eine Eigen- 
tümlichkeit der höheren Affen. Fig. 145 ist das Bild des 
Schädels eines etwa 1 */, -jährigen Kindes (1590). Bei 
Fig. 144, dem Schädel einer Erwachsenen (1591), ist ein 
Processus frontalis incompletus, wo die Schläfenschuppe 
nicht ganz an das Stirnbein reicht, aber doch einen Vor- 
sprung bildet, der so groß ist, daß nur noch ein kleiner 



290 ^^^ ^o^~ ^* frühgeechichÜ. Funde der Grafechaft Cambuig. 

Zwischenraum übrig geblieben ist. Eine zweite Eigentum- 
licbkeit desselben ist eine ungemein starke Vorschiebung 
des Kiefers, ein zweites Merkmal niederer Basse. Im ganzen 
ist dieser Schädel ziemlich groß und gut entwickelt. 

Chirurgisch interessant ist eine einzelne linke Tibia 
mit geheilter Eraktur. Der Bruch verlief schräg, beinahe 
in der Mitte des Knochens. Das untere Stück ist medial- 
wärts etwas disloziert. 



Im folgenden gebe ich eine genaue Beechreibune des gesamten 
Camburger Bkelettmateriids. Ich folge dabei den aiu den Knochen 
mit Tinte oder Blei notierten Buchstaben und Zahlen und den 
kleinen Zetteln, die den einzelnen Knochen beilagen. Diese geben 
die B.eihenfolge an, in der die Toten zu Tage gefördert wurden. 
Ueber die als A und B bezeichneten Ausgrabungen Klopfleischs be- 
sitzen wir keine speziellen Tagebuchnotizen. Was von den Aus- 
grabungen C, D, E, F an Einzelheiten in Klopfleischs Büchern an- 
gegeben worden ist, ist bei den betreffenden Nummern bemerkt. 

A. Erste Ausgrabung. 

1) „A." Kräftige Person unter 20 Jahren. 

Nur erhalten die linke Hälfte des Stirnbeins und der kräftige 
Unterkiefer mit allen Zähnen. Weisheitszähne noch nicht vorhanden* 
Abkauung der Zähne horizontal. 

2) „A.** Weibliche Person. 

Bechte Oberkieferhälfte des Schädels. Weisheitszahnpartie ab- 

febrochen. Die vorhandenen Zähne klein, gut erhalten, mcht abge- 
aut. Fossa canina tief. 

8) „A3." Weibliche Person von 25—40 Jahren. 

Sehr gut erhaltener vollständiger Schädel Fie. 125. 

Unterkiefer mittelgroß, zierlich, stärkere Muskelansätze ; Kieferast 
eher dünn, liegend, Kieferwinkel 135*'. Distanz der Kieferwinkel 
10,0 cm. Gelen^fortsätze kleio, Gelenkachsen schräg gestellt; Proc. 
coronoid. klein, Incisur flach; unterer Band des Unterkieferkörper» 
dick, ausgeschwdft; Kinn spitz, Kinnprotuberanz stark entwickelt^ 
Aiveolarteil vollständig erhalten. 

Gebiß:*) 



*) Die arabischen Zahlen bedeuten die bleibenden Zähne und 
zwar: 



1) 1. Schneidezahn 

2) 2. 

3) Eckzahn 

4) 1. Prämolar 



5) 2. Prämolar 

6) 1. Molar 

7) 2. „ 
8)3. 



die römischen die Milchgebißzähne. ^B=im Durchbruch begriffen. 
r I ausgefallen. ( ) fehlt, Alveole oblitteriert 



Die vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 291 



8 (7) (6) 5 4 [3] 2 [1] [1] 2 3 4 5 (6) (7) [8] 



7 (6) L5] 4 3 12J 1 



LI] [2] 3 4 5 6 7 



Zahnbogen im Oberkiefer elliptiHch, im Unterkiefer ein Halbkreis, 
seschlossen; gerader Biß, scharf artikulierend; Zahnkronen klein, 
horizontal abbaut mäßigen Grades ; die relative Größe der einzelnen 
Zähne unteremander normal; am Weisheitszahn oben rechts Caries 
der Krone. 

Gaumen lang, schmal, mäßig gewölbt, sehr stark höckerig, 
Gkiumenlänge 4,6, Mittel breite 3,5, Gaumenendbreite 3,6. Leptostaphylin 





Fig. 125. V4. 
(Index 78). Alveolarfortsatz des Oberkiefers hoch, ^egen die Hori- 
zontale senkrecht gestellt ; Juga alveolaria im Unterkiefer st-ark ent- 
wickelt, oben nicht; Fossa canina flach. Wangenbein zierlich; 
Jochbogen leicht ausbauchend. Nasenhöhe 4,7, gr. Breite der Nasen- 
öffnung 2,4. Platyrrhinie (51,1). Nasenbeine schmsd, viereckig, Me- 
dionasalnaht geschlängelt; Nasenrücken im Beitenprofil eingesattelt, 
im Querschnitt hoch und schmal sewölbt; Nasenöfinung birnförmi^ ; 
Nasenstachel spitz, rechte Naseimöhlenhälfte bedeutend enger wie 
die linke durch schief verlaufende Nasenscheidewand, unterer Nasen- 
rand scharf. Orbita verhältnismäßig klein, abgerundet viereckig, 
Querachse rechts stärker abfallend wie links. Augenhöhleneingang : gr. 
Breite 3,5, horizontale Breite 3,2, gr. Höhe = Vertikalhöhe 2,9, 
Mesoconchie rindex 82). 

G^ichtsoreite JVirchow) 9,1, nach v. Holder 10,1. Jochbreite 
12,1. G^sichtshöhe ll,l, obere Gesichtshöhe 6,7, demnach im ganzen 
schmalgesichtig (Index 100), schmales Obergesicht (Index 66). Gla- 
bella wenig vorspringend, ebenso Arcus superciliares. Der Schädel ist 
dolichocephal (Index 71), orthocephal (Index 71), gerade Länge 18,4 = 
größte I^nge, Intertuoerallänge 18,3- Größte Breite 13,1, kleinste 
Stirnbreite 8,4. Gerade Höhe 13,1 = Hilfehöhe. Ohrhöhe 10,9, Hilfs- 
ohrhöhe 11,0. Länge der Schädelbasis 9,5, Breite derselben 10,4. 



292 ^Q ▼or- n. frühgeflchichü. Funde d^ Grafschaft Gambiug. 

Lange der Pars basiUriB 2,4. Foramen magnum langoyal, (gr. Lange 
3y8» gr. Breite 23), Bichtung auf Gaumen. Horizontalumfang dee 
Schädels 50,0, Sagittalumfang 37,0, vertikaler Querumfang 29,5, 
Profillänge Sß. 

Koronalnaht zum größten Tdl verwachsen, Pfeilnaht geschlängelt, 
Lambdanaht zahnreich, erscheint an der Spitze durch dm ffrofie, 
zusammenhängende Sdialtstucke gedoppelt. Hinterhauptsscnnppe 
ausgebaucht. 

Vom übrigen Körperskelett sind erhalten: 
die beiden Humeri, 

die beiden Darmbeine und das Os sacrum, dessen oberste Wirbel- 
segmente zusammen verknöchert sind, 
die beiden Femora, die beiden Ubiae und Fibulae. 

Länge des Beins vom Trochanter major bis äußere Enöchelspitze 
70 cm, Kniegelenkspalt bei 37 Vi cm, Distanz der weitesten Stelle der 
Hiiftbeinkämme 26,5 cm, der vorderen Darmbeinstachel 23,5 cm, 
gerader Durchmesser des Eingangs des kleinen Beckens 10,5 cm, 

Suerer 13 cm. Länge des Humerus vom Tuberculum majus bis 
Ipicondylus lateralis 29 cm. 

B. Zweite Ausgrabung. 
4) Grab 1. „B, 1." 14-jähriges Mädchen. 

Vollständiger, wieder zusammengesetzter Schädel No. 1572 mit 
einer affenähnlichen Prognathie Fig. 126. 





Fig. 126. V4. 

£r hat die allgemeine Aufmerksamkeit der Anthropologen 
erregt. Schaafhausen (Bonn) hat ihn eingehend untersucht und auf 
dem internationalen Kongreß in Stockholm besprochen. Herr Schaaf- 
hausen zeigte in Stockholm eine Abbildung oesselben und ein nach 
dieser Abbildung künstlerich ausgeführtes Bild. „Es waren Fleisch 
und Haare herangezeichnet, wie sie etwa, der Schädelform ent- 
sprechend, im Leben vorhanden gewesen sein konnten.** Es kam 
dieses Schädels wegen dann auf der Versammlune zu einer Aus- 
einandersetzung zwischen Herrn Schaafhausen und Virchow. Der 



Die vor- u. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 293 

«erstere erklärte die Schädelform als einen Typus einer niederen 
^Rasse, ,,einer deutschen Jungfrau der Vorzdf', wie er sich aus- 
•drückte, Virchow erklärte die fckshädeibildun^ als eine krankhafte, 
•die Jungfrau als ein Oretin urgennanischer Herkunft. 

Der Prognätlusmus dieses Schädels war so hochgradig, daß er 
„dem Schimpansen ziemlich nahe kommt, ja daß er ihm Konkurrenz 
machen kann'^ Es ist aber bei diesem Schädel nicht bloß die un- 
gewöhnliche Entwickelung der Kiefer^end, sondern zugleich die 
tiefe Lage der Nasenwurzä, die stark em^edrückte Form des Nasen- 
rückens, die Breite der Nasenöffnung, wache ihn dem Atfenschädel 
anniUiem. Trotzdem ist die Stirn ziemlich stark gewölbt. Der Schädel 
liat eine Kapazität von 1260 ccm; das ist allerdings keine mikrocephale 
Kapazität 

Auf der VII. allgemeinen Versammlung der Anthropologen zu 
Jena am 9. — 11. August 1876 kam Virchow nochmals auf aen Cretin- 
-Schädel der Jungfrau von Oamburg zu sprechen. Bei dieser Ge- 
l^nheit berichtet er von seinen Messungen der übrigen Schädel und 
iuhrt an : durchschittliche Länge der NasenwurzeUbis Ohrlochb'nie für 
die Männer 107, für die Weiber 101 3 und als Gesamtmittel 103,5 mm; 
•dag^n bei dem Cretinkopfe nur 95 mm. Die Entfernung der 
Linie vom Nasenstachel bis Ohrloch betri^ bei den Männern 106,5, 
bei den Frauen 101,7, im Gesamtmittel 103,3, bei der Oretine 99 mm. 
Es ist also bei den Männern die Basis des Schädels (Nasenwurzel bis 
Ohrloch) etwas länger ah die Entfernung vom Ohrloch bis zum 
Nasenstachel; bei den Frauen ist sie ein klein wenig kürzer; die 
Frau schiebt schon im ganzen den Nasenstachel etwaJB weiter vor. 
Oewöhnlich ist (im Mittel) die Di^erenz beider Linien sehr uner- 
heblich, aber bei der Cretine erscheint auf einmal eine Differenz von 
4 mm, um welche die Spina nasaiis weiter nach vom geschoben ist 
Die Nasenhöhe (Linie zwischen Nasenwurzel und Nasenstachel) ist 
bei den Männern 51,7, bei den Frauen 51,6, als Gesamtgröße 51,65; 
bei der Cretine^ sinkt die Zahl auf einmal bis auf 38. 

Bei dieser großen Differenz der Nasenhöhe und bei der relativ 
starken Vorschieoung der Spina nasaiis mußte der untere Teil des 
Gesichts vorrücken. Wenn man den Schädel in die horizontale 
Stellung bringt, so geht die Profillinie von dem Nasenstachel an 
nicht gerade abwärts, sondern der Zahnfortsatz des Oberkiefers macht 
nach vom einen schrägen Vorspmng, und die Zahne stdien fast 
horizontal nach vom. Hier ist eine ungewöhnliche Breite der Schneide- 
zähne vorhanden. Die Schneidezähne, namentlich die mittleren, 
stehen außer allem Verhältnisse zu der Größe der Prämolaren und 
der Backzähne. Sie sind so groß, daß die Eckzähne durch sie ganz 
aus der Reihe herausgedrängt und gar nicht zum Ausbruch gelangt 
sind. Höchst interessant ist übrigens die fast horizontale Richtung 
der schaufelförmigen Zähne. 

Der Prognathismus, der sich bei der Cretine findet, ist derselbe, 
den wir bei den Cretins aller Völker antreffen. Alle Cretins werden 
prognath, weil ihre Zunge ganz unmäßig wächst und vor und zwischen 
den Zähneu li^. 

Bei der Cretine beträgt die Kieferwinkeldistanz nur 81 nmi, 
sonst durchschnittlich bei den Camburger weiblichen Schädeln 94,5, 
dabei ist er am allerwenigsten progenäisch, d. h. das Kinn als solches 
drängt sich hier nicht heraus. 

XXU, 20 



294 ^c ^of * ^ frühgeBchichiL Funde der Grafechaft Cambuig. 

Die von mir vorgenommene Untenachang des Schädels ergibt z 
BcMdel im ganzen klein, dolichocephal, schmal- 
gesichtig, mit auffällig großen Augen, sehr starker 
alveolärer Prognathie, Unterkiefer dementsprechend kleiD^ 
zierlich. Distanz der Unterkieferwinkel 8,1, Kieterwinkel 130 ®; 
Muskelansätze mäßig entwickelt; Ast liegrad; Gelenkfortsätze klein,, 
zierlidi; Axen der Gelenkköpfe etwas scmräg gestellt; Coronoidfort- 
satz klön, Indsur flach; unterer Rand des Unterkiefers dick, wenig: 
ausgeschweift; Kinn sratz, Einnprotuberanz kräftig entwickelt. 
Alveolarteil des Unterki^ers vollständig erhalten, Juga wen^ hervor- 
tretend, Zahnbogen halb elliptisch, vergrößerte Perii^erie der Schneide- 
und Eckzähnepurtie durch die starke dentale Prognathie, Lücke - 
zwischen Schneide- und £ckzahn,größere noch zwischen Eckzahn und. 
ersten lirämoloren (Diastema). Offener Biß von den Eckzähnen an,. 
Backzähne artikulieren scharf. Die Schneidezähne des Oberkiefers^ 
bilden mit denen des Untarkiefers einen stumpfen Winkel von 113 ®. 
Zahnkronen groß; im Oberkiefer erster Molar ^ßer als der zweite,, 
mittlere untere Scii^eidezähne kleiner als die äußeren. Kaufläche der* 
oberen echten Molaren (1 und 2) mit vier Höckern, ein fünfter ist an- 
gedeutet (l^imatentypus), untere Molaren mit fünf deutlichen Höckern :: 
teilweise noch Milcn^biß, keine Abnutzung, echte Karies des zweiten« 
Milchmolar oben redits. Gebißformel: 



8 7 6 V 4 [HI] 2 1 



7 6 V IV 3 2 [1] 



1 2* m 4 V 6 7 8 



1 2 Uli] IV V 6 7 



Gamnen mesostaphylin, ziemlich flach gewölbt. Alveolarfortsatzr 
des Oberkiefers niedrig, g^en die Horizontale sehr schräg gestellt, Ju^a. 
alveolaria schwach ausgeprägt, Alveolarrand oben halbkreisfönm^,. 
Fossa canina ti^. Wangenbein zierlich, stark vortretend, schnSl 
nach hinten umbiegend, Tuberositas malaris ausgeprägt, hinterer 
Band des proc. front, des Jochbeins leicht flügeiförmig ausgezogen. 

Jochbogen zierlich, schwach ausbauchend. Nasenbeine droiec&g,. 
an das Stirnbein mit einer Spitze heranreichend. Nasenrücken breit, 
eingesattelt. Nasenöffnung abgerundet viereckig, Nasenstachd stumpf,, 
unterer Nasenrand verstrichen. 

Orbita sehr groß, breit oval, im Jochbeinteil stark nach unten 
ausbauchend, Querachse stark nach außen abfallend, untere Bänder 
stark vorspringend. Stimbeinschuppje 12 cm hoch, 11,4 größte Breite,, 
steil ^tellt, kugelig gewölbt, Stirnhöcker mäßig hervortretend, 
Glabella glatt, kerne »upraorbitalwülste, Koronalnaht wenig gezackt,. 
Pfeilnaht wcoiig gezackt; Scheitelbeinhöcker wenig ausgeprägt, Hinter- 
hauptsbein im ganzen langoval, schalenförmig, Muskelansatze wenig 
ausgeprägt, Protuberantia occipitalis mäßig entwickelt, Proc mastoi- 
deus flem, die Außen- und Unterfläche des rechten durch Patina 
grün verfärbt 

Bchädebnaße: Gerade Länge 17,7, größte Länge 18,00, Intertuberal- 
länge 18,1. 
Größte Breite 12,6, Kleinste Stirnbreite 9,7. 
Ohrhöhe 11,5, Hülfsohrhöhe 11,5. 



*) Der zweite Schneidezahn links oben im Durchbruch und stark 
palatinalwärts disloziert 



Die vor- u. MihgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 295 



Breite der Schädelbasis 10,7. 
Horizontalumfang des Schädels 49,0. 
Vertikaler Querumfang 30,2. 

G^ichtsbreite nach Virchow 8,6, nach v. Holder 10,3. 
Gkmze Gesichtshöhe 9,0, obere Gksichtshöhe 5,5. 
Nasenhöhe 3,9, größte Breite der Nasenöffnung 2,6. 
Augenhöhleneingang gr. Breite 4,1, horizontale Breite 3fi. 
gr. Höhe 3,2, vertikale Höhe 3,2. 
Gaumenlänge 4,5, Gaumen mittelbreite 3,7, Gaumen - 
endbreite 3,8. 
Der Schädel ist dolichoce^hal (70,0), schmalgesichtig (116), mit 
schmalem Obergesicht (64,0) mit sehr breiter Nase (66,(^, Chainae- 
conchie (78,0). 

Von weiteren ßkelettresten nichts vorhanden. 

5) ,,B neben Grab 1.* Ältere Frau. 

Schädel (No. 1605) ganz zertrümmert, doch läßt sich konstatieren: 
ßagittalnaht rast vollständig oblitteriert, Proc. mastoid. beiderseits 
ohne Patinaverfärbune. Der Unterkiefer grazil, Kinn spitz, vor- 
springend. Erster Molar rechts intra vitam verloren, Alveole oblit- 
teriert, der zweite Molar mit kariöser Krone, Weisheitszahn stark 
horizontal abgekaut. Zweiter Prämolar links bei Lebzdten verloren, 
Alveole oblitteriert. Kieferwinkel 132 **. 

Vom sonstigen Skelett erhalten: 

Der rechte Femur, die rechte Patella, das rechte Os ileum, 
änzelne Fußknochen. 

6) „BS 2—3,1.*' „IV B, 2—3,1." Ca. 50 Jahre alte Frau. 

Vollständiger, gut erhaltener Schädel (No. 1577) Fig. 127. 




Fig. 127. V4. 

Schädelmaße: Gerade Länge 183= größte Länge, Intertuberallänge 
18,2, größte Breite 14,0, Ueinste Stimbreite 9,6, ganze Höhe 133, 
Hilfshöhe 13,7, Ohrhöhe 11,4 = Hüfsohrhöhe, Länge der Schädelbasis 

20* 



296 1^16 VOT- ^- frühgeschichtl. Funde der Grafechaft Cambnrg. 

10,0, Breite derselben lOÄ Lange der Pars basilaris 3,0, Foramen 
magniun langoval, gr. Länge 3,8, gr. Breite 2,8, Horizontalumfang 
des Schadeis 51,5, JSagittalumfang desselben 37,1, vertikaler Quer- 
umfang 31^. 

Der Schädel ist mesocephal (Index 76) und orthocephal (Index 74). 

Gesidit schmal (Index 138), schmales Obergesicht (Index 66), 
Gesichtsbreite nach Virchow 9,3 v. Holder 103, Gesichtshöhe 11,0, 
obere Gesichtshöhe 6,2, Jochbreite 13,2. Stirn schmal, hoch, steil ge- 
stellt, kugelig gewölbt Stimhöcker mäßig entwickelt, Glabella wenig 
hervortretend, Arcus superciliares mäßig entwickelt, auf der linken 
Stimhälfte nahe der Mittellinie kleine Exostose, Augenhöhlen abge- 
rundet viereckig, Querachsen mäßig nach außen abmllend. Aueen- 
höhlenein^g gr. Breite 3,7 = horizontale Breite, gr. Höhe 3^ = 
vertikide Hone. Hypsiconchie (Index 86^ — Nasenhöhe 5,0, gr. 
Breite der Nasenöffnimg 2,6. Hyperplatyrrhinie (Index 52). Nasen- 
beine schmal, viereckig, Nasenrücxen eingesattelt, flach dachförmig. 
Nasenöffnung langoval, rechts tiefer wie links. Unterer Nasenrand 
schneidend scharfkantig. Fossa canina mäßig tief. Alveolarfortsatz 
des Oberkiefers niedrig, gegen die Horizontale gerade gestellt. 

Gebiß: 

(8) (7) 6 5 4 [31 [2] (1)1 1 (1) [2] [3] 4 5 6 (7) (8) 
[8] (7) 6* 5 4 [3] [2] [1] \ [1] [2] [3] 4 5 (6) 7 8 

Die beiden mittleren oberen Schneidezahne sind intra vitam 
extrahiert (selten I). An Stelle des 2. und 3. linken oberen Mo- 
laren ein eroßer Knochendefekt, gut verheilt, vermutlich die Folge 
einer Obemeferhöhleneiterung. Am rechten, unteren ersten Molar 
Halscaries. An dem schlechten G^biß außerdem auffällig starker 
Zahnsteinansatz. Gerader Biß, scharfe Artikulation. Zahnbogen 
halbkreisförmig, Zahnkronen groß, stark horizontal abgekaut. — 
Gaumen flach gewölbt. Am Foram. incisiv. von der (jlaumennaht 
rechtwinklig beiderseits eine kleine Naht abgehend. Gaiunenlänge 
4,5, Gaumenmittelbreite 3,4, Gaumenendbreite 3,8* Der Gamnen ist 
mesostapylin (Index 84), Profillänge 9,3. — Unterkiefer zierlich, 
Distanz der Eieferwinkel 9,6, Kieferwinkel 113 ^ Ast ziemUch steil 

f ist eilt. Band des Unterkieferkör^rs dick, geradlinig, Kinn spitz, 
rotuberanz desselben stark entwickelt. — Koronalnaht zartlmig, 
ebenso Sagittalnaht. ^/g der letzteren verknöchert. Die Sagittalnaht 
tritt leicht kielartig hervor. Lambdanaht zartlinig, wenig gezahnt. 
Schaltstücke in beiden Schenkeln. Protuberantia occipit. und Muskel- 
ansätze kräftig entwickelt. 

Vom Skelett sonst erhalten: der rechte Humerus, der rechte 
Radius, der linke Femur, die linke Tibia und das vollständige Becken. 

7) „B 7,, 2." Erwachsener Mann über 40 Jahr alt. 

Scnädel beinahe vollständig (No. 1574). Es fehlt rechtes Schläfen- 
bein, Hinterhauptsbein. Fig. 128. Der Schädel ist dolidiocephal 
(Index ca. 73,0), eben noch als schmalgesichtig zu bezeichnen (Index 91), 
während das Obergesicht breit ist (Index 53,0). Größte Breite des 
Schädels 13,8, kleinste Stimbreite 9,7. Ohrhöhe 11,8, Hüfsohrhöhe 12,0. 

Unterkiefer groß, massiv, Distanz der Kieferwinkel 10,5, kräftige 
Muskelansätze, Kieferwinkel wenig stumpf 112°, die zum Ftoo. 
coronoid. aufsteigende Kante sehr steil, kleiner wie im rechten 
Winkel, Proc. coronoid. groß, unterer Band des Unterkieferkörpers 



Die vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 297 



dick, stark ausgeschweift Kinn stumpf, Kinnprotuberanz mäßig 
entwickelt. Alveolarteil vollständig erhalten. 




Fig. 128. V4. 



Gebiß: 



[8] 7 6* 5 4 3 2 1 



1 2 3 4 5 6 7 



[1] 2 3 4 5 6 7 8 



[8] 7 6 5 4 3 2 [1] 

Erster Molar rechts oben durch Karies zu Grunde gegangen, 
nur palatinale Wurzel da. Es waren fünf untere Schneidezanne da 
in normaler Stellung. Zahnbogen im Unterkiefer halb elliptisch über 
die kleinere Achse hinaus fortgesetzt, im Oberkiefer halbkreisförmig, 
nicht eng j^chlossen; normaler Biß, scharf artikulierend; ZaJm- 
krönen groß, relative Größe der einzelnen normal, mäßig horizontal 
abgekaut; der linke obere Weißheitszahn nicht durchgebrochen, 
mcnt angedeutet. Gaumenmittelbreite 4,2, Gaumenend breite 4,7, 
Gaumenlänge 5,1. Gaumen brachystaphylin (Index 92), mäßig ge- 
wölbt. Alveolarfortsatz des Oberkiefers hoch, gc^en die Horizontale 
schräg gestellt (mittlerer Grad der Prognathie). Juga alveolaria stark 
ausgeprägt, besonders am Eckzahn des Oberkiefers. Fossa canina 
sehr tief. Wangenbein massiv, stark nach vorn vortretend, in weitem 
Bogen mnbiegend, hinterer Band des Proc. frontal, des Jochbeins 
flüeelförmie nach oben ausgezogen. Jochbogen massiv, weit ab- 
stehend. Nasenbeine schmal, viereckig, Medionasalnaht ganz oblit- 
teriert, Nasenrücken eingesattelt, steil dachförmig, Nasenöffnung 
lauTOval, schmal, Nasenstachel mäßig hervortretend, unterer Nasen- 
rana scharfkantig. Nasenhöhe 4,5, gr. Breite der Nasenöffnung 2,4, 
Platyrrhinie (Index 53,0). Orbita verMltnismäßig klein, niedrig, vier- 
eckig, Querachse sehr wenig nach außen abfallend, Cribra in der Mitte 
des Orbitaldachs. Augenhöhleneingang gr. Breite 3,8, horizontale 
Breite 3,7, er. Höhe 3,0, Vertikalhöhe 3,0. Chamaeconchie (Index 78). 

Gesi<£tsbreite nach Virchow 9.3, nach v. Holder 12,0, Joch- 
breite 14,0. Gesichtshöhe 11,0, obere (Jesichtshöhe 6,4. Stirn hoch 



298 ^^0 ▼or- Q. frfihgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 



gewölbt, relativ schmal, Glabella und Arcus superciliares krfifti^. 
Koronalnaht zackenreich, die einzelnen Zacken stark verästelt Die 
8agittalnaht auf der Höhe des Sdieitels kielartig hervortretend. 
8tirnbeinhöcker mäßig, Scheitelbeinhöcker gar nicht hervortretend. 
Im rechten Schenkel der Lambdanaht ein Schaltknochen. Proc. 
mastoid. groß. 

Vom übrig^ Skelett sind erhalten: 

Der linke numerus, das rechte und linke Darmbein, der rechte 
Oberschenkel, die rechte Tibia. 

8) „BNo. 3*. Frau mittleren Alters. 

Fast vollständig erhaltener Schädel (No. 1595) Fig. 129. Hintere 
Kopfhälfte etwas na£h rechts gedrückt. Glicht sehr schmal. Kopf- 
durchmesser von vom nach hmten sehr lang. 




Fig. 129. % 

Gerade Län^e 19,4 = größte Länge. Intertuberallänge 18,8. 
Gesichtsbreite 12,9, kleinste ötirnbreite 9,3. Ohrhöhe 11,6. Hilfs- 
ohrhöhe 11,7. Breite der Schädelbasis 10,8. Horizontalumlang 51^. 
Sagittalumfang 37,0. Vertikaler Querumfang 30,5. Der Schädel ist 
doRchocephal (Index 66). 

Gesichtshöhe 11,4, Gesichtsbreite (Virchow) 9,7, nach v. Holder 
10,4; obere Gesichtshöhe 6,85. Öchmalgesichtigkeit (Index 117); 
schmales Obergesicht (Index 70). Stirnhöcker stark entwickelt, auf 
dem rechten kleine Exostose. Glabella überhängend vorgewulstet, 
Supraorbitalwülste mittelstark. — Augenhöhleneingang breit viereckig, 
abgerundet, gr. Breite 4,0, horizontale Breite 3,8, gr. Höhe 3,1 =^ 
Vertikalhöhe. Chamäkonchie (Index 77). — Nasenrücken tief ein- 
gesattelt, Nasenhöhe 4,6, gr. Breite der Nasenöffnuog 2,3. Mesorrhinie 
50. Wangenbeine seitlich gestellt. Alveolarfortsatz des Oberkiefers 
lang. Gebiß : 



[8] 7 6 5 4 3 2 1 


1 2 3 4 5 6 7 1 8_ 


8 76543 2 1 


[IJ 2 3 4 5 6 7 [8] 



Die vor- u. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 299 



Keine Caries, kein Zahnstein. Zahne sehr gedrangt stehend, 
obere Yorderzähne fast dachzie^elförmig an einander. An den Eck- 
zähnen Gebiß oben und unten wmklig umbiegend. Zahnkronen klein, 
mäßig schräg abgekaut Die Vorderzähne überbeißend, Backzähne 
«charf, gerade aufbeißend. — Kinn breit, geradlinig, sehr stark vor- 
springend, eckig umbiegend. Unterer Band des Kieferkörpers mittel- 
•dick. Kieferwinkel 124^, Distanz der beiden 10 cm. — Gaumen 
hochgewölbt, schmal, mittlere Breite 3,7. 

Nähte feinlinig, reichlich gezackt Sagittalnaht im letzten Teil 
oblitteriert, zu beiden Seiten dieses Stückes zwei Foramina parietalia. 
Am Lambda schaltbeinförmiges Knochenstück mit der Spitze der 
Occipdtalschuppe fest verwac&en. Muskelansätze auf der Schuppe 
•des Hinterhaupts mäßig hervortretend. 

Vom Skelett sonst erhalten: 

Der linke Femur, lang, schlank; die rechte Patella, zwei Finger- 
knochen, der Epistropheus. 

^) ,3 3, la". Frau mittlerer Jahre. 

Vom Schädel (No. 1593) ist nur erhalten die Hinterhaupts- 
«chupne, das linke Schläfenbein, das Gesicht mit Ausnahme der 
Umgebung des rechten Auges, der Unterkiefer bis auf den rechten 
Ast Fig. 130. 




Fig. 130. V4. 

Gesicht schmal (Index 13,3). Gesichtsbreite (Virchow) 8,6, ganze 
Oesichtshöhe 11,0, obere Gesichtshöhe 6,3, schmales Obergesicht 
<Index 78). Glabella flach. Nasenrücken flach konkav, Nasenbeine 
viereckig. Nasenhöhe 4,6, er. Breite der Nasenöffnung 2,4. Platyr- 
rhinie (Index 53). Augenhöhleneingang gr. Breite 3,5, horizontale 
Breite 3,45, gr.Höhe 3,45, Vertikalhöhe 3,5. Hypsikonchie (Index 98). 
i< ossa canina mäßig tief, starke alveolare und dentale Irognathie. 
Gebiß: 



[8] 7 6 5 4 3 2 1 


1 2 3 4 5 6 7 [8] 


8 [7] 6 5 4 3 [2J [IJ 


[IJ 2 3 4 5 6 7 8 



Zahnbogen parabolisch, großer medianer Zwischenraimi zwischen 
den zwei ersten oberen Schneidezähnen. Biß gerade, Vorderzähne 
etwas übergreifend. Zahnkronen wenig abgekaut, mittelgroß, enge 
Zahnhälse. Unterer Rand des Unterkieferkörpers dick, Kinn stumpf. 



300 l^ie vor- u. frühgeschichÜ. Funde der Grafschaft Cambnrg: 

Unterkieferwinkel 121°, Distanz derselben ca. 10 cm. Gaumenlan^e 
4,9, Gfiumenmittelbreite 4,2, Gaumenendbreite 3,9. Leptostaphylio 
(Index 79^. Zwei strahlenförmig von For. incisivum schräg nach 
den Schneidezahnen zu verlaufende linienartige Nähte ; querer Hinter- 
hauptswulst.' 

Vom übrigen Skelett erhalten: 

Die linke Scapula, die beiden Darmbeine, unteres Ende der 
Tibia imd des rechten Femur. 

10) ,ß 3, 3". Mann mittlerer Jahre. 

Schädel unvollständig. Vorhanden sind: Stirnbein größere 
Hälfte, beide Scheitelbeine, linkes Schläfenbein, Hinterhauptsbein^ 
kleines Stück der rechten Hälfte des Oberkiefers ohne Zähne; sehr 
breiter, kräftiger Unterkiefer, links die Molaren schräg nach außen 
stark abgekaut, rechts hintere Molarenalveolen oblitteriert. 

Vom übrigen Skelett sind erhalten: das vollständige Becken 
(hni dem Os sacrum sitzt der imterste Lendenwirbel mit seinem linken 
Fortsatz fest verwachsen auf, der rechte ist abgebrochen, nach hinten 
verschoben), die beiden Femora, die beiden "fibiae und Fibulae, der 
rechte Humerus, Ulna imd Badius. 

11) „B 3, 5". Frau in mittleren Jahren. 

Zusammengesetzter Schädel (No. 1581), fast vollständig. Fig. 
131. Im allgemeinen betrachtet ist der Schädel grazil. Stirn schmal^ 
Scheitelbeine in der Sagittalnaht winklig zusammenstoßend, kräftiges, 
wohlerhaltenes Gebiß. 




Fig. 131. % 
Gerade Länge 18,7 = größte Länge, Intertuberallänge 18,6, 
größte Breite 13,4, kleinste Stirnbreite 9,65, ganze Höhe 14,3, Hilfs- 
höhe 13,9, Ohrhöhe 11,65 = Hilf sohrhöhe. Länge der Schädelbasis 
10,5, Breite der Schädelbasis 10,2. Horizontalumfang 52,0, Sagittal- 
umfang 38,0, vertikaler Querumfang 31,5, Profillänge des Gesichts 



Die vor- n. frühgoBchichtL Funde der Grafechaft Cambuig. 301 

11,0. — Der Schädel ist demnach dolichocephal (Index 71,6), ortho- 
cephal (Index 74,0). 

Gesichtsbreite nach Virchow 9,0, Gesichtshöhe 10,9, obere Ge- 
sichtshöhe 7,1. Das Glicht ist schmal (Index 121,0), schmales 
Obergesicht (Index 78,0). Glabella flach, kaum aujfedeutete Arcus 
snperciliares. Die Augenhöhlen waren verhältnismäßig niedrig, in 
ihrer Form ovaL Nasenhöhe 4,8, größte Breite der Nasenöffnung 
3,0. Hyperplatjrrhinie (Index 62,0), unterer Nasenrand stumpfkantig, 
Nasenstachel mittellang. Gaumenlänge 5,3, Gaumenmittelbreite 4,1, 
leptostaphylin (Index 77,0). Alveolarfortsatz des Oberkiefers mittel- 
hoch, Juga alveolaria deutlich, Fossa canina flach. Gebiß: 
_8_7| 6 5 4 3 2 1 l 2 3 4 5 6 (7) (8) 



8 7 (ö) 5 4 3 2 [1] 



[11 [2] 3 4 5 [6J 7 8 



Zahnstein in geringem Grade. Zahnbogen halbkreisförmig. 
Uberbiß, scharfe Artikulation der Backenzähne, Zahnkronen mittel- 
groß; Abkauimg schräg palatinalwärts abfallend. Der erste Molar 
Imks oben stark abgekaut, weil er intra vitam der einzige Molar ge- 
wesen. Unterkiefer mittelgroß, an den Kieferwinkeln nach au&n 
etwas ausladend, kräftige Eßmuskeiansätze. Eieferwinkel 115 ^ 
Distanz der beiden 10,5. Unterer Rand des ünterkieferkörpers mittel- 
dick, ausgeschweift; Protuberantia mäßi^ stark, Kinn stumpf. 

Koronalnaht zahnreich, ebenso Sagittalnaht und Lambdanaht. 
Hinterhauptsschuppe mit stark entwickelten Muskdansätzen ; linker 
Proc. mastoid. klein, rechter groß, durch Patina grfin gefärbt. Foramen 
magnum langoval 2,9 breit, 3^ lang. 

Sonstige Knochenreste dieses Skeletts: 

Das vollständige Becken ohne Symphysenpartie (bemerkenswert 
ist, daß die rechte Darmbeinschaufel kleiner als die linke ist), der 
rechte Oberarm, der rechte Oberschenkel, die rechte Tibia und Fibula. 

12) „B 3, 6". Mann. 

Schädel in Bruchstücken. Stirnbein mit kammartiger Erhebung 
in der Medianlinie, beiderseits dachförmig abfallend , dabei noch 
Becken in drei Teilen mit 12 cm geradem Durchmesser im Becken- 
eingang und 14 cm quer. 

13) „Bei B 3, 6«. Weibliche Person von 18 Jahren. 

Linker Oberkiefer mit drei festsitzenden Zähnen, darunter der 
Milch-Eckzahn; der Weisheitszahn noch nicht durchgebrochen. Der 
Oberkiefer ist zierlich. 

14) „B 3,7". Frau von ungefähr 30 Jahren. 

Schädel (No. 1583) zusammengesetzt, bis auf unwesentliche 
Stücke vollständig. Im allgemeinen breites Gesicht, mehr runder Kopf. 
Fig. 132. 

Gerade Länge 19,3 — größte Länge, Intertuberallänge 19,4, 
größte Breite 14,5; kleinste Stimbreite 10,1. Ohrhöhe 12,2, Hilfs- 
ohrhöhe 123. Breite der Schadelbasis 10,8, Horizontalumfang 54,4, 
Sagittalumfang 40,5, vertikaler Querumfang 34,0. Es ist der Schädel 
also mesocephal (Index 75,2). 

G^ichtsbreite nach v. Holder 12,2, Jochbreite 13,3, G^ichts- 
höhell3) obere Gesichtshöhe 6,7. Der Schädel gehört demnach immer 
noch zu den Schmakesichtem (Index 92,0) mit schmalem Obergesicht 
(Index 54,0). Stirnhöcker deutlich, Glabella flach, Are. superciliar, 
wenig entwickelt — Augenhöhleneingang abgerundet viereckig. Quer- 



302 ^10 ^of * u* frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Cambürg. 



axe wenig nach außen geneigt. Gr. Breite 3,7 ^s horizontale Brdte; 

fr. Höhe 3,1 — VertikaSiahe. Mesokonchie (Index 83,0). — Nasen- 
öhe 4,5, gr. Breite der Nasenöffnung 2,6. Platyrrhinie (Index 57,0). 
Unterer Nasenrand verstrichen mit Andeutung von Fossa praenasalis. 




Fig. 132. V*. 

Nasenseptum nicht in der Mitte, mehr nach rechts gedrückt. Nasen- 
stachel spitz, mittellan^. Wangenbeine mehr nach vorn gestellt. 
Alveolarfortsatz des Oberkiefers niedrig; Juga alveolaria deutlich. 
Gebiß : 



8 7 6 5| 4 3 2 1 I [1] 2 3 4 (5) (6) |7_8 
8 7 6 5 4321|1 2345 678 

Zweiter Molarzahn beiderseits im Unterkiefer mit seiner Krone 
tiefer stehend. Sehr gute Zähne, Zahnkronen klein, horizontal wenig 
abgekaut; Zahnbogen parabelförmig. Biß gerade, an Yorderzahnen 
Aufbiß. — Gaumen mittelbreit — Unterkirfer hoch. Kinn breit, vor- 
springend, Protuberanz mittelgroß. Unterer Band des Kieferkörpers 
dick, ^adlinig. Unterkieferwinkel 115 ^ Distanz der beiden 10,6. 

Koronalnaht reichzackig, ßi^ttalnaht gesch1ängelt,Hinterhaupt8- 
schuppe mit mäßig stark entwickelten Muskelansätzen; Warzenfort- 
sätze lang, relativ schmal. 

Vom übrigen Skelett sind erhalten: 

Das vollständige Becken, ein Lendenwirbel, der linke Femur, 
die unke Tibia und Fibula, der rechte und linke Humerus, der linke 
ftadius und die halbe Ulna, das linke Schulterblatt, die rechte 
Clavicula, Atlas und Epistropheus. 

15) „B 3, 8 (ay. Alter Mann. 

Vom Schädel (No. 1594) nur erhalten Oberkiefer und Unter- 
kiefer. Gesichtsbreite 9,3, gr. Breite der Nasenöffnung 2,4. Fossa 
canina mitteltief, Alveolarfortsatz des Oberkiefers hoch. Gebiß: 



Die vor- u. frühgeBchichtL Funde der Grafechaft Camburg. 303 

(8) (7) (6) 5 [41 [3] 2 [1] 1 [1] 2 3 4 [5] (6)| [7] [8] 
(8) 7 6 5 [4] [3] 2 1 I 1 2 3 4 5 6 7 (8) 

Im IJDterkiefer rechts sind die Molaren 6 und 7 stark verlängert, 
weil Antagonisten lange fehlen. Von links unten 6 beide kariöse 
Wurzeln erhalten, von 7 nur die mesiale kariöse Wurzel; Aufbiß 
gerade; Abkauune sehr 'stark, teilweise bis zum Zahnhals. Zahn- 
,oogen schmale Farabel. Kinn schmal, ünterldeferwinkel 115*, 
! Distanz der beiden 9,9. Gaumenlange 5,5, Gaumenmittelbreite 4,4, 
•Ganmenendbreite 4,2. Leptostaphylin (Index 76,0). 

Keine weiteren Skelettreste. 

16) ,3 3, 8 (6)". Frau mittlerer Jahre. 

Schädel in Bruchstücken: Os frontis mit deutlichen Arcus 
superciliares und GlabeUa, beide Scheitelbeine, beide Oss. temporalia, 
Os ocdpit. beschädiet; rechte Oberkieferhälfte mit 2. stark hori- 
2ontal abgekautem Molar. 3. Molar ein wurzelig, sehr klein. Vom 
Unterkiefer ist nur die Kinngegend erhalten. Der Bau des Schädcds 
ist im ganzen grazil. 

17) „B 3, 9*'. Erwachsene Person. 

Schädel in Bruchstücken: Os frontis, Ossa parietalia in einem 
Stück, Oberkiefermittelstück mit Zähnen, Hinterhauptsschuppe. Auf- 
fällig ist die Schwere der Knochen. Stirnbein mit deutlich entwickelten 
Arcus superciliares, zwei Finger breit über dem rechten Supraorbital- 
wulst quer lauf ende Delle. Hinterhauptsschuppe und die angrenzenden 
Partien der Ossa parietalia höckerig uneben. Die Parietalia stoßen 
in der Sagittalnaht flach dachförmig aneinander. Die Zähne sind 
stark schräg abgekaut, erhalten bis inklusive 2. Bicuspis, haben 
breite Kronen, sehr engen Hals. Wurzeln schwarz gefärbt, auch 
die Zahnkronen auf der Innenseite. 

Vom übrigen Körper ist das Mittelstück eines Oberschenkels 
erhalten, auch dieser Knochen fällt auf durch seine Schwere und 
höckerige Unebenheit. 

18) „B 4, 2". Frau jüngerer Jahre. 

Schädeldach vollständig erhidten (No. 1596), rechte Gesichts- 
hälfte zmn größten Teil, die rechte Unterkieferhälfte, das linke 
Schläfenbein. Fig. 133. 

Größte Länge 19,5, Intertuberallänge 19,9, größte Breite 13,5. 
HilfsohrhÖhe 14^. Horizontaler Umfang 543* Der Schädel ist 
dolichocephal (Index 69), hoch. 

Von vom betrachtet, fällt das flachdachförmige Zusammenstoßen 
der Scheltelbeine auf. Die Stimhöcker wenig ausgeprä^, Supraorbital- 
wülste wenig hervortretend. Augenhöhleneingan^ niedrie. Wangen- 
bein seitlich gestellt, eher anli^end. Fossa camna flacn. Die er- 
haltenen Zähne: 



7 6 5 4 [3] 



7 6 5 [4] 



'E 



mittelgroß, wenig abgekaut, nach schräg außen, noch kein Weisheits- 
zahn, viel Zahnstein an den oberen Zähnen, gerader Biß. Unter- 
kieferwinkel 124 <^. Nähte feinUnig gezackt. Drittes und viertes 
Fünftel der Sagittalnaht verwachsen. 
Vom übrigen Skelett erhalten : 



304 I^e ▼or- a. frühgeschichti. Funde der Grafechaft Camburg. 

Rechte Tibia, schlank; rechter Femur, schlank, groß; linke 
Darmbeinschaufel; linkes Sdiiaibein und Fibula; rechter Humerus. 




Fig. 133. V4. 

19) „B 4, 3". Kind 6. 4 Jahr alt 

Vom Schädel erhalten: Squama occipitalis, linke Oberkiefer- 
half te mit Zahnbogen, Unterkieferzahnbogen, Äste dettselben abge- 
brochen. Gebiß: 

I I [II] [TU] IV V 

V IV [III] II [I] I I II III IV V ? 

Milchzahngebiß vollständig, hinter dem linken II. Milchmolar 
ist der Keim des bleibenden ersten Molar ausgefallen. 
Kinn unterer Band geradlinig, eckig umbi^end. 

20) „B 4, 4". Jüngerer Mann. 

Schädel in Bruchstücken: Sclieitelbeine, rechtes Schläfenbein, 
linke Unterkieferhälfte mit sehr starken Zähnen, 2. Prämolar, 1. 
imd 2. Molar. 

21) ,3 5". Ein Erwachsener. 

Nur die Gehimkapsel erhalten in einem Stück: Os frontis, 
Parietalia, Occiput, Tempondia, Wespenbein. Schädel oval, Nähte 
gezackt, keine Schaltknochen. Arcus superciliares nicht hervor- 
tretend, auch Glabella nidit. Auf der rechten Höhe des rechten 
Parietale achtförmiees Loch mit glatten Bändern. Foramen mag- 
num breitoval. Außerdem sind Atlas und Epistropheus erhalten. 

ۥ Dritte Ausgrabung am 13. Oktober 1871. 

22) Kind 2, 8— 9 Jahr alt. 

Schädelreste: Os frontis in Stücken, Parietalia, Schläfenbeine, 



Die vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 305 

Hinterhaupt, alle einzeln und beschädigt. Unterkiefer fast voll- 
ständig, spitzes Kinn. Gebiß: 



6 V IV [in] 2 1 [1] [2] 



3 [IV] V 6 
4 



In der Alveole des ausgefallenen ersten Miichmolaren links ist 
der erste bleibende Bicuspis sichtbar; etwas tiefer liegend als dieser 
in der Alveole des Eckzajins der bleibende Eckzahn; erster Milch- 
molar mäßig horizontal abgekaut. 

23) „C 2". Junger Mann von 14 Jahren. 

8chädel (No. 1584^ vollständig, zusammengesetzt; im ^nzen 
breites Gesicht, rundlicher Kopf, mit stark ausgebauditer Hinter- 
hauptsschuppe. Fig. 184. 




Fig. 134. %. 

Gerade Länge 18,5, größte Länge 18,6, Intertuberallänge 18,9, 

fößte Breite 13,9, kleinste ötimbreite 10,15. Ganze Höhe 14,5, 
ilfshöhe 14,7, Ohrhöhe 11,4, Hilfsohrhöhe 11,5, Horizontalumfang 
52,3. Sagittalumfang 373, vertikaler Querumfang 31,7. Demnach ist 
der Seh fiel eben noch dolichocephal (Index 74), aber hart an der 
Grenze der Mesocephalie und chamäcephal (Index 63,0). 

Gesichtsbreite nach Virchow 9,25, nach v. Holder 11,4. Joch- 
breite 13,1, Gesichtshöhe 11,2, obere Gesichtshöhe 6,9, schmalgesichtig 
(Index 120,0), schmales Obergesicht (Index 74,0). Stimnaht in ganzer 
Länge erhalten, scharf zähni^. Auf der linken Stirn beiiuiälfte 
schwärzliche Brandflecken. Glabella wem'g gewulstet, ebenso Arcus 
superciliares. Augenhöhleneingang abgerundet viereckig. Quer- 
acnsen wenig nach außen unten geneigt. Gr. Breite 3,7 = horizontale 
Breite; gr. Höhe 3,1, Vertikalhöhe 3,2. Mesokonchie (Index 83,0). 
Nasenrücken breit, wenig eingesattelt, Nasenbeine viereckig; Nasen- 
höhe 4,8, größte Breite der Nasenöffnung 2,5. Plathyrrhinie (Index 



306 ^^ vor- u. frfihgeechichtL Funde der Grafechaft Camburg. 

52). Nasenöffnung ulmenblattförmig. Unterer Nasenrand verstricheD. 
Gkiumenlanffe 5,1 , Gaumenmittelbreite 4,4, Gbumenendbreite 4,4» 
Brachystapnylin (Index 86). Hinter dem Foramen indsivum zwei 
redhtwinklig von der Gaimiennaht abgehende Nähte. Alveolarfortsat^ 
des Oberkiefers hoch. Fossa canina liach. Profillänge des Gesichts- 
9,2. Gebiß: 



7 6 5 4 3 2 1 



7 6 5 4 UI 2 1 



12 3 4 5 6 7 



12 3 4 5 6 7 



Zahnwurzeln der Schnddezalme und des Eckzahnes sehr lauf. 
Zahnbogen in Form einer Parabel, breit Vordere Zähne überbeißenS, 
Backzähne aufbeißend. Zahnkronen mitte^^ß, nicht abgekaut. — 
Unterkieferwinkel 118^ Distanz beider 9,5. Kinn spitz. Protube- 
ranz mittelgroß. — Läoge der Schädelbasis 10,2, Breite derselben IIA 
Länge der Fars basilaris 2,9. Forameu magnum loo^yal, gr. Breite- 
3,1, gr. Länge 3,8. Hinterhauptsschuppe l^pselförmig vorspringend,. 
Muskelansätze verhältnismäßig kräftig. 

Keine weiteren Knochen vom Skelett vorhanden. E2ine Notu^ 
hierüber sagt: 

„C 2, Skelett von 1,87 m Länge, ohne Beigaben, mit auffäUig^ 
kurzen Armen, das Handwurzelgelenk beginnt am Skelett sdion 2 ZoB 
unter dem Hüftknochen.'^ 

24) „O* (3?). Erwachsene, schmalgesichtige Frau, mit- 
spitzem Kinn. 

Schädel in Bruchstücken : Os frontis mit wenig erhabenen Supra- 
Orbitalwülsten, wenig vortretender Glabella. Kleinste Stimbreite 9,0* 
Ossaparietalia. Os occipitis mit mittelstarker Protuberantia. Os temp» 
Ein stark schräg abgekauter 1. Oberkiefermolar mit Oberkieferbrucn- 
stück, von der linken Oberkieferhälfte ein Bruchstück mit Eckzahn 
und den zwei Prämolaren. Zähne gut, aber stark schräg abgekaut^ 
klein. Vom Unterkiefer Bruchstücke der linken und rechten Außen- 
seite und je dem 1. Molar. Kinnpartie ohne Zähne. Eine zu C ^ 
gdiörige Notiz sagt: 

„C 3. Frauenskelett, Länge 1,72 m, mit Messer von Eisen, zur 
Linken neoen den Vorderarmen ein paar Flußsteine beigel^f 

25) „0" (4?). Mann in mittleren Jahren. 

Schädel (No. 1582) zusammengesetzt, bis auf die mittlere Ge- 
sichtspartie vollständig, aber verschoben in der Richtung von recht» 
vom nach links hinten. Schädel im allgemeinen kräftig, schwer, mit 
auffälliger kielartiger Leiste in der Sagittalnaht, kraftiges G«biß. 
Fig. 135. 

Größte Länge 19,5, Intertuberallän^e 19,9, größte Breite 13,9, 
kleinste Stimbreite 9,9. Hilfshöhe 16,48. Horizontalumfimg 54,0, 
Sagittalumfang 40,0. Es ist also ein dolichocephaler Hochschädel. 
(Dolicocephalieindez 71,0, Hochschädelindez 84,7). 

Gesicht schmal, Stimhöcker deutlich, Glabella kräftig entwickelt, 
Arcus superciliares weniger. Nasenbeine viereckig, Nasairücken stark 
eingesattelt. — Unterer Nasenrand stumpfkantig. Alveolarfortsatz 
des Oberkiefers hoch. Gtebiß: 



8 7 16] 5 4 3 2 1 


1 2345678 


8 7 6 5 4 [3] 121 [1] 


[1] [2] 3 4 5 6 7 8 



Fast an allen Zähnen Halscaries. Zahnbogen in der Form 



Die vor- u. frOhgeschichtL Funde der Grafschaft Cambarg. 307 

einer Parabel, breit; Biß gerade, Vorderzähne überbeißend, schaofel- 
artig nach innen gestaltet, Backenzahne artikulierend, Zahnkronen 
mittelgroß, horizonüd mäßig ab^kant — Gaumenlange 5,0, Gkiumen- 
mittelbrdte 4,5, Gamnenenabreite 4,4. Brachystaphylin (Index 88,0). 
— Unterkiefer massiv, rechter Eieferwinkel stark lateralwärts aus- 
ladend, kraftige Muskelansatze. Unterer Band des Kieferkörpers 




Fig. 135. V4- 

dick, geradlinig. Kinn vorspringend, breit, Protuberantia mäßig ent- 
wickelt. Kieferwinkel 120®, Distanz der beiden 11,4. Koronalnaht 
zahnarm. ßaffittalnaht in der mittleren Strecke verknöshert. Lambda- 
naht mit mehreren kleinen Schaltstücken in beiden Asten. Hinter- 
hauptochuppe mit Inraftigen Muskelansätzen. Foramen magnum 
langoval: 3,1 breit; 4,4 lang. Breite der Schädelbasis 12,15 (ver- 
schoben), Län^e derselben 12,0. 

Keine weiteren Skelettreste jetzt vorhanden. Eine Notiz besagt : 
„C 4. Skelett von 1,70 m Länge, wohl erhalten." 

26) Kind 4. 3—4 Jahr alt. 

Vollständiges Milchzdingebiß des Unterkiefers und der linken 
Hälfte des Oberkiefers. 

I [I] [II] [IUI IV V 

V IV [111] LIll LIJ I [IJ [IIJ IUI] IV V 
Vom sonstigen Schädel nur noch das linke Jochbein erhalten. 
Unterkiefer außen durch Brand schwarz gefleckt 

D. Vierte Ausgrabung Klopf leisehs am 6. n. 7. Mai 1872 
„bei Appler^^. 

27) ,J>**. Eine erwachsene Person. 

Gehimkapsel in einem Stück: Parietalia, ein StQck der Hintcr- 
hanptsschuppe, Os frontis. Dazu lose, aber passend die Temporalia. 



308 ^1® ^<^~ u* frühgeschichtiL Fxinde der Grafschaft Cambarg. 

Es fehlen Kiefer and Gesichtsknochen. Der Schädel ist oval, die 
rechte Seite des Hinterhaapts ist platt gedrückt, Nähte gezähnt. 
Arcus supercihares, GlabeUa kaum hervortretend. 

28) „D 2". Erwachsene Person. 

Schädel in Bruchstücken, unvollständig. Os frontis, Parietaiia, 
Os occipitis, Os temporale rechts. Gehimkapsel mit rechter hinterer 
Seite stark nach Imks gedrückt. Vom Unterkiefer erhalten ein 
größeres Bruchstück der rechten Hälfte mit 



6 5 4 3 [2J [1] 1 LI] [2] 

Zähne abgekaut schräg nach unten außen, dentale Prognathie ; 
Protub. mentahs kräftig. Eine hierher gehörige Notiz berichtet: 

„D 2, am 7. Mai 1872 ausgegraben. Skelett schlecht erhalten, 
Schädel eingedrückt, Stimpartie erhalten. Lage südöstlich, Länge 
1,29 + 0,15 (Kopf j, etwas verschoben, liegend. 

In der Hüftgegend ein kleiner Bronzering, ein etwas ^Ößerer 
Bronzering unter dem Kopf zur rechten Seite; in der Mitte ein 
Messer.*' 

29) „D 3" Kind 9. 3 Jahr alt. 

Bruchstück des Stirnbeins und die Mandibula zum größten Teil. 

I 

6 V IV [III] [II] [I] I [I] [II] [III] IV V 
Kinn spitz, einige graue Brandflecken auf der Außenseite. 
„D 3. Der Kinderschädel lag ganz allein; mit zwei silbernen, 
kleinen Ohrringen, Bronzeperle und Bemsteinperle; kleiner Reibstein." 

30) „D 4" Kind 7. 5-jährig. 

Ober- und Unterkiefer. Nur Milchgebiß: 



V IV III II I 



I II III IV IV 



V IV III [II] [I] [I] [II] III IV V 6 
Unterkiefer breit, Kinn breit. 
„D 4. Dabei ein länglich geteilter Schleifstein." 

31) „D 5". Mann über 40 Jahre. 

Unterkiefer (No. 1600) sehr kräftig, hoch, dickknochig. Kinn 
spitz, vorspringend, Außenfläche des Kiefers beiderseits schwarz ge- 
fleckt. Zahne gut, groß, stark abgekaut. Links fehlen 2. und 1. 
Molar, deren Alveolen sind oblitt^nert; 3. Molar links nach vom 
gewandert und geneigt. Kondylenachsen geradlinig verlaufend. 
Kieferwinkel 125°, Distanz beider 9,3, kräftige Masseterleisten. 

Vom übrigen Schädel vorhanden Os fiontis, Ossa parietalia, 
beide Ossa temporalia. Schädel langoval, rechtes Parietale glatt ge- 
drückt, Nähte gezackt. Keine sonstigen Skeletlteile. 

Notiz zu t) 5. „Skelett eines Erwachsenen, 1,60 lang, Schädel 
schief gequetscht, auf Asche liegend, kohlige Erde auch darüber, zwei 
Fuß tief; Messer zur Linken.*' 

32) „D 6". Frau mittlerer Jahre. 

Schädel (No. 1597) im ganzen vollständig vorhanden, zusammen- 
gesetzt aber nicht genau aneinanderpassend, oer Hinterkopf verdrückt. 

Der Schädel dolichocephal. Gr. Breite 12,5, kleinste Stimbreite 
9,2. Breite der Schädelbasis 10,0. Stimhöcker deutlich. Supraorbital- 



Die vor- u. fruhgeschichtL Funde der Gra&chaft Camburg. 309 



Wülste kräftig. Glabella voi^ewulstet Gesicht schmal. Alveolare 
Prognathie, während Zähne gerade herunter stehen. Gebiß : 
7 6 5 4 3 2 [1] [1] 2 3 4 5 6 7 8 



8765432 1 [1] 2345678 

Der rechte obere Weisheitszahn fehlt noch. Gedrängte Stellung 
der Schneidezähne unten , dadurch in der Höhe unregelmäßig. Zahn- 
^krönen klein, fast nicht abgekaut. Elliptischer Zahnboffen oboi, unten 
parabolisch. Kinn spitz. Protuberanz kräftig. KiSerwinkel 111®, 
Distanz beider 9,4. Gaumen mittelhoch, Gaumenlänge 4,9, Gaumen- 
mittelbreite 4,0, Gaumenendbreite 3,8. Leptostaphylin (Index 77). 
Xiinienhafte sdiräg vom For. incisiv. nach dem Interstitium zwischen 
1. und 2. Schneioezahn verlaufende Naht rechterseitSr Nähte grob- 
zackig, am Lambda sehr großes Schaltstück. Auf der linken und 
rechten Seite, besonders auf den Scheitelbeinen schwärzliche Flecken 
von Branderde, ebenso an beiden Proc. mast. For. magn. langoval, 
3,7 zu 3,0. Protub. occipital. kräftig. 

Keine weiteren Skeiettreste. 

Notiz zu D 6. „Gleich links neben dem vorigen, 1,71 m lang. 
Arm in unregelmäßiger Lage, alte Person, Ohrring von Bronze." 

33) „D 7". Älterer Mann. 

Schädel (No. 1589) ohne Oberkiefer und Wangenbeine, unvoll- 
ständige Basis, linker Unterkiefer abgebrochen. Vig, 136. Größte 
Länge 19,0, Intertuberallänge 18.8, größte Breite 143i kleinste Stirn- 
breite 10,1, Hilfsohrhöhe 13,5, Breite der Schädelbasis 11,5, Horizontal- 




Fig. 136. % 

umfang 53,0, Sagittalumfang 38,6. Der Schädel ist dolichocephal (Index 
75). Starke Arcus superciliares. Sattelnase, mediane Nasennaht teilweise 
oblitteriert. Koronalnaht feinlinig, zahnreich. Sa^ittalnaht im hinteren 
^/r, verwachsen. Zwei Foraraina parietalia. Lamodanaht labyrinthisch 
verschlungen, großer Schaltknocnen am Lambda, Gegend des Lambda 
XXII. 21 



310 ^0 ▼or- u. frfihgeBchichtL Fände der Gra&chaft Cambuig. 



einffeBonkeD, rechte Hfilfte der Eoronakiaht und Sasittalnaht flach 
dachförmig hervortretend. Kräftige Muskelinsertionsreisten auf der 
Hinterhauptsschuppe. Unterkieferwinkei lateralwärts ausladend, 110*. 
Unterer Uand des ünterkieferkörp^ dick, geradlinig. Kinn sdir 
brdt, eckiff umbiegend, Spina mentalis interna eedoppelt Zahnbogen 
parabolisch. Zahnkronen nicht abgekaut Geoiß im Unterkiefer: 



(8) (7) 6 15] 4 13] [2] [1] 



[1] [2] [3] 4 [5] [6] 7 



Von 6 steht nur noch die kariöse mesiale Wurzel mit FisteL 
Beginnende Caries des Halses des 2. linken Mohiren. 

Keine weiteren Skelettreste. 

Notiz zu D 7. Jöut erhaltener? Schädel, Skelett 1,70 lang, 
ohne Beigaben, ein Scherben.'^ 

34) „D 8'*. Junger Mann, über 20 Jahre alt 

Vollständiger, sehr gut erhaltener Sdiädd (No. 1586), auffallig 
hoch und groß. Stirn, Wangenbeine, Unterkiefer, durch Berührung 
mit Brand^e schwändich gefleckt Fig. 137. (Gerade Länge 18,9 « 
größte Länge. Intertuberallänge 18,5, größte Breite 13,6, kleinste 




Fig. 137. % 

Stimbreite 10,1. Ganze Höhe 14,5 = Hilfshöhe. Ohrhöhe 10,9 = 
Hiifsohrhöhe. Länge der Schädelbasis 10,4, Breite derselben 11,35. 
Horizontalumfang 52,5, Sagittalumfang 37,8, vertikaler Querumfang 
31,6. Der Schädel ist dolichocephal (Index 71,0), ein Hochschädel (Index 
76). Das Gesicht ist schmal (Index 128), Index des schmalen Ober- 
gesichts 7L5. Gesichtsbreite nach Virchow 10,0, nach v. Holder 
11,78. Jochbreite 13,4, Gesichtshöhe 12,8, obere Gesichtshöhe 7,15. 
Stbrnbeinhöcker kaum entwickelt. Glabella mittelstark, ebenso die 
Supraorbitalwülste. — Nasenrücken mäßig eingesattelt, NasenbeiDe 



Die vor- u. frOhgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 311 

yiereckig, dachförmig eestellt Nasenhöhe 5,0; gr. Breite der Nasen- 
ÖffouDg 2,6, Nasenöfmung uhuenblattförmi^ , unterer Nasenrand 
scharfkantig, Stachel stumpf. — Aug^ihömeneingang abgerundet 
viereckig, Querachsen sehr wenig sehnig gestellt ; gr. Brdte 3,9« 
horizontale Breite, gr. Höhe 3,2, vertikale Höhe 33« — Fossa canina 
flach. Wangenbeine etwas nach vom ^tellt Jochbogen Idcht aus- 
gebaucht Alveolarfortsatz des Oberkiefers mittelhoch. GehiQ sehr 
gut, kdne Caries, weiße Farbe, kein Zahnstän. 



8765432 1 



8 7 6 5 4 3 2 1 



[1] 2 3 4 5 6 7 8 



[1] 2345678 



Der zweite obere rechte Schneidezahn um 90 ® eedreht Zahnbogen 
in Parabelform, gerader Biß, große Zahnkronen, nidit abgekaut Unter- 
kiefer hoch, unterer Band des ünterkieferkörpers sehr dick, geradlinig. 
Einn vorspringend, geradlinig, eckig umbiegend. Kieferwinkel 122^, 
Distanz der beiden 9,8. Muskelansätze wenig hervortretend. — Gaumen- 
lange 5,1, Gaumenmittelbreite 4,5, Gaumenendbreite ^ß, Brachy- 
staphylin (Index 94,0). Gaumen hochgewölbt, vom Foram. incisiv. 
beiderseits ausgehende ca. 1 cm lange kleine Nahte quer über das 
Ghiumendach. — Koronalnaht mäßig gezackt, ebenso Sagittal- imd 
Lambdanaht Die Sagittalnaht beiderseits von je einer kammartigen 
Leiste breitet Muskelinsertionsleisten der Hinterhauptsschuppe 
kraftig. Hinterhauptsloch laneoval; gr. Breite 3,1, gr. Dinge 4,15. 
Lange der Pars basilaris 3,1. JProfillange 9,6. 

Keine weiteren Skelettreste. 

Notiz zu D 8. „Das Skelett 1,60 m lang, sehr hohe Unter- 
kiefer. In der Beckeng^end Beste einer eisernen Schnalle und 
eine lange Bronzeperle.^' 

35) „D 9.^ Erwachsener Mann. 

Unterkieferfra^ent mit 17 losen Zähnen. Unterer Band des 
Kieferkörpers dick, Kinn stumpf. Zähne stark horizontal abgekaut, 
einzelne kariös. 

Ein dabei Uzendes linkes Schlüsselbein stark gebogen. 

Notiz zu D 9. „Skelett sehr mitgenommen. Am Kopf in 
der Nähe des Unterkiefers lag ein Huhnskelett (Opfer). Eimer zu 
Füßen des Skeletts.'' 

96) „D 10." „VII D 10." Frau, über 40 Jahre alt 

Gknz voUständig erhaltener, im ganzen kleiner Schädel (No. 1588). 
Fig. 138. 

Gerade Länge 18,0 = größte Länge. Intertuberallänge 17,8, 
größte Breite 13,6, kleinste Stirnbreite 9,6. Ganze Höhe 13,6 =■ 
Hilfshöhe. Ohrhöhe 11,6, Hüfsohrhöhe 11,75. Länge der Schädel- 
basis 93) Breite der Schädelbasis 10,0, Horizontalumfane 50,5, S^ttal- 
umfang 37,0, vertikaler Querumfang 30,7. Dolichocephalie 75, Ortho- 
cephahe 75. Stimhöcker weni^ entwickelt Glabella breit, wulstartig. 
Arcus superciliares wenig entwickelt Gesichtsbreite 9,1 (Virchow), 11,3 
(v. Holder). Jodibreite 12,5, G^ichtshöhe 10,6, obere G^esichtshöhe 
63* Schmalgesichtig (Index 116), schmales Obergesicht (Index 69). 
Nasenrücken flach sattelförmig) unterer Nasenrand stumpfkanti^. 
Nasenhöhe 3,9, gr. Breite der Nasenöffiiung 2,7, Hyperplatyrrhime 
(Index 71). — Augenhöhleneingang abgerundet viereckig, gr. Breite 
3,6, horizontale Breite 3,5, gr. Höhe 3,1 «= Vertikalhöhe. Hypsi- 
konchie (Index 86). Fossa canina tiel Wangenbeine anliegend. 

21* 



312 I>ie Tor- u. frühgeedücbtL Funde der Grafachaft Camburg. 

AI?eolarfortÄatz des Oberktefere mUtelhodi, gegen die Horizontale 
schräg gestellt, Btellimg der Zähne acliräg nach vom. 




Fig. 138. V*' 
S 7| 6 5 4 [3] [2] 1 I [IJ 2 3 i 5 6** (TMS) 
8 7 6 5 4 B ^1 I 1 2 3 4 5" 6 7* 8' 
u y?B '* ^^*^ ^"^ *i^e diitale kariöae Wurzel erhalten, bei link» 
oben ü** Gaumenfistel. Der daneben stehende Zahn 5 kariös, durch 
Canes der Krone eröffnete Pulpahöhle. Zahnbogen in Form einer 
J^Uipse über die kleine Achse fortgesetzt j Biß offen, Backzähne 
artituiieren scharf. Zahnkronen klein, stark abgekaut und zwar 
uoregelmäßjff, mehr ichräg. — Unterkiefer mit kräftigen Moskel- 
ansatzen. TJnterer Kand des Unterkieferkörpers dick. Kinn etwas 
Toraprmgead, breit, ProLuberauz mäßigentwickelt. Kieferwinkel 12^, 
r'it^'!^!'-'^^'' ^^'^^P ^*^- Gaumen brachystaphyün (Indes SB), 
^^^? u?^^^;.^^^^«i»Jttelbreite 4,iS, Gaurn enend breite 4^, ;7 
^Sffi"- if*"[^lÄ' zahnreich. In der öagistalnaht treten die 
d^m r^wi''^^^^^ dflchföriuig aneinander. Kleinem For, pariet. auf 
F^n^ Kf^^^"" Scheitelbein, BcheitelbeinhÖcker deutlich. Foramen mag- 

f 2 Sutn lys ^^^ ^^^**' ^^ ^^' ^^^^ ^^' ^^' ^^^"^ 

Keine weiteren Skelettreate, 
Me«Ä ^ol^ir^fj'^liJtr^^ 130 ^ 0,21 = Ul. Eiser«« 

*'^ "si?-'l ,Jl''"''«.40-JähriKer Mann, 
cedrii^tf .k ^ °"1°**?^ ***' vollständig erhalten, seitlich zammmeo- 
ovalraKoJ^I" 130^"*^^^° **'''"° ^'* eehtuiilem Gesicht, langem 
Krößti^S„Jffi,^'''^'=-. größte LanRe. IntcrtuberallSnge 19,2, 
höhe na H^'^' H^'Drte SLirabreite 9|. Ohrhöhe 11,8, ffllfeohr- 
iione U,9. Horizoütajumfang bUjti, vertikaler Querurafaog 32.0. 



314 I>ie vor- u. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Oamburg. 

£• Fortsetznnir der Ansgrabimr dnreh Sehaehtmeister Mayer*) 
am 8. Mai 1872. 

38) „E.'' Jüngerer Mann. 

Unterkiefer (No. 1599). Unterer Eand des Unterkieferkörpers 
dick, Kinn stum^, GehiQ vollständig, linker Weisheitszahn noch 
nicht vorhanden. Zahnkronen mittelgroß, horizontal abgekaut, wenig. 
Außenflache des Unterkiefers schwarz gefleckt durch Brand. Kiefer- 
winkel 115 ^ Distanz beider 10,2. 

Vom übrigen Schädel Os frontis, Ossa parietalia, Os occipitis 
und linkes Os temporale in einem Stück erhalten, von der linken 
Seite her durch Dnick verschoben. Die Gehimkapsel war im ganzen 
schmal, oval. Die Parietalia vereinigen sich in der Sagittalnaht 
flach dachförmig, starke Protub. occipitalis. 

Keine weiteren Skelettreste. 

Notiz zu E 1. „Vom Skdett nur Schädelreste vorhanden, vom 
Körper nichts. In der Nähe stand ein Eimer allein (eine alte schon 
durchgegrabene Stelle nadi dem einzelnen Eimerresf 

39) „E 2." 30— 40-jähriger Mann. 

Wohlerhaltener Schädel (No. 1576). Fig. 140. Unterkiefer groß, 
massiv, mit starken Muskelansätzen; Distanz der Kieferwinkel 11,0, 
Kieferwinkel 135 ^ Kieferast dick, liegend, am scharfen Winkel latend- 
wärts ausgebogen ; Gelenkfortsätze groß, schräg gestellt; Proc. coronoid. 
klein; Incisur rechts tiefer als links. Rand des Unterkieferkörpers 
dick, geradlinig; Kinn stumpf, Protuberanz schwach entwickelt. 
Alveolarteil des Unterkiefers vollständig; Zahnbogen halbkreisförmig, 
geschlossen; Biß gerade, scharf artikulierend; Zahnkronen ^ß, 
relative Größe der einzelnen normal, Kaufläche horizontal mäßig 
abgekaut. Gebiß: alveodentale Prognathie. 




Fig. 140. V*. 



*) Herr Schachtmeister Mayer aus Dürrenberg war schon Tags 
zuvor bei Klopfleischs Ausgrabung anwesend gewesen. 



Die vor- u. frfihgeschichtL Funde der Grafechaft Camburg. 315 



876543 2 1 


[1] [2] 3 4 5 6 7 8 


8 7 6 5 4 3 [2] [1] 


[1 [2J 3 4 5 6 7 8 



Zahnsteinansatz. — Gaumen mittelliOGh gewölbt, medianer 
Gaumenwulst höheren Grades, einzelne Höckerchen am Gaumen. 
Gaumenlänee 5,0, Gaumenmittelbreite 4,1, Gaumenendbreite 3,9. 
Brachystaphylin (Index 94,0). — Alveolarfortsatz des Oberkiefers 
mittelnocl^ gegen die Horizontale schräg gestellt, Juga alveolaria 
«tark ausgepr&t, sehr dünn auf der reckten Seite; Fossa canina 
«ehr tiel — Wangenbein nach vom vortretend; Tuberositas malaris 
starker ausgeprägt, hinterer Band des Proc. frontal, des Jochbeins 
leicht flü^elförmig ausgezogen ; Jochbogen abstehend. — Nasenbeine 
«chmal, viereckig; Nasenrucken im ^tenprofil eingesattelt, hoch- 
^wölbt im Querschnitt Nasenöffnung lane, oval; ^asenstachel 
«ehr lang, spitz; imterer Nasenrand schneidend scharfkantig. Nasen- 
Jiöhe 4,4, gr. Breite der Nasenöffnung 2,2. Mesorrhinie (Index 50,0). 
— Augenhöhlen groß, rundlich, Querachsen wenig abfallend. Au^en- 
höhleneingan^ größte Breite 3,7, horizontale Breite 3,6, größte Höhe 
3,4 = Vertikalhöhe. Hypsikonchie (Index 91,8). — Gesicht erscheint 
im ganzen etwas breit Stirn etwas nach hinten gedrückt. Glabella 
und Arcus superciliares mäßi^ entwickelt Gesichtshöhe 10,7, obere 
Gesichtshiöhe 6,15, Gesichtsbreite nach Virchow 8,85, nach v. Holder 
11,4. Jochbreite 13,45. Schmalgesichtig (Index 102), schmales Ober- 
licht (Index 67,5). Gerade Lange des Schädels 17,9 «= größte Länge, 
Intertuberallänge 17,5, größte Breite 14,0, kleinste Stirnbreite 9,5. 
Ohrhöhe 11,6, vertikaler Querumfang 31 cm, horizontaler Umfang 
^1, sagittaler Umfang 35 cm. Koronalnaht zahnreich, Sagittalnaht 
und lAmbdanaht groDzähnig. Am Vereinigungspunkt des Scheitel- 
beins, Schläfenbeinschuppe, Wespenbeinflügel, rechterseits ein ge- 
sackter Schaltknochen. Proc mastoid. klein, Hinterhauptsschuppen- 
muskelleisten wenig entwickelt. 

Vom übrigen Skelett vorhanden: 

Das vollständige Männerbecken mit herzförmigem Beckenein- 
£ane, spitzer Symphyse; beide Femora, beide Tibiae, rechte Scapula, 
beide Humen, beide Ulnae, rechter Badius. 

„Das Skelett war 1,62 lang, hatte rechts eine Nadel, wie es 
«cheint, in der rechten Hand." 

40) „3." Alter Mann von ca. 60 Jahren. 

Wieder zusammengesetzter, beinahe vollständiger Schädel 
<No. 1580). Fig. 141. Gerade Länge 20,0 = größte Länge, Inter- 
tuberallänge 19,3, größte Breite 14,0, kleinste Stirnbreite 10,5, Ohr- 
höhe 11,3, Hilfsom-höhe 11,6, Horizontalumfang 55,3, Stimbeinhöhe 
in Sagittalnaht 15,0, vertikaler Querumfang 32,6. Der Schädel ist 
doUchocephal (Index 70,0), ehamäcephal (Index 56,0). Gesichtsbreite 
nach Vircnow 10,0, nach v. Holder 11,8, Jochbreite 13,4. Gesichtshöhe 
11,0, obere Gesichtshöhe 6,5. Das Gesicht ist schmal (Index 110,0), 
Audi das Ober^esicht (Index 65,0). Stirnbein schwärzlich braun, 
ebenso Nasenbein und linke Hälfte des Oberkieferalveolarfortsatzes. 
Glabella flach, Arcus supercil. wenig entwickelt. Kleine Exostose auf 
der linken Stimbeinhälfte nahe dem Stirn beinhöcker. — Augenhöhlen- 
eingang abgerundet viereckig, größte Breite 4,5, horizontale Breite 
4,3, größte Höhe 3,4 = Vertikdhöhe. Ohamäkonchie (Index 75,5). 
Wangenbeinteil der Orbita nach unten außen ausgebaucht, Quer- 



316 ^® ^^^' ^ frühgeBchichtL Funde der Grafschaft Gambiii^. 

achse nach außen abfallend. — Nasoihöhe Aß, größte Breite der 
Nasenöffiiung 2,64. Platyrrhinie (Index 55,0), Nasenbeine viereckig, 
Nasenrücken eingesattelt, breit, Nasenöffnung oval, untarer Band 
der Nasenöffnung stumpfkantig, Nasenstachel spitz, lang. Wangen- 
beine seitlich gestellt; Fossa canina links flach; in der rechten 




Fig. 141. V4. 
Fossa canina eine groschen^oße , höckerig unebene, neugebildete 
Knochenpartie, die sich deutlich von der nornialen Umgebung abhebt; 
in die Neubildung ist der untere Band des Foramen inmu)rbitale 
mit hineingezogen ; dadurch erscheint das Foramen sehr groß. Auch 
die Innenfläche der rechten Kieferhöhle ist an der pathologisch ver- 
änderten Stelle höckerig uneben. Alveolarfortsatz des Oberkiefers 
mittelhoch; Fistelöffnun^ an der Wurzel des rechten EckzaJins, 
ebenso am linken Eckzahn; Alveolarcyste ziemlidler Ausdehnung 
am linken kleinen Schneidezahn. Gebiß sehr schlecht im Oberkiefer. 
( 8) (7) (6) (5) (4) 3* (2 ) [1]| [1] [2] [3] [4] (5) (6) (7) (8) 
[8] [7] 6 5 4 3 2 [1]| 1 2 3 [41 (5) 6 7 (8) 
Im Unterkiefer links ist der 2. Bicuspis vermutlich auch durch 
eine Knocheneiterung zu Grunde gingen. Der daneben stehende 
erste Molar ist disloziert, seine mesiale Fläche durch Anwendung 
von Gewalt bis tief in die Wurzel glatt abgesprengt, wohl bei 
Fxtraktionsversuchen des kranken Pramolaren. Die Spren^äche 
ist glänzend schwarz, ein Folgezustand, der häufig eintritt bei Frei- 
l^^ng des gesunden Zahnbeins. Zahnstein unten links. Zahnbogen 
parabelförmig. Unterkiefer vorbeißend, gerader Biß, Zahnkronen 
mittel^ß, untere Zähne mäßig abgekaut, horizontal, der eine erhaltene 
Zahn im Oberkiefer sehr stark abgekaut, da er län^e Zeit der einzig 
artikulierende gewesen. Durch diese Abkauune ist die Pulpahöhle 
eröffnet, durch Gangrän der Pulpa eine alveoläre Zahnfleischfistel 
entstanden. Unterkiäer massiv, hoch, Muskelansätze kräftig. Unter- 



Die vor- u. frühgeschichtL Funde der Gratschaft Cambnrg. 317 

kieferwinkel 118 ^ Distanz der beiden 10,2; unterer Band des Unter- 
kieferkörpers dick, ausgeschweift; Kinn stumpf, breit, Protuberanz 
stark entwickelt. — Gaumenlange 4,5, Gaiimenmittelbreite 4,1. 
Brachystaphylin (Index 91,0). Gaumen flach; an Stelle des Foram. 
incisiy. großes rundes Loch mit glatten Wänden; starke mediale 
Kämme längs der Vasa palatina. — Eoronalnaht zartlini^, ebenso 
Sagittalnaht. Muskelansätze der Hinterhauptsschuppe kräftig herror- 
tretend, auch die Linea nuchae suprema. 

Vom übrigen Skelett sind erhalten: Die rechte Beckenhalfte 
(ein großes Becken), der rechte und linke Femur, sehr lang, die 
rechte und linke Tibia. 

Notiz zu E 3. „Skelett 1,77 m lang, wenig erhalten ; bei der 
linken Hand ein Messer.^ 

41) ,^ 4." Altere Frau. 

Unterkiefer. Zähne stark abgekaut, unregelmäßig. 

[7] 6 (5) 4 3 2 1 I [1] i2J 3 4 [5] (6) [7] 
Notiz zu £ 4. „Unterkiefer fdlein.'^ 

42) Kind 3. 6 Jahr alt 

Unterkieferfragment mit Zähnen, Kinnpartie mit rechter Zahn- 
bogenhälfte, etwas von der linkeu. Unterer Band des Kieferkörpers dick. 

6 V IV III 2^1 T 2" 
Die bleibenden Schneidezähne sichtbar bis zum Band der 
Alveole. 

43) Kind L Ca. 15 Monate alt 

Oberkiefer. Die zweiten Milchmolaren sind noch nicht durch- 

gebrochen, die Schneidezähne postmortal ausgefallen, in den Alveolen 
ie Anlagen der bleibenden Zähne sichtbar. Gaumen breit, Nasen- 
stachel spitz. 

F. Fortsetznnir der Ausgrabung dnreh Sehaeht- 
meister Mayer. 

44) „F 1.« „IX F 1.»' Ungefähr 18-iährige Frau. 

Vollständiger, gut erhaltener Schädel (No. 1573). Fig. 142. 

Schädehnsäe: Gerade Länge 17,6, größte Länge 18,1, Inter- 
tuberallänge 18,5, größte Breite 13,2, kleinste Stirnbreite 9,05. Ganze 
Höhe 14,0, Hilfshöhe 14,0, Ohrhöhe 11^, Hilfsohrhöhe 11,1. Länge 
der Schädelbasis 12,0, Breite der Schädelbasis 10,4. Horizontalum- 
fang des Schädels 50,0, Sagittalumfang 37,0, vertikaler Querumfang 
29j5. Gesichtsbreite (Virchow) 9,3, 10,9 (v. Holder). Ganze Gesichts- 
höhe 10,4, obere Gesichtshöhe 6,3, Profillänge des Cteichts 9,75. 

Scliädel im ganzen klein, dolichocephal (72,0), Hochschädel 
(77,0), schmalgesichtig (112,0). Unterkiefer dementsprechend klein, 
zierlich, Muskelansätze mäßig entwickelt. Kieferast dünn, stumpf- 
winklig 121 ^ Distanz der Kieferwinkel 9^, Gelenkfortsätze klem, 
Achsen derselben schräg gestellt ; Koronoidfortsatz klein , Incisur 
rechts flach, links etwas tiefer, unterer Band des Unterkieferkörpers 
mitteldick, leicht ausgeschweift, Kinn vorstehend, Kinnprotuberanz 
mittelstark. Alveolarteil vollständig erhalten. Gebiß: 



7 6 5 4 3 [2] [1] 



[1] 2 3 4 [5] 6 7 



7 v6) 5 4 2 [2] [1] [1] [2] [3J 4 5 6 7 



318 ^® ▼oi^- ^ frühgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 

Alveolen erhalten, nur der erste Molar rechts unten extrahiert 
(wenigstens 2 Jahr vor dem Tod), Alveole oblitteriert Weie^ats- 
zahne fehlen noch. Zahnbogen halbelliptisch; normaler Biß, scharfe 




Fig. 142. %. 

Artikulation; Zahnkronen mittel^oß, relative Größe normal, leicht 
schräg bukkalwärts abgekaut, keine Caries. 

Gaumenlänge 4,9, Gaumenmittelbreite 4,2, Gaumenendbreite 4,2, 
Mesostaphylin (Index 85,0), Gaumen flach ; Alveolarfortsatz des Ober- 
kiefers niedrig, sehr schr% gegen die Horizontale gestellt (prognath). 
Juga alveolaria stark ausgepr^, besonders am Eckzahn. Fossacanina 
sehr tief. Wangenbein massiv, stark vortretend, schnell umbiegend, 
hinterer Band des Proc. front, des Jochbeins leicht flügelförmig. 
Jochbogen zierlich, leicht ausbauchend. Na8enl)eine vierecldg, seit- 
lich etwas ausgeschweift, Nasenrücken steil dachförmig, sdiwach 
konkav eingeeattelt, Nasenöffnung oval, rechts tiefer ausgemuldet als 
links, Nasenstachel fehlt, unterer Nasenrand verstrichen. Nasenhöhe 
4,8, gr. Breite der Nasenöffnung 2,7. Platyrrhinie (Index 56). Augen- 
höhlen abgerundet viereckig, Querachse wenig nach außen abfallend, 
unterer läind vorspringend. Augenhöhleneingang: gr. Breite 3,9, 
horizontale Breite 3,7, gr. Höhe 83,0, Vertikalhöhe 3,4, Mesokondiie 
(84,0). Stirnbein schmal, hoch, steil gestellt, kugelig gewölbt, auf 
der linken Hälfte nahe der Mittellinie linsengroße Exostose. Stirn- 
höcker hervortretend, Glabella flach, Arcus superciliares angedeutet. 
Eoronalnaht zahnreich, Scheitelbeinhöcker wenig ausgeprä|^, Linea 
temporalis sufrema links deutlich. Occipitalschuppe schaufeliörmig, 
hier Nackenlinien angedeutet, Prot, occipit. fehlenci. Lambdanaht semr 
reichzähnig, mit zwei größeren Schaltknochen am rechten Schenket, 
Foramen magnum langoval, ac. Breite 2,9, gr. Länge 3,4. Bichtung' 
auf die Ghoanen. Länge der Fars basilaris des Hinterhauptbeins 3,4. 

Notiz zu F 1. ^Skelett 1,60 m lang, Knochen Überreste mangel- 
haft, bloß der Schädel gut In der rechten Hand ein Messer.** 

45) „F 2." Ein Erwachsener. 

Schädelreste. Os frontis, Parietalia, Occiput, rechtes Schläfenbein. 



Die vor- u. frühgeBcbichiL Funde der Grafschaft Cambnrg. 319 

Notiz zu F 2. ,,Skelett 1^) m lang, schlecht erhalten, Schädel 
gat ; in linker Hand ein Messer, am Halse 3 Perlen." 

46) Frau von 30—40 Jahren. 

Halber Qesichtsschädel (No. 1579), kleinste Stimbreite 10,0. 
Olabella und Arcus superciL mäßig entwickelt Gesichtsbreite nach 
Virchow 9,6, Gesichtshöhe 11,1, obere Gesichtshöhe 6,9. Gesicht im 
ganzen schmal (Index 129), eboiso Obergesicht (Index 80). Augen- 
Mhlendngang abgerundet viereckig, gr. Breite 33 >=» horizontale 
Breite, gr. Höhe 3,2, Vertikalhöhe 3,4 Mesokonchie (Index 84). — 
^asenhohe 4,9, gr. Breite der Nasenöffnimg 2,4. Mesorrhinie (Index 
48,9), Nasenöffnung langoval, unterer Nasenrand scharfkantig, spitzer, 
langer NasenstacheL Fossa canina flach. Wangenbein seitlich ge- 
stellt. Jochbogen wenig ausbauchend. Alveolmortsatz des Ober- 
kiefers niedrig, fast gerade gestellt gegen die Horizontale. Gebiß : 

8 [7] 6 5 4 3 [2] [1] 



[7] 6 [5] 14] [3] [2] [1] 



[1] 



Zähne gut; der Weisheitszahn ist einwurzelig und verlangt, 
wdl keine Antagonist vorhanden war. Biß gerade, scharfe Artiku- 
lation, Zahnkronen klein, zierlich, sehr schmale Zahnhälse, mäßi^ 
Abkauung horizontal. — Unterkieferwinkel 118^ Kieferast sehr breit, 
dick. Kinn spitz, unterer Band des Kieferkörpers dick, geradlinig. 

Keine sonstigen Skelettreste. 

47) Kräftiger Mann. 

Nur der Unterkiefer (No. 1592) vorhanden. Derselbe ist sehr 
kräftig, breit. Unterer Band des Unterkieferkörpers sehr dick, erad- 
linig, Kinn vorsprin^nd. Gelenkfortsätze kldn, Indsura flach. Kon- 
dylus breit, mit mittlerer Einschnürung. Unterkieferwinkd lateral- 
wärts schaufelartig ausladend. Unterkieferwinkel 120®, Distanz der- 
selben 12 cm. G^iß: 



8 7 [6] [5] 4 3 2 1 



12345678 



Zahnbogen fast halbkreisförmig, Zahnkronen groß. Abkauung 
unregelmäßig, einzelne höher, einzelne tiefer. 

Notiz zu F 3. „Skelett lag sehr flach, daher alles zerfallen, 
1,50 m lang, nur der Unterkiefer gut, rechts ein Messer.'* 

48) Kind 5. 6 Jahr alt. 

Schädel in Bruchstücken: Stirnbein, (linke Ecke schwärzlich 
braun gefärbt durch Brand), Parietalia, Hinterhauptsbein, Schläfen- 
beine, Oberkiefer (linke Seite schwärzlichbraun), Unterkiefer. Der 
linke Ast fehlt Gebiß: 



7 6 V IV [III] [II] [I] 



6 V IV III [11] [I] 
*1 



[I] [II] [in] IV V 6 7 



[I] [11] [III] IV V 6 

r 



Notiz zu F 4. Kinderskelett, Schädel defekt, sonst nichts vom 
Körper ; beim Schädel zwei ganze Perlen, eine in drei Stücken." 

49) „Camburg 5." Frau von ca. 30 Jahren. 

Schädel (No. 1578) fast vollständig erhalten. Fig. 143. Gerade 



320 I^ie vor- u. frühgeBchichtL Fände der Gralschaf t Camburg. 



LäDge 18^, größte Länge 18^, Intertuberallänge 18,6, größte Breite 13,6, 
kleinste Stimbreite 10,0, Ohrhöhe 11,2 = HufBohrhöhe. Horizontal- 
umfang 51,7, öagittalumfang 37,4, vertikaler Quenunfang 31,0. Der 
Schädel ist dolichocephal (Index 73,0), flach (index 61). Gesichts- 




Fig. 143. % 

breite nach Virchow 9,6, nach v. Holder 10,9, Gesichtshöhe 11,5, 
obere Gesichtshöhe 7,1. Das Gesicht ist schmal (Index 119), auch 
im Oberjgesicht (Index 73,9). StiroDaht in ganzer Ausdehnung er- 
halten, in der hinteren Hälfte zahnreich. Glabella flach, Arcus 
supercih'ares eben angedeutet, ebenso Stirnhöcker. Augenhöhlenein- 
gang gr. Breite 3,7, [norizontale Breite 3,5; gr. Höhe 3,4, vertikale 
Höhe 3,7. Hvpsikonchie 913, Nasenhöhe 5,0, gr. Breite der Nasen- 
öffnung 2,4, Mesorrhinie (Index 48,0). Nasen beme sehr schmal, vier- 
eckig, Nasenöffnung langoval, unterer Nasenrand scharfkantig, 
Nasenstachel mittelmng. I^asenrücken kaum eingesattelt. Fossa 
canina mäßig tief. Jc^beine seitlich anli^end. Jochbogen kaum 
ausgebaucht. Aiveolarfortsatz des Oberkiefers hoch, sehr wenig 

§^en die Horizontale schräg gestellt. Zähne gut erhalten, Zahn- 
ronen des Oberkiefers senlSedit gestellt, leicht einwärts geneigt. 
Gebiß: 

^7654321 12345678 



8 765432 [1] [1] 2345678 

Keine Caries, nur wenig Zahnstein. Zahnbo^en in Parabelform. 
Biß gerade, ob^e Schneidezahne überbeißend, scnarfe Artikulation, 
Zahimronen schmal, klein, wenig abgekaut, horizontal. Gaumen 
hoch gewölbt, schmal ünterkieferwinkel 115®, Distanz der Kiefer- 
winkef 9,2. Kinn spitz, Protuberanz mäßig entwickelt, Band des 
Unterkieferkörpers mitteldick, geradlinig. — Koronalnaht stark ge- 
zackt, ebenso Sagittalnaht und I^mdanaht, zwei kleine Schaltknochen 
im linken Ast derselben. Hinterhauptsschuppe leicht ausbauchend. 
Muskelleisten mäßig entwickelt. Warzeofortsatz lang. 

Vom übrigen Skelett nichts erhalten. 



Pie vor- u. frühgeflchichtL Funde der Grafschaft Camburg. 321 



Notiz zu F 5. ,,Sl^elett 1,55 m lang, die Knochen ganz un- 
brauchbar, Schädel aber gut, dabei zwei Ohrgehänge, ein Eimerhenkel/* 

öO) „F." Frau mittlerer Jahre. 

Unterkiefer (No. 1598) mit gutem Gebiß, keine Caries. Zahn- 
kronen klein, wenig abgekaut, horizontal Kinn spitz, rechte Unter- 
kieferhalf te schwarz gefleckt von Branderde. Kieferäste abgebrochen. 
Gebiß: . 

8 7 6 5 4 3 2 [1] 1 12 3 4 5 6 7 8 

Der linke Eckzahn hat zwei Wurzeln. 

Vom übrigen Schädd erhalten in einem Stück, aber seitlich 
von links her sehr verdrückt: Os frontis, Ossa parietalia, Os occipitis 
zum Teil. 

Sonst keine Skelettreste» 

Notiz zu F 6. „Skelett 1,68 m lang, Knochen unbrauchbar, 
Schädel gut; in linker Hand ein Messer." 

bl) „F 7." Frau von ca. 40 Jahren. 

Schädel (No. 1591) vollständig bis auf rechtes Schläfenbein und 
Unterkiefer, zusammengesetzt, im ganzen zierlich. Fig. 144. 





#M*»> 



Fig. 144. V4. 

Gerade Länge 18,3 «= größte Länge, Intertuberallänge 13,0, 
kleinste Stimbreite 9,6. Ohijöhe .11,8 = Hilfsohrhöhe. Breite der 
Schädelbasis 11,2, Horizontalumfang 51,0, Sagittalumfang 38,3. Der 
Schädel ist dolichocephal (Index 71), chamäcephal (Index 64,2). 
Stimhöcker wenig entwickelt. Starker Supraorbitalwulst, ülabeÜa 
vorgewulstet, Nasenrücken eingesattelt. Gesichtsbreite nachVirchow 
9,5, V. Holder 11,1. Obere Gesichtshöhe 6,4, schmales Obergesicht 
(Index 67,3). 

Augenhöhleneingang abgerundet viereckig, größte Breite 3,9, 
horizontale Breite 4,75 ; gr. Höhe 3,1 == Vertikalhöne. Chamäkonchie 
(Index 79). — Nasenbeine viereckig, dachförmig aneinandergestellt. 
Nasenhöhe 4,3; gr. Breite der Nasenöffnung 2,3. Platyrrhinie 
(Index 53,0). Fossa canina mäßig tief. Jochbeine seitlich gestellt, 
Jochbogen wenig ausgebaucht. — Alveolarfortsatz des Oberkiefers 



322 ^16 ^or- u. frühgeschichtL Funde der Grafschaft Camburg. 

seihr sdiräg gestellt gegen die Horizontale, ziemlich lang. Gtebiß 
gut, keine Cimes. 

8 7 6 5 4 3 [2] [1]|[1] [2] 3 4 5 6 7 8 



Die ersten Molaren stark abgekaut schräg nach innen, die anderen 
fast gar nicht. Zahnbogen parabolisch. Gaumen flach, yomForam. 
indsiyum schräg nach aer Ecke der mittleren Schneidezahne zu ver- 
laufende feinUnige Nähte. Gaumenlänge 5,1, Gaumenmittelbreite 4,2, 
Gaumenendbreite 4,1. Mesostaphylin (Index 80,0). Nähte srob- 
zackig, am linken Schenkel der Xambdimaht zwei reich- und lang" 
zackijge Schaltknochen. Scheitelbeine in der Sagittalnaht flach dach- 
förmig aneinanderstoßend. Parietalhöcker deutlich hervortretend.. 
Muskelleisten der Hinterhauptsschuppe gering. Spitzer drei- 
eckiger Schläfenschuppenfortsatz bis beinahe an das 
Stirnbein linkerseits. linke Kopfseite schwarz gesprenkelt 
durch Aufli^^ auf Branderde. 

Keine weiteren Skelettteile. 

Notiz zu F 7. ^Weibliches Skelett 1,54 m lang, Knochen defekt ; 
im linken Arm ein Kind (s. folgende No.). Dicht dabei zur Linken 
am Hals Bruchstücke von Perlen.*^ 

62) Kind 8. IV, Jahr alt. 

Zusammengesetzter Schädel (No. 1590), es fehlt das mittlere 
Gesicht. Fig. 145. 




Fig. 145. V4- 

Größte Länge 16,2, Intertuberallänge 16,3, größte Breite 11^, 
kleinste Stimbreite 7,6, Hilfsohrhöhe 10,8. Horizontalumfang 44,2, 
Sagittalumfang 82,0, wovon 11,0 auf Stirnbein entfallen. Stimhöcker 
stark hervortretend, Stimnaht bis auf einen kleinen Best auf der 
Glabella oblitteriert, Parietalhöcker kräftig. Länge der Sagittalnaht 
11 cm. Bemerkenswert: spitzdreieckiger Fortsatz deir 
Schläfenschuppe links bis ans Stirnbein, Scheitelbein 
und Wespenbeinflü^el trennend. For. magnum spitzoval, 
2,2 cm breit. Oberer Teil der Hinterhauptschuppe kräftig ausge- 
baucht, relativ schmal Länge der Schädelbasis 8,5. Der Schädel 
ist dolichocephal. 



Die vor- n. frühgeschichtL Funde der Grafecfaaft Camburg. 323 



Unterkiefer vollständig, ünterkieferwinkel 135*, Distanz 
beiden 6,1. Gebiß normal, Stellung der Zälme gerade. 



der 



6 V IV III [IIJ I| III in IV V 6 
V und 6 beiderseits tief li^end. Kinn stumpf, kräftige Pro- 
tuberanz, parabolische Zahnkurve. 
Lag beim vorigen Skelett 

63) «P 8." Altere Frau. 

ünterkieferhalfe (No. 1606): Kinn vorspringend, Zahnkronen 
klein, weiß, ohne Zahnstein, stark abgekaut, unregelmäßig. 2. Molar 
bei Lebzeiten verloren, Alveole atrophiert und bei Extraktion zerbrochen, 
da der 1. Molar eine hoch freistehende distale Wurzel hat. 

Notiz zu F 8. ^Skelettknochen ganz untauglich, 1,66 m lang^ 
in der rechten Hand ein Messer.*^ 

54) „F 9." Erwachsene Person. 

Schadelrest in einem Stück zusammenhängend: Stirnbein, 
Scheitelbeine, Hinterhauptsbein, Schläfenbeine, Wespenbein. Arcus 
superciliares und Glabelia gewulstet. Schädel oval, r^elmäßig. 

Keine Beigaben. 

65) «F 10.« Altere Frau. 

Sehr gut erhaltener Schädel (No. 1587), im ganzen zierlich. 
Fig. 146. 

Fig. 146. V.. 
Gerade Länge 17,8, größte Länge 18,0, Intertuberallänge 17,5. Größte 
Breite 12,7, kleinste Stimbreite 9,05. Ganze Höhe 13,7, Hilfshöhe 
13,6, Ohrhöhe 11,5 « Hilfsohrhöhe. Länge der Schädelbasis 10,8. 
Breite der Schädelbasis 11,1. Horizontalumfanff 50,0, S^ttalumfang 
34,5. Vertikaler Querumfang 29,5. Dolichocephfdie 70,0. Orthocephalie 
75,0. Glabelia und Arcus superciliares mäßig entwickelt. 



324 IHe vor- 11. irahgee(^(^ti. Fimde der Gnfsdiaft Camburg. 

Das (Zeucht ist schmal (Index 126), aodi das Obergesicht 

adez 79). Oesichtsbreite nach Virchow 9,1, nach v. Holder 11,2, 
dibreite 13,1, Qesichtshöhe 11,5, obere (^esichtshöhe 7,2. Nasen- 
rücken gerade Jfasenbdne viereckig, stdl dachförmig aneinanderstoßend. 
Nasenörfnnng ulmenblattfönnig, unterer Nasenrand stumpfkantig. 
Nasenhöhe 5,05, gr. Breite der Nasenöffnung 2,4. Leptorrhmie (In- 
dex 47). — Aug^öhleneinffluig abga*undet yiereckig, gr. Breite 3,9 
» horizontale Breite; gr. Höhe 33 » Vertikalhöhe. Querachs^i 
wenig nach aufien unten gendgt. Mesokonchie (Index 84). — Fossa 
canina flach. Wangenbdne etwas nach vom gedreht Alveolarfort- 
satz des Oberkiefers mittelhoch, tiefes erbsengroßen Loch über der 
Wurzel des rechten lateralen Oberkieferschneiclezahn (Cyste). Gkbiß: 

8 (7) 6 5 4 [3| [2] [1] | [1] 2 3 4 5 (6) 7 [8] 
8 7 (6) 5 4 [3] 2 1 | 1 2 3 4 5 (6) (7) 8 

Zahnstein in stärkeren Maße. Durch das Fehlen vom 2. 
rechten oberen Molaren hat sich der 1. Molar dem Wdsheitszahn 
derart genähert, daß sich die Lücke um mehr als die Hälfte yerringert 
hat und dadurch eine unr^lmäßige, aber scharfe Artikulation zu 
Stande gekommen ist. Kleine Zahnwurzeln. Zahnbogen im Unter- 
kiefer eine Parabel, im Oberkiefer Halbkreis, Biß gerade. — Gaumen- 
länge 5,2, Oaumenmittelbreite 4,4, GaumenenoDreite 3,8. Lepto- 
staphylin (Index 73^. Unterkiefer hodi, unterer Band des Unter- 
kieferkörpers mitteldick, leicht geschweift Kinn etwas vorspringend, 
stumpf. Protuberanz wenig entwickelt. Muskelansätze ziemlich 
kräftig. Kieferwinkel 131 ^ Distanz der beiden 10,1. Koronalnaht 
reidi gezackt, ISagittal- und Lambdanaht labyrinthisch verschlungen. 
Am liambda ^ßer Bchaltknochen, Muskelansätze der Hinterhaupts- 
schuppe wulstig, oberer Teil der Schuppe kapseiförmig vorspringend. 
Länge der Pars basilaris 3,1, Foramen magnum langoval, 3,0 breit, 
Sß W. ProfiUänge 10,3. 

Keine weiteren Skelettreste. 

Notiz zu F 10. „Skelett 1,60 m lang, K^nochen unbrauchbar, 
Schädel gut, in linker Hand ein Messer." 

56) Sehr alte Person. 

Vom Schädel sind erhalten: Das Mittelstück des Unterkiefers, 
ohne Zähne, die postmortal ausgefallen, ein Stück vom Oberkiefer 
mit drei stark abgekauten, kariösen Zähnen (2. Prämolar rechts 
und links, Backzahn), alle übrigen Zähne sind intra vitam verloren. 



Anmerkung: Über das slavische Gräberfeld finden 
sich kurze Notizen in: 

1) Korrespondenzblatt der deutsch. Gres. für Anthropologie, 
Ethnologie, Urgeschichte 1871. No. 6—10. 

2) Ebenda 1872. No. 6. S. 46. 

3J Schaaffhausen, Sur quelques trouvailles faites euAUemi^e. 
Congres international d'ADthropologie et d'arch^logie pr^stonque 
(Jompt. rendu de la 7 • Session. Stockholm 1874. Tome II. p. 841—^0. 

4) Korrespondenzblatt der deutsch. Ges. für AnÜiropologie, 
Ethnologie und Urgeschichte 1876. No. 9. S. 76—84. 

5) Supplement des Berliner Katalogs v. J. 1880. S. 29. 

6) E. Eichhorn, Grafschaft Camburg. 

7) Regel, Thüringen, T. IL S. 516—517. 



Die vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 325 

8) B. Lehmann, Beiträge zur prähistorischen Chirurgie nach 
Funden aus deutscher Vorzeit. 

Zum spezielleren Studium standen mir zur Verfügung aus dem 
Germanischen Museum zu Jena: 

Ein Brief von Dr. Bender an Klopfleisch vom 2. April 1869 
(Act. des Germ. Mus. Jena. 

Lose Blätter aus einem Notizbuch Klopfleischs 1871. 1872). 

Ein kurzer Bericht von Schachtmeister Mayer an Klopfleisch. 

Zwei Tafeln mit Zeichnungen von Klopfleisch. 

Eine Wandtafel im Germ. Museum zu Jena J^o. 57. (1891. 
Wandtafel No. XXIX.) 



Beate vorgesohiohtlioher Wohnplätze. 
a) An der neuen Ziegelei. 

Trichterförmige Abfallgruben, die Reste vorgeschicht- 
licher Siedelungen, entdeckte Heim westlich der Stadt bei 
der neuen Ziegelei an der Straße nach Döbritschen. Er 
fand in denselben Urnenreste mit Tupfenleisten, neben 
nicht ornamentierten Gefäßscherben; ferner einen Klopf- 
st e i n , halbkugelförmig, stark beschädigt, von 10 cm Breite ; 
einen Mahlstein (Läufer) mit abgeplatteter, rauher Fläche 
von 24 cm Breite, auf der Gegenseite in der Mitte mit kreis- 
förmiger Vertiefung. (Die Funde sind jetzt im B.V.M. IIb 
2640 a — d). In seiner jetzigen Privatsammlung besitzt 
Heim ein ca. 15 cm langes, im Querschnitt abgestumpft 
dreieckiges Steingerät von cylindrischer Gestalt* mit Rille, 
was ebenfalls an der neuen Ziegelei gefunden wurde. 

Aus „Thielemanns Ziegelei" ferner einen Randscherben 
eines großen Tongefäßes, dessen Masse mit Quarzstückchen 
reichlich durchsetzt ist; der 7 cm hohe glatt gestrichene 
Hals ist leicht nach außen ausladend, der sich anschließende 
Bauchteil rauh, mit einem senkrecht nach unten verlaufenden 
schmalen, nasenförmigen Ansatz versehen. Die Krümmungs- 
verhältnisse des Scherben lassen auf ein Gefäß von wenigstens 
25 cm Höhe schließen. 

b) An der Chaussee naoh Sohmiedehauaen. 

Bei Ausgrabungen an der Chaussee nach Schmiedebausen 
auf Camburger Gebiet förderte Heim Urnenreste zu Tage, 
die unverziert waren. 

XXII. 22 



326 I^ie vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 

Einselfünde. 

Nähere Bezeichnung der Fundstelle finden sich nur 
bei wenigen Einzelfunden. 

Im Henneberger Haus in Meiningen liegt ein Bruch- 
stück eines ca. 7 cm breiten keilförmigen Steinbeils, das 
beim Bau der Niederlage des Kaufmann Stürze 
gefunden worden ist. 

Bei einer sechsflächigen facettierten rötlichen Perle 
ist als Fundstelle der Flurname „Lischwig" angegeben. 

(H. H.) 

An Einzelfunden auf Camburger Stadtflur ohne 
speziellere Angaben bewahrt das HennebergerHausin Meiningen : 

Eine ca. 10 cm lange, schuhleistenförmi^e gewölbte Stein hacke; 

eine kleinere, hochgewölbte Steinhacke mit zugespitztem 
Bahnende; 

einen faustgroßen Eeibstein aus Porphyr; 

zwei apfelgroße.Glätt steine; 

einen kleineren Glättstein. 



Ein kleines Tierkantiges Steinbeil, grau mit schwarzer 
Sprenkelung, mit gerader Ober- und Unterseite, leicht gewölbten 
Seitenwangen, zugespitztem Bahnende, von 8,6 cm Lange, 15 cm 
größter Breite besitzt das Germanische Museum zu Jena. 



Eine polierte, mit Bohrloch versehene Steinaxt aus Camburg 
aus der Sammlung des Oberstabsarztes Dr. Schwabe in Weimar — 
war 1880 auf der Ausstellung prähistorischer und anthropologischer 
Funde in Berlin ausgestellt (Katalog der Ausstellung S. 542). 

In den Mitteilungen der G. und A. G. des Osterlandes zu 
Altenburg I. B. wird em mündlicher Vortrag des Mühlenverwsdters 
Brauer in Camburg am 15. April 1840 erwämit über Ausgrabimgen 
von Altertümern ( Vasen, Schalen, Knochen, B>eifen etc.) in der Cam- 
burger Gegend und unter den Altertümern, die die genannte Gesell- 
schiät besitzt, 1841 in den Mitt. I. B. S. 27 erwähnt unter anderen: 

„Ein halber steinerner Streithammer (sog. Donnerkeil); 

vier eiserne schmale Eeifchen nebst eisernem Bü^el; 

Bruchstücke einer Aschenurne, Scherben von Vasen." 

Alles im Amtsbezirk Camburg angefunden (Mühlenverwalter 
Brauer daselbst)." Es erinnern diese Funde an die Beigaben des 
1871 ausgebeuteten slavischen Gräberfeldes. 

Einen schön polierten, polygonal (elfflächig) fecettierten Axt- 
ha mm er mit Schaftloch, Lan^e 14 cm, größte Breite 5,3 cm, Höhe 
3 cm, besitzt Heim in seiner jetzigen Sammlung. 



Die vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafschaft Camburg. 327 

Einzelfunde aus Camburg im Berliner Völkermuseum: 

Steinbeil, sehr gut poliert, vierkantig, nach dem Bahn- 
ende sich leicht verjüngend, obere und untere Schmalseite 
feradflächig. Schneide etwas gebogen, Seitenwangen flach gewölbt, 
(ahnende geradflächig. Länge 11 cm, Schneidenhöhe 5,5 cm. 

Kllb. 133. 

Steinbeil, meist gut poliert, vierkantig, nach dem Bahnende 
sich leicht verjüngend, ooere und untere Schmalseite geradflächig, 
Seitenwangen sehr flach gewölbt. Schneide schief verlaufend, Bahn- 
ende abgerundet. L. 7,7 cm, Schneidenhöhe 4,9 cm. Kllb. 134. 

Steinbeil, leicht facettiert, vierkantig, nach dem Bahnende 
sich etwas verjüngend, obere und untere Schmalseite geradflächig, 
Seiten Wangen sehr flach gewölbt. Schneide gebogen. Bahnende schräg 
abfallend, ohne Sorgfalt behandelt. L. 11,0 cm, Schneidenhöhe 5,5 cm. 

Kllb. 1122. 

Steinbeil, vierkantig, aus schwärzlichem Gestein, Schmalseiten 
geradflächig, Seitenwangen flach gewölbt. Bödmende abgerundet. 
Schneide gebogen. L. 8,0, Schneidenhöhe 5,0. Kllb. 1160. 

Steinbeil, vierkantig, nach dem Bahnende sich etwas ver- 
jüngend, aus gpiuem Gestein, die obere und untere Schmalseite 
ferwiflächig, Seitenwangen sehr flach gewölbt. Schneide fast gerade. 
.. 7,0, Schneidenhöhe 4,0. IIb. 1279. 

Steinbeil, beschädigt, aus grauem Gestein, nach dem Bahn- 
ende zu sich verjüngend, flach gewölbte Schmalseiten und Seiten - 
Wangen. L. 8, Schneidenhöhe 4,8. IIb. 1532. 

Steinbeil, vierkantig, nach dem Bahnende sich etwas ver- 
jüngend, aus grauem Gestein, Schneide gebogen, Schmalseiten gerad- 
flächig, Seitenwangen flach gewölbt. Bahnende abgerundet. 
L. 9,0, Schneidenhöhe 4,8. II b. 1534. 

Steinbeil, vierkantig, aus grauem Grestein, nach dem Bahn- 
ende sich etwas verjüngend. Schneide gebogen, Seitenwangen gewölbt, 
obere und untere Schmalseite geradflächig. Bahnende abgerundet. 
L. 14,0, Schneidenhöhe 7,0. IIb. 1704. 

Steinbeil, nach dem Bahnende sich etwas verjüngend, vier- 
kantig, aus grauem Gestein, unvollständig. Schneide gebogen, obere 
und untere Schmalseite annähernd geradnächig. L. 7,0, Schneiden- 
höhe 5,0. II b. 1855. 

Steinbeil, beschädigt, vierkantig, aus schwärzlichem Gestein , 
nach dem Bahnende sich etwas verjüngend, Schneide leicht gebogen, 
schief verlaufend, Seitenwangen sehr flach gewölbt. Bahnende abge- 
rundet. L. 7,5, Schneidenhäie 4,5. II b. ia56. 

Steinbeil, beschädigt, vierkantig, nach dem Bahnende sich 
etwas verjüngend, aus grauem Gestein, Schneide kaum gebogen, 
Schmalseiten geradflächig, Seitenwangen sehr flach gewölbt. Bahn- 
ende abgerundet. L. 5,5, Schneidenhöhe 4,5. II b. 1857. 

Steinbeil, beschädigt, vierkantig, nach dem Bahnende sich 
etwas verjüngend. Schneide kaum gebogen, Schmalseiten geradflächig, 
Seitenwangen sehr flach gewölbt. Bahnende abgerundet, aus dunkel- 
grauem Gestein. L. 5,5, Schneidenhöhe 4,0. IIb. 1858. 

Steinbeil, vierkantig, nach dem Bahnende sich etwas ver- 
jüngend, Schmalseiten geradflächig, Seitenwangen flach gewölbt. 
Schneide gerade. Bahnende abgerundet, aus grünem Gestein. 
L. 4,0, S(£neidenhöhe 3,0. II b. 1859. 

22* 



328 I^i© vor- u. frühgeschichtl. Funde der Grafechaft Camburg. 

Steinbeil, vierkantig, nach dem Bahnende eich etwas ver- 
jüngend, Schneide leicht gebogen, Schmalseiten geradflächig, Seiten- 
wangen sdir flach gewölbt. Bahnende abgerundet, aus grauem Gestein. 
L. 6,5, Schneidenhöhe 4,0. II b. 2202. 

Steinbeil, vierkantig, nach dem Bahnende sich etwas ver- 
jüngend. Schneide gerade, Seitenwangen flach gewölbt, Bahnende 
schräg. L. 6,5, Schneidenhöhe 4,0. II b. 2203. 

Steinbeil, vierkantig, nach dem Bahnende sich wenig ver- 
jüngend. Schneide wenig gebogen, Schmalseite gerade. Bahnende fehlt. 
Länge des erhaltenen Stückes 9,2. II b. 2424. 

Steinbeil, vierkantig, etwas beschädigt, nach dem Bahnende 
sich wenig verjüngend. Schneide leicht gebogen, Schmalseiten gerad- 
flächig, ^itenwangen flach gewölbt. Bannende abgerundet. £. 8,5. 

II b. 2425. 

Steinbeil, vierkantig, nach dem Bahnende sich verjüngend. 
Schneide stark gebogen, Seitenwangen flach gewölbt, Bahnende ab- 
gerundet. L. 8,5. II b. 2468. 

Steinbeil, vierkantig, facettiert, gut erhalten, nach dem 
Bahnende sich etwas verjüngend, Schneiae gebogen, Schmalseiten 
geradflächig, Seitenwangen flach gewölbt. Bahnende gerade. L. 6,2. 

IIb. 2799. 

Steinbeil, stark beschädigt, nach dem Bahnende sich etwas 
verjüngend. Schneide gebogen, Seitenwangen flach gewölbt. Bahnende 
abgerundet. L. 7,0. II b. 2800. 



Steinbeil, mit spitzem Bahnende, Schneide gebogen, 
Seiten Wangen gewölbt, in spitzem Winkel aneinanderstoßend, rauhe 
Oberfläche. L. 8,0, Schneidenhöhe 5,0. IIb. 1123. 

Steinbeil, das spitze Bahnende abgebrochen, aus schwarzem 
Gestein. L. 6,0, Schneidenhöhe 8,5. II b. 1241. 

Steinbeil, vierkantig, aus grauem Gestein, mit spitzem Bahn- 
ende, flach gewölbten Seiten wangen, eebogene, an der einen Ecke 
beschädige Schneide. L. 10,0, Schneidenhöhe 5,0. II b. 1533. 

Steinbeil, vierkantig, aus grauem Gestein, mit si)itzem Bahn- 
ende, flach gewölbten Seitenwangen. Gebogene Schneide. L. 9,0, 
Schneidenhöhe 6,0. II b. 2107. 

Steinbeil, aus Fiint, nach dem Bahnende zu sich zuspitzend, 
Schneide gebogen. L. 6,1. II b. 2422. 

Steinbeil mit spitzem Bahnende, sehr gut erhalten, die ge- 
wölbten Seitenwangen in scharfer Kante spitzwinklig aneinander- 
tretend, Schneide gebogen. L. 19,0. II b. 2638. 



Steinhacke, hochgewölbt, schuhleistenförmig, aus grauem 
Gestein. L. 14,0, größte Breite 4,5. II b. 1124. 



Steinhacke, breit, flach, vierkantig, aus schwarzem Gestein, 
die gebogene Schneide in scharfem Winkel an die geradflächigen 
Schmalseiten angrenzend. L. 11,0, gr. Br. 6,8. IIb. 1159. 

Steinhacke, breit, flach, leicht facettiert, am Bahnende be- 
schädigt. Schneide gebogen, allmählich in die Schmalseiten übergehend, 
aus grauem Gestein. £. 7,0, gr. Br. 7,9. IIb. 1239. 



Die vor- u. Mhgeechichtl. Funde der Grafschaft Camburg, 329 

Steinhacke aus dunkelgrauem Gestein, breit, flach, vier- 
kantig; die geradflächigen Schmalseiten abgerundet in die gebogene 
Schneide übergehend, am Bahnende etwas beschädigt. L. 7,0, gr. 
Br. 4,0. n b. 1240. 

Steinhacke aus grauem Gestein, flach, breit, die gebogene 
Schneide abgerundet in die Schmalseiten übergehend. L. 6,8, gr. 
Br. 6,5. IIb. 1242. 

Steinhacke aus grünlichem Gestein, facettiert, vierkantig, 
die gebotene Schneide in scharfem Winkel an die geradflächigen 
ScJimalseiten angrenzend. L. 12,5, gr. Br. 5,0. IIb. 1535. 

Steinhacke aus schwärzlichem G^tein, flach, breit, mit ab- 
gerundeter, allmählich bogenförmig in die Schmalseiten umbiegender 
Schneide. L. 8,4. U b. ^466. 



Steinaxt aus jgrünlichem Gestein, mit Schaftloch, mit hoch- 
gestellter, scharfer Schneide, Bahnende breit, wenig bearbeitet. 
L. 11,0, gr. Br. 6,2. IIb. 1238. 

Steinaxt aus grauem Gestein, plumpe Form, mit Schaftloch, 
horizontaler Querschnitt dreieckig, vertikaler unr^elmäßig recht- 
eckig, Bahnende breit, abgerundet. L. 10,0, gr. Br. 7,0. II b. 1408. 

Steinaxt aus grauem Gestein, beschädigt, mit Schaftloch. 
Die Schmalseiten in einer Schneide unter spitzem Winkel sich ver- 
einend, Bahnende schräg. Horizontalschnitt dreieckig, Yertikalschnitt 
rechteckig. L. 13,0, gr. Br. 4,5. II b. 1675. 

Steinaxt mit Schaftloch, im Horizontalschnitt dreieckig, im 
Yertikalschnitt rechteckig. Die Schmalseiten unter einem spitzen 
Winkel zu einer scharfen Schneide sich vereinend, Bahnende breit, 
abgerundet. L. 13,5. II b. 2639. 

Steinaxt aus schwärzlichem Gestein, mit Schaftloch, leicht 
facettiert, im Horizontalschnitt dreiee^, im Vertikalschnitt recht- 
eckig. Die Schmalseiten unter spitzem Winkel sich zu einer scharfen 
Schneide vereinend, zum Bahnende allmählich umbiegend, Bahnende 
abgerundet. L. 10,0, gr. Br. 4,0. II b. 1901. 



Schöner polygonal facettierter Axthammer aus schwärzlichem 
Gestein, im Horizontalschnitt fünfeckig. Die Schmalseiten zu beiden 
Seiten des Schaftioches in leichter Bi^un^ zu einem Kamm ausge- 
zogen. Bahnende breit, abgerundet. Von der Seite betrachtet ist der 
axtförmige Teil nach unten verbreitert, so daß die Schneide höher 
fds der übrige Hammerteil ist. L. 15,0, gr. Br. 4,8. IIb. 1705. 

Große hochgewölbte, Schuhleisten förmige Hacke aus 
grauem Gestein, quer durchlocht. L. 22,0, gr. Br. 6,0. II b. 1413. 

Hirschhornhammer mit kreisrundem Schaftloch, mit 
breitem Bahnende, Schneidenteil fehlt. L. des erhaltenen Stückes 
12,5, gr. Br. 6,5. IIb. 1031. * 

Kloijfstein, würfelförmig, abgerundet, mit zentraler Vertiefung 
auf den Seiten. Mittlerer Durämesser 6 cm. II b. 1412. 



330 ^^6 ^0^' ^- frühgeschichtl. Funde der Grafechaft Camburg. 

Klopf stein aus grauem Gestein, Ton annähernder Kugelform 
mit einzelnen Kanten. Mittl. Durchm. 7 cm. IIb. 1854. 

Klopfstein aus rötlichem Gestein, kugelförmig. Mittl. 
Durchm. 7,5 cm. II b. 2031. 



Reib er von Halbkugelform, gr. ßr. 9,0 cm. IIb. 2426. 



Feuersteinspan, L. 3,4, gr. Br. 3,0. IIb. 1536. 

Zwei weitere Feuersteinspäne. IIb. 1537. 

Feuersteinmesser, doppelschneidig und zugespitzt, 7 cm 
lang, 2 cm breit, im Vertikalschnitt flach diu^förmig. II b. 1860. 

Feuersteinmesser, doppelschneidig, 5 cm lang, 2 cm breit, 
auf der einen Schneide vielfach zannförmig gemuschelt II b. 1902. 



Miszellen. 



IL 
Mitteilungen aus Copialbttehern der Stadt Naumburg a* S. 

Von Karl Schöppe. 

Von einer eigenartigen Beleidigung» deren Bedeutung 
noch der Erklärung bedarf, £andelt das folgenae Leumundszeugnis 
des Naumburger Bates: „Wir burgemeister und geschworene ratmanne 
der Stadt Naumburg bekennen hiemit gegen ydermänniglich, so dieser 
unser offene brief vorkumpt, den senen oder hören lesen, und be- 
sunderlich g^en euch, fürsichtigen und ehrsamen herren burge- 
meistem und raten zu Eisenberg, daß auf heute montag nach St. 
Lorenzentage dieses 1521. jahrs Tor uns, als wir nach gewöhnhcher 
verheischung .ratsweise versammelt, persönlich erschienen ist der 
fürsichtige Lorenz Kune, gegenwärtigen brief s zeiger, etwa unser 
bürger, anzeigend, wie er nach seinem abschiede von uns und als er 
sich allhieher zu euch um seiner besserung willen gewandt, von etz- 
lichen euren einwohnern mit schmähelichen worten, die ihm auch 
«eine ehr imd gut gerüchte letzen thäten, beschwerhcher weise be- 
leidigt und geschmähet würde und u. a. ein achtundzwanzieer 
von Naumburg gescholten würde, welches ihm zu merklidier 
verkleinung, höhn, schmähe und schände reichte, vertraulicher hoff- 
nung, es möchte doch solches von ihm in Wahrheit nimmermehr 
angezeigt, viel weniger rechtlich auf ihn erweist noch beibracht 
werden.** Auf seine Bitte bescheinigt ihm nun der Rat, „daß uns 
nicht anders wissend sei, denn daß sich derselbige Lorenz Kune die- 
2eit und allsolange er bei uns bürger gewesen, aufrichtig, frömmlich 
und wie einem ^horsamen bürger ziembt, wohl gehalten habe, also 
daß wir ihm, so es ihm fügsam gewesen, wohl länger bei uns hätten 
erdulden mögen". 

Von einer sonderbaren Wette erzählt ein Protokoll des 
Naumburger Bates von 1520: „Wir burgemeister und geschworene 
ratmannen der Stadt Numburg bekennen hiemit gegen allermännig- 
lieh und besonderlich vor euch ehrbaren und ehrsamen weisen burge- 
meister und ratmannen der Stadt Weida, daß auf heute freitag nach 
Invocavit dieses 1520. jahrs vor uns, als wir nach gewöhnlicher 
verheischung ratsweise versammlet, erschienen ist der fürsichtige, er- 
fahrene meister Georg Schieferdecker, anzeigend, wie er sich allhie 
2U Weida mit einem bürger daselbst, der einem ehrbaren rate allent- 
halben und wohl bekannt, etzlichermaßen mit nachfolgendem eide 
in der meinimg dergleichen worten begriffen und eine Verpflichtung 
gegen einander gethan haben, also: & solle derselbige euer bürger 
vor gewiß und wahr angezeigt und gehabt haben woflen, es wären 



332 Miszellen. 

aus der behausung unsere bürgers Bastian Friedrichs seligen, eine» 
backen hinter dem rathause wohnhaftig, in nächstvergangenen 
sterbenslaüften 9 personen verstorben, dargegen genannter Georg 
Schieferdecker in Wahrheit zu erhalten angezeigt, daß derselbigen 
alsovid aus solcher behausung nicht gestorben sein sollten und solche 
verpfiichtune bei 20 gülden verpönt, welcher darinnen fälli]^ befunden, 
dem gewinimaftigen ohne alle rechtliche und ertrachthche behdfe 
die zu übareichen ; mit emsiger bitte, ihm dieser versterbung und 
wie es sich in Wahrheit darum hielte, ergründte bekundschaftung zu 
geben; stsdlte und brachte derhalb vor uns die ehrsamen, fürsich- 
tieen Wolfen Caspar und Veiten Leuben, als nächste nachbar der 
gdassenen witwen desselbigen Bastian Friedrichs seligen, desgleichen 
auch sie, die witwe, selbst, die allenthalb sämtlich und jäes be- 
sondem, was ihnen um die anzahl der personen, so aus cueser be- 
hausung in nächstem sterben verschieden, zu befragen bittend. Die- 
weil wir uns die Wahrheit nach vermögen zu fördern schuldig erkennen^ 
haben wir ihm solch sein bitten als ziemliches abzuschlahen nidit 
gewußt, sondern demnach dieselbigen unse bürger, auch die witwen 
selbst bei den pflichten, damit sie dem hochw. imd hochgeborenen 
fürst«n unsem cn. herm von Freising und Numburg und uns be- 
haftet und zugethan, was ihnen um die zahl der personen, so aus 
oft bemeldter behausung Bastian Friedrichs seligen in nächstem 
sterben hingeschieden bewußt, die lautere Wahrheit zu vermelden mit 
fleiß befragt. Also haben sie darauf sämtlich und jeder besondem 
ausgesagt und bekannt, daß daraus Bastian Friedridi der hauswirt 
selbst und zu ihm 6 seiner erben und nicht mehr verstorben sein, 
welches wir also vor uns geschehen hiemit bekennen und darauf 
freundlichs fleiß bitten, Ihr wollet gemeldtem eurem bürger die billig- 
keit und daß er die verwilligte pön, damit sicji der Eure gegen ihm 
verbunden, ohne weitere beschwerung bekommen möge und weitere 
unkost derhalb nicht thun müsse." 

Eine gar naive Bemerkung findet sich bei einem Schreiben 
des Naumburger Eates vom Mittwoch n. Nik. 1538 an den Papier- 
müller zu Glaucha, worin er ihm den Sohn des Batsdieners Hans 
Donner als Lehrling empfiehlt. „Hans Donner**, bemerkt der Stadt- 
schreiber bei dem Entwürfe dieses Schreibens, ,Jiat kein geld, aber 
zur Steuer (d. h. zu den Unkosten) hat er einen bogen papier kauft, 
den will er — daß es nicht gar, wie er spricht, über uns gehen 
darf — darzu geben." 

Auf die Frage nach gewissen Handwerksbräuchen der 
Tuchmacher gab der lUt zu Naumburg am Dienstag n. Quas. 
1528 dem Dr. Joh. Bidnboth, Amtmanne zu Leuchtenburg und 
Orlamünde und dem Schösser Seb. Wellner zu Jena folgende Aus- 
kunft: „Wenn jemand fremde tücher in die Stadt Naumburg bringt, 
so werden dieselbigen tücher durch die verordneten und geschwo- 
renen meister besichtigt, und wenn ein tuch oder mehr zu geringe, 
zn schmal oder sonst mit einem wandel ihren tüchem nicht gleich 
befunden wird, dasselbige tuch seind sie versessen. Desgleichen wenn 
unsere meister in andere städte kommen, da die tuchmaäer Innungen 
oder zunft halten, müssen sie auch ihrer tücher, ob sie gleich ver- 
siegelt sein, von denselbigen meistern nach ihrer handwerksübung 
und gewohnheit besichtigung und crkenntnus leiden. Dazu) gestatten 
unsere tuchmacher iddermänniglich auf karren oder wagen tuch in 



Miszellen. 333 

die Stadt zu führen, auch ein, zwu adder drei nacht ihres gefallens 
darinne zu beharren, doch^ daß dieselbigen tücher nicht mit der eile 
verschnitten werden." 

Am Donnerstage Himmelfahrt 1522 mußte sich der Naumburger 
Bat mit folgendem Ersuchen an den Vorsteher des Klosters zu B^la 
wenden: „Es giebt uns unser bürger Georg Metze klagend zu er- 
kennen, wie ihm seine tochter Agatha, welche noch nicht zu ihren 
vollkommenen jähren und bestandiger vemunft kommen, durch eines 
priesters dienerin sunder sein bewuSt, willen und vergunst ins kloster 
zu Boda mit guten, süßen Worten aufgesprochen und geantwurt 
wurden sei, die er bisher anher durch vielfältig sein freundlich an- 
suchen und erinnern wiederum zu notdürftiger hilfe und handreich- 
ung seiner aufenthaltun^ und haushaltens nicht habe zu ihm brennen 
mugen. Mit emsiger bitte ihn derhalb und in ansehung, daß soloieR 
alles wider seinen willen und bewußt geschehen, auf meinung, daß 
ihm seine tochter als diejenige, so no(£ aus seinem, als ihres vaters 
gewält nicht entledigt, wiederum folge, zu verschreiben. So wir 
dann solche seine bitte gar in nichts vor imbillig ermerken mögen, 
auch daß es ja billig, daß die kinder dem gewalt ihres vaters in 
allem ziemlichen gefolgig seien, schätzen, ist unser freundlich fleißig 
bitten, ihr wollet gemeldtem unserm bürger dieselbige Jungfrau Aga- 
then, seine natürliche und eheliche tocnter, wiederum sonder alle 
Weigerung überreichen und folgen lassen, und also zwänglich ihm 
vorzuhalten nicht gestatten, damit er derhalb fördere unkost und 
nachrichten nicht thun darf." Der arme Vater bekam aber darauf 
keinen Bescheid, weshalb der Bat am Montage n. Mar. Himmelfahrt 
1522 den Herzog Johann von Sachsen bat, zu beschaffen, „daß die 
klosterjimgfrau m beiwesen ihrer eitern und des klosters Vorstehers, 
der domina und wer dies füglich zu thun und schaffen hat, um 
ihr gemüt, sinne und bewegung, warum sie wider ihrer eitern willen, 
gunst und verjahung in berührtem kloster zu bleiben und verharren 
gesinnt, notdürfti^lich befragt und alsdann darauf die biUigkeit zu 
geschehen gnädigbch gefehlen." 



Literatur. 



IV. 



Beschreibende Barstelliing der älteren Bau- nnd Kunstdenkmäler 
der ProTinz Sachsen* Herausgegeben von der Historischen 
Kommission für die Provinz Sachsen und das Herzogtum 
Anhalt. XXIV. Heft. Bie Stadt Nanmborgr. Bearbeitet von 
Dr. Heinrich Bergner. Mit 162 in den Text gedruckten Ab- 
bildungen, 20 Lichtdrucktafeln und 1 Stadtplan, Halle a. S. 
(Henda) 1903. 8^ (Preis 10 M.). 

Dieser neue Band der Baudenkmäler der Provinz Sachsen er- 
halt durch die Beschränkung auf die Stadt Naumburg einen ein- 
heitlicheren Charakter als ähnliche Kunsttopographieen — sehr zum 
Vorteil seiner Lesbarkeit — und bietet bei dem großen Reichtum 
Naumburgs an Denkmälern und Kunstwerken aUer Jahrhunderte 
der Naumburger Vergangenheit ein geschlossenes Bild von dem 
Kunstleben einer nicht unbedeutenden deutschen Stadt. Der Kreis 
Naumburg ist in der Beihe dieser Publikation der Hist. Kommission 
schon lange vermißt worden; jetzt hat Herr Pfarrer Bergner in der 
kurzen Fnst von 2 Jahren den vorliegenden Band fertiggestellt, 
dem ein zweiter für den Kreis außerhalb der Stadt folgen soll. 
Schon daß nun eine Beschreibung der Naumburger Kunstdenkmäler 
also endlich vorliegt, ist dankenswert, mehr noch die eingehende und 
lebhafte Art, wie ß. den reichen Stoff behandelt hat. In der Serie, 
zu der es gehört, zeichnet sich das Werk vorteilhaft vor manchen 
anderen aus, namentlich durch die Detaiiliertheit und Gründlichkeit 
der Beschreibung, durch das eindringende Studium und die Analyse 
sonst meist vernachlässigter Teile, wie des romanischen und gotischen 
Ornaments, und durcli das Bestreben, die Zusammenhänge und die 
innere Entwickelung dieses lokalen Kunstlebens überall zu erkennen 
und hervorzuheben. Daß dieses Bestreben ihn manchmal etwas zu 
weit, zu etwas gewaltsamer Vereinfachung und Systematbierung 
verleitet, sowie daß auch Irrtümer und FÄler untergelaufen sind, 
vielleicht zahlreicher, als Ref. bei der Lektüre, ohne Vergleichung 
der Originale, feststellen konnte, ist wohl begreiflich und entschuldbar. 
— Die Einleitung gibt in 3 Abschnitten von anerkennenswerter Knapp- 
heit eine Übersicht über die Topographie (geologischen Charakter, 
Wasserläufe, Umfane des Weiclibiides, Striaen, Stadtanlage), die 
geschichtliche Entwickelung der Stadt, bez. des Hochstiftes, nament- 



Literatur. 335 

lieh unter den älteren Bischof en bis zum 14. Jahrhundert, und über 
die Literatur^). 

Die Darstellung der Verwaltungs- und Eechtsverhältnisse im 
Mittelalter leidet an tln^enauigkeiten; dafür wäre Hoffmanns Buch 
über Naumburg im Zeitalter der Eeformation heranzuziehen ge- 
wesen; es findet sich unter der Literatur nicht aufgeführt, wohl 
weil B. es nach seinem Titel, aber mit Unrecht, zu den „überaus 
zahlreichen Schriften zu B.eformationa- etc.-Geschichte" rechnete. — 
Den weitaus größten Baum nimmt natürlich der Dom mit seinen 
Denkmälern und zugehörigen Bauten ein, ihm folgen die anderen 
Kirchen, die Friedhöfe, die Profanbauten der Stadt, endlich die — 
zum großen Teil nur auf Abbildungen und historischen Nachrichten 
beruhende — Beschreibung der Befestigungen'). 

Wie überhaupt B. den einzelnen Baulichkeiten vorausgehen 
läßt, was über ihre Baugeschichte zu sagen ist, so gibt er auch über 
den Dom zunächst die wenigen urkundlichen Daten bis zu der 
großen Restauration von 1876 ff. Dann folgt die Besehreibung der 
Bauteile, in der Hauptsache, wenn auch naturgemäß nicht streng im 
einzelnen, nach der Zeit ihrer Entstehung, b^innend mit der 
Krypta; die romanischen Ostteile (Vierung mit dem ursprünglichen 
Altarhaus, Querschiff, Osttürme), dann das Landhaus und der 
Unterbau der Westtürme ; über die Bauzeit dieser Teile konnte nach 
Lüttichs Naumburger Gymn.-Progr. von 1902 nicht viel Neues 
gesagt werden; die dort mitgeteilten Resultate werden im wesent- 
lichen gesichert ; abgesehen von der mittleren Krypta, die der ersten 
Hälfte des 12. Jahrhunderts angehört, sind alle diese Teile das Werk 
der Bischöfe Udo IL,^Berthold ll. und Engelhard (1161—1242); in 
dieser Zeit hat eine Änderung des ganzen Bauplans, der Übergang 
von einer Flachdeckbasilica zu dem erhaltenen Gewölbebau stattge- 
funden, dessen Ausführung nach der überall einheitlich wiederkeh- 
renden reichen Ornamentik im spätesten romanischen Stil der Zeit 
Engelhards (1202—1242) zuzuschreiben ist. B. geht sehr genau auf 
die omamentalen Einzelheiten ein und sucht in sehr dankenswerter 
und lehrreicher Weise die Motive des stilisierten Pflanzen- und 
Bankenwerkes dieser Kapitale u. s. w. zu analysieren ; ebenso interes- 
sant ist sein Versuch einer Charakteristik des Stiles und der persön- 
hchen Eigenart des Meisters dieses Baues. Nach diesem aber setzt 
im WestcSor unter Dietrich IL (1243—1272) mit einem Schlage die 

1) Erwähnt sei, daß ein lautlicher Übergang von Wythawe zu 
Wichaw (Weichau) [S. 3] doch sehr unwahrscheinlich ist; die erstere 
Form der Urkunde von 1278, die nur abschriftlich vorhat, ist doch 
wohl nur als nahdiegende Verschreibung für Wychawe anzusehen. 
— Der „Rosengarten" (S. 5) ist wohl die nicht vereinzelte Bezeichnung 
der Straße des Frauenhauses. — Die BestätigungHurkimde Papst 
Johanns XIX. (nicht XX.) von 1032 über die Bistumsverlegung ist 
eine spätere Fälschung (S. 8), nicht diese, sondern die echte rapyrus- 
urkunde von 1028 ließ Engelhard erneuern (S. 9), d. h. in Rom 
transsumieren. — Bischof Bruno (S. 10) gehört zu der Familie 
V. Langenboge. 

2) S. 302 ist' zu korrigieren: Dietrich von Landsberg; natürlich 
verhandelt 1276 nicht Dietrich „der Bedrängte", der Vater Heinrichs 
des Erlauchten, sondern der Sohu des letzteren, mit Bischof Meinher. 



336 Litteratur. 

volle Gotik in schönster Blüte ein; die Naturfreude, mit der diese 
Künstler die heimische Blumenfülle hier für ihre Ornamente ver- 
wertet haben, läßt sich nur bei einer so eingehenden Erläuterung 
der Architektur und ihrer Ziergheder ahnen, wie sie auch hier 
wieder B. gibt. — Die Erweiterung des Ostchores will B. etwa 40 — 50 
Jahre früher ansetzen, als man bisher annahm und als Lüttich 
a. a. O. noch ausführte ; er beruft sich dafür auf ein Türbogenfeld in 
dem Ostchor, das erst von ihm überhaupt beachtet und von ihm als 
letztes, unvollendetes Werk des Meisters der Stifterfiguren im West- 
chor anges^en wird und danach gegen 1280 angesetzt werden muß. 

— Mehrere (von Lüttich angeführte) ürkundenstellen von 1323 und 
1328, die sich nur auf diesen Teil aer Kirche beziehen können, er- 
geben indessen, daß der Ostchor 1323 bereits b^onnen und 1328 
noch nicht vollendet war; demgegenüber kann jene neue Annahme 
nicht bestehen, selbst wenn das "i^rmpanon dem Meister der Ötifter- 
figuren zuzusdireiben sein sollte, was B-ef. sehr anfechtbar erscheint. 
Mit diesem Meister, von dem natürlich auch der Diakon und die 
Beliefs am Lettner, wie auch nach B.s Meinung die liegende Bischofs- 
figur im Ostchor, herrühren, beschäftigt sich der Verf. natürlich 
b^onders und bemüht sich — auch unter Heranziehung der so nahe 
verwandten Meißner Figuren — der Persönlichkeit dieses großen 
Künstlers nahe zu kommen, und wenn auch dabei die wiederholte 
Parallele zu Goethe etwas sonderbar anmutet, so ist doch die starke 
Hervorhebung der Bedeutung dieses Mannes nur zu billigen. Sein 
Einfluß wirkt in Naumburg noch lange nach, wie B. an den Wasser- 
speiern des Westchors, an den Glasmalereien und an Grabdenkmälern 
nachweist. — Sehr eingehend beschreibt B. weiter die Glasgemälde 
der beiden Chöre, die Altäre, Grabsteine^) und Gemälde, die wenigen 
Paramente des Domes, auch die im Besitze des Kapitels erhaltenen 
8 großen Meßbücher, an deren Miniaturen und Drolerien er 3 oder 
4 verschiedene Hände festzustellen sucht. Leider vermißt man bis- 
weilen eine Angabe über den Aufstellungsort (z. B. S. 166 No. 10; 
167 No. 11 ; im No. 12). Auf den Dom folgt die Beschreibung der 
anstoßenden Baulichkeiten : Dreikönigskapelle, Marienkirche, Klausur 

— meist auf Grund der Lüttichschen Untersuchungen; alle Fragen 
sind auch da nipht zu lösen gewesen — die Kurien % namenthch 
die interess^te Agidienkapelle, deren Inneres wenigen bekannt sein 
dürfte. — Armer an bauhchem Interesse, wie an Denkmälern sind 
St. Moritz, St. Otmar und die Marienkirche; doch lernen wir auch 
hier noch manches bemerkenswerte und wenig bekannte Kunstwerk 



1) Falsch angegeben ist die Jahreszahl des Grabsteins des 
älteren Dechanten Günther v. Bünau (S. 189, No. 53), der das Jahr 
1519, nicht 1512 zeigt; der Fehler stammt wohl aus Mitzschkes 
„Naumburger Inschräten". Auch das Todesjahr des Kilian Mensel 
(S. 192) muß wohl 1553 lauten. — Unrichtig angesetzt ist auch der 
Teppich (S. 173, No. 3); nach den Wappen: Schleinitz und Merse- 
burger Bistum und beide quadriert, ist der dargestellte Bischof der 
Merseburger Vincenz v. Scnleinitz (1526 — 1535). 

2) An dem Giebel des jetzigen Landratsamtes, früher Kurie des 
Dompropstes von Werthem, befindet sich nicht das Burgsdorf sehe 
(S. 214), sondern das Werthernsche Wappen. 



Litteratur. 337 

kennen'). Interessanter ist als Bau die Wenzelskirche ; Bef. vermag 
aber nicht die Ansicht des Verf. zu teilen, nach der die beiden von 
ihm als ,,Chörlein" bezeichneten Seitenkapellen am Chor zur ur- 
sprünglichen Anlage gehören sollen (S. 239). Das Vorhandensein 
des Laubkapitäls bei dem rechten Ecksäulchen des südlichen 
„Chörleins" für einen Kielbogen, wie solche über die Seitenflächen 
des Chores unter den Fenstern gezogen sind, setzt doch auch an 
dieser Seite eine gerade Wandfläche statt des Polygons als ursprüng- 
liche Anlage voraus; die „3 Knollen" an dem Kapital des linken 
Ecksäulchens sind übrigens Beste einer Tiergestalt, entsprechend dem 
Affen rechts und den Kapitalfiguren an dem anderen „Chörlein". 
Auch der Ansatz für den Anbau der Sakristei (vor dem Brand von 1517) 
steht doch auf schwachen Füßen. — Die Prof anbauten sind, abge- 
sehen von dem hochinteressanten Marientor und allenfalls dem Biat- 
haus, ohne erhebhche Bedeutung; als den für Naumburg vorherr- 
schenden und charakteristischen Stil bezeichnet B. eine i^lischung 
von Spätgotik und Benaissance, wie sie höchst originell schon der 
Hochaltar des Doms zeigte; daneben sind auch Zierformen des 
Barock und Bokoko, namentlicli. als Fensterumrahmun^, sdir beliebt. 
— In einer kunststatistischen Übersicht läßt der Ver£ zum Schluß, 
in kurzem Bückblick auf die Ergebnisse seines Buches, die Entwicke- 
lung der Naumburger Kunst in kirchlicher und weltlicher Baukunst, 
Bildnerei und Malerei noch einmal an uns vorüberziehen. Dabei 
^eht er nur in dem Bestreben nadi Zusammenfassung der mannig- 
fachen Erscheinungen und nach Systematisierung mehrfach über das 
vorher Gesagte hinaus und kommt auch zu direkten Widersprüchen 
mit dem Text der Beschreibung, z. B. wenn er (S. 315, No. 2) dem 
von ihm so bezeichneten „Meister der Dreikönige" aus dem ersten 
Viertel des 15. Jahrhunderts den Altaraufsatz auf dem Hieronymus- 
altar, den er S. 162 durchaus zutreffend um 1350 ansetzt, zuschreiben 
will^ Muß man femer schon zweifeln, ob die — so schlecht erhaltene 
ppe (Fig. 100, nicht 67, wie B. auf S. 315 zitiert) 
ifflic' -■ — ' ^. , . ^ , 



dem Meister der vortrefflichen Grabfigur des Bischofs Gerhard II. 
zugewiesen werden kann, so ist vollends die Annahme, daß das 
Schleinitzmonument und die gänzlich verhäitnislose Figur des Günther 
V. Bünau im Westchor von einer und derselben Hand berühren, 
wohl ganz haltlos. Auch die Annahme eines Urhebers für die 
Epitaphien des Münch, Draschwitz und Gottart, oder die Absicht, 
die doch wohl erheblich späteren Figuren der Caritas und Pietas in 
St. Wenzel dem Künstler des Cracauschen Holzepithaphs von 1606 
im Dom zuschreiben zu wollen, scheint nur durcn dies Streben des 
Verf. nach Zusammenfassung veranlaßt zu sein. Immerhin lassen 
sich doch einzelne Künstlerpersönlichkeiten in dem reichen Schaffen 
des 16. Jahrhunderts unterscheiden. — Die Abbildungen sind un- 
gleichmäßig, die Lichtdrucktafeln schon häufig nicht somrf und klar 
genug, namenthch aber meist zu klein im M^stab, da zu viel Aus- 
schnitte auf ihnen zusammengedrängt sind; die in den Text ge- 
druckten Autotypien sind vollends schlecht ; die Zeichnungen B.s selbst 

1) S. 226 No. 3 ist zu lesen : des letzten Propstes statt Priors. 
S. 268 ist zu verbessern: 1493, statt 1494. — S. 270, Kelch No. 1 
lautet die Jahreszdd des Schriftbandes doch wohl M**. CCCC. 
XVII«=1417. 



338 Litteratur. 

teilweise recht instruktiv, z. B. die verschiedenen Kapitälformen ; man 
bedauert dabei indessen, daß nicht alle besprochenen Kapitale auch in 
Abbildung vorgeführt werden, und daß die Beziehung des Textes auf 
diese Abbildungen nicht eine genauere ist. Andere seiner Zeich- 
nungen sind dagegen auch nur sehr flüchtig und oberflächlich, aber 
doch nur selten so irreführend unklar, wie Fig. 120 hnke Ecke. 
Auch der Stadtplan ist nicht einwandsfrei ; abgesehen davon, daß 
z. B. die S. 214 No. 2 beschriebene Bischofskurie hier als Propst- 
kurie fälschlich bezeichnet wird, so ist vor allem der Bezirk der 
Batsvorstadt viel zu weit abgegrenzt, so daß der Sprengel der Dom- 
gropsteigerichte, die Michaelis-, Moritz- und Medergasse umfassend, 
überhaupt ausgefallen ist. 
Magdeburg. Dr. Eosenfeld. 



Beiträge zur Sächsischen Kirehengeseliiehte. Herausgegeben im 
Auftrage der Gesellschaft für Sächsische Kirchengeschichte von 
Fr. BiDeiins und Th. Brieger. Leipzig, J. A. Barth. 17 Hefte, 

1882—1904. 

Seit dem Jahre 1882 gibt die G^esellschaft für Sächsische 
Kirchengeschichte „Beiträge** heraus, die in gewissem Sinne als eine 
Ergänzung zu dem Neuen Archive für Sächsische Geschichte gelten 
können und, wie es bei der historischen Entwickelung der wettini- 
schen Lande nicht anders erwartet werden kann, auch für die 
thüringische Geschichte von Bedeutung sind. Es sind Namen von 

gutem Klange, deren Träger sich in den oisher erschienenen 17 Heften 
Ören ließen. Die beiden verantwortlichen Herausgeber, Fr. Dibe- 
lius und Th. Brieger, bürgen schon dafür, daß wirkbch wissenschaft- 
hche Aufsätze in den Heften zum Abdrucke gelangen, und neben 
den Herausgebern haben Männer wie Buchwald, Giemen, Drews, 
Flathe, Kanis, Knolhe, Müller u. a. beigesteuert. Es darf nicht 
Wunder nehmen, daß der Reformationsgesälichte der breiteste Baum 
in den Heften eingeräumt wird, doch kommen auch Mittelalter und 
neueste Zeit zu ihrem Rechte. Der Mehrzahl der Beiträge kommt 
es zu gute, daß ihren Verfassern wertvolle archivalische Quellen zur 
Verfügung gestanden haben; besonders sind die Schätze des wohl- 

feordneten und vortrefflich verwalteten Hauptstaatsarchives in Dresden 
enutzt worden. Es ist natürlich nicht angezeigt, an dieser Stelle 
auf alle in den Beiträgen veröffentlichten Abhandlungen hinzuweisen, 
es scheint aber geboten, einige unseres Erachtens hervorragende Ar- 
beiten, zumal sie auch auf die Geschichte Thüringens Streiflichter 
werfen, hervorzuheben. Wir stellen die* umfangreiche, auf eingehenden 
Quellenstudien beruhende „Verfassungs- undVerwaltungs- 
geschichte der sächsischen Landeskirche** von Prof. Br. 
G. Müller, die die Hefte 9 und 10 (272 u. 320 SS.) füllen, voran. 
Für Thüringen hat auch Bedeutung die Untersuchung Flathes 
über ^Römische Inquisition in Mitteldeutschland, insbesondere in 



Literatur. 339 

den sächsischen Ländem** (XI, 58 ff.). Wertvoll weiter ist Buch- 
walds und Scheufflers Zusammenstellung der in Wittenberg 
ordinierten Geistlichkeit der Parochien des jetzigen Königreichs 
jBachsen (XII, 101 ff. u. XIII, 1—214) und die von Germann ge- 
lieferte Biographie ^ Sebastian Fröschel, sein Leben und seine Schriften" 
(XIV, 1—126). Eine prächtige Illustration unserer Kleinstaaterei 
bietet Kröbers Aufsatz „Wie Bocka mit seiner Kirche und deren 
Zubehör nebst zwei Gütern nach Sachsen gekommen ist** (XIV, 127 
bis 148); für Thüringen wichtig ist Mens eis Abhandlung über die 
Beußische oder Eeufiisch-SchÖD burgische Konfession von 1567 (XIV, 
149 — 187), femer Spalatins Verzeichnis der Pfarreien in Sachsen, 
Meißen, Üiüringen und Voigtland (I), mil^teilt von Planitz (XV, 
Iff.), Blanckmeisters Festrede „Karl von Hase" (XV, 265 ff.), 
Zimmermanns Untersuchung über „die Entwickelung der Kirchen- 
insoektionen 1530— 18(Xy' (XVI, 120—209), „Johann Tetzel" von 
Dioelius (XVII, Iff.); „Die Grenzen der Bistümer Namnburg, 
Merseburg und Meißen" von Bönhoff (XVII, 142—156) u. a. m. 
Wenn jetzt auch in der Provinz Sachsen eine Zeitschrift für 
Kirchengeschichte zur Ausgabe vorbereitet wird, so kann man nur 
wünschen, daß die Herausgeber sich an den vortrefflichen Beiträgen 
zur Sächsischen Kirchengeschichte ein Muster nehmen mögen. 

O. Dobenecker. 



VI. 
Mitteilungen der Yereinigmig fiir Gothaische Geschichte nnd Alter- 

tumsforschniig. Jahrgang 1903. Friedrichroda, Jac. Schmidt 

u. Co. [1903]. 136 SS. 8». 

Seit einigen Jahren läßt die Vereinigung für Gothaische Ge- 
schichte und Altertumsforschung an Stelle der Quartalheftchen Jahres- 
hefte erscheinen, deren Redaktion in den Händen des Oberbiblio- 
thekars Professor Dr. R. Ehwald liegt. Der Jahrgang 1903, der hier 
zur Besprechung steht, wird von einer rechtshistonschen Abhandlung 
über die Stadtrechte im Herzo^m Gotha aus der Feder v. Strenges 
eröffnet. Der Verfasser, der im Auftrage der Thüringischen Histori- 
schen Kommission die Herausgabe der Stadtrechte von Gotha und 
Eisenach vorbereitet, gibt wohl im HinbUck auf diese größere Arbeit 
zunächst einen Ubermick über das, was bisher über diese Materie 
veröffentlicht worden ist, und zeigt, wo die Forschung einzusetzen 
hat, um das Becht der Städte des gothaischen Landes, das auf das 
sächsische Landrecht sich gründet, an das Magdeburg-Leipziger an- 
geschlossen und schließlich in einzelnen Fällen zu förmlichen Stadt- 
ordnun^en ausgebildet worden ist, zur Darstellung zu bringen. Qsaiz 
methodisch behandelt er somit zunächst die handschriftliche Über- 
lieferung des Stadtrechtes von Gotha, Ohrdruf und Waltershausen 
und geht schließlich auf einige Punkte des Stadtrechtes selbst ein. 
Als Anlagen fügt er einige archivalische Mitteilungen bei. 

Unter den übrigen Abhandlungen sei zuerst auf die beiden 
Aufsätze des Herausgebers hingewiesen. Ehwald berichtigt einige 



340 Literatur. 

fehlerhafte Notizen zur ,J)ruckgeschichte Gothas" und ediert S. 119 
bis ISO die Konfession und das Passionale Johann Friedrichs des Groß- 
mütigen. Der Erforschung der Prahistorie dient Florschütz' 
Untersuchung des Umen^ldes auf dem Simmel bei Eischleben. 
Heß unternmimt den schwierigen Versuch, die Grenzen der Mark 
Lupnitz (Beg. d. Thuringiae I no. 638) zu bestimmen. Literarhisto- 
risch ist der Beitrag Berbigs zur Geschichte des Hainbundes in 
dem Aufsatze über Schack Hermann Ehwald und von allgemeiner 
Bedeutung der Vortrag Felgners über „Herzogin Louise Dorothea 
und ein Besitzstück der Herzogl. Bibliothek zu Gotha (Matin^ 
du roi de Prusse)". 

Beichhaltig ist der Inhalt dieses Heftes, und mannigfach sind 
die Anr^^gen, die der Leser bekommt. Man kann nur wünschen, 
daß die rolgenden Hefte auf der Höhe dieses Jahrganges bleiben. 

O. Dobenecker. 



vn. 

Grassier, Hermann : Führer durch das ünstnittal Ton Artern bis 
Naumburg für Yergangenheit und €regenwart. 2. vermehrte 
und verbesserte Auflage. (Mit einer Karte des Unstruttales). 
Freyburg (Unstrut), Jdi. Finke, 1904. XVI u. 256 ÖS. Preis 
kartonniert 1 M. 75 Pf., gebunden 2 M. 25 Pf. 
Ein Buch Größlers anzuzeigen ist eine Freude, denn man be- 
findet sich von vornherein in der angenehmen Lage, es mit einem 
«rundlichen, echt wissenschaftlichen Forscher zu tun zu haben. 
Größler kennt wie kaum ein zweiter die geographische und geschicht- 
liche Eigenart des Unstruttales, des Schauplatzes so vieler für die 
Geschichte des thüringischen Stammes und des ganzen deutschen 
Volkes wichtiger Ereignisse, und verlaßt sich nirgends auf das Urteil 
anderer, sondern will alles selbst sehen, prüfen und abwägen. So 
ist, wie wir vorausschicken wollen, in diesem Führer, der zuerst in 
den von A. Kirchhoff herausgegebenen Mitteilungen des Vereins für 
Erdkunde zu Halle a. S., Jahrg. 1892 und 1893 erschienen ist, etwas 
Ausgezeichnetes zu stände gekommen. „ 

Der Verf. gibt zunädist einen Überblick über die Bedeutung 
des Unstruttales im allgemeinen, indem er die Etymologie des Namens 
„Unstrut** untersucht, den Lauf des Flusses in der Diluvialzeit und 
die geologische Gliederung des untersuchten Geländes beschreibt, 
dabei auch der Erklärung der Namen fortgesetzt seine Aufmerksam- 
keit schenkt. Wie der litel des Buches sdion andeutet, will er das 
Unstruttal und das Gelände zu beiden Seiten des Flusses von dem 
Unstrutknie bei Artem bis zur Mündung verfolgen. In scharfer 
Gliederung behandelt er zunächst den oberen l^il des Tales bis 
Nebra. Wir besuchen unter seiner sachkundigen Führung von 
Artem aus jene Gegend, wo König Heinrich I. „iuxta locum, qui 
dicitur Eiade" am 15. März 933 die wilden und räuberischen Ungarn 
zu schmählicher Flucht gezwungen hat, wandern über Gehofen nach 
Kloster Donndorf und nach Wiehe, dem Geburtsorte Eankes, von 



Literatur. 341 

da nach Kloster Memleben, wo die beiden größten Va-treter des 
sächsischen Königshauses, der Einiger der deutschen Stamme und 
der Erneuerer des römischen Kaisertums, ihiesi Tod gefunden haben, 
und besuchen auch das südliche und nördliche Grande mit allen 
historisch wichti^n Punkten. 

Im 2. Absdmitte der Wanderung gelang^ wir von Nebra aus 
in das untere Unstruttal über Yitzenburg, wo einst ein alter Herren- 
sitz und ein Kloster sich befanden, über Beinsdorf nach ^urgschei- 
düngen, jenem Ort, wo 531 das thüringische Königreich deä von dem 
Verf. in Prosa, wie in poetischem Gewände beschriebenen Todes- 
kampf gekämpft hat, besuchen auch die seitwärts gelegenen Orte, 
wie Bibra und Thalwinkel, und konmien über Laucha und Zscheip- 
litz nach Freiburg und dem alten Landgrafenschloß Neuenbürg und 
von da nach GroB-Jena, dem slt&i Sitze der Ekkehardiner, der seit 
der ersten Hälfte des 11. Jahrhund^ts von Naumburg, der Neu- 
gründung desselben Markgrafenhauses, überflügelt worden ist, und 
verfolgen den Unstrutlauf bis zur Mündung g^enüber Naumburg. 

G^^stand und Form der Darstellung fesseln uns bis zu den 
letzten ^ten, auf denen der Verf. das sonderbare in den Felsen ge- 
hauene Stammbuch, über welches er schon im Archiv für Landes- und 
Volkskunde der Provinz Sachsen I, 150—154 berichtet hat, besdireibt ; 
denn das Buch bietet mehr, als sonst die Führer leistai, es ist dier 
eine die Geographie, Prähistorie, Sage, Kunstgeschichte und Geschichte 
berücksichtigende kleine Landeskunde des Unstruttales. die jedem, 
der dies schöne Stück Land Thüringens besucht, auf das wärmste 
zu empfehlen ist O. Dobenecker. 



VIIL 
€rr$ger, Johannes: Ein thttringisehes Städtehim. Beitrage zur Ge- 

sciuchte Großbreiten bachs und der Umg^end, hauptsachlich 

auf Grund der Kirchenbücher zusammengestellt. Arnstadt, 

E. Frotscher, 1903. 150 SS. 8^ 

Aus Vortragen erwachsen und zum Tdl auf einer handschrift- 
lichen OrtschronlK des früheren Bürgermeisters v. Hopffgarten be- 
ruhend, will diese Stadtgeschichte in ganz anspruchsloser Fcmn die 
Entwickdung des hochgelegenen thüringischen Waldstädtchens den 
Bewohnern fireitenbachs schildern. 

Großbreitenbach ist eine verhältnismäßig späte Siedelung in 
der Nähe des Eennsteiges. E>st im Jahre 14^ wird sie, soweit bb 
jetzt bekannt ist, urkundlich erwähnt, und zwar b^eits als Besitz 
der Grafen von Schwarzburg. Im Jahre 1586 erhielt das Dorf das 
Becht, jährlich drei Märkte abzuhalten, und erst 1855 wurde es zur 
Stadt erhoben. Es lie^ an alten Straßenzügen, von^denen der eine 
von Ilmenau und Gehren über Bratenbach nach Ölze führt, ein 
anderer, von Erfurt kommend, dem Bennsteig bei Neustadt zustrebt. 

Der Verf. behandelt zunächst Ort und Flur im allgemeinen 
und erzählt dann von den Heimsuchungen des Ortes, wie Hungers- 
not, Seuchen und Bränden. Dieser Abschnitt hätte besser mit dem 

XXII. 23 



342 Literatur. 

Abschnitt VII „Grofibreitenbach in Eriegszeiten*' yerbunden werdeo 
können. Das Pfarrarchiv enthalt Kirchenbücher, die bis zum Jahr» 
1619 zurückreichen und für die Zeitgeschichte höchst wertvolle Ein- 
tragungen erhalten, die in ihrer Urvnichsigkeit an Einerts Berichte 
in dem lesenswerten Buche ,,Ein Thüringer Landpfarrer im 30-jährigen 
Kri^e" (Arnstadt, E. Frotscher, 1895) erinnern. Der Ort hat da- 
mals wieaerholt sdiwere Heimsuchungen erfahren, besonders durch 
die bestialische Mordgier der Kroaten, jenes kaiserüchen Eaubgesindels, 
das in ganz Thüringen im schlimmsten Andenken steht. IST icht G^ 
schlecht und nic^t Alter bewahrte vor Mißhandlung und schmählichem 
Tod. Die viehische Eoheit der entmenschten Soldateska schonte 
nidit Kinder und nicht Greise. Da würgen diese Banditen dnen 
einjährij^n Knaben, dort morden sie eine 91-jährige Matrone. 
„Christma, Claus Tresseids des älteren hinterlassene Witwe, eine 
ehrliche Matron, welche nach Gottes Gnaden, weniger achte, hundert 
Jahre erlebt hat und doch auf ihrem Siechbettlein nicht sterben 
können, sondern hat vom Feinde einen schmählichen Tod leiden 
müssen, alt 91 Jahre^S trägt der Pfarrer ein. Und welchen Jammer 
enthüllt der kurze Vermerk : „Mittlerweile ist hierum auf 2 Meilen 
Wegs keine 8tadt, Flecken, noch Dorf bewohnt gewesen, und hat auch 
das Vo^ in den wüsten, weit abgelegenen Wäldern, Klüften und 
Höhlen nicht sicher sein können, ist allenthalben durchstrdft und 
geplündert worden." 

Auch im Nordischen Kriege, als im Jahre 1706 die Sachsen von 
Karls XII. Scharen über den Wald gejagt wurden, und im 7-jäh- 
rigen Kriege durch die Preußen hatte der Ort mancnerlei zu leiden. 

Die Kaf)itel über Elirche, Schulen und Familien werden wiederum 
durch Mitteilungen aus den erhaltenen Ejrchenbüchem wertvoll er- 

fänzt. Für das Jahr 1620 ist sogar ein genaues Verzeichnis über 
ie Häuser des Ortes und die Namen sämtlicher Bewohner diese» 
aufgestellt worden. Der Ort, der 1900 378 Häuser und 2898 Ein- 
womier zählte, hatte im Jahre 1620 289 Häuser und 1314 Bewohner. 
Die Untersuchung über das Erwerbsleben in alter Zeit zeigt, daß 
die Bewohner wie in anderen Gtebirgsorten ^euöti^ sind, ihren 
Lebensunta*halt auswärts zu sudien, sei es als Fuhrleute, die bis 
Lüneburg und Hamburg fahren, sei es als hausierende Handwerker, 
die die Produkte ihres Gewerbefleißes selbst verkaufen; besonders 
bekannt sind die Breitenbacher Olitätenhändler. Schon 1648 wurden 
Glashütten angelegt, dazu kam Bergbau auf Silber, Kupfer u. s. f., 
der aber nicht recht lohnte; viel wichtiger wurde, wie schon Stieda 
in seinem gründlichen Werke über die Anfänge der Porzellanfabri- 
kation auf dem Thüringerwalde ^) S. 263 ff. gezeigt hat, die Porzellan- 
fabrikation für den Ort. 

Aber nidit allein die materielle Entwickelung hat Gröger zu 
erforschen gesucht; wie wir es von einem Ghßistlichen erwarten dürfen, 
hat er auch dem religiösen und sittlichen Leben seine Aufmerksam- 
keit geschenkt. Wiederum gaben ihm die Kirchenbücher dabei den 
besten Führer ab. So hat der Verf. die historische Entwickelung 
des Städtchens nach allen Eichtungen verfolgt und kann versichert 
sein, daß sein Buch, das ja in erster Linie lokalgeschichthchen Wert 



1) Jena, G. Fischer, 1902. 



Literatur. 343 

hat, dazu beitragen wird, in den Bewohnern Großbreitenbachs Ver- 
ständnis für die Vergangenheit ihrer Gemeinde und damit rechte 
Heimatsliebe zu wecken. O. Dobenecker. 



IX. 

Die PCurei Muppergr. Topographisch und kirchengeschichtlich dar- 

S stellt von weil. Dr. GasÜAT Lotz, Kirchenrat, Pfarrer zu 
upperg und GefelL Neu herausgegeben von Adolf Joch, 

Lehrer. Mit 3 Abb. Sonneberg, Druck von Grabe u. Hetzer, 

1903. Broch. 3 M., ^b. 3 M. 50 Pf. 

Das Dorf Mupperg südlich von Sonneberg (S.-Meiningen) wird 
bereits im Jahre 1069 urkundHch als ein Dotalstück des von dem 
Markgrafen Hermann von Vohburg und seiner Gemahlin Alberade 
gegründeten Klosters Banz in der Diöcese Bamberg erwähnt. Die 
Vogtei über den Klosterbesitz und damit auch ü^r Mupperg lag 
zunächst in der Hand des Gründers, ging dann auf die Herzöge 
von Meran und nach dem Aussterben dieses Geschlechtes auf (fle 
Henneber^er über. Die Gesdiichte des Dorfes und der Pfarrei 
Mupperg nat zu einer Zeit, als Dorfgeschichten eine große Selten- 
heit waren, der ehrwürdige Pfarrer Gustav Lotz in ^nz geschickter 
Weise und nach guten Quellen bearbeitet und 1ö43 auf eigene 
Kosten in Oobu^ drucken lassen. Das 353 SS. 8° füllende, mit 
urkundHchen Beimgen ausgestattete Buch ist sehr selten ^worden; 
es ist didier dankenswert, daß der Lehrer des Ortes, Adolf Joch, 
eine 2. Auflage hergestellt hat. Pietätvoll hat er das Buch im ganzen 
unverändert gelassen, natürlich aber bis zur G^enwart fortgesetzt. 
Die urkundlichen Beilagen hat er freiUch bedeutend gekürzt, trotz- 
dem ist die neue Auflage mit 275 SS. gr. 8^ ein stattlicher Band 
geworden. O. Dobenecker. 



Behr, Otto: Triebeser Schalchronik« Ein Beitrag zur Geschichte 
der Landschulen in der Herrschaft Schleiz. Selbstverlag des 
Verfassers. [Triebes] 1903. 43 SS. 8^ 
. Es ist ein erfreuliches Zeichen für einen eesunden historischen 
Sinn, daß man mehr und mehr beginnt, das Wesen und die Bedeu- 
tung auch kleinerer Institutionen durch Untersuchung ihrer geschicht- 
lichen Entwickelung zu studieren. Diese Betrachtungsweise wird 
um so wertvoller, wenn für sie die rechten Quellen erschlossen werden 
und wenn die Darstellung dadurch in die rechte Beleuchtung gerückt 
wird, daß man sie in Zusammenhang mit der allgemanen Entwicke- 
lung bringt. Beide Bedingungen smd in dem vorli^enden Hefte 

23* 



344 Literatur. 

^*füllt worden. Der Verfasser, der erst vor kurzem eine lesbare und 
dankenswerte Untersuchiing der Greschichte des aufstrebenden Ortes 
Triebes und seiner Umgebung gegeben hat'), hat die Schulchronik 
wesentlich nach Archivalien, die er im Archive zu Schleiz, im Amts- 
gerichtsarchive zu Hohenleuben, im Pfarr- und Schularchive zu 
Triebes und im Archive des Rittergutes Weißendorf gefunden hat, 
zusammengestellt. Die Darstellung ist gewandt und übersichtUch 
und verfolgt die lehrreiche Entwickelung der Schule von der Refor- 
mation bis zur Gegenwart. Sie wirft eine Menge Streiflichter auf 
die Geschichte des Vogjtlandes und die allgemeine Sitten- und 
Kulturgeschichte und bleibt immer im Zusammenhang mit der all- 
gemeinen Geschichte. Interessant sind Erscheinimgen, wie der Burg- 
graf, der seit 1550 Landesherr war und, obwohl Katholik und 
Bundesgenosse des Kaisers, in seinem Lande doch die evangdische 
Richtung zu fördern sich angelegen sein ließ. Wichtig ist auch der 
Nach weis, wie der politische und wirtschaftliche Aufschwung Deutsch- 
lands im Zeitalter Bismarcks selbst auf kleine und abgelegne Orte 
s^ensreich eingewirkt hat und als glänzendes Ge^enstüci zu der 
allgemeinen Depression in und nach der Zeit des 30-jährigen Ejieges 
gelten kann. 

Möchte die Geschichte auch anderer vogtländischer Schulen 
und Orte ähnliche Bearbeitung erfahren I O. Dobenecker. 



XI. 

Übersicht über die neuerdings erschienene Literatur zur thttrin- 
fischen Geselüchte und Altertumslninde. 

Von O. Dobenecker. 

Abriß, kurzer, der Geschichte des Herzogl. Lehrerseminars zu 
Altenburg. Festschr. Altenburg, Pierer, 1902. 56 SS. 

Albrecht, O. : Mitteilungen aus den Akten der Naumburger 
Reformationsgeschichte. Theol. Studien u. Kritiken (1904). 32—82. 

Derselbe: Geschichte der Marien-Magdalenenkirche in Naiun- 
burg. Naumburger Kreisblatt. 1902. No. 216—259. 

Alt-Plauen in Wort imd Bild. Aus Anlaß des 30-jährigen 
Bestehens des AJtertumsver. zu Plauen herausg. vom Gesamtvor- 
stande. Plauen im V., 1903. IV u. 60 SS. 4°. 

Armbrust, L.: Neuigkeiten von 1384. Mit einem Anhange. 
[Nachrichten über das Verhältnis Hermanns d. Gelehrten, Lgr. v. 
Hessen, zum Erzbischof v. Mainz, dem Lgr. Balthasar v. Thürmgen 
u. Herzog Otto d. Quaden v. Braunschweig-Göttingen.] HessenlÄd, 
XVII. Jahrg. No. 1 u. 2 (1903. Jan. 2 u. 16). S. 2—5 u. 18—21. 



1) O. Behr, Bunte Bilder aus der Geschichte von Triebes und 
seiner Umgebung. (Triebes, Selbstverlag des Verfassers, 1903.) 
55 SS. 8^ 



Literatur. 345 

Auerbach, F.: Bas Zeißwerk und die Carl-Zeiß-Stiftung in 
Jena. Uire wissenschaftliche, technische und soziale Entwickelung 
und Bedeutung für weitere Kreise dargestellt Jena, G. Fischer, 1903. 
Mit 78 Abb. im Text, 

Aus vergangenen Tagen. Nach den Tagebüchern eines Jena- 
ischen Bürgers. Blätter f. Unterhaltung u. Belehrung. Sonntags- 
Beil, zur Jenaischen Ztg. 1903. No. 9, 10. 

Bärwinkel: Die Bedeutung der Besitzemeifung Erfurts durch 
Preußen für die evang. Kirche m Erfurt. Deutsch-evang. Blätter. 
XXVIII, 203—215. 

Bamberg, v.: Herzog Ernst d. Fromme u. seine kirchk 
Friedensbestrebungen. Monatshefte der Comenius-Ges. XI, 258—272. 

Bau- und Kunstdenkmäler Thüringens. Bearbeitet von P. Leh- 
feldt, herausg. von G. Voss. Heft XXIX. Herzogt. S.-Meiningen. 
AmtsgerichtsDezirk Hildburghausen. Jena, G. Fischer, 1903. 8. 1—112. 
Mit 2 Lichtdrucken u. 12 Abb. im Texte. Gr. 8^ Heft XXX. 
Herzogt, ö. • Meiningen. AmtgOTichtsbezirke Eisfeld u. Themar. S. 
113—247. Mit 2 Lichtdr. u. 27 Abb. im Texte. Heft XXXI. Her- 
zogt. S.-Meiningen. Amtsgerichtsbezirke Heldburg u. Römhild. Jena, 
G. Jäßcher, 19&. XVI u. 8. 249—479. Mit 11 Lichtdrucktafeln u. 
68 Abb. im Texte. 

Behr, Otto: Bunte Bilder aus der Geschichte von Triebes 
und seiner Umgebung, (Triebes, Selbstverl. des Verf., 1903.) 55 SS. 8^ 

Derselbe: Triebeser Schulchronik. Ein Beitr. zur Gesch. der 
Landschulen in der Herrschaft Schleiz. Selbstverl. des Verf., Okt. 
1903. 43 88. 8°. 

Derselbe: Türkensorgen eines vogtl. Adhgen ums J. 1600. 
Ein Beitr. z. G, derer von Metzsch. Unsere Heimat. Illustr. Monats- 
schr. f. d. gesamte Erzgebirge, Osterland u. Vogtland. II (1902/3), 
243 -246. 

Beiträge z. Gesch. des 30-jährigen Kri^es. (Aus Prof. Opels 
Nachlaß.) N. Mitt hist.-ant. Forsch. Bd. XXL H. 3 (Halle a. 8. 
1903). 8. 291—320. 

Benndorf, P.: Vier Tafeln vorgeschichtlicher Ge^nstände aus 
Mitteldeutschland. Mit erläut. Text am jeder Tafel. Läpzig, Brand- 
stetter, 1903. 

Berbig, G.: Die Deutsche Augsburgische Konfession nach 
der bisher unbekannten Coburger Handscmrift. Zs. f. Kirchen-G. 
XXIV, 429—474. 

Derselbe: Urkundliches zur Keformations - Geschichte. 
Theol. Studien u. Kritiken (1904), 1—31. Inh.: 1) Eigenh. Brief des 
H. Greorg v. Sachsen vom Reic^tag zu Augsburg 1530. 2) Spa- 
latiniana. 

Derselbe: Geschichte des Ems^undes. Waltershausen, J. 
Waitz, o. J. 

Derselbe: Kurf. Bestätigung des Konsistoriimis zu Coburg 
V. J. 1542. Zs. f. Kirchen-G. XXIV, 150—152. 

Derselbe: Zwei Vorladungen vor das Konsistorium zu Co- 
burg in Ehesachen v. J. 1563. Ebenda XXIV, 153 f. 

Derselbe: Eine Differenz Luthers mit dem Stadtrate zu 
Coburg im J. 1539. Ebenda XXIV, 154—164. 

Bergner, H: Beschreibende Darstellung der älteren Bau- u. 
Kunstdenkmäler der Stadt Naumburg. A. u. d. T. : Beschr. Darst. 



346 Literatur. 

der älteren Bau- u. KuDstdenkmäler der ProY. SachBen. Herausg. 
von der bist. Kommission für die Proy. Sachsen u. das Herzog. 
Anhalt. H. XXIV. Die Stadt Naumburg. Halle a. S., O. Hendel, 
1903. Mit 162 in den Text gedr. Abbildungen, 20 lichtdrucktafebi 
u. 1 Stadtplan. VHl u. 322 SS. 8^ 

Bericht über die Hauptversammlung des G^esamtvereins in 
Erfurt KorrespondenzbL des G^samtvereins (1903). No. 10/11, 12; 
(1904). No. 1, 2, 3, 4/5. 

Beyer, C. : Gesdiichte der Stadt Erfurt, fortges. von J. Biereye. 
Lief. 8 u. 9. Erfurt, Keysersche Buchh., 1903. S. 225—256 u. 
257-288. 

Bibra, Eeinh. v.: Bodenlauben bei Bad Kissingen. Gre- 
schichte der Burg u. des Amtes. Mit 8 Abb. u. Plänen. Bad 
Kissingen, Fr. Wemberger (1903). 146 SS. &". 

Hl au, G.: Beiträge zur Geschichte der Gemeinde Großbodungen 
bis zum B^nn des 30-|ahr. Kri^es. Zs. z. Harz-V. XXXVI, 1— la 

Bönhoff: Die ursprünguche Parochie Zwickau. Zwickauer 
Ztg. 1903. No. 15—17. 

Derselbe: Die Grenzen der Bistümer Naumburg, Merseburg 
und Meißen unter einander. Beitr. zur Sachs. Kirchengesch. H« 17. 
(Leipzig, J. A. Barth, 1904). S. 142—156. 

Bojano.wski, El. v.: Louise, Großherzogin von Sachsen und 
ihre Bezidiungen zu den Zeitgenossen. Nach größtenteils unver- 
öffentlichten Briefen u. Niederschriften. Stuttgart u. Berlin, Cottasche 
Buchh., 1903. Mit einem Porträt. VIII u. 429 SS. 8^ 

ßojanowski, P. v. : Das Weimar Johann Sebastian Bachs. 
Zur Erinnerung an den 8. April 1703. Mit einem Bilde: Die Schloß- 
kirche zur Zeit Bachs. Weimar, Böhlaus Nachf., 1903. 50 SS. 8^ 

Derselbe: Niederschriften des Herzogs Karl August von 
Sachsen-Weimar über den Schutz der Demarkationslinie, den Benn- 
weg (1796) und die Defension Thüringens (1798). Mit einer Karte 
der Südgrenze Thüringens aus dem J. 1796 nach Güssefeld- Weimar. 
Weimar, H. Böhlaus Nachf., 1902. VH u. 73 SS. 4«. 

Derselbe: H. Karl Auffust u. der Pariser Buchhändler 
Pougens. Weimar, Böhlaus Nacht., 1903. 

Brackmann, A.: Papsturkunden des östlichen Deutschlands. 
Ein Reisebericht. Nachr. von der Königl. Ges. der Wissensch. zu 
Göttingen. 1902. S. 193—223. 

Brandenburg, E.: Politische Korrespondenz des Herzogs u. 
Kurfürsten Moritz von Sachsen. Bd. IL 1. Hälfte (1544 u. 1545). 
Leipzig, Teubner, 1903. 468 SS. 8^ 

Brode, Eeinh.: Der Schauplatz der Kaisermanöver 1903. 
Hist. Skizze aus Deutschlands Vergangenheit Halle a. S., Gtebauer- 
Schwetschke, 1903. XIV u. 155 SS. 8°. 

Brück, ß. : Friedrich d. Weise als Förderer der Kunst. Mit 
41 Lichtdrucktafeln u. 5 Textabb. (Studien z. d. Kunstgesch. H. 45.) 
Straßburg i. E., Huth, 1903. VIII u. 336 SS. 8^ 

Brüll, J.: Die Anfänge des preußischen Eichsfeldes, 1902. 
32 SS. 8°. 

B[^uchenau], H. Über einige thüringische Pfennige aus der 
Zeit Fnedrichs d. Freidigen, Markgrafen von Meißen, und seiner 
Gemahlin Elisabeth von Lobdeburg. Bl. f. Münzfreunde (1904). 
No. 4. Sp. 3121-3126. 



Literatur. 347 

Derselbe: Kurzer Bericht über den um 1238 vergrabenen 
Schleusinger Fund. Ebenda Sp. 3126—3129. 

Bu ebner, O.: Erfurt und die dortige kunsthistorische Aus- 
fitellung. Wartburgstimmen. I. Jahrg. Bd. I. S. 532 ff. 

Derselbe: Das städtische Museum zu Jena. Ebenda I. Jahrg. 
Bd. I. S. 61ff. 

Buddeus, Th.: Szenen aus dem Kommandantenleben der 
Wachsenburjg. Goth. Tagebl. 1902. No. 143, 145, 149, 153, 155. 

Bührin^, Johannes: Geschichte der Stadt Arnstadt 704 bis 
1904. Im Auftrage der Stadt und unter Benutzung unterlassener 
Yorarbeiten des Archivrats Hermann Schmidt dargestellt. Arnstadt, 
E. Frotscher, 1904. IV u. 212 SS. 8^ Mit vielen Abbildungen. 

Derselbe: Die Bennsteigurkunde von 1519 im Sondershäuser 
Landesarchiv. Das Mardle. III. Keihe (1903, No. 11/12. S. 127. 

Derselbe: Karl August u. der Bennsteig. Das Mareile. 1903. 
No. 7. S. 66-71. 

Derselbe: Bennsteigvermessung mit dem Handmeßrad von 
Pretzsch. Ebenda S. 71—©. 

Bürkner, R.: Herder u. Dresden. Ein Gedenkwort zur 100. 
Wiederkehr seines Todestages (f 18. Dez. 1803). Dresdener Anz. 
1903. No. 349. S. 2 f. 

Derselbe: Herders Deutschtum. Wartburgstimmen. I. Jahrg. 
Bd. n. S. 119 ff. 

Derselbe, Herder; sein Leben und Wirken. Berlin, Hof- 
mann u. Co., 1903. 287 SS. 

Giemen, O.: Ein Brief von Johannes Bernhardi aus Feld- 
kirch (an Johann Lang in Erfurt). A. f. Beformationsgesch. I. Jahrg. 
H. 2. (Berlin, C. A. Schwetschke u. S.) 1904. S. 192 ff. 

Derselbe: Beiträge zur Beformationsgeechichte aus Büchern 
u. Handschriften der Zwickauer Stadtschulbibl. Ebenda H. 3. Berlin, 
öchwetschke u. S., 1903). IV u. 115 SS. 8<>. 

Debes, H.: Aug. Trostbach, der Thüringer Pfarrer u. Dichter. 
Ev. GemeindebL f. d. Stadt Gotha. V, 19, 20, 21. 

D er h a m , M. J. : Saxe et Thuringe. Situation ^conomique en 
1902. Extrait du recueil consulaire beige. Bruxelles, P. Weissen- 
bruch, 1903. 30 SS. 8°. 

Dermbach a. d. Fddabahn. Ehön-Sommerfrische. (Führer, 
Hofbuchdr. H. Kahle, Eisenach, 1903.) 10 SS. S^ 

Devrient, E.: Saalfeldische Historien von M. Caspar Sagit- 
tarius, im Auftrage der Stadt Saalfeld herausg. I. Teil: Bis zur 
Eeformation. Saalfeld a. 8., 1903. 189 SS. 8^. 

Derselbe: Urkundenbuch der Stadt Jena u. ihrer geistlichen 
Anstalten. Bd. IL (1406 — 1525). Namens des Vereins t Thüringische 
Geschichte u. Altertumsktmde mit Benutzung des Nachlasses von 
Dr. J. E. A. Martin herausg. Jena, G. Fischer, 1903. XLIV u. 
608 SS. 8°. A. u. d. T.: Thur. Gesch.-Qu. N. F. IIL Bd. 2. Teil 

Dibelius, [Fr.] : Johann TetzeL Beitr. zur Sachs. Kirchen- 
geschichte. H. 17 (Leipzig, Joh. Ambr. Barth, 1904). S. 1—23. 

Die mar, H.: Stammreihe des Thüringischen Landgrafen- 
hauses u. des Hessischen Landgrafenhauses bis auf Philipp d. Groß- 
mütigen. Zs. d. V. t hess. G. u. Lt. N. F. XXVIL S. 1—32. 

Derselbe: Texte u. Untersuchungen zur verlorenen Hessen- 
chronik. Ebenda S. 33—55. 



348 Literatur. 

Dobenecker,0.: Die Vermählung defl Landgrafen Ludwig IV» 
mit Elisabeth von Ungarn. Wartburgstimmen. I. Jahrg. lieft 2* 
(Mai 1903). S. 169 ff. 

Doebner, £.: Baustdne zu einer G^ch. der Stadt Meininsen. 
N. Beitr. z. G. des deutschen Alterturas, herausg. y. Henneb. Alter- 
tumsver. zu Meiningen. Lief. XVII. Meiningen, Brückner. 112 SS. 8®. 

D[o ebner, E.]: Die Meininger Maler des 18. Jahrhunderts. 
Zur E^führung in die Pastellbuder- Ausstellung in Meiningen. 
Meininger Tageblatt (1904). No. 112. 

Döring, E.: Beitr. zur Kenntnis der Sondershäuser Mundart. 
T. I. Sondershausen, Prgr. 1903. 48 SS. 

Döring, O.: Alte Fachwerkbauten der Provinz Sachsen. Mit 
112 Lichtdrucktafeln u. 16 Tatein in Photolithographie. Magdeburg,. 
E. Baensch jun., 1903. 

Duijnstee, Dominicar Fr. X. P. ord. erera. s. Aug.: Pole- 
mica de s. s. Eucharistiae sacramento inter Bartholomaeum Amoldi 
de Usingen O. E. S. A. ejusque olim in universitate Erfurdiana disci- 
pulum Martinum Lutherum anno 1530 etc. Würzburg, Stahel, 1903. 
VIII u. 98 SS. gr. 8°. 

Ebart , P. V.: Gotha in den Oktobertagen 1806. Goth. TagebL 

1902. No. 289, 291, 292, 293, 295. 

Eckermann, J. P.: Gespräche mit Goethe in den letzten 
Jahren seines Lebens, herausg. von L. (jreiger. Leipzig, Hesse, 1902. 

Erbstein, J.: Medaille auf Herzog Christian I. v. Sachsen- 
Merseburg u. s. Gem. Christiana Prinzessin v. Schleswig-Holstein- 
Sonderburg-Glücksburg. Münz- u. Medaillenfreund. IV (1902). No. 
47. Sp. 372-374. 

Escherich, M.: Die kunsthistorische Ausstellung in Erfurt. 
Wartburgstimmen. I. Jahrg. Bd. 2. S. 27 ff. u. 105 ff. 

Feier, Die, der Eröffnung des Städtischen Museums. BeiL 
zu No. 29 der Jenaischen Ztg., 4. Febr. 1903. (Reden des Prof. Dr. 
P. Weber u. des Oberbürgerm. Singer.) 

Festgabe zur Hundertjahrfeier der Einverieibung des Eichs- 
feldes in die Krone Preußens. Heiligenstadt, F. W. Cordier, 1902. 
20 SS. 

Fischer, Ernst: Die Münzen des Hauses Schwarzburg. 
Heidelberg, Wintersche Universitätsbuchh. gr. 8®. Mit 16 Licht- 
drucktafem. 

Fitte, S.: Johann Friedrich d. Großm. (geb. 30 Juni 1503). 
Vossische Ztg. 1903. Sonntagsbeil. No. 25 u. 26. 

Förtsch, O. : ßronzezeitliche Gräber von Goseck. Jahresschr. 
f. d. Vor-G. der sächs.-thür. Länder. I, 62—74. 

Francke, H. G.: Miszellen aus der Geschichte Weidas. Die 
Schicksale der Stadt im 30-jälirigen Kriege. Weidaer Ztg. Jahrg. 

1903. No. 4, 6, 9, 10. 

Freidorf, v.: Der Püsterich von der Eotenburg (jetzt zu 
Sondershausen). Ein Beitrag zur Geschichte der Schrei- u. Gerüfte- 
wahrzeichen. Zs. f. Kulturgesch. (1902). S. 322—344. 

Freysoldt, A.: Die fränkischen Wälder im 16. u. 17. Jahrh. 
Ein Beitrag zur Forstgeschichte des Meininger Oberlandes. Nach, 
den Quellen bearbeitet. Mit einer Karte. Steinach S.-M., Selbst- 
verlag des Verf., 1904. IV u. 162 SS. 8^ 



Literatur. 349 

Fried er ich, K.: Zur Münzgeschichte des fürstlichen Hauses 
Stolberg. I. Dresden, Selbstverl., 1903. 51 SS. u. 4 Tafehi. 

Gedenkschrift zum 75-jährigen Stiftungsfest des Bürger- 
lichen G^sangyereins Jena, am 12. — 14. Sep^mber 1903. 115 SS. 8*^. 

Gen sei, Jul.: Friedrich Preller d. A. Mit 134 Abb. u. einem 
Titelbild. Bielefeld u. Leipzig, Velhagen u. Klasing, 1904. 134 SS. 
8®. (A. u. d. T* Künstlermonographien, herausg. von Ejiackfuß, 69.) 

Gerard, Frances: A grandduchess. The life of Anna Amalia 
duchess of Saxe- Weimar-Eisenach and the classical circle of Weimar. 
Vol. I, IL London, Hutchinson u. CJo., 1902. XXIV, 582 SS. 8^ 

Görin g, H.: Friedrich Fröbel. Wartburgstimmen. I. Jahrg. 
Bd. 1. S. 368 ff. 

Goethes Briefe. Bd. XXVI— XXVIII: 24. Mai 1815 bis 
Dez. 1817. Weim. Goethe-Ausg. (Abt. IV. Bd. 26—28). 

Goethe-Briefe. Mit Eimeit. u. Erläut. herausg. von Ph. Stein. 
Bd. III: Weimar u. Italien 1784—1792. Bd. IV: Weimar u. Jena 
1782—1800, Bd. V, 1801—1807. Berlm, Eisner, 1903 u. 1904. 8*». 

Götze: Das vorgeschichtliche Thüringen fVortrag). Korre- 
spondenzbl. des Gesamtvereins (1904). No. 2. Sp. d2 — 68. 

Grabitzsch, W.: Eisenach vor 2(X) Jahren. Thür. Monatsbl. 
X, 25—26, 105—108. 

Grein er: Die kirchlichen Verhältnisse von Jüdewein. Pöß- 
necker Tagebl. 1904. No. 19 u. 20. 

Greiner, Hugo: Aus alter Zeit. Volksschauspiel in einem 
Vorspiel u. vier Aufzügen. Festgabe zu Arnstadts Zwölf Jahrhundert- 
feier. Arnstadt, K. Brettinger, 1904. 90 SS. 8^ 

[Grimm. L.] Ausf. Nachricht von der am 6. April 1802 in 
Greiz leider erfolgten schrecklichen Feuersbrunst Unsere Heimat. 
111. Monatsschr. f. d. gesamte Erzgebirge, Osterland u. Vogtland. 
II (1903) 87 ff. 

Gröger, Joh.: Ein thüringisches Stadtchen. Beitr. zur G^e- 
schichte Großbreitenbachs und der Umgegend. Arnstadt, R Frot- 
scher, 1903. 150 SS. 8^ 

Größler, H.: Die Entstehungszeit u. G^burtsstätte des 
Lutherliedes ^Eine feste Burg ist unser Gott''. Mansf. Blätter. 
XVn. Jahrg. (Eisleben 1903). S. 113—125. 

Derselbe: Führer durch das Unstruttal von Artern bis 
Naumburg für Vergangenheit u. Gegenwart. 2. verm. u. verbesserte 
Aufl. Mit einer Karte des Unstruttales. Freyburg, J. Finke, 1904. 
XVI u. 256 SS. 8^ 

Guttenberg, Frh. F. K. v.: Regesten des Geschlechts von 
Blassenberg u. dessen Nachkommen. A. f. G. u. A. v. Oberfranken. 
XXII. H. 1. S. 1-86. 

Habbicht, H.: Zur G^chichte des Weimarischen Schul- 
wesens, Volksschule u. Gymnasium. Deutschland. 55. Jahrg. No. 163. 
(1903 Juni 17). 

Derselbe: Das ehrbare Töpferhandwerk zu Eisenach. Ein 
Beitrag zur Geschichte des Zunftwesens. Beitrage zur G^eschichte 
Eisenachs. XI. Hofbuchdr. Eisenach, Verl. von H. Kahle, 1902. 
64 SS. SP, 

Habenicht, H.: Das Herzogt. Gotha. Proömium zu einer 
projektierten Heimatkunde. Goth. TagebL 1902. No. 296—298 u. 300. 



350 Literatur. 

Derselbe: Emen vergleichend erdkuDdlichen Beitrag zur 
Heimatekunde von Thüringen. Wartburgstimmen. I. Jahrg. Bd, 1. 
ß. 68 ff. 

Happel, E,: Die Burgen in Niederhessen u. dem Werragebiet. 
Marburg, Elwert, 1903. 159 SS. 

Hart mann, N. v.: Herder als Erzieher. Wartburgstimmen. 
I. Jal^. Bd. 2. S. 114 ff. 

Hasen clever, Ad.: Die Pohtik Eaber Karls Y. u. Land- 
graf Philipps V. Hessen vor Ausbruch des schmal kaldischen Eri^es 
(Jan. bis JuU 1546). Marburg i. H., Elwert, 1903. 88 SS. 8*». 

Haupt, H.: August Trinius, der lliüringer Wandersmann. 
Ihürincer Warte. I. Jahrg. No. 1. S. 37—40. 

Hecker, Max F.: Wild- und Wddwerk in Goethes Dichtung. 
Die Vogeljagd. Wartburgstimmen. II. Jahrg. (Bd. 1). S. 164 fl. 

Heese, B.: Sachsen- Weimar-Eisenach ab Waldland. BeiL zu 
No. 234 der Jenaischen Ztg. (1903 Okt. 6). 

Heimatgeschichte, Zur, (Naumburg a. 8. im Okt 1813). 
Beil. zu No. 78 des Naiunburger Kreisblattes. 1903 April 2. 

Helling, V.: Rudolf v. Habsburg u. die Wettiner. Kamerad. 
1903. No. 11. ö. 9. 

Helmke, F.: Die Wohnsitze der Cherusker u. der Hermun- 
duren. Emdener Prer. (1S03). 43 SS. 

Herrmann, M.: Übersicht über die historische und nume- 
rische Entwickelung der römisch-katholischen Kirche in der Provinz 
Sachsen am Ende des 19. Jahrh. Herausg. vom Hauptverein des 
Evang. Bundes der Prov. Sachsen. Halle, Wischau u. Wettengel, 
1902. 88 SS. 8«. 

Hertel, L. : Kleine Landeskunde des Herzogtums Sachsen- 
Meiningen. Hildburghausen, F. W. Gadow u. S., 1903. 118 SS. 
8*». 1 M. 

Hertzberg, H.: Deutsch-sorbische Kulturzustande. Mitt d. 
V. f. Erdk. zu Halle (1902). S. 1—7. 

Heydenreich, Ed.: Stadtische Archivbauten. Korrespon- 
denzbl. des Gesamtvereins. 1902. 

Hirschberg, L.: Ludwig Bechstein, zu seinem 100. Geburts- 

"- - -Ol). " - - * '- — — 



tage (24. Nov. 1901). Zs. f. Bücherfreunde. V. Jahrg. S. 262—272, 
312—320, 346—354 

Höfer: Archäologische Probleme in der Provinz Sachsen. 
Festgabe der bist. Kommission für die Provinz Sachsen u. das 
Herzogt. Anhalt Halle a. S., O. Hendel, 1903. 31 SS. 8^ 

Hofmann, A.: Kurf. Johann Friedrich d. Großm. v. Sachsen. 
Die Wartburg. IL Jahrg. No. 27 (3. Juh 1903). 

Huxsel, A.: Ein Elgersburger Jubiläum. Thür. Monatsbl. 
X, 112—113. 

Iber, G^ch. des Wiederherstellungsbaues der Marienkirche zu 
Mühlhausen i. Thür. Mühlhausen, 1903 (Selbstverl^). 

Issleib, S.: Philipp v. Hessen, Heinrich v. Braunschweig u. 
Moritz V. Sachsen in den J. 1541 — 1547. Jahrb. des Geschichtsv. 
f. d. Herzogtum Braunschweig. II (1903). S. 1—80. 

Derselbe: Moritz von Sachsen u. die Emestiner, 1547 — 1553. 
N. A. f. Sachs. G. XXIV, 248-306. 

Jahr, E. E.: Die Entwickelung des Verkehrswesens in Thü- 
ringen im 19. Jahrh. Leipzig, E. Glausch, 1903. 



Literatur. 351 

Jahresbericht der öffentlichen Lesehalle zu Jena für 1902. 
BeiL zu No. 64 der Jenaischen Ztg. 17. März 1903. 

Jahresschrift für die Vorgeschichte der sächsisch-thürin- 
gischen Länder. Herausg. v. d. jhrovinzial-Museum der Provinz 
Sachsen in Haue a. S. Bd. L Halle, O. Hendel, 1902. 258 SS. 8«. 
Mit 25 Taf. u. 4 Plänen. 

Joch, Ad.: Die Pfarrei Mupperg, topographisch u. kirchen- 
geschichthch dargestellt von weil. Dr. S. Lotz, torchenrat, Pfarrer 
zu Mupperg u. Gefeil, neu herausg. Mit 3 Abb. Sonneberg, Druck 
von Grabe u. Hetzer, 1903. XV u. 275 SS. S^ (Broch. 3 M., «reb. 
3,50 M.) 

Johnson: VogtL Altertümer. OLIV— OLVI. Wirk, der Kämpfe 
zw. Weifen u. Staiflen. CLVII. Eine Germanenburg b. Jocketa. 
CLVIII. Das Ende der plauischen Herrsch, über das Ascher Gebiet. 
CLJX. Aus der Perrückenzeit. CLX. Sünderhauf. CLXI. Plauen 
als Bergort CLXII. Vogtländer mit Luther in Worms. Vgtl. Anz. 
u. Tagebl. 1903. No. 67, 76, 86, 101, 118, 125, 129, 141, 165. 

Jordan: Chronik der Stadt Müh] hausen in Thüringen. Bd. 11 
(1526—1599 [1604]). Mit 4 Abb. u. einem Plane. Mühlhausen i. 
Thür., Danner, 1903. VII u. 200 SS. 8«. 

Derselbe: Zur Geschichte der Stadt Mühlhausen i. Thür. 
H. 3. BeiL zum Jahresber. des Gymn. in Mühlhausen i. Thür. 1903. 
48 SS. 8^ 

Derselbe: Zur Geschichte der Stadt Mühlhausen i. Thür. 
Heft 4 „Zur Schlacht bei Frankenhausen." Hierzu ein Plan von 
Frankenhausen u. Umgegend. Mühlhausen i. Thür., Dannersche 
Buchdr., 1904. 52 SS. &". (8. 1—40 als BeiL zum O.Prgr. des Gymn. 
zu Mühlhausen i. Thür. 1904). 

Derselbe: Aus der Franzosenzeit 1806—1807. In „Aus alter 
Zeit." Zwanglose Beiblätter zum Mühlhäuser Anzeiger. 1903. No. 
47—51; 1904. No. 52, 53, 54, 55, 56. Mühlhausen LThür., Dannersche 
Buchdr. 

Derselbe: Die Verwaltung der Stadt Mühlhausen l Thür. 
unter dem Königreich Westfalen. Mühlhäuser Anz. CVII. Jahrg. 
(1903). No. 119—124 (23.-29. Mai). 

Derselbe: Inscriptiones Mulhusinae. Sonderabdr. aus „Aus 
alter Zeit". Mühlhausen i. Thür., Danner, 1903. 33 SS. 8^ 

Jubiläumsfeier, Zur 200-jährigen, des 3. Bataillons des 
7. Thüringer Infanterie-R^ments No. 96. Rudolstädter Ztg. XXXIII. 
Jahrg. (1903). No. 191 u. 193. 

Thüringer Kalender 1904. Inh: Trinius, A.: Euine Lieben- 
stein. — Voß, G: Domburg b. Jena. — Loßnitzer: Gedenktag u. 
Gedenkstücke Herzog Bernhards v. Weimar. — Voß, G. : Greifen- 
stein am Eingang des Schwarzatales. — Baethcke : Aus den Eloster- 
ruinen Georgen tals. — Ehwald, R.: Die Gothaer Prachtbibel Ott- 
heinrichs von der Pfalz. — Bomemann, G.: Mit G^the auf dem 
Inselsberg. — Bojanowski, P. v.: Der Homstein in Weimar. Zur 
400-j. Gwenkfeier Johann Friedrichs d. Großm. — Voß, G. : Die 
Osterbure b. Weida. — Pick, B.: Porträt-Medaillen Johann Fried- 
richs d. Großm. — E^geUng: Im Dom zu Naumburg. — Kriesche: 
Die Liebfrauenkirche m Arnstadt. — Fritze : Das steinerne Haus in 
Meiningen. — Voß, G.: Das obere Schloß in Greiz. 



352 Literatur. 

[Ketelhodt, G. v.] Unsere G^esetzsammlung. 1. Beil. z. 
Schwarzb.-Rudolstädtischen Landeszeitung (1904). No. 14. 

Klein teich, H.: Kurzer Führer durch Krauichfeld u. s. Um- 
gebung. Kranichfeld a. lim, G. Hahn, 1002, 16 SS. Mit 1 Karte. 

Koch, Ernst: Die Jüdeweiner Kirche und die Kirche zu 
St. Bartholomäus in Pößneck. Pößnecker Ztg. 1904. März 2 u. im 
Pößnecker Tageblatt. 1904. März 2. 

Derselbe: Die ehemalige Hospitalkirche zu Pößneck. Pöß- 
necker Ztg. 1904. April 17. 

Derselbe: Das Gremeindevermögen, die Einwohner u. Gebäude 
der Stadt Meiningen im Jahre 1650. Meininger Tagebl. 1904. No. 
49, 55, 61, 67. 

Derselbe: Nachrichten über die Stadtflur von Meiningen aus 
dem Jahre 1650. Meininger TagebL 1904. No. 73. 

Krauth, S.: Untersuchung über den Namen u. die ältesten 
Greschichtsquellen der Stadt Erfurt. Erfurt, Druck von Fr. Bartho- 
lomäus, 1904. Beil. zum Jahresber. des Eealgymn. zu Erfurt. 36 SS. 4^ 

Krebs, K.: Nach der Schlacht bei Jena am 14. Okt. 1806. 
Leipz. Tagebl. 1902. No. 521, 534. S. 7083 f. 7261 f. 

Krieg, Thilo: Prinz Leopold von Coburg bei der Erfurter 
Kaiserzusammenkunft. Beil. zu No. 97 der Coburger Zeitung (26. 
April 1903). 

Derselbe: Herzog Ernst L v. Sachsen-Coburg-Saalfeld am 
napoleonischen Kaiserhofe 1807/8. Beil. zu No. 75 der Coburger 
Zeitung (29. März 1903). 

Kück, Ed.: Die Erfurter Ausgabe des Katechismus der böh- 
mischen Brüder. Mitt. d. Ges. f. d. Erzieh.- u. Schulgesch. XIII 
(Berlin, Hofmann u. Co., 1903). S. 86 f. 

Kühn: Zur Geschichte der Stadt Eisenach. IL (Schluß der 
Eatsfasten. — Wandlungen der städtischen Verfassung). Eisenach. 
Jahresbericht über das Karl Friedrichs-Gvmn. 1904. S. 3—23. 4<». 

Kuntze, H.: Einladung zum Grabgeleite Ludwigs v. Wiehe 
auf Burgscheidungen vom 16. Febr. 1596. Mansf. Bl. XVI, 178—180. 

L a u e , M. : Sachsen u. Thüringen. Jahresberichte der Geschichts- 
wissenschaft. 1901. 11, 218—254. 

Liebe, G. : Das B^nenwesen der sächsisch -thüringischen 
Lande in seiner sozialen Bedeutung. Archiv für Kulturgesdiichte, 
herausg. von G. Steinhausen. I (1903), 35—42. 

Liebe: Die Herausgabe von Kirchen visitations - Protokollen. 
Korrespondenzbl. des Gesamtvereins (1903). S. 47—49. 

[Lieb mann, P.] Die geschichtUdie Entwickelung und wirt- 
schafuiche Bedeutung des Forstwesens im Fürstentum Schwarburg- 
Rudolstadt. Ein Beitrag zur vaterl. G^eschichte. Sdtiwarzb.-Eudoi- 
städtische Landeszeitung (1903). No. 245, 251, 256 u. 262. 

Lindner: Die Stellung Sachsens u. Thüringens in der deut- 
schen Geschichte. Korrespondenzbl. des Gesamtvereins der deutschen 
G«jchichts- u. Altertums vereine. LI. Jalurg. No. 10/11. S. 202 f. 

Li nn -Linsenbarth, O.: Schiller u. der Herzog Karl Au- 
gust V. Weimar. Teil IL Prgr. Kreuznach, 1903. 44 SS. 

Linz, W.: Beiträge zur Ortschronik von Apfelstädt. Apfel- 
städt 1902. 

Lippert, W. u. Beschorner, H.: Das Lehnbuch Friedrichs 
des Strengen, Markgrafen v. Meißen u. Landgrafen v. Thüringen, 



Literatur. 353 

1349/1350. Mit 9 Tafeln in Lichtdruck. Leipzig, B. G. Teubner, 
1903. CCLVIII u. 640 SS. 8<». (A. u. d. T.: Schriften der Königl. 
Sächsischen Kommission für Geschichte. Bd. VIII). (Besprechung 
folgt.) 

Lippertj W. : Jahreeanfang am 1. Januar in der meißnigt^h- 
thüriHgiwheD Kanzlei nm die ilitte des 14. Jabrh. Mitt. d. Inat. f. 
öet. GF. XXrv, 301^—309. 

Derselbe: Htudien über die Wettin isdie Kanzlei u. ihre ältesten 
Register im U. Jabrh, NA, f. Sächa. G. XXfV^ 1^42. 

Löber, E: Aue einem Stützerbachär Patrizierhaufie. Thür. 
MonatsibL X, 115—118. 

Lorota^ M, : Miodzy Jena a Tylzia. Warschau, Laskauer u. 
Co., um. XV u. 165 8S, 

Lüttich. ö.: Zur Bangeschichte des Naiimbnrger Doms u. 
der anliegenden Banliohkeiten, Prgr. dee G, eu Naumburg a. B.^ 1902. 
48 BB, 4^. Mit 4 Tafein, 

Der&elbe; Dritter Beitrag zur ßaugeechichte des Naumburijer 
Dojns^ und der anliegenden Baulichkeiten. Beil. ziun Jahresber. des 
Doni*G. zu Naumburg a» 8.j H, Bieling, ItKM. 62 SB, 4". Mit einer 
Karte, 

Lutae, G. : Aue BonderBbausenß Vergangenheit. Lid, 1— J. 
Sonderöhaueen. Eupel, ]902, 128 HS. S**. 

Mansberg, Frh, v,, Eich*: Erbarm anschaft W^ettinisclier 
Lande, Urk. ßeitr. zur Obersächa, Landes- u. Ortsgee^diichte in 
Ehesten vom 12, bis Mitte de^ lö. Jahrk 1. Bd.i Das Osttorland, 
Mit 6721 Reges ten, 22 Taf. u. 66 Holzachn, Dresden , W. Baenach, 

1903. IX u. t57ö SS, 8", 

Meier, H,: Aus Scbulprogramnien den Gyranasiuma zu Nord* 
hau&en 1712—1722. 2s. des Harz.-V, XXXVI, 270— 274. 

Menaing, K, : Bilder aus der süchüischen Geschichte. IL 
Georg d. Bärtig© u, Kurf> Moritz. Dresden , E, Zacharias, 1902. 
m SS, 8", 

Mentz, G.; Johann Friedrich d. Großmütige, L Teil: Johanm 
Fried rici bia zu seinem Regierun pan tritt 1503—1532. Festschrift 
zum 100-j, Geburtstage des Kurf irrsten namens des Vereine f. Thü- 
ringische Geschichte n. Altertums k. heranag. von der thüringischen 
hiptorischen Kommission, Mit dem Bildnis Johann FriedridiB als 
Bräutigam. Jena, G, Fiscber, UtOB, XII n. 142 So. 8^. (A. u. d. T.: 
Beiträge zur neueren Geschichte Thürifigens. Bd. L Eretcr Teil.) 

Derselbe: Zur Geschichte der Pack sehen Händel, A. f. Re- 
formation Bijescliiehte, L Jahrg. H. 2, I^lin, 0. A. Schwctfichke n. S„ 

1904. 8. 172—191. 

Derselbe: Die Briefe G. Spalatine im V. Warbeck nebst er* 

fäczenden Aktenstücken. A. f* Beform ationageschichte, L Jahrg* 
1. 3 (Berlin, C. A. Schwetachko u. B., 1904). No. 3. 8, 197—246. 
M eurer, H. : Zum Reimen tsjubiläum, Beitr, z. G, des Begi- 
nientfi ,,GroßherzüE von Sachsen** (1807—34). Weimar, Böhlaua Nachf., 
1902, 28 HS. 

Mever, P.r Brovfiig 1852— IHOä. Eine Featechrift Ereaku, 
F. Hirt, 1902. 168 i^^S. Mit 10 Tafeln. 

Mitzschke, P,; Ungedrucktes vom Rennsteig. Das Mareile. 
in. Reibe (1903). No, 11/12. S. 122^120. 

MörtZBch, 0.: Die „Erbar Manschaft'* der Länder Meißen, 



354 Literatur. 

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448—750;; III (1902/3), 48—51. 

Morgenstern, O: Hennebergica, Verzeichnis der alten Drucke 
aus der Gymnasialbibliothek, die sich auf die ehemalige Grafschaft 
Henneberg beziehen. T. I. Schleusingen, Prgr. 1903. 22 SS. 4». 

Mücke, B.: Aus der älteren Schulgeschichte Ilfelds. Prgr. 
der KlostOTSchule zu Ufeld. 1902. 26 SS. 4^ 

Naumann, L.: Die Buinen des Schlosses Eckartsberga u. 
seine einstige Bedeutung als Festung. Eckartsberga, Verl. des 
Eckartshauses, 1902. 31 SS. &". Mit 3 Taf. 

Derselbe: Das Schloß Eckartsberga, ,^kartsburg.'^ H. 4 
der Beitr. zur Lokalgeschichte des Kreises Eckartsberga. 3. Aufl. 
Eckartsberga, Verl. des Eckartshauses, 1902. 48 SS. 8^ Mit 1 Abb. 

Nehm er, A.: Beitrage zur Landesk. des E^chsfeldes (mit 2 
Karten u. 1 Profiltafel). A. f. L.- u. Volkskunde der Prov. Sachsen. 
XIII (1903). S. 77—127. 

Nippold, Fr.: Der Kurfürst-Cüonfessor Johann Friedrich. 
Bede, gehalten zu seinem Säkular -Jubiläum am 30. Juni 1903. 
Jena (G. Neuenhahn) 1903. 29 SS. 4». 

Derselbe: Zum 400. Greburtstage des Kurf. Johann Friedrich. 
Deutschland, Monatsschr. f. d. ges. Kultur. 11, 493—507. 

0er gel: Das Bursenwesen der mittelalterlichen Universitäten^ 
insbesondere Erfurts (Vortrag). Korrespondenzblatt des Gesamtvereins 
(1904). No. 4/5. Sp.^151— 159. 

Opitz, W.: Über die Hersfelder Schrift: de unitate ecclesiae 
conservanda. Prgr. des BG. zu Zittau, 1902. 18 SS. 4«. 

Overmann: Erfurt in Greschichte u. Kunst (Vortrag). Kor- 
respondenzblatt des Gesamtvereins (1903). S. 237—244. 

Polack, Fr.: Der Kreis Worbis in den hundert Jahren preuß. 
Herrschaft von 1802—1902. Worbis, C. Müller, 1902. 136 SS. 8<>. 

Posse, O.: Die Siegel des Adels der Wettiner Lande bis zum 
J. 1500. Im Auftr. der KgL Sachs. Staatsr^erung herausg. I. Bd.: 
Grafen von Käfemburg-Scnwarzburg, Vögte von Weida, Plauen und 
Gera. Adel Buchst. A. Dresden 1903. VU, 65 SS. 50 Taf. 4P. 

Quantz, H.: Skelet-Gräber von Solkwitz in Ost-Thüringen. 
Nachr. über deutsche Altertumsfunde. XIII. Jahrg. (1902). H. 5. 
S. 67-71. ^ ^ ^ 

Baab, C. v.: Das Amt Pausa bis z. Erwerbung durch Kurf. 
August V. Sachsen im J. 1569 u. d. Erbbuch v. J. 1506. Beil. z. d. 
Mitt. d. Altertumsv. zu Plauen i. V. 16. Jahresschr. auf die J. 1903/4. 
Plauen i. V. 1903. 4 Bl. u. 115 SS. 8^ 

Bademacher, O.: Die Merseburger Bischofechronik. Über- 
setzt u. mit Anm. versehen. T. I. Beil. z. Jahresber. des Dom-G. zu 
Merseburg, 1903. Merseburg (F. StoUberg). 74 SS. 8". 

Bänke, H.: Stammbaum der Familie Bänke. 12 Tafeln. Als 
Manuskr. gedruckt. München. 1901. 

Batzel, F.: Bruno Hassenstein f. Petermanns Mitteilungen. 
XLVIII (1902). Heft. 12. S. 1-5. 

Bechnungslegung über die Ausgaben eines Jenenser Stu- 
denten in der Zeit vom 12. April 1589 bis zum 18. Mai 1590. 
Jenaische Zeitung. 1903. Juli 17. 

Eeglement und Wacht-Ordnung der Stadt Jena de anno 1757. 
Jenaische Ztg. Jahrg. 230. No, lOü (1§03, April 30). 



Literatur. 355 

Eeichardt, R.: Zum Wortschatz der Nordthüringer Mund- 
art, Zfl. f. hochd, Mundarten, III, 354^363, 

Derselbe: Sagen aus^ Kordthüringen. Zs, d* V* t Volkskunde* 
XI, öS— 73 u. XII, 6(5-72. 

Derselbe: Die Grafschaft Hohen stein unter der Herrachaft 
dce Grafen Thun 1628— 163 L Zu, des Harz,-V, XXXVI, 274— 2B3. 

Reimann, K. E.: Wo ist Friedlich Hortleder geboren? NA* 
f, yächs. G. n, A. XXIV, 1T4-178. 

Hodi^ast, ü, : üröpriing und Alter der Schiitzengilde Jena 
mit einer Onginal -Urkunden taf et. Aus aratlich beglaubigten Thüring- 
GeBchichtHurtttnden verschiedener Staatearchive u, der Untveraltäfcs- 
bibliothek Jena zusammengestellt Gewidmet ^um 600, Stiftungsfeste. 
Jena, 28. Februar 1904. 16 S8. SK Mit einer TafeL 

Rühli K.: Das obere Saaletai. 2. verm. AufL Ziegen rück, H< 
Jentzscb, 1903. 132 SS, H'K 

Eühlmannj F. i Die öffentliche ,Meiüui>g in Sachjsen während 
der Jahre 1806—1812. Qesch, Untersuchungen, herausg. ?on K* Lam- 
precht. H. 1. Gotha, Perthes, 1902, 121 SS. 8^. 

Sachsenklemmej Die (4, Aug- 1809), Unsere HeLmafc, illuBtr* 
Monatsechr. f. d. gesamte Erzg. u. VoÄtU 1 (1902), $m f. 

Schenk au Sdiweinöberg, G. FrL; Die dr^i thürindschen 
Werraorte Breifcungen. QuartalbL des hiat. V, f. d* GroSh, Besäen- 
NR Bd. 111. H. 5. 

Derselbe: Bemerkungen zu neueren Urkxmdenbiichern (äu 
Cod. d. Sax. r. I, 3). Ebenda NF. Bd. II L H, 7, 8. 279 u- 280, 

8chlüter,Otto: Die Siedelungen im nordösttichea Thüringen* 
Ein Beiapid für die Behandlung sieaehuigagcographiflcher Fragen* 
Berlin, IT. Costenoble, Um. Mit 6 Karten u, 2 Tafehi. XLX u. 453 
BS. 8*^. (S. a. Zs, der Ges. f. Erdkunde zu Berün [1902]. No. 10, S. 
a5Ü-874,) 

Schmidt, B. : Die Reußen, Genealogie dea Geäamthauses 
Reuß älterer u. jüngerer Linict sowie der auögeatorbenen Vogfcelinien 
zu Weida, Gera u. Flauen n. der Buregrafen 7M MeiSen aus dem 
HauBe Plauen. Im Auftrage Sr. Durchlaucht Heinrichs XIV, Ee^ 
gierend eo Fürsten Beuß j. L, und Fürstregenten Reuß ä, L, Schleii, 
F* Webers NachL, 1903. IX u, 70 SS. Fol. (Besprechung folgt.^ 

Schmidt, C, F. L.: Heimatliche ^^unat und Bauweise in 
Sachsen und Thüringen (Vortrag), Korreapondenzblatt des Gesamt- 
Vereins (ICKM). No. 4/5, Sp. 169—175. 

Schmidt, Erich: Luise, Großherzogin v. S.-Weimar, D, 
Rundschau. XXX H. 1, 

Schmidt, Fr,: Die schwedische Invasion in Kursachsen u. 
insbesondere im Herzogtum S.-Weißenfels in d. J. 170G u. 1707* 
Mansf. BI. XVI (1902), 115—137. 

Derselbe: Die Dinggrafeo (Dinggrefe) von Saugerhausen* 
Zs. d. Harz-V, XXXV, 443—447. 

Schmidt, Knnhardt v.i Aus der Gesch. des 4. Eheinbimd- 
regiments Herzoge v, Sachsen. Militär- Wochen bl* 1902. No. 99, 105; 
1903. Na 5, 12, 16, 21. 

Schmidt, O, E. : Wolfg. Lazius, ein G^chichtsachreiber dea 
Schmalkald, Krieges. N, A. f. Sädm. G, XXIV 111^133. 

Schnehen, W. y*: Herderti religiöse Weltanachauung. Wart- 
bürge timmen. L Jahrg. H, 2, S, 83 ff. 



356 Literatur. 

Schneider, M.: Die £inrichtuDg einer ^deutschen Schul'^ 
(d. h. Realabteilung) am Gymnasium zu Gotha durch Herzog Ernst 
d. Fr. im J. 1662. Mitt der Ges. f. d. Erziehungs- u. Schiüge^hichte. 
XIII. Jahrg. (Berlin, Hofmann u. Co., 1903). S. 34—41. 

Schneider, W.: Querfurter Stadt- u. Kirchchronik. Querfurt, 
W. Schneider, 1902. VII u. 575 SS. Mit 4 Taf. 

Schöppe, K. : Das Vereinswesen in Naumburg. Naumburg 
a. S., Druck von fl. Sieling, 1903. 36 SS. 8^ 

Derselbe: Zur Häuserchronik von Naumburg. (Gesch. ver- 
schiedener bemerkenswerter Häuser: Schloß, Schlößchen, Drei Lilien 
u. a. m.). Naumburger Kreisbl. 1902. No. 100, 117, 143, 213. 

Derselbe: Siegel aus dem Stifte Naumburg-Zeitz. Mit Si^l- 
tafeln. Vierteljahrsschr. für Wappen-, Siegel- u. Familienk. Ja&g. 
1903. S. 81-88. 

Derselbe: Das Naumburger Kirschfest. Seine Geschichte u. 
Bräuche. Naumburg a, S., H. Sieling, 1903. 16 SS. 8". 

Derselbe: Innungsartikel der Glaserinnung zu Naumburg 
a. S. N. Mitt. hist.-ant. Forsch. Bd. XXI. H. 3 (HaUe a, 8., 1903). 
S. 209—223. 

Derselbe: Mittelalterhche Eechtsfragen. Ebenda S. 224—236. 

Schrödel, H.: Ernst, Herzog von Sachsen- Altenburg. Fest- 
schrift zur Feier seines fünfzidährigen Regierungsjubiläums am 3. 
August 1903. 1. Geschichtliche Einleitung bis zum J. 1826 von Herrn. 
Scm-ödel -Friedrichstanneck. 2. Lebensbild des Herzogs von Gyna- 
nasifddirektor Prof. Dr. Moritz Geyer-Eisenberg. Eine Jubüäums- 

fabe für die Schulen des Altenburger Landes. Friedrichstanneck 
903. 68 SS. 4». Mit 12 Abb. 

Schröder, Edw.: Der Epilog der Endda Zs. für deutsches 
Altertum u. deutsche Literatur. XLVII. Bd. (Berlin 1903). S. 291 
bis 301. 

Scobel, A. : Thüringen. 2. AufL Bielefeld, Velhagen u. 
Klasing, 1902. 160 SS. 8°. 

Sehling, E.: Die evang. Kirchenordnungen des XVI. Jahrh. 
I. Abt. Sachsen u. Thüring^i nebst angrenzenden Gebieten. 2. Hälfte. 
Leipzig, Beisland, 1904. VII u. 614 SS. 4^. 

Seitz, O.: Der authentische Text der Leipziger Disputation 
(1519). Aus bish. unbenutzte Quellen herausg. Barlm, Schwetschke 
u. S., 1903. V u. 247 SS. 8^ 

Sief ert, G.: Zum Gedächtnis Gustav Eichters. In Lehrproben 
u. Lehrgänga H. 79. (Halle a. S. 1904). 

Stein, F.: Kulmbach und die Plassenburg in Bli&r u. neuer 
Zeit. Kulmbach, Rehm, 1903. 184 u. 17 SS. 

Suphan, B.: Briefe von Goethe und Frau von Stein an JcA. 
Georg Zimmermann. Wartburgstimmen. IL Jahrg. (Bd. I.). S. 171 ff. 

Tangl, M.: Das Todesjahr des Bonifatius. Zs. d. V. für 
Hessische G. u. Lk. NF. XXVII (1903). S. 223-250. 

Techo w: Zur Gesch. der Fischgerechtigkeit bei Kosen. Naum- 
burger Kreisbl. 1902. No. 186. 

Teichmann, E. : Zur G. der vogtl. Perlenfischerei. Unsere 
Heimat, illust. Monatsschr. f. d. ges. Erzgeb. u. s. f. II (1902/3), 
177-181. 

Th., R.: Der Hörselberg. Thür. Monatsbl. X, 1-3. 



literafcur 357 

Derselbe: Ein Herbetthing auf dem Vennsberg. Ebenda 8. 
13—15, 43-44, 77-T^. 

Thanß, G: Das Herzogl. Ck>burg-€k)Üiaische Infanterie-Kegi- 
ment in der Schlacht b. Langensalza am 27. Juni 1866. Luigensalzia, 
Wendt u. KlauwelL 

Thiele: Die sprachliche Bedeutung unserer mitteldeutschen 
Urkunden und Handschriften (Vortrag). Korrespondenzblatt des 
Gksamtvereins (1904) No. 4/5. Sj). 142—150. 

Thümmel: Herder als Leiter der weimarischan Landeskirche. 
Aus einem am 3. Dez. im Zweigverein des Evang. Bundes gehaltenen 
Vortrag. Jenaische Ztg. (1903). No. 290, 291 Dez. 11 u. Ü). 

Thüna, L. Frh. v.: Das löschpapieme Prinzchen im und beim 
Witthumspalais in Weimar. Nord und Süd. 1903. Juni. S. 321. 

Thüringen in Wort u. Bild. Herausg. v. d. Thüringer Pesta- 
lozziverdnen. Bd. IL Leipzig 1902. III u. 492 SS. 

Tim p el , M. : Graf Gotter u. Schloß Molsdorf. Thür. Monatsbl. 
rX. Jahig. No. 6. 

Töpfer, H.: Der Püsterich in Sondershausen. A. f. L.- u. 
Volkskunde der Prov. Sachsen. XIII (1903). S. 62—74. 

Trauer, Ed.: Chronik des Dorfes Marien^ i. Vogtl. bis zur 
Einführung der Sachs. Landesverf. Plauen L V., A. Kell, 1903. 
111 SS. 8«. 

Unstruttale, Aus dem. -Heft 1—3. Langensalza, Wendt u. 
KlauweU, 1901/2. 52, 72 u. 96 SS. 8«. Inh.: 1. Ludendorff, Immobil 
Erinnerungen eines Landwehrofüziers an die Schlacht b. Langen- 
sidza am 27. Juni 18()6. — 2. Gramm, B. Baron v.: Aus Langensalza. 
Ein Erinnerun^blatt — 3. Erinnerungen, Langensidzaer aus der Zeit 
vor u. während des tollen Jahres 1848/49 (von Prof. Dr. Wolf). 

Voigt, B.: Der Landkreis Erfurt unter preußischer Herrschaft. 
Bericht über die Jahre 1802—1902. Erfurt, SelbstverL, 1902. 52 SS. 4<». 

Voß: Thüringische Holzschnitzerei an der Schwelle der deut- 
schen Renaissance. Thüringer Warte. I. Jahrg. No. 1. S. 2 — 15. 

Wächter, A.: Das Kudolstädter Gymnasium sonst und jetzt, 
besonders in den letzten 6 Jahrzehnten, eine überschau. Kudolstädter 
Ztg. 1904. No. 119 (22. Mai). 

Derselbe: Wie Rudolstadt u. Umgebung unserm Schiller er- 
schienen sind. 2. Beil. zu No. 79 (1904) der Rudolstädter Zeitung. 

W eher , P.: Forschungen über mittelalterliche Grabienkmäler. 
BeiL zur AUg. Zte. 1903. No. 117 (Mai 26). 

Derselbe: Die Burgen des mittleren Saaltales. Eine bauge- 
schichtliche Übersicht. Wartburgstimmen. I. Jahrg. H. 4. 

Derselbe: Die Pflege unserer kirchlichen Altertümer. Eine 
kurze Handweisung für den thüringischen Pfarrer- u. Lehrerstand. 
Weimar, H. Böhlaus Nachf., 1903. 20 SS. 8«. 

„Aus Weimars klassischer und nachklassischer Zeit*^, neu 
herausg. von Robert Kohlrausch. Memoirenbibliothek, R. Lutz, Stutt- 
gart, 1904. 

Wenck, E.: Zur Geschichte des Hessengaus. In Zs. d. V. f. 
Hess. G. NF. XXVI (1903). S. 227—276. 

Derselbe: Landgraf Philipp d. Großmütige. Rede gehalten 
auf der 7. Jahresversammlung der historischen Kommission für 
Hessen und Waldeck am 7. Mai 1904 SA. aus der Zs. des V. f. 
XXn. 24 



358 literatur. 

hessische Gesch. o. JLK. N. F. Bd. 28. Marburg, ELwert, 1904. 
13 SS. 8«. 

Derselbe: Berichtigungen zum Elisabeth -Aufsatz. Ebenda 
S. 304. 

Wenzel, A.: Das höhere Schulwesen in Langensalza seit dem 
Übergang der Stadt an Preußen. Festschr. z. Feier des fünfzigjährig. 
Jubiläums des Realgymnasiums. 1902. 76 SS. &". 

Werthern, Alfr. Frh. v.: Gesch. des Geschlechts der Grafen 
\j. Freiherm v. Werthem. T. I. Urkundl. Familiengesch. H. 1. 
Älteste Familiengesch. bis 1501. Als Manuskript gedr. Naumburg, 
ßietz, 1902. VI u. 133 SS. 4^ 

Wieland, M.: Cistercienserinnenkloster Sonnenfeld. Cisterc.- 
Chron. XIII. 

Wilhelm, E.: Gustav Paul Richter. Im Jahresbericht über 
das Großh. Gymnasium Carolo-AlexaDdrinum zu Jena. 1904 S. 4—6 
(8. a. Jen. Ztg. 1904. No. 26). 

V. Win t z in ger od a-Enorr, Die Wüstungen des Eichsfeldes. 
Verz. der Wüstungen, vorgesch. Wallbimen, Bergwerke, Gerichts- 
stätten u. Warten innerhalb der landrätl. KreiBe Duderstadt, Heiligen- 
stadt, Mühlhausen (Land u. Stadt) u. Worbis. Halle, Hendel, 1903. 
(A. u. d. T. : Geschiclitsqu..der Prov. Sachsen. Bd. 40.) LXXXVIII u. 
1280 SS. 8^ 

Wispel, A.: Entwickelungsgeschichte der Stadt Naumburg 
a. S. nebst einem Anhang: Abriß der G. von Frey bürg a. U., Goseck, 
Schönburg, Saaleck u. Kudelsburg. Naumburg a. S., A. Schirmers 
Buchh., 1903. VI u. 120 SS. 8<>. 

Wolff-Beckh, Br.: Johann Friedrich Böttger, der deutsche 
Erfinder des Porzellans. Mit Böttgers Porträt. Steglitz b. Berlin, 
Wolff-Beckh, 1903. 48 SS. 8°. 

W o 1 f f , W. : Die Entstehung des Ortsnamens Eschwege, sprach- 
lich u. geschichtlich erklärt. Eschweger Tagebl. 1901. No. 27. 

Zemmrich,J. : Die vogtL Landschaft von einst u. jetzt. Unsere 
Heimat II (1902/3), 105—110, 129—133. 

Zimmer, H.: Herzog Ernst d. Fromme. Wartburgstimmen. 
L Jahrg. Bd. 1. S. 355 ff. 

Zschiesche: Das vorgeschichtliche Erfurt. Korrespondenzbl. 
des Gesamtvereins (1904). No. 3. Sp. 102—105. 



Aus den coburg-gothaischen Landen. Heimatsblätter, unter 
dem Protektorate Seiner Durchlaucht des R^erungsverwesers Erb- 
prinzen Ernst zu Hohenlohe-Langenburg im Auftr. des schriftL Aus- 
schusses herausg. von R. Ehwald. Gotha, Perthes, 1903. IV u. 76 SS. 
gr. 8^ Inh.: Baethcke: Die Gründung des KL Georgental. S. 1/18. 
— Berbig, M.: Gotha im Mittelalter. Aus dem Tagebuche eines 
fahrenden Schülers. S. 19/23. — Ehwald, R. : Drei Stücke aus dem 
Briefwechsel Friedrichs d. Weisen. S. 24/31. — Gerbiog, L.: Die 
Thüringer Landwirtschaft bis zur Reformationszeit S. 32/41. — Krieg, 
Th.: Erbprinz Herzog Ernst (H. Ernst I.) v. Sachsen-Coburg-Saal- 
feld im preuß. Lager 1806/7. S. 42/44. — Pabst, W.: Die Fußspuren 



literatnr. 359 

vorweltlicher Tiere in den Gesteinen der ümg^nd von Friedrich- 
roda, Tambach u. Eabarz in Thüringen. S. 45/51. — Fick, B.: Die 
ältesten Thüringer Münzen. S. 52/57. — Schäfer, H.: Was uns die 
Kalktuffe von Tonna erzählen. S. 58/63. — Trinius, A.: Schloß 
Tenneberg. S. 64/70. — Zahn, G.: Einheimische u. eingebürgerte 
Pflanzen als Heihnittel. S. 71/76. 

Beiträge, Neue, zur G^chichte deutschen Altertums. Lief. 17. 
1902. Inh. : ßoebner, E. : I. Die Entstehung der Jahrmärkte u. die 
Wochenmärkte in Meiningen. II. Inschriften u. Denkmäler der Stadt- 
kirche in Meiniugen. III. Die Beziehune^en des letzten Fürstbischofs 
von Würzburg zur Stadt Meiningen. IV. Die Gast- u. Unterkunfts- 
. häuser im alten Meiningen. V. Ein Leprahaus in Meiningeu. VI. 
Meioinger Gelehrte u. a^ hervorragende Meininger Stadtkinder aus 
alter u. neuer Zeit. VII. Übersicht über Herkunft u. Bearbeitung der 
Meininger Straßennamen. VIII. Die Bevölkerungszahlen der Stadt 
Meiningen sonst u. jetzt. 111 SS. 8^ — Lief. 18. 1903. Inh.: Fritze, 
E. : Die Veste Heldburg (Abdr. aus den Bau- u. Kunstdenkm. Thü- 
ringens. H. 31.) 41 SS. gr. 8«. 

Geschichtsblätter, Mühlhäuser. Zs. des Mühlhäuser Alter- 
tumsvereins Jahrg. IV (1903/1904). Mühlhausen i. Thür., Komm.- 
VerL von C. Albrecht, 1903. 80 SS. gr. 8^ Inh.: Hejrdenreich : Ge- 
denkblätter an die Feier der hundertjähr. Zugehörigkeit zum preuß. 
Staat 1902. S. 1/16. — Claes: Die Maßnahmen zur Bekämpfung der 
Pest in Mühlhausen 1683. S. 16/20. — Heydenreich : Ehesten zu den 
im Archiv der Stadt deponierten Pergamenturkunden 1. S. 20/24. — 
Aemiaius, H. : Die St. Kilianslinde zu Mühlhausen i. Thür. S. 24/25. 

— Heydenreich : Zum Erfurtianus Antiquitatum variloquus. S. 25/26. 

— Jordan : Zur Verfassungsgesch. der Stadt Mühlhausen i. Thür. im 
18. Jahrh. S. 28/36. — Seilmann : Prähistorische Funde aus der Um- 
gebung von Mühlhausen i. Thür. S. 36/39. — Jordan : Wie Molhawssen 
evngenonunen. S. 40/42. — Ders.: Aus dem J. 1813. S. 43/62 — Ders.: 
Der Sühnebrief von 1525 u. die Festungswerke der St Mühlhausen. 
S. 63/66. — V. Kauffungen: JEin Altertumsfund in der St. Blasius 
(Untermarkts-)Kircha S 66/67. — Die Gerichtslinde zu St. Kiiiani. 
8. 67/68. — Jordan: Joachim ä Burgk u. der Rektor Matthaeus 
Zimmermann in Sondershausen. S. 68/d9. 

Jahrbücher der Königl. Akademie gemeinnütziger Wissen- 
schaften zu Erfurt. N. F. H. XXIX. Erfurt, C. Villaret, 1903. 276 
SS. 8**. Inh.: A. Abhandlungen: 1) Heinzelmann: Gedenkrede auf 
den verengten Prinzen Georg v. Preußen. S. 1/16. — 2) Thiele: 
Archäol. Wunsche eines altkl. Philologen. S. 17/27. — 3) Köster: 
Über die Persönlichkeit des Horaz in seinen Oden. S. 29/57 — 4) 
Treitschke: Der Föhn der Alpen u. der deutschen Mittelgebirge. S. 
59/87. — Bithom: Blicke in Bismarcks Seelenleben. S. 89/107. — 6) 
Axmann : Die Giftwirkung des Wassers. S. 109/123. — 7) Schwarz- 
lose: Die geistlichen Schauspiele der Vergangenheit. S. 125/150. — 
8) Kekule v. Stradonitz: Die Ahnen des Prmzen Georg v. Preußen. 
S. 151/170. — 9) Heinzelmann : Über den ethischen Beruf der Kunst. 
S. 171/200. — 10) Thiele: Philol. u. archäol. Studien. S. 201/225. B. 
Jahresbericht der Akad. S. 227/276. — H. XXX. 1904. Festschrift zur 
Feier des 150-jährigen Bestehens der Kgl. Akademie. 652 SS. gr. 8°. 
Mit einer Porträttafel. Inh.: Thiele ß.: Die Gründung der Akademie 

24* 



360 literfthir. 

nützlicher (gemeinnütziger) Wissenschaften zu Erfurt und die Schick- 
sale derselMn bis zu ihrer Wiederbelebung durch Dalberg (1754 bis 
1776). Mit urkundlichen Beilagen. S. 1—138. — Oerffel: Die Aka- 
demie nützlicher Wissenschaften zu Erfurt von ihrer Wiederbelebung 
durdi Dalbeig bis zu ihrer endgültigen Anerkennung durch die 
Krone Preußen (1776-1816). S. 139—224. — Hemzehnann, W.: 
Beitrage zur Geschichte und Statistik der Erfurter Akademie im 
neunzdmten Jahrhundert 8. 225—382. — Loth, E. : Das Medizinal- 
wesen, der ärztliche Stand und die medizinische Fakultät bis zum 
Anfang des 17. Jahrhunderts in Erfurt. S. 383—466. — Lüttee, A.; 
Die Lebensarbeit eines HohenzoUem im Osten Europas. S. 467—509. 

— Hagen, Ed. v. : Die Transfiguration von Raffael. Ein Deutungs- 
ver8U(£. S. 511—541. — Baumeister, A. : Ein Vorschlag zur Neugestal- * 
tung des Greschichtsunterrichts in den obersten Klassen unserer höheren 
Schulen. S. 543—564. — Albrecht, O. : Luthers kleiner Katechismus 
nach der Wittenberger Ausgabe im J. 1540 zum ersten Male herausg. 
S. 565—600. — Hintner, V.: Beiträge zur tirolischen Namen- 
forschung. S. 601—630. — Althof, H.: Gerald und Erchambald. 
Eine Untersuchung über ein Problem in der Walthariusforschung. 
S. 631—652. 

Jahresbericht, 72. und 73. des Vogtländischen Altertumsf. 
Vereins zu Hohenleuben, herausg. von Diak. F. Thormann. 119 SS. 
8^ Inh.: Auerbach, A.: Das Archiv des Vogtland. Altertumsf. Ver- 
eins. S. 1 — 45. — Francke, H. G. : Die St Peterskirche zu Weida. S. 
46—76. — Behr, O.: Das Copial-Buch des Ernst Metzsch auf. Triebes. 
1576. S. 77—82. — 72. u. 73. Jahresber. S. 83—96. — Verz. der Mitgl. 
S. 97—102. — Bücher-KataL S. 103—119. 

Mitteilungen des Geschichts- u. Altertumsf. Vereins zu 
Eisenberg. H. 19. Eisenberg, H. Geyer, 1904. 76 SS. 8^ Inh.: 1) 
Lobe, E.: Zur Gesch. des deutschen Zunftwesens während sdner 
Blütezeit, mit bes. Rücksicht auf die Städte Altenburg u. Eisenberg 
S.-A. S. 3/71. — 2) Bericht über die Tätigkeit des Vereins. S. 72 1 

— 3) Verz. der Mitgl. S. 74/76. 

Mitteilungen des Vereins f. d. G. u. A. von Erfurt H. 
XXIV. 1. Teil : Vereinsnachrichten. Erfurt, 1903. 23 SS. — H. XXIV. 
2. Teil. Mit 12 Tafehi, 1 Karte u. 4 Abb. un Texte. Erfurt 1903. 
204 SS. (Festgabe für die Teilnehmer an der Generalversammlung des 
Gesamtvereins der deutschen Geschichts- u. Altertumsverdne zu 
Erfurt vom 27.-30. Sept 1903.) Inh. : Eitner, Th. : Erfurt u. die 
Bauernaufstände im XVI. Jahrh. S. 3—108. — Peters. P.: Das CJol- 
legium malus zu Erfurt. S. 109—121. — Apell, Fr.: Zur Münzge- 
s<£ichte Erfurts. S. 123—134. — Buchner, O. : Der Severi-Sarkoplmg 
u. s. Künstler. S. 135—157. — Oergel, G. : Das ehemalige Erfurtische 
Gebiet S. 159—190. — Zschiesche: Funde aus der merovingischen 
Zeit in Erfurt u. der Umgegend. S. 191—204. 

Mitteilungen des Vereins f. Geschichts- u. Altertumsk. zu 
Kahla u. Roda. M. VI. H. 2. Kahla 1904. 181 SS. 8*». Inh.: Leh- 
mann. Fr.: Die Renovierung der Stadtkirche zu Kahla im J. 1791. 
S. 73-— 99. — Martin, M. : Nachrichten über Adelige aus den Kirchen- 
büchern der Parochie Reinstädt S. 100—109. — Schaffner, S.: Aus 
dem Gerichtsbuch der Stadt Kahla, angefangen Michaelis 1527. S. 



literatnr. 361 

110—113. — Lommer, V.: VolkstümMclies aus dem Saaltale. Sagen 
u. £rzaliluiigen, Sitten u. Gebräuche. S. 114—181. 

Mitteilungen der Vereinigung für Gh)thai8che Greschichte 
u. Altertumsforschung. Jahrg. 1903. Fnedrichroda, J, Schmidt u. Co. 
136 SS. 8°. Inh.: v. Strenge: Stadtrechte im Herzogt. Gotha. S. 
1/48. — Ehwald, R. : Ein Kuriosum aus der Druckgeschichte Gh)thas. 
S. 49/54. — Felgner, G.: Herzogin Luise Dorothee u. ein Besitz- 
stück der Herz. Bibliothek zu Gotha. S. 55/80. — Florschütz, G.: 
Das ümenfeld auf dem Simmel b. Eischleben. S. 81/87. — Berbig, 
M.; Schack Hermann Ehwald. S. 88/111. — Heß, H.: Die Grenzen 
der Mark Lupnitz. S. 112/118. — Ehwald, R. : Zur Erinnerung an 
Johann Friedrich d. Großm. S. 119/130. -- Jahresber. u. LS. S. 
131/136. 

Schriften des Vereins für Sachsen-Meiningische Greschichte 
u. Landeskunde Heft 43. Hildburghausen, Kesselringsche Hofbuchh., 
1903. Lih.: Neue Landesk. des Herzogt. S.-Meiüingen. H. 4. Geo- 
logie von Dr. E. Zimmermann. — Heft 4£ Hildburghausen 19(^. Inh. : 
Neue Landesk. des Herzogt. S.-Meiningen. H. 5. Klimatologie von 
Prof. Dr. Lehmann. — Heft 45. Inh. : Neue Landesk. des Herzogt. S.- 
Meiningen. H. 8. Zweiter Hauptteil : Die Leute. A. Vorgeschichtuches. 
Von ELofr. Dr. med. G. Jacob (f)- Abdr. aus dem 24. Heft der Ver- 
einsschr. (1896), neu herausg. von Dr. L. Hertel 1903. 56 SS. 8*. — 
Heft 46. Neue Landesk. des Herzogt S.-Meiningen. H. 9 B. Ge- 
schichtliches. Poht. G. von den frühesten Zeiten bis auf die Gegen- 
wart. 1. TeiL Thür. Geschichte. Von Prof. Dr. Hertel. 1903. H. 47. 
2. TeiL Meininff. Geschichte von 1680 bis zur Gegenwart. Erste 
Hälfte bis zum Itegierungsanstritt Herzog Bernhards IL (1821). 1904. 



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An nnsere Mitarbeiter und an die Pfleger der Thttrlng^hen 
higtorisehen Kommission. 

Zur Förderung theatergeschichtlicher Forschungen, die 
in der Herstellung einer wissenschaftlich begründeten und jedem Ge- 
bildeten verstandlichen Geschichte, des deutschen Theaters gipfeln 
sollen, gibt seit diesem Jahre die Gesellschaft für Theatergeschichte 
ein „Archiv für Theatergeschichte** heraus. In der Ankün- 
digung wendet sich der Herausgeber, einer Anr^ung Gaehdes in 
den Deutschen Geschichtsblättem Bd. II. Heft 6 u. 7 (März und 
April 1901) folgend, an alle Forscher, die, sei es um Einzelunter- 
suchungen zur Lösung wissenschaftlicher Fragen anzustellen, sei es, 
um im Interesse der Allgemeinheit ganze Archivbestände zu inven- 
tarisieren, in den Archiven arbeiten, und bittet sie, ihr Augenmerk 
auf sogenannte Komödiantenakten zu richten. 

Im Interesse dieser Forschungen bitten wir unsere Mitarbeiter 
und besonders die Hauptpfleger und Pfleger der Thüringischen histo- 
rischen Kommission, bei archivalischen Forschungen und besonders 
bei der Inventarisationsarbeit auch Theaterakten zu verzeichnen und 
auf BatsprotokoUe und auf Sammelbände gedruckter und handschrift- 
licher Veröffentlichungen dieser Art (Theaterzettel I) zu achten. Hin- 
weise anf Archivfunde zur Theatergeschichte werden am besten direkt 
an den Herausgeber des Archivs für Theatergeschichte, Herrn Dr. 
Hans Devrient in Weimar, gerichtet. 

Die Bedaktion. 



Annex A slze 3 

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